LD LO 00 >* p i — S O s o 5- D-^ ? = C H Böhme, Karl August Gutsherrlich-bauerliche Verhaltnisse in 0; tpreus^en taats- uod socialwisseDscliaftlicIie ForschuDM. Herausgegeben von Gustav Schill Ol 1er. Band XX. Heft 3. lutsherrlioh-bäueriiche Verhältnisse in Ostpreufsen während der ßeformzeit von 1770 bis 1830. Gefertigt nach den Akten der Gutsarchive zu Angerapp und Gr.-Steinort Dr. Karl Böhme. Leipzig, Verlag von D u n c k e r & H u m b 1 o t. 1902. 1 Sri 11^ Staats- und socialwissenschaftlicb Forschungen h" herausgegeben von Gustav Schmoller. Zwanzigster Band. Drittes Heft. (Der ganzen Reihe neunzigstes Heft.) Dr. K. Böhme: Gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse in Ostpreufsen während der Reformzeit von 1770 bis 1830. Leipzig, Verlag von Duncker & Humblot. 1902. Gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse in OstpreuFsen während der Reformzeit von 1770 bis 1830. Gefertigt nach den Akten der Gutsarchive zu Angerapp und Gr.-Steinort Dr. Karl Böhme. Leipzig, Verlag von Duncker & Humbio t. 1902. Alle Rechte vorbehalten. ., ' 'fl7A Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitung 1 — 6 Erstes Kapitel. Die -wirtschaftlichen Verhältnisse der Dorfbewohner und ihre sociale Gliederung von 1770—1806 .... 7—32 I. Die eigentliche bäuerliche Bevölkerung. 1. Die Hochzinser und Scharwerksbauern 7—15 a) Ihre eigene Wirtschaft 7 — U b) Dienste und Abgaben an den Gutsherrn 11 — 14 c) Die Umwandlung der Scharwerksbauern in Hoch- zinser 14—15 2. Die Kossäten 15 a) Ihre eigene Wirtschaft 15 b) Dienste und Abgaben an den Gutsherrn 15 8. Steuern und Dienste der bäuerlichen Bevölkerung an Staat und Gemeinde 15—16 4. Würdigung der wirtschaftlichen, socialen und rechtlichen Stellung der bäuerlichen Bevölkerung unter Berücksich- tigung ihrer Verhältnisse während des ganzen 18. Jahr- hunderts 16—23 IL Die nichtbäuerliche Bevölkerung 23—28 1. Die Handwerker 23—24 2. Die Krüger und Müller 24 3. Die Losleute 24—26 4. Die Schulbedienten 26—28 III. Allgemeine Lasten der gesamten Dorfbevölkerung und ihr Vernältnis zu Staat und Gutsherrn 28—32 Zweites Kapit eL Der gutsherrliche Grofsbetrieb während der Jahre 1770—1806 33—60 I. Die einzelnen Wirtschaftszweige 33 — 41 1. Der Ackerbau 34—38 2. Die Viehzucht 38—40 3. Brauerei, Brennerei und Ziegelei 40—41 4. Bienenzucht und Fischfang 41 YI Inhaltsverzeichnis. Seite IL Organisation der Güter und Leuteverhältnisse ....... 41 — 52 1. Administratoren und Kämmerer 41_42 2. Instleute, Hof- und Hausgesinde 41—49 3. Die Angestellten der landwirtschaftlichen Nebenzweige 49—50 a) Hofleute, Hirten und Schäfer 49 b) Brauer, Brenner und Ziegler 49—50 4. Die Gutshandwerker 50—51 5. Jäger, Forstbeamte und Gärtner 51 — 52 IIL Das Verhältnis des Gutsherrn zu seinen Beamten und Unterthanen 52 — 54 IV. Die Beziehungen des Staats zum Gutsbetrieb 54—56 1. Seine Einwirkungen auf wirtschaftlichem Gebiet . . . 54 — 55 2. Steuern und Dienste 55—56 V. Die Stellung des Gutsbetriebs im Eahmcii der gesamten Volkswirtschaft 57—60 L Einfuhr und Ausfuhr 57—59 2. Güterpreise 59—60 Drittes Kapitel. Die Bedeutung der Kriegsjahre 1806—1815 für die Land- wirtschaft 61—68 I. Requisitionen und Lieferungen von 1806 bis zum Frühjahr 1813 61-63 IL Die nur teilweise und späte Zahlung der Entschädigungsgelder 63—64 IIL Mifsernten und Viehsterben 64 IV. Die Anforderungen der Befreiungskriege 64—65 V. Die Besteuerung der ländlichen Bevölkerung während und unmittelbar nach den Kriegen 65 — 66 VI. Die Lage der unteren Klassen der Bevölkerung und der bäuerlichen Wirte 66 — 67 VII. Die Verhältnisse des Grofsgrundbesitzes 67 — 68 Viertes Kapitel. Die Regulierung der gutsherrlich - bäuerlichen Ver- hältnisse 69—75 I. Der Vorgang der Regulierung an sich 69 — 72 IL Die Wirkungen der Regulierung 72—75 1. Auf die bäuerlichen Besitzverhältnisse 72—73 2. Auf den gutsherrlichen Grofsbetrieb 73 — 75 Fünftes KapiteL Die Bemühungen der Interessenten und des Staates um die Wiedergesundung der ländlichen Wirtschaften . . 76—86 I. Die allgemeine Lage der Landwirtschaft um 1820 und die Verschuldungsverhältnisse des Grofsgrundbesitzes im be- sonderen 76 — 79 IL Die Vergütungen für Kriegsverluste und Regulierung, sowie besondere staatliche Unterstützungen 79—90 IIL Die Hebung der Schafzucht 80—83 IV. Die Verbesserung der Pferdezucht 83—85 Inhaltsverzeichnis. VII Seite V. Die Gründung des landwirtschaftlichen Centralvereins für Littauen und Masuren 85-86 Sechstes Kapitel. Kurze zusammenfassende Darstellung der weiteren Ge- schicke der ländlichen Bevölkerung Ostpreufsens bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts 87 — 94 I. Die Wiedererholung des Grofsgrundbesitzes und das weitere Siechtum des Bauernstandes und der ländlichen Arbeiter- bevölkerung (1830—43) 87—89 II. Die Periode des allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs aller grundbesitzenden Klassen der ländlichen Bevölkerung von 1844-1863 89—91 III. Die Erstarkung des Bauernstandes und der Beginn des Arbeitermangels beim Grofsgrundbesitz (1863 — 1900) . . . 91 — 94 Anhang I 95-99 Anhang II 100—107 Die im 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderts in Ostpreufsen üblichen und in der Arbeit erwähnten Mafse, Gewichte und Münzsorten. I. Flächenmafse: Die kullmische Hufe = 17 ha. Sie umfafst 30 kullmische Morgen, der Morgen 300 Quadratruten. II. Hohl mafse: Der altpreufsische Scheffel = 54,462 Liter hat 16 Metz. 1 Ohm= 137,404 Liter, hat 110 Stof , 1 Stof ist etwas gröfser als Vli Liter. m. Gewichte: 1 Centner hat 110 Pfund, 1 Stein 22 Pfund. IV. Münzsorten: Der Thaler hat 90 Groschen, der Groschen 18 Pfennige, jedoch ist der Pfennig nur Kechnungsmünze. Der Gulden hat HO Groschen, die Mark 20 Groschen. Seit 1822 hat der Thaler 30 Silber- groschen, der Silbergroschen 12 Pfennige. Einleitung. Angeregt durch die Forschungen Knapps und seiner Schüler und durch seinen verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Lam- precht in Leipzig, auf die im volkswirtschaftlichen Seminar zu Halle unter Conrads Leitung entstandenen Specialschilde- rungen der Entwicklung einzelner Güterkomplexe ^ aufmerksam gemacht, hatte der Verfasser eine nach der einen oder der anderen Richtung ähnliche Arbeit für seine Heimatprovinz Ostpreufsen beabsichtigt. Ein glücklicher Umstand gab ihm bald Gelegenheit, seinen Entschlufs zu verwirklichen. In dem Herrn von Farenheid- Beynuhnen gehörigen Angerapper Gutsarchiv (Kreis Darkehmen) fand sich ein reichhaltiges Aktenmaterial, das zwar zu un- vollständig war, um eine auch in technischer Beziehung tiefer dringende Schilderung der landwirtschaftlichen Verhältnisse zu gestatten, das aber die allgemeineren Züge der bäuerlichen und gutsherrlichen Wirtschaft erkennen und von dieser Grund- lage aus ein schärferes Bild der socialen und rechtlichen Stel- lung aller Klassen der ländlichen Bevölkerung gewinnen liefs. Das im Archiv vorhandene Material bezog sich auf die Güter und Dörfer, welche während der Jahre 1770 — 1830 im Besitz des Kriegs- und Domänenrats Johann Friedrich Wilhelm von Farenheid^ gewesen waren. Einer Königsberger Patricier- ' Es sind dies die Arbeiten von 1. Graf Goertz-Wrisberg „Die Ent- wicklung der Landwirtschaft auf den Goertz-Wrisbergschen Gütern in der Provinz Hannover auf Grund archivalischen Materials", Jena 1880. 2. J. Heisig. „Historische Entwicklung der landwirtschaftlichen Verhältnisse auf den reichsgräf lich-freistandesherrlich Schaögotschischen Güterkomplexen in Preufsisch- Schlesien", Jena 1884; 3. A. Backhaus, „Entwicklung der Landwirtschaft anf den Gräflich-Stolberg-Wernigerodischen Domänen", Jena 1888. ^ Über die persönlichen Verhältnisse v. F. wie seines Sohnes Fried- rich Heinrich v. F. vergleiche Georg Krueger, „Beiträge zur Geschichte der Familie Farenheid", Königsberg 1900, ferner die kleine Schrift „Fried- rich Heinrich Johann v. Farenheid, eine biographische Skizze", schliefs- lich Adolf Rogge, „Geschichte der Diöcese Darkemen" , Darkemen, Seite 165— 187. — Beide haben sich um die Entwicklung der ostpreufeischen Forschungen XX 3. — Böhme, 1 2 XX 3. familie entstammend, hatte v. F, sein, namentlich vom Vater und Grofsvater erworbenes, für damah'ge Verhältnisse ungeheures Vermögen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts in Grund- besitz angelegt. Auf die Angerapper Begtiterung war bereits 1762 das Vorkaufsrecht durch seinen Vater erworben worden. Am weitesten nach Osten gelegen, an der Stelle, wo die Angerapp, der erste Nebenflufs des Pregels auf der linken Seite , zum zweiten Mal von ihrem Lauf im rechten Winkel abweicht, erstrecken sich vier von ihren Vorwerken und zwei Dörfer geschlossen bis zu den Szabiener Seen, während das Vorwerk Zargen und das Dorf Schupowen 6 km südlich, das Gut Gotthardsthal und das Dorf Jotschin 7 km nördlich von ihnen getrennt liegen. Westlich an die Angerapper Güter schliefsen sich , in der Hauptsache am linken Ufer der Ange- rapp gelegen, die Beynuhner Güter, zehn Vorwerke und neun Dörfer, 1798 erworben, an diese weiter westlich dieDombrowker Güter, zwei Vorwerke und zwei Dörfer, sodann bis zum ersten rechten Winkel der Angerapp sich erstreckend, die Launicker Begüterung an, vier Vorwerke, vier Dörfer und einen Krug umfassend. Gänzlich durch die königliche Skallischer Forst von ihnen getrennt. Hegt 9 km südlich das Gut Popiollen. In der Hauptsache nimmt dieser etwa 800 kullmische Hufen =^ 13600 ha grofse Komplex den gröfsten Teil des Südens des heutigen Darkehmer Kreises ein. Einige 20 km westlich von seinem nordwestlichen Zipfel beginnt, im Nordosten des heutigen Gerdauer Kreises gelegen, die Herrschaft Gnie, drei Vorwerke, vier Dörfer und ein Krug, 1778 erworben ; an diese schliefsen sich im Nordosten die Neuastrawischker Güter, drei Vorwerke, zwei Dörfer und ein Krug, im Nordwesten die Graffmauenschen Güter, ein Vorwerk und ein Dorf an, diese bereits im Süden des Wehlauer Kreises gelegen. Auf letztere folgen nördlich Nagurren, zwei Vorwerke und ein Dorf, und an dem letzten rechtenWinkel der Alle, bevor sie in den Pregel tritt, die Eiser- wager Begüterung, acht Vorwerke, zwei Dörfer und ein köll- raisches Gut. Den Beschlufs macht am weitesten im Norden Koppershagen , ein Vorwerk, ein Dorf und ein Krug. Dieser nordwestliche Komplex umfafst etwa 650 kullmische Hufen, :^= 11 050 ha, er trägt rein deutschen Charakter, während das erste Gebiet alter littauischer Boden ist ^ Das Material für I Landwirtschaft die gröfsten Verdienste erworben und gehören zu den hervorragendsten und dabei liebenswertesten Persönlichkeiten, die die Provinz Preufsen w-ährend des Zeitraumes von 1770— 1849 aufzuweisen hat. ' Der Kreis Darkehraen zählte noch 1825 in seinen Landgemeinden neben 18315 Deutschen 2970 Littauer, obwohl die Germanisierung gerade in den vorangegangenen Jahren stark fortgeschritten war. Die Kreise Wehlau lind Gerdauen zeigten schon 1825 eine rein deutsche Bevölkerung. Über die Bevölkerungs- und Nationalitätsverhältnisse vergl. v. Haxthausen „Die ländliche Verfassung in den einzelnen Provinzen der preufsischen Monarchie", Königsberg 1839. XX 3. 3 die hier aufgezählten Güter und Dörfer erwies sich, namentlich was die bäuerlichen Verhältnisse angeht, als überaus reichlich ; in erster Linie kamen dabei die zahlreichen Besatzbriefe und die auf Grund staatlicher Anordnung angefertigten Tabellen in Frage. Ebenso genügten die Angaben über den gutsherrlichen Grofsbetriebj um ein allgemeines Bild von den Verhältnissen desselben zu erhalten. l3agegen war es nicht möglich, näher in die Wirtschaft der Inhaber der für Ost- und Westpreufsen so wichtigen köllmischen^ Güter einzudringen. Material für diesen Zweck war einmal schon deshalb nicht vorhanden, weil die köllmischen Güter als unabhängige Gutsbezirke ^ selten in Beziehungen zu den Inhabern der adligen Güter getreten sein werden, die Köllmer selbst aber noch wirtschaftlich zu rück- ständig waren, um eine Buchführung vorzunehmen. Anderer- seits hatte namentlich die littauische Gegend als Hauptherd der Pest (1709 — 1711) eine aufserordentlich starke Verminderung der köllmischen Güter durch Einziehung seitens des Staates erfahren ^ sodafs sie hier verhältnismäfsig selten waren. Eine wertvolle Ergänzung dieses Materials ergab eine Unter- suchung des Graf lieh - Lehndorfschen Steinorter Archivs im Kreise Angerburg. Dieser Kreis, in dessen Landgemeinden noch 1825 12 297 polnisch sprechende Masuren 9105 Deutschen gegenüberstanden, zeigte im 18. Jahrhundert einen noch weit schärfer ausgeprägten masurischen Charakter der Bevölkerung, so dafs er besonders zum Vergleich mit den rein deutschen und deutsch-littauischen Gegenden geeignet ist. Die Herr- schaft Steinort selbst liegt in seinem westlichen Teile über 20 km südlich vom Südwestende des littauischen Komplexes zwischen Mauer- und Dobenschsee, ihre 8 Dörfer und 8 Vor- werke haben eine Gesamtgröfse von 270 kullmischen Hufen = 4590 ha. 1791 erstand der Graf von Lehndorf* die wenig nördlicher gelegenen Güter Resau, Gr. Guya und ^ Das zu den Farenheidschen Gütern gehörige, 4 kullmische Hufen gxofse, köllmische Gut Eschenbruch hatte 1811 an lebendem Inventar acht Pferde, vier Ochsen, drei Kühe, vier Schafe, sechs Schweine, drei Gänse, an Aussaat 5 Scheffel Weizen, 15 Roggen, 35 Gerste, 20 Hafer, 13 Erbsen, 1 Bohnen, 4 Wicken, 1 Lein und 10 Kartoffeln. An Heu wurden 18 Fuder zu 13 Centner gewonnen. Die Kontribution betrug 32 Thlr. 62V2 gr.. die übrigen Abgaben 10 Thlr. 80 gr. 6 Pf. " V. Brunn eck; „Zur Geschichte des Grundeigentums in Ost- und Westpreufsen. I. Die köllmischen Güter", Berlin 1891. Vergl. Seite 70 ff, ^ A. Hom, „Die Verwaltung Ostpreufsens seit der Säcularisation 1525-1875", Königsberg 1890. Vergl. Seite 326. * Die Familie von Lehndorf gehört zu den am frühesten in der Pro- vinz Preufsen ansässig gewordenen Adelsgeschlechtern und ist auf das engste mit der Geschichte des preufsischen Staates verwachsen. Auch in wirtschaftlicher Beziehung hat sie nicht unbedeutende Verdienste, so namentlich um die Hebung der Pferdezucht zu Ende des 18. und zu An- fang des 19. Jahrhunderts. Vergl. „Deutsches Gestüts-Buch" von v. Schwartz und Krocker, Berlin 1872. 1* 4 XX 3. 2 köllmische Krüge, im ganzen 47 Hufen = 799 ha dazu. Auch aus den Akten über diesen Besitz war eine Vervollständigung der Arbeit zu gewinnen. Im ganzen werden die geschilderten Verhältnisse für die Kreise Wehlau, Gerdauen, Angerburg und Darkehmen typisch sein. Aufser diesen Akten (einige wenige Ergänzungen konnten auch dem im Königsberger Staatsarchiv vorhandenen Material entnommen werden) wurde in erster Linie die aufserordentlich wertvolle Chronik Friedrich Tribu- keits : „Schilderung aus dem Leben der preufsisch-littauischen Landbewohner des 18. und 19. Jahrhunderts" Insterburg 1894, benutzt. Diese während der Jahre 1864 — 75 entstandene Chronik eines Besitzers betrachtet in erster Linie die Ver- hältnisse des, in unmittelbarer Nähe der Angerapper Güter gelegenen , königlichen Dorfes Christiankehmen , enthält aber aufserdem eine Menge von allgemeinen Bemerkungen, die als Ausflufs eines mit aufserordentlicher Verstandesschärfe und dem wärmsten Empfinden ausgerüsteten Praktikers erscheinen. Soweit andere Werke benutzt wurden, ist in Anmerkungen darauf hingewiesen worden. Es 'sind lediglich die Verhältnisse der adligen Bauern, die in dieser Arbeit eine Behandlung erfahren haben, auf die Domänenbauern konnte , wie es ja das Material erklärlich macht, nur gelegentlich hingewiesen werden. Indem die Arbeit mit einer Darstellung der ländlichen Zustände während des letzten Drittels des 18. Jahrhunderts beginnt, um sodann die Einflüsse der Kriegsperiode von 1806 — 15 und der Regu- lierung zu betrachten, wird es notwendig, sich in kurzen Zügen die Entwicklung der ländlichen Verhältnisse von der Kolonisation bis zum 18. Jahrhundert zu vergegenwärtigen. Der Verfasser folgt hierbei den Darstellungen v. Brünnecks in der Zeitschrift der Savignystiftung für Rechtsgeschichte, Germ. Abt., Band 8 und Arthur Kerns in Band 14 der Forschungen zur brandenburgisch-preufsischen Geschichte. Bis zum 15. Jahrhundert war in Preufsen der Orden der einzige Grundherr geblieben-, unter ihm safsen zu köllmischem Recht die deutschen Besitzer, alle rechtlich gleich gestellt, neben ihnen die preufsischen Freien und unter ihnen die Masse der preufsischen Bauern, die erst nach dem Wieder- abfall vom Christentum Recht und Freiheit verwirkt hatten. Noch war Erwerbs- und Vertretungsfähigkeit auch dieser Bevölkerungsklasse über jeden Zweifel erhaben, noch wurde an Kinder und Blutsfreunde vererbt, Scharwerksdienste nur dem Orden geleistet. Einen bedeutsamen Umschwung in diesen Verhältnissen führten erst die Kriegswirren des 15. Jahrhunderts und die Niederlage Polen gegenüber herbei. Der Orden, in dauernder Geldnot, sah sich gezwungen, seine grundherrlichen Rechte zum grofsen Teil zu veräufsern, I II XX 3. 5 ein erster Stamm gröfserer Grundbesitzer entstand. Infolge der Entvölkerung des Landes trat bald ein bedenklicher Arbeitermangel ein, der nicht durch Zuzug aus Deutschland gedeckt werden konnte, da die im Thoruer Frieden erfolgte Abtretung Westpreufsens an Polen die Einwanderung er- schwerte. Die Verhältnisse waren damit reif für eine Schollen- pflichtigkeit der Bauern. In dieser Richtung wirkte auch die nahe Verbindung mit Polen , das einen sehr herabgedrückten Bauernstand aufwies. In den Landesordnungen wurde jetzt die Loslassung der Bauern erschwert, das Recht des Grund- herrn an der Fahrhabe der Entwichenen festgestellt. Zwar mifsglückten vorläufig die Versuche, die Verschuldungsfreiheit der Bauern einzuschränken, und noch im Testament Herzog Albrechts vom 15. Februar 1567 wurden alle Preufsen für frei erklärt, eine Bestimmung, der aber nur die Städte Folge leisteten. Bereits die Landesordnung von 1577 zeigt den ent- scheidenden Sieg des Adels, Zwangsgesindedienst wurde ein- geführt, und Verschuldung an die Genehmigung des Grund- herrn geknüpft. Die Oberrechte über die preufsischen Freien waren ebenfalls an den Adel verkauft worden und auch sie mit Scharwerk überlastet, sodafs sie bereits 1525 sich am samländischen Bauernaufstand beteiligten. Der Niedergang und die Verschmelzung beider Stände vollzog sich immer weiter, sodafs wir im 17. Jahrhundert einen Zustand haben, den Kern mit folgenden Worten charakterisiert: „Damals hatte der Bauernstand sein tiefstes sociales Niveau erreicht, der Bauer konnte damals wohl auch losgelöst von der Scholle verkauft werden und mufste thatsächlich gewärtig sein, nach Belieben der Herrschaft seinen Hof mit einem andern zu vertauschen. Seine Kinder dienten ihr zu dem in der Gesinde- ordnung festgesetzten Minimallohn, solange es ihr pafste, und daraus folgte, dafs sie auch deren Verehelichung hintanhalten durfte." Nach einer Relation von 1724 wurde der Bauer auf die Hufe, „wie ein Hofmann auf ein kleines Vorwerk" ge- setzt. Wenn v. Brünneck z. T. nur die Verhältnisse im westlichen Teil der Provinz Ostpreufsen im Auge zu haben scheint, so berücksichtigt doch Kern auch den Regierungs- bezirk Gumbinnen , und da die nachfolgende Arbeit im ein- zelnen, wenn sie auf frühere Verhältnisse zurückgreift, seine allgemeine Darstellung bestätigt, so werden wir die im voran- gegangenen gegebene kurze Charakteristik der Entwicklung der Provinz Preufsen auch für den Regierungsbezirk Gum- binnen annehmen dürfen, wenn auch die Kolonisation des- selben etwa 200 Jahre später als die des Regierungsbezirks Königsberg erfolgt ist^. Damit sind wir zum Zeitpunkt, an * Altpr. Monatsschrift. Neue Folge. Band 21. „Das Pestjahr 1709 bis 1710 in Preufsen" heifst es auf Seite 497- „Die Kolonisation von Littauen, XX a ist^ dem die Detailforschung einsetzt, gelangt. Ihr Zweck von der Ergründung der wirtschaftlichen Verhältnisse aus ein tieferes Erkennen der socialen und rechtlichen Lage der Landbevölkerung zu ermöglichen und damit die unentbehr- liche Grundlage zu schaffen , von der aus die bedeutsamen Reformen zu Anfang des 19. Jahrhunderts in ihren augen- blicklichen Wirkungen und weiteren Folgen klar erfafst werden können. der Hauptsache nach der heutige Regierungsbezirk Gumbinnen, wenn mai» sich dessen Grenzen etwas weiter westlich gerückt denkt, ist wohl 200 Jahre jünger als die Kolonisation des Regierungsbezirks Königsberg" und dann weiter: „Erst nach 1466 sind manche adlige Geschlechter nach Osten, gewandert." Erstes Kapitel. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Dorfbewohner und ihre sociale Gliederung von 1770—1806. In weit höherem Mafse als in jeder andern preufsischen Provinz haben die Kriegsjahre von 1806 — 15 das Gleichgewicht in den wirtschaftlichen Verhältnissen Ostpreufsens für lange Jahre vernichtet. Trat die Regulierung der gutsherrlich- bäuerlichen Verhältnisse und die damit verbundene bedeutsame Veränderung in der wirtschaftlichen Verfassung auch erst 1819 — 22 ein, so mufste eine Darstellung, die es sich zur Aufgabe machte, ein Bild zu entrollen von den landwirtschaft- lichen Verhältnissen vor der Regulierung, doch bereits mit dem Jahre 180(5 abschliefsen , da hier die im allgemeinen ruhige und stetige Entwicklung des ländlichen Wirtschafts- lebens durch staatlich-politische Ereignisse diesen Charakter verliert ^ Die Schilderung der Ausnahmeverhältnisse von 1806 — rl815 bleibt daher einem besonderen Abschnitt vorbe- halten. In ganz anderer Weise als nach der Regulierung standen in der ihr vorangegangenen Zeit die Vorwerke des Gutsherrn im Mittelpunkt des ländlichen Wirtschaftslebens. Der auf ihnen zu erzielende Ertrag war der Grund aller wirtschaft- lichen Mafsnahmen, das Dorf und seine Bewohner nicht um seiner selbst willen, sondern um seiner Leistungen für Gut und Grundherrn da. Nur eine Schranke gab es, die der Ausbeutung der Dorfbewohner durch den Gutsherrn gesetzt war, das Interesse des Staates an einer zahlreichen, zum Heeresdienst geeigneten und steuerkräftigen ländlichen Be- ^ V. Haxthausen sagt Seite 92: „Der Zustand unmittelbar vor der Ausführung jener neuen Gesetzgebung kann gar kein Bild von der älteren Landwirtschaft geben. Durch die Kriege und Drangsale von 1807—1815 war diese vielmehr so vollständig zerrüttet, ihrer Inventarien und Betriebs- kapitale beraubt, dafs man aus ihrem damaligen Bestände allerdings den Normalzustand, wie er 1806 gewesen, nicht beurteilen konnte." 8 XX 3. völkerung. War dieses bedroht infolge allzu starker Fronden und Abgaben oder zu umfangreicher Bauernlegungen, so griff wohl die Staatsgewalt vermittelnd mit Erfolg ein, die Humanität hat selten und nie dauernd Erfolge erzielt. Im grofsen und ganzen war das Interesse des Gutsherrn die bewegende Kraft im ländlichen Wirtschaftsleben, und nur unter diesem Gesichts- punkt kann auch das Leben der Dorfbewohner richtig ver- standen werden. Die Dörfer, in denen sich Hof an Hof reihte, — erst nach der Neuordnung und Separation begannen die einzelnen Be- sitzer sich auszubauen, — weisen keine wesentlich andere Schichtung der Bevölkerung auf wie im ganzen neunzehnten Jahrhundert darauf. Nur zahlenmäfsig werden sich Unter- schiede feststellen lassen. Den wichtigsten Bestandteil bilden auch in dieser Zeit Bauern und Kossäten, letztere bewohnen häufig zu zweien ein Haus. Die Hinterstube des Bauern- hauses war an Losleute, Hirten und Handwerker vermietet, zuweilen hatten die Bauern die Verpflichtung, den gutsherr- lichen Instleuten Wohnung zu gewähren. Unter den Dorf- handwerkern sind am stärksten die Schneider vertreten, oft durch drei voneinander unabhängige Personen in einem Dorfe, fast überall ist ein Schmied anzutreffen, weniger häufig Schuhmacher, Töpfer, Maurer, Zimmermann, Tischler, Böttcher, Drechsler, Rademacher, sehr selten Salzsäller, Tabakpflanzer und Fleischer. In jedem Dorf findet sich ein Krüger, häufig auch ein Müller, in jedem vierten bis fünften ein Schul- bedienter und ein Unterförster oder Waldwart. Die Kirch- dörfer haben oft zwei Geistliche , einen Pfarrer und einen Kaplan , meist einen Glöckner, die Pfarrwitwenhufe hat fast immer eine Inhaberin. Bei der Betrachtung der einzelnen Klassen wird sich als Ausgangspunkt die Eigenwirtschaft des einzelnen am besten eignen, um sodann zu einer Klarlegung der Abhängigkeits- verhältnisse und Pflichten gegenüber Gutsherrn und Staat zu gelangen. Die Gröfse der Bauerngüter schwankte zwischen ^'2 und 2 kullmischen Hufen , also zwischen 15 — 60 kulimischen Morgen = 8V2 — 34 ha. Unter den 287 Bauernerben, die sich auf 31 V. Farenheid gehörige Dörfer verteilten , war bei 28 Dörfern mit 271 Bauern eine Feststellung der Besitzgröfse möglich. Es waren 13 Bauernhöfe oder o'^io ^12 Hufe oder 8V2 ha, 21 oder S^io 1 Hufe oder 17 ha, 174 oder 64 "/o zwischen 1 Hufe 5 Morgen (19-^/6 ha) und 1 Hufe 25 Morgen (ßVie ha) grofs, das Normal- mafs in dieser Klasse war 1^/2 Hufen oder 25^/2 ha, schliefs- lieh 63 Güter oder 23 ^/o in der Gröfse von 2 Hufen oder 34 ha. Zu Steinort gehörten 6 Dörfer mit 71 Bauern, die im Besitze von je 2 Hufen oder 34 ha waren, und 2 Dörfer mit 19 Bauern mit je VI2 Hufen oder 25^/2 ha. Demnach XX 3. 