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BLAU MEMORIAL COLLECTION

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DER KRIEG

IN AMTLICHEN DEPESCHEN UND DOKUMENTEN

2. Lieferung.

An unsere Abonnenten und Leser!

Die gewaltigen Tatsachen des gegenwärtigen Krieges allein sind es, die uns heute bewegen. Von dieser Erkenntnis ausgehend hat sich die Gülden- kammer entschlossen, für die Dauer der Kriegszeit ihre Aufgabe, in freien Aufsätzen zu allen Fragen des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens Stellung zu nehmen, bei Seite zu setzen und dafür in jedem Monat fortlaufend die amtlichen Depeschen und Dokumente der kriegerischen Ereignisse und ihrer Vorgeschichte chronologisch zusammengestellt zu ver- öffentlichen; so daß am Ende dieser Zeit eine ge- schlossene Chronik des Krieges vorliegt. Wir glauben damit am besten den Wünschen und Interessen un- serer Leser entgegenzukommen.

Die Herausgeber und der Verlag der „Güldenkammer“

Neu hinzutretende Abonnenten erhalten auf Wunsch das Septemberheft nachgeliefert.

DIE GULDENKAMMER

HERAUSGEGEBEN VON | S. D. GALLWITZ / DR. G. F. HARTLAUB / DR. HERM. SMIDT

VERLAG KAFF EEHAG / BREMEN

5, JAHRG. /HEFTI OKTOBER 1914

BEZUGS-BEDINGUNGEN: DURCH SAMTL. BUCHHANDLUNGEN, POST ANSTALTEN ODER DIREKT VOM VERLAG: JÄHRLICH M. 5.—, VIERTELJAHRLICH M. 1.50, EINZELHEFT M. 0.50

NACHDRUCK DER BELLETRISTIK VERBOTEN NACHDRUCK DER UBRIGEN ARTIKEL UNTER GENAUER ee GESTATTET

DER KRIEG.

Vom westlichen Schauplatze. Zum deutschen Einmarsch in Brüssel.

Die zum zweiten Male an Belgien gerichtete Aufforderung, mit Deutschland ein Abkommen zu treffen, hat in unserem Volke die Befürchtung erweckt, als sei Deutschland zu Zugeständnissen geneigt. Diese Befürchtung ist unbegründet. Es handelte sich nach unseren ersten Erfolgen um einen letzten Versuch, die irregeleitete Meinung Belgiens zu seinem eigenen Besten umzustimmen. Da Belgien unser Entgegenkommen abgewiesen hat, so hat es alle Folgen seines Handelns selbst zu tragen. Die eingeleiteten Operationen sind durch das Schreiben an die belgische Regierung nicht einen Augenblick aufgehalten worden und werden mit rücksichtsloser Energie durchgeführt.

Der Generalquartiermeister von Stein.

Großer Sieg bei Metz. Berlin, 21. August Unter Führung Seiner Königlichen Hoheit des Kron-

prinzen von Bayern haben Truppen aller deutscher Stämme gestern in Schlachten zwischen Metz und den Vogesen einen Sieg erkämpft. Der mit starken Kräften in Lothringen vor- dringende Feind wurde auf der ganzen Linie unter schweren Verlusten geworfen. Viele Tausende von Gefangenen und zahlreiche Geschütze sind ihm abgenommen. Der Gesamt- erfolg läßt sich noch nicht übersehen, da das ‚Schlachtfeld

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einen größeren Raum einnimmt, als in den Kampfen 1870/71 unsere gesamte Armee in Anspruch nahm. Unsere Truppen, beseelt von unaufhaltsamem Drang nach vorwärts, folgen dem Feind und setzen den Kampf auch heute fort.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Kampf bei Stallupönen.

Die Stallupöner „Ostdeutsche Grenzboten“ veröffentlichen mit amtlicher Genehmigung folgenden Bericht: In den letzten Tagen haben größere Grenzgefechte bei Eydtkuhnen und Stallupönen stattgefunden. Am Sonnabend früh rückten mehrere Artillerie-, Kavallerie- und Infanterieregimenter zu einem Erkundigungszuge nach Rußland vor und säuberten nach heftigem Kampfe Eydt- kuhnen und Kibarty von den Russen, welche sich in den Häusern, besonders in der Kirche und der Brauerei verschanzt hatten. Sonntagabend fand wieder ein Renkontre in Bilderschweiten statt. Am Montag entspann sich ein heftiges Gewehrfeuer auf der ganzen Grenze von Goldap bis Schirwindt. Den ganzen Tag hindurch hörte man in unserer Stadt den Donner eines heftigen Geschützfeuers. Einige Granaten schlugen sogar in den Bahnhof und die Schneidemühle am Eydtkuhner Tor. Der Angriff der

Russen wurde siegreich zurückgeschlagen.

Siegreicher Vormarsch der österreichisch-ungarischen Truppen. Budapest, 21. August.

Das Blatt „Az Est“ meldet aus Czernowitz: Die Russen machten mehrere Versuche, über die Grenze der Bukowina vorzudringen. Alle diese Versuche wurden jedoch von unseren Truppen energisch zurückgewiesen. Besonders zwischen Novosielitza und Okna erlitten die Russen schwere Verluste. Unsere Truppen besetzten das Gebiet zwischen Novosielitza, Balamutovka und Rahavenzy und zerstörten bei Okna die Telegraphenleitungen sowie das russische Postgebäude. Die Russen versuchten an mehreren Punkten das Vordringen unserer Truppen zu verhindern, wurden jedoch stets mit großen Verlusten

zuruckgedrangt.

Deutscher Sieg bei Gumbinnen. Berlin, 22. August. Starke russische Krafte sind gegen die Linie Gumbinnen-Anger- burg im Vorgehen. Das erste Armeekorps hat am 20. d. M. erneut den auf Gumbinnen vorgehenden Feind angegriffen und geworfen. Dabei sind achttausend Gefangene gemacht und acht Geschütze erbeutet.

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Von einer bei dem Armeekorps befindlichen Kavallerie-Division war längere Zeit keine Nachricht da. Die Division hat sich mit zwei feindlichen Kavallerie-Divisionen herumgeschlagen. Sie traf gestern beim ersten Armeekorps mit 500 Gefangenen wieder ein.

Weitere russische Verstärkungen sind nördlich des Pregel und südlich der masurischen Seenlinie im Vorgehen. Uber das weitere Verhalten unserer Ostarmeen muß noch Schweigen bewahrt werden, um dem Gegner unsere Maßnahmen nicht vorzeitig zu verraten.

Über die Fortschritte im Westen werden in Kürze weitere Mit- teilungen folgen. Ein neuer Versuch des Gegners, im Oberelsaß vor- zudringen, ist durch den Sieg in Lothringen vereitelt. Der Feind be- findet sich auch im Oberelsaß im Abzuge.

Lemberg, 22. August.

„Przegled Lwowski“ meldet: In der Nähe von Radziechow an der österreichisch-russischen Grenze kam es vorgestern zu einem größeren Zusammenstoß zwischen einer starken Abteilung russischer Infanterie und Kavallerie mit unseren Truppen, nämlich einigen Kompagnien Infanterie, die von Husaren unterstützt wurden. Ein tapferer Bajonettangriff unserer Truppen lichtete in kurzer Zeit die Reihen der Feinde. Die Russen er- griffen in wilder Panik die Flucht. Sie ließen zahlreiche Tote und Ver- wundete zurück. Unsere Truppen zeigten eine großartige Tapferkeit und einen unerhörten Mut. Sie verloren keinen einzigen Mann. Auch die Zahl der Verwundeten ist ganz gering.

Der Sieg in Lothringen. Berlin, 21. August.

Die von unseren Truppen zwischen Metz und den Vogesen ge- schlagenen französischen Kräfte sind heute verfolgt worden. Der Rückzug der Franzosen artet in Flucht aus. Bisher wurden mehr als zehntausend Gefangene gemacht und mindestens 50 Geschütze erobert. Die Stärke der geschlagenen feindlichen Kräfte wurde auf mehr als acht Armeekorps festgestellt.

Der Dank des Kaisers. Berlin, 22. August Seine Majestät der Kaiser hat folgende Kabinettsorder erlassen: Mobilmachung und Versammlung des Heeres an den Grenzen sind vollendet. Mit beispielloser Sicherheit und Pünktlichkeit haben die deutschen Eisenbahnen die gewaltige Transportbewegung aus- geführt. Dankbar gedenke Ich zunächst der Männer, die seit dem Kriege 1870/71 in stiller Arbeit eine Organisation geschaffen haben,

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die nunmehr ihre ernste Probe glänzend bestanden hat. Allen denen aber, die Meinem Rufe folgend mitgewirkt haben, das deutsche Volk in Waffen auf den Schienenwegen den Feinden entgegenzu- werfen, insbesondere den Linienkommandanturen und Bahnbevoll. mächtigten sowie den deutschen Eisenbahnverwaltungen vom ersten Beamten bis zum letzten Arbeiter, spreche Ich für ihre treue Hingabe und Pflichterfüllung Meinen Kaiserlichen Dank aus. Die bisherigen Leistungen geben Mir die sicherste Gewähr, daß die Eisenbahnen auch im weiteren Verlauf des großen Kampfes um des deutschen Volkes Zukunft jederzeit den höchsten Anforderungen der Heer- führung gewachsen sein werden. Großes Hauptquartier, den 22. August 1914. (gez.) Wilhelm I. R.

Neue Siegesmeldungen. Berlin, 23. August.

Nördlich Metz hat der Deutsche Kronprinz, mit seiner Armee zu beiden Seiten von Longwy vorgehend, den gegenüberstehenden Feind gestern siegreich zurückgeworfen.

Die in Lothringen siegreiche Armee unter Führung des Kron- prinzen von Bayern hat auf der Verfolgung des geschlagenen Feindes die Linie Lunéville - Blamont erreicht und setzt die Ver- folgung fort.

Vor Namur donnern seit vorgestern abend die deutschen

Geschütze.

Unsere Siege im Westen. Berlin, 23. August.

Die Truppen, die unter Führung des Kronprinzen von Bayern in Lothringen gesiegt haben, haben die Linie Luneville-Blamont- Cirey überschritten. Das XXI. Armeekorps ist heute in Lunéville ein- gezogen.

Die Verfolgung beginnt reiche Früchte zu tragen. Ausser zahl- reichen Gefangenen und Feldzeichen hat der an und in den Voge-

sen vorgehende linke Flügel bereits 150 Geschütze erbeutet. | Die Armee des deutschen Kronprinzen hat heute den Kampf und die Verfolgung vorwärts Longwy fortgesetzt.

Die zu beiden Seiten van Neufchäteau vorgehende Armee des Herzogs Albrecht von Württemberg hat heute eine über den Semois vorgedrungene französische Armee vollständig geschlagen und be-

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findet sich in der Verfolgung. Zahlreiche Geschütze, Feldzeichen und Gefangene, darunter mehrere Generale, sind ihr in die Hand gefallen.

Westlich der Maas sind unsere Truppen im Vorgehen gegen Maubeuge. Eine vor ihrer Front auftretende englische Kavallerie-

brigade ist geschlagen. Der General- Quartiermeister

(gez.) von Stein.

Kein deutsches Armeekorps geschlagen. Berlin, 24. August.

Während auf dem westlichen Kriegsschauplatz die Lage des deutschen Heeres durch Gottes Gnade eine unerwartet günstige ist, hat auf dem östlichen Kriegsschauplatz der Feind deutsches Gebiet betreten. Starke russische Kräfte sind in Richtung der An- gerapp und nördlich der Eisenbahn Stallupönen—Insterburg vorge- drungen. Das erste Armeekorps hatte den Feind bei Wirballen in siegreichem Gefecht aufgehalten. Es wurde zurückgenommen auf weiter rückwärts stehende Truppen. Die hier versammelten Kräfte haben den auf Gumbinnen und südlich vorgehenden Gegner ange- griffen. Das erste Armeekorps warf den gegenüberstehenden Feind siegreich zurück, machte 8000 Gefangene und eroberte mehrere Batte- rien. Eine zu ihr gehörende Kavalleriedivision warf zwei russische Kavalleriedivisionen und brachte 500 Gefangene ein. Die weiter südlich kämpfenden Truppen stiessen teils auf starke Befestigungen, die ohne Vorbereitung nicht genommen werden konnten, teils befanden sie sich in siegreichem Fortschreiten. Da ging die Nach- richt ein vom Vormarsch weiterer feindlicher Kräfte aus Richtung des Narews gegen die Gegend südwestlich der masurischen Seen. Das Oberkommando glaubte, hiergegen Massnahmen treffen zu müssen und zog seine Truppen zurück. Die Ablösung vom Feind erfolgte ohne jede Schwierigkeit. Der Feind folgte nicht. Die auf dem östlichen Kriegsschauplatz getroffenen Massnahmen mussten zunächst durchgeführt und in solche Bahnen geleitet werden, dass eine neue Entscheidung gesucht werden kann. Diese steht unmittel- bar bevor. Der Feind hat die Nachricht verbreitet, dass er vier deutsche Armeekorps geschlagen habe. Diese Nachricht ist unwahr. Kein deutsches Armeekorps ist geschlagen. Unsere Truppen haben das Bewusstsein des Sieges und der Ueberlegenheit mit sich ge- nommen. Der Feind ist über die Angerapp bis jetzt nur mit Ka- vallerie gefolgt; langs der Eisenbahn soll er Insterburg erreicht haben. Die beklagenswerten Teile der Provinz, die dem feind-

lichen Einbruch ausgesetzt sind, bringen dieses Opfer im Interesse des ganzen Vaterlandes. Daran soll sich dasselbe nach erfolgter Entscheidung dankbar erinnern. Der General-Quartiermeister (gez.) von Stein.

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Der Krieg gegen Serbien. Budapest, 23. August.

Im Klub der nationalen Arbeitspartei erklärte Honvedminister Hazai: Als offenherziger Soldat sage ich immer die Wahrheit, was sie auch sei. Ich vermag auf das bestimmteste zu erklären, daß zu pessimistischer Auffassung keinerlei Grund vorliegt. Im Gegenteil kann ich erklären, daß es mit unserer Sache in Serbien gut steht. Die dort operierenden Truppen lösen trotz des Ubergewichts des Feindes heldenhaft ihre Aufgabe. Es gelang, die Serben zurückzu- werfen, und eben heute erhielt ich die Nachricht, daß auf dem süd- östlichen Kriegsschauplatz unsere Truppen ein aus über dreißig Ba- taillonen bestehendes serbisches Heer besiegten. Das Communiqué, das einzelne mißverstanden haben, bezweckt ausschließlich, zu erklären, daß große, entscheidende Ereignisse sich nicht im Süden, sondern im Norden abspielen werden. Ich erkläre offen, welches die Lage ist, wie ich auch mit männlicher Offenheit sprechen würde, wenn die Lage nicht diese wäre. Ich wiederhole, daß wir mit den bisherigen Er- gebnissen zufrieden sein können; denn es gelang, dem Feinde riesige Verluste beizufügen. Man muß sich jedoch, wie ich bereits erklärt habe, vor Augen halten, daß der entscheidende Kampf oben geführt werden wird. Den Worten des Honvedministers folgten langan- haltende Eljenrufe.

Das deutsche Skutari-Detachement in erster Linie. Berlin, 23. August.

Aus Serajewo ging heute nachmittag folgende Meldung beim Admiralstab der Marine ein: Am 20. August Serbenstellung Höhe 954 bei Visegrad genommen. Seesoldaten in erster Linie. Drei tot, 2 Offiziere, 2] Mann verletzt. Verhalten Mannschaft mustergultig. Gezeichnet: Major Schneider.

Es handelt sich um unser Skutari-Detachement, das sich nach Abzug von Skutari den österreichischen Operationen angeschlossen hat.

Vom Seegefecht in der Adria. Wien, 24. August. . Im Anschluß an die Mitteilungen des „Wiener K. K. Telegr.-Korresp.~

Bureaus“ über den Kleinen Kreuzer „Zenta“ wird der Korrespondenz Wilhelm privat mitgeteilt: Vom Geiste Tegetthofs beseelt hat diese Nuß-: schale gewagt, im offenen Meere sich mit vielleicht fünfzigfacher ta

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macht in einen Kampf einzulassen, bestrebt, dem Feind, auch sicheren Untergang vor Augen, möglichst viel Schaden zuzufügen. Dies scheint dem kleinen Kreuzer und seiner heldenhaften Besatzung auch gelungen zu sein. Die französischen Schiffe haben auch durch die wackere „Zenta“ Schaden erlitten, wenn auch dessen Größe sich nicht einmal annähernd bestimmen läßt; die etwa 150 Mann, die sich an die montenegrinische Küste retteten, werden wohl in Montenegro kriegsgefangen sein. Auch die französischen Schlachtschiffe werden wohl einen Teil der Bemannung der „Zenta“ gerettet haben. Nach internationalem Übereinkommen müssen die Namen der Geretteten unserer Marine bald bekannt gegeben werden. Diese in der Geschichte unserer Flotte unvergängliche Tat zeigt, von welchem Geiste die Marine beseelt ist.

Ein neuer Bruch des Völkerrechts durch Frankreich und England. Berlin, 24. August. Laut eben aus Palermo eintreffender Drahtmeldung des Kaiserlichen Geschäftsträgers in Tanger hat diesem die Marrokkanische Regierung am 19. August seine Pässe zugestellt und ihm mit gesamtem Personal der Gesandschaft überraschend und gewaltsam an Bord des französischen Kreuzers „Cassard“ geschafft, um sie nach Palermo zu transportieren. Dieser brutale Überfall in der Hauptstadt der internationalen Zone Marrokkos, in der die diplomatischen Vertreter der Signatarmächte der Algeciras-Akte noch heute Kontrolle der Regierung ausüben, bedeutet seitens Marrokkos und Frankreichs einen derartig unerhörten Bruch des Völkerrechts, wie er in der Geschichte ärger kaum vorgekommen sein dürfte. Daß dieser Gewaltstreich nur mit Zustimmung Englands möglich war, versteht sich bei der Lage Gibraltars von selbst, desselben Englands, das seine Kriegserklärung gegen uns mit dem Eintreten für die Unverletz- lichkeit internationaler Verträge beschönigte.

Papst Pius X. über den Krieg. Wien, 25. August.

Die „Reichspost“ meldet aus Rom: Der Arzt des verstorbe- nen Papstes, Dr. Marchiafava, äusserte gegenüber einem Korre- spondenten der „Reichspost“, dass der Papst dringend gebeten worden sei, mit seiner grossen Autoritat gegen den Ausbruch des Krieges zu intervenieren. Der Papst erklärte darauf wört- lich: Der einzige Herrscher, bei dem ich mit Aussicht auf Erfolg intervenieren könnte, weil dieser Monarch stets in Treue dem Heiligen Stuhle ergeben war, ist Kaiser Franz Joseph. Aber gerade bei ihm kann ich nicht intervenieren, denn der Krieg, den Oesterreich führt, ist gerecht, nur allzu gerecht.

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Der Fall von Namur. Berlin, 25. August.

Von der Festung Namur sind fünf Forts und die Stadt in unserem Besitz. Vier Forts werden noch beschossen, ihr Fall scheint in Kürze bevorzustehen.

Der Generalquartiermeister von Stein.

Neue Siege des deutschen Westheeres. Großes Hauptquartier, 27. August.

Das deutsche Westheer ist neun Tage nach Beendigung seines Aufmarsches unter fortgesetzten siegreichen Kämpfen in fran- zösisches Gebiet von Cambrai bis zu den Südvogesen einge- drungen. Der Feind ist überall geschlagen und befindet sich im vollen Rückzuge. Die Größe seiner Verluste an Gefallenen, Ge- fangenen und Trophäen läßt sich bei der gewaltigen Ausdehnung der Schlachtfelder in zum Teil unübersichtlichem Wald- und Ge- birgsgelände noch nicht annähernd übersehen.

Die Armee des Generalobersten von Kluck hat die englische Armee bei Maubeuge geworfen und sie heute südwestlich Mau- beuge unter Umfassung erneut angegriffen.

Die Armeen des Generaloberstsn von Bülow und des General- obersten Freiherrn von Hausen haben etwa acht Armeekorps französischer und belgischer Truppen zwischen Sambre, Namur und Maas in mehrtägigen Kämpfen vollständig geschlagen und verfolgen sie jetzt östlich Maubeuge vorbei. Namur ist nach zweitägiger Beschießung gefallen. Der Angriff auf Maubeuge ist eingeleitet.

Die Armee des Herzogs Albrecht von Württemberg hat den geschlagenen Feind über den Semois verfolgt und die Maas über- schritten.

Die Armee des deutschen Kronprinzen hat eine befestigte Stellung des Feindes vorwärts Longwy genommen und einen starken Angriff aus Verdun abgewiesen. Sie befindet sich im Vorgehen gegen die Maas. Longwy ist gefallen.

Die Armee des Kronprinzen von Bayern ist bei der Verfolgung in Lothringen von neuen feindlichen Kräften aus der Position

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von Nancy und aus südlicher Richtung angegriffen worden, sie hat den Angriff zurückgewiesen. |

Die Armee des Generalobersten von Heeringen setzt die Verfolgung in den Vogesen nach Süden fort. Das Elsaß ist vom Feinde geräumt. .

Aus Antwerpen haben vier belgische Divisionen gestern und vorgestern einen Angriff gegen unsere Verbindungen in Richtung Brüssel gemacht. Die zur Abschließung von Antwerpen zurück- gelassenen Kräfte haben diese belgischen Truppen geschlagen, dabei viele Gefangene gemacht und Geschütze erbeutet. Die belgische Bevölkerung hat sich fast überall an den Kämpfen be- teiligt. Daher sind strenge Maßnahmen zur Unterdrückung des Franktireur- und Bandenwesens angewandt worden.

Die Sicherung der Etappenlinien musste bisher den Armeen überlassen bleiben. Da diese aber für den weiteren Vormarsch die zu diesem Zweck zurückgelassenen Kräfte notwendig in der Front brauchen, so hat seine Majestät die Mobilmachung des Landsturms befohlen. Der Landsturm wird zur Sicherung der Etappenlinien und zur Besetzung von Belgien mit herangezogen werden. Dieses unter deutsche Verwaltung tretende Land soll für Heeresbedürfnisse aller Art ausgenutzt werden, um das Heimatgebiet zu entlasten.

Der Generalquartiermeister von Stein.

Vom Seekrieg. Berlin, 27. August,

Seiner Majestät Kleiner Kreuzer „Magdeburg“ ist bei einem Vorstoß im Finnischen Meerbusen in der Nähe der Insel Odensholm im Nebel auf Grund geraten. Hilfeleistung durch andere Schiffe war bei dem dicken Wetter unmöglich. Da es nicht gelang, das Schiff abzubringen, wurde es beim Eingreifen weit überlegener russischer Streitkräfte in die Luft ge- sprengt und hat so einen ehrenvollen Untergang gefunden. Unter dem feindlichen Feuer wurde vom Torpedoboot V 26 der größte Teil der Be- satzung des Kreuzers gerettet. Die Verluste „Magdeburg“ und „V 26“ stehen noch nicht ganz fest. Bisher gemeldet: Tot siebzehn, verwundet einundzwanzig, vermißt fünfundachtzig, darunter der Kommandant der „Magdeburg“. Die Geretteten werden heute in einem deutschen Hafen eintreffen. Verlustliste wird so bald wie möglich herausgegeben werden.

Vom westlichen Schauplatze.

Großes Hauptquartier, 28. August.

Die we Armee, der sich drei französische Territorial- divisionen angeschlossen hatten, ist nördlich Saint Quentin vollständig geschlagen. Sie befindet sich im vollen Rückzuge über Saint Quentin. Mehrere tausend Gefangene, 7 Feldbatterien und eine schwere Batterie sind in unsere Hände gefallen.

Südöstlich Mezieres haben unsere Truppen unter fortgesetzten Kämpfen in breiter Front die Maas überschritten. Unser linker Flügel hat nach neuntägigen Gebirgskämpfen die fran- zösischen Gebirgstruppen bis in die Gegend östlich von Epinal zurück- getrieben und befindet sich in weiterem siegreichen Fortschreiten.

Der Bürgermeister von Brüssel hat dem deutschen Kommandanten mitgeteilt, daß die französische Regierung der belgischen die Un- möglichkeit eröffnet habe, sie irgendwie offensiv zu unterstützen, da sie selbst völlig in die Defensive gedrängt sei.

Der Generalquartiermeister von Stein.

Deutscher Sieg über die Russen. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in Preußen unter Führung des Generalobersten von Hindenburg haben die vom Narew vorgegangene russische Armee in der Starke von fünf Armeekorps und drei Kavalleriedivisionen in dreitägiger Schlacht in der Gegend von Gilgenburg und Ortelsburg geschlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze. Der Generalquartiermeister von Stein.

Seegefecht bei Helgoland. Berlin, 29. August.

Im Laufe des gestrigen Vormittags sind bei teilweise unsich- tigem Wetter mehrere moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zerstörerflottillen (etwa 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht der Nordsee, nordwestlich Helgoland aufgetreten. Es kam zu hart- näckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unseren leichten Streit-

kräften.

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Die deutschen kleinen Kreuzer drängten heftig nach Westen nach und gerieten dabei infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit mehreren starken Panzerkreuzern. S. M. S. „Ariadne“ sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der Lionklasse aus kurzer Ent- fernung mit schwerer Artillerie beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte gerettet werden.

Auch das Torpedoboot „V 187“ ging, von einem kleinen Kreuzer und zehn Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flotillenchef und Kommandant sind gefallen. Ein be- trachtlicher Teil der Besatzung wurde gerettet.

Die kleinen Kreuzer „Köln“ und „Mainz“ werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil ihrer Be- satzungen (19 Offiziere und 81 Mann?) scheinen durch englische Schiffe gerettet worden zu sein. Nach der gleichen englischen Quelle haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen erlitten.

Die Neutralität der Vereinigten Staaten. Washington, 29. August. Präsident Wilson veröffentlicht eine Erklärung, in der die Neu- tralität der Vereinigten Staaten in dem Kriege zwischen Japan und Deutschland und zwischen Japan und Österreich-Ungarn ange- kündigt wird.

Der große Sieg bei Tannenburg.

30 000 Russen gefangen.

Bei den großen Kämpfen, in denen die russische Armee in Ost- preußen bei Ortelsburg, Hohenstein und Tannenburg geworfen wurde, sind nach vorläufiger Schätzung über 30 000 Russen mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft geraten. Die Russen wurden durch die deutschen Truppen von drei Seiten gefaßt und in die Sümpfe und Seen Masurens geworfen.

Die große Schlacht in Polen. Wien, 30. August, mittags. Die Schlachten auf dem russischen Kriegsschauplatze dauern mit ungeminderter Heftigkeit fort. Östlich unserer trotz mehr- mehrfacher befestigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen Lublin vordringenden Armee Dankl hatten unsere zwischen Bug

und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August den Angriff auf die aus dem Raume von Cholm entgegengerückte starke russische Armee begonnen. Hierauf entwickelten sich nach der Schlacht bei Krasnik weitere hartnäckige, für unsere angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe bei Zamosc sowie nörd- lich und östlich von Tomaszow, in welche am 28. August aus dem Raume von Belz eine nun gleichfalls auf russischem Boden vordringende Gruppe unserer Streitkräfte erfolgreich eingriff. In diesen Kämpfen wurden ebenso, wie in den Schlachten bei Krasnik, Tausende von Gefangenen gemacht.

In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit hervor- ragender Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke, uns über- legene feindliche Kräfte.

Auf dem südlichen Kriegsschauplatze haben in letzter Zeit keine nennenswerten Kämpfe stattgefunden.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Höfer, Generalmajor.

Gemeine Waffen. Berlin, 30. August.

In Longwy ist eine maschinelle Einrichtung vorgefunden worden, die dazu gedient hat, die Gewehr- und Karabinergeschosse oben abzuplatten und mit einer von der Spitze ausgehenden trichterförmigen Ausbohrung zu versehen. In den Taschen französischer und englischer Soldaten hat man bereits zahlreiche Dum-Dum-Geschosse, d. h. Hohl- oder Bleispitzen- geschosse, gefunden. Durch die Entfernung eines Teiles der aus Hart- metall bestehenden Geschoßmantelspitze tritt beim Aufschlagen der weichere Geschoßkern nach vorn heraus, schlägt sich breit und verursacht besonders grausame und mit unnötigen Leiden verbundene Verwundungen. Deutschland sieht sich genötigt, mit den allerscharfsten Maßregeln vorzu- gehen, wenn diese durch das Völkerrecht (vergl. insbesondere Artikel 23 Absatz IE der Haager Landkriegsordnung) verbotenen Geschosse von unseren Feinden noch weiter verwendet werden sollten.

Urteil des Chefs des Feldsanitätswesens über den

Gesundheitszustand des Heeres.

Der Gesundheitszustand aller Teile unseres im Felde stehenden Heeres ist gut. Seuchen sind bisher nicht aufgetreten. Freilich stehen unsere Truppen zum Teil in einem Feindesland, das sich bis dahin keiner so guten hygienischen Aufsicht erfreute wie unsere Heimat und dessen Bevölkerung manche Träger der Keime ansteckender

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Krankheiten in sich birgt, doch waltet auch gegen diese Übelstände weitgehende Vorsicht im deutschen Heere. Die Pockenschutzimpfung ist streng durchgeführt und wird im Notfalle auch bei der feindlichen Bevölkerung durchgesetzt. Typhus-, Cholera-, Ruhruntersuchungs geräte und Schutzimpfungsstoffe werden mitgeführt. Sachverständige Hygieniker befinden sich in den Reihen unserer Militärärzte. Leider wurde auch von ihnen schon einer bei vorsorgender Brunnenunter- suchung hinterrücks von Einwohnern erschossen.

Im Inlande sind nennenswerte Häufungen übertragbarer Krank- heiten ebenfalls nicht zu verzeichnen. In dieser Hinsicht werden be- sonders scharf die Kriegsgefangenen überwacht.

Die von regelrechten Heeresgeschossen gesetzten Wunden zeigen durchwegs gutes Heilungsbestreben. Das deutsche Verbandsverfahren, insbesondere die Anwendung der deutschen Verbandspäckchen, be- währte sich. In den vordersten Linien angelegte Verbände saßen auch noch zurzeit des ferneren Rücktransports der Verwundeten gut. Ein großer Teil der zurückbeförderten Verwundeten ist bereits in Genesung und drängt wieder nach der Front zurück. Wohl aber sind bereits zahlreiche Beweise dafür gesammelt, daß die feindlichen Ein- wohner und die Truppen des englischen sogenannten Kulturvolkes Dum-Dum-Geschosse, das heißt Geschosse ohne Vollmantel mit Ein- schnitten benutzen, deren Fetzen im Körper grausame Verletzungen reißen. Es sind Schritte getan, um dieses allen völkerrechtlichen Abmachungen hohnsprechende Vorgehen zur Kenntnis der gesitteten Welt zu bringen.

Der Generalquartiermeister von Stein.

Siege im Westen und im Osten. Großes Hauptquartier, 31. August.

Die Armee des Generalobersten von Kluck hat den durch schwache französische Kräfte unternommenen Versuch eines Flanken- angriffs in Gegend Combles durch ein Armeekorps zurückgeschlagen.

Die Armee des Generalobersten von Bülow hat eine über- legene französische Armee bei St. Quentin vollständig geschlagen, nachdem sie im Vormarsch bereits ein englisches Infanteriebataillon gefangen genommen hatte.

Die Armee des Generalobersten von Hausen hat den Gegner auf die Aisne bei Rethel zurückgedrärigt.

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Die Armee des Herzogs von Württemberg hatte bei Fortsetzung des Überganges über die Maas den Feind zunächst mit Vortruppen überrannt, mußte aber beim Vorgehen stärkerer feindlicher Kräfte teilweise wieder über die Maas zurück. Die Armee hat dann die Maasübergänge wiedergewonnen und befindet sich im Vorgehen gegen die Aisne. Das Fort Les Ayvelleshinter dieser Armee ist gefallen.

Die Armee des Deutschen Kronprinzen setzt den Vormarsch gegen und uber die Maas fort. Nachdem der Kommandant von Montmedy mit der ganzen Besatzung der Festung bei einem Aus- fall gefangen genommen worden war, ist die Festung gefallen.

Die Armeen des Kronprinzen von Bayern und des General- obersten von Heeringen stehen noch in fortgesetztem Kampfe in Franzosisch-Lothringen.

Im Osten ist der gemeldete Sieg der Armee des General- obersten von Hindenburg von weitaus größerer Bedeutung, als zuerst übersehen werden konnte. Trotzdem neue feindliche Kräfte über Neidenburg eingriffen, ist die Niederlage des Feindes eine voll- ständige geworden. Drei Armeekorps sind vernichtet, sechzigtausend Gefangene, darunter zwei kommandierende Generale, viele Geschütze und Feldzeichen sind in unsere Hände gefallen. Die noch im nörd- lichen Ostpreußen stehenden russischen Truppen haben den Ruck- zug angetreten.

Der Generalquartiermeister von Stein.

Englische Mißachtung der Unverletzlichkeit neutraler Hoheitsgewässer. Ä

Berlin, 31. August.

Nach einer Meldung aus Las Palmas ist der als Hilfskreuzer ausgerüstete Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd „Kaiser Wilhelm der Große“ von dem englischen Kreuzer „Highflyer“ zum Sinken gebracht worden, als er in den neutralen Gewässern der spanischen Kolonie Rio del Oro zu Anker lag.

Gegen diese, jedem Völkerrecht widersprechende Verletzung der Neutralitatsgesetze muß Protest erhoben werden. Groß- britannien hat durch die Mißachtung der stets von allen Nationen theoretisch und praktisch anerkannten Unverletzlichkeit neutraler Hoheitsgewässer gezeigt, daß es sich nicht scheut, über die Hoheits- rechte neutraler Staaten hinwegzugehen.

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Eine französische Festung gefallen. Großes Hauptquartier, 2. September. Die Feste Givet ist am 31. August gefallen.

Barbarische Kriegführung der Franzosen und Engländer. Berlin, 2. September.

Unsere Armeen haben, wie schon gemeldet, den gefangenen Franzosen und Engländern Tausende von Infanteriepatronen mit vorn tief ausgehöhlten Geschoßspitzen abgenommen. Die Patronen befanden sich zum Teil noch in der mit Fabrikstempel versehenen Packung. Die maschinenmäßige Anfertigung dieser Geschosse ist durch ihre Zahl und Art unzweifelhaft festgestell. Im Fort Longwy ist eine derartige Maschine vorgefunden worden. Die Patronen sind also von der Heeresverwaltung den Truppen in dieser Form geliefert worden. Gefangene englische Offiziere versichern auf Ehrenwort, daß ihnen die Munition für ihre Pistolen ebenfalls in derartigen Geschossen geliefert sei. Die Verwundungen unserer Krieger zeigen die verheerende Wirkung dieser Dum-Dum-Gerchorse. Während Frankreich und England unter grober Verletzung der Genfer Konvention Geschosse zulassen, deren Verwendung das Merkmal einer barbarischen Kriegs- führung ist, hat Deutschland die völkerrechtlichen Bestimmungen genau beobachtet. Im gesamten deutschen Heere ist kein Dum-Dum-Gerd:o8 zur Verwendung gekommen.

Der Generalgouverneur an die Belgier.

Der Genetalgouverneur von der Goltz hat in Brüssel folgenden verbreitet:

Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser hat es gefallen, mich nach der Einnahme des größten Teils des belgischen Bodens zum General- gouverneur von Belgien zu ernennen. Ich habe den Sitz der all- gemeinen Regierung nach Brüssel gelegt, und zwar in das Mini- sterium für Kunst und Wissenschaft. Im Auftrage Seiner Majestät des Kaisers ist eine bürgerliche Behörde hinzugefügt worden, die ihren Sitz im Kriegsministerium hat, und deren Vorsteher Exzellenz von Sandt ist.

Die deutschen Truppen setzen ihren Siegeszug in Frankreich fort. Meine Aufgabe ist es, Ruhe und Ordnung in Belgien zu handhaben. Jede feindliche Handlung von seiten der Einwohner, jeder Plan, um Verbindungen mit Deutschland zu zerstören, Bahnen, Telegraphen und Telephone zu beschädigen, werden auf das strengste

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bestraft. Jeder Versuch eines Aufstandes wird auf das rücksichts- loseste unterdrückt werden. Es ist die Härte des Krieges, daß bei Bestrafungen von feindlichen Handlungen außer den Schuldigen auch Unschuldige getroffen werden. Um so mehr ist es Pflicht aller verständigen Bürger, einen Druck auf alle übelwollenden Elemente der Bevölkerung auszuüben, um diese niederzuhalten, von jeder Handlung gegen die öffentliche Ordnung zurückzuhalten. Die bel- gischen Bürger, die friedlich ihrem Geschäfte nachgehen, werden von seiten der deutschen Truppen und der Regierung nichts zu be- fürchten haben. So viel als möglich muß der Handel wiederher- gestellt, müssen die Fabriken wieder arbeiten, und muß die Ernte hereingeholt werden.

Bürger Belgiens! Ich verlange von niemandem, seinen vater- ländischen Gefühlen abzuschwören, aber ich erwarte von allen eine verständige Unterwerfung und einen vollkommenen Gehorsam unter die Befehle des Generalgouverneurs. Ich rufe Euch auf, Vertrauen zur Regierung zu haben. Diesen Aufruf richte ich besonders an die Staats- und Gemeindebehörden, die auf ihrem Posten geblieben sind. Je mehr der Aufruf befolgt wird, desto mehr dient Ihr Eurem Vaterlande. |

Gegeben Brüssel, 2. September 1914.

Der Generalgouverneur von der G ol tz, F eldmarschall.

Sea der österreichisch-ungarischen Armeen Auffenberg und Dankl. Wien, 2. September, 9 Uhr vormittags. Die einwöchige erbitterte Schlacht im Raume Zamosc- Tyszowcze führte gestern zum vollständigen Siege der Armee Auffenberg. Scharen von Gefangenen und bisher 160 Geschütze wurden erbeutet. Die Russen befinden sich im Rückzuge über den Bug. Audi bei der Armee Dankl, die nun Lublin angreift, sind ununterbrochen Erfolge zu verzeichnen. In Ostgalizien ist Lemberg noch in unserem Besitz, gleichwohl ist dort die Lage. gegenüber dem starken und überlegenen russischen Vorstoss sehr schwierig. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes Hoefer, Generalmajor.

Sieg über zehn französische Armeekorps.

Grosses Hauptquartier, 2. September. Die mittlere Heeresgruppe der Franzosen etwa 10 Ar- meekorps wurde gestern zwischen Reims und Verdun von unseren Truppen zuruckgeworfen. Die Verfolgung wird heute

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fortgesetzt. Französische Vorstösse aus Verdun wurden ab- gewiesen. Seine Majestät der Kaiser befand sich während des Gefechts bei der Armee des Kronprinzen und verblieb die Nacht inmitten der Truppen.

Der Generalquartiermeister von Stein.

Das Geheimnis der deutschen Erfolge. London, 2. September 1914. Der Spezialkorrespondent der „Times“ sendet aus Amiens einen aus- führlichen Bericht über die Kämpfe der letzten Wochen; darin heißt es: Das Vorrücken der Deutschen vollzieht sich mit beinahe unglaub- licher Schnelligkeit. Nachdem General Joffre ein Zurückgehen auf der ganzen Linie anbefohlen hatte, ließen die Deutschen, den besten Kriegs- regeln folgend, dem zurückgehenden Heere keinen Augenblick Ruhe und setzten die Verfolgung unaufhörlich fort. Flugzeuge, Zeppelinluftschiffe und gepanzerte Automobile werden gegen den Feind wie Bogenpfeile abgesandt. Uber die Tapferkeit der Deutschen zu sprechen erübrigt sich. Sie marschieren in tiefen Abteilungen beinahe geschlossen vor. Fallen die Reihen unter dem Artilleriefeuer, so stürzen neue Mannschaften vor. Die Ubermacht der Deutschen ist so groß, daß man sie ebenso wenig wie die Wogen des Meeres aufhalten könnte. Die Überlegenheit der Deutschen in der Zahl der Geschütze, besonders der Maschinengewehre die sie mit außerordentlicher Wirkung gebrauchen, der ausgezeichnet or- ganisierte Erkundigungsdienst mit Flugzeugen und Zeppelinluftschiffen, sowie ihre außerordentliche Beweglichkeit sind die Gründe für das Glück der Deutschen.

Der siegreiche Vormarsch unserer Truppen. Großes Hauptquartier, 3. September.

Bei der Wegnahme des hoch im Felsen gelegenen Sperrforts Givet haben sich ebenso wie im Kampfe um Namur die von Öster- reich zugesandten schweren Motorbatterien durch Beweglichkeit, Treffsicherheit und Wirkung vortrefflich bewährt. Sie haben uns ausgezeichnete Dienste geleistet.

Die Sperrbefestigungen Hirson, Les Ayvelles Conde, La Fere und Laon sind ohne Kampf gewonnen. Damit befinden sich sämt- liche Sperrbefestigungen im nördlichen Frankreich außer der Festung Maubeuge in unseren Händen. Gegen Reims ist der Angriff ein- geleitet.

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Die Kavallerie der Armee des Generalobersten von Kluck streift bis Paris. Das Westheer hat die Aisne-Linie überschritten und setzt den Vormarsch gegen die Marne fort. Einzelne Vorhuten haben sie bereits erreicht. Der Feind befindet sich vor den Armeen der Generalobersten von Kluck, von Bülow, von Hausen und des Herzogs von Württemberg im Rückzug auf und hinter die Marne. Vor der Armee des Deutschen Kronprinzen leistete er im Anschluß an Verdun Widerstand, wurde aber nach Süden zurückgeworfen.

Die Armeen des Kronprinzen von Bayern und des General- obersten von Heeringen haben immer noch starken Feind in be- festigten Stellungen im französischen Lothringen 'gegenüber. Im oberen Elsaß streifen deutsche und französische Abteilungen unter gegenseitigen Kämpfen. |

Im Osten ernten die Truppen des Generalobersten von Hin- denburg weitere Früchte ihres Sieges. Die Zahl der Gefangenen wächst täglich, sie ist bereits auf 90 000 Mann gestiegen. Wie viele Geschütze und sonstige Siegeszeichen noch in den preußischen Wäldern und Sümpfen stecken, laßt sich nicht übersehen. Anschei- nend sind nicht zwei, sondern drei russische kommandierende Ge- nerale gefangen. Der russische Armeeführer ist nach russischen Nachrichten gefallen.

Der Generalquartiermeister von Stein.

Der Sieg in Polen. Wien, 3. September.

Die Schlachten, die sich auf dem russischen Kriegsschauplatze aus unserer Offensive entwickelten, haben eine Entscheidung des Feldzuges noch nicht gebracht. Am westlichen Flügel tief in feindliches Gebiet vordringend, in Ostgalizien den vaterländischen Boden gegen den überlegenen Feind Schritt für Schritt verteidi- gend, haben unsere Truppen allenthalben den alten Ruf ihrer Tapferkeit gerechtfertigt und sehen den noch bevorstehenden Kämpfen mit Zuversicht entgegen. Eine Schilderung der mehr- fachen Schlachten der vergangenen Woche muß der Geschichte vorbehalten bleiben. Gegenwärtig läßt sich der Verlauf der Er-

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eignisse nur in großen Zügen wiedergeben. Östlich bei Kras- nik, nach dreitägiger Schlacht der siegreichen Armee des Gene- rals Dankl begann am 25. August die zwischen dem Huczwa und dem Wieprz dirigierte Armee Auffenberg den Angriff auf die aus dem Raume von Cholm vorgerückten feindlichen Kräfte. Hieraus entwickelte sich die Schlacht von Zamosc und Komarow. Am 28. August wurde das Eingreifen der über Belz und Uhnow heranbefohlenen Gruppe des Erzherzogs Joseph Ferdinand fühl- bar. Da an der Chaussee Zamozc—Krasnostaw verhaltnisma - Big nur schwächere Kräfte gegenüberstanden, konnten erhebliche Armeeteile am 29. August aus dem Raume Zamosc gegen Osten einschwenken und bis Czesniki vordringen. Dem gegenüber rich- tete der überall mit größter Tapferkeit und Hartnackigkeit kam- pfende Feind seine heftigsten Anstrengungen gegen den Raum von Komarow, wohl in der Absicht, hier durchzustoßen. Abends stand unsere Armee in der Linie Przewodow—Grodeck—Czese- niki—Wielacza, wobei Grodek und Czeseniki etwa die Brech- punkte der Front bildeten. Auf russischer Seite hatten neue, von Krylow und Grulieszow herangeführte Kräfte eingegriffen. Am folgenden Tage setzte die Armee Auffenberg die angebahnte Umfassung, der Feind seine Durchbruchsversuche fort, die schließ- lich die eigene Front !bis Labunie—Tarnawatka zurückbogen. Indessen vermochte sich die Gruppe des Erzherzogs im allgemeinen bis an den Fahrweg Teletyn—Rachanie vorzuarbeiten. Am 31. August schritt die Einkreisung des Feindes unter heftigsten Kämpfen fort, indem auch von Norden her gegen Komarow ein- geschwenkt wurde. Bei Komarow bereits äußerst gefährdet, be- gannen die Russen den Rückzug gegen Krylow und Dubieszow, erwehrten sich jedoch durch Offensivstöße nach allen Richtungen, namentlich gegen die Gruppe des Erzherzogs, der drohenden Umklammerung. Endlich in den Nachmittagsstunden des |. Sep- tembers wurde sicher, daß die Armee Auffenberg, in welcher auch Wiener Truppen und eine vom General der Infanterie Bo- roevic geführte Gruppe mit außerordentlicher Zähigkeit und Bravour kämpfen, endgültig gesiegt habe. Kamarow und die Höhen südlich von Tyszowce wurden genommen. Der Erzher- zog drang gegen Sparoje Siele vor. Scharen von Gefangenen und 'zahlloses Kriegsmaterial, darunter zweihundert Geschütze und viele Maschinengewehre, fielen in unsere Hände.

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Vom westlichen Kriegsschauplatz.

Großes Hauptquartier, 2. September. Die mittlere Heeresgruppe der Franzosen etwa 10 Armee- korps wurde gestern zwischen Reims und Verdun von unseren Truppen zurückgeworfen. Die Verfolgung wird heute fortgesetzt.

Französische Vorstöße aus Verdun wurden abgewiesen.

Der Kaiser befand sich während des Gefechts bei der Armee

des Kronprinzen und verblieb die Nacht inmitten der Truppen. Der Generalquartiermeister: von Stein.

Bombardierung von Antwerpen durch einen „Zeppelin“. London, 3. September.

Reuter meldet aus Antwerpen vom 2. September: Ein „Zeppelin“, der heute früh kurz vor 4 Uhr über Antwerpen flog und von der Stadt ziemlich scharf beschossen wurde, ver- mochte gleichwohl mehrere Bomben abzuwerfen, wodurch zehn Häuser schwer beschädigt wurden. Fünf Bomben sollen auf eine Viehweide gefallen sein.

Der Krieg im Osten. Wien, 3. September abends.

Aus dem Bereiche der Armeen Dankl und v. Auffenberg wurden bisher 11600 Kriegsgefangene abgeschoben. Etwa 7000 sind vorerst noch angekündigt. In der Schlacht an der Huczwa wurden, soweit bisher bekannt, 200 Geschütze, sehr viel Kriegsmaterial, zahlreicher Train, 4 Automobile und die Feldkanzleien des russischen 19. Armee- korps mit wichtigen Geheimakten erbeutet. Der Feind ist in vollem Rückzuge, unsere Armee verfolgt ihn mit ganzer Kraft.

Auf dem Kriegsschauplatz am Balkan brach die von General- major von Pongracz befehligte 3. Gebirgsbrigade, die schon einmal einen kühnen Vorstoß in das rauhe kriegerische Montenegro erfolg- reich durchgeführt hatte, vor wenigen Tagen von neuem gegen die auf den Grenzhöhen bei Bilck stehenden Montenegriner vor, warf die an Zahl überlegenen feindlichen Kräfte in mehrtägigen heftigen Angriffen zurück, nahm ihnen dabei auch ein schweres Geschütz ab und degagierte durch die kühne Tat die von den Montenegrinern bedrängte Grenzbefestigung.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. v. Hoefer, Generalmajor.

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Der Krieg zur See.

Englische Verluste im Seegefecht bei Helgoland.

Der Pariser Vertreter des „New York Herald“ meldet, daß am 29. August zwei stark beschädigte englische Fahrzeuge unweit der holländischen Küste gesichtet wurden; man sah einen Torpedoboot- zerstöorer und ein größeres Kriegsschiff, die beide von anderen Fahr- zeugen ins Schlepptau genommen waren.

Es würde sich dabei wohl um Schiffe handeln, die an dem Seegefecht von Helgoland beteiligt waren.

Kiautschou. London, 3. September.

»Daily Telegraph“ zufolge bereiten sich die Japaner auf eine längere Kriegsdauer in Kiautechou vor. Sie wollen langsam und methodisch vorgehen und das Menschenmaterial möglichst schonen. Das Parlament werde Kredite bewilligen, um die Heere bis zum nächsten Jahre in Schantung zu unterhalten. Japanische Blätter bringen Alarmnachrichten aus China. Im Jangtsetal stehe eine Re- volution bevor, die mit den Bestrebungen auf Wiedereinsetzung der Mandschudynastie zusammenhänge.

Die französische Regierung in Bordeaux. Paris, 3. September.

Der Präsident der Republik und die Regierung haben Paris heute nacht verlassen und sich nach Bordeaux begeben.

Reims ohne Kampf besetzt. Die Siegesbeute der Armeen. Großes Hauptquartier, 4. September.

Reims ist ohne Kampf besetzt. Die Siegesbeute der Armeen wird nur langsam bekannt. Die Truppen können sich bei ihrem schnellen Vormarsch wenig darum bekümmern. Noch stehen Geschütze und Fahrzeuge im freien Felde ver- lassen. Die Etappentruppen müssen sich nach und nach sammeln. Bis jetzt hat nur die Armee des Generalobersten von Bülcw genauere Angaben gemeldet. Bis Ende August hat sie 6 Fahnen, 233 schwere Geschütze, 116 Feldgeschütze, 79 Maschinengewehre, 166 Fahrzeuge erbeutet und 12 934 Ge- fangene gemacht. |

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Im Osten meldet Generaloberst von Hindenburg den Ab- transport von mehr als 90 000 unverwundeten Gefangenen. Das bedeutet Vernichtung einer ganzen feindlichen Armee.

Der Generalquartiermeister von Stein.

Ein neuer heftiger Kampf im Osten. Wien, 6. September.

Amtlich wird gemeldet: Am 3. September beschossen die Russen die in weitem Umkreis um die Stadt Lemberg errichteten Erdwerke. Unsere Truppen waren jedoch bereits abgezogen, um die offene Stadt vor einer Beschießung zu bewahren, und weil auch operative Rück- sichten dafür sprachen, Lemberg dem Feinde ohne Kampf zu über- lassen. Das Bombardement hatte sich somit nur gegen unverteidigte Deckungen gerichtet. Die Armee Dankl ist neuerdings in heftigem Kampfe, an der sonstigen Front herrscht nach den großen Schlachten der vergangenen Wochen verhältnismäßige Ruhe.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: von Hoefer, Generalmajor.

Die Vorgänge in Löwen.

Berlin, 4. September.

Belgien verbreitet amtlich eine falsche Darstellung der Vorgänge, denen die Stadt Lowen zum Opfer fiel. Deutsche Truppen seien durch einen Ausfall aus Antwerpen zurückgeworfen und von der deutschen Besatzung Löwens irrtümlich befeuert worden. Dadurch sei der Kampf in Löwen entstanden.

Die Ereignisse beweisen einwandfrei, daß die Deutschen den bel- gischen Ausfall zurückgewiesen haben. Während dieses Kampfes vor Antwerpen erfolgte in Löwen an vielen Stellen ein zweifellos organisierter Überfall auf deutsche Zurückgebliebene, nachdem bereits über 24 Stunden scheinbar freundlicher Verkehr zwischen den deutschen Truppen und den Stadtbewohnern sich angebahnt hatte. Der Überfall traf zunächst haupt- sächlich ein Landsturmbataillon, also ältere, ruhige Leute, selbst Familien- väter, ferner zurückgebliebene Teile des Stabes eines Generalkommandos sowie Kolonnen. Die Deutschen hatten zahlreiche Verwundete und Tote, gewannen indes die Uberhand durch neue mit der Bahn eintreffende Truppen, die bei der Einfahrt und auf dem Bahnhofsplatz mit Feuer empfangen wurden.

Eine Untersuchung über die Einzelheiten ist im Gange. Ihr Ergebnis

wird veröffentlicht werden.

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Gegenüber verleumderischen Darstellungen der Vorgänge inLöwen waren die diplomatischen Vertreter des Reiches bei den neutralen Staaten mit Material zur Widerlegung der gegen die deutsche Kriegs- führung erhobenen Anklagen versehen worden. Der Kaiserliche Gesandte im Haag war überdies beauftragt worden, die nieder- ländische Regierung zu bitten, sie möge im Interesse der Mensch- lichkeit der belgischen Regierung dringend nahe legen, daß sie die Zivilbevölkerung von gänzlich aussichtslosem Widerstand zurück- halte. Der Königlich niederländische Minister des Außern hat darauf- hin dem belgischen Gesandten im Haag eine entsprechende Mitteilung gemacht, die dieser an seine Regierung weiterzugeben versprochen

hat.

Die Wahrheit über Löwen.

Gegenüber den Ausstreuungen belgischer Blätter, wonach in Löwen die deutschen Truppen aus Mißverständnis aufeinander ge- schossen und fälschlich gemeint hätten, sie würden von der Bürger- schaft angegriffen, sei noch der Bericht des großen holländischen Blattes „Allgemeen Handelsblad“ vom Montag, 31. August, über die Vor- gange in Löwen wiedergegeben. „Eine unbestreitbare Tatsache ist es so berichtet der Kriegsberichterstatter des „Handelsblad“ —, daß den Bürgern von Löwen das einheimische Militär die Waffen in die Hände gespielt haben muß; denn wir können bezeugen, daß die deutschen Soldaten in Löwen zwei belgische Maschinengewehre in Beschlag genommen haben.“ Aus Maastricht wird demselben Blatte mitgeteilt, daß Studenten, die aus Löwen nach Maastricht geflüchtet sind, eine andere Darstellung des Sachverhalts zu geben versuchen. Diesen studentischen Berichterstattern gegenüber behauptet der Korre- spondent des „Handelsblad“, daß ihm in Löwen selbst von verschie- densten Seiten mitgeteilt worden ist, daß deutsche Soldaten beim Verlassen des Zuges vor dem Stationsgebäude von der einheimischen Löwener Bevölkerung beschossen worden sind. Die Annahme, daß diese Beschießung durch irgendeinen Irrtum oder ein Mißverständnis der deutschen Kameraden erfolgt sein könnte, sei nach der Aussage von Augenzeugen völlig von der Hand zu weisen.

Im übrigen lauten die neuesten eingetroffenen Nachrichten aus Löwen dahin, daß die Kathedrale erhalten ist. Von den Kunstschätzen Löwens, die Ewigkeitswerte haben, ist nichts vernichtet.

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Das verlassene Paris. 6 Paris, 4. September.

Nach einer amtlichen Mitteilung hat General Gallieni folgenden Aufruf an das Heer und die Bevölkerung von Paris gerichtet: „Die Mitglieder der Regierung der Republik haben Paris verlassen, um der nationalen Verteidigung einen neuen Antrieb zu geben. lch habe den Auftrag erhalten, Paris gegen den Eindringling zu verteidigen. Diesen Auftrag werde ich bis zu Ende erfüllen.“

Vom Seekrieg. London, 6. September.

Die Admiralität teilt mit. daß alle Schiffahrtszeichen an der Ostküste von England und Schottland bei Tag und Nacht ohne vorherige Warnung entfernt werden können.

Nach dem Londoner „Daily Graphic“ ist ein nicht genanntes Schiff der englischen Flotte aus dem Gefecht bei Helgoland zurückgekehrt und zeigte vierzehn größere, mit Holz verdeckte Löcher. Die Panzer- platten sind verbogen, Tote und Verwundete sind an Bord. Das erste deutsche Geschoß traf eine Dynamomaschine. Weitere Schüsse fegten die Schornsteine hinweg und zerstörten Kanonen. Ein Geschoß

drang in die Offizierskajüte.

Nach einer Meldung der „Times“ versenkte der deutsche Kreuzer „Dresden“ an der brasilianischen Küste den englischen Kohlendampfer „Holmwood“. Die englischen Transportschiffe „Vittonia“, „Ajax“ und der Dampfer „Paul“ sind auf Minen gestoßen. Gerettet wurde

nur die Besatzung des „Paul“.

Die Wiener „Südslawische Korrespondenz" meldet aus Konstan- tinopel: Wie an unterrichteter Stelle verlautet, liegt im Hafen von Alexandrien ein schwer beschädigter englischer Kreuzer, der deutliche Spuren der Beschießung aufweist. Außerdem liegen dort ein zweiter englischer Kreuzer, ein Torpedojäger und zwei Torpedoboote, die sich nach Port Said geflüchtet hatten, im Dock in Reparatur.

Alle Kräfte der Nation sollen eingesetzt werden. | Berlin, 5. September.

Im Anschluß an frühere ähnliche Besprechungen fand heute im Reichstagsgebäude unter dem Vorsitze des ersten Vizepräsidenten Dr. Paasche eine Beratung führender Mitglieder der bürgerlichen Parteien des Reichstags in der Absicht statt, den festen Willen von Abgeordneten, die sicher den Reichstag und das deutsche Volk hinter sich haben, zu bekunden, auch im Kampf zur See alle Kräfte der Nation bis zum Ende einzusetzen. Der hohen politischen Bedeutung des gefaßten Beschlusses entsprechend wurde sogleich nach Abschluß der Beratung

fa sa

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nachfolgende Mitteilung dem Staatssekretär des Reichsmarineamts zur Kenntnis gebracht:

Die unterzeichneten Mitglieder des Reichstags erklären sich bereit, in ihren Fraktionen und im Reichstag dafür einzutreten, daß alle Maßregeln des Reichsmarineamtes, welche die Kriegsnot erheischt, in etatsrechtlicher Hinsicht und bezüglich der Rechnungslegung genehmigt werden. |

Insbesondere sind sie bereit, einzutreten:

l. für sofortigen Ersatz verlorener Schiffe,

2. für sofortige Durchführung aller 1912 beschlossenen Maß- nahmen,

3. für sofortigen Bau des 1915 fälligen Schiffsersatzes,

4. für Herabsetzung der Lebensdauer der Schiffe von 20 auf

15 Jahre. Unterschrieben: (gez.): Dr. Paasche, Freiherr von Gamp, M. Erzberger, Grober, Dr. Wiemer, Graf Westarp, Schultz-Bromberg. Ergänzung unserer Seerüstung. Berlin, 6. September.

Zu unserer gestrigen Meldung von einer Besprechung unter Ver- tretern verschiedener Parteien des Reichstags über die Ergänzung unserer Seerüstung ist folgendes zu bemerken: Die über diese Besprechung ge- machten Mitteilungen lassen in erfreulicher Deutlichkeit den festen Willen erkennen, mit der Deutschen Regierung in diesem Kriege auszuhalten bis zum letzten, und ihr alle zu einer erfolgreichen Beendigung des Kampfes erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.

Angesichts der erhebenden Einmütigkeit, mit der der Reichstag am 4. August alle seine Beschlüsse gefaßt hat, muß aber angenommen werden, daß es sich hier nur um eine Besprechung gehandelt hat, welche eine gemeinschaftliche Aktion aller Parteien vorbereiten soll. Selbstverständlich werden die verbündeten Regierungen, soweit sie zur Fortführung des Krieges etwa noch weiterer gesetzlicher Vollmachten bedürfen sollten was sich heute nicht übersehen läßt nicht unterlassen, dem Reichstage die erforderlichen Vorlagen zu machen.

Erfolgreiche Kämpfe gegen Montenegro. Wien, 5. September.

Aus dem Kriegspressequartier wird amtlich gemeldet: Das Armeeoberkommando hat heute folgenden Befehl erlassen: Die im Grenzraume von Avtovac stehende dritte Gebirgsbrigade

hatte schon vor kurzer Zeit einen schneidigen Einbruch auf

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montenegrinisches Gebiet unternommen, der von vollem Erfolg gekrönt war. Nach kurzer Ruhe unternahm diese tapfere kleine Schar am 30. August neuerlich einen Vorstoß gegen die vor Bileca stehenden an Zahl überlegenen montenegrinischen Streit- krafte. In mehrtägigen heldenmütigen Angriffen der unter dem Kommando des Generalmajors Heinrich von Pongracz stehenden tapferen Brigade gelang es, die Montenegriner unter großen Verlusten zurückzuwerfen, ihnen ein schweres Geschütz abzu- nehmen und die hartbedrängte Grenzbefestigung Bileca völlig zu befreien. Ich betrachte es als Ehrenpflicht, diese von Helden- mut und Opferfreudigkeit zeugenden Taten der tapferen dritten Gebirgsbrigade allen Kommandos und Truppen sofort mit dem Beifügen bekanntzugeben, daß ich selbstverständlich nicht er- mangelt habe, diese Ruhmestaten unserer Kameraden im Süden Seiner Majestät alleruntertänigst zu melden.

gez. Erzherzog Friedrich, General der Infanterie.

Mitteilung des Reichskanzlers an die Vertreter der „United Preß und der ,,Associated Pref“.

Großes Hauptquartier, 2. September 1914.

Ich weiß nicht, was man in Amerika über diesen Krieg denkt. Ich nehme aber an, daß dort inzwischen der Telegrammwechsel Sei- ner Majestät des Kaisers mit dem Kaiser von Rußland und dem König von England bekannt geworden ist, der unwiderleglich vor der Geschichte Zeugnis dafür ablegt, wie der Kaiser bis zum letz- ten Augenblick bemüht gewesen ist, den Frieden zu erhalten. Diese Bemühungen : mussten aber vergeblich bleiben, da Russland unter allen Umständen zum Kriege entschlossen war und England, das durch ein Jahrzehnt hindurch den deutschfeindlichen Nationalismus in Rußland und Frankreich ermutigt hatte, die glänzende Gelegen- heit, die sich ihm bot, die so oft betonte Friedensliebe zu bewähren, ungenutzt vorübergehen ließ, sonst hätte wenigstens der Krieg Deutsch- lands mit Frankreich und England vermieden werden können. Wenn sich einmal die Archive öffnen werden, so wird die Welt erfahren, wie oft Deutschland England die Freundeshand entgegen gestreckt hat. Aber England wollte die Freundschaft mit Deutschland nicht. Eifersüchtig auf die Entwicklung Deutschlands und in dem Gefühl, daß es durch deutsche Tüchtigkeit und deutschen Fleiß auf manchen

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Gebieten überflügelt werde, wünschte es Deutschland mit roher Ge- walt niederzuwerfen, wie es seinerzeit Spanien, Holland und Frank- reich niedergeworfen hat. Diesen Moment hielt es jetzt für gekom- men, und so bot ihm denn der Einmarsch deutscher Truppen in Belgien einen willkommenen Vorwand, am Kriege teilzunehmen. Zu diesem Einmarsch aber war Deutschland gezwungen, weil es dem beabsichtigten französischen Vormarsch zuvorkommen musste und Belgien nur auf diesen wartete, um sich Frankreich anzuschlies- sen. Daß es für England nur ein Vorwand war, beweist die Tat- sache, daß Sir Edward Grey bereits am 2. August nachmittags, also bevor die Verletzung der belgischen Neutralität durch Deutschland erfolgte, dem französischen Botschafter die Hilfe Englands bedingungs- los für den Fall zugesichert hat, daß die deutsche Flotte die franzö- sische Küste angreife. Moralische Skrupel aber kennt die englische Politik nicht. Und so hat das englische Volk, das sich stets als Vor- kampfer für Freiheit und Recht gebardet, sich mit Rußland, dem Ver- treter des furchtbarsten Despotismus, verbündet, mit dem Lande, das keine geistige, keine religiöse Freiheit kennt, das die Freiheit der Völker wie der Individuen mit Füssen tritt. Schon beginnt England einzusehen, daß es sich verrechnet hat und daß Deutschland seiner Feinde Herr wird. Daher versucht es denn mit den kleinlichsten Mitteln, Deutschland wenigstens nach Möglichkeit in seinem Handel und seinen Kolonien zu schädigen, indem es, unbekümmert um die Folgen für die Kulturgemeinschaft der weißen Raße, Japan zu einem Raubzug gegen Kiautschou aufhetzt, die Neger in Afrika zum Kampf gegen die Deutschen in den Kolonien führt und nachdem es den Nachrichtendienst Deutschlands in der ganzen Welt unterbunden hat, einen Feldzug der Lüge gegen uns eröffnet. So wird es Ihren Lands- leuten erzählen, daß deutsche Truppen belgische Dörfer und Städte niedergebrannt haben, ihnen aber verschweigen, daß belgische Mädchen wehrlosen Verwundeten auf dem Schlachtfelde die Augen ausgestochen haben. Beamte belgischer Städte haben unsere Offiziere zum Essen geladen und über den Tisch hinüber erschossen. Gegen alles Völker- recht wurde die ganze Zivilbevölkerung Belgiens aufgeboten, die sich im Rücken unserer Truppen nach anfänglich freundlichem Empfang mit ver- steckten Waffen in grausamster Kampfesweise erhob. Belgische Frauen haben Soldaten, die sich, im Quartier aufgenommen, zur Ruhe legten, die Hälse durchschnitten. England wird auch nichts von den Dum-Dum-

Geschossen erzählen, die von Engländern und Franzosen trotz aller

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Abkommen und der heuchlerisch verkündeten Humanität verwendet worden sind und die Sie hier in der Originalpackung einsehen können, so wie sie bei englischen und französischen Gefangenen gefunden wurden. Seine Majestät der Kaiser hat mich ermächtigt, alles dies zu sagen und zu erklären, daß er volles Vertrauen in das Gerechtig- keitsgefühl des amerikanischen Volkes hat, das sich durch den Lügen- krieg, den unsere Gegner gegen uns führen, nicht täuschen lassen wird. Wer seit dem Ausbruch dieses Krieges in Deutschland gelebt, hat die große moralische Volkserhebung der Deutschen, die, von allen Seiten bedrängt, zur Verteidigung ihres Rechtes auf Existenz freudig ins Feld ziehen, selbst beobachten können und weiß, daß dieses Volk keiner unnötigen Grausamkeit, keiner Roheit fähig ist. Wir werden siegen dank der moralischen Wucht, die die gerechte Sache unseren Truppen gibt und schließlich werden auch die größten Lügen unsere Siege so wenig wie unser Recht verdunkeln können.

Das Zeugnis amerikanischer Pressevertreter. Berlin, 10. September. Nachstehende Erklärung der hiesigen Vertreter hervorragender Organe der amerikanischen Presse wird uns zur Veröffentlichung übergeben: | Der Wahrheit die Ehre zu geben, erklären wir einstimmig die deutschen Greuel, soweit wir es beobachten konnten, für unwahr. Nach zweiwöchentlichem Aufenthalt im deutschen Heer, die Truppen über 100 Meilen begleitend, sind wir tatsächlich nicht in der Lage, auch nur einen einzigen Fall unverdienter Strafe und Vergeltungsmaßregeln zu berichten. Wir sind ferner nicht in der Lage, Gerüchte bezüglich Mißhandlungen von Ge- fangenen und Nichtkombattanten zu bestätigen. Mit deutschen Truppen durch Landen, Brüssel, Nivelles, Binche, Buissiere, Hautes-Wiherie, Merbes-le-Chateau, Sorle sur Sambre, Beaumont haben wir nicht die geringste Unterlage für einen einzigen Fall von Zügellosigkeit. Zahlreiche Gerüchte fanden wir nach Unter- suchung grundlos, sahen überall deutsche Soldaten Einkäufe be- zahlen, persönliches Eigentum und Bürgerrechte achten.

Nach der Schlacht von Buissiere fanden wir belgische Frauen und Kinder im Gefühl völliger Sicherheit. In Merbes-le-Chateau war ein Bürger getötet worden, doch konnte niemand seine Schuldlosigkeit beweisen. Flüchtlinge, welche von Grausam-

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keiten erzählten, konnten absolut keinen Beweis beibringen. Disziplin der deutschen Soldaten hervorragend, keine Trunken- heit. Der Bürgermeister von Sorle sur Sambre widerrief un- aufgefordert Gerüchte von Grausamkeiten in der dortigen Gegend. Für die Wahrheit dieses stehen wir mit unserem beruflichen Ehrenwort. gez. Roger Lewis, Associated Preß, Irvin Scobb, Saturdey Evening Post, Philadelphia, Public Ledger, Philadelphia. Harry Hansen, Chicago Daily News, Chicago, James O’Donnell Bennett. John Mc.Cutcheou, Chicago Tribune, Chicago.

London, 6. September. Der Minister des AuBern und die Botschafter Frankreichs und Rußlands unterzeichneten heute vormittag im Foreign Office eine Erklarung, die besagt:

Die Unterzeichneten, regelrecht autorisiert von ihren Regie- rungen geben folgende Erklärungen ab: Die Regierungen Groß- britanniens, Frankreichs und Rußlands verpflichten sich wechsel- seitig, keinen Einzelfrieden im Laufe dieses Krieges zu schließen. Die drei Regierungen kommen überein, daß, falls es angebracht sei, den Friedenswortlaut zu diskutieren, keine der verbündeten Mächte Friedensbedingungen festsetzen kann, ohne vorheriges Übereinkommen mit jedem der beiden anderen Verbündeten.

Die Kruppschen Geschütze.

Aus Essen wird geschrieben: In einer großen Sitzung des Werk- ausschusses für den Kriegsliebesdienst auf der Kruppschen Gußstahlfabrik, die von Direktoren, der Beamtenschaft und den Vertretern der Arbeiter- schaft besucht war, hielt der Vorsitzende, Geheimer Finanzrat Hugenberg, vom Kruppschen Direktorium eine Rede, in der er sich folgendermaßen über die Kruppschen Geschütze äußerte:

In dem gegenwärtigen gewaltigen Kriege, an dem die Firma Krupp als ein wichtiger Bestandteil unserer Rüstung beteiligt ist, wird das, was in langen Friedensjahren hier geschaffen und aufgebaut ist, der allerschärfsten Prüfung unterzogen, und wir dürfen es heute schon mit großem Stolz bekennen, daß die Firma Krupp für unseren Heeres- bedarf sich in einer Weise leistungsfähig zeigt, wie wir selbst es früher vielleicht gar nicht geglaubt haben. Die Anforderungen gehen weit über das früher geplante Maß hinaus, aber alles und noch mehr wird in kürzester Zeit geleistet. Das ist möglich, weil alles in emsiger

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Friedensarbeit auf den höchsten Bedarf vorbereitet ist, oder doch wenigstens bei unseren Einrichtungen und Verbindungen in kürzester Zeit darauf eingerichtet werden kann. Schon heute haben wir von berufenen Stellen Beweise hoher Anerkennung, und wenn einmal die Geschichte des Krieges geschrieben wird, so soll das deutsche Volk erkennen, welchen Anteil die Kruppschen Erzeugnisse an unseren Erfolgen gehabt haben, aber auch, wieviel Ströme deutschen Blutes, wieviel blühendes deutsches Leben dem Vaterlande durch unsere Arbeit hier erspart worden ist.

Vom westlichen Schauplatze. Großes Hauptquartier, 6. September.

Seine Majestät der Kaiser wohnte gestern den Angriffskämpfen um die Befestigungen von Nancy bei.

Von Maubeuge sinds zwei Forts und deren Zwischenstellung gefallen. Das Artilleriefeuer konnte gegen die Stadt gerichtet werden. Sie brennt an verschiedenen Stellen.

Aus Papieren, die in unsere Hände gefallen sind, geht hervor, daß der Feind durch das Vorgehen der Armeen der General obersten von Kluck und von Bülow nördlich der belgischen Maas vollständig überrascht worden ist. Noch am 17. August nahm er dort nur deutsche Kavallerie an. Die Kavallerie dieses Flügels unter Führung des Generals von der Marwitz hat also die Armee- bewegungen vorzüglich verschleiert. Trotzdem würden diese Be- wegungen dem Feinde nicht unbekannt geblieben sein, wenn nicht zu Beginn des Aufmarsches und Vormarsches die Feldpostsendungen zurückgehalten wären. Von Heeresangehörigen und deren Familien ist dies als schwere Last empfunden und die Schuld der Feldpost beigemessen worden. Im Interesse der arbeitsfreudigen und pflicht- treuen Beamten der Feldpost habe ich mich für verpflichtet ge halten, hierüber eine Aufklärung zu geben.

Der Generalquartiermeister von Stein.

Der Krieg zur See.

Kleiner Kreuzer „Karlsruhe“ im Gefecht.

Wie aus Wilhelmshaven, 6. September, gemeldet wird, hatte der kleine Kreuzer „Karlsruhe“ nach den Berichten englischer Blätter in diesen Tagen ein kleines Scharmützel mit englischen Kreuzern zu bestehen.

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Der kleine „Kreuzer „Dresden“ hat einer englischen Meldung zu- folge an der Küste Brasiliens den englischen Kohlendampfer „Holmwood“, der eine wertvolle Kohlenladung an Bord führte, zum Sinken gebracht. Der Kreuzer machte sich gleich nach Ausbruch des Krieges dadurch be- merkbar, daß er in den Gewässern Nordamerikas den englischen Schnell- dampfer „Mauretania“, der vermutlich als Hilfskreuzer ausgestattet war, verfolgte und ihn zwang, die Nähe eines schützenden Hafens aufzusuchen.

Seit dem Ausbruch des Krieges sind an den militärischen Aktionen auf See sowohl in überseeischen wie europäischen Gewässern nur Kreuzer und Torpedoboote tätig gewesen.

Die Minen in der Nordsee. | London, 8. September.

Zwei weitere Schlepper sind in der Nordsee auf Minen gelaufen und gesunken. Es handelt sich um die Schlepper „Imperialist“ und „Re-

vigo“. Zwei Mann der Besatzung des „Imperialist“ werden vermißt.

Der Angriff auf Tsingtau. Tokio, 8. September. Japanische Flieger haben Bomben auf Tsingtau geworfen.

Freiwillige Räumung Lembergs. Berlin, 6. September.

Die österreichisch-ungarische Botschaft veröffentlicht folgende ihr vom Ministerium des Außern in Wien zugegangene Depesche:

„Die russische Meldung von der Schlacht bei Lemberg und der siegreichen Einnahme dieser Stadt ist erlogen. Die offene Stadt Lemberg wurde aus strategischen und humanitären Rücksichten ohne Kampf freiwillig geräumt.“

5000 Serben gefangen genommen. Wien, 7. September. Aus dem Kriegspressequartier wird amtlich gemeldet: Das Armee- oberkommando hat am 7. d. M. folgenden Befehl erlassen: Es gereicht mir zur besonderen Freude, bekanntgeben zu können, daß ungefähr 4000 Mann serbischer Truppen bei dem Versuche, östlich Mitrowitza in unser Gebiet einzubrechen, gefangen genommen wurden. Bei dieser Gelegenheit wurde von unseren braven Truppen im Süden auch serbisches Kriegsmaterial erbeutet. Dies ist sofort allgemein zu verlautbaren. Erzherzog Friedrich, General der Infanterie. Nach späteren Meldungen erhöht sich die Zahl der bei Mitrowitza gefangenen Serben auf fünftausend.

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Gegen die Dum-Dum-Geschosse. Großes Hauptquartier, 8. September.

- Immer wieder finden unsere Truppen auf der ganzen Front bei den gefangenen Franzosen und Engländern Dum-Dum-Geschosse in fabrik- mäßiger Verpackung, so wie sie von der Heeresverwaltung geliefert sind. Diese bewußte grobe Verletzung der Genfer Konvention durch Kultur- völker kann nicht scharf genug verurteilt werden.

Das Vorgehen Frankreichs und Englands wird Deutschland schließlich zwingen, die barbarische Kriegführung seiner Gegner

mit gleichen Mitteln zu erwidern.

Der Krieg zur See. Aus den englischen Verlustlisten. Berlin, 7. September. Die heute hier eingetroffene „Times“ vom 2. d. M. enthält eine Nachtragsverlustliste der Admiralität, in der Namen der Besatzung

der geschützten Kreuzer „Arethusa“ und „Fearless“ sowie der Tor- pedobootszerstörer „Druid“, „Laertes“ und „Phönix“ enthalten sind.

Ein englischer Kreuzer gesunken. l

Der „Nieuwe Rotterdamsche Courant“ meldet aus sicherer Quelle, daß der englische geschützte Kreuzer „Pathfinder“ bei Tyne auf eine Mine stieß und unterging. Viele Menschenleben sind verloren. Zu gleicher Zeit sank ein Passagierdampfer. Man vermutet hier, daß „Pathfinder“ unterging, als er Passagiere vom Dampfer „Runo“ der Wilsonlinie rettete.

Wie der „Pathfinder“ unterging.

Uber den Untergang des Kreuzers „Pathfinder“ wird weiter aus London gemeldet: Die Katastrophe geschah am Sonnabendnachmittag 41/2 Uhr zehn Meilen nördlich von St. Abbs Head. Die Besatzung saß eben beim Mittagessen, als das Schiff erschüttert wurde. Das Schiff neigte sich nach vorn, und einen Augenblick später erfolgte eine furchtbare Explosion, die das Schiff sprengte. Nach 4 Minuten war der Kreuzer unter- gegangen. Kriegsschiffe und ein Rettungsboot von St. Abbs eilten herbei und retteten den Kommandanten und eine Anzahl Leute. Die Mine scheint das Schiff in der Nahe des Magazins getroffen zu haben. Der

Kreuzer hatte eine Besatzung von 268 Mann.

Ein siegreiches Gefecht. Breslau, 8. September.

Vom hiesigen Stellvertretenden Generalkommando wird, wie die „Schlesische Zeitung“ meldet, mitgeteilt: Unsere schlesische Landwehr hat gestern nach siegreichem Gefecht 17 Offiziere und 1000 Mann vom russischen Gardekorps und dritten kau- kasischen Korps zu Gefangenen gemacht.

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Seine Majestät der Kaiser hat an den Präsidenten Wilson das

nachstehende Telegramm gerichtet:

Berlin, den 8. September.

Ich betrachte es als meine Pflicht, Herr Präsident, Sie als den hervorragendsten Vertreter der Grundsätze der Menschlichkeit, zu benachrichtigen, daß nach der Einnahme der französischen Festung Longwy Meine Truppen dort Tausende von Dum-Dumgeschossen entdeckt haben, die durch eine besondere Regierungswerkstätte hergestellt waren. Ebensolche Geschosse wurden bei getöteten und verwundeten Soldaten und Gefangenen, auch britischer Truppen gefunden. Sie wissen, welche schrecklichen Wunden und Leiden diese Kugeln verursachen, und daß ihre Anwendung durch die anerkannten Grundsätze des internationalen Rechts streng verboten ist. Ich richte daher an Sie einen feierlichen Protest gegen diese Art der Kriegführung, welche dank den Methoden unserer Gegner eine der barbarischsten geworden ist, die man in der Geschichte kennt. Nicht nur sie haben diese grausamen Waffen angewendet, sondern die belgische Regierung hat die Teilnahme der belgischen Zivilbevölkerung an dem Kampf offen ermutigt und seit langem sorgfältig vorbereitet. Die selbst von Frauen und Geistlichen in diesem Guerillakrieg begangenen Grausamkeiten, auch an verwun- deten Soldaten, Ärztepersonal und Pflegerinnen (Ärzte wurden ge- tötet, Lazarette durch Gewehrfeuer angegriffen), waren derartig, daß Meine Generale endlich gezwungen waren, die schärfsten Mittel zu ergreifen, um die Schuldigen zu bestrafen und die blutdürstige Bevölkerung von der Fortsetzung ihrer schimpflichen Mord- und Schandtaten abzuschrecken. Einige Dörfer und selbst die alte Stadt Löwen, mit Ausnahme des schönen Stadthauses, mußten in Selbst- verteidigung und zum Schutze Meiner Truppen zerstört werden. Mein Herz blutet, wenn Ich sehe, daß solche Maßregeln unver- meidlich geworden sind, und wenn Ich an die zahllosen unschul- digen Leute denke, die ihr Heim und Eigentum verloren haben,

infolge des barbarischen Betragens jener Verbrecher. Wilhelm I. R.

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Maubeuge gefallen. Großes Hauptquartier, 8. September. Maubeuge hat gestern kapituliert. 40 000 Kriegsge- fangene, darunter vier Generale, 400 Geschütze und zahlreiches Kriegsgerat sind in unsere Hände gefallen. Der Generalquartiermeister von Stein.

Besetzung von Samoa. Berlin, 8. September.

Nach nunmehr eingetroffenen zuverlässigen Meldungen ist Samoa am 29. August von den Engländern ohne Kampf besetzt worden.

Die englischen Verluste bei Helgoland.

Es stellt sich jetzt heraus, daß der englische Kreuzer, der vor Helgo- land zuerst mit unseren Schiffen ins Gefecht geriet, nicht der Amethyst, sondern der erst am 25. Oktober 1913 vom Stapel gelaufene und erst kürzlich in Dienst gestellte moderne 3600 Tonnen große Panzerkreuzer „Arethusa“ war. Die „Arethusa“ hat im Kampf sehr schwere Beschädigungen erlitten, die schwierig zu reparieren sein werden. Unter anderem ist ein Schuß unterhalb des 5l-mm-Panzerdecks in den Maschinenraum gedrungen und hat die Brown-Curtius-Turbinen, die dem Schiff eine Geschwindigkeit von 30 Knoten in der Stunde verliehen, so beschädigt, daß die „Arethusa“ sich nur noch mit 10 Knoten Fahrt in den Hafen Sheerness zurückziehen konnte. Auch die englischen Torpedojäger „Laurel“ und „Liberty“ haben schwere Havarien gehabt. Bei dem letzteren Schiff war ein Schornstein durch die deutschen Granaten völlig weggeschossen und der andere von oben bis unten aufgerissen.

Die Dum-Dum-Geschosse. Berlin, 9. September.

In den Taschen gefangener französischer Soldaten, insbesondere bei Schirmeck, Montmedy und Longwy, hat man zahlreiche Stahl- mantelgeschosse gefunden, die auf maschinellem Wege an der Spitze mit einer 5 mm weiten und 7 mm tiefen Bohrung versehen sind. Bei Fort Longwy ist eine maschinelle Einrichtung vorgefunden, die dazu gedient hat, die Geschosse fertiger Patronen in der bezeichneten Weise zu verändern; auch sind dort ganze Kisten mit solchen Patronen erbeutet worden. Es unterliegt daher keinem Zweifel, daß Patronen in dieser Form von der französischen Heeresverwaltung an Truppen ausgegeben sind. Bei derartigen Hohlspitzengeschossen, die im all- gemeinen unter dem Namen Dum-Dum-Geschosse bekannt sind, tritt beim Aufschlagen der weichere Bleikern vorn heraus, schlägt sich

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breit und verursacht dadurch besonders grausame und mit unnötigen Leiden verbundene Verwundungen; das gleiche gilt von dem auf- gerissenen Geschoßmantel, der schwere Zerreißungen körperlicher Gewebe hervorruft.

Andere bei gefangenen Franzosen vorgefundene Patronen sind teils durch Einkerben mit stark hervortretenden Graten versehen, teils an den Spitzen abgekniffen, teils sogar gespalten. Militärische Unter- suchung hat festgestellt, daß Mannschaften auf Befehl ihrer Offiziere Patronen in dieser Weise behandelt haben. Auch Geschosse dieser Art können ähnliche unnötige Verwundungen verursachen wie soge- nannte Dum-Dum-Geschosse.

Der Gebrauch aller solcher Geschosse ist nach völkerrechtlichen Grundsätzen verboten, insbesondere nach Artikel 23 Abs. le Haager Landkriegsordnung und nach Haager Erklärung vom 29. Juli 1899, betreffend Verbot von Geschossen, die sich leicht im menschlichen Körper ausdehnen oder platt drücken.

Der Krieg zur See.

Ein englischer Hilfskreuzer gesunken. London, 10. September.

Die Admiralität gibt bekannt: Der als Hilfskreuzer armierte Dampfer „Oceanic“ von der White Star-Linie hat gestern nahe der Nordküste von Schottland Schiffbruch gelitten. Der Dampfer ist voll-

ständig verloren. Alle Offiziere und Mannschaften wurden gerettet.

Japans Gründe zum Krieg.

Englische Zeitungen melden folgendes über eine außerordentliche Sitzung des japanischen Parlaments am Sonnabend in Tokio: Graf Okuma eröffnete die Sitzung und führte aus, jeder werde die Gründe und die Wichtigkeit der jetzigen Zusammenkunft begreifen. Er bat um die Unter- stützung des Parlaments in den jetzigen Umständen und um Genehmigung des außergewöhnlichen Budgets. Darauf hielt der Minister des Aus- wartigen Amtes, Baron Kato, eine Rede über die Gründe des Krieges. Er erklärte:

Anfang August bat die englische Regierung um die Hilfe Japans in den Grenzen des englisch-japanischen Bundes. Deutsche Kriegsschiffe befanden sich in den Meeren des Ostens, und es war die Absicht Deutsch- lands, Kiautschou zur Basis für seine Kriegsoperationen in Ostasien zu machen. Wie jeder weiß, ist der Zweck des Bundes zwischen England und Japan, den Frieden im Osten zu bewahren und die Unabhängigkeit und Integrität Chinas zu schützen. In einer Zeit, wo der Handel in Ost-

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asien fortwährend bedroht wird (I), war Japan verpflichtet, der Bitte des Bundesgenossen nachzukommen. Daß Deutschland eine Basis für eine große Aktivität im Osten besitzt, war nicht allein eine Bedrohung des Friedens, sondern Japan wird dadurch auch direkt in seinen eigenen Interessen bedroht. (I!) Japan hätte gewünscht, nicht in den gegen- wärtigen Konflikt gezogen zu werden, aber es war seine Pflicht, dem Bunde treu zu sein.

Japans Verhalten im Kriege.

Das Pariser Finanzblatt „Information“ bespricht die Finanzlage Japans und erörtert dessen Einmischung in den Krieg. Es erfährt auf Grund eingehender Informationen, daß die kriegerischen Operationen Japans auf die See beschränkt bleiben sollen. Eine militärische Ex- pedition zu Lande sei ganz unwahrscheinlich.

Romain Rolland, Gerhart Hauptmann und unser Krieg.

Der französische Dichter Romain Rolland ist in den letzten Jahren auch in Deutschland bekannt geworden. Am 29. August veröffentlichte das „Journal de Geneve“ einen „Offenen Brief“ von Rolland an Hauptmann:

Ich bin, Gerhart Hauptmann, keiner derjenigen Franzosen, die Deutsch- land als barbarisches Land behandeln; ich kenne die geistige und sitt- diche Größe Ihrer mächtigen Rasse; ich weiß, was ich alles den Denkern des alten Deutschland verdanke; und auch im gegenwärtigen Augenblick noch gedenke ich des Beispiels und der Worte unseres Goethe er ge- hört der ganzen Menschheit an —, worin er jeden nationalen Haß von sich weist und seine Seele auf jene Höhen erhebt, „wo man das Glück und das Unglück der andern Völker wie sein eigenes empfindet“. Ich habe mein ganzes Leben lang daran gearbeitet, beide Nationen sich gei- stig näher zu bringen, und die Schrecken des ruchlosen Krieges, der sie zum Unglück für die europäische Zivilisation feindlich gegenüberstellt, werden mich niemals dazu führen, meinen Geist mit Haß zu beschmutzen.

Es fehlt mir heute also nicht an Gründen, mich über Ihr Deutsch- land zu beklagen, die deutsche Politik und die Mittel, deren sie sich be- dient, als verbrecherisch zu erachten, aber ich mache das Volk, das sie über sich ergehen laßt und sich zu ihrem blinden Werkzeug hergibt, nicht dafür verantwortlich. Ich erblicke nämlich keineswegs wie Sie, ein Ver- hängnis. Der Franzose glaubt nicht an das Verhängnis. Das Verhängnis dient willenlos Seelen zur Entschuldigung. Der Krieg ist die Frucht der Schwäche und der Dummheit der Völker; man kann sie deshalb nur be- klagen, ihnen aber nicht zürnen. Ich werfe Ihnen auch nicht unsere Gefal- lenen vor; die Trauer ist bei Ihnen nicht geringer. Wenn Frankreich zu- grunde geht, so wird auch Deutschland zugrunde gehen. Ich habe meine Stimme selbst dann nicht erhoben, als ich Ihre Armeen die Neutralität des edlen belgischen Volkes verletzen sah. Dieser Gewaltstreich gegen die Ehre, der jedes rechtlich fühlende Gewissen zur Verachtung herausfordert,

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liegt zu sehr in der Tradition der Politik Ihrer Könige von Preußen: er hat mich nicht überrascht.

Was aber zu viel ist, das ist die Wut, womit Ihr diese hochherzige Nation behandelt, deren einziges Verbrechen darin besteht, bis zur Ver- zweiflung ihre Unabhängigkeit zu verteidigen und das Recht, sowie Ihr Deutsche es selbst gehalten habt im Jahre 1813. Die Welt bäumt sich in Entrustung auf; spart diese Gewalttätigkeiten auf für uns Franzosen, Eure wahren Feindel Aber welche Schande, diese Verbitterung gegen Eure Opfer, gegen dieses kleine, unglückliche, unschuldige belgische Volk!

Ihr begnügt Euch aber auch nicht damit, Euch an dem lebenden Belgien zu vergreifen. Ihr bekriegt auch die Toten und ihren Jahrhunderte alten Ruhm. Ihr bombardiert Mecheln, Ihr steckt Rubens in Brand! Löwen mit seinen künstlerischen und wissenschaftlichen Schätzen, das heilige Löwen ist nur noch ein Aschenhaufen! Aber Sie, Hauptmann, wer sind denn Sie und wie wollen Sie von jetzt an noch genannt werden, wenn Sie den Titel: „Barbar“ ablehnen? Sind Sie Nachkomme Goethes oder Attilas? Führen Sie Krieg gegen Armeen oder gegen den mensch- lichen Geist? Töten Sie die Menschen, aber haben Sie Achtung vor ihren Werken! Der Patriotismus der Menschheit, den Sie ebenso hüten wie wir, verlangt das, und wenn Sie fortfahren, diese Werke zu plündern, so erweisen Sie sich unwürdig der großen Erbschaft, unwürdig eines Platzes in der kleinen europäischen Armee, welche die Ehrenwache der Zivili- sation bildet.

Ich wende mich übrigens gegen Sie, nicht an die Meinung der Welt, ich wende mich an Sie selbst, Hauptmann. Im Namen Europas, zu dessen berühmtesten Wortführern Sie bisher gehört haben, im Namen der Zivi- lisation, für welche die größten Männer seit Jahrhunderten kämpfen, im Namen der eigenen Ehre Ihrer deutschen Rasse beschwöre ich Sie, Gerhart Hauptmann, und fordere Sie auf, Sie und die ganze geistige Elite Deutschlands, unter der ich so viele Freunde zähle, mit aller Kraft die Stimme gegen dieses Verbrechen zu erheben, das auf Sie zurückfällt.

Tun Sie das nicht, so werden Sie beweisen, entweder daß Sie das Geschehene billigen, und in diesem Falle wird die Meinung der Welt Sie zermalmen, oder aber, daß Sie ohnmächtig sind, die Stimme gegen die Hunnen zu erheben, die Sie befehligen. Und mit welchem Recht können Sie dann noch beanspruchen, wie Sie geschrieben haben, für die Sache der Freiheit und des menschlichen Fortschritts zu kämpfen? Un- fähig, die Freiheit der Welt zu verteidigen, liefern Sie der Welt den Beweis, daß Sie selbst Ihre eigene Freiheit nicht verteidigen können und daß die Elite Deutschlands dem schlimmsten Despotismus dienstbar ist, gen. der die Meisterwerke verstümmelt und den Menschengeist mordet.

Ich erwarte von Ihnen, Hauptmann, eine Antwort, eine Antwort, die eine Tat bedeuten soll. Die Meinung Europas erwartet sie ebenso wie ich. Bedenken Sie: in einem solchen Augenblick wäre das Schweigen

selbst eine Tat. Romain Rolland.

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Antwort Gerhart Hauptmanns:

Sie richten, Herr Rolland, öffentlich Worte an mich, aus denen der Schmerz über den (von Rußland, England und Frankreich er- zwungenen) Krieg hervorgeht, der Schmerz über die Gefährdung der europäischen Kultur und den Untergang geheiligter Denkmäler alter Kunst. Diesen allgemeinen Schmerz teile ich. Allein ich ver- stehe mich nicht dazu, eine Antwort zu geben, die Sie mir im Geiste schon vorgeschrieben haben und von der Sie mit Unrecht behaupten, daß ganz Europa sie erwarte. Ich weiß, daß Sie deutschen Blutes sind. Ihr schönes Buch „Johann Christoph“ wird unter uns Deutschen neben dem „Wilhelm Meister“ und dem „Grünen Heinrich“ immer lebendig sein. Frankreich wurde Ihr Adoptiv-Vaterland; darum muß Ihr Herz jetzt zerrissen, Ihr Urteil ein getrübtes sein. Sie haben an der Versöhnung beider Völker mit Eifer gearbeitet. Trotzdem sehen Sie jetzt, wo der blutige Riß auch Ihr schönes Friedenskonzept, wie so vieles andere, vernichtet hat, unser Land und Volk mit fran- zösischen Augen an und jede Mühe wird ganz gewiß vergeblich sein, Sie deutsch- und klarblickend zu machen.

Natürlich ist alles schief, alles grundfalsch, was Sie von unserer Regierung, unserem Heer, unserem Volke sagen; es ist so falsch, daß mich in dieser Beziehung Ihr offener Brief wie eine leere schwarze Fläche anmutet. Krieg ist Krieg; Sie mögen sich über den Krieg beklagen, aber nicht über Dinge wundern, die von diesem Elementarereignis unzertrennlich sind. Gewiß ist es schlimm, wenn im Durcheinander des Kampfes ein unersetzlicher Rubens zu Grunde geht, aber Rubens in Ehren! ich gehöre zu jenen, denen die zerschossene Brust eines Menschenbruders einen weit tieferen Schmerz

abnötigt. Und, Herr Rolland, es geht nicht an, daß Sie einen Ton

“annehmen, als ob Ihre Landsleute, die Franzosen, mit Palmwedeln

gegen uns zögen, wo sie doch in Wahrheit mit Kanonen, Kartätschen, ja sogar mit Dum-Dum-Kugeln reichlich versehen sind. Gewiß sind Ihnen unsere heldenmütigen Armeen furchtbar geworden! Das ist der Ruhm einer Kraft, die durch die Gerechtigkeit ihrer Sache un- überwindlich ist. Aber der deutsche Soldat hat mit den ekelhaften und läppischen Werwolf-Geschichten nicht das allergeringste gemein, die Ihre französische Lügenpresse so eifrig verbreitet, der das fran- zösische und das belgische Volk sein Unglück verdankt. Mag uns ein müßiger Engländer „Hunnen“ nennen, mögen Sie meinethalben die Krieger unserer herrlichen Landwehr als „Attilas Söhne“ be- zeichnen; es jst uns genug, wenn diese Landwehr den Ring unserer unbarmherzigen Feinde zerschmettert. Weit besser, Sie nennen uns Söhne Attilas, machen drei Kreuze über uns und bleiben außerhalb unserer Grenzen, als daß Sie uns als den geliebten Enkeln Goethes eine empfindsame Inschrift auf das Grab unseres deutschen Namens setzen! Das Wort von den Hunnen ist von solchen Leuten geprägt, die, selber Hunnen, sich in ihren verbrecherischen Anschlägen auf

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das Leben eines gesunden und kerntũchtigen Volkes getäuscht sehen, weil dieses Volk einen furchtbaren Stoß noch furchtbarer zu parieren verstand. Der zur Ohnmacht Verurteilte greift zu Beschimpfungen.

Ich sage nichts gegen das belgische Volk. Der friedliche Durch- zug deutscher Truppen, eine Lebensfrage für Deutschland, wurde von Belgien nicht gewährt, weil sich seine Regierung zum Werkzeug Englands und Frankreichs gemacht hatte. Dieselbe Regierung hat dann, um ihren verlorenen Posten zu stützen, einen Guerillakampf ohnegleichen organisiert und dadurch Herr Rolland, Sie sind Musiker! die schreckliche Tonart der Kriegsführung angegeben. Wenn Sie eine Möglichkeit haben wollen, durch den Riesenwall deutschfeindlicher Lügen sich hindurchzuarbeiten, so lesen Sie einen Bericht unseres Reichskanzlers vom 7. September an Amerika; lesen Sie ferner das Telegramm, das am 8. September der Kaiser selbst an den Präsidenten Wilson richtete. Sie erfahren dann Dinge, die zu wissen notwendig sind, um das Unglück von Löwen zu verstehen!

Gerhart Hauptmann.

Kämpfe im Westen und im Osten. Großes Hauptquartier, den 10. September 1914.

Die östlich Paris in der Verfolgung an und über die Marne vor- gedrungenen Heeresteile sind aus Paris und zwischen Meaux und Montmirail von überlegenen Kräften angegriffen. Sie haben in schweren zweitägigen Kämpfen den Gegner aufgehalten und selbst Fortschritte gemacht; als der Anmarsch neuer starker feindlicher Kolonnen ge- meldet wurde, ist ihr Flügel zurückgenommen worden. Der Feind folgte an keiner Stelle. Als Siegesbeute dieser Kämpfe sind bisher fünfzig Geschütze und einige tausend Gefangene gemeldet.

Die westlich Verdun kämpfenden Heeresteile befinden sich in fortschreitendem Kampfe.

In Lothringen und in den Vogesen ist die Lage unverändert.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz hat der Kampf wieder be-

gonnen. , ; Der Generalquartiermeister von Stein.

Großes Hauptquartier, 10. September. Der deutsche Kronprinz hat heute mit seiner Armee die be- festigte feindliche Stellung südwestlich Verdun genommen. Teile der Armee greifen die südlich Verdun liegenden Sperrforts an. Die Forts werden seit gestern durch schwere Artillerie beschossen. General von Hindenburg hat mit dem Ostheer den linken Flügel der noch in Ostpreußen befindlichen russischen Armee geschlagen und

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sich dadurch den Zugang in den Rücken des Feindes geöffnet. Der Feind hat den Kampf aufgegeben und befindet sich in vollem Rückzug. Das Ostheer verfolgt ihn in nordöstlicher Richtung gegen den Njemen.

Der Generalquartiermeister von Stein.

Der Krieg zur See.

Die Minengefahr in der Nordsee und die englische Flotte. Berlin, 11. September.

Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß die öffentliche Meinung Englands immer energischer eine kräftige Aktion der englischen Flotte fordert, um die Minengefahr in der Nordsee zu beseitigen. Dazu mag auch der Umstand beitragen, daß die Ursache des Untergangs der „Oceanic“ noch immer nicht bekannt und daß man argwöhnisch geworden ist, da die Admiralität neuerdings versucht, den Verlust des „Pathfinder“ auf eine andere Ursache als eine Mine zurückzuführen.

Die deutschen Minen scheinen also der englischen Admiralität doch ernstlich zu schaffen zu machen, um so mehr, als sie die von der eng- lischen Admiralität behauptete Untätigkeit der deutschen Flotte in einem anderen Lichte erscheinen lassen.

Ein englisches Kriegsschiff in der Nordsee gesunken.

Der „Daily Chronicle“ veröffentlicht in seiner Ausgabe vom 4. Sep- tember folgenden Bericht des englischen offiziellen Preßbureaus: „Eine Meldung von dem kommandierenden Offizier S. M. S. „Speedy“ berichtet, daß der Dampfer „Linsdell“ am Donnerstagmorgen auf eine Mine ge- stoßen und gesunken ist. Eine Viertelstunde später stieß auch die „Speedy“ auf eine Mine und sank, etwa 30 Meilen von der Ostküste entfernt.“

Unsere Flotte in der Ostsee. Berlin, 10. September.

Ungehindert geht in der Ostsee die Schiffahrt an den deutschen Küsten vor sich, und die deutschen Kriegsschiffe stoßen bis in den Bott- nischen Meerbusen vor. Dort haben sie sozusagen vor den Augen der feindlichen Flotte einen russischen Handelsdampfer aufgebracht und ver- senkt. Die vorher an Bord genommenen Passagiere und die Besatzung wurden in einem deutschen Hafen an Land gesetzt und, soweit sie feind- licher Nationalität waren, nach dem Vorbild der Gegner als Kriegs- gefangene festgehalten. Es ist dies ein Beweis für die Wachsamkeit unserer Ostseeflotte, die das ganze Gebiet, soweit es nicht von Minen verseucht ist, überwacht und beherrscht.

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Die Aussichten bei Lemberg. Wien, 12. September.

Amtlich wird bekannt gegeben: 10. September, abends: Die Schlacht bei Lemberg dauert an. Unser Angriff gewinnt allmählich an Raum. Die Nachrichten vom südöstlichen Kriegsschauplatze lassen erkennen, daß Teile der serbischen Armee, während wir die Drina überschritten, in Syrmien einbrachen, wo die Abwehr einge-

leitet worden ist. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes:

von Hoefer, Generalmajor.

Nach einer Meldung des „Pester Lloyd“ vom Il. d. M. ent- wickelt sich die militärische Lage an der russischen Grenze nach Wunsch, so daß Hoffnung besteht, daß der gestrige Tag der Aus- gangspunkt der günstigsten Ereignisse sein werde.

Kriegsgefangene in Deutschland. Berlin, 12. September.

Bis 11. September waren in Deutschland rund 220 000 Kriegs- gefangene untergebracht. Davon sind Franzosen 1680 Offiziere, 86 700 Mann, Russen 1830 Offiziere, 91400 Mann, Belgier 440 Offiziere, 30200 Mann, Engländer 160 Offiziere, 7350 Mann. Unter den Offizieren zwei französische Generale, unter den Russen zwei kommandierende und dreizehn andere Generale, unter den Belgiern der Kommandant von Lüttich.

Eine große Zahl weiterer Kriegsgefangener befindet sich im Transport zu den Gefangenenlagern.

Vom östlichen Schauplatze.

Ein russisches Armeekorps bei Lyck geschlagen. Berlin, 11. September. Das 22. russische Armeekorps (Finnland) hat versucht, tber Lyck in den Kampf in Ostpreußen einzugreifen. Es ist bei Lyck geschlagen worden.

Die Schlacht bei Lemberg. Wien, 13. September. Amtlich wird bekanntgegeben: In der Schlacht bei Lemberg gelang es unseren an und südlich der Grodeker Chaussee an- gesetzten Streitkräften, den Feind nach fünftägigem hartem Ringen zurückzudrängen, an 10 000 Gefangene zu machen und zahlreiche

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Geschütze zu erbeuten. Dieser Erfolg konnte jedoch nicht voll ausgenutzt werden, da unser Nordflügel bei Rawaruska von großer Übermacht bedroht ist und überdies neue russische Kräfte sowohl gegen die Armee Dankl als auch in dem Raum zwischen dieser Armee und dem Schlachtfeld von Lemberg vordrangen. Angesichts der sehr bedeutenden Überlegenheit des Feindes war es geboten, unsere schon seit drei Wochen fast ununterbrochen heldenmütig kämpfenden Armeen in einem guten Abschnitt zu versammeln und für weitere Operationen bereitzustellen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: Hoefe r.

Eine Mitteilung des Reichskanzlers.

Der englische Premierminister hat in seiner Guildhallrede für England die Beschützerrolle der kleineren und schwächeren Staaten in Anspruch genommen und von der Neutralität Belgiens, Hollands und der Schweiz gesprochen, die von Deutschland gefährdet sei. Es ist richtig, wir haben Belgiens Neutralität verletzt, weil die bittere Not uns dazu zwang. Aber wir hatten Belgien volle Integrität und Schadloshaltung zugesagt, wenn es mit dieser Notlage rechnen wollte. Belgien wäre dann ebensowenig etwas geschehen, wie z. B. Luxemburg. Hätte England, als Schützer der schwächeren Staaten, Belgien unendliches Leid ersparen wollen, dann hätte es ihm den Rat erteilen müssen, unser Anerbieten anzunehmen. „Geschützt“ hat es unseres Wissens Belgien nicht. Ist also England wirklich ein so selbstloser Beschützer? Wir wissen genau, daß der französische Kriegsplan einen Durchmarsch durch Belgien zum Angriff auf die unbeschütz- tenRheinlande vorsah. Gibt es jemand, der glaubt, England würde dann zum Schutze der belgischen Freiheit gegen Frankreich eingeschritten sein? Die Neutralität Hollands und der Schweiz haben wir streng respektiert und auch die geringste Grenzüberschreitung des niederländischen Limburg peinlichst vermieden. Es ist auffällig, daß Herr Asquith nur Belgien, Holland und die Schweiz, nicht aber auch die skandinavischen Länder erwähnt, Die Schweiz mag er genannt haben im Hinblick auf Frankreich, Holland und Belgien, aber liegen England gegenüber an der anderen Küste des Kanals; darum ist England um die „Neutralität“ dieser Länder so besorgt. Warum schweigt Herr Asquith von den skandinavischen Reichen? Viel- leicht weil er weiß, daß es uns nicht in den Sinn kommt, die Neutralität dieser Lander anzutasten? Oder sollte England etwa für einen Vorstoß in die Ostsee oder für die Kriegführung Rußlands die dänische Neutra- lität doch nicht für ein noli me tangere halten? Herr Asquith will glauben machen, daß der Kampf Englands gegen uns ein Kampf der Freiheit gegen die Gewalt sei. An diese Ausdrucksweise ist die Welt gewöhnt. Im Namen der Freiheit hat England mit Gewalt und einer Politik des rucksichtslosesten Egoismus sein gewaltiges Kolonialreich begründet. Im Namen der Freiheit hat es noch um die Wende dieses Jahrhunderts die Selbständigkeit der Burenrepubliken vernichtet. Im Namen der Freiheit

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behandelt es jetzt Ägypten, unter Verletzung internationaler Verträge, und eines feierlich gegebenen Versprechens, als englische Kolonie. Im Namen der Freiheit verliert eine der malayischen Schutzstaaten nach der andern seine Selbständigkeit zugunsten Englands. Im Namen der Freiheit sucht es durch Zerschneidung der deutschen Kabel zu verhindern, daß die Wahrheit in die Welt dringt. Der englische Ministerpräsident irrt. Seit England sich mit Rußland und Japan gegen Deutschland verband, hat es in einer, in der Geschichte der Welt einzig dastehenden Verblendung die Zivilisation verraten und die Sache der Freiheit der europäischen Völker und Staaten dem deutschen Schwert zur Wahrung übertragen. gez.: Bethmann-Hollweg.

Die Lage im Westen und Osten.

Großes Hauptquartier, 12. September.

Die Armee des Generalobersten von Hindenburg hat die russische Armee in Ostpreußen nach mehrtägigem Kampfe vollständig geschlagen. Der Rückzug der Russen ist zur Flucht geworden. Generaloberst von Hindenburg hat in der Verfolgung die Grenze bereits überschritten und meldete bisher über 10000 unverwundete Gefangene, etwa 80 Geschütze. Ausserdem Maschinengewehre, Flugzeuge, Fahrzeuge aller. Art erbeutet. Die Kriegsbeute steigert sich fortgesetzt.

Der Generalquartiermeister von Stein. Berlin, 13. September.

Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die Operationen, über die Einzelheiten noch nicht veröffentlicht werden können, zu einer neuen Schlacht geführt, die günstig steht. Die vom Feinde mit- allen Mitteln verbreiteten, für uns ungünstigen Nachrichten sind falsch.

In Belgien ist heute ein Ausfall aus Antwerpen, den drei bel- gische Divisionen unternahmen, zurückgeworfen worden.

In Ostpreußen ist die Lage hervorragend gut. Die russische. Armee flieht in voller Auflösung. Bisher hat sie mindestens 150 Geschütze und 20- bis 30000 unverwundete Gefangene verloren.

Großes Hauptquartier, 14. September.

Im Westen finden am rechten Heeresflügel schwere bisher un- entschiedene Kämpfe statt. Ein von den Franzosen versuchter Durch- bruch wurde siegreich zurückgeschlagen. Sonst ist an keiner Stelle eine Entscheidung gefallen.

Im Osten schreitet die Vernichtung der russischen ersten Armee fort. Die eigenen Verluste sind verhältnismäßig gering. Die Armee von Hindenburg ist mit starken Kräften bereits jenseits der Grenze, das Gouvernement Suwalki wurde unter deutsche Verwaltung gestellt.

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Kämpfe in den Kolonien. Berlin, 13. September.

ber Kampfe in den deutschen Kolonien liegen wieder verschiedene englische Meldungen vor. In Kamerun sind danach drei englische Offiziere gefallen und mehrere Mannschaften verwundet worden. Einzelheiten werden über den Zusammenstoß merkwürdigerweise nicht berichtet; doch ist aus den Namen der gefallenen Offiziere zu ersehen, daß Truppen aus Nigeria an dem Kampfe teilgenommen haben. Aus der Südsee meldet der Kommandeur der australischen Marine, daß am letzten Freitag Herbertshöhe im Bismarckarchipel von den Engländern besetzt worden ist. Die funkentelegraphische Station wurde zerstört. Dem englischen Berichte ist zu entnehmen, daß die kleine Anzahl der dortigen Deutschen heldenmütigen Wider- stand geleistet hat.

Der Krieg zur See. Berlin, 14. September.

Amtliche Bekanntmachung. Am 13. September vormittags wurde S. M. Kleiner Kreuzer „Hela“ durch den Torpedoschuß eines feindlichen Unterseebootes zum Sinken gebracht. Fast die gesamte Besatzung wurde gerettet.

| Der stellvertretende Chef des Admiralstabes (gez.) Behnke.

Vom östlichen Schauplatze.

Generaloberst von Hindenburgs Siegesbericht. Großes Hauptquartier, 14. September.

General von Hindenburg telegraphierte an Seine Majestät: Die Wilnaer Armee 2., 3., 4., 20. Armeekorps, 3. und 4. Re- servedivision, 5 Kavalleriedivisionen ist durch die Schlacht an den Masurischen Seen und die sich daran anschließende Verfolgung vollständig geschlagen. Die Grodnoer Reservearmee 22. Armee- korps, Rest des 6. Armeekorps, Teile des 3. Sibirischen Armee- korps hat in besonderem Gefecht bei Lyck schwer gelitten. Der Feind hat starke Verluste an Toten und Verwundeten. Die Zahl der Gefangenen steigert sich. Die Kriegsbeute ist außerordentlich. Bei der Frontbreite der Armee von über hundert Kilometern, den ungeheueren Marschleistungen von zum Teil 150 Kilometern in vier Tagen, bei den sich auf dieser ganzen Front und Tiefe ab- spielenden Kämpfen, kann ich den vollen Umfang noch nicht melden. Einige unserer Verbände sind scharf ins Gefecht ge-

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kommen. Die Verluste sind aber doch nur gering. Die Armee war siegreich auf der ganzen Linie gegen einen hartnäckig kampfen- den, aber schließlich fliehenden Feind. Die Armee ist stolz darauf, daß ein Kaiserlicher Prinz in.ihren Reihen gekämpft und ge- blutet hat. gez. Hindenburg.

Zur Kriegslage um Lemberg. Wien, 15. September.

Der frühere Kriegsminister Freiherr von Schönaich schreibt in der „Neuen Freien Presse“ zu der gegenwärtigen Kriegslage im Östen: Wir stehen in Galizien im Kampfe mit nahezu doppelter numerischer Überlegenheit und sind in den harten Kämpfen nicht geschlagen worden, sondern haben uns trotz der Ungunst der Lage noch immer nach freiem Entschlusse, vom Gegner unbelästigt, auf sehr kurze Strecken zurückgezogen, immer von neuem den Kampf aufnehmend. Innerhalb eines Monats hat die Armee, von der fast keiner je einen ernsten Krieg erlebt hat, diesen Mangel an Kriegs- erfahrung behoben und mit einem Heldenmut und einer Zähigkeit gekämpft, wie sie schlachtgewohnte Truppen nicht glänzender be- weisen können. Die numerische Überlegenheit können wir kaum ausgleichen. Aber der Kampfesmut unserer Truppen hat ihre Leistungen bedeutend erhöht und den unseres Gegners, ohne dessen Tüchtigkeit in Zweifel zu ziehen, bedeutend gemindert. Das ist ein Ausgleich in den Chancen des Krieges, den wir Nichtkämpfer mit Genugtuung begrüßen müssen, und diese Anerkennung muß sich durch ein unerschütterliches Vertrauen in die Zukunft aus- sprechen, durch ein Vertrauen, das jeden Zweifel entschieden zurück- weist. In diesem Sinne denken, reden und handeln, ist jedes Patrioten Pflicht. Die Stimmung der braven Verwundeten, die die Tage zählen, wann sie wieder zur Front gelangen können, muß der Grundton der allgemeinen Stimmung sein und bleiben.

Die Kriegslage im Westen und Osten. Großes Hauptquartier, 15. September, abends.

(W.T.B.) Der auf dem rechten Flügel des Westheeres seit zwei Tagen stattfindende Kampf hat sich heute auf die nach Osten anschließenden Armeen bis nach Verdun heran ausgedehnt. An einigen Stellen des ausgedehnten Kampffeldes waren bisher Teil- erfolge der deutschen Waffen zu verzeichnen. Im übrigen steht die Schlacht noch.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz ordnet sich die Armee von Hindenburg nach abgeschlossener Verfolgung. In Oberschlesien ver- breitete Gerüchte über drohende Gefahr sind nicht begründet.

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Die silbernen Kugeln von Lloyd George.

Die „Times“ vom 9. September gibt den genauen Wortlaut der Rede, die der englische Schatzkanzler Lloyd George vor einer Abordnung von englischen Städtevertretern gehaen hat, wieder. Er sagte u. a.:

„Meiner Ansicht nach werden die letzten hundert Millionen diesen Krieg gewinnen, das ist meine Überzeugung. Die ersten hundert Millionen Pfund können unsere Feinde genau so gut aufbringen wie wir, aber die letzten können sie Gott sei Dank nicht, und deshalb glaube ich, daß das Geld eine größere Rolle spielen wird, als wir uns gegenwärtig denken können. Wir fangen ja erst an, es mögen große Schwankungen in den Erfolgen vorkommen, und der Krieg mag sich lange hinziehen. Wir haben einen sehr zähen Feind, der für den Kampf wohl gerüstet ist, und der wahrscheinlich bis zum letzten Ende kämpfen wird, ehe er die Bedin- gungen annehmen wird, auf Grund derer wir allein Frieden schließen können. Deshalb bitten wir die Stadtverwaltungen, uns in dieser Be- ziehung zu unterstützen.

Es wird eine Zeit kommen, wo es auf unsere Hilfsmittel ankommt, nicht allein an Mannschaften, sondern auch an Geldmitteln. Wir haben schon früher mit silbernen Kugeln gesiegt, wir gaben Europa Geld in dem größten Kriege, der bisher je geführt wurde, und dieser Krieg wurde gewonnen. Natürlich englische Hartnackigkeit und englischer Mut haben mitgezählt und werden immer mitzählen, aber lassen Sie uns nicht ver- gessen, daß englisches Gold auch mitzahlt. Wenn die anderen voll- kommen erschöpft sind, dann holen wir erst zum zweiten Male Atem, und dann zum dritten und vierten Male, und wir werden unser letztes hingeben, ehe wir geschlagen sind. Ich bitte die Stadtverwaltungen, das zu bedenken. Ich spreche hier als Vertreter des Schatzamtes, dessen Aufgabe es ist, darauf zu sehen, daß Ihre Ausgaben sich jetzt nicht zu sehr erhöhen. Deshalb sage ich Ihnen, daß wir das Geld, das für Linderung der Not notwendig ist, geben werden, aber nur dann erst, wenn wirklich dringende Not in Ihrem Bezirke vorliegt. Viel besser wird es sein, wenn Sie darauf halten, daß die Leute überall mit Arbeit beschäftigt werden, so- lange es angeht. Die Meere gehören uns weiter und werden uns weiter gehören, und wir werden nicht nur unseren eigenen Handel, ausgenommen den mit europäischen Ländern, vollkommen behalten, sondern auch einen großen Teil des feindlichen Handels hinzugewinnen, so daß sich bald eine Menge Beschäftigung ergeben wird. Wir müssen alle zusammenarbeiten, bis wir unser altes Land zu einem triumphierenden Siege gebracht haben.“

Eine Proklamation des Präsidenten Wilson.

Der Präsident der Vereinigten Staaten hat an seine Mitbürger eine Mahnung zur Wahrung der Unparteilichkeit erlassen. Das Do- kument ist von den amerikanischen Zeitungen am 19. August ver- öffentlicht worden, die uns nicht vorliegen. Wir drucken die Uber- setzung ab:

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Meine Landsleute!

Ich nehme an, daß jeder denkende Mann in Amerika sich in diesen aufgeregten letzten Wochen gefragt hat, welchen Einfluß der eıropäische Krieg auf die Vereinigten Staaten ausüben werde, und ih nehme mir die Freiheit, Euch mit einigen Worten zu zeigen, daß diese Wirkungen vollständig von unserer eigenen Wahl abhängen, und Euch mit dem größten Ernst die Sprechweise und das Verhalten ans Herz zu legen, das den besten Schutz der Nation gegen Not und Un- heil bildet.

Die Wirkung des Krieges auf die Vereinigten Staaten wird von dem abhängen, was die amerikanischen Bürger sagen und tun. Jeder Mann, der Amerika wahrhaft liebt, wird im wahren Geist der Neu- tralitat handeln und sprechen, das heißt im Geiste der Unparteilichkeit, Billigkeit und Freundlichkeit gegen alle Beteiligten. Die Stimmung der Nation in dieser heiklen Sache wird zum großen Teil von dem bestimmt werden, was die einzelnen und die Gesellschaft und die in öffentlichen Versammlungen Zusammenkommenden tun und sagen, was die Zeitungen und Zeitschriften enthalten, was die Geistlichen auf der Kanzel äußern und die Leute als ihre Meinungen auf der Straße verkünden. Ä

Das Volk der Vereinigten Staaten setzt sich zusammen aus vielen Nationen und hauptsächlich aus den Nationen, die heute im Kriege liegen. Es ist natürlich und unvermeidlich, daß unter uns die größten Unterschiede in den Sympathien und den Wünschen für den Ausgang des Kampfes bestehen. Die einen werden dieser, die anderen jener Nation den Sieg wünschen. Es wird leicht sein, die Leidenschaften zu wecken, und schwer, sie zu besänftigen. Wer sie weckt, nimmt eine schwere Verantwortung auf sich, die Verantwortung für nichts weniger als die Zerreißung des Volkes in Lager feindlicher Gesinnungen, in Parteien, die sich in den Krieg hineinreißen lassen und ihn mit Impulsen und Meinungen, wenn auch nicht mit Handlungen führen, während doch das Volk der Vereinigten Staaten einig sein sollte, als Amerikaner verbunden im loyalen Zusammenhalten mit der Regierung, durch Ehre und Liebe verpflichtet, zuerst an das eigene 3 und seine Interessen zu denken.

Eine solche Zersplitterung wäre verhängnisvoll für unseren inneren Frieden und könnte selbst die Erfüllung der Pflicht der einzigen fried- lichen großen Nation ernstlich erschweren, der Pflicht, die darin ge- geben ist, daß wir das einzige Volk sind, das sich bereit halt, mit-

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zusprechen im Sinne einer unparteüschen Vermittlung, Ratschläge zum Frieden und zur Vergleichung zu geben, nicht als Parteigänger, sondern als Freund.

Mein einziger Gedanke ist Amerika. Ich bin sicher, den ernsten Wunsch und Willen jedes denkenden Amerikaners auszusprechen, wenn ich sage, daß unser großes Land, das selbstverständlich in unseren Gedanken und Gefühlen obenansteht, in diesen Tagen außer- ordentlicher Prüfung sich als eine Nation erweisen soll, die mehr als andere die Gabe wohl abgewogenen ungetrübten Urteils, die Würde der Selbstbeherrschung, die Kraft leidenschaftsloser Aktion besitzt, eine Nation, die weder über andere zu Gerichte sitzt, noch sich in ihren eigenen Entschlüssen stören läßt, und die dafür sorgt, daß sie frei und fähig bleibt zu tun, was ehrlich, selbstlos und dem Weltfrieden dienlich ist.

Warum sollten wir uns nicht die Zurückhaltung auferlegen, die unserem Volke das Glück des ersehnten großen und bleibenden Ein- flusses zugunsten des Friedens bringen wird?

Ich wage es daher, liebe Landsleute, ein feierliches Wort der Warnung an Euch zu richten. Ich warne vor jenem tiefsten, feinsten und so wichtigen Neutralitätsbruch, der aus Einseitigkeit und leiden- schaftlichem Parteiergreifen entstehen kann. Die Vereinigten Staaten müssen in diesen Tagen, die dazu angetan sind, die menschliche Seele in Versuchung zu führen, neutral bleiben, dem Namen und der Sache nach. Wir müssen unparteiisch sein in Gedanken und Taten, müssen unsere Gefühle im Zaum halten, so gut wie jede Handlung, die als Bevorzugung irgend einer der kampfenden Parteien ausgelegt werden könnte.

Vom westlichen Schauplatze.

15000 Mann Verluste bei den Engländern. Der Pariser „Temps vom Montagabend meldet: Das englische Hilfsheer verlor bei den letzten Kämpfen fünfzehntausend Tote und

Verwundete. Großes Hauptquartier, 16. September 1914, abends. Die Lage auf dem westlichen Kriegsschauplatz ist seit gestern unverändert. An einzelnen Stellen der Schlachtfront sind An,.iffe französischer Truppen in der Nacht vom 15. zum 16. und im Laufe des 16. zurückgewiesen. Einzelne Gegenangriffe der Deutschen waren erfolgreich.

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Vom westlichen Schauplatze. Großes Hauptquartier, 17. September 1914, abends.

In der Schlacht zwischen Oise und Maas ist die endgültige Ent- scheidung immer noch nicht gefallen. Aber gewisse Anzeichen deuten darauf hin, daß die Widerstandskraft des Gegners zu erlahmen be- ginnt. Ein mit großer Bravour unternommener französischer Durch- bruchs versuch auf dem äußersten rechten deutschen Flügel brach ohne besondere Anstrengung unserer Truppen schließlich in sich selbst zu- sammen. Die Mitte der deutschen Armee gewinnt langsam, aber sicher Boden. Auf dem Maasufer versuchte Ausfälle aus Verdun wurden mit Leichtigkeit zurückgewiesen.

Großes Hauptquartier, 18. September, vormittags.

Zur Ergänzung der Meldung von gestern abend: Das fran- zösische XIII. und IV. Armeekorps und Teile einer weiteren Division sind gestern südlich Noyon entscheidend geschlagen und haben mehrere Batterien verloren. Feindliche Angriffe gegen verschiedene Stellen der Schlachtfront sind blutig zusammengebrochen. Ebenso ist ein Vorgehen französischer Alpenjager am Vogesenkamm im Breuschtal zurückgewiesen. Bei Erstürmung des Chateau Brimont bei Reims sind 2500 Gefangene gemacht worden. Auch sonst wurden in offener Feldschlacht Gefangene und Geschütze erbeutet, deren Zahl noch nicht zu übersehen ist.

Das Ostheer setzt seine Operationen im Gouvernement Suwalki

fort. Teile gehen auf die Festung Osowiec vor.

Der Krieg zur See. Fortgesetzte Wirkung der Minen an der englischen Küste.

Der englische Dampfer „Imperialist“ von Hull ist, wie „Daily Chronicle“ vom 13. September meldet, auf der Höhe von South Shields auf eine Mine geraten und gesunken. Dem Dampfer „Rho- desia“ gelang es mehrere Stunden später, einen Teil der Bemannung zu retten. Am 8. September, Il Uhr mittags, barst der Grimsby- dampfer „Revigo“, der ebenfalls auf eine Mine geraten vrar, durch eine Explosion mitten auseinander. Bei Grimsby wurden Rettungs- ringe mit der Aufschrift „Steamer Ceylon—Grimsby“ aufgefischt. Sie gehören zu dem seit zehn Tagen überfälligen „Ceylon“, der also aller Wahrscheinlichkeit nach auch ein Opfer der Streuminen geworden ist. Aus Dunbar meldet das Londoner Pressebureau daß die ganze Küste auf über anderthalb Seemeilen hin mit Wrack- teilen übersät ist, darunter auch Teilen des „Pathfinder“. Als seit drei Wochen überfällig wird der zum Hilfskreuzer umgewandelte britische Dampfer „Jakana“ gemeldet.

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Die Lage im Westen und Osten.

Großes Hauptquartier, 19. September, abends.

Die Lage im Westen ist im allgemeinen unverändert. Auf der ganzen Schlachtfront ist das englisch-französische Heer in die Ver- teidigung gedrängt. Der Angriff gegen die starken, zum Teil in mehreren Linien hintereinander befestigten Stellungen kann nur lang- sam vorwärts gehen.

Die Durchführung des Angriffs gegen die Sperrfortslinie südlich Verdun ist vorbereitet.

Im Elsaß stehen unsere Truppen längs der Grenze französischen Kräften dicht gegenüber.

Im Osten ist am 17. September die vierte finnlandische Schitzen- brigade bei Augustow geschlagen. Beim Vorgehen gegen Ossowiez wurden Grajewo und Szczucyn nach kurzem Kampf genommen.

Großes Hauptquartier, 20. September, abends. Im Angriff gegen das französische Heer sind an einzelnen Stellen Fortschritte gemacht. Reims liegt in der Kampffront der Franzosen. Gezwungen, das Feuer zu erwidern, beklagen wir, daß die Stadt dadurch Schaden nimmt. Anweisung zur möglichsten Schonung der Kathedrale ist gegeben.

In den mittleren Vogesen sind Angriffe französischer Truppen am Donon, bei Senones und bei Saales abgewiesen. Auf dem östlichen Kriegsschauplatze heute keine Ereignisse.

Gegen den Krieg. Wien, 22. September. Die ,,Correspondenz-Rundschau“ meldet: Nach Nachrichten aus Peking

ist in Japan eine heftige Bewegung gegen den Krieg wahrzunehmen. Bei Haussuchungen in Tokio sind Aufrufe vorgefunden worden, deren Inhalt in der Erwägung gipfelt, daß Japan, anstatt diesen Krieg mit Deutsch- land zu beginnen, lieber die Frage der Mandschurei und der Mongolei hätte aufrollen sollen. Die japanische Regierung handele unpatriotisch und stehe offenbar im Solde Englands, das Japan nur dazu verwende, ihm die Kastanien aus dem Feuer zu holen, sich aber niemals dankbar erweisen werde. Diese Proklamationen fanden sich auch in Kasernen in Tokio und Yokohama vor. In der Priesterschaft von Kioto soll gleich- falls lebhafte Mißstimmung wegen des Krieges herrschen. In Osaka ent- falten Agitatoren eine lebhafte Tätigkeit, besonders unter den Arsenal- arbeitern, die aufgefordert werden, sich der neuen großen „gelben“ Bewegung anzuschließen und die Regierung zu stürzen, die Japan in Ab- hängigkeit von Europa bringe.

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51 Das Endergebnis der deutschen Kriegsanleihe. Reichsanleihe................... 3121001300 Mark darunter mit Schuldbucheintragung und Sperre bis 15. April 1915:

1198 987 700 Mark Reichsschatzanweisungen ........ 1339 727 600 „,

zusammen: 4 460 728 900 Mark

„Nur ein Krieg gegen Deutschland kann noch alle wieder einigen. Rom, 19. September.

„Giornale d'Italia“ bringt ein Interview mit dem Senator Grafen di San Martino, der von einer Reise durch England und Frankreich zurückgekehrt ist, woraus folgende Sätze besonders interessant sind: Am 22. Juli (I) habe ein Diner stattgefunden, an welchem Sir Edward Grey, Goschen und der frühere Schatzminister Lord Murray teil- genommen hätten. Grey habe geäußert, die Vorgänge in Irland seien gar nichts im Vergleich mit dem Konflikt, der Europa drohe. Lady Murray, eine eifrige Parteigängerin Ulsters, habe über die Schwierig- keiten in Irland gesprochen und gesagt: Niemand ist gewillt, nach- zugeben, und deshalb ist die Konferenz bei dem König vergeblich gewesen. Der Kampf wird täglich heftiger, wir stehen vor einem Bürgerkriege, und ich sehe nur einen Ausweg: nur ein Krieg gegen Deutschland kann noch alle wieder einigen.

Vom österreichisch-ungarisch-russischen Schauplatze.

Alle Völker stehen zusammen. Wien, 19. September.

Einzelne ausländische Preßorgane behaupten, in unserem Heere hätten Truppen der einen oder anderen Nationalität im Kriege nicht voll entsprochen. Eine englische Quelle, die sich auch sonst durch Verbreitung der unsinnigsten Tartarennach- richten auszeichnet, wußte sogar von einer Meuterei böhmischer Regimenter zu berichten. Diesen tendenziösen Entstellungen gegenüber, die auf die mancherorts bestehende Unkenntnis der Verhältnisse der Monarchie berechnet sind, muß mit aller Ent- schiedenheit erklärt werden, daß, wie in früheren Zeiten, so auch

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im gegenwärtigen aufgezwungenen Kampfe alle Völker unserer ehrwurdigen Monarchie wie unser Soldateneid sagt „Gegen jeden Feind“, wer es immer sei, in Tapferkeit wetteifernd einmütig zusammenstehen. Ob auf den russisch-galizischen Schlacht- feldern, ob auf dem Balkan-Kriegsschauplatze, es kämpften Deutsche, Magyaren, Nord- und Südslawen, Italiener und Ru- mänen in treuer Anhanglichkeit an den Allerhochsten Kriegs- herrn und im Bewußtsein, welch hohe Güter wir verteidigen, mit gleich bewunderungswürdigem Heldenmut, der unseren Truppen selbst die Anerkennung unseres gefährlichsten, numerisch weit überlegenen Gegners errungen hat. So hat ım Norden, um nur ein Beispiel anzuführen, das aus Slowenen, Kroaten und Italienern zusammengesetzte Infanterieregiment Nr. 97 bei Lem- berg mit hervorragender Bravour und Zahigkeit gefochten und schwere Verluste standhaft ertragen. Wenn noch des Otocsaner Infanterieregiments Nr. 79, das sich ebenso wacker im Süden in den schweren Kämpfen an der unteren Drina hielt, gedacht wird, so geschieht dies nur, um den von serbischer Seite verbreiteten sehr übertriebenen Angaben über die Verluste dieses Truppen- körpers entgegenzutreten. Während die Serben von 3000 Toten dieses Regiments berichten, beträgt der bisherige Gesamtverlust der braven Truppe nach amtlicher Feststellung 1424 an Toten, Verwundeten und Vermißten. Nachrichten, wie die aus russischer Quelle stammende, von 70000 österreichisch-ungarischen Ge- fangenen in den Schlachten von Lemberg bedürfen nach den bis- herigen amtlichen Richtigstellungen wohl keines Dementis mehr.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Generalmajor.

Deutsch-englische Zusammenstöße.

Nach Mitteilung aus Amsterdam hat die englische Admiralität am 20. September folgendes bekanntgegeben:

„Der deutsche Kreuzer „Em Emden" von der Chinastation, der sechs Wochen lang ganz aus dem Gesichtskreis verschwunden war, erschien am 10. September plötzlich im Golf von Bengalen, nahm sechs Schiffe, ver senkte fünf davon und sandte das sechste mit den Bemannungen nach Kalkutta. Der englische kleine Kreuzer „Pegasus“, von Sansibar aus ren zerstörte Daressalam und versenkte daselbst das Kanonenboot

„Pegasus“ wurde heute morgen, als es in der Bucht von Sansibar lag und Maschinen reinigte, vom „Königsberg“ angegriffen und voll- ständig pra i gemacht. 25 Mann der englischen Besatzung sind tot,

verwundet

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Siegreiche Erfolge vor Reims und Verdun. Großes Hauptquartier, 21. 8 abends.

Bei den Kämpfen um Reims wurden die festungsartigen Höhen von Craonelle erobert und im Vorgehen gegen das brennende Reims der Ort Betheny genommen.

Der Angriff gegen die Sperrfortlinie südlich Verdun über- sdritt siegreich den Ostrand der vorgelagerten, vom französischen VIII. Armeekorps verteidigten Côte Lorraine. Ein Ausfall aus dər Nordostfront von Verdun wurde zurückgewiesen. Nördlich Toul wurden französische Truppen im Biwack durch Artilleriefeuer überrascht.

Im übrigen fanden heute auf dem französichen Kriegsschau- platze keine größeren Kämpfe statt.

In Belgien und im Osten ist die Lage unverändert.

Die Entscheidung noch nicht gefallen. Großes Hauptquartier, 23. September, abends.

Auf dem rechten Flügel des deutschen Westheeres jenseits der Oise steht der Kampf. tree cheba es der Franzosen haben keinerlei Erfolg. ehabt. Ostwärts bis an den Argonnenwald fanden

heute keine größeren Kämpfe statt. Sur, der Argonnen ist Varennes im Laufe des Tages genommen,

die Spenf weiter fort.

perrforts südlich Verdun angreifenden Armeeteile des aus Verdun, über die Maas und aus Toul erfolgte

15 Ae ich abgeschlagen, Gefangene, Maschinengewe Copan tet. Das Feuer der schweren Artillerie gegen die ea Tıyon. Les Paroches, Camp des Romains und Lionville

ist mit sichtbarem Erfolge eröffnet worden. In Französisch-Lothringen und an der elsässischen Grenze wurden die französischen Vortruppen an einzelnen Stellen zurückgedrängt. Eine wirkliche Entscheidung ist noch nirgends gefallen. Aus Belgien und dem Osten ist nichts Neues zu melden.

Drei englische Panzerkreuzer von einem deutschen Unterseeboot zum Sinken gebracht. Berlin, 23. September. Das deutsche Unterseeboot „U 9“ hat am Morgen des 22. September etwa 20 Seemeilen nordwestlich von Hoek ran Holland die drei englischen Panzerkreuzer „Aboukir“, „Hogue“ und „Cressy“ zum Sinken gebracht. Der Stellvertetende Chef des Admiralstabes. Behnke.

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Ausführlicher wird berichtet: Berlin, 23. September.

Der Angriff des Unterseeboots „U 9“ auf die drei englischen Panzerkreuzer erfolgte gestern morgen um 6 Uhr bei hellem klaren Wetter, und zwar zunächst gegen den „Aboukir“, der innerhalb 5 Minuten sank. Die beiden anderen englischen Panzerkreuzer boteiligten sich zunächst am Rettungswerk. Alsdann sank nach weiteren 3 Minuten der zweite Kreuzer „Hogue“. Das Sinken des dritten Kreuzers erfolgte gegen 8 Uhr. Das Unterseeboot „U 9“ entkam den Verfolgungen von englischer Seite und man hofft, daß es schließlich an einen sicheren Ort gelangt ist. Die Meldungen von anderer Seite, daß 5 deutsche Unterseeboote bei dem Angriff beteiligt gewesen seien, von denen 3 untergegangen seien, sind falsch. Tatsächlich ist der Angriff nur von dem Unterseeboot „U 9“ erfolgt.

Berlin, 23. September.

E wird uns mitgeteilt, daß das Unterseeboot „U 9“ und seine Besatzung (Kommandant Oberleutnant zur See Otto Weddigen) heute nachmittag unversehrt zurückgekehrt sind.

259250 Gefangene in Deutschland. Am 20. September befanden sich in den deutschen Festungen und Gefangenenlagern (die unterwegs befindlichen Transporte

nicht gerechnet) |

Franzosen 2050 Offiziere, 123 000 Soldaten Russen 21350 92 000 a Belgier .......... 470 8 30800 „, "Engländer ....... 180 | 8 600

Zusammen 254400 Soldaten and 4850 Offiziere, darunter 16 russische, drei französische und ein belgischer General.

In den Zahlen sind die letzten in Ostpreußen gemachten russischen Gefangenen. nicht inbegriffen.

Schluß des redaktionellen Teile.

Verantwortlich für die Redaktion: S. D. Gallwitz, Bremen. Einsendungen von Manuskripten (unter Beifügung von Rückporto) Ä nan die Redaktion Bremen, Am Wall 163. Tel. 6945. Verlag: Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft, Bremen. Druck: Hofbuchdruckerei H. M. Hauschild. Bremen.

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Zur Beachtung!

dem Heft eingefügt, so daß er mit Leichtigkeit herausgetrennt g werden kann. EEE ˙ A . . a a a |

z E i Um den Kriegsnummern der „Güldenkammer“ den Charakter S eines Sammelwerkes zu geben, ist der Inseratenteil gesondert 3 d 2 F

Angestellten- und Arbeiter-Kriegsfürsorge der Kaffee Hag.

Die Kaffee Hag versandte an ihre zur Fahne einberufenen An- gestellten folgendes Zirkular:

Wir schätzen Sie im Besitz unseres Rundschreibens vom 4. August, mit welchem wir Ihnen mitteilten, daß wir beschlossen haben, sämtlichen zum Heere und zur Marine einberufenen Beamten das volle Gehalt bis Ende September auszubezahlen. Denjenigen Einberufenen, die Familie haben, bezw. die bisher genötigt gewesen sind, Angehörige zu unterstützen, stellen wir 50 0% ihres Gehaltes für weitere 3 Monate zur Verfügung.

Wenn nun auch die Siegesmeldungen der letzten 14 Tage gezeigt haben, daß das Vertrauen, welches das deutsche Volk in seine Armee setzt, berechtigt war und mit Bestimmtheit auf einen für Deutschland glücklichen Ausgang zu rechnen ist, so ist doch einstweilen ein Ende des Krieges nicht abzusehen.

Wir haben deshalb geglaubt, mehr tun zu müssen, um die Ange- hörigen unserer Angestellten vor Not zu schützen und unseren im Felde stehenden Beamten die Sorge um ihre Lieben daheim abzunehmen. Wir sind daher an unsere hier zuruckgebliebenen Damen und Herren mit dem Vorschlag herangetreten, eine

Beamten-Ünterstützungskasse

zu gründen, für die sämtliche Angestellte während der Dauer des Krieges 100% ihres Gehaltes zur Verfügung stellen. Wir haben uns dagegen ver- pflichtet, stets denselben Betrag hinzuzutun. Wir freuen uns, Ihnen mit- teilen zu können, daß unser Vorschlag enthusiastisch begrüßt und ein- stimmig angenommen wurde. Die Gründung ist sodann sofort vorgenommen worden.

Die Verwaltung der Beamten-Unterstützungskasse ist in Gemein- schaft mit der Geschäftsleitung einem Beamten-Ausschuß übertragen.

Die Bestände sollen dazu verwendet werden, den Angehörigen unserer im Felde befindlichen Angestellten in besonderen Notfällen über den Rahmen der bereits von unserer Gesellschaft bewilligten Gehälter hinaus Unterstützung zu gewähren und verwundet zurückkehrenden An- gestellten besonders gute Pflege angedeihen zu lassen. Ferner soll dieser Fonds bedürftigen Hinterbliebenen Gefallener zugute kommen. Wir haben auch hieran denken müssen, hoffen jedoch, daß dieser letzte Verwendungs- zweck nicht in Frage kommen wird.

Sie sehen, daß, während Sie dort vor dem Feinde stehen und mit- helfen, unser schönes deutsches Vaterland vor seinen Neidern zu schützen, wir hier auch nicht untätig gewesen sind und Ihnen, soweit es in unseren Kräften steht, die Sorge um Ihre Familie abgenommen haben.

Wir bitten Sie, falls Sie irgend welche Wünsche in Bezug auf Unter- stützung Ihrer Angehörigen haben, uns Mitteilung davon zu machen; wir werden dieselben nach bester Möglichkeit zu erfüllen trachten. Wir er- suchen Sie, soweit dies nicht schon geschehen ist, über Ihr jetzt fälliges Gehalt zu disponieren. |

Da wir naturgemäß ein großes Interesse an dem Wohlergehen eines jeden unserer Angestellten haben und nach Möglichkeit mit ihm in Ver- bindung bleiben möchten, ersuchen wir Sie dringend, uns jede Änderung Ihrer Adresse mitzuteilen. Wir werden Ihnen allwöchentlich ein Rund- schreiben zugehen lassen, ebenfalls eine Sendung Liebesgaben, und hoffen, daß Sie bei Eintreffen dieses Schreibens bereits in den Besitz der ersten Sendung gelangt sind.

„Glückauf“ zu weiteren Siegen!

Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft.

gez. Surmann. Wimmer.

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DER KRIEG

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3. Lieferung.

An unsere Abonnenten und Leser!

Die gewaltigen Tatsachen des gegenwärtigen Krieges allein sind es, die uns heute bewegen. Von dieser Erkenntnis ausgehend hat sich die Gülden- kammer entschlossen, für dieDauer der Kriegszeit ihre Aufgabe, in freien Aufsätzen zu allen Fragen des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens Stellung zu nehmen, bei Seite zu setzen und dafür in jedem Monat fortlaufend die amtlichen Depeschen und Dokumente der kriegerischen Ereignisse und ihrer Vorgeschichte chronologisch zusammengestellt zu ver- öffentlichen; so daß am Ende dieser Zeit eine ge- schlossene Chronik des Krieges vorliegt. Wir glauben damit am besten den Wünschen und Interessen un- serer Leser entgegenzukommen.

Die Herausgeber und der Verlag der „Güldenkammer“

Neu hinzutretende Abonnenten erhalten auf Wunsch die bisher erschienenen Kriegsnummern nachgeliefert.

DIE GÜLDENKAMMER

HERAUSGEGEBEN VON S. D. GALLWITZ / DR. G. F. HARTLAUB / DR. HERM. SMIDT

VERLAG KAFF EEHAG | / BREMEN

5. JAHRG. / HEFT 2 _ NOVEMBER 1914

BEZUGS-BEDINGUNGEN: DURCH SAMTL. BUCHHANDLUNGEN, POSTANSTALTEN ODER DIREKT VOM VERLAG: JÄHRLICH M. 3.—. VIERTELJAHRLICH M. 1.50, EINZELHEFT M. 0.50

NACHDRUCK DER BELLETRISTIK VERBOTEN NACHDRUCK DER UBRIGEN ARTIKEL UNTER GENAUER F GESTATTET

DER KRIEG.

Vom westlichen Schauplatze.

Die Beschießung von Reims. Großes Hauptquartier, 23. September.

Der Oberkommandierende der bei Reims kämpfenden Truppen hat der obersten Heeresleitung heute folgendes gemeldet:

„Wie nachträglich festgestellt, ist auf die Kathedrale von Reims auch ein Mörserschuß abgegeben worden. Nach Meldung des ... Armeekorps ist das notwendig gewesen, weil es nicht möglich war, mit Feuer der Feldartillerie die deutlich erkannte feindliche Beobach- tungsstelle von der Kathedrale zu vertreiben.“

Die Lage der Schlacht. Großes Hauptquartier, 24. September, abends. Auf dem westlichen Kriegsschauplatz sind heute im allgemeinen keine wesentlichen Ereignisse eingetreten. Einzelne Teilkämpfe waren den deutschen Waffen günstig.

Aus Belgien und vom östlichen Kriegsschauplatze ist nichts zu melden.

Der Krieg zur See. Die Heldentat des „U 9“. Zur Vernichtung der drei britischen Kreuzer der „Cressy“-Klasse

durch das deutsche Unterseeboot „U 9“ können wir heute die folgenden Angaben machen:

Am Morgen des 22. September, in der Frühe, befand „U 9“ sich zwanzig Seemeilen nordwestlich von Hoek van Holland mit annähernd

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sudwestlichem Kurse dampfend. Die See war ruhig, das Wetter klar, teils neblig. Gegen sechs Uhr sichtete man von „U 9“ aus drei große feindliche Kreuzer, die, bei weiten Schiffsabständen, in „Dwarslinie“ nebeneinander fahrend, sich in entgegengesetzter Richtung naherten. „U 9“ beschloß, zuerst den in der Mitte fahrenden der drei Kreuzer anzugreifen, führte diese Absicht aus und brachte dem Kreuzer, es war die „Aboukir“, einen tödlichen Torpedotreffer bei. Der Kreuzer sank nach wenigen Minuten. Als nun die beiden anderen Kreuzer nach der Stelle dampften, wo die „Aboukir“ gesunken war, machte „U 9“ einen erfolgreichen Torpedoangriff auf die „Hogue“. Auch dieser Kreuzer verschwand nach kurzer Zeit in den Fluten. Nun wandte sich „U 9“ gegen die „Cressy“. Beinahe unmittelbar nach dem Torpedoschuß kenterte die „Cressy“, schwamm noch eine Weile kiel- oben und sank dann. Das ganze Gefecht hat, vom ersten Torpedo- schusse bis zum letzten gerechnet, ungefähr eine Stunde gedauert. Von den englischen Kreuzern ist kein einziger Schuß abgegeben worden.

Die Angaben der britischen Presse: in der Nähe des Gefechts- ortes hätten sich „Begleitschiffe“ deutscher Unterseeboote befunden, und noch dazu unter holländischer Flagge, sind ebenso unwahr, wie die Erzählungen überlebender Engländer: die Kreuzer seien von mehreren Unterseeboten angegriffen worden, und habe man durch Geschützfeuer mehrere von ihnen vernichtet. Tatsächlich ist nur „U 9“ dort gewesen.

Nach dem Sinken der „Cressy“ fanden sich mehrere britische Kreuzer, Torpedofahrzeuge usw. an der Stelle ein, und einzelne Torpedobootszerstörer verfolgten das Unterseeboot. Noch am Abend des 22. September nicht weit von Terschelling Bank wurde „U 9“ von den Zerstörern gejagt. Mit Einbruch der Dunkelheit ge- lang es „U 9“, außer Sicht der Torpedofahrzeuge zu laufen. Am folgenden Tage langte das Boot mit seiner triumphgekrönten Besatzung unversehrt im heimischen Hafen an.

Von der „Emden“. Madras, 23. September.

Der deutsche Kreuzer „Emden“ gab, wie weiter gemeldet wird, bei seinem Bombardement neun Schuß ab und traf die Tanks der Firma Oil Company, von denen zwei brennen. Ein und eine halbe Million Gallonen Ol sind verloren. Auch das Telegraphenamt und das Seemannsklubhaus wurden getroffen. Ein englisches Fort erwiderte das Feuer; die „Emden“ löschte die Lichter und verschwand nach 15 Minuten.

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Weitere Dampfer auf Minen gestoßen. Grimsby, 24. September. Ein weiteres Schleppboot stieß gestern auf eine Mine und sank in 10 Minuten. Die Besatzung wurde bis auf einen Mann gerettet.

London, 24. September. In South Shields landeten die Uberlebenden der Besatzung des nor- wegischen Dampfers „Hesvik“. Der Kapitan berichtete, daß die ,,Hesvik“ Mittwoch nachts durch eine Mine in der Nordsee in die Luft gesprengt wurde. Der Maschinist und ein Heizer seien ums Leben gekommen. Die Überlebenden haben die Nacht in einem offenen Boote zugebracht, bevor sie gerettet wurden.

Neue Kämpfe. Noch keine Entscheidung.

Großes Hauptquartier, 25. September, abends.

Der Fortgang der Operationen hat auf unserem äußersten rechten Flügel zu neuen Kämpfen geführt, in denen eine Ent- scheidung bisher nicht gefallen ist.

In der Mitte der Schlachtfront ist heute, abgesehen von ein- zelnen Vorstößen beider Parteien, nichts geschehen.

Als erstes der Sperrforts südlich Verdun ist heute Gamp des Romains bei St. Mihiel gefallen. Das bayerische Regiment von der Tann hat auf dem Fort die deutsche Fahne gehißt, und unsere Truppen haben dort die Maas überschritten.

Im übrigen weder im Westen noch im Osten irgendwelche Veränderungen.

„Über 300 000 Gefangene und 2000 Geschütze genommen.“

Der deutsche Reichskanzler sendet aus dem Hauptquartier folgende

Mitteilung:

Gegen die in der englischen und französischen Presse erschienenen Nachrichten stelle ich fest, daß deutscher Boden nirgends im Besitze französischer oder russischer Truppen ist. An der elsaß-lothringischen Front sind die Franzosen zur Mosel zurückgeworfen, sie stehen an dem oberen Lauf der Maas hinter den dortigen Sperrfestungen. Alle ihre Versuche, zwischen dem Mittellauf der Oise und dem Mittellauf der Maas die deutschen Stellungen anzugreifen, sind unter schweren Verlusten für sie mißlungen.

Es herrscht vollständige Ordnung in Belgien.

Von Samsonows Heer (Narewheer) sind geringe Teile, die sich nach der vernichtenden Niederlage bei Tannenberg retteten, in auf- gelöstem Zustande über den Narew geflüchtet. Rennenkampfs Heer (Njemenheer) hat eine ähnliche Niederlage südlich von Insterburg erlitten. Was von ihm zurückblieb, rettete sich nur durch eilige

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Flucht über den Njemen hinter die Festungen Olita und Kowno. Nach einer vorläufigen Zählung sind allein bei Tannenberg und in den masurischen Seen 150000 Russen umgekommen.

Bis Mittwoch waren in den deutschen Lagern 260000 Gefangene, darunter 5000 Offiziere, untergebracht. Die Gesamtzahl der Ge- fangenen beträgt über 300000, davon ist die Hälfte Russen. Es sind über 2000 Geschütze verschiedener Art erbeutet worden.

Feindlicher Vorstoß im Westen zum Stehen gebracht.

Fortschritte des deutschen Angriffs. Großes Hauptquartier, 26. September, abends.

Der Feind hat unter Ausnutzung seiner Eisenbahnen einen weit ausholenden Vorstoß gegen die äußerste rechte Flanke. des deutschen Heeres eingeleitet. Eine hierbei auf Bapaume vor- gehende französische Division ist von schwächeren deutschen Kräften zurückgeworfen worden, auch sonst ist der Vorstoß zum Stehen gebracht.

In der Mitte der Schlachtfront kam unser Angriff an einzelnen Stellen vorwärts.

Die angegriffenen Sperrforts südlich Verdun haben ihr Feuer eingestellt. Unsere Artillerie steht nunmehr im Kampfe mit Kräften, die der Feind auf dem westlichen Maasufer in Stellung brachte.

Auf den übrigen Kriegsschauplätzen ist die Lage unver- andert.

Englische Flaggenhissung in Deutsch-Neuguinea. London, 26. September.

Wie die Admiralität mitteilt, hat sie von Vizeadmiral Patey ein Telegramm erhalten des Inhalts, daß Friedrich Wilhelmshafen, der Sitz der Regierung von Deutsch-Neuguinea, von australischen Truppen besetzt worden ist, ohne daß diese bewaffneten Widerstand fanden. Der Feind war offenbar bei Herbertshöhe versammelt gewesen, wo Kämpfe stattgefunden haben. In Friedrich Wilhelmshafen wurde die britische Flagge gehißt und eine Garnison eingerichtet.

Die Engländer in Lüderitzbucht.

Das „Reutersche Bureau“ meldet: Lüderitzbucht ist am 19. Sep- tember von den südafrikanischen Truppen besetzt worden. Die deutsche Besatzung hatte sich am 18. September zurückgezogen, in- dem sie die Eisenbahn zerstörte. Die Deutschen haben bei der Räumung von Lüderitzbucht auch die Funkenstation zerstört.

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Generaldirektor Ballın gegen die Lügen unserer Gegner.

Indem Sie mir die Ehre erweisen, mich um ein Wort für die süd- amerikanische Ausgabe Ihrer Zeitung freundlichst zu ersuchen, versetzen Sie mich in einige Verlegenheit. Uber die Ursachen und die Ziele dieses entsetzlichen Krieges, über Wert und Unwert der streitenden Völker, über die Stärke unserer finanziellen Rüstung und über die Kleinlichkeit und Skrupellosigkeit der von unseren Gegnern verwendeten Mittel ist seit Wochen alles gesagt worden, was sich heute über solchen Gegenstand feststellen läßt. So bleibt mir nur die angenehme Aufgabe, Ihnen auch meinerseits zu versichern, wie wichtig und bedeutsam mir die von Ihnen mit so viel Geschick und gutem Willen übernommene Mission erscheint, unsern Überseefreunden ein treues Bild von den deutschen Waffentaten, von den Beweggründen der deutschen Politik und den wirtschaftlichen Zuständen und Kräften unseres Landes zu geben, und so den Machinationen der von Frankreich und England inspirierten Preßbureaus entgegenzu- arbeiten. Dieser Krieg zeigt ja, daß wir es in der Tat hier mit einer neuen Waffengattung unserer Feinde zu tun haben, die unserem Ansehen und unserer Arbeit nicht minder gefährlich werden kann, als Landheere und Flotten, mit dem schweren Geschütz mehr als faustdicker Lügen, der leichten Kavallerie von Verdächtigungen und Drohungen, schließlich mit der aller- gefährlichsten der Flieger, die in die Höhen einer abstrakten, angeblich unparteiischen Betrachtung hinaufsteigen, um aus so ätherischen Regionen mit Neid und Haß gefüllte Bomben zu werfen und die friedliche Saat jahrelanger Verständigungsarbeit mit einem Schlage zu zerstören. Wir haben lange gezögert, uns gegen diese neuen Truppen zu wehren, die nun geschickt das Feld beherrschen und sich in sicheren Stellungen verschanzt haben. Wir haben uns viel zu lange auf die stille und geduldige gute Arbeit verlassen, die Deutschland geleistet hat, auf die Anständigkeit unserer Gegner im Wettbewerb auf dem Weltmarkt im Vertrauen darauf, daß die Erde Platz genug habe für drei, vier oder mehr Handelsgroßmächte. In Friedenszeiten hat das genügt, und da wir dauernden Frieden wollten, so haben wir uns um andere Fälle nicht viel gekümmert. Wir haben ohne viel Geräusch gearbeitet, haben nicht viel von unseren Erfolgen und unseren Enttäuschungen geredet, haben nicht in jeder neu auftauchenden Konkurrenz einen Todfeind gesehen, dem man mit allen Mitteln das Wasser abgraben müsse; wir haben nur unsere zähe Pionierarbeit für uns sprechen lassen. Kein anderer Erdteil weiß mehr, als Südamerika, davon zu erzählen, was der deutsche Kaufmann und der deutsche Kolonisator für ein fremdes Land leisten können, wie sie es verstanden haben, sich neuen Bedingungen anzupassen und zugleich ihre nationalen Tugenden: Fleiß, Ordnungssinn und Opfermut zu bewahren, mit welchem Vertrauen sie der neuen aufblühenden Heimat ihre Herzen, ihr Kapital und ihr Können zur Verfügung gestellt haben.

Und nun verbreiten die Gegner in aller Welt, dies Volk, das stolz darauf ist, die größten, kraftvollsten Schiffe, die gewaltigsten und saubersten Fabriken, die gepflegtesten und gesundesten Städte sich geschaffen zu

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haben, werfe mutwillig die Früchte eines langen ertragreichen Friedens fort, um eines kriegerischen Abenteuers willen; es wäre von dem un- sinnigen Wunsche beseelt, ganz Europa zu seinen Füßen zu sehen; es ließe keine Verträge mehr gelten, verbrenne und zerstöre die Kostbar- keiten vergangener Jahrhunderte und wolle Europa eine Diät von Blut und Eisen verschreiben, anstatt der demütigen Milde, mit der England, Frankreich und Rußland die Welt regieren. Dieses Spukbild ist zu un- sinnig für jeden, der deutsche Art kennt, sodaß man es lange für un- nötig gehalten hat, dagegen zu kämpfen. Aber wie nötig ist es! Die gesamte öffentliche Meinung der Welt ist wie imprägniert mit diesem Lugengeist. Der Feind hat die deutschen Kabel durchschnitten und so gezeigt, daß er nicht nur den Welthandel, sondern auch den internationalen Nachrichtendienst zu monopolisieren wünscht. Das Ausland wird bald wissen, was es davon zu halten hat. Mit dem Kredit, den die Zeitungen und Zeitungsmeldungen bei ihrem Publikum genießen, ist es nicht anders als mit dem kaufmännischen Kredit: hat er einmal Flecken erhalten, so ist er für immer erschüttert. So ist zu hoffen, daß gleich dem englischen Geldmarkt, der durch das Moratorium auf Jahrzehnte diskreditiert ist, auch die englisch-französischen Meldungen ihren Ruf eingebüßt haben, die sich einstweilen ein Moratorium für die Wahrheit konzediert haben. Ist dies dem Ausland einmal zum Bewußtsein gekommen, so wird uns auch bei unseren künftigen Aufgaben sein Wohlwollen sicher sein. Denn darüber müssen wir uns heute klar sein: Es gilt nicht nur jetzt in Kriegszeiten die Wahrheit ins Ausland zu bringen; auch wenn der Frieden geschlossen sein wird, wird uns die Pflicht zufallen, nicht nur durch den Warenaus- tausch und den Schiffsverkehr, sondern auch durch die Mittel des gedruckten Wortes und des Telegraphendrahtes fruchtbare Beziehungen zu pflegen und uns mit unseren überseeischen Freunden zu verbinden durch einen prompten, zuverlässigen Nachrichtendienst, durch treue und klare Bilder des deutschen Lebens und Schaffens. Wie sehr es daran bei uns gefehlt hat, sehen wir heute mit Schrecken. Daß Sie an diesem großen Werke mitarbeiten wollen, dazu kann man Ihnen nur von Herzen Glück wünschen.

Albert Ballin.

Vom westlichen Schauplatze. Zwischen Oise und Aisne.

Die Lage auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen blieb heute unverändert. Der in Paris in der vergangenen Nacht um |! Uhr aus- gegebene amtliche Bericht besagt: Der Feind griff auf der ganzen Front an. An der oberen Maas ist die Lage unverändert.

Großes Hauptquartier, 27. September.

61 Die Kathedrale in Reims. à

In der Associazione artistica internazionale hat am Sonnabend eine Protestversammlung gegen die Beschießung der Kathedrale in Reims statt- gefunden. Nach einem uns vorliegenden Bericht soll der Vorsitzende, Architekt Bazzani einleitend erklärt haben, es sei unmöglich nicht gegen die Zerstörung von Löwen, Mecheln und Reims zu protestieren. Zahl- reiche Zustimmungserklärungen wurden verlesen. Ebenso wurde ein würdiger Gegenprotest der in Rom lebenden deutschen Gelehrten und Künstler zur Kenntnis gebracht. Das Ergebnis der Diskussion, in der auch zum Abwarten mahnende Stimmen sich vernehmen ließen, war die Annahme einer Tagesordnung, in der gesagt wird, der Schutz der dem Roten Kreuz gewährt wird, werde von internationalen Abmachungen auch den Kunstdenkmälern zugebilligt. Man protestiere gegen die Beschießung gotischer Baukunstwerke und appelliere nicht nur an neutrale Mächte, sondern auch an Deutschland, damit es diese Monumente respektiert, die nicht einem Volk, sondern der ganzen Menschheit angehören.

Die Angehörigen der Associazione artistica internazionale, die diesem Protest zugestimmt haben, verkennen durchaus die Situation. Die mög- lichste Schonung von Baudenkmälern ist ein von jeder Kulturnation an- erkanntes Gebot und wird außerdem durch internationale Vereinbarungen den Belagernden und Beschießenden allerdings zur Pflicht gemacht. Die deutschen Truppen sind mit der größten Schonung demgemäß verfahren, wie insbesondere das inmitten von Häusertrummern wohlerhaltene Rat- haus von Löwen beweist. Voraussetzung ist aber, daß solche Bauwerke nicht gleichzeitig zu einem militärischen Zweck Verwendung finden. Es ist amtlich festgestellt, und die Franzosen haben dem nicht zu wider- sprechen gewagt, daß die Kathedrale von Reims unter dem Schutze der weißen Flagge als militärischer Beobachtungsposten benutzt, richtiger miß- braucht worden ist. Nicht die Deutschen, sondern die Franzosen haben also gegen Recht und Kultur gehandelt. Die Herren von der Associazi- one artistica internazionale hätten ihre Entrüstung an die französische Adresse richten sollen, und, was Löwen und Mecheln betrifft, an die belgische. Wir Deutschen lehnen ihren Protest ab.

Kämpfe in Südafrika. London, 28. September.

Die Polizeistation Rietfontein wurde am 19. September von einer

deutschen Abteilung, etwa 200 Mann stark, genommen. Es handelt

sich um die ziemlich bedeutende englische Station Rietfontein, die ostlich von Ketmannshoop liegt.

Kampfe in Deutsch Kongo. Bordeaux, 28. September. Augagneur teilte im Ministerium mit, daß das französische Kanonen- boot „Surprise“ während der Operationen gegen Kamerun und Deutsch Kongo Cocobeach besetzt habe. Cocobeach ist der frühere Name der Station Uroko im deutschen Munigebiet, das durch den Vertrag 1912

von Frankreich an Deutschland abgetreten wurde.

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Sperrung der Dardanellen. Konstantinopel, 28. September.

Die Hafenpräfektur teilt amtlich mit, daß die Dardanellen heute früh gesperrt worden sind, da die Notwendigkeit dieser Maßregel erkannt worden sei; kein Schiff werde demnach in die Dardanellen einlaufen oder diese verlassen können.

Kämpfe im Westen und im Östen.

Vorstöße aus Verdun, Toul und Antwerpen zurückgewiesen. Großes Hauptquartier, 29. September, abends.

Auf dem rechten Heeresflügel in Frankreich fanden heute bis- her noch unentschiedene Kämpfe statt. In der Front zwischen Oise und Maas herrschte im allgemeinen Ruhe.

Die im Angriff gegen die Maasforts stehende Armee schlug er- neate französische Vorstöße aus Verdun und Toul zurück.

Gestern hat die Belagerungsartillerie gegen einen Teil der Forts von Äntwerpen das Feuer eröffnet. Ein Vorstoß belgischer Kräfte gegen die Einschließungslinie ist zurückgewiesen.

Im Osten scheiterten russische Vorstöße, die über den Njemen gegen das Gouvernement Suwalki erfolgten.

Gegen die Festung Osowiece trat gestern schwere Artillerie in Kampf.

Beschießung der Forts von Antwerpen. Amsterdam, 29. September. Dem „Telegraaf“ wird aus Antwerpen von gestern gemeldet: Die Deutschen begannen nachmittags die Beschießung der drei Forts Waelhem, St. Catherine und Wavre. Nach offizieller belgischer Mitteilung zogen die Deutschen nachts in Mecheln ein.

Schutz der Kunstdenkmaler. Brüssel, 29. September.

Das Kommando der Antwerpen belagernden deutschen Truppen hat behufs Verständigung der belgischen Regierung dem amerikanischen und spanischen Gesandten in Brüssel folgendes mitgeteilt: Soweit die belgischen Militärbehörden sich verpflichten, Kunstdenkmäler, insbesondere Kirchtürme, nicht für militärische Zwecke nutzbar zu machen, sind die deutschen Belagerungstruppen bereit, diese Bauten bei einer Beschießung tunlichst, d. h. insofern es bei der ungeheuren Sprengwirkung der modernen Geschosse möglich ist, zu schonen.

Brüssel, 29. September.

Bei dem Kampfe um Mecheln hatte die schwere Artillerie des deutschen Heeres den ausdrücklichen Befehl erhalten, nicht auf die Stadt zu schießen, damit die Kathedrale geschont werde. Die Belgier selbst aber warfen aus dem Fort Waelhem nördlich von Mecheln schwere Granaten in die von den deutschen Truppen besetzte Stadt.

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Vom österreichisch-ungarisch-russischen Schauplatze.

Russische Rückbewegungen an der Weichsel. Wien, 29. September.

Aus dem Kriegspressequartier wird amtlich gemeldet: Angesichts der von den verbündeten deutschen und österreichisch-ungarischen Streitkräften eingeleiteten neuen Operation sind beiderseits der Weichsel rückgängige Bewegungen des Feindes im Zuge. Starke russische Kavallerie wurde unsererseits bei Biecz zersprengt. Nörd- lich der Weichsel werden mehrere feindliche Kavalleriedivisionen vor den verbündeten Armeen hergetrieben.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Generalmajor.

Der französische Aufmarschplan.

Im Tagebuch eines französischen Offiziers, der bei Verdun gefangen wurde, befand sich der französiche Aufmarschplan, der nach der „Lothr. Volksstimme“ wie folgt lautet:

1. Armee Maubeuge: l., 2., 3. und 10. Armeekorps.

2. Armee Verdun: 9., II., 4. und 6. Armeekorps.

3. Armee Toul: 20., 5. und 8. Armeekorps.

4. Armee Epinal: 13., 12., 17. und 18. Armeekorps.

5. Armee Belfort: 7., 14., 15. und 16. Armeekorps.

Jede Armee setzt sich zusammen aus 500000 Mann, insgesamt also 2 500 000 Mann, die für die Offensive verfügbar sind, ohne die Territorialtruppen zu rechnen.

Die I. Armee vereinigt sich mit den englischen und belgischen Armeen, besetzt nach Durchmarsch durch Belgien Cöln und Koblenz und wirft sich den aus Norddeutschland vorstoßenden deutschen Streitkräften entgegen.

Die 2. Armee besetzt Metz und wendet sich nach dessen Einnahme gegen Saarluis und Koblenz, wo sie ihre Vereinigung mit der |. Armee vollziehen wird.

Die 3. Armee dringt in Lothringen ein, besetzt den nördlichen Teil der Vogesen und wird dann ihren Standort vor Straßburg verlegen.

Die 4. Armee wird die übrigen Teile der Vogesen besetzen und dann den anderen Armeen als Reservearmee folgen.

Die 5. Armee wird sich Altkirchs und Mühlhausens bemächtigen und dann ihren Standort vor Straßburg verlegen, das zu nehmen ist, und wird ihre Vereinigung mit der 3. Armee herbeiführen.

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Es bleiben also nur noch 3 Armeen: die Armee A in Koblenz, die Armee C in Straßburg, die Armee D als Reserve.

Aus diesem französischen Operationsplan geht wieder einmal mit zwingender Beweiskraft hervor, daß nicht nur die Engländer, sondem auch die Belgier ein Zusammenwirken mit den französischen Truppen von Anfang an verabredet hatten.

Fortschritte im Westen. Großes Hauptquartier, 30. September. Nördlich und südlich Albert vorgehende überlegene feindliche

Kräfte sind unter schweren Verlusten für sie zurückgeschlagen. Aus der Front der Schlachtlinie ist nichts Neues zu melden. An den Ar- gonnen geht unser Angriff stetig wenn auch langsam vorwärts.

Vor den Sperrforts an der Maaslinie keine Veränderung.

In Elsaß-Lothringen stieß der Feind gestern in den mittleren Vogesen vor. Seine Angriffe wurden kräftig zurückgeworfen.

Vor Antwerpen sind zwei der unter Feuer genommenen Forts zerstört. | Vom östlichen Kriegsschauplatze ist noch nichts Besonderes zu melden.

Weitere Tätigkeit der „Emden“. London, 30. September.

Die Admiralität gibt bekannt, daß während der letzten Tage der Kreuzer „Emden“ im Indischen Ozean die Dampfer „Tume- rico“, „Kinglud“, „Riberia“ und „Toyle“ weggenommen und in den Grund gebohrt und ein Kohlenschiff weggenommen hat. Die Bemannungen der Schiffe wurden auf dem Dampfer „Gyfe- dale“, der ebenfalls genommen, aber freigelassen wurde, nach Colombo gebracht, wo sie gestern früh eintrafen.

Japanischer Angriff bei Tsingtau. Tokio, 29. September. Die Japaner haben am Sonntag die Deutschen fünf Meilen von Tsingtau entfernt angegriffen. Eine amtliche Mitteilung besagt: Bei ihrem Landangriff auf die nächsten Umgebungen von Lingtao hatten die Japaner drei Tote und zwölf Verwundete.

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Englische Bedrohung der Türkei.

Nach einer Meldung der „Frankfurter Zeitung“ aus Konstantinopel vom 28. September ist die bereits gemeldete Sperrung der Dardanellen- straße dadurch veranlaßt worden, daß gestern ein auslaufendes türkisches Kriegsschiff von einem englischen Torpedoboot aufgefordert wurde, sich zurückzuziehen, falls es nicht beschossen werden wollte. Zwischen der Türkei und England besteht kein Kriegszustand; die Aufforderung des englischen Befehlshabers aber ist ein feindlicher Akt, der um so schwerer ins Gewicht fällt, da er in den türkischen Gewässern vorgekommen ist.

Armeebefehl Erzherzogs Friedrich. Wien, 30. September.

Amtlich wird verlautbar: Das K. und K. Armeeoberkommando hat nachstehenden Armeebefehl erlassen: Die Situation ist für uns und für das verbündete deutsche Heer günstig. Die russische Offen- tive ist im Begriff zusammenzubrechen. Gemeinsam mit den deutschen Truppen werden wir den Feind, der bei Krasnik und Zamosk, bei Insterburg und Tannenberg geschlagen wurde, neuer- dings besiegen und vernichten. Gegen Frankreich drang die deutsche Hauptmacht unaufhaltsam tief in das feindliche Gebiet ein. Ein neuer großer Sieg steht dort bevor. Auf dem Balkankriegsschau- platz kämpfen wir gleichfalls in Feindesland. Der Widerstand der Serben beginnt zu erlahmen. Innere Unzufriedenheit, Aufstände, Elend und Hungersnot bedrohen unsere Feinde im Rücken, während die Monarchie und das verbündete Deutschland einig und in starker Zuversicht dastehen, um diesen uns freventlich aufgezwungenen Krieg bis ans siegreiche Ende durchzukämpfen. Dies ist die Wahr- heit über die Lage, sie ist allen Offizieren zu verlautbaren und der Mannschaft in ihrer Muttersprache zu erörtern.

Erzherzog Friedrich, G. d. I.

Wirkung der feldgrauen Uniform.

In der französischen und englischen Presse liest man in letzter Zeit wiederholt, daß die Infanteristen sich bitter über die Unsicht- barkeit des Feindes beklagen. Man wisse im Gefecht nur, daß Gefahr in der Nähe sei, aber wo sie stecke, könne nicht heraus- gefunden werden.

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Deutsche Erfolge im Westen. Großes Hauptquartier, 1. Oktober, abends.

Am 30. September wurden die Höhen von Roye und Fresnoy (nordwestlich von Noyon) den Franzosen entrissen.

Südöstlich von St. Mihiel wurden am 1. Oktober Angriffe von Toul her zurückgewiesen; die Franzosen hatten dabei schwere Verluste.

Der Angriff auf Antwerpen schreitet erfolgreich fort.

Großes Hauptquartier, 2. Oktober, abends.

Vor dem westlichen Armeeflügel wurden erneute Umfassungs- versuche der Franzosen abgewiesen. Südlich Noye sind die Franzosen aus ihren Stellungen geworfen.

In der Mitte der Schlachtfront blieb die Lage unverändert.

Die in den Argonnen vordringenden Truppen erkämpften im Vorschreiten nach Süden wesentliche Vorteile.

Östlich der Maas unternahmen die Franzosen aus Toul energische nächtliche Vorstöße, die unter schweren Verlusten für sie zurückgeworfen wurden.

Vor Antwerpen sind das Fort Wavre-St. Catherine und die Redoute Dorpweldt mit Zwischenwerken gestern nachmittag 5 Uhr erstürmt, das Fort Waelhem ist eingeschlossen, der westlich heraus- geschobene wichtige Schulterpunkt Termonde befindet sich in unserem Besitz.

Großes Hauptquartier, 3. Oktober, abends.

Auf dem französischen Kriegsschauplatz sind heute keine wesentlichenÄnderungen eingetreten.

Im Angriff auf Antwerpen fielen auch die Forts: Lierre, Wael- hem, Königshookt und die zwischenliegenden Redouten. In den Zwischenstellungen wurden 30 Geschütze erobert. Die in den äußeren Fortsgürtel gebrochene Lücke gestattet, den Angriff gegen die innere Fortslinie und die Stadt vorzutragen.

Niederlage der Russen bei Augustow.

Im Osten sind das 3. sibirische und Teile des 22. Armeekorps, welche sich auf dem linken Flügel der über den Njemen vor- dringenden russischen Armeen befanden, nach zweitägigem er- bittertem Kampf bei Augustow geschlagen worden. Uber 2000 unverwundete Gefangene, eine Anzahl Geschütze und Maschinen- gewehre wurden erbeutet.

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Vom österreichisch-ungarisch-russischen Schauplatze.

Der russische Einbruch in Ostungarn abgeschlagen. | Wien, 2. Oktober. Die „Neue Freie Presse“ meldet aus Budapest: Der Adjutant des kommandierenden Generals der gegen die in Uszok eingefallenen Russen entsandten Truppen teilte einem Zeitungsberichterstatter mit, daß die Russen über Uszok zurückgetrieben worden seien. Der Kampf wurde gestern beendet. Die Russen dürften anderthalb Brigaden stark gewesen sein. Sie verfügten über 16 Geschütze. Die Verluste der Russen sind

sehr schwer. Budapest, 2. Oktober. Das ungarische Korrespondenzbureau meldet aus Nyiregy Haza: Nach einer vom Obergespan des Komitats Maramaros eingegangenen Meldung haben unsere Truppen in der Gegend von Oekörmezö in sieg- reicher Schlacht die in Marmaros eingebrochenen Russen geschlagen. Der Feind zog sich in Unordnung nach der Grenze zurück. In Oekörmezö und seiner Umgebung herrscht Ordnung, und der Verkehr ist wieder her- gestellt. Unsere in der Umgegend von Körösmezö versammelten Truppen haben gleichfalls den Kampf mit den Russen aufgenommen, deren Ver- jagung binnen kurzem erfolgen wird.

Der Krieg gegen Serbien und Montenegro. Wien. 2. Oktober.

Unsere in Serbien befindlichen Truppen stehen seit zwei Tagen im iffskampf. Bisher schreitet die eigene Offensive gegen den überall in stark verschanzten, mit Drahthindernissen geschützten Stellungen postierten Gegner zwar langsam, aber günstig fort. Mit der Sauberung der von serbischen und montenegrinischen Truppen und Irregulären beunruhigten Gegenden Bosniens wurde energisch begonnen. Hierbei wurde gestern ein komplettes serbisches Bataillon umzingelt und entwaffnet und als kriegsgefangen abtransportiert. Die von den Serben verbreitete Behauptung über die Vernichtung der 40. Honveddivision ist ein neuer Beweis der lebhaften serbischen Phantasie. Diese Division befindet sich, wie die Serben sich zu überzeugen wiederholt Gelegenheit hatten, in bester Verfassung in der Gefechtsfront und hat, ebenso wie bei Visegrad, auch an den Kämpfen der letzten Woche rühmlichen Anteil genommen.

Potiorek, Feldzeugmeister.

Der Kampf um Tsingtau.

Englisch-japanischer Angriff. London, 4. Oktober.

Aus Peking wird gemeldet: Die englischen Streitkräfte unter General Barnadiston setzen mit großer Energie den Angriff auf Ki- autschou fort. Die deutschen Truppen zogen sich auf Tsingtau selbst zurück, dessen Forts Tag und Nacht tätig sind. Das Feuer ist besonders

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gegen die japanischen Stellungen gerichtet. Deutsche Aeroplane ver- suchten wiederholt, die japanischen Kriegsschiffe durch Bomben zu zerstören. Die Engländer und Japaner treffen Vorbereitungen zu einem entscheidenden Vorstoß gegen Tsingtau.

Weitere Erfolge vor Antwerpen und in Frankreich.

Fühlung mit dem Feinde in Polen. Großes Hauptquartier, 5. Oktober.

Vor Antwerpen sind die Forts Kessel und Brochem zum Schweigen gebracht. Die Stadt Lierre und das Eisenbahnfort an der Bahn Mecheln—Antwerpen sind genommen.

Auf dem rechten Flügel in Frankreich wurden die Kämpfe erfolgreich fortgesetzt.

In Polen gewannen die gegen die Weichsel vorgehenden deutschen Kräfte Fuhlung mit russischen Truppen.

Schwere Verluste der Japaner und Engländer.

Aus Rotterdam, 6. Oktober, wird gemeldet: Beim ersten Sturm auf die Infanteriewerke von Tsingtau wurden die vereinigten Japaner und Engländer mit einem Verlust von 2500 Mann zurück- geschlagen. Die Wirkung der deutschen Minen, Geschütze und Maschinengewehre war vernichtend. Der rechte Flügel der Verbündeten wurde von dem österreichisch-ungarischen Kreuzer „Kaiserin Elisabeth“ und dem deutschen Kanonenboot „Jaguar“ wirksam beschossen. Die deutschen Verluste sollen gering sein. Die Japaner warten Verstärkungen aus Japan ab.

Erfolgreicher Vormarsch gegen die Russen. Wien, 6. Oktober. Amtlich wird verlautbart: 5. Oktober. Die Operationen in Russisch-Polen und Galizien schreiten günstig vorwärts. Schulter an Schulter kämpfend, warfen deutsche und österreichisch-ungarische Truppen den Feind von Opatow und Klimontow gegen die Weichsel zurück. In den Karpathen wurden die Russen am Uzsoker Paß voll- ständig geschlagen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes v. Hoefer, Generalmajor.

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Kampfe bei Arras. Russische Heeresteile zurückgeworfen. Großes Hauptquartier, 6. Oktober.

Die fortgesetzten Umfassungsversuche der Franzosen gegen unseren rechten Heeresflügel haben die Kampffront bis nördlich Arras aus- gedehnt. Auch westlich Lille und westlich Lens trafen unsere Spitzen auf feindliche Kavallerie. In unseren Gegenangriffen über die Linie Arras—Albert—Roye ist noch keine Entscheidung gefallen. Auf der Schlachtfront zwischen Oise und Maas, bei Verdun und in Elsaß- Lothringen sind die Verhältnisse unverändert. Auch von Antwerpen ist heute nichts Besonderes zu melden.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz ist der russische Vormarsch gegen Ostpreussen im Gouvernement Suwalki zum Stehen gebracht. Bei Suwalki wird der Feind seit gestern erfolgreich angegriffen.

In Russisch-Polen vertrieben deutsche Truppen am 4. Oktober die russische Gardeschützenbrigade aus einer befestigten Stellung zwischen Opatow und Ostrowiec und nahmen ihr etwa 3000 Gefangene, mehrere Geschütze und Maschinengewehre ab. Am 5. Oktober wurden zweieinhalb russische Kavalleriedivisionen und Teile derHauptreserve von Iwangerod bei Radom angegriffen und auf Iwangerod zurück- geworfen.

Sieben englische Dampfer durch den Kreuzer „Karlsruhe“ versenkt.

Nach einer in Amsterdam vorliegenden Nachricht hat der kleine Kreuzer „Karlsruhe“ im Atlantischen Ozean sieben eng- lische Dampfer versenkt.

Proklamation der deutschen Wissenschaftler und Künstler.

An die Kulturwelt!

Wir als Vertreter deutscher Wissenschaft und Kunst erheben vor der gesamten Kulturwelt Protest gegen die Lügen und Verleumdungen, mit denen unsere Feinde Deutschlands reine Sache in dem ihm aufge- zwungenen schweren Daseinskampfe zu beschmutzen trachten. Der eherne Mund der Ereignisse hat die Ausstreuung erdichteter deutscher Nieder- lagen widerlegt. Um so eifriger arbeitet man jetzt mit Entstellungen und Verdächtigungen. Gegen sie erheben wir laut unsere Stimme. Sie soll die Verkünderin der Wahrheit sein.

Es ist nicht wahr, daß Deutschland diesen Krieg verschuldet hat. Weder das Volk hat ihn gewollt, noch die Regierung, noch der Kaiser. Von deutscher Seite ist das Äußerste geschehen, ihn abzuwenden. Dafür liegen der Welt die urkundlichen Beweise vor. Oft genug hat Wilhelm Il. in den 26 Jahren seiner Regierung sich als Schirmherr des Weltfriedens erwiesen; oft genug haben selbst unsere Gegner dies anerkannt. Ja, dieser nämliche Kaiser, den sie jetzt einen Attila zu nennen wagen, ist

70 jahrzehntelang wegen seiner unerschütterlichen Friedensliebe von ihnen

verspottet worden. Erst als eine schon lange an den Grenzen lauernde Ubermacht von drei Seiten über unser Volk herfiel, hat es sich erhoben wie ein Mann.

Es ist nicht wahr, daß wir freventlich die Neutralität Belgiens ver- letzt haben. Nachweislich waren Frankreich und England zu ihrer Ver- letzung entschlossen. Nachweislich war Belgien damit einverstanden. Selbstvernichtung wäre es gewesen, ihnen nicht zuvorzukommen.

Es ist nicht wahr, daß eines einzigen belgischen Bürgers Leben und Eigentum von unseren Soldaten angetastet worden ist, ohne daß die bitterste Notwehr es gebot. Denn wieder und immer wieder, allen Mah- nungen zum Trotz, hat die Bevölkerung sie aus dem Hinterhalt beschossen, Verwundete verstümmelt, Arzte bei der Ausübung ihres Samariterwerkes ermordet. Man kann nicht niederträchtiger fälschen, als wenn man die Verbrechen dieser Meuchelmörder verschweigt, um die gerechte Strafe, die sie erlitten haben, den Deutschen zum Verbrechen zu machen.

Es ist nicht wahr, daß unsere Truppen brutal gegen Lowen gewütet haben. An einer rasenden Einwohnerschaft, die sie im Quartier heim- tückisch überfiel, haben sie durch Beschießung eines Teiles der Stadt schweren Herzens Vergeltung üben müssen. Der größte Teil von Löwen ist erhalten geblieben. Das berühmte Rathaus steht gänzlich unversehrt. Mit Selbstaufopferung haben unsere Soldaten es vor den Flammen be- wahrt. Sollten in diesem furchtbaren Kriege Kunstwerke zerstört worden sein oder noch zerstört werden, so würde jeder Deutsche es be- klagen. Aber so wenig wir uns in der Liebe zur Kunst von irgend jemand übertreffen lassen, so entschieden lehnen wir es ab, die Erhaltung eines Kunstwerks mit einer deutschen Niederlage zu erkaufen.

Es ist nicht wahr, daß unsere Kriegführung die Gesetze des Völker- rechts mißachtet. Sie kennt keine zuchtlose Grausamkeit. Im Osten aber trankt das Blut der von russischen Horden hingeschlachteten Frauen und Kinder die Erde, und im Westen zerreißen Dum-Dum-Geschosse unsern Kriegern die Brust. Sich als Verteidiger europäischer Zivilisation zu ge- bärden, haben die am wenigsten das Recht, die sich mit Russen und Serben verbünden und der Welt das schmachvolle Schauspiel bieten, Mon- golen und Neger auf die weiße Rasse zu hetzen.

Es ist nicht wahr, daß der Kampf gegen unseren sogenannten Mili- tarismus kein Kampf gegen unsere Kultur ist, wie unsere Feinde heuch- lerisch vorgeben. Ohne den deutschen Militarismus wäre die deutsche Kultur längst vom Erdboden getilgt. Zu ihrem Schutze ist er aus ihr hervorgegangen in einem Lande, das jahrhundertelang von Raubzügen heimgesucht wurde wie kein zweites. Deutsches Heer und deutsches Volk sind eins. Dieses Bewußtsein verbrüdert heute 70 Millionen Deutsche ohne Unterschied der Bildung, des Standes und der Partei.

Wir können die vergifteten Waffen der Lüge unseren Feinden nicht entwinden. Wir können nur in alle Welt hinausrufen, daß sie falsches Zeugnis ablegen wider uns. Euch, die Ihr uns kennt, die Ihr bisher ge-

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meinsarn mit uns den höchsten Besitz der Menschheit gehütet habt, Euch rufen wir zu:

Glaubt uns! Glaubt, daß wir diesen Kampf zu Ende kämpfen werden als ein Kulturvolk, dem das Vermächtnis eines Goethe, eines Beethoven, eines Kant ebenso heilig ist wie sein Herd und seine Scholle.

Dafür stehen wir Euch ein mit unserem Namen und mit unserer Ehre!

Antwort des Präsidenten Wilson auf das Telegramm des Kaisers.

„Euerer Kaiserlichen Majestät wichtige Mitteilung vom 7. September d. J. habe ich erhalten und von ihr mit größtem Interesse und Anteil Kenntnis genommen. Ich fühle mich geehrt, daß Sie sich wegen eines unparteiischen Urteils an mich, als den Vertreter einer an dem gegen- wärtigen Kriege wahrhaft unbeteiligten Nation gewendet haben, die den aufrichtigen Wunsch hegt, die Wahrheit kennen zu lernen und zu berücksichtigen.

Sie werden, dessen bin ich sicher, nicht erwarten, daß ich mehr sage. Ich bete zu Gott, daß dieser Krieg bald zu Ende sein möge. Der Tag der Abrechnung wird dann kommen, wenn wie ich sicher bin die Nationen Europas sich vereinigen werden, um ihre Streitig- keiten zu beendigen. Wo Unrecht begangen worden ist, werden die Folgen nicht ausbleiben und die Verantwortlichkeit wird den Schul- digen auferlegt werden. Die Völker der Erde haben sich glücklicher- weise auf den Plan geeinigt, daß solch eine Abrechnung und Einigung stattfinden muß. Soweit jedoch ein solcher Plan unzureichend ist, wird die Meinung der Menschheit, die letzte Instanz in all solchen Ange- legenheiten, ergänzend eingreifen. Es wäre unklug, es wäre verfrüht für eine einzelne, selbst eine dem gegenwärtigen Kampf glücklicher- weise fernstehende Regierung, es wäre sogar unvereinbar mit der neutralen Haltung einer Nation, die, wie diese, an dem Kampfe nicht beteiligt ist, sich ein endgültiges Urteil zu bilden oder es zum Aus- druck zu bringen.

Ich spreche mich so frei aus, weil ich weiß, daß Sie erwarten und wünschen, daß ich wie ein Freund zum Freunde spreche und weil ich sicher bin, daß eine Zurückhaltung des Urteils bis zur Been- digung des Krieges, wo alle Ereignisse und Umstände in ihrer Gesamt- heit und ihrem wahren Zusammenhang übersehen werden können, sich Ihnen als wahrer Ausdruck aufrichtiger Neutralität von selbst empfehlen wird.

gez.: Woodrow Wilson.“

72 a

Der Krieg zur See. Untergang des „S 116“.

Am 6. Oktober nachmittags ist das Torpedoboot „S 116“ während des Vorpostendienstes in der Nordsee durch den Torpedoschuß eines englischen Unterseeboots verloren gegangen. Fast die ganze Be satzung konnte gerettet werden.

Das Torpedoboot „S 116“ war ein altes Boot aus dem Jahre 1902. Es hatte 420 t Wasserverdrängung. Da die Lebensdauer dieser Boote auf 12 Jahre bemessen ist, hatte es bereits ersetzt werden müssen. Seine Besatzung betrug etwa 60 Köpfe, die von benachbarten Fahr- zeugen aufgenommen wurde.

Engländer und Belgier auf Antwerpen zurückgeworfen.

Erfolglose französische Vorstöße. Der russische Angriff abgewiesen. Großes Hauptquartier, 7. Oktober.

Die Kämpfe auf dem rechten Heeresflügel in Frankreich haben noch zu keiner Entscheidung geführt. Vorstöße der Franzosen in den Argonnen und ausder Nordostfront von Verdun wurden zurückgeworfen.

Bei Antwerpen ist das Fort Broechem in unserem Besitz. Der Angriff hat den Netheabschnitt überschritten und nähert sich dem inneren Fortsgirtel. Eine englische Brigade und die Belgier wurden zwischen äußerem und innerem Fortsgürtel auf Antwerpen zurüd- geworfen. Vier schwere Batterien, 52 Feldgeschütze, viele Maschinen- gewehre, auch englische, wurden in freiem Felde genommen.

Der Angriff der Russen im Gouvernement Suwalki ist abgewiesen. Die Russen verloren 2700 Gefangene und neun Maschinengewehre. In Polen wurden in kleinen erfolgreichen Gefechten westlich Iwangorod 4800 Gefangene gemacht.

Der Aufruf von Beselers an die belgische Armee.

Dem Oberbefehlshaber der Belagerungsarmee von Antwerpen General von Beseler, gebührt das Verdienst, die Flugmaschine in größerem Maß- stabe zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung in Feindesland verwendet zu haben. „Wie bereits telegraphisch kurz gemeldet, hat eine „Taube über Antwerpen nicht nur Bomben, sondern auch einen eindringlichen Aufruf an die Belgier ausgeworfen. Die Proklamation lautet wörtlich:

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„Belgische Soldaten! Euer Blut und Heil gebt Ihr keineswegs für Euer geliebtes Vaterland her, sondern für die Interessen Rußlands, eines Landes, das nur danach strebt, seine enorme Macht auszu- dehnen, vor allem aber für England, das in seiner niedrigen Habgier diesen grausamen und noch nicht dagewesenen Krieg heraufbe- schworen hat. Von Anbeginn des Krieges an haben Eure Tages- zeitungen, die im Solde von Frankreich und England stehen, nicht aufgehört, Euch zu betrügen, und Euch über die Ursachen des Krieges und den Ausgang der Gefechte zu täuschen, sie tun es auch heute noch. Eure Armeebefehle beweisen es, wie man Euch betrügt. Man sagt Euch, daß man Eure Kriegsgefangenen zwingt, gegen Rußland mitzukämpfen, Euer gesunder Verstand muß Euch aber sagen, daß dies unmöglich ist. Wenn der Tag gekommen sein wird, da Eure gefangenen Kameraden zurückkehren, werden sie Euch sagen, mit welchem Wohlwollen sie behandelt wurden, und Ihr werdet dann vor Scham erröten über die unerhorten Lügen. Jeder Tag des weiteren Widerstandes bedeutet für Euch nicht wieder gutzumachende Leiden und Verluste, während Ihr nach der Übergabe von allen weiteren Leiden erlöst seid. Belgische Soldaten! Ihr habt lange genug für die Interessen der russischen Großfürsten und der Kapitalisten des perfiden Albions gekämpft. Eure Lage ist hoffnungslos. Deutsch- land, das um seine Existenz kämpft, hat zwei russische Armeen vernichtet. Es befindet sich kein russischer Soldat mehr auf unserem Gebiet und in Frankreich besiegen unsere Truppen den letzten Wider- stand. Wenn Ihr zu Euren Frauen und Kindern zurückkehren wollt, so beendet diesen nutzlosen Kampf, der nur zu Eurem Untergang führen kann. Dann werdet Ihr die Wohltaten eines glücklichen und vollständigen Friedens genießen!

v. Beseler, Oberkommandant der Belagerungsarmee.

Antwerpen vor dem Fall. Brüssel, 8. Oktober.

Gemäß Artikel 26 des Haager Abkommens, betreffend die Ge- setze des Landkrieges, ließ General von Beseler, der Befehlshaber der Belagerungsarmee von Antwerpen, durch Vermittlung der in Brüssel beglaubigten Vertreter neutraler Staaten gestern nachmittag die Be- hörden Antwerpens von dem Bevorstehen der Beschießung verständigen. Die Beschießung der Stadt hat um Mitternacht begonnen.

Amsterdam, 8. Oktober. Das diplomatische Korps hat Antwerpen verlassen und sich auf einem Regierungsdampfer nach Ostende begeben. Die Bürgergarde wurde entwaffnet.

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Ein entscheidender Schlag gegen die Serben.

Wien, 8. Oktober. Amtlich wird verlautbart: Die Sauberungsaktionen in Bosnien macht weitere Fortschritte. Zu dem bereits gemeldeten gegen die montenegrinischen Truppen erzielte Erfolge gesellt sich nun ein ent- scheidender Schlag gegen die über Visegrad kampflos eingedrun- genen serbischen Kräfte. Ihre nördliche Kolonne ist von Srebrenica gegen Bajna Basta bereits über die Drina zurückgeworfen, wobei ihr der Train und die Munitionskolonne abgenommen wurde. Die auf die Romania Planina vorgegangene Hauptkraft unter dem Kommando des gewesenen Kriegsministers Generals Mylos Bajanovic wurde von unseren Kräften in einem zweitägigen Kampfe vollständig geschlagen und entging nur durch eilige Flucht der von uns geplanten Gefan- gennahme. Ein Bataillon des Il. Regiments des zweiten Aufgebots wurde gefangen genommen, mehrere Schnellfeuergeschütze wurden

erobert. Potiorek, Feldzeugmeister.

Vom österreich-ungarisch-russischen Schauplatze.

Zurückweichen der Russen. Wien, 9. Oktober.

Amtlich wird verlautbart: 9. Oktober mittags. Unsere Vorrük- kung zwang die Russen, in ihren vergeblichen Anstrengungen gegen Przemysl, die in der Nacht auf den 8. Oktober ihren Höhepunkt er- reichten und die den Stürmenden ungeheure Opfer kosteten, nachzu- lassen. Gestern vormittag wurde das Artilleriefeuer gegen die Festung und der Angreifer begann Teile seiner Kräfte zurückzunehmen. Bei Lancut stellte sich unseren vordringenden Kolonnen ein starker Feind zum Kampfe, der noch andauert. Aus Roszwadow ist der Gegner bereits vertrieben. Auch in den Karpathen steht es gut. Der Rück- zug des Feindes aus dem Mamaroser Komitat artet in Flucht aus. Bei Bocsko wurde eine starke Kosakenabteilung zersprengt. In diesen Kämpfen zeichnete sich auch das ukrainische Freiwilligenkorps aus. Die eigene Vorrückung über den Beskid und über den Vereckepaß ist im Fortschreiten gegen Slawsko und Tucholka. Der vom Uzsoker- paß geworfene Feind wird über Turka weiter gedrängt.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Generalmajor.

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Vom Kriege. Großes Hauptquartier, 8. Oktober, abends.

Vom westlichen Kriegsschauplatze sind Ereignisse von ent- scheidender Bedeutung nicht zu melden. Kleine Fortschritte sind bei St. Mihiel und im Argonnenwald gemacht.

Vor Antwerpen ist Fort Breendonk genommen. Der Angriff auf die innere Fortline und damit auch die Beschießung der da- hinterliegenden Stadtteile hat begonnen, nachdem der Komman- dant der Festung die Erklärung abgegeben hatte, daß er die Verantwortung übernehme.

Die Luftschiffhalle in Düsseldorf wurde von einer durch einen feindlichen Flieger geworfenen Bombe getroffen. Das Dach der Halle wurde durchschlagen und die Hülle eines in der Halle liegenden Luftschiffes zerstört.

Im Osten erreichte eine von Lomsha anmarschierende russi-

sche Kolonne Lyck.

Antwerpen in Flammen.

Aus Bergen-op-Zoom wird über die Beschießung Antwerpens berichtet, daß die Stadt an allen vier Ecken brenne. Die St. Georgs- kaserne stehe in Flammen, das große Lazarett sei verbrannt. Die Verwundeten flüchten. Infolgedessen würden viele von ihnen an der Grenze erwartet. Die Beschießung sei noch immer heftig. Heute habe man bemerken können, daß auf einem Forts eine Batterie außer Gefecht gesetzt wurde. Die Flut der Flüchtlinge dauere an, die Lage sei unhaltbar.

Antwerpen gefallen! Großes Hauptquartier, 9. Oktober, abends.

Heute vormittag sind mehrere Forts der inneren Be- festigungslinie von Antwerpen gefallen. Die Stadt befindet sich seit heute nachmittag im deutschen Besitz. Kommandant und Besatzung haben den Festungsbereich verlassen. Nur einzelne Forts sind noch vom Feinde besetzt. Der Besitz von Antwerpen ist dadurch nicht beeinträchtigt.

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Die ganze Festung Antwerpen in unserem Besitz.

Großes Hauptquartier, 10. Oktober, 11 Uhr vormittags. Die ganze Festung Antwerpen, einschließlich sämtlicher Forts, ist in unserem Besitz.

Die Bezwingung von Antwerpen. Großes Hauptquartier, 10. Oktober, abends.

Nach nur zwölftägiger Belagerung ist Antwerpen mit allen Forts in unsere Hände gefallen. Am 28. September fiel der erste Schuß gegen die Forts der äußeren Linie, am 1. Oktober wurden die ersten Forts erstürmt, am 6. und 7. Oktober der starke, an- gestaute, meist 400 Meter breite Netheabschnitt von unserer In- fanterie und Artillerie überwunden. Am 7. Oktober wurde, ent- sprechend dem Haager Abkommen, die Beschießung der Stadt angekündigt. Da der Kommandant erklärte, die Verantwortung für die Beschießung übernehmen zu wollen, begann Mitternacht vom 7. zum 8. Oktober die Beschießung der Stadt. Zu gleicher Zeit setzte der Angriff gegen die innere Fortslinie an. Schon am 9. Oktober früh waren zwei Forts der inneren Linie genommen, und am 9. Oktober nachmittags konnte die Stadt ohne ernsthaften Widerstand besetzt werden. Die vermutlich sehr starke Besatzung hatte sich anfänglich tapfer verteidigt. Da sie sich jedoch dem Ansturme unserer Infanterie und der Marinedivision sowie der Wirkung unserer gewaltigen Artillerie schließlich nicht gewachsen fühlte, war sie in voller Auflösung geflohen. Unter der Besatzung befand sich auch eine unlängst eingetroffene englische Marine- brigade. Sie sollte nach englischen Zeitungsberichten das Rückgrat der Verteidigung sein. Der Grad der Auflösung der englischen und belgischen Truppen wird durch die Tatsache bezeichnet, daß die Übergabeverhandlungen mit dem Bürgermeister geführt werden mußten, da keine militärische Behörde aufzufinden war. Die voll- zogene Übergabe wurde am 10. Oktober vom Chef des Stabes des bisherigen Gouvernements von Antwerpen bestätigt, die letzten noch nicht übergebenen Forts wurden von unseren Truppen besetzt.

Die Zahl der Gefangenen laßt sich nech nicht übersehen. Viele belgische und englische Soldaten sind nach Holland entflohen, wo sie interniert werden. Gewaltige Vorräte aller Art sind erbeutet.

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Die letzte belgische Festung, das „uneinnehmbare“ Antwerpen, ist bezwungen. Die Angriffstruppen haben eine außerordentliche Leistung vollbracht, die von Seiner Majestät damit belohnt wurde, daß ihrem Führer, dem General der Infanterie von Beseler, der Orden Pour le merite verliehen wurde.

Vom österreichisch-ungarisch-russischen Schauplatze.

Fluchtartiger Rückzug der Russen. Wien, 10. Oktober.

Amtlich wird verlautbart: 10. Oktober, mittags. Gestern ver- suchte der Feind noch einen Sturm auf die Südfront von Przemysl, den die Besatzung wieder unter schweren Verlusten des An- greifers zurückwies; dann wurden die rückgängigen Bewegungen der Russen vor der Festung allgemein. Die Westfront mußten sie vollständig raumen; unsere Kavallerie ist dort bereits eingeritten. Der durch die Schnelligkeit der Operationen in Russisch-Polen und Galizien verwirrte Gegner versuchte zwar, seinen Angriff auf die Festung durch Hinausschieben von Heeresteilen gegen Westen zu decken, vermochte aber unseren heraneilenden Armeen nirgends standzuhalten. Die fünf bis sechs russischen Infanterie- divisionen, die sich bei Lancut stellten, sind auf fluchtartigem Rückzuge gegen den San. Ebenso wurden eine Kosakendivision und eine Infanteriebrigade, die östlich Dymow eine verstärkte Stellung innehatten, nach kurzem Wiederstande zurückgeworfen. Unsere Truppen sind dem Gegner überall an den Fersen. Auch Ungarn dürfte von den noch in den Komitaten Maramaros und Vesztercze-Naszod herumirrenden feindlichen Abteilungen bald gänzlich gesäubert sein.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs von Hoefer, Generalmajor.

Przemysl befreit. Wien, 11. Oktober. Amtlich wird verlautbart: 11. Oktober mittags. Unser rasches Vor- gehen an den San hat Przemysl von der feindlichen Umklammerung befreit. Unsere Truppen rücken in die Festung ein. Wo sich die Russen noch stellten, wurden sie angegriffen und geschlagen. Bei ihrer Flucht gegen die Flußübergänge von Sieniawa und Lezajsk fielen massenhafte Gefangene in unsere Hände. Der Stellvertreter des Chef des b von Hoefer, Generalmajor.

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Fortgang der Kämpfe im Westen und Osten. Großes Hauptquartier, 11. Oktober, abends.

Westlich Lille ist von unserer Kavallerie am 10. Oktober eine französische Kavalleriedivision völlig, bei Hazebrouk eine andere fran- zösische Kavalleriedivision unter schweren Verlusten geschlagen worden.

Die Kämpfe in der Front führten im Westen bisher zu keiner Entscheidung.

Über die Siegesbeute von Antwerpen können noch keine Mit- teilungen gemacht werden, da die Unterlagen erklärlicherweise noch fehlen. Auch über die Anzahl der Gefangenen, über den Übertritt englischer und belgischer Truppen nach Holland liegt kein abschließendes Urteil vor.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz wurden im Norden alle An- griffe der ersten und zehnten russischen Armee gegen die ostpreußischen Armeen von diesen am 9. und 10. zurückgeschlagen. Auch ein Um- fassungsversuch der Russen über Schirwindt wurde abgewiesen. Dabei wurden 1000 Russen zu Gefangenen gemacht. In Südpolen erreichten die Spitzen unserer Armeen die Weichsel. Bei Grojez südlich Warschau fielen 2000 Mann des 2. sibirischen Armeekorps in unsere Hände.

» Limes“ gegen ,, limes“. Treffender kann die Methode der Englander nicht gekennzeichnet

werden als durch ihre eigenen Äußerungen. Wir stellen nachfolgend die Auß erung der „Times“ vom 26. September über die Bedeutung der Festung

Antwerpen und die Äußerung der „Times“ vom Il. Oktober über das gleiche Thema gegenüber. „Times“, 26. September. „Times“, 11. Oktober.

„Fachleute sind der Meinung, daß

die Deutschen nur mit einem Verlust

„Antwerpen entsprach nicht den

von 100000 Mann Toten und der sechsfachen Zahl Verwundeten sich einen Zugang zur Stadt Antwe erzwingen können. Die Deutschen dürften wahrscheinlich wissen, eel: che ungeheure Arbeit ihrer hart; die Gegend ist ja mit Spionen über- schwemmt; allein unter den gege- benen Verhältnissen können die Deutschen Antwerpen nicht liegen lassen, und so entschlossen sie sich, den Platz ohne Rücksicht auf die größten Opfer anzugreifen und zu besetzen.“

Erwartungen, weil die permanenten Forts in den ausgesetzten Stellungen

keine Chance gegenüber der mo-

dernen Artillerie haben. Wenn eine deutsche Garnison Antwerpen halten und wir sie angreifen sollten, so würde das Resultat das gleiche sein, wenn wir genügend schweres Ge-

schütz vorfahren.“

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Der Krieg zur See.

Vom Kreuzer „Königsberg“ versenkt. |

Amsterdam, II. Oktober. Aus Sabang meldet das „Handelsblad“: Ein deutsches Schiff

brachte drei Offiziere und die Mannschaften des Schiffes „City of

Westminster“ hier ein, das vom Kreuzer „Königsberg“ im Indischen

Ozean versenkt worden war.

Meldung der obersten Heeresleitung. Großes Hauptquartier, 13. Oktober.

Vom westlichen Kriegsschauplatz liegen Nachrichten von Be- deutung nicht vor. Heftige Angriffe des Feindes östlich Soissons sind abgewiesen worden. Im Argonner Wald finden andauernd erbitterte Kämpfe statt. Unsere Truppen arbeiten sich in dichtem Unterholz und äußerst schwierigem Gelände mit allen Mitteln des Festungskrieges Schritt für Schritt. vorwärts. Die Franzosen leisten hartnackigsten Widerstand, schießen von den Bäumen und mit Maschinengewehren von Baumkanzeln und haben neben etagenweise angelegten Schützen- graben starke festungsartige Stützpunkte eingerichtet.

Die von der französischen Heeresleitung verbreiteten Nachrichten über Erfolge ihrer Truppen in der Woevreebene sind unwahr, nach Gefangenenaussagen ist den Truppen mitgeteilt worden, die Deutschen seien geschlagen und mehrere Forts von Metz bereits gefallen. Tat- sachlich haben unsere dort fechtenden Truppen an keiner Stelle Ge- lande verloren, Etain ist nach wie vor in unserem Besitz. Die jetzigen französischen Angriffe gegen unsere Stellung bei St. Mihiel sind sämt- lich abgewiesen ‚worden.

Unsere Kriegsbeute von Antwerpen läßt sich auch heute noch nicht übersehen. Die Zahl der in Holland Entwaffneten ist auf an- nahernd 28 000 Mann gestiegen. Nach amtlichen Londoner und nieder- ländischen Nachrichten befinden sich hierbei auch 2000 Engländer. Scheinbar haben sich viele belgische Soldaten in Zivilkleidung nach ihren Heimatsorten begeben. Der Gebäude- und Materialschaden in Antwerpen ist gering. Die Schleusen- und Fährenanlagen sind vom Feinde unbrauchbar gemacht worden. Im Hafen befinden sich 4 englische, 2 belgische, | französischer, | dänischer, 32 deutsche und 2 österreichische Dampfer sowie 2 deutsche Segelschiffe. Soweit deutsche Schiffe bisher untersucht worden sind, scheinen die Kessel unbrauchbar gemacht worden zu sein.

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Auf dem ostpreußischen Kriegsschauplatz verlief der 11. Oktober im allgemeinen ruhig. Am 12. Oktober wurde ein erneuter Umfassungs- versuch der Russen bei Schirwindt abgewiesen, sie verloren dabei 1500 Gefangene und 20 Geschütze.

In Sũdpolen wurden die russischen Vortruppen südlich von Warschau durch unsere Truppen zurückgeworfen. Ein Ubergangsversuch der Russen über die Weichsel südlich lwangorod wurde unter Verlusten für die Russen verhindert.

Oberste Heeresleitung.

Ein russischer Panzerkreuzer zum Sinken gebracht. Berlin, 13. Oktober. Ein russischer Panzerkreuzer der Bajanklasse ist am 11. Okt. vor dem Finnischen Meerbusen durch Torpedoschuß zum Sinken gebracht worden. Der stellvertretende Chef des Admiralstabes Behncke.

Vom östlichen Schauplatze.

Russische Niederlage vor Przemysl. Wien, 13. Oktober, mittags.

Amtlich wird verlautbart: Gestern schlugen unsere gegen Przemysl anrückenden Kräfte, unterstützt durch einen Ausfall der Besatzung, die Einschließungstruppen derart zurück, daß sich der Feind jetzt nur mehr vor der Ostfront der Festung halt. Bei seinem Rückzuge stürzten mehrere Kriegsbrücken nächst Sosnica ein. Viele Russen ertranken im San. Der Kampf östlich Chyrow dauert noch an. Eine Kosakendivision wurde von unserer Kavallerie gegen Drohobycz geworfen. In den durch sehr ungünstige Witterung und schlechte Wege- verhältnisse außerordentlich erschwerten Märschen und Kämpfen der letzten Wochen hat sich die Leistungsfähigkeit unserer braven Truppen

glänzend bewährt. Der Stellvertreter des Generalstabes

von Hoefer. Generalmajor.

Eine deutsche Meldung aus Kamerun. Berlin, 14. Oktober. Aus Kamerun liegt eine Meldung des Gouverneurs Ebermaier von Anfang September vor, wonach die Stimmung und Gesundheit der weißen Bevölkerung ausgezeichnet sind. Die Eingeborenen verhalten sich ruhig.

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Meldung aus dem Großen Hauptquartier.

Großes Hauptquartier, 14. Oktober, mittags.

Von Gent aus befindet sich der Feind, darunter ein Teil der Besatzung von Antwerpen, in eiligem Rückzuge nach Westen zur Küste. Unsere Truppen folgen.

Lille ist von uns besetzt,. viertausendfünfhundert Gefangene sind dort gemacht worden. Die Stadt war durch ihre Behörden den deutschen Truppen gegenüber als „offen“ erklärt worden. Trotzdem schob der Gegner bei einem Umfassungsversuch von l Dünkirchen her Kräfte dorthin vor, mit dem Auftrag, sich bis zum Eintreffen der Umfassungsarmee zu halten. Da diese natürlich nicht eintraf, war die einfache Folge, daß die zwecklos verteidigte Stadt bei der Einnahme durch unsere Truppen Schadigungen erlitt.

Von der Front des Heeres ist nichts Neues zu melden.

Dicht bei der Kathedrale von Reims sind zwei schwere französische Batterien festgestellt. Ferner wurden Lichtsignale von einem Turm der Kathedrale beobachtet. Es ist selbstverständ- lich, daß alle unseren Truppen nachteiligen feindlichen Maßnahmen und Streitmittel bekampft werden, ohne Rüksicht auf die Schonung der Kathedrale. Die Franzosen tragen also jetzt wie früher selbst die Schuld daran, wenn der ehrwürdige Bau weiter ein Opfer des Krieges wird.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz sind in Kämpfen bei Schirwindt die Russen geworfen und haben 3000 Gefangene, 26 Geschütze und 12 Maschinengewehre verloren.

Lyck ist wieder in unserem Besitz. Bialla ist vom Feinde

geraumt. Weiter südlich sind beim Zurückwerfen russischer Vortruppen

auf Warschau 8000 Gefangene gemacht und 25 Geschütze erbeutet.

Meldung aus dem Großen Hauptquartier. Großes Hauptquartier, 15. Oktober, mittags.

Bei Antwerpen wurden im ganzen 4000 bis 5000 Gefangene gemacht. Es ist anzunehmen, daß in nächster Zeit noch eine große Zahl belgischer Soldaten, welche Zivilkleidung angezogen haben, dingfest gemacht wird. Nach Mitteilung des Konsuls von Terneuzen sind etwa 20 000 belgische Soldaten und 2000 Engländer auf hol- landisches Gebiet übergetreten, wo sie entwaffnet wurden. Ihre

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Flucht muß in größter Hast vor sich gegangen sein; hierfür zeugen Massen weggeworfener Kleidersäcke, besonders von der englischen Royal Naval Division.

Die Kriegsbeute in Antwerpen ist groß. Mindestens 500 Ge- schütze, eine Unmenge Munition, Massen von Satteln und Woylachs, sehr viel Sanitätsmaterial, zahlreiche Kraftwagen, viele Lokomotiven und Waggons, vier Millionen Kilogramm Getreide, viel Mehl, Kohlen, Flachs, für zehn Millionen Mark Wolle, Kupfer und Silber im Werte von einer etwa halben Million Mark, ein Panzereisenbahnzug, mehrere gefüllte Verpflegungszuge, große Viehbestände.

Belgische und englische Schiffe befanden sich nicht mehr in Antwerpen. Die bei Kriegsausbruch im Hafen von Antwerpen be- findlichen 34 deutschen Dampfer und drei Segler sind mit einer Aus- nahme vorhanden; jedoch sind die Maschinen unbrauchbar gemacht. Angebohrt und versenkt wurde nur die „Gneisenau“ des Norddeut- schen Lloyd.

Die große Hafenschleuse ist intakt, aber zunachst durch mit Steinen beschwerte versenkte Kahne nicht benutzbar, die Hafen- anlagen sind unbeschadigt.

Die Stadt Antwerpen hat wenig gelitten. Die Bevölkerung verhält sich ruhig und scheint froh zu sein, daß die Tage des Schreckens zu Ende sind, besonders da der Pöbel bereits zu plündern begonnen hatte.

Die Reste der belgischen Armee haben bei Annäherung unserer Truppen Gent schleunigst geräumt. Die belgische Regierung mit Aus- nahme des Kriegsministers soll sich nach Le Havre begeben haben.

Angriffe der Franzosen in Gegend von Albert wurden unter erheblichen Verlusten für sie abgewiesen; sonst im Westen keine Veränderungen.

Im Osten ist der russische mit starken Kräften unternommene Vorstoß auf Ostpreußen als gescheitert anzusehen.

Der Angriff unserer in Polen Schulter an Schulter mit dem österreichischen Heere kampfenden Truppen befindet sich im Fort- schreiten. Unsere Truppen stehen vor Warschau. Ein etwa acht Armeekorps aus Linie Jwangorod— Warschau über die Weichsel unternommener russischer Vorstoß wurde auf der ganzen Linie unter schweren Verlusten für die Russen zurückgeworfen.

Die in russischen Zeitungen verbreiteten Gerüchte über er- beutete deutsche Geschütze entbehren jeder Begründung.

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Amtliche Aktenstücke zur Vorgeschichte des Krieges. Berlin, den 15. Oktober.

Angesichts der bei unseren Gegnern hervortretenden Bestrebungen, der deutschen „Militärpartei“ und dem deutschen Militarismus die Schuld an dem gegenwärtigen Kriege zuzuschieben, veröffentlichen wir nach- stehend eine Reihe von Berichten der deutschen diplomatischen Ver- treter im Auslande, die die politischen und militärpolitischen Be- ziehungen der Ententemächte vor dem Kriegsausbruch zum Gegen- stande haben. Von einer Bezeichnung der berichtenden Stellen und des genaueren Datums ist aus naheliegenden Gründen abgesehen

worden. Diese Schriftstücke sprechen für sich selbst.

l. .. . . Marz 1913.

Immer enger werden die Maschen des Netzes, in die es der französischen Diplomatie gelingt, England zu verstricken. Schon in den ersten Phasen des Marokkokonfliktes hat bekanntlich England an Frankreich Zusagen militärischer Natur gemacht, die sich inzwischen zu konkreten Vereinbarungen der beiderseitigen Generalstäbe ver- dichtet haben. Bezüglich der Abmachungen wegen einer Kooperation zur See erfahre ich von gewöhnlich gut unterrichteter Seite das Folgende:

Die englische Flotte übernimmt den Schutz der Nordsee, des Kanals und des atlantischen Ozeans, um Frankreich die Möglichkeit zu geben, seine Seestreitkräfte im westlichen Bassin des Mittellän- dischen Meeres zu konzentrieren, wobei ihm als Stützpunkt für die Flotte Malta zur Verfügung gestellt wird. Die Details beziehen sich auf die Verwendung von französischen Torpedoflottillen und Unter- seebooten im Kanal und des englischen Mittelmeergeschwaders, das bei Ausbruch des Krieges dem französischen Admiral unterstellt wird,

Inzwischen hat die Haltung der englischen Regierung während der marokkanischen Krisis im Jahre 1911, in der sie sich als ein ebenso kritikloses wie gefügiges Werkzeug der französischen Politik erwiesen und durch die Lloyd Georgesche Rede den französischen Chauvinis- mus zu neuen Hoffnungen ermutigt hat, der französischen Regierung eine Handhabe geboten, um einen weiteren Nagel in den Sarg zu treiben, in den die Ententepolitik die politische Entschließungsfreiheit Englands bereits gebettet hat.

Von besonderer Seite erhalte ich Kenntnis von einem Noten- wechsel, der im Herbst des vergangenen Jahres zwischen Sir Edward

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Grey und dem Botschafter Cambon stattgefunden hat, und den ic mit der Bitte um streng vertrauliche Behandlung hier vorzulegen die Ehre habe. In dem Notenwechsel vereinbaren die englische und französische Regierung für den Fall eines drohenden Angriffs von seiten einer dritten Macht sofort in einen Meinungsaustausch darüber einzutreten, ob gemeinsames Handeln zur Abwehrung des Angriffs geboten sei und gegebenenfalls, ob und inwieweit die bestehenden militärischen Vereinbarungen zur Anwendung zu bringen sein würden.

Die Fassung der Vereinbarungen trägt mit feiner Berechnung der englischen Mentalität Rechnung. England übernimmt formell keinerlei Verpflichtung zu militärischer Hilfeleistung. Es behält dem Wortlaut nach die Hand frei, stets nur seinen Interessen entsprechend handeln zu können. Daß sich aber durch diese Vereinbarungen in Verbindung mit den getroffenen militärischen Abmachungen England de facto dem französischen Revanchegedanken bereits rettungslos verschrieben hat, bedarf kaum einer besonderen Ausführung.

Die englische Regierung spielt ein gefährliches Spiel. Sie hat durch ihre Politik in der bosnischen und marokkanischen Frage Krisen hervorgerufen, die Europa zweimal an den Rand eines Krieges brachten. Die Ermutigung, die sie direkt wie indirekt andauernd dem französischen Chauvinismus zuteil werden läßt, kann eines Tages zu einer Katastrophe führen, bei der englische wie französische Soldaten auf französischen Schlachtfeldern englische Einkreisungspolitik mit ihrem Blute bezahlen werden.

Die Saat, die König Eduard gesät hat, geht auf.

Brief Sir E. Grey's Foreign Office an den Französischen Botschafter 22. November 1912. Paul Cambon.

My dear Ambassadeur!

From time to time in recent years the French and British naval and military experts have consulted together. It has always been understood that such consultation does not restrict the freedom of either Government to decide at any future time whether or not to assist the other by armed force. We have agreed that consultation between experts is not and ought not to be regarded as an engage- ment that commits either Government to action in a contingency that has not arisen and may never arise. The disposition for instance

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of the French and British fleets respectively at the present moment is not based upon an engagement to cooperate in war.

You have, however, pointed out that if either Government had grave reason to expect an unprovoked attack by a third Power, it might become essential to know whether it could in that event depend upon the armed assistance of the other.

l agree that, if either Government had grave reason to expect an unprovoked attack by a third Power, or something that threatened the general peace, it should immediately discuss with the other whether both Governments should act together to prevent agression and to preserve peace, and, if so, what measures they whould be prepared to take in common. lf these measures involved action, the plans of the general staffs would at once be taken into consideration and the Governments would then decide what effect should be given to them.

Londres, le 23 Novembre 1912. Brief des Französischen Botschafters M. Paul Cambon an Sir E. Grey.

Par Votre lettre en date d’hier 22 Novembre, Vous m' avez rappelé que dans ces dernieres années les autorités militaires et navales de la France et de la Grande Bretagne s'étaient consultés de temps en temps; qu'il avait toujours été entendu que ces consultations ne restreignaient pas la liberté pour chaque Gouvernement de decider dans l'avenir s ils se preteraient l'un l'autre le concours de leurs forces armees; que de part et d’autre ces consultations entre spécialistes n étaient et ne devaient pas étre considérées comme des engagements obligeant nos Gouvernements a agir dans certains cas; que cependant je Vous avais fait observer que si l'un ou l'autre Gouvernement avait de graves raisons d’apprehender une attaque non provoquee de la part d'une tierce Puissance, il deviendrait essentiel de savoir s il pourrait compter sur l'assistance armee de l'autre. Votre lettre répond a cette obversation et je suis autorise a Vous declarer que dans le cas ou l'un de nos Gouvernements aurait un motif grave d’apprehender soit l'agression d'une tierce Puissance soit quelque événement menaçant pour la paix generale, ce Gouvernement examinerait immediatement avec l'autre si les deux Gouvernements doivent agir de concert en vue dep révenir l'agression ou de sauvegarder la paix. Dans ce bas, les

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deux Gouvernements delibereraient sur les mesures qu ils seraient disposes à prendre en commun; si ces mesures comportaient une action, les deux Gouverements prendraient aussitöt en consideration les plans de leurs Etats-Majors et decideraient alorsde la suite qui devrait étre donnée a ces plans.

Il. .. . . Mai 1914.

Über die politischen Ergebnisse des Besuches des Königs von England in Paris erfahre ich, daß zwischen Sir Edward Grey und Herrn Doumergue eine Reihe politischer Fragen erörtert worden ist. Außerdem ist französischerseits die Anregung erfolgt, die bestehenden besonderen militärpolitischen Abmachungen zwischen Frankreich und England durch analoge Abmachungen zwischen England und Rußland zu ergänzen. Sir Edward Grey hat den Gedanken sympathisch auf- genommen, sich aber außerstande erklärt, ohne Befragen des englischen Kabinetts irgend eine Bindung zu übernehmen. Der Empfang der englischen Gäste durch die französische Regierung sowie die Pariser Bevölkerung soll den Minister in hohem Grade beeindruckt haben. Es ist zu befürchten, daß der englische Staatsmann, der zum ersten Male in amtlicher Eigenschaft im Ausland geweilt und, wie behauptet wird, überhaupt zum ersten Male den englischen Boden verlassen hat,

französischen Einflüssen in Zukunft noch in höherem Grade unterliegen wird, als das bisher schon der Fall war.

III. . . . . Juni 1914.

Die Nachricht, daß französischerseits anläßlich des Besuches des Königs von England in Paris militärische Abmachungen zwischen England und Rußland angeregt worden sind, wird mir bestätigt. Über die Vorgeschichte erfahre ich zuverlässig, daß die Anregung auf Herrn Iswolski zurückgeht. Der Gedanke des Botschafters war es gewesen, die erwartete Feststimmung der Tage von Paris zu einer Umwandlung der Tripleentente in ein Bündnis nach Analogie des Dreibundes aus- zunutzen. Wenn man sich schließlich in Paris und Petersburg mit weniger begnugt hat, so scheint dafür die Erwägung maßgebend gewesen zu sein, daß in England ein großer Teil der öffentlichen Meinung dem Abschluß förmlicher Bündnisverträge mit anderen Mächten durchaus ablehnend gegenübersteht. Angesichts dieser Tatsache hat

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man sich trotz der zahlreichen Beweise für den gänzlichen Mangel an Widerstandskraft der englischen Politik gegen Einflüsse der Entente ich darf an die Gefolgschaft erinnern, die noch jüngst Rußland in der Frage der deutschen Militärmission in der Türkei von England erfahren hat offenbar gescheut, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Es ist vielmehr die Taktik langsamen schrittweisen Vorgehens beschlossen worden. Sir Edward Grey hat die französisch-russische Anregung im englischen Ministerrat warm vertreten, und das Kabinett hat sich seinem Votum angeschlossen. Es ist beschlossen worden, in erster Linie ein Marineabkommen ins Auge zu fassen und die Verhandlungen in London zwischen der englischen Admiralität und dem russischen Marineattache stattfinden zu lassen.

Die Befriedigung der russischen und französischen Diplomatie uber diese erneute Uberrumpelung der englischen Politiker ist groß. Man halt den Abschluß eines formellen Bündnisvertrages nur noch für eine Frage der Zeit. Um dies Ergebnis zu beschleunigen, würde man in St. Petersburg sogar zu gewissen Scheinkonzessionen an England in der persischen Frage bereit sein. Die zwischen den beiden Mächten in dieser Hinsicht in letzter Zeit aufgetauchten Meinungsverschieden- heiten haben noch keine Erledigung gefunden. Russischerseits arbeitet man vorläufig mit beruhigenden Versicherungen wegen der Besorgnisse, die in England im Hinblick auf die Zukunft Indiens in neuerer Zeit

wieder hervorgetreten sind.

IV. . .. . Juni 1914.

Man ist in Petersburg und London sehr beunruhigt wegen der französischen Indiskretionen über die russisch- englische Marinekonven- ton. Sir Edward Grey befürchtet Anfragen im Parlament. Der Marineattache, Kapitän Wolkow, der einige Tage in Petersburg gewesen ist, vermutlich um Instruktionen für die Verhandlungen in Empfang zu nehmen, ist nach London zurückgekehrt. Die Verhandlungen haben bereits begonnen.

V. . . . . Juni 1914.

Im Unterhause wurde von ministerieller Seite an die Regierung die Anfrage gerichtet, ob Großbritannien und Rußland jüngst ein Marineabkommen abgeschlossen hätten, und ob Verhandlungen zwecks Abschluß einer solchen Vereinbarung unlängst zwischen den beiden Ländern stattgefunden hätten oder gegenwärtig im Gange seien.

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Sir Edward Grey nahm in seiner Antwort Bezug auf ähnliche im Vorjahre an die Regierung gerichtete Anfragen. Der Premier-

minister habe damals, so fuhr Sir Edward fort, geantwortet, es bestunden .

für den Fall des Ausbruchs eines Krieges zwischen europäischen Mächten keine unveröffentlichten Vereinbarungen, die die freie Ent- schließung der Regierung oder des Parlaments darüber, ob Großbritannien an einem Kriege teilnehmen solle oder nicht, einengen oder hemmen

würden. Diese Antwort sei heute ebenso zutreffend wie vor einem :

Jahre. Es seien seither keine Verhandlungen mit irgend einer Macht abgeschlossen worden, die die fragliche Erklärung weniger zutreffend machen würden: keine derartigen Verhandlungen seien im Gange, und es sei auch, soweit er urteilen könne, nicht wahrscheinlich, daß in solche eingetreten werden würde; wenn aber irgendein Abkommen abgeschlossen werden sollte, das eine Zurücknahme oder eine Ab- änderung der erwähnten letztjährigen Erklärung des Premierministers nötig machen sollte, so müßte dasselbe seiner Ansicht nach, und das würde auch wohl der Fall sein, dem Parlament vorgelegt werden.

Die englische Presse enthält sich in ihrer großen Mehrzahl jeg- licher Bemerkungen zu der Erklärung des Ministers.

Nur die beiden radikalen Blätter „Daily News“ und „Manchester Guardian“ äußern sich in kurzen Leitartikeln. Die erstgenannte Zeitung begrüßt die Worte Sir Edward Greys mit Genugtuung und meint, sie seien klar genug, um jeden Zweifel zu zerstreuen. Eng- land sei nicht im Schlepptau irgend eines anderen Landes. Es sei nicht der Vasall Rußlands, nicht der Verbündete Frankreichs und nicht der Feind Deutschlands. Die Erklarung sei eine heilsame Lektion für diejenigen englischen Preßleute, die glauben machen wollten, daß es eine „Iripleentente‘ gebe, die dem Dreibund wesensgleich sei.

Der „Manchester Guardian‘ hingegen ist durch die Erklärung des Ministers nicht befriedigt. Er bemängelt ihre gewundene Form und sucht nachzuweisen, daß sie Auslegungen zulasse, die das Vor- handensein gewisser, vielleicht bedingter Verabredungen der gerücht- weise verlautbarten Art nicht durchaus ausschlössen.

Die Erklärungen Sir Edward Greys entsprechen einer vertrau- lichen Äußerung einer Persönlichkeit aus der nächsten Umgebung des Ministers:

„Er könne aufs ausdrücklichste und bestimmteste versichern, daß keinerlei Abmachungen militärischer oder maritimer Natur zwischen England und Frankreich bestünden, obwohl der Wunsch nach solchen

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auf französischer Seite wiederholt kundgegeben worden sei. Was das englische Kabinett Frankreich abgeschlagen habe, werde es Rußland nicht gewähren. Es sei keine Flottenkonvention mit Rußland ge-

schlossen worden, und es werde auch keine geschlossen werden.“

VI.

.. . . Juni 1914. Sir Edward Grey hat offenbar das Bedürfnis empfunden, den Ausführungen des „Manchester Guardian“ über seine Interpellations- beantwortung in Sachen der angeblichen englisch-russischen Flotten- entente sogleich nachdrücklich entgegenzutreten. Die „Westminster Gazette“ bringt an leitender Stelle aus der Feder Mr. Spenders, der bekanntlich zu den intimsten politischen Freunden Sir Edward Greys gehört, ein Dementi, das an Bestimmtheit nichts zu wünschen übrig laßt. Es ist darin gesagt: Es besteht kein Flottenabkommen und es schweben keine Verhandlungen über ein Flottenabkommen zwischen

Großbritannien und Rußland. Niemand, der den Charakter und die Methoden Sir Edward Greys kenne, werde auch nur einen Augenblick annehmen, daß die von ihm abgegebene Erklärung bezwecke, die Wahrheit zu verschleiern.

VIL. .. . . Juni 1914.

Daß die Erklärung Sir Edward Greys im englischen Unterhause über das russisch- englische Marineabkommen von der öffentlichen Meinung in England so bereitwillig akzeptiert worden ist, hat hier und in Petersburg große Erleichterung hervorgerufen. Die Drahtzieher der Aktion hatten schon befürchtet, daß der schöne Traum des neuen Dreibundes ausgeträumt sein könne. Es fällt mir übrigens schwer, daran zu glauben, daß es dem „Manchester Guardian“ allein be- schieden gewesen sein sollte, den Trick zu durchschauen, dessen sich Sir Edward Grey bediente, indem er die Frage, ob Verhandlungen über ein Marineabkommen mit Rußland schwebten oder im Gange seien, nicht beantwortete, sondern die ihm gar nicht gestellte Frage verneinte, ob England bindende Verpflichtungen bezüglich der Be- teiligung an einem europäischen Kriege eingegangen sei. Ich neige vielmehr der Ansicht zu, daß die englische Presse in diesem Falle wieder einmal einen Beweis für ihre bekannte Disziplin in Behand- lung von Fragen der auswärtigen Politik gegeben und, sei es auf ein mot d’ordre hin, sei es aus politischem Instinkt, geschwiegen hat.

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Welchen Kritiken und welchen Bemangelungen seitens der deutschen Volksvertreter und der deutschen Presse würde nicht die Kaiserliche Regierung ausgesetzt sein, welches Geschrei tber unsere auswartige Politik und unsere Diplomaten wiirde sich nicht erheben, wenn eine ähnliche Erklarung vor dem Reichstag abgegeben würde! In dem parlamentarischen England schweigt jedermann, wenn ein Minister in so offenkundiger Weise die eigene Partei, die Volksvertretung und die öffentliche Meinung des ganzen Landes irre zu führen sucht. Was bringt nicht England alles seiner Germanophobie zum Opfer.

VIII. . . . . Juli 1914.

Von einer Stelle, die sich die alten Sympathien für Deutschland bewahrt hat, ist mir mit der Bitte um strengste Geheimhaltung die gehorsamst beigefügte Aufzeichnung über eine Konferenz zugegangen, die am 26. Mai d. J. beim Chef des russischen Marinestabs statt- gefunden hat und in der die Grundlagen für die Verhandlungen über das russisch-englische Marineabkommen festgestellt worden sind. Zu welchem Ergebnis die Verhandlungen bis jetzt geführt haben, wußte mein Gewährsmann noch nicht, äußerte aber sehr ernste Besorgnisse über die Förderung, die der russische Nationalismus erfahren werde, wenn das Abkommen tatsächlich zustande komme. Sei man des Mit- gehens Englands erst gewiß, so würden die bekannten panslawistischen Hetzer nicht zögern, die erste sich bietende Gelegenheit zu benutzen, um es zum Kriege zu bringen. Auch Herr Sasonow treibe zusehends mehr in das Fahrwasser der russischen Kriegspartei.

Anlage. St. Petersburg, den 13./26. Mai 1914.

Von der Erwägung ausgehend, daß eine Vereinbarung zwischen Rußland und England erwünscht sei über das Zusammenwirken ihrer maritimen Streitkräfte für den Fall kriegerischer Operationen Ruß- lands und Englands unter Teilnahme Frankreichs, gelangte die Kon- ferenz zu folgenden Schlüssen:

Die geplante Marinekonvention soll die Beziehungen zwischen den russischen und den englischen Streitkräften zur See in allen Einzel- heiten regeln, deshalb ist eine Verständigung über Signale und Spezial- chiffres, Radiotelegramme und der Modus des Verkehrs zwischen den russischen und englischen Marinestäben herbeizuführen. Die beiden Marinestäbe sollen sich außerdem regelmäßig gegenseitig Mitteilung

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machen über die Flotten dritter Mächte und über ihre eigenen Flotten besonders über technische Daten sowie über neu eingeführte Maschinen und Erfindungen.

Nach dem Vorbild der franco-russischen Marinekonvention soll auch zwischen dem russischen und dem englischen Marinestab ein regelmäßiger Meinungsaustausch zur Prüfung von Fragen, welche die Marineministerien beider Staaten interessieren, herbeigeführt werden.

Das russische Marineabkommen mit England soll gleich dem franco-russischen Marineabkommen vorher vereinbarte aber getrennte Aktionen der russischen und der englischen Kriegsmarine ins Auge fassen. Im Hinblick auf die strategischen Ziele ist zu unterscheiden einerseits zwischen den maritimen Operationen im Gebiet des Schwarzen Meeres und der Nordsee, anderseits zwischen dem vor- aussichtlichen Seekampfe im Mittelmeer. In beiden Gebieten muß Rußland bestrebt sein, von England Kompensationen dafür zu er- halten, daß es einen Teil der deutschen Flotte auf die russische abzieht.

Im Gebiet des Bosporus und der Dardanellen sollen zeitweilige Unternehmungen in den Meerengen als strategische Operationen Rußlands im Kriegsfalle ins Auge gefaßt werden.

Die russischen Interessen in der Ostsee verlangen, daß England einen möglichst großen Teil der deutschen Flotte in der Nordsee festhalt. Dadurch würde die erdrückende Ubermacht der deutschen Flotte über die russische aufgehoben und vielleicht eine russische Landung in Pommern möglich werden. Hierbei könnte die englische Regierung einen wesentlichen Dienst leisten, wenn sie vor Beginn der Kriegsoperationen eine so große Zahl von Handelsschiffen in die baltischen Häfen schickte, daß der Mangel an russischen Transport- schiffen ausgeglichen wird.

Was die Lage im Mittelmeer anbetrifft, so ist es für Rußland höchst wichtig, daß dort ein sicheres Übergewicht der Streitkräfte der Entente über die austro-italienische Flotte hergestellt wird. Denn falls die österreichisch-italienischen Streitkräfte dieses Meer beherrschen, würden Angriffe der österreichischen Flotte im Schwarzen Meer mög- lich sein, was für Rußland ein gefährlicher Schlag wäre. Es muß an- genommen werden, daß die austro-italienischen Streitkräfte den fran- zösischen überlegen sind, England müßte daher durch Belassung der notwendigen Zahl von Schiffen im Mittelmeer das Übergewicht der Streitkräfte der Ententemächte mindestens so lange sichern, als die

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Entwicklung der russischen Marine noch nicht so weit fortgeschritten ist, um die Lösung dieser Aufgabe selbst zu übernehmen. Russische Schiffe müßten mit Zustimmung Englands als Basis im östlichen Mittelmeer die englischen Häfen benutzen dürfen, ebenso wie die französische Marinekonvention der russischen Flotte gestattet, sich im westlichen Mittelmeer auf die französischen Häfen zu basieren.

IX. . . . . juli 1914.

Gelegentlich meiner heutigen Unterhaltung mit Herrn Sazonow wandte sich das Gespräch auch dem Besuch des Herrn Poincarè zu. Der Minister hob den friedfertigen Ton der gewechselten Trinksprüche hervor. Ich konnte nicht umhin, Herrn Sazonow darauf aufmerksam zu machen, daß nicht die bei derartigen Besuchen ausgetauschten Toaste, sondern die daran geknüpften Preßkommentare den Stoff zur Beunruhigung geliefert hätten. Derartige Kommentare seien auch diesmal nicht ausgeblieben, wobei sogar die Nachricht von dem an- geblichen Abschluß einer russisch-englischen Marinekonvention ver- breitet worden sei. Herr Sazonow griff diesen Satz auf und meinte unwillig, eine solche Marinekonvention existiere nur „in der Idee des „Berliner Tageblattes“ und im Mond.“

X. . . . . Juli 1914.

Euer pp. beehre ich mich, beifolgend Abschrift eines Schreibens zu ũbersenden, das der Adjutant eines zurzeit hier weilenden russischen Großfürsten unter dem 25. d. Mts. von Petersburg aus an den Groß- fürsten gerichtet hat und über dessen wesentlichen Inhalt ich bereits telegraphisch berichten durfte. Das Schreiben, von dem ich auf ver- traulichem Wege Kenntnis erhielt, erweist meines gehorsamen Dafür- haltens, daß man schon seit dem 24. d. Mts. in Rußland zum Kriege entschlossen ist.

Anlage. 12./25. Juli, Petersburg.

In Petersburg waren große Unordnungen unter den Arbeitern, sie fielen sonderbar mit der Anwesenheit der Franzosen bei uns und mit dem österreichischen Ultimatum an Serbien zusammen. Gestern hörte ich von dem französischen Militäragenten General de la Guiche, er habe gehört, daß Österreich an den Arbeiterunruhen nicht unschuldig sei. Jetzt kommt aber alles rasch zu normalen Verhältnissen. Und

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es scheint, daß, von den Franzosen ermutigt, unsere Regierung auf- gehört hat, vor den Deutschen zu zittern. Es war längst Zeit! Es ist besser, sich einmal klar auszusprechen, als sich ewig hinter den ‚professionellen Lügen“ der Diplomaten zu verbergen. Das Ultimatum Österreichs ist von unerhörter Frechheit, wie alle hiesigen Zeitungen emmutig sagen. Eben habe ich die Abendzeitungen gelesen gestern war Sitzung des Ministerrats; der Kriegsminister hat sehr energisch gesprochen und bestätigt, daß Rußland zum Kriege bereit sei, und die übrigen Minister haben sich voll angeschlossen; es wurde in ent- sprechendem Geist ein Bericht an den Kaiser fertiggestellt, und dieser Beriht an demselben Abend bestätigt. Heute wurde im „Russischen Invaliden“ eine vorläufige Mitteilung der Regierung veröffentlicht, daß „die Regierung sehr durch die eingetretenen Ereignisse und die Ab- sendung des österreichischen Ultimatums an Serbien besorgt sei. Die Regierung verfolgt aufmerksam die Entwicklung der serbisch-öster- reichischen Zusammenstöße, bei denen Rußland nicht gleichgültig bleiben kann.“ Diese Mitteilung ist von allen Zeitungen mit sehr günstigen Kommentaren nachgedrukt worden. Wir alle sind überzeugt, daß dieses Mal keine Rasputins Rußland verhindern werden, seine Pflicht zu erfüllen. Deutschland, das Österreich vor- schickt, ist fest entschlossen, sich mit uns zu messen, bevor wir unsere Flotte ausbauen, und die Balkanstaaten haben sich noch nicht vom Kriege erholt. Auch wir müssen der Gefahr ins Gesicht sehen und nicht unseren Kopf verstecken, wie während des Balkankrieges, als Kokowzow nur an die Börse dachte. Damals aber ware der Krieg leichter gewesen, da der Balkanbund voll bewaffnet war. Aber bei uns trieb man die Straßendemonstrationen, die gegen das elende Österreich gerichtet waren, durch die Polizei auseinander! Jetzt aber wurde man ebensolche Demonstrationen freudig begrüßen. Überhaupt wollen wir hoffen, daß das Regiment der Feiglinge (nach Art Kokow- zows) und gewisser Schreier und Mystiker vorüber ist. Der Krieg ist ein Gewitter. Mögen auch Katastrophen kommen, es wäre immer besser, als in dieser unerträglichen Schwüle zu beharren. Aus Er- fahrung weiß ich bestimmt, daß für mich der ruhigste Platz in der Front ist, wo man die Gefahr in ihrer natürlichen Größe sieht, und das ist gar nicht so furchtbar; am schlimmsten ist es in der Nachhut, in der die Atmosphäre der Feigheit herrscht, unwahrscheinliche Ge- rüchte umlaufen und Paniken entstehen. Im künftigen Kriege aber wird das Innere Rußlands die Nachhut sein.

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Die Kaiserliche Regierung hat die nachstehende

Denkschrift über die Verletzung der Genfer Konvention vom 6. Juli 1906 durch französische Truppen und Freischarler,

worin gegen deren völkerrechtswidriges Verhalten scharfer Protest er- hoben wird, der französischen Regierung sowie den Regierungen der neutralen Mächte zugehen lassen.

Denkschrift.

In dem gegenwärtigen Kriege haben französische Truppen und Frei- schärler die zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken bei den im Felde stehenden Heeren getroffenen Bestimmungen der Genfer Konvention vom 6. Juli 1906, die von Deutschland und Frankreich ratifiziert worden ist, in flagranter Weise verletzt. Aus der großen Zahl bekannt- gewordener Fälle werden in den Anlagen diejenigen aufgeführt, die be- reits durch gerichtliche Vernehmungen oder dienstliche Meldungen ein- wandsfrei festgestellt worden sind.

An der Spitze der Genfer Konvention steht einer der ersten Grund- satze des Kriegsrechts, daß nämlich die Verwundeten und Kranken des feindlichen Heeres in derselben Weise wie die Verwundeten und Kranken des eigenen Heeres geachtet und versorgt werden sollen (Artikel I, Abs. 1). Diesem Grundsatze haben französische Truppen und Freischärler ins Ge- sicht geschlagen, indem sie deutsche Verwundete, die in ihre Hände ge- fallen waren, nicht nur roh behandelt, sondern sie auch beraubt, ja sogar, und zwar teilweise in bestialischer Weise, verstimmelt und ermordet haben (Anlage | bis 8).

Fur die beweglichen Sanitatsformationen ist in den Artikeln 6 und 14 der Genfer Konvention ein besonderer Schutz vorgesehen. Diesen Be- stimmungen zuwider haben franzosische Truppen deutsche Automobile mit Verwundeten angegriffen (Anlage 6) und Sanitatswagen beschossen (Anlage Il und 14), obwohl das Zeichen des Roten Kreuzes deutlich zu erkennen war; auch haben sie deutsche Lazarette überfallen und ihres Personals und ihrer Ausrüstung beraubt (Anlage 7).

In völkerrechtswidriger Weise haben sich ferner französische Truppen gegen den Artikel 9 der Genfer Konvention vergangen, der das Sanitäts- personal der kriegführenden Heere schützen, ja es sogar als neutral be- handelt wissen will. Wie sich aus den Anlagen ergibt, wurde der Führer einer Sanitätskolonne von einem französischen Truppenführer verhaftet und weggeschleppt (Anlage 9), und ein Arzt, der einem Verwundeten helfen wollte, von französischen Truppen erschossen (Anlage 10); auch wurden Ärzte und Begleitmannschaften eines Sanitätswagens unter Feuer genommen (Anlage Il), sowie Krankenträger bei der Bergung von Ver- wundeten durch französische Truppen und Freischärler angegriffen, ver- wundet und getötet (Anlage 12 bis 14) oder zu Kriegsgefangenen gemacht (Anlage 15). Ebenso wurde ein deutscher Feldgeistlicher von französischen

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Truppen ei genommen und wie ein gemeiner Verbrecher behandelt age 8).

Die Kaiserlich Deutsche Regierung bringt mit Entrüstung diese dem Völkerrecht und der Menschlichkeit hohnsprechende Behandlung deutscher Verwundeten, deutscher Sanitätsformationen und deutschen Sanitätsper- sonals zur öffentlichen Kenntnis und legt hiermit gegen die unerhörten Verletzungen eines von allen Kulturstaaten geschlossenen Weltvertrages feierlich Verwahrung ein.

Berlin, den 10. Oktober 1914.

Meldung aus dem Großen Hauptquartier. Großes Hauptquartier, 16. Oktober, mittags.

Die Russen versuchten am 14. Oktober sich wieder in den Besitz von Lyck zu setzen. Die Angriffe wurden zurückgewiesen. 800 Gefangene, 1 Geschütz und 3 Maschinengewehre fielen in unsere Hände.

Brugge wurde am 14., Ostende am 15. Oktober von unseren Truppen besetzt.

Heftige Angriffe der Franzosen in Gegend nordwestlich Reims wurden abgewiesen.

Die Franzosen melden in ihren amtlichen Bekanntmachungen, daß sie an verschiedenen Stellen der Front, z. B. bei Berry-au-Bac, nordwestlich Reims, merkliche Fortschritte gemacht hätten. Diese Meldungen entsprechen in keiner Weise den Tatsachen.

Wie die Russen Przemysl „nehmen“ wollten. Wien, 15. Oktober.

