er — AR, * —* ß > BO SE ar EN WV Released from Library \uiiı Brquest of Kenueth K. Harkenzie Ortober 1934 n - j — — — — Hamburgifches . agazin, oder geſammlete Schriften, | um Unterridt und Bergnügen, aus der Nnn forſchung und den angenehmen — — des feßenten & Bandes aſtes Stik. Mit Königl. Bohn, und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Frepheit. | ‚Hambutg, bey Georg Ehrift. Grund, und in Leipzig bey Adam Heinr. Holle, 1751, = r >: ..5 7 af — — —— I, Gm > 7 — I. Johann Auguft Unzers, der Arzney Doctors, Anmerkungen uͤber die Phoftkaliſche Lehre von der zuſammengeſetzten Bewegung. N. $, Is ' ste Lehre von der zufammengefesten IR Bewegung hat in der Naturwiſſen⸗ N ſchaft einen fo weitläuftigen Mugen, daß es niemanden hberflüßig fcheinen fann, wenn man ſich bemüher, die» felbe zu verbeffern, und alle Unrich— tigkeiten ſorgfaͤltig aus dem Wege zu raͤumen, wenn fid) ja einige darinn finden follten. Sie fiheinee mir in einer gewiſſen Kleinigkeit 2% Berbefferung nötig a zu 03 4 Unzers Anmerkungen, zu haben, und dieſes hat mich zudem Entfehluffe ge» bracht, gegenwärtigen Auffas auszuarbeiten. Wenn ich bevenfe, wie lange diefe Lehre ſchon unangefoch- ten geblieben, wie oft fie gelehrt und geprüft worden, ohne dag man darinn einen Fehler hätte entdecken ſol⸗ fen, und wie leicht es endlich fey, Daß ich irren Fön: ne; fo getraue ich mir nicht, von dem, was ich ſa⸗ gen werde, etwas mehr zu behaupten, ‘als daß es ein Zweifel fey, der vielleicht nicht ganz unwuͤrdig feyn wird, beantwortet zu werden. Begehe ich auf meie ner Seite einen Irrthum, fo wird es mir lieb feyn, wenn er öffentlich gezeigt wird, da ich ihn Öffentlich als eine Wahrheit behaupte, und nicht im Stande bin, ihn felbft zu widerlegen.“ Irre ich nicht; fo wird fi) Eein Lehrer der zufammengefeßten Bewegung be« leidige finden, wenn er eine Fleine Aenderung vorneh⸗ men muß, die fo wenig zu fagen hat, Daß fein Irr⸗ thum in dem Bilde feines Charafters nur als ein Eleiner Sommerfleck angefehen werden kann. Gleich. wie aber auch die Fleinfte Unrichtigfeit, befünders in der Maturlehre erheblich werden fann, wenn man daraus auf die Erfcheinungen in der Natur ei⸗ nen Schluß macht, fo Farin es doch nicht unänge: nehm feyn, wenn einige Blätter Daran gewendet wer⸗ den, um fie zu verbeffern. Ich muß, ehe ich zu meinem eigentlichen Zwecke fommen kann, einige Wahrheiten hier zum Voraus fegen, auf welchen die Aenderung beruhet, die ic) in der Lehre von der zus fammengefegten Bewegung für nöthig halte, Hier⸗ mit will ich fogleich den Anfang maden. $. 2. Wenn ein Körper von mehr als einer Kraft bewege wird, fo ſchließen diefelben entweder "einen Winkel von der zufammengefeßten Bewegung. 5 Winkel ein, oder nicht. Im erſten Falle entſteht eine zuſammengeſetzte Bewegung. Wenn einis ge Kraͤfte zugleich in einen Koͤrper wirken, ohne doch einen Winfel einzuſchließen; fo muͤſſen fie ent⸗ weder nad) einerley;, oder nach. enfgegengefeßten Dis rectionen in denfelben wirken. Wenn zwo Kräfte nach einerley Directionen in einen Körper zugleich wirfen; fo fönnen fie beyde als eine einzige-angefehen werden, und die Bervegung fo daher entfteht, ift kei⸗ ne sufammengefeßte Bewegung. Doch wird hier⸗ durch nicht geleugner, daß jede: Bewegung eines Körpers als eine zufammengefeßte angeſehen werden £önne, in fofern man ſich vorftelle, als ob er von eis nigen Kräften, Die einen Winfeleinfchliegen, zugleich qetrieben würde. Wenn zwo Kräfte nach. entge gengeſetzten Richtungen in einen Korper. wirfen, fo. find fie fi) entweder gleich, oder ungleich. Sjm legten Falle ift es eben fo gut, «ls ob. der Körper von einer Kraft, die dem Unterſchiede beider gleich ift, nach der Direction der größern Kraft fortgetrieben würde, und feine Bewegung ift alfo auch Feine zufammenge« feste, Im erften Falle hindern ſich die Kräfte gänz« lih. Ks hindert nämlich eine bewegende Rraft Die andere, wenn fie verurfacht, daß eine gewiſſe Bewegung, die die andere hervorgebracht haben würde, wo fie nicht wäre gehindert worden, nicht entſtehe. Dieſes aefchieht entweder auf die Weife, daß ftatt der gehinderten Bewegung gar Feine andere entfteht, und denn hindern ſich die Kräfte ganz lic), da man denn fagt, daß fie einander aufbe ben: oder es wird ftatt der verhinderten Bewegung eine andere hervorgebracht, und man fagt alsdenn, dl. A 3 daß Be 6 Unzers Anmerkungen, daß ſich die Kraͤfte zum Theil hindern. Glei⸗ che und entgegengeſetzte Kraͤfte wirken in einem Koͤr⸗ per einen Widerſpruch aller Bewegungen, und bez ben ſich alfo einander auf. Es kann alfo auch aus ihnen Feine zufammengefegte Bewegung entftehen, Solchergeſtalt werden wir zufeben müflen, auf wel⸗ che Weife diejenigen Kräfte fich hindern, die einen Winkel einfchließen, damit uns die Natur einer zus fammengefegten Bewegung Elärer einzufehen feyn möge. Iſt mein Einwurf wider einen Hauptſatz der Sehre von der zufammengefegten Bewegung ein Irrthum; fo muß der Fehler im Schließen nothwen⸗ dig in denenjenigen Säßen verborgen liegen, die ic) nun vortragen will. Wem er nicht leichter zu ent« decken ift, als mir, der wird alfo jeßt befonders auf: merkfam auf die Schritte feyn müffen, Die ich thun werde, 8, 3. Wenn eine bewegende Kraft die andere nur zum Theil hindert; fo entfteht eine Bewegung, die von derjenigen, welche die gehinderte Kraft allein würde hervorgebracht haben, verſchieden ift. ©. 2. Alle Unterfcheidungsmerfmaale einer Bewegung find die Direction und Gefchivindigfeit, Wenn fich alfo Kräfte zum Theil hindern; fo muß eine Bewegung entfteben, die mit derjenigen, welche von einer Kraft allein wäre hervorgebracht worden, weder einerley Direction, oder einerley Gefchreindigfeit, noch beydes zugleich, hat. Keine Kraft Fann die andere hindern, ohne in fie zu wirken. Keine Wirfung außereinan: der befindlicher Kräfte ift ohne Gegenmwirfung. Jede Gegenwirfung einer gehinderten Kraft ift eine Hin- derniß der wirfenden oder hindernden Kraft, Folge —* li ’ , . ms vonder zufarnmengefeßten Bewegung. 7 fich werden allemal beyde Kräfte gehindert, ſobald die eine durch Die andere gehindert wird. Wenn fich alſo zwo Kräfte zum Theil hindern; fo entftehe eine Bervegung des leidenden Körpers, welche weder mit der Bewegung der einen, noch der andern Kraft, wenn fie allein wirfen follten, einerley Direction oder Geſchwindigkeit hat. Je mehr die Direction eines Körpers, der von Kräften, die fich zum Theil hindern, getrieben wird, von den Directionen einer jeden Dies fer Kräfte, wenn fie allein wirfen follten, abweicht, und je verfchiedener Die Gefchwindigfeit deſſelben von der Geſchwindigkeit einer jeden Diefer Kräfte vor fich betrachtet, befunden wird, defto mehr müffen fich alfo die Kräfte einander hindern. Je weiter alfo der Endpunfe der Directionslinie der Bewegung, die von gehinderten Kräften entfieht, „von den Endpunk⸗ ten. der Directionslinien jeder gehinderten Kraft abs ſteht, je langfamer oder je geſchwinder die erftere Bewegung ift, als die Bewegungen der legtern feyn würden, wenn fie fich felbft gelajien wirkten, defto mehr hindern fich die Kräfte, $ 4. Alle Kräfte, die einen Winkel einfchließen, hindern fich zum Theil einander wechfelsweife. Denn da fie nach verfchiedenen Richtungen wirken ; fo bringe jede, allein genommen eine andere Bewegung her⸗ vor, als die andere, Wie ift es alfo wohl anders möglich,. als daß, wenn fie zugleich wirfen, eine dritte Bewegung entftehen muß, Die von den andern verfchieden ift. So bald diefee aber fich zuträge, wird die Bewegung zum Theil gehindert .2. Diefe Hinderniß der bewegenden Kräfte iſt deſto größer, je naher fie ihrer gänzlichen Aufhebung kommt, und : 44 defto g Unzers Anmerkungen, defto Fleiner, je näher ſich die Kräfte vereinigen, Die gänzliche Aufhebung der Kräfte entfteht, wenn fie nach gerade entgegengefegten Richtungen ineinander wirken $. 2. und diefem Falle fomme am naͤchſten, wenn fie unter einem ftumpfen Winfel zufammen- ftoßen, da fie hingegen ihrer Vereinigung defto nä* ber kommen, je fpißer der Winkel ift, nach welchem fie einen Körper in Bewegung feßen. Es fey (Fig. L) . C der Körper, welcher von zwoen Kräften zugleich bemweget werden fol. So lange diefelben nad) den entgegengefegten Richtungen AC und BC in ihn wir: fen, werden fie fich einander entweder aufheben, oder es wird doc), wenn fie auch ungleich wären, feine zufammengefegte Bewegung erfolgen $. 2, Die bey: den Kräfte BC und FC aber wirken unter dem Win: kel BCF inden Körper C, und verhindern fich alfo zum Theil, indem fie dem Körper C eine fremde Bewe— gung mittheilen. Eben viefes gilt von den beyden Kräften BC und EC, welche den Winfel BCE ein« ſchließen. Wer fieht aber nicht, daß Lie Kräfte BC und FC einander weit ftärfer hindern müffen, als BC und EC, da jene unter dem ftumpfen Winfel BCF, diefe hingegen unter dem fpigen Winfel BCE in» einander wirfen. Es wächft alfo die Hinderniß der Rröfte, wie die Grade der Winkel zuneb- - men, unter welchen fie ineinander wirken, Man theile ven Bogen BEDFA, mie gewöhnlich, in 180 gleiche Theile, fo wird hierdurch allen möglichen Ar- ten, wie Kräfte einander verhindern können, das Ziel gefeßt. Sie werden fich gar nicht hindern, wenn fie alle nach der Direction BC oder AC in den Körper G wirken. Sobald aber die Kräfte nur einen Grad von⸗ von der zuſammengeſetzten Bewegung. 9 voneinander abftehen; fo erfolge fehon eine ob wohl - geringe Hinderniß. Diefe wächft, wie die Grade der Winkel zunehmen. ie ift zur Hälfte gefommen, wenn der Winfel BCD, den die Kräfte einfchließen, ein vechter Winfel ift, und fie ift endlich aufs höchfte geftiegen, wenn der Winfel 179° hat, S. 5. Wenn der Körper (Fig. IL) H von zwoen Kräften, die einen Winfel einfchliegen, AH und CH. bewegt wird, fo Fann feine Bewegung weder nach der Direction der Kraft AH, noch aud) nad) der Richtung der Kraft CH erfolgen $. 2. 3. und er wird alfo weder die Linie HE,noch auch die Linie HF durchlau« fen. Wenn wir nun annehmen, daß der Endpunfeder Directionslinie der Kraft AH in E,der andern CH aber, in F anzutreffen fen: fo wird der Endpunfeder Dire— ctionslinie des Körpers H defto weiter von den Punkten E und F abftehen, je mehr fich die beyden. Kräfte verhindern. Da diefes nun in allen Fällen gilt, $. 3. fo ift Elar, daß der Endpunfe der Dire— ctionslinie des Körpers H alfemal defto weiter von den Endpunften der Directionskinien der vereinigten Kräfte abftehen müffe, je ftumpfer der Winkel ift, unter welchem fie ineinander wirken, und daß er ih— nen deſto näher feyn müffe, je fpiger fie zufammen- - laufen. Hieraus läßt fih alfo die Directionslinie 4 jedes Körpers überhaupt beſtimmen, der von mehrer ten Kräften zugleich getrieben wird: denn weil vor aus geſetzt wird, daß den Körper H in feiner Bewe— gung nichts hindere, fo wird er diefelbe von H nach _ dem Endpunfte feiner Direction in einer geraden fi: nie fortfegen, Gleichwie man aud) durch die Linien HE und HF die Öefchrwindigfeiten der Bewegungen | 45 son 10 Unzers Anmerkungen, von AH und CH ausdrücen kann, indem dieſelben defto arößer find, je größer der Raum ift, den diefe Linien durchlaufen; fo ift zugleich Elar, daß die Linie, welche die zufammengefegte Bewegung ausdrückt, deſto länger feyn muͤſſe, je fpiser und deſto Fürzer, je ftumpfer der Winkel ift, den die Kräfte einfchliegen. 9.3. Diefer $. Fann zur Erläuterung desjenigen dienen, was ich bisher gefagt habe. Ich werde nun⸗ mehro aus dieſen allgemeinen Säßen Die Lehre von der zufammengefeßten Bewegung in befondern Fällen beſtimmen, und damit ich deren feinen verfehle; fo will ich fie in folgender Drönung abhandeln. Kine zufammengefegte Bewegung entfteht entweder aus zwoen, oder aus mehreren Kräften, die einen Wins kel einfchliegen; und Ddiefe find einander entweder ‚gleich, oder ungleih. Wir werden alfo zu unterfus chen haben, was es mit derjenigen, die 1) von zwo⸗ en gleichen, 2) von zwoen ungleichen, 3) von mehres ven gleichen und 4) von mehreren ungleichen Kräften herruͤhret, für eine Befchaffenheit habe. Ich werde hierbey jedesmal zeigen, worinn meine Meynung von der bisherigen verfchieden fey. | $. 6. Wenn (Fig. 1.) zwo aleiche Kräfte eine zufammengefeßte Bewegung verurfachen,, fo hindern fie einander um defto mehr, in den ihnen allein eige⸗ ‚nen Bewegungen, je ftumpfer der Winkel ift, unfer welchem fie in einander wirken. F. 4. Siehindern fi) weniger unter einem ſpitzen Winfel, und zur Hälfte, wenn fie einen Winfel von gco einfchließen. $. 4, Laſſet ung diefen legten Fall zuerit naher unter⸗ ſuchen. Die beyden Kräfte AH und CH, welche den rechten Winfel AHC einfließen, follen jede ae haben, von der sufammengefeßten Bewegung. n haben. Die Kraft AH foll den Körper H nach der Direction AE, durd) die Linie HE, die Kraft CH aber nad) der Direction CF durch die finie HF= HE, treiben, Wenn beyde Kräfte zugleich wirken, und fich alfo wechfelsweife zur Hälfte verhindern; fo behält die Kraft CH fo wohl, als AH, 20 Grade, welche 40° Kraft als eine einzige angefehen werden fönnen, die den Körper H,nac) der Direction Bl in einer geraden Linie forttreibt, den rechten Winkel - AHC, und weil der Winfel AHC=EHF, aud) den Winkel EHF in zween gleiche Theile tbeilet. Der Endpunft I der Directionslinie der zufammengefeg- ten Bewegung des Körpers H muß alfo ein Punkt ſeyn, der von den Punften E und F ebenfalls gleich weit entfernet ift. $. 3. Laſſet uns fehen, wie diefer Punkt beftimme werden fünne Der Körper H gehet mit einer Kraft —=40° nach der Direckion der Linie BIdurch. Die Kräfte AH und CH würden den Körper mit eben diefer Kraft durch die Linie HE oder - HF, welche einander gieich find, fortgetrieben has ben, und es muß alfo, diefer Bedingung zu Folge, ber Körper A durch eine Linie bewegt werden, wel—⸗ che den Linien HE und E——iſt. Wenn man aus dem Punkte Heinen Zirfelbogen EIF befchreibt, wo- von die Linien HIE und HF Radii find, fo wird da« duech derjenige Punkt der finie HI abgefchnitten, der der Endpunkt feiner Directionslinie ift, und es brauche nicht ermiefen zu werden, daß diefer Punkt I von E und F gleich weit entfernet fey. $. 7. Nach der eingeführten Erflärung der zus fanmengefegten Bewegung müßte der Körper H die Diagonallinie HIG des Quadrats HEFG, woven % Die ya, Unzers Anmerkungen, | die Geſchwindigkeiten der beyden Kräfte AH und CH die Eeiten find, gänzlich durchlaufen, und nicht eher als in dem Punkte G ruhen. Ich halte diefes für ungegruͤndet, fo lange dasjenige feine Nichtigkeit zu haben fcheint, was ich eben ausgeführer habe. $. 6: Außerdem wird dieſe Mennung ſchon dadurch auch verdächtig gemacht, daß die Diagonallinie, welche die Gefchwindigfeit der zufammengefegten Bewegung ausdruͤckt, größer ift, als die Geſchwindigkeiten der Kräfte, die den rechten Winfel einfchließen, da doch die Kraft, welche in gegenmwärtigem Falle übrig bleibe, nicht größer ift, als die Kraft, womit eine von beyden Kräften allein genommen, den Körper H würde forfgetricben haben. jedermann fteht ein, taß bierbey alles darauf anfomme, ob die Derech- nung der Kraft, welche der zufammengefegten Ber wegung übrig bleibe, ihre Richtigkeit habe, und das muß aus dem aten Go beurtheilet werden, "& 8 Wenn zwo gleiche Kräfte ( Fig. IIL) AC und BC unter einem fpißen Winfel, z. E. von 45° ineinander wirfen; fo verhindern fie fich nur um den vierten Theil, $. 4. Geſetzt alfo.die Kraft einer jeden wäre — 16°, fo würde der Körper C mit einer Kraft = 24 nach der Direction CL fartbervegt wer⸗ den. Kine Kraft von 16° treibt den Körper C durch eine Linie, welhe — CE oder ECG. Wenn man dieſe Linie CE um die Hälfte verlängert in x, fo drücke fie die Größe oder Gefchwindigfeit der Be— wegung einer Kraft aus, von 24°. Man nehme diefe tinie Cx zum Nadio, und befchreibe damit aus C den Bogen xL, fo beftimme er den Punkt L, bis. dahin Die Bervegung des Körpers C, wenn er unfer j einem vonder zuſammengeſetzten Bewegung. 13 einem Winkel von 45° von zwoen gleichen Kräften, die 16° haben, forfgetrieben wird, feine Bewegung fortfeger. Nach der gebräuchlichen Meynung würde ‘es der Punfe Ffeyn. Setzt man, daß eben dieſe Kräfte AC und DC: unter einem ftumpfen Winfel von 135 ° ineinander wirfen, fo bleibe ihnen nur der vierte Theil ihrer Kraft übrig. Der Körper Cmuß fi alfo mit einer Geſchwindigkeit = 8 nach der Di: rection CI fortbewegen. Diefe wird durch tie Halfte der Linien CE oder CK ausgedrückt, Wenn man alfo diefe zum Radio nimmt, und damit aus C den Bogen uMo befchreibt, fo wird der Punft M abge» ſchnitten, wo die Bewegung aufhöret, da es nad) der andern Meynung der Punke 1 feyn würde, &9 Wennungleihe Kräfte in einander wirken; fo verhindern fie ſich auf eben die Art, als es gleiche Kräfte zu thun pflegen, nachdem der Winfel, wel: hen fie einfchließen, entweder groß oder Flein ift. Es werde der Körper (Fig, IV.) C unter einen Winkel von 90° von zwoen Kräften getrieben, deren eine AC== 20, die andere BC aber — 10 iſt; fo werden fie ſich beyde zur Hälfte verhindern $. 4, und es bleiben alfo der Kraft AC noch 10, der andern BG aber noch 3 Grade übrig. Er bewegt fi alfo mie 15° Kraft, nach der Direction CG, welches ich hier als ausges macht zum Voraus fegen fann. Kine Kraft von 10° würde ihn durch die Linie CF bewegt haben, Man verlängere alſo dieſe Linie CF um die Hälfte, und befchreibe damit aus C einen Bogen o G x, fo . wird Ddiefer drey Theile der Linie CD und zugleich den Punkt G abfehneiden, wo die Bewegung aufhören | | mug, N Ds 1 14 Ungers Anmerkungen, muß, weiche nad) der andern Mennung bis, zu dem Punfte E fortdauren müßte Es ift nicht noͤthig, daß ich zeige, wie auch in andern Ballen, wenn zwo ungleiche Kräfte unter einem fpigen oder ſtum⸗ pfen Winkel ineinander wirken, der Endpunft der Bewegung nach meiner Meynung von demjenigen verfchieden fen, den man gemeiniglid annimmt, Meine Meynung ift hiermit ſchon hinfänglich erklärt, und ehe fie die Prüfung ausgehalten hat, braucht fie nicht ausgeführt zu werden, | $. 10. Wenn mehr als zwo Kräfte zugleich in einem Körper eine zufammengefegte Bewegung ber- vorbringen, fo kann die Wirfung zwoer allemal als eine angefehen ‚ und die dritte, als die zweyte Kraft angenommen werden, Diefes verändert alfo in meiner Meynung ganz und gar nichts; fondern fie wird vielmehr dadurch) nur weiter ausgeführt und ere läutert, welches zu thun aber jego mein Vorſatz niche iſt. $. ır. Der ganze Streit würde am beiten entſchie⸗ den werden fönnen, wenn man die Erfahrung zu Hülfe nahme, ch babe noch) nicht Gelegenheit ges habt, vergleichen genaue Berfuche anzuftellen, als. erfodert werden würde, wenn man ben Punft, wo die Bewegung aufhört, beftimmen fol. Doc würde es bey einer Billardtafel wohl am beften ger ſchehen Fünnen, da man zwo gleich ſchwere Kugeln gegen eine dritte erſt unter einem rechten Winkel mit gleicher Rraft anlaufen ließe, wenn vorher abs gezeichnet worden wäre, wie weit eine, jede dieſer Kugeln vonder zuſammengeſetzten Bewegung. 13 Kugeln die dritte allein zu treiben vermögend ſey, und denn das Parallelogrammum mit der Diagonallinie gezogen worden ware, Damit man aber die Gewalt der Kugeln immer einerley ba= ben Fönnte, fo koͤnnte man ihnen Diefelbe durch ihre eigene Schwere mitteilen, indem man fie aus gleichen Höhen von fihiefliegenden rechtwink— licht zufammengefegten Flächen gegen vie dritte Kugel anlaufen laffen müfte. Hernach koͤnnte man auch mit Kugeln verfchiedener Maflen die andern Berfuche anftellen, Wenn die ganze Sache der Unterfuhung werth ift, fo wird einen, dem an der Mahrheit etwas liegt, ein fo ſpielender Verſuch nicht gereuen Fonnen, | §. 12, Die Naturlehrer, welche von der zu⸗ fammengejegten Bewegung gefchrieben, haben nicht unterlaffen, ihre Mennung mit Beweiſen zu vers fehen, woraus allerdings zu folgen fcheint, Daß der Endpunft der Bewegung, zugleid) derjenige Endpunft der ganzen Diagonallinie fey, ven fie angeben... Eben diefe Beweiſe haben mir. zuerft die Sache verdächtig gemacht, Sie fiheinen ing- gefamme mehr der Einbildungskraft, als dem Verſtande zu ftaften zu Eommen, Weil ich mid) hiermit felbft den Maturforfchern zum Tadel dara ftelle, fo will ich Feinen Tadler zugleich abgeben. Zugleich muß ich noch überhaupt erinnern, Daß ih vollfommen einfehe, wie wenig ich gefunden habe, wenn ich auch in der That Necht haben ſollte. Man brauche mir alfo nicht zu fagen, daß ich durch Kleinigkeiten berühmt zu werben zedächte, daR 16 Vom Gebrauche, die Todten daß ih Mücken fäugefe und Zeit und Raum misbraudhte. Denn da’ich dieſe ganze Anmer- fung ohne DBorfaß fie zu finden, gemacht habe; fo bin ich wegen des Zeitverluſtes ſchadlos; und da dieſer Aufſatz fo kurz ift, fo werden meine fer fer weder ihre Zeit noch Diefen Fleinen Raum, den fie einnimmt, zu bedauren Gaben. Man bat wohl größern Irrthuͤmern Folianten gewidmet; warum ſollte dieſer nicht einen Bogen verdienen, da ich zumal noch gewiß glaube, daß ic) feinen Irrthum begangen habe, CKERTERTERERT FUTURE TER EUER II. Abhandlung, wider die ſchaͤdliche Gewohnheit, die Todten in den Kirchen zu begraben. ie koͤnigliche Geſellſchaft laͤſſet es bey der Un⸗ terſuchung der natuͤrlichen Geſchichte dieſer Provinz, welche zwar ihr vornehmſter Vorwurf ift, nicht bewenden; fondern erftrecfet ihr Augenmerk nody auf alles, was ihren Einwohnern vortheilhaft fcheinet, und ergreift alle Gelegenheit eifrigft, ihren Eifer, welchen fie für das gemeine Beſte heget, zu entdecfen, Was ich jetzo wider den unrechrinäßigen Gebrauch in die Kirchen zu beerdigen fagen will, ift von Diefer Art. in den Kirchen zu bearabar. 17 Art. Viele traurige Benfpiele * der in den Gruͤf— ten der Kirchen, bey der Beerdigung plöglich erftick- ten Derfonen, haben mich ſchon laͤngſtens dieſe Mas terie abzuhandeln angereizetz Allein der fchlechte Fort— gang, ic) will es nur frey geſtehen, welchen ich zu erwarten, indem ich eine Gewohnheit, welche faſt einen allgemeinen Beyfall erhalten, abzuſchaffen Willens, bat mic) bisher diefen Entwurf zu bewirken | verhindert, J Ich ſchaͤtze mich gluͤcklich, daß ich, da ich eine Sache, welche das gemeine Beſte angehet, abhandele, vor dem vortrefflichen Praͤſidenten der Staaten dieſer Provinz, welcher ſo faͤhig die Wich⸗ tigkeit meiner Gründe zu erwägen, und deſſen vaͤter⸗ lich und prieſterliches Herz, die Mittel, den boͤſen Folgen, vor welche ich zu warnen noͤthig finde, vorz zubauen, an die Hand zu geben vermögend, Den rzten Auguft 1744 gegen 6 Uhr des Abends, begrub man den Heren Wilheim Bouͤdou, Einvoh- ner diefer Stadt, und eraminirten Chirurgus, in ei⸗ nes von den allgemeinen Begraͤbniſſen der. Pfarrkir— chen * Es hi nd beynahe 20 Jahr, daß jemand in einem ge⸗ meinen Todtengewoͤlbe, in der lieben Frauenkirche dieſer Stadt, ploͤtzlich Trarb. Viele Todtengraͤber ha⸗ ben mich ſdac dag in unterſchiedenen Kirchen Fich chen diefes zugetragen, und daß viele Leute, in⸗ dem ſie in die Gruͤfte gegangen, oder da man dieſel⸗ ben eröffnet, Frank worden. Sch babe von glaubeng: Fr wuͤrdigen Todtengraͤbern le daß im andern, Staͤdten, indem die entſeelten Körper in Die gemei⸗ nen Grüfte gebracht worden, ſich eben dergleichen Zufaͤlle begeben haͤtten. —* er Doand. — ı8 Dom Gebrauche, Die Todten hen unfer lieben Frauen. Der $aftträger Peter DBalfagette, welcher niemals in diefe Kirche begraben hatte, war von dem Todtengräber der andächtigen Brüderfchaft, fein Amt zu verrichten erfucht worden. Er war kaum auf einer $eiter ganz auf den Grund bes Gewölbes geftiegen, als man wahrnahm, daß er Convulfiones befam, und einen Augenblick hernäd) ſahe man ihn ausgeftrecft , und ohne Bewegung, Hierauf erboth fih ein Mitglied der bußfertigen Brüderfchaft mit Namen Joſeph Sarrau, ohnge— fahr 18 Jahr alt, ein Sohn des Herrn Sarrau, eras minirter Chirurgus dieſer Stadt, diefen Elenden wieder heraus zu ziehen, Er hatte vorher die weife Vorſicht gebraucht, fic) unten am Ende feines Sacks, und an feinem Gürtel, welchen er einem andern feie ner Mitbrüder gab, haften zu laſſen. Diefe Vors ficht rettete ihm das $eben, denn Faum hatte er des gaftträgers Kleid ergriffen, fo verlohr er den Athem. Man fahe ihn die Hände in die Höhe halten, und merfte, Daß er fich übel befand, alsbald zug man ihn halb tod wieder heraus. Er kam zwar bald wie der zu fich felbft, allein es blieb ihm noch eine Ark vom Schwindel und Veräubung übrig, welche ver« urfachten, daß er eme viertel Stunde darauf mit Eonpulfionen in Ohnmacht fiel, er glaubte, daß die- fer Zufall zum Theile dem Schreden, den ihm ber Tod der zwo andern Perfonen, welche nad) ihm in die Gruft geftiegen, verurſacht hatte, zuzufchreiben, Man brachte ihn nach feiner Behaufung, wo er die ganze Nacht, Ohnmachten, Zittern am ganzen Körs per, und ein Herzflopfen empfunden hat, weldyes alles durch eine Deffuung der Ader und burd) ee i erz⸗ in den Kirchen zu begraben. 19 hersftärfende Huͤlfsmittel vertrieben. Wegen der Gefahr, morinn er gewefen, und der außerordentlichen Bleiche des Gefichts, welche er 10 oder 12 Tage bes hielt, nannten ihn feine Freunde, den von dem Tode wieder Auferftandenen. Johann Molinier, ein ans derer Pönitentenbruder von eben der Brüderfchaft, hatte, von eben dem Eifer angereist, das Herz, fich in die Gefahr zu wagen: Als diefer bey dem Eins gange dieſer Höle, fo gar zu erfticken glaubte, fo gab er alsbald ein Zeichen, daß man ihm die Hand reis chen möchte, Einige Mitbrüder gaben ihm viefelbe, und er Fam fo blaß und fo verfteflt heraus, daft mar glaubte, er würde geftorben feyn,, wenn man ihn noch einen Augenblick länger darinnen gelaſſen Sein Druder Robert Molinier, welcher ftärfer und fri— ſcher, ließ fich durch diefe drey Beyſpiele gar nicht abfchrecfen, fondern glaubte die Gefahr trugen, und feinen Trieben, welche ihm die chriftliche Liebe ein= flößten, folgen zu fönnen. Allein er wurde fehr bald dariiber das Schlachtopfer, und ftarb faft eben fo bald, als er auf den Grund des Bodens geftiegen war. Endlich wurde Diefer traurige Schauplaß durch den Tod des Karl Balfagette andern Saftträ« ger, und Bruder des Peter Balfagette, weicher in der Hole geblieben war, geendiget: Seine brüder« liche tiebe Foftete ihm das Leben, denn da er in der Abſicht hinunter geftiegen war , feinen Bruder vor andern zu retten; fo bemübete er fich, des Nobert Molinier Körper, welcher darüber lag, ausdem Wer ge zu räumen, welches die Urfache war, weswegen er länger in der Höfe verblieb. Das Drüden, welches ‚er empfand, nöthigte ihn, fich fort zu machen, und Ri DB 2 heraus 20 Vom Gebrauche, Die Todten | heraus zu ſteigen. Er glaubte hierauf vermittelſt eines in Ungariſch Waſſer getauchten Schnupftuches, welches er zwiſchen die Zaͤhne nahm, ſich vor der Gefahr bewahren zu koͤnnen. Allein diefe Vorſicht “war, da er zum zweyten mal hinunter flieg i ohne Nugen, man fahe ihn bald vie Leiter taumelnd wie« der herauf fteigen, und auf der dritten Sproffe ohne einiges Zeichen des $ebens zu geben, rückwärts fallen. - Man merkte nunmehro aber ein wenig zu fpät, daß wenn man in diefe Höle fliege, fo wide man ohn⸗ fehlbar den Tod darinn finden. Der übele Geruch, welcher. heraus dunftete, machte, daß man ſich vor der Shädlichkeit des Dunftes fuͤrchtete; und der Tod diefer drey Derfonen hatte die Gemüther dergeftalt erſchrecket, daß ohngeachtet der tebhaften Vermah— nungen, welche die Priefter an die dabey fiehenden thaten, ihre Brüder zu retten, ſich niemand mehr unterſtand, ſich einem folchen Ungluͤcke auszufegen, daher man endlich, die drey todten Körper heraus zu ziehen, feine Zuflucht zu Hacken nehmen mußte Ihre Kleider ſtunken erſchrecklich, waren feucht, und mit einer grünen, gelben, und dem Roſt ähnlichen Materie bevecket *. Der Herr Hain, Dberauffeber 5 dieſer *Des Herrn Sarrau, welcher faſt den Augenblick wie⸗ der aus der Hoͤle gezogen, feine Kleider waren, nachdem ſie 14 Tage an der Luft gehaͤngt, doch mit : einem Todtengeruche angefuͤllet, und was noch das allerungewoͤhnlichſte it, fo hat. fein Körper eben Die: fen Geruch die ganze Zeit von fich gegeben, ob man ihm gleich alles, was er trug, aufangs a is und mit fans pareillen Waſſen gewaſchen. in den Kirchen zur begraben: 21 dieſer Provinz, wurde bald durch die befondern Ber dienten der Stadt, von einer ſo traurigen und er- fhrecklichen Begebenheit benachrichtiger, die genaue Einfiche diefer vornehmen obrigfeitlichen Derfon, und feine tiebe fir das gemeine Beſte, machten, daß er anfangs die Nothwendigkeit, die Eigenfchaften. diefer Ausdünftungen zu erfennen,erwägte: Er ba mich folche zu unterfuchen, welches ich auch mit allem Fleiße that, welchem das Verlangen, welches ich hatte ‚ihm zu gefallen, meinem Vaterlande nüslich zu feyn, ‚und der Föniglichen. Geſellſchaft, deren Mitglied zu fern ich die Ehre habe, ein Genuͤge zu leiften, von mir foderte, | Ich begab mich dieferwegen zu unterfchiedenen« malen, naͤmlich den 22ten Auguſt, und den sten No—⸗ vember, nach einander, in die Kirche unfer lieben Srauen. Ich glaubete, daß ich die vornehmften Vers ſuche, welche ich fchon bey dem Brunnen. Mephitis ‚im Dorfe Perols, welcher die Thiere tödter, und die Flammen auslöfchet, und wovon ich ver Gefellfchaft eine Machriche zu geben mid)‘ anheifchig gemacht, auch bier vornehmen müßte, Diefe Verfuche find folgende: Erſter Verſuch. Allezeit wenn ich die Gruft öffnen laffen, iſt ein flinfender Dunft heraus geftier gen, welcher fich in Furzem in die Weire mehr oder mes niger, nad) der verschiedenen Maͤßigung der $uft auge breitete, weil ih angemerkt, daß den 22ten Auguft, in einer Weite von 2 oder 3 Ruthen, der Geruch faſt unerträglich, daß auch.das leinen Zeug, Bindfaden, und fogar die. gläfernen Bouteillen, wenn man fie hinein gethan, lange Zeit einen Todtengeruch behiel— B3 | een, 22 DomBebrauche, die Todten ten, unfere Kleider waren ebenfalls über zwo Stun—⸗ Den mit dieſem Geruche angefüllet, an ftatt daß den oten Detober und den folgenden Sten November die- fer Geſtank, bis zur Deffnung der Gruft zunahm, eis nem verftattere *. | Zweyter Derfüch. Ich bie't die Flamme eines Stüfhen Papiers, einer Neben, und einer anges zuͤndeten Fackel in der Hand an die Deffnung diefer Gruft; und nahm wahr, daß fie alfobald auslöfchte, als wenn diefe angezündeten Körper wären ‘ins Wafe fer getaucht worden, das ift, ohne die geringfte Epur vom Feuer zurück zu laflen. Dritter Verſuch. Verſchiedene Thiere, Kagen, Hunde, Vögel, find kaum in die Gruft gehalten, fo ſchienen fie leblos zu feyn, befamen Convulſiones, wovon fie, wie man fahe, bewegt wurden, und in einer oder zwo Minuten, verlohren-fo gar die aller» ftärfften, wie die Rasen, das Leben. Die nicht fo lebhaft und zärter, wie die Bögel, ftarben in einis gen Secunden. Dierter Derfüch. Dieſe Ausdünftung war fo ſchaͤdlich, daß fie alle ihre Eigenſchaften, aud) fo gar, wenn felbige in die Bouteillen, welche ic) in die Gruft geraucht hatte, gefchöpft war, behielt, der= geftalt daß die Flamme davon ausgieng, und die Thiere davon angegriffen, mit diefem bloßen Unter- fchiede, daß die Zufälle davon nicht zu heftig, * | | ie * Diefer Geſtank veränderte fich, nachdem die Gruft mit mehr oder weniger Sorgfalt zugemacht geweſen; a dem Unzerfchiede der Zeit, daß dieſelbe offen . geblieben. j u in den Kirchen zu begraben: 23 die Wirfungen der Ausbünftung ſo geſchwind waren. Sch machte in Gegenwart des Herrn Main eben diefe Berfuche, mit einer Bouteille, welche ich mie diefem Dunfte, feit anderthalb Monaten anfüllen las⸗ fen, und aufs genauefte zuzuftopfen beforge hatte, In den drey Berfammlungen, weldye ich, die Wirs kungen dieſer Ausdünftung zuunterfuchen, angewendet, babe ich bey den jeßo erzählten Berfuchen, ven Herrn ‚Pfarrer des Kicchfpiels, und einige von feinen Bir earien, den Herrn von Sauvages, der Arzneykunſt $ehrern und den Heren Lamorier und Goulard, welches alle drey Mitglieder der Eöniglichen Sefeltfchaft, wie auch viele andere Perfonen, welche die Meubegierde dahin gebracht, zu Zeugen gehabt. Sch babe ein fehriftliches Zeugniß , welches für wohl von der medicinifchen Facaltät, als der Für niglichen Geſellſchaft gebilliger, enfroorfen, und ſolches dem Herrn Main übergeben. Hierinn habe ich bemiefen , daß die gemeinen Grüfte, vors nehmlid im Sommer, eine Art von den höchft ge führlichen Mephitis find, und daß alle Vorſicht, wel: ee man anwenden Fann, deren fhädlihe Wirkun— gen zu verhindern, unnügtich ift, und folglich eine gute Polizey, und die gemeine Wohlfahrt den Ge- brauchdavon zu verbietben, verlanget. Obgleich die Wahrheit diefes ſchriftlichen Zeugniffes auf die Er- fahrung gegründet, und folche ein jeder mit dem blog» fen Berftande einzufehen fähig; fo babe ich mir nichts deſtoweniger vorgefeßt, Diefelbe in dieſer Nachricht er: was weitlaͤuftiger zu zeigen, und zu bemweifen, daß nicht nur die gemeinen Grüfte; fondern auch alfe Ar« ten der unterivdifchen oder ausgegrabenen Oerter in B4 den 24 Dom Gebrauche, Die Todten den Kirchen, in welche.man die Todten beerdiget, ob fie gleich nicht fo gefährlich als Die gemeinen Begrab- nifie, dennoch gefährlich genug find, verbothen zu wer— den, Niemand leugnet, daß Die Luft vieles zur Ge— ſundheit und zum $eben beyträgt, Daß fie belebet, und die Theile des menſchlichen Körpers erhält, indem fie dieſelben durchdringet, es mag ſolches durch den Weg der Nahrung oder durc) Die verzehrenden Gaͤn⸗ ge der Haut gefcheben, vornehmlich aber durch das Athemholen, ohne welches man nicht länger leben kann, weil der Umlauf der Säfte, worinn das Le⸗ ben beſteht, ohne daſſelbe bald aufhoͤret. Ich unterſuche hier gar nicht die Structur, der Verrichtung der Lebensgeiſter, noch wie und durch was fuͤr Wege die Luft in die Lunge, welche das vor— nehmſte Werkzeug davon iſt, wirket; dieſe Unterſu— chung wuͤrde mich zu weit entfernen; es iſt genug feſt zu ſetzen, (welches niemand in Zweifel ziehet) daß die Luft und ihr Trieb zum Gebrauche des Athemho— lens unumgänglicy nötbig find. Daher fommts, daß die Thiere in einem Kecipienten einer ‚von Luft er fhöpften Luftpumpe, fterbenz daß man auf dem Gipfel der hoͤchſten Berge , wo vie Luft nicht fo ſehr gedrückt, dünner, und nicht ſo elaftifch ift, mit Mübe Athem fchöpfer. Es ift dieß der Grund, daß die unvorfichtigen Kaäfterer in den Rufen von dev Aus⸗ dünftung des Weins welcher gähree, erfticken, und bey feuchter Witterung das Athemholen ſchwerer, als bey frocfener ift. Es ift dieß die Urfache, daß in zahlreichen Berfammlungen, oder an den durch das Feuer, son der Flamme der Wachsferzenoder-lichter, oder in den Kirchen zu begraben. 25 - oder durch Die warmen und animalifchen Husdünftuns gen des Athemholens, erbißten Orten, man fi) gleichſam erftict glaube, und. zärtliche Perfonen in Ohnmacht fallen. Wenn in allen diefen und andern dergleichen Salen *, die Quantität der noͤthigen Luft zum Athemholen fehlet, oder ihr Trieb merklich gefchwächet, und beynahe verdorben ift ; fo kann die Bewegung der Luft nicht wie dewoͤhnlich 8 geſche⸗ hen. Der Lauf des Gebluͤts iſt gezwungen, oder aufgefangen, die Thiere verliehren das Leben, oder ſind in Gefahr ſolches einzubuͤßen. Die gemeinen Gruͤfte muͤſſen eben ſolche Wirkun— gen hervorbringen, denn außerdem, Daß es wahr: ſcheinlich iſt, daß die reine Luft, welche eigentlich zum Athemholen erforderlich, davon Durch Die Ausduͤn—⸗ ſtungen, die davon beſtaͤndig in die Höhe ſteigen, zum Theile verlohren gehet, wie ich bey der Unterſu— chung des Mephitis von Perols ſolches zu beweiſen, mich beſtreben werde; fo iſt es außerdem gewiß, Daß niche nur die Feuchtigkeit diefer Hölen *** fondern noch vornehmlich. die ſchwefllchen und animalifchen Ausduͤnſtungen, welche die todten Koͤrper, indem ſie B 5 ver⸗ In Bin Bergmerken, in einer wo die Hitze 146 Gradec. Arbuthnot. Eſſai des effets de Pair, ch. III, n. 8 * ag. 03. « Hales, Stätique des Vegeteaux experiences CK. CXIV. ** Dieſe Feuchtigkeit iſt bewieſen durch die Kleidung, die von den drey todten Koͤrpern, welche man aus der Gruft Unſer lieben Frauen Kirchen den 17 Auguſt 1744 gezogen. Sonſt iſt noch gewiß, Daß alle Uns terirdiſche Derter ausdunften. 256 Dom Gebrauche,die Todten verfaulen, verurfachen, den Trieb der Luft merflich ſchwaͤchet. Wir nehmen von dem Herrn Hales diefe legte Wahrheit, welche auf die Erfahrungen, die ex in feiner Statique des Vegeteaux public ges macht hat, gegründet ift, an. Es iſt Durch diefe Erfahrungen Elar und deutlich dargerban, daß eben die Quantität $uft einem eingefperrten Thiere, nicht hinlaͤnglich ſeyn kann, weil die Ausdünftungen, mels che niche nur aus der Lunge, fondern auch aus dem ganzen Körper in die Höhe fteigen, die Atmoſphaͤre nothwendig inficiren würden. Wenn fid) diefe zween Fehler der eingefchleffenen Luft in den gemeinen Grüften feft gefegt hat ; fo iſts gewiß, daß man fie wie gefährliche Mephitis, zu welchen man fich ohne Lebensgefahr nicht wagen kann, betrachten muß ; und man würde ſich zu vermundern Urfache haben, daß die traurigen “Begebenheiten, welche wir erzählt haben, fich nicht öfterer zugefras gen, wofern die Todtengräber nicht gewiſſe Vorſicht, wovon wir in der Folge reden werden , beobachteten, die Schädlichfeit der Ausdünftungen zu ſchwaͤchen, und der Gefahr, welche fie willen, daß fie ihnen dros bet, vorzubauen. Allein diefe Mephitis find nicht nur wegen Mangel der $uft, oder des Derluftes ih: res elaftifchen Weſens gefährlich, fondern find es noch mehr wegen der Natur der verdorbenen Aus— dünftungen, davon der außerordentliche Geftanf die Schädlichkeit deutlich zeige. Dieſe Ausdünftuns gen koͤnnen entweder unmittelbar in den Gräften fchaden, indem fie diejenigen, welche in ihrer Atmo— ſphaͤre find, erfticken, wie es Die Beyſpiele der ploͤtz⸗ lich verſtorbenen beweiſen, oder auf eine noch weit | ent⸗ in den Kirchen zu begraben. 27 - entferntere Art, indem fie fich vermifchen, und nach und nach in die benachbarte Luft ausbreiten, ſchaͤd⸗ lich feyn. Denn alsdenn kennen fie nicht nur die Luft der Kirchen, fondern auch die $uft einer ganzen Stadt inficiren, und hierdurch zu gemeinen, fchädlis chen, und fo gar anftecfenden Kranfheiten Gelegens - heit geben, welches wir anjeßo zu zeigen, unferer Ders bindlichfeit gemäß zu feyn erachten. Sch verlange die Sturmglocke nicht zu läufen, und den Gemuͤthern einen leeren Schreefen einzujagen ; aber ich halte mich als ein guter Diitbürger auch ver« bunden, von dem, was eine gerechte Furcht verurfas chen kann, nichts zu verbergen. Die Ueberzeugung, welche ich habe, daß die Luft, indem fie in unferm Körs per merflihe Wirfungen verurfacht, mie es fich in der Beränderung der Zeit und des Climatis zuträgt, wo fich ihre Drdnung verändert, muß um fo viel. mehr weit ftärfere hervorbringen, menn fie mit cas davereuſen Gängen angefülle iſt. ch fage alfo anfangs, daß die Ausdünftungen nad) ihrem durchdringenden Wefen, mitten ‚durch die Sugen der Steine, welche Die Srüfte bedecken, durchziehen, und ſich mit der $uft, welche in den Kir chen ift, vermiichen, den übeln Geruch, welchen man in den kleinen, oder in den Grüften, worinn viele bes erdiget worden, iſt ein unſtreitiger Beweis davon. Es weis auch jedermann die Wahrheit dieſer Bege— benheiten. Ich berufe mich desfalls aufs Publi- cum. Wie vielmal hat man ſich nicht beklaget, vor⸗ nehmlich bey warmer Witterung, Daß der Geruch in den Kirchen unerträglich wäre; wie viele Perfos nen geben vorzüglich in einige gemwifle Kirchen lieber ala 23 Dom Gebrauche, die Todten als in andere? Bloß aus dieſer Urſache, daß Fein übeler Geruch darin ift, und daß man gar nicht oder fehr felten darinn beerdiget. Wen ift wohl un⸗ befannt, daß zur Zeit der Beerdigung, welche in die Hoͤlen, Todtengrüfte, Graben, Gräber, oder andere unferirdifche Derter gefihehen , welche zu dieſem Ges brauche beſtimmt, fie mögen gemeine oder nur für einige heitimme feyn, fich faft beftändig, indem man fie öffnet, oder indem man die Erde aufgräber, ein Todtengeruch ausbreitet, welcher die Kirchen infici vet, und den Geruch fo fehr einnimmt, daß man ohnmächtig darson werden muß. ch befürchte gar nicht, daß man mich wegen dieſer Begebenheiten einer Unwahrheit befchuldigen wird; Sie find al» gemein, dargethan, befannt, und beweifen auf eine überzeugende Art, daß alle diefe unferirdifchen Oer— ter, wegen der Subtilität der ſchaͤdlichen Ausdüns ſtrungen, welche herauf fteigen, die Luft, welche man in den Kicchen in ſich zieher, ungefund machen, Man war von diefer Wahrheit im Jahre 1721, als die Peft die benachbarten Städte plaate, fehr überzeuget, nach- dem der felige Herr Eolbere *, deſſen Nachricht we— gen der. Klugheit feiner Verordnungen, und wegen der Richtigkeie der Lehre verehret wird, auf die Vor— ftellung , welche ihm der Gefundheitsrach wegen die— fer Sache: getban, die Anordnung machte **, daß während diefer Sandplage die Beerdigungen auf die allgemeinen Kirchhoͤfe gefchehen follten,- und verborh | ” zugleich, * Chärles Joachim Colbert Eve&que de Montpellier. ** Cette ordonance eft du 6 Septembre 1721. ”s ) \ ‚in den Kirchen zu bearaben. 29 zugleich, neue Erlaubniß, befondere Begraͤbniſſe zu errichten, zu geben. Diieß iſt es noch nicht alle, die große © Fahr dieſer Gruͤfte beſtehet darim, ‚Daß die ſub— tilen Ausduͤnſtungen, welche heraus ſteigen, ſich, nachdem ſie die Luft der Kirchen inficirt haben, auch auswendig ausbreiten, und koͤnnen die Luft einer ganzen, Stadt, was ſage ich, eines ganzen Landes in- ficiren. Die Vernunft. fcheinet diefe Muthmaßung zu befraftigen, denn wenn die außerordentliche Hitze allgemeine und gefährliche, au) fo gar anſteckende Kranfheiten verurfachen kann, mie es insgemein in den beißen $ändern, wie z. E. in Aegypten geſchie— het, warum ſollten verdorbene Ausduͤnſtungen eben ſelche Wirkungen hervorzubringen nicht vermoͤgend ſeyn? Ich babe auch nicht den geringſten Zweifel, daß die angefteefte Austünftung der Gruͤfte, indem fie fi) ausivendig ausbreiten, die Urſache nicht-follz- ten feyn koͤnnen, welche die allgemeinen Krankheiten verurfacht, oder wenigftens unterhält: und vermeh— ret: Wenn dieß nicht immer erfolgt, fo iſt es doch wenigftens möglich, und es wuͤrde verwegen fern, es gänzlich zu leugnen, ‚Wer weis, ob die Schaͤdlich— Feit der allgemeinen Fieber, welche von Zeit zu Zeit graßiren, nicht die Wirkungen Dieter ftinfenden Russ dünftungen, welche die $uft im Sommer nah und nad) verborben haben, find. ? . und vielleicht Haben diefe Ausdünftungen nicht wenig zu den Dlattern diefes Jahrs, woran fo viele geftorben, beygetragen. Es muß diefer Beariff, da er nicht ohne Wahr: ſcheinlichkeit ift, nicht zu vermegen fcheinen. Man ſiehet ganz leicht, daß diefe mit $uft vermifch- ‚ten 30 Vom Gebrauche, Die TZodten ten Ausduͤnſtungen, uns gar nicht ſchleunig angreis fen, weil fie, indem fie fih in der Armofphäre ausgebreitet, Feine merflihe Bewegung bey dem Achemfchöpfen verurfahen, und indem fie fich nach und nach durch den Magen, oder durch die Schweiß» föcher verzehrender der Haut, in unfern Körper fchleihen, wirken. Meine Abſicht iſt nicht, ihe ve Are auf unſre flüßigen und feiten Theile zu wir— fen, bier zu erflären. Es ift hinlaͤnglich zu zeigen, daß fo verdorbene Ausdünftungen koͤnnen und müffen fo gar in der Bers dauung und in der Verfertigung des Geblütes, eine faulende Bewegung erregen, wovon infonderheit, wenn diefe Ausdinftungen * durch die Winde nicht zerftreuer werden, anftecfende Krankheiten entitehen. Es wird. mir erfaubet feyn, da es ein allgemeines Unglück betrifft, deflen traurigen Folgen vorzubauen billig, mic) einer Gewohnheit, welche wegen der we— nigen Achtung vor die Afche der Berftorbenen ** nicht weniger ärgerlich, als den Lebenden, wegen der allges meinen Inficirung der Luft, fo es verurfachen kann, nachtbeilig, zu widerfegen. Wenn man die gemei- nen * Eine Atmoſphaͤre der Luft, welche von der Durch» duͤnſtung der Thiere beſchweret würde, wen fie nicht durch die Winde zerffreuet, würde bald gefahrlich, * ſo gar anſteckend werden. Arbuthnot, ibid. n. 15. ch. I. ** Die Entheiliger der Graber, oder diejeninen, melche die Gräber durchmuhlen, find bey allen Völkern ver: bafit gemwefen. Die Gräber, welche die Wohnungen der Verftorbenen find, follen heilig, und unverleglich feyu, Dictionaire de Trevoux au mot Sepulchre, in den Kirchen zu begraben. 31 nen Begräbniffe von Todten angefüllee *, fo muß man fie ledig machen, (welches man des Nachts thur,) eher oder fpäter, nach) ihrer Größe, und Vielheit der Beerdigungen, fo binein gefchehen, einige von zwey zu zwey, Oder von drey zu drey Jahren, andere faft alle Jahre. Die Mönche laflen die Gebeine der Verjtorbenen mit dem Sarge ** an einige Ders ter *** des Klofters oder der Ningmauer bringen, In einigen Pfarrficchen diefer Stadt legt man fie oben auf die Kirche zwifchen das Gewölbe und das Dad, Ich habe von einigen Tobtengrabern vernommen, dag man die gemeinen Begrabnifje Unfer Lieben Frauen: Kirche dieſer Stadt faft alle Winter raumet. Daß an flatt man fonft die Gebeine oben auf die Kirche zwifchen daS Gewölbe und das Dach brachte, man fie i60 in eine andere Gruft bringet, welche man in bie fogenannte Dagdalenenhöle ausgegraben, welches eiz ne Art einer Eapelle unter dem Chor, und + an beerdigte vor Alters, die erften Chriften in ſtei⸗ nerne Sarge : an deren ffatt nahm man hernach höl—⸗ zerne, weil diefelben nicht fo theuer, weit leichter in einem oder zwey Sahren in der Erde verfaulten, und mar andere todte Körper in eben den Grund begraben fonn= te, welches nicht möglich, wenn man fich ffeinerner Särge bediente, welche, indem fie weit dicker, einen größern Raum einnahmen, und Man hätte dieſer Schwierigkeit abzubelfen, die Kirchhöfe ſehr ermeitern, oder die Gebeine anders wohin bringen müffen, welches aber negen die Zarf- lichkeit war, melche man hegte, Die Heberbleibfel der Todten zu berühren. ”* Die Klöffer waren vor Alters und find es auch noch in vielen Drdenshäufern zur Grabſtaͤte der Mönche, welche die Geſellſchaft ausmachen, beſtimmt. 32 Vom Gebrauche, die Todten Dach, oder in andere Begraͤbniſſe, welche man bie: ſerwegen Aufbehaͤlter nennt *. Dieſe Gebeine find nicht * Den 29 October des 17 46 Jahres babe ich mich nach dieſen Begebenheiten genauer erkundigen wollen, Ich babe mich mit dem Herrn von Sauvages, Lehrern der Arzeneykunſt, nach der Pfarrkirche Unfer Lieben Frauen und der heiligen Annen begeben; wir Famen nicht oh— ne eine Urt eines Entſetzen, oben auf das Gewölbe Diefer Kirchen, welches mit Knochen und ganz auge getrockneten Fodtengerippen angefullet war: Es ift wahr, daß fie nicht Tanken, weil fie ſchon laͤngſt da= hin gebracht, und man ſich itzo nur der Behälter be: dient. Allein. ich Kann bey dieſer Sache einige fehr richtige Umftande, welche bey der heiligen Annenkir— ‚chen beobachtet werden, und weiche vie ubelen Folge— ‚rungen der gemeinen Grufte, und die Wegſchaffung der Zodtengerippe befraftigen, nicht mit Gtillfchweis .. gen vorbey geben. Wir giengen einen Werfeltag um 3 Uhr Nachmittag mit des Todtengraberd Frau in dieſe Kirche, wir empfanden anfangs einen unangeneh— men Beruch, welchen wir den Ausduͤnſtungen, welche aus den Gräbern kamen, zueigneten, weil wir wehrnehmen, daß die Steine, welche fie bedeckten, diefelben nicht: ganzlich verfchloffen , -und dag man ‚ mitten durch. die Fugen eitte Meſſerklinge ſtecken Eonnte, welches mehrals zu hinlaͤnglich iff, den klei⸗— nen förperlichen Theilchen, welche von den todten Kür: pern entiteben, den Ausgang zu verſtatten. Nachdem alſo diefe Kirche eine gewiſſe Zeit verfchloffen bleibt, wie fie diefen Tag feit Mittag gewefen war, fo muß fie nothwendig ſtinken. Da ich hierauf wiſſen wollte, 05 die Ausduͤnſtung diefer Grüfte ſtark ware, fo habe eine, welche gleich bey dem Stuhl der Herren Schatz⸗ meifter von Frankreich war, oͤffnen Taffen: Ich hielt “ein er let an ihre Definung, wel: ches alfobald auslöfchte, fo ein untrugliches a a in den Kirchen zu begraben. 33 nicht allegeit trocken ; den Vortheil, den man hat, den neuen Berftorbenen Piag zu machen, verurfache, daß man fie oft noch ganz halb verfault wegbringe, welches oft in den Kirchen, und in der Nachbarſchaft einen Geſtank macher, welcher einen großen Theil der Luft zu infisiven vermlögend, Wenn aber auch, ehe man daß die Ausduͤnſtung fchadlich. Nachdem das Wachs⸗ licht wieder angezündet , die Tiefe dieſer Gruft zu fer ben, fo entdeckten wir durch Hulfe des Lichts in ei- nem Sarge ohne Deckel, das Beficht eines Magdcheng, welches vor acht Tagen beerdinet, und deſſen Züge man noch vollfommen unterfcheiden Eonnte. Es muß dieß ohne Zweifel daher gekommen feyn, weil,indemder Todtengraͤber den Garg eben von der Gruft auf der - Ä der Porfirche bis zum Glo } | ‚welche mit einer. gelben und grunlichen Materie bes Grund fallen laffen, der Fall den Deckel abgeſprengt hatte. Nachdem wir endlich auf eitter Kleinen Treppe, welche auf die Porkirche und auf dad Gewölbe diefer Kirche führt, geſtiegen, fo wurden wir, ald wir kaum das Gebuͤhne pafiret, von einem Todtengeruche bergefialt eingenommen, dag wir uns bald brechen müffen, und der Vorſicht ungeachtet, welche wir ges braucht, die Naſe mit unferm Schnupftuche zuzubins den, bald übel befunden. Wir fahen gar bald, wo— ber diefer Geſtank Fam, denn wir wurden Stüde von Gärgen, welche auf edeg Seiten der Treppe, von enthurme, gefeßf, gemahr, deckt waren, welches nichts anders, als Die verfaulte Fettigkeit der verfaulten Körper war. Weil mar kuͤrzlich ein Gewölbe ausgeräumt , fo hatte der Tod tengraber einen Gewinnſt zu machen, die Bretter zu trocknen, fo hingeftellt. Kann man fi wohl der Uns anftandigkeit eines folchen Verfahrens, und der Ges Dar, welche daher entfteht, genugſam widerſe⸗ en ? | 7 Sand, C 34 Dom Gebrauche, die Todten man die Grüfte ousleerer, bis die todten Körper gänzlich verfault, wartete; Sollte diefer Staub, wel- her von dem verfaulten Fleifche der todten Körper auffteiget, im Wegbringen, oder auf dem Gewölbe der Kirchen oder fonft mo, nicht der Luft eine Men» ge fhädlicher und anfterfender koͤrperlichen Theilchen mittheilen ? Das Publicum ift von dem abfcheulichen Mis— brauche unterrichtet ; allein es erfennet die Folgen davon nicht genugfam ; man huffet von der Gottes⸗ furcht und von dem Eifer der Herren Pfarrer, daß fie folhem nachdrücklich abbelfen werden, Ihre Ent fernung von allem Eigennuße und ihre Religion find ung davon die ficherften Bürgen. Allein, wenn man diefen Gründen noch nicht beypflichter,, fo wird man doch der Erfahrung feinen Beyfall nicht verfagen fonnen. Es ift außer Zweifel, daß die mit animas liſchen Ausdünftungen, vornehmlich mit denen, die fchon verfault, angefüllte Luft, oft anftecfende Fie— ber verurfacht hat *. Ambrofius Pare, erfter Wund⸗ arzt von vier Koͤnigen von Sranfreich, thut einer an= ftecfenden Krankheit, welche im Jahre 1562 ganz Agenois, nebft den: umliegenden Dertern, bis auf 10 Meilen in die Runde verheeret hatte, Meldung, bey Gelegenheit eines ftinfenden und giftigen Dun» fies, welcher aus einem Brunnen, von 100 Klaftern tief, in welchen man zween Monate vorher, eine große Anzahl todter Körper geworfen, herauf ftieg. * nd *Gewiſſe Todtengraͤber haben mich verſichert, daß un— ter den Todtengerippen, welche man wegbringt, oft noch ganze und ſtinkende Koͤrper ſind. in den Kirchen zu begraben. 35 find viele Beyſpiele von fchädlichen Kranfheiten waͤh⸗ rend dem Kriege, weil man nad) der Schlacht die todten Körper zu begraben verabſaͤumet, und melche, indem fie verfault, die Luft inficire, unvermuthet entftanden. Die Gefchichte berichter ung, daß die Peſt die Armee des großen Pompejus wegen der tod— ten Pferde *, welche nicht waren beygefsharre wor« den, angegriffen. Man bat angemerkt, daß eben dergleichen anftecfende Krankheiten von vielen ver— faulten Pflanzen, Heuſchrecken **, todten Wallfis ſchen ſtehenden und verfaulten Waſſern, Cloaken, von einem Haufen Koth, Miſt, und andern garftigen und ſtinkenden Materien, entftanden. Endlich bringen die mineralifchen Aus duͤnſtungen eben die Wirkungen hervor: Man hat bemerket, daß auf die Erdbeben oft allgemeine und ſterbliche Krank: heiten gefolget find, welches von nichts als von den heftigen Bewegungen, welche in dem Innerſten der Erde von dem Öähren, oder mineralifchen Auswerfuns € 2 gen »Nachdem die Gallier Rom erobert und verwuͤſtet, belagerten fie das Kapitolium. Während diefer Bes lagerung rachete die Peft Rom an den Salliern. Eine von den am mehrften angemerkten Urfachen dieſer Seuche iſt geweſen, daß ſie, anſtatt abgeſonderte Kammern fuͤr die große Menge Todten, welche die Seuche taͤglich wegraffte, zu verfertigen, einen großen Haufen gemacht, und dieſelben aufeinander gehaͤuft, verbrennt haben, Titus Livius libr. . Da dieſe verbrennten todten Körper die Peſt verurfächt baben, was würden nicht die auf einander gebauften, und ver⸗ faulten Körper thun? | | ” Lancifius de bovilla pefte part, I. «9 . 36 Dom Gebrauche, Die Todten gen gefchehen, entftehen. Es verurfachen die Erb: beben auf ihrer Fläche Ritze, wodurch die dem menfchlis chen Körper fchädliche Ausdünftungen durchbrechen. Man erinnert ſich noch in diefer Provinz der Krank: beiten, welche an allen Orten, wo man den koͤnigli— chen Canal berleitete, graßirten, wie auch der fchäd» lichen Fieber, weldye viele Dörfer diefer Dioͤces, ins dem man den Canal der Teiche verfertigte, verheer⸗ ten. Man weis fehr wohl, daß diefe Kranfheiten den Ausdünftungen, welche bey dem Aufgraben der Erde hervor fliegen, mit Grund, zuzueignen, Es find in vielen Ländern, Die fruchtbar an Bergwer— fen, vornehmlich in Ungarn, verfchiedene Derter, wel⸗ che toͤdtliche Ausdünftungen von fich geben. Monte albo berichter in feinen Nachrichten diefes König» reiches, daß in der Graffchaft Zaly eine Deffnung der Erde, welche dergleichen Auspünftungen ausbreiter, und wenn man einen Hund oder Kage darüber hält, fie alfobald crepiren, daher man diefen Dre aud) ver- ſchloſſen hält, Mezeray führer eines von den allerer⸗ fchrecfiichften Benfpielen diefer Arc an, er erzähler, daß Anno 1348 und 1349 die heftigfte, graufamfte, und die allergemeinfte Peft, melche jemals gemefen, alte Provinzen Frankreichs verwüftet hätte. Sie hatte nach dem Zeugniffe diefes Gefchichtfchreibers zwey Jahre vorher im Königreiche Cathay ihren Ans fang genommen, von einem Dunfte eines erfchreck» lich ftinfenden Feuers, welches, indem es aus Der Erde hervor fam, mehr als 200 Derter des fandes bis auf die Bäume und Steine gänzlich aufzebrte, und die Luft dergeitale inficirte, daß man ganze Haus fen Schlangen und. andere giftige Inſecten —* —* — 9 in den Kirchen zu begraben. 37 he: die Städte, in welchen fie nicht fo grauſam wuͤthete, vetteten faum den dritten Theil ihrer Ein⸗ wohner, vielen ließ fie auch Faum den funfzehnten und zwanzigſten Theil * Die Gränzen einer Nachricht erlauben mir nicht andere Erempel anzuführen : die ic) jetzo beygebracht, find Hinlänglich Deutlich zu zei- gen, daß die mit Dünften angefüllte $uft dem Leben der Thiere fehr fhadlich, und daß nicht nur diefe Ausdünftungen Diejenigen, welche das Ungluͤck ha— ben, fid in ihrer Atmofphäre zu befinden, toͤdten; ſondern daß fie ſich auch in die benachbarte Luft aus» breiten, und Fönnen, indem fie diefelbe inficiren, fehädliche aud) fo gar anftecfende Krankheiten verura ſachen. Man wird mir vielleicht einwenden, daß es leicht, den Uebeln, welche wir ſo fuͤrchterlich machen, vor⸗ zubauen, indem man die Gruͤfte genau verſchließt, z. E indem man die Fugen mie Mörtel feſte ver- macht, weil man dadurd) die Auffteiaung der Düns fte und die Inficirung der Kirchen verhindern kann. ch antworte, daß diefe Vorſicht mehr traurig “als nüglich feyn würde; denn wenn auch nichts durch die Holen, welches doch wegen der fubtilen N Düns *Von Cathay Fam fie nach Alten und Griechenland, hernach in Deutfchland, welches fie bis zu den Außer: ſten Sranzen Norden ganzlich verbeerte. Das Gift davon war fo anſteckend, daß es auch ſo gar durch das Anſchauen tödtere. Man hat angemerkt, daß fie fünf Donate in den Landen, mo fie entifanden, ges währt. Mezeray abregé Chronologique fous le Regne de Philippe VI. Roi de France, Tom. 2. p. 107. ss Vom Gebrauche, die Todten Duͤnſte, und Schwierigkeit, die man hat, den Moͤr— tel, worauf man beſtaͤndig herum gehet, zu erhalten, duͤnſtete; fo iſts doch gewiß, Daß fie, wenn man fie öffnet, je länger und genauer fie verfchloffen ges weſen, defto gefährlicher feyn wuͤrden, weil die Aus» dünftungen, indem fie fich gefammlet, die, welche fich näheren, weit ftärfer angriffen, und in den Kits chen weit mehr ausbreiten würden, Ob man alfo gleich mie Wahrheit fagen kann, daß die Kirchen, wenn die Grüfte zugemacht, gefunder ; fo ift nicht weniger wahr, daß, indem man fie nach der Beer» Digung öffnet, Die Inficirung ftärfer feyn würde, und die Todtengraber mehr Gefahr laufen, zu erftis cken: Durch diefe Borfiche, welche nicht einmal den Namen verdient, würde man,. indem man eine Gefahr vermiede, in eine andere meit gefährlichere fallen, und fehen, daß ſich bey der Deffnung der Hoͤ⸗ len, noch weit öfters plößliche Todesfälle zutruͤgen. Allein diefe traurigen Zufälle, wird man mit ſa— gen, find leicht zu vermeiden, indem man die Grüfte einige Zeit, ehe man die Todten beerdiget, offen laͤßt. Durch diefes Mittel wird die äußere Luft, deren Theile in einer beftändigen Bewegung * find, nad) und nach die fhädlichen Ausdünftungen in die Höhe en ‚ daß man ohne einige Gefahr hinein gehen anıı, i * Die geringfte bewegende Kraft bringt die Theile der Luft in Bewegung. Manmird an dem Orte einer Kam⸗ mer, wo die Sonnenſtralen durch einige Kleine Deff: nungen hineindringen, eine beſtaͤndige Bewegung der Br welche in der Atmoſphaͤre herum fliegen, ahr. in den Kirchen zu begraben. 39 Ich gebe zu, daß diefe Borficht, mern fie gehö- tig beobachtet wird, in Anfehung der Todtengräber gut wäre; aber ich glaube auch zugleich, Daß fie ih— nen öfters unnüßlich feyn koͤnnte; außerdem bin ich noch der Meynung, daß fie auf Feine Weife der Schaͤdlichkeit der Dünfte und ihren Folgen abzuhels fen, vermögend. Es ift wahr, wenn man die Höle lange offen läßt, fo wird Feine fchadliche Luft mehr darinn bleiben, daher leicht Athem darinn zu fchöpfen, und denen, welche hinein gehen, wird Fein Zufall zus ftogen. Dieſes ift die Urjache, warum die Todten> gräber, welche ihr Handwerk verftehen, die Grüfte mit vieler Sorgfalt, ehe fie ſich hinein wagen, offen - Balten, Inzwiſchen ift gewiß, daß fie nicht Zeit ges nug, für das gänzliche Evaporiren der Dünfte ans wenden ; es find. viele Tage darzu nörhig, und fie find mit einigen S’unden zufrieden, daher noch viele Dünfte auf dem Grunde bleiben, und wenn der Tod» tengräber den Sarg bis in die Atmofphäre der Aus» - dünftungen bringt, fo feßt er ſich ſowohl, als wenn die Hole noch ganz angefüllt wäre, der Gefahr aus, das Leben zu verlieren. Derin ich meis von einem Zodtengräber *, daß der Vorficht, die Grüfte offen zu halten, ungeachtet, Diefe Hölen nad) der Beerdis gung von der Ausdünftung ſehr oft halb angefüllt ges weſen, und daß er niemals, fich vor der Gefahr in Sicherheit zu fegen, auf den Grund geftiegen, und fo geſchwind als es. ihm nur möglich, fo bald er von ‚dem Todtengeruche der Yusdünftungen ganz beflemmt, ! gr Bon und N. En Heranlt, Todtengraber Unferer Lieben Frauen: irchen. ** * 40 Vom Gebrauche, die Todten und ein Zuſammendruͤcken der Bruſt, welches ihn vor der Gefahr gewarnt, empfunden *, nieder heraus aeftiegen: daher diejenigen, welche Anfänger in Dies fer Berrichtung,, wie die Laſttraͤger, davon wir geres det haben **, welche die Grüfte Unfer Lieben Frauens ficchen nicht Fennen, dieſe Vorſicht nicht wiffen, oder fchleche in Acht nehmen werden, Und wenn fie dies felbe audy beobachten, fo ifts möglich, daß fie, da fie nicht Erfahrung genug haben, und die Grade der Schaͤdlichkeit der Ausdünftung niche Fennen, gegen Die Mitte der Grüfte, und vielleicht ehe fie noch ein« ‘ mal dahin kommen, auf einmal erfticfen, daß man alfo, wo nicht fo öfters, doch bisweilen dergleichen un⸗ glückliche Begebenheiten erleben wird, Allein gefegt, daß man die Hölen gänzlich reinigen wollte, welches Doch nicht anders möglich, als wenn fie lange Zeit offen geftanden, welches aber niche gebräuchlich, wird man dadurch der Inficirung der Kirchen abhelfen ? Man muß im Gegentheile zugeben, daß die Infici— rung, je langer die Grüfte offen geblieben, und jemehr - Die ° Das Seftandniß dieſes Todtengraberg iſt um fo weni⸗ ger verdachtig, weil er niemals in eine Gruft, welche ich in Unfer Lieben Srauenfirchen öffnen laſſen, nach den oben angeführren Erfahrungen, ob Ddiefelben gleich langer als eine Stunde offen waren, geben ‚wollen. ”* Den 17 Auguft 1744 öffnete man die Gruft kurz vor der Beerdigung des Herrn Boudou, denn man wußfe noch nicht, in welche Gruft der Kirchen fie gefcheben ſollte, daher die Ausduͤnſtung, indem noch nicht fo- gar in Theilchen evaporirt war, noch alle ihre Kraͤfte ee und den ſchleunigen Tod diefer Perfonen ver: sirjachte. + in den Kirchen zu begraben 41 die Ausdünftungen heraus gekommen, defto heftiger feyn wird; Auf diefe Art wird man in Wahrheit, dem plößlichen Abfterben gewiſſer Privarperfonen zwar vorbauen, aber zugleich allgemeine Krankheiten, als nothwendige Folgerungen der inficirten Luft verurfa= hen: dahero die Folge zu ziehen, daß alle Vorſicht, welche man in Anfehung der gemeinen Grüfte , neh» men fann, ohne Nußen, und daß der zuträglichfte und ficherfte Entſchluß ift, fie auszufüllen, Das gemeine Wohl verlanget ebenfalls, daß man "alle Arten von Graben, Gräbern, Grüften, unter: irdifchen Hölen, und alle andere dergleichen in den Kirchen ausgegrabene; und zur Beerdigung beftimmte Derter, abſchaffet. Vergeblich wird man einwen— den, daß fie, weil man fehr felten hinein begräbf, und folglich dafelbft wenige todte Körper befindlich, ganz und gar nicht gefährlich. Denn außerdem, da Das -Gegentheil zu den Yahreszeiten, da anftecfende Seuchen, aanze Familien gefchwinde hinraffen, ſich bisweilen zuträgt; fo Fann man, nad den fehon an- ‚geführten Gründen, noch mit Gewißheit behaupten, daß diefe unterirdifche Derter, welche in der Kirche in großer Anzahl find, wie die gemeinen Grüfte, ſchaͤdliche und inficirte Förperliche Theilchen , welche Die Luft der Kirchen und immer weiter, die $uft der angraͤnzenden Gegend verdirbet, ausdünften. Es ift außerdem gewiß, Daß ein einziger todter Körper in den Kirchen bisweilen eine fehr gefährliche Infieirung verurfachen Fann: Man weis, daß vie Perfonen, welche an einer fchlimmen Krankheit ge ftorben, bald hernach braun und blau werden, daß fie einen fo erfchrecklichen Geftanf in den Häufern 5 aus; 22 Vom Gebrauche, die Todten ausbreiten, daß man der Gewohnheit fie dafelbft 24 Stunden auszufegen, ungeachtet, man oft die Ber erdigung zu befchleunigen gezwungen ift, und diejenie gen, welche die Särge bey dem Leichenbegaͤngniſſe tragen, alle Augenblicfean ftarf viechende Sachen zu viechen nötbig haben, um den faft unerträglichen Ge» ftanf der todeen Körper auszuhalten vermögend zu feyn: Kann man nach alle diefem noch einigen Zwei⸗ fel hegen, Daß die todten Körper, nachdem fie indie Gruft einer Kirche gefegt worden, nicht ebenfalls in« ficiren follten, und wird das Publicum bey einer Ges fahr, welche eine jede Privatperfon zu vermeiden ſucht, durch die Finger fehen? Die ‘Benfpiele von ſolchen Zufällen find gemeiner, als man nicht denket: Man bat diefes Jahr empfunden, daß die Kiez wegen der fodten Körper, der an den Blattern, welche mir für ſchaͤdlich und anftecfend gehal— ten, verftorbenen Kinder, übeler gerochen; ich weis, daß eine Todfengruft, worinn man fat in zwey Jah⸗ ren niemand begraben, und welche nicht übel roch, durch ein einziges Sind, welches an dieſer Kranfheit geftorben, inficiret worden, weil, nachdem das Grab fünf Tage nach der Beerdigung diefes Kindes geöff: net, ein fehr ftinfender Geruch, welcher Dem Todten» ‚gräber eine Furcht verurfachte, und die dabey ſte⸗ hende inficirte, herausgedunfte. Man bat den Gortesdienft wegen ver Inficirung, welche ein einziger todter Körper in der Kirchen verurfacht, oft aufge: hoben. Ich babe von dem Herrn Euftache, Wo— chenprediger des Eapituls Agde vernommen, daß, ‚ nachdem ein Mägdchen in eine Gruft der Pfarrkir⸗ den zu Mes begraben, die Kirche 4 oder — na in den Kirchen zu begraben. 43 nach der Beerdigung dergeftalt inficire gewefen, daß man fie verlaffen, und den Dienft diefer Pfarrfir- hen, in der Kirchen Der Pönitenten halten müffen, Sollten fo rührende Benfpiele diejenigen, welche fich das Wohl des Varerlandes angelegen feyn laſſen, nicht bewegen, Die Gräber der Privatperfonen , wie auch der Adelichen und Reichen, welche, wie andere Menfchen, der üben Witterung der Luft ausgeſetzt find, ohne daß fie fich Davor zu befchügen vermögend, verbiethen? Sollten fie nicht zufrieden feyn, daß fie in ihrem $eben, der Ehren und Bequemlichkeiten, welche ihnen die Capellen, die fie erbauen oder an fich ‚gebracht in den Kirchen, verfchaffen, genießen, obne daß fie diefen Sig in der Kirche leibhaftig in Befis ‚zu nehmen, und mit ihren Körpern den erfauften Platz anzufüllen verlangeten ? Sollten fie diefem Vortheile nicht die wahren Güter der Gefundheit und „des Lebens, welche ihnen mit den übrigen Menfehen gemein find, vorziehen; und die Gefundheit der Luft als-ein weit ſchaͤtzbarer Gut als alle ihre Güter betrachten *? Andere * Ben die Hölen und Gräber die Reinigkeit der Luft verderben fönnen; fo würde e8 den Reichen ruͤhmlich ſeyn, ihren Beyfall zu deren Abfchaffung und Verle— gung an einen andern Dre nicht zu verfagen. Abras ham der Bater des Glaubens der Chriffen, wieihn die Schrift nennet, wollte nur ein Grab, in dem fans de, welches Bott feinen Nachkommen zum Erbtheile ges . geben harte, befigen, und dieß beruhmte Grab der - Patriarchen, wohin Joſeph fein Urenkel der Herr von Aegypten nach feinem Tode gebracht zu werden verlangte, war in ebenem Zelde, und hatte Feine au: dere a4 Bom Gebrauche, die Todten Andere Probe der Gefahr diefer Grüfte, Die Luft wird ſchaͤdlich, fo bald fie mie der ganzen Ak mofpbäre feine Gemeinfchaft mehr hat, und von Zeit zu Zeit nicht erneuert wird, weil fie alsdenn mit mineralifhen Ausdünftungen der Erden, worinn fie eingefchloffen, oder vielen —— Ausduͤnſtungen angefuͤllet iſt; wenn welche darinnen ſind, ſo wird die reine Luft Daraus getrieben, oder Die noch drinne bleibt, verliehrt ihre Kraft, und diene nicht mehr zum Athemholen. Denn, außerdem daß es gewiß, wie ‚wir es ſchon weiter oben gefagt haben, vaß fein Thier iftz welches lange in eben der $uft, weil fie mit Yusdünftungen, welche aus ihrem Körper dünften, angefuͤllt, beftehen kann; fo haben wir fehr viele Ge: | fchichte, dere Zierrath, als eine tiefe Hole f, worinn es errich⸗ tet war, Alle diefe arogen Männer waren nach den fpateften Fahren weit entfernt, aus ihren Gräbern ein prachtiges Denkmaal der Eitelkeit zu machen, da fie. ohne Aufbören an den legten Augenblick des menſchlichen Lebens gedachten, und die, welche an ders als fie dachten, als Unfinnige betrachteten. Simul infipiens & ftultus peribunt & relinquent alie- nis divitias fuas, & fepulchra eorum domus illorum in . zternum. Mabernacula eorum in progenie & proge- nie, vocaverunt nomina fua in Terris fuis. Der Unkluge und Unvernünftige, fagt der König Dapid, einer von den beruhmteften Nachkommen der Patriarchen, werden zugleich umfommen, fie werden ihre Reichthuͤmer Fremden überlaffen müffen,, und ihre Graber werden auf ewig ihre Wohnung feyn. Diefe Befiger von großen Landern, welche fie nach ih— rem Namen genennet, haben Feine andere Wohnung mehr als das Grab. Pi. 49. f Genef. 23. | in den Kırchen zu begraben. 45 fchichte, daß Perfonen, indem fie in die unterirdifche Derter , welche lange Zeit fehr genau verwahrt gewe— fen, gegangen, plößlich verftorben. Jedermann weis, Daß die Luft in den Gefaͤngniſ— fen fehr ungefund, und daß fie denen, welche darin⸗ nen gefangen gehalten werden, viele Krankheiten ver urfache, die tiefen und finftern Gefängniffe findgöf: ters Die Urfache rödtlicher Krankheiten geweſen. Herr Fitz-Gerald, der Arzneykunſt Lehrer und Mitglied diefer Geſellſchaft, hat mich verſichert, daß in England viele Gefangene, bey dem Eingange des Gefaͤngniſſes Newcaftle, welches man feit langer Zeit nicht geöffnet, mie denen, welche fie geführt, alle er— ftickt find. Nun ift in allen diefen Fällen Elar, daß die Luft nicht fchädlich wird, als wenn fie gar feinen freyen Ausgang bat; folglidy muß die Luft, welche lange in befondere Hölen eingefchloffen, und ſich nicht erneuert, fehlimme Eigenfchaften erhalten, und ver— faulen, Dan wird vergebens den Einwurf machen, daß die ordentliche Luft, welche wir fchöpfen , beſtaͤn— dig mit unendlichen Förperlichen oder fremden Theil: hen angefuͤllet ift, Man kann diefes nicht leugnen, weil, an welchem Drte der Erden man ſich auch befindee, doc) eine Menge ſowohl mineralifche, als vegetabilifche, und animalifche Theilchen auffteigen. Allein diefe Luft, welche von ganz unterfchiedener Art und Eigenfchaft, iſt nicht fhädlich, weil die Natur Mittel bat, fie in dieſem Zuftande durchs, . Gähren zu erhalten, namlich indem fie diefe fremde, Theilchen, durd) die Hiße der Sonnen verringert, und fie durch die Binde, weldye die Luft von unterz — Laͤndern juſammen vermiſcht, hin und her treibt, 46 Dom Gebrauche, die Todten treibt, und zerftreuet: Die ftehenden Wafler ver: derben von dem Aufenthalte ; die beftändig laufen, find . gefund, Es find noch fo gar verfchtedene Arten von fluͤßigen Dingen, und folglich Luft, welche, wenn fie nicht bewegt wird, verdirbee, und welche fich wieder ducch Die Winde, telche jie erfriſchen, und die übers flüßigen Ausduͤnſtungen vertreiben , reiniget. iefe Wahrheit läßt ſich am beften erkennen, wenn man beobachtet, daß die Luſt auf dem Selde gefunder, als die, welche man in den Städten fchöpfet, daher man bey Erbauung der Städte Sorge tragen muß, daß fie luftig liegen. Es ift dieß eine nügliche Lehre für die Gefundheit, von Zeit zu Zeit frifche Luft zu fhöpfen, wenigftens foll man einmal des Tages dem Haufe, weldyes man bewohnet, indem man Thüren und Fenſter öffnee, frühe $uit geben. Es ift auch endlich zuträglich, und fo gar nothwendig, die Luft der Kammer der Kranken, vornehmlich in den Hoſpitaͤ⸗ lern, zu erneuern und zu erfriſchen. Zu allen diefen Gründen, welche die Sache ent⸗ feheiden, will ich noch folgende Beobachtung als eine überzeugende Probe Hinzufügen. Das Baſſin bey dem Dorfe Perols, insgemein der Boulidou genannt, giebt ganz im Umfange eine unangenehme Ausdün: ftung von fich, davon der Geruch im Sommer, wenn gar Fein, oder wenig Waffer darinnen ift, noch flär« Eer ift. Da dieß Baffın offen und mit feinen Maus ren umgeben ift, fo wird die Ausdünftung alle Au« genblicke durch die Bewegung der Luft zerftreuer, und verurfacht denen, welche fich nähern, Feine Unpaͤßlich⸗ feit, Ich babe felbft im: Sommer vielmals ganze Stunden, Berfüche zu machen, dafelbft — ohne in den Kirchen zu begraben. 47 ohne die geringfte Unpäßlichkeit zu empfinden, Ich habe inzwifchen, indem ich muthmaßete, daß diefe Ausdünftungen denenjenigen, welche aus dem Bruns nen Perols fämen, gleich, indem ich ihre Öemein« ſchaft mit der äußerlichen $uft verhindert, in der Ab» ficht zu fammeln verfucht, damit ic) entdecken fünnte, ob fie auch fo ſchaͤdliche Eigenſchaften hätten. Ich bediente mich, folches zu bewirken, eines Saffes, wel⸗ ches an beyden Enden feinen Boden hatte, Das eine Ende fegte ich auf den Grund des Baffins und durch das andere hielt id) ein angezuͤndetes Licht und Thiere von verfchiedener Gattung hinein, ich fahe die Flams me ausgeben, und die Thiere fo geſchwind, und mit eben den Zufällen, als im Brunnen Perols und in den gemeinen Grüften der Kirchen, fterben, Man urtheile nach diefer Dbfervation, worinn der Dunft zum Theile mit der äußerlichen $uft fich oben durch die Tonne vermifchte, von der Größe und Schädlichkeie derjenigen, welche fich in den Gräbern der Kirchen fammeln, welche man ordentlicher Weiſe weit genauer zu verwahren Sorge trägt, jemehr daran gelegen, deren YAusdünftung zu verhindern, Ich wundere mid) nicht, daß die Natur Mephitisfümpfe an verfchiedes nen Orten der Erden, im Innerſten oder auf ihrer Släche hervorbringt, id) ſuche noch weniger die Urs fachen davon zu entdecken, Ob diefelben gleich dem Leben der Menfchen, und anderer Thiere fchädfich , wie die berühmte Hunde “Grotte im KRönigreiche Neapel, und viele andere find; fo haben fie doch gewiß auch ihren Nugen, und es koͤmmt nur darauf an, daß wir fie Fennen, wenn wir | dieſelben 48 Vom Gebrauche, die Todten dieſelben vermeiden, und zugleich machen wollen, daß unſers Gleichen ſie vermeiden. Was mich in Verwunderung ſehzet, und was man nicht genug beklagen kann, ift, daß die Menfchen fich felbft fo große Gefahr zumege bringen, und diefe Me— pbitis in Diefe heiligen und verehrungsmürdigen Frey: ftäte, wo fie die Majeftät Gottes verehren, feßen, und daß fie aus dem Grabe ihrer nächften Anvers wandten ein öffentliches Denkmaal ihrer Eitelfeit durd) ihren Aufwand, für ihr prächtiges Leichenbegaͤngniß, melches den Todten * eben fo unnüßlich, als ſchlech⸗ ter Troft es den $ebenden ift, machen. Ja fie wer⸗ den nicht einmal gewahr, daß fie unter dem Vor—⸗ wande, den Todten eine Ehre zu erzeigen, fich des ſchaͤtzbaren Bortheils der Gefundheit und des Lebens willig berauben. *Berlanget aber diefes Leben nicht, daß die zu den Uebungen der Religion geheiligte Der: ter die gefundeften, und daß die Sinne daſelbſt (mie es fich in großen Kicchfpielen zutraͤgt) durch den übeln Geruch, und durch den fäglichen Anblick der Um- wuͤhlung der Erden, und Deffnung der Gräber nicht beleidiget würden ? | Ich flehe bier desfalls von neuem, die Geſetzgeben⸗ de Macht um Hülfe an. Denn von denen, welche den Staat regieren, muß man ein fo ermwünfchtes Gut, als die Abfchaffung diefer Art Begräbniffe ift, erwarten. Wenn man fich mit dem Verboth der ge meinen * Pompa funeris, agmina exequiarum , fumtuofa dili- gentia fepulturae, monumentorum opulenta conftrus * dio, vivorum funt qualiacunque folatia, non adjute- ria mortuorum. St. Auguft. Serm. 17... ’ “ 19 in den Kirchen zu begraben. 49 meinen Begräbnifie begnügt; fo wird man in Wahr« heit dieſe plößliche und erſchreckliche Krankheit gar nicht, oder wenigftens felten, zu befürchten haben. Aber die Kirchen wird man nicht gänzlich wieder Berfteiien, fondern der Peſt, welche die Ausduͤnſtun— gen der befondern Holen immer verurfachen, ausge fegt feyn. Man wird zwar dem Uebel. großen Theilg abhelfen, aber ſolches nicht gänzlich aufheben koͤnnen. Die unterfehiedenen Gewohnheiten der alten Völs fer, welche die Todten nicht begruben, hatten feine fylämmne Folgen: Die Yegyptier % jochen ten Das Ges bien, Eingeweide, und Gedaͤrme, weiches.die der "Berfaulung am mehreften unterworfene Theile find, aus; und fülleten hernach die leeren Derter wies der mit Canel, Myrrhen, und von allen Arten Spe: zereyen an, Die auf diefe Art einbalfamirten tod« ten Körper vertrockneten, ohne einen fehlimmen Ge: ruch von fich zu geben, und erhieleen ſich von der Der: fau'ung befreyet. Die Griechen und Römer verbrannten die Tod» fen, wie es noch jego Die Indianer thun, auf einem Scheiterhaufen, durch diefe Gewohnheit Dunfteren die Theile der verftorbenen Körper, indem fie verdar- ben und Durch das Feuer flüchtig gemacht wurden, in der Atmoſphaͤre, ehe fie einmal verfaulten, aus. Endlich) ift die Gewohnheit der Abafeier in Aſien, die todten Körper in die Stämme der Bäume, welche. —— ſtatt der Saͤrge dienen, verſchließen, und ſie herna % Hiftoire ancienne par Monfr. Rollin Tom. in 4. — I. $. II. Ceremonies des Funerailless. 7 Band. 5 D so Dom Gebrauche, die Todten hernach an die höchften Aeſte der großen Bäume hängen, in Wahrheit wunderlich, aber Feinesweges gefährlich, weil die Ausdünftungen, welche von den todten Körpern, fo auf diefe Art aufgehängt, indem fie in freyer Luft zerftreuet werden, niemanden feha- den fönnen, Wem ift wohl unbekannt, daß, unter den Voͤl⸗ fern, welche die "Beerdigung vorgezogen haben, fol che vor Alters außer den Städten, an den Landſtras—⸗ fen, oder in den Feldern, an den Dertern, welche durch die Religion geheiligt, und welche man zu bes _ keidigen für ein großes Berbrechen gehalten, geſcha— ben. Das Wort enterrer, welches in unferer Spras che fehlecht weg in die Erde legen bedeuter, iſt bey den Griechen * und kateinern ** durch die Redens— ert, melche fo viel als hinaus tragen bedeuter, aus— gedrückt worden. Iſidorus ** berichtet uns, Daß anfangs bey. den Römern ein jeder in feinem eigenen Haufe wäre beerdiget worden, Aber daß bierauf die Gefege diefen Gebrauch aus Furcht, daß die In— ficirung der todten Körper den $ebenden den. Tod f verurfachen möchte, verbothen. (Weldyem Beyfpiele folten die Ehriften, deren Liebe für ihre ‘Brüder und Ehrfurcht vor den Tempel des wahren Gottes ohne Schranken feyn foll, folgen?) Das * "Exrxonilen. ** Efferre. #** Prius in domo fua quifque fepeliebatur. Iſidor. origin. l. 15. chap. II. t Ne foetore ipfa viventium corpora contadta inficeren- tur, lädor. ibid. _ IR v- in den Kirchen zu begraben. 51 Das Geſetz der zwoͤlf Tafeln, das Aelteſte der roͤmiſchen Republik, verbiethet einen todten Koͤrper in der Stadt Rom zu begraben oder zu verbrennen *, Doch verftattete man oft, die Afche derjenigen , -wele _ che einen Sieg erhalten, oder die bie allergröften Dienfte der Republik geleiftet, oder deren Heiligkeit, wie der Veſtaliſchen Jungfrauen, man verehrte, hin— ein zu legen. Der Kaiſer Trajanus iſt der erſte gewe— fen, welcher das Begraͤbniß in Rom zu haben vers diente, welches nach ihn den Adrian ** und Anto⸗ nin den Gotresfürdhtigen, die alten. Gefege, welche jemand darinn zu beerdigen verbochen, zu erneuern nicht verhindert hat. In der eiftlichen Gemeinde bat man beynahe zwoͤlf Sahrhunderte, ohne in den Kirchen zu begra- ben + zugebracht, Der Kaifer Conftantinus + »D2 hat * Hominem mortuum in urbe ne fepelito neve urito. Ci- cer. de leg. Lib. 2. n. 58. * Ehen der Kaiſer Adrian gab einen Befehl, wodurch er denen, welche in Rom beerdiget würden, eine Strafe von go Stud Geldes zu erlegen auflegte, wel⸗ ches vom K. Diocletian und Maximinian wieder befoh— fen worden. Vanefpen. Tom. I. Part. 2. L. 38. C, 2. de loco Sepulturæ n. I. + Man begrub fogar die Maͤrtyrer nicht einmal darinır, deren Reliquien man in eine Art von Capellen, welche man gleichfalls die Martyria nennte, und welche mitten auf den Kirchböfen, oder unterirdifchen Gruben waren. f} Conftantinum Magnum Filius ingenti amore fe affe&tu- rum exiftimgrit, fi eum in Pifcatorum veftibulo con- deret, — Imperatoribus funt in aulis Ianitores, hoc in fepulchro pifcatoribus funt imperatores, St. Chry- foftom. Tom. 26. in ı2. ad Corinth. # 52 -Bom Gebrauche, die Todten hat nad) der Nachricht des heiligen Chryfoftomi dem großen Conftantin feinem Vater, weldyer die vor« treffliche Kirche der Apoftel erbauet hatte, eine fon- derbare Ehre anzuthun geglaubt, daß er ihn nicht in diefe Kirche, fondern in die Halle, welche ihr an ſtatt des Eingangs diente, und fagt, diefer Vater, als der Thuͤrhuͤter des Haufes der Sünder zu feyn, beerdi- allen." #7 . Eben diefer Kaiſer * hat nicht einmal, nachdem er den Tempel der Goͤttinn Celefte zerftöret, daraus eine Kirche bauen wollen; fondern machte einen offe- nen Ort daraus, welchen er zum Kirchhore beftimmte, Man hat fchon vor geraumer Zeit den zum Ber grabniß der Kirchen beftimmten Oertern, welche alle _ außerhalb der Stade ** waren, die Ruheplaͤtze der Gläubigen, in Erwartung der zufünftigen Auferfte hung genennt, Wir haben im Eodice + vom Theo: dofto * Diefer Tempel ift im Jahre 399 zerſtoͤret worden, Hiftoire de P Eglife de Mir. P Abbe de Fleury Tom. 5. Liv. 24. * * Gervais de Cantorbie berichtet, daß man ſonſten ges ſagt, civitas non eft mortuorum, ſed vivorum, weil die Kirchen immer außer der Stadt waren. Dan bes erdigte nicht nur gar nicht in die Kirchen; fondern es war fo gar nicht einmal oratoria an den Orten, wo je- mand begraben, zu bauen erlaubt. In allen Briefen des heiligen Gregorii, morinn er einige Kirchen zu er= bauen verffattet, ſteht allezeit: Si nullum corpus ibi conftat humatum. Menagiana. a Paris "Tom. 2. p. 208. t Die von den römifchen Kaifern errichtete, Gefeße, wel- che hernach unter verfchiedenem Vorwande nicht beob- achtet worden, hat dee jüngere Theodoſius durch eine Verorönung, welche er 385 gegeben, und Die ar; | Gten — inden Kirchen zu begraben. 53 doſio ein Geſetz, welches dieſe Ark zu. begraben, aus⸗ druͤcklich befiehlet, und diefes Geſetz ift auf vielen ’ Eonciliis * und in den Verordnungen vom Carolo Magno ** erneuert worden. Es iſt nicht zu leug⸗ D 3 nen, SGten Buche des Codieis Theodofiani, de Sepulchro vi- olato übereintraf, wieder erneiert. Es hat der Kai— fer zween Bewegungsgruͤnde diefer Verordnung ange: führe, der erſte, fagt er, iſt, daß die Graber, -welche an den öffentlichen Wegen und Feldern errichtet, ebem fo viele Beyfpiele der menfchlichen VBeraanglichfeit waͤren, und der zweyte Bewegungsgrund iſt die Infici—⸗ rung, welche die todten Körper in den Städten verur- fachen können, zu verhindern. Omnia quae fupra ter- ram urnis claufa vel farcophagis corpora detinentur, ex- tra urbem delata ponantur, ut & humanitatis inftar exhibeant, & relinquant incolarum domicilio ſancti- tatem. Vanefpen. fupr. citat. n. I. 3.4.5. Caeterum Imperatores Chriftiani fanditatem civitatum violari eredebant per corpora mortuorum, quod nimio fuo foe- tore civitates inficerent. * Die Concilia, welche in die Kirchen zu begraben ver- borben, find : | Das erſte Concilium zu Prag Can. 18. item placuit ut- carpora defundtorum nullo modo intra bafılicam Sandtorum fepeliantur, fed fi necefie, eft deforis citra murum bafilice uſque adeo non abhorret. Das fechite Concilium zu Arles im Fahre 813, ut de fepeliendis in bafilicis mortuis conttitutio illa ferve- tur, quae antiquis patribus conflituta eft, Can, ar. . | Das Concilium zu Nantes im Jahre 850. Prohi- bendum eft etiam fecundum majorum inftituta, ut in ecclefia nullatenus ſepeliantur, fed in atrio aut in por- ticu, aut in exedris ecclefix, intra ecclefiam vero & prope altare, ubi corpus & fanguis Domini conficitur, nullatenus fepeliantur, Can. 15. | ** Vet nullus deinceps in ecclefia mortuim fepeliat, L. I. des Capitulaires des Rois de France Chap. 158. _ sa Dom Gebrauche, die Todten nen, daß die Beerdigung in den Kirchen der Wer: botbe ungeachter, fi) doch nach und nach eingefchlis chen *, da mananfangs den Bifchöfen und Prieftern, folches, als eine Ehre, welche man ver Deiligfeit ih— res Lebens, ihrer Geduld bey den Martern, oder ih: ver Unerſchrockenheit ven Ölauben zu befennen, ſchul— dig, hernach auch bioß den Gläubigen, deren Heiligkeit bekannt, verſtattet bat. Man glaubte in der Folge, Daß die Stifter der Kirchen nach dem Beyfpiele des großen Conftantins einen Piag darinn nach ihrem Tode verdienten, Man erftreckte viefe Gunft auch auf die anfehnlichen Wohlthaͤter. Von diefer Zeit an war der Eiteifeit der Sayen ** und dem Geize, wovon Die Cleri⸗ * Hericourt Loix eccleſiaſtiques de France Tom, 2. P. 3. Chap. II. des Sepultures. ** Accedebat quod ex fepulturis intra eccleſiam frequen- ter emolumentum notabile in facerdotes redundaret: dum vel Laici ut honoratiorem fepulturae locum acei- perent , in faciendis oblationibus erant liberaliores: vel etiam ipfi facerdotes pro locis honorabilioribus pre- tium exigere non erubefcerent, uti ex decretis contra hanc facerdotum exadtionem abunde patefeit. Mi- rum! quanta velocitate, duobus hifce feilicet' Laigo- rum ambitione & Clericorum cupiditate impellentibus, difeiplina haec antiquitus religiofe obfervata de non fepeliendis mortuis in ecelefiis, quafi ad interitum de- fgenderit, ipfaeque Ecclefiae factae fint divitum quo- rümeunque caemeteria, in fepulturam pauperum reli- dis caemeteriis. Vanefpen. ibid. n. 33. & 34. Die Gefchichte berichtet und, daß viele heilige Bi— fihöfe auf die Kirchhöfe, welche zum gemeinen Be grabniffe beffimmt, beerdiget worden waren. Der Körper des heiligen. Urfini erfter- Bifchof von Bour- ges, iſt auf dem Felde unter den gemeinen Grabern in . ein | in den Kirchen zur begraben. 33 Eleriſey nicht gänzlich befrener gewefen, Thür und Thor geöffnet; Allein 845 und zur Zeit Caroli Mas gni, hat das Eoncilium zu Meaup *, weiches man | | D 4 als ein Begraͤbniß gelegt worden. Gregoire de Tours de gloria Confeflor. 6. 80. de Sando Vrfino Biturgum Epifcope. Ehen der Autor verfichert, daß der heilige Gatien erfker Bifchof von Tours aufden Kirchhof eines Dorf bey der Stadt begraben worden. Hift, Franc, Liv.ıo. Chap. 31. Man koͤnnte noch fehr viele andere Beyſpiele fo ger von vielen frommen Einfiedlern anführen, welche in dem Feld, welcher ihnen in ihrem Leben zum Aufent⸗ Balte gedient, ſich ſelbſt ihre Graber ausgehölt baben. Man fieht in der Kirchengefchichte Erempel von Hei- ligen, welche in den Wüften begraben. Der Körper der frommen Agyptifchen Marie, ift durch den Eins fiedler Zozim von Paleſtina, in den Grund einer Wir- ffen, wohin fie fich begeben, und ganz nahe bey ei— nem von Regen ausgeflößten Graben, wo er fie todt ausgeſtreckt angetroffen, begraben worden. Hift. de P Eglife deMfr.l’ Abbe Fleury, T. 5. L. 24. p. 539. # Nemo quemlibet mortuum in ecclefia quafi hereditario ‚ jure, nifi quem Epifcopus aut Presbyter pro qualitate sonverfationss aut vitae dignum duxerit, fepelire prae- fumat, fed & neque loco fepulturae, ut verbis S. Gregorii utaınur, pretium de terra concefla putredini quaerere, & de alieno velle facere luctu compendium, aliquo modo tentet; Si quando autem proximi vel haeredes: fponte aliquid offerre in Ecelefia voluerint in eleeımofynam defuncti, accipere non vetamus:peti vero aut aliquid exigi omnino prohibemus, ne, aut vena- lis Ecelefia dicatur, aut de humanis mortibus videa- mur gratulari, fi compendium exinde ftudemus mode quolibet quaerere. Concil. Meldenf. Can. 72. 6 Dom Gebrauche, Die Todten als eine Verſammlung der Berordnungen ober als - die durch den Beytritt zwoer Mächte errichteten weile ften Öefege, welche man in Frankreich gefeben, bes trachten kann; nachdem es, gleichfam als ein Erb- recht in die Kirchen zu begraben, verbothen, diejeni— ‘gen, von welchen der Biſchof, oder der Pfarrer alaubte, daß fie durch ihr Heiliges eben nach ihrem Zobe einen Platz in dem heiligen Orte verdient, aus» genommen, macht nach) dem Pabfte dem heiligen Gregorio dem Großen viefe heilige Armerfung: daß jedermann infonderheit fürs Geld, in die Kirche zu beerdigen, nichts anders wäre, als ein wenig Erde, welche der Käulung beftimmt, verkaufen, und feinen Gewinn und Freude in dem, was andern der Grund des Zraurens, der Thränen, und der Betrübniß ift, finden. Diefe Meynung hat in der Kirche gedauret, bis in diefen legten Zeiten * eine Berfammlung im Jahre 1619 unfer erzbifhöflichen * Kirche, inſon— ; * Die Kirche zu Puy, die alleraͤlteſte Kirche dieſer Pro— vinz, giebt ung ein Beyſpiel, welches würdig nachges ahmt zu werden, an die Hand: Sie beobachtet Die * alte Gewohnheit der Kirche aufs genauefte, weil nie mand, jafo gar der Bifchof nicht einmal, hinein begra— ben werden, auch die todten Körper ift nicht verſtat— tet hinein zu tragen, die öffentliche Abfolution, welche man ihnen bey der Kirchthüre ertheilet, zu empfan= gen. Man bat mir verfichert, daß diefe Gewohnheit in der Kirche zu Chartres und faft in allen Kirchen in Lothringen noch üblich wäre. ** Intra Ecclefiam, et maxime prope altare non ita facile admittantur fepeliendi, fed illi tantum, quos aut digni- tas ecelefiaftica, aut nobilis profapia, aut virtutis lau- dabilis fplendor commendarit. Concil. Narbon, Can. 24. in den Kirchen zu begraben. 37 derheit bey dem Altare in die Kirchen zu begraben verbothen; Diejenigen ausgenommen, welche geiftliche Würden bekleidet, oder welche das Anſehen ihrer Ge- burt, und noch mehr der Borzug ihrer Tugenden, und der Glanz ihrer Gottesfurcht verehrungswuͤrdig ges macht. D Zeiten! o Sitten! Was das Conci- lium zu Meaur befücchter, ift ſchoͤn laͤngſt erfolget, die Kirche * ift nach dem Ausdrucke diefer Verſamm— füng feil worden, die Stellen, die ein jeder nad) feis nem Zode einzunehmen verlanger, find der Preis der Reichthuͤmer. Ehrliche Leute, welche durch den * Strom der Gewohnheit mit fortgeriffen werden, uns terftehen fich nicht, zu begehren, daß man fie auf die Gottesäcer begraben möge, und fie fehen nicht ohne Berrübniß, daß diefe unfern Vaͤtern fo verehrungs- würdige Derter, beutiges Tages Die Gräber der Ar: men und der $andleute geworden, und daß die Ge— wohnheit in die Kirchen zu begraben , welche einige chriſtliche Secten, die von der Kirche abgefondert, als eine Entheiligung anfehen, fo fehr überhand ge: nommen, daß fait Feine Hoffnung mehr übrig, foldye gänzlich abgefchafft zu ſehen. Wenn die Religion nicht ——— die Menſchen zu rühren, oder wenn es ſich für mich gar nicht ſchi— et, ihnen die vortrefflichen, und mit der Vernunft, und den älteften Gewohnheiten aller Voͤlker überein- ſtimmende Gefege anzuführen; fo wird mir doch nech einmal erlaubet feyn, indem ic) bey dem bleibe, was D 5 eigente * Ne aut venalis Ecclefia dicatur. Concil. Meldenf, Can. 72. fupra citat. ss Vom Gebrauche, die Todten eigentlich mein Werf ift, diefelben durch die Liebe des Sebens und der Geſundheit, auf meine Seite zu bringen zu ſuchen. Ich glaube hinlänglich darger fhan zu haben, daß die gemeinen und befondern Grüfte dem Leben und der Geſundheit Abbruch thun koͤnnen. Dahero man, diefeiben abzufchaffen, nur die Ehre der Kirchhöfe herzuftellen, diefelben geräus mia, Iuftig, frey, gegen alle vier Winde anlegen, und mit guten und hohen Mauern. dem gemeinen Manne Die Furcht, daß die fodten Körper möchten wegges ‚ nommen werden, zu benehmen, zu verfehen nöthig bat. Zur Zeit der Beerdigung dafelbft auch tiefe ‚Graben * zumachen. Auf diefe Are werden wenige Ausduͤnſtungen aufwärts fteigen, Diejenigen aber, welche fich) in die Höhe erheben, werden fich ver- vingern, bin und ber getrieben, und mit wegges führe werden, und feine Inficirung in der Luft ver urfachen, | tan ſchmeichelt fih nicht ohne Grund, mit der Hoffnung, Daß Diefer legte Bewegungsgrund der allgemeinen Gefundheit, den Eifer der Obrigfeit, die Beerdigung in den Kirchen zu verhindern, beleben _ | wird. * Der Herr Thatelain und Revoulz, Domberren ber Kirche zu Agde, haben mir gefant, dag im Monat Geptember 1744, nachdem man einen tedten Körper in den Kreuzgang diefer Cathedralkirche begraben, fich ein fo abfcheulicher Geruch ausgebreitet, daß man fich dem Kreusgange nicht. .nahern Einen: Man ent- Deckte, daß diefer Geſtank daher kam, weil die Gru— be nicht tief genug war, und man mußte die Fugen der Steine, welche e8 bedesften, verkütten. - in den Kirchen zu begraben. 59 wird. Wie erbaulich würde es nicht feyn, wenn die Geiſtlichen ihrer Seits die Geſetze, welche die Con— cilia errichtet, roieder ‚geltend machten, die alte Kir: chenzucht wieder herſtellten *, und fid) mit der welt lichen Macht vereinigten, einen fo unanftändigen, uns erträglichen und zugleich fo ſchaͤdlichen Misbraud) ab> jufchaffen. Er iſt in der That fo groß, daß, folchen gänzlich zu zerftören vermögend zu feyn, Die Ver: einigung zwoer Mächte noͤthig ſcheinet. Man wuͤrde ſich hierdurch, nach dem roͤmiſchen Kirs chengeſetzen, welche unter dem Pontificat Paul des V. verfertiget, richten. Vbi viget antiqua con- ſuetudo fepeliendi mortuos in caemeterio, retinea- tur, et ubi fieri poteſt, reſtituatur. IT. An⸗ 65 Anmerkung tiber Unzers Anmerk. Kar Er en I. Bay: Anmerkung über Herın Dr, Unzerd Anmerkungen von | der zuſammengeſetzten Bewegung. Jenn mic) auch der geringe Theil, welchen ich an der Ausgabe des Hamburgifchen | Magazins habe, nicht berechtigte, Herrn D. Unzers Auffag, dem ich übrigens feine Stelle nicht verfagen Fonnte, mit einigen Betrachtungen zu erläus fern: fo wiirde feine öffentliche Nuffoderung dazu mir ebenfalls diefe Freyheit verftatten, da es ihm gefals len bat, feine Gedanken lieber gleich der Prüfung ° der gelehrten Welt öffentlich, als der Prüfung etwa eines einfichtsvollen Freundes ins befondere, vorzuz legen, Wenn Here, D, Unzer Recht hat, fo ift feine Erinne⸗ rung Feine Kleinigkeit. Alle Bewegungen, die nicht in geraden Linien gefchehen, gründen ſich auf den bis» ber angenommenen Sag von der zulammengefegten Bewegung. Newton, Bernoulli und Eufer müffen alles, was fie von der Bewegung infrummen Linien gefagt baben, umfehmelzen, wenn fie von Herrn Unzers Ber - befferung Nachricht erhalten. Ex bat die a eufe von der zufammengefegten Bewegung. 61 Leute vermuthlich nicht gleich fo fehr erfchrecken wol- len, und fich deswegen fo befcheiden ausgedrückt, Ich will mie Heren Unzern über den Gebraud) der Redensart: die Kraͤfte hindern einander, nicht ſtreiten. Man Iafle fie foviel anzeigen, als: es erfolgt eine Dewegung, die von der Les wegung, welche jede Rrsft einzeln genom⸗ - men verurfacben würde, unterfchieden it, fo u nimmt fie auch Here D. Unzer (3 ©.), die Kräfte hin— dern alfo einander mehr, je größer diefer Linterichied ift, auch das erfennt ee (7&.). Aber weil bey einen geößern Winfel die Kräfte einander mehr bin: dern, daraus folge nicht, daß fich Diefe Hinderniß wie die Winfel (3 ©.) verhalten müffe. Wenn zwo Größen eine mit der andern wachen, fo folgt nicht, daß fie beyde in eben ver Verhaͤltniß wachſen. Wenn in ein mie Waſſer gefülltes Gefäße in den Boden ein $och gemacht wird, und Fein neues Waſſer zus - fließt, fo läuft in mehr Zeit mehr Waffer durch das Loch aus. Aber daß man hier nicht nach der Regel Des ne es Herr D. Unzers Entdeckung am gehörigen runs tri verfahren Fönne, daß ſich Die Menge des ausge: laufenen Waffers nicht wie die Zeit verhält, wird Herr Unzern mohl aus Herrn Baron Wolfs Arithme— tie 86 S. im Auszuge befannt feyn. Alſo gruͤndet Herr Unzer feine Lehre auf einen ganz unermiefenen Sag, daß eine Hinderniß, die mit größern Win- Feln größer wird, gerade in eben der Berhältniß, wie die Winfel, zunimmt. Die Matbematifverftändie gen fodern mehr beftimmte Ausdruͤckungen und deute licher dargerhane Gründe zu ihrer Erfenntniß, Diefes wird genug feyn, Fürzlich anzumerfen, worin⸗ de 62 Anmerkung iiber Unzers Anmerk. de fehlt. Es ließe ſich wider das, was er von der Art ſaget, wie die Kraͤfte einander ver hindern, ſonſt noch al⸗ lerley erinnern; welches mich aber 5 zu weit führen würde. In der That hat die Lehre won der zu— » fammengefegten Bewegung ihre Schwierigkeiten. Johann Bernoufli hat die Zufammenfesung der Bewegung von der Zufammenfeßung der Kräfte, forafältig unterfchieden *. Daniel Berneufli hat einen Beweis von diefer Lehre aegeben, welcher eben ' niche der Fürzefte ift *", und Herr d'Alambert hat noch einen andern Beweis für nöthig erachtee ***, Wenn Herr D. Unzer die Betrachtungen dieſer Gelehr— ten durchgehen will, fo wird er fehen, was fich etwa von diefer Sache mit Gewißheit fagen läßt. Ich will etwas beyfügen, daß vielleicht auf eine andere Art die Frage, ob diergemeine Lehre richtig ift oder nicht entfcheiden Fann. Herr Unzer wuͤnſchet Erfah» rungen desmegen zu haben, Sin vielen Lehrern der Phyſik wird man fie antreffen. Ich will nur Nol— lets Berfuche anführen t. Nach Herrn Unzers Ge: danfen muß ein Körper, der von zwo Kräften ge= trieben wird, Die einen rechten Winkel mit einander “machen, aflemal mic jeder von den Richtungen diefer Kräfte einen Winfel von 45 Gr. madhen. Seine Richtung wird alfo nur in dem Falle die Diagonale von dem Rechtecke unter beyden Kräften feyn, wenn bende gleich find, Nollet berichtet ung, fie fey alle: mal *%'Op. T. m . **, Act, Petrop. T.I * ** Dynamique chap. I } Lecons de Phifique T. II. Lec.};. I. UI Exper. im⸗ gleichen T. UI. Lec. 9. Exp. 9. _ von der zufammengefeßten Bewegung. 63 mal die Diagonale, und Herr Unzer traut doc) wohl dem Nollet zu, daß er bey einem Experimente die Diagonale von einer andern Linie werde unterfcheiden fonnen. » Doch diefe Efäßningen find zu eingefchränft, als daß fie verdienten Herr D. Unzern entgegen geſetz zu werden. Ich will allgemeinere anfuͤhren. Die Leh— re von der Zuſammenſetzung der Kräfte, weiche alle Welt, außer Herr Unzer, angenommen bat, hängt mit allem, was wir von der Statik wiffen und er— fahren, nothwendig zuſammen. Varignon nimmt fie an, und leitet daher alle $ehren der Statik *; Dernoulli * ſetzet die von allen zugeftandene Lehren wegen des Gleichgewichtes beym Hebel voraus, und beweiſt daraus die Zufammenfegung der Kräfte. Aus ihr fließen al’o lauter Wahrheiten, welche die Erfah— rung durchgängig beftätiget, und gegentheils wenn man diefe Wahrheiten anders woher annimmt, fließt fie aus ihnen. Noch mehr. Mit der Betrachtung der Centralfräfte verbunden giebt fie uns die Theo— tie der frummlinichten Bewegung. Aus ihr folgt, daß ſchwere Körper, denen die $uft nicht merklich mwiderftehet, in einer Darabel fliegen, und die Plane ten in Ellipfen um die Sonne laufen. Beydes haben bisher, fo viel ich weis, die Naturforfeher und Aſtro— nomen wahr befunden. Herrn Unzers neue Entdes fung giebt uns alfo nichts meniger, als eine neue ‚Statif, eine neue Mechanik, eine neue Aftronomie, ja auch eine neue Optikf. Wie unruhig werden die Naturforfcher nicht feyn, bis ihnen Herr Unzer zeigt, daß aus feinem von dem insgemein angenommenen fo una _ * Mechanique. * Sob, Bern. a. a. O. 64 Anmerkung über Unzers Anmerk.ı. unterfchiedenen Grunde, eben die Folgen fließen, die in diefen Wiffenfchaften durch fo langivierige ımd fo forgfältig angeftellte Erfahrungen find beftätiget wor: den! unddaß der Zufall fürdie Wahrheit fo glücklich gewacht bar, daß alle Mathematifverftändige,vom Ga— lilaͤus bis auf Eulern einen höchft falfchen Grundſatz an: genommen, und daraus durch lange Neihen tieffinniger Schluͤſſe, eine unzählige Menge höchftwahrer Fol gerungen hergeleitet haben. Es ift doch was hartes, wenn man den größten Theil feiner Bibliothek weg» werfen foll; und ehe die Naturforfcher diefes mit als len ihren Büchern, die fich auf die gemeine Lehre von der zufammengefegten Bewegung gründen, tbun, wird Here D. Unzer ihnen verzeihen, daß ſie noch mehr Ueberzeugung von feinem Gaße und deflen Ueberein- ftiimmung mit der Natur erwarten, und bis dahin fi) bemühen , die Wahrheit deſſelben durch allerley £leine Zweifel verdächtig zu machen. Wenn z. €. zwo Kräfte, Die einen rechten Winfel mit einander machen, den Körper nach einer Richtung treiben, die gegen jede ihrer Nichtungen 45 Gr. geneigt iſt; ſo laſſe man die eine Kraft nad) und nad) abnehmen, bis fie endlich verfchwinder. Alſo treiben eine endli> che Kraft und eine unendlich Eleine vechtwinflicht auf jene gerichtet, das heißt: alfo treibet. eine einzige endliche Kraft, einen Körper nach einer Richtung, die mit der Richtung der endlichen Kraft einen Win: kel von 45 Gr. macht. Kann ein alfgemeiner Satz vollkommen richtig feyn, der in einem befondern Fal— le fo offenbar falfch ift? Nach der gemeinen Lehre liegt in diefem Falle die Diagonale auf der Richtung der endlichen Kraft, Röjtner. IL, Ab» 65 EEK EKKRI KK KR EI rear. IV. Abhandlung von der Flachsnahrung. eine Abſicht in folgendem iſt, zu beweiſen, daß die Flachsnahrung eine der aller— vortheilhafteſten ſey. Ich glaube Dies ſes nicht fuͤglicher bewerkſtelligen zu koͤnnen, als wenn ich den ganzen Flachsbau ſelbſt in Der Kürze deutlich und ordentlich befchreibe; zumal, da man denfelben in nicht vielen Wirchfehaftsbücjern gehörig abgehan⸗ delt finde. Zu dem Ende will ic) erſt von dem Bo— den oder, Erdreiche, in weldyem er waͤchſet, von der Saatzeit und von dem Saamen, alsdenn aber von den Arbeiten, die bey dem Flachsbau vorfalfen, reden. Das Erdreich, in welchem ich ihn wohl gerathen fehen, beitunde aus $ehm, zermalmetem Glimmer vder Schiefer, und verfaulten Pflanzen. Ob der Flache aber auch bey uns in fandigtem Boden gebauer werk de, das habe ich zur Zeit, aus Mangel in ſolche Ge genden zu Fommen, noch nicht gefehen. Auf dem Ader, den man mit einfaamen befäen will, muß das Fahr zuvor enfiveder Kraut und voigeländifche Erväpfel geftanden, oder er muß brach gelegen haben. Er muß wohlgearbeitet, und insbefondere der Brad)» ge von allen Quecken forgfaltig geretuchet werden. 7 Band. E Man 66 Abhandlung Man pfleget den Lein gemeiniglich kurz vor Pfing⸗ ften, oder nach dieſem Feſte, dem Schooße der Erden anzuvertrauen. Der Acker muß zu einer ſolchen Trockne und Locker⸗ keit gekommen ſeyn, daß man den Saamen bequem unter die Erde bringen koͤnne. Da es nun hierbey auf die Lage und Abhaͤngigkeit der Felder ankoͤmmt; ſo pfleget es nicht ſelten zu geſchehen, daß man den Leinſaamen eher auf dem Gebirge, als im platten Lande, ſaͤet: An den meiſten Orten ſaͤen ſie zu dreyen unterſchiedenen malen; und aus dieſem Unterſchiede der Zeit entſtehet die Benennung der fruͤhen, mitt⸗ lern und ſpaͤten Saat. Dieſe unterſchiedene Saa- ten find aber nicht fehr weit von einander entfernet. Die viele Arbeit, Die zu der Zeit dem Ackersmanne vorfällt, und die Eluge Sorgfalt, daß wenigſtens eine Saat wohl gerathen möge, find die vornehmften Ur= fachen, die ihn bewegen, nicht alles auf einmal zu wagen, | r Man hat zwo Arten Leinſaamen, die eine nennee man Schießr oder wilden Lein; die andere-aber Riöngellein. Iſt nun der Saamen in einen gus ten und wohl zugerichteten Acker gefäet und unterges eget ; fo liegt er nach) Verfluſſe von mehr oder weni- gern Tagen in der Milch; das ift, die Säfte, Die dem Keime die erfte Nahrung mit geben, und der Mildy an Farbe ähnlich fehen, haben den Keimumgeben, Fälle nun daein ftarker Regen, fo ift der Wachsthum fchon auf diefes Jahr halb verdorben. Im Gegentheile, wenn er zu fehoffen anfängt, ift ein fittfamer Negen ihm nüglich und zutraͤglich. 5 | | Die von der Flachsnahrung. 67 " Die erfte Arbeit, die an dem Flache zu thun vor— nme; ift das Bäten. Diefes wird an virfchiede: nen Orten zu verfchiedenen Zeiten verrichter. Im Obergebirge gaͤtet man den Flachs, wenn er ungefähr 2 Zoll lang worden ift, - Die DBauersweiber und Maͤgde liegen auf dem Flachſe an der Erde, raufen das Unkraut aus, werfen es in die Furche und tragen es nachhero weg. Das Unkraut beſtehet aus Kräus tern, die man Windfeide, Vogelwicken und Neffeln ‚nennet. Die Seide, wenn ſie mit dem Flachfe groß ‚worden ift, ſchlinget fih um die Slachsftängel und ift Das ſchaͤdlichſte Unkraut. Bey dieſer Gelegenheit werden die noch zarten Staͤngel niedergedruͤckt, und ſcheinen gleichſam umge— “a zu feyn ; fie richten fich aber bald wieder auf. In dem Schönburgifchen wartet man, bis er ver⸗ bluͤhet, und die Knotte ſchon getrieben hat, ehe mar diefe Arbeit vornimmt. Die Beete müffen zu dene Ende ausgefurchet werden ; und da die Flachsgaͤter ſich bey ihrer Arbeit nicht niederfegen koͤnnen, ſondern fie gebückt verrichten müflen, das Unkraut auch ſchon groß gewachfen; dem Acer die Geilheit mie benont« men, auch ohne Berlegung der Knotten und Stängel nicht ausgezogen werden kann: fo feheinet es wohl, als wenn die Dbdergebirger bierinnen verfichtiger und kluͤger handelten. Er bluͤhet ſelten zugleich; ſondern was mitten auf dem Beete iſt, machet den Anfang, und die Furche den Beſchluß. And eben fo iſt es mie dem Reifwerden befchaffen : denn der Stängel wird mitten auf dem Beete gelb, da er in der Furche noch gruͤn iſt. Der Saamen | in den Knotten, die mitten | € auf ser 68 Abhandlung auf dem Beete ſtehen, wird braun; da der in der Furche noch weiß iſt. Wenn er braun am Staͤngel wird ſo raufet man ihn, bindet ihn in Ackerbuſen, und ſchaffet ihn nad) der Riffel. Eine Riffel iſt ‚ein Baum 6 Zoll ins Gevierte, in welchen man Kaͤmme 13 Elle weit von einander befeftiget hat. Ein Kamm ift 9 Zolle hoch, und. beftehet aus 10 bis ı2 Zähnen, davon einer Z Zoll ſtark von Eifen ift. Dies fe Riffel wird entweder in Geitenwänden des Tens nes mit Keilen fefte und aufgemacht; oder man ma— chet fie gleich, an etlichen Drten, wenn es das Wels ter verftattee, auf dem Felde auf : indem man Etü- gen in die Erde fehläget, fie daran fefte zu binden, breitet Tücher unter, und riffele alfo die Knotten ab, Das Riffeln gefchieht auf folgende Weife : Es fte« ben an dem Niffelbaunte zu beyden Seiten an jedem . Ramme zwo Perfonen, die von einem aufgebunder nen Ackerbuſen fo vielnehmen, als fie mit beyden Händen bequem umfaflen Fönnen, hauen den obern Theil des Flachfes, wo fich die Knotten befinden, in den Kamm, und ziehen durch ; fo reißen fich die Knotten von den Stängeln ab, und fallen unter die Riffel. Die Knotten riffelt man auf dem Scheun« tenn, um fie von der Sied zu reinigen, Die Sied beſtehet aus tauben Knotten, zarten Flachshaͤlmchen oder Aeftchen und Eleinen Blätcchen, die man nach— ber trocknet, und das Vieh damit füttert. Die ges wurften Knotten ſchuͤttet man auf die Boden, thut fie forgfäftig mit dem Nechen aus einander, und rühree fie täglich einmal um, bis fie trodfen worden. Der Klängellein wächft in einer Knotte, die von der Son: nenhitze auffpringt, und den Sein fallen läßt, 5 an von der Flachsnahrung. 69° Man fchläger zu dem Ende erlihe Stüßen in die Erde, und leget Stangen dergeftalt darauf, daß dag eine Ende der Stange auf der Stüße, das andere En« de aber auf der Erde aufzuliegen koͤmmt; über die Stangen leget man Bretter, und auf diefe Tücher, Die ganze Flaͤche aber muß gegen Mittag geneigt feyn. Ein ſolches gemachtes Gerüfte nennet man einen Knottenbower. Auf diefes werden nun die Knotten gefchürtet, und alfo der Sonnenhitze mehr ausgefeger, als wenn man fie auf an die bloße Erde gebreitete Tücher geworfen hätte, Man rührer die Knotten von Zeit zu Zeit mit einem Nechen um, damit der ‚Sein ausfalle, und die untern Knotten in die Höhe und oben auf zu liegen fommen mögen, Diefe Arbeit nennet man Elängeln. Das Aufz fpringen der Knotten verurfacher ein Gefniftere oder einen Klang ; vieleicht ift hiervon die "Benennung entitanden, Ehe man fie nach Haufe träger, werden fie durch« gefiebet, und der ausgeflängelte fein gefammlet. Dies fen breitet man nachhero an einem £rocfnen Orte auf dem Boden über Tüchern aus einander, trocknet ihn ab, läßt ihn in der Scheune wurfen, und verwahree ihn in Faͤſſern. Der Schieß- oder wilde kein hingegen Fann nicht ausgeflängele werden, die Knotten find zu fefte zuges fchloffen; fondern man trocknet ihn, und läßt ihn aus= drefchen. ° Den abgeriffelten Flachs breitet man auf einer Gerſten- oder Haferftoppel fo dünne, als mög» lic, aus einander 3 in Ermangelung diefer bedienet man fich der Winter: und Sommerfornftoppeln, im- gleichen der Wiefen — Auf den Wie· ng RT ' 3.2 Abhandlung fen lieget der Flachs nicht ficher vor den Sturmwin⸗ den: denn es verfließen wenigftens 14 Tage, ehe das Gras durchmwächfer, und ihn befeftiget, Entſte⸗ hen nun in folcher Zeit dergleichen Winde, fo führen fie den aufgebreiteren Slachs hinweg, oder verwirren ibn. DBeydes ift ſehr ſchaͤdlich. Die Kornftoppeln find zu boch ; zumal, wo man das Korn nicht mit der Senfe hauet, fondern mit der Eichel fehneider ; und alfo zum Aufbreiten fehr unbequem. Auf den: Stoppeln muß man ihn nun fo lange liegen laflen, bis er die Brechenden fahren laͤſſet. Man erfäh: ret aber, ob er fatt gelegen hat: wenn man eine Hand voll aufheder, fie an dem warmen Dfen trock⸗ net, zwifchen beyde Hände nimmt, die eine Hand in die Höhe hebet, indem man die andere niederdrückek, oder reibet: da denn das Aeußerfte von dem Stängel wegfpringet, und der Faden des Baftes zum Bor Scheine fommen muß. Hierauf wird er mit einem Rechen an ver Wurzel etwas in die Höhe aezogen, (welches man aufziehen nennet) damit er trocken wer⸗ de, zufammen geraffer, in Eleine Büfchel gebunden auf Hauffen zufammen geworfen, in Bunde gebuns ’ Den, und zum Dörren nach Haufe gefchaffer. Dder man roͤſtet den geriffelten Slachs in Waſſer. Man trifft auf dem Gebirge Eleine erbaute Teiche an, die man Slechsröften nenne. Von den geriffelten Acerbufen nimmt man fo viel, als mit beyden Hän« den fuͤglich umfpannee werden kann, bindet es in der Mitte zufammen, und ftellet in der Flachsroͤſte folche Buͤndlein eines an das andere; quer über leget man Stangen, und auf diefe Steine, um den Flachs beftän- dig unter dem Waffer zu alten, In diefer Röfte bleibet | von der Flachsnahrung. “ 71 a bfeibet er fo lange liegen, bis er die Enden fahren läffer: da man ihn denn aus dem Waffer nimmt und sufftaucher. Aufgeftauchter Flachs fiehet einer Menge Fleiner fegelförmiger Zelter ähnlich, die unten ausgebreitet, _ oben in einer Spitze zufammen kommen, inwendig aber hol find : viefes gefchtehr, ihn defto eher an der freyen Luft zu trocknen. ind fo ift ver geröftete Flachs zum Dörren fertig, er falle allezeit viel weißer aus, als der, fo nur ander Erde gelegen hat : da im Öegentbeile das Baft von Diefem weit zärter und folglich das Geſpinnſte weit flärer ausfällt, als bey dem in Waffer geröfteten, An etlichen Orten hat man Dörrbäufer, in welchen er gegen Erlegung eines gewiſſen Zinfes gedörref, und in denen darbey angelegten Brechfchuppen gebre« het wird, Der meifte Flachs aber wird auf denen Dörfern nach verrichterem Backen in den Backöfen gedoͤrret. Man fehrer ven Backofen forgfältig aus, ſtecket ihn derb voll Slachs, und läffet ihn drey Tage ſtecken, da man ihn denn zum Brechen dörre genug befindet. Durch das Hecheln erhält man drey Sors ten Öefpinnfte : das grobe Werk, das Mittels werk, und den Elsren ausgebechelten Flachs. Aus diefem wird das grobe, mitflere und Elare Garn gefponnen, | Im Schönburgifchen find hin und wieder auf den Dörfern Garnhändler, die wöchentlich einmal von Haus zu Haus umgehen, das Garn zuſammen Faus fen, das der Hauswirth zur nöthigen Hausleinewand, die er. gegen Dftern weben läßt, nicht braucht, es nach» bero auf den in Städten angeordneten wöchentlichen —* E4 Jahr⸗ 72Abhandlung ———— weiter an die Leinweber verkaufen, die es denn zum Halbwoͤllenen oder auch zum Cannefaß verarbeiten. Am Obergebirge wird theils Leinewand theils Zwirn aus dem Garne verfertiget. Es iſt nur Schade, daß die Zwirnbearbeitung noch nicht zu folder Bollfom» menheit gebracht worden ift, zu der fie leichte kom— men koͤnnte wenn fie nicht von fo fehr armen Leuten, die ein elendes Stüdlein Brodt zu erwerben fie zeithero fortgeſetzet haben, veranſtaltet wuͤrde. Ich will nunmehro einige Betrachtungen, die mir bey Unterſuchung dieſer Mahrungsart, beygefallen find, denen tiebhabern der Landwirthſchaft zur Beurtbeilung miceheilen; fie aber bitten, meine Gedanken in der Ab- ficht aufzunehmen, in welcher ich miv, fie zu fagen, die Erlaubniß ausbitte; nämlic) id) wollte gern, daß in manchen Stuͤcken vorſichtiger verfahren, mehr Ver— ſuche angeſtellet, und endlich auch der Sinchebiu vera befjere würde, | Man füet fein ums Sohn, Das ift: arme $eute, die feine eigene Aecker haben, geben denen Bauern oder Grundbrfigern 6 Gr. für 4 Acker. Oper fie düngen den Acker. Beil nun die Bauern öfters mit der übrigen Arbeit nicht fertig werden fünnen ; fo koͤmmt der Sein zu fpäte unter die Erde, da nämlid) die Winterfeuchtigfeie faft ganz vorbey it. Diefem Fehler kann wohl auf Feine andere Art abgeholfen werden; als. daß ein ämfiger und ordentlicher Hause wirth die Beſtellung derer Hecker, fü viel nur immer möglich) ift, und fich will thun laffen, zu befchleuni: gen ſachet. Der von der Flachsnahrung. 