9 herrschten im deutschen und littauischen Teil die Güter mit IV2 Hufen = 25^/2 ha, im masurischen Teil die Güter mit 2 Hufen = 34 ha vor. Im allgemeinen hatten die Dörfer nur Besitzungen einer Gröfsenklasse, eine Ausnahme davon machten die Dörfer Schneiderin und Efszergallen. Wenden wir uns zunächst zur Wirtschaft der eigentlichen Bauern. — Ausnahmslos herrschte die mit Flurzwang ver- bundene Dreifelderwirtschaft. Die Hauptwinterfrucht war Roggen, erst Ende der siebziger Jahre beginnt vereinzelt Weizen aufzutauchen, ohne jedoch in der Regel eine Aussaat- menge von ^/a — 2 Scheffeln zu überschreiten, freilich säte im deutschen Gebiet bereits 1752 mancher Bauer bis 5 Scheffel aus. An Roggen wurden gewöhnlich 18 — 25 Scheffel, an Hafer 15 — 20, Gerste 7 — 10 und Erbsen ^/2 — 2 Scheffel aus- gesät. Durchweg waren infolge der niedrigeren Kultur des Bauernlandes auch die Erträge geringer als auf den Gütern. Nach einem Bericht von 1799 wurde von Weizen und Roggen auf dem Hauptgut Angerapp das siebente Korn, auf den Vor- Averken das fünfte bis sechste, in den dazu gehörigen Bauern - dörfern das vierte Korn gewonnen, bei Gerste und Hafer waren die Unterschiede geringer; Kartoffeln begannen erst all- mählich Fufs zu fassen, in der Regel wurden sie in dem Ge- köchgarten, den jeder Bauer in der Gröfse von etwa 200 Quadratruten besafs, gepflanzt. Es ist jedoch unrichtig, wenn Tribukeit ^ in seiner Chronik das Jahr 1790 als den Zeitpunkt eines allgemeinen Vordringens der Kartoffel angiebt, derselbe ist bereits 12 — 15 Jahre vorher anzusetzen. Man findet Ende der siebziger Jahre bereits ganz ansehnliche Mengen , bis 10 Scheffel Kartoffelaussaat, und bei dem Ausgedinge von Alt- sitzern werden stets etwa 2 Scheffel Kartoffelaussaat gefordert, ein Beweis, wie wenig entbehrlich diese Frucht bereits ge- worden ist. Weit geringer ist die Aussaat an Bohnen , Raps, Lein, Hanf und Rübensamen. Der Obstbau soll nach Tribu- keit ^ den Bauern nicht unbeträchtliche Einnahmen gebracht haben, die Akten schweigen darüber. Das lebende Inventar bestand in der Regel aus 4, selten 5 Arbeitspferden ^, 2 Arbeits- 1 Tribukeit, Seite 37. 2 Tribukeit, Seite .5. ^ Nach Kern gab es auch Bauern mit doppeltem Besatz, also 8 Pferden, die als besonders wohlhabend galten. Es erscheint immerhin zweifelhaft, ob derartige Verhältnisse in der Praxis überhaupt bestanden haben. Jeden- falls findet sich in den zu Angerapp gehörigen Dörfern keine Spur von doppeltem Besatz, wie es nach Kern, Seite 251, der Fall hätte sein müssen. Bei der kulturellen Rückständigkeit der Bauern des 18. Jahrhunderts ist •es auch kaum anzunehmen, dals sie fortdauernd ein zweites Gespann zur Leistung der Fronden gehalten haben werden, wenn es ihnen auch beim Besatz übergeben wurde. Weit eher dürfen wir vermuten, dafs sie unter Vernachlässigung der eigenen Wirtschaft die Spanndienste ver- 10 XX 3. ochsen, einer, sehr selten 2 Kühen, 2 Schafen, schliefsHch aus einem, häufiger 2 Schweinen, Zu Anfang des 18. Jahrhunderts hielten, wie die Steinorter Dörfer zeigen, die Bauern zum Teil auch Ziegen. Federvieh ist wenig vertreten, Enten fehlen ganz^ meistens finden sich einige wenige Hühner und Gänse. Auf- fallend ist bei einem so geringen Landbesitz die unverhältnis- mäfsig starke Zahl von Arbeitstieren. Sie erklärt sich nicht aus den schwierigen Transportverhältnissen, es wird dies leicht durch die geringe Mühe aufgewogen, die man auf die Bestel- lung des Ackers verwandte^, sondern aus den der Herrschaft zu leistenden Spanndiensten. Die Pferde gehörten zu der kleinen , starkknochigen , zottigen masurisch-polnischen Rasse^ die rücksichtslos dem Wetter und jeder Strapaze ausgesetzt wurden. Vom April bis November brachten sie die Nächte im Rofsgarten zu, um bei den Reisen während des Winters auch nur bei eisigster Kälte zur Nachtzeit ein mangelhaftes Unterkommeu zu erhalten ^. Das Vieh wurde vom Dorf hirten von Georgi den 23. April bis Katharina den 25. November auf der gemeinsamen Weide gehütet. An Lohn erhielt der Hirte nach Tribukeit^ pro Hufe einen Scheffel Roggen und einige Naturalien, Wohnung wurde ihm von den Bauern in jährlichem Wechsel gewährt. Hatte ein Bauer mehr Vieh auf die Weide zu treiben, als er berechtigt war, so mufste er eine gewisse Entschädigung der Gemeinde zahlen. Auf die Ertragfähigkeit der Weide selbst wurde keine Rücksicht genommen. An Arbeitsgerät verfügte der Bauer über die sogenannten Puö- wagen, 2 Eggen, 1 bis 2 Zochen, 1 bis 2 beschlagene Schlitten. Eisernes Gerät war nur in geringem Umfange gebräuchlich,, so in Gestalt von Schofsforken, Mistforken, Äxten und Sensen. Selbstgefertigte Holzwerkzeuge standen durchaus im Vorder- richteten. Doppelter Besatz, wirklich realisiert, wird zu den seltensten Ausnahmen gehört haben, in zahlreicheren Fällen dagegen theoretisch al» Forderung erhoben worden und namentlich auch den Behörden gegenüber zur Beschönigung von besonders hohen Scharwerksl eistun gen behauptet sein. Wie im Vergleich zu den Verhältnissen der adligen Bauern die der Domänenbauern beschaflfen waren, ist aus einem 1797 ausgestellten Besatz- briefe zu ersehen, den Hörn auf Seite 482 ff. abdruckt. „Der Bauer Schattatis erhielt 1 Hube 12 Morgen 162 Q Ruten magdeb., dazu 1 Haus, 1 Scheune, 1 Stall, 2 Pferde, 2 Kühe, 1 V^agen, 1 Pflug, 2 Eggen, 1 Zoche, 1 Sense, 1 Axt, 1 Spaten. 1 Heuforke, 1 Schneidemesser, 1 Säge, 1 Lattenbohrer, ferner au Saat 15 Scbeti'el Roggen, 5 Gerste, 10 Haber und hat bei Unglücksfällen Anspruch auf die gewöhnliche Ver- gütung. Als Entgelt hat derselbe jährlieh zu Martini 3 Th. 32 gr. 9 Pf. iur die Hube Zins zu zahlen , das Acker- und Wiesenscharwerk auf dem Vorwerk Didlacken z« leisten , die Anfuhr des Deputatholzes zur Amts- brauerei und Branntweinbrennerei und der Amtswirtschaft, sowie die fest- gesetzten 2 Königsberger Reisen zu leisten." Die weiteren Dienste sind weniger erheblich. ' Tribukeit, Seite 15. 2 Tribukeit, Seite 18 ff. Q 3 Tribukeit, Seite 14. XX 3. 11 grund. Der Wert des lebenden und toten Besatzes wird für die siebziger Jahre ziemlich übereinstimmend auf wenig über 50 Thlr. angegeben. Er steigt jedoch bis Anfang des 19. Jahr- hunderts auf etwa 75 Thlr. , also um 50 *^/o. Die Preise für Vieh und Geräte stellten sich Ende der siebziger Jahre und um 1800: für 1770—1780 Thlr. gr. 5 — 1800 Thlr. gr. 11 — 9 — 10 — — 80 — 30 — 12 2 30 2 — 1 30 1 12 — 36 — 15 — 24 — 18 Pferde Kühe . Ochsen Schweine Schafe Gänse .... — 30 — 45 Hühner Puffwagen ... 2 30 3 45 Schlitten .... 2 — 3 Eggen Zochen Holzaxt Schofsforke Mistforke Sense . . Eine besonders starke Preissteigerung von 80 — 120 '*/o er- giebt sich demnach für Kühe und Pferde. An menschlichen Arbeitskräften, die zur Bewirtschaftung des Gutes nötig waren, kam zunächst der Bauer und seine Familie in Frage. Nach der Zahl der erwachsenen Söhne und Töchter richtete sich die Gesindehaltung. Einen Knecht und eine Magd , in zwei drittel Fällen auch einen Dienstjungen, linden wir auf den Bauerngütern vor. Bei den 8 Dörfern der Herrschaft Beynuhnen gestaltete sich das Bild so, dafs auf 103 Bauern 107 Knechte, 93 Mägde und 60 Jungen kamen. Nach einer Verordnung des Angerapper Gutsherrn aus dem Jahre 1793 sollten, „wenn auf einem Bauernerbe mehr als vier, auf einem Kossätenhofe mehr als drei arbeitsfähige Per- sonen seien, die übrigen auf Tagelohn arbeiten gehen." An Löhnen wurden den Bauernknechten 6 — 13^/2 Thlr. gezahlt, durchschnittlich 10 — 11 Thlr., den Mägden 1 Thlr. 85 gr. bis 6 Thlr., durchschnittlich 4 — 5 Thlr., den Jungen 60 gr. bis 6V4 Thlr., durchschnittlich 3V2 Thlr. Trotz dieser ziemlich genauen und umfassenden Angaben über die wirtschaftlichen Mittel der Bauern wird sich ein Urteil über ihre Gesamtlage erst fällen lassen, wenn eine genaue Fest- stellung der dem Gutsherrn und dem Staate zu leistenden Abgaben und Dienste gelungen ist. Während die Bauerngüter in ihrer Gröfse, wenn wir von den Kossätenhöfen, die nur 5 "/o aller Besitzungen ausmachten, 12 XX 3. absehen, nur geringe Unterschiede zeigen, weisen sie be- züglich der Verpflichtungen an den Grundherrn bis etwa 1800 grofse Verschiedenheiten auf. Je weiter wir rückwärts gehen, um so stärker ist in den Farenheidschen Dörfern die Zahl der Bauern in schlechteren Besitzverhältnissen, der sogenannten Scharwerksbauern. Ihnen gegenüber stehen die Zinsbauern oder Hochzinser, die sich in besserer Lage befinden^. Die Scharwerksbauern haben keinen Erbanspruch auf ihren Hof, zum Teil sitzen sie zur Zeitpacht, in der Praxis werden sie ihre Höfe doch vererbt haben. Verhängnisvoll konnten ihre schlechten Besitzrechte erst zur Zeit der Regulierung werden, und andererseits schützte in den siebziger Jahren den Zins- bauer sein besseres Recht kaum vor herrschaftlicher Willkür. Wurden thatsächlich auch mehr Scharwerksbauern als Zins- bauern abgesetzt, so sind die Gründe nicht etwa in den schlech- teren Besitzverhältnissen der ersteren zu suchen, die ein der- artiges Verfahren erleichtert hätten, sondern in ihrer zu weit gehenden Inanspruchnahme durch den Gutsherrn, wodurch ihre eigene Wirtschaft häufig zu Grunde gerichtet wurde. Der Zins, den die Scharwerksbauern zu zahlen hatten, war in der Regel geringer als der der Zinsbauern, er schwankte zwischen 6 und 10 Thlrn, Die gröfste Belastung bedeuteten für diese Bauernklasse die Hand- und Spanndienste. Es läfst sich ein ^ Leopold Krug: „Über Leibeigenschaft oder Erbuntertänigkeit der Landbewohner in den preufsischen Staaten", Halle 1798, unterscheidet auf Seite 56 Scharwerksbauern mit herrschaftlichem Besatz und starken Fronden von Hochzinsern mit höherem Zins, geringeren Diensten und eigenem Besatz. Nach Kern sind Hochzinser : „Freie, die über ihre Höfe frei verfügen und deren Kinder dem Dienstzwang nicht unterworfen sind." V. Haxthausen behauptet Seite 224: „Die Hochzinser haben im ganzen dieselben Eechte an dem Grund und Boden wie die Scharwerker, sie haben die erbliche wirtschaftliche Benutzung und die Scharwerksfreiheit gegen festen Zins." Diesen Definitionen gegenüber werden wir gut thun, uns das Ge- schick eines Bauernhofes während einiger Jahrzehnte vorzustellen. Ist es denkbar, dafs ein Hochzinser, der über seinen Besitz, wie Kern will, frei verfügt, wenn ihn im Laufe der Jahre ein in der damaligen Zeit so häufiges Viehsterben oder eine Mifsernte traf, aus eigener Kraft den Schaden zu ersetzen vermochte? Das wird kaum jemals der Fall ge- wesen sein ; die Herrschaft wird fast stets haben Hülfe leisten müssen, und zum mindesten der Besatz galt dann als herrschaftlich. Und nun entsprach es durchaus dem Interesse der Herrschaft, deren Selbstbewufst- sein.es widerstand, freie Männer sich gegenüber zu haben, zunächst den Bauern rechtlich herabzudrücken, welcher selbst zu rechtlichen Konzessionen auch weit mehr geneigt war, wie zu wirtschaftlichen. So der Entwicklungs- gang, wenn die Herrschaft auf ursprünglich freie Hochzinser traf; noch weit weniger aber wird sie, falls von ihr die Umwandlung der Scharwerks- bau orn in Zinsbauern ausging, die vorher gekennzeichneten Rechte aus den Händen gegeben haben. Es werden sich daher im wesentlichen Hoch- zinser von Scnarwerksbauern nur durch höheren Zins und geringere Fron- den unterschieden haben, zu wirtschaftlichen Konzessionen mochte die Herrschaft bereit sein, niemals zu einem Schritt, der so ganz ihrem Herm- bewufstsein widersprach. XX 3. la Durchschnitt hierbei schwer feststellen, wir greifen einige Typen heraus. Die Bauern von Stibircken und Schupo wen hatten das ganze Jahr hindurch wöchentlich zwei Spann- und sechs Hand- dienste zu leisten, in Summa, das Jahr zu 48 Arbeitswochen gerechnet, da die drei Festwochen wegfielen, 96 Spann- und 288 Handtage. Die Bauern von Jotschin waren vom 1. April bis zum 1. Dezember wöchentlich zu drei Spanndiensten, in den übrigen Monaten zu wöchentlich einem Spanndienst, in Summa also zu 112 Spanntagen verpflichtet.. Bei Schneiderin waren es 104, bei Dwilinnen und Friedrichsfelde 84 Spann- tage, bei Gr.-Beynuhnen 208 Spann- und 120 Handtage. Dazu kamen im Winter 1 — 2 Getreidefuhren nach Königsberg, das von den Gütern 6 — 13 Meilen Luftlinie entfernt war. Diese Reisen erforderten bei den damaligen Wegeverhältnissen 4 — 8 Tage Zeit ^ Befördert wurden etwa 12 Scheffel Winter- oder 15 Scheffel Sommergetreide. Schliefslich waren die Bauern zum Schlagen und Anfahren von 1 — 2 Achtel Brennholz und 6 Stück Bauholz verpflichtet. Bei Neubauten auf Vorwerken und Dörfern wurden die zu leistenden Fuhren wiederum verteilt. Die Spanndienste mufsten mit 4 Pferden, oder 2 Pferden und 2 Ochsen geleistet werden, 2 Personen waren aufserdem zu stellen. Nur die Pflugdienste wurden mit 2 Tieren und einer Person geleistet. Ein Spanntag durfte durch 2 Hand- tage ersetzt werden. Während der Pausen erhielten die bäuer- lichen Arbeitstiere freie Weide. Weit weniger erheblich waren die Naturalabgaben, 1 bis 2 Gänse, 2 Hühner, ^12 Schock Eier, oft 1 — 4 Scheffel Roggen, Gerste oder Hafer, stets 1 — 1^/2 Mafs Schwadengrütz, seltener einige Bund Stroh, Pilzen, Hirsengrütz, Erdbeeren, Flachs und Garn waren zu liefern. Das Schwergewicht in den Verpflichtungen der Scharwerks- bauern lag durchaus in den Fronden. Bei den Zinsbauern waren die Naturallieferungen keine wesentlich anderen, auch der Zins bewegte sich bis Mitte der neunziger Jahre zwischen 10 und 14 Thlrn., war also höchstens 8 Thlr. höher als der der Scharwerksbauern. Ungleich ge- ringer waren die zu leistenden Hand- und Spanndienste. So wurden, um einige Beispiele zu wählen, von den Bauern aus Gr.-Sobrost und Medunischken 15 Spann- und 19 Handtage, aus Rossossen 20 und 20, aus Schneiderin 26 und 42, au& Christophsdorf und Lehnkendorf 17 und 15, Potawern 40 und 15, Starnowen 18 Spann- und 14 Handtage gefordert. In der Mitte zwischen beiden Gruppen stehen ihren Diensten * Hörn sagt Seite 859 if.: „Ostpreufsen hat erst während und nach den Freiheitskriegen die Wohlthaten der Chausseen kennen und schätzen gelernt." 14 XX 3. nach die als Hochzinser bezeichneten Bauern von Bokellen mit 48 Spann- und 56 Handtagen. Zu Reisen nach Königsberg, Holz- und Steinanfuhr waren die Zinsbauern in gleicher Weise verpflichtet. Befanden sich unter solchen Verhältnissen grofse Teile der Bauern, wie es weiter unten ausführlich begründet werden wird, in einer wirtschaftlich wenig vorteilhaften Lage, so mufs es doch als erfreulich gelten, wenn in den neunziger Jahren sich ohne Eingreifen des Staates eine Wendung zum Bessern zu vollziehen beginnt. Mochten die Scharwerksbauern, indem sie ihre gröfseren Lasten mit denen der Zinsbauern verglichen, unablässig auf eine Besserung ihrer Verhältnisse gedrungen haben, mochte ein weitblickender Gutsherr aus eigenem An- triebe die Initiative ergriffen haben, jedenfalls bringen uns die Anfangsjahre des 19. Jahrhunderts bei den v. Farenheid- schen Dörfern die Umwandlung der Scharwerksbauern in Hoch- zinser. Dies geschah namentlich da, wo neben Scharwerks- bauern auch Zinsbauern in demselben Dorfe wohnten, wie das z. B. bei Medunischken , Skirlacken , Gr.-Beynuhnen und Schneiderin der Fall war. Dieser Vorfall hat verschiedenfach zu der irrtümlichen Ansicht geführt, als habe bereits hier vor der staatlichen Gesetzgebung eine private Bauernbefreiung stattgefunden ^. Ein aktenmäfsiger Beweis ist dafür nicht er- bracht worden. In den hier* erwähnten Fällen handelt es sich lediglich um eine Ansetzung zu Erbzinsrecht, jedoch bleiben die Bauern, wie ausdrücklich bemerkt wird, Untersassen des betreffenden Gutes und dürfen ohne Genehmigung des Guts- herrn keine Schulden auf ihr Grundstück eintragen lassen. Es war dies eine Mafsregel, die von tiefer Einsicht Zeugnis ablegt, da sie die mit der staatlichen Regulierung verbundene Überstürzung vermied und eine notwendige Übergangsstufe zu gänzlicher Freiheit bildete. Auch war es nur so möglich, die Bauern zu gewissen wirtschaftlichen Fortschritten, Ein- führung der Koppelwirtschaft, des Kleebaues u. a. m. zu zwingen, da dieses die Gutsherrschaft in gewissen Bestimmungen des Kontraktes verlangte. Freilich geht Hand in Hand mit dieser Um- wandlung eine bedeutende Erhöhung des Zinses, So betrug der Zins inkl. Kontribution der Bauern von Gr.-Beynuhnen bis 1802 12 Thlr. 20 gr., nach 1802 20 Thlr. 30 gr., die Spanndienste waren von 208 auf 20, die Handdienste von 120 auf 10 herabgesetzt. Da ' Vergleiche Rogge, Seite 165. Wenn hier Friedricli Heinrich Jo- hann V. Farenheid an seinen Vater schreibt: „Dafs Sie mit der Loslassung der Gnier Bauern aus der Erbuntertänigkeit den Anfang gemacht haben" u. s. w., so ist dies als eine Ausnahme anzusehen, oder wohl richtiger der Begritt" „Erbuntertänigkeit" anders zu fassen. Die Akten über diesen Vorgang fehlen; soweit sie von den übrigen Dörfern vorhanden sind, haben wir es, wie es im Text weiter ausgeführt ist, lediglich mit einer Ansetzung zu l^rbzinsrecht zu thun. XX 3. 15 die anderen Abgaben und Dienste keine Erhöhung erfuhren, so bedeutet dies zweifellos einen Fortschritt. Weniger günstig gestaltete sich die Lage der Bauern da, wo wie z. B. in Pota- wern, der Zins eine Höhe von 34 Thlrn. 21 gr. erreichte, oder wo er, wie in Ulmen 1798 auf 56 Thlr. 22 gr. 9 Pf. stieg, um 1806 auf 60 Thlr. erhöht zu werden. Jedoch zeigt gerade das letzte Beispiel, dafs die Bauern, nachdem sie einigermafsen freien Spielraum in der eigenen Wirtschaft erhalten hatten, auch imstande waren, recht hohe Anforderungen zu befriedigen, und andererseits kam ein derartig hoher Zins auch nur aus- nahmsweise vor. Bevor die Leistungen der Bauern an den Staat betrachtet werden können, erübrigt noch die Hervorhebung einiger be- merkenswerter Punkte in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Halbhufners oder Kossäten. Die Verschiedenheiten in der Wirtschaft des Kossäten von der des Bauern beruhen im wesentlichen auf dem Gröfsenunterschied der Güter. Noch mehr wie beim Bauern bildet hier der Roggen, meist 12 Scheffel Aussaat, die wichtigste Kornfrucht. Hafer und Gerste treten ganz zurück , nur selten werden mehr wie 3 Scheffel von jedem ausgesät, dagegen scheint die Kartoffel hier bereits einen verhältnismäfsig gröfseren Spielraum gewonnen zu haben. Das lebende Inventar bestand aus 2 Pferden , 1 Kuh, 1 Schwein, 2 Schafen und einigem Federvieh. Das tote In- ventar war entsprechend der Wirtschaft in geringerer Menge vorhanden. Der ganze Besatz war durchschnittlich 20 bis 25 Thaler wert. Fremde Arbeitskräfte wurden nur, wo keine erwachsenen Söhne vorhanden waren, verwendet, auf 2 Kossäten kam in der Regel ein Knecht. Erbrecht war ebensowenig vor- handen wie bei den Scharwerksbauern , aber auch hier vor der Regulierung von keiner praktischen Bedeutung. Zins wurde nicht erhoben, während die Naturallieferung dieselbe blieb, ebenso wie die Reisen nach Königsberg und die An- fuhr von Holz und Steinen. Die übrigen Spänndienste fehlten hier, jedoch wurden jährlich 104 Handdienste verlangt, mit den Reisen zusammen eine starke Anforderung an eine der- artig kleine Wirtschaft. Dagegen war der Grundherr ver- pflichtet, auch im Winter für Arbeit zu sorgen, in erster Linie sollten die Kossäten beim Erdrusch des Getreides beteiligt sein und den llV2ten, zur Saat den 10V2ten Scheffel erhalten. Von den Abgaben der Bauern an den Staat war nur die Kontribution von einer derartigen Höhe, um im Vergleich mit ihren Leistungen an den Gutsherrn ins Gewicht zu fallen. Sie schwankte zwischen 3 und 7 Thalern, der Durch- schnitt war wohl 5 Thaler 30 Groschen, bei den Kossäten entsprechend geringer. Der Realdecem von den bäuerlichen Hüben betrug 20 Groschen, an Kaiende entrichtete jeder 1 16 XX 3, Bauer gewöhnlich je V2 Scheffel Roggen, Gerste und Hafer an den Pfarrer, je V4 Scheffel derselben Getreidearten an den Schulbedienten. Für die Armen waren pro Hube einige Metz Getreide, später namentlich auch Kartoffeln zu entrichten. Die übrigen Steuern waren so unerheblich, dafs sie sich kaum wirtschaftlich fühlbar machten, sie waren aufserdem der ganzen ländlichen Bevölkerung eigentümlich, und werden daher weiter unten zu besprechen sein. Von weit gröfserer Bedeutung dagegen waren die Spann- und Handdienste, die die Bauern bei Reparaturen und Neubauten von kirchlichen und Schul- gebäuden zu leisten hatten, jedoch bildeten sie nur eine vor- übergehende Belastung. In der Hauptsache waren es also die Leistungen an den Gutsherrn, die die wirtschaftliche Lage der bäuerlichen Bevölkerung bestimmten. Wenn wir jetzt am Schlufs einer allgemeinen Betrachtung der bäuerlichen Ver- hältnisse während der 36 Jahre von 1770 — 1806 zu einer ab- schliefsenden Beurteilung gelangen wollen, so wird dies im Sinne geschichtlicher Betrachtung nur möglich, wenn wir einigermafsen über die vorangehende Zeit und die in ihr treibenden Kräfte unterrichtet sind. Freilich sind diese Nach- richten äufserst gering, aber einige Andeutungen lassen sich doch gewinnen. Gehen wir bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts zurück, so bilden die Jahre der Pest von 1709 — 11 einen verhängnis- vollen Einschnitt in das Wirtschaftsleben dieser Gegend, die vorangegangene und folgende Epoche erscheinen gewisser- mafsen isoliert, die wirtschaftlichen Zusammenhänge gänzlich unterbrochen. Für die Wirkungen der Pest nur einige Bei- spiele. So zählen die Angerapper Güter, ein Komplex von über 90 Hufen, noch im Jahre 1732 nur 250 Personen, während der kurzen Pestjahre haben sie über 600 Personen verloren. Wie später nachgewiesen werden soll, gehörte die Hälfte der Einwohner von 1732 bereits zu den Neueingewanderten. In einem Bericht aus dem Jahre 1726 heifst es von denselben Gütern^. „Vorwerk Angerapp (9 Hufen), Gr. Szabienen (5 Hufen), Paulsdorf (11 Hufen) liegen ganz wüst und sind ohne Besatz. Der Acker ist steinicht, schlecht und sehr verwachsen. Vorwerk Skupowen ist ganz wüst, und ist nicht Stock noch Stiel darauf, Vorwerk Sargen ist von allem Besatz entblöfst (zu- sammen 15 Hufen). Das Dorf Sodarren hat 9 Hufen, davon liegen ganz wüst 6 Hufen. Jotschin hat 4 Hufen, ist abgebrannt, aufser einem Gärtnerhäuschen sonst nichts befindlich und liegt ohne Besatz, ganz wüste, hat nichts gesät, sondern hat Vieh zur Weide angenommen. Stibircken und Gr. Szabienen haben 16 Hufen, wovon wüst liegen 4 Hufen, Dorf Kl. Medunischken hat 27 Hufen, wovon 13 wüst sind." Kein W^under, wenn dieselbe ^ Krueger, Seite 18/19. XX 3. 