Aus dem Kriegspressequartier wird amtlich gemeldet: Am 2. Ok- tober um 3 Uhr nachmittags wurde beim Festungskommando in Przemysl folgender an den Kommandanten der Festung gerichteter und durch einen Parlamentär überbrachter Brief präsentiert:

Herr Kommandant! Das Glück hat die K. und K. Armee ver- lassen. Die letzten erfolgreichen Kämpfe unserer Truppen haben mir die Möglichkeit gegeben, die Eurer Exzellenz anvertraute Festung Przemysl zu umringen. Irgendwelche Hilfe für Sie von außen halte für unmöglich. Um das unnütze Blutvergießen zu vermeiden, finde ich es jetzt zur rechten Zeit, Eurer Exzellenz die Unterhandlung über die Übergabe der Festung vorzuschlagen, da es in diesem Falle möglich wäre, für Sie und die Garnison ehrenvolle Bedingungen beim Allerhöchsten Oberkommando zu erbitten. Falls Eure Ex-

zellenz die Unterhandlungen zu beginnen wünschen, so wollen Sie

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unserem entsprechend bevollmächtigten Delegierten, Oberstleutnant Wandam, Ihre Bedingungen gütigst mitteilen. Ich benutze diesen Anlaß, um Eurer Exzellenz meine Hochachtung auszusprechen. Das Kommando der Przemysl blockierenden Armee General Radko Dimitriew.

Die sogleich auf dieses Schreiben erteilte Antwort lautete: Herr Kommandant! Ich finde es unter meiner Würde, auf Ihr schimpf- liches Ansinnen eine meditorische Antwort zu erteilen.

Der Kommandant der Besatzung von Przemysl.

Vom östlichen Schauplatze. Erfolge im Süden gegen die Russen. Wien, 17. Oktober. Amtlich wird verlautbart: 17. Oktober, mittags. Sowohl die in der Linie Stary Sambor—Medyika und am San entbrannte Schlacht, als auch unsere Operationen gegen den Dnjester nehmen einen guten Verlauf. Nördlich Wyszkow wurden die Russen abermals ange- griffen und geworfen. Bei Synowucko forcierten unsere Truppen den Stryjfluß, gewannen die Höhen nördlich des Ortes und nahmen die Verfolgung des Feindes auf. Ebenso gelangten die Höhen nörd- lich Podbuz und südöstlich Stary Sambor nach hartnäckigen Kämpfen in unseren Besitz. Auch nördlich des Strwiazflusses schreitet unser Angriff vorwärts. Nördlich Przemysl haben wir bereits begonnen, auf dem östlichen Sanufer festen Fuß zu fassen. Die Zahl der während unserer jetzigen Offensive gemachten Gefangenen läßt sich natürlich noch nicht annähernd übersehen. Nach den bisherigen Meldungen sind es schon mehr als 15 000. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Generalmajor.

Vom westlichen Schauplatze. Zur Truppenbeschaffung Großbritanniens. London, 17. Oktober.

Der militärische Mitarbeiter der „Times“ tritt der Behauptung entgegen, daß Großbritannien nur sechshunderttausend Mann aufstellen könne und schreibt, daß bereits | 200 000 Mann unter den Fahnen seien. Die neuen Rekruten meldeten sich so zahl- reich, daß es für die Leitung schwierig sei, Schritt zu halten. Es befänden sich nunmehr hunderttausend Mann indische und kanadische Truppen in Europa. Diese Mannschaften und die- jenigen, welche nun in den Kolonien ausgebildet würden, seien

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nur der Kern, auf dem andere aufgebaut werden könnten. Groß-

britannien habe einen Teil seiner Avantgarde nach Frankreich

gesandt, der Rest werde im Laufe des Frühjahrs folgen, die

Hauptstärke Ende 1915. Man habe keine Eile. Infolge des

großen Andranges von Freiwilligen hätten die körperlichen An-

forderungen höher geschraubt werden müssen, als sie es irgend- wo anders in Europa seien, andernfalls wäre Kitchener von dem

Zustrom von Freiwilligen überwältigt worden.

Notiz des W.T.B.: Aus diesen Enthüllungen geht zunächst hervor, daß England nicht die Hoffnung hat, vor Ende 1915 mit Deutschland fertig zu werden. Auch werden die Franzosen es mit wenig Freude be- grüßen, daß ihre Bundesgenossen vorerst keine Eile haben, ihnen wirk- samer als bisher zu helfen. Die Aussicht auf kräftigere Unterstützung im Frühjahr 1915 wird demgegenüber nur ein schwacher Trost für sie sein; denn das Schicksal der auf britische Hilfe vertrauenden Belgier redet eine allzu deutliche Sprache.

Meldung aus dem Großen Hauptquartier. Großes Hauptquartier, 17. Oktober, vormittags.

In Brugge und Ostende ist reichliches Kriegsmaterial erbeutet, unter anderem eine große Zahl Infanteriegewehre mit Munition und 200 gebrauchsfähige Lokomotiven.

Vom französischen Kriegsschauplatz sind wesentliche Ereignisse nicht zu melden.

Im Gouvernement Suwalki haben sich die Russen am gestrigen Tage ruhig verhalten. Die Zahl der bei Schirwindt eingebrachten Gefangenen hat sich auf 4000 erhöht, ebenso sind noch einige Geschütze genommen worden.

Die Kampfe bei und südlich Warschau dauern fort.

Kampf deutscher Torpedoboote mit englischen Kriegsschiffen.

Berlin, 18. Oktober. Am 17. Oktober nachmittags gerieten unsere Torpedoboote „S 115“, „S 117“, „S 118“, „S 119“ unweit der holländischen Küste in Kampf mit dem englischen Kreuzer „, Undaunted“ und vier englischen Zerstörern. Nach amtlichen englischen Nachrichten wurden die deut- schen Torpedoboote zum Sinken gebracht und von ihren Besatzungen

31 Mann in England gelandet. Der stellvertretende Chef des Admiralstabes (gez.) Behncke.

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Ein englischer Kreuzer in der Nordsee gesunken. Berlin, 17. Oktober.

Aus London wird amtlich unter dem 16. d. M. gemeldet: Am 15. Oktober, nachmittags, wurde der englische Kreuzer „Hawke“ in der nördlichen Nordsee durch den Torpedoschuß eines Untersee- bootes zum Sinken gebracht. Ein Offizier, 49 Mann sind gerettet und in Aberdeen gelandet. Etwa 350 werden vermißt. Zu gleicher- zeit wurde der Kreuzer „Theseus“ angegriffen, aber ohne Erfolg.

Vom östlichen Schauplatze.

Weiteres Vordringen. Wien, 18. Oktober, mittags.

Amtlich wird verlautbart: Unser Angriff in der Schlacht beider- seits des Strwiazflusses wurde gestern fortgesetzt und gelangte stellen- weise bereits nahe an die feindlichen Linien heran. An einzelnen Punkten arbeiten sich unsere Truppen wie im Festungskriege mit Laufgräben vorwärts. In der vergangenen Nacht wurden mehrere Angriffsversuche der Russen blutig abgewiesen. Auch heute ist die Schlacht auf der ganzen Linie im Gange. Unsere schwere Artillerie hat eingegriffen. Die Verfolgung des nördlich Wyszkow geworfenen Feindes wird fortgesetzt. Andere Teile unserer über die Karpathen vorgerückten Kräfte sind bis Lubience auf die Höhen nördlich Orow und in den Raum von Uroz vorgedrungen. Die Verluste der Russen bei ihrem Angriff auf Przemysl werden auf 40000 Tote und Ver- wundete geschätzt.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Höfer, Generalmajor.

Meldung aus dem Großen Hauptquartier.

Großes Hauptquartier, 18. Oktober, mittags. Auf dem westlichen Kriegsschauplatz ist der gestrige Tag im allgemeinen ruhig verlaufen. Die Lage ist unverändert. Auf dem östlichen Kriegsschauplatz sind unsere Truppen in der Gegend von Lyck im Vorgehen. Der Kampf bei und südlich Warschau dauert an.

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Sven Hedin über die deutsche Organisation.

Einem Brief Sven Hedins von der deutschen Westfront an einen Freund in Schweden, der im „Alftonbladet“ in Stockholm erschienen ist, entnehmen wir folgendes:

Du weißt, daß ich vom ersten Tage des Krieges an keinen Augen- blick am Ausgang gezweifelt habe. Daß es eine harte und schwere Arbeit sein werde, eine solche Ubermacht zu brechen, das konnte man voraus- sehen. Aber jetzt, seitdem ich mit eigenen Augen soviel gesehen habe, und seitdem ich mich mitten im Zentrum der Ereignisse befinde, jetzt verstehe ich klarer als je, daß das deutsche Volk, das für sein Dasein kämpft, siegen muß!

Überall herrscht bewunderungswürdige Ordnung. Nicht einer von den unzähligen Truppenzügen versagt. Keiner braucht zu fragen. Jeder Mann weiß seinen Platz und seine Pflicht. Wie oft hat man die Deut- schen wegen ihrer pedantischen Gründlichkeit schelten hören! Hier bei der Front sieht man jetzt die Vorteile. Alles ist schon seit Jahren fertig. Schon in Friedenszeiten war es bestimmt, wieviel Sicherheitsnadeln, Ver- band oder Gramm von Medikamenten in den verschiedenen Kästen in einem Lazarettzug fortgeschickt werden sollten. Jetzt geht alles ruhig und sicher wie ein Uhrwerk. Eine Reise wie die meine, von Berlin nach den Artilleriestellungen, unter Schrapnell- und Granatfeuer, bedeutet na- türlich ein unerhörtes Crescendo. Aber die Ruhe, die Pflichterfüllung. die Zuversicht ist überall dieselbe. Von einem Beobachtungsplatz vor der Artillerie habe ich durchs Telephon mit einem Major im Schützen- graben gesprochen, der bloß einen knappen halben Kilometer von den äußersten französischen Schützenlinien entfernt war. Er sprach nicht bloß mit derselben Ruhe wie während eines Manövers, sondern auch mit Humor. Und doch konnte er jeden Augenblick von einer Kugel getroffen werden. Der erste Etappenweg, den ich im Automobil fuhr, war vier Stunden lang. Er war voll von Proviant- und Munitionskolonnen. Kaum ist man knapp an der Spitze einer Kolonne vorbeigefahren, so ist man schon am Schluß der nächsten. Ich sprach dem begleitenden Offizier meine Bewunderung aus, und er antwortete ruhig: „Wir haben fünfzig Etappenwege ebenso voll von Leben und Material wie diesen hier.“ Und trotzdem merkt man keine Spur von Überanstrengung in Deutschland. Darum versteht man auch, daß Deutschland siegen muß.

In entgegengesetzter Richtung, von der Front nach Deutschland, geht ebenfalls ein gewaltiger Strom: das sind die Verwundeten, die gepflegt werden und in ihrem Lande erhalten werden sollen, und die Gefangenen. Jetzt schon beziffern sich die Gefangenen auf mindestens 350000 Mann. Ih habe gesehen, wie sie behandelt werden, und ich habe mit mehreren Hunderten französischer Gefangenen gesprochen. Ohne Ausnahme sprechen sie mit Dankbarkeit von der milden und humanen Behandlung, die sie erfahren. Sie bekommen dieselbe kräftige warme Nahrung, wie die Deutschen. Just heute habe ich ein Lager besucht, wo französische Ge- fangene ihr Essen selbst bereiten durften. Sie haben gebeten, mehrere

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Grünsachen und weniger Fleisch in ihre Suppe zu bekommen. Das ist ihnen ohne weiteres gewährt worden. Kein Wort der Klage habe ich bei den Franzosen gehört. Alle sind zufrieden und froh. Diese humane Behandlung hatte großes Erstaunen bei den französischen Soldaten her- vorgerufen. Sie hatten etwas anderes erwartet.

Mit Entrüstung habe ich in ausländischen Zeitungen gelesen, daß die französischen Gefangenen von den Deutschen mit Härte behandelt werden. Mit meinem Ehrenwort kann ich dafür bürgen, daß diese Be- hauptungen Lügen sind. Hinter den deutschen Feuerlinien ist das Leben keines einzigen Franzosen in Gefahr, soweit es in menschlicher Macht steht, es zu retten. Ich habe keinen deutschen Offizier kennen gelernt, der schlecht von Frankreich gesprochen hätte. Deutschland hätte nie ein Dorf auf Frankreichs Erde angerührt, keine Kugel über die Grenze ge- schickt, falls es nicht gegen den eigenen Willen dazu gezwungen wäre. Deutschland hat nie etwas anderes verlangt, als mit seinem Nachbar im Westen in Frieden leben zu können.

Hier an der Front ist das nicht schwer auszurechnen, wer zuerst weichen wird. Hoffnungslos scheint auch dieser Streit für die Gegner Deutschlands zu sein, wenn man sieht, wie leicht Deutschland eine in- ländische Anleihe von 5 Milliarden aufbringen kann. Es ist meine Über- zeugung, und ich habe es von hervorragenden Deutschen gehört, daß dieselbe Summe zu jeder Zeit in Deutschland abermals aufzubringen wäre. Deutschland ist unerhört reich. Deutschland beendet den Krieg nicht eher, als bis es in allen Fronten gesiegt hat.

Meldung aus dem Großen Hauptquartier.

Großes Hauptquartier, 19. Oktober, vormittags. Angriffsversuche des Feindes in der Gegend westlich und nord- westlich von Lille wurden von unseren Truppen unter starken Ver-

lusten für den Gegner abgewiesen. Auf dem östlichen Kriegsschauplatz ist die Lage unverändert.

Ein englisches Unterseeboot vernichtet. Berlin, 19. Oktober. Das englische Unterseeboot „E 3“ ist am 18. Oktober nach- mittags in der deutschen Bucht der Nordsee vernichtet worden.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes (gez.) Behncke.

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Meldung aus dem Großen Hauptquartier.

Großes Hauptquartier, 20. Oktober, vormittags.

Die deutschen von Ostende längs der Küste vorgehenden Truppen stießen am Yserabschnitt bei Nieuport auf feindliche Kräfte. Mit diesen stehen sie seit vorgestern im Gefecht.

Auch gestern wurden Angriffe des Gegners westlich von Lille unter starken Verlusten für den Angreifer abgewiesen.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz hat sich nichts Wesent- liches ereignet.

Vom östlichen Schauplatze.

Neue Erfolge der österreichisch-ungarischen Truppen. Wien, 19. Oktober.

Amtlich wird verlautbart: 19. Oktober mittags. In der Schlacht östlich von Chyrow und Przemysl brachte uns der gestrige Tag neuer- dings große Erfolge. Besonders erbittert war der Kampf bei Mizyniec. Die Höhe Magiera, die bisher in den Händen des Feindes war und unserem Vordringen bedeutende Schwierigkeiten bereitet hatte, wurde nach mächtiger Artillerievorbereitung nachmittags von unseren Truppen genommen. Nördlich von Mizyniec kam unser Angriff bis auf Sturm- distanz an den Gegner östlich Przemysl bis in die Höhe von Medyka heran. Am südlichen Schlachtflügel wurden die namentlich gegen die Höhen südwestlich Stary Sambor gerichteten, auch nachts fortgesetzten Angriffe der Russen abgeschlagen. Im Stryj- und Swicatale sind unsere Truppen kämpfend im weiteren Vordringen begriffen. Auch am San wurde gestern an mehreren Punkten gekämpft. Ein nach Einbruch der Dunkelheit eingesetzter Angriff auf unsere bei Jaroslau auf das Ostufer des Flusses übergesetzten Kräfte scheiterte vollständig. In Russisch-Polen schlug vereinigte deutsche und österreichisch-un- garische Kavallerie einen großen feindlichen Kavalleriekörper, der westlich Warschau vorzudringen versuchte, über Sochatschew zurück.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Generalmajor.

102

Der Krieg zur See. Ein japanischer Kreuzer gesunken. London. 20. Oktober. Das Reutersche Bureau meldet aus Tokio: Nach amtlicher japanischer Bekanntmachung ist der Kreuzer „Takatschio“ am 17. Oktober in der Kiautschoubucht auf eine Mine gelaufen und gesunken. Von der 264 Mann betragenden Besatzung sollen | Offizier und 9 Mann gerettet sein.

Die Verteidiger von Tsingtau.

Nachfolgende vom Gouverneur des Kiautschougebiets erlassene Proklamation wird uns heute zur Verfügung gestellt.

Tsingtau, den 23. August 1914.

Am 15. August hat Japan Deutschland ein Ultimatum gestellt, in dem die sofortige Zurückziehung oder Entwaffnung aller deutschen Kriegsschiffe des Kreuzergeschwaders sowie die bedingungslose Über- gabe Tsingtaus bis zum 15. September gefordert wurde. Frist zur Beantwortung der 23. August mittags.

Diese unerhörte Zumutung ist nach Form und Inhalt gleichweit beleidigend.

Niemals werden wir freiwillig auch nur das kleinste Stück Erde hergeben, über dem die hehre Reichskriegsflagge weht. Von dieser Stätte, die wir mit Liebe und Erfolg seit 17 Jahren zu einem kleinen Deutschland über See auszugestalten bemüht waren, wollen wir nicht weichen! Will der Gegner Tsingtau haben, so mag er kommen es sich holen. Er wird uns auf unseren Posten finden!

Der Angriff auf Tsingtau steht bevor. Gut ausgebildet und wohl vorbereitet können wir den Gegner mit Ruhe erwarten.

Ich weiß, daß die Besatzung von Tsingtau fest entschlossen ist, treu ihrem Fahneneide und eingedenk des Waffenruhmes der Väter, den Platz bis zum Äußersten zu halten. Jeder in zahem Widerstande errungene neue Tag kann die unberechenbarsten, günstigsten Folgen zeitigen!

Zu stolzer Freude gereicht es uns, daß nunmehr auch wir für Kaiser und Reich fechten dürfen, daß wir nicht dazu verurteilt sind, tatenlos beiseite zu stehen, während unsere Brüder in der Heimat in schwerem Kampfe stehen.

Festungsbesatzung von Tsingtau!

Ich erinnere Euch an die glorreichen Verteidigungen Colbergs,

Graudenz, und der schlesischen Festungen vor etwas mehr als 100

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Jahren. Nehmt Euch diese Helden zum Beispiel! Ich erwarte von Euch, daß ein jeder sein Bestes hergeben wird, um mit den Kameraden ın der Heimat an Tapferkeit und jeglicher soldatischer Tugend zu wetteifern.

Wohl sind wir zur Verteidigung bestimmt, haltet Euch aber so vor Augen, daß die Verteidigung nur dann richtig geführt wird, wenn sie vom Geiste des Angriffs erfüllt ist.

Am 18. August habe ich Seiner Majestät drahtlich versichert, ich einstehe für Pflichterfüllung bis aufs Außerste. Am 19. August habe ich den Allerhöchsten Befehl Seiner Majestät erhalten, Tsingtau bis aufs Äußerste zu verteidigen!

Wir werden Seiner Majestät unserem Allergnadigsten Kriegsherrn durch die Tat beweisen, daß wir des in uns gesetzten Allerhöchsten Vertrauens würdig sind.

Es lebe Seine Majestät der Kaiser! Der Festungsgouverneur, gez. Meyer-Waldeck.

Meldung aus dem Großen Hauptquartier.

Großes Hauptquartier, 21. Oktober, vormittags. | Am Yserkanal stehen unsere Truppen noch in heftigem Kampfe; der Feind unterstützte seine Artillerie vom Meere nordwestlich _ Nieuport aus. Ein englisches Torpedoboot wurde dabei von unserer Artillerie kampfunfähig gemacht.

Die Kämpfe westlich Lille dauern an, unsere Truppen gingen auch dort zur Offensive über und warfen den Feind an mehreren Stellen zurück. Es wurden etwa 2000 Engländer zu Gefangenen gemacht und mehrere Maschinengewehre erbeutet.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz ist keine Entscheidung gefallen.

Vom östlichen Schauplatze.

Siegreicher Vormarsch. Wien, 22. Oktober. Amtlich wird gemeldet: 22. Oktober mittags: In der Schlacht

beiderseits des Strwiaz gelang es uns, nun auch im Raume südlich dieses Flusses den Angriff vorwärts zu tragen. Auf der beherschenden _ tngonometrischen Höhe 668 südöstlich Stary Sambor wurden zwei hintereinander liegende Verteidigungsstellen des Feindes genommen. Nordwestlich des genannten Ortes gelangte unsere Gefechtslinie näher

104 an die Chaussee nach Starasol heran. Nach den bisherigen Meldungen wurden in den letzten Kampfen 3400 Russen, darunter 25 Offiziere.

gefangen genommen und 15 Maschinengewehre erbeutet. In Czerno- witz sind unsere Vortruppen eingerückt.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Generalmajor.

Die Kämpfe um Przemysl und Hermanowice. | Wien, 22. Oktober. Der Kriegskorrespondent der „Neuen Freien Presse“ meldet:

Die Kämpfe bei Przemysl und Hermanowice dauern mit unver- minderter Heftigkeit fort. Die Russen scheinen von Lemberg Verstärkungen bekommen zu haben; sie haben verzweifelte, aber vergebliche Versuche gemacht, sich der Höhe Magiera, die ihnen am 17. Oktober entrissen worden war, wieder zu bemachtigen. In der vergangenen Nacht und heute um 6 Uhr und 8 Uhr morgens griffen unsere Artilleriegruppen ein, auch die schweren Geschütze der südöstlichen Zwischenbatterien feuerten heftig. Die Bozener Landesschützen stürmten mit einer Bravour ohne- gleichen und lösten alleın eine Aufgabe, die drei Regimentern gestellt war. Man sieht dem Ende der Kämpfe zuversichtlich entgegen.

Die Russen verlassen Czernowitz. Budapest, 22. Oktober.

Nach Blättermeldungen sind die österreichisch-ungarischen Truppen, nachdem sie die Russen aus Sereth vertrieben hatten, gegen Czerno- witz vorgedrungen. Die Russen haben Czernowitz verlassen und sind in nordwestlicher Richtung abgezogen.

Meldung aus dem Großen Hauptquartier. Großes Hauptquartier, 22. Oktober, vormittags.

Die Kampfe am Yserkanal dauern noch fort; 11 englische Kriegsschiffe unterstützten die femdliche Artillerie. Ostlich Dixmude wurde der Feind zurückgeworfen. Auch in Richtung Ypres drangen unsere Truppen erfolgreich vor. Die Kämpfe nordwestlich und westlich Lille waren sehr erbittert; der Feind wich aber auf der ganzen Front langsam zurück.

105 Heftige Angriffe aus Richtung Toul gegen die Höhen südlich

Thiaucourt wurden unter schwersten Verlusten für die Franzosen zurückgeworfen.

Es ist einwandfrei festgestellt, daß der englische Admiral, der das Geschwader vor Ostende befehligt, nur mit Mühe von der Ab- sicht, Ostende zu beschießen, durch die belgische Behörde ab- gebracht wurde.

Auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz folgen Teile unserer Truppen dem weichenden Gegner in Richtung Ossowiez, mehrere hundert Gefangene und Maschinengewehre fielen in unsere Hände.

Bei Warschau und in Polen wurde gestern nach dem unent- schiedenen Ringen der letzten Tage nicht gekämpft. Die Verhalt- nisse befinden sich dort noch in der Entwicklung.

Der Krieg zur See. Die „Emden“ an der Arbeit. London, 22. Oktober.

Lloyds Agent in Colombo telegraphiert an die Admiralitat, daß die britischen Dampfer „Chilka“, „Troilus“, „Benmohr“, „Clan Grant“ und der für Tasmanien bestimmte Bagger „Pon- rabbel“ von dem deutschen Kreuzer „Emden“ versenkt worden seien, während der Dampfer „Exford“ gekapert wurde.

Dreizehn britische Dampfer versenkt. London, 23. Oktober.

Das Reutersche Bureau meldet aus Las Palmas: Der deutsche Dampfer „Krefeld“ ist in Teneriffa eingelaufen mit den Mannschaften von dreizehn britischen Dampfern an Bord, die der deutsche Kreuzer „Karlsruhe“ in der Atlantik ver- senkt hat. Die Gesamttonnage der versenkten Dampfer

beläuft sich auf sechzigtausend Tonnen.

Vom östlichen Schauplatze. Erfolge am San und vor Iwangorod. Wien, 23. Oktober.

Amtlich wird verlautbart: 23. Oktober, mittags. Während gestern in der Schlacht südlich von Przemysl hauptsächlich unsere gegen die feindlichen Stützpunkte eingesetzte schwere Artillerie das Wort hatte, entwickelten sich heftige Kämpfe am unteren San, wo wir den Gegner

106

an mehreren Punkten auf das westliche Ufer übergehen ließen, um ihn angreifen und schlagen zu können. Die übergegangenen russischen Kräfte sind bereits überall dicht an den Fluß gepreßt. Bei Zarzecze machten wir über tausend Gefangene. Teile unseres Heeres erschienen überraschend vor lwangorod, schlugen zwei feindliche Divisionen, nahmen 3600 Russen gefangen und erbeuteten eine Fahne und fünf- - zehn Maschinengewehre.

Bei der Rückkehr von einer erfolgreichen Aktion in der Save stieß unser Flußmonitor „Temes“ auf eine feindliche Mine und sank. Von der Bemannung werden 33 Personen vermißt, die übrigen sind

gerettet. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Generalmajor.

Meldung aus dem Großen Hauptquartier. Großes Hauptquartier, 24. Oktober, vormittags.

Die Kämpfe am Yser-Ypres-Kanal-Abschnitt: sind außerordent- lich hartnäckig. Im Norden gelang es uns, mit erheblichen Kräften den Kanal zu überschreiten. Östlich Ypres und südwestlich Lille drangen unsere Truppen in heftigen Kämpfen langsam weiter vor. Ostende wurde gestern in völlig zweckloser Weise von englischen Schiffen beschossen.

Im Argonnenwald kamen unsere Truppen ebenfalls vorwärts; es wurden mehrere Maschinengewehre erbeutet und eine Anzahl Gefangene gemacht. Zwei französische Flugzeuge wurden hier heruntergeschossen.

Nördlich Toul bei Flirey lehnten die Franzosen eine von uns zur Bestattung ihrer in großer Zahl vor der Front liegenden Toten und zur Bergung ihrer Verwundeten angebotene Waffenruhe ab.

Westlich Augustow erneuerten die Russen ihre Angriffe, die samtlich abgeschlagen wurden.

Vom Seekriege. Berlin, 24. Oktober.

Die bereits frulier nichtamtlich gemeldete, am 13. Oktober mittags erfolgte Vernichtung des englischen Kreuzers „Hawke“ durch ein deutsches Unterseeboot wird hierdurch amtlich bestätigt. Das Unterseeboot ist wohlbehalten zurückgekehrt.

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Am 20. Oktober ist der englische Dampfer „Glitra“ an der norwegischen Küste von einem deutschen Unterseebot durch Offnen der Ventile versenkt worden, nachdem die Besatzung auf Auf- forderung das Schiff in den Schiffsbooten verlassen hatte.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes. Behncke.

Meldung aus dem Großen Hauptquartier. Großes Hauptquartier, 23. Oktober, vormittags.

Am Yserkanal wurden gestern Erfolge errungen. Südlich Dixmude sind unsere Truppen vorgedrungen. Westlich Lille waren unsere Ängriffe erfolgreich. Wir setzten uns in Besitz melırerer Ortschaften. Auf der übrigen Front des Westheeres herrschte im wesentlichen Ruhe.

Im Osten wurden russische Angriffe in Gegend westlich Augustow zurückgeschlagen, dabei mehrere Maschinengewehre erbeutet.

Vom südöstlichen Kriegsschauplatz liegen noch keine ab- schließenden Meldungen vor.

Ein Blick nach dem Fernen Osten. Mit dem erhebenden Bewußtsein, daß deutscher Heldenmut auch

im fernen Osten sich zu betätigen weiß, sind die Blicke des deutschen Vaterlandes auf das Häuflein tapferer Krieger gerichtet, die Kiautschou gegen den Raubanfall der Japaner verteidigen. Nur spärliche Nachrichten dringen zu uns herüber, aber was wir hören, beweist, welcher Taten unsere in deutscher Pflichttreue auf ihrem Posten ausharrende Wacht im fernen Land fähig ist. Alle Versuche des an Zahl weit überlegenen Feindes, unsere Stellungen zu erstürmen, sind gescheitert. Bereits liegen 2500 Japaner tot oder verwundet vor den Wällen Tsingtaus. Wohl ist auch schon mancher unserer dort kampfenden Helden gefallen, aber un- erschüttert ist der Mut der Besatzung, die getreu dem schlichten Ver- sprechen ihres tapferen Führers bis zum Äußersten ihre Pflicht tun wird. Es ist wohl kaum anzunehmen, daß Japan noch in letzter Stunde ein- sehen wird, welch verhängnisvollen Irrtum es begeht, wenn es glaubt, nach Verdrängung Deutschlands aus China dort Rußland und England gegenüber seine Hegemonie errichten zu können. Die Ernüchterung wird nur zu bald kommen, und zwar in dem Augenblick, wo Japan versuchen wird, dem jetzigen Bundesgenossen nach geleistetem Vasallendienst die Rechnung zu präsentieren.

108

Nachdem Japan einmal in seiner Verblendung der englischen Politik Opfer an Gut und Blut gebracht, nachdem es die chinesische Neutralität unter aktiver Beihilfe der sonst für die Erhaltung der Neutralität der am Kriege nicht beteiligten Staaten vorgeblich so besorgten Engländer ge- brochen hat, wird es auf dem Wege fortschreiten, auf den es sich von seinem Verbündeten hat drängen lassen. Sollte im Laufe der Ereignisse die kleine Schaar unserer Verteidiger der Überzahl der Feinde und dem Übergewicht ihrer schweren Artillerie schließlich erliegen, so wird ihr Ende ruhmvoll sein, und in dem Gedenken des deutschen Volkes werden die Braven von Tsingtau ewig fortleben. Schon jetzt ist die Verteidigung von Kiautschou ein Ruhmesblatt in der deutschen Kriegsgeschichte, auf das wir stolz sind. Aber Deutschland wird es auch nie vergessen, wer der Anstifter und der Ausführer des heimtückischen Überfalles war, dem seine Söhne im fernen Land zum Opfer fielen und der die Früchte lang- jähriger deutscher Kulturarbeit vernichtete.

Mitteilung der obersten Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 25. Oktober, vormittags.

Der Yser-Ypreskanal ist zwischen Nieuport und Dixmude nach heftigen Kämpfen am 24. Oktober von uns mit weiteren starken Kräften überschritten worden. Östlich und nordöstlich Ypres hat sich der Feind verstärkt, trotzdem gelang es unseren Truppen, an mehreren Stellen vorzudringen. Etwa 500 Engländer, darunter ein Oberst und 28 Offiziere, wurden gefangen genommen.

Im Osten haben unsere Truppen die Offensive gegen Augustow ergriffen.

In Gegend Iwangerod kämpfen unsere Truppen Schulter an Schulter mit den österreichisch-ungarischen; sie machten 1800 Gefangene.

Schluß des redaktionellen Teils.

Verantwortlich für die Redaktion: S. D. Gallwitz, Bremen.

Einsendungen von Manuskripten (unter Beifügung von Rückporto)

an die Redaktion Bremen, Am Wall 163. Tel. 6945. Verlag: Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft, Bremen. Druck: Hofbuchdruckerei H. M. Hauschild, Bremen.

Ärztliche Erfahrungen mit coffeinfreiem Kaffee.

Von Dr. Julius Neubauer in Wien, emeritierter Sekundararzt des k. k. Rudolfspitales.

Die sogenannten Genußmittel, alkoholische Getränke, Tee, Kaffee, Zigarren, haben eine derartige Verbreitung in der Bevölkerung gefunden, daß einzelne von ihnen, wie Tee, Kaffee, Bier, von der Bevölkerung für Nahrungsmittel substituiert und als solche für unentbehrlich gehalten werden. Es war nun selbstverständlich, daß die Medizin an dieser Er- scheinung nicht achtlos vorübergehen konnte, sie befaßt sich daher intensiv nicht nur mit dem Nährwert, sondern auch mit den Einflüssen und den Folgezuständen, die beim andauernden Genusse der genannten Mittel im menschlichen Organismus sich herausbilden.

Vor allem waren es die nervösen Störungen, die in die Augen fielen. Wohl wirken die meisten Mittel erregend, „stimulierend“ auf die er- mũdeten Nerven ein, daher die besondere Vorliebe für den Genuß des schwarzen Kaffees oder des Kaffeegetränkes überhaupt und des Nikotins beim geistig arbeitenden Menschen. Der stärkeren Anreizung folgt aber immer eine desto stärkere Erschlaffung, weswegen zu immer stärkeren Dosen gegriffen werden muß. Die Beobachtung der Personen, die diese Genußmittel regelmäßig und häufig zu sich nehmen, zeigte eine Reihe von nervösen Störungen, die das Interesse der Forscher in hohem Maße weckten. Bei diesem Studium ergab sich nun das interessante Moment, daß es nicht die funktionellen nervösen Störungen sind, die den wichtigsten Punkt bei den Folgezuständen eines Mißbrauches der Genußmittel bilden. Man fand eine ganze Reihe schwerer Störungen der Funktion lebens- wichtiger Organe, insbesondere war es der Magendarmtraktus, die Nieren und vor allem das Herz, die oft sehr schwere Schädigungen in ihren Funktionen aufwiesen. Der Mißbrauch der nikotinhaltigen Produkte z. B. als mitveranlassendes Moment bei der vorzeitigen Arterienverkalkung ist ja bereits feststehende Tatsache. Und daß der Kaffee- und Teegenuß keine gleichgültige Sache für die Funktionen von Herz, Nieren und Magen ist, war ja schon lange bekannt. Aber erst die Forschungen der letzten Jahre haben das Dunkel, das über diesen Vorgängen schwebte, voll- kommen aufgehellt.

Schon seit langem hat die Wissenschaft als den wirksamen Bestand- teil des Tees und Kaffees das Coffein und das ihm gleichstehende Tein darzustellen vermocht. Coffein ist chemisch als Trimethyl-Xanthin anzu- schen. Nach den Tierexperimenten wirkt das Coffein hauptsächlich auf das Nervensystem ein, besitzt aber auch eine ausgesprochene Wirkung auf das Herz. Die Herzkontraktionen werden kräftiger und rythmischer. Ob diese letztere Wirkung direkt durch das Coffein oder auf dem Um- wege über die Herznerven geschieht, ist noch nicht erwiesen. Die Dar- reichung von großen Dosen oder sich summierenden Einzeldosen ruft einen Zustand hervor, der dem bei Verabfolgung von Strychnin ähnelt. Es kommt zu einer starken Reflextätigkeit, einer sehr starken Erhöhung des Blutdruckes mit nachfolgendem Sinken desselben, Unregelmäßigkeiten

des Pulses, Angstgefühl in der Herzgegend, Schlaflosigkeit, Kopfschmerz etc. Wegen seiner spezifischen Wirkung ist das Coffein auch in die Reihe der offiziellen Herzmittel aufgenommen worden.

Diese Wirkung des Coffeins erklärt nun die Schädlichkeiten, die der andauernde Kaffeegenuß, besonders der andauernde Genuß von starkem schwarzen Kaffee bei den Menschen hervorruft. Es ist zwar auffallend, daß die genannten Schädlichkeiten bei Teegenuß nicht oder nur wenig in Erscheinung treten, obzwar der Tee ebenfalls nicht arm ist an Coffein. Die Zubereitungsweise und die sonstige Zusammensetzung dieses Genußmittels klärt dieses Rätsel auf. Beim Tee sind es wenige zusammengerollte Blätter, die nur kurze Zeit dem heißen Wasser aus- gesetzt werden, da sonst die Auslaugung der gerbsauren Produkte eine zu starke und dadurch der Genuß des Tees widerlich gemacht würde. Infolgedessen gelangt verhältnismäßig sehr wenig Coffein in den Absud.

Bei Herstellung des Kaffees hingegen werden die Bohnen gemahlen, das Pulver wird in viel größerer Menge und viel länger und andauernder dem heißen Wasser ausgesetzt, die Auslaugung ist eine fast vollkommene. Auch enthalten die Kaffeebohnen viel weniger gerbsaure Substanzen, so daß ohne Rücksicht darauf die Auslaugung der gemahlenen Kaffeebohnen eine viel intensivere sein kann. Im Gegenteil, je stärker, desto besser.

(Ich bemerke hier, daß ich das andere Kaffee-Alkaloid außer Betracht gelassen habe, weil es nach Kobert im gerösteten Kaffee nicht nachge- wiesen werden kann.) Unter den Produkten, die beim Rösten des Kaffees entstehen, sind es einerseits gerbsaure Substanzen, andererseits Riechstoffe. Eine Hauptrolle spielt ferner das sogenannte Caffeol. Das Caffeol (Kaffeeol) ist aus Valeriansäure, Furfuralkohol und einer Substanz zu- sammengesetzt, die dem Kaffee den aromatischen Geruch und Geschmack gibt, aber bisher noch nicht rein dargestellt worden ist. Näheres darüber ist in der Arbeit des Professors Lehmann: „Die wirksamen und wert- vollen Bestandteile des Kaffeegetränkes“, in der Münchener Medizinischen Wochenschrift vom 13. Juni 1907 enthalten.

Nachdem nun der Genuß des Kaffees den meisten Menschen un- entbehrlich geworden ist, andererseits aber die erwiesenermaßen schäd- liche Wirkung des Coffeins ausgeschaltet werden soll, stand die Industrie vor der Aufgabe, ein Ersatzmittel zu schaffen. Dafür gab es zwei Wege. Erstens die Herstellung eines Surrogates. In der Kinderpraxis genügt dies vollkommen, sobald es sich aber um den erwachsenen Menschen handelt, versagen die Surrogate. Deshalb mußten die Kaffeebohnen und dies ist der zweite Weg derart präpariert werden, daß sie so wenig Coffein wie möglich enthalten, d. h. es muß den Kaffeebohnen das Coffein entzogen werden, aber so, daß sie nicht die sonstigen Eigen- schaften verlieren, durch die der Genuß eben so wertvoll geworden ist.

Denn bei den Röstprodukten sind es außer ihren aromatischen noch andere Eigenschaften, die dem Genuß des Kaffees eine gewisse Wichtig- keit verleihen. Nach den Untersuchungen von Boruttau wirkt auch coffeinfreier Kaffee auf das Gehirn anregend und leicht temperatursteigend. so daß ein gewisses Wohlbefinden eintritt. Ferner haben Löwy un Frey nachgewiesen, daß die Nierengefäße, im Gegensatz zu den anderen,

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sich erweitern, welche Wirkung nach den Untersuchungen des Dr. Samuel auch beim Genuß von coffeinfreiem Kaffee sich einstellt. Dadurch er- reicht man eine bessere Durchblutung der Nieren und eine stärkere Harn- absonderung, was ebenfalls zur Erhöhung des Wohlbefindens beiträgt.

Die ersten Versuche, wirklich coffeinfreien Kaffee herzustellen, haben aber den Forderungen der Ärzte nicht entsprochen, bis endlich der Kaffee Hag, wie die Untersuchungen von Dr. Lehmann und Boruttau beweisen, allen Ansprüchen gerecht wurde. Das Prinzip, das bei der Herstellung des Kaffee Hag befolgt wird, beruht darauf, daß der Rohkaffee mit Dampf durchfeuchtet und nachher mit Benzol behandelt wird. Auf diese Weise wird dem Kaffee das Coffein entzogen, ohne den übrigen wertvollen Eigenschaften Abbruch zu tun.

Bevor ich mich in eine ausgebreitete Verwendung des Kaffee Hag einließ, habe ich mehrere Probeversuche in der Weise unternommen, daß ich vorher bei ein und demselben Patienten die Wirkung des gewöhn- lichen und die des coffeinfreien Kaffees studierte und schließlich die beiden Resultate verglich. Ich benutzte dazu einen Herzkranken, einen Magen- Darmkranken und einen Nephritiker.

J. Es handelt sich um einen 30jahrigen Kaufmann, der mit einer kompensierten Mitralinsuffizienz behaftet war und sich strenge an meine Vorschriften hielt. Er entbehrte jedoch sehr des gewohnten schwarzen

Kaffees nach dem Mittagessen. Unter irgend einem Vorwande veranlaßte

- ich ihn, den gewohnten schwarzen Kaffee zu sich zu nehmen und dann

bei mir zu erscheinen. Die vorgenommene Untersuchung ergab eine be- trächtliche Erhöhung des Pulses bis 100. Der Patient klagte über leichte Herzpalpitationen und leicht eingenommenen Kopf, die Blutdruckkurve zeigte ziemlich erhöhten Blutdruck, die Pulskurve leichte Intermittenzen. Im Laufe des Nachmittags klangen die Erscheinungen ab. An einem der nächsten Tage nun ließ ich den Patienten nach dem Essen ein Schälchen coffeinfreien Kaffees nehmen. Die nachher vorgenommene Untersuchung ergab keine Verschiedenheit gegenüber seinem sonstigen Verhalten, der Puls blieb gleich, die Blutdruckkurve zeigte keine Erhöhung, ebenso die

Pulskurve keine sonstige Veränderung. Der Patient nimmt den coffein-

: freien Kaffee Hag auch als Milchkaffee, hat absolut subjektiv keine Be-

= schwerden, noch auch objektiv nachweisbar Reizzustände und lobt sein

subjektives Wohlbefinden, seitdem er wieder früh und abends den ge-

. wohnten Kaffee (natürlich coffeinfreien Kaffee) genießen kann.

2. M. F., 45jahriger Kaufmann, leidet seit Jahren an einem Magen-

- Darmkatarrh, dessentwegen er alljährlich eine Karlsbader Kur durchmachen

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muß. Außerdem ist er ein ziemlich starker Neurastheniker. Trotz ent- - schiedenstem Widerraten läßt er nicht von dem schwarzen Kaffee nach

dem Mittagessen, obwohl er dann an AufstoBen und Kopfschmerzen leidet, die durch ca. eine Stunde andauern. Ich untersuchte den Patienten immer während dieses Zustandes und konstatierte eine erhöhte Puls- frequenz, erhöhten Blutdruck, gesteigerte Reflexe und eine gesteigerte ' Klopfempfindlichkeit des Kopfes. Die Untersuchung des Unterleibes er- gab, daß derselbe ziemlich aufgetrieben war. Ich veranlaßte nun den Patienten, an Stelle des gewöhnlichen schwarzen Kaffees den coffeinfreien

Kaffee zu benutzen, was er mit großem Widerstreben und Mißtrauen mir versprach. Am nächsten Tage kam er hocherfreut zu mir und teilte mir mit, daß er absolut keinen Unterschied bemerkt habe, daß aber die sonstigen Beschwerden vollkommen ausgeblieben seien. Bei der seither wiederholt vorgenommenen Untersuchung ergab sich weder eine Puls- noch Blutdruckveränderung gegen das sonstige Verhalten. Die Klopf- empfindlichkeit am Kopfe war verschwunden, die Reflexe nicht mehr als sonst dem neurasthenischen Zustand entsprechend gesteigert. Auch dieser Patient ist beim Kaffee Hag geblieben und befindet sich dabei sehr wohl.

3. 38jahrige Beamtengattin leidet an chronischer Nephritis mit leichten Oedemen und Herzveränderungen. Die Verordnung einer strengen Milch- diät befolgt sie nicht und trinkt jeden Tag ihren Milchkaffee (Milch und schwarzen Bohnenkaffee), trotzdem sie danach heftige Beschwerden von seiten des Herzens bekommt. Sie erklärt, den Kaffee nicht entbehren zu können. Patientin weist Surrogate energisch zurück. Ich veranlaßte sie, den coffeinfreien Kaffee Hag zu benutzen, womit sie sich endlich einverstanden erklärte. Bei der nächsten Ordination erzählt mir die Patientin, daß sie absolut keinen Unterschied im Geschmack bemerkt habe, daß sie sich aber seither wohler befinde. Die Herzpalpitationen hätten aufgehört. Die genaue Untersuchung ergab, daß die Spannung in den Blutgefäßen sich nicht erhöht hat, die Pulsfrequenz erfuhr keine Steigerung, was sonst nach dem Genuß des Kaffees der Fall war. Außer- dem ergab sich ein interessantes Moment. Die Diurese steigerte sich jedesmal nach dem Genusse des Kaffees, was ja mit den obenerwähnten Untersuchungen von Löwy und Frey übereinstimmt, indem unter dem Genuß des coffeinfreien Kaffees offenbar eine stärkere Durchblutung der Nieren und dadurch eine stärkere Harnabsonderung verursacht worden ist.

Durch diese Fälle ermuntert, habe ich nun den coffeinfreien Kaffee Hag bei einer ganzen Reihe von Fällen (ca. 50) verordnet. Es handelt sich meistens um herzkranke Neurastheniker und Nephritiker und um einen Fall von Gallensteinleiden. Aber auch Leuten, die nur leichte nervöse Störungen aufwiesen, aber nach dem Genuß von schwarzem Kaffee oder starkem braunen Milchkaffee Unbehagen bekamen (leichten Kopf- druck), riet ich den coffeinfreien Kaffee Hag an. Sämtliche Patienten meldeten mir, daß sie denselben Genuß wie beim gewöhnlichen Kaffee gehabt hätten, die Beschwerden aber alle ausgeblieben wären. Bei pe genau vorgenommenen Untersuchungen zeigte sich in keinem ei Falle eine Steigerung der Pulsfrequenz, nie eine Erhöhung des Blutdruckes. die Spannung der Blutgefäßwände blieb normal, am Herzen zeigten sich keine Veränderungen weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht.

Ich komme nach gewissenhaftester Prüfung aller Umstände zu dem Schluß, daß der coffeinfreie Kaffee Hag einen vollgültigen Ersatz, was Geschmack und Anregung betrifft, für den gewöhnlichen Kaffee darstellt, daß dabei jedoch alle Schädlichkeiten, die durch den Kaffeegenuß bedingt sind, bei diesem Ersatzmittel ausgeschlossen sind.

(Aus der „Ärztlichen Standeszeitung Die Heilkunde”, Wien.)

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DER KRIEG

IN AMTLICHEN DEPESCHEN UND DOKUMENTEN

4. Lieferung.

An unsere Abonnenten und Leser!

Die gewaltigen Tatsachen des gegenwärtigen Krieges allein sind es, die uns heute bewegen. Von dieser Erkenntnis ausgehend, hat sich die Gülden- kammer entschlossen, für dieDauer der Kriegszeit ihre Aufgabe, in freien Aufsätzen zu allen Fragen des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens Stellung zu nehmen, bei Seite zu setzen und dafür in jedem Monat fortlaufend die amtlichen Depeschen und Dokumente der kriegerischen Ereignisse und ihrer Vorgeschichte chronologisch zusammengestellt zu ver- öffentlichen; so daß am Ende dieser Zeit eine ge- schlossene Chronik des Krieges vorliegt. Wir glauben damit am besten die Interessen unseres deutschen Vaterlandes und unserer Verbündeten zu fördern.

Die Herausgeber und der Verlag der „Güldenkammer“

Neu hinzutretende Abonnenten erhalten auf Wunsch die bisher

erschienenen Kriegsnummern nachgeliefert.

DIE GÜLDENKAMMER

HERAUSGEGEBEN VON S. D. GALLWITZ / DR. G. F. HARTLAUB / DR. HERM. SMIDT

VERLAG KAFF EEHAG / BREMEN

5, JAHRG. /HEFT3 DEZEMBER 1914

BEZUGS-BEDINGUNGEN: "DURCH SAMTL. BUCHHANDLUNGEN, POST ANS TAL TEN ODER DIREKT VOM VERLAG: JAHRLICH M. 5.—, VIERTELJAHRLICH M. 1.50, EINZELHEFT M. 0.50

NACHDRUCK DER BELLETRISTIK VERBOTEN NACHDRUCK DER UBRIGEN ARTIKEL UNTER GENAUER Sn. GESTATTET

DER KRIEG.

Mitteilung der obersten Heeresleitung. Großes Hauptquartier, 26. Oktober 1914, vormittags.

Westlich des Yserkanals zwischen Nieuport und Dixmuide, welche Orte noch vom Feinde gehalten werden, griffen unsere Truppen den sich dort noch hartnäckig wehrenden Feind an. Das am Kampf sich beteiligende englische Geschwader wurde durch schweres Artilleriefeuer zum Rückzuge gezwungen. Drei Schiffe erhielten Volltreffer... Das ganze Geschwader hielt sich darauf am 25. nachmittags außer Sehweite. Bei Ypres steht der Kampf; süd- westlich Ypres sowie westlich und südwestlich Lille machten unsere Truppen im Angriff gute Fortschritte. In erbittertem Häuserkampf erlitten die Englander große Verluste und ließen uber 500 a in unseren Händen.

Nördlich Arras brach ein heftiger französischer Angriff in unserem Feuer zusammen, der Feind hatte starke Verluste.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz schreitet unsere Offensive gegen Augustow vorwärts.

Bei Iwangorod steht der Kampf günstig; eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Der Krieg zur See. Die 20 Opfer der „Emden“.

Eine Übersicht über die Verluste, die der Kreuzer „Emden“ der englischen Handelsmarine bisher zugefügt hat, wird von der „Times“ unter der Überschrift „Die Opfer der „Emden“ veröffentlicht. Danach hat die „Emden“ (wobei in Klammern die Tonnenzahl der Schiffe

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angegeben ist) 15 englische Dampfer versenkt: „Benmohr“ (4806), „Chilkana“ (5150), „City of Winchester“ (6800), „Clan Grant“ (3948), „Clan Matheson“ (4775), „Diplomat“ (7615), „Indus“ (3871), „Killin“ (3544), „King Sud“ (3650), „Lovat“ (6102), „Pourabel“ (473), „Rüberia“ (4147), „Irabboch“ (4014), „Troilus“ (7562), Iymeric“ (3314); ferner wurden zwei Kohlenschiffe gekapert: „Buresk‘“ (4350), „Exford‘ (4542); gekapert und freigegeben wurde „Karbina“ (4657); gekapert, später von einem britischen Kriegsschiff aufgenommen wurde der Kohlen- dampfer „Pontopores“ (4049), gekapert und mit Fahrgästen und Be- mannung nach Cochin gebracht wurde der Dampfer „St. Egbert“ (55%). Im ganzen haben also die 20 Opfer der „Emden“ einen Gehalt von 92955 t.

Ein ehrliches Eingeständnis.

Der frühere sozialdemokratische badische Landtagsabgeordnete Fendrich veröffentlichte in der Zeitschrift „Der Krieg“ einen Artikel über die deutsche Mobilmachung. worin es u. a. heißt:

„Unsere Kinder und Kindeskinder werden noch davon erzählen, wie der sich angeblich seelenlose Mechanismus unserer Militärgewalt nur als ein Stück jener heiligen Ordnung erwiesen hat, die Friedrid Schiller eine Himmelstochter nennt. Die Gewalt allein tut's nid. aber ohne sie gibt es keine Siege. Die Ordnung allein tut's aud nicht, aber ohne sie ist alles verloren. Und noch eins macht die Zurücbleibenden froh und leicht. Jetzt sah man auf den Straßen. wo die Millionen und Milliarden hingekommen waren, die Jahr um Jahr durch die Militärvorlagen der Regierung gefordert wurden. Hier ging unser Fleisch und Blut, gut gekleidet, gut gestiefelt, gut gerüstet. Und auch die, welche gegen den immer unzufriedenen Militarismus manches scharfe Wort hatten fallen lassen, danken jetzt heimlich Gott. daß im Reichstage auch gegen ihren Willen alles angenommen worden war. Denn wo wären wir sonst jetzt?“

Vom östlichen Schauplatze.

Die Kämpfe vor Iwangorod. Wien, 26. Oktober, mittags. Amtlich wird verlautbart: In den Kämpfen vor Iwangorod machten wir bisher 8000 Russen zu Gefangenen und erbeuteten 19 Maschinengewehre. Nächst Jaroslau mußten sich ein russischer Oberst

und 200 Mann ergeben. Bei Zalucze (südwestlich Sniatyn) und bei

Pasienicza (südwestlich Nadworna) wurde der Feind zurückgeworfen

Die Lage im großen ist unverändert.

| Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs. von Hoefer, Generalmajor.

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Der Hauptbahnhof in Warschau durch deutsche Luftschiffe

zerstört. Krakau, 26. Oktober.

Die Zeitung „Nprzod“ meldet aus Lodz: Uber Warschau sind heute neuerdings deutsche Luftfahrzeuge erschienen, mehrere Bomben haben den Hauptbahnhof fast ganz zerstört, wobei 7 Personen getötet und II verwundet wurden.

Mitteilung der obersten Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 27. Oktober, vormittags.

Die Kämpfe am Abschnitt des Yser—Ypreskanals bei Ypres und südwestlich Lille werden mit gleicher Hartnäckigkeit fortgesetzt. Die deutschen Truppen haben auch gestern Fortschritte gemacht. Auf dem übrigen Teil der Kampffront im Westen haben sich wesentliche Ereignisse nicht zugetragen.

Westlich Augustow ist der Angriff der Deutschen in lang- samem Fortschreiten. Südwestlich Warschau sind alle Angriffe starker russischer Kräfte von unseren Truppen zurückgewiesen worden.

Nördlich Iwangorod haben neue russische Armeekorps die Weichsel überschritten.

Großes Hauptquartier, 28. Oktober, vormittags.

Die Kämpfe bei Nieuport-Dixmuiden dauern noch an. Die Belgier erhielten dort erhebliche Verstärkungen, unsere Angriffe wurden fortgesetzt. Sechzehn englische Kriegsschiffe beteiligten sich am Kampf gegen unseren rechten Flügel; ihr Feuer war erfolglos.

Bei Ypres ist die Lage am 27. Oktober unverändert ge- blieben; westlich Lille wurde unser Angriff mit Erfolg fortgesetzt.

Im Argonner Wald sind wieder einige feindliche Schützen-

graben genommen worden, deren Besatzung zu Gefangenen

gemacht wurde.

Auf der Westfront hat sich weiter nichts Wesentliches ereignet.

In Polen mußten die deutsch-österreichischen Truppen vor neuen russischen Kräften, die von Iwangorod-Warschau und Nowogeorgiewsk vorgingen, ausweichen, nachdem sie bis dahin in mehrtägigen Kämpfen alle russischen Angriffe erfolgreich ab- gewiesen hatten. Die Russen folgten zunächst nicht. Die Los- lösung vom Feinde geschah ohne Schwierigkeit. Unsere Truppen werden sich der Lage entsprechend neu gruppieren.

Auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz sind keine wesent- lichen Anderungen.

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Mitteilung der obersten Heeresleitung. Großes Hauptquartier, 29. Oktober, vormittags.

Unser Angriff südlich Nieuport gewinnt langsam Boden. Bei Ypres steht der Kampf unverändert. Westlich Lille machten unsere Truppen gute Fortschritte. Mehrere befestigte Stellungen des Feindes wurden genommen, 16 englische Offiziere und über 300 Mann zu Gefangenen gemacht und 4 Geschütze erobert. Englische und französische Gegenstöße wurden überall abgewiesen.

Eine vor der Kathedrale in Reims aufgefahrene französische Batterie mit Artilleriebeobachter auf dem Turme der Kathedrale mußte unter Feuer genommen werden.

Im Argonner Walde wurden die Feinde aus mehreren Schützen- gräben geworfen und einige Maschinengewehre erbeutet.

Südöstlich Verdun wurde em heftiger französischer Angriff zurückgeschlagen. Im Gegenangriff stießen junsere Truppen bis in die feindliche Hauptstellung durch, die sie in Besitz nahmen. Die Franzosen erlitten starke Verluste.

Auch östlich der Mosel wurden alle Unternehmungen des Feindes, die an sich ziemlich bedeutungslos waren, zurückgewiesen.

Auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz befinden sich unsere Truppen im fortschreitenden Angriff, während der letzten drei Wochen wurden hier 13500 Russen zu Gefangenen gemacht, 30 Geschütze und 39 Maschinengewehre erbeutet.

Armeebefehl des Kronprinzen Rupprecht.

Kronprinz Rupprecht von Bayern hat als Kommandierender der sechsten deutschen Armee an seine Soldaten folgenden Armeebefehl ge- richtet:

Soldaten der sechsten Armee! Wir haben nun das Glück, auch die Engländer vor unserer Front zu haben, die Truppen jenes Volkes, dessen Neid seit Jahren an der Arbeit war, uns mit einem Ring von Feinden zu umgeben, um uns zu erdrosseln. Ihm haben wir diesen blutigen, ungeheuren Krieg vor allem zu verdanken. Darum, wenn es jetzt gegen diesen Feind geht, übt Vergeltung für die feind- liche Hinterlist, für so viele schwere Opfer. Zeigt ihnen, daß die Deutschen nicht so leicht aus der Weltgeschichte zu streichen sind, zeigt ihnen das durch deutsche Hiebe von ganz besonderer Art. Hier ist der Gegner, der der Wiederherstellung des Friedens am meisten im Wege steht. Drauf! Rupprecht.

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Der russisch-turkische Krieg. Die Pforte über den Kriegsausbruch. Die turkische Regierung teilt amtlich mit:

Wahrend ein kleiner Teil der ottomanischen Flotte am 28. Ok- tober im Schwarzen Meer Ubungen vornahm, eroffnete die russische Flotte, nachdem sie langere Zeit diesen Ubungen ge- folgt war und sie zu stören suchte, am Donnerstag die Feind- seligkeiten, indem sie die ottomanischen Schiffe angriff. Im Ver- laufe des sich nunmehr entspinnenden Kampfes gelang es unserer Flotte durch die Gnade des Allmächtigen, den Minendampfer „Prut“, der 5000 Tonnen verdrängte und ungefähr 700 Minen trug, zu versenken, einem der russischen Torpedoboote schwere Beschädigungen beizubringen und einen Kohlendampfer zu kapern. Ein vom türkischen Torpedoboot „Hairet-Millie“ ab- geschossener Torpedo hat den russischen Torpedojager „Ku- banez“, der 1100 Tonnen verdrängte, versenkt, und ein anderer, vom Torpedoboot „Mouapenit-Millie“ abgeschossener Torpedo hat einem anderen russischen Küstenwachtschiff sehr schweren Schaden zugefügt. Drei russische Offiziere und 72 Matrosen wurden von den Unseren gerettet und, da sie zur Bemannung der versenkten und zerstörten Schiffe gehörten, gefangen ge- nommen. Die kaiserliche Flotte hat durch die Gnade Gottes keinerlei Schaden erlitten, und der Kampf geht günstig für unsere Flotte weiter. Die kaiserliche Regierung wird ohne Zweifel mit äußerstem Nachdruck gegen diese feindselige Handlung Einspruch erheben, die von der russischen Flotte gegen einen geringfügigen Teil unserer Flotte unternommen worden ist.

Meldung aus dem Großen Hauptquartier. Großes Hauptquartier, 30. Oktober, vormittags.

Unsere Angriffe südlich Nieuport und östlich Ypres wurden erfolgreich fortgesetzt. Acht Maschinengewehre wurden erbeutet und zweihundert Engländer zu Gefangenen gemacht.

Im Argonnerwald nahmen unsere Truppen mehrere Blockhäuser und Stützpunkte. Nordwestlich Verdun griffen die Franzosen ohne Erfolg an.

Im übrigen ist im Westen und ebenso auf dem östlichen Kriegs-

schauplatz die Lage unverändert.

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Vernichtung eines russischen Kreuzers und eines französischen

Torpedojagers durch die „Emden“.

Kopenhagen. Nach einer amtlichen Petersburger Meldung aus Tokio wurden der russische Kreuzer „Schemtschug“ und ein fran- zösischer Torpedojäger auf der Reede von Pulo Pinang durch Torpedoschüsse des deutschen Kreuzers „Emden“ zum Sinken ge- bracht. Der Kreuzer hätte sich durch Anbringung eines vierten falschen Schornsteins unkenntlich gemacht und konnte sich auf diese Weise den vernichteten Schiffen unerkannt nähern.

Mitteilung der obersten Heeresleitung. Großes Hauptquartier, 31. Oktober, vormittags.

Unsere Armee in Belgien nahın gestern Ramscapelle und Bixschote.

Der Angriff auf Ypres schreitet gleichfalls fort. Sandvoorde, Schloß Hollebeke und Wambeke wurden gestürmt. Auch weiter südlich gewannen wir Boden.

Östlich Soissons wurde der Gegner gleichfalls angegriffen und im Laufe des Tages aus mehreren stark verschanzten Stellungen nördlich von Vailly vertrieben. Am Nachmittag wurde dann Vailly gesturmt und der Feind unter schweren Verlusten über die Aisne zurückgeworfen. Wir machten tausend Gefangene und erbeuteten zwei Maschinengewehre.

Im Argonner Walde sowie westlich von Verdun und nördlich von Toul brachen wiederholte feindliche Angriffe unter schweren Verlusten für die Franzosen zusammen.

Der Kampf auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz hat noch nicht zu einer Entscheidung geführt. Westlich von Warschau folgen die Russen langsam unseren sich neu gruppierenden Kräften.

Die Türkei im Kriege. Die Tätigkeit der türkischen Flotte im Schwarzen Meer. Konstantinopel, 31. Oktober.

Eine amtliche Mitteilung besagt: Aus Aussagen von gefangenen russischen Matrosen und aus der Anwesenheit eines Minenlegers bei der russischen Flotte geht hervor, daß sie die Absicht hatte, den Ein- gang zum Bosporus durch Minen zu sperren, um die türkische Flotte, die durch diese Minensperre in zwei Teile getrennt worden ware,

Den

115 vollständig zu vernichten. In der Annahme, daß sie hierdurch der

Gefahr eines Überfalls ausgesetzt sein würde, und in der Voraus- setzung, daß die Russen die Feindseligkeiten ohne vorherge- gangene Kriegserklärung eröffnet hätten, machte sich die türkische Flotte an die Verfolgung der russischen und zersprengte sie. Sie bom- bardierte Sewastopol, zerstörte im Hafen Noworossisk 50 Petroleum- depots, 14 Militärtransportschiffe sowie mehrere Getreidemagazine und die Station für drahtlose Telegraphie. Ein Kreuzer wurde in den Grund gebohrt, ein anderer russischer Kreuzer schwer beschädigt, der gleichfalls gesunken sein dürfte. Auch ein Schiff der russischen freiwilligen Flotte ist gesunken. In Odessa und Sewastopol sind fünf Petroleumbehälter durch unser Feuer vernichtet worden.

Abreise der Botschafter Rußlands, Englands und Frankreichs. Konstantinopel, 31. Oktober. Den Botschaftern Rußlands, Englands und Frankreichs sind die Pässe zugestellt worden. Der russische und der englische Botschafter reisen heute abend und der französische Botschafter morgen von Konstantinopel ab.

Die turkisch-russischen Feindseligkeiten.

: Die Erfolge der türkischen Flotte.

Konstantinopel, 31. Oktober.

Aus amtlicher Quelle. Der Panzerkreuzer „Sultan Selim“ hat ein russisches, mit 300 Minen beladenes Schiff versenkt und ein Kohlen- transportschiff sowie ein russisches Kanonenboot schwer beschädigt. Außerdem hat er Sewastopol mit Erfolg beschossen.

Der Kreuzer ,,Midilli* hat in Naruski die Petroleum- und Getreide- läger zerstört und vierzehn Transportdampfer versenkt. Der Torpedo- bootszerstörer „Berc-i-Satwet“ hat in Noworossisk die funkentele- graphische Station zerstört. Der Torpedobootszerstörer „Jadig-hiar-ı- Millet“ hat ein russisches Kanonenboot versenkt. Der Torpedoboots- zerstorer „Muavenet-i-Millije“ hat ein anderes Schiff derselben Gattung

| beschädigt.

In Odessa sind die Petroleumbehälter und fünf russische Schiffe

`- beschädigt worden.

Der Kreuzer „Hamidije“ hat Theodosia beschossen und in Kertsch

ein Transportschiff versenkt.

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Mitteilung der obersten Heeresleitung. Großes Hauptquartier, 1. November, vormittags.

In Belgien werden die Operationen durch Überschwemmungen erschwert, die am Yser-Ypreskanal durch Zerstörung der Schleusen bei Nieuport herbeigeführt sind. Bei Ypres sind unsere Truppen weiter vorgedrungen; es wurden mindestens 600 Gefangene gemacht und einige Geschütze der Engländer erbeutet. Auch die westlich Lille kampfenden Truppen sind vorwärtsgekommen.

Die Zahl der bei Vailly gemachten Gefangenen hat sich auf etwa 1500 erhöht. In der Gegend von Verdun und Toul fanden nur kleinere Kämpfe statt.

Im Nordosten standen unsere Truppen auch gestern noch im unentschiedenen Kampf mit den Russen.

Allgemeiner Angriff auf Tsingtau. Tokio, 31. Oktober. Amtlich wird bekanntgegeben, daß der allgemeine Angriff

auf Tsingtau von der Land- und Seeseite am Vormittag begonnen hat.

London, 1. November.

Amtlich wird bekanntgegeben, daß ein indisches Truppen- kontingent sich mit den englischen und japanischen Streitkräften vor Tsingtau vereinigt hat.

Mitteilung der obersten Heeresleitung. Großes Hauptquartier, 2. November, vormittags.

Im Angriff auf Ypres wurde weiter Gelände gewonnen. Mes- sines ist in unseren Händen.

Gegenüber unserem rechten Flügel sind jetzt mit Sicherheit Inder festgestellt. Diese kämpfen nach den bisherigen Feststel- lungen nicht in eigenen geschlossenen Verbänden, sondern sind auf der ganzen Front der Engländer verteilt.

Auch in den Kämpfen im Argonner Walde wurden Fortschritte gemacht. Der Gegner erlitt hier starke Verluste.

Im Osten ist die Lage unverändert. Ein russischer Durch- bruchsversuch bei Szittkehmen wurde abgewiesen.

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Der Krieg zur See. Amtliche Bestätigung. Berlin, 2. November. Die nichtamtliche Meldung über die am 31. Oktober erfolgte

Vernichtung {des englischen Kreuzers „Hermes“ durch ein

deutsches Unterseeboot wird hierdurch amtlich bestätigt. Das

Unterseeboot ist wohlbehalten zurückgekehrt.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes. Behncke. Die Kriegslage. Großes Hauptquartier, 3. November, mittags.

Die Überschwemmungen südlich Nieuport schließen jede Ope- ration in dieser Gegend aus. Die Ländereien sind für lange Zeit vernichtet, das Wasser steht zum Teil über mannshoch. Unsere Truppen sind aus dem überschwemmten Gebiet ohne jeden Verlust an Mann, Pferd, Geschützen und Fahrzeugen herausgezogen.

Unsere Angriffe auf Ypres schreiten vorwärts. Uber 2300 Mann, meistens Engländer, wurden zu Gefangenen gemacht und mehrere Maschinengewehre erbeutet.

In der Gegend westlich Noye fanden erbitterte, für beide Seiten verlustreiche Kämpfe statt, die aber keine Veränderung der dor- tigen Lage brachten. Wir verloren dabei in einem Dorfgefecht einige hundert Mann als Vermißte und zwei Geschütze.

Von gutem Erfolge waren unsere Angriffe an der Aisne öst- lich Soissons. Unsere Truppen nahmen trotz heftigsten feindlichen Widerstandes mehrere stark befestigte Stellungen im Sturm, setzten zich in Besitz von Chavonne und Soupis, machten über 1000 Fran- zosen zu Gefangenen und erbeuteten 3 Geschütze und 4 Maschinen- gewehre.

Neben der Kathedrale von Soissons brachten die Franzosen eine schwere Batterie in Stellung, deren Beobachter auf dem Ka- thedralenturm erkannt wurde. Die Folgen eines solchen Verfahrens, in dem ein System erblickt werden muß, liegen auf der Hand.

Zwischen Verdun und Toul wurden verschiedene Angriffe der Franzosen abgewiesen. Die Franzosen trugen teilweise deutsche Mäntel und Helme.

In den Vogesen in der Gegend von Markirch wurde ein An- griff der Franzosen abgeschlagen. Unsere Truppen gingen hier zum Gegenangriff über.

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Im Osten sind die Operationen noch in der Entwicklung. Zu- sammenstöße fanden nicht statt.

Zur Fortnahme einer zur Sprengung vorbereiteten Brücke trieben am 1. November die Russen (1. sibirisches Armeekorps) Zivilbevölkerung vor ihrer Vorhut her.

Oberste Heeresleitung.

Tokio, 3. November.

Amtlich wird angezeigt, daß die Beschießung Tsingtaus fortdauert. Die meisten deutschen Forts sind zum Schweigen gebracht. Nur zwei beantworten unaufhörlich die zu Wasser und zu Lande unternommenen Angriffe der Verbündeten. Das Bombardement verursachte eine Feuers- brunst in der Nahe des Hafens und die Explosion eines Oltanks. Das Fort Siaochaushan steht in Flammen. Ein deutsches Kanonenboot, das den Schornstein verlor, ist nicht mehr sichtbar.

Der „Frankfurter Zeitung“ wird aus Tokio gemeldet: Der deutsche Gouverneur von Kiautschou beantwortete das japanische Verlangen einer ehrenvollen Übergabe, das durch einen Parlamentär überbracht wurde, mit einem drahtlosen Telegramm an das japanische Flagg-

schiff. Admiral Kato verbot den drahtlosen Verkehr mit dem Feinde und verlangte eine schriftliche Antwort.

Die Türkei im Kriege. Erfolgloses Bombardement auf die Dardanellen.

Frankfurt a. M., 3. November. Die „Frankfurter Zeitung“ meldet aus Konstantinopel: Heute früh nach Sonnenaufgang eröffnete ein aus neun Schiffen bestehendes englisch- französisches Geschwader aus einer Entfernung von 15 km ein Bombarde- ment auf die Dardanellenforts. Die BeschieBung, die von den türkischen Werken erwidert wurde, dauerte zwanzig Minuten. Sie richtete keinerlei

Schaden an. Russische und englische Angriffe.

Konstantinopel, 2. November.

Eine offizielle, durch die Agence Ottomane veröffentlichte Mit- teilung besagt: Nach amtlichen Nachrichten von der kaukasischen Grenze haben die Russen an mehreren Punkten unsere Grenztruppen angegriffen. Sie wurden aber gezwungen, sich zurückzuziehen, wobei sie zum Teil dank dem energischen Widerstand, der von den türkischen Truppen ihnen entgegengesetzt wurde, Verluste erlitten.

Im Mittelmeer haben englische Kreuzer das Feuer eröffnet und ein griechisches Torpedoboot, das sich ihnen näherte, zum Sinken ge- bracht, da sie es für ein türkisches Torpedoboot hielten.

Die Belagerung von Tsingtau.

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Diese beiden Ereignisse zeigen, daß unsere Feinde zu Lande und zu Wasser die Feindseligkeiten gegen uns eröffnet haben, die sie seit langer Zeit gegen uns vorhatten. Die ganze ottomanische Nation

ist bereit, vertrauend auf den Schutz Gottes, des einzigen Schützers von Recht und Billigkeit, auf diese Angriffe zu antworten, die darauf abzielen, unsere Existenz zu vernichten.

Der Krieg zur See. Beute des Kreuzers „Karlsruhe“. London, 3. November.

Wie Lloyds aus Para (Brasilien) gemeldet wird, hat dort der deutsche Dampfer „Asuncion“ die Passagiere und die Mann- schaft des belgischen Dampfers „Van Dyck“ und der englischen Dampfer „Hurstdale* und „Ganton“ an Land gesetzt. Diese Dampfer sind von dem deutschen Kreuzer „Karlsruhe“ erbeutet worden.

Die ganze Nordsee von England als Kriegsgebiet erklärt. London, 3. November.

Die englische Admiralität gibt bekannt: „Infolge der willkürlichen inenlegung durch deutsche Schiffe unter neutraler Flagge muß die ganze Nordsee als Kriegsgebiet angesehen werden. Vom 5. November ab sollen alle Schiffe, die eine bestimmte Linie passieren, vom Nordpunkt der He- briden durch die Faröer Inseln nach Island auf eigenes Risiko fahren, wenn sie sich nicht nach den Vorschriften der Admiralität richten. Den Handelsschiffen aller Nationen nach Norwegen, der Ostsee, Dänemark und Niederlande wird angeraten, durch den Englandkanal nach Dover

zu gehen.“ Vom östlichen Schauplatze.

2500 Russen gefangen. Wien, 3. November, mittags. Amtlich wird verlautbart: In Russisch-Polen brachen unsere Streit- kräfte, als sie eine starke feindliche Armee zur Entwicklung gezwungen hatten, die Gefechte auf der Lysa Gora ab, um die nach den Kämpfen vor Iwangorod befohlenen Bewegungen fortzusetzen. Die Lage in Galizien ist unverändert. Aus den Kämpfen der letzten Tage süd- lih Stary Sambor und nordwestlich Turka wurden bisher 2500 ge- fangene Russen eingebracht. Gestern früh überfielen Husaren bei Rybnik im Stryjtale eine feindliche Munitionskolonne und erbeuteten viele Wagen mit Artilleriemunition. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.

von Hoefer, Generalmajor.

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Tsingtaus heldenmütiger Widerstand.

Das deutsche Artilleriefeuer. London, 3. November. »Daily Telegraph“ meldet aus Peking vom 30. Oktober; Chinesische Pressemeldungen aus Schantung berichten, daß das deutsche Artilleriefeuer planmäßig alle vorgeschobenen japa- nischen Verschanzungen vernichtet und damit jeden Angriff auf unbestimmte Zeit hinausschiebt. Das gesamte Glacis hinter Tsing- tau ist mit Minen übersät, die elektrisch entladen werden.

Die Türkei im Kriege.

Ein mißglückter englischer Landungsversuch. Konstantinopel, 3. November.

Das Hauptquartier veröffentlicht folgende amtliche Meldung: Die englische Flotte hat am l. November Akaba an der ägyptischen Grenze bombardiert und einen Landungsversuch gemacht. Aber nachdem vier Engländer gefallen waren, warfen sich die übrigen wieder in die Boote, obgleich die Engländer Tausende von Artilleriegeschossen verfeuerten, wurde auf unserer Seite nur ein Gendarm getötet.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 4. November, vormittags. Unsere Angriffe auf Ypres, nördlich Arras und östlich Soissons schritten langsam, aber erfolgreich vorwärts. Südlich Verdun und in den Vogesen wurden französische Angriffe abgewiesen. Auf dem! östlichen Kriegsschauplatz hat sich nichts wesent- liches ereignet. Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See.

Ein englisches Unterseeboot zum Sinken gebracht. London, 4. November.

Der Sekretär der Admiralität meldet: Heute am frühen Morgen feuerte ein feindliches Geschwader auf das zur Küstenwache gehörende Kanonenboot „Halcyon“, das auf einer Erkundungsfahrt begriffen war. Ein Mann des „Halcyon“ wurde verwundet. Nachdem das Kanonen- boot die Anwesenheit der feindlichen Schiffe gemeldet hatte, zogen sich diese zurück. Obgleich sie von leichten Kreuzern verfolgt wurden, konnten sie doch nicht vor Anbruch der Dunkelheit zum Kampf ge- stellt werden. Der hinterste deutsche Kreuzer streute bei dem Rück-

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zuge eine Anzahl Minen aus. Durch die Explosion einer derselben wurde das Unterseeboot „D 5“ zum Sinken gebracht. Zwei Offiziere und zwei Mann, die sich auf dem Verdeck des an der Oberfläche

des Wassers schwimmenden Unterseebootes befanden, wurden gerettet.

Der Untergang des Kreuzers „Yorck“. Berlin, 4. November. S. M. Großer Kreuzer „Yorck“ ist am 4. November vormittags in der Jade auf eine Hafenminensperre geraten und gesunken. Nach den bisherigen Angaben sind 382 Mann mehr als die Hälfte der Besatzung gerettet. Die Rettungsarbeiten wurden durch dicken Nebel erschwert. Der stellvertretende Chef des Admiralstabes. Behncke.

Zur Kiiegilagë: Großes Hauptquartier, 5. 8 vormittags.

Gestern unternahmen Belgier, unterstũtzt von Engländern und Franzosen, einen heftigen Ausfall über Nieuport zwischen Meer und Überschwemmungsgebiet. Sie wurden mühelos abgewiesen.

Bei Ypres und südwestlich Lille, sowie südlich Berry-au-Bac, in den Argonnen und in den Vogesen utes unsere Angriffe vorwärts.

Auf dem östlichen E hat sich nichts wesentliches

er t. ae Oberste Heeresleitung.

Unsere Gefangenen bis 1. November.

Amtlich wird gemeldet: Nach den am |. November d. J. eingegan- genen dienstlichen Meldungen über die Zahl der Kriegsgefangenen waren bis zu diesem Termin in unseren Gefangenenlagern, Laza- retten usw. untergebracht:

Franzosen ....... . 3138 Offiziere, 188618 Mannschaften, Russen ........... 3121 a 186 779 5 Belgier 537 a 34907 3 Engländer ........ 417 9 15730 ‘a

Im ganzen... 7213 Offiziere, 426034 Mannschaften oder 433 247 Kopfe.

Gegenüber den letzten Veröffentlichungen zeigen die Zahlen eine

auffallende Steigerung, die sich einmal durch die beträchtlichen Zu-

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gänge erklärt, die seitdem erfreulicherweise zu verzeichnen waren, und dann dadurch, daß in den bisherigen Zusammenstellungen nur diejenigen Kriegsgefangenen aufgeführt waren, die nach den ein- gegangenen Meldungen der Lagerkommandanturen in den Gefan- genenlagern untergebracht waren. Nicht berücksichtigt war u. a. eine große Zahl von Kriegsgefangenen, die sich in Lazaretten befanden, und solche, die außerhalb der Gefangenenlager für Arbeitszwecke Verwendung gefunden hatten. Kriegsgefangene, welche sich am 1. November noch auf dem Transport nach den Gefangenenlagern befanden, sind auch in obiger Zusammenstellung noch nicht ent-

halten.

Verhandlungen zwischen Deutschland und England.

Berlin, 6. November.

Seit längerer Zeit schweben Verhandlungen zwischen Deutschland und England wegen Behandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen, die sich bei Ausbruch des Krieges im Gebiete des anderen Teiles aufhielten. Dabei stand die deutsche Regierung auf dem Standpunkt, daß nach völker- rechtlichen Grundsätzen diese Personen, soweit sie sich nicht verdächtig gemacht hätten, in ihrer Freiheit zu belassen seien, auch ungehindert in ihre Heimat abreisen dürften, daß jedoch den Engländern in Deutschland selbstverständlich keine bessere Behandlung zuteil werden könnte, wie den in England befindlichen Deutschen.

Als daher die britische Regierung zunächst so gut wie sämtlichen Deutschen die Erlaubnis zur Abreise versagte, sind die in Deutschland befindlichen Engländer in gleicher Weise behandelt worden. Den deut- schen Vorschlag, die beiderseitigen unverdächtigen Staatsangehörigen sämt- lich abreisen zu lassen, lehnte die britische Regierung ab; doch wurde eine Vereinbarung dahin getroffen, daß alle Frauen und alle männlichen Personen bis zu 17 und über 55 Jahren, sowie ohne Rücksicht auf ihr Alter alle Geistlichen und Ärzte ungehindert abreisen dürften. Die männ- lichen Personen zwischen 17 und 55 Jahren wurden nicht in die Verein- barung einbezogen, weil die britische Regierung alle Wehrfähigen zurück- halten wollte und als solche auch die Männer zwischen 45 und 55 Jahren ansah

Inzwischen wurden die in England zurückgehaltenen Deutschen in nicht unerheblicher Anzahl festgenommen und als Kriegsgefangene be- handelt. Nach zuverlässigen Nachrichten ist diese Maßnahme in den etzten Tagen auf fast alle wehrfähigen Deutschen ausgedehnt worden, während in Deutschland bisher nur verdächtige Engländer festgenommen Iworden sind. Die völkerrechtswidrige Behandlung unserer Angehörigen hat der deutschen Regierung Anlaß gegeben, der britischen Regierung zu erklären, daß auch die wehrfähigen Engländer in Deutschland fest- genommen werden würden, falls nicht unsere Angehörigen bis zum 5. No- vember aus der englischen Gefangenschaft entlassen werden sollten. Die britische Regierung hat diese Erklärung unbeantwortet gelassen, so daß

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nunmehr die Festnahme der englischen Männer zwischen 17 und 55 Jahren angeordnet worden ist. Die Anordnung erstreckt sich vorläufig nur auf die Angehörigen Großbritanniens und Irlands, würde aber auch auf die Angehörigen der britischen Kolonien und Schutzgebiete ausgedehnt werden, falls die dort lebenden Deutschen nicht auf freiem Fuß belassen werden sollten.

Tsingtaus heldenmütiger Widerstand. Tokio, 5. November.

Amtlich wird mitgeteilt, daß die Beschießung Tsingtaus ener- gisch fortgesetzt wird. Die Deutschen machten in der Nacht des 3. Novembers einen Ausfall.

Die Türkei im Kriege. Erfolg der türkischen Kavallerie. Konstantinopel, 5. November.

Amtlicher Kriegsbericht: Gestern hatte unsere iheldenmütige Kavallerie ein Gefecht mit russischen Kosaken, die geschlagen wurden und sich zurückziehen mußten. Unsere Kavalleriedivisionen bedrohten

die Nachhut der feindlichen Armee.

Russische Verluste auf dem Schwarzen Meere. Mailand, 5. November. Der „Secolo“ meldet aus Bukarest: Ein türkischer Kreuzer bohrte bei Sewastopol das russische Schiff „Großfürst Alexander“ in Grund. Die Mannschaft und die Passagiere wurden nach Konstantinopel ge- bracht. Wahrscheinlich wurde auch das Schiff „Jerusalem“ in Grund gebohrt, da es seit Sonntag nicht mehr auf Funkenruf geantwortet. hat.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 6. November, vormittags.

Unsere Offensive nordwestlich und südwestlich Ypres macht gute Fortschritte. Auch bei La Bassee, nördlich Arras und in, den Argonnen wurde Boden gewonnen.

Unter schweren Verlusten für die Franzosenferoberten unsere Truppen einen wichtigen Stützpunkt im Bois Brule, südöstlich St. Mihiel.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz hat sich nichts wesent- liches ereignet. Oberste Heeresleitung.

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Seegefecht an der chilenischen Küste. Berlin, 6. November.

Nach Meldung des amtlichen englischen Pressebureaus ist am 1. November durch unser Kreuzergeschwader in der Nähe der chile- nischen Küste der englische Panzerkreuzer „Monmouth“ vernichtet, der Panzerkreuzer „Good Hope“ schwer beschädigt worden. Der kleine Kreuzer „Glasgow“ ist beschädigt entkommen. Auf deutscher Seite waren beteiligt: S. M. große Kreuzer „Scharnhorst“ und „Gneisenau“ und S. M. kleine Kreuzer „Nürnberg“, „Leipzig“ und „Dresden“. Unsere Schiffe haben anscheinend nicht gelitten.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes. Behncke.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 7. November, vormittags.

Unsere Angriffe in Richtung Ypres machten auch gestern, besonders südwestlich Ypres, Fortschritte. Uber 1000 Franzosen wurden zu Ge- fangenen gemacht und 3 Maschinengewehre erbeutet.

Französische Angriffe westlich Noyon, sowie auf die von uns genommenen Orte Vailly und Chavonne wurden unter schweren Ver- lusten für den Feind abgewiesen. Der von uns eroberte und nur schwach besetzte Ort Soupir und der: Westteil von Sapigneul, der dauernd unter schwerstem französischem Artilleriefeuer lag, mußten von uns geräumt werden.

Bei Servon wurde der Feind abgewiesen, im Argonner Wald weiter zurückgedrängt.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz wurden drei russische Kavalleriedivisionen, die die Warta oberhalb Kolo überschritten hatten, geschlagen und über den Fluß zurückgeworfen. Im übrigen kam es dort zu keinen Zusammenstößen.

Oberste Heeresleitung.

Zum Gefecht bei Chile. Rotterdam, 7. November. Zuverlässigen Nachrichten zufolge haben nach Aussage des deutschen Admirals in Valparaiso die deutschen Schiffe in dem Seegefecht an der chilenischen Küste keine Verluste erlitten. Nur wenige Leute sind leicht verwundet.

125 Tsingtau gefallen.

Berlin, 7. November. Nach amtlicher Meldung des Reuterbureaus aus Tokio ist Tsingtau nach heldenhaftem Widerstand am 7. November morgens gefallen. Nähere Einzelheiten fehlen noch.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes. Behncke.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 8. November, vormittags.

Unsere Angriffe bei Ypres und westlich Lille wurden gestern fortgesetzt.

Am Westrand der Argonnen wurde eine wichtige Höhe bei Vienne le Chäteau, um die wochenlang gekämpft worden ist, ge- nommen. Dabei wurden zwei Geschütze und zwei Maschinen- gewehre erbeutet.

Sonst verlief der nebelige Tag auf dem westlichen Kriegs- schauplatze ruhig.

Vom Osten liegen keine neuen Nachrichten vor.

Oberste Heeresleitung.

Der letzte Kampf Tsingtaus.

Wie schon gemeldet, ist Tsingtau nach heldenhaftem Widerstande gegen eine gewaltige Übermacht gefallen. Ehre den tapferen Landsleuten in der Ferne! Ehre dem treuen Bundesgenossen, der mit seinem Schiffe „Kaiserin Elisabeth“ in Ostasien bis zuletzt mitstritt. Über die letzten ‚Kämpfe liegt folgende Reutermeldung aus Tokio vor:

Tokio, 7. November.

Der japanische Oberbefehlshaber berichtete heute früh: Der linke Flügel der Belagerer besetzte die nördliche Batterie auf dem Shautan- hügel um 5 Uhr 10 Minuten und die östliche Batterie auf Tatungs- jing um 5 Uhr 35 Minuten. Inzwischen rückte das Zentrum gegen die Forts Iltis und Bismarck vor und eroberte zwei schwere Geschütze in der Nähe der Hauptwerke. Die Angreifer besetzten nacheinander die Forts Moltke, Iltis und Bismarck. Die Garnison hißte um 6 Uhr

die weiße Flagge auf dem Observatorium. Die Küstenforts folgten ihrem Beispiel um 7 Uhr 30 Minuten.

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126 Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 9. November, vormittags. Wieder richteten gestern nachmittag mehrere feindliche Schiffe

ihr Feuer gegen unseren rechten Flügel, sie wurden aber durd unsere Artillerie schnell vertrieben.

Ein in den Abendstunden aus Nieuport heraus unternommener und in der Nacht wiederholter Vorstoß des Feindes scheiterte gänzlich.

Trotz hartnäckigsten Widerstandes schritten unsere Angriffe bei Ypern langsam, aber stetig vorwärts; feindliche Gegenangriffe südwestlich Ypern wurden abgewiesen und mehrere hundert Mann zu Gefangenen gemacht.

Im Osten wurde ein Angriff starker russischer Kräfte nörd- lich des Wysztyter Sees unter schweren Verlusten für den Feind zurückgeschlagen. Die Russen ließen über 4000 [Mann als Ge fangene und 10 Maschinengewehre in unseren Händen.

Oberste Heeresleitung.

Der Krieg gegen Serbien und Montenegro.

Zwei serbische Armeen geschlagen. Wien, 9. November.

Amtlich wird gemeldet: 9. November. Unsere Operationen auf dem südlichen Kriegsschauplatz nehmen einen durchweg günstigen Verlauf. Während jedoch unsere Vorrückung über die Linie Sabac-Ljesnica an den stark verschanzten Bergfüßen auf zähesten Widerstand stieß, haben die dreitägigen Kämpfe in der Linie Loznica-Krupanj-Ljubovija bereits mit einem durchgreifenden Erfolge geendet.

Die Türkei im Kriege. Die Russen im Kaukasus geschlagen.

Konstantinopel, 8. November, 6 Uhr abends. Ein amtlicher Bericht aus dem Großen Hauptquartier lautet: „In dem Kampf, der seit zwei Tagen an der kaukasischen Grenze andauerte, ist die russische Armee vollkommen geschlagen worden. Unsere Armee hält die russischen Stellungen besetzt.

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 10. November, vormittags.

Unsere Angriffe bei Ypern schritten auch gestern langsam vorwärts. Uber 500 Franzosen, Farbige und Englander wurden gefangen genommen und mehrere Maschinengewehre erbeutet.

Auch weiter südlich arbeiteten sich unsere Truppen vor. Heftige Gegenangriffe der Engländer wurden zurückgewiesen.

Im Argonner Walde machten wir gute Fortschritte, feindliche Vorstöße wurden leicht abgewehrt.

In Russisch-Polen bei Konin zersprengte unsere Kavallerie ein russisches Bataillon, nahm 500 Mann gefangen und erbeutete acht Maschinengewehre. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze. Die Operationen in Galizien. Wien, 11. November.

Amtlich wird verlautbart: 11. November, mittags. Die Operationen auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz entwickeln sich plangemäß und ohne Störung durch den Feind. In dem von uns freiwillig ge- raumten Gebiet Mittelgaliziens sind die Russen über die untere Wis- loka, über Rzeszow und in den Raum von Lisko vorgerückt. Przemysl ist wieder eingeschlossen.

Im Stryj-Tale mußte eine feindliche Gruppe vor dem Feuer eines Panzerzuges und überraschend aufgetretener Kavallerie unter großen Verlusten flüchten.

Der stellvertretende Chef des Generalstabes von Hoefer, Generalmajor.

Die Türkei im Kriege. Türkische Erfolge im Kaukasus und in Agypten. Konstantinopel, Il. November.

Amtliche Meldung aus dem Hauptquartier. Im Kaukasus hat der Feind sich auf die zweite Linie seiner Stellungen zurück- gezogen und große Verluste erlitten. Wir haben eine Anzahl Gefangene gemacht. Unsere Offensive dauert fort.

Unsere Truppen, die die ägyptische Grenze überschritten hatten, haben die Stellung von Scheikzar und das Fort El Arisch besetzt; wir haben den Engländern vier Feldgeschütze und Feld- telegraphenmaterial abgenommen.

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 11. November vormittags.

Am Yserabschnitte machten wir gestern gute Fortschritte, Dixmuiden wurde erstürmt, mehr als 500 Gefangene und 9 Ma- schinengewehre fielen in unsere Hände.

Weiter südlich drangen unsere Truppen über den Kanal vor.

Westlich Langemark brachen junge Regimenter unter dem Gesange „Deutschland, Deutschland über alles“ gegen die erste Linie der feindlichen Stellungen vor und nahmen sie. Etwa 2000 Mann. französischer Linieninfanterie wurden gefangen und 6 Maschinen- gewehre erbeutet.

Südlich Ypern vertrieben wir den Gegner aus St. Eloi, um das mehrere Tage erbittert gekämpft worden ist. Etwa 1000 Ge- fangene und 6 Maschinengewehre gingen dort in unseren Besitz über.

Trotz mehrfacher heftiger Gegenangriffe der Engländer blieben die beherrschenden Höhen nördlich Armentieres in unserer Hand.

Südwestlich Lille kam unser Angriff vorwärts.

Große Verluste erlitten die Franzosen bei dem Versuch, die beherrschende Höhe nördlich Vienne le Chateau am Westrand der Argonnen zurückzuerobern. Auch im Argonnenwald sowie nord- östlich und südlich Verdun wurden französische Vorstöße überall zurückgeworfen.

Vom östlichen Kriegsschauplatz liegen keine Nachrichten von

Bedeutung vor. Oberste Heeresleitung.

„Emden“ und „Königsberg“. Berlin, 1. November.

Nach amtlicher Bekanntmachung der englischen Admirahtat wurde S. M. S. „Emden“ am 9. November früh bei den Kokos- inseln im Indischen Ozean, während eine Landungsabteilung zur Zerstörung der englischen Funken- und Kabelstation ausgeschifft war, von dem australischen Kreuzer „Sydney“ angegriffen. Nach hartnackigem verlustreichen Gefecht ist S. M. S. „Emden“ durch die überlegene Artillerie des Gegners in Brand geschossen und von der eigenen Besatzung auf Strand gesetzt worden.

Die englische Admiralität gibt ferner bekannt, daß S. M. S. „Königsberg“ im Rufidschifluß (Deutsch- Ostafrika), sechs Seemeilen

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oberhalb der Mündung, von dem englischen Kreuzer „Chatham“ durch Versenken eines Kohlendampfers blockiert worden ist. Ein Teil der Besatzung soll sich in einem befestigten Lager an Land verschanzt haben. Eine Beschießung durch „Chatham“ scheint ohne Wirkung gewesen zu sein.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes Behncke.

Großes Hauptquartier, 12. November, vormittags. Der über Nieuport bis in den Vorort Lombartzyde vorgedrungene

Feind wurde von unseren Truppen über die Yser zurückgeworfen. Das östliche Yserufer bis zur See ist vom Feinde geräumt. Ä

Der Angriff über den Yserkanal südlich Dixmuiden schritt fort. In Gegend östlich Ypern drangen unsere Truppen weiter vorwärts. Im ganzen wurden mehr als 700 Franzosen gefangen sowie vier Geschütze und vier Maschinengewehre erbeutet.

Feindliche Angriffe westlich des Argonnenwaldes und im Walde selbst wurden abgewiesen.

Im Osten warf unsere Kavallerie östlich Kalisch die erneut vorgegangene überlegene russische Kavallerie zurück.

Oberste Heeresleitung.

Deutscher Bericht über den Fall von Tsingtau. Berlin, 12. November.

Durch Vermittlung der japanischen Gesandschaft in Peking ist folgende vom Gouverneur von Tsingtau an Seine Majestät den Kaiser erstattete Meldung hierher gelangt:

Tsingtau, 9. November.

Festung nach Erschöpfung aller Verteidigungsmittel durch Sturm und Durchbrechung in der Mitte gefallen. Befestigung und Stadt vorher durch ununterbrochenes neuntägiges Bombardement von Land mit schwerstem Geschütz bis 28 cm Steilfeuer, verbunden mit starker Beschießung von See schwer erschüttert; artilleristische Feuerkraft zum Schluß völlig gebrochen. Verluste nicht genau übersehbar, aber trotz anhaltenden Feuers wie durch ein Wunder viel geringer, als zu

erwarten. gez. Meyer-Waldeck.

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Der Krieg zur See. Erfolg eines deutschen Unterseebootes auf der Höhe von Dover. London, 12. November.

Die englische Admiralität meldet, daß das englische Torpedokano- nenboot „Niger heute morgen auf der Höhe von Dover von einem deutschen Unterseeboot zum Sinken gebracht wurde. Alle Offiziere und 37 Mann der Besatzung wurden gerettet.

„Niger“, 1892 von Stapel gelaufen, 820 t Wasserverdrangung, etwa 20 Seemeilen Geschwindigkeit, zwei 12 cm- und vier 4,7 cm- Geschütze, 85 Mann Besatzung.

Berlin, 12. November.

Nach einer weiteren hier eingegangenen Meldung der englischen Admiralität sind 77 Mann von der Besatzung des untergegangenen Torpedokanonenbootes „Niger“ gerettet.

Die Überlebenden der „Emden.“ London, II. November.

(Amtliche Meldung des Reuterschen Bureaus.) Der Kapitan des kleinen Kreuzers „Emden“ von Muller und der Leutnant zur See Franz Joseph Prinz von Hohenzollern sind beide kriegsgefangen und nicht verwundet. Die Verluste der „Emden“ betragen 200 Tote und 30 Verwundete. Die Admiralitat hat angeordnet, daß den Uber- . lebenden der „Emden“ alle kriegerischen Ehren zu erweisen sind, und daß der Kapitän sowie die Offiziere ihre Säbel behalten.

Der Heilige Krieg. Konstantinopel, 12. November. Eine Proklamation des Sultans an das Heer verkündet den

Heiligen Krieg für alle Muselmanen.

Die Türkei im Kriege. Der russische Rückzug im Kaukasus. Konstantinopel, 12. November.

Die Agence Ottomane veröffentlicht gegenüber den Mel- dungen der Russen über ihre angeblichen Siege im Kaukasus eine Mitteilung, in der sie die amtlichen Nachrichten aus dem Hauptquartier bestätigt und feststellt, daß die Russen in der gleichen Weise seit Beginn des Krieges versucht haben, ihre ihnen von Österreich-Ungarn und Deutschland zugefügten Nieder- lagen zu verheimlichen.

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Nach der Mitteilung des Hauptquartiers gelang der türkischen Armee ihr Angriff, der gestern früh begann, vollkommen. Die Russen konnten sich in ihrer zweiten Linie kaum anderthalb Tage halten. Die eingelaufenen Nachrichten besagen wörtlich: Der Feind wurde mit Gottes Hilfe gezwungen, seine Stellungen zu raumen. Er weicht auf der ganzen Front zurück und wird von allen Seiten verfolgt.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 13. November, vormittags.

Am Yserabschnitt bei Nieuport brachten unsere Marinetruppen dem Feinde schwerste Verluste bei und nahmen 700 Franzosen gefangen. Bei den gut fortschreitenden Angriffen bei Ypern wurden weitere 1100 Mann gefangen genommen.

Heftige französische Angriffe westlich und östlich Soissons wurden unter empfindlichen Verlusten für die Franzosen zurück- geschlagen.

An der ostpreußischen Grenze bei Eydtkuhnen und südlich davon, östlich des Seenabschnitts, haben sich erneute Kämpfe ent- wickelt; eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 14. November, vormittags.

Die Kämpfe in Westflandern dauern noch an, in den letzten Tagen behindert durch das regnerische und stürmische Wetter. Unsere Angriffe schritten weiter langsam vorwärts, südlich Ypern wurden 700 Franzosen gefangen genommen. Englische Angriffe westlich Lille wurden abgewiesen. Bei Berry-au-Bac mußten die Franzosen eine beherrschende Stellung räumen.

Ilm Argonnenwalde nahm unser Angriff einen guten Fort- sang; die Franzosen erlitten starke Verluste ‚und ließen, auch gestern wieder über 150 Gefangene in unseren Händen.

In Ostpreußen dauern die Kämpfe noch an. Bei Stallupönen wurden 500 Russen gefangen genommen, bei Soldau fiel noch keine Entscheidung. In Gegend Wloclawec wurde ein russisches Armeekorps zurückgeworfen; 1500 Gefangene und 12 Maschinen- sewehre fielen in unsere Hände.

Oberste Heeresleitung.

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Der Krieg zur See. Amtlicher Bericht über das Seegefecht von Coronel. Berlin, 14. November.

Uber das Seegefecht von Coronel ist auf telegraphischem Wege von Nordamerika folgender Bericht des Chefs des Kreuzergeschwaders eingegangen:

Am l. November trafen auf der Höhe von Coronel S. M. Schiffe „Scharnhorst“, „Gneisenau“, „Leipzig“ und „Dresden“, die englischen Kreuzer „Good Hope“, „Monmouth“, „Glasgow“ und Hilfskreuzer „Otranto“ ein. S. M. Schiff „Nürnberg“ war während der Schlacht detachiert. Bei schwerem Seegang wurde das Feuer auf große Ent- fernung eröffnet und die Artillerie der feindlichen Schiffe in 52 Minuten zum Schweigen gebracht; das Feuer wurde nach Einbruch der Dunkel- heit eingestellt. „Good Hope“ wurde, durch Artilleriefeuer und Ex- plosion ischwer beschädigt, in der Dunkelheit aus Sicht verloren; „Monmouth“ wurde auf der Flucht von „Nürnberg“ gefunden; sie hatte starke Schlagseite, wurde beschossen und kenterte. Rettung der Besatzung war wegen schweren Seegangs und aus Mangel an Booten nicht möglich. „Glasgow“, anscheinend leicht beschädigt, entkam. Der Hilfskreuzer flüchtete nach dem ersten Treffer aus dem Feuerbereich. Auf unserer Seite keine Verluste, unbedeutende Be- schädigungen.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes : Behncke.

„Der große, heilige Krieg der Türkei.“ Konstantinopel, 13. November. Der Sultan hat folgendes Manifest erlassen: An meine Armee und Flotte!

Infolge der Erklärung des Krieges zwischen den Großmächten waret Ihr unter die Fahnen berufen, um nötigenfalls gegen die auf eine Gelegenheit lauernden Feinde die Rechte und den Bestand unserer Regierung und unseres Landes zu: verteidigen, das stets un- gerechten, unerwarteten Angriffen ausgesetzt war. Während wir so in bewaffneter Neutralität lebten, eröffnete die russische Flotte, die in das Schwarze Meer ausgelaufen war, um im Bosporus Minen zu legen, plötzlich das Feuer gegen einen Teil unserer Flotte, der gerade Manöver abhielt, und während wir erwarteten, daß Rußland diesen dem Völkerrecht widersprechenden Angriff wieder gutmachen werde, hat es ebenso wie seine Verbündeten, Frankreich und England, die Beziehungen zu unserer Regierung abgebrochen, indem es seinen

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Botschafter abberief. Unmittelbar darauf überschritt die russische Armee unsere Ostgrenze, während die vereinigte englische und fran- zösische Flotte die Dardanellen, sowie englische Schiffe Akaba be- schossen. Angesichts derartiger aufeinderfolgender Akte verräterischer Feindseligkeiten waren wir gezwungen, den Frieden aufzugeben, den wir immer wünschten, und im Vereine mit Deutschland und Österreich-Ungarn zu den Waffen zu greifen, um unsere gesetz- mäßigen Rechte zu verteidigen. Seit drei Jahrhunderten hat Ruß- land unserm Reiche schwere Nachteile zugefügt und sich immer be- muht, sei es durch Krieg, sei es durch jede Art von List und Intrige, jede sich kundgebende Aufrichtung, die zur Erhöhung unserer nationalen Kraft und Größe hätte führen können, zu unterdrücken. Rußland, England und Frankreich, die Millionen von Muselmanen unter ihrer tyrannischen Verwaltung halten, haben niemals aufgehört, Hintergedanken gegen unser erlauchtes Kalifat zu hegen, mit dem diese Muselmanen durch Religion und Gefühl verbunden sind. Sie wurden die Urheber und Anstifter allen Unglücks und Ungemachs, das gegen uns gerichtet war. Durch den großen heiligen Krieg, den wir heute unternehmen, werden wir mit Gottes Hilfe den Angriffen ein Ende setzen, die einerseits gegen den Ruhm unseres Kalifats, anderseits gegen die Rechte unseres Reichs gerichtet waren. Die ersten Schläge, die wir mit der Hilfe Gottes und dem Beistande des Propheten unseren Feinden durch unsere Flotte im Schwarzen Meer und durch unsere tapfere Armee in den Dardanellen, bei Akaba und an der Grenze des Kaukasus versetzten, haben unsere Über- zeugung bestärkt, daß unser Kampf auf dem Wege des Rechtes vom Siege gekrönt sein wird. Die Tatsache, daß die Gebiete und die Armeen unserer Feinde heute unter dem festen Druck unserer Ver- bündeten stehen, erhöht noch diese Überzeugung.

Meine heldenmütigen Soldaten! Laßt nie ab von der Festig- keit und Ausdauer in diesem heiligen Kriege, den wir gegen die Feinde eröffnen, die unsere heilige Religion und unser teures Vater- land angreifen wollen! Stürzet Euch wie Löwen ungestüm auf den Feind, weil ebenso wie unser Reich auch das Leben und die künf- tige Existenz von 300 Millionen Muselmanen, die ich durch das heilige Fetwa zum heiligen Kriege aufrufe, von Eurem Siege ab- hangen. Die Wünsche und Gebete von 300 Millionen unschuldiger, bedrückter Gläubigen, die in den Moscheen und Medschids sowie in der Kaaba sich mit Inbrunst an den Herrn der Welten wenden, sie begleiten Euch! Soldaten, meine Kinder! Die Pflicht, die Euch heute obliegt, war niemals bis jetzt irgend einer anderen Armee der Welt auferlegt. Zeiget, indem Ihr diese Pflicht erfüllt, daß Ihr würdige Nachfolger der Armeen der Ottomanen seid, die einst die ganze Welt erzittern ließen, damit der Feind nicht mehr wage, an unser heiliges Gebiet zu rühren und die geweihte Erde von Hedschas, die die göttliche Kaaba und das Grab des Propheten

birgt, zu stören. Zeigt in wirksamer Weise den Feinden, daß eine

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Armee und Flotte der Ottomanen bestehen, die dem Tode für den Herrscher trotzen und ihre Religion, ihr Vaterland und ihre mili- tärısche Ehre mit den Waffen zu verteidigen wissen, da das Recht und die Gerechtigkeit auf unserer Seite, die Ungerechtigkeit und die Unterdrückung auf der Seite unserer Feinde sind. Es besteht kein Zweifel, daß zur Vernichtung unserer Feinde uns die Gnade des Allmächtigen und der geistige Beistand des Propheten helfen und uns beschützen werden. Ich bin überzeugt, daß wir aus diesem heiligen Kriege glorreich und mächtig hervorgehen werden. Vergesset nicht, daß Ihr in diesem Kriege die Waffenbrüderschaft eingeht mit zwei der bedeutendsten und mächtigsten Armeen der Welt. Mögen Eure Märtyrer den Märtyrern, die Euch vorangegangen sind, einen neuen glücklichen Sieg bringen, möge der Säbel derjenigen, die

überleben werden, scharf sein. 167 (gez.): MehmedjReschad.

Eine Erwiderung der Deutschen Regierung.

Die Deutsche Regierung hat den neutralen Machten nachstehende Erwiderung auf den Protest der Britischen Regierung gegen das Legen deutscher Minen in der Nordsee zugestellt.

Der Deutschen Regierung ist bekannt geworden, daß die Britische Regierung unter dem 20. September d. J. an die neutralen Mächte eine Note gerichtet hat,{worin sie gegen die Legung deutscher Minen Verwahrung einlegt. In dem Proteste wird behauptet, daß die Minen in völkerrechtswidriger Weise und an unzulässigen Stellen gelegt, daß sie nicht hinreichend verankert und überwacht und den Neutralen nicht vorschriftsmäßig angezeigt seien. Es wird ferner hingewiesen auf die entgegenstehenden,Erklarungen des ersten deutschen Bevoll- mächtigten auf der Zweiten Haager Friedenskonferenz und auf die willkürliche Schädigung des neutralen Handels, die das deutsche Vor- gehen auf dem freien Meer in sich schließen soll.

Auf diesen Protest hat die Deutsche Regierung nachstehendes zu erwidern.

I.

Bei der Verurteilung des angeblichen deutschen Vorgehens stützt sich die Britische Regierung auf das achte Haager Abkommen vom 18. Oktober 1907 über die Legung von unterseeischen selbsttätigen Kontaktminen. Dabei übersieht sie, daß nach Artikel 7 dieses Ab- kommens seine Bestimmungen zwischen den Vertragsmächten nur Anwendung finden, wenn die Kriegführenden sämtlich Vertragsparteien sind. Nun hat aber das mit England verbündete Rußland das Ab-

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kommen nicht ratifiziert; es ist also völkerrechtlich in dem gegen- wartigen Kriege für keinen Beteiligten bindend.

Dennoch hat sich die Deutsche Regierung an seine Bestimmungen, abgesehen von dem Artikel 2, den sowohl Deutschland wie Frank- reich ausdrücklich vorbehalten haben, freiwillig gebunden. Die Be- hauptung der Britischen Regierung, daß diese Bestimmungen deutscher- seits verletzt worden seien, wird auf das entschiedenste bestritten.

II.

l. Ein völkerrechtswidriges Verfahren findet die Britische Re- gierung zunächst darin, daß die deutschen Minen offenbar ‚durch Fischerbote, vielleicht sogar unter neutraler Flagge {gelegt worden seien, die sich anscheinend dem friedlichen Fischereigewerbe hin- gegeben hätten. Diese Behauptung ist unzutreffend und völlig aus der Luft gegriffen; die deutschen Minen sind ausschließlich von deut- schen Kriegsschiffen gelegt worden.

2. Die Britische Regierung beschwert sich darüber, daß deutsche Minen bis auf fünfzig Meilen von der englischen Küste und nicht nur auf britischen, sondern auch auf neutralen Zufahrtsstraßen gelegt worden seien. Wie weit von der Küste und den Häfen des Gegners Minen verankert werden dürfen, ist in dem Abkommen [nicht be- stimmt, auch nicht durch eine völkerrechtliche Übung festgelegt; im übrigen ist die englische Angabe über die Entfernung der deutschen Minen von der bedrohten Küste weit übertrieben, vielmehr sind die Minen so nahe gelegt worden, wie es die Gestaltung des Anker- grundes und die Verhältnisse der Küste gestatteten. Unwahr ist die Behauptung [uber die [Sperrung neutraler Zufahrtsstraßen, keine deutsche Mine ist auf der Zufahrtsstraße von der hohen See zu einem neutralen Hafen gelegt worden.

3, Der britische Protest behauptet ferner, in zahlreichen Fällen seien deutsche Minen treibend gefunden worden, ohne ihre Spreng- wirkung verloren zu haben. Deutscherseits sind die Minen mit aller möglichen Sorgfalt verankert worden. Sollten einzelne infolge der Strömungen oder Stürme ins Treiben gekommen sein, so sind diese Fälle jedenfalls weit weniger zahlreich als die englischerseits gelegten Minen, die an der belgischen und niederländischen Küste’angetrieben sind und dort durch ihre 'unverminderte Sprengwirkung Schaden getan haben.

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4. Die Pflicht, die Minen zu überwachen, deren Verletzung britischerseits gerügt wird, kann -naturgemäß einer kriegführenden Partei nur so lange obliegen, als sie den Teil des Kriegsschauplatzes beherrscht, auf dem sie in völkerrechtlich zulässiger Weise Minen gelegt hat. Diese Pflicht wird also in der Regel nur für defensive Minen, ‚nicht aber für offensive Minen gegeben sein. Für letztere fällt, wenn ‚der Kriegführende sie sachgemäß gelegt und ihre Legung angezeigt hat, jede weitere Verantwortung hinweg.

5. In dem britischen Proteste wird der Deutschen Regierung ‚vorgeworfen, daß sie niemals irgend eine Bekanntmachung über den Ort der Minenlegung erlassen habe. Diese Behauptung widerstreitet ‚den Tatsachen. Schon am 7. August 1914 hat die Deutsche Re- gierung allen neutralen Mächten die Mitteilung zugehen lassen, daß die Zufahrtsstraßen zu den englischen Häfen deutscherseits durch Minen gesperrt werden würden. Die neutrale Schiffahrt war daher über die Tatsache der Minenlegung und über die Orte, an denen sie ‚deutsche Minen zu erwarten hatte, aufgeklärt. Wenn die Deutsche Regierung nicht die genaue Lage der einzelnen Minen angegeben hat, so erklärt sich dies aus den Umständen, unter denen die Minen- ‚legung erfolgen mußte.

III.

Der Aufwand an starken Worten und sittlicher Entrüstung. wo- mit der britische Protest die Deutsche Regierung vor den neutralen Mächten denunziert, ist hiernach durch das deutsche Vorgehen in keiner Weise gerechtfertigt. Dieser Protest ist offenbar nur ein Mittel, um die englischerseits beliebten schweren Verletzungen der in der Londoner Seekriegsrechtserklärung niedergelegten Regeln des geltenden Völkerrechts zu verdecken und die inzwischen erfolgte völkerrechts- widrige Schließung der Nordsee, die in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung der Blokade neutraler Küsten gleichkommt, in der öffentlichen Mei- nung vorzubereiten. Angesichts dieser Tatsachen berührt es doppelt eigentümlich, wenn sich die Britische Regierung als Vorkämpferin des „feststehenden und allgemein angenommenen Grundsatzes der Freiheit. der Meere für den friedlichen Handel“ aufwirft; ein fried- licher Handel ist augenscheinlich für das im Kriege befindliche Eng- land nur derjenige neutrale Handel, der Waren nach England bringt, ‘nicht aber derjenige, der Waren seinen Gegnern zuführt oder mög- ‚licherweise zuführen könnte.

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Die Deutsche Regierung ist überzeugt, daß die andauernde Ver- gewaltigung des neutralen Handels durch England den britischen Protest überall in dem richtigen Lichte erscheinen lassen wird. Sie ist sich bewußt, ihrerseits bei den durch die militärische Notwendigkeit gebotenen Maßnahmen die Gefährdung oder Schädigung neutraler Schiffahrt in möglichst engen Grenzen gehalten und sich dabei streng nach den Regeln gerichtet zu haben, die bisher zwischen zivilisierten Völkern für die Seekriegführung galten. Dagegen rechtfertigt sich die Beeinträchtigung der neutralen Lebensinteressen von englischer Seite durch kemerlei militärische Notwendigkeit, da sie mit den kriegerischen Maßnahmen nicht im Zusammenhange steht und lediglich die Volks- wirtschaft des Feindes durch Lahmlegung des legitimen neutralen Handels treffen will. Diese grundsätzliche Mißachtung der von ihr angerufenen Meeresfreiheit nimmt der Britischen Regierung jedes Recht, in der Frage der die Neutralen ungleich weniger schädigenden Minenlegung als Anwalt dieser Freiheit aufzutreten.

Berlin, den 7. November 1914.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 15. November, vormittags.

Die` Kämpfe auf dem rechten Flügel zeitigten, auch gestern durch ungünstiges Wetter beeinflußt, nur geringe Fortschritte. Bei dem mühsamen Vorarbeiten wurden einige hundert Franzosen und Engländer gefangen und 2 Maschinengewehre erbeutet.

Im Argonnenwalde gelang es, einen starken französischen Stützpunkt zu sprengen und im Sturm zu nehmen.!

Die Meldung der Franzosen, sie hätten eine deutsche Abtei- lung „bei Coincourt (südlich Marsal) in Unordnung !gebracht“, ist erfunden. Die Franzosen hatten vielmehr hier erhebliche, Verluste, während wir keinen Mann verloren.

Im Osten dauern an der Grenze Ostpreußens und in Russisch- Polen die Kämpfe fort. Eine Entscheidung ist noch nicht erfolgt.

| Oberste Heeresleitung.

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Vom östlichen Schauplatze.

Die Verteidigung von Przemysl. Wien, 15. November. Amtlich wird verlautbart: 15. November mittags. Die Verteidi- gung der Festung Przemysl wird wie bei der ersten Einschließung mit größter Aktivität geführt. So drängte ein gestriger größerer Aus- fall nach Norden den Feind bis in die Höhen von Rokietnica zurück. Unsere Truppen hatten bei dieser Unternehmung nur minimale Verluste. In den Karpathen wurden vereinzelte Vorstöße feindlicher De- tachements mühelos abgewiesen. Auch an der übrigen Front vermag die russische Aufklärung nicht durchzudringen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Generalmajor.

Der Krieg zur See. Ein japanisches Torpedoboot gesunken. Tokio, 14. November. Ein japanisches Torpedoboot wurde beim Minenfischen in der Bucht von Kiautschou durch eine Mine zum Sinken gebracht.

Die Turkei im Kriege. Einmarsch türkischer Truppen in Persien. Konstantinopel, 15. November.

Amtliche Mitteilung aus dem Hauptquartier. Unsere Truppen haben die Stellung von Kotur in der persischen Provinz Aserbeid- schan besetzt, die bisher von den Russen besetzt war; diese wurden geschlagen und flohen. Heute haben leichte Gefechte zwischen unseren verfolgenden Truppen und ihrer Nachhut stattgefunden.

Die Kämpfe bei Köpriköi waren sehr heftig. Unsere Truppen zeigten eine außergewöhnliche Tapferkeit; eines unserer Regimenter machte drei Bajonettangriffe gegen die Hohe 1905, in deren Verlauf der Kommandeur und die meisten Offiziere eines Bataillons fielen; endlich drangen unsere Truppen mit einem Mut, der auch in der ruhmreichen ottomanischen Geschichte ehrenvoll hervortritt, in diese Stellung ein. Nicht ein Mann von der feindlichen Besatzung dieser Hohe ist entkommen. Unter der sehr großen Beute befindet sich viel Befestigungsmaterial.

Gegen die bei Fao an der Küste der Provinz Bassorah gelan- deten Engländer wurde ein heftiger Angriff unternommen; von den: Engländern fielen 60 Mann.

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Konstantinopel, 14. November.

Ein Privattelegramm der Agence Ottomane bestätigt die Ein- nahme der persischen Stadt Kotur durch die türkischen Truppen und die regellose Flucht der diesen Teil Persiens okkupierenden Russen. In dem Telegramm heißt es: Die muselmanischen Stämme vereinigen bich in Massen mit ihren Glaubensgenossen. Die persische Bevölkerung zeigt sich den türkischen Truppen gegenüber voller Dank und über- häuft sie mit Ehren.

Der Khedive übernimmt das Kommando. Athen, 15. November.

Nach einer Mitteilung aus guter Quelle wird der Khedive, begleitet von 50 Personen, demnächst Konstantinopel verlassen, um das Kommando in dem Feldzug gegen Agypten zu übernehmen.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 16. November, vormittags.

Auf dem westlichen Kriegsschauplatz war gestern die Tätig- keit beider Parteien infolge des herrschenden Sturmes und Schnee- treibens nur gering. In Flandern schritten unsere Angriffe langsam vorwärts, im Argonnenwalde errangen wir jedoch einige größere Erfolge.

Die Kämpfe im Osten dauern fort. Gestern warfen unsere in Ostpreußen kampfenden Truppen den Feind in der Gegend südlich von Stallupönen; die aus Westpreußen operierenden Truppen wehrten bei Soldau den Anmarsch russischer Kräfte erfolgreich ab und warfen am rechten Weichselufer vormarschierende starke russische Kräfte in einem siegreichen Gefecht bei Lipno auf Plock zurück. In diesen Kämpfen wurden bis gestern 5000 Gefangene gemacht und 10 Maschinengewehre genommen.

In den seit einigen Tagen in Fortsetzung des Erfolges bei Wiloclawec stattgehabten Kämpfen fiel die Entscheidung. Mehrere uns entgegengetretene russische Armeekorps wurden bis über Kutno zurückgeworfen. Sie verloren nach den bisherigen Fest- stellungen 23000 Mann an Gefangenen, mindestens 70 Maschinen- gewehre und Geschütze, deren Zahl noch nicht feststeht.

Oberste Heeresleitung.

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Die Türkei im Kriege. Telegrammwechsel Kaiser Wilhelms und Sultan Mehemeds. Konstantinopel, 16. November.

Kaiser Wilhelm hat an den Sultan folgende Depesche gerichtet:

In dem Augenblicke, wo ich das Vergnügen habe, im Haupt- quartier meiner tapferen Armeen drei Prinzen aus der Kaiserlich osmanischen Familie zu empfangen, lege ich Wert darauf, Eurer Majestät zum Ausdruck zu bringen, daß ich volles Vertrauen in den Erfolg unserer Armeen habe, die sich vereinigt haben, um mit gleichem Ziele für Recht, Freiheit und Gerechtigkeit

zu kämpfen.

Der Sultan erwiderte mit folgendem Telegramm:

Der außerordentlich wohlwollende Empfang, dessen Gegen- stand meine Neffen seitens Eurer Majestät bei ihrer Ankunft im Hauptquartier der tapferen Kaiserlichen Armeen waren, ist ein Zeichen der kostbaren Freundschaft Eurer Majestät mir gegenüber, sowie ein deutlicher Beweis der Vereinigung unserer Armeen in dem gleichen Gefühle der Hingebung und des Ver- trauens. Ich beeile mich, Eurer Majestät aus diesem Anlaß meinen lebhaftesten Dank auszusprechen und ich lege Wert darauf, Eurer Majestät meine größte Bewunderung für die groß- artigen Heldentaten Ihrer Armeen und Flotten zum Ausdruck zu bringen. Es ist mir ein großes Vergnügen, Eurer Majestät zur Kenntnis zu bringen, daß meine tapferen Armeen nach blutigem Kampfe die russische Armee vollständig geschlagen haben und sie siegreich verfolgen. Ich erblicke in diesem ersten Siege meiner Armeen gern ein gutes Vorzeichen für den end- gültigen Erfolg unseres gemeinsamen Zieles und hege die feste Zuversicht, daß mit Hilfe des Allmächtigen diesem Siege bald größere Siege unserer verbündeten Heere auf drei Kontinenten wie auch auf allen Meeren folgen werden.

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Der Krieg zur See.

Die Beute der „Karlsruhe“. Amsterdam, 16. November.

Das „Handelsblad“ meldet aus London: Der Kapitän des hol- ländischen Dampfers „Maria“, der mit einer Ladung von Punta Arenas nach England unterwegs war, erzählte, daß sein Schiff am 20. Septembe von dem deutschen Kreuzer „Karlsruhe“ beschlagnahmt und versenkt wurde. Der Kapitän und die Mannschaft der „Maria“ wurden an Bord des Begleitschiffes „Crefeld“ gebracht. Die „Karlsruhe“ hatte damals bereits die Dampfer „Powicastle“, „Strathroy“, „Maplebranch“, „High- landhope und „Indrani“ beschlagnahmt. An demselben Tage wie die „Maria“ wurde der Dampfer Cornishcity“, an den darauffolgenden Tagen die Dampfer „Ridaguasu“, „Farne“, „Hiabadel-Arinaga“, „Lynrowan“, „Cervantes“, „Pruth“ und „Condor“ beschlagnahmt. Am 22. Oktober lief die „Crefeld‘ in Santa Cruz ein und landete insgesamt 439 Personen von den erbeuteten Dampfern.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 17. November, vormittags. Auch der gestrige Tag verlief auf dem westlichen Kriegs- schauplatz im allgemeinen ruhig. Südlich Verdun und nordöstlich Cirey griffen die Franzosen erfolglos an. Die Operationen auf dem östlichen Kriegsschauplatz nahmen weiter einen günstigen Fortgang, nähere Nachrichten liegen noch nicht vor. Oberste Heeresleitung.

Berlin, 17. November. Unter den in der Schlacht bei Kutno Gefangenen befindet sich

der Gouverneur von Warschau von Korff mit seinem Stabe.

Vom östlichen Schauplatze.

Erfolge in Galizien und Südpolen. Wien, 17. November. Amtlich wird verlautbart: 17. November mittags. Aus dem Be- reich von Krakau vorbrechend, nahmen unsere Truppen gestern die vorderen Befestigungslinien des Feindes nördlich der Reichsgrenze. im Raume von Wolbrom und Pilica gelangten die Russen zumeist nur in den Bereich unseres Artilleriefeuers. Wo feindliche Infanterie angriff, wurde sie abgewiesen. Eines unserer Regimenter machte 500 Gefangene und erbeutete 2 Maschinengewehrabteilungen. Der deutsche Sieg bei Kutno äußert bereits seine Wirkungen auf die Gesamtlage. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Generalmajor.

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| Wien, 18. November. Amtlich wird verlautbart: Operationen der Verbündeten zwangen die russischen Hauptkräfte in Russisch-Polen zur Schlacht, die sich an der ganzen Front unter günstigen Bedin- gungen entwickelte. Eine unserer Kampfgruppen machte gestem über 3000 Gefangene. Gegenüber diesen großen Kämpfen hat das Vordringen russischer Kräfte gegen die Karpathen nur unter- geordnete Bedeutung. Beim Debouchieren aus Grybow wurde starke Kavallerie durch überraschendes Feuer unserer Batterien

zersprengt. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Generalmajor.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 18. November, vormittags.

Die Kampfe in Westflandern cager fort. Die Lage ist im wesentlichen unverändert.

Im Argonnenwalde wurde unser Angriff erfolgreich vorgetragen. Französische Angriffe südlich Verdun wurden abgewiesen; ein An- griff gegen unsere bei St. Mihiel auf das westliche Maasufer geschobe- men Kräfte brach nach anfänglichem Erfolg gänzlich zusammen.

Unser Angriff südöstlich Cirey veranlaßte die Franzosen, einen Teil ihrer Stellungen aufzugeben. Schloß Chätillon wurde von unseren Truppen im Sturm genommen.

“In Polen haben sich in der Gegend nördlich Lodz neue Kämpfe entsponnen, deren Entscheidung noch aussteht. Sũdöstlich Soldau wurde der Feind zum Rückzug auf Mlawa gezwungen. Auf dem äußersten Nordflügel ist starke russische Kavallerie am 16. und 17. geschlagen und über Pillkallen zurückgeworfen worden.

Großes Hauptquartier, 19. November, vormittags. In Westflandern und in Nordfrankreich ist die Lage unverändert. Ein deutschesFlugzeuggeschwader zwang auf einem Erkundung: fluge zwei feindliche Kampfflugzeuge zum Landen und brachte eia feindliches zum Absturz. Von unseren Flugzeugen wird eins vermißt. Ein heftiger französischer Angriff in Gegend Servon am West rande der Argonnen wurde unter schweren Verlusten für die Fran- zosen zurückgeschlagen. Unsere Verluste waren gering. Auf dem östlichen Kriegsschauplatze sind erneut eingeleitete Kämpfe noch im Gange. Oberste Heeresleitung.

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| Berlin, 19. November. Am 17. November haben Teile unserer Ostseestreitkräfte die Einfahrten des Libauer Hafens durch versenkte Schiffe gesperrt und die militärisch wichtigen Anlagen beschossen. Torpedoboote, die in den Innenhafen eindrangen, stellten fest, daß feindliche Kriegsschiffe nicht im Hafen waren.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes. gez. Behncke.

Deutschland und Irland.

Der bekannte irische Nationalist Sir Roger Casement, der kürzlich aus den Vereinigten Staaten von Amerika nach Berlin gekommen ist, wurde im Auswärtigen Amte empfangen. Sir Roger Casement wies darauf hin, daß in Irland anscheinend von der britischen Re- gierung autorisierte Darlegungen des Inhalts veröffentlicht würden, ein deutscher Sieg werde dem irischen Volke großen Schaden zu- fügen, da sein Land, seine Wohnstätten, seine Kirchen und seine Priester auf Gnade und Ungnade einem Heere von Eindringlingen preisgegeben sein würden, die nur Raub- und Eroberungssucht leitete.

Neuerliche Äußerungen Mr. Redmonds gelegentlich seiner Re- krutierungsreise durch Irland sowie mannigfache Auslassungen der britischen Presse in Irland über diesen Gegenstand hätten, so betonte Sir Roger, weite Verbreitung gefunden und unter den Iren natürlich Befürchtungen hervorgerufen bezüglich der Haltung Deutschlands gegen Irland im Falle eines deutschen Sieges.

Sir Roger bat um Abgabe einer überzeugenden Erklärung über Deutschlands Absichten Irland gegenüber, die seine Landsleute in der ganzen Welt und besonders in Irland und in Amerika angesichts der beunruhigenden, von verantwortlicher britischer Seite stammenden Darlegungen wieder zu beruhigen vermöchte.

Der stellvertretende Staatssekretär des Auswärtigen Amts hat darauf im Auftrage des Reichskanzlers folgende amtliche Erklärung abgegeben:

Die kaiserliche Regierung weist die böswilligen Absichten, die ihr in den von Sir Roger Casement angeführten Darlegungen unter- geschoben werden, auf das entschiedenste zurück und benutzt diese Gelegenheit, um die kategorische Versicherung abzugeben, daß Deutschland nur Wünsche für die Wohlfahrt des irischen Volkes, seines Landes und seiner Einrichtungen hegt.

Die kaiserliche Regierung erklärt in aller Form, daß Deutschland niemals mit der Absicht einer Eroberung oder der Vernichtung irgendwelcher irischen Einrichtungen in Irland einfallen werde.

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Sollte im Verlaufe dieses Krieges, den Deutschland nicht gesucht hat, das Waffenglück jemals deutsche Truppen an die Küsten Irlands führen, so würden sie dort landen nicht als eine Armee von Ein- dringlingen, die kommen um zu rauben und zu zerstören, sondern als Streitkräfte einer Regierung, die von gutem Willen gegen ein Land und gegen ein Volk beseelt ist, dem Deutschland nur nationale Wohlfahrt und nationale Freiheit wünscht.

Die Türkei im Kriege. Neue Erfolge über die Russen.

Konstantinopel, 19. November.

Amtlicher Bericht des Hauptquartiers. Seit zwei Tagen greift unser Heer mit Macht das russische Herr an, das seine Stellung in der Linie Azab—Zazak—Khahab in der Umgegend der Grenze ein- genommen hat. Mit der Hilfe Gottes hat unser Heer durch einen Bajonettangriff die Höhen in der Umgegend von Azab erobert, die der Feind außerordentlich stark befestigt hatte. Der Kampf, der heftig ist, nimmt für uns einen sehr günstigen Verlauf. Unsere in der Rich- tung auf Batum vorrückenden Truppen haben dem Feinde eine weitere große Niederlage beigebracht und die Stellungen von Zavotlar und Koura besetzt; sie haben bei Zavotlar von den Russen eine Fahne erbeutet und sechs Offiziere, darunter einen Oberstleutnant und einen Hauptmann von den Kosaken, sowie mehr als hundert Soldaten zu Gefangenen gemacht; sie eroberten vier Kanonen und ein Automobil, eine Menge Pferde und viel Lebensmittel. Die russischen Verluste sind groß. Der Rest rettete sich in ordnungsloser Flucht in der Rich- tung auf Batum. Unsere Truppen, die in Aserbeidschan vorrickten, hatten am 16. d. Mts. ein Gefecht mit einer starken russischen Ab- teilung in der Nähe von Salmas. Die Russen wurden geschlagen und verloren an Toten zwei Offiziere und hundert Mann. Die Häupter der persischen Stämme, die sich bis jetzt zu den Russen gehalten hatten, haben sich samt ihren Stämmen mit unseren Truppen vereinigt.

Eine weitere Mitteilung des Hauptquartiers besagt: In den Kämpfen bei Köpriköi haben die türkischen Truppen den geschlagenen Russen außer den bereits gemeldeten noch fünf Maschinengewehre abgenommen. i |

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Vom östlichen Schauplatze.

Günstiger Fortgang in Russisch-Polen. Wien, 19. November. Amtlich wird verlautbart: 19. November. Die Schlacht in Russisch-Polen nimmt einen günstigen Fortgang. Nach den bis- herigen Meldungen machten unsere Truppen 7000 Gefangene und erbeuteten 18 Maschinengewehre und auch mehrere Geschütze.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Generalmajor.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 20. November, vormittags.

In Westflandern und in Nordfrankreich keine wesentlichen Anderungen. Der aufgeweichte halb gefrorene Boden und Schnee- sturm bereiteten unseren Bewegungen Schwierigkeiten.

Ein französischer Angriff bei Combres südöstlich Verdun wurde abgewiesen.

An der Grenze Ostpreußens ist die Lage unverändert. Ost- lich der Seenplatte bemächtigten sich die Russen eines unbesetzten Feldwerkes und der darin stehenden alten unbeweglichen Geschütze. Die über Mlawa und Lipno zurückgegangenen Teile des Feindes setzten ihren Rückzug fort. Südlich Plozk schritt unser Angriff fort. In den Kämpfen um Lodz und östlich Czenstochau ist noch

keine Entscheidung gefallen. Oberste Heeresleitung.

Wiederaufbau der belgischen Festungen. Amsterdam, den 20. November. Die Wiederherstellung der durch die deutsche Beschießung zer- storten Festungswerke von Lüttich, Namur und Antwerpen macht rasche Fortschritte. l In den Waffenfabriken von Cockerill bei Seraing sind in deutschem Auftrage gegen 4000 belgische Arbeiter beschäftigt.

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Die Türkei im Kriege. Der Schatt-el-Arab von den Türken gesperrt. Frankfurt a. M., 20. November.

Die „Frankfurter Zeitung meldet aus Konstantinopel: Die Engländer haben in Koweit 4000 Mann, auf den Bahreininseln im Persischen Golf 6000 Mann und in Bender und Buschir an der Süd- küste Persiens 5000 Mann indischer Truppen gelandet. Die Türken charterten zur Sperrung des Schatt-el-Arab (Bassorah) den dort liegen- den Dampfer der Hamburg-Amerika Linie „Ekbatana“, den sie dann

versenkten. Außerdem sorgt eine gute Minensperre für die Sicherung des Schatt-el-Arab gegen englische Angriffe.

Ein Aufsatz der „Times“ vom Jahre 1870.

Gegenüber der Unverschämtheit, mit der die heutige englische Presse über Deutschland und dessen angebliche Unkultur zugunsten der „edlen Nation Frankreichs“ abzusprechen pflegt, ist es nicht unnützlich, an einen Artikel zu erinnern, den die „Times“ anfangs Dezember 1870, nach den Siegen der Deutschen über die Franzosen, brachten, und den uns Moritz Busch in seinen „Tagbuchblättern“ aufbewahrt hat. Er lautete in seinem Hauptteile:

„In England hat man nur eine schwache Erinnerung an die zahlreichen harten Lektionen, die Deutschland durch das Verfahren Frankreichs in den letzten vier Jahrhunderten erteilt worden sind. Seit vierhundert Jahren hat keine Nation so böswillige Nachbarn gehabt, als die Deutschen an den Franzosen, die unverschämt, raubgierig und unersättlich, unversöhn- lich auftraten, und immer bereit waren, die Offensive zu ergreifen. Deutsch- land hat während dieser ganzen Zeit die Übergriffe und Anmaßungen Frankreichs ertragen; aber heutzutage, wo es Sieger über seinen Nachbarn ist, wäre es nach meiner Änsicht töricht, wenn es aus der Lage der Dinge nicht Nutzen ziehen und sich nicht eine Grenze sichern wollte, die ihm für die Zukunft den Frieden verbürgt! Meines Wissens existiert in der Welt kein Gesetz, kraft dessen Frankreich ermächtigt sein könnte, von ihm einst weggenommene Güter zu behalten, wenn die bestohlenen Eigen- tumer die Hand auf den Dieb gelegt haben. Die Franzosen beklagen sich gegen die, die sie anhören wollen, bitter, daß sie Verlusten ausgesetzt seien, die ihre Ehre bedrohten, und sie bitten inständig, man möge doch das arme Frankreich nicht entehren, man möge doch seine Ehre unbefleckt lassen. Wird aber die Ehre gewahrt, wenn Frankreich sich weigert, die Fensterscheiben zu bezahlen, die es seinem Nachbar zerschlagen hat? Gerade die Tatsache ist es, daß es darauf ausging, seinem Nachbar die Fenster einzuwerfen, wenn seine Ehre Schaden gelitten hat, und diese Ehre kann nur durch tiefe Reue und den aufrichtigen Entschluß, nicht wieder

damit anzufangen, wieder hergestellt werden.

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Für diesen Augenblick sage ich's freimütig heraus: Niemals ist mir Frankreich so unsinnig, so erbärmlich, so tadelns- und verachtenswert vor- gekommen als jetzt, wo es hartnäckig die Tatsachen nicht in ihrem wahren Lichte sehen will, und wo es sich weigert, das Unglück hinzunehmen, das es sich selbst zugezogen hat... In Wahrheit ist es schwer, zu sagen, ob sich jemals eine Nation mit solcher Schande bedeckt hat. | Die Gesamtmasse der Unwahrheiten, die das offizielle und nicht- offizielle Frankreich seit dem Monat Juli mit dem Bewußtsein, daß es luge, zutage gefördert hat, ist unerhort und ganz erschreckend groß. Aber vielleicht ist das noch garnichts im Vergleich mit der unermeßlichen Menge unbewußter Lügen und Illusionen, die seit so langer Zeit unter den Fran- zosen im Umlaufe sind. Ihre Leute von Genie, die als solche in allen Fächern der Literatur anerkannt sind, teilen augenscheinlich die Meinung, daß Frankreich eine übermenschliche Weisheit über die anderen Nationen ausstrahlt, daß Frankreich das neue Zion des Weltalls ist, und daß alle literarischen Erzeugnisse der Franzosen seit den letzten fünfzig Jahren, wie ungesund und schal, wie teuflisch sie auch oft waren, ein wahres Evangelium, reich an Segnungen für alle Menschenkinder bilden.“

Der Aufsatz schließt mit den Worten:

„Ich glaube, daß Bismarck vom Elsaß und ebenso von Lothringen sich soviel nehmen wird, als ihm beliebt, daß dies um so besser für ihn, um so besser für die ganze Welt, außer Frankreich, und mit der Zeit auch für dieses selbst, sein wird. Vermittelst ruhiger, grandioser Maßregeln verfolgt Herr von Bismarck mit seinen eminenten Fähigkeiten einen ein- zigen Zweck: die Wohlfahrt Deutschlands, die Wohlfahrt der ganzen Welt. Möge das großherzige, friedliebende, aufgeklärte und ernsthafte deutsche Volk sich denn zur Einheit gestalten, möge Germania die Königin des Festlandes werden statt des leichtsinnigen, ehrgeizigen, streitsüchtigen und viel zu reizbaren Frankreich. Das ist das größte Ereignis der gegen- wärtigen Zeitläufe, dessen Eintritt alle Welt erhoffen muß.“

Und jetzt. . 1

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 21. November, vormittags.

Auf dem westlichen Kriegsschauplatz ist die Lage im wesent- lichen unverändert geblieben. Fast vor der ganzen Front zeigte der Feind eine lebhafte artilleristische Tätigkeit.

Die Operationen im Osten entwickeln sich weiter. Aus Ost- preußen ist nichts zu melden. Die Verfolgung des über Mlawa und bei Plozk zurückgeschlagenen Feindes wurde fortgesetzt. Bei Lodz machen unsere Angriffe Fortschritte. In Gegend östlich von Czenstochau kämpfen unsere Truppen Schulter an Schulter mit denen unseres Verbündeten und gewannen Boden.

Oberste Heeresleitung.

148 Friedrichshafen, 21. November.

Wie das „Seeblatt“ meldet, erschienen heute mittag zwei feind- liche, anscheinend französische Flugzeuge über der Stadt und führten einen Angriff auf die Werft des Luftschiffbaues Zeppelin aus, wobei sie etwa sechs Bomben abwarfen, die jedoch keinen Schaden an- richteten. Eins der Flugzeuge wurde abgeschossen, das andere entkam.

Die Türkei im Kriege. Siegreicher Vormarsch im Kaukasus.

Konstantinopel, 20. November.

Ein Bericht des Generalstabes besagt: Unsere Truppen nahmen am 17. November mit einem Bajonettangriff alle Blockhäuser in der Umgegend von Artwin. Der Feind ergriff die Flucht und ließ zahl- reiche Tote, Geniematerial und ÄAusrüstungsgegenstände zurück. Die Kampfe mit dem Gros der russischen Armee in der Gegend der Grenze am Kaukasus dauern fort. Nach einem heftigen Kampf schlugen unsere Truppen die russischen Truppen bei Liman auf russischem Boden. Die russischen Truppen flohen, nachdem sie große Verluste erlitten hatten, auf das andere Ufer des Tschuruk (russisch Tschorok).

In Besprechung des gestrigen Berichts des türkischen Haupt- quartiers heben die türkischen Blätter hervor, daß sich die zweite Linie, auf die sich die Russen zurückgezogen haben, 10 bis 15 km von der Grenze in dem breitesten Teile des Arazestales befindet. „Wenn der Feind“, so sagen die Blätter, „auf der Linie von Köpriköi in dem engsten und abschüssigsten Teile dieses Tales nicht Widerstand zu leisten vermochte, so steht außer allem Zweifel, daß er auf der zweiten Linie nicht lange wird wider- stehen können. Was die Bewegungen auf dem äußersten rechten und auf dem äußersten linken Flügel anbelangt, so üben die von unseren Truppen dort errungenen Erfolge, wenn sie auch nicht so groß und so bedeutend sind wie die im Zentrum er- rungenen, sehr großen Einfluß auf die Lage im allgemeinen aus. Die Stellung von Kora, die die türkischen Truppen besetzten, liegt in einer Entfernung von etwa 29 km von der Grenze, Zavot liegt im Süden der Grenze.“

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Verbreitung muselmanischer Aufrufe in Indien.

Nach einer der „Politischen Corresp.“ aus Konstantinopel zugehenden. Meldung ist es trotz der von den englischen Behörden an der Grenze getroffenen Vorsichtsmaßregeln muselmanischen Banden aus Afghanistan und Beludschistan gelungen, in Indien einzudringen und unter der Be- volkerung Aufrufe zu verteilen, durch die sie zur Erhebung aufgefordert werden. England, Frankreich und Rußland so heißt es in diesen Auf- rufen seien seit längster Zeit bestrebt, das muselmanische Element: zu unterdrücken. In Indien, Ägypten, Marokko, Tunis, Algier, ebenso wie in Rußland, werden die Muselmanen im Zustand der Sklaverei ge- halten, und nunmehr haben die genannten Mächte gegen den Kalifen offen einen Krieg unternommen. Es sei an der Zeit, das Joch dieser

Feinde abzuschütteln.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 22. November, vormittags. Auf dem westlichen Kriegsschauplatz ist die Lage unverändert. In Polen wird noch um den Sieg gekämpft. Das Ringen südlich Plozk, in Gegend Lodz und bei Czenstochau dauert fort. Oberste Heeresleitung.

Der Wiener Bericht. Wien, 22. November. Amtlich wird verlautbart: Die Verbündeten setzen ihren Angriff in Russisch-Polen energisch und erfolgreich fort. Unser südlicher Schlachtflügel erreichte den Szreniawaabschnitt. Vereinzelte Gegenstöße des Feindes wurden abgewiesen. Bisher machten die K. und K. Truppen über 15 000 Gefangene. Die Entscheidung ist noch nicht gefallen. Auch westlich des Dunajec und in den Karpathen sind größere Kämpfe im Gange. Der stellvertretende Chef des Generalstabes.. von Hoefer, Generalmajor.

Der österreich-ungarische Vormarsch in Serbien. Wien, 22. November.

Vom südlichen Kriegsschauplatz wird amtlich gemeldet: Starke eigene Kräfte haben die Kolubara bereits überschritten, doch leistet der Gegner in mehreren gut gewählten befestigten Stellungen noch Widerstand. Die eigene Vorrückung wird durch aufgeweichten Boden und überschwemmte Wasserläufe, im Gebirge durch meterhohen Schnee, zwar verzögert, aber nicht aufgehalten.

Eigene Nachrichtendetachements (große Patrouillen) machten in den letzten zwei Tagen wieder 2440 Gefangene; die Gesamtzahl der während der Kämpfe seit dem 6. d. M. gemachten Gefangenen beträgt hiermit 13000.

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Türkische Truppen am Suezkanal. | Konstantinopel, 22. November. Das Hauptquartier teilt amtlich mit: Türkische Truppen smd am Suezkanal eingetroffen. In einem Treffen bei Kantara wurden die Eng- länder geschlagen und ergriffen unter starken Verlusten die Flucht.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 23. November, vormittags.

Die Kämpfe bei Nieuport und Ypern dauern fort. Ein kleines englisches Geschwader, das sich zweimal der Küste näherte, wurde durch unsere Artillerie vertrieben; das Feuer der englischen Marine- geschütze blieb erfolglos.

Im Argonnenwalde gewinnen wir Schritt vor Schritt Boden; ein Schutzengraben nach dem anderen, ein Stützpunkt nach dem anderen wird den Franzosen entrissen. Täglich wird eine Anzahl Gefangener gemacht.

Eine gewaltsame Erkundung gegen unsere Stellungen östlich der Mosel wurde durch unseren Gegenangriff verhindert.

In Ostpreußen ist die Lage unverändert.

In Polen schiebt das Auftreten neuer russischer Kräfte aus der Richtung Warschau die Entscheidung noch hinaus. In Gegend östlich Czenstochau und nordöstlich Krakau wurden die Angriffe der verbündeten Truppen fortgesetzt. Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See. Ein deutsches Torpedoboot untergegangen. Amsterdam, 24. November.

Das deutsche Torpedoboot „S. 124“ ist nach einer Meldung des „Daily Chronicle“ aus Kopenhagen gestern abend bei Falsterbo mit einem Dampfer zusammengestoßen und gesunken. Zwei andere deutsche Torpedoboote eilten sofort zur Hilfeleistung herbei. Der größte Teil der Besatzung konnte gerettet werden. Die Verluste betragen | Toten, 2 Schwerverletzte und 3 Leichtverletzte.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 24. November, vormittags. Englische Schiffe erschienen auch gestern an der flanderischen Küste und beschossen Lombartzyde und Zeebrügge. Bei unseren Truppen wurde nur geringer Schaden angerichtet. Eine Anzahl belgischer Landeseinwohner wurde aber getötet und verletzt.

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Im Westen sind keine wesentlichen Veränderungen eingetreten.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz ist die Lage noch nicht geklärt.

In Ostpreußen halten unsere Truppen ihre Stellungen an und nordöstlich der Seenplatte.

Im nördlichen Polen sind die dort im Gange befindlichen schweren Kämpfe noch nicht entschieden.

Im südlichen Polen steht der Kampf in Gegend Czenstochau, auf dem Südflügel nördlich Krakau schreitet der Angriff fort.

Die amtliche russische Meldung, daß die Generale von Liebert

und von Pannewitz in Ostpreußen gefangen genommen seien, ist glatt erfunden. Der erste befindet sich in Berlin, der zweite an

der Spitze seiner Truppe; beide sind seit längerer Zeit nicht in

Ostpreußen gewesen. Oberste Heeresleitung.

Der Neutralitätsbruch Belgiens.

Durch die eigene Erklärung Sir Edward Greys ist die Behaup- tung der englischen Regierung bereits als ungültig erwiesen, daß die

Verletzung der belgischen Neutralität durch Deutschland das Eingreifen Englands in den gegenwärtigen Krieg veranlaßt hat. Das Pathos sittlicher Entrüstung, mit dem der deutsche Einmarsch in Belgien von englischer Seite zur Stimmungsmache gegen Deutschland bei den Neutralen verwertet worden ist, findet eine neue und eigenartige Be- leuchtung durch gewisse Dokumente, die die deutsche Heeresverwal- tung in den Archiven des belgischen Generalstabes in Brüssel auf- gefunden hat. Aus dem Inhalt einer Mappe, welche die Aufschrift tragt: „Intervention anglaise en Belgique“, geht hervor, daß schon im Jahre 1906 die Entsendung eines englischen Expeditionskorps nach Belgien für den Fall eines deutsch-französischen Krieges in Aussicht

genommen war. Nach einem vorgefundenen Schreiben an den bel-

gischen Kriegsminister vom 10. April 1906 hat der Chef des belgischen.

Generalstabes mit dem damaligen englischen Militärattache in Brüssel

Oberstleutnant Barnardiston auf dessen Anregung in wiederholten

Beratungen einen eingehenden Plan für gemeinsame Operationen

eines englischen Expeditionskorps von 100 000 Mann mit dem belgischen.

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Heere gegen Deutschland ausgearbeitet. Der Plan fand die Billigung des Chefs des englischen Generalstabes, Generalmajors Crierson (kürzlich auf der Fahrt nach Frankreich gestorben). Dem belgischen Generalstabe wurden alle Angaben über Starke und Gliederung der englischen Truppenteile, über die Zusammensetzung des Expeditions- “korps, die Ausschiffungspunkte, eine genaue Zeitberechnung für den Abtransport und dergleichen geliefert. Auf Grund dieser Nachrichten hat der belgische Generalstab den Transport der belgischen Truppen in das belgische Aufmarschgebiet, ihre Unterbringung und Ernährung dort eingehend vorbereitet. Bis in alle Einzelheiten ist das Zusammen- wirken sorgfältig ausgearbeitet worden. So sollten der englischen Armee eine große Anzahl Dolmetscher und belgische Gendarmen zur Ver- fügung gestellt und die nötigen Karten geliefert werden. Selbst an die Versorgung englischer Verwundeten war bereits gedacht worden.

Dünkirchen, Calais und Boulogne waren als Ausschiffungspunkte für die englischen Truppen vorgesehen. Von hier aus sollten sie mit belgischem Eisenbahnmaterial in das Aufmarschgebiet gebracht werden. Die beabsichtigte Ausladung in den französischen Häfen und der Transport durch französisches Gebiet beweist, daß den englisch-bel- gischen Vereinbarungen solche mit dem französischen Generalstab -vorausgegangen waren. Die drei Mächte haben die Plane für em Zusammenarbeiten der „verbündeten Armeen“, wie es im Schlußstück heißt, genau festgelegt. Dafür spricht auch, daß in den Geheimakten -eine Karte des französischen Aufmarsches vorgefunden worden ist. Das erwähnte Schreiben enthält einige Bemerkungen von besonderem Interesse. Es heißt dort an einer Stelle: Oberstleutnant Barnardiston habe bemerkt, daß man zur Zeit auf die Unterstützung Hollands nicht rechnen könne. Er habe ferner vertraulich mitgeteilt, daß die englische Regierung die Absicht habe, die Basis für den englischen Verpflegungsnachschub nach Antwerpen zu verlegen, sobald die Nordsee von allen deutschen Kriegsschiffen gesäubert sei. Des weiteren regte der englische Militärattache die Einrichtung eines belgischen 'Spionagedienstes in der Rheinprovinz an.

Das vorgefundene militärische Material erfährt eine wertvolle "Ergänzung durch einen ebenfalls bei den gewissen Papieren befind- lichen Bericht des langjährigen belgischen Gesandten in Berlin Baron "Greindl an den belgischen Minister des Äußern, in dem mit großem Scharfsinn die dem englischen Angebot zugrunde liegenden Hinter- gedanken enthüllt werden und in dem der Gedanke auf das Bedenk-

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liche der Situation hinweist, in die sich Belgien durch eine einseitige Partei- nahme zu Gunsten der Ententemächte begeben habe. In dem sehr aus- führlichen Bericht, der vom 23. Dezember 1911 datiert ist und dessen vollständige Veröffentlichung vorbehalten bleibt, führt Baron Greindl aus: Der ihm mitgeteilte Plan des belgischen Generalstabs für die Verteidigung der belgischen Neutralität in einem deutsch-französischen Kriege beschäftige sich nur mit der Frage, was für militärische Maß- nahmen für den Fall zu ergreifen seien, daß Deutschland die belgische Neutralität verletze. Die Hypothese eines französischen Angriffes auf Deutschland durch Belgien habe aber gerade so viel Wahrschein- lichkeit für sich. Der Gesandte führt dann wörtlich folgendes aus:

Von der französischen Seite her droht die Gefahr nicht nur im Suden von Luxemburg, sie bedroht uns auf unserer ganzen gemein- samen Grenze. Für diese Behauptung sind wir nicht nur auf Mut- maßungen angewiesen, wir haben dafür positive Anhaltspunkte. Der Gedanke einer Umfassungsbewegung von Norden her gehört zweifellos zu den Kombinationen der Entente Cordiale. Wenn das nicht der Fall wäre, so hätte der Plan, Vlissingen zu befesti- gen, nicht ein solches Geschrei in Paris und London hervorgerufen. Man hat dort den Grund gar nicht verheimlicht, aus dem man wünschte, daß die Schelde ohne Verteilung bleibe. Man verfolgte dabei den Zweck, ungehindert eine englische Garnison nach Antwerpen überführen zu können, also den Zweck, sich bei uns eine Operations- basis für eine Offensivrichtung auf den Niederrhein und Westfalen zu schaffen und uns dann mit fortzureißen, was nicht schwer gewesen wäre, denn nach Preisgabe unseres nationalen Zufluchtsortes hätten wir durch unsere eigene Schuld uns jeder Möglichkeit begeben, den Forderungen unserer zweifelhaften Beschützer Widerstand zu leisten, nachdem wir so unklug gewesen wären, sie dort zuzulassen. Die ebenso perfiden wie naiven Eröffnungen des Oberstleutnants Barnar- diston zur Zeit des Abschlusses der Entente Cordiale haben uns deutlich gezeigt, um was es sich handelt.

Als es sich herausstellte, daß wir uns durch die angeblich dro- hende Gefahr einer Schließung der Schelde nicht einschüchtern ließen, wurde der Plan zwar nicht aufgegeben, aber dahin geändert, daß die englische Hilfsarmee nicht an der belgischen Küste, sondern in den nächstliegenden französischen Häfen gelandet werden sollte. Hierfür zeugen auch die Enthüllungen des Kspitäns Fabre, die ebenso wenig dementirt worden sind, wie die Nachrichten der Zeitungen,

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durch die sie bestätigt oder in einzelnen Punkten ergänzt worden sind. Diese in Calais und Dünkirchen gelandete englische Armee würde nicht an unserer Grenze entlang nach Longwy marschieren, um Deutsc- land zu erreichen, sie würde sofort bei uns von Nordwesten her ein- dringen. Das würde ihr den Vorteil verschaffen, sofort in Aktion treten zu können, und die belgische Armee in einer Gegend treffen, wo wir uns auf keine Festung stützen können, falls wir eine Schlacht beabsichtigen sollten. Es würde ihr möglich machen, eine an Res- sourcen aller Art reiche Provinz zu besetzen, auf alle Fälle aber unsere Mobilmachung zu behindern oder sie nur zuzulassen, nachdem wir die formelle Verpflichtung hätten, die Mobilmachung nur zum Vorteil Englands und seines Bundesgenossen durchzuführen. Es ist dringend geboten, einen Schlachtplan für die belgische Armee auch für diese Eventualität aufzustellen. Das gebietet sowohl das Interesse an unserer militärischen Verteidigung als auch die Führung unserer auswärtigen Politik im Fall eines Krieges zwischen Deutschland und Frankreich.

Diese Ausführungen von vorurteilsfreier Seite stellen in über- zeugender Weise die Tatsache fest, daß dasselbe England, das sich jetzt als Schirmherr der belgischen Neutralität gebardet, Belgien zu einer einseitigen Parteinahme zugunsten der Ententemächte bestimmt und daß es zu einem Zeitpunkt sogar an eine Verletzung der hol- ländischen Neutralität gedacht hat. Des weiteren erhellt daraus, daß die belgische Regierung, indem sie den englischen Einflüsterungen Gehör schenkte, sich eine schwere Verletzung der ihr als neutraler Macht obliegenden Pflichten hat zuschulden kommen lassen. Die Er- füllung dieser Pflichten hätte es erheischt, daß die belgische Regierung in ihren Verteidigungsplänen auch die Verletzung der belgischen Neutralität durch Frankreich vorsehe und daß sie für diesen Fall ana- loge Vereinbarungen mit Deutschland getroffen hätte, wie mit Frank- reich und Deutschland. Die aufgefundenen Schriftstücke bilden einen dokumentarischen Beweis für den maßgebenden deutschen Stellen lange vor Kriegsausbruch bekannte Tatsache der belgischen Konnivenz mit den Ententemächten. Sie bilden eine Rechtfertigung für unser militärisches Vorgehen und sind eine Bestätigung der der deutschen Heeresleitung zugegangenen Informationen über die franzö- sischen Absichten. Sie mögen dem belgischen Volke die Augen öffnen, wem es die Katastrophe zu verdanken hat, die jetzt über das unglückliche Land hereingebrochen ist.

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Die Enthüllungen aus den Archiven des belgischen Kriegs- ministeriums. Berlin, den 25. November.

Die englische Regierung hat sich darauf beschränkt, unsere Ent- hüllungen aus den Archiven des belgischen Kriegsministeriums über die englisch-belgischen militärischen Abmachungen aus dem Jahre 1906 mit der Erklärung zu beantworten, daß der an deren Ausarbeitung beteiligte Generalmajor Grierson gestorben und Oberst Barnardiston Chef der englischen Truppen vor Kiautschou sei. Es sei wohl möglich, daß eine akademische Diskussion zwischen den beiden eng- lischen Offizieren und den belgischen militärischen Stellen darüber stattgefunden habe, welche Hilfe das englische Heer in der Lage sein würde, Belgien zu leisten, falls seine Neutralität von einem seiner Nachbarn verletzt werden sollte.

Die belgische Regierung hat erklärt, es sei nur natürlich, daß der englische Militarattaché in Brüssel während der Algeciras-Krisis den Chef des belgischen Generalstabes nach den Maßnahmen gefragt habe, die die Verletzung der von England gewährleisteten Neutralität Belgiens verhindern sollten. Der Chef des Generalstabes, General Ducarme, habe geantwortet, daß Belgien imstande sei, einen Angriff, von welcher Seite er auch komme, abzuwehren. Die belgische Regierung knüpft hieran die Bemerkung: „Hat die Unterhaltung diese Grenzen überschritten und hat Oberst Barnardiston den Kriegs- plan dargelegt, den der britische Generalstab einzuhalten wünschte fur den Fall, wo diese Neutralität verletzt werden sollte? Wir be- zweifeln es.“ Indem sie die unverkürzte Veröffentlichung des in den belgischen Geheimakten aufgefundenen Materials fordert, ver- sichert die belgische Regierung feierlich, daß sie niemals direkt oder indirekt aufgefordert worden sei, sich im Falle eines deutsch-franzö- sischen Krieges der Tripleentente anzuschließen.

Wir lassen hier den Wortlaut des im Konzept aufgefundenen Berichte des Generals Ducarme an den belgischen Kriegsminister vom 10. April 1906 folgen, der der belgischen Regierung schwerlich unbekannt sein kann, da der belgische Gesandte in Berlin, Baron Greindl, in seinem Bericht vom 23. Dezember 1911 auf seinen Inhalt ausdrücklich Bezug genommen hat. Sollte der belgischen Regierung aber die Erinnerung daran geschwunden sein, so dürften ihre Zweifel über die in den Unterhaltungen des Generals Ducarme mit dem

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Oberstleutnant Barnardiston behandelten Themata durch den nach- stehenden Wortlaut des Berichtes gehoben werden, der in einem Umschlag mit der Aufschrift „Conventions anglo-belges“ im belgischen Kriegsministerium aufbewahrt wurde.

Der Bericht des Generals Ducarme lautet in deutscher Uber- setzung:

„Brief an den Herrn Minister über die vertraulichen Unter-

haltungen. An den Herrn Kriegsminister.

Vertraulich. Brüssel, den 10. April 1906. Herr Minister!

Ich habe die Ehre, Ihnen kurz über die Unterhaltungen Bericht zu erstatten, die ich mit dem Oberstleutnant Barnardiston gehabt habe und die Gegenstand meiner mündlichen Mitteilungen waren. Der erste Besuch datiert von Mitte Januar. Herr Barnardiston machte mir Mitteilung von den Besorgnissen des Generalstabes seines Landes hinsichtlich der allgemeinen politischen Lage und wegen der Möglich- keit eines alsbaldigen Kriegsausbruches. Eine Truppensendung von im ganzen ungefähr 100 000 Mann sei für den Fall vorgesehen, daß Belgien angegriffen würde.

Der Oberstleutnant fragte mich, wie eine solche Maßregel von uns ausgelegt werden würde. Ich antwortete ihm, daß es vom mili- tärischen Gesichtspunkte nur günstig sein könnte, aber daß diese Interventionsfrage ebensosehr die politischen Behörden angehe, und daß es meine Pflicht sei, davon alsbald dem Kriegsminister Mittei- lung zu machen. |

Herr Barnardiston antwortete mir, daß sein Gesandter in Brüssel darüber mit unserem Minister des Auswärtigen sprechen würde.

Er fuhr etwa folgendermaßen fort: Die Landung der englischen Truppen würde an der französischen Küste stattfinden, in der Gegend von Dünkirchen und Calais, und zwar würde die Truppenbewegung möglichst beschleunigt werden. Eine Landung in Antwerpen würde viel mehr Zeit erfordern, weil man größere Transportschiffe brauche, und andererseits die Sicherheit weniger groß sei.

Nachdem man über diesen Punkt einig sei, blieben noch ver- schiedene andere Fragen zu regeln: nämlich die Eisenbahntransporte, die Frage der Requisitionen, die die englische Armee machen könnte, die Frage des Oberbefehls der verbündeten Streitkräfte.

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Er erkundigte sich, ob unsere Vorkehrungen genügten, um die Verteidigung des Landes während der Überfahrt und der Transporte der englischen Truppen, eine Zeit, die er auf etwa 10 Tage schätzte, sicherzustellen.

Ich antwortete ihm, daß die Plätze Namur und Lüttich mit einem Handstreich nicht zu nehmen seien, und daß unsere 100000 Mann starke Feldarmee in vier Tagen imstande sein würde, einzugreifen.

Nachdem Herr Barnardiston seine volle Genugtuung über meine Erklärungen ausgesprochen hatte, betonte er: |. daß unser Abkommen absolut vertraulich sein sollte, 2. daß es seine Regierung nicht binden sollte, 3. daß sein Gesandter, der englische Generalstab, er und ich allein über die Angelegenheit unterrichtet seien, 4. er nicht wisse, ob man die Meinung seines Souveräns vorher eingeholt habe.

In einer folgenden Unterredung versicherte mir der Oberstleutnant Barnardiston, daß er niemals vertrauliche Mitteilungen der anderen Militarattachés über unsere Armee erhalten habe. Er gab darauf genau die numerischen Daten über die englischen Kräfte an; wir könnten darauf rechnen, daß in 12 oder 13 Tagen 2 Armeekorps, 4 Kavalleriebrigaden und 2 Brigaden berittener Infanterie gelandet werden könnten.

Er bat mich darum, die Frage des Transports dieser Streitkräfte nach demjenigen Landesteil zu studieren, wo sie nützlich sein könnten, und versprach mir, zu diesem Zwecke die detaillierte Zusammen- setzung der Landungsarmee zu geben.

Er kam auf die Frage der Effektivstärke unserer Feldarmee zu- rück und bestand darauf, daß man keine Detachements nach Namur und Lüttich abzweigen sollte, denn diese Plätze hätten genügende Garnisonen. Er bat mich, seine Aufmerksamkeit auf die Notwendig- keit zu richten, der englischen Armee zu gestatten, an den Vergün- stigungen teilzuhaben, die das Reglement über die Kriegsleistungen vorsehe. Endlich bestand er auf der Frage des Oberbefehls.

Ich antwortete ihm, daß ich über diesen letzten Punkt nichts sagen könne und versprach ihm, die anderen Fragen aufmerksam zu studieren.

Später bestätigte der englische Militärattache seine frühere Schät- zung: 12 Tage würden wenigstens notwendig sein, um die Landung an der französischen Küste zu bewerkstelligen. Es würde bedeutend längere Zeit notwendig sein (I bis 21/2 Monate), um 100000 Mann in Antwerpen zu landen.

Auf meinen Einwand, daß es unnötig sei, die Beendigung der

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Landung abzuwarten, um mit den Eisenbahntransporten zu beginnen, und daß man sie besser nach Maßgabe der jeweiligen Truppenankünfte an der Küste einrichten sollte, versprach mir Herr Barnardiston genaue Daten über den täglichen Landungsetat.

Was die Kriegsleistungen anlangt, so teilte ich Herrn Barnar- diston mit, daß diese Frage leicht geregelt werden könne.

Je mehr die Pläne des englischen Generalstabs Fortschritte machten, desto klarer wurden die Einzelheiten des Problems. Der Oberst ver- sicherte mir, daß die Hälfte der englischen Armee in 8 Tagen gelandet werden könne, der Rest bis zum Ablauf des 12. oder 13. Tages, aus- genommen die berittene Infantrie, auf die man erst später zählen dürfe.

Trotzdem glaubte ich von neuem auf der Notwendigkeit be- stehen zu müssen, die Ziffer der täglichen Ausladung genau zu kennen, um die Eisenbahntransporte für jeden Tag zu regeln.

Der englische Militärattache unterhielt sich weiter mit mir über verschiedene andere Fragen, nämlich:

I. Notwendigkeit, die Operationen geheim zu halten und von der Presse strikte Geheimhaltung zu verlangen;

2. Vorteile, die sich daraus ergeben würden, wenn jedem eng- lischen Generalstab ein belgischer Offizier, jedem Truppenkomman- danten ein Dolmetscher und jeder Truppeneinheit Gendarmen zuge- teilt werden könnten, um den englischen Polizeitruppen zur Seite zu stehen.

Bei einer anderen Unterhaltung prüften der Oberstleutnant Barnardiston und ich die kombinierten Operationen für den Fall eines deutschen Angriffs auf Antwerpen und unter der Annahme eines Durchmarsches durch unser Land, um die französischen Ardennen zu erreichen.

In der Frage erklärte mir der Oberst sein Einverständnis mit dem Plane, den ich ihm vorgelegt hatte, und versicherte mich der Zustimmung des General Grierson, Chef des englischen Generalstabs.

Andere Fragen von untergeordneter Bedeutung wurden ebenfalls geregelt, besonders hinsichtlich der Spezialoffiziere, der Dolmetscher, der Gendarmen, Karten, Abbildungen der Uniformen, von ins Englische zu übersetzenden Sonderabzügen einiger belgischer Reglements, das Reglement für die Verzollungskosten, für die englischen Proviant- sendungen, die Unterbringung der Verwundeten der verbündeten Heere usw. Es wurde nichts vereinbart über die Einwirkung der Regierung oder der Militärbehörden auf die Presse.

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Bei den letzten Begegnungen, die ich mit dem englischen Attaché gehabt habe, teilte er mir mit, wie sich das tägliche Ergebnis der Ausschiffungen in Boulogne, Calais und Cherbourg gestalten dürfte. Die Entfernung dieses letzteren Punktes, der aus technischen Not- wendigkeiten in Betracht kommt, bringt eine gewisse Verzögerung mit sich. Das l. Korps würde am 10. Tage ausgeschifft werden, das l. Korps am 15. Tage. Unser Eisenbahnmaterial würde die Trans- porte so ausführen, daß die Ankunft, sei es in der Richtung Brüssel- Löwen, sei es nach Namur-Dinant, des I. Korps für den Il. Tag, die des ll. Korps für den 16. Tag gesichert ware.

Ih habe noch ein letztes Mal so energisch, wie ich konnte, auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Seetransporte noch zu beschleu- nigen, damit die englischen Truppen zwischen dem II. und 12. Tage bei uns sein könnten. Die glücklichsten, günstigsten Resultate können durch eine gemeinsame und gleichzeitige Aktion der verbündeten Streitmächte erreicht werden. Es würde aber im Gegenteil einen emsten Mißerfolg bedeuten, wenn das Zusammenwirken nicht statt- finden könnte. Der Oberst Barnardiston versicherte mir, daß alles zur Erreichung dieses Zwecks getan würde.

Im Laufe unserer Unterhaltung hatte ich Gelegenheit, den eng- ischen Militärattache davon zu überzeugen, daß wir willens seien, soweit das möglich sei, die Bewegungen des Feindes zu hemmen, und uns nicht gleich von Anfang an nach Antwerpen zu flüchten.

Seinerseits teilte mir der Oberstleutnant Barnardiston mit, daß er zurzeit auf eine Unterstützung oder eine Intervention Hollands wenig Hoffnung setze. Er teilte mir zugleich mit, daß seine Regierung beabsichtige, die englische Verpflegungsbasis von der französischen Küste nach Antwerpen zu verlegen, sobald die Nordsee von allen deutschen Schiffen gesäubert sei.

Bei allen unseren Unterhaltungen setzte mich der Oberst regel- máig von den vertraulichen Nachrichten in Kenntnis, die er über die miltärischen Verhältnisse bei unseren östlichen Nachbarn erhalten hatte. Zur selben Zeit betonte er, daß für Belgien eine gebieterische Notwendigkeit vorliege, sich dauernd darüber unterrichtet zu halten, was in dem uns benachbarten Rheinland vor sich gehe. Ich mußte hm gestehen, daß bei uns der ausländische Überwachungsdienst in Fiedenszeiten nicht unmittelbar dem Generalstab unterstehe, wir hätten keine Militärattaches bei unseren Gesandtschaften. Ich hütete mich indessen sehr, ihm einzugestehen, daß ich nicht wußte, ob der

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Spionagedienst, der durch unsere Reglements vorgeschrieben ist, ın Ordnung war oder nicht. Aber ich halte es für meine Pflicht, hier auf diese Lage aufmerksam zu machen, die uns in einen Zustand offenbarer Unterlegenheit gegenüber unseren Nachbarn und eventuellen

Feinden versetzt. Generalmajor, Chef des Generalstabs. Unterschrift.

Notiz. |

Als ich den General Grierson während der Manöver 1906 traf, versicherte er mir, daß die Reorganisation der englischen Armee den Erfolg herbeiführe, daß nicht nur die Landung von 150000 Mann gesichert sei, sondern daß hierdurch auch die Aktion des Heeres in einer kürzeren Zeit gewährleistet werde, als im vorstehenden an- genommen wurde.

Abgeschlossen September 1906. Unterschrift.

Auf dem Schriftstück findet sich noch der folgende Randvermerk : „L'entrée des Anglais en Belgique ne se ferait qu apres la violation de notre neutralité par Allemagne.“ Welche Bewandtnis es hiermit hatte, erhellt aus einer im belgischen Ministerium des Äußern auf- gefundenen Aufzeichnung über die Unterredung eines Nachfolgers des Oberstleutnants Barnardiston, des englischen Militärattaches in Brüssel, Oberstleutnant Bridges, mit dem belgischen Generalstabschef General Jungbluth. Das Schriftstück, das vom 23. April datiert ist und ver- mutlich aus dem Jahre 1912 stammt, ist von der Hand des Grafen van der Straaten, Direktor im belgischen Ministerium des Äußern, mit dem Vermerk „Confidentielle“ versehen und lautet in der Uber- setzung folgendermaßen:

Vertraulich.

Der englische Militärattache hat den Wunsch ausgesprochen, den General Jungbluth zu sehen. Die Herren haben sich am 23. April getroffen.

Der Oberstleutnant hat dem General gesagt, daß England imstande sei, eine Armee auf den Kontinent zu schicken, die aus sechs Divi- sionen Infanterie und aus acht Brigaden Kavallerie insgesamt aus 160 000 Mann bestehe. England habe außerdem alles Notwendige,

um sein Inselreich zu verteidigen. Alles sei bereit.

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Die englische Regierung hätte während der letzten Ereignisse unmittelbar eine Landung bei uns vorgenommen, selbst wenn wir keine Hilfe verlangt hätten.

Der General hat eingewandt, daß dazu unsere Zustimmung not- wendig sei.

Der Militärattache hat geantwortet, daß er das wisse, aber da wir nicht imstande seien, die Deutschen abzuhalten, durch unser Land zu marschieren, so hätte England seine Truppen in Belgien auf jeden Fall gelandet.

Was den Ort der Landung anlangt, so hat sich der Militärattache darüber nicht deutlich ausgesprochen; er hat gesagt, daß die Küste ziem- lich lang sei, aber der General weiß, daß Herr Bridges während der Oster- feiertage von Ostende aus tägliche Besuche in Zeebrügge gemacht hat.

Der General hat hinzugefügt, daß wir übrigens vollkommen in der Lage seien, die Deutschen zu hindern, durch Belgien zu marschieren.“

Hier ist es direkt ausgesprochen, daß die englische Regierung die Absicht hatte, im Falle eines deutsch-französischen Krieges sofort mit ihren Truppen in Belgien einzurücken, also die belgische Neu- tralität zu verletzen und gerade das zu tun, was sie, als ihr Deutschland in berechtigter Notwehr darin zuvorkam, als Vorwand benutzt hat, um Deutschland den Krieg zu erklären. Mit einem beispiellosen Zynismus hat ferner die englische Regierung die Verletzung der belgischen Neutrali-

tat durch Deutschland dazu verwertet, um in der ganzen Welt gegen uns Stimmung zu machen und sich als den Protektor der kleinen und schwachen Mächte aufzuspielen. Was aber die belgische Regierung betrifft, so wäre es ihre Pflicht gewesen, nicht nur mit der größten Entschiedenheit die englischen Insinuationen zurückzuweisen, sondern sie mußte auch die übrigen Signatarmächte des Londoner Protokolls von 1839, insbesondere aber die deutsche Regierung, auf die wiederholten englischen Versuche hinweisen, sie zu einer Verletzung der ihr als neutraler Macht ob- liegenden Pflichten zu verleiten. Die belgische Regierung hat das nicht getan. Sie hat sich zwar für berechtigt und verpflichtet gehalten, gegen die ihr angeblich bekannte Absicht eines deutschen Einmarsches in Belgien militärische Abwehrmaßnahmen im Einvernehmen mit dem englischen Generalstab zu treffen. Sie hat aber niemals auch nur den geringsten Versuch gemacht, im Einvernehmen mit der deutschen Regierung oder mit den zuständigen militärischen Stellen in Deutsch- land Vorkehrungen auch gegen die Eventualität eines französisch-eng- lischen Einmarsches in Belgien zu treffen, trotzdem sie von den in

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dieser Hinsicht bestehenden Absichten der Ententemächte, wie das aufgefundene Material beweist, genau unterrichtet war. Die belgische Regierung war somit von vornherein entschlossen, sich den Feinden Deutschlands anzuschließen und mit ihnen gemeinsame Sache zu machen.

Da es zu dem Verleumdungssystem unserer Gegner gehört, un- bequeme Tatsachen einfach abzuleugnen, so hat die Kaiserliche Re- gierung die vorstehend erwähnten Schriftstücke facsimiliert der Offent- lichkeit übergeben und zur Kenntnis der Regierungen der neutralen Staaten bringen lassen.

Die Aufzeichnung vom 23. April, vermutlich 1912.

L’Attaché militaire anglais a demande a voir le General Jungbluth. Ces Messieurs se sont rencontrés le 23 avril.

Le Lieutenant Colonel Bridges a dit au General que l'Angleterre disposait d'une armée pouvant être envoyée sur le continent, composée de six divisions d'infanterie et de huit brigades de cavallerie-en tout 160.000 hommes. Elle a aussi tout ce qu'il lui faut pour défendre son territaire insulaire. Tout est prêt.

Le Gouvernement britannique, lors des derniers évènements, aurait débarquė immédiatement chez nous, même si nous n'avions pas demandé de secours.

Le General a objecte qu'il faudrait pour cela notre consentement.

L’Attaché militaire a répondu qu'il le savait, mais que comme nous n'étions pas a même d'empêcher les Allemands de passer chez nous, l'’'Angletarre aurait debarqueses troupes en Belgique en tout état de cause.

Quant au lieu de débarquement, l’Attache militaire n'a pas précisé; il a dit que la côte était assez longue, mais le Général sait que M. Bridges a fait, d'Ostende, des visites journalières à Zeebrugge pendant les fêtes de Pâques.

Le General a ajouté que nous étions, d'oilleurs parfaitement à même d'empêcher les Allemands de passer.

Schlug des redaktionellen Teils.

Verantwortlich für die Redaktion: S. D. Gallwitz, Bremen.

Einsendungen von Manuskripten (unter Beifügung von Rückporto) an die Redaktion Bremen, Am Wall 163. Tel. 6945.

Verlag: Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft, Bremen. Druck: Hofbuchdruckerei H. M. Hauschild, Bremen.

DER KAFFEE UND DER KRIEG.

Als in Athen der Befehl zur Mobilisierung des Heeres erteilt wurde, war uns Offizieren nur eine sehr kurze Frist gestellt, uns mit dem Nötigsten zu versehen. Die Kaufläden machten gute Geschäfte, und es wurde in jenen Tagen auch wohl sehr viel Unnützes und Uberflussiges gekauft, das dann später auf dem Marsch verloren ging. Unsere Hauptsorge aber bildeten die Lebensmittel. Wenn man weiß, mit welchen Schwierigkeiten die Verpflegung gerade im Kriege und besonders am Balkan zu kämpfen hat, so wird man es verstehen, daß wir einkauften, als gälte es ein Hotel einzurichten.

Unter diesen Umständen machte ich meine erste Bekanntschaft mit dem Kaffee Hag. Ein Kaufmann empfahl ihn mir und meinen Kameraden, indem er uns lange Vorträge über die Vorzüge des coffeinfreien Kaffees hielt, für welche wir damals wenig Sinn hatten. Ein Kamerad unterbrach ihn daher rasch: „Geben Sie her! Ob Coffein oder Nichtcoffein, die Kugel wird nicht danach fragen!“ So nahmen wir denn eine stattliche Reihe von Paketen in den bekannten charakteristischen Packungen mit uns.

Die Bedeutung des Kaffees für den Krieg ist eine sehr große. Sie ist ein wichtiger Teil der Ernährungsfrage. Bei großen Marsch- leistungen und Strapazen bedarf der Soldat eines Mittels, das Körper und Nerven zusammenreißt und zu besonderer Leistungsfähigkeit steigert. Starker Gebrauch von Alkohol ist bekanntlich auf die Dauer ohne gesundheitliche Störung nicht möglich. So bleibt nur häufiger Kaffeegenuß. Der Train führte deshalb auch starke Quanti- täten des äußerst kräftig eingebrannten griechisch-türkischen Kaffees mit sich.

Ende September zogen wir in drei Gruppen von Athen aus der Grenze zu. Meine Freunde und ich, als Offiziere des 8. Regiments zur 4. Division gehörig, hatten glücklich gute Wege durch ebenes Land bis zu der nahe der türkischen Grenze liegenden Stadt Larissa. Erst zwei Stunden weiter machten wir unseren ersten Halt. Ermüdet und

durstig klopften wir vergeblich an die Türen der Bauernhäuser. Im Kriege von 1897 hatten aber gerade hier in Thessalien die Türken wie die Barbaren gehaust; in Erinnerung an den trüben Ausgang dieses Krieges verschlossen uns die Bauern die Türen. So biwakierten wir denn im Freien und benutzten das klare Wasser des in der Nähe fließenden klassischen Flusses Penaios, um damit unseren Kaffee zu bereiten. Nicht ohne Neugier führten wir zum ersten Male die Becher mit dem uns unbekannten coffeinfreien Kaffee Hag an die Lippen, Aber er unterschied sich in nichts von jedem anderen Kaffee, war sehr angenehm im Geschmack und gewährte die bekannte typische Er- frischung des Kaffeegenusses.

Hier lagen wir einige Tage. Man vergaß beinahe, daß man im Kriege war. Ein geschäftskundiger Bauer aus Larissa etablierte sich in einer Bretterbude als Cafetier, und die Soldaten selbst amüsierten sich täglich auf einer rasch aufgeschlagenen Bühne mit Singen und jenen Schattenspielen, welche die Amerikaner mit dem Spottnamen „Creek moving pictures“ belegt haben. Die Gemütlichkeit war fabelhaft, wäre sie nur nicht in der Nacht vom 16. auf den 17. Oktober jäh und gründlich gestört worden! Um 3 Uhr morgens geweckt, marschierten wir die ganze Nacht über Tyrnawo der Grenze zu.

Bald waren die ersten türkischen Streitkräfte besiegt, Elassona wurde unser. In Eilmärschen ging es weiter über die verwahrlosten türkischen Wege; unsere einzige Nahrung waren Kaffee und Brot. Infolge von Fehlern in der Versorgung blieb das Fleisch fast ganz aus, und wir lernten die Bedeutung des Kaffees in ihrem ganzen Werte schätzen. So schlugen wir uns durch eine Unzahl kleiner Gefechte bis zur unvergeßlichen Schlacht an der Sarantaporon-Enge durch, in der. unsere tapfere Mannschaft einen mit Kanonen förmlich gespickten Berg hinan stürmte und den Feind aus seinen starken Stellungen warf. Mit dem Sieg wächst der Mut; das zeigte sich kurz darauf in der berühmten den ganzen Krieg stark beeinflussenden Schlacht an der Eisernen Pforte, in welcher unsere beiden Flügel den Feind glücklich umzingelten und einschlossen. Es war ein großer Erfolg, und er machte uns den Weg nach Saloniki einigermaßen frei. Noch einmal sammelten sich in der Wardar-Ebene die gesamten türkischen Streit- kräfte zum Widerstand, es wurde 38 Stunden ununterbrochen um Jenidje gekämpft. Als die vollkommen erschöpften Gegner hier endlich flohen, konnten wir uns am Abend des schwersten unserer Schlachtentage sagen, daß der bittere Krieg für unser Vaterland siegreich entschieden sei.

Während dieger ganzen harten und areignisreichan Monate ist uns Offizieren des griechischen Heeres ebenso wie den gemeinen Soldaten der Kaffee der beste und treueste Freund gewesen. Die Praxis ist wertvoller als alle Theorie. Ich kann wohl mit gutem Gewissen sagen, daß dem griechischen Heere ohne ständigen und systematischen Kaffee- genuß seine außerordentlichen Leistungen nicht in so hohem Grade möglich gewesen wären, Die ständige Erfrischung, die ständige An- tegung überwanden Ermattung und Erschlaffung.

Eine ganz besondere Erfahrung aber machten wir mit unserem

: neuen. jetzt dauernden Freunde, dem Kaffee Hag. Wir konnten mit

Vergnügen feststellen, daß die Erfrischung durch ihn eine anhaltende und dauernde ist, während der gewöhnliche Kaffeegenuß zwar auch anregt, aber sehr schnell auch wieder Erschlaffung folgen läßt. Die Fachleute erklären dies daraus, daß dieser Bremer Kaffeemarke ein ermattendes und schädliches Gift, das Coffein, künstlich entzogen wurde. Unser Regimentskommando hat unsere Erfahrungen dem Ver- pflegungsdepartement mitgeteilt und die allgemeine Einführung des coffeinfreien Kaffee Hag in die Armee befürwortet. Costa de Condoyanni.

ARZTLICHES URTEIL UBER KAFFEE HAG.

Lub Herr Dr. Eduard Glücksmann, Herrschafts- und Brunnenarzt, acovic (Mähren), äußerte sich über Kaffee Hag wie folgt:

„Es werden viele Getränke als alkoholfrei hoch gepriesen und enthalten trotzdem Alkohol. Auch nikotinfreie Fabrikate sind gewöhnlich noch sehr nikotinhaltig. Doch daß Kaffee Hag coffeinfrei ist, trotzdem er das ganze Aroma beibehalten a avon habe ich mich an sehr vielen Patienten und in

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An unsere Abonnenten und Leser!

Die gewaltigen Tatsachen des gegenwärtigen Krieges allein sind es, die uns heute bewegen. Von dieser Erkenntnis ausgehend, hat sich die Gülden- kammer entschlossen, für die Dauer der Kriegszeit ihre Aufgabe, in freien Aufsätzen zu allen Fragen des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens Stellung zu nehmen, bei Seite zu setzen und dafür in jedem Monat fortlaufend die amtlichen Depeschen und Dokumente der kriegerischen Ereignisse und ihrer Vorgeschichte chronologisch zusammengestellt zu ver- öffentlichen; so daß am Ende dieser Zeit eine ge- schlossene Chronik des Krieges vorliegt. Wir glauben damit am besten die Interessen unseres deutschen Vaterlandes und unserer Verbündeten zu fördern.

Die Herausgeber und der Verlag der „Güldenkammer“

DIE GULDENKAMMER

HERAUSGEGEBEN VON S. D. GALLWITZ / DR. G. F. HARTLAUB / DR. HERM. SMIDT

VERLAG KAFI F EEHAG / BREMEN

5. JAHRG. / HEFT 4 2 JANUAR 1915

BEZUGS-BEDINGUNGEN: DURCH SAMTL. BUCHHANDLUNGEN. POSTANSTALTEN ODER DIREKT VOM VERLAG: JÄHRLICH M. 5.—, VIERTELJAHRLICH M. 1.50, EINZELHEFT M. 0.50

NACHDRUCK DER BELLETRISTIK VERBOTEN NACHDRUCK DER UBRIGEN ARTIKEL UNTER GENAUER ee ee GESTATTET

DER KRIEG.

Der Kr leg zur See. Berlin, 24. November.

Nach amtlicher Bekanntgabe der englischen Admiralität vom 23. November ist das deutsche Unterseeboot „U 18“ durch ein eng- lisches Patrouillenfahrzeug an der Nordküste Schottlands zum Sinken gebracht worden.

Nach Meldung des Reuter-Bureaus sind durch den englischen Torpedobootszerstörer „Garry“ 3 Offiziere und 23 Mann der Besatzung gerettet worden. Ein Mann ist ertrunken.

Der stellvertretende 3 des Admiralstabes der Marine: : Behncke.

Rotterdam, 24. November. Nach Meldungen aus sicherer Quelle ist der englische Über- dreadnought „Audacious“ am 28. oder 29. Oktober an der Nord- kuste Irlands auf eine Mine gelaufen und gesunken. Die Ad- miralität hält das Ereignis streng geheim, um Aufregung im Lande zu vermeiden

Vom östlichen Schauplatze.

Die Schlacht in Polen. Wien, 24. November.

Amtlich wird verlautbart: Die Schlacht in Russisch-Polen wird bei strenger Kälte von beiden Seiten energisch fortgeführt. Unsere Truppen eroberten mehrere Stützpunkte, gewannen insbesondere gegen Wolbrom und beiderseits des Ortes Pilica Raum und machten wieder

164

zahlreiche Gefangene. Ansonsten ist die Lage unverändert, Im Innern der Monarchie befinden sich 110000 Kriegsgefangene, darunter etwa 1000 Offiziere.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Generalmajor.

Wien, 25. November. Amtlich wird verlautbart: Das gewaltige Ringen in Russisch-Polen dauert fort. Bisher machten unsere Truppen in dieser Schlacht 29000 Gefangene und erbeuteten 49 Maschinengewehre sowie viel sonstiges Kriegs- material. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Generalmajor.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 25. November, vormittags.

Die englischen Schiffe wiederholten gestern ihre Unterneh- mungen gegen die Küste nicht. Die Lage auf dem westlichen Kriegsschauplatz ist unverändert; bei Arras machten wir kleine Fortschritte.

In Ostpreussen wiesen unsere Truppen sämtliche russischen Angriffe ab.

Die Gegenoffensive der Russen aus Richtung Warschau ist in Gegend Lowicz—Strykow—Brzeziny gescheitert.

Auch in Gegend östlich Czenstochau brachen sämtliche russi- schen Angriffe vor unserer Front zusammen.

Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege. Der Kampf um den Suezkanal. Konstantinopel, 25. November.

Wie „Tanin“ erfährt, werden die Engländer den Suezkanal schwer verteidigen können. Sie treffen fieberhaft Verteidigungs- maßnahmen, ließen aus England Panzerturme kommen, legten in den Kanal mehrere alte Kriegsschiffe und errichteten vor dem Kanal Ver- schanzungen aus Eisenbahnwagen, Sandsäcken und Stacheldraht.

Die freie Schiffahrt im Suezkanal. Rom, 24. November.

(Meldung der Agenzia Stefani.) Die Osmanische Regierung hat sofort beim Beginn ihrer Teilnahme am Kriege der italienischen Re- gierung die Erklärung abgegeben, sie verpflichte sich, die freie Schiffahrt im Suezkanal nicht zu verletzen.

165

2000 Russen in Tabris getötet. Konstantinopel, 26. November. „Terdschuman- i-Hakikat“ bestätigt die gestern abend hier ein- gelaufene Nachricht, daß in Täbris zweitausend Russen von Ange- hörigen persischer Stämme getötet worden sind.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 26. November, vormittags.

Die Lage auf dem westlichen Kriegsschauplatz ist unverändert. In Gegend St. Hilaire-Souain wurde ein mit starken Kräften an- gesetzter, aber schwächlich durchgeführter französischer Angriff unter großen Verlusten für den Gegner zurückgeschlagen. Bei Apremont machten wir Fortschritte.

In Ostpreussen ist die Lage nicht verändert.

In den Kämpfen der Truppen des Generals von Mackensen bei Lodz und Lowicz haben die russische erste und zweite und Teile der fünften Armee schwere Verluste erlitten. Außer vielen Toten und Verwundeten haben die Russen nicht weniger als etwa 40000 unverwundete Gefangene verloren; 70 Geschütze, 160 Muni- tionswagen, 156 Maschinengewehre sind von uns erbeutet, 30 Ge- schütze unbrauchbar gemacht worden.

Auch in diesen Kämpfen haben sich Teile unserer jungen Truppen trotz großer Opfer auf das glänzendste bewährt.

Wenn es ungeachtet solcher Erfolge noch nicht gelungen ist, die Entscheidung zu erkampfen, so liegt dies an dem Eingreifen weiterer starker Kräfte des Feindes von Osten und Süden her. Ihre Angriffe smd gestern überall abgewiesen worden, der end- gültige Ausgang der Kämpfe steht aber noch aus.

Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See. Ein englisches Linienschiff vernichtet. London, 26. November. In der gestrigen Sitzung des Unterhauses teilte Marineminister

Churchill mit, daß das Linienschiff „Bulwark“ am 25. d. M. morgens in Sheerness in die Luft geflogen ist. Zwischen 700 und 800 Mann

166

sind umgekommen. Nur 12 Mann wurden gerettet. Die anwesenden Admirale berichten, sie seien überzeugt, daß die Ursache eine innere Explosion des Magazins war und keine Erschütterung des Wassers erfolgte. Das Schiff sank in drei Minuten und war verschwunden, als sich die dichten Rauchwolken verzogen hatten. Die Explosion war so stark, daß die Gebäude von Sheerness bis auf die Funda- mente erzitterten, und wurde mehrere Meilen weit vernommen.

Das Linienschiff „Bulwark“ stammt aus dem Jahr 1899, hatte 15250 t Deplacement, 18 bis 19 Meilen Geschwindigk eit, vier 30,5 cm-, zwölf 15 cm-Geschütze und 750 Mann Besatzung.

Erfolg eines deutschen Unterseebootes im Kanal. Paris, 26. November.

„Echo de Paris“ meldet aus Le Havre: Der englische Dampfer „Ma lachite* (2000 Tonnen) wurde auf der Fahrt von Liverpool nach Le Havre, einige Meilen nordwestlich Le Havre, durch ein deutsches Unterseeboo t versenkt. Der Kapitän des Unterseebootes gab der Mannschaft der „Malachite“ zehn Minuten, um von Bord zu gehen, und wenig später fing der Dampfer Feuer. Das Unterseeboot ver- schwand. Die Mannschaft der „Malachite“ konnte sich nach Le Havre

retten.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 27. November, vormittags.

Eine Belästigung der flandrischen Küste durch englische Schiffe fand auch gestern nicht statt. Auf der Front des westlichen Kriegs- schaup latzes sind keine wesentlichen Veränderungen eingetreten. Nordwestlich Langemarck wurde eine Häusergruppe genommen und dabei eine Anzahl Gefangene gemacht. |

Im Argonnenwalde machte unser Angriff weitere Fortschritte. Französische Angriffe in Gegend Apremont östlich St. Mihiel wurden zurückgesch lagen.

Im Osten haben gestern keine entscheidenden Kämpfe statt- gefu nden.

Oberste Heeresleitung.

167 Die Türkei im Kriege.

Im Kaukasus und in Ägypten erfolgreich. Wien, 27. November.

Der Südslawischen Korrespondenz wird aus Konstanstinopel be- richtet: In einer Unterredung erklärte Enver Pascha, daß im Kau- kasus und in Ägypten die türkischen Armeen ihre Aufgaben mit den größten Erfolgen durchgeführt hätten. lm Kaukasus sei infolge von überaus schwierigen Geländeverhältnissen und der harten Winter- sturme naturgemäß mit einer langsameren Entwicklung des türkischen Vormarsches zu rechnen. Trotz der ungünstigen äußeren Verhalt- nisse hätten aber auch hier die offensiv vorgehenden türkischen Truppen eine Reihe bedeutsamer Erfolge gehabt und ihre Uber- legenheit bewiesen. Brillant entwickle sich der Aufmarsch der tür- kischen Streitkräfte in Ägypten, dessen Wiedereroberung nur eine Frage kürzerer Zeit sein könne. Die türkischen Truppen hätten bei dem Vormarsche auf ägyptischem Boden auch außerordentliche Marsch- leistungen vollbracht. Bis zur Stunde verlaufe die ägyptische Expe- dition bis in die Einzelheiten programmäßig. Der Kriegsminister gab schließlich der Überzeugung Ausdruck, daß der Feldzug siegreich zu Ende gehen werde, für den in der ganzen mohammedanischen Welt weihevolle Begeisterung herrsche.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 28. November, vormittags.

Auf dem westlichen Kriegsschauplatz ist die Lage nicht ver- andert. Französische Vorstöße im Argonnenwalde wurden ab- gewiesen. Im Walde nordwestlich Apremont und in den Vogesen wurden den Franzosen trotz heftiger Gegenwehr einige Schützen- graben entrissen.

In Ostpreußen fanden nur unbedeutende Kämpfe statt.

Bei Lowicz griffen unsere Truppen erneut an; der Kampf ist noch im Gange. Starke Angriffe der Russen in Gegend west- lich Nowo Radomsk wurden abgeschlagen. In Südpolen ist im übrigen alles unverändert.

Oberste Heeresleitung.

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Generalfeldmarschall von Hindenburg. Thorn, 28. November.

Nach der ,,Presse ist in Thorn folgender Armeebefehl bekannt- gegeben:

In tagelangen schweren Kämpfen haben die mir unterstellten Armeen die Offensive des an Zahl überlegenen Gegners zum Stehen gebracht. Seine Majestät der Kaiser und König, unser Allerhöchster Kriegsherr, hat diesen von mir gemeldeten Erfolg durch nachstehendes Telegramm zu beantworten geruht:

An Generaloberst von Hindenburg. Ihrer energievollen, um- sichtigen Führung und der unerschütterlichen, beharrlichen Tapfer- keit Ihrer Truppen ist wiederum ein schöner Erfolg beschieden gewesen. In langem, schwerem, aber von Mut und treuer Pflicht- erfüllung vorwärts getragenem Ringen haben Ihre Armeen die Pläne des an Zahl überlegenen Gegners zum Scheitern gebracht. Für diesen Schutz der Ostgrenze des Reiches gebührt Ihnen der volle Dank des Vaterlandes. Meiner höchsten Anerkennung und Meinem Kaiserlichen Dank, die Sie erneut mit Meinen Grüßen Ihren Truppen ausprechen wollen, willich dadurch Ausdruck geben, daß Ich Sie zum Generalfeldmarschall befördere. Gott schenke Ihnen und Ihren sieggewohnten Truppen weitere Erfolge.

gez. Wilhelm l. R

Ich bin stolz darauf, diesen höchsten militärischen Dienstgrad an der Spitze solcher Truppen erreicht zu haben. Eure Kampfes freudigkeit und Ausdauer haben in bewunderungswürdiger Weise dem Gegner große Verluste beigebracht: über 60000 Gefangene, 150 Ge- schütze, gegen 200 Maschinengewehre sind wiederum in unsere Hand gefallen. Aber vernichtet ist der Feind noch nicht. Darum weiter vorwärts mit Gott für König und Vaterland, bis der letzte Russe besiegt am Boden liegt. Hurra!

Hauptquartier Ost, 27. November 1914.

Der Oberbefehlshaber gez. von Hindenburg, Generalfeldmarschall.

Schwere Kämpfe in Marokko. Rom, 28. November.

Nach hierher gelangten Meldungen aus zuverlässiger Quelle ist die Lage in Französisch Marokko ernst. Überall, auch an der Küste, finden schwere Kämpfe statt, die anscheinend durch die gewaltsame französische Rekrutierung veranlaßt sind.

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Der Krieg zur See.

Neuer Erfolg eines deutschen Unterseebootes. London, 28. November.

Aus Fecamp wird telegraphisch gemeldet: Der englische Dampfer „Primo“ wurde auf der Höhe vom Kap Antifer von einem deutschen Unterseeboot in Grund gebohrt. Die Bemannung ist gerettet.

Erfolge der Turken bei Batum. Konstantinopel, 28. November.

Das Hauptquartier teilt mit: Unsere Truppen im Tschoroktale warfen einen Ausfallsversuch der Russen in der Gegend der Flußmün- dung zurück; die Geschütze der Landbefestigungen von Batum nahmen an diesem Kampfe teil, aber ohne jeden Erfolg. Unsere Truppen drangen in die Gegend von Atschara, 10 km südöstlich von Batum, vor.

Die Russen behaupten in ihren amtlichen Mitteilungen, daß unsere Truppen ım Kaukasus besiegt und auf Erzerum zurückgegangen seien.

Diese Nachrichten sind vollständig falsch. Unsere Truppen sind bereit zur Offensive gegen den Feind, der keinerlei Bewegung außerhalb seiner befestigten Stellung gemacht hat und im Gegenteil nach dem Kampf im freien Felde eine weite Strecke vor unseren siegreichen Truppen zurück- gewichen ist.

Der Kaiser im Osten. Großes Hauptquartier, 29. November.

Seine Majestät der Kaiser befindet sich auf dem östlichen

Kriegsschauplatz. Oberste Heeresleitung.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 29. November, vormittags.

Vom Westheer ist über den gestrigen Tag nur zu melden, daß Angriffsversuche des Gegners in der Gegend südöstlich Ypern und westlich Lens scheiterten.

Im Osten ist die Lage rechts der Weichsel unverändert. Vor- stöße der Russen m der Gegend von Lodz wurden abgewiesen. Darauf eingeleitete Gegenangriffe waren erfolgreich.

Aus Südpolen ist nichts Wesentliches zu erwähnen.

Oberste Heeresleitung.

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Verzweifelter Widerstand der Serben. Wien, 29. November.

Vom südlichen Kriegsschauplatz wird amtlich gemeldet: Gegner leistet in der jetzigen Gefechtsfront verzweifelten Widerstand und ver- sucht, durch heftige Gegenangriffe, die bis zum Bajonettkampfe gedeihen, unsere Vorrückung aufzuhalten. Die am östlichen Kolubaraufer stehenden eigenen Truppen haben stellenweise wieder Raum gewonnen. Die über Valjevo und südlich vorgerückten Kolonnen haben im allgemeinen die Höhen östlich des Ljigflusses und der Linie Suvobor—Straßendreieck östlich Uzice erreicht. Gestern wurden insgesamt 2 Regimentskomman- danten, 19 Offiziere und 1245 Mann gefangen genommen.

Erstürmung von Suvobor. à Wien, 30. November.

Vom südlichen Kriegsschauplatz wird amtlich gemeldet, 30. No- vember: Auf dem südlichen Kriegsschauplatz andauernde Kämpfe. Gestern wurde der hartnäckig verteidigte Suvobor, Sattelpunkt der Straße Valjevo—Cacak, nach heftigen Kämpfen erstürmt. Bataillon 70 hat sich hierbei besonders ausgezeichnet. Auch das Regiment 16 und das Landwehrregiment 23 haben sich in den letzten Tagen neuer- dings hervorgetan.

Gestern wurden insgesamt 1254 Mann gefangen und 14 Ma- schinengewehre erbeutet, in Uzice viel Waffen und Munition vor- gefunden.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 30. November, vormittags.

Von der Westfront nichts zu melden.

An ostpreußischer Grenze mißglückte ein Uberfallsversuch stärkerer russischer Kräfte auf deutsche Befestigungen östlich Dar- kehmen unter schweren Verlusten; der Rest der Angreifer, einige Offiziere und 600 Mann, wurde von uns gefangen genommen.

Südlich der Weichsel führten die gestern mitgeteilten Gegen- angriffe zu nennenswerten Erfolgen. 18 Geschütze und mehr als 4500 Gefangene waren unsere Beute.

In Sudpolen ist nichts Besonderes vorgefallen.

| Oberste Heeresleitung.

171 Kaiser Franz Joseph an Generalfeldmarschall von Hindenburg.

Posen, 30. November. Kaiser Franz Joseph hat an den Generalfeldmarschall von Hinden- burg und dessen Generalstabschef Ludendorff aus Anlaß ihrer Be- förderung Glückwunschtelegramme gesandt. Das Telegramm an von Hindenburg lautet: ‘Lieber Generalfeldmarschall von Hindenburg! Innigst erfreut, Sie zu Ihrer Beförderung in die höchste militärische Würde, die Sie der huldvollen Anerkennung Ihrer ruhmvollen Führung des unvergleichlich tapferen Ostheeres seitens Seiner Majestät, Ihres erhabenen Kriegsherrn verdanken, wärmstens beglückwünschen zu können, ist es Mir Bedürfnis, Ihnen zu bekunden, welch viel begründete Hochschätzung Ich und meine Wehrmacht Ihnen zollen. Klar, fest und treu wirkten Sie in schwersten Kämpfen in steter Übereinstimmung mit Meinem Heere, und dieses wird stolz sein, sich je enger mit Ihnen verbunden zu wissen. Ihren glänzenden Feldherrn-Namen Meiner Wehrmacht zum leuchtenden Sinnbilde kriegerischer Höchstleistung zu erhalten, ernenne Ich Sie zum Oberstinhaber Meines Infanterieregiments Nummer 69. Möge es der unerschütterlichen Waffenbrüderschaft Meiner und der deutschen Wehrmacht beschieden sein, der gemeinsamen gerechten Sache in beharrlichem Kampfe den Sieg zu erringen. Franz Joseph. Das Telegramm an Ludendorff lautet:

Lieber Generalleutnant Ludendorff! Zu Ihrer Beförderung, durch welche die höchste Anerkennung Ihrer glänzenden Leistungen seitens Seiner Majestät, meines teueren Freundes und Ver- bundeten, zu weithin sichtbarem Ausdruck kommt, beglückwünsche Ich Sie auf das herzlichste. Es sei Ihnen vom Allmächtigen vergönnt, auch weiterhin in gleich vorbildlicher Weise und in bewährtem Einklang mit Meinem Generalstabe an der Seite

Ihres ruhmreichen Feldherrn zu wirken. Franz Joseph.

Der Kaiser in Ostpreussen. Großes Hauptquartier, 1. Dezember. Seine Majestät der Kaiser besuchte gestern bei Gumbinnen und Darkehmen unsere Truppen in Ostpreussen und deren Stellungen.

Oberste Heeresleitung.

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Glanzende Waffentat bei Lodz. Großes Hauptquartier, 1. Dezember. Anknüpfendan den russischen Generalstabsbericht vom 29. No- vember wird über eine schon mehrere Tage zurückliegende Episode in den für die deutschen Waffen so erfolgreichen Kämpfen bei Lodz festgestellt: Die Teile der deutschen Kräfte, welche in der Gegend östlich Lodz gegen rechte Flanke und Rücken der Russen im Kampfe waren, wurden ihrerseits wieder durch starke von Osten und Süden her vorgehende russische Kräfte im Rücken ernstlich bedroht. Die deutschen Truppen machten angesichts des vor ihrer Front stehenden Feindes kehrt und schlugen sich in dreitägigen erbitterten Kämpfen durch den von den Russen bereits gebildeten Ring. Hierbei brachten sie noch 12000 gefangene Russen und 25 eroberte Geschütze mit, ohne selbst auch nur ein Geschütz einzubüßen. Auch fast alle eigenen Verwundeten wurden mit zurückgeführt. Die Verluste waren nach Lage der Sache natürlich nicht leicht, aber durchaus keine „ungeheuren“. Gewiß eine der schönsten Waffentaten des Feldzuges! Oberste Heeresleitung.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 1. Dezember, vormittags.

Auf dem westlichen Kriegsschauplatze nichts neues, auch in Ostpreußen und Südpolen herrschte im allgemeinen Ruhe.

In Nordpolen, südlich der Weichsel, steigerte sich die Kriegs- beute in Ausnutzung der gestern gemeldeten Erfolge. Die Zahl der Gefangenen vermehrte sich um etwa 9500, die der genommenen Geschütze um 18. Außerdem fielen 26 Maschinengewehre und zahlreiche Munitionswagen in unsere Hände.

Oberste Heeresleitung.

Der Krieg gegen Serbien und Montenegro.

Auf der ganzen Linie geworfen. Wien. Vom südlichen Kriegsschauplatz wird amtlich gemeldet: l. De- zember: Auf dem südlichen Kriegsschauplatz hat ein weiterer Abschnitt in den Operationen seinen siegreichen Abschluß ge- funden. Der Gegner, der schließlich mit seinen gesamten Streit- kräften östlich der Kolubara und des Ljig durch mehrere Tage

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hartnäckigsten Widerstand leistete und wiederholt versuchte, selbst zur Offensive überzugehen, ist auf der ganzen Linie ge- worfen und im Rückzuge. Er hat neuerdings empfindliche Ver- luste erlitten. Auf dem Gefechtsfelde von Komatice allein fanden unsere Truppen zirka 800 unbeerdigte Leichen. Des- gleichen bedeuten die zahlreichen Gefangenen und die materiellen Verluste eine namhafte Schwächung, denn seit Beginn der letzten Offensive wurden 19000 Gefangene gemacht, 47 Ma- schinengewehre, 46 Geschütze und zahlreiches sonstiges Material erbeutet.

Der Krieg zur See.

Die Störung der englischen Operationen durch unsere Unterseeboote. | London, |. Dezember.

Der Flottenkorrespondent der ,, Times“ schreibt: Seitdem diese Pest der Unterseeboote sich an der belgischen Kuste bemerkbar gemacht hat, indem sie das die Kuste beschieBende Geschwader angriffen, gelang es ihnen, zwei britische Kriegsschiffe und mehrere Kauffahrteischiffe zu ver- senken. Ihre Operationen bei Havre in der letzten Woche zeigten, daß sie einen noch größeren Aktionsradius haben. Der Korrespondent fährt fort: Die Bedeutung dieser schnellen Fahrzeuge liegt in ihrer Absicht, unseren nach französischen Häfen fahrenden Vorratsschiffen in die Quere zu kommen. Die Gefahren der neuen Methode der Kriegführung müssen die Bewegungen der britischen Schiffe in bestimmten Gewässern be- schränken, aber sie werden unsere Operationen nur stören und nicht hinden. Weitere Verluste sind zu erwarten, aber Vorsichtsmaßregeln können und werden ergriffen werden. Größere Kriegsschiffe können von Zerstörern begleitet werden und Netze zum Schutze gegen Minen an- wenden. Kauffahrteischiffe können begleitet werden oder des Nachts fahren, wo die Unterseeboote relativ harmlos sind. Diese Pest kann von dem Kanal nicht ferngehalten werden, sie wird bald noch weiter west- lich angetroffen werden. Daher ist gesteigerte Aufmerksamkeit geboten.

England und Belgien. Neue Dokumente über Englands Neutralitätsbruch.

Berlin, den l. Dezember. Es mehren sich die Belege dafür, daß England im Verein mit Belgien den Krieg gegen Deutschland nicht nur diplomatisch, sondern auch militärisch schon im Frieden aufs Außerste vorbereitet hat. Neuerdings erbeuteten unsere Truppen geheime militärische Hand-

bücher über Belgiens Wege und Flüsse, die der englische Generalstab

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(Belgium, Road and River Reports prepared by the General Staff, War Office) herausgegeben hat. Uns liegen 4 Bände dieses Hand- buches vor, von denen Band | bereits 1912, Band Il 1913, Band III (in 2 Teilen) und Band IV 1914 gedruckt wurden.

Sie haben den Aufdruck: „Vertraulich“. Dies Buch ist Eigentum der britischen Regierung und ist bestimmt für die persönliche Infor- mation von... ., der für die sichere Aufbewahrung des Buches selbst verantwortlich ist. Der Inhalt ist nur berechtigten Personen zu eröffnen.“

Die Handbücher enthalten auf Grund militärischer Erkundungen die denkbar genauesten Geländebeschreibungen. Der Eingangsvermerk lautet: „Diese Berichte können nur den Zustand der Wege zu der Zeit wiedergeben, in der sie erkundet wurden. Es wird stets rat- sam sein, sie vor Benutzung abermals zu erkunden, um sich zu ver- sichern, daß sie nicht durch Reparaturen, Rohrlegungen usw. ge- sperrt sind.“

So wird z. B. in Band I Seite 130 ff. die große Straße Nieuport Dixmuide— Ypres—Menin— Tourcoing— Tournai nach Wegbeschaffen- heit, Gelände, taktischen Rucksichten, Beobachtungspunkten und Wasserverhältnissen an der Hand beigefügter Karten besprochen. In dieser Besprechung werden die längs der Straße gelegenen Ort- schaften aufgezählt und beschrieben. Wir finden ihre genaue Ent- fernung voneinander, sowie eingehende Angaben über das ein- schlagige Wegenetz in bezug auf Steigungen, Brücken, Kreuzungen, Telephon- und Telegraphenstellen, Eisenbahnstationen einschließlich Länge der Plattformen und Rampen, Kleinbahnen, Petroleumtank- stellen usw. Stets wird mitgeteilt, ob die Bevölkerung ganz oder teilweise Französisch spricht.

Als Beispiel seien die taktischen Bemerkungen über Dixmuiden auf S. 151 wörtlich mitgeteilt: Dixmuide wird von Norden oder Süden schwer zu nehmen sein. Die beste Verteidigungsstellung gegen Süden wäre westlich der und bis zur Straße der Bahndamm, östlich der Straße eine Reihe kleiner Hügel. Westlich der Straße ist das Schußfeld auf 1500 Yards gut, östlich davon ist der Ausblick durch Bäume behindert. Zwei Bataillone würden für die Besetzung ausreichen. Die feindliche Artillerie würde wahrscheinlich nahe Hoogmolen und Veartkant stehen. Sonst ist dort taktisch nichts von Bedeutung, auch nichts vorhanden, was das Marschtempo verzögern könnte. Beobachtungspunkt: die Mühle von Reencheek mit freiem

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Rundblick, und der Koelberg, 7½% Meilen von Ypern, mit Ausblick nach Ost und Süd.“ Nebenbei bemerkt werden in der Regel die Kirchtürme als gute Beobachtungsposten angegeben.

In gleich eingehender Weise wird dann der ganze Scheldelauf mit allen Nebenflüssen, Ortschaften, Landungs- und Übergangs- gelegenheiten, Breiten und Tiefen, Brücken, Bootsvorräten usw. be- schrieben. |

So bilden die handlichen Bände für den Führer, Generalstabs- offizier und Unterführer jeden Grades einen vortrefflichen Wegweiser. Ihm beigegeben sind

1) eine nach Gemeinden und Dörfern geordnete Einquartierungs- übersicht mit Zahlen der Belegungsfähigkeit, der vorhandenen Trans- portmittel und allen sonstigen Angaben, deren ein Ortskommandant bedarf;

2) eine Zusammenstellung von wichtigen Fingerzeigen für Flug- zeugführer in dem Teile von Belgien, der südlich der Linie Charleroi— Namur—Lüttich liegt, sowie für die Umgegend von Brüssel.

Dieses außerordentlich sorgsam und übersichtlich abgefaßte Merkbuch wird durch eine Karte der Landungsplätze ergänzt, trägt die Aufschrift „geheim“ und stammt aus dem Juli 1914.

Diese militärgeographischen Handbücher sind nun nicht etwa erst kurz vor oder während des Krieges hergestellt. Das wäre von der Drucklegung abgesehen auch nicht möglich gewesen. Das Material dafür wurde vielmehr, wie die Bemerkungen über den einzelnen Abschnitten besagen, seit 1909 durch Einzelerkundungen gewonnen. Der erste Band wurde dann 1912 gedruckt.

Die Leitfäden beweisen somit eine seit 5 Jahren betriebene, eingehende Vorbereitung für einen Feldzug im neutralen Belgien. Es sind nichts anderes als geheime Dienstvorschriften für ein dort kampfendes englisches Heer. Der englische Generalstab hat sich mithin schon seit geraumer Zeit auf diesen Fall so weit eingerichtet und ihn so sicher vorausgesehen, daß er die mühselige Arbeit der Zusammenstellung dieser militärischen Handbücher durchführte.

Ohne eine bereitwillige, weitestgehende Unterstützung der bel- gischen Regierung und Militärbehörden war eine solche Arbeit nicht zu leisten. Derartig erschöpfende, bis ins kleinste gehende strate- gische und taktische Angaben wie die oben mitgeteilten oder so ge- naue Daten über das gesamte Eisenbahn- und Verkehrswesen, über das rollende Material, über Schleusen und Brücken kann man auf

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andere Weise nicht beschaffen. Die Belegungsfähigkeitslisten, die über Belgien verfügen, als wäre es das eigene Land, können nur von der belgischen Regierung stammen. Hier ist zweifellos amt- liches belgisches Material benutzt worden. Man hat es für englische Zwecke zurecht gemacht oder an vielen Stellen einfach ins Englische übersetzt.

So eingehend hatten England und Belgien bereits im Frieden ein militarisches Zusammenwirken miteinander verabredet. Belgien war eben politisch und militärisch nichts anderes als ein Vasall Englands. Die Entrüstung, die England heute wegen Deutschlands angeblichen Neutralitätsbruchs vor aller Welt zur Schau trägt, wird durch diese Dokumente als völlig haltlos und ungerecht erwiesen. Wenn jemand Anspruch darauf hat, empört zu sein, so sind es wir!

Als anläßlich unserer Operationen an der Küste die englische und französische Presse höhnisch meinte, wir seien über die Gefahren des Uberschwemmungsgebietes im sogenannten Polderland nicht unterrichtet, hatte sie insofern recht, als wir Belgiens Gelandeverhalt- nisse zu Beginn des Krieges allerdings nur so weit kannten, wie sie sich aus den im Buchhandel käuflichen Quellen ergaben.

Um so wertvollere Beutestücke waren daher für uns die eng- lischen Erkundungsberichte und vorzüglichen Karten. Wir konnten dieses außerordentlich nützliche Material sofort unseren eigenen Zwecken dienstbar machen und England mit seinen eigenen Waffen bekämpfen. Darin liegt für die sorgsame Arbeit unserer Gegner wohl die beste Kennzeichnung.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 2. Dezember, vormittags.

Im Westen wurden kleinere Vorstöße des Feindes abgewiesen. Im Argonnnerwalde wurde vom Württembergischen Infanterie- regiment Nr. 120, dem Regiment Seiner Majestät des Kaisers, ein starker Stützpunkt genommen. Dabei wurden zwei Offiziere und annähernd 300 Mann zu Gefangenen gemacht.

Aus Ostpreußen nichts Neues.

In Nordpolen nehmen die Kämpfe ihren normalen Fortgang.

In Sudpolen wurden feindliche Angriffe zurückgeschlagen.

Oberste Heeresleitung.

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Großes Hauptquartier, 2. Dezember, vormittags. Die in der ausländischen Presse verbreitete Nachricht, daß in der von uns gemeldeten Zahl von 40 000 russischen Gefangenen die bei Kutno gemachten 23 000 mit enthalten seien, ist unrichtig. Die Ostarmee hat in den Kämpfen bei Wloclawek, Kutno, Lodz und Lowicz vom 11. November bis 1. Dezember über 80 000 un-

verwundete Russen gefangen genommen. Oberste Heeresleitung.

Die Kriegssitzung des Reichstages am 2. Dezember.

Präsident Dr. Kaempf eröffnet die Sitzung um 41/4 Uhr mit fol- gender Ansprache:

Meine Herren! Nach viermonatlicher Vertagung heiße ich Sie alle zu treuer Arbeit in diesem Hause willkommen, diejenigen aber unter uns, die mit in das Feld haben ziehen können und die aus dem Felde herbeigeeilt sind, um an den wichtigen Arbeiten des Reichstages teilzunehmen, begrüße ich auf das allerherzlichste. Seitdem wir am 4. August unter dem gewaltigen Eindruck der auf uns einstürmenden Ereignisse uns getrennt haben, sind wichtige welthistorische Ereignisse eingetreten. Vor allem aber hat sich gezeigt, daß alle Gedanken des deutschen Volkes auf diesen gewaltigen Krieg gerichtet sind in dem Vertrauen, daß die Einigkeit des deutschen Volkes alle Hindernisse überwinden werde, in dem Bewußtsein des Sieges, das getragen wird von der Stärke der militärischen Macht Deutschlands zu Wasser und zu Lande und von dem Bewußtsein der wirtschaftlichen Stärke des deutschen Vaterlandes. Weit über zwei Millionen Kriegsfreiwilliger haben sich gestellt, und doch hat nur ein kleiner Teil von ihnen in die Armee eingereiht werden können. Aus unserer Mitte sind 65 Ab- geordnete und 27 unserer Beamten zu den Fahnen gerufen, und der Erste aus unseren Reihen, der auf dem Schlachtfelde (sämtliche Mit- glieder des Hauses und des Bundesrats erheben sich von den Plätzen) den Tod für das Vaterland gefunden hat, war ein Kriegsfreiwilliger. Alle diejenigen im Deutschen Reich, denen es nicht vergönnt ist, mit in den Krieg zu ziehen, wetteifern in den Werken, die dazu bestimmt sind, die Leiden des Krieges zu lindern, für die Familien unserer Soldaten zu sorgen, unseren tapferen Kriegern dort draußen ihre schwere Arbeit zu erleichtern und die Verwundeten, die keinen sehnlicheren

Wunsch haben, als wieder in das Feld zu ziehen, Hilfe, Beistand zu

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leisten und die Herstellung von ihren Wunden zu ermöglichen. Eine Opferfreudigkeit sonder gleichen zieht durch das Land. Fürsten und | Volk ohne Unterschied, alt und jung, Frauen und Männer haben keinen

anderen Gedanken, als sich werktätig zu beteiligen an dem. Kriege, der ein Volkskrieg ist im wahrsten Sinne des Wortes, ein Volkskrieg, an dem jeder für seinen Teil an der Stelle, an die er gestellt ist, verantwortungsvoll teilnimmt, mit der Verantwortung für das, was auf dem Spiele steht. Noch eine andere Aufgabe ist denjenigen zu- gefallen, die zu Hause geblieben sind, Sorge und Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen Lebens. Verstandnisvoll ist die Bevölkerung dem Rufe gefolgt, durch Selbsthilfe den Gefahren des Krieges, die drohen, zu begegnen und durch weise Selbstbeschränkung dafür zu sorgen, daß die Gefahren nicht wachsen. Die großartige Organisation des Kredit- und Geldwesens, die durch die Reichsbank herbeigeführt worden ist, findet ihren Gipfelpunkt ın der erfolgreichen Zeichnung der Kriegsanleihe, die nicht weniger als 41/2 Milliarden Mark in die Kassen des Reichs geführt hat. Manch schwere wirtschaftliche Wunde ist für den einzelnen geschlagen, aber die Gesamtheit trägt auf starken Schultern das Gebäude unseres wirtschaftlichen Lebens. Alles dieses zusammen bildet den Hintergrund, vor dem sich das gewaltige Drama dieses Krieges abgespielt. Nur vier Monate sind seit dem Beginn des Krieges verflossen, und welche Fülle von kriegerischen Ereignissen hat sich in dieser kurzen Spanne Zeit zusammengedrängt. Zu unseren Gegnern hat sich das japanische Reich gesellt, das für seinen Undank nur anführen kann Beutegier nach den Wahrzeichen deutscher Kultur, die wir in fernem Osten aufgerichtet haben, zum Besten der Kultur. Dagegen ist den treuverbündeten Reichen Österreich-Ungarn und Deutschland ein Bundesgenosse entstanden in dem osmanischen Reiche, das entschlossen ist, die Bedrohung durch das englische Joch abzu- schütteln in gleicher Weise wie die anderen Länder mit moslemitischer Bevölkerung, und durch die islamitische Bewegung die Grundfesten der Kolonialreiche unserer Gegner zu erschüttern droht. In den vier Monaten haben wir ganz Belgien bis auf wenige Quadratkilometer im Westen besetzt und einen nicht unbedeutenden Teil des nördlichen und östlichen Frankreichs auf der Linie Verdun—Lille bis zum Meere. Starke Festungen, die als uneinnehmbar galten, sind überwunden worden, Lüttich, Namur, Antwerpen und Maubeuge. In jeder Feld- schlacht hat unser Heer den Feind geschlagen. Ich erinnere nur an die Schlachten von Mülhausen, in französisch Lothringen, im Osten bei

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Tannenberg und nördlich der Masurischen Seen, bei Lodz und bei Lowitsch, und alle diese Schlachten haben bewiesen, daß alle unsere

ruppen, vom ersten bis zum letzten, daß unsere Linientruppen, wie unsere Reserven, unsere Landwehr, unser Landsturm, daß Kavallerie, Artillerie, Pioniere und alle Spezialwaffen von dem gleichen Geiste beseelt sind. Mehr als einmal ist uns gesagt worden, daß unsere Truppen unter dem Gesange „Deutschland, Deutschland über alles“ die feindlichen Stellungen gestürmt haben. Unserem Heere steht ebenbürtig zur Seite unsere Flotte. Das Herz geht uns auf, wenn wir uns an die Kreuzer „Göben“ und „Breslau“ erinnern, die, ge- zwungen den neutralen Hafen zu verlassen, unter den Klängen der Wacht am Rhein hinausgezogen sind in das von den feindlichen Flotten erfüllte Mittelmeer. Das Herz geht uns auf bei dem Gedanken an unseren Kreuzer „Emden“, der alle Meere unsicher gemacht hat, obgleich er selbst nur ein einzelnes verhältnismäßig kleines Schiff war, und vor dem die Flotten unserer Gegner gezittert haben. Ich erinnere an die Schlacht bei Coronel, wo eine überlegene Strategie zur See den Sieg davongetragen hat. Ich erinnere an die glorreichen Taten unserer Unterseeboote, die heute den Schrecken der ganzen britischen Flotte und des ganzen britischen Volkes bilden. Leider ist unser heimatlicher Boden nicht von den Schrecken des Krieges verschont geblieben. Teile von Elsaß-Lothringen, Teile von Ostpreußen zeigen nur zu deutlich die Spuren der kriegerischen Verheerung. Aber wir können nicht dankbar genug sein, daß im großen und ganzen der Krieg sich abspielt auf dem Gebiete unserer Feinde. Wahrlich, wenn

wir alles dieses uns vergegenwärtigen, drängt sich uns das Gefühl

der Bewunderung auf für unser Heer und unsere Flotte, deren Taten

f sich ebenbürtig zur Seite stellen denen der kriegerischen Ereignisse

aller Zeiten und aller Völker. In dieser Bewunderung bringen wir

f unseren Dank dar der obersten Leitung des Heeres und der Flotte, den Generalen und Admiralen, den Offizieren und den Mannschaften,

die alle vom ersten bis zum letzten mit unvergleichlichem Mute ge- . kämpft haben und denen die feindlichen Stellungen selten haben , standhalten können. Wir schließen in diesen Dank ein die tapferen . Bewohner unserer Kolonien, die in schwieriger Lage heldenmütig für

*.

das Deutschtum kämpfen. Wir danken nicht minder denen, die an höchster Regierungsstelle stehen, die eine ungeheure Verantwortlichkeit

mit ihren Mitarbeitern tragen und eine gleich große Arbeitslast be-

waltigt haben und täglich bewältigen, die nicht hoch genug eingeschätzt

180 werden kann im Interesse des deutschen Vaterlandes. Wir danken allen den Deutschen, die freiwillige Arbeit mitübernommen haben, die Leiden des Krieges zu mildern und für unsere Verwundeten zu sorgen. Schwer sind die Verluste an Verwundeten von vielen Tau- senden, die für ihr ganzes Leben ein schweres Schicksal infolge des Krieges zu tragen haben, dieses Schicksal aber heldenmütig tragen. Schwer sind auch die Verluste an Menschenleben, die der Krieg fordert. Manch Frauenherz verzehrt sich in Kummer um den gefallenen Gatten und Bruder, manch Vater- und Mutterherz verzehrt sich ‚in Gram um die ihm entrissenen Söhne. Wir ehren ihren Schmerz und tragen ihn mit ihnen, das Vaterland aber dankt ihnen und ist stolz auf seine gefallenen Heldensöhne, die ihr Blut vergossen und ihr Leben hingegeben haben in dem Weltkriege, den wir um unsere Existenz zu führen haben, ein Weltkrieg, denn aus allen Weltteilen, Asien, Afrika, Australien, Amerika haben unsere Feinde ihre Vasallen- heere auf den europäischen Kriegsschauplatz gezogen, um uns zu vernichten. Meine Herren, das schreckt uns nicht, im Vertrauen auf die Gerechtigkeit unserer Sache wehren wir uns, wenn es sein muß, gegen die ganze Welt. Unter der Fahne unseres Heeres, unter der Flagge unserer Flotte werden wir siegen. Meine Herren, ich habe Ihnen dann noch einige Mitteilungen trauriger Natur zu machen. (Der Reichstag und die Mitglieder der Regierung erheben sich). Am 23. September verschied in seiner Heimat der Herr Kollege Dr. Semler, gewählt für den 2. Wahlkreis Hannover, am 7. Oktober verschied in seiner Heimat unser Herr Kollege Ritter, gewählt für den l. Wahlkreis des Regierungsbezirks Bromberg, am 8. November verschied unser Herr Kollege Metzger, gewählt für den 3. Wahlkreis Hamburg, am 20. November verschied unser Herr Kollege Dr. Braband, gewählt für den 6. Wahlkreis Schleswig-Holstein. Am 3. September ist unser Kollege Herr Dr. Frank-Mannheim, der beim Ausbruch des Krieges sich als Kriegsfreiwilliger gestellt hat, von einer Kugel in den Kopf ge- troffen, und starb so in dem ersten Gefecht, das er mitgemacht hat. An dem Platz, an dem wir sonst seine markige Gestalt zu sehen gewohnt waren, liegt ein Lorbeerkranz, den der Reichstag seinem den Heldentod gestorbenen Kollegen gewidmet hat. Ich habe, nach- dem ich die Nachricht von dem tragischen Ende unseres Kollegen erhalten hatte, der sozialdemokratischen Fraktion das Beileid des Reichstags ausgesprochen. Seitens des Herrn Stellvertreters des Reichs- kanzlers ist mir folgendes Schreiben zugegangen: „Im Kampfe um

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Deutschlands Verteidigung ist als erstes Mitglied des Reichstags der Abgeordnete Dr. Ludwig Frank auf dem Felde der Ehre gefallen; er hat damit die Gesinnung, die er durch seinen Eintritt als Kriegs- freiwilliger bekundet hatte, mit dem Tode besiegelt. Ich habe die Ehre, im Namen des Reichskanzlers dem Reichstag den Ausdruck des aufrichtigen Mitgefühls auszusprechen, und bitte, diesen Ausdruck ihm zu übermitteln.“ Ich danke dem Herrn Reichskanzler für den Ausdruck seiner warmen Anteilnahme an unserem tragischen Verlust. Meine Herren, Sie haben sich sowohl zu Ehren der in ihrer Heimat verstorbenen Mitglieder wie auch zu Ehren unseres auf dem Felde der Ehre gefallenen Kollegen Dr. Frank von Ihren Plätzen erhoben, ich stelle dies fest und danke Ihnen dafür.

Der Präsident Dr. Kaempf teilt darauf mit, daß er Ihrer Majestät der Kaiserin zum Geburtstage die Glückwünsche des Reichstags über- mittelt habe, und verliest das darauf eingegangene Danktelegramm der Kaiserin. Er verliest ferner das von ihm aus Anlaß des Falles Tsingtau an Seine Majestät gerichtete Telegramm, in welchem er die Gefühle des Reichstags aus diesem Anlaß kundgibt, und teilt mit, daß er darauf folgende Depesche des Kaisers erhalten habe:

„Ich danke Ihnen für den Ausdruck der Gefühle des Schmerzes und des Vertrauens auf die Zukunft, von welchen der Reichstag und alle deutschen Herzen angesichts des Falles von Tsingtau erfüllt sind. Die heldenmütige Verteidigung der in langjähriger Arbeit geschaffenen Musterstätte deutscher Kultur bildet ein neues Ruhmesblatt für den Geist der Treue bis zum Tode, den das deutsche Volk mit seinem Heere und mit seiner Flotte in dem gegenwärtigen Verteidigungskampfe gegen eine Welt voll Haß, Neid und Begehrlichkeit schon so mannigfach, will's Gott, nicht

vergeblich betätigt hat.“ Wilhelm I.R.

Reichskanzler Dr. von Bethmann-Hollweg:

Meine Herren, Seine Majestät der Kaiser, der draußen bei der Armee ist, hat mich beauftragt, der deutschen Volksvertretung, mit der er sich in Sturm und Gefahr und der gemeinsamen Sorge für das Wohl des Vaterlandes bis zum Tode eins weiß, seine besten Wünsche und herzlichen Grüße zu überbringen, und zugleich in seinem Namen von dieser [Stelle aus der ganzen Nation Dank zu sagen für die beispiellose Aufopferung und Hingabe, für die gewaltige Arbeit, die

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draußen und daheim von allen Schichten des Volkes ohne Unterschied geleistet worden ist und weiter geleistet wird.

Auch unsere Gedanken gelten zuerst dem Kaiser, der Armee,

der Marine, unseren Soldaten, die draußen auf dem Felde und auf hoher See für die Ehre und die Größe des Reiches kämpfen. Voller Stolz und mit felsenfestem Vertrauen blicken wir auf sie, blicken wir zugleich auf unsere österreichisch-ungarischen Waffenbrüder, die treu mit uns vereint in oe bewährter Tapferkeit den großen Kampf kämpfen. l Noch jüngst, meine Herren, hat sich uns in dem aufgedrungenen Kampfe ein Bundesgenosse gesellt, der genau weiß, daß mit der Vernichtung des Deutschen Reiches es auch mit seiner eigenen staat- lichen Selbstbestimmung zu Ende wäre; das ist das osmanische Reich. Wenn unsere Gegner auch eine gewaltige Koalition gegen uns auf- geboten haben, so werden sie hoffentlich erfahren müssen, daß der Arm unserer mutigen Verbündeten bis an die schwächsten Stellen ihrer Weltstellung reicht.

Am 4. August bekannte der Reichstag den unbeugsamen Willen des gesamten Volkes, den ihm aufgezwungenen Kampf aufzunehmen, und seine Unabhängigkeit bis zum äußersten zu verteidigen. Seitdem ist Großes geschehen! Wer will die Ruhmes- und Heldentaten der Armeen, der Regimenter, der Kompagnien und Schwadronen, der Kreuzer und Unterseeboote aufzählen in einem Kriege, der seine Schlachtlinien durch Europa, ja durch die Welt zieht! Erst eine spätere Zeit wird davon erzählen können. Aber fassen wir nüchtern, was ist.

Die unvergleichliche Tapferkeit unserer Truppen hat, trotz der ungeheuren Ubermacht unserer Feinde, den Krieg in Feindesland ge- tragen. Dort stehen wir fest und stark da und können mit aller Zuversicht der Zukunft entgegensehen. Aber die Widerstandskraft des Feindes ist nicht gebrochen. Wir sind nicht am Ende der Opfer. Die Nation wird diese Opfer weitertragen mit demselben Heroismus, mit dem sie es bisher getan hat, denn wir müssen und wollen den Verteidigungskrieg, den wir, von allen Seiten bedrängt, für Recht und Freiheit führen, bis zum guten Ende durchkämpfen. Dann wollen wir auch der Unbill gedenken, mit der man sich an unseren in Feindes- land lebenden wehrlosen Landsleuten, zum Teil in einer jeder Zivi- lisation hohnsprechenden Weise, vergriffen hat. Die Welt muß er- fahren, daß niemand einem Deutschen ungesühnt ein Haar krümmen darf.

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Meine Herren, einige Augenblicke, nachdem jene Sitzung vom 4. August zu Ende gegangen war, erschien der großbritannische Bot- schafter, um uns ein Ultimatum Englands, und nach dessen sofortiger Ablehnung die Kriegserklärung zu überbringen. Da ich mich damals zu dieser endgültigen Stellungnahme der britischen Regierung noch nicht äußern konnte, will ich jetzt einige Ausführungen dazu machen.

Die Verantwortung an diesem größten aller Kriege liegt für uns klar. Die äußere Verantwortung tragen diejenigen Männer in Rußland, die die allgemeine Mobilisierung der russischen Armee betrieben und durchgesetzt haben. Die innere Verantwortung liegt bei der groß- britannischen Regierung. Das Londoner Kabinett konnte den Krieg unmöglich machen, wenn es unzweideutig in Petersburg erklärte, England sei nicht gewillt, aus dem österreichisch-serbischen Konflikte einen kontinentalen Krieg der Großmächte herauswachsen zu lassen. Eine solche Sprache hätte auch Frankreich gezwungen, Rußland energisch von allen kriegerischen Maßnahmen abzuhalten. Dann aber gelang unsere Vermittlungsaktion zwischen Wien und Petersburg, und es gab keinen Krieg. England hat das nicht getan. England kannte die kriegslüsternen Treibereien einer zum Teil nicht verantwortlichen, aber mächtigen Gruppe um den Zaren. Es sah, wie das Rad ins Rollen kam, aber es fiel ihm nicht in die Speichen. Trotz aller Friedensbeteuerungen gab London in Petersburg zu verstehen, England stehe auf Seite Frankreichs und damit auch Rußlands. Das zeigen klar und unwiderleglich die inzwischen erfolgten Publikationen der verschiedenen Kabinette, insbesondere das Blaubuch, das die englische Regierung herausgegeben hat. Nun gab es in Petersburg kein Halten mehr. Wir besitzen darüber das gewiß unverdachtige Zeugnis des belgischen Geschäftsträgers in Petersburg. Er berichtet Sie kennen seine Worte, aber ich will sie hier wiederholen —. Er berichtet am 30. Juli an seine Regierung: Heute ist man in Petersburg fest überzeugt, und man hat selbst die Gewißheit davon, daß England Frankreich bei- stehen wird. Dieser Beistand ist von enormem Gewicht und hat nicht wenig dazu beigetragen, der Militärpartei die Oberhand zu ver schaffen.

Bis in den Sommer hinein haben die englischen Staatsmanner ihrem Parlament versichert: kein Vertrag, keine Abmachung binde das schrankenlose Selbstbestimmungsrecht Englands, falls ein Krieg ausbrechen sollte. Frei könne Großbritannien sich entscheiden, ob es

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an einem europäischen Kriege teilnehmen wolle oder nicht. Also, meine Herren, war es keine Bündnispflicht, kein Zwang, es war auch keine Bedrohung des eigenen Landes, die die englischen Staatsmänner veranlaßte, den Krieg entstehen zu lassen und dann sofort selbst in ihn einzutreten. Dann bleibt nur übrig, daß das Londoner Kabinett diesen Weltkrieg, diesen ungeheuerlichen Weltkrieg kommen ließ, weil ihm die Gelegenheit gekommen schien, mit Hilfe seiner politischen Ententegenossen den Lebensnerv seines größten europäischen Kon- kurrenten auf dem Weltmarkt zu zerstören.

So, meine Herren, tragen diese beiden Staaten England und Rußland zusammen über Rußland habe ich mich am 4. August ausgesprochen vor Gott und der Menschheit die Verantwortung für diese Katastrophe, die über Europa, die über die Menschheit hereingebrochen ist.

Die belgische Neutralität, die England zu schützen vorgab, ist eine Maske. Am 2. August, abends um 7 Uhr, teilten wir in Brüssel mit, die uns bekannten Kriegspläne Frankreichs zwängen uns, um unserer Selbsterhaltung willen durch Belgien zu marschieren. Aber schon am Nachmittage dieses 2. August, also bevor in London das geringste von unserer Demarche in Brüssel bekannt war und bekannt sein konnte, hatte England Frankreich seine Unterstützung zugesagt, und zwar bedingungslos zugesagt für den Fall eines Angriffs der deutschen Flotte auf die französische Küste. Von der belgischen Neutralität war dabei mit keinem Worte die Rede. Diese Tatsache ist festgestellt durch die Erklärung, die Sir Edward Grey am 3. August im englischen Unterhaus abgab und die mir am 4. August infolge des erschwerten telegraphischen Verkehrs nicht in extenso bekannt war, und bestätigt durch das Blaubuch der englischen Regierung selbst. Wie hat da England behaupten können, es habe das Schwert gezogen, weil wir die belgische Neutralität verletzt hätten? Und wie konnten die englischen Staatsmänner, denen doch die Vergangenheit genau bekannt war, überhaupt von belgischer Neutralität sprechen? Als ich am 4. August von dem Unrecht sprach, das wir mit dem Einmarsch in Belgien begängen, stand noch nicht fest, ob sich die Brüsseler Regierung nicht in der Stunde der Not dazu entschließen würde, das Land zu schonen und sich unter Protest auf Antwerpen zurückzuziehen. Sie erinnern sich, daß ich auf den Antrag unserer Heeresverwaltung nach der Einnahme von Lüttich eine erneute Aufforderung in diesem Sinne an die belgische Regierung gerichtet habe, aus militärischen

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Grunden mußte die Möglichkeit zu einer solchen Entwicklung am 4. August unter allen Umständen offengehalten werden.

Für die Schuld der belgischen Regierung lagen schon damals mannigfache Anzeichen vor. Positive schriftliche Beweise standen mir noch nicht zu Gebote, den englischen Staatsmännern aber waren diese Beweise genau bekannt. Wenn jetzt durch die in Brüssel aufge- fundenen, von mir der Öffentlichkeit übergebenen Aktenstücke fest- gestellt worden ist, wie und in welchem Grade Belgien seine Neu- trahtat England gegenüber aufgegeben hatte, so ist nunmehr alle Welt über zwei Tatsachen im klaren: Als unsere Truppen in der Nacht vom 3. zum 4. August das belgische Gebiet betraten, da befanden sie sich auf dem Boden eines Staates, der seine Neutralität selbst längst durchlöchert hatte. Und die weitere Tatsache: nicht um der belgischen Neutralität willen, die England selbst mit untergraben hatte, hat uns England den Krieg erklärt, sondern weil es glaubte, zusammen mit zwei großen Militärmächten des Festlandes unser Herr werden zu können. Schon seit dem 2. August, seit seinem Versprechen der Kriegsfolge an Frankreich, war England nicht mehr neutral, sondern tatsachlich im Kriegszustand mit uns. Die Motivierung seiner Kriege- erklärung am 4. August mit der Verletzung der belgischen Neutralität war nichts als ein Schaustück, geeignet, das eigene Land und das neutrale Ausland über die wahren Beweggründe zum Kriege irrezu- führen. Jetzt, wo der bis in alle Einzelheiten ausgearbeitete englisch- belgische Kriegsplan enthüllt ist, ist die Politik der englischen Staats- manner vor der Weltgeschichte fur alle Zeit gekennzeichnet. Die englische Diplomatie hat selbst ja auch noch ein Übriges dazu getan. Auf ihren Ruf entreißt uns Japan das heldenmütige Kiautschou und verletzte dabei die chinesische Neutralität. Ist England gegen diesen Neutralitätsbruch eingeschritten? Hat es da seine peinliche Fürsorge für die neutralen Staaten gezeigt?

Meine Herren, als ich vor fünf Jahren auf diesen Platz berufen wurde, stand dem Dreibund festgefügt die Tripleentente gegenüber, ein Werk Englands, bestimmt, dem bekannten Prinzip der balance of power zu dienen, das heißt ins Deutsche übertragen: der seit Jahr- hunderten befolgte Grundsatz englischer Politik, sich gegen die jeweils stärkste Macht auf dem Kontinent zu wenden, sollte in der Triple- entente sein stärkstes Werkzeug finden. Darin lag von vornherein der agressive Charakter der Tripleentente gegenüber den rein defen- siven Tendenzen des Dreibundes, darin lag der Keim zu gewaltsamer

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Explosion. Ein Volk von der Größe und Tüchtigkeit des deutschen läßt sich nicht in seiner freien und friedlichen Entwicklung ersticken. Angesichts dieser Kombination war der deutschen Politik der Weg klar vorgeschrieben: sie mußte versuchen, durch Verständigung mit den einzelnen Mächten der Tripleentente die Kriegsgefahr zu bannen, sie mußte gleichzeitig unsere Wehrkraft so stärken, daß sie dem Kriege, wenn er doch kam, gewachsen war. Sie wissen, meine Herren, wir haben beides getan.

In Frankreich begegneten wir immer wieder dem Revanche- gedanken. Von ehrgeizigen Politikern genährt, erwies er sich stärker als der unzweifelhaft von einem Teil des französischen Volkes ge- hegte Wunsch, mit uns in nachbarlichen Verhältnissen zu leben. Mit Rußland kam es zwar zu einzelnen Vereinbarungen, aber eine feste Allianz mit Frankreich, sein Gegensatz zu dem mit uns verbündeten Österreich-Ungarn und ein von panslawistischen Machtgelüsten ge- züchteter Deutschenhaß machten jede Vereinbarungen unmöglich, die für den Fall politischer Krisen die Kriegsgefahr ausgeschlossen hätten. Verhältnismäßig am freiesten stand noch England da. Ich habe schon vorhin daran erinnert, mit welcher Emphase die englischen Staats- männer immer aufs neue ihrem Parlament das ganz ungebundene Selbstbestimmungsrecht Großbritanniens gerühmt haben. Hier konnte am ersten der Versuch zu einer Verständigung gemacht werden, die tatsächlich den Weltfrieden garantiert hätte.

Danach habe ich gehandelt, danach mußte ich handeln. Der Weg war schmal, das wußte ich wohl, die insulare englische Denkart hat im Laufe der Jahrhunderte einen politischen Grundsatz mit der Kraft eines selbstverständlichen Dogmas ausgestattet, den Grundsatz namlich, daß England ein arbitrium mundi gebühre, das es nur aufrecht er- halten könne durch die unbestrittene Seeherrschaft einerseits und durch das vielberufene Gleichgewicht der Kräfte auf dem Kontinent anderer- seits. Ich habe niemals gehofft, diesen alten englischen Grundsatz durch Zureden zu brechen. Was ich für möglich hielt, war, daß die wachsende Kraft Deutschlands und das wachsende Risiko eines Krieges England nötigen könnte, einzusehen, daß dieser alte Grundsatz un- haltbar, unpraktisch geworden ist, und einen friedlichen Ausgleich. mit Deutschland vorzuziehen. Jenes Dogma aber, meine Herren, lahmte immer wieder die Möglichkeit der. Verständigung.

Einen neuen Anstoß erhielten die Verhandlungen durch die Krisis des Jahres 1911. Uber Nacht war dem englischen Volke klar

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geworden, daß es vor dem Abgrund eines europäischen Krieges ge- standen hatte. Die Volksstimmung zwang die englischen Machthaber zu einer Annäherung an Deutschland. In langwieriger Arbeit gelang es schließlich, sich über verschiedene strittige wirtschaftliche Interessen- fragen, die Vorderasien und Afrika betrafen, zu verständigen. Damit sollten die möglichen politischen Reibungsflächen vermindert werden. Die Welt ist weit, sie bietet, wenn man nur nicht die freie Entfaltung unserer Kräfte hindern will, beiden Völkern Raum genug, im fried- lichen Wettbewerb ihre Kräfte zu messen. Das war der Grundsatz, den unsere Politik von jeher vertreten hat.

Aber, meine Herren, während wir so verhandelten, war England unablässig darauf bedacht, seine Beziehungen zu Rußland und Frank- reich immer enger zu gestalten. Das Entscheidende dabei war, daß über das politische Gebiet hinaus immer weitere militärische Ab- kommen für den Fall eines Kontinentalkrieges getroffen wurden. England betrieb diese Verhandlungen möglichst geheim. Wenn etwas davon durchsickerte, wurde ihre Bedeutung in Presse und Parlament als durchaus harmlos hingestellt. Verborgen sind sie uns nicht ge- blieben, wie Sie aus den Veröffentlichungen wissen, die ich veranlaßt habe. Die gesamte Situation, meine Herren, war eben die: England war zwar bereit, sich über Einzelfragen mit uns zu verständigen, oberster und erster Grundsatz der englischen Politik aber blieb ihm: Deutschland muß in der freien Entfaltung seiner Kräfte in Schach gehalten werden durch die balance of power. Das ist die Grenzlinie für freundschaftliche Beziehungen mit Deutschland. Zu dem Zwecke: Stärkung der Tripleentente bis aufs äußerste!

Als die Freunde militärische Zusicherungen dafür verlangen, sind die englischen Staatsmänner sofort bereit, sie zu geben. Der Ring ist geschlossen: England ist der Gefolgschaft Frankreichs und damit auch der Rußlands sicher, aber freilich auch England selbst bindet seinen Willen. Wollen Frankreich oder Rußland, wo die in beiden Ländern vorhandenen chauvinistischen Kreise in der mili- tärischen Konnivenz Englands ihre stärkste Stütze finden, wollen Frankreich oder Rußland losgehen, England ist moralisch in den Händen seiner Freunde, und das alles zu welchem Zweck: Deutsch- land muß niedergehalten werden. Wir haben es an Warnungen bei der englischen Regierung nicht fehlen lassen, noch zu Anfang juli dieses Jahres habe ich der englischen Regierung andeuten lassen, daß mir ihre geheimen Verhandlungen mit Rußland über eine Marine-

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konvention bekannt seien. Ich habe auf die ernsten Gefahren auf- merksam gemacht, die diese englische Politik für den Weltfrieden berge. Vierzehn Tage später schon trat das ein, was ich voraus- gesagt hatte.

Wir haben, meine Herren, aus dieser gesamten Lage der Dinge die Konsequenzen gezogen. Schneller hintereinander habe ich Ihnen die größten Rüstungsvorlagen gebracht, die die deutsche Geschichte kennt, und Sie haben in voller Erkenntnis der Gefahr einmütig und opferbereit bewilligt, was für unsere Selbstverteidigung not- wendig war.

Und als nun der Krieg ausgebrochen ist, laßt England jeden Schein fallen. Laut und offen verkündet es: England will kämpfen, bis Deutschland wirtschaftlich und militärisch niedergezwungen ist. Panslawistischer Deutschenhaß stimmt jubelnd jauchzend zu. Frank- reich hofft mit der ganzen Kraft einer alten soldatischen Nation die Scharte von 1870 auszuwetzen.

Meine Herren, darauf haben wir nur die eine Antwort an unsere Feinde: Deutschland laßt sich nicht vernichten!