73 Der Seinfamen bauet fih aus; fo daß nach Ber: lauf von etlichen Jahren neuer Saame muß erfaufet werden. : Diefen erhält man aus Qur-und siefland; und muß ihn in unferm Stande gar oft fehr ‚theuer bezahlen, Man erfennet den wahren liefändifchen $einfaamen, wenn man ihn mit unferm einheimifch erbauten vergleichef, da man ihn denn an Korn viel £leiner befinden wird, Es ijt eine Erfahrung; daß wenn der $einfaamen aus einem Fältern Sande in ein mwärmeres gebracht und aefaet wird, er am Stängel und Knotten weit beffer wächfer. Und dieſes mag auch die Urfache feyn; daß der Eur-und Lieflaͤndiſche bey uns mit groffem Bortbeile ift gefäet worden. Es ift ferner befanne: Daß unfere gebirgichten Gegenden um ein ziemliches Falter liegen, als das platte Fand. Folglich Fönnte der im Gebirge erzeigte Leinſaamen im platten Sande mit Mugen gebrauchet werden. Das Gewerbe würde im Lande befördert, und man fähe fih nur nody auf dem Gebirge genötbiget Eur: und giefländifchen zu erfaufen, und das Geld dafür aus- zugeben. Das Ausarten fcheinet aber auch größfen Theils mit von dem unreifen $einfaamen herzukom⸗ men. Der Flachs wird nicht mitten auf dem Beete und in der Furche zugleich reif. Konnte man nun nicht das Mittel des Beetes zu Saamenlein aparte raufen? Die Hachsraufer dürften nur anders ange: leget werden, fo wäre diefes leicht möglich, Denn anjego taufen zwey Weiber ein Beet; beyde fangen von der Furche an, und raufen gegen das Mittel, und von da wieder gegen die Furche sc. Ließe man | nun die Surche von zwey Beeten einer Frau über ; fo würde Das Mittel einer abzuraufen übrig bleiben, | Es Oder 74 Abhandlung Oder man koͤnnte den Flachs auch wohl etwas laͤnger ſtehen und reifen laſſen, den man zu Saamen ges brauchen wollte; ihn auch dünner faen, damit er rei⸗ cher an Knotten würde. Oder den recht reif werden laſ— fen, der die meiften Knotten hätte, und nicht fo fein am Stängel wäre. Es find fehon hier und da erli« che Wirthe, die durch ihren Fleiß es dahin gebracht haben, daß ihnen der Leinſaamen nicht mehr ausar- gen will; fondern fie gebrauchen den erbauten feins faamen von einem Jahre zum andern mit jo großem Bortheile, als ihre Nachbarn den fremden, Diefes wollen alte, erfahrne und glaubwürdige Hauswirthe mit Örunde verfichern, daß man Schaden an Stäns geln leide, wenn man zu fehr auf das Reifwerden Des Seines Acht habe, Die ſpaͤte Saat kann zum öftern nicht lange ge« nug liegen, und alfo nicht gehörig röften, will man nicht der Gefahr unterworfen feyn, daß der Flachs verfihnenet werde. Der Bauersmann hat auch im - Herbfte alle Hände der Seinigen nöthig, die Feld- früchte vor dem Winter einzubringen, und fic) nebft feinem Vieh zu verforgen, und auf einen langen Winter gefaßt zu machen. Zu dem Ende iſt es an etlihen Orten gebräuchlich, daß man die fpäte Saat nur ein wenig trocknen läffet, und das darauf folgen= de Frühjahr ihn wieder auf den Acker aufbreitet und vollfommen röftet, da die Weibesleute ohnedem nicht fo viel Arbeit als im Herbite zu verrichten haben, Sch will nunmehro alle bey dem Flachsbau vor« fallende Arbeiten und Ausgaben überfchlagen, die Ausgaben feharf rechnen, von dem Nutzen aber nur die mittlere Zahl nehmen. a Ein von der Flachsnahrung. J Ein Viertel Leinacker iſt im Schoͤnburgiſchen ein Beet, das 180 Schritte lang, und 2 Schritte breit iſt. Auf ſolches ſaͤet man 4 alte Maͤßel Leinſaamen Rthlr. * Pf. und bezahlet fuͤr den Acker Ein Viertel zu gaͤten koſtet zu raufen zu riffeln zu breiten aufzuheben das Fuhrlohn zu doͤrren welches man auch nach dem Backen umſonſt haben kann. Ein Viertel giebt 5 Schock Reiſten, ein Schock Reiſten zu brechen Gr. 6Pf. 7 ein Viertel zu hecheln 34 ein Schock Reiſten giebt z auch 4 Stuͤck Garn: Wenn man es ſpinnen laͤſſet, bezahlet man für ein Stuͤck 3 Gr. betraͤgt alſo das Spinnerlohn des ganzen eigen ! tels 2 — SE 169l.1opf, "Ein Stid hat 6 Sträbne, ber Sträßn 20 Bes binde, das Gebinde 40 Fäden auf einer 2 ellichten Weife. Auf der Ellenweife, fo die auf dem Erige: birge gebrauchen , weifet man 20 Gebinde , ar 48 Faden, Es beträgt alfo die Ausgabe aller Arbeit, wenn fi fe e durch fremde Hände gemacht worden ift, | 3 — 16 gl, so pf. ee: Karesıe 2 2 I 2 4 a Wenn 76 Abhandlung vonder Flachsnahrung. | Wenn ich nun ein Schock Neiften fpinnen laſſe, und den allerwohlfeilften Preis des Garns zum’ Grunde feße, fo beträgt ſolches 1thlr. 16 al, — pf. diefen 5 mal genommen , weil ein Viertel ; Schod Keiften giebt, wenn der Flachs wohl geräth, thut sthle.6 gl. — pf. die Unkoften davon abgezogen 3... 100w bleibt an wahrem Mugen übrig zthlr.13gl. 2pf. Der größte Miswachs Fann alfo hier bey dieſer Nahrungsart, dem Wirthe feinen Echaden thun. Denn erfilich thun die Weibsleute alle dieſe Arbeiten, Die doch fonft nichts -oder wenig verdienen Fünnen, Zum zweyten, muß die Unfruchtbarfeit fehr groß fenn, wenn nur 2 Schock Keijten heraus kommen ſollten, welche. denn alle angewandte Arbeit reichlich belohnen, Ein Viertel giebt wenigftens 4 Viertel $einfamen, den man entweder wieder verkaufen, oder Oehl daraus fihlagen Fann. Dieſes aber will ih mie Stiffefchweigen über: gehen, Johann Friedrich Stoy. v. Unter— 77 PERLE Un En nn ZZ Zu m 2 ** x V. Unterfuchung der Natur und Eigenichaften der Glasgalle. Bon Herrn Bott. Aus den Schriften der kön. preuß. Akademie der J Wiſſenſchaften, 1748 Jahr, 16 u. f. ©. 3 I, £ ER as, was wir jeße unferfuchen wollen; ‚ Füße 9 vetinsgemein den Namen Fel Vitri, Glas⸗ "alle. Dieſen hat fie nicht von der Galle von Thieren , welche die Naturlehrer fonft für. eine lautere Unreinigfeit hielten, befommen, eben ‘als wenn diefe Galle auch) eine Unreinigkeit wäre, Die das Feuer von. dem Zeuge, moraus das Glas ge⸗ made wird, abſonderte; und welche eine gewiſſe Bit- terfeit ben ſich fuͤhrte. Diefe Benennung rührt viel» mehr von einem Irrthume in Der Ueberſetzung Ddesje« nigen Namens her, den Diefe Materie im Deutfchen führer, Man heiße fie da ordentlich" Ölasgalle; und ‚wie die eigentliche Bedeutung des Worts Balle Piel ift, fo überfegt man den ganzen Ausdruck durch Ziel deVerre. Allein ich halte es für viel wahrfcheinlicher, ‘daß man hier die alte Bedeutung des Worts Galle hervorfuchen müffe, da man eine Blafe im Schaume "Darunter verftund. Man bat diefe a * eybe⸗ 78 Dotts Linterfuchung, beybehalten, ‘in dem Worte Waſſergalle, u i. Waſſerſchaum, welcher wegen der Leichtigkeit der Luft, die er in fich ſchließt, die Oberfläche des Waf- fers einnimmt. > Auf eben diefe Weife wird die Glas⸗ galfe durch die Gewalt des Feuers immer auf die Dberfläche des Ölaszeuges geftoßen. Aus einem nämlichen Grunde hat man ihr auch den Namen des Fetts oder Glasfchweißes, axungia vitri beyge⸗ leget, obgleich gar nichts Fettes an ihr iſt. Endlich haben fie einige aus einem Misbrauche Glasſalz genennet; und Crollius nebft einigen andern be» dienten ſich des Namens Anatron, — | 2, Diefe Materie ift nichts als eine Vermiſchung von Salz und Erde, welche wie ein Schaum auf der Oberfläche des flüßigen Glaſes herumſchwimmt, und während diefer Slüßigfeit abgefaumt wird, Naͤm⸗ lich; wenn man den Zeug, deffen mai fich zum Glasmachen zu bedienen pfleget, und den man den Einſatz oder die Sritre nennet, gehörig zubereitet ‚hat, und wenn folcher eine Zeitlang ziemlich flüßig geweſen ift: fo rühree man ihn mit einem hierzu be= quemen Eifen herum; damit man fehe, ob er vollkom⸗ ‚men und durchaus .flüßig fey. Iſt man hiervon verfichert,, fo nimmt man den Schaum des gluͤen⸗ den Salzes, welcher oben darauf ſteht, und mit dem Glaszeuge unvermifcht bleibt, hinweg, fchürter ihn ins Waſſer, und befümmt alfo, wenn er geronnen, ‚weiße oder afchenfarbe Kuchen. Unter diefen Rus chen uͤbertreffen Diejenigen, welche bey Verfertigung des Cryſtallglaſes gemacht werden, die andern weit an Weiße, und diefe find es, welche die eigentlich ſogenannte Ölasgalle ausmarhen. In der That se en / ® von der Glasgalle. 79 ben alle Arten des Glaſes eine ähnliche Materie, fo wohl das gemeine grüne oder weiße und Kreiden= glas, als das Eryftallglas; nur giebt das gemeine Glas weniger, weil eg einen geringern Theil von Salze bey fich führer, da hingegen das freidenfarbene und Ernftallalas weit mehr Galle abwirft, weil es viel mehr Salz hat: Hieraus Fann man die gewiffe Nes gel ziehen, daß jemehr falzige Zuthaten in die Fritte kommen, defto mehr werfe fie Ölasgalle, und umges kehrt. Dieienige, welche man insgemein zu verfau« fen bat, ift faft Ducchgehends von Kreiden- und Sode⸗ glaſe. Einige wollen behaupten, daß man fich et« was befonders von derjenigen Ölasgalle verfprechen Fönne, die man vom Rubinglaſe abnimmt; allein ich ‚glaube, daß diefes Borgeben ohne allen Grund fey. 3. Die gemeinen Öattungen der Ölasgalle find dieſe: erftlich die unfere, oder die, welche man aus ‚unfern Glashütten bekoͤmmt, dann die italiänifche und die, welche man gemeiniglich die holländifche nennet, die aber eigentlich aus Spanien if. Alle diefe Öattungen haben etwas mit einander geinein; aber man bemerfet an ihnen unter gewiſſen befondern Umftänden auc) einen gewiſſen Unterſchied. Dieſer Unterfchied rührt von den mehr oder weniger reinen Salzen ber, die darzu genommen worden find ; es ‚mögen nun alcalifhe Salze oder Pottafchen, Afche ‚von Pflanzen, Salpeter, Weinftein oder Sode ꝛc. ges weſen ſeyn. Er rühret weiter von den größern oder geringern Berhältniffen der Salze, von der längern ‚oder Fürzern Zeit her, nach Ablauf welcher diefe Galle aus dem Glasofen genommen worden, und folglich von der Länge und Kürze ber Zeit, die fie beym | Feuer so Potts Unterſuchung, € Feuer geftanden, Alle diefe Dinge verurfachen, daß die Maffen der Glasgalle, fowohl in Anfehung der falzigen als irdgnen Theile, verfchieden werden, 4. Einige machen ſich die Glasgalle felbft, indem fie gemeines Sal; mit eben oder doppelt fo viel Ölas, oder auch mit Kiefeln vermifcht, in dem Schmelßtiegel zergehen laffen, und die obern Schlafen oder dag Sal; von der untern zu Glas gewordenen Maffe ab- fondern. Allein was bier heraus koͤmmt, ift mit unferer ordentlichen Glasgalle nicht vollkommen ei— nerley, weil es noch viel gemeines Salz, welches nur in geihmolzen Salz verwandelt worden, bey fih führe. Man bat aud) eine Glasgalle, die die. Goldfcehmiede ordentlid) aus gemeinem Salz; , Lau⸗ genfalz und Silberglöt verfertigen, welches fie ſtatt Des Dorar, der viel theurer ift, zum $öten brauchen; aber fie Eommt eben fo wenig gänzlich mic der unfern uͤberein, ob fie gleic) in gewiffen Umftänden die naͤm⸗ Tiche Wirkung hervorbringen möchte, Bi 5. Schon vor vielen hundert Jahren haben die Naturlehrer, Chymiften und Arzneyverftändigen uns fere Glasgalle in ihren Schulen befannt gemacht und zu verfchiedenen hymifchen Berfuchen gebraucht. Die Handwerksleute ſelbſt Haben fich derfelben bedienet, und in der Arzneykunft hat man ſich einigen Mugen damit verfchafft. Indeſſen habe ich noch niemanden gefun⸗ den, der fi vorgenommen hätfe, eine genaue phy— ſiſchchymiſche Unterfuchung darüber anzuftellen, und eben deswegen habe ich folche Arbeit übernommen. 6. Diejenigen, welche fich, außer den Schriftftel- fern von der Phyſik und Ehymie, bis Daher bemuͤhe⸗ sen, die Natur und Eigenfchaften der Ölasgalle zu rn — beſchrei⸗ von der Glasgalle, | 81 beſchreiben, tbeilen fich in ziween Haufen; der eine jeget fie unter die Gattungen vom gemeinen Salze, und der andere unter die alfalifchen feuerbeftandigen Salze, Herr Rönig, der zu der erften Partey gehoͤret, er- Elärer fie in feinem Regn. Miner. durch einen ges falzenen Glasſchaum, der aus einer Menge Salz und Erdentheilen entftebet, in welchen ſich Salz und Erde bey der Verglaſung fo ges nau vereinigt haben, daß es ſchwer bält,fievon einander zu ſondern. Vor ihm hatte fchon Cache— nius beynahe eben diefes gefagt, in feinem Hi ppoer. Chym. wo er dieſe Befchreibung davon giebt. Sie iſt, fpricht er, ein fcharfes Sals, das die Schaͤ⸗ fer ihrem Viehe als gemeines Salz zu lecken geben, welches in freyer Luft zerſchmelzt; und fodann ſcheidet fich der darunter gemifchte Riefelftaub ab. Diefer Saft gerinnet alsbald zu gemeinem Salze, wie wır feben, weil es fidy Eöent , und wenn man es diftilliver, Und anderswo feßet er hinzu: Die ÖBlasgalle bekoͤmmt ihr geſalzenes Weſen von, der natuͤrlichen Saͤure des Rieſelſteins; denn ſie macht nicht, daß ſich der Merecurlus völlig fest. Daher berichtet auch Werret *, daß man fi) in Frankreich derfelben bediene, die Speifen Das mit zu fahren, Hierauf gründet fich ohne Zweifel Mort, (Fac. Chym. pag. 95.) wenn er fo ges troſt fpricht: Die Ölasgalle £ömme der Natur —* gegrabenen Salzes nahe; wenn man fie | diſtil⸗ *Anmerk über Neri Glagmacherkunft 1B 9 Kap. 239 ©. in Kunkels Glasmacherkunſt. Bed 7 Band. F 22 Potts Unterfuchung, diſtillirt, bekoͤmmt man einen ſauren Geift, der wie Salsgeift iſt. Der Hauptgrund, worauf fich alle diefe Scribenten fteifen, ift, daß man in Ita— lien und Spanien die Soude mit zu dem Glaszeuge nimmt; allein diefe Soude ift fein bloßes Laugen⸗ ſalz, fondern fie führt noch viel gemeines Salz bey fih, weil die Pflanze Rali an dem Ufer des Meers und geſalzner Teiche wächfer, aus welchen fie das ge⸗ meine Salz an ſich ziehe, fid) Davon voll faugt, und vieles ohne Veränderung in fich behält. Man darf. fie nur Foften, fo entdecft man fchon einen gefalgenen Geſchmack, und eben darinn befteht der Unterfchied zwiſchen ihr und dem gemeinen alfalifchen Salze; im⸗ gleichen darinn, daß man auch etiwas von dem wun⸗ derbaren Salze bey ihr finder *, Hierzu koͤmmt noch, - Daß der Salpeter, den man darzu anwendet, gewifles Glas zu machen, insgemein nicht geſaͤubert genug äft, fondern fo gar etwas vom gemeinen Salze bey ſich führer, Doch ungeachtet alles deſſen, was erſt angeführt worden, werden folgende Erfahrungen auf das Elärfte zeigen, daß fü gar wenig gemeines Sal; in der Glasgafle zurück bleibet, daß man nicht den geringften Grund hat, fie unter die gemeinen Salze zuzäblen. Die Erfahrungen, womit man diefer Sache gern ein Anfehen geben möchte , find zum Theil falfch, zum Theil nicht gehörig unterfucht, theils übel angebraht, | | 6. Herr Merret haͤlt dafür, die Glasgalle fey eine Öattung von alfalifchem Salze, die in der Ber: glafung ® Sch vermuthe Sel merveilleux wird Glaubers Sal mira, bie andenten follen- K. * —von der Glasgalle. 83 glaſung nicht genug zu Glaſe werdender Erde bes koͤmmt, und folglich unvollkommen bleibet. Man kann nicht leugnen, daß dieſes einigen Schein der Wahrheit habe; weil richtig iſt, daß man nie irgend ein gemeines Glas machen koͤnne, ohne Laugenſalz darzu zu nehmen, von dem ſich freylich die uͤberfluͤs⸗ figen Theite auf diefe Weife abfondern Fünnten. Fer⸗ ner unterläßt Herr Merret nicht, aud) auf dieſe Umftände zu dringen, daß die Glasgalle in freyer Luft ſchmelzt und bey dem Beilchenfafte eben Die Wir: fung wie die übrigen alfalifchen Salze hervorbringt; nämlich feine blaue Farbe in die grüne. Mit allen dem kann man diefe Meynung nicht annehmen; da auch ſo gar das überflüßige alfalifche Salz fich mit der Glaserde genau vereinigt, wie man die Probe davon an der Maffe findet, die man zubereiter, um den Kiefelfaft zu machen. Es giebt auch viele ges falzne Droducte die offenbar fauer find und dem Veil⸗ chenſafte die grüne Farbe geben. 2. Ich habe daher angefangen die Sache, wovon hier die Rede ift, für mich felbft zu unterfuchen, und Diefe Unterfuchung gab mir folgendes zu fehen. Die Glasgalle erhält ihr feites Wefen in freyer Luft noch ziemlich und löfetfich felbft fo Teiche nicht auf, es wäre denn, daß man fie lange genug in einem Falten und feuchten Keller habe ftehen lafjen; in weichem Falle die meiften mittleren Salze anfangen, fich einigermass fen aufzulöfen ; dieſes zeigt ſich auch an dem gemeis nen Salje, wenn es an einen folchen Drt gefeßt wird, Die Glasgalle zerfließe, wie alle andere Salze, im Maffer ziemlich geſchwinde, und wenn fie gefeihet worden, loͤſt fie fich alfo r ‚, daß fie RP x 2 — e 8 84 Ports Unterfuchung, hell und durchfichtig wird. Im Seiher laͤßt fie ei⸗ nen mweißlichen Satz zurüf, und zwar bisweilen mehr, bisweilen weniger; denn man hat eine Cat: £ung, die mir nur ganz wenig folchen irrdifchen Sag gab, da hergegen jedes Pfund von einer andern vier Unzen abwarf. Geußt man Bitriolöhl auf diefen Sas, fo geräth er in ein fehr mäßiges Aufwallen; die⸗ fes bemweift, daß er fehr wenig alfalifche Erde in fich hat, und daß er meift aus Erde befteht, Die fic) verglafen läge, Im Feuer erhält ſich unſer Salz auch, und diefes ſetzt es in die Reihe der feuerbeftändigen Salze. Streuet man efwas davon unmittelbar auf gluͤende Kohlen, fo giebt es ein Fleines Geziſche, welches doch von dem Gezifche , welches das gemeine Salz ordentlich verurfacher, fehr unterſchieden iſt. Koͤmmt es aber in einem Schmelstiegel zum Feuer, fo wird es geſchwind und leicht fluͤßig; es wird ein wer nig roth, und eben zu der Zeit dient es uns die Auflö- fung folcher Körper zu befchleunigen, die nicht gern fchmelzen; deswegen brauchen es die Goldfchnriede, mit gutem Erfolge, den Seilftaub vom Silber einzu: ſchmelzen. | 8. In den fauren Auflöfungsmitteln verurfacht unfer reines Salz Feine Aufwallung, wie etwa der Salpetergeift,, der Geift von gemeinem Salze und der abgezogene Weineßig, welches macht, daß wir es nicht unter die alfalifchen Salze rechnen koͤnnen. Indeſſen geben uns einige Gattungen von dieſem Salze mit Bitriolöhle eine gewiſſe Aufwallung zu fe- ben, welche nicht von dem alfalifchen, ſondern viele mehr von dem gemeinen Salze berrübret, wovon in gewiflen Gattungen der Ölasgalle etwas ie zuruͤ ‚von der Glasgalle 85 zuruͤck bleibt, vornehmlich in der ſpaniſchen, die aus Soude gemacht wird, und in derjenigen, die aus Glashuͤtten koͤmmt, wo man viel gemeines Sal; in bie Zufammenfeßung des Ölaszeuges bringet, Denn die andern Gattungen, worein Fein folhes Salz koͤmmt, werden in dem Bitriolöhle ordentlicher Weife nicht ftrudeln; da hingegen befannt ift, daß Vitriol: öhl und gemeines Salz ziemlich bald fiedend werden, Die Veränderung der Farbe, die ſich an dem Beil« chenfafte ereignet, führet uns eben fo wenig auf die Folge, die man hieraus ziehen will; indem das auf: gelöfte gemeine Salz, der aufgelöfte fefte Salmiac und viele aefalzene Mifchungen, die alfalifche Erde _ haben,ebendiefelbe Veränderung hervorbringen, welche nicht immer ein Zeichen von der Öegenwart bes Lau⸗ genfalzes ift. Ueberdieß fo macht vie Glasgalle den aufgelöften Alaun nicht frübe, welches doch alle wahrhafte alfalifhe Salze thun; fo wenig als fie bie Auflöfung feuerbeftändigen Salmiacs nieder: ſchlaͤgt, woraus man mit allem Rechte auf die Ab» weſenheit der Bitriolfaure ſchließen Fann, 9. Wenn unfer aufgelöftes Salz etlihemal ge feiht, abgeraucht und zu Cryſtallenſalze geronnen ift, fo giebt es Cryſtalle, welche theils dem vitriolifirten Weinfteine, theils dem Salze von Sauerbrunnen ziemlich aͤhnlich ſehen. Geht diefe Eryftallifirung langfam von ftatten und gefchieht fie zu wiederhohl⸗ ten malen, fo find die erften Erpftalle, die Daraus entftehen, länglichtrund, und die legten brudeln ins | befondere ordentlich mie Vitriolöhle auf, und geben einen Dampf von faurem Salze von ſich, welches an⸗ Bi, daß fie etwas ‚gemeines Salz in ſich haben ; 53 wovon | 86 Ports Unterſuchung, wovon ung die erften nicht die geringſte Vermuthung geden, Es gefchieht daher, daß, wenn man vier Theile faures Salpeterfalz von einem Theile Glasgalle ab;ieht, fo giebt der Geiſt, welcher übergebet, ein Aquaregis, das vermögend it Gold aufzulöfen. Das Verhaͤltniß diefes gemeinen Salzes zur Ölasgalle ift nicht immer aleich groß ; doch gefchieht es faft nie, Daß es über den vierten Theil ausmacht, insgemein macht es viel weniger aus, weil ein Flein wenig Salz» fäure ſchon Hinlänglich ift, fehr viel Salpeterfäure in Aquaregis zu verwandeln. Könnte man- unfer Salz, wenn es gereinigt ift, nach dem Außerlichen Scheine ficher beurtheilen, fo würde man behaupten, daß ſehr viel vitrioliſirter Weinſtein darunter fey: wenn man aber erwaͤget, wie ungemein der vitriolifirte Weinftein der Yuflöfung mwiderfteht , und wie gar gern fich unfer Salz fehmelzen läßt, fo wird man auf ganz andere Gedanfen gebraht. Ja, wenn die Ölasgalle etwas vitriolificten Weinftein bey fich hat, wie denn diejenige, welche in unfern Gegenden aus unfauberer gemeiner Afche und aus Potafche, die lange an der Luft geftanden find, bereitet wird, vornehm⸗ lich damit verfeben iftz fo merft man folches bald an der Art und Weife, wie fie praffelt und auseinander fpringe, wenn man fie auf glüende Kohlen wirft, oder die Flamme durch ein Löthröhrlein darauf brine ‚get: denn fo etwas fiehet man bey ungemein reinem Salze nicht, welches doch den vitriolifirten Wein— ftein mit fih zum Schmelzen bringt; eben fo verhält es fih auch mit dem vitriolifirten Weinſteine, der durch eine Zuthat von gemeinem Salze, oder von alkaliſchem Salze, oder von gebranntem Alaun, ober | 3 von von der Glasgalle. 87 von Vitriol, das mit feinem Sauren gefättiget iff, eine fehr dünne Flüßigfeit erhalten hat. Man muß Dahero vielmehr annehmen, daß das meifte und haupt⸗ fächlichite von unferm Salze, mit demjenigen über» - ein koͤmmt, welches den Namen des Hlauberifchen Wunderſalzes führt, Wenn es fich nicht in fo große Cryſtalle formt, als die Körner von dieſem MWunderfalze find, fo hat diefes feine Schwierigfeik, denn feine innerliche Finrichtung, nach der es aufs gelege wäre diefe Figur anzunehmen, wird durch Das heftige Feuer, welches bey dem Glasmachen nö« thig ift, zerftöret, melches macht, daß fie das Ges feß von der Imveränderlichfeit der Figur, das den Salzen gemein ift, überfchreitet, Diefes beftätiget das Wunderfalz felbft, wenn es rein ift; wenn man es einige Zeit an ein heftig Feuer feßet, und darauf zue Auflöfung und Cryſtalliſirung fort gebt, fo giebt es nur ganz Fleine Cryſtalle. Doc ift es möglich, daß gewiſſe Arten von Glasgalle, vornehmlid) die - fpanifchen, bisweilen auch einen Theil Wunderfalz in großen Cryſtallen fehen laſſen; denn ich fehe, Daß Boylen etwas vergfeichen begegnet iſt, ob er fich ‚gleich, nicht unterftanden hat die Gattung zu beſtim⸗ men, noch den wahrhaften Mamen anzugeben, in: dem er erzähle, daß, als er im Waſſer aufges loͤſte Glasgalle zum Cryſtalliſiren gebracht, verſchiedene ſalpeterfoͤrmige Cryſtalle daraus wurden, die ganz durchſichtig waren und auf die letzt gemeines wuͤrfelfoͤrmiges Salz; er fuͤget hinzu, daß dieſe Cry⸗ ſtalle in der Hitze ſich in Kalk verwandeln, aber daß ſie im Waſſer die Geſtalt der Cryſtalle wieder anneh⸗ men, Er konnte dieſe Naturbegebenheit, zu der F4 Zeit * 88 Potts Unterſuchung, Zeit da er lebte, nicht aufloͤſen, aber heut zu Tage iſt es bekannt genug, daß das Wunderſalz diejeni⸗ gen Eigenſchaften an-fich habe, auf. welche es bier ankoͤmmt. Daher koͤmmt es, daß.die aufgelöfte Ölasgalle das duch Scheidewafler aufarlöfte Queck⸗ filber -niederfchläge und ihm eine gelbe Farbe giebt, eben fo wie das aufgelöfte Aunderfalz zu thun pfle- get, wenn Bitriolſaͤure am Queckſilber Hänger. Es ift andem, daß die Farbe desjenigen Quecffilbers, wel- ches mit Wunderſalze niedergeſchlagen worden, ein wenig gelber iſt, als das mit der Glasgalle; allein ich meyne, dag man die Urſache hiervon in der alka⸗ liſchen Erde, die unter diefer Galle ift, zu fuchen habe. Desgleichen giebt uns die Afche, der die. Schaͤrfe volkommen benommen , die darauf mit Vi: triolſaͤure gefättiget und endlich eryſtalliſirt worden ift, eine Arc von bitterm ſchmelzbaren Salze, wel ches mit dem unfern unter gewiffen Umftänden eine fehr große Aehnlichkeit bar, ‚10, Den vornehmiten Theil von dieſer Glas— galle macht alfo eine Art von Wunderſalze aus, und man. brauche, bier. die erften Theile, die diefes Salz urfprünglich ausmachen, nicht weiter berzubohlen , da man das gemeine Salz in der Soude und in der Afche eine Gattung von alfalini- fcher Glaserde alsbald entdecket. Mur wegen des Dafeyns des Vitriolfaftes möchte man einigen Zwei⸗ fel hegen; allein wie die alfalifchen Salze mit der Zeit einen folchen Saft aus der $uft an fich ziehen, und wie es wahrfcheinlich ift, daß das ftarfe Feuer in den Öfasöfen die befondern Eigenfchaften ver Säu- ven austilgee, welches verurfacher, daß das übrige feinen von der Glasgalle. 89 feinen erften Zuftand wieder annimmt : fo darfman eben fo wenig weiter gehen, um das Saure, wovon hier die Rede ift, zu finden. Hierzu koͤmmt noch, daß man vermuthet, in der Glaserde, a's im Sande, ‚ Kiefelfteinen , Ziegeln ꝛc. ſtecke eine Vitriolſaͤure, die ſich von ihnen durd) Die Maffe ausbreiter. Tacke⸗ nius felbft unterftund fich zu ſagen: es fey ein ſau⸗ ver Saft in den Riefelfteinen, welches mit Bec⸗ chers Grundſaͤtzen ziemlich überein fommt, und feine erften Erdtheile; wir wollen uns nicht einmal auf eis ne Erfahrung berufen, die ebenfalls für diefe Mey— nung zu ſeyn ſcheinet; fie es darinn, daß, nach» dem man. alkaliſches Salz, Kieſelſteine und ı gemeines Salz in einem Töpfersofen bat kochen und in vielem Wafler auflöfen laffen, fo wird zum Theile eine Gat— tung von Wunderfalze daraus. Und Diefes wird efe was forgfältiger zu unterfuchen feyn. ı. Wenn man die fpanifche Glasgalle —— | ref, indem man fie langfam und etliche male hinter. einander abrauchen läßt, fo ift die Materie, welche zus legt übrig bleibt, und die nicht weiter in Cryſtalle verwandelt werden kann, ein wenig alkaliſch Salz und ein Fleiner Theil alalifche Erde, die ſich in dem ftarfen Salzgeifte aufgelöfet bat; denn mit Scheide. waſſer fängt diefe Materie an zu fieden und macht, - daß fich die Erde zu Boden fegt : mit dem Vitriols oͤhle ſiedet fie noch weit heftiger, wirft die alfalifche Erde nieder, und dunſtet zu gleicher Zeit einen Salzgeiſt aus, der uns bald in die Naſe faͤhrt. Laͤßt man die aufgelöfte Slasgalle in einem bleyer⸗ nen Gefäße abrauchen und zum Cryſtalliſiren ſtehen, ſo werden alsdann ziemlich kleinere Cryſtalle daraus ; 5 aber 9 Bott! Umterfuchune, aber wenn man fiein einem zinnernen Gefchirre ab⸗ rauchen und cryftallifiren läßt, fo werden die Erys ftalle viel größer und länglichter. Indeſſen werden jene fowohl als dieſe zu weißlihem Staube, wenn fie in lauliger Luft ftehen, wie fich diefes bey dem Wun« derfalze ordentlich ereignet. Hieraus kann man fol gern, daß die Gefchirre, deren man fich bedienet, Vers anderungen und Abwechſelungen im Erpftallifiren verurfachen, woran der größere oder geringere Grad. der Kälte fihuld feyn muß, den Das eine leichter als das andre annimmt. Eben alfo ift es mit allen übrigen chymiſchen Erfahrungen, die diefen Punkt betreffen; man bemerfet darinnen die Hebereinftimmung unfers Salzes mit dem Wunderfalze; denn mit Koblftaube vermifcht, macht es eine Schwefelleber aus, und giebt einen vollfommenen Schwefel; mit einem gleis chen Gewichte von rohem Spießglaſe, zerfließt es in Spießglasteber, fo daß es nicht Das geringfte von reis nem Spießglafe übrig läßt ; aber wenn eg mit eben fo viel Spießglasfönig geſchmelzt worden, fo zerftöree es etwas Davon, oder verwandelt es in Sechla— en, und der übrige Theil des reinen Spießglafes Bleibe unverändert, ausgenommen , daß deflen Stras fen ein wenig Fleiner werden, Glasgalle und Alaun unter einander und zugleich gebrannt oder geſchmol⸗ zen, giebt fehr reichlich und in ziemlich großen Cry⸗ ftalfen ein Wunderfalz, weil man da das überflüßis ‚ ge gemeine Salz mit der Bitriolfäure, die fih im Alaun befindet, genugfam färtiget. Glasgalle mit geläuterter, zerloflener und gehörig abgerauchfer Sou⸗ de geſchmolzen, formt fich zu ziemlich großen Cry⸗ fallen, Eben diefe Glasgalle in zween Theilen —* | gr” von der Glasgalle. 91 de zerfaffen und fange am Feuer gehalten, giebt eine große Menge flüßiges durchſchwefeltes Glas; weil die Säure von unferm Wunderfalze mit dem Irrdiſchen der Soudefohlen fogleich einen Schwefel giebt, und die glasachtige Erde von diefem Schwefelfauren wird zu ſchwarzem gefchtwefelten Glafe, wenn man ihr mit dem Feuer fange zuſetzet. Wenn man diefe Erfahs rung machen will, muß man rohe Soude darzu nehmen: denn Ölasgafle mit unreiner Soude wird durch Schmelzen und Auftöfen eine Schmwefelleber ; anftatt daß die Bitriolfäure von unferm Sake fammt dem Irrdiſchen von Eoudefohfen einen Schwefel giebt, den Das alfalifche Salz von der Soude aufld« ſet und anbäft, ı2, Die Verwandtſchaft unferes Salzes mit ein fachen Erdarten koͤmmt mit der Verwandtſchaft übers ein, die das Wunderfatz mie den nämlicdyen Erdars ten Hat, Eben fo wie die Krefde oder der Marmor mit zween Theifen unvergleichlichem Salze in einen Teig zufammenfließen , welcher ausfieht, wie Glas, das in das Grüne fälle, Diefe Kreide mit eben fo viel Glasgalle will ſich nicht ſchmelzen laflen; nimme man aber zween Theile Glasgalle, ſo koͤmmt ebenfalls eine Maſſe heraus, die wie Glas, gelblich und gruͤn⸗ lich iſt; gleichwohl ſchaͤumet ſie anfaͤnglich gewaltig, und wenn der Schmelztiegel allzuvoll gefuͤllet iſt, ſo laͤuft fie gern über x es hat ſich fo gar bisweilen zu⸗ .. getragen, wenn man mit dem Feuer zu heftig anbielte, daß die ganze Maffe durch den Schmelstiegel drang ; wann man fi aber eines mäßigen Feuers bedienet, 92 Potts Unterfuchung, fo. beingt, man eine fefte, weiße und gefalzene Maffe heraus. Alabafter mit eben oder doppelt fo viel Wunders falze giebt einen grünlicht gelben Körper wie Glas ; gleichwohl dringt die ganze Materie durch den. Schmelztiegel, wenn man fie etwas lange an einem ganz ftarfen Feuer ftehen laͤßt. ben diefer Alaba- ſter mit gleichviel Ölasgalle bleibt einigermaßen los ker und voll Zwiſchenraͤumchen, wegen der Unreinig— feiten, womit insgemein die Ölasgalle untermifche iſt; aus eben diefem Grunde befam ich einftmals von zween Theilen Ölasgalle eine Maffe von etwas braus ner Farbe; und ein andermal eine weniger Dichte und weißliche Farbe: indeflen dringt fie bey einem etwas beftigern Feuer ebenfalls durch den Schmelztiegel. Weißer Thon mit einem, zween, drey ‚oder vier Theis len vom Wunderfalze vermifcher, und ans Feuer ges ſetzet, ſchmelzt zu einer undurchfichtigen afchenfärbig weißen Maffe zufammen; eben diefes gefchieht, wann man weißen Thon mit gleich- oder zweymal fo viel Ölasgalle durcheinander rührt. Kiefelfteine mit eis nem, zween, drey oder vier Theilen Wunderſalze am Seuer durcheinander gerührt, vereinigt fich zu einer weißen Maffe, die ausfieht wie Schaum, fo locker ift ihr Gewebe. Die nämlichen Kiefeljteine mit einem oder zween Theilen Glasgalle geftehen eben zu einer ſolchen weißlichen Maffe zufammen. Zmeen Theile Glasgalle mit einem Theile Quarz vereinigen fich auch zufammen, aber nur obenber, nicht durchaus, noch fo, daß eine vollfommene Bereinigung oder Bereinba- rung da wäre, Auf gleiche Weife geben zween ebeir | e von der Slasgalle. 93 le Glasgalle mit einem Theile Flußſpat eine aͤhnliche Maſſe, die aber gelblicht und zum Theile roth iſt. Endlich laͤßt uns die Glasgalle mit einem gleichen Gewichte gepuͤlvertes Glaſes, nachdem ſie lange Zeit fluͤßig erhalten worden, ein Glas, das mit weißer Farbe durchzogen und von ſolcher Haͤrte iſt, daß es Funken giebt, wenn man damit wider den Stahl fchlägt; aber diefe große Heftigfeit des Feuers zer ftört den größten Theil der Öfasgalle. 13. Es iſt noch) übrig, daß wir etwas von dem Nu⸗ gen desjenigen beyfügen, wovon wir jeßt gehandelt Haben. Da mir oben gewiefen haben, daß, wenn uns fere Glasgalle gefäubert ift, man finde, daß der befte Theil im Wunderſalze beftehe, fo entdeckt uns diefeg ein Mittel, wie mir uns diefes fonft theure Salz wohlfeiler anfchaffen Fonnen, und wie man ſich an deſſen Statt bey chymifchen Berfuchen und zu mediei⸗ nifchem Gebrauche desjenigen bedienen Fönne, welches Die Glasgalle abgiebt, Bis daher beftund der größte Vortheil, den man aus diefer Galle zog, darinn, daß man ſich derfelben, wie die Goldfchmiede thun, zu Schmelzung des Feilftaubs von Gold und Silber bes diente, und um den Borar bey dem $öthen zu erfpa= ren, Die in den Bergwerken arbeiten, gebrauchen fich derfelben aud) zum Schmelzen der Erze; vornehmlid) dererjenigen, die ſchwerlich fliefien : fie dienen darzu, die Fluͤßigkeit bey bartflüßigen und irrdifchen Theilen zu befördern und fie von den Erztheilen abzufondern, als fo daß diefe zufammenfließen und fich vereinigen koͤn⸗ nen. Allein diefe Galle reicht ſchwerlich überall als lein zu, weil der König leichtlich etwas gefalznes zu⸗ | ruͤck 94 Potts Unterfuchung rück behäft, vornehmlich wenn ſich eine Vermiſchung von Schwefel in dem Erze findet ; denn alsdann ſchmelzet ihn unfer unvergleichliches Gal; in eine Schwefelleber, welche Leber ſich abermal eines be— trachelichen Theils von Metall bemächtiget, ihn aufs löft und in Schlacken verwandelt. Es ift dieß eine Wirkung, der wir oben ſchon bey Öelegenbeic der Erz fahruna mit dem Spießglafe gedacht baden Man gebraucht die Giasgalle mit mehrerm Erfolge zu ver fchiedenen Verglafungen, ‚weil fie die calcinirten Erze wegen Mangel des DBrennbaren nicht wieder in ihr voriges Wefen bringe, dargegen macht fie Dies felben zur DBerglafung geneigt, indem fie diefelben duͤnne mache, Sie vermehrt daher die Flüßigkeie des Dleyglafes, ſowohl des einfachen als zuſammen⸗ gefeßten; und indem fie diefelben bedecfet, hindert fie, daß fie fo feiche nicht ausrauchen, oder macht, daß die äußere Luft die Rinde an der Oberfläche geſchwin⸗ ber verhärte, Der Grund hiervon ift, daß diefe _ Materie fich weder mit dem Ölafe noch Metalle vers menget, fondern allezeit oben ftehen bleibt. Daher gebrauchen es auch die Töpfer, irrdene Gefchirre dam mit zu beglaſen. Die Glasgalle ift aud) von eini— gem Nutzen, wenn man machen will, daß fich die Mies talle beſſer hammern laffen, wenn fie folches wegen ber fremden Materien, die fie bey fich führen, nicht gern thun; und wirft fie dadurch in Diefelben, daß fie _ ſich währender Fluͤßigkeit diefer Metalle in die leich« teften Erdtheile bineinzieht und fie hinwegnimmt. Merret verordnet die aufgelöfte Glasgalle als ein Mittel, wodurch man das Ungeziefer von den Kraus tern von der Glasgalle. 95 ‚ern und Blumen in den Gärten, die man damit bes fprengen foll, abhalten fonne, Wenn wir betrach: ten, wie bitter fie iſt, ſo ift die Sache eben nicht une wahrfcheinlich. | Endlich kann unfer Salz, vornehmlich wenn es sein ift, in der Arzneykunſt glücklich und ficher, als etwas abführendes, öffnendes und zur Berdauung ſehr dienliches gebraucht werden ; es ift auch gut bey der Sauerbrunnencur, fowohl als bey hundert an« bern Gelegenheiten, und zwar in der nämlichen Vers haͤltniß und zu den nämlichen Wirfungen, die man big daher von den munderbaren und englifchen Salzen verfpürt Hat. Indeſſen möchte ic) die Glasgalle niche verordnen, wenn fie aus den Zufammenfäßen des fünftlichen Eryftalls entftehe, worunter Arſenik koͤmmt. | VL Uns 96 Unterfuchungen vom Meere. DEUTET BESTE EEE Teen i vi. Unterfuchungen vom Meere, die auf Veranlaſſung einer Schrift, DE COLVMNIS HERCVLIS, welche | der hochberuhinte Profeffor in Altorf, Hr.Ehr. Gottl. Schwarz herausgegeben, nebſt andern zu derfelben gehoͤrigen Anmerfungen, von einem Liebhaber der Naturlehre und Philologie vorgefragen werden, Frankf. und Leipzig 1750. in 4. gegen 3 Alphab. a iefes Werf verdienet mit defto größerm Rech⸗ 9) te einige genauere Anzeigung, weil fehwer« 79% lic) fo vielerley darinnen gefucht werden wird, als es wirklich enthält, und weil fid) ſchwerlich der Naturforfcher, der Kenner der Naturgeſchichte, der Erdbefchreiber,, der Unterfucher der Altertbümer, und der Sprachenkundige einbilden werden, daß fie in dieſem Werke jeder efwas für ſich finden dürften, wre 7 und Unterfuchungen'vom Meere. 97 und zwar etwas, das nicht etwa von dem Berfaffer ‚aus andern Büchern zufammengetragen, fondern ihm größtentheils und allezeit der Aufmerkſamkeit werth ft: Man will dabey nicht fagen, daß es allezeit vich= tig ift, und behäle fi eben die Freyheit gegen den Heren Berfaffer vor, deren er fich gegen verfchiedene von den berühmteften Gelehrten unferer Zeiten bedient bat, Erinnerungen zu machen. Einige wenige Pro« ben von diefem Werke werden für eine Nachricht ge= nug feyn, die es nicht entbehrlich, fondern nur bes kannt machen foll. Den Anfang macht eine Necenfion der ſchwarzi⸗ hen Schriften, und diefe wird von verfchiedenen _ nmerfungen begleitet. _ Die erfte betrifft die Vers gleichung der hebräifchen Namen, wie fie in der Buls gata ftehen, mit der Schreibart des Grundterteg, wozu dem Berfaffer Gelegenheit giebt, daß Schwarz Samſon und nicht Simfon, vermuthlich nach dem Huet gefchrieben.. Der Berfafler liefert ein Vera ‚zeichniß folcher Namen, und gefteher, daß die Na— men, wie fie in der deutſchen Bibel vorfommen, deren ſich die Proteftanten und übrigen chriftlichen Gemein den bedienen *, nicht fehr vom Hebräifchen abweiche, * Der ” Sn der franzoͤſiſchen Bibel, deren ſich die Reformir- ten bedienen, findet man doch verfchiedene Namen, wieinder Bulgata, 3. E. Samfon, Salaadıc. Der er: ſte findet ſich auch in der engliſchen Bibel, die ſonſt die meiſten Namen wie in der lutheriſchen Ueberſetzung aus⸗ druͤcket, und in der hollaͤndiſchen Staatenbibel ſind die Bauen durchgehends mit der legtern übereinffim« mend. 7 Band. G 08 Unterfuchungen vom Meere. Der Herr Verf. folgert hieraus, daß entweder die hes bräifchen Puncte, wodurch die jego befannte Aus- ſprache der hebräifchen Wörter beftimme wird, erſt nach der Bulgata aufgefommen, vder daß man bey diefer lateinifchen Ueberfegung mehr auf die griechi- ſchen Eremplare, als auf den Grundtext gefehen: habe. In der zweyten Anmerfung befchreibet der Herr Ders fafler die Geftalt des "Berges Aetna, wie fie in der Ferne ausfiehet, aus des Herrn Berfaflers eigner Erfahrung, wie er folches auf einer Reiſe zur See von Malta nach Terranova in Sicilien beobadıtet, Das Schiff, auf dem er fich befand, war noch faum zmo wälfche Meilen von Malta entfernt, fo erblickte er "gegen Mitternacht eine große Säule, die aus dem Meere felbft fich zu erheben fchien, um diefelbe her— um fahe er nichts als die platte Oberfläche des Mee— res, er hielt ihn für eine Wolke, die man in der Fer— ne von Bergen nicht unferfcheiden Fannz die Schiffer ‚aber berichteten ihn, es fey der Mon gibelo, denn Gi- belo beißt in der ficilianifchen Sprache der Xetna, und die erfte Sylbe foll Monte bedeuten. Machdem fie fih nun der mittägigen Seite der Inſel mehr ges nähert hatten, fingen erft die; oberften Spißen ande« rer auf diefem Theile von Sicilien befindlicher Berge an, aus dem Meere zu fommen. Dem ungeachtet diefelben alle vor dem Aetna ſtehen, und von den Sciffenden viele deurfche Meilen weniger entfernet waren als diefer ; fo ftecften fie doch allenfalls hinter der Krümmung der Meerfläche. Aus dieſer Erfchei- nung des Aetna läßt ſich Pindars Stelle erflären, Der ihn eine Säule nenne. Mon gibelo aber ift ei« ne Zautologie, und beißt foviel als Bergberg, * “ Unterfuchungen vom Meere, 99 fo, wie fih die fpitälifchen Chorherren im Lande ob der (Ens, collegiarae ecclefiae ad pedem montis Pyri Canonicos fehreiben, da Pyr oder Pyrn auch fein ein⸗ zelner, fondern ein gemeinfchaftlicher Name ift, wie die vielen Hügel und Berge, fo Pyrn beißen, ja ſelbſt das pyrensifche Bebirge, ausweifen. Es koͤmmt unftreitig. vom celtifchen Bryn collis Boxh. lex. ant. Brit. ber, da die Buchſtaben eben fo verfege worden, wie brennen aus bernen geworden, wo= ' von wir noch Boͤrnſtein übrig haben, Gibello aber ſtimmt mit dem bebräifchen gebel alner, dem deut— fhen Bibel und dem griechifchen zeDxAn überein, welche alle alſo morgenländifchen Urfprunges zu ſeyn foheinen. In der UI Anmerkung ertheilet der Herr Berfaffer Nachricht von einigen römifchen Meilen . fäulen, die vor einigen Fahren im Viertheil Zilli bey - Meinig gefunden worden. Die III Anmerkung le— get den Namen Bades aus, und vergleichet ihn mie andern europäifchen Namen von Dertern, Ex bedeu— tet foviel als das celtifche oder deutfche Bard, Grad, welches die fateiner durch dunum, 3. E. Auguftodu- num, Lusdunum &c. ausdrüden, und in Stutta gard, Belgrad, Stargard vorkoͤmmt. Die ffas viſchen Bölfer heißen Conftantinopel noch Zarigard die Kaiferftsöt und die Nordländer biegen fie Myklegard, die große Stadt, denn Myckel heiße im angelfächfifhen und andern nordifchen alten Mundarten * viel. Gadir bedeutete nach dem | * G 2 Pli⸗ *Auch in den neuern: denn das ſchwediſche Mycket, und das engliſche Mach, ja das ſpaniſche Muchos heinen alle verſchwiſtert, und vieleicht, wie der Herr Berfaffer bemerkt, mit ueyas verwandt. — ee Unterſuchungen vom Meere. Plinius, Feftus, Solin und Avien im Punifchen ei- nen Zaun oder umzaͤunten Dre *, woraus fic) die Endungen von Novigrad, Wiſchhrad u.d. gl. auslegen laflen, wenn man nur den umzäunten Ort in einen befeftigten oder verfchloflenen verwandelt, Die V Anmerkung unterfucht den Namen Septa, und die fechfte enthält eine Nachlefe zur Geſchichte Mar: ein Behains, Hierauf folget der II Theil diefes Werfes, dem eine lange Zueignungsfchrift an die nürnbergifche £ofmographifche Gefellfchaft vorgefeger ift. Sie ift Tehrreicher als Zueignungsfchriften fonft zu ſeyn pfle- gen, und betrifft Hauptfächlich die Verbeflerung der ‚alten Geographie, Der Herr Verfaſſer hat auf eis ner Reife durch Italien verfchiedene hiezu dienliche Anmerkungen gemacht aus den Ueberbleibfeln von Stuͤ⸗ cken der zerbrochenen Ziegel, Scherben der famifchen Geſchirre, deren feinfte violſchwarze oder hellrothe Laſur allen Wirkungen der Witterung und der Zeit widerſtehet, zertrümmerte Urnen, Münzen u, d. gl, find fihere Merfmaale eines von den Römern vors dem bewohnten Ortes, Der Herr Verfaſſer getrauet fih die Ruinen römifcher Städte, von den Ueber bleibfeln neuerer, ja ein Stüc eines römifchen Ziegels von einem heutigen zu unterfcheiden, Auf folche Arc find *Auch noch im Schmwebifchen, womit Yard und Gars ten übereinftimmen, und ſelbſt Jardin in der Götter- forache unferer Stußer, die doch, wenn man ihr alles nahme, was nicht Deutfch und verdorben Latein iſt, fo arm werden würde, daß fie nicht einmal im Stande wäre, alle Gedanken eines Stugerd (und wie wenig gehört doch dazu! ) auszudrücken. ET OU I Unnterſuchungen vom Meere. ıor ſind allerdings die Lagen der alten Derter ficherer zu beftimmen, als wenn ein Gelehrter in feiner Stu— dierftube eine neue $andfarte vor fi), und die Sagen der alten Derter folchen Gegenden zufchreibet, wohin etwa das Maaß der römifchen fo ziemlid) ſchlecht zus trifft, und der Mame einigermaßen ſich zu ſchicken fcheinet. Der Herr Berfaffer macht alsdenn noch. verfchiedene zu Berbefferung der Geographie nüglie che Erinnerungen, und wie dabey die Namen der Ders ter recht zu fihreiben, eine Kenntniß der Landſprachen nötbig ift; fo bemerfet er vieles dahin gehoͤriges, und bezeuget einen befondern Eifer das Seinige hiezu beyzutragen, wenn ein großer Herr ihm die Koften gäbe, in demjenigen Strihe von Europa, der von Defterreich an, auf einer Seite bis zur eupinifchen See, auf der andern bis ans adriatifhe Meer her- um zu reifen. Es würde zu weitläuftig fallen, dem Herrn Berfafler hier auf dem Fuße zu folgen, da jede Seite was neues und befonders enthält. Der Abs handlung vom Meere felbft erfte Unterſuchung zei⸗ get, daß die Nachricht, Spanien habe in den älteften Zeiten mit Afrifa zufammen gehangen, eben für feis ne Sabel zu halten ſey. Es wird folches durch fi chere Nachrichten von ähnlichen Zufällen beftätiger. Die zweyte unterfucht, warum ein Schiff mit gleich" ftarfem Winde von einer gegen Morgen gelegenen Küfte des mittelländifhen Meeres, z. E. ausPaläftina, eher nach Spanien gelange, als von dort wiederkehre? Diefe Begebenheit ſtimmt mit den verfchiedenflichen - Strömen, welche Marfilins und Plancus in dem obern Gewaͤſſer des Meeres und in dem darunter be: findlichen bemerfet haben. Der Herr Berfafler | G3 handelt * ‚o2 Unterſuchungen vom Meere. handelt daher bey dieſer Gelegenheit von dreyerley Bewegungen des Meeres, Wellen, Strömen, Fluth und Ebbe, auch von den Springfluthen, und Yöfet aus diefen Begriffen die Frage auf. Dieſem haͤngt er eine, phifologifche Unterfuchung des Wortes Warte an, welches er fehr bequem finder, Obferva- torium auszudrücken. Darauf folgen einige Zeugs niffe von nordlichen Ueberſchwemmungen, und Stra— bons Irrthum, der felbige für unglaublich ausgeben wollen, wird angezeiget. Die Fluth, welche in der Chriſtnacht 1777 an den Küften von Deurfchland fo berrübte Wirfungen gethan hat, nimmt dabon einen großen Theil ein, und da in den Erzählungen von ihr ‚eine Menge platdeuifcher und meiftens nur Anwohr nern der See verftändlicher Wörter vorfommen, fo Hat der Berfaffer eine Erklärung derfelben beygefüs ger. - Die dritte Unterfuchung ift mit der Frage bes fchäfftiget : warum der Einfluß des atlantifchen Mees res in das mittelländifche zweymal ftärfer fey, als der Ausfluß des legtern in das erftere. In diefer Ab» ſicht ſucht der Herr Berfaffer zu erweiſen, I. daß aus Dem Meere fo viel Waffers in die Erde zuruͤckkehre, als von dieſer demfelben täglich mirgerheilt wird; H.Wie folches gefchiehet. III. Bey dem mittefländifchen Meere laſſe fich behaupten, daß aus demfelben mehr Waſſers ſich verlieren fönne, als ihm durd) die Fluͤſ— fe zuläuft. Bey den erften beyden Sägen bringet der Herr Berfafler an, mas die Naturforfcher von der Erhaltung der Flüffe aus dem Meere lehren, aber-fo, daß er viel eigenes dDabey hat. Die IV Unterfus hung zeiget, warum das. ſchwarze Meer in das mits telländifche - einen immerwährenden Ausfluß habe, ohne daß diefes durch Die Ebbe wieder in daſſelbe je ruͤ Unterfuchungen vom Meere. 103 rück trete, und wie es, ungeachtet der Einnahme fo vieles füßen Waflers, gleichwohl gefalgen bleibt. Der Herr Ver aſſer har ihr, feiner Gewohnheit nach, vers ſchiedene Beylagen, z. E. von der trajanifchen Bruͤ⸗ fe, zween gefährlichen Orten auf der Donau, dem adelichen Stifte Studeniß, u.f. f. angehänger. © Der dritte Theil enthält eine Nachleſe von etlichen Zufägen, die fo mannigfaltig find, daß Fein Verzeich— niß davon Fann geliefert werden, Viele find philolo⸗ giſch und darunter fehr merfwürdige, z. E. ein Bere zeichniß verfchiedener öfterreichifcher Wörter mit An— merfungen, welche die Stärke des Berfaflers in den meiſten europäifchen- Sprachen , fo wie in der gries chifchen und hebräifchen zeigen. Es mangelt. aber auch nicht an phufifalifchen Anmerkungen. Die fremsmünfterifchen überfteinernden Quellen find das, befte und gefundefte Trinkwaſſer diefer- Gegend, da= bey fih Menfchen und Bieh wohl befinden. Die Anwohner genießen diefes tufichten Waflers lebens⸗ lang ganz allein ftatt alles Getränfes, und werden dabey alt ohne einige Beſchwerung von Stein u.d.g. zu empfinden, Der Verfafler ftellet fich vor, diefe Waſſer führten zugleich viele Salztheilchen mit fich, ‚welche die UWeberfteinerung beförderten, aber den Niederſatz der tufichten Wafler mit aus dem $eibe trieben, und die Verbindung der aufgelöferen Erde in demfelben verhinderten. Die daherum befindli= chen Salzwerke beftätigen feine Muthmaßung. Zu den neuern Berfteinerungen gehöret, daß er bey Ma- zara an der füdmeftlichen Küfte von Sicilien, neben der öffentlichen Straße ein Stüd einer Ziegelmauer, deren Dbertheil aus der Erde hervorragte, nicht er= haͤrtet, welches bey alten Gebäuden zu gefchehen pfle— Br. G4 get, J 1 104 Unterfuchungen vom Meere, get, Sondern ſammt den Ziegeln und Kalk in wahren Stein verwandelt gefehben, Weber verfchiedene Sä- Ge aus des Heren von Büffon Naturgeſchichte, bes fonders das Meer: betreffend, ‚werden ebenfalls Ans j merfungen gemacht. Beſonders aber hat der. Here * Verfaſſer fehr vieles bey dem Herrn Linnaͤus zu erins nern, dem er übrigens große Berdienfte zufchreiber, zu feinem Lobe aber bier nichts hat fagen wollen, weil ſolches von andern fehon genugfam wäre auspofaus net worden, Herr Linnäus Lehrgebaͤude von den Pflanzen ift alfo nad) des Herren Berfaflers Gedan- Een evftlich geößtentheils unnüge; denn man fanndie Pflanzen nicht außer der Zeit der Bluͤthe erkennen, da eine Kräuterfrau einen Linnaͤaner beſchaͤmet *, und + Die *Dieſer Einwurf trifft alle Methoden fo gut als die Linnaͤaniſche, denn was für Theile der Pflanzen will man annehmen, die bey den vielerley Pflanzen ge: nugfam verfchieden, und doch bey allen beffandig mas ren. Sollte eine Methode die Pflanzen unter allen Umftanden, fie möchten bervorfeimen, blühen, Frucht tragen, verwelfen u. ſ. f kenntlich machen, fo müßten die Definitionen der Pflanzen in diefer Methode Les bensläufe von ihnen feyn. Indeſſen wird kein Krauter- fenner feine Schuler fo anführen, daß fie die Pflan— in nur nach. demjenigen Theile, den er in feiner Mes bode zum Merfmaale annimmt, follen Fennen lernen. Die ganze Geffalt der Pflanze, mas ihr habitus ges nannt wird, muß allerdings der Einbildungsfraft auch eingedruckt werden, damit man die Pflanze auch oh— ne Blüthe kennt. Aber diefe Merkmaale zufammen gehören nicht in eine Definition, dazu fie zu haufig, zu manniafaltig, theild unterfchiedenen Pflanzen ges mein, theils in Pflanzen von einerley Gefchlechte ver= fehieden find. Der Linnaͤaner bat — — | | nicht. N [3 Unterfuchungen vom Meere. 105 die kleinſten Theilchen der Blumen, welche Herr !in« näus zu Merfmaalen derfelben annimmt, laſſen fich nicht allezeit mie genugfamer Deutlichfeit bemerken, daher Linnaͤus bie und da die ftamina nicht recht ge- zäblet haben foll.: Eine andere Erinnerung, Die der Here B. macht, ift, daß Herr Linnaͤus die ſchon ziem- lich gut auseinander gefesten Begriffe der Pflanzen wieder verbunfele, indem er die Zahl der Arten min« dert und. viele derſelben nur DBeränderungen beißt. Er wirft dem Herentinnäus vor, nad) deflen $ehrart liegen fich Birnen von. Aepfeln nicht unterfcheiden, da es Birnen gebe, die das von Herrn $, den Ye pfeln beygelegte Merkmaale einen-eingedrückten Boden haben *. Herr $. hätte den Geſchmack zum Merk; maale annehmen follen, der ‘Birnen von Aepfeln alle» zeit unterfcheidee **. Es würde zu weitläuftig fallen, J G 5 Die nicht recht gehorchet, wenn er die Pflanzen Bloß an der Bluͤthe kennt; Aber gefegt, die Kräuterfrau beſchaͤmte den Linnaͤaner bey einigen Pflanzen von den 30. d. 40 die fie etwa kennt, wird fie einen Begriff haben, wie - ein Regifter über das Reich der Gewaͤchſe zu machen iff ? Stünde denn nun den Botanikverffandigen nicht frey, ein Ding Malus zu nennen, das der Deutfche Birne heißt? Diefer Einwurf ſetzt zum voraus, daß die botaniſche Methode nach den Wörterbüchern einzu: „richten. fey. Die fogenannten Birnen, die der Herr. Verfaſſer anfuhret, find entweder nach den Regeln der Botanik unter die Aepfel zu rechnen, oder als Aus- nahmen und Abweichungen zu betrachten, die in Feiner. Methode zu vermeiden filhd. | ** Menn man in der Kraͤuterkenntniß dieſes Merkmaal beſonders bey Baumfrüchten annehmen will: fo wird es ſich mit Luft botanifiren. Aber bisher haben die methodischen Botanici Merkmaale erfodert,die man mit s Morten * Mr! 106 Unterfüchungen vom Meere, die übrigen Einwendungen des Herrn V. gegen den Herrn 8. anzuführen: nur bemerfen wir noch, daß der Herr V. fich einer großen Kenntniß der Schwämme ruͤhmet, wozu ihm fein Aufenthalt in Defterreich, als einem rechten Schwammlande, Gelegenheit gegeben, Seine Einwendungen wider den Heren 8. laflen fich meiltens beantworten, und berechtigen, auch wo ſie ge—⸗ grümdet find, einen Gegner nicht zu einer folchen Auffuͤh⸗ rung, wie der Herr V. gegen den Herrn $. beobachten, Es ift zu verwundern,daß der Herr V. bey feiner großen Belefenheit,fich die Gefege des Umganges vernünftiger Gelehrten mit einander, auc) bey Streitigkeiten, nicht beffer befarne gemacht hat. Die Anhänger des Najus, Tournefort, Rivius, u. ſ. f. dürfen ja nicht auf einander ſchimpfen, wenn gleich einer den Vorzug feiner Metho— de vor den andern zu zeigen bemuͤhet; die Unterfuchun: gen der Vorfahren fünnen den Nachfolgern dienen, etz was vollfommeners zu machenzund wer dielBeitläuftigs keit der Naturfundefennet, wird einem Gelehrten, der fonft Proben einer großen Aemfigkeit und vieler Einfiche gegeben hat,einige Ueberſehung nicht gleich mit der aͤus⸗ ferften Bitterfeit vorwerfen. Dieſes erfodern fogar die Borfchriften der Fritifchen Gerechtigkeit, weilman von niemanden Unfehlbarfeit verlangen, und fich felbft Feine zueignen kann; wie weit es einem Schriftfteller, | der Morten und Befchreibungen jemanden begreiflich mas chen könnte, welches bier nicht angeht. Zudem iſt der Befchmack verfchiedener Nepfel unter fich, wie verſchie— dener Birnen unter füch, fehr mannigfaltig, und nicht viele Leute werden fo gute Geſchmacksabſtractionen mas ‘chen können, daß fieeinen Geſchmack, der allen Aepfeln, und einen, der allen Birnen gemein ware, aus denſelben berausbrachten. | - Unterfuchungen vom Meere. 107 der fich erft durch feine Arbeiten in dergelehrten Welt befannt zu machen anfängt, auch von der Klugheit anbe- fohlen werde, ift noch eine andere Frage, und diefe Er— innerung wegen der Schreibart des Herrn V. kann for wohl in dem, was den Herrn ?. betrifft, als was einige an⸗ dere von ihm mit vieler Heftigkeit getadelte angeſehene Maͤnner angehet, gelten. Den Schluß des Werkes machet ein Schreiben des Herrn V. an einige vornehme Gelehrten in Seipa zig, die Herren Mafcon, Menke, Hebenſtreit, Kappeund Ehrift, und enthält viele lehrreiche Anmer- fungen, vornehmlich die wendifhe Sprache betref⸗ fend. Ueberhaupt erhellet aus des Herrn V. gan: zem Werke eine große Einſicht in Sprachen und Al tershiimer, und ein unermüderer Fleiß. in Durchfors {hung der Natur, welches deftomehr zu bewundern - ift, da die Neigungen zu diefen verfchiedentlichen Be: fhäfftigungen nicht allemal in einem Geifte beyfam- men find, und da er auch über die fehlechte Anfuͤh— rung in denen, in feinem DVaterlande eingerichteten Schulen Flaget; denn er meldet, er hätte koͤnnen Magifter Philoſophiaͤ und Doctor Theolegiä werden, ohne zu wiffen, daß es Einleitungen giebt, nach denen man fic) die Kenntnif der natürlichen Körper erleich⸗ ‚tern kann, und Daß er erſt in feinem dreyßigſten Tab: re den Namen Botanik von einem Apothecker gelerz net habe. Aber dem ungeachtet ift Hier die Nach— richt noch nöthig, Daß der Herr V. aus dem’ füdlich« ften Theile von Deutfchland gebürtig if. Denn die vorhergehende Nachricht beftimmer fein Vaterland fo wenig, daß er in fändern, wo die Wiſſenſchaften vecht ſehe bluͤhen follen, Madiſtros und Doctores an⸗ treffen 108- Nachricht von Hahns neuem treffen wird, die nicht wiffen, was eine Methodus plantarum für ein Ding ift, und daß. er in Provin« zen Deurfchlandes, die lange feine Thorbeiten mehr von den Ausländern würden erhalten haben, wenn fie ihnen dafür nicht ihr Silber millionenweife zuge— ſchickt hätten, an vierzig und funfzigjährige Leute fommen wird, denen das Wort Minerologie fo fremde it, als ihm das Wort Botanik, im dreyßigften Jahre war, und die, wenn man ihnen von Blase erz oder Bleyglanz vorredete, fich leicht einbilden dürften, man nenne pifcis alicujus peregrini aut edu- lii genus, worauf fie fich auch unter allen Werfen der Natur und Kunft am vortrefflichften verftehen, A. G. R. E e VII. | Nachricht von des Herrn Dr. von Hahn neuem Lehrgebaͤude, die Pocken betreffend. er Herr Dr. von Hahn, ein beruͤhmter breslau⸗ iſcher Arzneygelehrter, wagt es, nach einer dreyßigjaͤhrigen Erfahrung, ſein Lehrgebaͤude von den Pocken der fon,preuß. Akad. der Wiſſenſchaften zur Beurtheilung zu unterwerfen, Iſt das nicht was ber ſonderes, da mandyer junge Arzt, deſſen Gewiſſen von Sünden wider das fünfte Geboth noch ganz rein iſt, weil noch fein Kranker ihn in eine folche Berfuchung bat fuͤh⸗ | ven f * N Lehrgebaude, die Borken betreffend. 109 ren wollen, wenn er fchreibt, nichts Niedrigers unter: — A ef nimmt, alsdie ganze Arzneyfunft zu reformiren; doch die Begebenheit läßt fich erklären. Bon Pocken insbes fondere was gründliche zu fchreiben, gehören lange und -forgfältig angeftellte Erfahrungen ; Aber einen Arzney« Funftverbefferer abgeben zu wollen, gehören einige allge⸗ meine und unbeftimmte Gedanfen, eine medicinifche “ Ontologie, die man imerften Jahre feines Studirens kann gehört haben. Herr Dr. v. Hahn Schrift führer den Titel: Vario- Jarum ratio expofita,illuftrique academiae RegiaeSci- entiarum berolinenfi exhibita a D. Io. Gothofr, de Hahn; Conf. Reg. Bor. Aul. Coll.Med. et Sanit. Silef. Decan. et N. Cur. Soc, Bresl, 1751. 4.2 Alph. Es ift auch ein franzöfifcher Bogen unter der Auffchrift: Avertiffement fur le nouveau Sifteme de la petiteVe- role herausgefommen, welcher diefes Lehrgebaͤude kurz erzaͤhlet. | Herr Dr. v. Hahn fiehtdie Pocken, diefe Krankheit, welche faft alle Menfchen befällt, als eine Art von Aus» wickelung bey dem menfchlichen Körper an. Die Blat—⸗ tern find bey ihm, fo zu reden, fehwangere Knofpen der Pulsadern, welche von ihren unter dem Oberhäutchen verborgenen Aeſtchen berausgetrieben werden, wenn fie ihrer Auswickelung nahe find. Diefelben vermehren ſich, indem der Körper wächft, die äußerften Enden der entftehenden Gefäße dringen heraus, das Oberhäutchen löfee fich von der Haut ab, und es werden Bläschen, in denen fie,wie die Bluhmen im Kelche,verwahret liegen, bis fie ſich zulänglich ausgebreitet, und durch genugfa> men Zufluß des Nahrungsfaftesinre Reife erhalten ha⸗ ben, Alsdenn öffnen ſich diefe Blatterfnofpen, — ie “ — vo Nachricht von Hahns neuem ‚die Bluhmen aufblühen, die überflüßige Feuchtigkeit gehet heraus, die Bläschen gehen wie die Bluhmenblaͤt⸗ ger, wenn folche nichts mehr nüße find, ab, und verlaffen die Gefäße, die auf diefe Art entftanden, und mit eis nem neuen Oberhäutchen überzogen find. Dieß ift des Herrn Verf. Begriff von den qufartigen Pocen, Die bösartigen vergleicht er mit Bluhmen, die durch allzu: häufigen Zufluß des Saftes erfticht werden, oder aus Mangel deſſelben verwelken. Er weifer aledenn, daß alle Dulsadern und felbfi das Herze durch eine Art von Aus» wickelung entftehen, u. gehet darauf die Begebenheiten, die ſich bey den Pocken ereignen, nach einer vierfachen Abtheilung durch. Er betrachtet naͤmlich, was ſich von der Zeit an ereignet, da ſich die Beſchwerlichkeiten zei— gen, welche Vorbothen der Pocken find,bis zum Ausbru⸗ che derſelben; alsdenn den Ausbruch der Pocken ſelbſt, ferner ihre Reife, und endlich die Bildung und das Ab⸗ fallen der Schalen. In dieſer Abhandlung erzaͤhlet er verſchiedeneFaͤlle, die ihm vorgekommen find, unterfchei« det die Begebenheiten forgfältig und bringet fie auf ges wiſſe Claſſen; darauf unterfuchet er die zufammenflies= fenden Docken,und hebt endlic) einige Schwierigfeiten, welche ihm wider feine Hypothefe koͤnnten gemacht wer« den. Aus allen feinen Erfahrungen folgert er alfo, daß bey den Pocken eine Menge neuer Blutgefäße ausgewi⸗ cfelt werden, daß die Feuchtigfeit derfelben Fein Gift, fondern einSaft ift,der dem Safte der Pflanzen aͤhnlich iſt. Die Gefahr, welchedie Pocken oft begleitet, foll fie ung fo wenig bloß unter der verhaßten Geſtalt einer Krankheit vorftellen, als die Gefahr, welche zufälliger Weiſe bey andern Yustwicelungen iſt. Wie viel Kinder fterben nicht anden Schmerzen,welche der Durchbruch der . — | | r Lehrgebaͤude, die Pocken betreffend. m der Zähne erregt, Diefes wird genug feyn, Die Aufmerk⸗ famfeit der $efer auf das Lehrgebaͤude des Herrn v. H. zu lenken. Ausführlicher zu zeigen, wie feine Schlüffe mit feinen Erfahrungen zufammen hängen, würde hier zu weitläuftig fallen, und man ift dem erhabenen Rich: terſtuhle, dem er feinen Auffaß unterworfen hat, zu viel Verehrung fchuldig, als daß man deffelben Yusfpruhe bier zuvorfommen ſollte. R. *A56 bay? VIII. | Erinnerung. er geſchickte Freund der Aſtronomie, der mir in einem den 16 März 1751 datirten Schrei⸗ ben &edanfen von einem neuen Weltgebäus de mitgetheilet hat, wird es mir verzeihen, daß ich diefen Zierratd dem Hamburgiſchen Magas zin nicht aönnen Fann. ine folche Ausführung fei- ner Betrachtungen, wie diefelben, mit fo viel Gründen, als er etwa zu haben qlauber, zu unterftügen, und das Eopernifanifhe Welrgebäude umzuftoßen nöthig wäre, wurde mehr Kaum und vielleicht eine größere Menge von Zeichnungen erfodern, als die Einrich- tung diefer periodifchen Schrift verſtattet. Es wür« Den auc), meiner Einficht nach, ftärfere Einmwenduns gen erfodert, ein Weltgebäude umzuftoßen, das man bisher mit allen Erfcheinungen fo genau übereinftim- mend befunden hat, und der Vorzug des neuen MWeltgebäudes müßte ordentlicher und zuſammen⸗ hängender gezeigee werden, Dieſes aber erfodert | ein * X DI > Ä 112 . Erinnerung. ein eigen Werf, und läßtfich in einee Sammlung kur⸗ zer und mannigfaltiger Abhandlungen nicht bewerf- ſtelligen. Des Herren Berfaflers Gedanken von dem Weltgebaͤude haben etwas ähnliches mit dem, was der fel. Hr. D. Löfcher in den Analedis Soc. Cork: | et Scientiar, T. I. unter der Auffchrift: Inquiſitio nova in Sent. Gopernicanam, imgleichen der Berfers tiger der Lettres Cofmographiques, vorgetragen hat, weiches ihm ohne Zweifel unbefanne ift. Bisher ha⸗ ben diefe Anfälle aufdas kopernikaniſche Weltgebäude wenig Wirkung gehabt: und wenn die Betrachtuns gen des neuen Gegners defjelben, mächtiger feyn fols len; fo müflen fie fe! fo vieler aftronomifcdyen und mathematifchen Kenntniß unterftüße feyn, als man bisher zur Erläuterung und Anwendung des Fopernifanifchen Weltgebaͤudes ge: brauche hat, A. G. R. Inhalt des erſten Stuͤcks im ſiebenten Bande. J. Unzers —— uͤber die phyſikaliſche Lehre von der zuſammengeſetzten Bewegung Seite 3 II. Abhandlung, wider die ſchaͤdliche Gewohnheit, Die Todten in den Kirchen zu begraben 16 I. Anmerkung über Unzer Anmerkungen, von der zufammengefeßten Bewegung 60 III. Abhandlung vor der Flachsnahrung 65 V. Potts Unterfuchung der Natur der Glasgalle 77 VI. linterfuchungen vom Meere 96 VII. Nachricht von des Herrn Dr. v. Hahn neuem * gebaͤude, die Pocken betreffend VIII. Erinnerung | F Die RK A Der Hamburgifhes dgazin, geſammlet Schriften, zum | Unterricht und Vergnügen, aus der Naturforſchung und den angenehmen Wiſſenſchaſten überhaupt. Des ſiebenten Bandes zweytes Stuͤck. Te —— TER TEE TE EEE ECHTE TE Mit Königl. Pohln. und Churfürftl. Sachfifcher Freyheit. Hamburg, bey Georg Ehrift. Grund, und in Leipzig * Adam Heinr. Holle, 1751. x — en A r N — ? FRENS Ne - L P re ' TE > J j er N 2 —— a N — BZ, \ > Be . ‚ en ’ - Pa Hpıe Au ® j De re es 2 —— > * cs * ur ! Ä f ” * —** 2 —J > n * — ie ‚ . Br . j "x I * art - k £ ar + a « er? 4 — * Te VE 2; — J iv. - ” > * 8 re EI > NN Mn. „HM III MIN ENTER N — —— Bl P IL. GHerrn Ellers Abhandlung, von der Scheidung des Goldes vom Silber durch die Praͤcipitation, welche man die trockene Scheidung nennt. Aus dem 1747ſten Jahre der Memoires der koͤniglichen Akademie zu Berlin uͤberſetzt. S. daſ. die 2S. ur IT eitbem der Menfchen Stolz, zu Er: 2. baltung einer eiteln Pracht, das ö Mittel gefunden hat, das Foftbare ws Gilber mit dem noch foftbarern — — SK6Koolde zu überziehen, ift der vor⸗ nehmſte Gegenſtand von der Chymiſten Bemühun- gen geweſen, aus abgenutzten ſilbernen Gefaͤßen und Faͤden das noch uͤbrige Gold auszuſcheiden, und es ‚N WERE ai — 7 RT 116 Ellers Abhandlung, es unter der Geſtalt reinen Goldes darzuſtellen, ohne ein Verfahren, das dieſes zu bewerkſtelligen vermoͤ— gend iſt, bleibt das Gold in dem eingefchmelgenen Silber verfteckt und gleichfam verlohren. Sie erhielten diefen Zweck zum Theil durch den Gebrauch ſcharfer Geifter, Die man aus allen Sal- zen der Mineralien vermittelft des Feuers zieht, mwel- che Erfindung man den Arabern fehuldig ift. Die Erfahrung wies ihnen, daß der Galpetergeift das Silber auflöfte, ohne das damit vermengte Gold anzugreifen, welches alfo auf dem ‘Boden des Ge- faͤßes, in dem die, Auflöfung geſchehen war, liegen blieb, gewaſchen und gefchmolzen ward, und wie- der in feinen vorigen Zuftand als Gold kam. Aber die Unkoſten zur Bereitung des Salpetergeiſtes ver⸗ zehrte faſt den geringen Vortheil, den dieſes Verfah— ren brachte. Indeſſen hat man,, ſeit es gewoͤhnlich if ,‚ bas Silber zu übergulden, nie eine andere Art gehabt, fie aus einander zu ſcheiden. Da man nun in dieſem Falle oft noch Schaden bey feiner Arbeit hat, fo ift fein Zweifel, daß man vielfältig auf eine Scheidart wird gedacht haben, die leichter und mit geringern Koften beftritten werden fönnte, In der Abficht hat man verfchiedene Erfahrungen angeftellt , um ber- auszubringen, ob das dem Silber anhängende Gold, wenn es am Feuer gefchmelzt worden, durch Wer: mifchung einiger Körper mit Diefen fluͤßigen Metallen, koͤnne pracipitiret werden, Allein, fo groß auch die Anzahl der Proceffe ift, Die wir in der Chymiſten Schriften davon finden, fo gewährte ihnen doch der | mei dasjenige nicht, worauf ihr Vorhaben — von der Scheidung des Goldes ıc. 117 Der erfte, Der meines Wiſſens, auf dieſe Weiſe etwas herausbrachte , das der Mühe werth war, war ein Goldfchmied von Quedlinburg, mit Namen Dfannenichmid. ©egen das Ende des vorigen Jahrhunderts legte dieſer Künftler feine Handehierung nieder, und legte ſich ganz und gar auf dieſe Scheidung, welche er bloß von ungefaͤhr entdeckt hatte. Sein Sohn, der ein Arzt war, und fein Geheimniß erbte , machte es immer vollkommner, indem er viele neue Kunftgriffe Binzufegte ; fo daß Sachſen und ins befondere Goslar viele Sabre bin» durch großen Vortheil aus dem vergoldeten Gilber zogen, welches man von allen Drten herzubrachte, um dieſe zwey Metalle ſcheiden zu laſſen. Um eben dieſe Zeit hat ein Leipziger Chymiſt, mit Namen Stolle,, ein fehr geſchickter Probirer eben dahin mit nicht geringerem Fortgange gearbeitet, ine dem er das Geheimniß , welches er von Pfannen« fhmid dem Water gelernet haben ſoll, mehr und, mehr ausbefferte. - Er gewann mit diefer Scheidung der legirten Metalle ſehr viel. Die geringe Anzahl von Künftlern, welche ſich gegegpoärtig in Deutſch⸗ land hiemit befchäfftigen ,. haben Hre Kunft von die: fen Erfindern erfauft, Ich habe feit langer Zeit mit vielem Bedachte auf Mittel geſonnen, dieſe Scheidung ins Werk zu rich⸗ ten, und nachdem ich viele Erfahrungen hieruͤber an— geſiellet hatte, fand ich, der Grund dieſer Schei— dung beſtehe in der Praͤcipitation, die durch ver— wandte Koͤrper geſchieht. Man weis, daß die Chy— miſten unter dieſer Art der Praͤcipitation die Wirkung verſtehen, durch welche ein Koͤrper, wenn er in einem iR DAR, Auf: | 118 Ellers Abhandlung, Auflöfungsmittel zertheilet, oder am Feuer gefchmelze worden, vermitteljt eines andern mit ihm vermifchten Körpers, zu dem Boden des Gefäßes gleichfam nie- dergeſchlagen wird; In der That beftatiget die Er- fahrung, daß metallene Körper aus ihren Aufloͤſungs⸗ mitteln durch Zuthun anderer Körper vertrieben wer- den, und ganz gemächlic) in einer Fenntlichen Ge: ffalt zu Boden fallen. Alſo fegee fich zum Erempel das Silber , das im Salpetergeiſte und Scheide: wafler aufgelöfet war, wenn man Kupfer Darein thut; weil der Salpetergeift, da er das Kupfer zur Auflös fung geneigter finder , Daffelbe angreift und durchdrin⸗ gef, indem er die Silbertheife, die er vorher in fich gezogen hatte, fahren läßt, die fi) auch Durch eine - Art eines gegenfeitigen Zugs, etwas vereinigen und fid) unter ihrer alten Silbergeftalt wieder zufanımen - feßen. Wirft man in das auf folche Weife aufgelofte Kupfer fleine Stuͤckchen Eifen, ſo widerfähre dem Kupfer dasjenige, was zuvor dem Silber widerfah: ven war, das faure Auflöfungsmittel greift das Ei- fen an, und das Kupfer falle zu Boden. Gleiches Schickſal bat das Eiſen, wenn man in feine Auflö- fung alfalıfhe Erde dieft ꝛc. Allein dieß find Dinge, welche auch den Anfaͤngern in der Chymie bekannt ſind. Dieſe Praͤcipitationen verſchiedner in ihren Men— ſtruis aufgeloͤſten Metallen haben Gelegenheit gege— ben, Erfahrungen zu machen, wie man das Gold vom Silber ſcheiden moͤchte. Ich wußte wohl, daß der gemeine mineraliſche Schwefel mit fluͤßigen Me— tallen vermiſcht, dieſelben durchdringe, ſich mit ih— nen vermenge und fie zum Theil aufloͤſe; nur Das reinſte — — von der Scheidung des Goldes ꝛc. 19 reinſte Gold ausgenommen, welches am Feuer aller Vermiſchung mit dem Schwefel widerſtehet. Daher meynte ich, daß wenn man dergleichen Silber, wel⸗ ches Gold bey fich führer, mit Schwefel vermifcht an euer ſchmelzte, fo würde es gefchehen , daß der chwefel, wenn er es ganz und gar Durchdränge, fih aufs genaufte mic ihm vereinigte, die Goldtheil— hen nicht angreifen würde, daß fich diefe von dem flüßigen durchſchwefelten Silber abfondern würden, und daß man folches , wie fie fid) ſelbſt überlafjen wären, aufdem Boden des Schmelztiegels würde fonmlen fönnen ; indem man ein anderes fogleich fomelzendes Metall darunter thäte. Die verfchieds nen Erfahrungen, die ich diefen Abfichten gemäß an _ ſtellte, gelungen vollfommen. Gleichwie die Schei> dung, vonder hier die Rede ift, bisher für eines derjenigen Geheimmniffe gehalten worden, welche ſehr werigen Perfonen bekannt find; alfo will ich fie itzt nach allen Bortheilen und Umftänden befchreiben,, die eine Perfon, die ſich auf dergleichen Dinge legt, in Sta fegen koͤnnen, eben diefes mit gleichgutem Fortgange zu bewerfitelligen. Da aber die Koften faft gleichgroß find , man fheide nun einen Fleinen oder größern Theil vergoide: ten Sibers auf einmal, fo mag man füglich ein Ge wicht vın 100 Marfen oder 55 bis 60 Pfunden ans nehmen, weil Diefes eben das Gewicht ift, weiches bequem in einem großen Paffauer oder Regenſpurger - Schmelztirgel fann geſchmelzet werden , und weil man Diefe Mafie fogleich weiter bearbeiten Fann, um zu dem Zroufe zu gelangen. = 54 Safiet \ 20. Ellers Abhandlung, aſſet uns alfo eine folche Silbermaſſe, von der das Gold foll gefchieden werden, annehmen ; man ſetze fodann “einen Tiegel von fehiclicher Größe in dag Feuer des Schmeljofens, und wenn der Tiegel durch die angefachten Kohlen glüend gemacht worden: fo thue man das Silber nah und nad) hinein. Hat man nachgehends den Tiegel mit einem Deckel bede— cket, fo belege man ihn um und um mit. Kohlen, und gebe ihm ein fo ftarfes Feuer, als nöthig ift, Diefe ganze Silbermaffe flüßig zu feben. Iſt man fo weit Damit gefommen, fo muß man ein ziemlicd) großes Gefäß, welches 2 oder 3 Fuß hoch und voll Waſſer it, bey der Hand haben; diefes Wafler muß jemand auf der Stelle fehr geſchwind und in einen Kreis um= ‚rühren, Damit das gefihmolzne Gilber , das man binein ſchuͤttet, fich in kleine Körner zertheilen koͤnne. Und damit die Sache defto beffer von ftatten gehe, fo ift nöthig, daß man einen Eleinen runden Tiegel, den man zuvor glüend gemacht hat, mit der Tiegelzarge nehme und das gefehmolzne Silber aus dem greßen Schmelztiegel immer einen Theil nach dem andern -hineingieße, Damit man es nad) und nad) aus dem kleinen Tiegel in das Waffer fehürte, welches man immer gefchwind herumruͤhrt, bis man den legten Theil, der ſich nicht alfo wird hergießen laffer, aus dem großen Schmelstiegel felbft, den man us Dem Dfen nimmt, ganz und gar in das Waffer «usleeren koͤnne. Wenn man alfo gefchict verfähret, fo ſieht man die ganze Silbermafle in ziemlich Eleine Körner verwandelt , fo daß man fie ganz bequan mit ge— ſtoßenem Schwefel vermifchen kann, damit fie in der | “ folgenden von der Scheidung des Goldes ıc. i2i ‚ folgenden Einfchmelzung, die ich ißt befehreiben will, deſto genauer durchdrungen werden. Ehe das gekoͤrnte Silber, welches man aus dem Waſſer herauszog, trocken geworden ift, mifcht man den achten Theil gemeinen mineralifchen gepülverten Schwefel Darunter, welcher ſich an die Oberflächen des Silbers defto beſſer anhaͤngt, wenn fie noch naß find. Diefe Mifhung Fann man bequem in einer grogen hölzernen Schuͤſſel vornehmen, Hierauf nimme man diefes mit Schwefel vereinigte Silber, thut es nad) und nad) in den Schmelztiegel, den man nach der Körnung des Gilbers wieder an das Feuer gefegt und mit Kohlen umgeben hatte. Der Tiegel muß ftehen bleiben, bis der Schwefel abge: brannt it. Wenn viefes gefchehen iſt, thut man den Deckel darauf, und belegt ihn mit Koblen, alfo daß die ganze Maffe gehörig zergehe. Das befte Kennzeichen , welches man von einer vollfommenen Fluͤßigkeit haben kann ‚ it, daß, wenn man den Deckel ein wenig abhebt, die Dberfläche des ge- fhmolznen Metalls mit allerhand Farben fpielet, vornehmlich mit roh und gelb, und daß diefe Far⸗ ben fommen und fortgeben, eben als wenn fie von etwas gezogen würden. Wenn man diefe Erfchei- nung hat, fo ift es Zeit zum Praeipitiven zu fehreiten, welche zur Scheidung des Goldes nörhig iſt; nun wie man biebey verfahren muß, lehret folgendes. Man ſondere einen Theil von den durch die erſte Einfchmelzung entftandenen*Silberförnern ab, zum Erempel ein oder. zwey Pfund, ehe man fie noch mit . Schwefel vermiſcht; man thue die Hälfte fo viel Glätte und den achten Theil Glasfalz, beydes wohl 25 gepuͤl⸗ 122 Elers Abhandlung, gepuͤlvert darunter, und miſche es mit den kleinen Silberkoͤrnern wohl untereinander. Man thue dieſe Glaͤtte oder glasartige Bleyſchlacken und dieſes Salz hinein, damit das Metall leichter fluͤßig werde. Dieſe BUNG giebt eines der beſten Präcipitire - mittel, Bon diefer Mifhung muß man fo viel Lothe, oder halbe Unzen nehmen, als Pfunde gefhmolzenes Me— tail im Ziegel find, es in drey Theile theilen, und auf dreymal in die flüßige Maffe werfen, mit der Bor- ſicht, daß man immer 5 oder 6 Minuten, zum we— nigften, zwifchen jeder Einthat verftreichen laffe, da- mit der Theil des Metalls, in den der Darein gemifch- te Schwefel nicht gewirfet hat, die Goldtheile bey feiner Zerfliegung deito beffer nach dem Boden des Tiegels ziehen koͤnne. Nach dem dritten Zufaße, thut man den Deckel wieder auf den Schmelztiegel, und wenn man ihn mit Kohlen bedecfet hat, fo läßt man ihn noch eine halbe Biertheiftunde am Schmelzfeuer. Nach Ber: lauf diefer Zeit nimmt man mit der Zange einen Elei- nen glüenden Schmelztiegel und leeret allmählich 2 Drittel gefchwefeites Silber des großen in felbigen aus, bis uns die Schwere des großen Tiegels ver- ſtattet, ihn aus dem Dfen zu heben, um das übrige von dieſem Metall heraus zu ſchuͤtten. Allein da der unfere Theil des Schmelztiegels den Metallfönig ent hält, worauf das: geſchwefelte Silber wie Schlacken ſchwimmt, fo muß mans wohl Achtung geben, daß man beym Ausfhütten den Augenblick bemerfe, in welhem ſich diefer Merallfonig ſehen läßt; es ift auch nicht ſchwer dieſes wahrzunehmen, denn er hat eine von der Scheidung des Goldes ꝛc. 123 eine Farbe wie glüendes Eifen, und diefe unterfchei- det ihn von dem gefchmefelten Silber, welches dar- auf ſchwimmt, und ganz bleyfarbenbraun ift. So— bald alfo diefer König etwas langfamer lauft, nad) den Silberſchlacken, Die duch die Mündung des ge- neigten Schmelztiegele ausgegofjen worden, herauf: ſteigt, muß man den Schmelztiegel wieder niederlaf- fen, und diefen erjtarrenden Theil des Metalls mif einer eifernen Spatel abfondern und ummenden, da: mit man es bequemer herausziehen Fonne, nachdem es falt worden ift. Diefe von den gefchmefelten Sil- berſchlacken wohl gereinigte Maffe, foll der König von der erften Präcipitstion beißen. _ Da aber diefer erſte Berfuch nicht alles Gold vom Silber trennet, fo ift nöthig, daß man die Arbeit wiederhole. Wenn man alfo das gefchwefelte Sil- ber, welches man heraus gegoffen, gewogen bat, fo muß man es in einen neuen Schmelztiegel, der eben . bie rechte Berhältniß zur Maffe hat, werfen, und es zu fhmelzen wieder in den Dfen fegen; die gluͤenden Kohlen dürfen nicht über die Mündung des Schmel;- tiegels gehen, weil fchon ein mittelmaßiges Feuer das gefchwefelte Silber ſchmelzt, eine ftärfere Hiße aber diefes gefchmolzene Metall zu fehr angreift und ‚ zerftreuet. Sobald daher die Maffe flüffig erfcheint, praͤcipitirt man fie wie zuvor zu dreyen malen, ver- mittelft der nämlichen präcipitirenden Mifchung , da« von man für jedes Pfund eine halbe Unze hinein thut, und auch bier zugleich die Vorſicht braucht 7 bis 8 Minuten, zwifchen jeder Einthat verlaufen zu laflen ; während dieſer Zeit deckt man den Tiegel wieder zu, Nachdem die Zeit der dritten Präcipisation verflofien | ift, 12497 CET Abhandlung, it, gießt man nach und nach das geſchwefelte Sil⸗ ber, welches oben ſteht, heraus, und gießt ſo lange, bis das reine Metall unter oben angezeigten Farben aufs neue an die Muͤndung des aufgeneigten Schmelz⸗ tiegels kommt; wenn es da bey abnehmender Hitze geſchieht, ſo ſondert man es von den Seiten des Schmelztiegels bis auf den Boden mit einer eifernem Spatel ab, und zieht es heraus, um es unter dem Namen des zweyten Rönigs aufzubebalten. Eben diefe Bearbeitung muß an dem aefchwefelten Silber, weiches man heraus gegoflen hat, zum drittenmal alfo wiederholet werden, daß man es in fchon gluͤen⸗ den Gefäßen wieder in den Dfen fest, und vollfom: men fo wie oben verfährt, ſowohl ben dem Praͤcipiti⸗ ren und Herausgießen, als bey dem Scheiden des Koͤ— nigs von dem gefchwefelten Silber. Doch) hat man dieſen Unterfchied in Acht zu nehmen, daß man bey der Dritten Einfipmelzung ein anderes Präcipitirmitz tel noͤthig bat. Denn da die präcipitirende Mafle, ‚Der wir uns bisher bedienten, einen großen Theil Eilberförner, die Gold führen, bey ſich hat; wuͤrde es nicht eben fo viel feyn, als neue Goldtheilchen zu fegen, wenn wir fie bey diefer Dritten Präcipitation abermal unter das geichwefelte Silber mengen woll⸗ ten? Deswegen nehmen wir bet diefer legten Präz eipitation lauteres und reines Kupfer, welches am Feuer geſchmelzt, mit gleichviel Bley vermifcht und geförnt worden iſt. Die Verhälmniffe des Gewichtes find wie bey der vorigen Mifchung, auch wirft man fie auf dreymal hinein. Wenn dieſes alles wohl voll: bracht ift, fo befräftiget die Erfahrung, daß fich alles Gold vollfommen vom Silber gefchieden habe. Da mit von der Scheidung des Golden ıc. 125 mit ihr nun hiervon verfichert ſeyn moͤget, fo nehmet von Diefem gefchwefelten zum viertenmal präcipitirten Silber z. E. eine halbe Drachme; thut es in eine kleine Eapelle, die zwifchen 3 oder 4 Ziegel geftelfet . und mit glüenden Kohlen bedecfet worden, Wenn ihr hierauf 3 oder 4 Theile gefürntes Bley zugefeßet habt, fo unterhaltet immer ein gleichftarfes Feuer, bis das Bley alle fremde Theilchen, die unter dem Silber befindlich waren, an fic) gezogen hat. Neh⸗ met das Silberkorn, welches ibr auf diefe Weife auf dem Boden des Schmelznapfes gefunden Habt, löfet es in Scheidewaſſer auf; erfcheinen auf dem Bo: den diefer Auflöfung Feine ſchwarzen Theile, fü habt ihr völlige Gemwißheit, daß alles Gold vom Silber genau gefchieden ft, Wo aber einige fehmwärzliche Theilchen anzeigen, daß noch Gold vorhanden, fo muß man es noch einmal mit Kupfer präcipitiren, alsdenn wird nicht Die geringfte Spur vom Gold im Silber übrig feyn. Diefer legte Fall ereignet fich nicht, außer wenn man Silber ſcheidet, an dem fehr viel Gold ift. Wenn das Silber, welches man auf das erjtemal nahm, fchwerer als 50 Pfund oder 100 Marf wog, oder man hat feinen Tiegel bey der Hand, in den eben fo viel hineingeht; fo muß man, nach der erften Präcipitatien oder Scheidung des erften Königs , das gefchwefelte Silber in zween gleiche Theile theilen, und ben jedem ins befondere diejenige Scheidung vor⸗ nehmen, die nie vorgefchrieben haben, und die ganze Arbeit bequemer. zu machen und den vorgefegten 2 Zweck zu erreichen, naͤmlich eine — Sheivung, des Goldes vom Silber. | ea gi Ft 126° Eleers Abhandlung, Iſt diefe erfte Arbeit vorbey, fo ift offenbar, daß alles Gold, welches in der ganzen Silbermaſſe, die wir anfangs anwandten, befindlich war, nunmehr in den Koͤnigen, die ſich davon gefchieden haben, ent⸗ halten ſey. Man muß alfo eine neue Operation an⸗ fangen, die doch von der vorigen wenig unterſchieden iſt, wenn man zu einer weitern und voͤlligen Schei— dung dieſer Metalle gelangen will. Sie geſchieht folgendermaßen. Hat man alle Koͤnige, die man ſeit der erſten Scheidung bekam, geſammlet und abgewogen, ſo thut man ſie wieder in einen neuen Schmelztiegel, und nachdem ſie am Feuer gehoͤrig eingeſchmolzen ſo geußt man ſie nach und nach in ein rein Gefaͤß mit Waſſer, welches man herum zu ruͤhren pfleget, damit dieſe metallene Maſſe zu kleinen Koͤrnern wer— de. Aber, ehe wir weiter gehen, muͤſſen wir erin— nern, daß dieſe Könige von allem geſchwefelten Gil: ber gänzlich gereiniget ſeyn müffen. In der That bat uns die Erfahrung gelehret, daß, wenn dem Metalle noch etwas Schwefel anhaͤngt derſelbe bey dem Hineinwerfen der Maſſe ins Waſſer große Be— wegungen verurſachet, ſo daß es nicht ohne Verluſt uͤberall hinaus ſpringt, und ringsherum kleine metal lene Koͤrner ausſpreitet. Wenn alſo die Koͤnige bey ihrer Fluͤſſigkeit noch etwas geſchwefeltes Si ber auf der Oberflaͤche zeigen, welches man leicht an der Far⸗ be unterſcheidet, ſo muß man es ſorgfaͤltig mit einem eiſernen Löffel abnehmen, und von dieſen Schlacken abfondern, damit man nicht ohne diefe Borficht das koͤſtlichſte Metall verliehre, indem man die Maffe ins Waſſer ſchuͤttet. Haft eben diefes gefchieht , wenn man von der Scheidung des Goldes etc. 127° man dem fluͤſſigen Metalle mit einem allzuſtarken Feuer zuſetzet; man muß fi) auch wohl in Acht neh: men, daß die Hiße nicht zu heftig werde, wenn man die Mafle ins Waſſer wirft, damit fie fich in Eleine Körner verwandele. Iſt diefes alles gefchehen und mit gehöriger Bes hutſamkeit verfahren worden, fo ift übrig, daß man die aus den Königen gefammleten Fleinen Körner aufs neue mit geftoßenem Schwefel vermenge, alfo daß man die obige Verhälmiß beobachte, nämlich dag man den achten Theil Schwefel nehme, oder zwo Un⸗ zen auf jedes Pfund Metall. Diefes alfo wieder ge— fchwefelte Metall, muß nach) und nad) mit einem eis fernen Löffel in einen glüenden Tiegel gethan werden; wenn diefes gefchehen iſt, fo wird es bey einem maͤs⸗ figen Feuer bald ſchmelzen, nachdem fich der Schwer fel einmal entzündet hat. Wenn ferner verfchiedene Farben an ver Oberfläche des gefchmolzenen Metalls erfcheinen, fo muß man die Pracipitätion eben auf diefe Weife und mit eben den Bortheilen wiederholen, wie fie in der erſten Dperation abgewartet worden, nämlich, daß man die präcipitirende Miſchung, wels che aus Silberförnern , Glätte und Glasfalz beſte⸗ bet, auf dreymal und nach einer folchen Verhaͤltniß ‚hinein werfe, daß auf jedes Pfund eine halbe Unze oͤmmt. Eine Bierthelftunde nad) der dritten Präci- pitation, muß man das gefchwefelte Metall behut- fam binein fchürten, damit der reinere Theil, der beym Einfchütten an die Mündung des aufgeneigten- Schmelztiegels koͤmmt, nad) feiner Verhärtung mit einer eifernen Spatel fönne abgefondert und heraus ⸗ genommen werden, wie oben gerviefen worden, In — dieſen 3 123 Elers Abhandlung, diefen König hat fich der meifte Theil des Goldes zus fanmen gefeget. Hat man die Arbeit fo weit ges bracht, fo koͤnnte man es durch Bley in einem Schmelznapf laͤutern und ſofort das übrige Silber von dem Golde in Scheidewaffer fcheiden. Allein der Unterricht, Den wir von der Pracipitation gegeben haben, wird den, der Darauf Achtung giebt, weiter führen, und zu einer gänzlichen Scheidung des Gol— des, ohne Beyhülfe diefes agenden Sauren anleiten. „. Um das Gold von dieſer geläuterten Silbermaffe defto leichter zu fcheiden, iſt noͤthig, daß man ihm Bley einverleiber, ihm mehr Ausdehnung zu geben, und es flüßiger zu machen. Wenn man alfo den König abgemwogen bat, fo thut man: fie in. den Schmelztiegel, und wenn fie ziemlich glüet, fo macht fie ein Achttheil gereinigtes Bley, welches man zufes Get, alsbald flüßig. Sobald man diefes merfer, muß man die Mafje mit einem falten Stabe Eifen her— um rühren, und fie nad) und.nac) in altes Waſſer ren damit fie fih in kleine ‚Körner zertheile, enn die Hiße allzu groß ift, fo werden Fleine Kör- ter mit einem Gepraffel aus dem Waſſer fpringen, alſo daß man es bey einem geringern Örade der Flug: figkeit muß bewenden laffen. Dieſe Metallkoͤrner, die aus dem Waſſer find ges nommen worden, müflen noch naß gewogen und mit mineralifchem geftoßenen Schwefel vermifcht werden, fo daß anderthalb Unzen auf ein Pfund geforntes Mes tall fommen. Man thut fofort dieſe Mifchung nach) und nad) in einen Schmelztiegel „ der heiß, ‚aber, we— der entzündet, noch glüend ift, fo verzehret fich der. Schwefel allmaͤhlich. Hierauf muß. man den Grad ER | der von der Scheidung des Goldesxe. 129 der Hiße erhöhen, fo daß die ganze Mafle flüßig werde; in diefer Flüßigfeie muß man fie ohngefähr eine halbe Stunde erhalten, und fodann durch ein behurfames Herausgiegen, das gefchwefelte Metall, welches oben darauf ſtehet, von dem reinerem Theile, - der darunter ift, fcheiden, fo daß dieſer an dem Tie: gel hangen bleibt, denn es iſt fehr ſchwer, diefen Goldkoͤnig von dem Tiegel abzulöfen. | Waͤgt man das gefchwefelte Metall, welches ge ſchmelzt worden, von neuem ab, fo ift das, was der eriten Mafle, die vor der Vermifchung mit Schwefel gewogen worden, abgeht, als das Gewicht von dem Könige anzufehen, der im Tiegel zurück geblieben ift. Setzet man aber diefen Tiegel wieder in Ofen , fo ſchmelzt der König wieder zufammen, und wird bey einem mittelmäßigen Feuer zu Körnern, wenn man’ ihn in Waffer fchütter, welches herumgerühret wird. ‚ Hat man das Gewicht angemerkt, fo mifcht man wieder Schwefel darunter, wovon nunmehr ein Sechzehntheil zureichet, das ift, eine Unze auf jedes Pfund geförntes Metall. Diefe Zufammenfeßung thut man wieder in einen Tiegel, Der nicht glüet, fo zer: geht die Mafle, wie zuvor, nachdem der. Schwefel verbrannt it. Sodann giegt man das gefchmwefelte Metall bevächtlich heraus, fo bleibe in dem Schmelz. tiegel ein vegulinifcher Iheil, welchen man den zweyten Boldfönig zu nennen hat, und der fi) ‚ordentlich unter einer gelben Farbe fehen läßt. x. Da fich aber das in dieſer Maffe enthaltne Gold zu einer noch größern Lauterkeit bringen und von dem darunter befindlichen Eilber noch genauer feheiden läßt, fo wird dienlichfeyn, daß man dieſen am Tier 7 Dand, 2 gel 1306. Ellers Abhandlung, gel hängenden König nochmals einſchmelze, alfo daß man das Gewicht immer nad) der oben gegebenen Vorſchrift einrichte. Hat man diefes gethan, fo macht man alfobald zu jedem Pfunde Metall einen: Zuſatz von einer Unze Kupfer, und hält ihnen ein fo ftarkes Feuer als nothig it, fie wohl flüßig zu ma— chen ; menn man bierauf die Maffe, indem man alles mit einem eifernen Stäblein wohl durch einan- der mengf, ins Waſſer geußt, fo verwandele- fie fich von neuen in Fleine Körner, auf die Weife, wie, man es ſchon etlichernal befchrieben hat. Endlich fammlet man diefe Körner, vermifche fie. mit wohlgeſtoßenem mineralifthen Schrocfel, und da das in dem Goldfönige noch übrige Silber nur et⸗ was weniges betraͤgt, ſo braucht man nicht mehr als eine Unze Schwefel auf das Pfund von dieſem ge⸗ koͤrnten Könige Man thut alles wieder in einen Schmelztiegel, der nicht gluͤend iſt, zu einem mäßi- gen Feuer, welches man das Cementirfeuer nenne. Hat der Schwefel nad) und nach gebrannt, fo ma— chet man das Feuer größer ; denn ſonſt widerftehee das Gold, melches doch den größten Theil an dieſer Mafle ausmacht ‚ der Auflöfung ; ‚erfolge. folche, fo unterhält man es flüßig, indem man. die noͤthige Hitze wenigftens eine Biertheljtunde lang fortdauern lat; nach Berlauf derfelben gießt man die Maffe in einen heiggemachten Tiegel , der mit Kreide ober Unſchlitt überzogen ift; da fest fih der dritte und legte Goldfönig, der von dem Silber und Kupfer, wel: ches darunter gekommen war , aefchieden ‚worden, auf dem Boden zufammen. . Nachdem 8. ausge= £üpie ift, fo nimmt man es ohne Mühe aus tem Ziegel von der Scheidung des Goldes ꝛc. 138 Sol heraus, und es feheidet ſich ganz Teiche von den gefchwefelten Metallfchladen , Die oben darauf zufammen gerinnen eben wie ein Spießglasfönig, ab. Wenn alle diefe Arbeit, die wir bisher befchrieben haben, wohl abgewartet worden, fo ift dieſes ber legte Goldfönig, und wenn man ein wenig an feiner Dberfläche. feiler, fo zeige er eine gelbe Farbe wie Mehingz denn außer dem und im Fall, daß es noch ſehr blaß ausfahe, fo müßte man die legte Operation wiederholen, und nur die Hälfte fo viel Kupfer zu— fegen , aber übrigens eben auf die nämliche Weiſe | verfahren. Dieſe Könige haben ordentlich die Feine von. 18 Karaten, und enthalten drey Viertheil feines Ga. und ein Viertheil Silber, weiches noch da⸗ mit vermifeht blieb, und wenn man es auf der Ca— pelle mie Bley (äutert, fo kann man fie für Gold von diefer Keine verkaufen. — Dieſes geſchwefelte Silber, welches man von den Koͤnigen dadurch ſcheidet, daß man es herausgießt, enthaͤlt insgemein noch einige kleine Goldtheilchen; und wenn ſie ein Probirer nach der Laͤuterung des Silbers darinn faͤnde, ſo wuͤrde man nicht nur dem Kuͤnſtler die Schuld geben koͤnnen, ſondern es wuͤrde dieſes auch den Vortheil vermindern, den man da⸗ von hat. Da indeſſen um dieſes wenige Silber von allem Golde zu reinigen, die naͤmliche Reihe von Praͤcipitationen und Laͤuterungen noͤthig ſeyn wuͤrde, der man oben bey dem vergoldeten Silber, das das erſtemal mit Schwefel geſchmelzt worden, gefolget iſt; fo iſt dienlich, und der Vortheil des ur erfodert es, daß dieſer Theil geſchwefeltes J2 Silber, 32. €las Abhandlung, Silber, worunter noch etwas Gold iſt, unter andere 40 bis 50 Pfund Silber, weiches man fehei- den will, und welches ſchon mit dem gehörigen Theile Ehwefel gejchmelzt worden, gethan werde. Man fängt alsdann die Scheidung von neuen an, auf die Weiſe und mit den Vertheilen, die oben der Länge nad) erzahlt worden it. | Außerdem ift hier anzumerken, daß fich dieſe Scheidart fuͤr das gemeinfte vergoldete Silber fchickt, und Davon ein halbes Pfund ungefahr ein Quintlein Gold in fi) halt. Allein wenn man Silber fhiede, davon das halbe Pfund eine oder zwo Unzen Gold enrbielte, alsdann wäre es ſchon genug bey dieſem reichen Silber ſo zu verfahren, wie mit dem reinen Metalle, welches bey dem erſten Verſuche aus dem geſchwefelten Silber gezogen worden, weil das Gold, welches in dieſer Maſſe nicht ſo serfkreut ift, auch nicht noͤthig hat, daß es ſo ſehr geſchwefelt und ſo oft praͤ⸗ cipitiret werde. W Sch muß noch diefes erinnern, daß man, um. reines Silber zu fehmelzen , feine Tiegel brauchen dürfe, Ddarinn man ſchon gefchmefeltes Silber ge— fehmelget bat; fonft würde ſich das flüßige Metall mit einem Gepraffel verfpreiten, und man würde es ohne Schaden nicht wieder zufammen bringen Fönnen. Eben dieſes traͤgt ſich zu, wenn man die Oberflaͤche von reinem und ungeſchwefeltem Silber, indem es fluͤßig iſt, mit der Zange oder einem eiſernen Staͤb⸗ lein, Die mit dergleichen geſchwefelten Schlacken be ſchmiert ſind, auch nur ein wenig beruͤhret. Das reine Silber entſchlaͤgt ſich — ‚aller Gemein» ſchaft von der Scheidung des Goldes etc. 133 fchaft mic dem, welches gleichfam durch den Schwe⸗ fel verunreiniget Mina Um nun diefe zwey koſtbare und von Natur fehr reine Metalle zu faubern, (die man nur durch Ber- mifchung mit unreineren Körpern ſcheiden konnte) ift nöthig, daß man alfs verfahre, wie ich ißt dieſe Laͤu⸗ terung Fürzlich befchreiben werde, Es folgt alfo bier fogleich dasjenige, was das Gold betrifft. Nachdem man etliche in eine Rundung formirte DBaditeine, wo man anders dergleichen haben kann, auf dem Herde alfo zuſammen geordnet hat, daß fie einen halben Zivfel machen, fo lege man in den Mits telpunft ein klein Stück Ziegel von ohngefähr einem Zoll die, darauf ftelle man eine irdene unglafirte Schuͤſſel von der beften Gattung; in diefe Schuͤſſel fege man eine noch fleinere und in diefe legte einen » Schmeljtiegel mit feinem Dedel. Alle diefe Ge: ſchirre müffen in Anfehung ihrer Größe , nad) der Menge Gold , die man läutern will , eingerichtet ſeyn. Man waͤge das reine Goldmetall, und thue es mit doppelt ſo viel friſchem und klein gemachem Spießglaſe in den Schmelztiegel. Die gluͤenden Koh: len, welche diefe Geſchirre ringsum bedecken , werden das Gold vermittelft dem Darunter befindlichen Spieß: glaſe bald flüßig machen. Man muß die Maffe we: nigftens eine Vierthelſtunde lang flüßig erhalten, Damit das Gold von dem Spießglafe deſto beſſer durchdrungen werde, und Damit dieſes durch feinen | Schwefel Das jenem "anhangende Silber an fich ziehe, Alsdann nehme man dem wohlerhigten und mit Unſchlitt oder Wachfe überftrichenen Tiegel und gieße weh: diefe zufammengefehmolzne Maffe . hinein. 53 Das 134 Ellers Abhandlung, Das Gold, welches ſich in dem Tiegel zu Boden ſetzt, loͤſt ſich, nachdem es ausgekuͤhlet iſt, ganz gern ab, und man darf nur ein= oder zweymal mit dem Hammer odereinem Stüde Eifen darauf ſchmeißen, fo mache es fich von den Schlafen, die den obern Theil einnehmen, los. Diefe Schlafen, die bey einem geringern Feuer leicht fehmelzen, müffen aufs neue in den nämlichen Tiegel gethan und in einen andern Tiegel geworfen werden, von Denen fich, nach- dem fie ausgefühlt find, viel weniger Goldfönig ſcheidet. Die Arbeit muß zwey⸗ oder dreymal auf ‚ eben diefe Weife wiederholt werden, um das in dieſe “ Könige zufammengezogene Gold in Stand zu fegen, meiter geläutert werden zu koͤnnen. | Man nimmst daher den Schmelztiegel weg, und nachdem man durch den Wind des Dlasbalgs die Hlüende thoͤnerne Schüffel, die unter der Afche von den Koblen ſteckte, gereinigt bat, fo wirft man ein Fein Stück Borax hinein und dedt fie mit einer oder zwoen großen Kohlen alfo zu, daß oben eine hohle Oeffnung bleibe, durch die der , welcher arbeitet, - hinein fehen Fann. Hierauf überzieht in kurzer Zeit biefes kleine Stuͤck Borax, mittelſt einer gehörigen Hitze, die Oberflaͤche der Schuͤſſel mit einem duͤnnen Firniß. So bald man es merket, muß man in die— ſes Geſchirr alle Koͤnige, welche man zuvor durch das Spießglas geſammlet hat, nach und nach thun, und wenn ſie ſich, nachdem ſie wohl mit gluͤenden Kohlen umleget worden, fluͤßig zeigen, blaͤſt man be⸗ ſtaͤndig und immer gleich ſtark mit dem Blasbalge auf den Mittelpunkt des fluͤßigen Metalls zu. Auf dieſe Weiſe ſteigt der Schwefel vom — ar wohl, von der Scheidung des Goldes ꝛc. 135 wohl; als der König, deffelben, wie eine dicke Wolfe auf, wird durch das Blaſen zerſtreuet, verliehret ſich, und laͤßt das Gold, welches immer reiner wird, zuruͤck; allein, da es ſehr ſchwer faͤllt, es fluͤßig zu erhalten, wenn das Spießglas allmaͤhlich aufgegan gen iſt: ſo iſts gut, wenn man kleine gluͤende Koh— len unmittelbar uͤber das Gold zufommen ſammlet, und fie durch den Blasbalg in einer beftandigen Glut erhält, Damit diefes Verfahren das Gold in eine beitändige Aufwallung feße, und das noch übrige Spießglas zerſtreue. Wenn es endlich ganz und gar ausgeraucht ift,.fo geſteht Das Gold, welches aller Hise, die man ihm auf obgedachte Weife beybrachte, | gänzlich riderfteher , mitten in der Schüffel,, und zeise ſich ſogleich unter einer gruͤnen Farbe und bald unter. feiner eignen, Man nimmt hierauf die Schuͤſſ el vom Feuer, föfet / Das Gold ab, und tur es in einen neuen Schmelz⸗ tiegel, den man zuvor heiß gemacht und mit Schwe⸗ fel überzogen bat. Man ftellet ihn ferner auf die andere Schüffel, die man bey dem vorigen Verfuche unter ‚die erfte geſetzt hatte. Iſt das Gold abgemo- gen, fo feßet man ‚bevor e8 noch inden Schmelztiegel gethan worden, jeder Unze Gold eine Drachme von dem trocenften veinen Salpeter zus hat man weiter den Dedel auf den Schmelztiegel gethan, fo bedeckt und umgiebt man ihn von allen Seiten mit glüenden Kohlen und vermittelft des Dlasbalgs erregt man einen ſolchen Grad der Hitze, der im Stande iſt das Gold in Fluß zu fegen, Der Salpeter nimme ſodann bey feiner Entzündung, Das uͤ Spieß: glas wea ; fo bald dieß gefchehen, gießt man das ‘4 ——— * 136 Ellers Abhandlung, - geſchmolzne und alfo geläuterte Gold heraus in einen Inguß, der zuvor mit Lichtinfelt überzogen worden. Die Schüffel unter dem Tiegel dient dazu, daß fie das Gold auffange, im Kall die Gewalt des Blas— balgs den Tiegel befchädigen follte ; deswegen muß man wohl Acht geben, daß es dem Schmelztiegel nie an Kohlen fehle, vornehmlich um die Chegend, wohin man beftändig mit dem Blasbalge bläfl. Iſt alfo das Gold durch den Salpeter gehörig ges teinige worden, fo frägt fich doch bisweilen zu, ‚daß es hart und. fpröde bleibt, weil auch der kleinſte Theil vom Spießalasfönige , welcher nach darunter iſt, dem Golde die Biegfamfeit benehmen kann. Diefer Schwierigkeit läßt fich Dadurch begegnen, daß man e3 wieder in einen faubern Schmelztiegel thut, wo es bey einem ftärfern Feuer wieder fehr gut -flüßig wird, Man fehüttet alsdann ein wenig Mercurius fublima= tus darüber, und zwar von dem allertrockenſten, Doch nach und nach und fo, daß man fich in Acht nehme, daß er nicht in die Naſe fahre. Wenn es nicht mehr raucht, fo. dee man den Schmelztiegel zu, legt oben Kohlen darauf, und ſchuͤrt das Teuer alfo, daß man das Gold 5 bis 6 Minuten lang in einer leichten Flüßigfeit erhalte: Man gießt es endlich in den Inguß, und wenige kalt ift, fo ift esfo biegfam, als man es verlangte, | —A Hat man alle dieſe bisher beſchriebenen Verſuche ſorgfaͤltig angeſtellt, fo iſt das aus dieſer ganzen Sil- bermaſſe von 50 bis 60 Pfund gezogene Gold alles beyſammen. Allein die legten Könige, die aus dem Spießglaſe gezogen worden, haben noch etwas Sil⸗ ber, das ſich anbing, mit fich praͤcipitiret, und » e von der Scheidung des Goldes ꝛc. 137 es gleich nur ein klein wenig iſt, ſo mindert es doch die Guͤte des Probegoldes. Will man es noch wei— ter laͤutern, um endlich Gold zu bekommen, welches man insgemein Scheidegold nennet, und den Künft- lern abermals dienet das Silber zu vergulden; fo darf man nur den größten König nehmen, der bey dem erften Einfehmelzen mit Spießglas. präcipitivet wor« den, ihn in die Schüffel hun, den Blasbalg gehen laffen, die Läuterung mit Salpeter vornehmen, und ihn durch Mercurius fublimatus biegfam mächen; Die: fes wird ihn zu einem Grade der Reinigkeit bringen, welchen die Probirer den von 234 Caraten nennen, Die drey oder vier übrigen Könige, die in der aber- maligen &infchmelzung durch das Spiefiglas auf oben bemeldete Are geſammlet, und eben alfo geläutere wor: den, erreichen nur 18 Carate, welches Das fogenann- te Rronengold thut. Um es zu dem Werthe des vorhergehenden zu bringen, fo muß man es mit zween Theilen Spießglas von neuem einſchmelzen, und es auf oben befchriebene Weife weiter läutern ; doch he— ben Die, welche eine neue Scheidung von vergoldetent Silber "vorhaben , diefe Fleinen Könige zu einer. an- bermeitigen Laͤuterung auf 2 damit fie jego nicht Zeit und Mühe verliehren. Wir haben bisher aufrichtig gewiefen); ‚ tie man das Gold von Silber fcheiden und ihm feinen erften Glanz und Werth: wiedergeben koͤnne; wir haben alle zu diefem Verſuche nöthige Bearbeitungen ange führer, ohne: den geringſten Umſtand wegʒulaſſen. Da aber das Silber ein nicht weniger beliebtes Me: tall, nachdem es von Gold geſchieden worden, mit den Unveinigfeiten des gemeinen Schwefels und 33 Spieß: 3z3 Ellers Abhandlung, Spießglaſes beſchwert bleibt, und dadurch unvoll⸗ kommener geworden zu ſeyn ſcheinet; ſo mag man ſich wohl angelegen ſeyn laſſen, ihm ſeine erſte Reinigkeit wieder zu geben. Ich will dahero kuͤrzlich den naͤch⸗ ften Weg zeigen, alfo zu Diefem Zwecke zu gelangen, daß man feinen Verluft bey dem Metall habe, - Aus den vorigen Verfuchen ergiebt ſich, Daß alles Silber, welches anfänglich zur Goldſcheidung genom⸗ - men worden, Durch die Bermifchung mit minerali: ſchem Schmefel in eine, Gattung von gefchwerelten Schlafen verwandelt wurde, und daß man. aus die- fen Schlafen , nach hintereinander wiederholten Eine fehmelzungen und Präcipitationen , Gold. befam , wel⸗ ches von allem Schwefel gereinigt und in die Könige, zufammen gegangen war, aus denen: es bey ſeiner Laͤuterung durch friſches Spießglas gezogen worden. Der in dem Spiefalas überflüßige gemeine Schwefel theilet allerdings, nachdem er fich desjenigen Silbers bemächtiget hat, welches in diefen Koͤnigen noch mit Gold vermifcht war, feinen vegulinifchen Theil dem Golde mit,: das übrige Davon wird zu Schladen, Da aber diefe vom Könige gefammlete Schlacken, noch einige Fleine Goldtheile bey fich führen koͤnnen, fo muß man fie befonders laͤutern. Dieſe Scheis dung, welche die Deutfchen Stock ver blaſen nen- nen, und die im einer Zerftreuung der Schlafen von Fre duch den Blasbalg beftebt, geſchieht alſo. | | 5 Die Schlafen von Spießglas, die mit Silber bes fchwert find, ſetzet man zwifchen die Ziegelfteine, zwi⸗ ſchen welchen das Gold zuvor geläutert worden, in einer Darzu bequemen Schüffel, Die man dahin ge- 5 —J ſtellt von Der Scheidung des Goldes ꝛtc. 139 ſtellt hatte, und zuvor gluͤend werden ließ, hinein. Um zu verhuͤten, daß keine Kohlen in die Schüffel fallen, fo ift dienlich, daß man einen hohlen Aufſatz von eben ſolcher Erde, als fie felbft ift, der wie eine Halbe Kugel geformt und heiß gemacht worden, dar⸗ über dee. In dem vördern Teile diefes hohlen Deckels laͤſſet man eine viereckigte Oeffnung von ohne gefaͤhr zween Zollen, damit der, welcher arbeitet, - bequem hinein fehen und den Wind des Blasbalgs gegen die Mitte der Schuͤſſel richten koͤnne. St dieſes alles ſorgfaͤltig angerichtet ſo thut man die Schlafen von Spießglas in Eleinen Stüden mit ‚einer Zange oder einem Löffel von Eifen in die Schuͤſ fe. Weil fie ohnehin gern fehmelzen, fo ift Fein fonderlich großes Feuer nöthig. Es ift fchon genug, wenn die Schüffel und der hohle Deckel nur halb und halb glüen. Ein größeres Teuer, welches Die Ce« faͤße gar entzünden koͤnnte, feet die gefchmolzne Ma— terie in allzubeftige Bewegung, und man verliehrt, an den unzähligen Fleinen Körnern, Die von allen Eeiten hinaus fpringen, auch Metall dabey. Sieht man, daß die Schlafen in der Schüffel gänzlich zuſammen gefchmolzen find , fo thut man ohn- - gefahr den zehnten Theil gefürntes oder klein zerſtuͤck tes Bley Darunter; welches, weil es bald ſchmilzt, den fehmefelichten Dampf ‚der aus den Schlacken auf- fteige, vermehret ; damit aber diefer bald vergehe F fo bläft mar mit einem fleinen Blasbafg mitten in die Schuͤſſel. Diefes Berfahren feget die Schladen in eine leichte Fluͤßigkeit, und die Silbertheile ‚die dax- unter zerftreuet find, werden dadurch geſchickt, das Bley zu durchdringen. Indeſſen ſetzet man die * eit 140. Ellers Abhandlung, beit bey einem geringern Feuer fort, bis man fiehe, daß fich die Maffe vom Metall in ihrer Flüßigkeit verdickt, eben als wenn fie. hart werden wollte, welz ches auch wirklich gefchiebt, je nachdem der Schwefel ausraucht; Deswegen muß man das Feuer ftärfer machen, damit der. Dampf wieder zunehme und die Materie mehr erfihüttert werde, Wann endlich der ſchwefelichte Dampf verſchwindet, fo entftehen Schla- fen von verbranntem Schwefel und Bley, die man Silberblumen nennet: (Aeurs d’argent), Man er: kennt fie daran, daß fich die Oberfläche des Silbers, die noch mit etwas Bley vermifcht und ganz flüßig ift, mit verfchiedenen Farben-überziehet, Die hintereinan⸗ der abmwechfeln und mit großer Gefchwindigfeit erfcheiz nen und verſchwinden; ein untrünlicher Beweis, daß unter dem Metall in der Schüffel Fein Spießglas mehr iſt. Und da diefes der ganze Zweck der Arbeit war, fo muß man nun das Feuer wegfchaffen, und wann die Schuͤſſel ausgefühle ift, das: Silber Davon Um diefes Silber von allem übrigen Bley zu faus bern und es ganz rein zu machen, muß man es noch⸗ mals in einen Schmelznapf thun, der das gehörige Berhältniß zu der Menge des Metalls hat, welches man darinnen läutern will. Wir werden weiter uns ten die ausführliche Befchreibung diefes chymiſchen Werfuches antreffen, da wo wir von der Laͤuterung des gefchmwefelten Silbers reden, Alles was bier noch anzuführen feyn möchte, ift, daß in diefem Gil: ber noch etwas Gold übrig geblieben, melches das Spießglas an fi) 309, als man.es zur Laͤuterung des Goldes anwandte. Man pflegt daher diefes Silber, X 4: welches von der Scheidung des Goldes ꝛc. 141 welches noch mit etwas Gold befchwert ft, auf eine andere Scheidearbeit. aufzußeben, und es fodann mit der neuen Maffe vom verföldeten Silber, die man nun bearbeiten will, zu vermifchen. MR Zuletzt ift diefes die Pflicht Des Kuͤnſtlers bey, dies fer Arbeit, daß er.allen diefem Silber, das fih von dem Golde feheiden ließ ‚feinen erften Glanz und feine erfte Sauterfeit wiedergebe. Wir haben gefehen, daß man, in der erſten Arbeit bey diefer. Scheidung, eine ziemlich beträchtliche Menge mineralifchen Schwe- fels unter das Silber gethan hat, um feine Schei- dung vom Golde zu bewerkſtelligen; und dieſes dar— um, weil die kleinen Goldtheile unter dem Silber, die aller Vermiſchung mit reinem und fharfen Schwer felſalz widerſtehen, fich. defto leichter. los reißen und auf den Boden des Gefäßes fenfen, wenn fich. diefes Salz der Silbermaffe, die 68 zur Fluͤßigkeit geneigt machte und halb und halb auflöfte, bemächtige hat. Um nun diefes Foftliche Metall von einem Gegner zu befreyen, welcher alle mineralifche Körper, in denen: er fich befindet, ſehr mitnimmt, fo bat man. aller- hand Erfahrungen probiret. Diefe haben auch.ende lich, nach) verfchiedenen. damit einftimmigen vernünfe ‚tigen “Betrachtungen die Chymiften gelehret, daß man: bey diefem Berfuch nicht beffer fortfommen koͤnne, als wenn man mit. diefem gefchroefeleen und abermals eingefehmelzten Silber. einen andern Körper vermis ſchet, der mehr Berwandtfchaft mit dem Schwefelfalz‘ bat ‚und welcher viel leichter als das Silber ‚Dadurch aufgelöft werden Fann, Man bat aber gefunden, daß ſich das Eifen, ein Metall, das den Schwefel fehr gern an fic) zieht, hierzu volltommen ſchicke⸗ 0 Und 42 Ellers Abhandlung, Und damit man endlich) hierdurch die Laͤuterung des | Silbers beftreite, fo mig mat n.bey dieſer Arbeit alſo verfahren. Man ſetze einen ſchwarzen Paſſauer oder Ipſer Schmelztiegel in den Gießofen, der ſo groß iſt, als es das Gewicht des Silbers erfordert, und wenn die Kohlen, die fo hoch als der Schmelztiegel herum lie— gen, durchaus gluͤen ‚, fo thue man das geſchwefelte Silber, welches in großen Stuͤcken wird aufgehoben worden ſeyn, nach und nach in den Schmelztiegel, miſche den dritten Theil ſo viel Blech, Naͤgel und andere kleine Stuͤcken Eiſen darunter, von welcher Figur fie immer ſeyn mögen, wenn fie nur nicht ro⸗ ftig find. Man muß, fo viel möglich, bierbey alfo verfahren, daß man immer eine Schicht iiber und. dann wieder eine Schicht Eifen lege Wenn fich das Gewicht vom Silber bis auf 25 Pfund oder 50 Marf beläuft, fo darf das Eiſen nicht über 8 bis 9 Pfunde haben. Iſt vieles gefchehen, und der De— ckel alfo auf ven Tiegel gedeckt worden, daß er genau paßt, fo belegt man ihn um und um mit Koblen, und da ein fehr heftig euer darzu erfordert wird, das Eiſen fhmelzen zu machen, fo ift noͤthig, daß man zum zweyten ja auch zum dritten mal, flatt der _ vorigen verglommenen, nene Kohlen anlege, Da aber die Gewalt, mit welcher das fchweflichte Salz in das Eifen toivfer , , unter vielem Gezifche insgemein große Bewegungen verurfachet und die Metallförner fich zerftreuen ; ſo muß man, um dieſen Schaden zu ver— huͤten, die in dem Schmelztiegel befindlichen Metalle mit einer oder zwo Handvoll Kohlenftaub bedecken: an das Brennbare von den Kohlen hindert, —* von der Scheidung des Goldes x. 143 das Eifen nicht allzu geſchwind zu Schlafen wird, welches macht, daß die gefchmolznen Metalle verraus chen, indem es dieſelben allzu heftig erſchuͤttert. Wenn man dahero wahrnimmt, daß die Kohlen, die zum zweyten ‚oder dritten mal auf den Deckel des Scmelztiegels geleget worden, verglommen find, und man hat durch das Ofenloch Die nörhige Luft hin⸗ ein gelaſſen, fo muß man den Deckel aufheben, und die Metalle werden flüßig erſcheinen. Hierauf mifche man fie alsbald untereinander und ruͤhret fie mit eis nem glüenden Stabe von Eifen in einem Kreis herum. Damit ſich aber das Silber vom Schwefel defto eher [os machen koͤnne, fo mengt man obngefahr den feche ſten Theil gebranntes Bley oder Glätte unter dag nunmehr flüßige Metall; dieſes verduͤnnet die Fluͤs⸗ figfeit der Maſſe, und macht, daß das Eifen defto gefchwinder zu Glas oder Schladen wird. Ich ge= ſtehe zwar, daß ein. Theil von der Bleyafche, Die duch das Brennbare in Metall verwandelt werden, aufgelegt ift, das ungefchmefelte Silber begierig an ſich zu zieben; allein damit man diefer Sache vor⸗ fomme, muß man diefe Bleyafche in 3 Theile thei⸗ len, auf dreymal indie flüßige Mafje werfen, und fie, fo oft etwas hineingeworfen worden , mit einem frums men eifernen glüenden Stabe wohl "herum ruͤhren. Sobald man den Tiegel wieder zugedeckt hat, ums giebt man ihn ringsum mit Kohlen, und wo man nur gehörig zuſchuͤrt, fo wird bald das Metall durch⸗ aus vollfommen flüßigz bierauf nimmt men alsbald ‚einen weiten und mit Unfchlite beftrichenen Inguß, und gießt Die metallne Materie behutfom hinein Sobald diefe die glüende Körbe verlobren. vn — urzt A4 Eleers Abhandlung, ſtuͤrzt man den Inguß um, und laͤßt das, was darin nen ift, in ein Gefäß mit Waffer fallen ,. in dem ſich die Schlafen von Eifen augenbliklih vom Silber ganz und gar fcheiden werden, Den Schmelztiegel fest man wieder in die Kohlen, damit er nad) und nach ausfühle, und man fic) deffen nochmals zu eben demfelben Berfuche bedienen koͤnne. [ Dr Diefe Arbeit befreyt alſo das Silber von allem Schwefel und füubert es von allen Unreinigfeitem; gleichwohl ift das allzuftarre Wefen, das wir noch an ihm merfen, ein Zeichen, daß es noch viele frem⸗ de Theile bey fich führe, welche hindern, daß es ſich nicht dehnen läßt. Um nun Diefe, jo wie die vorigen, aus;urotten, und diefem Metalle die ihm eigne aus terkeit wieder zu geben, muß man die legte Laͤuterun mit der Capelle vornehmen. Man weis wirklich aus der Erfahrung, daß der Saturnus der Chymiſten oder das Bley, mit Metallen vermiſcht, bey einem ge= wiſſen Grad der Hitze, alle ſolche Metalle zerſtreuet und mit ſich hinweg nimmt, ohne die vollfommen- ften: unter allen, naͤmlich Gold und Silber, anzu- greifen. Gleichfalls lehret uns die Erfahrung daß diefes räuberifche Metall, wenn es durch die Gewalt des Feuers aufgebracht worden, alle Gefäße, Zie⸗ gelfteine und Tiegel, fie feyn zugerichter wie fie im- mer wollen , durchdringt, und durch ſolche Ritzen die Eoftbaren Metalle, die man läutern wollte, entwi⸗ fehen und in den Ofen fallen laſſe. Man kann diefer Wirkung durch nichts begegnen, als durch wohl zu= bereitete Afche von Thieren und Pflanzen, Deswe⸗ gen haͤuft man fie in einen ziemlic) tiefen Scherben feſt auf einander, und macht ſofort in die — Im dieſer von der Scheidung des Goldesir. 