17 Begüterung, die 1704 für 99 933 Gulden verkauft wurde, 1728 nicht ganz ^,U dieses Preises , nur 24 000 Gulden brachte. 1731 gab der Pfarrer des Kirchspiels Szabienen, zu dem diese Güter gehörten, zu Protokoll^: „Er hätte die Szabiensche Gemeinde und Dörfer 1711 bei seinem Antritt im Dienst durch die Pest meistens ausgestorben gefunden, so dafs Anno 1714 hieselbsten einige Kolonisten, die meisten aber erst Anno 1724 und 1725, welche dazu gewisse Freijahre genossen, sich gesetzet hätten." Die Dörfer Tributswallen und Neusafs-Ufs- blenken waren noch 1731 „mit Holz bewachsen oder sonsten verschollen." Die kleine Stadt Darkehmen wies nach den Decemskonsignationen im Jahre 1708 15 Handwerker, im nächsten Jahre 9, 1710 nur 4 auf, von denen nur einer bereits 1708 genannt war^. Genug Beispiele, um klar gelegt zu haben, welch' ein Grad der wirtschaftlichen Verwüstung und Entvölkerung erreicht war. In diesem Teile Ostpreufsens ist daher die Einwanderung auch eine derartig umfangreiche gewesen, dafs wir in erster Linie an die Rechts- und Besitz- verhältnisse der neuen Einwanderer anknüpfen müssen, um sodann ihre Einwirkung auf die alten überkommenen Ver- hältnisse zu beobachten. Bereits 1713 erfolgten Zuzüge aus Sachsen, 1724 aus Nassau, Oldenburg, der Pfalz, Württem- berg und dem Halberstädtischen ^ ; das wichtigste Kontingent stellten die Salzburger. So wurden dem Grafen Alexander von Dönhoff 1732 auf seine Bitten vom König 24 salzburgische Familien als Kolonisten für die Beynuhner Güter zugewiesen. Sie sollten frei von Einquartierung, Werbung, Leibeigenschaft, Dienst und Scharwerk sein; frei Brot backen, Bier brauen, schlachten; Fischfang, Bienenhaltung, freier Verkauf überall hin sollte ihnen zustehen; in ihren Teilungen sollten sie un- eingeschränkt sein , ebenso in der Wahl irgend eines Hand- werks. Mit Schofs und Landeskontribution sollten sie nicht höher als andere Untersassen beleget werden. Falls die Herrschaft den königlichen Schofs bezahle, so wollten sie von jedem Morgen 3 Thaler Zins zahlen, sonst nur ^/2, 15 von der Hube. Sollte nach Jahren zwischen ihnen und der Herr- schaft kein billiger Vergleich zu stände kommen , so sollte ihnen ihr Besitz bezahlt werden, sie selbst mit ihren fahren- den Gütern, Kindern und Gesinde als freie Leute hinziehen, wohin sie wollten. — Wir sehen also in einem verödeten Lande in den dreifsiger Jahren einen starken Prozentsatz freier Leute sich ansiedeln, ja mit gröfster Wahrscheinlichkeit läfst sich annehmen, dafs nicht nur die Salzburger, sondern alle deutschen Einwanderer nur unter so günstigen Bedingungen ' Rogge, Seite 68. '^ Rogge, Seite 71. 3 Rogge, Seite 76. Forschungen XX 3. — Böhme. 18 XX 3. sich hier niedergelassen haben^. Dies bestätigt auch durch- aus die schon einmal erwähnte Personentabelle der Angerapper Güter aus dem Jahre 1732. In den Vorwerken finden wir an freien Leuten und Unterthanen: Freie Leute Unterthanen. Angerapp 5 33 Jotschin ..... 6 — Gr.-Szabienen ... 5 — Sargen ...... 6 5 Paulsdorf .... . 10 14 32 52 In den Dörfern : Sodarren 3 21 Medunischken ... 43 54 Kl.-Szabienen ... 21 17 Skupowen 6 1 73 93 Vorwerke 32 52 ~1Ö5 145 Wir haben es hier also mit einer ländlichen Bevölkerung zu thun, die zu 42'*/o aus freien Leuten besteht. Wenn wir nun berücksichtigen, dafs wir in einem Anschlage der Lau- nicker Begüterung aus dem Jahre 1708, also vor der Pest, in den beiden Dörfern Efszergallen und Grutteln nur Bauern in schlechteren Besitzverhältnissen , Scharwerksbauern , erwähnt finden, wenn es in den amtlichen Berichten dieser Zeit über die adligen Bauern stets heifst: „Der Adel fordere alltägliche Dienste^", wenn für die weiter unten zu behandelnden Stein- orter Güter sich die Wahrheit dieser Behauptung thatsächlich erweist, dann müssen wir unbedingt zu dem Schlufs gelangen, dafs die Reste der altangesessenen Landbewohner nach der Pest erbunterthänig und allgemein in schlechten Besitz- und Wirtschaftsverhältnissen waren. Dieser Bevölkerung tritt in den Kolonisten eine rechtlich und wirtschaftlich günstig gestellte zahlreiche neue Schicht I 1 Vergl. dazu Altpr. Monatsschrift, neue Folge, Band 14, Seite 24 ff. Sowohl bei der Kolonisation unter Georg Wilhelm wie Friedrich Wilhelm I. sind die Angesiedelten frei von Scharwerk und haben das Eecht, nach Bezahlung ihrer Schulden frei abziehen zu können, zum Teil wird ihnen der Besatz geliefert , dann erhalten sie eine geringere Anzahl von Frei- jahren. Zum Soldaten^ienst scheinen sie trotz gegenteiliger Versicherung doch häufig gezwungen worden zu sein. , 2 Vergl. dazu Hörn, Seite 465 ft". und Seite 475. Nach O. Hintze („Zur Agrarpolitik Friedrichs des Grofsen", Seite 275) in Band X der Forschungen zur brandenburgisch-preufsischen Geschichte, waren in den meisten Hauptämtern 5- 6tägige Dienste üblich. Dasselbe macht auch die Darstellung Kerns wahrscheinlich. I XX 3. 19 gegenüber. Je länger beide Teile nebeneinander wohnen, um so stärker wird die gegenseitige Beeinflussung, deren Resultate uns die siebziger Jahre zeigen. Rechtlich, daran kann kein Zweifel sein, siegen die alteingewurzelten Verhältnisse, denn das letzte Drittel des 18. Jahrhunderts zeigt die grofse Masse der Landbevölkerung in der Erbunterthänigkeit befindlich. Der geringe Prozentsatz freier Leute findet darin seine Er- klärung, dafs fortgesetzt auch in dieser Zeit kolonisiert wurde; wenn auch vereinzelt. Wird dem gegenüber eingeworfen, dafs die Salzburger in erster Linie in den Besitz der köll- mischen Güter gelangt seien oder sich als Pächter und Hand- werker angesiedelt hätten, so trifft diese Behauptung doch nur für wenige Prozent von ihnen zu, die grofse Mehrzahl hat das Schicksal der übrigen Kolonisten geteilt. Ein merk- würdig schneller Prozefs in weniger als 50 Jahren und nur erklärlich in einer Zeit, die das feine Gefühl für die Ver- schiedenheit der Rechtsverhältnisse noch wenig entwickelt hatte, die nur da Widerstand hervorrief, wo der unmittel- bare Druck der wirtschaftlichen Belastung sich fühlbar machte. Dieser letztere Fall trat aber ein, wenn versucht wurde, die vom Scharwerk freien Kolonisten zu ähnlichen Diensten heran- zuziehen wie die Scharwerksbauern. Ohne Frage hat die Kolonistenbevölkerung den Grundstamm der in den siebziger Jahren vorhandenen Zinsbauern gebildet, es war nicht möglich gewesen, sie auch wirtschaftlich zu der Lage der Scharwerks- bauern herabzudrücken, es verblieb ihnen der erbliche Besitz, zu dem nur geringe Fronden traten ^. Das Vorhandensein dieser besser gestellten Bauernklasse war der mächtigste An- trieb für die Scharwerksbauern, dieselben günstigen Bedingungen zu erhalten. Unterstützt von einsichtigen Gutsherren, sind sie bis zum Anfange des neunzehnten Jahrhunderts zum Ziele gelangt. So tritt in der Entwicklung von 1770 — 180G, in der Umwandlung der Scharwerksbauern in Zinsbauern, von der wir ausgingen, uns nicht ein absoluter Fortschritt entgegen, sondern nur die vorteilhafte Seite eines Kompromisses, dessen Kehrseite uns die Jahre 1713 — 1770 verbergen. Ist es so gelungen die beiden Wurzeln frei zu legen, aus denen die Bewegung der Landbevölkerung während der 36 Jahre ihre Kraft sog, so darf jetzt auch die Frage nach der wirtschaftlichen und socialen Lage der Bauern und Kossäten in diesem Zeitraum erörtert werden. Wir haben bereits einen allgemeinen Einblick in die Eigenwirtschaft derselben erhalten, ebenso in ihre Verpflichtungen gegenüber Gutsherren und Staat. Für die Zinsbauern eine gedrückte Lage vorauszusetzen. ' So sind auch nach Kern die Hochzinser zum gröfsten Teil aus Kolonisten hervorgegangen, während v. Haxthausen Seite 224 behauptet, sie seien aus den Scharwerksbauera hervorgegangen , es trifft dies wohl nur für die spätere Zeit zu. 2* 20 XX 3. nur weil sie erbunterthänig waren, Zwangsgesindedienst, Hand- und Spanndienste in dem vorher angegebenen Mafse auf ihnen lasteten , würde der historischen Wahrheit sehr wenig entsprechen. Es hiefse doch sehr vom Standpunkte moderner Empfindungen urteilen, wenn man annehmen wollte, dafs Erb- untertänigkeit und Zwangsgesindedienst auch nur im ent- ferntesten von der Landbevölkerung des achtzehnten Jahr- hunderts als das angesehen wurden , wofür sie der Kulturmensch am Ausgang des neunzehnten Jahrhunderts hält. Fällt aber dieses sittliche Moment weg , so wird sich mit ziemlicher Sicherheit behaupten lassen, dafs bei einem so niedrigen Zins, so geringfügigen Naturalabgaben, bei Fronden, die zwar zu- weilen unangenehm und störend, niemals aber vernichtend wirken konnten, die Lage dieser Klasse von Bauern eine ver- hältnismäfsig gesicherte und günstige war. Anders liegen natürlich die Verhältnisse der Scharwerksbauern und Kossäten, die in der That nichts anderes als ein Anhang des Vorwerks- betriebes waren. Hier fällt die Masse der Hand- und Spann- dienste entscheidend ins Gewicht. Mochten auch noch so strenge Vorschriften über die Länge des Arbeitstages, die Innehaltiing der Ruhepausen gegeben werden , mochte es ver- boten werden, nicht geforderte Dienste in der nächsten Woche nachzuleisten, ihre Anzahl war zu grofs, um einen geregelten Betrieb der kleinen Eigenwirtschaft zu ermöglichen. Daher wechseln die Inhaber dieser Stellen mit unheimlicher Schnellig- keit, daher ergiebt die Aufnahme des zurückgelassenen Be- satzes bei jeder neuen Übergabe ein immer traurigeres Bild. Ein Kossätenhof in Gr. Szabienen wechselt in den Jahren 1776 — 94 dreimal den Besitzer, ein anderer von 1776 — 97 viermal, bis 1815 sechsmal, ein dritter 1784 — 1814 viermal, ein Scharwerkserbe zu Jotschin 1773 — 1782 dreimal, bis 1788 viermal. Der Besatz, der, falls er vollständig war, bei den Scharwerksbauern etwas über 50 Thaler, bei den Kossäten 20 — 25 Thaler, wert sein mochte, war bei ersteren häufig auf 8 — 10 Thaler, bei letzteren auf 6 — 7 Thaler herabgesunken. Die Pferde werden in den meisten Fällen je auf 2 — 3 Thlr. ge- schätzt, aber man findet auch den Wert zweier Pferde zu- sammen auf 2 Thaler, in einem Falle auf 1 Thaler 75 Groschen angegeben. Häufig stellte die Herrschaft dem neuen Besitzer Geld zur Verbesserung des Besatzes zur Verfügung, oft wurde er verpflichtet, ihn aus eigenen Mitteln zu ergänzen, nach wenigen Jahren immer wieder dasselbe traurige Bild. Sicher- lich hat in manchen Fällen das Ausgedinge der Altsitzer eine unheilvolle Rolle gespielt. Bei so kümmerlichen Verhältnissen mochte es für den Ruin eines Kossäten ausschlaggebend sein, wenn er seinem Schwiegervater freie Wohnung und Feuerung, Acker zu 2 Scheffel Roggen- und 3 Schefi^el Kartofi'elaussaat geben mufste, ferner je V!2 Schefi^el Gerste und Hafer in natura. I XX 3. 21 In den meisten Fällen waren es aber die der Herrschaft zu leistenden Dienste, die eine Vernachlässigung der eigenen Wirt- schaft herbeiführten. Hatte sich doch auch der Gutsherr bei Bedarf ungemessene Fronden , wenigstens in der Weise vor- behalten, dafs sie gegen eine geringe Entschädigung, 9 Groschen Tagelohn beim Mann, 6 Groschen bei der Frau, geleistet werden mufsten. Sicherlich trat das Verlangen nach diesen in der Hauptsache nur zu der auch für den Bauern wichtigsten Bestell- und Erntezeit ein. Auch auf das bäuerliche Gesinde hatte der Gutsherr ein Vorzugsrecht, wenn sein eigener Bedarf noch nicht gedeckt war, nur sollte das Wegmieten in ordnungs- mäfsiger Weise geschehen. Wenn wir die Gründe betrachten, welche die Akten für den freiwilligen Rücktritt oder auch ■die Absetzung eines Bauern oder Kossäten erwähnen, so finden wir Alter, schwächliche Gesundheit, Armut, schlechte Um- stände, Unglück in der Wirtschaft, sehr häufig Trunksucht angegeben. Einige Seiten vorher heifst es aber von dem- selben Mann, der jetzt wegen Armut oder Trunksucht den Hof hat verlassen müssen, er sei lange Jahre als Instmann •erprobt gewesen und übernehme jetzt mit verhältnismäfsig grofsen Mitteln die Wirtschaft, oder er besitze gute Empfehlungen und habe bereits erfolgreich einem Erbe vorgestanden. Es ist eine der traurigsten Seiten des damaligen bäuerlichen Lebens, die sich unsern Blicken entrollt. Einen sparsamen, aufstrebenden Instmann sehen wir nach Selbständigkeit ringen, •ein bäuerliches Erbe mit seinen schwer ersparten Groschen erwerben, um einen Schritt weiter zu gelangen auf der socialen Stufenleiter. An das Ziel seiner Wünsche gelangt, mufs der Kurzsichtige erkennen, dafs er Unmögliches zu leisten hat; die Ersparnisse schwinden, die Schulden wachsen immer weiter an, mit ihnen kommt die Verzweiflung und als Trostmittel der Alkohol, und der Unglückliche kann sich freuen, wenn er endet, wie er begonnen, wieder als Instmann und nicht bei der Zwangsarbeit am Karren. Ein trauriges Bild und sicher- lich nicht überall zutreffend, aber viele der fleifsigsten und aufstrebendsten Arbeiter sind Opfer der Kurzsichtigkeit ge- worden, die ihrer Zeit in wirtschaftlichen Dingen eigentümlich war, herrschenden, wie beherrschten Klassen. Denn während sie aus eigenem , zwar sehr erklärlichem Antrieb eine Stellung aufgaben, die eine relativ gute war, war der Gutsherr noch nicht weitblickend genug, um einzusehen, dafs eine allzugrofse Anspannung der bäuerlichen Kräfte und ein damit verbundener häufiger Wechsel in der Besetzung der Stellen seinen eigenen wirtschaftlichen Nachteil bedeutete. Beginnen sich die Ver- hältnisse durch die Umwandlung der Scharwerksbauern in Hochzinser auch in vorteilhafter Weise zu ändern , so trägt diese Periode doch noch nicht den erfreulichen Charakter, den eine weitere Entwicklung zur Folge gehabt hätte, wenn nicht 22 XX 3. die verheifsungsvollen Anfänge der Kriegsperiode von 180& bis 1815 zum Opfer gefallen wären. Für die Zeit von 1770 bis 1806 werden wir nur bei den Zinsbauern diejenigen günstigen Verhältnisse annehmen dürfen, die sie befähigten, ein vorwärts treibendes und Kultur weckendes Element zu bilden, bei Scharwerksbauern und Kossäten war das Gegenteil der Fall. Die hier zur Darstellung gelangte Entwicklung der bäuer- lichen Bevölkerung trifft nur für die beiden , v. Farenheid gehörigen, Güterkomplexe zu. In dem masurischen Steinort lagen die Verhältnisse ganz anders. Hier waren bis zum Jahre 1713 die Bauern sämtlicher Dörfer zu täglichem Schar- werk mit drei Personen verpflichtet gewesen, dagegen scheint kein Zins gezahlt worden zu sein. Die Klagen über ihre un- erträgliche Belastung veranlafsten den Grafen Lehndorf, sie im Jahre 1713 auf Zins zu setzen, 30—33 Gulden durch- schnittlich. Das Scharwerk wurde in der Weise festgesetzt, dafs jeder Bauer je 0 Scheffel im Winter- und im Sommer- felde zu bestellen hatte und ebenso die Einbringung der Ernte davon übernahm. Das Land für 3 Scheffel war zu bemisten, entweder vom Dünger des herrschaftlichen, oder falls derselbe nicht ausreichte , von dem des bäuerlichen Viehs. Während der Heuernte wurden 4 Scharwerkstage verlangt, und aufser- dem war an 2 Tagen jeder Woche eine Magd zu stellen. Zwei Achtel Holz mufsten gesetzt und angefahren, G Tage ge- rodet, 2 Königsberger Reisen geleistet werden; dazu kamen noch recht beträchtliche Hülfsdienste zur Fischerei. An Naturalien wurden 2 Gänse, 2 Hühner, 1 Stof Schwadengrütz, 1 Stof Him- beeren, V2 Schock Eier und eine gewisse Flachslieferung ge- fordert. Eine Veränderung haben diese Dienste und Abgaben während des 18. Jahrhunderts und bis zur Regulierung im 19. nicht erfahren. Sie trafen alle Bauern gleichmäfsig, nur zeitweise finden sich 2 — 3 sogenannte Freibauern, die von allem Schar- werk frei, 20 — 33 Thaler Zins zahlten. Im allgemeinen scheint hier Zeitpacht, namentlich in der älteren Zeit, die vorherrschende Form gewesen zu sein, wenigstens sind in den vierziger Jahren die Pachtkontrakte auf 3 Jahre besonders häufig. In die eigentlichen wirtschaftlichen Verhältnisse läfst eine Tabelle aus dem Jahre 1787 blicken. Ausgesät hatten danach die 90 Bauern der 8 Dörfer 176 1/2 Scheffel Weizen, 1311 V2 Roggen, 250 Gerste, 288^/2 Erbsen, 1065 Hafer, 104^/4 Leinsaat; an menschlichen Arbeitskräften waren 362 Personen vorhanden, an Arbeitsvieh 417 Pferde, 179 Ochsen, an Nutzvieh 155 Kühe. Erbaut wurde im allgemeinen das dritte Korn. Gegen- über dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts scheint eine Vermehrung des Arbeitsviehs eingetreten zu sein , die Aus- saatmenge der einzelnen Getreidearten zeigt keine Veränderung, nur Weizen ist neu hinzugekommen. Läfst sich nun bezüglich der Steinorter Bauern, da die I XX 3. 23 Fronden nicht direkt in Tagen angegeben sind, ein Vergleich mit den Verhältnissen der Farenheidschen Bauern schwer ziehen, so darf doch wohl als ausgemacht gelten, dafs alles in allem hier das zutrifft, was bezüglich der Scharwerksbauern festgestellt werden konnte, wenn auch nicht gerade die ge- drücktesten Klassen derselben vorhanden zu sein scheinen^. Verhängnisvoll war aber der Umstand, dafs hier keine Über- gänge, wie dort in der Gestalt der Zinsbauern sich vor der Regulierung durchsetzten , sodafs diese eine wirtschaftlich un- selbständige und unreife Klasse traf. Wir wenden uns jetzt der weiteren Dorfbevölkerung, zu- nächst der Klasse der Handwerker zu; die eigentlichen Gutshandwerker werden weiter unten behandelt werden. Sicher- lich werden gerade unter den im Dorfe ansässigen Handwerkern eine Menge freier Leute gewesen sein, zum Teil Soldaten, die während ihrer Dienstzeit sich die notwendigen Kenntnisse erworben hatten , zum Teil wohl auch anrüchige Existenzen, denen der harte Zunftzwang in den Städten wenig behagen mochte; so sind vielleicht die ewigen Klagen der Zünfte bei dem Gutsherrn über die Pfuscher zu erklären. Freilich werden wir uns hüten müssen, bei der bekannten Verknöcherung des Zunftwesens alle Vorstellungen als berechtigt anzusehen. Sehr möglich, dafs gerade die fortbildungsfähigsten, aufstrebend- sten Elementesich nach freierer Bethätigung sehnten und diese nur auf dem Lande finden konnten. Spricht doch auch die günstige wirtschaftliche Stellung, namentlich der Schmiede, für diese Mutmafsung. Auch der Umstand darf nicht übersehen werden, dafs wir es durchaus nicht immer mit Einzelmeistern zu thun haben, sondern vielfach 1 — 2 Gesellen beschäftigt wurden. Im allgemeinen linden wir die Handwerker im Besitz von 3 Morgen Ackerland, 150 Quadratruten Garten; 1 — 2 Kühe, 3 Schafe, 3 Schweine bilden das lebende Inventar, die am besten situ- ierten besitzen auch häufig 2 Pferde. Die Löhne scheinen nicht unbeträchtlich gewesen zu sein ; so finden wir bei Zimraer- gesellen einen Tagelohn von 42 — 45 gr., Handlanger erhalten 15 — 18 gr. Im Falle mangelnder Handwerksarbeit sehen wir sie um Tagelohn auf den Vorwerken thätig. An Miete zahlten sie gewöhnlich 3 Thlr. Die Nahrungsgelder betrugen pro Jahr bei Schmieden, Schneidern, Schustern 1 Thlr,, bei Rade- machern, Tischlern, Zimmerleuten 1 Thlr. 00 gr. An Personal- ' Nach Kern war die Lage der Bauern in Masuren am traurigsten, und wurden sie daselbst häufig nur als Gärtner bezeichnet. Es entspricht dies durchaus den im allgemeinen schlechten Bodenverhältnissen dieser Gegend. So sagt v. Farenheid in dem sehr lehrreichen Aufsatze: „Wohl- stand eines masurischen Kalkbauern", Preufsische Prov.-Blätter, Bd. IV; „In den Gegenden des unfruchtbaren Kies- und Kalkbodens in den hüge- ligen Teilen Preufsens nach der polnischeu Grenze hin spendet die Erde kärglich ihre Gaben, und Armut ist das Los des gröfseren Teils ihrer Bewohner." 24 XX 3. decem zahlten die Meister 20 gr. , die Gesellen 6 gr., jedes Kind 3 gr. Fehlte es nicht an Berufsarbeit, so war im all- gemeinen die wirtschaftliche Lage der Dorfhandwerker als durchaus günstig zu bezeichnen. Ein Urteil über die Verhältnisse der Krüger zu gewinnen, ist bei dem Mangel an Material unmöglich. Sie waren in den meisten Fällen zugleich Bauern und zahlten vielfach an Stelle der Dienste einen höheren Zins. Für den Krug selbst wurden gewöhnlich 4—8 Thlr. entrichtet. Aufserordentlich erheblich scheinen zuweilen Kontribution und Domänenzins gewesen zu sein. So zahlten zwei dem Grafen Lehndorf ge- hörige Krüge mit 3 und 2 Hufen Land im Jahre 1791 41 und 34 Thlr. Bier und Branntwein mufste der gutsherrlichen Brauerei und Brennerei entnommen werden; ein gewisses Mindestquantum, das z. B. bei Jotschin aus 8 Ohm Brannt- wein und 10 Tonnen Bier bestand, war in den meisten Fällen festgesetzt. Die Mehrzahl der Mühlen wurde gleichfalls verpachtet, der Zins schwankte hier sehr, überschritt aber in der Regel mit einem Betrage von 200—250 Thlr. die höchsten bäuerlichen Zinsen. -Jedoch finden sich auch weit niedrigere Angaben, namentlich in der älteren Zeit, 1730 zahlt ein Müller zu Steinort nur 18 Thlr. Freies Mahlwerk für die Vorwerke, auch für Brauerei und Brennerei, war stets ausgemacht. Ebenso bestand allgemein Mühlenzwang; an Mahlgeldern wurden z. B. in Gnie erhoben für Beuteln eines Scheifels Roggen oder Gerste 6 gr., Schroten 5 gr. , • von den Gutsangehörigen 4 und 3 gr. Das Mühlen- grundstück lag nicht immer im Dorfe, 2 Hufen Land pflegten zu ihm zu gehören. Die wirtschaftliche Lage des Müllers, der wohl stets ein freier Mann war, mufs trotz des hohen Zinses eine durchaus gute gewesen sein, auch social nahm er eine die der anderen Dorfbewohner überragende Stellung ein. Starke Gesindehaltung, 1 — 2 Knechte, 2 — 3 Mägde, 1 Geselle, 2 Burschen waren in der Mühle thätig. Selten, wohl nur kleinere Mühlengrundstücke, hat die Herrschaft durch einen Unterthanen direkt besetzt, das Gehalt inklusive Deputat des Meisters finden wir auf 140 Thlr., das des Knechtes auf 16 Thlr, 45 gr, angegeben. In diesem Falle erhebt die Herrschaft vielfach eine direkte Personalsteuer zwischen 30 und 42 gr. Der Zahl nach, auch in dieser Zeit nach der bäuerlichen Bevölkerung am stärksten war die Klasse der Losleute. Wenn vielfach die Behauptung aufgestellt wird, vor der Bauern- befreiung habe es keinen eigentlichen ländlichen Arbeiterstand gegeben , so zeigen die hier in Frage kommenden Dörfer in der Hauptsache das Gegenteil. Betrachten wir z. B. das Dorf Stibircken im Jahre 1773. Wir fügen die zu jedem Hausstande I XX 3. 25 gehörende Anzahl der Personen und zur besseren Kennzeich- nung der Besitzverhältnisse auch die Zahl der Kühe hinzu: Personen : Kühe : 1 Pfarrer 6 2 1 Präzentor 6 2 1 Pfarrwitwe ..... 8 4 1 Schmied 11 1 5 Handwerker 19 — 6 Bauern 49 6 4 Knechts weiber .... 11 2 11 Losleute 45 8 1 Weib 2 — 1 Witwe ....... 3 1 1 Drechsler 2 2 1 Krüger 4 2 Ohne Frage ist die Zahl der Losleute in diesem Dorfe eine besonders hohe, im allgemeinen ist sie weit niedriger im Verhältnis zur Zahl der Bauern, jedoch immerhin beträchtlich. Die zur Herrschaft Beynuhnen gehörigen Dörfer weisen nach- stehendes Verhältnis auf: Bauern : Losleute : Thalau 9 9 Sauskojen 12 6 Gr.-Beynuhnen 14 6 Skirlacken 16 8 Kowarren 9 6 Kl.-Sobrost 9 7 Gr.