Und, meine Herren, wie unsere militärische, so hat sich auch unsere finanzielle Kraft glänzend bewährt, sich rückhaltslos in den Dienst des Vaterlandes gestellt. Das wirtschaftliche Leben wird auf- rechterhalten, die Zahl der Arbeitslosen ist verhältnismäßig gering. Deutschlands Organisationskraft und Organisationskunst sucht in immer neuen Formen Übeln vorzubeugen, Schäden auszugleichen. Kein Mann, keine Frau entzieht sich der freiwilligen Mitarbeit. Keine Werbe- trommel braucht gerührt zu werden. Und alles zu dem einzigen großen Zwecke für das Land der Väter, für die Hoffnung der Kinder und Enkel alles hinzugeben an Gut und Blut! Wenn dieser Geist, diese sittliche Größe des Volkes, wie sie die Weltgeschichte bisher nicht gekannt hat, wenn der millionenhaft bewährte Heldenmut unseres Volkes in Waffen gegenüber einer Welt von Feinden von unseren ‚Gegnern als Militarismus geschmaht wird, wenn sie uns Hunnen und Barbaren schelten, wenn sie eine Flut von Lügen über uns auf dem Erdenrund verbreiten, meine Herren, wir können stolz genug sein, uns darum nicht zu gramen. Dieser wunderbare Geist, der die Herzen des deutschen Volkes durchglüht in niegesehener Einigkeit, er {muß und wird siegreich bleiben.

Und, meine Herren, wenn ein ruhmvoller, wenn ein glücklicher

Frieden erkämpft sein wird, dann wollen wir diesen Geist hochhalten

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als das heiligste Vermächtnis dieser furchtbar ernsten und großen Zeit. Wie vor einer Zaubergewalt sind die Schranken gefallen, die eine éde und dumpfe Zeit lang die Glieder des Volkes trennten, die wir gegeneinander aufgerichtet hatten in Mißverstand, in Mißgunst und in Mißtrauen. Eine Befreiung und eine Beglückung ist es, daß nun einmal dieser ganze Wust und Unrat weggefegt ist, daß nur noch der Mann gilt, einer gleich dem andern, einer dem andern die Hand reichend für ein einiges, heiliges Ziel. Ich wiederhole noch einmal das Wort, das beim Ausbruch des Krieges der Kaiser gesprochen hat: Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche. Wenn der Krieg vorüber ist, werden die Parteien wiederkehren. Denn ohne Parteien, ohne politischen Kampf kein politisches Leben, auch für das freieste und einigste Volk. Aber kämpfen wollen wir dafür und ich an meinem Teile verspreche es Ihnen kämpfen wollen wir dafür, daß es in diesem Kampfe nur mehr Deutsche geben darf.

Meine Herren, ich schließe meine Ausführungen. Es ist nicht die Zeit für Worte. Nicht über alle Fragen, die das Volk und die auch mich im Tiefsten bewegen, kann ich sprechen. Nur noch eins! In Treue und mit heißem Danke gedenken wir der Söhne Deutsch- lands, die auf den Schlachtfeldern in Ost und West, auf hoher See, an den Gestaden des Stillen Ozeans und in unseren Kolonien für die Ehre des Vaterlandes ihr Leben gelassen haben. Vor ihrem jetzt verstummten Heldenmute einigen wir uns in dem Gelöbnis, aus- zuharren bis zum letzten Hauche, damit Kinder und Enkel in einem stärkeren Deutschland frei und gesichert gegen fremde Drohung und Gewalt an der Größe des Reiches weiter bauen können, und dieses Gelöbnis soll hinausschallen zu unseren Söhnen und Brüdern, die weiter kämpfen gegen den Feind, zu dem Herzblut Deutschlands, das in zahl- und namenlosem Heldentum aufwallt, für das wir bereit sind, alles herzugeben, was wir haben, hinausschallen auch zu unseren Landsleuten im Ausland, den draußen für uns Sorgenden, den von der Heimfahrt Abgeschnittenen und Gefährdeten, den widerrechtlich Gefangenen und Mißhandelten.

Wir halten durch, meine Herren! Und ich bitte Sie, durch die Annahme unserer Vorlagen es zu bekräftigen: wir halten durch, bis wir Sicherheit haben, daß keiner mehr wagen wird, unseren Frieden zu stören einen Frieden, in dem wir deutsches Wesen und deutsche

Kraft entfalten und entwickeln wollen als freies Volk!

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Meldungen der Obersten Heeresleitung. Großes Hauptquartier, 3. D Seine Majestät der Kaiser hatte gestern in Breslau eine Be sprechung mit dem Oberstkommandierenden des österreichisch- ungarischen Heeres, Seiner K. und K. Hoheit dem Erzherzog Friedrich, der von Seiner K. und K. Hoheit dem Erzherzog-Thron- folger Karl Franz Joseph und dem Chef des Generalstabes, General der Infanterie Freiherrn Conrad von Hötzendorf, begleitet war. Später besuchte der Kaiser die Verwundeten in den Lazaretten der Stadt. Oberste Heeresleitung.

Kaiser Wilhelm bei Czenstochau. Großes Hauptquartier, 3. Dezember. Seine Majestät der Kaiser besuchte heute Teile der in der Gegend von Czenstochau kämpfenden österreichisch-ungarischen und deutschen Truppen. Oberste Heeresleitung.

Vom westlichen Schauplatze.

Englische Nöte. London, 3. Dezember.

Der militärische Korrespondent der „Times“ gibt die Verluste der britischen Armee auf 84000 Mann an, was ungefähr der ursprünglichen Stärke des britischen Heeres entspreche, als es ins Feld rückte. Die Ver- luste in der Schlacht bei Ypern und Armentières betrugen etwa 50000Mann, wovon etwa 5500 auf das indische Korps entfielen. Der Korrespondent fährt fort: Wir müssen zugeben, daß die deutschen Truppen trotz schreck- licher Verluste noch zahlreicher sind als wir, und daß sie starke Stellungen einnehmen. Sie besitzen eine furchtbare Artillerie, die zerstreut aufgestellt und wohl verborgen ist. Ihr schweres Geschütz hat noch die Oberhand und begräbt beständig unsere Leute, indem ganze Abschnitte der Lauf- gräben zerstört werden. Ihre Scharfschützen sind kühn und hartnäckig. Die Mörser in ihren Graben und die Granaten verursachen uns beständige Verluste, und obwohl ihre Aufklärung in der Luft nachläßt, erscheinen doch noch Tauben und Albatroß-Flugzeuge über uns und beobachten, was wir tun. Die englischen Offiziere und Unteroffiziere sind in schrecklichem Maße geschwächt. Wir haben fast die ganze reguläre Reserve und den besten Teil der Spezialreserve vieler Korps an die Front gebracht. Wenn die Depots nicht länger imstande sind, einen guten und regelmäßigen Ersatz zu schicken, würde die Armee an der Front gern einen Teil der neuen Armeen als Ersatz begrüßen. Wir brauchen jeden Mann, den wir finden können, und werden bald erwägen müssen, wie wir die neuen Aushebungen am besten an der Front verwenden können, ob als Armeen, Divisionen und Brigaden in Einheiten oder zur Auffüllung.

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Rennenkampf vom Oberbefehl enthoben. | London, 2. Dezember.

Die „Morning Post“ meldet aus Petersburg: General Rennenkampf ist vom Oberbefehl enthoben. weil er in der Konzentrationsbewegung ' zur Einschließung der Deutschen seine Stellung zwei Tage zu spät

einnahm.

Die Eroberung von Belgrad. Budapest, 3. Dezember.

Die österreichisch-ungarischen Truppen haben nach einer aus- führlichen Meldung des „Magyar Hirlap“ gestern abend in einem unwiderstehlichen Bajonettsturm die Westseite Belgrads genommen. Heute früh wurde ganz Belgrad in Besitz genommen. Die Truppen hielten unter sturmischer Begeisterung ihren Einzug.

Die Türkei im Kriege. Die Engländer zwischen vier Feuern. Konstantinopel, 3. Dezember.

Der Fuhrer der ägyptischen Nationalpartei Mohamed Ferid, der seit Jahren gegen die Besetzung Ägyptens durch die Engländer einen erbitterten Kampf führt und vom Ausbruch des europäischen Krieges an hier weilt, erklärte in einer Unterredung, er zweifle nicht daran, daß die osmanische Armee mit Leichtigkeit und bedeutend rascher, als man glaube, den Suez- kanal überschreiten werde. Ebenso stehe außer allem Zweifel, daß die Ägypter, die die Engländer verabscheuten, sich erheben würden, sobald die osmanische Armee in Ägypten eindringen werde, nicht minder die Sudanesen, sodaß die Engländer zwischen vier Feuer geraten würden, namlich das der türkischen Armee, der Bevölkerung von Ägypten, der Senussi und der Sudanesen.

Meldungen der Obersten Heeresleitung. Großes Hauptquartier, 4. Dezember. Seine Majestät der Kaiser ist gestern abend zu kurzem Auf-

enthalt m Berlin eingetroffen. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 4. Dezember. Auf dem westlichen Kriegsschauplatz wurden französische Angriffe gegen unsere Truppen in Flandern wiederholt abgewiesen, ebenso in Gegend nordwestlich Altkirch, wo die Franzosen bedeutende Verluste hatten.

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Auf dem östlichen Kriegsschauplatz sind feindliche Angriffe östlich der Masurischen Seenplatte unter großen Verlusten für die ‚Russen abgeschlagen.

Unsere Offensive in Polen nimmt normalen Verlauf.

Oberste Heeresleitung.

Feindliche Flieger über Freiburg. Karlsruhe, 4. Dezember. Feindliche Flieger warfen heute mittag in der Nahe von Frei- burg (Breisgau) Bomben ab, anscheinend vier. Es schien auf einen Bahnübergang abgesehen zu sein.

Der Krieg gegen Serbien und Montenegro.

Vormarsch auf der ganzen Front. Wien, 4. Dezember.

Vom südlichen Kriegsschauplatze wird amtlich gemeldet: 4. Dez. Die Besitzergreifung von Belgrad erfolgte gestern in feierlicher Weise. Der Vormarsch unserer Kräfte geht am nördlichen Teile der Front kampflos vorwärts, wobei gestern 300 Mann zu Gefangenen gemacht wurden.

Westlich und südwestlich Arandjelowatz stellen sich dem Vor- dringen unserer Truppen starke feindliche Kräfte entgegen, die durch heftige Angriffe, die insgesamt abgewiesen wurden, versuchen, den Rückzug der serbischen Armeen zu decken.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 5. Dezember. In Flandern und südlich Metz wurden gestern französische Angriffe abgewiesen. Bei La Bassee, im Argonnerwalde und in Gegend südwestlich Altkirch machten unsere Truppen Fortschritte. Bei den Kämpfen östlich der masurischen Seen ist die Lage günstig. Kleinere Unternehmungen brachten dort 1200 Gefangene. In Polen verlaufen unsere Operationen regelrecht.

Oberste Heeresleitung.

193 Großes Hauptquartier, 6. Dezember. Heute Nacht wurde der Ort Vermelles (südöstlich Béthune), dessen weiteres Festhalten im dauernden französischen Artillerie- feuer unnötige Opfer gefordert hätte, planmäßig von uns geräumt. Die noch vorhandenen Baulichkeiten waren vorher in die Luft gesprengt worden, unsere Truppen besetzten ausgebaute Stellungen östlich des Ortes. Der Feind konnte bisher nicht folgen. Westlich und südwestlich Altkirch erneuerten die Franzosen ihre Angriffe mit erheblicheren Kräften ohne Erfolg; sie erlitten starke Verluste. Im übrigen im Westen keine nennenswerten Ereignisse. Auf dem Kriegsschauplatz östlich der masurischen Seenplatte verhielt sich der Gegner ruhig. Der Verlauf der Kämpfe um Lodz entspricht ch wie vor unseren Erwartungen. In Sudpolen keine Veränderungen. Oberste Heeresleitung.

Lodz von unseren Truppen genommen. Großes Hauptquartier, 6. Dezember. Lodz heute nachmittag von unseren Truppen genommen. Russen nach schweren Verlusten dort im Rückzuge. Oberste Heeresleitung.

Günstiger Fortgang der Schlacht in Polen. Wien, 6. Dezember.

Die Schlacht in Polen nimmt einen für die Waffen der Ver- bündeten günstigen Fortgang. Die nach Westgalizien vorgerückten russischen Kräfte wurden gestern von unseren und deutschen Truppen von Süden her angegriffen. Die Verbündeten nahmen 2200 Russen gefangen und erbeuteten einige feindliche Trains.

In den Karpathen fanden Teilkämpfe statt. Der in die Beskid- Stellung eingebrochene Gegner wurde zurückgeworfen und verlor 500 Gefangene.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes:

von Hoefer, Generalmajor.

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Der Krieg zur See.

Vergebliche Jagd auf ein deutsches Unterseeboot.

„Corriere della Sera“ erfährt aus Bordeaux: In einer Mitteilung des Marineministeriums über Schiffeoperationen wird hervorgehoben, daß die Jagd auf das deutsche Unterseeboot „U 21“ im Kanal er- folglos blieb. Es brachte am 23. November den englischen Dampfer „Malachite“ zum Sinken, dessen Mannschaft sich aber nach Le Havre retten konnte. Zwei Torpedoflottillen wurden zur Verfolgung des Unterseebootes ausgeschickt, das sie am 25. entdeckten und das auf einen seiner Verfolger drei Torpedos schleuderte. Am 26. November erschien „U 21“ beim Kap Antifer, nördlich von Le Havre, wo es den englischen Dampfer „Primo“ zum Sinken brachte, dessen Mannschaft sich auf Schifferbarken retten konnte. Am 29. November erschien „U 21“ wieder in der Nähe vom Kap Antifer, schleuderte wieder ein Torpedo auf ein Torpedoboot und verschwand in der Richtung nach Norden.

„U 21” hat seinerzeit auch den englischen Kreuzer „Pathfinder“ in den Grund gebohrt.

Die Türkei im Kriege. Auf dem Vormarsch nach Batum. Konstantinopel, 6. Dezember.

Das Hauptquartier teilt mit: Wir haben Keda, einen ziemlich wichtigen Punkt 20 Kilometer östlich von Batum, besetzt. Durch einen kühnen Handstreich haben unsere Truppen die Elektrizi- tätswerke von Batum außer Tätigkeit gesetzt und dabei einige Gefangene gemacht. 300 Russen, die aus Batum vorgeschickt waren, um eine von uns besetzte Brücke wieder zu nehmen, fielen in einen Hinterhalt und wurden vollständig aufgerieben.

Die Engländer unter großen Verlusten geschlagen.

Konstantinopel, 6. Dezember. (Amtlicher Bericht). Gestern versuchten englische Landungs- truppen eine von unseren Truppen zwischen dem Tygris und dem Kanal Souvaya besetzte Stellung anzugreifen. In dem Kampf, der folgte, wurden die Engländer unter großen Verlusten geschla- gen. Wır erbeuteten ein Maschinengewehr und eine Menge Munition.

Die Wüste unter Wasser. Landen: 6. Dezember.

Reuter meldet aus Kairo: Die Militärbehörden haben die Wüste östlich Port Said unter Wasser gesetzt, um die Stadt zu isolieren.

195 Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 7. Dezember.

Vom westlichen Kriegsschauplatz und dem östlich der masu- rischen Seenplatte liegen keme besonderen Nachrichten vor.

In Nord-Polen haben wir in langem Ringen um Lodz durch das Zurückwerfen der nördlich, westlich und südwestlich dieser Stadt stehenden starken russischen Kräfte einen durchgreifenden Erfolg errangen. Lodz ist in unserem Besitz. Die Ergebnisse der Schlacht lassen sich bei der Ausdehnung des Kampffeldes noch nicht über- sehen. Die russischen Verluste sind zweifellos sehr groß.

Versuche der Russen aus Süd-Polen, ihren bedrängten Armeen

im Norden zu Hilfe zu kommen, wurden durch das Eingreifen österreichisch-ungarischer und deutscher Kräfte in Gegend südwest-

lich Piotrkow vereitelt. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Das Ringen um die Entscheidung. Wien, 7. Dezember.

Amtlich wird verlautbart: 7. Dezember mittags. Das Ringen um die Entscheidung auf dem russischen Kriegsschauplatz dauert an. Oster- reichisch-ungarische und deutsche Truppen wiesen im Angriff im Raume südwestlich Piotrkow die über Noworadomsk nordwärts vorstrebenden russischen Kräfte zurück, indes deutsche Truppen den Feind zum Weichen zwangen.

In Westgalizien sind gleichfalls größere Kämpfe im Gange; ihr Ergebnis steht noch aus. In diesem Raume nahmen unsere und deutsche Truppen gestern weitere 1500 Russen gefangen.

In den Karpathen wird weiter gekämpft. An manchen Stellen hat der Feind starke Kräfte wieder hinter den Gebirgskamm zurück-

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes:

von Hoefer, Generalmajor.

Vorläufig keine japanische Hilfe für die Verbündeten.

In Kopenhagen ist auf dem Wege über Petersburg eine Meldung aus Tokio eingegangen, aus der die Stellungnahme der japanischen Regierung zur Frage der Truppenentsendung nach dem europäischen Kriegsschauplatz ersichtlich zu sein scheint. Das in Tokio erscheinende offiziöse Blatt eHochi Shimbun“ schreibt danach:

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„In Europa laufen Gerüchte um, daß japanische Truppen nach dem dortigen Kriegsschauplatz entsandt werden sollen. Zu einer solchen Ex- pedition liegt vorderhand weder ein Grund, noch eine direkte Aufforderung vor. Eine Truppenentsendung kame nur in Frage, wenn die Streitkräfte _ der Verbündeten denen der Gegner an Zahl unterlegen wären. Die Streit- kräfte Frankreichs und Englands aber sind den deutschen an Zahl gleich und Rußlands denen Deutschlands und Österreichs sogar stark überlegen. Eine japanische Hilfe ist demnach zurzeit nicht erforderlich. Wenn der unwahrscheinliche (?) Fall einträte, daß die Verbündeten eine Niederlage erleiden sollten, dann würde Japan es für seine Ehrenpflicht halten, Hilfs- truppen nach Europa zu entsenden. Diese Möglichkeit erscheint aber gegenwärig nicht derartig, daß eine japanische Expedition zu erwägen wäre.”

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 8. Dezember.

An der flanderischen Front bereiten die durch die letzten Regengüsse verschlechterten Bodenverhältnisse den Truppenbewe- gungen große Schwierigkeiten. Nördlich Arras haben wir einige kleinere Fortschritte gemacht.

Das Kriegslazarett in Lille ist gestern abgebrannt. Wahr- scheinlich liegt Brandstiftung vor, Verluste an Menschenleben sind aber nicht zu beklagen.

Die Behauptung der Franzosen über ein Vorwärtskommen im Argonnerwald entspricht nicht den Tatsachen; seit längerer Zeit ist dort überhaupt kein französischer Angriff mehr erfolgt, dagegen gewinnen wir fortgesetzt langsam Boden.

Bei Malancourt östlich Varennes wurde vorgestern ein fran- zösischer Stützpunkt genommen. Dabei ist der größere Teil der Besatzung gefallen, der Rest— einige Offiziere und etwa 150 Mann wurde gefangen.

Ein französischer Angriff gegen unsere Stellungen nördlich Nancy wurde gestern abgewiesen.

Im Osten liegen von der ostpreußischen Grenze keine be- sonderen Nachrichten vor. In Nordpolen folgen die deutschen Truppen dem östlich und südöstlich Lodz schnell zurückweichenden Feind unmittelbar. Außer den gestern schon gemeldeten unge- wöhnlich starken blutigen Verlusten haben die Russen bisher etwa fünftausend Gefangene und sechzehn Geschütze mit Munitions- wagen verloren.

In Südpolen hat sich nichts Besonderes ereignet.

Oberste Heeresleitung.

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Großes Hauptquartier, 9. Dezember.

Westlich Reims mußte Pöcherie-Ferme, obgleich auf ihr die Genfer Flagge wehte, von unseren Truppen in Brand geschossen werden, weil durch Fliegerphotographie einwandfrei festgestellt war, daß sich dicht hinter der Ferme eine französische schwere Batterie verbarg.

Französische Angriffe in Gegend Souain und gegen die Orte Varennes und Vauquois am östlichen Argonnenrande wurden unter Verlusten für den Gegner zurückgeworfen. Im Argonnenwalde selbst wurde an verschiedenen Stellen Boden gewonnen, dabei machten wir eine Anzahl Gefangene.

Bei den gestern gemeldeten Kämpfen nördlich Nancy hatten die Franzosen starke Verluste, unsere Verluste sind verhaltnis- mäßig gering.

Aus Ostpreußen liegen keine neueren Nachrichten vor.

In Nordpolen stehen unsere Truppen in enger Fühlung mit den Russen, die in einer stark befestigten Stellung östlich der Miazga Halt gemacht haben. Um Lowicz wird weiter gekämpft.

In Südpolen haben österreichisch-ungarische und unsere Truppen Schulter an Schulter erneut erfolgreich angegriffen.

Oberste Heeresleitung:

Berlin, 9. Dezember.

Generaloberst von Moltke hat seine Kur in Homburg beendet und ist hier eingetroffen. Sein Befinden hat sich glücklicherweise erheblich gebessert, ist aber noch immer so, daß er bis auf weiteres nicht wieder ins Feld gehen kann. Seine anderweitige Verwendung ist in Aussicht genommen, sobald sein Gesundheitszustand es ge- stattet. Die Geschäfte des Generalstabes des Feldheeres sind dem Kriegsminister Generalleutnant von Falkenhayn, der sie bei der Erkrankung des Generalobersten von Moltke vertretungsweise über- nahm, unter Belassung in dem Amt als Kriegsminister endgültig übertragen worden.

Vom östlichen Schauplatze.

Der amtliche Wiener Bericht. Wien, 9. Dezember. Amtlich wird verlautbart, 9. Dezember mittags. In Westgalizien ist unser Angriff im Gange. In Polen dauert die Ruhe im südlichen Frontabschnitt an. Die unausgesetzten Angriffe des Feindes in der Gegend von Piotrkow scheitern nach wie vor an der Zähigkeit der

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Verbündeten. Unsere Truppen allein nahmen hier in der letzten Woche 2800 Russen gefangen. Weiter nördlich setzen die Deutschen ihre Operationen erfolg- reich fort. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes:

von Hoefer, Generalmajor.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 10 Dezember.

In der Gegend ‚von Seuain beschränkten sich die Franzosen gestern auf heftiges Artilleriefeuer. Ein am östlichen Argonnen- rande auf Vauquois-Boureuilles erneuerter Angriff der Franzosen kam nicht vorwärts, er erstarb im Feuer unserer Artillerie; der Gegner erlitt offenbar große Verluste.

Drei feindliche Flieger warfen gestern auf die „offene, nicht im Operationsgebiet liegende“ Stadt Freiburg i. B. zehn Bomben ab. Schaden wurde nicht angerichtet. Die Angelegenheit wird hier nur erwähnt, um die Tatsache festzustellen, daß wieder einmal, wie schon so häufig seit Beginn des Krieges, eine „offene, nicht im Operationsgebiet liegende“ Stadt von unseren Gegnern mit Bomben beworfen ist.

Östlich der Masurischen Seen nur Artilleriekampf.

In Nordpolen auf deın rechten Weichselufer nahm eine unserer dort vorgehenden Kolonnen Przasnysz im Sturm. Es wurden 600 Gefangene und einige Maschinengewehre erbeutet. Links der Weichsel wird der Angriff fortgesetzt.

In Sũdpolen wurden russische Angriffe abgewiesen.

Oberste Heeresleitung.

Seeschlacht bei den Falklandsinseln. Berlin, 10. Dezember.

Laut amtlicher Reutermeldung aus London ist unser Kreuzer- geschwader am 8. Dezember, 71/2 Uhr morgens, in der Nähe der Falklandsinseln von einem englischen Geschwader unter dem Kom- mando des Vizeadmirals Sturdee gesichtet und angegriffen worden. Nach der gleichen Meldung sind in dem Gefecht S. M. Schiffe „Scharn- horst“, Gneisenau“ und „Leipzig“ gesunken. Zwei Kohlendampfer

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sind in Feindeshand gefallen. S. M. Schiffen „Dresden“ und „Nürnberg“ gelang es zu entkommen, sie werden angeblich verfolgt. Unsere Ver- luste scheinen schwer zu sein. Eine Anzahl Überlebender der gesun- kenen Schiffe wurde gerettet. Uber die Stärke des Gegners, dessen Verluste gering sein sollen, enthalten die englischen Meldungen nichts.

Der Chef des Admiralstabes der Marine ez.: Pohl.

Zum Untergang der deutschen Kreuzer. Berlin, 11. Dezember.

Nach weiterer amtlicher Reutermeldung aus London ist es den verfolgenden englischen Kreuzern gelungen, auch S. M. S. „Nürn- berg“ zum Sinken zu bringen.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes: (gez.) Behnke.

Die Seeschlacht bei den Falklandsinseln. | = = London, 11. Dezember.

Das Reutersche Bureau meldet amtlich: Die Seeschlacht vom 8. Dezem- ber dauerte mit Zwischenpausen fünf Stunden. Die „Scharnhorst“ sank nach drei Stunden, die „Gneisenau“ zwei Stunden später. Die „Leipzig“, die „Dresden“ und die „Nürnberg“ ergriffen die Flucht und wurden von

en Kreuzern und kleinen Kreuzern verfolgt. Es scheint kein eng- lisches Schiff verloren zu sein.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 11. Dezember.

In Flandern machten wir Fortschritte. Westlich und östlich der Argonnen wurden feindliche Artilleriestellungen mit gutem Erfolge bekämpft. Französische Angriffe im Bois de Prétre westlich Pont a Mousson wurden abgewiesen. | Östlich der masurischen Seenlinie keine Veränderung.

In Nordpolen schreitet unser Angriff vorwärts.

Aus Südpolen nichts Neues,

| | Oberste Heeresleitung.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 12. Dezember.

In Flandern griffen gestern die Franzosen in Richtung östlich Langermark an. Sie wurden zurückgeworfen und verloren etwa zweihundert Tote, dreihundertvierzig Gefangene.

Unsere Artillerie beschoß Bahnhof Ypern zur Störung feind- licher Truppenbewegungen.

Bei Arras wurden Fortschritte gemacht. In Gegend Souain— Perthes griffen die Franzosen erneut ohne jeden Erfolg an. Im Argonnerwalde versuchten die Franzosen nach wochenlangem rein passivem Verhalten einige Vorstöße; sie wurden überall leicht ab- gewiesen. Dagegen nahınen die deutschen Truppen wiederum einen wichtigen französischen Stützpunkt durch Minensprengung. Der Gegner erlitt starke Verluste an Gefallenen und Verschütteten; außerdem machten wir 200 Gefangene.

Bei Apremont südlich St. Mihiel wurden mehrfache heftige Angriffe der Franzosen abgewiesen, ebenso auf dem Vogesenkamm in Gegend westlich Markirch.

An der ostpreußischen Grenze warf unsere Kavallerie russische Kavallerie zurück und machte 350 Gefangene.

Südlich der Weichsel in Nordpolen entwickeln sich unsere Operationen weiter, in Südpolen wurden russische Angriffe von . und unseren Truppen abgeschlagen.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze. Zu den Kämpfen südlich der Weichsel. Berlin, 12. Dezember.

Die Räumung von Lodz durch die Russen geschah heimlich des Nachts, daher ohne Kampf und zunächst unbemerkt. Sie war aber nur das Er- gebnis der vorhergehenden dreitägigen Kämpfe. In diesen hatten die Russen ganz ungeheure Verluste, besonders durch unsere schwere Artillerie. Die verlassenen russischen Schützengräben waren mit Toten buchstäblich angefüllt. Noch nie in den gesamten Kämpfen des Ostheeres, nicht ein- mal bei Tannenberg, sind unsere Truppen über so viele russische Leichen hinweggeschritten, wie bei den Kämpfen um Lodz, Lowicz und überhaupt zwischen Pabianice und der Weichsel.

Obgleich wir die Angreifer waren, blieben unsere Verluste hinter

denen der Russen weit zurück. Wir haben insbesondere, im Gegensatz

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zu ihnen, ganz unverhältnismäßig wenig Tote verloren. So fielen bei dem bekannten Durchbruch unseres 25. Reservekorps von diesem Heeresteil nur 120 Mann, gewiß eine auffallend niedrige Zahl. Für die Verhältnisse beim Feinde ist demgegenüber bezeichnend, daß allein auf einer Höhe südlich Lutomiersk (westlich Lodz) nicht weniger als 887 tote Russen ge- funden und bestattet worden sind. Auch die russischen Gesamtverluste können wir, wie in den früheren Schlachten, ziemlich zuverlässig schätzen. Sie betrugen in den bisherigen Kämpfen in Polen mit Einschluß der von uns erbeuteten 80 000 Gefangenen, die inzwischen mit der Bahn nach Deutschland abbefördert worden sind, mindestens 150 000 Mann.

Berlin, 12. Dezember. Die Stadt Lodz hat durch die jüngsten Kämpfe um ihren Besitz sehr wenig gelitten. Einige Vororte und Fabrikanlagen außerhalb des Stadtbezirkes haben Beschädigungen aufzuweisen, doch ist das Innere der Stadt fast völlig unversehrt. Das Grand Hotel, in dem sich ein reger Verkehr abspielt, ist unbeschädigt, die Elektrische Straßenbahn verkehrt ohne Störung wie in Friedenszeiten.

Zur Seeschlacht bei den Falklandsinseln.

Untergang der „Nürnberg“. London, 12. Dezember. Die „Daily Mail“ meldet aus New York: Das britische Geschwader holte die „Nürnberg“ nach einer aufregenden Jagd ein und forderte sie auf, sich zu ergeben; die „Nürnberg“ wies dies ab und kämpfte, bis sie unterging. Das britische Geschwader umfaßte die Panzerkreuzer „Shannon“, „Achilles“, „Cochrane“ und „Natal“.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 13. Dezember, vormittags.

Nachdem am 11. Dezember die französische Offensive auf Apremont (südöstlich St. Mihiel) gescheitert war, griff der Feind gestern nachmittag in breiterer Front über Flirey (halbwegs St. Mihiel- Pont-a-Mousson) an. Der Angriff endete für die Franzosen mit dem Verlust von 600 Gefangenen und einer großen Anzahl von Toten und Verwundeten. Unsere Verluste betrugen dabei etwa siebzig Verwundete.

Im übrigen verlief der Tag auf dem westlichen F im wesentlichen ruhig.

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In Nordpolen nahmen wir eme Anzahl femdlicher Stellungen; dabei machten wir 11000 Gefangene und erbeuteten 43 Maschinen- gewehre.

Aus Ostpreußen und Südpolen nichts Neues.

Oberste Heeresleitung.

Der amtliche Wiener Bericht. Wien, 13. Dezember.

Amtlich wird verlautbart: 13. Dezember. In der Schlacht in Westgalizien wurde der südliche Flügel der Russen gestern bei Limanowa geschlagen und zum Rückzuge gezwungen. Die Ver- folgung des Feindes ist eingeleitet. Alle Angriffe auf unsere übrige Schlachtfront brachen, ebenso wie an den früheren Tagen, zusammen. Unsere über die Karpathen vorgerückten Kräfte setzten, wieder unter mehrfachen Kämpfen, die Verfolgung energisch fort. Nachmittags wurde Neu Sandee genommen. Auch in Grybow, Gorlice und Zmigrod rückten unsere Truppen wieder ein. Das Zemplener Komitat ist vom Feinde vollkommen gesäubert. In den abseits vom Schauplatz der großen Ereignisse gelegenen östlichen Waldkarpathen vermochte der Gegner südlich des Gebirgskammes nirgends wesentlich Raum zu gewinnen. Im allgemeinen halten unsere Truppen die Paßhöhen, in der Bukowina die Linie des Suezawatales. In Südpolen wurde nicht gekämpft. Nördlich Lowicz setzten unsere Verbündeten den Angriff auf die stark befestigten Stellungen der Russen erfolg-

reich fort. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Generalmajor.

Batum in Brand geschossen. Konstantinopel, 13. Dezember.

Vom türkischen Hauptquartier wird gemeldet, daß der große Kreuzer „Sultan Jawus Selim“, der nach russischen Meldungen schwer beschädigt sein sollte, am 10. Dezember Batum in Brand geschossen hat; die russischen Landbatterien haben ohne Erfolg das Feuer erwidert.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 14. Dezember, vormittags. Schwächere französische Angriffe gegen Teile unserer Stellungen zwischen der Maas und den Vegesen wurden leicht abgewiesen. Im übrigen ist vom westlichen Kriegsschauplatz sowie aus Ostpreußen und aus Sudpolen nichts wesentliches zu melden.

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In Nordpolen nehmen unsere Operationen ihren Fortgang.

Zu den russischen und französischen amtlichen Nachrichten ist folgendes zu bemerken: Aus Petersburg wurde am 11. Dezember amtlich gemeldet: „Südöstlich Krakau setzten wir unsere Offen- sive fort, eroberten mehrere deutsche Geschütze und Maschinen- gewehre und etwa 2000 Gefangene.“ Tatsächlich ist nicht ein Mann, nicht ein Geschütz oder Maschinengewehr unserer „südöstlich Krakau“ kämpfenden Truppen in russische Hände gefallen.

Die amtliche Pariser Mitteilung vom 12. Dezember behauptet: „Nordöstlich Vailly wurde eine deutsche Batterie völlig vernichtet. In Deuxnouds westlich Vigneulles-les-Hattonchatel wurden zwei deutsche Batterien zerstört, eine großkalibrige und eine für Flug- zeuge bestimmte. In derselben Gegend wurde von Franzosen ein Blockhaus gesprengt und wurden mehrere Gräben zerstört.“ Alle diese Meldungen sind erfunden.

Oberste Heeresleitung.

Generalfeldmarschall Freiherr von der Goltz.

Wie der „Tag“ erfährt, hat sich Generalfeldmarschall Freiherr von der Goltz bei seinem Scheiden aus Belgien durch folgenden General- gouvernementsbefehl verabschiedet:

„Bei meinem Scheiden aus der Stellung als Generalgouverneur in Belgien rufe ich allen bisherigen Untergebenen ein herzliches Lebewohl zu und sage ihnen meinen Dank für die tatkräftige Unterstützung, die ich stets von ihnen erfahren habe. Ihnen gebührt das Verdienst, daß es ge- lungen ist, im fremden, von uns besetzten Lande, selbst in den erregtesten Tagen Ruhe und Ordnung ohne Blutvergießen aufrecht zu erhalten.

Ruhmvoll hat ein erheblicher Teil der Gouvernementstruppen an der Seite der Kameraden von der Feldarmee vor Antwerpen, an der Schelde und der Yser gefochten und gezeigt, daß der Geist der Vater in ihnen lebt, der zum Siege führen muß. Unerschrocken taten die übrigen den schweren und oft gefahrvollen Dienst im Gebiet hinter der Armee. Sie haben sich damit ein gleiches Verdienst um das schwerbedrohte Vater- land erworben wie jene.

Unvergeßlich wird mir die große Zeit bleiben, die ich auf belgischem Boden durchlebte und die mein Herz in treuer Erinnerung an meine alten Mitarbeiter und Waffengefährten gefesselt hat. Mögen Erfolg und Kriegs- glück ihnen auch weiterhin beschieden sein zum Heile Deutschlands und zum Ruhm seines Kaisers.

| Gez.: Freiherr von der Goltz, Generalfeldmarschall.“

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Englands Spiel mit der Neutralität Belgiens.

Für die englisch-belgische Komplizität haben sich neue schwer- wiegende Schuldbeweise gefunden. Vor einiger Zeit wurde in Brüssel der englische Legationssekretär Grant-Watson festgenommen, der im englischen Gesandtschaftsgebäude verblieben war, nachdem die Ge- sandtschaft ihren Sitz nach Antwerpen und später nach Havre ver- legt hatte. Der Genannte wurde nun kürzlich bei dem Versuch er- tappt, Schriftstücke, die er bei seiner Festnahme unbemerkt aus der Gesandtschaft mitgeführt hatte, verschwinden zu lassen. Die Prüfung der Schriftstücke ergab, daß es sich um Aktenstücke mit Daten in- timster Art über die belgische Mobilmachung und die Verteidigung Antwerpens aus 'den Jahren 1913 und 1914 handelte. Es befinden sich darunter Zirkularerlasse an die höheren belgischen Kommando- stellen mit der faksimilierten Unterschrift des belgischen Kriegsministers und des belgischen Generalstabschefs, ferner eine Aufzeichnung über eine Sitzung der „Kommission für die Verpflegungsbasis Antwerpen“ vom 27. Mai 1913. Die Tatsache, daß sich diese Schriftstücke in der englischen Gesandtschaft befanden, zeigt hinreichend, daß die belgische Regierung in militärischer Hinsicht keine Geheimnisse vor der eng- lischen Regierung hatte, daß vielmehr beide Regierungen dauernd im engsten militärischen Einvernehmen standen.

Von besonderem Interesse ist auch eine handschriftliche Notiz, die bei den Papieren gefunden wurde, um deren Vernichtung der englische Sekretär besorgt war. Sie lautet folgendermaßen:

Renseignements.

1) Les officiers francais ont recu ordre de rejoindre des le 27. aprèsmidi:

2) Le meme jour, le chef de Gare de Feignies a recu ordre de concentrer vers Maubeuge tous les wagons fermes disponibles, en vue de transport de troupes.

Communique par la Brigade de ame de Frameries.

Hierzu ist zu bemerken, daß Feignies eine an der Eisenbahn Maubeuge-Mons zirka 3 Kilometer von der belgischen Grenze in Frankreich gelegene Eisenbahnstation ist. Frameries ist an derselben Bahn in Belgien 10 Kilometer von der französischen Grenze gelegen.

Aus dieser Notiz ist zu entnehmen, daß Frankreich bereits am 27. Juni seine ersten Mobilmachungsmaßnahmen getroffen hat, und

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daß die englische Gesandtschaft von dieser Tatsache pelgiecnenscite sofort Kenntnis erhielt.

Wenn es noch weiterer Beweise für die Beziehungen bedurfte, die zwischen England und Belgien bestanden, so bietet das aufgefundene Material in dieser Hinsicht eine wertvolle Ergänzung. Es zeigt erneut, daß Belgien sich seiner Neutralität zugunsten der Entente begeben hatte, und daß es ein tätiges Mitglied der Koalition geworden war, die sich zur Bekämpfung des Deutschen Reiches gebildet hatte. Für England aber bedeutete die belgische Neutralität tatsächlich nichts weiter als ein „scrap of paper“, auf das es sich berief, soweit dies seinen Interessen entsprach, und über das es sich hinwegsetzte, sobald dies seinen Zwecken dienlich erschien. Es ist offensichtlich, daß die englische Regierung die Verletzung der belgischen Neutralität durch Deutschland nur als Vorwand benutzte, um den Krieg gegen uns vor der Welt und vor dem englischen Volk als gerecht erscheinen zu lassen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 15. Dezember.

Die Franzosen griffen gestern an mehreren Stellen vergelich an.

Ein Angriff gegen unsere Stellungen südlich Ypern brach unter starken Verlusten für den Gegner zusammen.

Ein feindlicher Vorstoß aus der Gegend nördlich Suippes wurde ebenso wie ein feindlicher Angriff nordöstlich Ornes (nördlich Verdun) unter schweren feindlichen Verlusten abgewiesen.

In der Gegend von Ailly-Apremont (südlich St. Mihiel) ver- suchten die Franzosen in viermaligem Ansturm unsere Stellungen zunehmen; die Angriffe scheiterten. Ebenso mißlang ein erneuter feindlicher Vorstoß aus Richtung Flirey (nördlich Toul).

In den Vogesen sind die Kämpfe noch im Gange. Bei der Rückeroberung des Dorfes Steinbach (westlich Sennheim) machten wir 300 Gefangene.

Aus Ostpreußen nichts Neues. Die deutsche von Soldau über Mlawa in Richtung Ciechanow vorgedrungene Kolonne nimmt vor überlegenem Feind ihre alte Stellung wioder ein.

In russisch-Polen hat sich nichts Wesentliches ereignet. Die ungünstige Witterung beeinflußt unsere Maßnahınen.

Oberste Heeresleitung.

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Österreichisch-ungarische Erfolge.

31000 Russen gefangen genommen. Wien, 15. Dezember.

Amtlich wird verlautbart: 15. Dezember. Die Offensive unserer Armeen in Westgalizien hat hier den Feind zum Rückzug gezwungen und auch die russische Front in Südpolen zum Wanken gebracht. Unsere den Feind in Westgalizien von Süden her unermüdlich ver- folgenden Truppen gelangten gestern bis in die Linie Jaslo—Rajbrot. Bei dieser Verfolgung und in der letzten Schlacht wurden nach den bisherigen Meldungen 31000 Russen gefangen genommen. Heute liegen Nachrichten über rückgängige Bewegungen des Gegners an der gesamten Front Rajbrot Niepolomice Wolbrom Noworadomsk Piotrkow vor.

In dem karpathischen Waldgebirge wurden gegen das Vordringen feindlicher Kräfte in dem Latorczatal entsprechende Maßnahmen ge-

troffen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Generalmajor.

Der Krieg gegen Serbien und Montenegro. Wien, 15. Dezember.

Vom südlichen Kriegsschauplatze wird amtlich gemeldet: Die durch das notwendig gewordene Zurücknehmen des eigenen rechten Flügels geschaffene operative Lage ließ es ratsam erscheinen, auch Belgrad zunächst aufzugeben. Die Stadt wurde kampflos geräumt. Die Truppen haben durch die überstandenen Strapazen und Kämpfe wohl gelitten, sind aber vom besten Geiste beseelt.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 16. Dezember.

Im Westen versuchte der Gegner erneut einen Vorstoß über Nieuport, der durch Feuer seiner Schiffe von See her unterstützt wurde. Das Feuer blieb gänzlich wirkungslos. Der Angriff wurde abgewiesen, 450 Franzosen wurden zu Gefangenen gemacht.

Auf der übrigen Front ist nur die Erstürmung einer vom Feinde seit vorgestern zäh gehaltenen Höhe westlich Sennheim erwähnenswert.

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Von der ostpreußischen Grenze ist nichts Neues zu melden. In Nordpolen verlaufen unsere Angriffsbewegungen normal. Es wurden mehrere starke Stützpunkte des Feindes genommen und dabei etwa 3000 Gefangene gemacht und 4 Maschinengewehre erbeutet.

In Südpolen gewannen unsere dort im Verein mit den Ver-

bündeten kämpfenden Truppen Boden. Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See. Vorstoß unserer Hochseestreitkräfte. Berlin 16 Dezember.

Teile unserer Hochseestreitkräfte haben einen Vorstoß nach der englischen Ostküste gemacht und am 16. Dezember früh die beiden befestigten Küstenplätze Scarborough und Hartlepool beschossen. Uber den weiteren Verlauf der Unternehmung können zurzeit noch keine Mitteilungen gemacht werden.

Der Chef des Admiralstabes. (gez.) von Pohl.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 17. Dezember 1914. Bei Nieuport setzten die Franzosen ihre Angriffe ohne jeden Erfolg fort. Auch bei Zillebeeke und La Bassee wurden Angriffe versucht, aber unter sehr starken Verlusten für den Feind ab-

Die Absicht der Franzosen, bei Soissons eine Brücke über die Aisne zu schlagen, wurde durch unsere Artillerie vereitelt. Östlich Reims wurde ein französisches Erdwerk zerstört.

Von der ost- und westpreußischen Gronze ist nichts Neues zu melden.

Die von den Russen angekündigte Offensive gegen Schlesien und Posen ist völlig zusammengebrochen. Die feindlichen Armeen sind in ganz Polen nach hartnäckigen erbitterten Frontalkampfen zum Rückzuge gezwungen worden. Der Feind wird überall ver- folgt. Bei den gestrigen und vorgestrigen Kämpfen in Nordpolen brachte die Tapferkeit westpreußischer und hessischer Regimenter die Entscheidung; die Früchte dieser Entscheidung lassen sich zur- zeit noch nicht übersehen. Oberste Heeresleituug.

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Vom östlichen Schauplatze.

Der amtliche Wiener Bericht. Wien, 17. Dezember.

Die letzten Nachrichten lassen nicht mehr zweifeln, daß der Widerstand der russischen Hauptmacht gebrochen ist.

Am Südflügel in der mehrtägigen Schlacht von Limanowa, im Norden von unseren Verbündeten bei Lodz und nunmehr an der Bzura vollständig geschlagen, durch unsere Vorrückung über die Kar- pathen von Süden her bedroht, hat der Feind den allgemeinen Ruck- zug angetreten, den er, im Karpathenvorland hartnäckig kämpfend, zu decken sucht.

Hier greifen unsere Truppen auf der Linie Krosno— Zakliezyn an.

An der übrigen Front ist die Verfolgung im Gange.

von Hoefer, Generalmajor.

Das französische Gelbbuch,

das erst jetzt hier eingetroffen ist, enthält 159 zum Teil umfangreiche Dokumente, die offenbar zu dem Zwecke ausgewählt und zurecht- gemacht worden sind, um Rußland von dem Vorwurf, daß es den Krieg heraufbeschworen hat, reinzuwaschen und Deutschland die Ver- antwortung zuzuschieben. Es muß vorbehalten bleiben, auf die Ein- zelheiten der Veröffentlichung nach ihrer genauen Durchsicht zurück- zukommen. Schon jetzt aber kann gesagt werden, daß der dem französischen Kriegsminister im März 1913 zugegangene angebliche amtliche deutsche Geheimbericht über die Verstärkung der deutschen Armee, der auch teilweise schon die unverdiente Aufmerksamkeit der neutralen Presse gefunden hat, nichts weiter als eine plumpe Erfindung ist. Welches die „sichere Quelle“ ist, aus der das Akten- stück stammt, wissen wir nicht; eine amtliche Stelle in Deutschland ist jedenfalls mit ihm nie befaßt gewesen. Anscheinend rührt der Geheimbericht von einem französischen Agenten her, und die Ver- öffentlichung im Gelbbuche ist nur zu dem Zwecke erfolgt, um Miß- stimmung zwischen Deutschland und seinen Bundesgenossen hervor- zurufen und die Neutralen, namentlich Holland und Dänemark, gegen Deutschland aufzuhetzen.

Die ganze Unwahrheit dieses Machwerks wird dadurch gekenn- zeichnet, daß darin als Ziel der deutschen Politik hingestellt wird,

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die Herrschaft des Deutschtums tber die ganze Welt auszubreiten, die kleinen Volker zu unterdriicken und alte Gebiete, die vor Jahr- tausenden einmal zum deutschen Reiche gehort haben, wie Burgund und das Baltikum, fur Deutschland zurtickzuerobern. Kein ernster Mann in Deutschland hat jemals solche Phantasien gehegt.

Ebenso lächerlich sind andere, im ersten Kapitel des Gelbbuches enthaltene Versuche, durch amtliche Berichte französischer Vertreter- m Deutschland eine deutsche Gefahr für den Weltfrieden ‘glaubhaft zu machen. Unterzieht man die Dokumente, durch die eine angeblich seit Jahren vorhandene Kriegslust Deutschlands bewiesen werden soll, einer näheren Prüfung, so findet man, daß es sich in erster Linie um Berichte ‘der Militär- und Marineattaches handelt, die offenbar auf Mitteilungen sehr fragwürdiger Agenten beruhen. Würde die. deutsche Regierung ebenso verfahren, so ließe sich allein mit solchen. Schriftstucken ein dickes Buch zusammenstellen. Wir könnten 2. B. einen Bericht des Militarattachés der Kaiserlichen Botschaft in St. Petersburg vom 10. August 1910 anführen, in dem auf das Zu-. nehmen der auf einen Angriffskrieg mit Deutschland hinzielenden Be-. strebungen im rusisschen Heere hingewiesen wird. Der Militärattache war zu seinem Berichte durch einen Artikel im amtlichen russischen Militarorgan „Der Invalide“ veranlaßt worden, der „Gedanken zum 500 jahrigen Jubiläum des allslavischen Sieges über die Teutonen“ entwickelte. Der allslavische Sieg in einem Angriffskriege, von dem der Artikel handelte und dessen Wiederkehr der Verfasser, Oberst im russischen Generalstabe Eltschaninow erhoffte, war die Schlacht bei Tannenberg am 15. Juli 1410.

Der Flottenangriff auf England. Berlin, 17. Dezember.

Uber den Vorstoß nach der Ostküste Englands werden nach- stehende Einzelheiten bekanntgegeben:

Bei Annäherung an die englische Küste wurden unsere Kreuzer bei unsichtigem Wetter durch vier englische Torpedobootszerstörer erfolglos angegriffen. Ein Zerstörer wurde vernichtet, ein anderer- kam im schwer beschädigtem Zustande aus Sicht.

Die Batterien von Hartlepool wurden zum Schweigen gebracht, die Gasbehalter vernichtet. Mehrere Detonationen und drei große: Brande in der Stadt konnten von Bord aus festgestellt werden.

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Die Küstenwachtstation und das Wasserwerk von Scarborough, die Küstenwacht- und Signalstation von Whitby wurden zerstört. Unsere Schiffe erhielten von den Küstenbatterien einige Treffer, die nur geringen Schaden verursachten. An anderer Stelle wurde noch ein weiterer euglischer Tor. pedobootszerstörer zum Sinken gebracht. Der stellvertretende Chef des Admiralstabes. gez.: Behncke.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 18. Dezember.

Der Kampf bei Nieuport steht günstig, ist aber noch nicht beendet.

Angriffe der Franzosen zwischen La Bassee und Arras sowie beiderseits der Somme scheiterten unter schweren Verlusten für den Gegner. Allein an der Somme verloren die Franzosen 1200 Ge- fangene und mindestens 1800 Tote. Unsere eigenen Verluste be- ziffern sich dort auf noch nicht-200 Mann.

In den Argonnen trugen uns eigene gut gelungene Angriffe etwa 750 Gefangene und einiges Kriegsgerät ein.

Von dem übrigen Teil der Westfront sind keine besonderen Ereignisse zu melden.

An der ost- und westpreußischen Grenze ist die Lage unver- andert.

In Polen folgen wir weiter dem weichenden Feinde.

Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege. Verfolgung der Russen. Konstantinopel, 18. Dezember.

Die russischen Truppen versuchten unter dem Schutze von Ge- schützen und Maschinengewehren auf dem linken Ufer des Tschoruk vorzugehen, wurden aber nach fünfstündigem Kampfe zurückgetrieben.

Nach der Schlacht bei Sarail, die für die türkischen Truppen glücklich endete, setzten diese die Verfolgung des Feindes ohne Unter- laß fort. Die türkische Kavallerie traf 15 km westlich von Kotur auf den Feind, griff ihn, ohne das Eintreffen ihrer Infanterie abzuwarten, an und verjagte ihn in der Richtung auf Razi und Kotur.

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Die heilige Fahne in Damaskus. Konstantinopel, 18. Dezember.

Der Scheich ül Islam hat von Alui Effendi, dem Mufti der Schafiiten in Medina, ein Telegramm aus Damaskus erhalten, in dem gemeldet wird, daß der erste Zug aus Medina abgegangen sei und daß Krieger

mit der heiligen Fahne in Damaskus eingetroffen seien.

Der Flottenangriff auf die englische Küste. Die Verluste in Hartlepool. London, 18. Dezember. Amtlich wird mitgeteilt, daß bei der Beschießung von Hartlepool

82 Personen getötet und 250 verwundet worden sind. Von den auf der Höhe von Hartlepool befindlichen englischen Schiffen, dem Kleinen Kreuzer Patrol“ und dem Torpedobootszerstörer „Doon“ sind 5 Matrosen getötet und 15 verwundet worden.

Die Entscheidung im Osten. Den 18. Dezember.

Die Würfel sind gefallen. An der vereinten Kraft der Heer- scharen Deutschlands und Österreich-Ungarns ist der Ansturm des Riesenheeres zerschellt, von dem unsere zahlreichen Feinde noch gestern erhofften, daß es uns zermalmen werde. Naturgemäß fehlt es zur Stunde noch an näheren Nachrichten über das große Ereignis. Können doch auch die Früchte des Sieges erst in den nachfolgenden Tagen geerntet werden. Wir müssen das Weitere mit Geduld ab- warten, wie es ja auch geboten war, über die Entwicklung der Ver- hältnisse in den letzten vierzehn Tagen Schweigen zu beobachten. Das kann nun so weit gebrochen werden, daß dadurch das Verständ- nis der zu erwartenden weiteren Nachrichten erleichtert wird.

Wir haben das gewaltige Ringen, das Mitte des vorigen Monats mit der Hindenburgschen Gegenoffensive gegen den rechten Flügel des von der Weichsel in Polen vorrückenden russischen Heeres be- gann, bis zum Anfang Dezember verfolgt. Zu dieser Zeit stand die zu drei Armeen angewachsene Nordgruppe der Russen auf der Linie Gombin—Aleksandrow—Lask stark verschanzt im Kampfe mit der vom General von Mackensen geführten, durch Zuführung einiger anderer Truppen verstärkten deutschen Armee; südlich davon, etwa auf dem Bogen Nowo-Radomsk—Koniecpol—Pintschow, die in zwei Armeen gegliederte russische Südgruppe im Kampfe mit einer starken,

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aus österreichisch-ungarischen Korps unter Eingliederung unseres schlesischen Landwehrkorps und einiger anderer deutscher Truppen gebildeten Streitmacht. In Galizien sowie auch in dem ungarischen Karpathengebiet befanden sich überlegene russische Kräfte im Vor- rücken einer anderen österreichisch-ungarischen Armee gegenüber, zu der sich bei Krakau ebenfalls deutsche Truppen gesellten.

Die hiernach zwischen den beiden russischen Heergruppen in Polen vorhandene Lücke war dadurch entstanden, daß die russische V. Armee sich nordwärts an die bedrängte ll. Armee zu deren Unter- stutzung herangezogen hatte. Die Südgruppe suchte diese Lücke durch Verlängerung ihres rechten Flügels auszufüllen. Das führte zu mehrfachen Gefechten bei Nowo-Radomsk und gelang nur teilweise.

Dagegen hatten die fortgesetzten deutschen Angriffe gegen den linken Flügel der russischen Nordgruppe den Erfolg, daß dieser Flügel sich am 5. Dezember genötigt sah, in zwei Tagemärschen östlich, in eine hinter der Miazga liegende stark befestigte Aufnahmestellung zurückzuweichen, auch Lodz preiszugeben. Er erlitt hierbei durch die verfolgenden deutschen Truppen ungewöhnlich schwere blutige Ver- luste. Überdies fielen 5000 Gefangene und 16 Geschütze in die Hände des Siegers. Versuche der russischen Südgruppe, unter Heranziehung beträchtlicher Kräfte von Süden, Anschluß an den neuen linken Flügel der Nordgruppe zu gewinnen, vielleicht auch den diesem gegenüber stehenden Flügel der Deutschen zu bedrohen, stießen bei Pietrikow auf energischen Widerstand, an dem sie scheiterten.

Inzwischen haben die Verbündeten ihre Angriffe auf der ganzen Front in verstärktem Maße fortgesetzt. Schon seit einigen Tagen machte sich ein Erlahmen des feindlichen Widerstandes bemerkbar. Insbesondere gewann der deutsche Angriff im Bzuratale und nördlich davon an Boden. Auch wurde seit einigen Tagen erfolgreiches Vor- dringen gegen den linken Flügel der Russen in Galizien, wo sie bis nahe an Krakau herangekommen waren, gemeldet. Beide Nachrichten sind für die Beurteilung der Rückzugsaussichten der Russen nicht un- wichtig. Noch mehr kommt hierfür in Betracht, daß die im Rücken der Russen fließende Weichsel auf der Strecke zwischen der Narew- und der Sanmündung feste Brücken nur bei Warschau (zwei, unter Hinzurechnung einer Eisenbahnbrücke) und Iwangorod (eine) hat, und daß, wenn der Strom, wie zu hoffen, Eis treibt, Schiffsbrücken nicht geschlagen werden können. Mit um so größerer Spannung sind die Ergebnisse der Verfolgung in den nächsten Tagen zu erwarten. Erst

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dann kann über die Bedeutung des erfochtenen Sieges für die militärische und politische Gesamtlage zutreffend geurteilt werden.

Der an sich bedauernswerte Rückschlag, den die Operationen unserer Verbündeten soeben in Serbien erlitten haben, ist unter den eingetretenen Umständen nur als eine schnell vorübergehende Episode zu betrachten. Es werden bald ausreichende Kräfte frei sein, um den Schaden zu heilen.

von Blume, General der Infanterie z. D.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 19. Dezember 1914.

Im Westen erfolgte gestern eine Reihe von feindlichen An- griffen. Bei Nieuport, Bixschote und nördlich La Bassee wird noch gekämpft, westlich Lens, östlich Albert und westlich Noyon wurden die Angriffe abgeschlagen.

An der ostpreußischen Grenze wurde ein russischer Kavallerie- angriff westlich Pillkallen zurückgewiesen. In Polen wurde die

Verfolgung fortgesetzt. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 20. Dezember 1914.

Im Westen stellte der Gegner seine erfolglosen Angriffe bei Nieuport und Bixschote gestern ein.

Die Angriffe in Gegend La Bassee, die sowohl von Franzosen als Engländern geführt wurden, sind mit großen Verlusten für den Feind abgewiesen worden. Zweihundert Gefangene (Farbige und Engländer)’ fielen in unsere Hände, rund sechshundert tote Eng- länder liegen von unserer Front.

Bei Notre Dame de Lorette südöstlich Bethune wurde ein deutscher Schützengraben von sechzig Meter Länge an den Gegner verloren, Verluste bei uns ganz gering.

In den Argonnen machten wir kleinere Fortschritte und er- beuteten drei Maschinengewehre.

Von der ost- und westpreußischen Gronze nichts Neues.

In Polen machen die russischen Armeen den Versuch, sich in einer neuen vorbereiteten Stellung an Nawka und Nida zu halten.

Sie werden überall angegriffen. Oberste Heeresleitung.

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Vom westlichen Schauplatze.

Abreise des Kaisers zur Front. Großes Hauptquartier, 20. Dezember 1914. Seine Majestät der Kaiser hat sich, nachdem er völlig wieder hergestellt ist, aufs neue zur Front begeben.

Oberste Heeresleitung.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 21. Dezember 1914.

Französische Angriffe bei Nieuport wurden auch gestern ab- gewiesen.

Zwischen Richebourg-l’Avoue und dem Kanal d’Aire-a La Bassée griffen unsere Truppen die Stellung der Engländer und Inder an. Die feindlichen Schützengräben wurden gestürmt, der Feind aus seinen Stellungen unter schweren Verlusten geworfen. Wir erbeuteten ein Geschütz, fünf Maschinengewehre, zwei Minenwerfer und nahmen 270 Engländer und Inder, darunter zehn Offiziere, gefangen.

Der bei Notre Dame de Larotte am 18. Dezeinber an den Gegner verlorene Schützengraben ist zurückerobert.

In der Gegend Souain-Massiges (nordöstlich Chälons) griffen die Franzosen gestern heftig an und drangen an einer Stelle bis in unseren Vorgraben vor. Ihre Angriffe brachen jodoch sämtlich in unserem Feuer zusammen; vier Offiziere, 310 Mann ließen die Franzosen in unserer Hand, eine große Zahl gefallener Franzosen liegt vor unseren Stellungen.

In den Argonnen nahmen wir eine wichtige Waldhöhe bei le Four de Paris, eroberten drei Maschinengewehre, eine Rovolver- kanone und machten 275 Franzosen zu Gefangenen.

Die mit großer Heftigkeit geführten Angriffe der Franzosen nordwestlich Verdun scheiterten gänzlich.

Die große Regsamkeit der Franzosen vor unserer ganzen Front ist erklärlich durch folgenden bei einem gefallenen fran- zösischen Offizier gefundenen Heeresbefehl des Generals Joffre vom 17. Dezember 1914:

„Armeebefehl vom 17. Dezember 1914: Seit drei Monaten sind die heftigen und ungezählten Angriffe nicht imstande gewesen, uns zu durchbrechen. Überall haben wir ihnen siegreich widerstanden. Der

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Augenblick ist gekommen, um die Schwäche auszunutzen, die sie uns bieten, nachdem wir uns verstärkt haben an Menschen und Material. Die Stunde des Angriffs hat geschlagen. Nachdem wir die deutschen Kräfte in Schach gehalten haben, handelt es sich darum, sie zu brechen und unser Land endgültig von den Eindringlingen zu befreien. Soldaten, mehr als jemals rechnet Frankreich auf euren Mut, eure Energie und euren Willen, um jeden Preis zu siegen. Ihr habt schon gesiegt an der Marne, an der Yser, in Lothringen und in den Vogesen. Ihr werdet zu siegen verstehen bis zum schließlichen Triumph. Joffre.“

In Ost- und Westpreußen ist die Lage unverändert.

In Polen fortschreitender Angriff gegen die Stellungen, in denen der Feind Front gemacht hat.

Oberste Heeresleitung.

„Siegesbotschaften“ der französischen Heeresleitung. Berlin, 21. Dezember,

Aus dem Großen Hauptquartier erfahren wir: Mit welchen Sieges- botschaften die französische Heeresleitung vor die Volksvertretung am 22. Dezember zu treten beliebt, sieht man aus folgendem Auszuge aus den amtlichen französischen Mitteilungen vom 18. Dezember ab:

„Eine kräftige Offensive machte uns zu Herren mehrerer Schũtzen- graben von Auchy-les-La-Bassee, Loos, St. Laurent und Blangy, aus letz- terem Punkt usw.“

Die erstgenannten Orte liegen weit hinter unseren Stellungen; an keiner Stelle haben die Franzosen unsere Stellungen nehmen können, ihre Angriffsversuche brachen ausnahmslos zusammen. Bei Cuinchy westlich Auchy lagen 150 tote Franzosen am 18. morgens vor unserer Stellung. Kleine in St. Laurent und Blangy eingedrungene fran- zösische Abteilungen wurden vernichtet beziehungsweise gefangen ge- nommen. Am Abend des 17. lagen die Franzosen als Herren ihrer Stellungen in ihren alten Gräben.

Die Nachrichten: „An der Aisne und in der Champagne hat unsere schwere Artillerie entschieden die Oberhand gewonnen“ (18. Dezember nachmittags) und „Aus den Hauts de Meuse zerstörte unser durch Flug- zeuge geleitetes Feuer zwei schwere Batterien“ (19. Dezember nachmittags) sind von französischer Seite wohl kaum zu beweisen. Am Ergebnis der späteren französischen Angriffe in der Champagne sieht man ja, mit welchem Erfolge die deutschen Batterien bekämpft sind. Die Flieger- beobachtung scheint unter schlechter Sicht gelitten zu haben. Jedenfalls sind bei uns keine schweren Batterien zerstört.

„Die Deutschen versuchten mit drei Bataillonen aus den gesprengten französischen Schützengräben vorzustoßen, aber dieser Infanterieangriff, sowie derjenige, welchen sie gegen St. Hubert unternahmen, wurden zurückgeschlagen.“

216 Unsere Truppen nahmen bei diesen Angriffen acht Offiziere

und über 800 Mann von französischen Jagern 9, Jägern 18 und Pionieren 7 gefangen. Das französische Jagerbataillon 9 wurde auf- gerieben. Wie verträgt sich diese Tatsache mit obiger Meldung??

„Wir machten Fortschritte in der Gegend von Notre Dame de Pon- solation südlich La Bassee um mehrere Kilometer im Laufe der beiden letzten Tage.“

Genannter Ort liegt bei Vermelles. Das Dorf ist am 6. Dezember von uns geräumt. Wir nahmen damals eine Stellung zwei Kilometer öst- lich Vermelles, die fest in unserer Hand geblieben ist, und an die sich die Franzosen im Sappenangriff langsam heranarbeiteten.

„In Gegend von Albert sind wir usw. während des Tages vom 18. unter einem sehr heftigen Feuer vorgerückt und haben die Drahtverhaue der zweiten Linie der feindlichen Schützengräben erreicht.“

Gewiß erreichten 80 Franzosen diesen Drahtverhau, sie wurden gefangen genommen. Die übrigen Angriffe kamen leider nicht so weit vorwärts.

„Bei Lihons wurde eine feindliche Truppe in Kolonnenstellung über- rascht und buchstäblich niedergelegt.“

Ob eine deutsche Truppe von den Franzosen in „Kolonnenstellung“ gesehen worden ist, ist hier nicht bekannt. „Niedergelegt“ kann sie sich höchstens zur eigenen Deckung haben, da Verluste in jener Gegend überhaupt nicht eingetreten sind.

Schluß des redaktionellen Teils.

Verantwortlich für die Redaktion: S. D. Gallwitz, Bremen.

Einsendungen von Manuskripten (unter Beifügung von Rückporto) an die Redaktion Bremen, Am Wall 163. Tel. 6945.

Verlag: Kaffee-Handels-Aktien gesellschaft. Bremen. Druck: Hofbuchdruckerei H. M. Hauschild, Bremen.

Reız- und Genußmittel in der modernen Nerven- Therapie. Von Dr. Wilheim in Wien.

Eine Kulturkrankheit der neueren Zeit, die nervése Erschopfung oder die sogenannte Neurasthenie, ist als eine wahre Geißel des Jahr- hunderts in fast alle Gesellschaftskreise gedrungen.

Der berühmte amerikenische Nervenarzt Beard, der sie in ein System gebracht hat, nannte sie eine amerikanische Krankheit, welche allmählich vom Westen Europas aus ihren Einzug in alle Länder ge- halten hat. |

Mit ihr vergesellschaftet sich heute wie so häufig auch eine andere nicht minder häßliche Neurose, die Hysterie, zumeist beim weiblichen Geschlechte. Unter den Frauen und Mädchen der Neuzeit finden wir doch so häufig Personen, welche den Kampf ums Dasein auskämpfen müssen, und trotz ihres vom Hause aus zartangelegten Nervensystems die verschiedensten Berufsarten ergreifen müssen.

Es sind bei den Männern die Nerven-, Herz- und Magengifte, wie schon in all den Vereinen, Schriften und Broschüren von mehr oder minder berufener Seite betont wurde, welche den Keim zur Neurasthenie legen, bei den Frauen ist es die hysterische Veranlagung, welche zum Entstehen dieses mannigfaltigen neurasthenischen, hysterischen Zustandes beiträgt.

Wir sehen auch schon beim zarten Geschlecht die Neigung zu den modernen Erregungsmitteln in progressiv steigender Art zunehmen. Abgesehen von den Alkoholicis wird der in den großen Städten prakti- zierende Neurologe zu früher ungeahnten Beobachtungen gelangen, daß ein großer Teil von Frauen und Mädchen zu starken Erregungsmitteln, namentlich starkem Kaffee, ihre Zuflucht nehmen und diese schweren Nerventoxen mit dem harmlosen Namen „Anregungsmittel“ begrüßen.

Ich habe nach den Ergebnissen meiner nach Jahrzehnten zählenden Nervenpraxis im k. k. allgemeinen Krankenhause und der privaten Nervenpraxis in Wien eine Unzahl von Fällen beobachtet und sie auch teilweise in meinen Schriften: „Die Nervosität“, „Ratgeber für Herzkranke“, „Diät für Nervenkranke“ usw. berührt und habe dar-

getan, in welcher Weise die sogenannten starken Kaffeesorten, die

sogenannten unverfälschten Bohnenkaffees, schädigend auf die Zirku- lation und die Innervation, besonders bei nervös veranlagten Personen, einwirken können, um so mehr, als auch aus gewöhnlichen Kaffee- bohnen hergestellte Tranke, den Hang zum Rauchen, namentlih zu den Zigaretten, steigern, und ganz enormerweise den Anlaß, ja den Anstoß geben zu den vielfachen Zirkulationsstörungen unter nervösem Einfluß zu den sogenannten vasomotorischen Neurosen, den Herz- neurosen, den neurasthenischen Herzen, dem aussetzenden inter- mittierendem Pulse und der Gefäßdegeneration.

Aber auch auf anderen Gebieten des Vagus im Magen- und Darmabschnitte werden durch häufigen und starken Kaffeegenuß Neu- rosen vermittelt, die unter dem Scheine schwerer Magen- und Darm- affektionen die Lebensfreude stören, mit der Zeit auch dem Patienten und dessen Umgebung den Eindruck schweren Siechtums machen. Man mußte den Nervösen dieser Kategorie den Kaffeegenuß ganz verbieten oder durch Surrogate ersetzen; man stieß hierbei auf großen Widerstand, weil von den meisten hierbei kein Ersatz gefunden wurde und auch Milchkuren oder Milchkonsum überhaupt von vielen ver- wöhnten Patienten nur mit Widerwillen genommen und oft auch nicht vertragen wurde. Als mir in den letzten Monaten eine Arbeit des Professor Lehmann, Rektor der Universitat in Wurzburg, in der „Münchener Medizinischen Wochenschrift“ zur Ansicht kam und von einem entgifteten Kaffee, dem bekannten Kaffee Hag, überraschende Resultate in theoretischer und klinischer Richtung zur Kenntnis kamen, ergriff ich mit Freude die Gelegenheit, im eigenen Wirkungskreise, in meiner Nervenpraxis, Versuche in einschlägigen Fällen zu unternehmen.

In einem Zeitraume von ca. acht Wochen habe ich eine Reihe von Fällen zusammengestellt, ich habe meine praktischen Versuche begonnen und will wegen der Wichtigkeit und der Aktualität des Gegenstandes demnächst die Leser damit bekannt machen.

Vor allem werde ich einige prägnante Fälle zur Kenntnis bringen, welche den entgifteten Kaffee, den Kaffee Hag, in seinen das Nerven- system entlastenden Effekten charakterisieren werden.

Der Kaffee Hag ist ein Bohnenkaffee mit all seinen normalen Ingredienzien, der aber von dem schädigenden Alkaloid, dem Coffein, befreit ist, wobei unter Durchführung eines einheitlichen Verdampfungs- prozesses diesem Prima-Bohnenkaffee das schädigende Coffein ent- zogen wird, wobei Geschmack und Aroma vollkommen erhalten bleiben und die Qualität nicht verändert wird.

Die

AINDENMANIIET

Horödenfiche Monatshefte Jebruar 1915

DER KRIEG

in amtlichen Depeschen

und Dokumenten

VI.

DER KRIEG

IN AMTLICHEN DEPESCHEN UND DOKUMENTEN

6. Lieferung.

An unsere Abonnenten und Leser!

Die gewaltigen Tatsachen des gegenwärtigen Krieges allein sind es, die uns heute bewegen. Von dieser Erkenntnis ausgehend, hat sich die Gülden- kammer entschlossen, für dieDauer der Kriegszeit ihre Aufgabe, in freien Aufsätzen zu allen Fragen des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens Stellung zu nehmen, bei Seite zu setzen und dafür in jedem Monat fortlaufend die amtlichen Depeschen und Dokumente der kriegerischen Ereignisse und ihrer Vorgeschichte chronologisch zusammengestellt zu ver- öffentlichen; so daß am Ende dieser Zeit eine ge- schlossene Chronik des Krieges vorliegt. Wir glauben damit am besten die Interessen unseres deutschen Vaterlandes und unserer Verbündeten zu fördern.

Die Herausgeber und der Verlag der „Güldenkammer“

DIE GÜLDENKAMMER

HERAUSGEGEBEN VON S.D.GALLWITZ / DR. G. F. HARTLAUB / DR. HERM. SMIDT

VERLAG KAFFEEHAG / BREMEN

5, . JAHRG. 7 HEFT 5 E FEBRUAR 1915

BEZUGS-BEDINGUNGEN: DURCH SAMTL. BUCHHANDLUNGEN, POSTANSTALTEN ODER DIREKT VOM VERLAG: JÄHRLICH M. 3.—. VIERTELJAHRLICH M. 1.50, EINZELHEFT M. 0.50

NACHDRUCK DER BELLETRISTIK VERBOTEN NACHDRUCK DER UBRIGEN ARTIKEL UNTER GENAUER E GESTATTET

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 22. Dezember 1914.

Bei Nieuport und in Gegend Ypern herrschte im allgemeinen Ruhe.

Zur Wiedererlangung der am 20. Dezember verlorenen Stellungen bei Festubert und Givenchy machten die durch fran- zösische Territorials verstärkten Engländer gestern und heute nacht verzweifelte Vorstöße, die zurückgewiesen wurden. In Gegend Richebourg gelang es ihnen, in ihren alten Stellungen wieder Fuß zu fassen.

Die gestrigen Angriffe der Franzosen in Gegend Albert, Hörde östlich Compiégne, bei Souain und Perthes wurden unter schweren Verlusten fir sie abgeschlagen.

Im westlichen Teil der Argonnen nahmen wir einige Schützen- graben; östlich der Argonnen, nordwestlich und nördlich Verdun wurden die französischen Angriffe zum Teil unter schwersten Verlusten für die Franzosen leicht zurückgewiesen.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz ist die Lage in Ost- und Westpreußen unverändert.

In Polen stehen unsere Truppen in heftigen Kämpfen um den Bzura- und Rawkaabschnitt. An vielen Stellen ist der Übergang über diese Abschnitte schon erzwungen.

Auf dem rechten Ufer der Pilica steht der Kampf der ver- bündeten Truppen noch.

Wir haben leider erst nach der Veröffentlichung festgestellt, daß der gestern bekannt gegebene Befehl des französischen Generals Joffre vom 17. Dezember 1914 folgenden Nachsatz hatte:

„Der Befehl ist heute abend allen Truppen bekannt zu geben und zu verhindern, daß er in die Presse gelangt.“

Oberste Heeresleitung.

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Zu dem französischen Gelbbuch.

Durch das französische Gelbbuch, wie durch alle amtlichen Ver- öffentlichungen des Dreiverbandes, geht als roter Faden der Gedanke, daß Deutschland den Krieg hätte verhindern können, wenn es seinen Einfluß auf Osterreich-Ungarn geltend gemacht hätte, damit dieses seine Forderungen gegen Serbien ermafige. Die Mächte des Drei- verbandes gehen dabei von dem einseitigen Standpunkt aus, daß Rußland ein Recht hatte, sich als Protektor Serbiens zu gerieren, und von Deutschland eine Anerkennung und Berücksichtigung dieses An- spruchs verlangen konnte. Andererseits sprechen die Mitglieder des Dreiverbandes Osterreich-Ungarn das Recht ab, den jahrelangen Herausforderungen eines kleinen Nachbarn gegenüber die Schritte zu tun, die es zur Wahrung seiner Sicherheit und seiner Stellung als Gro8macht für nötig fand. Deutschland sollte nach Ansicht Rußlands und seiner Freunde Österreich-Ungarn in den Arm fallen und sich dem von Rußland vertretenen Standpunkt fügen, daß den Mächten die Entscheidung darüber zustand, wie weit es Osterreich-Ungarn erlaubt sein solle, sich den serbischen Provokationen gegenüber Genug- tuung zu verschaffen. Mit anderen Worten: in dem diplomatischen Duell zwischen dem Dreiverband einer- und Osterreich-Ungarn- Deutschland andererseits sollten letztgenannte die ihnen von der Tripleentente zugedachte Niederlage und Demütigung ruhig hinnehmen. Da sie sich hierzu nicht haben verstehen wollen und Deutschland sich seinen Bündnispflichten getreu auf die Seite Osterreich-Ungarns gestellt hat, ist der Krieg ausgebrochen.

Daß Deutschland, worauf im Gelbbuch wiederholt hingewiesen wird, sich andauernd geweigert habe, die Hand zur Herbeiführung einer friedlichen Lösung zu bieten, ist eine der Wahrheit direkt ins Gesicht schlagende Behauptung, die im Gelbbuch an verschiedenen Stellen selbst widerlegt wird. Deutschland hat gegen den englischen Vorschlag, die Streitfrage in einer Konferenz von vier Mächten oder durch Besprechungen zu vieren zu regeln, nur deswegen Bedenken geäußert, weil jede Einmischung der Mächte in die nach deutscher Auffassung nur Österreich-Ungarn und Serbien angehende Frage dem von Deutschland von Beginn der Krisis an eingenommenen prinzipiellen Standpunkt widersprach und weil die deutsche Regierung von vorn- herein der Ansicht war, daß direkte Besprechungen zwischen Wien und Petersburg mehr Aussicht auf Erfolg boten und, falls eine Eini-

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gung überhaupt möglich, schneller zum Ziele führen würden. Trotz dieser gewiß gerechtfertigten Bedenken hat das Berliner Kabinett, wie auch aus dem Gelbbuch hervorgeht, bei jeder Gelegenheit die größte Bereitwilligkeit gezeigt, die Hand zur Förderung einer fried- lichen Beilegung des Konflikts zu bieten.

Ebenso ungerechtfertigt ist der gegen Deutschland erhobene Vorwurf, daß es sich geweigert habe, Österreich-Ungarn maßvolle Ratschläge zu erteilen. Deutschland hat alle mit der Würde seines Bundesgenossen vereinbarten Schritte in Wien getan. Es hat sich nur geweigert, die von Rußland und seinen Freunden verlangte Pression auf Österreich-Ungarn auszuuben. Den Ratschlägen Deutschlands folgend hat sich die österreichisch-ungarische Regierung sofort bereit erklärt, die territoriale Integrität Serbiens nicht antasten zu wollen. Deutschland ist es auch zu verdanken, daß der während einiger Tage unterbrochene direkte Gedankenaustausch zwischen Wien und Peters- burg wieder aufgenommen wurde, eine Tatsache, welche sämtliche Veröffentlichungen des Dreiverbandkabinetts allerdings wohlweislich verschweigen.

Sehr bezeichnend für den einseitigen Standpunkt des Dreiver- bandes ist, wie das Gelbbuch die Aktion des Botschafters Freiherrn von Schoen in Paris darstellt. Dieser war beauftragt, in freundschaft- licher Weise bei der französischen Regierung ein gemeinsames Wirken im Sinne des Friedens anzuregen, und hatte dabei auch die Bitte geäußert, daß von Paris aus in Petersburg zur Mäßigung geraten werden möge. Jeder Unparteiische wird zugeben müssen, daß in diesem Schritt ein unwiderleglicher Beweis für die Versöhnlichkeit der deutschen Regierung sowie für ihren Wunsch, den Frieden erhalten zu sehen, zu erblicken ist. In der Anregung des Freiherrn von Schoen sehen aber die französischen Staatsmänner nichts anderes als einen plumpen Versuch Deutschlands, zwischen Rußland und Frankreich Mißtrauen zu säen. Wohlgemerkt! Die Dreibundmächte verlangen von Deutschland, daß es seinem Verbündeten nicht nur gute Ratschläge gibt, sondern einen Druck auf ihn ausübt. Sie machen Deutschland einen schweren Vorwurf daraus, daß es auf diese Zumutung nicht eingehen will. Wenn aber Deutschland Frankreich bittet, auf seinen Bundesgenossen mäßigend einzuwirken, so ist dies ein perfider Ver- hetzungsversuch! Wie stimmt übrigens die von französischer Seite so mißdeutende freundschaftliche Fühlung des deutschen Botschafters mit der französischen Regierung mit der späteren Behauptung des

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Herrn Viviani, daß Deutschland den Krieg durchaus und zwar gegen Frankreich gewollt habe, überein?

Die im französischen Gelbbuch veröffentlichten Schriftstücke heben den bewundernswerten versöhnlichen und friedfertigen Geist hervor, den die russische Regierung von Beginn der Krisis an gezeigt haben soll. Demgegenüber sei nur daran erinnert, daß Herr Sasonoff schon bei der ersten Unterredung, die er mit dem französischen und eng- lischen Botschafter hatte, bemerkte, Rußland werde genötigt sein, mobil zu machen (vgl. englisches Blaubuch Nr. 6). Es bestand hiernach von vornherein die Absicht, bei den Verhandlungen mit Österreich- Ungarn durch militärische Drohungen einen Druck auszuüben. Bekannt- lich wurde dann auch die russische Mobilmachung bereits am 25. Juli beschlossen und war, wie nachträglich durch einwandfreie Zeugnisse festgestellt worden ist, seit jenem Tage im ganzen russischen Reiche im Gange.

Die Berichte des englischen Botschafters in Petersburg, der übrigens in diesem Punkte anscheinend selbständig ohne Weisungen seiner Regierung handelte, beweisen, daß dieser mit wachsender Be- sorgnis die in Rußland beginnende militärische Tätigkeit beobachtet und den russischen Minister des Äußern wiederholt vor der vorzeitigen Mobilmachung gewarnt hat.

Wie sich die amtlichen Veröffentlichungen des Gelbbuches um diesen wichtigen Punkt herumzuwinden suchen, ist äußerst bemerkens- wert. Es soll um jeden Preis der Beweis erbracht werden, daß es Deutschland gewesen ist, welches mit militärischen Vorbereitungen den Anfang gemacht hat. Als solche „Beweise“ vermag aber das Gelbbuch nur anzuführen, daß laut Bericht des französischen Konsuls in Frankfurt am 29. Juli Truppen auf den Straßen aus Darmstadt, Cassel und Mainz dort angekommen seien, sowie daß laut Bericht des französischen Gesandten in München vom gleichen Tage die Mühlen in Illkirch ersucht worden seien, ihre Vorräte für die Armee zu reservieren, und von Straßburg der Transport von Flugzeugen, von Metz die Zurückberufung beurlaubter bayerischer Infanterieunter- offiziere gemeldet werde. Ein dürftigeres Beweismaterial läßt sich kaum denken.

Der französische Botschafter in Petersburg sieht sich denn auch

genötigt, als er seiner Regierung die Mobilmachung Rußlands gegen Deutschland meldet, in Ermangelung anderer Beweismomente zu seiner

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Phantasie Zuflucht zu nehmen und zu behaupten, daß die russische allgemeine Mobilisation nur eine Folge der österreichisch- ischen allgemeinen Mobilisation und der militärischen Maßnahmen Deutsch- lands gewesen sei. Es ist nicht leicht, in wenigen Worten so viel Falsches zu sagen, als in diesem Telegramm des Herrn Paleologue vom 3]. Juli Nr. 118 des Gelbbuches enthalten ist. Nicht einmal die russische Regierung hat es gewagt, ihre Mobilmachung in dieser Weise zu rechtfertigen. Es ist allbekannt, daß Deutschland bis zum 31. Juli sich darauf beschränkt hat, die im Hinblick auf die umfangreichen militärischen Maßnahmen seiner Nachbarn unbedingt erforderlichen Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Erst nach der am 31. Juli offiziell verkundeten Mobilmachung der gesamten russischen Armee ist in Deutschland der Zustand drohender Kriegsgefahr und erst am Abend des l. August die Mobilmachung befohlen worden.

Diese Behauptung ist bereits durch das „Wiener F remdenblatt- am 25. September in bündiger Weise widerlegt worden. Gegenüber der Wiederholung des Märchens sei aber nochmals darauf hingewiesen, daß Rußland in dem Augenblick, als es Deutschland gelungen war, die österreichisch-ungarisch-russischen direkten Besprechungen wieder in Fluß zu bringen, in der Nacht vom 30. zum 31. Juli, unbekümmert um die vom russischen Kriegsminister und Generalstabschef dem deutschen Militarattaché feierlich gegebenen Versicherungen, daß die Truppen an der deutschen Grenze nicht mobil gemacht werden sollten, die allgemeine Mobilmachung also auch gegen Deutschland befahl und dadurch das ganze Vermittelungswerk Deutschlands zunichte machte. Es geht daraus hervor, daß es allen Taschenspielerkunst- stucken des Dreiverbandes nicht gelingen wird, die Tatsache aus der Welt zu schaffen, daß Rußland die Schuld trifft, den europäischen Krieg entfesselt zu haben.

Nachstehend sei noch auf einige Punkte im französischen Gelb- buch hingewiesen, die zeigen, welcher Wert den darin veröffentlichten diplomatischen Aktenstücken beizumessen ist:

I. In dem Berichte des Botschafters Jules Cambon vom 6. Mai 1913 ist eine Äußerung des Generalobersten von Moltke wiedergegeben, in der der Gedanke enthalten ist, man solle alle Gewissensbedenken beiseite lassen und angreifen, wenn der Krieg voraussichtlich notwendig erscheine; Generaloberst von Moltke hat niemals derartige Äußerungen getan. Alles, was Herr Cambon davon zu berichten weiß, ist von seinem Gewährsmann erfunden.

222

2. Ungefähr ebenso verhält es sich mit dem Cambonschen Be- richt vom 22. November 1913, in dem eine Unterhaltung wiedergegeben wird, die von Seiner Majestät dem Kaiser, dem König von Belgien und dem Generalobersten von Moltke geführt worden sein soll. In diesem Gespräch soll Generaloberst von Moltke die Notwendigkeit und Unvermeidlichkeit eines Krieges mit Frankreich betont haben, und aus den Äußerungen Seiner Majestät des Kaisers soll sich er- geben, daß dieser seinen früheren Friedensstandpunkt schon 1913 auf- gegeben hatte.

Nach unseren Ermittelungen hat keine Unterredung zu dreien, sondern nur eine solche unter vier Augen zwischen dem König von Belgien und dem Generalobetsten von Moltke stattgefunden. Dabei hat Herr von Moltke lediglich seiner Überzeugung Ausdruck gegeben, daß sich das deutsche Heer, wenn es einmal zu einem Zusammen- stoß kommen sollte, dem französischen an Ausbildung und innerem Wert überlegen zeigen werde; die ihm von Herrn Cambon in den Mund gelegten Worte, er halte einen solchen Krieg für notwendig und unvermeidlich und wir müßten jetzt ein Ende machen (cette fois, il faut en finir), hat Generaloberst von Moltke nie gebraucht.

Ebensowenig hat Herr von Jagow, als er Herrn Cambon in seiner Unterredung vom 30. Juli (Gelbbuch Nr. 109) auf die Gefahren der russischen Mobilisation hinwies, gesagt, daß die Führer der Armeen in Deutschland auf eine Mobilisation drängten.

3. Dem deutschen Botschafter von Tschirschky in Wien, der auch jüngst noch in der russischen Presse von seinem russischen Kollegen Schebeko in wenig vornehmer Weise angegriffen wurde, wird der durch nichts gerechtfertigte Vorwurf gemacht, daß er „eine gewalt- same Lösung“ wünsche, „obwohl er gern hören lasse, daß das Aus- wärtige Amt mit ihm nicht der gleichen Ansicht sei.“ Eine Beweis- führung für die Herrn von Tschirschky gemachten Unterstellungen wird im Gelbbuch nicht einmal versucht.

4. Die Äußerungen des französischen Geschaftstragers in München, wonach die Königlich bayerische Regierung schon am 23. Juli die österreichisch-ungarische Note gekannt haben soll, sind bereits durch das offizielle Dementi der Königlich bayerischen Regierung als aus der Luft gegriffen bezeichnet worden.

5. In dem französischen Gelbbuch wird an zwei Stellen be- hauptet, daß Herr von Schoen die deutsche Note vom 23. Juli (vergl. Weißbuch Anlage Ib) in Paris am 24. Juli überreicht habe, während

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die Überreichung der Note in London erst am folgenden Tage erfolgt sei. Damit soll bewiesen werden, daß Deutschland von Anfang an Frankreich gegenüber habe drohen wollen.

Es handelt sich hier um eine Entstellung der Tatsachen und um eine Veränderung der Daten. Ein Blick auf das deutsche Weiß- buch zeigt, daß die in Frage kommende deutsche Note vom 23. Juli zu gleicher Zeit nach Paris wie nach London und Petersburg gesandt worden ist; das englische Blaubuch enthält zu der deutschen Note unter Nr. 9 die Angabe: Note communicated by German Ambassador July 24, 1914.

6. Die Angabe des Herrn Vivianis in seinem Erlasse an Herrn Paul Gambon vom l. August (Nr. 127), Osterreich-Ungarn sei als erster Staat zur allgemeinen Mobilisation geschritten, ist eine so kühne Spekulation auf die Leichtgläubigkeit ununterrichteter Leser, wie sie wohl in einem amtlichen Aktenstück kaum jemals vor- gekommen ist.

Österreich-Ungarn hat erst am 31. Juli die allgemeine Mobil- machung verfügt (vgl. Gelbbuch Nr. 115), Rußland hat dagegen schon

in der Nacht vom 30. zum 31. Juli die allgemeine Mobilmachung, die gegen Österreich-Ungarn gerichtete aber schon am 29. Juli angeordnet.

Die Täuschung wird dadurch vollendet, daß der die österreichisch- ungarische Mobilisation meldende Bericht Nr. 115 absichtlich vor den die russische Mobilisation meldenden Bericht Nr. 118 in das Gelbbuch eingereiht worden ist.

7. Der französische Botschafter Paléologue behauptet in seinem Bericht vom 30. Juli Nr. 103, Herr Sasanoff habe dem deutschen Botschafter gesagt, um die versöhnlichen und friedfertigen Absichten des Zaren zu beweisen, wolle er im Namen Seiner Majestät einen neuen Vorschlag machen. In Wirklichkeit war der Hergang folgender: Als Herr Sasanoff Österreich-Ungarns Erklärung, daß es die serbische territoriale Integrität nicht antasten werde, als nicht genügend bezeichnet hatte, bat ihn Graf Pourtales, nun den Faden der Verhandlungen nicht abreißen zu lassen, um eine genaue Formulierung des Mindestmaßes der russischen Forderungen an Osterreich- Ungarn festzusetzen. Graf Pourtales riet dabei, durch einige Konzessionen ein Kompromiß zu ermöglichen. Herr Sasanoff schrieb darauf sofort und in Gegenwart des Botschafters eine Formel auf, die im wesentlichen die alten russischen Forderungen aufrecht erhielt. Nachdem Graf Pourtales aus-

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drüclich betont hatte, daß er die Annahme dieser Forderungen durch Österreich-Ungarn für aussichtslos halte, erklärte er sich bereit, die Formel seiner Regierung zu übermitteln. Die Behauptung des fran- zösischen Gelbbuches, er hätte die Befürwortung der Formel bei seiner Regierung versprochen, ist nicht richtig.

Interessant ist dabei die aus dem Gelbbuche zu entnehmende Tatsache (vgl. Nr. 113), daß die englische Regierung durch ihren Botschafter darauf hinwirkte, daß Herr Sasanoff seine Formel nach- träglich änderte und sie für Osterreich-Ungarn noch unannehmbarer machte. Er mußte die von ihm früher nicht aufgestellte Bedingung mit hineinnehmen, daß Österreich den Marsch seiner Truppen auf serbisches Gebiet anhalte. Die Tatsache zeigt, daß es der britischen Regierung, die inzwischen russischer geworden war als der Zar, da- rauf ankam, ein Kompromiß unter allen Umständen unmöglich zu machen.

8. Die Anordnung der französischen Mobilisation wird im Gelb- buch auf folgende Weise gerechtfertigt: Herr Viviani behauptet (Gelbb. 127), daß schon lange vor der russischen Mobilisation, „am vorigen Mittwoch“, Herr von Schoen die bevorstehende Verkündung des „Kriegsgefahrzustandes“ angekündigt habe. Diese Maßregel sei von Deutschland getroffen worden, und unter diesem Deckmantel habe Deutschland sofort mit der eigentlichen Mobilisation begonnen.

Auch hier hat sich das Gelbbuch nicht streng an die Tatsachen gehalten. Nachdem Deutschland durch seinen Gesandten in Bern am 29. Juli Nachricht erhalten hatte, daß 80000 Mann des französischen Friedenstandes an die französische Ostgrenze vorgeschoben waren, bekam Herr von Schoen Auftrag, der französischen Regierung zu sagen, daß Deutschland zu Schutzmaßregeln gezwungen sein würde und „Kriegsgefahr“ werde proklamieren müssen, wenn Frankreich in seinen Kriegsvorbereitungen fortfahre. Dies bedeute zwar keine Mobilisierung und keine Einberufungen, erhöhe aber immerhin die Spannung, was uns unerwünscht sei, da wir fortgesetzt auf Erhaltung

des Friedens hofften.

Diese wenigen Zitate mögen genügen, um den Geist zu kenn- zeichnen, von dem das französische Gelbbuch getragen ist. Aus dem Material, das es beibringt, ergibt sich, auf wie schwachen Füßen der von der französischen Regierung unternommene Beweis ruht, daß

Deutschland den Weltbrand entfacht habe.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 23. Dezember.

Angriffe in den Dünen bei Lombartzyde und südlich Bixschote wiesen unsere Truppen leicht ab.

Bei Richsbourg l’Avoue wurden die Engländer gestern wieder aus ihren Stellungen geworfen; trotz verzweifelter Gegenangriffe wurden alle Stellungen, die zwischen Richsbourg und dem Kanal d'Aire a La Bassee den Engländern entrissen waren, gehalten und gefestigt. Seit 20. Dezember fielen 750 Farbige und Eng- länder als Gefangene in unsere Hände, 5 Maschinengewehre und 4 Minenwerfer wurden erbeutet.

In der Unigegend des Lagers von Chälons entwickelte der Feind eine rege Tätigkeit. Angriffe nördlich Sillery, südöstlich Reims, bei Souain und Perthes wurden von uns zum Teil unter schweren Verlusten für die Franzosen abgeschlagen.

In Ost- und Westpreußen blieb die Lage unverändert.

Die Kämpfe um den Bzura- und Rawka-Abschnitt dauern fort; auf dem rechten Piliza-Ufer ist die Lage unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Erfolge Österreich-Ungarns zur See. Wien, 23. Dezember.

Amtlich wird verlautbart: Das französische Unterseeboot „Curie“ wurde, ohne zu einem Angriff gekommen zu sein, an unserer Küste von Strandbatterien und Wachfahrzeugen be- schossen und zum Sinken gebracht. Der Kommandant und 26 Mann sind gerettet und gefangen genommen, nur der zweite

Offizier wird vermißt.

Unser Unterseeboot XII Kommandant Linienschiffsleutnant Egon Lerch hat am 21. laufenden Monats vormittags in der Otrantostraße eine aus 16 großen Schiffen bestehende französische Flotte angegriffen, das Flaggenschiff Typ „Courbet“ zweimal anlanziert und beide Male getroffen.

Die darauf in der feindlichen Flotte entstandene Verwirrung, die gefährliche Nähe einzelner Schiffe und der hohe Seegang bei unsichtigem Weiter verhinderten das Unterseeboot, über das weitere Schicksal des betreffenden Schiffes Gewißheit zu erlangen.

Flottenkommando.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 24. Dezember.

Der Feind wiederholte gestern in Gegend Nieuport seine An- griffe nicht. Bei Bixschote machten unsere Truppen in den Ge- fechten vom 21. Dezember 230 Gefangene. Sehr lebhaft war die Tätigkeit des Feindes wieder in der Gegend des Lagers von Chalons. Dem heftigen feindlichen Artilleriefeuer auf dieser Front folgten in Gegend Souain und Perthes Infanterieangriffe, die abgewiesen wurden. Ein vom Feinde unter dauerndem Artilleriefeuer gehaltener Graben wurde uns entrissen, am Abend aber wieder genommen. Die Stellung wurde nach diesem gelungenen Gegenstoß aufgegeben, da Teile des Schützengrabens voın Feuer des Feindes fast ein- geebnet waren. Uber 100 Gefangene blieben in unserer Hand.

Unsere Truppen haben von Soldau-Neidenburg her erneut die Offensive ergriffen und in mehrtägigen Kämpfen die Russen zurück- geworfen. Mlawa und die feindlichen Stellungen bei Mlawa sind wieder in unserer Hand. In diesen Kämpfen wurden über 1000 Ge- fangene gemacht.

Am Bzura- und Rawka-Abschnitt kam es bei unsichtigem Wetter, bei dem die Artillerie wenig zur Geltung kommen konnte, an vielen Stellen zu heftigen Bajonettkampfen. Die Verluste der Russen sind groß. Auf dem rechten Piliza-Ufer in Gegend süd- östlich Tomaszow griffen die Russen mehrmals an und wurden unter schweren Verlusten von den verbündeten Truppen zurück- geschlagen

Weiter südlich ist die Lage im allgemeinen unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Runderlaß des Reichskanzlers.

Wie Wolffs Telegraphisches Bureau erfährt, hat der Reichskanzler an die Kaiserlichen Botschafter und Gesandten nachfolgenden Runderlaß gerichtet:

Großes Hauptquartier, den 24. Dezember 1914.

In der Rede, die Ministerpräsident Viviani in der französischen Kammer gehalten hat, befindet sich der Passus, daß Frankreich und Ruß- land am 31. Juli dem englischen Vorschlag beigestimmt hätten, die mili- tärischen Vorbereitungen einzustellen und in Verhandlungen in London einzutreten. Hätte Deutschland zugestimmt, so hätte der Friede noch in dieser letzten Stunde erhalten werden können.

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Da ich diese im französischen Parlament ausgesprochene falsche Be- hauptung gegenwärtig von der Tribüne des Deutschen Reichstags nicht widerlegen kann, so sehe ich mich veranlaßt, Euer pp. die nachfolgenden Darlegungen zuzustellen mit dem Ersuchen, davon den weitestgehenden Gebrauch zu machen.

Der britische Konferenzvorschlag, der im englischen Blaubuch unter Nummer 36 abgedruckt ist, stammt vom 26. Juli. Sein Inhalt war, daß Vertreter von Deutschland, Frankreich, Italien mit Sir E. Grey in London zusammentreten sollten, um dort einen Ausweg aus den Schwierigkeiten, die in der serbischen Frage entstanden waren, zu suchen. Von Anfang an hat Deutschland den Standpunkt vertreten, daß der serbisch-öster- reichische Konflikt eine Angelegenheit sei, die nur die nächstbeteiligten beiden Staaten berühre. Diesen Standpunkt hat auch Sir Edward Grey später selbst anerkannt.

Deutschland mußte den englischen Konferenzvorschlag ablehnen, weil es nicht zulassen konnte, daß Osterreich-Ungarn in einer Frage seiner nationalen Lebensinteressen, die nur Österreich-Ungarn selbst anging, einem Tribunal der Großmächte unterstellt würde. Aus dem deutschen Weißbuch geht hervor, daß auch Österreich-Ungarn den Konferenzvor- schlag als unannehmbar bezeichnete. Durch seine Kriegserklärung an Serbien dokumentierte es seinen festen Willen, die serbische Frage ohne das Dazwischentreten der Mächte allein zu regeln. Zugleich erklärte es aber, um alle gerechten Ansprüche Rußlands zu befriedigen, sein voll- kommenes territoriales Desinteressement Serbien gegenüber. Da Rußland sich nicht mit dieser Versicherung begnügte, war aus der serbischen Frage eine europäische geworden, die zunächst in einer Spannung zwischen Österreich-Ungarn und Rußland ihren Ausdruck fand. Um zu verhindern, daß aus dieser Spannung eine europäische Konflagration sich entwickelte, mußte ein neuer Boden gesucht werden, auf dem eine Vermittlungsaktion der Mächte sich anbahnen konnte. Es war Deutschland, dem das Ver-

dienst gebührt, diesen Boden zuerst betreten zu haben. Staatssekretär von Jagow wies in seinem Gespräch mit dem britischen

Botschafter am 27. Juli darauf hin, daß er in dem Wunsche Rußlands, mit Österreich-Ungarn direkt zu verhandeln, eine Entspannung der Lage und die beste Aussicht auf eine friedliche Lösung erblickte. Diesen Wunsch, durch den die englische Konferenzidee auch nach russischer Meinung vor- laufig ausgeschaltet war, hat Deutschland von dem Tage, wo er geäußert wurde, mit aller Energie, die ihm zu Gebote stand, in Wien unterstützt. Kein Staat kann ehrlicher und energischer danach gestrebt haben, den Frieden der Welt zu erhalten, als Deutschland.

England selbst verzichtete nunmehr darauf, seine Konferenzidee weiter zu verfolgen, und unterstützte auch seinerseits den Gedanken der direkten Verhandlungen zwischen Wien und Petersburg (Blaubuch 67).

Diese begegneten jedoch Schwierigkeiten, und zwar Schwierigkeiten, die nicht von Deutschland und Österreich-Ungarn, sondern von den Entente- mächten herbeigeführt wurden. Sollte Deutschlands Bemühen gelingen,

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so bedurfte es des guten Willens der nicht unmittelbar engagierten Mächte, es bedurfte aber auch des Stillhaltens der Hauptbeteiligten, denn wenn eine der beiden Mächte, zwischen denen vermittelt werden sollte, die im Gange befindliche Aktion durch militärische Maßnahmen störte, so war von vornherein klar, daß diese Aktion nie zum Ziele gelangen konnte.

Wie stand es nun mit dem guten Willen der Mächte?

Wie Frankreich sich verhielt, ergibt sich mit Deutlichkeit aus dem französischen Gelbbuche. Es traute den deutschen Versicherungen nicht. Alle Schritte des deutschen Botschafters, Freiherrn von Schoen, wurden mit Mißtrauen aufgenommen, sein Wunsch auf mäßigende Einwirkung Frankreichs in Petersburg wurde nicht beachtet, denn man glaubte an- nehmen zu sollen, daß die Schritte Herrn von Schoens nur dazu bestimmt waren, „à compromettre la France au regard de la Russie.“ Aus dem französischen Gelbbuch ergibt sich, daß Frankreich keinen einzigen posi- tiven Schritt im Interesse des Friedens getan hat.

Was für eine Haltung hat England angenommen? In den diplo- matischen Gesprächen gab es sich den Anschein, bis zur letzten Stunde zu vermitteln, aber seine äußeren Handlungen hatten es auf eine Demütigung der beiden Dreibundmächte abgesehen. England war die erste Groß- macht, die militärische Maßnahmen in großem Stile anordnete und dadurch eine Stimmung insbesondere bei Rußland und Frankreich schuf, die allen Vermittlungsaktionen im höchsten Grade abträglich war. Es ergibt sich aus dem Berichte des französischen Geschäftsträgers in London vom 27. Juli (Gelbbuch Nr. 66), daß schon am 24. Juli der Befehlshaber der englischen Flotte diskret seine Maßnahmen für die Zusammenziehung der Flotte bei Portland getroffen hatte. Großbritannien hat also früher mobilisiert als selbst Serbien. Großbritannien hat sich ferner ebenso wie Frankreich geweigert, in Petersburg mäßigend und zügelnd einzuwirken. Auf die Meldungen des englischen Botschafters in Petersburg, aus denen ganz klar hervorging, daß nur eine Mahnung an Rußland, mit der Mobili- sation einzuhalten, die Situation retten konnte, hat Sir E. Grey nichts ge- tan, sondern die Dinge gehen lassen, wie sie gingen. Zu gleicher Zeit hat er aber geglaubt, daß es nützlich seir würde, Deutschland und Oster- reich-Ungarn, wenn auch in nicht ganz klarer Weise, doch deutlich genug darauf hinzuweisen, daß sich auch England an einem europäischen Kriege beteiligen könnte. Zu derselben Zeit also, wo England sich nach dem Fallenlassen seiner Konferenzidee den Anschein gab, zu wünschen, daß sich Österreich-Ungarn auf Deutschlands Vermittlung hin nachgiebig zeigen sollte, weist Sir Edward Grey den österreichisch-ungarischen Botschafter in London auf die englische Flottenmobilisation hin (Blaubuch 48), gibt dem russischen Bnitschafter zu verstehen, daß sich auch England an einem Kriege beteiligen könnte, und unterrichtet die Botschafter des Zweibundes sofort von dieser an die deutsche Adresse gerichteten Warnung, womit der Sieg der Kriegspartei in Petersburg besiegelt war.

Es war das gerade diejenige Haltung, die nach der sachverständigen Ansicht des englischen Botschafters Buchanan am ungeeignetsten war, eine gute Stimmung zwischen den Mächten hervorzurufen.

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Unter diesen Schwierigkeiten wird man es als einen besonderen Erfolg betrachten dürfen, daß es Deutschland gelang, Österreich-Ungarn dem Wunsche Rußlands, in Sonderverhandlungen einzutreten, geneigt zu machen. Hätte Rußland, ohne seinerseits militärische Maßnahmen zu treffen, die Verhandlungen mit Österreich-Ungarn, das nur gegen Serbien mobilisiert hatte, im Gang gehalten, so hätte die volle Aussicht auf Er- haltung des Weltfriedens bestanden.

Statt dessen mobilisierte Rußland gegen Sten Vagar; wobei Sasonow sich völlig klar darüber war (vergl. Blaubuch 78), daß damit alle direkten Verständigungen mit Osterreich-Ungarn hinfielen. Das mühsame Resultat der deutschen Vermittlungsverhandlungen war damit mit einem Schlage erledi

Was geschah nun seitens der Ententemächte, um den Frieden in dieser letzten Stunde zu erhalten?

Sir Edward Grey nahm seinen Konferenzvorschlag wieder auf. Auch nach Ansicht des Herrn Sasonow war jetzt der geeignete Moment ge- kommen, um unter dem Druck der russischen Mobilisation gegen Oster- reich-Ungarn den alten englischen Gedanken der Konversation zu vieren wieder zu empfehlen. (Deutsches Weißbuch, Seite 7.) Graf Pourtales ließ den Minister nicht im Zweifel darüber, daß nach seiner Auffassung die Ententemächte hiermit dasselbe von Österreich-Ungarn verlangten, was sie Serbien nicht hatten zumuten wollen. Nämlich unter militärischem Druck nachzugeben. Unter solchen Umständen konnte Deutschland und Österreich-Ungarn der Konferenzgedanke unmöglich sympathisch sein. Trotzdem erklärte Deutschland in London, daß es im Prinzip den Vor- schlag einer Intervention der vier Mächte annehme, ihm widerstrebe ledig- lich die Form einer Konferenz. Gleichzeitig drang der deutsche Botschafter in Petersburg in Sasonow, auch seinerseits Konzessionen zu machen, um ein Kompromiß zu ermöglichen. Daß diese Bemühungen fruchtlos blieben, ist bekannt.

Rußland selbst schien an der weiteren Vermittlungstätigkeit Deutsch- lands in Wien, die bis zur letzten Stunde weiter geführt wurde, nichts mehr zu liegen. Es ordnete in der Nacht vom 30. zum 31. Juli die Mo- bilisation seiner gesamten Streitkräfte an, was die Mobilisation Deutsch- lands und dessen spätere Kriegserklärung zur Folge haben mußte.

Angesichts dieses Ganges der Ereignisse ist es nicht verständlich, wie ein verantwortlicher Staatsmann den Mut finden kann, zu behaupten, daß Deutschland, das sich der russischen Mobilisation, den militärischen Vorbereitungen Frankreichs und der Mobilisierung der englischen Flotte gegenüber fand, noch am 31. Juli durch die Annahme einer unter den erhobenen Waffen der Ententemächte abzuhaltenden Konferenz den Frieden hätte retten können. Es war nicht das bis zur letzten Stunde in Wien vermittelnde Deutschland, das die Idee der Vermittlung der vier Mächte unmöglich gemacht hat, es waren die militärischen Maßnahmen der Ententemächte, die Friedensworte im Munde führten, während sie

zum Kriege entschlossen waren. von Bethmann Hollweg.

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Vom östlichen Schauplatze.

Große Verluste der Russen. Wien, 24. Dezember.

Amtlich wird verlautbart: Im oberen Nagy-Agertal bei Okörmezö steht der Kampf. Im Latorczatal wiesen unsere Truppen gestern mehrere Angriffe unter großen Verlusten für die Russen ab und zersprengten ein feindliches Bataillon bei Alsö-Vereczke.

Im oberen Ungtale gewinnt unser Angriff allmählich Raum gegen den Uzsoker Paß. Am 21. wurden im Gebiete dieses Karpathen- tales 650 Russen gefangen genommen.

Die Kämpfe an der bekannten galizischen Front dauern fort. An der unteren Nida machten unsere Truppen in einem Gefecht am 22. Dezember über 2000 Gefangene.

Im Raum von Tomaszow und an der Rawka-Bzuralinie wird weitergekämpft.

Vom Il. bis zum 20. Dezember wurden von uns insgesamt

43000 Russen gefangen genommen. Im Innern der Monarchie befinden sich jetzt bereits 200000 kriegs-

gefangene Feinde. l von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Weihnachtsfeier im Großen Hauptquartier.

Die Weihnachtsfeier im Großen Hauptquartier war ebenso ein- fach und schlicht wie eindrucksvoll. Der Kaiser wollte das Fest in- mitten der Soldaten begehen, die zum Hauptquartier gehören. Dazu bedurfte es eines sehr großen Raumes, da Gabentische für etwa 960 Personen aufgestellt werden mußten. Die weite Halle war über und über mit Tannengrün geschmückt, so daß nirgends von der Decke und der Wand etwas zu sehen war. Jedermann, vom Kaiser bis zum schlichten Landwehrmann, fand seinen Platz an den in der Längs- richtung aufgestellten Tischen, die in gleichen Abständen mit Lichtern geschmückte Baume trugen. Jeder Offizier und jeder Mann erhielt die gleichen Pfefferkuchen, Apfel und Nüsse, sowie ein Bild des Kaisers. Die Mannschaften erhielten außerdem Tabakbeutel und Zigarren. An der Stirnseite des Raumes war ein Altar errichtet, davor eine große Krippe. An den Seiten standen hohe Christtannen. Der alte Weihnachtsgesang „O du selige, o du fröhliche, gnaden- bringende Weihnachtszeit“ leitete die Feier ein, sobald der Kaiser die Anwesenden mit dem Gruße „Guten Abend, Kameraden!“ begrüßt hatte. Es folgte eine kurze Ansprache des Pfarrers und dann das

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Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“. Nachdem Generaloberst von Plessen dem Kaiser für die Bereitung des schönen Festes gedankt hatte, hielt der Kaiser folgende Ansprache:

„Kameraden! In Wehr und Waffen stehen wir hier ver- sammelt, dieses heilige Fest zu feiern, das wir sonst im Frieden zu Hause feiern. Unsere Gedanken schweifen zurück zu den Unsrigen daheim, denen wir diese Gaben danken, die wir heute so reichlich auf unseren Tischen sehen. Gott hat es zugelassen, daß der Feind uns zwang, dieses Fest hier zu feiern; wir sind überfallen worden und wir wehren uns, und das gebe Gott, daß aus diesem Friedensfest mit unserem Gott für uns und für unser Land aus schwerem Kampf reicher Sieg erstehe. Wir stehen auf feindlichem Boden, dem Feinde die Spitze des Schwertes und das Herz unserem Gott zugewandt, und wir sprechen es aus, wie es einst der Große Kurfürst getan: In Staub mit allen Feinden Deutschlands! Amen.“

Der Kaiser ging dann an den Tischen entlang und zeichnete viele Offiziere und Mannschaften durch Ansprachen aus.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 25. Dezember.

In Flandern herrschte gestern im allgemeinen Ruhe. Östlich Festubert wurde den Engländern anschließend an die am 20. Dez. eroberte Stellung ein weiteres Stück ihrer Befestigungen entrissen.

Bei Chivy nordöstlich Vailly hoben unsere Truppen eine feind- liche Kompagnie aus, die sich vor unserer Stellung eingenistet hatte; 172 Franzosen wurden hierbei gefangen genommen. Bei dem Versuch, die Stellung uns wieder zu entreißen, hatte der Feind starke Verluste.

Französische Angriffe bei Souain und Perthes, sowie kleinere Vorstöße nordwestlich Verdun und westlich Apremont wurden ab- gewiesen.

Im Osten blieb gestern die Lage unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 26. Dezember. Bei Nieuport sind m der Nacht vom 24. zum 25. Dezember Angriffe der Franzosen und Engländer abgewiesen.

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Der Erfolg der Kämpfe bei Festubert mit Indern und Eng- ländern läßt sich erst heute übersehen. 19 Offiziere und 819 Farbige und Engländer wurden gefangen genommen, 14 Maschinengewehre, 12 Minenwerfer, Scheinwerfer und sonstiges Kriegsmaterial er- beutet. Auf dem Kampffeld ließ der Feind über 3000 Tote. Eine von den Engländern zur Bestattung der loten erbetene Waffen- ruhe wurde bewilligt. Unsere Verluste sind verhältnismäßig gering.

Bei kleineren Gefechten in Gegend Lihons südöstlich Amiens und Tracy-le-Val nordöstlich Compiegne machten wir gegen 200 Ge- fangene.

In den Vogesen südlich Diedolshausen und im Oberelsaß westlich Sennheim sowie südwestlich Altkirch kam es gestern zu kleineren Gefechten. Die Lage blieb dort unverändert.

Am 20. Dezember nachmittags warf ein französischer Flieger auf das Dorf Inor 9 Bomben, obgleich dort nur Lazarette sich be- finden, die auch für Fliegerbeobachtung ganz deutlich kenntlich gemacht sind. Nennenswerter Schaden wurde nicht angerichtet.

Zur Antwort auf diese Tat und auf das neuliche Bomben- werfen auf die offene, außerhalb des Operationsgebietes liegende Stadt Freiburg wurden heute morgen einige der in der Position de Nancy liegenden Orte von uns mit Bomben mittleren Kalibers belegt.

Russische Angriffe auf die Stellungen bei Lötzen wurden ab- geschlagen. 1000 Gefangene blieben in unserer Hand.

In Nordpolen nördlich der Weichsel blieb die Lage unver- ändert, südlich der Weichsel schritten unsere Angriffe am Bzura- Abschnitt fort. Auf dem rechten Piliza-Ufer südöstlich Tomaszow war unsere Offensive von Erfolg begleitet. Weiter südlich ist die

Lage unverändert. Oberste Heeresleitung.

Mißlungener englischer Vorstoß zur See. Berlin, 26. Dezember.

Am 25. Dezember vormittags machten leichte englische Streit- kräfte einen Vorstoß in die deutsche Bucht. Von ihnen mitgeführte Wasserflugzeuge gingen gegen unsere Flußmündungen vor und warfen hierbei gegen zu Anker liegende Schiffe und einen in der Nähe von Cuxhaven befindlichen Gasbehälter Bomben ab, ohne zu treffen und

Schaden anzurichten. Unter Feuer genommen, zogen sich die Flug-

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zeuge in westlicher Richtung zurück. Unsere Luftschiffe und Flug- zeuge klärten gegen die englischen Streitkräfte auf. Hierbei erzielten sie durch Bombenwürfe auf zwei englischen Zerstörern und einem Begleitdampfer Treffer. Auf letzterem wurde Brandwirkung beob- achtet. Aufkommendes nebliges Wetter verhinderte sonstige Kämpfe.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes. gez. Behncke.

Die Wiener Berichte.

Wien, 25. Dezember.

Amtlich wird verlautbart: Auf dem nordöstlichen Kriegsschau- platze wurde gestern an einem großen Teile der Front weiter- gekämpft. Unsere Kräfte im Nagy-Ag- und Latorcza-Gebiete wiesen mehrere Angriffe unter schweren Verlusten des Feindes ab. Nächst des Uzsoker Passes nahmen wir eine Grenzhöhe. In Galizien wurde der Gegner weiter gegen Lisko zurückgedrängt. Zwischen Wislok und Biala hingegen setzte er seine Angriffe den ganzen Tag und mit besonderer Intensität am Weihnachtsabend und in der heiligen Nacht fort. Am Dunajec und an unserer unveränderten Front in Russisch- Polen fanden teils Artilleriekampfe statt, teils herrschte Ruhe. Auf dem Balkankriegsschauplatze hat sich nichts ereignet.

Im Norden wie im Süden gedenken unsere braven Truppen dank- bar der Heimat, die so reiche Weihnachtsgaben sandte. Daß sich auch die Fürsorge des Deutschen Reiches an diesem Werke mit großen Spenden beteiligte, wurde als neuer Beweis der innigen Zusammen- gehörigkeit der verbündeten Heere warm empfunden.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Wien, 26. Dezember.

Amtlich wird verlautbart: Gestern nahmen unsere Truppen nach viertägigen heldenmütigen Kämpfen den Uzsoker Paß.

In Galizien führten die Russen ihre vor einigen Tagen begonnene Offensive mit starken Kräften fort und gelangten wieder in den Besitz der Becken von Krosno und Jaslo. Die Lage am unteren Dunajec und an der Nida ist unverändert. Südlich Tomaszow ge- wann unser Angriff ostwarts Raum.

Auf dem Balkankriegsschauplatz herrscht seit zehn Tagen Ruhe. Nur an der Save und Drina kommt es zuweilen zu unbedeutenden Plankeleien. Die Festung Bileca wies am 24. Dezember einen

schwachen Angriff der Montenegriner ab.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

234 Die Türkei im Kriege. Erfolge der türkischen Flotte. Konsiankinopel) 27. Dezember:

Amtlicher Bericht des Hauptquartiers. Die amtlichen russischen Berichte aus Sebastopol teilen mit, daß die „Hamidie“ vor Sebastopol torpediert und schwer beschädigt worden sei, so daß sie zwar Kon- stantinopel noch erreichen konnte, aber für lange Zeit außer Gefecht gesetzt worden sei. Hier ist die Antwort auf diese Lügen: In diesen Tagen fuhr unsere Flotte mit Einschluß der „Hamidie“ durch das Schwarze Meer und kehrte unbeschädigt zurück. Eines unserer Kriegs- schiffe begegnete am 24. Dezember einer russischen Flotte, die aus 17 Einheiten zusammengesetzt war, namlich 5 Linienschiffen, 2Kreuzern, 10 Torpedobooten und 3 Minenlegern, d. h. ein türkisches Schiff gegen 17 feindliche. Dieses türkische Schiff griff in der Nacht diese Flotte an, beschoß mit Erfolg das Linienschiff „Restißlav“ und versenkte die beiden Minenleger „Oleg“ und „Athos“. 2 Offiziere und 30 russische Seesoldaten wurden gerettet und zu Gefangenen gemacht. Zur selben Zeit beschoß ein anderer Teil unserer Flotte erfolgreich Batum. Am Vormittage des 25. Dezember wollten zwei von unseren Schiffen die obengenannte Flotte zum Kampfe zwingen, die es vorzog, nach Se- bastopol zu fliehen.

Vier englische Handelsschiffe in den Grund gebohrt. Rotterdam, 27. Dezember. Nach einem Telegramm des „Nieuwe Rotterdamsche „Courant“ aus Schanghai hat die Versicherungsgesellschaft „Yangtsekiang“ erfahren, daß der deutsche Hilfskreuzer „Prinz Wilhelm“ an der Südostküste Südamerikas vier englische Handelsschiffe in den Grund gebohrt hat.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 27. Dezember. In Flandern ereignete sich gestern nichts Wesentliches, eng- lische Schiffe zeigten sich heute morgen. Nordöstlich Albert machte der Feind einen vergeblichen Vor- stoß auf La Boisselle, dem heute früh ein erfolgreicher Gegenstoß unserer Truppen folgte.

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Französische Angriffe im Meurissonsgrunde (Argonnen) und südöstlich Verdun brachen in unserem Feuer zusammen.

Im Oberelsaß griffen die Franzosen unsere Stellungen östlich der Linie Thann—Dammerkirch an. Sämtliche Angriffe wurden zurückgeschlagen. In den ersten Nachtstunden setzten die Fran- zosen sich in Besitz einer wichtigen Höhe östlich Thann, wurden aber durch einen kräftigen Gegenangriff wieder geworfen. Die Höhe blieb fest in unserem Besitz.

In Ost- und Westpreußen keine Veränderung.

In Polen machten unsere Angriffe am Bzura-Rawka-Abschnitt langsam weitere Fortschritte.

Südöstlich Tomaszow wurde die Offensive erfolgreich fort- gesetzt, russische Angriffe aus südlicher Richtung auf Inowlodz wurden unter schweren Verlusten für die Russen zurückgeschlagen.

Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 27. Dezember.

Amtlich wird verlautbart: Die Lage in den Karpathen ist un- verändert. Vor der zwischen Rymanow und Tuchow angesetzten russischen Offensive wurden unsere Kräfte im galizischen Karpathen- vorlande etwas zurückgenommen. Feindliche Angriffe am unteren Dunajec und an der unteren Nida scheiterten. Die Kämpfe in der Gegend von Tomaszow dauern fort.

Auf dem Balkankriegsschauplatze hält die Ruhe an. Das Terri- torium der Monarchie ist hier mit Ausnahme ganz unbedeutender Grenzstrecken Bosniens und der Herzegowina und Süddalmatiens vom Feinde frei; der schmale Landstreifen Spizza-Budua wurde von den Montenegrinern schon bei Kriegsbeginn besetzt. Ihr Angriff auf die Bocche di Cattaro scheiterte vollständig. Schon vor längerer Zeit mußten ihre und die auf die Grenzhöhen gebrachten französischen Geschütze, von unserer Forts- und Schiffsartillerie niedergekämpft, das Feuer einstellen. Ebenso ergebnislos verliefen bekanntermaßen die wiederholten Beschießungen einzelner Küstenwerke durch französische Flottenabteilungen. Der Kriegshafen ist somit fest in unseren Händen. Östlich Trebinje befinden sich schwächere montenegrinische Abteilungen auf herzegowinischem Grenzgebiete. Endlich stehen östlich der Drina- strecke Foca-Visegrad serbische Kräfte, die von dort auch während unserer Offensive nicht gewichen waren.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Der Krieg zur See.

Englische Verluste vor der deutschen Nordseeküste.

London. 28. Dezember. In dein Berichte der englischen Admiralität über den Angriff auf die deutsche Nordseeküste heißt es: Drei englische Flieger kamen auf Tauchbooten, die ihnen Beistand leisteten, zurück. Ihre Flug- zeuge waren gesunken. Ein Flieger wird vermißt. Sein Flugzeug wurde 12 Kilometer von Helgoland als Wrack gesehen. Sein Los

ist unbekannt.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 28. Dezember. Bei Nieuport erneuerte der Feind seine Angriffsversuche ohne jeden Erfolg. Er wurde dabei durch Feuer vom Meere her unter- stützt, das uns keinerlei Schaden tat, dagegen einige Bewohner von Westende tötete und verletzte. Auch ein Angriff des Feindes gegen das Gehöft St. Georges, das er in seinen offiziellen Mit- teilungen als in seinen Händen befindlich bezeichnet hat, scheiterte. Südlich Ypern wurde von uns ein feindlicher Schützengraben ge- nommen, wobei einige Dutzend Gefangene in unsere Hände fielen. Mehrfache stärkere Angriffe des Gegners in der Gegend nord- westlich Arras wurden abgewiesen. Südöstlich Verdun wiederholte der Feind seine Angriffe, ebenfalls ohne jeden Erfolg. Das gleiche war der Fall bei seiner Absicht, die gestern umstrittene Höhe westlich Sennheim zurückzugewinnen. Ostpreußen und Polen nördlich der Weichsel nichts Neues. Auf linkem Weichselufer entwickeln sich unsere Angriffe trotz

sehr ungünstigen Wetters weiter. Oberste Heeresleitung.

Erlaß Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin.

Folgender Erlaß Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin wird veröffentlicht:

„Beim Jahreswechsel gedenke ich mit besonderer Innigkeit und Dankbarkeit aller, die im Vaterlande in Einmütigkeit und größter Opferwilligkeit mitgeholfen haben, unseren tapferen Kriegern durch Liebesgaben und den Verwundeten durch sorgsame Pflege Erleichterung zu verschaffen. Staats- und Gemeindebehörden

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haben Hand in Hand mit Vereinen und Einzelnen in nie rastender Arbeit sich bemüht, auch für die zurückgebliebenen Frauen und Kinder zu sorgen und den vor dem Feinde stehenden Soldaten damit die Zuversicht zu geben, daß in liebevoller Weise ihrer gedacht wird.

Ich bitte von der sonst üblichen Absendung von Glückwünschen an meine Person im Hinblick auf den Ernst der Zeit diesmal freundlichst abzusehen und in deutscher Treue auszuharren und weiter zu bauen an unseren Liebeswerken zum Segen des teuren Vaterlandes bis zu einem ehrenvollen Frieden, zu dem uns Gott bald führen möge. l

Berlin, den 27. Dezember 1914. Auguste Viktoria, L R.“

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 29. Dezember.

Bei Nieuport und südöstlich Ypern gewannen wir in kleineren Gefechten einigen Boden.

Mehrfache starke französische Angriffe nordwestlich St. Mene- hould wurden unter schweren Verlusten für die Franzosen zurück- geschlagen. Dabei machten wir einige hundert Gefangene.

Ein Vorstoß im Bois Brulé westlich Apremont führte unter Erbeutung von drei Maschinengewehren zur Fortnahme eines fran- zösischen Schützengrabens. Französische Angriffe westlich Senn- heim wurden abgewiesen.

In Ostpreußen und Polen rechts der Weichsel keine Ver- änderung. Am Bzura- und Nawka-Abschnitt schritten unsere An- griffe vor. In Gegend südlich Inowlodz wurden starke russische Angriffe zurückgeschlagen. Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege.

Der amtliche Bericht. Konstantinopel, 28. Dezember.

Das Hauptquartier teilt mit: Heute von der Kaukasusarmee an- gelangte Nachrichten besagen: Wir haben den Feind verfolgt und eine beträchtliche Anzahl Kriegsgefangene gemacht und Kriegsmaterial erbeutet. Ein französisches Torpedoboot feuerte einige Granaten auf unsere Küstenwache bei Kikili gegenüber der Insel Tenedos ab, aber erfolglos. Die Engländer haben neuerdings eine Landung bei Akaba versucht; zwei feindliche Boote versuchten sich der Küste zu nähern, kehrten aber unter dem Feuer unseres Gendarmeriepostens um. Sie hatten vier Tote.

238 Russische Schlappe am Wansee. Konstantinopel, 28. Dezember.

Unsere Truppen lieferten dem Feinde eine Schlacht im Tale des Muradflusses und brachten ihm eine völlige Niederlage bei. Sie nahmen zwei Kanonen mit Zubehör, ein Maschinengewehr, zwei Artilleriemunitionswagen, 36 Maultiere und 115 Pferde und machten zwei höhere und sieben Subalternoffiziere und 96 Mann zu Ge- fangenen. Die russische amtliche Mitteilung vom 23. Dezember er- klärt, daß die Russen bei Sarykamysch die Offensive ergriffen; nun liegt dieser Ort im Kaukasus, so daß hier zugestanden wird, daß die türkische Armee sich auf russischem Gebiet befindet.

Der Einspruch Amerikas gegen die englischen Übergriffe

zur See. Washington, 30. Dezember.

Die Regierung hat England eine Note gesandt, in der sie auf baldiger Verbesserung der Behandlung des amerikanischen Handels durch die britische Flotte besteht und warnend darauf hinweist, daß eine große Empfindlichkeit in Amerika durch „das ungerechtfertigte Eingreifen“ in den legitimen amerikanischen Handel erzeugt worden sei. Die Regierung sehe sich genötigt, endgültige Mitteilungen über Englands Haltung zu erbitten, um Maßregeln zum Schutze der Rechte der amerikanischen Bürger zu ergreifen. Die Note führt zahlreiche besondere Fälle von Anhaltung und Beschlagnahme der Ladungen an und erklärt, die Vorstellungen seien in freundschaftlichem Geiste gemacht, aber die Vereinigten Staaten erachteten es für das beste, eine offene Sprache zu führen. Sie ist praktisch für alle Entente- mächte bestimmt.

In der Note wird weiter gesagt, daß, obwohl die Exporteure sich nach den Wünschen der britischen Regierung richteten, keine Ver- besserung der Lage der neutralen Schiffahrt im Vergleich mit dem Beginn des Krieges eingetreten sei. Hoffentlich werde England ein- sehen, welch ernste Bedeutung die fortdauernde Einmischung für die neutrale Schiffahrt habe. Die Note legt dann dar, daß Nahrungsmittel bedingte Konterbande seien, da sie sowohl für die bürgerliche Be- völkerung wie für die Armee bestimmt seien.

Uber das Anhalten von Schiffen auf See sagt die Regierung, daß sie das Durchsuchungsrecht kriegführender Staaten anerkenne, aber der Beweis für die Bestimmung der Ladung für eine feindliche Nation müsse während der Durchsuchung geführt werden. Die Re- gierung protestiert gegen das Aufbringen neutraler Schiffe nur auf den

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Verdacht hin. Die Note betont, daß es die Pflicht der kriegführenden . Mächte sei, den neutralen Handel zu beschützen, und beschuldigt England, die skandinavischen Kupferladungen anders zu behandeln als die amerikanischen. Die amerikanischen Ladungen nach Italien wurden angehalten, während die für Skandinavien bestimmten un- belästigt blieben.

Der holländische Gesandte besuchte das Staatsdepartement und empfing dort eine Abschrift der amerikanischen Note an England. Der Gesandte sagte, Holland habe England dasselbe erklärt. Die Vorstellungen Hollands erhielten durch die Stellungnahme der Ver- einigten Staaten mehr Gewicht.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 31. Dezember.

An der Küste war im allgememen Ruhe. Der Feind legte sein Artilleriefeuer auf Westende Bad, zerstörte einen Teil der Häuser, ohne militärischen Schaden anzurichten. In der von uns gesprengten Alger Auberge Ferme südöstlich Reims wurde eine ganze fran- zösische Kompagnie vernichtet. Starke französische Angriffe nörd- lich des Lagers von Chälons wurden überall abgewiesen.

Im westlichen Teil der Argonnen gewannen unsere Truppen unter Fortnahme mehrerer hintereinander liegender Gräben und Gefangennahme von über 250 Franzosen erheblich Boden. In Gegend Flirey nördlich Toul scheiterten französische Angriffsver- suche. Im Oberelsaß in Gegend westlich Sennheim brachen samt- liche Angriffe der Franzosen in unserem Feuer zusammen. Syste- matisch schossen sie Haus für Haus des von uns besetzten Dorfes Steinbach in Trümmer, unsere Verluste sind aber gering.

Lage in Ostpreußen und in Polen nördlich der Weichsel un- verändert. E

An und östlich der Bzura dauern die Kämpfe fort, in Gegend Rawa machte unsere Offensive Fortschritte; auf dem Ostufer der Piliza ist die Lage unverändert. Oberste Heeresleitung.

Berlin, 31. Dezember. Aus dem Großen Hauptquartier erfahren wir: Unsere in Polen kampfenden Truppen haben bei der an die Kämpfe bei Lodz und Lowicz anschließenden Verfolgung über 56000 Gefangene gemacht

240 und viele Geschütze und Maschinengewehre erbeutet. Die Gesamt-

beute unserer am II. November in Polen einsetzenden Offensive ist somit auf 136 600 Gefangene, über 100 Geschütze, über 300 Maschinen-

gewehre gestiegen.

Der Kaiser an Heer und Marine.

Großes Hauptquartier, 31. Dezember. An das deutsche Heer und die deutsche Marine.

Nach fünf Monate langem, schwerem und heißem Ringen treten wir ins neue Jahr.

Glänzende Siege sind erfochten, große Erfolge errungen. Die deutschen Armeen stehen fast überall in Feindesland. Wieder- holte Versuche der Gegner, mit ihren Heeresmassen deutschen Boden zu überschwemmen, sind gescheitert.

In allen Meeren haben sich Meine Schiffe mit Ruhm bedeckt; ihre Besatzungen haben bewiesen, daß sie nicht nur siegreich zu fechten, sondern von Ubermacht erdrückt auch heldenhaft zu sterben vermögen.

Hinter dem Heere und der Flotte steht das deutsche Volk, in beispielloser Eintracht, bereit, sein Bestes herzugeben für den heiligen heimischen Herd, den wir gegen frevelhaften Überfall verteidigen.

Viel ist im alten Jahre geschehen; noch aber sind die Feinde nicht niedergerungen. Immer neue Scharen wälzen sie gegen unsere und unserer treuen Verbündeten Heere heran.

Doch ihre Zahlen schrecken uns nicht. Ob auch die Zeit ernst, die vor uns liegende Aufgabe schwer ist, voll fester Zu- versicht dürfen wir in die Zukunft blicken.

Nächst Gottes weiser Führung vertraue Ich auf die unver- gleichliche Tapferkeit der Armee und Marine und weiß Mich eins mit dem ganzen deutschen Volk.

Darum unverzagt dem neuen Jahre entgegen, zu neuen Taten, zu neuen Siegen für das geliebte Vaterland.

Großes Hauptquartier, den 31. Dezember 1914. gez. Wilhelm I. R.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 1. Januar 1915. Bei ‚Nieuport ereignete sich nichts Wesentliches; von einer Wiedereinnahme des durch feindliches Artilleriefeuer vollkommen zusammengeschossenen Gehöftes St. Georges wurde mit Rücksicht auf den dort befindlichen hohen Wasserstand abgesehen.

Östlich Bethune, südlich des Kanals, entrissen wir den Eng- ländern emen Schützengraben.

In den Argonnen kamen unsere Angriffe weiter vorwärts; wieder fielen 400 Gefangene, 6 Maschinengewehre, 4 Minenwerfer und zahlreiche andere Waffen und Munition in unsere Hände.

Ein nordwestlich St. Mihiel bei Lahaymeix liegendes fran- zösisches Lager schossen wir in Brand. Angriffe bei Flirey und westlich Sennheim, die sich gestern wiederholten, wurden sämtlich abgeschlagen.

An der ostpreußischen Gronze und in Polen blieb die Lage unverändert. Starker Nebel behindert die Operationen.

Oberste Heeresleitung.

Ein englisches Linienschiff im Kanal gesunken. Berlin, 1. Januar.

Aus London wird amtlich gemeldet: Das englische Linienschiff „Formidable“ ist heute fruh im Kanal gesunken. 71 Mann der Be- satzung sind durch einen kleinen Kreuzer gerettet. Es ist möglich, daß weitere Überlebende durch andere Schiffe aufgenommen wurden. Das englische Pressebureau fügt hinzu, es sei noch unsicher, ob die Ursache eine Mine oder der Torpedoschuß eines Unterseebootes sei.

Die Kriegsbeute in den Argonnen. Berlin, 1: Januar:

Aus dem Großen Hauptquartier erfahren wir: Die im Monat Dezember von unseren in den Argonnen kämpfenden Truppen gemachte Kriegs- beute beträgt insgesamt: 2950 unverwundete Gefangene, 21 Maschinen-

gewehre, 14 Minenwerfer, 2 Revolverkanonen, | Bronzemorser.

586 013 Kriegsgefangene. Berlin, 31. Dezember. Die Gesamtzahl der beim Jahresschlu8 in Deutschland befind- lichen und internierten Kriegsgefangenen (keine Zivilgefangenen) betragt 8138 Offiziere, 577 875 Mann.

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In dieser Zahl ist ein Teil der auf der Verfolgung in Russisch- Polen gemachten, sowie alle im Abtransport noch befindlichen Ge- fangenen noch nicht enthalten.

Die Gesamtzahl setzt sich folgendermaßen zusammen: Franzosen: 3459 Offiziere, 215905 Mann; darunter 7 Generale. Russen: 3575 Offiziere, 306294 Mann; darunter 18 Generale. Belgier: 612 Offiziere, 36852 Mann; darunter 3 Generale. Engländer: 492 Offiziere, 18824 Mann.

Die über Kopenhagen verbreitete, angeblich vom russischen Kriegs- minister stammende Nachricht, daß in Rußland 1140 Offiziere und 134 700 Mann deutsche Kriegsgefangene sich befänden, ist irreführend. Die Russen zählen in die Gesamtzahl alle Zivilgefangenen hinein, die zu Kriegsbeginn zurückgehalten und interniert sind.

Die Kriegsgefangenen sind auf allerhöchstens 15 Prozent der an- gegebenen Summe zu veranschlagen; hierbei ist zu beachten, daß ein großer Teil auch dieser Gefangenen verwundet in die Hände der Russen gefallen ist.

Der amtliche Wiener Bericht. Wien, |. Januar.

Amtlich wird verlautbart: Die Kämpfe in den Karpathen und in der Bukowina dauern an. Sie führten gestern zu keiner Änderung der Situation. Am Biala-Abschnitt, südlich Tarnow, wurden tagsüber und während der Nacht wiederholte feindliche Angriffe unter schweren Verlusten des Gegners abgewiesen. Unsere Truppen machten hierbei 2000 Gefangene und erbeuteten 6 Maschinengewehre.

Nördlich der Weichsel behindert andauernd starker Nebel die Gefechtstätigkeit. Es herrscht daher teils Ruhe, teils werden kleinere Fortschritte gemacht.

Am südlichen Kriegsschauplatze hat sich nichts ereignet.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 2. Januar 1915.

Feindliche Angriffe gegen unsere Stellungen in und an den Dünen nördlich Nieuport wurden abgewiesen.

In den Argonnen machten unsere Truppen auf der ganzen Front weitere Fortschritte. Heftige französische Angriffe nördlich Verdun sowie gegen die Front Ailly— Apremont nördlich Commercy wurden unter schweren Verlusten für die Franzosen abgeschlagen,

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3 Offiziere und 100 Franzosen gefangen genommen. Es gelang unseren Truppen, hierbei das heißumstrittene Bois Brüle ganz zu nehmen.

Kleinere Gefechte südwestlich Saarburg hatten den von uns gewünschten Erfolg.

Die Franzosen beschießen in letzter Zeit systematisch die Orte hinter unserer Front; im Unterkunftsraum einer unserer Divisionen gelang es ihnen, 50 Einwohner zu töten.

Die französischen amtlichen Borichte meldeten, daß die Fran- zosen im Dorfe Steinbach Schritt für Schritt vorwärtskämen. Von Steinbach ist unserseits kein Haus verloren; sämtliche französischen Angriffe auf den Ort sind zurückgewiesen.

An der ostpreußischen Grenze ist die Lage unverändert.

Östlich Bzura- und Rawkaabschnitt gingen unsere Angriffe bei einigermaßen günstiger Witterung vorwärts.

In Polen östlich der Piliza keine Veränderung.

Oberste Heeresleitung.

Telegrammwechsel zwischen Kaiser Wilhelm und dem Papst. Großes Hauptquartier, 2. Januar. Zwischen Seiner Majestät dem Kaiser und Seiner Heiligkeit dem Papst hat gestern folgender Telegrammwechsel stattgefunden: „An Seine Majestät Wilhelm ll., Deutschen Kaiser.

Im Vertrauen auf die Gefühle christlicher Nächstenliebe, von der Ew. Majestät beseelt sind, bitten Wir Ew. Majestät, dieses unheilvolle Jahr zu beenden und das neue zu eröffnen mit einer Handlung Kaiserlicher Großmut, indem Ew. Majestät Unseren Vorschlag annehmen, daß zwischen den kriegführenden Staaten ein Austausch der für den Militärdienst künftig als untauglich anzusehenden Kriegsgefangenen stattfinden möge.

Papst Benedikt XV.“ „An Seine Heiligkeit den Papst, Rom.

Indem ich Ew. Heiligkeit für Ihr Telegramm danke, ist es Mir ein Herzensbedürfnis zu versichern, daß Ew. Heiligkeit Vor- schlag, das Los der für den ferneren Militärdienst untauglichen Kriegsgefangenen zu lindern, Meine volle Sympathie findet. Die Gefühle christlicher Nächstenliebe, von der dieser Vorschlag ein- gegeben ist, entsprechen durchaus Meinen eigenen Überzeugungen und Wünschen. Wilhelm.“

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 3. Januar 1915.

Vor Westende erschienen gestern mittag einige von Torpedo- booten begleitete feindliche Schiffe, ohne zu feuern.

Auf der ganzen Westfront fanden Artilleriekämpfe statt; ein feindlicher Infanterieangriff erfolgte nur nordwestlich St. Menehould, der unter schwersten Verlusten für die Franzosen abgeschlagen wurde.

In Ostpreußen und im nördlichen Polen keine Veränderung. In Polen westlich der Weichsel gelang es unseren Truppen, nach mehrtägigem harten Ringen den besonders stark befestigten Stütz- punkt der russischen Hauptstellung, Borzymow, zu nehmen, dabei 1000 Gefangene zu machen und 6 Maschinengewehre zu erbeuten. In drei Nachtangriffen versuchten die Russen, Borzymow zurück- zugewinnen, ihre Angriffe wurden unter großen Verlusten ab- gewiesen.

Auch östlich Rawa kam unser Angriff langsam vorwärts. Die in den russischen Berichten mehrfach erwähnten russischen Erfolge bei Inowlodz sind glatt erfunden. Sämtliche russischen Angriffe in jener Gegend sind sehr verlustreich für die Russen abgewiesen und gestern nicht mehr wiederholt worden.

Im übrigen ist die Lage östlich der Piliza unverändert.

Oberste Heeresleitung

„Formidable“ durch ein Unterseeboot vernichtet. Berlin, 3. Januar.

Am |. Januar, 3 Uhr vormittags, hat eins unserer Unterseebote, wie

es durch Funkspruch meldet, im englischen Kanal unweit Plymouth das

englische Linienschiff „Formidable“ durch Torpedoschu8 zum Sinken ge-

bracht. Das Boot wurde durch Zerstörer verfolgt, aber nicht beschädigt. Der stellvertretende Chef des Admiralstabes:

Behncke.

Der amtliche Wiener Bericht.

Wien, 3. Januar. Amtlich wird verlautbart: Die abermaligen Versuche des Feindes, unsere Schlachtfront westlich und nordwestlich Gorlice zu durchbrechen, scheiterten wieder unter schweren Verlusten des Gegners. Während

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dieser Kämpfe, die den ganzen Tag andauerten, wurde eine viel- umstrittene Höhe südlich Gorlice von unseren Truppen im Sturme genommen, ein feindliches Bataillon niedergemacht, ein Stabsoffizier, vier Subalternoffiziere und 850 Mann gefangen, zwei Maschinengewehre erbeutet. Auch ein Aeroplan des Gegners, der herabgeschossen wurde, gehört zur Siegesbeute.

An der übrigen Front keine Ereignisse.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Einnahme von Ardagan. Russische Niederlage bei Sautschbulak. Konstantinopel, 3. Januar.

Das Hauptquartier meldet: Unsere Truppen nahmen am |. Januar Ardagan, worüber folgende Einzelheiten zu berichten sind: Eine Abteilung unserer Truppen, die im Gebiet des Tschoruk operierte, traf bei ihrem Vormarsch auf Ardagan am 28. Dezember westlich von Ardagan auf Kosaken, die zurückgetrieben wurden. Ardagan wurde von 3000 Mann Infanterie und 1000 Kosaken verteidigt, die über sechs Feldgeschütze und zwei Maschinengewehre verfügten und unter dem Befehl des Generals Zachen standen. Unsere Abteilung zögerte trotz ihrer geringeren Zahl nicht, am Morgen des 29. Dezembers die gut befestigten und durch Artillerie verstärkten Stellungen des Feindes anzugreifen. Die blutige Schlacht endete gegen Abend mit der Flucht der Russen, die große Ver- luste hatten. Unsere Verluste waren unbedeutend. Vor ihrer Flucht setzten die Russen einen großen Teil der Stadt und ihrer Munitions- und Lebensmittelmagazine in Brand, plünderten das Eigentum der Musel- manen, unterwarfen sie tausenderlei Folterungen, töteten zahlreiche un- bewaffnete Männer und Frauen mit dem Bajonett und stachen einem Manne die Augen aus. Eine große Menge Munition und Kriegsmaterial und ein Teil der Transportmittel des Feindes fiel in unsere Hand. Die Freude der vom russischen Joche befreiten Bevölkerung ist ungeheuer. Die von den Freiwilligen, die an der Seite der Armee kämpften, be- wiesene Tapferkeit ist des Lobes würdig.

In Persien zeigen unsere persischen Brüder die gleiche Ergebenheit. Unsere Truppen schlugen im Verein mit den persischen Stämmen 4000 Russen, die über zehn Kanonen verfügten, bei Meyan Duwab Sis (?), 50 Kilometer nordöstlich von Sautschbulak, vollständig. Die Russen hatten mehr als 200 Tote und eine Anzahl Verwundete und verloren sechs Kanonen. Wir erbeuteten eine Anzahl Gewehre, Munition und Kriegs- material.

Nach einer Meldung aus Erzerum befinden sich große Transporte von russischen Gefangenen aus den letzten Kämpfen auf dem Wege dorthin. 600 sind bereits eingetroffen.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 4. Januar. Abgesehen von mehr oder weniger schweren Artilleriekämpfen herrschte an der Front im allgememen Ruhe. Nur bei Thann im Oberelsaß zeigte der Feind lebhafte Tätigkeit. Nach einem über- wältigenden Feuer auf die Höhe westlich Sennheim gelang es ihm m den Abendstunden, unsere zusammengeschossenen Schützen- gräben auf dieser Höhe und anschließend das von uns hartnäckig verteidigte m den letzten Tagen öfters erwähnte Dorf Stein- bach zu nehmen. Die Höhe wurde nachts im Bajonettangriff von uns wieder genommen, um den Ort Steinbach wird noch gekämpft. Die Lage im Osten hat sich nicht verändert. Unsere Angriffe

in Polen östlich der Rawka werden fortgesetzt. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 5. Januar.

Nördlich Arras sprengten unsere Truppen einen Schützengraben von 200 m Länge und machten dabei einige Gefangene. Spätere Gegenangriffe des Gegners scheiterten. In den Argonnen wurden mehrere französische Vorstöße zurückgewiesen. Ein französischer Angriff zwischen Stembach und Uffholz wurde im Bajonettkampf "abgeschlagen.

In Ostpreußen und im nördlichen Polen ist die Lage unver- ändert. Unsere Angriffe östlich der Bzura bei Kozlow-Biskupi und südlich machen Fortschritte, auch nordöstlich Belimow drangen unsere Truppen östlich der Rawka uber Humin und Höhen nörd- lich davon vor. Weiter südlich bis zur Piliza sowie auf dem rechten Pilizaufer hat sich nichts verändert. Zustand der Wege und un- günstiges Wetter hinderten unsere Bewegungen.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 6. Januar. Die Franzosen setzten gestern die planmäßige Beschießung der Orte hinter unserer Front fort. Ob sie damit ihre eigenen Landsleute obdachlos machen oder töten, scheint ihnen gleichgültig zu sein; uns schadet die Beschießung wenig. Boi Souain und im Argonnenwalde bemachtigten wir uns mehrerer feindlicher Schützengräben, schlugen verschiedene feind-

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liche Angriffe zurück, machten 2 französische Offiziere und über 200 Mann zu Gefangenen.

Auf der vielumstrittenen Höhe westlich Sennheim faßten die Franzosen gestern früh erneut Fuß, wurden aber mit kräftigem Bajonettangriff wieder von der Höhe geworfen und wagten keine neuen Vorstöße. 50 Alpenjäger wurden von uns gefangen ge- nommen.

An der Ostgrenze und im nördlichen Polen auch gestern keine Veränderung.

In Polen westlich der Weichsel stießen unsere Truppen nach Fortnahme mehrerer feindlicher Stützpunkte bis zum Suchaabschnitt durch. 1400 Gefangene und 9 Maschinengewehre blieben in unserer Hand.

Auf dem östlichen Pilizaufer ist die Lage unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege. Der Bericht des Großen Generalstabs. Konstantinopel, 6. Januar.

Unsere aus der Richtung Somai und Bajirgue vorrückenden Truppen haben Urmia, einen wichtigen Stitzpunkt der Russen, besetzt. Nach dem unentschiedenen Seegefecht, das gestern zwischen der russischen Flotte und türkischen Kreuzern statt- fand, hat die russische Flotte ein italienisches Kauffahrteischiff in Grund gebohrt, obwohl es seine Flagge gehißt hatte.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 7. Januar.

Englander und Franzosen setzten die Zerstorung der belgischen. und französischen Ortschaften hinter unserer Front durch Be- schießung fort.

Nördlich Arras finden zurzeit noch erbitterte Kampfe um den Besitz der von uns gestern erstürmten Schützengräben statt.

Im Westteil des Argonnenwaldes drangen unsere Truppen weiter vor. Der am 5. Januar im Ostteil des Argonnenwaldes (Bois Courte Chausse) erfolgte Angriff gelangte bis in unsere Gräben, der Gegner wurde aber auf der ganzen Linie unter schwersten

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Verlusten wieder aus unserer Stellung geworfen. Unsere Verluste sind verhältnismäßig gering.

Westlich Sennheim versuchten die Franzosen gestern abend sich wieder in Besitz der Höhe 425 zu setzen; ihre Angriffe brachen in unserem Feuer zusammen, die Höhe blieb in unserer Hand.

Im Osten keine Veränderung. Die Fortführung der Opera- tionen litt unter der denkbar ungünstigsten Witterung. Trotzdem schritten unsere Angriffe langsam fort. Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See.

Die englischen Verluste vor Cuxhaven. Den „Basler Nachrichten“ wird aus London berichtet, daß der Luft-

angriff auf Cuxhaven nicht von sieben, sondern von neun Flugzeugen ausgeführt wurde, von denen nach den Aussagen des in Amsterdam

weilenden Luftschiffers Hewlett sechs vernichtet worden sind.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 8. Januar.

Der andauernde Regen sumpft das Gelände in Flandern mehr und mehr an, so daß die Operationen stark behmdert werden. Östlich Reims versuchten die Franzosen heute nacht uns einen Vorgraben zu entreißen. Durch einen sofort angesetzten Gegen- angriff wurden sie in ihre Stellungen zurückgeworfen und verloren 50 Gefangene an uns.

In der Mitte und im Ostteil der Argonnen machten unsere Truppen wieder Fortschritte.

Ein nächtlicher französischer Angriff gegen unsere Stellung am Buchenkopf südlich Diedolshausen (Vogesen) wurde abgewiesen. Wiederholte Angriffe der Franzosen auf die Höhe westlich Senn- heim brachen in unserem Artilleriefeuer zusammen. Wir machten 2 Offiziere und 100 Mann zu Gefangenen. | Um die Ortschaft Ober-Burnhaupt südlich Sennheim wird zur- zeit noch gekämpft.

Auch im Osten herrschte ungünstige Witterung. An der ost- preußischen Grenze und im nördlichen Polen änderte sich nichts. @stlich der Rawka schritten unsere Angriffe fort, 1600 Russen wurden gefangen genommen, 5 Maschinengewehre von uns er- beutet. Auf dem östlichen Pilizaufer fanden nur Artillerie- kämpfe statt. Oberste Heeresleitung.

249 Die Türkei im Kriege.

Der türkische amtliche Bericht. Konstantinopel, 8. Januar.

Amtliche Meldung. Unsere in der Gegend von Aserbeidschan operierenden Truppen haben Kotur besetzt. Der Feind hat auch diese Gegend verlassen und sich in der Richtung auf Salmas und Choi zurückgezogen. Unter den in den Kämpfen bei Mianduab Gefallenen befinden sich auch Großfürst Alexander Michailowitsch, Generaladjutant des Zaren, und der russische Konsul von Saudschbulak.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 9. Januar.

Die ungünstige Witterung, zeitweise wolkenbruchartiger Regen mit Gewitter, hielt auch gestern an. Die Lys trat an einzelnen Stellen über ihre Ufer.

Mehrere feindliche Angriffe nordöstlich Soissons wurden unter erheblichen Verlusten für die Franzosen zurückgeschlagen. Ein französischer Angriff bei Perthes (nördlich des Lagers von Chalons) wurde unter schweren Verlusten für den Feind abgewiesen.

Im Ostteil der Argonnen machten unsere Truppen einen erfolgreichen Sturmangriff, nahmen 1200 Franzosen gefangen und erbeuteten einige Minenwerfer und einen Bronzemörser; schlesische Jäger, ein lothringisches Bataillon und hessische Landwehr zeich- neten sich hierbei aus.

Ein vorgeschobener, von uns nicht besetzter Graben bei Flirey wurde in dem Augenblick gesprengt, m dem die Franzosen von ihm Besitz genommen hatten. Die ganze französische Besatzung wurde vernichtet.

Westlich und südlich Sennheim änderte sich nichts. Die Franzosen wurden aus Ober-Burnhaupt und den vorgelagerten Gräben in ihre Stellungen zurückgeworfen und ließen über 190 Ge- fangene in unseren Händen.

Die Lage im Osten ist bei anhaltend schlechtem Wetter un- verändert. Unsere Beute vom 7. Januar hat sich auf 2000 Ge- fangene und 7 Maschinengewehre erhöht.

Oberste Heeresleitung.

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 10. Januar.

Das schlechte Wetter hielt auch gestern an; die Lys ist an einzelnen Stellen bis zur Breite von 800 Metern aus den Ufern getreten.

Feindliche Versuche, uns aus unseren Stellungen in den Dünen bei Nieuport zurückzudrängen, schlugen fehl.

Nordöstlich Soissons wiederholten die Franzosen ihre Angriffe, die gestern sämtlich unter großen Verlusten für sie abgewiesen wurden, über 100 Gefangene blieben in unserer Hand; die Kämpfe dortselbst sind heute wieder im Gange.

Westlich und östlich Perthes (nordöstlich des Lagers von Chälons) griffen die Franzosen erneut heftig an. Die Angriffe brachen unter sehr schweren Verlusten für die Franzosen zusammen; wir machten etwa 150 Gefangene.

In den Argonnen gewannen wir weiter Gelände; hier wie in Gegend Apremont nördlich Toul dauern die Kämpfe noch an.

Am 8. Januar abends versuchten die Franzosen erneut, das Dorf Ober-Burnhaupt im Nachtangriff zu nehmen. Der Angriff scheiterte gänzlich. Unsere Truppen machten weitere 230 Fran- zosen zu Gefangenen und erbeuteten ein Maschinengewehr, so daß sich die Beute von Ober-Burnhaupt auf zwei Offiziere, 420 Mann Gefangene und ein Maschinengewehr erhöht. Die Franzosen hatten auch hier augenscheinlich schwere Verluste, eine große Menge an Toten und Verwundeten liegt vor der Front und in den an- grenzenden Wäldern.

Gestern fanden nur kleinere Gefechte im Oberelsaß statt. Gegen Mitternacht wiesen unsere Truppen bei Nieder-Aspach einen französischen Angriff ab.

Die Witterung hat sich noch nicht gebessert; auf der ganzen Ostfront blieb die Lage unverändert. Kleinere russische Vorstoße südlich Mlawa wurden abgewiesen. | Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 10. Januar.

Amtlich wird verlautbart: Die allgemeine Lage hat sich nicht geändert. Südlich der Weichsel beschossen die Russen gestern unsere Stellungen ohne jeden Erfolg. Sie richteten ihr Feuer namentlich

251 gegen eine von uns besetzte Höhe nordöstlich Zakliczyn. Nördlich der Weichsel stellenweise heftiger Geschützkampf. Ein Versuch des Gegners, mit schwächeren Kräften die Nida zu passieren, mißlang. In den Karpathen herrscht Ruhe. Zwei Aufklärungsdetachements des Feindes, die sich in der Bukowina zu nahe an unsere Vorpostenlinie heranwagten, wurden durch Artillerie- und Maschinengewehrfeuer zersprengt. Am südlichen Kriegsschauplatz kurzer Geschützkampf bei den östlich Trebinje bis an die Grenze vorgeschobenen eigenen

Stellungen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 11. Januar. In Gegend Nieuport-Ypern und südlich fanden nur Artillerie- kämpfe statt.

Ein französischer Angriff bei La Boisselle nordöstlich Albert scheiterte gänzlich.

Nördlich Soissons griffen die Franzosen, die sich nur in einem kleinen Stück unserer vordersten Gräben festgesetzt hatten, erneut an, erzielten bisher keine Erfolge; die Kämpfe dauern noch an.

In der Nähe von Soupir fand in den letzten Tagen kein Kampf statt.

Östlich Perthes nahmen unsere Truppen das ihnen entrissene Grabenstück zurück. Der Feind hatte schwere Verluste.

In den Argonnen schritten unsere Angriffe weiter fort.

Im Oberelsaß herrschte im allgemeinen Ruhe.

Lage in Ostpreußen und Nordpolen unverändert. Bei der un günstigen Witterung kommen auch unsere Angriffe m Polen west- lich der Weichsel nur langsam vorwärts.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der amtliche Wiener Bericht.

Die Situation ist unverändert.

In Russisch-Polen an der unteren Nida gestern hartnäckige Kämpfe. Hier gingen die Russen zum Angriff über und versuchten, an mehreren Stellen mit bedeutenderen Kräften die Flußniederung zu passieren. Sie

Wien, II. Januar.

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wurden jedoch unter starken Verlusten überall abgewiesen. Während dieser Infanterieangriffe in den Nachbarabschnitten heftiger Geschützkampf, der mehrere Stunden hindurch anhielt.

An den übrigen Fronten hat sich nichts Wesentliches ereignet. Einer unserer tätigen Aufklärungspatrouillen gelang es gestern nacht, die feind- liche Stellung zu durchbrechen, in den dahinter gelegenen Ort einzudringen und bis zur Wohnung des feindlichen Regimentskommandanten vorzu- stoßen. Von dieser kühnen Unternehmung kehrte die Patrouille mit einem Offizier und sechs Mann Gefangenen zurück.

Da neuerdings festgestellt wurde, daß sich Angehörige der russischen Armee österreichisch-ungarischer Uniformen bedienen, um Patrouillen und kleinere Abteilungen zu überfallen, wird nochmals betont, daß Offiziere und Mannschaften des Feindes wegen dieser Art, die Gesetze und Ge- bräuche im Landkrieg verletzt, nicht als Kriegführende behandelt werden.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der deutsche Vormarsch gegen Warschau. Budapest, 11. Januar.

„Az Est“ veröffentlicht eine Mitteilung aus dem deutschen Haupt- quartier in Polen, die er. von seinem dortigen Vertreter erhalten hat. Diese lautet: Die Russen erhalten täglich neue Verstärkungen, aber seit einiger Zeit sind sie doch genötigt, ihren Rückzug fortzusetzen. Im Ver- lauf des Rückzugs nehmen sie die schon früher vorbereiteten Stellungen ein, was die Verfolgung ziemlich schwierig gestaltet. Obwohl sie ziffern- mäßig die Stärkeren sind, haben die deutschen Truppen doch die Ober- hand. Nur geht das Vordringen gegen Warschau jetzt ein wenig langsam. Der politische Erfolg, den die Einnahme Warschaus bedeuten würde, würde nicht ganz im Verhältnis zu den großen Opfern stehen, die ein Gewaltsturm gegen Warschau erfordern würde. Die Kämpfe schreiten daher in langsamem Tempo fort.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 12. Januar.

Südlich des Kanals von La Bassée finden geringfügige Kämpfe statt, die bisher ohne Ergebnis waren.

Nordlich Crouy griffen die Franzosen gestern abend an, wurden aber unter schweren Verlusten zurückgeworfen. Heute früh lebten die Kämpfe hier wieder auf.

Ein gestern nachmittag in Gegend östlich Perthes unter- nommener französischer Angriff brach in unserem Feuer zusammen. Der Feind hatte sehr schwere Verluste.

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In den Argonnen wurde an der Römerstraße ein französischer Stützpunkt erobert, 2 Offiziere und 140 Mann fielen dabei in unsere Hände. In den Kämpfen im östlichen Teil der Argonnen sind den Franzosen seit 8. Januar (einschließlich der gemeldeten) 1 Major, 3 Hauptleute, 13 Leutnants, 1600 Mann an Gefangenen abgenommen, so daß ihr Gesamtverlust einschließlich Toter und Verwundeter in diesem beschränkten Gefechtsraum auf 3500 Mann geschätzt wird.

Französische Angriffsversuche bei Ailly, südlich St. Mihiel, scheiterten.

In Ostpreußen nichts Neues.

Russische Vorstöße im nördlichen Polen batten keinen Erfolg.

Unsere Angriffe im Gebiet westlich der Weichsel machten trotz des schlechten Wetters an einigen Stellen Fortschritte. Auf dem östlichen Pilizaufer keine Veränderung.

Oberste Heeresleitung.

Die englische Antwort an Amerika. London, 12. Januar.

In der Antwort der englischen Regierung auf die amerikanische Note heißt es, die englische Regierung stimmt dem von der Regierung der Ver- einigten Staaten ausgesprochenen Prinzip zu, daß ein Kriegführender nur dann in den Handel zwischen neutralen Ländern eingreifen soll, wenn es zum Schutz der nationalen Sicherheit notwendig ist. Die Regierung wird sich bemühen, innerhalb der Grenzen dieses Prinzips zu bleiben. England behält sich jedoch Eingriffe in den Handel mit Konterbande, die für Feindes- land bestimmt ist, vor und erklärt sich bereit, Schadenersatz zu leisten, so oft unabsichtigerweise gegen dieses Prinzip verstoßen wird. Gegenwärtig stehen vier Ladungen Kupfer und Aluminium nach Schweden in Frage, die nach unumstößlichen Beweisen, welche sich in den Händen der eng- lischen Regierung befinden, letzten Endes für Deutschland bestimmt sind, obwohl Schweden als Endziel angegeben ist. Die englische Regierung hat auch von besonderen Instruktionen erfahren, Gummi unter anderer Be- nennung aus den Vereinigten Staaten zu verschiffen, um es der Aufmerk- samkeit zu entziehen. Dies ist auch mehrfach geschehen. Solche Fälle können nur durch eine Durchsuchung in den Häfen aufgedeckt und be- wiesen werden. Obwohl in der Note der Vereinigten Staaten nicht davon die Rede ist, ist vielfach einge wendet worden, daß das Ausfuhrverbot auf Gummi die Handelsinteressen der Vereinigten Staaten geschädigt habe. Es ist schwer für die englische Regierung, die Ausfuhr nach den Verei- nigten Staaten zu erlauben, solange Gummi von den kriegführenden Lan- dern für Kriegszwecke gebraucht wird und auffallend große Mengen nach den neutralen Ländern verfrachtet werden. Großbritannien kann die Aus- fuhr nur gestatten, wenn der Regierung das Recht zugestanden würde,

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Gummiladungen aus den Vereinigten Staaten Prisengerichten zu unter- werfen, so oft sie glaubt, daß sie für Feindesland bestimmt sind. Die englische Regierung hat eine provisorische Vereinbarung mit Gummi exporteuren abgeschlossen, der zufolge unter gewissen Voraussetzungen die Ausfuhr erlaubt wird. Seit dem Ausbruch des Krieges hat die Regierung der Vereinigten Staaten ihre frühere Gepflogenheit geändert und die Ver- öffentlichung der Schiffsmanifeste bis 30 Tage nach Abfahrt der Schiffe von den Häfen der Vereinigten Staaten aufgehoben. Das zwang die englische Regierung, mehr Schiffe zurückzuhalten und zu untersuchen, als sonst nötig gewesen wäre. Die englische Regierung wünscht nicht die allgemeinen Grundsätze des internationalen Rechts, auf dem die Note der Vereinigten Staaten begründet ist, anzufechten (21), sondern die Eingriffe auf den Konterbandehandel nach feindlichen Ländern zu beschränken. Sie ist bereit, so oft eine Ladung aus den Vereinigten Staaten aufgehalten wird, den Grund hierfür anzugeben, und würde gern auf Vorschläge ein- gehen, durch die Irrtümer vermieden werden könnten und in Fällen der Verursachung eines ungerechtfertigten Schadens rasche in gesichert werden könnte.

Weiter besagt die englische Antwort noch:

„Was Lebensmittel anbetrifft, so ist die englische Regierung beret zuzugeben, daß Lebensmittel nicht festgehalten und vor ein Prisen- gericht gebracht werden sollen, vorausgesetzt, daß sie nicht für die be- waffnete Macht oder für die Regierung des Feindes bestimmt sind. Wir glauben, daß diese Regel bisher befolgt wurde. Aber wenn die Regierung der Vereinigten Staaten Fälle des Gegenteils anzuführen hat, sind wir bereit sie zu prüfen, und es ist unsere gegenwärtige Absicht, an dieser Regel festzuhalten, obwohl wir nicht eine unbegrenzte und bedingungs- lose Verpflichtung eingehen können angesichts des Aufgebens der bisher befolgten Regeln der Zivilisation und der Menschlichkeit durch unsere Gegner und angesichts der Ungewißheit, bis zu welchem Grade diese Regeln künftig von ihnen verletzt werden könnten.“

Vom östlichen Schauplatze. Der amtliche Wiener Bericht.

Wien, 13. Januar.

Amtlich wird verlautbart: Die Vorstöße, die der Gegner an der unteren Nida immer wieder versucht, richten sich besonders gegen eine in unserer Widerstandslinie liegende Ortschaft. Durch heftiges Artillerie- feuer, das an der ganzen Front anhält, unterstützt, versucht feindliche Infanterie, nach vorne Raum zu gewinnen und in die Ortschaft ein- zudringen, was stets unter schweren Verlusten mißlingt.

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Vor den eigenen Stellungen in Galizien und in den Karpathen herrscht größtenteils Ruhe. Nebel und Schneetreiben begünstigten kleinere Unternehmungen unserer Truppen, die verschiedenenorts zu gelungenen Überfällen und sonstigen Plänkeleien führen.

Auch am südlichen Kriegsschauplatz im allgemeinen Ruhe. Nur unbedeutende, Aufklarungszwecken dienende Grenzrenkontres.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 13. Januar.

In der Gegend von Nieuport fand ein heftiger Artilleriekampf statt, der die Raumung der feindlichen Schützengräben bei Palings- brag (Vorort von Nieuport) zur Folge hatte.

Die feindlichen Angriffe am Kanal von La Bassée sind end- gültig abgewiesen.

Französische Angriffe auf La Boisselle und die Höhe von Nouvron wurden zurückgeschlagen.

Den gestrigen erfolglosen französischen Angriffen auf die Höhen bei Crouy folgte ein deutscher Gegenangriff, der mit einer vollständigen Niederlage der Franzosen und einer Sauberung der Höhen nordöstlich Cuffies und nördlich Crouy endigte. Unsere Märker setzten sich in Besitz von zwei französischen Stellungen, machten siebzehnhundert Gefangene und eroberten vier Geschütze sowie mehrere Maschinengewehre.

Französischer Sappenangriff in Gegend südlich St. Mihiel ist erfolgreich abgewiesen.

Unsere Truppen setzten sich in Besitz der Höhen nördlich und nordöstlich Nomeny.

In den Vogesen ist die Lage unverändert.

Die Lage im Osten änderte sich gestern nicht.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 14. Januar. In den Dünen bei Nieuport und südöstlich Ypern Artillerie- kampf, besonders starkes Feuer richtete der Feind auf Westende- Bad, das er bald gänzlich zerstört haben wird. Feindliche le boote verschwanden, sobald sie Feuer erhielten.

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In Fortsetzung des Angriffs vom 12. Januar nordöstlich Soissons griffen unsere Truppen erneut auf den Höhen von Vregny an und säuberten auch diese Hechflache vom Feind. In stromendem Regen und tief aufgeweichtem Lehmboden wurde bis in die Dunkelheit hinein Graben auf Graben im Sturm genommen und der Feind bis an den Rand der Hochfläche zurückgetrieben. 14 französische Offiziere und 1130 Mann wurden gefangen genommen, vier Geschütze, vier Maschinengewehre und ein Scheinwerfer erobert.

Eine glänzende Waffentat unserer Truppen unter den Augen ihres Allerhöchsten Kriegsherrn!

Die Gesamtbeute aus den Kämpfen des 12. und 13. Januar nordöstlich Soissons hat sich nach genauerer Feststellung erhöht auf 3150 Gefangene, acht schwere Geschütze, eine Revolverkanone, sechs Maschinengewehre und sonstiges Material.

Nordöstlich des Lagers von Chälons griffen die Franzosen gestern vor- und nachmittag mit starken Kräften östlich Perthes wieder an. An einigen Stellen drangen sie in unsere Gräben ein, wurden aber durch kräftige Gegenstöße hinaus- und unter schweren Verlusten in ihre Stellungen zurückgeworfen. Sie ließen 160 Gefan- gene in unseren Händen.

In den Argonnen und Vogesen nichts von Bedeutung.

Sudostlich Gumbinnen und östlich Létzen sind russische An- griffe abgeschlagen worden, wobei mehrere hundert Gefangene gemacht wurden.

Im nördlichen Polen ist die Lage unverändert.

In Polen, westlich der Weichsel, wurden unsere Angriffe fortgesetzt.

Auf dem östlichen Piliza-Ufer ereignete sich nichts Besonderes.

Oberste Heeresleitung.

Der erfolglose Angriff auf Tanga. London, 15. Januar.

„Daily Telegraph” veröffentlicht einen Bericht über den erfolg- losen englischen Angriff auf Tanga in Deutsch-Ostafrika. Die aus britischen und indischen Truppen bestehende englische Streitmacht war Ende Oktober von Bombay abgereist und über Mombasa bei Tagesanbruch am 2. November vor Tanga angekommen, das als Landungsort in Aussicht genommen war. Da Tanga ein unbefestigter Hafen ist, so forderte der Kommandeur des begleitenden Kriegs- schiffes Fox den Platz auf, sich zu ergeben, bevor dieser beschossen würde. Der deutsche Gouverneur lehnte dies ab, zog mit der Bahn

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Verstärkungen heran und befestigte den Platz. Es war schwierig, Truppen zu landen. Dies konnte erst am Abend ausgeführt werden. Ein und ein halbes Bataillon wurden, um Zeit zu sparen, bei Mondschein ausgeschifft, ohne angegriffen zu werden. Die Abteilung zog auf Tanga, von wo sie mit Gewehrfeuer empfangen wurde, dem sie standhielt, bis der bedeutend verstärkte Feind einen Gegenangriff machte, vor dem die Briten weichen mußten. Fox eröffnete das Feuer auf den Feind, der eilig zurückging. Inzwischen wurden weitere Truppen gelandet. Die Streitmacht verschanzte sich. Die gesamte Infanterie war am 4. November um 9 Uhr früh an Land. Der all- gemeine Vormarsch wurde unternommen, aber obwohl die Stadt nur zwei Meilen entfernt war, kamen die Briten erst nach 2% Stunden unter Feuer. Infolge dichter Pflanzungen war es unmöglich, weiter als 100 Yards zu sehen. Da die Geschütze nutzlos waren, so blieben sie an Bord des Transportschiffes im äußeren Hafen und feuerten nur auf Ziele, die sichtbar waren. Unsere Truppen kamen um 2 Uhr 30 Min. unter das Feuer der Gewehre und Maschinengewehre. Die 101. Grenadiere kamen in einem dichten Busch unter heftiges Kreuz- feuer, behaupteten aber ihre Stellung. Das Royal North Lancashire- regiment und die Kashmir Rifles kamen langsam vorwärts und drangen in Tanga ein, dessen äußerste Häusergrenze sie besetzt hielten. Trotz des heftigen Feuers aus den Häusern, die mit Schießscharten versehen und stark für die Verteidigung eingerichtet waren, war es unmöglich, angesichts des dichten Busches und infolge der Zerstreuung der Regimenter Verstärkung heranzubringen. Die britischen Truppen gingen daher bei Dunkelwerden unbelästigt in eine befestigte Stellung etwa eine Viertelmeile zurück, von wo es möglich war, die Küste zu gewinnen und sich wieder einzuschiffen. Die Deutschen hatten zwei- bis dreitausend Mann europäischer Truppen, während die unsrigen vierzehn Tage auf See gewesen waren. Der Angriff fand in einem schwierigen Lande statt. Jedes im Busch versteckt liegende Haus war auf die Verteidigung vorbereitet.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 15. Januar.

Vor Westende zeigten sich gestern einige Torpedoboote und kleinere Fahrzeuge, die sich der Küste bis auf etwa 14 Kilometer näherten.

Französische Angriffe beiderseits Notre Dame de Lorette nord- westlich Arras wurden von unseren Truppen abgewiesen. Ein vor acht Tagen bei Ecurie nördlich Arras dem Feinde entrissener, von Teilen einer Kompagnie besetzter Schützengraben ging uns gestern verloren. Die Kämpfe an dieser Stelle sind heute wieder im Gange.

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Nördlich und nordöstlich Soissons ist das nördliche Aisneufer | von Franzosen endgültig gesaubert worden. Die deutschen Truppen eroberten in ununterbrochenem Angriff die Orte Cuffies, Cruy, Bucy le Long, Missy und die Gehöfte Vauxrot und Verreries. Unsere Beute aus den dreitägigen Kämpfen nördlich Soissons beläuft sich jetzt auf rund 5200 Gefangene, 14 Geschütze, 6 Maschinengewehre und mehrere Revolverkanonen. Die Franzosen erlitten schwere Ver- luste, 4 bis 5000 tote Franzosen wurden auf dem Kampffelde ge- funden, der Rückzug südlich der Aisne lag unter dem Feuer unserer schweren Batterien.

Wie sehr sich die Verhältnisse gegen frühere Kriege verschoben haben, zeigt ein Vergleich der hier besprochenen Kämpfe mit Er- eignissen von 1870. Wenn auch die Bedeutung der Gefechte nördlich Soissons mit derjenigen der Schlacht vom 18. August 1870 nicht zu vergleichen ist, so entspricht doch die Breite des Kampffeldes an- nähernd der von Gravelotte-St. Privat. Die französischen Verluste aber vom 12. bis 14. Januar 1915 übersteigen aller Wahrscheinlichkeit nach die der Franzosen am 18. August 1870 um ein Beträchtliches.

Feindliche Angriffe nördlich Verdun bei Consenvoye scheiterten. Mehrere Vorstöße gegen unsere Stellungen bei Ailly südöstlich St. Mihiel wurden durch Gegenangriffe, nachdem sie stellenweise bis in unsere vordersten Gräben geführt hatten, unter schweren Verlusten für den Feind zurückgeschlagen. Im letzten Nachstoß eroberten unsere Truppen die feindlichen Stellungen, die aber nach Wiederaufbau unserer eigenen Stellung freiwillig und ohne Kampf während der Nacht wieder aufgegeben wurden.

Ein unbedeutender Angriff bei Mesniel, nördlich St. Die, wurde von unseren Truppen abgewiesen. Im übrigen fanden in den Vo- gesen nur Artilleriekämpfe statt.

In Ostpreußen und im nördlichen Polen keine Veränderung.

Die Angriffe in Polen westlich der Weichsel machten langsam Fortschritte. Bei Eroberung eines Stützpunktes nordöstlich Rawa blieben 500 Russen als Gefangene in unseren Händen, 3 Maschinen- gewehre wurden erobert. Heftige russische Gegenangriffe wurden unter schweren Verlusten für die Russen zurückgeschlagen.

Oberste Heeresleitung.

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Der amtliche Wiener Bericht. Wien, 15. Januar.

Amtlich wird verlautbart: Wahrend an der Front in Russisch- Polen nur stellenweise Geschütz- und Maschinengewehrfeuer ein- setzte, war gestern am Dunajec heftigerer Geschützkampf im Gange. Besonders unsere schwere Artillerie wirkte gut. Sie schoß ein großes Magazin des Gegners in Brand und brachte nach einigen Schüssen eine seit mehreren Tagen gut plazierte feindliche schwere Batterie zum Schweigen. |

In den Karpathen herrscht Ruhe. Zunehmender Frost beein- flußt die Gefechtstätigkeit.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Ein französisches Unterseeboot vor den Dardanellen vernichtet.

Konstantinopel, 15. Januar. Das Große Hauptquartier teilt mit: Das französische Unterseeboot „Saphir“ versuchte sich dem Eingang in die Dardanellenstraße zu nähern, wurde aber sofort durch unsere Artillerie zum Sinken gebracht; ein Teil der Besatzung konnte gerettet werden.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 16. Januar.

In Gegend Nieuport fanden nur Artilleriekämpfe statt.

Feindliche Angriffe auf unsere Stellungen nordwestlich Arras wurden abgewiesen; im Gegenangriff eroberten unsere Truppen zwei Schützengräben und nahmen die Besatzung gefangen.

Das in letzter Zeit oft erwähnte Gehöft von La Boisselle nordöstlich Albert wurde gestern gänzlich zerstört und von Fran- zosen gesaubert.

Nordöstlich Soissons herrschte Ruhe. Die Zahl der in den Kämpfen vom 12. bis 14. Januar dortselbst eroberten französischen Geschütze hat sich auf 35 erhöht.

Kleinere, für uns erfolgreiche Gefechte fanden in den Argonnen und im Wald von Consenvoye (nördlich Verdun) statt.

Ein Angriff auf Ailly, südöstlich St. Mihiel, brach unter unserem Feuer in der Entwicklung zusammen.

In den Vogesen nichts von Bodeutung.

Lage im Osten unverändert. Die regnerische und trübe Witte- rung schloß jede Gefechtstätigkeit aus. Oberste Heeresleitung.

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Vom westlichen Schauplatze. Die Kämpfe bei Soissons. Berlin, 16. Januar.

Aus dem Großen Hauptquartier wird Wolffs Telegr.-Bureau ge- schrieben:

Die in den letzten Tagesberichten nur kurz mitgeteilten Kämpfe nördlich Soissons haben zu einem recht beachtenswerten Waffenerfolg für unsere Truppen geführt, die dort unter Leitung des Generals der Infanterie a Lochow und des Generalleutnants Wichura gekämpft und gesiegt

en.

Während des Stellungskrieges der letzten Monate hatten die Fran- zosen in der Gegend von Soissons aus einem Gewirre von Schützen- graben bestehende Stellungen inne, die sich auf dem rechten Aisneufer brückenkopfartig nordwärts ausdehnten.

Auf dem Westflügel des in Frage kommenden Kampffeldes steigt westlich der Bahn Soissons—Laon aus dem breiten Flußtale eine vielfach zerklüftete und reich bewaldete Höhe empor, auf deren oberstem Teile die Gräben von Freund und Feind einander dicht gegenüber lagen, beide Teile bestrebt, sich durch Sappenangriff in den Besitz des höchsten Punktes zu setzen. Östlich der Höhe liegt zu ihren Füßen im Tale das Dorf Crouy; an diesem vorbei zieht in einem tief eingeschnittenen Grunde die Bahn Soissons—Laon nordwarts.

Dicht östlich der Bahn sind eine Reihe von Steinbrüchen, in denen sich unsere Soldaten meisterhaft eingebaut hatten. Die sogenannte Stein- bruchstellung bildet den westlichen Ausläufer der Hochfläche von Vregny, die sich lang und breit östlich der Bahn ausdehnt, und die in ihrem ganzen südlichen Teile in französischem Besitz war. Von der Flußseite her schneiden mehrere lange und tiefe Schluchten in die Hochfläche ein. In ihnen fand die schwere Artillerie der Franzosen eine sehr günstige Auf- stellung. Die am Rande der Hochfläche auf Bäumen hinter Stahlblenden und Brustpanzern sitzenden Beobachter lenkten das Feuer der schweren Geschütze flankierend gegen die deutschen Stellungen auf der genannten bewaldeten Höhe. Dieses Flankenfeuer richtete sich vor allem gegen die Schützengräben des Leibregiments und war am ersten Weihnachtsfeier- tage ganz besonders heftig.

Unter ungeheurem Munitionsaufwand setzte es am 7. Januar erneut ein; die brave Truppe hatte viel zu leiden; eine Stellung, der sogenannte Maschinengewehrgraben, wurde buchstäblich vom feindlichen Feuer ein- geebnet, die darin befindlichen Maschinengewehre wurden verschüttet. Nach dieser Feuervorbereitung schritt der Gegner am 8. Januar zum An- griff. Er drang auf einer Frontbreite von etwa 200 m in den deutschen Schützengraben ein und konnte trotz zahlreicher Versuche daraus nicht wieder vertrieben werden. Es kam hier in den Tagen und Nächten bis zum II. Januar zu außerordentlich heftigen Nahkampfen, wie sie erbitterter und blutiger kaum gedacht werden können; hier kampfende Turkos fochten

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nicht nur mit Gewehr und Bajonett, sondern bissen auch und stachen mit dem Messer.

Die Lage drängte zu einer Entscheidung. Am 12. Januar setzten die deutschen Truppen zu einem Gegenangriffe ein, der sich zunächst weniger gegen die bewaldete Höhe selbst, als gegen die beiderseits an- schließenden französischen Stellungen richtete. Schlag 11 Uhr erhoben sich zunächst aus der Steinbruchstellung unsere wackeren Soldaten, die in den Monaten des Harrens und Schanzens von ihrem Angriffsgeiste nichts ein- gebüßt hatten, und entrissen im kühnen Ansturm dem Feinde seine zu- nachst gelegenen Schitzengraben und Artilleriebeobachtungsstellen. So- gleich ließ das französische Flankenfeuer gegen die bewaldete Höhe nach. Das Hauptziel dieses ersten Angriffs war kaum erreicht, als eine Stunde später 12 Uhr mittags auf dem äußersten rechten Flügel unsere tapferen Schützen sich erhoben und im siegreichen Vorschreiten einen Kilometer Gelände gewannen. Nunmehr wurde auch zum Angriff gegen die bewaldete Höhe angesetzt, der Franzose zuerst aus den deutschen, dann aus seinen eigenen Gräben hinaus- und die Höhe hinuntergeworfen, wo er sich auf halbem Hange wieder setzte.

Wie aus Gefangenenaussagen hervorgeht, glaubten die Franzosen, daß die erwartete Fortsetzung des deutschen Angriffs von der bewaldeten Kuppe, also vom rechten deutschen Flügel ausgehen würde. In Erwartung eines Stoßes aus dieser Richtung warfen sie namhafte Verstärkungen nach dieser Stelle. Von den eroberten französischen Beobachtungsstellungen aus, wo das ganze Aisnetal samt Soissons mit Kathedrale zu Füßen liegt, konnte das Herankommen dieser Reserven auf Kraftwagen und mit Eisen- bahn gut beobachtet werden.

Der deutsche Angriff erfolgte am 13. Januar aber an ganz anderer Stelle. Völlig überraschend für den Gegner war es Mitte und linker Flügel der Deutschen, die sich als Angriffsziel die Besitznahme der Hoch- fläche von Vregny gesetzt hatten, auf der sich der Feind in einem ganzen System von Schützengräben eingerichtet hatte und ganz sicher zu fühlen schien.

Wiederum war es der Schlag der Mittagsstunde, der hier unsere Truppen zu neuen Taten aufrief. Punkt 12 Uhr kam Leben in die deutschen Gräben, es folgte ein mächtiger Sprung; 12 Uhr 3 Minuten war die erste Verteidigungslinie der Franzosen, 12 Uhr 13 Minuten die zweite genommen. ein Flankenangriff von dem Wald von Vregny kam bei der Schnelligkeit des Vorgehens gar nicht mehr zur Wirkung und am späten Nachmittage des dreizehnten war der ganze Hochflächenrand in deutscher Hand. Der Feind vermochte sich nur noch in den Mulden und auf den zum Aisne- tal hinabfallenden Hängen zu halten. Das Gelingen dieses deutschen Angriffs brachte die in Gegend der bewaldeten Höhe gegen den deutschen rechten Flügel vordringenden Franzosen in eine verzweifelte Lage. Denn als am 14. Januar der äußerste rechte Flügel der Deutschen seinen um- fassenden Angriff wieder aufnahm und aus der Mitte über Crouy deutsche Truppen nun westwärts einschwenkten, da blieb den gegen die

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bewaldete Höhe vorgedrungenen Franzosen nichts anderes übrig, als sich zu ergeben. Ein Zurück gab es jetzt nicht mehr, da die deutsche schwere Artillerie das Aisnetal beherrschte. Am gleichen Tage wurde der Feind auch von den Hängen der Höhen von Vregny hinuntergeworfen, soweit er nicht schon während der Nacht gegen und über die Aisne zurück- geflutet war.

Eine Kompagnie des Leibregimentes drang bei Dunkelheit sogar bis in die Vorstädte von Soissons ein. Unsere Patrouillen sauberten das ganze Vorgelande bis zur Aisne vom Feinde; nur in dem Flußbogen östlich der Stadt vermochten sich französische Abteilungen noch zu be- haupten.

In den mehrtägigen Kämpfen bei Soissons wurde der Feind auf einer Frontbreite von etwa 12—15 km um 2—4 km zurückgeworfen trotz seiner starken Stellungen und trotz seiner numerischen Überlegenheit. Auf seiner Seite hatten die 14. Infanterie- und 55. Reservedivision, eine gemischte Jägerbrigade, ein Territorialinfanterieregiment, außerdem Turkos, Zuaven und marokkanische Schützen gefochten. Von dieser Truppenmacht gerieten mehr als 5000 in deutsche Gefangenschaft; die Kriegsbeute war sehr ansehnlich. Es wurden erobert 18 schwere, 17 leichte Geschütze, ferner Revolverkanonen, zahlreiche Maschinengewehre, Leuchtpistolen, Gewehr- und Handgranaten, endlich außerdem große Mengen von In- fanterie- und Artilleriemunition.

Diesen glorreichen Kampf führte die deutsche Truppe nach langen Wochen des Stilliegens in einem Winterfeldzuge, dessen Witterung Regen- schauer und Sturmwinde waren. Auch an den Kampftagen selbst hielten Regen und Wind an. Die Märsche erfolgten auf grundlosen Wegen, die Angriffe über lehmige Felder, durch verschlammte Schützengräben und über zerklüftete Steinbrüche. Vielfach blieben dabei die Stiefel im Kot stecken, der deutsche Soldat focht dann barfuß weiter.

Was unsere wundervolle Truppe zwar schmutzig anzusehen, aber prachtvoll an Körperkraft und kriegerischem Geiste da geleistet hat, ist über alles Lob erhaben. Ihre Tapferkeit, ihr Todesmut, ihre Ausdauer und ihr Heldensinn fanden gebührende Anerkennung dadurch, daß ihr oberster Kriegsherr, der in jenen Stunden unter ihnen weilte, die verant- wortlichen Führer noch auf dem Schlachtfelde mit hohen Ordensauszeich- nungen schmückte. Bekanntlich wurde General der Infanterie von Lochow mit dem Orden pour le merite und Generalleutnant Wichura mit dem Komtur des Hausordens der Hohenzollern ausgezeichnet.

Neben einer energischen, zielbewußten und kühnen Führung und der großartigen Truppenleistung ist der Erfolg der Schlacht bei Soissons der glänzenden Zusammenarbeit aller Waffen, vor allem der Infanterie, Feld- artillerie, Fußartillerie und der Pioniere zu verdanken, die sich gegenseitig auf das vollendetste unterstützten. Auch die Fernsprechtruppe hat nicht wenig zum Gelingen des Ganzen beigetragen.

Auf Truppen und Führer solchen Schlages kann das deutsche Volk

stolz sein.

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 17. Januar.

In Flandern beiderseits nur Artilleriekampf.

Bei Blangy (östlich Arras) sprengten wir ein großes Fabrik- sebaude und machten dabei einige Gefangene.

Ven der übrigen Front ist außer Artilleriekämpfen von wechselnder Heftigkeit und der Fortsetzung der Sappen- und Minenkämpfe nichts von Bedeutung zu melden.

In den Argonnen kleine Fortschritte.

Sturm und Regen behinderten fast auf der ganzen Front die Gefechtstätigkeit.

Die Lage im Osten ist im allgemeinen unverändert.

Vor etwa vier Wochen wurde hier der allgemeine Angriffs- befehl veröffentlicht, den der französische Oberbefehlshaber kurz vor dem Zusammentritt der französischen gesetzgebenden Körper- sthaften im Dezember erlassen hatte.

Die Angriffsversuche der Gegner auf dem Westkriegsschau- platz, die daraufhin einsetzten, haben die deutsche Heeresleitung in keiner Weise behindert, alle von ihr für zweckmäßig erachteten Maßnahmen durchzuführen. Sie haben dem Feinde an keiner Stelle irgend nennenswerten Gewinn gebracht, während unsere Truppen nördlich La Bassée an der Aisne und in den Argonnen recht befriedigende Fortschritte zu verzeichnen hatten.

Die feindlichen Verluste wahrend dieser Zeit betragen an von uns gezählten Totem etwa 26000 und an unverwundeten Gefan- genen 17860 Mann; im ganzen werden sie sich, wenn man für die Berechnung der Verwundeten das Erfahrungsverhältnis von 1: 4 einsetzt, abgesehen von Kranken, nicht beobachteten Toten und „Vermißten“, auf mindestens 150 000 Mann belaufen.

Unsere Gesamtverluste im gleichen Zeitraum erreichen noch nicht ein Viertel dieser Zahl.

Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege.

Esbitterter Kampf im Kaukasus. Konstantinopel, 17. Januar.

Das Hauptquartier berichtet: Unsere im Kaukasus operierenden Truppen setzen seit einigen Tagen an der Grenze einen erbitterten Kampf gegen die Russen fort, die beträchtliche Verstärkungen er- haken haben.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 18. Januar.

In Gegend Nieuport nur Artilleriekampf. Feindliche Angriffs- bewegungen sind in den letzten Tagen nicht wahrgenommen. An der Küste wurden an mehreren Stellen englische Minen an- geschwemmt.

Bei La Boisselle nordöstlich Albert warfen unsere Truppen im Bajonettangriff Franzosen, die sich im Kirchhof und im Gehoft südwestlich davon wieder festgesetzt hatten, heraus und machten 3 Offiziere, 100 Mann zu Gefangenen.

Iın Argonnerwalde wurden mehrere französische Gräben er- obert, die französischen Besatzungen fast aufgerieben.

Ein Angriff der Franzosen auf unsere Stellungen nordwestlich Pont a Mousson führte auf einer Höhe zwei Kilometer südlich Vilcey bis in unsere Stellung: der Kampf dauert noch an.

In den Vogesen und im Oberelsa8 herrschte starkes Schnee- treiben und Nebel, die die Gefechtstätigkeit behinderten.

In Ostpreußen ist die Lage unverändert. Im nördlichen Polen versuchten die Russen über den Wkra-Abschnitt bei Radzanow vor- zustoßen, wurden aber zurückgewiesen. In Polen westlich der Weichsel hat sich nichts Wesentliches ereignet.

Oberste Heeresleitung.

Berlin, 18. Januar.

Bei dem Staatssekretär des Reichskolonialamts Dr. Solf ist fol- gendes Telegramm aus dem Großen Hauptquartier eingetroffen:

Großes Hauptquartier, 18. Januar 1915. Ihre Meldung von dem schönen Sieg bei Tanga in Ostafrika hat Mich hoch erfreut. Ich spreche Ihnen zu dieser Ruhmestat unserer Schutztruppe Meinen herzlichsten Glückwunsch aus. Über- mitteln Sie Meine Anerkennung an die braven Männer, die fern von der Heimat vierfache Überlegenheit entscheidend geschlagen haben zur Ehre des deutschen Namens. Das Vaterland ist stolz

auf diese Söhne. Wilhelm l. R

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Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 18. Januar.

Amtlich wird verlautbart: Nördlich der Weichsel keine wesent- lichen Ereignisse. Auf den Höhen östlich Zakliczyn zwang unsere Artillerie durch konzentrisches Feuer die Russen zum Verlassen einiger vorderster Schützenlinien. Die rückgängige Bewegung übertrug sich beim Feinde auch auf andere Teile der Front, so daß schließlich in einer Ausdehnung von 6 km der Gegner seine vorderste Stellung räumte, in unserem wirkungsvollsten Artillerie- und Maschinengewehrfeuer in Unordnung auf die nächsten Höhenlinien zurückging, hierbei zahlreiche Gewehre und viel Munition in der früheren Stellung zurücklassend. An der übrigen Front in Westgalizien nur Geschützkampf.

In den Karpathen nur unbedeutende Patrouillengefechte.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg in den Kolonien.

Die Beschießung von Swakopmund. | Berlin, 18. Januar.

Nach amtlicher Meldung des Gouverneurs von Deutsch-Südwest- afrika wurde am 21. Oktober v. J. die offene und unverteidigte Stadt Swakopmund von den Engländern beschossen, nachdem schon vorher der Kommandant des in der Walfischbucht liegenden Hilfskreuzers »Kinfauns Castle“, Kapitan Crampton, wiederholt die Beschießung angedroht hatte.

London, 19. Januar. Das Reutersche Bureau läßt sich aus Kapstadt folgende Einzel-

heiten über die Einnahme von Swakopmund am 14. Januar melden: Vor der Einnahme der Stadt brachte der Feind Landminen zur Ex- plosion, um den Vormarsch der britischen Truppen zu verhindern: zwei Mann wurden getötet. Man sah eine Abteilung des Feindes sich beim Anrücken der englischen Truppen zurückziehen. Die Ge- baude der Stadt waren unbeschädigt, aber die elektrische Lichtanlage, der Landungsplatz, die Telegraphenkabel und die zugehörigen In- strumente waren zerstört.

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 19. Januar.

Auf der ganzen Front fanden, abgesehen von unbedeutenden Scharmützeln, nur Artilleriekämpfe statt.

Die Witterung im Osten war sehr ungünstig.

In Ostpreußen nichts Neues.

Bei Radzanowo, Biezun und Sierpe wurden die Russen unter schweren Verlusten zurückgeworfen, mehrere Hundert russische Gefangene blieben in unserer Hand.

Westlich der Weichsel und östlich der Piliza ist die Lage im allgemeinen unverändert. Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege. Englische Verluste am Persischen Golf.

Konstantinopel, 19. Januar.

Meldung des türkischen Hauptquartiers: Während eines nächt- lichen Angriffs gegen die englischen Befestigungen am Schatt el Arab wurde der Feind überrascht. Er verlor 100 Tote und Verwundete. Eine englische Kavallerieabteilung versuchte in der Gegend bei Corna eine Abteilung unserer Infanterie zu über- raschen. Der durch das Feuer eines Kanonenbootes gut unter- stützte Angriff wurde mit großen Verlusten für die Engländer zurückgewiesen. Das Kanonenboot wurde gezwungen, sich zurückzuziehen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 20. Januar.

Im Abschnitt zwischen Küste und Lys fanden nur Artillerie- kämpfe statt.

Bei Notre Dame de Lorette, nordwestlich Arras, wurde dem Feinde ein 200 Meter langer Schützengraben entrissen, dabei sind zwei Maschinengewehre erbeutet und einige Gefangene gemacht.

In den Argonnen nahmen unsere Truppen einige feindliche Schützengräben, an einer Stelle betrug unser Geländegewinn der letzten Tage wieder 500 Meter.

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Im Walde nördlich Sennheim schritt unser Angriff gut fort, der Hirzstein wurde genommen, 2 Offiziere, 40 Alpenjäger wurden

gefangen genommen. Die Lage im Osten ist unverändert. Oberste Heeresleitung.

Der Krieg in England.

Angriff deutscher Marineluftschiffe. Berlin, 20. Januar.

In der Nacht vom 19. zum 20. Januar haben Marine- luftechiffe einen Angriff gegen einige befestigte Plätze an der englischen Ostküste unternommen. Hierbei wurden bei nebligem Wetter und Regen mehrfach Bomben mit Erfolg geworfen. Die Luftschiffe wurden beschossen, sind aber unversehrt zurückgekehrt. |

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

Die wirtschaftliche Krisis in England.

Der Londoner Bankier Becket führte bei der Jahresversamm- lung der Handelskammer in Leeds aus, daß die wirtschaftliche Krisis, in die der Krieg England gebracht habe, den finanziellen Wekstatus um hundert Jahre zurückbringen würde. Selbst nach dem Friedensschlusse bestehe nur eine Aussicht auf dunkle

Zeiten.

Ernennung des Generalleutnants Wild ven Hohenborn zum Kriegsminister.

Der Kriegsminister und Chef des Generalstabes des Feldheeres,

Generalleutnant von Falkenhayn, ist unter Beförderung zum General der

enterie auf sem Ansuchen von der Stellung als Kriegsminister enthoben

worden. Die an den General von Falkenhayn gerichtete Allerhöchste

Kabinettsorder lautet:

„Ihren für die Neubesetzung des Kriegsministers Mir vorge-

tragenen Gründen kann Ich Mich nicht verschließen und enthebe

Sie daher Ihrem Wunsche gemäß von dem Amte als Staats-

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und Kriegsminister. Meiner warmen Anerkennung Ihrer auf diesem wichtigen Posten geleisteten vortrefflichen Dienste will Ich dadurch Ausdruck geben, daß lch Sie unter Belassung in der Stellung als Chef des Generalstabes des Feldheeres hierdurch zum General der Infanterie befördere. Großes Hauptquartier, den 20. Januar 1915. gez. Wilhelm R.“

Gleichzeitig wurde Generalmajor Wild von Hohenborn unter Be- förderung zum Generalleutnant zum Staats- und Kriegsminister ernannt. Er verbleibt auf Allerhöchsten Befehl im Großen Hauptquartier. Die Leitung der Heeresverwaltung im Heimatsgebiet nimmt auch weiterhin Generalleutnant von Wandel wahr.

Als General von Falkenhayn mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Chefs des Generalstabes des Feldheeres an Stelle des erkrankten Generalobersten von Moltke betraut wurde, harrten noch wichtige, im Verlaufe der ersten Kriegszeit aufgetauchte Fragen organisatorischer und technischer Art der Klärung. Ein Wechsel in der Besetzung der Stelle des Kriegsministers im Großen Hauptquartier war daher damals noch nicht angängig. Ein solcher ist heute unbedenklich geworden. Es ist deshalb getrennte Besetzung der beiden Stellen erfolgt.

Sein Nachfolger als Kriegsminister, Generalleutnant Wild von Hohenborn, gehörte dem Kriegsministerium als Direktor des Allgemeinen Kriegsdepartements an; im Felde befand er sich zuerst als Kommandeur der 30. Division und dann vom 27. November 1914 ab als General-

quartiermeister.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 21. Januar.

Zwischen Küste und Lys fanden auch gestern nur Artillerie- kampfe statt.

Der vorgestern von uns genommene Schützengraben bei Notre Dame de Lorette ging heute Nacht wieder verloren.

Nordwestlich Arras griffen die Franzosen beiderseits der Chaussee Arras—Lille wiederholt an, wurden aber zurückgeschlagen.

Sudwestlich Berry-au-Bac wurden den Franzosen zwei Schützen- graben abgenommen, die trotz lebhafter Gegenangriffe von uns. behauptet wurden.

Französische Angriffe gegen unsere Stellungen südlich von St. Mihiel wurden abgewiesen.

Nordwestlich Pont-a-Mousson gelang es, einen Teil der uns vor drei Tagen entrissenen Stellungen zurückzunehmen. Unsere

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Truppen eroberten dabei vier Geschütze und machten mehrere Gefangene. Um den Rest der verloren gegangenen Stellung wird noch gekämpft.

In den Vogesen nordwestlich Sennheim dauern die Kämpfe noch an.

In Ostpreußen ist die Lage unverändert.

Ein kleineres Gefecht östlich Lipno verlief für uns günstig. 100 Gefangene blieben in unserer Hand.

Im Gelände westlich der Weichsel nordöstlich Borzimow schritt unser Angriff fort.

Ein russischer Angriff westlich Lopuszno südwestlich Konskie wurde abgeschlagen. Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege. Der Kampf im Kaukasus. Konstantinopel, 21. Januar. Der türkische Große Generalstab teilt mit: Die Angriffe der

Russen auf der Front im Kaukasus wurden auf der ganzen

Linie zum Stillstand gebracht.

Der Luftkrieg.

Die englische Presse hat den Angriff unserer Marineluftschiffe auf die Ostküste Englands als völkerrechtswidrig bezeichnet, ebenso wie sie dies seinerzeit bei der Beschießung englischer Küstenplätze durch unsere Kreuzer getan hat. Ihre Vorwürfe sind indessen auch diesmal gänzlich unbegründet.

Für die Verwendung von Luftstreitkräften, insbesondere auch für die Beschießung durch solche, kommen im gegenwärtigen Kriege völker- rechtliche Vertragsbestimmungen nicht in Betracht. Die Hager Erklärung, betreffend das Verbot des Werfens von Geschossen und Sprengstoffen aus Luftschiffen, ist in ihrer früheren Fassung abgelaufen und in ihrer neuen Fassung von Deutschland ebensowenig wie von Frankreich und Rußland ratifiziert worden, kann uns daher auch England gegenüber nicht binden. Die Haager Landkriegsordnung und das Haager Abkommen über die Beschießung durch Seestreitkräfte haben nur den Landkrieg und den Seekrieg, nicht dagegen den Luftkrieg geregelt, finden also im vor- liegenden Falle nicht an sich, sondern nur insoweit Anwendung, als sie allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen entsprechen. Immerhin kann es keinem Zweifel unterliegen, daß solche Grundsätze einer Beschießung durch Luftstreitkräfte nicht entgegenstehen, wo sie eine Beschießung durch Land- oder Seestreitkräfte gestatten.

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Hiernach dürfen durch Luftstreitkräfte zunächst alle verteidigten Plätze beschossen werden, da deren Beschießung sowohl nach Artikel 25 der Landkriegsordnung wie nach Artikel | des erwähnten Haager Ab- kommens zulässig ist. Der Beschießung unterliegen weiter alle militärisch verwendbaren Einrichtungen in unverteidigten Plätzen, wie dies der Artikel 2 des Haager Abkommens für Seestreitkräfte vorsieht. Daneben muß aber auch für den Luftkrieg der allgemeine kriegsrechtliche Grund- satz gelten, daß Streitkräfte einer kriegführenden Partei jeden gegen sie gerichteten feindlichen Angriff durch einen Gegenangriff erwidern dürfen.

Nach den vorliegenden Meldungen haben sich die deutschen Marine- luftschiffe streng im Rahmen dieser Grundsätze gehalten. Das Ziel ihrer Operationen war der englische Küstenplatz Great Yarmouth; dieser ge- hört nach der amtlichen britischen monthly army list zu den „coast de- fences“, den Küstenbefestigungen, die in Friedens- und in Kriegszeiten von britischen Landstreitkräften besetzt sind und daher durch Luftstreit- kräfte ohne weiteres beschossen werden dürfen. Die anderen von unseren Luftschiffen auf ihrer Hin- und Rückfahrt beschossenen englischen Plätze haben sich dieses Schicksal selbst zuzuschreiben; denn von ihnen aus sind unsere Luftschiffe zuerst beschossen worden, so daß es dahingestellt bleiben kann, ob sie auch ohne dies als verteidigte Plätze anzusehen sind. Übrigens haben englische Luftstreitkräfte am 9. Dezember die unbefestigte Stadt Freiburg i. Br. beschossen und am 25. Dezember die unverteidigte bewohnte Insel Langeoog mit Bomben beworfen, obwohl von dort aus keinerlei Angriff auf sie erfolgt war. Von einer vorherigen Ankündigung der Beschießung, wie sie in Artikel 26 der Haager Landkriegsordnung und in Artikel 2 Absatz I, Artikel 6 des Haager Abkommens vorgesehen ist, kann nach der Natur des Luftkrieges wie nach der im gegenwärtigen Kriege durch die Luftfahrzeuge beider Parteien befolgten Praxis selbst- verständlich keine Rede sein.

Auch bei dem vorliegenden Anlaß ist es zu bedauern, daß dem Angriff Zivilpersonen zum Opfer gefallen sind. Aber eine solche Mög- lichkeit kann die deutschen Streitkräfte nicht abhalten, alle völkerrecht- lich zulässigen Mittel gegen einen Feind zu benutzen, dessen Kriegführung mit völkerrechtswidrigen Mitteln rücksichtslos auf die Zerstörung unserer ganzen Volkswirtschaft hinarbeitet.

Schluß des redaktionellen Teils.

Verantwortlich für die Redaktion: S. D. er. Bremen.

Einsendungen von Manuskripten Ga Beifügung von Rückporto) an die Redaktion Bremen, Am Wall 163. Tel. 6945.

Verlag: Kaffee-Handels-Aktien gesellschaft. Bremen. Druck: Hofbuchdruckerei H. M. Hauschild, Bremen.

Aus einem

Vortrag über Nahrungs- und Genußmittel.*) Von Exzellenz Geheimrat Professor Dr. Virchow.

Seit alten Zeiten hat der Mensch zu den Nahrungsmitteln Ge- nußmittel gefügt, bald in einer gewissen Verbindung mit denselben, bald getrennt davon als einen selbständigen Gegenstand seines Be- dürfnisses. Jedes einzelne Volk hat natürlich zunächst aus denjenigen Stoffen gewählt, welche die umgebende Natur darbot. Aber mit dem steigenden Verkehr, mit der Ausdehnung des Handels haben gewisse Genußmittel sich allmählich immer weiter ausgebreitet, so daß sie mit der Verallgemeinerung der Kultur allmählich über die ganze Erde in Gebrauch gekommen sind. Man denke nur an die verhältnismäßig so neue Verbreitung des Kaffees und des Tabaks, zweier Stoffe, welche gegenwärtig zu den täglichen Bedürfnissen auch der Armen gehören. Von manchen Genußmitteln kann es nicht zweifelhaft sein, daß sie keinen Nahrungswert haben: niemand denkt daran, Tabak, Opium, Betel als Nahrungsmittel zu nehmen. Ändere dagegen werden als wirkliche Nahrungsmittel behandelt, wie Kaffee, Tee und der größere Teil der gegorenen Getränke, namentlich Bier, Wein, hie und da selbst Branntwein. Und zwar ist es nicht bloß eine Frage der Laien, sondern man hat auch wissenschaftlich darüber gestritten, ob diese Dinge einen wirklichen Nährwert haben oder nicht. Ich will hier absehen von den gemischten Artikeln, wo einerseits die un- zweifelhaft nährende Schokolade, andererseits das Bier zu nennen sind; dagegen hat es ein überaus praktisches Interesse, zu untersuchen, wohin Kaffee, Tee und das alltäglichste der Gewürze, das Salz, gehören.

Kaffee und Tee enthalten sonderbarerweise denselben Stickstoff- körper, das Kaffein oder Tein, eine kristallisierbare Substanz, welche früher für verschieden angesehen wurde, je nachdem sie aus dem Kaffee oder Tee gewonnen wurde. Eine zeitlang hielt man es für möglich, daß Kaffein ein Nährstoff sei; insbesondere war man sehr geneigt, anzunehmen, daß er die wichtige Bedeutung habe, als Ersatz- mittel für verbrauchte Nervensubstanz zu dienen. Schon die überaus geringe Menge von Kaffein, welche in dem Kaffee und Tee vorkommt,

*) Uber Nahrungs- und Genußmittel, Vortrag von Rud. Virchow, herausgegeben von der Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vorm. J. F. Richter), Hamburg.

hatte das Unwahrscheinliche dieser Meinung zeigen sollen: in den Kaffeebohnen findet sich wenig mehr als | Prozent, in den Teeblattern je nach der Sorte 1/2—2!/2 Prozent davon. Man mag daraus ent- nehmen, wie wenig man in einer Tasse Kaffee oder Tee davon genießt. Später kam man auf den Gedanken, das Kaffein verlangsame .die Zersetzung der Stickstoffkörper und wirke dadurch erhaltend auf ‚die Gewebe des menschlichen Leibes, wie es auch der Alkohol tun sollte. Aber es zeigte sich, daß die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Theorie falsch waren: es tritt bei dem Kaffeegebrauch gar ‚keine Verlangsamung in der Zersetzung des Eiweißes ein.

So ist man denn endlich auf die Wahrheit gekommen, daß das ‘Kaffein nichts mehr und nichts weniger, als ein die Nerven stark erregender und, in größerer Menge genossen, geradezu giftiger Körper ist, daß also Kaffee und Tee in gewisser Weise sich verhalten, wie ‚Tabak oder wie gegorene Getränke, von denen jener eines der stärksten ‚Gifte, das Nikotin, diese sämtlich ein etwas milderes Gift, den Alko- ‚hol, enthalten.

Man darf die Bedeutung dieser Tatsache weder übertreiben, noch unterschätzen. Der Begriff eines Giftes ist bekanntlich ein sehr ‚relativer: es gibt kein einziges absolutes Gift, d. h. keinen Körper, der, in jeder beliebigen Menge wirkend, giftige Eigenschaften besitzt. Vielmehr tritt derjenige Grad der Schädlichkeit, welchen wir als giftig bezeichnen, immer erst bei einer gewissen Größe der angewendeten ‘oder der wirkenden Menge ein. Auch ist es bekannt, daß der mensch- liche Körper sich an Gifte so weit gewöhnt, daß Mengen, welche ‚früher einen sehr nachteiligen Einfluß ausübten, nach häufiger Wieder- holung keine gleiche Wirkung mehr hervorbringen. So erklärt es sich, daß mancher über diese „langsamen Vergiftungen“ lächelt, gleichsam als wenn die Gewöhnung über alle Schädlichkeiten hinausführte.

Auf der anderen Seite soll man nicht vergessen, daß gewisse Naturen sich eben nicht gewöhnen. Auf sie wirken Kaffee und Tee als Reizmittel in ebenso nachhaltiger Weise, wie auf andere Tabak und Alkohol, und der wiederholte Gebrauch führt bei ihnen eben nicht zu einer Abstumpfung, sondern zu einer langsamen Vergiftung. ‚Auch ist es bekanntlich nicht so leicht, in den Genußmitteln ein Maß zu finden. Nur zu leicht wirkt der erste Genuß als ein Anreiz zum ‚zweiten und so fort; das Gefühl der Sättigung, welches uns gegenüber den Nahrungsmitteln nicht so leicht verloren geht, tritt bei den Genuß-

mitteln überhaupt nicht in voller Schärfe ein, weil es sich dabei gar nicht um eine Sättigung im gewöhnlichen Sinne des Wortes handelt

Virchow bespricht hierauf die Rolle, die das Kochsalz als Ge- würz- und Genußmittel spielt, und fährt dann fort:

Ganz anders urteilen wir über die nächsten zwei Reizmittel, die wir schon erwähnt haben, über Kaffee und Tee. Denn unter den Reizmitteln ist wesentlich die Stelle derselben. Abgesehen von dem Zucker und der Milch, die man hinzusetzt, haben sie als Nahrungs- mittel gar keine Bedeutung; sie sind Genußmittel, und in manchen Stücken mit zwei anderen, sehr gewöhnlichen Reizmitteln verwandt, ich meine mit Wein und Schnaps, denen man wohl Zucker, aber in der Regel keine Milch zuzusetzen pflegt. Wie wir schon gezeigt haben, sind sowohl das Kaffein als der Alkohol giftige Substanzen, jenes überwiegend reizend, dieser zuerst reizend, dann schnell lahmend. Beide haben bedeutende Nervenwirkungen und können daher leicht gemißbraucht werden. Die Kaffeeschwestern und Teebrüder, deren Genossenschaften die Mäßigkeitspriester so sehr begünstigt haben, unterliegen nicht minder einer verwerflichen Leidenschaft, wie die Wein- und Schnapstrinker.

Solche Leidenschaften beruhen häufig einzig und allein auf mig- brauchlichen Gewohnheiten. Aber man würde ungerecht urteilen, wenn man diesen Gewohnheiten jeden vernünftigen Grund abstreiten wollte. Die Entwickelung des gesellschaftlichen Lebens oder, wie wir kurz, wenngleich nicht immer ganz richtig sagen, der Kultur bringt eine Menge von aufregenden Einwirkungen mit sich. Die gesteigerte Arbeit, die immer höher bemessenen geistigen Anforderungen, die schwierigere und mehr zusammengesetzte Form der Nahrung, die große Einseitigkeit des modernen Lebens erweckt das Bedürfnis nach einer gewissen Ausgleichung. Diese vollzieht sich teils auf dem Wege der Gegenreize, wo ein bestehender Erregungszustand durch einen neu hervorgerufenen abgelöst und dadurch in seiner Bedeutung herab- gesetzt wird, teils auf dem Wege der unmittelbaren Betäubung. Alle diejenigen Genußmittel, welche giftige Bestandteile enthalten, haben derartige betäubende Wirkungen, und insofern müssen Kaffee, Tee, Wein und Schnaps ähnlich beurteilt werden, wie Tabak, Opium, Betel. Es ist ein krankhafter Zustand der Bevölkerung, welcher sie zum Ge- brauche von Mitteln treibt, die eigentlich wie Heilmittel wirken sollen, die aber, wie die Heilmittel, bei anhaltendem Gebrauche in immer

stärkeren Gaben angewendet werden müssen, um überhaupt noch eine Wirkung hervorzubringen. Es ist schwer, solche Mi8brauche zu ver- nichten, so lange der Zustand der Gesellschaft immerfort das Be- dürfnis wach erhält; ja, man ist genötigt, bis zu einem gewissen Grade hin nachsichtig zu sein, zumal wo es möglich ist, Mäßigkeit und Zurück- haltung durchzusetzen. Nichtsdestoweniger sollte man begreifen, daß es sich um kein natürliches, sondern vielmehr um künstliche Bedürfnisse handelt, denen nur durch eine Reform der Gesellschaft begegnet werden kann. Zweckmäßige Ablösung von Arbeit durch Ruhe, regel- mäßiger Wechsel von körperlicher Bewegung und geistiger Tätigkeit, ausgiebiger Genuß von frischer und reiner Luft, einfachere Ernährung werden dem Mißbrauche der giftigen Genußmittel sicherer entgegen- wirken, als die eindringlichsten Mahnungen zur Mäßigkeit.

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An unsere Abonnenten und Leser!

Die gewaltigen Tatsachen des gegenwärtigen Krieges allein sind es, die uns heute bewegen. Von dieser Erkenntnis ausgehend, hat sich die Gülden- kammer entschlossen, für dieDauer der Kriegszeit ihre Aufgabe, in freien Aufsätzen zu allen Fragen des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens Stellung zu nehmen, bei Seite zu setzen und dafür in jedem Monat fortlaufend die amtlichen Depeschen und Dokumente der kriegerischen Ereignisse und ihrer Vorgeschichte chronologisch zusammengestellt zu ver- öffentlichen; so daß am Ende dieser Zeit eine ge- schlossene Chronik des Krieges vorliegt. Wir glauben damit am besten die Interessen unseres deutschen Vaterlandes und unserer Verbündeten zu fördern.

Die Herausgeber und der Verlag der „Güldenkammer“

DIE GULDENKAMMER

HERAUSGEGEBEN VON S. D. GALLWITZ / DR. G. F. HARTLAUB / DR. HERM. SMIDT

VERLAG KAFF EEHAG / BREMEN

5. JAHRG./HEFT6 MIRZ 1915

BEZUGS-BEDINGUNGEN: DURCH SAMTL. BUCHHANDLUNGEN, POSTANSTALTEN ODER DIREKT VOM VERLAG: JÄHRLICH M. 5.—, VIERTELJAHRLICH M. 1.50, EINZELHEFT M. 0.50

NACHDRUCK DER BELLETRISTIK VERBOTEN NACHDRUCK DER ÜBRIGEN ARTIKEL UNTER GENAUER QUELLENANGABE GESTATTET

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 22. Januar.

Anhaltender Regen schloß eine größere Gefechtstätigkeit zwischen Küste und La Bassee-Kanal aus.

Bei Arras Artilleriekämpfe.

Einer von den südwestlich Berry-au-Bac vorgestern genommenen Schützengräben wurde, da er durch die einstürzenden Mauern einer Fabrik teilweise verschüttet war, aufgegeben und gesprengt.

Ein französischer Angriff nördlich von Verdun wurde leicht abgewiesen.

Nach den vorgestrigen Kämpfen südlich St. Mihiel hielten sich kleinere französische Abteilungen noch unweit unserer Stellungen. Durch einen Vorstoß wurde das Gelände vor unserer j ront bis zur alten Stellung der Franzosen gesaubert.

Der Kampf um Croix des Carnes nordwestlich Pont-a-Moussons dauert noch fort. Ein starker französischer Angriff gegen den von uns wieder eroberten Teil unserer Stellung wurde unter schweren Verlusten für den Feind zurückgeschlagen.

In den Vogesen nördlich Sennheim warfen unsere Truppen den Feind von den Höhen des Hartmannsweilerkopfes und machten 2 Offiziere und 125 Mann zu Gefangenen.

In Ostpreußen ist die Lage unverändert.

Am Suchaabschnitt schritten unsere Angriffe langsam fort.

Östlich der Piliza nichts Neues. Oberste Heeresleitung.

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Der Krieg zur See.

Ein englischer Handelsdampfer torpediert. Rotterdam, 22. Januar. Wie wir hören, ist der von Leeds nach Rotterdam unterwegs befindliche englische Handelsdampfer „Durward“ von einem deutschen Unterseeboot torpediert worden. Die Besatzung konnte sich in ihren eigenen Booten retten.

Elf Schiffe von der „Karlsruhe“ versenkt. Die „London News“ meldet aus San Juan auf Portorico, daß das deutsche Kriegsschiff „Karlsruhe“ immer noch unbehindert den Atlantischen

Ozean durchfahre und im Verlaufe der letzten vierzehn Tage nicht weniger als elf Handelsschiffe versenkt habe.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 23. Januar.

Feindliche Flieger warfen gestern ohne Erfolg bei Gent und Zeebrügge Bomben ab. Zwischen Souain und Perthes, nördlich des Lagers von Chälons, griff der Feind gestern nachmittag an, der Angriff brach in unserem Feuer zusammen, der Feind flüchtete in seine Gräben zurück.

Im Argonnenwalde eroberten unsere Truppen westlich Fontaine la Mitte eine feindliche Stellung, machten 3 Offiziere und 245 Mann zu Gefangenen und erbeuteten vier Maschinengewehre. | Nordwestlich Pont-a-Mousson wurden zwei französische An- ‘griffe unter schweren Verlusten für den Feind abgeschlagen. Bei den Kämpfen zur Zurückgewinnung unserer Gräben wurden dem Feinde seit dem 21. Januar 7 Geschütze und ein Maschinengewehr abgenommen.

Bei Wisembach wurden Alpenjäger zurückgeworfen.

Mehrere nächtliche Angriffe des Feindes auf Hartmannsweiler- kopf blieben erfolglos.

In Ostpreußen nichts Neues.

Im nördlichen Polen in Gegend Przasnysz wurde ein unbe- deutender russischer Angriff abgewiesen. Aus Blinuo und Gojsk wurden die Russen herausgeworfen; schwächere auf Szpital Gorny vorgehende russische Abteilungen wurden zum Rückzuge gezwungen.

Unsere Angriffe gegen den Sucha-Abschnitt schreiten fort, in Gegend Rawa und westlich Chenciny lebhafte Artilleriekämpfe.

Oberste Heeresleitung.

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Großes Hauptquartier, 24. Januar.

Der 23. Januar verlief im allgemeinen ohne besondere Er-

Im Argonnenwalde wurden zwei französische Angriffe mühe- los zurückgewiesen. .

In den Vogesen am Hartmannsweilerkopf und nordöstlich Steinbach machten wir Fortschritte und nahmen 50. französische Jager gefangen.

In Ostpreußen und im nördlichen Polen keine Veränderung.

Unser Angriff gegen den Sucha-Abschnitt bei Borzymow war erfolgreich; feindliche Gegenangriffe wurden unter schweren Ver- lusten für die Russen abgeschlagen.

Russische Angriffe in Gegend nordwestlich Opozno scheiterten.

Oberste Heeresleitung.

Seegefecht in der Nordsee. Borlin, den 24. Januar.

Bei einem Vorstoß S. M. Panzerkreuzer „Seydlitz“, „Derfflinger“, „Moltke“ und „Blücher“ in Begleitung von 4 kleinen Kreuzern und 2 Torpedobootsflottillen in die Nordsee kam es heute vormittag zu einem Gefecht mit englischen Streitkräften in der Stärke von 5 Schlachtkreuzern, mehreren kleinen Kreuzern und 26 Torpedo- bootszerstörern. Der Gegner brach nach 3 Stunden 70 Seemeilen westnordwest von Helgoland das Gefecht ab und zog sich zurück. Nach bisheriger Meldung ist auf englischer Seite ein Schlachtkreuzer, von unseren Schiffen der Panzerkreuzer „Blücher“ gesunken. Alle übrigen deutschen Streitkräfte sind in die Häfen zurückgekehrt.

Der Stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

Bekanntmachung, betreffend die Beschlagnahme des Brot- getreides.

Durch Beschluß des Bundesrats vom heutigen Tage ist die Be- schlagnahme aller Brotgetreide- und Mehlvorräte für das gesamte Reichs- gebiet angeordnet worden. In Privatbesitz verbleiben außer kleineren Mengen unter einem Doppelzentner und außer Saatgut nur solche Vor- räte, die in landwirtschaftlichen Betrieben zur Ernährung der in ihnen beschäftigten Personen erforderlich sind. Das gesamte Brotmehl wird auf die Kommunalverbände nach dem Verhältnis der zu versorgenden

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Bevölkerung verteilt werden; die Kommunalverbande werden den Ver- kauf der ihnen überwiesenen Vorräte an ihre zu versorgenden Einwohner so regeln, daß jedermann eine entsprechende Menge von Brot und Mehl erwerben kann und daß andererseits die Vorräte bis zur nächsten Ernte im Hochsömmer voll ausreichen.

In der ersten Übergangszeit werden sich Unregelmäßigkeiten in der Brotversorgung naturgemäß nicht ganz vermeiden lassen, sie werden aber bald und sicher überwunden werden. |

Daß die angeordnete Maßnahme weit tiefer in das wirtschaftliche Leben unseres Volkes eingreift, als alle anderen bisher vom Bundesrat während des Krieges getroffenen wirtschaftlichen Anordnungen, unter- liegt keinem Zweifel. Sie ist aber geboten, um eine ausreichende und gleichmäßige Ernährung unseres Volkes mit Brotgetreide bis zum Erdrusch der neuen Ernte sicherzustellen, und ist damit eine staatliche und nationale Lebensnotwendigkeit. Die bisherigen Maßnahmen haben sich nicht als ausreichend erwiesen, einen sparsamen Verbrauch unserer an sich zwar durchaus ausreichenden, aber doch immerhin beschränkten Brotgetreidevorräte zu gewährleisten; insbesondere haben sie nicht ver- mocht, eine Verfütterung des Brotgetreides wirksam zu verhindern. Zur Erreichung des Zieles blieben nur zwei Wege: entweder eine ganz außerordentliche Erhöhung der Brotgetreidepreise, deren starker Druck den Verbrauch eingeschränkt und namentlich die Verfütterung ausgeschlossen hätte, oder die Beschlagnahme aller Brotgetreidevorräte und ihre Verteilung an die Kommunalverbande nach dem Verhältnis der zu ernährenden Bevölkerung. Um dem deutschen Volke in der Kriegszeit eine weitgehende Verteuerung des Brotes zu ersparen, haben die Bundesregierungen sich für den zweiten Weg entschieden.

Die getroffene Maßnahme gibt uns die Sicherheit, daß der Plan unserer Feinde, Deutschland auszuhungern, vereitelt ist, sie gewährleistet uns eine ausreichende Broternährung bis zur neuen Ernte; sie macht unser Land auch in diesem wirtschaftlichen Kampfe unbesieglich. |

Die unbedingt notwendige genaue und zuverlässige Ausführung der Bundesratsverordnung wird an die Staats- und Kommunalbehörden, insbesondere auch an die bewährten Organe unserer Selbstverwaltung große Anforderungen stellen. Wir hegen das Vertrauen zu den Be- hörden aller Verwaltungen und zu jedem einzelnen Beamten, daß sie sich, auch soweit sie nicht vermöge ihres Amtes zur Mitwirkung berufen sind, mit allen Kräften für die Durchführung der großen Auf-

gabe einsetzen und der Bevölkerung mit Rat und Tat zur Seite stehen

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werden. Der willigen Mitarbeit aller Kreise unseres Volkes und seiner wirtschaftlichen Organisation sind wir gewiß. Jeder einzelne wird sich vor Augen halten, daß die gewissenhafteste Befolgung der Anord- nungen über die Angabe seiner Vorräte, über das unbedingte Unter- lassen jeder Verfütterung von Brotgetreide usw. eine ernste und heilige Pflicht gegen das Vaterland ist, deren Verletzung ihm ganz ab- gesehen von der ehrenrührigen Gefängnisstrafe eine schwere sittliche Schuld aufbürden würde. Demgegenüber muß jede Rücksicht auf Lebensgewohnheiten und persönliche Interessen zurückstehen.

Der vaterlandische Geist und der feste Wille zum Siege, die sich in unserem Volke in dieser gewaltigen Zeit in so erhebender Größe offenbaren, geben uns die Gewißheit, daß jeder Mann und jede Frau im engeren und weiteren Vaterlande auch hier gern und opferfreudig ihre Schuldigkeit tun werden. Wie unsere todesmutigen Truppen draußen auf der Walstatt, so wollen und werden auch wir Daheimgebliebenen zu unserem Teil den großen Kampf um des Reiches Bestand und Ehre siegreich durchhalten.

Berlin, den 25. Januar 1915.

Das Staatsministerium.

von Bethmann Hollweg. Delbrück. von Tirpitz. Beseler. von Breitenbach. Sydow. von Trott zu Solz. Freiherr von Schorlemer. Lentze. von Loebell. Kühn. von Jagow. Wild von Hohenborn.

Schwere Niederlage der Englander in Südwestafrika.

Eine amtliche Meldung des Gouverneurs von Deutsch Südwest- afrika bestätigt die Niederlage der Engländer bei Sandfontein am 25. September v. Js. Danach sind in dem Gefecht unter Führung des Oberstleutnants von Heydebreck drei englische Schwadronen von unseren Truppen vernichtet worden; 15 Offiziere, darunter ihr Führer Oberst Grant, und 200 Mann wurden gefangen und zwei Geschütze erbeutet. Verluste auf unserer Seite: 2 Offiziere und 12 Mann gefallen, 25 Mann verwundet.

Die Kriegsgefangenen von Tsingtau.

Wie der ,,Ostasiatische Lloyd“ aus zuverlässiger japanischer Quelle erfährt, sind bei der Übergabe von Tsingtau im ganzen 4236 Mann, darunter 67 Offiziere, gefangen genommen worden. Etwa 400 davon sind verwundet und befinden sich im Lazarett. Die Gefangenen wurden nach Japan

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übergeführt und dort an zehn verschiedenen Plätzen interniert. Der Gouverneur Kapitan zur See Meyer-Waldeck wurde mit 25 Offizieren und 800 Mann nach Fukuoka gebracht. Die Liste der gefangenen Offiziere wird veröffentlicht, während die Namen der gefangenen Mannschaften von der japanischen Regierung noch nicht bekannt gegeben wurden.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 25. Januar

In Gegend Nieuport und Ypern fanden Artilleriekämpfe statt. Südwestlich Berry-au-Bac ging uns ein vor einigen Tagen den Franzosen entrissener Graben verloren.

Während gestern nördlich des Lagers von Chälons nur Artillerie- kampf stattfand, kam es heute dort auch zu Infanteriegefechten, die noch andauern.

Im Argonnerwald nördlich Verdun und nördlich Toul lebhafte Artillerietätigkeit.

Die französischen Angriffe auf Hartmannsweilerkopf wurden sämtlich abgeschlagen, die Kampfe im Walde sind für die Franzosen sehr verlustreich, nicht weniger als 400 französische Jager wurden tot aufgefunden. Die Zahl der französischen Gefangenen erhöht sich.

In Ostpreußen Artilleriekampf auf der Front Lötzen—östlich Gumbinnen und nördlich. Der Feind wurde durch unser Feuer gezwungen, einzelne Stellungen südöstlich Gumbinnen zu räumen. Nordöstlich Gumbinnen wurden femdliche Angriffe unter schweren Verlusten für die Russen abgeschlagen.

Im nördlichen Polen keine Veränderung.

Östlich der Piliza ereignete sich nichts Wesentliches.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 26. Januar. Der Feind nahm gestern wie gewöhnlich Middelkerke und Westende-Bad unter Artilleriefeuer. Eine größere Anzahl Einwoher sind durch dieses Feuer getötet und verletzt worden, darunter der Bürgermeister von Middelkerke. Unsere Verluste gestern waren ganz gering. Beiderseits des Kanals von La Bassee griffen unsere Truppen

die Stellungen der Engländer an. Während der Angriff nördlich

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des Kanals zwischen Givenchy und Kanal wegen starker Flankierung nicht zur Wegnahme der englischen Stellung führte, hatte der Angriff der Badener südlich des Kanals vollen Erfolg. Hier wurden die englischen Stellungen in einer Frontbreite von 1100 Meter im Sturm überrannt, zwei starke Stützpunkte erobert, drei Offiziere, 110 Mann gefangen genommen, ein Geschütz, drei Maschinengewehre erbeutet. Die Engländer versuchten vergeblich, die von uns sofort für unsere Zwecke ausgebauten Stellungen zurückzuerobern, wurden aber mit schweren Verlusten zurückgeschlagen. Unsere Verluste sind verhältnismäßig gering. Auf den Höhen von Craonne süd- östlich Laon fanden für unsere Truppen erfolgreiche Kämpfe statt.

Im Südteil der Vogesen wurden sämtliche Angriffe der Franzosen abgewiesen, über 50 Gefangene fielen in unsere Hand.

Nordöstlich Gumbinnen griffen die Russen die Stellungen unserer Kavallerie erfolglos an. Auf der übrigen Front in Ost- preußen fanden heftige Artilleriekampfe statt.

Kleinere Gefechte nordöstlich Wlozlawek waren für uns er- folgreich.

In Polen westlich der Weichsel und östlich der Piliza ereignete sich nichts von Bedeutung.

Oberste Heeresleitung.

Ein Königliches Gedenkblatt.

Berlin, 27. Januar. Folgender Allerhöchster Erlaß wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht:

Ich will den Angehörigen der im Kampf um die Verteidigung des Vaterlandes gefallenen Krieger des preußischen Heeres in Anerkennung der von den Verewigten bewiesenen Pflichttreue bis zum Tode und in herzlicher Anteilnahme an dem schweren Verlust ein Gedenkblatt nach dem Mir vorgelegten Entwurf verleihen.

Das Kriegsministerium hat das Weitere zu veranlassen.

Großes Hauptquartier, 27. Januar 1915.

gez. Wilhelm R. ggez. Wild von Hohenborn,

An das Kriegsministerium,

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Das Treffen bei Helgoland.

Über das Seegefecht, das am 24. Januar in der Zeit von etwa 9 Uhr vormittags bis gegen 12½, Uhr mittags stattgefunden hat, sind inzwischen nähere Berichte eingegangen, die die ersten amtlichen deutschen Meldungen nicht nur in vollem Umfange bestätigen, sondern sie in gleicher Richtung ergänzen. Diese Tatsache möge vorweg festgestellt sein, da von englischer Seite die Angabe wiederholt wird, daß am 24. Januar kein englisches Schiff verloren gegangen sei. Es verdient allerdings hervorgehoben zu werden, daß die „amtliche“ Meldung nicht von der britischen Admiralität herrührt, vielmehr unter der Flagge des Reuterschen Bureaus in die Welt gesandt wird. Der englischen Ableugnung gegenüber ist daran festzuhalten, daß in dem Gefecht bei Helgoland tatsächlich ein britischer Schlacht- kreuzer gesunken ist. Das steht außer Zweifel. Sein Untergang wurde von einem Zeppelinkreuzer, der über der Kampfstätte schwebte, ferner von unserem Panzerkreuzer „Moltke“ sowie von dem Torpedoboot be- obachtet, das dem schon schwer beschadigten britischen Kriegsschiff zwei Torpedoschüsse beibringen konnte.

Wie schon bekannt ist, nahmen auf deutscher Seite an dem Gefechte vier große Kreuzer, mehrere kleinere Kreuzer und zwei Torpedoboots- flottillen teil. Die deutschen Schiffe waren auf Fahrt mit westlichem Kurse, westnordwestlich von Helgoland. Vermutlich bewegten sie sich in der normalen Formation der einfachen Kiellinie, d. h. die vier großen Kreuzer an der Spitze, darauf die kleinen Kreuzer; die Torpedoboote in der Nähe der großen Kreuzer. Der englische Verband kam aus der Rich- tung von der englischen Küste. Welche Ziele die englischen Seestreitkräfte verfolgten, ist hier natürlich nicht bekannt. Möglich ist, daß sie lediglich Patrouillendienst zu versehen hatten. 120 Seemeilen westnordwestlich von Helgoland wurde der Feind gesichtet. Darauf wechselte unser Ver- band den Kurs, indem er südöstlichen Kurs nahm. Dieses Manöver hatte offensichtlich den Zweck, den Gegner nach der deutschen Küste heran- zuziehen, wo möglicherweise Helgoland eingreifen, vielleicht auch deutsche Unterseeboote oder die deutsche Minensperre sich wirksam erweisen konnten. Nicht ohne Einfluß auf die Entschließung des deutschen Ad- mirals mögen auch Rücksichten auf Wind- und Beleuchtungsverhaltnisse gewesen sein, die bekanntlich für den Verlauf von Seekämpfen von Be- deutung sind. Als die beiden Gegner sich in sũdöstlicher Richtung be- wegten, war die deutsche Linie gegen die englische um eine Strecke vorgeschoben. In südöstlicher Richtung verlief das Gefecht und näherte sich bis auf 70 englische Meilen Helgoland. Als die beiderseitigen Streit- kräfte etwa 20 km voneinander entfernt waren, eröffnete der britische Admiral das Feuer. Der Kommandant der deutschen Streitkräfte, Admiral Hipper, hatte auf dem „Seydlitz“, der die Spitze hielt, seine Flagge ge- setzt. Der „Blücher“ fuhr als letzter der großen Kreuzer. Mit Rücksicht auf den „Blücher“ mußte die Fahrgeschwindigkeit auf höchstens 25 See- meilen gehalten werden, während die englischen Schiffe ihre Geschwindig- keit auf 28 Seemeilen steigern konnten, wodurch sie selbstverständlich im

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Vorteil waren. Trotz dieser Überlegenheit suchten die Engländer nicht näher an die deutschen Schiffe heranzukommen, sondern aus einer Ent- fernung von zunächst 20 km Treffer zu erzielen. Später verminderte sich die Entfernung auf etwa 15 km. Von den Engländern wurde der „Blücher“ unter starkes Feuer genommen. Durch einen schweren Schuß erlitt er bald nach Beginn des Kampfes Maschinenhavarie, legte über, setzte aber den Kampf fort. Die anderen deutschen Schiffe konnten ihm keine Hilfe bringen, da sie im Kampfe fortfahren mußten. So konnten sich dem „Blücher“, der in seiner Manövrierfähigkeit naturgemäß stark beeinträchtigt war, englische Torpedoboote nähern und seinen Untergang durch Torpedo- schüsse vollenden. Um 12 Uhr 37 Minuten wurde eine heftige Explosion vernehmbar, wonach der „Blücher“ sank. Den Engländern kostete der Kampf mit dem „Blücher“, wie sicher feststeht, zwei Torpedobootzerstorer, die durch ihn vernichtet wurden. Aus dem schon angegebenen Grunde konnten unsere Streitkräfte sich auch am Rettungswerk nicht beteiligen. Die Überlebenden des „Blücher“, der am weitesten nach der Richtung Englands stand, wurden von leichten englischen Streitkräften aufgenommen. Die Zahl der Gerefteten ist nach den neuesten Berichten auf 200 gestiegen.

Der Kampf war inzwischen weitergegangen und wurde dann von dem englischen Admiral abgebrochen. Uber die Gründe dieses Ent- schlusses ist man auf deutscher Seite auf Mutmaßungen angewiesen. Un- mittelbar kann Helgoland hierauf nicht eingewirkt haben, da es immer noch 70 Seemeilen entfernt war. Ob die Annäherung an die deutsche Küste ihm unbehaglich war, ob er Besorgnisse wegen deutscher Untersee- boote hatte oder ob das Ausscheiden eines seiner Schlachtkreuzer maß- gebend war, entzieht sich für uns der Feststellung. Der zuletzt angeführte Grund ist der wahrscheinlichste. Tatsache ist, daß ein Schlachtkreuzer zuruckblieb und in Dunst und Rauchwolken in die Nähe eines deutschen Torpedobootes geriet, durch das er zweimal mit Torpedoschüssen ge- troffen wurde. Sein Untergang ist, wie schon hervorgehoben wurde, un bedingt sicher festgestellt.

Stellt man diesen Verlust dem Untergang des „Blücher“ gegenüber, so ist der englische Verlust schon hier beträchtlich größer, da es sich bei den Engländern um einen modernen Schlachtkreuzer handelt. Außerdem wurden an den englischen Schiffen schwere Beschädigungen beobachtet, so das Umfallen von Masten und Schornsteinen. Englische Berichte geben ferner selbst zu, daß der Schlachtkreuzer „Lion“ einen Unterwassertreffer erhalten und, da einige Abteilungen volliefen, vom „Indomitable“ in Schlepp genommen werden mußte. Aus dem Umstande, daß nach eng- lischen Angaben 10 Mann des „Lion“ getötet und 10 verwundet wurden, ergibt sich, daß andere deutsche Schüsse den Panzerschutz durchschlagen und somit erheblich Schaden angerichtet haben müssen. Von deutscher Seite wurde weiter beobachtet, daß auf einem anderen britischen Schlacht- kreuzer durch Treffer ein großer Brand und Maschinenhavarie entstand. Dazu kommt der Verlust an Torpedobootzerstorern. Außer den schon erwähnten Fahrzeugen dieser Art, die der „Blücher“ in Grund geschossen hat, ist ein Zerstörer durch ein deutsches Unterseeboot vernichtet worden.

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í

Ein vierter Zerstörer („Meteor“) hat so schwere Beschädigungen erlitten, daß er in Schlepp genommen werden mußte. Die kleinen Kreuzer haben auf beiden Seiten am Kampfe nicht teilgenommen.

Vom „Blücher“ abgesehen, haben unsere Schiffe nicht wesentlich gelitten. Einer unserer Kreuzer ist völlig unbeschädigt geblieben. Auf einem anderen wurden durch einen Volltreffer geringer Sachschaden sowie Verluste einiger Menschenleben verursacht. Ein dritter Kreuzer hatte eine unbedeutende Schußverletzung und zwei Tote zu verzeichnen. Von den deutschen Torpedobooten ist keines gesunken, noch beschädigt worden; auch sind keine Menschenverluste zu beklagen.

So steht es in Wahrheit um das Gefecht bei Helgoland, das die englische Presse zu einem großen Siege aufgebauscht hat. Gewiß empfinden wir lebhaftes Bedauern um den Untergang des „Blücher“ und den Ver- lust mehrerer Hundert braver deutscher Seeleute. Diese starben den Heldentod, dem sie mit Mut und unbeirrbarer Pflichttreue entgegengingen. Mit Befriedigung aber können wir auf den Ausgang dieses Gefechtes zurückblicken, das wahrlich nicht zu ungunsten Deutschlands ausgegangen ist.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 27. Januar.

Bei Nieuport und Ypern fand nur Artilleriekampf statt.

Bei Cuinchy südwestlich La Bassee versuchte der Feind gestern abend die ihm am 25. Januar entrissene Stellung zurückzuerobern. Das Bemühen war vergeblich, der Angriff brach in unserem Feuer zusammen.

Die schon gestern gemeldeten Kämpfe auf den Höhen von Craonne hatten vollen Erfolg. Die Franzosen wurden aus ihrer Höhenstellung westlich La Creute Fme. und östlich Hurtebise ge- worfen und auf den Sudabhang des Höhengelandes gedrängt. Mehrere Stützpunkte auf einer Breite von 1400 m wurden von den Sachsen im Sturm genommen, 865 unverwundete Franzosen gefangen, 8 Maschinengewehre erobert, ein Pionierdepot und viel sonstiges Material erbeutet.

Südöstlich St. Mihiel nahmen unsere Truppen einen franzo- sischen Stützpunkt, Gegenangriffe der Franzosen blieben erfolglos.

In den Vogesen liegt hoher Schnee, der unsere Bowegungen verlangsamt. |

Der russische Angriff nordöstlich Gumbinnen machte keine Fortschritte, die Verluste des Feindes waren stellenweise schwer.

In Polen keine Veränderung. Oberste Heeresleitung.

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Kaisers Geburtstag im Großen Hauptquartier.

Der zum westlichen Kriegsschauplatz entsandte Kriegsbericht- erstatter des „Berliner Tageblatts“ Wilhelm Schmidtbonn meldet:

Großes Hauptquartier, 27. Januar.

Die Auffahrt der Autos, der Anmarsch der Truppen: das war diesmal ein anderes Bild als sonst an diesem Tage Unter den Linden. Vorstadtstraßen mit niederen Häusern, an den Türen und Straßen- ecken Gruppen von neugierig herschauenden Franzosen. In einem kahlen Raum, an der Rückwand, ein Altar mit Decke, rechts und links je ein rundgeschnittener Topfbaum und je ein Bund von fünf Reiterlanzen mit vielfarbigen Fähnlein. Die Altardecke ist ein Ge- burtstagsgeschenk der Kaiserin. Es sind die Worte des Kaisers im Reichstag hineingewebt: „Vorwärts mit Gott, der mit uns ist, wie er mit unseren Vatern war.“ Das Haus ist ganz gefüllt mit einer dicht zusammengedrängten Menschenmenge und der ersten Sonne dieses Jahres. Truppen, Kreuzschwestern, auf einer Estrade der Kaiser, ganz allein vor allen auf seinem Stuhl, hinter ihm der Prinz Oskar, von der Front kommend und im einfachen, feldgrauen Mantel. Um den Kaiser her der Reichskanzler, Großadmiral von Tirpitz, der neue Kriegsminister Wild von Hohenborn, der österreichisch-ungarische Delegierte Graf Stürgkh, Zekki Pascha in brauner Uniform mit hohem Tschako. Unter vielen anderen auch der Oberst Langer, der Kom- mandant der österreichisch-ungarischen Motorbatterien in Belgien und Frankreich, dem heute der Kaiser das Eiserne Kreuz erster Klasse verliehen hatte.

Das Kommando „Stillgestanden!“, das beim Eintritt des Kaisers ertönt, hat hier nichts, was an den Kasernenhof erinnert, sondern das scharfe Wort springt einem hier gleichsam ins Herz. Eine seltene Stunde beginnt, in der nicht irgendeine Entscheidung fällt, die aber das sinnfälligste und wirkungsstärkste Symbol ist für das Geschehen unserer Tage.

Nach einem Gesang aller spricht der Hofprediger Goens über das Bibelwort: „Er legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch.“ Der Prediger sagt in einfachen, lebendigen, für den Kaiser selbst, ebenso wie für die Krieger gedachten Worten: „Das ganze Deutsch- land denkt in dieser Stunde an uns.“ Er denkt zurück an die früheren Feiern dieses Tages und spricht aus, daß das deutsche Volk dem Kaiser nie ein schöneres Geschenk gegeben habe als diesmal: die

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volle Einigkeit! „Aber wir müssen ihm mehr geben. Wie schwer hat er es in seiner ungeheuren Verantwortung. Seine Glücksstellung ist eine fast unmenschliche Last. Wir müssen ihm alle tragen helfen durch den unermüdlichen Willen: Aushalten, durchhalten!“

Der Kaiser sitzt da, ernst, wendet die Augen nicht einmal auch nur eine Fingerbreite vom Gesicht des Predigers ab. Es war für die wenigen, die in dieses Gesicht sehen konnten, ergreifend und unver- geßlich. Das durch die Jahrzehnte immer und in diesen Monaten aufs höchste angespannte Gefühl der Verantwortung hat dieses Ge- sicht wie durch die Hand eines größten Künstlers eisern gebildet. Es ist nur ausschauender Wille und Entschlossenheit darin. Dazu ist dieses Gesicht jetzt ganz von der Weihe dieser Stunde berührt, die die große Bitte um Sieg heißer als irgendwo in Deutschland zum Himmel hinaufruft. Hier war heute wirklich das Herz Deutschlands. Als zum Schluß die Musik der Leibwache das niederländische Dank- gebet wie mit Posaunen und Pauken des Himmels begann, sangen alle mit einer von mir nie erlebten ergriffenen Fortgerissenheit mit.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 28. Januar.

An der flandrischen Küste wurden die Ortschaften Middel- kerke und Slype von feindlicher Artillerie beschossen.

Auf den Craonner Höhen wurden dem Feinde weitere, an die vorgestern eroberte Stellung östlich anschließende 500 m Schützen- graben entrissen. Französische Gegenangriffe wurden mühelos ab- gewiesen. Der Feind hatte in den Kämpfen vom 25.—27. Januar schwere Verluste. Uber 1500 tote Franzosen lagen auf dem Kampf- felde, 1100 Gefangene, einschließlich der am 27. Januar gemeldeten, fielen in die Hände unserer Truppen.

In den Vogesen wurden in der Gegend Senones und Bau de Sapt mehrere französische Angriffe unter erheblichen Verlusten für den Feind abgeschlagen, ein Offizier, 50 Franzosen wurden gefangen genommen. Unsere Verluste sind ganz gering.