145 dieſer aufgehaͤuften Aſche eine kleine Hoͤlung, die dieſe geſchmolzne Metalle faſſen kann. Alsdenn gebraucht die Capelle, welche die Deutſchen Ceſt nennen; wenn man. einen ſolchen Teſt machen will, verführt man alſo, wie ich jest umftändlich erzäh Hlen werde; Man nimmt die Afche von weichem Holze oder viel- mehr die weislichte und leichte Aſche, Die den reinften Theil der. Afche ausmacht, man läßt fie durch das Sieb laufen, und gießt Waffer darauf, welches macht, daß Die klaͤrſte Aſche leichter durchgeht, und die kleinen Kohlen im Siebe haͤngen bleiben. Iſt die Aſche alſo geſiebt worden, fo gießt man noch ein- mal reines ſiedendes Waſſer nad, und rührt es mi£ einem dünnen hölzernen Stecken herum, Damit ſich das in der Aſche befindliche Salz ablöfe und in das Waſſer übergehe. Nachdem fich die Aſche gefege hat, fo gießt man das darauf ſtehende trübe Waffer ab, thut wieder anderes hinein, und wiederholt Dies jes % oft, bis das darauf ftehende Waſſer ganz bel und unſchmackhaft wird. Alsdann nieht man alle ausgewafchne Afche, nachdem fie im Waſſer aufge: rührt worden, in ein reines Gefaͤß; und wenn man wieder neues Daft er hinein gethan hat, fo faͤhrt man damit alſo fort, bis die leichteſte Aſche, die mit dem Waſſer ausgegoſſen worden, auf den Boden des er: ften Gefäßes den Sand und die noch abzufondernden groben Theile abgelegt hat. Wenn diefe Afche alfo von allem Salze und aller ölichten Fettigkeit befrenet , ausgefrocknet und nun: mehr dem Feuer felbft unveränderlich ift, fo. ift fie Das, woraus man die beiten Capellen machen kann. Zu dem Ende fuchet man fich ein irden Siape aus, 7 Band. K das u Ellers Abhandlung, das inwendig nicht glaſirt iſt, deſſen Groͤße und Tiefe ſich zu dem Gewichte Silber reimt, welches man laͤutern will. Da es aber oft genug geſchieht, daß Gefchirre von diefer Große der Gewalt des Feuers nicht widerſtehen fünnen, fondern Sprünge befom« men, wodurch das Metall’ herauslaͤuft, fo wird der Künftler beffer thun, wenn er fid) Ringe anfchafft, die im Durchmeffer ohngefähr einen Schub oder we- nigftens 8 Zollehaben, und aus einem von dren bis vier Finger breiten eifernen Bleche gemacht find. Das Untere von diefen Ringen, woraus man die Boden- fläche machen will, muß fich etwas einmärts neigen, Damit die Afche, wenn fie wohl durchgearbeitet wor: den, mit weniger Mühe geftogen und über den obern Rand, der etwas weiter ift, herausgetrieben werden koͤnne. Einen folhen Ring ftelle man auf ein Brett und fülfe ihn mit Afche an. Diefe netze man zubor ein, fo daß man das Waſſer faft nur tropfenweife darüber gieße; man druͤcke fie ſofort ſtark zwiſchen die Finger, bis ſie ein wenig zuſammen haͤngt. Dieſe in dem Ringe befindliche Aſche druͤcket man von allen Seiten mit den Fingern, oder einem aus— geferbten Stämpfel; ja man fchlägt fie fo gar von - dem äußern Umfreife an bis zu dem Mittelpunfie mit dem Hammer; man fchlägt aber nur ganz mäßig zu, und nach) der Krümmung einer Schlangenlinie. Dies: fes giebt ihr endlicy den Grad der Feftigfeit, den man nöthig hat. Iſt diefes gefcheben, fo hebt man - mit einem Erummen Meffer aus der Dberfläche einen breiten kugelfoͤrmigen Ausfchnitt heraus, der aber nicht tief feyn darf. Diefen Ausfchnitt gleicher man weiter mit einer hölzernen Kugel, die man unter flacher von der Scheidung Des Goldes ꝛc. 147 flacher Hand herum rollet, ringsum ab. Hat man zu Afchen gebrannte ‘Beine von Thieren, vornehms ih von Kälbern und Hameln , die wohl ausge- brannt, calciniet und in eine Gattung von Mehl vers wandelt worden, fo Fann man fie über dieſe ganze Hoͤhlung hinfieben , und durch die hölzerne Kugel wieder wohl an die Capelle andrehen. Damit nun während der Läuterung Feine Kohlen unter Das geſchmolzne Metall in den Treibefcherben fallen, fo iſt rathſam, ihn mit dem Dedel zu vers wahren, welchen die Laboranten Voute de laCoupelle zu Deutſch Muffel nennen. Diefer ift eine Halb: Fugel, deffen Durchmeffer an der Deffnung dem Durchmeffer des eifernen Rings gleich ift, auf wel- chem er ruben foll; er wird gemacht wie die andern Gefäße, man nimmt den beften Thon, gebrannte Kiefelfteine und Sand dazu, Und damit der Künft« fer währendem Berfuche mitten in den Treibefcherben feben koͤnne, fo hat dieſer Deckel eine ungefähr. drey a breite und lange Deffnung, die man ber feiner erfertigung hinein macht, vermittelft einer Parallel- finie, Die von Unten nad) der Höhe gezogen wird, und ihn in der Entfernung von ungefähr zween Zollen zweymal durchfchneide. So lange der Thon noch weih ift, fo löft man dieſes Stüf von dem obern Theile nicht ab, fondern man erhebt es nur, man macht, daß es fic) ein wenig herausbegiebt, und _ unterftüßt e8 von der Seite, indem man unter die Raͤnde der Deffnung Thon bineindrücet. Dur diefe mechanifche Einrichtung fucht man zu hindern, daß die oben auf diefen hohlen Deckel gelegte Koh⸗ len nicht in den Schmelznapf fallen, und die Arbeit | 8 2 ftören, 43 Ellers Abhandlung, flören. Diefen alfo zubereiteten Deckel brennt man an den Kohlen unter den Ziegeln mit aus, wenn ex zuvor an der $uft trocken worden, _ Wenn man den Napf mit feinem Deckel alfo ver: fertigt hat, muß man, ehe man noch zur Läuterung des Silbers fortgeht, einen Ort ausſuchen, der fich wohl bierzu fchikt. Iſt der Herd in unferm Schmel;gewölbe geraumlich genug, fo feßt man den Zreibefcherben auf feine obere oder Horizontaffläche; da man aber ein ziemlich ftarfes Feuer noͤthig hat, das Silber zu fehmelzen und es flüßig zu erhalten, fo muß man das Feuer um den Scherben herum recht zufammen ſchuͤren, alfo daß feine ganze Gewalt gegen den Mittelpunkt wirket; dieſes bewerfftelliget man folgender maßen. Man macht Badfteine, die ihre ordentliche Länge und Dice haben , Die aber ein wenig frumm find, alfo daß fechs oder acht der- felben, wenn fie neben einander geftellt und zufam- mengefüget werden, einen Zirkel ausmachen. Man umgiebt den Scherben, wenn er alfo, wie wir oben gefage haben, auf den Herd ift gefest worden, mis eben folchen Backſteinen, braucht aber zugleich die Vorſicht, daß man einen Raum von drey bis vier Zollen zwiſchen dem Scherben und den Ziegeln laͤßt, darein man die Kohlen thun kann. Man ordnet auf dieſe Steine eine andere Reihe von Backſteinen auf eben dieſe Art und alſo zuſammen, daß immer einer von den obern Steinen auf zwo Haͤlften von den untern ruhet, damit ſie ſolche bedecken und in ihrer Lage erhalten. In dieſer zweyten Reihe muß man vorne einen Raum laſſen, eben der Oeffnung in dem Deckel gegenüber ‚ damit der Laborant immer wahr: nehmen vonder Scheidung des Goldes ie. 149 nehmen fünne, wie das Feuer gegen den Scherben wirket, und Damit er es nach ‘Belieben regieren koͤnne. Auf dieſe zweyte Reihe von Backſteinen ſetzt man endlich eine dritte und eine vierte, allezeit nach der naͤmlichen Weiſe, doch alſo, daß ihre Zirkel ein we— nig abnehmen und enger werden, je nachdem ſie ſich über die Höhe des Deckels auf dem Scherben erhe⸗ ben. Auf dieſe Weiſe bekoͤmmt man uͤber dieſen runden Deckel eine Art eines halb kugelfoͤrmigen Be— haͤltniſſes, welches dient, die Wirkung des Feuers zu vermehren. Dieſer obere Theil, den man als verengert hat, bleibt offen, damit man die Kohlen hinein werfen und herum legen kann. Eine nuͤtzliche Anmerkung, die wir hier noch hinzuſetzen muͤſſen, iſt, daß die Backſteine alſo muͤſſen geleget werden, daß fie an ihren Enden nicht fo genau zufammen- ftoßen, fondern daß immer zwifchen jedem ein Kaum von 2 oder 3 Linien bleibe, wodurch die zur Erhal- fung des Feuers nötbige Luft ftreichen koͤnne. Iſt diefe Einrichtung genau getroffen, fo muß man den Raum, den man mit gutem Bedachte zwi⸗ ſchen dem Scherben und feinem Gewölbe gelaffen hatte, mit Kohlen anfülfen, und- fie mit einer glüenden Kohle, die man oben auf den Dedel legt, anzimden. Hierdurch) wird der Scherben nach und nad) erhiger, und die Feuchtigfeit, die er in freyer Luft an fich ge— zogen hatte, verraucht. Wenn man nun nad Wer: lauf einer Stunde, in der man immer wieder Koh— len nachgeleget hatte, nachdem die erften verglommen waren, den Scherben wohl glüen ſieht, fo thut man das Dley ganz behutſam hinein, und zwar eben den dritten oder vierten Theil fo viel, als man Silber laͤu⸗ F 83 tern 130 Ellers Abhandlung, tern will. Doch wenn man weis, daß viel Kupfer ‚unter dem Silber ift, fo muß man. mehr ‘Bley bin- ein thun. Damit man aber den Boden des Scher- bens nicht befchädigen möge, indem man große und eckigte Stuͤcken hinein wirft , fo mag man diefes flüßige Metall zuvor in eine hölzerne Schachtel gießen , die mit Kreiden beftrichen worden, es in derſelben herumfchütteln, damit es fich in Eleine Koͤr⸗ ner verwandele; in dieſer Geſtalt mag man es mit einem eiſernen föffel behutfam in den Scherben ein= tragen. Es wird fogleich flüßia, und man wirft nach und nach die Stücken Silber hinein ; nad) diefem ver- ſtopft man das in dem Deckel gelaflene Loch mit einer großen Kohle , damit die Hise von innen größer werde, und Deswegen lege man ftatt der aufgegan- genen beftändig andere Kohlen nach), man füllet den unter dem Dedel zwifchen den Ziegeln und Scherben befindlichen Kaum oft mit Kohlen an,um den Die gen Grad der Hiße zu erhalten, So bald man fieht, daß die metallene Maſſe i in dem Scherben anfaͤngt aufzuwallen und zu dampfen, fo muß man die Kohle von der Deffnung des Deckels Otvegnehmen ; der Zug der Luft ift zur Zerftreuung des ampfs vom Bley fehr nötbig. Das übrige von. dieſem läuternden Metalle verfriecht ſich in die Flei- nen Zwiſchenraͤumchen des Treibefcherbens, wie glafich- te Schlafen, die als ein Del auf dem Silber herum» ſchwimmen. Das Bley nimmt alle fremde Mate⸗ vie mit ſich hinweg, und vornehmlich. die unvollfom- menen Metalle Dieſe glafichten Schlafen, die fi) bisweilen an ven Rand des Napfs dic anfegen, fammlet man fih unter dem Namen der u En o von der Scheidung des Goldes ꝛc. 151 Doch muß man ſich in Acht nehmen, daß keine Koh— len in den Schmelznapf fallen, die durch ihr Brenn— bares die Glaͤtte wieder in Metall verwandeln, und dadurch die Arbeit verlaͤngern. — Indem man den Verſuch mit dem angezeigten Grade der Hitze fortſetzt, fo fieht man an der Ober— * fläche des Silbers bald breite Flecken von verfchiedes nen Farben erfcheinen; diefe nennet man Silber blubmen. So bald man diefe merfer, muß man die Mafle mit einem eifernen etwas gefrümmten und glüenden Stabe bisweilen herumrühren, um einen ge wiſſen Theil Bley, welcher fich einiger maßen unten ‚im Scherben verbarg, auszutreiben und zu zerftreuen, nachdem er ſich von neuem unter das Silber gemifcht hatte. Dieſe Bewegung wird auf der Oberfläche des Silbers eine zarte Schlafe hervorbringen, oder ein dünnes Häutlein von Glaͤtte, welches die be: Fannten Farben des Negenbogens haben und. in be- ftändiger Erfchürterung feyn wird, alfo daß es wech: felsweife erfcheinet und verſchwindet, melches die deutſchen Probirer Blicken nennen. Alsdann muß man ein fehr ftarfes Feuer unterhalten und die Deff- nung des Dedels etlihe Minuten lang mit einer Kohle verftopft laffen, bis man endlich eine glän- zende Lauterfeit an der Dberfläche des geronnenen Silbers erblifet und es bisweilen Eleine Sproffen beraustreibet, als menn eine wachfendmachende Kraft in ihm wäre, Moch etwas, das wir nothe . wendig anführen müflen, ift, daß der Grad der Hiße bey aller dieſer Arbeit nach) der Menge des Bleyes muß eingerichtet werden. Anfangs ift ein ziemlich ſchwaches Feuer binlänglich * Maſſe fluͤßig zu ma⸗ | 4 | en, * 1322Ellers Abhandlung, chen, und bey einer gelinden Erfchütterung fteigt ein ganz lansfamer Rauch auf. Kin größeres Feuer würde eine allzugroße Erſchuͤtterung im Metalle ver- urſachen, würde den Rauch mit einer Heftigfeit nach) der Hohe des Deckels treiben, und Die Fleinen Metallörner nicht ohne Verluſt auf alle Seiten zer: freuen. Wenn man diefes fieht, nimmt man als: bald die Kohlen von benden Seiten weg, damit das Metall in eine ruhige Klüßigkeit gerathe; aber fo wie Die Menge des Blens nach und nach abnimmt ‚ eben alfo muß das Feuer zunehmen, damit das Silber, zumal gegen das Ende des Verſuchs, nicht zu bald erftarre und. noch Unveinigfeiten zuruͤck behalte, da: von man es hätte befreyen ſollem Nach einem folchen Verfahren erhält man das einfte Silber, welches von aller Unfauberfeic ſchlech— £erer Metalle gereiniget ift; und wenn die Arbeit ges hoͤrig und mit allen angezeigten Bortheilen abgewar- tet wird, fo wird der Saborante nicht das geringfte von dem foftbaren Metall verliehren. Aber Diejeni= gen, die nur wenige Pfunde oder Marken Silber vom Golde zu fiheiden haben, koͤnnen, nachdem fie den Schwefel vom Silber Durch das Eifen hinweg genommen haben, dem Metalle feine Lauterfeit und Biegſamkeit auf eine leichtere und kuͤrzere Weife, ver mittelft Salpeter und bloßes Spiefglasfönigs wie dergeben. - Man mifcht nämlich, indem man der- gleichen Silber im Tiegel ſchmelzt, Pulver von oben: genanntem Könige und Salpeter darunter, umd wenn alles gefehmolzen ift, rührt man die Maffe mit einem heißen eifernen Hafen wohl herum ; alsbald * der Koͤnig, welcher dem Eiſen ſehr — son der Scheidung des Goldes xc. 153 alfe Eleine Theile diefes Metalles an fih, die in dem - Silber verborgen find und es fpröde machen ; hier— auf verwandelt er fich durch Vermittlung des Salpe⸗ ters , fich felbft und vergleichen fremde Theile in Schlafen , und läßt das geläuterte Silber in den ‚ untern Theil des Tiegels. a Da nun in den Schlafen des Eifens, in dem der von dem Silber abgegangene Schwefel enthalten ift, bier und da noch viele Silbertheile , wegen ihrer z&- hen Dickigkeit beym Einfchmelzen,, geblieben feyn koͤn⸗ nen, fo ift dem Künftler daran gelegen, daß er fie nicht mit den Schlacfen wegwerfe, fondern ihnen von neuem ihre Metallgeftalt wiedergebe. Zu dem En— de muß er die Schlafen in einem eifernen Mörfer ftoßen und die Halfte Slate darunter thun; wenn Dies fes geſchehen, fo macht man einen Ipſer Tiegel von fchieflicher Größe im Schmelzofen gluͤend, thut diefe Maſſe hinein, deckt ihn zu, und giebt ihm eine Stun— de lang fehr heftiges Feuer, dann wird die, durch das Brennbare des Schwefels wieder in Bley verwan⸗ delte Gläfte, indem fie zergeht, alle Silbertheile ein- ſchlucken, die fich in den Schlacken des Eifens verhals ten hatten. Nachdem man die ganze Maſſe geſchmol⸗ zen und in den Inguß aegoffen hat, fo giebt jie an der Oberfläche Eifenfchlacken, die von allem Silber leer find, und darunter findet man das Dley, wel- ches mit Silber befchwere ift. Aber viefes Bley felbft ift von großem Mugen bey fäuterung des Gil: bers auf der Capelle; denn dasjenige Silber, welches das Bley aus dem Eifen gezogen hatte, vereinige fih alsbald mit dem, welches man auf diefe Weife 85 laaͤutern 154... ‚Elles Abhandlung, laͤutern will, und alfo verliehrt man EN von bie- fem foftbaren Metall, Sch habe noch einen andern und weit ‚Fürzern Dei g entdeckt, als die vorhergehenden, da eine-und eben diefelbe Arbeit das Silber von der Unreinigfeit des mineralifhen Schwefels befreyet und es gänzlich laͤu⸗ tert, ohne, dag man nöthig hat, ſich mit der ver- drüßlichen Arbeit, ven Schwefel durch das Eifen zu -fcheiden, abzugeben. Diefes ins Werf zu richten, erregt man ein Holzfeuer mit Hülfe des Blasbalgs, melches eine große und gervaltige Flamme giebt, und im Stande ift, unferer Abficht zu Folge, den Schwe⸗ fel zu zerſtreuen. Man macht deswegen oben in den Herd unſers Schmelzgewoͤlbes eine Hoͤhlung, worein man den Schmelznapf ſtellet, der mit einem eiſernen Ringe ſo umgeben iſt, wie wir oben gezeiget haben. Da aber der mineraliſche Schwefel, den wir von dem Silber ſcheiden wollen, wenn er heftig vom Feuer erſchuͤttert worden, die Aſche durchdringet, und davon einen allzugroßen Theil in eine Gattung von Bley verwandelt, woraus ein Metallverluſt fuͤr den Kuͤnſt⸗ ler erfolget, ſo muß man ſtatt der Aſche eine Materie waͤhlen, die dem Freſſen des Schwefels widerſteht, und auch im ſtaͤrkſten Feuer nie veraͤndert wird. Die Erfahrung bat gelehret, daß das, mas ſich am beiten zur Berfertigung eines folchen Schmelznapfs fchicket, wie man fi ihn bey diefer Gelegenheit wuͤnſchet, fehr klarer Staub von Ziegeln ſey, mit der Hälfte ſehr fein geftoßenen Glas, und einem Elein wenig calcinir= ten Knochen. . Man feuchte dieſe Mifchung an, füllt auf oben befchriebene Weife den King ftatt ber Aſche damit aus, fo befümmt man eine Gapelle, de: — ren von der Schefdung des Goldes ec. 155 ren Dberfläche man mit Staub von calcinirten Bei: nen überfieber. Man thut fie fofort in die Hohlung, die man oben in den Herd gegraben hat, macht fie um und um mit gefiebter Afche feſt, alfo daß fie nicht bervorrage; fondern eine Horizontallage mit dem übri- gen Herde behalte. Wann diefes gefchehen, fo nimmt man einen Doppelblasbalg, wie man fie ins- gemein in den Schmieden hat, der aber kleiner ift, und ftelft ihn. alfo, daß das Rohr, weiches durch die Mauer geht, in einer Höhe von ein oder zween Fuß über quer abwärts zu bfafen, und die Hoͤhlung der Gapelle wohl zu treifen koͤnne gerichtet werden; ob Diefes genau zufreffe, kann man daraus erfennen, wenn der Wind, Der aus dem Rohr des Blasbalgs geht, alle Aſche, Die in die Capelle gefallen war, gänzlich herausſtaͤubt. Man bedeckt die ausgetrod- nete Gapelle mit Kohlen, die man nach) und nad) durch Darüber gelegte glüende Kohlen anglimmt. Damit fich aber die Hise nicht zu fehr zerftreue, fo werden die in einer Entfernung von 4 bis 5 Zellen um die Capelle aufgereiheten Backſteine, die Slam“ me, welche durch den Blasbalg aufgetrieben worden, zuſammen halten, und ihre Wirkung gegen den Mit: telpunkt der Capelle kehren. So bald die Oberfläche - derfelben dunfelglüend erfcheine, ſchafft man die Kohlen bey Seite, thut indie Capelle die gefchmwefelten Stüden Silber, legt kleine Scheiter Holz und große Koblen nach, vornehmlich bey dem Hintertheil der Capelle, der der Blasbalgsröhre gegenüber. fteht, und macht einen mäßigen Wind, damit das Silber flüßig werde, und der Dampf von verbranntem Schwe⸗ fel ſich allmaͤhlich zerſtreue. Wenn die ganze ge— | ſchwefelte 156 Ellers Abhandlung, ſchwefelte Silbermaffe, die in die Capelle gerhan morden, flüßig, und durch das Gebläfe eine Zeitlang erſchuͤttert feyn wird, fo wird der meifte Theil’ des Schwefels verraudt fyn Dann muß man den DBlasbalg ftärfer gehen laffen und ihn mit einem Ge: wicht beſchweren, damit alle Unreinigfeit des Schwe- fels gänzlich) im Rauch aufgehe, und damit das, was die zu Bley gewordne Glätte von diefem Metall der Silbermaffe noch zugefeget hat, fich nad) Präcipiti- rung des Goldes im Schmelztiegel verfchleiche und das Silber rein lafle. Hiervon Fann man dadurch gewiß werden, indem man einen naflen eifernen Draht hin- ein fteft und mit dem Hammer probiret, ob das, was fih anhing, biegfam if. Wenn man davon versichert ift, fo räumt man das Feuer weg, und nachdem man das geläuterte Silber hat ausfühlen laffen, fo macht man es von der Capelle los und wiſcht die Theile ab, die fi) von der Gapelle unten mögen dran gehänget haben. ; Diefe Säuterung geht an, und zwar mit Mugen, wenn man nur folche übergüldete Silberfaͤden fehei- den will, womit man Die Seide ummindet. - Allein was übergüldete filberne Gefäße anlangt, fo. wiſſen mir, Daß von Diefem Silber der vierte, fünfte oder ſechſte Theil Kupfer ift, und daß jeder Theil Kupfer zu feiner Scheidung vom Silber 6 Theile Bley in der Gapelle erfordert. Damit man nun Diefe große Menge Bley brauchen Fonne, welche fich nebft dem Kupfer als alaßige Schladen vom Silber fcheiden fol, fo hat man eine Capelle noͤthig, die einzig aus Aſche ift gemacht worden, in die die gefchmolznen Schlacken wie Del binein dringen und das Silber Ä | verlafkn. \ » von der Scheidung des Goldes X. 157 verlaſſen. Die Stellung der Capelle auf dem Herde ift eben fo wie bey der vorhergehenden Arbeit, man muß da ebenfalls ven Schwefel zu Hülfe nehmen, eben ein folches Feuer halten, und den Herd cben alſo zurichten. Unterſchieden ift diefe Arbeit Darin- nen, daß man, nachdem die Capelle heiß worben, das Bley zuerft hinein thun muß, und zwar am Ge— wichte eben fo viel, oder gar doppelt fo viel als Sil— ber iſt; und wenn diefes Bley über die Capelle her— aufmwallt, fo wirft man das gefchwefelte Silber nach und nach ftücweife hinein, nachdem man es zuvor heiß gemacht hatte Man. laßt hierauf den Blase balg geben, und wenn fich eben der meifte Theil des Schwefels verzehret hat und im Rauch aufgegangen ift, fo macht man einen neuen Zufaß von geſchwefel⸗ tem Silber. Wenn man diefe Borficht gebraucht, fo verhütet man, daß die Capelle nicht zerfpringt oder“ zu trümmern geht, und das foftbare Metall, indem es ſich unter die Schlafen mengt, die man davon feheiden will, fih nicht unter die Afche verliehre, Aber wenn bey diefer Arbeit genau nach der vorge— chriebenen Weife verfahren wird, fo wird man das Gold in der Capelle fo rein befinden, als das vom vorhergehenden Berfuche, und man wird es am Ende dieſer Arbeit davon abfondern koͤnnen. Wenn die Scheidung des Silbers vom Golde alfo auf eine Weife gefcheben, . die man die trockne Scheidung nennet, namlich durch Schmelzung der Metalle in Tiegeln und ivdenen Gefäßen, fo iſt noͤ thig, daß wir noch einige Worte hinzu feßen, Diege wiſſe Dinge betreffen, welche man ben dem Berfuche nicht verabfäumen darf, ohne den daraus herfließen- 158 Ellers Abhandlung, den Vortheil zu verringern. Die Erfahrung lehret uns wirklich, daß Gefchirre, deren man fich bey Eins fhmelzung der Metalle bedienet, hier und da Ffeine Theile zurück behalten, die ſich in die engen Zwifchen- räumchen oder an die rauhe Oberfläche diefer Geſchir— re hängen, Zudem gefchieht esoft, daß die flüßigen Metalle, wenn fie vom Feuer oder auch andern Din- gen, die man darunter gemifcht hat, zu fehr erſchuͤt⸗ tert worden, anfangen zu funfeln und zu bligen , und daß jich alfo Fleine Körner entweder in den Dfen oder um die Gapelle herum zerftreuen: Deswegen muß man alle Afche, Die fi) in dem Schmelzofen oder um den Treibefcherben herum finder, forgfältig fammeln und aufheben, in ein darzu bequemes hölzernes Ge: fhire hun, Waſſer Darunter gießen und es herum rüb- ven. Alsdann fondert fich die reinfte und leichtefte Aſche durch das viele Wafchen und Ausfchütten des Waſſers vom Metallftaube, der weit ſchwerer ift, ab. Diefen laßt man fofort trocken werden, und fchmelzt ihn, mit zween Iheilen Glaͤtte vermifcht, in dem Schmelztiegel ein; bier wird er eine metallne Maffe und alle darunter befindliche Erdtheile durch Vermit⸗ tefung der Glätte zu Schlafen, die oben an dem aus⸗ gefühlten Schmelztiegel hängen bleiben. Auf gleiche Weiſe Eonnen den Tiegeln, Deckeln, Stürzen ꝛc., die abgenust oder zerfprungen find, dieſe Metallcheile abgenommen merden, wenn man fie mit eifernen Werkzeugen, die ſich hierzu ſchicken, abkratzt; nach: dem darauf die Fleinen Metalltheile im Mörfer ger ſtoßen, gefiebt, gewaſchen und abgetrocknet worden, ſo werden fie gefammlet und geläutert, indem man fie mit Glaͤtte vermifcht einfchmelzer. Die filberreiche metallne i * \ von der Scheidung des Goldes xc. 159 — * Maſſe, die hier heraus koͤnmt, kann mit dergleichen Metalle in dem Treibefcherben verimifht und darinnen von neuem geläutert werden. Da aber Ar- beiten von diefer Art befannt genug find, fo follte ich es wohl für überflüßig halten, mehr davon zu fagen, eben ſowohl als von dem Verfahren, wodurch man das Bley und andere unvollfonirhene verglafte Me: talle, von dem Treibeſcherben herunterbringt, an die ſie ſich gelegt haben. In dem Keductionsofen, den die Deurfchen Stichofen heißen, und Hermittelft des Staubes von Kohlen giebt man diefen Materien ihr voriges Metallmefen wieder, alfo daß das herausge⸗ zogene Bley dienen kann, das Silber von neuem im Treibeſcherben zu laͤutern. Alles dieſes wuͤrde uns in große Weitlaͤuftigkeiten verwickeln; allein ein Kuͤnſtler, der etwas Wiß beſitzet, kann wohl noch Mittel finden , diefe Berfuche mie weniger Mühe und Koſten anzuftellen, als es bisher gefchehen iſt, ja wenn er allen Staub, den die Goldfihmiede insge- mein nicht achten, forgfältig durchfucher, fo wird er die darinn noch verborgene koͤſtliche Metalltheile ge | nau heraus ziehen, und dabey einen ‚ziemlich ' ‚guten —— finden. | Mi u. Samm⸗ 160°... Hrn. Haſſelgeiſts PERTETERERLTTLU TEE. — II. Sammlung einiger Briefe, die von dem Herrn Licenciaten Haſſelgeiſt auf feiner Reiſe, theils an den Heren Archiater Linnaͤus, | theils an den Heren Secretär Elvius, abgelaffen worden. | Eine Ueberfegung aus: dem Schmwedifchen. Der erſte Brief. An den Herren Archiater Linnaus, Geſchriebeni in Smirna, den 16 des Decembers, im Jahre 1749. iemals kann mir eine Befchäfftigung ange nehmer feyn, als diejenige, durch welche ich Sie von meiner Ergebenheit und Hoch achtung überzeugen Fann. Ich leifte dahero dießmal meiner Pflicht mit defto groͤßerm Bergnügen ein Ge- nügen, da ich mir einigermaßen ſchmeicheln darf, daß Die meite Entfernung des Orts, aus dem ich Ihnen fhreibe, meinem Briefe geroiffe Vorzüge ertheilen werde. Die Gewogenheit, mit der mich der Herr Archiater ftets beehret haben, und die Sorgfalt, die von Ihnen auf die Beförderung meiner Reife gewen⸗ det worden, laſſen mich hoffen, daß Diefelben, mit 4 der Be geſammelte Briefe. 161 der Shnen eigenen Gefälligfeit, diejenigen Nachrich ⸗ ten vernehmen werden, die ich jetzt von der Ausfuͤh— rung meiner Abſichten entwerfe. Nachdem ich fechzehn Wochen auf dem Meere hatte” zubringen muͤſſen, langte ich endlich, am 27iten des jüngft verwichenen Novembers, bier | in Smirna an. - Der: Aufenthalt zur See hat meiner Gefundbeit nicht den ‚geringften Schaden zu: gefüget, ob er gleich von einiger Beſchwerlichkeit be- gleitet worden. Denn durch. eine wachfame Vorſich⸗ tigkeit, und den Benftand des Himmels ‚ babe ich alles überwunden ‚' was: fonft von widrigen Folgen haͤtte ſeyn fönnen. Ich befinde mich noch jegt- eben ſo munter, -als jemals: und ich habe die Anfälle der Krankheit, auf meiner bisherigen Reife, eben jo we— nig, als zu Haufe, emp unden. Dieß bedaure ic) nur, daß mir die ungejtümen Wellen die Gelegenheit ‘entzogen haben, mehrere Merkwürdigkeiten der Na: fur zu betrachten. Ein Sich, der bisweilen an dem Angel hängen blieb, und ein Sperber, der gegen das Ungemwitter bey uns Schuß fuchte, haben nur allein zue Befriedigung meiner Wuͤnſche dienen koͤnnen. Allein , fie fonnten mich nur auf eine Eurze Zeit bes ſchaͤfftigen. Denn ich hatte nichts mehreres bey ih⸗ nen zu thun, als ihr Gefchlecht zu beſtimmen, und ihre Eigenfchaften zu befchreiben. Von den Fleinen Bögeln, als Bachitelsen, Finken und :erchen * wurden wir öfferer befucht, als uns angenehm war: denn ihre Ankunft pflege gemeiniglich nicht viel Gutes zu bezeichnen, Sch habe es von der Dftfee an bis zu dem * Motacillae, Embericae, Fringillae, Alaudag. 7 Band, * $ \ ’ a 162 : Hrn. Haſſelgeiſts dem Archipelagus bemerfet, daß fters ein Sturm er⸗ folget ift, wenn ein fo gefährlicher Bothe ſich ſehen laſſen. Dieſe kleinen Geſchoͤpfe nehmen, mit einer gleichen Verwegenheit, auf der See zu den Menſchen ihre Zuflucht, wie ſie es auf dem Lande thun. Es fiel mir hierben ein, daß diefe Anmerfung vielleicht unfern Geiftlichen Gelegenheit geben koͤnnte, Die Ute fache von der Treue einzufeben, welche die Taube des Noah, ſo mit jenen von einer Are ift, bewogen, wieder zurück zu Fehren, da der übrige Theil der Er— de von Menfchen ganz entblößet war. "Sch habe ftets geſucht, einen oder Den andern von diefen Fleinen Pilgeimmen zu erhafchen, um fie gehö- rig befchreiben zu koͤnnen. Ich beſitze auch wirklich dreyßig ſolcher Abbildungen. Einige von dieſen Voͤ— geln hatte ich ſchon vorhero in Schweden geſehen, andere aber nicht. Sie waren auch von mir alle ausgeſtopfet worden: allein ein verdruͤßlicher Zufall hat fie mir wiederum entriſſen. Die Lerchen, wel⸗ che fih den Schiffen niemals, als bey einer geringen Entfernung vom Sande nähern, verurfachten. mir durch ihren Flug manches Schaufpiel. Sie fenften ſich, fo wie fie e8 auf dem Lande gewohnt find, nie der, um fich nachmals perpendiculär wiederum in die Hoͤhe zu ſchwingen. Allein den mebreften von ihnen befam dieſer Verſuch fehr übel; denn fie hatten nicht die Kornfelder Uplands unter fich. Die Wellen ver- fehlungen fie: und nur einige wenige famen mit hal» bem $eben davon. Die Procellaria, die ich fo gern hätte fehen mögen, zeigte ficy nie, ob es gleich nicht ‚ an Zufallen, bey denen fie fonft zu erfcheinen pflegt, gemangelt'hat, Ich babe- mich auch 9 ge al⸗ aefammfete Briefe, 163 ten Seeleuten erfundiget, die in den fpanifchen Ge— wäffern, und auf der mittellandifchen See viele Jah— ve zugebracht hatten, ob fie jemals diefe Gattung « von Bögeln entdeckt hätten: allein man verficherte mic) des Gegentheils. Es ift dahero glaublich, daß fich felbige eigentlich in dem großen Ocean zwiſchen benden Indien antreffen läßt, und zwar, wie ich wahrfcheinlich ſchließe, infonderbeit nad) dem Weſt⸗ lichen hin. In dem Archipelagus bin ic) nirgends ans Sand geftiegen, als auf der Inſel Milo, die eine von den fchlechteften ift. Der Herbft zeigte ſich daſelbſt: und es fehlete mir auch an Gelegenheit, einige Gewaͤchſe zu entdecken. Dennoch ſammlete ich verſchiedene; unter der Zeit, da ich mich nach der Stadt verfuͤgete: welches in der Mitte des Novembers geſchah. Leon- rodon *, Nerium **, welches ſchon Früchte trug, ‚Lentifcus ***, Piflacia ſecunda und die Anemone, weiche eben in voller Bluͤthe fund, und durch die Bermifchung des Blauen mit dem Weißen das Auge entzuͤckte, verdienen hiervon vorzuͤglich bemerkt zu werden. in der Stadt blühete ver Dartelbsum; deſſen Bluhmen man daſelbſt, bey dem Ntachtifche ‚als eine Confituͤre für den Geruch, auffeger; welches nicht übel ausgedacht iſt, indem nebft dem Gefchmad zugleich noch ein anderer vor unferen Sinnen befrie- Diget wird. Origanum Majorana wurde Dafelbit in Toͤpfen verwahret, und mir als eine Seltenheit geſchenket. Ss Man * Flora fuec, 629. ** Hortus upf, Hk Hor- tus upf: RR 164 Hrn. Hnffelgeifts Man fchoß eine Tiäderbenne* von einem Palm- baume herunter. ich hätte niemals gedacht , daß ein Vogel, der unſerm Norden ſo eigenthümtich zugehoͤ⸗ ret, auch in den entlegneren füdlichen Gegenden an: getroffen werden follte, wenn ich eg nicht felbft gefe- ben hätte. Die Maſſerhuhner ** liegen fich nicht weniger Dafelbit finden. Ich babe fie auch an an- deren Orten bemerket. Es fcheinet daher, Daß diefe Laͤnder ihnen zum Aufenthalte im Winter dienen : denn im Sommer vermilfee man fie. Bon Fifchen habe ich auf meiner Reife feinen bee fonders großen Vorrath fammeln koͤnnen: ob id) gleich in dieſem Theile der Maturlehre mit einem vorzügli- chen DBergnügen arbeite. Einen Scomber (Was krel) habe ich dennoch befchreiben koͤnnen, den unfer Artedius nicht unter feinen geordneten Arten diefer Geſchoͤpfe verzeichnet hat. Ich finde auch nicht, daß er aus felbigem ein befonderes Geſchlecht gemacht habe. Bey Milo fing ich auch einen Sparus, der mir gleichfalls unbefannt vorfam. HSier in Smirns genieße ich von unferem theuren Conſul, dem Herrn Rydelius, gan; auferordent« fiche Gefälligkeiten, und feine Tafel iſt für mich be— ftändig offen. Der franzöfifche Conful, Herr Peis fonel, und der holländifhe Graf Hochpied erzei- gen mir eine gleiche Gerdogenheit. Ich babe auch in unterfchiedenen vornehmen Haͤuſern der Griechen ei⸗ nen *Eine Art von Feldhühnern in Schweden, bie mit den deutſchen Auerhuͤhnern einerley zu feyn feheinet. Nie Birkhuͤhner heißen auf Schmwebifch Orrar ; die Rebbüb- ner aber Aoker- und Rapphoͤns: die Haſſelhuͤhnet werden Sierpor genannt. ** Rurigolae. Morkullor, im Schwediſchen. u ine N gefammelte Briefe. 165 "nen freyen Zutritt. Der Herr Deifonel ift ein fehr . gelehrter Mann, deffen Umgang mir viele Annehm ⸗ lichkeiten verfhafet. Das Collegium medicum in diefer Stadt, wel⸗ ches aus fünf Doctoren beſtehet, die Griechen find, und in Stalien ſtudiret haben , begegnet mir eben falls ſehr freundfehe‘ lich. Sie haben mic) auch eis nige mal zu ihren Verſammlungen eingeladen. Hier ift ein Geld, welches mir in der Naturgeſchichte viele - Entdefungen geftatten wuͤrde, wenn Die große Reife, zu der ich mich verpflichtet, mir zuließe, einige Mo: nate bier zu verbleiben. Das Meer liefert mir Fi⸗ fche und andere Gefchöpfe im Ueberfluſſe. Man trifft auch an dieſem Orte mehrere wilde Voͤgel an, als irgendswo: indem man taͤglich vom Lande und von der See eine große Menge hereinfuͤhret. Die Ber⸗ ge, Thaͤler und Felder wuͤrden mir auch eine reiche Bluhmenerndte zur geſetzten Zeit erlauben. Ueber— haupt kann ich mir in der Welt keine ſchaͤtzbarere Ge: legenheit wuͤnſchen, um einen fremden Dre recht zu nugen, als die ich bier beſitze. Die Droguemänner, die Janitſcharen und die Pferde unfers Confuls ſtehen mir, fo oft ich es verlange, ‚zu Dienften. Und ich wohne zugleich i in einem Haufe, wo Fifche und Wild- pret taͤglich, in großer Anzahl, hingebracht werden. Die Zeit, in welcher ich mich allhier aufgehalten habe, iſt mir behuͤlflich geweſen. Die Fiſche und Schnecken kennen zu lernen, deren ſich die Griechen in ihren Faſten, welche noch, währen, zur Speife be dienen. Ich glaube, daß fein Volk die Schneden und Friechenden Seegefchöpfe fo vortheilhaft zu ge- — weis, als die ee Dis zehn Arten von — 166 Grnu. Haſſelgeiſts von Schnecken werden von ihnen zur Koſt ange⸗ wandte: da man doch bey ung nur Die ter hierzu für tauglich halt. Unter andern wird hier eine Sepia ( Deterfich) verfauit, die von «ihnen oxrwredıns genannt wird, und nice mehr als acht tentacula (Halter) befigee. Sie ift eine halbe Elle lang, und nach Verhaͤltniß die. Die Griechen erzählten mie von dieſem Gefchöpfe einen Umſtand, der angemerkt zu werden verdiene. Ks halt ſich in Diefen Gegenden ‚auf dem Grunde des Meers eine Yet von Schneden (Cochlea bivalvis apice attenuata, bafı femicirculari) in großer Menge auf. Sobald ſich dieſe öffnet; ſucht Die xrarodız fich in ihr Gehaͤuſe einzufchleichen : und dann ift es um fie gethan. Allein, ein Eleiner Meerkrebs (Räfa: Squilla) der beynahe ohne Schale ift, oder doc) wenigftens von einer fehr duͤn— nen eingefchloffen wird, hat bey der Schnede eine bez ftändige Wohnung: welche er aufs befte bezahlt, da er das $eben feiner Wirthinn vor den Anfällen ihres graufamen Feindes ſichert. Er hält bey der Eröff: nung der Schnede die Wache, und fange ſich gleich an zu bewegen, wenn der Derfolger fic) nähert. Dieß ift das Zeichen, durch welches die viva (fo be- zeichnen die Griechen felbige Schnecke) erinnert wird, ihr Gehäufe zuzufchliegen? weldyes das einzige Mit: tel ift, fie zu vetten. Ich ſah dieſes Meergefchöpfe bereits auf der Sgnfel Milo: und ich traf den Fleinen Krebs ftets in deſſen Gefellfchaft an. Es kam mir dieß gleich befonders vor: und ich hielt mich daher den Heren Juſti, unferem Commifiionsfecretär, um fo vielmehr verbunden, da er mir die erſte Nach⸗ richt von dieſer Seltenheit ertheilet, Er iſt ein fehr | | artiger sefammelte Briefe. 167 artiger und mißbegieriger Mann, der viele Länder gefehen bat, und fich an diefem Orte fhon eine ges raume Zeit aufhält. Die Griechen bereiten beyde Arten von Ihieren zum Effen. Sch habe fie zugleich mit dem Fleinen Huter befchrieben, fo umftandlich, als es nur möglicy gemwefen iſt. Esijt dieß auch von mir bey allen Bögeln und Fifchen, die mir bishero aufgeftoßen find, gefcheben: indem ich einen Theil von ihnen ausgeftopfer und aufgetrocfnet ; den andern aber im ſpiritu vini verwahret habe. Die Befchrei- bung von dem Waſſerhuhne (Fulica) überfende ich dießmal: meine übrigen Anmerfungen werden im kurzen nachfolgen, fobald- ich felbige nur, mit mei: nem Tagebuche ins Keine gebracht habe. Was die Fortfeßung meiner Reife nach Palaͤſtina anbetrifft: fo war ich anfänglich gefonnen, mich erft nad) Tonftantinopel zu begeben, und von daraus, nad) Syrien zu gehen. Allein verfchiedene Umſtaͤn⸗ de zwingen mich, meinen Vorſatz zu ändern, und von hier gerades Weges meine Reiſe dahin anzutre= ten. Man hat bier öftere Gelegenheit, Schiffe zu erhalten; fo ift mir auch verfichert worden, daß ich in dem Gefolge eines armenifchen Patriarchen aus Serufalem, der ſich jetzt in diefer Stadt aufhält, leichter fortfommen würde, Ich fehmeichle mir mit der Hoffnung, daß die großen Männer , die mic) zu diefen wichtigen Unternehmungen ermuntert, felbige mit dem Eifer unterftügen werden, den fie bisher er= : zeiget haben. Ich unterftehe mich, hinwiederum hierdurch aufs feyerlichfte zu verfprechen, daß, unter dem Beyſtande des Höchiten, ich ihnen von Pala- ſtina und den angranzenden Ländern in Anfehung der | 24 | Natur⸗ 168 . Hrn. Haſſelgeiſts Maturgefchichte folche Nachrichten liefern will, als chweden von einem Reiche befigen mag. | Bey meiner Heimreife wird die Anzahl der Natu— ralien, die ic) eingefammlet , ſtark angewachfen feyn: und ic) hoffe, ſowohl von den lebendigen als todten, genug mitzubringen, um das Verlangen der Wißbe- gierigen zu befriedigen. Won dem Herrn Conful Rydelius erhalte ich lebendige Phaſianen von einer unvergleichlid ſchoͤnen Art, aus den Gegenden um Perfien: eine Gattung von Nebhühnern, die Fran- colins genannt, und in dem Syſſemate naturæ nicht - bezeichnet werden: Turteltauben, und einen auf- geftopften Rropfvogel (onocrotalum), Ich kann mich auch noch, auf eine andere Art, zum Beſitzer eines afrikaniſchen Biſamthieres (Gazelle africanæ) und verſchiedener, theils bekannten, theils unbekann⸗ ten Fiſche, Voͤgel und Kraͤuter machen. Ueberhaupt werde ich keine Gelegenheit verabſaͤumen, meinen Zweck zu erreichen, und die Abſichten meines theure—⸗ ſten Baterlandes zu erfüllen. * Der zweyte Brief. An den Heren Archiater Linnaͤus. Geſchrieben in Smiene , am 29 ded Jenners, im Jahre 1750. | En diefem Augenblicke erhalte ich die Nachricht, I dap ein Schiff nach Europa abgehen werde. Es ift mic dahero unmöglich, einen fo ermünfchten Zufall nicht auf die befte Are zu gebrauchen, zu der mich Hochachtung und Pflicht verbinden. Dieß bedaure ] \ gefammelte Briefe. 169 ich aber, daß mir die Zeit nicht zuläßt meinem Vor: ſatze nachzufommen, den ich gefaſſet, alle meine An- merkungen und Entwürfe, die ich in der Gefchichte der Natur an diefem Drte gemacht, zu überfenden. Ich werde mich aber bemühen, Diefes mit dem ehe— ften zu bewerfftelligen. | Die Francolins und die Poules des Montagnes : (die Bergbübner ) find fremde Bögel, die, wie ich glaube, noch nicht befchrieben find. Sie gehö- ren zum Öefchlechte der Feldhuͤhner ‚ (Fecraonum)) die erſte Gattung hat Tournefort abgebildet; allein fehr unglücklich. "Sch befige einen Staar der un- vergleichlich fingt. Er ift ſchwarz und grau gezeich- net, und koͤmmt von den Inſeln des Acchipelagus. Sn Conftantinopel bezahle man ihn öfters mit funfzig ‚Piaftern. Ich habe auch eine lebendige Turteltaus be, von einer befonders varen Gattung, die aus Abyß inien berüberbracht worden ift, und ganz weis- fe Sedern hat, Der Nimmerſatt (onocrotalus ) ift von mir aufgeftopft worden. Ich habe hier alle Arten der Seevögel, die fid) in Schweden zeigen, bemerfet. Der Herr Confül Rydelius wendet vie- len Fleiß an, zum Beſitze rarer Vögel zu gelangen, Er hat auch fehon Anftalten vorgefehret, Strauße, und anderes feltenes Federvieh, aus Afrika zu erhal: ‘ten: welches er. alles für uns beftimme hat. Das afrifanifche Reh (gazella africana) ift von mir ſehr umftändlich befchrieben worden, Es ift ein fehr ‚schönes Gefchöpf. Man finder felbiges ebenfalls in Menge auf den Gebirgen in Paläftina und Syrien. ‚Die äußere Geftalt aber ift nicht ſowohl einer Ziege, als einem NRehe ähnlich. En goldgeiben Woͤlfe 3 ( canes 170 . Hrn. Haffelgeifts . (canes lupi aurei didti: fuet. Jackhals) befinden ſich hier in größerer Anzahl, als man wünfchet: und ih Bin Willens, chefter Tage, einen zu fihießen, um ihn genauer zu unterfuchen. ri Ich habe mich hier erlichemal im Winter mit Kräu- terlefen befchäfftiget , und ſtets mit wenigem Vor— eheile. Sie werden meine Sammlungen und Ge— danken dabey, mit dem näheften erhalten. Ein Kraut fehliege ich indeffen jegt mit ein, welches, wie ic) glaube, unbekannt feyn dürfte. Ich weis eg wenigftens unter Fein Gefchlecht der Syngeneſie, oder Monogamie zubringen, wohin es Doch gehoͤ— ren müßte, Ich habe es dennoch hinlaͤnglich befchrie. ben und gehörig aufgeflebet, Die Bemweisgründe für die Abnahme des Waſſers habe ich auch bier gültig befunden, und von felbiger ſolche Zeugniffe entdeckt, die fait noch Fräftiger find, als alle, fo bishero an irgend einem Orte angetroffen worden. Es ift ganz unmöglich, daß man fie um: ftogen koͤnnte. Ich werde bey der erften Gelegenheit nicht unterlaffen , fie der Foniglichen Afademie der Wiſſenſchaften zu überfchicfen. Schon feit fünf Tagen ift die Kalte hier in Smir— na ungewöhnlich hart. Das florentinifhe Thermo— mefer ift bis zum acht und fechzigften Grade gefallen. Der Hafen hat an dem Ufer Eis’ von folder Dice gehabt , daß die Holländer darauf Schrittſchuh laufen koͤnnen. Die älteften Leute hier in der Stadt erinnern fich nicht, daß fie jemals eine fo ſtrenge und fe lang anhaltende Kälte erleber hätten. Iſt der Winter in Upfal nach Berbältniß ſtark: fo wird es um geſammelte Briefe. 17 um das Paradies dafelbft fehlecht ausfehen ; wofern felbigesdie Allmacht nicht befchüßer. Ich wuͤrde freylich, da ich der Kälte in Schweden gewohnt bin, diefe nicht fonderlich achten: allein ich befise feinen fehmwedifchen Dfen. Bey einem armfe- ligen Koblfeuer muß ich diefen Aufſatz verfertigen: und meine Fäufte find mir in Schweden nie fo be: klummen gewefen , als in dieſem füdlichen Sande; welches gewiß feine Borzüge in der Baufunft gar nicht zu rübmen Urfache hat. Ich weis noch nichr, wenn mein Patriarch von bier nach Yerufalem auf: brechen werde: doch glaube ich, daß ich noch einen Monat mic) bier verweilen muß. Der dritte Brief des Herrn Licentiaten Saffels geift an den Herrn Archiater Linnaͤus ene haͤlt feine Entdekungen in der Naturlehre. Es waren.aber in felbigem zween Auffäge ein- gefchloffen ; von denen der erite an den Herrn Archiater Rofeen; der zweyte aber an den Herrn Leibmedicus Baͤck gerichtet war, Je⸗ ‚ner enthielt die Befchreibung von dem jegigen Zuffande der Mediein in Smirna; in diefem aber ift von einer befondern Krankheit in Aleps po gehandelt worden. Man hat fie nicht alle gemein gemacht. | | * Der m ; Heat. Haffelgeifts Der vierte Brief. An den Herrn Archiater Linnaͤus. Geſchrieben in Smirna, am 28 des Hornungs, im Jahre 1750. Och bin jest faſt im Begriffe, von dieſem Orte —J wegzugehen, der mir ſchon einigemale eine an- genehme Eelegenheit dargebothen bat, Diefelben von meiner ehrfurchtvollen Ergebenheit zu verfichern. Der Paß vom türfifchen Kaifer ift mir vor einigen Tagen zugeftelle worden. Ich warte daher bloß auf ein Schiff, um meine Reiſe weiter fortzufeßen. Diefe- wird, allem Anſehen nach, wohl zuerft nach Aegypten geben. Bon dannen aber gedenfe ich, unter dem Benftande des Himmels, mich nad) Daz laͤſtina, dem mir angewiefenen Sande, zu verfügen, Ich unterhalte mich mit der Hoffnung, daß die afri- £anifchen Gegenden mir, in dem fid) nähernden Seühlinge , vielfältige Gegenftande liefern werden, um der NMafurgefshichte neue Anmerfungen zu ma: chen , welche ich insaefammt dem Herrn Hechiater vorzulegen die Ehre haben werde. Wie glücklich ‚aber würde ich fen, wenn unter felbigen einige fich Dero Aufmerkfamkeit erwerben könnten! dann wiirde ich in der That den höchften Zweck erreichet abe den ich mir bey meinen ſchwachen Unternehmungen vor gefeßet babe, =; Die Flora zeiget ſich ſchon in dieſem Lande in allen ihren Neigungen. Die Anemonen fhmüden in der angenehmiten Abwechfelung das Feld: die Hya⸗ cinthen ( Hort. upſ. ver 3 ) ftehen überall am Wege. , Die ° —— Briefe 173 Die Ranunfeln (chelidonium minus) verbreiten fih in unzahligen Gattungen durch die Weingärten, ‚Die Mandelbaͤume tragen auf nadten Aeſten ihre Bluͤthe, und ertheilen den Hoͤhen, auf denen ſie mit den grünen Oelbaͤumen vermiſchet find, ein ergö- gendes Anfehen. Möchten Doc) diefe fhägbaren Ge- wächfe unferm Vaterlande eben fowohl eigen feyn, als der Erdrauch (Fumaria, fl. fu. 584.) die Hungerbluhme (Draba, N. fu. 523.) und die Rreffe ( Thlafpi , N. fu. 532) welche bey uns wachſen > gewöhnlich find, Bon dem Feigenbaume fann ich folgende Nach— richten mittheilen, die ich bier eingefammler, und für merkwürdig halte. Die Beſitzer deſſelben wuͤnſchen gar ſehr, daß die bekannte Fliege die Feige ftehe. Denn fie glauben, ohne diefen Umftand, Feine Früchte erhalten zu Eön- nen, Es ift aber eine andere Fliege, welche dieſe verfolgt, und fie, zum Schaden des Eigenthums: beren, toͤdtet. Lim diefes abzuwenden befchmieren fie ven Baum, gleich unter den Aeſten, mit einer Farbe, die nichts als-ein gemeines Roth iſt. Da— ber fommts, daß man überall an den Baumen folche gemalte Ringe antrifft: denn diefe vermag Das fhädliche Inſect nicht zu überfchreiten. Von wel: cher Gattung dieß aber fen, kann ich noch nicht bes flimmen; weil mich die Jahrszeit verhindert, es zu unterfuchen. Um die Sruchtbarfeit zu befordern ei | men die Wärter diefes Baums auch die ſchwarzen Feigen, welche die Fruͤchte der wilden Baͤume ſind, a ziehen fie auf eine Bi wie eine Palo | 174 ‚Hrn. Haſſelgeiſts Perlenſchnur, und behängen hernach die fruchttras genden Bäume damit. Die Feigenbaͤume werden häufig mit einer Art der Kraͤtze beſchmitzt, welche nach dem Ausdrucke der heutigen Griechen Asmoa heißer. Ich hatte geftern Gelegenheit genug, zu unterfuchen , worinn diefer Ausfchlag beftehen möchte: und ich fand, daß er eis gentlich nichts anders fen, als eine Menge von Fleis nen Gehäufen, die gewiſſen Inſecten zum Aufenthalte dienen mögen. in jedes derfelben ift wohl fo groß, wie eine Kichererbfe , oben etwas eingedrücdt, und in der Mitte mit einer Fleinen Spitze verfehen, Die von einer fehr zerbrechlichen Materie ift, und zwi— fchen den Fingern leichtlich zerrieben werden kann. Die Wohnung felbft aber beftehet aus zwo Häutchen, von denen das innere braun , das äußere aber grau it. Man trifft ſtets ihrer drey beyfammen an, die ein Dreyeck bilden. Daher ift die Rinde der Aeſte . „an unzähligen Stellen mit diefen Figuren befeget. Es waren aber diefe Fleinen Hütten auf allen Baus men, mo ich fie antraf, ganz ausgetrocnet : und ich habe auf feine Art in ihnen ein lebendiges oder todtes Gefchöpf antreffen koͤnnen. Ich zmeifle aber nicht, daß ich zur bequemen Jahrszeit die Thierchen . ausfündig machen werde, welche fid) hier anbauen. Die wilden Seıgenbäume werden häufig, als febendige Zäune , um die Gärten gepflanzet. Ich zmweifle aber, ob unfere ſchwediſchen Haushaͤlter fich erfühnen würden , fie zu einem gleichen Gebrauche bey uns vorzufchlagen. Wie leicht dieß aber mitdem Epbeu (bedera) gefchehen fönnte, wenn er in fo großer Menge bey uns angetroffen würde, aben » gefammelte Briefe. Be. „haben mich die fhönen Hecken und Mauren gelehret, womit dieſes Geroächs die fehlechtbearbeiteren arten des Landes umgiebt. Meine Beſchreibungen, die ich bishero von vier— füßigen Thieren, Vögeln, Gewürmen und Gewaͤch— fen entiworfen habe, belaufen fich auf fünfhunderts und ich gefraue mich, zu verfichern,, Daß fie fo regel— mäßig verfaffet worden, als möglich ift. Die An— zahl meiner Auffäge über verfchiedene Gegenftände in der Maturgefchichte fteige eben fo hoch. Ich were be die Ehre haben, diejenigen , Die ich ins Reine bringen fann, dem Heren Archiater, noch vor mei ner Abreife, zu überfenden, und. mir Dero geneigtes Urtheil darüber auszubitten. Die Abbildung von eis nem gewiſſen Bogel ift hiebey eingefchloffen. Ich ſollte nicht denfen, daß man fchon vorher einen von felbigem beſaͤße. Die Abnahme des Waffers ift an diefem Drte fo Fenntlih , daß man faum irgendwo einen Beweis leichter als hier beybringen fann, um die jährliche Verminderung deftelben Darzuthun. In dem Briefe, den ich an den Heren Secrerär El⸗ vius bier einzufchiießen mir die Freyheit genommen babe, find meine Gedanken hievon mehr entwickelt worden: ich babe aber noch einige, die ich dem Herrn Archiater gegenwärtig gern mittheilen möchte. Das hero werde ich fie fo lange für mich felbft behalten. Die gnüdige Vorfehung begleite meine Arbeiten mit glücklichen Erfolgen, und gebe, daß meine Entdefuns gen dem Baterlande zur Ehre und Wohlfahrt gerei- chen mögen, Wi; * Der — Hrn. Haſſelgeiſts Der fuͤnfte Brief. An den Herrn Elvius, geweſenen Secretaͤr der koͤniglichen Akademie der Wiſſenſchaften in Stockholm. Geſchrieben in Smirna, am 2gjten des Hornungs, im Jahre 1750. De Die Gewogenheit, mit der Dieſelben meine unter⸗ nommene Reiſe befoͤrdert, erfodert von mir die lebhafteſte Dankbarkeit. Wodurch aber koͤnnte ich dieſe wuͤrdiger bezeugen, als wenn ich Ihnen ein Zeugniß von meiner Aufmerkſamkeit bey den Ge— ſchaͤfften, die man mir anvertrauet, uͤberliefere? Mie deucht dahero, daß Ihnen dieſe Zuſchrift nicht unangenehm ſeyn werde, wenn ich Sie von der Ver— minderung des Waſſers in Smirna, dieſem fo bee rühmten Hafen Natoliens, unterhalte. Ich getraue mich von felbiger folche Beweiſe anzufuͤhren, Die man unftveitig gelten zu laffen genörhiget feyn wird. Die veränderte Lage der Seeftädte ift unwi- derſprechlich der ftärffte Grund, aus dem man bie Abnahme des Waffers darthun kann. Man findet von felbiger in Schweden Zeugniffe genug: und fel- bige find nicht weniger hier anzutreffen. Ich bin auch überzeugt, daß uns alle Theile der Erde hievon Beweisthümer liefern, und alfo zur Bejtätigung dieſes Satzes gleichfalls das ihrige beytragen. Daß Smirna , fo von den älteften Zeiten ber eine befannte Seeftadt gemwefen ift, auf eine fo un— merkliche Art Gets weiter von dem Meere entfernet | Ä worden, geſammelte Briefe. 77 worden, bezeugen die Ueberbleibſel, die auf den An⸗ hoben, an der füdlichen Seite der Stadt noch übrig find. Man entdect daſelbſt verfchiedene wohlgepfla— fterte Gaſſen, unter denen eine insbefondere die Auf- merkſamkeit des Zufchauers verdienet. Diefe liege beynahe den achten Theil einer ſchwediſchen Meile vom Steande, und befegt eine anfehnliche Länge und bequeme Breite. An der Oſtſeite diefer großen Gaſſe zeiget fich eine Foltbare gewoͤlbte Brüce von Stein, welche über den Fluß der Alten Meles erbauet- wor: den, der bey der Anlegung der Brücke vermurhlich durch die Stade gefloffen iſt. Aus beyden Denfmaa- len erhellet, daß Smirna eine größere Menge von Einwohnern umfchlofien habe, als jeßt, und daß da: mals gefchiftere Architecten da geweſen ſeyn müffen, als diejenigen , welche ihre nunmehrigen fchmalen ‚und ungleichen Gaflen, nebit den elenden Häufern von Fachwerk , aufgeführer haben, Leute, welche von Dem Alterthume der Stadt erwas mwiffen wollen, behaupten , daß jene Leberbleibfel von den Zeiten hermären, da die Römer dieß Land beherrſchet: und die Arbeit ſelbſt befraftiger diefe Meynung. So wie dieſe Werke von der Kunſt herruͤhren: ſo giebt es auch Werke der Natur, welche die Abnahme des Waſſers nicht weniger beſtaͤtigen. Es giebt verſchiedene Gewaͤchſe, denen das Ufer des Mee— res zum Aufenthalte angewieſen worden, und die nicht von ſelbſt an andern Orten hervorſchießen. Wenn man daher wahrnimmt, daß ein Gewaͤchs, welches eigentlich nur am Steande wachfen müßte, eine gute Ecfe von da ausbricht, fo giebt dieß zu er- fennen, daß das Meer ehedem fein Gewaͤſſer bis da⸗ 7 Band. M hin 8. HS Haſſelgeiſts bin ausgebreitet, und die Erde ſeit der Zeit noch et— was bey fic) behalten habe, welches zur Erzeugung _ der Pflanze dienlich ſeyn kann. Ich habe zwo Gate tungen von ſolchen Strandgewaͤchſen um den Hafen von Smirna angetroffen. Die erſte beſtehet in einem aͤſtigen Schilfe (Arundine), deſſen Art ich bey einer andern Gelegenheit bezeichnen werde. Dies fer ift am Ufer in großer Menge zu finden, Er zeigt fich aber auch an einem nicht weit davon entfernten Orte, und beweifee hiedurch, auf eine befondere Art, das Sinken des Gewaͤſſers. Die Gärten um Smirna liegen an dem Ufer, einige näher, andere et: was weiter weg. Diejenigen, fo am meiften entfernt find, koͤnnen mit einem Canonenfchuffe erreichet wer— den. Einige von felbigen werden von Weiden und wilden Seigenbaumen (caprifieis Hort. upf. 305.) umſchloſſen: die meiften aber find ınit einem Wall von Erde umgeben, der vom Epheu (Hedera Fl. ‚fü. 190.) und anderem Gebüfche, welches ich bey ei- ner andern Gelegenheit erzählen werde, feine Stärfe und Zierde erhält. Nichts aber wird in diefen Erd— waͤllen fo allgemein erzeuget, als der Schilf, deſſen ich erwaͤhnet. Ich war bey dem erften Anblicke hie— von gleich neubegierig, Die Urfache zu wiffen, wie es zugienge, daß dieß Rohr fo häufig bier anzutreffen wäre. Daher erfundigte ich mich bey den Einwoh-⸗ nern des Landes, ob felbiges vielleicht dahin gepflans zet wäre, um den Wall zu ftärfen und zu zieren? Man verneinete dieß aber. Ich fragte alfo ferner, ob die Erde biezu von dem nunmehrigen Strande geholet worden , und die Wurzeln alfo mitgefolgee wären? Allein, man widerſprach auch bierinn, und Bil, ae ver⸗ geſammelte Briefe. 179 verficherte mich, daß die Erde aus den Graben ge: nommen wäre, die an beyden Seiten des Walles fich befanden. Es war dahero gar nicht ſchwer, durch ‚ein Fleines Machdenfen zu finden, woher dieß Ges waͤchs hier erzeuger werden Fonnen. Das Meer hat "vor Zeiten feine Ufer bis hieher ausgedehner. Es ift hernach gefallen, und bat ein feites Sand nach fich gez laſſen, weiches mit den Wurzeln von dieſem Ge— wächfe erfüllee war. Dieſe haben nachmals, da man fich der Erde zu den Wällen bedienete, mehrere Kraft und Freybeit erhalten, fich auszubreiten, Stiele und Früchte zu erzeugen , und eine Art Des dickſten Waldes im Kleinen vorzuſtellen. Dieß gieng damals nicht fo leicht an, als fie noch unter der Erde verborgen lagen, und vielleicht ein ordentlicher Fahr— weg über ihnen angeleget war. Dennoch bemerfet man, daß in einigen Gärten, in welchen die Natur unumſchraͤnkt berrfchet, und gar nicht von der Kunſt beunruhiget wird, auch diefes Rohr ziemlich häufig hervorbricht, obgleich nicht fo, wie auf den Waͤllen. “ Das andere Gewächs, von dem ich gleichfalls ei- nen Beweis für das Sinfen des Waffers herzuleiten gedenfe, ift eine befondere Arc von Binſen (frpus), der fich von dem übrigen durch feine Spige genugfam unterſcheidet, die fo ſcharf iſt, als eine forgfältigft gefchliffene Nadel: denn mehreres kann id) davon, aus Mangel der Schriftfteller, nicht angeben. Diefe Pflanze ift eine halbe Elle lang, und erzeuget Riöffe, die den Erdſchollen nicht unähnlich find. Sie waͤchſt fonft am Strande : man trifft fie aber auch weit Davon an; und insbefondere an der füdlichen "Seite ber Stadf, bey der oben erwähnten Bruͤcke, # M 2 und 30°. Hen. Haſſelgeiſts und an andern Dertern. Sch fand felbige auch bey meiner Herreiſe auf der Inſel Milo , wo fie am Ufer, und nicht weniger in einer guten Entfernung von felbigem ; auf der | Inſel, hervorgewachſen war. Ich entdeckte auch bey meiner Keife durch den A chi⸗ pelagus an verfchiedenen Inſeln noch mehrere Gründe für die Abnahme des Waflers auf, unferer Erde; die ich aber jetzt mit Stillfchweigen zu — hen, mich genöthiger fehe, KR Der ſechſte Brick, | An den Haren Archister Linnaͤus. Geſchrieben in Smirna, am 6ten des RR im Sabre 1750: Sys befinde ich mich an dem Orte, aus dem ich einigemal an Diefelben zu fchreiben mir die Frey— heit genommen. Ich babe mich bier länger aufge halten, als ic, gedacht hatte: weil ich Feine bequeme Gelegenheit entderker , weiter zu fommen. Allein mein Verzug gereuer mich nicht: da ich in dem an« genehmften Frühlinge mid) an einem Orte befunden, der an Ilaturalien fo veih iſt. Ein jeder Tag ent decket mir neue Gegenſtaͤnde: und ich finde in der Kräuterfenntniß fo vieles vor mir, daß daran auch mehrere genug zu thum haben koͤnnten. Bor einiger Zeit that ich eine Fleine Reife in me tolien, nach der Stadt Magneſia, die acht © len von bier lieget. Ich botanifirte auf dem Bande Sppilus, der bey den een fo berühmt iſt. Er gehoͤ⸗ ret unter die hoͤheſten in Alien, und ift Das ganze Jehr uͤber auf dem N mit Schnee bedeckt. Die | Kräuter, gefammelte Briefe. si Kräuter," fo ich dafelbft entdeckt, werden die übri- gen begleiten, die ich in größter Anzahl Ihnen zu uͤberſenden die Ehre haben werde, / Ich fand auch dafelbft TInfecten, und Bewürs me, die an diefem Orte wahrfeheinlich vorhero nie beunrubiget werben. Es wird täglich eine ziemliche: Menge derfelben von mir eingeſammlet, die zum Theil in den faunis fuecicis ſchon angetroffen werden, zum Theil auch dieſen Gegenden eigenthümlich zuge hören. Eine fleine Fliege, die ich geftern in einer Feige antraf, überfende ih durch Einſchluß. Sie’ liegt in dem Germine einer fieus femininz, welches fie verzehret. Sch kann cs noch) nicht fagen, ob fie eben Diefelbige iſt, Die bernach) zur Befruchtung Die: net,» Ehe ich von bier gehe, will ich mir noch alle Inſecten, die auf den Feigen angetroffen werden, befannt machen: und ich muthmaße nicht ohne Grund, - daß ich bierinn wohl etwas Beſonderes entdeden: dürfte. Obige Fliege feheint ein „Snips (Schnas: cke) zu ſeyn, deſſen Galla * die Feige ift: wie aus‘ meiner Beſchreibung noch mehr erhellen wird **. Mit dem Chamaͤleon und der Erdſchildkrote habe ich mich einige Zeit ergoͤzet, Da ich ihre Eigen— ſchaften auf meinem Zimmer unterfucher habe. Alles, was ich an felbigen bemerket, werde ich, mit göftlis: cher — zu ſeiner Be ausführlich erzählen. _ M 3 Bon * Linnei —— naturz, p. 6 j ** Der Herr Archiater haben — daß dieſe Stiege = die rare Phrygomea ift, von welcher der Herr Kanzelley⸗ ‚ratb Earlfon, in den Abhandlungen der Eöniglichen Hiademie der Wiffenfihaften vom Sabre 1747, 9 5 76° Seite redet. + 182 Hrn. Haſſelgeiſts Bon der letzteren Gattung werde ich dem Herrn Ar— hiater einige zu überfchicen fuchen Ich glaube, daß ihre Ueberfahrt leicht bewerfftelliget werden kann. Die Art ihrer Paarung ift insbefondere merfwür- dig. Sie werden Dero vortrefflihem Garten zur angenehmen Zierde dienen. Bon dem Cormwcopie, dem feltenen Grafe, wel- ches um Smirna aufzufichen der Herr Archiater mir fo nachdrüdlich einfchärften,, habe ich einen guten Vorrath geſammlet. Sie finden einen Theil Davon im Einſchluſſe. Wenn es völlig zur Reife gelanget fenn wird , werde ich Sorge tragen, da— von einigen Saamen für unferen afademifchen Gar: ten aufzubewahren, der, wie ich hoffe, der erfte feyn dürfte, in den dieſes artige Gewaͤchs eingefüh- ret worden. Dieß ift alles, was ich jeßt in größter Eile mit- heilen kann, um dadurch einige Kechnung von meinen Unternehmungen ‚abzulegen. Sch werde nicht unterlaffen, bey meiner Abreife von bier eine große Sammlung von meinen Anmerfungen zu überfenden, Nunmehro habe ich feft beftimmet, an dem bes vorftehenden Fefte der Himmelfahrt Ehrifti von bier mwegzugehen. Ich werde mit einem franzofifchen Schiffe mich nad) Alerandrien in Aegypten verfü- gen, um dafelbft, fo viel es die Kürze der Zeit ver: ftattet, einige Entdeckungen in dem Felde zu machen, welches mir angemiefen worden. Bon Dort werde ich mid) nach Palsftina begeben. Der: e;4 geſammelte Briefe. 183 Dreer ſiebente Brief. An den Herrn Archiater Linnaͤus. Geſchrieben in Alexandria, am 18 des Mayes, im Jahre 1750. | Metzt habe ich die Ehre, Denenfelben aus einem ans deren Theile der Welt aufzumarten, als wo ich mich bisher befunden habe. Ich gelangte am ızten dieſes endlich in Alerandrien an, nach— dem ich mich mehr als fünf Monate in Natolien aufgehalten, hatte. ; Ob ich gleich nur einige Tage in Aegypten, und zwar in den fchlechteften Gegenden deſſelben, geweſen bin: fo werde ich doch ſchon genugſam uͤberzeugt, Daß dieß gefegnete Land einem Phyfifverftändigen die wuͤr— digſten Vorwürfe in allen dreyen Neichen der Natur liefere. Die vier Tage, in denen ich mich etwas herumſehen koͤnnen, haben mir eine ungemeine Hoff nung eingeflößet. Der Dattelbaum fefjelte meine Aufmerkſamkeit zuerft. Er dienet diefem Lande zur befonderen Zierde, und zu großen Einfünften. Sei- ne Blubmen waren fehon verſchwunden. Dennoch) aber hatte ich das Vergnügen, zu bemerfen, wie die Araber deſſen Daarung zu befordern ſuchten, um da— durch fich der hinlänglichen Erndte von einem Ges wächfe defto mehr zu verfichern,, welches ihnen in ih— rer Haushaltung fo unentbehrlich if. Dieß haben fie fchon viele Jahrhunderte ausgeuͤbet, da noch Fein Kraͤuterkenner den Unterſchied der Gefchlechter bey den Pflanzen angemerfet hatte. Ehe ich noch ‚den Gärtner bierüber befragen fonnte, gab er mir von felbft fehon eine Nachricht davon, und erboth fic), | M 4 mir 184 Hrn. Haſſelgeiſts e mir diefe Vermaͤhlung noc) deutlicher zu machen. Er verwunderte ſich, daß mir, als einem erft ange * fommenen Franken, diefe Sache fehon befannt wäre. Denn er verficherte, daß von allen Fremden, Die er vorhero in Aegypten gefprochen hätte, feine Erzählung entweder als eine Babel, oder als’ eine ABunderges Ihichte aufgenommen wäre. , Weil er nun bemerkte, daß ich an, feinem Unterrichte ein Vergnügen fand: fo gieng er mit mir und meinem Droguemann nad) einem Palmbaum, der an zarten Früchten fehr reich mar, und bey dem er fowohl, als bey allen übrigen, dieß merkwuͤrdige Verloͤbniß vollzogen hatte, da fie noch in Bluhmen ftunden. Die Araber verfahren hierinn auf. Diefe Art: Wenn der Zweier, (padıx)) der Die weiblichen Bluhmen trägt, aus feiner Huͤlſe C/patba) hervorbricht: fo fuchen fie auf den Baͤu⸗ men, welchedie männlichen Bluhmen tragen, und die ihnen durch. die Erfahrung bekannt find, einen Sweig, (Madicem) der aus feiner Huͤlſe (patha) noch nicht -ausgefchoffen iſt. Dieſe wird geöffnet, und der Zweig ‚heraus genommen, ‚Den fie der Länge nad) in einige Theile zerfchneiden, ohne dennod) die Bluhme imgeringiten zu verlegen, Ein ſolches Stuͤck, an welchem die männliche Sluhme hängt, wird zwifchen Die Fleinen Reiſer des. Zweiges geſteckt, an dem die.weiblichen Bluhmen nach ver fänge fißen.: Das. fo verbundene Paar wird darauf mit einem Dlatte vom Palmbaume umgeben: in welchem Zus geſammelte Briefe. 185 ı) Man darf fich feine fondertiche Frucht verſpre⸗ chen, wenn man diefe Paarung nicht mie den Date telbaumen vornimmt. 2) Hierben wird ſtets die Vorſichtigkeit gebrauchet, daß von Jahr zu Jahr einige zugeſchloſſene Hülfen mit maͤnnlichen Bluh⸗ men aufbehalten werden, um felbige zu einem glei« . hen Zwecke Anzundenden, wenn vielleicht die weib⸗ lichen Bluhmen ihre Hoffnung taͤuſchen, oder ei— nigen Schaden nehmen ſollten. 3) Ein Z6eg, der die männliche Bluhme trägt, hoͤret auf zur Paa⸗ rung geſchickt zu ſeyn, fo bald er völlig hervorgeſchoſ⸗ fen iſt. Er muß noch im jugendlichen Alter ſeyn; Daß ich! mich des eigentlichen Ausdruckes des Arabers bediene: aus ſelbigem aber tritt er, in dem Augen» blicke, da die Bluhmen aus ihrem Gehäufe hervorbre- chen. "Daher muß derjenige, dem die Dattelbäume zur Aufſicht anvertrauet worden, ftets Die rechte Zeit wahrnehmen, um Die Pachiitk- zu befördern: denn dieſe macht den Haupttheil ihrer Pflege aus. 4) Wenn die Sulfe ( ſpatha) eröfnet wird, find alle mannliche Bluhmen mit einer gewiſſen Feuchtigkeit er⸗ fuͤllet, die dem feineſten Thau aͤhnlich iſt. Dieſe hat einen ſuͤßen und angenehmen Geſchmack, der faſt demjenigen gleich koͤmmt, den die Datteln beſitzen, ſo lange fie frifch find. Mein Droguemann, der zweh und dreyßig Jahre in Xegupten zurück geleget, und alfo Gelegenheit genug gehabt hatte, ſowohl den Nektar der Blubmen, als frifehe Datteln zu koſten bezeugte eben dieſes. F So vieles iſt mir von einem der merkwuͤrdigſten | Gewaͤchſe, welches unfere Erde träge, bishero be . kannt geworden , in einem Lande, fo mit ſelbigem vor- M 5 züglich 36 SHen. Haſſelgeiſts zuͤglich ausgeſchmuͤckt iſt. Ich werde bey einer an- dern Gelegenheit die Ehre haben, Denenſelben einige Anmerkungen von dem Nutzen und uͤbrigen Eigen⸗ ſchaften deſſelben mitzutheilen. Vielleicht bin ich im Stande, in der Zeitfolge eine vollſtaͤndige Geſchichte des Palmbaums zu liefern: noch angenehmer aber würde es mir fenn, wenn ich alle eimbern Arten deg- felben entdecfen Fönnte, - Die übrigen Gemächfe, die von mir in diefen Ge: genden bemerket worden, find: Schottendorn, (Mimofa ober Acacia agyptiaca) Schsfmüle, (Vitex oder Agnus caflus) Areusbaum, (Ricinus oder palma Chrifi) Mefembryantbemum, und ei- nige Arten vom Gaͤnſefuße (Chenopodiis). Bon den leßteren habe ich in Matolien, wo doch alles wuchs, nicht die geringfte Gattung angetroffen. Alein bishero haben meine Entdefungen in Aegypten noch nicht viel zu bedeuten. Alerandris liege in der fchlechteiten von feinen Gegenden : es ift eigentlich nur ein Dre, wo die Neichthümer Aegyptens, Arsbiens, und Abyfiniens aufgefchütter werden. Ich gedenfe aber bald in Roſette, welches der Gar- ten Diefes Reichs ift, und am Nil, der die Natu— talienfammer defjelben abgiebt, meine Unterfuchun= gen anzuſtellen. In Cairo werde ich fuchen einige Stuͤcke aus der Naturgefchichte von Aerbiopien und Arabien zu fammlen: menigftens habe ich gute Hoffnung von dem Apo/albamo hinlänglihe Nach⸗ richten einzuziehen. Ich habe ſchon von den Mec⸗ cafahrern hierinn vieles erlernet: und ich warte nur darauf, daß ich am Schluß dieſes Jahres von einem Tuͤrken entweder einen kleinen Baum, wo es . ul, geſammelte Briefe. 187 ift, oder mwenigftens einen Alt hiervon erhalte. Cs kann ſich auch zutragen, daß ich zu einigen Bluhmen Davon gelange: denn * hierzu habe ich die Anitalt geniache. Ich fonnte gleichfalls, mit einer Caravaz . _ ne von Aeth;opien nad) Esiro, die Myrrhen in ihrem Wacsthume befommen: allein ich befürchte, _ die Zeit möchte mir hierzu zu furz fallen. Unterdes⸗ fen werde ich doch fo viel thun, als nur gefchehen kann. Es ift nicht unmöglich, Daß ich nicht in das obere Aegypten einen Zug wagen follte: ich kann aber hiervon nichts gewiſſes ſagen, ehe ich in Cairo geweſen bin. Palaͤſting, welches fuͤr meine Unter⸗ nehmungen vorzüglic) beſtimmt iſt, gedenke ich, mit goͤttlicher Huͤlfe, in dem bevorſtehenden Herbſte zu beſehen. Ich duͤrfte daſelbſt vielleicht bis zum Fruͤh⸗ ling des folgenden Jahres verbleiben: damit ich die merfwürdigiten Monate , die einen Kräuferfenner insbefondere befhäfftigen koͤnnen, mir recht zu Nutze zu machen im Stande wäre. Jetzt wünfche ich nichts fo fehr, als durch die Zum ſchrift des Herrn Acchiaters beehret zu werden. Es würde mir zugleich ein ausnedmendes DBergnügen ſeyn, wenn ich in felbiger einige Befehle von Denen- felben erhalten Fönnte, die meinen Unterfuchungen noch gewiſſe befondere Vorwürfe anwieſen, welche Ihre Aufmerkfamfeit ſich zugezogen. Vielleicht ift es Seiner Hohmürden, unferem theureiten Doms probft ‚, dem Herrn Doctor Celfius, gefällig, mir einige Borfchriften zu erteilen, die ich in meinen Arbeiten insbefondere zu beobachten hätte. Ich be- mühe mich zwar, alfes aufzufuchen. Wie viele Ge- fegenbeit -aber würde ich nicht Durch diefe geneigten Nahe - N 88 Hrn. Haſſelgeiſts Nachrichten erhalten, mehrere Entdeckungen bey Dingen zu machen, die ich fonft nur vielleicht mit ei⸗ ner gewöhnlichen Aufmerkſamkeit betrachten v würde? Der Herr Archiater werden auch Die Gewo— genHeit haben, den Herrn Domprobjt zu fragen, ob Die biblifehen Kräuterfenner jemale unterſucht, was das fuͤr ein Baum ſey, mit dem David in ſeinem erſten Pſalm die Gerechten vergleichet? Wir treffen in dieſer Abbildung ſolche Züge an, die uns verſichern, daß Diefer große König ein befonber es Gewaͤchs zum Augenmerfe gemacht habe. Wie mir deucht, fo find die Eigenfchaften, die hier angegeben werden, fo befchaffen, daß fie ſich alfe in den Lorberroſen (Nerio oder Rbododaphne ) vereinigen. Ueber die Heuſchrecken des Johannes muß ich J noch eine Anmerkung hier beyfuͤgen. &s iſt bekannt, daß ſich viele Gelehrte mit ihnen beſchafftiget haben. Einige von ihnen behaupten, dag der geheiligte Bor gänger des Erlöfers ſich diefer Inſecten unmöglic) zur Speife Habe bedienen fonnen, da felbige eine ganz ungervöhnlihe und unnaftrfiche Koft wären. Allein diefer Einwurf ift Teiche zu widerlegen. "Denn eg Dürfen nur alle, denen dieſes unwahrſcheinlich vor⸗ koͤmmt, nah Aegypten, Arabien, oder Syrien rei— fen, und bey den Araber mit einer Mahlzeit vorlieb nehmen: fo werben fie unter ihren Gerichten gewiß eine Schüffel mit gebratenen Heuſchrecken zu der Zeit antreffen, wenn fie gefangen werden koͤnnen. Was zwinget uns aber zu zweifeln, daß Diefes nicht ſchon vor Alters daſelbſt geſchehen ſey? Man it in diefen ändern nicht gewohnt, die Sitten und Moden der Vater fo leichiſinnig, wie bey ung, zu verändern. Die | geſammelte Briefe. 139 Die Speife des Tobannes wird auch hier nicht für unnatürlich angefehen. Ich redete einmal von fel: biger mit einem verftandigen geiechifchen. Geiftlichen > und erzaͤhlete ihm, daß zwiſchen unfern Gelehrten ein großer Streit wäre, ob Johannes in der Wuͤſten eine Art von Yögeln, oder ein Kraut, genoffen hätte ? Da ich ihn nun fragte, welcher von diefen Mepnungen er ſelbſt beypflichtete? antwortete er mir laͤchelnd: er glaubte, ſie haͤtten insgeſammt Unrecht: in ihrer Verſammlung haͤtte man dieſe Nahrung nach dem Buchſtaben erklaͤret: und er wuͤßte auch nichts, was hierwider vorgebracht werden koͤnnte. | Ich überfende hier Zugleich, im Einſchluſſe, eine Art verwuͤnſchter Jungfern, (Libellulam) die ich auf der Inſel Meteline im Archipelagus er- haſchet. Ich habe diefe Gattung nie in Schweden geſehen; und ich weis dahero nicht, ob ſie ſchwediſch iſt. Wenn diefes wäre: fo würde es eine Leberei- fung von mir feyn, fie einen fo weiten Weg zu ver: ſchicken. Es folgt hierbey zugleich ein Maaß, welches bie Dice des Platani bezeichnet *, der in dem Reiche unferes Vaters, ic) meyne zu Stanchio, der Ges burtsftadt des Aippofrates, als ein Wunder dev Natur bluͤhet. Diefer Baum hat fieben und vierzig Aeſte: yon Denen ein jeder fo dick ift, daß er Die ums fhlungenen Arme eines Mannes völlig ausfüllet, und daher Durch) Steinpfeiler unterflügee wird. Diefe breiten ſich ſo weit aus, daß der ganze Veen gern hrizt> dig * Der Stamm biefeg Baumes enthalt breppehn und „eine halbe Elle im Umfreife, 199 Hrn. Haflelgeiltg fo geräumig feyn mag, als der große Marft in Stod- holm: denn es find über zwanzig größere und kleinere Häufer unter felbigen aufgeführet, Die von ihnen be- fchattet werden. Ich follte faft glauben, daß ich in dieſem Baume den groͤßten, aͤlteſten und merkwuͤr— digſten Einwohner in dem Reiche der Gewaͤchſe an- getroffen hätte, | * Der achte Brief. An den Herrn Archiater Linnaͤus. Geſchrieben i in Cairo, am zten des —— im Sabre 1750. Seitdem ich Diefelben juͤngſt von meiner Ergeben- heit verfichert, habe ich mich in Aegypten mei- ter umgefeben, und Gelegenheit gehabt, ein fand ge nauer Fennen zu lernen, welches in der That eines von den merfmwürdigften auf unferem Erdballe iſt Der Herr Archiater werden aus bengehenden Auffa- gen meine Entdeckungen in der Naturgeſchichte erſe⸗ hen. Es waͤre mir leicht, ſelbige mit einer weit groͤßern Anzahl zu vermehren: allein, ich habe nur das Vornehmſte beruͤhren wollen, und dasjenige, ſo von mir am meiften ausgearbeitet worden. Sie werden aber die Gewogenheit haben, die Fehler, fo von mir bierinn begangen morden, zu überfehen, Es ift dieß ein fand, wo man von allen Büchern entblößer ift, Die zur Ausſchmuckung meiner Arbeit etwas hätten beytragen koͤnnen. Ich füge auch eini- ge Beſchreibungen hier mit bey, die ich mit dem Wunſche begleite, daß ſie dem Hoerrn Archiater gefal⸗ len moͤgen. Die geſammelte Briefe. 191 Die Nachricht von der DBerfertigung des Salis ammoniaci habe ich für die Fönigliche Akademie der Wiſſenſchaften beftimmt. Sie ift an dem Orte ver- fertiget worden, wo die Arbeit felbft gefchieht. Ich fehmeichle mir, daß fie nicht unangenehm feyn werde, - und zwar um fo vielmehr, da fie, fo vielmir bewußt, die erite ift, die an dem Orte ſelbſt fo ausführlich aufgefegt worden, und zwar von einem gegenwärti= gen Zeugen. Der Here Archiater werden Die Ge- neigtbeit haben , meinen Aufſatz vorhero durchzufehen, den ich Ihnen deswegen unter offenem Couvert zuge ſchickt habe, und ihn nachmals verfiegeln, und der Akademie überfenden. | Ich habe in meinen Berzeichnifien Feine Erwaͤh— nung von den Pyramiden, den Mumien, und ih» ven Begräbniffen gethan. Dennoch) Fann ich nicht verſchweigen, daß ich fie gefehen habe: und dieß ift für mic) genug. Würde ich mic) weitläuftiger bey diefen Dingen aufhalten: fo müßte ich allen Marro- fen ins Handwerk fallen, die nicht unterlaffen, den Umfang, und die Tiefe, und die Höhe, und die Breite dieſer Seltenheiten weitläuftig zu befchreiben ; die nunmehro eines verftändigen Reiſenden ganze Auf: merffamfeit ſchwerlich mehr verdienen, da fie von fo vielen Taufenden gefehen worden find. ine andere Sache babe ich in Aegypten bemerfer, die fehon für fih eine Reife dahin erforderte: und ich ſchaͤtze mich desmegen glücklich. Dieß ift die Ueberſchwemmung des LTils, die in der That ein Wunderwerk der Mas tur genennt werden kann, fo von der Kunft befördert soorden, Das artigfte hierbey ift, daß die Felder Aegyptens unfern nordifchen Gebirgen ihre Frucht: barkeit 92 Hrn Haffelgeifts: barkeit zu Danfen haben, von welcher der Wohlſtand eines Sandes herruͤhre. Dieß ift ein Sag, der ver- muthlich unferen. Naturforfchern nicht unbekannt feyn wird, da er von allen äguptifchen Gelehrten angenom⸗ men wird , auf, Die er durch undenkliche Jahrhun— derte von ihren Lehrern gebracht tworden.: Sie be— haupten, das Wafter, welches den Nil jährlich ver: mehret, ‚erhübe fih von der Erde bey ihrem Mord» pol, und wuͤrde dann in Wolfen verwandelt ‚Die bey vortheilhaftem Binde über Europen und Afien wegzögen, bis zu den Montibus Eunz in Aethio⸗ pien, wo fie ſich bräshenund In einem Negen nieder: fielen. Das Gewäffer, welches auf: diefe Ark fich herunter fenkte, floͤſſe hierauf in großer Menge von den Klippen herab, und ſammle fih in den Mil, Der Dafelbft entfpringer, und weiter davon, vor ſei⸗ nem Selle, durch Canaͤle über ganz Aegypten geleitet wird, nach den. Anftalten,; die von den alten Ein— wohnern fo weislich gemacht worden. Dieß iſt Die Meynung, welche in Kegypten diejerigen , fo einige Einficht in die Natur zu haben fich überreden, von den Ueberſchwemmungen ihres Sluffesannehmen: und unter diefen find noch viele, die in der: arabifchen Schule ihre Gelehrſamkeit gefaflet baben. Ich habe geglaubt, Ddiefe Sache verdienete fo vorgetragen zu werden, tie fie mir mitgetheilet worden. Vielleicht koͤnnen andere ſich derſelben zu einigen nuͤtzlichen Ent⸗ deckungen bedienen: denn die Graͤnzen, die mir ge: ſetzt ſind, erlauben mir nicht weiter zu gehen. Ich verbleibe lieber bey demjenigen, was mir zu⸗ koͤmmt, und werde daher von der, Vermehrung und Aufklärung reden , welche die Horanik von Aegypten 1%; | erwar⸗ geſammelte Briefe. 193 erwarten fann. Meine Begriffe, die ich jeßt hievon befige, find von denen fehr unterfchieden , die mir vormals Alpin beygebracht harte. Diefer Schrift: fteller ließ mich glauben, daß ich in Aegypten eine Schatzkammer von Kräutern antreffen wuͤrde. Alfein die Erfahrung hat mich des Gegentheils verfihert, Es erzeuger diefes Land nur fehr wenige Gewaͤchſe von fich ſelbſt. Die meiften Pflanzen, die bier ge& funden werden, und vom Alpin aufgezeichnet find, find hier durch den Fleiß der Menfchen gefeget, und werden auch durch felbigen unterhalten. Daher findet man hier eine Floram Oeconomicam, die un: ftreitig eine von den reicheften unter der Sonne: ift, Die Menge vom Getraide, als: WDei:en, Rorn, Bohnen, Zinfen, der große Vorrath vom Reif, und der Ueberfluß am Slachs , fo in diefem Sande fich zeiget , beweifet dieſes zur Genüge : und bie Bielheir des Indigo, des Wismuths, der Datz teln, der Caſſia und der Senesblätter, wodurch die Einwohner bereichert werden, thut dieß gleich- falls, Die Befchaffenheit des Sandes und der Jahrszeiten verftartet nicht, daß viele Plantæ ſpon- anes entſtehen koͤnnten: woruͤber ich, wenn es Gott gefällig, dem Herrn Archiater meine Anmerkungen eheftens mitzutheilen gedenfe. | Bon allen Gewaͤchſen, die hier gepflanzet werden, habe ih Bluhmen und Saamen mir angefchaff:: Dies jenigen aber, fo wild wachfen, Habe ich aufgezeichnet, befchrieben und geſammlet. Die Nachrichten, die ic) von dem Dattelbaume und dem Sycomorus er- halten, ergößen mic) am meiften: denn fie verdiene ten ſchon für fich die Neife eines Kräuterfenners nach 7 Dand, N Aegypten. 9 Hei Haffelgeifis Aecgfypten. Den erften habe ich mit ziemlicher Seichtigkeit Fennen gelernet : der leßtere aber verur- fachte mir deſto mehrere Mühe, Die Art, wie der Sycomorus Früchte hervorbringet , und die Folgen feines Wachsthums, Lebens und Todes find unftrei- tig die merfwürdigften im ganzen Reiche ver Ger waͤchſe. Sch habe feine Feigen (receptacula) nicht zu Hunderten ;fondern zu Taufenden eröffnet, ehe ich von den Umftänden feiner Befruchtung einige Er— kenntniß erhalten Fonnen, Endlich habe ich doch hierinn Sicht befommen. Die Inöpfe, die an deffen ‚ Blubmen anzutreffen, (calyces) find theils Swoitz ter , (bermapbroditi ) theils männlichen Ge⸗ ſchlechts; (maſculi) wie bey dem gemeinen Fei- genbaume ; die legtern aber find von Denenjenigen, die fich auf dieſem zeigen, genugfam unterfchieden. Eine Schnacke (cynips) hat in den Bluhmenknoͤ⸗ pfen vom männlichen Gefchlechte (calycibus maſtulis) ihre Wohnung, und arbeiter in felbigen: ich habe aber Urſach zu zweifeln, ob fie jemals in die Bluh⸗ menEnöpfe, welche Switter find (calyces maſtu- los) fich verfüge; und zur Befruchtung etwas bey- trage. Ich werde mich bemühen , bievon Gemiß: beit zu erhalten, Es ift gleichfalls bey diefem Ges waͤchſe befonders, daß die männlichen Bluhmen⸗ Enöpfe zur Koft tauglich find ; die Zwitter aber‘ nicht : "wovon bey dem gemeinen Feigenbaume das Gegentheil wahrgenommen wird. Ich werde, wenn es der Herr will, im zufünftigen Jahre ein Reif von diefem Baume, für den Garten in Upfal, nebft der Mufa, Nabea, und andern Seltenheiten, uͤber— his. — J Ich . Kal; geſammelte Briefe. 195 Ich würde jege von der Mu/a, der Koͤniginn uns ter den Gewächferr, reden: allein, fie befiehlet mir ſelbſt, zu ſchweigen; nachdem ſie von dem groͤßten Meiſter fo vollkommen abgebildet worden. Eine artige Fabel aber kann ich nicht ganz verſchweigen, die unter den aͤgyptiſchen Gärtnern von der Mufa: herumgehet. Sie behaupten, daß man felbige her vorbringen koͤnnte, wenn men einen Dattelfern naͤhme, und in die Wurzel von Waſſerbohnen { Colocafin) ftecfte, und daß dieß die erfte Arc ihrer Erzeugung gewefen wäre, Fuͤrwahr, eine befondere Gefchichte der Schöpfung! Wir effen um diefe Zeit täglich reife Datteln und die Frucht vom Mauz. ch möchte wünfchen, daß ‚man bievon einige Körbe in der Geſchwindigkeit nad) Upfal fortbringen könnte: fo würde es an mir nicht fehlen, fie einzupacfen. Man preifer in Europa die Sander glücklich, welche fo herrliche Früchte beißen, Sch geftehe es auch , daß fie fehr angenehm find, wenn man fie dann und wann — Dennoch aber wuͤrde ich mit Vergnuͤgen eine Tonne Datteln gegen einen halben Scheffel von unſern guten ſchwe⸗ diſchen Aepfeln vertauſchen: und ich duͤrfte in Aegy— pten unzählige finden, die einen gleichen Kauf gern thun würden. Die Aepfel find bier fehr felten. Sie werden von dem Berge Sinai hergebracht, mo die Mönche: ſchoͤne Gärten bejigen, die an auserlefenen Aepfel- und Birnbaumen ſehr fruchtbar find: und ich glaube nicht zu irren, wenm ich viele feltene Arten von Früchten, die in Europa wachſen, aus felbigen ber: Leite, Na Allem ' u 196 Hrn. Haffelgeifts Allem Anfehen nach werde ich in Aegypten den Winter zubringen müflen : ob ich gleich wuͤnſchen ‚ möchte, jeeher je lieber aus dieſem Lande der Knecht⸗ fhaft auszugehen. Die Reifen in biefer Provinz find nichts weniger, als angenehm. Sie wird von ‚Rebellen beherrfcht , die ehemals Sclaven geweſen find, Man fann ſich daheto Leiche vorftellen, wie die Ordnung und Policey dafelbft befchaffen ſeyn müfle. Es ift unmöglih, daß die Ehriften an ir— gend einem Drte mehrere Verachtung und Drange fale auszuftehen haben, als hier, Wie fehmählig iſt es niche für felbige, daß fie nur allein auf Efeln teiten müffen, und auch von felbigen abzufteigen ge⸗ nöthiget find, wenn ihnen einer begegnet, der viel- leicht noch vor wenigen Tagen ein Räuber gemefen, umd wegen feiner erlangten Fertigkeit im Morden, bey einem Plage als ein Befehlshaber für einen Haus fen vebellifcher Soldaten angenommen morden ? Dieß ift unfer tägliches Schickſal. Wir müffen zus gleich , um unzählige Ungelegenheiten „ denen wir fonft ausgefegt feyn würden , abzumenden , in einer Art des Civilarreſtes (eben, , Uns in unferer Woh— nung einhalten , und wenn wir in die Stadt oder aufs Sand uns begeben wollen, rauhe Krieger zu unferer Begleitung mitnehmen, die uns mit Spiefen und Stoͤcken durd) ihre ſchaͤnbliche Geſellen fuͤhren. In der That, man kann für feine Sünden nicht befler buͤßen, als wenn man nach Cairo reifet, und ſich dafelbft einige Zeit aufhält. Diefe Widerwäar- tigfeiten machen mich dennoch nicht niedergefchlagen. Ich finde vielmehr in diefer befondern Lebensart einen guten geſammelte Briefe. 197 guten Stoff zu luſtigen Anmerkungen, die mir die lange Weile vertreiben. un Bielleiht Fann ich in dieſem Winter eine Reiſe nach dem Oberaͤgypten, mit einigen Engländern, Die man bier erwartet, unternehmen. Ich bin ſchon zum voraus verfichert , daß die Wortheile dafelbft für mich anfehnlich feyn würden. Im bevorftehenz den Frühling aber werde ich, nächft goͤttlicher Hülfe, Palaͤſtina, Syrien, den Berg Libanon, und ‚andere merfwürdige Derter beſuchen. Ich hoffe, Daß diefe Unternehmung nicht mit fo vielen Be: ſchwerlichkeiten vergefellfehaftet feyn mwerde , da in diefen Gegenden die Franken mehr angefehen find, und größere Freyheiten. befißen. | ' Es würde mir fehr angenehm feyn, eine Anwei— fung zu haben , um einige arabifche Handfchriften für unfere Bibliorhef in Upfal einzukaufen. Denn. man Fann bier einige ungemein prächtige, und zwar für einen geringen Preis erhalten. Andere Völker haben diefe Gelegenheit gut zu nüßen gewußt. Was hindert unfere Gelehrten, fich derfelben gleichfalls zu _ bedienen. Ich habe durch die Befannefchaft, die ich mit einigen verftändiaen Arabern errichtet, verſchie⸗ dene Schriften in der Gefchichte der Natur und. der Arzeneygelahrheit geſammlet. Wie leicht wäre es mir, für unfere Bibliothek ein gleiches zu thun, deswegen eine gemeſſene Vorſchrift er: hielte? | * N: Dem 108 Hen. Haffelgeiftd Berzeichnig von den Entdeckungen, welche der Herr Licentiat Haſſelgeiſt fhon im Aegypten gemacht und dem Herrn Archiater Linnaͤus befchrieben hat, 1. Anmerkungen über den Dienenwurm in Aegypten. 2. Urfachen zu der. Augenkrankheit, die dafelbft fehr gewoͤhnlich ift. 3. Befchreibung von einer Art der Kraͤtze bey der. Ueberſchwemmung des Nils. 4. Balſom de Mecca, nad) feinem Vaterlande, Kennzeichen, Gebrauche in Oſtindien, Verfaͤlſchung und Wachsthume. 5. Gebrauch der Mumien, zur Fa im Aegypten. 6. Eine unverhoffte Wirkung des Gummi —— da es durch zweene Monate einigen Hunderten das Leben gefriſtet. 7. Zubereitung des Salis ammoniaci: der koͤnigli⸗ chen Akademie der Wiſſenſchaften vorgelegt, 8. Berfertigung der Fillule caſſiæ. Aegypten. 10. Nutzung des Dattelbaums bey der Heus⸗ haltung daſelbſt. IL, Subeneiciing des "Indino, 12. Bearbeitung des Wismuths. 13. Was bey dem Heiße zu beobachten. 14. Boll $ 9. Gebraud) der. Heuſchrecken zum Gpeifen in — # geſammelte Briefe. 199 4. Vollſtaͤndige Beſchreibung der Mimofe, fo von den Arabern Leckbeks genannt wird: an die Fönigliche Akademie der Wiffenfchaften. 15. Hiltoria naturalis des wilden Seigenbaums in Aegypten. ( Sysomort ) 16. 17, Zwo neue Arten vom Bänfefuß ( Cheno: podio). | 18. Eine Art der Dornftauben, ( Rbamnus) bie bey den Arabern Nabia beißt, 19. Chenna , eine ſchoͤne gelbe Farbe. 20. 21. Ein Paar ſeltener Steine. 22. Beſchreibung von allen Petriſicatis, die in den . agpptifchen Pyramiden angetroffen werden. 23. Die tagen der Erde i in Aegypten. 24. 25. Zwo Arten von Affen weiblichen Ge⸗ ſchlechts aus dieſem Lande. — Pharaon, ein Geſchoͤpf, welches in den Haͤuſern, wie eine Katze, herumgeht; nebſt vielen beſondern Anmerkungen. | 27. Eine Gattung von Ratzen, deren Kopf von den Hafer; Mafe von den Schweinen ; Körper von unfern Rasen; und Schwanz von den $ömen entleh= net iſt. Sie eönnen die Erde mit den Borderfüßen nie berühren :. fondern hüpfen wie die Heufchrecfen ; und halten fih,in den Bergen zwifchen Aegypten und Arabien auf. Die ganze Befchreibung von diefem außerordentlichen Geſchoͤpfe iſt an die für niglihe Akademie dev Wiſſenſchaften in Stockholm geſchickt worden. 28. Camelo-Pardalis, den, — dem Bellonius, Kaum Bm von den Fremden gefehen bat; nebft Na einer 200 Hen. Haſſelgeiſts ; einer genauen Abbildung diefes Thiers: an eben dieſe Akademie. a | 29. Ein Papagey, welcher wohl der fchönfte von feinem Gefchlechte ift, 30. Ein Eleiner gefräßiger Brielvogel, ( Chara- drins) aus Aegypten. — | 31. Ein Strauß. | 32. Ein befonders kleiner Caſuarius von Da: miate, | | 33. Eine Taube mit geraden und aufgerichteten Fe— dern auf dem Rüden, 34. Eine artige Turteltaube , die in Aegypten gemein if, | 35:38. Viererley Arten von Schlangen nebft einer genauen Befchreibung ihres feuti abdominalis. Unter diefen ift auch die gehörnte Schlange des Al— pins, (Ceraftes Aipini) oder die fehr giftige Afpis > imgleichen Faculus oder Serpens Eve, von denen wir bisher noch Feine zuverläßige Machrichten ges habt haben. | 39. 40. Befchreibung zwoer aͤgyptiſcher Ei⸗ dexen. | ; | 41. Gecko, ein Thier, welches mie den Füßen ein gefährliches Gift ausbläfer. : 42, 43. Abbildung von den Fifchen Zcheneis und Sardıne. 44:55. Zwölf Fifche aus dem Nil, die eben fo viele befondere Gefchlechte ausmachen. 56. Dermeftes, deſſen Speife Datteln find. 57. Eine Art von Käfern am Nil, ( Cerambyx »rloticas ) — 58. Ein gefammelte Briefe. 201 58. Ein Schmetterling, aus den unterirdifchen Gärgen bey Mlerandrien. 59. 60. zwey ganz neue Gefchlechter von In⸗ ſecten. 61:75. Funfzehn neue Arten von infecten. 76. Cancer curfor Bellen. oder ein Krebs, der auf dem Sande hüpft. 77. Ameifen, die auf dem Sande bey den ägy- ptiſchen Pyramiden laufen. 78. Rleine Ameiſen, welche i in den Haͤuſern bey Cairo gefunden werden, und eine von den ſieben Plagen des Pharao verurſachet haben. 79. Ein afrikaniſcher Scorpion. Dieſe Beſchreibungen ſind von dem Herrn Li⸗ centiaten in Aegypten völlig ausgearbeitet, und nad) Upfal überfehieft worden. Die Anzahl derjenigen aber, die er noch nicht ins Meine bringen fünnen, ift weit größer. Man fiehet jest den hier abgebildeten Maturalien mit DBerlangen entgegen : und erwar— tet die Folge von den Nachrichten feiner fernern Une ternehmungen. Aus Upſala haben wir folgende | Nachricht erhaften. Im biefigen afademifchen Garten if im vergangenen J Sommer eine ganz neue Pflanze entſtanden, die vorhero niemals geſehen worden. Dieſe wird ſich die — N5 Auf⸗ 202 Hrn. Haſſelgeiſts ‚Aufmerkfamfeit der Kraͤuterkenner eben fo fehr eigen machen, als der größte Komet felbiges bey einem Sternfundigen thun kann. Zwey ganz verfchiedene Gemwächfe haben diefe Pflanze erzeuger, fo wie ein Maulefel von zwoen befonderen. Arten der Pferde herſtammet. Don dem See Ehrenpreis (veroni- ca marina, fl. fu. 6.) hat fie ihre Statur, Stängel und Aehre: die Blätter aber und die Größe der Bluhmen find dem Eiſenkraute (verbene, fl. fu.26.) fo gleich, daß der größte Botanicus Feinen Unterfchied zwiſchen beyden entdecken würde, wenn der Stängel weggenommen wird. Das Eiſenkraut hat, feit.et- lichen Jahren, in unferem Garten, nahe bey dem See⸗Ehrenpreis geftanden. Daher ift es gefche- “ ben, daß der Bluhmenſtaub von dem erftern auf die Bluhmen des legtern hingewehet worden, wodurch er auf eine fo befondere-Art belebet worden, daß dar⸗ aus dieſe neue Art entfproffen ift. Man bat von fel- biger in diefem Jahre zwar Bluhmen, aber feinen Saamen erhalten: welches merkwürdig ifl. Da aber die Wurzel Diefer feltenen Pflanze ihr einige Jahre zu verfprechen feheinet: fo wird man mit der Zeit vielleicht mehrere Entdeckungen bey ihr hoffen Dürfen. Im September des i7ʒoſten Jahres. Auszug geſammelte Briefe. 203 Auszug aus einer Beſchreibung von dem bekannten nordiſchen Mehl firom, die von dem Heren Etatsrath und Amtmanne in Norwegen, Herrn Aoke Schelderup verfertiget worden. Aus dem dritten Quartal der Abhandlungen, die von der ſchwediſchen Akademie der Wiffenfchaften im vor rigen Jahre herausgeaeben worden. ge bat feit undenflichen Jahren Ai fälfchlich überredet, daß die Erſcheinungen, fo bey dem Mablſtrom wahrgenommen werben, aus einem Wirbel entftünden, der durch eine Kluft oder Deff- | nung in der Erde unter dem Waſſer verurfachet wuͤr⸗ de. Dieſe Meynung hat einen ungemeinen Beyfall gefunden; ſo wie man unzaͤhlige Dinge in der Welt auf guten Glauben, ohne Pruͤfung annimmt. Der Herr Etatsrath unterſuchet dieſe Merkwuͤrdigkeit nach den Geſetzen, die alle rechtſchaffene Gelehrte vereh— ven... Er vergleichet Die eigene Bewegung des Meers in der Ebbe und Fluth mit der Sage des Orts; und folgert hieraus, mit der außerften Wahrfcheinlichkeic, . die Begebenheiten, welche uns von dieſem nordifchen Strudel erzählee werden. Aus der bengefügten Karte ift die Belegenheit deſſelben diefe: ine be trächtlihe Anzahl von Inſeln, unter denen einige - größer, einige fleiner find erſtrecket ſich, in einer Reihe, von dem Lande ab ins Meer ohngefaͤhr auf * — * ea N 204 Hrn. Haſſelgeiſts ſechzehn norwegiſche Meilen. Ein jeder Sund zwi⸗ fhen dieſen Inſeln betraͤgt nicht mehr als den achten Theil einer Meile in die Breite: die beyden Ie&ten aber nach der See bin, fo Waͤroͤn und Roͤſoͤn heilen, find von den übrigen, und von einander, durch größere Meerengen abgefondert, Und eben bier befindet fich der fo gefaͤhrliche Mahl- oder Moſkeſtrom der in der “Breite zwo, in der Laͤnge aber vier bis fin! Meilen einnimmt. Cr läuft fechs Stunden nah Süden, und fechs wiederum zurüc nach Norden: weiche Zeit aud) das Meer in feiner Ebbe und Fluch beobachter. Allein die Lage der Inſeln verurfachee bier dieß Beſondere, daß diefer Strom alsdenn nad) Süden feinen Weg nimmt, wenn Ebbe und — nach Norden ſtreichen, und hingegen nach dieſem Himmelsſtriche wiederum laͤuft, wenn Das Meer die entgegengeſetzte Richtung haͤlt. Die Gewalt, mit welcher der Fluß auf dieſe Art dem Meerwaſſer entgegen eilet, muß nothwendig Die er fehreftichen Wirbef bilden, die einem umgewandten ausgehoͤhlten Kegel Ähnlich, und ofters mehr als zweene Faden tief find, wenn man von dem oberſten ande an rechnet. Die fürchterlihen Stürzungen de: Wogen, Die hier gemeiniglich bey ftürmifchen Wetter verurfacher werden, vermehren das Donnern- de Gebrüll des Stromes, und verfcheuchen die See- fahrer, die fich ſtets eine Meile auf der öftlichen Sei— ten, und fünf, fehs, auch wohl mehrere, auf der eg von dieſem gefährlichen Drte entfernet Halten, | Auszug geſammelte Briefe. 265 Auszug aus den aſtronomiſchen Ob. fervationen, Die in Anfehung der Pol höhe von unterfchiedenen innerhalb des Bo: larzirkels gelegenen Orten ‘gemacht. worden, von Andreas Dellant, im Jahre 1749, Aus eben dem Duartal der angezeigten Abhandlungen, Die eigentliche Abſicht, welche ſich der Herr Hel— lant bey feinen Reifen durch die Provinzen Lapp— lands vorgefeget hatte, war, Die Sage. geroiffer Oerter genau zu beitimmen, nad) der Stelle, die fie unter ihrem. wahrhaften Himmel einnehmen. Diefer ſchaͤtzbare Borfaß erlaubte ihm nicht, fich mit der er- ften Unternehmung zu beruhigen, fordern vermochte ihn noch zu einer andern, in einer Jahreszeit, welche $euten von geringerer Standhaftigkeit in einem fo nördlichen Lande unerträglich feyn würde. Er begab fi) von Torne über die großen Gebirge, die Nor— wegen von Schweden fiheiden, bis an die aͤußerſten Gegenden am Eismeere, und fand auf diefer Keife, nach fiheren Rechnungen, die Polhöhen von folgen: den Dertern: | Hallonen, ein Dorf bey dem Mo: ev vafte von Remi (Remitröfi) = 66. 40. o, Saodankylä, wo eine Kirche und MR Marftplag BIETE = 0708.00 Die 26 Hrnu. Haſſelgeiſts Die Wehnung des Amtmanns von “Ener + eu nie a 068.200, Der Marftplag und die Kirche von * » = 68. 56. 30. Enare ⸗ EIER Utsſocki, da gleichfalls eine Kirche und Marftplag ift — —— 085 30, Vaofd, eine Inſel an der oberften | Spige von Mormegen, 100 das — Meer den Namen Varangle * fuͤhrt ⸗ s 70, 4.40% Seine Aufmerkſamkeit aber war nicht mit diefen Ent: deckungen allein beſchaͤfftiget: fie gieng auch auf meh- rere Gegenftände, die nicht weniger merfiwürdig wa- ren. Die Nachricht, welche er von der dafigen Witterung ertbeilet, ift gewiß fonderbar. Da er auf diefer Seite der Gebirge, Kälte, Schnee, und eine gute Schlittenbahn gehabt hatte: fo war die $uft jenfeit derfelben von einer ganz andern Beſchaf— fenheit. Die Erde war dafelbft ganz eneblößt, und von feinem Schnee bedekt. Das Eis war nur ſchwach, und hatte ſich auf wenigen Bächen geſetzet. Hin und wieder war zwar ein Eleiner See zugefroren: ‚allein man bemerfte feinen Schnee auf felbigem; ſon⸗ dern die Fläche war fo glatt, wie ein Spiegel. Die Dappländer, fo in diefen Gegenden wohnen, berich- teten, daß diefes faft alle Jahre einträfe: und dag die Einwohner an der nördlichen Seite den Winter fpäter empfänden,, als Diejenigen, fo an der füdlichen ſich niedergelaffen hatten ; fo wie dieſer Strich auch wiederum eher durch Die Sonne belebet würde, als jener, — J — 4 J — geſammelte Briefe. 207 jener. - Sollte diefes nicht zur Widerlegung der al- ten Meynung dienen, daß die Kälte um fo viel ftär- fer werde, je weiter Die Länder nach Norden ſich er: ſtreckten. Die Erfahrung beftreiter auch dieſes Vor— urtheil mit mehreren Gründen. Die Stadt Los boifti in Siberien liege mit Norkoͤping in Schwe- “den unter einer Breite, und dennoch haben unfere unglücklichen Mitbürger, die daſelbſt gefangen gefef- fen, alle Jahr eine unerträgliche Kälte empfunden, wenn bey legterem Orte einige kleine Ströme kaum mit Eife belegt gemwefen. Die Beſchaffenheit und Geftalt der Erde, die lage der Derter an Seeen und Strömen, und die Befchügung, welche fie von um- liegenden Höhen gegen Die einbrechende ungeſtuͤme Witterung erhalten, Fonnen öfters verurfachen,, daß die Luft in_einem mehr nach Norden belegenem Orte heiterer und gemäßigter ift, als in denjenigen nah Süden. Ein Umftand, der die ausländifchen Schriftſteller vielfältig zu gelinderen Urtheilen von Schweden und deſſen Fruchtbarfeit würde bewogen haben, wenn er ihnen befannt geroefen wäre. Vadſoͤ liegſt Außerft hinauf am Eismeere, und ift der nördlichfte Theil von aanz Europa. Als der Herr Hellant das erfte mal, oder im fahre 1748, im Sommer dafelbft war, konnte er, megen der hellen Mächte feinen Stern erblicken, und mußte da= ber bloß die Polhöhen nach der Sonne nehmen. Jetzt aber hatte er im Gegentheile Gelegenheit, die Ster- ne fowohl im Süden als Norden zu fehen: da die Sonne vom Gefichtsfreife fters entfernet war. Den noch hat er gefunden, Daß die Bemerkungen, die er J in 208 Hn.Haſſelgeiſts geſammelte Briefe. in verfchiedenen Jahreszeiten angeftelle, bis auf hal? be Minuten eintrafen. Er bat ſich alfo nicht weni⸗ ser in dem finfterfien als belleften Monate an dieſem Drte aufgehalten, und das Vergnuͤgen gehabt, die Sterne den ganzen Tag über am Himmel zu fehen, worern man es Tag nennen kann, wenn Feine Son: ne ſich am Horizonte zeiger. Selbige ift bey ihrer Wendung im Winter (Mſſtitio brumali) unter dieſem nicht weniger als drey und einen halben Grad verborgen. Die Doiböhe verftattet dahero diefen Voͤlkern nicht, die Sonne vom ioten des Novem⸗ bers an bis zum roten des Jenners, ober in etwas mehr als zweenen Monaten, zu fehen. Sie werden aber auch zu einer andern Jahreszeit um fo viel laͤn⸗ ger von dieſem lichten Körper Tag und Mache befchie: nen. Unterdeſſen rmährer ihre Dämmerung, in dem fängften Tage des Winters, zehn ganzer Stunden: und it Daher von derjenigen in Stockholm wenig un terſchieden; obſchon das Licht am Mittage fich ſehr ungleich iſt. | Wie der Herr Verfaſſer bier von der Polböbe, oder Breite, diefer Derter, eine Nachricht mitge- theilet x fo verfpricht er ‚das nähefte mal ihre Länge zu befchreiben; nad) den Bemerkungen, welche er mie den Berfinfterungen an den Monden des Yupi: ters. angeftellet hat. Wir werden ihm dahero den Grund zur richtigen und geograpbifchen Beſtimmung der Sage dieſes weirgeftreckten Landes zu danken haben. Murray. Il I. Aus⸗ 209 BERKER KK KK RR *K* III. Auszug aus einem Schreiben an Profeſſor Käftnern, eine befondere Vorrichtung eines Goͤpels betreffend. 8 ſcheinen mir in Ihrem Schreiben den 82 Sachſen ein wenig Unrecht zu thun, wenn X Sie etwas zu allgemein behaupten, daß das Maſchinenweſen bey uns noch in der groͤßten Un— vollkommenheit ſey, und daß wir darinn von den Auslaͤndern in allen Stuͤcken weit uͤbertroffen wuͤrden. Sie kennen mich, und wiſſen, daß ich die Ehre mei: ner Sandsleute viel zu eiirig zu verfechten pflege, als Daß ich diefe Peſchuſdigung mit gleichguͤltigen Augen anſehen koͤnnte. Es iſt wahr, ich muß Ihnen einraͤumen, daß der Maſchinenbau bey uns noch bey weitem nicht zu dem⸗ jenigen Grade der Vollkommenheit geſtiegen, zu dem er ſteigen ſollte und koͤnnte; ich geſtehe, es liegen Proben von einer Unwiſſenheit in der Mechanik am Tage, die größer iſt, als man ſich es einbilden foll- te; und man muß, es Bon als etwas fehr man- 7 Band. gelhaf⸗ 210 Schreiben an Brof. Käffnern, gelhaftes in Sachſen anfehen, daß man bey der Menge von Mafchinen, die infonderheit beym Berg- bau vorkommen, feinen befondern, ſowohl in der Theorie gehörig gegründeten, als in dem wirklichen Bau etfahrnen Mann hat, welcher über das ganze Maſchinenweſen die Aufficht führte, Allein, ih muß auch auf der andern Seite zur Dertheidigung unfrer Sandsleute fagen, daß man bey uns bier und da Proben von Berbefferungen in dem Mafchinenbau antrifft, welche, ungeachtet fie nicht fonderlich bekannt werden, gleichwohl von Der Beſchaffenheit find, daß fie unfre Ehre in dieſem Stüde einigermaßen retten koͤnnen. Wir haben einen Borlach ‚bey uns, und Sie Fennen Die Stärfe diefes Mannes in ver praftifchen Mechanif allzugut, als daß ich nöchig hätte, Ihnen ſolche anzupreiſen. Sie haben das von ihm in Koͤ⸗ fen vorgerichtete Kunſtgezeug, und das Daran befind⸗ liche ſchoͤne Feldgeftänge, ſelbſt geſehen; Sie wiſſen ſolches zu beurtheilen, und Sie werden mir hoffent— lich zugeſtehen, daß dieſes ein Werk ſey, fo unſerm Bergmafchinenvefen Ehre made. : Erlauben Sie mir, daß ich jego noch ein Benfpiel von dem, was ich gefagt, anführe, welches Ihnen vermuthlich noch unbekannt feyn wird, da es vor nicht gar langer Zeit erſt zu feiner Wirklichkeit gedie- ben. Es iſt Diefes eine befondere Vorrichtung eines Goöpels *, welche in der Bergſtadt Altenberg, von dem * Da wir nicht von allen unfern Pefern mit Autem Ges wiſſen fordern Eönnen, daß fie alle Kunſtwoͤrter, deren ſich der Herr Berfafler dieſes Briges bedienet, . | von Vorrichtung eines Goͤpels. au dem Herrn Stop, einem Panne, von deſſen gründ- lichen Einficht und Erfahrung in der Maturgefchichte, der Mathematik, und den bergmännifchen Wiffen- fchaften, Sie vollkommen und beffer überzeugee find, als ich es ihnen befchreiben Fünnte, ohnlängft aus: geführee worden. Ich babe folche bey meiner Keife durch Altenberg mit befonderm Vergnügen genau uns’ terfuchet und angemerfet; und ich weis, Sie denken allzugründlih, und fehen allzuwohl ein, dag die Theorie auf praftifhe Dinge angewendet werden muͤſſe, wenn anders unfre Bemühungen darinn nuͤtz⸗ | — O 2 lich hen ſollen; ſo glauben wir einigen einen Gefallen zu erweiſen, wenn wir ihnen Diejenigen, fo etwan dun— a fiheinen möchten, Furzlich in einer Anmerkung er: JJ > SS SDATIE N J Ein Soͤpel iſt eine Bergwerksmaſchine, davon fich eitt jeder leicht einen Begriff machen wird, wenn. er fich vorſtellt, daß fie im Hauptwerfe mit einem Auf: uge, dergleichen man auf den meiften Böden hat uberein komme: Nur muß man fich denfelben viel größer, und ein 20 Ellen hoch, die Aerme aber, vder fogenannte Schemel, 18 Ellen fang vorftellen. An der ſtehenden Welle find oben um den fogenarmten Korb zwey Geile geleget, welche über zwo Scheiben herunter geben, davon allemal wechſelsweiſe das eine herauf, das andere hinunter gewunden wird:” Man bedienet fich veffelben, entweder die Erze aus der Grube von einer ziemlichen Tiefe heraus zu ziehen, oder umgekehrt, Holz u. d. g. in diefelbe hinein zu laffen. In dem erften Falle wird er mit Pferden, die . an die Schemel gefpannt werden, uingetrieben: Im zweyten Falle koͤmmt e8 nur darauf an, ihn ſachte um: gehen zu laſſen, damit die Laft nicht eine zu ſchnelle Bewegung befomme. Wie folches geichebe, wird eben in folgendem beſchrieben. * 912 Schreiben an Prof. Kaͤſtnern, fih merden follen, als daß ich befürchten müßte, Ihnen verdrüßlih zu fallen, wenn ich Ihnen die ganze Sache etwas umftändlich befchreibe, | Sch kann Ihnen die Wichtigkeit diefer Verbeſſe— rung nicht befler vorftellig machen , als werm ich Ih— nen die vorige Zurichtung deſſelben Fürzlich abbilde, Es heißt diefer Göpel eigentlich ein Holzbängezeug, indem er nicht zu Ausförderung der Erze, fondern nur das zur Zimmerung, und vornehmlic zum Feu: erfegen *, womit hier die Erze gewonnen werben, in der Grube nöthige Holz hinein zu laffen , gebraucht wird. Es mwird zu dem Ende das dazu beftimmte Holz an das Seil angebangen, und der Göpel gehen gelaffen. Es ift leicht zu erachten, daß wenn man eine Laſt, die gemeiniglic aus 3 Klaftern Holz be- fteher, von fich ſelbſt über 100 Lachter *, (denn fo tief ift der Treibefchacht abgefunfen,) hinunter gehen laffen wollte, folche in kurzem eine folche ODE: eit s Ten das Geftein fo feſt, daß man demſelben mit Schlegel und Eifen (mie die Bergleute reden.) nichts abgewinnen kann, fo bedienet man fich entweder des Schießens, (das ift, e8 wird mit Pulver von einan- der gefprenget,) oder des Feuerſetzens Man feßt namlich eine Menge Holz, die,nach Befinden der Um- flände, in etliche 20 Scheiten, auch wohl in ganzen Schragen beftehet, an das Geftein, fo man los mas chen will, an die Seite, zündet folched an, und laͤßt es nieder brennen. Durch die Hiße des Feuers und darauf folgende Erfaltung ziehet fich das Geffein an dem Orte rund herum, und bekoͤmmt viele Rise, fo daß es hernach mit Brechftangen, und dergleichen, leicht herein zu treiben ift. | ”* Eine Lachter ift viertehalb Freyberger Ellen. von Vorrichtung eines Goͤpels. 213 feit erlangen, und eine fo heftige Gewalt ausüben müßte, womit fie die Seile zerreißen, den Schacht befchädigen, und fonft vielen andern Schaden anrich- ten würde. Man bat alfo leicht gefehen, daß man ein Mittel brauchen müßte, die allzufchnelfe Bewe— gung zu hemmen, und derfelben einen proportionir- ten Widerjtand entgegen zu ſetzen. Man bediente fich zu dem Ende zweener Hunde, (Sie wiffen doch, was ein Hund ift?) * welche unten mit Hafen ver: fehen waren, und unten auf fogenanntem Rollwerke, oder Eleinen Wänden liefen. Wenn man ſah, daß der Gopel zu fehnell zu geben anfing, fo hing man einen, oder, nad) Erfordern der Umftände, den an: dern an. Sie werden ohne vieles Kopfbrechen be— greifen, daß dieſes eine halsbrechende Arbeit war. Stellen Sie fih nur eine fo große Mafchine vor, welche fich öfters mit einer foldyen Gefchwindigfeit beweget, daß die Schemel, welche ı8 Ellen lang find, nur wie ein einziges Nad fcheinen. Es ge: ſchah daher auch oft, daß von den Leuten, welche Die Hunde in der Gefchwindigkeit anhängen follten, eis nige ergriffen, und übel zugerichter wurden. Bis: weilen auch ließ man, wenn man den vechten Zeit: ‚ ),3 poaunkt * er vermuthlich wiſſen es nicht alle unſre Leſer. Ein Hund heißt hier nichts anders, als ein großer Klotz, * der (wie wir aus gegenwaͤrtiger Beſchreibung erſehen) unten mit vielen Haken verſehen iſt. Wenn derſelbe vermittelſt einer eiſernen Kette an einen Schemel von dem Goͤpel angehangen wird, und ſich auf der Erde auf kleingeſtoßenen Steinen fehlepper, fo ſoll er durch feine große Friction der Bewegung einen großen Wie derſtand thun. ee 914 Schreiben an Brof. Kaͤſtnern, punfe verfehen hatte, den Hund gar fahren, und die ganze Mafchine auf gut Glück gehen, wie fie wollte; woraus denn nothwendig vielerley Schaden entſtund. In folchen Umftänden war der Göpel, als die Auffiche über das Mafchinenwefen in Altenberg dem obgemeldeten In. Stop aufgetragen wurde. Er traf daſelbſt einen geſchickten Zimmermann an, welcher felber denken, und auf den er fich mit der richtigen Ausführung affer feiner Ideen verlaffen konnte; und er brachte an ſtatt diefer höchftfehlerhaften Mafchine eine andere an, welche zugleich ficher, leicht, und auch noch auf andere Weiſe vortheilhaft ift. Ä Die neue Berbefferung berubet auf einer geſchick— ten Anwendung der Friction, um Dadurch mit einer überaus geringen Kraft eine fehr heftige Bewegung nach Gefallen aufzuhalten und wieder nachzulaffen. Es ift nämlich an eben der ftehenden Welle des Goͤ— pels unter der Erde ein fogenanntes dremsrad * angemacht. Um die ganze Mafchinerie deutlich zu machen, werden Sie mir erlauben, mit Figuren zu reden. In der ıften Figur ftellee A dieſes Rad im Grundriffe, und in der 2ten Figur von der ei nen Seite gefehen,, vor. In der Mitten geht bie Welle B durch. Daran find auf beyden Seiten zwey fogenannte Bremsbalken C, D, von völlig gleicher Länge und Stärfe, applicivet, welche horis zontal bin und her beweglich) find. Mit dem —* an a; *Was ein Bremsrad fey, erfläret fich in folgendem von felbften. Es wird namlich überhaupt ein Rad fo genennet, welches an eine Welle angemacht wird, um hie Bewegung derſelben aufzuhalten. | von Vorrichtung eines Göpels. 