-Sobrost 16 10 Medunischken 18 8 Fritzendorf — 3 Summa 103 63 Nehmen wir hinzu, dafs die Vorwerke aufserdem eine be- trächtliche Zahl von Instleuten enthielten, so läfst sich für diese Gegend ein Arbeiterstand feststellen, der der Anzahl der Bauern mindestens das Gleichgewicht hielt. Vor allem wird damit auch die Behauptung beseitigt, dafs die Bestellung der Gutsäcker und die ganzen Arbeiten auf den Gütern in der Hauptsache von den Bauern geleistet wurden. Jedoch wird sich dies Ergebnis erst bei der Betrachtung des eigentlichen Gutsbetriebes recht klar legen lassen. Von den Losleuten ist sicherlich anzunehmen, dafs sie weniger bei den Bauern als auf den Vorwerken und in den Wäldern auf Tagelohn ge- arbeitet haben. Sie wohnten bei den Bauern, oft mit ihnen in einer Stube, bei älteren Losleuten findet sich als Wohnort häufig „hinter dem Ofen" angegeben. Land besafsen sie in der Regel nicht, jedoch wurden ihnen von den Bauern zuweilen V2 — 2 Schefi'el 26 XX 3, Getreide ausgesät, Avofür sie eine Anzahl Tage unentgeltlich arbeiteten. Gleichzeitig jedoch mit der Umwandlung der Schar- werksbauern in Zinsbauern und der damit verbundenen Ver- ringerung der Dienste scheint sich das Bestreben der Guts- herrschaft geltend gemacht zu haben, sich in dieser Tagelöhner- klasse einen Ersatz zu schaffen. Zu diesem Zwecke wurden in mehreren Dörfern kleine Parzellen von 3 Morgen Land geschaffen, die den Losleuten überwiesen wurden, so in Witten- berg, Efszergallen und Grutteln. Die Lage der landlosen Los- leute war zweifellos eine durchweg ungünstige. Vor allem fehlte ihnen bei allgemeinen Miseren jeder Rückhalt, und fielen sie dann der Gemeinde und dem Gutsherrn zur Last. In sehr bezeichnender Weise heifst es in einem Pachtkontrakt: ., Ein- nahmen von Dorfinstleuten sind nicht zum Anschlag gebracht,^ da sie entbehrlich und in schlechten Jahren lästig sind." Kuh- haltung gehörte sicherlich zur Ausnahme, wenn sie auch im Dorf Stibircken die Regel gewesen zu sein scheint. Als Ent- schädigung für die Wohnung wurde ein Kopfschofs von 35 gr. pro Person an die Herrschaft entrichtet, jedoch nur bis zum Alter von 60 Jahren erhoben, aufserdera waren 15 Tali Garn zu liefern. An Personaldecem zahlte der Mann 15 gr., da& Weib 6, das Kind 3 gr. Einige freie Elemente werden sich auch unter ihnen befunden haben, wenigstens lassen das Be- stimmungen in Pachtkontrakten vermuten, die dem Pächter verbieten, unterthänige Leute um geringeren Tagelohn als freie zu Diensten zu zwingen. In der Regel erhielt der Mann 9—10, die Frau 6 gr. Nachdem so die wichtigsten Klassen der Dorfbewohner eine Behandlung erfahren haben, bleibt, abgesehen von den Waldwarten, die als herrschaftliche Beamte im Zusammenhang mit dem Gutsbetrieb betrachtet werden sollen, noch die Klasse der Schulbedienten übrig, deren Verhältnisse um so mehr eine ausführliche Besprechung verdienen , als daraus mancher wertvolle Einblick in die kulturelle Lage der Dorfbewohner gewonnen werden kann. Wie traurig die wirtschaftliche und sociale Lage der Schul- bedienten war, zeigt sofort ein Protokoll aus dem Jahre 178L Es heifst daselbst: „Der Schulmeister Mullerskowski sei mit dem Tode abgegangen. Da derselbe nur schlecht gestanden, keine gewisse Wohnung gehabt, sondern von einem Wirt zum andern habe ziehen müssen, so finde sich kein Vorsteher." Zu derselben Zeit erhält ein Schulmeister an Gehalt aus der Schulkasse der Regierung 2 Thlr. 18 gr. , Schulgeld 3 Thlr.,. vom Gutsherrn 5 Thlr., für das Besingen der Leichen in seiner Societät 40 gr., in Summa 10 Thlr. 58 gr., an Deputat 2 Scheffel Roggen, 1 Gerste, 12 Centner Heu, 1 Schock Stroh^ 3 Achtel Holz; 3 Morgen Acker, 1 Morgen Weide wurden unentgeltlich bestellt, dazu kam freie Weide für 1 Kuh, 1 Stärke, XX 3. 27 2 Schafe, 2 Schweine und 2 Gänse. Von öffentlichen Lasten waren Schulmeister und Geistliche frei. Nach einer Verfügung aus dem Jahre 1741 sollten die Lehrer adliger Schulen erhalten: 1. Freie Wohnung, 2. Garten von 100 Quadratruten, 3. 3 kullmische Morgen Acker, 4. 2 Fuder Heu, 5. 2 Achtel Holz, 6. Weidefreiheit für 2 Rinder, 2 Schweine, 2 Schafe^ eine Gans. 7. Freiheit von allen Oneribus. Wurde kein Ackerland vom Grundherrn und der Ge- meinde geliefert und bestellt, so erhielten die Schulmeister pro Hufe Bauernlandes 4 Metz Roggen, 2 Stof Gerste, 3 Stof Hafer, 2 Stof Erbsen und 1 Fuder Strauch. Der Grundherr pflegte zuzuschiefsen, was an 10 Scheffel Roggen, je 2 Scheffel Gerste, Hafer und Erbsen, 10 Fuder Sprock und Lagerholz, 12 Centner Heu und 1 Schock Stroh fehlte. Auch an den besten Schulen erhielten, wie besonders hervorgehoben wird, die Schulbedienten nicht mehr wie 12 Scheffel Korn und 6 Gerste. In der Hauptsache waren die Schulmeister Hand- werker und sahen diese Beschäftigung als ihr eigentliches Amt an. So heilst es nach Rogge ^ in einer Verordnung: „Ist der Schulmeister ein Handwerker, so kann er sich schon er- nähren, ist er keiner, so wird ihm erlaubt, in der Ernte sechs Wochen auf Tagelohn zu gehen." In den vier Schulen zu Gudwallen , Pötscheln , Balschkehmen und Haiwischken waren drei von den vier Schulmeistern im Jahre 1730 Handwerker. 1779 mufste es dem Schulmeister Kollatis in Gudwallen bei Strafe verboten werden, keine Schaffelle in der Schulstube zu gerben, indem der Gestank den Kindern höchst ungesund sei. Häufig war überhaupt keine besondere Schulstube vorhanden, dann zog der Schulmeister von einem Bauer zum andern , in deren Stube dann der Unterricht der Dorfkinder stattfand. Da 4 — 6 Dörfer einen gemeinsamen Schulmeister hatten, konnte von einem regelmäfsigen Unterricht nicht die Rede sein. Noch Tribukeit^, der sicher spätere Verhältnisse im Auge hatte, berichtet , dafs die Schule Katharina (25. November) anfing und Ostern endete, aus den entfernteren Dörfern die Knaben mit dem zehnten , die Mädchen erst mit dem zwölften Jahre den Schulbesuch begonnen hätten. 1773 klagt der Pfarrer von Dombrowken : „Die gröfste Behinderung ist hier wohl das tägliche Scharwerk; dahero es denn geschehen, dafs im ver- gangenen Winter die Kinder aus den verschiedenen Dörfern^ 1 Kogge, Seite 136 ff. 2 Tribukeit, Seite 24 ff. 28 - XX 3. besonders aber aus dem Dorfe Rossossen, kaum zehnmal den ganzen Winter durch in der Schule üombrowken gewesen sind." Unter solchen Verhältnissen waren die Lehrerfolge sehr gering ; Tribukeits Vater, der als besonders aufgeweckter Junge galt und vier Jahre hindurch den Unterricht eines besonders tüch- tigen Lehrers genossen hatte, begriff während seiner Schul- zeit nicht, dafs 8 — 4=4, 2-4 = 8 oder 4-4=^16 sei. Noch in den zwanziger Jahren findet sich in den Kegulierungs- protokollen kaum jemals eine eigenhändige Unterschrift der Bauern. Freilich mochte die Zahl der Kinder, die auf eine Lehrkraft kam, viel zu grofs gewesen sein, kamen doch noch im Jahre 1834 auf die 8 Schulen des Szabiener Kirchspiels mit zusammen 9 Klassen 739 Kinder, auf eine Lehrkraft 82. Das Einkommen der Lehrer ist aber bereits auf über 75 Thlr. ge- stiegen , was gegenüber der hier behandelten Zeit doch einen wesentlichen Fortschritt bedeutete. Von der Periode bis 1806 werden wir unbedenklich behaupten können, dafs das länd- liche Schulwesen noch durchaus in seinen Kinderschuhen steckte, dafs die mangelhafte Vorbildung der Lehrer, ihre ungemein traurige wirtschaftliche Lage , die sie ihr Lehramt nur als eine Nebenbeschäftigung anzusehen zwang, es bei den Kindern kaum zur Aneignung der mangelhaftesten elementaren Kennt- nisse bringen konnte. Wir gelangen damit zur Erörterung gewisser, die Gesamt- heit der Dorfbewohner betrefi'enden Momente. Es sind vor allem die Anforderungen des Staates, die hier noch berück- sichtigt werden müssen , in erster Linie die militärischen Lei- stungen. Trotzdem eine allgemeine Wehrpflicht nicht vor- handen war, lastete der Militärdienst doch ungleich schwerer auf der ländlichen Bevölkerung, wie in der Gegenwart. Wir finden kaum jemals Leute im Alter von 20 Jahren unter den Ausgehobenen, weit häufiger aber solche von 27 — 29 Jahren, während ein Alter von 25 Jahren etwa der Durchschnitt sein mochte. Naturgemäfs trat unter solchen Verhältnissen weit häufiger der Fall ein, dafs verheiratete Leute zum Soldaten- dienst herangezogen wurden. Kam dann noch hinzu, dafs der betreff'ende Kantonist bäuerlicher Wirt war, was bei der im Vergleich zur Gegenwart Aveit stärkeren bäuerlichen Bevölke- rung sich oft ereignete, so bedeutete dies ganz ungeheuere Störungen des Familien- und Wirtschaftslebens. Nicht un- bedeutend waren auch die Leistungen der ländlichen Bevöl- kerung zu militärischen Bauten, namentlich bei der Anlage und Verstärkung von Festungen. So haben im Jahre 1777 die Beynuhner Gü^ier zum Graudenzer Festungsbau 8 Arbeiter zu stellen. Sie wurden überwiegend der Zahl der Los- und Instleute entnommen, ihren Unterhalt mufsten die Bauern aber mitbestreiten und zwar jährlich pro Hufe 1 Thlr. 45 gr. ent- richten, das Gesinde zahlte pro Thaler Lohn 6 gr. , die Los- XX 3. 29 leute 3(3. Aufserdem lastete auf der Gemeinde der Unterhalt der zurückgelassenen Familien. Noch in den Jahren 1788/89 gingen die Beiträge zum Graudenzer Festungsbau weiter. Da- neben liefen regelmäfsige Getreide-, Heu- und Strohfuhren nach den militärischen Magazinen. Im ganzen werden die Steuern, wie Landeskonsumtionssteuer, Klassen-, Tabak-, Salzsteuer sich gegenüber den auch in Friedenszeiten für mili- tärische Zwecke erhobenen Abgaben und Leistungen kaum fühlbar gemacht haben. Insofern aber bieten sie für diese Be- trachtungen Interesse, als sie die genauere Schichtung der Be- völkerung wiederspiegeln, wie sie die Obrigkeit damals vornahm. So unterschied die Tabaksteuer im Jahre 1787 6 Klassen, von denen jedoch nur in den vier letzten die Dorfbevölkerung Steuerzahler aufwies. Wir betrachten hier das Bauerndorf Stibircken und das Kossätendorf Gr.-Szabienen. Gl r. - S z a 3 i e n e n: Klassen: II] IV V VI ' gr- Pf. gr- Pf. gr- Pf. gr. Pf. 1 Krüger — — 30 9 — — — — 1 Schulz — — — — 15 6 — — 12 Kossäten ä — — — — 15 6 — — 5 Söhne ä — — — — 15 6 — — 5 Knechte ä — — — — 15 6 — — 2 Losleute ä — — — — — — 7 12 2 Söhne ä — — — • — — — 7 12 1 Dienstjunge — — — — — — 7 12 S t i b i r ck en: Klassen: III IV V VI gr. Pf. gr- Pf. gr. Pf. gr. Pf. Pfarrer . . 61 — — — — — — — Kaplan . . 61 — — — — — — — Krüger . . — — 30 9 — — — — Schmied . . — — 30 9 — — — — Müller . . . — — 30 9 — — — — 6 Bauern ä . — — 30 9 — — — — Schulmeister — — — — 15 6 — — Zimmermann — — — — 15 6 — — 2 Losleute ä . — — - — — 15 6 — — Rademacher . — — — — 15 6 — Gesell . . . — — — — 15 6 — 12 Knechte ä — — — — 15 6 — — Hirt . . . — — — — — — 7 12 Fleischer . . — — — — — — 7 12 6 Losleute ä . — — — — — — 7 12 3 Bauernsöhne ä — — — — — — 7 12 Mittelknecht , — — — — — — 7 12 4 Dienstjungen ä — — — — — — 7 12 30 ,XX 3. Bemerkenswert ist hier namentlich, dals Schulmeister und Kossäten mit den Knechten derselben Steuerklasse angehören, die bessere wirtschaftliche Lage des Schmieds gegenüber den anderen Handwerkern anerkannt wird, und dafs die Mehrzahl der Losleute mit den jugendlichen unselbständigen Personen in derselben Klasse zahlt. Ahnliche Beobachtungen ergeben die übrigen Steuern. Gleichfalls nicht bedeutend zeigen sie stets Tendenz, die Klassen mit dem kleinsten Einkommen, wenn auch mit noch so geringen Beträgen, heranzuziehen. Mit der gröfsten Peinlichkeit mufsten die bis ins einzelne vorgeschriebenen Anordnungen des Staats beobachtet werden, der Grundherr wurde für alle Einzelheiten verantwortlich gemacht. Im Dorfe war sein Gehülfe der Schulz, den er aus der Klasse der Bauern, im Kossätendorfe aus der der Kossäten ernannte^. In der Regel war der Schulz von den Hand- und Spanndiensten frei und erhielt aufserdem jährlich 3 Thaler für seine Mühewaltung, oft .waren auch einige Schulzenmorgen vorhanden , die ihm zum Anbau überwiesen wurden. Er wurde zugleich als Ver- trauensmann des Grundherrn zu Abschätzungen bäuerlicher Besatzstücke u. a. m. herangezogen. In der Grafschaft Stein- ort standen ihm die sogenannten Ratmänner, gleichfalls der Zahl der Bauern entnommen, bei der Ausübung seiner Funktionen zur Seite. Die Geldstrafen seitens des Staats bei Nichtbe- folgung seiner Anordnungen waren auch bei kleinen Ver- gehen aufserordentlich hoch, so erhielt 1772 eine Witwe für nicht rechtzeitige Abholung ihres Salzquantums 4 Thaler zudiktiert. Andererseits trat aber auch die staatliche Hülfe in Gestalt von Steuererlässen, Vorschüssen jeder Zeit ein, wenn die Bevölkerung durch Überschwemmung, Feuersbrünste, Vieh- sterben oder Mifswachs Schaden erlitten hatte. Einen nicht minder starken Rückhalt bei unverschuldeten Unglücksfällen bot der Gutsherr den Dorfbewohnern. Vom Pfarrer bis zum ärmsten Losmann von ihm abhängig, genossen sie durchaus auch die Vorteile der patriarchalischen Arbeits- verfassung. Den Bauern und Kossäten lieferte der Gutsherr den Besatz, das Brennmaterial in der Gestalt von 18 Fuder ♦Sprock oder 2 Achtel Stubben, deren Rodung sie selbst über- nehmen mufsten; die Neubauten wurden auf herrschaftliche Kosten ausgeführt-, übernahm sie der Bauer selbst, so erhielt er das Material frei geliefert und eine gewisse Geldentschädigung, bei Bauten in Fachwerk in der Höhe von 15 Thlr. für ein Haus, 8 Thaler für einen Scheune, 7 Thlr, für einen Stall, für einen Stall in Feldsteinen 30 Thaler, in Ziegel 20 Thaler. Bei Mifsernten wurde den Bauern Getreide vorgeschossen, das sie mit einer Metze Auf- mafs pro Scheffel zurückerstatten mufsten. Häufig hatten die Güter zu diesem Zwecke einen besonderen Reservefonds an 1 Hörn, Seite 484. XX 3. 31 Getreide, den anzulegen auch die Pächter vielfach verpflichtet wurden. Fehlte Brotgetreide, so nahm man als Konsum pro Monat für eine erwachsene Person ^/2 Scheffel, für ein Kind V4 Scheffel an. Von grofser Wichtigkeit war auch die Regelung des Aus- gedinges der Altsitzer durch den Gutsherrn; häufig sehen wir, wie dieser den Bauern vor der leichtsinnigen Übernahme allzu hoher Verpflichtungen bewahrt. Die Höhe der Pensionen der Pfarrwitwen und Lehrerwitwen bestimmte der Gutsherr; sie waren natürlich sehr niedrig, so erhielt noch am Anfange des 19. Jahrhunderts eine Kantorwitwe 5 Thaler, aber auch diese Unterstützung war bei dem hohen Werte des Geldes höchst willkommen. Bei derartigen Verpflichtungen war es nur zu natürlich, dafs der Gutsherr eine scharfe Kontrolle in erster Linie über die bäuerlichen Wirtschaften ausübte. Aufs genaueste war der Betrieb derselben vorgeschrieben, auf das strengste z. B. das Wegbringen von Stroh und Mist vom Hofe verboten; jede Woche mufsten die Schornsteine gereinigt werden, niemals durften Scheune, Ställe und Böden mit Lieht betreten werden. Entstand durch Schuld eines Bauern Feuer, so mufste er vom Hofe, eine aufserordentlich gerechtfertigte Mafsregel, da Feuers- brünste an der Tagesordnung gewesen zu sein scheinen. Jeder Unterthan war verpflichtet, ihm bekannt gewordene Übertretungen zur Anzeige zu bringen, und wurde dafür mit einem Teil des Strafgeldes belohnt. Abgesehen von den ent- sittlichenden Wirkungen dieser Bestimmung war die strenge und harte Schule wohl geeignet, eine rückständige und schwer- fällige Bevölkerung zur Arbeit und Umsicht zu erziehen. Gerade auch das Scharwerk mochte für die vierzehnjährigen Jungen, die zum erstenmal dann aufserhalb des Bauernhofes arbeiteten, aber auch für manchen älteren Burschen von er- ziehlichem Wert gewesen sein. Dafs die Bevölkerung selbst so empfand, zeigt Tribukeits Schilderung des Scharwerks ^ : „War im Frühjahr der Acker möglichst trocken, so mufste im Vorwerk Rösenigken das Sommerfeld bestellt, gepflügt und geeggt werden. Es zogen dann aus Christiankehmen 15 Jungen mit je 4 Pferden und 2 Eggen nach Rösenigken. Fünfzehn Zöche mit den Knechten folgten. Dann wurde munter ge- pflügt, geeggt und gesät. Hinter allen diesen Arbeitern und Gespannen stand zunächst der Amtmann als Pächter der Domäne, sodann dessen Inspektor, der Kämmerer und zuletzt der Schulze. Jeder sah darauf, dafs ordentlich gearbeitet wurde und jeder hatte einen Kantschuh zur Hand. Wehe dem, der sein Geschirr, seine Zöche oder seine Egge nicht in gutem Stande hatte oder seine Arbeit nicht gut verrichtete. Der Kantschuh besorgte sofort alles ! Da lernte denn jeder gut und schnell arbeiten." Gegenüber diesem Idealbild einer Tribukeit, Seite 3 und 4. 32 XX 3. handgreiflichen Erziehung, wie es Tribukeit entwirft, wird man doch darauf aufmerksam machen müssen, dafs kaum immer die Grenzen einer gesunden Züchtigung innegehalten sein werden, wie es bei der häufigeren Ausübung eines der- artigen Amtes nur zu natürlich ist , vor allem , dafs aber diese Zeit bei der Anwendung körperlicher Strafen keinen Unterschied kannte zwischen jugendlichen und älteren Personen, zwischen dem einfachen Arbeiter und dem Waldwart, der diesen zu beaufsichtigen hatte. Das geschah nicht etwa nur unter besonders strengen Herren, auch anerkannt menschen- freundliche Gutsherren verfuhren darin nicht anders. In dem Schreiben eines durch seine Milde allgemein bekannten Guts- herrn an seinen Pächter heifst es bezüglich eines älteren Jägers: „Dem Just machen Sie bekannt, dafs, wenn er sich nicht nüchtern erhalten, den Wald in Acht nehmen, mit seinen Nachbaren Frieden halten, und überhaupt Ihren Befehlen ge- horsam sein würde, so würden Sie ihn das erstemal mit Ge- fängnis, das zweite Mal mit Schlag bestrafen, und wenn dennoch die Besserung ausbleibe, so würde er kassiert. Und dieses erfüllen Sie auch, bei dem ersten groben Excefs 48 Stunden .Arrest bei Wasser und Brot, das zweite Mal 10 Prügel." Ein derartiges Verfahren mufste entschieden da sittlich ver- wirrend wirken, wo Kinder ihre Eltern, Untergebene ihren Vorgesetzten so behandelt sahen. Es sind dies die Schatten- seiten eines Verhältnisses, das im ganzen dem damaligen Kulturzustand der ländlichen Bevölkerung durchaus angepafst war. Ein enges und lebendiges Gemeinschaftsleben half den Dorfbewohnern über manche wirtschaftliche Misere hinweg, und aus Sitten, Gebräuchen und Liedern , auf die näher ein- zugehen der Zweck dieser Arbeit verbietet, sprach nicht der dumpfe Groll und die Verzweiflung schwer gedrückter Klassen, sondern ein beschaulicher Sinn und eine stets heitere Fröh- lichkeit^ I ^ Eine äufserst anziehende Schilderung der Sitten und Gebräuche, sowie des dörflichen Gemeindelebens überhaupt findet sich recht aus- führlich bei Tribukeit. Zweites Kapitel. Der gutsherrliche Grofsbetrieb während der Jahre 1770-1806. War es bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und der socialen Gliederung der Dorfbewohner notwendig, zunächst eine Vorstellung von den Einzelwirtschaften zu erhalten, so werden sich die Verhältnisse der Beamten und Unterthanen des gutsherrlichen Grofsbetriebes erst dann klar genug ver- stehen lassen, wenn wir uns die Organisation desselben in seinen Hauptzügen vergegenwärtigt haben. Bis ins einzelne die Technik des Grofsbetriebs zu verfolgen und die genaue Entwicklung eines Gutes, nach lediglich landwirtschaftlichen Gesichtspunkten, einer Prüfung zu unterziehen, war bei dem spärlichen Material nicht möglich. Regelmäfsige Getreide- register und Tabellen über Viehzucht und den Verkauf von Tieren beginnen erst mit den siebziger Jahren bei einzelnen Gütern. Aus der früheren Zeit sind lediglich Pachtkontrakte und Anschläge vorhanden, die natürlich die wirklichen Ver- hältnisse nur andeuten. Ein aus dem Jahre 1780 erhaltenes Aktenverzeichnis der Herrschaft Angerapp, die die frühesten Anfänge einer schriftlich fixierten, geordneten Wirtschafts- führung aufweist, zeigt deutlich, dafs in der That vor den sieb- ziger Jahren regelmäfsige Aufzeichnungen nicht stattfanden oder wenigstens nicht aufbewahrt wurden. Es hätte nun vielleicht nahe gelegen , von diesem späten Zeitpunkte an die Entwicklung eines Gutes durchzuführen, aber auch diese Ab- sicht mufste infolge grofser Lücken, die sich aus der zeit- weisen Verpachtung der einzelnen Güter erklärten, zum Teil auch deswegen aufgegeben werden, weil mit der Kriegsperiode von 1807 — 15 ein chaotischer Zustand hereinbrach, der alle Zusammenhänge im Wirtschaftsleben vernichtete. Es war daher nur möglich, die allgemeinen Züge der Entwicklung des landwirtschaftlichen Grofsbetriebes für gröfsere Forschungen XX 8. — Böhme. 3 34 XX 3. Zeiträume festzustellen und ein möglichst umfassendes Material für diesen Zweck heranzuziehen. Da von etwa 28 Gütern und Vorwerken verschiedenster Bodenqualität und geographischer Lage Nachrichten vorhanden waren, so darf das im Folgenden skizzierte Bild, namentlich für die Zeit um 1800, Anspruch auf eine gewisse A-llgemeingültigkeit für diese Gegenden machen. Aufserordentlich zahlreich, zum Teil auch aus der Zeit vor 1770, waren die Nachrichten über die Beamten und Unterthanen der Güter. Vor allem wird sich auch das eigen- tümliche Wirken des absoluten Staates auf die damalige Land- wirtschaft in seinen Vorzügen und Fehlern klar legen lassen. Wenn wir uns nun zum Ackerbau, als dem Hauptgebiete der Landwirtschaft des 18. Jahrhunderts wenden, so müssen wir von vorneherein feststellen, dafs eine merkbare Steigerung der Ertragsfähigkeit der verschiedenen Getreidearten erst mit dem, um 1790 sich vollziehenden, Übergang von der Drei- felder- zur Mehrfelder- und Koppelwirtschaft zu erfolgen schien. Die nachfolgende Tabelle zeigt die veränderten An- bau- und Ertragsverhältnisse eines Gutes in den Jahren 1708 und um 1806. Angabe in Prozenten der gesamten Aussaat und des ge- samten Ertrages: Aussaat: Ertrag: Korn: 1708 um 1806 • 1708 um 1806 1708 um 1806 Weizen 1,920/0 0,81 0/0 1,840/0 0,980/0 3 6 Roggen 42.630/0 38,930/0 40,800/0 44,870/0 3 5,7 Gerste 11,140/0 10,840/0 14,220/0 11,820/0 4 5,4 Hafer 42,240/0 45,620/0 40,460/0 38,470/0 3 4,2 Erbsen 2,070/0 3,790/0 2,650/0 3,680/0 4 5,1 Roggen und Hafer machen zusammen über ^/s der Aus- saat und des Ertrages während des ganzen 18. Jahrhunderts aus. Eine starke Steigerung des Körnerertrags ist nur bei Weizen und Roggen festzustellen und kommt lediglich auf Rechnung der Thatsache, dafs das Hauptgut um 1806 bereits zu einer Sechsfelderwirtschaft übergegangen ist. Solange die Dreifelderwirtschaft angewendet wurde, schwanken die Er- träge zwischen 3 und 5 Körnern. Das zeigen die Güter Klein- Gnie 1770 und Angerapp noch im Jahre 1791. In Klein-Gnie wird von Roggen, Gerste und Erbsen das vierte, von Hafer 3^/2 Körner gebaut. Angerapp weist beim Weizen 4,71, Roggen 4,08, Gerste 4,82 und beim Hafer 3,53 Körner auf. Ähnlich liegen die Verhältnisse in dem masurischen Steinort. In den Vorwerken Grofs- und Klein -Steinort bringen während der Jahre 1740—42 der Weizen durchschnittlich 2V2 — 3 Körner, der Roggen etwas über 3, Gerste gegen 4, Hafer über 3 und Erbsen über 4 Körner; nicht wesentlich verschieden davon .sind die Angaben über den Ertrag derselben Güter im Jahre 1768; auch für die zugekauften Güter Resau und Gr. Guya XX 3. 35 läfst sich für die Jahre 1788 und 1791 dasselbe feststellen. Dagegen zeigt der kurze Zeitraum von 1770 — 1806, im Falle der Einführung der Koppelwirtschaft, auf den betreffenden Gütern eine ungeheuer gesteigerte Ertragsfähigkeit, so z, B. bei Klein-Gnie. Angabe in Prozenten der gesamten Aussaat und des ge- samten Ertrages: Aussaat : Ertrag : Korn : 1770 um 1806 1770 um 1806 1770 um 1806 Weizen lohnt nicht 8,70/0 — 12,94 — 10 Roggen 41,85 o/o 26,410/0 43,880/0 34,730/0 4 8,9 Gerste 17,82 o/o . 9,660/0 18,680/0 8,650/0 4 6,0 Hafer 36,98 "/o 51,690/0 33,920/0 40,470/0 3V2 5,63 Erbsen 3.36 o/o 3,540/0 3,530/0 3,200/0 4 6 Aussaat : Ertrag: Weizen . . . 6,80/0 9,80/0 Roggen . . . 34,20/0 40,30/0 Hafer . . . . 42,90/0 34,00/0 Gerste . . . 12.8 0/0 12,80/0 Erbsen . . . 3,00/0 2,80/0 Bohnen . . . 0,30/0 0,30/0 Nach diesen Andeutungen über die Entwicklung der Pro- duktionsfähigkeit des Getreidebaus während des 18. Jahr- hunderts vermag nachfolgende Tabelle, die ein Material von 28 Gütern und Vorwerken umfafst, einen tieferen Einblick in die Anbauverhältnisse zu Anfang des 19. Jahrhunderts zu gewähren. Der Durchschnitt an Aussaat, Ertrag und Korn betrug demnach. (Siehe Tabellen auf Seite 36 und 37.) Angabe in Prozenten der gesamten Aussaat und des ge- samten Ertrages. Korn: 8,2 6,8 4,6 5,8 5,5 5,6 Roggen und Hafer machen zusammen ^U der gesamten Aussaat und des Ertrages aus. Die Aussaatmenge betrug pro kullmischen Morgen bei Weizen und Roggen 2V2 Scheffel, bei Hafer 3, bei Gerste 2^/2 — 3, bei Erbsen 2^/4 — 3 Scheffel. Die Betriebsform war bei 12 Gütern die Dreifelderwirtschaft, bei 2 die Vierfelder- wirtschaft, bei 4 Gütern waren die Felder in 5, bei je 1 in 6 und 8, bei 6 in 9, bei 2 in 11 Koppeln geteilt. Einige Bei- spiele mögen die Fruchtfolge in den vorherrschenden Koppel- wirtschaften klarlegen. Das Vorwerk Glafshütte zeigt in seiner Fünf koppel Wirt- schaft folgende Fruchtfolge : I. Koppel Brache 30 Morgen kullmisch. II. - getüncht. Erste Tracht zu Weizen, 7 Morgen. 