Im Oberelsaß griffen die Franzosen auf der Front Nieder- aspach—Heidweiler—Hirzbacher Wald unsere Stellungen bei Aspach, Ammerzweiler, Heidweiler und am Hirzbacher Walde an. Überall

283 wurden die Angriffe mit schweren Verlusten für den Feind ab-

gewiesen; besonders stark waren seine Verluste südlich Heidweiler und südlich Ammerzweiler, wo die Franzosen in Auflösung zurück- wichen. Fünf französische Maschinengewehre blieben in unseren Händen. |

Unbedeutende feindliche Angriffsversuche nordöstlich Gum- binnen wurden abgewiesen. Bei Biezun nordöstlich Sierpe wurde eine russische Abteilung zurückgeschlagen.

In Polen sonst keine Veränderung.

Oberste Heeresleitung.

Schließung des Suezkanals. Haag, 28. Januar.

Das Ministerium des Außern teilt mit, daß die englischen Militär- behörden Maßnahmen ergriffen haben, um die Schiffahrt im Suez- kanal zu schließen. Die Kanalgesellschaft lehne die Verantwortung für eine Verzögerung oder Beschädigung ab. Nachmittags könne kein Schiff in den Suezkanal einfahren.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Ä Wien, 28. Januar.

Amtlich wird verlautbart: Nunmehr ist auch das Nagy-Agtal vom Gegner gesäubert. Der in dieses Tal bis in die Gegend nördlich Okormezoe mit stärkeren Kräften eingedrungene Feind mußte gestern seine letzten gut befestigten Stellungen aufgeben. Toronya wurde von uns genommen, in der Verfolgung Wyszkow erreicht, wo der Kampf gegen feindliche Nachhuten erneut begann. Auf den Höhen nördlich Vezerezallas und bei Volovec versuchten die Russen nach Einsetzen von Verstärkungen nochmals ihre verlorene Hauptstellung wieder zu gewinnen. Sie wurden zurückgeschlagen und verloren hier- bei 700 Gefangene und 5 Maschinengewehre. An der übrigen Kar- pathenfront keine wesentliche Änderung der Situation. Östlich des Nagy-Agtales herrscht Ruhe.

In Westgalizien und Polen Artilleriekampfe und kleinere Aktionen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

284 Die Preisgabe der belgischen Neutralität durch England.

Berlin, 28. Januar.

Das Londoner Pressebureau veröffentlicht eine lange Erklärung, die sich gegen eine vom Reichskanzler dem hiesigen Vertreter der Associated Press gewährte Unterredung wendet. Das amtliche Londoner Bureau be- streitet, daß England im Jahre 1911 entschlossen gewesen sei, ohne Zu- stimmung Belgiens Truppen nach Belgien zu werfen. Diese Auffassung beruhe wahrscheinlich auf nichtoffiziellen Besprechungen zwischen britischen und belgischen Offizieren aus den Jahren 1906 bis 1911, die Vorkehrungen gegen eine etwaige Verletzung der Neutralität durch Deutschland treffen wollten. Ehe diese Besprechungen stattfanden, wurde von britischer Seite ausdrücklich festgelegt, daß die Erörterung militärischer Möglichkeiten darauf zu beschränken wäre, wie ein britischer Beistand Belgien zur Ver- teidigung seiner Neutralität am wirksamsten gewährt werden könnte. Von belgischer Seite wurde erklärt, daß ein britischer Einmarsch in Belgien nur nach Verletzung der Neutralität durch Deutschland stattfinden solle.

Die veröffentlichten belgischen Dokumente widerlegen diese Ver- sicherungen des englischen Pressebureaus auf das bündigste. Es steht fest, daß England 191! im Falle des Kriegsausbruchs zwischen Deutsch- land und Frankreich entschlossen war, unmittelbar, mit oder ohne Zu- stimmung Belgiens, auch ohne daß die belgische Regierung Hilfe verlangt hätte, in Belgien zu landen. Dafür liegen die Erklärungen des Oberst- leutnants Bridges gegenüber dem belgischen Generalstabschef vor. Dafür spricht auch die von Lord Roberts abgegebene Erklärung („British Review“ Heft vom August 1913), daß im August 191! die Heimatsflotte und ein Expeditionskorps für einen Einfall in Flandern in Bereitschaft waren, um das Gleichgewicht der Mächte aufrechtzuerhalten.

Bemerkenswert ist aber ferner, daß die englische Regierung jetzt die Fiktion fallen läßt, als ob es sich 1906 und 191] nur um eine „aka- demische“ militärische Diskussion gehandelt habe für den Fall, daß die belgische Neutralität „von einem seiner Nachbarn“ verletzt werden sollte.

Die akademischen Besprechungen sind jetzt zu „nichtoffiziellen“ Be- sprechungen geworden, für die aber vorher ausdrücklich Grundsätze also doch wohl offizielle? festgelegt worden sind. Zugegeben wird jetzt auch, daß sich die Besprechungen allein gegen Deutschland, also nur den einen der belgischen Nachbarn, gerichtet haben. Darin gerade liegt die Preisgabe der belgischen Neutralität. Die englische Regierung vermag durch keine Sophistik die Tatsache aus der Welt zu schaffen, daß sie das durch seinen Neutralitätsvertrag gegenüber allen Mächten gleichmäßig gebundene Belgien zu Verhandlungen und Abmachungen gegenüber.einem dieser Garanten, nämlich Deutschland, verlockt, auf die Seite der Triple- entente gezogen und schließlich in den Krieg hineingestoßen hat.

285

Die weiteren Ausführungen der Erklärung laufen darauf hinaus, die Schuld am Scheitern der Friedensbemühungen der deutschen Regierung zuzuschieben und England von der Mitschuld am Ausbruch des Krieges zu entlasten. Dem gegenüber bleibt der dokumentarische Tatbestand bestehen, dessen Ergebnis Helfferich mit den Worten bezeichnet hat: „Rußland ist als der Brandstifter, Frankreich und England sind als die Mitschuldigen erwiesen.“

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 29. Januar.

Bei einem nächtlichen Geschwaderflug wurden die englischen Etappenanlagen der Festung Dünkirchen ausgiebig mit Bomben belegt.

Ein feindlicher Angriff in den Dünen nordwestlich Nieuport wurde abgewiesen; der Feind, der an einer Stelle in unsere Stellung eingedrungen war, wurde durch nächtlichen Bajonettangriff zurück- geworfen.

Südlich des La Bassee-Kanals versuchten die Engländer die ihnen entrissene Stellung zurückzunehmen, ihr Angriff wurde leicht zurückgeschlagen.

Auf der übrigen Front ereignete sich nichts Wesentliches.

Russischer Angriff in Gegend Kussen, nordöstlich Gumbinnen, scheiterte unter schweren Verlusten für den Feind.

Im nördlichen Polen keine Veränderung.

Nordöstlich Bolimow östlich Lowicz warfen unsere Truppen den Feind aus seiner Vorstellung und drangen in die Hauptstellung ein. Die eroberten Graben wurden trotz heftiger nachtlicher Gegen- angriffe bis auf ein kleines Stück gehalten und eingerichtet.

Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege. Erfolge über die Russen.

Konstantinopel, 29. Januar. Das Große Hauptquartier teilt mit: Auf der kaukasischen Front hat sich nichts Nennenswertes ereignet. Unsere Truppen, die in der Richtung auf Olty die Offensive ergriffen haben, machten 300 Russen zu Gefangenen und erbeuteten eine Menge Gewehre und Kriegsmaterial. Die seit einer

Woche in Aserbeidschan im Gange befindliche Schlacht in der Umgegend

286

von Choi gegen die feindlichen Hauptkräfte wird zu unseren Gunsten fortgesetzt. Choi ist der letzte Zufluchtsort der Russen in Aserbeidschan. Am 27. Januar nahmen unsere Truppen im Süden von Choi die erste Linie der befestigten feindlichen Stellungen, die aus mehreren Linien be- stehen.

Ein Parseval-Luftschiff über Libau. Berlin, 29. Januar.

Wie wir erfahren, ist am 25. Januar ein deutsches Marine-Parseval- Luftschiff von einem Ostseehafen aus zu einer Unternehmung gegen den russischen Kriegshafen Libau aufgestiegen und bisher nicht zurückgekehrt. Eine Meldung des russischen Marine-Generalstabes verbreitet, daß am 25. Januar ein deutsches Zeppelin-Luftschiff Libau überflogen und Bomben abgeworfen habe. Das Luftschiff sei be- schossen und getroffen worden und sei in die See gestürzt. Von russischen Fahrzeugen sei es vernichtet und die Besatzung gefangen genommen worden. Die russische Angabe, daß das angreifende Luftschiff ein Zeppelin gewesen sei, wie in der ausländischen Presse weiter verbreitet worden ist und auch in die deutsche Presse Ein- ‚gang gefunden hat, ist hiernach unzutreffend.

Der Mißerfolg der französischen Offensive. Berlin, 30. Januar.

Seit dem 17. Dezember 1914 dem Tage, an dem General Joffre die allgemeine Offensive befahl ist ein voller Monat ins Land gegangen, ohne daß es den Verbündeten gelungen ist, unsere ausgedehnten Linien an irgendeiner Stelle zu durchbrechen. Zwischen Reims und den Argonnen haben die Franzosen besonders große An- strengungen gemacht. Ihr Angriff begann dort am 20. Dezember und brachte an diesem ersten Tage unbedeutende Teile unserer Schützen- gräben in ihre Hand, Schützengräben, die sich aus der allgemeinen Verteidigungsfront nach und nach feindwärts vorgeschoben hatten und einem konzentrischen Angriff daher besonders ausgesetzt waren. In ununterbrochenen Angriffen haben sich die Franzosen bemüht, diesen anfangs errungenen Vorteil zu erweitern. Täglich lag das vereinigte Feuer ihrer schweren Batterien auf bestimmten Teilen unserer Front; beinahe täglich stürmte die französische Infanterie gegen unsere Gräben vor; immer dichter wurde das Totenfeld vor unserer Front, immer größer die Zahl der französischen Gefangenen. Es soll nicht geleugnet werden, daß die französische Infanterie anfangs mit Aufopferung und

Schneid an ihre Aufgabe heranging. Die Berichte des französischen

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Nachrichtendienstes waren in den Wochen vor dem allgemeinen An- griff eigentlich nur noch ein Lobgesang auf die unwiderstehliche Ge- walt der französischen schweren Artillerie gewesen. Unter dem dauernden Eindruck dieser Berichte mußte in der französischen In- fanterie die Überzeugung Platz greifen, daß sie bei einem Angriff eigentlich nur zu ernten haben würde, was die schwere Artillerie ge- sät. Sie hat schnell einzusehen gelernt, daß man bei den Lobgesängen auf die französische schwere Artillerie einen Umstand völlig außer acht gelassen hatte die Widerstandskraft unserer Infanterie! In diesem Punkte stimmte die Rechnung nicht. Es war dann auch deut- lich zu erkennen, wie die anfängliche Zuversicht der französischen Infanterie mit jedem neuen Angriff nachließ und sich nach und nach in die Überzeugung wandelte: es ist nutzloses Blutvergießen, immer wieder gegen die deutsche Stellung anzurennen. Auch als die Fran- zosen frische Kräfte ins Feuer führten, brach deren unverbrauchte Kraft an dem zähen Widerstand unserer Infanterie zusammen. Es ist erwiesen, daß die französischen Offiziere schließlich auf ihre Leute mit der nachgerade abgebrauchten Lüge einzuwirken suchten, daß wir ihre Gefangenen zu Tode quälen. Sie übersehen dabei ganz, daß diese Lüge weiter nichts beweist, als daß die französische Infanterie durch Angst vor Schlimmerem davon abgehalten werden soll, sich dem Feinde zu ergeben. Die Lüge hat übrigens nicht viel genutzt. Die zahlreichen Gefangenen aus den Kämpfen im Dezember und Januar sind zufrieden, daß „der Krieg für sie beendet ist“. Unserer Truppe aber haben diese Kämpfe bewiesen, daß sie keinen Feind zu scheuen hat selbst nicht die „fameuse artillerie lourde“ der Franzosen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 30. Januar.

Die französischen Verluste in den Kämpfen nördlich Nieuport am 28. Januar waren groß, über 300 Marokkaner und Algerier legen tot in den Dünen. Der Feind wurde durch unser Artillerie- feuer auch gestern daran gehindert, sich an die Dünenhöhen öst- lich des Leuchtturmes mit Sappen heranzuarbeiten.

Südlich des Kanals von La Bassée entrissen heute nacht unsere Truppen den Franzosen im Anschluß an die von uns am 25. Januar

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eroberte Stellung zwei weitere Gräben und machten über 60 Ge- fangene.

Im westlichen Teil der Argonnen unternahmen unsere Truppen gestern einen Angriff, der uns einen nicht unbedeutenden Gelände- gewinn einbrachte. An Gefangenen blieben in unseren Händen: 12 Offiziere, 731 Mann, erbeutet wurden: 12 Maschinengewehre, 10 Geschütze kleineren Kalibers. Die Verluste des Feindes sind schwer, 400 bis 500 Tote liegen auf dem Kampffelde, das fran- zösische Infanterieregiment 155 scheint aufgerieben zu sein. Unsere Verluste sind verhältnismäßig gering.

Französische Nachtangriffsversuche südöstlich Verdun wurden unter schweren Verlusten für den Feind zurückgeschlagen.

Nordöstlich Badonviller wurden die Franzosen aus dem Dorfe Angomont auf Bremenil geworfen. Angomont wurde von uns besetzt.

In Ostpreußen griffen die Russen erfolglos den Brückenkopf östlich Darkehmen an, beschossen unsere Befestigungswerke öst- lich der Seenplatte und versuchten südöstlich des Löwentinsees einen Angriff, der in unserem Feuer zusammenbrach.

Russische Nachtangriffe in Gegend Borzymow, östlich Lowicz, wurden unter schwersten Verlusten für den Feind zurückgeworfen.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 30. Januar.

Amtlich wird verlautbart: An der polnisch-galizischen Front herrscht, abgesehen von kurzen Geschützkämpfen, größtenteils Ruhe.

Die heftigen Kämpfe der letzten Tage führten in den Karpathen zur Wiedereroberung der Paßhöhen. In den eine Woche andauernden schwierigen Aktionen haben die Truppen trotz ungünstiger Witterungs- verhältnisse mit größter Ausdauer und Zähigkeit gekämpft, alle Terrainschwierigkeiten bei oft hoher Schneelage überwunden und hier- durch große Erfolge erzielt. Dem Feinde wurden in Summe 10000 Gefangene und 6 Maschinengewehre abgenommen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Die Turkei im Kriege. Bericht des türkischen Großen Generalstabs.

Konstantinopel, 30. Januar. Der Große Generalstab teilt mit: Die türkische Flotte hat am 26. Januar erfolgreich einen russischen militärischen Platz an der West- küste des Schwarzen Meeres beschossen.

Berlin, 30. Januar. Seine Majestät sind, von Besichtigungen im Westen des Reiches kommend, zu kurzem Aufenthalt in Berlin eingetroffen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 31. Januar. In Flandern fanden gestern nur Artilleriekämpfe statt. Bei Cuinchy südlich der Straße La Bassée—Béthune, sowie bei Carency (nordwestlich Arras) wurden den Franzosen einzelne Schützen- graben entrissen. Von der ostpreußischen Grenze nichts Neues. In Polen wurde bei Borzymow östlich Lowicz ein russischer

Angriff zuruckgeschlagen. Oberste Heeresleitung.

Zwei englische Dampfer durch ein deutsches Unterseeboot

versenkt. Berlin, 31. Januar. Nach einer Reutermeldung aus London hat das deutsche Unter- seeboot „U. 21“ am 30. Januar früh den englischen Dampfer „Ben Cruachen“ in der Irischen See versenkt. Der Mannschaft wurde Zeit gelassen, das Schiff zu verlassen. Sie wurde später durch ein englisches Fahrzeug in Fleetwood gelandet. Nach weiteren englischen Meldungen hat dasselbe Boot gegen Mittag desselben Tages einen zweiten Dampfer westlich von Liverpool zum Sinken gebracht. Auch der Besatzung dieses Schiffes wurde ermöglicht, sich vorher in Sicherheit zu bringen. Sie ist bereits in Liverpool angekommen. London, 31. Januar. Das Reutersche Bureau meldet: Das deutsche Unterseeboot „21“ hat gestern früh den Küstendampfer „Ben Cruachen“ aus North Shields durch Torpedoschuß versenkt. Der Kommandant ließ der

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21 Mann starken Besatzung zehn Minuten Zeit, um in die Boote zu gehen. Die Leute wurden später von einem Fischerboot auf- genommen und in Fleetwood an der lrischen See gelandet. Dasselbe Tauchboot fing gegen Mittag den Dampfer „Linda Blanche“, der sich auf der Fahrt von Manchester nach Belfast befand, genau westlich von Liverpool ab. Die aus 10 Mann bestehende Besatzung erfuhr die gleiche Behandlung wie die des „Ben Cruachen“.

Ein gestern abend in Liverpool eingetroffener Dampfer berich- tet, er habe beobachtet, wie das Unterseeboot noch einen dritten Dampfer vernichtete.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 31. Januar.

Amtlich wird verlautbart: Am Dunajec und an der Nida herrschte gestern auf beiden Seiten lebhafte Artillerietätigkeit. Unsere in letzter Zeit schon mehrere Male mit guter Wirkung feuernde Artillerie hatte auch gestern Erfolg. Der Feind räumte in heftigstem Feuer einige Schitzengraben. Auch an der übrigen Front in Russisch Polen war zeitweise Geschũtzkampf. In den Karpathen verlief der Tag ruhiger. Im Waldgebirge wird noch um einige knapp nördlich der Paßhöhen liegende Stellungen gekämpft.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 1. Februar.

Vom westlichen Kriegsschauplatz ist nichts Wesentliches zu melden.

Von der ostpreußischen Grenze nichts Neues.

Nördlich der Weichsel in der Gegend südwestlich Mlawa haben wir die Russen aus einigen Ortschaften, die sie tags zuvor vor unserer Front besetzt hatten, verdrängt.

In Polen südlich der Weichsel gewannen wir weiter an Boden. Südlich der Piliza haben wir unsere Angriffe erneuert.

Oberste Heeresleitung.

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Die Türkei im Kriege.

Zusammenstöße auf der kaukasischen Front. Konstantinopel, 2. Februar.

Aus dem Großen Hauptquartier wird gemeldet: Ortlich beschränkte Zusammenstöße der letzten Tage auf der kaukasischen Front hatten einen für unsere Truppen erfolgreichen Ausgang. Eine feindliche Abteilung, welche unsere Truppen bei Artwin angegriffen hatte, wurde mit schweren Verlusten zurückgeschlagen und ließ, als sie verfolgt wurde, viel Kriegs- material in unseren Händen. In der Gegend von Korna überraschte in der Nacht vom 30. Januar eine kleine Abteilung zwei hinter Stacheldraht verschanzte feindliche Bataillone und brachte ihnen bedeutende Verluste bei. Am nächsten Tage versuchte der Feind unter dem Schutze von Kanonenbooten in der Umgebung zu landen, wurde aber unter Zurück- lassung zahlreicher Toten, darunter eines Hauptmanns und eines Unter- offiziers, zurückgeworfen. |

Der Verkehr im Suezkanal. Haag, 2. Februar.

Halbamtlich wird gemeldet: Von der Suezkanalgesellschaft ist folgendes Telegramm eingegangen: Die Suezkanalgesellschaft gibt bekannt, daß der Kanal für die Schiffahrt offen bleibe, wie auch aus der täglichen Veröffentlichung des Schiffahrtsverkehrs erhelle. Der Verkehr findet tagsüber statt.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 2. Februar 1915.

Außer Artilleriekampf an verschiedenen Stellen keine beson- deren .Vorkommnisse. |

An der ostpreußischen Grenze hat sich nichts Wesentliches ereignet. In Polen nördlich der Weichsel fanden in Gegend Lipno und nordwestlich Sierpe Zusammenstöße mit russischer Kavallerie statt. Sudlich der Weichsel sind unsere Angriffe im weiteren Fort- schreiten.

Die französischen amtlichen Berichte über die Kriegsereignisse enthalten in letzter Zeit geradezu ungeheuerlich zu unseren Un- gunsten entstellte, zum Teil auch völlig frei erfundene Angaben. Natürlich verzichtet die deutsche Oberste Heeresleitung darauf, sich mit derartigen Darstellungen im einzelnen zu befassen. Jedermann

ist in der Lage, ihren Wert an der Hand der amtlichen deutschen Mitteilungen selbst nachzuprüfen. Oberste Heeresleitung.

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Der Krieg gegen England.

In seiner heutigen Ausgabe bringt der „Reichs- und Staats- anzeiger“ folgende amtliche Veröffentlichung:

Berlin, den 1. Februar 1915. Bekanntmachung.

England ist im Begriff, zahlreiche Truppen und große Mengen von Kriegsbedarf nach Frankreich zu verschiffen. Gegen diese Transporte wird mit allen zu Gebote stehenden Kriegsmitteln vor- gegangen.

Die friedliche Schiffahrt wird vor der Annäherung an die französische Nord- und Westküste dringend gewarnt, da ihr bei Verwechslung mit Schiffen, die Kriegszwecken dienen, ernste Ge- fahr droht.

Dem Handel nach der Nordsee wird der Weg um Schottland

empfohlen. Der Chef des Admiralstabes der Marine.

gez. von Pohl.

Aus den Kolonien. Berlin, 2. Februar.

Über blutige Vorgänge an der Grenze von Deutsch-Südwest- afrika und Angola, wobei drei Deutsche, ein höherer Bezirksbeamter und zwei Offiziere, auf portugisischem Gebiet getötet wurden, sind jetzt Mitteilungen in die deutschen Blätter gelangt. Die Nachrichten stammen vom Oktober vorigen Jahres. Der Tod der drei Deutschen ist durch eine kurze amtliche Nachricht aus Windhuk nunmehr bestätigt. Über die näheren Umstände des Vorfalls hat sich jedoch trotz viel- facher vergeblicher Versuche, mit Windhuk darüber Fühlung zu gewinnen, noch nichts ermitteln lassen. Die Bemühungen zur Aufklärung der Angelegenheit, namentlich zur Feststellung der Schuldfrage, werden fortgesetzt.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 3. Februar. Französische Angriffe gegen unsere Stellungen bei Perthes wurden abgewiesen. Auf der übrigen Front fanden nur Artillerie- kampfe statt.

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Von der ostpreußischen Grenze nichts Neues. In Polen nördlich der Weichsel haben die Kavalleriekampfe mit dem Zurückwerfen der Russen geendet.

Südlich der Weichsel führte unser Angriff östlich Bolimow zur Eroberùng des Dorfes Humin; um Wola-Szydlowiecka wird noch gekämpft. Seit dem 1. Februar sind hier über 4000 Gefangene gemacht und sechs Maschinengewehre erbeutet worden. Russische Nachtangriffe gegen unsere Stellungen an der Bzura wurden ab- gewiesen.

Oberste Heeresleitung.

Zur Frage des Gefangenenaustausches. Rom, 2. Februar.

Wie die Blatter melden, hat der Papst den Vorschlag gemacht, die Zivilgefangenen auszutauschen, und zwar Frauen und Kinder sowie Männer über 55 Jahre. Die Mächte, die dem Vorschlag eine günstige Antwort gegeben haben, sind Deutschland, Österreich-Ungarn und England. Der Papst hatte sich wie früher direkt an die Staatsoberhäupter gewandt. Nach der „Tribuna“ dauern die Verhandlungen zwischen dem Heiligen Stuhl und den europäischen Kabinetten zur Durchführung des Austausches der dienstuntauglichen Gefangenen fort, doch scheint die Frage Schwierig- keiten zu begegnen. |

Der Krieg zur See. Ein Geheimbefehl der englischen Admiralität.

Berlin, 3. Februar.

Aus sicherer Quelle wird folgender Geheimbefehl der englischen Admiralität bekannt:

„Wegen des Auftretens deutscher Unterseeboote im englischen und irischen Kanal sollen sofort alle englischen Handelsschiffe neutrale Flaggen hissen und alle Abzeichen wie Reedereizeichen, Namen usw. verdecken. Hausflaggen sind nicht zu führen. Dieser Befehl ist geheim zu halten.“

Der Kampf gegen die deutschen Unterseeboote. London, 3. Februar.

Die „Shipping Gazette“ setzt eine Belohnung von 500 Pfund Sterling für die Bemannung des Handelschiffes aus, das zuerst ein deutsches Unter- seeboot zum Sinken bringt.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 4. Februar.

An der Front zwischen Nordsee und Reims fanden nur Artilleriekämpfe statt. °

Erneute französische Angriffe bei Perthes wurden unter Ver- lusten für den Feind abgewiesen.

Nôrdlich und nordwestlich Massiges (nordwestlich St. Méne- hould) griffen unsere Truppen gestern an, stießen im Sturm über droi hintereinander liegende feindliche Grabenlinien durch und setzten sich in der französischen Hauptstellung in einer Breite von 2 Kilometern fest; sämtliche Gegenangriffe der Franzosen, die auch nachts fortgesetzt wurden, sind abgeschlagen worden. Wir nahmen sieben Offiziere, 601 Mann gefangen und eroberten neun Maschinengewehre, neun Geschütze kleineren Kalibers und viel Material.

Sonst ist nur erwähnenswert, daß in den Mittelvogesen das erste Gefecht einer Schneeschuhtruppe gegen französische Jäger erfolgreich für uns verlief.

In Ostpreußen wurden schwache russische Angriffe gegen unsere Stellungen südlich der Memel abgewiesen.

In Polen nördlich der Weichsel fanden im Anschluß an die gemeldeten Kavalleriekampfe Plänkeleien kleinerer gemischter Truppenabteilungen statt.

An der Bzura südlich Sochaczew brach ein russischer Nacht- angriff unter starken Verlusten des Feindes zusammen. Unser Angriff östlich Bolimow macht trotz heftiger Gegenstöße des Feindes Fortschritte. Die Zahl der Gefangenen erhöht sich.

In den Karpathen kämpfen seit einigen Tagen deutsche Kräfte Schulter an Schulter mit den österreichisch-ungarischen Armeen. Die verbündeten Truppen haben in dem schwierigen und ver- schneiten Gebirgsgelände eine Reihe schöner Erfolge erzielt.

Oberste Heeresleitung.

Das Landungskorps der „Emden“. Berlin, 4. Februar.

Über S.M.S. „Ayesha“ geht die Nachricht ein, daß der Komman- dant, Kapitanleutnant von Mücke, mit dem Landungskorps S. M. S. „Emden“ in der Nähe von Hodeida (Südwestküste von Arabien) eingetroffen und von den türkischen Truppen mit Begeisterung

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empfangen sei. Nachdem die Fahrt durch die Straße von Perim unbemerkt von den englischen und französischen Bewachungsstreit- kräften gelungen war, vollzog sich die Landung an der Küste un- gestört in Sicht eines französischen Panzerkreuzers.

Aus der Vorgeschichte des Krieges. Berlin, den 4. Februar.

Die Russische Regierung hat es für gut befunden, aus dem Telegrammwechsel, der vor dem Ausbruch des gegenwärtigen Krieges zwischen S. M. dem Kaiser und dem russischen Zaren stattgefunden hat, ein Telegramm des letzteren vom 29. Juli zu veröffentlichen, ın dem unter anderem darauf hingewiesen wird, daß es richtiger wäre, das serbisch-österreichische Problem dem Haager Schiedsgericht zu übergeben. Es wird der Deutschen Regierung unterstellt, daß sie dieses Telegramm nicht veröffentlicht habe, um den Versuch des Zaren, den Krieg noch unmittelbar vor seinem Ausbruch durch seinen Vorschlag zu beschwören, mit Stillschweigen zu übergehen.

Zu dieser Unterstellung ist zunächst zu erklären, daß in das deutsche Weißbuch nur die für den Gang der Verhandlungen aus- schlaggebenden T elegramme der beiden Herrscher aufgenommen worden sind. Zu diesen ist das vorliegende Telegramm nicht gerechnet worden.

Das jetzt nachträglich veröffentlichte Telegramm des Zaren vom 29. Juli lautete:

„Danke für Dein versöhnliches und freundliches Telegramm. während die offizielle Mitteilung, die heute Dein Botschafter meinem Minister gemacht hat, in einem sehr verschiedenen Ton gehalten war. Ich bitte Dich diesen Unterschied zu erklären. Es würde richtiger sein, das österreichisch-serbische Problem der Haager Konferenz zu übergeben. Ich vertraue auf Deine Weisheit und Freundschaft.“

Das Antworttelegramm des Kaisers ist im deutschen Weißbuch, Anlage 23, veröffentlicht. Angesichts seines Wortlautes bedarf es gewiß keiner Erklärung mehr, weshalb Kaiser Wilhelm auf den Schiedsgerichtsvorschlag des Zaren in seiner Antwort nicht mehr ein- gegangen ist. Abgesehen davon, daß der Vorschlag nur beiläufig erwähnt war, hatte er angesichts der militärischen Vorbereitungen Rußlands gegen Osterreich-Ungarn jede sachliche Bedeutung verloren. Rußland hatte an dem gleichen Tage, an dem das Telegramm des Zaren an S. M. abging, trotz der wiederholten deutschen Warnungen die Mobil- machung von 13 Armeekorps gegen Osterreich-Ungarn erklärt, ohne

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daß eine gleiche Maßregel österreich-ungarischerseits vorhergegangen war. (Die tatsächliche russische Mobilmachung hatte schon am 24. Juli begonnen.) Der Schiedsgerichtsvorschlag eines Staates, der wegen der in Betracht kommenden Streitigkeiten seine Truppen mobilisiert und dadurch mit dem Kriege droht, konnte unmöglich als wirklich ernst und aussichtsvoll angesehen werden.

Was den in dem Telegramm des Kaisers von Rußland erwähnten Schritt des deutschen Botschafters in Petersburg, Grafen Pourtales, beim Minister des Äußeren Sasonoff betrifft, so war das eine Mitteilung des Botschafters an den Minister, worin er in ernster Weise darauf hinwies, daß ein weiteres Fortschreiten russischer Mobilmachungs- maßnahmen eine ernste Gefährdung des europäischen Friedens bedeuten würde.

Diese Mitteilung, die den Charakter einer freundschaftlichen Warnung trug, war in Wirklichkeit nichts anderes als eine Wieder- holung dessen, was der Botschafter seit dem 25. Juli in allen seinen Unterredungen, die er mit dem Minister gehabt hatte, hervorgehoben hatte. Graf Pourtalés hatte seit dem Tage, an welchem die russische Garde aus dem Lager bei Krasnoje Sselo nach Petersburg zurück- beordert wurde, keine Gelegenheit vorübergehen lassen, ohne Herrn Sasonoff mit dem größten Ernst auf die Gefahren aller militärischen Vorbereitungen hinzuweisen. Es handelte sich also bei der Mitteilung, auf die das Telegramm des Zaren Bezug nahm, in keiner Weise um eine Kundgebung,. die mit dem während der ganzen Verhandlungen von Deutschland angeschlagenen versöhnlichen Ton in Widerspruch stand. Wenn der Zar sie anders aufgefaßt hat, so kann die Erklärung hierfür nur darin gefunden werden, daß der russische Minister es anscheinend unterlassen hatte, seinem Kaiserlichen Herrn von der vorhergegangenen deutschen Warnung vor militärischen Rüstungen Kenntnis zu geben.

Der Krieg in den Gewässern rings um Großbritannien und

Irland. Der „Reichsanzeiger“ veröffentlicht im Amtlichen Teil folgendes: Bekanntmachung.

1. Die Gewässer rings um Großbritannien und Irland einschließ- lich des gesamten englischen Kanals werden hiermit als Kriegsgebie

erklärt. Vom 18. Februar 1915 an wird jedes in diesem Kriegsgebiet

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angetroffene feindliche Kauffahrteischiff zerstört werden, ohne daß es immer möglich sein wird, die dabei der Besatzung und den Passa- gieren drohenden Gefahren abzuwenden.

2. Auch neutrale Schiffe laufen im Kriegsgebiet Gefahr, da es angesichts des von der britischen Regierung am 31. Januar angeord- neten Mißbrauchs neutraler Flaggen und der Zufälligkeiten des See- krieges nicht immer vermieden werden kann, daß die auf feindliche Schiffe berechneten Angriffe auch neutrale Schiffe treffen. |

3. Die Schiffahrt nördlich um die Shetlandsinseln in dem öst- lichen Gebiet der Nordsee und in einem Streifen von mindestens

30 Seemeilen Breite entlang der niederländischen Küste ist nicht gefährdet.

Berlin, den 4. Februar 1915.

Der Chef des Admiralstabs der Marine von Pohl.

Zur Erläuterung dieser Bekanntmachung wird den verbündeten, den neutralen und den feindlichen Mächten die nachstehende Denk- schrift mitgeteilt:

Denkschrift der Kaiserlich Deutschen Regierung über Gegenmaßnahmen gegen die völkerrechtswidrigen Maßnahmen Englands zur Unterbindung des neutralen Seehandels mit Deutschland.

Seit Beginn des gegenwärtigen Krieges führt Großbritannien gegen Deutschland den Handelskrieg in einer Weise, die allen völkerrechtlichen Grundsätzen Hohn spricht. Wohl hat die britische Regierung in mehreren Verordnungen die Londoner Seekriegsrechtserklärung als für ihre See- streitkrafte maßgebend bezeichnet; in Wirklichkeit hat sie sich aber von dieser Erklärung in den wesentlichsten Punkten losgesagt, obwohl ihre eigenen Bevollmächtigten auf der Londoner Seekriegsrechtskonferenz deren Beschlüsse als geltendes Völkerrecht anerkannt hatten. Die britische Re- gierung hat eine Reihe von Gegenständen auf die Liste der Konterbande gesetzt, die nicht oder doch nur sehr mittelbar für kriegerische Zwecke verwendbar sind und daher nach der Londoner Erklärung wie nach all- gemein anerkannten Regeln des Völkerrechts überhaupt nicht als Konter- bande bezeichnet werden dürfen. Sie hat ferner den Unterschied zwischen absoluter und relativer Konterbande tatsächlich beseitigt, indem sie alle für Deutschland bestimmten Gegenstände relativer Konterbande ohne Rücksicht auf den Hafen, in dem sie ausgeladen werden sollen, und ohne Rücksicht auf ihre feindliche oder friedliche Verwendung der Wegnahme unterwirft. Sie scheut sich sogar nicht, die Pariser Seerechtsdeklaration zu verletzen, da ihre Seestreitkräfte von neutralen Schiffen deutsches

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Eigentum, das nicht Konterbande war, weggenommen haben. Uber ihre eigenen Verordnungen zur Londoner Erklärung hinausgehend, hat sie weiter durch ihre Seestreitkräfte zahlreiche wehrfähige Deutsche von neu- tralen Schiffen wegführen lassen und sie zu Kriegsgefangenen gemacht. Endlich hat sie die ganze Nordsee zum Kriegsschauplatz erklärt und der neutralen Schiffahrt die Durchfahrt durch das offene Meer zwischen Schott- land und Norwegen wenn nicht unmöglich gemacht, so doch aufs äußerste erschwert und gefährdet, so daß sie gewissermaßen eine Blockade neu- traler Küsten und neutraler Häfen gegen alles Völkerrecht eingeführt hat. Alle diese Maßnahmen verfolgen offensichtlich den Zweck, durch die völkerrechtswidrige Lahmlegung des legitimen neutralen Handels nicht nur die Kriegführung, sondern auch die Volkswirtschaft Deutschlands zu treffen und letzten Endes auf dem Wege der Aushungerung das ganze deutsche Volk der Vernichtung preiszugeben.

| Die neutralen Mächte haben sich den Maßnahmen der britischen Regierung im großen und ganzen gefügt; insbesondere haben sie es nicht erreicht, daß die von ihren Schiffen völkerrechtswidrig weggenommenen deutschen Personen und Güter von der britischen Regierung herausgegeben worden sind. Auch haben sie sich in gewisser Richtung sogar den mit der Freiheit der Meere unvereinbaren englischen Maßnahmen angeschlossen, indem sie offenbar unter dem Druck Englands die für friedliche Zwecke bestimmte Durchfuhr nach Deutschland auch ihrerseits durch Ausfuhr- und Durchfuhrverbote verhindern. Vergebens hat die deutsche Regierung die neutralen Mächte darauf aufmerksam gemacht, daß sie sich die Frage vorlegen müsse, ob sie an den von ihr bisher streng beobachteten Be- stimmungen der Londoner Erklärung noch länger festhalten könne, wenn Großbritannien das von ihm eingeschlagene Verfahren fortsetzen und die neutralen Mächte alle diese Neutralitätsverletzungen zu ungunsten Deutsch- lands länger hinnehmen würden. Großbritannien beruft sich für seine völkerrechtswidrigen Maßnahmen auf die Lebensinteressen, die für das britische Reich auf dem Spiele stehen, und die neutralen Mächte scheinen sich mit theoretischen Protesten abzufinden, also tatsächlich Lebens- interessen von Kriegführenden als hinreichende Entschuldigung für jede Art von Kriegführung gelten zu lassen.

Solche Lebensinteressen muß nunmehr auch Deutschland für sich anrufen. Es sieht sich daher zu seinem Bedauern zu militärischen Maß- nahmen gegen England gezwungen, die das englische Verfahren vergelten sollen. Wie England das Gebiet zwischen Schottland und Norwegen als Kriegsschauplatz bezeichnet hat, so bezeichnet Deutschland die Gewässer rings um Großbritannien und Irland mit Einschluß des gesamten eng- lischen Kanals als Kriegsschauplatz und wird mit allen ihm zu Gebote stehenden Kriegsmitteln der feindlichen Schiffahrt daselbst entgegentreten. Zu diesem Zwecke wird es vom 18. Februar 1915 an jedes feindliche Kauffahrteischiff, das sich auf den Kriegsschauplatz begibt, zu zerstören suchen, ohne daß es immer möglich sein wird, die dabei den Personen und Gütern drohenden Gefahren abzuwenden. Die Neutralen werden daher gewarnt, solchen Schiffen weiterhin Mannschaften, Passagiere und

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Waren anzuvertrauen. Sodann aber werden sie darauf aufmerksam ge- macht, daß es sich auch für ihre eigenen Schiffe dringend empfiehlt, das Einlaufen in dieses Gebiet zu vermeiden. Denn wenn auch die deutschen Seestreitkräfte Anweisung haben, Gewalttätigkeiten gegen neutrale Schiffe, soweit sie als solche erkennbar sind, zu unterlassen, so kann es doch angesichts des von der britischen Regierung angeordneten Mißbrauchs neutraler Flaggen und der Zufälligkeiten des Krieges nicht immer ver- hütet werden, daß auch sie einem auf feindliche Schiffe berechneten An- griff zum Opfer fallen. Dabei wird ausdrücklich bemerkt, daß die Schiff- fahrt nördlich um die Shetlandsinseln, in dem östlichen Gebiet der Nordsee und in einem Streifen von mindestens 30 Seemeilen Breite entlang der niederländischen Küste nicht gefährdet ist.

Die deutsche Regierung kündigt diese Maßnahme so rechtzeitig an, daß die feindlichen wie die neutralen Schiffe Zeit behalten, ihre Dis- positionen wegen Anlaufens der am Kriegsschauplatze liegenden Häfen danach einzurichten. Sie darf erwarten, daß die neutralen Mächte die Lebensinteressen Deutschlands nicht weniger als die Englands berück- sichtigen und dazu beitragen werden, ihre Angehörigen und deren Eigen- tum vom Kriegsschauplatze fernzuhalten. Dies darf um so mehr erwartet werden, als den neutralen Mächten auch daran liegen muß, den gegen- wärtigen verheerenden Krieg so bald als möglich beendigt zu sehen.

Berlin, den 4. Februar 1915.

Der Krieg zur See.

Die Tätigkeit der deutschen Unterseebote. London, 4. Februar.

„Daily Telegraph“ berichtet aus Belfast: Die Einstellung einer An- zahl regelmäßiger Dampferdienste zwischen England und Irland hat große Unannehmlichkeiten für die Passagiere und die Post im Gefolge. Die Gesellschaften weigern sich, Rindvieh und Güter für überseeische Trans- porte anzunehmen. Die Versicherungsprämie ist heute auf ein Pfund Sterling gegen 10 Schillinge gestern gestiegen und gegen zwei Schillinge sechs Pence vor dem Kriege. Namentlich die Kohlenpreise sind hoch. Die Linie Larne-Stranraer verkehrt weiter. Der Dampfer von Heisham ist heute zum ersten Male wieder gefahren.

Die deutschen Auslandskreuzer an der Arbeit.

„Berlingske Tidende“ meldet aus Paris: Der „Temps“ veröffent- licht eine Liste von zwölf französischen und englischen Handels- schiffen mit einem Gesamttonnengehalt von etwa 68 080 Tonnen, von denen jede Nachricht fehlt. Man nimmt daher an, daß sie

verloren sind. Die meisten dieser Schiffe waren auf dem Wege

300 nach Südamerika. In Schiffahrtskreisen glaubt man, daß ihr Ver-

schwinden auf ein neuerliches Auftreten deutscher Kreuzer im Atlantischen Ozean, besonders des Hilfskreuzers „Kronprinz Wilhelm“ zurückzuführen sei. Das Verschwinden der Schiffe hat in Seeversicherungskreisen Unruhe hervorgerufen und die Versicherungsprämien, besonders für Rückversicherung, sind plötzlich bedeutend gestiegen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 5. Februar.

Auf der ganzen Front nur Artilleriekämpfe, ein vereinzelter französischer Vorstoß auf unsere Stellungen nordwestlich Perthes blieb ohne Erfolg.

An der ostpreußischen Grenze wurden erneute Angriffe der Russen südlich der Memel zurückgewiesen. Ebenso mißlangen starke russische Angriffe gegen unsere neugewonnenen Stellungen östlich Bolimow. Die Zahl der dort Gefangenen beträgt seit dem 1. Februar im ganzen 26 Offiziere und annähernd 6000 Mann.

| Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. | Wien, 5. Februar.

Amtlich wird verlautbart: In Polen und Westgalizien ist die Lage unverändert.

Die Angriffe, die die Russen in den Karpathen stellenweise täglich wiederholen, brechen unter den schwersten Verlusten zusammen. Im Waldgebirge schreiten die Angriffe fort.

Die russische Offensive in der Bukowina war bis Mitte Januar in das oberste Tal der Moldawa gelangt. Dem weiteren Vordringen der hier angesetzten stärkeren feindlichen Kräfte über die Karpathen geboten zunächst unsere Stellungen bei Jakobeny und Kirlibaba halt. In mehrtägigen Angriffen versuchte der Gegner um den 20. Januar den Widerstand der die Hauptübergänge deckenden Gruppen zu brechen. Da alle Versuche, unsere Höhenstellungen zu erstürmen, scheiterten, und einige Truppen, selbst zur Offensive übergehend, am 22. Januar Kirlibaba dem Gegner entrissen, zog sich der Feind in den folgenden

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Tagen mit seinen Hauptkräften in den Richtungen auf Kimpolung und Moldawa zurück, wo er verblieb. In den letzten Tagen haben nun neue Kämpfe begonnen. Unsere Truppen, die auch hier im Über- winden der durch Terrain und Witterung bedingten großen Schwierig- keiten Hervorragendes leisten, sind in das Moldawatal eingedrungen, warfen den dort befindlichen Gegner zurück und nahmen Izwor, Ort Moldawa und Breaza in Besitz. Die Zahl der in den Karpathen- . kämpfen Gefangenen erhöht sich um weitere 4000 Mann.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Ein russischer Armeebefehl. „Berlin; 5: Februar:

Folgender Armeebefehl des russischen Höchstkommandierenden ist in die Hände der deutschen Heeresleitung gelangt:

Rowa, 6/19. Oktober 1914. Warschau. Der Höchstkomman- dierende lenkte seine Aufmerksamkeit darauf, da8 in der vergan- genen Kriegsperiode einige Korps und Divisionen eine große Menge Geschütze und Maschinengewehre verloren haben, wobei die Höhe der Verluste nicht immer der Gefechtslage entsprochen hat.

Seine Kaiserliche Hoheit befahl aus diesem Grunde die Kommandeure der Truppenteile darauf aufmerksam zu machen, daß es notwendig sei, das Kriegsmaterial etwas mehr zu schonen, wegen der Schwierigkeit seines Ersatzes, und weil es äußerst un- erwünscht ist, daß unsere Gegner durch das Zurücklassen unserer Geschütze und Maschinengewehre bereichert werden.

Gleichzeitig befahl Seine Kaiserliche Hoheit alle Kommandeure, welche sich einer ungenügenden Schonung des Geschütz- und Maschinengewehrmaterials schuldig machen, in Strafe zu nehmen.

In Urschrift gez. Kommandeur der Il. Armee.

General der Kavallerie Scheidemann.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 6. Februar.

Erneute französische Angriffe gegen die von uns gewonnenen Stellungen nördlich von Massiges blieben ohne Erfolg. Ebenso scheiterte ein feindlicher Vorstoß in den Argonnen.

Die Russen griffen gestern an der ostpreußischen Grenze sowie südlich der Weichsel gegen unsere Front Humin Bzura- Abschnitt an. Alle Angriffe wurden abgewiesen. Wir machten 1000 Gefangene und erbeuteten 6 Maschinengewehre.

302

Hauptsächlich von englischer, aber auch von französischer Seite wird fortgesetzt die Behauptung wiederholt, daß die Deutschen gewissermaßen zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers Vorstöße in großem Stile inszeniert hatten, die sämtlich mit schweren Rückschlägen für uns endigten.

Daß diese Behauptung in heimtückischer Absicht einfach er- funden ist, beweisen unsere amtlichen Berichte über die Ereignisse an den in Frage kommenden Tagen. Eine solche Kampfesweise kann natürlich auch nicht die Person des Kriegsherrn berühren. Die deutsche Heeresleitung möchte aber nicht unterlassen, sie in ihrer Erbärmlichkeit vor aller Welt an den Pranger zu stellen.

Oberste Heeresleitung.

Der Krieg gegen England.

Einstellung der White Star Linie.

Infolge der deutschen Proklamierung haben bis gestern mittag die White Star Linie und 27 andere englische Schiffahrtsgesellschaften ihre Schiffahrt eingestellt.

Die Harrisonlinie in Liverpool erklärt einem Amsterdamer Telegramm des „Hamb. Fremdenblatts“ zufolge, daß vier Dampfer der Gesellschaft, die in der letzten Woche den Hafen von Liverpool verlassen haben, über- fällig sind. Man fürchtet, daß sie von deutschen Unterseebooten torpediert worden sind.

Die London—Northwestern Bahngesellschaft hat alle Schiffsverbin- dungen zwischen Holyhead und den irischen Häfen, auch Dublin und Greenore, eingestellt. Die Schnelldampfer verkehren nicht mehr. Die City of Dublin Schiffahrtsgesellschaft, welche nach und von Liverpool, Belfast und Manchester verkehrt, hat gestern abend ihren Dienst unter- brochen. Die Postdampfer zwischen Kingstown und Holyhead bleiben

im Verkehr, da die Regierung alles Risiko übernommen hat.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 7. Februar. Südöstlich Ypern nahmen wir einen französischen Schutzen- graben und erbeuteten dabei zwei englische Maschinengewehre. Südlich des Kanals bei La Bassee drang der Feind in einen unserer Schützengräben ein, der Kampf dort ist noch im Gange. Im übrigen auf beiden Kriegsschauplatzen außer Artillerie- kämpfen keine wesentlichen Ereignisse.

Oberste Heeresleitung.

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Kaiser Wilhelm auf dem östlichen Kriegsschauplatz. Berlin, 7. Februar. Seine Majestät der Kaiser besuchte gestern die schlesische Land- wehr in ihren Schützengräben bei Gruszczyn östlich Wloszczowa.

Der amtliche Wiener Bericht. Wien, 7. Februar. Amtlich wird verlautbart: Die Lage in Russisch-Polen und West-

galizien ist unverändert.

An der Karpathenfront wird heftig gekämpft.

In der südlichen Bukowina sind unsere Truppen im erfolgreichen Vordringen, die Russen im vollen Rückzug. 1200 Gefangene wurden gestern gemeldet, zahlreiches Kriegsmaterial wurde erbeutet. Nach- mittags zogen unter großem Jubel der Bevölkerung eigene Truppen in Kimpolung ein.

Am südlichen Kriegsschauplatz keine Veränderung.

In der Adria hatte ein Luftangriff unserer braven Flieger auf französische Transporte guten Erfolg. Durch Bombenwürfe wurden mehrere Treffer erzielt.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See.

Ein amtlicher Bericht über die Seeschlacht bei den Falklandsinseln.

Hamburg, 7. Februar. Das „Fremdenblatt“ bringt den von dem deutschen Konsul in Santiago de Chile in der dort erscheinenden deutschen Presse veröffentlichten amt- lichen Bericht über die Seeschlacht bei den Falklandsinseln. Der Be-

richt lautet: Punta Arenas, 19. Dezember 1914.

Der deutsche Kreuzer „Dresden“ ist am Sonntag mit unbekanntem Kurse ausgelaufen, nachdem sein Kommandant folgendes berichtet hatte: Das Deutsche Geschwader unter dem Kommando des Vizeadmirals von Spee, bestehend aus den Kreuzern „Scharnhorst“, „Gneisenau“, „Dresden“, „Leipzig“ und „Nürnberg“ und begleitet von drei Transportschiffen, hatte die Absicht, an den Falklandsinseln das englische Geschwader anzugreifen, das, wie der Geschwaderkommandent wußte, sich aus sechs Schiffen zu- sammensetzte. Um 8 Uhr morgens, am 8. des Monats, sichtete das deut- sche Geschwader die Falklandsinseln, und „Gneisenau“ fuhr mit einem

kleinen Kreuzer voraus, die Anzahl der englischen Schiffe festzustellen

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und diese zum Kampfe herauszufordern. Die aufklarenden Kreuzer stellten fest, daß die Zahl der englischen Schiffe größer war, als man angenommen hatte. Trotzdem aber entschloß sich Vizeamiral von Spee, den Kampf aufzunehmen,

Das deutsche Geschwader wurde dann zuerst von sechs englischen Schiffen angegriffen, denen sich später noch zwei vom Typ des „Invincible“ zugesellten. Als der Geschwaderkommandant diese Schiffe sichtete, trachtete er, den Kampf wegen der ungeheuren Übermacht der Engländer abzubrechen. Der Feind folgte jedoch dank der größeren Schnelligkeit seiner Schiffe, so daß Vizeadmiral von Spee sich entschloß, den Kampf mit „Scharnhorst“ und „Gneisenau“ allein aufzunehmen und diese beiden Schiffe zu opfern,

um die kleinen Kreuzer zu retten, denen er befahl, sich zurückzuziehen.

Die letzten drahtlosen Nachrichten, die die „Dresden“ von „Scharn- horst“ und „Gneisenau“ erhielt, meldeten, daß beide mit ihren Torpedo- rohren den Angriff eröffneten, und durch drahtlose Mitteilung der englischen Schiffe untereinander erfuhr die „Dresden“, daß die beiden deutschen Kreuzer nachmittags um 7 Uhr untergingen. Die kleinen deutschen Kreuzer wurden von dem englischen Kreuzer „Bristol“ und von drei Panzer- kreuzern verfolgt.

Infolge seiner geringen Schnelligkeit wurde der Kreuzer „Leipzig“ erreicht und in Brand geschossen. Trotz verschiedener Versuche seitens der Kreuzer „Dresden“ und „Nürnberg“, die Angriffe auf sich abzulenken, sah sich die „Leipzig“ gezwungen, den Kampf mit allen vier Schiffen aufzunehmen. Vom Ausgange dieses Kampfes hat die „Dresden“ keine Kenntnis. Auch über die Verluste der Engländer in ihrem Kampfe gegen „Scharnhorst“ und „Gneisenau“ hat die „Dresden“ nichts erfahren können. Der Kommandant der „Dresden“ hat nur gesehen, daß die erste geschlossene Salve einer Breitseite des „Scharnhorst“ als Volltreffer eins der englischen Schiffe traf, dessen Aufbau hinwegfegte und einen Panzerturm des Schiffes völlig zerstörte.

Aus Privatnachrichten geht hervor, daß der englische Panzerkreuzer „Defence“ in Port Standley auf Land sitzt. Jedoch ist nicht bekannt, welche Ursachen das Auflaufen herbeiführten. Weiter ist aus Nachrichten aus englischer Quelle bekannt geworden, daß englischerseits am Kampfe folgende Schiffe teilnahmen: „Invincible“, „Inflexible“, „Canopus“, „Car- narvon“, „Cornvall“, „Kent“, „Glasgow“ und „Bristol“, und daß „Scharn- horst“ und „Gneisenau“ den Kampf nicht fortsetzen konnten, weil ihre Munition erschöpft war. Sie wurden mit ihrer Mannschaft in Grund gebohrt, als sie völlig wehrlos waren. Die gesamte Mannschaft befand sich im Augenblick des Unterganges auf Deck stehend und brachte brau- sende Hurras auf den Kaiser und das Vaterland aus, ehe die Schiffe in den Wellen verschwanden.

Nach einem ebenfalls aus englischer Quelle stammenden Bericht wurde auch die brennende „Leipzig“ mit ihrer gesamten Mannschaft in den Grund gebohrt. Auf der „Leipzig“ hatte sich die Mannschaft am Vorderdeck aufgestellt und weigerte sich, der Aufforderung zur Übergabe

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nachzukommen. Als der Kreuzer „Leipzig“ schon untergegangen war und einen Augenblick kieloben trieb, schwamm ein Matrose an das Schiff heran, kletterte herauf, eine deutsche Fahne achwingend und ging dann mit ihm unter.

Uber die Verluste der Englander im Kampfe ist nichts bekannt, da auf den Falklandsinseln strengste Zensur herrscht. Der Kampf beweist die Überlegenheit der deutschen Schiffe über die englischen, da diese trotz ihrer gewaltigen Übermacht die Deutschen erst nach fünf Stunden besiegen konnten und auch erst dann, als dae deutsche Geschwader keine Munition

mehr hatte. Konsul Stubenrauch. Der Krieg gegen England. Die „Lusitania“ unter fremder Flagge. London, 8. Februar.

Passagiere der „Lusitania”, die gestern früh in Liverpool eintraf, teilten mit, daß, ale sich das Schiff der irischen Küste näherte, ein draht- loses Telegramm der Admiralität eintraf, daß das Schiff die amerikanische Flagge hissen sollte. Das Schiff fuhr unter amerikanischer Flagge nach Liverpool.

Die Getreidetransporte über See. Kopenhagen; 8; Februar.

„Berlingske Tidende“ meldet aus London: Die Getrei über See haben so gut wie aufgehört, da die bestehenden F adi sätze von Amerika eine derartige Höhe erreicht haben, daß nach- gerade jede Verladung unmöglich geworden ist. Besondere Auf- merksamkeit erweckt der La Piatamarkt, wo die Frachten jetzt 75 Schilling per Tonne betragen. Auch hier sieht es aus, als ob die Frachtaätze einstweilen jede Verladung verhindem werden.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 8, Februar.

Der Kampf um unsere Stellung südlich des Kanals südwestlich La Bassee dauert noch an. Ein Teil des vom Feinde genommenen kurzen Grabens ist wiedererobert. In den Argonnen entrissen wir dem Gegner Teile seiner Befestigungen.

Sonst hat sich nichts Wesentliches ereignet.

An der ostpreußischen Grenze südöstlich der Seenplatte nad in Polen rechts der Weichsel fanden einige kleinere für uns erfolg- reiche Zusammenstöße von örtlicher Bedeutung statt. Sonst ist aus

dem Osten nichts zu melden. Oberste H leitung.

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Der Kaiser im Osten. Berlin, 8. Februar.

Seine Majestät besichtigte gestern Teile der im Bzura- und Rawka-Abschnitt kämpfenden Truppen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 9. Februar. Vom westlichen Kriegsschauplatz ist nichts Wesentliches zu berichten. An der ostpreußischen Grenze wurden wiederum einige kleinere örtliche Erfolge errungen, sonst Lage unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege.

Die Türken überschreiten den Suezkanal. . Konstantinopel, 9. Februar.

Das Hauptquartier hat gestern folgendes mitgeteilt: Die Vorhut unserer gegen Ägypten operierenden Armee hat einen erfolgreichen Erkundungsmarsch durch die Wüste gemacht, die vorgeschobenen Posten der Engländer gegen den Kanal hin zurückgetrieben und sogar mit einigen Kompagnien Infanterie den Suezkanal zwischen Tusun und Serapeum überschritten.

Trotz des Feuers englischer Kreuzer und Panzerzũge haben unsere Truppen den Feind während des ganzen Tages beschäftigt und seine Verteidigungsmittel in vollem Umfange aufgeklärt.

Ein englischer Kreuzer ist durch unser Geschützfeuer schwer be- schädigt worden.

Unsere Vorhut wird die Fühlung mit dem Feinde aufrechterhalten und den Aufklarungsdienst auf dem östlichen Ufer des Kanals ver- sehen, bis unsere Hauptmacht zum Angriff schreiten kann.

Ein Teil unserer Flotte hat Jalta wirksam beschossen und an einem anderen Punkte ein russisches Schiff versenkt.

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Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 9. Februar.

Amtlich wird verlautbart: In Polen und Westgalizien keine Ver- änderung; Geschützkampf.

Im Waldgebirge gelang es gestern nachmittag den verbündeten Truppen, einen von den Russen hartnäckig verteidigten Ort nördlich des Sattels von Volovec nach mehrtägigen Kämpfen zu nehmen. Zahlreiche Gefangene wurden gemacht, viel Munition und Kriegs- material erbeutet.

An der übrigen Karpathenfront heftige Kämpfe. Im westlichen Abschnitt scheiterten mehrere russische Angriffe, wobei 340 Gefangene und drei Maschinengewehre in unsere Hände fielen.

Die Vorrückung in der Bukowina schreitet fort. Wama wurde von uns besetzt.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 10. Februar.

Abgesehen von kleineren Erfolgen, die unsere Truppen in den Argonnen, am Westabhang der Vogesen bei Ban-de-Sapt und im Hirzbacher Walde erreichten, ist nichts zu melden.

Die vereinzelten Gefechte an der ostpreußischen Grenze ent- wickelten sich hier und da zu Kampfhandlungen von größerem Umfange. Ihr Verlauf ist überall normal.

In Polen rechts und links der Weichsel sind keine Verän- derungen eingetreten.

Oberste Heeresleitung.

21 vermißte Schiffe.

Die Londoner „News“ veröffentlichen eine zweite Liste von 21 französischen und englischen Handelsschiffen mit einem Gesamt- tonnengehalt von 145050, von denen jede Nachricht fehlt. Man nimmt an, wie dem „Hamb. Fremdenblatt“ aus Kopenhagen gemeldet wird, daß sie verloren sind. Die meisten dieser Schiffe waren auf dem

Wege nach den Heimathäfen,

306 Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 11. Februar.

Ein Angriff in den Argonnen brachte uns den Gewinn von Boden, dem Gegner wurden 6 Offiziere, 307 Mann, zwei Maschinen- gewehre und 6 kleinere Geschütze abgenommen.

Auch in den Mittel- und Südvogesen hatten wir einige kleine örtliche Erfolge.

Die Kämpfe an der ostpreußischen Grenze wurden auch gestern mit durchweg erfreulichem Ausgang für uns fortgesetzt, trotzdem tiefer Schnee die Bewegungen der Truppen behinderte. Die Er- gebnisse der Zusammenstöße mit dem Gegner lassen sich noch nicht klar übersehen.

Auf dem polnischen Kriegsschauplatz rechts der Weichsel brachte uns ein Vorstoß in der Gegend nordwestlich Sierpc, durch den der Gegner überall, wo er getroffen wurde, zurückgedrängt ist, einige hundert Gefangene ein.

Links der Weichsel sind keine besonderen Ereignisse vorge-

kommen. Oberste Heeresleitung.

Abreise des Kaisers nach dem östlichen Kriegsschauplatze. Berlin, 12. Februar. Seine Majestät der Kaiser hat sich wiederum auf den östlichen Kriegsschauplatz begeben.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien. Februar:

Amtlich wird verlautbart: In Russisch-Polen und Westgalizien, abgesehen von Artilleriekämpfen, keine Ereignisse.

An der Karpathenfront wurden im Abschnitt westlich des Uz- soker Passes russische Angriffe und einzelne partielle Vorstöße unter starken Verlusten des Feindes zurückgeschlagen.

lm Waldgebirge und in der Bukowina sind erneut Fortschritte zu verzeichnen. Mehrere hundert Gefangene sowie Maschinengewehre wurden eingebracht.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

309

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 12. Februar.

An der Küste erschienen nach längerer Pause gestern wieder feindliche Schiffe. Uber Ostende wurden von Fliegern des Gegners Bomben abgeworfen, die militärischen Schaden nicht anrichteten. Auf der übrigen Front fanden Artilleriekampfe statt. Bosonders viel Munition setzte der Feind gegen unsere Stellungen in der Champagne ein, einen nennenswerten Erfolg hat er hierdurch nirgends erzielt. Bei Souain wurde auch ein Infanterieangriff ver- sucht, der aber abgewiesen worden ist und bei dem 120 Gefangene in unseren Händen blieben. Die gestern gemeldete Zahl der Gefangenen in den Argonnen erhöht sich um einen Offizier und 119 Mann. Nordwestlich Verdun wurden mehrere feindliche Schützen- gräben von uns genommen; der dagegen französischerseits unter Vorantragen der Genfer Flagge unternommene Gegenstoß wurde unter erheblichen Verlusten für den Feind abgewiesen. Die Festung Verdun wurde von deutschen Fliegern mit etwa 100 Bomben belegt. Am Sudelkopf in den Vogesen gelang es den Franzosen, einen kleinen Vorgraben vor unserer Stellung zu besetzen.

Seine Majestät der Kaiser ist auf dem Kampffelde an der ostpreußischen Grenze eingetroffen. Die dortigen Operationen haben die Russen zum schleunigen Aufgeben ihrer Stellungen öst- lich der Masurischen Seen gezwungen. An einzelnen Stellen dauern die Kämpfe noch fort. Bisher sind etwa 26 000 Gefangene gemacht, mehr als zwanzig Geschütze und dreißig Maschinengewehre erobert worden. Die Menge des erbeuteten Kriegsmaterials laßt sich aber noch nicht annähernd übersehen. In Polen rechts der Weichsel haben die deutschen Truppen die gestern gemeldete Offensive fortgesetzt, die Stadt Sierpc genommen und wiederum einige hundert Gefangene gemacht. Auf dem polnischen Kriegsschauplatz links der Weichsel keine Veränderung.

Oberste Heeresleitung.

Der amtliche Wiener Bericht. Wien, 12. Februar. Amtlich wird verlautbart: Die Situation in Rußland, Polen und

Westgalizien ist unverändert. Die Kämpfe an der Karpathenfront dauern überall an. Im An- griff der Verbündeten wird trotz erbitterten feindlichen Widerstandes

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und Einsetzens von russischen Verstärkungen, die aus allen Richtungen zusammengezogen werden, Schritt um Schritt Raum gewonnen.

Die Operationen in der Bukowina schreiten günstig fort. Unter täglichen Gefechten erkampfen sich unsere durch die Gebirgstaler vor- dringenden Kolonnen den heimatlichen Boden. Die Serethlinie ist erreicht.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Deutscher Erfolg in Südafrika. Berlin, 12. Februar.

Aus Südwestafrika wird amtlich berichtet: Major Ritter hat anfang Februar die am Nordufer des Oranjeflusses bei Kakamas in der Kapkolonie verschanzten Engländer angegriffen, über den Oranje geworfen und sämtliche Fahrzeuge zum Übersetzen über den Fluß zerstört. |

Danach sind die von Reuter über dieses Gefecht in den letzten Tagen verbreiteten Nachrichten, insbesondere die über einen abgeschlagenen Angriff der Deutschen und ihren Rückzug unter schweren Verlusten unwahr.

Der Krieg gegen England.

4 Prozent der englischen Handelsflotte vernichtet.

Im Gegensatz zu den von englischer Seite veröffentlichten Schiffs- verlusten wird in Hamburger Reederkreisen folgende Rechnung aufgemacht: Bis I. Januar wurden nach amtlichen deutschen Angaben 97 englische Dampfer mit 255466 t und ein Segler mit 1798 t durch Minen oder deutsche Kriegsschiffe versenkt. Nach dem |. Januar betragen die Ver- luste durch Minen usw. nach unserer Liste: 14 Dampfer mit etwa 49000 t und ein Segler mit 2294 t, so daß nach den bisher bekannt gewordenen Verlusten England Ill Dampfer mit 304466 t und 2 Segler mit 4092 t. insgesamt also 113 Schiffe mit 308558 t eingebüßt hat. Die englische Flotte umfaßt jetzt etwa 12 Millionen t, so daß der Verlust bereits 4 v. H. beträgt. Man kann aber annehmen, daß die Verluste noch größer sind, da gewiß ein Teil noch nicht bekannt geworden ist.

(„Hamb. Korresp.“)

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Die Turkei im Kriege. Eine Kundgebung des Sultans an die Agypter.

Konstantinopel, 12. Februar.

Der Sultan hat an die Ägypter folgende Kundgebung gerichtet: An meine ägyptischen Söhne. Ihr wißt, wie England in Ägypten - hineingekommen ist und mit welcher Treulosigkeit es die Verwaltung des Landes in Beschlag genommen hat. Es war mein ständiger Schmerz, Euch unter der englischen Tyrannei leiden zu sehen, und ich wartete auf den günstigen Augenblick, um ihr ein Ende zu machen. Ich danke dem Allmächtigen, daß er mir die glückliche Gelegenheit gegeben hat, eine meiner Kaiserlichen Armeen zu entsenden, um Euer schönes Land, das muselmanisches Erbgut ist, zu befreien. Ich bin gewiß, daß es mit göttlicher Hilfe meiner Kaiserlichen Armee gelingen wird, Euch von fremdem Einfluß und fremder Einmischung ledig zu machen und Euch Eure Selbstherrschaft und Eure Freiheiten zurückzugeben. Ich bin überzeugt, daß meine ägyptischen Söhne durch ihre Vaterlandsliebe dazu veranlaßt werden, mit allem Eifer, dessen sie fähig sind, an diesem Befreiungskriege teilzunehmen.

Staatssekretär Dr. Solf über die französischen Barbaren in Westafrika.

„Die Nachrichten, die bis Ende des verflossenen Jahres aus West- afrika hier eingetroffen sind, zeigen, in welcher unwürdigen Weise die verbündeten Engländer und Franzosen in Kamerun, insbesondere bei und nach der Besetzung Dualas, die dortigen Deutschen behandelt haben. Teile der feindlichen Truppen, Weiße und Farbige, haben, trotz der von ihrem Höchstkommandierenden bei den Übergabeverhandlungen in Duala gegebenen Zusicherungen des Schutzes von Leben und Eigentum, Ge- schafts- und Privathäuser geplündert und Privateigentum in rücksichts- losester Weise an sich genommen oder zerstört. Planmäßig wurden sämt- liche deutschen Bewohner Dualas und seiner Umgegend, Männer, Frauen und Kinder, als Kriegsgefangene weggeführt. Damit wurden sämtliche Pflanzungs- und Handelsunternehmungen sowie die Missionsnieder- lassungen der notwendigen weißen Aufsicht beraubt. Bei diesem Ab- transport ist die deutsche Bevölkerung durch demütigende und zum Teil empörende Behandlung seitens der Engländer und Franzosen beschimpft und in den Augen der Eingeborenen erniedrigt worden.

Diese Vorgänge erfüllen uns alle mit tiefster Entrüstung. Wenn nicht das Zeugnis des hochw. Paters Gippert dafür bürgen würde, sollte man es geradezu für unmöglich halten, wie die Franzosen sich in Edea benommen haben. Sie haben sich nicht nur über den in der Kriegsführung zivilisierter Völker geltenden Begriff der Schonung des Privateigentums hinweggesetzt, nicht nur die Stellung der weißen Rasse gegenüber den

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Eingeborenen völlig außer acht gelassen, sie haben nicht einmal davor Halt gemacht, was jedem Menschen als heilig und unverletzlich gilt: sie sind gewaltsam in das Gotteshaus eingedrungen, haben die geweihten Geräte der Kirche zerstreut, geraubt, zerstört, ja zum Teil aufs schimpf- lichste beschmutzt.

Es ist mir ein lebhaftes Bedürfnis, Ew. Hochwürden über solche empörenden Handlungen, wie sie Ihre dortige Mission hat über sich er- gehen lassen müssen, mein tiefstes Bedauern zum Ausdruck zu bringen. Ich habe nicht verfehlt, gegen das Vorgehen der Feinde Protest zu erheben. Sie haben sich um die vorerwähnte Zusicherung des Höchstkomman- dierenden in Duala nicht gekümmert, haben die Vorschriften der Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen und Privateigentum miß- achtet und zuletzt die Bestimmungen des Artikels 6 der Kongoakte, der den besonderen Schutz der christlichen Missionen und Missionseinrichtungen ausdrücklich vorsieht, beiseite geschoben.

Unsere Feinde haben ihre eigenen Traditionen mit Füßen getreten und den Glauben an die weiße Rasse als Trägerin der christlichen Kultur bei den Eingeborenen für lange Zeit auf das empfindlichste erschüttert. Zunichte gemacht sind die Früchte der aufopferungsvollen und unermüd- lichen Tätigkeit der Missionare, die vorsichtig den Samen christlichen Denkens und Fühlens bei den Eingeborenen ausgestreut haben. Jetzt wird er im Keime ersticken! Hätten die Feinde unsere bei Beginn des Krieges im wohlverstandenen Interesse aller in Afrika kolonisierenden Nationen dargebotene Hand ergriffen und im Sinne der Kongoakte die Feindseligkeiten nicht auf Afrika ausgedehnt, so würde es ihnen erspart bleiben, zu erfahren, welch verderbliche Folgen ibr frevelhaftes Spiel in

Afrika zeitigen muß und wird.“ gez. Solf.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 13. Februar.

An der Küste warfen auch gestern wieder feindliche Flieger Bomben, durch die in der Zivilbevölkerung und deren Besitz sehr beklagenswerter Schaden angerichtet wurde, während wir militärisch nur unerhebliche Verluste hatten.

In unserer Westfront wurden Artilleriegeschosse aufgefunden, die zweifellos aus amerikanischen Fabriken stammen.

Die Zahl der bei den gestern östlich Souain abgewiesenen Angriffen gemachten Gefangenen erhöht sich auf 4 Offiziere, 478 Mann. Vor unserer Front wurden 200 Tote des Feindes ge- funden, während unsere Verluste bei diesen Gefechten an Toten und Verwundeten 90 Mann betragen.

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Nördlich Massiges (nordwestlich St. Ménéhould) wurden im Verfolg unserer Angriffe vom 3. Februar weitere 1200 m von der französischen Hauptstellung genommen.

Am Sudelkopf in den Vogesen versuchte der Gegner erneut anzugreifen, wurde aber überall mühelos abgewiesen.

Die Operationen an und jenseits der ostpreußischen Grenze sind überall im glücklichen Fortschreiten. Wo der Feind Wider- stand zu leisten versucht, wird dieser schnell gebrochen.

In Polen rechts der Weichsel überschritten unsere Angriffs- truppen die untere Skrwa und gehen in Richtung Racionz vor.

Von dem polnischen Kriegsschauplatz links der Weichsel ist

nichts Besonderes zu melden. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der amtliche Wiener Bericht. Wien, 13. Februar.

Amtlich wird verlautbart: In Russisch-Polen und Westgalizien keine Ereignisse.

Die Situation an der Karpathenfront ist im westlichen und mittleren Abschnitt im allgemeinen unverändert. Die starken russischen Gegen- angriffe zunächst des Duklapasses sind seltener geworden, im öst- lichen Abschnitt sind Fortschritte erzielt. Gleichzeitig mit dem erfolg- reichen Vordringen in der Bukowina überschritten eigene Truppen nach Zurückwerfen des Gegners bei Körösmezö den Jablonicapaß und die Übergänge beiderseits dieser Straße. Während die in der Buko- wina vorrückenden Kolonnen unter zahlreichen Gefechten die Sereth- linie erreichten, erkämpften sich die im oberen Flußgebiet des Pruth und auf Nadworna vordringenden eigenen Kräfte den Austritt aus den Gebirgstälern und erreichten Wiznitz, Knty, Kosow, Delatyn und Pasieczna, wo die Russen gegenwärtig an verschiedenen Punkten halten.

Durch die in letzter Zeit täglich eingebrachten Gefangenen wurde die Summe der in den jetzigen Kämpfen gemachten russischen Kriegs- gefangenen auf 29000 Mann erhöht.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Die amerikanische Note an Deutschland. Berlin, 12. Februar. Die amerikanische Note an Deutschland hat folgenden Wortlaut:

Euere Exzellenz!

Ich bin von meiner Regierung beauftragt, Euerer Exzellenz folgendes zu übermitteln:

Die Regierung der Vereinigten Staaten ist durch die Bekanntmachung des deutschen Admiralstabes vom 4. Februar 1915 darauf aufmerksam ge- macht worden, daß die Gewässer rings um Großbritannien und Irland, einschließlich des gesamten englischen Kanals, als Kriegsgebiet anzusehen seien, daß alle in diesen Gewässern nach dem 18. d. Mts. angetroffenen Kauffahrteischiffe zerstört werden sollen, ohne daß es immer möglich sein werde, die Besatzungen und die Passagiere zu retten, und daß auch neu- trale Schiffe in diesem Kriegsgebiet Gefahr laufen, da angesichts des Mißbrauchs neutraler Flaggen, der am 31. Januar von der britischen Re- gierung angeordnet worden sein soll, und angesichts der Zufälligkeiten des Seekrieges es nicht immer vermieden werden könne, daß die auf feindliche Schiffe berechneten Angriffe auch neutrale Schiffe träfen. Die Amerikanische Regierung erachtet es daher als ihre Pflicht, die Kaiserlich Deutsche Regierung in aufrichtiger Hochschätzung und mit den freund- schaftlichsten Gefühlen, aber doch ganz offen und ernstlich auf die sehr ernsten Folgen aufmerksam zu machen, die das mit der Bekanntmachung offenbar beabsichtigte Vorgehen möglicherweise herbeiführen kann. Die Amerikanische Regierung schätzt diese möglichen Folgen mit solcher Be- sorgnis ein, daß sie es unter den obwaltenden Umständen als ihr Recht, ja, auch als ihre Pflicht erachtet, die Kaiserlich Deutsche Regierung zu ersuchen, vor einem tatsächlichen Vorgehen die kritische Lage zu erwägen, die in den Beziehungen der Vereinigten Staaten zu Deutschland entstehen könnte, falls die deutschen Seestreitkräfte in Befolgung der durch die Be- kanntmachung des Admiralstabes angekündigten Maßnahmen irgendein Kauffahrteischiff der Vereinigten Staaten zerstörten oder den Tod eines amerikanischen Staatsangehörigen verursachten.

Es ist selbstverständlich nicht nötig, die Deutsche Regierung daran zu erinnern, daß einer kriegführenden Nation in bezug auf neutrale Schiffe auf hoher See lediglich das Recht der Durchsuchung zusteht, es sei denn, daß eine Blockadeerklärung ergangen ist und die Blockade effektiv auf- recht erhalten wird. Die Regierung der Vereinigten Staaten nimmt an, daß eine Blockade im vorliegenden Fall nicht beabsichtigt ist. Eine Er- klarung oder Ausübung des Rechtes, jedes Schiff anzugreifen und zu zerstören, das ein näher umschriebenes Gebiet auf offener See befährt, ohne erst festgestellt zu haben, ob es einer kriegführenden Nation gehört oder ob seine Ladung Konterbande ist, wäre eine Handlungsweise, die so sehr im Widerspruch mit allen Präzedenzen der Seekriegführung steht, daß die Amerikanische Regierung kaum annehmen kann, daß die Kaiser- lich Deutsche Regierung im vorliegenden Falle sie als möglich ins Auge faßt. Der Verdacht, daß feindliche Schiffe zu Unrecht eine neutrale Flagge

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führen, kann nicht eine berechtigte Vermutung schaffen, dahingehend, daß alle Schiffe, die ein näher umschriebenes Gebiet durchfahren, dem- selben Verdacht unterliegen. Gerade um solche Fragen aufzuklären, ist nach Ansicht der Amerikanischen Regierung das Recht der Durchsuchung

anerkannt worden.

Die Amerikanische Regierung hat von der Denkschrift der Kaiser- lich Deutschen Regierung, die zugleich mit der Bekanntmachung des Admiralstabes ergangen ist, eingehend Kenntnis genommen. Sie benutzt diese Gelegenheit, die Kaiserlich Deutsche Regierung mit größter Hoch- achtung darauf aufmerksam zu machen, daß die Regierung der Vereinigten Staaten zu einer Kritik wegen nicht neutraler Haltung, der sich nach An- sicht der Deutschen Regierung die Regierungen gewisser neutraler Staaten ausgesetzt haben, keine Veranlassung gegeben hat. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat keinen Maßnahmen zugestimmt oder hat es bei keiner solchen bewenden lassen, die von den anderen kriegführenden Nationen im gegenwärtigen Kriege getroffen worden sind, und die auf eine Beschränkung des Handels hinzielen. Vielmehr hat sie in allen solchen Fällen eine Haltung eingenommen, die ihr das Recht gibt, diese Regierungen in der richtigen Weise für alle eventuellen Wirkungen auf die amerikanische Schiffahrt verantwortlich zu machen, welche durch die bestehenden Grundsätze des Völkerrechts nicht gerechtfertigt sind. Daher erachtet sich die Amerikanische Regierung im vorliegenden Falle mit gutem Gewissen auf Grund anerkannter Prinzipien für berechtigt, die in der Note angedeutete Haltung einzunehmen; falls die Kommandanten deutscher Kriegsschiffe auf Grund der Annahme, daß die Flagge der Ver- einigten Staaten nicht in gutem Glauben geführt werde, handeln sollten und auf hoher See ein amerikanisches Schiff oder das Leben amerikanischer Staatsangehöriger vernichten sollten, so würde die Regierung der Ver- einigten Staaten in dieser Handlung schwerlich etwas anderes als eine unentschuldbare Verletzung neutraler Rechte erblicken können, die kaum in Einklang zu bringen sein würde mit den freundschaftlichen Beziehungen, die jetzt glücklicherweise zwischen den beiden Regierungen bestehen.

Sollte eine solche beklagensweite Situation entstehen, so würde sich die Regierung der Vereinigten Staaten, wie die Kaiserlich Deutsche Re- gierung wohl verstehen wird, genötigt sehen, die Kaiserlich Deutsche Re- gierung für solche Handlungen ihrer Marinebehörden streng verantwortlich zu machen und alle Schritte zu tun, die zum Schutze amerikanischen Lebens und Eigentums und zur Sicherung des vollen Genusses der an- erkannten Rechte auf hoher See für die Amerikaner erforderlich sind.

In Anbetracht dieser Erwägungen, die die Regierung der Vereinigten Staaten mit der größten Hochschätzung und in dem ernsten Bestreben, irgendwelche Mißverständnisse zu vermeiden, und zu verhindern, daß Umstände entstehen, die sogar einen Schatten auf den Verkehr der beiden Regierungen werfen könnten, spricht die Amerikanische Regierung die zuversichtliche Hoffnung und Erwartung aus, daß die Kaiserlich Deutsche Regierung die Versicherung geben kann und will, daß amerikanische

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Staatsbürger und ihre Schiffe andere als im Wege der Durchsuchung durch deutsche Seestreitkräfte, selbst in dem in der Bekanntmachung des deutschen Admiralstabes näher bezeichneten Gebiet, nicht belästigt werden sollen.

Zur Information der Kaiserlichen Regierung wird hinzugefügt, daß der Regierung Seiner Britannischen Majestät bezüglich des ungerecht- fertigten Gebrauchs der amerikanischen Flagge zum Schutze britischer Schiffe Vorstellungen gemacht worden sind. |

Ich benutze diesen Anlaß, Euerer Exzellenz erneut meiner aus- gezeichneten Hochachtung zu versichern.

gez. James W. Gerard.

Seiner Exzellenz Herrn von Jagow, Staatssekretär des Auswärtigen Amts.

Die amerikanische Note an England. London, 14. Februar.

In der von den Blättern veröffentlichten Note der Washingtoner Regierung an die Britische Regierung heißt es:

Der gelegentliche Gebrauch der Flagge einer neutralen oder feind- lichen Macht unter dem Druck einer Verfolgung, der nach Berichten der Presse als Präzedenzfall für die Rechtfertigung des Vorgehens der Britischen Regierung benutzt zu werden scheint, erscheint der Regierung der Vereinigten Staaten sehr verschieden von der ausdrücklichen Sanktionierung durch die kriegführende Regierung, daß die Handelsschiffe innerhalb gewisser Zonen der See allgemein die Flagge einer neutralen Macht führen, in Zonen, die, wie man an- nimmt, von feindlichen Kriegsschiffen befahren werden sollen. Die formelle Erklärung einer solchen Politik zum Zwecke des allgemeinen Mißbrauchs der Flagge einer neutralen Macht gefährdet die Schiffe der Neutralen, die diese Gewässer besuchen, in besonderem Maße, weil sie den Verdacht wachruft, daß die Schiffe feindlicher Nationalität sind, was für eine Flagge sie auch führen mögen. Angesichts der deutschen Erklärung würde die Regierung der Vereinigten Staaten jeden allgemeinen Gebrauch der Flagge der Vereinigten Staaten durch britische Schiffe mit großer Besorgnis betrachten. Eine solche Politik würde, wenn die Erklärung des deutschen Marineamts in Kraft gesetzt wird, den britischen Schiften keinen Schutz gewähren, wohl aber die Schiffe und das Leben amerikanischer Bürger ernstlich und dauernd bedrohen. Die Regierung der Vereinigten Staaten erwartet deshalb, daß die Britische Regierung alles tun wird, was in ihrer Macht liegt, um die Schiffe britischer Nationalität von dem fälschlichen Gebrauch. der Flagge der Vereinigten Staaten in der Zone, von der die deutsche Erklärung spricht, abzuhalten, denn eine solche Praxis würde die Schiffe der befreundeten Macht beim Befahren dieser Gewässer sehr gefährden und der Britischen Regierung sogar in gewissem Maße die Verantwortung für den Verlust an amerikanischem Leben und Schiffen im Falle eines Angriffs durch feindliche Seestreitkräfte aufbürden.

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 14. Februar.

Nordöstlich Pont a Mousson entrissen wir den Franzosen das Dorf Norroy und die westlich dieses Ortes gelegene Höhe 365; zwei Offiziere, 151 Mann wurden zu Gefangenen gemacht.

In den Vogesen wurden die Ortschaften Hilsen und Ober- Sengern gestürmt, 135 Gefangene fielen in unsere Hand.

An und jenseits der ostpreußischen Grenze nehmen unsere Operationen den erwarteten Verlauf.

In Polen rechts der Weichsel machten unsere Truppen in Richtung Racionz Fortschritte, in Polen links der Weichsel keine Veränderung. Oberste Heeresleitung.

Der amtliche Wiener Bericht. Wien, 14. Februar.

Amtlich wird verlautbart: Die Situation in Russisch-Polen und Westgalizien ist unverändert.

Ein Teil der eigenen Gefechtsfront im Abschnitt Dukla, gegen den bisher heftige russische Angriffe geführt wurden, ging selbst zum Angriff über, warf den Feind, und zwar sibirische Truppen, von zwei dominierenden Höhen und erstürmte eine Ortschaft bei Vizköz. Gleichfalls erfolgreich war der Angriff Verbündeter in den mittleren Waldkarpathen. Auch hier wurde dem Gegner eine vielumstrittene Höhe entrissen.

In den gestrigen Kämpfen wieder 970 Gefangene.

In Südost-Galizien und in der Bukowina siegreiche Gefechte. Der südwestlich Nadworna zur Deckung der Stadt haltende Feind wurde geworfen, die Höhen nördlich Delatyn erobert, hierbei zahl- reiche Gefangene gemacht.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 15. Februar. Südlich Ypern bei St. Eloi entrissen wir dem Feinde ein etwa 900 m langes Stück seiner Stellung; Gegenangriffe waren erfolglos. Ebenso mißlang ein Angriff des Gegners in der Gegend süd- westlich La Bassee, einige Dutzend Gefangene blieben in unseren Händen,

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Den Vorgraben, den wir am Sudelkopf am 12. Februar ver- loren hatten, haben wir wieder genommen; aus Sengern im Lauch- tale wurde der Feind geworfen, den Ort Remspach räumte er darauf freiwillig.

Nördlich Tilsit wurde der Feind aus Piktupönen vertrieben und wird in Richtung auf Tauroggen weitergedrängt.

Diesseits und jenseits der Grenze östlich der Seenplatte dauern die Verfolgungskampfe noch an, überall schreiten unsere Truppen schnell vorwärts.

Gegen feindliche über Lomza vorgehende Kräfte stoßen deutsche Teile in der Gegend von Kolno vor.

Im Weichselgebiet gewannen wir weiter Boden, Racionz ist von uns besetzt. In den vorhergehenden Kämpfen wurden neben zahlreichen Gefangenen sechs Geschütze erobert.

In Polen links der Weichsel keine wesentlichen Veränderungen.

Oberste Heeresleitung.

Die Kämpfe m und um Lyck. Berlin, 16. Februar.

Aus Lyck erfahren wir: Einen wichtigen Abschnitt der Winter- schlacht in Masuren bildeten die Kämpfe in und um Lyck, welcher Ort den Russen einen festen Stützpunkt geboten hatte. Unseren Truppen gelang es unter den Augen des an der Front weilenden Obersten Kriegs- herrn am 14. d.M. den Feind aus seinen Stellungen um die Stadt zu werfen. Kaum waren die Sieger in die Stadt eingezogen, da erschien auch der Kaiser und traf dort auf der Hauptstraße und dem Marktplatz neben zahlreichen russischen Gefangenen Teile der Il. Landwehrdivision und der 2. Infanteriedivision, insbesondere das ruhmgekrönte ostpreußische Füsilierregiment Graf Roon Nr. 33. Auf dem Marktplatz, inmitten der zerschossenen Häuser und der stark beschädigten Kirche, spielte sich eine ergreifende denkwürdige Szene ab, die allen Zeugen derselben unver- geßlich bleiben wird. Die soeben aus schweren Kämpfen kommenden, von Schmutz und Blut bedeckten Krieger drängten sich jubelnd um den Kaiser, der viele der Mannschaften und alle anwesenden Offiziere ansprach. Plötzlich drangen die erhabenen Klänge der Nationalhymne und darauf das „Deutschland, Deutschland über alles“ aus vielen tausend Kehlen zum Himmel empor. Alle Mauern und Fensteröffnungen der zerschossenen Häuser waren mit Soldaten besetzt, die ihren Kaiser sehen wollten. Beim Ausgang der Stadt begegnete der Monarch dann noch zwei einziehenden Bataillonen des Pommerschen Grenadierregiments Nr. 2 mit ihren zerschossenen Fahnen. An der Seite der Straße stellten sich die Truppen in einem offenen Viereck auf, in dessen Mitte der Kaiser trat, um seinen tapferen Grenadieren Dank und Anerkennung auszu- sprechen. Sie hätten das in sie gesetzte Vertrauen glänzend gerechtfertigt

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und sich ihrer Vorfahren würdig erwiesen, die 1870, wie vor 100 Jahren in gleicher Gesinnung durch unerschütterlichen Mut und Einsetzen der vollen Manneskraft das Vaterland vor dem Feinde beschützt hätten. Er sei gewiß, daß sie mit der gesamten Heeresmacht auch weiterhin nicht nachlassen würden, den Feind zu schlagen, wo er sich zeige, bis er völlig niedergerungen sei. Donnernd fiel das Regiment in das von seinem Kommandeur Grafen Rantzau als erneutes Gelöbnis der Treue bis zum Tode ausgebrachte Hurra auf den Allerhochsten Kriegsherrn ein.

Der Krieg zur See. Englische Besorgnisse.

Die englische Admiralität hat angeordnet, daß Verluste von Handelsschiffen nicht mehr öffentlich bekanntgegeben werden sollen. Die Dampfer der Hauptschiffahrtslinien werden, wie den „Hamb. Nachr.“ aus Brüssel berichtet wird, von Kriegsschiffen bis weit in das offene Meer begleitet werden. Große Besorgnisse herrschen in London wegen der Sicherheit der englisch-niederländischen Post- dampferverbindung, die für den englischen Handel jetzt nach dem Fall Antwerpens von besonderer Bedeutung ist. Es finden darüber zwischen England und Holland diplomatische Verhandlungen statt. Die Londoner Zeitungen behaupten, daß Deutschland seine Blockade nicht mit den gewöhnlichen Unterseebooten, sondern mit 40 neu gebauten Tauchbooten eines besonderen Typs beginnen wird, der ihm gestatte, daß die Boote lange im Meere fern von jedem Stütz-

punkt weilen können. London, 16. Februar. Am Sonnabend ist bei Falmouth das britische Segelschiff „Andro- meda“, 1928 Tonnen, mit Getreide nach London unterwegs, gestrandet. Schiff und Ladung sind verloren. Die Besatzung wurde bis auf einen

Mann gerettet. London, 16. Februar. Der englische Dampfer „Hulltrader‘ ist im Kanal gesunken. Von der Besatzung sind drei Mann gerettet worden.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 16. Februar.

Feindliche Angriffe gegen die von uns bei St. Eloi genommenen englischen Schũtzengräben wurden abgewiesen.

Sonst ist nichts Besonderes zu melden.

Die Verfolgungskampfe an und jenseits der ostpreußischen Grenze nehmen weiteren sehr günstigen Verlauf.

In Polen nördlich der Weichsel besetzten wir nach kurzem Kampf Bielsk und Plock. Etwa 1000 Gefangene fielen in unsere

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Hand. In Polen, südlich der Weichsel, hat sich nichts Wesentliches ereignet.

In der ausländischen Presse haben die abenteuerlichsten Ge- rüchte über unermeßliche Verluste der Deutschen in den Kämpfen östlich Bolimow (Anfang Februar) Aufnahme gefunden. Es wird festgestellt, daß die deutschen Verluste bei diesen Angriffen im Verhältnis zum erreichten Erfolg gering waren.

Oberste Heeresleitung.

Der amtliche Wiener Bericht. Wien, 16. Februar.

Amtlich wird verlautbart: Die allgemeine Situation in Russisch- Polen und Westgalizien ist unverändert. Es fanden nur Artillerie- kampfe statt.

An der Karpathenfront wird heftig gekämpft; mehrere Tag- und Nachtangriffe der Russen gegen die Stellungen der Verbündeten | wurden unter großen Verlusten des Feindes, der hierbei auch 400 Mann an Gefangenen verlor, zurückgeschlagen.

Die Aktionen in der Bukowina verlaufen günstig, die Sereth- linie wurde überschritten, die Russen unter fortwährenden Gefechten gegen den Pruth zurückgedrängt.

Südlich Kolomea, wo sich größere Kämpfe entwickelten, machten wir gestern über 500 Mann zu Gefangenen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Winterschlacht in Masuren.

Großes Hauptquartier, 16. Februar.

In der neuntägigen „Winterschlacht in Masuren“ wurde die russische 10. Armee, die aus mindestens elf Infanterie- und mehreren Kavalleriedivisionen bestand, nicht nur aus ihren starkverschanzten Stellungen östlich der masurischen Seenplatte vertrieben, sondern auch über die Grenze geworfen und schließlich in nahezu völliger Einkreisung vernichtend geschlagen. Nur Reste können in die Wälder östlich von Suwalki und von Augustow entkommen sein, wo ihnen die Verfolger auf den Fersen sind. Die blutigen Verluste des Feindes sind sehr stark, die Zahl der Gefangenen steht noch

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nicht fest, beträgt aber sicher weit über 50000. Mehr als 40 Geschütze und 60 Maschinengewehre sind genommen, unübersehbares Kriegsmaterial ist erbeutet.

Seine Majestät der Kaiser wohnte den entscheidenden Gefechten in der Mitte unserer Schlachtlinie bei. Der Sieg wurde durch Teile der alten Osttruppen und durch junge, für diese Aufgabe herangeführte Verbände, die sich den altbewährten Kameraden ebenbürtig erwiesen haben, er- rungen. Die Leistungen der Truppen bei Überwindung widrigster Witterungs- und Wegeverhaltnisse im Tag und Nacht fortgesetzten Marsch und Gefecht gegen einen zähen Gegner sind über jedes Lob erhaben.

Generalfeldmarschall von Hindenburg leitete die Ope- rationen, die von Generaloberst von Eichhorn und General der Infanterie von Below in glänzender Weise durchgeführt wurden, mit alter Meisterschaft. Oberste Heeresleitung.

Zur Kriegslage. Ä Großes Hauptquartier, 17. Februar.

Offenbar veranlaßt durch unsere großen Erfolge im Osten, unternahmen Franzosen und Engländer gestern und in der ver- gangenen Nacht an verschiedenen Stellen besonders hartnäckige Angriffe.

Die Engländer verloren bei gescheiterten Versuchen, ihre am 14. Februar verlorenen Stellungen wiederzugewinnen, erneut 4 Offi- ziere, 170 Mann an Gefangenen.

Nordöstlich Reims wurden feindliche Angriffe abgewiesen; 2 Offiziere, 179 Franzosen blieben in unserer Hand.

Besonders starke Vorstöße richteten sich gegen unsere Linien in der Champagne, die mehrfach zu erbitterten Nahkämpfen führten. Abgesehen von einzelnen kurzen Abschnitten, in die der Feind eingedrungen ist und in denen der Kampf noch andauert, wurden die feindlichen Angriffe überall abgewiesen. Etwa 300 Franzosen wurden gefangen genommen.

In den Argonnen setzten wir unsere Offensive fort, eroberten weitere Teile der feindlichen Hauptstellung, machten 350 Gefangene und eroberten zwei Gebirgsgeschütze und sieben Maschinengewehre.

322 Auch im Priesterwald (nördlich Toul) sind kleinere Erfolge zu

verzeichnen; dabei wurden zwei Maschinengewehre genommen.

Von der Grenze der Reichslande nichts Neues.

Nördlich der Memel sind unsere Truppen dem überall ge- worfenen Gegner in Richtung Tauroggen über die Grenze gefolgt.

In dem Waldgebiet östlich Augustow finden an vielen Stellen noch Verfolgungskämpfe statt.

Die von Lomza nach Kolno vorgegangene russische Kolonne ist geschlagen, 700 Gefangene, 6 Maschinengewehre fielen in unsere Hand. Ebenso wurde eine feindliche Abteilung bei Grajewo auf Ossowiez zurückgeworfen.

In der gewonnenen Front Plozk—Racionz (in Polen nördlich der Weichsel) scheinen sich hartnäckigere Kämpfe zu entwickeln.

Aus Polen südlich der Weichsel nichts Neues.

Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See.

Versenkung eines englischen Kohlendampfers. Le Havre, 17. Februar.

Der englische Kohlendampfer „Dulwich“, der von Hull nach Rouen unterwegs war, ist gestern abend um 6 Uhr 20 Meilen nordwestlich Le Havre von einem deutschen Unterseeboot angeschossen worden. An Steuerbord in der Mitte des Schiffes fand eine Explosion statt. Die Be- satzung flüchtete in die Rettungsboote und erblickte ein Unterseeboot. Von den 38 Mann der Besatzung wurden 29 von dem Torpedoboots- zerstörer , Arquebuse“ aufgenommen und nachts in Le Havre an Land gebracht. Sieben andere haben Fecamp in einem Rettungsboot erreicht. Zwei Mann werden vermißt. Der Dampfer „Dulwich“ sank nach 20 Minuten.

London, 17. Februar. Der englische Dampfer „Dulwich“, von Hull nach Rouen unterwegs, ist 20 Seemeilen von Kap Antifer infolge einer Explosion gesunken; die Bemannung entkam unverletzt in ihren Booten.

Versenkung emes französischen Dampfers. Paris, 17. Februar.

Nach einer amtlichen Meldung entdeckte am Dienstag | Uhr 30 Minuten nachmittags der französische Dampfer „Ville de Lille“ auf der Fahrt von Cherbourg nach Dünkirchen, nördlich des Leucht- turms von Barfleur, ein deutsches Unterseeboot. Der Dampfer ver- suchte zu fliehen, aber das Unterseeboot holte ihn ein und versenkte ihn mittels Bomben, die in das Innere des Dampfers gelegt wurden. Das Unterseeboot gab der Besatzung des Dampfers zehn Minuten Zeit, um sich in zwei Rettungsbooten zu retten. Nach der Ver- senkung des Dampfers tauchte das Unterseeboot unter und ver-

wand.

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Einstellung des Dienstes nach England. Amsterdam, 17. Februar.

Die Fahrdampfer von Rotterdam und Vlissingen nach London stellen den Dienst nach England ein. Morgen, Donnerstag, soll ein Frachtschiff von Vlissingen ausfahren, das Post nach England mitnimmt. „Handels- blad“ meldet aus Vlissingen, daß der Post- und Güterverkehr nach Eng- land auf den Frachtdampfern der Zeelandlinie Sonntags, Dienstags, Mitt- wochs und Donnerstags von Vlissingen nach Tilbury geschehen soll.

Der Kaiser über die Winterschlacht in Masuren. Berlin, 17. Februar.

Seine Majestät der Kaiser und König hat gestern den Reichs- kanzler von dem glorreichen Ausgang der Winterschlacht in Masuren telegraphische Mitteilung gemacht. Seine Majestät der Kaiser hat dabei besonders hervorgehoben, wie sich unter seinen Augen die neuen Verbände ebenso trefflich bewährt haben, wie die alten Osttruppen. „Vom Landsturmmann bis zum jüngsten Kriegs- freiwilligen wetteiferten alle, ihr Bestes für das Vaterland herzugeben. Weder grimmige Kälte noch tiefer Schnee, weder unergründliche Wege noch die Zähigkeit des Gegners haben ihren Siegeslauf zu hemmen vermocht. Unsere Verluste sind glücklicherweise gering.“ Seine Majestät gedenkt in dem Allerhöchsten Telegramm sodann der glänzenden Führung der Operationen und sagt zum Schluß: „Meine Freude über diesen herrlichen Erfolg wird beeinträchtigt durch den Anblick des einst so blühenden Striches, der lange Wochen in den Händen des Feindes war. Bar jedes menschlichen Fühlens hat er in sinnloser Wut auf der Flucht fast das letzte Haus und die letzte Scheune verbrannt oder sonst zerstört. Unser schönes Masurenland ist eine Wüste, Unersetzliches ist verloren. Aber Ich weiß Mich mit jedem Deutschen eins, wenn Ich gelobe, daß das, was Menschenkraft vermag, geschehen wird, um neues, frisches Leben aus den Ruinen entstehen zu lassen.“

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 18. Februar. Die gestern gemeldeten feindlichen Angriffsversuche dauerten mit der gleichen Erfolglosigkeit an: An der Straße Arras—Lille sind die Kämpfe um em kleines Stück unseres Grabens, in das der Feind vorgestern eingedrungen war, noch im Gange.

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Die Zahl der nordöstlich Reims gestern von uns gemachten Gefangenen hat sich noch erhöht, die Franzosen haben hier auch besonders starke, blutige Verluste erlitten; sie verzichteten auf weitere Vorstöße.

In der Champagne, nördlich Perthes, wird noch gekämpft. Östlich davon sind die Franzosen unter schweren Verlusten zurück- geschlagen; sie halten sich nur noch auf wenigen kurzen Stellen unserer vordersten Graben. Die gestern gemeldete Zahl an Ge- fangenen ist auf 11 Offiziere 785 Mann gestiegen.

Zu einem vollen Mißerfolg führten auch Angriffe gegen unsere Stellungen bei Boureuilles-Vauquois (östlich des Argonner Waldes und östlich Verdun).

Die am 13. Februar von uns genommene Höhe 365 und der Ort Norroy (nordöstlich Pont-a-Mousson) sind von uns nach gründ- licher Zerstörung der französischen Befestigungsanlagen wieder geräumt worden. Einen Versuch, diese Stellung mit Waffengewalt wiederzugewinnen, hat der Feind nicht gemacht.

Sonst nichts Wesentliches.

Bei Tauroggen und im Gebiet nordwestlich von Grodno dauern die Verfolgungsgefechte noch an.

Die bei Kolno geschlagene feindliche Kolonne ist nördlich Lomza von frischen Truppen aufgenommen worden; der Feind wird erneut angegriffen.

Die Kämpfe bei Plozk—Racionz sind zu unseren Gunsten entschieden; es sind bisher 3000 Gefangene gemacht.

Aus Polen südlich der Weichsel nichts Neues.

Die Kriegsbeute der Kämpfe an der ostpreußischen Grenze hat sich erhoht.

Das bisherige Ergebnis betragt: 64 000 Gefangene, 71 Ge- schütze, über 100 Maschinengewehre, drei Lazarettzüge, Flugzeuge, 150 gefüllte Munitionswagen, Scheinwerfer und unzählige beladene und bespannte Fahrzeuge.

Mit einer weiteren Erhöhung dieser Zahlen darf gerechnet werden. Oberste Heeresleitung.

Schluß des redaktionellen Teils.

Verantwortlich für die Redaktion: S. D. Gallwitz, Bremen.

Einsendungen von Manuskripten (unter Beifügung von Rückporto) an die Redaktion Bremen, Am Wall 163. Tel. 6945.

Verlag: Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft, Bremen. Druck: Hofbuchdruckerei H. M. Hauschild, Bremen.

Coffeinfreier Kaffee bei der Behandlung Lungenkranker.

Von Prof. Dr. A. Moeller, Spezialarzt fur Lungenkrankheiten in Berlin.

Angeregt durch eine Publikation von Professor Boruttau*) über die Frage der wirksamen Kaffeebestandteile, worin er neben Tierversuchen mitteilt, daß er beim Selbstversuch nach der Aufnahme auch extra- starker Dekokte (20: 100 Wasser) von „coffeinfreiem Kaffee“ die sonst gewohnte erregende Wirkung geradezu auffällig vermißt habe und auch von anderer unbeeinflußter Seite gehört habe, daß Wachhalten zur Arbeit bei vorhandener Ermüdung durch Absud des coffeinfreien Kaffees nicht zu erzielen sei, sowie daß durch seine Versuche nach- gewiesen sei, erstens, daß sich durch fabrıkmäßiges Verfahren tat- sächlich so weitgehende Entziehung des Coffeins erzielen laßt, daß der betreffende Kaffee in den praktisch in Betracht kommenden Auf- güssen keine Coffeinwirkung äußert, zweitens, daß die erregende Wirkung des Kaffees nur auf das Coffein zurückzuführen sei, habe ich bei mehreren lungenkranken Patienten, die an den Genuß des Kaffees so gewöhnt waren, daß sie denselben nicht mehr entbehren zu können glaubten, aber nach der Einnahme desselben stets starkes, sie sehr belästigendes und beunruhigendes Herzklopfen bekamen, Versuche mit der Darreichung von coffeinfreiem Kaffee gemacht.

Bekanntlich verursacht die chronische Tuberkulose besonders

in ihren späteren Stadien eine wesentliche Beschleunigung der Herz-

) Prof. Dr. Boruttau: Zur Frage der wirksamen Kaffeebestandteile. Zeitschrift für phyeikal. u. diät. Therapie, Juni 1908.

tatigkeit, und zwar nicht nur bei den fiebernden, sondern auch bei den fieberlosen Kranken. Diese vermehrte Herztatigkeit ist oft auch bei tuberkulosesuspekten Personen, bei denen später Tuberkulose ausbrach, beobachtet worden.

Die objektive Untersuchung des Herzens ergibt oft systolische Geräusche über den Klappen. Selbst wenn die Kranken ruhen, wie man sie ja zwecks Heilung der erkrankten Lungen viel Liegekur machen läßt, kann man bei men eine mitunter oft recht beträchtliche über die Norm vermehrte Pulsfrequenz konstatieren. Die Patienten selbst empfinden diese beschleunigte Herztätigkeit vielfach als sehr beunruhigendes und stark belästigendes Herzklopfen, verbunden mit einem unangenehmen Druck der Herzgrube und dem Gefühl einer großen Beängstigung. Es ist oft so stark, daß die Kranken Furcht haben, sich abends zum Schlafen niederzulegen, weil sie vor starkem Herzklopfen nicht einschlafen können: ja, mitunter pocht es so laut, daß sie wegen des starken Tones keinen Schlaf finden können. Sie behelfen sich oft damit, daß sie eine laut gehende Uhr, die ihre Herzschläge übertönt, in ihrem Schlafzimmer halten, ihr Schlafzimmer ın der Vorderfront des Hauses möglichst zur ebenen Erde einrichten, damit der Straßenlärm durch das offen gelassene Fenster eintritt, und sie somit nicht ständig das beängstigende Herzklopfen hören.

Doch nicht nur subjektiv unangenehm ist das Herzklopfen, sondern man muß auf Grund vielfacher Beobachtungen annehmen, daß eine solche Palpitatio cordis doch meist vom prognostischen Standpunkte aus betrachtet, wenn sie dauernd in hohem Grade auf- tritt, als ein Signum mali ominis zu betrachten ist. Sodann auch ist zu berücksichtigen, daß durch den erhöhten Druck die Gefahr einer Lungenblutung besteht. |

Aus diesen Ausführungen ergibt es sich, daß es bei der Behand- lung der Lungentuberkulose von enormem Werte ist, den Kranken Genußmittel zu geben, die ihrem Blutzirkulationsapparat keinen weiteren Schaden zufügen können.

Ist nun schon in der Ruhe die Pulszahl ca. 100 pro Minute, so vermehrt sie sich bei körperlichen Leistungen und auch bei Nahrungs- aufnahme noch mehr; ganz besonders aber leiden die Kranken unter

dieser ihnen äußerst lästigen und e den Puls vermehrung bei den Einnahmen der üblichen Genußmittel, wie der alkoholhaltigen Getränke, des Tabaks und des Kaffees.

Insbesondere beim Genuß des letzteren klagten viele meiner Patienten über diese sie belästigenden Folgeerscheinungen. Den Kaffee ganz zu vermeiden ist für viele, insbesondere für zahlreiche weibliche Patienten, die sich jahrelang daran gewöhnt haben, nahezu unmöglich. Es ist also beim Genuß des gewöhnlichen Kaffees Vor- sicht anzuempfehlen.

Fragen wir uns nun, was verursacht beim Kaffeegenuß die erhöhte Pulsfrequenz, so finden wir als Ursache dafür das im Kaffee ent- haltende Alkaloid, das Coffein, was sich experimentell beweisen läßt.

Es wer also, um den an Kaffeegenuß gewöhnten Patienten einen weiteren Genuß gestatten zu können, die Aufgabe zu lösen, dem Kaffee diesen schädlichen Stoff, der in gerösteten Bohnen bis zu 1,16 Prozent enthalten ist, zu entziehen, ohne Geschmack und Aroma des Kaffees zu ändern.

Es wurden viele dahinzielende Versuche angestellt, doch ließen sie sich im großen alle nicht durchführen, bis endlich der Chemiker Wimmer*) ein Verfahren, den sog. Aufschließungsprozeß, fand, wo- durch es mit Hilfe von Extraktionsmitteln möglich war, die Zellen in den Bohnen zu öffnen und durch nunmehriges Eindringen der Extrak- tionsstoffe die Coffeinsalze zu zerlegen. Wenn nun die so vorbe- handelten Bohnen mit Coffeinlösungsmitteln, wie Ather, Chloroform, Benzol, extrahiert werden, so gelingt es, ihnen das Coffein bis auf Spuren zu entziehen, während alle jene, den angenehmen Geschmack und das Aroma bedingenden Bestandteile, wie Kaffeegerbsäure, Zucker etc., dem Kaffee erhalten bleiben. Der verschwindend kleine Bruchteil Coffein, welcher nach diesem Verfahren noch im Kaffee bleibt (man berechnet in einer Tasse Kaffee von 125 ccm, hergestellt aus 5 g Kaffee, noch ca. 0,005 g) ist kaum nennenswert und kann keine schädliche Wirkung mehr ausüben. Der coffeinfreie Kaffee behält die äußeren Eigenschaften des gebrannten Bohnenkaffees;

) „Coffeinfreier Kaffee.“ Vortrag, gehalten auf der 12. Versaminlung dèr Chemiker Deutschlands. Zeitschrift für öffentl. Chemie 1907, H. 22.

außer dem Coffein geht nur noch ein wenig von einer wachsartigen Masse verloren.

Ich habe nun in jüngster Zeit mehrfach Versuche mit diesem von der Bremer Kaffee-Handels-A.-G. in den Handel gebrachten Kaffee „Hag“ angestellt bei lungenkranken Patienten, die nach dem Genuß von gewöhnlichem Kaffee unangenehme Reizerscheinungen, wie vermehrte und verstärkte Pulsfrequenz und Blutandrang nach dem Kopf hatten, sowie auch bei Patienten, die an Tachykardie litten; ich berücksichtige dabei Fälle von Anfangsstadien wie auch vor- geschrittene Erkrankungen, von letzteren fiebernde und nicht fiebernde. Der größte Teil der Kranken empfand die nach dem Genuß des coffeinhaltigen Kaffees auftretende noch stärkere Herzaktion als sehr beunruhigend und beängstigend. Ich ließ den coffeinfreien Kaffee stets in gleicher Stärke herstellen, wie bei dem früher benutzten gewöhnlichen Kaffee und auch in gleicher Quantität nehmen. Sämtliche Patienten teilten mir mit, daß der coffeinfreie Kaffee ebenso gut schmecke, wie der gewöhnliche Kaffee und ein sehr angenehmes Getränk sei, das von dem coffeinhaltigen Kaffee nicht zu unterscheiden sei; und sie zögen diesen neuen Kaffee vor, weil bei seinem Genuß die unan- genehmen Begleit- und Folgeerscheinungen, die Reizwirkungen, ganz ausblieben; insbesondere die so lästige Herzbeschleunigung nicht auf- trate. Auch das Gefühl des Blutandranges nach dem Kopf blieb bei der Mehrzahl aus.

Vergleichende Experimente, die ich bei zwei Patienten mit coffeinhaltigem und coffeinfreiem Kaffee anstellte

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vor dem Versuch 1/4 Stunde nach dem Versuch 2 Tassen coffeinhaltigen Kaffees (20: 100 Wasser).

(beide erhielten beide Male die gleiche Quantität und in gleicher Stärke hergestellte Proben von beiden Kaffeesorten), ergaben, daß Atmung und Kreislauf nach dem Genuß des coffeinhaltigen Kaffees gesteigert (bei einem wurde die Pulsaktion irregulär) wurden; ins- besondere wurde die Atmung flacher und beschleunigt; während nach dem Genuß des coffeinfreien Kaffees keinerlei Differenzen gegenüber dem Verhalten vor dem Versuch zu konstatieren waren.

Hiernach empfehle ich meinen Patienten, die den Kaffeegenuß nicht entbehren zu können glauben, zumal da viele, denen ich Schoko- lade oder Kakao anstatt des gewohnten Kaffees empfohlen habe, bald dieser Präparate überdrüssig werden und wieder zum Kaffee- genuß zurückkehren zu müssen meinen, den coffeinfreien Kaffee „Hag“ als Ersatzmittel, und wie ich bisher beobachtet habe, mit außerordentlich günstigem Erfolg. i

(Aus der „Therapeutischen Zeitschrift“ 1908, Nr. 47.)

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NACHDRUCK DER BELLETRISTIK VERBOTEN NACHDRUCK DER UBRIGEN ARTIKEL UNTER GENAUER QUELLENANGABE GESTATTET

DER KRIEG.

Die deutsche Antwortnote an Amerika. Berlin, 17. Februar.

Die gestern abend dem Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika auf seine Mitteilung vom 12. d. M. übergebene deutsche Er- widerung hat folgenden Wortlaut:

Die Kaiserlich Deutsche Regierung hat die Mitteilung der Regierung der Vereinigten Staaten in dem Geiste des gleichen Wohlwollens und der gleichen Freundschaft geprüft, von welchem ihr diese Mitteilung diktiert erscheint.

Die Kaiserlich Deutsche Regierung weiß sich mit der Regierung der Vereinigten Staaten darin eins, daß es für beide Teile in hohem Maße erwünscht ist, Mißverständnisse zu verhüten, die sich aus den von der deutschen Admiralität angekündigten Maßnahmen ergeben könnten, und dem Eintritt von Ereignissen vorzubeugen, die die zwischen den beiden Regierungen bisher in so glücklicher Weise bestehenden freundschaftlichen Beziehungen zu trüben vermöchten.

Die Deutsche Regierung glaubt für diese Versicherung bei der Regierung der Vereinigten Staaten umsomehr auf volles Verständnis rechnen zu dürfen, als das von der deutschen Admiralität angekündigte Vorgehen, wie in der Note vom 4. d. M. eingehend dargelegt wurde, in keiner Weise gegen den legitimen Handel und die legitime Schiffahrt der Neutralen gerichtet ist, sondern lediglich eine durch Deutschlands Lebensinteressen erzwungene Gegenwehr gegen die völkerrechtswidrige Seekriegführung Englands darstellt, die sich bisher durch keinerlei Einspruch der Neutralen auf die vor dem Kriegsausbruch allgemein anerkannte Rechtsgrundlage hat zurückführen lassen.

Um in diesem kardinalen Punkte jeden Zweifel auszuschließen, erlaubt sich die Deutsche Regierung nochmals die Sachlage festzustellen:

Deutschland hat bisher die geltenden völkerrechtlichen Bestimmungen auf dem Gebiete des Seekriegs gewissenhaft beobachtet, insbesondere

326

hat es dem gleich zu Beginn des Krieges gemachten Vorschlag der amerika- nischen Regierung, nunmehr die Londoner Seekriegsrechtserklärung. zu ratifizieren, unverzüglich zugestimmt, und deren Inhalt auch ohne solche formelle Bindung unverändert in sein Prisenrecht übernommen. Die Deutsche Regierung hat sich an diese Bestimmungen gehalten, auch wo sie ihren militärischen Interessen zuwiderliefen; so hat sie beispielsweise bis auf den heutigen Tag die Lebensmittelzufuhr von Dänemark nach England zugelassen, obwohl sie diese Zufuhr durch ihre Seestreitkräfte sehr wohl hätte unterbinden können.

Im Gegensatz hierzu hat England selbst schwere Verletzungen des

Völkerrechts nicht gescheut, wenn es dadurch den friedlichen Handel

Deutschlands mit dem neutralen Ausland lahmen konnte. Auf Einzel- heiten wird die Deutsche Regierung hier um so weniger einzugehen brauchen, als solche in der ihr zur Kenntnis mitgeteilten amerikanischen Note an die Britische Regierung vom 28. Dezember v. Js. auf Grund fünf- monatlicher Erfahrungen zutreffend, wenn auch nicht erschöpfend dar- gelegt sind.

Alle diese Übergriffe sind zugestandenermaßen darauf gerichtet, Deutschland von aller Zufuhr abzuschneiden und dadurch die friedliche Zivilbevölkerung dem Hungertod preiszugeben, ein jedem Kriegsrecht und jeder Menschlichkeit widersprechendes Verfahren.

Die Neutralen haben die völkerrechtswidrige Unterbindung ihres Handels mit Deutschland nicht zu verhindern vermocht. Die Amerikanische Regierung hat zwar, wie Deutschland gern anerkennt, gegen das englische Verfahren Protest erhoben; trotz dieses Protestes und der Proteste der übrigen neutralen Regierungen hat England sich von dem eingeschlagenen Verfahren nicht abbringen lassen. So ist noch vor kurzem das amerika- nische Schiff „Wilhelmina“ von englischer Seite aufgebracht worden, obwohl seine Ladung lediglich für die deutsche Zivilbevölkerung bestimmt war und nach einer ausdrücklichen Erklärung der Deutschen Regierung nur für diesen Zweck verwendet werden sollte.

Dadurch ist folgender Zustand geschaffen worden:

Deutschland ist unter stillschweigender oder protestierender Duldung der Neutralen von der überseeischen Zufuhr so gut wie abgeschnitten, und zwar nicht nur hinsichtlich solcher Waren, die absolute Konterbande sind, sondern auch hinsichtlich solcher, die nach dem vor Kriegsausbruch allgemein anerkannten Recht nur relative Konterbande oder überhaupt keine Konterbande sind.

England dagegen wird unter Duldung der neutralen Regierungen nicht nur mit solchen Waren versorgt, die keine oder nur relative Konter- bande sind, von England aber gegenüber Deutschland als absolute Konter- bande behandelt werden (Lebensmittel, industrielle Rohstoffe usw.), sondern sogar mit Waren, die stets und unzweifelhaft als absolute Konterbande gelten. Die Deutsche Regierung glaubt insbesondere und mit dem größten Nachdruck darauf hinweisen zu müssen, daß ein auf viele Hunderte von Millionen Mark geschätzter Waffenhandel amerikanischer Lieferanten mit

Deutschlands Feinden besteht. ua

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927

Die Deutsche Regierung gibt sich wohl Rechenschaft darüber, daß die Ausübung von Rechten und die Duldung von Unrecht seitens der Neutralen formell in deren Belieben steht und keinen formellen Neutra- litätsbruch involviert; sie hat infolgedessen den Vorwurf des formellen Neutralitätsbruchs nicht erhoben. Die Deutsche Regierung kann aber gerade im Interesse voller Klarheit in den Beziehungen beider Länder nicht umhin, hervorzuheben, daß sie mit der gesamten öffentlichen Mei- nung Deutschlands sich dadurch schwer benachteiligt fühlt, daß die Neu- tralen in der Wahrung ihrer Rechte auf den völkerrechtlich legitimen Handel mit Deutschland bisher keine oder nur unbedeutende Erfolge erzielt haben, während sie von ihrem Recht, den Konterbandehandel mit England und unseren anderen Feinden zu dulden, uneingeschränkten Gebrauch machen. Wenn es das formale Recht der Neutralen ist, ihren legitimen Handel mit Deutschland nicht zu schützen, ja sogar sich von England zu einer bewußten und gewollten Einschränkung des Handels bewegen zu lassen, so ist es auf der anderen Seite nicht minder ihr gutes, aber leider nicht angewendetes Recht, den Konterbandehandel, insbesondere den Waffenhandel mit Deutschlands Feinden, abzustellen.

Bei dieser Sachlage sieht sich die Deutsche Regierung, nach sechs Monaten der Geduld und des Abwartens, genötigt, die mörderische Art der Seekriegführung Englands mit scharfen Gegenmaßnahmen zu erwidern. Wenn England in seinem Kampf gegen Deutschland den Hunger als Bundesgenossen anruft in der Absicht, ein Kulturvolk von 70 Millionen vor die Wahl zwischen elendem Verkommen oder Unterwerfung unter seinen politischen und kommerziellen Willen zu stellen, so ist heute die Deutsche Regierung entschlossen, den Handschuh aufzunehmen und an den gleichen Bundesgenossen zu appellieren; sie vertraut darauf, daß die Neutralen, die bisher sich den für sie nachteiligen Folgen des englischen Hungerkriegs stillschweigend oder protestierend unterworfen haben, Deutschland gegenüber kein geringeres Maß von Duldsamkeit zeigen werden, und zwar auch dann, wenn die deutschen Maßnahmen in gleicher Weise wie bisher die englischen, neue Formen des Seekriegs darstellen.

Darüber hinaus ist die Deutsche Regierung entschlossen, die Zufuhr von Kriegsmaterial an England und seine Verbündeten mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln zu unterdrücken, wobei sie als selbstverständlich annimmt, daß die neutralen Regierungen, die bisher gegen den Waffen- handel mit Deutschlands Feinden nichts unternommen haben, sich der gewaltsamen Unterdrückung dieses Handels durch Deutschland nicht zu widersetzen beabsichtigen.

Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, hat die deutsche Admiralitat die von ihr näher bezeichnete Zone als Seekriegsgebiet erklärt. Sie wird dieses Seekriegsgebiet so weit wie irgend angängig durch Minen sperren, auch die feindlichen Handelsschiffe auf jede andere Weise zu vernichten ‚suchen.

So sehr nun auch der Deutschen Regierung bei dem Handeln nach diesen zwingenden Gesichtspunkten jede absichtliche Vernichtung neutraler Menschenleben und neutralen Eigentums fern liegt, so will sie doch auf

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der anderen Seite nicht verkennen, daß durch die gegen England durch- zuführenden Aktionen Gefahren entstehen, die unterschiedslos jeden Handel innerhalb des Seekriegsgebietes bedrohen. Dies gilt ohne weiteres von dem Minenkrieg, der auch bei strengster Innehaltung der völker- rechtlichen Grenzen jedes dem Minengebiet sich nähernde Schiff gefährdet.

Zu der Hoffnung, daß die Neutralen sich hiermit ebenso wie mit den ihnen durch die englischen Maßnahmen bisher zugefügten schweren Schädigungen abfinden werden, glaubt die Deutsche Regierung umsomehr berechtigt zu sein, als sie gewillt ist, zum Schutze der neutralen Schiffahrt sogar im Seekriegsgebiet alles zu tun, was mit der Durchführung ihres Zweckes irgendwie vereinbar ist.

Sie hat den ersten Beweis für ihren guten Willen geliefert, indem sie die von ihr beabsichtigten Maßnahmen mit einer Frist von nicht weniger als 14 Tagen ankündigte, um der neutralen Schiffahrt Gelegenheit zu geben, sich auf die Vermeidung der drohenden Gefahr einzurichten. Letzteres geschieht am sichersten durch das Fernbleiben von dem Seekriegsgebiet. Die neutralen Schiffe, die trotz dieser die Erreichung des Kriegszweckes gegenüber England schwer beeinträchtigenden langfristigen Ankündigung sich in die gesperrten Gewässer begeben, tragen selbst die Verantwortung für etwaige unglückliche Zufälle. Die Deutsche Regierung ihrerseits lehnt jede Verantwortung für solche Zufälle und deren Folgen ausdrücklich ab.

Ferner hat die Deutsche Regierung lediglich die Vernichtung der feindlichen, innerhalb des Seekriegsgebiets angetroffenen Handelsschiffe angekündigt, nicht aber die Vernichtung aller Handelsschiffe, wie die Amerikanische Regierung irrtümlich verstanden zu haben scheint. Auch diese Beschränkung, die die Deutsche Regierung sich auferlegt, ist eine Beeinträchtigung des Kriegszwecks, zumal da bei der Auslegung des Be- griffs der Konterbande, die Englands Regierung gegenüber Deutschland beliebt hat und die demgemäß die Deutsche Regierung auch gegen Eng- land anwenden wird, auch den neutralen Schiffen gegenüber die Präsump- tion dafür sprechen wird, daß sie Konterbande an Bord haben. Auf das Recht, das Vorhandensein von Konterbande in der Fracht neutraler Schiffe festzustellen und gegebenenfalls aus dieser Feststellung die Konsequenzen zu ziehen, ist die Kaiserliche Regierung natürlich nicht gewillt zu verzichten.

Die Deutsche Regierung ist schließlich bereit, mit der Amerikanischen Regierung jede Maßnahme in die ernsthafte Erwägung zu ziehen, die geeignet sein könnte, die legitime Schiffahrt der Neutralen im Kriegsgebiet sicherzustellen. Sie kann jedoch nicht übersehen, daß alle Bemühungen in dieser Richtung durch zwei Umstände erheblich erschwert werden:

I. durch den inzwischen wohl auch für die Amerikanische Regierung außer Zweifel gestellten Mißbrauch der neutralen Flagge durch die eng- lischen Handelsschiffe;

2. durch den bereits erwähnten Konterbandehandel insbesondere mit Kriegsmaterial der neutralen Handelsschiffe.

Hinsichtlich des letzteren Punktes gibt sich die Deutsche Regierung der Hoffnung hin, daß sich die Amerikanische Regierung bei nochmaliger

ne

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Erwägung zu einem dem Geiste wahrhafter Neutralität entsprechenden Eingreifen veranlaßt sehen wird.

Was den ersten Punkt anlangt, so ist der deutscherseits der Ameri- kanischen Regierung bereits mitgeteilte Geheimbefehl der britischen Admi- ralität, der den englischen Handelsschiffen die Benutzung neutraler Flaggen anempfohlen hat, inzwischen durch eine Mitteilung des britischen Aus- wärtigen Amtes, das jenes Verfahren unter Berufung auf inneres englisches Recht als völlig einwandsfrei bezeichnet, bestätigt worden. Die englische Handelsflotte hat den ihr erteilten Rat auch sogleich befolgt, wie der Amerikanischen Regierung aus den Fällen der Dampfer „Lusitania“ und „Laertes“ bekannt sein dürfte.

Weiter hat die Britische Regierung die englischen Handelsschiffe mit Waffen versehen und sie angewiesen, den deutschen Unterseebooten gewaltsam Widerstand zu leisten. Unter diesen Umständen ist es für die deutschen Unterseeboote sehr schwierig, die neutralen Handelsschiffe als solche zu erkennen; denn auch eine Untersuchung wird in den meisten Fällen nicht erfolgen können, da die bei einem maskierten englischen Schiff zu erwartenden Angriffe das Untersuchungskommando und das Boot selbst der Gefahr der Vernichtung aussetzen.

Die Britische Regierung wäre hiernach in der Lage, die deutschen Maßnahmen illusorisch zu machen, wenn ihre Handelsflotte bei dem Mig- brauch neutraler Flaggen verharrt und die neutralen Schiffe nicht ander- weit in zweifelloser Weise gekennzeichnet werden. Deutschland muß aber in dem Notstand, in den es rechtswidrig versetzt wird, seine Maßnahmen unter allen Umständen wirksam machen, um dadurch den Gegner zu einer dem Völkerrecht entsprechenden Führung des Seekriegs zu zwingen und so die Freiheit der Meere, für die es von jeher eingetreten ist und für die es auch heute kämpft, wiederherzustellen.

Die Deutsche Regierung hat es daher begrüßt, daß die Amerikanische Regierung gegen den rechtswidrigen Gebrauch ihrer Flagge bei der Britischen Regierung Vorstellungen erhoben hat, und gibt der Erwartung Ausdruck, daß dieses Vorgehen England künftig zur Achtung der amerika- nischen Flagge veranlassen wird.

In dieser Erwartung sind die Befehlshaber der deutschen Untersee- boote, wie bereits in der Note vom 4. d. M. zum Ausdruck gebracht worden ist, angewiesen worden, Gewalttätigkeiten gegen amerikanische Handelsschiffe zu unterlassen, soweit sie als solche erkennbar sind.

Um in der sichersten Weise allen Folgen einer Verwechselung allerdings nicht auch der Minengefahr zu begegnen, empfiehlt die Deutsche Regierung den Vereinigten Staaten, ihre mit friedlicher Ladung befrachteten, den englischen Seekriegsschauplatz berührenden Schiffe durch Konvoyierung kenntlich zu machen. Die Deutsche Regierung glaubt da- bei voraussetzen zu dürfen, daß nur solche Schiffe konvoyiert werden, die keine Waren an Bord haben, die nach der von England gegenüber Deutschland angewendeten Auslegung als Konterbande zu betrachten sind. Über die Art der Durchführung einer solchen Konvoyierung ist die Deutsche Regierung bereit, mit der Amerikanischen Regierung alsbald

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in Verhandlungen einzutreten. Sie würde es aber mit besonderem Dank anerkennen, wenn die Amerikanische Regierung ihren Handelsschiffen dringend empfehlen wollte, jedenfalls bie zur Regelung der Flaggenfrage den englischen Seekriegsschauplatz zu vermeiden.

Die Deutsche Regierung gibt sich der zuversichtlichen Hoffnung hin, daß die Amerikanische Regierung den schweren Kampf, den Deutsch- land um sein Dasein führt, in seiner ganzen Bedeutung würdigen und aus den vorstehenden Aufklarungen und Zusagen ein volles Verständnis für die Beweggründe und Ziele der von ihr angekündigten Maßnahmen gewinnen wird.

Die Deutsche Regierung wiederholt, daß sie in der bisher peinlich von ihr. geubten Rücksicht auf die Neutralen sich nur unter dem stärksten _Zwang der nationalen Selbsterhaltung zu den geplanten Maßnahmen ent- schlossen hat. Sollte es der Amerikanischen Regierung vermöge des Ge- wichts, das sie in die Wagschale des Geschickes der Völker zu legen be- rechtigt und imstande ist, in letzter Stunde noch gelingen, die Gründe zu beseitigen, die der Deutschen Regierung jenes Vorgehen zur gebieterischen Pflicht machen, sollte die Amerikanische Regierung : insbesondere einen Weg finden, die Beachtung der Londoner Seekriegsrechtserklärung auch von seiten der mit Deutschland kriegführenden Mächte zu erreichen und Deutschland dadurch die legitime Zufuhr von Lebensmitteln und indu- striellen Rohstoffen zu ermöglichen, so würde die Deutsche Regierung hierin ein nicht hoch genug anzuschlagendes Verdienst um die humanere Gestaltung der Kriegführung anerkennen und aus der also geschaffenen neuen Sachlage gern die Folgerungen ziehen.

Englands Antwort an Amerika. London, 18. Februar.

Die Antwort Sir Edward Greys auf die amerikanische Note zitiert die amerikanische amtliche Handelsstatistik, um zu zeigen, daß, von Baum- wolle abgesehen, der Krieg den Rückgang der amerikanischen Ausfuhr, der sich in der ersten Hälfte 1914 entwickelte, nicht gesteigert, sondern tatsächlich aufgehalten habe. Dagegen sei die amerikanische Ausfuhr in Baumwolle nach Großbritannien ebenso stark wie nach anderen Ländem gefallen. Die Antwort weist ferner darauf hin, daß die amerikanische Ausfuhr von August bis Dezember 1914 von 110 auf 246 Millionen Dollar und seither noch weiter gestiegen sei. Die allgemeine Beschwerde der amerikanischen Note sei gewesen, daß Englands Maßregeln den ameri- kanischen Handel mit neutralen Ländern ungünstig beeinflußt hätten. Die britischen Operationen zur See hätten jedenfalls Amerikas Handel - mit Großbritannien und den Verbündeten nicht beeinträchtigt, aber die ameri- kanische amtliche Statistik zeige, daß die Ausfuhr nach England und den verbündeten Staaten in den ersten vier Monaten des Krieges um mehr als 28 Millionen Dollar gesunken sei, während die Ausfuhr nach den neu- tralen Ländern und Osterreich-Ungarn um über 20 Millionen gestiegen sei. Man dürfe wohl daraus den Schluß ziehen, daß ein wesentlicher Teil des

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Handels mit den Neutralen für feindliche Länder bestimmt gewesen sei. Ein Haupthindernis für den Handel sei jetzt der Mangel an Schiffsraum, aber das Aufhalten der neutralen Schiffe durch England habe zu diesem Mangel an Schiffen weit weniger beigetragen als die Zerstörung neutraler Schiffe durch Minen, die der Feind unterschiedslos auf hoher See gelegt habe. Bisher seien 25 neutrale Schiffe durch Minen auf hoher See zerstört worden. Ganz abgesehen von den Fragen des Vertragsbruchs und der Vernichtung von Menschenleben liege weit mehr Grund vor, gegen die Beeinträchtigung des harmlosen neutralen Handels durch Minen, als durch das von England ausgeübte Recht, Konterbande zu beschlagnahmen, zu protestieren. Die Antwort beruft sich auf verschiedene Entscheidungen amerikanischer Prisengerichte, die die englische Maßregel stützten, und zählt verschiedene Konzessionen auf, die England gemacht habe, um die Unbequemlichkeit, die mit der Durchsuchung der Schiffsladung verbunden sei, zu mildern. Die Antwort betont, daß die englischen Prisengerichte weiten Spielraum hätten, um dieErsatzansprüche Neutraler zu berücksichtigen. Der beste Beweis für die Einsicht und die Mäßigung, mit der die britischen Offiziere ihre Plichten erfüllten, sei, daß bisher kein Verfahren auf Schaden- ‚ersatz eingeleitet sei. Die Antwort betont, daß eine Unterscheidung zwischen Lebensmitteln: für die Zivilbevölkerung und für Streitkräfte wegfalle, wenn der Unterschied zwischen der Zivilbevölkerung und der bewaffneten Macht selbst wegfalle, wie es in Deutschland der Fall sei. Soviel auch für den Konsum der Zivilbevölkerung eingeführt werde, werde es doch vom Militär konsumiert werden, wenn die militärischen Bedürfnisse es erheischten, zu- ‘mal jetzt, wo die deutsche Regierung die Kontrolle über alle Lebensmittel in Anspruch nehme. Während England bemüht sei, eine Schädigung der Neutralen zu vermeiden, nötige Deutschlands Absicht, Handelsschiffe und Ladungen zu versenken, ohne deren Nationalität und Charakter festzustellen und ohne für die Sicherheit der Mannschaften zu sorgen, die britische Regierung, Maßregeln in Erwägung zu ziehen, um ihre Interessen zu schützen. Es sei unmöglich, daß, wenn einer der Kriegführenden von -den Kriegsgebräuchen abweiche, der andere dadurch gebunden bleibe. Betreffs der Frage nach dem Recht; nicht für Streitkräfte bestimmte Lebens- mittel als Konterbande zu erklären, nimmt Grey auf die Maßregel Frank- reichs in dem französisch-chinesischen Krieg 1885 Bezug, in welchem Reis als Konterbande erklärt wurde. Er zitiert weiter Bismarcks Antwort an Vertreter der Kieler Handelskammer in dieser Frage. Bismarck sagte: „Jeder Krieg hat üble Folgen für die Neutralen im Gefolge. Diese Übel können, wenn eine neutrale Macht sich in die Kriegführung einmischt, sich leicht zum Nachteil der Untertanen der sich einmischenden Macht vermehren, und dadurch könnte der deutsche Handel mit viel schwereren Verlusten belastet werden als durch ein vorübergehendes Verbot des Reis- handels in den chinesischen Gewässern. Die fragliche Maßregel hat den Zwec, durch Vermehrung der Schwierigkeiten für den Feind den Krieg abzukürzen, und ist eine im Kriege entschuldbare Maßregel, wenn sie unparteiisch gegen alle neutralen Schiffe angewandt wird.“ Grey betont besonders den letzten Satz und sagt: Die britische Regierung ist geneigt,

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anzunehmen, daß die deutsche Regierung an jener Ansicht noch festhält. Die Maßregeln der britischen Regierung berücksichtigten nach Möglichkeit die neutralen Interessen. Grey schließt mit den Worten: Ich hoffe, daß, wenn die oben dargelegten Tatsachen erwogen werden, und wenn es er- hellt, daß unsere Seeoperationen den amerikanischen Handel mit den neutralen Ländern nicht vermindert haben, und daß unsere Methoden mit den fundamentalen Grundsätzen des Völkerrechts übereinstimmen, der amerikanischen Regierung einleuchten wird, daß die britische Regierung bisher bestrebt war, ihre Rechte als kriegführende Macht mit jeder mög- lichen Rücksichtnahme auf die Neutralen auszuüben.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 19. Februar.

An der Straße Arras—Lille sind die Franzosen aus dem von ihnen am 16. besetzten Teil unseres Grabens hinausgeworfen.

In der Champagne gingen die Franzosen erneut zum Teil mit starken Massen vor. Ihre Angriffe brachen unter unserem Feuer völlig zusammen. Weitere hundert Gefangene blieben in unserer Hand. Die von den Franzosen am 16. d. M. eroberten kurzen Grabenstücke sind zum Teil von uns wiedergenommen.

Bei dem gemeldeten französischen Angriff gegen Boureuilles- Vauquois machten wir 5 Offiziere und 479 Mann unverwundet zu Gefangenen.

Östlich Verdun bei Combres wurden die Franzosen nach an- fanglichen Erfolgen unter schweren Verlusten zurückgeschlagen.

In den Vogesen erstürmten wir die Höhe 600 südlich Lusse und eroberten 2 Maschinengewehre.

Tauroggen ist gestern von uns genommen. Die Verfolgungs- kämpfe nordwestlich ‘Grodno und nördlich Suchawola stehen vor ihrem Abschluß.

Der Kampf nördlich Kolno dauert noch an.

Südlich Myszyniec warfen wir die Russen aus einigen Ort- schaften.

In Polen nördlich der Weichsel fanden beiderseits der Wkra östlich Racionz kleinere Zusammenstöße statt.

Aus Polen südlich der Weichsel nichts Neues.

Oberste Heeresleitung.

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Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien. 18. Februar. Amtlich wird verlautbart: An der Karpathenfront von Dukla

bis gegen Wyszkow ist die Situation im allgemeinen unverändert. Auch gestern wurde nahezu überall heftig gekämpft. Die zahlreichen auf die Stellungen der Verbündeten versuchten Angriffe der Russen wurden unter großen Verlusten für den Gegner zurückgeschlagen. Der Feind verlor hierbei auch 320 Mann an Gefangenen. Durch die Besitznahme von Kolomea ist den Russen ein wichtiger Stützpunkt in Ostgalizien südlich des Dnjester entrissen. Aus der Richtung von Stanislau führt das Vorgehen feindlicher Verstärkungen zu neuerlichen größeren Kämpfen nördlich Nadworna und westlich Kolomea, die noch andauern.

In der Bukowina ist der Gegner über den Pruth zurückgeworfen. Czernowitz wurde gestern nachmittag von unseren Truppen besetzt. Die Russen zogen in der Richtung auf Nowosielica ab.

In Russisch-Polen und Westgalizien nur Geschützkampf und Ge-

plänkel. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Londoner Börsenkarneval.

Die Londoner Börse ist in Karnevalsstimmung. Sie hat sich den Scherz geleistet, seit Kriegsausbruch die deutsche 30% ige Reichsanleihe zum ersten Male wieder zu handeln, und zwar, wie die Cityblätter trium- phierend verkünden, zu 55, 54 und 5312 gegen 76 vor Kriegsausbruch. Das Vergnügen ist billig; denn bekanntlich sind die englisch gestempelten Sticke von dem Handel in Deutschland ausgeschlossen. Aber in ernsten Zeiten weiß man auch kleine Freuden zu schätzen, und so leistet sich die „Morning Post“ einen stolzen Artikel, in dem sie beweist, daß Deutsch- lands Staatskredit seit Kriegsausbruch um 2300 gesunken ist, derjenige Frankreichs nur um 13 0%, derjenige Englands gar nur um 61400. Wer kann da noch an Deutschlands finanzieller Zertrümmerung zweifeln!

Bei Lichte besehen, nimmt sich das Bild allerdings etwas anders aus. Seit dem Beginn der Weltkrise ist die Kursentwicklung der maß- gebenden Staatspapiere der drei Länder, gemessen nicht an eigens auf- geführtem Karnevalhandel, sondern an den ernsthaften Umsätzen der

Hauptmärkte: 20. Juli 1914 18. Febr. 1915 Rückgang 0/0 0/0 0/0 30/0 Reichsanleihe, Berlin 75,80 70,25 5,55 2120/0 Konsols, London 75,75 68,50 7,25

300 französische Rente, Paris - 81,25 68,75 12,50

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¢

Deutschlands Staatskredit hat sich also nicht nur ungleich besser gehalten als der franzosische, sondern auch besser als der englische. Dabei ist der Londoner Kurs für englische Konsols ein von der Regierung vorgeschriebener Mindestkurs. Wer öffentlich billiger handelt, wird ein- gesperrt. Dabei wird in der City, die das business ernst nimmt, heftig für eine Herabsetzung der Mindestkurse agitiert. Die Regierung aller- dings leistet noch Widerstand, was nach der gewiß unverdächtigen „Times“ vom 15. Februar vielfach bedauert wird, denn „die gegen- wärtigen Mindestkurse hindern unzweifelhaft die Entwicklung des Ge- schäfts in Werten, deren wirklicher Marktwert merklich niedriger ist als der fixierte Mindestkurs.“

] d 4“, Verlust des „L Berlin, 19. Februar.

In dem schweren Südsturm, dem am 17. Februar das Luftschiff „L 3“ zum Opfer fiel, ist auch das Luftschiff „L 4“ verloren gegangen. Es ist infolge von Motorenschaden bei Blaavands-Hut in Dänemark gestrandet und später nach See abgetrieben. Von der Besatzung sind Il Mann gerettet, darunter der Kommandant, 4 werden ver- mißt, Die Geretteten sind vorläufig in Vaarde untergebracht worden.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 20. Februar.

In der Champagne nördlich Perthes und nördlich Lesmenils griffen die Franzosen gestern mit sehr starken Kräften an. Alle Versuche des Gegners, unsere Linien zu durchbrechen, scheiterten. An einigen kleinen Stellen gelang es ihm, in unsere vordersten Gräben einzudringen. Dort wird noch gekämpft; im übrigen wurde der Gegner unter schweren Verlusten zurückgeworfen. Auch nörd- lich Verdun wurde ein französischer Angriff abgeschlagen.

Bei Combres machten die Franzosen nach heftiger Artillerie- vorbereitung erneute Vorstöße, der Kampf ist noch im Gange.

In den Vogesen nahmen wir die feindliche Hauptstellung auf den Höhen östlich Sulzern in einer Breite von 2 km sowie den Reichsackerkopf westlich Münster im Sturm. Um die Höhen nörd- lich Mühlbach wird noch gekämpft. Metzeral und Sondernach wurden nach Kampf von uns besetzt.

In der Gegend nordwestlich Grodno und nördlich Suchawola ist keine wesentliche Änderung eingetreten.

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Südöstlich Kolno ist der Feind in die Vorstellungen von Lomza zurückgeworfen. Südlich Myszyniec und nordöstlich Prasznysz und östlich Racionz fanden Kämpfe von örtlicher Bedeutung statt.

Südlich der Weichsel nichts Neues.

Oberste Heeresleitung,

Das Kriegsziel.

Von manchen Seiten wird es der Reichsregierung verdacht, daß sie Erörterungen über die Kriegsziele in der Presse noch nicht zulassen will. Noch nicht. Die Zeit wird kommen, und dann wird die Reichs- regierung dankbar sein, dann wird sie es bedürfen, wie sie es immer bedarf, von einem starken Volkswillen gestützt zu sein. Ohne den vermag sie nichts. Genau so wie zu den Zeiten Bismarcks im Jahre 1870. Aber jetzt und zunächst gibt es nur ein einziges Kriegsziel, die Niederlage der Feinde, eine Niederlage, die, wie der Reichskanzler in der Reichstagsrede vom 2. Dezember sagte, uns die Sicherheit bringen muß, daß keiner mehr wagen wird, unseren Frieden zu stören, einen Frieden, in dem wir deutsches Wesen und deutsche Kraft entfalten wollen als freies Volk!

Diesen klaren und festen Willen dürfen wir uns nicht fälschen lassen durch eine Entfesselung der Diskussion über die künftigen konkreten Friedensbedingungen. Wie wäre sie möglich, ohne daß sofort die Parteirichtungen und die äußersten Gegensätze, von roman- tischen, zum Teil auf die mittelalterlichen Westgrenzen des Reichs eingestellten Eroberungsplänen bis zur größten Genügsamkeit an dem, was wir besitzen, hervorträten und ein verworrenes Bild des Volks- willens entstünde, mit dem wir weder dem Kriegsziel näher kommen, noch das künftige in einem Koalitionskrieg doppelt verwickelte Friedens- geschäft erleichtern, ja vielleicht neue Hemmungen und neue Gegner- schaften hervorrufen würden. Wir überwinden diesen Weltkrieg sieg- reich durch die einige innere Kraft aller Gedanken und Handlungen. Sie heißt es ungebrochen nach innen und nach außen zu bewahren, bis es nach möglichst schnellem und wuchtigem Niederringen der Feinde wieder Parteien und nicht bloß Deutsche geben darf.

Will es das deutsche Volk wirklich anders? Sein wichtigster Teil steht draußen im Felde, um in schwerer Kampfesnot mit wuchtigem Hammerschlag die ehernen Grundlagen zu schaffen, auf denen der deutsche Friede ruhen soll. Aus zahlreichen brieflichen und münd-

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lichen Mitteilungen wissen wir, daß draußen im Felde mit tiefem Unmut die Stimmen vernommen werden, die schon jetzt den Streit um das Fell des Bären beginnen möchten. Die Kämpfer empfinden es bitter, daß man heute schon Fahnen auf Wällen von Festungen oder Küstenplätzen aufpflanzt, die noch zu erobern sind.

Und das Volk daheim? Das wirkliche Volk arbeitet und duldet und hofft, aber es drängt nicht. Denn es weiß und fühlt, daß die nächste Frage nicht lautet: Was soll uns der Friede bringen? sondern: Wie wollen wir ihn erringen? Ihm ist jeder Musketier, der in den Schützengräben Flanderns, in den Wäldern der Argonnen, an den polnischen Sümpfen oder auf den Schneefeldern der Karpathen seine Knochen daran gibt, zunächst mehr wert als die geistvollste Erörterung über die künftigen Grenzen des deutschen Machtbereichs.

Die obersten Gewalten im Felde und daheim, Schwert und Feder, stimmen auch darin völlig überein, daß zwingende Gründe der Landes- verteidigung wie der Politik dem Wunsche entgegenstehen, schon jetzt mit bestimmten Erklärungen über unsere Friedensbedingungen hervor- zutreten und eine öffentliche Diskussion zuzulassen. Der Zeitpunkt hierzu kann nur durch die militärischen Ereignisse bestimmt werden. Uber das Hernach zu streiten hat erst Sinn und Wert, wenn wir in diesem notgedrungenen Kampfe mit der Abwehr unserer Feinde am glücklichen Ende sind. Dann wird die Reichsleitung ohne Zögern ihre Friedensziele aufdecken, dann sei dem freien Volk die Rede freil

Die Türkei im Kriege. Beschädigungen der englisch-französischen Flotte vor den

Dardanellen. Konstantinopel, 20. Februar.

Das Hauptquartier meldet über den Angriff der englisch- französischen Flotte auf die Dardanellen: Acht Panzerschiffe bombardierten sieben Stunden lang die Außenforts der Dardanellen, ohne daß diese zum Schweigen gebracht wurden. Die Feinde feuerten 600 Schüsse mit großkalibrigen und 15-cm-Geschützen ab. Drei feindliche Panzer wurden beschädigt, davon das Admiral- schiff schwer. Auf türkischer Seite gab es einen Toten und einen Leichtverletzten.

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Der Krieg zur See. Vier Dampfer, ein Segler versenkt.

Reuter meldet aus Buenos Aires, daß der deutsche Dampfer „Holger“ Passagiere und Mannschaften der britischen Dampfer „Highland Brae“, „Potaro“, ,Hemisphere“ und „Simantha“ sowie des britischen Seglers „Wilfrid“ dort landete, die von dem deutschen Hilfskreuzer „Kronprinz Wilhelm“ versenkt worden waren. Der Dampfer „Holger“ wurde interniert, da er die 24stündige Frist des Aufenthalts im Hafen überschritt.

Von den hier genannten englischen Handelsschiffen ist „Hemisphere“, gebaut 1897, beheimatet in Liverpool, 3486 Brutto- und 2230 Nettotonnen; „Highland Brae“, gebaut 1910, Heimathafen London, 7765 Brutto- und 4646 Nettotonnen; „Potaro“, gebaut 1904, Heimathafen Belfast, 4378 Brutto- und 3793 Nettotonnen.

Neuer U-Booterfolg in der Irischen See.

Aus Belfast (an der Nordostküste Irlands) meldet Reuter: Am Sonn- abend um 5 Uhr nachmittags hielt ein deutsches Unterseeboot einen eng- lischen Kohlendampfer in der Irischen See an und gewährte der Besatzung fünf Minuten Zeit zum Verlassen des Schiffes, das darauf versenkt wurde.

Hamburg, 20. Februar. Die „Hamburger Nachrichten“ melden aus Stockholm: Ein eng- lischer Militärtransport von 2000 Mann ist mitsamt dem Transport- dampfer im englischen Kanal versenkt worden. „Göteborg Amtsbladet“, das diese Meldung erhielt, verbürgt sich für die Zuverlässigkeit der Quelle.

Das Kriegsgebiet um land. N Liverpool, 20. Februar.

Der Dampfer „Cambank“, der sich auf der Fahrt von Cardiff nach Liverpool befand, wurde auf der Höhe der Insel Anglesea von einem deutschen Unterseeboot ohne Warnung torpediert. Drei Mann der Be- satzung wurden bei der Explosion getötet, zwei Mann, die über Bord sprangen, ertranken. Die übrige Besatzung wurde gerettet.

London, 21. Februar. „Daily Mail“ zufolge ist gestern bei Goodwin Sands ein Rettungs- boot des spanischen Dampfers „Horacio“ aus Bilbao gefunden worden. Es wird befürchtet, daß das mit Eisenerz nach Westhartlepool bestimmt gewesene Schiff einen Unfall erlitten hat.

338:

Von einer sehr glaubwürdigen Stodcholmer Seite, die über die Schiff. fahrtsvorgange im Kanal orientiert ist, erhält der Stockholmer Vertreter der „Vossischen Zeitung“ die Bestätigung, daß der englische Truppen- transport infolge Auflaufens auf eine Mine oder wahrscheinlicher durch einen Torpedoschuß. vernichtet wurde.

Die Pariser „Liberte“ bringt eine Ankündigung der Gesellschaften derNordbahn und Westbahn, wonach der Dampferdienst zwischen Boulogne, Folkestone, Dieppe und Newhaven unterbrochen ist. Die Passagiere müssen in den genannten Häfen auf Gelegenheit warten, auf eigene Gefahr, be- fördert zu werden. Die Gesellschaften verweigern jede Garantie bezüglich des Datums der Abfahrt, doch trösten sie das Publikum mit der Voraus- sage, die Maßregel sei nur provisorisch.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 21. Februar.

Bei Nieuport lief ein feindliches Schiff, anscheinend Minen- suchschiff, auf eine Mine und sank. Feindliche Torpedoboote ver- schwanden, als sie beschossen wurden.

An der Straße Gheluvelt—Ypern, sowie am Kanal südöstlich Ypern nahmen wir je einen feindlichen Schützengraben. Einige Gefangene wurden gemacht.

In der Champagne herrschte gestern nach den schweren Kämpfen der vergangenen. Tage verhaltnismaftige Ruhe,

Bei Combres wurden drei mit starken Kräften und: großer Hartnäckigkeit geführte französische Angriffe unter schweren feind- lichen Verlusten abgeschlagen. Wir machten 2 Offiziere, 125 Fran- zosen zu Gefangenen.

In den Vogesen schritt unser Angriff. weiter vorwärts. In der

Gegend südöstlich Sulzern nahmen wir Hohrodberg, die. Höhe bei.

Hohrod und die Gehöfte Bretzel und. Widenthal.

Auch gestern: ist in Gegend nordwestlich Grodno noch keme wesentliche Änderung eingetreten.

Nördlich Ossowiez, südöstlich Kolno und auf derFront zwischen Prasznysz und Weichsel (östlich Plozk) nehmen die Kämpfe ihren

Fortgang. In Polen südlich der Weichsel nichts Neues.

Oberste Heeresteitung.

—— J —— T

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Großes Hauptquartier, 22. Februar.

Östlich Ypern wurde gestern wieder ein feindlicher Schützen- graben genommen. Feindliche Gegenangriffe auf die gewonnenen Stellungen blieben erfolglos.

In der Champagne herrschte auch gestern verhaltnismaBige Ruhe. Die Zahl der von uns in den letzten der dortigen Kampfe gefangen genommenen Franzosen hat sich auf 15 Offiziere und tuber 1000 Mann erhoht. Die blutigen Verluste des Feindes haben sich als außergewöhnlich hoch herausgestellt.

Gegen unsere Stellungen nördlich Verdun hat der Gegner gestern und heute nacht ohne jeden Erfolg angegriffen.

In den Vogesen wurden die Orte Hohrod und Stoßweiler nach Kampf genommen.

Sonst nichts Wesentliches.

Die Verfolgung nach der Winterschlacht in Masuren ist be- endet. Bei der Sauberung der Walder nordwestlich von Grodno und bei den in den letzten Tagen gemeldeten Gefechten im Bobr- und Narewgebiet wurden bisher ein kommandierender General, zwei Divisionskommandeure, vier andere Generale und annähernd 40000 Mann gefangen, 75 Geschütze, eine noch nicht festgestellte Anzahl von Maschinengewehren nebst vielem sonstigen Kriegsgerät erbeutet.

Die Gesamtbeute aus der Winterschlacht in Masuren steigt damit bis heute auf 7 Generale, über 100000 Mann, über 150 Geschütze und noch nicht annähernd übersehbares Gerät aller Art, einschließlich Maschinengewehre.

Schwere Geschütze und Munition wurden vom Feind mehrfach vergraben oder in den Seen versenkt; so sind gestern bei Lötzen und im Widminner See acht schwere Ge- schütze ven uns ausgegraben oder aus dem Wasser geholt worden.

Die zehnte russische Armee des Generals Baron Sievers kann hiermit als völlig vernichtet angesehen werden.

340 Neue Gefechte beginnen sich bei Grodno und nördlich Sucha-

wola zu entwickeln. Die gemeldeten Kämpfe nordwestlich Ossowiez und Lomza sowie bei Prasznysz nehmen ihren Fortgang. In Polen südlich der Weichsel nichts Neues. Oberste Heeresleitung.

Berlin, 23. Februar. Gestern nachmittag 4.40 Uhr ist der englische Truppentransport- dampfer 192 bei Beachy Head durch ein deutsches Unterseeboot zum Sinken gebracht worden.

6 Englands „Rache“! Kopenhagen, 22. Februar. Nach einer Meldung der „Nationaltidende“ aus London ist die eng- lische Regierung wegen der letzten Verluste zur See jetzt entschlossen, alle Nahrungsmittel als unbedingte Konterbande zu erklären.

Vom westlichen Schauplatze. Ein Zeppelin über Calais. Christiania, 23. Februar.

Gestern flog, wie nachts aus Paris gemeldet wird, ein Zeppelin über Calais und warf sieben Bomben ab, durch die fünf Menschen ge- tötet wurden. Das Luftschiff verschwand dann in südlicher Richtung.

Köln, 23. Februar. Der „Kölnischen Zeitung“ wird von der französischen Grenze berichtet, daß die französischen Marinebehörden den Leuchtturm von _ Calais und mehrere andere Leuchttürme der französischen Küste in den letzten Tagen wiederholt ihre Lichter haben auslöschen lassen aus Vorsicht gegen die deutschen Unterseeboote.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 23. Februar.

Die Festung Calais wurde in der Nacht vom 21. zum 22. dieses Monats ausgiebig mit Luftbomben belegt.

Die Franzosen haben gestern in der Champagne bei und nördlich Perthes erneut, wenn auch mit verminderter Stärke, an- gegriffen. Samtliche Vorstöße brachen in unserem Feuer zusammen.

Bei Ailly-Apremont wurden die Franzosen nach anfänglichen kleineren Erfolgen in ihre Stellung zurückgeworfen.

341

In den Vogesen wurde der Sattelkopf nördlich Mühlbach im Sturm genommen.

Sonst nichts Wesentliches.

Ein von den Russen mit schnell zusammengefaßten neu- gebildeten Kräften von Grodno in nordwestlicher Richtung ver- suchter Vorstoß scheiterte unter vernichtenden Verlusten.

Die Zahl der Beutegeschütze aus der Verfolgung nach der Winterschlacht in Masuren hat sich auf über 300, darunter 18 schwere, erhöht.

Nordwestlich Ossowiez, nördlich Lomza und beiPrasznysz dauern die Kämpfe an. An der Weichsel östlich Plozk drangen wir weiter in Richtung auf Wyszogrod vor.

In Polen, südlich der Weichsel, wurde der Vorstoß einer

russischen Division gegen unsere Stellungen an der Rawka ab- gewiesen.

Oberste Heeresleitung.

Eine Million Kriegsgefangene.

Nach einer Zusammenstellung der „Frankfurter Zeitung“ be- läuft sich die Zahl an Kriegsgefangenen in deutscher und öster- reichisch-ungarischer Verwahrung nach der siegreichen Schlacht in Masuren auf über eine Million. Die Zahl der kriegsgefangenen Russen in Deutschland beträgt danach ungefähr 462000, Oster- reich-Ungarn dürfte mindestens 230000 Russen gefangen halten. Bisher haben die Russen an Gefangenen eingebüßt 692 000, die Franzosen mindestens 237 000, die Belgier 37 000, die Engländer 19000, die Serben 50000. Aus diesen im einzelnen eher zu niedrig als zu hoch gegriffenen Zahlen ergibt sich das riesige Heer von 1043000 feindlichen Kriegsgefangenen, von denen Deutschland etwa drei Viertel, Osterreich-Ungarn etwa ein Viertel beherbergt. Zwei Drittel der gesamten Gefangenenzahl haben die Russen geliefert.

Der Krieg zur See.

Schiffstrümmer eines englischen Truppentransportdampfers.

Der norwegische Dampfer „Orla“ meldet, daß er im englischen Kanal Wrackstücke und Uniformmützen treiben gesehen hat, die wahr- scheinlich, wie dem „Hamburger Fremdenblatt“ aus Rotterdam gemeldet

342

wird, von einem versenkten englischen Truppentransportdampfer stammen. Auch der von Hull eingetroffene englische Dampfer „Jervaux Abby“ hat zahlreiche Wrackstücke und militärische Kleidungsstücke sowie viele Minen gesehen. Nach Angaben der Besatzung herrscht unter der Bevölkerung von Hull große Aufregung.

Ferner meldet der „Rotterdamsche Courant“ aus London, daß in England an 9000 Matrosen der Handelsschiffahrt feiern, weil sie sich weigern, bei der deutschen Unterseebootsgefahr England auf Schiffen zu

verlassen.

Dampfer in Seenot. London, 24. Februar.

Der Dampfer „Branksome“, der sich auf der Fahrt von Newhaven nach Cardiff befand, ist gestern nachmittag 2 Uhr südöstlich Beachy Head auf eine Mine gestoßen oder von einem Torpedo getroffen worden. 18 Mann von der Besatzung haben das Land erreicht, während der Kapitän und ein Matrose sich noch an Bord eines Bootes bei dem stark beschädigten Schiffe befinden. An derselben Stelle befindet sich noch ein größerer

Dampfer in Seenot.

Die Schiffahrt in der Irischen See. London. 24. Februar.

Die Admiralität kündigt Beschränkungen für die Schiffahrt sowohl in der nördlichen als auch in der südlichen Einfahrt der Irischen See an.

Auf eine Mine gestoßen. Washington, 24. Februar.

Der amerikanische Dampfer „Carib“ ist vor der deutschen Küste

auf eine Mine gestoßen und gesunken. Er hatte 4600 Ballen Baumwolle an Bord.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 24. Februar.

In der Gegend von Perthes (in der Champagne) griffen die Franzosen gestern nachmittag mit zwei Infanteriedivisionen an; es kam an mehreren Stellen zu erbitterten Nahkämpfen, die sämtlich zu unseren Gunsten entschieden worden sind. Der Feind wurde unter schweren Verlusten in seine Stellungen zurückgeworfen. In den Vogesen machen unsere Angriffe gegen Sulzern und Ampfers- bach (westlich von Stoßweiler) Fortschritte. In den Gefechten der letzten Tage machten wir 500 Gefangene. Sonst nichts Wesent- liches. I

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Ein erneuter feindlicher Vorstoß bei Grodno wurde mühelos abgewiesen. Südöstlich von Augustow gelang es gestern den Russen, an zwei Stellen über den Bobr vorzukommen; bei Sztabin ist der Gegner wieder zurückgeworfen. In der Gegend von Krasnybor ist der Kampf noch im Gange. Bei Prasznysz fielen 1200 Ge- fangene und zwei Geschütze in unsere Hand. Östlich Skierniewice wurde ein russischer Nachtangriff abgeschlagen.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 25. Februar.

In der Champagne setzte der Gegner gestern seine verzwei- felten Angriffe fort; sie blieben, wie die vorhergehenden, trotz der eingesetzten starken Kräfte ohne den geringsten Erfolg.

Sonst nichts Wesentliches. |

Die Gefechte am Njemen, Bobr und Narew dauern an.

Die festungsartig ausgebaute Stadt Prasznysz wurde gestern von ostpreußischen Reservetruppen nach hartnäckigen Kämpfen im Sturm genommen. Uber 10000 Gefangene, über 20 Geschütze, ein großes Lager von Maschinengewehren und sehr viel Gerät fielen in unsere Hand.

In anderen Gefechten nördlich der Weichsel sind in den letzten Tagen 5000 Gefangene gemacht.

In Polen südlich der Weichsel besetzten die Russen nach einem mit fünffacher Überlegenheit ausgeführten Angriff das Vorwerk Mogily (südöstlich Bolimow).

Sonst nichts Wesentliches.

Bemerkenswert ist, daß der bei Augustow gefangen genom- mene Kommandeur der russischen 57. Reservedivision deutsche Offiziere fragte, ob es wahr sei, daß das von den Deutschen be- lagerte Antwerpen bald fallen würde. Als ihm darauf die Lage im Westen erklärt wurde, wollte er nicht daran glauben, daß das deutsche Westheer auf französischem Boden steht.

Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See. Weitere Schiffsverluste. London, 25. Februar.

Die „Times“ meldet aus Rye: Am 23. d. M., nachmittags 31/2 Uhr, wurde hier eine starke Explosion gehört. Später wurde gemeldet, daß ein unbekannter Dampfer von ungefähr 2000 t in Seenot sei. Rettungs-

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boote und Fischerfahrzeuge eilten zur Hilfe. Nach anderen Meldungen fuhren auch die Rettungsboote von Eastbourne und Newhaven aus. Es soll sich um einen Kohlendampfer gehandelt haben, der Feuer gefangen hatte. Das Reutersche Bureau meldet aus Ramsgate: Das Fischerboot „Gratia“ landete heute 14 Matrosen von der Bemannung des Dampfers „Oakley“, der gestern nachmittag südöstlich Rye torpediert wurde. Der erste Ingenieur sagte aus, er habe das Periskop eines Unterseebootes gesehen. Der Rest der Mannschaft wurde in Dover gelandet. Die „Oakley“ versank heute morgen auf der Höhe von Folkestone, während sie nach Dover geschleppt wurde. London, 25. Februar. Der Dampfer „Rio Parana“, der nach Portoferraio unterwegs war, und der Dampfer „Harpolion“, der nach Newport News fuhr, wurden in der Höhe von Beachy Head torpediert und versenkt. Die Bemannungen sind gerettet, mit Ausnahme von drei Chinesen, die durch die Explosion umkamen. London, 25. Februar. Das Reuter-Bureau meldet aus Scarborough: Der Dampfer „Dept- ford“ ist in der Nordsee auf der Höhe von Scarborough am 24. Februar gesunken, wie die Mannschaft glaubt, infolge eines Torpedoschusses. Die Besatzung wurde bis auf einen Mann durch einen Passagierdampfer gerettet. . London, 25. Februar. Die Bemannung des Dampfers „Western Coast“ aus Liverpool ist in Portsmouth gelandet worden und berichtet, daß der Dampfer durch eine Mine oder einen Torpedo auf der Höhe von Beachy Head zum

Sinken gebracht worden sei. Verlust an Menschenleben ist nicht zu be- klagen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 26. Februar.

Von beiden Kriegsschauplätzen ist nichts Wesentliches zu meee” Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege. Neue Beschießung der Dardanellen. l Konstantinopel, 25. Februar. Das Hauptquartier teilt mit: Zehn große Panzerschiffe haben gestern vormittag 10 Uhr ein Bombardement gegen die am Eingang der Dardanellen liegenden Forts eröffnet. Das Feuer dauerte bis

51/2 Uhr nachmittags; dann zogen sich die Schiffe in der Richtung

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der Insel Tenedos zurück. Nach den gemachten Beobachtungen sind ein Schiff des Feindes vom „Agamemnon“-Typ und zwei andere Panzerschiffe durch die von den Forts an der anatolischen Küste ge- feuerten Schüsse beschädigt worden.

Konstantinopel, 26. Februar.

Das Hauptquartier teilt mit: Durch eine siebenstündige Be- schießung mit schweren Geschützen haben die feindlichen Schiffe gestern unsere äußeren Forts an den Dardanellen an einigen Punkten beschädigt; trotzdem hatten wir nur einen Verlust von 5 Toten und 14 Verwundeten. Auch heute hat die feindliche Flotte die Beschießung fortgesetzt, sich aber am Nachmittag aus dem Feuerbereich unserer Batterien bei Sed ul Bahr zurück- gezogen. Am 10. Februar hat ein französischer Kreuzer an der Küste von Akaba etwa 100 Soldaten ausgeschifft; nach einem zweistundigen Gefecht flüchtete der Feind unter Verlusten auf das Schiff zurück. Trotz der Heftigkeit seines Geschütz- und Maschinengewehrfeuers hatten wir nur 3 Tote und 3 Ver- wundete.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 27. Februar.

In der Champagne lıaben die Franzosen gestern und heute nacht erneut mit starken Kräften angegriffen. Der Kampf ist an einzelnen Stellen noch im Gange, im übrigen ist der Angriff ab- gewiesen worden.

Nördlich Verdun haben wir einen Teil der französischen Stellungen angegriffen; das Gefecht dauert noch an.

Von den übrigen Fronten ist nichts Wesentliches zu melden.

Nordwestlich Grodno, westlich Lomza und südlich Prasznysz sind neue russische Kräfte aufgetreten, die zum Angriff vorgingen.

An der Skroda südlich Kolno machten wir 1100 Gefangene.

Von links der Weichsel ist nichts Besonderes zu berichten.

Oberste Heeresleitung.

Der Kaiser an Generalfeldmarschall von Hindenburg und General- leutnant Ludendorf.

Dem Generalfeldmarschall von Hindenburg ist seine bereits mitgeteilte Ernennung zum Chef des 2. Masurischen Infanterieregiments Nr. 147 in nachstehender Weise am 23. d. M. von Seiner Majestät bekanntgegeben:

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„Mein lieber Generalfeldmarschall!

Nach dem glorreichen Verlauf der Winterschlacht in Masuren, in der unter Ihrer bewährten, meisterhaften Leitung Mein unvergleich- lich tapferes Ostheer dem Feind den letzten Fußbreit des heimat- lichen Bodens entrissen und seine Armee weit in das eigene Land treibend vernichtend geschlagen hat, ist es Mir dringendstes Bedürf- nis, zu danken für alles das, was Sie und die braven Truppen jetzt wieder für das Vaterland geleistet haben. Ich will Meinem König- lichen Dank aber noch dadurch besonderen Ausdruck geben, daß Ich Ihnen das Eichenlaub zum Orden Pour le merite verleihe und Sie ferner unter Belassung a la suite des 3. Garderegiments zu Fuß zum Chef des 2. Masurischen Infanterieregiments Nr. 147 ernenne. In der Wahl dieses Regiments, das sich bei den Kämpfen im Osten unvergängliche Lorbeeren errungen hat, werden Sie ersehen, wie dankbaren Herzens Ich Ihre Verdienste um die Befreiung Ostpreußens von dem feindlichen Einfall anerkenne. Gott sei auch ferner mit unserer gerechten Sache und schenke uns noch viele ST 1

Auch der Chef des Stabes beim Generalfeldmarschall von Hinden- burg. Generalleutnant Ludendorf, erfuhr am gleichen Tage die Verleihung des Eichenlaubs zum Orden Pour le merite von Seiner Majestät durch ein persönliches Telegramm. Dieses lautet:

„Aus Anlaß des herrlichen Sieges über das noch jüngst in Ost- preußen stehende Russenheer spreche Ich, Mein lieber Generalleutnant Ludendorf, Ihnen, dem treuen, unermüdlichen Generalstabschef des Oberbefehlshabers der gesamten deutschen Streitkräfte im Osten, Meinen Königlichen Dank für Ihre hervorragende Anteilnahme an dem Gelingen des so großzügig angelegten und glücklich durehge- führten Unternehmens aus. Ich verleihe Ihnen hiermit das Eichen- laub zum Orden Pour le merite, eine Auszeichnung, deren Sie sich mit berechtigtem Stolz erfreuen können. ua

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 28. Februar.

In der Champagne setzte der Gegner auch gestern seine Vorstöße fort. Die Angriffe wurden im vollen Umfange abge- wiesen.

Südlich Malancourt (nördlich Verdun) erstürmten wir mehrere hintereinanderliegende feindliche Stellungen. Schwache französische Gegenangriffe scheiterten. Wir machten 6 Offiziere, 250 Mann

zu Gefangenen und eroberten 4 Maschinengewehre und einen Minenwerfer.

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Am Westrande der Vogesen warfen wir nach heftigem Kampf die Franzosen aus ihren Stellungen bei Blämont-Vionville. Unser Angriff. erreichte die Linie Verdinal-Bremenil östlich Badon- viller östlich Celles; durch ihn wurde der Gegner in einer Breite von 20 km und einer Tiefe von 6 km zurückgedrängt. Die Versuche des Feindes, das eroberte Gelände wiederzugewinnen, mißlangen unter schweren Verlusten.

Ebenso wurden feindliche Vorstöße in den Südvogesen ab- gewiesen.

Nordwestlich Grodno waren gestern neue russische Kräfte vorgegangen. Unser Gegenstoß warf die Russen in die Vor- stellungen der Festung zurück. 1800 Gefangene blieben in un- serer Hand.

Nordwestlich Ostrolenka wurde am Omulew ein feindlicher Angriff abgewiesen.

Vor überlegenen feindlichen Kräften, die von Süden und Norden auf Prasznysz vorgingen, sind unsere Truppen in die Gegend nördlich und westlich dieser Stadt ausgewichen.

Südlich der Weichsel nichts Neues.

Oberste Heeresleitung.

Die deutschen Verluste in Ostpreußen. Berlin, 28. Februar.

Nach einer Behauptung der Londoner „Central News“ soll der deutsche Botschafter in Rom erklärt haben, daß wir in Ostpreußen an Toten und Verwundeten 100 000 Mann verloren hätten. Das englische Bureau knüpft an diese selbstverständlich in allen Punkten erfundene Meldung den Zu- satz, daß der deutsche Erfolg somit in keinem Verhältnis zu den gebrachten Opfern stehe.

Dies letzte trifft zu. Allerdings nicht im Sinne der „Central News“. Die große Eile, mit der sich die russische 10. Armee der deutschen Um- klammerung zu entziehen suchte, bat zur Folge gehabt, daß unsere Truppen nur :auf einzelnen Teilen der Kampffront mit dem Feind in so enge Ge- fechtsberuhrung gekommen sind, wie sie das in sicherem Bewußtsein ihrer Überlegenheit erhofft hatten. Da, wo der Gegner standhielt, ist er dieser Überlegenheit zum Opfer gefallen. Im übrigen aber haben wir die in der Kri eachichte: einzig dastehende Winterschlacht vornehmlich durch Uber- raschung und Schnelligkeit gewonnen. So kommt es, daß unser Gesamt- verlust mit dem glänzenden Ergebnis des Sieges tatsächlich in Mißver- bältnis. steht. Er ist ganz ungewöhnlich gering und beträgt noch nicht ein Sechstel der von der „Central News“ erwähnten Zahl.

Daß er überdies zum großen Teil nur auf vorübergehenden Ausfällen durch Marachkrankheit beruht, ist nicht nur an sich erfreulich, sondern

zeugt auch von. der rücksichtslosen Entschlossenheit unserer Verfolgung

348

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 1. März.

Bei Wervicq (nördlich Lille) wurde ein englisches Flugzeug durch unsere Beschießung zum Landen gezwungen. An einer Stelle unserer Front verwendeten die Franzosen wiederum, wie schon vor einigen Monaten, Geschosse, die bei der Detonation übelriechende und erstickende Gase entwickeln; Schaden wurde dadurch nicht angerichtet.

Unsere Stellungen in der Champagne wurden gestern mehrfach von mindestens zwei Armeekorps angegriffen; die Vorstöße wurden nach heftigen Nahkampfen restlos abgeschlagen.

In den Argonnen erbeuteten wir 2 Minenwerfer.

Zwischen Ostrand der Argonnen und Vauquois setzten die Franzosen gestern fünfmal zu einem Durchbruchsversuch an; die Angriffe scheiterten unter schweren Verlusten des Feindes.

Die östlich Badonviller von uns genommenen Stellungen wurden gestern gegen feindliche Wiedereroberungsversuche gehalten.

Russische Angriffe nördlich Lomza und nordwestlich Ostro- lenka wurden abgewiesen.

Sonst nichts Wesentliches.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 1. März.

Amtlich wird verlautbart: Erfolgreiche Kämpfe im westlichen Abschnitt der Karpathenfront brachten mehrere russische Vorstellungen in unseren Besitz, 19 Offiziere, 2000 Mann wurden hierbei gefangen genommen, viel Kriegsmaterial erbeutet.

Im Raume südlich des Dnjestr sind nach Eintreffen russischer Verstärkungen erbitterte Kämpfe im Gange. Alle feindlichen Angriffe, die auf unsere Stellungen versucht wurden, scheiterten unter den schwer- sten Verlusten des Gegners.

In Polen und Westgalizien fanden auch gestern nur Geschütz- kämpfe statt.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Vom amerikanisch-deutschen Notenwechsel. Berlin, 2. März. Der amerikanische Botschafter hat im Auftrag der Regierung der

Vereinigten Staaten der Deutschen Regierung folgende vom 22. Februar datierte Note überreicht:

Die amerikanische Regierung gestattet sich im Hinblick auf den Schriftwechsel, der zwischen ihr und den Regierungen Deutschlands und Großbritanniens über den Gebrauch neutraler Flaggen durch englische Han- delsschiffe und die Kriegsgebieterklarung der deutschen Admiralitat statt- gefunden hat, der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß die beiden kriegfüh- renden Regierungen im Wege gegenseitiger Zugeständnisse eine Grund- lage für eine Verständigung finden möchten, deren Ergebnis darauf abzielt, neutrale, dem friedlichen Handel obliegende Schiffe von den ernsten Ge- fahren zu befreien, denen sie bei der Durchfahrt durch die die Küsten der kriegführenden Länder berührenden Meere unterworfen sind.

Die amerikanische Regierung bringt ergebenst in Anregung, daß eine Verständigung etwa auf Grund ähnlicher Bedingungen wie der nach- stehenden erreicht werden möge.

Diese Anregung soll in keiner Weise als ein Vorschlag der Ameri- kanischen Regierung gelten, denn diese ist sich naturgemäß wohl bewußt, daß es ihr nicht zukommt, Bedingungen für eine Vereinbarung zwischen Deutschland und Großbritannien vorzuschlagen, obwohl die vorliegende Frage sie selbst und das Volk der Vereinigten Staaten unmittelbar und in weitgehendem Maße interessiert. Sie wagt lediglich sich die Freiheit zu nehmen, die nach ihrer Überzeugung einem aufrichtigen Freund ein- geräumt werden darf, der von dem Wunsche geleitet wird, keiner der beiden beteiligten Nationen Ungelegenheiten zu bereiten und möglicher- weise den gemeinsamen Interessen der Menschlichkeit zu dienen. In der Hoffnung, daß die Ansichten und Anregungen der Deutschen und Briti- schen Regierung über eine Frage, die für die ganze Welt von hervor- ragendem Interesse ist, zutage gefördert werden, wird das im nachstehenden vorgezeichnete Verfahren angeboten.

Deutschland und Großbritannien kommen dahin überein,

l. daß treibende Minen von keiner Seite einzeln in den Küsten- gewässern oder auf hoher See ausgelegt werden, daß verankerte Minen von keiner Seite auf hoher See, es sei denn ausschließlich für Verteidigungszwecke innerhalb Kanonenschußweite von einem Hafen, gelegt werden, und daß alle Minen den Stempel der Re- gierung tragen, die sie ausgelegt, und so konstruiert sind, daß sie unschädlich werden, nachdem sie sich von ihrer Verankerung los- gerissen haben;

2.daß Unterseeboote von keiner der beiden Regierungen zum An-

iff auf Handelsschiffe irgendeiner Nationalität Verwendung

finden außer zur Durchführung des Rechtes der Anhaltung und Untersuchung;

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3.daß die Regierung beider Länder es zur Bedingung stellen, daß ihre beiderseitigen Handelsschiffe neutrale Flaggen als Kriegslist oder zum Zweck der Unkenntlichmachung nicht benutzen.

Großbritannien erklärt sich damit einverstanden, daß Lebens- und Nahrungsmittel nicht auf die Liste der absoluten Konterbande gesetzt werden und daß die britischen Behörden Schiffsladungen solcher Waren weder stören noch anhalten, wenn sie an Agenturen in Deutschland adres- siert sind, die von den Vereinigten Staaten namhaft gemacht sind, um solche Warenladungen in Empfang zu nehmen und an konzessionierte deutsche Wiederverkäufer zur ausschließlichen Weiterverteilung an die Zivilbevölkerung zu verteilen.

Deutschland erklärt sich damit einverstanden, daß Lebens- oder Nahrungsmittel, die nach Deutschland aus den Vereinigten Staaten’ oder je nach dem von irgendeinem anderen neutralen Lande eingeführt werden, an Agenturen adressiert werden, die von der Amerikanischen Regierung namhaft gemacht werden; daß diesen amerikanischen Agenturen die volle Verantwortung und Aufsicht bezüglich des Empfangs und der Verteilung dieser Einfuhr ohne Einmischung der Deutschen Regierung obliegen soll; sie sollen sie ausschließlich an Wiederverkäufer verteilen, denen von der Deutschen Regierung eine Konzession erteilt ist, die ihnen die Berechtigung gibt, solche Lebens- und Nahrungsmittel in Empfang zu nehmen und sie ausschließlich an die Zivilbevölkerung zu liefern; sollten die Wiederverkäufer die Bedingungen ihrer Konzession irgendwie über- schreiten, so sollten sie des Rechtes verlustig gehen, Lebens- und Nah- rungsmittel für die angegebenen Zwecke zu erhalten, und daß die Deut- sche Regierung solche Lebens- und Nahrungsmittel nicht für Zwecke irgend- welcher Art requirieren oder veranlassen wird, daß sie für die bewaffnete Macht Deutschlands Verwendung finden.

Indem die Amerikanische Regierung die im vorstehenden skizzierte Grundlage für eine Verständigung unterbreitet, möchte sie nicht so ver- standen werden, als ob sie irgendein Recht der Kriegführenden oder Neutralen, das durch die Grundsätze des Volkerrechts festgelegt ist, aner- kennt oder verleugnet, sie würde vielmehr die Vereinbarung, falls sie den interressierten Mächten annehmbar erscheint, als einen modus vivendi be- trachten, der sich mehr auf Zweckmäßigkeit als gesetzmäßiges Recht grün- det, und der auch die Vereinigten Staaten in seiner gegenwärtigen oder in einer abgeänderten Fassung nicht bindet, ehe er von der Amerikani- schen Regierung angenommen ist.

5 Eine gleichlautende Note ist an die Britische Regierung gerichtet worden.

Berlin, 2. Marz. Die Note der Amerikanischen Regierung ist unter dem Datum des 28. Februar von der Deutschen Regierung folgendermaßen beantwortet worden: Die Kaiserlich Deutsche Regierung hat von der Anregung der Ameri- kanischen Regierung, für die Seekriegführung Deutschlands und Englands

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gewisse Grundsätze zum Schutze der neutralen Schiffahrt zu vereinbaren, mit lebhaftem Interesse Kenntnis genommen. Sie erblickt darin einen neuen Beweis für die von deutscher Seite voll erwiderten freundschaft- lichen Gefühle der Amerikanischen gegenüber der Deutschen Regierung. Auch den deutschen Wünschen entspricht es, daß der Seekrieg nach Regeln geführt wird, die, ohne die eine oder die andere kriegführende Macht in ihren Kriegsmitteln einseitig zu beschränken, ebensowohl den Interessen der Neutralen wie den Geboten der Menschlichkeit Rechnung tragen. Demgemäß ist schon in der deutschen Note vom 16. d.M. darauf hingedeutet worden, daß die Beachtung der Londoner Seekriegsrechts- erklärung durch Deutschlands Gegner eine neue Lage schaffen würde, aus der die Folgerungen zu ziehen die Deutsche Regierung gern bereit wäre. f Von dieser Auffassung ausgehend, hat die Deutsche Regierung die Anregung der Amerikanischen Regierung einer aufmerksamen Prüfung unterzogen und glaubt darin in der Tat eine geeignete Grundlage für die tische Lösung der entstandenen Fragen zu erkennen. Zu den einzelnen Punkten der amerikanischen Note darf sie nachstehendes bemerken.

1. Was die Legung von Minen betrifft, so würde die Deutsche Re- gierung bereit sein, die angeregte Erklärung über die Nichtanwendung von Treibminen und die Konstruktion der verankerten Minen abzugeben. Ferner ist sie mit der Anbringung von Regierungsstempeln auf den aus- zulegenden Minen einverstanden. Dagegen erscheint es ihr für die krieg- führenden Mächte nicht angängig, auf eine offensive Verwendung ver- ankerter Minen völlig vu verzichten.

2. Die Deutsche Regierung würde sich verpflichten, daß ihre Unter- seeboote gegen Handelsschiffe irgendwelcher Flagge nur insoweit Gewalt anwenden werden, als dies zur Durchführung des Rechts der Anhaltung und Untersuchung erforderlich ist. Ergibt sich die feindliche Nationalität des Schiffes oder das Vorhandensein von Konterbande, so würden die

Unterseeboote nach den allgemein völkerrechtlichen Regeln verfahren.

3, Wie die amerikanische Note vorsieht, setzt die angegebene Be- schränkung in der Verwendung der Unterseeboote voraus, daß sich die feindlichen Handelsschiffe des Gebrauchs der neutralen Flagge und anderer neutraler Abzeichen enthalten. Dabei dürfte es sich von selbst verstehen, daß sie auch von einer Bewaffnung sowie von der Leistung jeden tätlichen Widerstandes absehen, da ein solches völkerrechtswidriges Verhalten ein er ölkerrecht entsprechendes Vorgehen der Unterseeboote unmöglich ma

4. Die von der Amerikanischen Regierung angeregte Regelung der legitimen Lebensmittelzufuhr nach Deutschland erscheint im allgemeinen annehmbar; die Regelung würde sich selbstverständlich auf die Seezufuhr beschränken, andererseits aber auch die indirekte Zufuhr über neutrale Häfen umfassen. Die Deutsche Regierung würde daher bereit sein, Er- klarungen der in der amerikanischen Note vorgesehenen Art abzugeben, so daß die ausschließliche Verwendung der eingeführten Lebensmittel für die friedliche Zivilbevölkerung gewährleistet sein würde. Daneben muß

352

aber die Deutsche Regierung Wert darauf legen, daß ihr auch die Zufuhr anderer der friedlichen Volkswirtschaft dienenden Rohstoffe einschließlich der Futtermittel ermöglicht wird. Zu diesem Zwecke hätten die feind- lichen Regierungen die in der Freiliste der Londoner Seekriegsrechts- erklärung erwähnten Rohstoffe frei nach Deutschland gelangen zu lassen und die auf der Liste der relativen Konterbande stehenden Stoffe nach den gleichen Grundsätzen wie die Lebensmittel zu behandeln.

Die Deutsche Regierung gibt sich der Hoffnung hin, daß die von der Amerikanischen Regierung angebahnte Verständigung unter Berück- sichtigung der vorstehenden Bemerkungen zustande kommt, und daß auf diese Weise die friedliche neutrale Schiffahrt und der friedliche neutrale Handel unter den Rückwirkungen des Seekrieges nicht mehr als unbedingt nötig zu leiden haben werden. Solche Ruckwirkungen würden sich übrigens noch wesentlich verringern lassen, wenn worauf bereits in der deutschen Note vom 16. d.M. hingewiesen worden ist Mittel und Wege gefunden werden könnten, um die Zufuhr von Kriegsmaterial aus neutralen nach kriegführenden Staaten auf Schiffen irgendwelcher Flagge auszuschließen.

Ihre definitive Stellungnahme muß sich die Deutsche Regierung selbstverständlich bis zu demjenigen Zeitpunkt vorbehalten, in welchem sie auf Grund weiterer Mitteilungen der Amerikanischen Regierung in der Lage ist, zu übersehen, welche Verpflichtungen die Britische Regierung ihrerseits zu übernehmen bereit ist.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 2. März.

Erneute wieder mit starken Kräften angesetzte Angriffe in der Champagne brachen meist schon in unserem Feuer unter gewaltigen Verlusten für den Feind zusammen. Nahkämpfe an einzelnen Stellen waren durchweg für uns siegreich. Unsere Stellungen blieben fest in unserer Hand.

Im Argonnerwald eroberten wir mehrere Gräben, machten 80 Gefangene und erbeuteten 5 Minenwerfer.

Angriffe auf Vauquois wurden blutig abgewiesen.

Die in den Vogesen in den letzten Tagen von uns errungenen Vorteile wurden trotz heftiger Gegenangriffe festgehalten. Gestrige Abendangriffe der Franzosen nordöstlich Celles waren für den Feind besonders verlustreich.

Russische Vorstöße südöstlich und südlich des Augustower Waldes waren erfolglos.

Russische Nachtangriffe nordöstlich Lomza und östlich Plozk

wurden zurückgeschlagen. Oberste Heeresleitung.

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Der Krieg zur See.

Ein englischer Dampfer versenkt.

Lyon, 2. März. „Republicain“ meldet aus Dieppe: Die Marine verwaltung von Dieppe wurde Freitag nachmittag durch den Leuchtturmwächter von Ailly benach- richtigt, daß ein englischer Dampfer 15 Meilen vor Dieppe angeschossen wurde. Ein anderer englischer Dampfer fuhr sofort zur Hilfeleistung aus, doch konnte er an der Unfallstelle nichts mehr von dem angeschossenen Dampfer entdecken außer einem Brett, das erst kurze Zeit im Wasser lag.

Ein deutsches U-Boot von einer Jacht beschossen.

Von der deutschen Gesandtschaft im Haag wird bekanntgegeben, daß am 21. Februar, morgens 9 Uhr 50 Min., ein deutsches Unter- seeboot im Kanal auf der Höhe St. Georges von einer Dampfjacht beschossen wurde. Die Jacht eröffnete das Feuer auf 5000 m Abstand aus zwei Stücken kleinen Kalibers. Das Fahrzeug führte eine draht- lose Einrichtung und wird als Jacht beschrieben. Es führte keine Kriegsflagge.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 3. März.

Bei St. Eloi südlich von Ypern wurde ein Angriff zweier eng- lischer Kompagnien nach blutigem Handgemenge zurückgeworfen.

Bei Peronne landete infolge Motordefekts ein französisches Flugzeug. Die Insassen wurden gefangen genommen.

Die französischen Angriffe in der Champagne hatten nicht den geringsten Erfolg; wieder wurden die Franzosen mit schweren Verlusten in ihre Stellungen zurückgeworfen. |

Nordwestlich von Ville sur Tourbe entrissen wir dem Feinde Schützengräben in Breite von 350 Meter. Französische Vorstöße im Walde von Consenvoye und in Gegend Ailly-Apremont wurden leicht abgewiesen.

Unser Angriff nordöstlich von Badonviller brachte uns wieder beträchtlichen Gelandegewinn. Wir schoben unsere Front hier in den letzten Tagen um 8 Kilometer vor.

Nordöstlich von Celles machen die Franzosen vergebliche Ver- suche, den Verlust der letzten Tage wieder auszugleichen.

Bei Grodno ist die Lage unverändert.

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Südöstlich von Augustow versuchten die Russen den Bobr zu überschreiten; unter schweren Verlusten wurden sie zurückgeworfen und heßen 1500 Gefangene in unserer Hand.

Andere Angriffe in Gegend nordöstlich von Lomza brachen dicht vor unserer Front gänzlich zusammen.

Südwestlich von Kolno machten wir Fortschritte, südlich Mysziniec nahmen wir unsere Vortruppen vor überlegenem Feinde etwas zurück.

Nordwestlich von Prasznysz fühlten die Russen langsam vor.

Mehrere russische Nachtangriffe östlich von Plozk wurden

abgewiesen. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Die Lage bei Prasznysz. Berlin, 3. März.

Aus dem Großen Hauptquartier erfahren wir: Nach der be- wundernswerten Eroberung des zu einem starken Stützpunkte aus- gebauten Ortes Prasznysz durch eines unserer Korps, das aus öst- licher Richtung vorging, wurde die Lage hier insofern einen Tag kritisch, als drei russische Armeekorps den deutschen Flügel von Osten, Südosten und Süden her angriffen und das siegreiche Korps veranlaßten, in einer Rückwärtsschwenkung Front gegen diese Über- macht zu machen. Hierbei wurden Teile des Korps scharf angefaßt, auch konnte eine größere Zahl von Verwundeten, die in benachbarten Dörfern untergebracht waren, nicht rechtzeitig zurückgeschafft werden. Die Russen waren nicht imstande, den geordneten Verlauf der Rück- wärtsschwenkung zu stören, und verloren die Fühlung mit dem deutschen Korps. Daraus geht hervor, daß sie bei ihren. Angriffen stark gelitten haben.

Inzwischen ist die Lage nach dem Eintreffen deutscher Ver- stärkungen wiederhergestellt.

Der ganz bedeutungslose russische Erfolg hält mit dem von ihm voraufgegangenen deutschen Sturm auf Prasznyzs, wo wir über 10 000 Gefangene und reiche Kriegsbeute machten, keinen Vergleich aus. Wenn die Russen sich gleichwohl bemühen, ihn durch ebenso lange wie unglaubwürdige Berichte zu einer beachtenswerten Waffentat aufzubauschen, so spricht daraus nur das vergebliche Streben, die allgemeine Aufmerksamkeit von der vernichtenden Niederlage ihrer X. Armee in der Winterschlacht in Masuren: abzulenken.

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| Der Krieg zur See. Vom Hilfskreuzer „Prinz Eitel Friedrich“ versenkt. „Daily Express“ meldet, daß die Segelschiffe „Jean“ auf der Reise von Montevideo nach der Westküste Südamerikas und „Kildalton“ auf

der Reise von Liverpool nach der Westküste von Südamerika von dem

deutschen Hilfskreuzer „Prinz Eitel Friedrich“ versenkt wurden.

Die Türkei im Kriege. Erfolglose Beschießung der Dardanellen. Konstantinopel, 4. März.

Das Hauptquartier teilt mit: Ein Teil der feindlichen Flotte beschoß gestern eine halbe Stunde lang ergebnislos einige unserer Batterien am Eingang der Dardanellen.

Wie ergänzend zu der gestrigen Beschießung der Dardanellen gemeldet wird, verschoß die feindliche Flotte mehr als 600 Granaten, ohne ein Ergebnis zu erzielen. Die Granaten der türkischen Batterie warfen den hinteren Mast eines Schiffes um, das die Konteradmirals- flagge führte, und trafen mehrmals feindliche Schiffe. Vorgestern nacht versuchten feindliche Torpedoboote in die Meerenge einzudringen, wurden aber von den Batterien gezwungen, sich zurückzuziehen. Nach einem Privattelegramm der „Agence Milli“ ist ein Torpedoboot gesunken.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 4. März.

Ein französischer Munitionsdampfer, für Nieuport bestimmt, fuhr durch ein Versehen der betrunkenen Besatzung Ostende an, erhielt dort Feuer und sank. Die verwundete Besatzung wurde gerettet.

Auf der Lorettohöhe, nordwestlich Arras, setzten sich unsere Truppen gestern früh in Besitz der feindlichen Stellung in einer Breite von 1600 Metern. 8 Offiziere, 558 Franzosen wurden ge- fangen genommen, 7 Maschinengewehre und 6 kleinere Geschütze erobert. Feindliche Gegenangriffe wurden nachmittags abgeschlagen.

Erneute französische Angriffe in der Champagne wurden leicht abgewiesen.

356 Ein französischer Verstoß westlich St. Hubert in den Argonnen

mißlang, im Gegenangriff entrissen wir den Franzosen einen Schützengraben; auch im Walde von Cheppy scheiterte ein fran- zösischer Angriff.

Eine der letzten Eiffelturmveröffentlichungen brachte die Nach- richt, daß eine deutsche Kolonne beim Marsch über die Hohe ven Tahure mit Erfolg beschossen sei. Wir müssen die ausnahmsweise Richtigkeit dieser Nachricht bestätigen. Die Kolonne bestand aber aus abgeführten französischen Gefangenen, unter denen ein Verlust von 38 Mann tot, 5 verwundet eintrat.

Russische Angriffe nordwestlich Grodne gerieten in unser flankierendes Artilleriefeuer und scheiterten. Auch nordöstlich Lomza brachen die russischen Angriffe unter schweren Verlusten zusammen.

In Gegend südlich von Mysziniec und Chorzele, sowie nord- westlich Prasznysz erneuerten die Russen ihre Angriffe.

Auf übriger Front keine Veränderung.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 5. März.

Südlich von Ypern fügten wir den Engländern durch unser Feuer erhebliche Verluste zu.

Aus der den Franzosen entrissenen Stellung auf der Loretto- Höhe wurde ein feindlicher Gegenangriff gestern nachmittag ab- geschlagen.

In der Champagne setzten die Franzosen gestern und heute nacht ihre Angriffe nördlich von Le Mesnil fort. Sämtliche An- griffe wurden zurückgeschlagen, unsere Stellungen festgehalten.

Angriffe auf unsere Stellungen bei V.auqueis östlich der Ar- gonnen und am Walde von Consenvaye östlich der Maas scheitertem.

Sämtliche Versuche, uns das in den letzten Tagen in Gegend von Badonviller eroberte Gelände streitig zu machen, mißlangen. Ein gestern abend noch mit erheblichen Kräften in tiefer Staffelung unternommener Ansturm auf die Hehe nordöstlich von Celles brach unter großen Verlusten für die Franzosen zusammen, auch mehrere Nachtangriffe waren erfolglos. Uber tausend tete Franzosen legen vor unseren Hindernissen. Ä

Die Lage um Grodno ist unverändert; russische > Angriffe

wurden blutig abgewiesen.

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Die russischen Angriffe nordöstlich und nördlich von Lomza scheiterten unter schweren Verkısten für den Feind, viele Gefangene der 1, und 2. russischen Gardediwision blieben in unserer Hand.

Weiter westlich bis zur Weichsel hat sich die Lage nieht ge- ändert, einige Vorstöße der Russen östlich von Plozk waren er-

- Östlich von Skierniewice mißlang ein starker feindlicher Nacht-

angriff gänzlich. | £ Oberste Heeresleitung. Die Türkei im Kriege. Der Kampf um die Dardanellen. Konstantinopel, 5. Marz.

Das Hauptquartier meldet: Gestern abend zu später Stunde ver- suchte die feindliche Flotte unter verstärktem Feuer an einzelnen Teilen der Küste außerhalb des Feuers unserer Artillerie bei den Stellungen von Sedil-Bahr und Kum-Kale in Schaluppen Soldaten zu landen. An- fangs ließen wir den Feind gewähren, aber dann erwiderten wir das Feuer. 60 feindliche Soldaten, die bei Sedil-Bahr sich ausgeschifft hatten. flüchteren wieder in ihre Schalappen und zogen sich unter Zurückbherung von 20 Toten und Verwundeten zurück. 400 feindliche Soldaten, die bei. Kum-Kale an Land gesetzt worden waren, wurden vertrieben, wobei sie etwa 80 Tote verloren. Wir hatten 6 Tote und 25 Verwundete in diesen beiden Gefechten. Nach dem gestrigen Mißerfolg teilte sich die feind- liche Flotte in mehrere Teile und bombardierte die offenen und unver- teidigten Häfen Dikili, Sarınsat und Aivalik am Ägäischen Meer. Zwei Flieger, die den Golf von Saros überflogen, stürzten ins Meer; der Apparat fiel ebenfalls ins Wasser und verschwand.

Von den übrigen Kriegsschauplätzen ist nichts Wichtiges zu melden.

Der Krieg zur See. „U 8“ gesunken.

Nach amtlicher Bekanntmachung der britischen Admiralität ist das deutsche Unterseeboot „U 6“ gestern abend in der Nähe von Dover darch ein englisches Torpedoboot zum Sinken gebracht worden. Die Besatzung wurde gerettet. |

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes: gez. Behncke.

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Zur Kriegslage.

| Großes Hauptquartier, 6. März.

Den Engländern entrissen wir südöstlich von Ypern im Gegen- angriff einen Graben.

Die französischen Versuche, uns aus der auf der Lorettohöhe eroberten Stellung wieder hinauszudrängen, scheiterten; die An- griffe wurden abgewiesen, 50 Franzosen blieben in unserer Hand.

In der Champagne setzten die Franzosen ihre Angriffe bei Perthes und Le Mesnil fort; alle Angriffe schlugen fehl. Bei Perthes machten wir 5 Offiziere, 150 Franzosen zu Gefangenen. Im Gegenangriff entrissen wir den Franzosen ein Wäldchen nörd- lich Perthes und ein Grabenstück ihrer Stellung bei Le Mesnil.

Ergebnislos verliefen französische Angriffsversuehe auf unsere Stellungen bei Vauquois und bei Consenvoye sowie östlieh Badon- viller und nordöstlich Celles.

Nachdem die gesamte Kriegsbeute in dem Waldgebiete nord- westlich Grodno und um Augustow geborgen ist, ohne daß die Russen uns trotz energischer Gegenmaßnahmen daran zu hindern vermochten, stehen die dort bisher verwendeten Truppen nunmehr für andere Operationen zur Verfügung.

Sonst um Grodno und bei Lomza nichts Wesentliches.

Nordöstlich Prasznysz brach ein russischer Angriff unter schweren Verlusten für den Feind zusammen, auch nordwestlich Plonsk wurde ein russischer Angriff abgewiesen.

Südlich der Weichsel nichts zu melden.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 7. März.

Zwischen der See und der Somme fanden im allgemeinen nur Artilleriekämpfe statt; nächtliche Versuche des Feindes, südlich von Ypern vorzustoßen, wurden vereitelt.

In der Champagne machten unsere Truppen Fortschritte, wir nahmen dem Femde einige Gräben und etwa 60 Gefangene ab. Ein französischer Massenangriff gegen unsere Stellung nordöstlich von Le Mesnil brach unter schwersten Verlusten für die Franzosen in unserem Infanterie- und Artilleriefeuer zusammen.

Östlich von Badonviller wurden feindliche Vorstöße zurück.

gewiesen.

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In den Vogesen kamen gestern eingeleitete Kämpfe westlich von Münster und nördlich von Sonnheim noch nicht zum Abschluß.

Unsere Bewegungen nordwestlich von Grodno verlaufen plan- mäßig. Ein russischer Nachtangriff auf Mocarce nordöstlich von Lomza wurde abgeschlagen.

Auch westlich Prasznysz wurden stärkere russische Angriffe zurückgewiesen.

Unsere Angriffe südöstlich Rawa waren erfolgreich, 3400 Russen wurden gefangen genommen und 16 Maschinengewehre

erobert. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 7. März.

In einigen Frontabschnitten in Russisch-Polen waren gestern heftige Kämpfe im Gange, die sich stellenweise auf den nächsten Distanzen abspielten. Durch gute eigene Artilleriewirkung wurden russische Abteilungen unter beträchtlichen Verlusten zur Räumung vorgeschobener Stellungen gezwungen.

In den Karpathen, wo verschiedenenorts die Kämpfe um gün- stige Höhenstellungen andauern, wurden Nachtangriffe der Russen überall abgewiesen, 8 Offiziere und 570 Mann gefangen genommen.

In Sudostgalizien halt die Ruhe an.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Niederlage def Englander am Schatt-el-Arab. Konstantinopel, 6. März.

Das Hauptquartier teilt mit: An der kaukasischen Front ist keine Veränderung eingetreten. Zwei Regimenter englischer Kavallerie in Stärke von 1500 Mann griffen, unterstützt von einer Maschinengewehr- kompagnie und Artillerie, unsere Vorhuten bei Vessile südlich von Korna an. Das Ergebnis des Kampfes war, daß der Feind in Unordnung in der Richtung auf Cheaibe floh, unter Zurücklassung von über 200 Toten und Verwundeten. Wir erbeuteten ein Maschinengewehr und machten zwei feindliche Geschütze unbrauchbar. Unsere Verluste waren zehn Tote und fünfzehn Verwundete. Gestern bombardierten zwei feindliche Panzerschiffe und ein Kreuzer drei Stunden lang ohne irgendwelchen Er- folg die Forte an der Küste von Smyrna. Heute um acht Uhr beschossen

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ein 1 französisches n und drei englische, gefolgt von fünf großen Minensuchern, von neuem anderthalb Stunden lang die Forts von Smyraa. Sieben Geschosse unserer Batterien trafen das feindliche Panzerschiff, das zuerst das Feuer eröffnet hat. Ein Minensucher wurde in den Grund gebohrt. Während des gestrigen und heutigen Bombardements hatten wir insgesamt vier Tote und sieben Verwundete. Gestern und heute unternahm die feindliche Flotte keine ernsthafte Aktion gegen die Meer- engen der Dardanellen. Es bestätigt sich, daß das feindliche Flugzeug, des ias Meer gestürzt iat, durch das Feuer unserer Batterien beschädigt worden war.

Rücktritt des Kabinetts Venizelos. Athen, 6. Marz.

Ministerprasident, Venizelos hat in der Kammer erklärt, daß das Kabinett zurücktrete, weil der König die Politik der Regierung nicht einge: |

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 8. März.

Durch die noch andauernden Kämpfe in Russisch-Polen wurden vielfach Erfolge erzielt. Der Gegner wurde aus mehreren vorgescho- benen Stützpunkten und Schützenlinien unter starken Verlusten ge- worfen. Gleichen Erfolg hatte ein kurzer Vorstoß unserer Truppen an der Front in Westgalizien, wo im Raume bei Gorlice Teile der feindlichen Schützenlinien durchbrochen und eine Ortschaft nach blu- tigem Kampfe erobert wurde. Mehrere Offiziere und über 500 Mann des Gegners sind gefangen. l

In den. Karpathen wird hamide wek ample: Im Raume bei Lupkow setzten die Russen gestern nachmittag einen Angriff mit starken Kräften an. Unter Einsetzen neuer Verstärkungen wurden die gelichteten Reihen des Gegners stets erneuert und mit allen Mitteln vorgetrieben und der Angriff trotz schwerer Verluste dreimal bis nahe an unsere Stellungen vorgetragen. Jedesmal scheiterte der letzte Ansturm der Russen unter vernichtenden Verlusten an unseren Hindernislinien. Hunderte von Toten liegen vor den Stellungen. In einem anderen Abschnitt der Kampffront gingen eigene Truppen nach abgeschlagenen russischen Vorstößen überraschend zum Angriff über, eroberten eine bisher vom Gegner stark besetzte Kuppe und

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machten neuerdings 10 Offiziere und 700 Mann zu Gefangenen. Auch auf siner benachbarten Höhe wurden 1000 Russen gefangen.

In Südostgalizien holte sich starke feindliche Kavallerie, die gegen einen Flügel unserer Stellungen isoliert vorging, eine empfind-

liche Schlappe.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Türkei im Kriege. Die Lage bei den Dardanellen. Berlin 8. Marz.

Von bestunterrichteter Seite geht uns über die Lage bei den Dardanellen die folgende Mitteilung zu: Die Meldungen der eng- lischen Admiralitat, die von bedeutenden Erfolgen der Veıbündeten bei den Angriffen auf die Dardanellen zu berichten wissen, sind augenscheinlich nur darauf berechnet, einen moralischen Druck auf die. Balkanstaaten auszuüben und bei den Neutralen Stimmung zu machen. Tatsächlich hat aber noch kein Fahrzeug der Verbündeten bishec das Minenfeld erreicht, keine einzige Mine ist weggeräumt. Die Landungsversuche am 5. d. M. bei Kumkaleh und Sedulbahr sind völlig gescheitert. An beiden Stellen wurden die Angreifer unter großen Verlusten durch Bajonettangriffe türkischer Truppen zurũckge worfen und ins Meer getrieben. Die inneren Dardanellen- forts haben noch gar nicht in den Kampf eingegriffen. Die Stimmung in Konstaatinopel ist ruhig und zuversichtlich, das politische und wirtschaftliche Leben geht seinen gewohnten Gang.

Konstantinopel, 8. März.

Der Spezialberichterstatter des Wolffbureaus in den Dardanellen telegraphiert: Am Freitag war die Beschießung hauptsächlich auf ein Fort in der Nähe des Schlosses Kilid ul Bahr gerichtet. An dem Bombardement beteiligten sich zwei englische Linienschiffe von der „Majestic“- und „Agamemnon“-Klasse. Es wurden etwa 30 Schüsse abgegeben. Viele davon fielen zu kurz, explodierten im Meere und warfen dort mächtige Wassersäulen auf. Es wurde lediglich an den Gebäuden Schaden angerichtet, während die Batterien unbeschädigt blieben. Die türkischen Batterien gaben nur drei Schüsse ab. Einer war ein Treffer und verursachte allem Anscheine nach einen Brand auf Deck. Die englischen Schiffe entfernten sich daraufhin sofort und nahmen möglichst große Distanz. Ein englisches Wasserflugzeug versuchte die türkischen Stellungen zu erkunden, wurde jedoch durch das Feuer der Abwehrkanonen gezwungen, in der Richtung nach der Sarosbucht weiterzufliegen. Der Flieger warf eine Bombe ab, die auf offenem Gelände explodierte. Die Beschießung der anderen

Forte ist völlig belanglos verlaufen.

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Der Untergang der russischen 10. Armee. Berlin, 7. Marz.

Aus dem Großen Hauptquartier wird uns über den Untergang der russischen 10. Armee noch folgendes geschrieben:

Am 21. Februar hatten die Reste der 10. Armee im Augustower Forst die Waffen gestreckt, nachdem alle Versuche des russischen Armeeführers, General Sievers, mit den ihm verbliebenen über den Bobr und nach Grodno entkommenen Armeeteilen die eingekesselten vier Divisionen herauszuhauen, unter schwersten Verlusten gescheitert waren. Der Wald von Augustow barg nun eine ungeheure Beute. Sie zu bergen war keine Kleinigkeit, da die deutsche Truppe auch in den auf die Kapitulation folgenden Tagen eine Anzahl russischer Angriffe abzuwehren hatte, die von frischen feindlichen Truppen aus der Festung Grodno heraus und über den Bobr hinweg geführt wurden. Trotzdem trafen schon vom 23. Februar ab die ersten er- beuteten Geschütze in Suwalki und Augustow ein, deren Zahl sich von Tag zu Tag vermehrte, so daß hier große Parks von je 80 bis 100 Geschützen jeden Kalibers entstanden. Längere Zeit bean- spruchte die Bergung der übrigen Beute. Da lagen ungeheure Mengen in dem Waldgebiete östlich von Augustow bis hinauf nach Makakze. Auf der großen Straße nach Grodno zwischen Augustow und Lipszk waren allein etwa 50 vollgefüllte russische Munitionswagen stehen geblieben. Auch der Weg über Czarnybrod—Rudafka—Supotzkin zeigte auf Schritt und Tritt die Spuren des russischen Rückzuges. Nahe diesen beiden Straßen begegnet man im Forste überall flüchtig aufgeworfenen russischen Schützengräben und Schützenlöchern sowie notdürftig errichteten Erdhütten oder Erdlöchern. Schier unermeßlich wurde die Beute in dem Grodno zu gelegenen südöstlichsten Teil des Augustower Forstes, wo die eingekesselten vier Divisionen die letzten Tage zugebracht und wo sie schließlich auch kapituliert haben. Bei dem Vorwerke Ljubinowo zählte man allein 100 Kriegsfahrzeuge aller Art. Losgerissene Artillerie- und Bagagepferde umschwärmten zu Dutzenden das Vorwerk, viele davon trugen noch ihre ganzen Geschirre, andere hatten sich dieser schon entledigt. Ähnliche Bilder waren bei den Dörfern Markowitz und Bogatyri zu beobachten. Bei Wolkusch betrug die Zahl der liegengebliebenen Munitionswagen und Fahrzeuge der Gefechtsbagage mehrere hundert. Ganze Stapel russischer Gewehre waren hier aufgeschichtet, daneben lagen Fern-

sprechgerät und Geschirre in großer Zahl. Am größten aber war

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das Bild der Zerstörung in dem Waldgelände zwischen Gut Wolkusch und Vorwerk Mlyneck. Hier lagen ganze russische Bagagekolonnen, die vom deutschen Artilleriefeuer niedergemacht worden waren. Bei Vorwerk Miyneck erlitt eine anscheinend im Übergang über den Wolkuschbach begriffene Munitionskolonne ein gleiches Schicksal. Die gefüllten Munitionswagen lagen hier teilweise umgestürzt rechts und links des Weges beiderseits des Baches. Einige Fahrzeuge wurden von den durchgehenden Pferden bis ans Wasser gezogen und kippten hier um. In dem tiefen Mühlenschacht hingen zwei Pferde, die in ihrer Verzweiflung hineingesprungen und hinuntergestürzt waren, da sie anscheinend die Brücke selbst versperrt vorgefunden hatten. Bei Bartnicki und Staroshintzy findet man die Spuren des letzten russischen Widerstandes in Gestalt von Schützengräben und Erdlöchern. Von hier aus machten die Russen die letzten Versuche, den eisernen deutschen Ring zu durchbrechen. Auf der Wegstrecke zwischen Mlyneck und Bartnicki lagen hunderte schwerer russischer Granaten, die hier von den Kanonieren entweder fortgeworfen oder bei der Kapitulation liegengeblieben waren.

Von nicht unerheblichem Interesse ist eine Reihe russischer Befehle, die in den Befehls- und Telegraphenbüchern der Bagagen der höheren Stäbe gefunden wurden. Wir geben den Wortlaut von einigen dieser Befehle hier wieder: Das Oberkommando der russischen 10. Armee erläßt am 5. Dezember den folgenden Befehl: „Der Ober- befehlshaber hat pünktliche Befolgung des Befehls der obersten Heeres- leitung angeordnet, wonach beim Angriff alle männlichen Landes- einwohner im arbeitsfähigen Alter vom zehnten Lebensjahre ab vor sich herzutreiben sind.“

Befehl vom 5. Dezember: „Der Oberbefehlshaber der Nord- westfront teilt telegraphisch mit, daß bei ihm täglich Klagen der Landeseinwohner über Plünderung einlaufen. Es sollen dagegen die schärfsten Maßnahmen ergriffen werden. Es sind Fälle vorgekommen, daß feindliche Truppen unsere Dörfer durchzogen und diese völlig unberührt ließen, während unsere eigenen Truppen diese Dörfer hinterher ausgeplündert haben. Es ist sehr bedauerlich, daß solche Falle in unserer Armee vorkommen.“

Befehl vom 7. Februar: „Der Höchstkommandierende hat be- fohlen, auf die sich häufenden Fälle des Fehlens jeder Verbindung längs der Front und bei den hintereinanderliegenden Truppenteilen hinzuweisen. In dieser Hinsicht ist die Nachlässigkeit so weit ge-

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gangen, daß letzthin zwei zum Angriff angesetzte Truppenteile statt gegen den Feind, gegeneinander selbst vorgegangen sind und sich im Feuergefecht Verluste zufügten, wobei sie erst auf Entfernung eines Bajonettangriffs halt machten.“

Befehl vom 9. Februar (Rückzugsbefehl): „Geschütze, die nicht mitgenommen werden können, sind zu vergraben, Verschlüsse und Aufsätze sind herauszunehmen und wenn möglich in den nächsten See zu versenken.“ Die Geschosse sind mitzuführen, und wenn dies unausführbar, zu versenken. (Nach Gefangenenaussagen wurden in Ostpreußen schwere Geschütze vergraben und die betreffende Stelle mit einem Holzkreuz versehen, um ein Russengrab vorzutäuschen.)

Der Chef der Gendarmerie des Kreises Suwalki ordnete an: „In letzter Zeit beginnen Briefe unserer Kriegsgefangenen einzutreffen. Es ist aufgefallen, daß Briefschreiber, um ihre Briefe schneller zum Ziele gelangen zu lassen, zu der List greifen, das Leben in der Gefangenschaft in günstigem Lichte erscheinen zu lassen. Die un- intelligenten Empfänger dieser Briefe können sich hierdurch eine ver- kehrte Vorstellung der, wie bekannt, sehr schweren Lebensbedingungen unserer in feindlicher Gefangenschaft befindlichen Soldaten machen und auf diese Weise eine verführerische Wirkung auf unsere Truppen ausüben. Die Verbreitung solcher der Wahrheit nicht entsprechenden Mitteilungen bei den Truppen und Dienstpflichtigen erscheint un- erwünscht.“

Dieselbe Stelle erließ am 29. Januar folgende als ganz geheim bezeichnete Weisung über die Behandlung deutscher kriegsgefangener Offiziere: „Nach Mitteilungen, die dem Stab des Dünaburger Militär- bezirks zugegangen sind, sind in letzter Zeit wieder Fälle beobachtet worden, in denen Kriegsgefangenen, besonders Offizieren, zu weit gehende Aufmerksamkeiten und Vergünstigungen zuteil wurden. Der Oberkommandierende des Bezirks befiehlt daher die strengate Befolgung folgender Vorschriften: 1. Kriegsgefangene Offiziere sind in Wagen dritter Klasse, aber getrennt von den Mannschaften, zu befördern. Sie dürfen ihre Burschen nicht bei sich behalten; diese sind vielmehr mit den übrigen Mannschaften zu befördern. 2. Als Offiziersquartiere sind die gleichen Räume wie für Mannschaften. aus- zusuchen, aber getrennt von diesen. 3. Die Offiziere erhalten dasselbe Essen wie die Mannschaften. Besondere Vergünstigungen sind durch- aus unetatthaft.

Zur Kriegslage.

| Großes Hauptquartier, 8. März.

Feindliche Flieger bewarfen Ostende mit Bomben, die drei Belgier töteten.

Die Kämpfe in der Champagne dauern fort. Bei Souain wurde der Feind gestern abend im Handgemenge zurückgeschlagen. Nachts setzte der Kampf wieder ein. In Gegend nordöstlich von Le Mesnil mißglückte ein feindlicher Angriff nachmittags gänzlich. Unser nächtlicher Gegenangriff war erfolgreich. 140 Franzosen wurden gefangen genommen.

Im Priesterwalde nordwestlich von Pont-a-Mousson wiesen wir französische Vorstöße ab.

In den Vogesen sind die Kampfe in Gegend westlich von Münster und nördlich von Sennheim noch nicht abgeschlossen.

Südlich von Augustow scheiterten russische Angriffe unter schweren Verlusten für den Feind.

Bei Lomza sind weitere Kämpfe im Gange.

Westlich von Prasznysz und östlich von Plozk machten die Russen. vergebliche Angriffe.

Bei Rawa schlugen unsere Truppen zwei russische Nacht- angriffe ab.

NR Russische Vorstöße aus Gegend Nowe Miasto hatten keinen Erfolg. Die Zahl der gefangenen Russen betrug dort 1500 Mann. Oberste Heeresleitung.

Nochmals die belgischen Dokumente.

Die belgischen Staatsmänner in Havre haben jetzt, drei Monate nachdem hier die bekannten Brüsseler Dokumente über den bel- gischen Neutralitätsbruch veröffentlicht worden sind, in französischen Zeitungen eine Gegenerklärung abgegeben, die sich weniger durch die Güte ihrer Gründe als durch den schimpfenden Ton auszeichnet, in dem sie gehalten ist. Die „zum System erhobene Lüge“ der deutschen Regierung wird in dieser Erklärung mit dem bekannten französischen Phrasenschwall mehrfach hervorgehoben und der un- erschütterkchen Ehrenhaftigkeit der belgischen Regierung gegenüber- gestellt.

Man kann es verstehen, daß die belgischen 3 zu laemenden Worten ihre Zuflucht nehmen, wo ihnen die Argumente fehlen, denn ihre Enttäuschung muß in der Tat groß gewesen sein, als diese für sie so peinlichen und unbequemen Dokumente in. einer

366 jeden Zweifel an ihrer Echtheit ausschließenden Art der Offentlich-

keit übergeben worden sind.

Es ist aber kaum ernst zu nehmen, wenn die belgische Re- gierung jetzt glaubt, den Gesamtwert der Dokumente durch die Nadel- stiche gegen den Übersetzer herabwerten zu können. So wird der Vorwurf erhoben, daß an einer Stelle der veröffentlichten Texte das Wort „conversation“ mit „Abkommen“ übersetzt worden sei, und daraus wird natürlich eine Absicht zu täuschen gefolgert. Wie jetzt festgestellt worden ist, ist in der Tat infolge sehr undeutlicher Schreib- weise des Originaltextes des Berichts des Generals Ducarme einmal das Wort „conversation“ für „convention“ gelesen und dementsprechend übersetzt worden. Die Albernheit des Versuches, aus einem bedeu- tungslosen Ubersetzungsfehler eine absichtliche Täuschung zu kon- struieren, ergibt sich schon aus der gleichzeitigen Veröffentlichung des Faksimiles der Urkunden, aus dem jedermann den tatsächlichen Wort- laut hat entnehmen können. Welche staatsrechtliche Bedeutung bel- gischerseits den Dokumenten beigemessen worden ist, geht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise aus dem faksimilierten Umschlag des Schriftstücks hervor, der sehr klar und deutlich die Aufschrift „Conventions anglo-belges“ trägt.

Der zweite Vorwurf, den die belgische Erklärung gegenüber der Übersetzung erhebt, ist ebenso töricht wie der erste. Es wird behauptet, daß wir den Satz des Ducarmeschen Berichts, nach dem der Einmarsch der englischen Truppen erst nach der Verletzung der belgischen Neutralität stattfinden sollte, unterdrückt hätten. In unserer Übersetzung ist aber, wie hiermit festgestellt wird, ausdrücklich ge- sagt: „Auf dem Schriftstück findet sich noch der folgende Randvermerk: „L'entrée des Anglais en Belgique ne se ferait qu apres la violation de notre neutralité par l'Allemagne.“ Von einer Unterdrückung des Satzes kann also keine Rede sein.

Wenn jetzt die belgische Regierung das Bestehen der kompro- mittierenden Dokumente überhaupt durch eine „sur l'honneur“ ab- gegebene Erklärung aus der Welt schaffen will, in der sie ableugnet, daß jemals von irgendeiner beteiligten Regierung ein Abkommen geschlossen worden sei, oder auch nur Besprechungen oder Verhand- lungen stattgefunden haben, so ist diese auf Ehre abgegebene Er- klarung doch zu naiv, als daß sich irgend jemand finden sollte, der nach dem ihr entgegenstehenden erdrückenden Beweismaterial daran

glauben würde.

367

Die Verluste unserer Feinde im Seekriege.

- Uber die Verluste, die die verbündeten Flotten der Engländer, Russen, Franzosen und Japaner seit Ausbruch des Krieges bis zum |. März erlitten haben, veröffentlicht die „Times“ eine Aufstellung, die freilich an Genauig- keit manches zu wünschen übrig laßt. Die Verluste der letzten großen Seeschlacht vor Helgoland sind einfach nicht berücksichtigt worden, auch über den Verlust des „Audacious“ verlautet nicht das geringste, und dieses Verschweigen erweckt den Verdacht, daß auch die Verluste der kleineren Kriegsschiffseinheiten nicht vollzählig angegeben worden sind. Trotzdem ist die Zusammenstellung nicht uninteressant, geht doch aus ihr ein wesentlich größerer Verlust an Tonnengehalt hervor, als die deutsche Flotte ihn erlitten hat. Die Liste ist in der „Times“ mit kleinen Profilbildchen versehen, freilich sind die deutschen Schiffe von gleichem Tonnengehalt stets wesentlich größer und dicker dargestellt. Nach der von der „Vossischen Zeitung” gebrachten Übersetzung des Times -Berichts gestehen die Eng- lander den Verlust folgender Schiffe zu:

2 Schlachtschiffe: „Bulwark“, aufgeflogen am 26. November . 15000 Tonnen „Formidable“, torpediert am l. Januar . . . . . 15000

13 Kreuzer (10 britische, 2 russische, | japanischer): „Amphion“, Minenexplosion am 6. August . . . . 3440 Tonnen „Pathfinder“, torpediert am 5. September 2940 „, „Pegasus“, 5 am 20. September 2135 „Aboukir“, torpediert am 22. September . 12000 „Cressy“, torpediert am 22. September . . . . . . 1200 „Hogue“, torpediert am 22. September . . . . 12000 „Hawke“, torpediert am 15. Oktober 7300 „Hermes“, torpediert am 31. Oktober 5600 „, „Good Hope", zusammengeschossen am |. November 14100 Monmouth", . am l. November. 9800 „Pallada“ (russ.), torpediert am 11. Oktober. . 7775 „, „Jemtchug“ (russ.), torpediert am 28. Oktober 3050 „,

„Takachiho (jap.), Minenexplosion am 17. Oktober . 3700 „,

5 Kanonenboote (2 britische, | französisches, 2 russische):

„Speedy“, Minenexplosion am 3. September . . . 810 Tonnen „Niger“, iorpediert am Il. November 810 „Zelee" (franz.), zusammengeschossen am 28. Oktober 680 „Donetz“ (russ.), zusammengeschossen am 29. Oktober | „Kubanetz“ (russ.), zusammengeschossen am 29. Okt. |

2 Torpedobootszerstörer (I japanischer, | französischer):

„Shirotaye (jap.), gestrandet am 4. September „Mousquet“ (franz.). zusammengeschossen am 28. Okt. 303 3

368

4 Unterseeboote (2 britische, 2 französische): | E. 3" (britisch), vom Feinde zerstört, 18. Oktober . 725 Tonnen

D. 5“ (britisch), Minenexplosion am 3. November . 550 „,

Curie“ (franz.), vom Feinde zerstört, am 14. Dez.. . 398 „Saphir (franz.), gestrandet am 17. Januar. , ., 390 ,

4 Torpedoboote (3 französische, | japanisches): „347“ (franz.), Zusammenstoß am 9. Oktober 98 Tonnen „338“ (franz.), Zusammenstoß am 9. Oktober 97 „—" (franz.), verloren am ? Januar e 7 = „30 (Jap.). Minenexplosion am Il. November. 10

5 bewaffnete Hilfskreuzer (4 britische, | russischer): „Oceanic“, gestrandet am 8. September . . . . 7333 Tonnen „Rohilla“, Minenexplosion am 30. Oktober. . 420 „Viknor“, gestrandet am 14. Januar . . . . . . . 2960 „, „Clan McNaughton", verloren am? Februar. . . 4985 Prut“ (russ.), aufgerannt am 29. Oktober 5 500

Die Gesamtverluste betragen 35 Fahrzeuge mit ungefähr 158.000 Tonnen, aber wie ersichtlich, trifft fast die gesamte Schwere der Verluste

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 9. März.

Auf der Lorettohöhe entrissen unsere Truppen den Franzosen zwei weitere Gräben, machten 6 Offiziere, 250 Mann zu Gefangenen und eroberten 2 Maschinengewehre und 2 kleine Geschütze,

In der Champagne sind die Kämpfe bei Souain neeh nicht zum Abschluß gekommen. Nordöstlich von Le Mesnil wurde der zum Vorbrechen bereite Gegner durch unser Feuer am Angriff gehindert.

In den Vogesen 8 Nebel und Sdmee die Gefechts- tätigkeit; die Kämpfe westlich von Münster und nördlich von Senn- heim dawern noch an.

Östlich und südlich von Augustow scheiterten russische Angriffe mit schweren Verlusten für den Feind.

Nordöstlich von Lomza ließ der Feind nach einem miflungenen Angriffe 800 Gefangene in unseren Händen.

Nordwestlich von Ostrolenka entwickelte sich ein Kampf, der noch nicht zum Abschluß kam.

In den für uns günstig verlaufenen Gefechten nordwestlich und westlich von Prasznysz machten wir 3000 Gefangene.

Russische Angriffe nördlich von Rawa und nordwestlich ven Newe Miasto hatten keinen Erfolg; 1750 Russen wurden hier ge- fangen genommen. Oberste Heeresleitang.

Die Türkei im Kriege. Englische Niederlage am Persischen Golf. Konstantinopel, 8. März.

Aus dem Großen Hauptquartier wird gemeldet: Als die Engländer versuchten, längs des Flusses Karun in Irak vorzugehen, erlitten sie eine neue Niederlage. Drei Bataillone englischer Infanterie mit zwei Schnellfeuer- feldgeschützen und zwei Berggeschützen, eine Maschinengewehrabteilung und eine Schwadron versuchten am 3. März unsere Stellungen in der Gegend von Ahvaz anzugreifen. Nachdem unsere Truppen und Frei- willigen einen Gegenangriff unternommen hatten und der Feind 400 Tote und Verwundete verloren und eine große Zahl von Gefangenen in unseren Händen zurückgelassen hatte, floh er durch den Karunfluß in Unordnung nach seinen südlich von Berder und Nassrie festgemachten Schiffen. Unter den Toten befinden sich ein englischer Major und vier andere Offiziere. Wir haben zusammen mit allem Zubehör und Munition 3 Kanonen, 500 Gewehre, 200 Pferde und eine große Menge Sanitätsmaterial erbeutet. Unsere Verluste sind unbedeutend.

Der Krieg zur See.

Der Unterseebootskrieg.

Nach einer Genfer Meldung des „Berliner Tageblattes“ ist der englische Dampfer „Surrey“ mit rund 4000 Tonnengehalt, der eine Ladung Gefrierfleisch von Liverpool nach Dünkirchen transportierte, gesunken. Nach der einen Meldung soll er auf eine Mine aufgefahren sein, nach anderen Meldungen wurde er durch ein deutsches Unter- seeboot versenkt.

Haag, 9. März. „Nieuwe Courant“ meldet, daß an der holländischen Küste eine Flasche angespült wurde mit dem Bericht, daß der Dampfer „Ariosto“ von der Wilsonlinie Ende vorigen Monats in Höhe von Donegal an der irischen Küste torpediert wurde.

London, 9. März. Amtlich wird mitgeteilt, daß am 5. März auf das Passagierschiff „Lydia“, von jersey nach Southampton, und am 22. Februar auf den Dampfer „Viktoria“ der Southeastern Railway Co. Torpedos abge- feuert wurden, die jedoch nicht trafen.

370

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 10. März.

Die Gefechtstätigkeit war durch Schnee und starken Frost eingeschränkt, in den Vogesen sogar fast behindert.

Nur in der Champagne wurde weiter gekampft. Bei Souain blieben bayrische Truppen nach langandauerndem Handgemenge siegreich.

Nordöstlich von Le Mesnil drang der Feind an einzelnen Stellen vorübergehend in unsere Linien ein; in erbittertem Nah- kampf, bei dem zur Unterstützung heraneilende französische Reserven durch unsern Gegenstoß am Eingreifen verhindert wurden, warfen wir den Feind endgültig aus unserer Stellung.

Ein erneuter Versuch der Russen, auf Augustow durchzustoßen, mißlang.

Der Kampf nordwestlich Ostrolenka dauert noch an. Die Gefechte nordwestlich und westlich von Prasznysz nehmen weiter einen für uns günstigen Verlauf.

Ein Angriff von uns nordwestlich Nowe Miasto macht Fort- schritte.

Mit den heute und an den letzten Tagen gemeldeten Kämpfen ist die „Winterschlacht in der Champagne“ soweit zu einem Abschluß gebracht, daß kein Wiederaufflackern mehr an dem Endergebnis etwas zu ändern vermag. Die Schlacht entstand, wie hier schon am 17. Februar mitgeteilt wurde, aus der Absicht der französischen Heeres- leitung, den in Masuren arg bedrängten Russen in einem ohne jede Rücksicht auf Opfer angesetzten Durchbruchsversuch, als dessen nächstes Ziel die Stadt Vouziers bezeichnet war, Entlastung zu bringen. Der bekannte Ausgang der Masurenschlacht zeigt, daß die Absicht in keiner Weise erreicht worden ist. Aber auch der Durchbruchs- versuch selbst darf heute als völlig und kläglich gescheitert bezeichnet werden. Entgegen allen Angaben in den offiziellen französischen Veröffentlichungen ist es dem Feinde an keiner Stelle gelungen, auch nur den geringsten nennenswerten Vorteil zu gewinnen. Wir ver- danken dies der heldenhaften Haltung unserer dortigen Truppen, der Umsicht und Beharrlichkeit ihrer Führer, in erster Linie dem General- oberst von Einem, sowie den kommandierenden Generalen Riemann und Fleck. In Tag und Nacht ununterbrochenen Kämpfen hat der

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371

Gegner seit dem 16. Februar nacheinander mehr als sechs voll auf- gefüllte Armeekorps und ungeheuerliche Massen schwerer Artillerie- munition eigener und amerikanischer Fertigung oft mehr als 100 000 Schuß in 24 Stunden gegen die von zwei schwachen rheinischen Divisionen verteidigte Front von acht Kilometer Breite geworfen. Unerschütterlich haben die Rheinlander und die zu ihrer Unterstützung herangezogenen Bataillone der Garde und anderer Verbände dem Ansturm sechsfacher Überlegenheit nicht nur standgehalten, sondern sind ihm oft genug mit kräftigen Gegenstößen zuvorgekommen. So erklärte sich, daß, trotzdem es sich hier um reine Verteidigungskämpfe handelt, doch mehr als 2450 unverwundete Gefangene, darunter 35 Offiziere, in unseren Händen blieben. Freilich sind unsere Ver- luste einem tapferen Gegner gegenüber schwer; sie übertreffen sogar diejenigen, die die gesamten, an der Masurenschlacht beteiligten deutschen Kräfte erlitten. Aber sie sind nicht umsonst gebracht. Die Einbuße des Feindes ist auf mindestens das Dreifache der unsrigen, das heißt auf mehr als 45000 Mannn, zu schätzen. Unsere Front in der Champagne steht fester als je. Die französischen Anstrengungen haben keinerlei Einfluß auf den Verlauf der Dinge im Osten auszu- üben vermocht. Ein neues Ruhmesblatt hat deutsche Tapferkeit und deutsche Zähigkeit erworben, das sich demjenigen, das fast zu der- selben Zeit in Masuren erkämpft wurde, gleichwertig anreiht. Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See.

Drei englische Dampfer versenkt. London, 10. März.

Die Admiralität meldet: Der britische Dampfer „Tawgistan“ wurde bei Scarborough torpediert; von der Besatzung von 38 Mann wurde ein Mann gerettet. Ferner wurden die Dampfer „Blackwood“ mit einer Besatzung von 17 Mann bei Hastings und „Princess Victoria” mit einer Besatzung von 34 Mann bei Liverpool torpediert; die Besatzungen der beiden letztgenannten Dampfer wurden gerettet. Die Torpedierung sämtlicher Dampfer erfolgte am Dienstag morgen.

Ein vierter Dainpfer vernichtet. Rotterdam, 9. März.

Bei Dover ist am 7. März der von der englischen Admiralität gecharterte, mit Kohlen von Newcastle nach Gibraltar bestimmte Dampfer „Beethoven“ der Reederei Jennsog Taylor & Co. in Sunderland auf eine Mine gelaufen oder torpediert worden. Der Dampfer ist gesunken, die Mannschaft wurde bis auf zwei Mann gerettet.

372

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 11. März.

Ein englischer Flieger warf über Menin Bomben ab. Erfolg hatte er nur mit einer Bombe, mit der er 7 Belgier tötete und 10 verwundete.

Die Englander griffen gestern unsere Stellungen bei Neuchatel an; sie drangen an einzelnen Stellen in das Dorf ein, der Kampf ist noch im Gange. Ein englischer Vorstoß bei Givenchy wurde abgeschlagen.

In der Champagne richteten die Franzosen zwei Angriffe gegen den Waldzipfel östlich von Souain, aus dem sie vorgestern geworfen waren. Beide Angriffe wurden blutig abgewiesen.

Die Kämpfe um den Reichsackerkopf in den Vogesen wurden gestern wieder aufgenommen.

Westlich von Sereje nahmen wir den Russen 600 Mann, drei Geschütze und zwei Maschinengewehre ab.

Ein erneuter Durchbruchsversuch der Russen südlich von Augustow endete mit der Vernichtung der dort eingesetzten russi- schen Truppen.

Im Kampfe nordwestlich von Ostrolenka blieben unsere Truppen siegreich, die Russen ließen sechs Offiziere, 900 Mann und acht Maschinengewehre in unseren Händen.

Unsere Angriffe nördlich und nordwestlich von Prasznysz machten weitere Fortschritte.

Im Kampfe nordwestlich von Nowe Miasto machten wir wieder 1660 Gefangene. Oberste Heeresleitung.

Umwerbung der Balkanstaaten durch den Dreiverband

gescheitert. Frankfurt a. M., 11. März.

Die „Frankfurter Zeitung“ meldet von der Schweizer Grenze: Der „Matin“ gibt heute zu, daß die Bemühungen der Ententemächte und ihrer Presse, die Balkanländer zu einem Kriege gegen die Türkei zu hetzen, gescheitert sind, weil die Regierung der Balkanstaaten kein Vertrauen in den Sieg Rußlands haben. Das Blatt ist der Meinung, daß die diplo- matischen Bittgänge nach Bukarest, Sofia und Athen nichts mehr nützen, und daß die Sprache der Kanonen allein zum Ziele führen könne. Der Durchbruch der Dardanellen und die Wiederaufnahme der russischen Offensive in der Bukowina sind, so schließt das Blatt, unsere besten, fast unsere einzigen diplomatischen Trümpfe in den Balkanländern. Dort,

wie überall, gilt das Wort, daß nichts glückt wie der Erfolg.

373

Der Krieg zur See.

Nicht „U 20“, sondern „U 12“ untergegangen. Berlin, 11. Marz. Die britische Admiralitat gibt bekannt, daß das vom Torpedo- bootzerstörer „Ariel“ vernichtete deutsche Unterseeboot nicht „U 20“, sondern „U 12“ ist. Von der 28 Mann starken Besatzung des Bootes sollen 10 Mann gerettet sein.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes

(gez.) Behncke.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 12. März.

Zwei feindliche Linienschiffe, begleitet von einigen Torpedo- booten, feuerten gestern auf Bad Westende mit über 70 Schuß, ohne irgendwelchen Schaden anzurichten. Als unsere Batterien in Tätigkeit traten, entfernte sich das feindliche Geschwader.

Die Englander, die sich in Neuve Chapelle festsetzten, stießen heute nacht mehrere Male in östlicher Richtung vor; sie wurden zurückgeschlagen. Auch nördlich von Neuve Chapelle wurden gestern schwächere englische Angriffe abgewiesen. Der Kampf in jener Gegend ist noch im Gange.

In der Champagne herrschte im allgemeinen Ruhe.

In den Vogesen war wegen heftigen Schneetreibens die Ge- fechtstatigkeit nur gering.

Nördlich des Augustower Waldes wurden die Russen geschlagen. Sie entzogen sich durch schleunigen Abmarsch in Richtung Grodno einer völligen Niederlage; wir machten hier über 4000 Gefangene, darunter zwei Regimentskommandeure, und eroberten drei Ge- schutze und 10 Maschinengewehre. Auch aus der Gegend von Augustow hat der Feind den Rückzug auf Grodno angetreten.

Nordwestlich Ostrolenka nahmen wir im Angriff drei Offiziere und 220 Mann gefangen.

Nördlich und nordwestlich Prasznysz schritten unsere Angriffe fort; über 3200 Gefangene blieben hier gestern in unseren Händen.

Zwei große Siege haben sich die Russen in ihren amtlichen Bekanntmachungen zugesprochen, den Sieg bei Grodno und den bei Prasznysz. In beiden Schlachten behaupten sie je zwei deutsche Armeekorps geschlagen oder vernichtet zu haben, Wenn die

374

russische oberste Heeresleitung im Ernst dieser Meinung war, so werden die Ereignisse der letzten Tage sie über die Kampfkraft unserer Truppen eines andern belehrt haben. Ihre mit so beredten Worten verkündete Offensive von Grodno durch den Augustower Forst ist bald gescheitert. Die Erfahrungen der dort vorgegangenen Truppen schildern die ersten Sätze unserer heutigen Veröffent- lichung. Bei Prasznysz stehen unsere Truppen nach vorüber- gehendem Ausweichen wieder 4 km nördlich dieser Stadt. Seit ihrer Aufgabe sind auf den Kampffeldern zwischen Weichsel und Orzyc 11460 Russen gefangen genommen. Oberste Heeresleitung.

Politischer Tagesbericht.

In einer gemeinsamen Eingabe des Bundes der Landwirte, des Deutschen Bauernbundes, des Zentralverbandes deutscher Industrieller, des Bundes der Industriellen, des Hansabundes und des Reichs- deutschen Mittelstandverbandes an den Reichstag wird die Forderung erhoben, daß die Erörterung der Friedensbedingungen möglichst bald freigegeben werde. Die Petition meint, daß bei den Urhebern unseres - Artikels gegen die sofortige Freigabe der öffentlichen Diskussion über die künftigen Friedensbedingungen irrige Vorstellungen über die Wünsche der breiten Masse unseres Volkes beständen, und verweist ihrerseits auf den allgemeinen kraftvollen Willen, im Kriege durch- zuhalten bis zum Außersten.

Diese Gegenüberstellung beweist nichts gegen unsere Darlegung. da wir selbst nichts sehnlicher wünschen, als jenen einzigen kraftvollen Willen ungebrochen und gegen jedes Mißverständnis unserer Feinde und der Neutralen gesichert zu erhalten bis zum Außersten. Die Frage, um die es sich dreht, ist vielmehr, ob der Eindruck vollster Einmütigkeit im Durchkämpfen fortbestehen wird, wenn wir über den Lohn für alle gebrachten Opfer und über die beste Gestaltung des Friedensvertrags zu reden beginnen, bevor wir endgültig gesiegt haben. Dies Reden wird ein Streiten sein. Erfreulich ist es, daß sechs große, sonst nicht immer einige Verbände, die Millionen von Groß- und Kleinbetrieben umfassen, geschlossen im vaterländischen Interesse auftreten. Ihre Polemik gegen einen Entschluß der obersten militärischen und zivilen Gewalten halten wir aber nicht für zeitgemäß, da eine inter arma erfolgende Freigabe der Rede den Sieg im Felde nicht beschleunigen würde. Darauf kommt es an.

375

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 13. Marz.

Südlich von Ypern wurden vereinzelte Angriffe der Engländer mühelos abgewiesen.

Unser zur Wiedereinnahme des Dorfes Neuve Chapelle an- gesetzter Angriff stieß nach anfänglichen Erfolgen auf eine starke englische Überlegenheit und wurde deshalb nicht durchgeführt. Die Engländer entwickelten in dieser Gegend eine rege Tatigkeit mit Fliegern, von denen vorgestern einer, gestern zwei herunter- geschossen wurden.

In der Champagne flackerte an einzelnen Stellen der Kampf wieder auf. Alle französischen Teilangriffe wurden mit starken Verlusten für den Feind abgeschlagen, 200 Gefangene blieben dabei in unserer Hand.

Nebel und Schnee behinderten in den Vogesen die Gefechts- tatigkeit.

Die Russen wichen aus der Gegend von Augustowo und nord- östlich bis hinter den Bobr und unter die Geschütze von Grodno zurück.

Am Orzyc nordöstlich von Prasznysz wurde ein russischer

Angriff abgewiesen. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 13. März.

Amtlich wird verlautbart: In Russisch-Polen und Westgalizien keine Veränderung, während des Tages Geschützkampf. Angriffe einzelner feindlicher Abteilungen wurden durchweg unter Verlusten abgewiesen.

Die Kämpfe an der Straße Cisna-Baligrod in den Karpathen dauern weiter an. Eine Höhe, um die seit Tagen gekämpft wurde, gelangte gestern in unseren Besitz. Im Sappenangriff sprengten eigene Truppen Teile der feindlichen Stellung, warfen in folgendem Nah- kampf den Gegner zurück und nahmen über 1200 Mann und mehrere Offiziere gefangen. Noch nachts wurden russische Gegenangriffe auf diese Höhe sowie auf die Stellungen in den anschließenden Ab- schnitten unter schweren Verlusten des Feindes zurückgeschlagen.

An der Gefechtsfront in Südostgalizien und im Raum bei Czer- nowitz herrscht im allgemeinen Ruhe.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

376 Der Krieg zur See.

Vernichtung eines englischen Hilfskreuzers. London, 13. Marz.

Die Admiralität teilt mit: Der Hilfskreuzer „Bayano“ ist auf einer Erkundungsfahrt untergegangen. Schiffstrümmer, die am Il. März auf- gefunden wurden, lassen darauf schließen, daß die „Bayano“ torpediert worden ist. Acht Offiziere und 18 Matrosen sind gerettet worden, die übrige Mannschaft ist wahrscheinlich umgekommen. Der Dampfer „Castlereagh“ aus Belfast berichtet, daß er am Donnerstag morgen um 4 Uhr Schiffstrümmer sichtete, daß er aber durch ein feindliches Unter- seeboot, daß ihn 20 Minuten lang verfolgte, verhindert wurde, eine Unter- suchung anzustellen.

Zeppelin über See.

„Daily Chronicle“ meldet aus South Shields: Der erste Offizier des Londoner Kohlendampfers „Linhope“, der Freitag nacht in Tyne ein- traf, erklärt, der Dampfer sei unterwegs durch ein Luftschiff angegriffen worden. Der Offizier hörte am Mittwoch abend, als der Dampfer 12 Meilen südöstlich von Spurn Point fuhr, das Surren eines Motors in der Luft. Plötzlich tauchte aus ungefähr 1000 Meter Höhe das Licht eines Schein- werfers auf, das aber sofort wieder verschwand. Im nächsten Augenblick sauste ein Gegenstand ins Wasser, kaum sechs Meter vom Schiff entfernt. Das Wasser spritzte hoch auf, der Dampfer blieb aber unbeschädigt. Die Nacht war zu dunkel, um das Luftfahrzeug erkennen zu können. Der Offizier ist aber fest davon überzeugt, daß er bei dem Aufblitzen des Scheinwerferlichtes die Umrisse eines Zeppelins erkannte.

Sieben Schiffe vom Hilfskreuzer „Prinz Eitel Friedrich“ versenkt.

New York, 12. Marz. Die Zollbehörde von Newport News gibt folgende Liste von Schiffen, die vom deutschen Hilfskreuzer „Prinz Eitel Friedrich“ versenkt worden sind, bekannt:

am 27. Januar die russische Bark „Isabel Browne“ mit 13 Insassen,

am 27. Januar die französische Bark „Pierre Loti“ mit 24 Insassen,

am 28. Januar das amerikanische Schiff „William Frye" mit 31 Insassen,

am 28. Januar die französische Bark „Jacobsen“ mit 23 Insassen,

am 12. Februar die englische Bark „Invercoe“ mit 23 Insassen,

am 18. Februar der englische Dampfer „Mary Ada Short“ mit 28 Insassen,

am 19. Februar der französische Dampfer „Florida“ mit 78 Mann Be- satzung und 86 Passagieren.

377

85 Schiffe im Schwarzen Meere eingeschlossen.

Lyon, 12. Marz. Wie „Lyon Republicain“ aus Paris erfährt, meldet der französische Lloyd, daß seit dem Eingreifen der Türkei in den Krieg || englische, 27 russische, 5 belgische, 12 griechische, 9 italienische, 2 schwedische, 10 rumänische, 2 dänische, | holländisches, | bulgarisches und 5 französische Schiffe im Schwarzen Meer eingeschlossen sind.

Die Türkei im Kriege. Die englischen Verluste vor den Dardanellen.

Das holländische Pressebureau Hagas meldet aus Athen, daß nach dort umlaufenden Meldungen die Verluste der Engländer vor den Darda- nellen jetzt 140 Tote, 310 Verwundete betragen. Zwei englische Torpedo- boote sind gesunken, zwei Minenaufräumer sind vernichtet, vier größere Schlachtschiffe vorläufig außer Dienst gestellt. Bei Landungsversuchen sollen ferner 700 Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen ver- loren sein.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 14. März.

Einige feindliche Schiffe feuerten gestern nachmittag aus Gegend nördlich von La Panne Nieuport wirkungslos auf unsere Stellungen.

Bei Neuve Chapelle fand, abgesehen von einem vereinzelten englischen Angriff, der abgeschlagen wurde, nur Artilleriekampf statt.

In der Champagne wiederholten die Franzosen östlich von Souain und nördlich Le Mesnil auch gestern ihre Teilangriffe. Unter schweren Verlusten für den Feind brachen sämtliche An- griffe im Feuer unserer Truppen zusammen.

In den Vogesen sind die Kampfe nach Eintritt besserer Witte- rung wieder aufgenommen.