215 Ende E, F, liegt jedweder auf einer ftehenden Pfo- [e G, welche oben, um die Friction zu verhindern, egefförmig zugefpigt, und woran er vermittelft einer eifernen Spifle fo angemacht ift, daß er ſich noch in und wieder bewegen kann. An dem andern Ende H, TI, läuft jeder (mie es in der zten Figur von vorne zu fehen,) vermittelft eines unten eingefegten Roͤllchens, auf einer herauswaͤrts ſchief liegenden Flaͤ⸗ de K, L, Um das Ende H des einen Balkens KEN. iſt eine eiferne Kette, oder fogenannter Schurz an- gemacht, welche über das Ende I des andern Dal: fens D, und zwar über. eine oben darauf gelegte ei- ferne Kappe M, (welche Kit. 2 und 3 deutlich zu ſe— ben, ) heruntergebet , und mit ihrem andern Ende um einen andern Balken oder fogenannten Brems⸗ fü chwengel N angemacht ift. Diefer Bremsfejien: gel ift mit dem einen Ende O in eine fogenannte Bremsfäule@P eingelegt, und um felbiges auf und nieder beweglih. An dem andern Ende Q_ aber iſt eine Bremsſtange R angemac)t, die über den Bo- den herauf geht, und vermittelft eines Hebels S,T, auf und nieder bewegt werden kann. Sie werden ſich nunmehro Die ganze Bewegung diefer Mafchine leicht vorftellen koͤnnen. Wenn man nämlich das Ende T des Hebels niederdrücer, fo gehet die Stange R, und hierdurch das Ende Q des Bremsfchmengels, folglich auch das Ende N der eifernen Kette herunter. Da nun beyde Balken C,D von gleicher Sänge und Stärfe, und gleichviel ber weglic) find, fo werden folche von der Kette gleichviel zufammengezogen, und folglicy zu gleicher Zeit an Das Bremsrad angedrüdft. Sobald man aber: den — 24 Hebel 216 Schreiben an Brof. Käffnern, Hebel S T wieder los läßt, fo laufen theils beyde Balken C, D, vermöge ihrer eignen Schwere mit dem Rollchen auf der Fläche L wieder zurück, theils erden fie auch felbft Durch Die Bewegung des Rades wieder weggeftoßen. Auf folhe Art kann die Ge: ſchwindigkeit des Nades nach Gefallen vermindert, oder fich felbft gelaffen werden, nachdem man den Hebel S mehr oder weniger niederdrüct ‚ oder wie: der nachlaͤßt. Ich habe zwar bisher (um die Figur nicht ver— wirrt zu machen) nur von einem Paare Bremsbal- Een, die miteinander an das Rad gezogen werden, geredet, Sie muͤſſen fich aber vorftellen, daß noch ein Paar andre da find, welche queer über gelegt wer: den, und gleichfalls von einem Bremsfchwengel ver: miccelft eines Hebels bewegt werden. Hierdurch wird nun das Holzbängen, oder Ein: laflung des Holzes, auf die ſicherſte Arzvon der Welt, und eine vorhin fo gefährliche Arbeit gleichfam fpielend verrichtet. Wenn namlich das einzulaffende Holz an das Seil angehänget, und etwas herauf über den Schacht gezogen worden, fo wird anfangs der Göpel fich felbft überlaffen, da ev deun gar bald fehr ge= ſchwind herumzugeben anfange. Sobald man nun merfet, daß diefe Gefchmwindigfeit zu groß wird, fo wird von einem bey jedem Hebel beftellten Manne das Ende deffelben T niedergedrüdft, und dadurch die Bewegung ‚fo viel als nöthig gehemmet, und wie— der angelaffen. Man follte gar nicht glauben, mit was für einer geringen Kraft eine fo heftige Bewe— ‚gung faft in einem Augenblicke aufgehalten werden koͤnne. Yufer | von Borrichtung eines Goͤpels. 217 Außer dem iſt noch diefer große Vortheil daben, daß ‚weil man nunmehro den Goͤpel feiner eignen Be— wegung mit voͤlliger Sicherheit uͤberlaſſen kann, man ihn mit viel groͤßerer Geſchwindigkeit als chedemn ge⸗ hen laſſen, und folglich in der Zeit gewinnen kann. Und in der That findet es ſich, daß man jetzo in eben der Zeit als vorher, noch einmal fo viel Holz als vor— ber, einhängen Fann. Ueberdieß braucht man ftatt ı2 bis 14 Mann, die ehedem dazu erfodert wurden, jetzo nur aufs böchfte i in allen fechfe. Sie werden mir leicht zugeben, daß diefe Eincic)- | tung eben fo finnveich als nüglic) it, Ich Fönnte Ih— nen noch mehrere Beyſpiele von andern Verbeſſerun— gen, die eben dieſer geſchickte Mann an —— Or⸗ te anzubringen im Begriffe iſt, anfuͤhren. Allein, da ſolche noch nicht ganz zu Stande gekommen, ſo will ich die völlige Ausführung davon auf ein ander- mal verfparen, Ich muß nur noch diefes erinnern, daß man auch bey diefer Gelegenheit fehr deutlich gefehen, wie hoͤchſt⸗ noͤthig es ſey, daß gute Anſtalten ganz beſonders un— terſtuͤtzet werden, wenn ſie anders zur Wirklichkeit ge— deihen ſollen. Ben der erſten Angabe dieſer Verbeſ ſerung fanden ſich große Schwierigkeiten, und alle die kleinen Seelen, welche auf das alte Herkommen ge— ſchworen haben „ ſahen es als eine Sache an, die ge- wiß nicht von ftatten gehen wuͤrde. Mat. muß es aber der Einficht und Fürforge des Herren Hofrach Triers ‚welcher die Infpection über den ganzen Zwit- terjtock verwaltet, zum Lobe nachfagen, daß er die Ausführung der felben mit feinem Anfeben recht nach⸗ - druüͤcklich zu unterſtuͤtzen geſuchet, wie denn auch der O5 dorti⸗ 218 Schreiben an Brof. Kaͤſtnern, ꝛc. dortige Factor als ein braver Mann alles Mögliche zu Beförderung deſſelben beygetragen. Wundern Sie ſich nicht, mein Herr, daß ich Ihnen dieſes Beyſpiel als etwas beſenda anpreiſe. Denn es iſt in der That rar. Das gewöhnliche Schickſal neuer Verbeſſerun— gen ift, daß fie auf alle mögliche Weiſe unterdrücker, und nur felten ins Werf gerichtet werden. Die Un- wiſſenheit und die Bosheit feheinen ſich beyde zufams menverſchworen zu haben, jedwede gleichviel zu Ber- hinderung derfelben benzufragen. Diejenigen, welche die Tuͤchtigkeit einer neuen Angabe unferfuchen und be: urtheilen follen, find öfters dazu ganz unfähig, oder fie find im Gegentheile von lauter Borurtheilen einge nommen. Hierdurch wird alfo ein geſchickter Mann mif einem ausfchweifenden Projectmacher, an denen es zur Schande des menfchlihen Verſtandes immer nicht ermangelt ‚in eine Claſſe geſetzt, oder feine Vor— fhläge werden gar als ungegründet verworfen. Koͤmmt nun noch vollends der Neid dazu, welcher ih- re Yugen verblendet, finden ſich eigennügige Abfich- ten dabey, welche Si eine anzubringende Verbeſſe— rung zernichtet werden ; fo ift es Fein Wunder, daß die herrlichſten Anſtalten zu Waſſer werden. Doc) id) werde unvermerft gar zu einem Moraliſten. Ich ꝛc. H. ***den 3 März 1750. REN IV. Bon | 219 EEEZZZSZZZEZZZEZZZZI ZZ IV. Von einigen neuen Schriften. endler in Leipzig hat verlegt: Verſuch ei— Cner Theorie der Ueberwucht, aufgeſetzet und gegen zuverlaͤßige Experimente ge— I Halten von C. G. Schober, 5 Bogen in gtad, 2 Kupfertafeln. Die Sache, welche Herr Schober bier unterfucher, ift bisher noch ſehr wenig in Betrachtung gezogen worden, und gleichwohl von ungemeiner Wichtigkeit. Man reis, mit was für Kraft eine gegebene Laſt an einer Mafchine koͤnne er- halten werden. Wenn man alfo diefe Kraft ver- mehret, fo erhält man eine Bewegung, die noth- wendig anders und anders wird, nachdem die Leber: wucht fich verändert: Aber was aus einer gegebenen Ueberwucht für eine Bewegung erfolge, Das zu be- flimmen hat man fich bisher noch ſehr wenig be muͤhet, und doc) ift es diefes eigenelich ‚ was die Wirkung einer Mafchine zu Fennen erfodert wird, denn diefe Fommt nicht auf die Erhaltung der $aft im leihgewichte , ſondern auf ihre Hebung an. Gravefand und Herr Euler haben eins und das an- dere davon erwaͤhnet. Herr Schober hat in gegen: wärtiger Schrift Diefe Unterfuchung vollftandig abge handelt. Gr betrachtet zuerſt den gleichärmigen He— bel, und weiſet, was für eine Bewegung daſſelbe | erhalte, 229 Bon einigen neuen Schriften. erhalte, wenn an den einen Arm mehr Saft, alsıan den andern gehaͤnget wird, morauf er zu dem un: gleichärmigen Hebel fortgeht, und auch die Materie deffelben zugleich bey der Berechnung mit zu betrach⸗ ten anweiſet. Seine Theorie mit der Erfahrung zu vergleichen, find Berfuche angeftellet worden, die er fo umftändlich und: ſorgfaͤltig beſchreibet, daß man in ihre Richtigkeit ſo wenig Mistrauen ſetzen darf, ſo ſehr man die große mechaniſche Einſicht und Ge— ſchicklichkeit ihres Angebers zu bewundern Urſache hat. Es ſind aber keine Verſuche, wie unſere Na— turforſcher in ihren Stuben aachen ; die Schächte von den pohlnifchen Salzgruben Wieliczka , wo fich Herr Schober eine ziemliche Zeit aufgehalten hat, find der Schauplag dazu gewefen. Und fie treffen mit der Theorie fo genau überein , als man fodern fann. Herr Schober hat noch verfchiedene Anmer- fungen und (Erfahrungen von allerley fonderlich. bey Bergwerken gebräuchlichen Mafchinen beygefüget, welche von einer nicht gemeinen Geſchicklichkeit in der Mechanif , da man cheoretifhe Kenntniß und Fertigkeit in der Ausübung fo felten vereiniget an: trifft, zeigen. Erfurt. Der P. Gordon bat allbier Ele- ‚menta phyſicæ experimentalis in ufus academicos conferipta drucken laſſen. Der jego erfchienene I. Theil beträgt 496 Seiten in 8tav nebft 24 Kupfer: tafeln,. und handelt von den allgemeinen Eigenfchaf- ten der Körper der Bewegung, der Schwere, der Statif und Hydroftatif , den magnetifchen und een Berfuchen,, ven Waffer und dem Schalle. Die Befcheidenheit des Herrn P. Gordons ift zu 3 groß, Von einigen neuen Schriften. azı groß, wenn er diefem Werfe als den größten Bor: zug nur den beyleget, daß es eine vernünftige Ma« ' turlehre unter feinen deurfchen Ölaubensgenoffen be» Fannter machen, und andere aufmuntern foll etwas vollfommeners zu liefern. Es würde ihm auch bey feinen Glaubensgenoflen in Italien und Frankreich Ehre machen die durch den löblichen Fleiß, den fie auf die Naturlehre wenden, deutlich genug weifen, daß wenn die Naturforfchung bey den Romiſchkatholiſchen in Deurfchland in fchlechten Umftänden ift, dazu viel: feicht eben fo viel beytraͤgt, Daß fie Deutfche, alsdaß fie KRömifchkatholifche find , da in fo vielen deurfchen proteftirenden Laͤndern bie Kenntniß der Natur und der Mathematik, ohne welche Feine Kenntniß der Na— tur ift, fo gering geſchaͤtzet wird. Der Herr P. Gor- don hat feinen Vortrag fo eingerichter, daß ihn zu verftehen eben Feine große Kenntniß dev Mathematif erfodert wird: Diefes war für feine Zuhörer nöthig, und diefes würde für feine Zuhörer noͤthig geweſen ſeyn, er möchte auch auf welcher deutfchen hoben Schule er wollte lehren. Der Ruf des Herrn Tobias Mayers als Seh: vers der Weltweisheit und Haushaltungskunft nach Göttingen hat zwo Schriften in Nürnberg veranlaffet, die verdienen ‚hier angezeiget zu werden. Der Here Rath Stanz hat Gedanken von. einen Keıfes Atlss und von der Nothwendigkeit eines Staatsgeographus bey diefer Gelegenheit druden laffen, in denen er anfandlich das hohmanniſche Un« ‚ternehmen von Berfertigung eines Reifeatlas anfün« diget. Darinnen follen die Landſtraßen von jedem Sauptorte bis an den andern, mit allen Zwi— | ſchenoͤrtern, 222 Bon einigen neuen Schriften. fehenörtern , auch ihren Weiten, ferner mit allen * Fähren, Brücden, engen Päften, Steigen, Ber: gen, Zöllftädten, Revieren, die den Ueberſchwem— mungen unterworfen find, und was weiter dabey zu wiffen nöthig ift, vorgefteflee werden. in beyzus fügender Wegweiſer foll alles weitläuftiger erläutern, Bortbeile angeben, wie man den kuͤrzeſten Weg er— wählen, und nie davon abkommen, im dickſten Ge⸗ büfche fein eigner Wegweifer feyn, auf jedem Wege zugleich erforfchen könne, welches der fürzefte Weg ſey ꝛc. Da bierzu ein Beytrag von fehr vielen Rei⸗ fenden erfodert wird, fo ſuchet Herr Franz darum an, giebt aber zugleich den Neifenden Borfchriften, wie fie ihre Anmerkungen zuverläßig und beftimme zu machen haben. Wenn fie z. E. Wege anzeigen, fo müffen fie angeben , ob es Bothenwege, Poft- oder Fuhrwege find, als welches alles dreyes von einander unterfchieden ift. Won der Beſchaffenheit eines Staatsgeographus giebt Herr Franz folgende Begriffe: Er foll in der Mathematik, Geſchichte und Naturlehre und andern in der Borrede zum I. B. der fofmographifchen Sammlungen benennten Wiflen- haften erfahren feyn, daher eine Sandmeflung auf fi) nehmen, und eine vollftimdige Land- und Drtbe- fchreibung verfertigen koͤnnen; wie ein großer Herr dadurch fein Land felbft genauer Fennen ferner, fo kann davon fo viel befanne gemacht werden, als Staats abfichten verfiatten. Diefe Nachrichten geben Anlaß zu Berbefferungen in der Landwirthſchaft, Handel und Wandel x, Der Staatsgesgraphus wird alfo aud), was die Bequemlichkeit der Neifenden betrifft, beobach⸗ ten Fönnen; er kann dem BRIAN AEN v3 ehen, Bon einigen neuen Schriften. 223 ſtehen, wenn es auf geographifche Unterfuchungen an- fommt, den Unterricht der landestürftlichen Jugend in der Geographie beforgen, zu Kriegeszeiten wegen Kenntniß des Landes Dienfte thun; ben Reifen der Fuͤrſten, Prinzen oder Öefandten das Reiſejournal fuͤh⸗ ven, Beobachtungen anzuftellenzc. Denen, die fich etwa Feine Vorſtellung mächen koͤnnen, was ein Staatsgeographus für ein Thier ift, zu gefallen, koͤnnte man ihn, wie am Füniglich pohlniſchen und churfürftl, fahfifchen Hofe beliebte worden ift, den Land- und Gränzceommiffarius nennen % RR Herr Lower, mit welchem auf der altorfifchen bo: ben Schule die Stelle, welche Herr Doppelmayer zu« vor einnahm , auf eine fo glückliche und fir dieſes Lehramt fo vortheilhafte Art erfegt ift, bat bey Herrn Mayers Abreife die Auflöfung einer afteonomifchen Aufgabe befannt gemacht: Aus der gegebenen geras den Afcenfion und Declination zweener Sterne und aus den beobachteten Zeiten, in denen fie durch zween unbefannte aber beftändig bleibende Berticale gehen. ’ 1. Die * 6Es iſt eine Probe, wie eifrig Sachſens weiſe Be herrſcher fuͤr deſſelben Wohlfahrt gewacht haben, daß ſie ſchon lange fuͤr eine genaue geographiſche Kenntniß ihres Landes beſorgt geweſen ſind. Der Churfuͤrſt Auguſt, deſſen Andenken von Sachſen ewig muß ver: ehrt werden, Tieß Ausmeſſungen anftellen, die nach den damaligen Zeiten vollfominen find, und verrichtete ſo— gar einige Jelbft, dergleichen Beutel im II. Th. ſeines geographifchen Kleinods anfuͤhret. Man weis, wie rühmlich feine erhabene Nachfolger diefes fortgeſetzt haben, Wie Herr Scans in den koſmographiſchen Sammlungen ein Beyfpiel von einem Specialatlas ge ben wollte, mußte er denjenigen nennen, den man von ſaͤchſiſchen Karten fammlen Fan. 224 Bon einigen neuen Schriften. 1. Die Elongation Diefer Sterne für den Augenblick, darinn fie ſich in den Berticalen befinden, 2. die Brei⸗ te des Dries, wo man beobachtet, 3. das Azimuth eines jeden von diefen Verficalen, und 4. die wahre Zeit der Beobachtung zu finden, wenn für diefes Stuͤck der Gang der Uhr in Anfehung der mittleren Bewegung der Sonne bekannt ift. Renner der Sternfunft werden die Wichtigkeit und den Nußen diefer Aufgabe begreifen, und andern würde man fie hier vergebens erflären. Die Eofmograpbifche Gefellfchaft hat fich von diefer Peränderung Heren Mayers defto mehr Vortheile verfprochen,, da ihre Abficht erfodert, Mitglieder jetzo wenigftens Durch ganz Deurfchland ausgebreitet zu haben; und wenn man weis, daß Herr Maner die _ praktiſche Gefchicklichkeit, welche Herrn Penthers Vers luſt zu erfegen erfodert wird, nebft feiner befannten eheoretifchen Wi ſenſchaft beſitzet, welche beyde Dinge ſo ſelten verbunden ſind; ſo muß man die Kenntniß und den Eifer des verehrungswuͤrdigſten Beſchuͤtzers der Wiſſenſchaften bewundern, der einen ſolchen Mann für die göttingifche hohe Schule aus ganz Deutſchland bat aufzufuchen gewußt, und diefes als einen aͤhnli⸗ chen Fall des Ausfpruches anfeben : Sint M&cenates non deerunt Flacce Marones. Anhalt des zweyten Stücks | im fiebenten Bande; I. Herrn Ellers Abhandlung, von der Scheidung des Boldes vom Silber durch die Präcipitatien ꝛc. G. 115 II. Herrn Baſſelgeiſts gefammilete Briefe. 160 II. Auszug aus einem Schreiben an Prof Bäftneen, eine befondere Vorrichtung eines Goͤpels betreffend. 209 IV. Bon einigen neuen Schriften. I 219 Hamburgiſches Watchin, oder geſammlete Schriften, zum Unterricht und Vergnuͤgen, aus der Naturforſchung und den angenehmen ie one überhaupt, Des fiebenten Bandes drittes Stuͤck. Mit Königl. Pohln. und Churfürftt. ürftt. Sachfiliher Freyheit. Hamburg, bey Georg Chriſt. Grund, und in Leipzig bey Adam Heinr. Holle, 1751. (0 —— el" Kr — art — — /) ) o Anmerkungen über verfchiedene Arten kleiner Waſſerinſekten, von der Polypenart, in einem Schreiben an den Praͤſidenten der koͤniglichen Akademie mitgetheilet von dem Herrn Abraham Trembley, der Akademie Mitgliede. * der 484 Nummer der Philoſophical Transactions. eo cd babe in einer Schrift, die Num⸗ IH, mer 474 der Philcfophical Trans⸗ ee actions Art, X gedruckt worden, Ä S verfchiedene Arten Fleiner Waſſer⸗ inſekten bemerfet, welche alle unter die — Claſſe der Dolppen gebrachte worden, Sn dem Sommer des Jahres 1744 find die verfchie- | D 2 denen 228 Anmerk. uͤber Waſſerinſekten denen Anmerkungen, die in der Schrift erzaͤhlet ſind, gemacht worden, und was aus dieſen Anmerkungen, in Anſehung der Figur dieſer kleinen Thiere, und ihrer Art ſich zu vermehren, herausflleßet, iſt, wo ich nicht gar ſehr irre, zureichend, einen jeden, der darauf Acht giebt, zu uͤberzeugen, daß ſie die Auf— merkſamkeit curiöfer Perfonen gar wohl verdienen. Sch habe daher, feit der Zeit, Feirie Gelegenheit ver: ſaͤumet meine Unterfuchungen in Anfebung diefer In— - feften fortzufegen, und da ic) in verfchiedenen Waſ— fern darnach gefuchet habe; fo habe ich gelegentlich unferfchiedliche andere Arten entdecfer, die ich vor: hin nicht gefannt, und denen ich einen Antheil mei- ner Bemühungen unmöglic) babe entziehen koͤnnen. Die Aehnlichkeie, fo ich zwifchen diefer neuen Art von Polypen und Denenjenigen gefunden, die ich ſchon fannte, wie auch die verfehiedenen befondern Stuͤcke, worinn fie gar fehr von den andern abgehen, haben mic) zu dem Entfchluffe gebracht, fie alle mit mög: lichſter Sorgfalt zu betrachten. Dieß Unternehmen ward allmählid) beydes ſchwer und weitläuftig. Allein, da ich verfichere war, daß, wenn es gehöriger maßen koͤnnte fortgefeßet wer— ‚den, es gar fehr vieles beyfragen würde, unfere Be⸗ griffe von der Matur beydes zu verbeffern und zu er⸗ meitern ; fo habe ich öfters bedauret, daß es mir fo- wohl an Zeit, als aud) an Benftand gefehler, dieſes Werk gehöriger maßen zu treiben. Durch den Beyſtand verſtehe ich die Vortheile, die ich von dem Sleiße, der Geſchicklichkeit und dem Urtheile anderer aufmerffamer Perfonen hätte erhalten koͤnnen, Die ſich von der Polypenart. 229 ſich entſchließen wollen, ſich mit mir in einer ſolchen Unternehmung zu vereinigen. Je kleiner die Dinge ſind, woruͤber wir Betrach⸗ tungen anſtellen wollen, deſto weniger ſollten wir billig dieſen Betrachtungen ſelbſt trauen. Es iſt in dieſen Faͤllen nicht zureichend dergleichen Bemerkun⸗ gen fuͤr ſich ſelbſt zu wiederholen, ſondern es iſt ſehr gut, und bisweilen nothwendig, Daß fie auch von an« dern wiederholet werden, und daß fie bisweilen auf diefelben fallen. Alsdenn kann es gefchehen, daß wir vermittelft diefer verfchiedenen Bemerfungen, wenn diefelben forgfältig mit einander verglichen werden, zu einer beſſern Gewißheit der verfchiedenen Dinge ges langen, wornach wir forfchen,, Ueberdieſes ift zu erwägen, daß die Anzahl der Dinge, worauf man in diefem Falle feine Aufmerffamfeit zu richten hat, in der That viel zu groß ift, als daß fie von einer eins zelnen Perſon genugfam beobachtet werden koͤnnen. Ich glaube, es werde nicht undienlich feyn, wenn ich allbier eine Befchreibung der Zubereitung mache, deren ich mich bedienet, und wodurch ich in den Stand gefeget worden, meine Verſuche anzuftellen. - Diefe Befchreibung wird das, was ich noch ferner zu fagen habe, um fo viel veritändlicher machen, und wird vielleicht andere defto befler in den Stand fegen, die Stufe des Glaubens zu beurtheilen, welche Die verfchiedenen Dinge verdienen, die ich zu erzählen Gelegenheit Habe. Auch denenjenigen, welche Luft haben entweder die kleinen Wafferinfeften, deren alldier Erwähnung gefchieher, oder andere, Die fie vielleicht felbft antreffen, gehöriger maßen felbit zu betrachten, wird, wie ich verfichert bin, die Be— P3 ſchreibung 230 Anmerf. ber Waſſerinſekten ſchreibung eines Zubehoͤrs nicht misfallen, den ſie zu ihren Unterſuchungen ſehr dienlich finden werden. Der Hauptnutzen, den ich ſelbſt davon gehabt, beſtund darinn, daß ic) dadurch in den Stand ge« feget ward, mit den verfchiedenen Gläfern meines Microfcopii Eleine Wafferinfeften in einem Glaſe zu betrachten, welches fo viel Waſſer enthielte, darinn fie bey nahe auf eben die Art leben konnten, als fie würden gethan haben , wenn fie in denfelben Gräben oder andern Waflern geblieben wären, woraus fie zuerft genommen worden, Wenn man fich bloß vornimmt, nur auf einige Augenblicke die Figuren und Bewegungen der Waf ferinfeften zu betrachten; fo Fann man fi) damit bes gnügen, daß man fie auf Die gemeine Art in einigen wenigen Tropfen vor das Microfcopium bringet. Als lein ich kann zuverläßig aus verfchiedenen wiederhol- ten Verſuchen verfichern, daß es öfters in Anfehung verfchiedener Arten dieſer Inſekten gefchieher, daß die bloße Betrachtung derfelben in einem oder zween Tropfen Waffer nicht zureichend ift, alles Sonder bare an ihrer Figur, oder Bewegung zu bemerfen. Es ift daher fehr gut dergleichen Inſekten zu betrach- ten, wenn fie mehrere Dequemlichfeit haben, und fih in einer größern Quantität Wafler aufhalten, Und diefes wird man um fo vielnöthiger finden, wenn man begierig ijt ihrer Hiftorie ordentlicher Weiſe nachzugehen. Alsdenn müflen dieſelben Inſekten viele Tage nach einander ordentlich betrachtet werden, und ſie muͤſſen auch ſo viel als moͤglich iſt, ſich in denſelben Umſtaͤnden befinden, darinn fie *— eyn vonder Polypenart. 231 feyn würden, menn fie in denfelben Waflern geblies ben wären, darinn fie natürlicher Weiſe leben, Sch habe die Gewohnheit, eine große Anzahl von den kleinen Inſekten, über welche id) meine Anmer- Fungen mache, in großen Gläfern aufzubehalten, und durch Bemerkung deſſen, was in diefen Släfern vors gehet, bemühe ich mid) die allgemeinen Dinge zu entdecken, die zur Naturgefchichte dieſer Thiere ge« hören. Ich habe hiernächft durch manche wieder⸗ holte Berfuche gefunden, daß es nothwendig fey in Glaͤſer, die Fleiner find, wie das, fo Fig.ı. vorges ftellet wird, diejenigen von denen Inſekten zu ehun, die zu genauern und merfwiürdigern microfcopifchen Anmerkungen befonders gefeget werden müflen. In diefe Gläfer gieße ich Waſſer aus eben denen Graͤ⸗ ben, moraus die Inſekten, die ich betrachten will, felbft genommen werden, und dieſes Waffer verän« dere ich öfterer oder weniger, nachdem es die Lime ftände erfordern. | Man fann fich leicht vorftellen, wenn man ein Fleines Inſekt in einem von diefen Gläfern, mit ei- nem Bergrößerungsglafe von einem furzen foco be« frachten will, daß es alsdenn nothwendig fey, daß das Inſekt nahe an eine von den Seiten des Glafes gebracht werde, und daß es gleichfalls feft an derſel⸗ ben Stelle müffe gehalten werden. Das Inſekt muß alfo entweder ſelbſt an der Seite des Glafes, oder an einem andern Körper, den man füglic) in diefe Stellung bringen kann, befeftiget werben. Ich neh: me zu diefem Ende Dinge die duͤnne und biegfam find, zum Erempel die Eleinen Zweige von verfchie- denen Arten des equifeti paluftris. Die in Haufen P 4 verei: 232 Anmerk. iiber Waſſerinſekten vereinigen Polypen werden oft auf Diefen Zweigen ges funden, und man kann machen, daß fie fid) vor andern Dingen hierauf fegen, wie ich nach und nad) bemer- fen werde, Das Mittel, deffen ich mich bediene, einen von diefen Fleinen Zweigen des equifeti an die Seite mei- nes Glaſes zu befeftigen iſt dieſes. Wenn ich mir ein kleines Zweiglein ausaefeget, worauf einer oder mehr von den zufammenfigenden Polypen oder dergleichen befindlich ift, fo nehme ich ein Stück von einer Pfauenfeder, deren Länge oder Kürze nad) der Größe des Diameters des Glafes, deflen ich mic) bediene, eingerichter it. Bon diefem Stücke der N fauenfeder fchneide ich alle Seitenzweige oder Bärre an beyden Seiten weg, eine an einem der Außerften Enden ausgenommen. In dieſen fchlage ich einen Knoten, den ich aber anfänglicy niche ganz zu: ziehe. Hierauf bringe ich diefen offenen Knoten zu dem Fleinen Zweiglein des equifeti , der in dem Waf- fer des Glaſes ſchwimmet, und mache eines von den außerften Enden deflelben in den Knoten, welchen ich alsdann zuziehe, und folchergeftalt wird das Zweig» lein des equifeti mit dem Stücke der Feder vereinigt. Hierauf falle ich die Feder, biege fie ungefähr in der Mitte, und zwinge die beyden Ende derfelben (Fig. 1.) b f indas Ölas, worauf ich die Feder fahren laffe, da denn die Elafticität derfelben ihre beyden Enden ger gen die Seiten des Glaſes A drücker, wodurch der Fleine Zweig des equifeti dl, wovon ich geredet, und der fchon an das eine Ende der Feder f d befeftigee iſt, gleichfalls dichte an die Seite des Glafes befefti« get wird; wovon denn die Folge ift, Daß der Poly: pus, von der Polnpenart. 233 pus, der auf dem equifeto fißet, in ‚einer folchen Stellung bleiben muß, daß diefelbe von einen Vers größerungsglafe, das nur einen furzen focum hat, fann erreichee werden, , Nun iſt nichts mehr übrig, als das Bergrößes rungsglas für den Polypus anzubringen; denn es wiirde fchwer und fehr unbequem ſeyn, daſſelbe, wie ein Glas, wodurch man lieſt, in der Hand zu halten. In dem Inſtrumente k, i, h, g, ed deſſen ich mich bediene, iſt das Vergrößerungsglas in eis nen Ring eingefchroben, der an einem Eleinen Stabe 1 9 befeftiget ift, an deflen anderem Ende eine Ku- gel g fißet. Diefe Kugel paffet in eine Pfeife, und macht dadurch eine Fuge, vermittelft deren der erfte Stab mit einem andern h,i, und diefer wiederum auf gleiche Weife mit einem dritten i, k, oder vierten, wenn es nöthig ift, verbunden wird, Der Fuß des ganzen Geraͤthes wird nahe an der Ecke eines Fleis nen Drettes, oder Tifchleins befeftiget, welches den ganzen Zubehör hält (Fig. 1.). Vermittelſt diefer Ge— lenfe, kann das Bergrößerungsglas e allenthalben Dingeleitet, und gar bequem zur gehörigen Weite in Anfehung des Objects gebracht werden. Da aber der Stab, der es hält, nicht wohl ohne eine Feder feyn kann, fo würde es noch immer fchwer bleiben das Dbject ganz genau in den focum des VBergrößerungs« glafes zu bringen, wenn bloß das Vergrößerungsalas zu diefem Ende follte bemeget werden. Man wird es daher leichter finden, wenn das Bergrößerungs» glas erſt vecht gegen das Object ſtehet, das Glas, worinn es enthalten iſt, gelinde zu bewegen, big man ſiehet, daß es ganz genau in dem foco des P 5 Vergroͤ⸗ 234 Anmerk. über Waſſerinſekten Vergroͤßerungsglaſes ſtehet, und zu dieſem Ende muß das kleine Brett, worauf das Glas ſtehet, wohl geglaͤttet werden. Das Licht, welches zu einem gemeinen Fenſter hereinkommt, iſt zureichend in dem Waſſer ſolche Dinge zu bemerken, die mit bloßen Augen, oder durch ein Vergroͤßerungsglas, ſo man mit der Hand haͤlt, koͤnnen geſehen werden. Allein ſolche, die man mit einem Glaſe von einem kuͤrzern foco unters fuchen muß, müflen bey dem Lichte einer Wachskerze befehen werden, welches dem Glaſe gegen über ge: feßet wird, und deflen Flamme mit dem Object fich än gleicher Linie befinden muß. Ein Vergrößerungsglas, das einmal fo zurecht gemacht ift, Fann an demfelben Drte vor dem Ob» jecte verfchiedene Tage lang bleiben, ohne daß es in Anordnung gerath, daß alfo, um den Fortgang des Inſekts wahrend diefer Zeit zu betrachten, nichts mehr noͤthig ift, als allemal eine Wachskerze hinter Das Glas zu fegen, und das Auge an das ſchon fefte geftellte Bergrößerungsglas zu halten. Es fönnen verfchiedene dergleichen Zubereitungen auf demfelben Brette neben einander geftellet werden, und folchergeftalt Fann man bey verfchiedenen Arten von Inſekten, oder bey verfchiedenen Inſekten von einer Art zu gleicher Zeit Betrachtungen anftellen und fortfegen, um defto gefchwinder und mit mehrerer Gewißheit zur Wiflenfchaft der Dinge zu fommen, mwornad) man fiehet. Sch würde niemals die Ark entdecfet haben, mie Die zufammenfißende Polypen ſich vervielfältigen, wenn es nicht durch die Huͤlfe des Mittels geſchehen wäre, von der Polypenart. 235 wäre, das ich ißt befchrieben habe. Lind ehe ich die fen Zubehör hatte, Fannte ich nur bloß überhaupt die Figuren diefer Polypen, und der Haufen, die fie ent= hielten. Ich hatte gemerfet, dag diefe Haufen wuchfen, und ich hatte Urſache zu vermuthen,daß ein ganzer Haus fen von einem einzigen Polnpus fame. Es fehlte mir aber noch immer diefen Wochsthum zu fehen, und den Nugenblic ihrer Vervielfältigung zu finden. Denn aus dem, was ich mit einem Glafe, welches ich in der Hand hielt, geſehen, hatte id) bereits Mefache zu fliegen, daß diefe Haufen nicht unvermerft wüch- fen, wie die Pflanzen; fondern daß vielmehr Die Wirkung, die ich zu fehen verlangte, in einer fehr furzen Zeic vollzogen würde. Um daher zu diefem Augenblicke zu gelangen, entfchloß ich mich ordentlis cher Weiſe die Polypen von diefer Art eine Zeitlang mit meinem Microfcopio zu betrachten, fo lange fie in foldyen Umftänden blieben, die ihnen bey nahe eben fo bequem und natuͤrlich waren, als die, darinn fie fic) in ihrem eigentlichen Aufenthalte befinden. Diefes war es, was mich zuerft auf die Gedan— fen bes oben befchriebenen Zubehörs brachte. Und als ich alles bereitet und feft gemacht hatte; fo ent- ſchloß ich mic) beftändig auf den Augenblick der Ver— vielfältigung, der in Haufen fißenden Polypen zu warten, und ich fand auch den Augenblick , nach def: fen Entdeckung mich fo fehr verlanget hafte, noch denfelben Morgen, als ich diefe meine Zurüftung zu gebrauchen anfieng. Es gefchahe, wie man in der Schrift gefehen, auf welche ic) mich oben bezogen, an der Art von Polys pen, davon einige inder 5, 6,u, zten Figur der andern Nlatte , 236 Anmerk. über Waſſerinſekten Patte der 474ſten Nummer der Philofophical Trang- actions, Daß ic) zuerft die Art, wodurch diefe Fleinen Thiere vervielfältiget werden, entdeckte, und fie ift in ber That unter denen verfchiedenen Arten, die mir ißo befannt find, eine von denen, bey welchen diefe Sache am leichteften zu bemerfen ift. Auch an derfelben Art ift die fehr feltfame Bene: gung gar. leicht zu ſehen, welche fie an ihrem voͤrder⸗ ften äußerften Ende machen. Eben diefe Bewegung, welche auch bey andern Arten in Haufen fisender Polypen Statt finder, ift an denfelben nicht fo leicht zu bemerfen; und zwar fo wohl weil fie Fleiner find, als auch weil diefe Be— wegung felbft gefchwinder ift, als an der andern obs gedachten Art, Auch an dem voͤrderſten äußerften Ende verfchie: dener andrer Fleiner Inſekten ift eine Art von Bewe— gung zu bemerfen, welche die Aufmerffamfeit aller derer nach fic gezogen, denen fie zu Gefichte gekom— men, die auch faft alle fehr begierig gewefen find, zu erforfchen, ob die Eleinen Räder, welche fie mit einer fo geſchwinden und ordentlichen Bewegung umzudre⸗ ben ſcheinen, wirklich Räder feyn, die fich um ihre Achſe drehen oder nicht. “Diefes hat mich zu dem Entſchluſſe gebracht, ißo diefer Bewegung zu erwaͤh— nen, obgleich meine Abficht nicht ift, ganz vollftän- dig allhier- davon zu handeln, oder ganz genau zu be« ftimmen, mas ich Davon halte: denn ich werde mich fehr in Acht nehmen, daß ich von einer fo ſchweren Materienicht eher etwas gemiffes behaupte, als bis ich erſt verfchiedene Verſuche wiederholet, u om von der Polypenart. 237 ſchon gemacht, und bis ich) noch einige andere ange— ftellet habe. Um zu entdecken, was diefe Bewegung Agentlic) feyn möchte, habe ich mich bemuͤhet, fie nicht nur an demfelben Thiere in verfchiedenen Stellungen, fon- dern auch an unterfchiedlichen Arten von Wafferin: feften, woran diefelbe gefehen wird, zu betrachten, und habe die Erfcheinungen aller diefer verfchiede- nen Bewegungen gegen einander gehalten. Ich habe gefunden, daß diefe Berg'eichungen in andern Fällen von befonderm Mugen, und das befte Mittel geweſen, mich vor dem Betrug zu hüten, zu welchem fehr Fleine Dinge, wenn fie durch ein Dergrößerungsglas ge: fehen werden, zumal wenn fie in Bewegung find, nur gar zu leicht verleiten koͤnnen. Alles, was ich bisher aus diefen Bergleichungen und allen andern Betrachtungen, die i gefteller, noch gelernet habe, ſcheinet mir zu — daß in dem gegenwaͤrtigen Falle einiger Betrug des Geſich— tes vorgehe, und daß dieſe Bewegung nicht, wie ſie anfaͤnglich zu ſeyn ſcheinet, eine wirkliche radaͤhn— liche Bewegung um eine Achſe ſey. Ich kenne fo« gar einige Arten von Polypen, in welchen dieſe Be— wegung, vergleichungsweiſe zu reden, nur langſam iſt, und in denen laͤßt ſich deutlich ſehen, daß dieſe Bewegung, ob ſie gleich uͤberhaupt der, die an den andern bemerket worden, aͤhnlich iſt, keine Umwaͤl— zung oder radaͤhnliche Bewegung ſey. So iſt zum Exempel die Bewegung, die in der Art von Poly: pen bemerfet wird, welche der Herr Leewenhoeck Mo. 295 diefer Transactionen beichrieben. Dieſes ift eines von denen Spnfeften, deren Bewegung am meiften 238 Anmerk. uͤber Waſſerinſekten meiſten zu bewundern iſt, ſie iſt auch uͤberdieſes aus verſchiedenen andern Abſichten ſehr merkwuͤrdig. Ich habe bereits in meiner vorhin angeführten Schrift gefagt, daß die gedachte Bewegung an den in Haufen fißenden Polypen, wenn fie fich nad) ih» rer Theilung wieder öffnen, ſehr langſam fey, und ich müßte mich fehr irren, wenn man alsdenn nicht ganz deutlich fehen Fünnte, daß diefe Bewegung der Bewegung eines Nades gar nicht ähnlich fey. Eben diefelbe Anmerfung fann auch von den frichterähnlis chen Polypen gemacht werden, und folches faft wäh: rend der ganzen Zeit, die fie zu ihrer Abfonderung gebrauchen, Ich bediente mich eines Mittels, als ich die in Haufen fißende Polypen betrachtete, wodurch ich die Geſchwindigkeit ihrer Bewegung aufzuhalten fähig war. Ich goß dann und wann ein wenig Spiritus Bini ni Glas, mworinn fie waren. Diefeshem- anete entweder den Augenblick die Geſchwindigkeit ih- rer Bewegung, oder hob fie auch ganz auf, nachdem ich mehr oder wenig hinein goß. Das, welches aus beyden Sällen folget, bat feinen Nusen, und giebt der gegenwärtigen Frage ein Licht. Bisweilen zwin- get der Spiritus Vini die Polypen gänzlich ihre Lip⸗ pen in ihren Körper hinein zu ziehen, und bisweilen fich ganz von ihrem Stängel abzufondern. Eine andere Arc die Geſchwindigkeit diefer Bewe— gung mwegzunehmen, befteher darinn, daß man die Inſekten in Waffer feger, welches ihnen nicht fo viele Nahrung giebet. Das Faften ſchwaͤchet fie allem Anfehen nad), und von ihrer Schwächung entſtehet eine Nachlaſſung in der Geſchwindigkeit ihrer Be⸗ | wegungen. von der Bolypenart. * wegungen. Dieß letzte Mittel iſt ſehr nuͤtzlich und bequem, dieſe Bewegung, wenn ſie langſamer iſt, verſchiedene Tage nach einander zu betrachten. Und wenn man nachgehends die Polypen wieder in Wafz fer feßet; welches voller Nahrung für fie ift, fo wird die Bewegung gar bald wieder zu ihrer vorigen Leb⸗ haftigkeit Hergeiteller. In dem legten Winter habe ich gleichfalls bemer= fer, daß die Kälte die Bewegung der in Haufen fie Senden Polypen gleichfam ertoͤdtet. Und allem An— ſehen nach find diefe Thiere im Winter nicht fo ge= fräßig, und effen weniger als im Sommer. Wenn die Bewegung der in Haufen fißenden Dolypen entweder durch Saften oder durch Kälte langfam gemacht worden, fo werden fie weißer, oder blaſſer, als vorhin, Sie hören alsdann auch auf, fich zu vermehren, Ich werde mic) hier in Feine umftändliche Bes fehreibung der verfchiedenen Anmerkungen einlaffen, die ich über die Nahrung diefer in Haufen fißen» den Polypen und über die Aehnlichkeit gemacht habe, welche ich zwifchen diefem Stuͤcke und ihrer Erzeu- gung gefunden, indem diefe befondern Stüde viel eigentlicher zu einer ordentlichen und deutlichen Mad)» richt von ihrer Naturgefchichte gehören. Sch bin vielmehr jego Willens, mit wenig Wor« ten die Ark zu befchreiben, wie die Haufen einer ges wiſſen Art von Polypen gemacht werden, welche fich auf eben die Art vermehren, als die, welche in den Figuren der 474ſten Num. der Philof. Transact. vor⸗ geftellet, und nur in Anfehung der Form ihrer Haufen von einander unterfihieden find, Zn | Meine 240 Anmerf. uber Waſſerinſekten . Meine Hauptabfiht, warum ich allhier diefe Art von Polypen befchreibe, ift, um nachgehends fähig zu feyn, durch Bergleihung, einen deutlichen Begriff eines Unterfchiedes zu geben, der der Aufmerffams keit wohl werth ift, und der fich zwifchen der Vers mehrungsare diefer, und einer andern Art in Haufen figender Polypen bemerken läffer, welchen ic) dieſes legte Jahr entdecker habe. Der $efer wird fich erinnern, was ich in der vor« bin angeführten Schrift von der allgemeinen Art, wie fich die in Haufen figende Polypen vermehren, gefage habe. Diefe Fleinen Thiere Haben beynahe die Geftalt einer Glocke. hr vörderftes Außerftes Ende, worinn ihr Mund ift, und welches als ihr Kopf Fann angefehen werden, ift nach inwendig zu ausgehölet, und gleicher der offenen Seite einer Glo- cke. hr ander äußerftes Ende endiget fich in einen Punct, und an diefem Puncte ift ein Stängel be feſtiget. | Wenn der Polypus bereit ift, fich zu theilen, ſo ziehet er zuerft feine $ippen in den Körper hinein. Alsdenn nimmt er allmählich eine runde Geftalt an, und fogleich nachdem diefer Fleine fphärifche Körper gebilder ift, theilee er ſich in zwey andere eben fo fphärifche Körper. Diefe Testen öffnen fich unver» merfe wiederum in wenigen Minuten, alsdenn ver» lieren fie die fphärifche Geftalt, und werden wie eine Glocke, oder wie ein eben fo vollfommener Polypus ausfehen, als der, durch deſſen Theilung fie gebilder worden. Dieß ift Die Weife, nach welcher fich ver- fchiedene Arten in Haufen fisender Polypen, die ich bemerfer habe, vermehren. Die ganze Operation. | geſchieht von der Bolgpenart. 241 geſchieht von der Art, davon ich in meiner vorigen Schrift geredet, in drey Viertheil Stunden, oder in einer Stunde von denen, wovon ich jetzo reden will. Die Polypen von dieſer Art find kleiner und weis⸗ fer als die andern, welche in den obgedachten Figu- ren gar fehr vergrößert vorgeftelle werden. Der Haufen, welchen fie machen, ſitzet auf einem Staͤn⸗ gel, der leiche zu bemerken if Diefer Etängel ift mit dem unterften Ende an einem andern Körper be= Ffeftiget, und von dem andern Ende gehen Zweige heraus, die mit dem Stängel felbft ftumpfe Winfel machen, von diefen gehen wiederum an verfchiedenen Etellen andere Zweige heraus, und von Diefer legten andere neue u.f.w. An dem außerften Ende eines jeden Ziveiges ift ein Polypus zu fehen. Und da alle diefe Zweige nicht von gleicher $änge find, fo ift auch nicht jeder Polypus, wie in der andern Art, oben an dem Haufen, oder in gleicher Entfernung von dem unterften Theile des Stängels, es werden vielmehr allhier Dolypen in allen Höhen des Haufens gefun- ben, Die Derfammlungen aller diefer Zweige, nebft den Polypen, machen eine fehr artige Figur, die ei— nem Riehbüfchlein von Bluhmen ſehr aͤhnlich ift. Der Stängel, ber den ganzen Haufen träger, und jeber Zweig davon, ifteiner merkwuͤrdigen Art von Bes wegung fähig. Ein jeder ziehet ſich plöglich zufammen, wenn er berührer wird, wenn man das Glas, wor⸗ inn der Haufen fißet, beweget, und auch bisweilen, wenn man gar feine Urfache eines ſolchen Zufam» menziehens bemerfet (Fig. 3.). Der Stängel und bie Zweige ziehen fich jufammen und verkürzen ſich 7 Band. ER das 242 Anmerf. iiber Wafferinfekten dadurch, daß fie ſich in Kreife ziehen, die ſich als» denn einander ganz nahe berühren. Ein jeder Zweig kann fich fir fich felbft zufammen ziehen ; wiewohl es nur felten gefchiehet, daß ein Zweig fich allein zu— fammen ziehet, denn bey dem Zufammenzieben ftößt er gemeiniglich an einen andern Zweig, da ſich denn der andere den Augenblick mit zufammen ziebet, Wenn der Hauptftängel, der den ganzen Haufen trägt, fich zufammen zieher, fo ziehen fi) auch alle andere Zweige des ganzen Haufens ein, und der ganze Hau fe wird völlig gefchloffen. Einen Augenblick darauf dehnen fic) die Zweige, nebft dent Stängel, wieder aus, und der ganze Haufen bekoͤmmt dadurch feine geroöhnliche Figur wieder, Wenn der Haufe aber ziemlich angewachfen ift, fo hoͤret der Stängel auf, fich zufammen zu ziehen. | Runmehro will ich mic) bemühen, ‚die Art zu.des Schreiben, wie ein folcher Haufen gemacht wird, Ein einzelner Polypus, der von dem Haufen ab: geſondert iſt, ſchwinimet fo lange im Waſſer herum, bis er einen bequemen Körper finder, darauf er fich feßen Fann, Alsdenn hat er einen Stängel, der nicht größer ift, als der Polppus felbft, In einer Zelt von 24 Stunden wird diefer Stängel acht: vder neunmal fo lang, als er vorhin gewefen, und Dies fer Stängel wird alsdenn zum Hauptſtaͤngel eines neuen Haufens, Ungefähr einen Tag darnach, wenn ſich der Polypus ſolchergeſtalt feft gefeger, theiler er fih in zween. Zehn oder zwölf Stunden hernach theilet fich ein jeder von diefen zween Polypen in zween andre, Gleich darauf fchiegen fie Zweige aus, und entfernen fich folchergeftals immer weiter von von der Bolppenart, 243 von einander, Nun iſt es nothwendig zu bemerken, baß, wenn zween von diefen Polypen folchergeftale durch die Theilung des einen gemacht werden, der eine gemeiniglich weit größer ift, als der andre, Diefer größere bleibet an dem äußerften Ende des Zmweiges, an welchem er vorhin war, welcher Zweig fi) aber verlängert, da denn Der andre einen neuen Zweig herausgehen läßt, der von dem erften herzus fonımen ſcheinet. Der größere von diefen Polypen theilet fich gemeiniglich eher, als der andere, und alles das, was ich befihrieben babe, wird zu vers fehiedenenmalen wiederholet. Solchergeſtalt wird ein Hauptzweig gemacht, der mit verfchiedenen Sei⸗ tenzweigen verfeben ift. Diefe Geitenzweige werden Hauptzweige, in Anfehung derer, welche wiederum von ihnen zu entipringen fcheinen, wenn die Polypen an ihren aͤußerſten Enden anfangen, fich zu tbeilen, Alle Polypen eines Haufens trennen fich nicht zu gleicher Zeit von bemfelben ab, Diejenigen, welche dem Urfprunge der Zweige am naͤchſten find, ſon— bern fich gemeiniglich zuerft ab, Und ein jeber fo - abgefonderter Polypus feger fi) anderswo wieder feft, fo daß ein jeder von ihnen endlich, wenn er. nicht abgehalten wird, einen neuen Haufen mather, Ich babe oft Polypen von Diefer Arc in Gläfern von der Größe, als Fig. 1. vorgeftellet wird, gehals ten. Der erfte Haufen, welchen ich hineingefeget - batte, um feinen Wachsehum und Fortgang zu bea obachten, blieb mit Polypen wohl verfehen, da ſich ſchon viele andere Haufen in demfelben Glafe gema⸗ her hatten, welche alle ihren Urfprung denen zuzu⸗ fchreiben hatten, Die fich von dem erftern Haufen abge fondert, Ich habe öfters gefeben, daß Stücke von hy 2 der 244 merk. über Waſſerinſekten der Pfauenfeder im Wafler ganz mie diefen Haufen bedeckt gewefen, und ic) war vollkommen verfichert,' daß alle diefe Haufen von demfelben hergekommen, den äch zuerft in das Glas gefeger. ya ich habe meine Berfuche fo gar fo weit getrieben, daß ich vollfommen verfichert bin, daß ein jeder Polypus eines Haufens, fo bald er ſich abgeſondert und ans derswo befeftiger, der Urheber eines neuen Haufens geworden. Sch ermähne diefes befonders, weil ich es mir hernach zu Nuge machen kann, wern ich den Unterſchied zwifchen diefer Art Polhpen, wovon ich jego vebe, und einer andern Art, davon ic) nad) und nad) efwas zu fogen Öelegenheit babe, bemer; fen werde. Wenn ein Haufen fchon eines guten Theils feiner Polypen beraubet ift, fo find Die Zweige nicht länger fähig, fich fo Teiche und geſchwind, als vorhin), zu« fommen zu ziehen. Wenn nur wenige Polypen zu: rück bleiben, fo Fünnen feine andern Zweige, als die, woran noch Polypen fißen, dieſe Kraft ausuͤ—⸗ ben, welche fih auch verlieren, fo bald als fie der noch wenig übrigen Polypen beraubet find, da fie denn ferner Feine folche Bewegungskraft außern, Aus allen diefen ‚befondern Umftänden ſcheinet zu fließen, daß dieſe Bewegung in dem Stängel und den Zweigen eines Haufens, bloß von den Polnpen ' berrühree, welche auf den Zweigen fißen. Dem ungeachtet muß man geftehen, daß einer, der nur bloß auf den Schein diefer Bewegung Acht giebt, anfänglich Faum anders denken kann, als daß die Zweige es find, welche die Polypen anziehen und ib» nen ihre Bewegung geben, Die} ee von der Polypenart. 245 Die Aehnlichkeit, welche die Figur eines Hau⸗ fens Polypen mit der Figur einer Pflanze hat, kann einen gleichfalls eine Zeitlang in den Gedanken er⸗ Balten, daß die Polypen, welche er an den Zweigen des Haufens fiehet, wirklich) von den Zweigen auf eben die Arc eneftehen, als die Blätter, die Bluͤthe und die Früchte einer Pflanze aus den Zweis gen derfelben herfommen. ’ Nichts deſtoweniger ift doch das Gegentheil von allem dieſem wahr, Die Zweige, welche die Haus fen der Polypen ausmachen, entforingen von den Dolypen, die an ihren äußerfien Enden ſitzen. Dieſe Dolypen, welche anfänglicy die Früchte diefer Hau— fen zu feyn fcheinen, Fönnen weit eigentlicher, als ihre Wurzeln angefeben werden, Und von der Wahrheit diefer Sache Fann fich ein jeder gar leicht überzeugen, der fich nur die Mühe geben will, den ganzen Fortgang eines Haufens von Polypen regelmäs» fig und eine Zeitlang nach einander zu unterfuchen. Was ferner bemweifer, daß dieſe Zweige wirklich von den Polypen entftehen, und dag fie ihre Nah⸗ rung von denfelben haben, ift diefes, Daß die Zweige fogleich aufhören zu wachfen, wenn die Polypen, fo an ihren Enden fisen, entmeber natürlicher Weiſe oder durch einen Zufall davon abgefondere werden, "Die Polypen von einer andern Art, wovon id) jetzo reden will, machen gleichfalls einen Büfchel aus, fo.einem Haufen, oder eigentlicher einer offenen Bluhme gleichet. Diefe Bluhme oder diefer Haufen wird von einem fehr deutlichen Stängel gehalten, der an feinem unterften Endean einer von den Waſſer⸗ Pflanzen, oder den auswendigen Theilen einiger Koͤr⸗ 4J | D 3 per — 246 Anmerk. über Waſſer inſekten per ſitzet, die im Waſſer gefunden werden. Von dem andern Ende dieſes Staͤngels gehen acht oder neun Zweige heraus, die ganz anders beſchaffen ſind, als die Zweige von der Art Polypen, die ich oben beſchrieben habe. Dieſe acht oder neun Zweige ſind vollkommen gleich; es kann aber bemerket werden, daß das, welches ich allhier mit dem Namen eines Zweiges belege, in der That eine Verſammlung verſchiedener anderer kleinern Zweige ſey, deren zus fammengenommene Geftalt der Geftalt eines Blat— tes fehr ähnlich ift (Fig. 1.). ine jede von diefen Berfammlungen ift aus einem Hauptzweige oder ei⸗ ner Nerve zufanimengefege, der mic dem Hauptitäns gel des Haufens einen Winkel machet, der etwas größer ift, als ein rechter. Don einer jeden Seite diefer Hauptnerve gehen wiederum andere heraus, und diefe Seitennerven find nicht fo weit in, der Laͤn⸗ ge ausgeſtrecket, je näher ihr Lrfprung dem Aufßers ften Ende ihres Hauptzweiges iſt. Auf dem Außer» ften Ende dieſes Hauptzmweiges fißt ein Polypus, und noch) ein andrer fißet auf jedem Ende eines jeden der Geitenzweigee Es find auch noch andere an beyden Seiten der Seitenzweige in verfchiedenen Entfernungen von ihren äußerften Enden, und deren find mehr oder weniger, nachdem der Zweig felbft lang ift. Diefe Polypen find alle fehr Elein, und haben eine glocfenähnliche Figur. Sie zeigen bey ihren Deffnungen eine gefchwinde Bewegung, die nicht leicht recht deutlich zu ſehen ift. F Es werden auch an verſchiedenen Orten auf den Zweigen dieſer Haufen von Polypen (Fig. 4.) ges wiffe runde Körper bemerfet, welche ich a ur von der Polypenart. 247 ‚für Inſekten hielt, die von den Polypen fraßen, indem mir einige dergleichen beynahe vun der Geftalt und Größe befannt waren. Allein ich will fogleich eine Nachricht geben, was diefe runde Körper eigene lid) find, Ein jeder Haufe hat, wie ich geſagt babe, acht oder neun ſolcher Zweige oder Blätter, als ich eben befchrieben habe. Sie fommen. nicht alle mit einan« der aus einem Puncte heraus; fondern die Puncte, wo fie herauskommen, find nicht weit von einander. Ein jedes von diefen Blättern ift ein wenig, einwärts gebeuget, und fie ſtellen alle mit einander einen fla: chen Kelch oder Becher vor. Wenn das Auge recht über den Boden diefes. Kelches ſtehet, fo ift das Ans fehen aller acht oder neun Zweige gleich dem Anſe— ben eines Sterns mit eben fo. vielen Stralen, die aus einem Mittelpuncte berfommen, Wenn der Haufen angerühree wird, auch, öfters, wenn folches nicht geſchiehet, fo- falten fich alle Zwei» ge nach der inwendigen Seite zuſammen, und mas chen alsdenn eine kleine runde Maſſe aus. Der Staͤngel, welcher den ganzen Saiten träge, ziehet fich gleichfalls ein, und faltet fich zufammen, mie der Maaßftab eines Handwerfsmannes, der aus drey oder vier verfchiedenen Gelenken beſtehet. Die Polypen, die ich anjetzo beſchrieben, ſahe ich zuerft den 30 May 1746. Sie waren auf einer Wafferpflanze, die ich aus einem Graben genommen, und in eines meiner größten Glaͤſer geſetzt hatte. Sie nahmen mich den Augenblick mit ihrer Schoͤnheit ein, und ich war ſehr begierig zu wiſſen, auf was Art der- 24 gleichen 248 Anmerk. uͤber Wafferinfeften gleichen Haufen entftünden. Die Aehnlichkeit, die fie mit der oben befchriebenen und mit einigen andern Arten haften, die ich vorhin bemerket, verurfachte, Daß ich alaubte, diefer Haufe müßte, vermittelft ver» ſchiedener auf einander folgenden Theilungen, von eis nem einzelnen Polypus enrftanden ſeyn. Ich war ändeflen doch nicht damit zufrieden, daß ich fie bloß nach) der Nehnlichfeit betrachtete, Ich mar begierig, ein wirklicher Augenzeuge von ihren Wirfungen zu feyn. And die Betrachtungen, die ich darüber ane ftellte, entdeckten mir eine neue Sache, die ich nim⸗ mer vermuthet haͤtte, und zu deren Wilfenfchaft ich niemals würde gefommen feyn, wenn ich es bloß bey dem Urtheil hätte bewenden laffen, das id) von, der. Aehnlichkeit hernahm. Ich hielt dafuͤr, als ic) meine Beobachtungen ans fing, daß ein jeder Haufen von dieſer Art von einem einzelnen kleinen Polypus von der Art herkaͤme, wo⸗ mit dieſe Haufen ſo uͤberfluͤßig verſehen waren. Ich fing daher damit an, daß ich einen von dieſen Poly⸗ pen abſonderte, und ihn an einen ſolchen Koͤrper ſeſt machte, den ich in meinem Glaſe gut regieren konn⸗ te, um ihn mit einem Vergroͤßerungsglaſe, das ei⸗ nen kurzen focum hatte, zu erreichen, und zu dieſem Ende folgte ich meiner gerwöhnlichen Methode. | Sch nahm einige Haufen von diefen Polypen, die ſchon ziemlich weit gefommen waren. Ich ſetzte fie befonders in ein Ölas, das mit folhem Waſſer ans gefüllet war, fo ihnen gehörigen Unterhalt verſchaf⸗ fen konnte. In daffelbe Glas that ich auch ein Stuͤck⸗ lein von dem obgedachten equifeto, nachdem id) es forgfältig unterfuche hatte, und überzeugte mic) 9 OR da von der Polypenart. 249 Buß kein Polypus darauf war, Ich erwartete, daß ei⸗ nige Polypen ſich gar bald von den Haufen los machen, und ſich auf dem equiſeto ſetzen wuͤrden, wodurch ich ſie deſto leichter haͤtte beſonders ſetzen und den Fort⸗ gang der Haufen in andern Glaͤſern beobachten koͤn⸗ nen, welche, wie ich nicht zmweifelte, gar bald von ih⸗ nen wuͤrden hervorgebracht werben, Den 30 May feßte ic) die Haufen befonders in das Glas. Den zıften konnte ich nichts neues ent⸗ decken, und den z un. hatte ich Feine Zeit, darauf Acht zu geben. Den 2 un. aber fand ich des Mor⸗ gens gegen die Seiten des Glafes verfchiedene Fleine Haufen von Dolypen, und zwar von der Art, davon äch jeßo rede. Ich verwunderte mich, als ich fand, daß fie fchon fo weit gefommen wären, denn fie konn⸗ ten aufs höchfte vor 10 Uhr des Abends den 30 May nicht angefangen haben, Den 2 Jun. des Nach⸗ mittags ſahe ich auf dem Stuͤcklein vom equifeto, welches ich in daſſelbe Glas mit dem Haufen Poly⸗ pen gethan hatte, einen kleinen Körper, welcher. wie ich vollfommene Urfache zu glauben bafte, erft von neuem darauf befeftiger war, Hierauf nahm ich das - equifetum heraus, und feßte es mit dem darauf bes findlichen Fleinen Körper in ein anderes Glas. Nach dieſem unterſuchte ich den Eleinen Körper vermittelft des oben befchriebenen Zubehörs mit meinem Der größerungsglafe, | Ich fand Hierauf, daß diefer Körper viel größer - Mar, als einige von den Polypen der gegemwärtigen: Art, und eine Figur hatte, die ganz von ihnen uns BR war (Fig. 5.) 8* brachte mich auf die 250° Anmerk. über Waſſerinſelten die Gedanken, es waͤre dieſer Koͤrper nicht von der gegenwärtigen Art der Polypen, und daß ich von kei⸗ nem Dinge diefer Art die Hervorbringung folcher Polypen, davon ich itzt rede, zu erwarten haͤtte. Ich nahm mir indeffen doch vor, meine Beobachtungen diefes Fleinen Körpers fortzufegen, welcher längliche rar, und einen Stängel hatte, Der drey- oder viermal länaer war, als er felbft. — | - Den 2 un, um 5 Uhr des Abends fegfe ich ihn befonvers in ein Glas, und ohngefähr um halb neun Uhr defielben Abends, merfte ih, daß er anfing, ſich von oben bis unten zu fpalten, Als die Abfon- derung völlig gefchehen war, war ein jeder von den beyden Körpern, fo durch dieſe Theilung eneftanden, ‚bey nahe von derfelben Geftalt, als der erfte (Fig. 3.). Ich glaubte darauf, indem ich immer nach der Aehn⸗ lichkeit urtheilte, es würden die beyden Körper nad) einer Eurzen Zeit fih wiederum theilen; allein ein wenig Darauf fahe ich, daß fie rund wurden, und daß fie fich eben fo fteflten, als wenn fie fich wieber theilen wellten, Diefe Meuigfeit z0g alle meine Auf merffamfeit an ſich, und ich gerieth wieder auf die Gedanken, diefer Körper, von welchem ich oben den Schluß gemacht hätte, daß er das Principium nicht entbielte, wovon id) die Hervorbringung emer der Haufen, nach welchen ich fuchte, erwartete, möchte ig Doch noch eben daffelbe ſeyn, wornach ich uchte. Ich bildete mir ein, daß ſich dieſe Koͤrper vielleicht noch einmal theilen und wiederum theilen wuͤrden, bis ſie beyde zu der Geſtalt und Groͤße der Polypen kaͤmen, die ich auf den Haufen geſehen hatte; in deſſen i von der Polypenart. 251 deſſen fahe ich dieſe Dorftellung doch nur als eine bloße Muthmaßung an. Die beyden kleinen Körpers chen theilten fich auch wirklich gleich darauf, allein die vier, welche aus diefer Theilung entftunden (Fig. 4.), batten doch nicht, weder die Form noch die Kleinigkeit der gedachten Polnpen. Nun wollte ich gern wiſſen, ob diefe vier Körper wieders um fortfahren würden, ſich ohne Unterbrechung zu tbeilen, und ich ſahe fie ein wenig darnach fich zu einer andern Theilung bereiten. Diefe Theilung war ungefähr 20 Minuten nach ıı Uhr gefchehen, und um Mitternacht waren die acht Körper, melde durch diefe dritte Theilung gebildet worden, wieder« um beynahe völlig getheile. Der Haufen beftund nunmehro aus 16 Polypen, und von dem Yugenbli- cke an zweifelte ich niche länger, daß diefe Polypen von der Art wären, die ich zuleßt befchrieben habe, Unter diefen 16 Polypen waren einige, welche bereits die vollfommene Geftalt derer hatten, Die ich auf den fehon weiter gefommenen Haufen bemerfet. Und das waren diefe, welche dem Urfprunge der Zweige am nächften waren. MWenige von diefen 16 Polypen waren von gleicher : Größe, die, fo am meiteften von dem Urſprunge der Zweige entfernet waren, waren die größeften, und ihre Geftalt war am mwenigften einer Glocke Abit lih. Um 3 Uhr des Morgens den 3 jun. fand ich, daß Die Anzahl der Polypen in dem Haufen fi) gar fehr gemehret. Ihrer waren 16 um Mitter- nacht, und nunmehro Fonnte ich 25 zählen, wiewohl ic nur einen Theil von dem Haufen fehen Fonnte, indem das übrige davon außer dem foco des Ver- größer ! 252 Anmerk. über Waſſerinſekten größerungsglafes war; und um halb 7Uhr des More gens zählte ich wenigftens 40 Polypen an demfelben Theile, welchen ic) von dem Haufen fehen Fonnte, Am mit mehrerer Gewißheit von dem Fortgange der Vermehrung diefer Polypen urtheilen zu koͤnnen, zaͤhlte ich auch die von einem andern Haufen, wel⸗ cher eine ſolche Lage hatte, daß ich ihn vollkommen mit einem meiner Vergroͤßerungsglaͤſer ſehen konnte. Dieſer Haufen nahm ſeinen Anfang ungefaͤhr um 8 Uhr des Abends den 2 Jun. Ich verſtehe das Durch, daß Damals der runde Körper zuerft anfing, ſich in zween Theile zu fpalten. Um ır Uhr in der⸗ felben Nacht beftund dieſer ich aus 8 Polypen, um halb achte des folgenden Tages aus 64, und vor Abends wenigftens aus 110 ; daß alfo in unges fähr 24 Stunden durch wiederholte Theilungen aus eis nem einzigen runden Körper nicht weniger als 110 Polypen gebildet worden, | Der Haufen, wovon ich zuerſt redete, fuhr fort vom 2 un. um halb neun Uhr des Abends zu wach⸗ fen, da er erft anfing fich zu bilden bis den 13, da die Dolypen anfingen, fi davon los zu machen, fo, daß den ı5 fein einziger mehr auf dem Haus fen war. ’ Die Polypen, welche an den äußerften Enden der Hauptzweige figen, find beftändig die ‚geößeften, dies fe theilen fich am häufigften, und einer von denen Polypen, die aus diefer Theilung entſtehen, ift ges meiniglich größer, als der andere. Der größelte bleibt an dem Ende des Hauptzweiges, da denn der letztere zur Bildung eines — HUREN en von der Polypenart. 233 iſt felbft der vornehmfte von allen Polypen, twelche der Seitenzweig zu tragen hat. Man muß nunmehro nothwendig begierig ſeyn zu wiflen, was diefe runden Körper, dieſe Arten von bulbis , welche das principium in ſich enthalten, wor⸗ aus diefe ganzen Haufen, Davon wir reden, hervora gebracht werden follen, eigentlich find. Was giebe Diefen runden Körpern den Urfprung ? Werden fie in den Haufen durch Theilungen und Mebentheiluns gen hervorgebracht, wie die Polypen felbft, die bey andern Arten felbit die. principia der, Haufen find? In diefen andern Arten kann ein. jeder Polypus dee Grund eines ganzen Haufens von Polypen werden, fo bald er fich von dem Haufen abgefondere bat, auf welchen er entftanden, Nenn einer davon fich ein« mal allein feftgefeget und getheilee hat, fo ift er in Feinem Stücke, der Öeftalt oder der Größe nach, von denen Polypen, die an dem Haufen waren, wovon er fich getrennet, oder von denen, die an dieſen Haufen fommen, die er durd) feine eigene Fünftige Teilung und Nebentheilung hervorbringet, unter» ſchieden. Allein, mie iftes denn mit der neuen Art, die wir jeßo betrachten ? Geßet fich denn ein jeder Polypus von diefen, fo bald er von dem Haufen ab⸗ gefondert ift, auch anderswo, und giebt einem neuen Haufen den Urfprung, oder haben bloß die obgedachten eunden Körper diefen Borzug, daß fie fähig find, eis ne neue Colonie anzulegen. Dieſe ragen und Zweifel erregeen meine Neue begierde von der Zeit an gar fehr, da ich erft anfing den Fortgang eines Haufens von Polypen zu fehen, fo durch die Theilung und Mebentheilungen eines ” er “ — — tn 254 Anmerk. uber Wafferinfekten fer runden Körper verurfacher ward, Dasfenige; was jeßo folget, ift das, was ich aus den verfchieder nen Beobachtungen, und den unterfchiedlichen Ber- fuchen, Die ic) angeftellee, um mir in Anfehung die» fer Zweifel und Fragen ein Genüge zu thun, babe berausbringen Fönnen, Am zu wiſſen, ob ein jeder von den Polypen, wel⸗ che fich von diefen Haufen abfondern, ven Grund neuer Haufen in fich enehäle, bediente ich mich aller Vorſicht, die ich ben andern Fällen beobachtet hatte, und wovon ich gefunden, daß es bey den Haufen Polypen von anderer Art guf Damit gegangen war, Allein, alles war umfonft, und id) habe niemals fin den Fönnen, daß von den fo abgefonderten Polypen das geringfte hervorgebracht worden, Ich habe das ber völlig Urfache, dafür zu halten, daß dieſe Poly: pen den Grund neuer Haufen nicht in fich fchliefen, und eg ſcheinet mir hoͤchſt rwahrfiheinlich, daß fie alle, ohne das geringfte hervorzubringen, vergeben, Als ich zuerft anfing nad) dem Urfprunge der vune den Körper zu ſuchen, davon ich geredet habe, fo bes fann ich mich fo gleich auf die andern runden Körper, deren ich vorhin erwähnet, und wovon ich zuerſt glaubte, daß es Inſekten wären, melche von diefen Polnpen fraͤßen. Ich fuchte daher wiederum nad) denjelben in den bereits gebildeten Haufen, \5c fand gar bald verfchiedene davon, und fahe, daß fie die Polypen nicht angriffen, und auch ihre Stellung nicht veränderten. Darauf fchloß ich, Diefe runden Koͤr— per wären wirklich diejenigen, deren Urfprung ich nunmehro fuchte, Ich betrachtete daher verſchie— | dene von der Polypenart. 255 bene davon mir Fleiß, und das Folgende ift es, was ich davon entdecket habe. | | Einige. Tage darauf nachdem die Haufen den An« fang gemacht hatten fich zu bilden, ſahe ich nicht von den Außerften Theilen der Zweige, fondern von. den Körpern der Zweige felbft in verfchiedenen Stellen, Eleine runde Knöpfe eneftehen, welche fehr geſchwind wuchſen, und in zween oder 3 Tagen zu ihrer völlis gen Größe famen. Diefe Körper waren den Ballen fehr ahnlich, die an den Mättern der Eichen wach» fen. Sie faßen alle auf den Zweigen der Haufen, recht wie diefe Gallen gemeiniglich auf den Fibern der Blätter zu fißen pflegen, und diefe runden Köre per halten wirklich den Grund der Haufen in ſich. Zween oder 3 Tage darauf, wenn die runden Körs per fich gebildet haben, fondern fie fich von den ®Iwei- gen ab, von welchen fie entfprungen find, und gehen fhwimmend davon, bis fie fih auf einen Körper feßen Eönnen, den fie gemeiniglich im Waſſer antref: fen, und an welchen fie fich mit einem kurzen Staͤn⸗ gel den Augenblick feft machen. Diefe Körper find alsdenn mehrentheils rund, und bloß ein wenig flach an dem unterften Theile Die Stängel verlängern ſich beftändig und allmählich 24 Stunden lang, und während dieſer Zeit vorlieret der runde Körper auch) feine Sigur, und wird bey nahe enförmig, In eis nem Haufen find nur menig von diefen runden Koͤr⸗ pern, da ſich Hingegen von den Polypen eine große Menge darauf befinden. Sie kommen aud) nicht alle zu gleicher Zeit heraus, Mun iſt es leicht von dem merfmürdigen Linfer« ſchiede zu urtheilen, der fich zroifchen dieſen beyden - Arten 256 Anmerf. uͤber Waſſerinſekten Arten in Haufen ſitzender Polypen findet, welche in dieſer Abhandlung beſchrieben werden.‘ A— Die Haufen der erſten Arten von Polypen, und verſchiedenen andern, die ich gleichfalls beobachtet habe, kommen alle von Polypen, die von den bereits gemachten Haufen abgeſondert ſind. Allein die Hau⸗ fen Polypen von der andern allhier beſchriebenen Art, entftehen nicht von Polypen, die ſich von ihren Haus fen abgefondere, fondern von runden Körpern oder bulbis, welche größer find als die Polypen und auch ganz anders ausfeben, | Diefe Körper werden nicht wie die Polypen durch Die Theilung anderer, die ihnen gleich wären, gemacht, fondern fie entftehen von den Zweigen des Haufeng, fo wig die Bluͤthe und Früchte eines Baumes von den Zweigen deffelben entflehen, In verfchiedenen andern Arten von Polypen findet fih ein ziemlicher Zeitraum zroifchen ihren Theilun« gen. In den bulböfen Arten, wenn ich fie fo nennen mag, folgen die erften Theilungen gleich auf einans der, und ift Fein Zeitraum darzwifchen, bis, die Koͤr⸗ per, die fich theilen follen, bereits die Geſtalt der Dolypen angenommen. Die Haufen der legtern Art haben einen ganz ans dern Urfprung, alg die von der erften. Doc) ver« größern fich diefe Haufen und die Polypen darauf vermehren ſich eben fo, als die von der ‚andern Art, die mir befannt find. * Da ich Dinge erzaͤhle, welche neu ſind, und alſo auch, wenn ich ſo reden mag, mich genoͤthiget ſehe, neue Vergleichungen und Aehnlichkeiten zu mar ‚fo nd — von der Polypenart. 257 finde ich es fehr fchwer, gehörige Wörter zu finden, diefe Bergleichungen und Aehnlichkeiten auszudrücken, Ich werde mich bier nicht weitläuftig bey den Aehn= lichkeiten aufhalten, welche zwifchen dem Urfprunge der Fleinen Thiere, wovon ich geredet habe, dem Urfprunge der Pflanzen, und dem Urfprunge der an« dern Thiere, die wir bisher befler gefanne haben, fönnen gefunden werden. Wir werden befler im Stande feyn von diefen Hehnlichkeiten zu urtheilen, und fie mit einander zu vergleichen, wenn wir zu ei« ner beffern Erkenntniß von Pflanzen und Thieren werden gekommen feyn, und über eine größere An« zahl von ihnen Betrachtungen angeftellet haben, Die neuen und wunderbaren Dinge, melche uns die Unterfuchung der Naturgefihichte täglich mehr u. mehr vor Augen leget, find vollig zureichend, ung zu überzeus gen,daß uns die Natur beydes der Pflanzen und der Thiere noch fehr unvollfommen befannt ift, und noch viel unvollfommener, als wir es uns bisher haben einbilden Fönnen, Alles, was wir wiffen, it nur fehr wenig in Bergleichung mit dem, was noch unbefannt bleibet; und diefe Betrachtung follte uns anrreiben immer fleißiger und beftändiger nach der Wahrheit zu for« fchen, wie es uns denn auch zu gleicher Zeit fehr ſorg⸗ fältig und behurfan machen follte, Urtheile von der Natur der Dinge zu fällen, oder aus fo wenigen Grundfäßen, die wir noch bisher beſitzen, allgemeine Regeln berzufeiten, Erklaͤrung der Figuren auf der Rupferplatte, Die ı Figur ſtellet den noͤthigen Zubehör vor, um dadurch einen fich haͤufenden Polypus bequem und 7 Band. R regel⸗ 255 Anmerf. über Waflerinfeften regelmäßig mit dem Vergrößerungsglafe zu betrach. ten, In dem Glaſe A ift das Stüc einer Pfauen— feder b, c, f in c gebogen, deren Enden durch die Flafticität der Feder dicht an die Seiten des Glaſes gehalten werden. An einem Ende der Feder Fift ein Zweig derfelben daran gelaffen, welcher lang genug ift, an demfelben in m ein Stücf vom equifeto d, |, worauf ein Polypus fist, zu befeftigen, der durch diefes Mittel fo dichte an die Seite des Glaſes gehals ten wird, daß er durch ein Vergroͤßerungsglas mit einem furzen foco als e fann erreichet werden. Dies fes Bergrößerungsglas ift in einen Ring gefchroben, deffen Arm n g an feinem Ende g eine Kugel fißen hat, die in einer Pfeife fpielet, fo daß dadurch ein Gelenfe gemacht wird. Ks find wiederum andere eben folche Gelenke bey h und i, und durch die Hülfe derfelben kann das Bergrößerungsglas allenthalben hinbeweget, und dem Object ganz bequem nahe ges bracht werden. Der Fuß i k ift in das Brett gefte- det, worauf das Glas ſtehet. Das Licht, fo bey Tage durch die Fenſter fälle, iſt zureichend ein in dem Glaſe befindliches Object entweder mit bloßen Augen oder auch mit einem Handvergrößerungsglafe zu betrachten. Wo aber ein :Bergrößerungsglas mit einem furzen foco nöthig ift, da müffen die Fenſter vermacht, und ein Wachslicht hinter das Glas ge: ftellet werden, und zwar in folcher Höhe, daß das Sicht gerade auf das Object fallen Ffann. in Ber: größerungsglas, das fo gefteller ift, Fann ohne Uns bequemlichfeit, wenn man es nicht gebraucher, ver: ſchiedene Tage in derfelben Stellung bleiben, Die von der Polypenart. 259 Die te Figur zeiger einen Haufen Polypen von der erften der beyden allbier bejchriebenen Arten, wel cher fehr vergrößert ift. Die zte Figur zeiget einen andern Haufen Poly« pen von derfelben Art, Die Anzahl der bier gezeig- ten Polypen ift nur Flein, weil der Haufen fo abge— zeichnet worden, wie er innerhalb zween oder drey Tagen, nachdem er fich zu bilden angefangen, anzu« ſehen gewefen. Einer von den Zweigen diefes Hau— fens ift zum Theil zufammen gezogen, und in diefer Sage koͤnnen fie gefehen werden, wenn ein Zweig, nachdem er fich zufammen gezogen, fich wiederum in feine gewöhnliche tage ausdebnet. Diefer Haufen ift noch weit mehr verarößert, als der, welcher in der ten Figur vorgeftellet ift. Die gte Figur ftellee einen Zweig eines Haufens Dolypen von der andern Art vor, die allbier beſchrie— ben wird. Auf viefem Zweige koͤnnen außer den Polypen, die glockenförmig find, einige von den runden Körpern gefehen werden, wovon die Haufen dieſer Art Polypen erſt entjpringen, und die fie merke lid) von vielen andern Arten unterfcheiden, Die ste Figur ftellet eine von diefen runden oder Fugelformigen Körpern vor, nachdem er fich von dem Haufen abgefondert, ſich auf einen andern Körper gefeßet, und nachdem die Fleine Kugel fich und ihren Stängel angeiangen hat zu verlägern. In diefer Beſchaffenheit war derfelbe den 2ten un. um 5 Uhr des Abends Die Ote Figur zeiget die beyden Körper, welche durch die Abfonderung deffen, der in der sten Figur vorgeftellet worden, ae Diefe Abfonderung 2 gefchabe ‚260 Von der Wirkung der Luft “ gefchahe um halb 9 Uhr, und war um 9 deffelbigen. Abends völlig gefcheben, Die zte Figur ftellet die 4 Körper vor, welche von den beyden auf der Sten Figur gezeigten, enrftan« den, und dieſe 4 Körper waren gleichfalls fchon vor 10 Uhr gebilder, BDEREREEFRFEREERRN FE 4 1. Fortgefeßte Abhandlung * yon der Wirkung der. Luft auf und in die menfchlichen Körper, von dem Hrn. John Arbuthnot, M. D. Dos VI. Hauptſtuͤck. Anmerkungen über Die Peft und peftilentiali- ſchen Fieber, infofern fie von der Luft eingefloßet werden, I an hat fich gar nicht zu wundern, daß es fo fehr ſchwer iſt, in der Hiftorie der ) Deft zur Wahrheit zu Eommen, wenn man den Screen, den Aberglauben und Siehe des TI. Band. II. Gt. Eeite 243. des III. Band, II. Stück. Seite 197. des IV. Bandes II. Stuͤck. Gei: te auf u. in die menſchlichen Körper. 261 und die Leichtglaͤubigkeit des Poͤbels, imgleichen die oͤffentliche Unordnung während der. Peſtzeiten in Er— waͤgung ziehet. Niemals iſt eine Peſt beſſer bemer⸗ ket, noch unterſuchet worden, als die legte zu Mars feilles , und dennod) werden die Vorfälle, (infonder« heit die, ſo die urfprüngliche Urfache anbetreffen) die einige der Stadfärzte behauptet, eben fo ftarf von denen Aerzten geleugnet, die von dem Regenten das Hin geſchickt worden, und ſolches vielleicht. auf eine genauere Unterfuchung und einen beffern Augenfchein. I. Es finder fich etwas fhändliches ſo mohl, als auch) fihreliches bey der Peft, fo daß Feine Nation es geftehen will, daß fieihrem Lande natürlich fey *. Die Aegypter behaupten, fie werde ihnen von der Darbarey, Syrien und Griechenland zugebrachk, Das Volk in und um Conftantinopel fage hingegen eben fo-dreifte, daß fie ihnen aus Aegypten zugebracht werde, Inſofern die Peft von der $uft berrührer, feheinen diefe Fragen natürlicher Weiſe zu entſtehen: Ob eine Befchaffenheit der Luft fähig ſey, fie an eir nem Orte hervorzubringen,. wo fie nicht durch eine Anftefung bingebracht worden? Was für einen Ein: fluß Die Luft in der Fortpflanzung derfelben habe ? In einer Sache, die beydes fo ungewiß, und fo wich. tig iſt, werde ich es kaum wagen, Diefelbe gewiß zur enticheiden, fondern dem $efer bloß den Augenſchein vorlegen, und ihn alsdenn urtheilen laffen, Und R 3 um te 167. des V. Bandes II. Stuͤck Seite 202, und des VI. Bandes V. Stuͤck. ©. 451. * Prosper Alpinus. * 262 Don der Wirkungder Luft um einiger $efer willen halte ic) es für gut, gemiffe Sunftwörter zu erklären. III. Eine endemifhe Kranfheit ift eine folche, Die dem Volke des Landes gemein ift. ine Krankheit ift epidemiſch, wenn fie fehr viele zu dieſer eder jener befondern Jahrszeit angreift. ine fporadifche Krankheit ift eine endemifche Kranfbeit, die in einer befondern Jahrszeit nur wenige überfällt. Ich werde mir gleichfalls Die Erlaubniß ausbitten ein ans der Wort aufzunehmen. Kine einheimiſche Kranf- heit ift eine folche, die einem Sande natürlich ift, und von demſelben auf andre durch Anftecfung fortgepflan: zet wird. Zum Erempel die Kinderblattern find vielleicht eine einheimifche Krankheit Arabiens gewe— fen, und von da unter alle Menfchen fortgepflanzet worden. Munmehro aber Fann fie an denen Drten, wohin fie einmal gefommen tft, eigentlich eine ende» mifche oder Bolfsfranfheit, aber feine einheimifche genannt werden. Es bedarf Feiner neuen Anſteckung aus ihrem urfprünglichen Baterlande, um fie weiter zu bringen, fie ift faft allgemein worden, und ver- fehler Feiner, die fo lange leben, daß fie fie befom- men fönnen. Dieß iſt augenfcheinlich von der Bewandniß, Die es mit der Peſt hat, unterfchieden: denn ob fie gleich zu gewiſſen Zeiten, und eine ziemliche Reihe Jahre lang in den meiften Ländern von Europa, und während diefer Zeit epidemifch geweſen; fo Fann man fie doch kaum endemifch, ausgenommen in einigen Plaͤtzen der Türfey nennen. Wo die Peft ordentlich und zu gefeßten Zeiten kommt und wieder meggehet a auf u.indiemenfchlichen Körper. 263 da ift fie wahrfcheinlicher Weiſe beydes eine einhei« ‚mifche und endemifche Krankheit. IV. Die Peft feheinet eine befondere Krankheit zu feyn, die mit ihren eignen Zufällen bezeichnet if, welche bey nahe allenthalben, mo fie im Schmange gehet, einförmig find, nämlich eine entzundende Kranf- beit, mit Yusbrüchen auf den äußerlichen Theilen des Körpers in Bäulen, durch die Entzündung und Eiterung der Achfel:- Scham: und andrer Drüfen ; oder fie beftehet in einem anfangenden Falten Brande, durch Garfunfelgefchwüre an einigen Theilen, oder rothen, gelben, fchwarzen Flecken über den ganzen Leib; oder endlich in ftigmatibus, oder mag man die Zeichen nennet, welches ganz; vollfommene Mortifis cationen find, wobey die Theile Feine Empfindung haben. V. Die Zufälle der Peft gleichen den Zufällen andrer entzündenden Kranfheiten, mit Ausbrüchen, infonderbeit bey der Rofe, in welchen nach einem an« haltenden Fieber von zween Tagen, fo mit einer Schärfe anfänget, ein Geſchwulſt, eine Berfärbung, nebft einer Are von Carfunkelgeſchwuͤren aufder Haut zu gleicher Zeit erfcheinet. Die Achfeldrüfen find oft entzündet, und bisweilen voll Eiter. Diefe Aehn— lichFeit zwifchen der Peft, und der Roſe ift von dem Doctor Sydenham bemerfet worden. Diefelbe Gleichheit finder fic) zwifchen der Pet und den Kin-- derblattern. . Das Fieber greift in beyden mit einer: ley Zufällen an, Es äußern ſich Kopf: und Ruͤck— ſchmerzen, Erbrechen, Herzensangſt, funkelnde Au⸗ gen, hohe Farbe im Geſichie, u. ſ. w. R4 Dieſes 264 Don der Wirkung der Luft Diefes Fieber verurfacher nach zween Tagen bey ber Peſt eine Entzündung und einen Gefchwulft in einigen Drüfen um den Kopf, Hals, um die Adjr felgruben und die Scham. Bey den Kinvderblar- tern findet fich Daflelbe in den Drüfen ver Hauf. Wenn diefe Drülen in beyden Fällen gelinde eitern, fo machen fie dasjenige aus, was man eine unſchaͤd⸗ liche Peft, oder die Kinderblattern nennen mag. Wenn diefe Ausbrüche fich in benden Fällen mit eis nem falten Brande endigen; fo beweifet folches, nache dem derfelbe häufig oder fonft befchaffen ift, daß die Krankheit gefährlich oder toͤdtlich ſey. Wenn plöß- liche Todesfälle in der Peſt, fo wie in den Kinder» blattern ſich ereignen, fo fheinet bey denen, Die in der erften Stufe der Krankheit fterben, Die Krank⸗ beit bloß bösartiger zu feyn. Die VBorherbedeutun: gen beruhen in der Peft fo wohl, als in den Kinder: blattern auf-eineriey Grundfägen, und die Gefahr zeiget fich in beyden bey Patienten von einerley Art. Bey fehwangern Frauensperfonen, bey jungen fris fehen Leuten nach einer unordentlichen Diät, fängt es mit Blutfluͤſſen, und infonderheit mit blutigem Urine an, und folche Jufälle find die Kennzeichen der Etufen der Entzündung. Zuſammenziehung des Bauches im Anfange der Krankheit ift gut in beyden Fällen, imgleichen Bäulen, die geſchwind zunehmen, und voll Wind find, ohne die natürliche Entzündung und Eiterung. Boͤulen, die gar zu hart und hor« nigt find, oder die einen Regenbogen, das ift eine Mortification um fich haben, find gefährlich bey der Peſt. Kurz; wohl entzündete Bäulen, die eine gut⸗ artige Materie in fich haben, nehmen gemeiniglic) ein auf u. in die menſchlichen Körper. 263 ein gutes Gnde. Diefe Borherbedeutungen find fich einander ähnlich, und finden auch bey den Kinder» blattern Statt. ch erwähne diefe Dinge auch nicht, als etwas feltenes , indem fie auf einerley Ur⸗ fachen beruhen, fondern bloß um zu zeigen, daß die Deft eine entzündende Krankheit von ihrer eigenen Art, gleich den Kinderblattern, zu feyn fcheinet. Die Berderbung, fo in den innerlichen Theilen von der Peſt und den Kinderblattern angerichter wird, ift einander fehr gleih. Was gleichfalls beweifer, daß die Peft eine Art von Krankheit fey, die fich von allen unterfcheidee , ift Diefes, daß, wenn wir den Keifebefchreibungen alauben Fünnen, es Länder giebt, wo fie niemals gewefen, als Dftindien, China, das Königreih Timquine, Cochin China, und viele Derter in Weftindien, Dieſe Betrachtungen mas chen es wahrfcheinlich, daß fie gewiſſen Steichen Lan⸗ Des eine einheimifche Kranfheit fey, und von danad) andern Dertern durch Anſtecken fortgepflanzet werde, Und dennod) | v1. Was die erfte Frage anbetrifft, ob nämlich die Luft fähig fen Die Peft obne Anſteckung hervor zu bringen, und zwar an einem Orte, wo fie Eeine en« demifche Krankheit ift, halte ic) dafür ‚ daß es gar nicht unmabrfcheinlich. fey, wenn man folches beja- het; denn fürs erfte in einem Sande, wo fie eine ein« beimifche und endemifche Krankheit ift, muß fie wahrfcheinlicher Weife von einer befondern Befchaf: fenheit der Luft herrühren, Zum andern ift durch die Sehre des — Theils dieſes Verſuchs bewieſen worden, daß ſich kaum einige Veraͤnderung finde, ſogar bey dem r. Grade der Faͤulung, NR 5 die 266 Von der Wirfung der Luft die nicht durch die Ausfchweifungen, Verbindungen - and Abwechfelungen der gemeinen Kigenfchaften der $uft Fonnte hervorgebracht werden, und daß noch meit außerordentlichere Wirfungen durch eine Anſte⸗ Kung in der Luft vermittelft ungewöhnlicher Ausflüffe von Körpern, fo der Oberfläche der Erde nahe find, entitehen Fönnten. in Weltweifer *, der es in der Phyſiologie der Luft fehr weit gebracht hat, bringet Erempel von Dünften von einer ganz befondern Art bey, die zu befondern Zeiten aus der Erde hervorge— laffen worden. Er faget, daß Bergwerke zu befon- dern Zeiten Dünfte hervorbringen, die den Pflanzen fchädlich find, und es fonnen zwar wohl Striche fan- des feyn, Die von folchen Mineralien, fo dergleichen fehädtiche Dünfte von ſich geben, und folglich auch von der Peft befreyer find, als welche von der Be— fchaffenbeit der Luft herruͤhret, Die fie von dem Dre hat; allein es koͤnnen doc) ſolche Ausdünftungen durch die Winde von dem Drte weggeführee und mit der $ufe vermiſchet werden. Mezeray fagt uns, daß die Peſt, welhe im Jahre 1346 in Grankreich im Schwange gegangen, und die allgemeinfte und fchäd- lichite gewefen, fo man jemals gefannt, in dem Ko: nigreiche Cathay durch einen entfeglichen Dunft ans gefangen, der gleich einer Art unterirdifchen Feuers aus der Erde hervorgebrochen, über 200 Meilen von dem Lande fo gar bis auf die Bäume und Steine ver- zehret, und die Luft auf eine wunderbare Art ange: ftecfet habe, und von da fey fie durch Afien in Grie— henland, Aftifa und Europa gefommen, Der ob- | gedachte * Der ehrmürdige Herr Boyle. auf u. in Die menfchlichen Körper. 267 gedachte gelehrte Weltweiſe giebt Erempel von den fhädlichen Eigenfchaften ſowohl, als auch von dem Ueberfluffe einiger Mineralien, infonderbeit des Oper» ‚ments, und von der Schädlichfeit des Arfenici, fo äußerlich als ein Angehänge getragen wird, welches alle Zufälle der Peft zumene bringer, und die auch durch antipeftilenzialifche und aleripbarmifche Mit: tel geheilet werden. Es find alaubmwürdige Erzäh- lungen, daß man während der Peft intonden wahrs genommen, daß die Luft nahe bey Häufern, fo von der Peft angeftecft gemefen, die Wände verfärber. Es ift nichts unmwahrfcheinliches in der Hypotheſi von den außerordentlichen Ausdünftungen. Zum dritten müffen die Arten von der Peft, welche den größten Theil der Menfchen in verfchiedenen und von einander entiernten Gegenden aufreiben, ohne in Öemeinfchaft mit einander zu ftehen, eine allge meine Urfache haben, und da läßt fi) kaum eine andre erdenfen, als die Luft. Es find zwo folcher Seuchen zu den Zeiten des Marcus Antonius, und eine ift im Sabre 1450 gewefen. Zum vierten ift gemeiniglich in den Wirterungen und der Ber fchaffenheit der !uft, fo vor der Peft bergegan« gen, etwas befonders bemerfet worden, als große Trockenheit, anhaltende Suͤdwinde, bisweilen eine lange anhaltende Stille. Diefes war die Be fchaffenbeie der Luft, fo SHippefrates und die andern alten Aerzte allezeit im Verdachte hatten ; fo war die Vefchaffenheit der Luft vor der Peſt zu Nimwegen * Eine große Dürre, mie vorhin be | merfet * Diemerbrofe. 268 Don der Wirkung der Luft merket worden, iſt allemal den menſchlichen Koͤrpern ſchaͤdlich geweſen. Die Beſchaffenheit der Luft vor der Peſt in London war ſehr fonderbar, eg war näms lic) ein harter Winterfroft, Der bey nahe bis an das Ende des März währte, da ein plögliches Thauwet—⸗ ter die Erde mie Waffer von gefehmolzenem Schnee und Eife bedeckte, und als hierauf eine große Hige folgte, fo waren die Menfchen gleichfam an einem Drte, der von Waffer bey einem großen Feuer über ſtroͤmet war. An einigen Orten ift bemerket wors den, daß ſich die Heftigfeit der Krankheit nach dem Mondenlaufe gerichtet, und bey Neu: und Bollmon« den am heftigften gewuͤthet; daß in Peftzeiten eine ungewöhnliche Menge von fchwefelhaften Dünften in der Luft gemefen, fo daß Fleiſch und andere thierifche Subſtanzen eher, als gewöhnlich, verfauler,. daß wilde Vögel an angefteckten Dertern leben geblieben, zahme aber in ihren Bauren geftorben, und daß alle andere Krankheiten ftärfer im Schwange gegangen und födtlich gemelen , und gleichlam an der Peft An» £heil genommen. Bor der Peft in Sondon giengen Lungenentzuͤndungen ſtark im Schwange und waren toͤdtlich; imgleichen auch die Maßern. Zum fünf ten, was noch ferner zu beweifen fcheinet, daß Die Krankheit auf eine fchädliche Befchaffenheit der Luft anfommt iſt der plösliche Angriff derfelben, der of ters von einer vorbergängigen Bereitung des Körs pers dazu begleitet wird, Zum Erempel, man hat bemerfer, daß alles, was eine plößliche Veraͤnde— rung in der Bewegung, oder den Kigenfchaften des Blutes verurfacjer, den Menfchen der Anftecfung umermwirft. Bey Frauensperfonen gefchiehet —9*— durc J auf u. indie menfchlichen Körper. 269 durch unzeitige Geburten, oder Kindbetten, ploͤtzli— che Leidenfchaften von Furcht, Zorn u. d. gl. wie auch durch alle Ausſchweifung und Unordnung in der Diät. Junges und frifches Blue ift dergleichen eher ‚unterworfen, als entfräftetes und cachecftifches. Alle diefe Fälle gleichen einer plöglichen Verderbung der ehierifchen Slüßigfeiten durch die $uft, wie einige Getränke bey einem Donnermetter verderbet werden, und fcheinen beyläufig zu bemeifen, daß die Anftes ckung nicht von einer lebenden Urſache herruͤhre; denn unfichtbare Inſekten würden beißen oder ftechen, eine Perſon möchte in einer $eidenfchaft oder in Ruhe feyn ; denn hier ift eine Bereinigung einer Borbe«. reitung in den Säften mit etwas, das fehr plöglic) auf fie wirfet, wovon man ſchwerlich glauben Fann, daß es etwas anders, als die Luft fey, die ein Gift gleich als von einem fihädlihen XIhiere einflößer, und das Blut, wenn es am meiften beweget wird, damit angreifet. Heftige Leibesuͤbung macher gleich- falls zur Anſteckung fähig, indem nach derfelben die peftilentialifche Luft durch die Loͤcherchen des Körpers zugelaſſen wird. Die Diät ‚welche eine gelinde Per— fpiration, ohne Entzündung verurfacher, ift Das bes fte Bewahrungsmittel, und die Armen, welche mit folder Nahrung nicht verfehen, und der Luft am meiften bloß geftellet find, leiden am meiften. Waͤh— rend einer häufigen Perfpiration wird die außerliche tufe nicht fo ſtark verfchlucfer, und die fehädlichen Eigenfchaften der Luft greifen Diejenigen an, fü ders felben am meiften bloß geftellet find. Dieß koͤmmt mit der Erfahrung überein; denn die Europäer be— wahren ſich vor der Peft, die in der Türken vegies vet, 270 Von der Wirkung der Luft vet, indem fie fich in den Häufern halten, welches vielleicht nicht bloß daher die Wirfung bat, daß fie die angeftecften Perfonen, fondern auch, daß fie die ange- ſteckte $uft vermeiden : die beften Mittel in der Peft find fchmweißtreibende, als welche ſchaͤdliche Dünfte aus dem Körper wegfchaffen. Diefe Bemerfungen feheinen die Luft als die wirfende Urfache der. Peft anzugeben ; allein einige von ihnen bemeifen in der That nicht mehr, als daß die Luft das Mictel ſey, wodurch die Peft fortgepflanzer wird. Und ſechſtens ift bemerfet worden, daß eine große Aehnlichkeit zwis fhen den Zufällen der Peft und der Roſe fey, und daß fie bloß nach den Graden der Entzündung von einander unterfchieden find. Ich glaube daher fehwerlich, Daß es jemand wagen werde zu leugnen, daß eine Befchaffenheie der Luft, welche die Roſe epidemifch und heftig in.ihren Zufälfen machet, wenn ihre bösartigen Eigenfchaften erhöhet würden, viel» leicht die Ausbrüche auf der Haut aus roch ſchwarz⸗ gelb machen, aus Entzündungen Mortificationen verurfachen, und gleichfalls die Entzündung der Ach» fel- und Schamdrüfen zu großen Gefchwulften und Eiterungen bringen Fönnte, in welchem Falle es die Peit würde genennet werden, Doctor Sydenham bemerfet, daß Das epidemifche Fieber, welches vor der Peft zu London hergegangen, diefelbe begleitet, und darauf gefolget, mit dem peftilentialifchen Fie— ber einerley, und bloß während der ‘Peft heftiger ges weſen ſey, da es dieſe Ausbrüche verurfacher, mo» von die Peft den Namen führe. Zum fiebenten fommen alle Zufälle der Peſt von einer hoben alfa» linifchen gallenhaften Säure her. Dieß erhellet aus den auf u. in die menfchlichen Körper. 271 den Zufällen der Krankheit; denn eine Wirfung da« von ift mie dem alfalinifchen Salze einerley, welches einen Grind erreget ; und durch Berfuche, die wäh» rend der Peft zu Marfeille angeftellee worden, fteckte eine Fleine Duantität Galle eines an der Peft geftgrs benen Körpers, fo mit Wafler vermifcher, und in die Ader eines Hundes gelaffen ward, denfelben fo» gleich mit allen Zufällen der Peft an, und doch war diefes Thier vorhin in den Hofpitälern bey alen An— gefteckten ficher herumgelaufen, Eine folche gallens hafte Säure wird gewiß von der Luft und vielen an: dern Urſachen hervorgebracht. Was überdiefes ei- ne bösartige Befchaffenbeit der Luft in einer Peftzeit beweifer, ift die große Tödrlichfeit anderer Krank: heiten. Das ganze Sterben während der Peſt zu London belief fich auf 97306 Perfonen, und das Ster- ben an der Peft auf 60506, daher das Sterben an andern Krankheiten ro Perfonen muß betroffen haben, wie denn auch Die Stadt zu der Zeit gar fehr leer war. Dieß muß norhmendig die gemeine An- zahl dreymal übertroffen haben. Aus allen dieſen Betrachtungen kann man, glaube ich, fließen, daß die Peft von einer'bösartigen Befchaffenheit der Luft ohne Anftecfung fönne verurfachet werden. VI. Daß aber die $uft das Werkzeug fey, wo—⸗ durch Diefelbe fortgepflanzet, und getöfcher wird, dag, glaube ich, kann niemand leugnen. Und diefes muß wahr feyn, von was für einer Urfache man die Peft auch herleiten will. Soll fie von einer belebten Ur— fache herrübren, als von unfichtbaren Inſekten, fo muß man eine bequeme Befchaffenbeit der Luft zur | Sorts 272 Von der Wirkung der Luft Sortpflanzung derfelben zum Grunde legen ; Soll fie von einer Anſteckung von einiger Art herrühren ; fo ift die Luft das Mittel wodurch diefelbe fortgepflan: zet wird, und fie muß diefelbe zu verfchiedenen Jahrs— zeiten mehr oder weniger befordern; denn Durch die Veränderung der Eigenfchaften ver Luft, und über: Haupt zu reden, durch die Kälte wird fie gänzlich aufgehoben, Wenn die Peftzeit vorüber ift, fo ges hen die Leute mit Sicherheit zu ihren Haͤuſern. Ich glaube, man kann ficher behaupten, daß faum ein Jahr in $ondon hingebe, in welchem fich nicht Sieber mit Bäulen und Carfunfelgefchwüren finden; und daß fehr viele Fleckfieber find, ift gewiß, Wie follen wir eine Krankheit nennen, die eben diefelben Zufälle hat, wenn fie viele oder wenige angreifet? In dem erften Falle, wenn fie ſich ausbreitet und epis demifch und anfteefend wird ennen wir fie die Peſt; und wenn fie fich nicht ausbreitet, fo ift fie vielleicht diefelbe Krankheit, aber bloß fporadifh, Alles dies fes kommt auf die Befchaffenheic der Luft an. VIII. Es ift nicht weniger Elar, daß die Peft oft von ungefähr in angeftecfte Derter gebracht wird, und fid) durch Anftecfung verbreiten kann, und nothwen— dig muß. Mearfeille ift wegen ihrer Handlung mit Aegypten und der Türfey meit mehr von der Peft angeftecft geweſen, als eine Stadtin Europa. Denen Nachrichten diefer Stadt zu Folge bat man allda zwan⸗ zig große Peften gezaͤhlet. Wermittelft der Peftbis fforien, und infonderheit der legten von Marfeille, ſcheinet die Verbreitungsart dieſer Krankheit ftufen weile zu geben, indem fie erftlich Haͤuſer, hernach Gaſſen, auf n.in die menfchlichen Körper. 273 Gaffen, ferner Quartiere der Stadt, und endlich) ‚gleich, einem allgemeinen Brande die ganze Stade angreift. Bey der Peft zu Marfeille war dieſes am merfwürdiaften: eine offene, Iuftige Gaffe, we die- Winde gut durchftreichen konnten, mo die befte Arc von Einwohnern wohnet war am mwenigiten angefte- det, Hiervon laffen fich gar leicht aus demjenigen die Urfachen anführen, was in dem erften Capitel von der Schädlichfeit und Quantität thierifcher Aus» dünftungen gefaget worden. Zuerfterwäge man, in was für einem weiten Umfange die YAusdünftungen einiger Körper die $uft anftefen. Zum Erempel, eine Sichtfchnupre. Vermoͤge deffen, was in dem erſten Capitel gefagt worden, mache die ausgedünftes fe Materie von weniger als 3000 Menfchen über eis nen Acer Sandes in 34 Tagen eine Atmofphäre von 71 Fuß hoch. Diefe ausgedunftete Flüßigfeit vers bäle fih, in Anfehung der Dichte, gegen die Luft, ungefähr wie 800 zur. Breiter man nun die 2000 geute über hundert Morgen tandes aus, fo bleiben 8 Zoll übrig, und der größte Theil, der nicht weg« geblafen wird, und fich mit der unbefchreiblichen Dünnigfeit viechender Dünfte verbreiter, wird die ganze Luft der Stadt anftefen. Es ift leicht zu begreifen, auf welche Arc die Dünfte peftilentialia feher Körper die Luft verderben, fo lange fie lebendig und heiß find; ich glaube aber auch, da fie in Mars feille ohne Gefahr der Wundärzte und der Dabenz ftehenden öfters geöffnet und zerfchnitten werden ; fo fen feine Gefahr davon zu befürchten, wenn fie kalt und nicht verfaufet ſind. Ich balte dafuͤr aus den obangeführten Borfällen, koͤnne man von der Fort 7 Band. S pPppflan ⸗ 274 Von der Wirkung der Luft pflanzung und ortwaͤhrung der Peft an einigen ange⸗ ftecften Dertern, und von der Bewahrung der benach⸗ barten Derter für die Anſteckung gar leicht die Urfache angeben, wenn in der Luft Feine befondere@igenfchaft zur Fortpflanzung der Krankheit befindlich ift. Eine jede anftecfende Krankheit wird gar leicht unter Menfchen fortgepflanzet, die nahe an einander wohnen. Die Peſt zu Copenhagen 1711 riß faft den größten Theil des gemeinen Volks dahin, als welches in der Stadt am dichteften zufammen wohnet. IX. Daß ein peftilentialifcher Sauerteig in Waa- ren Fönne zugebracht werden, ift eine gemeine und fi chere Meynung: allein viele, Die von der Peſt ge- fchrieben haben, und infonderheit Diemerbrofe, ſchei⸗ nen fie zu verachten. Daß diefelbe mit angeftecften Waaren nach Marfeille gebracht worden, wird von den Stadtärzten auf das nachdruͤcklichſte behauptet, und eben fo nachdrücklich, nach einer genauern Unter—⸗ fuhung von denen geleugnet, die von dem Regenten dahin gefchickee worden. In der legten Peft zu Lon⸗ don, behauptet Doctor Hodges auf das gewiffefte, daß er den Winter vorher, ehe die Peft ausgebrochen, in MWeftminfter einen Patienten mit Carfunkelgeſchwuͤ— ren gefehen. In Anfehung deflen, daß die Peft.von angeſteckten Waaren forfgepflanzet werde, findet fich diefe eine Schwierigkeit, welche nicht fo leicht aufzus löfen ift. In einer Stadt, die mit der Peft ange- ftecke ift, muß ungeachtet aller Mühe, die man fi) durch Pünftliche Reinigungen giebt, die Seuche auszuroften, mehr peftilentialifcher Sauerteig in Waaren gelaffen werden, als mit einer ganzen Flotte übergebrache wird; dennoch aber, wenn die Peftzeit vor⸗ auf u. in die menfchlichen Körper. 275 vorbey ift, Fehren die Leute wieder zu ihren Häufern, liegen in den angeftecften Betten, und gebrauchen derfelben Waaren ganz ficher. Und in der That, wenn ein peftilentialifcher Sauerteig allezeit fähig waͤ⸗ re, eine Anftecfung zu verurfachen, fo Fann ich nicht fehen, „wie die Peft jemals an einem einmal anges ſteckten Drte wieder Fönne vertrieben werden, Ich glaube daher, man koͤnne fchließen, daß die Luft viel« leicht das Hauptwerkzeug in der Hervorbringung, ganz gewiß, aber in der Fortpflanzung und Bertreibung diefer Krankheit fey, und daß man daher mit dem Diemerbrofe nicht nöthig habe, zu einer munderba- ren Wirkung der göttlichen Rache feine Zuflucht zu nehmen. Die gemeinften und fchwächften Kräfte der Matur find fähig, den Willen des Schöpfers, felbft in außerordentlichen Verfügungen feiner Bor: ſicht, auszurichten, Die Einwohner derer Laͤnder, wel: che niemals mit der Peft heimgefuchee worden, find nicht weniger Sünder, als andre. Ich halte es gleichfalls für wahrſcheinlich, daß die türfifche Ver: achtung der Peft die Krankheit nicht mehr fortpflan« ze. als die chriftliche Furcht für diefelbe, welche öffent- liche Unordnung, und Mangel geböriger Sorgfalt beydes für gefunde und angeftecfte verurfacher ; denn in allgemeinen Seuchen fterben mehrere aus Man— gel der gehörigen Sorge und Nothwendigkeiten, als von der Strenge der Krankheit, indem fie von allen Menfchen gleichfam ausgefchloffen find, In der Peft zu Marfeille wurden viele lebendig begraben. In derfelben Peft Famen, als die gute Ordnung wieder« bergeftellet war, von 15000, die nicht fo heftige Zus falle hatten, und beffer verpfleget wurden, die meiften wieder auf, Wenn die er Grundfäge mit 2 der 276 i Bender Wirkung der Luft der chriftlichen Sorgfalt und Wiſſenſchaft verfnüpfer würden, fo würde das Verderben, fo diefe Kranf- ‚heit anrichtet, in Anfehung deffen, wie eg gemeiniglich in angeftecften Städten gehet, nur fehr geringe feyn, ' X. Was die Heilungsart diefer Krankheit anbes trifft, fo gehöree folche nicht zu meinem gegenwärtis gen Borhaben; allein nad) der Gleichförmigkeit ih> rer Zufälle mit andern entzündenden Krankheiten, ins fonderheit den Kinderblattern, feheinet einerley Mes thode bey beyden zu gebrauchen zu feyn. Was Bes wahrungsmittel anbetrifft, fo finden ſich faſt Feine, darauf man fid) verlaffen kann, als die Flucht von dem angefteckten Orte, Da die Kranfheit eine affs gemeine Nuflöfung des Blues in Blurflüffen von aller Art Hervorzubringen fcheinet, (indem felbft die Ent: zündungen auf der Haut aus den Gefäßen gefretenes Gebluͤt find, die ſich mir Mortificationen endigen) ſo werden faure und finptifche Arzeneyen beydes als Hei⸗ lungs» und Bewahrungsmittel angegeben. Es ift gleichfalls von denen, fo von diefer Krankheit gefchries ben haben, bemerfet worden, daß fie fonderlich diejes nigen angreife, die nachlaffenden Fiebern unterwors fen find, welche fich oft in Die Peft verwandeln, Man hat neulich an der perupianifchen Rinde eine Kraft entdecket, Mortificationen zu heilen, und was einen Zufall heile, kann auch wider denfelben bewahren, Ich wollte daher in einer peftifentialifchen Witterung die peruvianifche Rinde als ein Antidotum, oder Bere wahrungsmittel vorfchlagen. Sie beuget einigen Ara ten von Fiebern vor, und heilet fie auch, fie mäßiger die Schärfe der Galle, ift ftnprifch, heilet Blurflüffe, und widerfteher Mortificationen. Warum follte man denn nicht ein Antidotum brauchen, welches p viel J auf u. in die menfehlichen Körper. 277 viel verfpricht, und dag, wenn es gleich nicht hilfe, mwenigftens feinen Schaden thut? Ein Wundarzt zu Marfeille bat zu einem von meinen guten Freunden gefagt, er wäre überzeuget, daß er ſich dadurch wis der die Peft bewahret hätte, weil er ftarfe Portio- nen von der Ninde zu fich genommen, und fie hätte ihre Wirfung gehabt, nachdem er gefühler, daß er felbjt von den erften Zufällen angegriffen worden, XI. Wir haben Fürzlich zwey merfwürdige Erem» pel von dem Einfluffe der Luft in Hervorbringung ei- ner. epidemiſchen Krankheit faft über den größten Theil der Erde gehabt. Das eine war im Jahre 1728, und das leßtere am Ende des 1732 und am An⸗ fange des 1733 Jahres. Da nun diefe um fo viel neuer und merfmwürdiger find ; fo will ich, eine Eurze Befchreibung davon geben, bis eine umftändlichere aus den Nachrichten der verfchiedenen Sänder, die Das mit angegriffen gervefen, fann hervorgebracht wer⸗ den, wo von ich nur einige wenige geſehen. . XI, Die vorhergäangige Befchaffenheie der $uft in England, und in dem größten Theile von Europa, mar eine große Dürre, welches aus dem Mangel der Brunnen kann geräyloffen werden, indem das frifche Waſſer in allen feinen gewöhnlichen Kanälen und Bes - bältniffen niedrig war, welches die befte Maaße der Duantität der Feuchtigkeit ifi, die aus den Wolfen fälle, Was man am meiften in den Nachrichten, die ich.von Deurfchland, Sranfreich und einigen Dertern geſehen habe, bemerfet, war dieſes, daß die Luft im Anfange des Winters, und infonderheit im Novem— ber mit dicken und häufigen Nebeln erfüllet war, wos von die Materie nicht in Negen, Schnee, oder andern 53 | Ders 278 Don der Wirkung der Luft dergleichen Lufterzeugungen herabgelaſſen ward. N bel find. in diefem Sande im November fo gewöhnlich, daß, fo viel ich weis, nichts befonders desfalls bemer- ket worden. Allein es war faft nicht. das geringſte, Das im Monate November aus den Wolfen fiel, aus— fer fehr wenig Schnee, der mit einem Frofte von kei— ner langen Dauer begleitet war, und das war auch Der ganze Winter, den wir hatten, In den nördli= chen Theilen Frankreichs war etwas weniges Schnee, Der von ihrem ı5 und unferm 4 Movember bis nach Weihnachten währte. Hierauf folgten ſuͤdliche Wins de und ftinfende Nebel, während welcher Zeit von den Wundaͤrzten bemerfet ward, daß Wunden eine ‚ große Neigung zu Mortificationen hatten. Allein por und während der Krankheit in England war die Luft warm über die gewöhnliche Art der Jaheszeit, umd es fanden fich eine große Quantität fchwefelichter Diünfte, welche große Sturmwinde von Suͤdweſten, und bisweilen Blitzen ohne Donner verurfachten. XI. Die Zeit des Angriffes der Krankheit war an verfchiedenen Orten unterſchiedlich. Sachſen und die benachbarten Laͤnder in Deutſchland griff ſie ungefähr den ıs November an, und behielt ihre Kraft bis den 19 deffelben Monats. Sie war eher in Hol⸗ land als in England, und cher in Edimburg als in Sondon. Sie war eher in Neuengland als fie Bri⸗ tannien angriff, eher in London, als fie einige andre weftliche Derter, als Orford, Bath und dergleichen erreichte, und fo twelc ale ich inich aus den Nachrichten befinnen Fan, griff fie. die nördlichen Theile von Eu- ropa eher an, als die füdlichen. In London blieb fie in ihrer Kraft von ungefähr der Mitte des Janua⸗ rius auf rin die menfchlichen Körper. 279 rius 1733 , bis etwa drey Wochen, Die Todtenlifte vom Dienftage den 23 bis zum Dienftage den 30 Senner enthielt in allem 1588, da fie denn höher war, als jemals feit der Peſt. Zu Paris fing fie im Anfange ihres Februarius, oder den 2ı unfers Ja⸗ nuarius an, und währete bis zum Anfange ihres Aprils, oder zum 2ı unfers Märzmonats, und wie ich glaube, fo war ihre Dauer am kängften in den füdlichen $ändern. Zu Neapolisu,in den füdlichen Theilen Ita— liens wuͤthete fie in unferm März. Die Krankheit hielt auf ihrer Reife von einem Sande zum andern nicht Die ordentliche Richtung, fondern gieng oft den Win⸗ den ganz enfgegen, XIV. Die Einförmigfeit der Zufälle diefer Kranke beit an allen Deren war fehr merfwürdig. Auf ein Eleines Frieren, oder eine Kälte folgte ein Nieber, fo bey denen, die wieder beffer wurden, felten über drey Tage währte, Beydiefem Fieber fanden fich Kopf- und bisweilen Rückfchmerzen, fein großer Grad vom Durft, eine Catarrh oder ein dünner Fluß, welcher Niefen verurfachte; eine Coryza oder Mafens laufen; ein Huften, wobey zuerft ein dünner Schleim, und nachgehends eine Flebrichte Materie ausgeworfen ward, u. wenn man darinn eine klare ölichte Materie be= merfete, fo war der Zufall.gemeiniglich toͤdtlich; Denn diefe flare Materie war eitericht. Dieß waren die ges meinften Zufälle, Allein fehr viele waren während dieſer Zeit mit Blutſpeyen, Seitenftechen u.$ungenentzunduns gen befchmwerer, die gefährlich und öfters tödtlich waren, An einigen Orten, infonderheit in Frankreich endigte fih das Sieber nach fechs oder fieben Tagen in vielen | S4 Aus⸗ 4 230 "Bon der Wirkung der Luft Ausfhfägen, in Holland oft mit eiterichten Geſchwuͤ⸗ ren des Halfes. In allen war das Blut die, und allentyalben war die Krankheit für alte Leute gefaͤhr⸗ ih. Das Merkwuͤrdigſte war, daß das Fieber Ab⸗ matfung und Beraubung des Appetits und der Geis fter hinterließ, fo feine Strenge und Dauer weit übertraf, und der Huften währere bey einigen fechs Wochen, oder zween Monate. länger, als das Fieber. XV. Während der ganzen Zeit fanden fich häufis ge. Hufterifche, bupechonvrifche und Nervenkrankhei— ten, kurz, alle Relaxationszufaͤlle. Dieſe Zufälle giengen bey einigen fo weit, daß fie auch eine Unfin- nigfeit verurfachten, in welchen fie einige Stunden lang ihre Sinnen zu verlaffen pflegten, fo daß fie ſich in ihre eigne Sachen nicht finden fonnten. Zu gleicher Zeit hatten fie eben Feinen großen Grad vom Fieber, das fie zu Bette gehalten hätte. Bey einis gen aber, denen es fo gieng, bemerkte man, daß der Urin eins ums andre blaß und trübe ward, fo, daß ein Sieber gegenwärtig war; wiewohl ich eben nicht bemerfer, oder gehoͤret, Daß die Ninde einige Dien- fte geleiſtet; allein die falinifchen fiebervertreibende Traͤnke thaten gemeiniglich erftaunende gute Wirfung, Seitdem diefe Krankheit vorüber geganaen, ıft die Luft beftändig, infonderbeit in folchen Kranfheiten, ſchaͤdlich geweſen, fo die Lunge angreifen, und hat aus Diefer Urfache ein großes Sterben an den Maßern, bey vierzigen in einer Woche zumege gebracht, daher man Urfache hat, befondere Dinge an Krankheiten in folgenden Witterungen zu erwarten, XVI. Die © auf u in die menfchlichen Körper. 281 XVI. Die Huͤlfsmittel, fo gemeiniglich in dieſem ————— — anſchlugen, waren Ader⸗ laſſen, Schwitzen, ſo durch waͤſſerichte Diaphoretica, fpanifche liegen, und die gemeinen Bruſtarzeneyen befoͤrdert ward, und der fiebervertreibende Trank den ich vorhin bemerket, von Salz, Wermuth, Citronen⸗ ſaft u. ſ. w. Ich habe nicht befondere Umſtaͤnde ge- nug, daß ich mich weiter in die eigentliche. Unterſu— chung dieſer Krankheit einlaften Fonnte. XVIELNDas war eine ausgemachte Sache, daß fich eine vorhergängige übele Beſchaffenheit der Luft fand, die allen thierifchen Körpern ſchaͤdlich war. Im Herbft und lange nachher war eine Tollheit un ter den. Hunden, Pierde befamen Catarrhen ‚eher ‚als die Menfchen, und ein gewiſſer Herr hat mich verfichert, Daß Die Vögel, und infonderheit die Sper— linge, während der Krankheit, den Dir, wo er ſich aufgehalten, verlaffen. XVII. Die vorhergehende große Hitze, wie vor- bin bemerfer worden, muß den Menfchen ſehr ſchaͤd⸗ lich geweſen ſeyn. Große Duͤrren aͤußern ihre Wir— kungen, nachdem die Oberflaͤche der Erde wieder Durch die Feuchtigkeit geöffnet worden, und die Pers fpiration der Erde, welche lange unterdrückt geweſen, wird aufeinmai wieder bergeftellet. Es iſt wahrſchein⸗ lich, daß die Erde alsdenn verfchiedene neue Aus— flüffe Heraus läßt, die den menfchlichen Körpern ſchaͤd⸗ lich ſind. Diefes erhellete aus dem dicken und fin= kenden Nebel, welcher auf den Regen jolgte, der vor⸗ hin nn. war. XIX. Es ift gleichfalls augenfcheinlich, daß dieſe Ausduͤnſtungen von feiner beſondern oder: minerali- u Me: ſchen 232 Don der Wirdumg der Luft fhen Natur geweſen, indem fie von einer Subſtanz waren, die einem jeden Theile der Oberfläche der Erde gemein war, und daher fann man fchließen, daß es wäßerichte Ausdünftungen oder wenigftens dergleichen mit andern Arten von Ausdünftun- gen vermifchte gemwefen, die einer jeden Erde gemein find, | | XX. Endlich koͤmmt es mit der Erfahrung über ein,daß mwäfferichte Dünfte den Drüfen der Luftroͤhre und der $unge fhädlich find, und Flüffe zumege bringen. Des VIT Hauptſtuück. Bon den Wirkungen des nathrlichen Knalles der Luft auf menfchliche Körper. I a8 Knallen der Luft duch Blitz und Donner, hat plößlichere und fürchterlichere Wirkungen auf menfchliche Körper, als andere Veränderungen der $uft, wie fie aud) beißen mögen. Sie müflen Daher in einer Gefchichte von den Wirfungen der Luft auf den menfchlichen Körper nicht ausgelaffen werden, 1. Man kann ſich ſehr viele natürliche Urfachen von dieſem gewaltigen Kalle der Luft vorftellen. Wenn Salz und Schwefel, wovon ganze Duantitäs ten in der $uft find, vermifcher und angezündet wird; fo giebt folches einen großen Knall von ſich. Ni: tum, Schwefel und Holzkohlen machen Buͤchſen— pulver aus. Aus Tarrarus, Nitrum und Schwe— fel wird das Knallpulver zufammengefegt, wel⸗ her noch eine größere Kraft zu Fnallen hat, als Buͤch⸗ fenpulver, auf u. in die menſchlichen Körper. 