8 Morgen zu Roggen. 15 Morgen dritte Saat zu Roggen. III. - 15 Morgen zweite Saat zu Hafer und Klee. 36 XX 3. We z en Roggen Ha fer ag Aussaat Ertrag Aussaat Ertrag Aussaat Ertr 1 1 % 2 So 'S 1 1 'S Scheffel s % Kl.-B«yDuhnen . . — — 163 923 8 130 584 8 Angerau . . 15 — 105 — 124 8 738 12 95 8 421 — Ocznagorren . 20 — 140 — 96 12 560 8 95 — 405 — ;Milchbude 7 8 37 8 61 4 224 6 41 12 146 2 Auerflufs . . — — — — 117 8 647 8 69 — 276 — Mikalbude . — — — — 165 12 933 — 110 - 512 — Dombrowken 30 — 240 — 225 — 1800 — 153 — 918 ~ Kosecau . . — — — — 92 — 925 — — — — — Friedrichsruhe 11 11 93 8 37 8 300 — 41 — 246 — Kl.-Gnie . . 54 11 546 14 164 1 1465 10 321 14 1707 8 Neusorge . . , 21 14 218 12 55 12V2 490 — 66 15 413 7 Gr.-Gnie . . 54 11 546 14 170 IOV2 1531 9 318 15 1719 4 Neuastrawischke n 35 — 280 — 109 8 735 — 117 — 528 — Keimerischken 17 8 140 — 52 2 362 6 62 6 308 14 Trenkensruhe 7 8 45 — 41 4 281 4 46 8 220 8 ;Mauenwalde . 30 — 240 — 168 1 — 1128 — 180 — 864 ~ Gr.- u. Kl.-Eiser- wagen . . 37 8 300 ~ 137 8 950 — 198 — 837 — Damerau . . 30 — 240 — 60 — 415 — 168 — 654 — Ricbau . . . 20 — 120 — 20 — 120 — 246 — 798 — Kl.-Mauen 12 8 100 — ■ 37 8 250 — 96 — 384 — Frilinde . . 22 8 180 — 67 8 450 — 171 — 648 — Koppershagen 86 10^/3 693 5V8 44 12 239 — m — 216 — Launicken — — — 116 4 697 — 293 12 1191 4 Friedrichsfelde 9 54 — 121 — 661 8 85 2 349 12 NeuBorge . . — — — 94 — 525 — 88 14 402 2 Jurgutschen . — — — = 100 — 580 — 38 — 170 — Is'a gurren . . 30 240 — 160 — 1090 — 192 — 924 — Glafshütte . 17 8 140 — 57 8 385 129 — 661 — 571 ' P/8 4700 13V3 2861 2 19408 15 3590 10 16405 T XX 37 ( Gr e r st e ] Erb i ] an Bohnen Aussaat Ertrag Aussaat Ertrag Aussaat Ertrag CO J 1 1 U2 'S 'S 1 0) Kl.-Beynuhnen . . 64 8 322 8 _ _ _ Angerau .... 60 — 360 — 10 — 60 — — — — — Ocznagorren . . . 30 — 150 — 15 — 75 — — — i — Milchbude . . . 15 — 52 8 11 4 45 — — — Auerflufs .... 69 — 345 — - — — — — — — Mikalbude . . . 72 — 360 — 18 — 90 — — — — Dombrowken . . 127 8 765 — — — — — — — Rosenau .... 92 8 740 — — — — — — — Friedrichsruhe . . 15 — 90 — — — — — — — — Kl.-Gnie .... 60 15 365 10 22 8 135 — — — — Neusorge .... 24 6 146 4 — — — — — — — — Gr.-Gnie .... 59 6 356 4 25 14 135 4 — — — Neuastrawischken 38 8 192 8 12 8 75 — — Reimerischken . . — — — — 7 8 45 — 10 50 Trenkensruhe . . 11 — 66 — — — — — — Mauenwalde . . 16 8 82 8 15 — 90 — — — — Gr.- und Kl.-Eiser- "wagen .... 41 4 247 8 12 8 75 — 7 8 45 — Damerau .... 33 — 198 — — — — — 7 8 45 — Richau 16 8 ,66 — — — — — — — — Kl.-Mauen . . . 8 4 49 8 — — — — — — — Frilinde .... 16 8 99 — 7 8 45 — — — — — . Koppershagen . , 66 42/8 392 4 28 5V8 170 — — — — — Launicken . . . 36 — 180 — 7 8 37 8 — — — — Friedrichsfelde . . 39 195 — 15 — 75 — — — — — Neusorge .... — — — — 10 — 50 — — — — — Jurgutschen . . . 45 13 274 14 10 — 50 — — — — — Nagurren .... 61 8 99 — 15 — 90 — — — — — Glafsbätte .... — — — — 5 — 30 — — — — — 1075 42/8 6195 4 248 1 7V3 1 1372 12 25 — : 140 — 38 XX 3. 2 Morgen vierte Saat zu Erbsen. 13 Morgen vierte Saat zu Hafer. IV. Koppel 15 Morgen Kleewiese, 15 Morgen Weide. V. - 8 Morgen Weide. 7 Morgen Wickfutter. 15 Morgen fünfte Saat zu Hafer. Am Vorwerk Koppershagen lernen wir eine Neunkoppel- wirtschaft kennen: I. Koppel 23V2 Morgen kullmisch Brache. H. - 23V2 Morgen getüncht erste Tracht zu Weizen. HI. - zweite Tracht Gerste mit Klee 23V2 Morgen. IV. - 23V2 Morgen Wiese. V. - 23V2 Morgen Weide. VI. - 23 V2 Morgen Weide. Yjy 1 IP/2 Morgen Mistbrache. \ 12 Morgen magere Brache. VIII. - 11^/2 Morgen getüncht zu Weizen erste Tracht, 12 Morgen dritte Tracht Roggen. IX. - 11 V/2 Morgen zweite Tracht zu Erbsen, Bohnen und Gerste. 12 Morgen vierte Tracht zu Hafer. Auf dem zweiten Hauptgebiete der Landwirtschaft, in der Viehzucht, sind bezüglich der Rindviehzucht sogar bis 1830 keine Fortschritte hervorgetreten, dagegen beginnt nach dem Jahre 1815 ein bedeutsamer Aufschwung in der Schaf- und Pferdezucht, worüber weiter unten gehandelt werden wird. Während des 18. Jahrhunderts lag die Rindviehzucht nicht direkt in den Händen des Gutsherrn, sondern in den eines Unternehmers, des sogenannten Hofmannes, der flir jede Kuh eine bestimmte Pacht zahlte. Diese, die um 1708 4 Thaler betrug, erfuhr bis zum Anfange des 19. Jahrhunderts eine Erhöhung auf durchschnittlich 8 Thaler 14 Groschen pro Kuh ; zu Steinort wurden 1746 4 Thaler 40 Groschen, zu Resau und Grofs-Guja 1791 4 Thaler gezahlt. Von den Kälbern mufste der Hofmann eine bestimmte Anzahl, etwa */* jährlich, unentgeltlich abliefern; wurden mehr verlangt, so erhielt er pro Stück 4 Thaler, oder ihm stand der Verkauf derselben zu, und er bezahlte dann für jedes abgesetzte 2 — 4 Thaler an den Gutsherrn. Die Herde war in ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, und eine bestimmte Anzahl alter Kühe durch junge jährlich zu ersetzen. Über die Anzahl der Kühe wird sich schwer etwas Genaueres feststellen lassen; während auf den 28 v. Farenheidschen Vorwerken sich pro kullmische Hufe 1,74 Kühe finden und etwa einhalb soviel Jungvieh, weisen die Steinorter Güter pro Hufe kullmisch im Jahre 1793 2^/2 Kühe, 1 Pferd, ^/4 Ochsen und 3^/8 Schafe auf. Das Nutz- vieh befand sick hier in der Regel auf den Vorwerken, während das Arbeitsvieh auf dem Hauptgute eingestellt war. Weit lohnender als die Einnahmen aus der Kuhpacht, scheint der Gewinn aus dem Verkauf von Mastochsen gewesen zu I XX 3. 39 sein. Zur Mästung wurden in erster Linie die Brägen der Brennereien benutzt. Die Preise waren um die Jahrhundert- wende recht erhebliche, sie schwankten zwischen 42 und 75 Thaler und betrugen im Durchschnitt 50—60 Thaler. In der Hauptsache waren es die ausgedienten Arbeitsochsen, die fett ge- macht wurden. Die Schafzucht wurde nur auf wenigen Gütern in gröfserem Mafsstabe betrieben , und zwar fast nur mit den gewöhnlichen Landschafen. Im allgemeinen hielt die Herr- schaft nur 20 — 30 Tiere als Schlachtvieh, für die der Schäfer am Anfang des 18. Jahrhunderts 24 Groschen, zu Steinort 1746 21 Groschen, und am Anfang des 19. Jahrhunderts 60 Groschen pro Stück Pacht zahlte. Erst mit dem Eingreifen des Staates in den zwanziger Jahren beginnt ein bedeutsamer Aufschwung der Schaf- und ebenso der Pferdezucht, welche letztere, von einigen für die Allgemeinheit bedeutungslosen Versuchen abgesehen, in der hier zu behandelnden Periode sich lediglich mit der Aufzucht von Arbeitstieren beschäftigte. Ziegen, die wir am Anfange des 18. Jahrhunderts wenigstens in beschränkter Menge an- treffen, finden sich um 1800 weder im gutsherrlichen noch im bäuerlichen Betriebe. Es ist anzunehmen, dafs sie in der weiter zurückliegenden Zeit die Stelle von Kühen bei den Gutsunterthanen vertreten haben. Die Schweinezucht be- schränkte sich, wie die Schafzucht, in der Regel auf den guts- herrlichen Bedarf an Schlachtvieh. Ganz gering war die Federviehhaltung, sehr erklärlicherweise, da der wirtschaft- liche Bedarf des Gutsherrn in dieser Hinsicht völlig durch die Lieferungen der Bauern gedeckt war. Über das sehr stark vertretene Leutevieh soll im Zusammenhang mit der Be- trachtung der Verhältnisse der einzelnen Gutsunterthanen ge- handelt werden. Eine ungefähre Vorstellung von der Stärke des Arbeitsviehs kann der Hinweis geben, dafs man auf 60 Scheffel Wintersaat ein Gespann Pferde und auf 30 Scheffel eine Zoche Ochsen rechnete. Während des Sommers hielt sich das Vieh lediglich auf der Weide auf, an Winterfutter wurden auf 1 Pferd 32 Centner Heu, 1 Ochsen oder Kuh 16, einen Bullen 16 Centner Heu und 8 Centner Klee, 1 Stück Jungvieh 8 Centner Heu, einen Mastochsen, falls er keine Brage er- hielt, 21 Va Centner Heu und ebenso viel Klee angenommen. Die Durchschnittspreise während der Zeit von etwa 1790 bis 1806 betrugen für 5 — 6 jährige Arbeitspferde 35 — 40 Thaler, 9— 13 jährige 25 Thaler, * Füllen etwa 17 Thaler; 3— 6 jährige Ochsen kosteten im Durchschnitt 15 Thaler, Kühe 9 — 11 Thaler, Stärken 6 Thaler, Kälber 3 Thaler, Bullen 20—30 Thaler, alte Schweine 3—4 Thal er, Ferkel je nach dem Alter 15 — 60 Groschen, alte Schafe P/2 bis 2V2 Thaler. Ziehen wir die W^erte, die sich für die Periode 1720—1746 für das Vieh auf den Steinorter Gütern ermitteln liefsen, und die sich für 40 XX 3. Pferde auf 5-6 Thaler, Ochsen 7—8 Thaler, Bullen 0—7 Thaler, Kühe etwa 4 — 5 Thaler, Jungvieh 2 Thaler, aus- gewachsene Schweine 60 Groschen — 1 Thaler, Schafböcke 1 Thaler, Schöpsen und Mutterschafe 60 Groschen, Lämmer 24 Groschen stellten, zum Vergleich heran, so ergiebt sich für alle Tierarten, in erster Linie aber für Pferde, eine ge- waltige Preissteigerung. Wir wenden uns jetzt den beiden ältesten landwirtschaft- lichen Gewerben, der Brauerei und Brennerei zu, die hier aufserordentlich stark vertreten sind. Nachfolgende Tabelle giebt einen Überblick über die Produktion in diesen beiden Zweigen zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts in den schon erwähnten 28 Gütern. i B r a u e r e i Inneres Debit Äufseres Dfihif, Tafelbier v 0) a o Ch -«3 CD '55 03 S £ s 2H a o a s 3 -o g — < s -c a 08 O 'S a a s Ol < CLi < Cu < ß J ß •Jl o). ß 'X ^ Kl.-Beynuhnen . 397 Vh 595V2 67 1 67 464 3 13V9 19 30 Dombrowken 120 180 5 36 Gnie .... 305 457 V2 30 30 335 13 86 4V« Neuastrawischken 130 195 130 5 37 9 Eiserwagen . . 170 n 255 20 20 190 7 82 9 Koppershagen . 100 150 4 15 Launicken . . 206 309 22 22 228 9 45 Nagurren . . . 76 " 114 76 rt n 3 15 Summa 1504 1 2256 139 1 139 68 77 4Vä m Brennerei Kl..-Beynuhnen Dombrowken Gnie .... Neuastrawischken Eiserwagen . . Koppershagen Launicken Nagurren XX 3. 41 Auf sämtlichen 8 Hauptgütern fanden sich also beide Gewerbe vertreten ; nehmen wir die 22 Vorwerke hinzu, so betrug die Produktion an Bier 54,8 Tonnen pro Gut oder Vorwerk, an Branntwein 18,1 Ohm. Sehr bemerkenswert erscheint der Umstand, dafs die ünterthanen gezwungen wurden, für Bier das anderthalbfache , für Branntwein sogar das Doppelte des Marktpreises zu zahlen. Bezüglich des Konsums beider Ge- tränke seitens der ländlichen Bevölkerung werden genaue An- gaben schwierig, ein ungefähres Bild aber immerhin möglich sein. So wurden in den Krügen Angerapp, Medunischken und Stibircken, zu denen die Vorwerke Angerapp, Medunischken, Paulsdorf, Sodarren und das Dorf Stibircken mit einer Einwohnerschaft von 439 Köpfen gehörten, während der Jahre 1784—89 173, 5 Tonnen Bier und 6172,5 Stof Brannt- wein jährlich ausgeschenkt, was einem Konsum von 0,395 Tonnen Bier und 14,06 Stof Branntwein pro Kopf ent- spricht. Bei dem geringen Verkehr der damaligen Zeit, der sich auf die Holz- und Getreidefuhren der Bauern in der Hauptsache beschränkte, mögen diese Zahlen nicht zu sehr von den wirklichen Verhältnissen abweichen. Weniger häufig als Brauerei und Brennerei treffen wir Ziegeleien an. Der Gewinn aus ihnen fiel nicht sehr ins Gewicht, da der Bedarf «in geringer war. Bezahlt wurden Mauersteine zu Anfang des 19. Jahrhunderts das Tausend mit 10 Thalern, Dachsteine und Bieberschwänze mit 12 Thlrn. Die Produktionskosten, aus Arbeitslohn und dem Preis des Brennmaterials bestehend, beliefen sich auf 4 — 5 Thlr. , so dafs ein Überschufs von 5 — 8 Thlrn. erzielt wurde; 1790 wurden Ziegel mit 6 Thlrn. das Tausend bezahlt; der Gewinn betrug 2^/3 Thlr. Gering waren auch die Einnahmen aus Gärten und Bienen- zucht. Bienenstöcke finden sich zwar überall auf den Gütern, in der Hauptsache decken sie jedoch nur den eigenen Bedarf, ebenso in den meisten Fällen die stets vorhandenen Karpfen- teiche. Die Haupteinnahmequellen waren also der Verkauf von Getreide und Vieh. Von Wiesen und Klee, der letztere wurde seit 1786 auf den Angerapper Gütern, im allgemeinen aber erst in den neunziger Jahren angebaut, fand ein Verkauf der ge- wonnenen Futtermittel nur ausnahmsweise statt, da im Falle reichlichen Winterfutters Ochsen zur Mast angekauft wurden. Wir gehen jetzt zu einer Betrachtung der Organisation der Güter unter genauer Berücksichtigung der Leuteverhält- nisse über. Die Verwaltung der Güter, soweit sie nicht verpachtet waren, was die Regel zu sein pflegte, geschah durch einen Administrator \ unter dem auf dem Hauptgute ein oder meh- * Die Verwaltung kleinerer Vorwerke lag oft in den Händen von Arrendatoren oder Hofleuten-, erstere trugen mehr den Charakter eines 42 XX 3. rere Kämmerer standen, während die Vorwerke je einem Kämmerer unterstellt waren. Besafs der Grundherr einen gröfseren Güterkomplex, so standen ihm sogenannte Kontrolleure und mehrere Schreiber zur Seite, An Gehalt erhielt in den neunziger Jahren ein Administrator 150 Thlr., dazu kamen an Deputat 40 Scheffel Roggen, 3 Scheffel Weizen, je 4 Scheffel Gerste, Hafer und Erbsen, 8 Tonnen Bier, für 2 Pferde täglich 4 Metz Hafer und 16 Pfund Heu, freie Weide und Futter für eine Fohlenstute, 2 Fohlen , 3 Kühe, 6 Schafe; 12 Scheffel Bohnen zur Mast für 4 magere Schweine, schliefs- lich 300 Quadratruten Gartenland und freie Wohnung nebst Holz. Sein Einkommen wurde auf 284 Thlr. und 66 gr. an- genommen, ein gewaltiger Fortschritt gegenüber den Einnahmen eines Administrators der Launicker Güter im Jahre 1708, der an Gehalt 90 Gulden und ein Deputat im Werte von 87 Gulden und 25 gr. erhielt, in Summa 177 Gulden und 25 gr. Dies trifft auch zu selbst unter Berücksichtigung der ver- minderten Kaufkraft des Geldes und der gestiegenen Getreide- preise, die sich beim Weizen von 50 auf 75, beim Roggen von 30 auf 60, bei der Gerste von 25 auf 45, beim Hafer von 15 auf 30 gr. erhöht hatten. Ein Schreiber erhielt in den neunziger Jahren an Lohn 24 Thlr. , an Deputat 1 Scheffel Weizen, 9 Roggen, 2 Gerste, 1 Hafer, 2 Erbsen und 4 Tonnen Bier. Im Laufe der Jahre steigerte sich der Lohn, erreichte oft 50 Thlr. Das bare Gehalt der Kämmerer schwankte zwischen 12 und 21 Thlr., betrug im Durchschnitt 18 Thlr. An Deputat erhielten sie in der Regel 1 Scheffel Weizen, 18 — 21 Roggen, 2—4 Gerste, 5—8 Hafer, 2 Erbsen und eine Tonne Bier. Freie Weide wurde ihnen gewährt, häufig für ein Pferd, stets für 2 Kühe, 1 Stück Jungvieh, 6 Schafe und 6 Schweine. Vergleichen wir damit Gehalt und Deputat eines Kämmerers aus dem Jahre 1708, die zusammen dem Wert von 79 Scheffel Korn entsprachen, während hier Gehalt und reine Naturalien höchstens den Wert von 50—60 Scheffel Roggen haben, so kann von einer Besserung des Einkommens nicht die Rede sein. Da jedoch in den Naturalien von 1708 ein gemästetes Schwein und ein Märzschaf einbegriffen sind, was den Schlufs nahelegt, dafs damals aufser einer Kuh kein anderes Vieh von diesen Leuten gehalten werden durfte, so wird man auch nicht mit Bestimmtheit von einem Herabsinken der Einkommensverhältnisse der Kämmerer reden können. Bevor wir nun zu den Angestellten in den landwirtschaft- lichen Gewerben und Nebenbetrieben kommen, wird eine Be- sprechung der Verhältnisse der eigentlichen Handarbeiter, der Pächters, während letztere, namentlich in älterer Zeit, mehr Beamte ge- wesen zu sein scheinen. XX 3. 43 Instleute oder Gärtner und der Knechte notwendig. Hier gilt es zunächst, auf das zahlenmäfsige Verhältnis einzugehen, um eine Auseinandersetzung mit der Anschauung zu ermög- lichen, die in der Hauptsache einen ländlichen Arbeiterstand vor der Bauernbefreiung leugnet und folgerichtig die Haupt- masse der Arbeit auch auf den Gütern von den Bauern ver- richtet glaubt. Es ist bereits in dem Kapitel über die Dorfbewohner darauf hingewiesen worden, dafs sich in den Dörfern ein starker Stamm ländlicher Arbeiter, etwa 50 "/o der Bauern, be- findet, der in der Hauptsache auf die Arbeit in Forsten und auf Gütern angewiesen war; wir geben jetzt eine Übersicht über die Zahl der Instleute, Bauern und Losleute, soweit sich alle drei Kategorien für zusammenhängende Guts- und Dorf- komplexe feststellen liefsen. A. DieBeynuhner Güter. Bauern Losleute Güter: Kl.-Beynuhnen Angerau . . . Ocznagorren Milchbude — Auerflufs . , — Mikalbude — Medunischken — Gr.-Sunkeln . — Dörfer: Gr.-Beynuhnen Kowarren . . 14 9 Medunischken 18 Sauskojen . . Skirlacken 12 16 Gr.-Sobrost . . 16 Kl.-Sobrost . . 9 Thalau . . . 9 Fritzendorf . , — Instleute 10 8 5 2 5 5 7 13 10 7 9 3 103 63 55 B. DieDombrowker Güter. Bauern Losleute Instleute Güter: Dombrowken , . — Rosenau .... — Friedrichsruhe . . — — 12 6 3 Dörfer: Kermuschinen . . 14 Rossossen .... 10 8 6 24 14 21 44 XX Güter; Dörfer: C. Die Herrschaft Gnie. Bauern Losleute Kl.-Gnie . . . . Neusorge . . . Gr.-Gnie . . . — Christophsdorf . Lehnkendorf , . Gr. und Kl.-Dwillin Friedrichsfelde . . 13 .' 7 9 6 Instleute 13 35 10 28 D, D ie Ang erapper Güter, Bauern Losleute Instleute Güter: Angerapp . . Medunischken — — 3 10 Paulsdorf . . — — 9 So darreu . . . — — 2 Sargen . . . ■. — — 4 Dörfer: Stibircken . 6 7 — Szabienen . . . 12 2 — Schupowen Jotschin . . . 2 . 6 ? ? — 26 9 28 E. Gut Mauenwalde. Bauern Losleute Instleute Gut Mauenwalde .... — — 7 Dorf Schneiderin 13 2 — Diese Tabelle, die 20 Güter, zu denen 20 Dörfer gehören, umfafst, weist 201 Bauern, 98 Losleute und 139 Instleute auf oder in Prozent 46 ^lo Bauern^ 22 ^lo Losleute und 32 % Inst- leute. Zählen wir Losleute und Instleute zusammen, so über- wiegt die Anzahl der Arbeiterbevölkerung die der Bauern nicht unbeträchtlich^. Dabei ist das Gesinde, insbesondere die starke Anzahl der verheirateten Knechte auf den Gütern, nicht berücksichtigt worden, obwohl sie sich in einer ganz ähn- lichen Stellung wie die Instleute befanden. Um für die Ver- breitung des Gesindes ein Beispiel anzuführen, so befanden sich auf den Beynuhner Gütern und Vorwerken 44 Knechte und 36 Mägde. In dem masurischen Steinort überwiegt 1795 die Zahl der Bauern mit 86 noch die der Inst- und Losleute ^ Es ist das Verdienst der Untersuchungen Kerns, nachgewiesen zu haben, dafs der Ursprung beider Klassen der ländlichen Arbeiterbevölke- rung zurückzuführen ist bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts. Eine scharfe Scheidung beider Klassen scheint für die frühere Zeit schwer durch- führbar zu sein, die Namen wechseln häufig. Auch die ländlichen Ar- beiter haben nach Kern erst allmählich ihre freie Stellung verloren. XX 3. 45 mit 75. Hier sind die Bauern im ganzen stärker mit Fronden belastet, daher ist das Bedürfnis nach Arbeitern noch geringer. Eine Zunahme in der Zahl der Arbeiter gegenüber der Anfangs- zeit des 18. Jahrhunderts ist aber bereits erfolgt. Sie läfst sich, da die Belastung der Bauern seit 1713 dieselbe blieb, lediglich auf die Bevölkerungszunahme und weitere Inkultur- nahme von Od- und Waldland zurückführen ^. Es hat also im mittleren Ostpreufsen, wohin auch Stein- ort gerechnet werden mufs, bereits vor der Bauernbefreiung einen starken ländlichen Arbeiterstand gegeben. Damit er- ledigt sich auch die Behauptung, dafs die Arbeit auf den Gütern in der Hauptsache von Bauern geleistet wurde, es trifft dies nicht einmal für die Spanndienste zu. So wurden auf dem Vorwerk Gr.-Gnie, auf dem 6 Bauern aus Friedrichs- felde und 7 aus Lehnkendorf ihr Scharwerk zu leisten hatten, von diesen nur 44 Pflugtage und 104 Spanntage verrichtet, während die Vorwerkstiere 1052 Pflug- und 447 Spanntage leisteten. Auf der Steinorter Begüterung wurden 1793/94 1465 Scheffel Winter- und 1589 Scheffel Sommergetreide aus- gesät, wovon die 81 Bauern nur zur Bestellung von je 486 Scheffel Winter und Sommergetreide herangezogen wurden, so dafs mehr wie zwei Drittel der Arbeit Gesinde, Inst- und Losleuten zufiel, in Resau und Gr.-Guya wurde überhaupt keine Arbeit von Bauern ausgeführt. In älterer Zeit freilich mögen die Leistungen der Bauern, infolge ihrer stärkeren In- anspruchnahme und der geringeren in Anbau genommenen Kulturfläche mehr im Vordergrund gestanden haben. Findet sich doch sogar in den zwanziger bis vierziger Jahren auf den eigentlichen Vorwerken der Herrschaft Steinort nur ge- ringe Gesindehaltung und an Arbeitsvieh ein Gespann Pferde und 2 — 3 Joch Ochsen. Freilich wies das Hauptgut Steinort bereits 1740 12 Instleute auf. Für die spätere Zeit aber werden wir als Ergebnis fesstellen dürfen, dafs die Arbeit auf den Hauptgütern ausnahmslos von Instleuten und Gesinde ge- leistet worden ist, während die eigentlichen Vorwerke und namentlich deren Aufsenschläge von den Bauern der benach- barten Dörfer und den auf Tagelohn arbeitenden Losleuten bestellt wurden^. 1 Kern teilt mit, „dafs 1798 die Vertreter der Ritterschaft für die Vermehrung der Losleute geradezu die Domänenverwaltung verantwort- lich machten, welche in den ausgehauenen Stellen der königlichen Forsten fär sehr wohlfeile Pacht einzelne Flecken Aussaat an Familien austbäte, die dort elend genug — mehrere Familien in einer Stube — aber ohne Arbeitszwang lelDten. Alles dränge sich in diese Scheflfelplätze, und Gärt- ner und Insten seien nicht zu bekommen." 2 Dagegen sind, namentlich in der älteren Zeit, die Arbeiten auf den Domänen weitaus in der Hauptsache von den Bauern der dazugehörigen Dörfer ausgeführt worden. Vergleiche Hörn, Seite 430 ff. 46 XX 3. Befand sich nun auch die zweite grofse ländliche Arbeiter- klasse, die der Instleute, in den specifisch proletarischen Ver- hältnissen der Losleute? Wir werden hier mit einem ent- schiedenen „Nein" zu antworten haben. Durchweg erhielten sie Land zur Aussaat von je 1 — 2 Scheffel Winter- und Sommergetreide, oder wie in Resau und Gr.-Guya soviel Winteraussaat, als ihr Mist austrägt. Sie durften in der Regel mindestens 1 Kuh, 3 Schafe, 3 Schweine, oft aber auch 1 Pferd, 2 Kühe , 3 Schafe , 2 Lämmer , 3 Schweine , 2 Ferkel und einiges Federvieh halten. In diesem Falle war ihre Stellung weit mehr der eines Kossäten verwandt, als der eines Losmannes oder modernen ländlichen Arbeiters. Jedenfalls trugen sie durch- aus den Charakter von Kleinwirten, die an dem Ausfall der Ernte nicht minder wie die Gutsbesitzer interessiert waren. In den Pacht- kontrakten sehen wir die Gutsherren bemüht, den Instleuten ihre günstige Stellung zu wahren. Der Pächter wird verpflichtet, ihr Land nach der Bestellung von ^/s des Gutslandes in Angriff zu nehmen, den Tagelohn in der festgesetzten Höhe auszuzahlen. Ihre finanziellen Leistungen bestanden aus einem Kopfschofs von 35 Groschen, Hörn- und Klauenschofs betrug 24 Groschen pro Kuh, 15 Groschen pro Pferd, pro Schaf oder Schwein 3 — 8 Groschen, an Weidegeld wurde für 1 Pferd 25 Groschen, IKuh 20 Groschen, Schaf und Schwein je 5 Groschen, an Gespinst- geld 20— 30 Groschen, an Bienenzins pro Stock 15 Groschen, an Ein- ackerungsgeld proMorgen 1 Thlr. entrichtet, dieWohnung war frei. Aufserdem bestand die Verpflichtung, 10 Mann erhandtage und ebensoviel Frauenhandtage ohne Entschädigung zu leisten und jeder Zeit gegen einen Tagelohn von 9 Groschen der Mann und 6 Groschen die Frau zur Arbeit bereit zu sein; in Resau und Grofs-Guya betrug der Lohn vor Ostern nur 7^/2 und 4 Groschen. Nach den Steinorter Tagelohnregistern aus dem Jahre 1804/1805 betrug der durchschnittliche Tage- lohn verdienst im Jahr beim Mann 8 — 9, bei der Frau 5 Thaler. Im Winter trat an die Stelle des Geldlohns ein Anteil am Erdrusch, der zehnte bis elfte Scheffel. Im ganzen ist die Stellung der Instleute eine durchaus gesicherte, ihre wirtschaft- liche Lage fraglos besser als die der Scharwerksbauern, Kossäten und Losleute. Trotzdem verleiten sie psychologische Momente, Unabhängigkeitsdrang und das Bestreben, auf der socialen Stufenleiter weiter zu gelangen, häufig zur Aufgabe ihrer gesicherten Stellung und zur Übernahme eines Schar- werkserbes, das, wie wir sahen," oft ihren Ruin herbeiführt. Das Bestreben des modernen ländlichen Arbeiters , aus der ihm un- bequemen socialen Stellung herauszukommen, ist kein plötz- liches Produkt der gegenwärtigen Entwicklung, die Anfänge dieser Bewegung sind bereits hier deutlich erkennbar. Der an die Scholle gefesselte ländliche Arbeiter des 18. Jahrhunderts flüchtet an die äufserste Peripherie des ländlichen Grofs- XX 3. 