Die Franzosen verwenden jetzt auch in den Argonnen die neue Art von Handgranaten, durch deren Detonation die Luft ver- pestet werden soll. Auch französische Infanterieexplosivgeschosse, die beim Aufschlag Flammen erzeugen, wurden in den gestrigen Kämpfen erneut festgestellt.

Die Lage im Osten ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

378

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 14. März.

Amtlich wird verlautbart: In Polen und an der Front in West- galizien hat sich die allgemeine Lage nicht geändert. Vorstöße des Feindes wurden an der unteren Nida, sowie bei uns und südlich Gorlice nach kurzem Kampf zurückgeschlagen.

In den Karpathen scheiterten wieder in zahlreichen Abschnitten heftige Angriffe der Russen, so an der Kampffront zwischen dem Sattel von Lupkow und dem Uzsoker Paß, dann im Oportal, wo auch nachts erbittert gekämpft wurde, und bei Wyszkow. Außer den vielen verwundeten Russen, die in unsere Hände fielen, wurden über 400 Mann des Feindes, die sich im Nahkampf ergaben, gefangen ge- nommen.

Auch an den Stellungen südlich des Dnjestr entwickelten sich Kämpfe. Ein von starken Infanteriekräften des Gegners angesetzter Angriff kam im wirkungsvollsten Feuer unserer Truppen bald zum Stehen und brach unter großen Verlusten des Feindes völlig zusammen. Weiter östlich wurde zu Fuß vorgehende feindliche Kavallerie aber- mals zuruckgeworfen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See. Vier englische Handelsschiffe versenkt. London, 14. Marz.

Die Admiralitat meldet: Seit dem 10. Marz wurden wiederum sieben britische Dampfer mit einem Gehalt von 1794— 4658 Tonnen von deutschen Unterseebooten im Armelkanal, im Kanal von Bristol und im lrischen Kanal angegriffen. Zwei dieser Schiffe sanken, drei von ihnen entgingen der Versenkung, der Untergang der beiden letzten ist noch nicht bestätigt. Insgesamt sind bei diesen Angriffen drei Menschen umgekommen.

Schluß des redaktionellen Teils.

Verantwortlich für die Redaktion: S. D. Gallwitz, Bremen.

Einsendungen von Manuskripten (unter Beifügung von Rückporto) an die Redaktion Bremen, Am Wall 163. Tel. 6945.

Verlag: Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft, Bremen. Druck: Hofbuchdruckerei H. M. Hauschild, Bremen.

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DIE: DEUTSCHE: INDUSTRIE WÄHREND DES KRIEGES,

Unter diesem Titel veröffentlicht Herr E. Witt in der Vossischen Zeitung Berlin eine Artikel-Serie und bringt unter anderem auch die nachstehende Abhandlung über die Kaffee-Handels-Aktien- gesellschaft in Bremen und den von ihr hergestellten coffeinfreien Kaffee Hag.

Für die vielen, nach ungeheuren Strapazen krank oder verwundet “aus dem Felde zurückkehrenden Krieger wird eine besonders sorg- faltige Auswahl unter den Anregungs- und Genußmitteln’ zur Not- wendigkeit. Nur wenige Speisen und Getränke sind für- einen ge- sch wachten Organismus noch zuträglich, und der Machtspruch' des Arztes entzieht dem Pflegebedürftigen nur zu oft langge wohnte und liebgewordene Genüsse. Der Kaffee ist eins der bei uns am weitesten verbreiteten täglichen Genußmittel, bei Arm und Reich gleich begehrt und geschätzt. Und gerade den Kaffeegenuß muß der Arzt in vielen ‘Fällen gänzlich untersagen, da das in der Kaffeebohne enthaltene giftige Coffein bei Herz und Magen, Nieren und Nerven schwere ‘Schädigungen verursachen kann. Noch vor wenigen Jahren mußte die Enthaltung von diesem, durch alte Gewohnheit zur Selbstverstand- lichkeit gewordenen täglichen Getränk mit vielen Entbehrungen durch- gefũhrt werden, da ein unschädliches Ersatzgetränk für den Kaffee nicht existierte. Der an seiner Stelle von Laien hin und wieder “empfohlene Teegenuß muß- wegen: seines Gehaltes an dem ebenso . giftigen Tein vom Arzte in gleicher Weise verurteilt werden. Seit- dem es aber möglich geworden ist, die Entziehung des Coffeins aus der Kaffeebohne in großem Maßstabe fabrikmäßig zu betreiben, ist in dem „coffeinfreien Kaffee Hag“ das Genußmittel in seiner höchsten

Vollendung auf den Markt gelangt, völlig unschädlich und dabei gänz- lich unverändert in seiner belebenden Wirkung, von genau dem gleichen Geschmack und Duft wie zuvor. Gerade die Ärzte sind die wärmsten Fürsprecher des Kaffee Hag geworden, und überall, wo auf das Ur- teil des Arztes gehört werden muß, tritt der coffeinfreie Kaffee Hag an die Stelle des gewöhnlichen, unbearbeiteten Kaffees. Unzählige ärztliche Beobachtungen haben bestätigt, daß Kaffee Hag auch von solchen Leidenden unbedenklich genossen werden kann, denen sonst jeder Kaffeegenuß verboten ist. Dadurch ist es erklärlich, daß der coffeinfreie Kaffee in unseren Lazaretten und Erholungsstätten jetzt allgemeine Verwendung findet, wodurch der schon ungeheuer große Kreis der Kaffee-Hag-Anhanger eine bedeutende Erweiterung erfährt. Zahlreiche Versuche haben ferner bewiesen, daß selbst der gewiegteste Feinschmecker coffeinfreien Kaffee von coffeinhaltigem nicht zu unter- scheiden vermag. Wer den coffeinfreien Kaffee kurze Zeit erprobt hat, wird ihn dauernd an Stelle des gewöhnlichen Kaffees genießen, denn trotz seiner großen Vorzüge ist er durchaus nicht teuer. Die Erklärung für diese Tatsache ist einleuchtend: Reines Coffein hat als Arzneimittel einen sehr hohen Preis, und die nach einem patentierten Verfahren fabrikmäßig betriebene Gewinnung reinen Coffeins bei der Herstellung des Kaffee Hag bringt den größten Teil der durch alle bei dieser komplizierten Bearbeitung der Kaffeebohne entstehenden Kosten wieder ein. Wenn die Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft in Bremen, die alleinige Erzeugerin des Kaffee Hag, nicht prinzipiell nur Kaffee von bester und mittlerer Qualität verarbeiten würde, wenn also auch die geringwertigen billigen Kaffeesorten coffeinfrei erhalt- lich wären, dann hätte das weitverbreitete Vorurteil, der coffeinfreie Kaffee Hag sei teurer als der „gewöhnliche“, gar nicht aufkommen können. Ebenso unbegründet ist die Meinung, die gleiche Menge coffeinfreier Kaffee müsse einen schwächeren Aufguß ergeben als der coffeinhaltige, denn Coffein ist im Kaffee gänzlich geschmack- und geruchlos.

Etwa 60000 Pfund Coffein werden jetzt alljährlich in dem Be- triebe der Kaffee Hag-Fabrik erzeugt, das ist ungefähr ein Drittel

des gesamten Weltbedarfs an Coffein. Da aus | Pfund Kaffee etwa 5—7 Gramm Coffein gewonnen werden (Il), berechnet sich die heutige Jahresproduktion an Kaffee Hag auf ca. 6000000 Pfund. Diese im Laufe weniger Jahre erreichte Zahl redet am deutlichsten für die um- fassende Anerkennung und die große Zukunft des entgifteten Kaffees. Der alle Erwartungen übersteigende rapide Aufschwung des Unter- nehmens und die günstigsten Aussichten für die Zukunft sind die Ursachen der seltenen Erscheinung, daß eine erst im Jahre 1908 unter weitgehender Berücksichtigung größter Ausdehnungsmöglichkeiten er- baute Anlage sich schon lange als viel zu klein erweist. Ein bedeutend größerer Fabrikneubau ist im Entstehen, hunderten von Bauarbeitern Lohn und Brot gebend, als wären wir im tiefsten Frieden. Die alte Fabrikanlage der Kaffee-Handels- Aktiengesellschaft, von erlesenen

Fachleuten entworfen und errichtet, stellt ein weit über Bremens Grenzen

bekanntes Schulbeispiel für moderne, ästhetisch befriedigende Fabrik- architektur von reinster Zweckmäßigkeit dar. Bei vollkommener Er- füllung aller Ansprüche an Komfort und Hygiene wurde hier die

Ausschaltung möglichst jeder Handarbeit zur Richtschnur. Mit ver-

hältnismaßig wenig Arbeitskräften gelingt hier die gleichsam spielende Bewältigung des ungeheuren täglichen Arbeitspensums. Ein Druck auf einen Hebel, und der gesamte Mechanismus des Werkes tritt in Tätigkeit. Auf langen Transportgurtbahnen automatisch herangeführte Kohlen besorgen automatisch die regelmäßige ökonomische Befeuerung der gewaltigen Kesselanlage, der Kraftspenderin für den ganzen Organismus. Ein anderes Transportband führt die eben dem Schiff

entladenen Kaffeesacke zu einem Gebläse, das den Kaffee aufnimmt,

ihn reinigt und sechs Stockwerke hinauf seine Verteilung auf Sieb-

maschinen und Dampfreinigungsapparate besorgt. Automatisch wandert der gereinigte Kaffee durch das Coffein-Entziehungsverfahren und die Röstmaschinen, ohne daß je eine menschliche Hand mit ihm in Be- rührung kommt, wird er gekühlt und gelangt schließlich in Verpackungs-

. maschinen von wunderbarer Genauigkeit und Feinheit. Automatisch

wird er hier abgewogen für die gleichzeitig von derselben Maschine gefalzte und geklebte, überall bekannte Hag-Packung, und er verläßt

die vielen Zangen, Hände und Finger dieses Kunstwerkes erst; nach- dem die Verschlußmarke das fertiggepackte Paket sauber versiegelt hat. Ein System von ungeheurer organisatorischer Kraft offenbart sich hier in dem peinlich genauen Ineinandergreifen der verschieden- artigsten mechanischen Kräfte, dessen Ruhe und Rhythmts sich selbst auf alle diesen Apparat bedienenden menschlichen Hilfskräfte über- tragen zu haben scheint. Nirgendwo Überanstrengung, Hast, Aufgeregt- heit, überall ruhiges, sicheres, zweckbewußtes Eingreifen in die auto- matischen Funktionen des großen Getriebes. All das wird bei’der Einrichtung der im Entstehen begriffenen, für die drei- bis vierfuche Leistungsfähigkeit vorgesehenen Neuanlage noch in wesentlich stärkerem Maße der Fall sein, denn die vielfachen, inzwischen gewonnenen Er- fahrungen werden hier nutzbar gemacht. Alles, was die Güte der Ware günstig beeinflussen kann, alles, was sich sonst als Verbesserung der bisherigen Methode erwiesen hat, findet hier ohne Rücksicht auf ‘die Kostenfrage Anwendung. Daneben soll in gesteigertem Maße Beachtung erfahren, was während der letzten Jahre‘ zur Förderung ‘der Bequemlichkeit und Gesundheit von Arbeitern und "Angestellten erdacht worden ist. Große, saubere, luftige Speiseräume' nebst eigener Kantine für die Arbeiter sind vorgesehen. Umfangreiche Baderanlagen sollen jedem Arbeiter allwöchentlich mehrmalige Benutzung ermög- lichen. Für die Angestellten der vielen kaufmännischen Bureaus wird -ein Kasino entstehen, das an Gediegenheit und Zweckmäßigkeit kaum übertroffen werden kann; sind für dessen Ausstattung doch allein 50 000 Mark im Bauplan vorgesehen. Der Angestelltenfürsorge ist seitens der Firma von jeher in umfassender Weise Rechnung getragen. ‘So wurden bei Kriegsausbruch zwei Unterstützungskassen für Arbemer und Beamte ins Leben gerufen und von der Gesellschaft mit bedeu- tenden Mitteln ausgestattet. Kein Angestellter der Kaffee-Handels- | "Aktien-Gesellschaft kann durch den Krieg in Not geraten; mehrere Monate nach seinem Eintritt ins Heer wird das Gehalt weitergezahlt, und bei den zurückbleibenden Angehörigen hat die Firma sich zur Weiterzahlung eines hohen Prozentsatzes des Einkommens ihres Er- nährers bis zum Friedensschluß verpflichtet.

Schliefilich. sei noch erwähnt, dafl Kaffee Hag als Liebesgabe. sehr. begehrt ist, und bisher etwa 50000 Pfund davon für erholungs- bedürftige- Soldaten von der Geschäftsleitung gespendet wurden. Dabei wurde die genugeam bekannte gesundheitsdienliche Wirkung des Getränks immer wieder lobend bestätigt; ja, es trafen gar Mit- teilungen von Militärärzten ein, wonach dem. coffeinfreien Kaffee durch seine appetitanregenden Eigenschaften direkte Heilwirkungen: bei Verdauungsstörungen und Schwächezuständen zugeschrieben wurden:: Da ist es wohl berechtigt, dem coffeinfreien Kaffee ein immer weiteres Eindringen in alle Kreise unseres Volkes zu wünschen, und der Hoff- nung Ausdruck zu geben, daß in nicht allzuferner Zeit dieses Produkt deutschen Erfindungsgeistes Gemeingut. aller Volksklassen werden meg und ein schönes- Zeichen für die immer größer werdende Er- kenntnis der für unsere Volkskraft so überaus wichtigen gesundheits- mäßigen Lebensweise.

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DER KRIEG

IN AMTLICHEN DEPESCHEN UND DOKUMENTEN

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DIE GULDENKAMMER

HERAUSGEGEBEN VON S. D. GALLWITZ / DR. G. F. HARTLAUB / DR. HERM. SMIDT

VERLAG KAFFEEHAG / BREMEN

5. JAHRG. / HEFT 8 MAI 1915

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NACHDRUCK DER BELLETRISTIK VERBOTEN NACHDRUCK DER UBRIGEN ARTIKEL UNTER GENAUER QUELLENANGABE GESTATTET

Die Türkei im Kriege.

Der Kampf um die Dardanellen. Tschanek Kale, 13. März.

Der Vertreter von Wolffs Telegraphischem Bureau telegraphiert aus den Dardanellen: Nach zweitägiger Stille fand in der Nacht von Mitt- woch zu Donnerstag das erste Nachtgefecht größeren Stiles statt. Um Il Uhr begannen ein englischer Kreuzer und mehrere Torpedoboote eine energische Beschießung der Scheinwerfer von Dardanos. Die Haubitzen- batterien antworteten, so daß der ganze Horizont flammte und die Erde meilenweit erzitterte. Das erste Gefecht währte eine Stunde. Um 2 Uhr morgens wurde der Kampf wieder aufgenommen. Gleichzeitig wurden von englischer Seite Minenfischer ausgesandt, um einen Weg durch die Minensperre zu schaffen. Während des beiderseitigen heftigen Feuers zog sich der englische Kreuzer infolge des Treffers einer Haubitze aus der Feuerlinie zurück. Drei Minensucher sanken, worauf die übrigen Minensucher, vom türkischen Feuer verfolgt, eiligst fluchteten, ohne ihren Zweck irgendwie erreicht zu haben. Auf türkischer Seite kein Verlust, die Scheinwerfer sind intakt. Infolge des völligen Mißlingens des eng- lischen Nachtangriffes herrschte Donnerstag Ruhe trotz des klarsten Wetters. Die Forts der mittleren Dardanellen sind unversehrt, sämtliche Spuren der großen Beschießung von Sonnabend und Sonntag sind verschwunden. Der Geist von Offizieren und Mannschaften ist ausgezeichnet und sehr zuversichtlich.

Konstantinopel, 14. März.

Das große Hauptquartier teilt mit: Heute hat ein feindliches Panzer- schiff ohne Erfolg in großen Zwischenräumen Sedel Bahr und Kum Kale beschossen. Gestern nacht versuchte der Feind mit einer leichten Flottille von neuem sich den Minenfeldern zu nähern, wurde aber durch das Feuer ne Batterien zurückgewiesen, wobei einige feindliche Schiffe beschädigt wurden.

380

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 15. März.

Westende-Bad wurde gestern von zwei feindlichen Kanonen- booten wirkungslos beschossen.

Ein Angriff auf eine von Engländern besetzte Höhe südlich Ypern machte gute Fortschritte.

Französische Teilangriffe nördlich Le Mesnil (Champagne) wurden unter schweren Verlusten für den Feind zurückgeschlagen. In den Vogesen wird an einzelnen Stellen noch gekämpft.

Die Anzahl der russischen Gefangenen aus den Kämpfen nördlich des Augustowoer Waldes hat sich auf 5400 erhöht.

Nördlich und nordöstlich Prasznysz griffen die Russen mit starken Kräften an. Alle Angriffe scheiterten unter schweren Verlusten für den Feind.

Südlich der Weichsel keine Veränderung. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 15. März.

Amtlich wird verlautbart: Im westlichen Abschnitt der Karpathen- front ist der gestrige Tag ruhiger verlaufen.

Nördlich des Uzsoker Passes kam es zu ernsten Kämpfen. Starke russische Kräfte griffen hier mittags an und drangen bis nahe an unsere Stellungen vor, wo sie sich zunächst behaupteten. Ein nach- mittags von unseren Truppen überraschend durchgeführter Gegen- angriff warf den Feind an der ganzen Front nach heftigem Kampf zurück, wobei vier Offiziere und 500 Mann gefangen wurden. Auch an den eigenen Stellungen beiderseits des Oportales wurde erbittert gekämpft. Der Gegner, der über Stryj weitere Verstärkungen heran- geführt hatte, griff seit einigen Tagen wiederholt mit starken Kräften im Tale und den begleitenden Höhen an. Alle diese Versuche, gegen die Paßhöhen Raum zu gewinnen, scheiterten stets unter den schwersten Verlusten. Der gestern erfolgte Angriff, der wieder in unserem Feuer vollständig zusammenbrach, dürfte mit Rücksicht auf die großen Ver- luste, die der Gegner erlitt, kaum mehr wiederholt werden. An 1000 Mann Gefangene brachten diese Kämpfe ein.

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An den Stellungen südlich des Dnjestr wird gekämpft. Ein von unseren Truppen angesetzter Gegenangriff gewann Raum. Die Russen wurden in mehreren Frontabschnitten zurückgedrängt.

In Polen und Westgalizien fanden nur Geschützkämpfe statt.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die neue Offensive im Osten. Berlin 15. März.

Aus dem großen Hauptquartier wird uns über den Rückzug der neuen russischen X. Armee das Folgende geschrieben:

Nach dem Zusammenbruch der russischen X. Armee in der Winterschlacht von Masuren und der Kapitulation im Forst von Au- gustow sammelten sich die Reste des russischen Ill. Armeekorps unter den Befestigungen von Olita, jene des XXVI. und Ill. sibirischen Korps waren auf die Festung Grodno und hinter die Bobrlinie zu- rückgegangen. Der Armeeführer, General Sievers, sein Generalstabs- chef, sowie der kommandierende General des Ill. Armeekorps wurden abgesetzt, drei neue Armeekorps (II., XIII. und XV.) nach Grodno herangezogen und die gelichteten Reihen der übrigen Korps mit Re- kruten aufgefüllt. So entstand neuerdings eine russische X. Armee, die Ende Februar vergebliche Anstrengungen machte, die deutschen Truppen, die bis an die Bobrlinie und bis dicht an die Festung Grodno vorgerückt waren, zu vertreiben.

Bei diesen Angriffen erlitten die Truppen des bei 8 vernichteten, inzwischen neu aufgefüllten XV. Armeekorps, die in unbeholfenen dicken Angriffskolonnen vorgingen, die schwersten Ver- luste. Es lag nicht in der Absicht der deutschen Führung, dicht vor der mit Beton ausgebauten Bobrlinie und den Forts von Grodno sich festzulegen und eine Aufstellung beizubehalten, die dem Feinde eine offene linke Flanke bot; es war vielmehr in Aussicht genommen, so bald wie irgend möglich Operationsfreiheit wieder zu gewinnen. Vorher galt es jedoch noch, die ungeheure Beute zu bergen, die allenthalben in dem Forst von Augustow zerstreut lag. Sobald diese Arbeiten einigermaßen beendet waren, leiteten die deutschen Truppen jene Be- wegungen ein, die zu der beabsichtigten neuen Gruppierung führten.

Der rechte Flügel nahm in der Gegend von Augustow inzwischen vorbereitete Stellungen ein, andere Kräfte wurden an geeigneten Punkten versammelt. Planmäßig wurden zunächst alle deutschen Verwundeten

382 einschließlich der Schwerverwundeten zurückgeschafft, auch wurden

Kolonnen und Trains, sowie Fahrzeuge aller Art usw. so rechtzeitig zurückgesandt, daß sich der Rückmarsch der Truppen trotz vereister ‚Wege glatt vollzog. Dem Feinde blieben die deutschen Bewegungen völlig verborgen, ja er belegte am Vormittag des auf unseren Abzug folgenden Tages die ehemaligen deutschen Stellungen mit Artillerie- feuer genau wie an den früheren Tagen. Die deutschen Truppen hatten die geplanten Aufstellungen bereits eingenommen, als der russische Armeeführer, wie aus Aussagen gefangener Stabsoffiziere hervorgeht, einen Sieg atmenden Befehl erließ, in dem von großen Erfolgen auf der ganzen Linie die Rede war und durch den die Unterführer zu den „energischesten Verfolgungsoperationen“ bis in den „Rücken des Feindes“, den man bei Calvaria anzunehmen schien, angespornt wurden.

In großer räumlicher Trennung setzten sich das Ill. russische Armeekorps von Simno auf Lozdsieje, das Il. Armeekorps Grodno über Kopiowo-Sejny auf Krasnopol in Bewegung, die übrigen russischen Korps gingen durch den Forst von Augustow vor, stießen hier aber sehr bald auf starken deutschen Widerstand, den zu brechen den Russen nicht gelang, obwohl sie mit zwei- und dreifacher Über- legenheit mehrere Tage hintereinander die deutschen Stellungen an- griffen. 2

Am 9. Marz begann die deutsche Offensive gegen das auf dem russischen rechten Flügel vorgehende Ill. Armeekorps. Als dieses sich plötzlich bei Lozdsieje und Swiento-Jezitory von Norden her in der Flanke bedroht und umfaßt sah, trat es eiligst den Rückzug in östlicher und südöstlicher Richtung an, mehrere hundert Gefangene und einige Maschinengewehre in unserer Hand lassend. Durch diesen Rückzug gab der russische Führer die Flanke des benachbarten ll. Armeekorps frei, dessen Kolonnen am 9. März, wie unsere wackeren Flieger meldeten, Berzniki und Giby erreicht hatten. Gegen dieses Armeekorps richtete sich jetzt die Fortsetzung der deutschen Offensive. Diese durchzuführen war wahrhaftig keine Kleinigkeit, denn es herrschten |] und mehr Grad Kälte, und die Wege waren so glatt, daß Dutzende von Pferden aus Er- schöpfung umfielen und die Infanterie nur 2 bis 3 km in der Stunde zurück- zulegen vermochte. Am 9. und 10. März kam es bei Seiny und Berzniki zum Kampfe gegen den überraschten Gegner, dessen Vorhut sich be- reits zum Angriff in westlicher Richtung bei Krasnopol entwickelt hatte und der sich jetzt gezwungen sah, nach Norden Front zu machen. Seiny und Berzniki wurden noch in der Nacht vom 9. zum 10. erstürmt,

383

bei Berzniki zwei ganz junge Regimenter völlig aufgerieben, die beiden Regimentskommandeure gefangen genommen. Der russische Armee- führer, der wohl eine Wiederholung der Umfassungsschlacht von Masuren kommen sah, gab am 10. März, die Aussichtslosigkeit weiteren Wider- standes einsehend, seiner gesamten Armee den Befehl zum Rückzuge. Bald konnten unsere Flieger die langen Marschkolonnen des Feindes wahrnehmen, die sich auf der ganzen Linie von Giby bis Sztabia durch den Forst von Augustow in vollem Rückzuge auf Grodno be- fanden. Am 11. März besetzten unsere Truppen in der Verfolgungs- handlung Makarze, Froncki und Giby, eine deutsche Kavalleriedivision nahm noch in der Nacht Kopciowo im Sturm, sie zählte dort allein 300 tote Russen, und über 5000 Gefangene, 12 Maschinengewehre und 3 Geschütze blieben in unserer Hand. Größere ernstliche Kämpfe hatten nicht stattgefunden. Allein die Drohung mit einer kräftigen deutschen Umfassung hatte genügt, um nicht nur den bedrohten Flügel, sondern eine ganze feindliche Armee, die sich auf einer Frontbreite von nicht weniger als 50 km zum Angriff aufgebaut hatte, zum schleu- nigsten Rückzuge zu veranlassen.

Die Tragweite einer derartigen Bewegung, ihre moralische Wirkung und die Einbuße an liegen gebliebenem Material aller Art, das nun zum zweiten Male den weiten Augustower Forst erfüllt, läßt sich zurzeit nicht übersehen.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht.' Wien, 16. März.

Amtlich wird verlautbart: Angriffe stärkerer feindlicher Infanterie auf unsere Stellungen östlich Sulejow und bei Lopuszno, an der Front in Polen, wurden abgewiesen. Ebenso scheiterten mehrere Nachtangriffe, die die Russen im Raume bei Gorlice durchführten. Bei Abwehr dieser Angriffe brachte die eigene Artillerie durch flan- kierendes Feuer auf nächste Distanz dem Feinde schwere Verluste bei.

In den Karpathen hielt gestern an dem größten Teil der Front nur Geschützkampf an. Auch an den Stellungen nördlich des Uzsoker- passes herrschte nach den Ereignissen des 14. d.M. verhältnismäßig Ruhe. Der Gegner hatte in den Kämpfen dieses Tages große Ver- luste erlitten. Von den vordersten russischen Abteilungen wurden zwei Bataillone vernichtet, |! Offiziere, 650 Mann gefangen und drei

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Maschinengewehre erbeutet. In der Gegend nordwestlich Wyszkow eroberten eigene Abteilungen eine Höhe, nahmen 380 Mann gefangen und hielten trotz wiederholter russischer Gegenangriffe die ge- wonnene Stellung.

Die Schlacht südlich des Dnjestr dauert an. Der von starken russischen Kräften auf den Höhen östlich Ottynia in der Richtung Kolomea versuchte Durchbruch wurde in mehrtägigen erbitterten Kämpfen unter großen Verlusten des Feindes zurückgeschlagen. Nach Eintreffen weiterer Verstärkungen ging der Gegner abermals auf diesen Höhen vor, griff in dichten Massen im Laufe des Nachmittags dreimal unsere dort stehenden Kräfte an und erlitt wieder schwere Verluste. Das Infanterieregiment General der Kavallerie Dankl, Nr. 53 hielt wiederholtem Ansturm überlegener feindlicher Kräfte heldenmütig stand. Alle Angriffe wurden blutig abgewiesen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 16. März.

Die englische Höhenstellung bei St. Eloi südlich von Ypern, anı lie seit vorgestern gekämpft wurde, ist in unseren Händen.

Am Südhang der Lorettohöhe nordwestlich von Arras wird um eine vorspringende Bergnase gekämpft.

In der Champagne brachen mehrere französische Teilangriffe in unserem Feuer unter starken Verlusten zusammen.

Nördlich von Beau Sejour entrissen unsere Truppen den Franzosen mehrere Gräben.

In den Argonnen und am Ostrand derselben kam er zu Gefechten, die nech andauern. |

In den Vogesen wird an einzelnen Stellen weiter gekämpft.

Beiderseits des Orzyc nordöstlich von Prasznysz griffen die Russen an, sie wurden überall abgewiesen. Besonders erbittert war der Kampf um Jednorozek, 2000 russische Gefangene blieben in unserer Hand.

Sudlich der Weichsel ist nichts zu ınelden.

Oberste Heeresleitung.

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Berlin, 16. März. Amtlich wird von der britischen Admiralität bekanntgegeben, daß die englischen Kreuzer „Kent“, „Glasgow“ und der Hilfskreuzer „Orama“ im Stillen Ozean bei der Insel Juan Fernandez auf S. M. kleinen Kreuzer „Dresden“ gestoßen sind. Nach kurzem Kampfe geriet „Dresden“ durch Explosion einer Munitionskammer in Brand und sank. Die Besatzung soll von den englischen Kreuzern gerettet worden sein. Der stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

Der Krieg zur See. Bisher 171 Schiffe vernichtet.

In einer von der britischen Admiralität vom 13. März heraus- gegebenen amtlichen Statistik werden die Gesamtverluste der eng- lischen Handelsmarine seit Kriegsbeginn auf 87 Schiffe angegeben. Hiervon sollen 54 durch deutsche Kreuzer weggenommen oder versenkt, 22 durch Unterseeboote zum Sinken gebracht und |! durch Auflaufen auf Minen verloren gegangen sein.

Hierzu erfahren wir von wohlunterrichteter Seite, daß die Angaben dieser englischen Statistik unzutreffend und die tatsach- lichen Verluste der englischen Handelsflotte erheblich größer sind. Die Zahl ihrer Kriegsverluste beläuft sich auf 124 Schiffe. Zu diesen kommen noch die verloren gegangenen Fischdampfer hinzu, deren Zahl in der englischen Statistik auf 47 angegeben wird, so daß der Gesamtverlust 171 Schiffe beträgt.

Die Tätigkeit der „U-Boote“. London, 17. März.

Das Reuter-Bureau meldet amtlich: Der Dampfer „Fingal“ (1563 Tonnen) ist am Dienstag an der Küste von Northumberland tor- pediert worden und gesunken. Sechs Mann sind umgekommen. Der Dampfer „Atlanta“ (519 Tonnen) wurde am Sonntag an der Küste von Westirland torpediert, sank jedoch nicht.

Amsterdam, 17. Marz.

Aus Hoek van Holland wird gemeldet, daß die britischen Dampfer „Avocat“ und ,,Lestris von der Cork Steamship Co. von einem deutschen Unterseeboot verfolgt wurden, das die Verfolgung in holländischen Terri- torialgewässern einstellte. Der britische Dampfer „Leeuwarden“, auf der Fahrt von London nach Harlingen, wurde vier Meilen südöstlich des Maasleuchtschiffes von einem deutschen Unterseeboot torpediert. Die siebzehn Mann starke Besatzung des Dampfers wurde durch ein Lotsen- boot nach Hoek van Holland gebracht.

Die „Frankfurter Zeitung meldet aus London: Die Admiralitat gibt bekannt, daß auch der Dampfer Florazan“, dessen Torpedierung seinerzeit gemeldet wurde, gesunken ist.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 17. März.

Der Kampf um die Bergnase am Südhang der Lorettohöhe nordwestlich von Arras wurde zu unseren Gunsten entschieden.

In der Champagne westlich von Perthes und nördlich von Le Mesnil griffen die Franzosen tagsüber mehrere Male erfolglos an. Am Abend setzten sie nördlich von Le Mesnil zu neuen Angriffen mit stärkeren Kräften an, der Kampf ist nech im Gange.

In den Argonnen sind die Gefechte noch nicht beendet. Vom Hange südwestlich von Vauquois östlich der Argonnen wurden die Franzosen, die sich dort vorübergehend eingenistet hatten, herunter- geworfen.

Im Priesterwalde nordwestlich von Pont-a-Mousson scheiterten zwei französische Angriffe.

In den Vogesen fand nur Artilleriekampf statt.

Schwache russische Vorstöße auf Tauroggen und Langszargen wurden abgewiesen.

Zwischen Szkwa und Orzyc wurden russische Durchbruchs-

versuche zurückgeschlagen. Südlich der Weichsel hat sich nichts verändert.

Oberste Heeresleitung.

Wie die französische Heeresleitung die Truppen täuscht. Großes Hauptquartier, 18. März.

Bei einem im Wald von Bolante in den Argonnen gefallenen fran- zösischen Offizier des 5. Kolonialregiments wurde der nachstehende ge druckte Befehl gefunden. Zunächst wurde das Schriftstück hier nicht ernst genommen, da es nicht glaubhaft schien, daß die feindliche Heeresleitung sich zur Herausgabe eines solchen Machwerkes erniedrigen würde. Nach- dem aber festgestellt ist, daß der Inhalt des Schriftstückes zahlreichen Gefangenen bekannt war, und nachdem westlich Lille ein weiterer gleicher Abdruck des Befehls durch Rakete zu unseren Truppen herübergeworfen wurde, kann an seiner Echtheit nicht mehr gezweifelt werden. Es steht also fest, daß die französische Heeresleitung mit dem folgenden Erlaß einen letzten Versuch unternahm, für den mißglückten Durchbruchsversuch in der. Champagne den entmutigten Truppen Dinge vorzutäuschen, die ihnen neue Hoffnungen einflößen sollten.

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„Grand quartier general deuxiéme bureau 8. Marz 1915. ‘Unser Sieg ist gewiß. Die französischen Armeen haben jetzt 7 Monate hindurch gefochten mit dem Willen zum Siege. Von nun aber kämpfen sie mit der Gewiß- heit des Sieges.

Die deitschen Verluste.

Das deutsche Heer kann sich nicht mehr verstärken, weder an Zahl noch an innerem Gefechtswert. Es ist dem Untergang verfallen. Die Verluste der Deutschen einschließlich der Kranken übersteigen jetzt schon drei Millionen. Die Regimenter und Bataillone sind vollkommen ver- braucht. Für jedes Regiment sind durchschnittlich nur noch 12 Berufs- offiziere zum Dienst vorhanden, und da das deutsche Offizierkorps sich nur aus den ersten Gesellschaftskreisen ergänzt, ist Deutschland nicht mehr in der Lage, der Truppe neue Offiziere zuzuführen. Die deutschen Ge- schütze sind abgenutzt, viele ihrer Granaten krepieren nicht. Unsere Soldaten wissen es. Für die Rekrutenausbildung steht nur jedem dritten Mann ein Gewehr zur Verfügung.

II.

Deutschland verhungert.

Der Nachschub an Kriegsmaterial für die kämpfenden Truppen, schon bisher schwierig, fängt an unmöglich zu werden. Die Flotten Eng- lands und Frankreichs beschlagnahmen alle Waren, die vom Auslande für Deutschland herangeführt werden. Die deutsche Zivilbevölkerung er- halt Brot, Kartoffeln, Bier und Fleisch von der Regierung in nur unzu- reichender Menge. Beweise für die -Unzulänglichkeit der Verpflegung finden sich in Briefen, die deutschen Gefangenen und Toten abgenommen sind. Die deutsche Regierung hat diesen Mangel selbst eingestanden, indem sie die amerikanische Regierung ersuchte, die Verpflegung der deutschen Zivilbevölkerung zu sichern und zu beaufsichtigen. Ein solcher Vorschlag, der übrigens von Amerika abgelehnt wurde, steht bisher einzig da in der Geschichte einer Großmacht. Das deutsche Geld hat in neutralen Ländern einen Kursverlust von 15 0% erfahren. Die deutschen Soldaten, bisher von ihren Offizieren planmäßig über alle Kriegsereignisse getäuscht, fangen langsam an zu begreifen, daß Deutschland geschlagen ist und daß die Hungersnot das durch unsere Waffen By Zerstörungswerk vollenden wird.

Il. Die Verbündeten Deutschlands geschlagen. Die Türkei, der Bundesgenosse Deutschlands, wird in ihrer eigenen

Hauptstadt durch die Flotten Englands und Frankreichs bedroht. Griechen- land und Rumänien haben mobil gemacht, um sich uns anzuschließen. Die Russen haben soeben den Versuch eines deutsch-österreichischen An-

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griffes im Keime erstickt und dabei noch nicht einmal den fünften Teil ihrer ungeheuren Kraftquelle im Rekrutennachersatz verbraucht. Die Serben haben die Österreicher für immer aus ihrem Lande vertrieben. Die deutschen Schlachtschiffe wagen nicht, den schützenden Hafen zu ver lassen. Was die Unterseeboote anbetrifft, so haben wir und unsere Ver bündeten schon mehr davon in den Grund gebohrt, als sie selbst Handels schiffe vernichten konnten. Der Sieg ist uns sicher, ohne Mitleid für den Feind muß er bis zum letzten Ende durchgeführt werden.

IV. Die Verbrechen der Deutschen. Mitleid verdient Deutschland wahrhaftig nicht. Seine Regierung hat

durch den Einfall lin Belgien seine Vertragspflichten gegen dieses edle Land auf das groblichste verletzt und zu Wasser und zu Lande jedes Völkerrecht außer ‘acht gelassen. Die deutschen Truppen haben offene Städte beschossen, wehrlose Dörfer in Brand gesteckt, Greise und Kinder ermordet, Frauen und Madchen geschändet. Die Unterseeboote ‘haben sogar neutrale Handelsschiffe versenkt. In den Gebieten Frankreichs ‘und Belgiens, in denen die Deutschen zurzeit hausen, zwingen sie die Frauen, deren Männer im Felde stehen, sich ihrem brutalen Willen zu fügen. Viele Unglückliche gehen schwanger infolge der Vergewaltigung.

V. Die Leiden der französischen Gefangenen.

In zahlreichen Kämpfen haben wir gesehen, wie die Deutschen unsere Verwundeten in planmäßiger Bestialität mit dem Bajonett töteten. Die wenigen, die als Gefangene abgeführt sind, sind in Deutschland fürchter- lichster Willkür und Gemeinheit ausgeliefert. Sie sterben vor Hunger. Ihre Nahrung besteht morgens und abends in einem Aufguß von Eicheln, mittags in einer Suppe, dazu für je fünf Mann ein verschimmeltes Brot.

VI. Der sichere Sieg.

Welche Schlußfolgerungen sind nun aus alledem zu ziehen? Zunächst die Mahnung, unsere Kräfte doppelt anzuspannen, um das nahe Ziel zu erreichen, nämlich die Sicherstellung und dauernde Erhaltung des euro- päischen Friedens. Anderseits aber die Überzeugung, daß es besser ist, auf dem Schlachtfelde zu sterben, als den Deutschen in die Hände zu fallen und an Entkräftung oder Schwindsucht in ihren Kerkern elend um- zukommen.

Also vorwärts vertrauensvoll, mit aller Kraft dem sicheren Siege entgegen, dem Siege des Vaterlandes und der Republik, dem Siege von Recht, Freiheit und Sitte.“

Eine Erläuterung zu diesem Befehl zu geben, erübrigt sich. Oberste Heeresleitung.

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 18. März.

Ein französischer Vorstoß auf unsere Stellung am Südabhang der Loretto-Höhe wurde abgeschlagen.

Französische Teilangriffe in der Champagne nördlich von Le Mesnil wurden durch Gegenangriffe zum Stehen gebracht. Ein dort gestern abend erneut einsetzender französischer Angriff ist unter schweren Verlusten für den Feind zurückgewiesen.

In den Argonnen flauten die Gefechte gestern ab.

Französische Flieger warfen auf die offene elsässische Stadt Schlettstadt Bomben ab, von denen nur eine Wirkung erzielte, indem sie in das Lehrerinnenseminar einschlug, 2 Kinder tötete und 10 schwer verletzte. Als Antwort darauf wurde heute nacht die Festung Calais mit Bomben schweren Kalibers belegt.

Die russischen Angriffe auf unsere Stellungen zwischen Pissek und Orzyc sowie nordöstlich von Prasznysz wurden auch gestern ohne Erfolg fortgesetzt.

Westlich der Szkwa machten wir 900, östlich der Szkwa 1000 Gefangene und erbeuteten 4 Maschinengewehre.

Einen billigen Erfolg errangen russische Reichswehrhaufen beim Einbruch in den nördlichsten Zipfel Ostpreußens in Richtung auf Memel. Sie plünderten und steckten Dörfer und Güter in Brand. Den Stadten des von uns besetzten russischen Gebietes ist zur Strafe die Zahlung größerer Summen als Entschädigung auferlegt. Für jedes von diesen Horden auf deutschem Boden niedergebrannte Dorf oder Gut werden drei Dörfer oder Güter des von uns be- setzten russischen Gebiets den Flammen übergeben werden. Jeder Brandschaden in Memel wird mit Niederbrennung der russischen Regierungsgebaude in Sulwalki und den andern in unseren Händen befindlichen Gouvernementshauptorten beantwortet werden.

Oberste Heeresleitung.

Unsinnige Gerüchte über Ostpreußen. Berlin, 18. März.

In der Provinz Ostpreußen und darüber hinaus sind in den letzten Tagen wieder unsinnige Gerüchte in Umlauf gesetzt worden, wonach die Russen neuerdings einen Teil der Provinz Ostpreußen in Besitz genommen hätten. An der Hand der amtlichen Berichte ergibt sich für jeden Einsichtigen, daß derartige Ausstreuungen nicht dem wirklichen Sachverhalt entsprechen.

Die von uns im Osten besetzte Linie verläuft von der Piliza

längs der Rawka und Bzura bis zur Weichsel. Nördlich der Weichsel

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setzt sich die Linie unserer Truppen aus der Gegend östlich Plozk über Zurominek-Stupsk (beide südlich Mlawa) fort. Von dort verläuft sie in östlicher Richtung über die Gegend nördlich Prasznysz südlich Mystiniec südlich Kolno nördlich Lomza und trifft bei Mocarce den Bobr. Von hier folgt sie der Bobrlinie bis nordwestlich Ossowiec, das von uns beschossen wird, und läuft über die Gegend östlich Augustow Krasnopol Mariampol Pilwiszki Szaki der Grenze entlang über Tauroggen nach Nordwesten, also von Anfang bis zu Ende aus- schließlich auf feindlichem Boden.

In der äußersten Nordspitze von Ostpreußen in der Gegend nördlich Memel sind am 17. März also nach Entstehung der oben erwähnten Gerüchte schwache russische Abteilungen eingefallen. Es sind alle Maßnahmen getroffen, diese Banden zu vertreiben, die

man nur als Mordbrenner bezeichnen kann.

Die Türkei im Kriege. Stillstand der Operationen vor den Dardanellen.

Konstantinopel, 18. März.

Der Sonderberichterstatter von Wolffs telegraphischem Bureau tele- graphiert aus den Dardanellen von vorgestern abend: Die englischen und

ösischen Operationen vor den Dardanellen sind nach völlig ergebnis- loser Beschießung zweier Forts nahe Tschanak Kale und Kilid ul Bahr zum Stillstand gekommen. Offenbar ist der Feind ratlos gegenüber den umfassenden Verteidigungsmaßnahmen durch Minensperre und Küsten- befestigungen. Täglich überfliegt ein englisches Wasserflugzeug die tür- kischen Stellungen, geht jedoch bei Beschießung sofort nieder, sodaß es keine Beobachtung machen kann. Alle Versuche, die Minen aufzufischen und die Scheinwerfer zu beschießen, bleiben erfolglos und werden stets nach dem ersten Treffer der Sperrbatterien abgebrochen. Am Montag mußte sich ein englischer Kreuzer, der nach ganz kurzem Gefecht einen schärferen Treffer erhielt, zurückziehen. Seither herrscht wieder allge-

meine Stille.

Ein französisches Panzerschiff vor den Dardanellen vernichtet.

Konstantinopel, 18. Marz.

Das Hauptquartier meldet: Ein Teil unserer Flotte bombardierte heute früh die Schiffswerft und den Ubungsplatz für Torpedoboote westlich von Theodosia in der Krim und steckte ihn in Brand. Heute früh eröffnete die feindliche Flotte ein heftiges Feuer gegen die Forts der Dardanellen, die mit Erfolg erwiderten. Um 2 Uhr nachmittags wurde das französische Panzerschiff „Bouvet“ in den Grund gebohrt.

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Neuer Erfolg über die Engländer. Konstantinopel, 18. März.

Privatmeldungen aus Bagdad zufolge zogen die türkischen Truppen nach Verfolgung des Feindes in Korna ein. Die Engländer, die sich in die Stadt geflüchtet hatten, zogen sich sodann gegen Süden zurück. Im Laufe des Kampfes, der sich in der Stadt entspann, schossen die Engländer, von Panik ergriffen, gegeneinander. Auf türkischer Seite war kein Ver- lust zu verzeichnen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 19. März.

In der Champagne scheiterten wieder zwei französische Teil- angriffe nördlich von Le Mesnil und nördlich von Beau Sejour; 2 Offiziere, 70 Franzosen wurden gefangen genommen. Nach schweren Verlusten zog sich der zurückgeschlagene Feind in unserem erfolgreichen Feuer in seine Stellungen zurück.

Sudöstlich von Verdun machten die Franzosen mehrere Vor- stöße. In der Woévreebene wurden sie abgewiesen, am Ostrande der Maashöhen wird noch gekämpft.

Die Lage bei Memel ist noch nicht geklärt; anscheinend sind schwache russische Abteilungen in Memel eingedrungen. Gegen- maßregeln sind getroffen.

Sämtliche russischen Angriffe zwischen Pissek und Orzyc sowie nordöstlich und westlich von Prasznysz wurden abgeschlagen, zum Teil unter sehr schweren Verlusten für den Feind.

Die Verhältnisse sudlich der Weichsel sind unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Politischer Tagesbericht.

Im britischen Unterhaus hat der Liberale Outhwaite eine un- bequeme Frage an den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes gestellt: Zu welcher Stunde am 2. August das britische Kabinett den Beschluß gefaßt habe, Frankreich zur See zu unterstützen, und zu welcher Stunde am selben Tag die deutsche Regierung an die belgische Regierung die Forderung stellte, den freien Durchmarsch deutscher Truppen durch Belgien zu gestatten. Der Fragesteller fügte hinzu: Wenn die erst- genannte Entscheidung im britischen Kabinett am Morgen des 2. August gefallen ist und wenn die deutsche Forderung in Brüssel erst am Abend desselben Tages gestellt wurde, ist es dann korrekt zu sagen,

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daß England nur wegen der Verletzung der belgischen Neutralität in den Krieg mit Deutschland eingetreten ist? Der Sprecher entschied, daß diese Frage schriftlich eingebracht werden solle.

Inzwischen wollen wir die Frage schriftlich beantworten.

1. Nach dem französischen Gelbbuch (Nr. 137) hat Sir Edward Grey im Laufe des 2. August, und zwar „a l'issue du Conseil des Ministre tenu ce matin“, dem französischen Botschafter offiziell namens des britischen Kabinetts die Erklärung abgegeben, daß die englische Flotte intervenieren werde, falls die deutsche Flotte den Versuch machen sollte, in den Kanal einzufahren oder die Nordsee zu passieren. Das diese Erklärung nach Paris übermittelnde Telegramm ist noch am gleichen Tage von dem französischen Ministerpräsidenten beantwortet worden (Gelbbuch Nr. 138). Der betreffende Beschluß des britischen Kabinetts muß also vor der erst am Abend des 2. August in Brüssel gestellten deutschen Anfrage gefaßt worden sein.

2. Schon vor der entscheidenden Kabinettssitzung hat Sir Edward Grey dem französischen Botschafter eine Eröffnung gemacht, die dem Kabinettsbeschluß vorgriff. Nach dem französischen Gelbbuch Nr. 126 hat er am |. August dem französischen Botschafter erklärt, er werde seinem Kollegen vorschlagen, daß die britische Flotte die Durchfahrt der deutschen Flotte durch den Kanal oder wenn die Durchfahrt gleichwohl gelingen sollte jede Demonstration an der französischen Küste verhindern werde.

3. Das Ultimatum der britischen an die deutsche Regierung in Sachen Belgiens ist erst am 4. August gestellt worden.

4. Es steht hiernach in der Tat fest, daß die englische Regierung, ganz unabhängig von der Frage der belgischen Neutralität und vor der Entscheidung dieser Frage, zum Kriege entschlossen war; wenn in der Zeit vom 2. bis zum 4. August deutsche Kriegsschiffe auch nur den Versuch gemacht hatten, durch den Kanal oder selbst nur durch die Nordsee zu fahren, so wäre es nach den Erklärungen Sir Edward Greys und den Beschlüssen des britischen Kabinetts zu einer sofortigen Aktion der englischen Flotte und zum Kriegszustand zwischen England und Deutschland gekommen, auch wenn niemals die Neutralität Belgiens ‚angetastet worden wäre.

Das sind Dinge, die wir schon wiederholt festgestellt haben. Vielleicht aber wird diese nochmalige präzise dokumentarische Fest- ‚stellung der Tatsachen dazu beitragen, Sır Edward Grey eine klare und freimütige Antwort auf die ihm gestellte Frage zu erleichtern.

393 Die Türkei im Kriege.

Neue Schiffsverluste vor den Dardanellen. Konstantinopel. 18. Marz.

Das Hauptquartier meldet: Heute vormittag 11 ½ Uhr eröffneten 14 feindliche Panzerschiffe das Feuer gegen die Dardanellenbatterien. Um 3 Uhr nachmittags zog sich ein Teil der Panzerschiffe aus unserem Feuer zurück. 8 Panzerschiffe setzten das Bombardement bis 5 Uhr in sehr großen Zwischenraumen fort. Außer dem französischen Panzer „Bouvet“ wurde ein feindliches Torpedoboot zum Sinken gebracht. Ein englisches Panzerschiff vom „Irresistible“-Typ wurde kampfunfähig gemacht, ein anderes vom ,,Cornwallis“-Typ beschädigt und . sich aus der Kampflinie zurückzuziehen.

Der Kampf u um die Dardanellen. Konstantinopel, 19. Marz.

Die bereite von der Agence Milli verbreitete Meldung von dem Untergang der englischen Linienschiffe „Irresistible“ und „Africa“ wird jetzt vom türkischen Hauptquartier bestätigt, das darüber folgendes meldet:

„Die englischen Linienschiffe „Irresistible“ und „Africa“, die gestern als stark beschädigt gemeldet wurden, sind um Mitternacht durch die Batterien in den Grund geschossen worden.“

Weitere schwere Verluste des Feindes in den Dardanellen. Konstantinopel. 19. März. Die Agence Milli meldet: Zwei englische Panzerschiffe vom Typ Irresistible“ und „Africa“, die bereits beschädigt worden waren, sind heute nacht durch das Feuer der türkischen Batterien zum Sinken gebracht worden. Ein türkischer Flieger stellte ferner fest, ein Panzerschiff vom Typ „Cornwallis“ sei von mehreren Schiffen nach Tenedos geschleppt

worden. |

Der Krieg zur See.

Wieder ein englischer Dampfer torpediert. Ä | London, 19. Marz.

Der Dampfer ,,Glenartney“, von Bangkok mit einer Reis-

ladung nach London unterwegs, wurde heute fruh im Kanal

torpediert. Das Schiff sank in einer Era: Stunde. in Insasse ist ertrunken.

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 20. März.

An der Straße Wytzhaete-Ypern bei St. Eloi nahmen wir den Engländern eine Häusergruppe fort. Am Südhang der Loretto- höhe wurde ein Schlupfwinkel, in dem sich noch Franzosen hielten, gesäubert.

In der Champagne verlief der Tag im allgemeinen ruhig, nach- dem bei Morgengrauen unsere Truppen einige französische Graben nördlich von Beau Sejour genommen hatten.

Französische Teilangriffe nördlich von Verdun, in der Woevre- ebene und am Ostrand der Maashöhen bei Combres wurden unter schweren Verlusten für den Feind zurückgeschlagen.

Gegen unsere Stellungen am Reichsackerkopf und Hartmanns- weilerkopf machten die Franzosen mehrere Vorstöße, die schon im Ansetzen unter unserem Feuer mit erheblichen Verlusten zusammen- brachen. i

An der Ostfront verlief der Tag verhältnismäßig ruhig.

Die Russen haben Memel besetzt.

Oberste Heeresleitung. Die Türkei im Kriege. Der Sieg in den Dardanellen. Konstantinopel, 19. Mārz.

Das Hauptquartier teilt mit, daß heute vollständige Ruhe in den Dardanellen herrschte, und bestätigte die Meldungen des Korrespondenten der Agence Milli über die Zerstörung der englischen Panzerschiffe „Irre- sistible” und „Africa“ und die Beschädigung eines anderen Panzerschiffes, sowie die Zerstörung eines feindlichen Torpedobootes. Der an den Forts angerichtete materielle Schaden ist sehr gering. Unsere Batterien sind beständig bereit, in Tatigkeit zu treten. Der Menschenverlust ist un- bedeutend.

Wie der Korrespondent der Agence Milli erfährt, tauchte das feind- liche Panzerschiff, das im beschädigten Zustande nach Tenedos geschleppt wurde, mit seineın Vorderschiff unter Wasser. Vor Tenedos wurde die Besatzung des Schiffes von anderen Fahrzeugen geborgen. Es handelt sich um ein französisches Panzerschiff.

Paris, 20. Marz.

Amtliche Meldung. Während der Beschießung der Dardanellen am 18. Marz wurde das französische Linienschiff „Bouvet durch eine Mine zum Sinken gebracht. Das französische Linienschiff „Gaulois“ wurde außer Gefecht gesetzt. Zwei englische Panzer wurden versenkt. Die Besatzung des „Bouvet“ soll teilweise gerettet sein. Die Operationen dauern fort.

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Athen, 20. März. (Von einem Privatkorrespondenten.) Von dem vor den Dardanellen gesunkenen Schlachtschiff „Bouvet“ sind nur 25 Mann und 5 Offiziere

gerettet worden. | London, 20. Marz. Die Admiralitat meldet, daß die britischen Schlachtschiffe , Irresistible“ „Ocean“ und das französische Schlachtschiff Bouvet“ durch Minen in den Dardanellen zum Sinken gebracht worden sind. Der Verlust an Menschenleben sei auf seiten der Engländer nicht schwer, doch sei fast die ganze Besatzung des „Bouvet“ umgekommen.

Der Krieg zur See. Das Ende der „Dresden“. Berlin, 20. März.

Von unterrichteter Seite erfahren wir über das Ende des kleinen Kreuzers „Dresden“ folgendes:

Der Kreuzer lag in der Cumberlandbucht der chilenischen Insel Juan Fernandez mit Maschinenhavarie und ohne Kohlen in nur 400 m Abstand vom Lande zu Anker, als er am 14. März früh von dem englischen Panzerkreuzer „Kent“, dem kleinen Kreuzer „Glas- gow” und dem Hilfskreuzer „Orama“ angegriffen wurde. Der Feind eröffnete auf 3000 bis 3500 m Entfernung das Feuer, das „Dresden“ erwiderte. Gleichzeitig erhob der deutsche Kommandant Protest gegen die Eröffnung von Feindseligkeiten in neutralen Gewässern.

Der englische Kommandant beantwortete diesen Protest mit der Erklärung, daß er Befehl habe, „Dresden“ zu vernichten, wann und wo er immer sie träfe, und daß alles übrige durch die Diplomatie geregelt werden würde.

Da der Kommandant S. M. S. „Dresden“ einsah, daß ein weiterer Widerstand des bewegungsunfähigen Schiffes gegen die feindliche Ubermacht aussichtslos war, sprengte er sein Schiff in die Luft. Es gelang, den größten Teil der Besatzung an Land zu retten.

Die Verluste betragen 3 Tote, 8 Schwerverwundete und 7 Leicht- verwundete.

Mehrere Sprengstücke krepierender englischer Granaten fielen auf neutrales Land nieder und beschädigten ein in der Nähe zu Anker liegendes chilenisches Handelsschiff.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 21. März. Südöstlich von Ypern wurde ein englisches Flugzeug herunter- geschossen, die Insassen wurden gefangen genommen. Zwei fran- zösische Versuche, uns die am 16. März eroberte Stellung am Südhang der Lorettohöhe wieder zu entreißen, mißglückten.

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Auf der Kathedrale von Soissons, welche die Genfer Kreuz- flagge trug, wurde eine französische Beobachtungsstelle erkannt, unter Feuer genommen und beseitigt.

In der Champagne nördlich von Beau Sejour trieben unsere Truppen ihre Sappen erfolgreich vor und hoben mehrere franzo- sische Gräben aus; dabei nahmen sie einen Offizier, 299 unver- wundete Franzosen gefangen.

Die von zwei Alpenjager-Bataillonen tapfer verteidigte Kuppen- stellung auf dem Reichsackerkopf wurde gestern nachmittag im Sturm genommen; der Feind hatte schwere Verluste und ließ drei Offiziere, 250 Mann, 3 Maschinengewehre und einen Minenwerfer in unserer Hand. Französische Gegenangriffe wurden abgeschlagen.

Um die Antwort auf die Untaten französischer Flieger in der offenen elsässischen Stadt Schlettstadt eindringlicher zu gestalten, wurden heute nacht auf die Festung Paris und den Eisenbahn- knotenpunkt Compiegne durch Luftschiffe einige schwerere Bomben abgeworfen.

Zwischen Omulew und Orzyc wurde ein russischer Angriff abgeschlagen, wobei wir 2 Offiziere, 600 Russen zu Gefangenen machten.

Zwei russische Nachtangriffe auf Jednorozek brachen in unserem Feuer zusammen. | - Oberste Heeresleitung.

Neun Milliarden Zeichnungen auf die neue deutsche Kriegsanleihe. Berlin, 21. März.

Die heute vorliegenden Ergebnisse der Kriegsanleihe- zeichnung erreichen neun Milliarden Mark.

Berlin, 21. März. Seine Majestät der Kaiser hat auf die Meldung über das Er- gebnis der Kriegsanleihezeichnung an den Staatssekretär des Reichs- schatzamts Dr. Helfferich nachstehendes Telegramm gerichtet: „Meinen besten Dank für die erfreuliche Meldung und wärmsten . Glückwunsch zu dem glänzenden Ergebnis der Kriegsanleihe- zeichnungen. Auch die Feinde unseres Vaterlandes werden daraus erneut erkennen, daß es dem deutschen Volke im Kampfe um seine Existenz weder an kriegerischen noch an wirtschaft- lichen Waffen fehlt, seinen unerschütterlichen Willen zum Siege durchzuhalten und durchzusetzen. Wilhelm I. R.“

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Berlin, 21. März. Der Reichskanzler hat aus dem Großen Hauptquartier an den Reiche- schatzsekretär Dr. Helfferich folgendes Telegramm gesandt:

„Meine herzlichsten Glückwünsche zum glänzenden Erfolg der Kriegsanleihe. Ein großer Sieg des Volkes daheim, würdig des Heldenmutes unserer Truppen im Felde.

| Bethmann Hollweg.”

Die Tirkei im Kriege. Der Kampf um die Dardanellen. x onstantinopel, 20. Marz.

Das Hauptquartier teilt mit: Durch Beobachtungen von der Seite her ist unbedingt festgestellt, daß während der Schlacht in den Dar- danellen das französische Panzerschiff „Bouvet“ vor seinem Untergange von zwei Bomben großen Kalibers getroffen wurde. Fünf von unseren Granaten erreichten die „Queen Elizabet“ und vier die „Inflexible“. Auf unserer Seite wurde nur ein weittragendes Geschütz beschädigt. Unsere Verluste an Menschen betragen ungefähr 20 Tote. Heute hat der Feind keine Unternehmung gegen die Dardanellen versucht.

| | | Konstantinopel, 21. März. Das Hauptquartier meldet: Die Flotte der Alliierten hat heute keinen . gegen die Dardanellen unternommen.

Konstantinopel. 21. Marz.

Die Blätter melden, daß das zweite französische Kriegsschiff, das

während des Kampfes am 18. März beschädigt worden ist,.an der

Küste von Tenedos gesunken sei. Die Besatzung sei durch andere Schiffe gerettet worden. |

Zur Kriegslage.

Großes Haapiquartier; 22. Marz.

Ein nächtlicher Versuch der Franzosen, sich in den Besitz unserer Stellung am Sudhang der Lorettohöhe zu setzen, schlug fehl.

Auch in der Champagne nördlich von Le Mesnil scheiterte ein französischer Nachtangriff.

Alle Bemühungen der Franzosen, die Stellung am N kopf wieder zu gewinnen, waren erfolglos.

Aus Memel sind die Russen gestern nach kurzem Gefecht südlich der Stadt und hartnäckigem Straßenkampf wieder vertrieben

398

worden. Unter dem Schutz der russischen Truppen hat hier russischer Pöbel sich am Hab und Gut unserer Einwohner vergriffen, Privat- eigentum auf Wagen geladen und es über die Grenze geschafft. Ein Bericht über diese Vorgänge wird noch veröffentlicht werden.

Nördlich von Mariampel erlitten die Russen bei abgewiesenen Angriffen schwere Verluste.

Westlich des Orzyc bei Jednorozek und nordöstlich von Prasznysz sowie nerdwestlich von Ciechanow brachen russische Tages- und Nachtangriffe unter unserem Feuer zusammen. 420 Gefangene blieben bei diesen Kämpfen in unserer Hand.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Die Festung Przemysl gefallen. Wien, 22. Marz.

Amtlich wird verlautbart: Nach viereinhalbmonatiger Einschließung am Ende ihrer Kraft angelangt, ist die Festung Przemysl am 22. Marz

in Ehren gefallen.

` Als die Verpflegungsvorräte Mitte dieses Monats knapp zu werden begannen, entschloß sich der General der Infanterie von Kusmaneck zum letzten Angriff. Die Ausfalltruppen brachen am 19. d. M. zeitig morgens über die Gürtellinie vor und hielten in siebenstündigem Gefecht gegen starke russische Kräfte bis zum Äußersten stand. Schließlich zwang sie die Überlegenheit der Zahl zum Zurückgehen hinter die Gürtellinie. In den folgenden Nächten gingen die Russen gegen mehrere Fronten von Przemysl vor. Diese Angriffe brachen gleich allen früheren in dem Feuer der tapfer verteidigten Befestigungen zusammen

Da nach dem Ausfalle vom 19. d. M. auch die äußerste Beschränkung in der Verpflegration nur mehr einen dreitägigen Widerstand gestattete, hatte der Festungskommandant mittlerweile den Befehl erhalten, nach Ab- lauf dieser Frist und nach Vernichtung des Kriegsmaterials den Platz dem Feinde zu überlassen. Wie ein Flieger der Festung meldete, gelang es* tatsächlich, die Forts samt Geschützen, Munition und befestigten Anlagen rechtzeitig zu zerstören. Dem opfermütigen Ausharren und dem letzten Kampf der Besatzung gebührt nicht minderes Lob als ihrer Tapferkeit in den früheren Stürmen und Gefechten. Diese Anerkennung wird auch der Feind den Helden von Przemysl nicht versagen.

Der Fall der Festung, mit dem die Heeresleitung seit längerer Zeit rechnen mußte, hat keinen Einfluß auf die Lage im Großen. Bei der Feldarmee dauern die Kämpfe im Karpathenabschnitt vom Uzsoker Paß zum Sattel von Konieczna an.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Wien 22. Marz. Seine K. und K. Hoheit Feldmarschall Erzherzog Friedrich hat nach- stehenden Armeebefehl erlassen: ;

Nach viereinhalbmonatigen heldenmütigen Kampfen, in welchen der rücksichtslos und zähe, aber stets vergeblich ansturmende Feind unge- heure Verluste erlitt, und nach blutiger Abweisung seiner noch in letzter Zeit, insbesondere am 20. und 2]. März, Tag und Nacht unter- nommenen Versuche, die Festung Przemysl mit Gewalt in die Hand zu bekommen, hat die heldenmütige Festungsbesatzung, die noch am 19. März mit letzter Kraft versuchte, den übermächtigen Ring der Einschließung zu sprengen, durch Hunger bezwungen, über Be- fehl und nach Zerstörung und Sprengung aller Werke, Brücken, Waffen, Munition und des Kriegsmaterials aller Art, die Trümmer von Przemysl dem Feinde überlassen.

Den unbesiegten Helden von Przemysl unseren kameradschaftlichen Gruß und Dank; sie wurden durch Naturgewalten und nicht durch den Feind bezwungen, sie bleiben uns ein hehres Vorbild treuer Pflichterfüllung bis an die äußerste Grenze menschlicher Kraft.

Die Verteidigung von Przemysl bleibt für ewige Zeiten ein leuch- tendes Ruhmesblatt unserer Armee.

Feldmarschall Erzherzog Friedrich.

Zur Kriegslage.

Großes Hanptquartier, 23. März.

Zwei nächtliche Angriffe der Franzosen bei Carency nord- westlich von Arras wurden abgewiesen.

In der Champagne nahmen unsere Truppen einige erfolgreiche Minensprengungen vor und schlugen einen Nachtangriff nördlich von Beau Sejour ab.

Kleinere Vorstöße der Franzosen bei Combres, Apremont und Flirey hatten keinen Erfolg.

Ein Angriff gegen unsere Stellungen nordöstlich von Badonviller brach mitschweren Verlusten für den Feind in unserm Feuer zuammen.

Auf Ostende warfen feindliche Flieger mehrere Bomben ab, durch die kein militärischer Schaden angerichtet, dagegen mehrere Belgier getötet und verletzt wurden.

Ein französischer Flieger wurde nordwestlich Verdun zum Ab- sturz gebracht, ein mit zwei französischen Unteroffizieren besetztes Flugzeug bei Freiburg zur Landung gezwungen, die Insassen wurden gefangen genommen.

400

Auf der Verfolgung der aus Memel vertriebenen Russen nahmen unsere Truppen Russisch -Kottingen und befreiten über 3000 deutsche von den Russen verschleppte Einwohner.

Russische Angriffe beiderseits des Orzyc wurden zurück-

geschlagen. Oberste Heeresleitung.

Ein deutsches Luftschiff über Calais. London, 23. Marz. „Daily Mail“ a aus Nordfrankreich vom 21. d. M.: Calais

BERN gestern abend zum dritten Male von einem deutschen Luft- schiff heimgesucht. Genau um Mitternacht wurden die Schläfer durch schweres Kanonenfeuer geweckt. Scheinwerfer spielten in allen Rich- tungen. Kleine Flammenkegel wurden in der Luft wahrgenommen. Sie zeigten die Stellen an, wo Geschosse explodierten. Das Feuer dauerte etwa 20 Minuten, worauf alles ruhig war. Die Scheinwerfer erloschen, das Luftschiff wurde vertrieben, ehe es über die Stadt ge- langte. Bomben sind nicht abgeworfen worden.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 24. März.

In der Champagne fanden nur Artilleriekämpfe statt.

Im Priesterwalde nordwestlich von Pont-a-Mousson wurde der Feind, der uns einen Geländegewinn streitig zu. machen versuchte, zurückgeworfen. -

Erneute feindliche Angriffe nordöstlich von Badonviller und am Reichsackerkopf brachen in unserem Feuer zusammen.

Am Hartmannsweilerkopf wird zurzeit wieder gekämpft.

Unsere nördlich von Memel verfolgenden Truppen machten bei Polangen 500 Russen zu Gefangenen, erbeuteten 3 Geschütze und 3 Maschinengewehre und jagten dem Feinde viel geraubtes Vieh, Pferde und sonstiges Gut ab.

Bei Laugzargen südwestlich von Tiuraggen und nordöstlich von Mariampol wurden russische Angriffe unter schweren Ver- lusten für den Feind abgeschlagen.

Nordwestlich von Ostrolenka scheiterten mehrere russische Angriffe. Hier nahmen wir dem Feinde 20 Offiziere, über 2500 Mann und 5 Maschinengewehre ab.

401

Auch östlich von Plozk mißlangen mehrere feindliche Vorstöße.

Das deutsche Heer zollt herzlichen Dank der tapferen Be- satzung von Przemysl, die nach vier opfervollen Monaten der Ver- teidigung nur der Hunger niederzwingen konnte.

Oberste Heeresleitung.

Berlin, 24. Marz.

Der Kommindan S. M. S. „Dresden“, der mit der Besatzung des Schiffes an Bord eines chilenischen ER in Valparaiso ein- getroffen ist, berichtet dienstlich folgendes: „Am 14. März vormittags lag S. M. S. „Dresden“ zu Anker in der Cumberlandbucht der Insel Juan Fernandez. Hier wurde das Schiff von den englischen Kreuzern „Kent“ und „Glasgow“ und von dem Hilfskreuzer „Orama“ an- gegriffen. Der Angriff erfolgte aus einer Richtung, in der S. M. S.

„Dresden“ nur ihre Heckgeschütze verwenden konnte.

„Dresden“ erwiderte das Feuer, bis alle verwendbaren Geschütze und drei Munitionskammern unbrauchbar geworden waren. Um zu verhindern, daß das Schiff in Feindeshand fiele, wurden Vorbereitungen zum Versenken getroffen, und gleichzeitig ein Unterhändler auf „Glas- gow“ gesandt, der darauf hinwies, daß man sich in neutralen Ge- wässern befände.

Da „Glasgow“ trotz dieses Hinweises den Angriff fortsetzen wollte, wurde S. M. S. „Dresden“ gesprengt und versank um 11 Uhr 15 Minuten mit wehender Flagge, während die Besatzung drei Hurras auf Seine Majestät den Kaiser ausbrachte.“

Hiermit ist die von englischer Seite gebrachte Darstellung, daß S. M. S. „Dresden“ unter Heißen der weißen Flagge kapituliert habe, nicht zutreffend. |

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes der Marine gez. Behncke.

Berlin, 23. März. Bei den Kämpfen nördlich Memel haben unsere Seestreitkräfte die Operationen von See aus unterstützt. Dabei wurden am 23. März vormittags Dorf und Schloß Polangen beschossen und im Laufe des Tages die Straße Polangen—Libau unter Feuer gehalten.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes der Marine gez. Behncke. |

402

Der Krieg zur See. Fünf englische Schiffe versenkt. ü j f London, 24. März.

Das Reutersche Bureau meldet aus Fecamp vom 22. März: Wie hier verlautet, ist die Bark „Jacques Coeur” auf der Fahrt nach Neu- Fundland am 14. März 85 Seemeilen von Lizzard von einem deutschen Unterseeboot, das fünf englische Schiffe versenkt hatte, angerufen und ersucht worden, die Mannschaft eines durch einen Torpedo ver- senkten englischen Dampfers an Bord zu nehmen. Der französische Kapitän nahm die englische Mannschaft auf, erhielt Erlaubnis, weiter- zufahren und gab sie später an einen englischen Dampfer ab.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 25. März. Abgesehen von unbedeutenden Gefechten auf den Maashöhen, südöstlich von Verdun und am Hartmannsweilerkopf, die noch an- dauern, fanden nur Artilleriekampfe statt. Russische Angriffe östlich und südöstlich von Augustow, sowie bei Jednorozek nordöstlich von Prasznysz wurden abgeschlagen. Obersto Heeresleitung.

Politischer Tagesbericht.

Der „Reichs- und Staatsanzeiger veröffentlicht folgenden Aller- höchsten Erlaß:

In dem alle Erwartungen übertreffenden, in der Finanzgeschichte aller Zeiten beispiellosen Ergebnis der Zeichnungen auf die zweite Kriegsanleihe sehe ich die Bekundung des zu jedem Opfer und jeder Leistung entschlossenen Siegeswillens und der gottvertrauenden Sieges- zuversicht des deutschen Volkes. Mein Kaiserlicher Dank gilt allen, die zu dem großen Erfolge beigetragen haben. Wie die ruhmreichen Taten Meines Heeres und Meiner Flotte erfüllt Mich dieser Sieg der Daheimgebliebenen mit Freude und Stolz, in solcher Zeit der erste Diener einer solchen Nation zu sein.

Ich ersuche Sie, diesen Erlaß zur öffentlichen Kenntnis zu bringen.

Großes Hauptquartier, den 24. März 1915.

Wilhelm I.R.

An den Reichskanzler.

403

Ausflüchte.

Sir Edward Grey hat vor einigen Tagen eine Rede über den Ur- sprung des Krieges gehalten, die im Wortlaut noch nicht vorliegt. Schon die übermittelten telegraphischen Auszüge aber lassen erkennen, daß der Minister sich einer Sprache bedient hat, die seinem guten Geschmack wenig Ehre macht, und die ganz der Tonart entspricht, in der auch andere englische Minister nach Ausbruch des Krieges eine schlechte Sache durch hochtönende Worte zu verteidigen suchen. Es darf nur daran erinnert werden, daß der englische Premierminister die loyalen Vorschläge der deutschen Regierung, die bezweckten, einen Krieg zwischen den beiden stammverwandten Völkern Deutschland und England zu vermeiden, als infamous proposals zu kennzeichnen sich nicht gescheut hat.

Sir Edward Grey behauptet, daß der Krieg durch die Zurückweisung des englischen Vorschlages entstanden sei, den Streitfall zwischen Oster- reich und Serbien einer Konferenz der Mächte zu unterbreiten oder vor das Haager Schiedsgericht zu bringen. Soviel Worte, soviel Entstellungen. Den Konferenzvorschlag hat Deutschland abgelehnt, weil es sich um eine nur die beiden beteiligten Staaten berührende Angelegenheit handelte und weil es mit der Würde seines österreichisch-ungarischen Bundes- genossen unvereinbar war, die Maßnahmen, die es für die Abwehr der verbrecherischen Übergriffe eines kleinen Nachbarstaates zu treffen für notwendig fand, von dem Plazet anderer dabei nicht beteiligter Groß- mächte abhängig zu machen. Sir Edward Grey selbst hat es in einer Unterredung mit dem Fürsten Lichnowsky am 24. Juli ausgesprochen, daß, solange das österreichische Ultimatum an Serbien nicht zu Reibungen zwischen Rußland und Österreich führe, ihn die Sache nicht berühre. (Englisches Blaubuch Nr. 11.)

Außerdem hätte Deutschland, wenn es den Konferenzgedanken Sir Edward Greys aufnahm, sich der Gefahr ausgesetzt, sich plötzlich einer erdrückenden russischen Übermacht an seiner Ostgrenze gegenüberzusehen, Der englische Konferenzvorschlag stammt vom 26. Juli (Englisches Blau- buch Nr. 36). Aus dem Telegramm des Zaren an Seine Majestät den Kaiser vom 30. Juli aber geht hervor, daß Rußland bereits am 25. Juli seine militärischen Maßnahmen beschlossen hatte. Die Beratungen der Konferenz wären somit unter dem Druck der russischen Mobilmachung vor sich gegangen.

Als infolge der Einmischung Rußland, das durch seine diplomatischen Vertreter wie inoffizielle panslawistische Agenten jahrelang die provo- katorische Haltung Serbiens gegen Oesterreich-Ungarn geschürt hatte, was der englischen Regierung sehr wohl bekannt ist, die Angelegenheit tat- sachlich zu einem Konflikt zwischen Österreich und Rußland auszuwachsen drohte, hat die deutsche Regierung mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln eine direkte Verständigung zwischen Rußland und Österreich- Ungarn herbeizuführen gesucht. Sir Edward Grey selbst hat dem deutschen Botschafter am 29. Juli eine solche Verständigung zwischen Österreich und Rußland als die denkbar beste Lösung bezeichnet (Englisches Blaubuch

404

Nr. 84). Er hat aber in keiner Weise zur Förderung dieser direkten Ver- ständigung beigetragen. Er hat vielmehr an demselben Tage den ver- hängnisvollen Schritt. getan, dem französischen Batschafter zu verstehen zu geben, daß im Falle eines europäischen Krieges England sich auf die Seite der Ententemächte stellen würde (Englisches Blaubuch Nr. 87). Damit hat Sir Edward Grey Ol in die Flammen geschüttet. Am 31. Juli mobilisierte Rußland seine gesamten Streitkräfte und bereitete damit dem direkten Meinungsaustausch, der dank den angestrengten Bemühungen und den energischen Vorstellungen Deutschlands in Petersburg und Wien tatsächlich eingeleitet worden war, ein jähes Ende. Durch diesen Schritt Rußlands war die Mobilisierung der deutschen Armee und damit der Krieg unvermeidlich geworden, denn die deutsche Heeresleitung konnte Ruß- land nicht die Zeit lassen, seine überwältigenden Streitkräfte an seiner Ostgrenze zu versammeln. i l l

Die einzige Möglichkeit, den Krieg zu vermeiden, bestand in der Einstellung der russischen Mobilmachungsmaßnahmen, wie sie Deutschland in seinem Ultimatum an Rußland gefordert hat. Die russische Regierung hat diese Forderung abgelehnt. Es ist bezeichnend, daß Sir Edward Grey diese Tatsache sowie die Tatsache der Mobilmachung der gesamten russischen Armee in seiner Rede überhaupt nicht erwähnt. Es gibt das einen An- haltspunkt für den historischen Wert auch seiner weiteren Darlegungen.

Der Minister führt ferner aus, England habe Deutschland wiederholt die Versicherung gegeben, daß es keine Angriffe auf das Deutsche Reich unterstützen werde, daß es aber abgelehnt habe, zu versprechen, im Falle aggressiven Vorgehens Deutschlands gegen seine Nachbarn neutral zu bleiben. Welchen Wert diese Versicherung Englands hat, ergibt sein Ein- greifen in den gegenwärtigen Krieg, trotz der weitgehenden Erklärungen und Zusicherungen, die die deutsche Regierung bezüglich Frankreichs und Belgiens in London für den Fall abgegeben hatte, daß ein Krieg mit Rußland nicht zu vermeiden sein würde. Diese Erklärungen taten in un- zweideutigster Weise kund, daß Deutschland aggressive Absichten gegen Frankreich und Belgien durchaus fern lagen. Der englischen Regierung aber waren diese Erklärungen unbequem und unerwünscht und sie be- handelte sie daher als „infamous proposals“. Von deutscher Seite ist überdies nie an England das Ansinnen gestellt worden, wie Sir Edward Grey das behauptet, auch im Falle eines deutschen Agressivkrieges neu- tral zu bleiben. Sir Edward Grey hat vielmehr die langjährigen Bemühungen der deutschen Regierung, mit England zu einer Verständigung zu gelangen und die Gefahr eines kriegerischen Konfliktes zwischen beiden Ländern auszuschließen, stets zurückgewiesen, weil es für ihn nur ein Ziel gab, die sogenannte Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes der Kräfte, das heißt mit anderen Worten die Niederhaltung Deutschlands durch die russisch-franzosisch-englische Koalition. Zu diesem Zwecke hatte England geheime politische und militärische Abmachungen mit Frankreich und Rußland getroffen, deren Bestehen die englischen Minister vor dem eng- lischen Parlament immer abgeleugnet haben, und die erweisen, welche weitgehenden Vorbereitungen England mit seinen Bundesgenossen für den

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jetzigen Vernichtungskrieg gegen Deutschland getroffen hat. Diese Ab- machungen, deren Vorhandensein der deutschen Regierung bekannt war, sind der Grund für die immer steigenden Rüstungen zu Lande und zu Wasser gewesen, zu denen Deutschland in den letzten Jahren gezwungen gewesen ist. Die deutschen Maßnahmen bezweckten die Abwehr eines drohenden Angriffes, nicht einen Angriffskrieg, wie das Sir Edward Grey angesichts der Tatsache zu behaupten wagt, daß Deutschland und Oster-: reich-Ungarn die einzigen Großmächte sind, die in 44 Jahren nicht zum Schwert gegriffen haben.

Was die Ausführungen Sir Edward Greys über Belgien betrifft, so sei nochmals festgestellt, daß Deutschland der englischen Regierung Inte- gritat Belgiens garantiert hatte und daß Sir Edward Grey die Frage des Fürsten Lichnowsky verneint hat, ob England neutral bleiben werde, falls Deutschland die belgische Neutralität respektiere. Wenn Belgien in den Krieg hineingezogen worden ist, so trägt hierfür die Verantwortung einzig und allein Sir Edward Grey, der die belgische Regierung aufgefordert hat, sich dem Einmarsch der deutschen Truppen zu widersetzen (Englisches Blaubuch Nr. 155), während der König der Belgier lediglich um diplo- matische Intervention zur Sicherung der belgischen Integrität gebeten hatte (Englisches Blaubuch Nr. 153). Der englischen Regierung, von der es dann militärisch in ganz unzureichender Weise unterstützt wurde, sowie der Haltung seiner Bevölkerung, die den deutschen Truppen mit bewaffneter Hand entgegentrat und die furchtbarsten Greuel selbst an den deutschen Verwundeten verübte, hat Belgien sein Schicksal zu verdanken, und an England, nicht an Deutschland, werden sich einmal die Geschädigten zu halten haben. |

Sir Edward Grey behauptet schließlich, Deutschland erstrebe die Herrschaft über die Volker des Kontinents, um diesen nicht die Freiheit, sondern die Dienstbarkeit unter Deutschland zu bringen. Das deutsche Volk kämpft um zwei Dinge. Es kämpft einmal den ihm aufgezwungenen Verteidigungskampf zur Erhaltung seiner Unabhängigkeit und gegen die ihm von England angedrohte Vemichtung; es kämpft aber auch um ein ideales Ziel im Interesse der ganzen Welt; es kämpft um die Freiheit der Meere, es kämpft um die Befreiung aller Völker, insbesondere aber auch der kleinen und schwachen Staaten, von der Gewaltherrschaft der englischen Flotte.

Der russische Raubzug gegen Memel.

| Großes Hauptquartier, 25. März. Uber die Vorgänge bei Memel ist folgendes festgestellt: Donnerstag, den 18. März, rückten die Russen, gleichzeitig von Norden und Osten kommend, in mehreren Kolonnen gegen Memel vor. Es waren 7 Reichswehrbataillone mit 6—8 älteren Geschützen, einige Reichswehreskadrons, 2 Kompagnien Marineinfanterie, ein

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Bataillon Reserveregiments 270 und Grenzwachtruppen aus Riga und Libau, im ganzen 6000— 10000 Mann. Der unterlegene deutsche Land- sturm zog sich von der Grenze auf Memel zurück und mußte schließ- lich auch durch die Stadt über das Haff und die Nehrung zurückgehen. Die Russen sengten an den Vormarschstraßen von Nimmersatt und Laugallen zahlreiche Gebäude, vor allem Scheunen, nieder; im ganzen wurden 15 Ortschaften schwer geschädigt, eine erhebliche Anzahl von Landeseinwohnern, auch Frauen und Kinder, wurden nach Rußland fortgeschleppt, eine Anzahl Einwohner erschlagen. Am Abend des 18. zogen die Russen in Memel ein. Die Truppen wurden haupt- sächlich in den Kasernen untergebracht.

Am Freitag abend erschien der russische Kommandant im Rat- haus, forderte den Oberbürgermeister und später noch drei weitere Bürger als Geiseln und ließ sie in die Kasernen bringen, die von den Russen bereits in einen unglaublichen Zustand versetzt waren. In den Straßen der Stadt trieben sich plündernde Trupps russischer Sol- daten herum, verhafteten Einwohner, drangen in die Hauser ein, zer- schlugen Ladenscheiben, plünderten und raubten Lebensmittelgeschäfte, zwei Uhrmacherladen und einen Juwelierladen vollständig aus. In drei Fällen sind Vergewaltigungen weiblicher Personen bisher fest- gestellt. Brande und Hauszerstörungen ereigneten sich im allgemeinen nicht. Die Nachricht, daß russischer Pöbel sich an den Ausschreitungen beteiligt habe, hat sich nicht bestätigt. Der russische Kommandant, dem das wüste Treiben seiner Leute anscheinend selbst ungeheuerlich erschien, suchte Einhalt zu gebieten, indem er die Plünderertruppen in die Kasernen zurückschicken und schließlich die Kasernen schließen ließ.

Am Sonnabend vormittag war die Stadt selbst bis auf Patrouillen frei von russischen Soldaten, Am Sonnabend abend zogen die Russen ab. Nur einzelne versprengte Trupps blieben in Memel zurück. Diese wollten bereits ihre Gewehre auf dem Rathaus abliefern, als am Sonntag nachmittag von neuem stärkere russische Trupps von Norden her in die Stadt einrückten. Sie stießen in Memel bereits auf deutsche Patrouillen, denen stärkere deutsche Truppen von Süden her folgten. Im energischen Angriff, bei dem sich das Bataillon Nußbaum vom Ersatzregiment Königsberg besonders auszeichnete, warfen sie die Russen aus Memel heraus. Bei dem heftigen Straßenkampfe verloren die Russen etwa 150 Tote, unsere Verluste waren gering. Beim Zurückgehen rissen die Russen ihre nachkommenden Verstärkungen mit in die Flucht. Die Geiseln waren beim Herannahen unserer

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Truppen unter Bedeckung nordwärts abgefahren. Bei Königswäldchen blieb der Wagen stehen. Die Bedeckungsmannschaften flüchteten. Die verhafteten Bürger suchten nach Memel zurückzukommen; hierbei fiel Bürgermeister Pockels zu Boden und wurde liegend von flüchtenden russischen Soldaten durch Bajonettstiche schwer verletzt.

Die Russen flohen, ohne Widerstand zu leisten, und wurden am 22. und 23. energisch verfolgt. Besonders beim Durchmarsch durch Polangen erlitten sie durch das Geschützfeuer unserer Kreuzer, die sih an der Verfolgung beteiligten, schwere Verluste. Es fielen 500 Gefangene, 3 Geschütze, 3 Maschinengewehre und Munitions- wagen in unsere Hand.

Die russische Unternehmung gegen Memel kennzeichnet sich als ein Raubzug, bei dem es von vornherein weniger auf militärischen Erfolg, ale auf Beute und Verwüstung ankam. Ein gleicher Raubzug scheint gegen Tilsit geplant gewesen zu sein. Der russische Komman- dant fragte den Oberbürgermeister von Memel am Freitag abend, wie es in Tilsit aussehe, und war sehr erstaunt, zu hören, daß diese Stadt sich in den Händen der Deutschen befinde.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 26. März.

Auf den Maashöhen südöstlich Verdun versuchten die Fran- zosen bei Coınbres erneut in eineın stärkeren Angriff sich unserer Stellung zu bemächtigen, wurden aber nach hartnäckigen Kampf zurückgeworfen.

Die Gefechte am Hartmannsweilerkopf dauern noch an.

Russische Angriffe auf die Seenengen östlich von Augustow wurden abgeschlagen. Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege. Neue Kämpfe am Suezkanal. Konstantinopel, 26. März.

Das Hauptquartier teilt mit: Eine Abteilung unserer gegen den Suez- kanal operierenden Truppen stieß in der Nähe des Kanals gegenüber der Station Madam auf eine kleine englische Kolonne und vernichtete sie; darauf beschoß sie zwei mit Truppen angefüllte englische Transport- dampfer erfolgreich. Ebenso beschoß eine andere Abteilung einen eng- lischen Transportdampfer zwischen Schaluf und Adschigöl.

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Am 16. März haben unsere Truppen gemeinsam mit den kriegerischen Stämmen nördlich von Schuäbia, südöstlich von Bassora, den Feind über- rascht, seine Stellungen genommen und ihn bis nach Schuabia zurück- geworfen; er verlor über 300 Mann an Toten und Verwundeten und eine Menge Waffen und Munition. Unsere Verluste betragen nur 9 Tote und 32 Verwundete.

Von den Dardanellen nichts Neues.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 27. März.

In den Vogdsen setzten sich die Franzosen gestern abend in Besitz der Kuppe des Hartmannsweilerkopfes. Der Kuppenrand wird von unseren Truppen gehalten.

Französische Flieger bewarfen Bapaume und Straßburg i. E. mit Bomben, ohne militärischen Schaden anzurichten. In Bapaume wurde ein Franzose getötet, zwei schwer verwundet. Wir zwangen einen feindlichen Flieger nordwestlich von Arras zum Landen und belegten Calais mit einigen Bomben.

Die Russen, die zum Plündern, genau so wie auf Memel, von Tauroggen auf Tilsit aufgebrochen waren, wurden bei Laugzargen unter starken Verlusten geschlagen und über die Jeziorupa hinter den Juraabschnitt zurückgeworfen.

Zwischen dem Augustower Walde und der Weichsel wurden verschiedene Vorstöße der Russen abgewiesen, an einzelnen Stellen wird noch gekämpft. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 27. März. Amtlich wird verlautbart: Unter schweren Verlusten des Feindes scheiterten an der Schlachtfront in den Karpathen neuerlich starke russische Angriffe. Auf den Höhen bei Banyavölgy und beiderseits des Laborczatales südlich Laborczrev dauern die Kämpfe mit großer Heftigkeit an. In der Bukowina warfen unsere Truppen nordöstlich Czernowitz stärkere russische Kräfte nach heftigem Kampfe bis an die Reichsgrenze zurück, eroberten mehrere Ortschaften und machten über 1000 Gefangene, erbeuteten zwei Geschütze. In Russisch-Polen und ‘Westgalizien keine Veränderung. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 28. März.

Südöstlich von Verdun wurden französische Angriffe auf den Maashöhen bei Combres und in der Woevre-Ebene bei Marchéville nach hartnäckigen Kämpfen zu unseren Gunsten entschieden.

In den Vogesen am Hartmannsweilerkopf fanden neue Ar- tilleriekampfe statt.

Russische Vorstöße im Augustower Walde wurden abgeschlagen,

Zwischen Pissek und Omulew erfolgten mehrere russische Angriffe, die sämtlich in unserm Feuer zusammenbrachen.

Oberste Heeresleitung. -

. Großes Hauptquartier, 29. Marz.

Der Tag verlief auf der ganzen Westfront ziemlich ruhig, nur im Argonnerwalde und in Lothringen fanden kleine, für uns erfolg- reiche Gefechte statt.

Generaloberst von Kluck wurde bei Besichtigung der vorderen Stellungen seiner Armee durch emen Schrapnellschuß leicht ver- wundet; sein Befinden ist zufriedenstellend.

Tauroggen wurde von unseren Truppen im Sturm genommen, 300 Russen gefangen genommen.

An der Bahn Wirballen—Kowno brach bei Kilwißki ein rus- sischer Angriff unter schwersten Verluste zusammen.

In Gegend Krasnopol machten wir über 1000 Gefangene, da- runter eine Eskadron Gardeulanen mit Pferden, und erbeuteten 5 Maschinengewehre.

Ein russischer Angriff nordwestlich von Ciechanow wurde ab-

gewiesen. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 30. März.

Es fanden nur Artillerie- und Sappenkämpfe statt.

Bei den Kämpfen um Tauroggen, die zur Besitznahme des Ortes führten, hat sich nach Meldung des dort anwesenden Prinzen Joachim von Preußen der ostpreußische Landsturm glänzend ge- schlagen und 1000 Gefangene gemacht. Bei Krasnopol erlitten die Russen sehr schwere Verluste (etwa 2000 Tote). Unsere Beute aus den dortigen Kämpfen belief sich bis gestern abend auf 3000 Gefangene, 7 Maschinengewehre, 1 Geschütz und mehrere Muni- tionswagen. An der Szkwa bei Klimki wurden bei einem miß-

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glückten russischen Angriff 2 russische Offiziere und 600 Mann gefangen genommen. In Gegend Olsyzny (linkes Omulewufer) wurden zwei russische Nachtangriffe abgeschlagen. Ubergangsver-

suche der Russen über die untere Bzura wurden abgewiesen.

Zu Bismarcks 100. Geburtstag.

Wir feierten am |. April den 100. Geburtstag Bismarcks. Ein Kampf auf Leben und Tod tobt rings um das Deutsche Reich, das er an der Seite seines Königs und Kaisers geschaffen hat. Eine halbe Welt ist aufgestanden, um es zu vernichten.

Bismarck, ein Recke und Heros im Gedachtnis des dankbaren Vaterlandes, ein brutaler Gewaltmensch in der Karikatur des Aus- landes, in Wahrheit eine jener einzigen Erscheinungen der Weltgeschichte, die, weil wahrhaft groß, jede enge Formel überragen. Seiner unerschöpf- lichen Natur war Kraft und unbändiges Wollen nicht minder gegeben als höchste Weisheit und Mäßigung. Durch beider Verbindung hat er seine höchsten Siege errungen und das Werk ermöglicht, das wir heute in seinem Geiste unter Einsetzung des letzten Blutstropfens zu verteidigen, zu befestigen, fortzuführen haben.

Besser als durch Worte, deren Zeit noch nicht gekommen ist, ehren wir ihn durch schweigende Erfüllung der Aufgabe, die er uns hinterlassen hat.

Deutschland, das Land im Herzen Europas, auf das alle Bajonette zielen, jahrhundertelang der Tummelplatz aller europäischen Kämpfe, Opfer fremder Machtgelüste, mehr als einmal völliger Vernichtung nahe, hat tiefer als alle anderen Länder das europäische Leid empfinden, mehr dieses Leides tragen müssen. Durch den Aufstieg Preußens und die Gründung des Reiches rang es sich unter der Führung der Hohen- zollern endlich durch zu Freiheit und Selbstbestimmung. Die Welt war verteilt, die Lage des neuen Reichs inmitten fremder Machtgelüste gefährdet, die, bisher nur gewohnt, es als Objekt ihrer Herrschsucht zu behandeln, nun an seiner Existenz eine Schranke fanden.

Der erste Kanzler des neuen Reichs hat alles daran gesetzt, ihm durch Rüstungen und Bündnisse einen langen Frieden zu sichern, auf daß es in Europa selbst erstarke und sich befestige. Dieser Friede und die sich in ihm frei entwickelnde Schaffenskraft des bis in seinen innersten Kern tüchtigen Volkes hat der Nation einen Aufschwung

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fast ohne Beispiel gebracht. Gerade diese Entwicklung aber war es, die dem Reiche, das nun weit über die Grenzen Europas und den Gesichtskreis seiner bis dahin kontinentalen Politik hinaus rings um die Welt mit den Werken seines Geistes und seiner Hände friedliche Eroberungen machte, zu den alten europäischen Feindschaften neue Neider und Gegner schaffte.

Gegen deren Vereinigung hat es heute in einem Kampf ohne- gleichen seinen Bestand zu verteidigen, so zu verteidigen, daß er Kindern und Enkeln als ringsum unantastbarer Besitz verbleibt, daß die Schranken wegfallen, die der mit altem Haß verbündete neue Neid seiner friedlichen Betätigung in der Welt entgegenstellen konnte.

An diese Aufgabe wollen wir Deutschen, die wir von dem großen Mann den Sınn für die rauhe Wirklichkeit gelernt haben, unser Letztes setzen.

Wir, die Epigonen des Mannes, der an der Seite seines Königs die deutsche Frage gelöst und dem zerrissenen Lande Frieden und Einheit gegeben hat, haben die Aufgabe geerbt, dieses Deutschen Reiches Stellung in der Mitte Europas zu stärken und durch solche Stärkung die europäische Frage im Sinne des dauernden Friedens und der gesicherten Freiheit und Selbstbestimmung seiner Völker zu lösen.

Mögen die Minister der uns feindlichen Staaten in grenzenloser Unkenntnis deutschen Wesens zu beweisen versuchen, daß ein deutscher Sieg die Unterdrückung und Vernichtung der großen wie kleinen Staaten bedeute: wir, deren Reich nicht aufgebaut ist auf der Knechtung und ‚Vergewaltigung fremder Völker, wissen, daß allem fremden Übelwollen zum Trotz wir es sind, die in Wahrheit für Europa und seine Freiheit

kämpfen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 31. März.

Westlich von Pont-a-Mousson griffen die Franzosen bei und östlich von Regnieville sowie im Priesterwalde an, wurden aber unter schweren Verlusten zurückgeschlagen; nur an einer Stelle westlich des Priesterwaldes wird noch gekämpft.

Feindliche Flieger bewarfen gestern die belgischen Orte Brügge, Ghistelles und Courtrai mit Bomben, ohne militärischen Schaden anzurichten. In Courtrai wurde durch eine Bombe in der Nähe eines Lazaretts ein Belgier getötet, einer verletzt.

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Das russische Grenzgebiet nördlich der Memel ist gesaubert, der bei Tauroggen geschlagene Feind ist in Richtung Skawdwille zurückgegangen.

Die in den letzten Tagen nördlich des Augustower Waldes erneut gegen unsere Stellungen vorgegangenen russischen Kräfte sind durch unseren kurzen Vorstoß wieder in das Wald- und Seen- gelände bei Sejny zurückgeworfen. Die Zahl der russischen Gefan- genen aus diesen Kämpfen bei Krasnopol und nordöstlich ist um 500 gestiegen.

Bei Klimki an der Szkwa wurden weitere 220 Russen gefangen

genommen.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 31. März.

Amtlich wird verlautbart: An der Front in den Ostbeskiden ist der Tag ruhiger verlaufen.

In den östlich anschließenden Abschnitten dauern die Kämpfe fort. Auf den Höhen nördlich Cisna und nordöstlich Kalnica wurden aber- mals mehrere russische Sturmangriffe, die der Feind noch nachts wiederholte, abgeschlagen. Auch nördlich des Uzsoker Passes scheiterten Nachtangriffe des Feindes unter schweren Verlusten. Weitere 1900 Mann Gefangene wurden eingebracht.

An allen übrigen Fronten hat sich nichts Wesentliches ereignet. Es fanden nur Artilleriekämpfe statt.

Seit dem |. März wurden in Summe 183 Offiziere, 39942 Mann des Feindes gefangen, 68 Maschinengewehre erobert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See.

Wieder ein englischer Dampfer zum Sinken gebracht. London, 31. März. Der britische Dampfer „Flamenian“, von Glasgow nach dem Kap unterwegs, wurde am Dienstag 50 Meilen von den Scillyinseln ent- fernt zum Sinken gebracht. Die Mannschaft von 31 Mann wurde en 5 Dampfer Finlandia“ aufgenommen und in Holyhead gelandet.

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Von einem U-Boote torpediert. London, 31. Marz.

Das Reutersche Bureau meldet aus Glasgow, daß der Dampfer „Crown of Castile” auf der Höhe der Scillyinseln torpediert worden ist.

Der Krieg zur See. Folgen des U-Bootkrieges. | London, l. April.

Die amtliche „London Gazette“ gibt bekannt, daß die Schiffahrt im Kanal bei Folkestone und Portland eingeschränkt werden soll.

Die „Times“ über die Unterseebootsgefahr. London, |. April.

Der Marinekorrespondent der „Times“ schreibt: Das Auftauchen von Unterseebooten mit 20 Knoten Geschwindigkeit in den britischen Ge- wässern läßt neuerlich die Frage nach ausreichenden Verteidigungsmitteln für Handelsschiffe laut werden. Die Ausstattung der Schiffe mit Kanonen ist schwer durchführbar, da die Zahl der Schiffe zu groß ist und die Kanonen außer in der Gefahrzone auf den langen Reisen ungenützt bleiben würden. Auch die Bedienungsmannschaften fehlen. Das vorgeschlagene Konvoi- system würde die Bewegungsfreiheit der großen Handelsflotte zu sehr einschränken. Der Angriff auf die Unterseeboote, der Versuch, sie zu rammen, ist die wirksamste Verteidigung. Da es aber klüger ist, den Unterseebooten wenn möglich überhaupt auszuweichen, wäre es am besten, wenn die Schiffe die verhältnismäßig kurze Strecke, die von Untersee- booten unsicher gemacht wird, nur bei Nacht zurücklegten.

Die. Schwierigkeiten der englischen Handelsschiffahrt. London, 31. Marz. „Times“ schreiben, daß die Handelsschiffe Schwierigkeiten haben, genug Offiziere und Matrosen aufzutreiben. Viele Schiffe werden sich mit 2 Offizieren begnügen müssen. Die Lücken in den Be- satzungen werden zum Teil mit indischen Matrosen ausgefüllt.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 1. April. Bei Fortnahme des von Belgiern besetzten Klosterhoekgehöftes und eines kleinen Stützpunktes bei Dixmuiden nahmen wir einen Offizier und 44 Belgier gefangen. Westlich von Pont-&-Mousson in und am Priesterwalde kam der Kampf gestern abend zum Stehen; an einer schmalen Stelle

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sind die Franzosen in unseren vordersten Graben eingedrungen; der Kampf wird heute fortgesetzt.

Bei Vorpostengefechten nordöstlich und östlich von Lunéville erlitten die Franzosen erhebliche Verluste.

In den Vogesen fand nur Artilleriekampf statt.

In der Gegend von Augustowo—Suwalki ist die Lage unver- ändert. Nächtliche Übergangsversuche der Russen über die Rawka südöstlich Skierniewice scheiterten. Russische Angriffe bei Opocno wurden zurückgeschlagen.

Im Monat März nahm das deutsche Ostheer im ganzen 55 800 Russen gefangen und erbeutete 9 Geschütze, 61 Maschinengewehre.

Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See. Zwei Dampfer versenkt. London, I. April. Der Dampfer „Emma“ aus Le Havre ist gestern auf der Hohe won Beachy Head ohne vorherige Warnung von einem Unterseeboot torpediert worden. Das Schiff sank sofort. Von der Besatzung von 19 Mann sollen 17 ertrunken sein. London, I. April. Das Reutersche Bureau meldet: Der Dampfer „Crown of Castille“ fuhr von Neufundland nach Havre. Als ein Unterseeboot in Sicht kam, rief der Kapitän Freiwillige als Heizer auf, denn die chinesischen Heizer waren so erschrocken, daß sie keine Arbeit leisten konnten. Der Dampfer hoffte dem Unterseeboot zu entkommen, aber nach einer Jagd von dreiviertel Stunden wurden Kajüte und Brücke von Schüssen getroffen. Die Bemannung erhielt eine halbe Stunde Zeit, um das Schiff zu verlassen. Sie wurde nach sechsstündigem Rudern gerettet. Die Deutschen brauchten zwei Stunden, um den Dampfer durch Schüsse zum Sinken zu bringen. |

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 2. April. Zwischen Maas und Mosel fanden heftige Artilleriekämpfe statt. Die Infanteriekämpfe am und im Priesterwalde wurden fort- gesetzt und dauerten die Nacht hindurch an. Westlich des Priester-

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waldes brach der franzosische Angriff in unserem Feuer zusammen. Im Gegenangriff brachten wir dem Feinde schwere Verluste bei und warfen ihn in seine alten Stellungen zurück. Nur im Walde sitzen die Franzosen noch in zwei Blockhausern unserer vordersten Stellung. Die Lage auf der Ostfront ist unverändert. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 2. April.

Amtlich wird verlautbart: An der Ostfront in den Ostbeskiden herrscht im allgemeinen Ruhe, da alle russischen Angriffe in den letzten Tagen blutig abgewiesen wurden.

In den östlich anschließenden Abschnitten der Karpathenfront, wo starke russische Kräfte angreifen, wird gekämpft.

An der Reichsgrenze zwischen Pruth und Dnjestr schlugen unsere Truppen einen überlegenen Angriff der Russen zurück; in 10 bis 15 Reihen hintereinander griff der Feind tagsüber an mehreren Stellen der Schlachtfront an. Bis zum Abend wahrte der Kampf. Unter schweren Verlusten wurde der Gegner überall zum Rückzug ge- zwungen und wich namentlich vor dem südlichsten Abschnitt flucht- artig zurück.

In Polen und Westgalizien keine Veränderung. Ein Nachtangriff der Russen an der unteren Nida scheiterte in wirkungsvollstem Feuer der eigenen Stellungen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Politischer Tagesbericht.

Lord Haldane hat nach hier vorliegenden telegraphischen Meldungen zu dem Vertreter eines amerikanischen Blattes Äußerungen über den Inhalt seiner im Winter 1912 in Berlin geführten Verhandlungen gemacht, die nicht unwidersprochen bleiben können. Lord Haldane behauptet, er habe damals dem Reichskanzler von Bethmann Hollweg in nicht mißzu- verstehender Weise zu verstehen gegeben, daß England nicht neutral

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bleiben werde, falls Deutschland die belgische Neutralität verletzen werde. Wie wir festgestellt haben, hat in den Unterredungen Lord Haldanes mit dem Reichskanzler die Eventualitat einer Verletzung der belgischen Neutralität durch Deutschland überhaupt nicht den Gegenstand der Unter- haltung gebildet. Lord Haldane war nach Berlin gekommen, um die Grundlagen für eine Annäherung zwischen Deutschland und England zu erörtern. Der Zweck der während seines hiesigen Aufenthaltes gepflogenen Verhandlungen war, den Zustand der Spannung zwischen beiden Ländern zu beseitigen, der besonders während der Marokkokrisis von 1911 ge- legentlich bedrohliche Formen angenommen hatte. Im Laufe der Erörterungen gab der englische Minister ganz allgemein der Besorgnis Ausdruck, daß im Falle einer völligen Verständigung zwischen England und Deutschland die damit von England an Deutschland gegebene Rückendeckung Deutsch- land zu einem Überfall auf Frankreich ermutigen könne. Einem solchen Überfall werde England aber nicht ruhig zusehen können. Von Belgien ist dabei nicht die Rede gewesen. Der Reichskanzler hat damals Lord Haldane die bündigste Versicherung abgegeben, daß Deutschland gegen Frankreich niemals einen Angriffskrieg führen, sondern das Schwert nur dann ziehen werde, wenn es dazu herausgefordert werden sollte. Kame eine feste und loyale Verständigung zwischen Deutschland und England zustande, dann werde damit die Gefahr eines europäischen Krieges nach menschlicher Voraussicht überhaupt beseitigt, denn dann werde Frankreich seinerseits es nicht wagen, Deutschland zum Kriege zu provozieren, und es würden auch etwaige sonstige europäische Kriegsgefahren durch das Gewicht einer englisch-deutschen Einigung im Keime erstickt werden.

England hat sich, wie bekannt, diesen Erwägungen nicht ange- schlossen.

Lord Haldane hat des weiteren auf eine bestimmte Frage des amerikanischen Journalisten erklärt, er sei durchaus nicht sicher, ob Eng- land hätte neutral bleiben können, wenn Deutschland Belgiens Neutralität respektiert hätte. Denn es wäre ein Wahnsinn von England gewesen, mit gefalteten Händen stillzusitzen, ohne nicht einen verzweifelten Versuch zu machen, zu verhindern, daß Deutschland die England zunächst liegenden Staaten absorbierte. Dem gegenüber möchten wir Lord Haldane daran erinnern, daß die deutsche Regierung vor Beginn des Krieges der eng- lischen die bestimmte Erklärung abgegeben hatte, die territoriale Integrität Frankreichs beziehungsweise Belgiens nicht antasten zu wollen, falls Eng- land_neutral bliebe. Die angebliche Gefahr einer „Absorbierung“ der England zu zunächst gelegenen Länder durch Deutschland lag also nicht vor und hat hiernach tatsächlich ebensowenig wie der deutsche Einmarsch in Belgien den wirklichen Anlaß dazu gegeben, daß England an Deutsch- land den Krieg erklärt hat. |

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 3. April. Ein Versuch der Belgier, das ihnen am 31. März entrissene Klosterhoek-Gehöft wieder zu nehmen, scheiterte. Im Priesterwalde mißlang ein französischer Vorstoß. Ein französischer Angriff auf die Höhen bei und südlich von Nieder-Aspach westlich von Mülhausen wurde zurückgeschlagen. Auf der Ostfront ereignete sich nichts Wesentliches.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Die Karpathenschlacht. ` Wien, 3. April. Die Kriegsberichterstatter der Blätter melden übereinstimmend, daß die gesamten Einschließungstruppen von Przemysl in der Kar- pathenfront eingesetzt seien. Der Zweck der mit großen Verlusten durchgeführten forcierten Angriffe der Russen im Zentrum der Front zwischen dem Lupkower und Uzsoker Paß sei, die dort in die russische Front weit vorgedrungenen österreichisch-ungarischen Truppen selbst um den Preis der größten Verluste zurückzudrängen. Die Kriegs- berichterstatter verweisen auf die unmenschliche Verschwendung des Menschenmaterials seitens der Russen, sowie auf das infolge der eigentümlichen Terrainverhältnisse schwankende Bild des Kampfes. Sie betonen, daß die österreichisch-ungarischen Truppen trotz aller Schwierigkeiten eine bewunderungswürdige Haltung an den Tag legten.

Die Türkei im Kriege.

Der Kampf um die Dardanellen. Konstantinopel, 3. April. Das Hauptquartier teilt mit: Heute versuchten einige feindliche Minensucher sich der Meerenge der Dardanellen zu nähern, wurden jedoch durch unser Feuer vertrieben. Zwei Panzerschiffe, die diese Minensucher schützten, bombardierten einen Augenblick von weitem die Meerenge ohne Wirkung und zogen sich dann zurück. |

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 4. April. Am Yserkanal südlich Dixmuiden besetzten unsere Truppen den von Belgiern besetzten Ort Drie Grachten auf dem west- lichen Ufer. Im Priesterwalde wurden mehrere französische Vorstöße ab-

gewiesen.

Russische Angriffe in Gegend Augustow wurden zurück- zn Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 5. April.

Nach dem Orte Drie Grachten, der sich seit dem 3. April bis auf einzelne Häuser am Nordrande in unserem Besitz befindet, suchten die Belgier Verstärkungen heranzuziehen, sie wurden jedoch durch unser Artilleriefeuer zurückgetrieben.

Ebenso verhinderte uuser Artilleriefeuer französische Angriffs- versuche im Argonnerwalde. Ein starker feindlicher Angriff gegen die Höhenstellung westlich Beureuilles (südlich von Varennes) brach dicht vor unseren Hindernissen zusammen. Französische Infanterie- vorstöße westlich von Pont-a-Mousson hatten keinen Erfolg, da- gegen brachten uns mehrere Minensprengungen Geländegewinn im Priesterwalde.

Ein russischer Angriff auf Mariampol wurde unter schweren Verlusten für den Feind abgeschlagen.

Sonst hat sich auf der ganzen Ostfront nichts ereignet.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 4. April.

Amtlich wird verlautbart: In den Karpathen dauern die Kämpfe auf den Höhen beiderseits des Laborczatales fort. Ein auf den öst- lichen Begleithöhen gestern durchgeführter Gegenangriff warf den bisher heftig angreifenden Feind aus mehreren Stellungen zurück. Auch östlich Virava wurde ein starker russischer Angriff zurück- geschlagen. In diesen gestrigen Kämpfen 2020 russische Gefangene.

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Nördlich des Uzsoker Passes ist die Situation unverändert. Ein erneuter Angriff der Russen scheiterte nach kurzem Kampf. An allen übrigen Fronten keine besonderen Ereignisse.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Wien, 5. April.

Amtlich wird verlautbart: In den Karpathen wird im Laborczatale und in den beiderseits anschließenden Abschnitten weiter heftig ge- kämpft. An allen übrigen Fronten stellenweise Artilleriekämpfe. Sonst Ruhe.

Bei Uscie Biskupie östlich Zaleszczyki versuchten stärkere feind- liche Kräfte am südlichen Dnjestr-Ufer Fuß zu fassen. Sie wurden nach mehrstündigem Kampf zurückgeworfen, 1400 Mann gefangen, 7 Maschinengewehre erbeutet.

Der Stellvertreter des Chefs der Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 6. April.

Die Franzosen sind seit gestern zwischen Maas und Mosel besonders tätig. Sie griffen unter Einsatz starker Kräfte und zahl. reicher Artillerie nordöstlich, östlich und südöstlich von Verdun, sowie bei Ailly, Apremont, Flirey und nordwestlich von Pont-a- Mousson an.

Nordöstlich und östlich von Verdun kamen die Angriffe in unserem Feuer überhaupt nicht zur Entwicklung, südöstlich von Verdun wurden sie abgeschlagen. Am Ostrande der Maashöhen gelang es dem Feind, in einem kleinen Teil unseres vordersten Grabens vorübergehend Fuß zu fassen; auch hier wurde er in der Nacht wieder hinausgeworfen.

Der Kampf in der Gegend von Ailly und Apremont dauerte während der Nacht ohne jeden Erfolg für den Gegner an. Erbittert wurde in Gegend Flirey gefochten, mehrfache französische An- griffe wurden dort abgewiesen. Westlich des Priesterwaldes brach ein starker Angriff nördlich der Straße Flirey— Pont-a-Mousson.

zusammen,

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Trotz der sehr schweren Verluste, die der Gegner bei diesen Gefechten erlitten hat, muß nach seiner neuerlichen Kräfteverteilung angenommen werden, daß er seine Angriffe hier fortsetzen wird, nachdem die gänzliche Aussichtslosigkeit aller seiner Bemühungen in der Champagne klar zu Tage getreten ist.

Russische Angriffe östlich und südlich von Kalwarja sowie östlich von Augustow waren erfolglos.

Im übrigen ist die Lage im Osten unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See. Torpediert. London, 6. April.

Der englische Dampfer Northlands“ ist gestern auf der Hohe von Beachy Head torpediert worden. Die Mannschaft wurde

gerettet. London, 6. April. Aus Blyth wird gemeldet, daß der englische Segler „Acantha“ gestern in der Nordsee auf der Höhe von Longstone torpediert worden ist. Die gesamte Manschaft von 13 Mann wurde durch einen schwedischen Dampfer gerettet.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 6. Ap alL.

Amtlich wird verlautbart: Die Kämpfe in den Karpathen nehmen noch weiter an Ausdehnung zu. Auf den Höhen östlich des Laborcza- tales eroberten gestern déutsche und unsere Truppen starke Stellungen der Russen und machten hierbei 5040 Mann zu Gefangenen.. In den anschließenden Abschnitten wurden mehrere heftige Angriffe unter großen Verlusten des Feindes blutig zurückgeschlagen, weitere 2530 Russen gefangen.

In Südost-Galizien scheiterte auf den. Höhen nordöstlich von Ottynıa ein Nachtangriff des Feindes. | Bei dem am 4. April südwestlich Uscie-Biskupis versuchten Vor- stoß des Gegners auf das südliche Dnjestrufer wurden zwei Bataillone des russischen Alexander-Infanterieregiments- vernichtet.

Ä Der Stellvertreter des Chefs des 8 von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

421 Die Türkei im Kriege. Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 6. April.

Das große Hauptquartier gibt bekannt: An der kaukasischen Front griff der Feind unsere Vorhuten nördlich von Ischkan in der Nähe der Grenze an. Nach einem erbitterten Kampf von 18 Stunden wurde der Feind auf die andere Seite der Grenze geworfen. Unsere Truppen besetzten die feindlichen Dörfer in der Umgebung von Khosor und Parakez, südlich von Taußkert.

Gestern und heute hat der Feind nichts Ernstliches gegen die Dardanellen unternommen. Vorgestern eröffneten zwei feindliche Kreuzer das Feuer auf unsere Batterien am Eingang der Dardanellen. Sie verschossen 300 Granaten, ohne eine Wirkung zu erzielen. Hin- gegen ist durch verschiedene Beobachtungen festgestellt worden, daß ein feindlicher Kreuzer und ein Torpedoboot durch die von unseren Batterien verschossenen Granaten getroffen wurden. Auf den übrigen Kriegsschauplätzen hat sich nichts Wichtiges ereignet.

Ein feindlicher Flieger über Müllheim. Müllheim (Baden), 6. April. Gestern abend 7 Uhr warf ein feindlicher Flieger zwei Bomben über der Stadt ab, durch die kein militärischer Schaden angerichtet, wohl aber drei Zivilpersonen getötet wurden.

Die amerikanische Note an England. London, 7. April. Die Blätter veröffentlichen den Wortlaut der amerikanischen Note, die noch folgende Ausführungen enthält: Die britischen Noten vom 13. März und 15. März stellen eine Bedrohung des Rechts der Neutralen dar, mit den Kriegführenden und untereinander Handel zu treiben und zu ver- kehren. Die Kabinettsorder vom 15. März würde, wenn sie tatsächlich durchgeführt werden sollte, faktisch die Anmaßung unbegrenzter Rechte von seiten der Kriegführenden über den neutralen Handel im ganzen europäischen Gebiete bedeuten und eine beinahe unbedingte Verneinung der souveränen Rechte derjenigen Nationen, die jetzt im Frieden leben, darstellen. Die Note definiert hierauf den völkerrechtlichen Standpunk und besagt weiter, man erwarte zuversichtlich, daß die britische Regierungt nicht verneinen werde, daß, selbst wenn eine Blockade besteht und der Konterbandegrundsatz für unblockiertes Gebiet streng durchgeführt wird, harmlose Schiffsladungen durch neutrales Gebiet frei zwischen den Ver- einigten Staaten und dem Gebiete der Kriegführenden verfrachtet werden dürfen, ohne daß sie den Strafen für Konterbandehandel und Blockade- bruch ausgesetzt sind. Wenn die britische Regierung von Vergeltungs- maßregeln spricht, die durch das Vorgehen des Feindes nötig wurden, so glauben die Vereinigten Staaten, daß hierdurch nur erhöhte Tätigkeit

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der Seestreitkräfte, nicht aber ungesetzliches Vorgehen gerechtfertigt wird. Wenn das Vorgehen der Feinde Großbritanniens sich als illegal und als Mißachtung der Prinzipien, nach denen aufgeklärte Nationen Krieg führen, erweisen sollte, so nehme die Regierung der Vereinigten Staaten keinen Augenblick an, daß die britische Regierung es wünschen könnte, daß ihre Handlungen derselbe Vorwurf treffe, noch würde die Regierung der Ver- einigten Staaten das als Rechtfertigung für ähnliche Akte ansehen, sofern sie die Rechte der Neutralen beeinträchtigen. Die Regierung der Vereinigten Staaten hoffe zuversichtlich, daß die britische Regierung, die bei der An- haltung von Ladungen nach und von feindlichen Gebieten eine unge- wöhnliche Methode angewandt habe, ihre Praxis mit den anerkannten Regeln des Völkerrechts in Einklang bringen werde, zumal das blockierte Gebiet so ausgedehnt sei, daß die Schiffe notgedrungen die blockieren- den Seestreitkräfte passieren müssen, um wichtige neutrale Häfen zu erreichen. Die amerikanische Note weist sodann auf den Umstand hin, daß die skandinavischen und dänischen Häfen für den amerikanischen Handel freigegeben sind, obwohl es diesen Häfen tatsächlich freisteht, mit den deutschen Ostseehafen Handel zu treiben. Der Hauptgrundsatz für eine Blockade sei, daß sie alle Neutralen gleichermaßen treffen müsse. Die genaue Anwendung der Kabinettsorder würde vielfach den legitimen Handel schädigen und der britischen Regierung schwere Verantwortlich- keit auferlegen. Die britische Regierung müßte für alle gegen das Völker- recht verstoßenden Maßnahmen volle Entschädigung leisten. Die Regierung der Vereinigten Staaten halte daran fest, daß die Rechte und Pflichten ihrer Bürger durch die bestehenden Gesetze des Völkerrechtes und die Verträge der Vereinigten Saaten ohne Rücksicht auf die Bestimmungen der Londoner Deklaration umgrenzt seien. Sie behalte sich vor, in jedem Falle, in dem die so definierten Rechte und Pflichten verletzt würden oder ihre freie Ausübung durch die britische Regierung behindert werde. Protest einzulegen und Schadenersatz zu verlangen.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 7. April.

Die von uns vorgestern besetzten Gehöfte von Drie-Grachten, die der Feind mit schwerstem Artillerie- und Minenwurffeuer zu- sammenschoß, wurden deshalb gestern abend aufgegeben.

In den Argonnen brach ein Angriff im Feuer unserer Jäger zusammen.

Nordöstlich von Verdun gelangte ein französischer Vorstoß nur bis an unsere Vorstellungen. Östlich und südöstlich von Verdun scheiterte eine Reihe von Angriffen unter außergewöhnlich schweren Verlusten.

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An der Combreshöhe wurden zwei französische Bataillone durch unser Feuer aufgerieben. Bei Ailly gingen unsere Truppen zum Gegenangriff vor und warfen den Feind in seine alten Stellungen zurück. Auch bei Apremont hatte der Feind keinen Erfolg. Ebenso sind andere französische Angriffe bei Flirey völlig gescheitert; zahlreiche Tote bedecken das Gelände vor unserer Front, deren Zahl sich noch dadurch vermehrt, daß die Franzosen die in ihren eigenen Schützengräben Gefallenen vor die Front ihrer Stellungen werfen.

Am Westrande des Priesterwaldes schlug eines unserer Ba- taillone im Bajonettkampf starke Kräfte des 13. französischen Re- giments zurück.

Am Hartmannsweilerkopf wird seit gestern nachmittag trotz starken Schneesturmes gekämpft.

Bei einem Vorstoß in russisches Gebiet nach Andrzejewo, 30 km südöstlich von Memel, vernichtete unsere Kavallerie ein russisches Bataillon, von welchem der Kommandeur, 5 Offiziere und 360 Mann gefangen genommen, 120 getötet und 150 schwer verwundet wurden. Ein anderes russisches Bataillon, das zur Hilfe eilte, wurde zurückgeschlagen. Wir verloren 6 Tote.

Russische Angriffe östlich und südlich von Kalwarja, sowie gegen unsere Stellungen östlich von Augustow wurden abgewiesen. Sonst ereignete sich auf der Ostfront nichts Besonderes.

Oberste Heeresleitung.

Vom westlichen Schauplatze.

Die Kämpfe zwischen Mosel und Maas. Berlin, 7. April.

Aus dem Großen Hauptquartier wird geschrieben:

Bereits vor Ostern war zu erkennen, daß die Franzosen zu einer neuen großen Unternehmung gegen die von den Deutschen befestigten Maashöhen, die Cötes Lorraines, schreiten würden. Wie aussichtslos ein bloßer Frontalangriff sein würde, hatten die Erfahrungen des Winters gezeigt. Der neue Versuch wurde deshalb gegen beide Flanken der deutschen Kräfte zwischen Mosel und Maas unternommen, eine neue Armee hierfür wie Gefangene aussagen gebildet.

Nach den ersten tastenden Versuchen, den gleichzeitig von unseren Fliegern beobachteten Verschiebungen hinter der französischen Front, den einleitenden Infanteriekämpfen im Priesterwalde und westlich davon, begann am 3. April eine heftige Tätigkeit der französischen Artillerie im Norden bei dem vielumstrittenen Combres und auf der

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Südfront zwischen Mosel und Maas. Die deutschen Vorposten gingen, als sich nun die feindliche Infanterie entwickelte, planmäßig von Regnieville und Fey en Haye auf die Hauptstellung zurück.

Am Ostermontag, dem 5. April, begann der eigentliche Angriff der Franzosen auf der Südfront zunächst nördlich von Toul, dann auch im Priesterwalde, gleichzeitig am Nordflügel südlich der Orne sowie zwischen Les Eparges und Combres. Erfolg war den Franzosen nirgends beschieden. Wo kleine Trupps an einzelnen Stellen bis an die deutschen Gräben oder selbst in sie hinein gelangten, wurden sie überall wieder hinausgeworfen.

Am heftigsten entbrannte der Kampf an zwei Punkten. Zwischen der Maas und Apremont kamen in dem waldigen Gelände die Fran- zosen nahe an die deutschen Stellungen heran, ehe vernichtendes Feuer sie auf kurze Entfernung empfing. Besonders östlich von Flirey ent- wickelte sich eine regelrechte Schlacht. Den französischen Schützen, die geschickt jede Geländefalte ausnutzend vorgingen, folgten starke Reserven, um den Angriff nach Norden vorzutragen. Hier fand die deutsche Artillerie große Ziele und gelangte zu gewaltiger Wirkung gegen sie. Nach kurzer Zeit waren die Reserven in wilder Flucht, während der Schützenangriff im deutschen Gewehrfeuer verblutete. Bei Flirey selbst war es nötig, im nächtlichen Kampf zum Bajonett zu greifen, um die deutschen Gräben zu behaupten.

Sobald der Infanterieangriff am 5. April erloschen war, verstärkte sich auf beiden Seiten die Tätigkeit der Artillerie, mit welchem Erfolge für die deutschen Geschütze, geht aus einer Beobachtung hervor, die am 6. April morgens gemacht wurde: Hunderte von Leichen wurden aus den französischen Gräben nach vorwärts hinausgeworfen.

Am 6. April scheiterten bei Flirey drei neue französische Angriffe. Auch im Priesterwalde griff der Feind von neuem an; hier warf sich dem französischen 13. Infanterieregiment ein rheinisches Bataillon, die „Wacht am Rhein“ singend, mit der blanken Waffe entgegen und schlug den Feind in die Flucht.

Südlich der Orne entwickelte sich am 6. April ein neuer Kampf, der für uns günstig steht.

In der Mitte der Stellungen längs der Maas war nur die Ar- tillerie tätig.

Bisher haben die Franzosen nur neue Mißerfolge in dem schon oft umstrittenen Gebiet zu verzeichnen; doch scheint es, als sei ihr

Angriff noch nicht zu Ende.

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Der Krieg zur See. Untergang des „U 29%. Berlin, 7. April. S. M. Unterseeboot „U 29” ist von seiner letzten Unternehmung bisher nicht zurückgekehrt. Nach einer von der britischen Admiralität ausgehenden Nachricht vom 26. März soll das Boot mit der ganzen untergegangen sein. Es muß danach als verloren be-

Besatzung trachtet werden. Der stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 8. April.

Amtlich wird verlautbart:

Die im Abschnitt der Ostbeskiden seit Wochen andauernden hartnackigen Kampfe haben in der Schlacht wahrend der Ostertage ihren Höhepunkt erreicht. Ununterbrochene russische Angriffe, haupt- sächlich beiderseits des Laborczatales, wo der Gegner den größten Teil der vor Przemysl freigewordenen Streitkräfte einsetzte, wurden unter ganz bedeutenden Verlusten des Feindes in diesen Tagen zurückgeschlagen. Gegenangriffe deutscher und unserer Truppen führten auf den Höhen westlich und östlich des Tales zur Eroberung mehrerer starker russischer Stellungen. Wenn auch die Kämpfe an dieser Front noch nicht ihr Ende erreicht haben, so ist doch der Erfolg der Oster- schlacht, die an 10000 unverwundete Gefangene und zahlreiches Kriegsmaterial einbrachte, ein unbestrittener.

Östlich des Laborczatales wird im Waldgebirge in einzelnen Abschnitten heftig gekämpft.

In Sudostgalizien stellenweise Geschützkampf.

In Russisch-Polen und Westgalizien verhältnismäßig Ruhe.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Vom westlichen Schauplatze. Die Kampfe zwischen Maas und Mosel. Berlin, 8. April. Aus dem Großen Hauptquartier wird geschrieben: Bereits der Bericht vom 6. April zeigte, daß es sich bei den Kämpfen

zwischen Maas und Mosel nicht um eine zusammenhängende Schlacht in dem ganzen, beinahe 100 Kilometer ausgedehnten Abschnitt handelt.

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Einzelne räumlich getrennte Teile der gesamten Stellung bilden ab- wechselnd die Angriffspunkte der Franzosen, und nur der Gedanke einer beiderseitigen 5 der deutschen Linie gibt den einzelnen Kämpfen den inneren Zusamm

Das Ergebnis des 6. April war, daß alle französischen Angriffe nord- östlich und östlich Verdun ebenso wie die Vorstöße auf dem Südflügel zusammengebrochen waren. Einen kurzen Erfolg der Franzosen auf der Combres-Höhe glichen die Gegenangriffe unserer Infanterie aus, so daß die_Höhe am Abend in deutschem Besitz blieb.

Die Nacht zum 7. April verlief hier nach diesen schweren, für den Gegner sehr verlustreichen Kämpfen ruhig. Dagegen wurden die deut- schen Stellungen auf dem Südflügel zwischen Flirey und der Mosel während der ganzen Nacht unter schwerem französischem Artilleriefeuer gehalten, das von unserer Artillerie durch einige erfolgreiche Feuerüberfälle erwidert wurde. Dieses Artilleriefeuer dauerte den ganzen 7. April an. Am frühen Vormittag wurde hier starke Besetzung der Schützengräben und die Ver- sammlung von Reserven dahinter erkannt, und gegen 912 Uhr vormittags begannen Angriffe dieser Kräfte gegen das Bois Mort-Mare. Viermal stürmten sie gegen unsere Stellungen vor, um jedesmal mit schweren Verlusten zurückgeworfen zu werden. Haufen von Gefallenen türmten sich vor unseren Gräben. Östlich des Bois Mort-Mare scheiterten über das offene Gelände unternommene französische Angriffe bereits in der Entstehung in unserem Artilleriefeuer, während sie links davon, im Priester- walde, bis an unsere Stellungen gelangten, um hier im Feuer zu enden.

Im Bois d'Ailly gelang es einem von Bayern unternommenen An- griff, bis in die französischen Stellungen einzudringen und die Gräben zu nehmen. Diese wurden nach ihrer Zerstörung aufgegeben, da ihr Besitz taktischen Wert im Rahmen unserer Stellung nicht hat.

Am Nordflügel wurde die Combres-Höhe heute vom frühen Morgen an mit schwerem Artilleriefeuer belegt. Vormittags entspannen sich auch hier wieder Infanteriekämpfe, zunächst mit wechselndem Ausgang, bis nachmittags als Enderfolg alle Graben in unserer Hand blieben, worauf die Franzosen von neuem das Artilleriefeuer dorthin lenkten. Im Laufe des Nachmittags dehnte sich das Artilleriefeuer gegen unsere nördlich an die Combres-Höhe anschließenden Stellungen in der Woevre-Ebene aus. Ein dort auch heute wiederum mit starken Kräften unternommener aus- gedehnter französischer Angriff brach in unserem Feuer zusammen. Der Tag endete mit einem deutschen Erfolg auf allen Teilen der Front.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 8. April. Die Kämpfe zwischen Maas und Mosel dauern fort. In der Woeévre-Ebene östlich und südöstlich von Verdun scheiterten samt- liche französischen Angriffe. Von der Combreshöhe wurden die an einzelnen Stellen bis in unsere vordersten Gräben eingedrungenen

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feindlichen Kräfte im Gegenangriff vertrieben. Aus dem Selouse- walde nördlich von St. Mihiel gegen unsere Stellungen vorgebrochene Bataillone wurden unter schwersten Verlusten in diesen Wald zu- ruckgeworfen. Im Walde von Ailly sind erbitterte Nahkampfe wieder im Gange. Am Walde westlich von Apremont stießen unsere Truppen dem Femde, der erfolglos angegriffen hatte, nach. Vier Angriffe auf die Stellungen nördlich von Flirey sowie zwei Abend- angriffe westlich des Priesterwaldes brachen unter sehr "starken Verlusten in unserem Feuer zusammen. Drei nächtliche französische Vorstöße im Priesterwalde mißglückten. Der Gesamtverlust, der Franzosen auf der ganzen Front war wieder außerordentlich groß, ohne daß sie auch nur den geringsten Erfolg zu verzeichnen hatten. i In der Gegend von Rethel wurde ein feindliches Flugzeug, das aus Paris kam, zum Landen gezwungen. Der Flugzeugführer gab an, daß über die französischen Verluste in der Champagne- schlacht in Paris noch nichts in die Öffentlichkeit gedrungen wäre.

Die Kampfe am Hartmannsweilerkopf dauern noch an.

Auf der Ostfront hat sich nichts ereignet. Das Wetter ist schlocht. Die Wege im russischen Grenzgebiet sind zurzeit grundlos.

Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege. Mißglückter Landungsversuch. Konstantinopel, 8. April.

Das Hauptquartier teilt mit: Ein Teil der feindlichen Flotte versuchte gestern, nachdem sie etwa zwanzig Granaten gegen die Landungsbrücke Dragodma bei Enos abgefeuert hatte, in zwei Booten Soldaten an Land zu bringen. Unsere schwachen Küstenwachen genügten, um den Feind zu verjagen. Die feindliche Flotte feuerte, als sie sich zurückzog, noch einige Granaten gegen ein Haus ab, ohne Schaden anzurichten. Von den anderen Kriegsschauplätzen ist nichts zu melden.

Bisher 5510 Geschütze erbeutet.

Nach Feststellungen im Anfang März belief sich, wie das W. T. B. mitteilt, die Gesamtzahl der bis dahin im Osten und Westen erbeuteten Geschütze auf 5510. Im einzelnen haben dazu bei-

getragen: Belgien........ etwa 3300 Geschütze (Feld- und schwere), Frankreich..... » 1300 a Rußland....... » 850

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Mehrere Hundert dieser Geschütze sind im Verlauf des Krieges bei der Firma Krupp und auch in anderen Fabriken für unsere Zwecke gebrauchsfähig gemacht und haben uns schon mit der gleichfalls unseren Gegnern abgenommenen großen Menge Munition erfreuliche Dienste geleistet.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 9. April.

Aus dem völlig zusammengeschossenen Orte Drie-Grachten an der Yser wurden die Belgier wieder vertrieben, zwei belgische Offiziere, 100 Mann und zwei Maschinengewehre fielen dabei in unsere Hande.

Als Erwiderung auf die Beschießung der hinter unserer Stel- lung gelegenen Ortschaften wurde Reims, in dem große Ansamm- lungen von Truppen und Batterien erkannt wurden, mit Brand- granaten belegt.

Nördlich vom Gehölz Beauséjour nordöstlich von Le Mesnil entrissen wir gestern abend den Franzosen mehrere Gräben, zwei Maschinengewehre wurden erbeutet. Zwei Wiedereroberungs- versuche während der Nacht waren erfolglos.

In den Argonnen mißglückte em französischer Infanterie- angriff, bei dem die Franzosen erneut Bemben mit einer be- taubenden Gaswirkung verwendeten.

Die Kämpfe zwischen Maas und Mosel dauerten mit gestei- gerter Heftigkeit an. Die Franzosen hatten bei den wieder gänzlich erfolglosen Angriffen die schwersten Verluste. In der Woévre- Ebene griffen sie vormittags und abends erfolglos an. Zur Besitz- nahme der Maashöhe bei Combres setzen sie dauernd neue Kräfte ein. Ein Angriff aus dem Selousewalde nördlich von St. Mihiel brach an unseren Hindernissen zusammen. Im Aillywalde sind wir im langsamen Vorschreiten. Westlich Apremont mißglückte ein französischer Vorstoß. Französische Angriffe erstarben westlich Flirey in unserem Artilleriefeuer, führten aber nördlich und nord- östlich des Ortes zu erbittertem Handgemenge, in dem unsere Truppen die Oberhand gewannen und den Feind zurückwarfen. Nächtliche Vorstöße der Franzosen waren hier erfolglos. Auch im Priesterwalde gewannen die Franzosen keinen Boden.

Ein feindlicher Versuch, das von uns besetzte Dorf Bezange la Grande südwestlich von Chäteau Salins zu nehmen, scheiterte.

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Am Sudelkopf wurde ein Mann des französischen 334. Regi- ments gefangen, der Dum-Dum-Geschosse bei sich hatte. Am Hartmannsweilerkopf fand nur Artilleriekampf statt.

Östlich von Kalwarja haben sich Gefechte entwickelt, die noch nicht abgeschlossen sind. Sonst hat sich auf der Ostfront

nichts ereignet. Oberste Heeresleitung. Der Krieg zur See. Der Fischdempfer „Zarina“ vernichtet. London, 9. April.

Das Reutersche Bureau meldet aus Grimsby: Der Fischdampfer „Zarina” ist in der Nordsee in die Luft geflogen. Von der Besatzung werden 9 Mann vermißt. Es ist unbekannt, ob das Schiff auf eine Mine gelaufen oder von einem Torpedo getroffen worden ist.

Angriff deutscher Flugzeuge auf einen Dampfer. London, 9. April. Der Dampfer „Ousel”, 1284 Tonnen, von Rotterdam nach Manchester unterwegs, wurde am 27. März bei dem Galloper Leuchtschiff gegenüber der Themsemündung von zwei deutschen Flugzeugen angegriffen, die aus einer Höhe von 500 Fuß Il Bomben abwarfen. Die Bomben verfehlten das Schiff, das Zickzackkurs steuerte.

Englische Angaben über vernichtete Handelsschiffe. London, 9. April.

Eine Mitteilung der Admiralitat besagt, da8 in der am 7. April zu Ende gegangenen Woche 5 englische Handelsschiffe von insgesamt 7904 Tonnen durch deutsche Unterseeboote in Grund gebohrt worden sind. Nicht eingerechnet sind 5 kleine Schiffe von insgesamt 914 Tonnen. In derselben Woche sind in den Häfen Großbritanniens, obwohl Ostern war, 1234 Dampfer ein- und ausgelaufen.

Die Zahl der Gefangenen in Deutschland. Berlin, 9. April.

Am |. April 1915 befanden sich in deutscher Gef Franzosen: Offiziere und sonstige im Offiziersrange

stehende Personen . -. . .. 2 2 2 2. 3 868 Mannschaften .......2.2.2.24. 238 496 Russen: Offiziere ums 2 2 2 202. 5 140 Mannschaften . . nnn 504 210 Belgier: Offiziere uwe. 647 ON ee, he ar 39.620

Engländer: Offiziere uw“. 520 OAS ey es A ec re Se 20 307

430 Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 10. April.

Die Beute von Drie-Grachten erhöhte sich auf 5 belgische Offiziere, 122 Mann, 5 Maschinengewehre.

In der Champagne nördlich Beausejour räumten unsere Truppen die am 8. April genommenen, gestern aber durch schweres fran- zösisches Feuer zerstörten Gräben und wiesen französische An- griffe m dieser Gegend ab.

Die Kämpfe zwischen Maas und Mosel hielten mit gleicher Heftigkeit an. An den von den Franzosen als von ihnen genommen gemeldeten Orten Fromezey und Gussainville östlich Verdun ist bisher noch nicht gekampft worden, da diese Orte weit vor unseren Stellungen liegen. Zwischen Orne und den Maashöhen erlitten die Franzosen gestern eine schwere Niederlage, alle Angriffe brachen in unserem Feuer zusammen. An der Combreshöhe faßten sie an einzelnen Stellen unserer vorderen Linien vorübergehend Fuß, wurden aber durch nächtliche Gegenangriffe teilweise wieder zurück- geworfen. Die Kämpfe dauern an. Auch die Angriffe gegen unsere Stellungen nördlich St. Mihiel waren völlig erfolglos. Klemere Vorstöße auf der Front Ailly—Apremont wurden abgewiesen. Bei Flirey waren die Kämpfe wohl mfolge der schweren Verluste des Feindes vom 7. und 8. April weniger lebhaft, hier fielen 2 Maschinen- gewehre in unsere Hand. Auf der Front Remenauville—Priester- wald wurden sämtliche französischen Angriffe zurückgeschlagen. Am Westrande des Priesterwaldes verlor der Feind endgültig auch den Teil unserer Stellung, in den er Ende März eingedrungen war.

Einen abermaligen Versuch, Bezange la Grande südwestlich von Chäteau Salins uns zu entreißen, bezahlten die Franzosen mit dem Verlust einer Kompagnie, die völlig aufgerieben wurde und 2 Offiziere, 101 Mann als Gefangene in unserer Hand ließ.

In den Vogesen hat sich die Lage nicht geändert.

Östlich und südlich Kalwarja hatten die Russen mit ihren Angriffsversuchen kein Glück, sie wurden überall mit schweren Verlusten zurückgeschlagen.

Im übrigen ist die Lage im Osten unyerändert.

Oberste Heeresleitung.

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Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 10. April.

Amtlich wird verlautbart: Im Waldgebirge kam es gestern auch in den Abschnitten östlich des Uzsokerpasses zu heftigen Kämpfen. Deutsche Truppen eroberten nördlich Tucholka eine seit dem 5. Februar vielumstrittene und von den Russen hartnäckig verteidigte Höhen- stellung; ein Oberst, über 1000 Mann wurden bei diesem Angriff ge- fangen und den Russen auch 15 Maschinengewehre entrissen.

Im Oportale und im Quellgebiet des Stryj scheiterten gleichzeitig heftige feindliche Angriffe an unseren und an deutschen Stellungen unter schweren Verlusten des Gegners.

Der gestrige Tag brachte in Summe 2150 Gefangene ein.

Die sonstige Lage ist unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Vom westlichen Schauplatze.

Die französischen „Erfolge“ zwischen Maas und Mosel. | Berlin, 10. April.

Aus dem Großen Hauptquartier wird geschrieben:

Der französische Bericht (Eiffelturm) vom 9. April 1915, nach- mittags, zählt am Schluß in einer „Zusammenfassung“ die angeb- lichen Erfolge der französischen Truppen in den Kämpfen zwischen Maas und Mosel auf. Diese französische Darstellung verdient näher beleuchtet zu werden; denn die blühende Phantasie der Verfasser dieser Berichte erreicht in ihr eine ungewöhnliche Höhe. Jede der vier Behauptungen der „Zusammenfassung“ soll daher im einzelnen beleuchtet werden.

Erstens, die westlich der Orne gelegenen und diesen Fluß be- herrschenden Höhen, ebenso wie die Dörfer Gussainville und Fromezey waren niemals in deutschem Besitz. Die aus diesem Geländestreifen gegen die deutschen Stellungen angesetzten französischen Angriffe brachen aber ohne Ausnahine unter schwersten Verlusten in unserem Feuer zusammen. Dieses mißlungene Vorbrechen aus der genannten von uns nie besessenen Linie scheinen sich die Franzosen als Er-

oberung anzurechnen.

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Zweitens, auf das Wort „beinahe“, mit dem der Bericht selbst die französische Eroberung der Höhenstellung bei Les Eparges ein- schränkt, ist der Schwerpunkt zu legen. In der Tat besitzen die Franzosen keinen Teil der Höhenstellung; allerdings ist es ihnen ge- lungen, in einige Grabenstücke am Nordhang unterhalb des Hohen- kammes einzudringen,

Drittens, ebenso wie unter erstens rechnen sich die Franzosen als Eroberung an, was nie in deutschem Besitz war; denn das Ge lände südwestlich des Aillywaldes lag von jeher innerhalb ihrer eigenen Stellungen. Es sind auch von deutscher Seite nie Versuche unter- nommen worden, dieses Gebiet zu gewinnen. Die Kämpfe der letzten Woche fanden nur im Aillywalde selbst statt, wo sich vorübergehend kleine Teile der deutschen Graben in französischen Händen befanden.

Viertens, in den vor unserer Kampffront liegenden Dörfern Regnieville und Fey-en-Haye befanden sich stets nur vorgeschobene Horchposten, die bei dem französischen Angriff planmäßig zurüc- gezogen wurden. Da auf diesem Teil der Kampflinie die beider- seitigen Schützengräben auf eine Entfernung von nur 100 bis 500 m sich gegenüberliegen und wir nichts verloren haben, ist es eine mathe- matische Unmöglichkeit, daß die Franzosen hier einen Streifen von 3 km Tiefe erobert haben.

Der Krieg zur See.

Von einem Unterseeboot versenkt. | Le Treport, 10. April.

Das französische Segelschiff „Chateaubriand“ wurde im Kanal von einem deutschen Unterseeboot torpediert. Die Besatzung von 25 Mann kam in zwei Booten hier an.

Schluß des redaktionellen Teils.

Verantwortlich für die Redaktion: S. D. Gallwitz, Bremen. Einsendungen von Manuskripten (unter Beifügung von Rückporto) an die Redaktion Bremen, Am Wall 163. Tel. 6495. Verlag: Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft, Bremen. Druck: Hofbuchdruckerei H. M. Hauschild. Bremen.

Kaffee und Treffsicherheit.

Von Rudolf Zeitler, Jagdschriftsteller, Barwies.

Ich selbst, das will ich im voraus bemerken, trinke keinen Kaffee, sondern Wein, guten, wenn ich kann, schlechteren, wenn ich muß, stets aber lieber etwas reichlicher als zu wenig.

Was ich hier berichte, sind die Beobachtungen, die ein Jagdfreund

an sich und ich an ihm machte.

Er trinkt Kaffee bei der Arbeit im Bureau, weil er abergläubischer- weise behauptet, bei geistigen Getränken nicht arbeiten zu können, und er trinkt ihn auf der Jagdhütte, wobei ich allerdings zu seiner Entschuldigung bemerken möchte, daß es dort nur Regenwasser gibt, welches immerhin als Kaffee besser schmecken mag als im Naturzustande. Ich glaube es wenigstens.

Seit Jahren trinkt mein Freund ausschließlich den coffeinfreien Kaffee Hag der Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft i in Bremen und be- hauptet, daß eine nervöse Aufgeregtheit nach langen Nachtarbeiten, deren Ursache er früher in der Überarbeitung und im Rauchen suchte, auf weiter nichts als auf das im Kaffee enthaltene Coffein zurückzu- führen sei, und daß er nichts mehr davon merke, seit er ausschließ- lich den Coffeinfreien trinke, und daß er es sofort merke, wenn er anderen genossen habe. Ich hielt das für Einbildung.

Natürlich gab es auch auf der Jagdhütte nur Kaffee Hag, und eines Tages, als die Gelegenheit günstig war, beschloß ich, ihn ad absurdum zu führen.

Der Wassertopf stand am Feuer, der Coffeinfreie war gemahlen und in die Kanne getan, mein Freund hatte sich für einige Zeit aus der Hütte entfernt. Schnell warf ich den gemahlenen Kaffe Hag ins Feuer und ersetzte ihn durch eigens zu diesem Zwecke mitgebrachten gewöhnlichen Kaffee. Ahnungslos brühte er ihn auf und ahnungslos trank er ihn, dann ging es zum Aufstieg ins Cemsrevier.

Schon wollte ich, während wir von einem Köpfl Ausschau hielten, ihm schadenfroh meine Sünden beichten. Hätte ich es getan, so wäre ich um eine wirklich interessante Beobachtung gekommen, denn plötz- lich erklärte mein Freund, es sei ihm ganz lieb, daß keine Gemsen zu sehen seien, denn ihm sei so eigentumlich zumute, es „schnatterten“ ihm alle Glieder, und wenn er jetzt schießen solle, so könne er für eine große Patzerei mit voller Bestimmtheit garantieren. Er konnte sich seinen Zustand nicht erklären, da er von der Vertauschung des Kaffees ja nichts ahnen konnte, und ich schwieg wohlweislich.

Später legte sich seine nervöse Aufregung und wir trugen zwei Patronen weniger und dafür jeder eine Gemse zur Hütte.

Da es zu spat zum Abstieg war, beschlossen wir, oben zu über- nachten, und ich war niederträchtig genug, das Experiment von heute früh zu wiederholen. Ich vertauschte wieder den gemahlenen Kaffee

in der Kanne, wir aßen zur Nacht und mein Freund trank einige Tassen Kaffee, während ich, da ich ebenfalls sehr durstig war, mir den Rest des mitgenommenen Weines mit Regenwasser etwas verlängerte.

Dann krochen wir ins Heu und ich schlief binnen fünf Minuten wie ein Dachs, während mein Freund sich am anderen Morgen nicht genug wundern konnte, daß er vor drei Uhr nicht hatte einschlafen können.

„Wenn ich nicht selbst das Originalpaket aufgemacht und den coffeinfreien Kaffee selbst heraufgetragen hatte, so glaubte ich be- stimmt, daß der Kaufmann aus Versehen gewöhnlichen Kaffee ge- schickt hätte,“ meinte er.

Ich muß wohl ein wenig gegrinst haben, denn plötzlich schien ihm ein ganzes Elektrizitätswerk mit Glühbirnen und Bogenlampen auf- zugehen und er benahm sich wie ein gutbesuchter Kongreß von Rohr- spatzen, beschimpfte mich als gemeinen Kerl und heimtückischen Giftmischer, und nur der Triumph, mich von der starken Wirkung des Coffeins unwissentlich, aber um so wirksamer überzeugt zu haben, brachte ihn wieder in bessere Stimmung.

Dieser kleine Versuch aber gibt zu denken. Ich bin seitdem überzeugt, daß jeder, der einige Tassen Kaffee hintereinander trinkt, davon üble Folgen verspürt, ohne sich aber der Ursache bewußt zu werden, weil er regelmäßig zu bestimmter Zeit ungefähr das gleiche Quantum genießt. Erst wenn der Kaffee- oder vielmehr der Coffein- genuß*) zeitweilig ausgesetzt wird, entdeckt ein guter Beobachter die Ursache, d. h. wenn er weiß, welche Wirkung das Coffein hat.

Weiß er das nicht, so kommt er vielleicht sein Leben lang nicht auf den Gedanken, daß eine gewisse Nervosität, Herzklopfen, die zeitweilige Unfähigkeit, das Gewehr ruhig anzuschlagen und sicher abzukommen, von seinem gewohnten Frühstücks- oder Nachmittagskaffee herrührt.

Ich bemerke ausdrücklich, daß mein Freund, der mir unfreiwillig als Versuchskarnickel diente, nicht etwa ein „windiger Stadtfrack“, sondern eine sogenannte Bärennatur ist, ein Mensch, der es im Steigen mit fast allen Berglern aufnimmt, es sogar den meisten zuvorrut, und, trotzdem er fast ein halbes Jahrhundert auf dem breiten, sündigen Buckel hat, Sommer und Winter mit „dekollettierten Knien“ im Berg umeinandersteigt, dazu raucht, als wenn ein kleiner Bauer Brot backt, kurzum, so zäh ist, wie seine harzigspeckige Lederhose.

Ich selbst trinke, wie bereits erwähnt, so gut wie niemals Kaffee. Wäre ich aber daran gewöhnt, so würde mich das hier geschilderte interessante Experiment unbedingt zum coffeinfreien Kaffee Hag be-

kehrt haben.

*) Coffein ist ein im Kaffee enthaltenes Alkaloid. Es ist ein starkes Herz- und Nervengift, und die höchste Menge, die der Arzt davon als Medikament verordnen darf, ist 0,5 gr, dieselbe Menge ist aber bereits in drei Tassen Kaffee mittlerer Stärke vor- handen! Aus dem coffeinfreien Kaffee Hag ist dieser Stoff ohne Beeinträchtigung des Geschmacks und des Aromas entfernt.

DIE

AN

Horddenfiche Monatshefte Suni 1915

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in amtlichen Depeschen und Dokumenten

DER KRIEG

IN AMTLICHEN DEPESCHEN UND DOKUMENTEN

10. Lieferung.

DIE GULDENKAMMER

HERAUSGEGEBEN VON S. D. GALLWITZ / DR. G. F. HARTLAUB / DR. HERM. SMIDT

VERLAG KAFFEEHAG / BREMEN 5. JAHRG. / HEFT 9 JUNI 1915

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NACHDRUCK DER BELLETRISTIK VERBOTEN NACHDRUCK DER ÜBRIGEN ARTIKEL UNTER GENAUER QUELLENANGABE GESTATTET

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 11. April.

Am Yserkanal bei Poesele südlich von Drie-Grachten nahmen wir drei von Belgiern besetzte Gehöfte und machten dabei einen Offizier, 40 Mann zu Gefangenen.

Bei kleinen Vorstößen gegen den Ancrebach bei Albert nahmen wir 50 Franzosen gefangen.

Im Westteil der Argonnen mißglückte ein französischer Angriff.

Die Kämpfe zwischen Maas und Mosel nahmen erst gegen Abend an Heftigkeit zu. Im Waldgelande nördlich der Combres- höhe versammelten die Franzosen starke Kräfte zu einem neuen Versuch, unsere Höhenstellung zu nehmen. Der Angriff kam erst heute früh zur Ausführung und scheiterte gänzlich. Die Höhen- stellung ist ganz in unserem Besitz. Südöstlich von Ailly fanden die Nacht hindurch heftige Nahkämpfe statt, die zu unseren Gunsten entschieden wurden. Bei einem starken, aber erfolglosen fran- zösischen Angriff nördlich Flirey hatten die Franzosen sehr schwere Verluste. In den gestrigen Kämpfen im Priesterwalde nahmen wir dem Feinde 4 Maschinengewehre ab, die anschließenden sehr erbitterten Nachtkämpfe blieben für uns erfolgreich. Die sehr schweren Verluste der Franzosen in den Kämpfen zwischen Maas und Mosel lassen sich noch nicht annähernd schätzen; allein zwischen Selouse- und Lamorville- Wald zählten unsere Truppen 700, an einer kleinen Stelle nördlich Regnieville über 500 französische Leichen. Wir machten 11 französische Offiziere und 804 Mann zu Gefangenen und erbeuteten 7 Maschinengewehre. Ein in- folge zerschossener Trosse abgetriebener deutscher Fesselballon ist

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nicht, wie die Franzosen angeben, in ihre Linien vertrieben, sondern wohlbehalten bei Mörchingen gelandet und geborgen.

In den Vogesen schloß Schneesturm eme größere Gefechts- tatigkeit aus.

Bei Mariampel und Kalwarja sowie bei Klimki an der Szkwa wurden russische Angriffe abgeschlagen.

Aus einem Ort bei Bromierz westlich von Plonsk wurden die Russen hmausgeworfen, dabei 80 Mann gefangen genommen und 3 Maschinengewehre erbeutet.

In Polen südlich der Weichsel unterhielten die Russen die ganze Nacht hmdurch ein lebhaftes Infanterie- und Artilleriefeuer.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht.

Wien, 11. April.

In den Beskiden hat sich nichts ereignet.

Im Waldgebirge dauern die Kämpfe in einzelnen Abschnitten noch fort. Östlich des Uzsoker Passes wurden bei Ausnutzung der Erfolge vom 9. April weitere 9 Offiziere und 713 Mann gefangen genommen, 2 Maschinengewehre erbeutet.

An der Front in Südostgalizien nur Geschützkampf und kleinere nächtliche Unternehmungen.

In Westgalizien und Russisch-Polen herrscht Ruhe.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 12. April.

In den Argonnen scheiterten klemere französische Teilangriffe.

Zwischen Maas und Mosel war der Sonntag verhältnismäßig ruhig. Erst in den Abendstunden setzten die Franzosen zum Angriff auf die Combresstellung an; nach zweistündigem Kampf war der Angriff abgeschlagen. Im Walde von Ailly und im Priesterwalde fanden tagsüber örtlich beschränkte Nahkämpfe statt, m denen wir die Oberhand behielten. Ein in der Nacht erneut einsetzender Angriff wurde abgewiesen,

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In Erwiderung des am 5. April erfolgten Bombenabwurfs durch feindliche Flieger auf die offene, außerhalb des Operationsgebiets liegende Stadt Müllheim, bei dem drei Frauen getötet worden sind, wurde Nancy, der Hauptort der Befestigungsgruppe gleichen Namens, von uns ausgiebig mit Spreng- und Brandbomben belegt.

Nach Aussage französischer Offiziere sind die Kathedralen Notre Dame in Paris und in Troyes, sowie hervorragende Staats- gebäude, wie Nationalbibliothek, Kunstgebaude, Invalidengebäude, Louvre usw., mit militärischen Einrichtungen, wie Scheinwerfern, drahtlosen Stationen, Maschinengewehren, versehen.

Bei eineın Vorstoß von Mariampol in östlicher Richtung nahmen wir den Russen 9 Offiziere, 1350 Mann sowie 4 Maschinengewehre ab.

Nordöstlich von Lomza warfen die Russen aus Wurfmaschinen Bomben, die nicht platzten, sondern, langsam ausbrennend, er- stickende Gase entwickelten.

Die in der Presse amtlich gemeldete Verstümmelung eines russischen Unteroffiziers in Gegenwart deutscher Offiziere bedarf

als grobe und sinnlose Lüge keiner weiteren Erörterung.

Oberste Heeresleitung.

Notenwechsel über die Versenkung des

„William P. Frye“.

Note des Botschafters der Vereinigten Staaten von Amerika an den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes über die Versenkung des amerikanischen Segelschiffs „William P. Frye“.

Berlin, den 3. April 1915.

Euerer Exzellenz beehre ich mich im Auftrag meiner Regierung eine Reklamation über 228 095,54 Dollar nebst Zinsen vom 28. Januar 1915 gegen die Deutsche Regierung zugunsten der Eigentümer und des Kapitäns des amerikanischen Segelschiffs „William P. Frye“ vorzulegen, betreffend Ent- schädigung für die Nachteile, die sie infolge der Versenkung des genannten Schiffes auf hoher See durch den deutschen Hilfskreuzer „Prinz Eitel Friedrich“ am 28. Januar 1915 erlitten haben. Die Tatsachen, auf die sich der Anspruch stützt und wegen deren die Deutsche Regierung von der Regierung der Vereinigten Staaten zur Vergũtung der entstandenen Verluste und Schäden verpflichtet erachtet wird, sind kurz zusammengefaßt die folgenden: u Der „William P. Frye", ein Segelschiff aus Stahl von 3374 Tonnen brutto, im Eigentum amerikanischer Bürger und rechtmäßig unter der

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Flagge der Vereinigten Staaten segelnd, verließ Seattle im Staate Washington am 4. November 1914 unter Charter für M. H. Houser von Portland im Staate Oregon mit Bestimmung für Queenstown, Falmouth oder Plymouth nach Order und mit einer Ladung, die ausschließlich aus 186080 Bushel Weizen im Eigentume des vorgenannten Houser bestand und an Order oder an deren Anweisung konsigniert war. Dies alles ergibt sich aus den Schiffspapieren, die bei der Versenkung durch den Kommandanten des deutschen Hilfskreuzers von dem Schiffe weggenommen wurden. Am 27. Januar 1915 begegnete der „Prinz Eitel Friedrich“ dem „Frye“ auf hoher See. zwang ihn anzuhalten und sandte ein bewaffnetes Anhaltungs- kommando an Bord, das Besitz von dem Schiffe ergriff. Nach Prüfung der Schiffspapiere ordnete der Kommandant des Kreuzers an, daß die Ladung über Bord zu werfen sei; nachträglich entschloß er sich aber, das Schiff zu zerstören, und am folgenden Morgen wurde der „Frye“ auf seinen Befehl versenkt.

Die Ansprüche der Eigentümer und des Kapitans bestehen aus folgenden Posten:

Wert des Schiffes, der Ausrüstung und des Zubehörs 150 000 Dollar,

Fracht nach der Frachtliste 5034 und 1000/2240 Tonnen zu 32/6-8180/1%6 zu 4,86 Dollar, macht 39 759,54 Dollar,

Reise- und andere Auslagen des Kapitäns Kiehne, der Schiffsagenten Arthur Sewall & Cie. nebst Auslagen für eidesstattliche Erklärung, Vor- bereitung und Abfassung des Anspruchs 500 Dollar,

persönliche Effekten des Kapitäns Kiehne 300 Dollar,

Schadensersatz für die Entziehung der Schiffnutzung 37 500 Dollar,

im ganzen 228 059,54 Dollar.

Auf Anweisung meiner Regierung beehre ich mich zu ersuchen, daß die Deutsche Regierung für die Zerstörung des „William P. Frye“ durch den deutschen Kreuzer „Prinz Eitel Friedich“ volle Entschädigung leistet.

Ich benutze usw. James W. Gerard.

Antwortnote des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes an den Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika.

Berlin, den 4. April 1915.

Der Unterzeichnete beehrt sich, Seiner Exzellenz dem Botschafter der Vereinigen Staaten von Amerika Herrn James W. Gerard auf das Schreiben vom 3. d. M., Nr. E. O. 2892, betreffend Schadensersatzansprüche wegen Versenkung des amerikanischen Kauffahrteischiffes „William P. Frye“ durch den deutschen Hilfskreuzer „Prinz Eitel Friedich“, nachstehendes zu erwidern:

Nach den der Deutschen Regierung zugegangenen Berichten hat der Kommandant des „Prinz Eitel Friedrich“ das Schiff „William P. Frye“ am 27. Januar d. J. auf hoher See angehalten und untersucht. An Bord fand er eine an Order gerichtete, nach Queenstown, Falmouth oder Plymouth

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bestimmte Weizenladung. Nachdem er zunächst versucht hatte, die Ladung aus dem „William P. Frye” zu entfernen, nahm er schließlich die Papiere und die Besatzung an Bord und versenkte das Schiff.

Aus diesem Tatbestand ergibt sich, daß der deutsche Kommandant sich völlig im Rahmen der Grundsätze des Völkerrechts gehalten hat, wie sie in der Londoner Seekriegsrechtserklarung und in der deutschen Prisen- ordnung niedergelegt sind. Die Häfen von Queenstown, Falmouth und Plymouth, wohin das angehaltene Schiff bestimmt war, sind stark befestigte englische Küstenplätze, die überdies den britischen Seestreitkräften als Stütz- punkt dienen. Die Weizenladung, die gemäß Artikel 24 Nr. | der Londoner Erklärung, Ziffer 23 Nr. I der deutschen Prisenordnung als Lebensmittel unter den Begriff der relativen Konterbande fiel, war daher nach Artikel 33, 34 der Londoner Erklärung, Ziffer 32, 33 der deutschen Prisenordnung als für die feindliche Streitmacht bestimmt anzusehen und bis zum Beweise des Gegenteils als Konterbande zu behandeln; dieser Gegenbeweis war jedenfalls bei der Anhaltung des Schiffes nicht zu führen, da die Ladungs- papiere an Order lauteten. Damit war aber auch gemäß Artikel 49 der Londoner Erklärung, Ziffer 113 der deutschen Prisenordnung die Voraus- setzung für die Versenkung des Schiffes gegeben, da für den Hilfskreuzer die Möglichkeit fehlte, die Prise ohne Gefährdung seiner Sicherheit und ohne Beeinträchtigung des Erfolges seiner Operationen in einen deutschen - Hafen einzubringen. Die ihm nach Artikel 50 der Londoner Erklärung, Ziffer 116 der deutschen Prisenordnung vor der Zerstörung obliegenden Pflichten hat er erfüllt, indem er die an Bord befindlichen Personen und die Schiffspapiere auf den Kreuzer herübergenommen hat.

Die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen des deutschen Kommandanten ist übrigens gemäß Artikel 51 der Londoner Erklärung, § | Nr.2 der deutschen Prisengerichtsordnung durch die deutsche Prisengerichtsbarkeit nachzu- . prüfen. Dieses Prisenverfahren wird nach Eingang der Schiffpapiere unver- züglich vor dem Prisengericht in Hamburg eröffnet werden und sich auf die Entscheidung der Fragen erstrecken, ob die Zerstörung der Ladung und des Schiffes im Sinne des Artikels 49 der Londoner Erklärung notwendig war, ob das untergegangene Eigentum der Wegnahme unterlag, sowie gege- benenfalls ob und in welcher Höhe den Eigentümern Schadensersatz zu leisten ist. In dem Verfahren würde den Eigentümern von Schiff und Ladung gemäß Artikel 34 Abs. 3 der Londoner Erklärung der Beweis offen stehen, daß die Weizenladung eine friedliche Bestimmung und somit nicht den Charakter der Konterbande hatte. Wird dieser Beweis nicht geführt, so wäre nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen die Deutsche Regierung zu einer Entschädigung überhaupt nicht verpflichtet.

Nach den für die Beziehungen zwischen Deutschland und den Ver- einigten Staaten von Amerika geltenden besonderen Bestimmungen ist indes die Rechtslage insofern eine andere, als nach Artikel 13 des preußisch- amerikanischen Freundschafts- und Handelsvertrages vom 11. Juli 1799 in Verbindung mit Artikel 12 des preußisch-amerikanischen Handels- und Schiffahrtsvertrags vom I. Mai 1828 Konterbande, die einem Angehörigen

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des einen Teiles gehört, von dem anderen Teile nicht eingezogen, sondem nur zurückgehalten oder gegen Zahlung des Wertes übernommen werden kann. Auf Grund dieser Vertragsbestimmung, die selbstverständlich für das deutsche Prisengericht maßgebend ist, würden die amerikanischen Eigentümer von Schiff und Ladung auch dann eine Entschädigung erhalten, wenn das Gericht die Weizenladung als Konterbande erklären würde. Gleichwohl erübrigt sich nicht etwa das bevorstehende Prisenverfahren, da das zuständige Prisengericht die Rechtmäßigkeit der Wegnahme und der Versenkung nachzuprüfen hat, auch die Legitimation der Reklamanten und die Höhe des Schadensersatzes feststellen würde.

Indem der Unterzeichte dem Herrn Botschafter anheimstellen darf, vorstehendes zur Kenntnis seiner Regierung zu bringen, benutzt er diesen Anlaß, um ihm die Versicherung seiner ausgezeichnetsten Hochachtung zu erneuern.

von Jagow.

Verbalnote des Deutschen Auswärtigen Amtes an die Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in Berlin.

Berlin, den 16. Marz.

Nach Meldungen der englischen Presse soll die Britische Admiralitat die Absicht kund gegeben haben, den in Gefangenschaft geratenen Offi- zieren und Mannschaften der deutschen Unterseeboote nicht die ihnen als Kriegsgefangenen gebührende Behandlung zuteil werden zu lassen, ins- besondere den Offizieren nicht die Vorzüge ihres Dienstgrades zuzu- billigen. Die Deutsche Regierung ist der Ansicht, daß diese Nachrichten nicht zutreffen, da die Besatzungen der Unterseeboote in Ausführung der ihnen erteilten Befehle gehandelt, mithin lediglich ihre militärischen Pflichten erfüllt haben. Immerhin haben die in Rede stehenden Meldungen auch in der neutralen Presse einen solchen Umfang angenommen, daß eine sofortige Aufklärung des Sachverhalts schon im Hinblick auf die öffentliche Meinung in Deutschland dringend geboten erscheint.

Das Auswärtige Amt bittet daher die Botschaft der Vereinigten Staaten, auf telegraphischem Wege durch Vermittlung der Amerikanischen Botschaft in London bei der Großbritannischen Regierung anfragen zu lassen, ob und in welcher Weise sie die gefangen genommenen Offiziere und Mannschaften der deutschen Unterseeboote irgendwie schlechter als andere Kriegsgefangene zu behandeln gedenkt. Sollte dies der Fall sein, so wird die weitere Bitte ausgesprochen, im Namen der Deutschen Re- gierung gegen ein derartiges Verfahren bei der Britischen Regierung den schärfsten Protest einzulegen und ihr keinen Zweifel darüber zu lassen, daß für jedes in britische Gefangenschaft geratene Mitglied der deutschen Unterseebootsbesatzungen ein in Kriegsgefangenschaft befindlicher eng- lischer Armeeoffizier eine entsprechend schlechte Behandlung erfahren wird.

Für eine tunlichst baldige Mitteilung über das Ergebnis der unter- nommenen Schritte würde das Auswärtige Amt dankbar sein.

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Verbalnote der Amerikanischen Botschaft in Berlin an das Deutsche Auswärtige Amt. Berlin, den 6. April.

Mit Beziehung auf die geschätzte Verbalnote vom 16. März 1915, betreffend die Behandlung der in England gefangenen Besatzungen deut- scher Unterseeboote, beehrt sich die Amerikanische Botschaft, das Kaiser- liche Auswärtige Amt zu benachrichtigen, daß die Angelegenheit unver- zuglich dem Staatsdepartement in Washington vorgelegt worden ist, und teilt im nachstehenden dem Kaiserlichen Auswärtigen Amte die telegraphisch aus Washington eingegangene Antwort der Britischen Regierung im Wortlaut mit.

„Der Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten übermittelt dem Botschafter der Vereinigten Staaten seine Empfehlungen und beehrt sich mit Beziehung auf die Note Seiner Exzellenz vom 20. v. M., betreffend die Zeitungsberichte über die Behandlung der deutschen Unterseebootsgefangenen, mitzuteilen, daß nach einer Auskunft der Lords Commissioners der Admiralitat die geretteten Offizere und Mannschaften der deutschen Unterseeboote „U 8“ und „U 12“ mit Rücsicht auf die Notwendigkeit ihrer Absonderung von anderen Kriegsgefangenen in die Marinearrestanstalten (Naval Detention Barracks) verbracht worden sind. In diesen Quartieren werden sie menschlich behandelt, erhalten Gelegenheit zu körperlicher Bewe- gung, sind mit deutschen Büchern versehen, werden zu keinen Zwangsarbeiten herangezogen und werden besser ernährt und ge- kleidet als britische Gefangene von gleichem Range in Deutschland. Da sich indes die Besatzungen der beiden in Rede stehenden Unter- seeboote, bevor sie aus der See gerettet wurden, damit befaßten, unschuldige britische und neutrale Handelsschiffe zu versenken und leichtfertig Nichtkämpfer zu töten, sind sie nicht als ehrenhafte Gegner anzusehen, sondern eher als Leute, die auf Befehl ihrer Regierung Handlungen begangen haben, die Verbrechen gegen das Völkerrecht darstellen und gegen die allgemeine Menschlichkeit verstoßen. Seiner Majestät Regierung möchte auch zur Kenntnis der Regierung der Vereinigten Staaten bringen, daß während des gegenwärtigen Krieges mehr als tausend Offiziere und Mannschaften der deutschen Marine aus der See gerettet worden sind, zuweilen ungeachtet der Gefahr für die Retter und zuweilen zum Schaden britischer Marineoperationen. Es ist dagegen kein Fall vorgekommen, wo irgendein Offizier oder Mann der Königlichen Marine von den Deutschen gerettet worden ist.“

Note des Staatssekretars des Deutschen Auswartigen Amtes an den Botschafter der Vereinigten Staaten in Berlin. Berlin, den 11. April. Der Unterzeichnete beehrt sich, Seiner Exzellenz dem Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika, Herrn James W. Gerard, auf die

Verbalnote vom 6. d. M. F. O. Nr. 2928 über die Behandlung der

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in England gefangen gehaltenen Besatzungen deutscher Unterseeboote nachstehendes mitzuteilen.

Die Deutsche Regierung hat mit Befremden und mit Entrüstung davon Kenntnis genommen, daß die Britische Regierung die kriegs- gefangenen Offiziere und Mannschaften der deutschen Unterseeboote nicht als ehrenhafte Gegner ansieht und sie demgemäß nicht wie andere Kriegs- gefangene, sondern wie Arrestanten behandelt. Diese Offiziere und Mannschaften haben als tapfere Männer in Erfüllung ihrer militärischen Pflichten gehandelt und daher vollen Anspruch darauf, in derselben Weise wie andere Kriegsgefangene gemäß den völkerrechtlichen Abmachungen gehalten zu werden. Die Deutsche Regierung legt daher gegen das völker- rechtswidrige Vorgehen Englands auf das schärfste Verwahrung ein und sieht sich gleichzeitig zu ihrem Bedauern gezwungen, nunmehr unverzüglich die von ihr angekündigte Vergeltungsmaßnahme auszuführen und eine entsprechende Anzahl kriegsgefangener englischer Armeeoffiziere einer gleich harten Behandlung zu unterwerfen. Wenn übrigens die Britische Regierung am Schlusse ihrer Ausführungen bemerken zu sollen glaubt, daß die deutsche Marine im Gegensatz zur britischen die Rettung von Schiffbrüchigen unterlassen habe, so kann die darin liegende Unterstellung, als ob eine solche Rettung den deutschen Kriegsschiffen möglich gewesen, aber von ihnen geflissentlich unterlassen worden sei, nur mit Abscheu zurückgewiesen werden.

Der Unterzeichnete bittet den Herrn Botschafter, der Britischen Regierung eine entsprechende Mitteilung zugehen zu lassen, auch dafür Sorge zu tragen, daß sich ein Mitglied der Amerikanischen Botschaft in London alsbald persönlich von der Behandlung der deutschen Untersee- bootsgefangenen überzeugt und über alle Einzelheiten ihrer Unterbringung, Verpflegung und Beschäftigung Bericht erstattet. Das weitere Verfahren gegenüber den arrestierten britischen Offizieren, die vorläufig in Offiziers- haft genommen werden, würde alsdann der Behandlung der deutschen Gefangenen angepaßt werden.

Indem der Unterzeichnete dem Herrn Botschafter für seine Mühe- waltung in dieser peinlichen Angelegenheit seinen verbindlichsten Dank

ausspricht, benutzt er usw. von Jagow.

Berlin, 12. April.

Die von der englischen Regierung angeordnete Maßregelung der in treuester Pflichterfüllung in ihre Gewalt geratenen Besatzung von Unter- seeboten durch Versagung ehrenhafter Kriegsgefangenschaft und Unter- bringung in Naval Detentions Barracks hat die deutsche Regierung zu der Gegenmaßnahme veranlaßt, für jeden Gefangenen der Unterseeboots- besatzung für die Dauer seiner völkerrechtswidrigen, harten Behandlung einen kriegsgefangenen englischen Offizier ohne Ansehen der Person in gleicher Weise zu behandeln. Dementsprechend sind heute, am 12. Aprıl 1915, aus Offiziersgefangenenlagern 39 englische Offiziere in entsprechende Haft in Militärarrestanstalten übergeführt worden.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 13. April.

Die Franzosen behaupten, 150 Bomben auf Seebahnhof und Gießerei Brügge abgeworfen zu haben, in Wirklichkeit fielen neun Bomben in der Umgebung von Ostende und zwei bei Brũgge nieder, ohne Schaden anzurichten. Wir bewarfen dafür heute nacht aus- giebig die von den Engländern belegten Orte Poperinghe, Haze- brouck und Cassel.

Bei Berry-au-Bac drangen die Franzosen nachts in einen unserer Gräben ein, wurden aber sofort wieder zurückge werfen.

Ein feindlicher Fliegerangriff in Gegend östlich von Reims mißglückte; nordöstlich von Suippes wurden gegen uns wieder Ge- schosse mit betäubender Gasentwickelung verwendet.

Zwischen Maas und Mosel setzten die Franzosen ihre Angriffs- tätigkeit an einzelnen Stellen mit Heftigkeit, aber erfolglos fort. Drei Angriffe in den Vormittagsstunden bei Maizerey östlich von Verdun brachen unter schwersten Verlusten in unserem Feuer zu- sammen. Die mittags und abends bei Marcheville südwestlich von Maizerey unternommenen Angriffe, bei denen der Feind starke Kolonnen zeigte, nahmen denselben Ausgang. Ein heute bei Tages- anbruch gegen die Front Maizerey-Marcheville geführter Angriff wurde wieder mit sehr erheblichen Verlusten für den Feind zurück- geschlagen. Im Priesterwalde fanden Tag und Nacht erbitterte Nahkämpfe statt, bei denen wir langsam Boden gewannen.

Südlich des Hartmannsweilerkopfes wurde gestern abend ein französischer Angriff abgewiesen.

Im Osten ist die Lage unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 13. April.

Amtlich wird verlautbart: Die seit ungefähr 20. März andauernde russische Offensive in den Karpathen ist an der ganzen Front zum Stehen gekommen.

Als in den erbitterten Kämpfen während der Ostertage der vom Gegner mit starken Kräften versuchte Durchbruch im Laborcz- und

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Ondawatale gescheitert war, versuchte der Feind im Waldgebirge beiderseits des Uzsokerpasses erneut vorzudringen. Auch hier wurden in den letzten Tagen alle Angriffe der Russen unter großen Verlusten des Feindes zurückgeschlagen.

Die sonstige Lage ist unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See.

Der Beutezug der U-Boote. London, 14. April.

Der Marinemitarbeiter der „Morning Post” schreibt über die Tätigkeit der deutschen Unterseeboote: Die britischen Patrouillen- schiffe haben zwar wahrscheinlich viele Handelsschiffe vor dem Ver- senktwerden bewahrt, aber die Tatsache bleibt bestehen, daß der Beutezug der Unterseeboote in ungefähr gleichmäßigem täglichen und wöchentlichen Umfange andauert. Die Unterseeboote versenkten seit dem 13. Februar rund ein Schitf täglich. Dieser Zustand ist weit davon entfernt, befriedigend zu sein. Solange die Verluste andauern, kann England nicht annehmen, daß es die Herrschaft zur See besitzt.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 14. April.

Ein nächtlicher feindlicher Vorstoß bei Berry-au-Bac scheiterte.

Nordwestlich von Verdun brachten die Franzosen gestern Minen mit stark gelblicher Rauch- und erstickend wirkender Gas- entwickelung gegen unsere Linien zur Anwendung.

Zwischen Maas und Mosel wurde weitergekampft. Bei einem starken französischen Angriff gegen die Linie Maizerey-Marchéville drangen die Franzosen an einer schmalen Stelle bei Marcheville in unsere Stellung ein, wurden durch Gegenangriff aber bald wieder hinausgeworfen. An der übrigen Front brach der Angriff bereits vor unserer Stellung zusammen. Zwischen Combres und St. Mihiel fanden gestern nur Artilleriekämpfe statt. Im Ailly-Walde wurden nach erfolglosen feindlichen Sprengversuchen drei feindliche An- griffe zurückgewiesen. Ein Angriff beiderseits der Straße Essey- Flirey scheiterte westlich dieser Straße und führte östlich derselben

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zu Nahkämpfen, in denen unsere Truppen die Oberhand behielten. Im Priesterwalde fanden keine Kämpfe statt.

In den Vogesen mißglückte ein französischer Vorstoß gegen den Schnepfenriethkopf südwestlich von Metzeral.

Die Lage im Osten ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 15. April.

Zwischen Maas und Mosel kam es gestern nur zu vereinzelten Kämpfen. Bei Marchéville erlitten die Franzosen in dreimaligen erfolglosen Angriffen schwere Verluste. Westlich der Straße Essey- Flirey dauerte der Kampf um ein kleines Grabenstück bis in die Nacht hinein fort. Am und im Priesterwalde scheiterten französische Angriffe.

Feindliche Abteilungen, die gegen unsere Stellungen nordöstlich von Manonviller vorgingen, wurden von unsern Sicherungstruppen mit schweren Verlusten zurückgeworfen.

Südlich des Hartmannsweilerkopfes versuchten die Franzosen fünfmal vergeblich unsere Front zu durchbrechen. Im übrigen fanden in den Vogesen nur Artilleriekämpfe statt.

Die Lage im Osten blieb unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Die Kämpfe zwischen Maas und Mosel. Berlin, 15. April.

Aus dem Großen Hauptquartier wird uns geschrieben: Die Tage vom I0. bis 14. April 1915 kennzeichen sich durch besondere lebhafte Tätigkeit der Franzosen auf beiden deutschen Flügeln. Nach dem verhältnismäßig ruhigen Verlauf des 10. April nahm der Gegner bereits gegen Abend wieder eine lebhafte Tätigkeit auf. Bei einem französischen Angriff gegen die Linie Seuzey-Lamorville blieben 700 Leichen auf der Waldlichtung zwischen den beiderseitigen Stellungen liegen. Auch bei Flirey brachen abends starke Kräfte zum Angriff vor, wurden aber, nachdem sie in einen Teil unseren Stellungen ein- gedrungen waren, wieder zurückgeworfen. Dennoch kehrte der Gegner am frühen Morgen des 11. April zurück, wurde erneut abgewiesen und ließ 3 Offiziere, 119 Mann gefangen in unserer Hand. In diesem

Abschnitt wurde später beobachtet, daß die Franzosen ihre Gefallenen

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wie Sandsäcke auf die Brustwehr ihrer Gräben aufpackten und mit Erde bewarfen. In Ailly und im westlichen Priesterwalde spielten sich die ganze Nacht Nahkampfe ab, die für unsere Truppen günstig endeten. Am frühen Morgen des Il. April setzten die Franzosen auch an der Combres-Höhe zu einem neuen Angriff an, der aber im Feuer unserer Artillerie nicht zur vollen Entwicklung kam.

Am Il. April beschränkte sich die Gefechtstatigkeit im allge- meinen auf beiderseitiges Artilleriefeuer von wechselnder Stärke, in das stellenweise auch die Minenwerfer eingriffen. Nur im Priester- walde führten zwei französische Angriffe nachmittags und abends erneut zu heftigen Nahkämpfen, in denen unsere Truppen die Ober- hand behielten. Auf der Combres-Höhe gelang es abends einem zweiten französischen Vorstoß, vorübergehend in Teile unserer Kamm- stellung einzudringen. Aber nach zweistündigem Handgemenge wurde die Stellung vom Gegner wieder gesäubert.

Die beiden am Morgen und Abend abgeschlagenen französischen Angriffe gegen unsere Stellungen auf dem Kamm der Combres-Höhe verdienen besondere Beachtung, denn mit ihnen widerlegen die Fran- zosen selbst die durch den Dank Joffres an die I. Armee der Welt am 10. April verkündete Botschaft von der endgültigen Eroberung der Combres-Stellung. Hätten die Franzosen dieses Ziel ihrer wochenlangen blutigen Bemühungen erreicht, dann waren die erwähnten Angriffe am Il. April nicht nur überflüssig, sondern ein sinnloses Blutvergießen gewesen. Sie wurden aber unternommen und abgeschlagen. Ein dabei gefangen genommener französischer Unteroffizier erzählte, daß den an der Combres-Höhe kampfenden Truppen erklärt wurde, sie würden erst dann abgelöst werden, wenn sie die Höhenstellung genommen hätten. Die französische Heeresleitung meldete dagegen, daß seit dem 9. April an der Combres-Höhe nicht mehr gekämpft würde.

Die Nacht vom II. zum 12. April verlief auf der ganzen Front im allgemeinen ruhig, nur stellenweise wurde diese Ruhe von fran- zösischen Artillerie- und Infanterie-Feuerüberfällen unterbrochen.

Der 12. April brachte dem größten Teile der Front, von der Combres-Höhe bis Richecourt, nur Artilleriefeuer von mäßiger Stärke, dagegen bereitete eine sehr heftige Beschießung unserer Stellungen am Nordflügel zwischen Buzy und Marcheville sowie am Südflügel in dem Abschnitt östlich Richecourt auf Infanterieangriffe vor. Diese be- gannen mittags gleichzeitig bei Maizerey und Marchéville. Während der Gegner am letzteren Ort nach dem ersten abgeschlagenen Angriff

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auf eine Wiederholung zunächst verzichtete, ließ er bei Maizerey, wo sämtliche Angreifer im Feuer liegen blieben, im Abstande von je einer Stunde zwei weitere Vorstöße folgen, bei denen die Angriffstruppen auch völlig aufgerieben wurden; | Offizier 40 Mann fielen in Gefangen- schaft. Dennoch rannten die Franzosen abends noch einmal bei Marche- ville mit drei aufeinander folgenden Schützenlinien, dicke Kolonnen dahinter, in unser Feuer, das diesem fünften Angriff ein blutiges Ende bereitete. An diesem Angriff beteiligten sich zwei Panzerautomobile. Um dieselbe Zeit wurde am Südflügel im westlichen Priesterwalde ein Infanterieangriff abgeschlagen. Hier wurden schwarze Truppen beim Schanzen beobachtet.

Nach einer im allgemeinen ruhigen Nacht lebte am Morgen des 13. April das Infanteriegefecht auf beiden Flügeln wieder auf. Diesmal brachen die Franzosen ohne Artillerievorbereitung gegen unsere Stellungen bei Maizerey und Marcheville vor, aber ihre Erwartung, unsere Truppen zu überraschen, wurde getäuscht und der Angriff ab- gewiesen. Im Priesterwalde wurde das Gefecht fortgesetzt, und nörd- lich Maizerey unternahm am Nachmittag der Gegner einen neuen ver- geblichen Versuch, in unsere Stellungen einzudringen.

In der Nacht zum 14. April unterhielten die Franzosen am Nord- flügel heftiges Infanteriefeuer, in das zeitweise schwere Artillerie ein- griff, um die Wiederherstellungsarbeiten in unseren Stellungen zu stören. Dennoch brach ein in der zweiten Morgenstunde unternommener starker Infanterieangriff vor unserer Linie zusammen. Dasselbe Schicksal er- eilte im Laufe des Tages Infanterieangriffe nördlich Marcheville; in schmaler Front und großer Tiefe stürmte der Gegner dreimal gegen unsere Stellungen vor, wobei immer frische Kräfte die Zurückflutenden aufnahmen und ihrerseits angriffen. Nach Aussagen Gefangener soll dabei Infanterieregiment 51 aufgerieben sein. Im Walde von Ailly folgten einer wenig wirksamen Sprengung ebenfalls drei Infanterie- angriffe, die sämtlich abgeschlagen wurden. Einen kleinen Erfolg hatten die Franzosen nördlich Flirey, wo sie sich nach starker artilleristischer Vorbereitung in Besitz eines 100 Meter breiten Teiles unserer vor- dersten Stellung setzten. Der erbitterte Nahkampf dauerte den ganzen Tag über an und war am Abend noch nicht entschieden. Auch im westlichen Priesterwalde entspannen sich nachmittags heftige Nahkämpfe, die abends mit einem sehr verlustreichen Mißerfolg des Gegners en- deten. Auf der übrigen Front brachte der 14. April Artilleriekämpfe von wechselnder Stärke und eine stellenweise rege Tatigkeit der Nah-

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kampfmittel. Ein gefangener französischer Offizier sagte aus, daß der feindlichen Artillerie unbegrenzte Mengen amerikanischer Munition zur Verfügung ständen.

Bereits im Laufe des 12. April wurde der Vormarsch stärkerer Truppen nördlich St. Mihiel über die Maas in östlicher Richtung be- obachtet. Dies laßt im Verein mit einer sehr lebhaften französischen Fliegeraufklärung darauf schließen, daß die Kämpfe zwischen Maas und Mosel dem Abschluß noch nicht nahe sind.

Der Krieg zur See. Angriff eines deutschen Marineluftschiffes. Berlin, 15. April.

Am 14. April abends hat ein Marineluftschiff einen Angriff gegen die Tynemündung unternommen. Hierbei wurde eine Anzahl Bomben geworfen. Das Luftschiff ist unversehrt zurückgekehrt.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

Zeppelinangriffe auf die englische Ostküste. Berlin, 16. April. In der Nacht vom 15. zum 16. April haben Marineluftschiffe mehrere verteidigte Platze an der südlichen englischen Ostküste er- folgreich mit Bomben beworfen. Die Luftschiffe wurden vor und bei den Angriffen heftig beschossen. Sie sind unbeschädigt zurückgekehrt.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 16. April.

Vor Ostende—Nieuport beteiligten sich gestern am Artillerie- kampf einige feindliche Torpedoboote, deren Feuer schnell zum Schweigen gebracht wurde.

Am Sudrand von St. Eloi besetzten wir nach Sprengung zwei Häuser.

Am Südhang der Lorettohöhe wird seit heute nacht wieder gekämpft.

Zwischen Maas und Mosel fanden nur Artilleriekampfe statt.

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Die Verwendung von Bomben mit erstickend wirkender Gas- entwicklung und von Infanterie-Explosivgeschossen seitens der Franzosen nimmt zu.

Bei dem klaren, sichtigen Wetter war die Fliegertatigkeit gestern wieder sehr rege. Feindliche Flieger bewarfen die Ort- schaften hinter unseren Stellungen mit Bomben. Auch Freiburg wurde wieder heimgesucht, wo mehrere Zivilpersonen, hauptsächlich Kinder, getötet und verletzt wurden.

Im Osten ist die Lage unverändert.

In den kleinen Gefechten bei Kalwarja wurden in den letzten Tagen von uns 1040 Russen gefangen genommen und 7 Maschinengewehre erbeutet. Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See. Die feindlichen Schiffsverluste im Marz.

Das Gesamtergebnis der Schiffsverluste unserer Feinde im März stellt sich auf 23 Dampfer. Es wurden durch unsere Unterseeboote folgende Schiffe versenkt:

„Aguila“, englisch, am 27. März durch U-Boot bei Pembroke. „Andalusian“, englisch, am 12. Marz durch „U 29" bei Scilly Island. „Bengrove“, englisch, am 7. Marz durch U-Boot bei Bristol. „Blackwood“, englisch, am 9. März durch U-Boot bei Hastings. „Cairntoor“, englisch, am 2]. Marz durch U-Boot bei Beachy Head. „Concord“, englisch, am 22. Marz durch U-Boot bei Beachy Head. „Crown of Castile“, englisch, im Marz durch U-Boot bei Scilly Island, „Durham Castle“, englisch, am 13. Marz durch U-Boot bei Beachy Head. „Falaba“, englisch, im März durch U-Boot bei Milford. „Fingal“, englisch, am 15. März durch U-Boot bei Northumberland. „Flaminian“, englisch, am 30. Marz durch U-Boot bei Scilly Island. „Florazan“, englisch, am II. März durch U-Boot im Bristolkanal. „Glenartney“, englisch, am 18. März durch U-Boot im Kanal. „Hartdale“, englisch, am 12. März durch „U 29" bei Scilly Island. „Headland“, englisch, am 12. Marz durch „U 29" bei Scilly Island. „Indian City“, englisch, am 12. Marz durch „U 29" bei Scilly Island. „Invergyle“, englisch, am 13. Marz durch U-Boot bei Blyth. „Leeuwarden“, englisch, am 17. Marz durch U-Boot bei Maas-F euerschiff. „Tangistan“, englisch, am 9. März durch U-Boot bei Scarborough. „Vosges“, englisch, am 28. März durch U-Boot bei Cornwall. „Auguste Conseil“, französisch, am Il. März durch „U 29" bei Start Point. »Gris-Nez", französisch, am Il. März durch U-Boot bei Beachy Head. „Guadeloupe“, französisch, im Marz durch „Kronprinz Wilhelm“ im Sudatlantik.

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Der Krieg zur See.

Die bisherigen Verluste in den Dardanellen.

19. März:

14. März: 15. März: 18. März: 18. März: 18. Marz: 18. Marz:

18. Marz:

7. April: 7. April:

18. Marz:

Englische Schiffe.

Gesunken: Schlachtschiff Irresistible“, 15250 Tonnen, 18 bis 18,7 Knoten, 750 Mann Besatzung, vier 30,5, zwolf 15,2, sechzehn 7,6, zwei 4,7 Zentimetergeschütze. Schlachtschiff „Ocean“, 13150 Tonnen, 18 bis 19 Knoten, 750 Mann Besatzung, vier 30,5, zwölf 15, zehn 7,8 sechs 4,7.

Beschädigt: Kleiner Kreuzer „Amethyst“, 3050 Tonnen, 23,6 Knoten, 2% Mann Besatzung, zwölf 10,2, acht 4,7. Panzerkreuzer „Iriumpf“, 12180 Tonnen, 19 bis 20,2 Knoten, 700 Mann Besatzung, vier 25,4, vierzehn 19, vierzehn 7,6, vier 5,7. Panzerkreuzer Inflexible“, 17530 Tonnen, 26,5 Knoten, 730 Mann Besatzung, acht 30,5, sechzehn 10,2. Linienschiff „Cornwallis“, 14200 Tonnen, 19,4 Knoten, 750 Mann Besatzung, vier 30,5, zwolf 15,2, zwölf 7,6, zwei 4,7. Geschützter Kreuzer „Dublin“, 5500 Tonnen, 25,5 Knoten, 380 Mann Besatzung, acht 15,2, vier 4,7. Schlachtschiff „Prince George“, 15150 Tonnen, 17,5 bis 18,5 Knoten, 757 Mann Besatzung, vier 30,5, zwölf 15,2, sechzehn 7,6, vier 4,7. Schlachtschiff „Queen Elisabeth“, 29000 Tonnen, 25 Knoten, ? Mann Besatzung, acht 38,1, sechzehn 15,2, zwölf 7,6 (davon vier als Ballonabwehrgeschütze), vier 4,7. Panzerkreuzer „Euryalus“, 12200 Tonnen, 22 Knoten, 860 Mann Besatzung, zwei 23,4, zwölf 15, zwölf 7,6, drei 4,7. Geschützter Kreuzer „Sapphire“, 3050 Tonnen, 22,3 Knoten, 296 Mann Besatzung, zwölf 10,2, acht 4,7. Kreuzer „Dartmouth“, 5300 Tonnen, 25,9 Knoten, 380 Mann Besatzung, acht 15,2, vier 4,7. Linienschiff „London“, 25250 Tonnen, 18 bis 18,7 Knoten, 750 Mann Besatzung, vier 30,5, zwölf 15, sechzehn 7,6, zwei 4,7.

Französische Schiffe.

Gesunken:

Linienschiff „Bouvet“, 12000 Tonnen, 18,2 Knoten, 608 Mann Besatzung, zwei 30,5, zwei 27,4, acht 14, acht 10, vierzehn 4,7

Zentimetergeschütze.

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Beschadigt:

Linienschiff „Gaulois“, 11300 Tonnen, 18,2 Knoten, 633 Mann

Besatzung, vier 30,5, zehn 14, acht 10, zwanzig 4,7.

Schlachtschiff „Suffren“, 12730 Tonnen, 18 Knoten, 655 Mann

Besatzung, vier 30,5, zehn 16,4, acht 10, zweiundzwanzig 4,7. 7. April: Panzerkreuzer „Leon Gambetta“, 12600 Tonnen, 23 Knoten,

704 Mann Besatzung, vier 19,4, sechzehn 16,4, vierundzwanzig 4,7.

Ein Torpedojäger, zwei Wasserflugzeuge verloren.

Russische Schiffe (Handelsschiffe). Gesunken im Schwarzen Meer:

„Provident“, 2000 Tonnen. „Pastochnaje“, 1500 Tonnen.

Nationalität unbekannt. Gesunken:

Torpedoboot, 3 Minensuchschiffe, ] Transportschiff bei Mytilene.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 17. April.

Gestern brachten auch die Engländer östlich Ypern Granaten und Bomben mit erstickend wirkender Gasentwickelung zur An- wendung.

Am Südhang der Loretto-Höhe nordwestlich von Arras ging uns ein kleiner Stützpunkt von 60 Meter Breite und 50 Meter Tiefe verloren.

In der Champagne nordwestlich von Perthes wurde Re um- fangreicher Sprengung eine französische Befestigungsgruppe im Sturm genommen. Ein heute früh angesetzter feindlicher Gegen- angriff mißglückte.

Zwischen Maas und Mosel fanden heftige Artilleriekampfe statt. Bei Flirey griffen die Franzosen mehrfach an; mit schweren Verlusten wurden sie in ihre Stellungen zurückgeworfen.

Bei einem Erkundungsvorstoß nahmen unsere Truppen die feindliche Stellung nordwestlich von Urbeis (Vogesen), die, für uns ungünstig gelegen, unter Mitnahme einer Anzahl gefangenge- nommener Alpenjager morgens wieder geräumt wurde.

Ein französisches Luftschiff erschien heute nacht über Straßburg und warf mehrere Bomben ab. Der Sachschaden, der hauptsächlich Fensterscheiben betrifft, ist unbedeutend; einige Zivilpersonen sind

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leider verletzt. Einer unserer Flieger, der vorgestern Calais mit Bomben belegte, bewarf gestern Greenwich bei London.

Die Lage im Osten blieb auch gestern unverändert.

Oberste Heeresleitung. Die Türkei im Kriege. Der Kampf um die Dardanellen. Konstantinopel, 17. April.

Das Hauptquartier teilt mit: Gestern nachmittag wurde ein feindliches Wasserflugzeug beim Fluge über den Golf von Saros von unserem Feuer beschädigt und fiel vor Sazli Liman ins Meer. Ein zweites Wasserflugzeug, das sich aufs Meer niederließ, um das erste zu bergen, wurde durch unser Feuer zum Sinken gebracht. Das englische Panzerschiff „Lord Nelson“ und ein Wasserflugzeugmutter- schiff, die sich näherten, wurden von Granaten getroffen. Der „Lord Nelson“ zog sich zurück. Das Wasserflugzeugmutterschiff, das das beschädigte Wasserflugzeug schleppte, zog sich gleichfalls zurück. Das englische Unterseeboot „E 15“ wurde in der Meerenge der Dardanellen, östlich von Karanlik Liman, zum Sinken gebracht. Von der aus 31 Mann bestehenden Besatzung wurden 3 Offiziere und 21 Soldaten gerettet und zu Gefangenen gemacht; unter ihnen befindet sich auch der frühere englische Vizekonsul in den Dardanellen. Von den übrigen Kriegsschauplatzen ist nichts zu melden.

Konstantinopel, 17. April.

Am 14. April nachmittags beschoß das englische Linienschiff „Majestic“ die Landstellungen bei Gabatepe (Sarosbucht). Das Feuer wurde erwidert und „Majestic“ nach wenigen Schüssen gezwungen, sich zurückzuziehen. Als die „Majestic“ am Nachmittag des 15. April wieder einige vorgeschobene Batterien angriff, wurde sie von den türkischen Forts unter Feuer genommen und erhielt drei Treffer, und zwar zwei hinter der Kommandobrücke und einen zwischen den Schornsteinen. Das Schiff drehte ab und wurde durch das Linien- schiff „Swiftsure“ ersetzt, das die Beschießung der Batterien ohne Erfolg fortsetzte.

In den Nächten vom 13. zum 14. und 14. zum 15. April versuchten feindliche Torpedoboote in die. Dardanellen einzudringen, wurden aber leicht abgewiesen. Ein deutscher Flieger warf bei Tenedos auf feind- liche Kohlendampfer zwei Bomben ab, die trafen und explodierten.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 18. April.

Nach Vornahme von Sprengungen drangen die Engländer gestern abend südöstlich von Ypern in unsere Höhenstellung dicht nördlich des Kanals ein, wurden aber im Gegenangriff sofort wieder zurückgeworfen; nur um drei von den Engländern besetzte Spreng- trichter wird nech gekämpft.

In der Champagne sprengten die Franzosen neben der vor- gestern von uns eroberten Stellung einen Graben, ohne Vorteile zu erringen.

Zwischen Maas und Mosel fanden nur Artilleriekämpfe statt.

In den Vogesen bemachtigten wir uns südwestlich von Stoß- weier am Sattel einer vorgeschobenen französischen Stellung. Süd- westlich von Metzeral wurden unsere Vorposten vor überlegenem Feinde auf ihre Unterstützungen zurückgenommen.

Im Osten ist die Lage unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien 18. April.

Amtlich wird verlautbart: Die allgemeine Lage ist unverändert.

In den Waldkarpathen wurden bei Nagypolany, Zellö und Tele- pocz russische Angriffe blutig abgewiesen, 7 Offiziere, 1425 Mann gefangen.

An allen übrigen Fronten nur Geschützkampf.

Am südlichen Kriegsschauplatz keine Ereignisse. Serbisches Artilleriefeuer aus der Gegend von Belgrad wurde, wie schon öfters, erfolgreich erwidert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Türkei im Kriege. Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 18. April. Das Hauptquartier teilt mit: Infolge eines von der Vorhut unserer Truppen in der Gegend von Bassorah unternommenen Angriffs fanden

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in der Umgebung von Schabia und Alberdjeißzie Kämpfe statt. Unsere Truppen drangen in die befestigten Stellungen des Feindes ein, zogen sich aber infolge der Ankunft englischer Verstärkungen aus dem Gebiete dieser Befestigungen zurück.

„Tanin“ erfährt aus Saloniki: Die Engländer richten sich in Tenedos und Lemnos immer mehr ein. Auf beiden Inseln ist eine englische Brief- und Depeschenzensur eingerichtet. Ein englischer Offizier hat sich nach Metelin begeben und dort einige topographische Aufnahmen gemacht. Man glaubt, daß die Alliierten auch Truppen in Metelin gelandet haben.

Das Kriegsministerium teilt amtlich mit: Um eine Verteuerung der Zerealien zu verhindern, wird die Zufuhr von Weizen, Gerste und Roggen aus Anatolien für die Bedürfnisse der Bevölkerung von Kon- stantinopel und einiger anderer Städte während des Krieges aus-

schließlich im Namen der Behörden der Hauptstadt erfolgen.

Vom westlichen Schauplatze.

Die Tätigkeit der deutschen Flieger. Paris, 18 April.

„Temps“ meldet: Eine Taube überflog gestern vormittag Calais und warf sechs Bomben. Zwei Personen wurden verletzt, zwei Hauser stark beschädigt. Die Taube flog so hoch, daß ihre Beschießung durch französische Artillerie wirkungslos war.

„Nouvelliste“ meldet aus Amiens: Eine Taube überflog gestern Amiens und warf Bomben. Die Zahl der Opfer beträgt elf.

Nach Meldungen aus Chalons an der Marne ist neuerlich eine deutsche Taube über Sainte Menehould erschienen und hat auf die Stadt und Umgegend Brandbomben geschleudert, die jedoch nur Materialschaden angerichtet haben. Der deutsche Flieger wurde beschossen und dann von französischen Aviatikern verfolgt; es gelang ihm jedoch, ohne Schaden zu entkommen.

Nach Blättermeldungen aus der Front sind von neuem deutsche Aviatiker über Nancy, Pont-a-Mousson, Lunéville erschienen. Überall wurden Bomben geschleudert, die zum Teil schwere Verluste an Mensch en- leben sowie Materialschaden verursachten.

„Petit Parisien“ meldet: Zwei deutsche Flugzeuge überflogen Com- mercy und warfen 10 Bomben ab. Ein Resultat teilt das Blatt nicht mit.

Wie offiziell gemeldet wird, erschien ein Zeppelin über Bailleul. Er warf mehrere Bomben auf den dortigen Militärflugplatz ab. Drei Personen wurden getötet. Das Luftschiff entkam unbeschädigt.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 19. April.

Sudostlich von Ypern wurden die Engländer aus den noch gehaltenen kleinen Teilen unserer Stellung vertrieben. Mit starkem Angriff langs der Bahn Ypern—Comines versuchten sie gestern abend, sich erneut in Besitz der Höhenstellung zu setzen. Der Angriff brach unter schwersten Verlusten zusammen.

Bei Ingelmunster ist der französische Fliegerleutnant Garros zur Landung gezwungen und gefangen genommen worden. |

Zwischen Maas und Mosel verlief der Tag unter Artillerie- kämpfen. Ein schwächlicher französischer Angriffsversuch gegen die Combresstellung wurde durch unser Feuer im Keim erstickt.

In den Vogesen mißglückten zwei französische Angriffe gegen die von uns genommene Sattelstellung westlich des Reichsacker- kopfes und ein Angriff gegen die Höhen nördlich von Steinabrück. Nach starken Verlusten zogen sich die Franzosen zurück.

Die Lage im Osten ist unverändert.

Das Ausland wird von Frankreich und England aus, scheinbar sogar von amtlichen Stellen, mit Siegesnachrichten über angebliche Erfolge unserer Gegner auf dem Westkriegsschauplatz überschwemmt. Alle diese Behauptungen sind einfach erfunden. Ihre Widerlegung im einzelnen lohnt sich nicht; es wird vielmehr lediglich auf ihre Nachprüfung an der Hand der dienstlichen deutschen Kriegsberichte

verwiesen. Oberste Heeresleitung.

Unsere Erfolge im Kreuzerkriege.

Mit der Ankunft von „Prinz Eitel Friedrich“ und „Kronprinz Wilhelm“ in Newport News hat der deutsche Kreuzerkrieg auf offenem Weltmeer einen gewissen Abschluß gefunden. Uber acht Monate haben die wenigen deutschen Kreuzer, die sich bei Ausbruch des Krieges nicht in heimischen Gewässern befanden, der Handelsflotte des „meer- beherrschenden“ England Furcht und Schrecken eingejagt. Selbst die Kriegsschiffe der Feinde haben trotz ihrer erdrückenden Ubermactt, trotz der zahlreichen günstig gelegenen Flottenstützpunkte empfindliche Ver- luste zu verzeichnen. Die beiden englischen Panzerkreuzer „Good Hope“ (14000 Tonnen) und „Monmouth“ (9800 Tonnen) wurden am |. November in dem Gefecht bei Coronel unweit der chilenischen Küste auf den Grund

des Meeres gelegt. Die wackere „Emden“ vernichtete vor Penang den

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russischen Kreuzer „Techemtschung“ (3500 Tonnen) und den französischen Zerstörer „Mousquet“ (303 Tonnen). „P egasus” fand fur die frevelhafte Beschießung der offenen Stadt Daressalam ein wenig rühmliches Ende durch die „Königsberg“. Das französische Kanonenboot „Zelee” fand vor Papetee gleichfalls seinen Meister. Wenn wir heute, wo der Kreuzerkrieg auf offenem Weltmeer durch einen an Bedeutung ständig wachsenden verstärkten Unterseebootskrieg in englischen Gewässern seine Ablösung gefunden, die Verluste über- blicken, welche den feindlichen Handelsflotten durch unsere heldenmütigen Auslandskreuzer und den ihnen zugesellten Hilfskreuzern zugefügt wurden, so zeigt sich eine lange Reihe glänzender Erfolge. 67 Schiffe mit einem Raumgehalt von 279053 Tonnen wurden vernichtet. Die nachfolgender Tabelle beigefügte Wertangabe der versenkten Schiffe einschließlich La- dung fußt auf einer Aufstellung der Londoner „Times“ und dürfte eher zu niedrig als zu hoch gegriffen sein. Es wurden vernichtet von der:

Zahl der Wert in Schiffe Tonnengehalt ped Sterling

Emden 19 83 475 2211 000 „Karlsruhe 17 76 581 1 662 000 „Kronprinz Wilhelm“ . ‘N 46 559 1 165 000 „Prinz Eitel F riedrich . . 10 30 113 885 000 „Dresden 4 12 960 275 000

„Leipzig. 3 12 107 235 000 „Kaiser "Wilhelm der Große“ 2 10 458 ? „Königsberg. | 6 800 275 000

67 279 053 6 708 000

Unter den vernichteten 67 Schiffen befinden sich 8 französische, 2 japanische und | russisches. Diese, sowie auch die beiden vom Hilfs- kreuzer „Kaiser Wilhelm dem Großen“ vernichteten beiden englischen Dampfer sind bei der Wertberechnung nicht mit berücksichtigt worden.

Die „Emden“, die ihr Hauptbetätigungsgebiet im Indischen Ozean hatte und zeitweise den Handel zwischen Kalkutta und Europa völlig lahmlegte, versenktefolgende Schiffe: „Indus“, „Lovat“, „Killin“, „Diplomat“, „Irabboch“, „Tymeric“, „King Lud“, „Riberia“, „Foyle“, „Chilkana“, „Iroilus“, „Benmohr“, „Clan Grant“, „Ponrabbel“, „Clan Matheson", sämtlich englisch, ferner die beiden japanischen Dampfer „Kayano Maru“ und „Suwa Maru“. Nach einer Aufstellung des „Temps“ wurden von der „Emden“ noch zwei weitere Dampfer versenkt, deren Namen un- bekannt sind.

Die „Karlsruhe“, die vorwiegend an den Küsten von Argentinien und Brasilien arbeitet, zerstörte folgende Dampfer: „Strathroy“, „Maple Branch“, „Highland“, „Indrani“, „Cornish City“, „Pruth“, „Farn“, „Maria“, „Rio Iguassu”, „Cerwantes“, „Condor“, „Lynrowan“, „Niceto de Larrinaga”, „Vandyck“, „Bowes“, „Glanton“ und „Hurstdale“ |

Von „Kronprinz Wilhelm wurden vernichtet: „La Correntina”, „Highland Brae“, „Wilfrid“, „Hemisphere“, „Indian Prince“, „Potaro“,

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ferner die französischen Schiffe „Guadeloupe“, „Bellevue“, „Mont Agel”, „Union“ und „Anne de Bretagne”.

„Prinz Eitel Friedrich“ vernichtete: „Charcas“, „Kidalton“, „Mary Ada Short“, „Invercoe“, „Willerby“, „Jean“ (französisch), „Pierre Loti“ (französisch), „Floride“ (französisch), „Jakobsohn“ (französisch), „Isabel Brown“ (russisch).

Von der „Dresden“ wurden versenkt: „Holmwood“, „North Wales", „Hyades und „Conway Castle“.

Die „Leipzig“ vernichtete: „Elsinore“, „Bankfields“ und „Drummier“.

„Kaiser Wilhelm der Große“, der ebenso wie die „Dresden“ einem Völkerrechtsbruch in neutralen Gewässern zum Opfer fiel, versenkte die beiden englischen Dampfer „Kaipara“ und „Nyanga

Die m endlich vernichtete den enzlischen Dampfer „City of Winchester

Der Krieg in den Kolonien.

Die Kriegslage in Deutsch-Ostafrika. Berlin, 19. April.

Zur Kriegslage in Deutsch-Ostafrika wird weiter amtlich gemeldet:

Zum Geburtstage des Kaisers, wenige Tage nach dem deutschen Siege bei Jassini, hielt Gouverneur Dr. Schnee im Anschluß an das bekannte Glückwunschtelegramm, das Seine Majestät anläßlich des früheren Sieges bei Tanga an Staatssekretär Dr. Solf gerichtet hatte, in Tanga eine Ansprache an die Schutztruppe. Der Gouverneur wies auf die glänzenden Erfolge der Schutztruppe hin, die der aus- gezeichneten Führung ihres Kommandeurs und seiner Unterführer, wie der heldenmütigen Hingabe aller Offiziere und Mannschaften zu verdanken seien. Er beglückwünschte die Truppen zu der Ehrung durch das kaiserliche Telegramm. Er habe seinen Dank, ferner den Geburtstagswunsch der Truppen und der Bevölkerung sowie die Ver- sicherung zum Ausdruck gebracht, daß im Schutzgebiet der allerfesteste Wille vorhanden sei, Deutsch-Ostafrika bis aufs äußerste zu verteidigen. Die günstige Kriegslage in Europa berechtige zu der Zuversicht, daß Deutschland als Sieger aus dem Kriege hervorgehen werde. Der Gouverneur schloß mit einem begeistert aufgenommenen Kaiserhoch.

An einzelnen Kriegsereignissen ist hervorzuheben:

Bei Wanga fand ein Patrouillengefecht statt, in dem der Schütze Bossart schwer verwundet wurde.

Fort Schiratiabteilung war am 17. Januar erfolgreich. Die feind- lichen Verluste betrugen vier Europäer, zwei Askaris tot und neun

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Europäer sowie eine unbekannte Anzahl von Askaris verwundet. Erbeutet wurden acht Maultiere, viele Patronen und Lasten.

Am 22. Januar beschoß der englische Kreuzer „Astraea“ das Zollhaus auf der Insel Kwale mit 21 Schuß, am l. Februar den Ort Kiwindje mit 27 Schuß, ohne etwas zu treffen. Am 6. Februar be- schoß ein englischer Kreuzer Kisiwani.

Der seinerzeit von den Engländern gekaperte Dampfer „Ad- jutant“ wurde am 6. Februar früh bei einer Erkundigungsfahrt an der Rufidjimundung nach heftigem Gefecht manövrierunfähig gemacht und ist gestrandet. Die Besatzung, | Offizier, 21 Mann und 2 Farbige, wurden gefangen. Auf „Adjutant“ ein Mann tot, einer schwer ver- wundet, auf deutscher Seite keine Verluste, trotz schweren Bom- bardements durch „Hyacinth“. Nach Privatnachrichten fielen vier 10,2 und zwei 4,7 cm-Geschütze nebst Munition in unsere Hände. Die „Hyacinth“ wurde auch getroffen und rückte mit Volldampf aus.

Nördlich Kifumbiro wurde eine 40 Mann starke englische Ab- teilung durch Abteilung Boch (von Bock?) überfallen. Der Gegner floh nach kurzem Widerstand, er verlor 17 Tote, darunter 5 Inder. Auf deutscher Seite keine Verluste.

Die Engländer haben nach Vernichtung der Gebäude Schiratis die von ihnen stark befestigte Boma Schirati am 3. Februar geräumt und sind nach Maringu gefahren. Schiratu ist{durch unsere Truppen wieder besetzt.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 20. April.

In der Champagne machte unser Sappenangriff Fortschritte.

In den Argonnen mißglückte ein französischer Angriff nördlich Le Four de Paris.

Zwischen Maas und Mosel waren die Artilleriekampfe nur an einzelnen Stellen lebhaft. Ein französischer Angriff bei Flirey brach in unserem Feuer zusammen. Am Croix des Carmes drangen unsere Truppen nach Sprengung einiger Blockhäuser in die feindliche Haupt- stellung ein und fügten dem Gegner starke Verluste zu.

In einem Vorpostengefecht westlich von Avricourt nahmen wir das Dorf Embermenil nach vorübergehender Räumung im Sturm zurück.

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In den Vogesen auf den Sillacker Höhen nordwestlich von Metzeral scheiterte ein feindlicher Angriff unter schweren Verlusten für die französischen Alpenjager.

Bei einem Vorstoß auf die Spitze des Hartmannsweilerkopfes gewannen wir am Nordostabhang einige hundert Meter Boden.

Die Ostlage ist unverändert. Oberste Heeresleitung.

Die Kämpfe zwischen Maas und Mosel. Berlin, 20. April.

Aus dem Großen Hauptquartier wird uns geschrieben: Der Still- stand in den Operationen der Franzosen zwischen Maas und Mosel, der sich nach den vorangegangenen schweren und für sie verlustreichen Angriffen bereits gegen Ende der zweiten Aprilwoche fühlbar gemacht hatte, dauert ohne Unterbrechung seit dem 14. April, dem Tage unseres letzten Berichts, bis heute, den 19., an. Auf der Front der Armee herrscht Ruhe, wobei unter „Ruhe“ das Fehlen größerer zusammen- hängender Angriffsunternehmungen zu verstehen ist, nicht aber die Beendigung jeder Kampftätigkeit. Weder Tag noch Nacht verstummt der Geschützdonner völlig, stellenweise steigert sich das Feuer der schweren Artillerie zu größter Heftigkeit, die Nahkampfmittel Minen- werfer, Handgranaten und Sprengminen betätigen sich, und das Feuer der Infanterie und der Maschinengewehre erlöscht nie ganz. Beide Gegner suchen die Straße und Unterkunftsraume hinter den Fronten durch Artilleriefeuer und Fliegerbomben zu beunruhigen. Leb- hafte Bewegung marschierender Truppen, reger Bahn- und Kraftwagen- verkehr im Rücken der französischen Linien, besonders am 15. und 16. April, weisen darauf hin, daß der gegenwärtige Zustand verhaltnis- mäßiger Ruhe kaum ein dauernder bleiben dürfte.

In den Tagen vom 14. bis 19. April wirkte hauptsächlich die beiderseitige Artillerie, während die französische Infanterie, wohl unter dem Eindrucke der in den vorhergegangenen Kämpfen erlittenen außer- ordentlichen Verluste, sich auf vereinzelte, stets mißglückte Teilangriffe beschränkte, die im Rahmen der Gesamtlage ohne Bedeutung waren. Diese Unternehmungen wiederholten ‘sich fast ausschließlich in den Abschnitten unserer Front, gegen die sich seit Beginn der Kämpfe die französische Offensive mit besonderem Nachdruck richtet: am Nord- flügel gegen unsere Stellungen bei Macheville, Maizerey und Combres, am Südflügel gegen unsere Linien im Walde von Ailly, am Wald

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Mort-Mare, nördlih Regnieville-Fey-en-Haye und im westlichen Priesterwald.

In der Nacht vom 14. bis zum 15. April zeichneten sich die Feuerüberfälle auf die Combreshöhe durch besondere Heftigkeit aus. Hier wandte der Gegner auch Nebel- und Stinkbomben an, die den Zweck haben, einen Schleier von Rauch und unerträglichen Gasen vor und in unsere Stellungen zu legen, um den Einblick gegen den Feind zu verhindern und unseren Truppen den Aufenthalt in den Gräben zu erschweren. Ein Vorstoß im Priesterwald setzte in derselben Nacht unsere Truppen in Besitz eines Teiles der französischen Hauptstellung, die hier mit einem stark ausgebauten Stützpunkt gegen unseren vordersten Graben vorspringt. Der mit diesem Erfolge eingeleitete Nahkampf im westlichen Priesterwald dauerte die folgenden Tage und Nächte ohne Unterbrechung an. Er schreitet langsam, aber für uns günstig fort. In den Vormittagstunden des 19. gelang es hier unseren Truppen, 2 Blockhäuser und die anschließenden Grabenstücke in die Luft zu sprengen, wodurch unsere Stellung weiter vorgeschoben werden konnte. Hierbei erlitten die Franzosen nicht unbeträchtliche Verluste, während uns der gewonnene Erfolg keinen einzigen Mann kostete.

Der 15. April brachte zwei am Abend unternommene französische Angriffe im Aillywalde, die beide der zweite bereits während der Entwicklung in unserem Feuer zusammenbrachen. Ebenso wurden zwei Vorstöße des Gegners nördlich Flirey in der Nacht vom 16. zum 17. Aprıl abgewiesen. Wiederholt wurde in diesen Tagen an ver- schiedenen Stellen, so an der Combreshöhe, bei Flirey und gegenüber dem Walde Mort-Mare, beobachtet, daß die Franzosen Truppen in dem vordersten Graben bereitstellten; zu Angriffen kam es nicht. Der Artillerie fiel auf beiden Seiten in den Tagen vom 14. bis 19. April die Hauptkampftätigkeit zu.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 21. April. Unweit der Kathedrale von Reims wurde eine neue feindliche Batterie erkannt und unter Feuer genommen. In den Argonnen warfen die Franzosen Bomben mit Erbrechen erregender Wirkung. Ein feindlicher Angriff nördlich Le Four de Paris scheiterte.

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Zwischen Maas und Mosel wurde gestern bei Flirey ein in breiter Front ansetzender Angriff mit starken Verlusten für die Franzosen abgeschlagen. Im Priesterwalde gewannen wir weiter an Boden.

In den Vogesen griff der Feind vergeblich unsere Stellungen nordwestlich und südwestlich von Metzeral sowie bei Sondernach an. Auch dort hatten die Franzosen starke Verluste.

Gestern früh warf ein feindlicher Flieger über Lörrach Bomben ab, die eine eineın Schweizer gehörende Seidenfabrik und zwei Hauser beschädigten und mehrere Zivilpersonen verletzten.

Die Lage im Osten ist unverändert.

Als Antwort auf russische Boinbenabwirfe auf Insterburg und Gumbinnen offene, außerhalb des Operationsgebiets liegende Städte haben wir gestern den Eisenbahnknotenpunkt Bialystok

mit 150 Bomben belegt. Oberste Heereslei

Der Krieg zur See.

Vernichtung englischer Unterseeboote. | Berlin, 22. April. In letzter Zeit sind mehrfach britische Unterseeboote in der deut- schen Bucht der Nordsee gesichtet und wiederholt von deutschen Streit- kräften angegriffen worden. Ein feindliches Unterseeboot wurde am 17. April versenkt. Die Vernichtung weiterer Unterseeboote ist wahr- scheinlich, aber nicht mit voller Sicherheit festgestellt worden.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes der Marine gez. Behncke.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 2]. April.

Amtlich wird verlautbart: In den Karpathen hat der Gegner seine verlustreichen Angriffe gegen die wichtigsten Abschnitte der Front seit geraumer Zeit eingestellt. Dies gilt besonders von jenen Abschnitten unserer Stellungen, die die besten F nach Ungarn, das Ondawa-, Laborcza- und Ungtal decken.

Abseits dieser H im Waldgebirge zwischen Laborcza- und Ungtal versuchte der Feind auch jetzt noch mit starken

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Kräften durchzudringen. Ein Durchbruch in dieser Richtung sollte den trotz schwerster Opfer frontal nicht zu bezwingenden Widerstand unserer Tal- und anschließenden Höhenstellungen durch eine Umgehung brechen.

So entwickelten sich im oberen Czirokatal bei Nagypolany sowie im ganzen Quellgebiet dieses Flusses neuerdings heftige Kämpfe, die mehrere Tage und Nächte hindurch andauerten. Auch hier erlitten die heftigen russischen Vorstöße schließlich das allen früheren Angriffen zuteil gewordene Schicksal. Nach Verlust von vielen Tausenden Toter und Verwundeter sowie über 3000 unverwundet Gefangener wurde der Vor- stoß vom Feinde aufgegeben.

Den vielen im Auslande verbreiteten auch offiziellen Meldungen der russischen Heeresleitung über Erfolge in den langwierigen Karpathenkämpfen kann kurz gegentbergehalten werden, daß trotz aller Anstrengungen und großen Opfer der vom Gegner stets als Hauptangriffsziel und als besonders wichtig bezeichnete Uzsoker Paß nach wie vor fest in unserem Besitz ist.

An den sonstigen Fronten finden Geschützkämpfe statt. Die Situation ist überall unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Türkei im Kriege. Erfolglose Beschießung der Dardanellenforts Niederlage

der Engländer am Schatt-el-Arab.

Konstantinopel, 21. April.

Das Große Hauptquartier teilt mit:

Auf der kaukasischen Front hat sich nichts von Bedeutung ereignet.

Zwei feindliche Panzerschiffe haben gestern in Zwischenraumen aus weitem Abstande ohne Erfolg über hundert Granaten gegen unsere Batterien an den Dardanellen geschleudert, die es nicht für nötig hielten, das Feuer zu erwidern.

Die Englander, die südlich von Ahvaz lagern, wurden am 12. d. M. in der Frühe von unseren Truppen angegriffen und nach einem bis zum Nachmittag dauernden Kampfe gezwungen, sich in den Ver- schanzungen ihres Lagers zu verbergen. Das Feuer, das von unserer Artillerie gegen vier ihrer Schiffe zwei große und zwei kleine und gegen zwei Motorboote eröffnet wurde, beschädigte zwei von diesen Schiffen. Auf unserer Seite wurde ein Mann getötet und zehn verwundet. Die Verluste des Feindes sind noch nicht bekannt.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 22. April.

Südlich des La Basséekanals und nordwestlich Arras nahmen wir erfolgreiche Minensprengungen vor.

In den Argonnen und im Gelände zwischen Maas und Mosel fanden heftige Artilleriekämpfe statt. Nach Feuerüberfall griffen die Franzosen heute nacht im Westteil des Priesterwaldes an, wurden aber unter schweren Verlusten zurückgeschlagen

Am Nordhang des Hartmannsweilerkopfes zerstörten wir gestern einen feindlichen Stützpunkt und wiesen am Abend einen feindlichen Angriff ab.

Die Lage im Osten ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Kem Verbot des Waffenhandels in Amerika. Washington, 22. April.

Staatssekretär Bryan teilte dem Botschafter Grafen Bernstorff mit, daß ein Ausfuhrverbot für Waffen eine direkte Verletzung der Neutralität wäre. Es sei für die Vereinigten Staaten unmöglich, einen solchen Schritt in Betracht zu ziehen. Die Note des Staatssekretars Bryan ist eine Antwort auf das Memorandum des Grafen Bernstorff, in dem die Vereinigten Staaten des Bruches der Neutralität geziehen werden. Bryan bedauert die Sprache des Memorandums, die als Anzweiflung des guten Glaubens der Vereinigten Staaten ausgelegt werden könnte, indem es sagt, es liege in der Macht der Vereinigten Staaten, den Waffenhandel zu verbieten; die Unterlassung des Verbots sei eine Ungerechtigkeit gegen Deutschland. Die Regierung der Vereinigten Staaten meint, daß jede Änderung der Neutralitätsgesetze die Beziehungen der Vereinigten Staaten zu einzelnen Kriegführenden ungleich beeinflussen würde und eine ungerechtfertigte Abweichung von dem Prinzip der strikten Neutralität wäre. Ein Verbot des Waffenhandels

wäre eine solche Abänderung.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 22. April. Amtlich wird verlautbart: In Russisch-Polen und Westgalizien

vereinzelte Geschützkämpfe.

An der Karpathenfront wurde ein erneuter Änsturm gegen unsere Stellungen an und beiderseits des Uzsoker Passes blutig abgewiesen. Bei den heftigen Angriffen, die teils im wirkungsvollsten Feuer unserer Artillerie zusammenbrachen, teils durch Gegenangriffe der Infanterie

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zurückgeschlagen wurden, erlitt der Gegner abermals sehr schwere Verluste. Vor den Stellungen einer vom Feinde wiederholt angegriffenen Kurve liegen allein über 400 russische Leichen.

Das Infanterieregiment Nr. 12, die Brassoer und Maroe-Vassar- helyer Honved-Infanterieregimenter Nr. 24 und 22 sowie die gesamte an den Kämpfen beteiligt gewesene Artillerie haben sich besonders ausgezeichnet. 1200 Russen wurden gefangen.

In den sonstigen Abschnitten der Karparthenfront, dann in Süd- ostgalizien und in der Bukowina nur stellenweise Geschützkampf

und Geplankel. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die deutschen Geschosse. Berlin, 22. April.

Aus dem Großen Hauptquartier wird uns geschrieben: In einer Veröffentlichung vom 21. d. M. beklagte sich die englische Heeres- leitung darüber, daß deutscherseits „entgegen allen Gesetzen zivilisierter Kriegführung“ bei der Wiedereinnahme der Höhe 60 südöstlich von Ypern Geschosse, die beim Platzen erstickende Gase entwickeln, ver- wendet worden seien. Wie aus den deutschen amtlichen Bekannt- machungen hervorgeht, gebrauchen unsere Gegner seit vielen Monaten dieses Kriegsmittel. Sie sind also augenscheinlich der Meinung, daß das, was ihnen erlaubt sei, uns nicht zugestanden werden könne. Eine solche Auffassung, die in diesem Kriege ja nicht den Reiz der Neu- heit hat, begreifen wir, besonders im Hinblick darauf, daß die Ent- wicklung der deutschen Chemiewissenschaft es uns natürlich gestattet, viel wirksamere Mittel einzusetzen als die Feinde, können sie aber nicht teilen. Im übrigen trifft die Berufung auf die Gesetze der Krieg- führung nicht zu.

Die deutschen Truppen verfeuern keine „Geschosse, deren ein- ziger Zweck ist, erstickende oder giftige Gase zu verbreiten“ (Erklärung im Haag vom 29. Juli 1899), und die beim Platzen der deutschen Geschosse entwickelten Gase sind, obschon sie sehr viel unangenehmer empfunden werden als die Gase der gewöhnlichen französischen, rus- sischen oder englischen Artilleriegeschosse, doch nicht so gefährlich wie diese. Auch die im Nahkampf von uns verwendeten Rauchent- wicler stehen in keiner Weise mit den „Gesetzen der Kriegführung im Widerspruch. Sie bringen nichts weiter als die Potenzierung der

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Wirkung, die man durch ein angezündetes Stroh- oder Holzbündel erzielen kann. Da der erzeugte Rauch auch in dunkler Nacht deutlich wahrnehmbar ist, bleibt es jedem überlassen, sich seiner Einwirkung rechtzeitig zu entziehen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 23. April.

In den gestrigen Abendstunden stießen wir aus unserer Front Steenstraate östlich Langemarck gegen die feindlichen Stellungen nördlich und nordöstlich von Ypern vor. In einem Anlauf drangen unsere Truppen in neun Kilometer Breite bis auf die Höhen südlich von Pilkem und östlich davon vor. Gleichzeitig erzwangen sie sich in hartnackigem Kampf den Übergang über den Ypernkanal bei Steenstraate und Het Sas, wo sie sich auf dem westlichen Ufer fest- setzten. Die Orte Langemarck, Steenstraate, Het Sas und Pilkem wurden genommen. Mindestens 1600 Franzosen und Engländer und 30 Geschütze, darunter vier schwere englische, fielen in unsere Hände.

Zwischen Maas und Mosel war die Gefechtstätigkeit wieder lebhafter. Artilleriekämpfe waren besonders heftig bei Combres, St. Mihiel, Apremont und nordöstlich Flirey. Feindliche Infanterie- angriffe erfolgten nur im Waldgelande zwischen Ailly und Apre- mont, hier drangen die Franzosen an einzelnen Stellen in unsere vordersten Gräben ein, wurden aber zum Teil wieder hinausgeworfen. Die Nahkämpfe sind noch im Gange.

Der von uns genommene Ort Embermenil westlich von Avri- court, der gestern von den Franzosen in Brand geschossen wurde, ist von unseren Vorposten geräumt; die Höhen nördlich und südlich des Ortes werden gehalten.

Die Lage im Osten ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See. Berlin, 23. April. Die deutsche Hochseeflotte hat in der letzten Zeit mehrfach Kreuz- fahrten in der Nordsee ausgeführt und ist dabei bis in die englischen Ge- wässer vorgestoßen. Auf keiner der Fahrten wurden englische Seestreit- kräfte angetroffen. Der Stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

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Politischer Tagesbericht.

Von verschiedenen Seiten hören wir, daß in Stadt und Land Gerüchte über die Anbahnung von Friedensverhandlungen in Umlauf gesetzt werden. Des näheren wird angedeutet, daß vor- bereitende Schritte zur Herbeiführung eines Sonderfriedens mit England auf der Grundlage gewisser englischer Wünsche und Forderungen im Gange seien oder in Gang gebracht werden sollen. Kein Urteilsfähiger kann daran denken, die für Deutschland günstige Kriegslage zugunsten eines vorzeitigen Friedensschlusses irgendeinem seiner Feinde preiszugeben. Nach der vorläufig allein möglichen allgemeinen Umschreibung des Kriegszieles, die der Reichskanzler in seinen Reden gegeben hat, müssen wir jeden Vorteil der militärischen Lage benutzen, um Sicherheit zu schaffen, daß keiner mehr wagen wird, unseren Frieden zu stören. Dabei muß es bleiben. Die Gerüchte über deutsche Friedens- neigungen sind gegenüber unserer unverminderten Entschlossen- heit zur Niederkämpfung der Gegner törichte oder böswillige, auf jeden Fall aber müßige Erfindungen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 24. April.

Alle Versuche des Feindes, uns das nördlich und nordöstlich von Ypern gewonnene Gelände streitig zu machen, mißlangen. Nörd- lich von Ypern brach ein starker französischer, nordöstlich von Ypern bei St. Julien ein englischer Angriff unter schweren Verlusten zusammen. Ein weiterer feindlicher Angriff an und östlich der Straße Ypern—Bixschoote hatte heute früh dasselbe Schicksal. Westlich des Kanals wurde nachts der Ort Lizerne von unseren Truppen gestürmt. Die Zahl der gefangenen Franzosen, Engländer und Belgier hat sich auf 2470 erhöht; außer im ganzen 35 Ge- schützen mit Munition fielen eine größere Anzahl von Maschinen- gewehren, viele Gewehre und sonstiges Material in unsere Hände.

In der Champagne sprengten wir nördlich der Beausejour-Ferme heute nacht mit vier Minen einen feindlichen Schützengraben; die Franzosen erlitten hierbei starke Verluste, zumal ihre Artillerie das Feuer auf die eigenen Gräben legte.

Zwischen Maas und Mosel erneuerten die Franzosen an meh-

reren Stellen ihre Angriffe; im Ailly-Wald behielten wir im Bajonett-

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kampf die Oberhand; weiter östlich wurden die an einzelnen Stellen in unsere Linien eingedrungenen Franzosen wieder hinausgeworfen; im Priesterwalde machten wir weitere Fortschritte. In den Vogesen hinderten Nebel und Schnee die Gefechts- tatigkeit. Im Osten ist die Lage unverandert. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 25. April.

Bei Ypern errangen wir weitere Erfolge. Das am 23. April eroberte Gelände nördlich von Ypern wurde auch gestern gegen feindliche Angriffe behauptet. Weiter östlich setzten wir unseren Angriff fort, stürmten die Ferme Solaert südwestlich von St. Julien, sowie die Orte St. Julien und Kerssellaere und drangen siegreich gegen Grafenstafel vor. Bei diesen Kämpfen wurden etwa 1000 Eng- lander gefangen genommen und mehrere Maschinengewehre er- beutet. Ein englischer Gegenangriff gegen unsere Stellung westlich von St. Julien wurde heute früh unter schwersten Verlusten für den Feind zurückgeschlagen.

Westlich von Lille wurden Angriffsversuche der Engländer durch unser Feuer im Keim erstickt.

In den Argonnen schlugen wir nördlich von Le Four de Paris einen Angriff zweier französischer Bataillone ab.

Auf den Maashöhen südwestlich Combres erlitten die Franzosen eine schwere Niederlage. Wir gingen hier zum Angriff über und durchbrachen in einem Ansturm mehrere hintereinanderliegende französische Linien. Nächtliche Versuche der Franzosen, uns das eroberte Gelände wieder zu entreißen, scheiterten unter schweren Verlusten für den Feind. 24 französische Offiziere, 1600 Mann und 17 Geschütze blieben bei diesen Kämpfen m unserer Hand.

Zwischen Maas und Mosel kam es sonst nur an einzelnen Stellen unserer Südfront zu Nahkämpfen, die bei Ailly noch nicht abgeschlossen sind. Im Priesterwalde mißglückte ein französischer - Nachtangriff.

In den Vogesen behinderte auch gestern starker Nebel die Gefechtstätigkeit.

Die Lage im Osten ist unverändert.

Zwei schwächliche Angriffe der Russen westlich Ciechanow wurden abgewiesen.

Als Antwort für Bombenabwürfe der Russen auf die friedliche Stadt Neidenburg wurde der Eisenbahnknotenpunkt Bialystok von uns nochmals mit 20 Bomben belegt. Oberste Heeresleitung.

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Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 26. April.

Amtlich wird verlautbart: An der Karpathenfront dauern die Kämpfe im Abschnitte östlich des Uzsokerpasses fort. Eine unserer Angriffsgruppen eroberte gestern südöstlich von Koziowa einen neuen Stützpunkt des Feindes und machte 7 Offiziere und über 1000 Mann zu Gefangenen. Um die verlorene Höhe zurückzuerobern, begannen nun die Russen mehrere heftige Gegenangriffe und versuchten auch in den Nachbarabschnitten vereinzelte Vorstöße. Der Hauptangriff des Feindes richtete sich gegen die Höhe Ostry und die östlich anschließende Stellung. Nach längerem Kampfe war dieser Ansturm unter schwersten Verlusten der Russen zurückgeschlagen. Zwei Bataillone des Gegners wurden hierbei fast gänzlich vernichtet, einige hundert Mann gefangen. Die sofort einsetzende Verfolgungsaktion brachte uns in den Besitz von 26 Schützengräben und vielem Kriegsmaterial.

Auch in den übrigen Abschnitten wurden die Nachtangriffe des Feindes blutig abgewiesen. Vor den Stellungen des Uzsokerpasses ging der Gegner nach abgeschlagenem Angriff fluchtartig zurück.

In den gestrigen Kämpfen wurde das bisher gewonnene Gebiet trotz verzweifelter Gegenangriffe der Russen nicht nur behauptet, son- dern südöstlich von Koziowa noch erweitert.

An der Front westlich des Uzsokerpasses, ın Galizien und Polen, sowie auch am Dnjestr und in der Bukowina Geschitzkampfe. Sonst

Ruhe. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 26. April.

Bei Ypern dauerten die Kämpfe an. Auf dem westlichen Kanalufer ist Lizerne, das die Franzosen wiedergenommen zu haben behaupten, in unserem Besitz. Auch östlich des Kanals wurde das eroberte Gelände behauptet. Die Zahl der eroberten Geschütze stieg auf 45, worunter sich nach wie vor die 4 schweren englischen Geschütze befinden. Nordwestlich Zonnebeke setzten wir unsere Angriffe fort und machten dabei mehr als 1000 Kanadier zu

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Gefangenen. Die Gesamtzahl der Gefangenen erhöht sich damit auf 5000. Ein sonderbares Völkergemisch Senegalneger, Eng- lander, Turkos, Inder, Franzosen, Kanadier, Zuaven, Algerier fand sich hier auf verhältnismäßig kleinem Raume zusammen.

In der Champagne schlugen wir nördlich von Beausejour zwei französische Nachtangriffe ab.

Auf den Maashöhen machte unser Angriff gute Fortschritte. Mehrere Bergrücken hintereinander bis zur Höhe westlich von Les Eparges wurden im Sturm genommen, mehrere hundert Franzosen und einige Maschinengewehre fielen in unsere Hände.

Im Aillywalde scheiterten feindliche Vorstöße.

In den Vogesen führte unser Angriff zur Wiedereroberung des Hartmannsweilerkopfes. Die Siegesbeute unserer Truppen betrug hier: 11 Offiziere, 749 Franzosen, 6 Minenwerfer, 4 Maschinen- gewehre.

Einige schwache russische Nachtangriffe in Gegend nordwestlich von Ciechanow wurden abgewiesen.

Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege. Die mißglückten Landungsversuche bei den Dardanellen. Konstantinopel, 27. April.

Das Hauptquartier teilt mit: Die Ufer des Sighin Dere, westlich von Sedul Bahr, sind vom Feinde gesäubert worden. Der Feind, der in der Nähe von Kaba Tepe gelandet war, bemühte sich, unter dem Schutze des Feuers seiner Schiffe sich in seinen Verteidigungsstellen zu halten. Heute früh nahmen unsere Truppen die genannten Stellungen im Sturm, zwangen den Feind, sich auf der ganzen Front zurückzuziehen und fügten ihm außerordentlich schwere Verluste zu. Ein Teil des Feindes, der nach dem Meer zu flieht, flüchtet in seine Sehaluppen und entfernt sich schleunigst. Diejenigen, die nicht fliehen können, entfalten weiße Fahnen und ergeben sich in Massen.

Wir stellten fest, daß ein feindlicher Transportdampfer von den Geschossen unserer Artillerie getroffen wurde und vor Ari Burnu sank.

Eine in letzter Stunde, um 412 Uhr nachmittags, eingegangene Meldung besagt, daß die feindlichen Streitkräfte, die auf vier Brigaden geschätzt wurden, an der Küste von Kaba Tepe ins Meer getrieben worden sind.

Ein feindlicher Kreuzer wurde mit zerbrochenem Mast und havariertem Hinterschiff nach Tenedos geschleppt.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 27. April.

In Flandern griffen die Englander mit sehr starken Kräften die neue Linie unserer Stellungen nördlich und nordöstlich von Ypern an, die drei bis vier Kilometer südlich der bisherigen von dicht nördlich der D’Houdt-Ferme am Yserkanal über St. Julien in Richtung auf s’Gravenstafel verläuft. Die Angriffe, die von der deutschen Artillerie südöstlich von Ypern teilweise im Rücken gefaßt wurden, brachen unter außergewöhnlich schweren Verlusten schon im Feuer völlig zusammen.

Die durch die feindliche Artillerie gänzlich zusammenge- schossenen Häuser von Lizerne sind von uns in der letzten Nacht geräumt worden; der unmittelbar östlich davon auf dem linken Kanalufer gelegene Brückenkopf wird gehalten.

In den bisherigen Kämpfen bei Ypern haben unsere Truppen 50 Maschinengewehre erbeutet.

Den wichtigen Eisenbahnknotenpunkt und Etappenhauptort Poperinghe, etwa 12 km westlich von Ypern, haben wir mit sicht- lichem Erfolge zu beschießen begonnen.

Im Argonnenwalde wurde nordöstlich von Vienne-le-Chäteau ein nächtlicher französischer Angriff abgewiesen.

Auf den Maashöhen errangen wir auch gestern weitere Vor- teile, trotzdem die Franzosen neue Kräfte heranzogen. Feindliche Angriffe gegen unsere Combres-Stellung scheiterten. Ein heftiger Angriff im Aillywalde wurde von uns unter starken Verlusten für den Feind zurückgeschlagen. Auch weiter östlich gewann der Feind keinen Boden. Im nächtlichen Nahkampf arbeiteten wir uns im Priesterwalde erfolgreich vor.

Gegen unsere Stellung auf dem Hartmannsweilerkopf ging der Feind gestern abend mehrere Male zum Angriff vor, alle An- griffe mißglückten.

Die Ostlage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Die französischen Lügenberichte. Berlin, 28. April. Aus dem Großen Hauptquartier wird mitgeteilt: Unsere Gegner haben sich in ihren amtlichen Bekanntmachungen nie streng an die Wahrheit gehalten. Die Unwahrheiten nehmen aber jetzt von Tag zu Tag größeren Umfang an.

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Das Havastelegramm vom 27. April 3 Uhr nachmittags enthält als Nachtrag den Satz: „Der Hartmannsweilerkopf, welcher gestern früh genommen wurde, ist von uns im Laufe des Abends wieder ge- nommen worden, und wir haben Gefangene gemacht.“ Das Telegramm von II Uhr abends besagt: „Am Hartmannsweilerkopf sind wir zur Offensive übergegangen. Nachdem wir den Gipfel genommen hatten, sind wir zweihundert Meter auf dem Osthange vorgerückt.“

Tatsachlich ist der Hartmannsweilerkopf am Abend des 25. April von uns erobert worden und ist seitdem fest in unserer Hand. Die französischen Angriffe am 26. April abends wurden glatt abgewiesen, kein einziger gelangte, auch nicht einmal mit Teilen, bis an unsere Stellungen. Gefangene konnten die Franzosen daher überhaupt nicht machen. Am 27. April haben die Franzosen gar nicht angegriffen.

Dasselbe Havastelegramm enthält den Satz: „Dem gestrigen Com- munique nichts hinzuzufügen, ausgenommen die Verstärkung und die Fortdauer unserer Fortschritte nördlich Ypern und auf den Maashöhen“, dem am 27. April, II Uhr abends, hinzugefügt wurde: „Nördlich von Ypern dauern unsere Fortschritte an, ebenso diejenigen der britischen Armee. Wir haben zahlreiche Gefangene gemacht und Kriegsmaterial (Bombenwerfer, Maschinengewehre) erbeutet.“

In unserer Bekanntmachung vom 27. April ist die Linie klipp und klar angegeben, die wir gewonnen und ausgebaut haben. Vor dieser Linie sind alle französischen und britischen Gegenangriffe zu- sammengebrochen. Warum geben die Bekanntmachungen unserer Gegner nicht an, wie weit ihre Fortschritte reichen? Ausgenommen bei Aufgeben der zerschossenen Häuser von Lizerne ist kein deutscher Soldat auch nur einen Schritt gewichen. Bei der freiwilligen Räumung können allerdings drei zerschossene Maschinengewehre und einige nicht transportfähige Verwundete in Feindeshand gefallen sein ; Bomben- werfer sind nicht verloren.

Wie es mit den Erfolgen auf den Maashöhen steht, läßt sich aus der französischen Berichterstattung erkennen, die von einem Schützen- graben von Calonne spricht. Die Straße La Grande Tranchee de la Calonne ist ein langer Waldweg, der die Linie der deutschen und fran- zösischen Schützengräben senkrecht schneidet. Von der französischen Stellung sind in einer Tiefe von 1250 Meter alle hinter einander liegen- den Schützengräben einschließlich der in diesem Raum befindlichen Batteriestellungen genommen und gegen alle Angriffe behauptet worden. Hier ist also eine weitere Erläuterung unnötig.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 28. April.

In Flandern versuchten die Englander auch gestern, das ver- lorene Gelände wiederzuerobern. Nachmittags setzten sie beider- seits der Straße Ypern—Pilkem zum Angriff an, der 200 Meter vor unserer Stellung vollkommen zusammenbrach. Das gleiche Ergebnis hatte in den Abendstunden ein zweiter englischer Vorstoß weiter östlich. Auch hier hatte der Feind starke Verluste. Auf dem westlichen Kanalufer griff der Feind nicht an.

In der Champagne wurde heute nacht nördlich von Le Mesnil eine umfangreiche französische Befestigungsgruppe von uns gesturmt und gegen mehrere feindliche Gegenangriffe siegreich behauptet und ausgebaut; der Feind erlitt starke Verluste, 60 unverwundete Franzosen, 4 Maschinengewehre und 13 Minenwerfer fielen in unsere Hand.

Zwischen Maas und Mosel fanden am Tage nur heftige Ar tilleriekämpfe statt. Ein starker französischer Nachtangriff im Priesterwalde wurde blutig und für die Franzosen verlustreich abgeschlagen.

Gegen unsere Stellung auf dem Hartmannsweilerkopf haben die Franzosen nach den mißglückten Vorstößen vom 26. April keine weiteren Angriffe versucht. Bei Altkirch schoß einer unserer Flieger ein französisches Flugzeug ab.

Durch Angriff setzten wir uns nordöstlich und östlich von Suwalki in Besitz russischer Stellungen auf einer Frontbreite von 20 Kilometer.

Nördlich Prasznysz wurden gestern 2 Offiziere, 470 Russen gefangen genommen und 3 Maschinengewehre erbeutet.

Oberste Heeresleitung.

Berlin, 28. April. Aus dem Großen Hauptquartier wird uns mitgeteilt: Die gestrigen offiziellen französischen und englischen Kriegsberichte geben wieder einige interessante Proben der Mittel, mit welchen die Öffentlichkeit in den Ländern unserer Gegner getäuscht wird. Die Franzosen behaupten, daß sie den ihnen am 25. April ent- rissenen Gipfel des Hartmannsweilerkopfes wieder genommen hätten;

in Wirklichkeit ist er seit den gänzlich mißlungenen Rückeroberungs-

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versuchen am 26. April nachmittags überhaupt nicht mehr angegriffen worden. Er befindet sich also selbstverständlich in unserer Hand.

Der englische Bericht sagt: Die Franzosen hätten, auf dem linken Flügel der Engländer vorgehend, Het Sas in Flandern zurückgewonnen: in Wirklichkeit ist auch dieser Ort gestern nicht angegriffen worden

Ferner behauptet er, der deutsche Bericht über die Fortnahme der vier englischen Geschütze sei nicht zutreffend. Es ist für die englische Heeresleitung bedauerlich, daß sie so schlecht von ihren Untergebenen unterrichtet wird, wenn es auch verständlich ist, daß die regelmäßige Berichterstattung durch die Eile, mit der die englischen Truppen am 25. April das Schlachtfeld verließen, etwas in Unordnung gekommen sein mag.

Die genommenen Geschütze gehören nach der Bezeichnung, die sie tragen, der 2. London-Garrison-Artillery und 2. London-Territorial- Division an. Es sind 12,8 Zentimetergeschütze, die in allernächster Zeit ihre Anwesenheit auf unserer Seite den Gegnern deutlich erkennbar

machen werden.