283 fenpufver. Säuerliche Geifter umchymiſche Dete verurfachen ein Krallen. Eifenfeild "Schwefel und Waſſer werden heiß, geben Flammen), und bringen endlich einen Knall zuwege. Doctor Leiſter glanber, daß das Blißen vom Pyrite verurfachet werde. Denn der Dunft, fo vom Blitzen erregt wird, ſchein nach einigen Bemerkungen, eine magnetifche $ Rräfe zu haben, indem er bisweilen die Dolarrichrung der Schiffscompaſſe verändert *, {sch Halte aber dafuͤr, daß der gelehrte Herr Hales eine ganz natürliche Urs fahe davon angegeben, und zwar im Anhange zu ſeinem Tractate von der Haͤmoſtatik, in *2— er erwieſen hat, daß ſchwefelichte Luft und klare Luft zuſammen fermentiren; daß alſo das Blitzen durch die Vermiſchung der friſchen reinen Luft uͤber den Wolken, mit den ſchwefelichten Duͤnſten, die von unten in die Hoͤhe ſteigen, entſtehe, welches, wenn die Erhitzung voruͤber iſt, die Luft kuͤhlet. IM. Kein Werkzeug der Kunſt oder der Natur toͤdtet eine menfchliche Ereatur fo ploͤtzlich, als der Blitz, indem ſie oft durch den Streich in eben der Stellung gelaſſen werden, darinn ſie waren, als ſie getroffen wurden *. Die Wirk ungen und — — chen an ihren AMein ſcheinen von zwo Urſachen her— zuruͤhren, vom Brennen und vom Schlagen. Ihre Kleider find zerriſſen. Ihre Leiber find oft mie Wun— den BR Mer’ die bisweilen rund, als wenn fie * S Abridgment of Philofophical Transactions. Vol: II. P- 180. ar (x &, — of Philoſ. Tranſactions. Vol. V.p. 150. nnd folg. 284 Von der Wirkung der Luft fie von Eeinengleo«“ gemacht wären, bisweilen aber von größern vetern find, Diefe Wunden find bisweilen ohne Blutfluß, indem fie zu gleicher Zeit verfenget und verbrannt worden. Weil fie den von Schrot gemachten Wunden fo. ähnlich find, haben einige geglaubet, fie wären von wirklichem Hagel gemacht, fo in dem Augenblicke hervorgebracht wor: den, Allein, wer die Hiftorie folcher Zufaͤlle betrach- tet, der wird finden, daß die Wunden von. einer durchdringenden Slamme gemacht worden. IV. Bey manchen Donnerwertern find vollfom- men runde Feuerfugeln bemerfet worden, welche, fo, wie fie fich fort bewegen, alle Wirfungen des Schla> gens eines dichten Körpers haben, welches fehr wun— derbar if. Solche Meteora oder Feuerkugeln, die aus den Molfen gefallen, haben die Erde oft gleich einer Bombe + fehr tief aufgepflünet und durchdrun⸗ gen. Man bat gleichfalls bemerket, daß, wenn diefe Seuerfugeln eine Hinderniß angetroffen, fie fich in fleinere ftrias zertheilet haben, und mir deucht, daß dieſe gebrannte Wunden von Feuerpfeilen oder. Su: geln hervorgebracht worden. Die Wirfungen bes Brennens erfcheinen oft auf der Haut, welche gedör- ret, zufammen gefchrumpfet, ſchwarz und verbrannt ift. Die Flamme, fo mit dem Athem eingezogen worden, hat oft die Zunge zufammengefchrumpft. V, Eine andere Wirfung iſt gemefen, daß Kör- per Durch das Blaſen ort von ihrem Drte beweget worden, gleich als wenn fie vom Pulver wären aufs geblafen worden, wovon fehr viele Erempel find. v1. Eine T Ebendaf. Vol.V. p.148. auf u. in die menſchlichen Körper. 285 VI. Eine dritte Wirfung ift ein großer Schlag von der Luft geweſen, die mit großer Gewalt wieder zucück gefehret, um das Gleichgewicht, nachdem der leere Raum gemacht worden, wieder berzuftellen, Als wern eine Pulvermüble aufgeflogen, fo find die Senfter der daran liegenden Häufer alle nach außen zu hingebeuget worden, indem die elaftifche Kraft der $uft in’ den. Häufern fich gezeiget,.da fie von dem, Gegengewicht der außern Luft befreyet worden. Die Geſchwindigkeit der Luft, Die in einen luftleeren Re— „cipienten hineindringet, gebrauchet , wenn man es auf eine Meile berechnet, 43 Secunden Zei. Eine Geſchwindigkeit von einer Meile in + Minute kann erftaunlihe Wirkungen zuwege bringen. Ich habe mit Leuten geredet, die nahe bey einem ſehr ſtarken Blitze geweſen, und von demſelben faſt todt nieder- geſchlagen worden. Dieſe haben mir geſagt, daß fie einen großen Schlag, als von einem harten Körs per gefuͤhlet. Biete folcher Leute, die nicht mitten in der Wirkung der Flamme geweſen, haben fich von diefem Schlage wieder erholet, Körper, die vom Donner gerühret. worden, haben oft Contufigs nen. Einige Leute, die der Donner geruͤhret, find beffer worden, nachdem fie ein Sieber gehabt, womit Raſerey vergefelffchaftet gewefen,. , Diejenigen alfo, die verwundet worden, find fehr fehmer zu heilen, wie _ e5 denn mit allem Brande gehet. Die ſchlaͤnglich⸗ ten und krummen Blitzſtralen werden nicht vom Zuge der ſchwefelichten Dünfte verurfächet , denn faſt eben daffelbe fiehet man, wenn einen ausgepump; ten gläfernen Necipienten mit ver Hand ſtreichet. Das 236. Bon der Wirkung der Luft: Das IX und legte Hauptſtuͤck. Praktiſche Aphoriſini die Luft anbetref⸗ fend, ſo aus der Lehre dieſes Verſuchs, und aus andern Schriftſtellern von epidemiſchen Krankheiten gezogen worden, wovon einige gewiß ſind, andre durch einige Bemerkungen beſtaͤtiget, und als Sachen, die noch ferner zu unterſuchen ſind, vor⸗ getragen werden, | 1 ie Luft ift der Grund des Lebens, ohne welchen 5 fein Thier einen Augenblick beftehen Fann. 1. Wie gute Luft das Hauptwerk zeug der Geſund⸗ heit iſt, ſo kann ſie auch mit Recht unter die groͤßeſten natürlichen Gluͤckſeligkeiten gerechnet werden. Wir finden, daß durch den Einfluß guter Luft ganze Na— tionen fähig find den Mangel vieler Bequemlichkei- ten des Lebens mit Zufriedenheit und Froͤhlichkeit zu ertragen, und das Gegentheil ift gleichfalls wahr. III. Menſchen haben vermittelftder Bernunft, und ihrer Kraft fi von einem Orte zum andern zu be- wegen gemwiffer maßen das Vermögen ſich wider die Vorlesungen der Luft zu vertheidigen; allein wenige haben die Wahl der $uft, in welcher fie leben, W. Die Gewohnheit macht die Menfchen fähig die Wirkungen der Luft zu erfragen, und macht ih- nen die Veränderungen, fo in ihren dichten und flüf- fiyen Theilen vorgehen gleichfam befannt und erträg- licher. Nach No. VIE Cap, V fönnen Thiere durch Bewvohnheif bie guftpumpe befier ausftehen, Daher ſoll ſich V. Ein anf u. in die menfchlichen Körper. 287 V. Ein jeder Menfch deſſen Lebensart es erfors dert, und deflen Conftitution es aushalten kann, in verfchiedenen Arten von Wirterungen an die Außer: liche $uft gewöhnen. VI. In der Wahl der Wohnungen der Menfchen muß aufdie Geſundheit der Luft Hauptfächlich gefehen werden. VII. Die Luft ift bey der Anfaufung eines Gutes eben fowohl ein befonderes Stück, worauf mit zu fe« hen ift, als der ‘Boden. VII. Die endemifchen Kranfheiten mäßiger geute find Wirkungen der Luft, und das befte Kennzeichen der Gefundheit der Luft, iſt das gewohnte lange Le⸗ ben der Einwohner, oder die Summe ihrer Todtens liſten. | | Be Die Beſchaffenheit der Luft in Anfehung des Ortes richtet fich nach den Husdünftungen des Bo» dens, und nad) denen in der Nachbarfiyaft, die von den Winden dahin gebracht werben. X. Ein fiefigter, fandigter, Ealchigter Boden bat nur fehr wenig Perfpiration, denn er ziehet Feuchtig- Feiten an fih, und ift alfo frey von ſchaͤdlichen Aus« Dünftungen. XI. Bon reichen, fetten, moraftigen Böden wird eine große Quantität und VBerfchiedenheit von Dünften durch die Wirkung der Sonne in die Höhe gezogen, und die Hige der Dberfläche der Erde mit- getheilee. Dergleichen Luft muß vermittelft dem, was darinn enthalten ift, verfchiedenelich auf die Einwoh⸗ ner wirfen, indem folhes aus Wafler, Del, Salz und verfchiedenen andern Dingen. beftebet, wovon die Yuflöfung des Ihaues die befte Anzeige gieber, I Folglich a ” 288 ° Bon der Wirkung der Luft Folalich find die reihen Boden, an den Ufern der Fluͤſſe in beißen $ändern, fehr ungefünd, 3 XII. Bloße wäßerichte Ausdünftungen find viele leicht nicht. fo ungefund, Boden, Die einen Ueber: flug daran haben, find folche, die Wafler in fich behalten, als Leimen- und ebener Grund, wo das Waſſer ſtill ſtehet, und ſchwammichte Gründe aufden Spitzen der Huͤgel, welche Duͤnſte an ſich ziehen. Xil. Die Eigenſchaften der Brunnen find Merk⸗ ‚zeichen vor den Eigenfchaften der Luft; denn beydes Luft und Wailer ziehen die falzichten und minerali« {hen Husdünftungen des Bodens an fi, wo alfo dos Wafler füge und geſund ift, da ift es die Luft wahrfcheinlicher Weife gleichfalls. XIV. Reuchtigfeit der Wände, Vermoderung des Hausgeraͤths, Flecke auf Metallen, Koften des Eis fens , Auswachfungen von Salz auf allerley Körs pern, Berfärbungen des Seiden- und Leinengeraͤthes find alles Merkmaale von Salzen und einer ungeſun⸗ den Natur und Befchaffenheit der tuft, Sieh. Cap, IV. No, VI. | XV. Ausdünftungen von trockenem Grunde, ohne einige von diefen ſchaͤdlichen Eigenſchaften, find von Natur heilfam und erfrifchend, wenn die Erde mit einer Schaufel oder einem Pfluge eröffnet wird, XVI. Bey Ausfuhung von $agen muß man auf die Ausdiinftungen des benachbarten Bodens fehen, die fich nach dem Drte richten. Eine Fiefichte Lage fann durch die Luft eines benachbarten Marfchlandes, fo von den Winden dahin gebracht wird, kraͤnklicht werden. | Er 2 XVII. Epi- auf u in die menfihlichen Körper. 289 “XV. - Epidemifche Kranfheiren, fo von fhäbdli- hen Dünften des Ortes herrühren, greifen Städte weniger, als das Sand an! denn in Städten ift von der Erde nicht fo viel Perfpiration, und‘die Luft ift gewißer Maßen fünftlich. In trockenen Froften bin. gegen, wenn die Perfpiration der Erde geftopft ift, greifen entzündende epidemifche Krankheiten die Kute in den Städten am meiften an, indem fie nicht fo viel arbeiten und wollüftiger find. Siebe Cap. VI. XVIII. Die Stadtlufe ift nicht fo gut fir die $unge als die Landluft; denn fie ift mit jchwefelichten Düne ften von verbrennlihen Sachen, und mit der ausge» dünfteten Materie von den Thieren angefüllet; daher befinden fich die Schwindfüchtigen und Afthmatifchen beffer auf dem $ande, | XIX. Die Stadeluft ift für Kinder und Säuglin- ge ungefund. Ein jedwedes Thier ift zum Gebrau- che einer frifchen, natürlichen oder freyen Luft einge» richtet. Daß man die Fünftliche Luft, (mie die Luft der Städte ift) ertragen kann, iſt eine Wirfung der Gewohnheit, welche junge Thiere noch nicht erlans get haben. Das große Sterben der Kinder unter zwey Jahren in London ruͤhret nicht gänzlich daher, meil es ihnen an den gehörigen Rochwendigfeiten feh⸗ let, oder weil viele unächte Kinder darunter find. XX. Die erſte Sorge bey Erbauung neuer Städte muß feyn, daß man fie luftig made, fo daß fie. wohl koͤnnen durchweher werden. Anſteckende Krank⸗ heiten unter Menſchen muͤſſen nothwendig fortgepflan⸗ zet werden, wenn fie gar zu nahe an einander wohnen, | 5 7 Sand. T xXI. Prie 2990 Von der Wirkung der Luft XXL Privathäufer muͤſſen billig alle Tage ein mal durchwehet werden, fo daß man die Thüren und Senfter öffnet, um die thierifeen Dünfte wegzubrin« gen XXIL Häufer, von welchen, der Wärme halben, * Wind abgehalten wird, und an welchen alles ſo iſt, daß alle aͤußerliche Luft ausgeſchloſſen * Pr A nicht die gefundeften feyn. XXI. $eute, die ihre meifte Zeit in einer $uft zubringen, die voller Dünfte von » Thieren, vom Feuer und von Lichtern iſt, werden oft mit Nerven. Eranfheiten angegriffen, Allezeit in einer Luft leben, in welcher Pflanzen verderben, Fann für Thiere nicht gut feyn. XXIV. Begräbnißpläge follten billig außerhalb den Ningmauren großer Städte feyn. | XXV. Die tandluft har im Frühling und im Som- mer einen beträchtlichen Einfluß auf die Menfchen vermittelft dee Dünfte der Pflanzen, welche die Gei- fter auf eine verfchiedene Arc ftimuliren, und viel- leicht erfriſchen; und aus eben der Lrfache ift die Luft eines bepflanzfen und eingefchloßnen $andes ganz anders befchaffen, als ein offenes, und in gemiffen Sällen niche fo erfrifchend. XXVI. In großen Breiten, wo der Unterfchieb der Hiße und Kälte groß ift, muß fich die Diaͤt und Kleidung der Einwohner mit den Jahrszeiten veräns dern. XXVI. Die Eigenfchaften der Winterluft in An— fehung ihrer Schwere, Dichte, Kälte, Trockenheit in Froſtwetter find fo befchaffen, daß fie eine Spannung der Fibern verurfachen. Die Diät muß alfo eröffs end aufm. in die menfehlichen Körper. 291 nend fern, dahin der Gebrauch lauwarmer wäßerich- ter Slüßigkeit und Baden gehoͤret. | | XXVIII. Der häufige Gebrauch fpirituöfer Ge« tränfe ift eher fchädlich als nüglich im Winter, und die Ausleerung wird erleichtert, nicht nur durch die größere Spannung der Fibern, fondern aud) wegen der häufigern Nahrung. XXIX. Kälte verftärfer bey den meiften Leuten den Appetit. Es ift in der Gefchichte derer, die in nor- difchen Gegenden durch Kälte umgefommen, daß fie den Appetit bis zulegt behalten. XXX. Leibesübung ift im Winter leichter auszuhal⸗ ten, und fie ift zue Beförderung der Perfpiration nothwendig, indem fie die Dauerhaftefte und befte Ver⸗ £heidigung wider die Kälte ift, und auch) zur beflern Verdauung der geöbern und häufigern Nahrung. die- net. XXX. Im Winter verurfachee ſowohl die Nah: rung als auch das Wetter Scorbut. Diefes zu heben ift der Gebrauch Won Pflanzen, wenn man fie haben Fann, im Winter nothwendig, und im Frühling muß die Hauptdiät darinn beftehen, und zwar um fo viel- mehr, meil alsdenn Öallenkranfheiten anfangen im Schwange zu geben. XXXII. Bertheidigungen gegen eine unerträgliche Hige, als Ruhe, Schatten, Wehen, Grorten, oder unterirdifche Derter, find eben fo nothwendige Berwah- rungen für die Hiße, als im Winter die Bertheidie gungen für die Kälte. XXXIII. Eine Luft, die der thierifchen nahe koͤmmt, oder go Grad beträgt, ift gefährlich, und die Wirfun« gen derfelben find plößlicher als die Wirkungen der * T2 Kälte, 298 Don der Wirfung der Luft Kälte. Hitze über go Grad macht das Weißeim Ey gerinnen. Heiß Wetter von langer Dauer muß große Veränderungen in menfchlichen Körpern verur- fachen. XXXIV. Die Hiße unfers Sommers ift felten aus» fehweifend oder dauerhaft, und folglich nicht ungefund, Während des Sommers weis man in unfern Gegen» den nichts von chronifchen noch von den fharfen Kranfe- heiten des Frühlings. XXXV. Die Krankheiten — Sommers ſind gemeiniglich die Wirkungen von gar zu plöglicher Ab— mwechfelung der Hiße und Kälte, XXXVI. Die plöglichften und oefäfefichiimg Wire _ fungen der Hiße fommen von gar zu — Veſchen nung der Sonne. XXXVI. Die Hitze der Luft muß fü — werden, daß ſie keinen gar zu ſtarken Schweiß verur⸗ ſache; denn dadurch werden die fluͤßigen Theile ver— Dicker, und die dichten fchlaff gemacht. XXXVIN. Gar zu große und poͤtzliche Abkuͤhlung durch Wehen kann gefaͤhrlich werden. XXXIX. Fieberhafte Hitze kann durch fühle Luft gemindert werden. Die Einrichtung der Luft in dem Zimmer eines Patienten iſt ein nothwendiges und wich⸗ tiges Stuͤck, ſo bey ſcharfen Krankheiten beobachtet werden muß. Die gar zu große Hiße und Trocken— heit der Luft ſind oft durch die Ausduͤnſtungen von Pflanzen in einer Patientenſtube gluͤcklich gemaͤßiget worden, inſonderheit durch Pflanzen von ſchlafbrin- gender Art, als Bilfenfraut, Schlüffelblubmen, Mohn u. d. g. XL. Große auf u. in die menfchlichen Körper. 293 XL. Große Kälte, fo auf große Hiße folger ‚ btins get Krankheiten hervor, fo gar kalte Mächte nad) heißen Tagen. Diele von den feharfen Krankheiten der Europäer in heißen Laͤndern, find daher entftan« den, daß fie fich unvorfichtiger Weife dem heitern oder nächtlichen Thaue bloß gefteller. XLI. Aus den Wirkungen der verfchiedenen Eis genfchaften der Luft ift es leicht zu beftimmen, mas für eine Luft für allerley Conftitutionen gut oder ſchaͤd⸗ lich) fen. Eine feuchte Luft mache ſchlaff, fie ſchicket fich alfo nicht für die, melche fehwache Fibern haben, und phlegmatifch oder fchrwulftig find. Kine trockene Falte Luft, dabey der Barometer hoch ift, ziehet die Fibern zufammen, und kann daher die, fo gedrungene Eonftitutionen haben, in entzüundende Kranfheiten ftürzen. Eine frocdene heiße Luft ift unbequem für duͤrre, hagere und cholerifche Leute; für die aber ift fie gut, die eine gegenfeitige Natur Haben, "XLH. Die beften Anzeigen von der Wahl der $uft merden von der Conftitution des Patienten, und den andfranfheiten der Einwohner hergenommen. Die Luft Frankreichs ift gut für bnpochondrifche Perfonen, und für die, fo fehmacdre Magen haben, Die bol- ländifche $uft, wo der Huften nicht fo häufig, ift für einige Arten von $ungenfüchtigen befler befunden, als die Luft wärmerer Sander. Die Luft derer $änder, welche durch Hiße öfters Blutfpeyen befördert, gar zu ftarkes Schwigen verurfacher, und das Fleiſch der Musfeln verzehret, Fann für einige Arten ‚von Schwindſucht nicht gefund feyn. T 3 - XLIO. Der — 294 ‚Don der Wirkung der Luft ‚XLIN. Der Scorbut. der Seefahrenden ift nicht bloß eine Wirfung der gefalzenen Speifen, fondern auch der Feuchtigfeit. XLIV. Es werden in den menſchlichen Körpern durch große Ausſchweifungen der Jahreszeiten große Veraͤnderungen verurfacher, und durch plögliche Ab- mwechfelungen der Witterung von einem Außerften Grade zum andern, imgleichen Dadurch, wenn man aus einer Luft in eine andere von ganz gegenfeitigen Eigenfchaften fich begiebt, als wenn Einwohner eis nes Falten $andes in ein warmes gehen, werden Die Dichten und flüßigen Theile in Bewegung gefeßet, und da diefe Bewegungen ungewohnt find, fo ftimuliren fie ftärfer, XLV. Eine $uft die heißer ift, als die natürliche Hi⸗ Ge des Leibes, Fann man nicht lange mit Sicherheit ausſtehen, zumal wenn die Saͤfte in einem entzuͤn⸗ deten Zuſtande ſind. Ich habe zwey Exempel von boͤsartigen Fiebern geſehen, die durch die heiße Luft eines Bades verurſachet worden. XLVI. Die Diät der Einwohner muß mit der Witterung und dem Clima verändertwerden. Biel: leicht kann man in Falter feuchter Luft einen ftärfern Gebrauch Ipivituöfer Getränke verftatten. XLVH, In folhen Witterungen, Gegenden und Ländern, die gar fehr heiß find, find Herzſtaͤrkungen von gewiſſer Are, als Wein und Spezereyen, nöthig. XLVIN. Krankheiten, die von Falter und feuchter Luft eneftehen, erfordern diaphoretica. XLIX. Wenn die Farbe der Einwohner Flar und lebhaft ift, fo iſt folches ein ig von gefunder Luft; und umgefebrt, E Die auf ir. in die menfchlichen Körper. 295 L. Die $unge junger $eute ift in der erften Zeit ih⸗ res Alters heiß und zart, und da fie unmittelbar von der äußerlichen Luft berühret wird; fo Fann fie von den Eigenfchaften derfelben, und von dem, was fie in ſich enthält, auf verfchiedene Art gerühret werden. Es it Daher die Wahl der Luft Zungenfüchtigen von einem ftärfern Alter von großer Wichtigkeit. Die $unge derfelben ift nicht fo heiß, und lederhafter oder zaͤher. LI. Die Kennzeichen vonzarten Fibern , fo gar von der $unge, find eine lebhafte biutreiche Farbe. Durch: fechtigfeit der Haut ift ein Zeichen von der Geſchmei⸗ digkeit und Zärtlichkeit ihrer Fibern. LI. Junge &ungenfüchtige find der Schtwindfucht, und alte der Engbrüftigfeit unterworfen. LI. Eine uff, die mit fehrefelichten Duͤnſten befchweret ift, fo wie in Städten, ift engbrüftigen Leuten ſchaͤdlich, nicht mur durch die Gefahr der Er- ſtickung, fondern auch) durch chroniſche Krankheiten, die durch unvollfommenes Athemholen verurfachee worden. Denn wenn das Athemholen unvollfommen ift, fo it auch das Blutmachen unvollkommen. LIV. Erfahrung. ift der befte Wegmweifer in der Wahl der Luft, oder die Befreyung der Einwohner von der Krankheit des Patienten. LV. Eine gute Berdauung beruhet auf eine gute Perfpivation und Blutmachung, und diefe auf eine gute Reſpiration. Daher ift die Wahl der Luft für die, fo ſchwache Magen haben, von großer Wichtigkeit. Eine falte feuchte Luft machet beydes die Perfpiration und Refpiration unvollkommen. LVI. Die Erde kann als ein zufammengefegter Körper unter der Digeftion der Hitze angefehen wer- T4 den. | 296. Don der Wirkung der Luft den. Durch die verſchiedenen Grade dieſer Hitze koͤn⸗ nen Ausduͤnſtungen von verſchiedener Art entſtehen, die auf einander folgen, und epidemiſche Krankheiten koͤnnen von ſolchen Ausduͤnſtungen verurſachet werden. Wir finden daher, daß der Fruͤhling und der Herbſt die Jahrszeiten epidemiſcher Krankheiten ſind. Die Deranderung der Hitze iſt am größten vor und nach dem Aequinoctio; Denn zu der Zeit verändert ſich die Abweichung der Sonne am gefehwindeften, LVH. Epidemifche Krankheiten mit allen Beſon— derheiten ihres Charafters, fommen auf die Beſchaf⸗ fenheit der vorhergegangenen und gegenwaͤrtigen Luft an. Ein geſunder Menſch wird oft ohne den gering: ften Fehler in nicht natürlichen Dingen, gleich nach fei: ner Ankunft an einem Drte, von der . epidemifchen Krankheit deflelben angefallen. . LVIII. Die Heilungsarten epidemiſcher Krank⸗ heiten, welche in einer Jahrszeit gut ſind, werden oft in einer andern ſchaͤdlich. Dieſer Unterſchied ruͤh⸗ ret von der Miſchung der Luft her, welche nicht nur nothwendig muß bemerket, ſondern auch billig auf— gezeichnet werden. LIX. Große Hitze und Kaͤlte, ſo auf einander fol⸗ get, verurſachet Seitenſtechen und Braͤune. LX. Fruͤhlings- und Herbſtkrankheiten kommen gleich den Pflanzen eher oder ſpaͤter, nachdem die Witterung ſie befordert. Hippokrates bemerket, daß die Herbſtkrankheiten des Nachts am heftigſten angreis fen. In dieſer Jahrszeit ſind die Naͤchte kaͤlter und laͤnger nach heißen Tagen. LXI. Die Cholera Krankheit findet fich gemeinig- lich im Herbfte ein, wenn die Galle Durch große En auf. in die menfchlichen Koͤrber. 297 ſehr erhoͤhet ift, wenn ſich des Tages eine ſtarke Per: fpiration finder, und des Nachts vielleicht abnimmt; fie kommt gleichfalls vom gar zu häufigen auche kalter Fruͤchte. LXU. Die gefährlichen Zufälfe verfehiedener Arten von fcharfen Krankheiten in einerley Jahrszeit, beruhen auf die Beſchaffenheit der Luft, und in Anſehung die⸗ ſer allgemeinen Urſache ſcheinen die Heilungsarten, ſo bey der einen gluͤcken, bey der andern gleichfalls ver» ordnet werden zu koͤnnen. LXIN. Die epidemifche Krankheit, das ift, die Hauptfranfheit einer Jaheszeit cheilet ihre Natur den andern Krankheiten mit; wie zum Erempel bös« artige Kinderblattern und ein bösartiges Sieber ohne Kinderblattern. Das Fieber, fo der Seuche vorherge— gangen, fie begleitet und darauf gefolger, war einer ley. Doctor Sydenham, von welchem dieſe fechs letz— ten Aphoriſmi hergenommen find, beftäfiger diefe Ans merfung. durch verfihiedene Erempel. Es kann alfo, nach) der Meynung diefes vernünftigen Mannes, LXIV. In der Arzeney nüglich feyn, Krankheiten allgemeine Bezeichnungen und Namen nach der Jahrs⸗ zeit zu geben. LXV. Es fönnen aus der Befchaffenheit der Sufe gehörige und nuͤtzliche ſowohl bewahrende, als auch heilende Berordnungen gemacht werden. Was Auf loͤſung und Fluͤßigkeit verurfacher, fcheinet in Falter Wie: terung; Diaphoretica feheinen bey feuchtem Wetter; kuͤhlende, ſcharfe, und ſtyptiſche Mittel bey heißer, und trockner Luft gut zu verordnen zu ſeyn. LXVI. Keine fünftliche Verwahrung, als wenn man fich 3. E. zu Haufe hält, fönnen wider eine alle T 5 gemeine 298 Von der Wirkung der Luft gemeine Anftecfung der Luft helfen. Die hat man augenfcheinlich an dem legten epidemifchen Eatarrhfier ber gefeben. Doch Fonnen dergleichen Berwahrun« gen die Wirfung etwas mäßigen. LXIX. Feuchtigkeit, welche die Erde öffnet, und darauf folgende große Dürre, die fie fehließer, brin— get eine kraͤnkliche Witterung zumege ; vergleichen find Thauwetter nach großem Frofte, Regen nad) großer Trockne. LXX. Kinder empfinden wegen ihrer biegfamen und zarten Fibern den Eindruck der Luft weit ftärfer, als Ermwachfene. Da fie diefelbe doch aber nachgehends ausftehen müffen, fo müffen fie durch alle fichere Mit— tel dazu gehärtet werden. Perfonen, Die ſich zu den Berlegungen der äußerlichen Luft und einer fehr einfa= chen Diät gewöhnet haben, empfinden die Berlegung der auswärtigen Luft eben fo wenig, als das ** Ich weis einige ſtarke Exempel davon. Was folget, iſt aus der epidemiſchen Hiſtorie Deutfchlands genommen. LXXI. Ein wäfferichter Winter, auf welchen große Hitze folger, bringet oft bösartige und tödtliche Fie- ber, imgleichen Biehfterben, zumege LXXII. Epidemifche und toͤdtliche Krankheiten fol⸗ gen oft auf Erdbeben. LXXIII. Das Wetter und die epidemifchen Krank⸗ heiten in einerley Himmelsgegend gleichen fich ein= ander; Die epidemifche Hiftorie von Deutſchland ſchickt ſich auch zu Britannien. » LXXIV. Gleiches Wetter bringet auch gleiche Krankheiten in jeder Jahrszeit zuwege: Ein warmer Winter die Krankheiten des Fruͤhlings, ein kalter und naſſer Sommer Fluͤſſe. LXXV. auf u. in die menfchlichen Körper. 299 LXXV. Diejenigen, welche heftige Kranfheiten von einer Art gehabt haben, befommen oft neue und gleichförmige Zufälle durch) Die Ausſchweifung der fol- genden Jahrszeit. | LXXVI. Suͤdliche Winde von langer Dauer brin« gen oft Fleckfieber zuwege. LXXVII. Bon Regen nad) ftarfem Frofte im Win⸗ ter entftehen Drüfengefehwülfte und erſtickende Fluͤſſe. Aus derfelben Befchaffenheit im Frühlinge entſtehet Bräune und Fleckfieber. Und was in einer folchen Wit⸗ terung merfwürdig iftz fo fangen Peftsäulen, welche vorhin geheilet worden, wieder an fich hervor zuthun. LXXVIN. Krankheiten von einer feltfamen und be⸗ fondern Natur find bisweilen auf eine unbeftändige Witterung gefolger, als Melancholie, Tollheit, fu- ror uterinus, fo anftecfend gefchienen. Dieß gefchahe zu Mannsfeld, 1698. | LXXIX. Bon einem fehr Falten und naſſen April find alle Krankheiten des Winters, Raſerey, Epi- lepſie, Catarrhen von allerley Art entftanden. LXXX. Sin der epidemifchen Hiftorie Deurfchlan- des werden viele von den Anmerkungen des Hippofra= tes befräftiger. LXXXI. Bon einer ungewöhnlichen Unbeftändig- feit des Wetters, und beftändigen Veränderungen des Windes von Often zu Welten entftehen epidemifche Rotheruhren. LXXXII. Bon der aͤußerſten Hitze in den Hunds: tagen, und einer regnichten Witterung entſtehen boͤs⸗ artige Fleckfieber. LXXXIII. Von Froſt und Schnee im April und May kommen ſehr toͤdtliche Kinderblattern und Rothe⸗ ruhren im Herbſte. . LAXXIV. / 300 Bon der Wirfung der Lurfe LXXXIV. Bon regnichter Witterung eneftehen ee Zahnfchmerzen, Flüffe, Engbrü- ftigfeit LXXXV, Große Unordnung der Witterung ver urfacht fehr viele epidemiſche Krankheiten, LXXXVI. Bon häufigen, ftarfen und plöglichen Veränderungen des Wetters fommen heftige Krank— heiten mit gefährlichen Zufallen. LXXXVI. In ordentlichen Witterungen gehen die gemeinen Sandfranfheiten nicht im Schwange, und find auch nicht tödtlich. LXXXVIII. Rauher Froft des Morgens, worauf im Sommer heiße Tage folgen, verurfacher ungewoͤhn⸗ liche gefährliche nachlaffende Fieber und Gelbſucht. Nach den Anmerfungen des Hippofrates hat man von Hige und Kälte in einem Tage SoerbiPEROUSDERERN zu gewarten. LXXXIX. Wenn bey Krankheit —— Witterungen ein Thau verknuͤpfet iſt, ſo wird ſolches durch Winde wieder gut gemacht, fo die Dünfte weg⸗ wehen. XC. Von einer außerordentlichen und anhalten⸗ den Kaͤlte entſtehet der Schlag mit andern gleicharti⸗ gen Krankheiten, nebft Flüffen und Schwindel. XCI. Bon großer Hige und Diürre fommen hißis ge anhaltende Fieber, mit Blurflüffen, Gallener- brehungen und Traurigkeit, XCH. Wenn Mehlthaue fallen, welche die Pflan« zen verderben ; fo ift Die Morgen» und Abendluft ge faͤhrlich. Mördliche und öftlihe Winde, welche die Perfpiration der Gewächfe hindern, indem fie ihren Geruch auf u. in die menfchlichen Körper. 301 Geruch hemmen, haben wahrfcheinlicher Weiſe auf Menfchen diefelbe WBirfung. XCIII. Epidemifche Seffifeiten beruhen nicht nur auf die gegenwärtige, fondern auch auf Die vorber« gehende Befchaffenheit beydes der Luft und des Pa» tienten. Eine heiße Witterung verurfachet oft Scors but und andre Ausbrüche der Hauf. Nachdem vor« ber Kälte gewefen, hat e8 Scorbute gegeben, Die durch die Hitze fehr verftärfet worden, wie man in den Me- moires der Academie des Scierf@es finder. XCIV. Ein Wetter, welches in menfchlichen Koͤr⸗ pern Feine unangenehine Empfindung verurfacher, ift gefund, fo lange es waͤhret. Allein die Unempfind- lichfeit, fo ein ſolches Wetter verurſachet, macht fie, in Anfehung der Bewegung ihrer flüßigen und dich» ten Theile, bey erfolgender Veränderung, weit ems pfindlicher, | XCV, Die epidemifchen Kranfheiten der Thiere, welche der Luft viel bloß gefteller find, beruhen auf die Beichaffenheit der Witterung. Der Unterfchied der Befchaffenheit des, was der Erdboden hervors —* wirket gleichfalls, aber nicht fo ſtark, als die uff. XCVI Tagebücher vom Wetter, von herrfchenden Kranfheiten, und glücklichen Hülfsmitteln würden den Menfchen, und infonderheit, fehr nüglich ſeyn. Aus ſolchen Tagebüchern koͤnnte eg vielleicht, möglich) feyn, beydes das Wetter und die epidemifchen Kranke heiten vorher zu fagen. \ XCVII. In Beurtbeilung der Befchaffenheit der Luft find verfchiedene Dinge, außer dem Wetter, zu bemerken, Die Krankheiten von Pflanzen und un« . ver⸗ 302 Von der Wirkung der Luft auf ıc, vernünftigen Thieren, das Stillfchweigen der Heu: ſchrecken in einigen Laͤnderg; das aufhörende Honig- machen der Bienen; das Wegziehen der DBögel ; häufige Inſekten; ſchwefelichte Duͤnſte; Toͤdtlichkeit der Krankheiten, die ſonſt nicht gefaͤhrlich ſind, von allen dieſen Dingen hat man bemerket, daß ſie was zu bedeuten haben. XCVIII. In Staͤdten, ſo mit der Peſt angeſtecket ſind, beruhet die kraͤftigſte Sorge der Policey auf die zeitige und geſchwinde Abſonderung der angefteck- ten Häufer, Straßen und Quartiere der Stadt, von denen, die nicht angeſteckt find, imgleichen auf den gehörigen Beyſtand der Kranken, und eine Enrfer- nung der andern Einwohner in eine luftige Ein. fchliegung in Zelten oder Barracken auf dem Felde, fo wohl durchweher werden kann. XCIX. Durch eine gute Regierung Fünnen viele von den Angeftecften gerettet, und viele Geſunde vor der Anftecfung bewahret werden, In der efchichte von der Peft zu Marfeille Fann man die übele Wir« fung der Unordnung und Berfäumung im Anfans ge, und die guten Wirkungen der Ordnung am Ende eben. Wie Die perupianifhe Ninde hat Kigenfchaften, die von derfelben als einem Antidoto in peftilentia= lifchen Witterungen fehr viel verfpr · chen. ED 3% III, NO- 303 UERE ENT EN Zn 2 m m ZZ 2 zZ ZZ. nn ° IL. | NOVI COMMENTARH ACADEMIAE SCIENTIARVM IMPERIALIS PETROPOLITANAE. | Tom.l AD. ANNVM MDCCXLVII-MDCCXLVM. Petrop. 1750. in groß Duart, 2 Alphab. 17 Bogen und Vetatpheräf 16 Rupfertafeln. achdem die Faiferliche Akademie der Wiffens % fchaften zu Petersburg nicht allein neue Verordnungen erhalten, fondern auch mit ihren Schriften eine merfliche Aenderung vorgenom: men, fo hat fie den Entfchluß gefaffer, gegenwärtigen Band unter demTitelder NovorumCoinmentariorum ang Licht zu ftellen, und die übrigen, zum Unterfchied der vorhergehenden mit eben diefer Auffchrift zu bezeich« nen. Sie bat fchon alle Abhandlungen, welche zu den vorigen Bänden der Commentariorum bis aufs Jahr 1746 gehören, unter die Preffe geliefert, um das mit die alten Commentarios zu befchließen. Diefe neuen hergegen werden meiftentheils aus phnfifch- matbhematifchen Abhandlungen beftehen, und die in den erſten Bänden befindliche hiftorifche Claſſe wird gänzlich weggelaffen werden. Man erblicket alfo in diefem Bande vier Claſſen, nämlich die bloß mathe matifche, die phyſiſch-mathematiſche, die bloß phyſi⸗ fie, worunter die Anatomie, Botanik und Chymie —J— begrif⸗ 304 Novi Commentarit Acad. Scient. begriffen, und» die aſtronomiſche. In dieſer letztern werden die aſtronomiſchen Bemerkungen jederzeit den aͤußerſten Platz behaupten, damit die ſpaͤt eingelaufe⸗ nen Obſervationen, nebſt denen, die noch waͤhrend des Drucks gemacht werden, allhier eingeruͤcket werden koͤnnen. Aus dem Edict, welches hier zu Anfang derer akademiſchen Statuten in lateiniſcher Sprache abgedruckt iſt, erſiehet man, daß Peter der Erſte, ben Gründung der kaiſerlichen Akademie der Wiſſen— fehaften.eine Summe von 24912 Rubel zu ihrer Er- haltung angelegt, und auch zugleich, Willens gewefen; feibft eine Akademie der freyen Künfte aufzurichten. Da aber biezu die gehörigen Unfoften noch nicht bes ſtimmt gewefen, fo hat die jeßige huldreiche Kaiferinn, als eine mächtige Befchirmerinn aller Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, gemeldete Summe noch um 28386 Rubel vergrößert, daß alfo zum Flor der Akademie und der Univerfität eine Summe von 53298 Rubel feftgefeßer worden, deren Verwaltung nach den Gefe- Gen der Akademie gefchieher. f Diefe findet man nun vor dem gegenmärtie gen Bande, tie fie namlich von der Kaiferinn ſelbſt beitätiget worden. Vielleicht iſt es vielen unferer $efer. nicht unangenehm, die Einrichtung und Außer liche Befchaffenheie einer Akademie in einem kurzen Abriß zu erbliden, wovon fie außer dem verdienten Kuhm, den fie ſeit ihrer Errichtung durch ihre Schrif ten und berühmten Mitglieder vor ſich hat, wenig Kenneniß erlanget. Wir wollen alfo bierinn ihrem Verlangen ein Gnüge leiften, ohne uns doch in-eine große Weitläuftigkeit einzulaffen, wodurch ihre Auf- mertfamfeit vielleicht dörfte unterbrochen — ie Imper. Petropol. T. '. 305 Die Afademie ift in zwo Claſſen abgetheilet, deren erfte die fogenannte Afademie,. die zweyte aber die Univerfität ausmachet. Die Glieder der eigentlichen Akademie befchäfftigen fich bloß mit den mwichtigften Dingen, mit neuen Erfindungen, oder mit Ausbefies tung der von andern erfundenen Sachen. Gie find Daher nicht gehalten, andere zu unterrichten, wo fie nicht befondere Lintergebene haben, over folches im Fall der Noth ohne Hindanfegung ihrer angemwiefenen Arbeiten freywillig auf fih nehmen. Die Elaffen, woraus nun die Afademie befteber, find 1) die Aftronomifche und Geographifche ; 2) die Phyſiſche, wozu Die Rräuterlehre, Zergliederung und Chymie gehöret ; 3) die Phyſiſchmathematiſche, die zugleich auf die ganze Mechanif, auf die zmierache Baufunft und die erfahrende Marurlehre ihr Abfehen richtet ; 4) die höhere mathematifche, worinn die Yufe gaben aus allen Claſſen gehörig geprüfet, auigelöfer, und nebft andern von fremden Dertern eingefandten Anfragen völlig entwickelt werden, Außer. den ordentlichen Mitgliedern, hat die Aka— demie noch zehn auswärtige, denen zu Belohnung der angewandten Muͤhe, fo fie bisweilen ben Aufld- fungen wichtiger Aufgaben für die Akademie uͤberneh⸗ men müflen, eine Penfion, die fich jedoch nicht über 200 Rubel erſtrecken darf, ertheilee wird. Man bat aber befchloffen, nach Abgange der jegigen Ehren⸗ mitglieder, nur folche hierzu zu erwaͤhlen, die in ver— fehiedenen Provinzen von Europa leben, mit welchen aljo ein Briefwechſel aus der. ganzen gelehrten Welt unterhalten werden Fann. Deswegen bat die Akade⸗ 7 Dand, u mie 306 Novi Commentarii Acad. Scient. mie außer diefen zehn auswärfigen Ehrenmitgliedern noch zehn ordentliche, die zum Unterſchiede derer übri- gen Profefforen Academici genennet werben, eder Academicus hat einen Adjundtum, woruͤ— ber er die Aufſicht führer. Dieſer folgt nach erwieſe— nem Fleiß und Kenntniß in feiner Wiffenfchaft in Die Stelle des Academici. Die Akademie wird von einem Praefide regieret, doch dergeftalt, daß alles unter dem Schuß und der Oberherrſchaft Ihro Faiferlichen Maje- ſtaͤt gefehiehet. Alle Academici und ‘Adjundi wers den vom Praefide erwählet, der darauf zu feben hat, daß fie alle ihre Gefchicklichkeit der Welt gezeiget, und die letztern rußifcher Nation ſind. Jedem Academi- co liegt ob, bey dem Anfange des Jahrs dem Praeſidi feine vorhabende Arbeiten zu melden, und von denfel» ben ſowohl, als auch von den Bemühungen feines Ad» junctes bey Empfang feines Salarii Rechenfchaft zu geben. Er muß ferner in der VBerfammlung feine - Abhandlungen öffentlich vorlefen, und darf ſich nur in der ihm angeordneren Wiffenfchaft halten. Neue Er⸗ findungen werden nur auf Machgeben des Praefidis in den Schriften der Akademie ans Licht gefteller, Der Secretär der Akademie muß dahin fehen, ein ordentliches Tagebuch von allen Berrichtungen der Akademicorum und dem, was in der Afademie vor= geht, zu halten, mit auswärtigen Gelehrten einen beftändigen Briefwechfel zu pflegen und alle Be— fehle und Anftalten des Vorfisers in Ordnung zu bringen. | Alle Abhandlungen, die ans Licht treten, follen entroeder rußifch oder Iateinifch abgefaffer fenn, Die ul Aca- Imper. Petropol. T. I. 307 Academici müffen ihre auswärtigen Streitigkeiten dem Praefidi übergeben, u. manmacht zu Anfang jedes Jahrs eine Aufgabe befannt, darüber die Gelehrten um Er— haltung des Preifes arbeiten follen. Sie follen aud) von ihren Ausarbeitungen eigenhändige Abfchriften an den Secretär geben, und die zu Haufe gemachte Verſuche in der Gefellfchafe öffentlich wiederholen. Sie find verbunden, die in ihrer Wiſſenſchaft her- ausgefommenen Schriften zu lefen, mit Anmerkungen zu erläufern, die nach Gelegenheit auch wohl in die rußifche Sprache auf Befehl des Vorſitzers üderfeger werden. Don andern gemachten Berfuche follen von ihnen in der Verſammlung nachgemacht, geprüft und in den Tagebüchern der Akademie beurtheilt werden. Ihre Schriften müffen, ehe fie gedruckt werden, in Gegenwart aller Mitglieder verlefen fern, und niche anders als mit Bewilligung des Prachdis ans Licht treten, - | | Ueber alle Sachen foll aufrichtig und gründlich ges urtheilet, und folches dem Praefidi angezeigt werden, der auch allein das Recht hat, andern den Zutritt bey einer Berfammlung zu verftarten, Jaͤhrlich werden drey feyerliche Zufammenfünfte ehalten, in deren jeder eine lateinifche und rußiſche bhandlung vorgelefen wird. Auch fenree die Afader mie das Andenfen der rußifchen Negenten von Peter I an. Zu Ende des Novembers werden die Arbeiten der Academicorum pom Secrerär in rußifcher Spras ‚che befannt gemacht. Der Präfes forget für die Auf vechthaltung der Gefeße, die vom Secretaͤr in jeder Berfammlung müffen vorgezeigee werden, ’ \ —F 5 Nun 308 Novi Commentarii Acad. Scient. Nun folget die Univerfitäat. Diefe bat ihre befon« dern Profeflores, die den $ernenden die Wiffenfchaf- ten entweder lateinifch oder rußifch vortragen. Ihre übrige Befchaffenbeit richter ich nach andern Univer« fieäten in Europa. Es werden dahin Diejenigen ver- wiefen, welche von ihren Lehrmeiftern in Sprachen zu einer Vollkommenheit gebracht worden, und koͤnnen ſich unter den Profefloribus in der Mathematif, Mas -turlehre und den Humanioribus üben. Auch koͤnnen die, fo auf der Ritterafademie geweſen, fich auf der Univerfität in den Wiflenfchaften vollfommen ma— chen. Ganz Arme (Capite cenli) werden nicht auf die Univerfität gelaflen. unge Yoeliche, deren Vermögen geringe iſt, wer⸗ den frey unterhalten. Man ſiehet nicht ben den Pro- fefforibus auf ihre Religion, nur muͤſſen fie fich eid- lich verpflichten, nichts wider Die Lehrfäge der ariedhi= fchen Religion ihren Zuhörern benzubringen. Der Präfes ertheilet ihr, nach dem Beyſpiele anderer Uni- verfitäten, Geſetze. Die $ernenden werden in der Dichtkunſt, griechiſchen und lateiniſchen Sprache, Rechen- und Zeichenkunſt, Meßkunde und den uͤbri⸗ gen Theilen der Mathematik, beyderley Geſchichte, Genealogie und Wapenlehre, Philoſophie und in den Alterthuͤmern unterrichtet. Der Praͤſes muß auch) zufehen, daß die Lehrenden als Sernenden den Gefe- Gen nachleben, und ihren Fleiß nicht ermangeln laffen. Wir müflen wegen Mangel des Naums überges hen, was fich bier ferner von der Kanzeley, von der Faiferlichen Bibliothef und der Kunftfammer, von der Buchdruckeren, den Buchladen, der Echrift: gießeren und von andern Künften finder, — die | ka⸗ Imper. Petropol. TA. 309 Afademie durch die gnädigfte Fürforge ihrer Stifter verfehen it. Man muß gefteben, daß alles fo weis- lich eingerichtet worden, daß das rußifcye Reich nur allein hiedurch verpflichtee it, Das Andenfen des großen Peters unfterblich zu erhalten, da er dieſem weitläuftigen Staate hiedurd) fo viele gefittete und Eluge Bürger verfchaffen, und die Wohlfahrt feiner $änder durch den Flor der Wiffenfchaften auf ewige Zeiten fichern wollen. Eben fo ftarf wird der Name der jeßigen Beherrfcherinn von Rußland veremwiget, da fie nicht nur dieſe Verfügungen ihres mächtigen Bor: fahren zu erhalten, fondern felbige mit fo viel neuen Vortheilen zu bereichern bemüher ift, daß man ihre billig eine zweyte Örundlegung der Akademie zufchreie ben koͤnnte. | | | Nunmehr kommen wir auf die Abhandlungen felbft, wovon man mit diefem erften Bande anges fangen, eine furze Geſchichte von jedweder voran zu fenden. Es erfcheint in der mathematifchen Claſſe zuerft Heren 2. Eulers Abhandlung von der Oberfläche eines ungleichfeitigen Regels und anderer Fegelförmiger Rörper. Herr Barignon batte in den Mifcell. Berolin. in der zweyten Fortſe— tzung, Diefe Sache zuerft auf die Bahn gebracht und unterfucher. Er fand eine frummie $inie, deren Eonftruction von der Bierung des Zirfels herrühret, und Durch deren Kectification die Flache eines jeden ungleichfeitigen Kegels koͤnnte beftimmet werden, Der tieffinnige Herr von Leibnitz machte zu Diefer Abhandlung einen Zufag, und fand eben dasjenige Durch die Rectification einer krummen algebraifchen tinie. Allein er verfah bierinn etwas, indem er bey uU 3 der 3ıo Novi Commentarii Acad. Scient. dem Bogen einer krummen Linie, deren er fi), bediente , die Dberfläche eines ungleichfeitigen Kegels zu beftimmen, unterließ, den Bogen der krummen tinie, um eine gewiſſe algebraifche Größe zu verkleinern, Herr Euler hebt diefen Fehler und be: werfftelliget die Darlegung der Dberfläche eines fol- chen ungleichfeitigen Kegels, deffen Grundfläche ein Zirkel ift, Durch Die Rectification einer algebraifchen sinie der fechften Ordnung. Es iſt einmal ein Bor- recht der mathematiſchen Abhandlungen, daß fie ſich feinesweges in einen Auszug bringen, weit weniger ſo umfchmelzen lafien, daß fie denen verftändlich wer: “den, die von der Mathematik Feine Kenntniß befi- Sen, Daher wir denn bey den euferifchen Abhand« lungen überall weiter nichts vornehmen, als daß wir anzeigen, was darinn gefunden worden, Wie es aber und durch welche Kunftgriffe es herausgebracht worden, überlaffen wir denen Liebhabern felbft nach— zulefen, und fic) in den tieffinnigen Rechnungen des Herrn Berfaffers zu üben, — Eben dieſen großen Mathematikverſtaͤndigen hat die zweyte Abhandlung zum Urheber. Er macht darinn einige neue Lehrſaͤtze von den Divifri- bus der Zahlen bekannt. Man muß nicht denfen, daß die Rechenkunft fehon fo vollfommen fey, daß nicht die Scharffinnigften nody immer etwas allda ‚finden follten, worinn faft gar nichts, oder doch fehr wenig gearbeitet fey. Herr Euler hat hier verfchiedene Vortheile im Dividiren aezeiget, die ſich in der hoͤhern Rechenfunft überaus que anwenden laffen, auch zu gehoͤriger Yuflöfung ſchwerer Saͤtze das Ihrige bey: Imper. Petropol.-T. I. zu fragen. Die Säge, die er hier vor fich nimmt, be: freffen Die in der ‘Sormel a® + bn enthaltenen Di- vifores der Zahlen, deren einige fchon Fermatius, wiewohl ohne Beweis, befannt gemacht. Er bat fein Augenmerk nur bloß auf ganze Zahlen gerichter, daher denn jeder vorfommende Buchftabe eine ganze Zahl bedeutet. Wir wollen zur Probe nur ein Paar von den Lehrfäßen anführen : 1) Wenn P eine uns theilbare Zahl ift, fo wird eine jede Zahl, die die Fors mel «(a4 b)P — aP — bP in fich begreift, fich durch P dividiven laffen. 2) Wenn jede von den Kor« meln a? — a und bP— b fich durch die Zahl P zertheilen läffer, fo wird auch die Formel (a + b) p — a—bfihdurd) P jertheilen laffen u. f.f. Herr Euler unterſuchet aud) Die diuilores bey den Quadra= ten, Biquadraten und andern Zahlen, die von höhern Porenzen find, In der Dritten Abhandlung liefert Here Euler vers ſchiedene geametrifche Beweiſe, insbefondere von dem einem $ehrfage, von dem Yermatius einen Beweis gefordert hatte, den auch: diejenigen verftehen koͤnn— ten, denen Die Algebra ganz fremde wäre, und dieſes thut Herr Euler, ob er gleich geftehet, daß der Bes weis durch die Analyfin leichter und fürzer fey. Webers dieſes liefert hier der Herr Verfaſſer auch einige tehr- Täße von den Flächen eines im Zirkel befchriebenen Dreyerfs und Vierecks. So ſchwer wie ſonſt die Frage: wie bie Bewe⸗ gung aller einzelnen Theilchen eines elaſtiſchen Weſens | 14 beſchaf⸗ 3ı2 Novi Commentarii Acad. Scient. befchaffen, wenn deſſen Gleichgewicht aufgehoben worden, hat Fonnen aufgelöfet werden, fo hat doch Herr Euler die ganze Sache mit ungemein großer Einficht unterſuchet. Dieſes zeigt die vierte Schrift, die von der Sortpflanzung der Schläge durch ein elaftifches Mittel handele. Herr Euler bes dienet fich folgendes Miktels. Man nehme erftlic) ein einziges Körperchen an, das an fich Feiner Ver— änderung fähig, doch aber, vermittelft zween elafti: fher Fäden, zwifchen zwo Wänden gehalten wird, Diefen Faden ertheile man folche Befchaffenbeit, daß fie defto größere Schneflfraft gewinnen, je fürs zer fie werden, und im Gegentheil diefe Elafticität um defto mehr geſchwaͤchet werden, je länger man die Faden machet. Diefes vorausgeſetzt, fo fiehet man, daß der von ihnen gehaltene Körper in einem beftän- digen Gleichgewicht und in Ruhe fenn werde, wenn die Fäden beftändig einerley tänge behalten. Wird hergegen der eine Faden länger, und der andere Fürzer gemacht, fo muß das Gleichgewicht aufgehoben werden and der Körper in Bewegung gerathen. Diefe Bewe- gung beftimme Here Euler ; jedoch mit der Bedin» gung, daß die Verlängerung und Berfürzung diefer Faden fehr Flein angenommen werden, denen als» dann die Federkraft allema! proportioniret feyn muß. Nachhero nimmt Hr. Euler zween Körper, die fowohl zwiſchen fich als zroifchen den beyden Wänden von zween elaftifchen Fäden gehalten werden. Diefe Körs per werden wieder im Gleichgewichte ſeyn, wenn Die Faden gleich lang, oder die Diftanz dev Körper von einander und won den Wänden gleich quoß iſt. Wenn alfo ein Körper näher an den andern koͤmmt hal olg⸗ Imper. Petropol. T. I. 313 folglich dadurch das Gleichgewichte aufheber, fo wird der nächftanliegende Körper audy in Bewegung ge: ſetzt, und in den andern Körper mwirfen. Daher wird die Bewegung in beyden Körpern anheben, die aber weit fehwerer zu beftimmen ift, als die vorige bey einem einzigen Körper. Denn jene mar einer Oſcillation ähnlich, diefe hergegen geht ganz Davon ab, und folches um fo vielmehr, je mehrere Korper vorhanden. Man muß vielmehr fagen, daß diefe legte dergeftalt befchaffen fey, daß der eine Körper fich gegen den andern bewegen würde. Ferner uns terfucht Here Euler, wie drey Körper fich bewegen merden, wenn fie gleich weit von einander abftün- den, und ihr Öleichgewicht aufgehoben würde. Ueber⸗ all hat er die fchärtften Nechnungen zur Hand ger nommen, und die Schwierigkeiten der ganzen Sache glücklich überftiegen, ob er gleich felbft geftanden, daß die genaue Anzahl Schläge, welche die Ges ſchwindigkeit ihrer Fortpflanzung ausmacht, ohne merflihe Erweiterung der Lehre von den Seriebus nicht zu boffen ftehe. Newtons Auflöfung, womit er die Gefchwindigfeit der Schläge anzugeben geglau—⸗ ber, ift nicht gar vortrefflich, fondern weicht ſehr oft von der geometrifchen Schärfe ab. Ganz zu Ende er» innert Herr Euler nochmals, daß ſich viele große Mathematifverftändige geirvet, die Die Fortpflanzung. des Schalles Durch eine Dfeillation herausbringen wollen, weiche die von einer Seyte oder tünendem In⸗ firument erregte Lufttheilchen hervorbrächten, da er doch allhier das Gegentheil dargethan daß namlic, fc bald mehrere Körperchen in einer Reihe angenom- men werden, alle Dfeillation verfchwindet, als die nur der Bewegung eines einzigen’ Körperchen jufömmt, Us. Hievon 514 Novi Commentarii Acad. Scient. Hievon hat Herr E. in feiner Schrift vom Lichte und den Farben umftändlicher ausgeführer. | Herr Euler unterfucht in dem Veen Stick den RunftgriffeinSchiff durch eine von innen ange- wandte Kraft zu bewegen. Es ift einebefannte Sade, daß alle Schiffe ihre Bewegung von einer äußerlichen Kraft haben, auch ‚fo gar. alsdenn wenn ein Bootsknecht das Schiff durch eine Segelftange vom Sande abftößet. Der verftorbene Herr Jac. DBernoulli glaubte, es gäbe einen Fall, da daffelbe bloß Durd) eine von innen angebrachte Kraft koͤnnte in Gang gebracht werden. In ſeinen Schriften, die 1746 herausgefommen, findet man einen da= hin gehörigen Auffag, den er mit ungemeiner Scharfſinnigkeit gefchrieben, Allein wie Herr E. niemalen etwas feiner Prüfung mwürdiget, ohne was die größten Mathematifverftändigen nicht recht ent- wickeln koͤnnen; fo unterfucht er auch Diele Abhand⸗ Jung des Heren Bernoulli und findet, daß diefer fich augenfcheinlich geirref. Er gab vor, daß die ordent- lihe Bewegung des Schiffes zwar durch ‚Außerliche Kräfte gefchebe, es fey aber ein Fall vorhanden, da das Schiff von innen durch eine Art von lebendigen Kräften koͤnne bewegt werden, Er hat aber nicht Acht gehabt, daß fodte und lebendige Kräfte bloß dem Namen nach unterfchieden, und folglich beyden eis nerley zufomme. Herrn Bernoullis Angabe koͤmmt auf ein Pendulum an, das ſich in dem Schiffe hin und her ſchwingen und durch feinen Stoß das Schiff forttreiben fol. Wäre diefe Erfindung richtig; fo müßte man fie allerdings dem Rudern vorziehen, und man Fönnte fich ihrer bey Windftillen überaus be: quem bedienen, ja. man Fonnte ſtatt eines srehen | | un | Imper. Petropol.-T. 1. 315 amd ſchweren Penduls 2. oder mehr Fleine annehmen, die vielleicht eben fo viel wo nicht mehr. ausrichteten. Es ift aber verdächtig, daß Herr Bernoulli dieſe Entdeefung, die vor: feinen übrigen einen Borzug verdienefe, nicht bey feinem. Leben befannt gemacht, und dem gemeinen Wefen einen fo vortrefflichen Nu⸗ Gen vorenthalten. . Daher kann man wahrfcheinlich urtheilen, daß er felbft die Mängel eingefehen, die fich dabey ereignen, und Deswegen damit nichts ans Licht getreten ift. Herr.Euler lehrt von dieſem allen das Öegentheil, Es finder fi, daß das Schiff durch Das Dendulum gar nichts vorwärts kommt, wenn nur eine richtige DBergleichung der Kräfte bey dem Steigen und Fallen und dem Stoße deffelben angeftele let wird. Diefes darzuthun nimmt Herr E. eine etwas leichtere Art an, als die, fo Herr Bernoulli betrachtet und darzu großer Nechnungen bedurfte. Er ſetzet nämlich, daß das Schiff. in einem Orte feft ſtehe; hierauf fucht er die Summe der Kräfte, womit es bey jedwedem Steigen und Fallen des Penduls rückwärts . getrieben wird, und die Kraft des Stoßes. Denn auf folche Weife kommt Die Kraft. heraus, womit das Schiff fo wohl vor-als hinterwaͤrts getrieben wird, Da überdieg die ganze Wirkung des Penduls in feinem Stoße, und dem Auf» und Nies ‚derfteigen beſtehet, fo fiehet man, daß das Schiff nicht die geringfte Bewegung nach vorne zu erhalten werde, wenn die Kraft aus dem Steigen und Fallen des Penduls, der Kraft deffelben und dem Stoße ‚gleich iſt. Hergegen wird fih die Sache anders ‚verhalten, wenn fic) unter den Kräften auf eine oder die, andere Weife ein, Uebermaaf fände. Dieſes bes ‚rechner nun Herr Euler und beweifer, daß die vom * Stoße 316 _ Novi Commentarii Acad. Scient. Stoße und dem Auffteigen und Niederfallen des Pen: duls dem Schiff erteilte gegenfeitige Kräfte fich auf⸗ heben würden, aud) wenn gleich das Pendul nicht in einem Quadrante herunter fiele, fondern nur Fleinere Bogen zurüclegte. Es ift ein befonderer Fall, den ‚Herr G ®; angiebt, da das Schiff ſich dennoch durch den Stoß eines Penduls vorwärts bewegen ſollte. Wenn nämlic) daffelbe auf einerrauben Fläche ſtehet, auf welcher es nicht anders, als durch ein merfliches Reiben fortgebracht werden Fann, fo ift deutlich, daß es Durch das auf-und abfteigende Penduln nicht wird fünnen hinterwärts getrieben werden, wenn ber Stoß zulänglich, es auf diefer rauhen Flaͤche mit einmal ein wenig vorwärts zu fehieben. Herr Cra- mer, der die bernoullifchen Schriften fo vorirefflich er- Yäutert, hat fehon den Fehler des Heren Bernoulli eingefehen,, ihn aber wegen Befchwerde der Rech— nungen nicht ausbeflern mwollen, Das Vlte Stuͤck hat den Heren Kraft zum Urhe« ber. Er Töfer darinn einige zur Eflipfe gehörige Aufgaben auf. Er beweifer z. E. den Lehrſatz, daß in einer Eflipfe die Summe der Quadrate aus den Semidiametris conjugatis gleich fey der Summe der Duadrate aus der halben Achſe derfelben Ellipſe u. ſ. f. Herr Kraft hat auch ĩ in der folgenden Abhand⸗ lung einige geometrifche Säße erwiefen,, wovon ihm einer von Heren Euler zugefchieft toorben. Der erfte ift aus zwo gegebenen Seiten eines fpißwinfelich- ten Dreyecks und dem dazmifchen liegenden Winkel die Größe der dritten Geite zu finden. Ein anderes FÜ 2 —V— Zu —, 7 2 N NE: 5: I x = z “ R — * > N un — * > REES ” —WGRVVV⸗ — VeNZ x ’ WJeRs s J. Fort ſetzung des im vorigen Stuͤcke abgebrochenen Auszuges, aus ben Schriften der kaiſerl. petersburg. ih Akademie, Au, n der folgenden Schrift zieher Hert Sy Michmann eine Erfahrung in Er⸗ mägung, wodurch er wmahrgenoms REN men, daß fich Die Luft durch das ge= feierende Waſſer auf den 1837 Theil zufammen zies bet; dabey berechnet er, was fir Kraft das ſich durch den Froſt ausdehnende Waſſer zu Zerſprengung ei⸗ ner Bombe anwendet. Herr Hales hatte gefunden, baß die Luft fich gedachtermafen durch die Kälte zus ſammen drücken ließe, Herr Yuffon, der Here Has les Werk von der Starif der Pflanzen franzöfifch her⸗ ausgab, Drache in der Rechnutig eine weit kleinere ah Y. Zahl 340 Fortſetzung des Auszugs aus den ahl heraus, als in der Urſchrift befindlich war. Herr Richmann entdeckt den Fehler in der Rechnung des Herrn Buffons, der naͤmlich, da er den Diame⸗ ger der ganzen Kugel, der fich Hales bedienet, her- ausbringen will, nur eine Dicfe der Seite annimmt, da man doch billig zur Capacität der Kugel alle beyde Seiten nehmen muß, ihren ganzen Durchmeffer zu erhalten, ‚Eben diefer Gelehrte liefert uns hierauf eine Er: - Elärung, mober es fomme, daß das Queckſilber im Wärmenmaaf, wenn es ausden Waffer gezogen wor- den, in der $uft oder im wärmern Wajfer falle. Er bat diefen Berfuch oft wiederholt, und allemal gefe: ben, daß der Mercurius im Glaſe, wenner aus dem Waſſer gehoben, innerhalb 5 Minuten auf 9 Grad gefallen, ob gleich die äußere Luft einige Grade wärs mer, oder doch menigftens mit dem Waſſer gleich ge» weſen. Zur wahren Urſache hiervon zu gelangen, fand er erftlich, daß, fo lange der Mercurius fiel, die aus dem Waffer gezogene Kugel jederzeit naß blieb; und fo bald fie trocfen wurde, zeigte auch das Queckſilber wiederum den wahren Grad der äußeren Suft, und hörte auf zu fallen. Weit er fich nun vor» ber mit der Vermiſchung unterfchiedlicher eismachen⸗ der Materien befchäfftige hatte, fo fam er auf die Gedanken, ob nicht vielleicht in der’ Luft etwas vor⸗ banden feyn möchte, das fich mit der Feuchtigkeit auf‘ der Kugel vermifchen und das Queckſilber fallen mas. chen fonnte? Mufchenbroefs Berfuche zeigten deut⸗ lich, daß wenn 2 Drachmen vom Sale.vrinae volatili, mit einer Unze Waffer vermifcht würbem, dadurch eine Kälte entftanden, worinn das, Thermometer auf, | 42 ge⸗ Schriſten der K. petersburg. Akad. 341 42 gefallen wäre. Eben dieſes ſey auch geſchehen, wenn man anderthalb Unzen Waſſer zu einer halben Unze Kienruß gegoſſen. Dergeſtalt kann auch das Waͤrmenmaaß des Herrn Richmanns gefallen pr wenn fich nämlich, nach feiner Meynung, in der folche flüchtige Salze aufgehalten, fich mit dem Wa fer vermifcher hätten, und Dadurch eine Urfache des fallenden Queckſilbers geweſen. Er bat den Berfuh | des Heren Mufchenbroefs nachgemacht, und ein Sal volatile in gewiſſer Weite unter das Gefäße des Ther⸗ mometers gelegt, damit es fih mit dem Waſſer an demfelben vereinbaren und gedachte Wirfung hervor— bringen follte, Es ift aber nicht die geringfte Wirs fung erfolget. Ob ſich folche Salze in der $uft aufz halten, überlaße.er den Chymicis. Er begnügt fich, beftimmen zu fönnen, daß die Urfache theils in der Feuchtigkeit an der Kugel, theils in der Befchaffen- I der außern Luft, nicht aber in der Ausdehnung 68 Glaſes in der Kugel zu fuchen fey, wie fich einige Naturforfcher faͤlſchlich überreden wollen. Dieſes letzte glaubt er deswegen widerlegen zu koͤnnen, weil ſehr oft der Unterſchied der äußern Luft und des Waſ—⸗ fers, worinn das Thermometer geftanden , entweber, gar gering gewefen, oder zumeilen gänzlich gefehlet, daß alfo das Glas nicht habe Fünnen Davon ausges, dei net werden, und dadurch fey das Queckſilber ges wohnlicher Weife gefallen. ar In dem folgenden Stück liefert Herr Kragenftein, eine neue Methode, fich der ‚langen Sehroͤhren bes, quem zu bedienen, Die ganze Cache läuft darauf. hinaus, daß man das Bild eines Geſtirns unter e nem Winkel von 45 Graden oder drüber mit einem * N 3 Spiegel 342 Fortſetzung des Auszugs aus den Spiegel auffange, und das Sehrohr ſo richte, daß Bie Achſe der Glaͤſer mit dem Mittelpunct des Spies gels und des darin aufgefangenen Bildes in eine gerade Linie falle, und man alfo felbiges durd) zu- ruͤckgeworfene Strafen erblide, Er bar bey diefer Gelegenheit die Erfindung des Herrn Graveſande erfäntert, den Spiegel dergeftalt durch ein Uhrwerk zu bewegen, daß er die Strafen eines Geſtirns bey I ‚Höhe und Declination deffelben unter einerley Winkel auffange, und folglich die Richtung der zus ruͤck geworfenen Stralen einerley bleibe. Der Mugen von dieſer Methode äußert fich fo gleich, wenn man die Vortheile bedenfr, die man in den Obferyationen, aus dem feften Stande der Lichtſtralen und der Sehröhre Haben fan. Ja die langen Ferngläfer von 1oo und mehr Schuhen laffen fich bier ohne Schwierigkeit an» wenden, Herr Kragenftein übergeht auch nicht die Schrierigkeiten, die diefe Erfindung begleiten, Die vornehmſte ift feines Erachtens, daß die metallenen Spiegel nicht allemal fo gut zu haben find. Denn die gläfernen taugen zu gegenwärtigem Unternehmen nicht, weil von ihnen die Reflerion doppelt geſchie— bet, Diefe metallene Spiegel müffen oben überaus que police feyn, mie die großen. Objectivgläfer , welches geſchickte Künftler heute zu Tage in den Hohl⸗ ſpiegeln gar wohl bewerfftelligen. Den halben Durch» meſſer ber Höhlung des Spiegels rath Herr K. etwas arbßer als den radium ber Höhlung des Objectivgla⸗ 68 zu machen, bamit nicht die Sänge des Sehrohres bier eine Hinderung in den Weg legen, und das Bild, dunkler vorgeſtellt werde, — — am Schriften dev K. perersburg. Akad. 343 In der phyſiſchen Claſſe fteht Herr Kaau Boer⸗ havens Geſchichte von einem für einen zwitter gehaltenen Schafe, oben an. Es find ſchon eini- ge Naturlehrer und Arzneyverftändige gemwefen, die die Ziwitter in Menfchen und Thieren gänzlich geleug« het, indem fie bey genauer Prüfung wahrgenom» men, daß fie nur zu einem Öefchlechte gehören, und ‚ außer der DBerftellung ver Geburtsglieder nichts dem andern Gefchlechte nl an fich haben, Hr, K. giebt in diefer Schrift eine gar feltene Nachricht von 4 Knaben, deren jedes Paar von verfchiedenen Aeltern gebohren worden, und doc) eine ganz ähnlis che DVerftellung der Geburtsglieder haben. Man hat nicht koͤnnen einig werden, zu welchem Gefchlecht man fie eigentlich vechnen folle. Herr Gmelin und Here Wilde haben ſchon darüber geſtritten. Der erfte hat fie dem weiblichen, ver legte aber dem männlichen Geſchlechte wollen zugefellet wiſſen. Sie haben hierüber weitläuftige Schriften gewechſelt. Auch der derftorbene Herr Weitbrecht Hat eine Schrift davon Hinterlaflen, aus welcher Herr K. die ganze Beſchaffenheit diefer 4 Knaben anführe, und eine deutliche Erzählung deffen, was man bey ihnen wahr« genommen, beybringe. Endlich, da er felbft in Zweifel geftanden, welcher Meynung am beften bey⸗ zutreten fey, ward der Akademie ein Schaf über bracht, bey welchem die Geburtsglieder eben fo ver- ftelle und geftaltet waren, als bey den Knaben. Herr KR. zerlegte daffelbe, und fand es männlichen Ges ſchlechts, daher er denn wegen der großen Aehnlich— keit überführt wurde, daß in den Knaben feine Ver: mifchung des Gefchlechts zugegen, fondern alle vier — 24 zum 344 Fortſetzung des Auszugs aus den um maͤnnlichen Geſchlecht gehoͤrten, welches fi auch nachgehends noch gewiffer ‚erhärten laffen. Ueberhaupt glaubt Herr K. daß das Gefchlecht nie- mals in einem Menfchen jo. vermifcht feyn Eönne, daß eg wirklich zu beyden zu rechnen, fondern daß man wirklich nur ein einiges in demfelben ‚antreffe, Er gründet ſich auch hierinn auf herfchiedene, Erfahrun- gen da man in vielen für Zwitter gehaltenen Per. 9 eine wirkliche weibliche Ruthe bemerket, die aber Anſehen einer Harnroͤhre gehabt. Der Bi B. hat noch ein Erempel beygebracht, da eine Murter ihre Tochter zu der Akademie gebracht, und das Gurbefinden derfelben über die zweifelhaften Ges Burtsglieder eingeholet. Herr Weicbrecht befichtigte fie, und nach vielen Unterſuchungen ward er uͤber— zeugt, daß ſie maͤnnlichen Geſchlechts ſey. Zu Ende werden noch einige vermeynte Zwitter beygebracht, die aber Maͤnner geweſen, und, ungeachtet ihre Harnroͤhre kurz und ſonder Die gehoͤrige Oeffnung ger weſen, geheirathet und Kinder ereugt haben. Don ‚Herr Weitbrechten lieſt man auch eine Schrift, die er non. der Baͤhrmutter hinterlas⸗ fen, Er har erfahren, daß bie Seiten derfelben in der Schwangerfchaft dünner geworden Sie ſind in bieſem Zuftand 3 Linien, außer der Schwangerſchaft bergegen 4 oder 5 dick geweſen. Zu Anfang. hat, e8 gef@ienen, als wenn fie wie eine dünne Leinwand oder Papier gewefen, nachdem fie aber: aufgefchnitten worden, hat man das Gegentheil geſehen. Die Baͤhrmutter iſt ſchwammicht und mit, vielen. Eleinem Gängen gleichfam durchloͤchert geweſen, die aber bey ber Zerſchneidung nichts in ſich gehabt, a — - Schriften der K.petersburg. And. 345 iſt beynahe ͤberall gleich ‚gewefen, außer gegen unten zu wo fie etwas zugenommen, An dem Orte wo ſie enger geworden, iſt ſie auch duͤnner geworden. Here W, hält es mit dem Mauriceau und. glaubt, die» ⸗ jenigen irren ſich, die die Dicke der Baͤhrmutter nad) dem. Durchſchnitt, der quer durch fir gefchiehet, ſchaͤtzen „oder fuͤr die Dicke (er aflitiemm) eine Dichtige feit (denfitateın) wie Graaf gethan, annehmen. Er’ hat uͤberdieſes in den Blutgefaͤßen der Gebaͤhrmutter in der Schwangerſchaft eine große Aenderung ange⸗ i troffen. Geine Beobachtungen zeigen, daß die in⸗ nere Hoͤhlung der Gebaͤhrmutter mit keiner beſondern Haut uͤbherzogen ſey. Den kreisfoͤrmigen Muskel des Ruyſchens hat er auf dem Grunde der Baͤhr⸗ mutter nicht angetroffen, ſondern an deſſen ſtatt auf den Seiten gegen die oſcula der fallopianiſchen Röhre einen Kreis von Muskeln geſehen, ſo daß das Dfeus lum der Roͤhre der Mittelpunkt dieſes Kreiſes gewe⸗ fen. 14 Dies» Breite deſſelben betrug 2 Zoll. Der Mutterhals foll wahrend der Schwangerfchaft, in gleichen Zeiten nicht gleichmaͤßig ausgedehne werden, als wohl der Grund, derfelben. Die Länge der ins wendigen Höhle hat er uͤber 8 und die größte Breite beynabe 7 Zoll gefunden, welche Weite zulänglich gewefen, einefiebenmonatliche Frucht mit ihren Häuten und dem Mukterfuchen zu faflen, Die federhaften Runzeln (ruge pennatz) des Hubers oder die valvu- las hat er unter einem, Rotz (mueus) erblickt, die nichts andersgewefen,als zarte Häuschen zu halbenund ganzen Sinien breit, deren tage und Befchaffenheit er in eis nen Abriß bringen laſſen. Ferner giebt Herr W. Nachricht, wie durch, ME IE u) 5 9 des 346 Fortſetzung des Auszugs aus der des Graafs beftärfer werden, und erläutert hierauf bie Meynung von den nabothifchen Eyern, die unter einigen Arzeneygelehrten herrſchet. Seine angeftell en Berfüche haben ihn gelehret, daß es nicht orga⸗ nifche oder urfprüngliche Theilchen eines. thierifchen Körpers, folglich auch Feine Eyerchen noch Waſſer⸗ bläschen , fondern bloße zufällige Körperchen wären, die durch das Drücken und durch die Maceration ent: ehen, | —D— IN . Herr Raau Boerhave hat inder folgenden Abhand- Jung fünf anatomifche Anmerkungen mitgetheilet, Die erfte meldet, daß er bey einem erfrornen Maune in dem Gehirn eine große Entzündung angerröffen.Ue- - berdieſes ift die inmendige Höhlung der haͤrtern Hirn« haut auf der rechten Seite mit einer Haut überzogen geweſen. Er weis nicht, ob viefelbe aus der Inflam⸗ mation entſtanden, oder ob ſich die zaͤhen Feuchtig⸗ keiten bey ſtarker Ausdehnung der Gefaͤße vom Froſt wie eine Haut zuſammen gezogen, oder ob ſie dieſem Menfchen angebohren ſey. Die zmeyteizeigt) daß bey einem verftorbenen Soldaten die harte Hirnhaut, fo wohl an der Hirnfchale, als an dem duͤnnen Haͤut⸗ chen fehr feft gefeffen, und an einigen Orten dicker geweſen. Er bat auch daſelbſt Fleine härtliche Ge- ſchwuͤre wie Gerftenförner gefehen. Zwifchen den Häuten hat eine fadenartige Materie gelegen, 1004 durch fie zufammengehalten worden. Sie ift knorp⸗ liche gewefen, und bat fich nicht leicht zerfchneiden laſſen. In den Hirnfammern ift wenig geweſen, die noch dazu wie geronnen Blut roch und gilblicht aus⸗ gefehen. Die Zirbeldrüfe ift Hart und gleichfam ge: ſchwollen gewefen, Herr K, füge noch einige Pen" ey, Scheiftender Kwetersburg. Afad. 347 bey, wodurch er glaubt, daß das Gehirn und die übri- gen“ Theile deffelben in ſolchen Zuftand haben gelan⸗ gen koͤnnen. In der dritten Obſervation giebt der Herr V. von einer Faͤulniß, die ſich an den voͤrdern Hirnlappen zugetragen. Es iſt fo ſtarker Eiter da⸗ felbft geweſen, daß die Gefäße des duͤnnen Haͤut⸗— chens faft darinn geſchwommen. Auch iſt uͤberhalb der haͤrtern Haut ein ſtinkender Eiter geweſen. In der vierten wird gemeldet, daß der Herzbeutel bey einem Elephanten an die Lungenhaut gewachſen gewe⸗ ſen. Herr K. giebt dieſes als eine Urſache an, daß viele den Herzbeutel gar nicht bemerkt, und ihn mit- Hin nicht für fo nöthig gehalten. Dieſe werden bier widerlegt. Herr K. giebt viele Gründe au, wat: um derfelbe unenfbehelich fen, und wie das Anwach⸗ fen’ diefes Herzbeutels Habe gefchehen koͤnnen. In der fünften fommt ein Ei einem todten Körs per vor, da alle Eingeweide in einander verwachfen ee Zwiſchen venfelben hat er wiederum eine fadenartige Materie gefunden, deren Urfprung er von dem, bey einer Inflammation aus den noch uͤbri⸗ gen nicht verftopften Gefäßen zu häufig ausgepreßten Blüte herleitet, wodurch der Kreislauf und die Tran- fpiratiom durch eben diefe Gefäße zu fehr vermehret wird. Hierdurch entſtehet zuerſt zwiſchen den erwei ⸗ terten Theilen ein fpirituöfes und waͤſſerichtes, nach⸗ mals ein dergleichen feröfes Weſen. Daher ſamm⸗ let fi bey Entzündung der $unge und einer inwendi gen Haut des Unterleibes, zwiſchen biefen Theilen erſtlich eine Feuchtigkeit, die nachgehends ſtagnirt und durch die beftändige Bewegung der Bruft in Fäden gezogen wird; wie 68 zu gefchehen pflegt, ung) der 37 eim 348 Fortſetzung des Auszugs aus den Leim zwifchen zwey Brettern Fäden feger, wenn man Die Bretter voneinander zieht, Er iſt hierinn be⸗ ſtaͤrkt worden, da er unter der Haut der jungen Kits der eine fettige und rotzigte (eitrichte) Subftans an- getroffen, bey alten $euten fie. hergegen dicker und fa- Denartiger: geſehen. — J fen hat Herr Kt, beygefuͤgt eine Lunariam und ein Thalictrum. 5 | ka * dan — —— nah mi * Schriften der K. petersburg Akad. 349 In der aſtronomiſchen Claſſe erſcheinet zuerſt Herr $. Eulers Abhandlung vonder Bewegung der. Wjondfnoten und der verfcbiedentlichen Neigung des Wiondes gegen die Ekliptik. Es iſt bekannt, daß jeglichet Planet feinen Lauf in eben derfelben Fläche fortſetzt, und ſich nach den kepleri⸗ ſchen Geſetzen in einer Ellipſe um die Sonne be— wegt. Sein Ort iſt daher am Himmel, durch eine einzige Equation, die von der oki der Lauf⸗ bahn abhängt, gar leicht zu finden. Allein mit der Bewegung des Monds verhält es fich ganz anders, Sie iſt nicht fo einformig wie die Bewegung der Dias neten. ie gefchiehet nicht in.einerley Fläche. Ja wenn man die Flaͤche der Mondbahn durch den Mit: telpunct der Erde ziehe, fo wird nicht allein die Kno- tenlinie, fondern auch felbft die Neigung diefer Släche gegen die Efliptif beftandig verändert. Der Mond behält auch nicht immer einerley Weite von der Erde, Und ob ſich diefes gleich auch bey andern Planeten finder, fo wechfeln dennoch bey dem Monde die zween Puncte, da er von der Sonne am meiteften und ihr am naͤchſten iſt. Viele andere Lngleichheiten zu aefchweigen, die fich fonft noch in der Bewegung des Monds finden, Daher ift es überaus ſchwer wor⸗ den, feinen Gang recht zu beftimmen, und feinen ‚am. Himmel zu einer jedem’ gegebenen Zeit anzuzeigen. Kepler fand endlich für die Planeten feine befannte Regel, und Neuton' beftärfte fie Durch ‚feine Beobachtungen, die mit dem feplerifchen Geſetz vollfommen übereintrafen, Von ihm rühret die all⸗ gemeine Schwere her, die die himmlifchen Körper ron m; und — man ihre Bewe⸗ ‚gung 350 Fortſetzung des Auszugs aus den gung durch Hülfe mechanifcher Gründe herausbrin: get. So gut ſich aber hieraus die Bewegung ber Hauptplaneten berechnen läßt, fo fehwer" wird es dennoch, wenn man die Sache mit der Bewegung des Mondes verfuchee. Denn er wird nicht nur von der Erde und der Sonne zugleich angezogen, fon» dern diefe auf ihn wirkende Kräfte find aud) nicht ſo gering, daß man fie in Bergleihung mit andern aus den Augen fegen koͤnnte. "Man muß verfchiedene Kräfte, nämlih der Erde, des Mondes und der Senne nebft ihren Wirkungen gegen einander in Be⸗ trachtung ziehen, ja man muß die Bewegung drey⸗ er fich wechlelsweife anziehender Körper vorhero ber. flimmen, ebe man etwas für die Bewegung des’ Mondes herausbringen kann. Meuten bat fich vor’ allen zum erften viele Mühe gegeben, hievon etwas gründliches zu fagen, und Herr Euler gefteher offen» herzig, daß niemand von denen‘, die nad) dem Meus ton hierinn gearbeitet, denfelben erreicher zu haben ſcheinet. Herr E. bat fic) felbft oft darüber gemacht, ift aber durch die erftaunende Befchwerde der Rech⸗ nungen, und dieunüberwindlich fcheinenden Schwie⸗ rigkeiten allemal abgefchreckt worden. Wenn er ja etwas herausgebracht; fo ift er dennoch nicht ſo weit als Meuton gefommen. Er ſchreibet folches der Methode zu, deren er fich zu Auflöfung gedachten Satzes bedienet. Endlich aber ift er auf einen Weg gerathen, wo er durch DVerfürzung der Rechnung fein Vorhaben erreichere, und dasjenige ausfitdig machte, was der Titel vieler Abhandlung verfpricht. Er hat zuerjt den teichteften Weg erwähler, und die Bewegung zweener Körper ausgerechnet, bie ſich wechſela⸗ Schriftender K. petersburg Akad. 351 mwechfelsweife anziehen, um hernachmals die Körper gegen einander zu halten, ‘Daher beftinimt er. eben: falls die Bewegung der Sonne. Ferner nimmt er zu Erleichterung der Auflöfung an, als wenn bie Sonne um: die Erde beweget würde, da es doch wirklich umgefehrer if. Denn in der Sternfunde fiehet man nicht fo wohl auf die wahren als fcheinba» ven Bewegungen. Man nimmt aber die Erde in Ruhe an, wenn man fich vorftellee, daß die ganze läche, darinn ſich Sonne und Erde bewegen, eine gleichförmige, aber doch derjenigen widrige Bewe— gung empfingen, wornach die Erde anjetzo fortgehek. Gleichergeftalt muß man annehmen, daß auf bie Sonne eben die Kraft, welche die Erde beweget, in entgegengefegter Richtung wirket. Auf diefe Art findee man zwar nicht, wie die Bewegung der Son« ne und des Mondes wirklich befchaffen fey, fondern wie fie erfcheinen würde, menn der Zufchauer in dem Mittelpunct der Erde unbemweglich ftünde. Herr Euler unterfucht alfo die Kräfte, wodurch die Bewe« gung ber Sonne moͤglich gemacht wird. Nachge⸗ hends thut er eben diefes in Anfehung des Monds, und zeigt, wie die Gefchwindigkeit der Knotenlinie muͤſſe befchaffen feyn, und wie man fie finden koͤnne. Der Herr V. hat überall die ftärfften Rechnungen zur Hand genommen, die wir, wie ſchon oben erin« nert, dem eignen Vergnügen der Liebhaber überlaffen müflen. Eben diefer große Marhemarikverftändige hat noch eine Schrift eingefandt, worin er berechnet, wie groß ber Einflußdes Monds in die Bewegung der Erde ſey. Er feßt zum voraus, daß Erde und Mond ihre — auf⸗ 352. Fortſetzung des Auszugs ans dan aufeinander haben, Wenn man daher die Sonne gar wegnehmen, und dem Monde einen Kreislauf um die Erde ertheilen wollte ; fo wuͤrde ver gemein: fchaftliche Schwerepunct beyder Koͤrper entweder in Ruhe ſeyn, oder ſich imeiner geraden Linie gleichfot⸗ mig bewegen, Hätten die. Kräfte) ein verkehrtes Berhältnig ver Quadrate ihrer Weiten? fo würden fie. ſich in einem Kegeljchnitt bewegen, davon ein Brennpunct in dem gemeinfhaftlichen Mittelpunde der Schwere wäre. Wollte man aber diefe beyden Körper aufer aller Bewegung annehmen; fo müß- ten fie gerade aufeinander flogen, und im gemein- fehaftlichen Mittelpunete der Schwere zufammenfom« men, Alsdenn wuͤrden die Kräfte, wodurch fie gegen« einander laufen, im verfehrten Verhaͤltniſſe ihrer Maflen feyn, Geſetzt, die halbe Erddicke ſey — Fr, die Meite des Monde von der Erde =z Da nun bekannt, daß die Kräfte abnehmen, wie die Qua— drate der Weite wachfen; fo wirddie Kraft, wodurch der Mond fich gegen die Erde beweget, die Vheißen r? | ir: u DIS foll,fepn =. « Eeget man ferner, die, Maffe des Mondes heiße L, die Mafle der Erde = T, die Kraft der natürlichen Schwere = 1, fo ift Die Kraft, | 4 4 die die Erde gegen den Mond zu bewegt, = m und ihe Verhaͤltniß gegen die natürliche Schwere wird feyn — ı Herr E. legt dieſen Grund, ehe er auf bie übrigen Rechnungen fommt. Er merkt aber'an, daß die Erde ſich a ee us ewe· Schriften der K. petersburg. Akad. 353 bewege, deren einen Brennpunct den Mittelpunet der Sonne ausmacht, In der vorhergehenden Abhand— lung hatte er angenommen, daß der gemeinfchaftliche Schwerpunct des Mondes und der Erde fich in einer Ellipfe um die Sonne, die in ihrem Brennpunct bee findfih, bewege. Er hatte die Abweichung des Mittelpuncts der Erde von diefer Ellipfe durch den Stand des Monds auf jegliche Zeit beftimmt, Da aber diefes mit der Wahrheit nur alsdenn erft genau zufammen treffen würde, wenn die Kräfte mit den Weiten in ratione diredta ffünden, fo unterfuche der Here, V. den Irrthum, wodurch der von ihm angenommene Gag etwas von der Wahrheit ab« weicht, und will nunmehr die Abweichung der Erd— bahn von der Ellipfe, aus der Wirkung des Monds auf die Erde herleiten, ob er fich gleich dadurch in große Rechnungen verwickeln muß. Zum. erften macht er aus, wie die Kraft des Mondes gegen die Kraft der Erde befchaffen fey. Newton fagte, die Kraft der Erde fey 39 mal größer als die Kraft des Mondes, Here Bernoulli fand die Mondenkrafe weit kleiner, und feßte fie gegen Die Kraft der Erde wie 1:3 62, worinn er fein Abfehen zugleich auf die Kraft der Sonne richtete, die von ihrer Weite von der Erde herruͤhret. Kerr E, finder diefes Verhaͤlt⸗ niß wie ı: 48 und bedienet fich derfelben, die Bes wegung der Sonne zu beflimmen, Nachdem er nach feiner gewöhnlichen Scharfſinnigkeit diefe ſchwere Aufgabe glücklich) gelöfer, feget er zu Ende einige An⸗ merfungen hinzu, wie man durch den Mond den aus den elliptifchen Tabellen gefundenen Stand ver Sonne nach) der Newtoniſchen, und Bernoullifchen 7 Dand, Ä Hypo⸗ 354 Fortſetung des Auszugs aus den Hnpotbefe verbeffern ſolle. Er lehret auch die aus den Tafeln gefundene Weite der Sonne von der Erde dergeſtalt zu verbeſſern, daß ſie naͤmlich vom letzten Viertel bis zum erſten, da der Mond nicht auf die Haͤlfte erleuchtet iſt, groͤßer; vom erſten aber bis zum letzten, da er uͤber ſeine Haͤlfte erleuchtet wird, kleiner werden muß. Endlich meldet er, daß er in ſeinen Sonnentabellen die Verbeſſerungen fuͤr den Stand der Sonne weit kleiner als hier gefunden, ob er ſie gleich nach der newtoniſchen Hypotheſe berechnet. Naͤch denſelben kann die kepleriſche Regel nicht ſtatt haben, daß der gemeinſchaftliche Schwerpunct der Erde und des Mondes ſich in der Ellipſe befinde, Herr €. hält für igo noch nicht gut, feine Sonnenta« bellen zu ändern, meil fie nad) Newtons Gründen größer, nach den Bernoullifchen aber geringer müßten gemacht werden. Die Mittelfirage fcheine ihm die ficherfte zu feyn, und der Wahrheit noch feinen Nach: theil zu erwecken. Herr Kraft giebt hierauf von der großen Sonnen: finfternig vom Jahre 1748 Nachricht, wie er fie zu Tübingen bemerfet. Der Anfang ift gewefen 9 Uhr sg Minuten. Das Ende 1 Uhr 10 Minuten. Das Thermometer ift bey der Berfinfterung auf ı6 Grad gefallen. Die Höhe der Sonne war 61°, 0°, und das Barometer hielt 28734 Zoll. | Nach diefer ſtehet Herr von Winsheim Abhand- fung von der aberration der Firfterne. Er bat diefe Handgriffe zur Berechnung der aberration aus ben Schriften der Franzofen und anderer gelehrten Sternfundiger genommen, und fiezum Gebrauch auf dem petersburgifchen Obſervatorio ans Licht en | enn Schriftender K. petersburg. Akad. 355 Wenn man die aberration eines Sterns in Anfehung der Breite finden will, darf man nur die Tabellen zu Hülfenehmen, die — de Fontaine de Crutes berechnet, und die hier abgedruckt ſind. Hierauf erblicken wir noch einige Bemerkungen, die Herr Prof. Heinſius zu Leipzig am Himmel ge⸗ made. Der Herr Prof. befchreibet erftlich feine MWerfzeuge, deren er fich in den Dbferpationen be dienet. Er hat einige Emerliones des erften Jupi⸗ termonden betrachtet. Dieſen find einige Beobach— fungen über Die Polhöhe, die er zu Seipzig auf sı?, 22 10” gefunden, und einige meteorologifche Bemerkun- gen beygefüget. Ferner finden wir die Befchreibung der partialen Mondfinfterniß, die er den zoften Aug. 1746 zu Seipzig gefehen. Er fest ihren Anfang um ı Uhr ı8 Minuten, und ihe wahres Ende auf ı4 Uhr ı Minute, der waren aftronomifchen Zeit. Er redet auch von einigen veränderlichen Sternen im Schwane Im Jahre 1748 hat er die Dbfervation der großen Sonnenfinfterniß eingefandt. Er bat den Anfang der Finfterniß wegen des vorgefallenen Ungemitters nicht fehen koͤnnen, das Ende aber hat er gar. genau ı Uhr 19 Minuten 38” gefehen. Wir wollen nur diefes anführen, was der Herr Prof, aus feinen Obfervationen herausgebracht : Die wahre Zufammenfunft der © und ß des D in Anfehung der Efliptif un: ter dem leipziger Meridian der wah⸗ ren Zeit 9 Die wahre noͤrdliche Breite des Mon. desind ob, 28’, 38" ai! 32 Die ‚356 Fortſetz. des Auszugs aus den ꝛc. Die Neigung der Mondbahn gegen den Zirkel der Breite nach Morgen zu 84°, 17 Die horizontale Parallaredes Monds ©°, 34°, 32” Der horizontale Durchmefler des Monds oh 297 45” Der Diameter der Sonne o, 37 45 Das Thermometer hat fih im Schatten während der Finſterniß wenig geändert, In der Sonne aber hat es eine gar merfliche Veränderung gehabt, die aber nie, wegen der am Himmel vorüber fahrenden Wol- fen, bat Eönnen beftimmet werden. Herr Braun bat eben diefe Finfterniß mit feinem Gehülfen, Herrn Popom, in Gegenwart desHerrn Grafen Rofumomwsfi, Präfidenten der Akademie, bes merfet. Sie haben den Anfang um ıı Uhr 24 Min, u Sec. das Mittel um ı Uhr 12 Min, 3 Sec. das Ende um 2 Uhr 31ı Win. 33 Sec, der wahren Zeit gefunden, Die größte Verfinfterung hat betragen 9 Zoll 7 Ein, Endlich wird diefer erfte Band durch Herren Brauns Beobachtung befchloffen, die er über die Mondfin- fterniß den often Jul. a. ſt. 1748 gemacht. Der Ans fang ift gemwefen o Uhr 10Min. 34 See. das Mite tel ı Uhr o Min, 18 Sec, das Ende 2 Uhr 29Min, 13 Sec, Die größte Berfinfterung ift auf 8 Zoll 23 Linien geitiegen. 1. Umges 357 ELLE EEE TEE TT — I. Umgeworfene zwo ſcheinbare Stuͤtzen der Gold⸗ und Silbermacherey. wey Jahre ſind jetzt eben verſtrichen, da mir als etwas geheimes gewieſen ward ein Stuͤck Metall, das fuͤr Gold ausgegeben war, und aus Kupfer in Gegenwart des fremden ge— lehrten Mannes gemacht war, der es mir zeigete, und der ſelbſt noch Zweifel dabey hatte, ob es auch Gold ſeyn moͤchte. Er ſagte, die Unterſuchung deſſel⸗ ben liefe in mein Forum, und ich moͤchte ihm doch meine Gedanken davon mittheilen, wofuͤr ich es hielte. Es hatte das Anſehen des Goldes, war ein zuſam— mengefchmolzener Klumpen, und eingeferbet, daß man fehen fonnte, es habe inwendig eben die Farbe, welche es auswendig hatte. Weil id) hoͤrete, Daß es von fihlechtem Kupfer gemacht ſey, welches er felbft dazu gegeben , und Dabey geweſen war, wie es von einem Negimentsfelöfcherer , dafür er fic) aus— gegeben, in kurzer Zeit gemacht worden, durch Hülfe ein wenig bineingeroorfener Tinctur; fo fagte ich gleich, daß ic) es für fein Gold anfühe, es aber in der Wafferprobe in feiner Gegenwart prüfen, und ihm fagen wollte, was es ſey: wie ich es auch bald | | 3 3 hernach 358 Umgeworfene zwo ſcheinb. Stuͤtzen hernach that, und bewies, daß mein Urtheil nicht ungegruͤndet geweſen. Dieſe Begebenheit hat mir Anlaß gegeben, andere ſehr ſcheinbare Erzaͤhlungen zu pruͤfen, dadurch die Gold- und Silbermacher, wofuͤr fie ſich ausgeben, entweder ſelbſt betrogen find, oder auch andere viel- leicht zu betrügen gefonnen find, Verhoffentlich foll die Nachricht und vorzunehmende Unterfuchung ihren guten Mugen haben, und zum: mindeften zu, guter Warnung dienen denen, die fie beberzigen wollen, Außer dieſem aber wird fie zum Erfenntniß oder Er— innerung anderer nüßlichen Wahrheiten und Deren Anwendung Anlaß geben denen, die fie nicht mit allzuflüchtigen Augen vorbey oder obenhin anfehen, Die erfte Stelle verdiene billig die Goldmacherey, davon erzählt D. Perräus in der Vorrede zu den Merken Bafıl. Balentini eine Gefchichte, die er von dem berüchtigten Dippelius gehöret. Kin Oberft- lieutenant Schmolz, fommt zu Liſſa im Wirths- hauſe zu einem fogenannten fremden Adepto, welcher ihm nad) zuvor befchivornen ziemlich harten Bedin⸗ gungen ein halb Pfund von einer gewiſſen particular Tinctur verehret, deren ein Theil ber 600 Theile Silber in das befte Gold verwandelt hat, wie es Dippelius und andere zu Franffure am Mayn ma chen gefehen, und in Händen gehabt. Er hat nur fo viet Eilber, als er tingiren wollen, durchgeglübet, und e8 ohne zu fehmelzen durch feine Tinctur verwan⸗ del. , Der Befiger ift zuweilen auf die Gedanfen gekommen, als ob ihm der Teufel die Tinctur gege: ben, wegen folgender Umſtaͤnde: ı) Weil die Tinctur, wenn er fie bey fich getragen, ſchier die ganze Büchfe | erfuͤllet, der Gold und Silbermacherey. 359 erfüllet, wenn fie aber eine Zeitlang auf der Tafel geftanden, faum die Hälfte. 2) Weil dem Silber, das zu Gold geworden, fo viel am Gewichte zugewach⸗ fen, daß er es für übernatürlich gehalten. Er hat in Gegenwart Dippelii ein Duentlein oder 60 Gran fein Silber genommen, dazu er, als es geglühet, yz von einem Gran feiner Tinctur gebracht, welches bernad) 72 Gran gewogen. Diefen Zufag bat er fiir Zauberey gehalten, welchen Wahn ihm Dippel benommen, daß er die Gruͤnde gefaſſet und fich zu— frieden gegeben. So hat auch Dippel in der Vor— rede feines Wegweiſers zum Lichrund Recht in der aͤußern Natur ©. 7 gefchrieben, er habe ei« nen Stein der Weifen gemacht, Damit er so mal fo viel Silber auch & in Gold verwandele, Diefen Eann ich beyfügen obgedachten Feldfcherer, der ebenfalls Silber in die Goldfarbe verwandelt, mit derfelben Tinctur, damit er das Kupfer dem Golde aͤhnlich gemacht. Er hat aber felber gefagt, Das Silber würde efwas bruͤchig. Welches auch der Goldfchmied bezeuger, der daraus einen Ning mas chen follen, welches er ohne einen guten Zufaß von Golde nicht zuwege bringen koͤnnen. Diefes gefärbte Silber Habe ich nicht gefehen, vielmeniger geprüfet ; Fann alfo nicht für gewiß fagen, ob fich von demfelben eben dergleichen habe fagen laflen, als Dippel von feinem und dem Schmotsifchen Silber vorgiebt. Indeß ift es wahrfcheinlich,daß die Tinctur einerley Art gerves fen, weil zu diefem Silber auch nur ein Flein wenig von der Tinctur gefommen, und in dem übrigen ſich viel Aehnlichkeit finder, 5 34 Bon 366 Umgeworfene zwo ſcheinb. Stuͤtzen Von dieſem Steine, damit die Faͤrbung geſche— hen, habe ich ein Stuͤcklein geſehen, welches ein ab⸗ geſprungenes Schelflein war, und gegen das $iche oder Die Sonne gehalten, die wenig durchfichtig und fo fhön rorh fehiene, als die rothe Kegenbogenfarbe, oder als die rothe Päonienfarbe. Diefes und die hydroftatifche AUnterfuchung feiner Schwere halfen mir aufden Weg, völlig heraus zu bringen, was es fey. Ich würde Fein Geheimniß machen es zu fagen, wenn ic) es nicht bloß darum für allzuvoreilig bielte, weil ich noch nicht die erforderliche Bequemlichkeit ge habt , die wirklichen Proben anzuftellen, um mit mehrer Gewißheit die Nachricht und den Örund von | dem zu geben, was Dabey nicht leicht zu erflaren ift. Was Schmolz davon gehabt, wird das Pulver gewefen fenn, darinn es fich zerftoßen laͤſſet. Ich wundere mic) auch nicht, daß er ein halb Pfund da« von. erhalten, indem er es durch eine Gegenvereh— rung wohl wird haben bezahlen müffen, wiewohl es auch nicht eben theuer ift, und in Apothefen kann gemacht werden, Der Unterfchied, daß diefer das Silber fchmelzen laſſen, und jener nur es glühend ge= macht, wird allem Anfehen nad) hier nichts erhebli- ches ausmachen ; es möchte denn in der Zubereitung der Tinctur einiger Unterfchied erfordert werden, Denn diefes wird auf die Probe ankommen, und Durch diefelbe fich leicht enefcheiden laffen. Das Pul: ver mag im Reiten und Gehen etwas auseinander De feyn, und im Stehen ſich wieder geſetzet aben. ’ Wenn man aber fragt, ob das Silber dadurch in Gold verwandelt werde? fo antworte ich nein, und bemeife der Gold⸗ und Silbermarheren. 361 beweiſe meinen Satz folgender Geftale. Es fteher ʒwar in der dippelſchen Nachricht, es ſey das Silber in das beſte Gold verwandelt worden; aber es werden keine Kennzeichen angegeben, badurch er Davon tiber: führet worden. Demnach wird fic) daraus nichts mehr nehmen laflen, als diefes, das Gilber ſey goldfarbig geworden. Denn die Farbe fann eg wohl’ befommen, ohne daß es Deswegen ächt Gold werden darfe Das angeregte neue Erempel lehrt uns, es fey ein brüchiges Metall geweſen, welches ſich ohne einen reichlichen Zufaß von Golde nicht zu einem Ringe machen laſſen. echt Gold aber ift ein ſehr gefchmeidiges Metall, das fid) mehr als alle an« dere Metalle dehnen und biegen läßt, Zwar möchte man fagen, es gäbe auch brüchines Gold, das dem unbefchader doch Gold ſey. Der bloße Dampf von Bley und Zinn fünne das Gold fchon bruͤchig machen, vielmehr ein geringer Zufaß yon ihnen. Ich will diefes nicht ftreiten, ob ich fehon ein brüchigeg Gold nicht geſehen noch unterfucht habe. So viel aber kann ic) leicht fchließen, daß es damit werde befchaffen feyn, wie mit fehmeidi« ‚gem und brüchigem Eifen oder Stahl, deren feines darum aufhört, Eifen und Stahl zu feyn, ob es fhon in feiner Schwere eine geringe Veränderung leider. Sehr brüchiges Stahl ift etwas leichter als gefhmeidiges, z. E. wie 7700 zu 7730 oder 7740. Sm Eifen ift der Unterſchied größer, Wenn dag Gold nur den Dampf vom Zinn oder Bley empfan« gen, Fann der Unterſchied feiner Schwere nicht viel merfliches machen; aber durch den wirklichen Zuſatz von Zinn würde er mehr ausmachen, 35 Betrach⸗ 362 Umgeworfene zwo ſcheinb. Stuͤtzen Betrachten wir die Geſchichte der Schmolziſchen Silberfaͤrbung, ſo heißt es darinn, das Silber ſey durch die Faͤrbung ſchwerer geworden, ſo daß ſtatt der vorigen 60 Grane 72 befunden worden. Die Abwaͤgung iſt wohl in freyer Luft geſchehen, weil ſonſt das Gegentheil wuͤrde gemeldet ſeyn, und der Zuſammenhang es nicht anders leidet. Ein Koͤrper kann auf zweyerley Art ſchwerer werden in dieſen nicht ſattſam beſtimmten Umſtaͤnden. Wenn man einen ſilbernen Becher umgießen laͤſſet, und mehr Silber hinzu thut, als vorhin darinn war, fo muß er fo viel größer und fihrwerer werden. Wenn aber die Größe eines Körpers einerley bleibet, und er foll ſchwerer feyn als vorhin, fo muß feine innere Schwe= re vermehrt werden; als wenn man im Wafler Sal; auflöfen laßt, fo wird das Salzwaffer ſchwerer feyn, als es vordem mar, ob eg gleich feinen größern Raum erfüller, Welches von beyden damals gefches ben fey, ift uns nicht angegeben. Das erfte ift bier glaublicher, und Fann der Zufag, den es befommen, ſich ſchon inden Kohlen unvermerfter Weife befunden aben. Wir wollen aber ſetzen, der Raum des Silbers ſey vor und nach der Faͤrbung gleich groß geweſen, fo würden die 12 Grane, um welche es ſchwerer ges rorden, ein fünftes Theil feines vorigen Gewichtes feyn. Die Schwere des reinften Gilbers verhält fih gegen die Schwere des feinften Goldes, wie 11 zu 19%, Der Unterfchied von beyden ift 8%, und diefe find von ıı mehr als die Halfte, ja 44. Das Schmotzifche Silber ift nicht um 42, fondern nurum ſchwerer geworden, 33 ift faft viermal grös- ſer, der Gold: und Silbermacheren. 363 fer, als 3; darum das Silber noch viermal fchroes rer werden müflen, als es ſoll ſchwerer geworden feyn, wenn es hätte das beite Gold heißen follen. Der Schluß kann uns alfo nicht trügen, das Gilber fey nicht zu Golde geworden, fondern es fey nur Silber geblieben, und höchftens im andern Falle mit etwas vermehrter Schwere brüchig, alfo ſchlechter gewor— den, als es vorhin gewefen. Wenn wir daher dem Kinde den rechten Namen geben follen, fo iftdas Silber goldmäßig gefärbet, folglich ein durch Gold« farbe verdorbenes Silber geworden, Bey diefen Umſtaͤnden ift Flar ausgemacht, es fey ein falſches Vorgeben, daß ſolches Silber in das befte Gold verwandelt worden. Dippel muß daher entweder felbft fo einfältig gewefen ſeyn, daß er fich durch den goldgelben Schein betrügen laſſen, weil er nicht gewußt, wie man das Gold prüfen koͤnne, ob es ächt fey, oder nicht ; oder er muß nicht aufrichtig gefagt haben, mas er gemerfet, um fich ein Anfehen zu geben durch leeres Blendwerf, Das erfte ift bier fichtbarer, als das legte, weil er fonft die Um: ftände würde verſchwiegen haben, dadurch man die FSalfchheit feines Borgebens und den Betrug entdes cken kann. In dem andern Falle aber, da er felbft will ein Goldmacher oder Silberfärber feyn, möchte das legte wohl den Borzug haben, daß er fic) dadurch bey Einfältigen und feinem Anhange hat groß machen wollen, Er verräth fich aber auch hier, mie eine - - Spigmaus, durch feine eigene Anzeige. Erſtlich, wenn es wahr ift, daß er Silber hat färben gelerner, fo muß feine Tinctur weit fchlechter geweſen feyn, als des 364 Umgeworfene zwo ſcheinb. Stuͤtzen des Schmolzens und Feldſcherers. Denn er hat nur 50 Theil Silber damit faͤrben koͤnnen, da jener 600, und dieſer nicht viel weniger, damit gefaͤrbet hat. Er iſt alio von der Quinteſſenz, fo zu reden, noch weit entfernet gewefen. Das aber ift völlig unglaublich, daß er auch aus Queckſilber will Gold gemacht ha— ben. Das gelbröthliche Pulver, darein es ſich ver- ftellen läflet, wird er doch wohl feinen einfältigen Troof für Gold haben ausgeben wollen, Boerhaave hat die Queckfilberfärber auf immerdar nach Haufe geleuchtet. Man läßt es dahin geftelle feyn, ob nicht ein Mit— gel zu finden feyn möchte, wie es bey andern gemach⸗ fen Metallen zum Theil gefunden ift, die große Bruͤchigkeit deffelben zu hindern, und es gefchmeis Diger und fehmiedebar zu machen, In welchem Sale le es vielen als ein goldfarbiges Silber Fünnte zu ſtat⸗ ten fommen, als ein Zeichen ihres Borzugs veran« dern ; oder auch, wenn man nicht eben Gold aufı etwas wenden wollte. Denn es Fönnen alle Dinge zu vielerley Mugen verwendet werden, wenn es ihnen nihean wahrer Würde und Güte fehler. Es wür: de foldyes darum doch die Schwere des Silbers und feinen Werth behalten, auch wegen der Farbe etwas £heurer feyn müffen, wenn es fehon feinen Zufaß am eigentlichen Gewichte erhielt. Vielleicht ließe fich auch die Goldfarbe wieder davon abfondern, wie es feine natürliche Silberfarbe ändern läffer. Eben um diefes ſchon theuren Werthes des Sil— bers willen find andere ſchon auf die Färbung ande: rer wohlfeilern Metalle gefallen, als bey derer ver» meynten Berwandelung in Gold mehr zu verdienen wäre, der Gold» und Silbermacherey. 365 wäre, Das Eifen, womit der Felofcherer das Sil« ber im Ziegel unterfucht, ob es bereits gefehmolzen, oder e8 auch umgerühret , ift an dem Ende goldfar= big geworden. Wor andern aber ift das Kupfer zur Annehmung ver Goldfarbe dienlich befunden worden, und zwar fo, Daß es nicht fo brüchig wird, als das Silber, fondern gefchmeidiger bleibet, etwan, wie Meßing. Der Klumpe diefes in Goldfarbe ge brachten Kupfers, welchen id) in Haͤnden gehabt, mochte, fo viel mich erinnere, faft 2 Pfund bes fragen, Er war nod) in feiner unbearbeiteten Ges ftalt, wie er nad) dem Ausgießen erfaltet war; dens noch) hatte er eine merklich größere Schwere, als uns fer gemeines Kupfer hat, Es thut mir leid, daß ich es nicht zu zween vers fhiedenen malen gewogen, um zu fehen, ob fich irgend⸗ wo eine Veränderung fände, Aber ich meyne, daß id) allen Fleiß ſowohl im Abwägen, als im Rechnen angewendet habe, und das herausgebrachte Facit war Dasjenige, was ich hier anmerke, und damals gleich aufgefchrieben habe. Nämlich), das Waffer in mit- telmäßiger Wärme verhielte fih zu dem gefärbten Kupfer wie 1000: 10127, Da unfer gemöhnlicheg Kupfer nur ungefähr 8500 hält, fo ift hier ein merke licher Zuwachs des Gewichts, der aus dem Granchen Tinctur nicht herrühren Fan. Geſetzt, daß man fas aen wollte, das Feuer habe famt der Tinctur den fremden Zufaß, der fich bey dem Kupfer findet, mit dem Rauche, welchen es in der Mifchung gegeben, ‚berausgejaget, daß es ein gereinigtes Kupfer gewor« den: fo würde es doch nicht höher, als auf 9000 | gebracht 366 Umgeworfene zwo fcheind. Stuͤtzen gebracht worden ſeyn, wie man das reinſte japonſche Kupfer wohl gefunden. Ich haͤtte an meiner — gern den Fehler geſuchet, wenn ich nicht auch Das Tombac und Prinz metall vorlängft fehwerer befunden häfte, als das Kupfer. Doc) war das feine Prinzmetallnur hoͤch⸗ ftens 9560, und es müßte fchon ein gut Theil Sil- ber dazu gefommen feyn, wenn es davon hätte die Vermehrung feiner Schwere empfangen follen. Nur ift das Tombac, fo ich in Händen gehabt und geprüs fet habe, fo ſchwer nicht geweſen, fondern hoͤchſtens bis 9000 gefommen,. Darum id) diefes goldfarbis ge Kupfer für eine Art von fehr feinem Tombac oder Similor gehalten habe. Wiewohl zu denen legten Zink kommen foll, welches zu diefem nicht gebrauchet worden. Wann zmeyerley Materien in genugfamer Mens ge vermifche werden, und das vermifchte ift hernach ſchwerer, als vorhin : fo hat man Urfache zu denfen, daß fich eines mit dem andern innig vereiniget habe, Es ift alsdenn das eine fo viel ſchwerer, fo viel es von dem andern bey unverändertem vorigen Raume in fi hält. Aber wenn von dem einen fo wenig zu dem andern gethan ift, daß davon unmöglid) feine Schwere einen foldyen Zufaß bat erhalten Fönnen, und es ift Feine Unterfchiebung eines andern Körpers ſtatt deſſelben vorgefallen : fo muß entweder ein ans derer Körper hinzugefommen feyn, der fich mit ihm innigft vereiniget, und ihn einen folchen Zufaß von ‚ ber eigentlichen Schwere hat geben fönnen ; oder er muß in ihm was aufgelöfet und verzehrt haben, das die nähere Verbindung feiner Theile bisher * halten. _ der Gold und Silbermacherey. 367 halten, Zu diefem Zwecke eingerichtete Verſuche müffen in den vorfallenden Begebenheiten die Ent- eidung geben. nn ift noch D. Glaſer zu hören, der m Com- mercio literario 1733., pag. 134 bezeuget, daß er zu Wien zweymal gefehen babe Queckſilber in Gold verwandeln, welches leßteremal ihm das gemachte Geld gefchenfer worden. Er mages felber noch ein» - mal bier fagen allen, die es von ihm hören wollen. Annis abhinc triginta vidi Mercurii ab illuſtriſſimo Comite de Würben in aurum tranfeuntis efſectum, folitumque intra proiectionis pundtum in crucibulo rumorem audiui. Quod Viennae in laboratorio Dn. Baronis Bechingii contigit. Eiusdem fimilem expertus eram proiedtionem apud Sacelli cuiusdam paltorem, quo Vienna cum Comite iam ante dido vehebar. Vbi praefentibus nobis eadem proiedtio fiebat,mihique hine redeunti benigniffime donatum: eft transmutatum aurum, quod ex pondere metalli- corum cententarium aequauerat. e % So wie diefe Erzählung lautet, willich einem auch einen Zentner Gold machen, und verlange darum nicht dafür angefehen zu feyn, daß ich aus Queckfilber Gold machen fönne, wie diejenigen von ſich ruͤhmen fönnen, welche es aus. den Bergwerken holen, ' oder in ihrem Kram haben, und durch deſſen Berfauf daraus Sil- ber oder Gold machen. Sch will aufrichtig fagen, wo ich dieſe Kunft gelernet, und was es mir nur Fofter, einem einen Zentner ächt Gold zu liefern, Vor mehr als 30 Jahren kam ich zu einem Schwerdrfeger, einen Degen von ihm zu kaufen. ch traf ihn eben über einem filbernen Degengefäß befchäfftiger, und. | ſahe 368 Umgeworfene zwo ſcheinb. Stuͤtzen fahe ein Weilchen zu, mas er mit demſelben über eis nem Kohlfeuer durch Hülfe des Queckſilbers machte, Mach derfelben Weiſe will ich nun fagen, wie ich mit wenigen Koften einen Zentner Gold machen koͤnne. Sch nehme Duedfilber fo viel mir beliebt, loͤſe darinn wie gewöhnlich, fo viel Gold auf, als einen gu: ten halben Ducaten beträgt. Diefes Queckſilber fege ich über das Feuer, und brauche fein Laboratorium dazu, fondern nur eine bloße Feuerpfanne mit glühen= den Kohlen. Dadurch) jage ich das Queckſilber fort aus dem Tiegel in die Luft, oder wenn ich es meift behalten will, in eine übergedecfte Stürze. Diefann ich gegen die Zeit, da ich weis, Daß es ſchon ausge duftet feyn muß, fo wegheben, daß fie der Zufchauer inwendig nicht anfiehet. Den Proceß vollzumachen, mwerfe ich etwas vom regulo ftibii hinein, daß feine Farbe erhöhet, oder was ich fonft will, das ein wenig Geraͤuſch und Dampf macher, und laffe ihn folches fehen und hören, wenn er es fir das punctum pro- jedtionis halten will, Wenn es gefchmolzen, gieße ich es aus, Taffe es kalt werden, und gebe es aus für einen Zentner ächt Gold, dafür es auch ein jeder wird erfennen müffen. Auch wird der Herr Glaſer felbft geftehen, daß er nicht mehr empfangen babe, als ich ihm im diefen Umftänden liefern würde. | Sollte mir einer weismachen wollen, daß er aus Queckſilber Gold machen fünne, und die Probe in meiner Gegenwart zu machen Luſt haben + fo würde ich entweder felbft rein Queckſilber dazu geben ; oder mir ausbitten, fein Queckſilber erft zu prüfen, ob es nicht ſchon Gold aufgelöfer und verfchlucker habe, wel⸗ ches gar niche ſchwer fälle, Diefes geprüfte * * | efun⸗ der Gold⸗ und Silbermacherey. 369 befundene Queckſilber wuͤrde ich mit keinem andern vertauſchen laſſen, auch deſſen Gewicht merken, was in den Tiegel kommen ſollte. Ich wuͤrde etwas uͤber den Tiegel decken, darein ich das ausgeduͤnſtete auf: fangen koͤnte. Von der vorgegebenen Tinctur wuͤrde ich nichts mehr verlangen, als ihr Gewicht, es fey nun nach der Wage, oder bloß nach dein Augenmaa⸗ fe zu willen. Im übrigen würde ich noch darauf ſehen, daß im Tiegel und in den Kohlen nichts verborgen ſtaͤcke, Fein verdächtig Werkzeug unter dem Vorwan— de zu fürfchen, ob es bereits gefchmolzen ſey ec. in den Ziegel geftecker; das ausgegoffene mit nichts ver tauſcht, und mir nur zur hydroſtatiſchen Probe ver» goͤnnet würde, Unter diefen Umftänden bin ich ficher genug, er werde mir aus Queckſilber mit Feiner Tins ctur Gold liefern, Diefes möchte nun die erfte Stüße ſeyn, darauf fi) auch der Demofritus gelehnet, und wenn er nichts anders in feinem DBerfprechen, das Duecffilber in Gold zu verwandeln, gemeynet hat ©. 1, als was hier vorgeleget ijt, den Leuten nur Wind gemache bar, Aber außer diefem eriten particular oder befondern Kunftftücke rühmen ſich die Herren noch mit einem "andern, wenn fie fb befcheiden find, daß fie nicht eben Beſitzer heißen wollen des allgemeinen Werks, naͤm— lich aus allem Gold zu machen, Von dieſem ſchrei— bet einer im Commercio lit. Nor. a. 1732. p. 210! Neque opus hie eft ferupulofis atque operofio- - ribus laboribus, multo minus artificiofis inftru- mentis, aut largioribus fumtibus. Irus quippe et in Arabia deferta conftitutus, omnibusque adminieulis deftitutus, fine ullis impenfis, fine ullo apparatu vel- 7 Band. Ha lere 370 Umgeworfene zwo ſcheinb. Stüßen lere hocce potiri poterit aureo ...... fi unquam certe hic conyidtus, omnia fua — portare Phi- loſophum, et incorruptum iftum Domini Spiritum inefle WESEL NER Der hat mit eins alles gefagt, daß er hernach nichts mehr zu fagen übrig gehabt hat ; alſo den Beweis fehuldig geblieben. Es foll aber das andere befondere Kunftftüc darinn beftehen , daß fie aus Kupfer Sitber machen fünnen. Hiervon findet fich ein ordentlich vidimirtes Protocol in dem erſten Jahre des vorgedachten Commerecii li- terarii S. 339 folgg. deſſen kurzer Auszug darauf an⸗ kommt: Den 19 Jul. 1716 ſoll der Freyherr Ernſt von Metternich erſtlich eine kupferne Muͤnze ge— nommen haben, die 100 Pfund und 8 Loth Noͤrimberg. Münzgewichts gewogen. In einem Papier bat er ein weiß Körnlein gehabt, welches wie Salz ausge- fehben, und fo Elein gewefen, daß man es wohl im Auge ohne Schaden leiden Fonnen, und auf derfelben - Wage ein Duentlein gewogen. Diefes Körnchen hat er an ein Wachsftäbchen gemacht, und als der Hof: rath Danzer mit der Zange ven glühenden Pfennig aus dem Feuer genommen, ift der Freyherr von Metternich geſchwind mit feinem Körnlein am Staͤb⸗ chen nur an der einen Oberflaͤche deſſelben herum ge— fahren, und der boͤhmiſche Vicekanzler Graf Joſeph von Würben und Freudenthal, bat ihn noch glübend in das zur Hand habende Waſſer geworſen, aus geaͤußerter Beyſorge, er moͤchte ſchmelzen. Das weiße Kornlein hat noch an der Fläche des Pfennigs gehangen, und er bat den Pfennig fo geſchwind aus dem Waffer wieder heraus gezogen, daß er die Finger daran verbrannt. Da haben alle gefeben, daß der Pfennig ⸗ der Gold⸗ und Silbermacheren. Pfennig weiß, und an einigen Stellen als ange: ſchmolzen geweſen. Weil aber das Koͤrnchen mit in das Waſſer gefom- men, hat man einen ebenfalls gegluͤheten ungariſchen Poltur in daſſelbe hinein geworfen, der auch alſobald weiß daraus wieder gezogen worden. Man hat es auch noch mit zween kleinen Pfennigen verſucht, die aber nicht vollig weiß geworden ꝛc. Bon dem groͤs⸗ fern zuerft weiß gemachten Pfennige bat man. ein Stuͤckchen zwey Pfund ſchwer abgeſchnitten, und es ins wendig eben fo weiß befunden. Man hat ihn her- nach in die Capelle (cineritium) gethan, da man durch Rechnung gefimden, daß ſolches Silber 14 loͤ— thig ſey. Ein Stüdlein von Kupferbleche, fo zweymal geglühet in das Kühlwaffer geworfen wor= den, darein Das weiße Körnchen gefallen war, iftin der Capellenprobe 12 löthig befunden. im ander Stüclein Kupferblech, fo nicht mehr als einmal in das gedachte Waffer gefallen war, und nur etliche weiße Staͤten befommen hatte, ift in der Capelle fo beitanden, daß man nach der Abivägung feine Probe nicht berechnen koͤnnen. Der erfte Pfennig hat nach feiner Berwandelung 725 Pfund und 8 Lothe gewogen, und alfo 25 Pfund Uebergewicht erhalten ; der andere böhmifche hat 79 Pfund und 16 Loth in der andern Abwägung gehal- ten und ıı Pfund Zufag an feinem Gewichte befom« men. Endlich heißt es, man habe zwar die Rech— nung fo genau nicht machen fönnen, wie viel Theile Kupfer von einem Theile der Tinckur in Silber ver— wandelt worden, weil nicht alles Silber vom Kupfer gefchieden worden, und vier tingirte Stüde gar nicht - | Aa 2 unfer / 372 Umgeworfene zwo ſcheinb. Stüken - unter die Probe gebracht worden, die bier nicht be: fehrieben worden. Wann man aber nur die zween Pfen- nige betrachte, fo müßte ein Theil der Tinetur 5400 Theile Kupfer in 6552 Theile 14 löthig Silber verwan- delt haben, folglich ein Theil 10006 Theile tingire aben, Derfelbe Herr Graf foll diefe Tinctur von einem Freunde erhalten haben, der ihm öfters angebothen, wenn er in irgend einer frenen Nepublif mit ihm zu: fammen leben wollte, fo wolle er ihm mehr und noch geheimere Dinge zeigen. Die Tinctur, bat er vor: gegeben, follte zureichend feyn, 7 Millionen zu farben, Im Jahr 1728 den 6 Sept. full er damit folgende Probe gemacht haben. (Dafelbft S. 349 folgg.) Ein Pater von den Syefuiten in Prage, Caſpar Pflieger, fpricht ihn an um eine Beyhuͤlfe zu einem vorhaben- den Baue, durch alchymiſches oder anderes Silber, Dem ſchickt er einen fächfifchen Keichsthaler von dem Jahre 1649, der aber von fo falfchem Silber ge- weſen, daß es der Pater, ja ein jeder gleich gemerfer, und ihn zurück ſchicket, mit einer fchriftlichen Bitte, diefes Stuͤck in Silber zu verwandeln, nachdem er “ihn vorher, um ihn beffer zu kennen, wenn er wieder zurück Fame, mit den Buchftaben IH S bezeichnen laflen. Darauf habe der Graf dem Antonio Serynfei, der Doctor Medicina geworden, den Dectorſchmaus auf feine Koften ausgerichtet, und dieſen Thaler durch den alten P. Pflieger gluͤhen, und auf vorgedacdhte Weiſe vor den Augen der verſammleten Univerſitaͤt in Gil: ber verwandeln laffen. Der Pater merft an, die Tinctur fen ein weiß Pülverchen gemefen, das ge: glänzet | der Gold⸗und Sildermacheren. 373 alänzet habe als fehöner Merturius fublimatus , und möchte am Gewichte ı Drittheil oder ı Bierrheil Gran betragen haben. Als er fie auf den glühenden Thaler gebracht, ift fie wie Wachs zerfloffen, und bat fich kreisweiſe ganz über ihn ausgebreiter. Als er gefe- ben, daß fie überall hingefommen, bat er ihn ins Waſſer getaucht, gleich wieder heraus genommen, und auf die Erde geworfen, da die Umſtehenden gleich aus dem Klange gefagt, nun klinge er anders und als Silber. Der herbengerufene Goldfchmied babe ihn nur ein wenig probirt, darauf er in Stücke zerfchnite ten und vertheile worden, daß ihn ein jeder zu Haufe ‚probiren fönte. Der P. Pflieger babe das Stuͤck erhalten, -darauf er das Zeichen feiner Gefellfchaft fihlagen laſſen. Ob er am Gewichte ſchwerer gewor: den, hat niemand unterfuchk. Es fiheinet, der Here Graf von Wuͤrben habe die Aufmerkfamfeit und Einficht derer Herren auf die Probe ftellen wollen, welchen er diefe Proben vorge: machet, damit man ihn vielleicht bat hintergehen mol: len, und die er zu entdecken Gefchicktichkeit genug befeffen. Man fann folhes daraus abnehmen: daß er 1) fich nicht von dem vorgegebenen Adepto, der die Tinctur zu 7 Millionen ihm zufommen lafjen, bereden laſſen, die verfprochenen viel größern Geheimniffe von ihm zu lernen, die er hieraus ſchon hat beurtheilen fonnen. 2) Daß er ſich der vorgegebenen Tinckur - nicht bedienet, ym den Syefuiten eine Tonne Goldes zu tingiren, die er von den 7 Millionen leicht hätte miffen koͤnnen, fondern mit folhen Kleinigkeiten die Probe gemacht, dabey etwas leicht zu verbergen ift, was man nicht eig —* will. 3) Waͤre der 374 Umgeworfene zwo ſcheinb. Stügen der angegebene Adeptus viel frengebiger gemwefen, als er mit feinem Gaſtgebothe und etlichen Stüdlein Gel- des, die der angewandten Mühe Faum werth gewe— fen, wenn er nicht bloß auf die Probe der Geſchick— lichfeit gefehen, Darinn er es andern zuvor gethan. 4) Kann es aud) wohl feyn, daß er nicht eben felbft das Urtheil gefället, als habe er Gold oder Silber gemacht, fondern den andern daben fagen laffen, was fie nad) ihrer Einbildung geglaubet, die er heimlich ‚wird belachet haben. | Was nun das erfte Benfpiel anbetriffe, fo ift ja wohl heutiges Tages die Kunft das Kupfer weiß zu machen, feine unbefannte Sache; obgleich diefe Art, die hier vorkommt, nicht die gemeine ift. Zu der ge- meinen Weißmachung des Kupfers wird Arfenic ge- braucht: wie wäre es, wenn man auch Cryſtallen da⸗ von hier gebraucht hätte ; Dder doch das übrige von dem alcalifchen Salze, womit man jene gemacht hat, als darinn nod) fo viel Arfenic übrig ift, als nöthig ift Kupfer weiß zu machen? oder Fann es nicht Salpeter mit Arfenic gewefen fenn ? Bon demfelben ftehet in Cra- meri docimafia pradtica p. 281: quem in finem alii nitrum parant fixum per detonationem cum arfe- nico, in quo multum arfenici figitur, quod dein cum cupro liquefadtum ei conciliat colorem album. Es muß doch wohl eine Nothwendigkeit gemwefen ſeyn, das glühende Kupfer fo geſchwind, wenn es nur damit überfahren gewefen, in das Waffer zu werfen, Diefes würde fonft nicht allemal fo genau beobachtet _ morden fen, mie es gefchehen. Welche aber Fönn- te hier angegeben werden, als diefe, damit es nicht durch die Hitze wieder verzehrt würde? Das ges ſchwinde der Gold» und Silbermacherey. 375 ſchwinde Herausnehmen aus dem Waſſer wird wohl nicht viel zu fagen gehabt haben, als daß man zum erftenmal mag gedacht haben, es fonnte vielleicht von dem Körnchen noch was übrig feyn, fo noch einmal zu gebrauchen wäre, Darum bat man cs in dem Waſſer hernach allein probirt. Es hat aber niemand bemerfe, ob nicht auch vorher fchon in dem Waſſer etwas Fönne aufgelöfet geweſen feyn, das zu Diefer Weißmahung dienlih, Weis man nicht, wie die Goldfchmiede etwas weiß machen? Allein wie ift es zugegangen, daß ein Stuͤckchen von dem mweißgemachten Kupferpfennige in der Gas pelle 14 löthig Silber hat geben Fönnen? Das geht auf mehr als eine Weiſe an, und es iftnicht möglich aus der angeführten Erzählung diefes zu beftimmen. Dar: um wird e8 genug feyn, wenn man eine oder die an— dere Möglichkeit zeige, Geſetzt man wollte fo viel Silberkalk in der Kapelle, d. i. in dem Probetiegel umber vertheilen, daß es ı37zeines Apothekergrans ausmachte (fo viel find die zwey Pfund); fo müßte frey- lich es im Schmelzen fich wohl wieder finden, und Durch das Bley vom Kupfer abfondern. Oder kann nicht fo viel Silber in dem Bley fenn, das man noͤ— thig hat in der Capelle, und wer mag das dem Bley anfehen ? Ein jeder wird leicht mehr folche Wege fin- den. Iſt das in den Tiegel gethane Silber auf 14 lö- thig gerichtet gerwefen, fo muß es auch in eben der Güte oder Größe wieder herauskommen ; eben fo ıft es auch, wenn es ı2löthig hat feyn follen. Wenn der fupferne Pfennig vorher 100 Pfund, hernac) 125 Pfund gewogen : fo müßte er um 25 oder um # fehmerer geworden feyn. Welches ſchwerlich Aa 4 anders 376 Umgemworfene zwo ſcheinb. Stügen anders zu begreifen, als wern entweder vor der Weiß- machung ein ſchwerer ftatt des leichtern , oder ſtatt der weißgemachten ein filberner von Demfelben Ge— präge, der fo viel ſchwerer gewefen, an feine Stelle genommen worden, Er ift mit nichts bezeichnet ge weſen, daß dieſes nicht fo leicht hätte geſchehen Fün« _ nen Daß endlich die Tinctur 6552 mal fo viel follte gefärbet haben, ſolches mag wohl eine Mig- rechnung ſeyn. Denn es find faum 5400 Theile in den fupfernen Pfennigen gewefen, die ) geworden, und mehr, als drinnen gewefen, und nach der Sage Silber geworden, hat er Doc) wohl nicht färben koͤn⸗ nen, oder gewiß nicht verwandelt, wie fie reden, Daß aber nicht mehr Theile Silber in den beyden Pfennigen foll geroefen ſeyn beweife ich aus der Er— zablung alfo. Der erfte Pfennig hat gehalten 100 Pfund und g Loth im ſchlechten Glühen Fann er nicht mehr, ſondern eher weniger bekommen haben. Dieſe machen an tothen 3208. Die ſollen zu 14 loͤthigem Silber geworden ſeyn, alſo find 14 Theile davon Sil⸗ ber geworden, nach dem Vorgeben, und 2 Theile das von find Kupfer geblieben, Wenn wir denn fegen, 16 geben 3208, was geben ı4 ? fo finden wir 2809 Probierlorhe. Der andere Pfennig hat roth gewo- gen 68 Pfund und 16 Lothe, oder 2192 Lothe. Wenn er nur zwölflöthig Silber nach der Ausſage gehabt, fo giebt 16: 2192 — 12: 1644. Diefe 1644 mit den porigen 2809 geben nicht mehr als 4453. An deren ftatt hat man 47 mehr oder 4500 gefeßet; rech⸗ net man auch mit die ungefärbten, oder in der Ber» mifchung verborgenen Kupfertheile, fo findet man 5001, und dag Uebergewicht der 36 Pfund macht * en ! der Gold; und Silbermacherey. 