47 betriebes, der Inste des 19. Jahrhunderts, in den Besitz der Frei- zügigkeit gelangt, verläfst seinen heimatlichen Kreis gänzlich. Auch die Anfänge einer zweiten modernen Entwicklung lassen sich bereits im 18. Jahrhundert erkennen. Bereits beginnen die Gutsherren einzusehen, dafs die Viehhaltung der Instleute ein Haupthindernis für den Beginn einer intensiveren Kultur, namentlich für eine Futtervermehrung bedeute; so schreibt V. Farenheid 1784 an Schubart von Kleefeld: „Die gröfste Schwierigkeit, in unserm Lande die Brache abzuschaffen , ist, dafs unsere Instleute die Erlaubnis haben, eine Kuh, ein Stück Jungvieh, 3 bis 4 Schafe, 2 Schweine und 1 Zuchtgans zu halten, welche sie nach unserm bisherigen Gebrauch auf der herrschaftlichen Weide Sommer über geweidet^." Nun scheint es zwar zu einer Beschränkung der Vieh- haltung noch nicht gekommen zu sein, aber das Ackerland ist bereits vielfach eingezogen. Geldlohn in der Höhe von 9 Thaler, 10 Scheffel Roggen, 2 Gerste, 3 Hafer, 1 Erbsen sind an dessen Stelle getreten ; hier ist bereits ein Schritt zur Proletarisierung des ländlichen Arbeiters gethan. Im ganzen jedoch weisen die Insten im 18. Jahrhundert die charakteristischen Züge des Kleinwirts , des Parzellen- pächters auf, während die Losleute der Dörfer durchaus als Proletarier zu gelten haben ^. Nicht sehr verschieden in ihrer wirtschaftlichen Lage von den Instleuten sind die verheirateten Knechte, die in der Hauptsache als Gespann- und Zochführer verwendet wurden. Pferdehaltung scheint in ihrer Wirtschaft ganz zu fehlen, da- gegen besitzen sie stets 1 — 2 Kühe, mindestens je 3 Schafe und Schweine. Land zur Aussaat erhielten sie seltener, dafür aber einen Jahreslohn von 10 Thalern und ein höheres Deputat als die Instleute, 15 Scheffel Roggen, je 3 Gerste und Hafer, VI2 Scheffel Erbsen. Ledige Knechte wurden in weit geringerer Zahl gehalten, in der Hauptsache werden sie als Scharwerker bei Instleuten oder verheirateten Knechten gewohnt haben. 1 Krueger, Seite 26. 2 Bei Leopold Krug: „Über Leibeigenschaft oder Erbunterthänigkeit der Landbewohner in den preufsischen Staaten", Halle 1798, heifst es: „Aufser den Gutsbesitzern und Bauern giebt es in Preufsen auf dem Lande noch Gärtner und Instleute. Sie haben keine eigenen Häuser und Ackerplätze, sondern wohnen zur Miete, in welcher zu bleiben, sie sich wenigstens 3 Jahre verpflichten müssen; erstere stehen für ein gewisses Lohn- und Deputatgetreide der Gutsherrschaft oder auf königlichen Ämtern dem Beamten täglich zu Dienst, letztere aber bezahlen eine gewisse Miete und machen sich aufserdem an einigen Diensttagen verbindlich, welche sie dem Amte, Gute oder Wirte leisten, wo sie wohnen." In derselben Weise unterscheidet Kern beide Klassen. Es sind also hier Gärtner mit den Insten der v. Farenheidschen Güter identisch, während die Insten ge- nannte Arbeiterklasse mehr den Charakter der Dorfinstleute oder Los- leute trägt. Es zeigt sich hier, wie wenig feststehend die Namen sind, und wie gefährlich es ist, mit ihnen feste Begriffe verbinden zu wollen. 48 XX 3, In diesem Falle erhielten sie einen Lohn von etwa 10 Thalern und ein Deputat zu ihrer Beköstigung von 10 Scheffel Roggen^ 1^/2 Gerste, 2 Hafer, 1 Erbsen. Zum Teil waren sie direktes Gesinde bei der Gutsherrschaft und wurden von dieser be- köstigt. Die Löhne sind dann weit höhere, 12 — 32 Thaler^ in der Regel etwa 22 Thaler, jedoch erhalten manche Kutscher auch bis 39 Thaler. Es wird sich im letzeren Fall dann jedoch stets um altbewährte, mit der Herrschaft eng verwachsene Personen gehandelt haben. Mägde dienten gleichfalls als Scharwerker bei den Inst- und Knechtfamilien , an Deputat wurde ihnen das Gleiche wie den Knechten gezahlt, der Lohn war ein wesentlich niedrigerer, 5 — 8 Thaler. Hausmägde und Köchinnen erhielten 10 — 12 Thaler, Kleinmägde 5 Thaler, Jungen im persönlichen Dienst der Herrschaft 1 — 012 Thaler^ Wirtinnen hatten einen Durchschnittslohn von 25 Thaler, noch besser standen Jungfern, d. h. wohl die Kammerzofen, deren Gehalt zwischen 24 und 36 Thaler schwankte. Unver- hältnismäl'sig hoch wurden Köche bezahlt, mit 65 — 100 Thaler, ein Umstand, der auf ein geringes Angebot schliefsen läfst. Der Lebensgang des Gesindes wird sich für den weitaus gröfsten Teil in der Weise vollzogen haben, dafs es nach der Einsegnung entweder im elterlichen Hause oder in einer bäuer- lichen Wirtschaft als Jungen ^ und Kleinmägde diente , um dann nach längeren Jahren, namentlich, wenn es das Bedürfnis nach Heirat empfand, nach der Aufnahme in den herrschaft- lichen Dienst zu streben, um dort in die Stellen der verheirateten Knechte oder Instleute zu gelangen. Freilich hat stets das Recht der Herrschaft auf Zwangsgesindedienst gebieterisch in das Schicksal des Einzelnen eingegriffen , wenn es den herr- schaftlichen Zwecken entsprach, und den normalen Lebensweg unterbrochen. Es erübrigt jetzt noch ein Rückblick auf die Löhne zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Hierbei läfst sich fraglos ein ungeheurer Fortschritt feststellen, natürlich unter Berück- sichtigung der gestiegenen Getreidepreise. Während Lohn und Deputat der Instleute um 1708 dem Werte von 19^^/i2 Scheffel Roggen entsprach, haben beide zusammen auch bei den schlechter gestellten Instleuten zwischen 1770 und 1806 einen Wert von 29 Scheffel Roggen, von der starken Vieh- haltung in dem hier behandelten Zeitraum ganz abgesehen. Der Lohn der direkt von der Herrschaft beköstigten Knechte hatte 1708 eine Kaufkraft von 13 Scheffel Korn, jetzt von 33, der Mägde von OVa, jetzt von 16^/3 Scheffel Korn. 'Die Ein- I * Über das Leben dieser Jungen vergl. Tribukeit, Seite 16: „Den Jungen war die Sorge für die Pferde anvertraut, mit denen sie die Nächte vom Frühjahr bis zum Herbst in den Rofsgärten zubrachten." XX 8. 49 kommens Verhältnisse bei Instleuten und Gesinde haben dem- nach eine Besserung von 50 — 150 •'/o erfahrend Nicht in demselben Mafse können wir diese Beobachtung bei den Angestellten der einzelnen landwirtschaftlichen Neben- zweige und Gewerbe machen. Der Hofmann, sicherlich stets ein freier Mann, der eine praktische Ausbildung in der Milch- wirtschaft erfahren hatte, durfte in der Regel 2 — 3 Pferde, 2 — 4 Kühe und etwa je 10 Schafe und Schweine halten. Für das notwendige Gesinde erhielt er das übliche Deputat und Lohn. Geldlohn scheint er selbst nur in der älteren Zeit er- halten zu haben, während er um 1770 mehr den Charakter eines Unternehmers annahm. So erhielt 1798 ein Hofmann ^ zu Medunischken 90 Kühe gegen Zahlung von 5V2 Thaler Pacht pro Jahr, für 22 Kälber, die er jährlich absetzen mufste, hatte er pro Stück 2V2 Thaler zu bezahlen. Für Stärken, die zum erstenmal kalbten, hatte er ebensoviel wie für eine Kuh zu zahlen. Pro Kuh erhielt er 1 Hoffuder Heu oder Grummet und hinlängliches Strohfutter, sodann freies Futter und freie Weide für 2 Pferde, 4 Kühe, je 10 Schafe und Schweine, Acker zur Aussaat von ^/2 Scheffel Leinsaat, 2 Achtel Weich- holz und von jedem Gebräusei 1 Tonne Tafelbier. Am An- fang des 18. Jahrhunderts entsprach Lohn und Deputat der Hofleute dem Wert von 8OV2 Scheffel Roggen. Es ist bei der gänzlich veränderten Stellung des Hof- mannes schwierig, eine Beziehung zwischen den damaligen Einkommensverhältnissen und den der hier behandelten Periode festzustellen. Dagegen haben die Lohnverhältnisse der Hirten fraglos eine Besserung erfahren. Von diesen finden wir 2 — 3 auf jedem Hof, in der Regel Kuh- und Schweinehirten, letztere stehen social tiefer und wirtschaftlich ungünstiger. Während am Anfang des 18. Jahrhunderts Deputat und Lohn den Wert von etwa 20 Scheffel Roggen hatte, war er jetzt auf 40 bis 50 Scheffel gestiegen. Dazu kam freie Weide und Futter für 2 Kühe, je 4 Schafe und Schweine. Über die wirtschaft- lichen Verhältnisse der Schäfer ist nur geringes Material vor- handen, sodafs sichere Schlüsse unmöglich sind, jedoch scheint eher eine Verschlechterung ihrer Lage eingetreten zu sein. Sehr schwankend waren die Einkommensverhältnisse der Brauer und Brenner- in den meisten Fällen waren beide Stellungen von einer Person bekleidet, das bare Gehalt schwankte ' Die günstige Lage des Gesindes auf den v. F. gehörigen Gütern steht im Widersprach mit den überzeugenden Ausführungen Kerns, der nachweist, dafs sich das Gesinde bei Bauern und Köllmern stets besser gestanden habe, als beim Adel; zu dem statistischen Material füg't er eine Mitteilung aus einem Bericht des Landeshauptmannes von Insterburg aus dem Jahre 1788 hinzu, der ebenfalls feststellt, dafs die Lage des Ge- sindes auf den adligen Gütern am schlechtesten ist. 2 In älterer Zeit hatte der Hofmann häufig eine der des Kämmerers verwandte Stellung. Forschungen XX 3. — Böhme. 4 50 XX 3. zwischen 12 und 46 Thaler, ebenso war das Deputat sehr ver- schieden. Dagegen durften regelmäfsig 2 Kühe, je 3— 6 Schafe und Schweine gehalten werden. Man darf wohl annehmen, dafs es sich bei den schlechter gestellten Brauern und Brennern stets um Unterthanen handelte, die der Gutsherr das Gewerbe hatte erlernen lassen, während die besser gestellten freie Leute waren, die ebenso wie die Hofleute sich in einer gewissen Unternehmerstellung befanden, jedenfalls Tantieme erhielten. Wenigstens geht letzteres aus einem Kontrakt hervor, der allerdings bereits über 1806 hinausliegt. In ihm heilst es, der betreffende Brauer und Brenner habe von 16 Scheffel Kartoffeln und 1 Scheffel Malz 115 Stof 40 % Branntwein zu liefern.Liefere er über 120 Stof, so werde ihm die Hälfte des Übermafses bezahlt, liefere er unter 115 Stof, so trage er die Hälfte des Schadens, Verkaufe er oder vertrinke er, so bezahle er den vierfachen Wert. Zwei Brandknechte würden ihm ge- stellt werden. Nach Beendigung der Brauzeit habe er ver- schiedene Kämmererdienste zu übernehmen. An Lohn erhalte er 26Thlr.bar, 1 Scheffel Weizen, 20 Roggen, je 4 Gerste und Hafer, 2 Erbsen, von jedem Gebräu V* Tonne Bier und ^U Tonne Tafel- bier, zur Brennzeit alle Tage eine Tonne Brägen, einen Garten- platz zu 'S Scheffel Kartoffel-, ^U Scheffel Leinaussaat, Weide und Winterfutter für 2 Kühe, 3 — 4 Schweine, statt Schafe Ent- schädigung mit Wolle oder Geld, von den Käufern pro Tonne Bier 1 Silbergroschen, pro Ohm 2 Silbergroschen. Gegenüber dem Einkommen eines Brenners um 1708, das dem Werte von 74^3 Scheffel Korn entsprach, ist eine Erhöhung nicht festzustellen, wenigstens nicht allgemein. Die Ziegler waren zum Teil auf Accord gesetzt, zum Teil erhielten sie feste Bezahlung; da sie aufserdem noch in anderen Zweigen be- schäftigt wurden, lassen sich für sie als Stand keine all- gemein gültigen Regeln aufstellen. Von Handwerkern sind natürlich nur gewisse Klassen auf dem Hofe vertreten, in erster Linie Schmiede, Rademacher und Sattler, seltener finden sich Böttcher, Töpfer, Schneider, Schuster, Maurer und Zimmerleute. Ihre Verhältnisse sind ähnlich wie die der Instleute geordnet, sie wohnen zur Miete, zahlen für die Stube 2 Thaler 20 Groschen bis 4 Thaler Miete, an Ackerpacht 2—3 Thaler, Kopf-, Hörn- und Klauen- schofs in derselben Höhe wie die Instleute, leisten auch die gleiche Anzahl von Schar werkstagen, zahlen jedoch vielfach kein Gespinstgeld. An Vieh finden wir bei ihnen häufig 2 Pferde, stets 2 Kühe, etwa 4 Schafe und 4 Schweine. Zahlreiche Kontrakte für die Steinorter Güter aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit städtischen Handwerkern lassen darauf schliefsen, dafs erst allmählich, seit etwa 1730, die Ansiedlung von Handwerkern auf Gütern und Dörfern stattgefunden hat. Stets wurde auch bei den Einzelarbeiten XX 3. 51 neben Geldlohn mit Deputat gezahlt; so übernahm 1750 ein städtischer Zimmermann den Bau eines Bauernhauses für 15 Gulden Lohn, 2 Scheffel Korn, Va Tonne Bier, 1 Stof Butter und V2 Schock Käse. Für festangesetzte Handwerker aus der älteren Zeit ist der Kontrakt eines Schusters aus dem Jahre 1736 bezeichnend. Derselbe bezahlt für Wohnung und Garten 9 Gulden, ferner den gewöhnlichen Kopf- und Horn- schofs, sowie Gespinstgeld. Das Material wird ihm geliefert, aufserdem erhält er von jedem Gebräusei ^U Tonne Tafelbier, für die Verfertigung eines Paar Schuh 10 Groschen, Stiefel 15 Groschen, 1 Paar Schuh versohlen 4 Groschen, flicken 2 Groschen, ein Stück Leder ausgerben 18 Groschen, zuzu- richten 12 Groschen. Allmählich scheint dann der Tagelohn in den Vordergrund getreten zu sein, der bei Zimmerleuten und Maurern 40 — 45 Groschen erreichte. Seit 1806 macht sich jedoch bei der Herrschaft das Bestreben wieder geltend, auch die Handwerker auf bestimmtes Deputat und Lohn zu setzen. Seit 1811 sind die Kontrakte zahlreich, in denen Handwerker zur dauernden Übernahme von Gutsarbeiten verpflichtet werden. . Der Jahreslohn schwankt von 8 — 26 Thaler, ähnlich das Deputat ; Schmiede und Rademacher gehören zu den besser gestellten Handwerkern, die Sattler zu den geringer be- zahlten, jedoch wohl nur, weil sie auch weniger Arbeit dem Gute zu leisten hatten. Vielfach erhalten die Handwerker die Krüge zinsfrei, verpflichten sich aber dafür, alle in ihr Fach schlagenden Arbeiten unentgeltlich auszuführen. Im allgemeinen werden wir annehmen dürfen, dafs die Gutshand- werker sich noch weit mehr als die Dorf band werker einer ge- sicherten und günstigen Lage zu erfreuen hatten. In ähn- licher Weise wie die Handwerker übernahmen oft Jäger einen Krug und leisteten dafür auf jagdlichem Gebiete der Herr- schaft die verlangten Dienste. Ihre Obliegenheiten beschränkten sich in der älteren Zeit, wie die Steinorter Güter zeigen, in forstlicher Hinsicht lediglich auf das Anweisen des zu schlagen- den und zu rodenden Holzes und die Verhinderung des Forst- diebstahls; ihreHauptthätigkeit war die Jagd. Dementsprechend erhielten sie aufser der Kleidung nur Schufsgeld, das z. B. 1740 für 1 Elendt 6 Gulden, 1 Wolf 2 Gulden, 1 Fuchs 1 Gulden, 1 Hasen und 1 wilde Gans 10 Groschen, 1 Birk- huhn 8 Groschen, 1 Ente und 1 Taube 2 Groschen, 1 Paar Strichvögel 4 Groschen betrug. Um 1770 ist bereits eine Scheidung zwischen den eigentlichen technischen Forstbeamten, den Oberwarten, Hegemeistern, Waldwarten, Unterförstern und den Jägern, die lediglich die Jagd ausübten und nur aushülfs- weise Forstdienste thaten, erfolgt. Diese wurden in der Regel von der Herrschaft direkt bespeist und erhielten einen Lohn von 20—36 Thalern, zum Teil Schufsgeld. Die eigent- lichen Forstbeamten wohnten auf den Dörfern und Vorwerkea 52 XX 3. und waren auf Gehalt, Deputat und Stammgeld angewiesen. Waldwarte und Unterförster erhielten im Durchschnitt 16 Thaler Gehalt, an Deputat 16 Scheffel Roggen, 2 Gerste, 4 Hafer, 2 Erbsen, 1 Tonne Bier, freie Weide und Futter für 1 Pferd, 2 Kühe, je 4 Schafe und Schweine; das Stammgeld betrug pro Thaler verkauften Holzes 12 Groschen. Bei Hege- meistern und Oberwarten betrug das Gehalt 80 — 300 Thaler^ das Deputat 2 Scheffel Weizen, 30 — 40 Roggen, 5 — 6 Gerste, 24—70 Hafer, 3—5 Erbsen, 4—12 Tonnen Bier. Die Pferde- haltung und dem entsprechend auch die Menge des gelieferten Hafers richtete sich natürlich nach den Bedürfnissen des Dienstes. Im allgemeinen finden wir bei diesen höheren Beamten 3 Pferde, ebensoviel Kühe, etwa je 8 Schafe und Schweine. Weit besser als die unteren Forstbeamten wurden die Gärtnierer bezahlt, schon 1748 erhielt ein Gärtnierer zu Steinort 30 Thaler Lohn und 3 Tonnen Bier, nach 1770 ist neben reichlichem Deputat der Durchschnittslohn 40 Thaler. Es ist daher wohl anzunehmen, dafs Leute mit der nötigen Ausbildung in diesem Zweige verhältnismäfsig selten waren. Noch einige, die Gesamtheit der Gutsunterthanen und Beamten betreffende Bemerkungen mögen hier Platz finden. Zunächst mufs auf eine Einrichtung hingewiesen werden, die ihre Begründung in der Unmöglichkeit für manchen Guts- herrn, den Holzbedarf seiner Unterthanen zu decken, fand, auf das sogenannte Heideeinmieterwesen in den königlichen Forsten. KöUmer und erbfreie Einsassen zahlten bis zu einer Hufe 60 Groschen, bis 2 Hüben 1 Thaler, bis 3 Hufen 1 Thaler 30 Groschen, bis 4 Hufen 2 Thaler 60 Groschen, Immediat- unterthanen und Handwerker 60 Groschen, Instleute und Hirten 30 Groschen Heideeinmietergeld. Aufserdem mufsten pro Thaler noch 8 Groschen Stammgeld gezahlt werden. Für diese Summen durfte der normale Bedarf der kleinen Wirtschaften gedeckt werden, freilich oft nur durch Rodung von Stubben. Wie stand nun der Gutsherr den direkt in seinem Gesichts- kreis wohnenden Leuten gegenüber? Die Bestimmungen der Pachtkontrakte sprechen auch hier dafür, dafs er ihre wirt- schaftliche Leistungsfähigkeit mit gebührender Rücksicht zu schonen suchte. So sollten Instleute, die nur bis 9 Groschen verdienten, den Scheffel Getreide zu billigerem Preise erhalten, als solche, die beim Ziegler oder Handwerker bis 15 Groschen verdienten, diese wieder billiger als Brettschneider, die einen Tagelohn bis 24 Groschen erhielten. Sehr günstig scheint die Bevormundung durch die Herr- schaft auf die wirtschaftlichen und haushälterischen Fähig- keiten der Gutsbewohner nicht gewirkt zu haben. Wie die Bauern allen* Unglücksfällen hülflos und thatenlos gegenüber- stAuden, und sofort Pachtremission und Unterstützung durch XX 3. 53 die Herrschaft eintreten mufste^ so weist die starke Ver- schuldung der Instleute auf ähnliche Schäden auch hier hin. Bei jeder Pachtübernahrae mufste der Pächter das Einziehen der Schulden der Gutsleute übernehmen , und diese waren häufig recht beträchtlich, so 1791 bei der Verpachtung der Angerapper Güter 1559 Thaler 8 Groschen 13V2 Pfennig. Bezüglich der rechtlichen Lage der Gutsleute sind ziffern- mäfsige Feststellungen nicht möglich, jedenfalls hat es auch unter den Instleuten einen kleinen Prozentsatz freier Leute gegeben; so waren 1801 unter den Instleuten zu Klein Mauen 3 freie Leute, Es spricht auch dafür die häufig in den Pacht- kontrakten vorhandene Bestimmung, dafs die Anzahl der freien Leute nicht vermindert werden solle. Weit stärker waren solche natürlich unter den Forstbedienten, Brauern, Brennern und Handwerkern vertreten. Auch hier ist nur Erb- unterthänigkeit, nicht Leibeigenschaft mit dem Kennzeichen der Sklaverei festzustellen, da jeder Unterthan fähig war, Besitz zu erwerben. Dagegen scheint nicht immer an dem Grundsatz, dafs der Unterthan zur Scholle gehöre und nur mit dieser verkauft werden könne, festgehalten worden zu sein. Kommen auch keine direkten Veräufserungen der Unter- thanen ohne die Scholle gegen Geld vor^, so streift es doch nahe daran, wenn bei Kaufverträgen sich der Verkäufer vor- behält, einige Personen auswählen und mit sich nehmen zu dürfen. Jedoch finden sich diese Fälle zahlreicher nur in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. So bedingt sich 1729 der Verpfänder der Eisenwagenschen Güter aus, 1 Koch, 1 Vorreiter, 1 Reiterknecht, 1 Lakay, 5 Mägde, ferner 2 junge Burschen aus den Unterthanen nach seinem Gefallen vor der Übergabe hierselbst auslesen und wegnehmen zu können. Von einer freiwilligen Zustimmung der betreffenden Leute ist nicht die Rede. Der Herr verfügt schrankenlos über ihre Person, einen eigenen Willen haben sie nicht. Ähn- liche Bestimmungen enthält ein Kaufvertrag noch aus dem Jahre 1772. Heiratete ein Unterthan eine freie Person, so wurde diese unterthan, wenn nicht durch einen bestimmten Kontrakt nur dauernder Aufenthalt auf den Gütern verlangt wurde; namentlich in älterer Zeit war das erste der Fall. Die Kinder folgten der ärgeren Hand. Im ganzen werden wir zu der Ansicht gelangen müssen, dafs da, wo ein verständiger, wenn auch durchaus auf seinen ^ In Einzelfällen acheint auch dies sogar noch in der Mitte des 18. Jahrhunderts vorffekommen zu sein, wie das von Kern erwähnte Tn- serat beweist, in welchem direkt Unterthanen zu bestimmten Preisen aus- geboten wurden. 54 XX 3. Vorteil bedachter Gutsherr die Zügel führte , die Lage aller Klassen der Gutsbewohner eine ungleich bessere war als die der Scharwerksbauern, Kossäten und Losleute, weil sie einer- seits einen gesicherten Rückhalt hatten und andererseits nicht mit übermäfsigen Fronden belastet waren. Die staatlichen Einwirkungen, die sich im Leben der Dorf- bewohner stark fühlbar machten, erscheinen noch weit aus- geprägter und schärfer auf den geschlossenen Gutsbetrieb aus- geübt worden zu sein. Hier sehen wir im einzelnen die segens- reichen oder auch unheilvollen Verordnungen wirksam, mit denen der absolute Staat in jeden Zweig des menschlichen Schaffens eingriff. Auch das achtzehnte Jahrhundert kennt bereits Klagen der Gutsherren über die ihnen auferlegte lästige Bureauarbeit, und vielleicht wurden sie mit mehr Recht erhoben als heute. Alljährlich war der Gutsherr verpflichtet, über die kleinsten Zweige seines Betriebes Bericht zu erstatten. Tabellen über Getreide, Vieh, Salz, Wolle, Bienenstöcke, Hanf, Kalk, Obst- bäume, Landesprodukte , Ortsarme, Invaliden, Kossäten, Garn- aufkäufer, Handwerker, Vasallen, Seelen, historische Tabellen u. a. m. mufsten dem Landratsamte in jedem Jahr eingereicht werden.. Dazu kamen die, bei den geringen Schutzmafsregeln der damaligen Zeit häufigen Unglücksfälle, wie Mifsernten, Überschwemmungen, Viehsterben, Seuchen, Brände u. a. m., die besondere Berichte erforderten. Wir begnügen uns hier, einzelne Beispiele der staatlichen Wirksamkeit auf wirtschaftlichem Gebiet anzuführen. Be- sonders lebhaft sehen wir den Staat bemüht, die Produktion von Garn und Wolle zu heben, mit grofsem Erfolg, wie z. B. die Angerapper Güter beweisen. Während im Jahre 1771 auf diesen von 122 Weibspersonen 78 Stück Garn und 21 Wolle gewonnen wurden, beteiligten sich 1776 136 Weiber daran, die 560 Stück Garn und 73 Wolle produzierten, 1781 waren es 120 Weiber 6666 Stück Garn und 1333 Wolle. Auf dieser Höhe hielt sich die Produktion während der nächsten 20 Jahre. Der Fortschritt war in kurzer Zeit ein so unge- heurer gewesen, dafs der eigene Flachsbau nicht genügte und zugekauft werden mufste. Natürlich war der eigene Bedarf an Leinenwaren überdeckt, ebenso an Garn und Zwirn, so- dafs 1798 eine Ausfuhr im Werte von 54 Thaler von Garn und Zwirn, von 460 Thaler für Wolle stattfand. Weit weniger glücklich erwies sich der Versuch des Staates, hier im äufsersten Osten die Seidenproduktion und Spinnerei hoch zu bringen. Auf staatliche Anordnung wurden im Jahre 1772 auf den Angerapper Gütern 201 Maulbeerbäume gepflanzt, 1782 waren noch 51 vorhanden, 1785 erfroren alle. Wurden dem Klima zu trotz, wie es hier 1782 geschah, 1000 Cocons gewonnen, so pflegte das Ungeschick der Bevölkerung und der Gutsbeamten auch XX 3. 55 diesen Ertrag zu vernichten. So lagerten die Cocons in diesem Falle, da niemand das Abhaspeln verstand, so lange, bis der Befehl kam, sie nach Königsberg zu senden. Inzwischen hatten die Mäuse auch den letzten Cocon vernichtet; ein klassisches Beispiel dafür, dafs alle Anstrengungen des Staates auf wirtschaftlichem Gebiete scheitern müssen, wenn nicht die Vorbedingungen des Erfolges in einer gewissen kulturellen Höhe der Bevölkerung gegeben sind. Von den staatlichen Abgaben kam in erster Linie als Grundsteuer die Kontribution in Betracht. Nachfolgende Tabelle zeigt die Kontribution von 23 Gütern. Gröfse : Kontribution Namen des Gutes: a . rovinz Preufsen". Seite 327 flF. ^ Nach V. Haxthausen wurden 1826 in Littauen 1663 Pferde für 128704 Thlr., 1827 1841 „ „ 142672 „ 1828 1856 „ „ 143929 „ nls Remoiiten angekauft; beteiligt waren daran 76—80 gröfsere und 450 bis 546 kleinere Fferdezüchter. XX 3. 