Der Krieg zur See.

Die Versenkung des „Leon Gambetta“. Wien, 28. April. Das Flottenkommando veröffentlicht folgende Mitteilung: Unter- seeboot V. Kommandant Linienschiffsleutnaut Georg Ritter von Trapp, hat im lonischen Meer den französischen Panzerkreuzer „Leon Gambetta” torpediert und versenkt.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 29. April.

Unsere auf dem westlichen Kanalufer befindlichen Stellungen nördlich von Ypern am L’Yperlebach bei Steenstrate und Het Sas werden seit gestern nachmittag ununterbrochen, aber vergeblich angegriffen. Östlich des Kanals scheiterte ein gegen unseren rechten Flügel von Franzosen, Algeriern und Englandern gestern abend gemeinschaftlich unternommener Angriff unter sehr starken Verlusten für die Feinde. Die Zahl der von uns m den Kämpfen nördlich von Ypern erbeuteten feindlichen Geschütze hat sich auf 63 erhöht.

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Feindliche Minensprengungen an der Eisenbahn La Bassee— Böthune und in der Champagne nördlich von Le Mesnil waren erfolglos. Bei Le Mesnil wurden nächtliche französische Angriffe gegen die von uns gestern nacht eroberten Stellungen unter starken Verlusten für den Feind abgeschlagen. Die hier gemachten fran- zösischen Gefangenen befanden sich in jammervoller Verfassung; sie zitterten vor Angst, da ihnen von ihren Offizieren vorgeredet war, sie würden, in deutsche Gefangenschaft geraten, sofort erschossen.

Auf den Maashöhen, südöstlich von Verdun, schoben wir unsere Stellungen um einige hundert Meter vor und befestigten sie.

In den Vogesen ist die Lage unverändert.

Südlich von Kalwarja setzten wir uns in den Besitz des Dorfes Kowale und der Höhe südlich davon.

Bei Dachowo, südlich von Sochaczew eroberten wir einen russischen Stützpunkt.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 30. April.

An der Küste herrschte rege feindliche Fliegertätigkeit, Flieger- bomben richteten in Ostende nur erheblichen Schaden an Häusern an. Die Festung Dünkirchen wurde gestern von uns unter Ar- tilleriefeuer genommen. |

In Flandern verlief der Tag ohne besondere Ereignisse. Nachts griff der Feind zwischen Steenstrate und Het Sas an, das Gefecht dauert noch an. Die Brückenköpfe auf dem westlichen Kanalufer bei den Orten Steenstrate und Het Sas sind von uns ausgebaut und fest in unserer Hand. Östlich des Kanals nördlich von Ypern versuchten Zuaven und Turkos unseren rechten Flügel anzugreifen. Ihr Angriff brach in unserem Feuer zusammen.

In der Champagne nördlich von Le Mesnil konnten die Fran- zosen nichts von der ihnen vorgestern entrissenen Stellung wieder- gewinnen. Die 1000 Meter breite und 300 Meter tiefe Befesti- gungsgruppe ist von uns in ihrem vollen Umfange umgebaut und wird gehalten.

In den Argonnen erstürmten unsere Truppen nördlich von Le Four de Paris einen feindlichen Schützengraben, nahmen einen Offizier, 30 Mann gefangen und hielten das eroberte Gelände gegen mehrfache feindliche Gegenangriffe. Bei Cornay und am

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Ostrand der Argonnen stürzte ein feindliches Flugzeug ab, die Insassen sind tot.

Zwischen Maas und Mosel griffen die Franzosen gestern die von uns eroberten Stellungen auf den Maashöhen erfolglos an, auch nördlich von Flirey scheiterte ein feindlicher Angriff unter starken Verlusten. Bei den Kämpfen auf den Maashöhen vom 24. bis 28. April haben die Franzosen allein an Gefangenen 43 Offiziere, darunter drei Regimentskommandeure, und rund 4000 Mann verloren.

Die Küstenbefestigung Harwich an der englischen Ostküste wurde heute nacht mit Bomben belegt.

Die Vortruppen unserer im nordwestlichen Rußland operieren- den Streitkräfte haben gestern in breiter Front die Eisenbahnlinie Dünaberg—Libau erreicht. Ernsthaften Widerstand versuchten die in jenen Gegenden vorhandenen russischen Truppen, unter denen sich auch die Reste der Teilnehmer am Raubzuge gegen Memel befinden, bisher nirgends zu leisten. Gegenwärtig sind Gefechte bei Szawle im Gange.

Bei Kalwarja scheiterten größere russische Angriffe unter starken Verlusten. 5 Offiziere, 500 Russen fielen unverwundet in unsere Hände. Auch weiter südlich zwischen Kalwarja und Augustow mißglückten russische Vorstöße.

Oberste Heeresleitung.

Die Turkei im Kriege. Der Mißerfolg der Dardanellenaktion. Konstantinopel, 30. April. Das Große Hauptquartier hat gestern abend folgendes mitgeteilt Der Feind, welcher in der Umgegend von Kum Kale gelandet war, ist trotz aller seiner Bemühungen, sich unter dem Schutze des Feuers seiner Schiffe am Lande zu behaupten, vollständig verjagt worden; kein Feind steht mehr auf dem asiatischen Ufer der Dardanellen. Die feindlichen Streitkräfte auf der Spitze von Kaba Tepe behaupten sich hartnäckig unter dem Schutze des Feuers der feindlichen Schiffe; von den anderen Teilen der Gallipoli-Halbinsel ist der Feind vertrieben worden. Das Feuer unserer Batterien hat am 28. April den französischen Panzerkreuzer „Jeanne d'Arc“ beschädigt, so daß er sich brennend nach Tenedos zurück- zog. Ein englischer Torpedobootszerstörer sank infolge eines Brandes, der durch unsere Granaten verursacht war, am 28. April an der Einfahrt

in die Meerenge. Ein Angriff von sechzehn Panzerschiffen und vielen

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Torpedobootszerstörern gegen unsere vorgeschobenen Batterien an der Meerenge am 27. April hatte folgendes Ergebnis: Tausende gegen unsere Batterien und Infanteriestellungen abgeschossene Granaten haben bis zum Abend nur einige Soldaten leicht verwundet; dagegen wurden zwei Transportdampfer vor Sedd-ül-Bahr wiederholt von unseren Granaten getroffen, so daß der eine von ihnen sofort auf den Strand lief. Wir haben eine Reihe von Booten und Segelschiffen, die mit Soldaten besetzt waren und sich mit ihren Schleppdampfern bei den Transportschiffen befanden, zum Sinken gebracht. Die englischen Linienschiffe,, Majestic“ und „Triumph“ wurden beschädigt und zogen sich aus der Schlachtlinie zurück. In den letzten beiden Tagen hat die feindliche Flotte nichts mehr gegen die Meerenge unternommen. Auf den anderen Kriegsschauplätzen nichts

von Bedeutung. Konstantinopel, 30. April. Wie ,, Tasvir-i-Efkiar“ aus den Dardanellen erfährt, wurde das eng- lische Schlachtschiff „Vengeance“ von Geschossen der türkischen Batterien beschädigt.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 1. Mai.

Die gestern gemeldeten Kämpfe auf dem westlichen Kanal- ufer nordwestlich von Ypern endeten mit einem sehr verlustreichen Mißerfolge des Feindes. Östlich des Kanals nördlich von Ypern stieß der Feind mehrere Male vergeblich vor. Die Festung Dun- kirchen wurde weiter unter Artilleriefeuer gehalten.

Zwischen Maas und Mosel kam es zu Infanteriekämpfen nur in der Gegend zwischen Ailly und Apremont. Die französischen Angriffe scheiterten sämtlich unter starken Verlusten.

Am 29. April wurde Reims in Erwiderung auf die Beschießung unserer rückwärtigen Ruheortschaften mit einigen Granaten be- worfen. Da der Feind die Bedeutung dieses unseres Vorgehens sehr gut kennt, würde es ihm leicht sein, Reims vor einer Be- schießung zu bewahren.

Der Feind verlor gestern wieder drei Flugzeuge. Ein eng- lisches Flugzeug wurde südwestlich von Thielt heruntergeschossen. Ein anderes Flugzeug wurde bei Wieltje nordöstlich von Ypern zum Absturz gebracht und zusammengeschossen. Das dritte Flug- zeug wurde aus einem feindlichen Geschwader heraus bei Nieder- Sulzbach i. E. zur Landung gezwungen.

Das Gefecht bei Szawle ist günstig für uns verlaufen. Nach starken Verlusten flüchteten die Russen, nachdem sie Szawle an

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allen vier Ecken angesteckt hatten, in Richtung auf Mitau weiter. Die Verfolgung wird fortgesetzt. An Gefangenen sind bisher etwa 1000 gemacht, daneben fielen 10 Maschinengewehre, große Mengen von Bagagen, Munitionswagen und besonders viel Munition in unsere Hände.

Feindliche Angriffe bei Kalwarja und südwestlich wurden verlustreich abgeschlagen, wobei wieder 350 Russen gefangen genommen wurden. Dagegen gelang es den Russen südwestlich von Augustow, eine deutsche Vorpostenkompagnie nächtlicherweise zu überfallen und schwer zu schädigen.

Östlich von Plozk und auf dem Sudufer der Piliza wurden schwache russische Vorstöße abgewiesen.

Oberste Heeresleitung.

Eine falsche Meldung.

Pressemeldungen über eine gegen Deutschland gerichtete Er- klärung, die Herr Andrew Carnegie in Paris abgegeben haben sollte, waren nach New York gelangt. Herrn Carnegie wurde darin eine Äußerung in den Mund gelegt ungefähr des Inhalts, daß vor Er- richtung des Weltfriedens Deutschland zerschmettert werden müsse. Durch telegraphisches und schriftliches Zeugnis eines angesehenen Mitgliedes des Direktoriums der amerikanischen Carnegie-Anstalt wird außer Zweifel gestellt, daß Herr Carnegie seit September 1914 nicht in Europa war, daß er den ganzen Winter in New York, wo er noch ist, verbracht hat, und daß von ihm keine Äußerung über die Notwendigkeit der Zerschmetterung Deutschlands gehört worden ist. Das angebliche Pariser Interview ist hiernach als eine Fälschung zu betrachten.

Vom westlichen Schauplatze.

Falsche Angaben der Engländer und Franzosen. Berlin, |. Mai.

Aus dem Großen Hauptquartier wird uns geschrieben: Leider sind wir schon wieder genötigt, einige Veröffentlichungen unserer Feinde richtig zu stellen, da sie offensichtlich bestimmt sind, im Auslande falsche Ein- drücke zu erwecken.

Von englischer Seite wird heute behauptet, das Dörfchen St. Julien in Flandern sei nur wenige Stunden in deutschen Händen gewesen und dann von Kanadiern, Schotten und Iren zurückerobert worden. Diese Angabe steht mit der Wahrheit in Widerspruch. St. Julien ist fest in unserer Hand, unsere Vorstellungen sind noch einige hundert Meter dar- über hinaus gegen den Feind vorgeschoben.

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Die Franzosen wollen nach ihrem heutigen Bericht in Lothringen auf einer Breite von 25 Kilometer 4 Kilometer Boden gewonnen haben. Sie vergessen aber hinzuzufügen, daß es sich nur um ein Vorrücken in Französisch-Lothringen handeln kann und nur um ein Vorrücken in einer Gegend, in der sich keine deutschen Truppen befinden. Denn an deren weit in das französische Gebiet vorgeschobenen Linien hat sich in der Rückwärtsrichtung seit vielen Monaten nichts geändert, wohl aber sind sie, wie aus unseren Tagesberichten ersichtlich, bis in die jüngste Zeit erheblich nach vorwärts verlegt worden.

Vom östlichen Schauplatze.

Die neue Offensivbewegung.

Einem Wiener Bericht zufolge lauten die neuesten Petersburger Meldungen dahin, daß der allgemeine Angriff der Verbündeten auf den russischen rechten Flügel unter Anwendung großer Massen schwerer Artillerie begonnen habe. Es wird hinzugefügt, daß die Verbündeten in einer festen, undurchdringlichen Front von Petrikau bis südlich von Krakau ständen, und daß im westgalizischen Gebiete eine bedeutende Schlacht entbrennen könnte, ehe die Russen aus den Karpathen die erforderlichen Nachschübe herausgebracht hätten. Hindenburg habe, wie sich nunmehr zeigte, seine Be ferne am Njemen nicht vermindert. Dies ergebe sich zunächst daß er nach allen Anzeichen zu einem frischen großen Schlage zwischen Njemen, Bobr und Narew aushole, den er ohne genügende Truppen gewiß nicht riskieren würde. Ferner wird mitgeteilt, daß deutsche Flieger über Warschau neuerdings drei, über Lomza 31 Bomben abwarfen.

232000 Morgen in Russisch-Polen beschlagnahmt. Berlin, 1. Mai.

Als Vergeltung für die bei dem Einfall der Russen in Ostpreußen verübten Greuel und die Wegnahme von Eigentum deutscher Staatsan- gehöriger hat der Herr Oberbefehlshaber Ost die Zivilverwaltung für Russisch-Polen mit der Beschlagnahme der in ihrem Bezirk belegenen sogenannten Donationsgüter beauftragt. Es handelt sich hierbei um Güter, welche der russische Staat bei den verschiedenen polnischen Revolutionen konfisziert und dann russischen Militärs und Beamten zur Nutznießung überlassen hat. Beim Aussterben der Familien der Beliehenen fallen die Güter an den russischen Staat zurück, ebenso in verschiedenen anderen Fällen, insbesondere wenn kein Erbe gnie- chisch-orthodoxen Glaubens vorhanden ist. Die Beschlagnahme ist

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jetzt im wesentlichen durchgeführt. Sie erstreckt sich auf etwa 232000 preußische Morgen. Von dieser Fläche sind ungefähr 107 000 preu- Bische Morgen für eine Pachtsumme von jährlich 356 000 Mk. also durchschnittlich 3.33 Mk. pro Morgen verpachtet. 21700 Morgen und Wiesen, 97000 Morgen Wald und 6400 Morgen Wasser werden von der beschlagnehmenden Behörde selbst verwaltet. Die Pächter, soweit sie Polen und Deutsche und nicht Nationalrussen sind, wurden im ungestörten Pachtbesitz belassen. Sie haben die Pacht an die Staatskasse abzuführen und sind unter dauernde Aufsicht der Zivil- verwaltung gestellt. Auch die Mehrzahl der polnischen und deutschen Verwalter ist in ihrem Amte verblieben, und nur dort, wo zuverlässige Beamte fehlten, sind deutsche und polnische Verwalter eingesetzt. Für die Frühjahrsbestellung ist Vorsorge getroffen. Wo Saatgut fehlte, wurde solches beschafft. Bei fehlender Anspannung wurde mit Motorpflügen nachgeholfen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 2. Mai.

In Flandern versuchte der Gegner nach sehr starker Artillerie- vorbereitung wiederum, gegen unsere neue Stellung nordöstlich von Ypern anzurennen, und zwar griffen die Franzosen zwischen Kanal und Straße Ypern—St. Julien ernergisch, die Englander östlich davon matt an. Die Bemühungen waren, namentlich infolge unseres sehr wirksamen Flanken- und Rückenfeuers aus Gegend von Broodseinde und Veldhoek, gänzlich erfolglos; drei Maschinen- gewehre blieben in unseren Händen.

In den Argonnen machten unsere Angriffe nördlich von Le Four de Paris gute Fortschritte; trotz heftigster Gegenwehr ver- loren die Franzosen mehrere Gräben und 156 Gefangene.

Zwischen Maas und Mosel kam es nur im Priesterwalde zu heftigen Kämpfen, wo die Franzosen mehrere Male in großen Massen angriffen. Wir schlugen die Angriffe, die stellenweise bis in unsere Gräben gelangten, unter starken Verlusten für den Feind ab und machten 90 Gefangene.

Gestern wurden wieder zwei feindliche Flugzeuge außer Gefecht gesetzt, eins wurde bei Reims zusammengeschossen, das andere nordwestlich von Verdun aus einem Geschwader heraus zur eiligsten Landung gezwungen.

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Unsere Operationen im nordwestlichen Rußland machten gute Fortschritte. Boi Szawle wurden weitere 400 Russen gefangen ge- nommen. In der Verfolgung der flüchtenden Russen erreichten deutsche Spitzen die Gegend südwestlich von Mitau.

Russische Angriffe in Gegend Kalwarja wurden unter starken Verlusten für den Feind abgeschlagen. 300 Gefangene blieben in unserer Hand.

Politischer Tagesbericht.

Der englische Kriegsminister Lord Kitchener hat in seiner Ober- hausrede vom 27. April gewagt, die Ehre des deutschen Heeres durch den Vorwurf unmenschlicher Grausamkeit gegen wehrlose Gefangene anzutasten. Die Person des Anklägers und die Schwere seiner Beschul- digungen rechtfertigen es, wenn wir über diese Verleumdungen nicht mit der wortlosen Verachtung hinweggehen, die sie an sich verdienten. Denn von einem Manne, der mit den Nachtseiten englischer Krieg- führung aus so reicher eigener Erfahrung vertraut ist wie Lord Kitchener, setzt alle Welt voraus, daß nur die sichere Kenntnis ganz unerhörter Schändlichkeiten ihm ein Verdammungsurteil über andere in den Mund legen könnte. Die hauptsächliche Stütze der von Lord Kitchener erhobenen Anklage bildet aber offenbar ein Bericht des aus deut- scher Kriegsgefangenschaft entflohenen englischen Majors Vandeleur. Bezeichnend für die Glaubwürdigkeit dieser auch der deutschen Re- gierung bekannten Aufzeichnungen ist die Tatsache, daß ihr Verfasser bei seinen eigenen Kameraden nicht mehr für geistig normal gilt, seitdem der Krieg auf seine Nerven eingewirkt hat.

Lord Kitchener sagt unseren Truppen nach, daß sie ihre englischen Gefangenen in vielen Fällen mißhandelt, manche von ihnen sogar kalten Blutes erschossen hätten. Selbst vor verwundeten Offizieren habe ihre Roheit nicht haltgemacht. In den Gefangenenlagern werde die grausame Behandlung durch Hunger und andere Quälereien fort- gesetzt. Deutschland habe große kriegerische Fähigkeiten und hohen Mut bewiesen, seine Soldatenehre jedoch durch Handlungen befleckt, die mit der barbarischen Wildheit der Derwische wetteifern könnten.

Wer deutsches Wesen wirklich kennt und sich ein Urteil darüber nicht nur aus Schmähschriften gebildet hat, der wird wes Stammes er auch sei mit Entrüstung diese unverantwortliche Herabwürdigung eines Heeres zurückweisen, dessen straffe Mannszucht sich in vielen

Coffeinfreier Kaffee.

Enthält der coffeinfreie Kaffee fremde chemische Bestand- teile, insbesondere Ammoniak, Benzol, Salzsäure, Schwefel- saure?

Von Dr. W. Rabenhorst und Nahrungsmittelchemiker J. Varges.

aana

Für die Verbraucher eines coffeinfreien Kaffees ist die gestellte Frage von außerordentlicher Wichtigkeit; handelt es sich doch darum, festzustellen, ob ein derartiger Kaffee mit Recht die ihm zugesprochenen Vorzüge, wodurch er sich vor anderen Kaffeesorten auszeichnet, besitzt, und ob nicht die Abwesenheit des starkwirkenden Alkaloids „Coffein“ durch die Anwesenheit von Chemikalien, welche irgendwelche Wir- kung auf empfindliche Verbraucher ausüben können, in Bewertung seiner Güte ausgeglichen wird. Weiter soll auch festgestellt werden, ob dieser Kaffee, auch ohne schädliche Wirkung, eine Einwirkung erlitten hat, welche die Zusammensetzung des Kaffees wesentlich verändert. Das Publikum hat ein Interesse daran, einen vollwertigen Kaffee von unveränderter Zusammensetzung ohne das schädliche Coffein beim Einkauf des coffeinfreien Kaffees zu erhalten.

Die Kaffee-Handels- Aktiengesellschaft in Bremen bringt seit einiger Zeit unter der Bezeichnung „Coffeinfreier Kaffee Hag“, Schutz- marke Rettungsring, einen Kaffee in den Handel, welcher sich nach der vorhandenen Literatur durch besondere Bekömmlichkeit, bedingt durch das Fehlen der Coffeinwirkyng, auszeichnet. Das Produkt hat sich anscheinend in kurzer Zeit einen großen Kreis von Freunden sowohl in der Ärzte- als auch in der Laienwelt erobert. Von Wichtig- keit erschien es daher, diesen coffeinfreien Kaffee einer chemischen Prüfung in oben erwähntem Sinne zu unterwerfen.

Zur Prüfung der oben gestellten Fragen wurde von den Ver- fassern aus drei verschiedenen Kaffee- beziehungsweise Kolonial- warengeschäften 1/2-Pfund-Originalpakete des „coffeinfreien Kaffee Hag“, Marke Rettungsring, entnommen. Die organoleptische Prüfung ergab angenehmen reinen Kaffeegeschmack, übereinstimmend mit dem eines guten Originalkaffees. Die Feststellung des Coffeingehaltes

ergab 0, 130%; demnach dürfte gegen die Bezeichnung des Kaffees bei Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs bei „entgifteten“ Genußmitteln nichts einzuwenden sein.

Alle 3 Proben waren frei von künstlichen Kaffeebohnen und frei von künstlicher Färbung. Die Bohnen waren gleichmäßig durch- geröstet, von schöner brauner Farbe und von angenehmem aromatischen Geruch. Zur Prüfung auf Benzol wurden von dem gemahlenen Kaffee 50 g mit 200 g Wasser angerührt und 50 ccm davon abdestilliert. In dem Destillat war weder direkt, noch durch Ausschütteln mit Schwefelkohlenstoff und Ather Benzol nachweisbar. Deshalb wurden weiter 100 g des fein gemahlenen Kaffees im Dampfstrom destilliert, wobei 220 g Destillat aufgefangen wurden. Auch hier war das Resultat ein negatives. Das Destillat reagierte sauer und hatte Kaffee- geruch. Dasselbe hatte im Durchschnitt ein spezifisches Gewicht von 1,0030 bei 150 C. Coffeinhaltiger Kaffee wurde zum Vergleich ebenso behandelt und auch hier erhielten wir ein sauer reagierendes Destillat von 1,0030 spezifischem Gewicht bei 150 C. 50 g des so gewonnenen Destillats wurden mit 1/10 N. Kalilauge titriert, und es erforderten die einzelnen Proben des coffeinfreien Kaffees im Durch- schnitt 1,65 ccm 1/10N. Kalilauge. Beim coffeinhaltigen Kaffee wurden im Durchschnitt 1,60 ccm 1/10 N. Kalilauge verbraucht. Ein Unter- schied ist also nicht festzustellen. Die in dem Destillat enthaltenen Säuren sind Essigsäure und Ameisensaure, welche sich nach Jaeckle beim Röstprozeß bilden. Chlor beziehungsweise Salzsäure waren im Destillat nicht nachweisbar. Es sind daher freies Chlor und freie Salz- säure auch nicht in Spuren im coffeinfreien Kaffee enthalten. Aus den nachstehend mitgeteilten Analysen geht hervor, daß in dem Kaffee auch kein fremdes gebundenes Chlor enthalten ist. In allen 3 Proben fand sich nur der dem reinen Kaffee eigentümliche sehr geringe Chorgehalt von höchstens 0,049/o. Es ist daher ausgeschlossen, daß der coffeinfreie Kaffee mit Salzsäure oder irgendeiner anderen chlorhaltigen Substanz behandelt worden ist. Zur Prüfung auf Am- moniak wurde ein weiterer Teil des Destillats (50 g) mit Natronlauge im Überschuß der Destillation unterworfen. Vorgelegt wurden 10 ccm 1/10 N. Schwefelsäure. Bei der Zurücktitration mit 1/10 N. Natronlauge erforderten 3 Proben des coffeinfreien Kaffees im Durchschnitt 9,5 ccm !/ıo N. Natronlauge, während 3 Proben eines coffeinhaltigen Kaffees im Durchschnitt 9,2 ccm 1/10 N. Natronlauge verbrauchten. Es waren daher im ersten Fall 0,5 ccm und im letzten Fall 0,8 ccm Säure durch Basen gebunden worden. Nach Bernheimer be- ziehungsweise Jaeckle sind in den Röstprodukten unter anderm

Coffein, Pyridinbasen, Ammoniak, Pyrrol, Trimethylamin und andere Aminbasen vorhanden. Der Verbrauch der freien Schwefelsäure wird dadurch zur Genüge erklärt. Das Destillat des coffeinfreien Kaffees verbrauchte nun weniger Schwefelsäure, als das des coffein- haltigen Kaffees. Daher ist es vollständig ausgeschlossen, daß fremde flüchtige Basen in dem coffeinfreien Kaffee enthalten sind, denn in diesem Falle müßten solche bei der Destillation durch einen Mehr- verbrauch der vorgelegten 1/10 N. Schwefelsäure gefunden werden. Dieses Resultat wurde durch die Bestimmung der Gesamtstickstoff- substanz bestätigt, wir fanden namlich im Durchschnitt 13,33 0% Stick- stoffsubstanz, während der nicht von Coffein befreite Kaffee ca. 14,20 0% enthielt. Die nicht flüchtigen Basen, welche eventuell zum Auf- schließungsprozeß hätten Verwendung finden können, würden sich kaum vollständig aus dem Kaffee wieder verdrängen lassen. Wir müßten sie daher in den Mineralbestandteilen in der Asche des Kaffees vorfinden, und der Aschegehalt müßte sich erheblich vermehrt haben. Aus den Analysen der 3 Proben des coffeinfreien Kaffees geht aber hervor, daß der Aschegehalt im Durchschnitt 4,013 0/0 beträgt. Beim coffeinhaltigen Kaffee fanden wir im Durchschnitt 4,61 %% . Der Aschegehalt des coffeinfreien Kaffees ist daher nicht nur nicht höher, sondern geringer als bei gewöhnlichem gerösteten Kaffee. Ein Gehalt an nicht flüchtigen Basen ist daher ausgeschlossen. Das gleiche gilt für die nicht flüchtigen Säuren, von denenSchwefelsäure und Phosphorsäure inBetracht kommen könnten. Auch bei der Behandlung mit diesen würde wahrscheinlich eine Erhöhung des Aschegehaltes eintreten. Mit Sicherheit geben uns aber die direkten Bestimmungen der Säuren die Gewißheit, daß der coffeinfreie Kaffee nicht damit behandelt worden ist, denn wir finden im Durchschnitt 3,75 0/0 Schwefelsäure, berechnet auf den Aschegehalt, während coffeinhaltiger Kaffee zirka 3,8 0% in der Asche enthält. Ein Unterschied zeigte sich daher nicht. An Phosphorsäure fanden wir in der Asche im Durchschnitt 12,64 %%. Auch deren Gehalt ist normal. In der Literatur finden sich Angaben über einen Gehalt von zirka 11,0 bis uber 13% im Kaffee. Von den sonst gefundenen Werten interessiert der bei 2 Proben gefundene hohe Fettgehalt (Petroläther- auszug). Nach Hufeldt und Stutzer kommt es vor, daß der Fettgehalt nach dem Rösten des Kaffees bedeutend größer ist als vorher, und zwar so, daß die Zunahme nicht auf den Brennverlust des Kaffees geschoben werden kann. Die Genannten fanden bei durchschnittlich 18 0/0 Brennverlust bis zu 660% Zunahme des Fettgehaltes. Vielleicht liegt auch hier eine solche Zunahme vor. Der entsprechende Roh- kaffee stand uns leider nicht zur Verfügung.

Coffeinfreier Kaffee . Probe | 2 322

0/0 0/o 0% Abwaschbare Stoffe (nach Hilger) ......... 1,23 205 22 Extrakt (Wasserauszug) ..........onnesesne. 20,53 21,43 22,01 Ü ¹ð¹ csi y 3,08 4.92 4.06 Mineralst offt 3,88 3.94 4,22. , E e 0,038 0.033 0,040 Schwefelsäure ............ ccc cece ccc ccceces 0,150 0,146 0,150 Desgleichen auf den Aschegehalt berechnet .. 3,38 3,75 3,55 Phosphorsäure ..........0.cccccceccccccces 0,505 0,494 0,521 Desgleichen auf den Aschegehalt berechnet ..13 02 1255 12,35 Gesamtstickstoffsubstann aaa 13,76 13,18 13,06 Fett (Petrolätherauszug)........... 2.2.2.2... 15,58 15,66 12,90

Fassen wir die Resultate unserer chemischen Untersuchung zu- sammen, so ergibt sich, daß die Werte denen eines reinen normalen Kaffees entsprechen. Fremde chemische Bestandteile waren nicht nachweisbar, ebensowenig ein anormaler Gehalt der im reinen Kaffee vorhandenen Bestandteile, insbesondere gilt dies für Benzol, Ammo- niak, Atzalkalien, Phosphorsäure, Salzsäure und Schwefelsäure.

(Aus dem Chemisch-medizinischen Laboratorium in Dresden.)

iii aae

Coffeinfreier

KAFFEE HAG

Unschädlicher Bohnenkaffee

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ruhmvollen Kriegen bewährt hat und von Fernerstehenden oft genug als übermäßig scharf kritisiert worden ist.

Es zeugt von einer selbst für englische Verhältnisse ungewöhn- lichen Anmaßung, wenn ein solches Heer von einem Gegner angegriffen wird, unter dessen Befehl die herzlosen Peiniger jenes deutschen Kriegsfreiwilligen Callies stehen, von dem ein englischer Fliegeroffizier im Oktober 1914 gemeinsam mit mehreren Soldaten durch rohe Mißhandlungen Verrat an unseren Truppen zu erpressen suchte.

Von einer Verurteilung dieser elenden Handlungsweise hat man aus dem englischen Lager bisher noch nichts gehört. Wir werden demzufolge wohl auch vergebens auf die Sühne für die schmachvolle und grausame Behandlung warten, die gefangene deutsche Soldaten im März nach den Kämpfen um Neuve Chapelle erdulden mußten. Unter Leitung und Aufsicht von Engländern haben indische Truppen diese Gefangenen ausgeraubt und mißhandelt. Wir können leider nur allzuviele ähnliche Fälle englischer Grausamkeit durch eidliche Aussagen belegen, darunter auch die unmenschliche Behandlung unserer in den deutschen und englischen Kolonien gefangenen Volksgenossen.

Was Kitchener über die deutschen Gefangenenlager behauptet, wird durch die Aussagen vieler neutraler Zeugen widerlegt. Unter ihnen hat der amerikanische Botschafter in Berlin erst vor kurzem erklärt, daß die gefangenen Engländer nach seiner eigenen Feststellung in völlig angemessener Weise behandelt würden. Wir glauben nicht, daß im Gegensatz dazu gerade Lord Kitchener ein Recht hat, haltlose Anklagen zu erheben. Ist doch sein Name für alle Zeiten mit jenen berüchtigen Konzentrationslagern verknüpft, in denen während des Burenkrieges so viele unglückliche Frauen und Kinder elend ver- schmachten mußten.

Die Behauptung, daß unsere Truppen wehrlose Gefangene mut- willig erschossen hätten, überrascht uns aus dem Munde Kitcheners nicht. Die englische Heeresleitung hält ja ihre Truppen mit Vorbedacht schon lange in dem Wahn, daß ihnen im Falle der Gefangenschaft der Tod oder sonst ein grausames Schicksal drohe. Die Gründe dafür liegen so klar zutage, daß wir sie nicht einmal anzudeuten brauchen.

Wenn Kitchener sich endlich zur Begründung weiterer Anklagen gegen unsere Kriegführung auf internationale Abmachungen beruft, so sei ihm entgegengehalten, daß die Geschichte keines Volkes der Welt an Beispielen für die kaltherzige und treulose Mißachtung solcher Vereinbarungen so reich wie die des englischen ist.

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Wer seine Truppen von Amts wegen mit einer Munition versicht, die so grausame Wunden reißt, wie die englischen Infanteriegeschosse Marke VII, der sollte jeder Erörterung über das Haager Abkommen vom 18. Oktober 1907 so weit wie möglich aus dem Wege gehen.

Wer gegen ein europäisches Kulturvolk farbige Barbaren jeder Art und Herkunft ins Feld führt und ihrer Raub- und Blutgier freien Lauf laßt, der tut nicht wohl daran, an die Wildheit jener Derwische zu erinnern, in deren Geschichte der blutige Tag von Omdurman doch wahrlich nicht von englischer Milde zeugt.

Wer endlich ein bluhendes Volk wie das deutsche mitsamt seinen Frauen und schuldlosen Kindern auszuhungern sucht, weil er sich zu schwach fühlt, es im ehrlichen Kampfe durch Waffengewalt zu bezwingen, der sollte mit dem Appell an fremde Menschlichkeit die denkbar größte Zurückhaltung üben. Denn es ist nicht sein, sondern unser Verdienst, wenn wir dieser Kampfesweise lachend spotten und die für alle Zukunft befleckte englische Ehre wenigstens vor dem Makel schützen, daß ein Plan zur Tat wird, dessen Schändlichkeit durch die Ohnmacht seiner Urheber nicht gemildert werden kann.

Wenn Kitchener uns daher seine fernere Achtung entziehen will, weil unser Verhalten im Kriege sich nicht mit seinen Begriffen von Soldatenehre deckt, so werden wir das mit dem stolzen Bewußtsein zu ertragen wissen, daß wir durch diese reinliche Scheidung zwischen uns und ihm in der Achtung vor uns selbst nur steigen können.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 3. Mai.

In Flandern griffen wir gestern nordöstlich von Ypern beider- seits der Straße Poelkappelle—Ypern mit Erfolg an und nahmen die Gehöfte von Fortuin südöstlich von St. Julien.

In der Champagne richteten wir durch erfolgreiche Minen- sprengungen erheblichen Schaden in der feindlichen Stellung zwischen Souain und Perthes an.

Zwischen Maas und Mosel fanden gestern nur Artillerie- kämpfe statt.

Am Hartmannsweilerkopf machten die Franzosen heute nacht vergebliche Angriffsversuche gegen unsere Gipfelstellung.

Ein französisches Flugzeug landete gestern bei Hundlingen west- lich Saargemünd; die beiden Insassen wurden gefangengenommen.

481

Ein deutsches Flugzeuggeschwader griff gestern die Luftschiff. halle und den Bahnhof Epinal mit anscheinend gutem Erfolge an.

Auf der weiteren Verfolgung der auf Riga flüchtenden Russen erbeuteten wir gestern 4 Geschütze, 4 Maschinengewehre und machten südlich Mitau wieder 1700 Gefangene, so daß die Gesamt- zahl der Gefangenen auf 3200 gestiegen ist.

Russische Angriffe sudwestlich von Kalwarja mißglückten unter starken Verlusten für den Gegner; die Russen wurden über die Szefzupa zurückgeworfen und ließen 330 Gefangene in unserer Hand.

Auch nordöstlich von Skierniwice zogen sich die Russen eine schwere Niederlage zu, wobei sie neben einer großen Anzahl an Toten 100 Gefangene verloren.

Im Beisein des Oberbefehlshabers Feldmarschalls Erzherzog Friedrich und unter der Führung des Generalobersten von Mackensen haben die verbündeten Truppen gestern nach erbitterten Kämpfen die ganze russische Front in Westgalizien von nahe der ungarischen Grenze bis zur Mündung des Dunajec in die Weichsel an zahl- reichen Stellen durchstoßen und überall eingedrückt. Diejenigen Teile des Feindes, die entkommen konnten, sind im schleunigsten Rückzuge nach Osten, scharf verfolgt von den verbündeten Truppen. Die Trophäen des Sieges lassen sich noch nicht annähernd übersehen.

Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See. Berlin, 3. Mai.

Am l. Mai nachmittags hat ein deutsches Unterseeboot bei Galloperfeuerschiff den englischen Torpedobootszerstörer „Recruit“ durch Torpedoschuß zum Sinken gebracht.

Am gleichen Tage fand in der Nähe von Noordhinderfeuerschiff ein Gefecht zwischen zwei deutschen Vorpostenbooten und einigen bewaffneten englischen Fischdampfern statt, bei dem ein englischer Fischdampfer vernichtet wurde. Eine Division englischer Torpedoboots- zerstörer griff in das Gefecht ein, das mit dem Verlust unserer Vor- postenboote endigte. Laut Bekanntgabe der britischen Admiralität wurde der größte Teil der Besatzungen gerettet.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes (gez.) Behncke. |

482 Ministerrat in Rom. Rom, 3. Mai

Die Agenzia Stefani meldet: Heute früh tagte der Ministerrat im Palazzo Braschi. Der Kolonialminister teilte die Berichte mit, die er über den letzten Kampf an der Syrte erhalten habe. Auf seinen Vorschlag beschloß der Ministerrat, ihn zu ermächtigen, falls es notwendig ist, den Kriegszustand in Tripolitanien zu erklären, sowie die notwendigen Ver- stärkungen dahin zu schicken. Der Minister des Auswärtigen berichtete über die internationale Lage. Auf Grund der Erörterung der politischen Lage erkannte der Ministerrat die Notwendigkeit an, daß kein Mitglied der Regierung Rom verläßt.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 4. Mai.

In Flandern setzten wir unsere Angriffe von Norden und Osten mit großem Erfolge fort. Heute morgen fielen Zevenkote, Zonnebeke, Westhoek, der Polygoneveldwald, Nonne Bosschen alles seit vielen Monaten heißumstrittene Orte in unsere Hand. Der abziehende Feind steht unter dem Flankenfeuer unserer Batterien nördlich und südlich von Ypern.

In den Argonnen versuchten die Franzosen nördlich von Le Four de Paris vergeblich einen von uns am 1. Mai eroberten Graben zurückzunehmen.

Die Artilleriekämpfe zwischen Maas und Mosel nahmen auch gestern ihren Fortgang. |

Die Zahl der in der Verfolgung auf Mitau gefangengenommenen Russen ist auf über 4000 gestiegen.

Erneute russische Angriffe südwestlich von Kalwarja wurden abgeschlagen, 170 Gefangene blieben bei uns.

Ebenso scheiterten russische Angriffe südöstlich von Augustow unter starken Verlusten für den Feind, der dort außerdem an Ge- fangenen 4 Offiziere, 420 Mann und 2 Maschinengewehre verlor.

Auch bei Jedwabno, nordöstlich von Lomza, wurde ein russischer Nachtangriff abgeschlagen.

Die Offensive zwischen Waldkarpathen und oberer Weichsel nahm guten Fortgang. Die Beute des ersten Tages beläuft sich auf 21500 Gefangene, 16 Geschütze, 47 Maschinengewehre und zurzeit noch unübersehbares Kriegsgerät aller Art.

Oberste Heeresleitung.

483 Vom östlichen Schauplatze.

Wien, 4. Mai.

Amtlich wird verlautbart: In treuer Waffenbrüderschaft haben Deutschlands und Österreich-Ungarns verbündete Truppen einen neuen Sieg erfochten.

Die seit dem Rückzuge der Russen nach unserer siegreichen Schlacht bei Limanowa in Westgalizien haltende stark befestigte feind- liche Front zwischen Weichsel und dem Karpathenhauptkamm wurde in ihrer ganzen Ausdehnung erobert. In Fortsetzung des Angriffes haben die österreichisch-ungarischen und die deutschen Steitkrafte auch gestern an der ganzen Front unter den Augen des Armeeober- kommandanten Feldmarschalls Erzherzogs Friedrich neue Erfolge er- kämpft, sind unaufhaltsam weiter nach Osten vorgedrungen und haben starke russische Kıäafte erneut zum schleunigen Rückzug gezwungen.

Die Bedeutung des Gesamterfolges läßt sich noch nicht annähernd übersehen. Die Zahl der bisherigen Gefangenen ist auf über 30000 Mann gestiegen und nimmt stündlich zu. In den zahlreichen eroberten russischen Stellungen wurde eine Unmenge Kriegsmaterial erbeutet. 22 Geschütze und 64 Maschinengewehre sind bei der ersten Beute.

An allen übrigen Fronten ist die Situation im großen unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See. Berlin, 4. Mei.

Am 3. Mai hat ein deutsches Marineluftschiff in der Nordsee ein Gefecht mit mehreren englischen Unterseebooten gehabt. Es bewarf die Boote mit Bomben und brachte eines von ihnen zum Sinken. Die Unterseeboote beschossen das Luftschiff mit Geschützen, ohne es zu treffen. Das Luftschiff ist wohlbehalten zurückgekehrt.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke. Berlin, 4. Mai.

Unsere Flugzeuge in Flandern haben in letzter Zeit eine rege Tatig- keit entfaltet. Sie haben zahlreiche Angriffe auf Seestreitkrafte und Handels- schiffe des Feindes ausgeführt und dabei wiederholt Erfolge erzielt. Unter anderem wurde am 26. April im Westdiep ein britisches Linienschiff der Formidableklasse mit Bomben beworfen und durch Treffer beschädigt. Am gleichen Tage wurden einige englische Vorpostenfahrzeuge erfolg-

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 5. Mai.

Mit schwersten Verlusten weichen die Engländer weiter in Richtung auf den hart östlich von Ypern gelegenen Brückenkopf zurück. Die Ferme Vanheule, Eksternest, der Schloßpark von Herenthage und Het Pappotje-Ferme wurden von uns genommen.

Zwischen Maas und Mosel herrschte wieder regere Tätigkeit. Im Priesterwalde nordwestlich von Pont-a-Mousson griffen die Franzosen gestern mit starken Kräften an. Trotz lang andauernder Artillerievorbereitung brach der Angriff mit starken Verlusten für den Feind in unserem Feuer zusammen. Dagegen gingen wir im Walde von Ailly und östlich zum Angriff über, der gute Fort- schritte machte. Hier nahmen wir bisher zehn Offiziere und 750 Mann gefangen.

Von Südosten kommende russische Angriffe auf Rossinie wurden abgewiesen. Die Verfolgung des Feindes ist im Gange.

Auch bei Kalwarja sowie nordöstlich von Suwalki und östlich von Augustow scheiterten zahlreiche russische Vorstöße. Dort wurden insgesamt etwa 500 Russen gefangen genommen.

Auf der übrigen Front fanden einzelne Nahkämpfe statt, die sämtlich zu unseren Gunsten entschieden wurden.

Der Angriff der verbündeten Truppen nördlich der Wald- karpathen durchbrach gestern bereits die dritte befestigte Linie der Russen, die dort, auf der ganzen Front geworfen, auf die Wisloka zurückweichen. Die Größe des Sieges kann man daraus ersehen, daß infolge des Durchbruches der Verbündeten die Russen ihre in der nördlichen Flanke bedrohten Stellungen in den Wald- karpathen südwestlich von Dukla zu räumen beginnen. Die Schnelligkeit, mit der unsere Erfolge erreicht wurden, macht es unmöglich, ein zahlenmäßiges Bild über die Siegesbeute zu geben. Nach den vorläufigen Meldungen scheint die Zahl der Gefangenen bisher über 30000 zu betragen. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze. Die Entscheidung in Westgalizien. Wien, 5. Mai.

Aus dem Kriegspressequartier wird gemeldet: Der Erfolg des Sieges in Westgalizien ist weitaus größer, als sich im ersten Augen- blick erkennen ließ, da nun schon ein großer Teil der russischen Karpathenfront in den Rückzug des Feindes hineingerissen ist. Uber

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die Trophäen des Sieges wird sich bei der Größe des in Betracht kommenden Raumes noch mehrere Tage kein Überblick gewinnen lassen. Sowohl in Westgalizien wie in den Beskiden werden fort- während Gefangene eingebracht, doch ist es begreiflicherweise ganz unmöglich, deren Zahl verläßlich festzustellen. Was also von privater Seite diesbezüglich in der Öffentlichkeit verbreitet wird, beruht auf willkürlicher Schätzung, die reeller Grundlage entbehrt. In den amt- lichen Verlautbarungen wird jeweilig der Stand der in die rück- wärtigen Sammelstationen täglich gebrachten und in eigene Ver- pflegung genommenen Kriegsgefangenen fallweise verlautbart. Die Endsumme wird jedenfalls eine sehr bedeutende sein.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 6. Mai.

Fast auf der ganzen Front fanden heftige Artilleriekämpfe statt.

Bei Ypern wurden weitere Fortschritte, so durch Einnahme der Ferme Vanheule und an der Bahn Messines—Ypern, gemacht. Es wurden einige hundert Gefangene und 15 Maschinengewehre erbeutet.

Im Waldgelande westlich Combres fielen bei einem Vorstoß 4 französische Offiziere, 135 Mann, 4 Maschinengewehre und 1 Minenwerfer in unsere Hand.

Unser gestriger Angriff im Aillywalde führte zu dem erstrebten Erfolg. Der Feind wurde aus seiner Stellung geworfen. Mehr als 2000 Franzosen, darunter 21 Offiziere, 2 Geschütze sowie mehrere Maschinengewehre und Minenwerfer blieben unsere Beute. Auch die blutigen französischen Verluste waren sehr schwer.

Nördlich Flirey und bei Croix des Carnes griff der Feind an. Nördlich des erstgenannten Ortes drang er an einer Stelle bis in unseren Graben. Um ein kleines Stück wird noch gekämpft; an allen anderen Stellen wurden die Franzosen zurückgeworfen.

In den Vogesen wurde ein Vorstoß gegen unsere Stellung nördlich Steinabrück abgewiesen.

Sudwestlich Mitau, südlich Szadow und östlich Rossienie dauern die Kämpfe noch an. Nordöstlich und südwestlich Kalwarja sind unsere Stellungen im Laufe des gestrigen Tages mehrfach von starken russischen Kräften angegriffen worden; sämtliche Angriffe scheiterten unter sehr großen Verlusten des Feindes. Ebenso-

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wenig Erfolg hatten feindliche Vorstöße gegen unsere Brücken köpfe an der Piliza.

Die Festung Grodno wurde heute nacht mit Bomben belegt.

In Westgalizien versuchten die Nachhuten des flüchtendes Feindes den unter Befehl des Generalobersten von Mackense: f stehenden verbündeten Truppen gestern verzweifelten Widerstand zu leisten, der aber auf den Höhen des linken Wislokaufers obe: wie unterhalb der Ropamündung mit wuchtigen Schlägen gebroches wurde. Noch abends war nicht nur an mehreren Stellen de Ubergang über die Wisloka erzwungen, sondern auch feste Hand auf die Duklapaßstraße durch Besetzung des Ortes gleichen Namen gelegt. In der Gegend östlich von Tarnow und nördlich bis zu 6 Weichsel wurde auf dem rechten Ufer des Dunajec bis in de $ Nacht hinein gefochten. Die Zahl der bisher gemachten Ge fangenen ist auf über 40000 gestiegen, wobei zu beachten in, daß es sich um reine Frontalkampfe handelt.

Im Beskidengebirge an der Lupkow-Paßstraße schreitet en Angriff der Kräfte des Generals der Kavallerie von der Marwit gleichlaufend demjenigen der österreichisch-ungarischen Armes mit der sie in einem Verbande stehen, günstig fort.

Oberste Heeresleitung. |

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 6. Mai. Amtlich wird verlautbart, 4 Uhr nachmittags: Auch die letztea russischen Stellungen auf den Höhen östlich des Dunajec und der Biala sind von unseren Truppen erkämpft. Seit 10 Uhr vormittags ist Tarnow wieder in unserem Besitz. Der Stellvertreter des Chefs der Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Schluß des redaktionellen Teils.

Verantwortlich für die Redaktion: S. D. Gallwitz, Bremen.

Einsendungen von Manuskripten (unter Beifügung von Rückporto) an die Redaktion Bremen, Am Wall 163. Tel. 6495.

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DER KRIEG

IN AMTLICHEN DEPESCHEN UND DOKUMENTEN

11. Lieferung.

DIE GULDENKAMMER

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VERLAG KAFFEEHAG / BREMEN

5. JAHRG. / HEFT 10 JULI 1915

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NACHDRUCK DER BELLETRISTIK VERBOTEN NACHDRUCK DER UBRIGEN ARTIKEL UNTER GENAUER QUELLENANGABE GESTATTET

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 6. Mai.

Bei Ypern wurden alle Versuche der Engländer, uns die seit 17. April einen Brennpunkt des Kampfes bildende Höhe 60 süd- östlich von Zilledecke zu entreißen, vereitelt. Wir gewannen dort weiter Gelände auf Ypern. Der Feind verlor bei diesen Kämpfen gestern sieben Maschinengewehre, einen Minenwerfer und eine große Anzahl von Gewehren mit Munition. Bei Fortsetzung ihrer Angriffe erlitten heute früh die Engländer weitere große Verluste.

Zwischen Maas und Mosel behaupteten und befestigten wir den auf den Maashöhen und südwestlich des Aillywaldes errun- genen Geländegewinn. Bei Flirey ist ein schmales Grabenstück unserer Stellung noch im Besitz der Franzosen; sonst wurden alle Angriffe abgewiesen.

Angriffsversuche des Feindes nördlich von Steinabrück im Fechttal wurden durch unser Feuer im Keime erstickt.

Die Kämpfe südlich von Szadow und östlich von Rossienie endeten mit einer ausgesprochenen Niederlage der Russen, die starke Verluste erlitten, 1500 Gefangene verloren und sich in vollem Rückzuge befinden.

Südwestlich von Kalwarja, südlich von Augustow und westlich von Prazsnysz wurden russische Teilangriffe von uns blutig ab- geschlagen. In diesen Kämpfen büßten die Russen zusammen 520 Gefangene ein.

Auch die Kämpfe auf dem rechten Ufer des unteren Dunajec endeten gestern mit einem vollen Erfolge für die verbündeten Truppen. Der Feind ist dort in schnellstem Rückzuge nach Osten; nur an der Weichsel hielt noch eine kleine Abteilung von ihm stand.

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Weiter südlich drangen wir auf dem rechten Ufer der Wisloka in Richtung auf den Wislok und über die Jasiolka vor. Vielfach stießen Teile des rechten Flügels der Heeresgruppe des General- obersten von Mackensen bereits mit den aus der Karpathenfront westlich des Lupkowpasses vor den dicht auffolgenden Verbündeten im schleunigen Rückzuge befindlichen russischen Kolonnen zusammen. |

Mit jedem Schritt vorwärts steigert sich die Siegesbeute.

Oberste Heeresleitung.

Die Durchbruchsschlacht in Westgalizien. Berlin, 6. Mai.

Aus dem Großen Hauptquartier wird über die Durchbruchsschlacht in Westgalizien das Folgende geschrieben:

Völlig überraschend für den Feind hatten sich Ende April größere deutsche Truppentransporte nach Westgalizien vollzogen. Diese Truppen, den Befehlen des Generals von Mackensen unterstellt, hatten die russische Front zwischen Karpathenkamm und dem mittleren Dunajec im Verein mit den benachbarten Armeen unseres Osterreichisch-ungariechen Ver- bündsten zu durchbrechen. Das Problem war ein neues, die Aufgabe keine leichte. Der Himmel bescherte unseren Truppen wundervollen Sonnenschein und trockene Wege. So konnten die Flieger und die Ar- tillerie zu voller Tätigkeit gelangen und die Schwierigkeiten des Geländes, das hier den Charakter der Vorberge der deutschen Alpen oder den der Hörselberge in Thüringen trägt, überwunden werden. Unter den größten Mühsalen mußten an verschiedenen Stellen die Munition auf Tragetieren herangeschafft, die Kolonnen und Batterien über Kntppeldamme vor- wärts gebracht werden. Alle für den Durchbruch nötigen Erkundungen

und Vorbereitungen vollzogen sich reibungslos in aller Stille. Am I. Mai

nachmittags begann die Artillerie sich gegen die russischen Stellungen

einzuschießen. Diese waren seit 5 Monaten mit allen Regeln der Kunst

ausgebaut. Stockwerkartig lagen sie auf den steilen Bergkuppen und deren Hängen, mit Hindernissen wohlversehen, übereinander. An einzelnen den Russen besonders wichtigen Geländepunkten bestanden bis zu sieben Schützengrabenreihen hintereinander. Die Anlagen waren sehr geschickt angelegt und vermochten sich gegenseitig zu flankieren. Die Infanterie der verbündeten Truppen hatte sich in den Nächten, die dem Sturm vorangingen, näher an den Feind herangeschoben und die Sturmstellungen ausgebaut. In der Nacht vom |. zum 2. Mai feuerte die Artillerie in langsamem Tempo gegen die feindlichen Anlagen; eingelegte Feuerpausen dienten den Pionieren zum Zerschneiden der Drahthindernisse. Am 2. Mai 6 Uhr morgens setzte auf der ausgedehnten, viele Kilometer langen Durchbruchsfront ein überwältigendes Artilleriefeuer von Feldkanonen bis hinauf zu den schwersten Kalibern an, das vier Stunden lang ununter- brochen fortgesetzt wurde. Um 10 Uhr morgens schwiegen plötzlich die

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Hunderte von Feuerschlinden und im gleichen Augenblick stürzten sich die Schwarmlinien und Sturmkolonnen der Angreifer auf die feindlichen Stellungen. Der Feind war durch schweres Artilleriefeuer derart erschüttert, daß an manchen Stellen sein Widerstand nur mehr ein geringer war. In kopfloser Flucht verließ er, als die Infanterie der Verbündeten dicht vor seine Gräben gelangte, seine Befestigungen, Gewehre und Kochgeschirre fortwerfend und ungeheure Mengen an Infanteriemunition und zahlreiche Tote in den Gräben zurücklassend. An einer Stelle zerschnitt er selbst noch die Drahthindernisse, um sich den Deutschen zu ergeben. Vielfach leistete er in seinen nahegelegenen zweiten und dritten Linien keinen nennenswerten Widerstand mehr, dagegen wehrte sich der Feind an an- deren Stellen der Durchbruchsfront verzweifelt, indem er erbitterten Wider- stand versuchte. Nachbarschaft haltend mit österreichisch-ungarischen Truppen, griffen bayerische Regimenter den 250 Meter über ihren Sturm- stellungen gelegenen Zameczykoberg, eine wahre Festung, an. Ein bayeri-- sches Infanterieregiment errang sich dabei unvergleichliche Lorbeeren. Links der Bayern stürmten schlesische Regimenter die Höhe von Sekowa und Sokol, junge Regimenter entrissen dem Feinde die hartnäckig verteidigte Friedhofshöhe von Gorlice und den zäh gehaltenen Eisen- bahnwall von Kamieniza. Von den österreichisch-ungarischen Truppen- teilen hatten galizische Bataillone die steilen Höhenstellungen des Pustki- berges angegriffen und erstürmt und ungarische Truppen in heißem Kampfe die Wiatrowkahöhen genommen. Preußische Garderegimenter warfen den Feind aus den Höhenstellungen östlich der Biala und sturmten bei Staszkowka sieben hintereinander gelegene, erbittert verteidigte russi- sche Linien. Entweder von den Russen angesteckt oder von einer Granate getroffen, entzündete sich die hinter Gorlice gelegene große Naphthaquelle. Haushoch schlugen die Flammen aus der Tiefe und eine Rauchsäule von mehreren hundert Metern stieg gen Himmel. Am Abend des 2. Mai, als die heiße Frühlingssonne allmählich einer kühlen Nacht zu weichen begann, war die erste Hauptstellung ihrer ganzen Lange und Tiefe nach in einer Ausdehnung von etwa 16 Kilometer durchbrochen und ein Ge- landegewinn von durchschnittlich vier Kilometer erzielt. Mindestens 20000 Gefangene, mehrere Dutzend Geschütze und etwa 50 Maschinen- gewehre blieben in der Hand der verbündeten Truppen, die im Kampfe um die Siegespalme gewetteifert hatten. Außerdem wurde noch eine unübersehbare Menge von Kriegsmaterial aller Art eıbeutet, darunter große Mengen von Gewehren und Munition.

Die Türkei im Kriege. Die Dardanellenkämpfe. Konstantinopel, 7. Mai. Der Sonderberichterstatter von Wolffs telegraphischem Bureau er- fährt zuverlässig über die gesamten Dardanellenkämpfe:

Nachdem das asiatische Ufer völlig vom Feinde gesäubert ist, kon- zentrieren sich die Kämpfe im wesentlichen auf zwei Punkte der Gallipoli-

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halbinsel, die äußerste europäische Spitze Sedd-ul-Bahr und Kaba Tepe, den Landungspunkt an der ägäischen Küste der Landenge von Maidos. Das feindliche Expeditionskorps ist zusammengesetzt aus Australiern sowie französischen Kolonialtruppen, unter denen sich farbige .Volkerschaften befinden. Es ist ausgerüstet mit den modernsten Kriegsmitteln und ver- wendet die Schiffsartillerie seiner gewaltigen Flotte zur Unterstützung der Landoperationen. Deshalb ist überall, wohin die Schiffsgeschütze reichen, der Aufenthalt der Verteidigungstruppen tagsüber nahezu unmöglich. Die türkischen Hauptangriffe erfolgen darum bei Nacht. Da der Gegner über Fesselballons verfügt, mit deren Hilfe er das Gelände überschauen kann, so ist der Treffbereich der Schiffsgeschütze bedeutend erweitert, wodurch die Belegung der Dardanellenortschaften mit Feuer bei indirekter Beschießung möglich ist. Unter solchen Umständen sind die bisherigen Erfolge der Türken doppelt hoch zu bewerten. In den besonders heftigen Kämpfen in der Nacht vom 2. zum 3. und vom 3. zum 4. Mai bewiesen die türkischen Truppen hervorragende Tapferkeit, so daß der Feind sehr schwere Verluste gehabt haben muß. Bei einem derart sturmischen Vorgehen sind natur- gemäß auch türkischerseits starke Verluste zu verzeichnen, insonderheit, wie bei Kriegsbeginn auch deutscherseits, in den Reihen der Offiziere. Trotz heißer Bemühung und des Aufwandes größter Kampfmittel ist_es dem Feind nicht gelungen, auch nur einen Fußbreit vorzudringen. Viel- mehr ist die Verteidigungslinie an beiden Punkten auf die Küste vor- geschoben. Die Entscheidung steht noch aus, jedoch ist die Lage_der türkischen Truppen als durchaus günstig zu bezeichnen. Die Behauptung ausländischer Berichte von der Abschießung zweier deutscher Flieger bei Tenedos ist unwahr. Im Gegenteil: kein Flieger auf türkischer Seite ist auch nur beschädigt, dagegen haben unsere Flieger mehrfach erfolgreich feindliche Schiffe, Landungsbrücken und die feindlichen Stellungen mit Bomben beworfen, sowie feindliche Flieger mit Erfolg abgewehrt. Die Fortsetzung der Kämpfe auf der Gallipolihalbinsel führte zu weiterer Zu- ruckdrangung der Landungstruppen bei Kaba Tepe und zur Erbeutung von 500 Gewehren und einem Maschinengewehr. Der Feind erlitt starke Verluste an Mannschaften. Mittwoch abend schleuderten die Schiffe des zurückgeschlagenen Feindes erneut ein indirektes Feuer und Brandbomben auf das harmlose, völlig unbefestigte Maidos. Die Kämpfe werden fort- gesetzt. Am Tage findet nur Artillerieduell statt, an dem sich auch die Festungsgeschütze beteiligen; nachts erfolgen Infanterieangriffe.

Der Krieg zur See.

Drei englische Dampfer von den Türken vernichtet. Rotterdam, 7. Mai. Der „Rotterdamsche Courant“ meldet aus englischer Quelle, daß die Türken die drei englischen Dampfer „Assiouth“, „Billiter“ und „City of Kyros“ im Hafen von Smyrna in Grund gebohrt hätten.

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Zerstörte russische Dampfer.

Der „Frankfurter Zeitung” wird gemeldet: Vor Sebastopol ist ein russischer Dampfer auf eine Mine gelaufen und gesunken. Ein an- derer Dampfer, der am 2. April abgefahren ist, wird als verloren betrachtet. Er ist vermutlich von den Türken in den Grund gebohrt

worden.

Die Tätigkeit der „U“-Boote. London. 7. Mai.

Das Reutersche Bureau meldet aus Whitby: Ein deutsches Unter- seeboot versenkte in der Nordsee den Fischdampfer „Merry Islington". Die Besatzung wurde in Whitby an Land gebracht.

London, 7. Mai. Lloyds erfährt aus Liverpool, daß der Dampfer „Centurion“, 5945 Ton- nen Gehalt, von Liverpool nach Südafrika unterwegs, gestern an der irischen Küste in Grund gebohrt worden ist. Die Besatzung ist gerettet.

Liverpool, 7. Mai. Der Dampfer , Candidate“ wurde Dienstag von einem deutschen Unter- seeboot in der Irischen See torpediert und zum Sinken gebracht. Die ganze Besatzung ist gerettet. Queenstown, 7. Mai. Der Cunarddampfer „Lusitania“ ist torpediert worden und gesunken. Hilfe wurde geschickt.

Die Versenkung der „Lusitania“. London, 6. Mai.

Das Reutersche Bureau meldet: Die Torpedierung der „Lusitania“ erfolgte gestern mittag 2 Uhr 33 Minuten, nach einer anderen Meldung 2 Uhr 15 Minuten. Das Schiff blieb noch 20 Minuten flott. Passagiere und Bemannung zählten zusammen 1900 Personen, nach einem anderen Bericht 1978, und zwar 2% erster, 662 zweiter, 361 dritter Klasse und 665 Mann Besatzung. 20 Boote konnten zu Wasser gelassen werden. Nach einer Meldung der Admiralität wurden 500 bis 600 Überlebende in Queenstown an Land gebracht. Viele mußten ins Krankenhaus ge- bracht werden, mehrere starben. Auch in Kinsale ist eine Anzahl von Passagieren gelandet worden, der Hafenadmiral von Queenstown sandte eine Anzahl kleiner Fahrzeuge nach der Stelle, wo der Dampfer sarık.

Der Direktor der Cunardlinie teilte dem „Liverpool Evening Ex- preĝ“ mit, die „Lusitania“ sei acht Meilen von der drahtlosen Station Old Head versenkt worden.

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Vom östlichen Schauplatze.

‚Eine ganze russische Kolonne kapituliert. K. u. K. Kriegspressequartier, 7. Mai.

Unserem X. Korps war heute das Waffenglück besonders hold. Eine ganze russische Kolonne konnte in den Beskiden eingekreist werden. Sie fand keinen Ausweg mehr, und es blieb dem Kommandanten nichts anderes übrig, als sich mit seiner gesamten Kolonne zu ergeben. Es dürfte sich um mehrere tausend Mann und eine reiche Beute an Geschützen und Trainmaterial handeln.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 8. Mai.

Vor Zeebrügge brachten unsere Küstenbatterien gestern abend einen feindlichen Zerstörer zum Sinken. Auf dem größten Teil der Front fanden die üblichen Artilleriekämpfe statt, die sich an ein- zelnen Stellen so bei Ypern, nördlich Arras, in den Argonnen und auf den Maashöhen zeitweise steigerten. Zum Infanterie- kampf kam es nur in den Vogesen. Hier griffen die Franzosen unsere Stellungen bei Steinabrück beiderseits des Fechttales nach stundenlanger Artillerievorbereitung abends an. Sämtliche Angriffe scheiterten unter starken Verlusten für den Feind.

Unsere gegen Libau vorgehenden Truppen setzten sich in den Besitz dieser Stadt, hierbei fielen 1600 Gefangene, 12 Geschütze und 4 Maschinengewehre in ihre Hände.

Die Verfolgung des geschlagenen Feindes durch die Armee- gruppe Mackensen und die anschließenden Verbündeten ist auch gestern von einigen erfolgreichen Nachhutkämpfen abgesehen in stetem Fluß geblieben. Unsere Vortruppen haben am Abend bereits den Wislok in Gegend Krosno überschritten. Das gemein- same Handeln aller beteiligten Heeresteile im Vorwärtsdrängen führte zum Abschneiden nicht unbeträchtlicher russischer Kräfte, wodurch die Gesamtzahl der seit dem 2. Mai auf dem galizischen Kriegsschauplatz gemachten Gefangenen bis jetzt auf etwa 70 000 gestiegen sein dürfte. Allein wurden den Russen 38 Geschütze,

darunter 9 schwere, abgenommen. | Oberste Heeresleitung.

493 Berlin, 8. Mai.

Am 7. Mai wurde vor Zeebrügge der englische Zerstörer „Maori“ durch das Feuer unserer Küstenbatterien zum Sinken gebracht. Der Zerstörer „Crusader“, der zur Unterstützung heranzukommen suchte, wurde gezwungen, sich zurückzuziehen und seine ausgesetzten Rettungs- boote im Stich zu lassen.

Die ganze Besatzung des „Maori“ sowie die Bootsbemannungen des „Crusader“ wurden von unseren Fahrzeugen gerettet und nach Zeebrügge gebracht. Im ganzen 7 Offiziere, 88 Mann.

Bei dem Vorgehen ‘unserer Truppen gegen Libau haben unsere Ostseestreitkrafte den Angriff durch Beschießung von See unterstützt.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes (gez.) Behncke.

Der Krieg zur See.

Ein Kampf zwischen britischen Geschwadern. | Berlin, 8. Mai.

Vor einigen Wochen brachte eine große Anzahl von Meldungen aus Norwegen übereinstimmend die Nachricht, daß in der Nähe von Bergen an der norwegischen Küste in der Nacht vom 7./8. April eine heftige Seeschlacht zwischen englischen und deutschen Schiffen statt- gefunden habe. Auch aus See kommende Schiffe berichteten, daß sie Geschwader von Kriegsschiffen gesehen und in der fraglichen Nacht Geschützfeuer und Scheinwerferleuchten beobachtet hätten.

Diese Nachrichten erschienen damals unglaubwürdig. Erst jetzt ist in das Dunkel, das bisher über diesem Seegefechte lag, Licht ge- kommen.

Ein an den gefangenen Kommandanten des englischen Untersee- bootes „AE 2“, das in den Dardanellen vernichtet wurde, gerichteter, vom |l. April datierter Brief, der in unsere Hände fiel, sagt über die Nordseeschlacht, die „in der Woche vorher stattgefunden haben soll“, folgendes: „Superb“ gesunken, „Warrior“ sinkend, ohne daß die deutsche Marine Verluste hatte. Freitag, den 9. April, lief, schwer beschädigt, eine Anzahl Kreuzer ein. „Lion“ fürchterlich zugerichtet. Der offizielle Bericht verschweigt alles, was sehr unrecht ist.“

Übereinstimmend hiermit besagten zuverlässige Nachrichten von neutraler Seite, die bald nach der Schlacht bekannt wurden, daß eine Reihe schwerer und leichter havarierter großer und kleiner englischer

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Schiffe in die englischen Häfen eingelaufen waren, ihre damals nod auf unerklärliche Weise erlittenen Beschädigungen auszubessern. Ins- besondere lief in den Tyne eine Anzahl beschädigter Schiffe ein. In den Firth of Forth wurde ein am Backbordbug beschädigter Kreuzer eingeschleppt. In die Themse fuhr ein Linienschiff mit schwerer Steuer- bordschlagseite. In Dover lag ein Großkampfschiff mit starker Backbord- schlagseite, bei dem die obere Hälfte des hinteren Schornsteins fehlte.

Aus welchem Grunde die norwegische Zensur damals alle Er- örterungen und Telegramme über die Schlacht, die ja in ihren Einzel- heiten von mehreren Stellen wahrgenommen war, unterdrücken mußte, ist jetzt erklärlich. Erklärlich auch der Eifer, mit dem die britische Admiralitat in Abrede stellte, daß eine Seeschlacht zwischen der deutschen und englischen Flotte stattgefunden habe.

Sie hatte recht mit dieser Bekanntmachung. Die deutsche Flotte hatte an dieser Schlacht keinen Anteil. Da neutrale Schiffe nicht in Frage kommen, kann es sich nur um einen Kampf britischer Ge-

schwader handeln, die sich im Dunkel der Nacht nicht erkannt haben.

Die Durchbruchsschlacht in Westgalizien. Berlin, 8. Mai

Aus dem Großen Hauptquartier kommt über den weiteren Verlauf der Durchbruchsschlacht in Westgalizien folgende telegraphische Mitteilung:

Am Abend des 2. Mai war es den verbündeten Truppen nicht nur gelungen, die russische Front zwischen Karpathenkamm und mittlerem Dunajec zu durchbrechen, es war vielmehr auch am Unterlauf dieses Flusses geglückt, das östliche Ufer zu gewinnen. Österreichische Truppen waren es, die in der Nacht vom |. bis 2. Mai bei Mondenschein den Dunajecübergang erzwangen. Das Unternehmen war so gut vorbereitet und ausgeführt worden, daß der gegenüberstehende Feind völlig über- rascht wurde. Neben mehr als tausend Gefangenen wurden zahlreiche Geschütze und Maschinengewehre erbeutet.

Am 3. und 4. Mai nahm die Durchbruchsschlacht ihren Fortgang. War doch am 2. Mai erst die vorderste Hauptstellung der Russen gefallen und hatten diese doch bis zur Wisloka, das ist auf einer Strecke von etwa dreißig Kilometer, noch drei weitere mehr oder weniger stark ausgebaute befestigte Stellungen vorbereitet. In der russischen zweiten Hauptstellung fanden die Verbündeten wenig Widerstand. Es kam hier vielfach nur zu Nachhutgefechten. Größere Kämpfe fanden an vereinzelten Stellen. vor allem an Punkten statt, wohin der Feind von rückwärts her Verstär- kungen herangeholt hatte. Diese Kämpfe endeten allgemein damit, daß auch die Verstärkungen mit in den Strudel des Rückzuges gezogen wurden. Am Nachmittag standen die verbündeten Truppen vor der dritten Haupt- stellung des Feindes, gegen die der Angriff am 3. Mai nicht mehr durch-

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geführt werden konnte. Die Truppen des Generals von Francois kämpften an diesem Tage noch um den jener dritten Stellung vorgelagerten Wilczak- berg, den Schlüsselpunkt für den Besitz der Stadt Biecz. Diesen Berg hatten die Russen besonders stark ausgebaut. Wiederum lagen ihre Schützengräben stockwerkartig übereinander. Die Russen versuchten das Herankommen der deutschen Truppen an diesen Berg zu verzögern, in- dem sie von Süden her zu einem Gegenangriff ansetzten. Ein paar Schrapnells genügten aber, um den schon schwer erschütterten Feind zur Umkehr zu veranlassen. Noch am Abend des 3. Mai war der Wilczak- berg in deutscher Hand. Die preußische Garde nahm nach heißem Wald- kampfe die Höhen von Lipie. Dem rechten Flügel der österreichischen Truppen der Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand gelang es an diesem Tage, die Russen von den steilen Waldbergen östlich des Bialatales hin- unter zu werfen und in Richtung Tuchow weiter Gelände zu gewinnen. Standen die Russen am 3. Mai noch ganz im Bann ihrer tags zuvor er- littenen schweren Niederlage, so glaubten sie doch am 4. Mai, die Offen- sive der Verbündeten zum Stehen zu bringen. Mit den am 3. Mai ein- gesetzten Teilen verfügten sie über vier bis fünf Infanterie- und vier Kavalleriedivisionen, die sie an diesem Tage den Angreifern entgegen- führten. In einem großen, nach Südwesten gerichteten Bogen, der als eine Art von großem Brückenkopf der Stadt Jaslo auf etwa zwölf bis fünfzehn Kilometer Entfernung vorgelagert war, finden wir die dritte Hauptstellung der Russen. In ihr waren die Höhen um Scerzyny, nördlich Biecz, und die Ostra Gora wichtige Stützpunkte. Der Feind leistete an vielen Stellen erbitterten Widerstand, aber ihm fehlte, wie die gefangenen Offiziere aussagen, jede planmäßige und einheitliche Leitung. War schon die Vermischung der Verbände infolge der Kämpfe am 2. und 3. Mai eine sehr erhebliche gewesen, so erfolgte am 4. Mai der Einsatz der Re- serven völlig planlos. Regimenter- und bataillonsweise wurden die Ver- stärkungen in die Front geworfen, dorthin, wo die Not des Augenblicks es gerade gebot. Die Auflösung hatte bereits einen derartigen Grad er- reicht, daß, wenn der Feind an einer Stelle der Kampffront zähen Wider- stand leistete, dieser dadurch vergeblich wurde, daß die Truppen rechts und links jede Lust am Kampfe verloren hatten und vorzeitig das Weite suchten. So erwies sich auch die Behauptung der dritten Hauptstellung der Russen als unmöglich. Die preußische Garde erreichte am Abend des Tages die Gegend von Scerzyny. Das ungarische Honvedregiment Nr. 10 setzte sich nach siebenmaligem Sturm in den Besitz einer Höhe nördlich Biecz, worauf sich die Besatzung der benachbarten Höhe ergab. Weiter südlich schickten sich deutsche Angriffstruppen gerade zum Vor- gehen auf die Ostra Gora an, als der durch das schwere Artilleriefeuer erschütterte Feind weiße Fahnen schwenkte und sich in Scharen ergab, bevor noch ein deutscher Infanterist zum Angriff angetreten war.

Am Abend des 4. Mai war der rechte Flügel der Armee Mackensen bis auf wenige Kilometer an die Wisloka herangekommen. Man rechnete mit neuen feindlichen Stellungen auf dem Ostufer dieses Flusses. Hatten doch auch Gefangene ausgesagt, daß die Russen die Landeseinwohner

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zum schleunigen Bau betonierter Unterstände gepreßt hätten. Dazu wa: aber für die russische Armee des einstigen bulgarischen Gesandten am Hofe des Zaren, des jetzigen russischen Generals und zum Fürsten e- hobenen Armeeführers Radko Dimitriew, keine Zeit mehr; die Reserven waren verbraucht, neue Truppenverbände noch nicht zur Stelle, und die Offensive der Verbündeten kannte kein Stocken.

Bis zum Abend des 4. Mai war die Zahl der Gefangenen auf etwa 40000 gestiegen. Unter den gefangenen Kosakenoffizieren wurden An- alphabeten festgestellt, welche merkwürdige Tatsache in einem aus drücklichen Vermerk in den Personalpapieren dieser Offiziere ihre Be- stätigung fand. |

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 8. Mai

Amtlich wird verlautbart: Die Folgen der Schlacht von Tarnow und Gorlice übertragen sich nunmehr auch auf die Karpathenfront östlich Lup- kow. Unsere Truppen, die auch hier zum Angriff übergingen, eroberten nachts den Grenzkamm nördlich der aus den letzten erbitterten Karpather kämpfen bekannten Orte Telepöcz, Zellö, Nagypolani.

Während der Wintermonate haben die Russen unter den schwersten Verlusten in wochenlangen Kämpfen südlich des Grenzkammes der Kar- pathen Fuß gefaßt und durch Einsatz aller verfügbaren Reserven ihre Front in den Oberläufen der Ondava, Laborcza und Cziroka nach Süden vorgeschoben. Trotz aller Stürme und wütenden Angriffe des Feindes konnte der Uzsokerpaß uns nicht entrissen werden. Nördlich und beider- seits des Passes hielt unsere Gruppe, die hier monatelang focht, felsen- fest stand. Der ganze Raumgewinn der Russen ist nun in wenigen Tagen verloren gegangen. Unter den großen Verlusten, die ein so eiliger Rück zug bedingt, raumte der Feind den Streifen ungarischen Bodens, den er so mühsam erstritt.

In Westgalizien nehmen die Kämpfe an der ganzen Front weiter einen erfolgreichen Verlauf. Krosno wurde gestern durch unsere Truppen erobert. Wie groß die Verwirrung und Unordnung bei der auf der ganzen Front im schleunigen Rückzuge befindlichen Armee Radko Dimitriews ist, beweisen die im Ortskampf um Brzostek gemachten Gefangenen, die den sechs russischen Divisionen Nr. 5, 21, 31, 52, 63 und 81 angehören. Teile der aus den Beskiden zurückflutenden russischen Truppen wurden an mehreren Stellen umzingelt und gefangen genommen.

Die Gesamtzahl der seit dem 2. Mai Gefangenen erreichte bisher 70000. Die Verfolgung wird fortgesetzt.

In Südostgalizien wurden auf den Höhen beiderseits des Lomnice- tales starke russische Angriffe zurückgeschlagen. Ein russischer Stützpunkt bei Zalcszezyki wurde von uns erstürmt.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 9. Mai.

Bei der F ortsetzung unserer Angriffe auf Ypern warfen wir den Gegner aus seiner stark befestigten Stellung zwischen den Straßen Fortuin—Wieltje und Gheluvelt—Ypern hinaus, nahmen die Orte Frezenberg und Verlorenhoek und setzten uns hierdurch in den Besitz wichtiger, die Umgegend von Ypern im Osten beherrschender Höhenzüge. 800 Engländer, darunter 16 Offiziere, wurden bisher gefangen genommen. Französische Angriffe west- lich von Lievin nordöstlich der Lorettohöhe scheiterten unter starken Verlusten für den Feind. Bei La Bassee und bei Vitry (östlich Arras) wurde je ein feindliches Flugzeug von uns zur Landung gezwungen. Ein unter Ausnutzung von Nebelbomben unternommener französischer Teilangriff westlich Perthes wurde mit Handgranaten abgewiesen. In den Argonnen, zwischen Maas und Mosel sowie in den Vogesen verlief der Tag ohne besondere Ereignisse.

In Libau haben wir große Lager von Kriegsvorräten beschlag- nahmt. Vor starken Kräften aller Waffen, die der Gegner bei Mitau gesammelt hat, wichen unsere gegen diese Stadt vorgeschobenen Abteilungen langsam aus. Nordöstlich von Kowno wurde, nach Vernichtung eines russischen Bataillons, die Bahn Wilna—Szawle gründlich zerstört. Am Njemen bei Sredniki griffen wir die ver- sprengten Reste von vier russischen Bataillonen, die wahrscheinlich zu den am 6. und 7. Mai bei Rossienie geschlagenen Truppen gehören, auf. Erneute russische Angriffe gegen unsere Stellungen an der Piliza wurden unter großen Verlusten für den Feind ab- gewiesen.

In der Verfolgung des geschlagenen Feindes überschritten die Truppen des Generals von Mackensen nach Kampf den Wislok zwischen Besko (östlich Rymanow) und Frysztak. Vor dem Druck der östlich und nördlich Tarnow kämpfenden Verbündeten weicht der Feind auf Mielec und über die Weichsel zurück. An der wankenden russischen Karpathenfront warfen andere deutsche Truppen den Feind aus seinen Stellungen an der Bahn Mezoela- borez—Sanok. Die Beute an Geschützen und Gefangenen ver- größert sich noch fortgesetzt.

Oberste Heeresleitung.

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Großes Hauptquartier, 10. Mai.

An der Küste machten wir in den Dünen Fortschritte in der Richtung auf Nieuport, nahmen mehrere feindliche Gräben und

. Ein Gegenstoß des Feindes während der letzen Nacht gelangte bie an Lombartzyde heran, wurde dann aber vollig zurückgeworfen. Auch in Flandern wurde wieder nach vorwärts Gelände gewonnen. Bei Verlorenhoek machten wir 162 Engländer zu Gefangenen.

Sudwestlich Lille setzte der als Antwort auf unsere Erfolge in Galizien erwartete große französisch-englische Angriff ein. Er richtete sich gegen unsere Stellungen von östlich Fleurbaix—östlich Richebourg—-östlich Vermelles, in Ablain, Carency, Neuville und St. Laurent bei Arras. Der Feind Franzosen sowie weiße und farbige Engländer führte mindestens vier neue Armeekorps in den Kampf neben den in jener Linie schon längere Zeit verwendeten Kräften. Trotzdem sind die wiederholten Angriffe fast überall mit sehr starken Verlusten für den Gegner abgewiesen worden. Im besonderen war das bei den englischen Angriffsversuchen der Fall. Etwa 500 Gefangene wurden gemacht. Nur in der Gegend zwischen Carency und Neuville gelang es dem Gegner, sich in unserer vordersten Linie festzusetzen. Der Gegenangriff ist im Gange.

Nördlich von Steinabrück im Fechttal warfen wir den Feind, der sich unmittelbar vor unserer Stellung im dichten Nebel ein- genistet hatte, durch Angriff zurück und zerstörten seine Gräben.

Eines unserer Luftschiffe belegte heute früh den befestigten Ort Southend an der Themsemündung mit einigen Bomben.

Die Lage im Osten unverändert.

Trotz aller Versuche des Feindes, durch eilig mit der Bahn oder Fußmarsch herangeführte neue Kräfte unsere Verfolgung auf- zuhalten, warfen die verbündeten Truppen der Heeresgruppe des Generalobersten von Mackensen auch gestern den Gegner von Stellung zu Stellung zurück und nahmen ihm uber 12000 Gefangene nebst vielem Material ab. Die Zahl der von dieser Heeresgruppe allein seit dem 2. Mai gemachten Gefangenen steigt damit über 80000. Unsere Vortruppen näherten sich dem Stobnica-Abschnitt und erreichten die Brzezanka sowie den unteren Wislok. Die

Verfolgung geht vorwärts. Oberste Heeresleitung.

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Der Untergang der „Lusitania“.

. I rn. 2

Mitteilung der Deutschen Regierung:

Berlin, 11. Mai. Der 8 der Vereinigten Staaten von Amerika und den

Regierungen der neutralen Mächte in Europa ist durch die bei ihnen beglaubigten Kaiserlichen Vertreter eine Mitteilung folgenden Inhalts

gemacht worden:

„Die Kaiserliche Regierung bedauert aufrichtig den Verlust von Menschenleben durch den Untergang der „Lusitania“, muß jedoch jede Verantwortung ablehnen. England hat Deutschland mit seinem Aushungerungsplan zu entsprechenden Vergeltungs- maßregeln gezwungen und das deutsche Anerbieten, für den Fall des Aufgebens des Aushungerungsplans den Untersee- bootkrieg einzustellen, mit verschärften Blockademaßnahmen beantwortet. Englische Handelsschiffe können schon deshalb nicht als gewöhnliche Kauffahrteischiffe behandelt werden, weil sie gewohnheitsmäßig armiert sind und wiederholt durch Rammen Angriffe auf unsere Schiffe unternommen haben, so daß schon aus diesem Grunde eine Durchsuchung ausgeschlossen ist. Der englische Parlamentssekretär hat noch jüngst auf Anfrage Lord Beresfords erklärt, daß nunmehr so gut wie alle englischen Handelsschiffe bewaffnet und auch mit Handgranaten versehen seien.

Übrigens gibt die englische Presse offen zu, daß die „Lusitania“ mit gefährlicher Geschützstärke ausgerüstet war.

Der Kaiserlichen Regierung ist ferner bekannt, daß die „Lusitania“ auf ihren letzten Reisen wiederholt große Mengen Kriegsmaterial beförderte, wie überhaupt die Cunarddampfer „Mauretania“ und „Lusitania“ infolge ihrer Schnelligkeit als besonders geschützt gegen Unterseebootangriffe betrachtet und mit Vorliebe zum Transport von Kriegsmaterial benutzt wurden. Die „Lusitania“ hatte auf der jetzigen Reise erwiesenermaßen 5400 Kisten Munition an Bord, auch die sonstige Ladung war größtenteils Konterbande. Vor Benutzung der „Lusitania“ war, abgesehen von allgemeiner deutscher Warnung, noch durch den Botschafter Grafen Bernstorff besonders gewarnt worden. Die Warnung fand jedoch seitens Neutraler keine Beachtung, seitens der Cunardlinie und der englischen Presse sogar frevelhafte

500

Verhöhnung. Wenn England auf diese Warnung hin jede Ce- fährdung des Schiffes bestritt, das Vorhandensein ausreichender Schutzmaßnahmen vortäuschte und die Reisenden so zur Miß- achtung der deutschen Warnungen und zur Benutzung eines Schiffes verführte, das nach Armierung und Ladung der Ver- senkung verfallen war, so trifft die Verantwortung für den von der Kaiserlichen Regierung aufs tiefste beklagten Verlust von Menschenleben ausschließlich die Königlich Großbritannische Regierung.“

Graf Bernstorff bei Bryan. Washington, 11. Mai.

Der deutsche Botschafter Graf Bernstorff suchte den Staatssekretär Bryan auf und sprach sein tiefstes Bedauern darüber aus, daß die Kriegsereignisse zum Verlust so vieler amerikanischer Menschenleben geführt hatten.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 11. Mai.

Gestern vormittag wurde vor Westende ein englisches Linien- schiff durch unser Feuer vertrieben.

Östlich Ypern machten wir weitere Fortschritte und erbeuteten fünf Maschinengewehre. Südwestlich Lille setzten die Franzosen ihre Angriffe auf die Lorettohöhe und die Orte Ablain und Carency fort. Die Zahl der von uns hier gemachten Gefangenen erhöht sich auf 800. Zwischen Carency und Neuville hielten die Franzosen die von ihnen genommenen Gräben noch in Besitz, der Kampf dauert hier fort. Ein englisches Flugzeug wurde südwestlich Lille heruntergeschossen.

Nordwestlich Berry au Bac in den Waldungen südlich La Ville au Bois stürmten unsere Truppen gestern eine aus zwei hinterein- anderliegenden Linien bestehende Stellung in Breite von 400 Meter, machten dabei eine Anzahl unverwundeter Gefangener und er- beuteten zwei Minenwerfer mit viel Munition. Feindliche Infanterie- angriffe nördlich Flirey und im Priesterwalde scheiterten unter erheblichen Verlusten für den Gegner.

Die Lage im Osten ist unverändert.

Die Russen versuchten gestern in der Linie Besko—Brzozow an der Stobnica—Brzezankaabschnitt—Ropczyce (östlich Debica) Szczucin an der Weichsel die Verfolgung der Armeen des General-

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obersten von Mackensen zum Stehen zu bringen. Diese Absicht ist völlig gescheitert. Gegen Abend waren die russischen Linien an vielen Stellen, insbesondere bei Besko und zwischen Brzowo und Lutcza, durchbrochen, nachdem am Vormittag bereits ein verzweifelter Angriff mehrerer russischer Divisionen von Sanok in Richtung Besko unter schwersten Verlusten für den Feind gescheitert war. Die Verfolgung wird fortgesetzt. Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See.

Die Erfolge der deutschen U-Boote. | Berlin, li. Mai.

Verschiedene englische Pressestimmen haben vor kurzem behauptet, daß die Erfolge des Unterseebootkrieges an der englischen Westküste in letzter Zeit wesentlich nachgelassen hätten. . Als Grund hierfür wird angeführt, unsere U-Boote würden zu Unternehmungen gegen die englische Flotte gebraucht, außerdem hätten sie sich als unfähig erwiesen, den Handelskrieg i in so großer Entfernung von der Heimat zu führen. Auch weisen englische Blätter darauf hin, daß unsere. U-Boote: hauptsächlich neutrale Schiffe versenken.

Demgegenüber können wir auf Grund einer Mitteilung von maß- gebender Seite feststellen, daß allein in der Zeit vom 28. April bis 3. Mai von einem U-Boot an der englischen Westküste sieben feindliche Dampfer versenkt worden sind, nämlich die englischen Dampfer „Mobile“, „Cher- bourg“, „Fulgent“, „Edale“, „Minterne“, der russische Dampfer „Svoronow“ und der französische Dampfer „Europe“.

Mit nicht geringerem Erfolge ist der ‘U-Boothandelskrieg an der Ostküste fortgesetzt worden. Im ganzen sind in der Zeit vom 28. April bis sa Mai 29 Dampfer und 3 Segelschiffe, mithin 32 F ä versenkt wo

Die Schlacht von Gorlice ‘Tarnow. | Berlin, 11. Mai.

Aus dem Großen Hauptquartier kommt über den Fortgang der Durch- bruchsschlacht in Westgalizien, die den Namen der Schlacht von Gorlice- Tarnow tragen wird, folgende weitere telegraphische Mitteilung: „Am Abend des 4. Mai war der taktische Durchbruch vollendet. Trotz des Einsatzes namhafter Reserven und trotz aller vorbereiteten zweiten, dritten und vierten Linien war der Feind geschlagen und im vollen Rückzuge über die Wisloka. Wie der offizielle russische Bericht selbst zugibt, war die Truppe vor allem durch die außerordentliche Wirkung der schweren Ar- tillerie der Verbündeten stark erschüttert. Am Morgen des 5. Mai meldeten die Flieger, die durch ihre Unermüdlichkeit und ausgezeichneten Meldungen die Führung außerordentlich unterstützten und deren Tätigkeit durch eine warme, unverwüstliche Maiensonne ganz wesentlich begünstigt wurde, den

Rückzug des Feindes auf allen von Jaslo nach Osten und Norden führenden

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Straßen. Siewaren sämtlich von in großer Unordnung abziehenden Kolonnen bedeckt; die Straßenbrücken bei Jaslo brannten; die Eisenbahnbrücken über Ropa und Wisloka waren gesprengt. Nun war kein Zweifel mehr, daß der Feind nicht mehr die Kraft besaß, die Wislokalinie zu verteidigen. Der Verzicht auf die Behauptung dieser Linie mußte aber von der weit- tragendsten Bedeutung für die russische Nachbararmee werden, deren Stellungen im nördlichsten Zipfel Ungarns nunmehr unhaltbar wurden. Die strategische Wirkung des Durchbruchs mußte sich jetzt fühlbar machen, und die Aufrollung der russischen Karpathenfront bis zum Lupkowsattel als Frucht des gelungenen Durchbruchs dem Sieger in den Schoß fallen. Zögerte der Feind mit dem Abzuge, dann wurden ihm die rückwärtigen Verbindungen verlegt und seine im Gebirge stehenden Truppen abge- schnitten. Tatsächlich brachte der Telegraph von der benachbarten Armee des Generals der Infanterie Boreovic von Bojna schon am frühen Morgen die Kunde, daß der vor ihr gewesene Feind in der Nacht vom 4. zum 5. Mai den Abmarsch nach Norden angetreten habe, und daß er sich nahezu vor der ganzen Front im eiligen, teilweise fluchtartigen Rückzuge befände. Die dritte österreichische Armee folgte dem Feinde auf dem Fuße; um diesem aber womöglich noch die Rückzugsstraße zu verlegen, ließ der den rechten Flügel der Armee Mackensen befehligende General von Emmich seine Truppen, die bei Zmigrod dank dem eiligen Abzuge der Russen die Wislokabrücke noch unversehrt gefunden hatten, in einem Gewaltmarsch bis zur Jasiolka nördlich Dukla vorrücken, so daß seine Kanonen am Abend dieses Tages die Stadt Dukla und die von dem gleichnamigen vielgenannten Passe heranführende Gebirgsstraße unter Feuer nahmen. Während Han- noveraner und Bayern die Wacht gegen die Karpathen hielten, damit aus ihnen nichts nach Norden entschlüpfte, stand im Rücken der deutschen Truppen noch schanzender Feind. lm übrigen rückten Mitte und linker Flügel der Armee Mackensen, an diesem Tage gegen feindliche Nachhuten kämpfend, an die Wisloka heran. Am 6. Mai vollzog die Masse der Armee den Übergang über den Fluß. Der Feind versuchte preußischen Garderegimentern die östlichen Uferhöhen streitig zu machen. Er wurde angegriffen und ließ fünfzehn Feldkanonen sowie zwei schwere Geschütze in der Hand des Siegers. Die Gardetruppen hatten bis dahin allein zwölftausend Gefangene gemacht, drei Geschütze und fünfundvierzig Maschinengewehre erbeutet. In engster Zusammenarbeit mit Mackensen überschritt die Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand am 6. Mai mit ihrem rechten Flügel die Wisloka. Die zehnte österreichische Division, die sich unter Führung ihres Kommandeurs, des Generals von Mecenseffy, während der sämtlichen bisherigen Kämpfe ganz besonders ausgezeichnet hatte, setzte sich am 7. Mai nach erbittertem Straßenkampf in todesmutigem Sturm in den Besitz. der Stadt Brzostek, die die Russen hartnäckig ver- teidigt hatten. Mitte und linker Flügel der österreichischen Armee warfen den Feind aus verschiedenen zäh verteidigten Nachhutstellungen und setzten den Vormiarsch fort. Die erzherzogliche Armee hatte bis zum Abend dieses Tages sechzehntausend Gefangene gemacht, sechs Geschütze und einunddreißig Maschinengewehre erbeutet.“

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 12. Mai.

Feindliche Flieger bewarfen gestern die belgische Stadt Brügge mit Bomben, ohne militärischen Schaden anzurichten. Östlich von Ypern nahmen wir eine wichtige, von schottischen Hochländern verteidigte Höhe. Dünkirchen wurde weiter von uns unter Feuer gehalten. Östlich Dixmuiden schossen wir ein englisches Flugzeug ab.

Die zwischen Carency und Neuville (in der Gegend nördlich von Arras) von den Franzosen in den letzten Tagen genommenen Gräben sind noch in ihrem Besitz. Im übrigen waren auch gestern alle Durchbruchsversuche des Feindes vergeblich; seine Angriffe richteten sich hauptsächlich gegen unsere Stellungen östlich und südöstlich von Vermelles, gegen die Lorettohöhe, die Orte Ablain, Carency sowie gegen unsere Stellungen nördlich und nordöstlich von Arras. Sämtliche Vorstöße brachen unter den schwersten Ver- lusten für den Feind zusammen.

Ein Versuch des Gegners, uns den Hartmannsweilerkopf wieder zu entreißen, scheiterte. Nach starker Artillerievorbereitung drangen französische Alpenjäger hier zwar in unser auf der Kuppe gelegenes Blockhaus ein, sie wurden aber sofort wieder hinausgeworfen.

Bei Szawle ist ein noch unentschiedenes Gefecht im Gange.

An der Bzura wurde ein russisches Bataillon, das einen Ver- such zum Überschreiten des Flusses machte, vernichtet.

Unsere Verfolgung zwischen Karpathen und Weichsel ist in vollem Zuge geblieben. Dem Feinde wurde auf der ganzen Front weiterhin schwerer Abbruch getan. So nahm ein Bataillon des 4. Garderegiments zu Fuß allein 14 Offiziere (darunter einen Oberst) und 4500 Mann gefangen und erbeutete 4 Geschütze, eine bespannte Maschinengewehrkompagnie und eine Bagage. Die verbündeten Truppen überschritten den San zwischen Sanok und Dynow. Weiter nordwestlich erreichten sie die Gegend von Rzeszow-Mielec. Die in den Karpathen beiderseits des Stryj kämpfenden Truppen warfen den Feind aus seinen Stellungen. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 13. Mai. Östlich Ypern nahmen wir einen weiteren feindlichen Stütz- punkt. Am Nachmittage wurden starke französische Angriffe gegen unsere Front Ablain—Neuville unter schwersten Verlusten für den Feind abgewiesen.

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Das infolge des Festsetzens der Franzosen in unseren vorderen Gräben zwischen Neuville und Carency zum größten Teile umfaßte Dorf Carency sowie der Westteil von Ablain wurden jedoch in der vergangenen Nacht geräumt. Leider ist auch dabei wieder eine Anzahl unserer braven Leute und Material verloren gegangen.

Französische Versuche, das von uns nordwestlich Berry-au-Bac in den Waldungen südlich Ville-au-Bois genommene Grabenstück wiederzugewinnen, blieben erfolglos.

Nach starker Artillerievorbereitung griff der Feind gestern abend unsere Stellungen zwischen Maas und Mosel bei Croix des Carmes an. Es gelang ihm, in einer Breite von 150 bis 200 Meter in unsere vordersten Gräben einzudringen. In erbitterten Nah- kämpfen wurden unsere Stellungen jedoch wieder völlig von den Franzosen gesäubert, eine Anzahl Gefangener blieb in unseren Händen. Zwei französische Blockhäuser auf dem Westhange des Hartmannsweilerkopfes wurden von unserer Artillerie zusammen- geschossen.

Die Lage im Osten ist unverändert; der Kampf bei Szawle steht noch.

Die Heeresgruppe des Generalobersten von Mackensen erreichte gestern in der Verfolgung die Gegend von Dubiecko am San-Lancut (am unteren Wislok)—Kolbuszowa (nordöstlich Debica). Unter der Einwirkung dieses Vordringens weichen die Russen auch aus ihren Stellungen nördlich der Weichsel; dort gelangten die Truppen des Generalobersten von Woyrsch, dem Femde dichtauf folgend, bis in die Gegend südlich und nordwestlich von Kielce. In den Karpathen erkampften österreichisch-ungarische und deutsche Truppen unter General von Linsingen die Höhen östlich des oberen Stryj; sie nahmen dabei 3650 Mann gefangen und erbeuteten 6 Maschinen. gewebre.

Jetzt, wo die Armeen des Generalobersten von Mackensen sich der Festung Przemysl und dem unteren San nähern, laßt sich ein annäherndes Bild der Siegesbeute aus der Schlacht von Gorlice und Tarnow und den daran anschließenden Verfolgungskampfen geben.

Diese Armeen haben bisher 103 500 Russen zu Gefangenen gemacht, 69 Geschütze und 255 Maschinengewebre mit sturmender Hand erobert.

In diese Zahlen ist die Ausbeute der in den Karpathen und nördlich der Weichsel kampfenden verbündeten Truppen nicht ein- begriffen, die sich auf weit über 40 000 Gefangene beläuft.

Oberste Heeresleitung.

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Vom östlichen Schauplatze. á Wien, 13. Mai.

Amtlich wird verlautbart: Die in den November- und Dezember- schlachten von Lodz und Limanova erfochtenen Siege der verbündeten deutschen und östereichisch-ungarischen Truppen zwangen die damals russische Front in Polen und Westgalizien in einer Ausdehnung von nahezu 400 Kilometer zum Rückzug. Damals zerschellte der vom Feinde geplante Vormarsch nach Deutschland an der erprobten Schlag- kraft der treu verbündeten Truppen.

Vom Januar 1915 bis Mitte April haben die Russen ihre Uber- macht vergeblich aufgeboten, um über die Karpathen nach Ungarn einzubrechen. Unter ungeheuren Verlusten ist dieser Plan an dem Heldenmute und der Beharrlichkeit unserer Truppen in monatelangen erbitterten Kämpfen vollkommen gescheitert. Damit war der Zeitpunkt gekommen, mit den machtvoll vereinten Truppen beider Reiche den Feind im gemeinsamen Angriff niederzuringen.

Der Sieg von Tarnow und Gorlice hat nicht nur Westgalizien vom Feinde befreit, sondern auch die ganze russische Nida- und Karpathenfront zum Weichen gebracht. In Ausnutzung des ersten Erfolges haben die siegreichen Truppen in zehntägigen Kämpfen die russische dritte und achte Armee bis zur Vernichtung geschlagen, den Raum vom Dunajec und den Beskiden bis an den San durcheilt und dadurch 130 Kilometer heimatlichen Bodens erkämpft. Reiche Beute fiel in die Hände der Sieger. Vom 2. bis 15. Mai nachmittags beträgt die Gesamtsumme der von allen Armeen eingebrachten Gefangenen 143 500 Mann, ferner etwa 100 Geschütze und 350 Maschinengewehre.

Hinzu kommen noch alle jene, die, durch die Ereignisse überrascht, den Anschluß an die zurückgehenden Truppen versäumten und in den Wäldern der Karpathen vereinzelt umherirren. So hat sich der Stab der russischen 48. Infanterietruppendivision mit General der Infanterie Korniloff gestern im Rücken unserer Armee bei Odrzechowa unseren Truppen ergeben. Das Maß der Zerrüttung beim Rückfluten des Feindes kennzeichnet sich dadurch, daß unser neuntes Korps in den letzten drei Tagen durcheinander gewürfelte Mannschaften von 51 russischen Regimentern gefangen nahm. Die seit Monaten vom Feinde auf- gestapelten Ausrüstungen, Vorräte aller Art, Munition und sonstiges Kriegsmaterial blieben beim raschen Vordringen der Verfolger in den russischen Etappenstationen zurück und werden erst jetzt gesammelt werden können.

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Nördlich der Weichsel dringen österreichisch-ungarische Truppen über Stopnica vor. Deutsche Truppen haben die Gouvernements- hauptstadt Kielce erobert.

Östlich des Uzsoker Passes erstürmten deutsche und Honved- truppen gestern mehrere Höhenstellungen der Russen, drangen bis sũdlich Turka vor und machten 4000 Mann zu Gefangenen. Der Angriff wird hier und in der Richtung auf Skole fortgesetzt.

In Südostgalizien greifen starke feindliche Truppen über Horo- denka an.

Schließlich sei erwähnt, daß die russischen Communiques der letzten Tage, sichtlich bemüht, unsere und die deutschen Erfolge ab- zuschwächen, alles verneinen und als absichtlich falsch wiedergegeben bezeichnen. Dies ist ein Beweis für die Größe der russischen Nieder- lage, denn sie verwirrt nun nicht allein die Aktionen der Truppen am Schlachtfelde, sondern auch die offizielle Berichterstattung der obersten russischen Heeresleitung.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Turkei im Kriege.

Versenkung eines englischen Panzerschiffs vor den Dardanellen. Konstantinopel, 13. Mai.

Das Große Hauptquartier gibt bekannt: An der Dardanellenfront hat sich zu Lande nichts Wichtiges ereignet.

Heute vormittag hat ein Teil unserer Flotte ein englisches Panzer- schiff angegriffen, das sich in der Nähe des Hafens von Morto bei dem Eingang der Dardanellen befand. Dieses Panzerschiff wurde an drei Stellen von Geschossen getroffen: an der Brücke des Kommandanten, in der Mitte und achtern. Es sank sofort.

Auf den übrigen Kriegsschauplätzen hat sich nichts Wesentliches ereignet.

Die russische Niederlage in Westgalizien. Berlin, 14. Mai.

Aus dem Großen Hauptquartier wird über den weiteren Verlauf der Operationen der Verbündeten in Westgalizien folgendes geschrieben:

Als am 6. Mai die Armee Mackensen die Wisloska überschritten und die erzherzogliche Armee nach der Einnahme von Tamow den Feind zur Räumung der ganzen Dunajeclinie bis zur Weichselmündung gezwungen hatte, konnte die Durchbruchsschlacht von Gorlice—Tarnow als beendet angesehen werden. Auf einer Frontbreite von 160 Kilometer war der

Feind im Rückzuge; die durchbrochenen Stellungen der Russen lagen

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schon 30 Kilometer hinter dem Sieger, der auf der ganzen Linie die Ver- folgung aufgenommen hatte. Diese zeitigte auf der weiten Front die schönsten Früchte. Am 6. Mai, nachmittags, stellte das im Anschlusse an den rechten Flügel Mackensens vorgehende österreichische Korps in dem. Karpathendorfe Tyalwa die russische 48. Division, machte dabei einen General, einen Obersten und gegen 3000 Mann zu Gefangenen und nahm dieser Division 16 Feldkanonen, 6 ganz neue Feldhaubitzen, zahl-

reiche Munitionswagen und Kriegsgerät aller Art ab. Am 7. Mai erschienen die Reste dieser Division auf der Höhe von Hyrowa Gora vor den Truppen des Generals von Emmich. Von einem deutschen Parlamentär aufgefordert, sich zu ergeben, erklärte der Divisionskommandeur, dies könne er nicht tun, legte sein Kommando nieder und verschwand mit seinem Stabe in den Wäldern. 3500 Mann ergaben sich darauf dem Kops Emmich. Nach viertägigem Umherirren in den Karpathen ergab sich General der Infanterie Korniloff am 12. Mai samt seinem ganzen Stab einem österreichischen Truppenteile. Am 8. Mai hatte die österreichische dritte Armee Boroevic bereits 12 000 Gefangene in ihren Händen. General von Emmich konnte an diesem Tage 4500 melden. Eine schwache ungarische Eskadron hatte schon am 6. Mai, unterstützt von einer deutschen Radfahrabteilung, drei russische Eskadrons aus Krosno hinausgeworfen und damit den ersten Wislokübergang (nicht zu verwechseln mit der Wisloka) in die Hand genommen. In der Stadt wurde viel Sanitätsmaterial und Verpflegung erbeutet. In engster Zusammenarbeit mit deutschen Truppen wurden dem Feinde am 8. Mai auch die das Ostufer des Wislok beherrschenden Höhen entrissen. Die Garde fand auf ihrem Vormarsch zum Wislok neun russische Geschütze und einundzwanzig Munitionswagen, die der Feind auf seiner eiligen Flucht stehen gelassen hatte. Die Besatzung von Odrzykon, die der Garde den Übergang über den Fluß streitig machen wollte, ergab sich. Die Zahl der Gefangenen betrug am 8. Mai dreitausend. Am nächsten Tage ergaben sich einem Garderegiment, das bei Tropie über- raschend einer feindlichen Nachhut in den Rücken gekommen war, zwölf Offiziere, dreitausend Mann und sechs Geschütze; zu dieser Tagesbeute traten an anderer Stelle zweitausend weitere Gefangene, acht Maschinen- gewehre, ein Geschütz und mehrere gefüllte Patronenwagen. Bei der

Armee des Erzherzogs stieg die Gefangenenzahl bis zum 9. Mai abends auf zwanzigtausend Mann. Vor der Armee Beroevic ging der Feind aus den Karpathen eiligst in nordöstlicher Richtung zurück. Er hatte also auch seine anfänglich bestandene Absicht, die Wisloklinie zu halten, unter dem Druck der unaufhaltsamen Verfolgung der Verbündeten aufgeben müssen. Wenn es am 9. und 10. Mai bei der Armee Mackensen noch zu einem größeren russischen Angriffe kam, so erfolgte dieser nur, um überhaupt noch den Abzug aus der langen Karpathenfront in Fluß halten zu können. In der Gegend von Sanok zogen die Russen zwei eilig zusammengeraffte Divisionen zusammen, mit denen sie am 9. und 10. Mai zum Angriff auf Besko und die dortigen Höhen schritten, während sie weiter nördlich etwa eine Division, dabei 2 Regimenter der Festungs- besatzung von Przemysl, zu einem Gegenstoß gegen österreich-ungarische

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Truppen ansetzten. Das Ergebnis dieses letzteren, in Richtung Krosno geführten Angriffs war ein völliges Mißlingen, wobei einem der aus Przemyel gekommenen Regimenter achtzehnhundert Gefangene und zwanzig Ma- schinengewehre abgenommen wurden. Die russischen Angriffe auf Besko endeten mit schwerer russischer Niederlage. Nachdem der Ansturm ab- geschlagen war, 500 tote Russen vor der Front lagen, gingen die Truppen des Generals von Emmich zum Angriff über. Völlig abgeschlagen wichen die Russen nunmehr eiligst auf Sanok zurück, wobei die Verfolgung durch die Kavallerie der Verbündeten große Ergebnisse zeitigte. An vielen Stellen ergaben sich die Russen, so vor allem auf den Höhen und in den Wäldern südlich Besko. Das Kampffeld bot hier noch in den nächsten Tagen ein düsteres Bild. In ununterbrochener Reihe zogen sich hier die stark ausgebauten russischen Schützenlöcher hin. In jedem dieser vielen Hunderten von Löchern lag, teilweise noch horizontal angeschlagen, je ein Gewehr mit dem aufgepflanzten Bajonett, in der Brustwehr waren umgekehrt ein- gesteckte Gewehre zu sehen, an deren Schaft weiße Fetzen gebunden waren. So hatten ganze Bataillone kapituliert. 6200 Gefangene, 6 Geschütze, 7 Munitonswagen fielen in die Hand der dort siegreichen Truppen der Verbündeten. Die Russen waren jetzt im vollen Rückzuge nach dem unteren San. Die ganze 8. russische Armee räumte die Karpathen; aber auch nördlich der Weichsel wichen die Russen von der Nida m östlicher Richtung zurück. Die Wirkung des gelungenen Durchbruchs machte sich jetzt bereits auf einer Frontbreite von über 300 Kilometer geltend. Während die Nachbararmeen ihren Rückzug noch in verhältnis- mäßiger Ordnung vollziehen konnten, hatte die Auflösung der Reste der entscheidend geschlagenen Armee Radko Dimitriews einen hohen Grad erreicht. Völlig durcheinander geraten, wälzten sich deren Reste in nord- westlicher Richtung zurück. Die 49. russische Division vermochte von ihrem ganzen Bestande nur mehr 4 Geschütze zu retten, eine kaukasische Division brachte von 36 Kanonen noch 9 zurück. Dazu waren die russischen Verbände völlig durcheinander geraten, da die Befehlsführung und die Aufrechterhaltung der Verbindung der Truppenteile untereinander gänzlich versagt hatte. Das rechte Flügelkorps der Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand stellte an einem einzigen Verfo e Gefangene von 5] verschiedenen russischen Regimentern fest. Am Abend des 10. Mai war die Gesamtzahl der Gefangenen, die die Verbündeten Heere in West- galizien gemacht hatten, auf über 100 000 gestiegen; die Zahl der ge- nommenen Geschütze betrug etwa 80, die der erbeuteten Maschinen- gewehre über 250.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 14. Mai. Starke englische Angriffe gegen unsere vor Ypern neu ge-

wonnene Front scheiterten unter schwersten Verlusten für den Feind. An Straße Menin—Ypern gewannen wir in Richtung Hooge

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weiter Gelände. In der Gegend südwestlich Lille griff der Feind nach starker Artillerievorbereitung nur an . Stellen an. Alle Angriffe wurden abgewiesen.

An der Lorettohöhe und nördlich Arras verlief der Tag ver- haltnismaBig ruhig. Größere Angriffe des Feindes fanden nicht statt. Unsere Verluste bei der Wegnahme von Carency durch den Feind betragen 600 bis 700 Mann.

Ein weiterer Angriffsversuch des Feindes, uns das nordwestlich Berry-au-Bac genommene Grabenstück wieder zu entreißen, scheiterte abermals. Zwischen Maas und Mosel brach ein feind- licher Vorstoß im Priesterwalde vor unseren Stellungen in unserem Feuer zusammen.

Die Insassen eines bei Hagenau zum Landen gezwungenen franzosischen Doppeldeckers wurden gefangengenommen.

Bei Szawle sind die Kampfe auch gestern noch nicht ab- geschlossen worden. Nördlich des Njemen an der unteren Dubissa machten wir bei einem nächtlichen Vorstoß 80 Gefangene.

Westlich Prasznysz gelangten Teile des ersten turkestanischen Armeekorps nach viermaligem vergeblichen Ansturm bis in unsere vorderen Gräben; am Abend war der Feind überall wieder hinaus- geworfen; er hat schwere Verluste erlitten; 120 Gefangene blieben in unserer Hand.

DieVortruppen der Armeen desGeneralobersten von Mackensen stehen vor Przemyal und am linken Ufer des unteren San. Rechts und links anschließend setzen die verbündeten Truppen die Verfol- gung in Richtung Dolma—Dobromil einerseits und über Polaniec (an der Weichsel) —Kielce anderseits fort.

Auch von Kielce bis zur Piliza bei Inowlodz haben die Russen ihre Stellungen nicht zu halten vermocht und sind im schleunigen

Abzug nach Osten. Oberste Heeresleitung. Rücktritt des Kabinetts Salandra. Rom, 13. Mai.

Die „Agenzia Stefani“ gibt bekannt: Der Ministerrat hat in Anbetracht, daß er in bezug auf die Richtlinien der Regierung in der internationalen Politik der Eintracht und der Zustimmung der konstitutionellen Parteien entbehrt, die angesichts des Ernstes der Lage erforderlich wäre, beschlossen, dem König seine De- mission zu überreichen. Der König hat sich seinen Beschluß vorbehalten.

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Der Untergang der „Lusitania“. | Berlin, 14. Mai. Aus dem Bericht de D das die „Lusitania” zum Sinken gebracht hat, ergibt sich folgender Sachverhalt: Das Boot sichtete den Dampfer, der keine Flagge führte, am 17. Mai 2 Uhr 20 Minuten M. E. Z. nachmittags an der Südküste Irlands bei schönem, klarem Wetter. Um 3 Uhr 10 Minuten gab es einen Torpedoschuß auf „Lusitania“ ab, die an Steuerbordseite in Höhe der Kommandobrücke getroffen wurde. Der Detonation des Torpedos folgte unmittelbar eine weitere Explosion von ungemein starker Wirkung. Das Schiff legte sich schnell nach Steuerbord über und begann zu sinken. Die zweite Explosion muß auf eine Ent- zundung der im Schiffe befindlichen Munitionsmengen zurückgeführt werden. Der stellvertretende Chef des. Admiralstabes gez. Behnke.

Die englischen „Heldentaten“ gegen Deutsche. London, 15. Mai

In London wurden gestern in mehreren Vierteln die Angriffe gegen die Deutschen erneuert. Auch Läden wurden zerstört. In Ostlondon wurden Deutsche von einer heulenden Menge durch die Straßen verfolgt und mit Steinen beworfen. Die Verfolgung ging in einigen Fällen mehrere englische Meilen weit. Wieder beteiligten sich viele Frauen. Mehrere hundert Frauen und Männer wurden den Polizeigerichten vorgeführt. Auch in mehreren Orten von Essex fanden ernste Ausschreitungen statt.

Bei den deutschfeindlichen Ausschreitungen in Johannesburg in Süd- afrika wurden die Lagerräume der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft in Brand gesteckt.

Wie aus Sydney gemeldet wird, ist es auch in mehreren australischen Städten anläßlich des Unterganges der „Lusitania” zu Ausschreitungen gegen wehrlose Deutsche gekommen. In Melbourne wurden die Läden deutscher Geschäftsinhaber zertrümmert und die Deutschen, die sich gegen den wütenden Pöbel verteidigen wollten, beschimpft und geschlagen. Ähnliche Szenen spielten sich in Sydney und in Adelaide ab. Uberall fanden Protestversammlungen statt, in denen bezahlte Redner gegen Deutschland hetzten, wobei sie gleichzeitig die Werbetrommel für die britische Armee eifriget rührten.

London, 15. Mai.

Der Polizeichef erließ gestern den Befehl, alle feindlichen Ausländer im militärpflichtigen Alter zu verhaften.

511 London, 15. Mai.

Aus Johannesburg wird berichtet: Bei der Zerstörung des hiesigen deutschen Klubs wurden die Bilder des deutschen Kaisers, des Kaisers von Österreich-Ungarn und Bismarcks verbrannt und die deutsche Flagge zerrissen. Es war ursprünglich geplant, den Angriff am nächsten Sonn- abend zu unternehmen, aber die Londoner Ereignisse beschleunigten den Ausbruch. Die führende Rotte arbeitete nach Pfeifensignalen, die Zer- störung wurde methodisch nach einer sorgfältig angelegten Liste durch- geführt. U. a. wurden die Geschäftsraume der Firmen Siemens, Orenstein & Koppel zerstört.

London, 15. Mai.

Das Reutersche Bureau meldet aus Kapstadt: Aus den meisten wichtigeren Städten der Union kommen Nachrichten von ernsten deutsch- feindlichen Ausschreitungen und von Massenzerstörungen deutschen Eigentums. Der Gesamtschaden wird auf mehr als eine Million Pfund Sterling geschätzt.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 15. Mai.

Bei Steenstraate am Ypernkanal wiesen wir einen nächtlichen feindlichen Angriff ab. An der Straße St. Julien—Ypern griffen wir weiter an und machten Fortschritte, 3 englische Offiziere mit 60 Mann und einem Maschinengewehr fielen in unsere Hände. Die Zahl der seit dem 22. April bei Ypern von uns gemachten unverwundeten Gefangenen ist auf 110 Offiziere und 5450 Mann gestiegen, wozu noch über 500 verwundete Gefangene kommen.

Sudwestlich von Lille entwickelten sich auch gestern heftige Artilleriekampfe. Feindliche Infanterieangriffe erfolgten dort nicht. An der Lorettohöhe wurden die meisten feindlichen Angriffsversuche niedergehalten. Ein Angriff nördlich des Höhenzuges, der bis in unsere Gräben gelangte, wurde unter schweren Verlusten für den Feind abgeschlagen. Bei der Räumung von Carency und des West- teils von Ablain ist, wie jetzt festgestellt, ein in der vorderen Linie eingebautes Feldgeschütz und eine geringe Anzahl von Behelfs- minenwerfern verloren gegangen. Außerdem fielen fünf von uns früher erbeutete französische Geschütze, und zwar drei kleine Revolverkanonen und zwei Mörser, welche von uns als Minenwerfer benutzt wurden, in Feindeshand zurück. Nördlich von Arras blieb es im allgemeinen ruhig.

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Südlich von Ailly östlich der Maas nahmen wir einige feindliche Gräben, wobei 52 verwundete und 166 unverwundete Franzosen, darunter ein Bataillonskommandeur, gefangengenommen wurden. Drei feindliche Angriffe gegen unsere Stellungen an der Straße Essey—Flirey wurden abgewiesen. Im Priesterwalde setzten wir uns im Morgengrauen durch einen Vorstoß in Besitz eines feindlichen Grabens und machten hierbei einige Gefangene.

Nach einem vorübergehenden kleinen Erfolge des Feindes, der uns drei Geschütze kostete, ist der Vormarsch starker russischer Kräfte bei Szawle zum Stehen gebracht worden. Feindliche Angriffe gegen die untere Dubissa scheiterten. Der Gegner hat nunmehr auch in die Gegend südlich des Njemen eiligst Verstärkungen heran- geführt; Gefechtsberührung mit diesen besteht noch nicht. Bei Augustow und Kalwarja wurden feindliche Angriffe abgeschlagen.

In dem Raume südlich der unteren Piliza bis zur Weichsel setzten die verbündeten Truppen den weiter abziehenden Russen nach. Der Brückenkopf von Jaroslau am San wurde gestern erstürmt. Schulter an Schulter mit der österreichisch-ungarischen Armee, in deren Verband sie stehen, erreichten die Truppen des Generals von der Marwitz die Gegend von Dobromil. Weiter südlich wird ebenfalls die Verfolgung rastlos fortgesetzt; die verbündeten Truppen haben vielfach die Gebirgsausgänge gewonnen.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 16. Mai.

Nördlich von Ypern greifen schwarze Truppen seit gestern nachmittag ohne jede Rücksicht auf eigene Verluste unsere Stellungen westlich des Kanals bei Steenstraate und Het Sas an. Bei Het Sas wurden alle Angriffe abgewiesen, bei Steenstraate dauert der Kampf noch an.

Südwestlich von Lille schritten die Engländer nach starker Artillerievorbereitung gegen unsere Stellungen südlich Neuve Cha- pelle zum Infanterieangriff, der an den meisten Stellen schon ab- geschlagen ist. An einzelnen Punkten wird noch gekämpft. Weiter südlich, beiderseits des Lorettohöhenrückens, und bei Souchez sowie nördlich von Arras bei Neuville brachen erneute französische Angriffe in unserem Feuer zusammen. Besonders starke Verluste erlitten die Franzosen auf der Lorettohöhe sowie bei Souchez und Neuville.

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Westlich der Argonnen setzten wir uns abends durch Angriff in Besitz eines starken französischen Stutzpunktes von 600 Meter Breite und 200 Meter Tiefe nördlich von Ville-sur-Tube und be- haupteten denselben gegen drei nächtliche, für den Feind sehr ver- lustreiche Gegenangriffe. Viel Material und 60 Gefangene fielen in unsere Hand. Zwischen Maas und Mosel fanden auf der ganzen Front lebhafte Artilleriekampfe statt. Zu Infanteriekämpfen kam es nur am Westrand des Priesterwaldes, wo der Kampf noch nicht abgeschlossen ist.

In Gegend Szawle wurde ein russischer Vorstoß mühelos ab- gewiesen. Die Zahl der dort in den letzten Tagen gemachten Gefangenen übersteigt 1500. An der Dubissa, nordwestlich Ugiany, mußte eine kleinere Abteilung von uns starkeren russischen Kräften weichen, sie verlor zwei Geschütze. Weiter südlich, bei Eiragola, wurden die Russen unter Verlust von 120 Gefangenen zurückge- worfen. Nördlich und südlich von Augustow und beiderseits des Omulew scheiterten starke russische Nachtangriffe unter schweren Verlusten für den Gegner, der 245 Gefangene bei uns zurückließ.

Zwischen Piliza und der oberen Weichsel sowie auf der Front Sambor (40 km südöstlich Przemysl)—Stryj—Stanislau befinden die verbündeten Armeen sich im weiten Vormarsch. Am unteren San von Przemysl abwärts leistet der Feind Widerstand.

Französischer Befehl für die Offensive nördlich von Arras.

„Nach einem Feldzug von neun Monaten, wovon sieben i in den Ver- anzungen zugebracht wurden, ist es Zeit, eine endgültige

zu machen, um die feindliche Linie zu durchbrechen und Besseres erwartend die Deutschen zunächst vom nationalen Boden zu vertreiben. Der Augenblick ist günstig. Niemals war die Armee stärker und von einem erhebenderen Geist beseelt. Der Feind ist nach seinen heftigen Angriffen der ersten Monate jetzt auf die Verteidigung seiner West- und Ostfront beschränkt, während die neutralen Nationen darauf warten, daß wir ihnen durch einen Erfolg das Zeichen zum Losschlagen geben.

Der Feind vor uns scheint nur über einige Divisionen zu verfügen. Wir sind viermal so stark als er und haben eine Artillerie, so furchtbar, wie sie noch nie auf dem Schlachtfelde erschienen ist. Es handelt sich heute nicht mehr darum, einen Handstreich zu wagen oder einen Graben zu nehmen. Es handelt sich darum, den Feind zu schlagen. Darum gilt es, ihn mit äußerster Heftigkeit anzugreifen und mit einer unvergleichlich zähen Erbitterung zu verfolgen, ohne uns um Ermüdung, Hunger, Durst

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oder Leiden zu kümmern. Nichts ist erreicht, wenn der Feind nicht end- gültig geschlagen wird. So möge denn jeder Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten davon überzeugt sein, daß das Vaterland von dem Augenblick an, wo der Befehl zum Angriff gegeben, bis zum endgültigen Erfolg, jede Kühnheit, jede Kraftanstrengung und jedes Opfer von uns

fordert. Der kommandierende General des XXXII. Armeekorpe. gez. Petain. Der Chef des Generalstabes. (Name unleserlich.)“ Besonders interessant ist die Angabe über die deutsche Defensive

auf der Ostfront. Oberste Heeresleitung.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 17. Mai.

Nördlich von Ypern westlich des Kanals bei Steenstraate und Het Sas gaben wir unsere vorgeschobenen Stellungen auf und zogen die dort stehenden schwachen Kräfte, um Verluste durch starkes feindliches Artilleriefeuer zu verhindern, in unsere Haupt- stellungen am östlichen Kanalufer zurück.

Südlich von Neuve-Chapelle halten die Engländer och die Teile unseres vorderen Grabens, die seit den vorgestrigen Kampfen in ihrer Hand sind; das Gefecht dauert dort noch an. Nördlich von Arras, bei Ablain und Neuville, wiesen wir französische An- griffe sehr verlustreich für den Gegner ab.

Bei Ailly und im Priesterwald haben sich geringfügigere Infanteriekämpfe entwickelt.

Unsere Luftschiffe machten erfolgreiche Angriffe auf die Kriegshäfen Dover und Calais.

An der Dubissa in Gegend Eiragola und Czekisziki sowie südlich des Njemen bei Mariaınpol und Ludwinow wurden feind- liche Angriffe abgewiesen. Unter den bei Szawle gemachten rus- sischen Gefangenen wurden Rekruten des Jahrganges 1916 fest- gestellt, die eine nur vierwöchige Ausbildung hinter sich hatten.

Unser Vormarsch zwischen Piliza und oberer Weichsel, ebenso wie auf der Front Sambor—Stryj—Stanislau wird fortgesetzt. Bei Jaroslau und nördlich ist es an mehreren Stellen gelungen, den San zu überschreiten. Um Przemysl wird gekämpft.

Oberste Heeresleitung.

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Vom östlichen Schauplatze.

Wien, 17. Mai.

Amtlich wird verlautbart: Im Verhältnis zu den hartnäckigen Kämpfen der vergangenen zwei Wochen verlief der gestrige Tag an der ganzen Front im allgemeinen ohne wesentliche Ereignisse,

Die Armeen haben weiter nach vorwärts Raum gewonnen. Die gegen den oberen Dnjestr vorgerückten Kolonnen haben mit Teilen nun auch Drohobycz genommen, weitere 5100 Gefangene gemacht und 8 Maschinengewehre erbeutet.

Der Stellvertreter des Chefs der Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die amerikanische Note über den „Lusitania“-Fall.

Berlin, 17. Mai.

Der hiesige amerikanische Botschafter hat dem Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten die folgende Mitteilung zugehen lassen:

„Ich habe die Ehre, Euerer Exzellenz folgende Abschrift eines mir von > Amerikanischen Regierung zugegangenen Telegramms zu über- mitteln

In Anbetracht der in letzter Zeit von den deutschen Behörden unter Verletzung amerikanischer Rechte auf hoher See getroffenen Maßnahmen, die in der Torpedierung und Versenkung des englischen Dampfers „Lusi- tania“ am 7. Mai 1915 gipfelten, wobei über hundert amerikanische Staats- angehörige das Leben verloren haben, erscheint es vernünftig und wünschenswert, daß die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika und die Kaiserlich Deutsche Regierung zu einer vollkommen klaren Ver- ständigung über den Ernst der Lage gelangen, die sich hieraus ergeben hat.

Die Versenkung des englischen Passagierdampfers „Falaba“ durch ein deutsches Unterseeboot am 28. März, wobei der amerikanische Staats- angehörige Leon C. Thrasher ertrank, der am 28. April erfolgte Angriff eines deutschen Flugzeuges auf das amerikanische Schiff „Cushing“, die Torpedierung des amerikanischen Schiffes „Gulflight“ am |. Mai durch ein deutsches Unterseeboot, wobei mindestens zwei amerikanische Staats- angehörige umkamen, und endlich die Torpedierung und Versenkung des Dampfers „Lusitania“ bilden eine Reihe von Vorfällen, die die Regierung der Vereinigten Staaten mit wachsender Besorgnis, Beunruhigung und Bestürzung beobachtet hat.

Die Regierung der Vereinigten Staaten kennt die snenachliche ana aufgeklärte Haltung, die bisher von der Kaiserlich Deutschen Regierung in Fragen des Volkerrechts und besonders im Hinblick auf die Freiheit der Meere eingenommen worden ist; sie hat sich davon überzeugt, daß

auf dem Gebiete völkerrechtlicher Verpflichtungen die deutschen An-

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schauungen und der deutsche Einfluß stets für die Sache der Gerechtig- keit und Menschlichkeit eingetreten sind; sie ist auch überzeugt davon, daß die von der Kaiserlich Deutschen Regierung ihren Marineoffizieren erteilten Anweisungen von den gleichen Gefühlen der Menschlichkeit ge- leitet sein dürften, wie es die Seegesetze anderer Nationen vorschreiben; deshalb konnte die Regierung der Vereinigten Staaten nicht glauben und kann sich auch jetzt nicht entschließen, zu glauben, daß diese so vollig den Regeln, Gewohnheiten und dem Geiste der modernen Kriegsführung widersprechenden Maßnahmen die Genehmigung oder Billigung dieser großen Regierung haben konnten. Infolgedessen hält es die Regierung der Vereinigten Staaten fur ihre Pflicht, sich deswegen an die Kaiserlich Deutsche Regierung mit der vollkommensten Offenheit und in der auf- richtigsten Hoffnung zu wenden; daß sie sich nicht getäuscht hat, wenn sie von der Kaiserlich Deutschen Regierung eine Handlungsweise erwartet, die den durch ihre Maßnahmen hervorgerufenen bedauerlichen Eindroc verwischen und die die bisherige Haltung der Deutschen Regierung be- züglich der geheiligten Freiheit der Meere wiederherstellen wird.

ie Regierung der Vereinigten Staaten ist von der Kaiserlich Deut- schen Regierung davon in Kenntnis gesetzt worden, daß sie sich durch die außergewöhnlichen Umstände des gegenwärtigen Krieges und durch die von ihren Gegnern angewandten Maßregeln, die dahin abzielten, Deutschland von jedem Handelsverkehr abzuschneiden, gezwungen sabe. die Repressivmaßregeln zu ergreifen, die die gewöhnlichen Methoden der Seekriegsführung weit überschreiten, indem sie eine Kriegszone prokla- mierte, außerhalb deren sich zu halten sie die neutralen Schiffe gewarnt hatte. Die Regierung der Vereinigten Staaten hatte bereits Gelegenheit die Kaiserliche Regierung davon in Kenntnis zu setzen, daß sie die Ein- führung derartiger Maßnahmen oder Warnungen vor deren Gefahren an amerikanische Schiffer oder amerikanische Staatsangehörige, die berech- tigterweise als Passagiere auf Schiffen kriegführender Staaten reisen, nicht zulassen könne und daß sie die Kaiserlich Deutsche Regierung für jede ab- sichtliche oder zufällige Verletzung dieser Rechte streng veran machen müsse. Die Regierung der Vereinigten Staaten kann nicht glauben, daß die Kaiserliche Regierung diese Rechte in Frage stellt; sie nimmt vielmehr an, daß die Kaiserliche Regierung als selbstverständlich aner- kennt die Regel, daß das Leben von Nichtkombattanten mögen sie neutraler Nationalität sein oder einer im Kriege befindlichen Nation an- gehören rechtlicher- und billigerweise nicht durch die Kaperung oder Zerstörung eines unbewaffneten Handelsschiffes in Gefahr gebracht werden kann, und daß die Kaiserliche Regierung ebenfalls, wie dies alle anderen Nationen tun, die Verpflichtung anerkennt, die gebräuchlichen Maßnahmen der Anhaltung und Untersuchung zu ergreifen, um festzustellen, ob ein verdächtiges Handelsschiff tatsächlich einer kriegführenden Nation an- gehört oder wirklich Kriegskonterbande unter neutraler Flagge führt. Die Regierung der Vereinigten Staaten möchte daher die Kaiserlich Deutsche Regierung allen Ernstes darauf aufmerksam machen, daß der Einwand gegen ihr jetziges Verfahren, den Handel ihrer Feinde anzugreifen, darin

= -

517 liegt, daß es praktisch unmöglich ist, Unterseeboote für die Vernichtung des Handels zu verwenden, ohne dabei die Regeln der Billigkeit, der Vernunft, der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit zu mißachten, die von der modernen Anschauung als gebietend angesehen werden. Es ist für die Offiziere eines Unterseebootes tatsachlich unmöglich, ein Handelsschiff auf See zu durchsuchen und seine Papiere und Ladung zu prüfen; es ist für sie tatsächlich unmöglich, das Schiff als Prise zu nehmen und, wenn sie nicht an Bord des Schiffes eine Prisenbesatzung lassen können, so können sie es nicht versenken, ohne die Besatzung und alles, was sich an Bord befindet, Wind und Wellen in ihren kleinen Rettungsbooten preiszugeben. Diese Tatsachen gibt bekanntlich auch die Kaiserlich Deutsche Regierung offen zu. Wir erfahren nun, daß bei den oben erwähnten Fällen man nicht einmal die erforderliche Zeit gewährte, um diese elementarste Sicher- heitsmaßnahme zu ergreifen, und daß in wenigstens zwei der angeführten Fälle nicht einmal eine Warnung erfolgt ist. Es ist klar, daß die Unter- seeboote, wie die Ereignisse der letzten Woche gezeigt haben, nicht gegen Handelsschiffe verwendet werden können ohne unvermeidliche Verletzun- gen vieler geheiligter Grundgesetze der Menschlichkeit und Gerechtigkeit.

Amerikanische Bürger handeln innerhalb der Grenzen ihrer un- bestreitbaren Rechte, wenn sie auf hoher See ihre Schiffe überall dahin steuern und zur See überall dahin reisen, wohin sie ihre rechtmäßigen Geschäfte führen, und sie üben diese Rechte in dem wohl sehr berech- tigten Vertrauen aus, daß ihr Leben nicht gefährdet werde durch Hand- lungen, die in offensichtlicher Verletzung allgemein anerkannter inter- nationaler Verpflichtungen begangen werden, und sicher auch in dem Vertrauen, daß ihre eigene Regierung sie in der Ausũbung ihrer Rechte unterstützen werde.

Es wurde, wie ich der Kaiserlich Deutschen Regierung bedaure mit- teilen zu müssen, kürzlich in den Zeitungen der Vereinigten Staaten eine formelle, an die Bevölkerung der Vereinigten Staaten gerichtete Warnung veröffentlicht, die von der Deutschen Botschaft in Washington stammen soll und die tatsächlich besagte, daß jeder Bürger der Vereinigten Staaten, der sein Recht zu freien Reisen auf dem Meere ausübe, es auf eigene Gefahr tue, falls seine Reise ihn in die Zone der Gewässer führe, in der die Kaiserliche Regierung ihre Unterseeboote gegen den Handel Groß- britanniens und Frankreichs verwende, trotz des achtungsvollen, aber sehr ernsthaften Protestes der Vereinigten Staaten. Die Regierung der Ver- einigten Staaten erwähnt dies nicht, um die Aufmerksamkeit der deutschen Regierung auf die überraschende Regelwidrigkeit der Tatsache zu lenken, daß eine von der Deutschen Botschaft in Washington stammende Mit- teilung sich an die Bevölkerung der Vereinigten Staaten durch Vermitt- lung der Presse richtet, sondern nur um darauf hinzuweisen, daß eine Warnung vor einer ungesetzlichen und unbilligen Handlung in keiner Weise als eine Entschuldigung oder Milderung dieser Handlung, noch als geeignet angesehen werden kann, die Verantwortlichkeit ihrer Urheber zu verringern.

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Die Regierung der Vereinigten Staaten, die seit langem den Cha- rakter der Kaiserlich Deutschen Regierung und die hohen Grundsätze der Billigkeit kennt, von denen sie in der Vergangenheit beseelt und geleitet waren, kann nicht glauben, daß die Kommandanten der Schiffe, die diese ungesetzlichen Handlungen begangen haben, dies anders als unter einem Misverstandnis der von den deutschen Marinebehorden ge- gegebenen Befehle getan haben können. Sie setzt es als selbstverständ- lich voraus, daß in einem jeden solchen Falle man wenigstens im Bereiche der Grenzen der praktischen Möglichkeit erwarten könne, daß die Kom- mandanten selbst von Unterseebooten nichts tun würden, was das Leben von Nichtkombattanten oder die Sicherheit neutraler Schiffe gefährdet, selbst auf die Gefahr hin, daß die Kaperung oder Zerstörung des in Frage stehenden Schiffes vereitelt wird. Sie vertraut daher darauf, daß die Kaiserlich Deutsche Regierung die Handlungen, über die die Regie- rung der Vereinigten Staaten Klage führt, mißbillige; daß sie, soweit möglich, Genugtuung geben wird für unermeßliche Schäden, und daß sie sofort die nötigen Schritte tun wird, um die Wiederholung von Vorfallen, die so offenkundig gegen die Grundsätze der Kriegführung, für die die Kaiserlich Deutsche Regierung in der Vergangenheit so klug und fest eingetreten ist, umzustürzen.

Die Regierung und die Bevölkerung der Vereinigten Staaten erwarten von der Kaiserlich Deutschen Regierung ein gerechtes, baldiges und auf- geklärtes Vorgehen in dieser vitalen Angelegenheit mit um so größerem Vertrauen, als die Vereinigten Staaten und Deutschland nicht nur durch besondere Bande der Freundschaft, sondern auch durch nachdrückliche Bestimmungen des Vertrages von 1828 zwischen den Vereinigten Staaten und dem Königreich Preußen verbunden sind.

Der Ausdruck des Bedauerns und das Angebot einer Genugtuung im Falle der Zerstörung irrtümlich versenkter neutraler Schiffe können, wenn sie auch, im Falle Verluste von Menschenleben nicht zu beklagen sind, internationalen Verpflichtungen genügen mögen, doch nicht ein Ver- fahren rechtfertigen oder entschuldigen, dessen natürliche und notwendige Wirkung es ist, neutrale Staaten und Personen neuen und unermeßlichen Gefahren auszusetzen.

Die Kaiserlich Deutsche Regierung wird nicht erwarten, daß die Regierung der Vereinigten Staaten irgendein Wort ungesprochen oder eine Tat ungeschehen lassen wird, die notwendig sein sollten, um ihrer heiligen Pflicht zu genügen, die Rechte der Vereinigten Staaten und ihrer Bürger zu wahren und ihre freie Ausübung und Genuß zu gewährleisten.

Ich benutze diese Gelegenheit, Euere Exzellenz erneut meiner aus- gezeichneten Hochschätzung zu versichern.

(gez.) James W. Gerard. Seiner Exzellenz

Herm von Jagow, Kaiserlichen Staatssekretär der Auswärtigen Angelegenheiten usw.“

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 18. Mai.

Nördlich von Ypern am Kanal bei Steenstrate und Het Sas herrschte gestern Ruhe. Auf dem östlichen Kanalufer südöstlich Boesinghe entwickelten sich an einzelnen Stellen Kampfe, die noch fortdauern.

Südlich von Neuve Chapelle versuchten die Engländer gestern und heute vergeblich, weiteren Boden zu gewinnen. Alle Angriffe wurden unter starken Verlusten für den Feind abgewiesen.

Erneute französische Angriffe an der Lorettohöhe, bei Ablain und westlich Souchez scheiterten. 170 Gefangene blieben in unserer Hand.

Bei Ailly kam der Infanteriekampf zum Stillstand. Ein fran- zösischer Vorstoß im Priesterwalde brach in unserem flankierenden Feuer zusammen.

An der Dubissa wurden in Gegend Eiragola wiederum starke feindliche Angriffe abgewiesen. Gegen die südlich des Njemen herangeführten russischen Kräfte gingen unsere Truppen in all- gemeiner Richtung Gryszkabuda, Syntowty, Szaki zum Angriff vor. Die Kämpfe dauern noch an. Gestern wurden 1700 Russen ge- fangen. Nördlich der Wysoka warf unsere Kavallerie die feind- liche. Russische Angriffe auf Mariampol scheiterten.

Nördlich Przemysl, von südlich Jaroslau bis zur Einmündung des Wislok in den San, haben sich deutsche und österreichisch- ungarische Truppen den Übergang über den San erkämpft. Der Gegner geht hier weiter nach Osten und Nordosten zurück. Zwischen Piliza und oberer Weichsel (bei Ilza und Lagow), südöstlich Przemysl, sowie in der Gegend von Stryj sind seit gestern größere Kämpfe im Gange.

Oberste Heeresleitung.

Der Reichskanzler über die Verhandlungen zwischen Osterreich-Ungarn und Italien.

10. Sitzung vom Dienstag, 18. Mai 1915, 2 Uhr.

Am Tische des Bundesrats: Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg, Dr. Delbrück, Dr. Lisco, von Jagow, Dr. Helfferich, Dr. Solf, von Tirpitz.

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Neugewählt ist der Abg. Graf Magnes (Zentrum) für Glatz- Habelschwerdt.

Prasident Dr. Kaempf eröffnet die Sitzung nach 21/2 Uhr mit

folgenden Worten:

Meine Herren! Bei Beginn des neuen Sitzungsabschnittes begrüße ich Sie auf das herzlichste. Wir treten in unsere Arbeit ein, beseelt von der vollen Zuversicht, die der bisherige Gang der kriegerischen Ereignisse uns eingibt. Ohne Uberhebung und mit beruhigender Entschlossenheit, die in dem Gefühl der Kraft, in der Einigkeit und in dem Bewußtsein von der Gerechtigkeit unserer Sache wurzelt, sieht das deutsche Volk ruhig der Zukunft entgegen, die uns die Entwicklung aller unserer Kräfte bringen soll, zum Heile und zur Größe unseres geliebten Vaterlandes. (Lebhafter, anhaltender Beifall) Meine Herren, ich begrüße unter uns unseren Herrn Kollegen von Graefe, der in der großen Schlacht in den Karpathen verwundet ist und zu unserer Freude sich wieder in unserer Mitte befindet. (Allgemeine Zustimmung.) Ich wünsche ihm baldige völlige Wiederherstellung. (Beifall.)

Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg ergreift das Wort

a folgenden Ausführungen:

Meine Herren! Ihnen ist bekannt, daß sich die Beziehungen waha Osterreich-Ungarn und Italien in den letzten Monaten stark zugespitzt haben. Aus der gestrigen Rede des ungarischen Ministerpräsidenten Grafen Tisza werden Sie entnommen haben, daß das Wiener Kabinett in dem aufrichtigen Bestreben, die ständige Freundschaft zwischen der Doppelmonarchie und Italien zu sichern und den dauernden großen Lebens- interessen beider Reiche Rechnung zu tragen, sich zu weitgehenden Kon- zessionen, auch territorialer Natur, an Italien entschlossen hat. Ich halte es für zweckmäßig, Ihnen diese Konzessionen zu bezeichnen:

1. Der Teil von Tirol, der von Italienern bewohnt ist, wird an Italien

abgetreten;

2. ebenso das westliche Ufer des Isonzo, soweit die Bevölkerung

rein italienisch ist, und die Stadt Gradisca;

3. Triest soll zur kaiserlichen freien Stadt gemacht werden, eine den italienischen Charakter der Stadt sichernde Stadtverwaltung und eine italienische Universität erhalten;

(Hört, hört!)

die italienische Souveränität über Valona und die dazugehörige Interessensphäre soll anerkannt werden;

. Osterreich-Ungarn erklärt seine politische Uninteressiertheit hin- sichtlich Albaniens;

. die nationalen Interessen der italienischen Staatsangehörigen in Osterreich-Ungarn werden besonders berücksichtigt;

. Osterreich-Ungarn erla8t eine Amnestie für militärische oder politische Verbrecher, die aus den abgetretenen Gebieten stammen;

nN W A

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8. wohlwollende Berücksichtigung von weiteren Wünschen Italiens über die Gesamtheit der das Abkommen bildenden Fragen wird zugesagt;

9, Osterreich-Ungarn wird nach Abschluß des Vertrages eine feier- liche Erklärung über die Abtretungen abgeben;

10. gemischte Kommissionen zur Regelung der Einzelheiten der Ab- tretung werden eingesetzt;

Il. nach Abschluß des Abkommens sollen die Soldaten der öster- reichisch-ungarischen Armee, die aus den abgetretenen Gebieten stammen, nicht mehr an den Kämpfen teilnehmen.

(Lebhafte Rufe: Hört, hört!)

Ich kann, meine Herren, hinzufügen, daß Deutschland, um die Ver- standigung zwischen seinen beiden Bundesgenossen zu fördern und zu festigen, dem römischen Kabinett gegenüber im Einverständnis mit dem Wiener die volle Garantie für die loyale Ausführung dieser Anerbietungen ausdrücklich übernommen hat. (Stürmische Rufe: Hört, hört!)

Osterreich- Ungarn und Deutschland haben hiermit einen Entschluß gefaßt, der, wenn er zum Ziele führt, nach meiner festen Überzeugung auf die Dauer von der überwältigenden Mehrheit der drei Nationen gut- geheißen werden wird. (Lebhafte Zurufe: Sehr richtig!) Mit seinem Parlament steht das italienische Volk vor der freien Entschließung, ob es die Erfüllung alter nationaler Hoffnungen in weitestem Umfange auf fried- lichem Wege erreichen oder ob es das Land in den Krieg stürzen und gegen die Bundesgenossen von gestern und heute morgen das Schwert ziehen will. (Bewegung. Stürmische Rufe: Hört, hört!) Ich mag die Hoffnung nicht ganz aufgeben, daß die Wagschale des Friedens schwerer sein wird als die des Krieges.

Wie aber Italiens Entschließung auch ausfallen möge: in Gemein: schaft mit Osterreich-Ungarn haben wir alles im Bereiche der Möglichkeit Liegende getan, um ein Bundesverhältnis zu stützen, das im deutschen Volke feste Wurzel gefaßt hatte und das den drei Reichen Nutzen und Gutes gebracht hat. Wird der Bund von einem Partner zerrissen, so werden wir in Gemeinschaft mit dem anderen auch neuen Gefahren un- erschrockenen und zuversichtlichen Mutes zu begegnen wissen. (Anhaltendes stürmisches Bravo und Händeklatschen.)

Darauf tritt das Haus in die Tagesordnung ein und überweist zunächst ohne Diskussion die Rechnung über den Haushalt des Schutz- gebietes Kiautschou nebst Anhang (ostasiatisches Marinedetachement) für das Rechnungsjahr 1909 der Rechnungskommission.

Als zweiter Gegenstand steht auf der Tagesordnung die erste Beratung des Gesetzentwurfes zur Einschränkung der Verfügungen über Miets- und Pachtzinsforderungen.

Abg. Stadthagen (Soz.) beantragt Überweisung der Vorlage an eine besondere Kommission von 14 Mitgliedern.

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Abg. Warmuth (Rp.) begrüßt die Vorlage und bittet, namentlich auch mit Rücksicht auf die in Betracht kommenden Interessen der Bau- handwerker, die Vorlage möglichst noch zu erweitern, und schließt sich dem Antrage anf Überweisung an eine Kommission an.

Die Vorlage wird darauf einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen.

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Präsident Dr. Kaempf erbittet und erhält die Ermächtigung, die nachste Sitzung, Stunde und Tagesordnung für dieselbe selbständig festzusetzen; er wird dafür sorgen, daß die Mitglieder des Hauses rechtzeitig von dem Termin und der Tagesordnung unterrichtet werden.

Schluß 2 Uhr 50 Minuten.

Der Kaiser auf dem Schlachtfelde. Berlin, 18. Mai.

| Seine Majestät der Kaiser wohnte vorgestern den Kämpfen bei Überschreiten des Sanabschnittes auf den Gefechtsständen eines Ge-

neralkommandos und später einer Division bei.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 19. Mai.

Nördlich von Ypern nahmen die Kämpfe auf dem östlichen Kanalufer emen für uns günstigen Verlauf. Südlich von Neuve Chapelle setzten die Engländer nach starkem Artilleriefeuer an einzelnen Stellen zu neuen Angriffen an. Sie wurden überall ab- gewiesen. Auf der Lorettohöhe nahmen wir einige feindliche Gräben und erbeuteten dabei zwei Maschinengewehre. Ein starker französischer Angriff gegen den Südteil von Neuville brach unter schwersten Verlusten für den Feind in unserem Feuer zusammen. Im Priesterwald versuchten die Franzosen um Mitternacht vorzu- brechen, wurden aber durch unser Artilleriefeuer niedergehalten. | Aus der Linie Shagori—Frauenburg sind gestern stärkere feind- liche Kräfte angetreten. Nördlich und südlich des Njemen dauern die Kampfe weiter an.

Die Russen versuchten gestern das weitere Vorschreiten unserer über den San (nördlich Przemysl) vorgedrungenen Truppen durch Gegenangriffe aufzuhalten. Alle diese Angriffe scheiterten unter schweren Verlusten für den Feind. Eine aus Hannoveranera und Oldenburgern bestehende Division hat in den letzten beiden Tagen

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bei den Kämpfen um den Sanübergang 7000 Gefangene gemacht, sowie 4 Geschütze und 28 Maschinengewehre erbeutet. Zwischen Piliza und oberer Weichsel, sowie südöstlich Przemysl werden die Kämpfe fortgesetzt. Oberste Heeresleitung. -

Großes Hauptquartier, 20. Mai.

Trübes, unsichtiges Wetter hemmte gestern in Flandern und Nordwestfrankreich die Gefechtstatigkeit. Auf der Lorettohöhe machten wir kleine Fortschritte. Bei Ablain wurde ein nächtlicher feindlicher Vorstoß im Nahkampf abgewiesen.

Zwischen Maas und Mosel war der Artilleriekampf besonders heftig. Gegen Morgen gingen die Franzosen östlich Ailly in breiter Front zum Angriff vor, der überall, zum Teil in erbittertem Hand- gemenge, von uns abgewiesen wurde.

Mit den aus der Linie Shagori—Frauenburg im Vormarsch gemeldeten stärkeren feindlichen Kräften ist es zu keiner Gefechts- berührung gekommen. An der Dubissa wurden russische Angriffe abgeschlagen, 900 Gefangene und 2 Maschinengewehre blieben in unserer Hand. Gestern griffen wir nördlich Podubis an, nahmen die Höhe 105 und machten weitere 500 Gefangene. Die südlich des Njemen vordringenden russischen Kräfte wurden bei Grycszka- buda—Syntowty—Szaki völlig geschlagen. Die Reste des Feindes flohen in östlicher Richtung in die Wälder, kleinere Abteilungen halten noch Sutki. Die blutigen Verluste der Russen waren sehr schwer, die Zahl der Gefangenen erhöhte sich deshalb nur auf 2200, ferner wurden 4 Maschinengewehre erbeutet.

Unsere über den San nördlich Przemysl vorgedrungenen Truppen wurden gestern nachmittag erneut von den Russen in verzweifelten Anstürmen angegriffen. Der Feind wurde überall unter sehr erheblichen Verlusten zurückgeworfen. Heute früh gingen wir auf einem Flügel zum Gegenstoß über und stürmten die Stellungen des Gegners, der eiligst flieht.

Oberste Heeresleitung.

Die „Kündigung“ des Dreibundvertrages.

Der Dreibundvertrag bestimmte, daß der casus foederis gleichzeitig für die drei Vertragsmächte eintritt, wenn einer oder zwei der Vertrag- schließenden ohne direkte Provokation ihrerseits von zwei oder drei Großmächten angegriffen und in einen Krieg verwickelt würden.

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Als nach dem Attentat von Serajewo Osterreich-Ungarn gezwungen war, gegen Serbien vorzugehen, um der dauernden Bedrohung seiner Lebensinteressen durch die großserbischen Umtriebe ein Ende zu be- reiten, fiel ihm Rußland in den Arm. Während noch Deutschland auf Anrufen des Zaren bemüht war, den zwischen Wien und Petersburg drohenden Konflikt friedlich zu schlichten, machte Rußland seine gesamte Militarmacht mobil und entfesselte so den Weltkrieg. Die Provokation lag also auf russicher Seite.

Gleichwohl erachtete die italienische Regierung mit der Behaup- tung, daß Osterreich-Ungarn aggressiv gegen Serbien vorgegangen sei und dadurch das Eingreifen Rußlands veranlaßt habe, den casus foederis nicht für gegeben. Auch machte sie geltend, die österreichisch-ungarische Regierung habe sich, indem sie Italien von dem beabsichtigten Ultimatum an Serbien vorher nicht in Kenntnis gesetzt habe, eine Verletzung des Artikels VII des Dreibundvertrages zuschulden kommen lassen. Dieser Artikel verpflichtet Osterreich-Ungarn und Italien zu vorheriger Ver- ständigung und gegenseitigen Kompensationen für den Fall, daß sich eine der beiden Mächte genötigt sehe, den status quo auf dem Balkan durch eine zeitweilige oder dauernde Okkupation zu ändern.

Die Berufung auf Artikel VII wäre begründet gewesen, wenn Österreich-Ungarn auf einen Machtzuwachs auf dem Balkan ausgegangen wäre. Wien hatte jedoch schon vor Kriegsausbruch in Petersburg und auch in Rom erklärt, daß Osterreich-Ungarn keine Gebietserwerbungen auf Kosten Serbiens erstrebe. |

Die beiden im Krieg stehenden Zentralmächte wären daher be rechtigt gewesen, die Einwände Italiens gegen seine Bündnispflicht nicht anzuerkennen. In loyalem Verständnis für die nicht leichte innere und äußere Lage Italiens zogen sie es jedoch vor, eine einseitige Auslegung des Dreibundvertrages hinzunehmen und sich mit der Erklärung wohl- wollender Neutralität, zu der der Vertrag unzweifelhaft verpflichtete, zu begnügen. Auch erklärte sich die österreichisch-ungarische Regierung, obgleich der Artikel VII auf Kompensationen nur für den Fall eines Machtzuwachses am Balkan abzielt, grundsätzlich bereit, eventuelle Kompensationen ins Auge zu fassen.

Mehr und mehr stellte sich im weiteren Verlauf, nach dem Tode des Ministers Marquis di San Giuliano, heraus, daß in Italien starke Kräfte am Werke waren, um für die Bewahrung der Neutralität noch einen besonderen Vorteil von der Donaumonarchie herauszuschlagen. Die italienische Regierung fing an zu rũsten, und mit den Rüstungen stiegen die Forderungen der Irredentisten, Republikaner, Freimaurer und sonstigen Franzosenfreunde. Bald handelte es sich nicht mehr um For- derung des Trentino, sondern um den Erwerb noch anderer alter öster- reichischer Erblande an den südlichen Grenzen der Monarchie als Preis dafür, daß Italien den in heißen Kämpfen fechtenden Bundesgenossen nicht in den Rücken falle.

In dem natürlichen Bestreben, Italien vom Kriege fernzuhalten und die österreichisch-italienischen Beziehungen auf eine neue freundschaftliche

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Grundlage zu stellen, hat die deutsche Regierung nichts unversucht ge- lassen, um eine Einigung zwischen Osterreich- Ungarn und seinem italienischen Bundesgenossen herbeizuführen. Die Verhandlungen kamen langsam in Gang. Erschwert wurden sie von vornherein durch das Verlangen der italienischen Regierung. daß die zu vereinbarende Gebietsabtretung sofort in Kraft gesetzt werden mũßte. Um den in diesem Verlangen liegenden Argwohn zu zerstreuen, wurde am 19. März 1915 die Garantie der deutschen Regierung für die Durchführung der Vereinbarungen unmittelbar nach dem Kriege zugesagt. Auf das erste bestimmte Angebot Osterreich- Ungarns von Ende März 1915, das bereits die Abtretung des italienischen Sprachgebietes in Südtirol in Aussicht stellte, ging die italienische Re- gierung nicht ein, sondern gab ihre eigenen Forderungen erst am 11. April der österreichisch-ungarischen Regierung wie folgt bekannt:

Die absolute Preisgabe des Trentino auf Grund der im Jahre 1811 festgesetzten Grenzen, d.h. mit Einschluß des weit außerhalb des italienischen Sprachgebiets liegenden urdeutschen Bozen, eine Grenzberichtigung zu- gunsten Italiens am Isonzo mit Einschluß von Gorz und Gradisca und Monfalcone, die Umwandlung Triests mit seinem bis an die Isonzogrenze vorgeschobenen Hinterland nebst Capodistria und Pirano in einen unab- hangigen Freistaat, die Abtretung der Curzolari-Inselgruppe mit Lissa, Lesina, Curzola, Lagosta, Dazza und Meleda. Alle diese Abtretungen sollten sofort vollzogen und die aus den abgetretenen Landesteilen . stammenden Angehörigen der Armee und Marine sofort entlassen werden. Ferner beanspruchte Italien die volle Souveränität über Valona und Saseno mit Hinterland und völliges Desinteressement Osterreich-Ungarns in Al- banien. Hiergegen bot Italien eine Pauschalsumme von 200 Millionen Francs als Ablösung aller Lasten und die Ubernahme der Verpflichtung an, während der ganzen Dauer des Krieges neutral zu bleiben. Auf Geltendmachung von weiteren Kompensations forderungen aus dem Art. VII des Dreibundvertrages wollte es für die Dauer des Krieges verzichten und erwartete von Österreich-Ungarn einen gleichen Verzicht ın bezug auf die italienische Besetzung der Inseln des Dodecanes.

Obgleich diese Forderungen über das Maß dessen weit hinausgingen, was Italien selbst zur Befriedigung seiner nationalen Aspirationen ver- langen konnte, brach doch die K. und K. Regierung die Verhandlungen nicht ab, sondern versuchte weiter, mit der italienischen Regierung zu einer Verständigung zu gelangen. Die deutsche Regierung tat alles, was in ihrer Macht stand, um die italienische Regierung zu einer Ermäßigung ihrer Ansprüche zu bewegen, deren bedingungslose Annahme die be- rechtigten Interessen und auch die Würde der österreichisch-ungarischen Monarchie schwer verletzt hätte.

Während diese Verhandlungen noch schwebten, gab der italienische Botschafter in Wien am 4. Mai der österreichisch-ungarischen Regierung unerwartet die Erklärung ab, daß Italien den Bündnisvertrag mit Öster- reich-Ungarn als durch dessen Vorgehen gegen Serbien im August vorigen Jahres gebrochen ansehe. Gleichzeitig erklärte der Botschafter, daß er. alle von seiner Regierung bis dahin gemachten Angebote zurückziehe

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Diese sogenannte Kündigung des noch bis 1920 laufenden Vertrages ging also bis in die kritischen Julitage des vorigen Jahres zurück und stand im Widerspruch nicht nur mit wohlwollenden und freundschaftlichen Er- klarungen des Königs von Italien vom August 1914 und seiner damaligen Regierung, sondern auch mit den inzwischen von der gegenwa italienischen Regierung auf den Artikel VII des Vertrages Känstlich auf- gebauten Kompensationsansprüchen. Es muß dahingestellt bleiben, ob die maßgebenden Personen des italienischen Kabinetts bei dieser Schwen- kung einer inzwischen durch geheime Abreden verstärkten Hinneigung zu den Feinden der mit Italien Verbündeten folgten, oder ob sie dem Drucke der öffentlichen Meinung nachgaben, die sich unter dem fort- gesetzten Anfeuern der im fremden Solde stehenden Blätter immer mehr gegen die Zentralmächte erhitzt hatte. Dem Deutschen Reich gegenüber beschränkte sich die italienische Regierung darauf, die in Wien am 4. Mai abgegebene Erklärung in Berlin zur Kenntnis mitzuteilen.

Ein letzter Versuch, den Übertritt des bisherigen Bundesgenossen in das feindliche Lager zu verhindern, wurde am 10. Mai mit den noch be- trächtlich erweiterten Zusagen der österreichisch-ungarischen Regierung gemacht, die der Reichskanzler am 18. Mai im Reichstage verlesen hat.

Soweit der geschichtliche Hergang. Nach dieser sachlichen Darlegung wird kein Grünbuch etwas daran ändern können, daß, wenn die italienische Regierung zu den Waffen gegen die bisherigen Bundesgenossen riefe, sie dies unter Bruch von Treu und Glauben und um einen Machtzuwachs tun würde, der dem italienischen Volke mit allen möglichen Garantien freiwillig und ohne Blutvergießen dargeboten war.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 21. Mai.

Nördlich von Ypern griffen farbige Franzosen nachts unsere Stellung östlich des Kanals an. Der Kampf ist dort noch im Gange. Ein am späten Abend beginnender Angriff der Engländer südlich Neuve Chapelle in Gegend La Quinque Rue brach in unserem Feuer zusammen. Nordöstlich Arras schossen wir bei Fresnoy ein feindliches Flugzeug herunter. Ein weiterer von den Franzosen gestern nachmittag im Walde von Ailly angesetzter Angriff scheiterte unter erheblichen Verlusten für den Feind, der einige Gefangene in unserer Hand ließ.

In Gegend Szawle fanden nur kleinere Gefechte statt. An der Dubissa gelangte unser Angriff östlich Podubis bis Betygela, er brachte uns weitere 1500 Gefangene ein. Auch östlich Milo- szajcie und Zemigola wurden die Russen über den Fluß zurück- geworfen, weiter südlich steht der Kampf. Die Reste der südlich

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des Njemen geschlagenen russischen Kräfte setzten ihre Flucht m Richtung Kowno fort.

Die Lage bei den deutschen Truppen ist unverändert. Ost- lich Jaroslau wurden gestern Gefangene gemacht, die nicht mit Gewehren, sondern nur mit Eichenkeulen ausgerüstet waren. Von der Armee des Generalobersten von Mackensen und den übrigen im Verbande des österreichisch-ungarischen Heeres kämpfenden deutschen Truppen wurden seit dem 1. Mai 104000 Gefangene gemacht und 72 Geschütze sowie 253 Maschinengewehre erbeutet. Diese Zahlen sind in den bereits veröffentlichten Gesamtzahlen

enthalten. l Oberste Heeresleitung.

Das Grünbuch. Rom, 21. Mai.

Das gestern den Mitgliedern der Kammer und des Senats zu- gänglich gemachte Grünbuch der italienischen Regierung enthält auf 66 Seiten 77 Dokumente, die den Zeitraum vom 9. Dezember 1914 bis 4. Mai 1915 umfassen. In einem Kommentar teilt das „Giornale d'italia“ diese Sammlung in drei Abschnitte. Hiernach reicht der erste Abschnitt von der juristischen Formulierung der italienischen Forderungen auf Grund des Artikels VII des Dreibundvertrages vom 9. Dezember bis zur prinzipiellen Annahme der juristischen Seite der Frage seitens Österreich-Ungarns am 9. März. Im zweiten Abschnitt werden die österreichisch-ungarischen Vorschläge und die italienischen Gegenvorschläge vom 27. März bis '8. April behandelt. Der letzte Abschnitt von 2. April bis 4. Mai beschäftigt sich nach dem „Giornale d'Italia“ „mit dem passiven Widerstande Österreich-Ungarns, das die Übereinkunft unerreichbar macht“ und der mit der Kündigung des Vertrages mit Österreich-Ungarn endigt. Die Zusammenstellung ist augenscheinlich darauf berechnet, im italienischen Volk den Eindruck zu erwecken, daß die Kündigung des Vertrags mit Österreich-Ungarn auch rein formal berechtigt gewesen sei, nachdem Österreich-Ungarn in Serbien eingerückt war, ohne vorher durch Artikel VII bedingte Kompensationen angeboten, bezw. späterhin rechtzeitig zugebilligt zu haben. Die italienische Regierung hätte sich unter diesen Umständen einerseits zu den letzten Notwendigkeiten entschließen, anderseits bei den Dreiverbandmachten Rückendeckung suchen müssen. Dies wird auch durch Hineinziehung angeblicher Verhandlungen wegen eines Separatfriedens zwischen Rußland und Österreich-Ungarn zu begründen

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versucht. Darauf deutet je ein Telegramm des italienischen Bot- schafters in ‚Petersburg und des italienischen Botschafters in Berlin. Aus angeblich vollkommen sicherer Quelle meldet der erstere, daß in Petersburg von seiten Österreich-Ungarns wegen eines Separat- friedens sondiert werde, während Herr Bollati seinerseits auch aus Berlin meldet, daß die bezüglichen Gerüchte sich auch dort verdichten. Ähnliche Informationen werden fast gleichzeitig aus Sofia und Nisch gedrahtet. Auf diese hin wird also einerseits Österreich-Ungarn als der formal und sachlich Schuldige erklärt und anderseits die Not- wendigkeit einer Neuorientierung der italienischen Politik nach der Richtung des Dreiverbandes aus der Gefahr einer österreichisch- russischen Verständigung, die die österreichische Armee gegen die italienische frei machen würde, hergeleitet.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 22. Mai.

Zwischen der Straße Estaires La Bassee und Arras kam es zu erneuten Zusammenstößen. Südwestlich Neuve Chapelle wurden mehrere zu verschiedenen Zeiten einsetzende englische Teilangriffe, abgewiesen. Eine Anzahl farbiger Engländer wurde dabei gefangen genommen. Weiter südlich bei Givenchy wird noch gekämpft. Französische Angriffe, die sich gestern abend gegen unsere Stel- lungen an der Lorettohöhe, bei Ablain und bei Neuville richteten, brachen meist schon in unserem Feuer zusammen. Ein weiterer nächtlicher französischer Vorstoß nördlich Ablain erreichte unsere Graben. Der Kampf ist dort noch nicht abgeschlossen.

Auf der übrigen Westfront fanden nur Artilleriekämpfe an verschiedenen Stellen besonders zwischen Maas und Mosel statt.

Südwestlich Lille und in den Argonnen verwendete der Feind Minen mit giftigen Gasen.

Westlich der Windau in Gegend Schawdiny kam es zu Reiter- kämpfen, bei denen ein Regiment der russischen Ussuri-Reiter- brigade aufgerieben wurde. Bei Szawle und an der Dubissa wurden einzelne russische Nachtangriffe abgewiesen. Die Zahl der Gefangenen aus den Kämpfen östlich Podubis stieg um 300.

Auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz keine wesentlichen

Änderungen. | | Oberste Heeresleitung.

529

Der Krieg mit Italien.

Die Kriegserklärung. Berlin, 23. Mai. Die Italienische Regierung hat heute durch ihren Botschafter Herzog von Avarna der Österreichisch-Ungarischen Regierung erklären lassen, daß sich Italien von Mitternacht ab im Kriegszustande mit Österreich-Ungarn befinde. Die Italienische Regierung hat durch diesen vom Zaune ge- brochenen Angriff gegen die Donaumonarchie das Bündnis auch mit Deutschland ohne Recht und Grund zerrissen. Das durch die Waffen- brüderschaft noch fester geschmiedete Treuverhältnis zwischen Österreich- Ungarn und dem Deutschen Reich ist durch den Abfall des dritten Bundes- genossen und seinen Übergang in das Lager ihrer Feinde unversehrt geblieben. Der deutsche Botschafter Fürst Bülow hat deshalb Anweisung erhalten, Rom zugleich mit dem österreichisch-ungarischen Botschafter Baron Macchio zu verlassen. Wien, 23. Mai. Der Text der vom Königlich Italienischen Botschafter dem K. und K. Minister des K. und K. Hauses und des Außern überbrachten Kriegs- erklärung hat folgenden Wortlaut: Wien, am 23. Mai 1915: Den Befehlen Seiner Majestät des Königs, seines erhabenen Herrschers, entsprechend, hat der unter- zeichnete Königlich Italienische Botschafter die Ehre, Seiner Exzellenz dem Herrn österreichisch-ungarischen Minister des Außern folgende Mitteilung zu übergeben: Am 4.d.M. wurden der K. und K. Re- gierung die schwerwiegenden Gründe bekanntgegeben, weshalb Italien im Vertrauen auf sein gutes Recht seinen Bündnisvertrag mit Osterreich-Ungarn, der von der K. und K. Regierung verletzt worden war, für nichtig und von nun an wirkungslos erklärt und seine volle Handlungsfreiheit in dieser Hinsicht wiedererlangt hat. Fest entschlossen, mit allen Mitteln, über die sie verfügt, für die Wahrung der italienischen Rechte und Interessen Sorge zu tragen, kann die Königliche Regierung sich nicht ihrer Pflicht entziehen, gegen jede gegenwärtige und zukünftige Bedrohung zum Zwecke der Erfüllung der nationalen Aspirationen jene Maßnahmen zu er- greifen, die ihr die Ereignisse auferlegen. Seine Majestät der König erklärt, daß er sich von morgen ab als im Kriegszustande mit Öster- reich-Ungarn befindlich betrachtet. Der Unterzeichnete hat die Ehre, Seiner Exzellenz dem Herrn Minister des Äußern gleichzeitig mitzuteilen, daß noch heute dem K. und K. Botschafter in Rom die Pässe zur Verfügung gestellt werden, und er wäre Seiner Exzellenz dankbar, wenn ihm die seinen übermittelt würden. gez.: Avarna.

Rom, 23. Mai. Fürst Bülow hat heute von der Consulta die amtliche Mitteilung erhalten, daß Italien sich von morgen ab als im Kriegszustande mit Oster- reich-Ungarn erachte.

530 Kaiser Franz Joseph an seine Völker. Wien. 23. Mai.

Eine Extraausgabe der „Wiener Zeitung“ veröffentlicht folgendes Allerhöchstes Handschreiben:

Lieber Graf Sturgkh! Ich beauftrage Sie, das angeschlossene Manifest an Meine Völker zur allgemeinen Verlau zu bringen.

Wien, am 23. Mai 1915.

Franz Joseph m.p. Sturgkh m. p. An Meine Völker.

Der König von Italien hat Mir den Krieg erklärt.

Ein Treubruch, dessen gleichen die Geschichte nicht kennt, ist von dem Königreich Italien an seinen beiden Verbündeten begangen worden.

Nach einem Bündnis von mehr als dreifigjahriger Dauer, während dessen es seinen territorialen Besitz mehren und sich zu ungeahnter Blüte entfalten konnte, hat uns Italien in der Stunde der Gefahr verlassen und ist mit fliegenden Fahnen in das Lager unserer Feinde übergegangen.

Wir haben Italien nicht bedroht, sein Ansehen nicht ge- schmalert, seine Ehre und seine Interessen nicht angetastet, wir haben unsern Bündnispflichten stets getreu entsprochen und ihm unseren Schirm gewährt, als es ins Feld zog, wir haben mehr getan: als Italien seine begehrlichen Blicke über unsere Grenzen sandte, waren wir, um das Bündnisverhältnis und den Frieden zu erhalten, zu großen und schmerzlichen Opfern entschlossen, zu Opfern, die Unserem väterlichen Herzen besonders nahe- gingen.

Aber Italiens Begehrlichkeit, das den Moment nützen zu sollen glaubte, war nicht zu stillen, und so muß sich das Schicksal vollziehen.

Dem mächtigen Feinde im Norden haben in zehnmonatigem gigantischen Ringen und in treuester Waffenbrüderschaft mit dem Heere Meines erlauchten Verbündeten Meine Armeen siegreich standgehalten.

Der neue heimtückische Feind im Süden ist ihnen kein neuer Gegner.

531

| Die großen Erinnerungen an Novara, Mortara, Custozza und Lissa, die den Stolz Meiner Jugend bilden, und der Geist Ra- detzkys, Erzherzogs Albrecht und Tegethoffs, der in Meiner Land- und Seemacht fortlebt, bürgen mir dafür, daß wir auch gegen Süden hin die Grenzen der Monarchie erfolgreich ver- teidigen werden. | lch grüße Meine kampfbewährten, siegerprobten Truppen. Ich vertraue auf sie und ihre Führer. Ich vertraue auf Meine Völker, deren beispiellosem Opfermute Mein innigster vater- licher Dank gebührt. Den Allmächtigen bitte Ich, daß er unsere Fahnen segne und unsere gerechte Sache in seine gnädige Obhut nehme. Franz Joseph m. p.

Stürgkh m. p.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 23. Mai.

Bei Givenchy sind Nahkämpfe, die für uns günstig verlaufen, noch im Gange. Weiter südlich wurden französische Angriffe an der Straße Béthune—Lens und auf dem Rücken der Lorettohöhe abgewiesen. Dicht nördlich Ablain gelang es dem Feinde, durch den schon gemeldeten nächtlichen Vorstoß in einem kleinen Teil unseres vordersten Grabens Fuß zu fassen. Südlich Neuville ge- wannen wir durch Angriff etwas Gelände, nahmen 90 Franzosen gefangen und erbeuteten 2 Maschinengewehre. Zwischen Maas und Mosel fanden wiederum heftige Artilleriekämpfe statt. Ein Angriff des Feindes im Priesterwalde wurde abgeschlagen.

In Gegend Szawle griffen wir den russischen Nordflügel an und schlugen ihn; 1600 Gefangene und 7 Maschinengewehre waren die Beute. Feindliche Gegenangriffe in der Nacht scheiterten. An der Dubissa wurden stärkere, gegen die Linie Misiuny—Zemigola gerichtete russische Nachtangriffe abgewiesen; 1000 Gefangene blieben bei uns zurück. Auch südlich des Njemen schlug ein feind- licher Nachtangriff nördlich Pilzwiszki fehl.

Vom südöstlichen Kriegsschauplatze nichts Neues.

Oberste Heeresleitung.

532

| Großes Hauptquartier, 24. Mai. Mehrere nächtliche englische Vorstöße zwischen Neuve Cha- pelle und Givenchy, sowie französische Angriffe am Nordabhang der Lorettohöhe, bei Ablain und nördlich und südlich von Neuville wurden unter schweren Verlusten für den Feind, der außerdem 150 Gefangene einbüßte, abgeschlagen. Zwischen Maas und Mosel dauern die Artilleriekampfe an. Im Priesterwalde erlitten die Franzosen bei einem erneuten erfolglosen Angriff Verluste. Auf dem östlichen und südöstlichen Kriegsschauplatze ist die Lage unverändert. Oberste Heeresleitung.

Tätigkeit der österreichisch-ungarischen Flotte gegen Italien. Wien, 24. Mai.

Amtlich wird verlautbart: Unsere Flotte hat in der auf die Kriegs-

erklärung folgenden Nacht vom 23..auf den 24. Mai eine Aktion

gegen die italienische Ostküste zwischen Venedig und Barletta

unternommen und hierbei an zahlreichen Stellen militärisch wichtige Objekte mit Erfolg beschossen.

Gleichzeitig belegten unsere Seeflugzeuge die Ballonhalle in

Chiaravalle sowie militärische Anlagen in Ancona und das Arsenal

in Venedig mit Bomben, wodurch sichtlicher Schaden und Brände

verursacht wurden. Flottenkommando.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 25. Mai.

In Flandern setzten wir gestern unsere Angriffe Richtung Ypern fort, erstürmten die Vlaminghe-Ferme, das Schloß nördlich Wieltje, die Bellewaarde-Ferme und naherten uns Hooge. Bei diesen Kämpfen fielen 150 Gefangene und 2 Maschinengewehre in unsere Hand.

Südlich Armentières, zwischen Neuve Chapelle und Givenchy und nördlich der Lorettohöhe wurden feindliche Teilangriffe blutig abgewiesen. Bei Neuville kamen in dem Graben bereitgestellte Sturmtruppen des Feindes durch unser Artilleriefeuer nicht zur Entwicklung. In Cambrai wurden durch den Bombenwurf eines französischen Fliegers beim Verlassen des Gottesdienstes 5 Franzosen getötet und 12 Franzosen schwer verletzt. Bei St. Quentin schossen wir ein feindliches Flugzeug herunter.

533

An der Dubissa östlich Rossienie griffen unsere Truppen gegen überstehende starke russische Kräfte an, schlugen sie und warfen sie unter empfindlichsten Verlusten über den Fluß. 2240 Gefangene und 5 Maschinengewehre wurden erbeutet. Weiter südlich scheiterten mehrere teilweise sehr heftige russische Angriffe aus Richtung Ei- ragola unter großen blutigen Opfern für den Gegner.

Die Armee des Generalobersten von Mackensen hat gestern nördlich von Przemysl die Offensive erneut aufgenommen. Der Angriff führte wieder zu einem vollen Erfolge. Die stark befestigten Orte Drohojow, Ostrow, Radymno, Wysocko, Wietlin, Makowicko und die Höhen nordwestlich Bobrowka sowie östlich Cetula wurden sturmender Hand genommen. Bisher fielen 153 Offiziere und über 21 000 Mann als Gefangene, 39 Geschütze, darunter 9 schwere, und mindestens 40 Maschinengewehre den verbündeten Truppen in die Hände. Die Russen erlitten außergewöhnlich hohe Verluste.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 25. Mai.

Amtlich wird verlautbart: In Mittelgalizien greifen die verbün- deten Armeen an der ganzen Front von Sjeniawa bis zum oberen Dnjestr starke russische Kräfte an. Die Armee des Generalobersten von Mackensen, in deren Verband das österreichisch-ungarische sechste Korps kämpft, hat Radymno genommen und ist östlich und südöstlich dieser Stadt gegen den San vorgedrungen. Der Feind, der durch zahlreiche Angriffe das verlorene Terrain zurückzuerobern versuchte, wurde überall geworfen, verlor an 21000 Gefangene, 39 Geschütze, über 40 Maschinengewehre. Die Armeen Puhallo und Boehm-Ermolli, die südöstlich Przemysl vorstoßen, haben unter erbitterten Kämpfen Raum gewonnen und den Gegner wider die Blonianiederung zurückgeworfen. Der Angriff wird auf der ganzen Front fortgesetzt. Die sonstige Lage auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz hat sich nicht geändert.

Im Südwesten sind an der Tiroler und Kämtner Grenze da und dort kleinere feindliche Abteilungen, hauptsächlich Alpini, über die Grenze vorgegangen. Wo sie auf unsere Stellungen stießen und an- geschossen wurden, kehrten sie um.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Ein englisches Schlachtschiff vor den Dardanellen versenkt. Konstantinopel, 25. Mai. Das Hauptquartier teilt mit: Heute nachmittag ist das eng- lische Schlachtschiff „Triumph“ im Golf von Saros vor Arı Burun torpediert worden und gesunken. An der Dardanellenfront und auf den anderen Kriegsschauplätzen hat sich gestern nichts Wesentliches ereignet.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 26. Mai.

Ein nachtlicher feindlicher Vorstoß gegen unsere neugewonnene Stellung westlich des Teiches von Bellevaarde wurde leicht abge- wiesen. Die Zahl der den Engländern entrissenen Maschinen- gewehre hat sich auf zehn erhöht.

Nordöstlich Givenchy gelang es farbigen Engländern gestern abend, sich eines vorspringenden Teils unseres vordersten Grabens zu bemachtigen.

Weiter südlich zwischen Lievin und der Lorettohöhe setzte nachmittags ein großer, tiefgegliederter französischer Angriff ein. Er ist vollkommen gescheitert. Nördlich und südlich der Straße Souchez—Béthune war es dem Feinde anfangs gelungen, in unsere Graben einzudringen. Nachtliche Gegenangriffe brachten uns je- doch wieder in den vollen Besitz unserer Stellung; 100 Franzosen blieben als Gefangene in unserer Hand. Auch südlich Souchez brachen mehrfach wiederholte starke Angriffe, die von weißen und farbigen Franzosen gegen unsere Linien südlich Souchez ge- richtet waren, dicht vor den Hindernissen völlig zusammen. Der Gegner erlitt überall sehr schwere Verluste.

Bei den Kämpfen an der Lorettohöhe zeichnete sich ein schlesisches Infanterieregiment besonders aus.

Ein feindlicher Vorstoß im Ostteil des Priesterwaldes wurde leicht abgewiesen.

Südlich Lens wurde von unseren Fliegern ein feindliches Flug- zeug heruntergeschossen.

Im Osten wurden einzelne schwache Nachtangriffe abge- schlagen.

Der Angriff der Armee des Generalobersten von Mackensen schreitet gut vorwärts,

535 Südöstlich Radymno ist nach heftigem Kampf der Ort Swiete

genommen.

Ostlich Radymno wurde, nachdem österreichische Truppen den Brückenkopf westlich des San erstürmt hatten, auch der Übergang über den San erzwungen. Weiter nördlich erreichten unsere Truppen nach Kampf die Gegend östlich Lazy, östlich Laszki, und die Linie Korzenica— Zapalow (an der Lubaszowka). Die Beute an Gefan- genen und Material wächst.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

‘Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 26. Mai.

Amtlich wird verlautbart: Die Schlacht bei Przemysl dauert fort. Die Armee des Generalobersten von Mackensen dringt im Angriff beiderseits des San in südöstlicher Richtung erfolgreich vor. Der Über- gang über den San östlich Radymno ist erkämpft. Das österreichisch- ungarische VI. Korps erstürmte den Brückenkopf Zagrody östlich dieser Stadt. Südlich und südöstlich Przemysl sind unsere Armeen gegen die starken, zum Teil betonierten Stellungen der Russen in langsam fortschreitendem Angriff. Die Zahl der in den letzten zwei Kampf- tagen eingebrachten Gefangenen ist auf 25000 gestiegen. An Kriegs- material wurden bis gestern abend erbeutet: 54 leichte, 10 schwere Geschütze, 64 Maschinengewehre und 14 Munitionswagen.

Südlich des Dnjestr und in Russisch-Polen ist die allgemeine Lage unverändert. Bei einem Gefechte nördlich der Weichsel wurden 998 Russen gefangen.

In Tirol rückte eine feindliche Abteilung in Condino (Judikarien) ein. Am Padonpaß, nordöstlich der Marmolata, flüchteten die Italiener bei den ersten Schüssen. An der kärntnerischen Grenze wiesen unsere Truppen mehrere Angriffe unter bedeutenden Verlusten der Italiener ab. Westlich des Plöcken floh der Feind und ließ seine Waffen zurück.

Im küstenländischen Grenzgebiet haben sich bisher noch keine Kämpfe entwickelt.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

536

Die Fortschritte in Mittelgalizien. Berlin, 26. Mai. Aus dem Großen Hauptquartier erfahren wir über das Fortschreiten der Operationen der Verbündeten in Mittelgalizien:

„In knapp 14 Tagen hatte die Armee Mackensen ihre Offensive von Gorlice bis Jaroslau vorgetragen. Unter täglichen Kämpfen, zumeist gegen befestigte Stellungen, hatte sie drei Fußlinien überschritten und einen Raumgewinn von über 100 Kilometer Luftlinie erzielt. Am Abend des 14. Tages hatte sie sich mit der Wegnahme von Stadt und Brückenkopf Jaroslau den Zutritt zum unteren San erkämpft. Es galt jetzt, diesen Fluß in breiter Front zu überschreiten. Noch aber hielt der Feind vorwärts Radymno und im San-Wislokwinkel in zwei stark ausgebauten Brücken- köpfen das Westufer dieses Flusses. Im übrigen beschränkte er sich auf die frontale Verteidigung des Ostufers. Während Gardetruppen in engster Fühlung mit österreichischen Regimentern sich bei Jaroslau den Übergang über den Fluß erkämpften und den durch frische Kräfte ‘ich täglich verstarkenden Feind immer weiter nach Osten und Nordosten zurüc- warfen, erzwangen mehrere Kilometer weiter stromabwärts hannoversche Regimenter den Flußübergang. Braunschweiger waren es, die durch Erstürmung der Höhen von Wiazownica die Bahn öffneten und dadurch den hartnäckig verteidigten Sanübergang gewannen. Weiter nördlich wurde der San-Wislokwinkel von dem dort noch standhaltenden Gegner gesaubert. I Oberst, 15 Offiziere, 7800 Gefangene, 4 Geschütze, 28 Maschinengewehre, 13 Munitionswagen und I Feldküche fielen in unsere Hand, der Rest sah sich zum schleunigen Abzuge nach dem östlichen Ufer veranlaßt. Diese Kämpfe und Erfolge der verbündeten Truppen vollzogen sich am 17. Mai in Gegenwart Sr. Majestät des Deutschen Kaisers, der an diesem Tage dem Chef des Generalstabes der hier kämpfenden Armee, Oberst von Seeckt, den Orden Pour le merite verlieh, nachdem schon vorher der Armeeführer, Generaloberst von Mackensen, besonders ausgezeichnet worden war. Im Kraftwagen war der Kaiser zu seinen Truppen vorgeeilt. Unterwegs begrüßten die auf Wagen zurückfahrenden Verwundeten mit lauten Hurras ihren Allerhöchsten Kriegsherrn. Auf der Höhe von Jaroslau traf der Kaiser seinen Sohn Prinz Eitel Friedrich, und folgte dann von ver- schiedenen Standpunkten aus stundenlang mit angespannter Aufmerksam- keit dem Verlaufe des Kampfes um den Flußübergang. In den Tagen vom 18. bis 20. Mai drangen die Truppen der Verbündeten weiter gegen Osten, Nordosten und Norden vor, warfen den Feind aus Sieniawa hinaus und setzten sich auf einer Frontbreite von 30 Kilometer auf dem östlichen Ufer fest; der Feind wich hinter den Lubaczowkabach zurüc. Alle seine Versuche, das verlorene Gelände wiederzugewinnen, scheiterten, obwohl er in den Tagen vom 13. bis 20. Mai nicht weniger als 6 frische Divisionen einsetzte, um unser Vordringen bei und über Jaroslau zum Stehen zu bringen. Im ganzen hatte die russische Führung seit Beginn der Opera- tionen sieben Armeekorps von anderen Kriegsschauplätzen an die Front

der Armee Mackensen und gegen Mitte und rechten Flügel der Armee

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des Erzherzogs Joseph Ferdinand geworfen. Es waren das 3. kaukasische, das 15. und ein kombiniertes Armeekorps, 6 einzelne Infanterieregimenter, die 34., 45., 58., 62., 63., 77., 81. Infanterie- und die 13. sibirische Division, ungerechnet 4 Kavalleriedivisionen, die schon in den ersten Tagen zum Einsatze gekommen waren. Mit dem kombinierten Armeekorps tauchte die aus Armeniern und Grusiniern zusammengesetzte 3. kaukasische Schützendivision auf, die bis Januar in Persien gefochten hatte und im April nach dem Kars, spater nach Odessa verladen worden war, wo sie einen Teil der sogenannten Bosporusarmee bildete. Auch die Plastun- brigadenkosaken zu Fuß, eine besondere milizartige Formation, die bisher im Kaukasus gekämpft hatte, erschienen vor der Front; endlich kam auf dem äußersten linken Heeresflügel der Russen die Transamur- grenzwache zum Einsatz, eine lediglich zum Bahnschutz in der Nord- mandschurei bestimmte Truppe, an deren Verwendung auf einem Kriegs- schauplatz man wohl selbst in Rußland kaum jemals gedacht hatte. Noch aber hielten die Russen am unteren San den letzten, auf dem westlichen Ufer gelegenen Brückenkopf von Radymno. Aufgabe der nächsten Kämpfe mußte es werden, den Feind auch von diesem Punkte zu vertreiben.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 27. Mai.

Ungeachtet ihres gänzlichen Mißerfolges vom 25. Mai er- neuerten die Franzosen ihre Durchbruchsversuche zwischen Ver- melles und der Lorettohöhe. Sehr starke Kräfte wurden auf dem schmalen Raum von 10 Kilometer zum Sturm angesetzt, die An- greifer aber überall zurückgeworfen. Wir sind im vollen Besitz unserer Stellungen. Eine ungemein große Zahl französischer Ge- fallener liegt vor den deutschen Graben. Ein weiterer franzosi- scher Angriff richtete sich am spaten Abend gegen die Linie Souchez—Neuville. Hier ist dicht sudlich Souchez der Kampf noch nicht vollig abgeschlossen. Beim Friedhof von Neuville schanzten Franzosen aufrechtstehend, indem sie zur Deckung in vorhergegan- genen Kampfen gefangene Deutsche verwendeten.

Bei einer Erkundung nördlich Dixmuiden nahmen wir 1 Offizier und 25 Belgier gefangen.

Kleinere feindliche Vorstöße bei Soissons und im Priester- walde wurden abgewiesen.

Ein Luftangriff wurde mit Erfolg auf die Befestigungen von Southend an der unteren Themse gemacht.

Die Lage auf dem östlichen Kriegsschauplatz ist unverändert.

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Sowohl nordöstlich Przemysl als auch in der Gegend von Stryj schritt der Angriff unserer Truppen rüstig vorwärts. Die Beute und seine sonstigen Ergebnisse sind noch nicht zu übersehen.

Oberste Heeresleitung.

Versenkung der „Majestic“ vor den Dardanellen. Konstantinopel, 27. Mai. Das englische Linienschiff „Majestic“ ist heute früh vor Sedd-ul-Bahr in den Grund gebohrt worden.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 27. Mai. Amtlich wird verlautbart: Im Raume um Przemysl dringen die

verbündeten Armeen in erbitterten Kämpfen weiter vor. Östlich Ra- dymno eroberten Truppen unseres VI. Korps den von den Russen hartnäckig verteidigten Ort Nienowice und die Höhe Horodysko im Sturm, machten neuerdings über 2000 Gefangene und erbeuteten 6 Geschütze. Südöstlich Przemysl gelang es den verbündeten Truppen, in der Gegend bei Hussakow in die feindliche Hauptverteidigungs- stellung einzudringen, die Russen zurückzuwerfen, 2800 Mann wurden gefangen, II Maschinengewehre erobert. Die Kämpfe dauern fort. Gleichzeitig haben gestern unsere und deutsche Truppen der Armee Linsingen südöstlich Drohobycz und bei Stryj nach schweren Kämpfen die befestigte feindliche Frontlinie durchbrochen und die Russen zum Rückzug gezwungen. Der Angriff wird auch hier fortgesetzt.

An der Pruthlinie und in Russisch-Polen ist die Situation un- verändert.

In Tirol begann der Feind an einzelnen Punkten südöstlich von Trient unsere Grenzwerke mit schwerer Artillerie zu beschießen. Bei Caprile im Cordevoletale wurden zwei italienische Kompagnien durch unser Maschinengewehrfeuer vernichtet. An der kärntnerischen Grenze nur erfolgloses feindliches Artilleriefeuer. Im Küstenlande haben die Italiener an mehreren Stellen die Grenze überschritten. Feindliche Abteilungen, die bis an unsere Stellungen vorgedrungen sind, wurden zuruckgeworfen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

539 Die Türkei im Kriege. Die Versenkung des „Triumph“. Konstantinopel, 27. Mai.

ber den Untergang des englischen Linienschiffes „Triumph“ erfährt der Vertreter von Wolffs telegraphischem Bureau folgende Einzelheiten:

Die Torpedierung des Schiffes, das tagelang in den Gewässern von Ari Burun gekreuzt und die türkischen Stellungen beschossen hatte, er- folgte am 25. Mai um 121 Uhr nachmittags vor Ari Burun. Eine furcht- bare Explosion legte den „Triumph“ innerhalb einer Minute auf die Seite und in weiteren sieben Minuten lag das Schiff mit dem Kiel nach oben, worauf es so rasch sank, daß nach genauen Beobachtungen nur ein kleiner Teil der Besatzung gerettet werden konnte. Die durch die Torpedierung des „Goliath“ geschaffene Nervosität unter der Flotte der Alliierten hat infolge des Unterganges des „Iriumph“ sichtlich zugenommen. Die feind- lichen Schiffe meiden den Aufenthalt in den Meerengen. Die „Queen Elizabeth“ halt sich meist versteckt. Die Schiffe werden von einem Ring von Torpedobooten umgeben.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 28. Mai.

Von dem im Brennpunkte des feindlichen Durchbruchsversuchs nordöstlich der Lorettohöhe stehenden Armeekorps sind seit 9. Mai 14 Offiziere, 1450 Franzosen gefangen genommen und 6 Maschinen- gewehre erbeutet.

Sudostlich des Lorettohöherückens setzten gestern abend die Franzosen zu erneuten Teilangriffen, die abgeschlagen wurden, an. Bei Ablain ist das Gefecht noch im Gange. Auch im Priesterwalde griff der Feind gestern 7 Uhr abends nach längerer Artillerievor- bereitung an. Es kam zu erbitterten nächtlichen Kämpfen, die mit einer schweren Niederlage der Franzosen endeten.

In den Vogesen gelang es dem Feinde, in einem kleinen Graben- stück südwestlich von Metzeral sich festzusetzen. Ein französischer Angriff am Reichsackerkopf nördlich von Mühlbach wurde leicht abgewiesen.

Achtzehn französische Flieger griffen gestern die offene Stadt Ludwigshafen an. Durch Bombenabwurf wurden mehrere Zivil- personen getötet und verletzt, Materialschaden aber nur in geringem Maße angerichtet. Das gepanzerte Führerflugzeug wurde östlich Neustadt a. d. H. zur Landung gezwungen; mit ihm fiel ein Major,

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der Kommandant des Flugzeuggeschwaders von Nancy, in unsere Hände. Unsere Flieger brachten im Luftkampf bei Epinal ein französisches Flugzeug zum Absturz und setzten die Kaserne in Geradmer in Brand.

An der Dubissa nahmen unsere Truppen erneut die Offensive auf. Ein zu beiden Seiten der Straße Rossienie—Eiragola geführter Angriff war von gutem Erfolge begleitet, er brachte uns 3120 rus- sische Gefangene ein. Im übrigen wurden an verschiedenen Stellen russische Nachtangriffe abgewiesen.

Um den Vormarsch der verbündeten Truppen zum Stehen zu bringen, versuchte der Feind mit frischen Kräften, die er von anderen Kriegsschauplatzen herangeführt hatte, rechts des San an verschiedenen Stellen zum Angriff überzugehen. Die Versuche scheiterten. Nur in der Gegend von Sieniawa wurden schwächere Abteilungen auf das linke Sanufer zurückgedrückt, wobei etwa 6 Geschütze nicht rechtzeitig abgeschoben werden konnten. In der Gegend nordöstlich von Przeinysl zu beiden Seiten der Wisznia sind wir in gutem Fortschreiten geblieben. Zu der am 25. Mai veröffentlichten Beute sind etwa 9000 Gefangene, 25 Geschütze und 20 Maschinengewehre hinzugekommen.

Oberste Heeresleitung.

Schluß des redaktionellen Teils.

Verantwortlich für die Redaktion: S. D. Gallwitz, Bremen. Einsendungen von Manuskripten (unter Beifügung von Rückporto) an die Redaktion Bremen, Am Wall 163. Tel. 6495. Verlag: Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft, Bremen. Druck: Hofbuchdruckerei H. M. Hauschild, Bremen.

Ein Beispiel für die Einwirkung des Kriegs- ausbruchs auf das Geschäftsleben.

Die Kaffee -Handels-Aktiengesellschaft, Bremen.

Wenn früher der Cedanke in eine Unterhaltung geworfen wurde,

daß unser Vaterland sich noch einmal gezwungen sehen könnte, in einen großen europaischen Krieg einzugreifen, so hat man eine Er- örterung darüber immer als frei von jeder Gegenständlichkeit be- trachtet. Man sah wohl Anlässe zu solchen Gesprächen in dem Verhalten einer Mächtevereinigung, die unverkennbar darauf hinzielte, die Machtstellung, welche wir uns durch unsere Einigkeit und unsere Arbeit schaffen konnten, zu bedrohen und zu zerstören. Ihre An- gehörigen neideten uns unsere Erfolge, weil sie sich außerstande fühlten, das gleiche Maß an Wirksamkeit und weer Tatigkeit aufzubringen. Wir waren uns indessen vollkommen sicher, daß von unserer Seite stets mit Unermüdlichkeit darauf hingearbeitet werden. würde, Mißverständnisse zu beseitigen und sogar die von unseren Wider- sachern beabsichtigten Reibereien einer friedlichen Beilegung entgegen- zuführen. Die verantwortlichen Stellen unseres Reiches hatten dafür im Laufe der letzten Jahrzehnte in ungezählten Fällen den Beweis erbracht. Jeder Teil unseres Volkes wußte, daß sein gegenwärtiges Schaffen nur Nährboden in den Zeiten des Friedens finden konnte. Es gab deshalb auch nur den einen Wunsch, den Frieden zu sichern mit allen Mitteln, die das Ansehen unseres Reiches und unseres Volkes zulicB.

Dieser Wunsch hatte sich, weil seine Verwirklichung uns Lebens- bedingung erschien und weil wir unser ganzes Tun und Trachten danach eingerichtet hatten, in unserer Gedankenwelt eine so starke Geltung verschafft, daß wir ihn schon erfüllt glaubten. Deshalb be- deutete der Krieg für uns die größte Überraschung. Nicht nur für unser Empfinden, Fühlen und Denken, sondern auch für unser Berufs- und Wirtschaftsleben. Niemals und zu keinen Zeiten hat man daran gedacht, für diesen Fall Vorbereitungen zu treffen. Auch Erfahrungen, die in dem unerwarteten und plötzlichen Auftreten des Ereignisses sich hätten helfend erweisen können, gab es nicht. Unserem Ge- schlecht war der Krieg mit seinen Begleiterscheinungen und seinen

Folgen fremd. Wohl hatten wir Kriege anderer Völker erlebt. Deren Bedeutung und Wirkungen konnten für uns aber kein Maßstab, kaum eine Lehre sein. Die Mächte, die sich nun gegenüberstellten, lösten ganz andere Kräfte aus. Sie führten zum ersten Male die vollkom- mensten Errungenschaften der Technik wie überhaupt des Kriegs- wesens ins Treffen. Alle wirtschaftlichen Faktoren mußten ihnen dabei behilflich sein, sich ihnen ausnahmlos zu Diensten stellen. Alle Kraft, alle Energie, alle Tüchtigkeit wurde von den in den Kampf eingetretenen Nationen aufgeboten. Nicht zuletzt von uns Deutschen.

Wer konnte sich unter diesen Umständen eine Vorstellung machen, was aus seinem Berufe, seinem Geschäfte werden sollte? Wohl waren wir alle davon überzeugt, daß die Regierung und die Behörden, die dafür in Betracht kommen, ihre Unterstützung für die Fortführung des Erwerbslebens in unserem Lande bieten würden, so gut es ihnen möglich war. Es gehörte zu ihren Pflichten. Aber konnten ihnen dazu zu Anfang noch Zeit und Mittel bleiben neben ihren viel größeren Aufgaben, dem Heere und seinen Plänen nützlich zu sein?

Es war deshalb nicht wunderzunehmen, wenn die allermeisten industriellen und Handelsunternehmen sich mit dem Gedanken ab- fanden, während der Dauer des Krieges ihre Geschäfte einstellen zu müssen. Allerdings glaubte man zu Anfang an eine lange Dauer der Kampfzeit nicht.

Die ersten Kriegswirkungen hat unser Geschäft durch das Ver- halten der Kaffeebörsen zu spüren bekommen. Von dort fingen sie an, sich eigentlich schon vor dem Ausbruch der kriegerischen Aus- einanderseizungen bemerkbar zu machen. Das österreichisch-ungarische Ultimatum an Serbien erwies sich bereits stark genug, auf die Hal- tung ‘des Börsengeschäftes einen wesentlichen Einfluß auszuüben. Zunächst war es die Spekulation, die sich dem ehernen Willen des Kriegsgottes beugen mußte. Plötzlich waren alle Wünsche nach der Übernahme von Termingeschäften geschwunden. Die Spekulanten, die Termineinkäufe gemacht hatten, fanden keine Bewilligung ihrer Forderungen mehr. Immer weiter und weiter sank deshalb der Kurs für Kaffee, bis es geraten erschien, die Kaffeebörsen zu schließen. Es wäre sonst eine vollständige Entwertung des Kaffees im Termin- markt eingetreten.

Durch diese starken Kursrückgänge ist natürlich von den Speku- lanten sehr viel Geld verloren worden. Ein Bedauern kann man jedoch darüber nicht empfinden. Es ist wirklich keine Schadenfreude, wenn man sich im Gegenteil geneigt sieht, diese Verluste als eine heilsame Wirkung des Krieges zu bezeichnen. Dieser Ansicht werden

alle diejenigen Leute zustimmen, die seit Jahren das Leben und Treiben der Kaffeespekulanten verfolgt haben. Diese Herren haben es durch die unerhörte Rücksichtslosigkeit ihrer Bestrebungen ver- standen, die Bewertung des Kaffees ganz nach ihren Wünschen zu formen. Man darf durchaus nicht glauben, daß die oft übergroßen Preise, die vom Konsum in den letzten Jahren für Kaffee gefordert werden mußten, eine Folge schlechter Ernten oder gar unberechtigter Verdienstansprũche des Handels gewesen seien. Die Spekulanten allein haben die Ware verteuert aus dem Wunsche heraus, sich ohne Arbeit ungeheure Gewinne zu verschaffen. Sie haben es den ernst- haften und in ehrlichem Streben arbeitenden Kaufleuten durch ihre Preistreibereien oft bitter schwer gemacht, ihre Existenz zu halten. Den Konsumenten aber haben sie Lasten auferlegt, die schwer gedrückt haben.

Die ersten Kriegstage haben damals die, welche die Hauptschuld daran tragen, bitter bestraft. Hoffentlich ist ihnen nun für alle Zu- kunft die Lust vergangen, zum Schaden des Handels und des Konsums ihre dunklen Geschäfte weiterzubetreiben.

Durch den Sturz des Börsenkurses sind indessen die vorhandenen Warenbestande in ihrem Wert nicht beeinflußt worden. Die Kauf- leute, die Geschäfte mit Kaffee zu machen haben, erkannten sehr schnell, daß auch während der Kriegszeit mit einem Konsumrückgang nicht zu rechnen sein würde. Außerdem aber war es auch jedem klar, daß wir uns darauf gefaßt machen mußten, aus den Produktions- ländern während der Dauer des Krieges Kaffee nicht mehr oder doch nur in geringem Maße über die neutralen Länder zu erhalten. So hat denn jeder versucht, seine Bestände zu ergänzen und zu ver- größern, um für die Kriegszeiten gerüstet zu sein. Auch für unsere Entschlüsse waren die gleichen Überlegungen maßgebend. Wir ver- sorgten uns mit Ware in einem Umfange, der unsern Bedarf auf ungefähr ein Jahr sicherstellte.

Die an den Einfuhrplätzen vorhandenen Vorräte reichten er- freulicherweise leicht aus, den Anforderungen des Handels gerecht zu werden. Es befanden sich nicht nur große Lager von frisch ein- geführter Ware besonders in Hamburg und auch in Bremen. Vor allen Dingen waren auch noch ansehnliche Vorräte von Valorisations- kaffee vorhanden. Diese letzteren Bestände, die bis dahin sorgsam unter Verschluß standen und von denen nur jedes Jahr verhältnis- mäßig kleine Mengen zum Verkauf gelangten, wurden nunmehr dem freien Verkehr übergeben. Damit konnte zwischen Angebot und Nachfrage das Gleichgewicht geschaffen werden mit dem unserem

ganzen Reich zustatten kommenden Erfolge, daß der Kaffee zu an- gemessenen Preisen dem Verkehr zugänglich wurde.

Die von uns gemachten Einkäufe stellten bei dem großen für uns in Betracht kommenden Umsatz, wie man sich wohl denken kann, einen recht beträchtlichen Wert dar. Der Kaffee war zu Ausbruch des Krieges gleich jeder anderen Ware nur gegen Barzahlung erhältlich. Die Mittel dafür flüssig zu machen, fiel nicht leicht. Die Banken ließen so gut wie jeden Kredit aufhören. Sie legten sich außerdem die größte Reserve auf auch für die Geschäfte, die unbedingte Sicherheit boten, sobald sie die Inanspruchnahme von barem Gelde im Gefolge hatten. Die finanzielle Stärke der Kaffeehag aber und das unbe- schränkte Vertrauen, das sie, wie überall, auch in der Bankwelt ge- nießt, haben die Schwierigkeiten der damaligen großen Einkäufe glatt zu überwinden vermocht.

Wie die Banken ihre flüssigen Mittel an sich hielten, so geschah es auch bei jedem Geschäftsmann. Niemand wußte, was uns die Zu- kunft in Aussicht stellte. Es war daher auch unseren Kunden nicht zu verdenken, wenn sie mit ihren Zahlungen auf sich warten ließen. Dazu kam noch, daß die Postübermittlungen nicht wie in Friedens- zeiten ihren regelmäßigen und schnellen Gang nahmen. Es war deshalb doppelt schwer, Einnahmen und Ausgaben in Einklang zu bringen.

In unserer Fabrik trat eine ruhige Zeit ein. Die Unterbrechung des Postverkehrs für Pakete und der Bahnversendungen brachte fast jede Arbeit zum Stillstand. Das bedeutete für unser Geschäft eine weitere erhebliche Belastung. Wir wollten selbstverständlich unsere Arbeiter und Arbeiterinnen nicht auf unbestimmte Zeit untätig sein lassen. Die Arbeit, die wir indessen zu bieten hatten und die sich nur auf Änderungen in unseren Einrichtungen beschränken konnten, schafften uns realisierbare Werte nicht. Dagegen mußte die Aus- zahlung der Gehälter und Löhne unverändert weiterbestehen.

Unsere Neubauten machten uns gleichfalls große Sorgen. Im | Hinblick auf die sehr schöne Entwicklung, die unser Geschäft vor- nehmlich in dem Jahre vor Kriegsausbruch genommen hatte, sahen wir uns veranlaßt, eine erhebliche Erweiterung unserer Produktions- möglichkeiten durch zwei große Neubauten vorzunehmen. Die beiden Gebäude sollten Ende Oktober fertig werden. Ihre Einrichtungen sahen ; die Bewältigung von Arbeitsleistungen vor, die drei- bis viermal über die in unserer alten Fabrik möglichen hinausgingen. Wir brauchten die neuen Änlagen dringend, weil die in unserem bisherigen Gebäude fertigzustellenden Waren nicht annähernd imstande gewesen wären, die Erledigung unseres Versandes zu ermöglichen. Nun wurden aber

gerade viele von den bei den Fabrikneubauten nötigen Arbeitern zu den Fahnen einberufen. Da neue geeignete Arbeiter nicht zu erhalten waren, bestand nun keine Möglichkeit mehr, die Bauten zur rechten Zeit fertigzubringen. Der Gedanke daran löste recht unerfreuliche Empfindungen aus

In den Bordas gab es allerdings während der Unterbrechung der Versandzeit genügend Arbeit. Viele unserer Herren wurden so- fort zum Heeresdienst einberufen. Wir mußten deshalb durchgreifende Änderungen für die Arbeitsaufteilung vornehmen. Die Neueinarbeitung nahm viel Zeit in Anspruch. Die Reisenden, die nicht unter die Fahnen mußten, wurden, da eine Außentätigkeit nicht möglich war, nach Bremen zur Anteilnahme im Bureaudienst berufen. Ihre Unter- weisung für die Bureauarbeiten erforderte gleichfalls eine wesentliche Zeitaufwendung.

Außerdem hatten wir im Verkehr mit Lieferanten und Ab- nehmern zur Vorbereitung auf den Krieg einerseits mancherlei Vor- kehrungen zu treffen und auf der anderen Seite Verbindlichkeiten zu lösen. Zu diesen letzteren gehörte vornehmlich die Korrespondenz mit Zeitungen, um durchzusetzen, daß die Insertion eingestellt wurde. Weiter das Verhandeln mit Lieferanten zu dem Zwecke, die Aus- führung der erteilten Bestellungen zu verschieben. Erfreulicherweise haben wir bei fast allen Geschäftsfreunden Entgegenkommen gefunden.

Untätigkeit konnte also in den Bureaus keinen Einzug halten. Sehr niederdrückend aber war dabei immer und immer wieder das Gefühl, daß es unserer Kundschaft an Ware fehlte. Wir waren uns bewußt, wie schwerwiegende Folgen für unser Geschäft daraus ent- stehen konnten. Mit kleinen Notbehelfen, die dem Ziele dienen sollten, unsere Abnehmer mit Ware zu versehen, war natürlich nicht viel auszurichten. Es konnten dabei auch schließlich nur die unserer Stadt am nächsten gelegenen Orte berücksichtigt werden. Nach Hamburg und Hannover z. B. sandten wir einige Möbelwagen mit Ware. Eine angenehme Aufgabe für die Fuhrleute war das natürlich nicht. Überall wurden sie von mit Steinschloßflinten und Schrot- büchsen bewaffneten Beschützern der Landstraßen und Ortschaften angehalten in der Meinung, daß in den Wagen sich Spione oder französische, für Rußland bestimmte Goldbarren vorfinden könnten. Natürlich fehlte es dabei nicht an heiteren Vorkommnissen.

Alles in allem: es konnte nichts auch nur annähernd Ausreichen- des für die Versorgung der Kundschaft getan werden. Man mußte warten, bis Post und Bahn sich wieder der Geschäfte des Handels und der Industrie annehmen konnten. E.W.

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DIE

jinem

Horddentidhe Monatshefte Auguft 1915

DER KRIEG

in amtlichen Depeschen | und Dokumenten

| XII.

IN AMTLICHEN DEPESCHEN UND DOKUMENTEN

DER KRIEG

12. Lieferung.

DIE GULDENKAMMER

HERAUSGEGEBEN VON S. D. GALLWITZ / DR. C. F. HARTLAUB / DR. HERM. SMIDT

VERLAG KAFFEEHAG / BREMEN 5. JAHRG. / HEFT II AUGUST 1915

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NACHDRUCK DER BELLETRISTIK VERBOTE.N NACHDRUCK DER UBRIGEN ARTIKEL UNTER GENAUER QUELLENANGABE GESTATT: T

DER KRIEG.

Erklärungen des Reichskanzlers.

Reichstagsverhandlung.

Sitzung vom Freitag, 28. Mai 1915, 3 Uhr.

Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg:

Meine Herren! Als ich vor acht Tagen zu Ihnen sprach, schien noch ein Schimmer von Hoffnung zu bestehen, daß das Losschlagen Italiens vermieden werden könnte. Die Hoffnung hat getrogen. Das deutsche Empfinden sträubte sich, an die Möglichkeit einer solchen Wen- dung zu glauben. Jetzt hat die italienische Regierung selbst ihren Treu- bruch mit blutigen Lettern unvergänglich in das Buch der Weltgeschichte eingeschrieben.

Ich glaube, es war Machiavelli, der einmal gesagt hat, jeder Krieg, der notwendig sei, sei auch gerecht. War von diesem nüchternen, real- politischen Standpunkt aus, der von allen moralischen Reflexionen absieht, war auch nur so gesehen, dieser Krieg notwendig? Ist er nicht vielmehr geradezu sinnlos? Niemand bedrohte Italien, weder Osterreich-Ungam noch Deutschland. Ob die Tripleentente es bei Lockungen hat bewenden lassen, das wird ja die Geschichte späterhin zeigen. Ohne einen Tropfen Blut, ohne das Leben eines einzigen Italieners zu gefährden, konnte Italien die lange Liste der Konzessionen haben, die ich Ihnen neulich verlesen habe: Land in Tirol, am Isonzo, so weit die italienische Zunge klingt, Befriedigung nationaler Wünsche in Triest, freie Hand in Albanien, den wertvollen Hafen in Valona. Warum haben die Herren Salandra und Sonnino das nicht genommen? Wollen sie etwa auch das deutsche Tirol erobern? Hände weg! Oder will sich Italien an Deutschland reiben, an dem Lande, dem es doch bei seinem Werden zur Großmacht so manches zu verdanken hat, an dem Lande, von dem es durch keinerlei Interessengegensätze getrennt ist? Wir haben in Rom keinen Zweifel darüber gelassen, daß der italienische Angriff auf österreichisch-ungarische Truppen auch deutsche Truppen treffen wird. Weshalb hat denn also

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Rom die weitgehenden Anerbietungen Wiens so leichtherzig abgelehnt? Das italienische Kriegsmanifest, ein Dokument, das schlechtes Gewissen hinter hohlen Phrasen verbirgt, gibt uns keinen Aufschluß. Man hat sich vielleicht doch gescheut, offiziell auszusprechen, was man durch die Presse und durch die Gespräche der parlamentarischen Wandelgänge als Vor- wand verbreiten ließ, die österreichischen Angebote seien zu spät ge- kommen, und man habe ihnen nicht trauen können.

Wie steht es denn in Wirklichkeit damit? Die römischen Staats- männer hatten doch wohl kein Recht, an die Vertrauenswürdigkeit an- derer Nationen denselben Maßstab anzulegen, den sie sich für die eigene Vertragstreue gebildet haben. Und Deutschland bürgte mit seinem Wort dafür, daß die Konzessionen durchgeführt würden. Meine Herren, da war kein Raum für Mißtrauen. Und weshalb zu spät? Das Trentino war am 4. Mai kein anderes Land, als es im Februar gewesen wäre, und im Mai war zum Trentino noch eine ganze Reihe weitgehender Konzessionen hinzugekommen, an die im Winter nicht einmal gedacht war. Nein, meine Herren, zu spat war es, weil die römischen Staats- männer sich nicht gescheut hatten, schon vorher, während der Dreibund noch leibte und lebte derselbe Dreibund, von dem der König und die Regierung in Rom auch nach dem Ausbruch des Weltkrieges ausdrüc- lich anerkannt hatten, daß er weiterbestehe, weil Herr Sonnino sich lange vorher mit der Tripleentente so tief eingelassen hatte, daß er sich aus ihren Armen nicht mehr loswinden konnte.

Schon im Dezember traten Anzeichen fur eine Schwenkung des rō- mischen Kabinetts auf. Zwei Eisen im Feuer zu haben, ist ja immer nützlich, und Italien hatte uns auch früher schon seine Vorliebe für Extra- touren gezeigt. Aber hier, meine Herren, war kein Tanzsaal, hier ist. die blutige Walstatt, auf der Österreich-Ungarn und Deutschland für ihr Leben fechten.

Und, meine Herren, dasselbe Spiel wie gegen uns, haben die ro- mischen Staatsmänner auch gegen das eigene Volk getrieben. Gewiß, das Land italienischer Zunge an der Nordgrenze war von jeher ein Traum und Wunsch, innig begehrt von jedem Italiener. Aber doch ist dieser Krieg ein Kabinettskrieg, denn das italienische Volk in seiner großen Mehrheit wollte nichts von Krieg wissen, und auch die Mehrheit des Parlaments wollte es nicht. Noch im Mai haben die besten Kenner der italienischen Verhätnisse feststellen können, daß etwa vier Fünftel des Senats und zwei Drittel der Kammer gegen den Krieg waren, und dar- unter die ernstesten und gewichtigsten Staatsmänner der ganzen letzten italienischen Epoche. Aber die Vernunft kam nicht mehr zum Wort. Es herrschte allein die Straße. Und die Straße war unter der wohlwollenden Duldung und Förderung der leitenden Männer des italienischen Kabinetts, bearbeitet von dem Golde der Tripleentente, und unter der Führung ge- wissenloser Kriegshetzer in einen Blutrausch versetzt worden, der dem Könige Revolution und allen Gemäßigten, die sich noch ein nüchternes Urteil bewahrt hatten, Überfall und Mord androhte, wenn sie nicht in die Kriegstrompete mit stoßen wollten.

543

Über den Gang der österreichisch-ungarischen Verhandlungen und das Maß der österreichischen Konzessionen war das Volk geflissentlich im Dunkeln gehalten. So kam es, daß nach dem Rücktritt des Kabinetts Salandra sich niemand mehr fand, niemand mehr den Mut hatte, eine neue Kabinettsbildung zu übernehmen, und daß in den entscheidenden Debatten über die Kriegsvollmachten kein Redner der konstitutionellen Parteien des Senats oder der Kammer den Wert der weitgehenden öster- reichischen Konzessionen an die nationalen Wünsche des italienischen Volkes auch nur zu würdigen versucht hat. In dem allgemeinen Kriegs- taumel sind die ehrlichen Politiker verstummt. Aber wenn durch die militärischen Ereignisse, wie wir sie hoffen und wünschen, eine Ernüch- terung des italienischen Volkes eintreten wird, dann werden ihm auch die Augen darüber aufgehen, wie leichtfertig es in diesen Krieg hinein- gehetzt worden ist.

Wir, meine Herren, haben alles getan, um die Abkehr Italiens vom Bunde zu verhüten. Uns fiel dabei die undankbare Rolle zu, dem treu verbündeten Österreich-Ungarn, mit dessen Armeen unsere Truppen tag- täglich Wunden, Tod und Sieg teilen, anzusinnen, die Vertragstreue des Dritten durch die Abtretung alter Erblande zu erkaufen. Daß Osterreich- Ungarn schließlich bis an die äußerste Grenze des Möglichen gegangen ist, wissen Sie. Der Fürst Bülow, der von neuem in den aktiven Dienst des Reiches getreten war, hat die ganze Summe seines diplomatischen Geschickes, seiner genauesten Kenntnis der italienischen Zustände, seine Persönlichkeit und seinen Namen in unermüdlicher Arbeit für eine Ver- ständigung eingesetzt. Wenn auch seine Arbeit vergeblich geblieben ist das ganze Volk dankt sie ihm.

Meine Herren, wir werden auch diesen Sturm aushalten. Von Monat zu Monat sind wir mit unseren Verbündeten immer enger zusammen- gewachsen. Von der Piliza bis zur Bukowina haben wir mit unseren österreichisch-ungarischen Kameraden monatelang gegen eine Riesenüber- macht zäh ausgehalten. Dann sind wir siegreich vorgestoßen und vor- marschiert. An dem Geiste der Treue und Freundschaft und Tapferkeit, von dem die Zentralmächte unerschütterlich beseelt sind, werden auch neue Feinde zu schanden werden. Die Türkei feiert in diesem Kriege eine glänzende Wiedergeburt. Das gesamte deutsche Volk verfolgt mit Begeisterung alle einzelnen Phasen des hartnäckigen und siegreichen Widerstandes, mit dem die uns treu verbündete türkische Armee und Flotte die Angriffe der Gegner mit wuchtigen Schlägen zu parieren weiß.

Gegen die lebendige Mauer unserer Krieger im Westen sind die Gegner bisher vergeblich angestürmt. Mag auch an einzelnen Stellen der Kampf hin- und hergewogt haben, mag hier oder dort ein Schützengraben oder ein Dorf verloren oder gewonnen worden sein, der große Durch- bruch, den uns unsere Gegner seit fünf Monaten so laut ankündigen, er ist ihnen nicht gelungen und er soll ihnen nicht gelingen. Er wird an der todesmutigen Tapferkeit unserer Helden scheitern.

Meine Herren, alle Machtmittel der Welt haben unsere Feinde bisher

vergeblich gegen uns aufgeboten: eine ungeheure Koalition, tapfere Sol-

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daten denn wer wollte die Feinde verachten, wie es unsere Gegner wohl gerne tun! den Plan, eine Nation von 70 Millionen mit Weibern und Kindern auszuhungern! Lug und Trug! In demselben Augenblick, wo der Mob der Straße in englischen Städten um die Scheiterhaufen tanzt, auf denen er die Habseligkeiten wehrloser Deutscher verbrennt, wagt es die englische Regierung, ein Dokument mit Aussagen ungenannter Zeugen über die angeblichen Greuel in Belgien zu veröffentlichen, die so ungeheuer- lich sind, daß nur ein verrücktes Gehirn ihnen Glauben schenken kann.

Aber während die englische Presse hier und da noch deutschen Nachrichten Raum gibt, während sie auch objektive Darstellungen der Kriegslage abdruckt, herrscht in Paris allein der Terror der Zensur. Keine Verlustlisten erscheinen, kein deutscher, kein österreichisch-ungarischer Generalstabsbericht darf abgedruckt werden; die ausgetauschten, schwer verwundeten Invaliden werden von ihren Angehörigen abgesperrt. Eine wahre Angst vor der Wahrheit scheint die Regierenden zu beherrschen. So kommt es, daß nach zuverlässigen Beobachtungen in breitesten Volks- schichten noch heute keine Kenntnis von den schweren Niederlagen der Russen auch nur im vorigen Jahre besteht, daß man weiter glaubt an die russische Dampfwalze, die auf Berlin losgeht, das in Hunger und Elend verkommt, und daß man blind vertraut auf die große Offensive im Westen, die nun seit Monaten nicht vom Flecke kommt.

Meine Herren, wenn die Regierungen der uns feindlichen Staaten glauben, durch Volksbetrug und durch die Entfesselung eines blinden Hasses die Schuld an den Verbrechen dieses Krieges verdecken, den Tag des Erwachens hinausschieben zu können: wir werden uns, gestützt auf unser gutes Gewissen, auf unsere gerechte Sache und auf unser siegreiches Schwert, nicht um Haaresbreite von der Bahn abdrängen lassen, die wir als die richtige erkannt haben. Mitten in dieser Verwirrung der Geister und der Gefühle geht das deutsche Volk ruhig und sicher seinen eigenen Weg. Nicht mit Haß führen wir diesen Krieg, aber mit Zorn, mit heiligem Zorn. Und je größer die Gefahr ist, die wir, von allen Seiten von Feinden umdrängt, zu bestehen haben, je mehr uns die Liebe zur Heimat tief an das Herz packt, je mehr wir sorgen müssen für Kinder und Enkel, um so mehr müssen wir ausharren, bis wir uns alle nur möglichen realen

Garantien und Sicherheiten dafür geschaffen und erkämpft haben, daß

keiner unserer Feinde nicht vereinzelt, nicht vereint wieder einen Waffengang wagen wird. Je wilder uns der Sturm umtobt, um so fester müssen wir unser eigenes Haus bauen!

Meine Herren, für diese Gesinnung einiger Kraft, unerschrockenen Mutes und grenzenloser Opferwilligkeit, die das ganze Volk beseelt, für die treue Mitarbeit, die Sie, meine Herren, vom ersten Tage an zähe und fest dem Vaterlande leisten, übermittele ich Ihnen im Auftrage Seiner Majestät, Ihnen, als den Vertretern des ganzen Volkes, den heißen Dank des Kaisers.

In dem gegenseitigen Vertrauen darauf, daß wir alle eins sind, werden wir siegen, einer Welt von Feinden zum Trotz!

345

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 29. Mai.

Die Franzosen setzten gestern, nachdem wir sie bei Angres zurückgeworfen und ihnen eine Anzahl Gefangene abgenommen hatten, mit starken Massen zu einem Gegenangriff langs der Straße Bethune Souchez an, wurden aber unter den empfindlichsten Ver- lusten auf der ganzen Front abgeschlagen. In der Nacht nahmen wir die schwache Besatzung des Ostteiles von Ablain, deren Ver- bleiben in der dort vorgeschobenen Stellung nur unnützes Blut gekostet hätte, unbemerkt vom Feinde auf die unmittelbar dahinter befindliche nächste Linie zurück. Südlich Souchez wurde gestern abend ein französischer Angriffsversuch durch unser Feuer im Keime erstickt. Das südwestlich Souchez liegende, von den Franzosen als von ihnen erobert erwähnte Schloß Le Carieul ist dauernd von uns gehalten. Südöstlich Neuville wiesen wir feindliche mit Minen- und Handgranatenfeuer vorbereitete Vorstöße leicht ab.

Im Priesterwalde nordwestlich Pont-a-Mousson schienen die Franzosen wie am 27. Mai abends wieder einen größeren Angriff vorbereitet zu haben. Unser Feuer hielt den Feind nieder. Ver- einzelte nächtliche feindliche Teilvorstöße wurden blutig zurückge- wiesen.

Unsere Flieger belegten die befestigten Orte Gravelines und Dünkirchen sowie den Etappenort St. Omer mit Bomben und er- zielten auf einen feindlichen Flugplatz nordöstlich Fismes mehrere Treffer.

An der oberen Dubissa griffen die Russen südöstlich Kurtowiany und südöstlich Kielmy ohne Erfolg an. Im weiteren Verlauf der Kämpfe an der unteren Dubissa wurde der Gegner an vielen Stellen über den Fluß geworfen. Bei der Verfolgung wurden noch 380 Gefangene gemacht.

Unsere Truppen haben sich gegen die Nordfront von F näher herangeschoben. Auf der Front zwischen Wysznia- und Lubaczowka-Abschnitt (östlich Radymno und Jaroslau) machten die Russen wiederholte verzweifelte Teilangriffe. Sie wurden überall unter schweren Verlusten zurückgeworfen; das russische 179. In- fanterie-Regiment ist aufgerieben. Westlich und südlich Sieniawa hat der Gegner seine Angriffe nicht erneuert.

Oberste Heeresleitung.

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Die Türkei im Kriege. Konstantinopel, 29. Mai. Das Hauptquartier teilt mit: Nach Feststellungen, die an ver- schiedenen Stellen gemacht worden sind, scheint an demselben Tage, an dem das Schlachtschiff „Majestic“ 61/2 Uhr früh versenkt worden war, um 9 Uhr vormittags ein Schlachtschiff mit zwei Masten und zwei Schornsteinen torpediert worden zu sein. Eine große Wasser- säule wurde bemerkt, worauf sich das Schiff zur Seite neigte und in der Richtung auf Imbros abgeschleppt wurde. Um 11 Uhr wurde das in Frage kommende Schiff an der südöstlichen Küste von Imbros be- merkt, umgeben von kleinen Dampfern. Das torpedierte Schiff scheint der Agamemnonklasse anzugehören. Aufsteigender Nebel hinderte unseren Flieger, seine Beobachtungen fortzusetzen.

Konstantinopel, 28. Mai.

Uber die Torpedierung eines weiteren englischen Schlachtschiffes liegt noch folgende ausführlichere Meldung vor:

Gestern vormittag gegen 9 Uhr wurde bei Sigindere nördlich von Seddul Bahr von verschiedenen Stellen einwandfrei und unabhängig voneinander beobachtet, wie ein englisches Linienschiff torpediert wurde. Eine gewaltige Wassersäule stieg an der Bordwand auf, worauf das Schlachtschiff sich stark auf die Seite legte und dann durch ein anderes Kriegsschiff in der Richtung auf die Insel Imbros fortgeschleppt wurde. | Gegen Mittag lag das beschädigte Linienschiff, das augenscheinlich der Agamemnonklasse angehört, umgeben von kleinen Dampfern, an der Südostküste der Insel Imbros.

Nach dieser neuen erfolgreichen Unternehmung deutscher Unter- seeboote vor den Dardanellen hat der Gegner aus Sorge vor weiteren U-Bootsangriffen alle Kriegsschiffe mit Ausnahme einiger Torpedo- bootszerstörer vom Eingang der Dardanellen fortgenommen und seine

Angriffsflotte in Buchten des Agaischen Archipels eingeschlossen.

Antwortnote der Kaiserlich Deutschen Regierung

in der „Lusitania“-Angelegenheit. Berlin, 30. Mai. Die Antwortnote der Kaiserlich Deutschen Regierung in der „Lusi- tania“-Angelegenheit lautet wie folgt: Berlin, 28. Mai.

Der Unterzeichnete beehrt sich, Seiner Exzellenz dem Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika Herrn James W. Gerard auf das

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Schreiben vom 15. d. Mts. über die Beeinträchtigung amerikanischer Inter- essen durch den deutschen Unterseebootskrieg nachstehendes zu erwidern.

Die Kaiserliche Regierung hat die Mitteilungen der Regierung der Vereinigten Staaten einer eingehenden Prüfung unterzogen und hegt auch ihrerseits den lebhaften Wunsch, in offener und freundschaftlicher Weise zur Aufklärung etwaiger Mißverständnisse beizutragen, die durch die von der Amerikanischen Regierung erwähnten Vorkommnisse in denBeziehungen der beiden Regierungen eingetreten sein könnten.

Was zunächst die Fälle der amerikanischen Dampfer „Cushing“ und „Gulflight“ betrifft, so ist der Amerikanischen Botschaft bereits mitgeteilt worden, daß der Deutschen Regierung jede Absicht fernliegt, im Kriegs- gebiet neutrale Schiffe, die sich keiner feindlichen Handlung schuldig ge- macht haben, durch Unterseeboote oder Flieger angreifen zu lassen; vielmehr sind den deutschen Streitkräften wiederholt die bestimmtesten Anweisungen gegeben worden, Angriffe auf solche Schiffe zu vermeiden. Wenn in den letzten Monaten infolge von Verwechselungen neutrale Schiffe durch den deutschen Unterseebootkrieg zu Schaden gekommen sind, so handelt es sich um ganz vereinzelte Ausnahmefälle, die auf den Flaggenmißbrauch der britischen Regierung in Verbindung mit einem fahrlässigen oder ver- dachtigen Verhalten der Schiffskapitäne zurückzuführen sind. Die Deutsche Regierung hat in allen Fällen, wo ein neutrales Schiff ohne eigenes Ver- schulden nach den von ihr getroffenen Feststellungen durch deutsche Unter- seeboote oder Flieger zu Schaden gekommen ist, ihr Bedauern über den unglücklichen Zufall ausgesprochen und, wenn es in der Sachlage begründet war, Entschädigung zugesagt. Nach den gleichen Grundsätzen wird sie auch die Fälle der amerikanischen Dampfer „Cushing und „Gulflight“ behandeln; über diese Fälle ist eine Untersuchung im Gange, deren Er- gebnis der Botschaft demnächst mitgeteilt werden wird und die gegebenen- falls durch eine internationale Untersuchungskommission gemäß Titel Ill des Haager Abkommens zur friedlichen Erledigung internationaler Streit- fälle vom 18. Oktober 1907 ergänzt werden könnte.

Bei der Versenkung des englischen Dampfers „Falaba“ hatte der Kommandant des deutschen Unterseeboots die Absicht, den Passagieren und der Mannschaft volle Gelegenheit zu ihrer Rettung zu geben. Erst als der Kapitän der Aufforderung, beizudrehen, nicht nachkam, sondern flüchtete und mit Raketensignalen Hilfe herbeirief, forderte der deutsche Kommandant zunächst die Mannschaft und die Passagiere durch Signale und Sprachrohr auf, das Schiff binnen zehn Minuten zu verlassen; tat- sächlich ließ er ihnen dreiundzwanzig Minuten Zeit und schoß den Torpedo erst ab, als verdächtige Fahrzeuge der „Falaba“ zu Hilfe eilten.

Was die Verluste an Menschenleben bei der Versenkung des britischen Passagierdampfers „Lusitania” anlangt, so hat die Deutsche Regierung den beteiligten neutralen Regierungen bereits ihr lebhaftes Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, daß Angehörige ihrer Staaten ihr Leben bei dieser Gelegenheit verloren haben. Die Kaiserliche Regierung vermag sich im übrigen dem Eindruck nicht zu verschließen, daß gewisse wichtige Tatsachen, die im unmittelbarsten Zusammenhang mit der Versenkung der „Lusitania“

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stehen, der Aufmerksamkeit der Regierung der Vereinigten Staaten ent- gangen sein könnten. Sie hält es deshalb im Interesse des von beiden Regierungen angestrebten Zieles einer klaren und vollen Verständigung für notwendig, sich zunächst davon zu überzeugen, daß die den beiden Regierungen vorliegenden Nachrichten über den Sachverhalt vollständig sind und übereinstimmen.

Die Regierung der Vereinigten Staaten geht davon aus, daß die Lusitania” als ein gewöhnliches, unbewaffnetes Handelsschiff zu betrachten ist. Die Kaiserliche Regierung gestattet sich in diesem Zusammenhange darauf hinzuweisen, daß die „Lusitania“ einer der größten und schnellsten mit Regierungsmitteln als Hilfskreuzer gebauten englischen Handelsdampfer war und in der von der englischen Admiralität herausgegebenen „Navy List“ ausdrücklich aufgeführt ist. Der Kaiserlichen Regierung ist ferner aus zuverlässigen Angaben ihrer Dienststellen und neutraler Passagiere bekannt, daß schon seit längerer Zeit so gut wie alle wertvolleren eng- lischen Handelsschiffe mit Geschützen, Munition und anderen Waffen versehen und mit Personen bemannt sind, die in der Bedienung der Ge- schütze besonders geübt sind. Auch die „Lusitania“ hat nach hier vor- liegenden Nachrichten bei der Abfahrt von New York Geschütze an Bord gehabt, die unter Deck versteckt aufgestellt waren.

Die Kaiserliche Regierung beehrt sich ferner, die besondere Auf- merksamkeit der Amerikanischen Regierung darauf zu lenken, daß die britische Admiralität ihrer Handelsmarine in einer geheimen Anweisung vom Februar dieses Jahres empfohlen hat, nicht nur hinter neutralen Flaggen und Abzeichen Schutz zu suchen, sondern sogar unter dieser Verkleidung durch Rammen angriffsweise gegen deutsche Unterseeboote vorzugehen. Auch sind als besonderer Ansporn zur Vernichtung der Unter- seeboote durch Handelsschiffe von der britischen Regierung hohe Preise ausgesetzt und auch bereits ausgezahlt worden. Angesichts dieser ihr einwandfrei bekannten Tatsachen vermag die Kaiserliche Regierung eng- lische Kauffahrteischiffe auf dem vom Admiralstabe der Kaiserlich Deutschen Marine bezeichneten Seekriegsschauplatz nicht mehr als „unverteidigtes Gebiet“ anzusehen; auch sind die deutschen Kommandanten infolgedessen nicht mehr in der Lage, die sonst für das Seebeuterecht üblichen Regeln zu beobachten, denen sie früher stets nachgekommen sind. Endlich muß die Kaiserliche Regierung besonders darauf hinweisen, daß die „Lusitania“, wie schon früher, so auch auf ihrer letzten Reise kanadische Truppen und Kriegsmaterial, unter diesem nicht weniger als 5400 Kisten Munition, an Bord hatte, die zur Vernichtung tapferer deutscher Soldaten, die mit Opfer- mut und Hingebung ihre Pflicht im Dienst des Vaterlandes erfüllen, be- stimmt war. Die Deutsche Regierung glaubt in gerechter Selbstverteidigung zu handeln, wenn sie mit den ihr zu Gebote stehenden Kriegsmitteln durch Vernichtung der für den Feind bestimmten Munition das Leben ihrer Soldaten zu schützen sucht. Die englische Schiffahrtsgesellschaft mußte sich der Gefahren, denen die Passagiere unter diesen Umständen an Bord der „Lusitania“ ausgesetzt waren, bewußt sein. Sie hat, wenn sie sie trotzdem an Bord nahm, in voller Überlegung das Leben ameni-

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kanischer Bürger als Schutz für die beförderte Munition zu benutzen ver- sucht und sich in Widerspruch zu den klaren Bestimmungen der ameri- kanischen Gesetzgebung gesetzt, die die Beförderung von Passagieren auf Schiffen, die Explosivstoffe an Bord haben, ausdrücklich verbietet und mit Strafe bedroht. Sie hat dadurch in frevelhafter Weise den Tod so zahl- reicher Passagiere verschuldet. Nach der ausdrücklichen Meldung des betreffenden U-Bootkommandanten, die durch alle sonstigen Nachrichten lediglich bestätigt wird, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der rasche Untergang der „Lusitania“ in erster Linie auf die durch den Torpedoschuß verursachte Explosion der Munitionsladung zurückzuführen ist. Andern- falls wären die Passagiere der „Lusitania“ menschlicher Voraussicht nach gerettet worden.

Die Kaiserliche Regierung halt die im vorstehenden angeführten Tatsachen für wichtig genug, um sie einer aufmerksamen Prüfung der Amerikanischen Regierung zu empfehlen. Indem die Kaiserliche Regierung sich ihre endgültige Stellungnahme zu den im Zusammenhang mit der Versenkung der „Lusitania“ gestellten Forderungen bis nach Eingang einer Antwort der Amerikanischen Regierung vorbehalter darf, glaubt sie schließ- lich an dieser Stelle darauf hinweisen zu sollen, wie sie seinerzeit mit Genugtuung von den Vermittlungsvorschlägen Kenntnis genommen hat, die seitens der Amerikanischen Regierung in Berlin und London unter- breitet worden sind, um einen modus vivendi für die Führung des See- krieges zwischen Deutschland und Großbritannien anzubahnen. Die Kaiserliche Regierung hat damals durch ihr bereitwilliges Eingehen auf diese Vorschläge ihren guten Willen zur Genüge dargetan. Die Verwirk- lichung dieser Vorschläge ist, wie bekannt, an der ablehnenden Haltung der Großbritannischen Regierung gescheitert.

Indem der Unterzeichnete Seine Exzellenz den Herrn Botschafter bittet, Vorstehendes zur Kenntnis der Amerikanischen Regierung zu bringen, benutzt er diesen Anlaß, um dem Herrn Botschafter die Versicherung

seiner ausgezeichneten Hochachtung zu erneuern.

Seiner Exzellenz dem Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika Herrn Gerard.

gez. Jagow.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 30. Mai. -

Nach zehnstündiger Artillerievorbereitung griffen die Franzosen

östlich des Yserkanals unsere Stellungen nördlich von D’Houdt-Fme.

um Mitternacht an. Der Angriff ist auf der ganzen Front unter

schweren Verlusten für den Feind abgeschlagen, eine Anzahl

Zuaven von vier verschiedenen Regimentern wurde gefangen ge- nommen.

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Zwischen La Bassee-Kanal und Arras fanden nur Artillerie- kämpfe statt. An der Straße Bethune—Souchez nahmen wir einige Dutzend schwarze Franzosen gefangen, die sich in einem Waldchen versteckt hatten. Die übliche Beschießung der Ortschaften hinter unserer Front durch die Verbündeten hat unter den dort zurückge- bliebenen französischen Frauen und Kindern, die an ihrer heimat- lichen Scholle hangen, wieder viele unschuldige Opfer gefordert.

Bei Illoky, 60 Kilometer südöstlich Libau, wurde eine feind- liche Abteilung durch unsere Kavallerie in nördlicher und nordöstlicher Richtung zurückgeworfen. An der Dubissa mußte eine kleinere deutsche Abteilung den Ort Sawdyniki vor uberraschendem russi- schen Angriff aufgeben, vier Geschütze fielen in Feindeshand. Ein- treffende Verstärkungen von uns nahmen das Dorf wieder und trieben den Gegner zurück. In Gegend Szawle wurden feindliche Angriffe abgewieser® Der Gegner erlitt schwere Verluste.

Bei russischen Angriffen auf deutsche Truppen am Unterlauf der Lubaczowka (nordöstlich Jaroslau) sowie in der Gegend von

Stryj erlitt der Feind schwere Verluste. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Wien, 30. Mai.

Amtlich wird verlautbart: An der unteren Lubaczowka wurde nachts ein starker russischer Angriff, der bis zum Handgemenge führte, zurückgeschlagen. Ubergangsversuche der Russen am San bei und abwärts Sieniawa scheiterten schon im Beginn. Östlich des San ist die Lage unverändert. Eigene schwere Artillerie halt die Bahnlinie Przemysl—Grodek bei Medyka unter Feuer. Truppen des VI. Korps eroberten am 27. d. M. neuerdings 8 russische Geschütze. Die Ein- schlieBungslinie um Przemysl wurde von den verbündeten Truppen im Norden und Süden der Festung weiter vorgeschoben.

Am Dnjestr und südlich desselben dauern die Kämpfe fort.

An der Pruthlinie und in Polen hat sich nichts ereignet.

Tirol: Die Italiener haben das Geschützfeuer gegen unsere Werke auf den Plateaus von Folgaria-Lavarone wieder aufgenommen. Feindliche Abteilungen rückten in Cortina ein, ihre Sicherungsabtei- lungen flüchteten jedoch auf den ersten Kanonenschuß.

An der Kärntnergrenze hat sich nichts ereignet.

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Im Küstenlande griff der Feind auf den Höhen nördlich Görz nicht wieder an. Übergangsversuche über den Isonzo bei Monfalcone wurden von unseren Patrouillen mühelos abgewiesen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage. . .

Großes Hauptquartier, 1. Juni.

Nach ihrer Niederlage südlich von Neuville am 30. Mai ver- suchten die Franzosen weiter nördlich gestern einen neuen Durch- bruch. Ihr Angriff, der sich in einer Frontbreite von zweieinhalb Kilometer gegen unsere Stellungen zwischen Straße Souchez—Be- thune und Carency-Bach richtete, brach meist schon in unserem Feuer unter großen Verlusten zusammen, nur westlich Souchez kam es zum Nahkampf, in dem wir Sieger blieben.

Im Priesterwalde gelang es unseren Truppen, die vorgestern verlorenen Grabenstücke größtenteils zurückzuerobern. Der Feind hatte wieder sehr erhebliche Verluste.

Auf den übrigen Frontabschnitten hatte unsere Artillerie einige erfreuliche Erfolge. Durch einen Volltreffer im französischen Lager südlich Mourmelon le Grand rissen sich 300 bis 400 Pferde los und stoben nach allen Seiten auseinander. Zahlreiche Fahrzeuge und Automobile eilten schleunigst davon. Nördlich St. Menehould und nordöstlich Verdun flogen feindliche Munitionslager in die Luft.

Als Antwort auf die Bewerfung der offenen Stadt Ludwigs- hafen belegten wir heute nacht die Werften und Docks von London ausgiebig mit Bomben.

Feindliche Flieger bewarfen heute nacht Ostende, beschadig- ten einige Hauser, richteten aber sonst keinen Schaden an.

Bei Amboten, 50 km östlich Libau, schlug deutsche Kavallerie das russische 4. Dragonerregiment in die Flucht. In Gegend Szawle waren feindliche Angriffe erfolglos.

Die Maibeute beträgt: Nördlich des Njemen: 24 700 Gefan- gene, 16 Geschütze, 47 Maschinengewehre; zwischen Njemen und Piliza: 6943 Gefangene, 11 Maschinengewehre, ein Flugzeug.

Auf der Nordfront von Przemysl sind gestern die Forts 10a, lla und 12 (bei und westlich Dunkowiczki gelegen) mit 1400 Mann

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vom Rest der Besatzung und einer Bestückung von zwei Panzer-, 18 schweren und 5 leichten Geschützen durch bayerische Truppen sturmender Hand genommen. Die Russen suchten das Verhängnis durch Massenangriffe gegen unsere Stellungen östlich Jaroslau ab- zuwenden. Alle Anstrengungen blieben erfolglos. Ungeheure Men- gen Gefallener bedecken das Schlachtfeld vor unserer Front.

Von der Armee des Generals von Linsingen haben die Er- oberer des Zwinin Gardetruppen, Ostpreußen und Pommern unter der Führung des bayerischen Generals Grafen Bothmer den stark befestigten Ort Stryj gestürmt und die russische Stellung bei und nordwestlich dieser Stadt durchbrochen. Bisher wurden 53 Offiziere, 9182 Mann gefangen, 8 Geschütze und 15 Maschinen- gewehre erbeutet. Oberste Heeresleitung.

Deutsche Luftschiffe bei London. L f ondon, |. Juni. Das Pressebureau gibt bekannt: Uber Ramsgate, Brenntwood und einigen anderen Orten in unmittelbarer Nachbarschaft Londons wurden deutsche Luftschiffe gesehen. Es brachen viele Brände aus, doch laßt sich nicht mit Sicherheit feststellen, ob die Brände mit dem Besuche der Luftschiffe im Zusammenhang stehen. Amsterdam, |. Juni. Das „Handelsblad“ meldet aus London: Da das Pressebureau die Veröffentlichung von Einzelheiten über den letzten Zeppelinangriff verboten hat, enthalten die Morgenblätter keine näheren Nachrichten über die Tätigkeit der deutschen Luftschiffe in der Umgebung Londons.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 2. Juni.

Bei Bixschoote nordöstlich von Steenstraate schossen wir ein englisches Flugzeug herunter; die Insassen, ein belgischer und ein englischer Offizier, wurden gefangengenommen.

Die Zuckerfabrik westlich Souchez, in die im Laufe des gestrigen Nachmittags die Franzosen eingedrungen waren, ist von uns wieder- genommen. Ein französischer, in den Abendstunden auf unsere Stellungen bei und südlich Neuville unternommener Angriff wurde abgeschlagen, nur ein kleines über die Straße Neuville Ecurie vor- springendes Grabenstück ist vom Feinde besetzt.

Im Priesterwalde dauert der Nahkampf um einzelne Graben- stucke noch an.

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Bei Neuhausen, 50 km nordöstlich, und bei Shidiki, 65 km südöstlich Libau, fanden erfolgreiche Gefechte gegen kleinere russische Abteilungen statt, ebenso weiter südlich im Gegend Szawle und an der Dubissa südöstlich Kielmy, sowie zwischen Ugiany und Eiragola. Bei Szawle machten wir 500 Gefangene.

Zwei weitere bei Dunkowiczki gelegene Werke der Festung Przemysl sind gestern erstürmt. Nach dem Siege bei Stryj drangen die verbündeten Truppen gestern in Richtung Medenice vor. Im Laufe des Monats Mai sind auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz 863 Offiziere, 268869 Mann zu Gefangenen gemacht, 251 Geschütze und 576 Maschinengewehre erbeutet worden.

Hiervon entfallen auf die dem Generaloberst von Mackensen unterstellten verbündeten Truppen: 400 Offiziere, darunter 2 Generale, 152254 Mann Gefangene, 160 Geschütze, darunter 28 schwere, und 403 Maschinengewehre. Einschließlich der auf dem östlichen Kriegsschauplatz gemachten und gestern veröffentlichten Gefangenenzahlen beträgt demnach die Summe der im Monat Mai in die Hände der verbündeten Truppen gefallenen Russen etwa

1000 Offiziere und über 300000 Mann. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 2. Juni.

Amtlich wird verlautbart: Auf dem russischen Kriegsschauplatz wiederholte der Feind seine starken Angriffe auf die östlich des San stehenden verbündeten Truppen. Unter neuen schweren Verlusten wurden die verzweifelten Angriffe des Gegners durchweg abgewiesen

An der Nordfront der Festung Przemysl wurden zwei weitere Werke erstürmt und das bisher gewonnene Terrain behauptet.

Südlich des Dnjestr schreitet unser Angriff erfolgreich fort. Die feindlichen Stellungen zwischen Stryj und Drohobycz wurden gestern ersturmt. Starke russische Kräfte, die in Südostgalizien in der Gegend von Solotwina zum Angriff auf unsere dortigen Stellungen vorgingen, erlitten große Verluste und zogen sich stellenweise fluchtartig zurück.

In den Schlachten des Monats Mai wurden von den unter österreichisch-ungarischem Oberkommando kämpfenden verbündeten Armeen an Gefangenen und Beute eingebracht: 863 Offiziere, 268869 Mann, 251 leichte und schwere Geschütze, 576 Maschinen

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gewehre und 189 Munitionswagen. Hierzu kommt sonstiges zahlreiches Kriegsmaterial, das z. B. bei einer der Karpathenarmeen allein an 8500 Schuß Artilleriemunition, 51/2 Millionen Infanteriepatronen, 230000 russische Repetiergewehre und 21000 russische blanke Waffen beträgt.

Auf dem italienischen Kriegsschauplatze blieben alle bisherigen Unternehmungen des Feindes ohne Erfolg. Die mit großem Aufwande an schwerer Geschützmunition verbundene Beschießung des Plateaus von Lavarone-Folgaria und einzelner kärntnerischer Sperren vermochte unseren Werken keinen nennenswerten Schaden zuzufügen.