377 ben vorigen 6153 Lothe, welches von 6552 und 10000 noch weit entfernet ift, Die zuletzt gedachte Probe mit dem falfchen har: ten Thaler fcheinet die allerwichtigfte zu ſeyn, da fie fo viele Zeugen hat, und der Thaler nicht ift verwech- fele worden. Man würde bier fo wenig als im vo» rigen vergeffen haben, die vermehrte Schwere zur Unterfuchung anzupreifen, wenn etwas gemwilles dar: an wäre, enn es heißt im vorigen ben deren An- merfung, man babe fid) nicht weniger über den Zuwachs des Gewichts , als die Verwandelung verwundert. Es ift alfo fehr glaublich, daß die: felbe Hier vergeblich würde gefuche fern, folglich diefelbe bey der Verwandelung etwas voraus feße, das nicht allenthalben ftatt hat. Was follte das. wohl anders feyn, als eine Bertaufhung, die hie nicht wohl angieng, man möchte denn vorher einen andern + fchwerern Thaler zur Hand gehabt, und auch vorher mit dem Zeichen IHS haben bezeichnen Taf fen, dazu es an einem folchen Thaler mag gefehlet aben. Wie aber dieſer Fall ohne alle Silbermacherey habe als gut Silber koͤnnen dargeſtellet werden, ſolches bat ſchon ein im Muͤnz⸗ und Probeweſen beſchlage— ner Freund des Herrn D. Bösen ihm an die Hand aegeben. Er bat gefagt, man finde in der Erzaͤh⸗ lung keinen gewiſſen Grund, ob der Thaler wirklich. von verfälfchtem Zeuge gemacht gewefen. Denn die alten Thaler hielten 14 löthig Silber, und die unrei- nen ı2 löthiges, D. Goͤtze bat diefen Zweifel dem D. Geelhauſen entdecket, der ihm die Urkunden zukommen laffen, und mit dabey gewefen 5 welcher Yas geants 378 Umgemworfene zwo feheind. Stugen geantwortet, er habe die Verwandelung nicht für uns möglich gehalten, beflage aber, daß er nicht felbit erſt die Zalfchheit des Thalers unterfucht, fondern es auf den Herrn Pater und feine Ordensgenoffen anfommen laffen, und da diefe ſolches bejahet, ſich daran genuͤ— gen laffen. Er glaube aber, daß die Jeſuiten, wel che die Verwandelung für unmöglich gehalten, die Falſchheit wohl werden unterfucht haben, da er dem Pater dazu wieder zugeftellet fey, daß er ihn möchte unterfuchen laffen, ob er unächt fey, und ihn denn zeichnen. Derfelbe Pater habe bey der Wiederfendung im Papier gefchrieben : Numus alchymice tingen- dus; und den Zetfelbeygelegt: Hunc imperialem Sa- xonicum, ex vitiofo metallo conflatum, effe eum- „dem, quem arte alchymica in probum argentum " eonuertendum commifı, fideliter conteftor. etc. Man ſiehet wohl, worauf jener Miünzverftändige gefehen,, dem nicht unbefannt feyn koͤnnen, wie leicht es fey, dem Silber und Golde durch äußerliche Ber- fupferung die Geſtalt des Kupfers vollfommen oder zum Theil zu geben. Allein wir wollen fegen, es fey wirklich fchlechtere Materie in dem Thaler gewefen, z. E. halb Kupfer, oder mehr, fo daß man folches am Probierfteine wohl gefehen. War es denn nicht möglich, durch) Weißmachung des in diefem Thaler befindlichen Kupfers ihm die Geftale des Silbers zu geben ? Sollte es denn auch nicht auf dem Pro— bierftein fchiver vom Silber zu unferfcheiden gewe— fen feyn, da es ſchon vorher halb Silber gemwefen ? Und wie viele find der Goldſchmiede, die diefen Fall recht zu prüfen Gelegenheit gehabt haben ? Dazu fommt, daß der Goldſchmied nur eine fchlechte u \ der Gold⸗ und Silbermacherey. 379 be angeſtellt, dadurch nicht iſt beſtimmt worden, wie viel lathig nun das Silber ſey. Zwar heißt es, dar— um ſey einem jeden ein Stuͤck gegeben, daß er es zu Hauſe probiren koͤnnte. Aber wer es gethan, und was er da gefunden habe, weis man nicht. Wiel« weniger hören wir, daß der Teft hier den Ausfchlag gegeben habe, Wiewohl bey der Capellprobe auch noch was vorgehen kann, das einen Unachtfamen leicht irre machen Fann, wenn ev ſchon alles felbft prüfete, mM. Anhang zu — ſcheinbaren Stuͤtzen der Gold⸗ und Silbermacherey, aus des Hn. Geoffroi des aͤltern Abhandlung des Supercheries concernant la Pierre philo- ſophale, gezogen. en denen Auffägen der koͤnigl. Geſellſchaft der Wiſſen⸗ —J ſchaften zu Paris unter dem Jahre 1722 findet ſich auf der 6ıbis zur 70 Seiteeine Abhandlung, welche mit ‚der vorigen Materie nahe verwandt ift, die zum Beſten der Menfchen einige verfchmigte Raͤnke der Gold» und Silbermacher getreulich entdecket. Daraus wollen wir hier einen kleinen Auszug unſern lieben Deutſchen zu Gefallen beyfuͤgen, der das vorhergehende ſowohl erlaͤutert und beſtaͤtiget in etlichen Stuͤcken, als auch noch mehr dienliches von dieſer Sache, das die wenigſten wiſſen, beybringet. | Die 380 Umgeworfene zwo ſcheinb. Stuͤtzen Die ſich fuͤr Gold-oder Silbermacher ausgeben, bedienen ſich oft gefuͤtterter Schmelztiegel oder Ca- pellen, daran am Boden der Kalk vom Golde oder Silber befindlich, welchen ſie mit Staube von zer⸗ brochenen Ziegeln, ſo mit Gummi angemacht iſt, zu uͤberziehen wiſſen, ſo daß man dieſes Futter hernach fuͤr den rechten Boden des Tiegels anſiehet. Ein andermal machen ſie ein Loch in eine Kohle, darinn fie das Pulver vom Golde oder Silber verfte- cken, und mit Wachs verftopfen. Dder fie tränfen aud) wohl die Kohlen mit diefen aufgelöften Metal: len, und machen fie Elein, um das .in den Tiegel zu bringen, was durch eine vorgegebene Berwandelung heraus fommen foll, | Sie bedienen fich folher Werkzeuge von Metall oder fchlechtem Holz, fo am Ende hohl find, deren Höhle gefüller ift mit Flein gefeiltem © oder D. Sol: che Höhle wiſſen fie unten fo zu verftopfen mit eben dergleichen Holze oder Metall, daraus das Werfzeug beftehet, womit fie zum Schein das umrühren oder verfuchen, ob es geſchmolzen fey, was im Tiegel ift, in der That aber damit das Gold oder Silber hin. ein bringen, wenn es unten wegbrennee und auslauft, was darinn verborgen ftecfete, Sie mengen das Gold oder Silber auf unzaͤh— lige Weife unter die Dinge, daraus fie es zu machen verfprechen. Denn ein wenig Gold oder Silber kann man unter vielem Queckſilber, Regulo anti- moniü, Bley, Kupfer und anderm Metall nicht mer« fen. Befonders läßt der Kalk vom Silber und Golde unter den Kalk von Bley, Spießglas, und Qued« fiber unmerklich verftecken, * Man der Gold» und Silbermacheren. 381 : Man muß Achtung geben. auf alles, was fie brau— * hen. Dft ſteckt das Echeidemaffer des Goldes und Silbers, welches fie anwenden, ſchon voll von aufge⸗ löfetem Golde und Silber. Das Papier, darein ‚fie ihre Saͤchelchen einwickeln, find oft voll © und D Kalfes. Die Schrift oder Flecken, welche fich darauf befinden, koͤnnen gemacht ſeyn von diefen aufe gelöften Metallentincturen. Die Spielkarten, des ven fie fich bedienen, koͤnnen inmendig metallifchen Kalk enthalten. Man har auch Glas gefehen, dar- ein auf der Glashütte etwas Gold verftecker war da es noch geſchmolzen war. Einige haben blauen Dunſt gemacht mit eiſernen Naͤgeln, die fie oben oder unten wollen in D oder © verwandelt haben, indem fie foiche in-ihre Tinctur geftecfet, oder damit belegt haben. ie find aber in der That nur fauber und unmerklich zufammen ‚gelöthet. Dergleihen einer ift in dem großberzogl. Pallaft zu Florenz ehemals gezeiget worden. So bat auch ein Moͤnch der Königinn Elifaberh ein Mef: fer gegeben, welches Klinge Halb von Gold gemwefen. Ein Duadfalber dat ein ſolch Meffer gehabt, das halb von Silber gewefen. Solche Leute geben vor, daß fie ein jedes Meffer fo tingiren koͤnnen, und thun es zuweilen, wenn fie Zeit genug haben, es zu Haufe zu machen, d. i. die Klinge zu zerbrechen und eine - ähnliche von Silber daran zu löthen, | Man bat auch Stücfe von Gold gefehen,, fo halb guͤlden und halb filbern waren, von welchen man vorgegeben, daß fie erft ganz filbern gewefen, und man habe fie nur halb in den Stein der Weifen ges than, darum fie nur halb zu Golde geworden, Als fein 332 Umgewor fene zwo ſcheinb. Stügen lein ſie ſind in der That zuſammen geloͤthet worden auf eine fo feine Are, daß es nicht zu merken gewe⸗ fen, nachdem vorher die güldene nach dem Gepräge der einen Seite gegoflen worden, daß fie fich zu ihm ſchickte. Wann in diefem Falle die Goldmacherey ſoll fheinbarlich gefchehen, hat man etliche Münzen deflelben Schlages zur Hand, die man vorher den Anmefenden zeige. Die bereits mit Golde zufam- men gelöthete wird mit Dueckfilber weiß gemacht, und entweder auch gezeiger, oder hernach erft als eine von den gezeigeten in das fo genannte Goldelirir fo weit getaucht, als es ſchon vorher Gold gemefen, und das übergefchmierte Nueckfilber im Feuer mwegrauchen Iaflen, damit das Gold zum VBorfchein fommen Fön: nen, wenn man es von feiner Schwärze gefaubert, Einige haben vorgegeben, fie koͤnnten ſchon äche Gold machen, aber die Schwere des Goldes koͤnnten fie ihm nur nod) nicht geben. Sie haben aber unter acht Gold etwas gethan, dadurch es inwendig voller Loͤchlein oder nicht fo dicht als gewöhnlich, geworden, u, etwan nur die Schwere des Silbers in folchem Zu: ftande zu haben gefchienen. Solches legte gefchie: bet gemeiniglich durch einen Zufag von Materie, die viel leichter ift als Gold, feine Farbe nicht ändert, und ſich mit ihm genau vereiniger, daß fie wohl kaum in der Capelle und im Scheidewaſſer wieder davon zu loͤſen ift. | Dueckfilber und ein wenig Zink auf Kupfer getra⸗ gen, giebt ihm eine ſchoͤne Goldfarbe. Einige mit Arſenic jubereitete Materien machen das Kupfer fo weiß, daß es wie Silber ausfieher. Manche haben ſich diefer Mittel nur dazu bediener, zu zeigen, * ie der Gold⸗ und Silbermacheren. 383 fie nahe am rechten Wege Gold und Silber zu ma— chen wären, und bald auf denfelben durch fernern Fleiß zu kommen verhofften. Andere haben Queckſilber mit Grünfpan gemifcht, welches, ein Amalgama von $ und dem Kupfer gies bet, das im Gruͤnſpan enthaitenewar. Diefes ges ben fie aus für eine Kunft das Quecfilber zu einem feften Körper zu machen, der feine Fluͤßigkeit verloh— ven hat, und für den Anfang des Goldmachens. Alte Welt weis heute zu Tage, was der Zinnober ift, und was man folglich leicht aus demfelben ma— chen kann. Auch diefes Mittels haben einige zur Be— fhönigung ihrer Künfte Metalle zu verwandeln ge« misbrauchet. | | Man bat ſich auch wohl folgenden Streighes bes | dienet, Daß man eine Fugelrunde kupferne Büchfe ge⸗ nommen, in welche man ein gewiffes Pulver gethan, alsdenn die Fugen verfittet, und in ein Feuer ges bracht, darinn fie wohl glüben, aber nicht ſchmelzen koͤnnte. Man hat fie eine Weile darinn ftehen, und dann das Feuer ausgehen laffen. Wenn man die kalte Büchfe eröffnet, iſt der Obertheil derfelben vers filbere und theils in Silber gleihfam verwandelt, Denn das Pulver war Silberfalf oder luna cor- nea, fo man darinn verbreitet hatte, der im Feuer nach oben an die Büchfe getrieben, mit dem Meer« falze in das Kupfer eindringet, felbft aber etwas vom Kupfer ergreift und im DBerrauchen mit fich weg- führt , an deffen Stelle denn das Silber da bleibt, Noch andere haben fich der Kunft geruͤhmet, das Gold erft fo aufzulöfen, daß es nicht mehr Gold fey, und fo hätten fie den Weg gefunden, es auch zufam- men 384 Umgeworfene zwo feheind. Stüßen men zu fegen aus Dingen, die nicht Gold find. Dazu hat man ſich folcher Auflöfemittel bedienet, die gleich⸗ ſam aus dem Golde die Farbe ziehen, da fie denn das Zurückgebliebene, weil es im Schmelzen weiß, bleichgelb und fpröde ift, für eine entfeeite Goldma— terie ausgeben. Allein man bat das Scheidewas» fer von dem Regulo antimonii vorher abgezogen, den es zum Theil im Abziehen mit fich genommen. Das durch löfer es etwas von dem Golde auf, Fann aber nicht mehr auflöfen, als es vermag durd) die anti monialifchen Theilchen, die es enthaͤlt. Es läßt auch ein Theil derfelben im Golde zurück, dadurch wird eg im Schmelzen weißlich oder blaßgelb, Aber es ift weder diefes, noch das in die Tinctur-gegane gene ein aufgelöfetes, ſondern nur ein verftelletes Gold, wie folhes durch deffen Niederftürzung und Befreyung von dem Arfenic dargethan wird. Einer hat das Anfehen haben wollen, er koͤnne das Geld in die erfte Erde auflöfen, Daraus es beftünde, hat fich aber dadurch betrogen, daß ergemennet, fol» che Erde fey vom Golde, da fie doch von dem Cre- mor Tartari, Schwefel und wenigem Salpeter herges rübret, darein das Gold erftlich in einen falzigen Klum- pen oder eine Art von Hepar Sulphuris geſchmolzen worden, den man hernach in der Feuchtigkeit eines Kellers hat auflöfen laffen, und folches flüßige Wes fen durch grau Papier durchgefeiget, in welchem uns gefähr fo viel ſchwarzes Pulver zurück geblieben, als man Gold dazu genommen, Das Gold aber ift in der durchgefeigeren vöthlichen Materie geblieben, und die Erde nichts als caleinirter Cremor Tartari 2 ie: der Gold⸗ und Silbermacherey. 385 - Diejenigen, welche für fo großmuͤthig angefehen feyn wollen, daß fie die Tinctur wegfchenfen Fönnen, zufammt dem Nutzen, welchen fie durch deren Ge— brauch haben Fonnen, und denfelben ſammt der Ehre die angebliche Verwandelung zu bewerfitelligen, ans dern überlaffen, fehen auf den Bortheil, den fie aug dem Wahn anderer, daß fie Gold machen Eönnen, wo nicht bey einem, doch bey andern ziehen, und fih dadurch reichlich ſchadlos halten - Fönnen, BERKER TER FT I RU € III. Anatomiſche Erflarung des Urſprungs und der Bildung der Lieberbeine. - Don Herr Ellern. Aus den Schriften der Föniglich preußifchen Akademie der Willenfchaften, 1746 Jahr, 108 Eeite. te ung die Unterfuchung vom Bau des. menfchlichen Körpers einen richtigen ‘Bes geiff von feinen Verrichtungen im Stan« oft durch eben diefe Unterfuchung, welche uns bie Anatomie lehret , die wahre Lrfache einer Krankheit, die man ohne diefe genaue Ausforfchung nicht würde 7 Band. Bb erfläs de der Geſundheit giebt: alfo entdedt man 386 Anat. Erklärung des Urſprungs erklären, und ihr folglich auch nicht mit bequemen Mitteln begegnen koͤnnen. Das Ueberbein oder die Fleine harte Gefchmulft, die fich oft, vornehmlich oben auf der Hand zeigt, kann ung von dem, mas ich gefagt habe, überzeugen. Hippofrates giebt diefer Gefchwulft den Namen yaryyAuwdeov und Eelfus nennt fie mit allen alten und neuen Scribenten Ganglion (dag Leberbein). Alte die hiervon handeln, rechnen das Ueberbein unter die. tumores cyflicos d. i. unter diejenigen Geſchwulſte, die in einem Fleinen Sad verfchlofe fen find, oder in eine Haut, die fie umgiebt, wie etwa Atheroma, Steatoma und Meliceris find, die alle eine verdorbene Materie, die ſich von der Maffe des Geblürs abgefondert hat, in fich haben. Den Alten halte ich diefen Fehler zu gut, weil ihnen die Einrichtung des menfchlichen Körpers größtentheils unbefannt war: Allein das ift zu verwundern, daß die Neuern, die ihre anatomifchen Unterfuchungen bis auf die Eleinften Theile des menfchlichen Körpers hinaus getrieben haben, gleichwohl noch an dieſem Jerthume hängen, | Ich habe fehon vor einigen Jahren angefangen diejenigen Meynungen in Zweifel zu ziehen, welche ung die Bircherfchreiber von der Natur diefer Geſchwulſt aufbürden. Ein Wundarzt auf dem Sande, der fid) unter- ftund einem Jäger, welcher mit einem großen Ueber bein an der Borderhand (Carpus) geplagt war, da= von zu helfen, gab mir Gelegenheit den Urſprung und die Urſache dieſer Gefchwulft genauer zu unterfus hen. Denn obgleich diefer Ehirurgus weiter nichts that, als daß er die äußere Haut ein wenig ablöfte, nur und der Bildung der Ueberbeine. 387 nur um oben in die Geſchwulſt eine Eleine Oeffnung zu machen , und dadurch das, was in dem Sad war, heraus laufen zu laffen: fo ereigneten fich gleichwohl den zweyten Tag darauf fehr fehmerzbafte Zufälle, wobey der Patient viel ausftehen mußte. Denn une geachtet er fich mit allerhand Linderungsmitteln vor gefehen hatte, fo war Hoch die Hand 10 Tage lang nach der Operation fehr ſtark gefchwollen, womit ein Wundfieber und Frampfichtes Ziehen der Nerven im Borderarm beftändig verfnüpft waren, und es blieb eine Narbe, die fid) nach vielen Wochen erſt gaͤnzlich chloß. Alle dieſe Zufaͤlle gaben mir zu folgenden Gedan⸗ fen Anlaß: Weil die andern oben benannten ceyſtiſchen Gefhmulfte bey ihrer Ausrottung feinen von diefen verdrüßlichen Zufaflen zeigen, wenn nur bey der Operation die nöthige Vorſicht gebraucht wor— den; fo müffen die Ueberbeine von anderer Natur fen „ und einen ganz andern Urfprung haben, als die enftifchen Geſchwulſte. Nah der Hand fand ich Gelegenheit ein Ueberbein an einer erſt verſchiedenen Perſon mit aller Aufmerkſamkeit zu zerſchneiden: einige Zeit hernach wiederholte ich dieſes mit ſo genauem Fl eiß als vorher, ‚und, nachdem id) die äußere Haut ein wenig abgeloͤ— fet hatte, merfte ich, daß die Fugelförmige Schwulſt, die mic einer ziemlich ftarfen Haut bedeckt war, un⸗ terwaͤrts ſchmaͤler wurde und gleichſam einen Hals formirte, welcher an einer Sehne von den Muskein die die Finger ausſtrecken, feſt auufſaß. Nachdem id - fie geöffnet hatte, fand ich eine Materie, die einer Hirſchhorn Gallerte —J An, doch aber ein wer ’ nig 398 Anat. Erklärung des Urſprungs / nig dicker war. Bey Unterfuchung der Wurzel traf ic) die Fibern der Sehne in ihrem natürlichen Zuftande an, in guter Ordnung und nur einigermaßen durch den Sack oder die Materie, welche er enthielt, verän« dert, Ich habe nie das geringfte Merfmaal der Ber» derbniß an befagter Materie des Sacks finden Fön nen; ihre Miſchung und Feftigfeit war durchaus ein« förmig, hell und durchfichtig, ohne Geruch und ohne Schärfe im Gefhmad. Diefes alles fam mir deſto feltfamer vor, je weniger ich es mit der Urſache die— fer heftigen Zufälle zufammen reimen Fonnte, welche ich noch bey einer andern Perfon, bey der man bie Ertirpation auf eben diefe Art und mit ebender Bor- ficht vorgenommen hatte, eben fo antraf. Ich be; muͤhte mid) aud) die Seuchtigfeit Diefer in dem Leber: bein enthaltenen Materie ausdampren zu laffen; ich fand aber nichts anders, als was ſich finder, wenn man Eyerweiß an einem mäßigen Seuer wärmer: Alle diefe Umftände veranlaßten mich, den Ur- fprung und die wahre Urfache diefer Begebenheiten in dem Bau der Sehne felbit zu fuchen, zwifchen welcher und dem Ueberbein ic) eine fo genaue Verei— nigung fand. Allein fein Bau und feine natürliche Feſtigkeit, die big an den Dre, wo die Geſchwulſt feit anfaß, unverändert blieb, machten mir bald viele Schwierigkeit: bis mir endlich wieder einfiel, daß ich bey der Zerfchneidung der Leichname immer etwas wie eine Scheide oder ein hautiges Futteral gefunden babe, worein die Sehnen ſchlupſen. | _ Diejenigen, welde den Bau des menfchlichen Körpers nur einigermaßen kennen, miflen ſchon was eine Sehne iſt; die Muskeln, die Werfzeuge der Bewe— N und der Bildung der Leberbeine. 339 Bewegung, find aus fleifchichten Zäferchen zufam- mengefeßt, welche nebft den Blutgefaͤßen und Ner⸗ ven den Musfelnförper bilden. Gegen die beyden Ende der Muskel zu, vereinigen ſich diefe Zäfers fein immer genauer, werden weiß und helle und ma⸗ chen eine ftarfe-und dünne Haut, die man insgemein Aponeurofis nenner, oder fie fammeln fich*in eine dichte und zaferige Echnur, welche man Sehne nen⸗ net. Jedes Musfelfäslein des Musfelnförpers ift in eine fehr dünne Haut oder in ein löchriges überaus feines Gewebe eingewicelt, welches der Ausgang der Fetthaut (tunicz adipoſæ) ift, welche ſich über- all unter der außern Haut finder, fowohl als an de— nen Orten, wo die Natur Musfelfibern angeleget bat. Da wo die Sehne anfängt, wo alle diefe zaͤ⸗ ferigen Häutlein die Musfelfibern verlaflen, machen fie dieſes zirfelförmige Geweb, vieles Futteral oder diefe Scheide aus, welche der Sehne überall nachgebt, und welche fich da, wo diefe am Bein befeftigt ift, in die Bänder an den Öelenfen verliere. Allein diefe Echeide würde ven Sehnen vielmehr befchwerlic) als nüßlich feyn, wenn fie nicht zugleich das Werkzeug wäre, wodurch eine uͤberaus weiche, zarte und zähe Seuchtigfeie abgefondere wird, womit die Sehnen⸗ fibern fowohl als die Wände oder innern Oberflächen diefer Scheide durchaus überzogen find, welches fie gegeneinander fehr fchlüpferig und die gefchwinde Bewegung der Sehne ungemein leicht macht. Es fcheinet, daß alle Zergliederer überhaupt die Unterſuchung diefer Scheide, mworein die Sehne ges wickelt ift, verabfaumer, und daß fie weder ihren Urs fprung noch Nutzen bemerfer haben. Dieſe Unachtſam⸗ IR Bboz3 | feit 390 Anat. Erklärung des Urſprungs keit ift eigentlich auch die Urfache, warum mannicht auf die Ausbildung diefer Geſchwulſt, wovon wir hier reden, oder unfers Lieberbeins Achtung gegeben bat. Wir wollen hier annehmen, daß eine Sehne durch eine Gewalt von außen, als durch Schläge, durch gewaltiges Zufammendrücken, unmäßiges Aus» dehnen; durch Stöße oder Zerquetfchungen, durch Gewalt, die man fic) bey Hebung vder Schiebung fchwerer Körper that ꝛc. etwas gelitten habe, alfo daß dieſe Scheide ein wenig zerreißt, oder durch eine der—⸗ gleichen Gewalt Ritze befommt, fo ift nothwendig, daß die Feuchtigkeit, welche die Scheide von der Sehne abfondert und welche fie in ihrem Schlau) verwahret, unvermerft durch diefe Deffnung hinaus tritt, und indem fie nicht weiter kann, muß fie ſich in der tunica adipola der Haut zufammenfegen, das naͤchſte Behaͤltniß diefes Häutchens ausdehnen, und je mehr fic) nach und nach folcher Saft ſammelt, defto mehr von diefen nächiten Bläschen verfchwins den, indem fie fich gleihfam nad) Arc einer Narbe in eine ziemlich ftarfe Haut zufammen geben, die ei— nem Sad gleicht, der diefe zähe Feuchtigkeit enthält, die durch die Deffnung der Sehnenfcheide entwifcht äft, deren fubtilfter Theil fich durch die Schmeißlö- her in die nahen Gefäße ſchlich, und das übrige fich zu einer feften u. zaben Feuchtigkeit verdickt,fo wie ich fie bey Zerfchneidung fo vieler Ueberbeine gefunden habe. Wenn die Gewalt der äußerlichen Verlegung nicht groß genug ift die Scheide ganz zu durchreißen, und die Haut, woraus fie beiteht, noch durch zarte Blaͤttchen zufammenbängt, fo wird doch diefe als bie ſchwaͤchſte Gegend dem Druck des fich — 118 und Bildung der Heberbeine. 391 Safts nachgeben, und alfo zu einen Sad oder eine Geſchwulſt werden müfjen, Die der vorigen ähnlich ift, und die, man ein Aneurysma der Sehnenfcheide nennen koͤnnte. Was diefe gegründete Lehre vom Ueberbein und feiner Erzeugung noch mehr beftätiger, ift die Art und Weife, wie man machen kann, daß diefe Ge- ſchwulſt auf einige Zeit vielmehr unfichtbar, als ganz und gar ausgerottet werde, Man Elopfe diefe Ge= ſchwulſt mit einem Hammer fo lange hintereinander fort, bis ihr Sack berfter ; alsdann fchleicht fich die ausgelaufene Feuchtigkeit in die da herum befindli= chen Zellen der tunicae adipofae, und wie die Urfas che vondem Anwachfediefer Schwulft auch nad) dieſer Dperation noch fortdauerf, fo wird das Leberbein vom neuen wieder wie vorher. Es befremdet uns vielleicht, daß diefe Fleine Deff nung ſich nicht fo gefehwind, wie andere Wunden uns fers Körpers, zuſchließt; allein man wird die Schwierigkeit von der Dazu nothwendigen Bereinis gung bald einfehen, wenn man betrachtet, daß die Muffeln und Sehnen der Hand, woran fich diefer Zufall äußert, bey nahe in einer immerwährenden Bewegung find, melches vornehmlich an den Häus ten und andern Theilen unfers Körpers, deren Ge— fäße Fein rothes Blue führen, hindert, daß nichts wies ber zufammen wachfen Eann. Man wird fidy iiber die ſchlimmen Zufälle, mel: che ich ein Paar Tage nad) der Ausrottung dieſer Gefhmulft erfolgen fahe, nicht wundern, wenn man die Empfindlichkeit und Zärtlichkeit der Seh un 864 ® nen 392 Anat. Erklärung des Urſprungs nen erwaͤget. Das Eiter oder die Materie, die ſich etliche Tage nach ber Operation in der Wunde famms (et, Fann durd) ihe Stechen Feine andern Wirfungen hervorbringen, als ein Frampfichtes Zucken in den nervichten Theilen, und folglich ein Zufammendrus en ver Blutgefäße, eine Hinderung im Umlauf des Geblürs ; wovon Geſchwulſt, Entzündung, Fieber und alles andere herruͤhret. Die überzeugende Entwicelung des Urfprungs und der Erzeugung des Ueberbeins erläutert ung auch die Natur und ‚Befchaffenheit eines andern Jufalls, der fich zum öftern an den biegfamen Fingermuffeln der flachen Hand ereignet; man nenne ihn insgemein Crifpaturam tendinis, eine gedrehte Krümmung. eis ner Sehne. Diefer Zufall ereignet ſich nach einer heftigen Bewegung, welche eine Entzündung der Sehne und ihrer Scheide verurfacht. Durch diefen Umftand wird die Abfonderung der zaͤhen Feuchtig« keit unterbrochen, und die noch vorhandene vertrock⸗ net, Daher es denn koͤmmt, daß die Sehne und ihre Scheide zufammen wachfen, daß fie kuͤrzer und här- ter werden, Diefe Erklärung zeigt auch, was den Sehnen der äußern Theile der Gliedmaßen nach häufigen Unfällen vom Podagra widerfaͤhret. Wenn fic) die Unreinigfeit, welche das Podagra verurfacher, in diefe Gegenden. ausgegoften hat; fo verurfacht fie dafelbft anfänglich eine reichlichere Abfonderung der Feuchtigfeiten in den Sehnenfchläuchen,, welche darauf die Hiße der Entzündung wieder austrocknet, Geſchieht dieß öfters, fo bekoͤmmt man Knoten oder das Fnotichte Poda- gra, „Die harte und trockne Materie, Die ich er an A und Bildung Der Lieberbeine. 393 inn gefunden habe, ift biefem sahen Safte des Aeberbeins, wenn er am euer getrocknet worden, oder dem Eyerweiß, wenn man es auf eben diefe Weite trocknet, vollfommen ähnlich. EIETETTTERETTTTERTERTET ae A, Auszug einiger Phyſittatiſchen Bemerkungen Herrn Shorts bey der ringfoͤrmigen Sonnenfinſterniß ben 24 Heum. 1748. | Aus den Philoſophiſchen Transactionen, 490 Rum. u Art, an will Hier nur diejenigen Beobachtun— gen aus dem an erwaͤhntem Orte befind» lichen Auffage Heren Shorts mitrheilen, welche den Naturforfchern befonders merkwuͤrdig fenn koͤnnen, und das weglaffen, was der Sternfündiger befonders zu Erweiterung der mathematifchen Kennt: niß des Himmels brauchet. Man ift diefe Achtung bem großen Haufen in Deutfchland fehuldig, fie mie Zahlen und tieffinnigen Rechnungen nicht zu erfchres cken: denn auch diejenigen unter ihm, die Gelehrte — Bb 5 und >94 Auszeiniger phyſikal Bernerfungen und fo gar Naturforfcher feyn wollen, halten es doch meiftens eben nicht für nöthig, fich in der Meßkunſt fo gar weit zu verfteigen. Die geringe Anzahl würs diger Sandesleute eines Keplers und $eibnig kann ih» re Neugier aus den Schriften der Yusländer felbft zulänglich ftillen, der Musländer, denen die Deutfchen fonft in allen Stuͤcken nachahmen, als in dem aflge meinen Geſchmacke an grimdlichen und erhabenen Wiſſenſchaften. Herr Monnier iſt, die erwaͤhnte Sonnenfinſterniß in Schottland ringfoͤrmig zu ſehen, dahin aus Frank⸗ reich gefommen. Und Herr Short hat ihm dahin Geſellſchaft geleifter. Sie haben beyde die Ehre ge Habt, den Grafen von Morton in eben diefer Abfiche zu begleiten. Sie langten zu Edinburg den 4 des Heum, an, und erfundigten fih, was dafelbft den “Briefen ges mäß, die fie vor ihrer Abreife von London dahin ges ſchrieben hatten, für Zurüftungen gemacht wären, Herr Alerander Mouro, Lehrer der Zergliederungs« kunſt, berichtete fie, er hätte auf diefe Erinnerung an alle feine Freunde in verfchiedenen Gegenden Diefes Landes Cireularſchreiben abgefchickt, fih fo gut fie Fonnten, zu einer genauen Beobachtung zu bereiten, Die Mittagslinie, welche Herr Mac Laurin gezor gen hatte, war durch einen Zufall unbrauchbar ges worden, und fein Nachfolger, Herr Matthew Ste» wart hatte folhe aus Mangel tüchtiger Werkzeuge noch nicht wiederhergeſtellt. Er hoffte täglicy auf ein Werkzeug dazu aus London, und verfprach fo ge» naue Beobachtungen als möglich, zu machen. Sie | giengen der ringfoͤrmigen Sonneuſinſterniß. 395 giengen alſo mit dem Grafen von Morton auf deſſen Gut Aberdour, 10 engliſche Meilen meiſt N. W. von Edinburg. Nach den —— ſollte die— ſer Platz am ſuͤdlichen Ende des Ringes oder nahe dabey ſeyn. Im Schloße Aberdour, 56 Gr, ıı M. nordlicher Breite, und 25 Sec. der Zeit nach weſtlicher als Edinburg, festen ſie eine Uhr den 9 Heumon. auf, Den ıten ſuchten fie übereinftimmende Sonnenhoͤhen mit. einem Xequatorialteleffope des Grafen Morton und richteten auch einen Gnomon ı5 Fuß hoch auf. Ihre Werkzeuge, gleiche Höhen und Durchgaͤnge durch den Meridian zu beobachten, waren noch nicht angefom- men, Zu Edinburg befand ſich ein Werkzeug zu der legten Abficht. Lord Morton erhielt vom General Dland, daß den Tag der Berfinfterung zwey Gefchüge, eines gleic) um ı2 Uhr, das andere 5 Min, nad) 12 Uhr von dem Schloffe zu Edinburg follten abgefeuert werden, Den verfchiedenen Beobachtern in der Ge— gend ward viefes gemeldet, und ihnen zugleich aufgez fragen, Die Zeit, da die Flamme gefehen würde oder da man den Knall hörte, genau zu bemerfen. Wenn alfo eine genaue Karte von diefen verfchiedenen Thei- len des Sandes gemacht, und der Meridian eines Drtes zuverläfiig gefunden war, fe ließen fid) die Zeiten aller übrigen Derter durch die Linterfchiede der Mes ridiane, welche die Karte gab, beftimmen. Den 14 Heum, Morgens fahe es wegen Windes und Regens ungemein ſchlimm aus, aber um 8 Uhr des Morgens zerftreuten fich die Wolken unddie Sonne fchien ſehr belle, | tord 396 Ausz. einiger phyſikal.Bemerkungen Lord Morton bediente ſich eines reflectirenden Te- leffops von 12 Unzen Brennweite, das etwa 40 mal vergrößerte. Herr Short brauchte eines von 4 Fuß Brennweite, das ohngefaͤhr 120 mal vergrößerte, bey- de gehörten dem ford Morton. Herr Monnier hatte ein dioptrifches Teleffop von 9 Fuß aus Frankreich mitgebracht, es war mit einem Mikrometer verfeben, das Herr Siffon zu London nad) Herr Grahams Art gemacht hatte. Herr Monnier nahm feinen Stand im Gerfen un: ter dem Fenſter des Zimmers, wo die Uhr ftand, Lord Morton in dem Zimmer neben der Uhr, und Herr Short am Fenſter zunaͤchſt bey der Uhr. Die Beobahtungszeiten bey den Erſcheinungen der Finfterniß wollen wir vorbengeben, und nur an- führen, daß Hr. le Monnier den Arquatorialdiameter des Mondes, weil er fich von der Sonne befunden, mit dem Mikrometer 29° 47 4° beftimmt, den ſchein⸗ baren verticalen Durchmeffer der Sonne aber zu Mittage zıM. 40 Sec. gefunden. Das Mikrometer, deſſen er fich hiezu bediente, fward nachgehends durch eine Baſis von 2570 Fuß und 2 Merfzeichen, die an derfelben Enden rechtwinklich 22 3. von einander geſetzt wurden, geprüfet. | Den Blig von dem erften Stüde fahe man ı2 Uhr ZM. 4 Sec. nach der Uhr, und den Blitz von dem zwenten ı2 Uhr, 8 Min. 4 See. auch nach der Uhr. Die Finfternig mar fo genau ringformig, daß es den Spitzen bey der größten Mäberung nur um z vom Lmfreife des Mondes zu fehlen fchiene, daß fie nicht zufammen famen : doch bemerfte man deutlich ein braunes $icht, das fich von jeder Spitze mn Umkrei⸗ — der ringformigen Sonnenfinſterniß. 397 Umkreiſes des Mondes hin von jeder Spitze, ohnge— fahr # der ganzen Entfernung der Spitzen erſtreckte. Lord Morton und Herr Short haben daffelbe bemer- ket, ohngefähr F von der Entfernung zwifchen den Spitzen ward von diefem braunen Lichte nicht erleuch⸗ tet, fo daß fie einige Zeit in Zweifel ſtanden, ob vie Finfterniß nicht bey ihnen ringfürmig feyn würde, Herr Short bemerfte an dem Ende diefes braunen Sichtes, und zwar an demjenigen, das von der weftli- chen Seite fam, eine größere Menge vom Lichte, als an einigem andern Orte, worüber er fich erftlich ver: wunderte, aber nachgehends fich vorfiellte, es muͤſſe von einer Höhlung oder einem Thale herrühren, wels che ziweene an einander ftoßende Berge am Rande des Mondes machten, Herr Short hat vordem oftmals Berge im Um— freife des Mondes geſehen, und ſolche zwar überall rings um ihn von verfchiedener Größe beobachtet, aber doc) niemals fo deutlich als bey diefer Sonnenfinfter- niß, denn die $uft war bey ihnen vollkommen heiter und ohne alle Bewegung, obwohl ein fehr. heftiger Sturm blies, der fih um das Mittel der Finſterniß anhob. Here Short erinnert fich, Daß ben der ring« formigen Sonnenfinfterniß 1737 eben dergleichen gee ſchehen, die bergigten Ungletchheiten an dem füdlichen Mondrande waren befonders merflich, an einigen Or⸗ ten wechfelten Berge und Thäler mit einander ab, anderswo ftrecften fich die Gebirge ein groß Stud des Umfreifes fort, und endigten ſich faft ſenkrecht, wie ein jaͤher Abfturz. Lord Morton konnte fie durch fein Eleines reflectirendes Teleffop leicht und deutlich fehen. Kurz 398 Ausz. einiger phyſikal. Bernerfungen Kurz nach dem Mittel der Finfterniß zeigten ſich einige Wolken, die unter der Sonne ftille zu fteben fehienen, an ihren obern äußern Theilen mit allen Sar- ben des Megenbogens gezieret. Während der größten Dunfelheit fahen einige $eute, die fi) im Garten an dem Schloffe befanden, einen Stern oftwärts der Sonne, der, aus dem Plage, da fie ihn gefehen harten, zu fehließen, die Venus ge— wefen feyn mußte. Diele teute haben eben diefen Stern zu Edinburg und anderswo gefehen. Daß man andere Sterne gefehen hätte, hat Herr Short nit gehöre. Die Dunfelbeit war fo gar groß nicht, aber der Himmel ſchien von einer ſchwachen matten Farbe. Herr Short hält für fehr merfwürdig, daß Herr Monnier ihn verfichert habe, wenn er während des Mittels der Finfternig auf die Sonne gefehen, habe er den Mond nicht in der Sonne gefehen, fondern die Sonne habe ihm ganz vollfommen, obwohl nur mit ſchwachem Lichte, gefchienen. Herr Short fihreibt diefes dem Umſtande zu, daß Herr Monnier Furzs ſichtig iſt. Um das Mittel der Finſterniß bemerkte Hr. Short einen anſehnlichen großen lichten Flecken von unor— dentlicher Geſtalt, und ſehr helle, etwa 7 bis 8 Mi« nuten innerhalb des Mondrandes naͤchſt der weftli- chen Spise. Es fihien ihm, als verlöhre er dieſes Licht zu verfihiedenen malen, er läßt aber unausge— macht, ob folches daher gefommen fey, weil er feine Augen gefchloffen, um folche wieder. ausruhen zu la fen, oder nicht. Herr Irwin zu Elgir foll eben das bemerfet haben, Wie Herr Short ſolches das erfte: mal fabe, vief ev es dem ford Morton, der ſch in em der ringfoͤrmigen Sonnenfinfterniß. 399 dem Zimmer daneben befand, zu, aber diefer Fonnte nichts fehen. Ehe die Finfterniß angieng, und waͤhrend der ganz zen Zeit dev Finfterniß, war die Luft vorermähnter- maßen ungemein heiter. Er fahe alsdenn durch das. veflectivende Teleftop von vier Fuß die Fläche der Eonne mit etwas bededt, das er zuvor nie gefehen hatte, fie fehien ganz unordentlich mit Licht und einem matten Schatten, befonders gegen ihren Aequatorial⸗ diameter, überftreut zu feyn. Diefe Erfiheinung war fo was feltfames, daß es Heren Short ſchwer fällt, fie zubefchreiben, vder von dem was ex fahe, einen gehöri- gen Begriff zu geben, er drücker ſich Davon fo aus : Die Fläche der Sonne habe ausgefehen, als wäre fie fleckerweiſe mit einem hellern und dunfelern Fichte und Farbe bewoͤlket. Diefe Erfcheinung war beftändig und ordentlich immer eben diefelbe, Wenn man fie in einigem Grade zuvor gefehen hat, kann fie Anlaß gegeben haben, von den Fackeln, die in der Sonne wären gefehen worden, zu reden. Ihm ſchien der ganze Körper der Sonne mehr oder weniger Damit beveft *. — Herr *Ich will nicht ausmachen, was dasjenige iſt, welches von einigen unter dem Namen der Sonnenfackeln er: wahnt, von vielen verworfen, und von andern auf eine oder Die andere Art erklaͤret wird. Ein dioptrifcher Tubus von 27 Zuß hat mir eine Erſcheinung etlichemal bey recht heiterm Himmel gewiefen,die ich mit des Herrn Short feiner fur einerley halte, nur daß folche nicht die ganze Gonnenfläche wie bey ihm, fondern bier nur einzelne Theile etwa von der Größe wie die groͤs⸗ fern Sonnenflesten zu ſeyn pflegen, bedeckt. ee icht 400 Ausz. einiger phyſikal. Bemerkungen Herr Short wandte alle mögliche Aufmerffamfeit an, ob er den Körper oder den Rand des Mondes fehen Eönnte, ehe folder die Sonne berührte, mie auch nachdem derfelbe Die Sonne verlaffen hatte und völlig aus ihr heraus war, aber er Fonnte nichts von einer folchen Erfcheinung entdecken. Herr de Uſle Bat öffentlich verlangt, daß man darauf Acht geben follte, und Dieferwegen bemerfet Here Short folches ausdrücklich *. S | Das Richt der Sonne fchien mir an dieſen Gegenden weis— fer, aber nicht fo febhaft, wie fonft durchaus. Die Sonne erfibeint durchs Fernglas ohngefaͤhr wie ein metallener Teller. Man ſtelle ſich vor, dieſer Teller ſey bier und da mit einer aͤtzenden Feuchtigkeit beſpri— zet, welche, an den Oertern, wo fie aufgetroffen, feinen Glanz verandert hat, fo hat man ohngefahr ein Bild deifen, mas ich ein paar mal gefehen habe, und öftes ver würde fehen und andern zeigen koͤnnen, wenn in Leipzig ein Platz und eine Gelegenheit waͤre, wo Liebhaber der Himmelskunde ihre Neugierde befriedigen koͤnnten, oder wenn ich mich ſelbſt in den Umſtaͤnden befande, daß ich den erwahnten Tubum zum Gebrauche bes ſtaͤndig bereit Fönnte ſtehen laſſen. Denn der Amfige Beobachter des Himmels, den ich zu anderer Zeit ges rubmet babe, Herr Gaͤrtner hat mich verfichert, Daß ihm diefe Erſcheinung fehr oft vorgefommen fey. Kaͤſtner. "Da mir die Art, wie Here de Lifle diefes verlanger, nicht bekannt iſt, fo kann ich auch nicht urtheilen, was fir Abfichten ev dabey gehabt bat. Sonſt follte man wohl glauben, e8 fey nicht noͤthig nachzuſehen, ob fich der Mond unter folchen Umftanden von ung erblicken laffe , da er ung Fein Licht zuſenden kann. Mir und einigen andern bat es einmal bey einer Gonnenfin® fterniß geſchienen, als faben mir die völlige ſchwarze Mondſcheibe, von der nur ein Theil (dem es Ar im “ nſan⸗ der ringförmigen Sonnenfinſterniß. 401 Das Barometer war verfchiedene Tage vor der Finfterniß gefallen, und eben noch dieſen Morgen, da es 29, zengl. Zoll hoch ftund. Aber während der Sin- fterniß fing es an zufteigen. Die Veränderungen des Thermometers zeiget folgendes : ı Heum. SU. morg. fund esbey der 54 Abtheilung U. oM, oder Mittags 56 4 © Nachm. 60 12 Heum. m 0 Borm. 57 2 0 Mittags 53 13 Heum. 8 30 Vorm. 553 3.1.50 Nachmit. 57& 14 Heum, 8 0 Vorm. 56 8 5 57 9:47 572 9 20 574 10 8 57 ı0 26 562 Bey allen diefen Bemerfungen ftund das Ther— mometer im Schatten, Die Zeiten find nach der Uhr gerechnet. Gleich nach dern Mittel der Finfter- niß ward das Thermometer der Sonne 10 Minuten | lang Anfange der Finfterniß) vor der Sonne ffände. Aber wie wir genauer nachfahen, haben wir ung verfichert, daß nur die Einbildungsfraft das ſchwarze Kreisſtuͤ— cke, das in der Sonne zu fehlen ſcheinet, mit dem uͤbrigen Theile der voͤlligen Rundung ergaͤnzt hat. Sonſt ſiehet es bey Mondfinſterniſſen ſehr angenehm aus, wenn man die Flecken des Mondes auch durch den Erdſchatten, in dem ſie ſich befinden, wie durch einen Flor durchſchimmern ſieht. Kaͤſtner. 7 Dand, Ec 402 Ausz. einiger phyſikal. Bemerfungen lang ausgefeget, und flieg nur eine halbe Abtheilung. Man ließ es fo der Sonne ausgefeget, und beobach- tete Daben folgendes : 10 U. HM. S. ftund esb,d.584 Abth. 10 — — 62 BE — — 634 ıl 4 00 66 u ID 00 70 u 3400 753 tach diefer legten Beobachtung ward es wieder in den Schatten gebracht. um 12 U. 54 M. ſtund es bey der 60% Abth. I 28 61 5 59 59 — 58* den 15Heum.s Vorm. 56 9 57 10 60, Diefe Beobachtungen wurden mit einem Thermo» meter, das nad) Fahrenheits Art abgetheilet war und fehr empfindliche Abtheilungen hatte, angefteller. Sie fonnten feinen ftärfern Grad der Kalte während der Sinfternig empfinden, als vor ihrem Anfange. Zu Edinburg ift der Himmel fo woͤlkicht gewefen, baß Herr Stewart feine ordentliche Beobachtung machen konnte. Er beobachtete den Durchgang der Sonne durch den Mittagskreis (wie er folhen an: nahm) 12 U. 7 M. 22 ©. nach feiner Uhr, und hör: te das zweyte Stuͤck, das vom Schloffe los gebrannt ward, um 12 U, 4 M. 48 ©, nad) eben der vr Sie der ringfoͤrmigen Sonnenſinſterniß. 403 Sie unterfuchten feine Mittägelinie wenig. Tage darauf, und fanden fie 3 M. 22 S. der Zeit nach weftlicher als die wahre Mittagslinie. Das Col: legium ift ungefähr 2500 Fuß oftwärts vom Schloffe. Der Ehrmürdige Herr Bryer zu Afdifton, etwa 6 englifche Meilen weftlih von Edinburg 55 Gr, 552 M. nordlicher Breite bat die Finfternig mir einem reflectirenden Teleffope von 9 Fuß beobachtet, und feine Beobachtung wird vom Herren Short ans geführt. Er bringe noch eine ziemliche Menge ans derer in dieſen Gegenden von Schottland angeftell. ten Beobachtungen bey. Wir wollen nur einiges, Das zu phnfifalifchen Gedanfen Anlaß geben kann, er— währen. | Der Ehrw. Herr Irwin zu Elgin 57 Gr. 34 M, Breite berichtet, er habe, ehe fich die Hörnerfpigen der Sonne zuſammengeſchloſſen, auch indem fich der Ning gebrochen , habe er eine fchnelle zitternde Bewegung u. verfchiedene unordentliche heilleuchtende Flecke wi: fchen den Spigen gefeben, die in wenig Augenblicken verſchwunden, und es ift ihm vorgefommen, als gienge ber Mondförper um die Zeit des Ringes, befonders ins dem ſich derſelbe bildere, gefchwinder fort, als zu einis ger anderer Zeit während der Finfterniß. Während der Zeit der Bildung des Ringes und feiner Dauer zeigte fich Feine einzige Wolfe. Seine Bildung und fein Brechen waren beyde fehr wohl zu bemerken, und gefchahen in einem Augenblicke, vie unordentliche zitternde Bewegung der Sonne zeigte ein ſehr angenehmes Schaufpiel, * Cca Die 404 Ausz.einiger phyfifal Bemerkungen Die Dunkelheit während des Ringes war feinem Berichte nach nicht fo groß als Furz zuvor und furz herz nach, und wie fie am ftärkften war, nur etwas daͤm— mericht, aber doch zu empfinden. Kinige haben eis nen Stern oftwärts der Sonne gefehen, aber weder Herr Irwin noch einer von denen, die bey ihm waren. Man meldete ihm folches erft nach der Be— obachtung. | Herr Irwin hat fih eines Teleffops * von- drey Fuß bedienet, und mit einem guten Brennglafe Ber: fuche angeftelle, welches aber während des Rin— ges und eine Furze Zeit zuvor und hernach wenig ges than, Als einen Zufaß Heren Short ift noch folgendes beyzuſuͤgen: Die dunfeln Flecke im Monde fehen zwar als ebene Flächen aus, wenn Teleſkope, die nicht ftarf vergrößern, gebraucht werden, aber bey einer ftärfern Vergrößerung unterfcheidet man in ih— nen leicht eine Menge von Erhöhungen, die der fans ge nach) an einander liegen, und daß diefe Erhoͤhun— gen wirklich über die gemeine ebene Flaͤche bervor- ragen, wird Dadurch außer allen Zweifel gefeßt, daß ſie allemal der Sonne gegen über Schatten werfen. Uebrigens haben fie einerley Farbe mit der Ebene, über welche fie auffteigen, und eben fo glatte Flaͤ— chen ohne merfliche Ungleichheiten. Sie ſind auch bey einerley Stellung der Sonne gegen den Mond unver⸗ *Vermuthlich kein reflectirendes, weil ſolches bier nicht angegeben wird. K. der ringförmigen Sonnenfinfferniß. 405 unveränderlich einerley, wenigftens fo viel Herr Short bey einer öftern Beobachtung innerhalb 2 oder 15 Jah⸗ ren bemerfen Eönnen. Alſo Fonnen die dunflen Flecke im Monde wohl Feine Waſſer feyn. Eu u Eu z zz u — 2 z 2 2 2 * ** *** *5 V. Beobachtungen der Hohe, auf welche Racketen fleigen. Durch Heren Benjamin Robins, Mitgl. der Fon, Geſellſ. | Aus den Philoſoph. Transact. 492 N. 8 Art. N an braucht die Racketen mit befonderm | Nusen, oder man Fannn fie doc) folcher- geftalt brauchen, die Sage verfchiedener Derter gegen einander zu beftimmen, und Signale zu Unternehmungen auf Schiffen oder im Kriege zu geben; diefes machte, daß ich es der Mühe werth hielte, die Höhe, auf welche fie ordentlid) fteigen, zu unterfuchen,, um dadurch befler zu beftimmen, wie weit man fie fehen kann. Ich erfuchte daher bey dem legten Feuerwerke einen meiner Freunde, von dem ich wußte, daß er nur einen entfernten Zufchauer abs geben wollte, den Höhenmwinfel zu beobachten, auf ec 3 wel: 406 Robin Beobachtungen der Höhe, welchen fich ihe größter Theil erhuͤbe, wie auch den MWinfel zu beftimmen, den die Racketen machten, bie unter allen am höchften fliegen. Mein Freund war mit einem Werkzeuge RN beffen Halbmefler 38 Zoll hatte, und alle Ungewiß- heit in deffelben Bewegung zu verhuͤten, ward es in einer unveränderlichen Stellung befeftiget, und fein Feld, welches zehn Grad der Höhe betrug, durch wagrechte Fäden getheilet. Der Stand, den ſich mein Sreund wählte, war oben auf Dr, Nisberts Haufe in Kingftreat unweit Cheapfide, mo er das obe— ve Theil des in dem grünen Parf aufgerichteten Ges baudes fehr wohl überfehen Fonnte,. Hier bemerfte er, Daß die einzelnen Racketen, welche am geradeften aufftiegen, bey ihrer größten Höhe ohngefähr 61 Gr, über feine magzechte $inie erhoben waren, und daß fich unter diefen drey befanden die zu 74 Gr, fliegen. Wie zuleßt Die große Menge von Racketen auf eins mal aufitiege, deren 6000 ſeyn follten, war das oberfte des Bogens, den ihre ganze, Anzahl zuſam— men vorftellte, ohngefähr 83 Gr, erhoben, Wegen der Sorgfalt und Gefchicklichfeit meines Freundes, und der Befchaffenheit des Werfzeuges, zweifle ich nicht, daß diefe Beobachtungen bis auf wenige Mis nuten richtig find. Die Entfernung dieſes Standes von dem Ge: bäude im gruͤnen Parf ift 4000 MNards nad) der legten großen Karte von London, woraus ers hellet, Daß die gewöhnliche Höhe, auf melche die einzelnen Racketen ftiegen , beynahe 440 Yards waren, daß drey von ihnen 26 ards ftiegen, und daß Die größte Höhe derer, vie ſich in der a zran⸗ auf welche Racketen ſteigen. 407 Girandol befunden, etwa 615 Nards waren. Alles diefes über die wagrechte Linie des Plages gerechnet, wo die Beobachtung angeftelle wurde, welchen ich faſt 25 Mards höher als den grünen Park ſchaͤtze, ‚und nicht viel tiefer als 15 Mards unter den Kaften, aus denen die große Menge von Racketen auf eins mal losgienge, = / Wie alfo hieraus erhellet, fo fteigen einige Ra— cfeten 600 Nards über den Ort, rev fie los gelaffen werden. Da diefes mehr als der dritte Theil einer Meile ift, fo folgt, daß, zum Voraus gefeßt, Daß ihr Licht ſtark genug und die Luft nicht truͤbe ift, fie in einem ebenen Sande auf mehr als so Meilen weit koͤnne gefehen werden *, Die Beobachtungen mit den einzelnen Racketen ſtimmen gut genug mit einigen Verſuchen uͤberein, Ce 4 die *Ein Hard iſt drey londner Fuß. Der londner Fuß ver⸗ halt ſich zum pariſer (nach Helſhams Phyſik, 368 Seite,) wie 1070 : 1142, und der pariſer verhält fich zum vheinlandifchen, wie 14400 : 13913. Au der Verbindung diefer beyden Verhältniffe wird man finden, daß den enalifihen Fuß — a den rheinlan- diſchen — r gefegt a— 0, 9697 r. Aus der Vers haltnig a: r — 13500: 13913. (Wolf Geom. lat. $. 26.) folgt a — 0, 9703 r, man fann fich bey dieſen — mit Voitheile der Legarithmen be: dienen. Alſo find die 600 Yards oder 1800 a — 1746 r, wenn mar a — 0, 97 rannimmt. Die ‚ englifche Meile halt 5280 a (Wingates arithmetik B. I. ch. 6.) oder sızı r, daß alfo 600 Yards mehr als ein Dristheil von ihr betragen. Die deutfchen Meilen find ein gut Stücke größer. Wenn man die fachfifche Meile, verfchiedenen Eöniglichen Bererdnun- gen gemäß, zu 16000 dreßdner Ellen rechnet, die dreßdner 408 RobinsBeobachtungen der Höher. die ich felbft vor Furzem gemacht habe. Denn ich fand, daß verfchiedene pfuͤndige Nacketen zu verſchie— ‚ denen Höhen zwifchen 450 und 500 Mards fliegen, die Höhe der hoͤchſten Fam der legten Zahl ungemein nahe und Die Zeit ihres Auffteigens betrug ordentlich faſt 7 Secunden, Obdb aber wohl aus allen diefen Berfuchen zu folgen fiheinet, daß das Steigen guter Nacferen von allen Größen zwifchen 400 und 600 Mards einge ſchraͤnkt ift, fo bin ich doc) geneigt zu glauben, daß fie koͤnnen fo eingerichtet werden, daß fie viel höher fteigen.. Ich folgere vieles einigermaßen aus der Beſchaffenheit ihrer Compofition und der fehr unvoll« kommenen Art fie zu verfertigen, Diefes ift auch Feine bloße Grübeley. Ich ſahe leg- tens ein Duzend vierpfündige Nacketen los brennen, der größte Theil von ihnen brauchte faft 24 Sec. zum Auf- fteigen, und wurden faft obis 10 Sec. dieſer Zeit ganze lich in einer Wolke bedeckt, fo Daß der Augenblick ihres Zerfpringeng nur durd) einen plößlichen Glanz Durch die Wolfen zu erkennen war. Und da diefe Racketen die Zeit über, da fie fichtbar waren, garnicht matt fliegen, fo kann ich mir nicht anders vorftellen, als daß diefe außerordentlich lange Zeit ihres Gteis gens mit einem außerordentlid) hohen Steigen iſt verbunden gewefen, dregdner Elle aber mit Beuteln (Geogr. Kleinod II Th. 100 ©.) 22rheinl. Zolle oder AL, gleich feget, fo betragt die fachfifche Meile 29333 r, oder 5,7 der englifchen und die 600 HYards machten etwa o, 06 der fächfifchen Meile, und die Racketen, die auf 50 englifthe Meilen ſicht⸗ bar waren, würden auf etwa 9 ſolcher ſaͤchſiſchen Poli- ceymeilen zu ſehen ſeyn. Baͤſtner. VI. Nach⸗ | 409, III T EEE nn nn vl Nachricht einem Kinde, an dem ſich den erſten oder zweyten Tag nach ſeiner Geburt die Pocken gezeiget. Von Cromwell Mortimer, Doctor der Arzneyk. Mitglied der K. Gef. aufgeſetzt. Yus den Philoſ. Transact. 493 N. 8 Art. NE) ie RE diefes Kindes hatte ihres —— fie dieſe Krankheit ausgeftanden haͤtte. Im Hornung 1700 » = ı ward fie ſchwanger, und hatte, nach ihrer Rechnung, noch vierzehn Tage oder drey Wochen zu warten, als fich folgendes zufrug. Kine arme Wittwe, die in einer elenden Hütte in der Nach— barfchaft lebte, ward mit den Pocken befallen, und hatte niemanden, der ihr beyftund und fie wartete, Die Leute auf dem Sande, die fich vor ihrer Krankheit fo fehr als vor der Peft fürchteren, wollten ihr Feine Bedürfniffe ſenden, und ihr nicht verftatten, daß fie in ihre $aden etwas zu kaufen kaͤme. In dieſem Elende machte fie ſich endlich zu dem Haufe des er- wähnten Srauenzimmers, die wegen ihrer Guͤtigkeit gegen die Armen befannt war, befonders daß fie. ih— nen Arzney gab, wenn fie Franf waren. Ihr Ans bringen war, daß fie das Frauenzimmer bitten wollte, ey ihren 410 Bon den Boden ihren Eheherrn dahin zu bewegen, daß er ſich feines Anſehens über die Auffeher über Die Armen bediente, damit ihr eine Wärterinn zugegeben würde, denn fonft müßte fie gewiß aus Mangel der Nothwendig⸗ Feiten umfommen, weil fich ihr felbft die Bedienten des Kirchfpiels nicht nähern wollten, Sie bezeugte ein fehr großes Verlangen mit der Frau felbft zu ſprechen, welche an ein Fenſter gieng, und mit ihr über einen Hof auf 30 bis 40 Fuß weit redete, in welchen Limftänden fie fich vor einer Anſteckung ſicher hielte. Sie ſahe das Weib ohne einige Beſtuͤrzung an, ob ihr wohl der Anblick ſehr unangenehm vor— fam, weil derfelben Gefichte und Aerme von einer großen Art, da jede Poce von der andern unter: fchieden ift, voll waren, und fie fih eben im Stande des Reifens befanden, Etwa 14 Tage darnach, den 25 Horn. 1700 = 701. fam fie mit einem wohlgeftal« ten Kuaben nieder. In einem oder zween Tagen zeigte ſich ein Ausfchlag über feine ganze Haut, den man anfangs für die rorhen Flecken (redgum) bielte, welche bey neugebodrnen Kindern zum Borfchein kom⸗ men, ob ſich folches hier wohl eher ereignete, als dieſe Krankheit die Kinder zu befallen pflegt; aber in einem oder zween Tagen wies es fich , Daß es Die zu« fanımenfließenden Pocen waren. Das Kind ward fogleich von feiner Mutter weggenommen, aber es zeigte fich, daß fie von der fhlimmften Art waren, und das Kind ftarb bald. Die Mutter ward nicht ange: ſteckt, und lebte 1736 ohne je die Pocken gehabt zu haben, Es ift etwas wunderbares und erftaunliches, die verſchiedenen Arten zu betrachten, wie wg in uf: 2* an einem neugebohrnen Kinde. 41 Mutterleibe durch dasjenige leiden, was ihren Muͤt— tern begegnet. Wie die Einbildungskraft allein, durch die Bewegung, welche der unangenehme An— blic€ erregt bat, das Kind in vorerwähntem Falle habe anftecfen koͤnnen, das kann ich, mie ich gern ge: ftehe, nicht erklären, befonders da bier Feine Furcht oder Erfchreefen vorhanden war, und die Mutter fich Feinestveges wegen einiger Gefahr ängftigte, Borgebende Nachricht Babe ich nur vor Furzem nad) der Erzählung einer Tochter der Dame aufges zeichnet. Ich babe in der That vor vielen Jahren von ihr felbft Diefe Begebenheit erwähnen gehört, aber mich deucht, es war der Unterſchied dabey, daß fie erfihroden, und das Kind mie den Pocken im Ausbrechen auf die Welt gefommen wäre, * ee VII Einige Nachrichten, wie ungebohrne Kinder in Mutterleibe auf ver— ſchiedene Art von den Pocken befallen worden. Durch W. Watſon, M. d. K. G. Aus den Philoſ. Tranſact. 493 N. 9 Art, ie Aerzte und Naturforſcher haben lange mit Erſtaunen beobachtet, daß das menſchliche Geſchlechte in ſeinem Leben nur einmal von den Pocken befallen wird. Es iſt auch eben fo außerordentlich, Daß ein Kind vor der Geburt, welches 4i2 Von den Pocken welches in allen Umſtaͤnden durch Einnehmung der fluͤßigen Theile von der Mutter und durch den Um— lauf derſelben in ihm gleich erhalten wird, von dieſer Krankheit auf ſo verſchiedentliche Art leidet. Die Zergliederungen ſolcher Perſonen, welche an den Pocken geſtorben ſind, haben uns gelehret, daß die Eingeweide eben ſowohl dem Ausſchlage der Po- cken unterworfen find als die Haut; aber in dieſem Auffage willich zeigen, daß die Frucht nicht allemal von der Mutter, oder die Mutter von der Frucht angeftecft wird. . | Ohngefaͤhr vor vier Jahren beobachtete ich die Krankheit eines jungen Menfchen, der bey einem Zim- mermanne in Dienften war, und eine fehr faulende und widerwärtige Art von Pocen hatte, von der er fich doch. erholte. Seines Herrn Frau Fam waͤh— rend feiner Krankheit oft in fein Zimmer und blieb eine lange Zeit da. Sie war damals fieben Monat ſchwanger geweſen, hatte aber felbft die Pocken viele Jahre zuvor gehabt, Zu der gewöhnlichen Zeit Fam fie mit einem Mägdchen nieder, das ich fehr bald nad) der Gebuhrt fahe, und da zeigten fich fehr deutlich Vie Merfmaale von etwa 40 Blattern an ver« fchiedenen Theilen des Körpers. Ich meldete den Ael⸗ tern, aus diefer Erfcheinung wäre zu fchließen, daß das Kind Ffünftig von den Pocken nicht angeftecfet werden würde. Aber wiedie Aeltern einen Monat darnad) ei- nen Fleinen Knaben von ihren Kindern die Pocken einpflanzen ließen; fo erfuchte ich fie, fie möchten folches bey dieſem Mägdchen auch hun laffen. Es gefchahe meinem Verlangen gemäß bey beyden, 2 ie ’ on ungebohrnen Kindern. 413 die Pocken wurden dazu von einem meiner eignen Kinder genommen, das eine ganz gufe Art durch Einpflanzen erhalten hatte. Den zehnten Tag nad) diefer Berrichtung ward der Knabe franf, und bee fam die Pocken auf eine fehr gute Art. Um eben die Zeit ward Das Maͤgdchen blaß und verlohr die Luſt Nahrung zu fich zu nehmen, dieſe Unpaßlichfeie Dauerte zween bis drey Tage, und alsdenn erholte fie fic) wieder. Bey diefen Kindern allen beyden, wurden jedem nur in einen Arm Schnitte gethan, diefe Schnitte waren nicht tief, und es entftunden, wie gewöhnlich, Entzündungen bey beyden daran. Die Entzündung bey dem Knaben veranlafte das Pockenfiebet und des⸗ felben Folgen, vorerwähnter maßen, aber bey dem Maͤgdchen entftunde davon eine blaffe Farbe, und die Luft zum Effen verlohr fih, ohne daß ein Sieber dabey gewefen wäre, an einem Theile des Schniftes wies fich ein Pocfengefchiwüre, wie fich bisweilen bey Wärterinnen findet und bey folchen, die Kranfen an den Pocken beygeftanden haben, und felbft vie Po— fen fchon gehabt hatten. Diefe einzige Blatter war ein zulänglicher ‘Beweis, daß die Pockenmaterie ein= gedrungen war, und fich befirebte die gewöhnlichen Zufälle.zu erregen. Doctor Mead meldet in feiner gelehrten Schrift von den Pocden, eine Begebenheit von einer Frau, die ihren Mann, der an den Pocken krank lag, gewartet hatte. Diefes gefchahe Furz zuvor, ehe fie fich ihrer "Entbindung verfahe. Da fie felbft diefe Krankheit ſchon vor langer Zeit gehabt hatte, fo fühlte fie Feine Beſchwerung davon, aber bey ihrer Entbindung fand man a4 Bon den Boden . man das Kind tod, und deffelben Körper mit Po⸗ cken bevedt. | Diefe beyde Gefchichte beweifen, daß das Kind vor der Geburt, fo genau es auch tor der äußern uuft verwahret ift, und fo enge es aud) in feine eigne Häute und Feuchtigfeiten eingeſchloſſen wird, den— noch vor dem Anſtecken der Pocken nicht ſicher ift, wenn auch gleich die Mutter die Pocfen zuvor gehabt bat. Ste beweifen die ungemeine Kleinigfeit der pocfenhaften Ausdünftungen, da wir fehen, daß fie, wie fie in der Luft ſchvimmen, von der Mutter mit dem Odem eingefogen oder durch Die in fich ziehenden Gefäße der Haut eingenonmen werden, und ſich folchergeffätt mit dem ’Dlute dee Mutter vermengen, ihre Wirkung an dem Kinde zeigen. Wir fünnen ferner bey dem erften diefer Falle bemerfen, daß ein Rind die Pocken vor feiner Geburt haben und doc dabey leben kann; wie auch daß, nachdem es dieſe Kranfheie in Murterleibe ausgeftanden bat, es Feis nem Anftecfen ferner unterworfen ift. Folgende Begebenheit ift eben fo merkwürdig als die vorhergehenden. Eine Dame von hoher Geburt und Range, die noch jetzo febet, und verfchiedenen Mitgliedern der koͤ— niglichen Gefeflfchaft ſehr wohl befanne it, hatte Die Pocken ſehr ftarf, wie fie fieben Monate lang ſchwan— ger war, dem ungeachtet wartete fie ihre Zeit aus, und Fam mit einem Sohne nieder, an deſſen Körper ſich gar Feine Merkmaale von diefer Krankheit zeigten. Weil die Mutter von den Pocken fehr viel ausgeftan« den Hatte: fo glaubte man, ihr. Kind würde Fünftig von felbigen befreyer fern, aber wie es vier oder fünf Jahr an ungebohrnen Kindern. 415 Jahr alt war, ward es davon befallen, kam aber gluͤcklich durch und lebt noch. | Ein Sall, der in einigen Stücken diefem leßtern ähnlich ift, wird von Mauriceau (fur les Maledies des Femmes grofles, Cas 576) erzählt. Er half einer Frau zu rechter Zeit von einem gefunden Rinde, und fie hatte im fünften Monate ihrer Schwangerfchafs die Pocken fehr ftarf gehabt, ob ſich wohl an dem Körper des Kindes Feine Merfmaale zeigten, daß es diefe Krankheit ausgeftanden hätte. Diefe Fälle find gerade die umgekehrten von den vorigen, mir fehen, daß bey der Einpflanzung der Pocken das Eleinfte Theilchen mit der Docfenmaterie benegt und an die leicht verwundete Haut gebracht, ordentlich zureicht dieſe Kranfheit fortzupflanzen, und bier finden wir, daß die ganze Blutmaſſe dev Mut: ter, welche während der Krankheit ihren Umlauf durch das Kind mit genommen hat, fülche gleichwohl bey dem Kinde nicht bervorzubringen vermochte, Wie uns die Schriftfteiler berichten, und wie ich felbit bey meiner Prari geſehen habe, gefchiehet es insgemein, wofern Weiber während daß fie mit den Doden behaftet find, niederfommen, daß die Krank: heit des Kindes nicht mit der Mutter ihrer mit glei» chen Schritten fortgehet, fondern darauf folger. Das Kind, welches der gelehrte Herr Mead erwähnt (de Variolis 66 ©.) das von einer Murter zur Welt ger bracht ward, die an einer fehr boshaften Art Pocken den eilften Tag darnieder lag, wies bald nad) ſei— ner Geburt nicht die gerinafte Spur von Blattern, aber den vierten Tag darauf ward es mit Conpulfio« nen befallen und ftarb beym Ausbrechen der Poren. i Eine * Von den Pocken an ungebohrnen K. Eine Frau, bey deren Krankheit ich gebraucht worden bin, Fam den neunten Tag nieder, da fie voneinanz der abgefonderte Pocken gehabt hatte, das Kind aber bekam folche erft den achten Tag nach feiner Geburt, welches ohngefähr eben die Zeit ift, in welcher die Anftefung würde wirkfam geworden feyn, wenn das Kind andersmwoher, ohne daß feine Mutter diefe Krank: heit vor feiner Geburt hatte, wäre angeftecft worden, Aus diefen Begebenheiten erhellet, daß man das Kind vor feiner Geburt als ein befonderes und unter= fehiedenes organifches Gefchöpfe anzufehen bat, und daß es von den Pocken zu ganz anderer Zeit und auf ganz andere Art als die Mutter, angegriffen wird, ob es gleich feine völlige Nahrung von den flüßigen Iheilen der Mutter erhält, l . VII. Begeben⸗ — 417 * * 5 ** * *R* *6****** ** * .4* — WERE Begebenheit des Nicolaus Reeks, der mit einwaͤrts gekehrten Fuͤßen auf die Welt gekommen, und dadurch daß er einige Zeit lang mit den Fuͤßen kreuzweis geſchraͤnkt geſeſſen, — zurecht gekommen. Von Wilhelm Milner, Efa. zu Poole, an Herr Peter Ihompfon Knight, M. d. K. Gefelf, geſchickt. Aus den Phil. Tranſact. 493 N. g Art. icolaus Neefs ward in der Stadt Doole 1724 mit beyden Füßen einwärts gefehrt geboh⸗ Y) ven. Seine Mutter trug ihn zu einem Wundarzte, welcher ihn unterſuchte und ſeinen Zuſtand fuͤr unheilbar erklaͤrte. Als der Junge aufwuchs, lernte er gehen, aber mit großer Beſchwer⸗ lichkeit, denn er mußte nur auf der aͤußern Seite ſei— ner Fuͤße und Ferſen gehen, daher er oͤfters fiel, weil ein Fuß an den andern ſtieß. Da ſeine Aeltern arm waren; ſo that ihn das Kirchſpiel bey Richard Mocket, einen Schneider in eben der Stadt in die Lehre, welches man für bie einzige Handthierung hielt, die er als ein Kruͤpel zu lernen vermoͤgend waͤre. Seine Schuhe waren auf 7 Band. Dd eine 418 Begebenheit eine beſondere Art gemacht, an die Schenkel geſchnal— fer zu werden, und die Muskeln der Schenfel waren viel Eleiner als fonft bey ungen von feinem Alter. Er blieb bey feinem Meifter und arbeitete auf der Werkſtatt etwa bis 1741, da fie anfingen eine offen bare Veränderung und Wendung in feinen beyden Süßen zu bemerfen,_ welche ohne Beyſtand einiger Kunft, ohne Binden, Pflafter, Dele ꝛc. fo weit gieng, daß beyde Füße wieder in ihre vechte und na— eürliche Sage kamen. Er ward vermögend feines Meifters Schuhe zu fragen, die Musfeln feiner Schenkel wurden größer, und feine Füße und Schen- kel glichen andern teuten von feinem Alter; follte ein Unterfchied ſeyn: fo Fam folcher Darauf an, daß jie mehr auswärts gefehret waren, als bey andern Leuten. Im März 1743 entliefer von feinem Meifter, gieng als ein Seemann auf ein Kriegsichiff, und haͤlt fich jego zu Portsmouth auf, Den ı Wintermon, 1749. „Ich Richard Mocket habe vorhergehende Bes „fehreibung gelefen und befräftige hiemit, daß Mi: „cotas Reeks ein Krüpel, wie er daſelbſt befchrieben „wird, gewefen ift, als ich ihn in die Lehre nahm, „und daf er feit feines Aufenthalts bey mir zurechte „gekommen iſt, ohne einigen Rath, Beyſtand, Arzney, Verbinden, oder ſonſt etwas dergleichen „gebraucht zu haben. Ich bin der Meynung, es „fen foldyes daher gefommer!, weil er bey mir auf „der Werfftart beftändig mit kreuzweis gefchränften „Füßen figen müffen. Von mir eigenhändig unter: „zeichnet in Poole, den ı Nov. 1749. / Richard Wocker. | „Bir, des Ric, Reets. 419 Wir, deren Namen hier unterzeichnet find, erin- „nern uns wohl, dag Nicolaus Reeks, der in vorfte- „hender Urfunde erwähnt ift, und bey Mr, Richard „Mocket in der Lehre geftanden hat, als ein Krüpel, „an beyden Füßen Erumm auf die Welt gefommen „it, und wir wiffen, daß er zu rechte gefommen. „und im Stande zu gehen gewefen ift, ehe er feinen „Meifter verließ. Auch glauben wir, folches fey „ohne einige Kunft oder Beyftand, als was oben ift „erwähnt worden, gefchehen, Urfundlich von uns „unterfchrieben : Mabella Glover, Eliſ. Glover, Suſanna Jaſper, des Jungens Muhme. Vorhergehende Nachricht von dem Kruͤpel Nico— laus Reeks, ward in ſolchen Ausdruͤckungen aufge— ſetzt, die den Leuten am verſtaͤndlichſten waren, welche die Sache bekraͤftiget haben, und ſie iſt ihnen zuerſt vorgeleſen worden. Ich bin vollfom- men verſichert, daß man wider die Glaubwuͤrdigkeit ihres Zeugniſſes nichts einzuwenden hat, und daß noch viel Leute von gutem Nufe aufgefordert werden koͤnnten, welche eben das unterzeichnen wuͤrden. xW. Milner, U TUR AR Re 420 Von einer leuchtenden Erſcheinung KERERETKKERTTFERK FE E FRE FG IX. Nachricht von einer beſondern leuchtenden Erſcheinung, ſo auf einem Thurme zu Nordhauſen geſehen worden. m Jahre 1749 den 2 Februarii am Lichtmeß⸗ tage abends gleich nad) 6 Uhr, bey einem yy ſtarken Sturmwinde, welcher zu der Zeit mehr aus Mitternacht als aus dem Abend Fam, bey vielem Schnee und Schloffen, haben auf dem Thurme zu St. Petri die obern Spißen der Eifen, weicher 10 find, wo die Bretter angemacht wer: den, worauf die Motenftücke zum Abblafen gelegt werden, alle eine lichte Flamme gehabt, eines aber davon gegen Mittag, welches an der Ecke fteher, hat am Knie, wo es gebogen war, eine $lamme, wie aud) oben aufder Schraube zwo Flammen gehabt: Es find diefe beyden lichten Flammen mit einem Finger etlis chemal ausgelöfht, und wenn die Hand deffen, der es ausgelöfcht, wieder hinweg gewefen, es gleich wies der angefangen zu leuchten. Diefes tiche ift von Feiner geringften Wärme gemwefen, und wenn man in den Wind getreten gegen einem folchen Eifen, bat es nicht geleuchtet, und zwar fo lange bis man wieder aus dem Winde getreten, dann hat es fein Licht gleid) wieder von fich gegeben, und hat das Seuchten der obbe— melöten auf einem Thurme zu Nordhanfen. 421 meldten Eifen eine Biertbeilftunde lang gedauert ;und das Licht fahe ganz bleic) von Farbe aus, worinnen ein weniges blaulicht nach dem Eiſen zu angemerfe worden, Noch ift anzumerken, daß \die Slamme anderthalb Zoll hoch, und die Breite einen halben Zoll hatte, NB, &s ift die Slamme von dem Binde nicht be— wege worden, fondern eine Zeit wie die andere geftans den, es ift auch biebey noch wahrgenommen worden, daß das Licht fo einen Laut macht, als wenn eine Fleine Fliege im Spinnengewebe hängt und ſummet. Men hat ſolches Summen 1747 bey hellem Tage ae« höret, aud) bey einem ftarfen Donnerwerter und Bli⸗ Gen des Nachts das Eifen, das die drey Slammen gezeiget,auch befle gefchienen. Gedanken, über vorerzäblte Erfcheinung. Ich liefere hier diefe Erzählung fo, wie der Herr Daftor Seffer in Nordhaufen mir dieſelbe zugefchicket bat. Da diefer berühmte Naturkuͤndiger wünfchet den Maturforfchern Dadurch Gelegenheit zu geben, ihre Gedanfen darüber befannt ‘zu machen, fo wird es mir ebenfalls erlaube feyn einige Einfälle darüber mitzutheilen. Vielleicht Fonnte zu einer vollfommes nen Erklärung der Begebenheit noch eine Nachricht von verfchiedenen Umftänden verlange werden, die uns alsdenn erft völlig in den Stand feßte, ob wir folche aus den uns befannten Maturgefegen herleiten fönnten, oder nicht, zu beurtheilen: Aber bey einem fo ungewöhnlichen Vorfalle ift es leicht zu verzeihen, wenn man nicht alle Umſtaͤnde bemerfer hat, auf Die man vielleicht nach) und nach Achtung gäbe, wenn Dd 5; man 422 Bon einer leuchtenden Erfcheinung man mit diefer Erfcheinung mebr und mehr befanne würde, Indeſſen wird es nichts ſchaden jeßo einige Murbmaßungen zu wagen, welche durch genauere Linterfuchungen vielleicht befräftiget oder auch umge» ftoßen werden fünnen, Sollte man wohl fo fehr irren, wenn man glaubte, daß diefe Erfcheinung mit der Elefericisät etwas ge« meinfchaftliches hätte ? Aus den Enden eleftrifirter Metalle geben Slam» men, die Haufen des elektriſchen Lichtes dritte Art nennet *, mich deucht, diefen find die nordhäus fifchen, fo viel ich aus der Befchreibung fchließen kann, ziemlich aͤhnlich. Könnte man wohl eine Art erden: fen, wie die Eifen wären eleftrifire worden ? Geſetzt, es hätte ſich unweit ihnen eine Materie befunden, Die durch Keiben leicht eleftrifch würde, follte es fogar ungereimt feyn zu fagen, ein heftiger Wind Fünne die Stelle eines Reibens vertreten, Diefe Materie eleötrifch machen, und durch fie die eleftri- he Kraft dem Eifen mittheilen. Daß ſich Cano- nenfugeln erbißen, leitet man, wo ich mid) nicht irre, aus dem Reiben ber, das fie von der Luft empfinden, indem fie durch folhe fo fehnell durchfahren: Es fcheint aber einerley zu fern, ob etwas fchnell durch) die Luft, oder ob die Luft bey etwas, das unbewegt ftehen bleibt , ſchnell vorbey fährt, da die Wirfung beyder Körper in einander bloß auf ihre relative Ger ſchwindigkeit ankoͤmmt, die hier einerley iſt. Ver— diene ich alfo wohl ausgelacht zu werden, wenn ic) \ nur * Novi profeftus in hiftoria eleÄtricitatisphaen. IV. IX. aufeinem Thurmezu Nordhaufen. 423 nur die Frage the, ob ein ftarfer Wind bey einer leicht zu elefrrifirenden Materie die Stelle des Rei- bens vertreten fünne? - _ Es ift mir eingefallen, daß man bisweilen Eifen: werk mit Peche zu überftreichen pflegt. um es vor dem Nofte zu bewahren. Auf Befragen aber bin ich be richtet worden, daß fich Diefes in gegenwärtigen alle nicht fo verhalte, fondern daß das Eifen mit Grünfan und Delfirniß überftrichen fey. Ich weis nicht, wie weit hier der Firniß Die Eteile des Peches möchte vertreten Fonnen. Wenigſtens ſcheint feine Entzündbarfeit darzutbun, daß er eine Menge fol cher Theilchen in fic) enthalte, die zu den eleftrifchen Erfcheinungen erfordert werden. Wenn die Hypotheſe, daß der Wind diefe Erfcheis nung durch Reiben follte verurfachet haben, zu Fühn fcheint, fo kann man doch wohl foviel glauben, daß er indem Eiſen eine Art von Elektricitaͤt erreget. Daß feine Gegenwart bey diefer Begebenheit erforderlich gewefen, zeigt die Erzählung. Vielleicht laffen ſich Körper noch auf mehr Arten eleftrifch machen, als auf die nur befannten beyden Arten, Denn wenn wir von diefen beyden nur noch eine aus der Erfahrung wüß- ten, würden wir wohl aus derſelben die andere auf einige Art durch Schlüffe berausbringen? _ Weil ich diefe Begebenbeit für werth hielte, fo viel Umftände, ale man noch erfahren fönnte, von ihr aufzue zeichnen: fo Habe ich nach einiger weitern Nachricht gefragt, und folhe von der Gürigkeie des Herrn Paftors fomohl, als eine Zeichnung von dem Thurme und dem Gange erhalten, Ich kann daraus noch) folgendes mitteilen. Fr a v4 Das 424 Bor einer leuchtenden Erſcheinung Das Summen hat fo lange gedauert, als die Flamme ſich gezeigt bat. Es wird mit dem Sum- men einer Schmeißfliege verglichen. Es hat feine Aehnlichfeit mit dem Kniſtern gehabt, mit welchem die eleftrifhen Funfen bey Annäherung unelektrifirter Körper aus eleftrifirten berausfahren. Sch muthmaßte, ob die Schraube, an welcher ſich die beyden Flammen gewieſen, etwa eine Schraubenmut= ter mie zween Lappen gewefen, da jeder Lappen eine Flamme getragen hätte. Aber meine Muthmaßung ift irrig geroefen. Alle Stäbe, heißt es in der Ant« wort, haben Schrauben, und diefe find oben platt ohne einen Knopf, daß die Mutter darauf gefchroben wer« den Fann. Dben auf der Schraube, 10 fie platt ift, bat eine Flamme oben fich in zwo Spitzen getheilet, wie die Maler die feurigen Zungen der Juͤnger am Pfingſtfeſte malen. Die dritte Flamme ift unten an der Ecke, wo das Eifen in einen fcharfen Winfel gebogen war, geweſen. Die Höhe vom Erdboden bis an die Schrauben macht 115 Schuh aus. Der Thurm aber ſtehet übers dieſes auf einem hohen Berge, welcher Berg über die andern höchften Gebäude der Stadt gebet. Die Slammen haben unbemeglich ftill geftanden, und wenn man die Hand davor gegen den Wind ges halten, daß er fie nich treffen koͤnnen, find fie ausge: gangen, Se mehr es geregnet und gefchloffet, deſto beſſer haben die Flammen gebrannt. Der Schein an dem Eiſen, welcher 1747 geſehen worden, iſt blaß geweſen, und in der Mitte blaulicht. Es ſind bey dem damaligen Sturme keine Blitze geweſen, daher man dieſen Schein nicht etwa fuͤr den Widerſchein von Blitzen halten kann. Die aufeinem Thurme zu Nordhaufen. 425 Die Murhmaßungen, die ich gewagt habe, ſchei— nen eben folchen Begebenheiten aud) anderswo Platz zu geben, wo etwa Eifenwerf wäre, das Die dazu er= forderliche Befchaffenheit hätte und vom Winde uns fer folchen Umſtaͤnden getroffen werden koͤnnte. Sollte fih dergleichen etwas z. E. am eifernen Gitterwerke bey Schwibbögen auf Kirchhöfen zutranen; fo würden diefe Slammen leichte, nach ern. der ander, in denen fie fich zeigten, für Seelen, die eine Erföfung verlangen, oder für verdammte Geifter, ge halten werden, Sch bin auf den Einfall gerathen, ob dieſe Bege- benheit nicht etwas ähnliches auf dem feften Sande mit dem ſey, was man auf Schiffen das Feuer von St. Tel: mo nenne. Die Nachrichten, die ich davon gelefen babe, feheinen mir weniaftens darinn übereinzuftimz men, Daß ſich diefes euer allezeit bey Sturme zeigt. Ich babe eine Erzählung davon, die mir ziemlich merkwuͤrdig fehiene, in einem Bude gefunden, das ich um ganz anderer Urfachen willen gelefen babe, als phyſikaliſche Beobachtungen darinnen ainiteoen; in dem Seben des Ritter Sorbin *. „Während der Nacht, erzählt er, zog fich plöglich „ein fehr ſchwarzes Gewölfe zufammen, wobey er: „ſchreckliche Blige und Donnerfchläge entftunden, „Weil ic) einen ftarfen Sturm befürchtete, ließ ich „alle Eegel einziehen. Wir fahen auf dem Schiffe „mehr als 30 Feuer von St. Telmo. Eines unter „andern befand ſich oben auf dem Wetterhahne des Dd5 „großen * — du Comte Forbin Chef d’ Eſcadre &c, Amft. 1730. im Jahre 1696. 9,d. 368 ©. des ITheiles. 426 Doneiner leuchtenden Erſcheinung „großen Maftes, welches mehr als anderthalb Fuß „boch war. Ich fchickte einen Matrofen hinan, es „herunter zu bringen. Wie der Kerl oben war, fchrie Po „er, diefes Feuer machte ein Geräufch wie Pulver, „das man beneßet hat, ehe man es anzuͤndet. Ich „befahl ihm den Werterhahn abzunehmen, und Damit „berunter zu fommen, aber Faum hatte er folchen von „feiner Stelle genommen, fo gieng das Teuer davon „weg, und fegte fic) auf das Ende des Maftes, ohne „daß man es davon hätte abbringen koͤnnen. Es „blieb dafelbft ziemlich lange, bis es nad) und nad) „versieng. Der gedrohete Sturm hatte weiter Feine „Folgen, als einen ftarfen Regen, der etliche Stun» „den dauerte, worauf es wieder ſchoͤn Werter ward.,, Mich deucht menigitens, das Geräufh des Feuers hat mit dem Sumfen jener Flammen einige Aehnlich» feit, wenn man bey beyden Öleichniffen zugeben will, daß Gleichniffe hinken dürfen, Der P. Tachard in feiner Reife nah Siam* mels bet ebenfalls, daß fich dergleichen Eleiner, in pyrami« dalifcher Geftalt, auf den Maften, den Segelftan: gen und den Canonen zeigten, und von einigen Mas trofen als die Seele eines Heiligen verehret würden. Da fie vorzeiten von den Heyden ebenfalls unter den Namen Eaftor und Pollur verehret worden; fo wun⸗ dert fih der P. Tachard, wie diefer heydnifche Ge: brauch fid) bey Chriſten eingefchlichen habe. Afo fann man wohl fagen, die nordhäufifhe Er— ſcheinung habe mit dem Feuer St. Telmo einerley Urfprung, und mürde vielleicht öfter feyn gefeben wor- den, wenn man fich bey Ungemittern auf en eben * 18. 36 S. der amſterdamer Ausgabe von 1689. 8. auf einem Thurme zu Nordhauſen. 427 ' eben fo der freyen Gewalt des Sturmes ausgefegt fäbe wie auf Schiffen. Man wird vielleicht fagen, hiemit habe ich nicht erflärt, wo die nordhaͤuſiſche Er- feheinung herruͤhrt, Denn ich weis nicht, wo das Feuer auf den Schiffen berrührt, Zu glauben, daß ſich die Ausdünftungen der Matrofen an die Mafte an» hingen und daſelbſt leuchteten, bin ich nie geneigt ges wefen, und überhaupt befige ich nicht die Herzhaftig: keit ver Naturforfcher, die Erflärungen von Bege— benheiten geben koͤnnen, welche fie nie gefehen haben, und auch nicht Die Kenntniß befißen, daß fie die Be— fehreibung derfelben fo vollkommen verfteben Fonnten, als ob fie folche felbft ſaͤhen. Ehe ich das Feuer St. Telmo gefehen hätte, würde ich feine Erklärung davon wagen, und ob id) die Ehre eine folche Erklärung wagen zu Fünnen, mit der Gefahr im Sturme unterzugeben erfaufen wollte oder nicht, das brauche ich bier meinen $efern gerade nicht zu fagen, dazu ge höret wieder eine phyſikaliſche Herzhaftigkeit von an« derer Are als diejenige ift, vermöge welcher man Din ge erflären Fann, die man nie gefehen hat, Dem fey wie ihm wolle: fo behaupte ich doch, daß es eine vor- treffliche Erflärung des nordhäufifchen Lichtes ift, wenn ich es ein Feuer St. Telmo nenne, Denn ob ich gleich das leßtere nicht erflären kann; fo verfahre ich doch hier vollflommen wie die Naturforfcher, die ein Anziehen vollkommen zu erflären glauben, wenn fie es auf ein Stoßen bringen, ob fie gleich eben fo wenig zu erklären willen, was beym Stoßen als was beym Anziehen vorgeht. 4. ©. Röftner, X Erklaͤ⸗ 428 Erklaͤr. wegen fortgefegter Gedanken ee ee ee * Erklaͤrung auf die Gegenerinnerungen Herrn Prof. Kaͤſtners, wegen der fortgeſetzten Gedanken vom Bluhmenſtaube. (Hamburg, Mag. VI B. V St, IV Art.) muthmaßlichen Gedanfen vom Bluhmen⸗ ftaube (ſ.Hamb. Mag. III B. 4 St. 4 Art.) angezeiget, daß ich eben nicht gefonnen fey, mid) die— fer Materie wegen in Streiefchriften einzulaflen, Die Frage, mozu der Bluhmenftaub, in Anfehung der Pflanzen, felbft eigentlich nutze, und ob es wirks lich zweyerley Gefchlecht unter ihnen gebe, ift noch jo wenig enrfchieden, daß man die eine oder die andre Meynung davon zur Zeit nicht höher als bis auf bloße Murhmaßungen bat treiben Fünnen, und mas bleibe bier nicht allezeit für ein weites Feld übrig, Erinnerungen zu machen, wenn wir aus der Acht loffen wollen, daß Murhmaßungen bloß angenom⸗ mene Säße find, die zu weiter nichts dienen, als ei— nige Borfälle auf eine begreifliche Art zu erklären, die A habe bereits in der Fortfegung meiner vom Bluhmenſtaube. 429 ° die fich aber aus Mangel des Beweiſes ſo weit niche erläutern laſſen, daß weiter nichts Dagegen zu fagen wäre, und diefes ift die eine Urfache, warum ic) die weitere Entdeckung lieber der Zeit überlaffen, als noch mehrere Worte darum verlieren will, Die andere geben mir die Öegenerinnerungen des Herrn Prof. Käftners an die Hand. Mein Herr Gegner erkennet fich felbjt für einen zärtlichen $eipziger, und mich halter für gar zu empfindlich, Wie leicht iftes, diefes zartliche und empfindliche in einen leidenden Zuftand zu ſetzen, und es fo bösartig zu machen, daß es ins beißende übergeht, Es braucht nicht, daß man fich eben daran veibe, es läßt fich auf die ent» ferntefte Weiſe rege machen, Um diefe Schwächlichfeit nicht weiter zu verra— then, erfläre ich mic) hiermit, dieſen Streit niche fortzufegen. Ich fehe ven Bluhmenſtaub für Feine Materie an, fi) deswegen Eleine Spöttereyen vor- zufagen, oder nicht viel bedeutende Vorwuͤrfe zu machen. Ich würde auch gaͤnzlich geſchwiegen ha— ben, wenn mich nicht ein gewiſſer Umſtand vermocht haͤtte, der Wahrheit ihre gebuͤhrende Ehre zu thun, und fie frey zu bekennen. Es betrifft diefer Umftand das Colchicum, da— von ich (]. c. p. 450) folgenden Bericht gegeben: Es fteht die Bluhme in dem Colchico nicht auf dem Saa— menbehältnifie; denn fie kommt nicht mitten aus der Zwiebel, wo die Blätter mit dem Saamen fommen, fondern neben demfelben aus dem Stuhl der Zwiebel felbft hervor, ıwo ich anders recht gefeben habe, Diefen Bericht widerrufe ich : denn er gruͤndet ſich auf einen Irrthum. Se viel ift wahr 2: die luh⸗ — 430 Erklar. wegen fortgeſetzter Gedanken Bluhmen nicht mitten aus der alten Zwiebel hervor⸗ kommen, aber daß die Blaͤtter mit dem Saamenbe— hältnig mitten aus der Zwiebel kommen, ift falfch. Es nimmt vielmehr beydes feinen Urſprung an einem Orte. Die Bluhme umgiebt das Saamenbehaͤlt— ni, wie bey andern Öewächfen, bloß daß es nicht mit ihr zugleich hervorwaͤchſt, fondern erſt ein halb Jahr hernach über der Erde erjcheinet, Es hat als fo der Herr Prof. Kaͤſtner hierinn vollfonnmen Recht, und wenn es im übrigen mit der ‘Befruchtung feine ausgemachte Nichtigkeit hatte, würde fie bey dem Colchico ebenfalls eingeräumet werden müflen. Ich glaube, daß ich mich nunmehro- auf des Herrn Gegners eigene Erfahrung berufen Fann, wenn ich behaupte, wie nüßlic) es fey, fich mit der Nas eur felbft bekannt zu machen, und mic eignen Augen zu fehen, weil mehr Augen auc) öfters mehr zu ent decfen Gelegenheit finden, und daß Daher nicht alles, ‚ was man in Büchern antrifft, fir bekannt anges nommen werden Fönne, weil größere $eute, als ich, doch auch Menfchen bleiben, und fehlen koͤnnen. Es wird mir aber hoffentlich erfaubt fenn, wegen diefes begangenen Derfehens mic) zu rechtfertigen, um den Borwurf von mir abzuwählen, als ob id) bey Ber: fuchen und Erfahrungen niemals mit der gehörigen Sorgfalt verführe, Wenn ich werde gezeiget haben, wie leicht es aewefen, in ſolchen Irrthum zu verfal» len, fo habe ich das Vertrauen, daß ich billige Rich-⸗ ter antreffen werde. Sich habe das Colchicum für ein Zwiebelgewaͤchs angefehen, von welchem befannt ift, daß der Trieb aus der Mitten kommt. Nicht nur die gemeinen arten. vom Bluhmenſtaube. 431 Gartenbuͤcher ſetzen es unter die Zwiebeln, ſondern ich babe es auch in Ioh. Raji Methodo Plantarum (vid. Tab. ad p. 119.) unter den Zwiebeln gefunden. Was mar alfo leichter, als fich feft einzubilden, daß die Blätter mit dem Saamenbehältniffe, fo man im Sommer daran ſiehet, aus deffen Mitte entfpriess fen müßten, da man in Ermangelung des geringften Verdachts nicht darauf fallen koͤnnen, dieſes Ges wächs mitten im Wachsthum auszugraben, und fol ches Umftandes fich zu verſichern. Als es Zeit war, das Zwiebelwerk auszunehmen, war, wie an andern, alfo auch an dem Colchico, der Trieb gänzlich ver gangen, und ic) fand dieſe vermennte Zwiebel, wie die übrigen, völlig gefchloffen, fo daß feine Spur mehr zu finden, mo der Trieb gefeffen hatte. Im September hingegen fingen die Bluhmen in freyer Luft, ehe fie wieder in die Erde gebracht waren, an, hervor zurücken, und da war nichts deutlicher zu fehen, als diefes, daß die Bluhmen nicht mitten aus der Zwiebel, fondern unten aus dem Stuhl derfelben, wo die Wurzeln entftehen, bervorfamen, um bie Zwiebel jich herum fehmiegeten, und oben neben der Spitze, welche ich nach der vorgefaßten Meynung, daß es eine Zwiebel wie andre fey, für den Fünftigen Keim bielte, ſich vereiniaten, Solchergeſtalt war diefer Irrthum völlig gebohren, Sch hatte damals nur ein Paar Stuͤck von denen Zeitlofen, und diefes hielt mich von deren Zergliederung ab, um fie nicht zu verlieren, welches denn die Urfache war, warum id) nicht anders als zweifelhaft fchreiben, und diefen Bericht mur bedingungsweife, wenn ich anders vecht gefeben bärte, feft ftellen Eonnte, woraus man 432 Erklär. wegen fortgefegter Gedanken man denn wohl nicht wird fehließen koͤnnen, als ob ich gefonnen fey, unrichtige Nachrichten, wovon ich ſelbſt Feine Heberzeugung babe, für ganz gewiß aus» zugeben. Um den Fehler vollftändig zu machen, Fam noch eine befondere Verführung Dazu, welche ich der ſchoͤ— nen Amaryllis des Herrn Linnaei zu danken habe. Man nennet hier zu Sande dieſe Bluhme die hoch: rothe fpanifche Silie, weil fie von Spanien aus zuerft befannt geworden. Es war mir noch feine Zwiebel vorgefommen, die ihre Bluhme neben dem Keim bervortreibt, bloß diefe Lilie war die einzige, die mir folches zum erftenmale zeigte, Aus Furcht diefe rare Zwiebel zu verlieren, habe mid) noch nicht ent: fchließen fönnen, weiter nachzufuchen, was es eigent: lich hiermit für eine DBefchaffenbeit habe, Ins— gemein hat fie nur eine Bluhme, aber einmal war fie mic fo gefällig, daß fie auf der andern Seite des Keims noch eine Bluhme hervorbrachte, welche doch nicht eher, als bis die erſte verbluͤhen wollte, zum Triebe kam. Der Keim, aus welchem das Laub waͤchſt, ſtund mitten inne, und ob er wohl nicht eher fortwaͤchſt, als bis die Bluhme vorbey iſt, fo iſt er doch vollkommen da, und deutlich zu erkennen. Herr Linnaͤus hat ſie im Kupfer vorgeſtellet, (S. der Koͤnigl. Schwediſ. Akad. der Wiſſenſchaften Abhand⸗ lungen 4 B. 123 S.) und ſelbſt dieſe Abbildung zeiget ſolche Eigenſchaft der Bluhme deutlich an. Hier war alſo ein klares Beyſpiel, daß es Zwiebeln gaͤbe, deren Bluhmen nicht mitten aus dem Keim, ſondern neben demſelben entſtuͤnden, und folglich war es mir nichts fremdes mehr, bey Dem Colchico etwas aͤhn⸗ | liches vom Bluhmenflaube. 433 liches wahrzunehmen. Ich bielte es für eine Zwie. bei, die mit der verfuͤhreriſchen Amaryllis hierinn ei- nerien Eigenichaft hätte. Allein der folgende Herbft 1749 entdeckte mir die Sache ganz anders, Mein Colchicum hatte fich den Sommer über vermehret, und ich Fonnte ein Stück zum Zergliedern anwenden, Ich Fand, daß es eigentlich Feine Zwiebel ſey, ob es wohl dem äußerlichen Anfehen nad) damit überein koͤmmt, fondern daß es vielmehr unter die fnoflichten Ge— wächfe gehöre, daß aus der Mitten gar Fein Trieb weiter hervor koͤmmt, fondern daß fie bloß unten, wo - die Wurzeln entfpringen, oder auch außerhalb an dem mweiteften Umfange des Knollen junge Bruf ans fegen, und durch dieſe junge Brut nur allein ihren fernern Wachsthum vollführen, wie dieſes bey allen Fnollichten Gewächfen gewöhnlich ift, Hieraus konnte ich denn feinen andern Schluß machen, als daß die DBluhmen der Anfang von dem neuen Triebe feyn, und das Saamenbehaͤltniß fich eben dafelbft finden müßte, ic) fuchte danach, und fand es eben fo, wie es der Herr Prof. Käftner gefunden hat. Ich haͤt— te ihm deshalb einigen Schweiß erfparen Fünnen, wenn ich es gleich gemeldet hätte ; ich muß auch ge= ſtehen, daß ich es zu thun Willens war, aber viele andere Gefchäffte brachten mich wieder davon ab, Ueberdem wird Dadurch in der Haupffache nichts ent« fhieden; denn wenn gleich das-Colchicum zu meis nem Zweck nicht diener, fo babe ich Doch nod) Feine Urfache in denen übrigen Puncten i im geringften nach⸗ zugeben. Ich habe die untruͤglichſte Erfahrung auf meiner Seite, daß der Saame vollkommen reif und frucht— Band. Ee | bar 434 Erklär. wegen fortgefeßter Gedanken bar wird, wenn er gleich von dem Bluhmenftanbe im geringften nichts empfangen hat. Es fchien mir der Verſuch mit Spinat der allerzuverläßigfte, und den wenigften Zweifeln unterworfen zu feyn, weil man die ftaubenden Stöce, ohne denen übrigen zu fehaden, gar leicht abfondern kann. Ich befäete da- mit Anno 1749 ein Beet von 5 Fuß breit, 24 Fuß lang. Daer an zu fchoffen fing, war ich, nebft zween Helfern, taͤglich zweymal beſchaͤfftiget, alle die fo ger nannten männlichen Stöde ausjureißen, und weqzu« tragen. Man darf nicht warten, bis fie aufblühen, fie find fange vorher gar zu kenntlich, als daß man in der Wahl fehlen follte, man bemerfe fie fo gleich beym Anfange des Schoffens. Sie kommen darinn den andern weit vor, und zeigen, fo bald fie ſchoſſen wollen, aus dem Herzen eine Fleine Spiße, dagegen die fruchtbaren oben kolbig bleiben. Alle die joldyes Merkmaal harten, mußten fort, und diefes wurde mit dem erfinnlichften Fleiße fo lange fortgeſetzet, bis lauter Saamentragende übrig blieben, bey welchen der Augenfchein allen Zweifel berahm. Es waren nun nicht die Halfte Pflanzen mehr vorhanden, aber fie wuchfen um defto ſtaͤrker, weil fie mehr Luft bes kommen hatten. Der Saame wurde reif, ich er- biele davon zwo Metzen. Man Fann leicht erach— ten, daß ic) nicht lange werde gefäumer haben, ihn zu probiren. Sch fand unter diefen Proben nicht ein einziges unfruchtbares oder taubes Korn, dergleichen doc) in manchen jahren unter dem Spinatfaamen in Menge fich findet, ob ihn ſchon das Maͤnnlein noch fo liebreid) umfangen, beftaubet und befalber hat. Ich fehreibe vielmehr diefe Fruchtbarkeit dem * der er— vom Bluhmenſtaube. 435 Verkoͤrnung im Junio eingefallenen naſſen Wetter, und der zeitigen Verziehung der untuͤchtigen Pflan— zen zu, die denen fruchtbaren viel Nahrung wuͤrden entzogen haben, ich betrachte ſie nunmehro als Un— kraut, das ſo bald es moͤglich, auszureißen iſt, wenn man recht guten Saamen gewinnen will, Es fommen mir alfo alle Gegenerfahrungen ver. daͤchtig vor, nachdem ich der Sache auf eine für mich überzeugende Art völlig vergemwiflere bin. Waͤ⸗ ve hingegen unter diefer Menge Saamen wenig ober gar nichts tüchtiges befunden worden, auch fonft kei— ne Hinderniß vorhanden gewefen, warıım der Saas me nicht gerathen Fünnen, alsdenn würde ich den Flärften Beweis in Händen gehabt haben, daß ohne Befruchtung durch den Blürbenftaub Eein rüchtiger Saıme entftehen Fünne, und die Liebe zur Wahr: heit würde mich gedrungen haben, davon ein öffent: liches Zeugniß abzufegen, Da mich vorjeßo eben Die. felbe zu widerfprechen noͤthiget jedoch in Feiner weis tern Abficht, als dag andre dadurch möchten bewo— gen werden, eben dergleichen eigene Unterfuchungen ferner anzuftellen, Man falle ja nicht darauf, daß der Staub aus benachbarten Gärten zugefuͤhret werden Fünnen. Es wird hier von niemand Spinat gefäer, außer in el nem einigen Garten, der nicht nur weit abgelegen, fondern gegen welchen auch das Spinatbeet ſo ge— fchüßet war, daß es unmöglich von daher angeftecket werden konnte. Ueberdem war dafür geſorget, daB kein fremder Staub von andern Gewaͤchſen ihm zu Hilfe kam. Ein lang Gebäude, und einige Mors | ul Sen * 136 Erklaͤr. wegen fortgefester Gedanken gen mit ſpaniſchem Klee befüetes fand fehloffen ihn von allen Seiten ein, und der’ Klee ward um dies fe Jahrszeit jung abgefihnitten, ehe er blühen konnte. Sollten auch einige einzelne ſtaubende Bluhmen ſich an denen fruchtbaren Stoͤcken mit befunden ha— Den, welche doch bey der fleigigften Nachficht bier nicht entdecft werden Fonnten, ob wohl ihr Unterfchied dem Geſichte fo merklich ift, daß fie gar leicht in die Augen fallen müßten; fo beliebe man nur zu beden= ken, ob man fich wohl als begreiflich vorzuftellen ha— be, daß von fo wenigen einzelnen Bluhmen, die man bey aller angewandten Mühe nicht einmal gefunden bat, der Staub fich über ein Beet von 24 Fuß lang fo ausbreiten fünne, daß alle die an fo vielen Stoͤ— cken überall vertheilte Körner davon empfangen koͤn— nen. Der Augenfchein wird diefen Gedanfen felbft widerlegen, wenn man fich die Mühe geben wollte, ein folches faamentragendes Beet zu betrachten. Wäre aber der Glaube doc) noch ſo ſtark, daß er alle Schwie⸗ rigkeiten uͤberwoͤge: ſo waͤre ich wohl begierig die Gruͤnde zu hoͤren, warum die ſtaubende Stoͤcke in ſolcher Menge entſtuͤnden, daß ſie die Zahl der frucht— baren wo nicht weit uͤberſteigen, doch derſelben ge— wiß gleich kommen, da die Fruchtbarkeit mit fo we— nigen Unfoften beſttiten werden koͤnnte. Es kann ſeyn, daß einige Thiere ſich davon naͤhren, ob ſchon dergleichen nicht eben befannt find, denen hauptfäch- lich der Spinarftaub dazu diente. Allein gefegt daß dem fo wäre: fo hätte man zwar den Nußenvon dem Ueberfluß des Staubes entdeckt, zugleich aber müßte man einräumen, daß er um der Befruchtung willen gar vom Bluhmenſtaube. 437 gar nicht nörhig fy. Man müßte die Ernährung einiger Inſekten für die Hauptabſicht, die Befruch- tung aber bloß für eine Mebenabficht halten, und mer fönnte es dem dritten verdenfen, daß er diefe Mebenabficht gar in Zweifel zöge, da die große Menge des Bluhmenftaubes, melche ſich bey diefem Gewaͤchs vor andern finder, uns natürlicher Weife darauf führee, daß es mit der Befruchtung meit fehwerer als bey andern hergehen müffe, und diefer Gedanke doch dadurch nievergefchlagen wird, daß die Liebhaber der Befruchtung fie noch leichter als bey andern machen. Golchergeftale wäre der Bluhmen⸗ ftaub zur Befruchtung nothwendig, aber wo ihn die Natur am häufigften hervorbringer, da wäre er hier- zu am mwenigften nöthig. Ich befenne, daß ich fo fcharffiheig nicht fey, bier den Zufammenhang zu finden. Denn id) glaube, wenn man die Natur er— kennen will, fo müßte man ihr auf dem Wege nad)» folgen, den fie ung zeige, und hier würden wir gleichwohl verführee, wenn wir anders ihren Lehr— lingen zufrauen follen, daß fie die Wege beffer wiſſen. Hiernaͤchſt fo finde ich, wenn mir die Hypothe— fe von dem. zwiefachen Geſchlechte der Pflanzen fahr ven laffen, und eine andere ermwählen, daß mir im Stande find, von verfchiedenen Borfällen, die wir beym Wahsthum wahrnehmen, einigen Grund an- zuzeigen. Ich habe mich bemühet, hiervon Erfiä- rungen zu geben : 3. E. warum aus einerley Caas men theils fruchtbare, ‚theils unfruchtbare Stoͤcke entftehen, warum einige einfache andre gefüllte Bluhmen bringen ? warum an einigen die einfachen Ee 3 Sau 433 Erklaͤr. wegen fortgefegter Gedanken Saamen tragen, die gefüllten nicht ? wie es zuge: her, daß güfte Bluhmen fich in fruchtbare verwan— deln koͤnnen, wie wir bey dem Melonenbau unter anz dern vielfältig wahrnehmen zc.? Denn wenn man Dies ſem Gewaͤchſe ven Willen läßt, fo fommen einen Monat lang und länger nichts als güfte Bluͤthen zum Vorſchein, menn man eg aber gleich anfangs ſtark befchneider, fo behänger es fich in eben dieſer Zeit mit fo häufigen Rrüchten, dafi öfters auf ein» mal alle Bluͤthen fruchtbar erfcheinen, fo daß 6 big 8 zufammen an eben dem Drte hervorfommen, mo fonft eben fo viel güfte Bluhmen zu fehen find. Wenn der organifche Bau männliche und weibliche Theile hervor brächte, die doch wohl ihrer Structur nach fehr unterfchieden feyn müßten, fo wird man ſchwer ich begreifen Fünnen, mie ein einiger Hands geiff des Gärtnerg vermögend fey, dieſe Structur zu andern, und aus Büfchen Mägdchen zu machen, Ja wenn zu Fortpflanzung der Gewächfe ein zwiefa⸗ ches Gefchlecht beftimme wäre, fo würde man ſich nichts weniger norftellen koͤnnen, als daß fü niele ſich durch fich felbjt ohne folhe Beyhuͤlfe vermehren laf- fen, wenn nicht die Erfahrung begeugte, daß dieſes oft viel feichter durch die Wurzeln als Durch den Saamen zu bemwerfftelligen fen. Jedoch ich überlaf fe einem jeden die Meynung, die er für fich veizend findet, fehe aber auch Peine Urfache für mich, von der meinigen abzumweichen, die ich der Matur des Wachsthums gemäßer erkenne, | Es ift diefes im geringften nicht vermögend, Die Hochachtung, die ich fin angefehene gelehrte Män | ner ⸗ vom Bluhmenſtaube. 439 ner habe, zu vermindern; jedoch wird mich auch nichts dahin bringen, den Werth ihrer Bemühungen bö- ber zu fegen, als ich mid) überzeugt halte. Es kann einer Berge und Thaͤler Durchreifet, und unzäbliche Pflanzen gefeben haben, er Fann fie in ihre Arten und Gefchlechter einzutheilen, und richtige Befchreibuns gen davon zu machen, im Stande feyn, ich werbe eg für was $öbliches halten, und für den Unterricht, den auch ich von ihm befomme, zu allem verbindlichften Danf mid) fchuldig erkennen, aber werde ich deswe- gen glauben dürfen, daß er auch die Natur aller dies ſer Pflanzen, oder noch mehr die Natur des Wachs» thums überhaupt richtig einfehe, meil er alle diefe Pflanzen von außen Fennet ? Nein fo weit wird man meine Einbildung nicht freiben. Die Natur ift nicht etwas, das man denen Pflanzen von außen anſehen kann. Man muß fie unter verfchiedenen Umitänden betrachten, wenn man von der Kraft, die durch fie wirket, einige Begriffe erhalten will. Man muß bey denen Pflanzen eine ganze Zeit zu Haufe feyn, um nicht bloß zu ſehen, wie es ihnen läßt, fondern auch was fie machen. Ich würde mich zur Ungebuͤhr gefällig finden laffen, menn ich die Schlüffe, die man aus feiner Hypathefi ziehet, in fo weit-fie in der Praxi einen Einfluß haben, für gültig erfennen wollte, da doch eben diefe Pra- xis das Öegentheil zeiget, und noch andre Gründe, die befler mie der Natur des Wachsthums überein» ſtimmen, gewährer, und woraus fich die Sache be» greiflich erFlären läßt, Ee 4 Da 440 Erflärumg fortgeſetzter Gedank. ꝛc. Da ein jeder das Seinige zum Bau der Wiſ— ſenſchaften beyzutragen verbunden iſt, ſo habe nicht undienlich gehalten, von dem, was ich bemerket, einige oͤffentliche Anzeige zn thun. Ich will nie— mand deshalb den Beyfall abnoͤthigen, aber wenn man mich entweder fuͤr blind, oder fuͤr einen Ver— fuͤhrer anſehen wollte: ſo glaube ich doch Grund zu haben, zu gedenken, daß es aus allzugroßem Vertrauen zu einem Satze, dem man mehr Ehre anthut, als einer bloßen Muthmaßung gebuͤhret, berrühre, und hingegen weis ich mich nicht befler zu ſchuͤtzen, als wenn ich mich auf die Natur felbft berufe, und alle, die Gelegenheit haben mit dem Wachsthum ver Pflanzen fi) bekannt zu machen, zu einer nähern Lnterfuchung deftelben aufmuntere, Diefes ift es auch, was weder Virgilius noch fein Schäfer mic) zu widerrufen bewe— gen wird, X. Nach⸗ 44 DZ u ZZ EZ u ZZ ZZ u 2 u Z XI. ar Nachricht gediegenem Eiſen. 8 iſt bisher von einigen Liebhabern der Nas turgefchichte in Zweifel gezogen worden: ob e8 wirklich gediegen oder gewachſen Eiſen gave. Die es verneinet, haben fich hierzu berechtige zu feyn geglaubet; weil fie nicht einfehen koͤnnen, wie es möglic) fey, Daß gediegen Eifen den fauern Bis triolgeiftern widerftehen, und nicht von ihnen aufges löfee werden follte ; da die Erfahrung an allen Arten des gefehmolzenen Eifens diefes fattfam lehre, BB es vom Roſte gefreſſen werde, Sch beſitze einen Körper, den Sie mir gütigft ers lauben werden, indeflen gediegen Eiſen zu nennen: bis ich mehrere Gründe beygebracht babe, die Sie von deſſen Wirklichkeit vielleicht überzeugen werden, | Im Jahre 1748, im Hornung, hatte ich das Ber: gnügen, Berlin zu ſehen. Ich befuchte nebft andern berühmten Männern der dortigen Akademie, auch den gelehrten Herrn Markgrafen, der die Gütigfeit hatte, mir feine fhöne Sammlung von Foßilien zu zeigen, Wir Famenunfer andern auf die Frage: ob es wohl gediegen Eiſen gäbe? Ich meines Orts hielt anfang« lich diefe Frage für eine Berfuchung, und glaubte, Hr. Markgraf wollte von mir erfahren, wie weit meine Einfiche indem — etwan gehen moͤchte. 9 5 r 442 Nachricht ich nun diefe Srage lachend annahm, fie aber vernein« te; erwiederte diefer geſchickte Mann, dag er mich da» von ganz leicht überzeugen koͤnnte. Er zeigte mir darauf eine Stuffe, die er auf feiner Reife durch das fähfifhe Erzgebirge, auf einer Eifenfteinhalde, bey den ſteinbachiſchen Geifenmwerfen, zwifchen Eybenſtock und Johann Georgenſtadt, gefunden, und, zu fich ges nommen, ohne damals eigentlich zu mwiffen, daß er an diefer Stuffe eine fo große Seltenheit der Natur bes ſaͤße. Diefe Stuffe lag alfo etliche Jahre in feiner Sammlung, bis er dem Herrn von Holzendorf, einem niche minder großen Kenner als Liebhaber der Berg: merfswiflenfchaften, etwas davon abftuffen wollte, & konnte erftlich nicht begreifen, woher es doch fomme, daß diefe Stuffe nicht zerfpringen, und, aller wieder» holten Schläge des Hammers ungeachtet, nichts da⸗ von abgeben mollte. Als er aber, bey dem endlichen Zerfpringen , diefe Stuffe genauer unterfuchte, und ihre Zufammenfegung betrachtete ; fo fand fich, daß ein braunes Gewebe (wenn ich es fo nennen darf) den ganzen Körper feft zufammen hielt. Und diefes Gewebe ift nun eigentlich ‚das gediegene Eifen. ch wendete gegen Herrn Marks grafen ein: ob diefe Stuffe nicht Fönnte im Feuer ge legen haben, und etliche Theile derfelben gefchmolzen feyn ?, Er zeigte mir aber ein Fleines Stuͤckchen, das er im Feuer geröfter hatte, un mich von dem Unter» ſchiede, der zwifchen diefem, und der andern Stuffe war, zu überzeugen, Diefe Erfenneniß, nebft einem Eleinen Stüffchen von befagter Eifenituffe, habe ich dem Herrn Markgraf zu danfen. Im May und Ju⸗ nius eben deſſelben Jahres habe ich die Eifenfteinhalden bey Steinbach zwifchen Eybenſtock und Johann⸗Geor⸗ genftade von gediegenem Eifen. 443 genftadt fleißig durchſuchet; aber nicht fo glücklich, wie Herr Marfaraf es von ohngefähr mar, ſeyn, und der: gleichen Stuffe finden fonnen. Wir machen uns von nie gefehenen Dingen, durch die Aehnlichfeit, die fie mit andern, uns befannten Dingen haben, deutliche Vorſtellungen. Wenn Sie fich alfo den zellenfür« migen Kies, den Henfel in feiner Kieshiltorie ſo— wohl befchrieben,, als in Kupfer ftechen laſſen, vor⸗ ſtellen; dabey aber die Seitenwände etwas kleiner und unordentlicher ſetzen: ſo haben Sie, von dem Zu⸗ ſammenhange des gediegenen Eiſens an dieſer Stuffe, eine deutliche Vorſtellung. Die Zwiſchenraͤume (oder Zellen) find mit braunen Granaten, die theils durch« ſichtig, theils undurchfichtig find, ausgefülfet, die an den Wänden angefchoffen zu fern feheinen. Der Ma- gnet ziehet fowoh! das Eifen, als die braunen Grana⸗ ten, an fih, Erſteres fo ftarf, daß man einen nacdh- drücklihen Stoß tbun muß, es von ihm wieder zu entfernen. Die Granaten aber ziehe und haͤlt er nicht fo ſtark. Das Eifen ift biegfam und zähe; fo daß man ein Stückchen vielmals hin und her biegen muß, ehe man es vom ganzen abfondern Fann. Unter dem Hammer läßt es fich ausdehnen, und nimme einen größern Raum in die fänge und Breite ein. Ein Stückchen, das Herr Marfgraf hämmerte, und mir gab, erhielt einen fchönen Glanz und Spiegel, den es auch anjeßo, da ich Ihnen diefes melde, noch an - fih bat. Diefe drey verfchiedene Theile, die ich an dieſer Stuffe genau Fennen lernen, fonderte ich, jede be- fonders von ihr ab; fo daß * etliche durchſichtige Gra⸗ 444 Nachricht Granaten, etlihe undurchfichtige, und enbfich auch von dem gediegenen Eijen jedes befonders legte. Das legte haͤmmerte ic) ef, um mid) von deſſen Wirf- lichkeit binlänglich zu verfihern. Die durchfichti- gen Granaten that ich in ein Glas, die undurd)« fichtigen in das andere, und endlich das Eifen in das dritte. Ich goß darauf in jedes Glas eine gleiche Menge Scheidewaffer. Mach einer Minute, entftunden an den undurch— ſichtigen Granaten Fleine Bläschen, die anfänglich langfam in die. Hohe fliegen; nachhero aber größer wurden, und fich fo ſchnell bewegten , daß die Kürs perchen mit bewegt, auch Fleine Stücfchen davon ab⸗ geriffen, und in die Höhe geftoßen wurden. : An den durchfichtigen Öranaten entftunden ai fleine Bläschen, aber fie fonderten fich nicht ab, die Höhe zu gehen; fondern blieben daran pangen. An dem gediegenen Eifen entftund eine Blafe, die ° ſich nach und nach vergrößerte, auch nach 47 Minu- ten in die Höhe gieng. Weil es aber darauf liegen Dlieb, ohne, daß ich einige Veränderung daran be« merfen Ffonnte; fo machte ic) mir Hoffnung, das Scheidewaſſer würde es nicht angreifen. Aber nach zweymal 24 Stunden war es dennoch in Fleine Blätt- chen zertheilet, die nach und nach weiter aufgelöfet wurden; fo daß fie endlich dem Staube aͤhnlich wa- ren. Das Sceidewaffer erhielt zwar einige Farbe in dem Ölafe, mo das gediegene Eiſen aufgelöfee wurde; aber fie mar bey weitem nicht fo braun, «als in dem Glaſe, darein 1 ich die undurchfichtigen. Gra⸗ natengethan hatte. In fechs Stunden waren die un ⸗ — Granaten in ein braunes Pulver ver⸗ wan ⸗ von gediegenem Eiſen. 445 wandelt, das zu Boden fiel; und ich konnte weiter feine Veränderung daran bemerken; ob ich gleich das Glas noch) 4 Tage ftehen ließ. Die durchfichtigen Öranaten blieben, die aufgeftiegenen Bläschen nicht gerechnet, ohne Beränderung, und behaupteten ihre Durchfichtigfeit und Farbe im Scheidewaffer. Es fcheiner alfo ein großer Unterfchied zwifchen ges ſchmolzenem, und diefem Eifen (das ic) nun wohl werde gediegenes nennen dürfen) zu feyn, Denn gefhmolzen Eifen wird von dem Scheidewaffer ſo— gleich angegriffen, und aufgelöfet; da man Feines von beyden von dem gediegenen behaupten Fann, Es lag lange, ohne verändert zu werden; endlich zerfiel es in Eleine Blaͤttchen. Man Fönnfe mir zwar einwenden, und fragen: ob auch das Scheide: wafler gut und ftarf genug gemefen fey? Nachdem id) oben gemeldeter maßen feine Beränderung in ei— nem von den dreyen Gläfern mehr bemerken Fonnte, aoß ich das Scheidewaſſer wieder in ein Glas zuſam⸗ men, und legte einen neuen Nagel in diefes, Er lag nicht eine Minute im Ölafe, fo wurde er über und uͤber mit Blaſen überzogen, und fahe ganz grau aus. Darauf fliegen diefe in die Höhe, und zwar immer mehr und mehr, daß endlic) das Scheidewaf: fer ganz kochete. Er wurde auch in kurzer Zeit ganz aufgelöfe. Und folglich war mein Scheides waſſer fo ſtark, geſchmolzen Eifen aufzuloͤſen. Johann Friedrich Stoy. XII. Be⸗ 446 Beobachtung über die Duͤnſte EEK KEKFEK F F XII. Beobachtung uͤber die Duͤnſte nach einem Nordſcheine. on Monat den 25 Auquſt abends um 10 Uhr, fahen wir hier in Dreßden einen ſehr ſtar— fen Nordſchein, der zwifchen Abend und Mitternacht entſtund, ſich aber endlich ganz in Abend wandte, wo er bis des Nachts um 12 Uhr dauerte, Die $uft kam von Abend, Des Morgens darauf hatten wir ein ftarfes Donnerwetter, mit ei: nigem Regen. Meine Umftände noͤthigten mich eine Neife von bier nach Altenberg zu hun. Nachdem das Wer: ter und Der Regen vorbey waren, machte.ich mid) zu Pferde auf den Weg. Den erften Tangelwald, durch den ich über der Brüchfchenfe reiten mußte; fand ich) die Tangeln, an den Fichten und Kiefern, wie mit Epinnengewebe überzogen. Ich dachte an- fanglich : find denn diefes Jahr fo viele Spinnen in Wäldern gewefen? Daes mir aber unmöglich fehiene, (weil ich ganze Bäume mit folchem Gewebe uͤber zo⸗ gen ſahe) daß es von Spinnen ſeyn koͤnnte: ſo ritte ich ganz nahe an einen Baum, dieſes aufmerkſamer zu beobachten. Ich fand in dieſen Geweben gar die Ordnung nicht, die bey Spinnengeweben zu ſeyn pfleget. Die Faͤden waren von ungleicher Staͤrke, und nach einem Novdfcheine. 447 und viel weißer, als fie bey den Spinnen zu feyn pflegen. Mit einem Wort: es war der von den Sandleuten fo- ‚genannte Sommer, der ſich im Herbft und Frühling in langen Faden von der Luft fort treiben läßt; fo gar, daß er auch den Leuten, Die in Städten wohnen, nicht gänzlich unbefannt ift. Man nennet ihn an etlichen Orten die Seide der Mutter Marid. Die Wälder, die ich bis faft an die böhmifche Gränze zu paßiren hatte, waren alfe mit diefer Seide befponnen. Won der Abendfeite, von welcher die Luft herftund, waren die äußerften Bäume ganz überzogen, Am Saub- holz, als Buchen ꝛc. Fonnte ic) nicht das aeringfte bemerfen. Die Fäden felbft waren ganz Elebricht, und etwas feuchter, als fonft der fogenannte Som— mer ift. Diefe Materie hatte fich entweder aus der Luft niedergefihlagen; oder dag Tangelholz ſchwitzet zu gewiſſen Zeiten dergleichen aus. Iſt das erſte: fo fann es leicht feyn, daß wir die Urfachen des Mordlichtes etliche taufend Meilen weiter berbolen, als wir es nöthig hätten. Zu münfchen wäre, daß die geute, fo auf dem Sande wohnen, und fich des Nachdenkens rühmen, fleißiger Achtung gäben, ob diefe Erfcheinung öfterer auf ein vorher gegangenes Mordlicht erfolgte; vielleicht ließe fid) mehr Daraus folgern, als man anfänglich vermuthen * ollen. Jobann Friedrich Stoy. a K — Inhalt Inhalt des vierten Stuͤcks im ſiebenten Bande. J. ortſetzung des im vorigen Stuͤcke abgebrochenen Auszuges aus den Schriften der Faiferl. petersbur— giſchen Akademie. Seite 339 II. Umgeworfene zwo ſcheinbare Stügen der Gold- und Silbermacherey. 357 III. Ellers anatomiſche Erklaͤrung des Urſprungs und der Bildung der Ueberbeine. 385 IV. Shorts Auszug einiger phyfifalifchen Bemerkungen bey der ringfoͤrmigen Sonnenfinfternig den 24 Heum. 1748. 39 V. Robins Beobachtungen der Höhe, auf welche Racketen ffeigen. 405 VI. Mortimers Nachricht von den Pocken an einem neu= gebohrnen Kinde. 409 VII. Watſons einige Nachrichten, wie ungebohrne Kin— der in Mutterleibe auf verfchiedene Art von den Po: cken befallen worden. - 4lı VII. Begebenheit des Nicolaus Reeks, der mit einwaͤrts gekehrten Fuͤßen auf die Welt gefommen ic. 417 IX. Kaͤſtners Nachricht von einer befondern Teuchtenden Erſcheinung aufeinem Thurme zu Nordhauſen. 420 X. Erklaͤrung auf die Gegenerinnerungen Hrn. Prof. Kaͤſtners, wegen der jorsgefegten Gedanken vom Blub: menſtaube. 428 XI. Stoys Nachricht von — Eiſen. 441 XIL Stoys Beobachtung uber die — * nach einem Nordſcheine. 