85 bluts von kleinen Bauern her. Das Deekgeld bei Haupt- beschälern betrug 34 Thaler, bei anderen 17 Thaler; in Privat- gestüten waren die Sätze vielfach noch höher, bei einem Voll- bluthengst in Angerapp 50^/8 Thaler. Bezahlt waren für diesen Hengst 14(35 Thaler, die Einnahmen aus den Deckgeldern zweier Jahre betrugen 2833 Thaler ; Halbblutstuten wurden mit 95—120 Thaler pro Stück bezahlt. Bereits 1834 war in Königsberg, um allgemeineres Interesse für das Vollblut zu erregen , der Verein für Pferderennen gegründet worden. 1839 wurde daselbst eine Trainieranstalt angelegt. — So stellt sich in kurzen Zügen der Aufschwung dieses Faktors der Land- wirtschaft dar, der nicht nur vorübergehend wie die Schaf- zucht, sondern stets von aufserordentlicher Bedeutung für die Provinz bis zur Gegenwart geblieben ist. Von g-eringerer Be- deutung waren die Veränderungen in den übrigen landwirt- schaftlichen Zweigen. Beim Getreidebau lassen sich irgend welche Fortschritte bezüglich seiner Ergiebigkeit an Körner- zahl nicht feststellen, zum Teil wich er, namentlich auf leichterem Boden, dem immer stärker zunehmenden Kartoffelbau. Auch als Objekt für die Brennerei setzte sich die Kartoffel immer mehr durch. Auf einigen Gütern begann v. Farenheid bereits in den dreifsiger Jahren mit der Benutzung künstlichen Düngers; es war Gips, der zunächst bezogen wurde, der Centner a 20 Silbergroschen. Die Rindviehzucht machte gleich- falls keine Fortschritte , namentlich war während des ersten Jahrzehnts nach den Kriegsjahren die Nachfrage äufserst gering, auch später trat nur eine kleine Besserung und dem- entsprechend auch kaum eine Erhöhung in den Preisen ein. Die Versuche, die einheimischen Viehrassen zu veredeln, schlugen fehl, das eingeführte Vieh wollte nicht gedeihen ^. Dagegen hatte sich der Blick der Gutsbesitzer für den Nutzen eines Zusammenschlusses wirtschaftlich gleich in- teressierter Kreise unter dem Drucke der Not sehr geschärft. Dieser Erkenntnis entsprang die Bildung der landwirtschaft- lichen Gesellschaft für Littauen im Jahre 1821, deren Haupt- vorsteher V. Farenheid wurde. Die treibende Kraft bei der Gründung war der 1811 auf Veranlassung der Regierung von Sachsen nach Littauen übergesiedelte, bekannte Landwirt Friedrich Schmalz in Küssen^. Als ihre Ziele bezeichnete sie die Kenntnis vom Zustande der landwirtschaftlichen Ver- hältnisse der Provinz, Mittel zur Beförderung der Landwirt- schaft aufzufinden, wohlthätigen Einflufs auf kleine Landwirte zu erlangen , und tüchtige landwirtschaftliche Beamte der niederen Klasse auszubilden. Sie war auch nicht abgeneigt, den Verwaltungsbehörden und Gerichten Gutachten zu er- 1 Tribukeit, Seite 20. • Altpreufsische Monatsschrift, Band II, Seite 160. 86 XX 3. statten. Wo 6 Mitglieder in einem Kreise ansässig waren, sollte sich ein Kreisverein bilden, der alle drei Monate zu- sammentreten sollte; noch im Jahre 1821 entstanden 10 der- selben. Gleichzeitig gründeten die anwesenden Schafzüchter einen Schafzüchterverein. Die Gesellschaft selbst begann mit 136 Mitgliedern. Es waren dies lediglich Grofsgrundbesitzer,^ die Bauern hielten sich bis etwa 1840 fern. Erst als es möglich wurde, gute Leistungen auf landwirtschaftlichem Gebiet mit Geldpreisen zu belohnen, traten sie in gröfserer Zahl ein^ Für die einzelnen Zweige, Botanik, Agrikultur, Chemie, Tier- arzneikunde, Forstwissenschaft, Geschichte der Landwirtschaft und Pferdezucht wurden technische Mitglieder gewählt. Bei den ersten Verhandlungen wurde über den Anbau von Spargeln, sibirischen Buchweizens , Luzerne und Esparsette berichtet ; weit mehr Interesse nahmen aber die Berichte über die in diesen Gegenden von einem Kanonikus Gramatzky 1822 für 200 Thaler angeschaffte erste Dreschmaschine in Anspruch. Man empfahl für den Erdrusch des Sommergetreides leicht tran- portable Dreschmaschinen, jedoch sollten die Gärtner, um be- schäftigt zu werden, das meiste Getreide ausdreschen. Sehr be- achtenswert und bezeichnend für die durchgedrungene Erkenntnis vom Werte naher Absatzgelegenheiten war die beschlossene Unterstützung einer kleinen Tuchfabrik in Gumbinnen. In ähnlicher Weise bemühte sich v. Farenheid im Jahre 1838, der in Insterburg neu entstandenen Zuckerrübenfabrik die Wege zu ebnen, die denn auch einen guten Fortschritt nahm. Die verheifsungsvollen Anfänge genossenschaftlichen Geistes vermochten den trüben Zeitverhältnissen nicht stand zu halten, bereits 1823 schliefen die Kreisvereine infolge mangelnder Teilnahme ein, um erst 1829 zu neuem Leben zu erwachen; man hielt jedoch jetzt die Sitzungen nicht mehr in der Stadt, sondern, was sich als äufserst vorteilhaft erwies, abwechselnd auf geeigneten Gütern ab. Altpr. Monatsschrift Bd. II Seite 163. I Sechstes Kapitel. Kurze zusammenfassende Darstellung der weiteren Geschicke der ländlichen Bevölkerung Ostpreufsens bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. War in den vorangegangenen fünf Kapiteln der Verfasser stets von der Detailforschung ausgegangen, und waren die all- gemeinen Verhältnisse nur von dieser Grundlage aus berührt worden, so machte der beklagenswerte Mangel an speciellem Material dieses Vorgehen weiterhin unmöglich. Erschien es trotzdem als wünschenswert, der Arbeit auch in der Beziehung einen gewissen Abschlufs zu geben, dafs die Geschicke der Land- bevölkerung bis zur Gegenwart hin verfolgt wurden, so waren es lediglich allgemeine Darstellungen, die als Material in Frage kamen. Es sind daher im folgenden nur die wichtigsten Momente der Entwicklung hervorgehoben worden, und alles bei Seite gelassen worden, über das ein genügend klares Urteil zur Zeit noch nicht gefällt werden kann. So ist namentlich die technische Seite der Landwirtschaft, die, je näher wir der Gegenwart kommen, um so komplizierter und für den Nicht- fachmann schwerer verständlich erscheint, nur soweit berührt worden , als es bei der Betrachtung der Verhältnisse der ein- zelnen Bevölkerungsklassen notwendig wird. Wir verfolgen zunächst die Entwicklung der ländlichen Verhältnisse bis zur Mitte der vierziger Jahre. Die Mittel, mit denen Staat und Interessenten an der Wiedergesundung der Landwirtschaft gearbeitet hatten, waren, wie wir im voran- gegangenen Kapitel sahen, den intelligenteren Grofsgrund- besitzern am frühesten zu gute gekommen, während der zähere, aber auch schwerfälligere Bauer sich erst allmählich die neuen Errungenschaften aneignete. Durch die zahlreichen Sub- hastationen grofser Güter waren diese vielfach in kapital- kräftige Hände gelangt und waren daher um so eher im Stande, sich der neuen Fortschritte zu bedienen und manche 88 XX 3. Schäden fern zu halten. Da aufserdera, abgesehen von den Notstandsjahren 1835 und 38, reichliche Ernten und günstige Verkäufe bis 1844 zu verzeichnen waren, so machte die Wieder- erholung des Grofsgruudbesitzes die erfreulichsten Fortschritte ^. Dagegen verblieb dei' Bauernstand in den traurigen Ver- hältnissen, in die ihn Kriegsjahre und Regulierung hineingeführt hatten. Er litt namentlich unter dem Mangel an Kredit und barem G-eld, so dafs besonders in den unfruchtbaren Gegenden ein Übergang zur Koppelwirtschaft unmöglich war, da die kleinen Besitzer die Übergangsperiode nicht überstanden hätten^. Vielfach behielten auch die Bauern, die die Hälfte oder ein Drittel ihres Grundstücks dem Gutsherrn • hatten ab- treten müssen, denselben Besatz und die gleiche Anzahl des Gesindes bei. Dazu kam die durch die Vermehrung der Ar- beiterbevölkerung so aufserordentlich gesteigerte Armenlast, die in erster Linie auf ihren Schultern ruhte. Wir sahen, bereits, wie die Bauern dadurch, dafs sie sich bemühten, Los- leute als Mieter zu erhalten, die Vermehrung dieser Proletarier- klasse begünstigten. Als sie nun im Anschlufs an die Sepa- ration darangingen, sich auszubauen, wurden ihre alten Häuser im Dorfe mit einigen Morgen Land vielfach zu Eigenkätner- grundstücken, so dafs auch eine Vermehrung dieser Bevölkerungs- schicht eintrat^. Hatte nun aber bis zur Separation der kleine Mann mit Hülfe der Gemeindeweide die Möglichkeit gehabt, sich durch Haltung einer Kuh und einigen Kleinviehs, einen gewissen Wohlstand zu wahren, so wurde er jetzt mit einigen Fetzen Landes abgefunden , die er in den meisten Fällen zu Schleuderpreisen veräufserte*, wodurch ihm jeder wirtschaftliche Rückhalt in Zeiten der Not fehlte, so dafs, namentlich im Winter, die Lage der Losleute eine oft recht traurige Avar. Die Verhältnisse der Instleute, deren Zahl als Folge der Regulierung ebenfalls stark gestiegen war, hatten keine durch- gehende Veränderung erfahren. Zwar machte das Vordringen der Geldlöhnung, wie die v. Farenheidschen Güter zeigen, langsame Fortschritte, aber der Mangel an barem Geld hin- derte einen plötzlichen Übergang. Im ganzen zeigt während der Jahre 1819 — 43 die länd- liche Bevölkerung eine Zunahme um 53*^/o, die städtische nur II ^ Vergl. Landwirtschaftliche Jahrbücher aus der Provinz Preufsen, 1849, „DenKschrift über die Ursachen des in der Provinz Preufsen öfters wiederkehrenden Notstandes." Vergl. Preufsische Provinzialblätter Band IV. v. Farenheid: „Wohl- stand eines masurischen Kalkbauern." ^ Vergl. G. Kreifs: „Die gegenwärtigen bäuerlichen Verhältnisse im Bezirk des Ostpr. landwirtschaftlichen Ccntralvereins" in den Berichten veröffentlicht vom Verein für Socialpolitik, Band IL ♦ Vergl. C. M 8töckel: „Über die bäuerlichen Verhältnisse im Re- gierungsbezirk Gumbinnen", in den Berichten veröffentlicht vom Verein für Socialpolitik, Band II. XX 3. . 89 um 23 "/o. Es sind lediglich die Klassen der Eigenkätner und vor allem der Losleute, auf die die Vermehrung entfällt, der Bauernstand ist um 20 ''/o zurückgegangen und mit ihm auch das Gesinde, wenigstens läfst sich dies für die Periode von 1802—1831 feststellen. Während wir 1802 110000 männliche und 96300 weibliche Dienstboten zählen, waren es 1831 nur noch 67300 und 70100. Der Wohlstand der Bevölkerung litt erheblich unter diesen Verschiebungen, während 1802 auf 100 Kühe 379 Menschen entfielen, wuchs deren Zahl 1825 auf 548 , 1843 auf 565 ^ Dagegen stieg der Branntweinkonsura, und den anhaltenden Klagen der Zeitgenossen über die zu- nehmende Entsittlichung des Landvolks wird eine gewisse Be- rechtigung nicht abzustreiten sein. Hat somit die Periode bis zur Mitte der vierziger Jahre nur beim Grofsgrundbesitz Fortschritte hervorgebracht, so beginnen von nun an alle Klassen der ländlichen Bevölkerung an diesem Aufwärtssteigen teilzunehmen. Es vollzog sich dieser Umschwung, obwohl zunächst unter den Mifsernten der Jahre 1844 und 1845 auch der Grofsgrundbesitz erheblich litt, zu- mal hohe, durch Spekulation veranlafste Verkäufe, einen Teil der Güter wieder mit erheblichen Kaufgelderresten belastet hatten. Durch die Kabinettsordre vom 4. Mai 1849 wurde der Landschaft gestattet, auch bäuerliche Besitzungen bis zum Werte von 1500 Mk. abwärts zu beleihen. Domänen, Forsten, köllmische und andere nichtadlige Güter waren bereits 1808 zugelassen worden ^. Dem Bedürfnis aber nach Personal- kredit, der für den kleinen Besitzer bisher nur gegen hohe Wucherzinsen zu haben war, begannen jetzt Vorschufs- und Kreditvereine abzuhelfen^. Unter solchen Verhältnissen wurde es auch dem Grofs- grundbesitz leichter, seinen auf Hebung der Kultur der bäuer- lichen Wirtschaften gerichteten Bestrebungen Eingang zu schaffen. Bereits in den zwanziger und dreifsiger Jahren hatte der landwirtschaftliche Centralverein für Littauen und Masuren einige bäuerliche Musterwirtschaften eingerichtet. In umfassender Weise setzte er sein Unternehmen seit den vierziger Jahren bis 1853 fort. In dieser Zeit begann ein rationell betriebener künstlicher Futterbau allgemein zu werden. Zur Verbesserung der Viehzucht hatte 1830 der Land- 1 Vergl. Schubert: „Statistische Beurteilung und Vergleichung einiger früherer Zustände mit der Gegenwart für die Provinz Preufsen, mit be- sonderer Berücksichtigung des jetzigen Zustandes dieser Provinz" in von Reden „Zeitschrift des Vereins für deutsche Statistik". Erster Jahr- gang 1847. 2 Vergl. „Denkschrift zur Feier des einhundertjährigen Bestehens der ostpreufsisehen Landschaft. Königsberg, den 16. Februar 1888". ^ Vergl. „Die Entstehung der Vorschufsvereine und ihre Verbreitung in der Provinz Preufsen" in der Altpreufsischen Monatsschrift. Neue Folge, Band 17. 90 XX 3. Stallmeister von Burgsdorf eine Anregung gegeben. 1844 wurde durch eine Aktiengesellschaft ein Stamm Yorkshirevieh eingeführt, 1843 — 1854 auf Kosten des landwirtschaftlichen Centralvereins für Littauen und Masuren Zuchtstiere ange- schaflft und den kleinen Besitzern gegen niedriges Sprunggeld zur Benutzung überlassen^. Als dann 1860 nach Eröffnung der Ostbahn eine stärkere Nachfrage nach Rindvieh, namentlich nach schweren Zugochsen eintrat, wurden diese bereits in der Hauptsache von kleinen Besitzern geliefert. Dagegen hatte die Schafzucht Anfang der fünfziger Jahre bereits ihren Höhe- punkt überschritten, man begann jetzt mehr auf Fleischschafe Gewicht zu legen. Die eigentliche Domäne der Bauern wurde die Pferdezucht. Indem es nur ihnen möglich war, die Zucht- stuten zugleich dauernd in Arbeit zu halten, wovon wesentlich ihre Leistungsfähigkeit abhängt, als auch denselben stets eine schonende Behandlung zu Teil werden zu lassen, hatten sie vor den gröfseren Besitzern aufserordentliche Vorteile voraus^. So waren denn bereits 1853 von den auf den zwölf berühm- testen Stationen gedeckten 2516 Stuten 2272 Bauernstuten ^. Zugleich trat mit der Erhöhung der Getreidepreise eine Ver- doppelung der Bodenpreise ein. — Es ist nur natürlich, dafs unter dieser günstigen Gestaltung der wirtschaftlichen Ver- hältnisse auch der Bauer den Wert seines Eigentums besser würdigen lernte und sich gegen verlockende Anerbietungen zum Verkauf mehr abwehrend verhielt*. Eine weitere un- gesunde starke Vermehrung der ländlichen Bevölkerung war gleichfalls in dieser Periode nicht mehr zu verzeichnen , die specifisch proletarischen Klassen hatten die geringste Zunahme erfahren, das Wachstum der gesamten Landbevölkerung war hinter dem der Städtebewohner zurückgeblieben. Der Wohl- stand der Bevölkerung hatte mit ihrer Zunahme im allgemeinen Schritt gehalten, wie die Vermehrung der Anzahl der Kühe zeigt. Die in Anbau begriffene Kulturfläche nahm allein während der Jahre 1852 — 1864 um mindestens ein Zehntel ihres alten Bestandes zu^. Gleichzeitig diente die seit 1840 erfolgende starke Einwanderung vermögender Landwirte dazu, 1 Vergl. „Festschrift zum 50 jährigen Bestehen des littauischen Centralvereins". " Vergl. Schnaubert, „Statistische Beschreibung des Kreises Pill- kallen." Pillkallen 1894. ^ Vergl. Archiv für Landeskunde der Preufsischen Monarchie, Band I, 1855, Seite 390. •* Vergl. Schubert. „Statistische Darstellung der fortschreitenden Entwicklung der Landwirtschaft und des auswärtigen Handelsverkehrs in der Provinz Preufsen in den letzten zehn Jaliren". Archiv für Landes- kunde, Band IV, 1856. '' Vergl. Schubert, ^Die Zahlenverhältnisse der ländlichen zur städ- tischen Bevölkerung nach den letzten Volkszählungen des preufsischen Staats", in der Altpr. Monatsschrift, Band III. XX 3. 91 den Übergang von der Natural- zur Geld Wirtschaft erheblich zu beschleunigen. Zur besseren Vorbildung der Landwirte wurde 1858 die landwirtschaftliche Lehranstalt zu Waldau bei Königsberg gegründet. Noch können aber die allgemeinen socialen Verhältnisse keine befriedigenden genannt werden. Während in der Gesamtmonarchie der Prozentsatz der unter 14 Jahren gestorbenen Kinder von der Anzahl der Geburten in den Jahren 1856, 1857 und 1858, 33,9 <>/o, 30,7 "/o und 34,8 ^/o betrug, waren die Zahlen für den Regierungsbezirk Königs- berg 34,9, 45,3 und 38,1 ^'o, für Gumbinnen 36,9, 40,2 und 42 »/o \ Das, was der folgenden Periode, Anfang der sechziger Jahre bis 1880, den Stempel aufdrückt, ist das weitere Er- starken des bäuerlichen Besitzes und der Beginn der Arbeiter- not beim Grofsgrundbesitz ^. In den Kreisen mit gutem Boden hatte sich auch bei den Bauern der Übergang zur Frucht- wechselwirtschaft fast völlig vollzogen, nur in den ärmeren Gegenden blieb die Dreifelderwirtschaft bestehen. Noch fand aber allgemein ein zu ausgedehnter Getreidebau statt, während das Inventar nicht zureichend ernährt wurde. Namentlich litten die Besitzungen vielfach darunter, dafs sie, eine Folge der Separation, in zu vielen Plänen lagen. Trotzdem hatte die Viehzucht, namentlich unter dem Einflufs der Schauen, aufserord entliche Fortschritte gemacht. Fehlte es den Bauern auch vielfach an der unerläfslichen landwirtschaftlich - tech- nischen Vor- und Ausbildung, so folgten sie doch langsam dem Beispiel des Grofsgrundbesitzes , „von dessen vorsichtig und mit voller Sachkenntnis wie ausreichenden Betriebsmitteln be- wirtschafteten Gütern alle Fortschritte ausgingen." Die Verschuldung der Bauerngüter war zwar um 1880 eine relativ höhere als vor 1800, aber Ertrags- und Kaufwert waren in stärkerer Proportion gewachsen als die Hypotheken- schulden. Die Bodenbesitzveränderungen waren am stärksten da, wo der beste Boden die höchste Kultur möglich machte, am geringsten auf schlechtem Boden. Im allgemeinen fand auch in dieser Periode eine Verringerung der Zahl der bäuer- lichen Nahrungen statt , namentlich der mittleren Bauernhöfe, während der Umfang der Bauerngüter in tüchtiger Hand zu- nahm. Der Grofsgrundbesitz war nur da Käufer, wo er gut situiert und altbefestigt war, in den meisten Fällen war es der vermögendere bäuerliche Nachbar, der seine Besitzung durch Zukauf vergröfserte. In den Gegenden mit schlechtem Boden, in denen die Lage der Bauern eine traurige war, trat ihr Be- ^ Vergl. „Über Verbesserungen und Reformen in der Laj^je unserer ländlichen Arbeiter" in den „Landw. Jahrbüchern für Ostpr.". 13. Jahr- gang 1861, Seite 549. ,2 Über die Periode von 1863 — 1880 vergleiche besonders die Auf- sätze von Kreifs und Stöckel in Band II der Schriften des Vereins für Socialpolitik. Ö-? XX 3. streben, sich zur Ruhe zu setzen, am frühesten ein. Das oft zu hoch bemessene Altenteil wirkte hier schädlich, namentlich dann, wenn es aufserdem hypothekarisch an erster Stelle ein- getragen war und so die Aufnahme billiger Hypotheken- schulden hinderte \ Dagegen nahmen in den fruchtbareren Gegenden die Eltern das Altenteil meist nicht in Anspruch, afsen mit ihren Kindern an einem Tisch und halfen in der Wirtschaft. „Überhaupt war es der starke Familiensinn, der sich in dem freiwilligen, durch kein Gesetz beeinflufsten Drang, den Grundbesitz der Familie durch ungeteilte Ver- erbung zu erhalten, äufserte, dem die stete und glückliche Entwicklung des Bauernstandes in erster Linie zu danken war." Weit stärker als die Besitzveränderungen beim Bauern- stand als Ganzem, waren die Besitzwechsel bei den Eigen- kälnergrundslücken. Diese waren im Verhältnis meist doppelt so hoch verschuldet wie die Bauerngüter, und zahlreiche Sub- hastationen traten hier ein, trotzdem hatten sie zahlenmäfsig einen geringen Zuwachs zu verzeichnen. Ebenso wie bei den Eigenkätnern war der Wechsel beim mittleren und grofsen Besitz weit stärker als bei den Bauern. Namentlich während der Jahre 1871—1876 fand ein gewerbsmäfsiges Ausschlachten der Güter von 300 — 600 Morgen statt. Die wirtschaftlichen Fortschritte waren nach wie vor beim Grofsgrundbesitz am stärksten ; aber bereits in den sechziger Jahren begann sich Arbeitermangel bemerkbar zu machen , und in den siebziger Jahren klagte man bereits lebhaft über die Abwanderung gan- zer Familien ^. Im einzelnen die Verhältnisse der Arbeiter- klassen während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu verfolgen, dürfte insofern Schwierigkeiten bieten, als die Nach- richten für die einzelnen Zeiträume bald aus der einen , bald aus der anderen Gegend stammen^, und so eine Ver- allgemeinerung schwierig wird. Erst für die neuere Zeit sind Forschungen auf breiterer Grundlage gemacht worden *, Trotz- dem dürften sowohl für Vergangenheit wie Gegenwart einige Sätze allgemein als richtig anerkannt werden. Die Lage der Instleute, Deputanten und des Gesindes ist trotz des fortschreitenden Rückgangs der Naturallöhnung als eine ge- sicherte und wirtschaftlich günstige für das ganze 19. Jahr- hundert zu bezeichnen, während die Lage der Losleute nur da erfreulich genannt werden kann, wo ihnen entweder günstige Verkehrsverhältnisse zustatten kommen, oder die Nähe der grofsen Forsten auch für den Winter genügenden Arbeitslohn ' ^ ergl. Lackuer, „Darstellung der wirtschaftlichen und socialen Verhältnisse einer ostpreufsischen Landgemeinde", Insterburg ISf-^Q. 2 Vergl. Landw. Jahrbücher 1875, Seite 179. ^ Vergl. H. Schmidt „Der Angerburger Kreis", 1860. Frenzel „Beschreibung des Kreises Oletzko", 1870. * Vergl. Schriften des Vereins für Socialpolitik. Band 55. XX 3. • 9^ verspricht. Das Scharwerkerverhältnis scheint trotz einiger gegenteiligen Behauptungen keine Zukunft mehr zu haben, zu Anfang der neunziger Jahre waren im Kreise Pillkallen bereits die Hälfte der Familien ohne Scharwerker. Das stärkste Kon- tingent der Abwanderung stellen die, wie wir sahen, wirt- schaftlich günstig gestellten gutsherrlichen Instleute, und zwar sind das vielfach, wie auch von Seiten der Gutsbesitzer aner- kannt wird, gerade die besten Elemente, die bereits etwas vor sich gebracht haben. Wie es also psychologische Momente waren, die einst den unterthänigen Insten, oft zu seinem wirt- schaftlichen Nachteil, in die äufserste Peripherie des gutsherr- lichen Besitzes trieben, wie nach der Regulierung alles der Klasse der freien Tagelöhner, der Losleute, zuströmte, um im allgemeinen ein Hungerleben zu führen, so geben die modernen Verkehrsverhältnisse dem einigermafsen vermögenden Insten die Möglichkeit, den heimatlichen Kreis ganz zu verlassen, in dem ein Aufwärtssteigen auf der socialen Stufenleiter bei der mangelnden Beweglichkeit des Grundbesitzes häufig unmöglich ist. Dafs daneben auch andere Momente, die hohen Löhne in der Industrie, die Zerstreuungen in den Städten die Ab- wanderung befördert haben, wird kaum geleugnet werden. In der neuesten Zeit haben manche Gründe dazu beigetragen, die Abwanderung abzuschwächen, vor allem der Rückgang und die Arbeitseinstellungen in der Industrie, sodann aber auch die Erfahrung, dafs viele verhältnismäfsig wohlhabende Familien trotz der hohen Löhne gänzlich verarmt aus dem Westen zurückgekehrt sind. Trotzdem ist die Verwendung russisch-polnischer Saisonarbeiter und damit die Gefahr einer Entnationalisierung Ostpreufsens in bedenklichem Wachsen be- griffen. Weit erfreulicher ist das Bild, welches die Entwicklung der bäuerlichen Verhältnisse während der letzten zwei Jahrzehnte gewährt. Darf auch hier nicht ohne weiteres verallgemeinert werden, zumal namentlich die ärmeren Striche Masurens noch immer einen, dem Trünke ergebenen, rückständigen Bauern- stand aufweisen, so darf die Darstellung der bäuerlichen Ver- hältnisse des Pillkaller Kreises, wie sie Landrat Schnaubert 1894 entworfen hat, doch für den gröfseren Teil Ostpreufsens als zutreffend erachtet werden. Fortschritte in rationeller Felderwirtschaft und Maschinen Verwendung lassen sich allgemein beobachten, der Gebrauch künstlicher Düngemittel greift weiter um sich, und auch die Dränierung des Landes beginnt in Angriff genommen zu werden. Ackerbauschulen und Wander- lehrer unterstützen den kulturweckenden Einflufs des Grofs- grundbesitzes. Die Anzahl der bäuerlichen Besitzungen hat namentlich durch die Thätigkeit der Generalkommission eine Erhöhung erfahren. Wenn wir nun mit der allgemeinen Be- trachtung bei der Gegenwart angelangt sind und noch einmal 94 . XX 3. zur speciellen Untersuchung zurückkehren und die gegen- wärtigen Besitzverhältnisse in den betrachteten Dörfern mit dem bäuerlichen Besitz vergleichen, wie er dort vor der Regulierung vorhanden war, so werden die Ergebnisse der allgemeinen Betrachtung durchaus bestätigt. Wir sahen, wie in der Grafschaft Steinort bereits 1830 der gröfsere Teil der bäuerlichen Besitzer infolge der Regulierung und der Kriegs- devastationen verschwunden war, die Reste wurden im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunders durch die Grafen ausgekauft. Von den v. Farenheidschen Dörfern mögen zunächst die im deutsch-littauischen Komplex gelegenen betrachtet werden. Allgemein zeigt sich eine Abnahme des bäuerlichen Besitzes, oft eine recht starke, so z. B. bei den Dörfern Grofs- und Klein- Sobrost. Die Entwicklung ist fast stets in der Richtung erfolgt, dafs ein oder zwei Besitzer den gröfseren Teil des Landes in ihre Hand bekommen und damit den specifisch bäuer- lichen Charakter verloren haben. Neben ihnen erhielten sich nur wenige mittlere Bauern, dafür aber eine gröfsere Anzahl Kleinbauern, Eigenkätner und Losleute, so in Gr. Sobrost und Klein-Szabienen. Nur selten ist, wie in Grofs-Szabienen, eine Vergröfserung des bäuerlichen Besitzes eingetreten. Einige Dörfer, wie Rossossen, Kowarren, Grutteln und Medunischken sind durch Auskauf oder durch Translocierung der Bauern ganz verschwunden. Fast jeder dieser Entwicklungstypen findet sich unter den Dörfern des rein deutschen Komplexes, wie Witten- berg, Bockellen, Christoffsdorf und Lönckendorf zeigen, wieder. Aber hier sind auch Beispiele einer durchaus günstigen Bodenverteilung vorhanden. So findet sich in den Dörfern Schneiderin, Schönrade, Starnowen eine social denkbar günstige Stufenleiter. Neben einem nicht allzu grofsen Besitzer finden wir eine beträchtliche Anzahl mittlerer, und eine geringere Anzahl kleiner Bauern, Eigenkätner und Kossäten. Trotzdem mufs für die Gesamtheit der Dörfer in allen Kom- plexen ein bedenklicher Mangel an mittleren bäuerlichen Be- sitzungen festgestellt werden, und erscheint eine unausgesetzte Wirksamkeit in der Schaffung derartiger Stellen sowohl aus wirtschaftlichen, socialen wie nationalen Gründen dringend geboten. II II XX 3. 