Ansonsten fanden weder an der Tiroler noch an der Kärntner Grenze große Kämpfe statt.

lm Küstenlande wurden Angriffe des Feindes auf den Krn-Rucken unter schweren Verlusten der Italiener abgewiesen.

Das durch ein Communiqué des italienischen Marinestabes ver- öffentlichte Resultat des Bombardements von Pola durch ein italienisches Luftschiff trifft nicht zu. Vier Bomben explodierten allerdings, doch ist der Materialschaden minimal. Ein Brand ist nirgends ausgebrochen. Die bei der Beschießung von Monfalcone verursachten Schädenreduzieren sich auf die leichte Verletzung einer Zivilperson durch Steinsplitter.

Der Stellvertreter des Chefs der Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Kampfe bei Radymno. Berlin, 3, Juni.

Aus dem Großen Hauptquartier erfahren wir über „Die Kämpfe bei Radymno“: l

Die Korps des Generalobersten Mackensen standen am 23. Mai abends in einem großen, nach Osten gerichteten Bogen beiderseits des San. Am rechten Flügel beobachteten bayerische Truppen die Nordwestfront der Festung Przemysl. Im Anschluß an die Bayern standen deutsche Truppen zusammen mit Österreichisch-ungarischen südlich des San vor dem stark befestigten Brückenkopf von Radymno. Weiter nördlich schlossen andere Truppen der Armee an. Der Brückenkopf von Radymno bestand in einer dreifachen Linie von Feldbefestigungen, einmal aus einer mit Draht wohl- versehenen Hauptstellung, die sich auf den dem Dorfe Ostrow westlich vorgelagerten Höhen hinzog und durch die Sanniederung hindurch zu diesem Flusse führte, dann aus einer wohlausgebauten Zwischenstellung. die mitten durch das langgestreckte Dorf Ostrow hindurchgelegt war, und endlich aus dem sogenannten Brückenkopf von Zagrody, der zum Schutze der östlich Radymno über den Fluß führenden Straßen und Eisenbahn- brücken angelegt war. Die Flieger hatten alle diese Stellungen photographiert, die Photogrammeter die erhaltenen Aufnahmen ausgewertet und auf die

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Karte übertragen. Es galt zunächst, die feindliche Stellung sturmreif zu machen. Hierzu begann die Artillerie am Nachmittag des 23. Mai ihr Feuer, das am Morgen des nächsten Tages fortgesetzt wurde. Von den Höhen bei Jaroslau aus sah man das im Nebel liegende Santal und daraus aufragend die Kuppeltürme von Radymno nebst den Ortschaften Ostrow, Wietlin, Wysocko usw. Das Feuer der Artillerie war aufs äußerste gesteigert. Die schweren Geschosse durchfurchten heulend die Luft, ent- fachten im Aufschlag riesige Brände und hoben gewaltige Erdtrichter auf. Die russische Artillerie antwortete. Um 6 Uhr morgens erhoben sich die langen Infanterielinien aus ihren Sturmstellungen und schritten zum Angriff. Flieger meldeten, daß hinter den feindlichen Stellungen weidendes Vieh und viele Bagagen zu beobachten seien. Der Feind schien an einen ernsthaften Angriff nicht zu denken. Das Petrograder Bulletin hatte ja auch festgestellt, daß die Kämpfe in Galizien an Heftigkeit nachgelassen hätten und daß die Verbündeten fast allenthalben zur Defensive über- gegangen seien. Um 6 Uhr 30 Minuten morgens war die feindliche Haupt- stellung ihrer ganzen Ausdehnung nach in der Hand der deuschen Truppen. Erschüttert durch das schwere Artilleriefeuer, hatte der Feind nur kurzen Widerstand geleistet; er war in eiligem Rückzuge nach Osten. Aber gerade dorthin und nach Radymno hinein, von woher die feindlichen Verstärkungen zu erwarten waren, hatte inzwischen die Artillerie ihr Feuer verlegt. GewaltigeRauchwolken hüllten diese von der Artillerie in Brand geschossenen Ortschaften ein. Die Russen kamen auf diese Weise nicht dazu, sich in Ostrow zu setzen. Die Besatzung des Dorfes kapitulierte, Hunderte von Gewehren und große Mengen Munition zurücklassend. Auf der ganzen Linie war jetzt die deutsche Infanterie im Vorrücken auf Radymno und die südlich an diesen Ort anschließenden Dörfer Skoloszow und Zamojsce. Mit jedem Schritt vorwärts mehrte sich die Zahl der Gefangenen. Eine Division meldete sehr bald dem Generalkommando, daß sie nicht genug Mannschaften habe, um die große Masse der Gefangenen ohne Be- einträchtigung der Gefechtshandlung abzutransportieren. Das General- kommando stellte nunmehr die Kavallerie zu diesem Zwecke zur Verfügung. Bei Radymno war der Feind ins Gedrange geraten. Voreilig hatte er die hölzerne Straßenbrücke über den San abgebrannt. Mit dem Scheren- fernrohre konnte man vom Gefechtsstandpunkte aus die lodernde Flamme und die durch aufgegossenes Naphtha dunkelgefärbten Rauchwolken beobachten. Auch sah man lange, ostwärts flüchtende Kolonnen, die in regellosen Haufen die Straße nach Dunkowice bedeckten. Da die in Radymno versammelt gewesenen russischen Rekruten nur kurzen Widerstand leisteten, so ging auch diese Ortschaft und die gesamte Artillerie verloren, die sich durch die Ortschaft zum San retten wollte. Erst im Brückenkopf von Zagrody brachten die russischen Führer durch Einsatz frischer, schleunigst herangezogener Reserven den Angriff der Deutschen zum Stehen. An diesem Tage konnte eine Siegesbeute von 70 Offizieren, 9000 Gefangenen, 42 Maschinengewehren, 52 Geschützen, darunter 10 schwere, 14 Munitions wagen und zahlreichem anderen Kriegsmaterial gemeldet werden. Aber

auch auf dem Nordufer des San hatte sich eine große Schlacht entwickelt.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 3. Juni.

Um den von den Engländern besetzten stark ausgebauten Ort Hooge etwa 3 km östlich von Ypern entwickelte sich ein Kampf, der einen günstigen Verlauf für uns nimmt. Wir sahen uns ge- zwungen, den Turm der Martinskirche in Ypern, auf dem feindliche Artilleriebeobachtungsstellen erkannt waren, gestern zu beseitigen. In der Gegend nördlich von Arras war die Kampftätigkeit auf der Front Souchez Neuville und südlich wieder sehr lebhaft. Die Franzosen setzten dort nachmittags und in der Nacht mehrfach zu größeren Angriffen an, die an einzelnen Stellen zu erbitterten Nahkampfen führten. Überall erlitten die Franzosen die schwersten Verluste, ohne irgendwelche Vorteile zu erringen. Um den Besitz der Zuckerfabrik bei Souchez wird noch dauernd gekämpft.

Das Feuer der französischen Artillerie auf die hinter unserer Stellung liegenden Ortschaften forderte unter den französischen Einwohnern gestern wieder zahlreiche Opfer, so z. B. in Angres, wo 5 Männer, 15 Frauen, 10 Kinder, und in Mericourt, wo 2 Frauen getötet oder verletzt wurden.

Im Priesterwald sind die Kämpfe noch nicht abgeschlossen.

In den Vogesen bewarfen unsere Flieger den Etappenort und Bahnknotenpunkt Remiremont und feindliche Truppenlager bei Hohneck mit Bomben. Kleinere örtliche Gefechte entstanden heute nacht in der Gegend des Fechttales bei Metzeral.

Die Lage im Osten ist unverändert.

Die Festung Przemysl ist heute früh, nachdem in den Nacht- stunden die sich noch haltenden Werke der Nordfront gestürmt waren, von uns genommen. Die Beute ist noch nicht zu übersehen. Gegenangriffe der Russen gegen die Angriffskolonnen und unsere Stellungen östlich von Jaroslau scheiterten vollständig.

Die Armee des Generals von Linsingen dringt in Richtung auf Zydaczow nordöstlich von Stryj vor und kämpft um den Dnjestr- abschnitt westlich Mikolajow. Die Beute der Schlacht bei Stryj ist auf 60 Offiziere, 12 175 Mann Gefangene, 14 Geschütze, 35 Ma-

schinengewehre gestiegen. Oberste Heeresleitung.

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Die Wiedereroberung von Przemysl. Wien, 3. Juni.

Amtlich wird verlautbart: Seit heute 3 Uhr 30 Minuten vormittags ist Przemysl wieder in unserem Besitz.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

München, 3. Juni. Nach einem Telegramm des Generalobersten von Mackensen an Seine Majestät den König von Bayern ist Przemysl unter hervorragender Beteiligung bayerischer Truppen von den Verbündeten genommen worden.

Die Engländer sollen auf die eigenen Leute schießen.

Aus dem Großen Hauptquartier wird geschrieben: In einem interessanten Zusammenhange mit den kürzlich veröffentlichten erlogenen Behauptungen eines englischen „Augenzeugen“, wonach deutsche Artillerie auf eigene Infanterie geschossen habe, steht folgender Befehl einer englischen Division, der unter den Papieren des Kommandeurs der 3. Kanadischen Infanteriebrigade Oberst Turner gefunden wurde:

»4. Division. Es ist zur Kenntnis des Divisionskommandeurs ge- kommen, daß sich während der letzten Kampfe einige Leute der Division dem Feinde ergeben haben, und weiter, daß diese Handlung von Offizieren und Mannschaften anderer Einheiten bemerkt wurde, die in einigen Fällen nicht einschritten. Der Divisionskommandeur befiehlt, die Aufmerksamkeit aller Offiziere und Mannschaften auf diese Tatsache zu lenken und allen Graden einzuprägen, daß es ihre erste und dringendste Pflicht ist, jeden Mann zu erschießen, der sich zu ergeben versucht, wer es auch sei. Wenn die Abteilung groß genug ist, um Erfolg zu versprechen, muß sofort das Artilleriefeuer in die Gegend gelenkt werden.

gez. Taylor, Oberstleutnant. Adj. 4. Div.“

Das genügt für unbefangene Beurteiler.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 4. Juni. Schloß und Ort Hooge (östlich Ypern) ist bis auf wenige Häuser am Westrande von uns gestürmt, englische Gegenangriffe wurden blutig abgewiesen.

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Östlich Givenchy gelang es gestern abend englischen Truppen, in unsere Stellung einzudringen, ein Gegenangriff warf den Feind unter schweren Verlusten wieder hinaus. Drei englische Maschinen- gewehre blieben in unserer Hand. Die Stellung ist lückenlos in unserem Besitz.

Die Zuckerfabrik Souchez ist nach hin- und herwogendem Kampf von uns besetzt, an der Bahn westlich von Souchez ist der Kampf noch im Gange.

Ein starker feindlicher Angriff auf unsere Graben bei und nördlich Neuville brach im Artilleriefeuer zusammen. Südlich Neuville sind seit heute nacht Nahkampfe im Gange.

Im Priesterwald ist der Kampf abgeschlossen. Es ist uns ge- lungen, den größten Teil der verlorenen Gräben wiederzugewinnen.

Russische Abteilungen wurden durch unsere Kavallerie aus den Ortschaften Lenen und Schrunden, 60 und 70 km östlich Libau, vertrieben.

In Gegend Rawdsjany westlich Kurschany und bei Sawdyniki an der Dubissa scheiterten feindliche Angriffe.

Unsere Truppen haben nach Kampf die Orte östlich von Przemysl und nach Nordosten anschließend die Linie Bolestraszyce Torki Podziacs Starzawa erreicht. Die Boute aus dem Fall von Przemysl ist noch nicht festgestellt.

Es ergibt sich aus den Aussagen von Gefangenen verschie- denster Truppenteile, daß die Russen für die Nacht vom 2. zum 3. Juni, m der Przemysl gestürmt wurde, gegen die ganze Front der Armee des Generalobersten von Mackensen einen allgemeinen Angriff eingeleitet hatten. Diese Offensive ist schon in den An- fangen vollkommen gescheitert. 22 Kilometer östlich Przemysl sturmten deutsche Truppen unter General von der Marwitz die Höhen beiderseits Myslatycze.

Die Armee des Generals von Linsingen ist im Begriff, den Unterlauf des Stryj, nordöstlich des Ortes gleichen Namens, zu

überschreiten. Oberste Heeresleitung.

Kaiser Wilhelm beim Erzherzog Friedrich. Wien, 4. Juni. Der Deutsche Kaiser ist heute mittels Automobils im Standort des K. und K. Oberkommandos eingetroffen, um dem Armee-Ober- kommandanten Feldmarschall Erzherzog Friedrich zu dessen heutigem

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Geburtsfeste sowie anläßlich der Eroberung von Przemysl die herz- lichsten Glückwünsche persönlich zu überbringen. Bei der Mittags- tafel erhob Kaiser Wilhelm sein Glas, um in markigen Worten die Bedeutung des jüngsten Erfolges der verbündeten Truppen und die Persönlichkeit des siegreichen Feldmarschalls zu feiern. Bei der An- kunft und bei der Abfahrt wurde Seine Majestät von der in den Straßen der Stadt massenhaft versammelten Bevölkerung jubelnd begrüßt. Die Türkei im Kriege. Neue U-Bootstaten an den Dardanellen. Konstantinopel, 4. Juni.

Nach mehrtägiger Pause sind wieder zwei Taten deutscher Untersee- boote vor den Dardanellen zu verzeichnen. Am 31. Mai versenkte ein deutsches Unterseeboot bei der Insel Strati einen englischen, 12000 Tons fassenden Hilfskreuzer. Von dessen 800 Mann zählenden Besatzung wurden 120 Mann durch den englischen Dampfer „Spy gerettet und nach der Bucht von Mudros gebracht. Am 2. Juni torpedierte ein deutsches

Unterseeboot einen englischen Linienschiffskreuzer bei Tenedos. Uber das Schicksal dieses Schiffes fehlen vorläufig nähere Daten.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 5. Juni.

Um die Reste der Zuckerfabrik bei Souchez wird weiter- gekämpft, zurzeit ist sie wieder im Besitz der Franzosen.

Die feindlichen Angriffe bei Neuville wurden abgewiesen.

Der Flughafen Dommartemont bei Nancy wurde mit Bomben belegt.

Im Anschluß an die gestern bei Rawdsjany und Sawdynik abgeschlagenen russischen Angriffe stießen unsere Truppen vor, warfen den Gegner, der den Brückenkopf Sawdyniki räumte, und machten 1970 Gefangene.

Weiter nördlich fanden in Gegend Popeljany für uns erfolg- reiche Reiterkämpfe statt.

Östlich Jaroslau ist die Lage unverändert.

Östlich Przemysl befinden sich die Truppen des Generals von der Marwitz im Verein mit österreichisch-ungarischen Kräften im Vorgehen in Richtung Moszyska.

Die Armee des Generals von Linsingen hat den Feind auf Kalusz und Zurawno (am Dnjestr) zuruckgeworfen.

Oberste Heeresleitung.

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Politischer Tagesbericht.

In der „Berner Tagwacht“ wird ein sozialdemokratischer Aufruf wiedergegeben, in dem unter heftigen Anklagen gegen den Imperia- lismus behauptet wird, Deutschland habe ein englisches Friedens- angebot zurückgewiesen. Auch in hiesigen Arbeiterkreisen werden Gerüchte zu verbreiten gesucht, nach denen im Marz ein angesehener Amerikaner hier englische Friedensangebote 3 hätte.

Wir stellen fest, daß keinerlei Friedensanregungen der englischen Regierung hierher gelangt sind. Im Marz hat allerdings ein ange- sehener Amerikaner, der, um über die Stimmung der kriegführenden Staaten sich zu informieren, die europäischen Hauptstädte bereiste, aus Paris und London kommend Berlin besucht, hier aber lediglich mitteilen können, daß weder in Paris noch London irgend eine Ge- neigtheit zu Friedensverhandlungen bestehe.

Versenkung eines russischen Minenkreuzers. Erfolgreiche Luftschiffangriffe. Berlin, 5. Juni.

Am 4. Juni hat ein T PENTE PN Unterseebeot einen russischen Minenkreuzer der Amurklasse bei Baltischport versenkt.

In der Nacht vom 4. zum 5. Juni führten unsere Marineluft- schiffe Angriffe gegen die befestigte Humbermündung und den Flottenstützpunkt Harwich aus. Die Hafenanlagen von Harwich wurden ausgiebig und mit gutem Erfolg mit Bomben belegt. Zahl- reiche starke Brande und Explosionen, darunter eine besonders heftige, von einem Gasbehalter oder Oltank herrührende, wurden beobachtet. Ferner wurde eine Eisenbahnstation mit Bomben be- worfen. Unsere Luftschiffe sind heftig durch Land- und Schiffs- geschütze beschossen, aber nicht getroffen worden. Sie sind wohl behalten zurückgekehrt.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

‘Der türkische Generalstabsbericht. Konstantinopel, 5. Juni.

Der Generalstab teilt mit: An der Dardanellenfront im Gebiete von Seddul Bahr greift der Feind, gestützt aufeVerstarkungen, die er in den letzten Tagen erhalten hat, seit gestern nachmittag heftig an. Er wurde durch unsere Gegenangriffe zurückgetrieben. Bis jetzt haben wir fünf Maschi- nengewehre erbeutet. Der Kampf dauert heute ebenfalls sehr günstig für uns fort. Unsere Küstenbatterien auf der anatolischen Küste beschießen mit Erfolg, sobald der Augenblick ihnen günstig ist, die Angriffskolonnen

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und Artillerie des Feindes, ebenso wie seine Schiffe, wenn sie sich zeigen. Eine Granate traf den „Bruix“. Bei Ari Burun keine bedeutende Aktion. Am 30. Mai hat ein deutsches Unterseeboot in der Nacht ein feindliches Schiff nahe den Stratoinseln südlich von Lemnos torpediert und versenkt. Von welchem Typ das versenkte Schiff war, konnte nicht festgestellt werden. In der Nacht vom 3. auf den 4. Juni ging ein französischer Minensucher zwischen den Inseln Keusten und Hekim vor Smyrna durch eine Explo- sion unter. Seine Trümmer wurden an die Küste von Smyrna geworfen. Auf den übrigen Fronten nichts von Bedeutung.

Die auf der „Lusitania“ versteckten Geschütze. London, 5. Juni. „Daily News“ meldet aus Washington: Der deutsche Botschafter Graf Bernstorff hat dem Staatssekretär Bryan vier eidliche Aussagen deutscher Reservisten überreicht, die die „Lusitania“ vor der Abreise besucht und die versteckten Geschütze gesehen haben.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 6. Juni.

Angriffe gegen unsere Stellung am Ostabhang der Loretto- höhe wurden unter schweren Verlusten für den Feind abgeschlagen; nur um wenige vorspringende Grabenstücke wird noch gekämpft. ‚Die Reste der Zuckerfabrik bei Souchez sind noch im Besitz der Franzosen.

Im Dorfe Neuville gingen zwei Häusergruppen verloren.

Feindliche Minenstollensprengungen in der Champagne blie- ben ohne jede Wirkung.

Wir belegten gestern die Festung Calais und den Flugzeug- hafen St. Clement bei Luneville mit Bomben.

Unsere Offensive in Gegend Sawdyniki, der sich die nördlich und südlich stehenden Truppen anschlossen, gewann nach Osten weiteren Boden. Die Zahl der Gefangenen erhöhte sich auf 3650.

Weiter südlich bei Ugiany wurde der Angriff einer russischen Division abgewiesen.

Südlich des Njemen trieben deutsche Truppen feindliche Ab- teilungen auf die Linie Sapiezyszki—Wilki zurück.

Deutsche und österreichisch-ungarische Truppen haben östlich Przemysl den Feind bis in die Gegend nordwestlich und südwestlich von Mosziska zurückgeworfen.

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Die Armee des Generals von Linsingen hat den feindlichen Brückenkopf bei Zurawno gestürmt und ist im Begriff, den Dnjestr- übergang bei diesem Ort zu erkämpfen. Auch weiter südlich schreitet die Verfolgung vorwärts; sie brachte uns bislang 10 900 Gefangene, 6 Geschütze, 14 Maschinengewehre. Oberste Heeresleitung.

Der Fall von Przemysl. Berlin, 6. Juni.

Aus dem Großen Hauptquartier wird über den Fall der F estung Przemysl folgendes berichtet:

Als am 2. Mai die Offensive der Verbündeten in Westgalizien ein- setzte, mochten wohl nur wenige ahnen, daß schon vier Wochen später die schweren Belagerungsgeschütze der Zentralmachte das Feuer auf Przemysl eröffnen würden. Die russische Heeresleitung war für diese Möglichkeit kaum vorbereitet und schwankte hin und her, ob sie die Festung, wie ursprünglich geplant, „aus politischen Gründen“ halten oder

„freiwillig räumen“ sollte. Unsere Flieger meldeten fortwährend Hin- und Hermarsche aus der Festung. Am 21. Mai schien man sich zur Räumung der Festung entschlossen zu haben, trotzdem wurde sie acht Tage später zah verteidigt. General von Kneußl schob die Einschließungslinie seiner bayerischen Regimenter von Norden her näher an die Festung heran. Um 1! Uhr vormittags begannen die schweren Batterien die Bekämpfung der Forts der Nordfront. In der Nacht vom 30. zum 31. Mai schob sich die Infanterie näher an die Drahthindernisse heran und wartete die Wirkung der schweren Artillerie ab. Diese bannte die Verteidiger in die Unterstande, so daß unsere Infanterie aus ihren Schützengräben heraustreten und von der Brustwehr aus dem gewaltigen Schauspiel der Vernichtung zusehen konnte. Die leichteren Geschütze des Angreifers fanden in den von den Russen seinerzeit ausgebauten Batteriestellungen ihrer damaligen Ein- schließungsstellung eine ideale Aufstellung. Auch General von Kneußl fand mit seinem Stabe und denjenigen der Artillerieführer in den von den Russen bei Batycze angelegten Beobachtungsstellen die beste Unter- kunft. Von diesem nur wenig mehr als 2 Kilometer von der Frontlinie entfernten Punkte übersah man die ganze Front der Forts 10 bis II. Am 31. Mai nachmittags 4 Uhr schwiegen die schweren Geschütze, gleich- zeitig trat die Infanterie bayerische Regimenter, ein preußisches Regiment und eine österreichische Schützenabteilung zum Sturm an. Die Ver- nichtung der Werke und ausgebauten Stützpunkte der Festung durch das schwerste Artilleriefeuer hatte auf die Besatzung einen derartig zersetzenden und niederschlagenden Eindruck gemacht, daß diese nicht imstande war, der angreifenden Infanterie nachhaltigen Widerstand zu leisten; die Be- satzung der Werke (10a, lla und 11), soweit sie nicht verschüttet in den zerschossenen Kasematten lag, floh unter Zurücklassung ihres gesamten Kriegsgeräts, darunter eine große Anzahl neuester leichter und schwerer russischer Geschütze. Dem Angreifer, der bis zur Ringstraße vorstieß

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und sich dort eingrub, antwortete der Feind nur mit Artilleriefeuer, unternahm jedoch in der Nacht keinerlei Gegenangriff. Am |. Juni führte der Feind einzelne Bataillone zum Gegenangriff vor, diese Angriffe wurden mühelos abgewiesen. Die schwere Artillerie kämpfte nunmehr die Forts 10 und 12 nieder; das preußische Infanterieregiment 45 erstürmte im Verein mit bayerischen Truppen zwei östlich Fort Il gelegene Schanzen, die der Feind zäh verteidigte. Am 2. Juni mittags 12 Uhr stürmte das bayerische 22. Infanterieregiment Fort 10, in dem alle Unterstände bis auf einen einzigen durch die Wirkung der schweren Artillerie verschüttet waren. Das Füsilierbataillon des Augusta-Garde-Grenadierregiments nahm am Abend Fort 12. Die Werke 10b und 9a und b kapitulierten. Am Abend begannen die Truppen des Generals von Kneußl den Angriff in Richtung auf die Stadt. Das Dorf Zurawica und die dort gelegenen befestigten Stellungen des Feindes wurden genommen; dieser verzichtete jetzt auf jeden weiteren Widerstand. So konnten die deutschen Truppen, denen später die österreichisch-ungarische 4. Kavallerie-Division folgte, die wohl- ausgebaute innere Fortlinie besetzen und um 3 Uhr morgens, nachdem sie noch zahlreiche Gefangene gemacht hatten, in die befreite Stadt Przemysl einmarschieren. Hier, wo als erste Truppe ein Bataillon des 3. Garde-Regi- ments zu Fuß einzog, gab es noch einen letzten Halt vor den abgebrannten Sanbrücken, die aber durch Kriegsbrücken schnell ersetzt waren. Nach einer Belagerung von nur 4 Tagen war die Festung Przemysl wieder in der Hand der Verbündeten. Die Russen hatten vergeblich dieselbe Festung monatelang angegriffen. Obwohl sie Hekatomben von Blutopfern gebracht hatten, war es ihnen nicht gelungen, die Festung mit stürmender Hand zu nehmen; sie brachten sie nur durch Aushungerung zu Fall und konnten sich nur 9 Wochen hindurch ihres Besitzes freuen. Eine energische und kühne Führung hatte, unterstützt von heldenhaft fechtenden Truppen und der vorzüglichen schweren Artillerie, wiederum in kürzester Zeit eine große Festung zu Fall gebracht.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 7. Juni.

Am Osthang der Lorettohöhe erneuerten die Franzosen in den Nachmittag- und Abendstunden ihre Angriffe, die in unserem Feuer völlig zusammenbrachen. Weitere Angriffsversuche in der Nacht wurden im Keime erstickt.

Südöstlich Hebuterne (östlich Doullens) griff der Feind heute morgen erfolglos an. Der Kampf ist dort noch nicht abgeschlossen.

Ein breiter französischer Angriff nordwestlich Moulin-sous- Touvent (nordwestlich von Soissons) wurde größtenteils sofort ab- gewiesen, nur an einer Stelle erreichte er unsere vordersten Gräben,

um die noch gekämpft wird. Unsere Stellung bei Vauquois süd-

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östlich von Varennes wurde gestern abend angegriffen. Trotz An- wendung von Brandbomben, die unsere Gräben mit einer leicht- brennenden Flüssigkeit überzogen, gelang es den Franzosen nicht, in unsere Stellung einzudringen. Mit schweren Verlusten flutete der Feind in seine Gräben zurück.

Nördlich Kurschany erzwang unsere Kavallerie den Übergang über die Windau und stieß in südöstlicher Richtung vor. Südöstlich Kurtowiany und in der Gegend östlich Sawdyniki machte unsere Offensive gute Fortschritte, weitere 3340 Gefangene und 10 Ma- schinengewehre fielen dabei in unsere Hand.

Südlich des Njemen wurde das Flußufer bis zur Linie Tolausie— Sapiezyszi vom Feinde gesäubert.

Bei den Kämpfen um Przemysl wurden 33 805 Gefangene gemacht.

Östlich Przemysl setzten die verbündeten Truppen ihre erfolg. reichen Kämpfe fort und warfen den F eind nordwestlich Mosziska auf die Wisznia zurück.

Teile der Armee des Generals von Linsingen haben bei Zu- rawno den Dnjestr überschritten und die Höhen auf dem nordöst- lichen Ufer erstürmt. Weiter südlich hat die Verfolgung die Linie Nowica—Kalusz—Tomaszowce erreicht. Die Beute ist hier auf über 13 000 Gefangene gestiegen. Oberste Heeresleitung.

Der Krieg mit Italien. In den dalmatinischen Gewässern. W; :

ien, 7. Juni. Aus dem Kriegspressequartier wird gemeldet: Am 5. Juni erschienen einige italienische Kreuzer und Zerstörer in den dalmatinischen Gewässern. Das Ziel der feindlichen Unternehmung war die Beschießung der Eisen- bahn bei Mihonice, sowie einzelner Leuchttürme und Leuchthäuser auf den Inseln Lissa, Lagosta und Cazza. Die beschossenen Objekte erlitten

nur leichte Beschädigungen.

Zeppelinangriff auf die Docks von Kingston und Grimsby. Berlin, 7. Juni. In der Nacht vom 6. zum 7. Juni führten unsere Marineluftschiffe erfolgreiche Angriffe gegen die Docks von Kingston und Grimsby am Humber aus. Sie kehrten trotz starker Beschießung unbeschädigt zurück. Der stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

565

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 8. Juni.

Am Osthang der Lorettohöhe scheiterte ein feindlicher Angriff gänzlich. Von weiteren Angriffsversuchen sahen die Franzosen ab. Auch südlich von Neuville wurde durch unser Artilleriefeuer ein feindlicher Angriff niedergehalten. In Gegend südöstlich Hebuterne dauert der Kampf noch an. Der Angriff nordwestlich von Soissons bei Moulin-sous-Touvent ist durch unseren Gegenangriff zum Stehen gebracht. Bei Ville-aux-Bois nordwestlich von Berry-au-Bac erlitt der Feind bei einem erfolglosen Versuch, seme im Mai verlorene Stellung zurückzuerobern, starke Verluste. Bei Douai wurde ein feindliches Flugzeug heruntergeschossen. | Unsere Angriffsbewegung in Gegend Szawle und östlich der Dubissa nimmt ihren Fortgang.

Südwestlich von Plozk wurde ein feindliches Kampfflugzeug zum Landen gezwungen und erbeutet.

Östlich von Przemysl ist die Lage im allgemeinen unverändert. Die Zahl der von der Armee Mackensen seit dem 1. Juni gemachten Gefangenen beläuft sich auf über 20 000. | Auf den Höhen von Nowoszyn nordöstlich von Zurawno haben die Truppen des Generals von Linsingen den Feind erneut geschlagen. Die Verfolgung gelangte bis zur Linie Bukaczowce südlich von Hrehorow südlich von Molodynce. Südlich des Dnjestr haben wir den Liwka-Abschnitt überschritten und erreichten Myslow (öst- lich von Kalusz), Wojnilow, Seredne, Kolodziejow. Die Beute des Tages beläuft sich auf 4200 Gefangene, 4 Geschütze, 12 Maschhien- gewehre. Oberste Heeresleitung.

Erfolge österreichischer Marineflugzeuge. Wien, 8. Juni. Amtlich wird verlautbart: Feindliches Luftschiff „Citta di Ferrara“, auf Rückfahrt von Fiume, heute früh 6 Uhr von dem Marineflugzeug „L 48“, Führer Linienschiffsleutnant Glasing, Beobachter Seekadett von Fritsch, südwestlich Lussin in Brand geschossen und vernichtet. Zwei Offiziere, fünf Mann Besatzung gefangen. Flottenkommando.

Wien, 8. Juni. Amtlich wird verlautbart: Marineflugzeug „L 47“, Fuhrer Fregattenleutnant Banfield, Beobachter Seekadett von Strobel, hat

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heute morgen Venedig, und zwar die Ballonhalle Murano, Campalto, sowie feindliche Zerstörer erfolgreich mit Bomben belegt und einige Brände erzeugt, sowie Zeltlager mit Maschinengewehr beschossen. Flottenkommando. Rumaniens Neutralitat. Die „Neue Zürcher Zeitung” meldet aus Mailand: Ein am 2. Juni in Bukarest aufgegebenes Telegramm an den „Secolo“, das am 7. ein-

traf, besagt: „Der rumänische Ministerrat beschloß, weiter in der Neutralität zu

verharren. Rußlands Angebot sei unannehmbar.“

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 9. Juni.

Am Osthang der Lorettohöhe zum Angriff ansetzende feind- liche Kräfte wurden gestern nachmittag durch unser Feuer ver- trieben. Am Südosthang derselben Höhe scheiterte ein feindlicher Angriff. Die letzten Häusergruppen des schon seit dem 9. Mai zum großen Teil im Besitz der Franzosen befindlichen Dorfes Neuville wurden heute nacht dem Feinde überlassen. Südlich von Neuville schlugen wir wiederholte Angriffe unter schweren Ver- lusten für die Franzosen ab. In der Gegend südöstlich von Hebuterne ist der Kampf nach einem in den Morgenstunden miß- glückten Angriff der Franzosen wieder im Gange. Im Priesterwalde wurde ein feindlicher Angriff blutig zurückgewiesen, nur um eine kleine Stelle unseres vordersten Grabens wird noch gekämpft.

Auf dem östlichen Windauufer wurde Kubyli nordöstlich Kurschany genommen. Von Südwesten her nähern sich unsere angreifenden Truppen der Stadt Szawle.

An der Dubissa wurde der feindliche Nordflügel durch um- fassenden Angriff in südöstlicher Richtung geworfen. Unsere vordersten Linien erreichten die Straße Betygola—lIlgize.

Südlich des Njemen traten die Russen nach hartnäckigen Kampfen bei Dembowa Ruda und Kozliszki den Rückzug auf Kowno an. 300 Gefangene und zwei Maschinengewehre wurden erbeutet. Bei der weiteren Verfolgung gewannen wir unter Sicherung gegen Kowno die Straße Mariampol—Kowno.

Östlich Przemysl ist die Lage unverändert.

Nordöstlich Zurawno brachten die Truppen des Generals

von Linsingen einen russischen Gegenangriff zum Stehen. Weiter

567 südlich wird um die Höhen westlich Halicz und westlich Jezupol

noch gekämpft. Stanislau ist bereits in unserem Besitz. Es wurden 4500 Gefangene gemacht und 13 Maschinengewehre erbeutet. Oberste Heeresleitung.

Politischer Tagesbericht.

„Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode.“ Das Wort des Polonius läßt sich auf die Art und Form anwenden, in der das englische Finanzblatt „The Financial News“ die Wochenübersichten der deutschen Reichsbank vom 15. und 22. Mai seinen Lesern mitteilt.

Der Wochenausweis vom 15. Mai erscheint dort wie folgt:

„Ungeheure Notenausgabe: Kein Gold. (Immense Note Issue: No Gold.) Hoffnungslose Bankerottlage der deutschen Reichsbank. (Hopelessly Bankrupt Position of the German Reichsbank.)

Amsterdam, den 18. Mai. Hierunter folgt der Ausweis der deutschen Reichsbank vom 15. d. M. (von den „Financial News" so redigiert, daß er den Tatsachen entspricht edited by the Financial

News in accordance with facts —):

Zun. (+) Betrag der

Abn. (—) ent- (verglichenmit rechenden dem vorigen oche des

Ausweis) j

Gesamter Metallbestand. í

£ £

121 222 950 + 132550 83 723 550 Darunter Gold usw. ... . nichts 67 133 250 Reuter.“

(In Wahrheit betrug der ausgewiesene Goldbestand der Reichsbank an diesem Tage 2 376 156 000 Mk. = 118808000 £. Die übrigen Ziffern des Ausweises sind richtig wiedergegeben.)

Dem Ausweise vom 22. Mai ist ein längerer Artikel gewidmet, der auch die Ziffern des Goldbestandes richtig wiedergibt, zu ihnen aber bemerkt: „Diese Ziffern sind so gänzlich schwindelhaft (bogus) wie irgend etwas, was jemals von den betrügerischen (fraudulent) Leitern einer Schwindelbank veröffentlicht worden ist. Die Reichsbank hat keinen nennenswerten Goldbestand.“

Den Angriffen des englischen Straßenpöbels auf Deutsche reiht sich dieser Artikel würdig an. Er beweist höchstens, daß diejenigen Kreise der englischen Bevölkerung, an die sich das Blatt wendet, die Fälschung des Status einer großen Zentralnotenbank für möglich halten und im Kriege als ein zulässiges Kampfmittel ansehen. Daß freilich ernste Kreise in England dem Artikel irgendwelche Bedeutung beimessen, möchten wir bezweifeln. Im übrigen könnte es uns nur recht sein, wenn man in England die wirtschaftliche Kraft Deutschlands ebenso unterschätzt, wie man seine militärische Stärke unterschätzt hat.

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Rücktritt Bryans.

Washington, 9. Juni. Staatssekretär Bryan hat demissioniert.

Wie Przemysl fiel. | Berlin, 9. Juli.

Aus dem Großen Hauptquartier wird über den Fall der Festung Przemysl ergänzend geschrieben: Die Stadt Przemysl mit ihren etwa 50000 Einwohnern liegt zu beiden Seiten des San. Fünf bis sieben Kilo- meter von der Stadt entfernt sind die Hauptbefestigungen angelegt, die eine Gesamtausdehnung von rund 50 Kilometer haben. Die Befestigungen bestehen aus kleineren und größeren Forts, die untereinander durch Schützengräben, Schanzen und sonstige Erdwerke verbunden sind. Die Forts sind mächtige, von tiefen Gräben umgebene Erdwerke mit zahl- reichen betonierten Unterständen und gemauerten Kasernen. Breite, meist in zweifacher Reihe angelegte Drahthindernisse sperren nach allen Seiten den Zugang zu den Befestigungsanlagen. Für den Angriff der verstärkten bayerischen Division wurden drei Forts der Nordfront samt den dazwischen gelegenen Befestigungsanlagen bestimmt. Das heißt, es sollte in den großen Umzug der Festung ein Loch gebohrt werden von einer Breite, die etwas mehr als den 20. Teil des befestigten Gesamt- umzuges der Festung darstellt. Dies gelang am 31. Mai durch die Er- stürmung der Forts 10a, 9a und Il samt Zwischenlinien. Bis zum Abend des 2. Juni hatte sich durch die Wegnahme der Forts Il und 12 und Ka- pitulation der Werke 10b und 9a die durchbrochene Linie zu einer Breite von 8 km erweitert, d. h. die ganze Nordfront, etwa der sechste Teil der gesamten Befestigungen, war im Besitze des Angreifers. Die Besichtigung der erstürmten Forts der Nordfront legt zunächst Zeugnis ab von der erschütternden Wirkung unserer schwersten Geschütze: Betonklötze von 3 m Stärke sind geborsten und abgesplittert gleich zerstörten Sandburgen. Die Trichter der 42-cm-Geschosse weisen eine Tiefe bis zu 8 und eine Breite bis zu 15 m auf. Auch die moralische Wirkung dieser Geschosse war eine derartige, daß die Russen an mehreren Stellen selbst die Draht- netze durchechnitten, um sich aus ihrer unerträglichen Lage zu befreien und dem stürmenden Feinde zu ergeben.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 10. Juni. Die Kämpfe bei Souchez und Neuville dauern an. Nord- westlich von Souchez wurden alle Angriffsversuche der Franzosen im Keime ersticxt. Westlich von Souchez in der Gegend der Zuckerfabrik erlangten die Franzosen kleine Vorteile. Feindliche Angriffe gegen unsere Stellungen nördlich von Neuville brachen zusammen. Im Grabenkampf südlich von Neu-

569 ville behielten wir die Oberhand. Ein feindlicher Vorstoß süd- östlich von Hebuterne scheiterte. Im Verlauf der letzten Kämpfe wurden dort etwa 200 Franzosen von uns gefangen.

In der Champagne setzten wir uns nach erfolgreichen Spren- gungen in Gegend Souain und nördlich von Hurlus in Besitz meh- rerer feindlicher Graben. Gleichzeitig wurden nördlich von Le Mesnil die französischen Stellungen in Breite von 200 m erstürmt und gegen nächtliche Gegenangriffe behauptet; ein Maschinen- gewehr und vier Minenwerfer fielen dabei in unsere Hand.

Im Westteil des Priesterwaldes blieb ein Grabenstück unserer vordersten Stellung im Besitz des Gegners.

Studwestlich Szawle setzten die Russen gestern unserem Vor- gehen lebhaften Widerstand entgegen; es wurden nur kleinere Fortschritte gemacht. Die Beute der beiden letzten Tage betrug hier 2250 Gefangene und 2 Maschinengewehre.

Gegen unsere Umfassungsbewegung östlich der Dubissa setzte der Gegner aus nordöstlicher Richtung Verstärkungen an. Vor dieser Bedrohung wurde unser Flügel vom Feinde unbelästigt in die Linie Betygola—Zoginie zurückgenommen.

Südlich des Njemen nahmen wir bei den Angriffen und der Verfolgung seit dem 6. Juni 3020 Russen gefangen. Ferner er- beuteten wir 2 Fahnen, 12 Maschinengewehre, viele Feldküchen und Fahrzeuge.

Östlich Przemysl ist die Lage unverändert.

Aus der Gegend von Mikolajow—Rohatyn (südlich und süd- östlich von Lemberg) sind neue russische Kräfte nach Süden vor- gegangen. Ihr Angriff wird von Teilen der Armee des Generals von Linsingen in Linie Litynia (nordöstlich Drohobycz) Dnjestr- abschnitt bei Zurawno abgewehrt.

Östlich von Stanislau und bei Halicz sind die Verfolgungs- kampfe noch im Gange.

Oberste Heeresleitung.

Ein englischer Kreuzer versenkt. Wien, 10. Juni.

Unterseeboot IV, Kommandant Linienschiffsleutnant Singule, hat am 9. d. M., vormittags, 30 Meilen westlich von San Giovanni di Medua einen englischen Kreuzer, Typ Liverpool, der von sechs Zerstörern geschützt fuhr, torpediert und versenkt.

Flottenkommando.

570

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 11. Juni.

Feindliche Vorstöße nordöstlich der Lorettohöhe sowie wieder- holte Angriffe gegen unsere Stellungen nördlich und südlich von Neuville scheiterten. Der Nahkampf in den Gräben nördlich von Ecurie dauert noch an. Südöstlich von Hebuterne und bei Beaumont wurden feindliche Angriffe gestern und heute nacht abgewiesen; nur am Wege Serre—Mailly erzielten die Franzosen einen un- bedeutenden Fortschritt. Die in der Champagne am 9. Juni er- oberten Gräben versuchten die Franzosen uns gestern abend wieder zu entreißen. Mit starken Kräften und in breiter Front griffen sie nördlich von Le Mesnil bis nördlich von Beausejour-Fme. an. Der Angriff brach unter schwersten Verlusten für den Feind gänzlich zusammen. Erneute nächtliche Angriffsversuche wurden bereits im Keime erstickt.

An der unteren Dubissa nordwestlich Eiragola wurden mehrere russische Angriffe abgewiesen. Der Feind verlor hierbei an uns 300 Gefangene.

Die Lage bei den in Galizien kämpfenden deutschen Truppen

ist unverändert. Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See.

Zwei englische Torpedoboote durch em deutsches U.Boot in den Grund gebohrt. London, ll. Juni. Die Admiralität teilt mit, daß am 10. Juni frühmorgens die beiden Torpedoboote Nr. I0 und 12, welche an der Ostküste Englands operierten. durch ein Unterseeboot in den Grund gebohrt worden sind; 30 Mann wurden gerettet und an Land gebracht.

Versenkung eines italienischen Unterseebootes. Wien, II. Juni. Amtlich wird verlautbart: Das italienische Unterseeboot „Medusa“ wurde durch eines unserer Unterseeboote in der Nordadria torpediert und versenkt. Zweiter Offizier, vier Mann gerettet und gefangen. Flottenkommando.

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 12. Juni.

Feindliche Angriffe in den Dünen nordöstlich von Nieuport und bei Mannekensvere, auf dem Osthang der Lorettohöhe und gegen Souchez wurden abgeschlagen.?

In den Nahkampf nordlich Ecurie (Labyrinth) setzten die Franzosen gestern zweimal frische Krafte zum Angriff ein. Es gelang, den Feind am Nachmittag vollkommen aus unseren Stellungen zu werfen; ein abends einsetzender neuer] Vorstoß der Franzosen brach im Infanteriefeuer zusammen, der zurückflutende Feind erlitt sehr erhebliche Verluste.

Bei Serre (südöstlich Hebuterne) sind wir aus unseren rück- wärtigen Stellungen wieder im Vorgehen.

An der Dubissa in Gegend Zoginie und Betygola mißlangen russische Vorstöße.

Nördlich Prasznysz griffen unsere Truppen an, stürmten eine russische Stellung und nahmen 150 Gefangene, einige Maschinen- gewehre und Minenwerfer.

An der Rawka halbwegs Bolimow—Sochaczew brachen wir in die feindliche Stellung ein. Bis jetzt wurden 500 Russen gefangen.

Östlich Przemysl ist die Lage unverändert.

Die Armee des Generals von Linsingen hat den von Norden her gegen ihren Flügel vorgehenden Feind angegriffen; Zurawno, das vor dem Anmarsch russischer Kräfte vorgestern geräumt worden war, ist wieder genommen und der Gegner in die Brückenköpfe bei Mlyniska (nordwestlich Zurawno) und Zydaczew zurückgeworfen. Feindliche Angriffe bei Halicz und auf Stanislau wurden abgewiesen.

Oberste Heeresleitung.

Die amerikanische Note. Berlin, 12. Juni.

Die gestern von dem hiesigen Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika im Auswärtigen Amt überreichte Mitteilung vom 10. d. M. lautet in Übersetzung:

Euerer Exzellenz Ersuchen entsprechend habe ich nicht verfehlt, meiner Regierung unmittelbar nach Empfang Ihre in Beantwortung meiner Note vom 15. Mai an mich gerichtete Note vom 28. Mai zu übermitteln, desgleichen Ihre ergänzende Note vom |. Juni, die die Schlußfolgerungen darlegt, zu denen die Kaiserlich Deutsche Regierung bisher in der Frage des Angriffs gegen die amerikanischen Dampfer „Cushing“ und ,,Gulflight,,

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gelangt ist. Ich bin jetzt von meiner Regierung beauftragt worden, als Erwiderung nachstehendes mitzuteilen:

Die Regierung der Vereinigten Staaten vermerkt mit Befriedigung, daß die Kaiserlich Deutsche Regierung bei Erörterung der Fälle „Cushing“ und „Gulflight“ den Grundsatz voll anerkennt, wonach alle Teile der offenen See für neutrale Schiffe frei sind, und daß die Kaiserlich Deutsche Regierung aufrichtig gewillt ist, ihre Verbindlichkeit anzuerkennen und auszuführen, wenn die Tatsache eines Angriffs auf neutrale Schiffe, „die sich keiner feindlichen Handlung schuldig gemacht haben“, durch deutsche Flieger oder Kriegsschiffe genügend nachgewiesen ist; die Regierung der Vereinigten Staaten wird der Kaiserlich Deutschen Regierung, ihrem Er- suchen entsprechend, seinerzeit das vollständige Material über den Angriff auf den Dampfer „Cushing“ unterbreiten.

Was die Versenkung des Dampfers „Falaba“ betrifft, durch die ein amerikanischer Bürger sein Leben verloren hat, so ist die Regierung der Vereinigten Staaten erstaunt, von der Kaiserlich Deutschen Regierung die Auffassung vertreten zu sehen, daß das Bestreben eines Handelsschiffes, sich der Kaperung zu entziehen und Hilfe herbeizurufen, etwas an der Verpflichtung des die Kaperung anstrebenden Offiziers in bezug. auf die Sicherheit des Lebens der an Bord befindlichen Passagiere ändern soll, auch wenn das Schiff im Augenblick der Torpedierung seinen Flucht- versuch bereits aufgegeben hatte. Dies sind keine neuen Umstände. Staatsmänner und Kenner des internationalen Rechts hatten sie während der ganzen Entwicklung des Seekriegsrechts vor Augen, und die Regierung der Vereinigten Staaten ist nicht der Ansicht, daß diese Umstände jemals so aufgefaßt worden seien, als könnten sie etwas an den Grundsätzen der Menschlichkeit ändern, auf denen die amerikanische Regierung von je bestanden hat. Lediglich tatsächlicher gewaltsamer Widerstand oder fort- gesetztes Bestreben eines Handelsschiffes, zu entfliehen, nachdem der Befehl zum Anhalten zwecks Durchsuchung ergangen ist, hat nach der bisherigen Anschauung das Leben der Passagiere und Mannschaft verwirkt. Die Regierung der Vereinigten Staaten nimmt jedoch nicht an, daß die Kaiserlich Deutsche Regierung sich in diesem Falle ihrer Verpflichtung entziehen will, sondern nur die Umstände darzulegen wünscht, die den Kommandanten des Unterseeboots veranlaßten, sich bei seinem Vorgehen ein so eiliges Verfahren zu erlauben.

Euerer Exzellenz Note weist bei der Erörterung der Verluste von amerikanischen Menschenleben anläßlich der Versenkung des Dampfers „Lusitania“ mit ziemlicher Ausführlichkeit auf gewisse Nachrichten hin, die der Kaiserlich Deutschen Regierung hinsichtlich d@s Charakters und der Ausrüstung dieses Schiffes zugegangen sind, und Euere Exzellenz geben der Befürchtung Ausdruck, daß diese Nachrichten nicht zur Kenntnis der Regierung der Vereinigten Staaten gelangt sein könnten. In der Note wird behauptet, daß die „Lusitania“ zweifellos bewaffnet gewesen sei, im besonderen versteckte Geschütze geführt habe, daß sie mit ausgebildeter Bedienungsmannschaft für die Geschütze und besonderer Munition ver- sehen gewesen sei, Truppen von Kanada befördert, eine Ladung an Bord

573

gehabt habe, die nach den Gesetzen der Vereinigten Staaten für ein Schiff, das auch Passagiere befördert, nicht zulässig gewesen sei, und daß sie ihrem Wesen nach als Hilfsschiff der englischen Seestreitkräfte gedient habe. Glücklicherweise sind dies Angelegenheiten, bezüglich deren die Regierung der Vereinigten Staaten in der Lage ist, der Kaiserlich Deutschen Regierung amtliche Aufklärung zu geben. Falls die in Euerer Exzellenz Note angeführten Tatsachen zuträfen, wäre die Regierung der Vereinigten Staaten verpflichtet gewesen, davon amtlich Kenntnis zu nehmen in Aus- übung ihrer anerkannten Pflicht als neutrale Macht und in Anwendung ihrer nationalen Gesetze. Es wäre ihre Pflicht gewesen, darauf zu achten, daß die „Lusitania“ für ein angriffsweises Vorgehen nicht bewaffnet war, daß sie keine Ladung führte, die durch die Gesetze der Vereinigten Staaten verboten war, und daß sie, wenn sie tatsächlich ein englisches Flottenschiff war, keine Klarierungspapiere als Handelsschiff erhalten durfte. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat diese Pflicht erfüllt und ihre Gesetze mit gewissenhafter Wachsamkeit durch ihre ordnungs- gemäß bestellten Beamten zur Anwendung gebracht. Sie ist deshalb in der Lage, der Kaiserlich Deutschen Regierung zu versichern, daß diese falsch informiert war. Sollte die Kaiserlich Deutsche Regierung der Auf- fassung sein, daß sie überzeugende Beweise besitzt, wonach die Beamten der Regierung der Vereinigten Staaten ihre Pflicht nicht gründlich erfüllt haben, so gibt sich die Regierung der Vereinigten Staaten der aufrichtigen Hoffnung hin, daß die Kaiserlich Deutsche Regierung dieses Beweismaterial zur Prüfung unterbreiten wird.

Was immer auch die Behauptung der Kaiserlich Deutschen Regierung hinsichtlich der Beförderung von Kriegskonterbande an Bord der „Lusitania“ oder hinsichtlich der Explosion dieses Materials durch den Torpedoschuß sein möge, so braucht nur gesagt zu werden, daß nach Ansicht der amerikanischen Regierung diese Behauptungen für die Frage der Gesetz- mäßigkeit des von den deutschen Marinebehörden bei Versenkung des Schiffes angewandten Verfahrens unerheblich sind.

Allein die Versenkung von Passagierdampfern berührt Grundsätze der Menschlichkeit, denen gegenüber die besonderen einzelnen Umstände, die in den Versenkungsfällen mitsprechen könnten, in den Hintergrund gedrängt werden, Grundsätze, die eine solche Versenkung, wie die Kaiserlich Deutsche Regierung zweifelsohne ungesaumt erkennen und anerkennen wird, aus der Reihe der gewöhnlichen Gegenstände diplo- matischer Erörterung oder internationaler Streitfragen herausheben. Was immer die sonstigen Tatsachen im Falle der „Lusitania“ sein mögen, die Hauptsache bleibt, daß ein großer Dampfer, der in erster Linie und vor- zugsweise als Beförderungsmittel für Passagiere diente und über tausend Menschen beförderte, die keinerlei Anteil an der Kriegführung hatten, torpediert und versenkt wurde ohne geringsten Anruf oder Warnung, und daß Männer, Frauen und Kinder unter Umständen, für die es in der modernen Kriegführung kein Beispiel gibt, in den Tod gesandt wurden. Die Tatsache, daß mehr als hundert amerikanische Bürger unter denen waren, die zugrunde gingen, macht es der Regierung der Vereinigten

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Staaten zur Pflicht, von diesen Dingen zu sprechen ınd erneut mit feier- lichem Nachdruck die Aufmerksamkeit der Kaiserlich Deutschen Regierung auf die schwere Verantwortung zu lenken, die sie nach Ansicht der Regierung der Vereinigten Staaten bei dieser tragischen Begebenheit auf sich geladen hat, und auf den unanfehtbaren Grundsatz, worauf diese Verantwortung beruht.

Die Regierung der Vereinigten RE bemüht sich um etwas Größeres als bloße Eigentumsrechte oder Handelsprivilegien. Sie bemüht sich um nichts weniger Erhabenes und Heiliges als die Rechte der Menschlichkeit, durch deren Achtung sich jede Regierung ehrt und auf die keine Regierung im Interesse der in ihrer Obhut und Gewalt Befind- lichen verzichten darf. Nur tatsächlicher Widerstand gegenüber der Kaperung oder die Weigerung, anzuhalten, wenn dies zu Durchsuchungs- zwecken befohlen war, hatte dem Führer des Unterseeboots eine Be rechtigung geben können, das Leben der an Bord Befindlichen in Gefahr zu bringen. Die Regierung der Vereinigten Staaten ist der Ansicht, daß die ausdrücklichen, am 3. August 1914 durch die Kaiserlich Deutsche Admiralitat an ihre Seeoffiziere erlassenen Instruktionen diesen Grundsatz anerkannt und zur Geltung gebracht haben, wie dies auch die Prisen- ordnungen aller anderen Nationen tun, und jeder Reisende und Seemann hatte ein Recht, sich darauf zu verlassen. Auf diesem Grundsatz der Menschlichkeit sowohl als auf dem Gesetze, das sich darauf gründet, müssen die Vereinigten Staaten bestehen.

Die Regierung der Vereinigten Staaten nimmt mit Vergnügen wahr, daß Euerer Exzellenz Note mit der Andeutung schließt, daß die Kaiserlich Deutsche Regierung jetzt wie vorher geneigt ist, die guten Dienste der Vereinigten Staaten anzunehmen bei dem Versuch, mit der Regierung von Großbritannien zu einer Verständigung über eine Änderung des Charakters und der Bedingungen des Seekrieges zu gelangen. Die Re gierung der Vereinigten Staaten würde es als einen Vorzug betrachten, auf diese Weise ihren Freunden und der Welt einen Dienst leisten zu können. Sie ist jederzeit bereit, jeder der beiden Regierungen Andeutungen oder Änregungen zu übermitteln, die die andere zu übermitteln wünscht, und ladet die Kaiserlich Deutsche Regierung herzlich ein, von ihren Diensten in dieser Richtung nach Belieben Gebrauch zu machen. Die ganze Welt wird mitbetroffen von allem, was auch nur einen teilweisen Ausgleich der Interessen herbeizuführen oder irgendwie die Schrecken des gegenwärtigen unseligen Konflikts zu mildern geeignet ist.

Welche Vereinbarung auch immer zwischen den kriegführenden Parteien glücklich getroffen werden mag und was immer nach Ansicht der Kaiserlich Deutschen Regierung in der Vergangenheit für die Hand- lungsweise ihrer Seebefehlshaber als Herausforderung oder als verhältnis- mäßige Rechtfertigung in Betracht kommen mag, die Regierung der Ver- einigten Staaten erwartet zuversichtlich, daß die Gerechtigkeit und Mensc- lichkeit der deutschen Regierung in allen Fällen, wo Amerikaner geschädigt oder ihre Rechte als Neutrale verletzt worden sind, zur Geltung gebracht werden wird.

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Die Regierung der Vereinigten Staaten erneut deshalb ernstlichst und feierlichst die Vorstellungen, die sie in ihrer Note an die Kaiserlich Deutsche Regierung vom 15. Mai erhoben hat, und stützt sich bei diesen Vorstellungen auf die Grundsätze der Menschlichkeit, die allgemein an- erkannten Anschauungen des internationalen Rechts und die alte Freund- schaft mit dem deutschen Volk.

Die Regierung der Vereinigten Staaten kann nicht zugeben, daß die Proklamierung einer Kriegszone, vor der neutrale Schiffe gewarnt worden sind, irgendwie als eine Verkürzung von Rechten amerikanischer Schiffs- eigentümer oder amerikanischer Bürger ausgelegt werden kann, die sich auf erlaubten Reisen als Passagiere an Bord von Handelsschiffen einer kriegführenden Macht befinden. Sie glaubt nicht, daß die Kaiserlich Deutsche Regierung diese Rechte in Frage stellt. Sie glaubt auch, daß die Kaiserlich Deutsche Regierung als außer Zweifel stehend die Grund- sätze annimmt, daß Leben von Nichtkämpfern gesetz- oder rechtmäßig nicht in Gefahr gebracht werden dürfen durch Kaperung oder Zerstörung eines Handelsschiffes, das keinen Widerstand leistet, und daß die Kaiserlich Deutsche Regierung die Verpflichtung anerkennt, die notwendige Vorsicht anzuwenden bei der Feststellung, ob ein verdächtiges Handelsschiff tat- sächlich einer kriegführenden Nation angehört oder tatsächlich Kriegs- konterbande unter neutraler Flagge führt. Die Regierung der Vereinigten Staaten darf deshalb erwarten, daß die Kaiserlich Deutsche Regierung die notwendigen Maßnahmen ergreifen wird, um diese Grundsätze hin- sichtlich der Sicherung amerikanischer Leben und amerikanischer Schiffe zu verwirklichen, und bittet um die Zusicherung, daß dies geschehen wird.

Ich benutze diesen Anlaß, um Euerer Exzellenz die Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung zu erneuern.

gez. James W. Gerard.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 13. Juni.

Bei Nieuport, Dixmuiden, nördlich Arras und bei Herbuterne fanden Artilleriekampfe statt. Schwächliche Angriffsversuche des Gegners in den Dünen wurden abgewiesen. Südöstlich Herbuterne sind Infanteriegefechte im Gange.

Die militärischen Anlagen von Luneville wurden mit Bomben belegt.

Nordwestlich von Szawle machten unsere Angriffe gute Fort- schritte, Kuze wurde im Sturm genommen, feindliche Gegenstöße scheiterten. 8 Offiziere, 3350 Mann und 8 Maschinengewehre waren unsere Beute.

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Südöstlich der Straße Mariampol—Kowno haben die Kämpfe gegen von Süden herangekommene russische Verstärkungen erneut begonnen.

Nördlich Prasznysz wurden weitere 150 Gefangene gemacht.

Unserem Einbruch in die feindlichen Linien nördlich Bolimow folgten in der Nacht russische Gegenangriffe, die sämtlich erfolglos blieben. Die gewonnenen Stellungen sind fest in unserer Hand. Unsere Beute stieg an dieser Stelle auf 1660 Gefangene, 8 Geschütze (darunter 2 schwere) und 9 Maschinengewehre.

Der Brückenkopf von Sieniawa wurde gestern wiedergenommen; der Gegner ließ 5000 Gefangene in unserer Hand. Nächtliche Gegenangriffe des Feindes scheiterten. Auch östlich Jaroslau und östlich Przemysl lebt der Kampf wieder auf. Die Truppen des Generals von Linsingen haben Miyniska genommen; der Angriff

auf Zydaczow ist im Fortschreiten. Oberste Heeresleitung.

Italienischer Kriegsschauplatz.

Am Isonzo fanden in den beiden letzten Tagen namentlich bei Plava ernstere Gefechte statt. Der dort am 11. Juni von der Brigade Ravenna unternommene Versuch, die östlichen Uferhöhen zu gewinnen, endete mit dem Rückzuge dieses Feindes. Gestern früh überschritten die Italiener erneut den Fluß. Nach heftigen Kämpfen gelang es unseren Truppen, den sich fortwährend verstärkenden Feind zurüc- zuwerfen und die eigenen Stellungen, vor denen über 400 tote Italiener liegen, fest in der Hand zu behalten.

Im Kärntner und im Tiroler Grenzgebiete dauern die Geschütz-

kämpfe fort. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 12. Juni.

l Das Hauptquartier teilt mit: An der Kaukasusfront hatten die Russen, die am 9. Juni durch unsere Gegenangriffe bei ihrem Vorrücken in Richtung Olty zurückgeworfen waren, bei diesem Zusammenstoß ungefähr 1000 Mann verloren. Zwei Offiziere und eine Anzahl Soldaten wurden von uns gefangen genommen.

An der Dardanellenfront versuchte der Feind bei Ari Burun in der Nacht vom 9. zum 10. Juni nach Mitternacht Angriffe gegen unseren rechten

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Flügel auszuführen. Er wurde mit schweren Verlusten zurückgeworfen. Die Operation, die in derselben Nacht bei Sedd-ul-Bahr durch einen Teil des Feindes ausgeführt wurde in der Absicht, sich unserem linken Flügel zu nähern, blieb infolge unseres Feuers erfolglos. Am Morgen des 11. Juni zerstörten wir ein Maschinengewehr, das die Flucht des Feindes deckte, der sich auf diesem Flügel befand. Wir sahen einen Teil der feindlichen Truppen ihre Laufgräben verlassen, um sich weiter zu flüchten. Am ll. Juni blieb das zeitweise unterhaltene Feuer bei Sedd-ul-Bahr und Ari Burun _ weiter im Gange. Unsere anatolischen Batterien beschossen am 10. Juni bei Sedd ul Bahr Transporte, Lagerstätten und Landungsbrücke des Feindes. Das Feuer, das die genannten Batterien auf die feindliche Artillerie westlich von Hissarlik richteten, war sehr wirksam. | Von den übrigen Kriegsschauplätzen ist nichts zu melden.

Konstantinopol, 13. Juni.

Das Große Hauptquartier meldet von der Dardanellenfront: In der Nacht vom I]. zum 12. Juni wurde der Feind, der mehrmals bei Sedd-ul- Bahr unseren rechten Flügel anzugreifen versuchte, unter beträchtlichen Verlusten für ihn nach seinen alten Stellungen zurückgeworfen. Am Morgen des 12. Juni verschwendete die feindliche Artillerie bei Ari Burun eine große Menge von Geschossen, ohne irgendeine Wirkung zu erzielen. Unsere anatolischen Küstenbatterien beschossen gestern auch mit Erfolg die feindlichen Stellungen. Von den übrigen Kriegsschauplätzen ist nichts zu melden.

Der Aufruf Bryans. Washington, 14. Juni.

In einem Aufruf an die Deutsch-Amerikaner betont Bryan, daß Wilson für den Frieden sei. Bryan schlägt eine internationale Vereinbarung vor, die den Transport von Munition auf Passagier- dampfern verbietet. Er ist anderer Meinung als Wilson hin- sichtlich der Politik, die gegenüber der Einmischung Englands in die Rechte des neutralen Handels einzuschlagen sei. Bryan war der Ansicht, daß die Note, die die Alliierten erneut auffordert, den amerikanischen Handel nicht zu behelligen, gleichzeitig mit der Note an Deutschland abgesandt werden sollte.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 14. Juni. Auf der Front zwischen Lievin und Arras erlitten die Franzosen eine schwere Niederlage. Nachdem im Laufe des Tages mehrmals die zum Vorgehen bereitgestellten feindlichen Sturmkolonnen durch

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unser Artilleriefeuer vertrieben waren, setzten gegen Abend zwei starke feindliche Angriffe in dichten Linien gegen unsere Stellungen beiderseits der Lorettohöhe sowie auf der Front Neuville—Roclin- court ein. Der Gegner wurde überall unter schweren Verlusten

eworfen. Sämtliche Stellungen sind voll in unserem Besitz geblieben.

Schwachere Angriffe des Feindes am Yserkanal wurden ab- geschlagen. Südöstlich Hebuterne haben die Infanteriegefochte zu keinem nennenswerten Ergebnis geführt. Vorstöße gegen die von uns eroberten Stellungen in der Champagne wurden im Keime erstickt.

In der Nahe von Kuzowimia nordwestlich Szawle wurden einige feindliche Stellungen genommen und dabei 3 Offiziere und 300 Mann zu Gefangenen gemacht.

Südöstlich der Straße Mariampol—Kowno erstürmten unsere Truppen die vorderste russische Linie, 2 Offiziere, 313 Mann waren hier die Beute.

Die Armee des Generaloberst von Mackensen ist in einer Breite von 70 Kilometer aus ihren Stellungen zwischen Czerniawa (nordwestlich Mosziska) und Sieniawa zum Angriff vorgegangen. Die feindlichen Stellungen sind auf der ganzen Front gestürmt, 16000 Gefangene fielen gestern in unsere Hand.

Auch die Angriffe der Truppen des Generals von der Marwitz und des Generals von Linsingen machten Fortschritte.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 15. Juni.

Die Franzosen holten sich gestern eine neue Niederlage. Trotz der am 13. Juni erlittenen schweren Verluste setzten sie ihren Durchbruchsversuch auf der Front Liévin—Arras mit großer Zähigkeit fort. Die mit einem ungeheueren Munitionsaufwand vorbereiteten und in dichten Wellen vorgetragenen französischen Angriffe brachen abermals in dem Feuer unserer braven Truppen unter den schwersten Verlusten für den Feind ausnahmslos zu- sammen.

Nordwestlich von Moulin-sous-Touvent (nordwestlich von Soissons) gelang es uns noch nicht, die am 6. Juni verlorenen Grabenstücke wiederzunehmen.

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In der Champagne nördlich von Perthes und von Le Mesnil lebte der Kampf stellenweise wieder auf, ohne daß der Feind einen Vorteil zu erringen vermochte.

Am Sonntag wurde die Kirche in Leffinghe südwestlich von Ostende während des bürgerlichen Gottesdienstes von feindlicher Artillerie beschossen; ınehrere belgische Zivilpersonen wurden verletzt.

Gestern ist die offene Stadt Karlsruhe, die in keinerlei Be- ziehung zum Kriegsschauplatz steht und nicht die geringste Be- festigung aufweist, von einem feindlichen Flugzeuggeschwader mit Bomben beworfen worden; soweit bisher bekannt, fielen 11 tote und 6 verwundete Bürger dem Überfall zum Opfer; militärischer Schaden konnte natürlich nicht angerichtet werden. Von einem unserer Kampfflugzeuge wurde ein Flugzeug aus dem feindlichen Geschwader herausgeholt; die Insassen sind tot. Ein anderes feindliches Flugzeug wurde bei Schirmeck zum Landen gezwungen.

Westlich Szawle sturmten deutsche Truppen das Dorf Dauksze und wiesen danach mehrere von zwei bis drei russischen Regi- mentern geführte Gegenangriffe ab. 4 Offiziere, 1660 Mann wurden gefangengenommen.

Unsere neugewonnenen Stellungen südlich und östlich der Straße Mariampol—Kowno wurden gestern wiederholt von starken feindlichen Kräften vergeblich angegriffen.

Wir stießen aus der Front Lipowo—Kalwarja vor, drangen in die russischen Linien ein und eroberten die vordersten Graben.

Auch am Orzyc gelang es unseren angreifenden Truppen, das Dorf Jednorozec (südöstlich von Chorzele), die Czerwona Gora und die Brücke östlich davon im Sturm zu nehmen; bisher an dieser Stelle 325 gefangene Russen.

Feindliche Angriffe gegen unsere Einbruchsstellen ’nördlich von Bolimow scheiterten.

Dem in der Schlacht am 13. und 14. Juni von der Armee des Generaloberst von Mackensen geschlagenen Gegner ist es nicht gelungen, in seiner rückwärtigen vorbereiteten Stellung nord- westlich von Jawarow Fuß zu fassen. Der Feind wurde geworfen, wo er sich stellte. Die Beute mehrt sich. |

Durch die scharfe Verfolgung sind auch die russischen Truppen südlich der Bahn Przemysi—Lemberg zum Rückzug gezwungen.

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Truppen des Generals von der Marwitz nahmen gestern Moszisca.

Der rechte Flügel der Armee des Generals von Linsingen stürmte die Höhen westlich Jezupol; ihre Kavallerie erreichte die

Gegend südlich von Mariampol. | Oberste Heeresleitung.

Untergang des U 14. 5 Berlin, 15. Juni.

Nach einer Mitteilung des ersten Lords der Admiralitat im Unterhause vom 9. Juni ist Anfang Juni ein deutsches Unter- seeboot von den Englandern zum Sinken gebracht und die ge- samte Besatzung gefangengenommen worden.

Aus einer jetzt veröffentlichten Note der britischen Regierung uber die Behandlung der kriegsgefangenen Unterseeboots-Be- satzungen geht hervor, daß es sich um das deutsche Untersee- boot U 14 handelt.

Da dieses Boot von seiner letzten Unternehmung bisher nicht zurückgekehrt ist, muß es als verloren betrachtet werden.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 16. Juni.

Wieder einmal veranlaßt durch die russischen Niederlagen, griffen Franzosen und Engländer gestern an vielen Stellen der West- front mit starken Kräften an.

Den Engländern gelang es bei Ypern, unsere Stellung nördlidı des Deichs von Bellewaarde etwas zurückzudrücken. Es wird dort noch gekämpft. Dagegen sind zwei Angriffe von vier englischen Divisionen zwischen der Straße Estaires— La Bassée und dem Kanal von La Bassee vollkommen zusammengebrochen; unsere tapferen westfälischen Regimenter und dort eingetroffene Teile der Garde wiesen den Ansturm nach erbitterten Nahkämpfen restlos ab. Der Feind hatte schwere Verluste; er ließ mehrere Maschinengewehre und einen Minenwerfer in unserer Hand. An die Stellungen der mit größter Zähigkeit sich behauptenden Badener bei der Loretto- höhe wagte sich der Feind nach seinen Niederlagen am 13. und 14. Juni nicht wieder heran.

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Bei Moulin-sous-Touvent ist der Kampf noch im Gange. Ein feindlicher Durchbruchsversuch in den Vogesen zwischen den Bach- talern der Focht und Lauch scheiterte; dort wird nur noch nord- westlich von Metzeral und am Hilsenfirst gekämpft; im übrigen sind die Angriffe schon jetzt abgeschlagen.

Russische Angriffe gegen die deutschen Stellungen am Dawina- abschnitt (südöstlich von Mariampol), östlich von Augustow und nördlich von Bolimow wurden abgewehrt.

Unser Vorstoß auf der Front Lipowo—Kalwarja gewann weiteren Boden. Mehrere Ortschaften wurden genommen, 2040 Gefangene und drei Maschinengewehre erbeutet.

Nördlich der oberen Weichsel wiesen die Truppen des General- oberst von Woyrsch russische Angriffe gegen Stellungen ab, die wir am 14. Juni den Russen entrissen haben.

Die geschlagenen russischen Armeen versuchten gestern auf der ganzen Front zwischen dem San nördlich von Sieniawa und den Dnjestrsümpfen östlich von Sambor die Verfolgung der ver- bündeten Armeen zum Stehen zu bringen. Am Abend waren sie überall aus ihren Stellungen bei Cieplice (nördlich von Sieniawa) südwestlich Lubaczow—Zawadowka-Abschnitt (südwestlich Nie- mirow) westlich Jaworow westlich Sadowa—Wisznia nach hartem Kampf geworfen. Es wird verfolgt.

Die Armee des Generaloberst von Mackensen hat' seit dem 12. Juni über 40 000 Mann gefangen genommen und 69 Maschinen- gewehre erbeutet.

Zwischen den Dnjestr-Sumpfen und Zurawno haben die Russen etwas Raum gewonnen; die Gesamtlage ist dort unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. | Wien, 16. Juni.

In Galizien konnten die Russen dem allgemeinen Angriff der verbündeten Armeen trotz zähester Gegenwehr nicht standhalten. Von unseren siegreichen Truppen hart verfolgt, weichen die Reste der geschlagenen russischen Korps über Cewkow, Lubaczow und Jaworow zurück.

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Südlich der Lemberger Straße hat die Armee Böhm-Ermolli heute nacht die russischen Stellungen auf der ganzen Front erstürmt und den Feind über Sadowa—Wisznia und Rudki zurückgeworfen.

Südlich des Dnjestr wird im Vorfelde der Brückenköpfe gekämpft, Truppen der Armee Pflanzer haben gestern früh Nizniow genommen.

Die bisherigen Schlachten und Gefechte des Monats Juni haben reiche Beute eingebracht. Vom |. bis 15. dieses Monats ergibt sich als Gesamtsumme: 108 Offiziere, 122 300 Mann gefangen, 53 Geschütze, 187 Maschinengewehre und 58 Munitionswagen erbeutet.

Die Italiener versuchten neue vereinzelte Vorstöße, wurden aber allenthalben abgewiesen; so am Isonzo bei Monfalcone, Sagrado und Plava, an der Kärntner Grenze in der Gegend östlich des Plöcken, im Tiroler Grenzgebiete bei Peutelstein.

Der Stellvertreter des Chefs des” Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Angriff französischer Flieger auf Karlsruhe. Berlin, 17. Juni.

In ihrem amtlichen Bericht vom 15. Juni abends brüstet sich die französische Heeresleitung mit dem bekannten Fliegerangriff auf Karls- ruhe, den sie als Vergeltungsmaßregel für die Beschießung offener fran- zosischer und englischer Städte hinstellt. Dieser Begründung des fran- zösischen Angriffs ist die Tatsache entgegenzuhalten, daß von deutscher Seite nur befestigte Punkte und solche im Operationsgebiet liegenden Orte beschossen worden sind, die mit dem Kriege unmittelbar in Zu- sammenhang standen. Überall, wo es sich dabei um offene Städte ge- handelt hat, waren unsere Ängriffe nur die Vergeltung für gleichartige Maßnahmen unserer Gegner. Wir haben darauf in unseren Berichten auch in jedem Falle ausdrücklich hingewiesen.

Daß die Begründung des französischen Vorgehens somit der Wahr- heit widerspricht, wird niemand in Erstaunen setzen, der die Berichte unserer Gegner kritisch zu lesen pflegt. Neu ist dagegen die brutale Offenheit, mit der die feindliche Heeresleitung eingesteht, daß sie ihren Fliegern eine fern vom Kriegsschauplatz gelegene friedliche Stadt be- zeichnet hat, in der gerade den Franzosen vor dem Kriege so vielfach gastfreundliches Entgegenkommen erwiesen worden ist.

Militärische Gründe können dieses Verhalten nicht rechtfertigen, denn der einzige Verlust, den der Angriff unserer Kriegsmacht zugefügt hat, besteht in der Verwundung dreier in Lazarettpflege befindlicher Sol- daten. Die abseits von der Stadt gelegene Munitionsfabrik, deren mili- tarische Bedeutung übrigens nicht allzu groß ist, hat bis auf die Beschãdi- gung eines Baugerüstes nicht gelitten. Obwohl sie als Angriffsziel sehr leicht erkennbar war, ist sie doch nur mit wenigen Bomben belegt worden.

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Schon daraus geht hervor, daß es den Franzosen gar nicht auf die Gewinnung eines militärischen Vorteils angekommen ist. Mit noch weit größerer Deutlichkeit ergibt sich diese Tatsache aber aus dem Umstande. daß den feindlichen Fliegern nach dem amtlichen Eingeständnis der Fran- zosen besonders das Residenzschloß als Ziel bezeichnet worden ist. Man hat im Lager unserer durch Spionage so gut unterrichteten Gegner zweifellos genau gewußt, daß das Schloß außer der ehrwürdigen Großherzogin Luise seit mehreren Wochen die Königin von Schweden beherbergte. Die An- wesenheit dieses einem neutralen Herrscherhause angehörenden hohen Gastes hat die französischen Flieger jedoch nicht davon zurückgehalten, gerade das Schloß besonders heftig anzugreifen und auch in der Tat er- heblich zu beschädigen. Wie groß die Gefahr für die Königin gewesen ist, zeigt unter anderem die Tatsache, daß mehrere Sprengstücke in das Zimmer der schwedischen Baronin Hochschild geflogen sind. Auch die Kinder des Prinzen Max von Baden, über deren Schlafgemach eine Bombe das Dach zertrümmert und die Decke eingeschlagen hat, sind nur mit knapper Not dem Tode entgangen. Unter der Bürgerschaft hat der Überfall, wie bekannt, an Toten und Verwundeten insgesamt 84 Opfer gefordert. Wir können den Angriff nach diesem Ergebnis und nach der den feindlichen Fliegern erteilten dienstlichen Anweisung über die An- griffsziele nicht als eine militärische Unternehmung, sondern nur als ein Verbrechen bezeichnen, dessen Roheit von der wirklichen Höhe der viel- bewunderten französischen Kultur beredtes Zeugnis ablegt.

Zur Kriegslage.

~: Großes Hauptquartier, 17. Juni. Nordlicha des Teiche von Bellewaarde= wurden die vorgestern verlorenen Grabenstücke zum größten Teil zurückerobert.‘

Die Engländer und Franzosen setzten gestern ihre Durchbruchs- versuche fort. Nördlich des Kanals von La Bassee wurden die Engländer von Westfalen und Sachsen im Handgemenge überwaltigt und zu beschleunigtem Rückzuge in ihre Stellungen gezwungen. Gegen die Front von westlich Lievin bis Arras richteten die Franzosen fortgesetzt neue Angriffe. An der Lorettohöhe wurde ihnen ein völlig zerschossener Graben überlassen, südlich Souchez gelang es ihnen, in unserer Stellung in einer Breite von etwa 600 m Fuß zu fassen; dort wird noch gekämpft. An allen anderen Stellen wurden sie blutig abgewiesen. Die unter größtem Munitions- einsatz und ohne Rücksicht auf die schwersten Verluste geführten Angriffe haben somit wiederum mit einer Niederlage der Fran- zosen und Engländer geendet. Die für uns siegreichen Nahkämpfe

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legen erneut Zeugnis ab von der glänzenden Tapferkeit und un- erschütterlichen Ausdauer unserer Truppen.

Mit dem gleichen Mißerfolg endeten französische Angriffe bei Moulin-sous-Touvent. Wir nahmen dort 5 Offiziere und 300 Franzosen gefangen.

In den Vogesen dauerten die lebhaften Kämpfe zwischen Fecht- und Lauchtal gestern noch an, kamen aber am Abend zum Stillstand. Abgesehen von einem kleinen Geländeverlust nord- westlich Metzeral haben wir alle unsere Stellungen behauptet. 100 Gefangene fielen in unsere Hände.

Mehrere russische Angriffe wurden abgewiesen. Sonst keine besonderen Vorkommnisse.

Nördlich Sieniawa zwangen die Angriffe der verbündeten Truppen die Russen zur Aufgabe ihrer Stellung und zum Rüc- zuge auf Tarnogrod.

Die Armee des Generaloberst von Mackensen drängte in scharfer Verfolgung dem Feinde nach. Dachnow und Lubaczow wurden gestürmt, das südliche Smolinka-Ufer wurde vom Gegner gesäubert, bei Niemirow der russische Widerstand schnell ge- brochen, die Straße Niemirow—Jaworow überschritten. Weiter südlich gingen die Russen gegen die Wereszyca zurück.

Südöstlich der Dnjestrsumpfe ist die Lage unverändert.

Die Behauptung im amtlichen französischen Bericht vom 16. Juni 11 Uhr abends, daß die Kathedrale von Reims mit Brand- granaten beschossen worden sei, ist unwahr. Unser Feuer richtete sich vielmehr gegen die Ostkasernen, sowie gegen die Batterien im Gleisdreieck nördlich von Reims, die sehr lebhaft auf unsere Stellungen gefeuert hatten.

Luftangriff auf die Ostküste Englands. Berlin, 17. Juni.

In der Nacht vom 15. zum 16. Juni haben unsere Marineluftschiffe einen Angriff auf die Nordostküste Englands ausgeführt. Ein be- festigter Küstenplatz wurde mit Bomben beworfen, durch die eine Reihe industrieller Anlagen, darunter ein Hochofenwerk, in Brand gesetzt und zum Teil zerstört wurde. Die Luftschiffe wurden stark beschossen, besonders heftig von einer Strandbatterie. Letztere wurde angegriffen und zum Schweigen gebracht. Die Luftschiffe erlitten keinerlei Beschädigung. Der stellvertretende Chef des Admiralstabes

gez. Behncke.

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Der Bericht der Brycekommission über die „deutschen Greuel“ in Belgien.

Die Greuelgeschichten, die im Auslande gegen unsere Armee ver- breitet werden, wachsen wie eine Hydra. Schlagt man ihr einen Kopf ab, so erscheinen schnell ein paar neue an seiner Stelle, den giftigen Saft der Verleumdung überall ausbreitend.

Es ist den Engländern vorbehalten gewesen, das Meisterwerk auf diesem Gebiete zu liefern. Eine englische Kommission, von der Regierung eingesetzt, um die deutschen Greuel in Belgien zu untersuchen, hat jetzt ihren Bericht veröffentlicht. Der Bericht selber liegt hier noch nicht vor, wohl aber die Zeitungsauszuge, die das Unglaublichste enthalten, was jemals an Greuellügen veröffentlicht worden ist. Die in dem Berichte enthaltenen Angaben beruhen auf Zeugenaussagen, doch war es, wie die „Tim imes bemerkt, nötig, den Zeugen zu versprechen, ihre Identität nicht zu enthüllen, aus Furcht, daß sie oder ihre Freunde in Belgien vielleicht darunter zu leiden haben würden. In Deutschland und anderswo besteht die Gewohnheit, anonyme Briefe in den Papierkorb zu werfen. Richelet sagt: „Les lettres anonymes [marquent toujours de la part de celui qui les écrit un grand fonds de lâcheté et de bassesse.“ Wir wollen den belgischen Flüchtlingen den Umstand zugute halten, daß sie sich, um sich ihren Gastgebern gefällig zu erweisen, dazu haben pressen lassen, der- artige Aussagen zu machen, wie sie in dem Kommissionsbericht auf- genommen sind; wir hätten aber von einer Nation, die noch einen Funken fair play und Gerechtigkeitssinn besitzt, erwartet, daß sie nicht zum Karner des Schmutzes und der Lüge macht, die in diesen Berichten angehäuft sind.

Die Erzählungen, die da einem gläubigen oder ungläubigen Publikum aufgetischt werden, übertreffen die berühmten Geschichten der englischen Wärterin Grace Hume um ein bedeutendes. Die englische Kommission wird die eine Genugtuung bei ihrem Werke gehabt haben, daß das, was sie geschrieben hat, nicht mehr übertroffen werden kann. Abgehackte Frauenbrüste, vergewaltigte und verstimmelte Babys, gekreuzigte Kinder, deutsche Soldaten, die auf Piken die abgeschlagenen Köpfe ihrer Feinde triumphierend durch die Straßen der belgischen Städte tragen, deutsche Brandkommandos, die unter der Devise „Gott mit uns“ zur planmäßigen Einäscherung der Häuser schreiten, gehören zu den Perlen dieses Schreckens- kabinetts,

Leider befolgen die Engländer nicht die Regel der Besitzer der Wachsfigurenkabinette, die ihre Schreckenskammer nur einem kleinen Publikum gegen Sondereintritt zugänglich machen. Sie vergiften die Ge- müter ihrer eigenen Kinder und ihres Volkes mit diesen Perversitäten, die lebhaft an die Berichte erinnern, die dieselben englischen Zeitungen über die Greuel der Belgier im Kongo zu einer Zeit veröffentlicht haben, als es die englische Politik noch verlangte, Greuel der Belgier zu melden und wenn nötig, mit frommem Augenaufschlag solche zu erfinden.

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Aus verschiedenen Angaben in dem Bericht merkt man heraus, daß es der Kommission wohl selber ein wenig bange gewesen ist bei ihrem Werke. “It was with amazement and almost with incredulity that the Committee first read the depositions relating to such acts.” („Mit Erstaunen und fast mit Unglaubigkeit hat die Kommission anfanglich die Aussagen über solche Handlungen gelesen”), heißt es an einer Stelle. Wir wundem uns nicht daruber, da8 die Kommission schlieBlich ihre Unglaubigkeit und ihr Erstaunen überwunden hat; es ist die britische Nationaltugend, der cant, der letzten Endes dabei den Ausschlag gegeben hat: „eine Kunst so tödlicher Art, daß sie die, welche sie üben, bis in die Seele hinein ertötet, indem sie über das Stadium bewußter Lüge hinaus zu einem Glauben an ihre eigenen Wahnvorstellungen führt und sie zu dem denkbar elendesten Zustande herunterbringt, dem, wo man aufrichtig unaufrichtig ist“ (Carlyle).

Traurig ist die Kommission nicht über die gräßlichen Tatsachen, die sie berichtet, traurig nicht über die bestialische Kriegführung der belgischen Freischärler, die in Hunderten von Fällen von eidlichen Zeugnissen deutscher Soldaten bekundet ist und die das deutsche Heer zu seinem Vorgehen wider seinen Willen gezwungen hat, traurig ist sie vielmehr nur da, wo sie “obvious difficulty in proving intention“ („eine unverkennbare Schwierig- keit in der Beweisführung“) gefunden hat. Schnell und glatt geht sie hin- weg über die Anlässe, die an einzelnen Orten die deutschen Soldaten zu einem Vorgehen gegen belgische Zivilisten gezwungen haben. „Wir haben keinen Grund zu glauben“ heißt es an einer Stelle —, „daß die Zivilbevölkerung von Dinant drohend eine Herausforderung begangen hat,“ an einer anderen: „Es wird gesagt, daß (in Aerschot) ein deutscher General oder Oberst in des Bürgermeisters Hause ermordet worden ist. Soweit die Kommission es ermitteln konnte, ist die Indentität dieses Offiziers niemals festgestellt worden.“

Wenn man dem gegenüberhält, daß es sich gerade in diesen beiden Fällen um Tatsachen handelt, die durch die genaue Untersuchung der deutschen Regierung, die in diesen Tagen der Öffentlichkeit übergeben werden wird, in ganz zweifelloser Weise festgestellt sind, so wird uns die englische Kommission nicht übelnehmen, wenn wir ihr unserseits er- widern, „wir haben keinen Grund zu glauben, daß die Lügen, die Ihr

mit der ausgesprochenen Absicht, zu verleumden, verbreitet, wahr sind.“

Wir möchten der englischen Regierung, die sich nicht scheut, dieses traurige Machwerk in die Welt hinauszuschicken, das Sprichwort ins Ce- dächtnis rufen: „Ein jeder kehre vor seiner Türe.“ Eine Regierung, die es duldet, daß in ihrer Hauptstadt, vor den Augen der Polizei, der wilde Mob Hunderte von wehrlosen Deutschen beraubt und plündert, eine Re- gierung, die die Konzentrationslager in Südafrika mit ihren Schrecknissen gegen Frauen und Kinder auf ihrem Gewissen hat, sollte nicht andere bezichtigen und es vermeiden, sich zum Anwalt eines Volkes zu machen, dessen Unglück sie zum größten Teile mit verschuldet hat. Sie sollte auf ihre eigene Geschichte zurückblicken und schweigen.

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Neue Beweise fiir Englands Flaggenbetrug. Berlin, 18. Juni.

Wie wir an maßgebender Stelle erfahren, hat am 14. Mai, vormittags, etwa 5 Seemeilen östlich des an der englischen Ostküste gelegenen Long- stoneleuchtturms ein unter norwegischer Flagge fahrender und mit nor- wegischen Nationalitätsabzeichen versehener englischer Dampfer auf eines unserer Unterseeboote einen glücklicherweise erfolglosen gemacht. Der Kommandant des Unterseebootes, der den Dampfer als norwegischen angesehen und daher unbehelligt gelassen hatte, konnte aus einer englischen Zeitung, die er einige Tage später einem von angehaltenen Fahrzeug abnahm, feststellen, daß der betreffende Dampfer ein englischer gewesen war, der die Flagge und Abzeichen Norwegens mißbraucht hatte, vermutlich, um sich auf gefahrlose Weise den von der britischen Admiralitat für die Vernichtung deutscher Unterseeboote aus- gesetzten Preis zu verdienen.

Ein zweiter, erheblich schwerer liegender Fall spielte sich am 10. Juni ab. An diesem Tage versuchte, ebenfalls beim Longstoneleuchtturm, ein Dampfer unter schwedischer Flagge und mit schwedischen Nationalitäts- abzeichen eines unserer Unterseeboote zu rammen, das nur mit Not dem Angriff entging. Dieser Dampfer arbeitete mit einem zweiten, ohne Flagge und Abzeichen fahrenden Dampfer und einem englischen Torpedobootszerstörer zusammen, stand somit im Dienste der englischen Kriegsmarine, und sollte augenscheinlich als Falle für unsere Untersee- boote dienen. Der Fall beweist, daß die britische Admiralität sich nicht scheut, den der englischen Handelsschiffahrt amtlich empfohlenen Mig- brauch neutraler Flaggen auch zu Kriegshandlungen auszunutzen.

Wie schwer England durch dieses Vorgehen die neutrale Schiffahrt, als deren Beschützerin es sich mit Vorliebe aufzuwerfen pflegt, gefährdet, bedarf keiner Erörterung.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 19. Juni.

Die Fortsetzung der Angriffe auf unsere Front nördlich von Arras brachte dem Feinde weitere Mißerfolge: nördlich des Kanals von La Baseée wurde ein englischer Vorstoß mühelos abgewiesen. Mehrere französische Angriffe an der Lorettohöhe, beiderseits Neuville und nordöstlich von Arras brachen zusammen. Wir säu- berten einige früher verlorene Grabenstücke vom Feinde.

In den Argonnen wurden örtliche Vorstöße des Gegners im Bajonettkampf abgewiesen. Die Kämpfe bei Vauquois haben zu keinem Ergebnis geführt.

Nordöstlich von Lunéville wurde der von den Franzosen be- festigte und besetzte Ort Embermenil überfallen und genommen.

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Nach Zerstörung aller französischen Verteidigungsanlagen gingen unsere Truppen unter Mitnahme von etwa 50 gefangenen fran- zösischen Jägern in ihre alten Stellungen zurück. In den Vogesen wird noch an einzelnen Stellen des Fechttales gekämpft. Am Hilsenfirst nahmen wir über 200 Franzosen gefangen.

In Gegend Szawle, am Dawina- und Szlawantaabschnitt wurden russische Vorstöße abgewiesen.

Stdwestlich von Kalwarja machten wir Fortschritte, das Dorf Wolkowizna wurde im Sturm genommen.

Die Russen sind westlich des San bis in Linie Zapuscie—Ula- now, östlich davon über die Tanew-Pauczka-Linie zurückgeworfen.

Die Grodek-Stellung wird angegriffen.

Die noch südlich des Dnjestr zwischen den Dnjestrsumpfen und dem Stryj stehenden Russen wurden angegriffen und nach Norden zuriickgedrangt. Die Angriffe werden fortgesetzt.

Oberste Heeresleitung.

Ein italienischer Panzer versenkt. Wien, 19. Juni. Amtlich wird verlautbart: Am 17. und 18. Juni haben mehrere

unserer Kreuzer und Torpedoeinheiten eine Streifung an der italieni- schen Küste von der Reichsgrenze bis Fano unternommen. Hierbei wurden die Semaphorstationen an der Tagliamentomündung und bei Pesaro, sowie die Eisenbahnbrücken bei Rimini über den Metauro- und Arcilafluß durch Geschützfeuer beschädigt, ein italienischer Panzer versenkt, dessen Bemannung geborgen. Sämtliche Einheiten sind wohlbehalten eingerückt. Flottenkommando.

Neues vom Feldmarschall Hindenburg.

Aus dem Großen Hauptquartier wird geschrieben:

Während die dem Oberbefehl des Generalobersten von Mackensen unterstellten deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen den großen Vorstoß in Galizien vorbereiteten und mit glänzendem Erfolg durchführten, hatten die Armeen des Feldmarschalls von Hindenburg die Aufgabe, in dem nördlichen Teil der gewaltigen Kampffront die errungenen großen Erfolge zu behaupten und zu erweitern. Durch die unmittelbare Bedro- hung Warschaus haben seine Truppen den Russen jede große Offensive verleidet, in den Masurischen Winterschlachten haben sie mit äußerster Anspannung der Kräfte das deutsche Land rein gefegt. Man muß in diesen schönen Frühsommertagen durch die ostpreußischen Grenzmarken gefahren sein, muß die wogenden Kornfelder rings um die traurigen Wahr- zeichen russischer Zerstörungswut gesehen haben, um ganz die Bedeutung jener großen Befreiungstaten mitempfinden zu können.

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10 Aber die Truppen des Generalfeldmarschalls durften und wollten nicht auf ihren Lorbeeren ruhen, so leicht gaben auch die zähen Russen ihren Ostpreußen-Hunger nicht auf. Unter Ausnutzung ihrer Menschen-

1 fülle versuchten sie zwar keine allgemeine Offensive, doch immer neue

* FEinzelvorstöße aus ihrer Verteidigungsstellung heraus. Sie hielten die

an Festungslinie am Narew, Bobr und Njemen und schickten Angriffskolonnen

namentlich aus Grodno und Kowno vor. Die Lust dazu ist ihnen mittler- iu weile vergangen. Die deutschen Truppen haben nicht nur alle Vorstöße blutig abgewiesen und sich in der Linie nördlich Prasznycz Augustow

z Suwalki Kalwarja Mariampol bis Sapiezyszki am Njemen hinauf fest-

gesetzt, sondern sind nördlich des Njemen selber mit einer überraschenden

Offensive weit in Feindesland eingedrungen. Dem kurzen russischen Raubzug nach Memel folgte bald der Einfall unserer Truppen in Kurland.

* Es war, als wollte Feldmarschall von Hindenburg der Welt ein Beispiel

und Gegenbeispiel zeigen, wie die Russen und wie die Deutschen solche

£ Unternehmungen aufassen und ausführen. Uber das Endziel dieser weit

ausgreifenden Operationen nördlich des Njemen sowie über die anderen

zurzeit noch im Gange befindlichen Bewegungen größeren Umfanges kann naturgemäß vor ihrem Abschluß nichts Näheres gesagt werden. Wohl aber darf man die Aufmerksamkeit auf die besondere Art der Kriegsführung lenken, die im Nordosten auch in Zeiten scheinbarer Ruhe die Führer und ihre Truppen lebhaft beschäftigt. Die Weite der Entfernungen, die -verhältnismäßig breite Frontausdehnung aller Verbände bei Freund und Feind, nicht zum mindesten auch die Eigenart des russischen Gegners er- möglichen dort oben selbständige Unternehmungen kleinerer Truppen- körper, wie sie auf anderen Kriegsschauplätzen ganz undenkbar wären. An der Narew Bobr- und Njemenfront haben solche Einzeloperationen während der letzten Monate in reicher Zahl stattgefunden. Sie traten neben den gewaltigen Kämpfen an anderen Stellen naturgemäß in den Hintergrund; dafür sind sie aber, wenn man genauer hinsieht, von hohem militärischen Interesse. Sie verlangen von den Führern in besonderem Maße Selbständigkeit und Entschlußfreudigkeit und stellen an die Truppen sehr bedeutende Anforderungen. Die überlegene Ausbildung des deut- schen Offiziers und Soldaten, die sich in dem langwierigen Stellungskriege an der Westfront so glänzend bewährt, kommt an der Ostfront auch im Bewegungskriege kleineren Umfanges zur erfolgreichen Geltung. Die meisten dieser Einzelunternehmungen sind nur mit deutschen Führern und Truppen, manche auch wohl nur einem Feinde wie dem russischen Gegner gegenüber möglich. | | Besonders wohlgelungene Beispiele dafür, wie sich des Feldmarschalls von Hindenburg Russenstrategie auf kleinere Verhältnisse übertragen läßt, hat in der letzten Zeit der General der Infanterie Litzmann mit den ihm unterstellten Truppen geliefert. Er hält nach näherer Andordnung des Generalobersten von Eichhorn fest die Wacht südlich des Njemen gegenüber der großen russischen Festung Kowno und dem befestigten Platz Olita. Die Front seiner Truppenaufstellung glaubten die Russen durchbrechen zu können. Aus dem großen Walde westlich von Kowno

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sandten sie Angriffskolonnen gegen den deutschen linken Flügel. General Litzmann aber holte schnell alles herbei, was an anderen Stellen entbehr- lich war, und schlug mit den Truppen, wie sie gerade ankamen manchen Verband erst auf dem Schlachtfelde formierend die Russen bei Szaki so gründlich, daß sie in den Wald zurückfluteten. In diesem unübersicht- lichen Gebiet aber wollte der deutsche General sie auch nicht vor seiner Front haben. Er beschloß, den ganzen Wald, bis zu dessen Ostrand die Kanonen der Festung Kowno reichen, vom Feinde zu saubern. Dazu zog er nochmals so viel Truppen als möglich nach links heran und leitete einen weitumfassenden Angriff ein. Von Süden her durchbrach eine starke Kolonne aus Mariam- pol und aus der Szeczupalinie die ausgebaute Verteidigungsstellung der Russen und ging auf die Südecke des großen Waldes vor, wo sie bei Dembowa Buda auf starken Widerstand stieß. Zugleich drang ein zweiter großer Truppenverband in den Nordteil des Waldes ein, und marschierte, rechtsschwenkend, auf mehreren Parallelwegen in südlicher Richtung. Fron- tal ging von West nach Ost, dann Südost, Kavallerie vor, die hier eine rein infanteristische Aufgabe vorzüglich löste, während eine zweite Ka- vallerieformation sich nicht von den Pferden zu trennen brauchte, sondern den Auftrag erhielt, auf dem äußersten linken Flügel am Njemen entlang vorzureiten und dem Feinde womöglich die Rückwege nach Kowno zu sperren. Es waren die glühend heißen Tage der zweiten Juniwoche, und in dem meilenweit ausgedehnten Tannenwalde herrschte bei völliger Wind- stille eine drückende Hitze. Aber der deutsche Siegeswille kannte kein Ermatten. Drei russische Stellungen, die in den Flußtälern des Waldes angelegt waren, wurden nacheinander von Norden her umfaßt und mußten aufgegeben werden. Die Russen erkannten die Gefahr des großen kon- zentrischen Angriffs und wehrten sich tapfer. Vor allem waren sie darum besorgt, die Rückmarschstraße nach Kowno möglichst lange frei zu halten. Wie unsere Südkolonne bei Dembowa Buda, die nun weiter an der Kow- noer Chaussee hinaufstrebte, so setzten sie der vom Njemen her um- fassenden Kavallerie hartnäckigen Widerstand entgegen und ließen in- zwischen nach Kowno enteilen, was noch flüchten konnte. Aber der Ring der deutschen schloß sich doch zu schnell. Als unsere unermüdlichen Kämpfer noch in der Nacht bis zum Bahnhof Koslowa Buda im südlichen Teil des Waldes vorstießen, fanden sie dort ein „schlafendes Heer“ annähernd 3000 Russen hatten sich erschöpft niedergelegt, um am nächsten Tage ein letztes Loch zum Entschlüpfen zu suchen. Nun wurden sie dieser Mühe enthoben; man führte sie ab in Gefangenschaft. Der große Wald war vom Feinde frei. Das war ein wohlverdienter Triumph, denn leicht sind Unternehmungen dieser Art wahrlich nicht. Das Hin- und Herwerfen der Verbände mit ständig wechselnden Befehlsverhältnissen erfordert größte Aufmerksamkeit und Anfassungsfähigkeit der Führer; der Nach- schub wird äußerst erschwert, vor allem aber muß die Truppe im Mar- schieren, Ausharren und Kämpfen gegen einen verschlagenen, im Eingraben wie im Rückzugsgefecht sehr geübten Gegner Außerordentliches leisten.

Es ist eine Freude, zu sehen, mit welcher unerschütterlichen Frische und Begeisterung Offiziere und Mannschaften vielfach Reserve- und

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Landwehrformationen diese abwechslungsvolle, aber recht anstrengende Kriegführung durchhalten, und wie gut sie, nebet ihren Pferden, nach zehn Kriegsmonaten noch im Stande sind. Ruhe gibts hier wenig. Kaum ist die notwendigste Zeit zum Wiederordnen der Verbände gelassen worden, so beginnt schon wieder eine neue Operation. Aber man bleibt frisch, wenn man Erfolge sieht. Können doch mehrere glückliche Einzelunter- nehmungen nacheinander ein gemeinsames Endergebnis haben, das dem eines großen Sieges gleichkommt. Die Kampfe nördlich des Njemen, die ebenfalls höchst interressant, aber in ihrem Wesen von den hier geschilder- ten recht verschieden sind, werden in einer zweiten Darstellung zu skiz- zieren sein.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 20. Juni.

Nördlich des Kanals von La Bassee und auf der Front nördlich Arras wiesen wir mehrere feindliche Teilangriffe blutig ab. In der Champagne wurde eine französische Abteilung, die bei Perthes nach einer Minensprengung angriff, zusammengeschossen. Unter- nehmungen der Franzosen gegen unsere Vorposten am Parroy- Wald führten zu örtlichen Kämpfen, bei denen wir die Oberhand behielten. In den Vogesen wird Münster von den Franzosen heftig beschossen. Erneute feindliche Angriffe im Fecht-Tale und südlich waren erfolglos. Aus einem feindlichen Fliegergeschwader, das, ohne militärischen Schaden anzurichten, Bomben auf Iseghem m Flandern warf, wurde ein Flugzeug herausgeschossen, mehrere andere zu schleuniger Umkehr gezwungen. Ein weiteres feindliches Flugzeug wurde in der Champagne über Vouziers heruntergeholt.

Russische Angriffe gegen unsere Linien in Gegend Szawle und Augustow wurden abgeschlagen. Eigene Vorstöße kleinerer Abteilungen führten zur Wegnahme der feindlichen Vorstellungen bei Budt Przysieki und Zalesie (östlich der Straße Przasnysz— Myszyniec).

Südlich der Piliza nahmen Truppen des Generalobersten von Woyrsch in den letzten Tagen mehrere feindliche Vorstellungen.

Die Armeen des Generalobersten von Mackensen haben die Grodek-Stellung genommen. Zu Beginn des gestrigen Tages schritten deutsche Truppen und das Korps des Feldmarschalleutnants ven Arz zum Angriff auf die stark verschanzten feindlichen Linien; nach harinäckigem Kampfe waren am Nachmittag fast durchweg

592

die in mehreren Reihen hintereinander liegenden feindlichen Gräben auf der 35 Kilometer langen Front nördlich von Janow bis Huta— Obedynska (südwestlich Rawa-Ruska) gesturmt; am Abend war der Feind bis hinter die große Straße Zolkiew nördlich Lemberg) Rawa-Ruska geworfen.

Unter dem Drucke dieser Niederlage ist der Gegner heute nacht auch aus der Anschlußstellung zwischen Grodek und den Dnjestr-Sümpfen gewichen, hart gedrängt von den österreichisch- ungarischen Truppen.

Zwischen den Dnjestr-Sümpfen und der Stryjmündung hat der Feind das südliche Ufer des Dnjestr geräumt.

Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 20. Juni.

Das Hauptquartier meldet: An der kaukasischen Front wiesen unsere Truppen Angriffe, die der Feind als Rückzugsdeckung eingeleitet hatte, durch Gegenangriffe ab. Wir machten Gefangene und erbeuteten drei Maschinengewehre. In Gegend Olty machten unsere Truppen trotz er- bitterten Widerstandes des Feindes Fortschritte. Bei diesen Gefechten verlor der Feind zweihundert Tote, darunter einige Offiziere, und ließ Gefangene, eine Menge Gewehre, Zelte und Ausrüstungsgegenstände in unseren Händen.

An den Dardanellen nahm unsere Artillerie am 17. Juni bei Ariburun die feindlichen Funken- und heliostatischen Anlagen unter Feuer. Der größte Teil der dort arbeitenden feindlichen Soldaten wurde getötet. Ein feindliches Torpedoboot wurde durch ein Artilleriegeschoß schwer be- schädigt. Am 18. Juni beschoß unsere Artillerie erfolgreich den linken Flügel des Feindes und verursachte ihm große Verluste. Um sich gegen das wirksame Feuer unserer Küstenbatterien zu schützen, hatte der Feind seine Stellung gewechselt, aber auch die neuen Stellungen wurden von denselben Batterien beschossen. Die feindliche Artillerie, die das Feuer auf unsere Infanterie eröffnet hatte, wurde zum Schweigen gebracht.

An den übrigen Fronten ist die Lage unverändert.

Der Kaiser bei den Kämpfen um die Grodeklinie. | Berlin, 21. Juni. Seine Majestät der Kaiser wohnte beim Beskidenkorps dem Kampfe um die Grodeklinie westlich Lemberg bei.

593 Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 21. Juni.

Gegen die Front nördlich Arras beschränkte sich der Gegner hauptsächlich auf Artilleriefeuer, nur nördlich Souchez erfolgte ein Infanterieangriff, der von uns abgewiesen wurde.

Westlich Soissons scheiterte ein vereinzelter nächtlicher französi- scher Vorstoß gegen unsere Stellung westlich Moulin sous Touvent.

Im Westrand der Argonnen gingen wir zum Angriff über. Württemberger und norddeutsche Landwehr erstürmten auf zwei Kilometer Frontbreite mehrere hintereinanderliegende Verteidigungs- linien und fügten den Franzosen bei ihren vergeblichen Gegen- angriffen die schwersten Verluste zu. Die Beute dieses Kampfes beträgt an Gefangenen 6 Offiziere, 623 Mann sowie 3 Maschnien- gewehre und 3 Minenwerfer.

Auf den Maashöhen richteten die Franzosen gegen unsere Stellungen an der Grande Tranchee westlich Les Eparges abends fünf starke Angriffe, die westlich der Straße in unserem Feuer zusammenbrachen; östlich der Straße drang der Gegner in Teile unserer Stellung ein; er ist zum Teil bereits wieder verjagt. 70 Gefangene blieben in unserer Hand.

Östlich von Luneville nahmen wir unsere über Gondrexon vorgeschobenen Vorposten vor überlegenen Kräften auf die Haupt- stellung nördlich des Ortes zurück.

In den Vogesen wurden feindliche Angriffe im Fechttale und südlich blutig abgeschlagen. Nachts räumten wir zur Vermeidung unnötiger Verluste planmäßig den Ort Metzeral, der von der französischen Artillerie in Trümmer geschossen ist.

In Gegend nordwestlich von Szawle und östlich der oberen Dubissa mißlangen mehrere zum Teil von stärkeren Kräften aus- geführte russische Angriffe.

Die Armeen des Generalobersten von Mackensen kämpfen um Lemberg und Zolkiew; Rawa-Ruska ist in unserer Hand.

Westlich Rawa-Ruska wurde der Feind gestern von deutschen Truppen angegriffen und geworfen.

Am 19. und 20. Juni wurden auf dem Kampffelde zwischen Janow und nördlich Magierow rund 9500 Russen gefangen ge- nommen, 8 Geschütze und 26 Maschinengewehre erbeutet.

Oberste Heeresleitung.

394

Der Krieg zur See. Torpedierung eines englischen Panzerkreuzers.

Berlin, den 21. Juni.

Am 20. Juni griff eines unserer Unterseeboote etwa 100 See-

meilen östlich vom Firth of Forth einen englischen Panzerkreuzer,

anscheinend von der „Minotaur“-Klasse, an. Der Torpedo traf,

seine Wirkung konnte von dem Unterseeboot jedoch nicht mehr beobachtet werden.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes

gez. Behncke.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 22. Juni.

Auf dem westlichen Kanalufer nordwestlich von Dixmuiden wurden feindliche Angriffe gegen drei von uns besetzte Gehofte abgewiesen.

Nördlich von Arras fanden auch gestern im wesentlichen Artilleriekämpfe statt. Ein französischer Infanterieangriff am La- byrinth südlich von Neuville wurde um Mitternacht zurückge-

en.

In der Champagne, westlich von Perthes, schoben wir nach erfolgreichen Sprengungen unsere Stellung vor.

Auf den Maashöhen dauerten die Nahkämpfe unter schwerem Artilleriefeuer den Tag über an. Heute früh gegen 3 Uhr schritten wir zum Gegenangriff, sauberten unsere Gräben vom eingedrun- genen Feinde fast vollständig und machten 130 Gefangene. Ein kleiner feindlicher Vorstoß bei Marcheville wurde leicht abgewiesen.

Östlich von Luneville entwickelten sich bei Leintrey neue Vorpostenkämpfe.

In den Vogesen haben wir heute nacht unsere Stellungen planmässig und ungedrangt vom Feinde auf das östliche Fechtufer östlich von Sondernach verlegt. Am Hilsenfirst erlitt der Feind bei erneuten Angriffen wieder ernste Verluste.

Unsere Flieger bewarfen den Flughafen Courcelles, westlich von Reims, mit Bomben. Feindliche Bombenabwürfe auf Brügge und Ostende richteten keinen militärischen Schaden an.

Die Lage im Osten ist unverändert.

595

Die Kämpfe nördlich und westlich von Lemberg werden fort- gesetzt. Westlich von Zolkiew wurden die Russen heute nacht zum Rückzug aus ihrer Stellung gezwungen.

Die deutschen Truppen und das in ihrer Mitte kämpfende österreichisch-ungarische Armeekorps haben seit 12. Juni, dem Beginn ihrer letzten Offensive, aus der Gegend von Przemysl und Jaroslau 237 Offiziere, 58800 Mann zu Gefangenen gemacht, 9 Geschütze und 136 Maschinengewehre erbeutet.

Oberste Heeresleitung.

l Lemberg erobert! Berlin, 22. Juni.

Auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers gebe ich der Reichshauptstadt folgendes bekannt:

Lemberg ist gefallen. Hierbei hat das österreichische Regiment Nr. 34 „Preußen-Infanterie“, dessen Chef Seine Majestät der Kaiser ist, das starke Werk Lysa Gora, hart nördlich von Lemberg, gestürmt.

Der Oberbefehlshaber in den Marken von Kessel, Generaloberst.

Wien, 22. Juni.

Amtlich wird verlautbart: Die Kämpfe um Lemberg dauern fort. Die russische Verteidigungsstellung südlich der Stadt wurde gestern im Raume westlich Dornfeld von unseren Truppen durch- brochen, die Übergänge über den Szezerek-Bach an mehreren Stellen in die Hand genommen. Einzelne Befestigungsanlagen an der West- und Nordwestfront von Lemberg sind nach heftigen Kämpfen, in denen sich die Wiener Landwehr besonders tapfer schlug, in unserem Besitz.

Deutsche Truppen erstürmten die Höhen westlich Kulikow und schlugen alle Gegenangriffe der Russen unter schwersten Verlusten des Feindes zurück.

Südlich des Dnjestrs ist die allgemeine Situation unverändert.

Auch gestern wiesen die Truppen der Armee Pflanzer, wo sie angegriffen wurden, die Russen unter großen Verlusten zurück.

Am Tanew und in Polen hat sich an der Situation nichts ge- andert.

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Bei Plava wurden wieder einige feindliche Angriffe abgewiesen. Ein italienischer Flieger warf auf Görz erfolglos Bomben ab. An allen Fronten verschießt der Feind viel Geschützmunition, verhält sich aber sonst passiv. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Wien, 22. Juni. Amtlich wird verlautbart: Unsere zweite Armee hat heute nach hartem Kampfe Lemberg erobert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Verluste der englischen Handelsflotte. London, 22. Juni

Die Admiralitat hat eine Mitteilung ausgegeben, wonach seit dem Beginn des Krieges die Verluste der britischen Handelsmarine 145 Schiffe mit einer Gesamttonnage von 524080 und 118 Fischerfahrzeuge mit einer Gesamttonnage von 19924 betragen. 80 Handelsschiffe wurden voa Unterseeboten versenkt, 50 von Kreuzern versenkt oder erbeutet, 15 durch Minen zerstört. 24 Fischerboote wurden durch Minen und 94 durd Kriegsschiffe zerstört.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 23. Juni.

Gestern nahmen wir die Festung Dünkirchen sowie feindliche Truppenansammlungen bei den Ortschaften Bergues, Houdschoote, Furnes und Cassel unter Feuer.

Bei Givenchi, dicht nördlich des Kanals von La Bassee, und bei Neuville wurden Angriffe durch unser Artilleriefeuer im Keime erstickt. Sudlich von Souchez machten wir im Grabenkampf gute Fortschritte.

Auf den Maashöhen setzten die Franzosen ihre Durchbruchs- versuche ohne den geringsten Erfolg fort; samtliche Angriffe wurdea unter erheblichen Verlusten für den Feind abgeschlagen. Bisher machten wir 280 unverwundete Franzosen, darunter 3 Offiziere, zu Gefangenen und erbeuteten 7 Maschinengewehre sowie 20 Mines- werfer.

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Die Vorpostengefechte östlich von Luneville dauern noch an. In den Vogesen stürmten wir die seit Monaten heiß umstrittene, die Umgebung beherrschende Höhe 631 bei Ban de Sapt. 193 Ge- fangene, drei Maschinengewehre, ein Minenwerfer und anderes Material waren unsere Beute. Feindliche Wiedereroberungsversuche blieben erfolglos.

Südlich von Neuville brachte eins unserer Kampfflugzeuge einen feindlichen Flieger zum Absturz.

Die amtliche französische Meldung, daß sich belgische Truppen im Südwesten von St. Georges eines deutschen Schützengrabens bemachtigt hätten, ist glatt erfunden. |

Im Osten nichts Neues.

Lemberg wurde gestern nachmittag durch österreichisch- ungarische Truppen im Sturme genommen, daran anschließend nachts die Szczerekstellung zwischen dem Dnjestr bei Mikolajow und Lemberg. Weiter nördlich ist in der Verfolgung die Linie östlich von Lemberg Zoltance— Turynka (nordöstlich von Zolkiew) erreicht. Bei Rawka-Ruska und westlich davon ist die Lage un- verändert.

Im San-Weichselwinkel und links der oberen Weichsel be-

ginnen die Russen zu weichen.

Oberste Heeresleitung.

Italienische Lügenarbeit in Athen.

Die Athener Zeitungen werden zum Teil von einer Nachrichtenquelle aus gespeist, die in Rom sitzt. Wir haben schon mehrmals das Lügen- hafte dieser Berichterstattung festgenagelt durch Abdruck charakteristischer Nachrichten, die beweisen, was alles bei den Neutralen Glauben findet. Wir geben hier eine neue Blütenlese:

4. Juni. Große Feuersbrunst Pola, wahrscheinlich Arsenal und

Petroleumtanks in Brand.

„Lokalanzeiger“ voraussieht baldigen Eintritt aller Balkanstaaten für Entente.

7. Juni. Bulgaren beschlossen Anschluß an Entente, wenn ihre mazedonischen Wünsche erfüllt werden.

In vielen deutschen Städten Kundgebungen für den Frieden.

5. Juni soll englisches Unterseeboot E II bei Nagara „Göben“ torpediert haben.

8. Juni. Aufruhr in Wien und Budapest. Österreichische Truppen in Trient meuterten.

12. Juni. Aufstand in Triest wegen Hungersnot.

Kommandant von Berlin verbot Veröffentlichung der Verlustlisten.

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14. Juni. Militäarabkommen Rumänien-Rußland bereits abge- ossen. Deutschland vorbereitet sich zu Friedensvorschlagen; Bedingungen

status quo ante.

16. Juni. Unzufriedenheit in Ungarn wegen Lebensmittelteuerung, man wünscht Sonderfrieden.

Österreich Deutschland schon völlig erschöpft, werden August in völliger Auflösung sein.

Deutsche Gesamtverluste über 4 Millionen, österreichische 214 Millionen.

17. Juni. Deutschland und Österreich machten dem Präsidenten Wilson Friedensvorschläge.

18. Juni. Aufstand wegen Hungersnot in Mecheln von Deutschen niedergeschlagen, 700 Opfer.

Man wird nicht leicht gewissenloserer Irreführung emer neutralen

Öffentlichkeit begegnen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 24. Juni.

Am Ostabhang der Lorettohöhe warfen wir den Feind aus einem von ihm vor einigen Tagen eroberten Grabenstück. Süd- lich von Souchez wurden die Kämpfe für uns erfolgreich fortgesetzt.

Die Labyrinthstellung südlich von Neuville wurde gegen einen nachts einsetzenden starken Angriff in zähem Nahkampf gehalten.

Auf den Maashöhen kam es zu weiteren erbitterten Zu- sammenstößen; wir nahmen noch 150 Franzosen gefangen; der Feind erlitt bei zwei fehlgeschlagenen Angriffen starke Verluste.

Eine Unternehmung gegen die von uns gestern genommene Höhe bei Ban de Sapt wiesen wir ab; die Zahl der Gefangenen erhöhte sich um 50.

Nordöstlich Korschany ließen die Russen bei einem von uns abgeschlagenen Angriff über 100 Gefangene zurück.

Am Omulew führte ein deutscher Vorstoß zur Fortnahme des Dorfes Kopacziska.

In Polen südlich der Weichsel wurden mehrere feindliche An- griffe zum Scheitern gebracht.

Die Armee des Generals von Linsingen hat den Dnijestr überschritten; zwischen Halicz, das vom Feinde noch gehalten wird, und Zurawno steht sie im heftigen Kampf auf dem Nordufer; anschließend bis zur Gegend östlich von Lemberg und von Zol-

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kiew wurde die Verfolgung fortgesetzt. Zwischen Rawaruska und dem San bei Ulanow hat sich nichts Wesentliches ereignet.

Im San-Weichselwinkel sind die Russen bis hinter dem San- abschnitt zurückgegangen ; auch auf dem linken Weichselufer südlich von Ilza weichen sie nach Norden aus.

Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See.

Ein russisches Unterseeboot durch ein deutsches Flugzeug anche Berlin, 24. Juni. Am 22. Mai wurde in der Ostsee ein russisches Unterseeboot, anscheinend vom „Akula“-Typ, durch ein deutsches Flugzeug, 25 See- meilen von Gotland, mit Bomben beworfen. Der Erfolg konnte damals nicht festgestellt werden. Nunmehr wird von russischer Seite zugegeben, daß dieses Unterseeboot ver- . loren gegangen ist.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 25. Juni.

Im Nahkampfe südlich von Souchez erbeuteten wir mehrere Maschinengewehre.

Wiederholte feindliche Vorstöße gegen die Labyrinthstellung wurden abgeschlagen. Im Westrand der Argonnen brach der An- griff eines französischen Bataillons gegen unsere vorgeschobenen neuen Stellungen unter schweren Verlusten zusammen. Im Nach- stoß entrissen wir dem Feinde noch einen Graben mit zwei Block- hausern. Drei weitere Maschinengewehre und drei Minenwerfer fielen in unsere Hand.

Auf den Maashöhen scheiterten die westlich der Tranchée angesetzten französischen Angriffe vollkommen. Östlich der Tranchée eroberten wir einen vom Feinde zah verteidigten Verbindungsgraben zurück.

Bei Leintrey östlich von Lunéville wurden kleine feindliche Unternehmungen abgewiesen.

Das vorgestern eroberte Dorf Kopaczyska wurde wieder ge- räumt. Südöstlich Chorzele in der Nähe des Dorfes Stegna drangen

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unsere Truppen nach hartnäckigem Nahkampf in einen Teil der feindlichen Linie ein und setzten sich darin fest.

Truppen des Generalobersten von Woyrsch haben in der Ver- folgung das Waldgebiet Ilza südlich durchschritten.

Die Lage bei den Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen ist im wesentlichen unverändert.

Nordwestlich von Halicz mußten Teile der Armee des Generals von Linsingen vor überlegenen feindlichen Gegenangriffen bei Mar tinow auf das Südufer des Dnjestr zurückgenommen werden. Weiter stromauf sind wir im fortschreitenden Angriff; der linke

Flügel der Armee steht bei Choderow. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 26. Juni.

Die seit einigen Tagen ununterbrochen geführten Nahkampie um die noch in der Hand des Feindes befindlichen Teile unserer Stellungen nördlich von Souchez und halbwegs Souchez Neuville sind abgeschlossen. Heute nacht wurden die letzten Franzosen aus unseren Graben geworfen. Zu ihrer Unterstützung hatte der Feind noch gestern abend frische Kräfte sowohl beiderseits der Loretto- höhe wie südlich Souchez zum Angriff vorgeführt; sie wurden ab- geschlagen.

In der Champagne bei Souain sprengten wir Teile der feind- lichen Stellung; östlich Perthes vernichteten die Franzosen eigene Verteidigungsanlagen durch Fehlsprengungen.

Auf den Maashöhen westlich von Combres wurde hart gekämpft. Dort setzte der Gegner beiderseits der Tranchée viermal mit stets neuen Truppen in einer Frontbreite von etwa drei Kilometer zu tiefgegliederten Angriffen an. Diese brachen fast überall schon in unserem Feuer zusammen. Wo der Feind in unsere Gräben drang, wurde er unter großen Verlusten im Handgemenge zurückgeworfen. Im Nachstoß eroberten wir westlich der Tranchée eine vorgeschobene feindliche Stellung, östlich derselben hält der Feind noch ein kleines Stück des am 20. Juni eroberten Grabens.

Angriffe des Gegners auf unsere Vorposten bei Leintrey (östlich Lunéville) schlugen fehl.

Seit Beginn des großen Ringens bei Arras kämpfen dort unsere Flieger mit ihren Gegnern um die Vorherrschaft in der Luft. Beiden Teilen hat der Kampf Verluste gekostet; die unsrigen waren nicht

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vergeblich; seit einigen Tagen haben wir sichtlich die Oberhand gewonnen.

Württembergische Regimenter erstürmten südöstlich Oglenda (nördlich Przasnysz) beiderseits des Murawkabaches russische Stel- lungen und hielten sie gegen mehrere, auch nächtliche Gegenan- griffe. Die Beute beträgt 636 Gefangene und vier Maschinengewehre.

Die Armee des Generals von Linsingen ist im fortschreitenden Angriff auf dem nördlichen Dnjestrufer; das rechte Ufer wird vom Gegner noch bei Halicz gehalten. Seit Beginn ihres Angriffs über diesen Fluß am 23. Juni nahm die Armee 3500 Mann gefangen.

Zwischen Dnjestr und der Gegend östlich von Lemberg wird

weiter verfolgt. | Oberste Heeresleitung.

Politischer Tagesbericht.

Der Vorstand der sozialdemokratischen Partei Deutschlands ver- öffentlicht unter der Überschrift „Sozialdemokratie und Frieden“ eine Kundgebung, in der dargelegt wird, wie die deutsche Sozialdemokratie im Kampfe um die nationale Unabhängigkeit und Selbständigkeit Deutschlands ihre Pflicht getan hat, und wie ihre friedlichen Bemühungen von den Sozialdemokraten der feindlichen Länder aufgenommen worden sind. Als Tatsache wird festgestellt, „daß die große Masse der dem Internationalen Sozialistischen Bureau angeschlossenen Sozialisten Eng- lands und Frankreichs, ihre Organisationen und Leitungen, mit ihren Regierungen den Krieg fortführen zu wollen bis zur völligen Nieder- werfung Deutschlands.“

Trotz dieser Feststellungen fordert der sozialdemokratische Partei- vorstand unter Kennzeichnung seiner eigenen Kriegsziele, gestützt auf die durch die Tapferkeit unserer Volksgenossen geschaffene günstige Kriegslage, die Regierung auf, ihre Bereitwilligkeit kundzutun, in Friedensverhandlungen einzutreten, um dem blutigen Ringen ein Ende zu machen.

Der „Vorwärts“ ist wegen dieser Kundgebung mit Rücksicht auf die noch für die Erörterung von Kriegszielen bestehenden Zensur- vorschriften verboten worden. Sie ist im hohem Maße zu bedauern, weil dieser Versuch, den Entschließungen der Regierung vorzugreifen, im Auslande einen, wahrscheinlich auch der Mehrheit der deutschen Sozialdemokratie höchst unerwünschten Eindruck machen wird. Nach bewährten Mustern wird das Manifest allgemeinen Friedenswunsches

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als Beweis einer in Deutschland tatsächlich nicht bestehenden flauen Kriegsmüdigkeit ausgenutzt werden. Das Manifest ist somit geeignet, die Hoffnungen unserer Feinde erneut zu beleben.

Sobald der Fortgang der militärischen Ereignisse und die politische Lage Aussicht bietet, erfolgreich in Friedenserwägungen einzutreten, wird die Regierung von selbst das Ihrige tun. Bis dahin aber gibt es für das deutsche Volk nur die Parole: Durchhalten!

Die Türkei im Kriege. Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 26. Juni.

Aus dem Großen Hauptquartier wird gemeldet: An der Kaukasus- front versucht der Feind, welcher vor unseren wiederholten und wirkungs- vollen Angriffen in der Gegend von Kale Boghazi zurückweicht, sich um jeden Preis mittels neuer Verstärkungen in früher vorbereiteten Stellungen zu halten, um den Rückzug seines rechten Flügels zu vermeiden. An der Dardanellenfront, bei Ari Burun, am 25. Juni beiderseits schwaches Feuer. Im Laufe des Nachmittags erzielte unsere Artillerie zwei Treffer gegen ein feindliches Transportschiff vor Kaba Tepe, worauf ein Brand an Bord ausbrach. Eine ihrer Granaten traf ein feindliches Torpedoboot und zwei Granaten ein feindliches Transportschiff, das Munition landete. Dieses Transportschiff entfernte sich von der Küste, da an Bord ein Brand aus- brach. Im Süden bei Sedd-ul-Bahr unternahm der Feind wiederholte An- griffe gegen Teile der Verschanzungen unseres Zentrums, wurde aber jedesmal verlustreich zurückgeschlagen. Auf dem rechten Flügel nur In- fanterie- und Artilleriefeuer. Nach der Zahl der zum Abtransport der Verwundeten dienenden Schiffe und nach den Haufen von Gefallenen zu urteilen, die noch nicht vom Kampffeld fortgeschafft waren, werden die feindlichen Verluste in der Schlacht vom 21. Juni auf mehr als 7000 5 5 Von den übrigen Fronten ist nichts von Bedeutung zu melden.

Vom östlichen Schauplatze. Die Glaubwürdigkeit der russischen Berichte. Berlin, 26. Juni.

Aus dem Großen Hauptquartier wird geschrieben:

Zur Kennzeichnung der Wahrheitsliebe russischer amtlicher Berichte ist folgendes festzustellen: Im russischen Tagesbericht vom 24. Juni wird unter anderem gesagt:

wim Süden der Seen von Raigrod haben unsere Vorhuttruppen in der Nacht zum 22. Juni den Fluß legrznia überschritten, das Dorf

Kuligi besetzt und eine ganze Kompagnie der Deutschen vernichtet.”

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Da der Obersten Heeresleitung dieses Ereignis gänzlich unbekannt war, wurde bei dem deutschen Armeeoberkommando angefragt. Darauf ging folgende Meldung ein:

„Der russische Angriff auf Kuligi hat sich folgendermaßen abgespielt: In der Nacht vom 21. zum 22. Juni griff ein russisches Bataillon das Dorf Kuligi an, mit dem Auftrag, unseren dortigen Posten aufzuheben und dann zuruckzukommen. Die Russen vermuteten nur Kavallerieposten dort. Der Angriff gelangte bis an das Drahthindernis der dort stehenden Landwehr- kompagnie. Diese wurde durch eine Landsturmkompagnie verstärkt. Beide Kompagnien machten einen Gegenstoß und warfen die Russen über den Abschnitt zurück. Beute 104 Gefangene, 110 Gewehre, 14000 Patronen.

Die Russen ließen 16 Tote zurück. Eigene Verluste vier Mann tot oder verwundet.“

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 27. Juni.

Neben der Zitadellef{ivon Arras stehende feindliche Artillerie wurde von uns beschossen; ein Munitionslager flog in die Luft.

In den Argonnen nordwestlich von Vienne Le Chäteau wurde ein Grabenstück gestürmt und gegen mehrere französische Gegen- angriffe gehalten.

Nachdem wir auf den Maashöhen in den letzten Tagen die Versuche des Feindes, sich in den Besitz des ihm am 24. Juni ent- rissenen Geländes beiderseits der Tranchée zu setzen, vereitelt hatten, überraschten wir den Gegner gestern mit einem Angriff auf den Höhenrücken hart südwestlich von Les Eparges; er war nach kurzem Kampf in unserer Hand. Der Gegner machte während der ganzen Nacht Anstrengungen, den Rücken wieder zu nehmen; alle seine Angriffe schlugen fehl.

Die Angabe in der amtlichen französischen Mitteilung vom 26. Juni über Fortnahme von 4 deutschen Maschinengewehren bei Ban de Sapt ist erfunden. Der Feind ist nach seiner Niederlage dort nirgends bei seinen Gegenangriffen auch nur bis in die Nähe der von uns eroberten Stellung gekommen. Hingegen hat unsere Beute sich auf 268 Gefangene, 2 Revolverkanonen, 5 Maschinen- gewehre, 7 größere und kleinere Minenwerfer erhöht.

Im Osten keine wesentlichen Änderungen.

Deutsche Truppen haben nach hartem Kampf die Höhen des nördlichen Dnjestr-Ufers zwischen Bukaczowce (nordwestlich von

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Halicz) und Chodorow gestürmt und in der Verfolgung die Gegend von Hrehorow (halbwegs}Zurawno—Rohatyn) erreicht.

Feindliche Stellungen nordwestlich von Rawa-Ruska wurden von hannoverschen Truppen genommen; wir machten dabei 3300 Gefangene und erbeuteten mehrere Maschinengewehre. Auch bei dieser Gelegenheit wandten die Russen ihren Brauch, unsere Truppen durch Winken mit weißen Tüchern heranzulodten, um sie dann niederzuschießen, an. Diese russischen Truppenteile wurden ver- nichtet. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche‘ Bericht. Wien, 27. Juni.

Amtlich wird verlautbart: Nach der Niederlage bei und südlich Lembergs zogen sich die Russen mit den Hauptkräften in östlicher Richtung zurück und stellten sich auf den Höhen östlich der Dawidowka östlich Miklascow und bei Jariczow Stary neuerdings mit starken Kräften. An dieser Front haben unsere Truppen in mehrtägigen Kämpfen die Vorstellungen des Feindes genommen, sich bis auf Sturmdistanz an die feindliche Hauptstellung herangearbeitet und sind schließlih an zahlreichen Stellen in diese eingedrungen. Namentlich im Abschnitt bei und südlich Bobrka wurde der Gegner aus einem zusammenhängenden Frontstück geworfen. Seit heute früh sind die Russen wieder auf der ganzen Front im Rückzuge.

Auch nördlich Zolkiew und nördlich Rawa-Ruska weicht der Feind vor verfolgenden verbündeten Truppen.

Am oberen Dnjestr dauern die Kämpfe fort. Deutsche Truppen haben nach hartem Kampfe die Höhen bei Bukaczowce erstürmt.

Flu8abwarts Halicz und an der beßarabischen Grenze herrscht im allgemeinen Ruhe.

In den Kämpfen der letzten Tage hat die Armee Böhm-Ermolli allein vom 21. bis 25. Juni 71 Offiziere und 14 100 Mann gefangen und 26 Maschinengewehre erbeutet.

Am Kanal von Monfalcone wurde gestern ein feindlicher Angriff südlich Sagrado abgeschlagen.

Sonst fanden am Isonzo wie an den ührigen Fronten nur Geschütz-

kämpfe statt. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Wien, 27. Juni. Amtlich wird verlautbart: Eines unserer Unterseeboote hat am 26. Juni in der Nord-Adria ein italienisches Torpedoboot torpediert und versenkt. Flottenkommando.

Vergeltung für einen völkerrechtswidrigen Frevel französischer Kriegsschiffe. Berlin, 27. Juni. In volkerrechtswidriger Weise haben am 13. und am 31. Mai französische Kriegsschiffe die deutschen Konsulate in den offenen türkischen Städten Alexandrette und Haiffa zerstört. Zur Vergeltung dieses Frevels und zur Deckung des Schadens an türkischem und deutschem Besitz wird den französischen Städten Valenciennes und Roubaix eine Buße von je 150 000 Franks auferlegt.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 28. Juni.

Nördlich von Arras wurden feindliche Nachtangriffe beiderseits der Straße Souchez—Aix-Noulette und am Labyrinth nördlich Ecurie abgeschlagen.

Im Westteil der Argonnen versuchten die Franzosen gestern abend ihre velorene Stellung wieder zu nehmen. Trotz Massen- einsatzes von Artillerie scheiterten ihre Angriffe gänzlich.

Dasselbe Ergebnis hatte auf den Maashöhen ein zwei Kilo- meter breiter Infanterieangriff beiderseits der Tranchée. Nach un- gewöhnlich großen Verlusten flüchtete der Feind in seine Stellungen zurück.

In den Vogesen überfielen unsere Truppen die Besatzung einer Kuppe hart östlich von Metzeral. 50 Gefangene und 1 Ma- schinengewehr blieben in unserer Hand.

Besonders gute Erfolge hatten wir an dem südlichsten Teil unserer Kampffront gegen feindliche Flieger. Im Luftkampf wurden zwei feindliche Flugzeuge nördlich des Schluchtpasses und bei Ge- radmer heruntergeschossen, zwei weitere durch Artilleriefeuer bei Largitzen und bei Rheinfelden auf Schweizer Gebiet zur Landung gezwungen.

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Russische Angriffe nördlich und nordöstlich von Prasznysz, die sich hauptsächlich gegen unsere neue, am 25. Juni eroberte Stellung südöstlich von Oglenda richteten, brachen unter großen Verlusten für den Gegner zusammen.)

Halicz wurde von uns besetzt; der Dnjestr ist ‚heute früh auch hier überschritten [worden. Damit ist! es der Armee des Generals von Linsingen gelungen, auf ihrer ganzen Front nach fünftägigen schweren Kämpfen den [Obergang über diesen Fluß zu erzwingen. Weiter nördlich verfolgen unsere Truppen den ge- schlagenen Feind gegen den Gnila-Lipa-Abschnitt.

Seit dem 23. Juni_Inahm die Armee Linsingen 6470 Russen gefangen.

Nordöstlich von Lemberg nähern wir uns dem Bugabedhnitt. Weiter westlich bis zur Gegend von Cieszanow sind die verbün- deten Truppen im weiteren Vorgehen; sie machten mehrere tau- send Gefangene und erbeuteten eine Anzahl Geschütze und Ma- schinengewehre.

Oberste Heeresleitung.

Die Einnahme von Lemberg. Berlin, 28. Juni.

Aus dem Großen Hauptquartier wird über die Einnahme Lembergs folgendes berichtet: | ang September 1914 waren die Russen in Lemberg, der Haupt- stadt Galiziens, die eine Einwohnerzahl von 250000 Menschen aufweist, eingezogen. Sie fühlten sich während ihrer dortigen Herrschaft in der schönen Stadt, der sogleich ihr polnischer Name Lwow zurückgegeben wurde, außerordentlich wohl, und gingen alsbald daran, Lemberg zu einer großen Festung auszubauen und zum weiteren Schutz dieses Besitzes die befestigten Linien der Grodek- und Wereszycastellung zu schaffen. Die von den Österreichern erbauten Verteidigungsanlagen von Lemberg wurden russischerseits verstärkt und erweitert, besonders auf der Süd- und Südwest- front. Die bestehenden Bahnhofsanlagen wurden erweitert und eine Reihe von Feld- und Vollbahnen im Bereiche der Festung gestreckt. Um aber selbst fürden Fall, daß die Grodekstellung durchbrochen und aufgegeben werden mußte, die Behauptung der Festung Lemberg zu garantieren, wurde, gleichlaufend zur Grodekstellung und angelehnt an die Nordfront der Festung, eine stark befestigte Anschlußstellung gebaut, die sich auf den Höhen westlich der Bahn Lemberg—Rawaruska bis gegen Dobrosin hinzieht. Nachdem die Armeen des Generalobersten von Mackensen die Grodek- und Wereszycastellung durchbrochen hatten, stießen deutsche Divisionen und die daran anschließenden Truppen der Verbündeten auf die genannte Anschlußstellung.

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Die Mitte der Armee Böhm-Ermolli näherte sich gleichzeitig der Westfront von Lemberg. Die Masse dieser Armee griff einen Feind an, der sich in südlicher Anlehnung an die Festung hinter dem Szczerzek- und Stawczankabach gesetzt und zu erneutem Widerstande eingerichtet hatte. Es gelang, diese Stellung am Abend des 21. Juni an verschiedenen Stellen zu durchbrechen und die Angriffstruppen gegen die Befestigungen der Westfront von Lemberg näher heranzuschieben. Deutsche Verbände unter Führung des Generals von der Marwitz erstürmten am gleichen Tage die wichtigsten Punkte der von den Russen zäh verteidigten An- schlußstellung, zwangen dadurch den Feind, diese Stellung ihrer ganzen Ausdehnung nach zu räumen, und öffneten nunmehr den benachbarten österreichischen Truppen die Bahn zu den Befestigungen der Nordwest- front der Festung. Am 22. Juni konnten somit die Werke der Nordwest- und Westfront von den österreichisch-ungarischen Truppen genommen werden. Schon um 5 Uhr morgens fiel das Werk Rzesna, bald darauf Sknilow und gegen |! Uhr auch die Lysa Gora. Dieses Werk wurde vom K. und K. Infanterieregiment Nr. 34 Wilhelm 1., Deutscher Kaiser und König von Preußen, erobert. Im Werk Rznsna wurden neben Geschützlafetten und Maschinengewehren allein 400 Gefangene gemacht, die nicht weniger als 18 verschiedenen russischen Divisionen angehörten. Im Werke fand man neben Massen von Waffen und Munition auch eine große Menge ungeöffneter Holzkisten mit Stahlblenden. Schon am Mittag des gleichen Tages betraten die siegreichen Truppen die galizische Hauptstadt, in der die Russen fast 10 Monate geherrscht hatten. Um 4 Uhr nachmittags zog der österreichische Armeeführer in die völlig unversehrte und reich

e Stadt ein. Auf Straßen, in den Fenstern und auf den Balkonen standen Tausende und Abertausende von Einwohnern, welche die Be- freier sturmisch begrüßten und die Kraftwagen mit einem Blumenregen bedeckten. Am nächsten Tage beglückwünschte in Lemberg der Ober- befehlshaber General von Mackensen den Eroberer der Festung, K. und K. General der Kavallerie von Böhm-Ermolli.

Se. Majestät der Deutsche Kaiser richtete auf die Meldung vom Falle Lembergs folgendes Telegramm an den Generalobersten v. Mackensen: „Empfangen Sie zur Krönung Ihres glänzend geführten galizischen Feld- zuges, zum Fall von Lemberg, Meinen wärmsten Glückwunsch. Er voll- endet eine Operation, die, systematisch vorbereitet und schneidig und energisch durchgeführt, zu Erfolgen an Schlachten und Beutezahlen in nur sechs Wochen geführt hat, noch dazu im freien Felde, wie sie selten in der Kriegsgeschichte zu finden sind. Gottes gnädigem Beistande ver- danken wir an erster Stelle diesen glänzenden Sieg, sodann Ihrer be- währten kampferprobten Führung und der Tapferkeit der Ihnen unter- stellten verbündeten Truppen beider in treuer Kameradschaft kampfenden Heere. Als Ausdruck Meiner dankbaren Anerkennung ernenne ich Sie zum Feldmarschall. gez. Wilhelm l. R.“

Gleichzeitig wurde der Führer des österreichischen Heeres Erzherzog Friedrich zum preußischen Generalfeldmarschall ernannt. Die treue Zu-

sammenarbeit der verbündeten Heere hat reiche Frucht getragen.

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Die Turkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 28. Juni.

Das Hauptquartier teilt mit: An der Dardanellenfront gab es in der Nacht vom 26. zum 27. Juni schwachen Austausch von Infanteriefeuer und Bomben. Am 27. Juni morgens richteten wir mit günstigem Erfolge heftiges Infanterie- und Artilleriefeuer gegen die Stellungen des Feindes, zerstörten einige seiner Unterstande und erzeugten Bestürzung in seinem Lager, wo eine dichte Rauchsäule und andere Anzeichen eines Brandes festgestellt wurden. Bei Ari Burun dauert das Infanteriefeuer und das Bombenwerfen fort. Von Zeit zu Zeit verschwendet die feindliche Artillerie freilich vergebens ihre Geschosse, um unsere Schützengräben zu zerstören. Feindliche Flieger warfen ohne Wirkung Bomben auf das Dorf Jenischehir südlich von Kum Kale. Unsere anatolischen Batterien beschossen erfolgreich die feindliche Artillerie bei Sedd-ul-Bahr. An den anderen

Fronten nichts von Bedeutung.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 29. Juni.

Die Franzosen bereiteten gestern durch starkes Feuer zwischen der Straße Lens Bethune und Arras nächtliche Infanterieangriffe vor, die jedoch durch unser Artilleriefeuer niedergehalten wurden.

Auf den Maashöhen griff der Feind die von uns am 26. Juni gewonnenen Stellungen südwestlich von Les Eparges im Laufe des Tages fünf mal an. Unter großen Verlusten brachen diese Angriffe ebenso wie ein nächtlicher Vorstoß östlich der Tranchée erfolg- los zusammen.

Östlich von Lunéville gelangten drei von mehreren feindlichen Bataillonen ausgeführte Angriffe gegen unsere Stellungen am Walde Les Remabois und westlich von Leintrey Gondrexon nur bis an unsere Hindernisse. Der Feind . unter unserem Feuer in seine Stellungen zurück.

Eine feindliche Artilleriebeobachtungsstelle auf der Kathedrale von Soissons wurde gestern von unserer Artillerie beseitigt.

Im Osten hat sich nichts von Bedeutung ereignet.

Die Armee des Gererals von Linsingen hat den Feind in der Verfolgung auf der ganzen Front zwischen Halicz und Firlejow über die Guila-Lipa geworfen; an diesem Abschnitt wird noch gekämpft.

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Weiter nördlich ist die Gegend von Przemyslani Kamionka erreicht. Nördlich Kamionka wartete der Gegner unseren Angriff nicht ab, er ging hinter den Bug unterhalb dieses Ortes zurück.

Nördlich und nordwestlich Mosty Wielkie (50 km nördlich von Lemberg), sowie nordöstlich und westlich von Tomaszow stellte sich gestern der Feind. Er wurde überall geworfen. Wir stehen jetzt auch hier auf russischem Boden.

Unter dem Drucke unseres Vorgehens in diesem Raum be- ginnt der Feind seine Stellungen am Tanewabschnitt und am unteren San zu räumen. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 29. Juni.

In Ostgalizien sind die verbündeten Armeen in der Verfolgung bi» an die Gnila-Lipa und den Bug bei Kamionka- Sprumilowa vor- gedrungen. Die in dieser Linie stehenden russischen Kräfte werden angegriffen. Bursztyn wurde gestern genommen. Starke feindliche Kräfte, die bei Sielec (nordwestlich Kamionka-Sprumilowa) hielten, wurden heute nacht nach heftigem Kampfe unter großen Verlusten auf Krystynopol zurückgeworfen.

Nördlich Rawa-Ruska und nördlich Cieszanow drangen die ver- bündeten Truppen auf russisches Gebiet vor. Tomaszow ist in unserem Besitz. Heute nacht räumte der Feind seine Stellungen am nördlichen Tanew und nördlichen San-Ufer und begann den Rückzug in nord- östlicher Richtung. Er wird überall verfolgt.

In Polen und am Dnjestr ist die Lage unverändert.

Am italienischen Kriegsschauplatze hat sich auch gestern nichts von Bedeutung ereignet. Der Feind verschoß wieder viel Artillerie- munition gegen den Görzer Brückenkopf.

Das italienische Sanitätspersonal befördert unter Mißbrauch der Genfer Konvention Maschinengewehre auf seinen Tragbahren.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Eine Abfertigung Lloyd Georges. Berlin, 29. Juni.

Der englische Minitionsminister Lloyd George hat am Schluß seiner vom Unterhaus mit Beifall aufgenommenen Rede am 24. Jun

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Ausführungen gemacht, die als unerhörte Heuchelei und Verdrehung der Tatsachen die schärfste Zurückweisung verdienen. Er hat gesagt:

„Deutschland hatte sich zweifellos auf den Krieg vorbereitet, es hatte Kriegsmaterial angehäuft. Bis es fertig war, stand es mit jedermann auf bestem Fuß. Wir alle erinnern uns der großen Balkankrisis. Nichts konnte freundlicher sein als die Haltung Deutschlands, nichts konnte nach- giebiger, bescheidener und anspruchsloser sein. Es hieß immer „nach Ihnen“. Deutschland drängte sich gar nicht vor. Es hatte ein freundliches Lächeln für Frankreich. Es behandelte Rußland als Freund und Bruder. Es glättete alle Empfindlichkeiten Österreichs. Es spazierte Arm in Arm mit England durch die Kanzleien Europas; wir dachten wirklich, daß endlich die Ara des Friedens und des Einvernehmens aufgegangen sei. Gerade in diesem Moment aber verfertigte und kaufte Deutschland heimlich ungeheure Vorräte von Kriegsmaterial, um seine Nachbarn im Schlaf zu überfallen und zu ermorden. Wenn ein solches Ränkespiel unter den Nationen Erfolg hat, wird die ganze Basis, auf der sich internationale Ein- vernehmen aufbauen, in den Staub sinken. Es liegt im Interesse des

Weltfriedens, daß dies nicht geschieht.“

Lloyd George kann das politische Urteil der Versammlung, zu der er sprach, nicht hoch eingeschätzt haben. Weiß man in England nicht, daß durch die englische Ententepolitik das Wiedererwachen des französischen Chauvinismus und die Zügellosigkeit des russischen Panslawismus gefördert und daher Deutschland zu dauernder Steigerung seiner militärischen Rüstungen gezwungen wurde? Weiß man nicht, daß die deutsche Heeresverwaltung an die gesetzliche Etatsbewilligung gebunden ist und daß die vom Deutschen Reichstag über die Ver- wendung der bewilligten Gelder ausgeübte Kontrolle sehr viel ein- gehender und strenger ist als diejenige, die das englische Parlament ausübt? Ist es nicht selbstverständliche Pflicht, daß die Heeresver- waltung innerhalb der gesetzlichen Grenzen gewissenhaft für Schlag- fertigkeit sorgte? War nicht auch ebenso England bestrebt, seine Flotte jederzeit schlagfertig zu haben? Wie kann Lloyd Georges es wagen, den Deutschland aufgezwungenen Krieg als wohlüberlegten Überfall zu bezeichnen, wo ihm bekannt sein muß, in welchem Umfange wir versuchten, England vom Kriege fernzuhalten? Wenn Deutschland wirklich große Mengen an Kriegsmaterial und Munition vor dem Kriege aufgestapelt hätte, würde es dann am Anfang des Krieges an Munitionsmangel gelitten haben, wie es der Fall war, und es wohl auch Lloyd George bekannt sein dürfte? Allerdings hat Deutschland diesen Mangel schnell und gründlich in aller Stille beseitigt, ohne einen

Munitionsminister, ohne hetzerische und von Lügen strotzende Reden.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 30. Juni.

Bei Arras fanden größere feindliche Unternehmungen auch gestern nicht statt. Hingegen machten wir in der Vertreibung des Gegners aus den Grabenstücken, die er im Laufe seiner wochen- langen Anstrengungen uns zu entreißen vermochte, weitere Fort- schritte. Ein feindlicher Vorstoß im [Labyrinth (nördlich Ecurie) wurde abgewiesen.

Durch fast ununterbrochene Angriffe auf den Maashöhen westlich von Les Eparges versucht der Gegner seit dem 26. abends vergeblich, die von uns eroberten Stellungen wieder zu gewinnen. Auch gestern unternahm er vier heftige Vorstöße, die sämtlich unter großen Verlusten scheiterten.

Im Osten keine Ereignisse.

Unser Angriff an der Gnila-Lipa macht Fortschritte. Östlich und nordöstlich von Lemberg ist die Lage unverändert. Zwischen dem Bug und der Weichsel erreichten deutsche und österreichisch- ungarische Truppen die Gegend von Belz, Komarow, Zamocz und den Nordrand der Waldniederung des Tanew-Abschnitts. Auch auf dem linken Weichselufer in der Gegend von Zawichost und Ozarow hat der Feind den Rückzug ‚angetreten.

Ein feindliches Flugzeugäwurde hinter unserer Linie zum Landen gezwungen. ‘Die Insassen wurden gefangen genommen.

Oberste Heeresleitung.

Die Türkei im Kriege. Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 29. Juni.

An der Dardanellenfront griff der Feind am 28. Juni nachmittags bei Ari Burun nach heftigem Artilleriefeuer dreimal unseren linken Flügel an, wurde aber jedesmal unter außerordentlichen Verlusten zurückgeworfen, ohne eınen Erfolg zu erzielen. Bei Sedd-ul-Bahr griff der Feind, nach- dem er in der Nacht vom 27. zum 128. Juni bis zum Morgen unsere Schützengräben auf dem rechten Flügel mit schwerer Artillerie beschossen hatte, am 28. Juni morgens diesen Flügel an. Wir warfen ihn durch unsere Gegenangriffe zurück. Auch durch seine in derselben Nacht gegen unseren linken Flügel gerichteten Angriffe erzielte der Feind keinen Erfolg. Am Nachmittag versuchte er gegen unser Zentrum einen Angriff, der leicht zurückgewiesen wurde. Wir eroberten durch einen Gegenangriff

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zwei Linien feindlicher Schützengräben. Unsere anatolischen Batterien nahmen wirksam an dem Kampfe auf dem linken Flügel bei Sedd-ul-Bahr teil und trugen beträchtlich zum Rückzuge des Feindes bei, indem sie ihm schwere Verluste zufügten. Dieselben Batterien brachten feindliche Batterien auf der Spitze von Tekke zum Schweigen. Unsere Flieger

warfen mit Erfolg Bomben auf den feindlichen Flugplatz bei Sedd-ul-Bahr. Auf den übrigen Fronten hat sich nichts von Bedeutung ereignet.

Austausch Schwerverwundeter. Berlin, 30. Juni.

Der Beginn des Austausches der schwerverwundeten Deutschen und Franzosen ist für den 10. Juli, von Konstanz oder Lyon ausgehend, in Aussicht genommen.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 30. Juni. Amtlich wird verlautbart: In Ostgalizien sind an der Gnila-Lipa

und am Bug abwärts Kamionka-Strumilowa Kämpfe im Gange, die für uns erfolgreich verlaufen.

Zwischen Bug und Weichsel weicht der Gegner weiter zurück. Die seinen Rückzug deckenden Nachhuten wurden gestern überall angegriffen und geworfen. Unsere Truppen haben die Tanew- Niederung durchzogen und den Höhenrand bei Frampol und Zaklikow gewonnen.

Durch die Erfolge der verbündeten Armeen östlich der Weichsel gezwungen, raumen die Russen auch westlich des Flusses Stellung nach Stellung. So sind sie seit heute nacht aus ihrer starken Gefechts- front Zawichost—Ozarow—Sienno wieder im Rückzuge gegen die Weichsel. Zawichost wurde von unseren Truppen besetzt.

Nach mehrtägiger Pause entfalten die Italiener wieder eine leb- hafte Tätigkeit an der Isonzofront. Vorgestern abend wiesen unsere Truppen einen Angriff bei Plawa ab. Im Abschnitt Sagrado— Monfalcone folgte mehreren kleineren vergeblichen Vorstößen des Feindes in der vergangenen Nacht ein allgemeiner Angriff. Auch dieser wurde überall zurückgeschlagen. Ebenso erfolglos für den Gegner blieben heute morgen neuerliche Angriffsversuche bei Selz und Monfalcone.

Die Geschützkämpfe dauern an der ganzen Südwestfront fort und sind namentlich am lsonzo sehr heftig.

613 Als Antwort auf einen von den Serben durchgeführten Überfall

bei Sabac bombardierte eines unserer Flugzeuggeschwader gestern früh die Werft Belgrads und das Truppenlager Orasac südwestlich Obrenowac mit sehr gutem Erfolge.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Note Montenegros über sein Vorgehen in Albanien. Rom, 30. Juni.

Die „Tribuna“ veröffentlicht eine von Montenegro an die Mächte gerichtete Note über sein Vorgehen in Skutari. Die Note sagt, Montenegro habe begriffen, daß die österreichischen Treibereien gegen das montene- grinische Gebiet den Zweck gehabt hätten, die Aufmerksamkeit Monte- negros von der Hauptfront abzulenken. Montenegro und sein Bundes- genosse Serbien hätten viel unter den Schwierigkeiten gelitten, die ihnen von Albanien geschaffen worden seien. Österreich habe mit Erfolg durch seine Mittelmänner in Albanien allerlei Bewegungen in Montenegro her- vorgerufen. Österreich habe dies gekonnt, weil Skutari dem montene- grinischen Staate entrissen worden sei, ohne Rücksicht darauf, daß der Besitz dieser Stadt eine Lebensfrage für diesen Staat gewesen sei. Infolge des von Österreich ausgeübten Druckes sei die Festlegung der montene- grinisch-albanischen Grenze, wie sie von der Londoner Konferenz durch- geführt worden sei, ungünstig für Montenegro, das gezwungen gewesen sei, einen Teil seiner Truppen an der albanischen Grenze zu behalten. Die Note fährt fort: Dieser Zustand wurde für uns sehr bedenklich, als die Albaner, die am Laufe des Boganflusses hausen, unsere Transporte behinderten und, von Österreich bewaffnet in beträchtlicher Zahl einen Einfall in montenegrinisches Gebiet unternahmen. Die Königliche Regierung, die fest entschlossen ist, ihre Streitkräfte an der Hauptfront versammelt zu lassen, war, durch diese Verletzung herausgefordert, ge- zwungen, einige Stellungen zu besetzen, um neue Ängriffe gegen die Bevölkerung der Montenegro gehörenden Gebiete zu verhindern. Die albanischen Führer liefern uns Waffen aus, die vom österreichisch- ungarischen Konsul in Skutari an sie verteilt worden sind, und bekunden Gefühle der Ergebenheit gegen die montenegrinischen Behörden. Der Bürgermeister von Skutari erschien in den benachbarten montenegrinischen Stellungen und versicherte den Befehlshaber der freundschaftlichen Gefühle der Bevölkerung Skutaris ohne Unterschied der Religion. Indem wir somit unter dem Zwange äußerster Notwendigkeit gehandelt haben, haben wir die österreichischen Treibereien vollkommen vereitelt. Die montenegri- nischen Truppen, die bisher gezwungen waren, die albanische Grenze zu bewachen, sind nun freigeworden, um an der Hauptfront an den Unter- nehmungen gegen den gemeinsamen Feind Montenegros und seines Bundesgenossen teilzunehmen.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 1. Juli.

Nördlich von Arras nahmen die Kämpfe um die Graben unter andauernden Artilleriegefechten einen für uns günstigen Fortgang.

In der Champagne südöstlich von Reims griffen die Franzosen erfolglos an. Auf den Maashöhen und in den Vogesen fanden nur lebhafte Artilleriekämpfe statt.

Feindliche Flieger warfen Bomben auf Zeebrügge und Brügge, ohne militärischen Schaden anzurichten.

Die Lage im Osten ist unverändert.

Die Junibeute beträgt: 2 Fahnen, 25 695 Gefangene, darunter 121 Offiziere, 7 Geschütze, 6 Minenwerfer, 52 Maschinengewehre, 1 Flugzeug, außerdem zahlreiches Material.

In erbitterten Kämpfen haben die Truppen des Generals von Linsingen gestern die russische Stellung östlich der Gnila-Lipa zwischen Kunicze und Luczynce und nördlich von Rohatyn gestürmt. 3 Offiziere, 2328 Mann wurden gefangen genommen und 5 Ma- schinengewehre erbeutet.

Auch östlich von Lemberg sind Österreichisch - ungarische Truppen in die feindliche Stellung eingedrungen.

Die Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen sind in weiterem Vordringen zwischen dem Bug und der Weichsel. Auch westlich der Weichsel weichen die Russen teilweise nach hart- näckigen Kämpfen. Die verbündeten Truppen drängen beiderseits der Kamiena nach.

Die Gesamtbeute vom Juni der unter Befehl des Gene rals von Linsingen, Generalfeldmarschalls von Mackensen und Generals von Woyrsch kämpfenden verbündeten Truppen beträgt 409 Offi- ziere, 140 650 Mann, 80 Geschütze, 268 Maschinengewehre.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 1. Juli.

Amtlich wird verlautbart: In Ostgalizien dauern die Kämpfe an der Guila-Lipa und im Raume östlich Lemberg fort. Unsere Truppen sind an mehreren Stellen auf der Höhe östlich der Guila-Lipa vor- gedrungen und in die feindlichen Stellungen eingebrochen. Ebenso

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gelang es den verbündeten Truppen, abwärts Rohatyn nach erbittertem Kampfe das Ostufer zu gewinnen.

Am Dnjestr herrscht volle Ruhe.

Im Quellgebiet des Wieprz wurde Zamosz besetzt. Die Höhen der Tanewniederung wurden in ihrer ganzen Ausdehnung in Besitz genommen.

Westlich der Weichsel folgten unsere Truppen dem weichenden Gegner bis vor Tarlow.

Die Gesamtbeute der unter österreichisch-ungarischem Ober- kommando im Nordosten kämpfenden verbündeten Truppen pro Juni beträgt 521 Offiziere, 194000 Mann, 93 Geschütze, 364 Maschinen- gewehre, 78 Munitionswagen, 100 Feldbahnwagen usw.

Der gestern nachmittag von mehreren feindlichen Infanterie- divisionen erneuerte allgemeine Angriff gegen unsere Stellungen am Rande des Plateaus von Doberdo wurde überall unter schweren Ver- lusten der Italiener abgeschlagen. Der Hauptstoß des Feindes richtete sich gegen die Front Sagrado Monte Cosich (nordöstlich Monfalcone). Bei Selz und Vermegliano drangen die Italiener in unsere vordersten Gräben ein. Ein Gegenangriff unserer tapferen Infanterie warf jedoch den Feind wieder in das Tal zurück.

Die Hänge des Monte Cosich sind mit italienischen Leichen bedeckt. Ein abends angesetzter Vorstoß gegen die Höhen östlich Monfalcone, ein Angriff nordöstlich Sagrado und mehrere kleinere Vor- stöße gegen den Görzer Brückenkopf brachen gleichfalls zusammen.

Nach dieser Niederlage des Feindes trat Ruhe ein. Gehobener Stimmung sind unsere unerschütterlichen Truppen im festen Besitz aller ihrer Stellungen zu neuem Kampf bereit

Im nördlichen Isonzoabschnitt und an der Karntnergrenze halt das Geschützfeuer an.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Antwort an den russischen Generalstab.

Die russische Behauptung, die von Deutschen verübten Grausam- keiten seien zu zahlreich, um Feststellung von Einzelheiten zuzulassen, ist eine sinnlose Verleumdung des deutschen Heeres_und eine ebenso bequeme wie leere Ausrede zur Verdeckung des Mangels an Beweis- materials.

Die russische Heeresleitung wird daher aufgefordert, für jeden Einzel- fall Ort, Zeit und sonstige Einzelheiten mitzuteilen.

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Bisher hat sich freilich noch jede russische Zeitungsmeldung über deutsche Greueltaten, soweit Ermittlungen überhaupt möglich waren, als plumpe Lüge erwiesen.

Selbst die vom Ministerrat für die russische Untersuchungskommission zur Feststellung deutscher Kriegsrechtsverstöße ausgesetzten 75600 Rubel haben bisher nicht genügt, auch nur für einen einzigen Fall Beweise zu erbringen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 2. Juli.

Ein nächtlicher Angriff auf unsere Stellungen westlich von Souchez wurde abgewiesen.

Im Westteil ‘der Argonnen hatten Teile der Armee Seiner Kaiserlichen Hoheit des Kronprinzen einen schönen Erfolg: Die feindlichen Gräben und Stützpunkte nordwestlich von Four de Paris wurden in einer Breite von 3 km und einer Tiefe von 200 bis 300 m von württembergischen und reichsländischen Truppen erstürmt. Die Beute beträgt: 25 Offiziere, 1710 Mann gefangen, 18 Maschinen- gewehre, 40 Minenwerfer, eine Revolverkanone erbeutet. Die Ver- luste der Franzosen sind beträchtlich.

In den Vogesen nahmen wir’auf’dem Hilsenfirst zwei Werke. Rückeroberungsversuche des Gegners wurden abgewiesen. An Ge- fangenen fielen 3 Offiziere, 149 Mann in unsere Hand.

Südöstlich von; Kalwarja wurde dem Feinde nach heftigem Kampfe eine Höhenstellung entrissen. Dabei machten wir 600 Russen zu, Gefangenen.

Nach Erstürmung auch der Höhen südöstlich von Kurostowice (nördlich von Halicz) sind die Russen auf der ganzen Front in Gegend Marjampol bis nördlich Firlejow zum Rückzuge gezwungen worden. General von Linsingen folgt dem geschlagenen Gegner. Die Beute ‚erhöhte sich bis gestern abend auf 7765 Gefangene, (darunter 11 Offiziere) und 18 Maschinengewehre.

Die Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen haben den Gegner westlich von Zamosc unter andauernden Kämpfen über den Labunka- und Porabschnitt zurückgedrängt und diesen bereits mit Teilen überschritten. Weiter westlich ist die feindliche Stellung

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in Linie Turobin Krasnik Jozefow (an der Weichsel) erreicht. Vorstellungen bei Stroza und Krasnik und diese Orte selbst wurden noch gestern abend genommen.

Westlich der Weichsel hatten die Russen unter dem Druck des Angriffs die Brückenkopfstellung bei Tarlow räumen müssen, das südliche Kamienufer ist vom Feinde gesäubert.

Die Truppen des Generalobersten von Woyrsck haben in erfolg- reichen Kämpfen die Russen aus ihren Stellungen sũdlich von Sienno und bei Ilza geworfen und dabei etwa 700 Gefangene vom

Grenadierkorps gemacht. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 2. Juli

Amtlich wird verlautbart: In mehrtagigen Kampfen haben die verbundeten Truppen der Armee Linsingen die Russen aus der sehr starken Guila-Lipastellung abwarts Firlejow geworfen. Der Feind, der in östlicher Richtung zurückgeht und auf der ganzen Front der Armee verfolgt wird, erlitt abermals schwere Verluste: 7765 Mann wurden in diesen Kampfen gefangen, 18 Maschinengewehre erbeutet. Nordlich anschlieBend dauern die Kampfe noch an.

Am Dnjestr hat sich nichts wesentliches ereignet.

In Russisch-Polen kämpfen die verbündeten Truppen zwischen Weichsel und Bug mit starken russischen Kräften am Porbach und an der Wyznica. Unsere Armeen greifen überall an.

Westlich der Weichsel griffen unsere Truppen die feindlichen Stellungen bei Tarlow an. Um 5 Uhr nachmittags wurde ein Stütz- punkt nördlich des Ortes erstürmt. In den Abendstunden arbeitete sich die übrige Angriffsfront bis auf Sturmdistanz heran und brach nachts in die russische Stellung ein. Der Feind ging fluchtartig zurück. In der Verfolgung wurde Jozefow an der Weichsel genommen. Auch aus den Stellungen südöstlich Sienno wurden die Russen zurückge- worfen, 700 Mann hierbei gefangen.

Gestern wiederholte sich der italienische Angriff auf das Plateau Daberdo. Nach mehrstündiger Vorbereitung durch schweres Geschütz- feuer setzten nachmittags und abends mehrere Infanterievorstöße

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zwischen Sdraussina und Vermigliano ein, alle wurden wieder unter großen Verlusten des Feindes abgeschlagen.

Vorhergegangene schwächere Angriffe auf einen Teil des Görzer Brückenkopfes und im Krn-Gebiete waren gleichfalls zurückgewiesen worden. Unsere braven Truppen behaupten nach wie vor die be- währten ursprünglichen Stellungen.

Die Geschützkämpfe dauern an allen Fronten fort.

Derž Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Türkei im Kriege. Der Bericht desitürkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 2. Juli.

An der Kaukasusfront nehmen die Kämpfe in der Gebirgsgegend an der Genze einen für uns günstigen Verlauf. Der Feind hat in den letzten Kämpfen, die sich am rechten Flügel entwickelten, mehr als 600 Tote, darunter 7 Offiziere, auf dem Schlachtfelde gelassen. Wir machten dort außerdem zwei Offiziere, darunter einen Bataillonschef, und eine Anzahl russischer Soldaten zu Gefangenen.

An der Dardanellenfront fand am 29. Juni an der Nordgruppe von Ari Burun bloß gegenseitige Beschießung statt. An der Südgruppe von Sedd-ul-Bahr dauerte der Kampf den ganzen Tag. Der Feind wollte unseren rechten Flügel umzingeln und unternahm unter dem Schutze unausgesetzten Artilleriefeuers einen Angriff. Wir brachten die feindliche Absicht durch unsere Gegenangriffe zum Scheitern. In der Nacht zum l. Juli schlugen wir an der Nordgruppe von Ari Burun feindliche Angriffs- versuche gegen unsere Verschanzungen im Zentrum blutig ab. Unser rechter Flügel ging zum Gegenangriff über und entriß dem Feinde zwei hintereinander liegende Reihen Schützengräben. In derselben Nacht unter- nahmen an der Südgruppe von Sedd-ul-Bahr unsere Truppen einen Gegen- angriff gegen den linken Flügel des Feindes. Die Schlacht dauerte die ganze Nacht an. Unsere Truppen drangen in mehrere feindliche Graben- stücke ein und setzten den Angriff in hartnäckigen Nahkämpfen fort. Die Schlacht endete erst bei Sonnenaufgang. Am 30. Juni dauerte der Kampf an unserem rechten und linken Flügel der Südgruppe von Sedd- ul-Bahr von 7 Uhr morgens bis 12 Uhr mittags an. Diese Schlacht, die an jedem der beiden Flügel mit Angriffen unserer Truppen begonnen hatte, verlief sehr günstig für uns. Unsere anatolischen Küstenbatterien nahmen erfolgreich an den Kämpfen der Südgruppe teil und beschossen mit sichtlicher Wirkung das Lager und die Artilleriestellungen des Feindes. Eines unserer Flugzeuge überflog Sedd-ul-Bahr und warf dort Bomben ab. An den anderen Fronten nichts von Bedeutung.

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Die Kämpfe in Galizien.

Aus dem Großen Hauptquartier wird über die Weiterentwicklung der Kämpfe in Galizien nachstehendes mitgeteilt:

J. Die Armee Mackensen hatte sich bis zum 27. Mai abends auf dem östlichen Sanufer einen großen Brückenkopf geschaffen, der sich in einer Ausdehnung von etwa 70 km von Naclo über Kalnikow—Zapa- tow—Radawa bis zur Lubaczowna-Mündung erstreckte. Während der auf dem anderen Sanufer verbliebene rechte Armeeflügel sich kämpfend näher an die Nordfront der Festung Przemysl heranschob, versuchten die Russen die Brückenkopfstellung von Norden her zu durchbrechen. In der Zeit vom 27. Mai bis 3. Juni führte der Feind alle nur irgendwie verfügbaren Reserven zu nächtlichen Angriffen gegen die deutschen Truppen vor. Obwohl er im Laufe von acht Tagen etwa 15, allerdings teilweise schon stark geschwächte Divisionen in fortwährenden Nacht- angriffen gegen die Linien von drei deutschen Divisionen zum Sturm ansetzte, hatte er kein Glück. Es gelang ihm an keiner einzigen Stelle, gegen die deutschen Linien auch nur den geringsten Erfolg zu erzielen. Dagegen waren seine blutigen Verluste außerordentlich schwer und die Truppe nach dem Mißlingen der ersten Angriffe nur noch schwer vor- wärts zu bringen. Die russischen Offiziere blieben infolgedessen hinter der Front zurück und suchten durch Drohungen mit der Waffe die zögernd Vorgehenden in den Kampf zu treiben. Eine Offensive bei Tage wagte man aus Furcht vor der deutschen Artillerie überhaupt nicht mehr. Nur noch vom Nachtgefecht versprach man sich Erfolg, weil bei dieser Kampfes- weise allein die zahlenmäßige Überlegenheit zum Ausdruck kommen konnte. Die undisziplinierten, nur wenige Wochen ausgebildeten Ersatz- mannschaften versagten aber bei den nächtlichen Kämpfen in dem wal- digen Gelände. Die Zahl der Überläufer mehrte sich von Nacht zu Nacht. Dazu fehlte es russischerseits an Offizieren, um die schwierige Führung der Truppe im Nachtgefecht zu ermöglichen. Aus solchen Gründen mußte der in der Nacht vom 2. zum 3. Juni geplante General- angriff unterbleiben. So mißlang das Unternehmen. Ganze Divisionen mußten in den letzten Tagen zurückgenommen werden, weil ihre Zu- verlässigkeit stark erschüttert war. Die Verluste waren so schwer gewesen, daß die Gefechtsstärke einzelner Divisionen nicht viel mehr als 3000 Ba- jonette betrug statt einer normalen Kriegsstärke von 16000 Mann. Am 12. Juni war der Augenblick gekommen, in dem die deutsche Offensive, nachdem inzwischen die Festung Przemysl gefallen war, weitergeführt wurde.

Der Feind hatte sich vor der deutschen Armee und vor den beiden an diese anschließenden österreichischen Armeen in starken Stellungen ein- gebaut, die durchbrochen werden mußten, bevor die Offensive der Ver- bündeten in Richtung Lemberg vorwärts getragen werden konnte. Am 12. Juni schritten unter dem Befehl des Generalobersten von Mackensen der linke Flügel der deutschen Armee und der daran anschließende rechte Flügel der Armee des Erzherzogs Josef Ferdinand zum Angriff über Luba-

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czowka und San hinweg in Richtung auf Sieniawa und die Höhen östlich davon. Der Feind hatte sich jenseits der Lubaczowka auf gewohnte Weise in mehreren Schützengrabenreihen eingerichtet. Um 8 Uhr vormittags nahm die deutsche Infanterie den Lubaczowkabach, vertrieb den Feind aus seiner ersten, bald darauf auch aus seiner zweiten Stellung und ging dann gegen den Kolowkawald vor, während links davon deutsche und österreichische Truppen die Höhen von Sieniawa in Besitz nahmen. Aus dem Kolowka- walde mit großer Ubermacht herausbrechend, schritten die Russen zum abendlichen Gegenangriff. Obwohl sie diesen durch heftiges Artillerie- und Minenwerferfeuer unterstützten und von drei Seiten zu gleicher Zeit anstürmten, wurden ihre sämtlichen Angriffe abgeschlagen und sie in den Wald zurückgeworfen, wohin alsdann die Deutschen folgten. In dem aus- gedehnten Forste kam es in den nächsten Tagen zu schwierigen Wald- kämpfen. Den vordringenden Kompagnien traten überall kleine russische Trupps entgegen, die sich im Walde geschickt eingenistet hatten. Auf Bäumen und hinter Astverhauen saßen russische Schützen; auch Maschinen- gewehre waren verschiedentlich im Walde aufgestellt. Mitten im Forste hatte der Feind Schanzen angelegt, die von Drahthindernissen umgeben und durch Schützengräben untereinander verbunden waren. Der Angriff gegen diese Stellungen war mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Im engsten Anschluß an österreichisch-ungarische Truppen, die gleichfalls in den Wald eingedrungen waren, gelang es, den Angriff vorwärts zu tragen. Nachdem die feindliche Waldstellung durch Mörser- und Minen- werferfeuer an einer Stelle erschüttert und sturmreif gemacht war, wurde sie durchbrochen und nach Ost und Nord aufgerollt. Der Feind trat nun- mehr den Rückzug aus dem Walde an. Dies war am 16. Juni. Inzwischen waren die übrigen Teile der Armee des Generalobersten Mackensen nicht müßig geblieben.

2. Nachdem der linke Flügel der deutschen Armee am 12. Juni die Offensive eröffnet hatte, traten rechter Flügel und Mitte am 13. Juni zum Angriff an. Es handelte sich durchweg um einen Angriff gegen stark be- festigte russische Stellungen. Dieser begann nach entsprechender Artillerie- vorbereitung um 5 Uhr morgens. Auf dem rechten Flügel leisteten die Russen in den an der Wisznia gelegenen Ortschaften zahen Widerstand, der durch den deutschen Angriff gebrochen wurde. Auch die österreichisch- ungarischen Truppen des Generals von Arz schritten durch die östlich an- schließende Waldzone vor. Preußische Garderegimenter fanden in dem Häusergewirr südlich des Szklo in der Umgebung von Mlyny anfänglich heftige Gegenwehr. Als aber der Feind von hier vertrieben und auch Tuchla im Verein mit Nachbartruppen genommen war, drangen Garde- truppen in einem Zuge bis auf die Höhen westlich von Wielkie Ocyz vor. Die nördlich davon fechtenden Truppen durchbrachen gleichfalls die vorderen feindlichen Linien. Das Ergebnis des Tages war, daß die sehr starken feindlichen Stellungen auf einer Breite von 50 km durchbrochen wurden und daß ein Raumgewinn von 3 bis 9 km nach Osten erzielt war. Aber schon standen die Truppen vor einer weiteren wohlausge- bauten russischen Stellung, in der der Feind am nächsten Tag erneuten

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621 Widerstand leistete. Auch diese Stellung, in der die Russen mit nicht weniger als 19 Divisionen unser Vordringen aufzuhalten suchten, wurde am 14. Juni durchbrochen, worauf der Feind in der Nacht vom 14. zum 15. Juni den Rückzug in die sogenannte Grodekstellung antrat.

Nur in der Gegend von Oleszyce leistete der Gegner noch nach- haltigen Widerstand. Diese Stadt wurde am 15. Juni von den Truppen des Generals von Emmich erstürmt.

In den Tagen vom 12. bis 15. Juni hatte die deutsche Armee 34000 Gefangene gemacht und 70 Maschinengewehre erbeutet. Gefangenen- aussagen und erbeutete Papiere ergaben interessante Emblicke in den Zustand des russischen Heeres. Es herrschte großer Mangel an Artillerie- und Infanteriemunition; auch die Knappheit an Gewehren war wieder sehr groß geworden. Bei dem Mangel an Munition und Waffen macht sich die demoralisierende Wirkung der deutschen schweren Artillerie ganz besonders bemerkbar.

Japan und Rußland. Petersburg, 2. Juli.

„Nowoje Wremja“ meldet aus Tokio: Der Ministerrat befaßte sich etzthin mit der Frage der weiteren Annäherung an Rußland, sowie mit der Wahrnehmung der japanischen Interessen in der Südmanschurei und der Ostmongolei. Er erörterte ferner die Richtlinien der japanischen Politik nach dem Kriege. Es verlautet, daß ein Gesandtenwechsel in Peking bevorstehe und Japan eine außerordentliche Gesandtschaft nach China senden wolle.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 3. Juli.

Die Franzosen griffen in der Nacht unsere Stellungen nord- westlich von Souchez an. Der Angriff wurde ahgewiesen.

Bei Les Eparges mißlang ein durch Handgranatenfeuer und Stinkbomben vorbereiteter französischer Angriff.

Die vorgestern auf dem Hilsenfirst eroberten Werke gingen gestern wieder an den Feind verloren.

Im Osten nichts von Bedeutung.

Nördlich des Dnjestr dringen unsere Truppen unter Ver- folgungskämpfen über die Linie Marjampol—Narajow—Miasto gegen den Zlota—Lipaabschnitt vor. Sie haben den Bug abwärts von Kamionka—Strumilowa bis unterhalb Krylow an vielen Stellen erreicht und sind auch in nördlicher Richtung zwischen Bug und Weichsel in flottem Vorschreiten; die Niederungen der Lubanka und des Por sind, trotzdem der Gegner an einzelnen Stellen

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noch hartnäckigen Widerstand zu leisten versuchte, nunmehr in unserer Hand.

Auch am Wyznicaabschnitt zwischen Krasnik und der Mündung faßten deutsche Truppen auf dem Nordufer Fuß.

Zwischen linkem Weichselufer und der Piliza ist die Lage im allgemeinen unverändert, ein russischer Gegenstoß südwestlich von Radom wurde abgewiesen. Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See. Berlin, 3. Juli.

Auf der Rückkehr von einer Vorpostenstellung traf am 2. Juli gegen 6 Uhr morgens ein Teil unserer leichten Ostseestreitkräfte, die ihrer Auf- gabe gemäß in aufgelöster Ordnung fuhren, zwischen Gotland und Windau bei strichweise unsichtigem Wetter auf russische Panzerkreuzer. Es ent- spannen sich Einzelgefechte, in denen unsere schwächeren Streitkräfte versuchten, den Gegner in den Bereich der Unterstützungen zu ernsterem Kampf zu ziehen.

Im Verlauf dieser Einzelgefechte vermochte S. M. S. „Albatroß“ nicht den Anschluß an die eigenen Streitkräfte wiederzugewinnen. Nach zwei- stündigem schweren Kampfe gegen vier Panzerkreuzer, die mit der Be- schießung auch innerhalb der schwedischen Hoheitsgewässer fortfuhren, mußte das Schiff infolge zahlreicher Treffer in sinkendem Zustande bei Östergarn auf Gotland auf den Strand gesetzt werden. Es hatte 21 Tote und 27 Verwundete, deren sich die schwedischen Behörden und Einwohner in menschenfreundlichster Weise annahmen.

Der Stellvertreter des Chefs des Admiralstabes gez. Behncke.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 3. Juli.

Amtlich wird verlautbart: In Ostgalizien dringen die verbündeten Truppen in der Verfolgung östlich Halicz und über die Narajowka vor und sind nördlich anschließend in erfolgreichem Angriff auf die Höhen östlich Janczyn.

Am Bug ist die Lage unverändert.

Zwischen Weichsel und Bug dringen die verbündeten Truppen unter heftigen Kämpfen stetig vor. Zamosc wurde erstürmt, westlich hiervon wurden die Russen überall über die Porbachniederung, die in unserem Besitz ist, zurückgeworfen, der Übergang über den Bach an mehreren Stellen erkämpft. Ostlih Krasnik, um das noch ge-

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kämpft wird, wurde Studzianki genommen; ebenso ist westlich Krasnik der Ort Wisnica erstürmt, auch hier ist der Feind vom Südufer der Wisnica überall zurückgeschlagen und nördlich des Baches schon aus einigen Stellungen geworfen. Am Porbach und bei Krasnik wurden gestern 4800 Gefangene und drei Maschinengewehre eingebracht.

Westlich der Weichsel Geschützkampf.

Der gestrige Tag brachte den Italienern an der küstenländischen Front eine neue Niederlage. Nach vergeblichen Vorstößen bei Sagrado und Polazzo begann gegen abend wieder ein von mindestens zwei Infanteriedivisionen geführter Angriff gegen den Abschnitt des Doberdo- Plateaus von Polazzo bis zum Mt. Cosich. Unsere kampfbegeisterten Truppen schlugen den Feind, wie immer, überall zurück. Seine Ver- luste waren auch gestern schwer.

Gegen den Görzer Brückenkopf südwestlich des Monte Sabotino angesetzte feindliche Angriffe wurden gleichfalls blutig abgewiesen.

An der Kärntner Grenze wurde in den letzten Tagen um den Großen Pal (östlich des Plöckenpasses) gekämpft. Der Berg blieb schließlich in unserem Besitz.

Im Tiroler Grenzgebiet fanden stellenweise Geschützkämpfe statt.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Turkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 3. Juli.

Am 2. Juli ereignete sich bei Arı Burun nichts von Bedeutung. Bei Sedd-ul-Bahr verschwendete der Feind eine große Menge von Munition, um unsere Vorbereitungen zu dem beabsichtigten Angriff auf seinen linken Flügel zu stören. Er erzielte kein Ergebnis. Unsere Truppen kamen trotz dieses Feuers bis an seine Schützengräben heran und bedrängten den Feind auf kurze Entfernung kräftig. Im Zentrum herrscht verhältnismäßig Ruhe. Am linken Flügel Infanterie- und Artilleriefeuer mit Unterbrechung, auch werden Bomben von Graben zu Graben geworfen. Unsere anato- lischen Batterien eröffneten ein heftiges Feuer gegen Schiffe, auf denen der Feind Verstärkungen bei Sedd-ul-Bahr landen wollte, und zwangen ihn, die Landung zu unterlassen und seine Schiffe sofort zurückzuziehen. Der Feind erlitt ernste Verluste. Die Batterien beschossen auch wirksam feindliche Lager bei Sedd-ul-Bahr und bei Take Burnu, sowie die Truppen und eine Haubitzbatterie des Feindes. Feindliche Flieger warfen erfolglos Bomben auf Jeni Schehir. An den anderen Fronten nichts wichtiges.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 4. Juli.

In den Argonnen haben unsere Truppen die Offensive fort- gesetzt. Die Beute hat sich erheblich erhöht; sie beträgt für die beiden ersten Julitage:

2556 Gefangene (darunter 37 Offiziere), 25 Maschinengewehre,

72 Minenwerfer,

1 Revolverkanone.

Auf den Maashöhen wiederholte der Feind trotz aller Mißer- folge viermal seine Versuche zur Wiedereroberung der verlorenen Stellungen bei Les Eparges; wir wiesen seine Angriffe glatt ab.

Nordwestlich von Regniéville eroberten wir die französischen Stellungen in 600 Meter Breite und entrissen nördlich von Fey-en- Haye dem Feinde ein Waldstück.

Die Fliegertätigkeit war gestern sehr lebhaft. Deutsche Flug- zeuge bewarfen das Landguard-Fort bei Harwich sowie eine englische Zerstörerflottille und griffen das befestigte Nancy, die Bahnanlagen von Dombasle und das Sperrfort Remiremont an. Ein englisches Flugzeug stürzte nördlich von Gent an der holländischen Grenze brennend ab. Ein deutsches Kampfflugzeug zwang einen franzö- sischen Flieger bei Schlucht zur Landung. |

Der Feind bewarf Brügge, ohne militärischen Schaden an- zurichten. |

Die Lage im Osten ist unverändert.

Die Armee des Generals von Linsingen ist in voller Ver- folgung gegen die Zlota-Lipa; 3000 Russen fielen in unsere Hand. Unter ihrem Druck weicht der Feind aus seinen Stellungen von Narajow—Miasto bis nördlich Przemyslani.)}

Von Kamionka bis Krylow (am Bug) ist die Lage unverändert.

Die Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen sind im fortschreitenden Angriff.

Zwischen der Weichsel und der Piliza hat sich nichts Wesent- liches ereignet.

Oberste Heeresleitung.

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Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 4. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Die Russen, die gestern in Ostgalizien zwischen Narajowka und Zlota-Lipa, sowie nördlich anschließend mit starken Kräften Widerstand leisteten, wurden von den verbündeten Truppen angegriffen und nach stundenlangem Kampfe auf der ganzen Front gegen die Zlota-Lipa zurückgeworfen. 3000 Gefangene und mehrere Maschinengewehre wurden erbeutet. Auch in der Gegend von Przemyslani und Glinisny ist der Feind im Rückzug gegen Ost.

Am Bug hat sich die Lage nicht geändert.

In Russisch-Polen kam es an mehreren Frontabschnitten zu heftigen Kämpfen, da die Russen unter Einsatz von Verstärkungen zu Gegenangriffen übergingen. Alle diese Versuche, verlorenes Terrain zurückzuerobern, scheiterten vollständig. Eines unserer Korps wies allein fünf Sturmangriffe des Feindes blutig ab. Am Porbach und an der Wyznica dauern die Känipfe fort. Beiderseits Studzianki drangen unsere Truppen in einer Frontausdehnung von mehreren Kilometern in die Hauptstellung des Gegners ein und warfen den Feind unter schweren Verlusten zurück. Hierbei wurden über 1000 Gefangene gemacht, 3 Maschinengewehre und 3 Geschütze erbeutet. Die Höhen nördlich Krasnik wurden in schwerem Kampfe genommen.

Die Italiener erneuerten auch gestern wieder ihre Anstrengungen, am Rande des Plateaus von Doberdo Fuß zu fassen. Nach einer den ganzen Tag dauernden Beschießung des Abschnittes von Redi- puglia mit schweren Geschützen setzte hier nachmittags ein Angriff von mindestens vier Infanterieregimentern ein, der zu heftigen Nah- kämpfen führte. Ein Gegenangriff der tapferen Verteidiger warf schließlich den Feind von den Höhen hinunter.

Versuche des Feindes, sich unseren Stellungen bei Woltschach (westlich Tolmein) und im Gebiete südlich des Krn zu nähern, wurden schon im Keime erstickt. Alpini, die in dieser Gegend einen Vor- stoß gegen einen unserer Stützpunkte unternahmen, wurden nach er- bittertem Handgemenge zurückgeworfen. Die Verluste des Feindes sind überall wieder sehr schwer.

Das italienische Torpedoboot „I7 Os“ ist am 2. Juli abends in der Nordadria vernichtet worden.

Auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz fanden nur vereinzelt Grenzgeplänkel statt. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

626 Der bisherige Erfolg des U-Bootkrieges. Berlin, 4. Juli.

Im „Journal de Geneve“ Nr. 177 vom 29. Juni 1915 findet sich ein Artikel über „Die Verluste der britischen Handelsmarine”, in dem der Verfasser ausführt, daß an Schiffen mit mehr als 300 t Tonnengehalt in der Zeit vom 4. August 1914 bis 16. Juni 1915 145 Schiffe mit insgesamt 524000 t vernichtet seien, darunter in der Zeit vom 18. Februar (Begmn des U.Bootkrieges) bis 16. Juni 82 Schiffe mit 252000 t. Von diesen seien durch U-Boote 75 versenkt worden. Bis 24. Juni kämen noch 3 Schiffe hinzu, so daß von Beginn des U-Bootkrieges bis 24. Juni im ganzen 78 Schiffe versenkt seien. Diese Zahlen stimmen nach Angaben von zu- ständiger Seite nicht. Es sind in der Tat vom 18. Februar bis 24. Juni durch U-Boote vernichtet: 194 britische Schiffe, darunter 124 von mehr als 300 t Tonnengehalt; diese letzteren ergeben im ganzen 400000 t ver- senkten Tonnengehalt.

Weiter ist im „Journal de Geneve” ausgeführt: Unter Zugrunde- legen „der Anzahl der angekommenen und abgegangenen Schiffe (uber 300 t) aus britischen Häfen“ in der Zeit vom 18. Februar bis 24. Juni (126 Tage) mit 25911 ergebe sich über die Wirkung des U-Bootkrieges folgendes Bild: Zahl der versenkten Schiffe 78, pro Woche also 4,3, pro u 0,62, Ankunfts- und Abfahrtsfalle 25911, ausgenutzte Gelegenheit

l.

Diese Zahlen geben kein richtiges Bild von der Wirkung des U-Boot- krieges, da in ihnen eine große Zahl von Schiffen, besonders von Küsten- fahren, mehrfach gezählt ist. Ein zutreffendes Bild für die Wirkung des U-Bootkrieges gibt der Vergleich der Tonnenzahl der vernichteten Schiffe mit dem Gesamttonnengehalt der britischen Handelsflotte. Hierzu ist festzustellen, daß vernichtet sind: 1) durch U-Bootkrieg in der Zeit vom 18. Februar bis 24. Juni 124 Schiffe von mehr als 300 t Tonnengehalt mit 400000 t und 70 Fischerfahrzeuge von weniger als 300 t Tonnengehalt mit 18000 t: 2) durch Kreuzerkrieg vom 4. August ab 57 Schiffe mit 250000 t; 3) ferner 10 Schiffe unbekannten Namens und Tonnengehalts mit etwa 25000 t, zusammen 261 Schiffe mit rund 700000 t.

Der Gesamttonnengehalt der britischen Handelsflotte vor dem Kriege ist zu 20 Mill. Tonnen angegeben. Hiervon sind verloren 0,7 Mill. Tonnen, der bisherige Verlust beträgt also 3,5 Proz. des Gesamttonnengehalts. Außer den britischen Schiffen sind bisher französische und russische Schiffe mit zusammen 40000 t Tonnengehalt vernichtet worden.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 5. Juli.

Ein englischer Angriff nördlich von Vpern an der Straße nach

‘Pilkem und ein französischer Vorstoß auf Souchez wurden blutig abgewiesen.

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Beiderseits Croix des Carmes (am Westrande des Priester- waldes) stürmten unsere Truppen gestern die feindliche Stellung in einer Breite von etwa 1500 Meter und drangen durch ein Gewirr von Gräben bis zu 400 Meter vor. Unter schweren Verlusten mußten die sich verzweifelt wehrenden Franzosen Graben auf Graben räumen und etwa 1000 unverwundete Gefangene (darunter einen Bataillons- stab), 2 Feldgeschütze, 4 Maschinengewehre, 3 leichte sowie 4 schwere Minenwerfer in unserer Hand lassen. Ebenso gelang ein gleich- zeitig ausgeführter Überfall auf eine französische Blockhausstellung bei Haut de Ricupt (südlich von Norroy an der Mosel), die mit Besatzung und eingebauten Kampfmitteln in die Luft gesprengt und dann planmäßig wieder geräumt wurde.

Unsere Flieger bewiesen erneut im Luftkampf ihre Überlegen- heit. Nördlich und westlich von Manonviller wurde am 1. und 2. Juli je ein französisches Flugzeug zur schleunigen Landung gezwungen, mit Erfolg wehrte ein deutscher Kampfflieger den Angriff von drei Gegnern ab.

Die beim gestern gemeldeten feindlichen Luftangriff auf Brügge geschleuderten Bomben fielen in der Nähe der wertvollsten Kunst- denkmäler der Stadt nieder.

Die Lage im Osten ist unverändert.

Die verbündeten Truppen unter dem Befehl des Generals von Linsingen haben auf ihrer ganzen Front die Zlota-Lipa erreicht; das Westufer ist von den Russen gesäubert. Die Armee hat Außer- ordentliches geleistet. In fast vierzehntägigen Kämpfen erzwang sie angesichts einer starken feindlichen Stellung den Übergang über den Dnjestr und trieb den geschlagenen Gegner von Stellung zu Stellung vor sich her.

Am Bugabschnitt räumte der Feind heute nacht den Brücken- kopf Krylow. Zwischen Bug und Weichsel wurden die Russen gestern bei Plonka-Turobin nördlich des Por-Abschnitts und bei Taruawka- Krasnik erneut geworfen.

Oberste Heeresleitung.

Gescheiterter englischer Luftangriff. Berlin, 5. Julı. Am 4. juli morgens versuchten die Engländer, einen größeren Flugzeugangriff gegen unsere Stützpunkte in der deutschen Bucht der Nordsee anzusetzen. Der Versuch scheiterte. Unsere Luftschiffe stellten die anmarschierenden englischen Streitkräfte in Stärke von

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mehreren Flugzeugmutterschiffen, begleitet von Kreuzern und Tor- pedobootszerstörern, bereits bei Tagesanbruch i in der Höhe der Insel Terschelling fest und zwangen sie zum Rückzug. Ein Wasserflugzeug, dem es gelungen war, aufzusteigen, wurde von unseren Flugzeugen verfolgt und entkam dadurch, daß es über holländisches Gebiet flog.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 5. Juli.

Amtlich wird verlautbart: In Ostgalizien erreichten die verbündeten Truppen der Armee Linsingen nach zwei Wochen siegreicher Kämpfe in der Verfolgung die Zlota-Lipa, deren Westufer vom Feinde gesaubert wurde.

Im Abschnitte Kamionka—Strumilowa—Krasne dauern die Kämpfe gegen russische Nachhuten noch an. Bei Krylow räumte der Gegner das westliche Bugufer und brannte den Ort Krylow nieder.

Beiderseits des oberen Wieprz wird gekämpft. Verbündete Truppen warfen den Feind aus seinen Stellungen nördlich des Por- baches und drangen bis gegen Plonka vor. Westlich anschließend hat die Armee des Erzherzogs Josef Ferdinand die russische Kampffront beiderseits Krasnik in mehrtägigen Kämpfen durchbrochen, die Russen unter großen Verlusten in nördlicher Richtung zurückgeworfen und in diesen Kämpfen 29 Offiziere, 8000 Mann gefangen, 6 Geschütze, 6 Munitionswagen und 6 Maschinengewehre erbeutet.

Westlich der Weichsel ist die Lage unverändert.

Die Kämpfe am Rande des Plateaus von Doberdo wiederholten sich gestern mit gleicher Heftigkeit. Abends war der Angriff von zwei italienischen Divisionen gegen den Frontabschnitt südlich von Polazze abgeschlagen. Weiter nördlich dauerte das Gefecht noch fort. Auch bei Woltschach im Krngebiete griff der Feind wieder vergeblich an.

Im Kärntner und Tiroler Grenzgebiete finden nur Geschütz- kampfe statt.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnent.

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Die Turkei im Kriege. Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopl he

An der kaukasischen Front versuchten etwa drei feindliche Kavallerie- regimenter, in der Nähe der Grenze unseren rechten Flügel zu bedrohen, wurden aber nach einem Gefecht mit unserer Kavallerie gezwungen, sich in der Richtung zurückzuziehen, aus der sie gekommen waren.

An den Dardanellen fand an unserer Nordgruppe bei Ari Burun zeitweilig Artillerie- und Infanteriefeuer statt. Der Feind fuhr fort, Bomben zu schleudern, die übelriechende Gase entwickelten, und schoß am 2. Juli Schrapnells, die nach ihrer Explosion grünes Gas ausströmten. An der Sũdgruppe bei Sedd-ul-Bahr erzielten unsere Kräfte am 2. Juli gute Ergebnisse durch gegen den linken feindlichen Flügel ausgeführte Angriffe und drangen im Bajonettsturm in einige Teile derfeindlichen Stellungen ein. Unsere Küstenbatterien beschossen am 3. Juli die feindliche Artillerie, die feindlichen Truppen und Flugzeugschuppen bei Sedd-ul-Bahr.

An den übrigen Fronten nichts von Bedeutung.

Der Krieg zur See.

Angriffe englischer U-Boote auf feindliche nn 5. Jul erlin, 5. Juli.

Über Angriffe englischer U-Boote auf feindliche Handelsschiffe liegen aus Konstantinopel folgende amtliche Feststellungen vor:

1. Am 12. Mai wurde der türkische nicht armierte Dampfer „Ittihad“, der im Hafen von Panderma Ladung nahm, ohne vorhergehende Warnung mit Torpedoschuß angegriffen. Die Schüsse gingen fehl und trafen die Kaimauer.

2. Am 18. Mai wurde der türkische nicht armierte Handelsdampfer „Dogan“ auf der Fahrt von Panderma nach Konstantinopel ohne Warnung von einem englischen U-Boot mit Torpedoschuß angegriffen. An Bord befanden sich 700 Passagiere, darunter viele Frauen und Kinder. Der Schuß ging vorbei.

3. Am 25. Mai wurde der nicht armierte deutsche Dampfer „Stam- bul” im Bosporus von einem englischen U-Boot ohne vorhergehende Warnung mit Torpedoschuß angegriffen und getroffen.

Alle drei Dampfer stehen zur türkischen Armee- und Marinever- waltung in keinerlei Beziehung.

4. Am 31. Mai wurde der unbewaffnete Dampfer „Madeleine Rick- mers“ in Panderma von einem englischen U-Boot ohne vorhergehende Warnung mit Torpedoschuß angegriffen und getroffen. Der Dampfer lud Waren für Konstantinopel. Es befanden sich weder Truppen noch Kriegs- material an Bord.

5, Der nicht armierte Dampfer „Willy Rickmers“, der vorschrifts- mäßig durch großes rotes Kreuz auf weißem Grund als Lazarettschiff kenntlich gemacht war und mehrere Hundert Verwundete an Bord hatte,

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wurde am l. Juni bei San Stefano ohne vorhergehende Warnung von einem englischen U-Boot angegriffen.

Während die englische Regierung alle Mittel in Bewegung setzt, um darzutun, daß die deutschen U-Boote in einem Gebiet, vor dessen Ge- fahren eindringlich gewarnt worden ist durch ihr Vorgehen unmensc- lich und verwerflich handelten, schonen englische U-Boote, ohne eine Warnung für nötig zu halten, in ihrem Aktionsgebiet weder Passagier-

dampfer noch Lazarettschiffe.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 6. Juli.

Nachts wurden zwei französische Angriffe bei Les Eparges abgewiesen.

Die Beute des Erfolges am Priesterwalde hat sich um ein Feldgeschütz und drei Maschinengewehre erhöht. Außerdem fiel ein Pionierpark mit zahlreichem Material in unsere Hand.

Unsere Flieger griffen den Flugplatz Corcieux östlich von Epinal und ein französisches Lager am Breitfirst östlich von Krüt in den Vogesen an.

Heute am frühen Morgen wurde der stark befestigte Wald südlich Biale—Bloto (westlich der Straße Suwalki—Kalwarja) er stürmt, dabei nahmen wir etwa 500 Russen gefangen.

Auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz ist die Lage bei den deutschen Truppen unverändert. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 6. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Durch die Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand in der zweiten Schlacht bei Krasnik geworfen, ziehen sich die Russen in nördlicher und nordöstlicher Richtung zurück. Die Armee des Erzherzogs dringt nach gelungenem Durchbruch unter neuen erfolgreichen Kämpfen weiter vor und hat gestern die Gegend von Gielczew und die Höhen nördlich der Wyznica erkämpft. Unter dem Drucke dieses Vorgehens wich der Gegner auch am Wieprz über Tarnogora zurück. Die in diesen Kämpfen eingebrachte Beute hat sich auf 41 Offiziere, 11 500 Mann und 17 Maschinengewehre erhöht.

Am Bug und in Ostgalizien ist die allgemeine Lage unverändert.

An der Zlota-Lipa und am Dnjestr herrscht Ruhe.

Die Kämpfe im Görzischen, die in den letzten Tagen immer größeren Umfang angenommen hatten, entwickelten sich gestern durch

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den allgemeinen Angriff der italienischen dritten Armee zur Schlacht. Etwa vier feindliche Korps gingen unter mächtiger Artillerieunter- stützung gegen unsere Front vom Görzer Brückenkopf bis zum Meere vor. Sie wurden vollständig zurückgeschlagen und erlitten furchtbare Verluste. Dank der über alles Lob erhabenen Haltung unserer vor- trefflichen, kriegsgewohnten Truppen, besonders der tapferen Infanterie, blieben alle unsere Stellungen unverändert in unseren Händen. So halten die Helden an der Südwestgrenze der Monarchie starke und treue Wacht gegen die Überzahl des Feindes. Sie können des Dankes aller Völker ihres Vaterlandes und der im Norden von Sieg zu Sieg eilenden Armeen sicher sein.

Am mittleren Isonzo, im Krn-Gebiet und an den übrigen Fronten hat sich gestern nichts Wesentliches ereignet.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Türkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 5. Juli.

Das Hauptquartier teilt mit: An der Kaukasusfront verfolgen wir die von unserem rechten Flügel zurückgeschlagene feindliche Kavallerie. An der Dardanellenfront versenkte am 4. Juli um 1/2 Uhr nachmittags ein deutsches Unterseeboot vor Sedd-ul-Bahr einen großen französischen Trans- portdampfer mit zwei Schornsteinen. Der Dampfer ging in drei Minuten unter. An der Nordgruppe wollte der Feind in der Nacht vom 3. zum 4. Juli nach lebhaftem Gewehrfeuer gegen unseren rechten Flügel starke Aufklärungsabteilungen vorrücken lassen, die wir jedoch zurückwarfen. Bei der Südgruppe sprengte unsere Artillerie am 4. Juli ein feindliches Munitionslager in die Luft, rief in den feindlichen Batterien einen Brand und eine Explosion hervor und dezimierte die feindlichen Soldaten, die herbeieilten, um das Feuer zu löschen. An der Irakfront in der Gegend von Bassorah wurde eine feindliche Truppenabteilung, die mit der Euphrat- bahn befördert wurde, von unseren Truppen und Freiwilligen in die Flucht geschlagen. Der Feind ließ über 60 Tote, darunter einen Major und zwei andere Offiziere, zurück. Auf der Flucht führte der Feind auch zwei mit seinen Verwundeten gefüllte Fahrzeuge mit. Wir erbeuteten eine Menge Gewehre und Munition. Auf diese Weise haben wir die englische Unter- nehmung in jener Gegend in einen Rückzug verwandelt, der unter dem Schutze der auf dem Flußlaufe befindlichen englischen Kanonenboote ausgeführt wurde. Auf den übrigen Fronten hat sich nichts von Be- deutung ereignet.

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Zur Kriegslage. |

Großes Hauptquartier, 7. Juli.

Nördlich von Ypern drangen englische Truppen gestern in einen unserer Schützengräben ein; sie waren am Abend wieder vertrieben. Westlich von Souchez wurden zwei nächtliche Angriffe des Feindes abgewiesen. Bei der Beschießung feindlicher Truppen- ansammlungen in Arras geriet die Stadt in Brand; der Feuers- brunst fiel die Kathedrale zum Opfer.

Zwischen Maas und Mosel herrscht lebhafte Kampftätigkeit. Sudwestlich von Les Eparges setzte der Feind seine Anstrengungen, die ihm unlängst entrissenen Stellungen wieder zu erobern, fort. Bei dem ersten Angriff gelangten die Franzosen in einen Teil unserer Verteidigungslinie; ein Gegenstoß brachte die Graben bis auf ein Stuck von 100 Meter wieder in unsere Hand. Der Feind ließ ein Maschinengewehr zurück. Zwei weitere Vorstöße des Gegners, ebenso wie ein Angriff an der Tranchee, scheiterten völlig.

Halbwegs Ailly-Apremont wurde unsererseits angegriffen; wir eroberten die feindliche Stellung in einer Breite von 1500 Meter und machten dabei mehr als 300 Franzosen zu Gefangenen.

Bei Croix des Carmes (im Priesterwalde) erfolgte heute nacht der erwartete feindliche Gegenangriff; der Gegner wurde abgewiesen.

Am Sudel (in den Vogesen) wurde ein feindliches Grabenstück ersturmt und für die feindliche Verteidigung unbrauchbar gemacht.

In der Champagne, südwestlich Suippes, bewarfen unsere Flieger mit Erfolg ein feindliches Truppenlager.

Die Zahl der Gefangenen südlich Biale-Bloto erhöhte sich auf 7 Offiziere und rund 800 Mann, ferner gingen 7 Maschinengewehre und ein reichhaltiges Pionierlager in unseren Besitz über.

In Polen südlich der Weichsel eroberten wir die Höhe 95 öst- lich Dolowatka (südlich Borzymow). Die russischen Verluste sind sehr beträchtlich, erbeutet wurden 10 Maschinengewehre, eine Re- volverkanone und viele Gewehre.

Weiter nördlich nahe der Weichsel wurde ein russischer Vor- stoß abgewiesen.

Westlich der oberen Weichsel wurden gute Fortschritte gemacht; östlich der Weichsel sind keine größeren Veränderungen zu melden.

Auf der Verfolgung zur Zlota-Lipa vom 3. bis 5. Juli machten wir 3850 Gefangene. Oberste Heeresleitung.

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Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 7. Juli. Amtlich wird verlautbart: An der Front der Armee des Erz- herzogs Joseph Ferdinand dauern die Kämpfe fort. Eingetroffene russische Verstärkungen, die an mehreren Stellen zum Angriff vor- gingen, wurden unter großen Verlusten zurückgeschlagen. Die Ge- fangenenzahl hat sich noch weiter erhöht.

Am Bug und in Ostgalizien ist die Lage unverändert. In den Kämpfen an der unteren Zlota-Lipa wurden vom 3. bis 5. Juli 3850 Russen gefangen.

An der Schlachtfront im Görzischen trat zunächst ziemliche Ruhe ein. Nach dem vorgestrigen Siege hatten unsere Truppen noch einige zaghaft geführte Nachtangriffe gegen den Görzer Brückenkopf und die Plateaustellungen abzuweisen. Gestern eröffnete der Feind neuer- dings ein heftiges Geschützfeuer, dem nachts wieder vergebliche Vor- stöße schwächerer Kräfte folgten.

Italienische Flieger warfen auf Triest Bomben ab, ohne erheb- lichen Schaden anzurichten.

Im Krngebiet griff der Gegner eine Felskuppe, der schon frühere Anstrengungen gegolten hatten, abermals an. Die braven Verteidiger schlugen den Angriff, wie immer, ab. Vor unserer Stellung ist ein Leichenfeld.

Im Kärtner und Tiroler Grenzgebiete dauern die Geschützkämpfe stellenweise fort.

Auf den Höhen östlich von Trebinje fand in den letzten Tagen ein für unsere Truppen erfolgreiches Gefecht statt. Im Angriff er- oberten einige unserer Abteilungen nach kurzem, heftigem Kampfe eine montenegrinische Vorstellung und trieben die Montenegriner auf die nächsten Höhen zurück. Tags darauf ging ca. eine montene- grinische Brigade nach starker Artillerievorbereitung zum Gegenangriff vor, erlitt jedoch im Feuer unserer Truppen derartige Verluste, daß sie nach einiger Zeit auf die Hauptstellung, aus der sie vorgebrochen war, zurückging. Mehrere unserer Flieger griffen mit Bomben und Maschinengewehrfeuer erfolgreich in den Kampf ein.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

634

Die Türkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 7. Juli.

An der kaukasischen Front fuhr auf dem rechten Flügel unsere Kavallerie nach ernsthaften Kämpfen fort, die feindliche Kavallerie gegen Osten zurückzuwerfen. Wir machten in dem Kampfe vom 4. Juli eine Anzahl Gefangene und gewannen Beute.

An der Dardanellenfront ist die Lage im allgemeinen unverändert. Die gewohnten Grabenkämpfe dauern fort, und zwar besonders heftig auf unserem rechten Flügel bei Sedd-ul-Bahr. Alle diese Kämpfe sind für uns günstig. Unsere anatolischen Batterien riefen zahlreiche Explo- sionen und Brande in dem feindlichen Lager bei Sedd-ul-Bahr hervor. Unsere Flieger warfen zweimal mit Erfolg Bomben auf die feindlichen Truppen. Vor Ari Burun bombardierte ein feindlicher Monitor, der sich sichtlich hinter einem Lazarettschiff verbarg, unsere Landstellungen.

Von den übrigen Fronten nichts Bedeutendes.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 8. Juli.

Westlich von Souchez gelang es den Franzosen, in einer Breite von etwa 800 Meter in unseren vordersten Graben einzudringen. Durch einen Gegenangriff wurden sie wieder vertrieben. Ein zweiter Angriff des Feindes brach im Feuer zusammen. Um ein kleines Grabenstück, in dem die Franzosen noch sitzen, wird mit Hand- granaten gekämpft.

Gegen die von uns genommenen Stellungen westlich Apremont dauerten die feindlichen Angriffe Tag und Nacht hindurch ohne jeden Erfolg an. Die Zahl der Gefangenen hat sich auf 3 Offiziere und über 400 Mann erhöht. | Auf der ganzen Westfront fanden lebhafte Artilleriekämpfe statt.

Ein feindlicher Angriff aus Richtung Kowno wurde unter großen Verlusten für den Gegner abgeschlagen.

Beim Dorfe Stegna, nordöstlich von Przasnysz wurden einige russische Gräben genommen und behauptet.

Feindliche Vorstöße in der Gegend von Strzegowo und von Starozreby (nordöstlich und südwestlich von Racionz) hatten keinen Erfolg.

Versuche des Gegners, uns die gestern eroberte Höhe 95 östlich Dolowatka zu entreißen, scheiterten.

Kaffee Hag.

(Übersetzung aus The International Culinary Magazine”, New York.)

Der wirksame Grundstoff der Kaffeepflanze, das Koffein, ist seit Jahren in der Medizin gebraucht worden, und zwar hauptsächlich als Reizmittel für das Herz.

Das löslichste Salz ist das Zitrat, und als solches findet es sich in der Zusammensetzung der meisten Migränepulver als Gegenmittel gegen die Wirkung der Kohlenteererzeugnisse, die gewöhnlich für neu- ralgische Schmerzen als Linderung Anwendung finden.

Wie alle sonstigen Reizmittel hat es seinen richtigen Platz in unserer Drogenliste; es braucht jedoch niemandem gesagt zu werden, daß der fortdauernde Gebrauch eines Reizmittels unbedingt zu einer Reaktion führt. Tritt diese ein, so pflegt der Kaffeetrinker, der für die schädlichen Wirkungen dieses Pflanzengiftes besonders empfindlich ist, die Ursache anderswo zu suchen.

Verdauungsstörung, Herzklopfen, Nervosität, Niedergeschlagen- heit, Angstgefühl und Verstopfung bilden eine Reihe von Symptomen, die der Kaffeevergiftung eigen sind. Koffein gehört zu den wenigen Drogen, die im Körper sich anzuhäufen vermögen, so daß täglich weitere kleine Mengen sich ablagern, bis der endliche Zusammenbruch eintritt.

Es ist nicht immer leicht, sofort diese Anhäufungen auszuscheiden, und es hält zuweilen schwer, den Patienten davon zu überzeugen, daß er sich ohne Kaffee besser befinden wird, da er keine sofortigen Resultate sieht. |

Koffein erhöht weder den Geschmack, das Äußere, noch das Aroma unseres volkstümlichen Frühstücksgetränks. Dies Aroma ent- springt der Gerbsaure und den flüchtigen Olen, die unschädlich sind; kein Substitut kann sie irgendwie ersetzen. Diese Bestandteile lassen die Bohne während des Röstens anschwellen und verleihen ihr Aroma und Geschmack.

Es ist durch die ersten einheimischen und auswärtigen Chemiker absolut bewiesen worden, daß Kaffee Hag oder koffeinfreier Kaffee ein Präparat darstellt, welches alle Genüsse des beliebtesten Getranks auf der Welt enthält, jedoch frei ist von den giftigen Wirkungen der Bohnen, wie sie gewöhnlich verbraucht werden.

Wenige Leute haben sich je viel überlegt, was der Kaffee eigent- lich ist. Der wissenschaftliche Name dieses kleinen, anziehend aus- sehenden Baumes ist Kofea Arabica. Seine Frucht hat die Form der Kronsbeere, ist anfangs grün, dann hochrot, und bei der Reife von tiefer Karminfarbe. Mitten in der Frucht sind zwei Samen.

Nachdem die Frucht gepflückt worden, werden die Samen auf verschiedene Weise herausgenommen, wodurch die in den Handel kommende Kaffeebohne entsteht. Vor dem Gebrauch müssen die Bohnen geröstet werden; es ist dies an sich ein sehr wesentlicher Schritt, um den besten Geschmack bei allen Kaffeemischungen hervor- zubringen.

Wie bei jeder anderen Ware gibt es unzählige Arten auf dem Markt, gute, schlechte und mittelmäßige. Beim Kaffee Hag gelangen nur die vorzüglichsten und höchst sorgsam ausgesuchten Arten zur Behandlung; dabei wird derselbe nicht teurer als andere erst- klassigen Kaffeesorten verkauft, da das herausgezogene Koffein einen willigen Markt findet und eine Einnahmequelle bietet, welche einen Teil der Herstellungskosten bezahlt.

Einige Menschen schreiben langes Leben dem stetigen und tag- lichen Gebrauch des Alkohols zu, aber es wird immer ınehr allgemein anerkannt, daß Alkohol ebenso wie andere Reizmittel, die man fort- während genießt, eine schädliche Wirkung auf den Körper dadurch haben müssen, daß entartende Krankheiten und vorzeitiges Greisen- alter verursacht werden. Thomas W. Edison sagte kürzlich: „Die Beseitigung aller Reizmittel wäre für unser Geschlecht eine schöne Sache.“

In unserer Zeit, wo man die Bedeutung hohen Blutandrangs vor- sichtig studiert, und zwar mit Bezug auf Arteriosklerose und andere Krankheiten des Blutumlaufes, können Ärzte und deren Patienten gewöhnlichen Kaffee ausschalten wegen der in solchen Fällen schäd- lichen Wirkung des Koffeins als Reizmittel und doch ihr gewöhnliches Getränk als Kaffee Hag, den berühmten koffeinfreien Kaffee Europas

und Amerikas, genießen. Dr. med. Edward S. Hodgskin, Nahrungsmittel-Sachverständiger.

635

Die Lage der zwischen Dnjestr und oberer Weichsel stehenden deutschen Truppen ist unverändert. Westlich der oberen Weichsel wurde eine Reihe feindlicher Stellungen gestürmt.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 8. Juli.

Amtlich wird verlautbart: In Russisch-Polen östlich der Weichsel dauern die Kämpfe fort. Zahlreiche heftige russische Angriffe wurden blutig abgeschlagen. Vor überlegenen feindlichen Kräften, die zur Deckung von Lublin herangeführt zum Angriff vorgingen, wurden unsere Truppen beiderseits der Chaussee auf die Höhen nördlich Krasnik zurückgenommen.

Westlich der Weichsel wurden einige russische Vorstellungen erstürmt.

Am Bug und in Ostgalizien ist die allgemeine Situation unver- ändert. Feindliche Vorstöße an der unteren Zlota-Lipa wurden ab- gewiesen.

Im Görzischen unternahmen die Italiener gestern wieder einzelne Vorstöße. Gegen den Görzer Brückenkopf sandten sie auch Mobil- miliz ins Treffen. Unsere Truppen schlugen sämtliche feindlichen Angriffe wie immer ab. Am mittleren Isonzo und im Krngebiet herrscht Ruhe.

Im Kärntner und Tiroler Grenzgebiet fand nur Geschützkampf statt.

Auf den Grenzhöhen östlich Trebinje hat nachts zum 7. Juli der Kampf gegen die Montenegriner erneut begonnen. Da der Gegen- angriff der Montenegriner am 6. Juli mißlungen war, versuchte der Feind nachts noch einen Vorstoß, der jedoch in unserem Infanterie- und Artilleriefeuer zusammenbrach. Nunmehr herrscht Ruhe.

An der übrigen Grenze hat sich nichts Wesentliches ereignet.

Eines unserer Unterseeboote hat am 7. Juli morgens einen italienischen Panzerkreuzer, Typ „Amalfi“, in der Nordadria torpediert und versenkt.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

636

Die Türkei im Kriege. Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 8. Juli.

An der kaukasischen Front versuchte die von unserem rechten Flügel zurückgeschlagene feindliche Kavallerie, sich in ihren Stellungen zu halten und Gegenangriffe zu unternehmen. Diese Versuche schlugen fehl.

An der Dardanellenfront beschoß unsere Artillerie bei Ari Burun am 6. Juli wirksam die feindlichen Stellungen und verursachte schweren Schaden. Die gegen unseren linken Flügel kampfende feindliche Artillerie beschoß infolge des schlechtgezielten Feuers ihre eigenen Schützengraben. Sie fügte dadurch ihren eigenen Soldaten beträchtliche Verluste zu. Bei Sedd-ul-Bahr schlugen wir die von Erkundungsabteilungen des Feindes versuchten Angriffe ab und fügten ihnen schwere Verluste zu. Während der Feind bei Tekke Burun mit Aus- und Einbooten beschäftigt war, an dem sich Hilfskriegsschiffe und kleinere Boote beteiligten, eröffneten unsere anatolischen Küstenbatterien plötzlich das Feuer auf die genannte Stellung. Eine Granate fiel mitten in ein Bataillon des Feindes und verursachte Verwirrung und Verluste. Dieselben Batterien sprengten ein feindliches Munitionsdepot in der Nähe in die Luft. l

Von den anderen Fronten ist nichts Wichtiges zu melden.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 9. Juli.

Nördlich der Zuckerfabrik von Souchez wurde ein französischer Angriff abgeschlagen; kleine in unserer Stellung eingedrungene Abteilungen wurden niedergemacht. Es gelang uns bisher nicht, das vorgestern verlorene Grabenstück westlich von Souchez vom Feinde zu säubern. Die von der französischen Heeresleitung ge- brachte Nachricht über Eroberung eines deutschen Geschützes ist unrichtig. l

Östlich von Ailly ergebnislose französische Einzelangriffe. Ost- lich anschließend an unsere neugewonnenen Stellungen im Priester- walde stürmten wir mehrere französische Grabenlinien in einer Breite von 350 Meter, machten dabei über 250 Gefangene und erbeuteten 4 Maschinengewehre. Nachts fanden auf der Front von Ailly bis zur Mosel nur unbedeutende Patrouillengefechte statt.

Nach starker Artillerievorbereitung griff der Feind die von uns am 22. Juni erstürmte Höhe 631 bei Ban de Sapt an. Wir mußten die vollkommen verschütteten Gräben auf der Kuppe räumen.

Im Osten und Südosten ist die Lage unverändert.

Oberste Heeresleitung.

637

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 9. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Die allgemeine Lage im Nordosten ist unverändert.

In Russisch-Polen wird auf den Höhen nördlich Krasnik weiter gekämpft. Wie in den vorhergehenden Tagen wurden auch gestern an mehreren Stellen der Front äußerst heftige russische Angriffe zurück- geschlagen.

Westlich der Weichsel wurden alle genommenen russischen Vor- stellungen behauptet.

An der küstenländischen Front herrschte gesteren vrhältnismäßig Ruhe. Ein italienischer Flieger war bei Görz zu einer Notlandung gezwungen.

Im Kärntner und Tiroler Grenzgebiet Geschützkämpfe und Schar-

mutzel. Ein Angriffsversuch zweier feindlicher Bataillone auf den

Col di Lana (bei Buchenstein) wurde abgewiesen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Versenkung des Kreuzers „Amalfi“. Rom, 8. Juli.

„Giornale d'Italia“ meldet aus Venedig: Der Kreuzer „Amalfi“ wurde 30 km von der Küste torpediert. Die Größe des Lecks ließ den Versuch, das Schiff zu retten, nicht zu. Der Befehl zur Rettung der Besatzung wurde sofort gegeben. Das Schiff sank in weniger als einer halben Stunde. Die anderen Schiffe der Division eilten herbei, um die Besatzung aufzunehmen. Zwei Spitalschiffe wurden nach Venedig gesandt. 500 Mann wurden gerettet.

Die Antwort der deutschen Regierung auf die amerikanische Note. | Berlin, 9. Juli.

Die Antwort der Kaiserlich Deutschen Regierung auf die amerika- nische Note vom 10. Juni dieses Jahres ist gestern überreicht worden und lautet wie folgt:

Der Unterzeichnete beehrt sich, Seiner Exzellenz dem Botschafter .der Vereinigten Staaten von Amerika Herrn James W. Gerard auf die Note vom 10. v.M. F. O. Nr. 3814 über die Beeinträchtigung ameri- . kanischer Interessen durch den deutschen Unterseebootskrieg nachstehendes zu erwidern:

Die Kaiserliche Regierung hat mit Genugtuung aus der Note ent- nommen, wie sehr es der Regierung der Vereinigten Staaten am Herzen

638

liegt, die Grundsätze der Menschlichkeit auch im gegenwärtigen Kriege verwirklicht zu sehen. Dieser Appell findet in Deutschland vollen Wider- hall, und die Kaiserliche Regierung ist durchaus gewillt, ihre Darlegungen und Entschließungen auch im vorliegenden Fall ebenso von den Prin- zipien der Humanität bestimmen zu lassen, wie sie dies stets getan hat. -

Dankbar hat es die Kaiserliche Regierung begrüßt, daß die Ameri- kanische Regierung in ihrer Note vom 15. Mai d. J. selbst daran erinnert hat, wie sich Deutschland in der Behandlung des Seekriegsrechts stets von den Grundsätzen des Fortschritts und der Menschlichkeit hat leiten lassen. In der Tat haben seit der Zeit, wo Friedrich der Große mit John Adams, Benjamin Franklin und Thomas Jefferson den Freundschafts- und Handelsvertrag vom 10. September 1785 zwischen Preußen und der Republik des Westens vereinbarte, deutsche und amerikanische Staats- männer in dem Kampf für die Freiheit der Meere und für den Schutz des friedlichen Handels immer zusammengestanden. Bei den internatio- nalen Verhandlungen, die später zur Regelung des Seekrieges gepflogen wurden, sind Deutschland und Amerika gemeinsam für fortschrittliche Grundsätze, insbesondere für die Abschaffung des Seebeuterechts sowie für die Wahrung der neutralen Interessen eingetreten. Noch bei Beginn des gegenwärtigen Krieges hat sich die Deutsche Regierung auf den Vor- schlag der Amerikanischen Regierung sofort bereit erklärt, die Londoner Seekriegsrechtserklärung zu ratifizieren und sich dadurch bei der Ver- wendung ihrer Seestreitkräfte allen dort vorgesehenen Beschränkungen zugunsten der Neutralen zu unterwerfen. Ebenso hat Deutschland stets an dem Grundsatz festgehalten, daß der Krieg mit der bewaffneten und organisierten Macht des feindlichen Staates zu führen ist, daß dagegen die feindliche Zivilbevölkerung nach Möglichkeit von den kriegerischen Maßnahmen verschont bleiben muß. Die Kaiserliche Regierung hegt die bestimmte Hoffnung, daß es beim Eintritt des Friedens oder sogar schon früher gelingen wird, das Seekriegsrecht in einer Weise zu ordnen, die die Freiheit der Meere verbürgt, und sie wird es mit Dank und Freude begrüßen, wenn sie dabei Hand in Hand mit der Amerikanischen Re- gierung arbeiten kann.

Wenn in dem gegenwärtigen Kriege je länger je mehr die Grund- sätze durchbrochen worden sind, die das Ziel der Zukunft sein sollten, so trägt die Deutsche Regierung keine Schuld daran.

Der Amerikanischen Regierung ist es bekannt, wie von vornherein und in steigender Rücksichtslosigkeit Deutschlands Gegner darauf aus- gegangen sind, unter Lossagung von allen Regeln des Völkerrechts und unter Mißachtung aller Rechte der Neutralen durch die völlige Lahmlegung des friedlichen Verkehrs zwischen Deutschland und den neutralen Ländern nicht sowohl die Kriegführung als vielmehr das Leben der deutschen Nation vernichtend zu treffen. Am 3. November v. Js. hat England die Nordsee zum Kriegsgebiet erklärt und der neutralen Schiffahrt die Durch- fahrt durch Legung schlecht verankerter Minen sowie durch Anhalten und Aufbringung der Schiffe aufs äußerste gefährdet und erschwert, so daß es tatsächlich neutrale Küsten und Häfen gegen alles Völkerrecht blockiert.

639

Lange vor Beginn des Unterseebootkrieges hat England auch die legitime neutrale Schiffahrt nach Deutschland so gut wie völlig unterbunden. So wurde Deutschland zu dem Handelskrieg mit Unterseebooten gezwungen. Bereits am 16. November v. J. hat der englische Premierminister im Unter- hause erklärt, daß es eine der Hauptaufgaben Englands sei, zu verhindern, daß Nahrungsmittel für die deutsche Bevölkerung über neutrale Häfen nach Deutschland gelangten. Seit dem |. März d. Js. endlich nimmt Eng- land von den neutralen Schiffen alle nach Deutschland gehenden sowie alle von Deutschland kommenden Waren, auch wenn sie neutrales Eigen- tum sind, ohne weiteres weg. Wie seinerzeit die Buren, so soll jetzt das deutsche Volk vor die Wahl gestellt werden, ob es mit seinen Frauen und Kindern dem Hungertode erliegen oder seine Selbständigkeit auf- geben wolle.

Während uns so unsere Feinde laut und offen den Krieg ohne Gnade und bis zur völligen Vernichtung angesagt haben, führen wir den Krieg in der Notwehr für unsere nationale Existenz und um eines dauernd ge- sicherten Friedens willen. Den erklärten Absichten unserer Feinde und der von ihnen angewandten völkerwidrigen Kriegführung haben wir den Unterseebootskrieg anpassen müssen.

Bei allen grundsätzlichen Bemühungen, neutrales Leben und Eigen- tum nach Möglichkeit vor Schädigung zu bewahren, hat die Deutsche Regierung schon in der Denkschrift vom 4. Februar rückhaltlos anerkannt, daß durch den Unterseebootkrieg Interessen der Neutralen in Mitleiden- schaft gezogen werden könnten. Aber ebenso wird auch die Amerika- nische Regierung zu würdigen wissen, daß die Kaiserliche Regierung in dem Daseinskampf, der Deutschland von seinen Gegnern aufgezwungen und angekündigt ist, die heilige Pflicht hat, alles, was irgend in ihrer Macht steht, zu tun, um das Leben der deutschen Untertanen zu schützen und zu retten. Wollte die Kaiserliche Regierung diese ihre Pflicht ver- saumen, so würde sie sich vor Gott und der Geschichte der Verletzung derjenigen Prinzipien höchster Humanität schuldig machen, die die Grund- lagen jedes Staatslebens sind.

Ä Mit erschreckender Deutlichkeit zeigt der Fall der „Lusitania“, zu welcher Gefährdung von Menschenleben die Art der Kriegführung unserer Gegner führt. Durch die unter Verheißung von Prämien erfolgte An- weisung an die britischen Handelsschiffe, sich zu armieren und die Unter- seeboote zu rammen, ist in schärfstem Widerspruch mit allen Grundsätzen des Völkerrechts jede Grenze zwischen Handels- und Kriegsschiffen ver- wischt, und sind die Neutralen, die die Handelsschiffe als Reisende be- nutzen, allen Gefahren des Krieges in erhöhtem Maße ausgesetzt worden. Hätte der Kommandant des deutschen Unterseebootes, welches die „Lusi- tania“ vernichtete, Mannschaften und Reisende vor der Torpedierung aus- booten lassen, so hätte dies die sichere Vernichtung seines eigenen Bootes bedeutet. Nach allen bei der Versenkung viel kleinerer und weniger seetüchtiger Schiffe gemachten Erfahrungen war zu erwarten, daß ein so mächtiges Schiff wie die „Lusitania“, auch nach der Torpedierung lange genug über Wasser bleiben würde, um die Passagiere in die Schiffsboote

640

gehen zu lassen. Umstände ganz besonderer Art, insonderheit das Vor- handensein großer Mengen hochexplosiver Stoffe an Bord, haben diese Erwartung getäuscht. Außerdem darf noch darauf hingewiesen werden, daß bei Schonung der „Lusitania“ Tausende von Kisten mit Munition ‚den Feinden Deutschlands zugeführt und dadurch Tausende deutscher Mütter und Kinder ihrer Ernährer beraubt worden wären.

In dem Geiste der Freundschaft, von der das deutsche Volk gegen- ‚über der Union und ihren Bewohnern seit den ersten Tagen ihres Bestehens beseelt ist, wird die Kaiserliche Regierung immer bereit sein, auch während des gegenwärtigen Krieges alles Mögliche zu tun, um der Gefährdung des Lebens amerikanischer Bürger vorzubeugen.

Die Kaiserliche Regierung wiederholt daher die Zusicherung, daß amerikanische Schiffe in der Ausübung der legitimen Schiffahrt nicht ‘gehindert und das Leben amerikanischer Bürger auf neutralen Schiffen nicht gefährdet werden sollen.

Um unvorherzusehende, bei der Seekriegführung der Gegner Deutsch- lands mögliche Gefährdungen amerikanischer Passagierdampfer auszu- schließen, werden die deutschen Unterseeboote angewiesen werden, solche durch besondere Abzeichen kenntlich gemachte und in angemessener vorher angesagte Passagierdampfer frei und sicher passieren zu lassen. Dabei gibt sich die Kaiserliche Regierung allerdings der zuversichtlichen Hoffnung hin, daß die Amerikanische Regierung die Gewähr dafür über- nimmt, daß diese Schiffe keine Konterbande an Bord haben. Die näheren "Vereinbarungen für die unbehelligte Fahrt dieser Schiffe würden von den

beiderseitigen Marinebehörden zu treffen sein.

Zur Schaffung ausreichender Reisegelegenheit für amerikanische Bürger über den Atlantischen Ozean stellt die Deutsche Regierung zur Erwägung, die Zahl der verfügbaren Dampfer dadurch zu vermehren, daß eine angemessene, der genaueren Vereinbarung unterliegende Zahl neutraler Dampfer unter amerikanischer Flagge in den Passagierdienst unter den gleichen Bedingungen wie die vorgenannten amerikanischen Dampfer ein- gestellt wird.

Die Kaiserliche Reine glaubt annehmen zu dürfen, daß auf diese Weise ausreichende Gelegenheiten für amerikanische Bürger zur Reise über den Atlantischen Ozean zu schaffen sind. Eine zwingende Not- wendigkeit für amerikanische Bürger, in Kriegszeiten auf Schiffen unter feindlicher Flagge nach Europa zu reisen, dürfte demnach nicht vorliegen. Insbesondere vermag die Kaiserliche Regierung nicht zuzugeben, daß amerikanische Bürger ein feindliches Schiff durch die bloße Tatsache ihrer "Anwesenheit an Bord zu schützen vermögen. Deutschland ist lediglich ‘dem Beispiel Englands gefolgt, als es einen Teil der See zum Kriegs- gebiet erklarte. Unfalle, die in diesem Kriegsgebiet Neutralen auf feind- lichen Schiffen zustoßen sollten, könnten daher nicht wohl anders beurteilt werden als Unfälle, denen Neutrale auf dem Kriegsschauplatz zu Lande

jederzeit ausgesetzt sind, wenn sie sich trotz vorheriger Warnung in Ge- fahr begeben.

641 Sollte sich jedoch die Erwerbung neutraler Passagierdampfer für die

Amerikanische Regierung nicht in ausreichendem Umfange ermöglichen lassen, so ist die Kaiserliche Regierung bereit, keine Einwendungen da- gegen zu erheben, daß die Amerikanische Regierung vier Passagierdampfer feindlicher Flagge für den Passagierverkehr Nordamerika— England unter amerikanische Flagge bringt. Die Zusage für die „freie und sichere“ Fahrt amerikanischer Passagierdampfer würde dann unter den gleichen Vorbe- dingungen auch auf diese früher feindlichen Passagierdampfer ausgedehnt werden.

Der Herr Präsident der Vereinigten Staaten hat in dankenswerter Weise sich zur Übermittlung und Anregung von Vorschlägen an die Groß- britannische Regierung insonderheit wegen Änderung des Seekrieges bereit erklärt. Die Kaiserliche Regierung wird stets von den guten Diensten des Herm Präsidenten gern Gebrauch machen, und gibt sich der Hoffnung hin, daß seine Bemühungen sowohl im vorliegenden Falle wie auch für das große Ziel der Freiheit der Meere zu einer Verständigung führen werden.

Indem der Unterzeichnete den Herrn Botschafter bittet, vorstehendes zur Kenntnis der Amerikanischen Regierung zu bringen, benutzt er diesen

um Seiner Exzellenz die Versicherung seiner ausgezeichnetsten Hochachtung zu erneuern.

An Seine Exzellenz den Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika Herm James W. Gerard.

gez.: von Jagow.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 10. Juli.

Tagsüber war die Gefechtstätigkeit auf der ganzen Front gering.

Drei französische Angriffe bei Launois (am Südhang der Höhe 631 bei Ban de Sapt) scheiterten bereits in unserem Artilleriefeuer.

Nachts wurde in der Champagne nordwestlich von Beausejour- Ferme ein vorspringender französischer Graben gestürmt; östlich anschließend unternahmen wir einige erfolgreiche Sprengungen.

. Zwischen Ailly und Apremont fanden vereinzelte Nahkampfe statt. Im Priesterwalde verbesserten wir durch einen Vorstoß unsere neuen Stellungen. Seit 4. Juli sind in den Kämpfen zwischen Maas und Mosel 1798 Gefangene (darunter 21 Offiziere) gemacht, 3 Ge- schütze, 12 Maschinengewehre, 18 Minenwerfer erbeutet.

Bei Leintrey, östlich von Luneville, wurden nächtliche Vorstöße des Feindes gegen unsere Vorposten abgewiesen.

Bei Ossowiec wurde ein feindlicher Angriff zurückgeschlagen.

Die Lage der deutschen Truppen auf dem südöstlichen Kriegs- schauplatz ist unverändert. Oberste Heeresleitung.

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Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 10. Juli. Amtlich wird verlautbart: Die Situation ist im großen unverändert. Nördlich Krasnik erneuerten die Russen in der vergangenen Nacht

nochmals erfolglos ihre Angriffe.

Die Ruhe an der küstenländischen Front hielt im allgemeinen an. Ein feindlicher Angriffsversuch bei Sdraussina wurde abgewiesen.

Im Kärntner Grenzgebiet hat sich nichts ereignet.

An der Tiroler Front wurde ein italienischer Angriff auf unsere

Stellungen nordöstlich des Kreuzbergsattels zum Stehen gebracht. Gegen den Col di Lana gingen vorgestern nachmittag mehrere

feindliche Bataillone vor. Das Feuer eines unserer Forts zwang sie

zur Umkehr. Gestern vormittag versuchte ein Bataillon einen neuen

Angriff. Erst auf die kleinsten Entfernungen beschossen, hatte es

große Verluste und mußte gleichfalls zurück. Die braven Standschützen

betätigen im schwierigsten Hochgebirge ihre Unternehmungslust in erfolgreichen Kämpfen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Türkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 10. Juli.

An der Kaukasusfront versuchte am 8. Juli ein feindliches Kavallerie- regiment auf dem rechten Flügel in der Nähe der Grenze eine unserer Abteilungen anzugreifen, die dem Feinde eine beherrschende Hohe ab- genommen und besetzt hatte. Wir schlugen den Feind unter schweren Verlusten für ihn zurück.

An der Dardanellenfront trat am 9. Juli bei Ari Burun und Sedd-ul- Bahr keine Veränderung ein. Es fand dort nur das gewöhnliche Artillerie- und Infanteriefeuer statt. Unsere vorgeschobenen anatolischen Batterien beschossen wirksam das feindliche Lager bei Tekke Burun sowie das Gelände in der Umgebung von Sedd-ul-Bahr und eine auf dem Marsch befindliche Infanterieabteilung. Am Nachmittag brach in der Umgebung von Tekke Burun ein großer Brand aus; wir hörten von Zeit zu Zeit Explosionen. Auf den übrigen Fronten hat sich nichts Wesentliches ereignet.

Schluß des redaktionellen Teils.

Verantwortlich für die Redaktion: S. D. Gallwitz, Bremen. Einsendungen von Manuskripten (unter Beifügung von Rückporto) an die Redaktion Bremen, Am Wall 163. Tel. 6495. Verlag: Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft, Bremen. Druck: Hofbuchdruckerei H. M. Hauschild, Bremen.

DER KRIEG

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13. Lieferung.

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DIE GULDENKAMMER

HERAUSGEGEBEN VON S. D. GALLWITZ / DR. G. F. HARTLAUB / DR. HERM. SMIDT

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BEZUGS-BEDINGUNGEN: DURCH SAMTL. BUCHHANDLUNGEN, POSTANSTALTEN ODER DIREKT VOM VERLAG: JAHRLICH M. 5.—, VIERTELJAHRLICH M. 1.50, EINZELHEFT M. 0.50

NACHDRUCK DER BELLETRISTIK VERBOTEN NACHDRUCK DER UBRIGEN ARTIKEL UNTER GENAUER QUELLENANGABE GESTATTET

DER KRIEG.

Die Übergabe der deutschen Streitmacht in Südwestafrika. London, 10. Juli. Reuters Sonderdienst meldet aus Kapstadt: Botha verlangte die Ubergabe der Deutschen bis zum 9. Juli, 5 Uhr nachmittags, widrigenfalls der Angriff beginnen würde. Die Deutschen sahen ein, daß sie keine Hoffnung auf Entkommen hatten, und nahmen deshalb das Ultimatum an. Die gesamte deutsche Streitmacht, die nach der Union gebracht wird, soll gefangengehalten werden, bis der Krieg beendet ist; außer den Ge- fangenen, die in einem vorgeschriebenen Bezirk auf Ehrenwort freigegeben werden. | Dieselbe Quelle meldet aus Prätoria: General Botha berichtet, daß die Umzingelungsbewegung sehr schwer durchzuführen war. Man mußte unausgesetzt Tag und Nacht marschieren und lange Strecken ohne Wasser mit großer Geschwindigkeit durchmessen. Eine berittene und eine un- berittene Infanteriebrigade werden vorläufig in Otavi bleiben. Gemäß den Übergabebedingungen werden die Offiziere der aktiven Truppen ihre Waffen behalten. Sie können gegen Ehrenwort ihren Wohnplatz unter gewissen Einschränkungen auswählen. Die übrigen Gefangenen werden in Orten, die die Union ihnen anweist, interniert. Die Reservisten aller Ränge werden ihre Waffen abliefern, ein Paroleformular ausfüllen. und nachher wieder nach ihren Wohnorten zurückkehren können, um ihren gewohnten Berufen nachzugehen. Die Offiziere dürfen ihre Pferde be- halten. Die Polizeitruppen werden wie aktives Militär behandelt, Die bürgerlichen Behörden können nach ihren Wohnorten zurückkeliten, nach- dem sie eine Paroleerklärung unterzeichnet haben, aber ohne ihr Amt ausüben und Gehaltsansprüche an die Union ‚stellen zu, können. Alles Kriegsmaterial wird an die Union abgeliefert, ln, dem, Paroleformular | verpflichtet sich der Unterzeichnende, die F eindseligkeiten während des gegenwärtigen Krieges nicht wieder aufzunehmen. diese Reutermeldungen, beweisen, daß die. Sen unter ehi ehrenvollen nen an ‚die, erdrückende., Pe Vbermacht erfolgt sein muß.) we S

„252 1 4 Tort ep e eee

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Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 11. Juli.

Nördlich von Ypern wiederholten die Engländer gestern ihren Versuch vom 6. Juli, sich in Besitz unserer Stellung am Kanal zu setzen. Der Angriff scheiterte unter erheblichen Verlusten für den Feind.

Hart nördlich der Straße Souchez—Ablain versuchten die Fran- zosen abends einen Angriff, der auf einen Vorstoß von deutscher Seite traf; der Kampf ist noch nicht abgeschlossen.

Dem franzosischen Feuer fielen in den letzten Tagen 40 Ein- wohner von Liévin zum Opfer, von denen 10 getötet wurden.

Ein vereinzelter französischer Vorstoß auf Fricour, östlich von Albert, wurde leicht abgewiesen.

Der gestern nacht nordwestlich von Beausejour-Ferme dem Feinde entrissene Graben ging am frühen Morgen wieder verloren, wurde heute nacht jedoch wieder gestürmt und gegen fünf An- griffe behauptet.

Zwischen Ailly und Apremont erfolglose französische Hand- granatenangriffe. Im Priesterwalde brach unter starken Verlusten für den Feind ein durch heftiges Artilleriefeuer vorbereiteter An- griff dicht vor unseren Stellungen zusammen.

Ein Angriff auf die deutsche Stellung östlich und südöstlich von Soudernoch (südwestlich von Münster) wurde zurückgeschlagen.

Unsere Flieger griffen die Bahnanlagen von Gerardmer an.

Im Osten ist die Lage unverändert.

In den letzten Tagen fanden in der Gegend südlich von Kras- nostaw örtliche Gefechte statt; sie verliefen für uns überall günstig. Sonst hat sich bei den deutschen Truppen nichts ereignet.

Oberste Heeresleitung. Politischer Tagesbericht. In der am 10. Juli stattgehabten Zusammenkunft der bundesstaat-

lichen Finanzminister gab der Staatssekretär des Reichsschatzamts, Dr. Helfferich, einen Überblick über die Finanzlage des Reiches und die zur Durchführung

i Beurteil die einstimmige Bekundung des unerschütterlichen Entschlusses opfer- bereiten Zusammenwirkens bis zum siegreichen Frieden. Die von dem

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Reichsschatzsekretär in Aussicht genommenen finanziellen Maßnahmen, insbesondere seine Vorschläge über die bei den gesetzgebenden Körper- schaften in der nächsten Tagung des Reichstags einzubringende neue Kreditvorlage, fanden einhellige Zustimmung. Auch über die Frage der Besteuerung der sogenannten Kriegsgewinne fand ein Meinungsaustausch statt, der Übereinstimmung darin ergab, daß die Erhebung einer Sonder- steuer auf den durch den Krieg und während des Krieges entstandenen Vermögenszuwachs dem Reiche zustehe.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 12. Juli.

Am Nordabhang der Höhe 60 (südöstlich von Ypern) wurde ein Teil der englischen Stellung in die Luft gesprengt.

Der Nahkampf am Westrand von Souchez schreitet vorwärts. Der südlich von Souchez an der Straße nach Arras gelegene, viel- umstrittene Kirchhof ist wieder in unserem Besitz; er wurde gestern abend nach hartem Kampf gestürmt. 2 Offiziere, 163 Franzosen wurden gefangen genommen, 4 Maschinengewehre und 1 Minen- werfer erbeutet.

Bei Combres und im Walde von Ailly ging der Gegner gestern abend nach starker Artillerievorbereitung zum Angriff vor; auf der Höhe von Combres gelang es dem Feinde, in unsere Linien einzudringen; er wurde wieder hinausgeworfen. Im Walde von Ailly brach die feindliche Infanterie bereits vor unserer Stellung in unserem Feuer zusammen.

Nördlich der Höhe von Ban de Sapt wurde ein Waldstück vom Gegner gesäubert.

Bei Amerzweiler (nordwestlich von Altkirch) ũberfielen wir eine feindliche Abteilung in ihren Gräben; die feindliche Stellung wurde in einer Breite von 500 Meter eingeebnet; unsere Truppen gingen sodann planmäßig unter Mitnahme einiger Gefangener, vom Feinde unbelästigt, in ihre Linie zurück.

An der Straße von Suwalki nach Kalwarja, in der Gegend von Lipina, stürmten unsere Truppen die feindlichen Vorstellungen in einer Breite von 4 km.

Auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz ist die Lage bei den deutschen Truppen unverändert.

Oberste Heeresleitung.

646

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 12. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Am Bug nordwestlich Busk haben unsere Truppen bei Derewlany einen russischen Stützpunkt genommen.

An der ganzen sonstigen Front im Nordosten fanden auch gestern keine Kämpfe statt. Die Situation ist unverändert.

An der küstenländischen Front versuchten die Italiener wieder einige Angriffe, die, wie immer, abgewiesen wurden, so bei Ver- megliano, Redipuglia und an mehreren Punkten südlich des Krn- gipfels.

Im Kärntner Grenzgebiet dauern die Geschützkämpfe fort. Auch gegen unsere Stellungen auf den Grenzbergen nordöstlich des Kreuz- bergsattels und gegen einzelne Tiroler Werke richtete sich feindliches Artilleriefeuer. Neuerliche Angriffe des Gegners auf den Col Lana scheiterten gleich allen früheren.

In letzter Zeit entwickelten die Montenegriner an der herzego- winischen Grenze eine lebhaftere, jedoch erfolglose Tätigkeit. So griffen unlängst wieder ca. zwei montenegrinische Bataillone unsere Grenzstellungen östlich Avtovac nach längerer Beschießung durch schwere Artillerie an; sie wurden abgewiesen. Einer unserer Flieger bewarf zu dieser Zeit ein montenegrinisches Lager sehr erfolgreich mit Bomben. Weiter südlich stieß ein Bataillon des Feindes über die Grenze vor. Auch dieses wurde durch einen Gegenangriff unserer Truppen auf montenegrinisches Gebiet zurückgeschlagen.

Östlich Trebinje versuchte der Feind nach den Mißerfolgen der vorigen Woche vergebens, durch schweres Artilleriefeuer eine Wir- kung zu erzielen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See.

Zwölf deutsche U-Boote im Mittelmeer. Athen, 9. Juli. Nach angeblich zuverlässigen Privatmeldungen befinden sich im Mittelmeer 12 deutsche Unterseeboote, andere würden folgen, um der Blockade an den Dardanellen und den Operationen auf Gallipoli

ein Ende zu bereiten.

647

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 13. Juli.

Ein französischer Handgranatenangriff bei der Zuckerfabrik von Souchez wurde abgewiesen. Im Anschluß an den Sturm auf den Kirchhof wurde darüber hinaus unsere Stellung in einer Breite von 600 Meter vorgeschoben und auch das an der Straße nach Arras gelegene Cabaret Rouge genommen. Die Zahl der Gefan- genen hat sich auf 3 Offiziere 215 Mann erhöht. Verschiedene Ansätze zu feindlichen Gegenangriffen wurden unter Feuer ge- nommen; ihre Durchführung wurde dadurch verhindert.

Zwischen Maas und Mosel entwickelte der Feind lebhafte Artillerietatigkeit. Viermal griff er im Laufe des Abends und der Nacht unsere Stellungen im Priesterwalde an. Die Angriffe brachen unter großen Verlusten vor unseren Linien im Feuer zusammen.