446 x 32 en — te >. aaa, zeeronniete Schriften, Unterricht * Vergnuͤgen, aus der Naturforſchung und den angenehmen Wiſſenſchaften aͤberhaupt. = A N) — SE 7 — N Kar ei, Des fiebenten Bandes fuͤnftes Stud. Mit Königl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Sachfifcher Freyheit. Hamburg, bey Georg Ehrift. Grund, und in geipzig bey Adam Heinz, Holle, 175% ae — ER — Y N —— N SITE 9 — IJ. Der Ä Witz und die Wiſſenſchaft, eine Allegorie. Aus dem Wochenblatt La Bigarure XXIISt. uͤberſetzt Eso nec ſtudium fine divite vena Nee rude quid profit video ingenium alterius fie Altera pofcit opem res & conjurat amice. Hor. de arte pott. ser Dis und die Wiſſenſchaft mas HR ren Kinder des Apollo von verfchies 18) denen Müttern, Der Witz war ein Sohn ver Euphrofpne und, tie die m Mutter, lebhaft und luſtig. Die Wifienfchaft hatte die Sophia zur Mutter, von welcher fie das ernfihafte und ſittſame Wefen geerbet hatte. Da zwiſchen den Muͤttern die Eiferſucht herrſchte: ſo wurden ſie von ſelbigen in der groͤßten | 53° Bde 452 Der Wit und die Wiſſenſchaft, Widerwaͤrtigkeit erzogen, Die Mütter unterliegen ‚nichts, wodurch fie ihnen Haß und Verachtung ge gen einander einprägen fonnten, Cie brachten es auch fo weit, daß obgleih Apollo die Wirkung ihrer Zwietracht voraus ſahe, und felbige durch gleiche Thei- lung feiner Gewogenheit zu heben fuchte, dem unge- achtet alle feine unpartenliche Zärtlichfeie nicht Die geringfte Wirkung that. Die Feindfchaft der Miür- ter war ihnen mit der Muttermilch eingeflößer und zu tief eingemwurzelt, und zeigte fich allezeit heftiger, fo oft fih, felbige auszuüben, Gelegenheit fand. Sie hat- ten Faun das Alter evreichet, daß ihnen bey den an— dern Gottheiten der Zutritt verftattet wurde: fo wußte der Witz die Denus bey ihrem Pustifche mit Sport fiber die abgemeſſene Aufführung der Wiſſenſchaft zu unterhalten ; und die Wiſſenſchaft beluftigte die Minerva mit Anmerkungen über die_ Tändelenen des Wises, und fchilderte feine Unbefonnenbeit und Unmiffenbeit. w ao In diefer Bosheit wuchſen fie auf, und es nahm felbige mit ihren Syahren zu; da die Muͤtter fie-auf: munterten, und ihnen Benftand und Schuß verfpra- chen. Beyde fehneten fi) an die Tafel des Jupi-⸗ ters gezogen zu werden, nicht fo wohl aus Hoffnung, Ehre zu erlangen, als vielmehr alles Anſehen des andern zu vernichten, und allem Fortgange der nieder- trächtigen Künfte und des falfchen Anfehens, fo eines * andern Schuld gab, auf ewig ein Ende zu ma⸗ en. Der Tag kam, da ſie beyderſeits mit den ge— woͤhnlichen Ceremonien in die Zahl der Gottheiten aufgenommen wurden, daß fie den Nektar koſten | Ffonnten, eine Alegorie 45 konnten, den bie Hebe einfchenkee. Den Augenblick verlohr die Eintracht ihr Anfehen an der Tafel des Jupiters. Die neue Ehre machte dieſe Gegner ftol;, und der abwechſelnde Benfall der andern Gottheiten machte ihrem Streit verwegen, und der Sieg wech— felte fo regelmäßig ab, daß man Feins von beyden für überwunden halten konnte. Es war dabey merfwürdig, daß allemal beym Anz fang des Streits der Vortheil auf Seiten des Wi⸗ 13e8 war, und daß beym erften Angriff von einent enefeglichen Gelächter ſich Die ganze Gefellfchaft, ach dem Ausdrud des Homers, ſchuͤtterte. Die Wiſſenſchaft hingegen wußte ihren Sieg allemal fo lange zu verfchieben,, bis der laute Beyfall fich ge: feget, und die Mattigfeit, fo auf die heftige Fröhlich: feit allemal zu folgen pfleger, mehrere Stille und größere Aufmerkſamkeit verfprah. Alsdenn nahm fie ihre Bertheidigung, und wenn fie die Einwuͤrfe ihres Gegners unterfuchte, oder die Nichtswürdig: feit dee Sache zeigte, die er, feine Meynung zu be= ftätigen, vorgebracht hatte : fü war diefes Die ordent- liche Wirkung, daß fie ihn verwirrt machte und er gervonnen geben mußte. Die Berfammlung fing nach und nad) an, die Vorurtheile fahren zu laffen, und gieng mit großer Hochachrung für die Wiſſen⸗ ſchaft, aber mit defto größerer Gnadenbezeugung ge= gen den Witz aus einander, J VUeberall wo fie ſich zeigen wollten, mar ihre Auf⸗ führung einander gerade entgegen gefeßt. Der Witz mar fühn, und wagte gern, ftatt daß die WPiffen« ſchaft vorfichtig und gefege war, Dem Witzʒ fonn- fe man nichts als die Nachlaͤßigkeit vorwerfen, und ” fa." die I \ 454 | Der Wis und die Wiffenfchaft, “ die Wiffenfihaft furchte ſich vor nichts mehr, als dem Vorwurf, daß fie geirret hätte, Der Wis ivar mit der Antwort fertig, ehe er noch einmal die Sache völlig vernommen hatte, aus Furcht, daß man die Fertigkeit feiner Einficht nicht in Ziveifel zie⸗ hen möchte. Und die Wifjenfchaft hielt ſich bey Dingen auf, wo feine Schwierigfeit war, aus Furcht Daß nicht etwa ein Sophifma verfteckt feyn möchte, welches ihr nachtbeilig fenn koͤnnte. Die Weberei: lung und Berwirrung des Witzes machte, daß er in die Rede fiel, wenn fie kaum angefangen war: Und die Wifjenfchaft fiel den Zuhörern mit ihren unendlichen Diftinctionen beſchwerlich, und dehnte, ‚ohne Bortheil, den Streit, indem fie das bewies, was niemals geleugnet worden war. "Der Witz er Fühnte fih, in der Abficht bewundert zu werden, Dinge vorzubringen, die er niemals überdacht, und war oft glüclicher als er ſelbſt vermuthet, wenn er einen glücklichen und finnreichen Gedanfen verfolgte, Die MWifjenfchaft verwarf einen jeden neuen Ge— danken oder Meynung, aus Furcht daß fie nicht etiva in den Folgerungen, die fie-nicht vorher fehen fonnte, ſtecken bleiben möchte, und verlohr aus all⸗ zugroßer Borfichtigfeit oft den Bortheil, den Sieg über ihren Gegner davon zu tragen. Beyde waren von Vorurtheilen eingenommen, welche fie gewiſſer maßen binderten, daß ihr Sieg niemals vollfommen wurde, und blieben allen Arten des Angriffs ausgefeßt. Der Witz hatte ſich in das Neue, und die Wiſſenſchaft in das Alte verliebr. Alles was neu war, ſchien dem; Witz wahrfcheins lich; ftattdaß alles was nach dem Bee er ‚eine Alegerie; 455 ber) Wiſſenſchaft verehrungsmürdig war. Es mag dem feyn, wie ihm will: fo fehlte eg dem Witz felten, daß er-diejenigen nicht beluftigee hätte, die er nicht überzeugen konnte, und überzeugen war feine Sache eben nicht.» Und die Wiſſenſchaft behaup« tete, durch Berfnüpfung anderer Wahrheiten, ihre Meynung immer 'dergeftalt, daß, wenn fie auch vera Iohren hatte, man wenigftens ihre Scharffinnigfeie bermundern mußte, | Es war auf beyden Seiten nichts gemeiners, als daß fie ihre Weife verließen und einen vollkommenen Sieg davon zu fragen hofften, wenn fie die gegen fie abgefchoffene Mfeile zurück ſchickte. Der Wis wollte manchmal Schlüffe machen, und die Wiſſen⸗ Schaft fehmeifte in Geberden aus, Sie waren aber allezeit unglücklich in ihrem Unternehmen, und fchades sen fich ſelbſt, indem fie fich zu widerlegen, oder zu verfpotten dachten. x Ihre Streitigkeiten wurden mit der Zeit wichtig, Die Gottheiten theilten fid), und jeder Theil fand feinen Beyftand, Der Witz wurde von der feherz haften und liebreichen Denus in Schuß genommen,- ‚und. hatte ein Gefolge von Lächeln und reizenden ‚Beberden. Die! diffenfchaft battedie Gnade der ‚Wiinerve, und gieng felten aus. ihrem Pallaft, ohne ‚von einem Gefolge von ernfthaften Tugenden der Keuſchheit, dee Mößigkeit, der Tapferkeit und der Arbeitfamkeic bealeitee zu werden. Der Witʒ buhlete mit der Bosheit, fo ihm einen Sohn, Nas mens Satyre zeugte. Dieſer folgte ihm beitandiz, ‚and trug einen Köcher voll vergijteter Pfeile, deren ‚Wunden alle Kunft zu heilen unfähig war, Diefe Sa ſdeß 456 Der Witz und die Wiffenfchaft, ſchoß er oft gegen die Wiſſenſchaft, wenn felbige mie Unterfuchung fchwerer Dinge) und Untermeifung ihrer Schüler ernſtlich befchäfftiger wars: Daher ſchickte ihr die Minerva die Rritik zu Huͤlfe, wel: che die Pfeile zerbrach, oder ſie abwies oder auf ihn ſelbſt zuruͤck ſchoß. — — Endlich ward Jupiter zornig ,’ daß der Friede im Himmel, einer beftändigen Gefahr eines Aufftandes ausgefeßt mar, und befchloß diefer verbrüßlichen Streitföpfe auf die Erde zu verweiſen. Sie famen herab und fegten ihren Streit fort unter den Sterb- lihen. Kaum waren fie angelangt: fo fanden fie ih: ren Anhang. Der Witz gewann die Jugend, durch fein luſtiges Weſen; und die Wiſſenſchaft machte fich, durch) ihre Ernſthaftigkeit, das Alter zum Freun- de,‘ Der merflihe Erfolg zeigte: gar bald, was fie vermocht. Man baute Schaupläße, daß der Witz auftreten konnte: unddie Schulen wurden der Wiſ⸗ ſenſchaft zum Siße errichtet. Jede Partey that ihr möglichftes, die andere an Aufwand und Pracht zu übertreffen, und ein Vorurtheil zu gewinnen, wel⸗ ches beym erften Auftritt in die Welt hoͤchſt noͤthig war, daß man fich zu einer von beyden Parteyen ſchlagen möchte, und welches man aus Hochachtung gegen jede Gottheit, welche einmal in den Tempel des Gegenparts eingetreten war, kaum hoffen Fonnte, Es’ift wahr, daß ſich eine: Are Menfchen fand, welche fich weder aus dem Wis noch der Wiſſen⸗ ſchaft erwasimachten, Und diefes waren die Knechte des Pluto des Gottes des Neichthums, - Es war was feltenes, daß der Witz mit allem feinem luſti⸗ gen Weſen auch nur ein Lächeln bey ihnen verurfachte, | und ‚eine allegorie 457° | und daß alle Beredſamkeit der Wiſſenſchaft die ge⸗ ringſte Aufmerkſamkeit gewann. Dieſe Verachtung nun zu raͤchen, wurden fie eins, ihre Parteyen wi— der ſie aufjuheßen; Die Truppen aber, die man ge- gen fie ausſchickte, wurden oft untreu, feßten ihren Befehl aus den Augen, und fehmeichelten die Reichen öffentlich, fo fehr fie felbige in ihren Herzen verach- teten. Und wenn fie fih, durch diefe Verrätheren, die Gunft des Pluto erworben hatten ; fo war es nichts feltenes, daß fie diejenigen mit einer großmü- tbigen Mine anfaben, welche noch im Dienfte des Wizes und der Wiſſenſchaft waren, Aus Verdruß über diefe Untreue riefen beyde faſt zu gleicher Zeit den Jupiter an, daß er ſie in ihr Vaterland zuruͤck berufen moͤchte. Jupiter ließ den Donner hoͤren, der von ſeiner Rechten ausfuhr, und ſie machten ſich bereit, ſeinem gnaͤdigen Befehl zu ge— horchen. Der Wis ſchwung feine Flügel und hob fid) empor. Da er aber nicht in die Ferne fehen konnte: fo blieb er voll Berwirrung in dem uner⸗ meßlichen Raum zuruͤck, in welchem er ſich verirret hatte. Die Wiſſenſchaft, welche den Weg wohl wußte, ſchwang auch ihre Fittige, da es ihr aber an natürlicher Fähigkeit fehlte : fo flog fie ſehr langſam, fo daß fie beyde nach verfchiedenem Verſuch zur Erde niederficlen, und aus ihrem beyberfeitigen Schickſal die le ſich zu vereinigen einfehen lerne ten. Daher ergriffen fie einander bey der Hand und begaben ſich auf den Flug. Die Wiffenfchaft wurde durch die Kräfte des Witzes gehoben, und der Witz wurde von der Einfiche der Wiſſenſchaft ‚geleitet. Siegelangten bald vor den Thron des Jupi⸗ 815 ters, 458 Gautier Brief ters di fiebten einander dergeftalt, daß fie in einer un Eintracht lebeten. Der Witz vermochte die Wiffenfcheft, mit den Gratien einen Umgang zu unterhalten, und die Wiſſenſchaft zog den Mies in den Dienft der Tugenden. Hierauf harten fie die Gnade aller Gottheiten, und es mar Fein Feft im Himmel, bey weichen fie "nicht gegenwärtig waren, Endlich vermädlten fie fich mit einander, auf Befehl des Jupiters, und haften eine betvundernstvüre dige Nachfommenfchaft von Rünften und Wiſſenſchaften. Bor rere e rereee iE BER Des Herren Gautier Kupferftechers und Beſitzers der vom Könige privilegirten Sunft die Kupferplatten mit Jarben abzudrucken, Brief an den Herrn de Boſſe über dieſe neue Erfindung. Paris 1749. 8v0. sm koͤnnte ich wohl die Entdeckungen, wel—⸗ che ich in der Kunſt mie Farben abzudrur ‚fen, gemacht, mit mehrerem echte als Denfelben widmen, da Sie der Cie desrichter derjenigen find, welche die Künfte und Wiſſenſchaften verehren ? Wem anders, als deffen beſonderem Schutz ich mic) ganz verbunden achte, und an den Herrn de Boſſe. 459 und ohne welchen ich niemals den unglücklichen Pfei- len des Neides entvonnen wäre. Verzeihen Sie dahero, mein Herr ! daß ich, da man mid) noch jego . für einen Schüler des Heren le Blond zu halten fein Bedenken träger, und unter eben Diefen Vorwand, die Kunſt mit Farben abzudrucen, mein Syſtem, mit dem feinigen vermengen will, vdiefe zwey Syſtems gegen einander halte, daß ich den Zeitpunct ihrer Er- findung beftimme, durch ihren bemerften Unterſchied das Unrecht von mir ablehne, welches man mir be- ſtimmt, indem man fälfchlich vorgegeben, daß ich anderer Entdefung, unter dem Vorwand einige Veränderung daran gemacht zu haben, mir zuzus eignen fäbig wäre. Zeitpunct der Aufrichtung der Kunſt die Gemälde abzudrucken. Geftman, ein holländifcher Maler, welcher im Jahre 1626 lebete, (movon Nembrandt van Rheyn ein Schüler. war) erdachte den Druck der farbigen Ku: pferftiche ; Allein da ihm feine Verſuche niche geries then; fo ließen es die Werfmeifter, deren er fich be diente, dabey bewenden, daß fie die unterfchiedenen Farben, deren fie fich bedienen mwollten, auf ein einzi⸗ ges Kupfer brachten, und_gaben unter ihrem oder unter dem Mamen einer Privarperfon, Kupferftiche, welche Bögel, Bluhmen und Pflanzen vorftelleten, auf diefe Art beraus*. Dieſe Kupferftiche waren mit * Man findet von diefen Kupferffichen zn London in den Sammlungen der Fönigl. Geſellſchaft und der Herr Mortimer Gerretar Diefer Arademie, bat mir viele davon gezeigt, Die er in feinem Cabinette hatte, 46°. Gautier Brief mit dem Grabftichel und Scheidewafler gegraben, andere bedienten ſich Stiche, welche nad) der ſchwar⸗ zen Kunft blau gedruckt „und über, welche fie andere Sarben anbrachten. » Neuerungen gerathen zwar nicht allezeit, aber fie haben doch ihren Nußen, und wenn dieſe erſten Herren in der Kunft die Kupferftiche abzudrucken nicht allen Fortgang, den fie von ihrer neuen Erfindung erwarten follen, erhalten, ſo müffen fie folches der Rauhigkeit und üblem Geſchmack ihrer Werke zufchreiben. Die Koften, die man inder Fol: ge, diefe Kunft vollfommen zu machen, angewendet, find ein Beweis der geneigten Aufnahme, die man ibn zu fhun fich vorgenommen, fo bald man die Kunft zu gefallen würde getroffen haben. Kerr le "Blond, ein Maler und Deurfcher von Geburt, welcher, (mie er fagte) ein Schüler des Carlo Maratti war, kam gegen das Jahr 1704 in Holland. Er machte einen Berfuch, die Theorie des großen Neutons von den Fate ben, auf die Malerey anzumenden. Und da er fahe, daß die ziemlich fruchtlofen Berfuche, welche man in Kupferftiche abzudrucken gemacht hatte, ſtatt daß fie dem Publico einen Ekel verurfachen ſollen, . feine Meubegierde nur immer mehr und mehr. anveizte, und denen, welche fie zur Vollkommenheit bringen wuͤrden, einen glücklichen. Fortgang verfprachen ; fo that er verfchiedenen holländifchen Kupferſtechern den Borfchlag, einige Verſuche mit den Farben, dem Sy- ftem des Neutons gemäß, zu machen. Er fonnte in Holland feinen Zweck nicht erreichen, gieng alfo nach England, wo er fogleich der Föniglichen Gefellfchaft den Entwurf, welchen er gemacht hatte, farbigte Ku: pferftiche, aufverfchiedene Kupfer zu ftechen, Re ; . ARE wi 5 an den Herrn de Boffe. 461 Es war ihm leicht, ihnen begreiflich zu machen, daß es ihm, indem er dem Syſtem des Neutons folgte, ge— lingen würde, und er brachte eine-fehr zahlreiche Ge— ſellſchaft zufammen, deren beträchtlicher Borfchuß ihn lange Zeit in die Umftände feßte, daß er feinen Un- terhalt, und alle nöthige Berfuche zum Fortgang ſei— nes praftifchen Syſtems anzumenden vermögend mar. Nachdem er aber durch fich felbft, oder durch andere Wege entdecket hatte, daß alle Farben fich auf drey Grundfarben einfchränfen ließen: fo glaubte er, daß das einzige Mittel zu reußiren wäre, drey Platten zu ftechen , dergeftal®! daß man Die unterfchiedenen dar zroifchen kommenden Schattirungen bervorbringen koͤnnte. Er wollte dieſe Meynung gar nicht fahren laffen. Es gerieth ihm fehr fehlecht, er maß aber der wenigen Gefchielichfeit der Kupferftecher, und Drucker, welche er arbeiten ließ, die Schuld bey. Es vergiengen 20 Jahr, ohne daß die Bortheile der neuen Kunft, feine Bundesgenoffen bereichert hätten. Er begab ſich von da weg, und wollte fich in Franfreic) niederlaffen. Er Fam 1735 nac) Paris, richtete da= - felbft eine Gefellfehaft auf, und machte feine Kunft bekannt. Alle Liebhaber der neuen Kunſt zu malen, liefen auf die großen Verſprechungen, die er that, hinzu, und die Hoffnung eines ſehr großen Gluͤckes, ließen ihn bald Geld zuſammen bringen, welches ihn aber doch nicht in Stand ſetzte, mit ſeiner Kunſt gluͤcklich zu ſeyn, denn es kam nicht fo wohl auf das Geheim⸗ niß als auf die Kunſt zu gefallen an. Er machtemit einem Marienbild, wie fein Meifter Carlo Maratti, den Anfang, und ermwählte den Kupferftecher Jardieu ER zur 462 Gautier Brief zur " Ausführung diefes Stüds, Indeſſen hatte er aus England ein Gemälde von den Kindern des Ban-Dyek nebft einer Muster Maria, melche er zu London ftechen laſſen, mitgebracht. Dieſe zwey Stuͤcke, welche nach ſeinem Syſtem gegraben, wurden ſehr gebilliget, allein fie waren mit dem Pinſel mit Del« farbe völlig zu Ende gebracht, und dieß nennte er Miniaturiven (das Kupferftich ſubtil übermalen). Die Zeit, welche man anwendete, das Kupferftich zu übermalen, machte, daß man den Vortheil verlohr, welchen man würde erhalten haben wenn er die Ges ſchicklichkeit befeffen, fie, fo wie —2 ſeyn ſollen, ohne dieſe fremde Huͤlfe aus der Preſſe zu bringen. Dieſes iſt der Grund, welcher ihn bewegte, einen Vers fuch zu thun, und das Marienbild des Carlo Mar ratti nach diefem Entwurf völlig zu Stande zu brine gen, Allein Herr Jardieu, ob er gleich des le Blond feine Abſicht vollfommen einfabe : fo konnte er es doch nicht ſo weit bringen, daß er ein Stuͤck zuwege gebracht haͤtte, welches dem Publico vorgeſtellt zu werden verdient haͤtte, und alſo Ai man des le Blond bald uͤberdruͤßig. Ich kam zu dieſer Zeit mit ke ganz äßntichen Entwurf, welcher zu Marfeille, meinem DBaterlan: de, nach verſchiedenen Gründen, welche den Grüne den des Autors, wovon wir eben geredet, entgegen _ waren, hervorgebracht, zu Paris an. Ich konnte, da ich Eaum 20 Jahr alt, und unterwiefen, wie es in der Provinz gemeiniglich üblid), nicht wiffen, und man wird es leicht glauben, mas für große Wunderwerke zu Paris und London zu fehen waren, Das Schick⸗ fal, welches mich zu Marfeille aufzuhalten ſchien, machte, an den Herrn de Boſſe. 463 machte, daß ich die Vortheile dieſer Hauptſtaͤdte für geſchickte Leute, aus den Augen ließ. Ich liebte die Malerey, und ließ dieſelbe fo gar meine vornehmſte Befchäfftigung feyn. Die Cattu⸗ nen-Drucdereyen, welche fo gemein zu Marfeilfe, meil man darinn allenthalben die Arbeiter auf den Gaffen arbeiten fiehet, zogen meine Aufmerkſamkeit an fich, und dieß brachte mich auf die Gedanfen, einen Ver— fuch zu thun, und die Gemälde auf eben diefe Art abzudrucken. Große Anfchläge laffen fich nur in großen Städten zur Wirklichfeit bringen, und ich glaubte folches nur zu Paris zu Stande zu bringen vermögend zu feyn. Die Ehrbegierde machte, daß ich den angenehmften Verbindungen entfagte. Ich fam nun zu Paris an, ich nahm mich fehr wohl in Acht, meine Gedanken gleich zu entdecken, Ich wollte inzwifchen doch nicht ganz unbekannt bleiben, und fuchte dahero Mittel mich befannt zu machen, und fand fie auch. Der Pater Eaftel fehlug, ehe er mir die Bekanntſchaft des le Blond verfchaffte, einen Ber: ſuch, von der neuen Art mit Farben zu drucken, zu machen vor. Ich erwählte einen fehlechten Gegen— ftand, den man auf drey Platten entwerfen Eonnte, und der Pater Caſtel felbit ließ mir ein» gemalte Mufcheldurch den Hn. Martin, auf der lieben Frauen- Bruͤcken wohnhaft, geben. ch brachte fie in Rus pfer, weil die vier Farben, deren ich mich bediene, hier⸗ zu nicht nöthig waren, der Pater Caftel war. mit der Ausführung wohl zufrieden, und ich mußte viel Er: emplaria davon abdrucken. Er rühmte mich fehr ges gen die Perfonen, melche den le Blond unterſtuͤtzt hatten, er brachte alfo eine Geſellſchaft wieder zuſam⸗ men, 464. Gautier Brief men. Die nun in der Unternehmung des le Blond intereßive waren, glaubten, daß es nunmehro Zeit wär re, vor allen Dingen ein Privilegium erclufivum von Hofe zu erhalten, weldyes ihm durch einen Schluß vom Geheimden Rath den 12ten November 1737 ers theilet ward, welches dem Blond, alle andere Perſo- nen ausgefchloffen, das Recht, Gemälde, mit drey Plat⸗ ten zu drucken, ertbeilte, und vermöge eines andern Schluſſes, vom ıften Aprill 1738 befräftigten Seine Majeftät das vorhergehende, und ernennten die Ge- hülfen, in deren Gegenwart der Herr le Blond arbeis ten follte. Den 24ften deſſelben Monats, du i. 24 Tage hernach, bin ich, unter der Hoffnung eines An⸗ theils der Unternehmung, dem le Blond zum Helfer ernennet worden, und man verfprac) mir unterdeflen täglich 6 Sivres. Ich entdeckte gar bald, daß der le Blond andere Meynungen hegte, und faffereden Ent« fehluß, ihm zuverlaffen. Ich machte mir desfalls die Muffe, welche mir die Befchäfftigungen, die ich mit ihm hatte, noch übrig ließen, zu Nutze, und brachte fo gar einige Nächte zu, ein Stüd nach meinem Sy— ftem von vier Farben zu verfertigen, welches ich nad) einem Kopfe des heil, Petri, fo Herr. Jardieu, welcher damals bey Herrn le Blond die Gemälde Sr. Eminenz des verftorbenen Herrn Cardinals von Fleury und des Van-Dyck mir geliehen hatte, mach— te. Ich ſchenckte die abgezogenen Kupferftiche den Derfonen, welche den fe Blond befhüsten, und an den verehrungsmürdigen Pater Caſtel. Da id) aber fahe, daß ich hierdurch den le Blond niche bewegen konnte, feiner Verbindlichkeit nachzuleben : fo Habe ich ihn den gten Junii 3738, naͤmlich 6 Wochen nad Der / , | an den Herrn de Boſſe. 465 der Verbindung, welche ich mit ihm eingegangen, ver- laffen. Herr Jardieu brachte das Gemälde des Cardinals und die Copey des Van-Dyck zu Ende. ge Blond lieh hierauf Das Gemälde des Königs durch den Herren Robert flechen, und durch eben den felben Kupferftecher eine anatomifche Platte, welche die Eingeweide vorjieflete, anfangen. te Blond ftarb, und fein fester Schüler brachte, nach feinem Tode, dieſe legtere Platte völlig zu Stande. Ob ich gleih noch feinen Mäcen gefunden, unter deffen Schuß icy meine Arbeiten öffentlich an Tag legen konnte; fo verlohe ich doch den Muth nicht. Ich arbeitete und ſtach 24 unterfchiedene Stuͤcke nach) mei- nem Syſtem von vier Farben, ſowohl an Hiftorien, Sandfchaften, als an Gemälden, Fruͤch hten, Bluhmen, Muſcheln, und anderen zu der natuͤrlichen Geſchichte gehoͤrigen Sachen, und auf die Erlaubniß, welche ich durch einen Schluß, nach dem Tode des le Blond den sten September 1741 erhielt, ſtellete ich meine Werke zum Berfauf aus, Ich babe feie dem die größten Sachen zu Ende gebracht, welche eben fo que find als wahre Gemälde, und ich würde auch forte gefahren haben, wenn mich nicht ein anatomifches Werk von 42 Platten, welche mic) jego befchäfftigen, davon abgehalten, Des le Blond praktiſches Syſtem von drey Farben, Le Blond ließ zu London einen Tractat unter dem Titel, il Coloritto, drucken, worinnem er die Theorie der Farben in der neuen Kunſt zu drucken an 78300, Gg die 466 Gautier Brief die Hand giebt. Die Malern, ſagt er, Fann ale fichtbaren Gegenftände, mit drey Farben, nämlich der gelben, rothen, und biauen vorftellen; denn alle die übrigen Karben laffen fich von Diefen dreyen, wel⸗ che ich Die Grundfarben nenne, verfertigen. 3. Er. gelb und roth mache Dranienfarbe, roth und blau violet, blau und gelb grün, und vie Bermifchung von diefen drey Grundfarben zufammen bringt die ſchwar— ze und alle die übrigen Karben hervor; wie ich folches gezeiget habe in der Ausübung meiner Erfindung al- ler Gegenftände mit ihren natürlichen Farben abzu- drucen. Sch rede bier nur von den dichten, das ift, von denen Farben, deren ſich die Maler bedie- nen. Denn die Vermiſchung von allen Grundfar- ben bringe feine ſchwarze, wohl aber das Gegentbeil nämlich die weiße Farbe, wie folches der unvergleich- liche Herr Neuton in feiner Optik gezeigt hat, hervor. Er füge bierauf noch hinzu: das Weiße ift eine genaue Concentrirung, oder ein Ueberfluß des Lichts, das Schwarze aber eine Beraubung, oderein Mangel des tichts. So wohldas eine als das andere entſtehet von der Bermifchung der Grundfarben. Allein das eine entſteht von der Bermifchung der zarten (impalpables) Sarben, und das andere von den dichten Farben. Er endige diefen Tractat mit der Artdie Farben zum Mas lerbrert zuzubereiten, und zeige den Malern die Art, Sicht, Schatten, das Ruͤckſtralen des Lichts, die Ent: fernungen, die allgemeinen Coloritten, und die Mittel: farben zu machen. (Leonard de Vici bat uns bey- nahe eben die Regeln gegeben.) Ich weis nicht, wie le Blond die andern Farben, deren fich die Maler bedienen, mit diefen drey Grundfarben, verfertigen kann, c* —aan den Herende Bofle. 467 kann, weil ihre verſchiedene Vereinigung, und die, wovon wir oben geredet haben, hervorbringen kann, daß ihre verfehiedene Berhältnige in ihren Bermi- fhungen nur Mitrel-Coloritten find von diefen Far: ben, und daß Feine von dieſen Arten die andern Far— - ben erfegen fann. Es ift zwar wahr, daß Blond bisweilen zu den drey Platten, welche feine drey Grundfarben führen, eine vierfe und fogar eine fünfte Platte hinzufuͤgte. Allein die Platten führten nur einige Stiche mit dem Grabjtichel, um die weiß ges bliebenen Stellen , Die er in feinen dren Grundfarben nicht behalten Fonnte, zu erfeßen. Go ift z. Er. die vierte Plarte, welche er von dem Herrn Jardieu fte- chen ließ, welche einige Striche mit dem Grabftichel hatte, den Rand des Halsfragens und die Haupt haare des Portraits des Kardinal von Fleury auszu— drüden, Er ließ ebenfalls durch den Heren Robert eine vierte Platte ftechen zum Gemälde des Königs, welche eine Farbe hatte, das blaue Drdensband zu glätten, weil das Blau des erften Rupferftihs zuuns rein war. Es ift alfo fehr unfchieflih, daß man bat behaupten wollen, daß diefe Gegenplatten einige Aehnlichfeit mit meiner vierten Platte hätten. Ich bediene mich auch bisweilen diefer Gegenplatten, um die Spißen auf den Bildniffen auszudrüden, aber ich finde, daß fie ſich nicht allzuwohl zu dieſem Ge⸗ brauch ſchicken. Sie haben mit meinen vier Grund⸗ Kupferſtichen, auf welche mein Syſtem gegruͤndet, eben ſo wenig etwas gemeinſchaftliches, als eine Aehn⸗ lichkeit mit den dreyen, deren ſich der Herr le Blond gemeiniglich bedienet hat, und man wird dadurch nie mals folgern koͤnnen, daß le Blond mein Syſtem Gg 2 gebraucht, 468 Gautier Brief gebraucht, noch daß ich mich des feinen bedienet, was man auch für einen fiheinbaren Umſchweif gebrauche, um dieß dem Publico weis zumachen. Damit ich nım diefes beftätige, fo fege mein Syſtem ber, Gautier praftifches Syſtem der vier Grundfarben. Ay: bediene mich alle Gemälde mit Delfarbe ge: malt nachzumachen, der vier Farben, nämlich) der fhwarzen, blauen, gelben und der rothen; diefe vier Farben und das Papier weiß machen alle andere mögliche Farben, wie ic) folches beweifen will, Ich fteche dahero vier Platten, auf welche ich diefe vier Farben, welche mit dem Papier weiß, durch ihre ver- ſchiedene Schattirung das Gemälde machen, bringe. Diejenigen, welche zur Vollkommenheit der Kunft noch eine fünfte, ja gar eine fechjte Grundfarbe bin- zuzufügen für noͤthig halten, betrügen fi), und ha— en feine Erkenntniß von, der Natur der praftifchen Farben, Erfläarung der gedruckten Balette des Gautier. De Maler wiſſen, daß die dichten Farben, deren fie ſich in Oelfarbe zu malen, und alle ſichtba— ven Gegenftände vorzuftellen, find: 1) Bleyweiß. 2) Neapolitaniſch Gelb, 3) Weißer oder gemeiner Ocker. 4) Roͤmiſcher Ocker. 5) Zinnober, ; - 6) Dune an den Herrn de Boll. 169 6) Dunfel Roh. 7) Englifcher Ocker. 8) Umbra. 9) Coͤllniſche Erde, 10) Schwarz Helfenbein, 11) Berliner Blau. 12) Bermifchte Erde. 13) Schirgelbe. 14) Slorentiner Lack. Die Maler erfegen, vermittelft der vorhergehenden Farben, die übrigen Farben, welche man aud) ganz bereitet finder; wie z. Er. Aſchblau, welche man von meiß und Berliner Blau zubereitet. Indig mit ſchwarz und dem Berliner Blau, Achgrund mit dem neapo- litanifch Gelb und Blau, Eolombinfarbig Lack mit Lack und Blau, Blenfarbe mit Zinnober und weiß, Es find noch andre Farben, deren man fich felten zu ‚bedienen pflegt, und welche von Diefen zus fanmen gefegt find, Gg 3 0 SDR Gedoyn Geſchichte EEE TTERT TER III. \ Die Geſchichte des Daͤdalus,“ welche der Abt Gedoyn, Mitglied der koͤnigl. fran oſiſchen Akademie der Auf ſchriften und ſchoͤnen Wiſſenſchaften am 10 Fun. 1732 der Akademie vorgeleſen. Aus dem XIII Theil der Memoires dieſer Akademie ©. 274 = 298 uͤberſetzt. ie beruͤhmteſten Derfonen des Altertbums, find heut zu Tage eben nicht die befannte= ften. Dädalus, deſſen Name fo viel Auf: fehen in ver Welt gemacht, und dennoch) nur einer Eleinen Anzahl Menfchen, fo die alten Buͤ— cher Iefen, befannt worden, ift hiervon ein unverwerf: licher * 63 bat ſchon in vorigen Zeiten der beruͤhmte englifche Kanzler Franz Baco von Verulamio dem Dadalus in feinem Buche, de Sapientia veterum, ein Gapitel gewidmet. Es ift das XVILI. und führet die Auf: fchrift Daedalus Rue mechanicus. f. deffen gefammlete Iateinifche Werfe auf der 1272 und f. ©. der Leipz. Ausg. Simon Koh. Arnolds 1694 Natalid Comes handelt von ihm in dem VILB. der Mythologie auf der 781 und f. ©. der Wechelifchen Ausgabe vom Jahr 1584. und “oh. Andreas Schmid hat im Jahr 1687. Daedalum mechanicum als eine Streitfchrift auf dem jenaifiben Katheder gebracht. Franciſcus Junius hat zu derjenigen Stelle des Diodorus aus Sicilien, der wir gleich gedenken muͤſſen, weitlaͤuftige Anmerkun— gen des Daͤdalus. ATI licher Zeuge. Die Wahrheit zu geftehben, wenn auf einer Seite die ernfthafteften Seribenten fich die Mühe gegeben, die Nachrichten von feinem Leben, und fei« nen Begebenheiten auf uns zu bringen, fo haben fie auf der andern Seite ſich nach den zu ihren Zeiten angenommenen Erzählungen geridjtet, und diefe Be« gebenheiten mit fo viel Erdichtungen, und einem fo wenig wahrfcheinlichen Wunderbaren vermifcher, daß der wahre Grund der Dinge dadurd) zmeitelbaft wor⸗ den, und die Wahrheit durch dieſes Gewoͤlke ſich nicht leicht erkennen laͤßt. Und vielleicht wird dennoch dieſes Wunderbare, dieſe Erdichtungen, der Materie, die ich abhandeln will, zu einer Zierde gereichen. Die Erklärung, die ic) nach den gelehrten Scribenten das von geben werde, Fann Diejenigen, die in der Fabel: lehre fo gar erfahren nicht find, unterrichten, Durch) diefes Mittel wird das Nüsliche und Angenehme, in diefem Stuͤcke der alten Gefcdyichte „vereinigt beyfam= men ftehen koͤnnen. Divdorus von Sicilien, * und Paufanias find die beyden Schriftsteller, die uns von Gg4 den gen gemacht. Sie ſtehen im deſſen Catalogo Archite- ctorum mechanicorum fed praecipue pictorum, ſtatua- riorum, Caelatorum, torneatorum aliorumque artifi- cum, den Graͤvius aus einer Handſchrift an das Licht 'gefteller, umd des Junius Buche de pictura ve- terum zu Rotterd. 1694 in fol. angehanget hat. Wenn man diefe Schriftfteller mit der Abhandlung des Abts Gedoyn zufammen halt, fo wird nicht leicht etwas fehlen, das zur Erlauterung der Gefchichte des Däs . dalus geböret. Ueberſ. *Es geſchiehet folches infonderheit im IIIIB. im 76 Abſchn. auf der 319 und f. ©. Aa Ausg. Des Peter Werfeling. Ueber 472° Gedoyn Gefchichte den fonderbarften Begebenheiten des Dädalus beleh- ren, Sie find es, aus’deren Nachrichten ich einen guten Theil dieſer Erzählung enelehnen werde, ohne die andern Zeugniffe aus den Augen zu feßen, Mad) dem Diozprus, war Dädalus. von Geburt ein Achenienfer, * 9 Sohn des Metion, der ein En— fel des Erechtheus ** war, nach dem Plato aber hatte Erechtheus ven Metion zum Bater, ** und Pau- fanias **** ſagt, der Vater des Dädalus habe Pala- maon geheißen; da er ver einzige iſt, der ihn alfo nennet, fo muß man ohne Ziveifel in dem Terte Eu— palamus ***** leſen. Zwiſchen Palamaon und Eupa- lamus * Mit dieſer Stelle iſt Pauſanias zu vergleichen in Achaicis auf der 209 S. der Ausg. des Wilhelm XÆy— lander Amdirm yerus ve Adumew vrmyn ey TE Bavırızs Tav warsusav Myrinidor, ent ihn daher Auſonius von der kretiſchen Stadt Gortys aligerum gortynium und hominem Cretem und Tibullus Cre- tem nennet, fo iſt folches nicht von dem Vaterlande fondern von feinem Aufenthalte zu verftehen. Ueberſ. * Dieſes bekraͤftiget auch der alte Scholiafte des So— phokles Mario ds Ta "Eos Iews ey ’1dwen yiyveron Au- - daros ſagt er in der Auslegung zu dem 485 DB. des Dedipus Koloniug f. den II TH. die 205 ©. der Aug: gabe des Thom. Johnſon. Ueberf. r Mit dem Plato ſcheint Pherecydes einzuffimmen, diefer macht den Dadalus zu einen Sohn des Erech— theus und der Iphinoe. f. Natalis Comes an angef. Orte. Ueberſ. werk In Boeotic. S. 284 woaregov H Amsdaros 6 TTarauso- va syEVaro Adyıyai. Ueberſ. **** So nennet ihm auch Hyginus in der 244 und 274 Zabel, In der 39 Fabel nennet er ihn zwar Eu- phemi | des Daͤdalus. 473 lamus ift die Aehnlichkeit groß genung, daß man ei- nen- Fehler des Abfchreibers vermutben kann. Da der Urſprung des Dadalus, Durch das einftimmige Zeugniß aller alten Scribenten, die davon geredet, bemwiefen ift, fo ſehe ich nicht, mit was für Grunde Sokrates * die Abkunft dieſes großen Künftlers von dem Vulkan berleiten, fich aber felbft für einen Nachkommen des Dädalus ausgeben fünne, Ich bin völlig überzeugt, daß Diefes bey dem Plato nicht als eine hiſtoriſche Wahrheit, fondern in allegoriſchem Verſtande erzählet werde, und eine Ironie fey, die dem Sofrates fo eigen war. Dem fey aber wie ihm wolle; fo viel ift gewiß, Daͤdalus war ein Enfel oder Urenkel des Erechtheus ** fechsten Königs zu Athen. Gebet bier einen Künftler von angefehener-Familie; man darf fich bierüber nicht wundern; Dädalus lebte ‚zu denjenigen heroifchen Zeiten, in welchen der Ehr- geiz Der großen Männer nur darinn beftund, fich ihren Mitbürgern nüglich zu machen; Griechenland von wen Ungeheuern zu befreyen, die es unficher machten; die Banditen und ruchlofen Böfewichter zu vertilgen; die Ruhe und öffentliche Sicherheit ber: | Ggs5 zuftels _ phemi filium, ES ift aber folches vermurhlich ein Irr⸗ thum des Abſchreibers. Apolodorus, Svidas, Te: tzes, Gervius u. a. m. haben Eupalamus. Lleberf, * Bey dem Plato in Alcibiade I. * Exechtheus Pandions Sohn, wurde für den mäch- tigften Fuͤrſten feiner Zeit gehalten. Von feinen Kin— dern find Cekrops der zweyte, Metion und Pandorus bekannt worden. Vermuthlich iſt dieſes der Metion, der Dadalus Vater geweſen ſeyn fol. Ueberſ. 474 Gedoyn Geſchichte zuſtellen, dieſes war der Ruhm des Herkules * und Theſeus; *die Kuͤnſte zu erfinden, fie auszubreiten und zur Vollkommenheit zu bringen, dieſes war die Ehre, die den Daͤdalus groß machte. | Bon der Zeit der deufalionifchen Sündfluth, bis zu den Zeiten des Daͤdalus sählee man nicht mehr als hundert und funfzig oder fechzig Jahre. *** Die mit den Denfchen, in diefem Unglück begrabnen Künfte, hatten in Griechenland ihr Haupt noch nicht wieder empor heben koͤnnen. Es waren neue Erfinder noͤ— dig, Die niemals geisige ratur brachte Materia- lien genung hervor, fie Eonnten aber aus Mangel der Werkzeuge und Inſtrumente nicht bearbeitet und ge- nußet * Die Gefchichte des Herfules iſt viel zu befannt, als daß wir diefen Helden unfern Lefern kennen zu lernen nötbig haben follten. Lleberf. ** Bon dem Theſeus und feinen Thaten hat Wlutarchug in feinen Ixguaanasıs eine ausführliche Gefchichte ge— fihrieben. Sie ftehet in den gefammleten Werfen - des Plutarchus im IV Th. auf der ı und f. ©. der Stephaniſchen Ausgabe. Es ift damit des Johann Meurfins Theſeus fiue de eius vita rebufque geftis liber pofthumus, Utrecht 1684 in 4. zu vergleichen. Es ſtehet auch im X Th. des Theſaurus antiquitat. graec. des Gronovs auf der 480 und f. ©. Man finder auch von dem Thefeus eine ziemlich ausführs liche Gefchichte in der Ueberſetzung der allgemeinen Welthiſtorie im V Ih. auf der 42 und f. S. Ed war der 10 König zu Athen, ein Sohn des Aegeus und der Aethra Des trözenifihen Königs Pittheus Tochter. Unter andern großen Thaten eriegte er auch das Un: geheuer den Minotaurus. Leberf. *** Die gemeinfte Meynung ift, daß Dadalus um dag Jahr der Welt 2674 befannt worden fey. Ueberſ. des Daͤdalus. 475 nutzet werden. Daͤdalus erfand das Beil, * den Bohrer, dasjenige was Lateiner perpendiculum, wir aber das Richtſcheid nennen, den Leim, den Gebrauch des Fiſchleims, und vielleicht auch die Saͤge; ich ſage vielleicht, denn einige ſchreiben die Ehre dieſer Erfin— dung ſeinem Schweſterſohne, andere aber ihm ſelbſt zu. Mit dieſer Huͤlfe, und da er mit vortrefflicher und gluͤcklicher Faͤhigkeit, und ungemeiner Geſchick— lichkeit begabt war, verfertigte er Werke der Bild— hauerkunſt und Schloͤſſerarbeit, die den damaligen Griechen als Wunderwerke vorkamen. Daedalus ingenio fabrae celeberrimus artis. ** Ich fage den damaligen Griechen, den Griechen, die damals nach unwiſſend, plump und ungefchickt waren. Bor ihm hatten die griechifchen Bildfäulen gefchloßne Augen, *** hangenve und gleichfam der Laͤnge nach an dem Körper angeleimte Arme, an einander gefchloßne Füße, nichts Lebhaftes, Feine Stellung. Es waren größten: * ©, den Plinius im VII. Hift. nat. im 56 Cap. im I 2b. auf der 414 ©. der Ausgabe des Vater Har- Duini: Fabricam materiarum Daedalus (inuenit) et in ea ferram, afciam, perpendiculum, terebram, gluti- num,ichthycollam. Die Erfindung der Sage ſchreibt ihm auch Senefa zu in der goEpift. Quomodo oro te conuenit vt Diogenem mireris et Daedalum? vter ex his fapiens tibi videtur, qui ferram commentus eft: an ille, qui cum vidiffet puerum caua manu bibentem aquam, fregit, protinus exemptum e penula calicem u.f.f. Es fprechen ihm aber diefe Ehre Diodorus aus Sicilien, Apollodorus und Hyainug ab. Ueberf. ** Ovidius im VIII 3. Metamorphof. v. 159. *** Diefe Befchreibung ift aus dem Diodorus genom- men. Man Fanın mit felbiger des Eufebius Worte in 476 Gedoyn Gefhichte gröfztentheils viereckigte, * ungeftalte Figuren, bie auf einem Poſtemente ruheten. Dädalus gab den feinigen Augen, Füße und Hande, er befeeite fie, fo zu reden, und gab ihnen das Leben. Einige ſchienen zu gehen, andere fich in die Höhe zu lehnen, andere zu laufen. ** Alſobald breitete das Gerüchte aus, Daͤdalus mache wunderbare Bıldfäulen, Die befebe wären, Die gehen Fönnten, und zehn Jahrhunderte nach) ihm, redete man noch von feinen Werken, als den erftannungsmürdigfien Wirkungen des menſchli— chen Fleißes; T& roÜ Oxvuaronciu Amdahe Te- yvdonara, TE asDiruares Auf diefe Art bilder fie Plato und Ariſtoteles ad. Nach der Erzählung: des einen in dem erſten Buche feiner Politik, *** giens gen in Chronic. ad ann, 1237 vergleichen. of. Skali—⸗ ger hat zu Diefer Stelle des Eufebiug eine ſehr meitz laͤuftige Anmerkung gemacht. Er ſagt unter andern, die Bildfaulen vor den Zeiten des Dadalus wären zes zoct euußeßnnora geweſen, Dadalus aber habe fie zuerft Iaßednxare gemacht. Es find auch von. dieſem Unterfehied des El. Salmaſius Exercit. Plinianae in So- linum im 11Th auf der 662 ©. mit mehrern nachzu— Yefen. Svidas fagt auf der 514 ©. im I Th. der Ausg. Ludolph Kuͤſters: Audzrs vomuarz. em Toy angıbsrruv Tas Texvas. ER 04 war Onpuizpyei FuunsuursTas 735 * € { un N . - ohIuruss farsisv. 0 ve Amtarag drexesacer avrais;) Pe zus wedus drssnee. Lieberf. * So befchreibt fie Themiſtius in der XV ‚Orat. ago Amdadis Tergayavıs ı % wovov var Eguay soyasia, dad x n ray Auzav ardeızvran. Ueberſ. ** Eben dieſes erzaͤhlet Euſtathius von den Rhodiern in Commentar. in libr. XIIX Iliad. verſ. 373 auf der 1201 ©. im IL Th, der Frobenianifchen Ausg. ”r Im 3 Cap. des Daͤdalus. 477 gen und kamen die Bildſaͤulen des Daͤdalus, nach der Beſchreibung des andern in ſeinem Menon waren ſie von zweyerley Art. Einige flohen davon, wenn ſie nicht angebunden waren, andere blieben an Ort und Stelle, die flüchtigen, ſetzet er hinzu, waren den boͤs— artigen Sklaven gleich, die in geringerm Preiſe ſind, die andern waren viel ſchaͤtzbarer und theurer. Alles dieſes will zum wenigſten ſo viel ſagen, daß Daͤdalus entweder durch verborgene Getriebe, * oder vermit— telft ein wenig Queckſilber, ** das er in das Haupt und die Füße feiner Bildſaͤulen gebracht, Ihnen einige Bewegung gegeben habe, Diefes waren bey dem allen dennoch nur Rinderfpiele, welche die nachherigen Bild» bauer mit Recht verworfen haben. Wir fehen, daß weder Phi * Dieſes ift die Meynung des Kalliſtratus. In feinen exdezres, ſagt er bey Befchreibung der Bildfaule des Dionyſus Auıdzaz ner Zinvidar v5 weei Keyen amısa Juv- nara, KivSuera unygavais 7a woinuara, xy wgos \ar$eazimy ano enBalouee wor xeuaor. Kleberf. * Die Bermuthung von Dueckfilber koͤmmt urfprung- lich aus dem Xriffoteles. Denn im I 3. de anıma im 4 Cap. fagt Philippus: Tor Auideror wırguermy womrey , any Zurlyav "Apeodirny, Eyxysavın apyvens xurar. Es ſcheint aber ſchon Themiſtius, und Palaͤphatus an den avpto— matiſchen Figuren des Daͤdalus gezweifelt zu haben. Jener fagt an angefuͤhrtem Orte: Assduros re sau *oro⸗ —ER au mode ray ayaruzrov zumvod dnwizeyer srouic9n; Diefer aber iſt in feinem Buche vı21 drierav isogsor eben diefer Meynung. Das ganze 22 Cap. auf der 29 und f. S. in des Thom. Sale Opulculis mytho- logicis phyficis et ethieis iff dazu gewidinet, die Wirf- lichfeit dev Dabalifihen avtomatiſchen Bildſaulen zu beffreiten. Ueberſ. — 478 Gedoyn Geſchichte Phidias, * noch Prariteles, * noch Wſippus, *** wenn ſie ihren Werken eine Bewunderung zuwege | brins * Da der Abt Gedoyn diefem großen Kuͤnſtler eine ei- gene Abhandlung gemidmer, die er am 3 März 1733 in der Akademie abgelefen, und folche mit gegenwär=. tiger Geſchichte in einiger Verbindung fteher, fo wer- den wir fie. unfern Leſern naͤchſtens deutfih vor Augen legen. Ueberſ j ** Diefer vortreffliche Bildhauer lebte nach dem Zeugniß der alten Geribenten jur Zeit der CIIII Olympiade, Man muß ihn nicht mit zweenen andern Künftlern gleiches Namens verwechfeln. Einer war ein großer Maler, der andere ein berühmter Goldfchmid. Er arbeitete meiftentheils in Marmor, doch verfertigte- er auch zuweilen Bildfaulen aus Erzt. Praxiteles mar- more felicior fagt Plinius im XXXIV 3. im 8 Eap. im II Ih. auf der 653 ©. ideo et elarior fuit. Fecit “ tamen ex aere pulcherrima opera. Er zaͤhlete ſelbſt unter feine größten Meifterfküce, einen Gatirus, und einen Eupido. Die Phryne lockte ibm diejed Geheim— niß ab: Pauſanias erzäblet die Gefchichte in attieis auf der 17 und f. ©. in Boeoticis auf der 302 ©. Der legtere fol bey dem Brande zu Rom unter dem Kaifer Nero verlohren gegangen feyn. Nach der Mepnung des Rollın im XI ih. XXIIB auf der 79 ©. der Hiftoire Anciennefofl er nech zu den Zeiten des Thua⸗ nus in dem Kabinet der Iſabelle von Efte zu Pavia ſeyn gegeiget worden. Herr Rollin hat die Gefchichte, die fich damit zugetragen, aus dem IB. der Memoi- res de la vie de Jaques Augufte de Thou entlehnet. Sie ftebet auf der 24 und f. ©. der Amſterd. Ausg. vom Jahr 1713. In der lat. Lebensbeſchreibung des Thuanus wird fie im V Th. Hiſt. ſui tempor, auf der 1291©. der Frankf. Ausg. 1621 in 8 erzahlet. Mebs rere Nachrichten von dem Prariteles finder man bey dem Rollin an anaef. Orte. Am ausfübrlichiten aber wird von ihm gehandelt in des Sranc. Junius Archi- des Daͤdalus. 179 beingen tollen, zu dergleichen Poſſen ihre Zuflucht ‚ genommen haben. Diefe fonnen nur die Einfältigen 1 betrü- Architedtorum, Mechanicorum, Pi&torum, Statuariorum u. f. f. auf der 176 und f. ©. Ueberf. *** Die Befchichte der Malerey und Bildhauerkunſt pranget mit zweenen Lyfippen. Des Malers geden- fer Blinius im XXXV 3. im I Cap. Der Bildhauer lebte zur Zeit Alerander des Großen in der CXIV Dlympiade. Gein Vaterland war Sicyon. Er war einer von den alücklichen und großen Geiſtern, die ohne Anweiſung, ohne Lehrmeiſter, zu einer unnach— ahmlichen Höhe ihrer Kunſt geffiegen. Er folgte der Natur Er wor erftlich ein Schmidt. Da er aber des Volykletus, Doryphorus zu Gefichte bekam, legte er fich auf die Bildhauerkunſt. Es lehrer ung folcheg Cicero in dem Brutus. In dem 206 Abſchn. auf der 116 ©. de3 Drfordifipen Nachdrucks der Ausgabe in vſum Delphini Iefen wir Polycleti Doryphorum fibi Lyfippus ajebat magiftrum fuiſſe. Plinius legt ibm noch ein ander Beftandnif in den Mund. Eum inter- rogatum fihreibt er im XXXIV D. im 8 Cap. quem fequeretur antecedentium, dixifle demonitrata homi- num multitudine, Naturam ipſam imitandam efle, non artificem, Er brachte es in diefer Kunft fo hoch, daß fich die griechifchen und lateinifchen Dichter um die Wette bemühen haben, feine Meiſterſtuͤcke durch ihre Sinngedichte zu verewigen. Franc. Junius bat dieſe Zeugniſſe ſeiner ausnehmenden Seſchicklichkeit im dem ſchon angeführten Catalogo auf ber 100 und f. ©. gefammlet. Alexander der Große verboth allen Bild- hauern feine Bildfaule zu verfertigen. Dem einzigen Lyſippus war diefe Ehre vorbehalten. Nero hatte eine Davon von ausnehmender Schönheit. Sie warvon Erzt. Es gieng ihm damit, wie alle denjenigen, die eine narürliche und ungefünftelte Schönheit nicht zu ſchaͤtzen wiſſen. Er wollte fie verbeffeen und lieg he vergolden. Sie verlohr Dadurch ihre Schönheit, und. er A Gedoyn Gefchichte betritgen, bey einer wahren Schönheit, bey dem Edeln, Das jeder große Künstler zu erreichen fich beftreben foll, können fie nicht beftehen. , Ich bin gewiß über- zeugt, Daß Dädalus einen großen Theil feines Anz ſehens der Unwiſſenheit und Finſterniß feines Jahr— hunderts ſchuldig ſey, und daß das Borzügliche feiner Bildfäulen, über die fih die Griechen in der Folge fo eiferfüchtig erwiefen, nicht ſowohl in der Schönheit, als in dem Altertbume bejtanden babe, denn das Als terthum verbiendet uns bey vielen Dingen, Dieſem ohnerachtet waren diefe erſtern Denkmaale einer fo vor⸗ £refflichen Kunft allerdings befrachtungswürdig; man Fonnte an ihnen mit Bergnügen die verfchtedenen Stu— fen bemerken, durch welche die Bildhauerkunſt von einem fo ſchwachen Anfang, zu einer fo beträchtlichen Vollkommenheit geftiegen ſey. Plato * Faller eben. dieſes Urtheil von dem Dädalus; unfere Bildhauer, fagt er, würden ſich fächerlih machen, wenn fie fich heutiges Tages den Daͤdalus bey ihrer Arbeit zum Mufter nehmen wollten; und Paufanias, ** der auf feinen er ließ da3 Gold wieder abfragen, cum pretio periif- fet gratia artis, detraftum eft aurum; pretiofiorque talis exiftimatur, etiam cicatricibus operis atque con- - fcifluris, in quibus aurum haeferat , remanentibus fagt Blinius an angef, Drte. Man vergleiche mit diefer kurzen Nachricht des Herrn Rollin Hiftoire ancienne an angefuͤhrtem Drte auf der 74 und f. ©. Lleberf. * In Hippia maiore. In Corinthiacis auf der a8 S. Den Worten nach fagt Paufanias gar, man habe etwas göttliches 340 daran bemerken Fünnen. Aurdarıs orera eipyasaro, * 2 3 14 x J J ” 3 , \ \ \ Tom \ wromwureg® mer es Es any oyw, Emimgimei FE ons Tin erteoy reross. Vcberf. ur des Daͤdalus. 481 feinen Reifen noch verfchiedene von den Bildfäulen des Daͤdalus gefeben harte, geftebet, daß fie fehr widerwaͤrtig in die Yugen gefallen, ob man gleich an ihnen etwas fonderbares bemerken koͤnnen, das einen mwißigen Kopf verrathen hätte. | r Man Fann unterdeffen nicht in Abrede fenn, daß Daͤdalus der Urheber und Stifter der Schule zu Athen geweſen; einer Schule, die in der Folge fo ge- lehrt, fo beruͤhmt, und für Griechenland gleichfam eine Baumfchule der vorfrefflichiten Werfmeifter ge- weſen ift, denn Dipoͤnus und Skyllis * die erftern Schüler des Dädalus, und vielleicht gar feine Soͤh— ne**, übertrafen ihre Sehrmeifter fehr weit, gleichwie fie hinwiederum von ihren Schülern übertroffen wur= RL den; s Sie waren Kretenfer. Nah dem Zeugniß des Pie nius im XXXVIB. im 4 Cap. find fie Die erſten gewe— fen, die in Marmor gearbeitet : Marmore fcalpendo primi omnium inclaruerunt Dipenus & Scyllis, geniti . in Creta infula. hr Alter falle ohngefaͤhr in die zo Dlympiade, kurz vor. der Regierung des perfifchen Cyrus. Die Eicyonier wurden mit großer Sheurung heimgeſucht. Sie mendeten fich am das Drafel deg ppythiſchen Apollo. Diejer Gort that den Ausfpruch, es koͤnne diefe Plage abgewendet werden, fi Dipenus Secyllis Deorum fimulacra perfeciffent. Plinius . fest an angef. Drte hinzu, quod magnis mercedibus obſequiisque impetratum ef. Sie verfertiaten die + Bilder des Apollo, der Diana, der Diinerva und des Herkules. 6 France. Junius Catalogus G. 8o, «197. Liebe 4 Be ' MR * ** Diefes beruhet auf einer Muthmaßung, die Pauſa- nias im II Buche, auf 57 ©. anfuͤhret. Sie ſol⸗ ‚len von einer Tocht Gortys geweſen fepn. Fi > i PERLE UOTE ? P 482 Gedoyn Geſchichte den; alſo ſtammten die Phidias, die Skopas *, die Prariteles, die Lyſippen, und fo viel andere gros⸗ fe Bildhauer, die Griechenland mit fo viel vortreffli- chen Bildfäulen anfülften, fo zu reden -vermittelit ei- ner Kindſchaft von dem Dädalus ab; das ift, fie ließen ihre Kunft von Meifter zu Meifter, bis auf ibn zuruͤck ſteigen. Dipoͤnus und Skyllis haben ſehr viel Werke hinterlaſſen, von denen man faſt eben R 6 * Diefer vortreffliche Baumeiſter und Bildhauer war aus der Inſel Paros gebürtig. Er lebte ohnaefahr im Jahre der Welt 3572, welches in die LXXXVIL Dlympiade fällt, Unter feinen Meiſterſtuͤcken wird fonderlich die Venus gerühmt; fie fol noch des Pra⸗ yiteles feine übertroffen haben. Gie wurde nach Kom gebracht, daſelbſt aber nicht fo bewundert, als ſie verdiente. Plinius muß folches felbft geſtehen. Er fagt im XXXVI 3, im 5 Cap. Venus nuda Pra- xitelicam illam Gnidiam antecedens, & quemeunque alium locum nobilitatura.. Romzx quidem magnitude operum eam obliterat, ac magni ofliciorum negotio- rumgue acerui omnes a contemplatione talium abdu- cunt ; quoniam otioforum & in magno loci filentio apta admiratio talis et. Er bauete nebff dem Brya⸗ xis, Timotheus, und Leocharis, mit andem prächtigen Grabmaal des Farifchen Königed Mauſolus Jeder hatte eine Seite zu bauen. Sktopas bauete die Mors genfeite. Man kann von Diefem prachtigen Gebäude, das mit unter die fieben Wunderwerke der Welt ger zaͤhlet wird, diejenige Streitfehrife nachlefen, die For hann Chriſtian Avenarius 1714 auf dem leipzii r Kos theder vertheidiget. Sie führer den Titel : Diffetten rt: tio hiftorico-architedtonica de Artemiſia & Maufoleo, Mehrere Nachrichten von dem Skopas und feim Werfen findet man bey wi) Rollin an angeführte Orte auf der 83 und folg. ©. bey dem Franc. Funiug auf ber 195 und folg. E Liebe ee re des Dadalus. 483 das Urtheil faͤllen muß, wie von den Werken des Daͤdalus. Er ſelbſt konnte ſein Vaterland mit vie— len Denkmaalen nicht bereichern, weil ev wegen eines toͤdtlichen Verbrechens folches verlaffen, und feine Sicherheit in einem fremden Sande füchen mußte, Sein Verbrechen beſtund darinne, Er hatte unter feinen Schülern, feinen eignen Better, den Sohn von feiner Schweiter Perdir. Man nennte ihn Kalus*, oder Talus *, oder Atta— lus***, oder wie feine Muster Perdirn Denn die Schriftfteller find wegen feines Namens niche einig. Dieſer junge Menfch zeigte ſchon einen groͤs— fern Geift und mehr Gefchieklichfeie als fein Mei— fter, In feinem zwölften Jahre betrachtete er den 2 Kinn⸗ 2 69 nennet ihn Pauſanias in Attieis auf der 19 ©. wo er feinen Tod .befchreibet, und Svidas im III Th. auf der 80 ©. Joh. Meurfius verbeffert in Areo- pago auf der 9G. die Worte des Pauſanias, und lie fet für #s9arraı Karas, imgleichen für rev Karen, 77. Yarraı Taras, und vov Tarav. Lleberf. | ** Diefe Benennung finden wir bey dem Diodorus aus Gicilien an angef Drre; bey dem Genefa in der XC Epift. womit die Stelle des Apollodorus im III B. Bibliothee, auf der S. in des Thom. Gale Hiſto- riæ poeticz fcriptoribus antiquis Gr. & Lat. zu ver: gleichen. Ueberſ. } *æ Es iſt Tzetzes der ihn Attalus nennet. Der Echo: liafte zu dem Oreſtes ded Euripided nenner ibn gar Tantalus, Meurſius will aber folcheg ebenfalls durch sr Tara verbeflerm Ueberſ. + Perdir wird er von dem Hyginus in der 39 und 244 Fabel, imgleichen von dem Servius in den Ausles - gungen über den Virgil an mehr als einem Orte ges nennet. Ueberſ. ı® 434 Kinnbaden einer Schlange, die ev getoͤdtet hatte, er bediente ſich deſſen mit Vortheil ein Stuͤckchen Holz zu fägen, er verſuchte dieſe kleinen, kurzen und dichten Zaͤhne, die er an dieſem kriechenden Wurme bemerket hatte, an einem eiſernen Bleche anzubringen*. Durch diefes Mittel Fam er auf die Erfindung der Säge. Er foll auch den Zirkel, die Scheibe und dus Rad der Töpfer erfunden haben, ine niederträchtige Eiferfuche ift zu allen Zeiten das Safter der Kimftler geweſen, auch diejenigen, die von den edelſten Kuͤn— ften Profeßion gemacht, find davon nicht befreyet ge= blieben; ich koͤnnte davon verfchiedene Beyſpiele, mie überall, alfo auch) in Franfreich aufbringen. Daͤda— lus ift davon nicht ausgenommen ; er fürchtete, der Schüler möchte den Ruhm des Meifters auslöfchen ; er ſuchte fich von einem Nebenbuhler zu befreyen, der feinen Ruhm ſchon zu verdunfeln anfing, er ftürste R von der Höhe der Citadelle zu Arhen herunter, ‚und * Wir haben diejenigen Scribenten fon oben genennet, die ihm die Erfindung der Sage zuſchreiben. Dvi- dius redet von dieſer Erfindung wie auch von dem - Sirfel in dem VEILB. Metamorph. 3.244 alſo: Ile etiam medio fpinas in pifce notatas Traxit in exemplum, ferroque incidit acuto Perpetuos dentes, & ſerræ repperit ufum. Primus & ex uno duo ferrea brachia nodo Junzit, ut quali fpatio diftantibus illis, Altera pars flaret, pars altera duceret orbem. Er gehet alfo ——— von den andern Scribenten ab, daß da jene den Kinnbacken, er die Graͤte als eine —2 zu Erfindung der Saͤge angiebt. Ueberſ. des Didalud. 45 “und wollte glaubend machen, er ſey herunter gefallen ; es ließ fich aber niemand betrügen*. Ovidius be- ſchreibet im achten Buche feiner Verwandlungen, die umgluͤckliche Begebenheit des Kalus, er hat ihn lie- ber Derdir nennen wollen, vermuthlich weil ihm diefer ‚Name Stoff zur Verwandlung diefes jungen Mens ſchen in ein Rebhun gegeben, in einen Bogel wie er ſagt, der auch unter den Federn den Namen behält, den er ehemals unter menſchlicher Geftale geführer, mit dem Unterfchied, daß die Stärfe und Lebhaftige keit feines Geiftes nunmehr in den Flügeln und Füßen ihren Sitz genommen, Sed vigor ingenii quondam velocis, in alas Inque pedes abiit ; nomen quod & ante remanfit. Wieder auf den Dädalus zu kommen, fo Eonnte eine fo fihandliche Handlung, em Mord von Diefer Art, in einem Staate nicht ungeftraft bleiben, in wel⸗ chen man fo gar leblofen Dingen den Proceß madıte, wenn fie zu dem Tode eines Menfchen Gelegenheit gegeben hatten. Die Abfcheulichfeit des Mordes follte hierdurch den Unterthanen defto lebhafter einge— Hh3 praͤget * Diodorus erzaͤhlet an angefuͤhrtem Orte; Daͤdalus ſey ertappt worden, da er den Körper vergraben wol⸗ len. Da man ihn gefragt, was er da mache? foll er geantwortet haben, er begrübe eine Schlange. Hier: bey macht Diovorus eine moralifche Anmerkung: er ſagt, es fen etwas wunderbares, daß eben daſſelbe Thier, ſo zur Erfindung der Sage Gelegenheit gege⸗ ben, den Mord habe verrathen muͤſſen. Nach dem Zeugniß des Gvidas, foll fich die Mutter Perdix fur Bram und Berrübniß gebenker haben. ©. den III Th. die go S. MVeberf. * Ä . * J 45 ° Gedoyn Geſchichte | präget werden. Dem Dädalus, der fich eines fo großen Verbrechens fhuldig gemacht, und überwiefen war, wurde von dem Areopagus* das Leben abges fprochen. Er entzog fich den Händen der Gerechtig: feit, und verbarg ſich in einem großen attifchen Marft- flecken, unter dem Gebiete des Cefrops. Bon dem Namen diefes berühmten Flüchtlings wurde diefer Ort Dädalides ** benennet. Dadalus glaubte fich aber auch dafelbft nicht ficher genug, und gieng nach Kreta, Das Gerüchte hatte dafelbft die Gemuͤther zu feinem Vortheil fehon eingenommen ; man freuete ſich einen Menſchen von fo feinen Verdienſten zu ſehen, und Minos, der Damals dieſe Inſel beherrfchte, verfprach ſich * Von dieſem athenienſiſchen Gerichte hat Joh. Meurſius einen ganzen Tractat geſchrieben. Er Fam zu Leiden 1624 in 4to heraus. Franc. Cormani bat ibn zuſam⸗ men gezogen, und zu Ysenedig 1628 it 460 italienifch heraus gegeben. Lateinifch ftehet er auch in deg Gro— 11008 Thefauro Antiquit. gree. im V Ih. auf der 2065 und folge. S. Es hat auch DI. Joh. Schede Pfarrer in Starig, zu Wittenberg 1677 einen Tr. in 4to un— ter folgendem Titel gefchrieben : Areopagus, id eft vetuftifimum Athenarum & totius Græciæ tribunal, ex ultima antiquitate erutum. Man Fann damit die Nachrichten verbinden, die “oh. Potter von diefem Gerichte in feiner Archzologia greca im IB. XIX Cap. auf der 100 und folg. ©. der venetianifchen Aus⸗ gabe, ertheilet. Kleberf. | er ** 5, den Meurſius de populis & pagis Attice bey dem Gronov im IV Th. Thefaur. antiquit. grecar. auf ver 7066. Der Scholiaſte des Sophokles ſetzt zu der ſchon angef. Stelle: Muri de va "Epeydaus zug 1Pwon yiyverıy Naiduros, ap 80 Ohnos zarsirey Aaıdaridey "Aduıyaı, Kleberf. " des Dadalus. 487 ſich von der Geſchicklichkeit dieſes großen Kuͤnſtlers Ungemeinen Nutzen, und Daͤdalus brachte auf ſeiner Seite, dasjenige was man ſich von ihm verſprochen hatte, in Erfüllung, Minos hatte zwo Prinzefin- nen, Phaͤdra, und Ariadnen. Daͤdalus ſchnitzte ihre Bildſaͤulen aus Holze. Er verfertigte auch das Eben— bild einer Gottheit, die bey ven Kretenſern in gros— fen Anſehen ſtund. Man nennte fie in der Landes⸗ fprache Britomartis”, welches fo viel fagen will, als eine fanftmüthige und freundliche Jungfrau, Um Diez fe Zeit verfertigte ee auch für die Ariadne das Bas— velief von weißem Marmor **, welches diejenige Art * ing! * Hh 4 von * Die erdichtete Geſchichte von den Begebenheiten der Britomartis, erzahlet Antonius Liberalis im XL Gap. Metamorph. auf der 475 und felg. ©. in des Thom. Gale Hiltorix poeticx feriptoribus antiquis. Es iſt damit des Natalis Comes Mytholog. im LIE B. ©. 266 u. folg. zu vergleichen. Die Kretenfer verehrten fie mit fo großer Ehrfurcht, daß fie in ih> ren Tempel nicht anders als mit entblößten Füßen giengen. ©. des Biſchofs ven Avranche demonftra- tio evangelica im I Th. IV Propoſ. auf der 251 E. der Amfterdam. Ausg. 1690 in groß 8. Zur Zeit des Pauſanias iff diefed von dem Dadalus gejchnigte Bild noch in Kreta bey der Stadt Dion befindlich gemwefen. ©. Beotic. E. 314. Weberf. + Wenn diefe Erzahlung ihre Nichtigkeit hat, fo fallt des Plinius Nachricht von dem Dipoͤnus und Skyl⸗ lis uber den Haufen. Paufaniad ſagt an nur angef. Gtelle, diefer Stein fey bey den Gnoffiern zu feben geweſen. Er nennet ihn is "AgınIıns xapor 5 we) "Oun- eos 8, "ads arrum Exencaro, gmeipyacnivor Emi Asuns Atov. Die Befchreibung des Homerus, auf die fich Pauſanias beruft, fteher im XVIII B. Sliad. vom * 5909 483 Gedoyn Geſchichte des Daͤdalus. von leichten und fluͤchtigen Kreistaͤnzen vorſte fig ; machte, von der Homerus im XVII B. feiner Ilias redet. Br 590 bi8 606%. Er befchreibt den abgebildeten Tanz £ Wi auf des Achilles Schild. ES beſtund aber das bes _ fondere dieſes Tanzes Furzlich darinne, Vor den Zeis ten des Dadalus tanzten die Frauenzimmer und Mannsperfonen jeder Theil befonderd, Zu des Dadas lus Zeiten fol e8 aufgefommen feyn, daß die Manns⸗ perfonen und Frauenzimmer einander die Hande ges geben, einen Kreis gefchloffen, und wie wir zu reden pflegen, in einer bunten Reihe getanzet. Einige bes ſtimmen das Zeitalter diefer Art Taͤnze noch etwas genauer. Gie jagen, er fey Diode worden, nachdem Shefeus den Minotaurus überwunden... Man kann biermir die Anmerkung der Fr. Dacier zu der ange- führten Stelle des Homerus vergleichen, in dem TIL Th. der Tliade d’Homere auf der 134 ©. der holland, Ausgabe ; imgleichen ded Herrn Bürette Premier Me- moire pour fervir A P’Hiftoire de la Danfe des anciens in dem IL Th. der Memoires de litterature de PAca- demie des infeript. & belles lettres auf der 137 und fulg. ©. Ueberſ. Die Sortfegung folget Eünftig, A I Mir "EAA | | 459°. EI EIS EEE EI ZZ | IV. Betrachtungen a über Die Seele in der Erflarrung dr und Schlafwanderung. er Herr Sauvages de la Croix aus der Ges feltfchaft der Wiffenfchaften zu Montpelier (Mümpelier) bat im Jahre 1737 an einer | Magd, ihres Alters von 20 “Jahren, M. V. befondere Zufälle beobachtet, und diefelben der koͤnigl. Gefellfehaft der Wiſſenſchaften zu Paris ein- gefchicker, welche fie zu Ende ihrer Abhandlungen im Jahre 1742 beydrucken laffen S. 409 folgg. Aus denfelben nehmen wir hier die vornehmſten Umftände, welche den Zuftand der menfchlichen Seele in folchen Begebenheiten vor Augen legen, auf welchen dort nicht geſehen ift. „Weil fie fehr empfindlich geweſen, wenn ihr et- „mas zu Leide gefchehen, hat fie über einen gehabten „Verdruß die Catalepfie oder etliche Anfälle einer „fuͤhlloſen Wegbleibung und Erſtarrung befommen, „dadurch fie genöthiget worden, ſich in das große »» Spital zu begeben. a. ale hat fie öfters be _ „fommen, fie find aber nicht von einerley Dauer ge: „mwefen, indem fie.bald in einer halben Biertelftun- de vorüber geweſen, bald auch wohl drey bis vier 555 »Stuns 4990 Von der Seleinder Stunden angehalten. Wenn fie damit befallen geweſen, iſt ihr Puls fehr ſchwach und langſam ge⸗ „weſen, daß er kaum 5o mal innerhalb einer Minute „gefchlagen. Ihr Gebluͤt ift fo dick und zähe ge- „ivefen, daß, wenn man ihr Die Ader geöffnet, e8 nur Tropfen: mweife aus der Ader gekommen. So „haben aud) die ftärfften Purganzen bey ihr nur ſehr „langfam und ſchlecht, oder gar nicht gewirket. Wenn fie ihre monatbliche Zeit gehabt, iſt auch „nur ſehr wenig weggefloſſen. „Waenn ihre Zufaͤlle herangenahet, bat fie ſolches „daran vorher gemerket, daß ihr die Stirne warm „und der Kopf ſchwer geworden. Dann iſt ſie mit „eins Davon befallen worden, mo fie ſich befunden, „im Bette, auf der Treppe, oder wo ſie ſonſt gewe⸗ „fen, Im Bette hat man es daran bemerket, daß „fie nicht mehr geantwortet, und fich Fein Yhembo- „ten merken ließe, der Puls aber langfamer und „ſchwaͤcher geworden. Sie blieb in der Stellung „des Leibes, darlnn fie befallen worden. Hatte fie „geftanden, fo blieb fie ftarı een Hatte fie im „ Treppenfteigen einen Fuß gehoben nad) der folgens „den Stuffe, fo erftarrere fie auch fo auf einem Fus⸗ „ſe ſtehend. Wenn jemand waͤhrender Zeit ihr ei» „nen Arm erhob, oder den Hals und Kopf drehete, „fie aufrichtete 2c. fo blieb fie in der Stellung, wenn „der Körper nur daben im Gleichgewicht war. „Stand fie, und man ftieß fie fort, fo gieng fienicht, „mie D. Fernel einen geſehen, ſondern ruͤckte ſo fort, „als wenn man eine ſtehende Säule fortfihiebet. „Man merkete an ihr fonft Feine Bewegung, als „das Shlagen des Herzens und der Aber, Sie geb „fein u} Se 5 „fein Zeichen der Empfindung von fih, man mechte „fie anfchrenen, ftechen, ein brennendes Licht vor ihre „Augen halten, oder fie unter den Fußfohlen Fragen, buͤrſten x. Endlich verließ fie ihr Zufall: wieder „ohne gebrauchte Hülfsmittel : denn was man auch „für Mittel brauchte, fo verfürzten diefelben doch „deflen gewöhnliche Dauer nicht. Das Gähnen „und Ausftrefen der Arme waren Anzeigen ihrer „beginnenden Erwachung, und fie hatte feinen Be— „griff von allem, fo ihr immittelft widerfahren war ; „außer daß fie vom ftechen, und den ungewöhnlis schen Stellungen einige Schmerzen und Muͤdigkeit „empfand. „So waren ihre erften Zufälle befchaffen, da im „Jahre 1737 im April und May fich ein anderer Zu: „fall dazu gefellete, und mebr als 50 mal ihr begeg- nete. Im Anfange und Ende derfelben hatte fie die vorige Unbeweglichkeit und Unempfindlichkeit; „aber die Zwiſchenzeit, welche zuweilen vom Morgen „bis an den Abend waͤhrete, konnte eine Belebung „heißen, wenn jene einer Erſterbung aͤhnlich ſchien. „Herr Lazerme und viele andere find glaubwuͤrdige „zeugen von dem, was ic) erzählen werde, und wel: „ches ic) felbft roürde für Berftellungen gehalten has „ben, wenn mich niche unzählige Proben verfichere „hätten, daß dabey feine Berftellung ftatt haben „konnte. „Den zten April gedachten Jahres beſuchte ich „das Hofpital des Morgens um ıo Uhr, und fand _ „fie krank im Bette, von Mattigfeit und Kopffchmer: „zen. Sie erflarrete darauf, wie fonft, aber nach »5.0der 6 Minuten fing fie an zu gaͤhnen, vichtere — „ſich 492 Von der Seile in * ip „ſich i im Bette auf Sitzen, und fing folgendes „Schauſpiel an, meiches fie ſchon mehrmal getrieben „hatte. Sie redete mit einer Lebhaftigfeit und Muns „terfeit des Geiftes, die fie außer dieſem Zufalle nie „hatte, da fie fehr niedergefchlagen und fuchtfam - „war. Was fie redete, das hing mit dem zufame „men, oder war eine Folge von dem, was fie in vo— „rigen Zufalle geredet hatte, oder wiederholte von „Wort zu Wort eine Catechifmuslebre, Die fie des »» Abends verher angehoͤret hatte, Bald redete fie „eine, bald mehr ihrer Bekannten aus dem Haufe „an; und deutete unter verdeckten Mamen die Sit: „tenlehren zumeilen fchaifhaft auffie, mit offenen Au⸗ „gen und dergleichen Geberden :c. als fie den vori- „gen Abend gemacht hatte. „Doch wachte fie dabey nicht, fondern war noch „im Schlafe, davon ich mich folgender Geftalt vers „ſicherte. Weil fie die Augen offen hatte, flug ih „mit der Hand ihr etliche mal fo ploͤtzlich und nahe „an die Augen, als wollte ich fie in das Gefichte fchla= „gen; aber fie that weder die Augenlieder zu, noch) „machte fie Die geringfte Ausbeugung, noch ließ fie „ſich dadurch) in ihrer Rede im mindeften ſtoͤren. „Ich flieg mit einem Finger fehnell und fo nahe ges „gen ihre Augen, als es feyn Fonnte, ohne fie zu bes „rühren ; ich hielte unverfehens und jählings einen — brennenden Wachsſtock ihr fo nahe vor die Augen, »daß fhier die Haͤrchen der Augenlieder angezündet „wären, ohne daß fie diefelben nur ein einzig mal in. „etwas follte bewegt oder zugethan haben. al „Eine andere Perfon mußte ſich ihr. hinter dem „Rüden nahen, und ihr mit eins gewaltig ins Ohr ſchreyen, 3 de Aue Erflarrung und Shlafwanderung. 493 „ſchreyen, aud) einen Stein ſtark an das Bettgeftelle „, hinter dem: Hauptküffen werfen, Darüber fie bey wa⸗ „chendem Zuſtande wuͤrde erſchrocken ſeyn und gezittert „haben. Aber jetzt merkte fie nichts von dem allen, we „ſie nicht das geringfte Zeichen gab, daß fie etwas da⸗ „von vernommen hätte. Ich goß ihr in die Augen „und in en Mund Franzbrandtewein, und den Geift „von Salmiaf; in ihre Nafe blies ic) flarfen Spa— „niol ; ich ftach fie mit Stecknadeln; drehete ihr die „Singer ꝛc. welches fie alles litte, als eine unbelebte „Machine oder Marionetten-Puppe. Endlich be- 22 rührte ic) auch ihren Yugapfel mit der Fahne einer = Feder, und gar mit der Spitze des Fingers, ohne „die geringfte Anzeige einer Empfindung dadurch zu „erhalten. Da ſie noch munferer und heftiger zu reden be- gunnte, fagten die fie vorhin beobachtet hatten, nun „würde fie bald fingen und fpringen. Und in der „That fang fie bald darauf, lachte überlaut, bemuͤ—⸗ „hete fich aus dem Bette zu fommen, fprang endlich „ heraus und machte ein Freudengeſchrey. Ich fuͤrch⸗ „ tete, fie würde ſich an die Bettſtellen in dem Raume „ftoßen, allein fie hielt die Zwiſchengaͤnge fo gut, als 0b fie wachete, vermied den Anftoßan Stühle und Bettſtaͤte ꝛc. wandte ſich geſchickt um nach den an⸗ „dern We zwifchen den Bettſtellen, und ver— „ſchl —2 ohn alles Tappen oder Bes „caften der Derter, nachdem fie herum. war, kehrte ſie wieder zu ihrem Bette legte ſich, deckte fich zu, „und evftarrete denn wieder, wie zu Anfange. Als dieſe Zufälle kaum eine Biertelftunde gedauert hat⸗ „een ‚ Fam fie wieder zu ſich, als aus einem tiefen ” Schlafe #3 494 Don der Seele in der Schlafe erwachend, und erkannte an dem Ausſehen „der Umſtehenden, daß fie wieder müßte ihre Zufaͤlle „gehabt haben, die man ihr vorhin erzähler hatte, „ward darüber fo befhamt, daß fie den Reſt des »» Tages geweinetz wußte aber von dem allen nichts, „was indeflen ihr gefchehen war. Kr, „Zu Ende des Mayes verlohren fich Diefe Zufälle, „ohne daß man ſolches den gebrauchten Mitteln zu= „ſchreiben konnte. Die Ader war ihr einmal am „Arme, mehr mal am Fuße, und fieben mal am „Halſe geöffnet worden. Sie harte 5 bis 6 Abfüh- „rungen aus dem Unterleibe gehabt ; Man hatte ihr „Opiata für den Magen gereichet, mit China, Zins „nobersc. Ben gelinderm Wetter hatte fie wohl 20 „mal, mehr in Falten als laulichtem Waſſer, gebader, „und endlich viele aus Eifen bereitere Mittel gebrau- „het. Ich glaubte, daß fie gefund geworden, weil „ich fie nicht wieder gefehen, bis den ıoten Hornung „1745 *, da hörte ich, daß fie alle Winter wieder fol- „ hen Schlafwanderungen unterworfen gemwefen, doch „ohne allemal mit verfnüpften Erftaunungen und „Unbemweglichfeit, noch gänzlicher Fuͤhlloſigkeit in „ihren Bewegungen. Go mar fie einmal auf einer „ Brücke von ihrer Noth befallen worden, und man », hörte fie reden mit ihrem Schämen oder Bilde, fo „fie im Waffer erblicker hatte. Ein ander mal hatte . — M ne pe fie ! * Diejenigen Lefer werden fich nicht wundern, wie in eis nem Buche, das die Handlungen von dem Jahre 1742 enthalten fol, Dinge erzablet werden, welche erſt brey Jahre darnach gefcheben find, Denen nicht uns befannt iſt, was es mit der viel fpatern Ausgabe Dies fer Schriften für Bewandniß und Urfachen habe. ‚... Ö —* ER Erſtarrung und Schlafwanderung. 495 „ſie in den legten Weihnachten eine Perſon gemerket „zu ihrer Seite, doch ohne fie recht zu kennen; des» „fen fie fich erinnert, und dieſe Veränderung dem » Gebrauch des Eifens zufchreibet. » Wie Fann doch eine fo plögliche Aufhebung und >» Wieverherftellung des Gebrauchs der Sinne ſtatt „haben? Wie fann man weinen, mit der willkührs „lichen Einbildung diefe Lebhaftigfeit der Gedanken, „und dieſe Hurtigkeit alle freywillige Bewegungen hervorzubringen ? Muß nicht der Zuftand der Erz „ſtarrenden innerlich wenig unterfchieden ſeyn, von „dem Zuftande der Schlafivanderer ? Die Falten „Bäder, welche dabey fo fehr gerühmer werden, tha= „ten dawider eben fo wenig, als bey jenem Nacht⸗ „wanderer, deffen Adr. Alemannus gedenfer, der in „ſolchem Zufalle duch die Seine ſchwamm. „Uebrigens ift fie jego fhon gewohnt diefer Starr= „und Schlaffucht, redet davon ohne Scheue und „Schaam, indem ſie es nicht mehr fuͤr ein ſo großes „und gefährliches Uebel haͤlt, als vormals. Sie iſt > auch nicht mehr fo blaß, als ſonſt, empfindet aber „doch vor deſſen Antritt noch Die Hiße und Schwere des Hauptes, und zu Ende des Anftoßes ein Herz⸗ „wehe, welches fie aufwecket. Auch bey andern » Starrfüchtigen Habe ich Abwechſelungen mit Wahn⸗ „witz u abegenommen : : wie im Sabre 1724 ein „alter Ma „den — die Störung des Kopfes, den „dritten cin viettägiges Fieber, und den vierten wie— „der Die Starrfucht hatte. u. ſ. f. N Zweyerley kommt bey diefer Gefchichte zu betrach⸗ ten vor: Das erſte betrifft die natürlichen Urſachen deffen, nn einen Tag die Starrſucht, den andern ‘ 496. Von der Seele i in der — deſſen, was im Koͤrper der —6 Sciaffichtgen porgehet ; das andere betrifft den Zuftand des Ge— muͤths oder der Geele eines folhen Menfchen. Auf jenes gehen die Fragen des Herrn Sauvages de la Croix : Wieeine fo plögliche Hemmung und Wieder: berftellung der finnlihen Empfindungen bey einem Menfchen zugeben koͤnne? Wie nahe die Berwandt- ſchaft der Starrfüchtigen und Schlafiwanderer fenn müffe ? Woher die Jebhaftigfeit der Nede, und die Hurtigfeit der freyiwilligen Bewegungen der letztern rühren möge? Um die andere hat er als ein Arzt fid) zu befümmern nicht Urfache gehabt. Unfer Borhaben ift nicht, mit der Auflöfung und Beantwortung diefer Fragen uns aufzuhalten, die er aufgeworfen, als die wir nicht verfprochen haben, und die auch zu meitlauftig werden würde für diefe Blätter. Beylaͤufig wollen wir nur etwas weniges berübren. Weil die Starrfucht eine Zeitlang Hem- mung aller finnlihen Empfindungen und willführli- - chen Bewegungen zum Kennzeichen bat, fo muß fie wohl aus dem. Gehirn und der Berftopfung der Grundnerven aller Theile Hauptfächlich herrühren, obfchon die entfernten Urfachen pi der Verdickung des Geblürs und Verſtopfung der zarten Aederchen im Leibe mit befindlich find. # Wie fir im Gehirne entfpringe, folches Fann man durch die Verſuche des Herrn ae Ja Pey ronie vers ftändlich machen, Daraus erhellet, daß kin Denke gleich Verſtand und Gefuͤhllos werde, wenn das Ge⸗ hirn da, wo die en — ehen, J ge Berrichtung gehindert wird. ai 268 Gehirn gleich verleget oder pegseweun u er J Erſtarrung nd Schlafwanderung. 497 ge auch flreifige Mark und die Hirnfchmwiele nur ganz geblieben, iſt der Menfch bey Berftande geblieben und wieder geheilet worden. Wenn aber diefes Wefen womit ein wenig befchmeret worden, 35€. mit einges goßenem Waffer, oder mit einem Wundforfcher oder Finger: fo ift der Menſch fo fort ganz betaͤubet wor— den, als hätte er Feine Sinne. So bat er nach Bes lieben einen ſolchen Menfchen als Berftand und Fühls los machen, und wieder als einen verftandigen Menz fchen darftellen Fonnen, nachdem er die Hirnſchwiele bedrucker, oder wieder vom Drucke befreyet hat. Diez fes zeiget, der ungehinderte Gebrauch der urfprünglis chen Nerven des Gehirns, gehöre zur Aeußerung des Verftandes, der finnlichen Empfindungen, und willkuͤhrlichen Bewegungen. Man fehe davon nach die Hift. de l' acad. roy. des Scienc. 1741 S. 41. und die Memoir. 1744 ©. 213 ıc. Es kann aber außer diefer Außerlichen Bedruckung des Gehirns aud) wohl eine innere Bedruckung deffels ben geben, und die Klage über einen ſchweren Kopf und Hige bey dem Anfange der Starrfucht bes weiſet dieſelbe. Die Urſachen verfelben zeigen fich bey der ftarrfüchtigen Perfon zu Mümpelier in ihrem dicken und zaͤhen Geblüte, welches unfehlbar zu der Zeit in den zärteften Aederchen des Gehirns geſtocket ift, und Durch die Dräangung des nachfolgenden Ge— blüts eine folche gänzliche Stopfung der Nerven und daraus folgende Beräubung und Berftarrung ange— richtet hat, welche fo lange angehalten, bis es end« lich durch die Außerfte Gewalt des Herzens in dem noch jungen Körper wieder in den Gang gebracht iſt. Davon bat das nach dem Aufwecken empfundene 7 dand, | Si Herz — i 493 Don der Seele in der Herzwehe ein unverwerfliches Zeugniß abgeleger. Mac der Stärke oder Schwäche der Natur ift die Verſtopfung und Bedruͤckung der urfprünglichen Ner⸗ ven im Gehirn bald eher, bald fpäter überwunden worden, und davon ift Die verfchiedene Dauer der Zufälle abgehangen. | | Bekannter maßen 'entftehen die Nerven, oder Spannadern, fo zu den Gliedmaßen der Sinnen. und der willführlichen Bewegung gehören, aus dem Voͤr— dergehirne, und damit verfnüpften Grunde des Ges bienleins. Die übrigen, welche zu den nothwendigen Bewegungen des zu erhaltenden Lebens gehören, ent ftehen fonft aus dem Gehirnlein und Ruͤckenmarke, welche eine fo ftarfe Berfnüpfung mit dem Gehirne nicht haben, daß fie zugleich mit gehemmet würden, wenn die Sperrung des Zufluffes der Lebensgeifter durch ftarfe Bedrängung und Ausdehnung der zarten Blutgefäße verurfachee wird. Es ift auch der Bau derjenigen Theile im $eibe, die des Lebens halber in ſteter Bewegung feyn müffen, es mag es bie Seele wiffen und wollen, oder nicht, fo befchaffen, daß fie ihre Einziehung, und Wiederausdehnung in der Luft fortfegen Fonnen, fo lange noch Warme und eine in⸗ nere Feuchtigkeit da iſt. Man ficher folches an den Thieren, wenn man Yale zerſchneidet, oder Fröfche ıc. fo werden die Stuͤ⸗ cken fich noch eine Weile bewegen. Das ausgefchnife gene Herz einer Rarpe habe ich 3 bis 4 Stunden nod) ſich bewegen, das ift, durch die Schnellkraft feiner Fafern zufammenziehen und ausdehnen gefeben, wenn eg im Sommer nur nicht trocknen ließe, ſon— dern es unten ein wenig Feuchtigkeit hatte, und ich die — Erſtarrung und Schlafwanderung. 499 die obere Seite, welche zu trocknen begunte, wieder nach unten legete. Doch wurden die Bewegungen immer langſamer und ſchwaͤcher. Darum darf man ſich nicht wundern, wenn Vieußens geſehen, daß Hunde noch 6 Stunden gelebet, nachdem er ihnen Das Gehirn und verlängerte Mark mit großem Blut: vergießen weggenommen, und nur noch das Gehirns fein unverlegt gelaffen, Aber wenn er das Gehirnlein herausgenommen und das Gehien ganz gelaſſen, find fie gleich geftorben, Vielleicht ift dabey das verläns gerte Mark mit zerſchnitten worden. Vielmehr kann alſo bey einem Erſtarrenden das zum Leben noͤthige Umlaufen des Gebluͤts, der ſchwa— che Pulsſchlag, und ein unmerkliches Athe mehien noch fortdauren, obſchon die ſinnlichen Empfindun— gen und willkuͤhrlichen Bewegungen ſich nicht mehr aͤußern. Dann wird allerdings, was noch übrig iſt, nad) den mechanifchen Regeln der Bewegungen in ber Stellung bleiben, wie es ift, oder wie es durch äußerliche Macht in einiges Gleichgericht gebracht wird, fo lange bis die innerliche Bewegung wieder in ihren Gang kommt. Indeſſen wird man fein Außerliches Zeichen des finnlichen Empfindens wahr: nehmen koͤnnen, weil alles gefperree ift, was dazu gehoͤret. DBermittelft diefer Anmerkungen wird alles, was bey der Starrfuche fonft noch vorkommt, leiche koͤnnen begriffen werden von jedermann, der ein wenig Machdenfen gelernet hat: Was aber die Wanderfuche oder das Schlafwan⸗ dern und Thun anbetrifft, ſo ſcheint es mit dem, was im Koͤrper vorgehet, auf folgendes anzukommen. Der Druck auf das Gehirnlein oder verlangerte und Ji 2 Ruͤcken⸗ soo Don der Seele in der Ruͤckenmark muß in folhen Fällen nachlaffen, oder gar aufhören, vermuthlich die Verftopfung der da- hingehenden Yederlein großen Theils gemindert wird, daß die Nerven der willführlichen Bervegungen wieder ihren Zufluß von $ebensgeiftern erhalten. Zu eben der Zeit muß auch das Gehirn fo weit erleichtert wer: den von feinen vorigen Drangfalen, daß die Faſern der ehemaligen zitternden Bewegungen twieder theils baftig werden Fönnen , Die fie bey den finnlichen Em— pfindungen gehabt haben. Wann fic) nun dabey eine ſchwache Empfindung tieder einftellet, fo wer— den die ihnen ähnlichen Faſernzitterungen, fo noch am leichteften find, dadurch mit erreget, und fo kann erft eine Reihe folcher Bewegungen forfgefeget wer— den, wie es in den Traumen gefchieher. | indem das Gehirnlein noch mehr, oder doch fo viel wieder befreyet ift, als im tiefen Schlafe gefches hen Eann : fo fann die Heftigkeit der noc) übrigen Draͤn⸗ gungen im Gehirn, wegen annoch meift verftopfter Sinnennerven, eine Urfache feyn, daß die Lebensgei— fter nach den willführlichen Bervegungsnerven haͤufi— ger zufließen, und die willführlichen Bewegungen daraus erfolgen, welche wirklich gefcheben. Wir be: haupten nicht, Daß dieſe Urfache die einzige fey, viel⸗ weniger daß fie zureiche zu der Erregung und Boll ziehung der fonft feeyen Bewegungen. Es Fönnen und müffen faft mehr derfelben feyn, Die fich noch nicht deutlich entwickeln laffen, und wir enthalten uns gern einer weitern Unterſuchung derfelben. Seget die Natur alle ihre Kräfte wieder zuſam⸗ men in währenden diefen Bewegungen, und ermüder dadurch), kann die vorige ſtarrend machenbe gr pfung Erfiarrung und Schlafwanderung. 4 pfung der Nerven wieder uͤberhand nehmen, und eine abermalige Starrſucht auf die Schlafwanderung, und was mehr damit verknuͤpfet iſt, entſtehen. Bey geringerer Sperrung der ſinnlichen Nerven kann ſie auch ſchon ſchwache ſinnliche Regungen von gegen⸗ waͤrtigen Koͤrpern haben, und ſich darnach richten, in dem, was ſie beginnet, auch wohl dieſelben hernach einiger maßen wieder hervorbringen koͤnnen. Es iſt leicht zu ſehen, was die Verduͤnnung des Blutes, die Abzapfung des verdickten und zu zaͤhe gemordenen ‚ die eröffnenden martialifchen Mittel da= bey vermögen, bey welchen fic) die gedachte Magd etwas beffer befunden. Keinem grundgelehrten Arzte wird es ſchwer fallen, der Sache weiter nachzudenken, mehr beilfame Mittel zu erfinnen, und fie nach Be— wandniß der Perfonen und Umſtaͤnde geſchickt anzu— menden, Die Falten Bäder aber koͤnnen frenlich nichts zur Hebung diefes Lebels helfen, wenn die obangeführten Urfachen deflelben nicht verwerflich ind. Mancher möchte hier denken ſchoͤn Waſſer auf feine Muͤhle zu erhalten, wenn er in dem Wahn ſtehet, es ſey alles in der Welt koͤrperlich und materialiſch. Man brauche keiner Seele, da alles fein mechaniſch zugehe, was bey dem Menſchen angetroffen wird. Die angefuͤhrte Erklaͤrung „ Fann er ſagen, zeige zur Gnüge, wie wenig man der Geele nöthig babe, wenn man die willkuͤhrlichen Handlungen erflären folle, und wie fchlecht eg mit dem Beweife ausfehe, Der auf diefelben gebauet wird, Bey diefer Schlafgänges vinn und andern ihres gleichen, fen es offenbar, daß die Seele nichts umdie fo genannten freyen Handlungen des Ji 3 Men⸗ 502 Bon der Seele in der Menfchen roiffe, Die er in folcher Schlafgängeren eben fo aut verrichte, als wenn er ſich derfelben bey gefun= dem und wachendem Zuftande bewußt ift, Wer mollte glauben, daß eine Geele fen im Menfchen, oder daß fie von dem Körper unterfchieden fey, da Diefelben Berrichtungen des Körpers eben fo gut gefchehen, wenn wir nicht darum wilfen, als wenn wir darum wiſſen? Hierauf dienet zur Antwort: 1) Es folge nicht, weil in dieſen beſondern Zufaͤllen der Starr⸗ und Wander⸗ ſucht der Menſch, welcher damit behaftet iſt, ſich ſei— ner nicht bewußt iſt, daß und wie oder warum ſolche Dinge von ihm geſchehen, darum beduͤrfe er entwe— der keiner Seele, oder ſie muͤſſe auch was koͤrperliches ſeyn. Die gemeine Erklaͤrung der Seele, ſie ſey dasjenige Ding im Menſchen, welches ſich ſeiner Ver— aͤnderungen bewußt iſt, ſollte billig ſo gemacht oder verſtanden werden: fie ſey dasjenige im Menſchen, welches fich feiner Empfindungen bewußt feyn fann, Denn es giebt mehr, als einen Zuftand des Men-— ſchen und der Seele, da fie fich ihrer nicht bewußt ift, fo wie man das Bewußtſeyn insgemein ausleger. Könnte es wohl für bündig angefehen werden, wenn jemand aus eben Denfelben Zufällen erzwingen wollte, der Menfch bedürfe nicht den Gebrauch feiner Sinne, oder habe gar Feine: weil er ohne dieſelbe und deren Gebrauch eben fo gut reden, fingen, ges hen und andere Berrichtungen der Wachenden tbun fonne, als wenn man fage, daß er fie gebrauche und- habe? Denn alles, was man dort für jene Meynung fagen Fann, das läffer fich auch für dieſe ſagen; und Dennoch) iſt und bleibet es nothwendig und gut, * er Erſtarrung und Schlafwanderung. 503 der Menſch den Gebrauch ſeiner Sinne habe. Sagt man, der Schlafwanderer thut das ohne Bewußtſeyn; fo kann man antworten, er thut es auch eben fo weit als jenes ohne den Gebrauc) feiner Sinne, und läße ſich anfehen, als ob er Feine Sinne habe. Bezeugen nicht die angeführten Proben, daß es fo mit der Schlafgaͤngerinn und Nednerinn bewandt gewefen, alg ob fie feine Augen, noch Ohren, Naſe, Geſchmack und Gefühl hätte? Wer wollte aber dadurch fich be= veden laffen, daß fie zu der Zeit, oder überhaupt gar feine Einne gehabt? Se thörigt es alfo fenn würde, zu behaupten, der Menſch habe gar Feine finnlichen Werkzeuge zu feinent Gebrauche, meil dasjenige, wozu man fagt, daß er fie brauche, ohne fie eben fo gut bey den Schlafwan— derern geſchiehet: eben fo abgeſchmackt iſt es auch, zu fagen, der Menſch bedürfe Feiner geiftlichen und fren« wirkenden Seele, da die Berrichtungen des Leibes mechanifch vollbracht würden, woraus man jene bes mweifen wollte, Denn der Beweis von dem Saße, die Geele fen fein Förperliches Wefen, Fann 2) ohne diefen Behelf eben ſowohl geführet werden, mo niche noch beffer und gründlicher. Weil aber folches oh— nedieß genung befannt ift, brauchen wir nicht denfels ben bier ausführlich zu mwiederhohlen. Eine furze Anregung der Haupfgründe wird zu unferm DBorba« ben genug feyn. In unferer Seele findet ſich unftreitig ein Vermoͤ⸗ gen, deutlihe Vorſtellungen oder Empfindungen ihrer felbft und anderer Dinge außer ihr zu haben, Denn fie hat Verſtand und Vernunft, Fann felbige zur Fertigkeit im Gebrauch, und zu ruhmswuͤrdiger Si4 Geſchick⸗ — mer auf einerley Art; dort kann es nicht nothwendig 504. Don der Seele in der Geſchicklichkeit bringen, und zu Beförderung ihrer und anderer Menfchen Wohlfahrt in vergangenen, ges genmwärtigen und bevorftehenden Dingen glücklich ane wenden. Diefes kann niemand leugnen, und wenn er es leugnen wollte, würde ihn felbft die Bemuͤhung ſolches zu thun, und die Gründe, welche er dazu er= finnen und fie zum ‘Beweis feiner Leugnung einrichten wollte, Elarlidy des Gegentheils überführen: indem doch folches nicht ohne offenbaren Gebrauch der Ber: nunft gefcheben koͤnnte. Aber Die Körper und die Materie mag man be: frachten, wie man will; fo wird man nichts finden, Das den Grund des Berftandes und der Vernunft in fih hielte , ja deren nur fähig wäre. Alles, was in den Körpern vorgehet, geſchiehet in einerley Umſtaͤn— den immer auf eineriey Ari, nach den Gefegen der Dewegung. Allein unfere Seele vichter fi) weder in den DBerrichtungen des Berftandes nod) des Wil- lens nach den Gefegen der Bewegung, und es ift auch unmöglich aus den Gefegen der Bewegung die Derrichtungen des Berftandes und Willens zu be— greifen oder herzuleiten. Diefes lehret einen je— den feine eigene Erfahrung, und wenn er ihm vor> nehmen wollte, aus den Negeln der Bewegung die Gefchäffte ver Seele verftändlich herzuführen, würde er gar bald nicht nur fein Unvermögen, fondern, wenn er fo weit zu geben geſchickt iſt, auch Die Unmoͤglich— Feit folches zu thun inne werden, Denn. die Gefege des DBerftandes und Willens find Himmelmeit unterfchieden von den Gefegen der Bewegungen. Hier gefchiehet alles nothiwendig im= fo Erſtarrung und Schlafwanderung. 505 fo gefchehen, fondern muß nach Berftande und freyer Wahl gehen. Dort ift nicht die geringfte Spur des Berftandes und feiner Berrichtungen ; Fann und darf auch da nicht ſeyn, mo alles nur auf eine einzige Art gefchehen kann und fol. Was follte aud) da für ein Wille und für eine Freyheit ftatt finden, wo niemals das Gegentheil zu wählen in des Dinges Vermögen iſt? Verftand, Wille und Freyheit find von einans . der unzertrennlich. Wo demnach feine Wahl ftate finden kann, da kann auch fein Berftand ſtatt finden. Es ift aber eine ausgemachte Sache, daß bey den Körpern und bey der Materie derfelben, nach allem, was man in ihnen wahrnehmen fann, feine freye Wahl ftatt finden koͤnne. Wollte man einwenden, es dürfe die Marerie nicht alle von einerley Art fern, fondern es Fünne wohl ' eine feine Materie geben, die mit Berftande begabt fey, und nach den Geſetzen des Verftandes verfahre: fo würde man nur mit dem Wort Materie fpielen, und entiveder einen bloßen Wortftreit erregen, oder in einen Widerfpruch verfallen. Sollte nämlich un= ter dem Wort, Materie, alsdenn eine vernünftige Seele oder Geift gemennet feyn, fo ftriete folches nicht wider die Sache, fondern wider das bloße Wort Seele, verließe deffen üblichen Gebrauch, und mis» brauchte das Wort Materie wider deflen hergebrachte eigentliche Bedeutung. Sollte es aber noch eigent- fich eine Materie bedeuten, fo Fönnte ja der Begriff des Wortes, nach dem von allen Zeiten her üblichen Gebrauche, Fein anderer ſeyn, als daß es ein Ding fen, welches feinen Berftand noch Willen bat, und dennoch will man annehmen, daß es mit Berftand Si5 und 306. Bon der Seele in der und Willen begabet fer. Go müßte es nothwendig zugleich Verſtand und Willen haben, und auc) nicht haben, welches ein offenbarer Widerſpruch und alfo unmöglich wäre, Da nun die Seele des Menfchen ein Wefen ift, das Verſtand und freuen Willen in feinen Berrichs fungen bat; die Materie und die Körper hingegen Eeinen Verftand noch frenen Willen durch die gering» fie Spur äußern, auch bey ihrer Befchaffenbeit und Weſen nicht haben koͤnnen: fo ift ja wohl nichts ge— wiſſer und unzmeifelbafter, als daß die Seele fein förperliches oder materialifches unverftändiges Wefen fen noch fenn fönne, und daß fie folglich ganz unmas= ferialifch, verftandig und geijtlich fenn muͤſſe. So gewiß nun die Seele des Menſchen nicht zugleich ein verftandig und unverftändig Weſen ſeyn kann; und fo gewiß fie ihrem Wefen nach verftändig ift: fo ges wiß ift es auch, daß fie unforperlich fey, und ihre Verrichtungen auf feine mechanifhe Art geſchehen noch erfläree werden koͤnnen. Kann man die natürlichen Berrichtungen des Menfchen nicht verfiehen noch erflären, fondern muß auf ungereimte Dinge verfallen, wenn man ihm eine vernünftige Seele abfprechen will; fo muß der Menſch nothwendig eine vernünftige Seele haben, und von ihr müllen alle feine vernünftigen Handlungen herflies= fen. Nun äußern fid) die vernünftigen Handlungen des Menfchen auch durch den $eib, in fofern der Leib eine Reihe vernünftiger und willkuͤhrlicher Hand— lungen durch feine Bewegungen, z. E. durch Die Rede, andeutet. Sollen dergleihen Handlungen, oder Eönnen fie nicht Wunderwerke ſeyn; fo muß entwe⸗ Erfiarrung und Schlafwanderung. 507 entweder Gott den Körper des Menfchen fo eingerich- tet haben, daß er vor ſich das thun fann, was den vernünftigen Handlungen der Seele gemäß iſt; oder die Seele muß ihren Körper zu folchen Handlungen, Dazu er Bermögen bat, beftimmen und anwenden koͤn— nen, wie etwan die Hand eine Feder zum fchreiben, oder eine Flinte zum ſchießen anwendet. Das erfte läffer fich zwar fonft überhaupt fchleche und in vielen Stücken gar nicht erflären noch bewei— fen; am allerwenigſten ift bey den Schlafgängern und Rednern eine vernünftige Reihe folcher Handlungen aus bloßen mechanischen Gründen einzufehen oder zu erweifen. Denn wo dergleichen ift, als bey Ging: uhren, Flötern, gehenden Poppen, da ift alles be= ftandig auf einerley eingerichtet, oder es muß ein Meifter dazu fommen, der es auf etwas anders flelfe und einrichte, wenn es mebrerley hervorbringen folk, Ben den Schlafrednern fehler der Gebraud) der Sin— ne, doch reden fie vernünftig, und nicht einerley, fo oft fie reden, und fo ift es auch mit ihren übrigen Berrichtungen befchaffen, fie gehen an Dertern, mo Anftoßes genug iſt, und ſtoßen nicht an, wiſſen auch ihr Bette wieder zu finden. Man muß alfo eine verftändliche Erklärung, ja Erweifung diefer Bewe— gungen aus mechanifchen Gründen darlegen, wenn die Seele damit nichts zu thun haben foll; oder man muß geftehen, daß ſolches zwar natürlich aber unbe: greiflich feyn ſolle und muͤſſe. So lange man keines von beyden darthun kann, und diejenigen Dinge, welche man dem Einfluß der Seele in dieſe Handlungen entgegen ſetzet, nicht uns uͤberwindlich, oder unaufloͤslich ſind: bleibet dasje— nige * 508 Von der Seele in der nige wahrfcheinlicher, was man bey den Wirfungen der Seele in den $eib zum Grunde leget, da nichts unbegreifliches angenommen wird. Es_fen aber die= fes oder jenes, fo ift doch auch in jenem Falle offen= bar, daß die Gedanken und Begierden der Seele - mit dem übereinftimmen müffen, was in dem $eibe vorgehet. Wenn der Leib fo ordentlich gehet und re— der, als wenn der Menfch wachet; fo muß auch Die Seele alsdenn folche ordentliche, d. i. fo deutliche ja richtige Gedanken und Entfchließungen hegen, als wenn der Menich wachet. Soll die Seele diefes al- les veranftalten und regieren, ift es um fo viel nöthi= ger, ihr fo richtige Schluͤſſe, Gedanfen und deren Bollziehung benzulegen. | Daraus folget, daß es zweyerley Art deutlicher und richtiger Gedanfen in der Seele gebe, deren ei: ner fie ihr bewußt ift, der andern aber unbewußt iſt und bleibe. Oder man muß fagen, es gebe ziwener- ley Bewußtſeyn in ihr, das eine, fo nicht vollftändig und dauerhaft oder wiedererinnerlich ift; das andere, fo volljftändiger und miedererinnerlih ift. Diefes legte ift das wahrſcheinlichſte um desmillen, weil es auch wohl bey machendem Zuftande Dinge giebt, des ren man ſich entweder auf furze Zeit lang nur erin= nern Fann, wenn man weis, daß manfich ihrer bewußt geweſen; oder deren man fic) Faum merklich bewußt ift, zu der Zeit, da fie die Sinnen rühren, wegen anderer Dinge, auf die man feine Aufmerkſamkeit gerichtet hat, oder wegen anderer Hinderungen, Insgemein fehreibt man der vernünftigen Seele nur die erfte Art von dem Bewußtſeyn zu, und denket nicht an die andere, ſagt auch wohl in Ybficht auf jene, die Erſtarrung und Schlafwanderung. 509 die Seele ſey ihr alsdenn nicht bewußt ihrer Empfin⸗ dungen. Allein dieſes ſcheint zu viel geſagt zu ſeyn, weil es nicht wohl zu begreifen iſt, wie die Seele im Schlafe und dergleichen Zuſtande leben und eine vernünftige Seele ſeyn koͤnne, wenn fie feine vernuͤnf— tige Thaten über. Es ift wahr, man hat bey tie— fem Schlafe wenig Beweiſe von ihren deutlichen und ordentlichen Gedanken. Die Träume find wohl etwas, fo davon zeuger, aber die Unordnung, welche insge= mein dabey mit vorläuft, entfräftet zum Theile diefen Beweis; und zum andern Theile find auch wenige aͤußere Verrichtungen damit verfnüpfer. Ben den Schlafrednern und Wanderern ift er etz mas ftärfer und überführender. Man ſiehet da eine Reihe folcher Außerlichen Handlungen, die von Was chenden bey gutem Gebrauche ihrer Vernunft geſche— ben. Man muß alfo zugeben, die Seele habe wirk- lich zu der Zeit folche vernünftige Gedanfen , fo wohl als ben wachendem Zuftande, wenn der $eib derglei— chen Verrichtungen ausuͤbet. Die vorhabende Ges fehichte lehrer, die Magd babe im Schlafe die Cate— hifmusftücfe von Wort zu Wort bergefager, als wenn fie wachete, und habe folches mit mehr Mun— terfeit und Lebhaftigkeit gethan, als bey ihrem gefuns den und mwachenden Zuftande. Sie hat noch mehr gethan, indem fie diefelben auf die Sitten anderer mit verdeckten Namen fpott- und ftrafweife anges wendet. Sie hat andere Neden geführer, die mit dem zufammen gehangen, was fie in ihren vorigen Schlafreden vorgebracht, oder auch den vorigen Abend geredet und gethan. Sie bat gefungen und gefprun« gen als yor Freuden, und ift durch die engen Öänge | gig 510 Don der Seele in der zroifchen den Bettſtellen ohne einigen Anftoß, ja ohne die Mittel, welche ein Wachender im Sinftern ans wendet, herum gegangen, und bat fich wieder in ihr Bette gelegets Es fcheinet, die Seele bediene fich in ſolchen Um: ftänden derer Mittel , welche die blindgemordenen anwenden, wenn fie oßne Seiter und Führer geben, aber die Schritte zählen, und Dadurch willen, wo fie ‘find, und wo fie weiter hin follen, Auf diefe Art kann man begreifen, wie es damit natürlich zugehe. Es ift wahr, fie ift ihr nicht vollfommen bewußt, daß fie folches thue, vielmeniger erinnert fie fich deffen hernach; allein es find mehr Begebenheiten, da die Seele ihr deſſen fo genau nicht bewußt ift, was fie wirklich bedenft, und wornad) fie verfährer; gnug, Daß es der Erfolg zeiget, fie habe es gethan. Oft fallet einem Menfchen auch wohl einem Gelehrten ein Gedanfe bey, da er nicht fagen kann noch weis, wie er auf denfelben gefommen: Gleichwohl ift er gewiß, Daß es natürlich zugegangen, und fie etwas anders vorher gedacht, dadurch er auf dieſes nach den Ge— fegen der Einbildung oder des Verſtandes gelanz get fen. Man wird durch folche Begebenheiten berechtiget j zu fehließen, die Seele habe immerfort eine Art vers nünftiger Borftellungen und Berrichtungen, bey wel: chen ſich nur ein flüchtiges Bewußtſeyn finde, dadurch feine E: -langung einer Fertigkeit, fich derfelben wie— der zu erinnern, ſtatt findet: Diefes alles iſt auch im Schlafe gefchäfftig, es geböret dergeftalt zum geben der Seele, daf es hie von ihr gefrennet wird; und dadurch läßt es fich begreifen, daß ihr geben nie una terbro⸗ Erſtarrung und Schlafwanderung. zu terbrochen wird, und daß fie immer vernünftig fey und ‚bleibe. Bon den Gliedmaßen des $eibes, und deren Gebrauch, kann der Berftand und die Vernunft un: möglich) herrühren, wie aus dem obigen erheller. Diefe dienen nur zur Aeußerung des Gebrauchs der Vernunft in den finnlich- empfindlichen Bervegungen, die durch den Leib vollzogen werden. Fälle gleich der frene Gebrauch diefer Werkzeuge der äußerlichen Berrichtungen weg, fo hoͤret doch Darum die Seele nicht auf vernünftig zu ſeyn, viels weniger Fann fie undernünftig werden. Vielmehr bleibet fie einmal, wie das andere, ihrem Weſen und Eigenfchaften, ihrer Kraft, auch den innern Wirkungen nach unverändert, Einige Abmwechfelungen der Grade in den Berrichtungen find bey allen endlichen Dingen anzutreffen, und darum nichts neues bey unferer Seele, Und die außerlichen Berrichtungen gefchehen mehr anderer als ihrentwegen. Gott ift von Eivigfeit her ‘in dem Beſitz aller göttlichen Majeftat und unendli- chen Vollkommenheit gemwefen, obſchon Damals außer ihm noch feine Welt von ihm gefchaffen war, Nach ihrem Maaße Fann unfere Seele auf eine ähnliche Art ihre vernünftige Art behalten, ob fie ſchon die außerlichen Dinge, welche von ihr herruͤhren Fonnen, nicht wirket oder aͤußert. In ſofern bey dem Schlafe und der Schlafſucht die Gliedmaßen der Bewegung bey Kraͤften und leicht zu regen ſind, kann alſo die Seele ſich derſelben bedienen, und ihre Verrichtungen durch den Leib auch außer ſich vollziehen. Doch wird ſich wegen der Un— vollſtaͤndigkeit des Bewußtſeyns und anderer Hinderun⸗ gen auch in denſelben — leicht ein Fehler aͤußern. st2 Bon der Seele in der Erſtarrung ꝛc. äußern. Welches um fo viel weniger zu verwundern, Da auch bey wachendem Zuftande in denfelben manche Fehler mit unter laufen. Je meniger im Schlafe die ’ Furcht und Bangigfeit, fo bey wachendem Zuftande den Menfchen feige und blöde macht, bedacht wird oder ſtatt findet: defto munterer und lebhafter werden die Reden fallen. Eben fo wird er fo viel dreifter und Fühner folhe Dinge vornehmen, dabey er die Gefahr, fo fich dabey finder, nicht erwäger. Indem die Seele bloß bey einer Reihe Gedanfen bleiber, die jego in ihrer Gewalt find, verfährt fie nach denfelben allein, fo lange fie nichts darinn hindert, und der Leib ſtrauchelt oder ſtoͤßet fich nicht. Iſt der Leib aber Eraftlos, oder erſtarret, in einem Zufalle der Starrfucht, fo feblet der Seele darum nur der Gebraud) folher Werkzeuge, dadurch fie ihre Empfindungen und Entfchließungen auf die gewoͤhn⸗ liche Art äußern Fann, Dabey zugleich das Unver: mögen fich ihrer dermaligen Empfindungen zu erin= nern natürlich if, Um deswillen wiſſen die Leute nicht, was ihnen in währender Starrſucht widerfah— ren ift, wo nicht einige Spuren im Leibe, als Stiche, Wunden ıc. davon übrig find, daraus fie es ſchließen fonnen. Gewiſſer maßen Baben alfo diefe Verrich— tungen der Seele wegen der gar leichten. Vergeß— lichfeie, und unvollfommener Borftellung der Um— ftände ihre Mängel und Gebrechen. Hingegen ha— ben fie in anderer Abſicht auch etwas, das zu ihren Borzügen Fann gerechnet werden: nämlich, daß niche fo viel Bosheit in denfelben ftact finden kann, als bey wachendem Zuftande möglich, ERRB RK AR f | V.D. 515 SEE Te V. D. Joh. Aug. Unzers Beſtreitung einiger praktiſcher Irrthuͤmer, in Abſicht des Warmhaltens und der Erkaltungen des Leibes. I, ) as älpifoegfätige Warmhalten des Leibes iſt eben ſo oft eine Urſache gefaͤhrlicher Krank⸗ heiten, als die Erkaͤltungen mit Unrecht dafuͤr ausgegeben werden. Es kann nicht ſchwer fallen, beydes zu erweiſen, und es wird unzaͤh— ligen Menſchen heilſam ſeyn koͤnnen, wenn die Irr⸗ thuͤmer, ſo dawider ſtreiten, aus dem Wege geraͤumet werden. Ich will hierinn einen Verſuch thun, welcher, ob er zwar nicht der erſte von dieſer Art iſt, dennoch um deſto gemeinnuͤtziger ſeyn wird, je mehrere Leſer dieſe beliebte Monatsſchrift hat, welche weder Aerzte von Profeßion ſind, noch Zeit, Luſt und Gelegenheit haben, die in mediciniſchen Schriften zerſtreuten Wahrheiten, fo hierher gehören, aufzuſuchen, und fid mic fo vieler Mühe zu Muse zu machen.“ Ich werde zuerft die irrigen Meynungen von der zu ſorg⸗ fältigen Warmbaltung des Leibes, und hernach Die, von der Erfältung beftreiten. Die Kerthümer der er- ſten Art find theils Diärerifche, theils therapevtiſche. Laßt uns demnach zuerft unterfuchen, in wiefern Dies 7 Dund, RE jenigen 514 Unger vom Warmhalten jenigen irren, welche es fürvein fehr gutes Beſchuͤ⸗ tzungsmittel der Gefundheit halten, ſich auf alle mög: liche Art und Weile in Acht zu nehmen, daß ihren Körper die freye Luft nicht berühren möge, Ich nenne die Bewohner der Betten und Pelze Die Erfahrung lehret, daß Leute vollfommen ges fund find, die doc) niemals weder ein Bruſttuch nod) Küffen an ihren Leib gebracht haben. Hingegen fe ben wir öfters herumlaufende Gerippe und aufgedun- fene Kranke in Betten und Pelzen einhergehen. Die Erfahrung ift richtig. Nirgends findet man ge: fundere Leute, als auf dem Sande, wo es am allerwe— nigften Mode ift, fi in Kleidern fehr warn zu bal- een. Scheint diefes alles nicht wider die Grundge- fege der Arzneyfunft zu flreiten ? Iſt es denn nicht etwan eine ausgemachte Sache, daß die Wärme uns ferm Körper zuträglich fey, und daß die Erfältung £aufend gefährliche Folgen nach fich ziehen Eönne? Es hat niemand was Dagegen einzuwenden : allein Daraus folgt eben fo wenig, daß man fich aufs forge fältigfte vor. aller Berührung der freyen Luft in Acht nehmen müffe, als, Daß derjenige werde gefund feyn, der es ehut. Kine fehr leichte Schlußfunft kann uns ‚aus allen diefen Schwierigkeiten helfen, Die Wär: me ift unſerm Körper fo unentbehrlich, daß die Na— eur felbft Sorge getragen, ihn Damit zu verfehen. Gie Dat in unfer Blut den Zunder gemifcht, der das na— türliche, lebendigmachende, gefunde Feuer unterhält, das in unfern Adern glüher, und unfre Gliedmaßen mie einer durchdringenden Kraft ſtaͤrket. Dieſer hi Brand und Erkältungen des Leibes. 515 Brand hört auf, fo bald das Geblüte ſteht; er dau- ret fort, fo lange es fich bewegt ; nimmt zu, wenn es ſich ftärfer, und ab, wenn es ſich weniger heftig bewegt. Um uns alforeche wohl zu ratben, follten wir diefe be= Tebende Wärme durch eine den Umlauf des Blutes be- fördernde Lebensart unterhalten, und der Juftand der erften Menfchen, deren Befchäfftigungen bloß darinn beftunden, fich das Brod, das fie eſſen wollten, erſt mit eignen Haͤnden zu bauen, ſchien eine liebreiche Ab— ſicht der Natur, und das ficherfte Mittel zur Erhal⸗ fung. unferer Gefundheit zu feyn. Machdem aber Herren entftunden, und Sclaven für fie arbeiteten, wurde es nothwendig, die abnehmende Wärme durch Kleider zu erhalten, und vielleicht wird man fich niche oft betrügen, wenn man die Menge der Betten, wor— inn der Herr wohnt, aus der Anzahl feiner Bedien= ten voraus ſchließt. Hierinn befteht ver Machtbeil der Keichen, und der Vorzug, den ein Bauer vor feis nem Junker hat. : Wenn die Diät die Wärme an- preifet, fo ift es diejenige nicht, welche von den Düns ften herrühret, die uns umgeben, und als unedle und abgenugte Theile des Blutes anzufehen find, Ein Bauer beſtimmt diefe Hegel genauer, als mancher Verfaſſer einer Diaͤt nicht thut. Er ſagt: Man muß ſich von innen heraus warm machen, und die Ausle— gung dieſes Raͤthſels machte der Pflug, den er vor fi) her geben laͤßt. Mach diefer Kegel halten fich die Vögel und wilden Ihiere warn, und wenn unter „ihnen Aerzte waren, fo würden fie die Erfältungen ‚ohne Zweifel mit unter die Kranfheiten der. Einbil- dung fegen : Denn außer dem Erfrieren wiffen fie von Erfältungen allem gr nach nichts, $.3 56 Unzer vom Warmihalten $. 3 Ein ungluͤckſeliger Irrthum hat gemacht, daß wir die Luft, darinn wir leben, fuͤr ein uns zubereitetes Gift halten, und alle Mittel anwenden, uns davor zu beſchuͤtzen. Die Menſchen ſahen die Arbeit fuͤr eine erniedrigende Beſchaͤfftigung an, und miſchten in den Charakter der Hoheit ven falſchen Zug des Müßig- ganges, Das Feuer verlofc in den Adern, und die brennende Röthe der Wangen ward eine verachtete Zierde der Schönen vom Lande. Man fühlte, wie mit dem natürlichen Feuer die Kräfte des Lebens ver- ſchwanden; Furz, der Müßiggang machte feine An- hänger zu Sflaven, die er tyrannifch beberrfchte. Sie feufzten unter feinem Joche, und fühlten die gan- ze Saft des bequemen $ebens. Gleichwohl war der Müßiggang zur Mode geworden, und wollte man die Empfindungen der widerftrebenden Natur nicht dul⸗ den, fo mußte man auf Mittel bedacht fenn, fie zu verdunfeln. Man fuchte die Wärme, -die Quelle des Lebens, nicht wie der gemeine Mann, durch feiner Hände Arbeit, fondern, wie der hohe Adel, mit fei- nen eigenen Ausdünftungen zu unterhalten. Man verhüffte den $eib in Betten und weiche Kleider, wel⸗ che den Schweiß und die unfichtbaren Dünfte unfers Körpers in die freye Luft hinüber zu gehen verhin- dern, damit fie, wie eine Wolfe, denfelben umgeben, und ihm ihre Wärme mittheilen möchten, Alle Thie- ve fterben von ihren eignen Ausdünftungen, wenn fie nur wenige Stunden in einen engen Raum einge- ſchloſſen werden, damit fie die freye Luft nicht genies= fen fönnen, Iſt eg alfo wohl Wunder, daß die Be- wohner und Erkältungen des Leibes. 517 wohner der Pelze beftändig Fränflich, und daß hinge⸗ gen die Bauren und Beſtien gefund find, die ihren Ausdünftungen einen freyen Weg in alle Welt offen laffen, an ftatt, daß jene fie forgfältig um fich herum häufen, damit fie defto gewiſſer durch die zuruͤckfuͤh⸗ renden Gänge wieder ins Blut gebracht werden, Diefes ift der gemeinfte Urfprung der Unreinigfeie des adlichen Geblütes und des gefunden Bluts der Bürger und Bauren, der Urfprung der Kränflichfeie des neugebohrnen Junkers und der Bölligkeit und blühenden Geſundheit desfleinen Baurenjungens. Es ift alfo gewiß, man foll fih warm halten, aber die warme Bedeckung ift nicht das rechte Mittel dazu zu gelangen. : Denn außer der unumgänglichen Berder« bung der Säfte, welche von den zurückgeführten Yus- Dünftungen entfpringet, entfräftet auch ein warmer Dunftireis, der uns beftandig umgiebt, alle feftern Theile des Körpers, wie auch nur aus der ungemei: nen Frmaftung erhellet, die jedermann fpüret, wenn er zu lange im Bette lieget, ob er gleich ſonſt gefund ift. Eine, durch die Bewegung erhaltene Wärme hingegen, mattet, wie die Körper der Bauren erwmeis fen, nicht nur nicht ab; fondern ftärfet vielmehr durch die Hebung die fleifchichten Theile, Wie wenig Muͤ⸗ be fofter es alfo nicht, um einzufehen, warum $eute, die fich fehr warm zu Fleiden pflegen, ſchwaͤchlich, auf⸗ gedunſen, kraͤnklich, und mit einem unreinen Gebluͤte angeſteckt ſind. $ 4. Wie wird es aber moͤglich ſeyn, ſich vor Erkaͤltun⸗ gen zu ſchuͤtzen, wenn man ſich in Kleidern nicht warm 53 halten 513 Unzer vom Warmbalten halten foll? So gemeindiefer Einwurf ift, fo viel ver—⸗ worrenes ift auch darinn, das von einander abgefondert werden muß. Man leugnet nicht, daß eine mäßige - Bedeckung des Leibes zuträglid) fey; man behauptet auc) nicht, daß jemand, der warme Kleider ftets zu fragen gewohnt ijt, diefelben auf einmal ablegen foll, Denn dieſes müßte mit vieler Behutfamfeit, nach und nach gefchehen, und zugleich die ruhige in eine arbeit= fame tebensart verändert werden. So viel aber läßt fid) behaupten, daß einer, der weniger Kleider zu tras gen gewohnt ift, in einerley Umſtaͤnden lange fo viel Ge= fahr nicht hat fich zu erfälten, als einer, der in Betten und Pelze eingehuͤllt iſt. Nicht jede Zulaffung der Falten Luft an unfern Körper ift ſchaͤdlich, oder ver— Dienet den Namen einer Erfältung, indem frierem und fich erkaͤlten ganz und gar nicht einerley ift. Wuͤrden fich fonft nicht im Winter alle Thiere erfäl- ten müflen? Wenn von der Zulaffung der Falten Luft, oder aud) von dem Genuffe Falter Speifen und Ge— £ränfe, eine Krankheit in unferm Korper hervorge- bracht wird, fo fagt man alsdenn, der Kranfe habe fich erfältet, Diefes träge fich zu, theils, wenn die Hitze und Abkühlung des Körpers ſchnell mit einan- Der abwechfeln, und denn ift die Erkaͤltung defto groͤs⸗ ſer, je groͤßer der Unterſchied des Grades der vorigen Waͤrme, gegen den Grad der darauf erfolgten Ab⸗ kuͤhlung iſt, theils, wenn die Wärme nur an einem ge— wiſſen Theile unſers Koͤrpers verjagt, an dem andern aber erhalten wird, da die Erkaͤltung deſto groͤßer iſt, je groͤßer der Unterfehied des Grades der Wärme bey- der Theile ift. Es ift hier nicht nöthig, dieſes weiter zu erweifen, indem es die Erfahrung fartfam lehret. Im und Erkältungen des Leibes. 