95 Anlage 1. Dörfer des deutsch-littauischen Komplexes. Gr.-Sobrost, Kl.-Szabienen Gr.-Szabieneii, vor der Regulierung 3P/2 kullmische Kl.-Sobrost, vor der Regulierung oder Stibircken, vor der Regulierung vor der Regulierung 6V2 kullmische Hufen = 536 ha 15 kullmische Hufen 16% kullmische Hufen = 111 ha grofs, davon hatten 16 Bauern je = 265 ha grofs, da- von hatten 9 Bauern Hufen = 283 ha grofs, davon hatten grofs, davon hatten 12 Kossäten je IV2 Hufen. je IV2 Hufen. 6 Bauern je IV2 Hufen. Va Hufe. 1901 sind vorhanden 1901 sind vorhanden 1901 sind vorhanden •227,87 ha. 121,92 ha. 1901 sind vorhanden 250,94 ha. 124,64 ha. Davon hat Davon hat Davon hat Davon hat ha ha ha ha 1 Besitzer 55,3 1 Besitzer 37,08 1 Besitzer 91,63 1 Besitzer 25,21 1 49,03 1 26,48 1 60,27 1 24,97 1 37,31 1 15,32 1 38,5 1 18,14 1 14,7 1 13,66 1 30,75 1 11,59 1 12,77 1 13,31 1 18,19 1 6.86 1 11,17 1 13,15 1 3,68 1 6,41 1 7,92 1 2,03 1 2,56 1 6,20 1 7,14 1 0,89 1 2,52 1 4,33 1 6,15 1 1,48 1 3,67 1 4,36 1 1,24 1 8,62 1 3,61 1 0,12 1 3,11 1 2,15 1 2,61 1 2,11 1 2,33 1 1,67 1 2,21 1 1,52 1 1,73 1 1,47 1 1,65 1 1,22 1 1,21 1 1,15 1 0,91 1 0,79 1 0.60 1 0,58 1 0,57 1 0,60 1 0,47 1 0,34 1 0,30 1 0,29 1 0,18 1 0,16 1 0,14 1 0,08 33 Besitzer 227,87 8 Besitzer 121,92 11 Besitzer 250,94 16 Besitzer 124,64 96 XX 3. Dörfer des deutsch-littauischen Komplexes. fisszergallen, vor der Regulierung 25^/6 kuUmische Hufen = 439 ha grofs, davon hatten 12 Bauern je 2 Hufen. 1901 sind vorhanden 89,96 ha. Davon hat Kermaschienen, vor der Regulierung 48^/2 kuUmische Hufen = 825 ha grofs, davon hatten 14 Bauern je 1 Hufe 5 Morgen. 1901 sind vorhanden 273,9 ha. Davon hat Sauskojen, vor der Regulierung 19 Hufen 29 Morgen kullmisch = 339 ha,' davon hatten 12 Bauern je IV2 Hufen. 1901 sind vorhanden in Alt- und Neu-Sauskojen 285,25 ha. Davon hat Besitzer ha 47,68 22,75 8,67 6,28 3,48 0,42 0,42 0,26 Besitzer Schule Genossenschaft ha 54,06 45,67 33 24,8 18,01 11,54 11,25 10,87 9,95 9,64 9,23 6,67 5,36 5,28 2,58 2,4 1,4 1,2 1,02 0,82 0,72 0,58 0,46 0,44 0,41 0,33 0,30 0,24 0,21 0,16 0,06 0,04 0,02 3,77 1,41 Besitzer Schule ha 35 23 22 20 13 12,5 12,5 11,5 11,5 9 8,5 8 7,5 7,5 7,5 6,5 6,5 5,5 5,5 5 4,5 4,5 4,5 4 3 2 2 2 2 ,5 0,5 0,5 0,25 4 8 Besitzer 89,96 33 Besitzer, 1 Schule, 1 Genossenschaft 273,90 38 Besitzer und 1 Schule 285,25 XX 3. 97 Dörfer des deutsch-littaurschen Komplexes. Skirlackeii, Jodschin, Die Dörfer Kowar- Bei den Dörfern Gr.- vor der Regulierung umfafste vor der Re- ren, Rossossen, 3Ie- Beynuhneii, Thalaa 29'/3 kullmische gulierung 6 bäuer- dunischken, Örut- Kl. Ulmen ist wegen Hufen = 499 ha liche Besitzungen teln, im ganzen Verschiebungen mit grofs, davon hatten 16 Bauern je IV2 Hufen. von je IV2 kull- mischen Hufen = 153 ha. 84'/2 kullmische Hufen = 1428 ha den umliegenden Ortsbezirken ein mit 45 bäuerlichen Vergleich der Zeit 1901 sind vorhanden 1901 sind vorhanden Besitzungen sind vor der Regulierung 386,61 ha. 129,32 ha. ganz zu Gutsland mit der Gegenwart Davon hat Davon hat geworden sehr schwierig ha ha 1 Besitzer 65,41 1 Besitzer 52 1 24,9 1 48 1 21,65 1 15 - 1 20,37 1 6 1 - 17,87 1 6 1 - 17,74 1 2,32 1 - 16,22 1 - 15,73 1 - 14,81 1 - 14,61 1 - 13,81 1 12,38 1 9,62 1 8,29 ' 1 8,63 1 8,08 1 7,82 1 7,78 1 7,81 1 6,88 1 6,87 1 6,51 1 5,89 1 - 5,15 4,36 1 4,54 1 4,11 1 3,88 1 3,77 1 3,69 1 3,67 1 3,23 \ 1 2,61 1 2,6 1 1,89 1 0,98 1 0,88 1 0,85 1 - 0,68 39 Besitzer 386,61 6 Besitzer 129,32 Forschungen XX 3. — Böhme. 98 XX 3. Dörfer des rein deutschen Komplexes. Schönrade, vor der Regulierung 16%o kulimische Hufen = 277 ha grofs. Die Zahl der Bauern war nicht festzustellen. 1901 sind vorhanden 183,9 ha. Davon hat Gr.- u. KL-Dwillin, vor der Regulierung 132/6 kuUmische Hufen = 228 ha grofs, davon hatten 9 Bauern je 1 Hufe. 1901 sind vorhanden 27,44 ha. Davon hat Friedrichsfelde, vor der Regulierung 8^/3 kullmische Hufen = 147 ha grofs, davon hatten 6 Bauern je 1 Hufe. 1901 sind vorhanden 3 ha. Davon hat Potawern, vor der Regulierung I2V5 kullmische Hufen = 208 ha grofs. Die Zahl der Bauern war 6. 1901 sind vorhanden 83 ha. Davon hat Besitzer ha 32,9 19,5 16,69 16,68 15,34 15,2 11 10,97 10,67 9,66 8,88 8,79 4,16 1 0,91 0,72 0,55 0,28 1 Besitzer 1 - 2 Besitzer Alles übrige ist Gutsland geworden. ha 26,16 1,28 27,44 1 Besitzer 1 - 2 Besitzer Alles übrige ist Gutsland geworden. 18 Besitzer 1183,9 ha 2,5 0,5 3 1 Besitzer Alles übrige ist Gutsland geworden. Die Dörfer Bockellen und Witten- berg, im gan- zen 38 kull- mische Hufen = 646 ha mit 18 Bauern sind zu Guts- land gewor- den. ha 83 XX 3. 99 Dörfer des rein deutschen Komplexes. Christoflfsdorf, Lönkendorf, Starnowen, Schneiderin, vor der Regulierung vor der Regulierung vor der Regulierung vor der Regulierung 20V'5 kulimische 14 kulimische I8V5 kulimische 2IV2 kulimische Hufen = 343 ha Hufen = 238 ha Hufen = 309 ha Hufen = 366 ha grofs, davon hatten grofs, davon hatten grofs, davon hatten grofs, davon hatten 13 Bauern je 7 Bauern je 1 Hufe 11 Bauern je 10 Bauern je IV2 Hufen. 8 Morgen. IV2 Hufen. P/e Hufen, 2 Bauern IVB Hufen. 1901 sind vorhanden 1901 sind vorhanden 1901 sind vorhanden 2,6 ha. 175,3 ha. 265,19 ha. 1901 sind vorhanden 330,5 ha. Davon hat Davon hat Davon hat Davon hat ha ha ha ha 1 Besitzer 0,58 1 Besitzer 145,43 1 Besitzer 54,98 1 Besitzer 56 1 0,58 1 15,22 1 28,3 1 34 1 0,51 1 8,94 1 23,9 4 30 1 0,51 1 2,78 1 17,77 1 28 1 0,32 1 0,95 1 15,81 1 27 1 0,10 1 0,55 1 15,26 1 22,5 1 0,52 1 14,85 1 20 Alles übrige Land ist vom GuteKl.-Gnie angekauft. 1 0,49 0,42 1 12,95 11,47 11,41 11,22 9,25 1 17 17 11 10 10 1 9,03 1 8 1 8,14 1 7,5 1 7,65 1 7 1 7,14 1 6,5 6,06 1 4 3,75 3,5 2,25 2 2 0,75 0,25 0,25 0,25 6 Besitzer 1 2,6 9 Besitzer 175,3 17 Besitzer 265,19 26 Besitzer 330,5 7* Anlage II. Ertrag der Launickschen Güter, 1709 gefertigt. Die Hochgräflich Launickschen Güter bestehen in 145 Hüben 21 Morgen alfs 15 Hüben Launickisch Hoffeld. Hieselbst wird in die gröfste Felder ausgesäet: 5 Last — Scheffel Korn | 1 '. ^1 '. Hafer f Königsbergsch Maafs. — - 10 - Erbsen | 15 Hüben 15 Morgen Gautecken. Davon auch ein guth Theil Waldt ist; in hiesige ebenfalfs gröfste Felder ward ausgesäet: — Last 10 Scheffel Weytzen \ 2 - — - Korn 1 — - 25 - Gerst > auch Königsbergsch Maafs. 2 - — - Haber — - 7 - Erbsen ' 41 Hüben sind Waldt. 21 Hüben 6 Morgen hat Ulm und Klein-Launicken, unter den Hlmsche Hüben ist auch ein guth Theil Waldt. Bey diesen beiden Vorwerge wird aufsgesäet: — Last 15 Scheffel Weytzen 2-15 - Korn 3-10 - Haber — - 30 - Gerst und — - 10 - Erbsen. 28 Hüben hat dafs Dorf Efsergallen; davon jetzo 20 Hüben mit 12 Schar- wergspaure nach hiesiger Arth besetzet sind. Zinfsen von jeder Hube: 4 Mk. Zinfs, 1 Mk. 30 Schilling Gesindlohn, 3 Schilling Büttelgeld, 1 Scheffel Gerst, 3 Scheffel Haber, 20 Pfund Flax, 20 Pfund Hampf, 2 Hünner und auch einige Eyer. 25 Hüben Dorff Grutteln. Davon 16 Hüben mit 8 Scharwergspaure besetzt; welche gleich dem Efsergaller Paure wie obgedacht zinfsen. XX 3. 101 An Viehe ist in hiesige Hoffen und Vorwergen. Im Hoffe Launicken: 2 Pferde, 3 Kühe, 18 junge Stärckchen 2- und Sjährig, 1 junger Boll, 12 alte Gänse, 5 alte Enten, 4 Hünner. Im Vorwerge Gautecken: 12 Arbeitspferde, 8 Zochoxen, 16 Kühe, 1 Boll, 2 junge Oxen, 4 Schweine, 3 Ziegen, 7 Hünner, 1 Hahn. Im Vorwerge Ulm: 10 Arbeitspferde, 6 Zochoxen, 18 St. junge Oxen, 15 St. Ziegen, jung und alt, 14 Schweine, 10 Gänse, 13 Hünner, 1 Hahn. Im Vorwerg Friedrichfeld, olim Klein-Ijaunicken: 10 Arbeitspferde, 6 Zochochsen, 24 Kühe, 1 Boll, 10 Kälber im Ite Jahr, 10 Schweine, 10 Schaafe, 9 Enten, 10 Hünner, 1 Hahn. Noch ist bey Launicken eine Schäfferey. Dieselbe bestehet jetzo in: 15 alte I o u- 20 junge f S^hopse, 114 alte I c u ^f„ 25 junge } ^^^^^^ 174 Stück Schaafvieh ohne noch 126 - Lämmer vom 1707*« Jahr. Weiter sind bei hiesige Güter auch zwey Krüge, nämblich einer in Launicken und einer in Efsergallen, selbige schenken dafs Jahr hindurch zusammen etwa 70 Tonnen Bier aufs. Die Fischerei auf den beiden Seechen Efsergallen und Grutteln bringt wenig ein, weil selbige, sonder- lich der letzte gar klein sind, und haben selbige im vergangenen Winter etwa 15 Gulden gebracht. Ist also der ungefährliche Ertragh der Hochgräflich Launicksche Güter aufs Höchste dieser: 83 Gulden 10 gr. von 25 Seh. Aufssaath Weytzen, davon 1 Korn zur Saat, und 2 Korn zur Nutzung ä 50 gr. der Seh., 83 Gulden 10 gr. zum Übertrag. 102 XX 3. 83 1110 362 550 81 480 138 30 54 54 36 4 Guldön 10 gr. Übertrag. — - von 9 Last 15 Seh. Aussaat Korn, davon 1 Korn zur Saath und 2 Korn zur Nutzung gerechnet, wiewohl hieselbst dafs Korn nicht dafs 3te Korn trägt, ä 30 gr. der Scheffel, 15 - von 2 Last 25 Seh. Aufssaath Gerst, davon 1 Korn zur Saath und 3 Korn zur Nutzung ä 25 gr. den Scheffel, — - von 9 Last 10 Seh. Aufssaath Haber, davon 1 Korn zur Saat und 2 Korn zur Nutzung. Wiewohl der Haber ebenfalls nicht alle Zeit auf hiesige Äcker das 3te Korn bringet ä 15 gr. den Scheffel, — - von 27 Seh. Aufssaath Erbsen, davon 1 Korn zur Saath und 3 Korn zur Nutzung ä 30 gr. der Scheffel, — - von 40 Kühe Pacht ä 12 Gulden , Ian Zinfs und Pflug- getreyde von 36 be- / setzten Scharwerks- huben in Efszer- gallen undGrutteln. 266 139 6 - oder 199 Mk. 16 gr. Gelttzins — - von 36 Seh. Gerst ä '25 gr. — - von 1 Last 48 Seh. Haber ä 15 gr. — - von 18 Stück Flax k 3 Gulden — - von 18 Stück Hanpf ä 2 Gulden 24 - von 72 Stück Hünner ä 2 gr. Der Bierschank kann nicht gerechnet werden, weil das Getreyde alles zu Gelde gesehlagen ist. 15 Gulden hat die Fischerei gebracht; und ob selbige künftig hin gleich etwafs mehr bringen könnte, würde die Anschaffung eines Wintergarns doch auch ein Vieles kosten. 20 - oder400Mk.könntenaufs allerhöchstevon20000Mauer- steine, wenn selbige der Ziegler jährlich brennen würde, gerechnet werden, 6 - könnte die Nutzung der Schäfferei aufs höchste ge- rechnet werden, weil jetzo bey selbige wie voraus schon berichtet vorhanden : 35 St. alte und junge Schöpse, 139 - alte und junge Schaafe 174 St. Von jedes ä 24 gr. Pacht oder Nutzung durch die Bank gerechnet. 11 450 Gulden — gr. 90 1 20 1 1 3 26 9 4 1 2 6 6 2 2 20 20 3384 Gulden 21 gr. des gantzen Ertrages. Folget der Abgangh und die Unkosten von vorher spezifizierten Ertragh Kontribution Gelttlohn 1 Seh. Weytzen 20 - Korn 2 - Gerst 2 - Haber — - 3 - Erbsen 20 - 4 Tonnen Bier — - ein gemästet Schwein — - 2 Viertel Rindfleisch 10 - 2/8 Saltz 10 - V2 Stück Talg — - 2 St. Flax 20 - Vs Putter — - 3 Schock Käse 15-1 Schöpsen Der Verwalters jährliches Lohn und Gehalt. 627 Gulden 25 gr. zum Übertrag. XX 3. 103 627 29 3 4 20 1 1 1 S 2 6 1 40 13 120 7 4 9 2 30 15 30 9 26 12 28 8 20 2 1 1 2 1 1 4 10 1 Gulden 25 gr. Übertrag. Gulden 10 gr. Gelttlohn 2 paar Schuh 159 4 8 — - 1 paar Stiefel — - 20 Scheffel Korn 20 - 2 - Gerst 15 - 3 - Haber 15 - IV2 - Erbsen — - 1 Schwein aus der Mast - 1 Märtzschaaf 20 - 1 Tonne Bier 10 - 2/8 Saltz 15 - 15 - 15 - 20 15 15 15 10 10 20 24 6 VI2 22V2 221/2 5 20 22 18 10 25 15 15 5 20 10 12 18 Des Kämniers jährliches Lohn und Gehalt. oder 60 Mk. Gelttlohn. 3 Hoffleuthe zu Friedrichs feld, Gautecken und Ulm ä 20 Mk. jeder 9 paar Schuh 2 Last Korn 9 Seh. Gerst 9 - Haber 9 - Erbsen Gedachte 3 Hoff- leuthe zur Aufsspei- ( sung, jedem auf sich, sein Weib, 1 Knecht, 1 Magd und 1 jungen. 3 Hoffknechte zusammen. 2 Gärtner zu Launicken. »/8 Saltz 6 Stoppelschwein 30 Seh. Haber selbe zu Mästen Geltlohn Weifszeugh Gelttlohn \ . n^tt^A^A 4 St. Flax 1 ^ Höffniagde. 4 Hoffjungens mit Kleider, Schuh und Weifszeug. Gelttlohn 20 Seh. Korn 3 - Gerst 3 - Haber IV2- Erbsen 1 Seite Speck 1 Schmeer 1 Schock Käse 2 Stof Putter 12 - Saltz Gelttlohn 10 Seh. Korn l'/2 - Gerst IV2 - Haber ^U - Erbsen 1/2 Seite Speck V2 Schmeer 1 Stof Putter und '4 Schock Käse G - Saltz. Gehalt und Deputat von 4 Gärtnern zu Gautecken 2 zu Friedrichsfeld und 2 zu Ulm Gelttlohn 1 8 Seh. Korn 1 - Gerst 1 - Haber V2 - Erbsen 1 ,..« u- * V2 Seite Speck ^^' ^^''^ V2 Schmeer V2 Schock Käse 1 Stof Putter 6 - Saltz Der Hirt zu Launicken. zu Gautecken. 1290 Gulden 2V2 gr. zum Übertrag. 104 XX 3. 1290 Gulden 2V2 gr. Übertrag. 271/2 - Gehalt und Gelttlohn des Hirt zu Friedrichsfelde. — - Gehalt und Gelttlohn des Hirt zu Um. — - Gelttlohn 19 17 13 19 2 1 1 1 3 4 40 8 1 1 2 1 1 2 6 4 40 10 10 16 4 4 2 1 1 5 9 26 14 2 3 1 15 21 19 19 10 10 71/2 22V2 15 10 10 18 20 20 20 25 15 18 20 28 25 15 10 20 18 25 15 20 20 10 6 20 15 15 15 19V 31/4 31/4 1 Seh Seh Korn Gerst Haber 2V2 M. Erbsen I i ist des Schäffers jetziges Gehalt. Kostet der Ziegler wegen Streichens und Brennens 20 000 Ziegel ohne die Anschaffung Holtzes und Lohnes. Den zwey Kerln, so dem Ziegler zu Hülfe gehalten wer- den. 2/8 Saltz 1/2 Tonne Bier ein Stoppelschwein Geltt 8 Seh. Korn IV2 - Gerst 11/2 - Haber IV2 - Erbsen 1 Seit Speck 1 Schmeer 4 Stof Putter 4 Schock Käse Vs Saltz 1 Tonne Bier Gelttlohn 8 Seh. Korn 1 - Gerst 1 - Haber 1 - Erbsen 6 Stof Saltz 1 Schock Käse 1/4 Seit Speck und V4 Schmeer Zu Anschaffung Eysens und Unterhaltung der Wagen, Egden und anderen Zeuges in die Hoffe dafs Jahr über. Gelttlohn 10 Seh. Korn 1 - Gerst 1 - Haber 1 - Erbsen 1 Seit Speck */2 Schmeer 6 Stof Saltz 16 Seh. Korn 1 - Gerst 1 - Haber 1 - Erbsen Vs Saltz 1 Stoppelschweinchen Geltt I 2 Seh. Korn •2 - Gerst 2 - Haber | 1 Tonne Saltz zur Schäfferei. Wird jährlich an Dezem von der Gnädigen Herr- schaft gezahlet. ist des Waldhütters Gehalt dafs jähr über. s zur Speisung 1 Magd und eines jungens im Hoffe Launicken. bekombt der Scharfrichter jährlich. Lohn 14 Seh. Korn 3 - Gerst 7 - Haber IV2 - Erbsen Ist des Brauers jährliches Lohn und gehalt. 1617 Gulden 12 gr. zum Übertrag. 5 — - 1 Stoppelschwein 2 — . 1 Schaaf — - 24 - 2 Stof Putter 2 - 3 Schock Käse 1 24 - 18 Stof Saltz 6 - 20 - 1 Tonne Bier 1 - 15 - V2 Stück Flax 1 — . 1/4 Fisch 3 — . 2 paar Schuh 2 12 - 6 Ellen Haufstuch XX 3. 105 1617 Gulden 12 gr. Übertrag. Ist des Brauers jährliches Lohn und gehalt. 1643 Gulden 17 gr. insgesambt an Unkosten. 3384 Gulden 21 gr. ist der Ertragh und 1643 - 17 - sind die Unkosten so abgehen. 1741 Gulden 4 gr. bleibt die Nutzung, Contrakt für den Schaarwerksbauer Oottfried Hörn in Schneiderin vom 1. April 1788. § 1. Es übernimmt Gottfried Hörn ein Schaarwerkserbe von Ein und Einer halben Hube Land mit dem herrschaftlichen Inventario, so ihm solches übergeben und hinten im Contrakt aufgeführet ist auf drey nacheinanderfolgende Jahr, nehmlich vom l^en April 1788 bis dahin 1791 und zahlet dafür an jährliche Abgaben: a) An jährlichem Zins 24 Gulden — gr. — /\^ b) Flachsgeld 4 - _-_- c) Gänsegeld 1 - — - — - d) Allodials Zins — - 22 - 9 - e) Sekretarien Gehalt — - 9 - — - Summa aller jährlichen Abgaben 30 Gulden 1 gr. 9 /ij Schreibe dreyfsig Gulden IV2 gr., welche er jedes Jahr ohnerinnert zwischen Michaeli und Martini an den Hoff ohne den geringsten Rück- stand bezahlen mufe. Den Generalhubenschofs, Kirchendezem , Calende und was sonsten die Abgaben der Kirchen und Schulen anbetrifft muik er besonders ohne die geringste Weigrung thun, auch leistet Gottfried Hörn noch über dem alle allgemein -landesherrliche Abgaben, alle Graudenzsche Vestungsabgaben und sie mögen sonsten Nahmen haben wie sie wollen ohne die geringste Ausrede. § 2. An scharwerk gehet Hörn vom Iten April bis zum Iten Oktober jedes Jahres wöchentlich 2 Tage mit Hand und Spanndiensten oder wozu er bestellet wird täglich mit zwey Personen bey seinem eigenen Efsen und Trinken und wenn noch keine Weide im Frühjahr bey seinem Futter ohnentgeltlich und stellet sich mit Sonnenaufgang ein und arbeitet bis Sonnenuntergang treu und fieifsig ohnunterbrochen nachdem ihm Mittags Zeit zum Efsen und Weidung des Angespanns nach Proportion der Länge und Kürze der Tage gegeben wird, auch schicket selbiger gute Arbeiter und Angespann und vorzüglich gute Egden bey welchen die gehörige Zahl von Zinken und selbige gehörig durchgeschlagen und zum Glattegden tauglich sind und auch gute Wagen zum Mistfahren und mufs selbiger nicht denken das Schaarwerk nur obenhin zu verrichten, sondern sich hierbey treu und fleifsig und gehorsam zu verhalten, gegen seine Herrschaft oder etwaige Aufseher nicht halsstarrig betragen, sonsten er sehr hard bestrafet werden soll und als ein Aufwiegler betrachtet werden. § 3. Im Winter gehet er monatlich einen Tag mit Hand und Spann- diensten und wie im Sommer bey seinem eigenen Efsen und Trinken ohnentgeldlich. n **. 106 XX 3. § 4. Aufser seinem Schaarwerk ist selbiger noch schuldig alle Jahr eine Reise nach Königsberg oder zwei nach Wehlau zu thun und 15 Scheffel Winter oder 20 Sommergetreide zu fahren auch alle Jahr zu Ostern oder Pfingsten 30 Stück Eyer in den Hof zu liefern wie auch 1 Gulden vor 3 Stück Capaunen. § 5. Und da dies Jahr Eigentumsherrschaft die bisherigen Holz- fuhren der Schneiderinschen Bauern aufhob , als ist Gottfried Hörn vor diese Holzfuhren schuldig 1 Reise nach Königsberg mit 15 Scheffel Winter- oder 20 Seh. Sommergetreide und eine Reise nach Wehlau mit ebenso- viel oder vor die eine Reise nach Wehlau mit noch einem zusammen zu spannen und nach Königsberg zu fahren. Doch stehet der Gutsherr- schaft frey sich diese beyden Reisen zu Hause mit Scharwerk abgehen oder sich mit 6 Gulden bezahlen zu lassen. § 6. Seine Gebäude ist Hörn schuldig in Dach und Fach und baulichem Zustand zu erhalten und alle Jahr einen Baumgang neu decken und das übrige Dach zu verstopfen und zwar den Baumgang zu 20 Fufs gerechnet, die Zäune alle in gutem Stande zu erhalten, wozu er das nötige Zaun-, Bau- und Brückenholz aus herrschaftlichen Wäldern ohn- entgeldlich bekommt, doch mufs er alles Stück vor Stück nachweisen und sich nicht gelüfsten lassen auch nur ein Stück aus dem Walde zu hauen und sich gegen den Waldhüter nicht brutal betragen. § 7. Auch ist Gottfried Hörn schuldig alle Hoff und Burgdienste aufser seinem gewöhnlichen Scharwerk zu verrichten als Dämmen, Brücken, Steinbrücken, Bauholzfuhren und sie mögen sonsten Nahmen haben wie sie wollen und dies ohne Weigrung. § 8. Da das ganze Dorf schuldig ein Achtel Holz dem Herrn Richter nach Allenburg zu fahren, so mufs Hörn das Seinige sobald das Dorfgericht befiehlt verrichten. § 9. Wenn etwa bey dem Hörn Hochzeiten, Kindtaufen oder son- stige Begebenheiten vorfallen mufs er kein fremdes Getränke haben oder selbst brauen bei 5 Th. Strafe für jeden Stof, wovon die Hälfte, der es angiebt bekommen soll, sondern mufs selbiger entweder aus dem Hofe oder dem Schneiderinschen Kruge nehmen. § 10. Wenn dereinst Hörn abziehet mufs selbiger nicht das geringste Stroh oder Heu aus dem Dorfe oder vom Erbe wegbringen, damit dem Erbe nicht der Dünger entzogen und geschwächt werde bei 4 Th. Strafe pro Schock Stroh und 2 Th. pro Zentner Heu. § 11. Schliefslich entsagen beyde interessierende Teile aller in diesem Kontrakt zu machenden Einwendungen der Arglist, Betruges anders verabredeter als verschriebener Sache, Verlezzung über und unter der Hälfte und sie mögen sonsten Nahmen haben wie sie wollen und verspricht Gottfried Hörn Treue, Fleifs und Gehorsam sowohl gegen die Gutsherrschaft als den Schnitzen und Dorfgericht, sich mit aller Be- scheidenheit zu betragen und sich so zu führen und auf die Erhaltung des herrschaftlichen Inventario zu sehen. Zu dem Ende ist dem Hörn dieser Kontrakt samt dem angehängten Inventario deutlich vorgelesen in Gegenwart des Dorfgerichts und hat sich dieser eigenhändig unter- zeichnet. So geschehen Gräfl. Mauen, den 1. April 1788. Rehberg. Amtmann. An Inventarien hat Gottfried Hörn erhalten: An Aussaat: An Weytzen 6 Seh. Korn 12 - Gerste 4 - Erbsen 2 - Bohnen 1 - Haber 18 - XX 3. 107 An Schweine, Schaafe und Federvieh. 4 Stück Schweine \ 4 - Schaafe I alles in gutem Stande 5 alte Gänse, worunter 1 Ganter > 4 Stück Hühner und «nd ohne Taxe. 1 Hahn ' An Pferden: 1 Wallach 8 Th. 1 -Sjähriger Hengst 7 - 1 braune Stute 8 - 1 3jährige Stute 7 - 30 Th. An Vieh: 1 Ochse 9 Th. 1 dito 8 - 1 gute Kuh 6 - 23 Th. An Acker und Wirtschaftsgerät. 1) ein guter grofser Wagen, 2) ein Holzschlitten, 3) 2 Egden mit eisernen Zinken und Haaken in gutem Stande, 4) Eine Zoche mit allem Zubehör, •5) Ein Spaten, 6) Eine Mistforke, 7) Eine Heugabel, 8) Eine Holzaxt, 9) Eine ganz neue Sense, 10) Eine Hexellade mit Mefser u. Ring, 11) Zwei paar Siehlen mit beschlagenen Bracken. Pierer'eche HofbucLdruckerei Stephan Geibel & Co. in Altenburg. n Verlag" von Duncker «fc Humblot in Leipzig-. Geschichte der ostpreufsischen Stände und Steuern von 1688 bis 1704. Von Robert Bergmann. (Staats- und socialwissenschaftliche Forschungen XIX. 1.) 1901. Preis 5 M. Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte des ^ Herzogtums Pommern von 1478 bis 1625. Von Martin Spahn. (Staats- und socialwissenschaftliche Forschungen XIV. 1.) 1896. Preis 4 M. 60 Pf. I Die Bauern-Befreiung und der Ursprung der Landarbeiter in den älteren Teilen PreusNens. Von Georg Friedrieh Knapp. Zwei Teile. 1887. Preis 16 M. I. Überblick der Entwicklung. II. Die Regulierung der gutsherrlich-b.äuerlichen Verhältnisse von 1706 bis 1857 nach den Akten. Die 1 Landarbeiter in Knechtschaft und Freiheit. Vier Vorträge. Von Georg" Friedrich Knapp. 1891. Preis 2 M. Inhalt: Der Ursprung der Sklaverei in den Kolonien. — Die bäuerliche Leib- eigenschaft im Osten. — Die Erbunterthänigkeit und die kapitalistische Wirt- schaft. — Die Landarbeiter bei der Stein-Hardenbergischen Gesetzgebung. — Anmerkungen. Pierer'sche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & Co. in Altenburg. ' ] PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSmr OF TORONTO LIBRARY HC Böhme, Karl August 287 Gutsherrilich-bauerliche P9B6 Verhaltnisse in Ostpreussen