Die Lage im Osten und Südosten ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze. Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 13, Juli.

Amtlich wird verlautbart: Die allgemeine Lage ist unverändert. An der küstenländischen Front fanden gestern stellenweise heftige Artilleriekämpfe statt. Ein Angriff mehrerer italienischer Infanterie-Regi- menter bei Redipuglia wurde abgewiesen. Die Lage im Kärntner und Tiroler Grenzgebiet ist unverändert. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zerstörung des Kreuzers „Königsberg“. London, 13, Juli.

Die Admiralität teilt mit, daß die Monitoren „Severn“ und „Mersey“ den deutschen Kreuzer „Königsberg“ in der Mündung des Rufidji am 4. und 11. Juli beschossen und gänzlich zerstört haben.

Zu der Meldung der englischen Admiralität gibt das Reutersche Bureau noch folgende Einzelheiten: Die Lage des Kreuzers „Königsberg“ machte den Angriff höchst mühsam. Nur Fahrzeuge mit geringem Tief- gang konnten dicht genug herankommen. Nachdem ein Flieger genau den Platz festgestellt hatte, wo das Schiff lag, dampften die Monitoren am 4. Juli flußaufwärts und eröffneten das Feuer. Die „Königsberg“ ant- wortete sofort mit gutgezielten schnellen Salven aus fünf Kanonen. Die „Mersey wurde zweimal getroffen. Eine Granate tötete vier Mann. Da die „Königsberg“ ganz im Gesträuch lag, hatten die Flieger die größte

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Mühe, festzustellen, von wo aus geschossen wurde. Am Anfang des Gefechts wurde das deutsche Schiff fünfmal getroffen. Nach dem sechsten Schuß meldeten die Flieger, daß die Masten noch ständen. Dann traf eine Salve die „Königberg“, so daß die Flammen zwischen den Masten aufschlugen. Dennoch feuerten die Deutschen mit einer Kanone mit Unterbrechungen weiter. Schließlich schwieg das Geschütz, entweder wegen Munitionsmangel, oder weil es beschädigt war. Die „Königsberg“ war zwar nicht gänzlich vernichtet, aber doch außerstands zu kämpfen. Am 11. Juli wurde die „Königsberg“ in einem zweiten Angriff ganz vernichtet. Die Kreuzer „Weymouth“ und „Pioneer“ halfen den Monitoren durch Beschießen der an der Küste aufgestellten Geschütze. Die „Weymouth”

hatte zwei Verwundete.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 14. Juli.

Heute nacht wurden abermalige Handgranatenangriffe bei der Zuckerfabrik von Souchez abgewiesen.

Die Franzosen sprengten in der Gegend von Troyon (west- lich von Craonne) und von Perthes (in der Champagne) erfolglos einige Minen. Unser Handgranatenfeuer hinderte sie, sich an den Sprengstellen festzusetzen.

In den Argonnen führten deutsche Angriffe zu vollem Er- folge: nordöstlich von Vienne-le-Chäteau wurde etwa in 1000 m Breite die französische Linie genommen; 1 Offizier, 137 Mann wurden gefangen, 1 Maschinengewehr, 1 Minenwerfer erbeutet. Südwestlich von Boureuilles stürmten unsere Truppen die feind- liche Höhenstellung in einer Breite von 3 km und einer Tiefe von 1 km. Die Höhe 285 (La fille morte) ist in unserem Besitz. An unverwundeten Gefangenen fielen 2581 Franzosen, darunter 51 Offi- ziere, in unsere Hände, außerdem wurden 300 bis 400 verwundete Gefangene in Pflege genommen; 2 Gebirgsgeschütze, 2 Revolver- kanonen, 6 Maschinengewehre und eine große Menge Gerät wur- den erbeutet. Unsere Truppen stießen bis zu den Stellungen der französischen Artillerie vor und machten 8 Geschütze unbrauchbar, die jetzt zwischen den beiderseitigen Linien stehen.

Ein englisches Flugzeug wurde bei Frezenberg nordöstlich von Ypern heruntergeschossen.

Zwischen Njemen und Weichsel haben unsere Truppen in Gegend Kalwarja, südwestlich Kolno, bei Prasznysz und südlich Mlawa einige örtliche Erfolge erzielt.

Bei den deutschen Truppen im Südosten keine Änderungen.

Oberste Heeresleitung.

649 Die Türkei im Kriege. Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 14. Juli.

Das Große Hauptquartier meldet von der kaukasischen Front: Die Verluste des Feindes an Toten und Verwundeten in der Gegend des Aras in den Gefechten der letzten Woche zwischen unseren Truppen und der feindlichen Infanterie und Kavallerie, die mit einem Rückzuge des Feindes endeten, werden auf 2000 geschätzt. Gegenwärtig haben wir über 600 Tote auf der Rückzugsstraße des Feindes gezählt.

An der Dardanellenfront versuchte der Feind vorgestern vormittag bei Ari Burun nach heftigem Geschütz- und Gewehrfeuer unter Schleu- dern von Bomben gegen unseren rechten Flügel vorzugehen. Der An- griff des Feindes brach in unserem Feuer zusammen. Der Feind zog sich zurück. Ein ähnlicher Angriff gegen unseren linken Flügel wurde ebenso leicht abgewiesen. Der Feind floh in Eile. Ein Teil der Flüch- tenden fiel in die Abgründe. Wir erbeuteten eine Menge von Munition, Waffen und Kriegsmaterial. Bei Sedd-ul-Bahr griff der Feind am gleichen Vormittag nach heftigem Geschützfeuer von seinen beiden Flügeln aus, unterstützt von einem Teil seiner Flotte, unseren rechten und unseren linken Flügel an. Er wiederholte dreimal den Angriff auf unseren rechten Flügel. Wir wiesen ihn ab und fügten ihm schwere Verluste zu. Der Kampf auf dem linken Flügel artete in Schützengrabenkämpfe aus und ging ergebnislos bis zum Einbruch der Nacht weiter. Wir erbeuteten 2 Maschinengewehre auf diesem Flügel. Trotz der Verschwendung von ungefähr 60000 Granaten in der gestrigen Schlacht und trotz der beträcht- lichen Verluste erreichte der Feind nichts.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 15. Juli.

In Südflandern sprengten wir gestern westlich von Wytschaete mit gutem Erfolge Mienen.

In der Gegend von Souchez griffen die Franzosen, zum Teil mit stärkeren Kräften, an verschiedenen Stellen an. Sie wurden überall zurückgeschlagen.

Nordwestlich vom Gehöft Beausejour in der Champagne kam ein feindlicher Handgranatenangriff infolge unseres Minenfeuers nicht zur Durchführung.

Die Franzosen machten gestern bis in die Nacht hinein wiederholte Versuche, die von uns eroberten Stellungen im Ar- gonnerwalde zurückzuerobern. Trotz Einsatzes großer Munitions-

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mengen und starker auch neu herangeführter Kräfte brachen sich ihre Angriffe an der unerschütterlichen deutschen Front. An vielen Stellen kam es zu erbitterten Handgranaten- und Nahkampfen. Mit ungewöhnlich hohen Verlusten bezahlte der Gegner seine ergebnislosen Anstrengungen. Die Zahl der französischen Gefan- genen hat sich auf 68 Offiziere, 3688 Mann erhöht. Der Erfolg unserer Truppen ist um so bemerkenswerter, als nach überein- stimmenden Gefangenenaussagen die Franzosen für den 14. Juli, den Tag ihres Nationalfestes, einen großen Angriff auf unsere Argonnenfront vorbereitet hatten.

Auch östlich der Argonnen herrschte gestern erhöhte Gefechts- tätigkeit; im Walde von Malancourt wurden Angriffsversuche des Feindes durch unser Feuer verhindert.

Im Priesterwalde brach ein französischer Vorstoß verlustreich vor unseren Stellungen zusammen.

Ein französisches Flugzeug wurde beim Uberfliegen unserer Stellungen bei Souchez getroffen und ging brennend in der feind- lichen Linie nieder, ein zweites wurde bei Henin Lietard herunter- geschossen. Führer und Beobachter fielen verwundet in unsere Hände.

In kleineren Gefechten an der Windau, abwärts Kurschany, wurden 2 Offiziere, 425 Russen zu Gefangenen gemacht.

Südlich des Njemen, in der Gegend von Kalwarja, eroberten

unsere Truppen bei Franciszkowo und Osowo mehrere russische Vorstellungen und behaupteten sie gegen heftige Gegenangriffe. Nordöstlich Suwalki wurden die Höhen von Olszanka von uns er- stürmt, 300 Russen gefangen genommen und 2 Maschinengewehre erbeutet. Südlich Kolno nahmen wir das Dorf Krusca, sowie feind- liche Stellungen südlich und östlich dieses Dorfes und südlich der Linie Tartak—Lipniki. 2400 Gefangene und 8 Maschinengewehre fielen in unsere Hand. „Die Kämpfe in der Gegend von Prasznysz wurden erfolg- reich fortgeführt. Mehrere feindliche Linien wurden von uns ge- nommen und die in den letzten Februartagen heiß umstrittene und von den Russen stark ausgebaute Stadt Prasznysz selbst von uns besetzt.

Die Lage im Südosten ist im allgemeinen unverändert.

Oberste Heeresleitung.

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Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 15. Juli. Amtlich wird verlautbart: Die allgemeine Lage hat sich nicht geändert. | Am Dnjestr abwärts Nizniow kam es am nördlichen Flußufer an mehreren Stellen zu erfolgreichen Kämpfen unserer Truppen, wo- bei 11 Offiziere und 550 Mann des Feindes gefangen wurden. Gegen einzelne Stellen des Plateaus von Doberdo unterhalten die Italiener wieder ein lebhafteres Geschützfeuer. Sie versuchten auch mehrere Infanterieangriffe, namentlich zwischen Sdraussina und Polazzo, wurden aber, wie immer, unter großen Verlusten zurück- geschlagen. Im Kärntner und Tiroler Grenzgebiete hat sich nichts von Be- deutung ereignet. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Türkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 15. Juli.

An der Dardanellenfront fand am 14. Juli keine Operation bei Ari Burun und Sedd-ul-Bahr statt außer einem schwachen Feuerduell. Unsere Artillerie zwang ein feindliches Torpedoboot und einen feindlichen Truppen- transport, der sich Ari Burun zu nähern versuchte, zur Flucht, versenkte eine feindliche Schaluppe und setzte eine zweite in Brand. An der Front im Irak erfüllten in der Nacht des 13. Juli unsere Abteilungen, die vom linken Flügel der Gruppe bei Muntefik aus vorgerückt waren, ausgezeichnet ihre Aufgabe. In dem Kampfe, der von Mitternacht bis zum Nachmit- tage des nächsten Tages dauerte, warfen sie den Feind trotz seines hef- tigen Artilleriefeuers zurück und brachten ihm schwere Verluste bei. Wir zählten im Gebiete von Dattiers 500 feindliche Gefallene, darunter mehrere englische Offiziere. Außerdem brachte der Feind auf zwei Booten, die ganz angefüllt waren, Tote und Verwundete fort. Unsere Verluste sind: I Leutnant, 5 Soldaten gefallen, 21 verwundet. Die schweren Geschütze des Feindes schleuderten während des Gefechtes 300 Geschosse gegen unsere Stellung, verwundeten aber nur einen Soldaten. Auf den übrigen Fronten nichts Besonderes.

652 Ein Eingeständnis der russischen Militärbehörde.

Der folgende russische Geheimbefehl ist in deutsche Hände gefallen:

Geheimbefehl des Generalkommandos XII. Armeekorps vom 29/12. juni 1915, Nr. 181.

den Kommandeur der 12. Infanteriedivision.

Das Generalkommando befiehlt, von den eingehenden Briefschaften alle geschlossenen Briefe zurückzuhalten, besonders solche, die aus dem Ausland kommen, weil diese in letzter Zeit Mitteilungen darüber ent- halten, daß es die Soldaten in der Gefangenschaft sehr gut haben.

Solche Mitteilungen dienen dazu, unsere Soldaten zu verführen. Es wird daher befohlen, alle derartigen Briefe unter strenger Geheimhaltung an den Leutnant im Korpsstab Ismajlow abzuliefern.

Gemäß telegraphischen Befehls des Stabes der VIII. Armee Nr. 23514.

Unterschrieben: Generalmajor Danilow. Für die Richtigkeit der Abschrift: (Unleserlich.) Hauptmann und Regimentsadjutant des 46. ,,Dnjepr“- Infanterieregiments. 5./18. Juni 1915. Journal Nr. 7. An den Führer der 3. Kompagnie.

Auf Befehl des derzeitigen Regimentskommandeurs beifolgende Ab- schrift zur Kenntnis und sofortigen genauen Ausführung.

Alle ankommenden Mannschaftsbriefe sind sofort Seiner Hochwohl- geboren unter strenger Geheimhaltung abzuliefern.

Unterschrift: (Unleserlich.) Hauptmann und Regimentsadjutant des 46. „Dnjepr.”- Infanterieregiments.

Mit aller nur wünschenswerten Deutlichkeit geht aus diesem Be fehl hervor, daß alle von russischer Seite vorgebrachten Beschuldi- gungen über schlechte Behandlung der Gefangenen in Deutschland und Österreich bewußte Lügen sind und daß an den maßgebenden russischen Stellen zweifellos Klarheit darüber herrscht, wie gut die Gefangenen bei uns tatsächlich behandelt werden.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 16. Juli. Am 14. Juli ist bei einem Angriff in der Gegend von Souchez ein Grabenstück südlich des Kirchhofs verloren gegangen. Wiederholte Versuche der Franzosen, uns die in den Argonnen erstürmten Stellungen zu entreißen, schlugen fehl. Die Stellungen sind fest in unserer Hand. Die gestern und vorgestern hart west-

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lich der Argonnen geführten starken französischen Angriffe scheiterten gegenüber der tapferen Verteidigung durch norddeutsche Land- wehr, die dem Feinde in erbitterten Nahkampfen große blutige Verluste zufügte und ihm 462 Gefangene abnahm. Seit dem 20. Juni haben unsere Truppen in den Argonnen und westlich davon mit kurzen Unterbrechungen erfolgreich gekämpft, neben dem Geländegewinn und der Materialbeute ist bisher die Gesamt- zahl von 116 Offizieren, 7009 Mann französischer Serangener er- reicht worden.

Auf unserer an die Argonnen östlich anschließenden Front fanden lebhafte Feuerkampfe statt, feindliche Angriffe wurden mühelos abgewehrt.

In der Gegend von Leintrey (östlich von Lunéville) spielten sich Vorpostengefechte ab.

Auf feindliche Truppen in Gerardmer warfen unsere Flieger Bomben.

Nördlich von Popeljany haben unsere Truppen die Windau in östlicher Richtung überschritten.

Sudwestlich von Kolno und südlich Prasznisz machten wir unter siegreichen Kämpfen weitere Fortschritte.

Die Lage bei den deutschen Truppen im Südosten ist un- verändert.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 16. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Die Kämpfe am Dnjestr dauern an. Die Versuche der Russen, unsere auf das Nordufer des Flusses vor- gedrungenen Truppen durch heftige Gegenangriffe zu werfen, blieben ohne jeden Erfolg. Wir machten 12 Offiziere und 1300 Mann zu Gefangenen und erbeuteten 3 Maschinengewehre.

Bei der Erzwingung des Dnjestr-Übergangs und in den darauf folgenden Gefechten fand das Kärntner Infanterie-Regiment Nr. 7 wieder Gelegenheit, besondere Proben seines Heldenmutes abzulegen.

In der Gegend von Sokal kam es gleichfalls auf beiden Seiten zu reger Gefechtstatigkeit. Unsere Truppen nahmen stürmender

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Hand mehrere Stützpunkte, so das Bernhardiner Kloster unmittelbar bei Sokal.

An den anderen Fronten blieb die Lage unverändert.

Gestern war sowohl an der küstenländischen, als auch an der Kärntner Grenze eine erhöhte Tätigkeit der feindlichen Artillerie wahrzunehmen.

An der Dolomitenfront warden mehrere italienische Bataillone, die unsere Stellungen bei Rufreddo und im Gemark an der Straße Schluderbach—Peutelstein angriffen, unter bedeutenden Verlusten abgewiesen. | Í Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die französischen Verluste bei Arras.

Im allgemeinen ist es nur schwer möglich, die Verluste des Gegners in einer größeren Schlacht einigermaßen richtig anzugeben. Da die französische Regierung es ängstlich vermeidet, die Verluste der Republik selbst bekannt zu machen, so ist es von besonderem Interesse, diese wenigstens schätzungsweise festzustellen. Nach der Schlacht bei Arras ist von deutscher Seite ein Versuch dieser Art gemacht worden. Dabei wurden unter anderem auch die Aussagen der französischen Gefangenen verwertet, deren Truppenverbände an den Kämpfen beteiligt waren. Wie wir der „Gazette des Ardennes“ entnehmen, ist der Gesamtverlust der Franzosen an Toten, Verwundeten und Gefangenen in der Schlacht bei Arras nach dieser auf allen erreichbaren Unterlagen beruhenden, gewissen- haften Feststellung wie folgt zu schätzen:

3. Armeekorps . . . . . . 15000 Mann 9. Š 6000 10. = 10000. 17. 8 4300 20. x 10 500 21. ss 8000 33. 9 11000 48. Division N ; 600 53 9 4000 35 5 3500

Summe 78 300 Mann.

Vergleicht man diese Zahlen, die zweifellos ziemlich genau der Wirklichkeit entsprechen, mit dem Ergebnis, das die Kämpfe bei Aras für unsere Gegner gehabt haben, so kann man es durchaus begreiflich finden, daß die französische Regierung dem Volke die Größe der von ihm gebrachten Opfer zu verbergen aucht ..

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 17. Juli.

Gegenseitiges Artillerie- und Minenfeuer auf vielen Stellen ‘der Front. l

Die vor einigen Tagen unter Oberleitung des Generalfeld- marschalls von Hindenburg auf dem östlichen Kriegsschauplatz be- gonnene Offensive hat zu großen Ergebnissen geführt.

Die Armee des Generals der Infanterie von Below, die am 14. Juli bei und nördlich Kurschany die Windau überschritten hat, blieb im siegreichen Fortschreiten. Unsere Kavallerie schlug mehr- fach die feindliche aus deın Felde. 11 Offiziere, 2450 Mann wurden zu Gefangenen gemacht, 3 Geschütze, 5 Maschinengewehre erbeutet. Unter den gefangenen Offizieren befindet sich der Kommandeur des 18. russischen Schützenregiments.

Die Armee des Generals der Artillerie von Gallwitz griff die seit Anfang März mit allen Mitteln neuzeitiger Befestigungskunst verstärkte russische Stellung in der Gegend südlich und südöstlich von Mlawa an. In glanzendem Ansturm wurden drei hintereinander liegende russische Linien nordwestlich und nordöstlich Prasnysz durchbrochen und genommen, Dzielin und Lipa erreicht.

Durch den von beiden Stellen ausgehenden Druck erschüttert und erneut angegriffen, wichen die Russen nach Räumung von Prasnysz am 14. Juli in ihre seit langem vorbereitete und ausgebaute rückwärtige Verteidigungslinie Ciechanow-Krasnosielc.

Schon am 15. Juli stürmten die hart nachdrangenden deutschen Truppen auch diese feindliche Stellung, durchbrachen sie südlich Zielona in einer Breite von 7 Kilometer und zwangen den Gegner zum Rückzuge. Sie wurden unterstützt von Truppen des Generals der Artillerie von Scholtz, die von Kolno her in der Verfolgung begriffen sind. Seit gestern ziehen die Russen auf der ganzen Front zwischen Pissa und Weichsel gegen den Narew ab.

. Der Gewinn dieser Tage beträgt: Bei der Armee des. Generals von Gallwitz 88 Offiziere, 17 500 Mann gefangen, 13 Geschütze 5 ein 8 40 n 7 Mmenwerfer er- beutet.

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Bei der Armee des Generals von Scholtz hat er sich auf 2500 Gefangene, 8 Maschinengewehre erhöht.

Nachdem die verbündeten Truppen in den letzten Tagen am Bug und zwischen Bug und Weichsel eine Reihe russischer Vor- stellungen genommen hatten, haben sich gestern auf dieser ganzen Front unter Führung des Generalfeldmarschalls von Mackensen größere Kämpfe entwickelt. Westlich des Wieprz in der Gegend südwestlich von Krasnostaw durchbrachen deutsche Truppen die feindlichen Linien. Bisher fielen 28 Offiziere und 6380 Russen als Gefangene in unsere Hand, 9 Maschinengewehre sind erbeutet.

Auch westlich der oberen Weichsel, bei der Armee dos General- obersten von Woyrsch, ist die Offensive wieder aufgenommen.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 17. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Zwischen der Weichsel und dem Bug entwickeln sich Kämpfe größeren Umfangs. Sie verlaufen für die Verbündeten durchweg günstig. Truppen eines im engsten Verband mit den Deutschen kämpfenden österreichisch-ungarischen Korps ent- rissen westlich Grabowice dem Feind nach siebenmaligem Sturm einen wichtigen Stützpunkt und drangen dort in die gegnerische Haupt- stellung ein.

In der Gegend südwestlich von Krasnostaw durchbrachen deutsche Kräfte die feindlichen Linien.

An der oberen Bystrzyca und nördlich Krasnik gewannen unsere Truppen die feindlichen Vorpositionen.

Auch westlich der Weichsel wurde die Offensive wieder erfolg- reich aufgenommen.

In Ostgalizien ist die Lage unverändert.

In der Nacht auf den 16. Juli wurden wieder mehrere Vorstöße der Italiener gegen das Plateau von Doberdo abgewiesen. Der Ar- tilleriekampf erstreckt sich auf alle Fronten.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Die Türkei im Kriege. Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. | Konstantinopel, 17. Juli.

Das Große Hauptquartier gibt bekannt: An der Dardanellenfront unterdrückte der Feind am 15. Juli bei Ari Burun mit Mühe die von unseren Bomben in seinen Schützengräben hervorgerufenen Brande. Am Nach- mittag beschoß ein englischer Kreuzer unter dem Schutze von Torpedo- booten und Minensuchern unnütz aus der Ferne unsere Stellungen bei Kaba Tepe auf Grund der Angaben, die ihm aus einem Fesselballon gemacht wurden. Bei Sedd-ul-Bahr beschoß feindliche Artillerie ohne Wirkung eine Stunde lang unseren rechten Flügel. Seit zwei Tagen trans- portiert der Feind Verwundete in mehreren Hospitalschiffen ab, die er gegen Westen abfähren laßt. In der Nacht vom 14. zum 15. Juli vertrieb unsere Küstenartillerie feindliche Torpedojäger, die sich Kerevesdere näherten. Wir stellten am 15. Juli fest, daß der Feind Hospitalschiffe zum Transport und Landen von Truppen benutzt. An der Front in Irik erhielt der erfolgreich aus Kalatelnaj westlich von Corna zurückgeschlagene Feind Verstärkungen, worauf er in der Nacht des 14. Juli unsere Stellungen an den Ufern des Euphrat angriff. Der Kampf dauerte erbittert an bis zum Abend des folgenden Tages. Er endete mit einer Niederlage des Feindes, der ganz besonders stark gelitten hat. Auf unserem rechten Flügel floh er in Unordnung. Mit Hilfe von Truppen, die er auf Barken auf den Kanälen des Euphrat vortrieb, versuchte der Feind sich von hinten unserem rechten Flügel zu nähern, den er zu umfassen versuchte. Aber Dank der Widerstandskraft und den Gegenangriffen unserer Truppen und Freiwilligen wurde er in den Euphrat getrieben. : Die Engländer, die sich nicht einbooten konnten, flohen, indem sie Waffen und zwei Maschinen- gewehre in das Wasser warfen. Während des Kampfes wurden über 1000 Feinde getötet. Unter den Toten befindet sich der englische Ober- befehlshaber und zwei andere Offiziere. Wir erbeuteten 32 Barken, 200 Gewehre und Bajonette, eine Menge Munition, Pioniergerät und Offiziers- ferngläser. Nichts Wichtiges auf den anderen Fronten.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 18. Juli.

Ein französischer Angriff auf die Kirchhofshöhe von Souchez wurde abgewiesen.

Im Argonnerwalde wurde durch kleine Erfolge die gewonnene Linie noch verbessert.

Auf den Höhen bei Les Eparges wird gekämpft.

In Lothringen schlugen unsere Truppen Vorstöße des Feindes bei Embermenil (östlich von Luneville) und in der Gegend von Ban de Sapt zurück.

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Teile der Armee des Generals von Below schlugen eiligst herangeführte Verstärkungen der Russen bei Alt-Auz, nahmen ihnen 3620 Gefangene, 6 Geschütze und 3 Maschinengewehre ab und verfolgen jetzt in östlicher Richtung.

Weitere Teile der Armee stehen nordöstlich Kurschany im Kampf. Ostlich dieses Ortes wurde die vorderste feindliche Stellung im Sturm genommen. az Zwischen Pisa und Weichsel setzten die Russen ihren Rückzug “fort. Die Truppen der Generale von Scholtz und von Gallwitz folgen dicht auf. Wo der Gegner in vorbereiteten Stellungen noch Wider- stand leistete, wurde er angegriffen und geworfen. So stürmten Reserve- und Landwehrtruppen des Generals von Scholtz die Orte Poremby, Wyk und Ploszczyce. Regimenter der Armee des Generals von Gallwitz durchbrachen die stark ausgebaute Stellung Mlodzia- nowo Karniewo. Die Zahl der Gefangenen mehrt sich erheblich, weitere vier Geschütze wurden erbeutet.

Auch nördlich der Piliza bis zur Weichsel haben die Russen rückgängige Bewegungen angetreten. Unsere nachdrängenden Truppen machten bei kurzen Verfolgungskampfen 620 Gefangene.

Die Offensive der Armee des Generalobersten von Woyrsch führte zum Erfolg: unter heftigem feindlichen Feuer überwanden unsere Truppen am Vormittag des 17. Juli an einer schmalen Stelle das Drahthindernis vor der mit allen Mitteln ausgebauten feind- lichen Hauptstellung und stürmten, durch diese Lücke vorbrechend, die feindlichen Gräben in einer Ausdehnung von 2000 Meter. Im Laufe des Tages wurde die Durchbruchsstelle im zahen Nahkampf erweitert und tief in die feindliche Stellung vorgestoßen. Am Abend war der Feind das Moskauer Grenadierkorps von unseren Landwehr- und Reservetruppen geschlagen; er trat in der Nacht den Ruckzug hinter den Ilzankaabschnitt (südlich von Zwolen) an. Dabei erlitt er schwere Verluste; 2000 Mann wurden gefangen genommen, 5 Maschinengewehre erbeutet.

Zwischen oberer Weichsel und dem Bug-Abschnitt dauern die Kämpfe unter Führung des Generalfeldmarschalls von Mackensen an. Die Russen wurden durch deutsche Truppen von den Höhen zwischen Pilaczkowice (südlich von Piaski) und Krasnostaw hin- untergeworfen; beide Orte sind gestürmt; ein frisch in den Kampf geworfenes sibirisches Armeekorps konnte die Niederlage nicht ab- wenden; es wurde geschlagen. Wir machten mehrere Tausend Gefangene. Oberste Heeresleitung.

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Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 18. Juli.

Die Schlacht zwischen der Weichsel und dem Bug ist in vollem Gange. Die Russen leisten außerordentlich zähen Widerstand; sie ließen es an mehreren Punkten der Kampffront mit dem Angreifer auf ein Handgemenge ankommen, ehe sie ihre Stellung aufgaben. Am Bug, in der Gegend von Sokol, vertrieben unsere Truppen den Feind aus einer Reihe von hartnäckig verteidigten Ortschaften. Die Stadt Krasnostaw und die Höhen nördlich von Zolkiewka wurden von deutschen Kräften genommen.

Auch westlich der Weichsel befinden sich die Verbündeten im Angriffe. Nordöstlich von Sienno wurde die russische Front durch- brochen. Diesem Drucke nachgebend räumt der Feind zwischen der Weichsel und der Eisenbahn Kielce Radom seine Stellungen.

In Ostgalizien trat keine Änderung der Lage ein.

Das Geschützfeuer halt an allen Fronten an. Mehrere schwächere Angriffe auf den Col di Lana wurden abgewiesen; der Feind erlitt starke Verluste.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See.

Eines unserer Unterseeboote hat heute morgen südlich von Ra- gusa den italienischen Kreuzer „Giuseppe Garibaldi“ torpediert und versenkt. Der Kreuzer sank in 15 Minuten.

Flottenkommando. Die Turkei im Kriege.

Der Bericht des turkischen Hauptquartiers.

Konstantinopel, 18. Juli.

An der Dardanellenfront fand am 16. Juli bei Ari Burun schwaches

Feuer statt, auf dem rechten Flügel in Zwischenraumen Bombenwerfen. Bei Sedd-ul-Bahr unterhielt der Feind vor unserem rechten Flügel bis zum Morgen mit Hilfe von Leuchtkugelpistolen lebhaftes Gewehr- und Ma- schinengewehrfeuer. Unsere anatolischen Batterien bombardierten in der

Nacht vom 15. zum 16. Juli die feindlichen Lager bei Tekke Burun, Sedd-

al-Bahr und Mortoliman. Das Bombardement rief bei Tekke Burun einen

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bis zum Morgen dauernden Brand und Explosionen hervor. Dieselben Batterien bombardierten am 16. Juli von neuem das feindliche Lager in der Umgegend von Sedd-ul-Bahr, wodurch dort große Unordnung entstand.

Im Irak versuchte der Feind nach Beendigung der Schlacht vom 14. Juli in der Umgegend von Kalatelnaj mit einem Teil seiner Streitkräfte gegen unseren linken Flügel einen Angriff, den wir erfolgreich zurückwiesen. Nach neueren Berichten verlor der Feind während der Schlacht vom 5. Juli einen Oberstleutnant der Artillerie. Während der Schlacht vom 14. Juli scheiterten auf unserem rechten Flügel vier feindliche Schaluppen mit Lebensmitteln und Munition. Vor einer Höhe, die von einer unserer Kompagnien verteidigt wird, verloren die Engländer 200 Tote.

Von den übrigen Fronten ist nichts Wichtiges zu melden.

Das britische Gerichtsurteil über den Untergang der „Lusitania“. “London, 18. Juli.

Der Gerichtshof, der die Untersuchung über den Untergang der „Lusitania“ führt, hat sein Urteil gefällt. Lord Mersey sagte:

Das Gericht hat gefunden, daß der Verlust des Schiffes der Havarie zuzuschreiben ist, die durch die deutschen Torpedos verursacht worden ist. Diese Handlung ist geschehen nicht nur in der Absicht, das Schiff zu versenken, sondern auch die darauf befindlichen Menschenleben zu vernichten. Die Ladung des Schiffes war von gewöhnlicher Art, aber ein Teil davon bestand aus einer Anzahl von Kisten mit Patronen. Diese Munition war im Schiffsmanifest angegeben und war ungefähr 50 Yards von der Stelle verstaut, an der die Torpedos trafen. Andere Explosiv- stoffe haben sich nicht an Bord befunden. Die deutsche Regierung hat gesagt, die „Lusitania“ habe verborgene Kanonen, ausgebildete Kanoniere und besondere Munition an Bord gehabt; ferner ist gesagt worden, sie habe kanadische Truppen befördert und die amerikanischen Gesetze seien verletzt worden. Diese Behauptungen sind unrichtig und nichts als grund- lose Erfindungen. Die deutschen Drohungen vor der Ausfahrt der „Lusi- tania“ sind ein erschwerender Umstand, denn diese haben klar gezeigt, daß der Plan mit voller Absichtlichkeit ausgeheckt worden ist, ehe der Dampfer abfuhr. Die Drohungen sind von den Passagieren nicht ernst genommen worden, weil diese geglaubt haben, ein derartiger Mordanschlag. wie die Zerstörung ihrer Leben, könne nicht in der Absicht der deutschen Regierung gelegen sein. Aber sie haben sich geirrt, und das Schiff fuhr aus. Das Gericht hat erkannt, daß zwei Torpedos ohne vorherige Warnung gleichzeitig das Schiff getroffen haben. Die deutsche Regierung, die diesen Angriff angeordnet hat, hat sich in Widerspruch zum Völkerrecht und den Kriegsgebräuchen der zivilisierten Länder gesetzt. Es war ein vor- bedachter Mordanschlag auf die Passagiere. Alles ist getan worden, um die Menschenleben zu retten. Der Kapitän ist nicht zu tadeln. Die ganze Schuld liegt bei denen, die das Verbrechen ausgeheckt, und denen, die es begangen haben.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 19. Juli.

In der Gegend von Souchez war nach verhältnismäßig ruhigem Verlauf des Tages die Gefechtstätigkeit nachts lebhafter. Ein fran- zösischer Angriff auf Souchez wurde abgeschlagen; Angriffsversuche südlich davon wurden durch unser Feuer verhindert.

Auf der Front zwischen der Oise und den Argonnen vielfach lebhafte Artillerie- und Mmenkämpfe.

Im Argonnerwalde schwache Angriffsversuche des Gegners ohne Bedeutung.

Auf den Maashöhen südwestlich von Les Esparges und an der Tranchee wurde mit wechselndem Erfolge weitergekampft, unsere Truppen büßten kleine örtliche Vorteile, die am 17. d. Mts. errungen waren, wieder ein. Wir nahmen 3 Offiziere, 310 Mann gefangen.

Deutsche Truppen nahmen Tuckum und Schiuxt, Windau wurde besetzt.

In der Verfolgung des bei Alt-Auz geschlagenen Gegners erreichten wir gestern die Gegend von Hofzumberge und nördlich. Westlich von Mitau halt der Gegner eine vorbereitete Stellung.

Östlich von Popeljany und Kurschany wird gekämpft.

Zwischen Pisa und Szkwa räumten die Russen ihre mehrfach von uns durchbrochenen Stellungen und zogen auf den Narew ab. Hier fechtende deutsche Reserve- und Landwehrtruppen haben in den Kämpfen der letzten Tage in dem jeden feindlichen Wider- stand begünstigenden Wald- und Sumpfgelände Hervorragendes geleistet.

Die Armee des Generals von Gallwitz drang weiter vor. Sie steht jetzt mit allen Teilen an der Narewlinie südwestlich von Ostrolenka—Nowo-Georgiewsk. Wo die Russen nicht in ihren Be- festigungen und Brückenkopfstellungen Schutz fanden, sind sie bereits uber den Narew zurückgewichen. Die Zahl der Gefangenen hat sich auf 101 Offiziere, 28760 Mann erhöht.

Auch in Polen zwischen Weichsel und Piliza blieben die Russen im Abzuge nach Osten.

Der am 17. Juli in der Gegend nordöstlich von Sienno von der Armee des Generalobersten von Woyrsch geschlagene Feind versucht in seinen vorbereiteten Stellungen hinter dem Ilzanka-

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Abschnitt die Verfolgung zum Stehen zu bringen; die feindlichen Vorstellungen bei Ciepilow wurden von der tapferen schlesischen Landwehr bereits im Laufe des gestrigen Nachmittags gesturmt; dieselben Truppen sind in der Nacht in die dahinterliegende feind- liche Hauptstellung eingedrungen. Ebenso beginnt die feindliche Linie bei Kasanow und Baranow zu wanken; die Entscheidung steht bevor.

Zwischen oberer Weichsel und Bug dauerte der Kampf der unter dem Oberbefehl des Generalfeldmarschalls von Mackensen stehenden verbundeten Armeen den ganzen Tag uber in unver- minderter Heftigkeit an. An der Durchbruchsstelle der deutschen Truppen bei Pilaskowice—Krasnostaw machten die Russen die ver- zweifeltsten Anstrengungen, die Niederlage abzuwenden; eine ihrer Gardedivisionen wurde frisch in den Kampf geworfen und von unseren Truppen geschlagen. Weiter östlich bis in die Gegend von Grabowiec erzwangen österreichisch-ungarische und deutsche Truppen den Ubergang über die Wolica; bei und nördlich Sokal drangen österreichisch-ungarische Truppen über den Bug vor. Unter dem Zwauge dieser Erfolge ist der Feind in der Nacht auf der ganzen Front zwischen Weichsel und Bug zurückgegangen; nur an der Durchbruchsstelle westlich von Krasnostaw versucht er noch Widerstand zu leisten. Die Russen haben eine schwere Niederlage erlitten. Die deutschen Truppen und das unter Befehl des Feldmarschalleutnants von Arz stehende Korps haben allein vom 16. bis 18. Juli 16 250 Gefangene gemacht und 23 Maschinen- gewehre erbeutet. Nach gefundenen schriftlichen Befehlen war die feindliche Heeresleitung entschlossen, ohne jede Rücksicht auf Verluste die nun von uns eroberten Stellungen bis zum äußersten

zu halten. Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 19. Juli. Amtlich wird verlautbart: Die Offensive der Verbündeten in Polen und Wolhynien wurde gestern fortgesetzt. Westlich der Weichsel wird an der llzanka gekämpft. Nord-

westlich Ilza eroberten österreichisch-ungarische Truppen einige feind-

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liche Stellungen. Auf den Höhen westlich Krasnostaw drangen die deutschen Truppen unter schweren Kämpfen siegreich vor. Zwischen Skierbieszow und Grabowiec bahnten sich im Anschluß an deutsche Kräfte österreichisch-ungarische Regimenter in heißem Ringen über die Wolica den Weg in die feindlichen Höhenstellungen; dort fielen 3000 Gefangene in die Hände unserer tapferen Truppen. Nordöstlich und südöstlich Sokal faßten nordmährische, schlesische und west- galizische Landwehr nach wechselvollen Kämpfen am Ostufer des Bugs festen Fuß. Unsere vom General der Kavallerie Kirchbach be- fehligten Kräfte machten hier 12 Offiziere und 1700 Mann zu Ge- fangenen und erbeuteten 5 Maschinengewehre.

Die Erfolge, die sonach die Verbündeten am 18. Juli an der ganzen Front errangen, erschütterten die Widerstandskraft des Feindes. Obwohl er in den letzten Tagen alle erreichbaren Verstärkungen herangezogen hatte, vermochte er sich doch nicht mehr zu halten. Er trat in der Nacht vom 18. auf den 19. Juli an der ganzen Front den Rückzug an und räumte das Schlachtfeld den siegreichen ver- bũndeten Heeren.

In Ostgalizien blieb die Lage im allgemeinen unverändert. Nur abwärts Zaleszczki wählte der Gegner unsere Dnjestrfront abermals zum Ziele hartnackiger Angriffe. Die Russen rückten in sieben bis acht Gliedern vor; das erste war scheinbar unbewaffnet und erhob, als wollte es sich ergeben, die Hände. Der feindliche Angriff brach in unserem Feuer unter furchtbaren Verlusten zusammen. Selbst- verständlich wurde, wie es in Hinkunft unter ähnlichen Verhältnissen immer geschehen wird, auf die anscheinend unbewaffneten Angreifer geschossen.

Im Görzischen begannen gestern neue große Kämpfe. Zeitlich früh eröffnete die italienische Artillerie aller Kaliber gegen den Rand des Plateaus von Doberdo und den Görzer Brückenkopf das Feuer. Dieses steigerte sich mittags zur größten Heftigkeit. Sodann schritt sehr starke Infanterie zum Angriff auf den ganzen Plateaurand. In hartnäckigen, nachts über andauernden, vielfach zum Handgemenge führenden Kämpfen gelang es unseren Truppen, die Italiener, die stellenweise unsere vordersten Gräben erreichten, allenthalben zurück- zuwerfen. Unsere Mörser brachten fünf schwere Batterien zum Schweigen. Heute morgen entbrannte der Kampf aufs neue. Ver- einzelte feindliche Vorstöße gegen den Görzer Brückenkopf wurden gleichfalls abgewiesen. Auch am mittleren Isonzo, im Krngebiete

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und an der Kärntner Grenze entfalteten die Italiener eine lebhafte Artillerietatigkeit, die teilweise auch nachts anhielt.

Im Tiroler Grenzgebiet wurde der Angriff mehrerer Bataillone gegen unsere Höhenstellungen auf dem Eisenreichkamm, der Pfann- spitze und der Filmoorhöhe nordöstlich des Kreuzbergsattels abge- schlagen. In der Gegend von Schluderbach raumte eine eigene schwache Abteilung ihre vorgeschobene Stellung. In Südtirol dauern die Ge- schützkämpfe fort. Besonderes Lob gebührt auch den braven Be- satzungen unserer Grenzforts, die in diesen Bollwerken jedem Feuer heldenmütig standhalten.

Gestern früh erschienen vor Ragusa-Vecchia und Gravosa zu- sammen 8 italienische Kreuzer und 12 Torpedoboote und eröffneten das Feuer gegen die Bahn, gegen den Bahnhof Gravosa, einige Ort- schaften und gegen die Hohe bei Ragusa-Vecchia. Sie gaben ins- gesamt etwa 1000 Schu8 ab. Es wurden einige Privatgebaude leicht beschadigt. Menschenverluste sind nicht zu beklagen, auch Verwun- dete gab es nicht. Um 5 Uhr 45 Min. früh erfolgte die bereits ge- meldete Torpedierung des Kreuzers „Giuseppe Garibaldi“, worauf das italienische Geschwader eilends unsere Küstengewässer verließ.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 20. Juli.

Im Anschluß an eine Minensprengung bei Schloß Hooge öst- lich von Ypern setzten die Engländer beiderseits der Straße Hooge— Ypern zum Angriff an. Der Angriff brach vor unseren Stellungen zusammen, teilweise kam er in unserem Artilleriefeuer gar nicht zur Durchführung. Den Sprengtrichter haben die Engländer besetzt.

Bei Souchez wurden Handgranatenangriffe abgeschlagen.

Nach lebhafter Feuertätigkeit ihrer Artillerie in der Gegend von Albert versuchten die Franzosen abends emen Vorstoß gegen unsere Stellungen bei Fricourt. Sie wurden zurückgeschlagen.

In Kurland wurden die Russen bei Gr--Schmarden, östlich Tuckum, bei Gründorf und Usingen zurückgedrängt. Auch östlich Kurschany weicht der Gegner vor unserem Angriff.

Nördlich Nowogrod (am Narew) bemächtigten sich die deutschen Truppen feindlicher Stellungen nördlich des Zusammenflusses der

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Bäche Skroda und Pisa. Neu eingetroffene Landsturmtruppen, die hier zum ersten Male ins Feuer traten, zeichneten sich besonders aus.

Nördlich der Szkwamündung erreichten wir den Narew, die auf dem nordwestlichen Flußufer gelegenen ständigen Befestigungen von Ostrolenka wurden besetzt.

Südlich der Weichsel sind unsere Truppen bis zur Blonie- Grojec-Stellung vorgedrungen. Bei Nachhutkämpfen verloren die Russen hier 560 Gefangene und 2 Maschinengewehre.

Die deutschen Landwehr- und Reservetruppen des General- obersten von Woyrsch haben den überlegenen Feind aus der Ilzankastellung völlig geworfen. Alle Gegenstöße eiligst heran- geführter russischer Reserven wurden abgewiesen. Uber 5000 Ge- fangene fielen in deutsche Hand. Unsere Truppen sind dem ge- schlagenen Feind auf den Fersen; Kavallerie erreichte bereits die Bahn Radom—lIwangorod.

Zwischen oberer Weichsel und dem Bug folgen wir dem zu- rückweichenden Feinde.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 20. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Zwischen der Weichsel und dem Bug sind gestern die verbündeten Armeen in der Verfolgung des weichenden Gegners über das Schlachtfeld der letzten Tage hinausgerückt. Bei den am Erfolg hervorragend beteiligten Truppen des Feldmarschall- leutnants Arz wuchs die Zahl der eingebrachten Gefangenen auf 50 Offiziere und 3500 Mann. Auch bei Sokal brachten unsere Trup- pen über 3000 Gefangene ein.

Westlich der Weichsel haben unsere Verbündeten in helden- mütigem Ringen den russischen Widerstand an der Ilzanka gebrochen. Südlich und westlich von Radom bestanden österreichisch-ungarische Regimenter heftige Kämpfe. Siebenbürgische Infanterie stürmte den Ort Kostrzyn. Radom wurde heute vormittag von unseren Truppen besetzt.

In Ostgalizien ist die Lage unverändert. An der Grenze zwischen der Bukowina und Beßarabien wurde eine russische Plastunbrigade überfallen und zersprengt.

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Die Schlacht im Görzischen dauert fort. Die italienischen An- griffe, die sich nun mit großer Heftigkeit auch gegen den Görzer Brückenkopf richteten, hatten am gestrigen Tage und in der Nacht auf den heutigen wieder kein Ergebnis. Nach starker, bis mittags währender Beschießung des Brückenkopfes durch die feindliche Artillerie ging die italienische ||. Infanteriedivision mit betrunkenen Truppen zum Angriff gegen den Abschnitt von Podgora vor. Der Feind drang stellenweise in unsere Deckungen ein, wurde aber wieder hinaus geworfen. Nach neuerlicher Artillerievorbereitung erfolgte um 4 Uhr nachmittags ein zweiter Angriff, der um 8 Uhr abends gleichfalls ab- geschlagen war.

Um den Rand des Plateaus von Doberdo wird erbittert weiter- gekämpft. Gestern nachmittag schlug tapfere ungarische Landwehr einen starken Angriff gegen ihre Stellungen bei Sdraussing zurück. Auch drei weitere Massenangriffe der Italiener brachen hier zusammen. Ebenso scheiterten alle gegen den südwestlichen Plateaurand von Polazzo, Redipuglia, Vermegliano her geführten Vorstöße, sowie ein Angriff auf den Monte Cosich (nördlich Monfalcone). Der in seine Deckungen zurückflutende Feind erlitt überall schwere Verluste.

Die Artilleriekampfe am mittleren Isonzo, im Krngebiete und der Kärntner Grenze halten an. Im Raume südlich des Krn wurden zwei heftige Angriffe der Alpini abgeschlagen.

In den bereits erwähnten heftigen Gefechten in der Krnberg- gegend verloren die Italiener über 200 Mann an Toten und etwa das Doppelte an Verwundeten. Demgegenüber beträgt dort unser Ge- samtverlust 42 Mann.

Die Stellung südlich Schluderbach wurde von unseren Truppen wieder zurückgewonnen. Ein neuerlicher Angriff schwächerer italienischer Kräfte auf den Col di Lana mißlang wie alle früheren.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 21. Juli. Im Ostteil der Argonnen stürmten unsere Truppen zur Ver- besserung ihrer neuen Stellung noch mehrere französische Gräben, nahmen 5 Offiziere, 365 Mann gefangen und erbeuteten ein Ma- schinengewehr.

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In den Vogesen fanden in der Gegend von Minster hartnackige Kampfe statt. Die Franzosen griffen mehrfach unsere Stelluug zwischen Lingekopf (nördlich von Münster) und Mühlbach an. Die Angriffe wurden abgeschlagen. An einzelnen Stellen drang der Feind in unsere Stellungen ein und mußte in erbittertem Nahkampf hinausgeworfen werden. Südwestlich des Reichsackerkopfes halt er noch ein Stück eines unserer Gräben besetzt. Tag und Nacht lagen die angegriffene Front und unsere anschließenden Stellungen bis Diedolshausen und bis zum Hilsenfirst unter heftigem feindlichen Feuer. Wir nahmen 4 Offiziere und etwa 120 Mann, zum großen Teile Alpenjager, gefangen.

Ein deutscher Kampfflieger zwang ein französisches Flugzeug bei Bapaume zur Landung; das Flugzeug ist unversehrt in unserem Besitz. Colmar wurde von feindlichen Fliegern mit Bomben be- worfen, von denen zehn auf Häuser und Straßen der Stadt fielen. Ein Zivilist getötet, eine Frau verletzt.

Östlich von Popeljani und von Kurschany zieht der Gegner vor unseren vordringenden Truppen ab. Westlich von Szawle wurde die letzte feindliche Verschanzung im Sturm genommen und besetzt und die Verfolguug in östlicher Richtung fortgeführt.

An der Dubissa östlich von Rossienje durchbrach ein deutscher Angriff die russischen Linien, auch hier weicht der Gegner.

Südlich der Straße Marjampol—Kowno führte ein Vorstoß zur Fortnahme der Dörfer Kiekieryszki und Janowka, drei hinter- einander liegende russische Stellungen wurden erobert. Ebenso waren Angriffe unserer Landwehr gegen noch gehaltene feindliche Stellungen nördlich von Nowogrod von vollem Erfolge begleitet. Die Russen gingen unter Zurücklassung von 2000 Gefangenen und 2 Maschinengewehren zurück.

Weiter südlich am Narew wurde ein starkes Werk der Vor- stellung von Rozan erstürmt, 560 Gefangene gemacht und 3 Ma- schinengewehre erbeutet. Der Gegner versucht, an diesem Fluß hartnäckigen Widerstand zu leisten. Seine verzweifelten Gegen- stöße mit zusammengerafften Truppen aus den Brückenkopfstellungen von Rozan, Pultusk und Nowo-Georgiewsk mißlangen. Die Russen erlitten schwere Verluste, 1000 Gefangene blieben in unserer Handi. Die Blonie-Grojecstellung gewährte dem Feinde nur kurzen Auf- enthalt. Unter dem Zwange unseres sich von allen Seiten ver- stärkenden Druckes begannen die Russen westlich von Grojec ihre

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Befestigungen aufzugeben und in östlicher Richtung zurückzugehen. Unsere Truppen folgen dicht auf.

In der Verfolgung erreichten die deutschen Truppen des General obersten von Woyrsch gestern die vorgeschobene Brückenkopf- stellung südlich von Iwangorod. Ein sofortiger Angriff brachte sie in den Besitz der feindlichen Linien bei Wladislawow; um die an- schließenden Stellungen wird noch gekämpft.

Zwischen oberer Weichsel und Bug hat sich der Gegner erneut den Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen gestellt. Trotz hartnäckigen Widerstandes brachen österreichisch-ungarische Truppen bei Skrzyniec—Niedrzwica-Mala (südwestlich von Lublin), deutsche Abteilungen südöstlich von Piaski und nordöstlich voa Krasnostaw in die feindlichen Stellungen ein. Der Angriff ist im Fortschreiten.

Oberste Heeresleitung.

Vom östlichen Schauplatze.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 21. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Der Feind hat sich südlich der von Cholm über Lublin nach lwangorod führenden Bahn neuerlich gestellt. Trotz seines hartnäckigen Widerstandes gelang es den verbündeten Streitkräften, ihn an mehreren Stellen zu durchbrechen. Bei Rozana bahnte sich das Korps Arz im Verein mit deutschen Bataillonen den Weg in die feindlichen Linien. Südwestlich Biskupice wurden die Russen in der Nacht durch die Deutschen zum Rückzug gezwungen. Zwischen der Bistritza und der Weichsel stieß die Armee des Erz- herzogs Josef Ferdinand auf starken Widerstand. Beiderseits von Borzechow entrissen unsere Truppen in erbittertem Handgemenge sibirischen Regimentern ihre zäh verteidigten Stellungen. Bei dieser Armee wurden gestern 30 Offiziere und 6000 Mann als Gefangene eingebracht und 9 Maschinengewehre erbeutet.“

Zwischen der Weichsel und der Piliza wurde die Verfolgung fortgesetzt. Deutsche Landwehr durchbrach nordöstlich Zwolen die Vorstellung des Brückenkopfes von lwangorod. Um die anschließenden Stellungen wird noch gekämpft.

In Ostgalizien entbrannten bei Sokal neuerdings heftige Kämpfe. An der Zlota-Lipa und am Dnjestr ist die Lage unverändertl

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Im Görzischen setzten die Italiener auch gestern ihren allgemeinen Angriff fort. Am Rande des Plateaus von Doberdo und im Görzer Brückenkopf tobte die Schlacht den ganzen Tag. Abends gelang es dem Feind, den Monte San Michele (östlich Sdraussina) zu nehmen. Heute früh eroberte Generalmajor Boog mit bisher zurückgehaltenen Kraften diese Höhe zurück. Südöstlich Sdraussina behaupten sich - unsere Truppen mit größter Zahigkeit. Ein Flankenangriff von der Ruinenhöhe östlich Sagrado her warf schließlich die Italiener auch hier zurück; sie flüchteten unter großen Verlusten in die deckenden Räume. Da unsere Truppen auch den ganzen Südwestrand des Plateaus fest in Händen behielten und im Görzer Brückenkopf alle feindlichen An- griffe blutig zurückschlugen, hatte die mit ungeheuren Opfern bezahlte Anstrengung der Italiener wieder kein Ergebnis.

An der übrigen küstenländischen Front herrscht verhältnismäßig Ruhe. An der Kärntner Grenze hat sich nichts Wesentliches ereignet. Östlich Schluderbach griffen drei feindliche Bataillone den Monte Piano an; sie wurden abgewiesen, fluteten zurück und verloren etwa zwei

Drittel ihres Bestandes.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Lage in Ägypten.

Aus Kairo wird zuverlässig gemeldet: Uber die Untersuchung wegen des jüngsten Anschlages auf den von den Englandern ein- gesetzten Khediven wird strengste Geheimhaltung gewahrt. Der Khedive wollte nach dem Anschlage abdanken und unternahm des- halb mehrfach Schritte. Die Engländer zwingen ihn jedoch, auf seinem Posten zu verharren. Die Engländer beabsichtigten, agyp- tische Soldaten in englischer Uniform nach den Dardanellen zu ent- senden. Die Soldaten revoltierten jedoch, so daß auf ihre Ver- wendung verzichtet werden mußte.

Ganz gewaltig ist der Zustrom Verwundeter nach Ägypten. Die großen, weltberühmten Hotels Menahouse, Heliopolis, Palace Se- miramis, Savoy und Gezireh Palace sind in Hospitäler umgewandelt. Das gleiche gilt für Alexandrien und Suez. Der von australischen Soldaten eingeschleppte Typhus verursacht wahrhafte Verheerungen, dabei macht sich das Fehlen an sanitärem Material sehr bemerkbar. Im Lande gewinnt zunehmender Mißmut die Oberhand. Die Heu- schreckenplage, die in so furchtbarer Form wie jetzt noch nie auf- getreten ist, richtet unermeßliche Verwüstungen an.

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Der deutsche Gewinn im Priesterwalde.

Aus dem großen Hauptquartier wird geschrieben:

In den französischen Tagesblättern vom 30. Mai erschien ein amt- licher Bericht über „Die Eroberung des Priesterwaldes“. Darin waren die schweren Kämpfe geschildert, die die Franzosen ın diesem Walde zu bestehen hatten und die für sie „nach sieben Monaten unablässigenRingens endlich zum Ziele führten.“ Dieser Priesterwald war in den ersten Julitagen der Schauplatz erneuter schwerer Kämpfe, eines durchsd.Jagenden deut- schen Erfolges.

Vom Kamm der Höhe, die steil aus dem Moseltal aufsteigt und dieses nur um etwa 200 m überhöht, erstreckt sich nordwestlich Pont-a- Mousson ein ausgedehntes Waldgebiet. Dessen gegen Pont-a-Mousson abfallender Teil bis an die Straße Fey en Haye—Norroy heißt auf den deutschen Karten „Priester wald,“ während auf den französischen nur der südliche Waldteil diesen Namen führt, der nördliche aber Bois Commu- naux genannt ist. Hierin mag eine Erklärung dafür liegen, daß die Fran- zosen sich für unbestrittene Herren des „Priesterwaldes“ hielten. Am Sũdrand des Waldes, an der Straße Pont-a-Mousson—Montauville—Limey liegt der Exerzierplatz, im Walde der Schießplatz der Garnison Pont-a- Mousson. Die Mannschaften der französischen Regimenter, die uns hier gegenüberstehen, stammen aus den Ortschaften der Umgegend. und manch gefangener Franzose konnte in Begleitung von deutschen Land- sturmmännern früher, als er gedacht und gehofft hatte, seine Angehörigen in seinem Heimatsort begrüßen. |

Der Priesterwald ist der echte lothringische Wald. Nur wenige und schlechte Wege durchziehen ihn. Dichtes Unterholz erschwert jegliche Bewegung außerhalb der Wege. Die mangelnde Forstkultur haben unsere und die französischen Granaten nachgeholt. Sie haben dem Walde Licht und Luft geschaffen. Freilich sind sie dabei so weit ge- gangen, die alten Baumriesen teils mitsamt der Wurzel herauszureißen, teils inmitten der Stämme zu knicken. Tief eingerissene Schluchten zer- klüften den Wald und behindern seine Wegsamkeit. Die höchste Er- hebung hat das Waldgelände in einem Höhenkamm, der vom Eintritt der Straße Fey en Haye—Norroy in den Wald nach Osten zieht. Auf dem höchsten Punkt steht das Croix des Carmes. Auf diesem Höhen- rücken liegen die deutschen Stellungen.

In schweren, hin- und herwogenden, monatelangen Angriffen war es den Franzosen dank ihrer Ubermacht Anfang Juni gelungen, auf dem westlichen Teil des Höhenrückens Fuß zu fassen. Sie wieder hinunter- zuwerfen, war das Ziel unseres Angriffes am 4. Juli. Es war kein leichtes Stück Arbeit, das uns dort bevorstand. Die Franzosen hatten 6 und 7 Stellungen hintereinander in einer Gesamttiefe von 400 bis 500 m aus- gebaut. Unser Angriff wurde eingeleitet durch einen Vorstoß aus dem an der Mosel liegenden Abschnitt. In einer Breite von etwa 250 m ge- lang es hier, in die feindliche Stellung einzudringen und 5 französische Blockhäuser mitsamt ihrer Besatzung in die Luft zu sprengen. Wir zer-

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störten die eingebauten Kampfmittel und gingen dann, wie vorgesehen, wieder in die alte Kampfstellung zurück, ungestört vom Feinde.

Nachmittags begann der Hauptangriff. Die durch unser Artillerie- feuer erschütterte französische Infanterie konnte dem Ansturm nicht stand- halten. Stellung auf Stellung fiel Am Abend waren alle französischen Stellungen in einer Breite von 1500 m genommen. 12 Offiziere, über 1000 unverwundete Gefangene, 3 Geschütze, 7 Minenwerfer, 7 Maschinen- gewehre, | Pionierpark mit reichlichem Gerät waren unsere willkommene Beute. Was die Franzosen in monatelangem Ringen erworben, hat unsere sturmende Infanterie, unterstützt durch die vortreffliche Artillerie, ihnen in wenigen Stunden wieder entrissen. Wo man hobelt, fallen Spane. Ohne Verlust ist solch ein Erfolg nicht zu erreichen. Unsere Gesamtverluste, ein- schließlich der nur vorübergehend ausfallenden Leichtverwundeten, erreich- ten aber nicht einmal die Zahl allein der gefangenen Franzosen. Deren Verluste an Toten waren außerordentliche. Nach Aussagen der Gefan- genen waren die Kompagnien schon vor unserem Angriff nur durch unser Artilleriefeuer auf 60 bis 70 Mann zusammengeschmolzen. In dem ein- gangs erwähnten amtlichen Bericht ist betont, daß die französischen Sol- daten den Priesterwald als „unsern Wald“ ungleich sinniger bezeichnen, als die Deutschen, die ihn „Todeswald“ oder „Wald der Witwen“ nennen. Die Phantasie des Berichterstatters in Ehren. Uns ist indessen von einer derartig geschmackvollen Benamsung nichts bekannt. Am 4. Juli ist aber der Priesterwald den Franzosen zum „Todeswald“ geworden.

Selbstverständlich mußten wir damit rechnen, daß der Feind uns den Gewinn bald streitig machen würde. Schon in der Nacht zum 5. Juli setzte er zu dem erwarteten Gegenangriff an. Wir konnten diesen, wie auch die späteren abweisen. Unter den Gefangenen befinden sich auch farbige Franzosen. Söhne der Insel Reunion sind es, die zum Kampfe für Zivilisation und Kultur herangeholt sind. Nicht nur in ihrer Uniform sind sie französische Soldaten geworden, sondern auch in ihrer Gesinnung. Denn gleich diesen sagten sie bei ihrer Vernehmung aus, daß sie den französischen Zeitungen keinen Glauben mehr schenken, daß sie, des Krieges müde, den Frieden wollen, sei er zu Gunsten Frankreichs oder nicht. Anscheinend ist diese Stimmung auch in der Bevölkerung nicht selten. In Pont-a-Mousson sollen Frauen das Automobil des Präsidenten der Republik mit Steinen beworfen haben unter dem Rufe, sie wollten den Frieden, sie wollten ihre Söhne zurückhaben.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 22. Juli. Im Westteil der Argonnen machten unsere Truppen weitere Fortschritte. Lebhafte Artilleriekämpfe fanden zwischen Maas und Mosel statt.

672 Südlich Leintrey brachen französische Angriffe dicht vor den

Hindernissen unserer Vorpostenstellungen zusammen.

In den Vogesen griff der Feind gestern südwestlich des Reichs- ackerkopfes sechsmal an. Er wurde durch bayerische Truppen unter großen blutigen Verlusten zurückgeschlagen. Bei einem Gegenstoß gewannen wir das noch in Feindeshand befindliche Grabenstück zurück und machten 137 Alpenjager (darunter 3 Offiziere) zu Ge- fangenen. Auch bei Sondernach wiesen wir abends einen feind- lichen Angriff ab.

Ein feindlicher Doppeldecker stürzte im Feuer unserer Ab- wehrgeschütze in den Wald von Parroy ab. Im Luftkampf über dem Münstertal blieben drei deutsche Flieger über drei Gegner Sieger und zwangen auf der Verfolgung zwei von ihnen zur Landung im Thanner Tal.

Nordöstlich Szawle machten unsere 3 vorgehenden Truppen unter erfolgreichen Kämpfen 4150 Gefangene. Außerdem fielen ihnen 5 Maschinengewehre, viele Bagagen und ein Pionier- park zur Boute.

Der Durchbruch an der unteren Dubissa führte die deutschen Stoßgruppen bis in die Gegend von Grynkiszki—Gudziuny. Auf dem Wege dorthin wurden mehrere feindliche Stellungen gestürmt. Die Russen weichen auf der ganzen Front vom Rakiewo-See bis zum Njemen. Südlich der Straße Marjampol—Kowno vergrößerten wir die entstandene Lücke und gewannen weiter vordringend Ge- lande nach Osten. 4 Offiziere, 1210 Mann wurden gefangen genommen, 4 Maschinengewehre erobert.

Am Narew hat der Feind seine aussichtslosen Gegenstöße eingestellt.

Südlich der Weichsel sind die Russen in die erweiterte Brücken- kopfstellung von Warschau, in die Linie Blonie—Nardazin—Gora- Kalwarja, zurückgedrückt worden.

Die deutschen Truppen der Armee des Generalobersten von Woyrsch vereitelten gestern durch kühnes Zufassen die letzten Versuche des Feindes, seine geschlagenen Truppen vorwärts lwan- gorod zum Stehen zu bringen. Gegen Mittag war die große Brücken- kopfstellung bei Lagow—Lugowa-Wola von unseren tapferen Schlesiern gestürmt; anschließend wurde der Feind unter Mitwirkung österreichisch-ungarischer Truppen auf der ganzen Front in die Festung geworfen, die nunmehr eng eingeschlossen ist. Nordwest- lich von Iwangorod kämpfen österreichisch-ungarische Truppen noch auf dem Westufer der Weichsel; gestern wurden über 3000 Ge- fangene gemacht und 11 Maschinengewehre erobert.

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Zwischen Weichsel und Bug nimmt die Schlacht unter Ober- leitung des Generalfeldmarschalls von Mackensen ihren Fortgang. Südwestlich von Lublin machten österreichisch-ungarische Truppen weitere Fortschritte; zwischen Siennicka-Wola (südlich von Rejowiec) und dem Bug wurden breite Abschnitte der feindlichen Stellung gestürmt. Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 22. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Der Raum westlich der Weichsel war gestern abermals der Schauplatz großer Erfolge der Verbündeten. Die feindliche Hauptstellung, die westlich und südlich Iwangorod in der Linie Kozienice— Jamowiec angelegt und festungsartig ausgestaltet war, wurde beiderseits der Straße Radom—Nowo—Alexandrija von deutschen Truppen durchbrochen. Die Russen wichen nach Iwangorod und auf das rechte Weichselufer. Ihr Rückzug über die Brücke von Nowo—Alexandrija stand bereits unter dem Feuer der deutschen Ar- tillerie. Osterreichisch-ungarische Truppen nahen sich kämpfend von West, deutsche von Süd den Forts von Iwangorod. Zahlreiche Ort- schaften westlich der Weichsel wurden von den fliehenden Russen in Brand gesteckt. Östlich der Weichsel dauerten die Kämpfe in un- verminderter Heftigkeit fort. Der Feind leistet den zähesten Wider- stand. Bei Chodel und Borzechow warfen Teile der Armee des Erzherzogs Josef Ferdinand nach hartem Ringen die Russen aus mehreren Stellungen. Die Verluste des Gegners sind groß. Die Zahl der bei der Armee des Erzherzogs eingebrachten gestern gemeldeten Gefangenen wuchs auf 8000, die Beute auf 15 Maschinengewehre und 4 Munitionswagen.

Auch weiter östlich gegen den Bug hin brachen deutsche und österreichisch-ungarische Truppen an mehreren Stellen in die feindlichen Linien ein. Am oberen Bug erstürmten ungarische Regimenter den Brückenkopf Dobrotwor nördlich Kamionka—Strumilowa.

An der Zlota-Lipa und am Dnjestr blieb die Lage unverändert.

Auch gestern wütete die Schlacht im Görzischen mit unver- minderter Heftigkeit. Das Plateau von Doberdo stand tagsüber bis zur Küste unter besonders schwerem Artilleriemassenfeuer. Die tapferen Verteidiger hielten stand und schlugen alle Anstürme des Feindes glänzend ab. In dem Abschnitte von Monte Cosich bis Polazzo schoben

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sich die Italiener bis zum Abend näher an unsere Stellungen heran. Nachts griffen sie zuerst bei Selz, dann in der ganzen Front zwischen diesem Orte und Vermegliano erneuert an. Heute frühmorgens waren alle Stürme blutig abgewiesen. Der brave ungarische Landsturm hat sich hier wieder heldenhaft bewährt. Mehrere Vorstöße des Gegners bei Polazzo waren schon gestern unter Tags zusammengebrochen. Östlich Sdraussina schritten unsere Truppen heute früh zum Gegen- angriff und bemächtigten sich aller ihrer früheren Stellungen. Der Feind ist hier im Rückzuge. Am Nordwestrande des Plateaus wird erbittert weiter gekämpft. Gegen den Görzer Brückenkopf brachten die Italiener namentlich in der Richtung gegen Podgora immer neue Kräfte in die Schlacht. Zehn Infanterieregimenter griffen hier nach- einander vergebens an. Fast immer führte der Kampf zum Hand- gemenge. Drei Stürme scheiterten gestern vor unseren Hindernissen. In einzelne Grabenstücke gelang es dem Feinde einzudringen, nachts wurde er wieder hinausgeworfen. Ebenso scheiterten Angriffe schwächerer mit Gasbomben bewehrter Kräfte bei Pevna. Auch zwei Vorstöße je eines Regiments auf dem Monte Sabotino wurden unter flankierender Mitwirkung unserer Artillerie blutig abgeschlagen. Unsere mit einzig dastehender Begeisterung und Zähigkeit fechtenden Truppen haben somit nach viertägiger Schlacht ihre Stellungen sowohl am Plateau von Doberto als auch im Görzer Brückenkopf behauptet. Der Kampf ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

Bei Plava, Tolmein und weiter nördlich unterhielt der Feind gestern ein lebhaftes Artilleriefeuer. Die Gefechte im Krn-Gebiete dauern fort.

Im Kärntner und Tiroler Grenzgebiete ist die Lage unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 23. Juli. Nächtliche Handgranatenangriffe des Feindes nördlich und nordwestlich von Souchez wurden abgewiesen. In der Champagne unternahmen wir in der Gegend von Perthes umfangreiche Sprengungen und besetzten die Trichter- ränder.

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Im Priesterwalde mißlang nachts ein französischer Vorstoß.

In den Vogesen dauerten die Kämpfe fort. Ein feindlicher Argriff gegen die Linie Lingekopf— Barrenkopf (nördlich von Münster) wurde nach heftigem Nahkampf vor und in den Stellungen der Bayern und mecklenburgischen Jäger zurückgeschlagen; 2 Offi- ziere und 64 Alpenjager wurden dabei gefangen genommen. Auch am Reichsackerkopf griffen die Franzosen erfolglos an.

Bei Metzeral warfen wir sie aus einer vorgeschobenen Stellung, die wir, um Verluste zu vermeiden, planmäßig wieder räumten.

In Erwiderung der mehrfachen Beschießung von Thiaucourt und anderer Ortschaften zwischen Maas und Mosel nahm unsere Artillerie gestern Pont-a-Mousson unter Feuer.

Unsere Flieger griffen das Bahndreieck von St. Hilaire in der Champagne an und zwangen feindliche Flieger zum Rückzuge. Auch auf die Kasernen von Gerardmer wurden Bomben abgeworfen. Bei einem Luftkampf uber Conflans wurde ein feindliches Kampf- flugzeug vernichtet.

In Kurland folgen wir den nach Osten weichenden Russen unter fortgesetzten Kampfen, bei denen gestern 6550 Gefangene gemacht und 3 Geschütze, viele Munitionswagen und Feldküchen erbeutet wurden.

Gegen den Narew und die Brückenkopfstellung von Warschau schoben sich unsere Armeen näher heran. Vor Rozan wurde das Dorf Miluny und das Werk Szygi mit dem Bajonett gestürmt, in letzterem 290 Gefangene gemacht.

Nachtliche Ausfälle aus Nowo-Georgiewsk mißlangen.

Das Westufer der Weichsel von Janowiec (westlich von Kazi- mierz) bis Granica ist vom Feinde gesäubert. Im Waldgelande südöstlich von Koziniec wird noch mit russischen Nachhuten ge- kämpft. Zwischen Weichsel und Bug gelang es den verbündeten “Truppen, den zähen Widerstand des Gegners an verschiedenen Stellen zu brechen und ihn dort zum Rückzuge zu zwingen. Die blutigen Verluste der Russen sind außergewöhnlich groß.

Oberste Heeresleitung.

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Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 23. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Die Kämpfe in Südpolen, in Wolhy- nien und am oberen Bug nehmen ihren Fortgang. Gegen die Bug- strecke Kamionka—Strumilowa—Krystynopol—Sokal, an deren Ostufer wir uns einige brückenkopfartige Stellungen eingerichtet haben, setzte der Feind sehr starke Kräfte an. Er arbeitete sich an einzelnen Punkten bis auf 300 Schritt an unsere Schützengräben heran, anderen Ortes kam es bis zum Handgemenge.

Überall wurden die Russen unter großen Verlusten zurückge- worfen. Südöstlich Sokal nahm bei einem kühnen Flankenstoß das Feldjägerbataillon Kopal Nr. 10 3 russische Offiziere und 342 Mann gefangen.

Nordwestlich Grubieszow gewannen deutsche Kräfte bedeutend Raum. Zwischen der Bystryca und der Weichsel warfen die Truppen des Erzherzogs Josef Ferdinand den Feind auf Belzyce und über Wronow zurück.

Westlich der Weichsel von der Pilizamündung aufwärts sind die Verbündeten bis an den Strom und an den Gürtel von Iwangorod herangerückt. Bei Koziniec kämpfen unsere Truppen noch mit feind- lichen Nachhuten. An den anderen Teilen der Front ist die Lage im allgemeinen unverändert. .

Die Schlacht im Görzischen ist noch immer nicht abgeschlossen. Gegen den Görzer Brückenkopf unterhielten die Italiener ein mäßiges Artilleriefeuer. Ein Angriff auf den Monte Sabotino wurde abge- schlagen. Im Vorfelde von Podgora liegen Hunderte von Feindes- leichen. Unsere Truppen haben die ursprünglichen Stellungen des Brückenkopfes ausnahmslos im Besitz. Bei der Abwehr der zahl- reichen feindlichen Sturme zeichnete sich die dalmatinische Landwehr neuerdings besonders aus. Am Rande des Plateaus von Doberdo wird weitergekampft. Gegen den Abschnitt Peteano Sdraussina setzten die Italiener in der verflossenen Nacht drei Angriffe an, die abgewiesen wurden. Ebenso mißlang ein Versuch des Gegners, sich zwischen Sdraussina und Polazzo näher an unsere Gräben heranzu- arbeiten. Auch neuerliche Vorstöße des Feindes bei Selz, Vermegliano und gegen den Monte Cosich waren gleich allen früheren vergeblich.

Am Mittelisonzo fanden nur Geschutzkampfe statt. Im Krn- gebiet wiesen unsere Truppen gestern, dann nachts und heute früh

Angriffe ab.

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Im Kärntner und Tiroler Grenzgebiet hat sich nichts Wesent- liches ereignet. Ein Nachtangriff der Italiener auf den Monte Piano scheiterte. Das Artilleriefeuer hält an mehreren Stellen an.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Türkei im Kriege. Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 23. Juli.

Auf der Dardanellenfront am 22. Juli bei Ari Burun auf beiden Seiten Minenkrieg zur Zerstörung der Gräben. Unsere Artillerie des rechten Flügels rief durch indirektes Feuer in der feindlichen Stellung eine Feuersbrunst hervor, die längere Zeit andauerte. Bei Sedd-ul-Bahr schwaches Infanteriegefecht mit zeitweilig aussetzendem Artilleriefeuer. In der Nacht vom 22. zum 23. Juli zwangen unsere anatolischen Batterien feindliche Torpedoboote zur Flucht, die sich den Gewässern von Kere-

vesdere naherten und versuchten, unseren linken Flügel zu beschießen. Auf den anderen Fronten nichts von Bedeutung.

Die amerikanische Note. Berlin, 24. Juli.

Die von dem hiesigen Botschafter der Vereinigten Staaten gestern nachmittag im Auswärtigen Amt überreichte Mitteilung lautet in Übersetzung:

Im Auftrage meiner Regierung habe ich die Ehre, Eure Exzellenz zu benachrichtigen, daß die Note der Kaiserlich Deutschen Regierung vom 8. Juli d. J. eine sorgfältige Prüfung durch die Regierung der Vereinigten Staaten erfahren hat; die Regierung der Vereinigten Staaten bedauert, sagen zu müssen, daß sie die Note sehr unbefriedigend gefunden hat, da sie es unterläßt, auf die eigentlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Regierungen einzugehen, und keinen Weg weist, auf dem die anerkannten Grundsätze von Recht und Menschlichkeit in der ernsten den Streitgegenstand bildenden Angelegenheit zur Geltung gebracht werden können, vielmehr im Gegenteil Vereinbarungen für eine teilweise Auf- hebung jener Grundsätze vorschlägt, die diese nach dem Erfolg beseitigen würden.

Die Regierung der Vereinigten Staaten vermerkt mit Genugtuung, daß die Kaiserlich Deutsche Regierung ohne Vorbehalt die Gültigkeit der

Grundsätze anerkennt, auf denen die amerikanische Regierung in den

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verschiedentlich an die Kaiserlich Deutsche Regierung gerichteten Mittei- lungen hinsichtlich der Verkündung eines Kriegsgebiets und der Ver- wendung von Unterseebooten gegen Handelsschiffe auf hoher See bestanden hat nämlich des Grundsatzes, daß die hohe See frei ist, daß Charakter und Ladung eines Handelsschiffes festgestellt sein müssen, ehe es recht- mäßigerweise beschlagnahmt oder zerstört werden kann, und daß das Leben von Nichtkampfern auf keinen Fall in Gefahr gebracht werden darf, es sei denn, daß das Schiff Widerstand leistet oder zu entfliehen versucht, nachdem es aufgefordert worden ist, sich der Durchsuchung zu unterwerfen. Denn die Vergeltungshandlung eines Kriegführenden (belli- gerent act of retaliation) ist an und für sich ein Handeln außerhalb des Gesetzes, und die Verteidigung einer Maßnahme als Vergeltungsmaßnahme bedeutet das Zugeständnis, daß sie ungesetzlich ist.

Die Regierung der Vereinigten Staaten ist jedoch bitter enttäuscht darüber, daß die Kaiserlich Deutsche Regierung sich in weitem Maße von der Verpflichtung zur Beobachtung dieser Grundsätze selbst wo neutrale Schiffe in Frage kommen entbunden erachtet infolge der Politik und der Praxis, die nach ihrer Ansicht Großbritannien im gegenwärtigen Kriege gegen- über dem neutralen Handel befolgt. Die Kaiserlich Deutsche Regierung wird unschwer verstehen, daß die Regierung der Vereinigten Staaten die Politik der Großbritannischen Regierung hinsichtlich ihrer Verpflichtungen gegen- über einer neutralen Regierung nur mit der Großbritannischen Regierung selbst erörtern kann; auch muß sie das Verhalten anderer kriegführender Regierungen für jede Erörterung mit der Kaiserlich Deutschen Regierung über die ihrer Ansicht nach ernste und nichtzurechtfertigende Mißachtung von Rechten amerikanischer Bürger durch deutsche Seebefehlshaber als unerheblich ansehen. Ungesetzliche und unmenschliche Handlungen, so gerechtfertigt auch immer sie einem Feinde gegenüber erscheinen mögen, von dem angenommen wird, daß er unter Verletzung von Recht und Menschlichkeit gehandelt hat, sind offenbar nicht zu verteidigen, wenn sie Neutrale ihrer anerkannten Rechte berauben, insbesondere, wenn sie das Recht auf das Leben selbst verletzen. Wenn ein Kriegführender einem Feinde gegenüber nicht Vergeltung üben kann, ohne das Leben Neutraler und deren Eigentum zu schädigen, so sollten sowohl Menschlich- keit als Gerechtigkeit und eine angemessene Rücksicht auf die Würde der neutralen Mächte gebieten, daß das Verfahren eingestellt wird. Wird darauf bestanden, so würde dies unter solchen Umständen einen unver- zeihlichen Vorstoß gegen die Souveränität der betroffenen neutralen Völker bedeuten. Die Regierung der Vereinigten Staaten ist nicht uneingedenk der außergewöhnlichen durch diesen Krieg geschaffenen Verhältnisse oder der grundliegenden Veränderungen der Umstände und der Arten des Angriffs, die durch den Gebrauch von Werkzeugen der Seekriegführung hervorgerufen worden sind, wie sie die Völker der Welt nicht im Auge haben konnten, als die geltenden Regeln des Völkerrechts festgelegt wurden. Die Regierung der Vereinigten Staaten ist bereit, jede vernünftige Rücksichtnahme auf diese neue und unerwartete Gestaltung der Seekrieg- führung walten zu lassen; sie kann jedoch nicht zugeben, daß ein wesent-

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liches oder grundlegendes Recht ihres Volkes wegen einer bloßen Anderung der Verhaltnisse aufgehoben wird. Die Rechte der Neutralen in Kriegs- zeiten beruhen auf Grundsätzen, nicht auf Zweckmäßigkeit, und die Grundsätze sind unabänderlich. Pflicht und Obliegenheit der Kriegführen-

den ist es, einen Weg zu finden, ihnen die neuen Verhältnisse anzupassen.

Die Ereignisse der letzten zwei Monate haben klar gezeigt, daß es möglich und ausführbar ist, die Operationen der Unterseeboote, wie sie die Tätigkeit der Kaiserlich Deutschen Marine innerhalb des sogenannten Kriegsgebiets kennzeichnen, in wesentlicher Übereinstimmung mit den anerkannten Gebräuchen einer geordneten Kriegführung zu halten. Die ganze Welt hat mit Interesse und mit wachsender Genugtuung auf die Darlegung dieser Möglichkeit durch die deutschen Seebefehlshaber geblickt. Es ist mithin offenbar möglich, das ganze Verfahren bei Unterseeboots- | angriffen der Kritik, die es hervorgerufen hat, zu überheben und die Hauptursachen des Anstoßes zu beseitigen.

Angesichts des Umstandes, daß die Kaiserliche Regierung die Gesetz- widrigkeit ihrer Handlungsweise zugab, indem sie zu deren Rechtfertigung das Recht der Vergeltung anführte, und angesichts der offenbaren Möglich- keit, die hergebrachten Regeln der Seekriegführung innezuhalten, vermag die Regierung der Vereinigten Staaten nicht zu glauben, daß die Kaiserliche Regierung noch länger davon absehen wird, das unbekümmerte Vorgehen ihres Seeoffiziers bei Versenkung der „Lusitania“ zu mißbilligen oder Entschädigung für die Verluste an amerikanischen Menschenleben anzu- bieten, insoweit für zwecklose Vernichtung von Menschenleben durch eine ungesetzliche Handlung überhaupt Ersatz geleistet werden kann.

Die Regierung der Vereinigten Staaten kann die Anregung der Kaiserlich Deutschen Regierung nicht annehmen, wonach bestimmte Schiffe bezeichnet werden und nach Vereinbarung auf den zurzeit widerrechtlich verbotenen Meeren frei fahren sollen, wenn sie auch den freundschaftlichen Geist, in dem dieses Angebot gemacht ist, nicht verkennt. Gerade eine solche Vereinbarung würde stillschweigend andere Schiffe widerrechtlichen Angriffen aussetzen und würde eine Beeinträchtigung und demgemäß ein Aufgeben der Grundsätze bedeuten, für die die amerikanische Regierung eintritt und die in Zeiten ruhigerer Überlegung jede Nation als selbst- verständlich anerkennen würde.

Die Regierung der Vereinigten Staaten und die Kaiserlich Deutsche Regierung kämpfen für das gleiche große Ziel und sind lange zusammen eingetreten für Anerkennung eben jener Grundsätze, auf denen die Re- gierung der Vereinigten Staaten jetzt so feierlich besteht. Sie kämpfen beide für die Freiheit der Meere. Die Regierung der Vereinigten Staaten wird fortfahren, für diese Freiheit zu kämpfen, von welcher Seite auch immer sie verletzt werden möge, ohne Kompromiß und um jeden Preie. Sie lädt die Kaiserlich Deutsche Regierung zu praktischer Mitarbeit ein, im jetzigen Augenblick, wo diese Mitarbeit am meisten durchsetzen kann und dieses große gemeinsame Ziel am schlagendsten und wirksamsten erreicht werden kann.

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Die Kaiserlich Deutsche Regierung gibt der Hoffnung Ausdruck, daß dieses Ziel in gewissem Maße sogar vor dem Ende des gegenwärtigen Krieges erreicht werden möge. Dies kann geschehen. Die Regierung der Vereinigten Staaten fühlt sich nicht nur verpflichtet, auf diesem Ziel, von wem auch immer es verletzt oder mißachtet werden mag, zum Schutze ihrer eigenen Bürger zu bestehen, sie ist auch aufs höchste daran interessiert, dieses Ziel zwischen den Kriegführenden selbst verwirklicht zu sehen, und halt sich jederzeit bereit, als gemeinsamer Freund zu handeln, dem der Vorzug zuteil wird, einen Weg vorzuschlagen.

Mittlerweile sieht sich die amerikanische Regierung gerade wegen des großen Wertes, den sie auf die lange und ununterbrochene Freund- schaft zwischen Volk und Regierung der Vereinigten Staaten und Volk und Regierung Deutschlands legt, veranlaßt, bei der Kaiserlich Deutschen Regierung feierlichst auf der Notwendigkeit einer gewissenhaften Beob- achtung der neutralen Rechte in dieser kritischen Angelegenheit zu bestehen. Die Freundschaft selbst drängt sie, der Kaiserlichen Regierung zu sagen, daß die Regierung der Vereinigten Staaten eine Wiederholung von Hand- lungen, die Kommandanten deutscher Kriegsschiffe in Verletzung der neutralen Rechte begehen sollten, falls sie amerikanische Bürger betreffen, als vorsätzlich unfreundliche Akte betrachten müßte.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 24. Juli.

Bei Souchez wiederholten die Franzosen auch heute nacht die erfolglosen Handgranatenangriffe.

Bei den gestern gemeldeten Sprengungen in der Champagne hat der Feind nach sicheren Feststellungen große Verluste erlitten. Seine Versuche, uns aus der gewonnenen Stellung zu vertreiben, scheiterten.

Sudlich von Leintrey wiesen unsere Vorposten abermals feind- liche Vorstöße ab. Die im Bericht der französischen Heeresleitung vom 22. Juli, 11 Uhr abends, erwähnte, über die Seille geworfene starke deutsche Aufklarungsabteilung bestand aus fünf Mann, die das feindliche Hindernis durchschnitten hatten und sich unter Verlust eines Mannes zurückzogen.

In der Gegend von Münster fanden gestern Kämpfe von ge- ringerer Heftigkeit statt. Nach den Gefechten der letzten Tage sind dort vor unserer Front etwa 2600 gefallene Franzosen liegen ge- blieben.

Die Armee des Generals von Below siegte bei Schaulen (Szawle) über die russische V. Armee. Seit 10 Tagen ständig im Kampf,

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Marsch und Verfolgung gelang es den deutschen Truppen gestern, die Russen in Gegend Rozalin und Szadow zu stellen, zu schlagen und zu zersprengen. Der Ertrag ist seit Beginn dieser Operation, dem 14. Juli, auf 27000 Gefangene, 25 Geschütze, 40 Maschinen- gewehre, über 100 gefüllte bespannte Munitionswagen, zahlreiche Bagagen und sonstiges Kriegsgerät angewachsen.

Am Narew wurden die Festungen Rozan und Pultusk, in zahem, unwiderstehlichem Ansturm von der Armee des Generals von Gall- witz erobert, und der Übergang über diesen Fluß zwischen beiden Orten erzwungen. Starke Kräfte stehen bereits auf dem südlichen Ufer. Weiter nördlich und südlich dringen unsere Truppen gegen den Fluß vor.

In den Kämpfen zwischen Njemen und Weichsel wurden seit dem 14. Juli 41000 Gefangene, 14 Geschütze, 90 Maschinenge- wehre genommen. Was in Rozan und Pultusk an Kriegsgerät er- obert ist, laßt sich noch nicht übersehen.

Vor Warschau fielen bei kleineren Gefechten der letzten Tage 1750 Gefangene und zwei Maschinengewehre in unsere Hand.

Nördlich der Pilizamündung erreichten deutsche Truppen die Weichsel. >

Von der Pilizamündung bis Kozienice (nordwestlich von Iwan- gorod) ist der Feind über die Weichsel zurückgedrückt. Vor Iwan- gorod schoben sich unsere Truppen näher an die Westfront der Festung heran.

Zwischen Weichsel und Bug dauert der Kampf hartnäckig an. In der Gegend von Sokal wurden russische Angriffe gegen die Brückenkopfstellung abgewiesen; ein thüringisches Regiment zeich- nete sich dabei besonders aus.

Den deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen der Armee des Generalobersten von Woyrsch und der Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen fielen seit dem 14. Juli etwa 50000 Gefangene in die Hande. Die genaue Zahl sowie die Höhe der Materialbeute lassen sich noch nicht übersehen.

Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 24. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Der Feind räumte gestern infolge der siegreichen Angriffe, die von der Armee des Erzherzogs Josef Fer- dinand in den letzten Tagen geführt wurden, zwischen der Weichsel und Bistritza in einer Frontbreite von 40 Kilometer seine Stellungen

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und zog sich 8 bis 10 Kilometer nordwärts in eine dort vorbereitete Linie zurück. Seine Versuche, ın gleichfalls bereits eingerichteten Zwischenstellungen festen Fuß zu fassen, scheiterten am Nachdrängen unserer Korps. Die Zahl der von der Armee des Erzherzogs einge- brachten letzthin gemeldeten Gefangenen wuchs auf 45 Offiziere und 11500 Mann an.

Nördlich Grubieszow drangen deutsche Kräfte in die feindliche Stellung ein.

Bei Sokal wiederholten sich die vergeblichen Angriffe der Russen gegen unsere Positionen am östlichen Bugufer. Unmittelbar westlich von lwangorod unternahm der Feind einige erfolglose Vorstöße gegen Truppen unseres siebenbürgischen Korps. An den anderen Teilen der Front ist die Lage bei wechselnder Starke der Kämpfe unver- ändert. Den zwischen Pilika und Bug kampfenden verbündeten Truppen sind seit dem 14. Juli etwa 5000 Gefangene in die Hände gefallen.

Obgleich die Schlacht im Görzischen auch gestern und heute nacht nicht zum Abschluß kam, wird der volle Mißerfolg des zweiten allgemeinen Angriffs der Italiener immer deutlicher. Gegen den Görzer Brückenkopf begann gestern abend auf die Höhen von Podgora ein neuer Angriff, der schon durch Artilleriefeuer im Keime erstickt wurde. Ein Gegenangriff unserer dortigen Truppen warf den Feind vollends zurück. Am Nordwestrande des Plateaus von Doberdo wurden die italienischen Vorstöße schwächer und seltener. Nachts setzten sie ganz aus. Abermalige Angriffsversuche des Gegners in der Front Polazza— Vermigliano wurden leicht zum Stehen gebracht. Bei Selz drang der Feind gestern vormittag in einen Teil unserer Gräben am Plateau- rande ein: Ein nachtlicher Gegenangriff brachte jedoch sämtliche frühere Stellungen wieder in unseren Besitz und warf den Feind auf der ganzen Linie zurück. Der heutige Tag begann schon ruhiger.

Im Krngebiete wurden wieder alle feindlichen Angriffe abgeschla- gen. Hierbei zeichnete sich Erzherzog Josefs Infanterie besonders aus.

An der Tiroler und Kärntner Front ist die Lage unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See.

Am 23. Juli früh haben unsere Kreuzer und Fahrzeuge die Eisenbahn an der italienischen Ostküste auf einer Strecke von über 160 Kilometer erfolg-

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reich beschossen. Die Bahnstation von Chienti, Campowerino, Fossacesia, Termoli und Ortona sind stark beschadigt, jene von San Benedetto und Grottamoro in Brand geschossen; viele Lokomotiven und viele Waggons demoliert, einige verbrannt. In Ortona wurde der Wasserturm zerschossen: der Pontonkran beschadigt und ein Schlepptender versenkt. Zwei Fabriken in Ortona und eine in San Vito haben schweren Schaden davongetragen; alle Schornsteine sind umgelegt. Der Bahnviadukt bei Termoli ist demo- liert, die Brücke über Moro eingestürtzt und außerdem eine Kaserne in San Benedetto zerschossen. Das Semaphor Tremiti wurde in Schutt gelegt, das dortige Kabel zerstört. Feindliche Seestreitkräfte wurden nicht gesichtet.

Flottenkommando.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 25. Juli.

Im Ostrand der Argonnen sprengten wir ein Blockhaus des Feindes.

Bei Launois, südlich von Ban-de-Sapt, setzten sich die Franzosen in einem kleinen Teil unserer vordersten Gräben fest.

Die Festung Dünkirchen wurde mit mehreren Bomben belegt. Bei der Armee des Generals von Below fanden Kämpfe mit Nachhuten des Gegners statt. Gestern wurden weitere 6000 Ge- fangene eingebracht.

Bei Vorstößen an der Jesia südlich Kowno und in Gegend Dembowo, 10 km nordöstlich von Suwalki, wurden russische Graben erobert.

Der Narew ist auf der ganzen Front von südlich Ostrolenka bis Pultusk überschritten. Südöstlich ‚von Pultusk nähern sich unsere Truppen dem Bug, südwestlich dieser Festung wurde trotz zahen Widerstandes des Feindes die Linie Nasielsk—Gzowo erreicht.

Westlich von Blonie wurden mehrere Stellungen des Gegners genommen und südlich von Warschau die Orte Ustanow, Lbiska und Jazgarzew erstürmt.

Die Lage bei den deutschen Truppen im Südosten ist un- verändert. Oberste Heeresleitung.

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Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 25. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Auf dem russischen Kriegsschauplatz verlief der gestrige Tag verhältnismäßig ruhig. Bei Iwangorod wiesen unsere Truppen einige schwache Vorstöße des Gegners ab. Südlich Krylow wurde ein russischer Ubergangsversuch über den Bug yer- eitelt. Im übrigen ist die Lage unverändert.

Im Görzischen beschränkte sich der Feind gestern tagsüber auf starkes Artilleriefeuer. Verzweifelte Nachtangriffe gegen unsere Stellungen am Rande des Plateaus von Doberdo brachen wieder unter schweren Verlusten der Italiener zusammen und konnten an der Tatsache nichts ändern, daß der Ansturm gegen die küsten- ländische Front vergebens ist.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Türkei im Kriege. Der Bericht des türkischen Hauptquartiers.

Konstantinopel, 25. Juli.

An der Dardanellenfront in der Nacht vom 22. zum 23. Juli bei Arı Burun zeitweise Artilleriekampf. Am Morgen des 23. Juli hatte eine Gegenmine, die wir zur Explosion brachten, um die Wirkung einer feind- lichen Mine gegen unser Zentrum aufzuheben, ein gutes Ergebnis. Am Nachmittag traf während einer erfolglosen Beschießung unserer Stellungen auf dem linken Flügel durch zwei Monitoren ein Volltreffer unserer Artillerie den einen Monitor, worauf sich die beiden sofort entfernten. Am Vormittag des 23. Juli schlugen wir einen Angriff gegen einige unserer Gräben unseres rechten Flügels bei Sedd-ul-Bahr ab. Unsere Artillerie brachte die feindliche Artillerie, die unsere Graben beschoß, zum Schweigen. Unsere anatolischen Batterien zerstreuten feindliche Truppen, die Ver- schanzungen bei Sedd-ul-Bahr aufwarfen.

Auf den anderen Fronten ereignete sich nichts wesentliches.

Konstantinopel, 25. Juli.

An der Dardanellenfront bei Ari Burun gegenseitiger Minenkampf. Am 24. Juli wurde die feindliche Landungsstelle beschossen. Bei Sedd- ul-Bahr schwaches Feuergefecht. Unsere Artillerie zwang eine feindliche Haubitzenbatterie westlich von Hissarlik vor unserem linken Flügel ihre Stellung zu wechseln und brachte sie zum Schweigen, als die Batterie ihr Feuer wieder begann.

Auf den übrigen Fronten nichts von Bedeutung.

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Ein englischer Truppentransportdampfer torpediert. Athen, 25. Juli. Aus Saloniki kommt die Meldung, daß der englische Truppen- transportdampfer „Arnewurons (?) von einem Unterseeboot im

Mittelmeer torpediert worden ist.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 26. Juli.

Auf ganzer Front im Westen keine besonderen Ereignisse.

Nördlich des Njemen erreichte die Armee des Generals von Below die Gegend von Poswol und Poniewitz. Wo der Gegner noch standhielt, wurde er geworfen. Uber 1000 Russen wurden zu Gefangenen gemacht.

An der Narewfront erzwangen unsere Truppen auch ober- halb Ostrolenka den Übergang. Unterhalb davon drängen sie den erbitterten Widerstand leistenden Gegner langsam gegen den Bug zurück. Einige tausend Russen wurden gefangen, über 40 Ma- schinengewehre erbeutet.

Gegen die Nord- und Westfront der Festungsgruppe von Nowo-Georgiewsk und Warschau schieben sich die Einschließungs- truppen näher heran.

Nördlich der Linie Wojslawice (südlich von Cholm) Hrubieszow (am Bug) haben deutsche Truppen in den Kämpfen der letzten Tage den Feind nach Norden weiter zurückgedrängt. Gestern wurden 11 Offiziere, 1457 Mann gefangen genommen, 11 Maschinen- gewehre erbeutet. Im übrigen ist die Lage westlich der Weichsel und bei den verbündeten Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Boricht. Wien, 26. Juli. Amtlich wird verlautbart: Südlich Sokal eroberten unsere Truppen einen für unsere Brückenköpfe am östlichen Bugufer wertvollen Stütz- punkt, wobei 1100 Gefangene und zwei Maschinengewehre in unsere Hand fielen. Nordwestlich Grubieszow gewannen deutsche Kräfte erneut Raum. An den anderen Teilen der Front trat keine Änderung

der Lage ein.

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Gestern entbrannte der Kampf um den Rand des Plateaus von Doberdo aufs neue. Tag und Nacht griffen die Italiener an der ganzen Front ununterbrochen mit größter Heftigkeit an, aber auch der neue Aufwand an Kraft und Opfern war umsonst. Nur vorübergehend erzielte der Feind örtliche Erfolge. Heute bei Morgengrauen waren die ursprünglichen Stellungen wieder ausnahmslos im Besitz der helden- mütigen Verteidiger. Gegen den Görzer Brückenkopf unternahm der Gegner keinen neuen Angriff. Heute früh setzte das Massenfeuer der italienischen Artillerie im Görzischen wieder ein. Im Krngebiete wurde gestern nachmittag ein feindlicher Angriff im Handgemenge und mit Steinwerfen zurückgeschlagen. Die zurückgehenden Italiener erlitten in unserem Geschützfeuer starke Verluste. Einer unserer Flieger belegte Verona mit Bomben. An der Kärntner und Tiroler Front hat sich nichts von Bedeutung ereignet.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 27. Juli.

Schwache französische Handgranatenangriffe nördlich von Souchez und Sprengungen in der Gegend von Le Mesnil in der Champagne waren erfolglos.

In den westlichen Argonnen besetzten wir einige feindliche Gräben. l

Auf die Beschießung von Thiaucourt antworteten wir abermals mit Feuer auf Pont-a-Mousson.

In den Vogesen setzte sich der Feind gestern abend in Besitz unserer vordersten Gräben auf dem Lingekopf (nördlich von Münster).

Bei Roncg (nordwestlich von Tourcoing) wurde ein französisches, bei Péronne ein englisches Flugzeug zum Landen gezwungen; die Insassen sind gefangen genommen,

Ein Vorstoß aus Mitau wurde von uns abgewiesen. Zwischen Poswol (südlich von Mitau) und dem Njemen folgen wir dem weichenden Gegner.

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Die Russen versuchten gestern unsere über den Narew vor- gedrungenen Truppen durch einen großen, einheitlich aus der Linie Goworowo (östlich von Rozan) Wyszkow Serok (südlich von Pultusk) angesetzten Angriff zurückzudrängen; die russische Offen- sive scheiterte völlig; 3319 Russen wurden gefangen, 13 Maschinen- gewehre erbeutet. Östlich und südlich von Rozan drangen unsere Truppen hinter dem geworfenen Feinde nach Osten vor; am Prut (südöstlich von Pultusk) wird noch hartnäckig gekämpft. Vor Nowo- Georgiewsk und Warschau keine Veränderung.

Vor Iwangorod nichts Neues.

Nördlich von Hrubieszow warfen wir den Feind aus mehreren Ortschaften und nahmen 3941 Russen (darunter 10 Offiziere) ge- fangen. Im übrigen ist die Lage bei den deutschen Truppen des Generalfeldmarschalls von Mackensen unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Boricht. Wien, 27. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Seit der Erstürmung von Sokal durch unsere Truppen wurde südöstlich der Stadt um den Besitz einer Höhe gekämpft, die für die Behauptung der Bugübergänge besonders wichtig ist. Gestern stürmten unsere tapferen Regimenter diese Position, wobei wir 20 Offiziere und 3000 Mann gefangen nahmen und 5 Maschinen- gewehre erbeuteten. Die Kämpfe nördlich Grubieszow schreiten erfolg- reich fort. Sonst ist die Lage im Nordosten unverändert.

Unter dem Schutze des gestern früh eröffneten Artilleriemassen- feuers griffen die Italiener das Plateau von Doberdo mit verstärkter Kraft abermals an. Der Ansturm scheiterte unter größeren Verlusten denn je. Nach erbitterten Nahkämpfen blieben unsere Truppen auch an diesem 9. Schlachttage in vollem Besitz ihrer alten Kampfstellungen am Plateaurande.

An den übrigen Teilen der küstenländischen Front, dann im Kärntner und Tiroler Grenzgebiete hat sich nichts Wesentliches ereignet.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes gez. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Die Türkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 27. Juni. An der Dardanellenfront fand in der Nacht vom 25. zum 26. Juli und im Laufe des 26. Juli bei Arı Burun und Sedd-ul-Bahr auf beiden Seiten Geschütz- und Gewehrfeuer mit Unterbrechungen statt. Auf den übrigen Fronten nichts von Bedeutung.

Englands Antwort an Amerika. Washington, 27. Juli.

Die Antwort der englischen Regierung auf die amerikanische Note, betreffend die britische Blockade, ist eingelaufen. Es wird darin erklärt. daß das Vorgehen Großbritanniens mit dem Völkerrecht übereinstimme, wenn dieses auch den neuen Bedingungen entsprechend angewandt werden müsse. Gut unterrichtete Kreise erklären, die britische Note sei in sehr verbindlichen Worten gehalten und berufe sich auf die Entscheidung des amerikanischen Obersten Gerichts während des Bürgerkrieges, in der Englands Auftreten gebilligt wurde. Staatssekretär Lansing schickte die

Note an Wilson weiter.

London, 27. Juli.

Die englische Antwort auf die letzte amerikanische Note besagt, daß sich Großbritannien unentwegt an die Grundsätze des Völkerrechts gehalten habe. Wenn eine neutrale Regierung Klage zu führen habe, so seien dafür Gerichtshöfe da, oder man könne sich eines Schiedsgerichts bedienen. Wenn ein neutrales Land zur Operationsbasis gegen ein krieg- führendes Land gemacht wird, sind die anderen Kriegführenden berech- tigt, es zu blockieren. Die Blockierung der Küste von Bermuda durch die Vereinigten Staaten während des Burgerkrieges wird als Rechtferti- gung für das Vorgehen Englands angeführt, das verhindern wolle, daß Güter aus den Vereinigten Staaten über Danemark, Holland oder Schweden nach Deutschland gelangen. In der Antwort wird auch gesagt, die einzige Möglichkeit, das Endziel der Warensendungen aus den Vereinigten Staaten, die an Deutschland benachbarte neutrale Länder gerichtet sind, festzustellen, sei, die Höhe des gewöhnlichen Verbrauches solcher neu- traler Länder zu bestimmen. Denn diese fürchteten sich so sehr vor Deutschland, daß sie sich außerstande fühlten, die Wiederausfuhr nach Deutschland zu verhindern.

San Francisco, 27. Juli.

Bryan erklärte in einem Aufruf, die Vereinigten Staaten hätten kein Recht, einen Krieg gegen Deutschland oder irgendeine andere europäische Macht zu beginnen.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 28. Juli.

Nordwestlich von Souchez wurden einzelne von früheren Kämpfen her noch in der Hand der Franzosen befindliche Teile unserer Stellung nachts von schlesischen Truppen erstürmt. Vier Maschinengewehre sind erbeutet.

In den Vogesen fanden in der Linie Lingekopf—Barrenkopf erbitterte Kämpfe statt. Französische Angriffe wurden durch Gegen- stoß nach mehrstündigem Nahkampf zurückgeschlagen. Dabei sind auch die vorgestern abend verloren gegangenen Gräben am Linge- kopf bis auf ein kleines Stück von uns zurückgewonnen.

Zwischen Mitau und Njemen wurden gestern noch etwa 1000 versprengte Russen zu Gefangenen gemacht.

Östlich und südöstlich von Rozan schreitet unser Angriff vor- wärts; Goworowo wurde genommen.

Nördlich von Serods beiderseits des Narew und südlich von Nasielsk setzten die Russen ihre Gegenangriffe fort; sie scheiterten völlig. Der Feind ließ hier und bei Rozan 2500 Gefangene und 7 Maschinengewehre in unserer Hand.

Vor Warschau wurde westlich von Blonie der Ort Pierunow von uns erstürmt; in der Gegend südwestlich von Gora-Kalwarja wird gekämpft.

Die Lage bei den deutschen Truppen im Südosten ist im

allgemeinen unverändert. Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht.

Wien, 28. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Der Feind unternahm zwischen der Weichsel und dem Bug und bei Sokal eine Reihe heftiger, jedoch er- folgloser Gegenstöße.

Westlich Iwangorod brach ein feindlicher Vorstoß unter unserem Feuer zusammen. |

Gestern ermattete auch der gegen das Plateau von Doberdo gerichtete Angriff der Italiener. Stellenweise unterhielten sie noch ein heftiges Artilleriefeuer. Ansonsten rafften sie sich nur mehr zu vereinzelten schwächlichen Vorstößen auf, die mühelos abgewiesen wurden.

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In den Kämpfen großen Stils trat somit eine Pause ein. Wie die erste, so endete auch die ungleich gewaltigere zweite Schlacht im Görzischen mit einem vollständigen Mißerfolg des angreifenden Feindes, der diesmal in dem ungefähr 30 Kilometer breiten Raume zwischen dem Monte Sabotino und der Küste 7 Korps mit mindestens 17 Infan- terie- und Mobilmilizdivisionen einsetzte und um jeden Preis, ohne Rücksicht auf Opfer an Menschen und Material, durchzubrechen versuchte. Die Gesamtverluste der Italiener sind auf 100000 Mann einzuschätzen.

Erst die Geschichte wird die Leistungen unserer siegreichen Truppen und ihrer Führer in dieser Abwehrschlacht werten. Un- erschüttert und unerschütterlich stehen sie noch immer dort, wo sie vor zwei Monaten den Feind erwarteten. Dies gilt nicht nur von den in zwei Schlachten heiß umstrittenen Stellungen im Gorzischen, sondern von unserer ganzen, zur Verteidigung im Südwesten der Monarchie gewählten Kampffront.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See. Wien, 28. Julı.

Am 27. Juli früh unternahmen unsere leichten Kreuzer- und Tor- pedoeinheiten einen erfolgreichen Angriff auf die Eisenbahnstrecke von Ancona bis Pesaro und beschossen die Stationsanlagen, Bahnhofsmaga- zine, Wachthauser und Eisenbahnbrücken an dieser Küstenstrecke mit gutem Erfolge. Mehrere Lokomotiven und zahlreiche Waggons wurden demoliert. Ein Bahnhofsmagazin in Fano geriet in Brand, der eine starke Explosion zur Folge hatte.

Gleichzeitig belegten unsere Seeflugzeuge den Bahnhof, eine Batterie, Kasernen und sonstige militärische Objekte Anconas erfolgreich mit Bomben, wobei der Rangierbahnhof sehr stark beschädigt und viel rollendes Material zerstört wurde.

In einem Naphthatank entstand ein noch auf 30 Seemeilen sichtbarer Brand.

Alle Einheiten sind ohne Verluste eingerückt; feindliche See-Streit- kräfte wurden nicht gesichtet.

Flottenkommando.

Die wirkliche Beute unserer U-Boote. Berlin, 28. Juli.

In der englischen Presse wird die Nachricht verbreitet, daß in den bisherigen 22 Wochen des Unterseebootkrieges 98 englische und 95 neutrale Handelsschiffe versenkt seien.

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Wie wir von zuständiger Stelle erfahren, stimmen diese Zahlen nicht. Es sind vielmehr bis 25. 7. von deutschen Unterseeboten im Kriegsgebiet versenkt:

229 englische, 30 andere feindliche, 6 mit feindlichen verwechselte neutrale Schiffe.

Außer diesen neutralen Schiffen sind weitere 27 neutrale von deutschen U-Booten angehalten, untersucht und wegen Führens von Bannware nach Prisenrecht versenkt worden, da sie nicht eingebracht werden konnten. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß außerdem 3 neutrale Schiffe von deutschen Unterseeboten infolge von Verwechslung angeschossen, aber nicht versenkt worden sind.

London, 28. Juli. Das Reutersche Bureau meldet aus Stornoway, daß der nor- wegische Dampfer „Fimreite“ aus Bergen mit 3819 Tonnen Wasser- verdrangung im Atlantischen Ozean von einem deutschen Unterseeboot versenkt wurde. Die Besatzung von 20 Mann ist am Montag früh in Stornoway gelandet.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 29. Juli.

In Flandern schoß unsere Artillerie einen auf dem Furneskanal liegenden Prahm in den Grund, auf dem ein schweres Schiffsgeschütz eingebaut war. |

Westlich von Souchez wurde ein französischer Angriff ab- gewiesen.

Bei Givenchy, in den Argonnen und bei Vauquois sprengten wir mit Erfolg Minen, französische Sprengungen in der Champagne verliefen ergebnislos.

Nördlich des Njemen ist die Lage unverändert. Nördlich von Suwalki, beiderseits der nach Olita führenden Bahn, besetzten unsere Truppen einen Teil der feindlichen Stellungen; sie machten dabei 2910 Gefangene und erbeuteten 2 Maschinengewehre.

Gestern und in der Nacht wiederholten die Russen ihre An- griffe gegen unsere Front südlich des Narew und südlich von Nasielsk, alle Vorstöße scheiterten unter schweren feindlichen Verlusten.

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Westlich von Nowo-Georgiewsk auf dem Südufer der Weichsel nahm eine halbe deutsche Kompagnie bei einem Überfall 128 Russen gefangen.

In der Gegend südwestlich von Gora-Kalwarja versuchten die Russen in der Nacht vom 27. zum 28. Juli nach Westen vorzudringen ; sie wurden gestern angegriffen und zurückgeworfen.

Die Lage bei den deutschen Truppen im Südosten ist im

allgemeinen unverändert. Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 29. Jul.

Amtlich wird verlautbart: An der Grenze zwischen der Bukowina und Beßarabien überfielen kroatische Landwehr und ungarischer Land- sturm eine stark ausgebaute russische Stellung. Der Feind wurde vollständig überrascht und flüchtete nach einem blutigen Handgemenge, das ihm 170 Tote kostete, aus seinen Verschanzungen.

Östlich Kamionka—Strumilowa nahmen unsere Truppen einen Oberstleutnant sieben Offiziere und 500 Mann gefangen.

Bei Sokal wurden erneuert heftige Angriffe des Gegners zurück · gewiesen.

Sonst ist die Lage an der Nordwestfront unverändert.

An der küstenländischen Front unternahmen die Italiener nur am Plateaurand bei Sdraussina und bei Vermegliano erfolglose Vor- stoBe. Im Vorfelde des Bruckenkopfes von Gorz räumte der Gegner seine Sturmstellungen und ging in jene Linie zurtick, die er vor der Schlacht innehatte.

An der Kärntner Grenze Artilleriekämpfe und Geplänkel.

Im Tiroler Grenzgebiete wurde ein feindliches Bataillon bei Marce im Etschtale zurückgeworfen, eine italienische Kompagnie im Gebiete der Tofana zersprengt. ;

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Türkei im Kriege. Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel. 29. Juli.

Auf der Kaukasischen Front verfolgen wir energisch die Reste des auf der Höhe von Grebudo geschlagenen Feindes. Wir erbeuteten eine

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Menge Munition und Proviant, die der Feind auf der Straße zurückgelassen hatte, und machten zahlreiche versprengte Russen zu Gefangenen. Auf der Front der Dardanellen fand am 28. Juli zeitweilig ein schwaches gegen- seitiges Infanterie- und Artilleriefeuer statt. In der Nacht zum 28. Juli überraschte eine von unserem rechten Flügel aus vorgeschickte Anfklarungs- kolonne ein feindliches Grabenstück und erbeutete zahlreiche Gewehre und viel Pioniermaterial. Auf den übrigen Fronten nichts von Bedeutung.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 30. Juli.

Bei Perthes in der Champagne wurden von beiden Seiten Minen gesprengt, wobei wir einen französischen Flankierungsgraben nordwestlich des Ortes zerstörten.

Im Priesterwalde brach ein französischer Angriff beiderseits Croix des Carmes im Feuer der Infanterie und Artillerie vor unseren Hindernissen zusammen.

In den Vogesen griff der Feind gestern nachmittag erneut die Linie Lingekopf—Barrenkopf an. Die Nahkämpfe um den Besitz der Stellung sind noch nicht abgeschlossen.

Zwei englische Flieger mußten nahe der Küste auf dem Wasser niedergehen und wurden gefangen genommen.

Die Lage im Osten ist im allgemeinen unverändert.

Truppen der Armee des Generalobersten von Woyrsch haben am frühen Morgen des 28. Juli den Weichselübergang zwischen Pilizamündung und Kozienice an mehreren Stellen erzwungen; auf dem östlichen Ufer wird gekämpft. Es wurden bisher 800 Ge- fangene gemacht und 5 Maschinengewehre erbeutet.

Gestern haben die verbündeten Armeen des Generalfeld- marschalls von Mackensen die Offensive wieder aufgenommen. Westlich von Wieprz durchbrachen deutsche Truppen die russische Stellung, sie erreichten am Abend die Linie Piaski—Biskupize und die Bahn östlich davon. Viele tausend Gefangene und drei Geschütze fielen in unsere Hand. Dieser Erfolg sowie die Vorstöße öster- reichisch-ungarischer und deutscher Truppen dicht östlich der Weichsel, preußischer Gardetruppen bei Krupe (nordöstlich von Krasnostaw) und anderer deutscher Truppen in der Gegend von Wojslawice haben die russische Front zwischen Weichsel und Bug zum Wanken gebracht. Heute früh räumten die Russen ihre Stellungen auf der ganzen Linie; sie halten nur noch nördlich von Grubieszow.

Oberste Heeresleitung.

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Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 30. Juli.

Amtlih wird verlautbart: Nach einer mehrtägigen Pause sind gestern zwischen der Weichsel und dem Bug die Verbündeten wieder an der ganzen Front zum Angriff übergegangen.

Westlich des Wieprz, bis in die Gegend von Chmiel, wurde der Feind in einer Frontbreite von mehr als 25 km durchbrochen. Das Osterreichisch-ungarische XVII. Korps nahm nördlich Chmiel nach fünf- maligem Sturm die russischen Stellungen. Deutsche Truppen erkämpften abends die Linie Piaski—Biskupice und die Bahn östlich davon. Auch bei Kowala und Belsyce, nordöstlich von Krasnostaw und Wojslawice, drangen die verbündeten Heere in die feindlichen Linien ein. Heute früh traten die Russen an der ganzen Front den Rückzug an, wobei sie alle Ansiedlungen verwüsten und selbst das Getreide auf den Feldern verbrennen. Unsere Verfolgung ist im Gange.

Nordwestlich von Iwangorod wurde beiderseits der Radomka- mündung am 28. Juli früh unter schweren Kämpfen an mehreren Stellen der Übergang über die Weichsel erzwungen. Deutsche und österreichisch-ungarische Pioniere fanden unter den schwierigsten Ver- hältnissen Gelegenheit, wieder Beweise hervorragender Tüchtigkeit und opfermutigen Pflichtgefühls zu geben. |

Am oberen Bug nahmen die Verteidiger des Brückenkopfes von Sokal ihre Sudostfront vor dem Angriff überlegener Kräfte um einige hundert Meter zurück und wiesen dort weitere feindliche Angriffe ab. Sonst ist die Lage in Ostgalizien unverändert.

Die im Görzischen am Plateaurande noch andauernden italienischen Angriffe sind vereinzelte vergebliche Vorstöße feindlicher Abteilungen, die sich gegen die vorspringenden Stützpunkte unserer Stellungen richten. So versuchten östlich Sagrado und bei Redipuglia italienische Truppen weiter Raum zu gewinnen; sie wurden durchweg abgewiesen. Besonders um den Monte Sei Busi, der fest in unserem Besitz ist, mühte sich der Feind vergebens.

An den anderen Teilen der Front im Südwesten hat sich nichts Wesentliches ereignet. Am Plateau von Carmons wurde in den letzten Tagen ein italienischer Flieger durch Volltreffer einer Ballonabwehr- kanone abgeschossen ; Pilot und Beobachter wurden unter den brennenden Trümmern des Flugzeuges tot aufgefunden.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Der Krieg zur See. Wien, 30. Juli.

Die Italiener hatten kürzlich auf dem von uns militärisch nicht be- setzten Eiland Pelagosa eine Funkenstation errichtet. Am 28. Juli wurden die Stationsgebäude derselben von einer Gruppe unserer Torpedofahrzeuge durch Geschützfeuer zerstört und der Gittermast umgelegt. Hieran an- schließend wurde zur Feststellung des Umfanges der feindlichen Besetzung ein kleines Landungsdetachement unserer Torpedofahrzeuge zu einer scharfen Rekognoszierung auf das Eiland gesandt. Dieses drang ungeachtet des heftigen Widerstandes über einen feindlichen Schützengraben bis zu den starkbesetzten, betonierten Verteidigungsanlagen der Italiener vor und brachte diesen, unterstützt durch das Artilleriefeuer aus unseren Fahrzeugen, bedeutende Verluste bei. So fielen unter anderen der Kommandant der italienischen Besatzung und ein zweiter Offizier. Nach der erfolgreichen Rekognoszierung kehrte unser Detachement trotz der großen Übermacht des Gegners ohne erhebliche Verluste wieder auf die Fahrzeuge zurück. Feindliche Unterseeboote lancierten vergebens mehrere Torpedos gegen

unsere Einheiten. Flottenkommando.

Dankeskundgebung des Reichskanzlers an den schweizerischen

Bundespräsidenten. Bern, 30. Juli.

Reichskanzler von Bethmann Hollweg hat folgendes Telegramm an den Bundespräsidenten gerichtet:

Nachdem der zweite Verwundetenaustausch deutscher und fran- zösischer Kriegsgefangener in so glücklicher Weise beendet ist, ist es mir ein tiefempfundenes Bedürfnis, Ihnen, hochverehrter Herr Bundes- präsident, für die erneute Betätigung der menschenfreundlichen Ge- sinnung der Schweiz gegenüber den heimkehrenden Deutschen den wärmsten Dank des deutschen Volkes auszusprechen. Die deutsche Nation wird nie die Liebesdienste vergessen, die die Schweiz den verwundeten Kriegern in so hochherziger Weise erwiesen hat. Ich werde besonders erkenntlich sein, wenn Sie die Güte haben, den Dank allen beteiligten Militär- und Zivilbehörden, insonderheit auch dem Schweizerischen und Internationalen Roten Kreuz, die bei der Auf- nahme und Beförderung unserer Heeresangehörigen aufopferungsvoll mitgewirkt haben, freundlichst zu übermitteln.

gez. Bethmann Hollweg.

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150 000 Quadratkilometer eroberten Landes.

Das von unseren Truppen in einem Jahre eroberte Gebiet laßt auch auf die Größe unserer Erfolge in diesem Kriegsjahre schließen. Somit wird eine Betrachtung über den Umfang dieser Länder gleichsam als eine Bilanz der Kriegsstaaten unserer verbündeten Heere von besonderem In- teresse sein. Auf beiden Fronten stehen wir tief in Feindesland. Nur im Westen halt der Feind ein kleines Stück unseres eigenen Landes be- setzt, während im Osten Deutschland völlig frei von den Russen ist, die allerdings noch ein Stück Land unserer Bundesgenossen in den Händen haben. Es ist der kleine Teil von Galizien, der östlich des Bug und im Norden des Laufes des Dnjestr liegt. Der Landgewinn im Westen ist nicht so groß wie der im Osten, obwohl er auch einen recht ansehnlichen Umfang erreicht. Hier sind es rund 53 000 qkm, die von unseren Truppen besetzt gehalten werden, nämlich der größte Teil Belgiens in einem Um- fange von rund 28300 qkm (ganz Belgien hat rund 29000 qkm) und 10 Departements von Frankreich, die wir ganz oder teilweise in den Händen haben. Es handelt sich um folgende Landesteile: das Nord- departement, Pas de Calais, Oise, Somme, Aisne, Ardennen, Marne, Meuse, Meurthe, Mosel und Vogesen. Der in diesen zehn Departements von uns eroberte Landstrich hat eine Größe von insgesamt rund 25 000 qkm. Dagegen haben die Franzosen nur im Elsaß einen sehr schmalen Land- streifen in den Händen. Der reine Gewinn ist also auch hier sehr be- trächtlich. Im Osten ist die Lage noch bedeutend günstiger. Durch den siegreichen Vorstoß gegen Kurland und in Richtung Warschau—Iwangorod ist unser Landgewinn im Osten in den letzten Wochen bedeutend ge- wachsen. Kurland allein umfaßt rund 27 000 qkm. Vor der großen Durch- bruchsschlacht und der Offensive gegen Kurland betrug unser Landgewinn im Osten 53000 qkm. Er war also ebenso groß wie der im Westen. Jetzt haben wir von dem Westgebiet Rußlands folgende Gouvernements und Landesteile in den Händen: Kurland, Kowno, Suwalki, Lomza, Plozk, Kalisch in voller Ausdehnung, Warschau (einen großen Teil dieses Gou- vernements, dessen Hauptstadt die gleichnamige, von uns eingeschlossene Festung bildet), Pietrikau in vollem Umfange, Radom, das ganze Gebiet des Gouvernements Kielce und einen großen Teil des Gouvernements Lublin, das auch neben anderen westlichen Landesstrecken Rußlands zu den neuen Errungenschaften der letzten Wochen gehört. Bis heute, zum Beginn des zweiten Kriegsjahres, beträgt der Landgewinn mehr als 90 000 qkm, die sich übrigens fast täglich vergrößern. In runden Zahlen läßt sich darum die gesamte Größe des eroberten Landes auf 150 000 qkm festsetzen, ein Beweis, wie „wahr“ die Siegesmeldungen unserer Feinde stets gewesen sind und wie sie eingeschätzt werden müssen. Ganz Deutschland hat um einen Vergleich zu ermöglichen eine Größe von rund 550000 qkm. Preußen erstreckt sich über 350 000 qkm, und der zweitgrößte Bundesstaat hat 75 870 qkm. Das eroberte Gebiet ist also ungefähr doppelt so groß wie das gesamte Königreich Bayern. Ein be- deutsamer Jahresgewinn!

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Die Einnahme von Lublin. Wien, 30. Juli. Amtlich wird verlautbart: Unsere Kavallerie ist heute kurz nach Mittag in Lublin eingeriickt. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 31. Juli.

Gestern früh stürmten wir die bei unserem Angriff auf Hooge (östlich von Ypern) am 3. Juni noch in englischer Hand gebliebenen Häuser am Westrand des Ortes, sowie einen Stützpunkt südlich der Straße nach Ypern. Nachmittags und nachts wurden Gegenangriffe des Feindes zurückgeschlagen. Wir eroberten vier Maschinengewehre, fünf Minenwerfer und nahmen einige Engländer gefangen. Die in den Gräben des Feindes gefundene Zahl Toter beweist seine großen blutigen Verluste.

Die Franzosen griffen bei Souchez abermals erfolglos mit Handgranaten an.

Die erbitterten Kämpfe um die Linie Lingekopf Barrenkopf in den Vogesen sind zu einem Stillstand gekommen. Die Franzosen halten einen Teil unserer Stellung am Lingekopf noch besetzt. Schratzmännle und Barrenkopf sind nach vorübergehendem Verlust wieder in unserer Hand.

Als Vergeltung für die mehrfachen Bombenabwürfe der Fran- zosen auf Chauny, Tergnier und andere Orte hinter unserer Aisne- front wurde der Bahnhof Compiegne beschossen. Auf Angriffe französischer Flugzeuggeschwader, die gestern auf Pfalzburg, Zabern nördlich Hagenau und auf Freiburg Bomben abwarfen, antworteten am Nachmittag unsere Geschwader mit Bombenabwürfen auf Flug- hafen und Fabriken von Luneville, die Bahnhofsanlagen von St. Die und den Flughafen bei Nancy. Der durch die feindlichen Flieger angerichtete Schaden ist unwesentlich. Ein französisches Flugzeug wurde bei Freiburg durch unsere Abwehrgeschütze herunterge- schossen.

Nordwestlich von Lomza und an der Bahn nördlich von Go- worowo (östlich von Rozan) geht unser Angriff vorwärts. Gestern wurden 1890 Russen gefangen, 3 Maschinengewehre erbeutet.

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Die auf das rechte Weichselufer übergegangenen Truppen des Generalobersten von Woyrsch dringen unter hartnäckigem Kämpfen nach Osten vor; alle Gegenangriffe eiligst herangeführter russischer Verstärkungen scheiterten völlig. Die Zahl der Gefangenen ist auf 7 Offiziere (darunter ein Regimentskommandeur) und 1600 Mann gestiegen.

Den in der Verfolgung begriffenen Armeen des Generalfeld- marschalls von Mackensen scheint der Gegner in der ungefähren Linie Nowo-Alexandrija an der Weichsel Höhen nördlich Lublin (das gestern nachmittag besetzt wurde) dicht südlich Cholm er- neuten Widerstand leisten zu wollen. Der Feind wird überall an- gegriffen.

Während der Kämpfe der deutschen Truppen bei Biskupice Piaski am 30. Juli sind 4930 Gefangene gemacht und 5 Geschütze,

8 Maschinengewehre erbeutet. Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 31. Juli.

Amtlich wird verlautbart: Die Armee des Erzherzogs Josef Fer- dinand nahm gestern nachmittag von Lublin Besitz. Ihr linker Flügel überschritt in der Verfolgung die Bystra. Deutsche Truppen drangen den Wieprz abwärts vor und nähern sich von Südwest der Stadt Cholm. Der Gegner versucht, an verschiedenen Punkten in vorbereiteten Stellungen erneut Widerstand zu leisten. Er wird überall angegriffen.

Nordwestlich Iwangorod wiesen die auf dem Ostufer der Weichsel vorgedrungenen deutschen Kräfte heftige Angriffe ab; die Russen er- litten große Verluste.

In Ostgalizien blieb die Lage unverändert.

Die italienischen Infanterieangriffe im Görzischen haben gestern vollkommen ausgesetzt. Gegen unsere Stellungen am Plateaurande verfeuert die feindliche Artillerie nach wie vor große Munitionsmengen.

Im Kärntner Grenzgebiete kam es zu mehreren Gefechten. Drei italienische Bataillone griffen nach starker Artillerievorbereitung die Stellungen unserer Truppen auf dem Kl. Pal an. Es gelang dem Feinde, in einen vorgeschobenen Schützengraben einzudringen, doch wurde er nach hartem Kampfe unter schwersten Verlusten wieder vollends zurückgeschlagen. Ebenso wurde ein Vorstoß italienischer Truppen beim Paß Lodinut (nördlich Paularo) auf die nächste Distanz durch

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Feueranfall und Handgranaten abgewiesen. Am Grenzkamm südlich Malborghet räumte eine unserer vorgeschobenen Abteilungen einen Beobachtungeposten vor überlegenen feindlichen Kräften.

In Tirol beschoß italienische Artillerie erfolglos die Plateaus von Folgaria-Lavarone. Ein Angriff schwächerer feindlicher Kräfte im Ge-

biete von Monte Cristallo wurde blutig abgewiesen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Eine Kundgebung des Kaisers.

An das deutsche Volk. Ein Jahr ist verflossen, seitdem Ich das deutsche Volk

zu den Waffen rufen mußte. Eine unerhört blutige Zeit kam über Europa und die Welt. Vor Gott und der Geschichte ist Mein Gewissen rein: Ich habe den Krieg nicht gewollt. Nach Vorbereitungen eines ganzen Jahrzehnts glaubte der Verband der Mächte, denen Deutschland zu groß geworden war, den Augenblick gekommen, um das in gerechter Sache treu zu seinem österreichisch-ungarischen Bundesgenossen stehende Reich zu demütigen oder in einem übermächtigen Ringe zu erdrücken.

Nicht Eroberungslust hat uns, wie Ich schon vor einem Jahre verkündete, in den Krieg getrieben. Als in den Augusttagen alle Waffenfähigen zu den Fahnen eilten und die Truppen hinauszogen in den Verteidigungskampf, fühlte jeder Deutsche auf dem Erdball, nach dem einmütigen Bei- spiele des Reichstags, daß für die höchsten Güter der Nation, ihr Leben und ihre Freiheit, gefochten werden mußte. Was uns bevorstand, wenn es fremder Gewalt gelang, das Geschick unseres Volkes und Europas zu bestimmen, das haben die Drangsale Meiner lieben Provinz Ostpreußen gezeigt. Durch das Bewußtsein des aufgedrungenen Kampfes ward das Wunder vollbracht: der politische Meinungsstreit verstummte,

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alte Gegner fingen an, sich zu verstehen und zu achten, der Geist treuer Gemeinschaft erfüllte alle Volksgenossen.

Voll Dank dürfen wir heute sagen: Gott war mit uns. Die feindlichen Heere, die sich vermaßen, in wenigen Monaten in Berlin einzuziehen, sind mit wuchtigen Schlägen im Westen und im Osten weit zurückgetrieben. Zahllose Schlachtfelder in den verschiedensten Teilen Europas, Seegefechte an nahen und fernsten Gestaden bezeugen, was deutscher Ingrimm in der Notwehr und deutsche Kriegskunst vermögen. Keine Vergewaltigung völkerrechtlicher Satzungen durch unsere Feinde war imstande, die wirtschaftlichen Grundlagen unserer Kriegsführung zu erschüttern. Staat und Gemeinden, Land- wirtschaft, Gewerbefleiß und Handel, Wissenschaft und Technik wetteiferten, die Kriegsnöte zu lindern. Verständnisvoll für notwendige Eingriffe in den freien Warenverkehr, ganz hingegeben der Sorge für die Brüder im Felde, spannte die Bevölkerung daheim alle ihre Kräfte an zur Abwehr der

gemeinsamen Gefahr. Mit tiefer Dankbarkeit gedenkt heute und immerdar

das Vaterland seiner Kämpfer, derer, die todesmutig dem Feind die Stirne bieten, derer, die wund oder krank zurück- kehrten, derer vor allem, die in fremder Erde oder auf dem Grunde des Meeres vom Kampfe ausruhen. Mit den Müttern und Vätern, den Witwen und Waisen empfinde Ich den Schmerz um die Lieben, die fürs Vaterland starben. Innere Stärke und einheitlicher nationaler Wille im Geiste der Schöpfer des Reichs verbürgen den Sieg. Die Deiche, die sie in der Voraussicht errichteten, daß wir noch einmal zu verteidigen hätten, was wir 1870 errangen, haben der größten Sturmflut der Weltgeschichte getrotzt. Nach den beispiellosen Beweisen von persönlicher Tüchtigkeit und nationaler Lebenskraft hege Ich die frohe Zuversicht, daß das deutsche Volk, die im Kriege erlebten Läuterungen treu

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bewahrend, auf erprobten alten und auf vertrauensvoll be- tretenen neuen Bahnen weiter in Bildung und Gesittung rüstig vorwärts schreiten wird.

Großes Erleben macht ehrfürchtig und im Herzen fest. In heroischen Taten und Leiden harren wir ohne Wanken aus, bis der Friede kommt ein Friede, der uns die not- wendigen militärischen, politischen und wirtschaftlichen Sicher- heiten für die Zukunft bietet und die Bedingungen erfüllt zur ungehemmten Entfaltung unserer schaffenden Kräfte in der Heimat und auf dem freien Meere.

So werden wir den großen Kampf für Deutschlands Recht und Freiheit, wie lange er auch dauern mag, in Ehren bestehen und vor Gott, der unsere Waffen weiter segnen wolle, des Sieges würdig sein.

Großes Hauptquartier, den 31. Juli 1915.

Wilhelm I. R.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 1. August.

Ein englischer Angriff gegen unsere neue Stellung bei Hooge brach völlig zusammen; ebensowenig Erfolg hatten nächtliche Vor- stöße der Franzosen gegen Souchez. In den Argonnen heftiges Artilleriegefecht. Am späten Abend wurden unsere Stellungen auf dem Reichsackerkopf in den Vogesen angegriffen; der Feind wurde zurückgeschlagen.

Die Tätigkeit in der Luft war auch gestern rege. Der eng- lische Flugplatz St. Pol bei Dünkirchen wurde mit 30 Bomben belegt. Ein deutscher Flugplatz bei Donay wurde ergebnislos von einem feindlichen Geschwader angegriffen; einer unserer Kampf- flieger schoß hier ein feindliches Flugzeug ab. Ein französischer Flugplatz bei Nancy wurde heute früh mit 103 Bomben beworfen, 18 Treffer sind in den Zelten beobachtet. Die zur Abwehr auf- gestiegenen feindlichen Flugzeuge konnten den Angriff nicht hindern. Sechs deutsche Flugzeuge griffen über Chateau-Salins fünfzehn französische an; im dreiviertelstündigen Kampf wurden mehrere feindliche Flugzeuge zu Notlandungen gezwungen; als ein weiteres

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feindliches Geschwader in das Gefecht eingriff, zogen sich unsere Flieger ohne Verluste zurück. Nördlich von Saargemünd mußte ein französisches Flugzeug landen, die Insassen sind gefangen.

In den Argonnenkämpfen vom 20. Juni bis 20. Juli nahmen wir 125 Offiziere, 6610 Mann gefangen und erbeuteten 52 Maschinen- gewehre, sowie sehr zahlreiches sonstiges Material.

Nördlich des Njemen finden örtliche Kämpfe statt.

Nordöstlich von Rozan machten wir weitere Fortschritte; feind- liche Gegenangriffe wurden abgeschlagen.

Im Juli wurden zwischen Ostsee und Piliza

95 023 Russen gefangen genommen, 41 Geschütze (darunter zwei schwere), 4 Minenwerfer und

230 Maschinengewehre erbeutet.

Unsere nördlich von Iwangorod über die Weichsel vor gegangenen Truppen wiesen heftige feindliche Gegenangriffe ab. Beim Nachstoß eroberten wir die Höhen bei Podzamcze und machten mehr als 1000 Gefangene.

Zwischen oberer Weichsel und Bug stellte sich der Feind gestern erneut. Deutsche Truppen warfen ihn im Laufe des Tages aus seinen Stellungen bei Kurow (östlich von Nowo-Alexandrija), südlich von Lenczna, südwestlich und südlich von Cholm sowie südwestlich von Dubienka. Der Feind hat darauf beiderseits des Bug und auf der Front zwischen Bug und südlich Lenczna den Rückzug fortgesetzt. Cholm ist in der Verfolgung bereits durdy schritten.

Auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz fielen im Juli in die Hände der deutschen Truppen:

323 Offiziere, 75 719 Mann, 10 Geschütze, 126 Maschinengewehre. Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, I. August.

Amtlich wird verlautbart: Zwischen Weichsel und Bug entbrannte gestern erneut an zahlreichen Punkten heftiger Kampf. Unsere Verbündeten warfen den Feind südwestlich Dubienka, südlich von

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Cholm und südlich von Leczna. Nördlich Lublin wiesen unsere Truppen starke Gegenstöße ab und setzten seither ihren Angriff fort. Bei Kurow stürmte eine im Verbande der Armee des Erzherzogs Josef Ferdinand stehende deutsche Division zwei hintereinander- liegende feindliche Linien. Osterreichisch- ungarische Truppen er- kämpften sich den Weg bis Nowo-Alexandrija. Während hier am Ostufer der Weichsel und bei Lublin der Gegner noch Widerstand leistet, setzt er weiter östlich im Raume bis zum Bug seit heute frũh den Rückzug fort. Deutsche Regimenter haben bei seiner Verfolgung vormittags Cholm durchschritten.

In Ostgalizien ist die Lage unverändert.

Nordöstlich Iwangorod entrissen gestern die auf das östliche Ufer vorgedrungenen deutschen Truppen den Russen einen wichtigen Stütz- punkt. Bei den unter österreichisch-ungarischem Oberbefehl stehenden Streitkräften der Verbündeten wurden im Juli 527 russische Offiziere und 126311 Mann als Gefangene eingebracht, 16 Geschütze und 202 Maschinengewehre erbeutet.

Kleinere Gefechte im Tiroler und Kärntner Grenzgebiete waren auch gestern für uns von günstigem Ausgange. In der Gegend von Castell Tesino wurden zwei feindliche Kompagnien überfallen und erlitten starke Verluste. Angriffe von Bersaglieri gegen unsere Stellungen gegenüber dem Hohen Trieb (Grenzhöhe östlich des Plöcken) gelangten stellenweise bis in die eigenen Linien; der Sturm unserer Reserven warf jedoch den Feind, welcher namentlich durch unser Artilleriefeuer schwere Verluste erhielt, wieder zurück.

An der küstenländischen Front herrschte vom Krngebiet bis einschließlich des Görzer Brückenkopfes abgesehen von Artillerie- feuer und kleineren feindlichen Angriffsversuchen im großen Ruhe.

Dagegen unternahm der Feind im Laufe des gestrigen Tages und der heutigen Nacht wiederholte starke Angriffe gegen den nach Westen vorspringenden Teil unserer Stellungen am Rande des Karst- plateaus; östlich Polazzo ist der Kampf noch nicht abgeschlossen.

Ein von Selz und drei von Vermigliano angesetzte feindliche Nachtangriffe wurden unter schweren italienischen Verlusten ab- geschlagen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Die Türkei im Kriege. Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, |. August.

An der Dardanellenfront nichts von Bedeutung. Am 3l. Juli er- beuteten unsere Erkundungskolonnen, welche bei Sedd-ul-Bahr in die feindlichen Gräben eingedrungen waren, eine Menge Gewehre und Munition.

Einer unserer Flieger warf mit Erfolg vier Bomben über Tenedos, von denen eine ihr Ziel auf dem feindlichen Flugplatz traf. Unser Flieger wurde von zwei feindlichen Fliegern verfolgt, die ein wirkungsloses Maschinengewehrfeuer auf ihn eröffneten.

An den übrigen Fronten nichts von Bedeutung.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 2. August.

Im Westteil der Argonnen setzten wir uns durch einen über raschenden Bajonettangriff in Besitz mehrerer feindlicher Gräben, nahmen dabei 4 Offiziere und 142 Mann gefangen und erbeuteten 1 Maschinengewehr.

Am Abend griffen die Franzosen in den Vogesen abermals die Linie Schratzmännle—Barrenkopf an. Die ganze Nacht hir durch wurde dort mit Erbitterung gekämpft. Der Angreifer ist zurückgeworfen. Auch am Lingekopf sind erneut Kämpfe im Gange.

An verschiedenen Stellen der Front sprengten wir mit Erfolg Minen.

Südlich von Ban de Sapt schoß unsere Artillerie einen fran- zösischen Fesselballon herunter. Ein Kampfflieger zwang bei Longemer (östlich von Gerardmer) ein feindliches Flugzeug zur Landung.

Mitau wurde gestern von unseren Truppen nach Kampf ge nommen, die Stadt ist im allgemeinen unversehrt.

Östlich von Poniewiez haben sich Kämpfe entwickelt, die einen für uns günstigen Verlauf nehmen. Nordöstlich von Suwalki wurde die Höhe 186 (südöstlich von Kaletnik) erstürmt. Nordwestlich von Lomza erreichten unsere Truppen, nachdem an verschiedenen Stellen zäher russischer Widerstand gebrochen war, den Narew; 1 Offizier und 1003 Mann wurden von uns gefangengenommen.

Auf der übrigen Front bis zur Weichsel ging es vorwärts, 560 Gefangene, dabei 1 Offizier, wurden eingebracht. `

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Vor Warschau ist die Lage unverändert.

Nördlich anschließend an die am 31. Juli eroberten Höhen bei Podzamcze drangen gestern Truppen des Generalobersten von Woyrsch unter heftigen Kämpfen durch das Waldgelände nach Osten vor. Der weichende Feind verlor 1500 Mann an Gefangenen und 8 Maschinengewehre.

Vor Iwangorod lieferten österreichisch-ungarische Truppen siegreiche Gefechte; der Halbkreis um die Festung zieht sich enger.

Bei den Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen hält der Feind noch zwischen Weichsel und der Gegend südwest- lich von Lenczna; deutsche Truppen errangen neue Erfolge östlich von Kurow; sie machten 600 Gefangene. Zwischen Lenczna und Zalin (nordöstlich von Cholm) schreitet der Verfolgungskampf vor- wärts. Am Bug erreichten wir die Gegend nördlich von Dubienka. Österreichisch-ungarische Truppen dringen südwestlich von Wladi- mir-Wolynskij über den Bug vor.

Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Ä Wien, 2. August.

Amtlich wird verlautbart: Bei Damaszow, gegenüber der Ra- domkamündung, errangen unsere Verbündeten gestern neue Erfolge.

Westlich lWangorod haben unsere siebenbürgischen Regimenter dem Feinde acht etagenförmig angelegte betonierte Stützpunkte mit dem Bajonett entrissen. Vier dieser Werke wurden allein von dem größtenteils aus Rumänen bestehenden Infanterieregiment Nr. 50 er- obert. Der Halbkreis um Iwangorod verengte sich beträchtlich. Wir nahmen 15 Offiziere und über 2300 Mann gefangen und erbeuteten 29 Geschütze, darunter 21 schwere, ferner Il Maschinengewehre, einen großen Werkzeugpark und viel Munition und Kriegsmaterial. Unsere bewährten siebenbürgischen Truppen dürfen diesen Tag zu den schönsten ihrer ehrenvollen Geschichte zählen.

Unmittelbar östlich der Weichsel erstürmte eine unserer Divi- sionen die Eisenbahnstation Nowo-Alexandrija und einige zunächst gelegene Positionen. Bei Kurow drangen deutsche Truppen, nach- dem sie gestern zwei feindliche Linien genommen, in eine dritte ein. Weiter östlich bis zum Wieprz halt der Feind noch seine Stellungen. Zwischen Wieprz und Bug wird die Verfolgung fortgesetzt. Unsere

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zwischen Sokal und Krylow über den Bug gegangenen Truppen rücken in der Richtung Wladimir—Wolynskij vor.

In Ostgalizien ist die Lage unverandert.

An der Tiroler Front wurde eine feindliche Abteilung im Ledro- tale westlich Bezzecca überfallen und unter großen Verlusten zurück- geworfen. In den Judikarien vertrieben unsere Patrouillen zwei italie- nische Beobachtungsposten, die sich auf den Höhen nordwestlich Condino eingenistet hatten.

Im Kärntner Grenzgebiete hat sich nichts Wesentliches ereignet.

Im Kustenlande herrscht in den nördlichen Abschnitten größten- teils Ruhe. Am Plateau halt der Geschützkampf an. Die gegen unsere Stellungen östlich Polazza geführten starken italienischen An- griffe wurden durch einen Gegenangriff, der unsere Infanterie bis über die ursprünglichen Stellungen hinausführte, vollständig zurück-

geschlagen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Verlauf der Berner Konferenz. Rom, 2. August.

Die „Idea Nazionala“ berichtet aus Bern, daß die dort abgehaltene Konferenz zwischen der Schweizer Eidgenossenschaft und Vertretern Frankreichs, Englands und Italiens einen wenig guten Verlauf nimmt. Nachdem zunächst wenigstens ein Einverständnis über den grundsätzlichen Weg in der Frage der Ausfuhr nach den Ländern der Zentralmächte von Schweizer Erzeugnissen, die sich mit vorher aus den Ländern des Vier- verbandes eingeführten Rohstoffen vollzieht, erreicht war, gestaltete sich, wie der Korrespondent schreibt, ein weiteres Übereinkommen schwierig und schien unerreichbar angesichts des tiefen Abgrundes, der die For- derungen des Vierverbandes und die Gegenvorschläge der Eidgenossen- schaft trennt. England, Italien und Frankreich verlangen von der Schweiz, daß sie ihre Feinde nicht mehr mit Waren versorgt, die die Schweiz im Durchgangsverkehr erhalt und die militärischen Bedürfnissen dienen. Wir müssen vollkommene Gewähr haben, so entwickeln die Vertreter der Entente den Kern ihrer Anschauung, daß diejenigen Waren, die wir ganz ausnahmsweise zur Ausfuhr nach der Schweiz zulassen, unter keinerlei Form zu unseren Feinden weitergehen. Einige Fälle von Konterbande- handel, die sich in Bern zugetragen haben, haben die Überzeugung auf- kommen lassen, daß die Schweiz trotz ihres guten Willens und trotz ihrer unanfechtbaren Loyalität nicht imstande ist, voll und ganz die nötige Kontrolle auszuüben. Wir aber, gestützt auf unsere Interessen, wollen, daß wir uns in diesem Punkte mit der Schweiz verständigen können.

707

Die Schweiz hält dem entgegen, daß ihre Unabhängigkeit und Staats- würde die Annahme der Forderung der Entente nicht erlauben, auch weil sie in den Vorschlägen eine Neutralitätsverletzung gegenüber Deutschland und Osterreich-Ungam findet. Und in diesem Punkte ist, wie der Korre- spondent sagt, die Schweiz unerbittlich. Sie hat ausdrücklich erklärt, sich von dem einmal eingeschlagenen Wege nicht abbringen lassen zu wollen. Ein Übereinkommen erscheint deswegen sehr schwierig.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 3. August.

Die am 30. Juli bei Hooge genommene englische Stellung ist, entgegen dem amtlichen Bericht des englischen Oberbefehlshabers, vollständig in unserer Hand.

In der Champagne besetzten wir nach erfolgreichen Sprengun- gen westlich von Perthes und westlich von Souain die Trichter- ränder.

In den Argonnen wurden nordwestlich von Le Four de Paris einige feindliche Gräben genommen und dabei 60 Gefangene ge- macht. Bei dem gestern gemeldeten Bajonettangriff sind im ganzen 4 Offiziere, 163 Mann gefangen genommen und 2 Maschinen- gewehre erbeutet.

In den Vogesen ist bei den Kämpfen in der Nacht vom 1. und 2. August ein kleines Grabenstück am Schratzmännle (zwischen Lingekopf und Barrenkopf) an den Feind verloren gegangen. Am Lingekopf ist ein am 1. und 2. August vollständig zusammenge- schossener Graben von uns nicht wieder besetzt worden.

Ein vom Gewittersturm losgerissener französischer Fessel- ballon ist nordwestlich von Etain in unsere Hände gefallen.

Bei den Kämpfen in der Gegend von Mitau wurden 500 Ge- fangene gemacht.

Östlich von Poniewiez gab der Gegner, zum Teil aus mehreren Stellungen geworfen, den Widerstand auf und zog in östlicher Richtung ab. Unsere Truppen haben die Straße Wobolniki— Subocz überschritten. Gestrige Gefangenenzahl hier 1250 Mann; 2 Maschinengewehre wurden erbeutet.

In der Richtung auf Lomza wurde unter erfolgreichen Kämpfen Raum gewonnen. Rund 3000 Russen wurden gefangen genommen.

708

Im übrigen fanden auf der Narewfront und vor Warschau kleinere für uns günstig verlaufene Gefechte statt.

Unsere im Osten zusammengezogenen Luftschiffe unternahmen erfolgreiche Angriffe auf die Bahnlinien östlich von Warschau.

Generaloberst von Woyrsch hat mit seinen deutschen Truppen die Brückenkopfstellung am Ostufer der Weichsel erweitert; es wurden 750 Gefangene gemacht. Die ihm unterstellten österreichisch- ungarischen Truppen des Generals von Koevess vor der Westfront von Iwangorod erreichten einen durchschlagenden Erfolg; sie machten 2300 Gefangene und erbeuteten 32 Geschütze, darunter 21 schwere, und 2 Mörser.

Vor den Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen hielt der Gegner gestern noch in der Linie Nowo-Alexandrija— Lenczna—Zalin (nordöstlich von Cholm) stand. Am Nachmittag wurden seine Linien östlich von Lenczna und nördlich von Cholm durchbrochen. !Er begann deßhalb auf den größeren Teil der Front in der Nacht seine Stellungen zu räumen, nur an einzelnen Stellen leistet er noch Widerstand.

Östlich von Lenczna machten wir gestern 2000, zwischen Cholm und Bug am 1. und 2. August über 1300 Gefangene; mehrere Maschinengewehre wurden erobert.

Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 3. August.

Amtlich wird verlautbart: Die Kämpfe zwischen Weichsel und Bug dauerten auch gestern den ganzen Tag in unverminderter Heftig- keit an und führten wieder zu Erfolgen. An der ganzen Front ge- drängt, bei Lenczna und nordwestlich Cholm neuerlich durchbrochen, wich der Feind heute in früher Morgenstunde fast überall aus den gestern hartnäckig verteidigten Linien abermals gegen Norden zurück. Unsere Truppen verfolgen. Lenczna ist genommen. Die westlich lwangorod eingenisteten Russen nahmen unter dem Eindrucke unseres am |. August errungenen Sieges ihre Linien zum größten Teil gegen den Festungsgürtel zurück. Nordwestlich Iwangorod haben die Deut- schen eine breite, der Weichsel vorgelagerte Waldzone unter erfolg- reichen Gefechten durchschritten.

In Ostgalizien keine Änderung.

709

Im Küstenlande herrschte gestern vom Krn bis zum Brückenkopf von Görz fast völlige Ruhe. Den Plateaurand von Polazzo griffen neuerlich starke italienische Kräfte an. Fünfmal stürmte der Feind gegen unsere Infanterie, die östlich des Ortes und am Monte del Sei Busi heldenmütig standhielt. Jedesmal wurde der Angriff vom zähen Verteidiger nach schwerem Kampfe zurückgeschlagen. Die Italiener erlitten große Verluste. Weitere Verstärkungen, die sie zum noch- maligen Vorgehen ansammelten, wurden durch unsere Artillerie über- raschend beschossen und zersprengt. Während dieser Kämpfe standen die anderen Abschnitte des Plateaus unter starkem feindlichen Artilleriefeuer.

An der Kärntner Grenze versuchte der Feind unter dem Schutze dichten Nebels einen Sturmangriff gegen den Cellon-Kofel (östlich vom Plöcken), sein Unternehmen scheiterte völlig; im übrigen an dieser Front nichts Neues.

Im Gebiete des Monte Christallo stieß eine unserer Offiziers- patrouillen auf eine etwa 60 Mann starke gegnerische Abteilung. Der Feind verlor im kurzen Geplänkel 29 Mann.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Amtliche Bestätigung der Kapitulation derSchutztruppe von Deutsch-

Sadwestafrika.

Berlin, 3. August.

Seiner Majestat dem Kaiser haben der Gouverneur von Deutsch- Südwestafrika Dr. Seitz und der Kommandeur der Schutztruppe Oberstleutnant Franke durch Vermittlung der Botschaft der Ver- einigten Staaten von Nordamerika nachstehende telegraphische Mel- dung erstattet:

Euerer Majestät melden wir alleruntertänigst, daß wir gezwungen waren, den Rest der bei Korab zwischen Otawi und Tsumeb vom Feinde mit vielfach überlegenen Kräften eingeschlossenen Schutztruppe in Stärke von rund 3400 (dreitausendvierhundert) Mann an General Botha zu übergeben. Jede Aussicht auf erfolgreichen Widerstand war ausgeschlossen, da, nachdem die Orte Ottawi, Gaub, Grootfontain, Tsumeb, Namutoni vom Feinde genommen, wir. von unserer Ver- pflegungsbasis abgeschnitten waren, und jeder Versuch eines Durch- bruchs bei dem heruntergekommenen Zustand der Pferde, für die seit Monaten kein Hafer mehr vorhanden, unmöglich war. Alle Personen des Beurlaubtenstandes und des Landsturms, auch die in Südafrika kriegsgefangenen, werden auf ihre Farmen und zu ihren Berufstätigkeiten entlassen. Offiziere behalten Waffen und Pferde,

710

können auf Ehrenwort frei im Schutzgebiet bleiben. Die aktive Schutztruppe, noch rund 1300 Mann (dreizehnhundert) Mann stark, behalt die Gewehre und wird an einem noch zu bestimmenden Platze im Schutzgebiet konzentriert.

(gez.) Seitz. (gez.) Franke.

Staatssekretär Solf über den Verlust von Südwestafrika.

Die „Süddeutschen Monatshefte“ veröffentlichten folgenden Brief des Staatssekretärs Solf an den Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg:

Euerer Hoheit sage ich geziemenden Dank für das gnädige Schreiben vom |]. Juli. Die Trauerkunde aus Südwestafrika ist in der Tat der härteste Schlag, den der Weltkrieg der Kolonialverwaltung zugefügt hat. Euerer Hoheit tiefempfundene Anteilnahme habe ich mir erlaubt auch meinen Mitarbeitern zur Kenntnis zu bringen. Die Mitteilungen über die Bedingungen, unter denen die Übergabe der Kolonie stattgefunden hat, sind widersprechend. Da aber selbst von englischer Seite behauptet wird, daß der deutschen Streitmacht ungewöhnliche Zugeständnisse gemacht seien, so darf mit Sicherheit angenommen werden, daß die Übergabe ehrenvoll war. Trotzdem muß die Nachricht von dem Unterliegen der deutschen Streitkräfte in ganz Deutschland einen tiefen und schmerzlichen Eindruck hervorrufen. Der Geist, der in der Schutztruppe zu allen Zeiten lebendig gewesen ist und der seine Feuerprobe in dem Aufstand der Jahre 1904, 1905 und 1906 bestanden hat, bürgt dafür, daß die Schutztruppe auch dem an Zahl gewaltig überlegenen Gegner gegenüber alles geleistet hat, was in Menschenkraft stand. Sobald unparteiische Nachrichten über den Verlauf der Kämpfe in Südwest vorliegen, wird sich das einzelne in dieser Hinsicht ergeben; wie bei früheren Kämpfen in den Kolonien, wird die englische Darstellung bedeutsame Ergänzungen erfahren. Heute drängt sich die Frage auf, ob die Eroberung von Deutsch-Südwestafrika nicht hätte verhütet werden können, wenn das Schutzgebiet mit stärkerem mili- tarischem Schutze ausgestattet gewesen ware. Diese Frage, die alle deutschen Schutzgebiete berührt, beantwortet sich aus der deutschen Kolonialgeschichte: als Fürst Bismarck in den Jahren 1884 und folgenden die Gründung unseres Kolonialreiches anbahnte, fand er nur wenige Ge- biete vor, die für einen Erwerb durch Deutschland in Betracht kamen. Unbekümmert um den Widerspruch Englands und nach Überwindung großer Schwierigkeiten gelang es ihm, den größten Teil des heutigen deutschen Kolonialgebietes unter deutschen Schutz zu stellen. Die kolo- nialen Erwerbungen lagen aber über die Küsten Afrikas zerstreut ohne Zusammenhang miteinander und waren zum Teil ohne geeignete natür- liche Grenzen. Fürst Bismarck war sich von vernherein bewußt, daß diese Gebiete sich in einem Kriege mit England an Ort und Stelle nicht ver- teidigen lassen würden. Sein Gedanke war, daß der Schutz der Kolonien durch Deutschlands Macht auf dem europäischen Kontinent zu erfolgen habe. Auch England gegenüber habe Deutschland bei richtiger Politik ge-

711

nũgend Machtmittel in der Hand, um es von dem Versuch, die deutschen Kolonien an sich zu bringen, abzuhalten. Demgemäß ist es weder in der Zeit, als der eiserne Kanzler die Politik Deutschlands leitete, noch später jemals unternommen worden, die deutschen Schutzgebiete an Ort und Stelle mit einem solchen militärischen Schutze auszustatten, der sie vor einem Angriffe seitens Englands sichergestellt hatte. In Togo, Deutsch- Neuguinea und Samoa wurde überhaupt keine Schutztruppe eingerichtet. In den drei großen afrikanischen Kolonien Deutsch-Ostafrika, Deutsch- Südwestafrika und Kamerun wurden zwar Schutztruppen gebildet, ihre Größe aber wurde ausschließlich nach dem Gesichtspunkte bemessen, daß sie zur Unterdrückung von Aufständen der Eingeborenen und zur Be- kampfung des Sklavenhandels ausreichend sein sollten. In den Reichs- tagsdebatten ist dieser Gesichtspunkt seitens der Reichsregierung wieder- holt betont worden, der Reichstag hat ihm zugestimmt. Wenn daher in diesem Kriege, in dem Deutschland gegen eine ganze Welt in Waffen steht, Teile der deutschen Schutzgebiete von überlegenen feindlichen Kräften erobert werden, so muß diese schmerzliche und beklagenswerte Tatsache als im Bereiche der Möglichkeit liegend hingenommen werden. Ein gegen englische Angriffe genügender militärischer Schutz an Ort und Stelle hätte in den deutschen Kolonien Kräfte des Mutterlandes festgelegt, die für die Entscheidung in Europa unentbehrlich gewesen wären. Wir müssen deshalb an dem Gedanken festhalten, daß der Schutz der deutschen Kolonien durch das auf europäischem Boden stehende deutsche Heer er- folgt. In dieser Hinsicht dürfen wir angesichts der Erfolge unserer Armee und der okkupierten Landesteile unserer Feinde zuversichtlich der Zukunft entgegensehen. Das deutsche Volk hat in den 30 Jahren seiner Kolonial- geschichte nach anfänglichem Widerstreben mit erstaunlicher Schnelligkeit die Notwendigkeit kolonialer Betätigung erkannt. Deutschland darf in dem Bezuge der wichtigsten kolonialen Rohstoffe nach diesem Kriege noch weniger als vorher von dem ihm feindlichen Auslande abhängig sein. Von der Durchführung unserer Kolonialpolitik dürfen wir uns nicht abschrecken lassen und werden den schweren Schlag, der die deutsche Kolonialpolitik getroffen hat, mit dem unerschütterlichen Entschluß beant- worten, auf der als notwendig erkannten Bahn fortzufahren. Der Wahl- spruch „per aspera ad astra“ ist das Gelöbnis, welches das deutsche Volk in der ernsten Stunde ablegt, wo Teile seiner Kolonien der Ubermacht seiner Feinde zeitweilig erliegen. gez. Solf.

Die Türkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 3. August. An der Kaukasusfront entwickeln sich unsere Bewegungen in der

Gegend von Totak mit Erfolg. Am |. August besetzten wir die Stellungen von Kilidj Gnedigui, 16 Kilometer nördlich von Totak, und die 2300 Meter

712 hohe Bergkette in der Umgegend. Das Becken des Murad Tschai be-

findet sich in unserem Besitz. Die russischen Truppen nördlich von Kilidj Gnedigui fliehen in voller Auflösung.

An der Dardanellenfront gegenseitiger örtlicher Feuerkampf. Unsere Küstenbatterien zwangen Transportschiffe vor Sedd-ul-Bahr, sich zuruck- zuziehen.

An den übrigen Fronten nichts von Bedeutung.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 4. August.

Auf dem westlichen Kriegsschauplatz nichts Neues.

In der Verfolgung des weichenden Gegners erreichten unsere Truppen gestern die Gegend von Kupischki (östlich Poniewiez).

Nördlich von Lomza wurden die Russen in die vorgeschobene Verteidigungsstelle der Festung zurückgedrängt.

Ost- und westpreußische Regimenter nahmen die noch durch Feldbefestigungen geschützten Narewübergänge bei Ostrolenka nach _heftigstem Widerstande. Mehrere tausend Russen wurden gefangen genommen, 17 Maschinengewehre erbeutet. Auch hier ist die Ver- folgung aufgenommen.

Vor Warschau wurden die Russen aus der Bloniestellung in die äußerste Fortlinie geworfen. Die Armee des Prinzen Leopold von Bayern befindet sich im Angriff auf die Festung.

Bei den über die Weichsel vorgedrungenen deutschen Teilen der Armee des Generalobersten von Woyrsch nimmt der Angriff seinen Fortgang; die österreichisch- ungarischen Truppen dieser Armee sind im Besitz des Westteiles der Festung Iwangorod bis zur Weichsel.

Gegenüber den verbündeten Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen versuchte der Feind auch gestern die Verfolgung zum Stehen zu bringen; er wurde bei Lenczna, nordöstlich von Cholm und westlich des Bug erneut geschlagen. Seit heute früh ist der geworfene Feind im Rückzug zwischen Weichsel und Bug in allgemein nördlicher Richtung. Auch bei und südlich Uscilug am Bug weicht der Gegner. Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 4. August.

Amtlich wird verlautbart: Zwischen Weichsel und Bug leisteten die schrittweise weichenden Russen in gewohnter Art an verschiedenen

713 Stellen erneuert Widerstand. Es kam nördlich Dubienka und Cholm,

an der Swinka und an der Linie Lenczna Nowo-Alexandrija, zu starken Kämpfen. An manchen Teilen unternahm der Gegner, um unser Nachdrängen einzudämmen, kurze Gegenstöße. Aber er ver- mochte nicht standzuhalten, wurde geworfen und setzte um Mitternacht den Rückzug gegen Norden fort. Der auf dem linken Weichselufer gelegene Westteil von Iwangorod ist in unserer Hand. Die gegenüber der Radomka-Mündung auf dem Ostufer der Weichsel stehenden deutschen Kräfte machten abermals Fortschritte.

Zwischen Wladimir-Wolynskij und Sokal zersprengten unsere Truppen ein Kosackenregiment. Südwestlich Wladimir-Wolynskij sind große Brände sichtbar.

In Ostgalizien nichts Neues.

Im Görzischen wurden in der Nacht zum 3. August am Plateau- rande wieder mehrere vereinzelte italienische Angriffe abgewiesen. So südlich Sdraussina und östlich Polazzo, wo die feindliche Infanterie zweimal mit dem Bajonett angriff, jedoch beide Male unter schweren Verlusten zurückgeschlagen wurde. Am Nachmittag des 3. August versuchten die Italiener bei Regen und Nebel nach heftiger Artillerie- vorbereitung einen abermaligen Vorstoß gegen unsere Stellungen auf dem Monte dei Sei Busi. Auch dieser Angriff wurde abgeschlagen.

Im Kärntner und Tiroler Grenzgebiet kam es in einigen Ab- schnitten zu lebhafterer Artillerietätigkeit. Die gegen den Cellonkofel angesetzte italienische Infanterie zog sich, da sie von ihrer eigenen Artillerie beschossen wurde, auf den Westhang der Höhe zurück. Ein Angriff von zwei feindlichen Kompagnien gegen die Grenzbrücke südlich Schluderbach und ein stärkerer italienischer Angriff auf den Col di Lana (Buchenstein) wurden abgewiesen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die Türkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 4. August.

An der n griffen unsere Truppen heftig die feindliche Nachhut an, die in den Stellungen in der Umgebung von Hamur, östlich des Kilidj Güdigui, den Rückzug der Hauptmacht zu decken versuchte. Wir jagten den Feind nach Norden und machten 150 Gefangene. Die Russen hatten über 500 Tote und 1000 Verwundete. Unsere verfolgenden Abteilungen besetzten Karakilissa und die Umgegend nördlich von Hamur.

714

An der Dardanellenfront am 3. August bei Ari Burun Schützengraben- kampfe ohne Bedeutung. Unsere Artillerie zerstörte eine feindliche Bomben- werferstellung auf unserem linken Flügel. Ein feindlicher Kreuzer beschoß wirkungslos Altchitege. Unsere Artillerie erwiderte das Feuer und traf dabei ein feindliches Torpedoboot, das sich sogleich entfernte. Ein feindlicher Flieger warf eine Bombe auf das Hospital in Eznie südlich von Kumkale, durch die ein Verwundeter getötet wurde. Am 3. August ließen ein Kreuzer und vier Torpedoboote über Sighadji Klimann, südlich von Smyrna, ein Flugzeug aufsteigen, das dort drei Bomben abwarf, durch die eine Person getötet wurde. Die erwähnten Schiffe schleuderten über 200 Granaten auf den genannten offenen Ort, wodurch ein Haus zerstört wurde.

Auf den übrigen Fronten nichts von Bedeutung.

Der Krieg zur See.

Von einem U-Boote versenkt. Lyon 4. August.

„Nouvelliste“ meldet aus Brest: Die englischen Schiffe „Turpuoise“ und „Nougget“ wurden von einem deutschen Unterseeboot bei den Scillyinseln versenkt.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 5. August.

In den Vogesen ist am Lingekopf und südlich der Kampf von neuem entbrannt.

Sonst keine Ereignisse von Bedeutung.

In Kurland und Samogitien schlug unsere Kavallerie die russische bei Genaize, Birshi und Onikschty aus dem Felde. Hierbei und bei den Kämpfen östlich von Poniewiez wurden gestern und vorgestern 2225 Russen, darunter 2 Offiziere, gefangen genommen.

Die Armeen der Generale von Scholtz und von Gallwitz blieben unter heftigen Kämpfen im weiteren Vordringen gegen die Straße Lomza—Ostrow—Wyszkow. Tapfere und verzweifelte Gegenstöße der Russen beiderseits der Straße Ostrow—Rozan waren wirkungs- los. 22 Offiziere, 4840 Mann wurden zu Gefangenen gemacht, 17 Maschinengewehre erbeutet.

Die Armee des Prinzen Leopold von Bayern durchbrach und nahm gestern und heute nacht die äußere und innere Fortlinie von Warschau, in der russische Nachhuten noch zähen Widerstand leisteten. Die Stadt wurde heute vormittag durch unsere Truppen besetzt.

715

Bei und nördlich Iwangorod ist die Lage unverändert. Zwischen oberer Weichsel und Bug wird die Verfolgung fort- gesetzt. Östlich des Bug rückte deutsche Kavallerie in Wladimir-

Wolynsk ein. Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 5. August. Die lange Reihe von Erfolgen, welche die Verbündeten seit der Maischlacht am Dunajec in Galizien, in Süd- und Nordpolen und in den Ostseeprovinzen errungen haben, wurde durch die Besitznahme von lwangorod und Warschau gekrönt.

Gestern haben unsere Truppen Iwangorod besetzt. Heute sind deutsche Truppen der Armee des Prinzen Leopold von Bayern in der Hauptstadt von Russisch-Polen eingerückt. Zwischen Weichsel und Bug dringen die beiden Verbündeten unter Verfolgungskämpfen gegen Norden vor. Österreichisch-ungarische Reiterei hat Ustilug, deutsche Wladimir-Wolynskij erreicht.

Sonst blieb die Lage unverändert. An der Tiroler Front kam es nur in der Gegend des Kreuzberg-

Sattels zu größeren Kämpfen. Ein gestern morgen begonnener Angriff von mehreren Bataillonen des italienischen Infanterieregiments Nr. 92 gegen die Nemes-Alpe (nordöstlich Kreuzberg-Sattel) brach blutig zu- sammen. Der Feind ging nachmittags teilweise fluchtartig in die Wälder südlich des Grenzbaches zurück. Zur Entlastung dieser ita- lienischen Kräfte versuchte am Nachmittage ein feindliches Bataillon überraschend gegen die Seikofelstellung (unmittelbar nördlich des Sattels) vorzubrechen. Auch dieses wurde nach kurzem Kampfe zu- rückgeschlagen und verlor zirka hundert Mann an Toten. Der Bataillons- kommandant und mehrere Offiziere des Bataillons fielen.] Unsere Verluste in diesen Gefechten waren gering.

Im Görzischen unterhalten die Italiener seit gestern mittag wieder ein heftigeres Artilleriefeuer gegen unsere Stellungen am Plateau von Doberdo. Als feindliche Infanterie von Sagrado und von südlich Sdraussina her zum Angriff vorzugehen versuchte, wurde sie durch unsere Artillerie zusammengeschossen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Das belgische Graubuch.

Die belgische Regierung hat ein neues Graubuch über die auf den gegenwärtigen Krieg bezügliche Korrespondenz herausgegeben. Eine Stellungnahme dazu im einzelnen wird erst möglich sein, wenn es im Wortlaut vorliegt. Schon heute läßt sich aber bezüglich der Angaben, die es über ein angebliches Projekt des Staatssekretärs von Jagow, den belgischen Kongo mit England und Frankreich unter Ausschluß Belgiens zu teilen, enthält, folgendes feststellen:

Im Frühjahr 1914 scheinen Nachrichten von gewissen Verhandlungen, die über ein afrikanisches Kolonialabkommen zwischen der deutschen und englischen Regierung geführt wurden, voraussichtlich über London nach Paris gelangt zu sein. Der Botschafter Cambon frug damals den Staats- sekretär von Jagow, ob hierbei nicht etwa französische Rechte verletzt würden, worauf der Staatssekretär dem Botschafter erwiderte, er möge versichert sein, daß, wenn irgend französische Rechte tangiert würden, Deutschland sich nicht über dieselben hinwegsetzen, sondern Frankreichs Zustimmung einholen werde. Da der Botschafter wiederholt dem Ge danken Ausdruck gegeben hatte, Deutschland und Frankreich sollten versuchen, Spezialabkommen zu schließen, indem durch solche eine wesentliche Verbesserung der allgemeinen Beziehungen herbeigeführt werden würde, so benutzte der Staatssekretär die Gelegenheit, um den französischen Botschafter darauf hinzuweisen, daß Afrika, und namentlich der Kongo, vielleicht ein geeignetes Feld für solche Vereinbarungen bieten würde. Er erwähnte hierbei speziell die Kongobahnen. Ein großzügiges englisch-französisch-deutsches Kolonialabkommen könne gewiß für die Beziehungen der Westmächte zu Deutschland nützlich wirken. Da damals auch belgische Publizisten die Ansicht aufstellten, daß die Verwaltung so großer Kolonien wie des Kongo, für welche bekanntlich Frankreich ein Vorkaufsrecht zusteht, weit über die finanzielle Kraft Belgiens hinaus- ginge, wurde auch dieses Thema berührt. In der anknüpfenden akade- mischen Unterhaltung wurde vom Staatssekretär auch die Frage gestreift, inwieweit es in der Jetztzeit noch möglich sei, daß solche kleinen Staaten, die dazu nicht imstande seien, einen über die Größe und Leistungsfahig- keit des Mutterlandes hinausgehenden Kolonialbesitz unterhalten könnten. Die Absicht einer Verletzung belgischer Rechte ist dabei nicht zum Aus- druck gekommen. Ebensowenig ist von dem Verschwinden kleiner Staaten zugunsten der stärksten Nationalstaaten die Rede gewesen. Es schwebte dem Staatssekretär vielmehr nur der Gedanke vor, daß der in Artikel 16 des deutsch-französischen Marokkoabkommens vom 4. November 1911 vorgesehene Fall von Veränderungen des territorialen Status quo im Kongo- becken praktisch werden könnte.

Dieser Artikel war daraus entstanden, daß Frankreich Deutschland sein Vorkaufsrecht auf den belgischen Kongo angeboten hatte. Diese Tatsache ist der belgischen Regierung genau bekannt, wie aus dem nad» folgend im Wortlaute wiedergegebenen Berichte des Kaiserlichen Gesandten in Brüssel vom 29. März 1912 hervorgeht:

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„Der politische Direktor Baron von der Elst lenkte heute das Gespräch auf die deutsch-französischen Marokkoverhandlungen und sagte mir ganz vertraulich, aus zuverlässiger Quelle habe er gehört, daß das französische Vorkaufsrecht auf den belgischen Kongo zuerst von Frankreich zum Gegen- stande von Verhandlungen gemacht und in Berlin angeboten worden sei. Er begreife nicht, warum man seinerzeit Belgien nur unter Anwendung des äußersten Druckes zur Einräumung des Vorkaufsrechts gebracht habe, wenn man nun bereit sei, es einer anderen Macht anzubieten. Auch erschienen doch jetzt all die schönen Reden, die für Belgien in der fran- zösischen Kammer gehalten worden seien, in einem eigentümlichen Lichte.

war unverkennbar, daß die Nachricht einen starken Eindruck auf den politischen Direktor gemacht hat.“

Nach den telegraphischen Auszügen scheint der französische Bot- schafter sofort dem belgischen Gesandten den Inhalt dieses vertraulichen Gesprächs in tendenziöser Form zugetragen zu haben. |

Daß die Äußerungen des Staatssekretärs abgesehen von der Anfangserklärung, betreffend Wahrung französischer Rechte keinen amtlichen Charakter trugen, sondern nur persönliche Ideen zum Ausdruck brachten, scheint auch in den Berichten der Gesandten besonders erwähnt zu sein. Wir können aber für die Veröffentlichung nur dankbar sein, denn die Tatsache, daß Deutschland mit England damals über ein kolo- niales Abkommen verhandelte und der Staatssekretär bei dem französi- schen Botschafter eine entsprechende englisch-französisch-deutsche Ver- standigung anregte, ist wohl der deutlichste Beweis gegen die Behauptung, die Herr Cambon in einem im französischen Gelbbuch veröffentlichten Bericht aufgestellt hat, daß Deutschland schon im Frühjahr 1914 das Schwert

wetzte, um seine Nachbarn mit Krieg zu überfallen.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 6. August.

Der Kampf am Lingekopf und südlich dauert noch an.

Durch unsere Abwehrgeschütze wurden vier feindliche Flug- zeuge zur Landung gezwungen; eins davon verbrannte, eins wurde zerschossen.

An der Küste fiel ein französisches Wasserflugzeug mit seinen Insassen in unsere Hand.

In Kurland fanden in Gegend von Popel (60 km nordöstlich von Poniewiez) und bei Kowarsk und Kurkle (nordöstlich von Wilkomierz) für uns erfolgreiche Reiterkämpfe statt.

An der Narewfront südlich von Lomza machten die deutschen Armeen trotz hartnäckigen Widerstandes der Russen weitere Fort- schritte.

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Zwischen Bugmündung und Nasielsk durchstießen Einschlie- Bungstruppen von Nowo-Georgiewsk eine feindliche Stellung süd lich von Blendostwo und drangen gegen den unteren Narew vor.

Unser Luftschiffgeschwader belegte die Bahnhofsanlagen von Bialystok mit Bomben.

Wie in dem gestrigen Tagesbericht erwähnt, hatten die Russen, nachdem sie aus der äußeren und inneren Fortlinie von Warschau geworfen waren, ohne daß die Stadt irgendwie in Mitleidenschaft gezogen war, diese geräumt und waren nach Praga auf das rechte Weichselufer zurückgewichen. Von dort aus beschießen sie seit gestern morgen das Stadtinnere Warschaus stark mit Artillerie und Infanterie; besonders scheinen die Russen es auf die Zerstörung des alten polnischen Königsschlosses abgesehen zu haben. Unseren Truppen wird in einer Stadt von der Größe Warschaus natürlich durch solches Streufeuer kein Schaden zugefügt. Man wird hiernach nicht gut die russische Behauptung glauben können, daß die Raumung der polnischen Hauptstadt aus Schonungsrücksichten erfolgt sei.

Unsere über die Weichsel vorgedrungenen Truppen nahmen einige feindliche Stellungen. Feindliche Gegenangriffe blieben er- folglos.

j Die Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen setzen die Verfolgungskampfe fort. Nordöstlich von Nowo-Alexandrija wurde der Gegner von österreichisch-ungarischen Truppen, bei Sawin (nördlich von Cholm) von den Deutschen aus seinen Stellungen ge- worfen.

Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 6. August.

Amtlich wird verlautbart: Nordwestlich lwangorod machten unsere Verbündeten Fortschritte.

Zwischen Weichsel und Bug dauern die Verfolgungskämpfe an

In Ostgalizien ist die Lage unverändert.

Die täglich wiederkehrenden Angriffsversuche und vereinzelte Vorstöße der Italiener enden für sie stets mit einem vollen Mißerfolg. Wo die italienische Infanterie zum Angriff ansetzt, wird sie entweder schon durch unser Geschützfeuer zurückgetrieben oder, wenn sie diesem standhalt, durch unsere tapfere Infanterie unter großen Verlusten ge- worfen. Auch die durch den Feind geübte gründlichste und stärkste Artillerievorbereitung vermag an diesem Verlauf der Begebenheiten

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nichts zu ändern. So scheiterten in der Nacht zum 5. August und gestern mehrere Angriffe, einer, der von Sagrado aus geführt wurde, einer gegen die Höhe von Podgora, wo das Angriffsfeld mit italienischen Leichen bedeckt ist. Ebenso waren feindliche Vorstöße im Plavaab- schnitte und im Krngebiete erfolglos. Ein der Artilleriebeobachtung dienender italienischer Fesselballon wurde bei Monfalcone herabge- schossen.

In den Karnischen Alpen haben unsere Truppen in der Gegend des Monte Paralba einige günstige Höhenstellungen auf italienischem Gebiet besetzt.

An der Tiroler Front wurde der Angriff eines feindlichen Bataillons gegen den Col di Lana (Buchenstein) abgewiesen. Eine unserer Pa- trouillen überfiel in einem italienischen Seitental des Ortlergebiets eine Halbkompagnie des Feindes und brachte ihr erhebliche Verluste bei.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See. Wien, 6. August.

Eines unserer Unterseeboote hat gestern früh ein italienisches Unterseeboot, Typ „Nautilus“, bei Pelagosa anlanciert und versenkt. Das italienische Luftschiff „Citta de Jesi* wurde um Mitternacht vom 5. auf den 6. August beim Versuche, über den Hafen von Pola zu fliegen, durch Schrapnellfeuer heruntergeholt, bevor es irgendeinen Schaden anrichten konnte. Die gesamte Bemannung, bestehend aus drei Seeoffizieren, einem Maschinisten und zwei Mann, ist gefangen. Das Luftschiff wurde nach Pola gebracht. Flottenkommando.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 7. August.

In Flandern wurden die Belgier durch die Wirkung unserer Artillerie gezwungen, ihre bei Heernisse (südlich von Dixmuiden) über die Yser vorgeschobene Stellung teilweise zu räumen.

Französische Handgranatenangriffe in der Gegend von Souchez wurden abgewiesen.

Südlich von Leintrey (östlich von Luneville) wiesen unsere Vor- posten einen Vorstoß des Gegners leicht ab.

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In den Gebirgskämpfen nördlich von Münster keine besonderen Ereignisse.

Östlich von Poniewiez gingen die Russen hinter die Jara zurück,

Gegen die Westfront von Kowno wurden Fortschritte gemacht. Hierbei sind 500 Russen gefangengenommen und 2 Maschinen- gewehre erbeutet.

Die Armeen der Generale von Scholtz und von Gallwitz haben nach heftigen Kämpfen den feindlichen Widerstand zwischen Lomza und Bugmündung gebrochen.

Das Gesamtergebnis aus den Kämpfen vom 4. bis 6. August beträgt: 85 Offiziere und mehr als 14200 Mann gefangen, 6 Ge- schütze, 8 Minenwerfer und 69 Maschinengewehre genommen.

Die Einschließungstruppen von Nowo-Georgiewsk drangen von Norden her bis zum Narew durch. Das Fort Dembe wurde ge- nommen. Von Süden her ist die Weichsel bei Pienkow erreicht.

In Warschau ist die Lage unverändert. Die Russen setzen die Beschießung der Stadt von dem östlichen Weichselufer aus fort.

Unsere Luftschiffe belegten die Bahnhöfe von Nowo-Minsk und Siedice mit Bomben.

Bei und nördlich von Iwangorod ist die Lage unverändert.

Zwischen Weichsel und Bug haben deutsche Truppen bei Ruskowola (südöstlich von Lubartow) die feindlichen Stellungen ge- stürmt und nordöstlich von Lenczna den Austritt aus den dortigen

Seenengen erzwungen. Oberste H lei

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 7. August.

Amtlich wird verlautbart: Zwischen Weichsel und Bug wird weiter gekämpft. Osterreich-ungarische Truppen drangen südlich von Lubartow, deutsche nordwestlich und nordöstlich Lenczna in die feindlichen Linien ein.

Sonst ist die Lage unverändert.

Im Gorzischen stand das Frontstüc östlich Polazzo—Redipuglia vormittags unter sehr heftigem feindlichen Artilleriefeuer. Nachmittags gingen mehrere italienische Bataillone gegen diesen Abschnitt zum Angriff vor, stellten jedoch nach kurzem Feuergefecht die Vor- ruckung ein.

An allen sonstigen Fronten des Kustenlandes, in Karnten und in Tirol war nur Geschützkampf im Gange.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Der Krieg zur See.

Wien, 7. August. Das am 3. d. M. früh durch eines unserer Unterseeboote ver- senkte italienische Unterseeboot war „Nereide“. Das am 26. Juni auf gleiche Weise vernichtete Torpedoboot hieß „5 P. N.“. Am 29. Juli, abends, ist am Golf von Triest ein Fahrzeug auf eine unserer Minen gestoßen und in die Luft geflogen, ohne daß man damals wegen sturmischen Wetters erkunden konnte, welcher Art das Opfer war. Nun hat sich mit voller Bestimmtheit ergeben, daß es das italienische Unterseeboot „Nautilus“ war, welches damals mit der ganzen Be- mannung untergegangen ist. Schon früher sind das italienische Torpedoboot „6 P. N.“ und das bereits gemeldete Torpedoboot „17 O. S.“ mit der ganzen Bemannung unseren Minen zum Opfer

gefallen. Flottenkommando.

Die Türkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 7. August.

An der Front im Kaukasus setzen wir die Verfolgung des Feindes auf dem rechten Flügel wirksam fort. Der Feind verläßt seine Stellungen bei Alaschkerd und zieht sich nach Kössedagh und weiter westlich zurück. An den Dardanellen hat unsere Artillerie am 6. August auf einem Trans- portschiff des Feindes, das von Torpedobooten beschützt wurde, einen Brand verursacht und vor Ari Burun eine beladene Galeere versenkt. Die Transportschiffe entfernten sich darauf nach Norden. In der Gegend von Ari Burun entriß unser linker Flügel dem Feind durch plötzlichen Überfall einen Graben, ohne ihm Zeit zu lassen, seine Kraft zu sammeln oder Verstärkungen heranzuführen. Der Feind flüchtete und ließ über 300 Tote zurück. Am Nachmittag näherte sich der Feind nach langer und heftiger Artillerievorbereitung vom Lande und von der See her in wieder- holten Angriffen einem Graben auf unserem linken Flügel und drang in einen Teil davon ein. Gegen Abend nahmen wir einen großen Teil wieder und hinderten durch unser Feuer den Feind daran, sich auch nur in dem kleinen Teil, den er besetzt hielt, eine gedeckte Stellung zu schaffen. Am selben Tage warfen wir bei Sedd-ul-Bahr den Feind unter großen Verlusten zurück, der nach langer Vorbereitung durch Artillerie und Infanteriefeuer unsere Gräben auf dem rechten Flügel südlich von Sighindere angegriffen hatte. Ebenso wiesen wir einen zweiten vergeb- lichen Angriff des Feindes ab. Ein Teil unserer vordersten Gräben lag eine Zeitlang zwischen unserer und der feindlichen Linie. Schließlich nahmen wir am Abend alle Stellungen durch endgültige heftige Angriffe wieder und rieben die Reste der feindlichen Abteilungen, die diese Gräben zu halten versuchten, völlig auf. An den übrigen Fronten nichts von Bedeutung.

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Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 8. August

Französische Handgranatenangriffe bei Souchez und Gegen- angriffe gegen einen vorgestern dem Feinde entrissenen Graben in den Westargonnen wurden abgewiesen.

Die Gefechte in den Vogesen nördlich von Münster lebten gestern nachmittag wieder auf, die Nacht verlief dort aber ruhig.

Die deutsche Narewgruppe nähert sich der Straße Lomza Ostrow Wyszkow. An einzelnen Stellen leistet der Gegner hart- | näckigen Widerstand. Südlich von Wyszkow ist der Bug erreicht, Serock an der Bugmündung wurde besetzt.

Vor Nowo-Georgiewsk nahmen unsere Einschließungstruppen die Bofestigungen von Zegrze.

Bei Warschau gewannen wir das östliche Weichselufer.

Vor dem Druck der Truppen des Generalobersten von Woyrsch weichen die Russen nach Osten.

Zwischen Weichsel und Bug hat der linke Flügel der Heeres- gruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen den Feind nach Norden gegen den Wieprz-Fluß geworfen. Der rechte Flügel steht

noch im Kampf. Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 8. August. Amtlich wird verlautbart: Die Armee des Erzherzogs Josef

Ferdinand setzte gestern im Raume zwischen Weichsel und Wieprz den Angriff fort. Die unmittelbar westlich des Wieprz vorgehende Stoßgruppe warf den Feind aus mehreren Linien, nahm nachmittags Lubartow und drang gegen Norden bis zum Flußknie vor. Der geworfene Gegner flüchtete in Auflösung über den Wieprz. Auch südlich und südwestlich Miechow errangen unsere Truppen einen vollen Erfolg. Der Feind war hier, um unseren Ängriff zu parieren, zum Gegenstoß übergegangen, der bis zum Handgemenge führte, wurde aber in Front und Flanke gefaßt und über den Wieprz zurückgetrieben. Die Zahl der bei Lubartow und Miechow eingebrachten Gefangenen betrug bis gestern abend 23 Offiziere und 6000 Mann. Die Beute belief sich auf zwei Geschütze, elf Maschinengewehre und zwei Munitionswagen. Bedroht durch unsere von Süd her siegreich gegen den unteren Wieprz

vorgehenden Truppen haben heute früh auch die noch im Weichsel-

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gelände nordwestlich Iwangorod verbliebenen russischen Korps den Rückzug gegen Nordost angetreten. Osterreichisch- ungarische und deutsche Kräfte verfolgen. Zwischen Wieprz und Bug wird weiter gekämpft. In Ostgalizien ist die Lage unverändert.

Nach neuerlicher heftiger Artillerievorbereitung griff starke ita- lienische Infanterie am Abend des 6. August den Plateaurand im Abschnitte Polazzo—Vermigliano an. Auch dieser Angriff wurde wie alle früheren, die sich gegen den Monte dei Sei Busi richteten, voll- kommen zurückgeschlagen. Ansonsten waren im Küstenland, in Kämten und in Tirol nur Geschützkämpfe im Gange. Am 6. abends und in der Nacht zum 7. brach italienische Infanterie mit zwei Batterien über die Forcellina di Montozzo südwestlich Pejo nach Tirol ein. Der von diesen Kräften in den Morgenstunden des 7. versuchte Angriff wurde schon durch unser Artillerie- und Infanteriefeuer vereitelt. Die Italiener gingen unter lebhaften Evviva Italia- und A basso Austria- Rufen schleunigst zurück.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 9. August.

Mit Tagesanbruch entwickelte sich ein Gefecht bei Hooge öst- lich von Ypern.

In den Argonnen scheiterten französische Vorstöße.

Gestern wurde bei Dammerkirch und am Schwarzen See, heute früh bei Ypern, Gondrexange und bei Harboney je ein fran- zösisches Flugzeug durch unsere Kampfflugzeuge abgeschossen. Die letzten beiden Flugzeuge gehörten einem Geschwader an, das vorher auf die offene, außerhalb des Operationsgebiets liegende Stadt Saarbrücken Bomben geworfen, natürlich keinerlei militärischen Schaden angerichtet, wohl aber 9 friedliche Bürger getötet, 26 schwer und eine größere Anzahl leicht verletzt hatte.

Die Angriffstruppen von Kowno haben sich näher an die Festung herangeschoben. Es wurden 430 Russen (darunter 3 Offi- ziere) gefangen genommen und 8 Maschinengewehre erbeutet.

Auch gegen die Nord- und Westfront von Lomza machten wir unter heftigen Kämpfen Fortschritte. 3 Offiziere, 1400 Mann

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wurden zu Gefangenen gemacht, 7 Maschinengewehre, 1 Panzer- auto eingebracht.

Sudlich von Lomza wurde die Straße nach Ostrow erreicht und die Straße Ostrow—Wyszkow überschritten. Die an einigen Stellen noch zäh standhaltenden Russen wurden geworfen.

Nowo-Georgiewsk wurde auch im Osten zwischen Narew und Weichsel abgeschlossen.

Gegenüber von Warschau wurde Praga besetzt, unsere Truppen dringen weiter nach Osten vor. In Warschau wurden einige tausend Gefangene gemacht.

Die Armee des Generalobersten von Woyrsch überschritt in der Verfolgung die Straße Garwolin—Ryki (nordöstlich von Iwan- gorod).

Der linke Flügel der Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen drängte die Russen über den Wieprz zurück. Mitte und rechter Flügel nahern sich der Linie Ostrow—Hansk—Uchrusk

(am Bug). Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 9. August.

Amtlich wird verlautbart: Der von der Weichselfront zurüc- gewichene Feind wird verfolgt. Österreichisch-ungarische und deutsche Streitkräfte haben schon gestern zwischen der Eisenbahn Iwangorod— Lukow und dem Orte Garwolin die große Straße Warschau—Lublin in östlicher Richtung überschritten. Das linke Wieprzufer und das rechte Weichselufer bei Iwangorod sind vom Gegner gesaubert. Unsere Truppen übersetzten den Wieprz gegen Nordosten und Norden. Die Gefechtsfelder von Lubartow und Miechow wiesen alle Spuren einer eiligen Flucht des Feindes auf. Die Zahl der von der Armee des Erz- herzogs Josef Ferdinand gemachten Gefangenen erhöhte sich auf 8000. Zwischen Wieprz und Bug wird weiter gekämpft. Am Dnjestr auf- wärts Uscieczko warfen unsere Truppen die Russen an mehreren Punkten, wobei über 1600 Mann gefangen und 5 Maschinengewehre erbeutet wurden.

Gestern stand der Südteil des Plateaus von Doberdo stellen- weise unter heftigem Geschützfeuer. Unsere Artillerie antwortete mit Erfolg. Auch in der Gegend von Plava herrschte erhöhte Artillerie- tatigkeit. Ein Versuch schwacherer feindlicher Infanterie, in unsere Stellungen bei Zagora einzudringen, mißlang. An der Kärntner Grenze

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griffen kleinere feindliche Abteilungen an mehreren Punkten erfolglos an. Vor unseren Stellungen auf dem Bladnerjoch ließ der Feind über 100 Tote zurück. Im Tiroler Grenzgebiete wies eine unserer Patrouillen auf der Cresta Bianca (Cristallogebiet) eine feindliche Halbkompagnie ab und brachte ihr hierbei erhebliche Verluste bei, ohne selbst auch nur einen Mann zu verlieren. Westlich Daone, am Lavanech, fand in der Nacht zum 8. August ein lebhaftes Feuergefecht statt, an dem jedoch unsererseits keine Truppen beteiligt waren. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See. Ein englischer Hilfskreuzer versenkt. Kopenhagen 9, August:

Das Ritzausche Bureau meldet aus Christiania: Hier eingetroffenen Nachrichten zufolge wurde gestern abend der englische Hilfskreuzer „India“ (7900 Tonnen) nördlich von Bodö beim Einlaufen in den Westfjord torpediert. Der schwedische Dampfer „Göstaland“ ging mit 80 Mann der Besatzung nach Narvik ab. Etwa 72 Mann wurden auf Helligvark gelandet. Die Militärbehörden haben die nötigen Maßnahmen getroffen.

Die Türkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 8. August.

An den Dardanellen hat der Feind in der Nacht vom 6. zum 7. August unter dem Schutze seiner Flotte einen Teil frischer Streitkräfte in der Umgebung von Karatschali im Norden des Golfes von Saros gelandet, den Rest an zwei Orten nördlich von Ari Burun. Wir vertrieben den bei Karatschali gelandeten Feind vollständig. Er floh und ließ etwa 20 Tote zurück. Die nördlich von Arı Burun gelandeten Truppen rückten unter dem Schutz der Flotte am 7. August ein wenig vor. Am Abend hielten wir das feindliche Vorrücken durch Gegenangriffe auf. Heute früh schlugen wir die Angriffe des Feindes zurück und brachten ihm erhebliche Verluste bei. Wir machten einige Soldaten und Offiziere zu Gefangenen.

Bei Sedd-ul-Bahr schoben wir einen Teil eines Grabens auf unserem rechten Flügel etwa 40 Meter gegen den Feind vor. Am 6. August schlugen wir den Feind zurück, der bei zwei fruchtlosen Angriffen gegen diesen Flügel 2000 Tote vor den Gräben ließ. Am 7. August wiesen wir drei lange und heftige, aber fruchtlose Angriffe zurück, die der Feind gegen diese Schützengräben und in Massen gegen unser Zentrum und gegen unseren linken Flügel unternahm. Wir trieben den Feind vollständig in

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seine alten Stellungen zurück. Nicht zufrieden damit, diese wiederholten Angriffe zum Scheitern gebracht zu haben, drangen unsere tapferen Truppen in einen Teil der feindlichen Gräben ein und richteten sie gegen den Feind ein. Wir machten 110 Gefangene.

Ein feindliches Unterseeboot versenkte heute früh das Linienschiff „Barbaroß Hairedin“. Ein großer Teil der Besatzung ist gerettet. Der Untergang des „Barbaroß“, so bedauerlich er an sich ist, regt uns nicht übermäßig auf; nur daß er das Stärkeverhältnis unserer Schiffe zu den feindlichen wie eins zu zehn gestaltet. Wir heben noch hervor, daß unsere übrigen Schiffe dieselbe Tätigkeit entfalten werden, und daß ihre von glühender Vaterlandsliebe beseelten Mannschaften durch ihre Geschick- lichkeit und ihre Aufopferung dem Feinde denselben Schaden zuzufügen

wissen werden wie ihre Kameraden.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 10. August.

Östlich von Ypern gelang es starken englischen Kräften, sich in Besitz des Westteils von Hooge zu setzen.

Französische Minensprengungen in der Gegend des Gehöftes Beausejour in der Champagne waren erfolglos.

Nach der Zerstörung des Viadukts westlich von Dammerkirch durch unsere Artillerie am 30. Mai haben die Franzosen im Zuge einer Umgehungsbahn die Larg südlich von Mansbach überbrückt. Die kürzlich fertiggestellte Brücke wurde gestern durch einige Voll treffer unserer Artillerie zerstört.

Am Sudrand des Hessenwaldes westlich von Verdun wurde ein französischer Fesselballon heruntergeschossen.

Am 9. August um 11 Uhr abends warf ein feindlicher Flieger auf Cadzand (auf holländischem Gebiet in der Nähe der belgischen Grenze) Bomben.

Zwischen Bellingen und Rheinweiler (südlich von Müllheim in Baden) ınußte ein französisches Flugzeug im Feuer unserer Ab- wehrgeschütze landen; Führer und Beobachter sind gefangen ge- nommen. Bei Pfirt wich ein feindlicher Flieger, durch unser Feuer gezwungen, auf Schweizer Gebiet aus.

Auf der Westfront von Kowno wurde der Angriff unter ständigen Gefechten näher an die Fortlinie herangetragen. Hier- bei machten wir wieder einige hundert Russen zu Gefangenen. 4 Geschütze wurden erbeutet.

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Truppen der Armee des Generals von Scholtz durchbrachen gestern nachmittag die Fortlinie von Lomza, erstürmten Fort 4 und nahmen heute bei Tagesanbruch die Festung.

Südlich von Lomza wurde die Straße nach Ostrow kampfend überschritten. Ostrow wird noch vom Gegner gehalten. Von Bojany, westlich von Brok, bis zur Bugmündung haben unsere Truppen diesen Fluß erreicht.

Seit dem 7. August wurden hier 23 Offiziere, 10100 Mann zu Gefangenen gemacht.

Östlich von Warschau ist die Armee des Prinzen Leopold von Bayern bis nahe an die Straße Stanislawow—Nowo-Minsk gelangt.

Die Armee des Generalobersten von Woyrsch erreichte in der Verfolgung die Gegend nördlich und östlich von Zelechow; sie nahm Anschluß an den von Süden vordringenden linken Flügel der Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen. Auf der Front von Ostrow bis zum Bug wurden die feindlichen Nach- huten auf ihre Hauptkräfte zurückgeworfen.

Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. | Wien, 10. August

Amtlich wird verlautbart: Die Verfolgung des aus dem Weichsel lande weichenden Gegners dauert an. Die Truppen des Generals von Koeveß haben den Raum südöstlich von Zelechow genommen. Ihnen schlossen sich die über den unteren Wieprz vorgerückten Teile der Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand an. Auch das Wieprz-Knie bei Kock ist an mehreren Stellen überschritten. Weiter östlich in der Front bis zum Bug nahmen unsere Verbündeten eine Reihe von feindlichen Nachhutstellungen. Am Bug und an der Zlota-Lipa ist die Lage unverändert. Bei Czernelica auf dem Südufer des Dnjestr bemächtigten sich innerösterreichische und küstenländische Heeres- und Landwehr- regimenter einer brückenkopfartigen Stellung, welche die Russen bis- her hartnäckig zu behaupten wußten. Der Feind flüchtete über den Fluß und ließ 22 Offiziere und 2800 Mann als Gefangene und 6 Ma- schinengewehre, viel Fuhrwerk und zahleiches Kriegsmaterial in unserer Hand.

Die täglichen Geschitzkampfe an der Südwestfront hielten auch gestern an. Im Görzischen und bei Plava steigerten sie sich zuweilen zu bedeutender Heftigkeit. Drei italienische Angriffe gegen den nar’

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Westen vorspringenden Teil des Plateaus von Doberdo und ein Vorstoß des Feindes bei Zagora (südwestlich Plava) wurden abgewiesen. Sonst hat sich nichts von Bedeutung ereignet. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zeppelinangriffe auf die englische Ostküste. Berlin, 10. August.

In der Nacht vom 9. zum 10. August führten unsere Marine- luftschiffe Angriffe gegen befestigte Küsten- und Hafenplätze der englischen Ostküste aus. Trotz starker Gegenwirkung wurden britische Kriegsschiffe auf der Themse, die Docks von London, ferner der Torpedobootsstützpunkt Harwich und wichtige Anlagen am Humber mit Bomben beworfen. Es konnten gute Wirkungen beobachtet werden. Die Luftschiffe sind von ihrer erfolgreichen Unternehmung zurückgekehrt.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

Die Türkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 10. August.

An der Dardanellenfront wiesen wir am 9. August nördlich von Ari Burun von neuem einen feindlichen Angriff ab und fügten dem Feinde schwere Verluste zu. Weiter nördlich vertrieben wir den Feind durch einen kräftigen Angriff am Ufer. Wir nahmen 4 Offiziere und 50 Mann gefangen und erbeuteten 2 Maschinengewehre, ferner heliostatische und Telephonanlagen, sowie eine Menge von Waffen. Bei Ari Burun er- oberten wir auf dem linken Flügel durch Bajonettangriff einen Teil des von den Feinden in den letzten Tagen besetzten Grabens zurück. Bei Sedd-ul-Bahr besetzten wir auf dem linken Flügel den größten Teil eines Grabens, der sich abgesondert zwischen uns und dem Feinde befand. An den übrigen Fronten hat sich nichts Wichtiges ereignet.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 11. August. Nördlich von Souchez wurde ein französischer Handgranaten- angriff abgeschlagen. Bei Courcy nördlich von Reims versuchten die Franzosen einen von ihnen vor unserer Front gesprengten Trichter zu besetzen.

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Sie wurden daran gehindert, der Trichter wurde von uns in Besitz genommen.

Unsere Infanterie wies am späten Abend einen Angriff auf den Lingekopf ab.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg.

Schwadhliche Vorstöße, die die Russen in den letzten Tagen langs der Straße Riga—Mitau machten, wurden leicht abgewiesen. Sonst nördlich des Njemen keine Veränderungen.

Ein Angriff starker russischer Kräfte aus Kowno heraus scheiterte. Die Zahl der dort seit dem 8. August gefangenen Russen erhöhte sich auf 2116, die der Maschinengewehre auf 16.

Östlich von Lomza dringen unsere Truppen gegen die Bobr- Narewlinie vor. Der Gegner hält noch im Brückenkopf bei Wizna.

Südlich von Lomza weicht die ganze russische Front. Die stark ausgebaute Czerwony-Bor-Stellung konnte vom Feinde nicht gehalten werden. Unsere verfolgenden Armeen überschritten den Czerwony-Bor und dringen östlich desselben vor. Der Bahn-Knoten- punkt südöstlich von Ostrow wurde genommen.

Östlich von Nowo-Georgiewsk wurde das vom Feinde geraumte Fort Benjaminow besetzt. Die Festungen Nowo-Georgiewsk und Brest-Litowsk wurden von unseren Luftschiffen mit Bomben belegt.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern.

Die verbündeten Truppen erreichten in scharfer Verfolgung mit dem linken Flügel die Gegend von Kaluczyn; auf dem rechten Flügel stürmte die Armee des Generalobersten v. Woyrsch heute früh die feindlichen Nachhutstellungen beiderseits Jedlanka (west- lich von Lukow), es wurden über 1000 Gefangene gemacht.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen.

Die verbündeten Truppen sind im Angriff gegen feindliche Stellungen hinter den Abschnitten der Bystrzyca (südwestlich von Radzyn), der Tysmienica (westlich von Parczew) sowie in der Linie Ostrow—Uchrusk. Am oberen Bug und an der Zlota-Lipa ist die Lage unverändert.

Während die Russen auf ihrem langen Rückzuge aus Galizien und dem eigentlichen Polen die Wohnstätten und die Erntefrüchte überall in sinnlosester Weise zu vernichten suchten was ihnen allerdings bei der Eile, mit der sie sich bewegen mußten, häufig

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nur lückenhaft gelang —, haben sie diese Tätigkeit jetzt, wo sie in nicht mehr von rein polnischer oder ruthenischer Bovölkerung bewohnte Gegenden gelangt sind, eingestellt.

Oberste Heeresleitung.

Der Krieg zur See. Berlin, 11. August.

Am 10. August griffen unsere Ostseestreitkrafte die an der Einfahrt zu dem Alandsarchipel liegende befestigte Schäreninsel Utö an. Sie zwangen durch ihr Feuer die in der Einfahrt stehenden russischen Streitkräfte, unter ihnen einen Panzerkreuzer der Makaroffklasse, zum Rückzug und brachten die feindliche Küstenbatterie durch eine Anzahl guter Treffer zum Schweigen.

Am gleichen Tage trieben andere deutsche Kreuzer russische Torpedoboote, die sich bei Zerel, am Eingang zum Rigaischen Meerbusen gezeigt hatten, in diesen zurück. Auf einem feind- lichen Torpedobootszerstörer wurde ein Brand beobachtet.

Unsere Schiffe wurden wiederholt von feindlichen Untersee- booten angegriffen. Sämtliche auf sie abgeschossene Torpedos gingen fehl. Unsere Schiffe erlitten weder Beschädigungen noch

Verluste. Der stellvertretende Chef des Admiralstabes gez. Behncke.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 11. August.

Amtlich wird verlautbart: Die über den Wieprz vorgedrungenen österreichisch-ungarischen Truppen vertrieben gestern den Feind aus der Gegend nordwestlich Kozk und setzten die Verfolgung in nord- östlicher Richtung fort. Zwischen der oberen Tysmienica und dem Bug, wo die Russen in der Linie Ostrow—Uchrusk neuerlich festen Fuß gefaßt haben, ist der Angriff der Verbündeten im Gange. Sonst im Nordosten nichts Neues.

Die Artillerie- und Angriffstätigkeit der Italiener an der küsten- landischen Front nahm gestern wieder an Umfang zu. Am Rande des Plateaus von Doberdo griffen stärkere feindliche Kräfte unsere Stellungen östlich Monfalcone an. Diese verblieben nach erbitterten Kämpfen ausnahmslos in unserem Besitz. Der abgeschlagene Gegner erlitt namentlich durch flankierendes Geschützfeuer schwere Verluste. Zwei Angriffe gegen den nach Westen vorspringenden Plateauteil

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wurden schon durch unsere Artillerie erstickt. Gegen den Görzer Brückenkopf versuchten sich die Italiener bei Pevna an die Hinder- nisse heranzuarbeiten; hier wurden sie mit Handgranaten vertrieben. Ein in der Dunkelheit bei Zagora (südöstlich Plava) angesetzter feind- licher Angriff mißlang ebenso wie der vorgestrige.

Im Kärntner und Tiroler Grenzgebiet ist die Lage unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See. Berlin, 11. August.

Nach kühnem Durchbruch durch die feindlichen Bewachungs- streitkräfte hat S. M. Hilfsschiff „Meteor“ an verschiedenen Stellen der britischen Küste Minen geworfen und sodann Handelskrieg geführt.

In der Nacht vom 7. zum 8. August stieß er südöstlich der Orkneyinseln auf den britischen Hilfskreuzer „The Ramsey“, griff ihn an und vernichtete ihn, wobei er 40 Mann der Be- satzung, darunter 4 Offiziere, retten konnte. Am folgenden Tage wurde er von 4 britischen Kreuzern gestellt. Da ein Kampf aussichtslos und ein Entkommen unmöglich war, versenkte der Kommandant sein Schiff, nachdem die Besatzung, die englischen Gefangenen und die Mannschaft eines als Prise versenkten Seglers geborgen worden waren. Die gesamte Besatzung des „Meteor“ hat wohlbehalten einen deutschen Hafen erreicht.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes der Marine gez. Behncke.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 12. August.

In den Argonnen eroberten wir nördlich von Vienne-le-Chateau eine französische Befestigungsgruppe, das „Martinswerk“, machten 74 unverwundete Gefangene, darunter 2 Offiziere, und erbeuteten 2 Maschinengewehre und 7 Minenwerfer. Der Feind erlitt große blutige Verluste. Bei der Wegnahme eines feindlichen Grabens nordostlicn La Harazee fielen einige Gefangene in unsere Hand. Unter Zurücklassung von 40 Toten floh der Rest der Besatzung.

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Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg.

In Kurland und Samogitien ist die Lage unverändert.

Sudlich des Njemen schlugen die Truppen der Armee des Ge- nerals von Eichhorn einen mit erheblichen Kräften am Dawinaab- schnitt unternommenen Angriff blutig ab. Der Gegner ließ 700 Ge- fangene in unseren Händen.

Die Armee des Generals von Scholtz nahm den Brückenkopf von Wizna und warf südlich des Narew den Feind über den Gac- fluß. Seit dem 8. August machte die Armee 4950 Mann, darunter 11 Offiziere, zu Gefangenen und erbeutete 12 Maschinengewehre.

Die Armee des Generals von Gallwitz stürmte Zambrowo und drang weiter südlich unter ständigen Kämpfen über Andrzejow in östlicher Richtung vor.

Vor Nowo Georgiewsk nichts Neues.

Eins unserer Luftschiffe belegte den Bahnhof Bialystok mit Bomben. Größere Explosionen wurden beobachtet.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern.

Unter vielfachen Kämpfen mit feindlichen Nachhuten wurde die Verfolgung fortgesetzt und der Muchawkaabschnitt überschritten. Lukow ist besetzt.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen.

Nachdem die verbündeten Truppen an mehreren Punkten in die zähe verteidigten feindlichen Stellungen eingebrochen waren, sind die Russen seit heute nacht auf der ganzen Front zwischen Bug und Parczew im Rückzug.

Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Boricht. Wien, 12. August.

Amtlich wird verlautbart: Die nördlich des unteren Wieprz verfolgenden österreichisch-ungarischen Kräfte haben heute Lukow genommen und die Bystrzyca westlich Radzyn überschritten. Zwischen der Tysmienica und dem Bug wurden gestern die Russen von unseren Verbündeten an mehreren Stellen geworfen. Der Feind raumte heute früh das Gefechtsfeld und zieht sich zurück. Sonst ist die Lage un- verändert.

An der küstenländischen Front wurde in der vergangenen Nacht ein größerer feindlicher Angriff gegen den vorspringenden Teil des

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Plateaus von Doberdo und zwei Vorstöße bei Zagora, denen unter Tag eine heftige Artillerievorbereitung vorgegangen war, unter großen Verlusten der Italiener abgewiesen. Vor dem Görzer Brücken- kopf herrscht Ruhe. An den übrigen Fronten dauern die Geschütz- kampfe und Plänkeleien fort.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See.

Wien, 12 August. Am II. August früh beschossen unsere Fahrzeuge die italienischen Kustenbahnanlagen von Molfetta bis Seno San Giorgio. In Molfetta wurden vier Fabriken und zwei Straßenbahnviadukte stark zerschossen. Ein Viadukt stürzte ein, eine Fabrik geriet in Brand. In San Spirito sind der Bahnhof und verschiedene Depots bis auf den Grund niedergebrannt. In Bari wurde das Kastell, der Semaphor, die Bahn und fünf Fabriken beschossen, von welch letzteren eine in Flammen aufging. Ganz Barı war in Staub- und Rauchwolken gehüllt, in der Bevölkerung herrschte Panik. Italienische Geschütze mittleren Kalibers richteten ihr Feuer erfolglos gegen unsere Zerstörer; auch der Angriff eines feindlichen Unterseebootes mißlang. Der Bahnviadukt über Seno San Giorgio wurde durch unser Feuer stark be- schädigt. Unsere Fahreuge sind alle völlig unversehrt heimgekehrt. Von den feindlichen Seestreitkraften war außer dem erwähnten Unterseeboot vor Barı nichts zu sehen. Flottenkommando.

Die Turkei im Kriege. Der Bericht des turkischen Hauptquartiers.

Konstantinopel, 12. August.

An der Dardanellenfront wiesen wir am 10. August vier feindliche Angriffe auf unsere Stellungen zurück; der Feind verlor 3000 Tote bei einem Angriff gegen eine türkische Division. Unsere Truppen machten einen Gegenangriff, warfen den Feind aus seinen Stellungen und nahmen zwei Maschinengewehre. Bei Sedd-ul-Bahr ließ der Feind am 10. August nachmittags vor unserem rechten Flügel zwei Minen springen und griff an, wurde aber mit Verlusten zurückgeschlagen. Am Il. August vor- mittags vernichteten wir eine feindliche Streitmacht vollständig, die auf eine Kompagnie geschätzt wurde und einen Teil der Schützengräben unseres linken Flügels anzugreifen suchte.

Von den anderen Fronten nichts Bemerkenswertes.

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Der Krieg zur See.

Reiche U-Bootbeute. baie 12 Acra Nach einer Lloydsmeldung sind die Fischerfahrzeuge Utopia. „Oceansgift“, „Esteraste“, „George Borrow”, „Young Admiral”, „George Crabbe”, „Illustrious“, „Calm“, „Tresoire und „Welcome versenkt und die Besatzungen gerettet worden. Das gleiche Schicksal erfuhren auch der britische Dampfer „Oakwood“ und die norwegische Bark „Morna“, deren Besatzungen gleichfalls gerettet worden sind.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 13. August.

In den Argonnen wurden mehrere französische Angriffe auf das von uns genommene Martinswerk abgeschlagen.

Boi Zeebrügge wurde ein englisches Wasserflugzeug herunter- geschossen; der Führer ist gefangengenommen. Bei Rougemont und Sentheim (nordöstlich von Belfort) zwangen unsere Flieger je ein feindliches Flugzeug zur Landung.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg.

Die Angriffstruppon gegen Kowno machten Fortschritte.

Am Dawinaabschnitt wiederholten die Russen ihre Angriffe ohne jeden Erfolg.

Zwischen Narew und Bug ging es weiter vorwärts, obgleich der Gegner immer neue Kräfte an diese Front heranführt und sein Widerstand von Abschnitt zu Abschnitt gebrochen werden muß.

Die Armee des Generals von Scholtz machte gestern 900 Ge- fangene und erbeutete 3 Geschütze und 2 Maschinengewehre.

Bei der Armee des Generals von Gallwitz wurden seit dem 10. August 6550 Russen, darunter 18 Offiziere, gefangengenommen und 9 Maschinengewehre und ein Pionierdepot erbeutet.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern. Unsere in Gewaltmarschen verfolgenden Truppen haben kampfend die Gegend von Sokolow und nachdem die Stadt. Siedlice gestern genommen war den Liwiecabschnitt (südlich von Mordy) erreicht. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen.

Die verbündeten Truppen sind auf der ganzen Front in voller

"Verfolgung.

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Bei der Vorbewegung stoßen die deutschen Marschsaulen auf allen Straßen auf die zurückströmende arme polnische Landbe- volkerung, die von den Russen, als sie den Rückzug antraten, mit- geführt worden war, jetzt aber, da sie den recht eiligen russischen Truppenbewegungen natürlich nicht mehr folgen kann, im tiefsten

Elend freigegeben ist. Oberste Heeresleitung.

Berlin, 13. August.

Unsere Marineluftschiffe haben in der Nacht vom 12. zum 13. August ihren Angriff auf die englische Ostküste erneuert und hierbei die militärischen Anlagen in Harwich mit gutem Erfolg beworfen. Trotz starker Beschießung durch die Be- festigungen sind sie unbeschädigt zurückgekehrt.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes der Marine gez. Behncke.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 13. August.

Amtlich wird verlautbart: In Ostgalizien und im Raume von Wladimir-Wolynskij ist die Lage unverändert. Westlich des Bug setzen unsere Armeen die Verfolgung des schrittweise zurückweichenden Gegners fort. Die nördlich des unteren Wieprz vordringenden öster- reichisch-ungarischen Truppen sind bis Radzyn gelangt. Unsere Ver- bündeten nähern sich Wlodawa.

An der küstenländischen Front unternahm der Feind gestern und in der vergangenen Nacht wieder einige Annaherungsversuche, die jedoch schon durch das Feuer unserer Artillerie abgewiesen wurden. Ein italienisches Lager bei Cormons wurde mit Erfolg beschossen. Im Kärntner Grenzgebiet ist die Lage unverändert. An der Tiroler Grenze wurde südlich Schluderbach gekämpft. Der feindliche An- griff war auch hier vergebens; die Verteidiger blieben im vollen Be- sitz aller ihrer Stellungen. Die zurückgehenden Italiener wurden von ihrer eigenen Artillerie beschossen. Im Etschtale vertrieb einer unserer Panzerzüge die feindlichen Feldwachen aus den Ortschaften Serravalle und Chizzola.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Der Krieg zur See. Wien, 13. August. Unser Unterseeboot XII ist von einer Kreuzung in der Nord- adria nicht zurückgekehrt. Laut amtlicher italienischer Meldung wurde es mit der ganzen Bemannung versenkt. Am 10. d. Mts. zu Mittag ist ein feindliches Unterseeboot im Golf von Triest durch eine Mine vernichtet worden. Von der Besatzung konnte niemand gerettet werden. Am selben Tage und am darauffolgenden belegten unsere Seeflugzeuge die vom Feinde besetzte Insel Pelagosa mit Bomben und erzielten mehrere wirksame Treffer am Leuchthaus, an der Radio- station, an einem Wohngebäude, im aufgestapelten Material und in der Abwehrmannschaft. Ein feuerndes Geschütz mittleren Kalibers wurde voll getroffen, ein Maschinengewehr demontiert, ein Tender versenkt. Die Flugzeuge sind trotz heftiger Beschießung wohlbehalten eingerückt. Flottenkommando.

Die Türkei im Kriege.

Konstantinopel, 13. August.

In der Nacht vom Il. zum 12. August schlugen wir nördlich von Ari Burun leicht einen schwachen Angriff des Feindes zurück. Wir machten auch einige Gefangene. Wir nahmen in dieser Gegend innerhalb dreier Tage 8 Maschinengewehre mit der dazugehörigen Munition, von denen wir 5 sofort gegen den Feind verwendeten. Unsere Artillerie traf vor Ari Burun einen feindlichen Panzer, der sich entfernte, Bei Sedd-ul-Bahr nahmen wir auf dem rechten Flügel im Sturm einen feindlichen Graben in einer Lange von 100 m.

Auf den anderen Fronten nichts von Bedeutung.

Zur Kriegslage.

Großes Hauptquartier, 14. August. In den Argonnen wurden am Martinswerk neue Fortschritte gemacht. Die Zahl der Gefangenen stieg auf 4 Offiziere, 240 Mann.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg.

Nördlich des Njemen in der Gegend von Alesow, Kupischky, Weschinty und Kowarsk entwickelten sich neue Kämpfe.

Vor Kowno nahmen unsere Angriffstruppen den befestigten Wald von Dominikanka, dabei wurden 350 Gefangene gemacht.

737

Zwischen Narew und Bug erreichten unsere Armeen in scharfem Nachdrängen den Slina- und Nurzecabschnitt, an dem der Gegner zu erneutem Widerstand Halt gemacht hat.

Im Norden von Nowo-Georgiewsk wurde eine starke Vor- stellung erstürmt; 9 Offiziere, 1800 Mann und 4 Maschinengewehre fielen in unsere Hände.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern.

Verbündete Truppen nähern sich dem Bug nordöstlich von Sokolow. A

Westlich der Linie Losice—Miendzyrzec versuchte der Feind durch hartnackige Gegenstöße die Verfolgung zum Stehen zu bringen; alle Angriffe wurden abgeschlagen.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen.

Der in den Kämpfen des 10. und 11. August geschlagene Feind fand gestern nicht mehr die Kraft, sich den unaufhaltsam vordringenden verbündeten Truppen zu widersetzen. Die Armeen überschritten in der Verfolgung die Straße Radzyn—Dawidy— Wlodawa. Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 14. August.

Amtlich wird verlautbart: Die im Raume westlich des Bugs vordringenden verbündeten Armeen trieben auch gestern in der Ver- folgung die Nachhuten des Gegners vor sich her. Österreichisch-ungarische Kräfte haben, beiderseits der Bahn Lukow—Brest-Litowsk vorrückend, den Raum westlich und südlich Miendzyrzec erreicht. Deutsche Truppen gewannen die Gegend von Wisznice und drangen über Wlodawa hinaus. In Ostgalizien nichts Neues.

Gestern abend wurden an verschiedenen Teilen der Südwest- front feindliche Angriffe abgewiesen; so im Tiroler Grenzgebiete an der Fedajastellung und an der Popenalinie (südlich Schluderbach), im Görzischen am Monte dei sei Busi und auf den Höhen östlich Monfalcone. Überall blieben die alten Stellungen vollständig in un- serem Besitz. Nachts fuhr einer unserer Panzerzüge bis zur Einfahrt in den Bahnhof von Monfalcone vor und beschoß feindliche Infanterie auf den Hängen von La Rocca und Trains bei den Adriawerken.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

738 Die Türkei im Kriege.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 14. August.

An der Dardanellenfront schlugen wir am 12. August nördlich von Ari Burun einen gegen unseren rechten Flügel in der Ebene von Ana- farta gerichteten feindlichen Angriff durch einen Gegenangriff zurück. Wir trieben den Feind bis einige hundert Meter hinter seine früheren Stellungen und machten einige Gefangene, darunter einen Offizier. Unsere Artillerie zerstreute durch ihr wirksames Feuer am 13. August in der Ebene von Anafarta ein feindliches Infanteriebataillon und zwang es zu aufgelöster Flucht in der Richtung auf Kemikliliman. Die feindlichen Schiffe, die sich vor Kemikliliman befanden, zogen sich vor unserem Feuer zurück. Bei Ari Burun beschossen wir die feindlichen Landungsbrücken und brachten dem Feinde große Verluste bei. In dieser Gegend ver- senkten wir auch eine Schaluppe, die mit Soldaten bemannt war. Bei Sedd-ul-Bahr zerstörte unsere Artillerie auf dem linken Flügel die zum Bombenwerfen errichteten Werke. An der Küste von Kumkale vertrieben unsere Batterien durch ihr Feuer die feindlichen Torpedobootszerstorer, die vor der Meerenge kreuzten. Der Feind machte in diesen Tagen häufig von Dum-Dumgeschossen Gebrauch. Die feindlichen Flieger warfen am Abend des 12. August und am Morgen des 13. August von neuem Bomben auf die Hospitäler von Ari Burun, die das Zeichen des Roten Kreuzes tragen. Dabei wurden neun Soldaten verletzt. Wir erwähnen diese beiden Tatsachen mit Bedauern. Auf den übrigen Fronten nichts Wichtiges.

Deutsches Unterseeboot im Agaischen Meer. Konstantinopel, 14. August. Das Hauptquartier teilt mit: Am 14. August hat ein deutsches Unterseeboot im Agaischen Meer ein 10000 Tonnen großes Transport- schiff mit Soldaten versenkt. Nur sehr wenige Soldaten wurden durch ein Hospitalschiff gerettet.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 15. August.

In den Argonnen wurde das Martinswerk ausgebaut. 350 in ihm gefallene Franzosen wurden beerdigt.

Die mehrfache Beschießung der Stadt Münster im Fechttal be- antworteten wir mit einer Beschießung des Eisenbahnviertels von St. Die. Das daraufhin auf Markirch verlegte Feuer des Feindes wurde eingestellt, als sich unsere Artillerie gegen die französischen Unterkunftsorte wandte.

739

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg.

Truppen des Generals von Below warfen die Russen in der Gegend von Kupischky nach Nordosten zurück. Sie machten vier Offiziere, 2350 Mann zu Gefangenen und nahmen ein Maschinen- gewehr.

Ein russischer Ausfall aus Kowno wurde zurückgeschlagen, 1000 Gefangene fielen in unsere Hand. Unsere Angriffstruppen arbeiteten sich näher an die Festuug heran.

Zwischen Narew und Bug hielten die Russen in der gestern gemeldeten Linie hartnäckig stand. Der Nurzec-Übergang ist am spaten Abend von unseren Truppen erzwungen. Die Armee des Generals von Scholtz machte gestern über 1000 Gefangene, die Armee des Generals von Gallwitz nahm 3550 Russen gefangen (darunter 14 Offiziere) und erbeutete 10 Maschinengewehre.

Der Ring um Nowo-Georgiewsk schließt sich enger. Auf allen Fronten wurde Gelände gewonnen.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern.

Dem Vordringen der Heeresgruppe setzte der Feind ebenfalls zähen Widerstand entgegen. Im Laufe des Tages gelang es, die feindlichen Stellungen bei und nördlich von Losice und halbwegs zwischen Losice und Miendrzyrzec zu durchbrechen; der Gegner weicht. Allein die Truppen des Generalobersten von Woyrsch machten vom 8. bis 14. August 4000 Gefangene darunter 22 Offiziere und erbeuteten 9 Maschinengewehre.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen.

Der geschlagene Feind versuchte gestern in der Linie Ro- sanka (nördlich von Wlodawa) südwestlich von Slawatycze— Horodyszcze—Miendrzyrzec wieder Front zu machen. Unter dem Druck unseres sofort einsetzenden Angriffs setzt der Gegner seit heute früh den Rückzug fort. Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. Wien, 15. August.

Amtlich wird verlautbart: Der Gegner machte gestern an der ganzen Front westlich des Bug in vorbereiteten Stellungen erneut Halt. Die verbündeten Heere griffen an und bahnten sich an zahl- reichen Punkten den Weg in die feindlichen Linien. Seit heute früh befinden sich die Russen abermals überall im Rückzuge,

740

An der Südwestfront herrscht im allgemeinen eine erhöhte Ge- fechtstätigkeit. Im Görzischen sandte unsere Artillerie einige Bomben nach San Canziano, worauf der Feind aus dem Orte flüchtete; weiter zersprengte sie ein großes italienisches Lager bei Cormons. Ein schwächlicher gegnerischer Angriff bei Redipuglia wurde durch unser Feuer schon im Keime erstickt. Gegen den Görzer Brückenkopf unterhielten die Italiener mäßiges Geschützfeuer. Im Abschnitte von Tolmein bis zum Krn setzte gestern früh nach starker Artillerievor- bereitung ein Ängriff beträchtlicher feindlicher Kräfte ein, der allent- halben abgewiesen wurde. Auch im Gebiete von Flitsch und an der Kärntner Front hatten die Geschützkäampfe größeren Umfang als ge- wöhnlich. Nachts setzte der Feind das Feuer auf unsere Kampflinien am Großen Pal, Freikofel und Kleinen Pal heftig fort. Ein gegen unsere Stellung am Kleinen Pal um Mitternacht unternommener An- griff brach vollständig zusammen. Im Tiroler Grenzgebiete wurden mehrere italienische Angriffe auf unsere Grenzstellungen westlich des Kreuzberges, im Gebiete der Rotwandspitze, des Bachertales und der Dreizinnenhütte abgewiesen. Auf den Plateaus von Lavarone und Folgaria beschoß unsere schwere Artillerie die feindlichen Werke Campomolon und Toraro mit sichtlichem Erfolg.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 16. August. Nördlich von Ammerzweiler (nordöstlich von Dammerkirch)

brach ein französischer Teilangriff vor unsern Hindernissen im Feuer zusammen.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg.

Bei weiteren erfolgreichen Angriffen gegen die vorgeschobenen Stellungen von Kowno wurden gestern 1730 Russen (darunter 7 Offiziere) gefangengenommen.

Der mit dem erfolgreichen Nurzec-Ubergang angebahnte Durch- bruch der russischen Stellungen gelang in vollem Umfange. Dem von der Durchbruchstelle ausgehenden Druck und den auf der ganzen Front erneut einsetzenden Angriffen nachgebend, weicht der Gegner aus seinen Stellungen vom Narew bis zum Bug. Unsere ver.

741

folgenden Truppen erreichten die Höhe von Bransk. Uber 5000 Gefangene fielen in unsere Hand.

Bei Nowo-Georgiewsk wurden die Verteidiger weiter auf den Fortgürtel zurückeworfen.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern.

Der linke Flügel erzwang in der Nacht den Übergang über den Bug westlich von Drohiszyn.

Nachdem Mitte und rechter Flügel am gestrigen Vormittag Losice und Miendzyrzec durchschritten hatten, stießen sie an den Abschnitten der Toczna und Klukowka (zwischen Drohiszyn und Biala) auf erneuten Widerstand; er wurde heute bei Tagesanbruch östlich von Losice durch den Angriff schlesischer Landwehr ge- brochen. Es wird verfolgt.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen.

Die Verfolgung wurde fortgesetzt; Biala und Slawatysze sind durchschritten.

Östlich von Wlodawa dringen unsere Truppen auf dem Ost- ufer des Bug vor. Oberste Heeresleitung.

Der Wiener amtliche Bericht. | Wien, 16. August.

Amtlich wird verlautbart: Im Raume westlich des Bug nahm die Verfolgung der Russen raschen Fortgang. Die im Zentrum der Verbündeten vordringenden österreichisch-ungarischen Kräfte hefteten sich dem westlich Biala über die Klikawka weichenden Feind an die Fersen. Die Divisionen des Erzherzogs Joseph Ferdinand gewannen abends unter Kämpfen den Raum südlich und südwestlich von Biala, überbrückten in der Nacht die. Krzna und überschritten sie heute früh. Feindliche Nachhuten wurden, wo sie sich stellten, angegriffen und geworfen. Die Truppen des Generals von Koeveß drängten den Gegner über die obere Klikawka zurück. In der Gegend von Biala und gegen Brest-Litowsk hin sieht man zahlreiche ausgedehnte Brände. Bei Wladimir-Wolinsky, wo wir an mehreren Stellen auf dem öst- lichen Bugufer festen Fuß gefaßt haben, und in Ostgalizien ist die Lage unverändert.

An der Tiroler Front eröffnete gestern die feindliche schwere Artillerie nach längerer Pause wieder das Feuer gegen unsere Werke, und zwar insbesondere gegen jene am Tonalepaß und auf den Pla-

teaus von Lavarone und Folgaria. Angriffsversuche italienischer In-

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fanterie an der Tonalestraße und auf die Popenastellung (südlich Schluderbach) und im Dreizinnengebiete wurden abgewiesen. Ebenso scheiterten an der kustenlandischen Front erneute Angriffe des Feindes im Gebiete südlich des Krn und ein Vorstoß gegen den vorspringen- den Teil des Plateaus von Doberdo.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes

von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See.

Wien, 16. August. Eines unserer Seeflugzeuge belegte am 15. August nachmittags vier Küstenforts von Venedig mit Bomben, von denen alle mit Aus nahme einer einzigen innerhalb der Werke explodierten. Von fünf zur Verfolgung startenden feindlichen Fliegern wurden zwei beim Aufstieg durch Maschinengewehrfeuer zur Umkehr und zur Landung gezwungen, zwei gaben die Verfolgung nach einiger Zeit auf, wah- rend der letzte feindliche Flieger unserem Flugzeuge bis ın die Nähe der istrianischen Küste folgte, wo er ohne Erfolg erzielt zu haben umkehren mußte. Unser Seeflugzeug ist trotz heftiger Beschießung durch die feindlichen Kriegsschiffe und Forts wohlbehalten eingerückt. Laut amtlicher italienischer Veröffentlichung ist unser „U 3“ am 12. August in der südlichen Adria versenkt worden. Der zweite Offizier und Il Mann des Unterseebootes wurden gerettet und ge-

fangengenommen. | Flottenkommando.

Die Turkei im Kriege.

Der Bericht des turkischen Hauptquartiers. Konstantinopel, 16. August.

An der Dardanellenfront setzte der Feind, der seit dem 6. und 7. August fünf neue Divisionen gelandet hat, diese Kräfte ein, um unsere Stellungen zu beherrschen. Dank des heldemütigen Widerstandes unserer Truppen und ihrer Gegenangriffe errang der Feind kein Ergebnis, obwohl er die Hälfte dieser neuen Kräfte dabei verlor; er halt sich nur auf den Uferabhängen. Am 15. August warfen wir in der Umgebung von Ana- farta einen feindlichen Angriff mit bedeutenden Verlusten für den Gegner zurück. Wir nahmen einen Hauptmann und einige Soldaten gefangen und erbeuteten zwei Maschinengewehre sowie eine Menge Gewehre. Unsere Truppen besitzen gegenwärtig überall Stellungen, die die feindliche Stellung beherrschen. Unsere Artillerie traf vor Ari Burun ein feind- liches Torpedoboot, das sich brennend entfernte. Bei Sedd-ul-Bahr brachten

743

wir auf unserem rechten Flügel, zwei bis drei Meter von den feindlichen

Gräben entfemt, eine Mine zur Explosion, wodurch die feindliche Stellung

mit ihrem Minenwerfer und Drahtverhauen zusammenstürzte. Der Feind

antwortete die ganze Nacht mit einer erfolglosen Vergeudung von Munition. Auf den übrigen Fronten nichts von Bedeutung.

Zwei Millionen Kriegsgefangene.

Nach einer Aufstellung der „Frankf. Ztg.“ sind zwei Millionen Feinde den deutschen und den österreichisch-ungarischen Truppen seit Kriegsbeginn in die Hände gefallen. Während die erste Million nach 6 Monaten und 3 Wochen erreicht war, hat es eines Monats weniger bedurft, um diese reiche Ernte zu verdoppeln. Die zwei Millionen verteilen sich nunmehr auf die Heere der feindlichen Koa- lition wie folgt:

Die Westfront. die seit Monaten fast unverändert besteht, hat etwa 331 000 Franzosen, Belgier und englische Gefangene eingebracht.

Unsere Verbündeten haben auf dem südöstlichen Kriegsschau- platze 23 000 serbische Gefangene gemacht, der Rest entfällt auf die russische Armee, die | 654 000 Mann verloren hat durch Gefangen-

nahme. Mehr als die Hälfte davon sind in den letzten Monaten in den

Händen unserer Truppen geblieben. Im Mai wurden in Galizien, Polen und im Norden 301 000 Gefangene, im Juni 220 000 und in der ersten Hälfte des Juli 32 000 Gefangene gemacht. Am 14. Juli begann der Generalangriff der verbündeten Armee gegen die pol- nische Festungslinie. Er brachte gegen Ende Juli 190 000, im August weitere 95 000 Gefangene, so daß die russischen Armeen seit dem 14. Juli wieder 285000 Mann an Gefangenen eingebüßt haben.

In diese Zahlen sind die Gefangenen nicht eingerechnet, die von unseren türkischen Verbündeten und von den Österreichern und Ungarn auf der italienischen Front gemacht worden sind.

Zur Kriegslage. Großes Hauptquartier, 17. August.

Vor Ostende vertrieb unsere Küstenartillerie zwei feindliche Zerstörer.

In den Ost-Argonnen wurde bei La Fille Morte ein französischer Graben genommen.

Bei Bapaume fiel ein englisches Flugzeug in unsere Hand, die Insassen zwei Offiziere sind gefangengenommen.

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Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg.

Weitere Kämpfe in der Gegend von Kupischky waren erfolg- reich. 625 Gefangene (darunter 3 Offiziere) und 3 Maschinengewehre fielen in unsere Hand.

Truppen der Armee des Generalobersten von Eichhorn unter Führung des Generals Litzmann erstürmten die zwischen Njemen und Jefia gelegenen Forts der Südwestfront von Kowno. Uber 4500 Russen wurden zu Gefangenen gemacht, 240 Geschütze und zahlreiches sonstiges Gerät erbeutet.

Die Armeen der Generale von Scholtz und von Gallwitz warfen unter fortgesetzten Kämpfen den Gegner weiter in östlicher Richtung zurück. 1800 Russen (darunter 11 Offiziere) wurden gefangen- genommen, 1 Geschütz und 10 Maschinengewehre eingebracht.

An der Nordostfront von Nowo-Georgiewsk wurden ein großes Fort und zwei Zwischenwerke im Sturm genommen. Auf den übrigen Fronten gelang es fast überall, den Gegner weiter zurück- zudrängen. Es wurden 2400 Gefangene gemacht, 19 Geschütze und sonstiges Material erobert.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern und Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen sind in weiterem siegreichen Fortschreiten.

In ihrem amtlichen Bericht vom 16. August behauptet die russische Heeresleitung, daß russische Vorhuten am 13. August bei Dunajow an der Zlota-Lipa zwei Reihen deutscher Schützengraben erobert und und deren Verteidiger niedergemacht hätten. Unseren an dieser Stelle kämpfenden Truppen ist nur eine russische Patrouillenunternehmung in der Nacht vom 12. zum 13. August bekannt, die völlig scheiterte, bei der der Gegner vier Tote und zwei Verwundete vor unserer Stellung ließ und die uns keinen Verlust brachte.

Oberste Heeresleitung.

Schluß des redaktionellen Teils.

Verantwortlich für die Redaktion: S. D. Gallwitz, Bremen.

Einsendungen von Manuskripten (unter Beifügung von Rückporto) an die Redaktion Bremen, Am Wall 163. Tel. 6495.

Verlag: Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft, Bremen. Druck: Hofkuchdruckerei H. M. Hauschild. Bremen.

Ein Beispiel für die Einwirkung des Krieges auf das Geschäftsleben.

Die Kaffee-Handels-Aktien-Gesellschaft, Bremen. II. Teil.

Der Aufmarsch unserer Heere nach dem Westen und dem Osten nahm die ersten Augustwochen in Anspruch. So lange mußte natürlich jeder geschäftliche Verkehr, soweit er sich auf den Versand von Waren erstreckte, fast gänzlich ruhen.

Als nach dieser Zeit die Briefschaften wieder regelmäßiger ein- trafen, zeigte es sich, daß die Kundschaft während der ersten Kriegs- zeit einen vollständigen Ausverkauf unseres Kaffee Hag zu verzeichnen hatte. Dieser große und schnelle Absatz fand seine Erklärung im besonderen noch darin, daß sich jede Hausfrau bei Ausbruch des Krieges mit oft außerordentlich umfangreichen Warenbeständen versah. Alles rechnete damit, daß während des Krieges eine ungeheure Nahrungsmittelknappheit und damit natürlich auch eine Teuerung eintreten würde. Es dachte niemand daran, daß die von den Eng- ländern angedrohte Blockade zu Anfang eine Wirkung so gut wie gar nicht auslösen würde. Man glaubte, daß für die Dauer des Krieges neue Ware nicht in unser Land kommen könne.

Die ausverkauften Lager hatten es zur Folge, daß wir Bestel- lungen über Bestellungen bekamen. In den ersten Wochen nach Wiedereröffnung des Postgüterverkehrs fehlte es uns somit an Arbeit keineswegs. Allerdings kam die Postbeförderung anfänglich nur lang- sam in Gang. Vor allen Dingen konnte nicht damit gerechnet werden, daß die Waren in derselben kurzen Zeit ihre Bestimmungsorte er- reichen würden, wie vor dem Ausbruch .des Krieges. Auch die sonst bei unserer Reichspost so sehr zu rühmende Sicherheit und Sorgsam- keit mußte da und dort vermißt werden. Die Schnellzugsverbindungen waren aufgehoben, die Personenzüge fuhren langsamer und nicht mehr in der gleichen Zahl. Es blieb immer noch der Kriegsfahrplan in Kraft. Auch mit manchen anderen Schwierigkeiten hatte es die Post noch zu tun. Die Einrichtung der Feldpost, die einen immer größeren Umfang annehmen mußte, verlangte Beamte, die für den Geschäfts- verkehr nachher fehlten. Auch meldeten sich aus der Postverwaltung wahrscheinlich eine große Anzahl junger Beamten freiwillig zu den Fahnen. Es konnte also nicht alles den gewohnten glatten Verlauf nehmen.

Die Bahn ließ mit der Freigabe des Güterverkehrs länger auf sich warten und auch dann konnte sie noch keine Gewähr für ord- nungsmäßige und rechtzeitige Ubermittlung der ihr überwiesenen Waren übernehmen. Sie hatte die Pflicht, sich immer noch in erster Linie in den Dienst der Heeresverwaltung zu stellen. Es war des- halb nicht zu vermeiden, daß bei vorzunehmenden Truppentransporten die Güterzüge oft längere Zeit stehen blieben. Außerdem konnte die Bahnverwaltung nicht in allen Fällen gedeckte Wagen für Stückgüter zur Verfügung halten. Für die unbeschädigte Ankunft solcher Sen- . dungen konnte somit ebenfalls keine Sicherheit geboten werden. Die Bahnverwaltung mußte sogar in Anbetracht der Lage jede Gewährung eines Schadenersatzes ablehnen.

Wir mußten bei der Empfindlichkeit unserer Ware natürlich um einen weitgehenden Schutz besorgt sein. Es blieb uns infolgedessen nichts anderes übrig, als ausschließlich Post- und nachher auch Eilgut- beförderung in Anspruch zu nehmen. Für Eilgutlieferungen wurde von der Bahnverwaltung das Unterbringen der Waren in geschlossenen Wagen zugesagt. Aus der Inanspruchnahme dieser Versandver- mittlungen erwuchsen uns doppelte, oft dreifache Kosten, die in ihrem vollen Umfange von uns allein getragen werden mußten.

Aber nicht allein in den notwendigen Bemühungen um einen schnellen und zweckmäßigen Versand unseres Kaffee Hag und im Erledigen der eingehenden großen Aufträge bestand eine große Tatigkeit für uns, sondern auch in dem schriftlichen Verkehr mit der Kundschaft. Da die wirtschaftlichen Verhältnisse sich plötzlich ein- schneidend geändert hatten, waren wir gezwungen, unsere Waren nur gegen sofortige Bezahlung zu liefern. Nicht alle Abnehmer haben sich ohne weiteres mit dieser Versandart abfinden können, wenngleich es im Geschaftsleben zur allgemeinen Regel geworden war, unter Nachnahme zu liefern. Es ging dabei jeder Fabrikant von den gleichen Erwägungen aus, die auch für uns bestimmend waren. Hart wurden unsere Abnehmer durch diese Maßnahme indessen nicht betroffen. Durch die großen Einkäufe, die die Hausfrauen machten, hatten die Wieder- verkäufer den Vorteil außergewöhnlich großer Einnahmen. Die ihnen zugesandten Waren konnten infolgedessen sofort zu Geld gemacht werden. Es standen ihnen also immer die Beträge zur Verfügung, mit denen sie die Rechnungen einzulösen vermochten. Trotzdem aber machten sich vielfach Korrespondenzen zur Beweisführung, daß unsere Nachnahmelieferungen gerechtfertigt waren, notwendig.

Die raschen Erfolge, die unsere Heere im Westen erzielten, brachten aber bald wieder in das Geschäftsleben neue Zuversicht. Des weiteren

wurde bekannt, daß die im Lande vorratigen Nahrungsmittelbestände sehr groß waren, und schließlich erfuhr man auch, daß neue Waren durch die neutralen Länder in großem Umfange beigebracht wurden. Das ließ die Konsumenten ihre Einkäufe wieder in der früher ge- wohnten Weise besorgen. Damit kam der regelrechte Geschäfts- gang wieder zur Geltung und gleichzeitig wurden auch Stimmen laut für die Wiedereinführung des üblichen Zahlungsziels. Wir haben damals in jedem einzelnen Fall den Wünschen unserer Kundschaft sehr schnell entsprochen. Zu unserer Genugtuung durften wir die Erfahrung machen, daß sich auch unsere Abnehmer als starke Teile des gesunden deutschen Wirtschaftsorganismus gezeigt haben. Es sind bei uns Verluste während des Krieges so gut wie nicht, auf jeden Fall nicht mehr als in Friedenszeiten eingetreten.

Dagegen wurden wir bald der Hoffnung beraubt, die wir vor Ausbruch des Krieges auf eine neue starke Entwicklung unseres Umsatzes mit dem beginnenden Herbst gesetzt hatten. In den letzten Jahren haben wir immer mit einem sehr erfreulichen Steigen des Um- satzes rechnen können, sobald die kühlere Jahreszeit ihren Einzug hielt. In diesem Jahre sahen wir uns getäuscht. Die Erklärung ergibt sich aus der Tatsache, daß unsere mit so gutem Glück und mit so schönen Erfolgen aufgenommene Baderbearbeitung in ihren Wirkungen auf das gesamte Reich ausblieb. Die Kurgäste mußten, als die Kriegs- anzeichen auftauchten, schnell ihren vorübergehenden Aufenthalt auf- geben. Es war ganz natürlich, daß die Erinnerung an die Kurzeit in dem Augenblick auch verloren ging. Größere Ereignisse nahmen die Gedanken gefangen. Dazu kam des weiteren noch, daß nach Ausbruch des Krieges vielfach Haushaltungen aufgelöst wurden, weil die jungen verheirateten Männer in den Krieg zogen. Die Lieferungen nach den vom Kriege unmittelbar betroffenen Gebieten kam ganz in Wegfall. Auch sonst könnte noch eine Anzahl Geschäftsereignisse und Faktoren angeführt werden, die eine Behinderung unseres Geschäfts mit sich gebracht haben. Wir dürfen, wenn wir alle diese Umstände ın Berüchsichtigung ziehen, deshalb von Glück sagen, daß wir einen ‚guten Fortgang unseres Geschäfts verzeichnen konnten.

Nach dem Ausschalten der Terminbörsen fand der Kaffee sofort wieder seine richtige Bewertung. Die durch Terminkurse gedrückten Scheinpreise kamen nun nicht mehr in Betracht. Es stellte sich jetzt schnell das Gegenteil von den ersten Erscheinungen heraus. Eine allerdings nicht bedeutende Preissteigerung trat auf, verursacht durch die großen Einkäufe der Hausfrauen und durch das Bestreben der

Kaffeehändler, ihre rasch geräumten Lager zu ergänzen und sie mög-

lichst noch größer als vor dem Kriege zu gestalten. Wir haben uns, wie wir früher bereits berichteten, rechtzeitig mit Ware versorgen können, so daß wir eine Erhöhung unserer Preise überhaupt nicht vor- zunehmen brauchten. Das gab natürlich unserem Geschäft wieder günstige Aussichten. Manche Konsumenten, die sich bisher nicht ent- schließen konnten, unseren Kaffee Hag zu verwenden, machten doch einen Versuch damit. Dadurch ist während des Krieges in viel starkerem Maße als in Friedenszeiten die Meinung, daß unser Kaffee Hag nicht so ausgiebig sei als koffeinhaltiger Kaffee, ganz von selbst beseitigt worden. Wir sind davon überzeugt, daß alle Verbraucher, die im Hinblick auf den günstigen Preis zum Verbrauch von Kaffee Hag übergingen, nicht nur überrascht waren von den Vorteilen, die unserem Kaffee Hag wegen seiner Koffeinfreiheit zuzusprechen sind, sondern vor allem auch von seinen vorzüglichen Geschmacks- und Aromaeigen- schaften und nicht zuletzt von seiner Ausgiebigkeit. Früher konnte man häufig hören, daß es nötig wäre, von unserem Kaffee Hag größere Mengen als von koffeinhaltigem Kaffee zu nehmen, um einen gleich kräftigen Aufguß zu erreichen. Jetzt, nachdem nur im Hinblick auf den günstigen Preis viele Konsumenten, die in Friedenszeiten nicht daran dachten, unseren Kaffee Hag zu verwenden, durch einen Ver- such vom Gegenteil überzeugt worden sind, scheinen sich die wahren Eigenschaften unseres Erzeugnisses schnell in allen Volksschichten be- kanntgemacht zu haben. Schneller als früher hat man erkannt, daß die Bearbeitung unseres Kaffee Hag, die eine Beseitigung des Schmutzes und vor allen Dingen eines großen Teiles des widerwärtig schmeckenden Kaffeewachses einschließt, eine Verfeinerung des Kaffees im Gefolge hat. Dabei ist ganz abgesehen von den Vorzügen, die er dadurch in hygienischer Beziehung gewinnt.

Alle nun in weiteren Kreisen bekanntgewordenen Vorteile unseres Kaffee Hag haben es auch mit sich gebracht, daß er schnell in den Lazaretten Aufnahme gefunden hat. Die Verwundeten kamen meistens mit stark zerrütteten Nerven zurück. Die Rücksichtnahme darauf ließ viele Ärzte den Gebrauch unseres koffeinfreien Kaffee Hag verordnen. Mit wie gutem Erfolg unser Kaffee Hag in den Lazaretten Ver- wendung findet, geht aus den täglich eingehenden Dank- und An- erkennungsschreiben hervor.

Wir haben deshalb bald die Überzeugung haben dürfen, daß wir auch während des Krieges mit unserem Erzeugnis Gutes zu leisten vermögen und daß in Verbindung damit durch die Ereignisse Gefahr für unser Unternehmen nicht gebracht werden würde.

E. W.

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