519 Im Winter geſchehen lange ſo viel Erkaͤltungen nicht, als in den heißeſten Sommertagen, worauf fühle Mächte folgen ; ja im Winter fchadet ein Falter Trunf, und wenn gleich Eis darinn ſchwimmet, ſel⸗ tener, als im Sommer ein fühles Wafler. Das erfte kann von nichts anderm herrühren , als weil der Körper, der am Tagefehr erhigt worden, in der kuͤh⸗ len Nacht auf einmal erfältet wird, und, mie jeder⸗ mann fieht, im Sommer der Linterfchied der Wärme des Körpers, am Tage, und der Abfühlung, des Machts, weit größer ift, als im Winter, da auch am Tage die Kälte ftrenge ift. Ebendiefer im Sommer ungleich größere Grad der Hiße der Säfte unſers Körpers ift die Lrfache, warum im andern Falle, eim und eben vaflelbe Getränk im Winter wenig, im Sommer hingegen gar fehr erfälter, Eben fo lehrt endlich aud) die Erfahrung, daß eine unbehutfame Entblößung des Haupts oder ver Füße viel leichter eine Srfältung nach fid) ziehe, als wenn man fich zu ‚eben der Zeit über den ganzen $eib im frifchen Waf- fer badet. Manche Leute haben fait beftändig ſchwi⸗ gende Füße oder Hände, Mir ift befannt, daß der- gleichen Leute fih im Flußwaſſer gebadet haben, ohne den geringften Nachtheil an der Geſundheit zu leiden. Ich weis aber auch, daß ein gewiſſer Menfch, der fich öfters ohne Schaden gebadet hatte, einen bejtändigen Ausfhlag an beyden Schenfeln davon trug, als er fi) einftens mit den bloßen Füßen allein in Faltes Wafler gefege, um den beſchwerlichen Schweiß der Füße zu vertreiben. Nimmt man num diefes alles zufammen, fo ift flar, daß man fich jederzeit der Ge— fahr der Erkältung um defto mehr ausfege, je wärs . Kk4 mer 520 Unzer vom Warmhalten mer man fich zu Fleiden gewohnt ift. Denn je waͤr⸗ mer ınan fid) fleidet, defto größer ift der Grad der Warme, darinn unfer Körper zu fenn gewohnt iſt. Je großer aber diefer ift, deſto großer ift auch der Unterfchied, zwifchen ihm und dem Grade der Kälte einer frifchen Luft. Daber kann eine und eben diefel- be Witterung, einem Menfchen, der ſich nicht fehr warm anzufleiden gewohnt it, unſchaͤdlich ſeyn, ja warm vorfommen, dahingegen ein Weichling aufs ärgfte Davon erfälter wird, I 5 | Diefes ift aber nicht der einzige Schade, den war» me Kleider verurfachen fonnen, Wer Fann alle Theis le feines Leibes auf einerley Art verwahren ? Weber der Wohlftand nod) die Nothwendigkeit verfchiedener Handlungen geftatten diefes, in Küffen läßt fich wohl vor die Bruft und den Bauch, aber nicht um den Kopf binden. Es ift alfo leicht möglich, daß der eine Theil in Abficht des Grades der Wärme, von andern, die fehr warın gehalten werden, merf- lich verfchieden fen, und da diefes zu einer Erfältung fhen genug ift, $.4. fo ift klar, daß nichts die Er= fältungen mehr befordere, als die Bruſt und Bauch— füffen. Diefes klingt eben fo feltfam, als wenn man fagt, daß einer fi) vom Einheizen der Stube erfäl- ten fönne, und gleichwohl ift das eine fo gewiß, als Das andere, Denn ein ungeheiztes Zimmer eine ge: maͤßigte $uft hat, fo kann man fich darinn aufhalten, ohne die gerinafte Beforgnig wegen einer Erkältung zu haben, Man laſſe aber diefes Zimmer beizen, und ſetze ſich fo an den Ofen, daß nur eine Geite er- warmet und Erkältungen des Leibes. 521 wärme wird, fo wird hier auf benden enfgegenftehen- den Seiten ein mer£licher Lnterfchied der Wärme verurfacht, und im Augenblicke hat man den Huften, Schnupfen, und dergleichen, Wer wenige, doch binlängliche Bedeckung des Leibes gebraucht, der ift an den bedeckten Theilen des Libes nicht merflich wärmer, als an den unbedecten, 3. Er. den Händen und Gefichte, Ihm fann alfo eine fühle tuft, die ‚ihm ins Geficht wehet, wenig fhaden, Wer ein Rüf- fen vor der Bruſt trägt, Fann von eben diefer Luft ſehr leicht Schnupfen und andere Catharren davon fra- gen, Wenn ein Arzt erklären foll, warum von ei- nerley Luft manche Menfchen erfälter und Frank wer: den, andere hingegen nicht den geringften Schaden davon haben, fo nimmt er gemeiniglich feine Zuflucht zu der Empfindlichkeit der Temperamente, der tebeng- art u. ſ. w. Man Fann aber Erfahrungen anführen, da die empfindlichften Perfonen von einer-Ealten Luft nichts leiden, und die ftärfern hingegen Frank davon werden, Der abgehärterfte Bauer, wenn er ftarf ſchwitzt, und fo gleich die bloße Bruft dem fühlen Winde ausftellee, befomme gar oft das wahre Gei- tenftechen und andere födtliche Zufaͤlle. in zartes "Srauenzimmer, das die Bruft beftändig offen zu tra- ‚gen gewohnt ift, kann in ähnlichen Fällen weit me vertragen, Ein geroiffer fehr zarter und empfindlich Herr bar fih von Jugend auf gewöhnt, ohne Unterhemd zu geben, und träge ganz allein bey offener Wefte in allen Wirterungen, das dünne Oberhemde über der Bruſt. Er weis aber eben fo wenig von Flüffen und dergleis chen Zufällen, die eine Erfältung nach fich zu ziehen pflegt, als der härtefte Bauer, Man muß alfo ben Kk 5 der⸗ 522 Linzer vom Warmhalten dergleichen Unterfuchungen gewiß die Gewohnheit der Bekleidung forgfältig mit zu Mathe ziehen, und denn wird man finden, wie viel Darauf anfomme, um ſich vor Erkältungen zu verwahren, Feinen Theil des Lei— bes, und wenn er noch fo edel ſeyn follte, allzuwarm in Kleider einzuhuͤllen. Eine überall gleich zuge— Iafjene fühle Luft wird niemals fo ſchaͤdlich ſeyn, als wenn man, in einerley — ‚ einige Theile davor bes wahrt und verſteckt; andre hingegen daran mager. Wie oft irren aber nicht die Menſchen in dieſer Sa— che, zu ihrem groͤßten Machtdeile ! Sie glauben des Todes zu ſeyn, wenn fie fich, fo bald fie von einer hef⸗ tigen Erhitzung nad) Haufe kommen, ſogleich ein neu⸗ es Hemde anziehen und ihren ganzen Leib entbloͤßen ſollten: aber ſie machen ſich kein Gewiſſen daraus, eine duͤnne Muͤtze aufzuſetzen, und ans Fenſter zu tre⸗ ten, da doch nur das letzte allein gefaͤhrlich iſt. Denn ſich umzukleiden, wenn man erhitzt iſt, dazu ſchickt ſich keine Zeit beſſer, als wenn das Blut noch im Triebe iſt; indem dann eine leichte Erkaͤltung darum nichts ſchaden kann, weil die innere Kraft des Bluts die Schweißloͤcher ſogleich wieder eroͤffnet, die ein vom Schweiße naſſes Hemde, doch bald verſchließet, ſo bald ſich der Trieb des Bluts leget, und man eine eitlang ſtille geſeſſen hat. Ja ſelbſt die Erfahrun Mr e8 ſchon unzählige mal bejtätiger, daß dieles niemanden fchade, befonders wenn man noch zum Ueberfluß nach geſchehener Berwechielung der Klei⸗ der etwas warmes Öetränf zu fih nimmt, und die Zugluft ſorgfaͤltig vermeidet. Br } und Erkältungen des Leibes. 523 6 Sch wende mich von den diätetifchen Irrthuͤmern in Abficht des Warmhaltens und Schwigensl zu den therapevtifchen, welche noch viel gefährlicher find, Eine faft allgemeine Blindheit, die deutlichſten Spu— ren der gefaͤhrlichſten Wirkungen nicht zu erfennen, bat fchon mehr als taufendmal verurfacht, daß Freun⸗ de und Berwandten einander ums eben gebrachf, und doch bey dem allen nicht unterfaflen haben, über Gottes Führungen zu murren. Keine higige Krank: heit verträgt ein gezwungenes Verhalten und higige Euren, und doch ift man nirgends gefchäfftiger, den Kranken recht warm zu halten, ihn in einen ftarfen Schweiß zu bringen, und allen Zugang der freyen Luft abzufihneiden, als eben bey diefen Krankheiten. Das fubtile Gift, welches bey allen bösartigen bißi- gen Fiebern vorhanden ift, kann weder zu aller Zeit, noch auch mit allen andern Unreinigkeiten zugleich aus dem Körper berausgefchafft werden. Es find ge- wifle Zeiten, da die Natur, fich felbft gelaffen, nie— ‚ mals eine merflihe Ausführung der ſchaͤdlichen Ma- ferien unternimmt; die fie aber zu andern feftgefeßten Zeiten mit deſto größerem Ungeftüm anſtellet, und Das xt bald mit dem Schweiße, bafd mie dem rohen Dlute, baid mit dem Urine, u. ſ. w. auf einmal aus dem Leibe heraus treibet. Sie läßt ſich indeſſen wes der übereilen, noch den Weg vorfchreiben, den fie neh— men fol. Daher überlaffen geuͤbte Aerzte ihr diefes Geſchaͤffte allein, und erhalten indeffen nur alle We— ge offen, indem fie beforgen, daß alle Abfonderungen und natürliche Yusjührungen fo viel als möglich, un geſtoͤrt 524 Unzer vom Warmhalten geftört bleiben; da denn die Kräfte der Natur öfters noch hinreichend find, Die Krankheit glücklich zu über: finden, Will man ihr aber mit einer allzugroßen Dienftfertigfeit zu Hülfe fommen, fo ift nichts ge— wiffer, als daß die Drönung und der Lauf der Kranf- heit jederzeit mit Sebensgefahr des Kranfen geftört werden muͤſſe. 9 7. Wenn man dieſes bedenkt, und zugleich das ges meine Betragen der Menſchen bey hitzigen Kranf: heiten beobachtet ; fo braucht es gar Feines weitern Beweiſes, daß die meiften Kranken diefer Arc durch Berwahrlofung um ihr Leben fommen. Man merfe faum den Anzug einer folchen Kranfbeit vom weiten, fo muß ſich der Kranke zu Bette legen, alle Fenſter erden verſchloſſen, und damit er ja ſchwitze, wird wohl mitten im Sommer das Zimmer acheizt. Der Arzt, an dem es noch fehlte, verfchreibt ein treffli- ches Bezvarpulver, damit das Gift vom Herzen bin- weg getrieben werden möge, Er befiehle, den Pas» tienten ja warm zu halten, und allen Zugang der $uft ärger, als die Peſt, das ift ohngefähr fo arg, als er die Vernunft fliehet, zu meiden. Der Tod erfolge, und wenn man nicht fagen will, wer ge= toͤdtet bat, fo ift doch zu beklagen, daß getötet wird, Wie ift es aber anders möglich ? In higigen Kranf- heiten find die eriten Tage gemeiniglich die rubigften, und wenn man fo früh anfängt die Bewegungen Ki ftören ; wenn men durch die unmäßige Hitze, ohnedem von inn n groß genung ift, das ſchon F ſeiner gehoͤrigen Miſchung geſetzte Gebluͤt noch weiter aufloͤſet; und Erfältungen des Leibes. 525 auflöfee ; mern man endlic) mit Gewalt ausführet, mo es weder hilft, noch Zeit ift etwas. auszuführen ; fo ift folche ganze Eur eine neue Krankheit, die zuder erften Binzugefchlagen. Nimmermehr kann diefe une finnige Gewohnheit der Menfchen, da fie fich) aus unuͤberlegter Sorgfalt einander felbft aufreiben, genug beftraft und beflage werden, und der unvermeidlichite Schade entfpringer befonders daraus, daß man zu— ‚gleich den Patienten in den giftigen Mebel vecht ein— Ihließe, der mit Gewalt aus feinen Körper heraus: getrieben wird, indem man den Zugang der freyen Luft verhindert. Diefes ift eine fo unüberlegte Vor— ſicht, welche man mit einem Liebesſchlage vergleichen Fann, davon man auf der Stelle todt bleibe. Die Ausdünftungen eines Gefunden find ihm toͤdtlich, wenn er darinn enge eingefchloffen lange bleiben muß; wie vielmehr folhe, die Gefunde anſtecken, wenn fie fich lange darinn aufhalten. Man befürc)- tet eine Erfältung : aber, da der Kranfe im Bette liegt, da man ihn mit warmen Tüchernüber den Kopf und das Geficht bedecken Fann, und da nur wenige Minuten nörbig find, frifche Luft in ein Zimmer zu laffen; fo follte man nicht denfen, daß das zärtlichfte Gewiſſen etwas wider diefe höchftnörhige Neinigung der Luft einwenden koͤnnte. — Die Flecken, der Frieſel u. ſ. w. find oͤfters, fo wohl an ſich, als auch, wenn fie die Pocken und Mas fern begleiten, mit den bösartigften hitzigen Fiebern verbunden, melche durch hitziges Verhalten nur de fo gefährlicher gemacht werden, Ob man gleich die | Ver⸗ 36 Unzer vom Warmhalten Berhältniß der Gefahr zu der Menge des Ausſchla— ges bey diefen Krankheiten noch nicht genau zu beftim- men im Stande ift; ſo wird doch ein verftändiger Arze allemal lieber fehen, wenn unter einem gehörigen Ber- halten des Kranken, weniger, als wenn fehr viele fol: che giftige Ausfchläge zum Vorſchein kommen. Zum wenigſten wird er ſich nicht bemüßen, die Menge zu vermehren. Ganz anders aber denfen gemeiniglich Diejenigen, denen die Aufjicht über die Kranken an- vertrauet wird, Es ift ihnen defto lieber, je haͤufi— ger der Ausfchlag zum Borfcheine kommt, indem fie beforgen, daß fonft nicht alles Gift berausfommen „möchte, was fich inwendig erzeugt hat. Diefe irrige Meynung hat einen guten Schein, und unerfahrne Aerzte laſſen fich leicht Dadurch verführen, der guten Natur durch austreibende Mittel in ihrer heilfamen Arbeit zu Hülfe zu kommen. Wollte man aber be- denken, daß durch freibende Arzneymittel das Gift, fo bernach zum Vorſchein kommt, erſt in dem Blute erzeugt, und folglich die Gefahr dadurch muthwillig vergrößert wird; daß die Natur, mo ihre Kräftehin- reichen die Krankheit zu überwinden, ohne weitere Beyhuͤlfe, als daß die Wege zun Ausführungen nur insgefammt offen erhalten werden, alle Unreinigkeiten ſelbſt auszuführen gefchickt fen; daß, wo ihr die Krank» heit zu mächtig ift, Feine treibende Mittel das Gift vermindern werden, fondern vielmehr vermehren ; daß mit der Menge des Ausfchlages, die gefährlichen Ent— zündungsbewegungen, gefährlicher, und daß endlid) dadurch die Urfachen, warum der Ausfchlag zurück treten kann, vervielfältiget und mahrfcheinlicher ges macht werden; fo wuͤrde nichts vermögend feyn, a rzt und Erkältungen des Leibes. 527 Arzt zu dem gemöhnlichen Austreiben zu verleiten. Allein je mehr man es überlegt,. und je genauer man alle Erfahrungen unterfucht, defto mehr wird man überzeugt, daß, Das födtende und anſteckende Gift diefer Krankheiten nicht bloß eine fubtiie Materie in dem Körper des Kranfen, fondern zugleich ein fubtilee Gedanke in. den Köpfen derjenigen fen, die dieſe Kranfheiten in ihrer Auffiche haben, und Die ihre Serthümer den wenigen Kräften, fo zur Genefung etwa noch übrig find, entgegen fegen. Warum find doch die Pocken, auch) wenn fie bösartig graßiven, Den» noch) immer in Städten und vornehmen Häufern graue famer, als auf dem Lande ? Werden etwan die vor nehmen Kinder unbehutfam, die Baurenfinder aber nach den Kegeln der ſtrengen Kunſt dabey gehalten? Mein, es geſchieht gerade das Gegentheil. Der kleine Junker hat feinen Leibarzt, liegt im Bette, nimmt alle Biertelftunden ein, und ift ihm feit er lieat, Fein Fenſter geöffnee worden. Der Eleine Baurenjunge liege nicht im Bette, er geht auf die Wiefe zu fpielen, und klaubet feine Pocen nach und nach) ab, nimmt auch wohl die trockene Schale derfelben mit vielem Appe⸗ Kite zu fich, und lebe, wenn indeffen feines Junkers ganzes Haus ausftirbe. Daher haben die Aerzte ſchon längft bemerkt, daß an bösartigen Pocken, und andern bösartigen Fiebern, mehr, die Arzney braus chen, fterben, als folche, die der guten Natur die Sache überlaffen. Die harten Leute kehren fich in der Hiße an nichts ; fie trinfen fo viel fie mögen, und machen fih Luft. Der forgfältige Gelehrte und Reiche, fteher den graufamften Durft aus : denn er will ſich nicht erfälten, und ruckt immer tiefer unter | | das 525 Unzer vom Warmhalten das Bette hinunter, je bänger ihm wird. Der erfte überftcht gemeiniglich zum mwenigften die Krankheit ge⸗ fhwinder, mo der letzte nicht gar mit dem $eben be: zahlen muß. Wenn werden doc) die Menfchen ein mal diefes merfen ! Aber es fcheint eine von denjeni⸗ gen Wahrheiten zu fen, die die Natur den Armen ge: offenbaret, und denen verfchroiegen hat, die ihr werth ſchienen, mit Tonnen Goldes heimgeſucht zu werden, G. 9 | Diejenigen Ausfehläge, welche von langwieriger Dauer find, und von feinen hißigen Fiebern begleitet werden, find faft niemals gefährlih, als wenn fie nicht auf die gehörige Art gehalten werden, Michts iſt gewiſſer, als daß bißige und freibende Arzneyen diefelben ebenfalls ſchlimmer und gefährlicher machen fönnen, als fie ihrer Natur nach feyn wuͤrden: doc) aber ift es hierbey lange fo gefährlid) nicht, die Pa— fienten warm zu halten, als in den hitzigen Fiebern, Sa, wenn die Yusdünftung fäglich durch die Bere: gung des Leibes befördert wird, fo kann man fagen, daß diefes der ficherfte Weg zu einer baldigen Gene— fung fey. In dieſen Fällen wird alfo doch das Bor: urtheil der Menfchen, ihre Krankheiten durch Schweiß und Wärme zu curiren, ein glückliches Vorurtheil fenn, daben fie noch gufzu rechte fommen. Es waͤre in Wahrheit zu münfchen: allein des Menfchen Herz wird wohl fters ein unauflösliches Raͤthſel bleiben. Eben bier, mo fie bey ihrem Vorurtheile glücklich fenn fönnten , laffen fie es fahren, und erwählen den gegenfeitigen Irrthum, nicht anders, als wenn fie eis nig geworden wären, ftetsmit ihrem Schaden zu Yin en und Erkältungen des Leibes. 529 Eben diefelbe weiſe Frau, die es für unumgänglich nothwendig hält, das Friefel vom Herzen zu treiben und durch Hiße — ——— weis, kraft ihrer Philoſophie, daß man den Grind nothwendig zuruͤck treiben, und bey der Kraͤtze die Schwefelſalbe gebrau⸗ chen muͤſſe. Nichts iſt ungereimter und gefährlicher, als diefes Verfahren. Man ift gewohnt Erfahruns gen mehr zu glauben, als einem Beweiſe, und ich halte dafür, daß die Aerzte wohlthun, wenn fie diee felben befannt machen. Dieſes überreder mid) hier ein Paar Benfpiele her zu ſetzen, welche die Gefährs lichkeit folcher Unternehmungen ſattſam zu bemeifen vermögen, — §. 10. Man findet oͤfters Kinder, die an verſchiedenen Orten des Leibes zugleich große Eiterbaͤulen bekom⸗ men, und beſonders in den Gelenken ausbrechen, auch oͤfters die Kinder toͤdten. Sie ruͤhren gemei⸗ niglich von einer ungeſchickten Cur der boͤſen Koͤpfe her, und dieſes geht ſo weit, daß ein Arzt faſt ſicher voraus ſagen kann, man muͤſſe die Kinder, da ſie vorher einen Ausſchlag gehabt, geſchmiert haben, Denn fo bald die Eur glückt, und der Ausſchlag zus rück tritt, pflegen dieſe Früchte zum Vorſcheine zu kommen. An einem gewiffen Orte hatten einftmals viele. Kinder , die unter einer und eben derfelben Auf Sicht waren, verhärtere Bäulen am Halfe, und die Hprendrüfen bekommen. Es ftarben viele Kinder daran, und man mußte die Urfache davon nicht zu fin den, bis endlicd) entdedft wurde, daß die Frau, wel he die Kinder reinigen mußte, ihnen durch ein ges 7 Sand. heimes 30. Unzer vom Warmhalten heimes Kunſtſtuͤck, die böfen Köpfe vertrieben harte, ) - Man fchaffte fie ab, und die Kinder waren feit der Zeit von den Bäulen befreyer, Mehr als einmal iſt Durch dergleichen unüberlegte Fürforge ein Stedfluß verurfacht worden, und auf ſolche Weiſe ward öfters ein geringfchäßiger Ausfchlag des Kopfs, die Urfache des: Todes. Das Vertreiben der Kräße durch die bekannte Schmwefelfalbe, hat ſchon öfters die traurige ften Folgen nach ſich gezogen. Ich erinnre mid) eis nes gemwiffen gelehrten Juͤnglinges von einigen zwan⸗ zig Jahren, der, mit. diefer Krankheit beſchwert war. Er war faft wieder davon befreyet,, als ihm einftel ,. feine Genefung durch den Gebrauch der Schiefelfalbe zu befchleunigen, momit er fic) alfo heimlich in eini- gen Gelenken ſchmierete. Er befand ſich einige Stun- den nachher noch ziemlich munter, und Flagte nur ein Treiben zu Stuhle,(tenefmum)das faft alle Augenblicke zunahm, ungeachtet Feine Deffnung bes Leibes erfolgte: Wenige Minuten vor feinem Tode fah ich ihn munter die: Treppe hinauf gehen, da er denn in feiner Stube das Efien fand. Er nahm den Löffel, machte auch wirk⸗ lich mit der Suppe den Anfang zu fpeifen, als er aus genbliclich einen Steckfluß befam, und bey feiner Speife todt blieb. Man öffnete ven Körper, um die Urſache eines fo fchleunigen Todes zu erfahren, die der Patiente niemanden, als einer alten Frau offen⸗ baret hatte, die ihm die Salbe gefhafft hatte, Man fand im Unterleibe alles im gehörigen Zuftande, bis auf das Zwerchfell, welches tief in die Höhle des Uns terleibes hinein gedrückt war. In der, Bruft waren beyde $ungen, als wie mit Gewalt aufgeblafen, und als ich einen Schnitt hinein that, floß eine ——— 1 Mate⸗ und Erkältungen Des Leibes. 531 Materie ungeftüm hervor, welche die ganze Lunge dergeftalt ausgedehnet hatte, Die Krasblafen auf der Haut waren niedergefallen und froden. Gleich—⸗ wie nun bieraus erhefler, warum die Lungen ausges dehnt, das Zwerchfell niedergebrückt, und der Trieb zum Stuhlgange erreget worden war; alfo war auch die Urſache des plöglichen Todes in nichts anders, als der Zurüctreibung der Kräge zu fuchen, man mag’ nun die Art der Wirkung der Schwefelfalbe anneh⸗ men, wie man, mil. Sollten vergleichen berrübte Folgen die Menfchen nicht einmal aufmerffam ma⸗ hen, damit fie wahrnähmen, mie leicht man durch eine unvorfichtige Eur fein Leben in Gefahr fegen kann? Doch ich muß endlich einmal diefe Materie vers kafien. Wir haben bisher gefehen ‚ tote fchädlich die falfchen Vorurtheile der Menfchen in Abficht des forg« fältigen Wärmbaltens und Schwitzens zuweilen ſeyn koͤnnen. Laſſet uns nun auch zu denenjenigen fortgehen, die die Erkältungen des Leibes betreffen. $. ıL, Man pflegt gemeiniglich die Schuld der meiften Krankheiten auf. eine Erkältung zu ſchieben, und wenn bierinn ein Irrthum begangen wird, fo kann der= felbe zu gefährlichen Folgen Anlaß geben. Indeſſen ift fo viel gewiß, daß die meiften Krankheiten von ei- ner Erfältung veranlaffet werden Fönnen, Die nas tuͤrlichen Blutfluͤſſe koͤnnen dadurch verftopft, auch unter gewilfen Bedingungen allzufehr befördert wer⸗ den; Wie oft entftchen nicht von Erfältungen Kopfz und Zahnſchmerzen, Augenweh, Ohrenzwang, Schwins, wi eerſe⸗ Huſten, rate des Liga $la und andre dergleichen Zufälfe, ta mie dent Namen ver Flüffe belegt, Die Micraine, der Schlu= den, das wahre und: unächte Geitenftechen, und andere hitzige Entzündungsfieber , Durchlauf, Colick, Erbrechen, ja Schlag: und Laͤhmfluͤſſe, haben ihren Urſprung oft einer jählingen Erfältung zu Danfen; Ben dem allen aber ift doch auch nichts gewiſſer, als daß jede dieſer Krankheiten ebenfalls von vielen andern Urſachen herruͤhren koͤnnen, mit welchen die Erfäl- tung nichts zu thun hat; daß auch da, wo die Er— kaͤltung mitwirkt, öfters noch andere wichtigere Ur— fachen zugleich vorhanden find, die aus dem Wege geräumt werden müffen, und daß endlich in diefen beyden Fällen eine Cur, welche wider die Erkaͤltung allein gerichtet iſt, wo nicht ſchaͤdlich, dennoch wenig⸗ ſtens unzulaͤnglich ſey, welches öfters allein hinrei⸗ hend: ift, Leben und Gefundbeit in Gefahr zu fegen. Laſſet uns diefes ein wenig umftandlicher betrachten. ' §. 12. Jede Krankheit, die einer Erkaͤltung zugeſchrieben wird, ruͤhret entweder davon gaͤnzlich und allein, oder nur zum Theil, oder ſie ruͤhrt ganz und gar nicht da⸗ von her. Im erſten Falle wird oͤfters in der Cur ein JIrrthum begangen, welcher von nicht geringer Er⸗ heblichkeit ift. Es ift befannt, daß der Schade, den die Erkältungen ftiften , ordentlicher Weife darinn bes fteht, daß fie die feſten Theile zur unrechten Zeit, oder am ungehörigen Drte zufammenziehen , und dadurch theils die Ausdünftung verhindern, . bes auch die Feuchtigkeiten, und befonders das Blut, an —* Oerter, wo es in ſo großer Menge * * — ollte, und Erkältungen des Leibes. 533 ſollte, hintreiben. Daher entſtehen Stockungen und Entzuͤndungen, Krampfe, Durchfaͤlle u.d.g. Will man alſo den Schaden, den eine Erkaͤltung angerich⸗ tet hat, gruͤndlich heben, ſo muß man ſo wohl die erkaͤlteten Theile wieder in ihren natuͤrlichen Zuſtand verſetzen, als auch den dadurch ſchon angerichteten Schaden wieder gut machen. Hieraus iſt klar, warum man’ die zuſammengezogenen feſten Theile wiederum fehlaff machen, die verlohrne Ausdünftung wiederherftellen, und zugleich die Stockungen der Säfte, Entzündungen und andere davon herruͤh— rende Zufälle zu heben fuchen muͤſſe. Nimmermehr Fann eine Eur mider die Erfältung gluͤcklich und hin⸗ laͤnglich ſeyn, wenn man nicht auf alles dieſes zu⸗ eh fein Augenmerk richte. Wir wollen damit das Verfahren bey Krankheiten, die von der Erkaͤl⸗ tüng herruͤhren, in Bergleichung ftelfen. Wenn fich jemand erfälter hat, fo ift Die gemeinfte Eur dagegen diefe, Man legt ihn ins Bette, und deckt ihn warm zu, man. giebt ihm eine Taſſe Thee nach der andern, bis er ſchwitzt, und fuͤget auch wohl eine ſchweißtrei⸗ bende Arzney Binzu, und damit ift die Eur vollbracht. Man müßte die Natur der Kranfheiten, die von eis ner &rfältung berrühren, fehlecht Fennen, wenn mar diefes überhaupt tadeln wollte, Die Wärme dehnt die von der Erfältung zufammengezogenen feften Theile wieder aus, fie befördert hierdurch und zugleich durch die vermehrte Wärme und Auseinanderfegung der flüßigen, die Ausdünftung und leitet folcherges ftafe den fhädlihen Zufluß nach den innern Theilen wieder zurück nad) den äußern. Alles diefes ift heil⸗ ſam: aber es iſt nicht — Man muß alle: 3 mal 54 Unzer vom Warınhalten mal befürchten, daß von der Zurüctrefung der Säfte ſchon ein Schade in den Innern Theilen ange» richtet worden feyn fonnte, und man muß aud) dafür Sorge fragen, daß er nicht überhand nehme. Bloß tiefer Unachtſamkeit ift es zuzufchreiben, daß die E:fältungen oft fo gefährliche Kranfheiren, ja den Tod felbjt nach fich ziehen. Nichts ift leichter her- vorgebracht, als eine Stockung in den innen Thei⸗ len, wenn Die, befonders durch eine Erhitzung, auf- gelöferen Säfte durch eine fehnelle Erkaͤltung mit Ger walt zurück getrieben werden, Hierbey aber wollen fchweißtreibende Arzneyen Die Sache nicht ausmachen, Wie leicht würde es fonft feyn, Die Roſe und andere Entzündungsgefhwüre zu heben, wobey doch die in- nerlichen Arzneyen, und alle Wärme und alles Thee- trinken fehr wenig vermögen. Das macht, die Sto⸗ ungen find in einem belebten Körper von einer ganz andern Befchaffenheit, als bey todten Mafchinen. Es wird nicht fo bald eine gewiſſe Feuchtigkeit in die fleinern Gefäße mie Gewalt hineingetrieben , als von diefer Empfindung ein Zufammenziehen in ihnen ber+ porgebracht wird, welches eine neue und ungewohnte Empfindung erreget, worauf immer ein größerer Zufluß erfolge. So entftehen die Entzündungen in £hierifchen Körpern, und fo verhalten fich die Sto— ungen der Säfte und die Verſtopfungen der Gefäße auf eine fehr hartnäcige Weiſe, wo fie einmal ent⸗ ftanden find. Ob ich nun gleich nicht behaupte, daß auf jede Erfältung eine Stockung erfolge; ob ich gleich zugebe, daß mandye Stockungen, bloß durd) die gewöhnliche Eur wieder gehoben werden koͤnnen, befonders wenn benzeiten darzu gethan, und lange | genug und Erkältungen des Leibeg, 535 genug damit angehalten wird; fo ift doc) ausgemachr, daß man fhuldi: g fen, bey fehr gefährlichen Zufällen im Voraus alle mögliche Behutſamkeit zu gebrauchen, und daß man ällemal zehn Beyſpiele gegen eins aufs weifen kann, da Leute von einer Erfaltung geftorben, ‚oder doch gefährlich Frank worden find, die im Bette ‚gelegen und geſchwitzt und Thee getrunken haben, = Erfahtung —— dieſe Meynung. $. 13. — die Arbeiter in der Erndte faſt im Schweihe — und von dem unleidlichſten Durſte gequaͤlt werden, ſo trinken ſie das kuͤhlſte Waſſer, ſo ſie ha⸗ ben koͤnnen, werfen die Kleider ab, und laſſen ſich ſo lange von der kuͤhlen Luft antehen, Bis fie merfen, Daß fie recht abgefühle find. Alsdenn fahren fie wie⸗ Der fort zu arbeiten, und glauben, wenn fie wieder zu ſchwitzen änfangen, daß ihnen die Erkaͤltung nichts ſoll ſchaden koͤnnen. Dieſer Irrthum bat einen noch groͤßern Schein, als wenn man glaubt, daß das Theetrinken und Schwitzen im Bette den Schaden wieder werde gut machen koͤnnen, denn es ift einem jeden bekannt, daß ein durch die Bewegung des Leis ‚bes hervorgebrachter Schweiß zur Vorbeugung fols her Krankheiten, die von der zurückgetriebenen oder unterbrochenen Ausdünftung berühren, allemal beffer und fräftiger ſey, ‚als ein im Bette hervorgebrachter. Nichts defto weniger bezeuget die Ruhr, nebft einer _ Menge von andern Krankheiten, welche zur Erndte⸗ zeit den Landmann zu überfallen pflegen , zur Genuͤge, daß alle feine. Vorſicht nicht zureicht, den beforgten Uebeln vorzubeugen. — a wiſſen 2. 14 falls 536 Unzer vom Warmhalten } falls wohl, daß ein Falter Trunf einem erhitzten Pferde. den Tod gebe, und es öfters nichts.bilft, ‚wenn man fie ſich gleich bald darauf wieder im Schweiß geben laͤßt. Vermuthlich träge ſich diefes nur in ſolchen Faͤllen zu, wenn die Stockung, die die Erkaͤltung erregt hat, ſchon von einer Entzündung begleitet iſt, und ich will alſo zugeben, daß, wo dieſes noch nicht geſchehen, die Wiederherſtellung der Ausduͤnſtung weiterm Schaden vorzubeugen vielleicht hinreichend ſey. Allein wer kann nun wohl ſo genau ſagen, ob in einem gewiſſen Falle die Entzuͤndung ſchon ihren Anfang genommen, oder nicht? und wie: kann man alſo auf eine ſo ungewiſſe Hoffnung ſein Leben und die Geſundheit wagen? Ich weis wohl,: daß viele Ent- zündungen aus. den Schmerzen erkannt werden fürs nen, welche damit: verbunden find, ich weis aber auch, daß dieſes weder von ‚allen gilt; noch auch ‚gleich anfangs bemerfe werden kann. Wer von einer Erfältung das wahre Seitenſtechen bekommt, em- pſindet erft Die Stiche nach einigen Tagen, und das, worüber er indeſſen klagt, iit gewiß fein Schmerz, der eine Entzündung verrathen ſollte. Ich rathe alfo niemanden, ſich nach geſchehener beſonders heftigen Erkaͤltung bloß mit einigen Taſſen Thee abfertigen zu laſſen, ob gleich nicht geleugnet werden kann, daß dieſes eine an ſich gute und noͤthige Veranſtaltung ſey, nur daß fie nicht die ganze Sache ausmacht. Man muß zugleich die Uebel in ihrer Geburt erſticken, die aus der Erkaͤltung herzukommen pflegen, und: ich zweifle nicht, wenn Diefes forgfältiger in Acht genom⸗ men würde, Daß die wenigſten Menfchen von der Erfältung fo viel, als jetzo gemeiniglich geſchehen muß, zu befürchten haben wuͤrden. §. 14. und Erfältungen — BR — —— u 7 Man wird * wie man es — * um die gefaͤhrlichen Folgen der Erkaͤltung gleich an⸗ fangs zu unterdruͤcken, und der erzeugten Krankheit den Ausbruch zu verwehren? Ich wollte dieſe Frage gern ausfuͤhrlich beantworten, wenn es hier mein Vorſatz waͤre, vielmehr Curen vorzuſchreiben, als falſche Vorurtheile zu beſtreiten. Indeſſen laßt ſich uͤberhaupt folgendes darauf antworten. Die erſte Sorge muß man dieſe ſeyn laſſen, zu erfahren, auf welche Wirkungen die Natur ziele, wenn ſich nach geſchehener Erkaͤltung außerordentliche Bewegungen aͤußern. Nicht alle Erkaͤltungen wirken eine und eben dieſelbe Krankheit. Nach einigen erfolgen hitzige Fieber, nach andern Durchfaͤlle und. Ruhr), nach andern Flüffe, oder auch Berflopfungen der na= fürlichen Ausführungen. Die Berftopfungen der Gefäße, die Stockungen, bie Entzündungen wenden ſich bald an diefen, bald an jenen Dre, und das iſt die Kunſt, daß man denſelben bald entdecke. Denn ein vernünftiger Arzt weis alsdenn bald jeder beſon— dern Krankheit mit gehörigen Arzneyen zu begegnen und ihr weniaftens Die größte Stärke zu benehmen, ehe fie völlig heran waͤchſt. Man entdeckt aber‘ die ‚angehenden Krankheiten ausden außerordentlichen Bes wegungen, die allemal damit verbunden find: "denn gleich wie Diefe überhaupt die Richtſchnur eines prakti⸗ ſchen Arʒneygelehrten find, ohne welche er feinen fihern Schritt in feinen Curen zu hun im Stande iſt, fo kann dieſes auch befonders von dem gegenm tigen ‚Sale behauptet werden. Es ift wahr, daß 5 hierzu 533 Unger vom Warmhalten hierzu ein mediciniſcher Verſtand und eine Fertigfeit gehört, welche nur derjenige befigen kann, fo mit ‚ geböriger Aufmerkſamkeit den Ablauf der Krankheiten öfters mit angefehen hat: allein hieraus folge weiter nichts, als daß man ſich der Sorgfalt unreifer Aerzte und alter Weiber nicht anvertrauen müffe. Ein Arzt, der in feiner Kunft fein Fremdling ift, wird aus den erften Bewegungen, die nad) erfolgter Erkältung verfpürt werden, bald fehließen können, welche Art der. Krankheit, und an welchem Orte fie zu befürch« gen fen. Er wird aber auch bedenken, daß dieſes eine Erkenntniß der einzelnen Naturen der Menfchen, eine genaue Beobachtung folcher Veraͤnderungen, Die: andern öfters ganz geringfchäsig feheinen, und eine nicht gemeine Einfiht in den Zufammenbang Der widernatürlichen Bewegungen erforder 141 9 15. JD——— Bisher habe ich gezeigt, wie man bey der Cur folcher Krankheiten irren fönne, die wirklich von einer Erfälfung einzig und allein herruͤhren. Laſſet ung nun auch unterfuchen, wie es mit der Beurtheilung folcher Zufälle gemeiniglich befchaffen fey, Die nur eines Theils, aber weder hinreichend, noch hauptſaͤch⸗ lih in einer Erfältung gegründet find, Es giebe wohl hunderterley Kranfheiten, wozu eine Erfältung Gelegenheit geben ann, ohne daß fie doch eigentlich Diefelben wirken follte. Andere koͤnnen dadurch wer ſchlimmert werden, wenn fie ſchon vorher vorhanden geweſen. Aber feine von diefen erfordert die Eur, welche man wider die Erfältung verordnen. muß. So lange es ausgemacht bleiben. mwird, nn * rank⸗ und Erkaͤltungen des Leibes. 539 Krankheit eine ganze Menge von Nebenurſachen har, und ſo lange man nicht behaupten kann, daß mit die= ferioder jener Mebenurfache auch die Wirkung gänzlich wegfallen müfle, ſo lange wird es aud) nothwendig ſeyn, den’Sag;,' daß Curiren ſo viel heiße, als die Urſache der Krankheit heben, auf das forgfältigfte einzufchränfen. Bloß daher, daß man diefen Sage eine falfche Allgemeinheit beylegt, ruͤhrt der Irrthum der gemeinen Aerzte, daß fie auf alles dasjenige uns behutſam losgehen, wovon fie fehen, daß es etwas zu einer Krankheit bengetragen bat. Eine Krank heit kann von einer gewiſſen Urfache auf eine fo ent fernte Are herrühren, daß ihre Hinwegräumung bey der Eur gar nicht mehr in Betrachtung kommt. Eine lange Reihe von Nebenurfachen, die alle nur zufälli= ger Weife untereinander ftehen, verändert die Wirs fung, fo von der erften unmittelbar . hervorgebracht worden feyn würde, fo fehr, daß fie oft nur die ges ringfte Aehnlichfeit damit bat: Man würde entwe⸗ der vergebliche Arbeit thun, oder wohl gar eine fo ſchaͤdliche Wirfung vieler Urfachen, wie die Krank: beiten find, vermehren, wenn man nicht alle diefe Urſachen, und ihre Uebereinftinmmung zur Krankheit, oder eben diefen ihren [hädlichen Zufammenhang das ‚bey in Betrachtung ziehen wollte. Ich will alle Beyſpiele fahren laffen, die nicht zu den Krankheiten gehören, wovon ic) bier eigentlich handle. Wenn wir aber auch) nur. bey denen ftehen bleiben, die von einer Erkältung veranlaßer werden, fo kann die Rut hierzu vortrefflich dienen. Der gemeine Mann ‚wos bin man auch den gemeinen Arzt rechnen muß pr lofophirt von diefer Krankheit gemeiniglich folgender: led maßen, 540 Unzer vom Warmhalten maßen, Der Patient bat ſich erkaͤltet: daher find die fiharfen Ausdünftungen einwärts getriebe wor— den, und haben die Gedaͤrme angefreflen ; woher nun die Ruhr ruͤhret. Diefes ift eine Herleitung, die man vollkommen gelten laſſen kann, ſo oft es wirklich andem iſt, daß die Ruhr von einer Erkaͤltung ur⸗ ſpruͤnglich herruͤhret. Nun aber kommt die Prapis« Curiren, ſagt man, heißt die Urſache der Krankheit heben. Dieſe beſteht hier in der durch die Erkaͤltung zuruͤck getriebenen Ausduͤnſtung. Folglich muͤſſen Bier ſchweißtreibende Sachen gebraucht werden, Nichts ift gewiſſer, als daß dieſe Art zu fihließen bier ſehr übel angebracht fey. Das madır, Curiren heiße nicht, alles und jedes, mas dem Redegebrau⸗ che nad) eine Urfache der Krankheiten genennet wird), fondern nur die nächfte hinreichende Lmfache derfelben hinwegraͤumen. Die Erfältung ift in fofern ‚eine Urfache der Ruhr, als fie den Zufluß der Saͤfte nach den innern Theilen befördert, und die Ausdinftung gehindert hat. Diefes iſt aber weder die wächfte, no hinreichende Urſache. Die Zurückhaltung der Ausdünftung, der. Trieb des Bluts nach den innern heilen, hätte fo wohl Seitenſtechen, Huſten, Eng: brüftigfeir, Schnupfen u, for. als die Ruhr verans laſſen fönnen. Es mußte fich alfo mit der Erfältung noch eine andre Urſache verbinden, warum fich der Zufluß eben nad) den &edärmen begab, Dieſe bey: den Urfachen brachten alfo eine Wirkung hervor, die wiederum nur zum Theil an der Ruhr Echu’d bar, Wie oft entfteht ein Zufluß nach den Gedaͤrmen, ohne Ruhr? Es verbindet fich alfo mit demfelben noch. eine andre Urſache, warum die Gedaͤrme ange: yo freſſen und Erfältungen des Leibes. 54 freſſen werden, und dieſes mag z. E. die Schärfe der Saͤfte ſeyn, telche durch die Hitze und heftige Be⸗ wegung, fo vor der Erfältung vorhergegangen, ges wirkt worden iſt. Diefes Anfreſſen der Gedarme rühre alfo von zwoen Urſachen ber, zu deren einer nur die Erfältung etwas beygetragen hat, und gleich“ wohl wirft dieſes nach nicht die. Ruhr allein, welche ein bißiges Entzuͤndungsfieber zu feyn pflege. Die ungemeine Empfindlichkeit dev Nerven der Gedärme, welche fich jedermann leicht vorftellen kann, wer jemals die Colikſchmerzen verfücht Hat, dieſe Emofindlich- keit, fage ich, trägt nebft dem Anfreſſen der Gedaͤr⸗ me zur Ruhr zunaͤchſt das meiſte bey, und auf ſolche Weiſe iſt die Erkaͤltung, wenn fie eine Urfache der Ruhe ift, von einer ihrer nächften Urfächen ein weite laͤuftig verwandter Theil der Urſache. Wie kann alfo wohl die Eur wider die Erfältung bier angebracht werden? So oft es aber gefchieht, und wie oft ges ſchieht es nicht fo wird durch die ſchweißtreibenden Areyen die Schaͤrfe i in den Gedaͤrmen ins Blut zu⸗ rück geführer, oder doch, wenn fie diefes nicht thun koͤnnen, die Drdnung der fieberhaften Bewegungen zerriſſen, und wer noch nicht weis, mas dieſes bey hitzigen Krankheiten zu bedeuten hat, der wird ſehr wohl thun, wenn er ſichs gegen niemanden mer⸗ ken läßt, daß man ihm die Freyheit zu Euriven ge FON habe, 8. 16, —*' Wenn 6 bebente ‚ wie gefährlich es für die M te fehen ſey, in diefer Materie zu irren, fo wird es mir ſchwer/ dieſelbe zu verlaſſen. Das Schlimmſte beh der 7. > Linzer vom Warmhalten | der ganzen Sache ift diefes, daß Irrthuͤmer von dies fer Art einen fo großen Schein.der Wahrheit haben, indem fie fich auf einen Schluß gründen, deſſen Oberſatz unleugbar zu ſeyn feheinet, und Davon der: Unterfaß, wie ic) hier zum Boraus feße, jederzeit eine Wahrheit it. Denn wenn 5. Edie Nuhr von einer: Erkaͤltung herruͤhret, und man will ſchweißtreibende Arzneyen dagegen verordnen , ſo fchließt man aus fol⸗ genden Vörderfägen: Die Urſache der Kranfheithes ben. heißt curiren; Nun ift die Erkältung vermöge: der Bedingung, die Urfache dee Ruhr: Folglich Heiße Die Ruhr curiren, fo viel, als die Cur wider die Erz Fältung gebrauchen. . Die Ruhr iſt micht die einzige. Krankheit, wobey man auf folche Art irret. Man kann diefes von allen Krankheiten behaupten, die von einer Erfältung veranlaßt, aber nicht zunaͤchſt und hinreichend dadurch gewirkt werden. Wenn fich das Frauenzimmer zur Zeit ihrer monatlichen Reinigung erfälter, fo erfolge gemeiniglich ein Stillſtand, oder! Doch eine merfliche Verminderung des Abfluffes des Gebluͤts. Dieſes zieht bald eine Menge andrer Bes fihwerlichfeiten nach fih, welche man, fo gemein‘ find fie, aus den Büchern auswendig lernen Fann, wenn es einem beliebt. Weil diefe nun insgeſammt der Erfältung allein, oder doch vornehmlich zugefchries ben werden, fo ſucht man fie auch durch Wärme und: Schwitzen wieder zur vertreiben, Ob man mun gleich: die Erhaltung einer gleihmäßigen Wärme des Körz pers nicht für unnuͤtz, ſondern nothwendig halten muß, ſo iſt doch zum mindeften fein Schweiß zu er⸗ preffen, wo die Natur mit einer befondern Ausfuͤh⸗ sung befchäfftiget iſt. Viel eher wird — FJ— ve )e% und Erkältungen des Leibeg, 543 ches Verfahren dicke Köpfe, Huften, Schnupfen, je. wohl Blurfpeyen und Blutbrechen, als die Wieder berftellung des verlohrnen Abflüffes erhalten, Mer. einwendet, daß der Schweiß diefen Abflug erfeße, der fennt gewiß die Natur unfers Körpers ſehr fehleche, und wird aus der Erfahrung lernen Fönnen, daß man) ſtatt diefer monatlichen Ausführung des Geblürs feine. andre feßen dürfe, indem nicht einmal dag monatliche. Aderlaßen diefeibe vermindert ‚ fondern eines der be⸗ waͤhrteſten Mittel ift, fie, wenn fie außenbleibt, wieder berzuftellen, und, wenn fie nicht binlänglich ift, zu vermehren. Mit der Reinigung nach) der Geburt hat es eben dieſelbe Beſchaffenheit nur daß die Gefahr, welcher man die Kranken durch die gewöhnlichen Mita tel wider das Erfälten, ausfeger, bier Lebensgefahr iſt. Aus dem gleichen Irrthume naͤhrt man durch die: Wärme und Schweiße das Friefel, an ſtatt daß man. es Durch eine gemäßigte Wärme , ohne die geringſte Gefahr, nach und nach unterdrücken fan, % auiah A Es iſt noch der Fall zu erwähnen, wenn die Krank⸗ beiten, welche man einer Erfältung zufchreibt, ganz und gar nicht davon herruͤhren. Man fann ſich leicht einbilden, wie in ſolchen Fällen eine Eur wider die Erkaͤltungen paffen müffe. Doch ich habe davon ſchon genug gejagt, und will mich damit begnügen, bier, nur. einige: Krankheiten anzufuͤhren, welche man faſt beſtaͤndig von einer Erfältung herleitet, ungeachtet ſie einen gar verſchiedentlichen Urſprung haben koͤnnen. Hierhin gehören vornehmlich die Dunchfälle, Ee wahr, daß dieſe von Erkältungen entſtehen tan aber 544 Unzer vom Warmhalten aber man muß bey Unterſuchung der Urfachen einer Krankheit allemal defto bratältiger ſeyn, je mehr Ur⸗ ſachen — Art dabey wahrſcheinlich finds! Defters ruͤhrt ein Durchfall vom unmaͤßigen Eſſen und Trinken her, und da erfordert er eine ganz andere "Eur; als wenn er von vorhergegangenen Verſtopfun⸗ gen, oder von Zorn und Aergerniß herruͤhret, oder wenn er als eine halbe Erifis in Fiebern entſtehet, anderer gewöhnlicher Uvfachen zu geſchweigen. Es gehören ferner hierher die fo genannten Fieberabfäge, (metaftafes febriles.) Diefe befonders bey hitzigen mit Ausfchlag verbundenen Fiebern oft vorfommende Zufälte, welche fih um die kritiſchen Zeiten bald als Falte, bald als hitzige Geſchwulſten, ja auch) als Eiz tergeſchwuͤre zeigen, müffen nothwendig Diejenigen irre machen, welche noch nicht viel bey Krankenbetten geweſen find, oder nicht Scharffichtigfeiegenug haben,‘ der Natur ihre Gewohnheiten abzuiernen. Wenn fie: alfo diefelben erklären follen, ſo muß entweder die Luſt oder das Wafler herhalten, und man ſucht alfo ihren Urfprung entiveder in einer Erfältung, oder in einem ſchaͤdlichen Trunke. > Wie viel hieran wahres fen, wiſ⸗ fen verftändige und geübte Aerzte, aber das wiſſen die Bader, Barbiere und alten Weiber nicht, daß man fie ganz anders curiren müffe, als wenn fie, ohne ein hitziges Fieber zu begleiten, von aͤußern Ur⸗ fächen entftehen. Ich will endlich noch der Kopf und Zahnſchmerzen und aller andern Arten von Fluͤſ⸗ fen Erwaͤhnung thun, die fih) am’ Haupte und der Bruft äußern, und davon der gemeine Mann Feine | andre Urſache als die Erfältungen anzugeben weis, Mehr als zroanzigerlen Urfachen Fönnen biefelben wir⸗ TOR fen, und Erfältungen des Leibes. 545 fen, und öfters‘ wird die Eur wider die Erkältung diefelben nut hartnäciger machen. Es kann dieſes €. geſchehen, wenn die Kopffehmerzen von einer Wallung im Blute von einem verhinderten Umlaufe deſſelben durch den Kopf, von einer zurückgehaltenen natüelichen Ausführung Des Bluts und andrer Säfte entftehen, oder wenn fie Vorbothen einer bevorſtehen⸗ den hitzigen Krankheit find: denn in allen dieſen Säle fen verfehlimmern ſchweißtreibende Sachen die Krank: heit vielmehr, als daß fie fie befjern follten. Es ift wahr, man kann niche fordern, daß jemand dieſes alles: wiffen folkte,; der. Fein Arzt von Profeßion ift: aber man fordert auch nur, daß ein folcher bergleichen Krankheiten weder beurtheilen noch curiren fol, Daß die Apothefer, Bader, ‚ Darbierer und alten Weiber ſich jemals hiernach richten follten, iſt freylich Feine allzuwahrfcheinliche Sache: aber denenjenigen. wer: den diefe Anmerkungen doch nuͤtzlich feyn können, die ſich bisher dergleichen Leuten aus. einem. allzuguten Vorurtheils uͤberlaſſen Haben, und nicht wiffen, daß dasjenige noch heut zu Tage wahr ſey, was Sana ſhon zu ſeiner Zeit Alest hat; 3 — he | ng eine ai "ori Gertiring ‚, Reid, und are, — und n und Wahn und Vorwitz hersfihe; fe. iſt es in den S chulen IRYII vo Bader und Barbier mit Meditrinen —* 5 SE © Se hend "4 Band, Mm * s46 Nachricht von Heuſchrecken, RE A une VL af HR ‚d: Ni Yo ? ri 4* —— 26 von den Heuſchrecken⸗ | welche in der Wallachey, Moldau. und. —— nan und 1748 großen Schaden angerichtet; “ imgleichen ‚uk "yon einigen Zuͤgen —— die in den Monaten Julius und Auguſt Ria Ungarn und Polen gefommen.. — — einem Edelmann aus Siebenbiitgen ” Br mitgetheilet. 2 Philofoph. Tranſact. 491 ‚Das9, Art. —* 3 S it bekannt, daß die Heuſchrecken nach Sie benbuͤrgen "aus der Wallächen und Motodu 9 Famen ; befonders durch diejenigen ſchma⸗ len Gängei in denen Bergen, die gemeiniglich Paͤſſe ſe genannt werden, und von Denen Der vornehm⸗ ſte in der Nachbarſchaft von Cauſenburg der Paß des rothen Thurms heißer. Sie kamen auch durch andere Paͤſſe nahe bey Carlſtadt, die die Land⸗ ſtraße aus Siebenbuͤrgen an der — * * Wal⸗ lachey ausmachen. mon RR Die erften Zuͤge Famen i im Auguſt 1747 ger Sie: benbürgen. Ihnen folgten andere, die fo erſchreck⸗ lich zahlreich EN nu ‚ als fie den vothen Thurm 1 | erreichet, 4 —2 3 und einigen Zuͤgen derfelbem. 547 erreichet, ſie gut vier Stunden lang uͤber dieſen Ort vorbeygezogen; und fie flogen fo dicht, daß fie durch das Aneinanderfchlagen ihrer Flügel in der Luft eine Art von Getöfe machten. Die Breite des Zuges er= ſtreckte fich auf viele hundert Klaftern, und man kann ſich leicht vorftellen, daß die Höhe oder Dice noch größer gewefen, ſintemal fie, wenn fie niedrig flogen, die Sonne verdedten, und den Himmel fo ftarf ver= finfterten, daß fich Die. Leute nicht auf zwanzig Schrit⸗ te,erfennen konnten. Machgepends da fie über den Fluß fliegen ſollten, der in den Ihälern des rorhen Thurms läuft, und weder einen Raheplatz noch Fut⸗ er. fanden ; wurden fie vom, Fliegen müde, und ein heil von ihnen ftel Dießfeits des rorhen Thurms aufs unreife Korn, als auf den Hirfen , ‚auf den türkifchen Weizen u. ſ. w. Ein anderer, Theil lagerte ſich auf ein niedriges Gehoͤlze, und nachdem fie die Feldfruͤch⸗ te allda übel zugerichtet, ſetzten fie ihre Reife fort, als; wenn, ein Zeichen zum Marſch ware gegeben wor⸗ dem, Die Wache des rothen Thurms fuchte, ihren Einbruch) in, Siebenbürgen zu ‚verhindern ,. indem fie auf,fie Feuer.gab ; und in, Wahrheit wo, die Kugel und das Schrot durch den Schwarm durchſtrichen, hten fie Naum und. zeutheilcen fie, ‚aber, nachdem ihre Glieder augenblicklich wiederum. vollgemacht zogen ſie ihren Strich fort... ms sinn Sun 0 Sie find nad) ihrem verfchiedenen Alter von were fihiedenen Geſtalten. Denu,als im, September. viele von ihrem Truppe durch großen Regen und anderes ungeftümes, Better auf die Exve „geworfen waren, nd Durch und, durch naß geworden, krochen in die cher des Erdreichs, in den Mift und ins. Stroh, Re Ä im 2 Hier — 548 Nachricht von Heuſchrecken Hier waren fie dor dem Regen ſicher. Sie legten fehr viele Eyer, die Durch einen zaͤhen Saft zuſam⸗ menbingen, auch etwas länger und ſchmaͤler, als die gemeinen Ameifeneyer, faft ſo wie Haberkoͤrner ausfahen. Die Weibchen ftarben, nachdem fie ihre Eyer gelegt hatten, gleich den Seidenwürmern; und wir Siebenbürgen befanden aus der Erfahrung, daß der Schwarm, der auf unfre Felder bey dem rothen Thurm gefommen;, nicht ſchiene allda bleiben zu wol len, fondern fie waren durch den ſtarken Wind auf die Erde geworfen, und legten: daſelbſt ihre Eyer. Diele davon wurden ausgegraben, oder im folgenden Frühling durch den Pflug zerftoßen, und gaben einen gelblichten Saft von ſich. m 2 Im Frühling 1748 fahe man gewiſſe Fleine Würs mer auf dom Felde und zwiſchen den Straͤuchern lie⸗ gen. Sie hingen an einander, und waren wie die Maulwurf: oder Ameifenhügel in Haufen gefammiet: Weil niemand wußte, was fie wären, fo wurde da⸗ mals auch wenig oder gar Feine Achtung darauf geger ben. Im May waren fie durch das auffchiegende Winterkorn bedecket. Aber der folgende Junius zeig⸗ 6) was dieſe Wuͤrmer wären, Denn da zu der Zeit die Fruͤhlingsſaat fehon ziemlich hoch ftand, fo fing diefes Gewuͤrm an ſich über die Felder auszubrei- ten, und wurde durch feine Anzahl denen Feldfruͤch⸗ ten fehr ſchaͤdlich Das Landvolk, welches die ihm zur rechter Zeit gegebene Warnung verachtet, fing mit der Zeit an diefe Sorgloſigkeit wegen deffelben zu bereuen, dieweil dieſes Lngeziefer, da es nunmehr auf dem Felde überall zerſtreuet war, ohne Nachtheil des Korns nicht ausgerottet werden konnte. ' Damale 4 und einigen Zügen derfelben. 549 " Damals waren diefe Heuſchrecken ven unfern ge: meinen Graspferden wenig oder gar nicht unterfchie- den, Sie fahen am Kopfe, an den Seiten und auf dem Mücken dunkel aus, am Bauche gelb, an dei übrigen Theilen aber roͤthlicht. Um die Mitte des Junius, waren fie, nachdem fie früher oder fpäter aus— gebrüter worden, überhaupt einen Singer lang oder etwas länger ; aber ihre Farbe blieb immer einerley. Gegen das Ende des Junius warfen fie ihre Außere Schale ab, und man fahe damals deutlich, daß fie Flügel hatten, die den Flügeln der Bienen gleich ka— men, aber noch unreif und unausgefpannt waren, Ihr Leib war dazumal fehr zart und von einem gelbs kichten Grün, Um fih zum Fliegen felbft gefchicke zu machen, machten fie ihre Fluͤgel durch die Hinterz füße wie die Fliegen aus einander. Go bald eine von ihnen ihre Flügel gebrauchen konnte, hub fie fol- ehe auf, und indem fie in die Kunde herum flog, locfte fie Die andern ſich mit ihr zu vergefellfehaften, Da num auf diefe Art ihre Anzahl täglich zunabm, flogen fie fo lange auf 20 oder 30 Yards umber, bis die an⸗ dern fich mit ihnen vereiniger haften ; a, nachdem fie ihr Geburtsfeld elendiglich verwüftet, zogen fie ſich in großen Haufen anderswohin. Allenthalben wo fich die Schwärme bingelagert hat⸗ sen, fchonten fie Feiner Art von Kräutern. Sie fraßen das junge Korn, und auch gar das Gras ab. Am abſcheulichſten aber waren die Felder anzuſehen, worinn ſie ausgebruͤtet waren, weil ſie alles Gruͤne auf denſelben, ehe fie fliegen konnten, fo begierig weg⸗ fraßen, daß ſie das Erdreich ganz kahl hinter ſich ließen. Mm3 Man N MR 50 Nachricht von Heuſchrecken Man hatte in denjenigen Dertern, welche diefe Page vor dem Herbfte berrifft, nichts zu befürchten, dieweil diefe Heufchrefen nur erft im Julius, Augufk, und Anfang des Septembers auf eine merfliche Weite forsfliegen Eönnen, und zu der Zeit da fie ihren Lager⸗ platz verändern, in wärmere Gegenden zu ziehen fcheie nen. Man muß verfehiedene Arten anwenden, die mie Dem Alter und dem Zuftand dieſes Ungeziefers zufrefz fen. Einige Arten, wenn fie erft ausgebruͤtet find; andere, wenn fie zu Friechen anfangen, und andere endlic) wenn fie zum Fliegen gefehiekt find. Die Er: fahrung bat uns hier in Siebenbürgen gelehret, daß, es fehr zufräglich würde gewefen fenn, wenn man die Derter, wo ie Weibchen lagen, foragfältig aufgefucher. Nichts war leichter, als diefe Stellen im März und April fleißig zu befichtiaen, und ihre Ener oder die Fleinen Würmer mit Stöcen oder Dornfträuchern auszuroften, oder wenn fie nicht aus den Gefträu- den, aus dem Mifte und dem Stroh heraus zu brin- gen gervefen, Feuer daran zu legen. Diefes Verfah⸗ ren wuͤrde recht geſchwind und glücklich von ftatten ge= gangen feyn, wie es an andern Dertern gefchehen ift. Aber im Sommer, da fie fehon die Frühlingsquartiere verlaffen haben, und auf die Kornfelder gefallen find, iſt es ganz unmöglich fie auszurotten, ohne das ganze Stück Sand, worauf fie fih aufbalten, mit Stecken und Slegeln zu zerdrefchen, und vergeftalt die Heu— ſchrecken nebft der Feldfrucht zu verderben. ‚ Endlich wenn das Korn reif, oder doch beynahe fo ift, haben wir zu unferm großen Schaden gefun— den, daß alsdenn Feine andere Art übrig fen, "n von ihnen und einigen Zuͤgen derſelben. 551 * zu befreyen, oder * Anzahl zu verringern, als um das ganze Stück and viel Volk zu ftellen, das fie mit Glocken, ehernen Gefäßen und anderm Getoͤ⸗ fe: meggefcheucher. ; Aber eben diefes Mittel wird nicht recht gelingen, wenn nicht die Sonne gut hoch ftehet, daß fie das Korn vom Thau trocknet, weil fie fich fonft entweder an die Halmen anhängen, oder un⸗ ter dem Graſe verborgen liegen werden. Geſchiehet es num, daß ſie auf ein ungebautes Feld getrieben worden, fo kann man fie mit Stoͤcken oder Dorn: ſtraͤuchern todt machen. ı Verſammeln fie ſich in Haus fen, ſo kann man von Stroh eine Streu uͤber ſie ma⸗ en und es anzuͤnden. Jedoch dienet dieſes Mittel vielmehr ihre Zahl etwas zu vermindern, als fie ganz» lich auszurotten. Denn einige ‚von ihnen verſtecken fich vor der Sonnenhitze unter dem Graſe, oder dent dien Korn, und in den Ritzen der Erde. Deswe⸗ gen ift nötig dieſes Unternehmen nochmals zu wie- derholen, damit ihre Anzahl folglich auch der von ih⸗ nen erregte Schade geringer werde. Gleichergeſtalt hilfe es viel, da wo ſich ein großer Teupp von ihnen gelagert, einen langen Graben einer Ellen breit und tief zu machen, und langft dem Rande deſſelben $eute zu ſtellen, die mit Beſen, oder dergleichen Sachen verfehen find, da unterdeſſen ein andrer Haufen Volk, von den beyden Enden des Grabens an in einem hal⸗ ben Zirkel ftehen, die Heufchrecken umringen, und fie Durch das oberwähnte erregte Getöfe in den Graben treiben. Wenn fie darauf die Flucht nehmen wol len, fo müffen fie die an den Enden zurücktreiben, fie mit ihren Befen und Stoͤcken * und aufs neue in die Erde verfcharren. | Mm4 | ' Henn 552 Nachricht von Heuſchrecken, Wenn fie aber angefangen haben zu fliegen, fo ſoll⸗ ten in dem Felde runter auf der Wache feyn, die, fo bald der Schwarm Anftalt macht. davon zu fliegen, fogleih die ganze Nachbarfchaft durch ein gewiſſes Zeichen aufbringen, damit fie diefelben von ihrem Lan⸗ de durch alle Arten von Getöfewegfcheuche, Wenn ſie nun vom Fliegen müde gervorden, und ſich auf ein groß Stück Feld gelagert haben, fo wird es gar leicht feyn, fie mit Stöcfen oder Beſen des Abends, oder frühe des Morgens, da fie vom Thaue naß find, zu tödten, oder 1 zu einer andern Zeit des Tages bey regnich« tem Wetter, weil fie alsdenn nicht fliegen forinen, Ich babe allbereit bemerfer, daß fie ſich bey Fal- fem oder naflem Frühlingswerterüberhaupt an verbors genen Dertern verftecken, wofelbft ſie ihre Eyer legen und darauf fterben., Deswegen würde man müffen Sorge tragen, fie zu der Zeir, wenn das Korn vom Felde weg ift, zu vertilgen, bevor fie ihre Eyer legen, Wir erhielten in biefem GSeptembermonat 1748 Hachricht, daß verfdhiedene Züge Heufchrecfen aus der Wallachen durch die gewöhnlichen Päffe nach Siebenbürgen famen, und fich auf einem faft 3 Mei« len langen Strich Sandes in der Nachbarſchaft von Clausberg niedergelaffen. Es mar daſelbſt nicht möglich), die Hirfe und den nirfifhen Weizen von diefen Freflern zu retten. Ich bin der Meynung, daß fein Benfpiel von dieſer Are in unſerer Geſchichte zu finden ſeyn werde, ausgenommen was einige alte Leute ſich davon erin⸗ nern, und mie ſelbſt erfahren haben, Zum wenig⸗ ften if daſelbſt Eeine Nachricht, daß einige Heufchre: den Hieher gekommen, die nicht geftorben wären, ber por und einigen Zügen derſelben. vor ſte Eyer geleget. Dem ſey wie ihm wolle; ſo iſt es ‚eine ausgemachte Sache daß ohngefaͤhr vor 40 Jahren einige Zuͤge aus der Wallachey hieher gekom⸗ men, und allenthalben großen Schaden angerichtet, wo fie ſich niedergelaffen. Aber fie verließen dieſes Land vor dem Ausgange des Sommers, oder ftarben wegen der üblen Witterung, Vielleicht wird man in andern: Laͤndern, wo dieſes Uebel gemeiner ift, gegen fünftigen Frühling beſſere Mittel haben, weil man zur Winterszeit vor dieſer Plage ganz ſicher iſt. Der Edelmann, dem vorſtehende Nachricht aus Siebenbürgen nach Wien zugeſandt worden, und wel⸗ eher jie anber gefchrieben, hat uns auch berichtet, Daß eine beträchtliche Anzahl diefer Heuſchrecken gleichfalls innerhalb 20 Meilen diefer Stadt angelanget wäre, die ohngefähr eine Halbe Stunde in der Breite gezo- gen, aber in ſolcher Länge, daß ob fie gleich geſchwind zu fliegen ſchienen, man doch nad) drey Stunden nicht das Ende diefer Suite abfehen konnte. Aus den Ey: ern diefer Thiere, die in trockener Erde aufgehoben waren, iſt nichts geworden 5 andere hergegen die in eine von Zeit zu Zeit angefeuchtete Erde gelegt war ven, brachten im Frühlinge 1749 verfchiedene diefer Heuſchrecken hervor. Die Eleinen waren, bald nach⸗ dem fie hervor gefommen, fo groß, als wie eine ges meine Fliege, Sie hatten ſchon die Geſtalt eines Graspferdes, aber noch Feine Flügel. Dieſe Au: merfung beweifer, daß der Urheber der vorhergehen⸗ den Nachricht fich geirret, wenn er fpricht ; Dieſes Ungeziefer ſahe anfangs wie ein Regenwurm oder wie ein dünner Murm aus, Sie veraͤn⸗ Mm 5 dern 54 VCH Nachricht von Erd / und dern ihre Haut bisweilen, aber ſie bekommen nicht eher Fluͤgel, als bis ſie ſolche zum letzten mal veraͤn⸗ dert haben. ur. KRnas. 17902207 Die Graspferde, die man 1748 in England gefan⸗ gen, find mit jenen, die aus Ungarn’ und Polen in eben demfelben Jahre hergeſendet worden, gegen ein⸗ ander gehalten, und von derfelben Gattung befunden worden. Auch find in’ dee Sammlung des Herrn Hatıs Sloane* einige Heuſchrecken oder Graspferde von derfelben Gattung im Weingeift aufgehoben. Man bat fie hier ſchon über 30 Jahr gehalten, und fie find denen aus Aegypten und aus der Barbarey völlig gleich. KRIEKKKKKeK e s VII. Nachricht | von den Erd⸗ und Steinlagen und * —— toͤdtendem Schwaden, in einem, 1739, bey Roßthal, eine Stunde von Dref: ben, abgefunfenen Schachte, mitgetheile von | — 22— a ich in einigen Aufſaͤtzen im H. M. (des 4 8.5 St. und 6 B. 2 ©.) von den Ge- birgen in der Gegend um Drefden einige Nachrichten ertheiler: fo überfende ich, als eine | | Forts * Siehe Hn. Jo.Sloane Gefihichte von Jamaica Vol.I.p.29,; ’ Steinlagen u. toͤdtendem Schaden. 555 Fortfegung derfelbigen, folgende Nachricht, ſo ich aus ſi ichrer Hand erhalten habe. Den 8 Maͤrz 1739 machte man den Anfang, bey »Roß— thal, beym ſo genannten Prieſengraben, einen Schacht abzuteufen, in der Hoffnung, Steinfohlen zu finden, wobey man folgende Lagen von Erden und Steinen — hat. Z Sachter ordentlichen Laimen En taubfehichtiges PMlänergeftein, oder — und zum mauren untuͤchtigen Schiefer 26 feſten weißlichen und etwas ſandigen Mauer⸗ plaͤner 1 8 Laim und kieſiges Gebirge $, grau taub Plaͤnergeſtein $. blauen fetten Letten $. graues zähes Geftein ı 8. weißgrau blau eingefprengtes feftes Geftein ı $, weiches graues Geftein, fo mit der Keilhaue gewonnen werden fonnte 2%, weiß braunflefiges Sandgeftein re ** weißbraͤunliches zaͤhes Sandgeſtein. In dieſen Steinlagen hat man viele Abdruͤcke von vielerley Arten Muſcheln imgleichen Kies: nieren angetroffen, vornehmlich aber in dem grauen Plaͤnergeſtein. Und da man das Geſtein hin und wieder ſchwarzſprenklich angeſchmaucht befunden: ſo hat man ſich gute Hoffnung ge⸗ macht, Steinkohlen zu finden. 28 blauer Mergel 2 $, fhrarzblau Geftein floͤtzweiſe aufeinander lie⸗ gend, fo oben leicht zu brechen gewefen und in die Tiefe immer fefter worden, 1$ 7 HWE .®2 J Nach⸗ 556 J. C. H. Nachricht von Erd» und. „Nachdem aber über dem Mergel im Gefteine fich eine Waflerkluft hervorgethan, durch deren Waſſer die Arbeiter. beym Abfinfen mehr und mehr verhin⸗ dert worden: fo bat man für. gut befunden, das Abe teufen in dieſem Schachte liegen zu laffen, und ein Dre hinaus zu brechen, Nachdem man nun 2E 8. gegen Morgen aufgefahren, bat man in erwähnten ſchwarzblauen Geftein wieder abzufinfen angefangen. Da man 1% Lachter erfunfen: iſt ein Klüftchen über- fahren worden, aus welchem mit ftarfem Blafen und Geheule fo ftinfende Wetter heraus gefommen, daß man, wegen des ſchwefelhaften Geftanfs und indem fein Licht brennen wollen, berausfahren müffen, ‚bis fich feldiger ein wenig verlohren, da aledenn ſolches Klüftchen mit Letten verfchmieret worden. Wenn man es geöffnet, fo hat Die darausfahrende ftinfende $uft in der Entfernung von einer halben Elle das Licht ausgeblafen. , In diefem andern Schade iſt 3% Sachter abzefunfen worden, Im zweyten Lachter find nierenroeife ſchoͤne glaßigte Steinkohlen » mit eingebrochen, bey welchem Umſtand man fich gute Hoffnung gemacht, das ganze Steinfohlenflöß zu erreichen, wie fich Denn auch das ganze Geftein "ach diefem noch an die 3 Lachter auch Kohlen erwies fen, und mit dee Schwaͤrze Floͤtz auf Floͤtz liegend, zroifchen welchen allezeit einer Querhand hoch fandis ges, ſchwarz und weiß und anderes mildes Gebirge fich befunden, fortgedauert. Mac) dieſem bat man eine ben einer Viertelellen hohe Sage von Gefchieben oder Bachkieſeln von allerley Farben angetroffen, . woraus denn erhellet, daß vorhin genannte Jagen durch die Fluth dahin gebracht worden. Hierauf iſt man Steinlagen u toͤdtendem Schwaden. 557 man auf ein Flüftiges rothes ſchwarz und weiß einge: forengtes Gebirge gefommen, mit welchem man Waf: fer erſchroten hat. Daher man fich genoͤthiget gefehen, zu Gewaͤltigung der Waſſer in diefes 7 Sachter tiefe Sefenfe eine Plumpe zu ſetzen. "Hierauf hat man in dieſem Geſenke gegen 20 Ellen. tief gebohret, da der Böhrerfopf abgefprungen und durch verfchiedene Verſuche nicht wieder angefchraube oder "herausgebracht werden koͤnnen. Weil man Auch Feine Veränderung des braimrorhen Geſteins oder Porphyrs, fo nie es eine Viertelſtunde davon im Plauifchen Stunde zu Tage zu finden, mahrgenoms men : fo ift dieſes Gebäude liegen geblieben. | Den ıı May 1746 machte man mie Plumpen den Anfang ‚ und den 15 waren die Waſſer ſo weit bewaͤl⸗ tiget, daß die Plumpe zu Ichnarhen anfing. Zum Ungluͤcke war eine Zugftange los wotden. Der Arz beiter att der Mafchine ruft einen zu Tage am Hafpel arbeitenden hinein, daß er ihm die Plumpe wieder in Drdnung zu.bringen- belfeit fol» Er ‚fäbret indeffen ins Geſenke und wird vom Schwaben getoͤdtet. Da der andere hineinfommt, Fein Sicht ſiehet, ihm auch) auf fein Rufen niemand antwortet: ruft er den dritten hinein, fahrt inveffen ins Gefenfe und wird gleich: falls vom Schwaben erſtickt. Als nun der dritte kei⸗ nen von beyden fiehet noch börer: fo führer er hinaus und meldet es dem Steiger. Da diefer hineinfomme und nach der Fahrt greifen will, kommt ihm ein füß« licher Geruch aus der Grube in die Nafe, welcher ihn den Augenbli finnfos macht. Zu feinem Gtlü- ce fällt er rückwärts. Da fich nun die Sinne nad) und wach wieder gefunden, Eriecht er auf dem Bauche bis 558 J. C. H. Nachricht von Erd- und, bis unter den Tagefihacht, taucht das Gefichte ‚ins, Waſſer, worauf er ‚wieder zu ſich felben fomme und herausfahrer. Der Schwaben wermebete fich hier- auf. dergefialt , ‚daß die Fackeln ‚auslöfhten, ‚und man nicht mehr hinter andas Geſenke kommen konnte. In dem Tageſchacht waren die Wetter beftändig gur, indem ein befondrer Fahrſchacht, mithin 2 Schächte neben „einander erbauet waren, daß alſo Die Luft cir⸗ culiren konnte. In dem Geſenke aber. waren alle, Wetterletten umfonft, wenn Die Luft von Mittage, hergieng. Da nun den 15 und 16 bey warmem ftillen Merten. die Luſt daher kam: ſo konnten, die Verun⸗ glückten nicht eher. heraus gebracht werden, „bis ſich felbige änderte, welches ‚den dritten Tag darauf geſchah, da fie denn mit einem Bornanker aus den Waller, „welche wieder, gejtiegen waren, herausgezogen und nach. Peſterwitz begraben ...0: Ir 4; JJ worden. wit BL T;| NE | N Er ZB 117 2 j Pi x n * 90 IN _ / Bf \ MN Sa ‘ ‚Ar J ’ PET ur 9 — Se 7 = 2137 2 »7 — I a —V ‚gu — Rn Sr —X 4 N ER A . an Ä GN LT TER 13 s * ZH AN AN in 2 A N N 3 NR — ns onu rd ) Ye 2 7a nöd - } 361 IE NUR: n< - . 1, Yale w wir Beuel einmal 559 Eu ne — 37* a ee ee: VL. oo mac von einem = der⸗ ſich zu Cottered nahe ben Baldack ar me — * in Hertfordshire mit einer. Prieſter frau⸗ | zugetragen, gi ui Stein une der Zunge ut William — Eiq. Mitgled der Konltlichen — Philoſoph. Frank; 4u1N.Art. Ba iefe Subſtanz die dem Anſehen nach aus Stein 2% j oder Ralf 3* zuſammen — J Bor De, unter der Wurzel ihrer Zunge, recht an der I Linken Seite der Medianlinie zwiſchen den Blurgefäfen ausgeworfen · Sie hatte in einem; Der altuiß, Das ‚fie ſich ſelbſt gemacht, gelegen, ‚und uren urůck gelaſſen, in die fie genau paſſete ‚und war ohne Schmerzen und Blut abgegangen. ' v Die Kranke enipfand zuerſt an dem’ ſchadhaſten Theil ohngefaͤhr sg Monat ehe der Stein weggie einige Beſchwerden. Der Schmerz erſtreckte bisweilen durch den ganzen Kinnbac en. faſt! bis: an Ohr. Die Drüfen waren manchmal geſchwollen, ind im Munde u ı faltiger Sup, Der Ges ſchwulſt # Diefer ei finder is, in der Raturalienkammer der Koͤnigl Geſellſchaft 50 Bom Zufall einer Prieſtersfrau ꝛc. ſchwoulſt wurde nach und nach faft wie eine "gute Mu ſcatennuß groß, und war dem Anfühlen nach hart. Ohngefaͤhr 14 Tage zuvor, ehe er abgieng/ kamen weiße Flecke zum Vorſchein, und mar nahm daran 'ab; ae: fich „Materie ſammle.Der Geſchwulſt war noch hart, als man ein gemeines Pflaſter von Weisbrodt uͤnd Milch daran brachte, worauf der Stein von ſelbſt ohne einige Behhuͤlfe heraus trat, daß ſich die Kranke ſeitdem nicht ferner beklagen duͤrfen. ch war dem Hertn Chaunch, dem Ehemann der Keonken, - Ay verbunden, — Inhalt des ne Stüds im ſiebenten Bande, * 1. Der Kit und die Wiſſenſchaft, eine ölegorie Es II. Gautier Brief an Herrn de Boffe. ...... 458 II. Gedoyn Geſchichte des Daͤdalus «470 iv. Berrächtungen uber die Geele in der. Erflarrung und Schlafwanderung | vi Anger von Irrthůmern in Abſicht bes Barmpalıen und der Erkältungen des Leibes 513 VI. Nachricht von Heisfchreden er 546 VII. RE.) H. Nachricht: von den Erd- und Steinlagen —* todtendem Schwaden im einem. ahgefunbeneh acht 554 Yin. Freemanit von einer — die einen Stein unter der Zunge seh FEN Hamburgiſches agazin, geſammlete Schriften, zum Unterricht und Vergnuͤgen, aus der Naturforſchung und den angenehmen Wiſſenſchaften uͤberhaupt. Des ſiebenten Bandes ſechſtes Stuͤck. Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Freyheit. Hamburg, bey Georg Chriſt. Grund, und in Leipzig bey Adam Heinr. Holle, 1751 ’ ’ — € r Herr Marggrafs Chymiſche Verſuche, einen wahren Zucker aus verſchiedenen Pflanzen, die in unſern Laͤndern wachſen, zu ziehen. Aus den Schriften der Konigl. Preuß, Akad. ber Wiſſenſch. 1747 J. 79 ©. Erdtheilchen, außer den harzichten, gummichten oder zaͤhen, und außer den Waſſertheilchen, welche ſich in den. Pflanzen finden, auch falzichte mit anzutreffen feyn. Es fiheine fo gar, daß, wenn man diefe leß« tern aus dem Pflanzenfafte, Den man rein, Dick und helle werden läßt, berausziehen will, man fie von den Pflanzen abfondern koͤnne, ohne baß hieraus die Zerſtoͤrung ihrer weſentlichen Theile erfolge; und man findet hievon einen deutlichen Beweis an dem gemeinften Sauerſalz, welches man eigenthümli- — Sauerampferſalz ip eflentiel d’ofeille‘) Tin nennt, 564 Maragrafs Verfuche, einen wahren nennt. Auf diefe nehmliche Art zog ich aus verfchie- denen Pflanzen und ihren Theilen, mancherley Salz, j. E. einen wahrhaften und vollfommnen Galpeter aus vömifchen Fenchel ſowohl als aus der ganzen Borragenpflanze. Zu einer andern Zeit 309 ich ge⸗ meines reines Salz aus dem Cardobenedictenkraut, der Gratiola und gemeinem Fenchel, wie aud) eine Are von Weinſtein aus der Mariendiſtel. II. Diefes gab mir Anlaß auch) die Theile ver- fchiedner Pflanzen zu unterſuchen, die offenbar füß ſchmecken; und nachdem ich allerhand damit angefan= gen hatte, fo fand ich, daß einige von dieſen Pflan- zen nicht nur eine Materie enthielten, die dem Zucker ziemlich nahe fam, fondern auch wirklichen Zuder, der dem befannten Zucer, den man dem Zuckerrohr abzapft, vollfommen ähnlich ift. III. Diefe Pflanzen, melche ich einer chymifchen Unterfuchung unterwarf, um Zucker aus ihren Wur— zeln zu ziehen, und darinn ich deffen auch in Ueber- fluß antraf, find Feine ausländifhen Gewaͤchſe; Es find Pflanzen, die in unfern Gegenden ſowohl als in andern in großer Menge mwachfen, gemeine Pflan= zen, die man häufig verbraucht, Die aud) ein mittel- mäßiges Erdreich hervorbringt, und die eben Feine befondern Wartung nöthig haben. | Dergleichen find 1, der weiße Mangold, oder Mangoldnuß, die man auch Cicla officinarum C, B. nennt, 2. Die Zuckerwurzel; Siſarum Dodonzi, 3. Die rothen Rüben, | Die Wurzeln von diefen drey Pflanzen haben mir immer reichlich reinen Zucfer gegeben. N erls Zucker aus Bflanzen zu ziehen. 565 Merkzeichen, welche zu erkennen geben, daß in den Wurzeln diefer Pflanzen Zucker feyn müffe, find, daß, wenn man diefe Wurzeln in Stüden fchneidet und abtrocfnet, fie nicht nur einen fehr lieblichen Ges fhmad haben, fondern auch ordentlich, vornehmlich durch das Bergrößerungsglas weißlichte und ernftallene Theilchen zeigen, welche von der Form des Zuders herruͤhren. IV. Da der Zucker ein Salz iſt, welches ſich ſo gar im Brandtewein aufloͤſet, fo glaubte ich, daß dieſer Brandfewein, wenn man von dem beften und ftärfs ften nahme, vielleicht dienen koͤnnte den Zucker von den Theilen der Pflanzen abzufondern. Damit ich aber zuvor verfichert ſeyn möchte, mie viel Zucker man in dem ftärfften Brandtewein auflöfen fönne, fo £hat ich 2 Loth von dem meißeften und feinften Zucker in ein Glas, mwohlgeftoßen und mit 4 Unzen des ftärfiten ‘Brandteweins vermiſcht; brachte alles in eine ftarfe Digeftion, die ich bis zum Kochen fortfegte: worauf fich diefer Zucker gänzlich aufgelöft befand. Indem diefer aufgelöfere Zucker noch warm war, feihete ich ihn in ein Glas, melches ich mit einem Stöpfel von Kork wohl verwahrte, und nachdem ich es ohngefahr 8 Tage alfo hatte ftehen Laffen, fo fabe ich, daß fich der Zucker aufs neue in fehr fehöne Cryſtalle zufammen feste. Man muß aber wohl merfen, daß, wenn diefer Berfuch wohl von ftatten gehen foll, man Brandtewein darzu nehmen müffe, der auf das beſte geläutert ift, und daß das Glas ſowohl als der Zus c£er fein trocken feyn; außer dem wird es mit dem Erpftallifiren ſchwer halten. ln 3 — V. Nach⸗ 566 Marggrafs Verfuche, einen wahren V. Nachdem diefes alles gefchehen war, nahm ich die Wurzel vom weißen Mangold in Scheifelein ges fehnitten und ließ fie rocken werden, Doch mit der Vorſichtigkeit, daß fie Feinen brandigten Geruch) an fih zogen; ich verwandelte fie darauf in grobes Puls ver, welches ich abermals trocknete, weil es fehr gern feucht wird. Don dieſem groben und abge- trockneten Pulver nahm ich, indem es noch heiß war, 3 Unzen, that fie in ein Glas, das ſich oben wohl verwahren ließ; goß 16 Unzen ſtarken Brandtemein, das Schießpulver entzündet, darauf; hierdurch wurde das Glas über die Hälfte voll; und nachdem ich es mie einem Stöpfel von Kork ein wenig zugemacht hatte, ließ ich es in heißem Sand allmählich erwarmen, bis der Brandtewein zu Fochen anfing,und indem ich dag Pulver, welches während feiner Erwarmung zu Bo= den fanf, von Zeit zu Zeit herumrührte, fo vermifchte ich es abermals mit diefem geiftigen Saft. Sobald der Aquavit zu kochen anfing, nahm ih das Glas vom Feuer weg, und goß die ganze Mi⸗ fhung, fo geſchwind als möglich, in einen leinenen Sack, wodurch ich die Feuchtigkeit, die darinn enf= halten war, genau heraus drückte; dieſen ausgedruck— ten Saft feihte ich, indem er noch warm war, das Abgefeihte goß ich in ein Ölas mit einem flachen *Bo= den, ftopfte es mit Korf zu, und verwahrte es an einem laulichten Dre. Diefer Aquavit wurde bald trüb, und nach einigen Wochen gab er ein eryſtallenes Salz, welches alle Kennzeichen des Zuckers hatte, der einigermaßen rein und voll harter Cryſtallen ift. Diefe CEryſtalle löfete ich abermals in Aquavit auf; und man kann bey ihrer Laͤuterung eben fo verfahren, wie Zucker aus Pflanzen zu ziehen. 567 wie ich $. IV zeigte, daß man mit dem ordentlichen Zucker verfahren Fonne. Es ift alfo diefes Die Haupt⸗ erfahrung, weil man durd) ihre Bermittelung ‚alle Pflanzentbeile, in denen man Zucker vermuthet und von welchen man den Zucker abfondern will, probis ven Fan, | VI, Auf diefem Wege, den ich erft gieng, erhielt ich von den drey obengedachten abgetrockneten Wurzeln folgendes Gewicht Zucker, naͤmlich: Von einem halben Pfund getrockneter weißer Mangoldwurzel, eine halbe Unze reinen Zu— cker; Von einem halben Pfund Zuckerwurzel, drey Loth; und von einem halben Pfund rother Ruͤben zwey und ein halb Loth Zucker. Indeſſen enthaͤlt dieſer Aquavit, wovon der Zu⸗ cker durch eine abermalige Cryſtalliſation war abge⸗ ſondert worden, doch noch etwas Zucker nebſt dem harzigen Theile der Wurzel; dieſes bemerkt man deut⸗ lich, wenn man nad) dem Cryſtalliſiren den Reſt im Balneo gar abziehtz denn fodann geben diefe drey Materien eine Mifchung, welche nichts ift als der barzige Theil, der noch mit etwas Zucker vermifcht ift. Sonſt iſt diefes noch) anzumerfen, daß fich Der Zucker bier wie zuvor von dem Brandtewein ab⸗ fondert, und ſich cryſtalliſiret; Der barzichte Theil aber bleibe im Brandtewein zurück. Zudem erhellet aus dem DVerfuche, den ich im Vren und diefem $ vorgetragen babe, daß das Kalfıwafler zur Austrocd« nung und Verdickung des Zuckers Feineswegs nöthig Nn4 | ſey, 563: Marggrafs Verfuche, einen wahren ſey, wie doch einige behaupten; fondern daß der Zus der ſchon ganz vollfommen und in einer Cryſtallge— ftale, wenigftens in den Theilen unferer Wurzel, ents Er few | “ VIE Nachdem ich mid) alfo von dem Dafeyn des Zuckers durch) die Erfahrung mit dem Brandtewein, die ich 9. V erzähle habe, genugſam verfichert hatte; fo ſchien mir dieſe Scheidungsart etwas zu Foftbar, und ic) glaubte, ich müßte eine andere fuchen, durch die mir einen Vortheil von diefer Operation erhalten fönnten. Ich bielte für das Befte, den ordentlichen Weg zu gehen, den Pflanzen ihren Saft durch das Ausdruden zu benehmen, diefen ausgepreßten Gaft zu läutern, ihn ferner durch das Ausdampfen zum Ernftallifiren zu zubereiten und endlich auch die Cry— ſtalle, die heraus Famen, zu läutern, VI. Hier finden fich gleichwohl verfchiedene Schwierigkeiten wegen des mehlichten Wefens diefer Wurzel; man kann ihnen aber durch gemiffe Vor— heile begegnen, weil man mit Wurzeln zu thun bat, die in einer Jahrszeit veif werden, die nicht gar zu warm mehr ift, naͤmlich im Ietober. Die Zuder- wurzeln führen vornehmlich etwas mehlichtes bey fi), noch mehr als die andern beyden obengenannten Wur⸗ zeln; und fo lange diefes Wefen mit dem Safte ver= mifche bleibt, macht es ihn zaͤhe. Weil demnach die Zudermurzeln diejenigen find, welche uns am meiſten zu fihaffen machen, wenn wir den Zucfer heraus zie— ben wollen, fo werde ich! mir es nunmehr angelegen feyn laffen zu erzählen, wie man verfahren müffe, wenn man den Zuder davon fcheiden will, IX. Man Zucker aus Pflanzen zu ziehen. 569 IX. Man nehme tenn nun eine gewiffe Menge: von diefen Wurzeln, von ten beften, die im Dctober, November, December und felbit im Januar reif worden find; auch ift es guf, Daß man ſich ſodann Damit verfieht, fo wie mi: den andern zwo Wurzeln, die zu eben der Zeit reif werden, Damit man fie den Winter durch aufheben koͤnne. Diefe Zuckerwurzeln muß man ganz frifch in Eleine Stüden fehneiden, und fie in einem eifernen oder fteinernen Mörfer fo dünn als möglic) ftoßen; darauf thut man fie in ein leinen Saͤcklein und druͤcket vermittelft einer dazu bequemen Preſſe ven Saft heraus. Ueber die in dem Sad nach diefer Auspreffung zurück gebliebene Wurzeln gießt man ein wenig Waſſer (man muß aber wohl zu- fehen, daß es kalt fen), alfo daß fie wieder fo viel Saft befommen, als fie durch das erfte Ausdrücken verloh- ven haben. ft diefes gefcheben, fo geht man aufs neue zur Auspreſſung diefer Mifchung fort; was fie abgiebt, thut man zu dem vorigen hinzu; man thut alles in gute und faubere Gefchirre, und läßt es etwa 24 Stunden, es fey nun im Keller oder an einem an- dern Fühlen Der, ſtehen; oder wenn die Jahrszeit falt genug ift, aud) wohl 485 nur daß es nicht ge= friere. Dieß wird machen, daß fich diefer Saft fegr; er wird klar werden und einen mehligen Staub oder ein wenig Hefen unten auf den Boden fallen laffen. Hierauf fhreitet man zu dem Abgießen und Abfeihen fort, indem man ihn entweder durch einen Geiher laufen läßt, oder nur das Klare abgießt. Ich will alles ganz kurz fagen; das Hauptwerf, das uns bey diefem Verſuch fort hilft, befteht in der Laͤuterung durch den Bodenſatz. Denn wenn fi hierdurch Pin 5 nicht 570 Maraarafs Berfuche, einen wahren nicht alles mehlartige wohl abfondert, fo werdet ihr nie etwas anders als ein zahes Wefen und Feinen Zus cfer,!beraus bringen. Hieher gehören zwo wichtige Anmerkungen : 1) Daß man gewiſſe Mafchinen hat, von verfchies dener Art, die man mif gutem Forfgange zum Stoßen brauchen Fann. 2) Daß man das, was übrig bleibe, nicht weg« werfen muͤſſe. X. Wenn die erſte Laͤuterung durch das Setzen oder durch das Abſeihen geſchehen iſt, ſo thut man den Saft in einen reinen meßingenen oder kuͤpfernen Topf, man ſchuͤrt Feuer darunter und laͤßt ihn ſieden, man nimmt die Unreinigkeiten, welche darauf ſchwimmen, mit einem Faumloͤffel oben weg, und befoͤrdert die Laͤuterung noch weiter dadurch, daß man Eyerweiß hinein thut; (man kann dieſes auch mit andern zaͤhen Materien ausrichten, wenn man viel Saft zu laͤu— tern hat, z. E. mit Ochſenblut ꝛc.) Man nimmt den dickſten Schaum ſo dann nochmals weg, laͤßt den abgeſchaͤumten Saft durch ein reines Tuch oder ei= nen Geiher laufen; worauf diefer Saft ganz durch— fihtig werden wird, wie ein heller Wein. Nun muß man ihn in einem kleinen faubern Topf wieder auffie den, bis endlich nur ein-Fieiner Theil davon noch übrig ift, Diefen thut man abermals in einen noch Fleinern Topf und fo weiter, bis er zu einem ziemlich dien Sprup mwird, den man endlich in reine und bes deckte Gefäße thut und an einem warmen Orte vers wahret. Auch mag ich bier dieſes noch anführen, daß diefer Saft, wenn man deflen viel —J in⸗ Zucker aus Pflanzen zu ziehen. 571 Winters einigermaßen durch das Gefrieren Fann con« centrirt werden. h BR - XI Wenn man alfo diefen Saft auf befagte Weife zu einem dicken Syrup bat ausdampfen und ohngefähr ein halbes Jahr oder auch noch länger, hat ftehen laf- fen, fo findet man Zucker in Fleinen Cryſtallen inwen— dig häufig am Glaſe hängen, Sodann fümme es darauf an, wie man dieſe Zuderernftalle von der Un— reinigfeit, die ihnen unfer der Öeftalt des Syrups noch anhängf, faubern möge; welches ungemein wohl von ftatten geben wird, wenn man das Gefäß in heißes Waſſer thut: denn fo bald diefes Waſſer heiß ijt, wird die in dem Gefäße enthaltene Mifchung durch Die Wärme flüßiger; wenn diefes gefchehen ift, muß man den $iquor mit den Cryſtallen in ein eifern ver- zinnt oder irrdenes Geſchirr gießen, welches eine weite Mündung, einen engen Boden, und ringsum ſowohl als im Boden verfchiedene Zöcher hat; dieſes Geſchirr feßt man in ein anders und verwahrt es bedeckt an ei» nem mäßig warmen Orte; alsdann fondert fich das Sprupartige nach und nad) ab, und rinnt Tropfen- weis in das untere Gefäß; was aber wirklich falziche Daran ift, wenn es gleich noch etwas von Syrup an fih) hat, bleibe im obern Gefäß. Der auf diefe Weiſe abgefonderte Syrup wird wieder an einen war: men Ort gefegt; hängt fi) nun aufs neue etwas cry⸗ ftallnes an, fo kann man es auf die vorige Art dazu fammeln. J— XH. Dieſen rohen Zucker, der nach Art des Sy- rups noch viel zabes an fic) hat, kann man alsbald zwifchen Loͤſchpapier ehun, welches in verfchiedene Fal: sen gebrochen und unter der Preffe ein wenig zuſam⸗ men N 572 Marggrafs Berfuche, einen wahren men gedruckt worden, alsdann wird diefes Löfchpa- pier noch vielen Saft an ſich ziehen und der Zucker wird etwas reiner werden. XI. Wenn man alfo diefen Zucker großen Theils von feiner Unreinigkeit gefaubert bat, fo muß man ihn von neuem im Wafler zergeben laffen und durch das Eyerweiß ſchaͤumen machen, damit fic) die unreinen ‚Theile, Die ihm noch anhängen, abfondern. - Man ſeiht ihn weiter durch ein vein leinen Tuch, und diefes alfo Abgeſeihte laßt man zu einem dicken Syrup zus ſammen fochen. Sodann thut man ein wenig Waffer von ungelöfchtem Kalch darunter, laßt es bey einem mäßigen Feuer noch) etwas auffochen, womit man fortfahren muß, bis fich der Saft in lange Fäden zieht, wenn man etwas davon zwifchen den Daumen und den Zeigefinger nimmt und fie gefchwind hinter einander auf und zu klappt. Sobald ihr diefe Anzeiz chen habt, muß alsbald der Zucder vom Feuer ges nommen und berumgerühret werden , bis er beynahe ausgefühlt und etwas dicker iſt. Hierauf thut man ihn in wohl gebrannte irrdene Gefäße, die Fegelför- mig und oben in der Spiße mit einer einzigen Oeff— nung verfehen find, die man mit einem hölzernen Stöpfel verftopft; man fegt ein noch weiteres Gefäß darüber, fo daß feines von beyden weichen Fann, und läßt alles an einem laulichen Drte beyfammen ftehen. Uebrigens habe ich bemerft, daß das Waller von ungelöfchteın Kalch, welches man darunter thut, die noch unter dem Zucker befindlichen fehleimichten Theile einigermaßen läutert, fo daß diefe alfo verdünnten Theile fich leichter abfondern, XIV. Zucker aus Pflanzen zu ziehen. 573 XIV. Nach wenig Tagen werdet ihr diefen Zucker fchon ziemlich hart und voller kleiner Ernftalle finden; wenn er ohngefähr acht oder mehr Tage ausgerubt bat, fo muß man den Stöpfel, den man unten in die Spitze dieſes Fegelfürmigen Gefäßes geftecft hatte, heraus nehmen und die Deffnung frey laffen. Dars auf kann man diefes Gefäß an einen mäßig warmen Ort fegen; fo wird ein guter Theil füßer Syrup her— auslaufen, den man ausdampfen und crftallifiren laffen, oder auch wohl brauchen kann, iwie ordentli= chen Zuckerſyrup. Endlich fahre man etlichemal mit - einem Pinfel, der in das Wafler von ungelöfchtem Kalch getaucht worden, über die Oberfläche des Zu: ers, der fich an das irrdene Gefäß angelegt bat, hin; indem diefes Wafler den Zucker durchdringt, fo nimmt es alle übrige Unreinigfeit und das was noch von Sy— rup zurück blieb, mit fich hinweg, welches zufammen in das unfere Gefäß fällt und zu dem vorigen Syrup gethan werden Fann. XV, Wenn man endlich diefen Zucker aus gedach- tem Gefäß heraus genommen und wie rohen Zucker handthieret hat, wovon $.XI geredet habe, fo thut man ihn auf die $. XII gezeigte Art in ein etlichemal ‚übereinander gefaltetes und ein wenig gepreßtes Loͤſch⸗ papier, wo er nad) und nach abtrocknet; fodann bes kommt ihr einen Zucer, der dem beften gelben St. Ihomaszuder ähnlich ift, den man aud) Mofcorod nennet. Go weit brachte ich es mit dem Zucer, den man aus unfern Wurzeln ziehen fann, durch) die von mir angegebenen Berfuche, Das übrige will ich auf eine andere Zeit verfparen, da ich eine größere Menge Zuder aus unfern Wurzeln werde fammeln und läu- tern 574 Marggrafs Verſuche, einen wahren tern koͤnnen, indem ich mich des weißen Mangolds, welcher unter allen dieſen Pflanzen den meiſten Zucker giebt, bedienen werde; ſodann werde ich dieſen Zu— cker öfter aufloͤſen, ich werde ihn durch das Waſſer von ungelöfchtem Kalch genauer laͤutern und mich be= müben ihm eine weißere Farbe zu geben, XVI. In Anfehung der Scheidung des Zuckers vom weißen und rothen Mangold verfuhr ich eben wie oben bey den Zuderwurzeln, Nur iſt anzu« merfen: 1. Daß ich diefe Wurzeln zuerft gerieben habe, weil fie ungemein bare find und zu ſchwer zu ftoßen feyn würden. 2, Daß fie feine fo weiße, auch nicht fo viel He⸗ fen geben, als die Zuckerwurzeln, und daß dar- gegen der weiße Mangold weit mehr und viel reinern Zucer giebt, als die Zuckerwurzel; gleichwohl ift auch dieſer ihrer noch veiner als der von rothem Mangold. Das, was von diefen Wurzeln ſowohl als von den Zuckerwurzeln übrig bleibe, nachdem man fie ausge- drücke hat, hat auch noch feinen Nusen, Davon wir gleich reden wollen, XVII. Ich gehe alfo wieder zuruͤck auf die Zuckers wurzeln, um zu zeigen, zu was man ihre Ueberbleib— fale brauchen koͤnne. Ich babe ſchon $. IX gefügt, daß man den Saft aus dieſen feifchen und geftoßenen Wurzeln heraus drückt; worauf der.erdartigite Theil, der noch mic etwas füßen vermifcht ift, übrig bleibe, An ſtatt nun daß man diefe übriggebliebene etwa weg⸗ werfen möchte, muß man etwas heißes Waffer dar: unter ſchuͤtten, bis es fo dick wird als ein Brey, ein wenig Zuder aus Pflanzen zu ziehen. 375 wenig weiße Bierhefen darunter thun und es zu einer ‚weinichten Gährung bringen; mit diefen Vortheilen wird man durch das Diftilliven den bißigften Spiritus heraus ziehen Fonnen, { Was die Hefen anlangt, die fi) von dem ausge— druckten Saft und auf den Boden des Gefäßes gefege hatten, fo goß ich Waſſer darunter, rührte fie herz um, ließ das dünnfte davon durch ein mäßig Elares Tuch laufen, und ließ es ftehen. Nachdem ich einen neuen Hefenſatz befommen hatte, fo goß ich das braune Waſſer wieder ab, goß dargegen anders nach, und verfuhr wie oben, indem dieſe Arbeic fortſetzte, bis endlich auf den Boden des Gefäßes eine ſehr weiße, dünne, und meblichte Hefe gefunden Hatte, Mac gefchehener Abfeihung , ftellte ich diefe Hefen in die warme Luft oder eine andere mäßige Wärme, Damit fie trocken würden; da fie denn ungemein ſchoͤn und eben wie Haarpuder wurden; mozu ich es doch mit dem meißen und rothen Mangold bisher noch nicht bringen Eonnte, XVIII. Außerdem merke man von der Zuckerwur⸗ zel dieſes noch, daß ich daran war, aus ſeinem Kraut das Salzige heraus zu ziehen. Deswegen nahm ich zu der Zeit, da dieſe Pflanze bluͤhte, das Kraut mit Stiel und Bluͤthe bis auf die Wurzel, und nachdem ich es geläutert hatte, ließ ich es nach und nach zu eis nem Syrup geftehen, worauf ſich zwar etwas ſalzich— tes abfonderte, allein dieß ift eine Materie, die ſich im Waſſer ſehr ſchwer auflöfen läßt, und man kann fie vielmehr für Weinftein, als ein füßes Galz ans nehmen, IR Damit 576 Marggrafs Verfuche, einen wahren - Damit id es furz fage, ich fand in diefem Kraut fo wenig, als in dem Kraut der andern zwo Wurzeln das mindefte Zucker, denn fie hatten nichts ſuͤßes. Es ift indeffen etwas merfiwürdiges, daß die Wurzel von diefen Pflanzen nur Zucker und Fein ander Salz enthalten, da im Gegentheil ihre Kräuter nichts der⸗ gleichen ben ſich haben, und man vielmehr eine Are Weinftein bey ihnen finder. XIX, Ob nun wohl diefe Wurzeln allezeit Zucker geben, fo kann es fich doch ung-fähr zufragen, daß fie das eine Jahr mehr geben als das andere, nachdem nämlich die Zeit feucht oder troden ift.Man muß auch auf die vollkommne Keife der Wurzein Achtung ge- ben. Gegen das Ende des Dctobers oder Novems» bers find fie am beiten. Ich babe fo gar aus alten Zuckerwurzeln, die den Winter über unter der Erde gelegen waren, vortreffiichen Zucker gezogen; ob ich gleich meinen chymiſchen Verſuch erft im May und zu Anfang des Junius anftellte; doch hat man Urfa= che zu glauben, daß diefe Wurzeln, mann ihr Krauf einmal mwirflih Körner befommen hat, zu dem Ver— fuch den Zucker davon zu feheiden, fo gut nicht mehr find. XX, Das, mas ich bis daher vorgefragen habe, zeigt uns überhaupt, was für häusliche Bortheile man aus diefen Erfahrungen ziehen koͤnnte; es foll mir ge- nug fenn einen einzigen, welches vielleicht auch der geringfte ift, anzuzeigen. Der arme Bauer Fönnfe fich ftatt eines theuren Zuckers oder fchlechten Syrups unfers Pflanzenzucers bedienen, wenn er nur ber mittelſt gewifler Mafchinen ihnen den Saft abpreßte, ihn einigermaßen läuterte und. fodann zu einem dicken | Syrup Zuder aus Pflanzen zu ziehen. 577° Syrup geftehen ließ. Diefer dicke Saft wäre gewiß viel veiner als der gemeine ſchwaͤrzlichte Zucerfprup, und vielleicht Fonnte man auch das, was nach der Aus» preffung übrig bliebe, noch zu feinem Nutzen anwen« den. Ueber diefes geben die obenangeführten Erfah. rungen deutlich, daß man diefes füße Salz in unfern Gegenden machen kann, fo gut als in Denenjenigen, in welchen die Zuckerrohre wachfen. XXI. Ich will bier noch verfchiedener Pflanzen gedenken, wovon einige zwar wahrhaften Zucker fuͤh— ren, allein in fo geringem Maaße, daß es nicht der Mühe verlohnet ihn heraus zu ziehen, obgleich ihr Saft ſehr füße ſchmeckt, und man ſich deffen auf oben« gedachte Weife bediener die Speifen damit zu verfüs- fen, Brandtewein daraus zu brennen, und zu vielen andern dergleichen Abfichten, wenn man fie nur in großer Menge bat. Als ich auf eben diefe Weife mit den gelben Rüben verfuhr, nämlich, daß ich fie auspreßte, laͤuterte und zu dicken Saft gefteben ließ, befam ich auch ei- nen ungemein füßen Saft, der aber vielmehr einem Honig als einem Zuder glih. Vollkommnen Zus er konnte weder auf oben befchriebene Weife, noch vermittelft des Aquavits aus diefen Wurzeln heraus. bringen. Der Paftinackwurzel zwang ich zwar ver- mittelft des Aquavits etwas, doch fehr wenig Zucker ab, aber einem großen runden Kürbis Fonnte ich nicht ein Brößgen abgewinnen; zwo Arten von Nech« gras (chiendent) gaben auch einen füßen Saft ‚der Doch bis hieher von allem Zucker Icer ift. y XXU. Ich ſammlete auch den Saft, welcher von der Bluͤthe der amerifanifhen Aloe, die von der größ- 7Band. Do - ten 378 Marggrafs Verſuche einen ıc. ten oder derjenigen Gattung war, welche in eine läng- lichte Spige empor wählt, in Gefäße, und ich fand, daß dieſer Saft Zucker enthielt. Desgleichen, wenn der Saft, der des Winters aus angebohrten Birfen fließt, ausgedampft und in Syrup verwandelt ift, und man läßt ihn einige Zeit ftehen, fo fondert fich ein füßes Salz ab, das man doc) vielmehr ein Manna, als einen Zucker nennen möchte. Die trockenen Wein: beere, wenn fie ein wenig mit Waſſer angefeuchtee werden, daß fie weichen, Fönnen fodann geſtoßen, ihr Saft abgezwungen, geläutert und zu Syrup werden, der eine Art von Zucer giebt. XXI. Was ich etwa fonft noch von unfern drey Zucderwurzeln, wovon bier die Rede gemefen ift, fagen Eönnte, als das, was die chymiſche Unferfuchung ihrer wefentlichen Theile betrifft, imgleichen die genaue Be— ſtimmung desjenigen Theils Zucker, den man Davon feheiden Fann, diefem allen werde Fünftig einen beſon— dern Platz anmeifen, wenn ich Gelegenheit haben werde mich weitläuftiger hierüber einzulaflen. XXIV. Sch will daher nur noch ein Wort hinzu: fegen, um den Theil Wafler anzumerken, welchen jede von diefen drey Pflanzen enthält, damit man hieraus defto beſſer begreife, welches die beften zu dieſem Berfuche fern. Die Wurzel vom weißen Mangold enthaͤlt drey Viertheil Waſſer; denn ein Pfund dieſer Wuͤrzel die noch friſch waren, wogen, nachdem man ſie abgedoͤrrt hatte, nicht mehr als vier ford. Die Wur-⸗ zel von weißem Mangold ift noch wäßriger; denn ein Pfund feifcher Wurzeln gab nicht mehr als zwey Loth gebörrter, alfo daß diefe Wurzel fieben Achte theile Waſſer entbält, 4 9 II. | 379 pre ee re II. | Des Herrn von Voltaire | Verſuch einer Abhandlung von der epiſchen Dichtkunſt. Aus dem J Theil der Oeuvres de Mr. de Voltaire uͤberſetzet. Das erſte Capitel. Von dem verſchiedenen Geſchmack der Voͤlker. an uͤberhaͤuft faſt alle Kuͤnſte mit einer unglaublichen Anzahl von Regeln, von ] welchen der meifte Theil unnüge oder falſch iſt. Ueberall finden wir Anweiſun— gen; aber ſehr wenig Beyſpiele. Nichts iſt leichter als in dem Tone eines Meiſters, von einer Sache reden, die man ſelbſt nicht in Ausübung bringen kann: Man Fan ehe hundert Anmeifungen zur Dichtfunft, als ein Gedichte aufbringen, Man fiehet überall Leh— ver der Beredfamfeit, und faft nirgends einen Red— ner: Die Welt ift voll von Kunftrichtern, die durch ihre Auslegungen, Erklärungen, und Diſtin— ctionen dahin gefommen find, daß fie die allerdeut« lichfte, und allereinfältigfte Kenntniß verdunkeln. Es fiheinet, als wenn uns nur die beſchwerlichſten Da, Wege 530 Voltaire Verſuch einer Abhandlung Wege gefielen. Jede Wiffenfchaft, jede Kunſt hat ihre befondere unverftändliche Sprache, die, nur des- wegen erfunden zu feyn fheinet, den Zugang zu ih» nen ſchwer zu machen. Mit was für barbarifchen Namen, und pedantifchen Kindereyen, befchwerete man nicht vor furzer Zeit den Kopf eines jungen Men⸗ fchen, um ihm, in Zeit von ein oder zwey Jahren, einen falfchen Begriff von der Beredſamkeit beyzus bringen? von welcher er durch das $efen quter Bü cher, in fürzerer Zeit, eine viel richtigere Erkenntniß hätte erlangen fönnen. Die Art, mit der man fo lange Zeit die Kunft zu denfen lehrte, ift dem natürlichen Berftande ganz gewiß gerade zumider, Inſonderheit haben die Ausleger und Kunffrichter ihre Anmweifungen bey der Dichtfunft verſchwendet. Sie haben mit vieler Arbeit ganze Bände über einige Zeilen gefchrieben, die von der fpielenden Einbil- dungsfraft des Dichters hervorgebracht worden. Sie find den Tyrannen ähnlich, die eine freye Mar tion, deren Charafter fie nicht Fennen, an ihre Ge— feße binden wollen; fie gleichen denen fogenannten Gefeggebern, die einen Staat öfters in Verwirrung fegen, den fie doch in Drdnung bringen wollen, Der meifte Theil hat mit Schläfrigfeie von einer Sache geredet, die man nicht ohne Entzücfung em» pfinden ſollte; und wenn auch felbft ihre Regeln rich— eig wären, wie wenig Mugen würden fie bringen ? Homer, Birgil, Taſſo, Milton haben Feiner andern Anmeifung, als nur ihrem Wise gefolget. Diefe vorgegebene Regeln würden zu weiter nichts dienen, als große Männer zu binden, und fie in ihrem, $aufe aufzuhalten, denenjenigen aber, den es an natürlicher | Gefchick- von der enifchen Dichtkunft. 581 Gefchicklichkeie fehlet, würden fie eine ſchwache Hilfe ſeyn. Man muß auf der Rennbahn laufen, nicht aber dafelbft mit Kruͤcken berumfchleichen. Faft alle Kunſtrichter haben in dem Homer Regeln gefucht, die fich ganz geroiß nicht darinne befinden. Da aber dies fer griechifche Dichter zmen Gedichte von ganz vers ſchiedner Natur verfertiget hat, fo find fie fehr beforge geweſen, den Homer mit ihm felbft zu vereinigen. Da nun endlich der Virgil gefommen, der in feinem Werke ven Plan von der Ilias und der Dönffee vereis niget, fo mußten fie auf neue Mittel bedacht fenn, ihre Regeln auf die Aeneis einzurichten. Sie haben es faft wie die Sternfundigen gemacht, die täglich) eingebildete Kreife erfunden, und mit geringer Schwie— rigfeit, ein oder zween Himmel von Kriftall gefchaffen, und mieder vernichtet haben. Weoeänn einer von denen, fo man Gelehrte nennf, und die ſich auch felbft dafür halten, fommen, und euch fagen follte, das Heldengedicht ift eine lange Fröichtung, die dazu erfunden ift, eine mo⸗ ralifche Wahrheit zu lehren, und in welcher - ein Held, mit Huͤlfe der Götter, in Zeit von einem "Jahre, eine große Handlung vollbrinat; fo müßte man ihm antworten: Euere Befchreibung it ſehr falſch; denn ohne zu unterfuchen, ob die Iliade des Homers mit eurer Negel übereinftimmt, fo haben die Engländer ein Heldengedicht, * deſſen Held, ohne Daß er Durch den himmliſchen Beyſtand mit ei— ner großen Unternehmung in-einem Jahre zu Ende fommen follte, von dem Teufel, und feiner eigenen 203 Stau * Paradife loft. 32 Voltaire Berfuch einer Abhandlung Frau in einem Tage betrogen, und aus dem irrdifchen Paradies gejaget wird, weil er Gott ungehorfam ge- weſen. Diefes; Gedicht ift unterdeffen von den Eng— ändern mit der Iliade in Vergleichung geftellet worden, und viele haben es mit einigem Scheine eines guten Grundes felbjt vem Homer vorgezogen, So wird alfo das Heldengedicht, werdet ihr mie bier fagen, eine Erzählung einer unglücklichen Bege— benheit in fich halten? Keinesmweges ; diefe Befchrei- bung würde eben fo falfch als die erfte feyn. Der Dedipus des Sophofles, der Cinna * des Corneille, die Arhalie des Racine, ** ver Cäfar des Chafe- fpear, Dieſes Trauerſpiel wurde das erſtemal zu Paris im Jahr 1639 mit vielem Beyfall aufgeführer. Peter Eorneille hatte e8 dem Montoron einem febr reichen Manne zugefchrieben, der ihm eine beträchtliche Sum: nie dafır auszahlen ließ. Geit diefer Zeit werden in Sranfreich die Zueignunggfehriften, fo wohl bezahlet worden, epitres a la Montoron genennet. Corneille war zu Rouen 1606 gebohren. Er reinigte die Schaus uhne von den unverſchaͤmten Grobbeiten, die damals Darauf Diode waren, und ftarb als Dechant der Fo- niglichen franzöfifchen Akademie im Jahr 1684. f. Wer . liſſon Hiftoire de P Academie Frangoife ©. 237 und 253. Niceron Memoires pour fervir à P’ hiftoire des Hommes illuftres Th. XV ©. 349:383. Seine thea= tralifchen Werke find mit den Werfen feines juͤngern Bruders Thomas Corneille zu Amſterdam 1733 in XL Duodezbanden an das Liche geftellet worden. *Johann Racine geb. zu Fertemilon 1639 war anfangs lich Prior von Epinat, Faufte fich aber endlich Die Stelle eines Schatzmeiſters von Frankreich in der Generalite de Moulind, Der König ie er⸗ von der enifchen Dichtkunſt. 583 ſpear, der Cato des Abdifon, die Merope des Mar: cheſe Scipio Maffei, der Roland des Gpinaur, find alles ſchoͤne Trauerfpiele, die aber, wie ich mid) zu fagen unterftehe, von ganz verfchiedner Natur find, Man würde einigermaßen eine befondere Befchreibung für jede unter ihnen nöthig haben. Man muß fi bey allen Künften vor dergleichen Befchreibungen in Acht nehmen, vermöge der wir ung unterftehen alle Schönheiten auszufihließgen, die ung unbekannt find, oder die uns die Gewohnheit noch nicht gemein gemacht bat. Es verhält fich mit den Kuͤn— ften, und befonders mit denen, die auf Die Einbildungs- Fraft ankommen, nicht wie mie den Werfen der Natur, wir Fonnen die Metalle, die Mineralien, die Ele— mönte , die Thiere befchreiben, weil ihre Natur alle- zeit einerley ift, aber faſt alle Werfe ver Menfchen ändern ſich eben fo wie die Einbildungskraft, die fie hervorbringe. Die Gewohnheiten, die Sprachen, der Geſchmack der Völfer, die einander am naͤchſten benachbart find, find doch unterfchieden. Ja eben Das Bolf ift innerhalb drey oder vier Jahrhunderten fih nicht mehr aͤhnlich. In den Künften, die bloß auf die Einbildungsfraft anfommen, giebt es fo viel Revolutionen als in den Staaten, fie verändern fich auf faufenderley Art, in der Zeit felbft, da man etwas von ihnen feſt fegen will. So viel wir urtheilen Fönnen, war der alten Gries chen Mufik von der unfrigen fehr unterfchieden. Die. heutige italienische iſt nicht mebr die Muſik des $uigi 204 und bievauf zu feinen Secretair und ordentlichen Kammer; iunfer, und wurde nebft dem Boileau zum koͤniglichen Gefibichtfihreiber ernennen. 584 Voltaire Verfuch einer Abhandlung und Carißimi, perfifche Gefänge würden ficherlich europälfchen Ohren nicht gefallen: Aber ohne jo weit zu gehen, ein Franzofe, der an unfereDpern gewöhnt ift, kann fich nicht enthalten zu lachen, wenn er das er= ftemal ein Recitativ in Italien hoͤrete. Der Italie— ner thut eben das zu Paris, und beyde haben einer fo ſehr als der andere Unrecht, fie überlegen nicht, daß ein Recitativ nur eine in Noten geſetzte Rede ift, daß beyde Sprachen von fehr verfchiedener Befchaffenbeit find, daß fie weder einerley Accent noch einerley Ton haben, daß fich dieſer Unterfchied in gemeinen Unterredungen, noch mehr auf der fragifchen Schau: bühne, und alfo ungemein fehr in der Muſik zeiger. Wir folgen in der Baufunft fo ziemlich Vitruvs Re— geln, gleichwohl find die Haufer, die Palladio in Ita— lien aufgeführet hat, und die unfere Baumeifter bey uns angeben, des Plinius und Cicero Häufern nicht ähnlicher als unfere Kleivungen den ihrigen. Ich will auf Erempel fommen, die näher zu meinem Hauptzwecke gehören. Was war das Trauerfpiel bey den Griechen? Ein Chor, der faft beftändig auf dem Schauplage bliebe, Feine Abtheilung der Aufzüge, wenig Handlungen, noch weniger Verwickelungen, bey den Sranzofen ift es ordentlich eine Reihe von Unter: redungen in fünf Aufzügen mit einer verliebten Ber: wickelung. In England iſt das Trauerſpiel in der That eine Handlung, und wenn die Dichter dieſes Landes die Handlung, die ihre Stuͤcke ſo lebhaft macht, mit einer natürlichen Schreibart, Wohlanſtaͤndigkeit und Drd- nung verbänden, mürden fie bald die, Griechen und die Franzoſen übertreffen. Man. von der epifchen Dichtkunſt. 585 Man Merſuche alle andere Kuͤnſte, jede erhaͤlt beſondre Veraͤnderungen durch die verſchiedene Ge⸗ muͤthsart der Voͤlker die ſie treiben. Was ſollen wir uns alſo von dem epiſchen Gedichte für einen Begriff machen? Das Wort epifch Fomme vom Griechifchen Eros eine Rede. Der Gebrauch hat diefe Benennung Er= zaͤhlungen von heldenmäßigen Begebenheiten in Berfen zugeeignet. - Eben wie das Wort Oratio bey den Roͤmern anfanglic) auch nur jede Rede bedeutete, und nachgehends in Reden, die mit Fleiß ausgearbeiteg waren, gebraucht wurde, und mie Imperator anfangs von einem Feldherrn gebraucht wurde und zulegt der Titel der Monarchen ward. Alſo ift das epifche Gedicht an fich ſebſt nur eine Erzaͤhlung von heldenmaͤßigen Begebenheiten in Verſen. Ob die Handlung einfach oder zuſammen— geſetzt iſt, ob ſie in einem Monate, in einem Jahre oder in längerer Zeit zu Ende kommt, ob der Schau— plaß an einem Orte wie in der Iliade befindlich iſt, oder ob der Held Meere durchreifet wie in der Dönflee, ob er glücklich oder unglücklic), vafend wie Adill, oder fromm wie Element ift, ob nur. eine Hauptperſon ift oder ob ihrer mehrere find, ob die Handlung zu ande oder auf dem Meere, am Ufer von Africa wie in der Luziade, oder in America wie in der Araucana, im Himmel, in der Hoͤlle, außer den Graͤnzen unſerer Welt, wie in Miltons Paradieſe vorgeht, daran iſt nichts gelegen, das Gedicht ift allezeit ein epifches Gedicht, ein Heldengedicht wenigftens, wenn man nicht einen neuen Titel, der feinen Berdienjten gemäß ift, für das— felbe ausfündig macht, Ber So5 Mache 586 Voltaire Berfuch einer Abhandlung Macht ihr euch ein Bedenken (fage der berühmte Herr Addiſon) den verlohrnen Paradiefe Miltons den Titel eines epifchen Gedichtes zu geben, fo nennt es, wenn ihr wollt, ein göftliches Gedicht, gebt ihm fonft was ihr wollt für einen Ilamen , wenn ihr nur das eingeftehet, daß es in feiner Art ein eben fo vortreff- lich Gedicht fen, als die Iliade. Wir wollen niemals über die Namen ftreiten, es iſt eine nicht zu verzeihende Kinderey. Sollte ich wohl den Stücfen des Congreve * und des Calde— ron ** den Mamen ver Luftfpiele abfprechen, meil fie niche nad) unfern Sitten eingerichtet a uͤn⸗ *Das Leben des William Congreve kann man in dem IV Bande des englifchen Baile nachlefen. Der Ritter Carl Wilfon hat eigne Memoirs of the Life of Wil- liam Congreve zu London 1729 drucken laffen, in wels chem Jahre Eongreve farb. Eine Beſchreibung feis nes prächtigen Begrabniffes ift in den Leipz. gel. Zeit. auf das Jahr 1729 ©. 218 befindlih. Wir befigen eine Sammlung feiner Werke, Die zu London 1710 in 3 Banden in 8 heraus gekommen. Doch werden vers muthlich auch neuere zum Vorſchein gekommen ſeyn, die ung aber nicht befannt worden. * = D. Pedro Calderon de la Barca, ein ſpaniſcher Dich- ter, lebte zu Ende des vorigen Jahrhunderts. Er hat febr viel Luſtſpiele, mie auch fo genannte Autos Sa- erementales Alegoricos y Hiftoricos verfertiget. Wir fönnen aus Mangel der Nachrichten nicht fagen, ob man eine eigne Sammlung von feinen Werken veratts fialtet. Man findet aber in verfchiednen Sammlun— gen fpanifcher Zufkfpiele und Gedichte, einige davon. In denen Comedias nuevas efcogidas de los mejores ingenios de Efpanna Madrit 1662 in 4 find verfchiedne anzutreffen, Ä von der epifchen Dichtkunſt. 587 Kuͤnſte haben einen viel weitern Umfang, als man ins⸗ gemein denket; ein Menfch, der nichts als die claßi- fhen Schriftfteller gelefen hat, verachtet alles, was in den noch lebenden Sprachen gefchrieben ift, und derjenige, der Feine andere als feine Mutterfprache inne hat, ift denenjenigen abnlic), die niemals außer den Gränzen des franzöfifchen Hofs.gefommen, und Die Das übrige in der Welt für Kleinigkeiten halten, und glauben, daß derjenige, fo Verſailles gefehen, alles gefehen habe, Der Punft aber, worauf die Frage und die größte Schwierigkeit beruhet, beftehet in der Kenntniß der- jenigen Stüde, in welchen gefittere Nationen mit einander übereinftimmey, und in welchen fie von ein= ander abgeben... Ein enifches Gedicht muß überall: auf die Vernunft, und eine gute Beurtbeilung ge: gründet feyn, die Zierrathen und den Puß muß die Einbildungsfraft binzutbun: dasjenige, was der ge= finden Vernunft zugehöref, gehöret auch zugleich allen Nationen in der ganzen Belt zu. Alle werden euch fagen, daß eine einfache und wohlsusgefuchte Handlung, die fich leicht und-nach und nad) entwi— ckelt, und feine ermüdende und befehmerliche Aufmerf- famfeit erfordert, ihnen viel beſſer gefalle, als ein ver: wirrter Zufammeafluß von abentheurlichen und unge⸗ heuern Begebenheiten. Man wuͤnſchet einſtimmig, daß diefe vernünftige Einheit mit einer Abwechfelung von Epifodien gezieret fen, die wie die Ölieder an einem ftarfen und wohlges ſtalteten Körper ſeyn ſollen. Je groͤßer und erhabner die Handlung ſeyn wird, je mehr wird ſie den Beyfall aller Menſchen erlan⸗ 538 Voltaire Berfuch einer Abhandlung erlangen, deren Schwachbeit darinne beſtehet, daß fie fich von allen außerordentlichen und ungewöhnlichen Bege« benbeiten einnehmen laffen. Bor allen Dingen muß diefe Handlung fo befchaffen feyn, daß wir gleichfam gezwun⸗ gen werden, daran Theil zu nehmen, denn alle Herzen wollen gerühret feyn, und wenn ein Gedicht noch fo vollfommen ift, aber feine Empfindung erreget, fo wird es zu allen Zeiten, und in allen Ländern ab= geſchmackt feyn. Die Handlung muß auch ganz feyn, Denn man findet Eeinen Menfchen, der mit dem Theile des Ganzen, das er fich verfprochen gehabt, zufrie⸗ den fenn follte. | Diefes find ohngefähr die vornehmften Kegeln, welche die Natur allen Nationen, welche die Willen: fchaften treiben, vorſaget; aber die Mafchine des Wunderbaren, die Zwifchenfunft einer bimmlifchen Mache, die Natur der Epifodien, alles diefes, was von der Tyrannen der Gewohnheit und von demjeniz gen Triebe, den man Geſchmack nenne, abhänger, ift tauſend verfchiednen Meynungen, aber feinen allge meinen Regeln unterworfen. Hat man denn aber gar feine Schönheiten des Ges ſchmacks, werdet ihr mir einwenden, die durchgän- gig den Beyfall aller Nationen erhalten haben ? Es find ihrer ohne Zweifel eine große Anzahl. Seit der Zeit.da die Wiffenfchaften gleihfam auf das neue gebohren worden, da man fid) die Alten zum Mufter vorgeftellet, haben Homer, Demofthenes, Birgit, Cicero, auf einige Art alle Bölfer von Eu- ropa unter ihren Gefeßen vereiniget, und aus fo viel verfchiednen Nationen eine einzige Republik der Wiſſenſchaften gemacht; aber mitten unter Diefer allge⸗ \ von der epifchen Dichtfunft. 589 allgemeinen Lebereinftimmung führen die Gewohn— beiten jedes Volks in jedem Sande einen befondern Geſchmack ein. | Man fpüree in den beften neuen Schriftftellern den Charakter ihrer Provinz mitten unter der Nachah— mung des Alten. Ihre Bluhmen und ihre Früchte find durch eben diefelbe Sonne erwärmer, und zur Reife gebracht worden, aber durch das Erdreich, das fie nährer, befommen fie den Gefhmad, die Farben, und die verfchiednen Geftalten. Ihr werdet * einen Staliener, einen Franzoſen, eis nen Engländer, einen Spanier an feiner Schreib- art, eben fo wie an den Zügen feines Gefichtes, an feiner Ausfprache, an feinen Sitten erfennen. Die tieblichfeit und Weichlichfeie der italienifchen Sprache ift in die Gemürhsart, und in den Wig der italienifchen Schriftfteller eingedrungen. Die Pracht der * Der Marquis d' Argens erklaͤret fich in einem feiner Driefe darüber folgender Geſtalt: Ein Schriftftellee mag fo viel Naturel baben als er will, er kann niemals die Vorurtbeile der Erziehung gänzlich überwinden: Sin jeder Menſch, der die Sitten der Völker Eennet, wird unterfcheiden, von welcher ration ein Schrififteller fey,ee mag in einer Spra⸗ che fchreiben, in was für einer er will. Ich babe niemals englifche Bücher gelefen, darinnen nicht etwas wider Die Sranzofen ſtuͤnde; niemals italies nifche darinne nicht tbörichte Begriffe wären, niez mals fpanifche, die nicht mit Wundern vollgeftopft wären; und niemals franzsfifche, wo der Verfaffer ſich nicht in dee Vorrede lobe. Wir überlaffen diefe Charafterifirung der Schriftiteller dem Urtheile unfe- ser Lefer, ohne im geringſten daran Theil zu nehmen. | 590 Boltaive Berfuch einer Abhandlung der Worte, der verblühmte Ausdruck, eine erhabne Schreibart find, wie mir ſcheinet, überhaupt davon zu reden, der Charafter der fpanifchen Schriftfteller. Die Stärke, der Nachdruck der Worte, die Verwe— genheie ift den Englandern vor allen andern eigen, fie find überhaupt in Allegorien und Gleichniffe ver- liebte. Den Franzofen ift die Deutlichfeit, eine ges naue Nichtigkeit, und Die Zierlichfeie des Ausdrucks angebohren, fie wagen wenig, fie haben weder die englifche Stärfe, die ihnen riefenmäßig und unge- ‚heuer vorfommen würde, noch die italienifche Lieblich— keit, die ihnen in eine mweibifche Weichlichkeit auszu⸗ arten fheine, | Aus allen diefen Verſchiedenheiten entfpringet der Widerwille, und die Verachtung, die eine Nation ges gen die andere blicken laͤßet. Damit diefer Unterfchied, der fich in dem Gefchma« ce der benachbarten Völker befinder, defto deutlicher in die Einne fallen möge, fo dürfen wie nur ihre Schreibart betrachten. Man giebt mie Recht in Italien diefen Verſen aus ber drirten Stange des erften Geſangs aus dem befreyes ten Jeruſalem, feinen Beyfall. | Cosi all’ egro fanciul- porgiamo afperfi Di foavi licor gli orli del väfo: Succhi ainari ingannato intanto ei beve E dall’inganno fuo vita riceve: Diefe Bergleichung der Annehmlichkeiten der Er dichtungen, die nüßliche Lehren verſtecken, mit einer bittern Arzeney, die einem Kinde in einem mit Ho— nig beftrichenen Gefäße gegeben worden, würde in einem franzöfifchen epifchen Gedichte unerträglich e ir von der epifchen Dichtkunſt. 595 Wir lefen mit Vergnügen in dem Montagne *, dag man die einem Kinde beilfame Speife mit So: nig überziehen müffe, emmieller la viande falu- . bre * Michael von Montagne Herr zu Montagtie, römifchet Bürger, Ritter des ©. Michaeldordens, Maire von Bourdeaur und Marfchall von Frankreich, war auf dem ihm zugehörigen Schloffe Montagne in ber Bros vinz Verigord 1533 gebohren. Er war ein Dann von ſehr weitlauftiger Beleſenheit, und großem Nachdens fen, den aber auch zugleich das faft allgemeine Schisk- fol großer Geifter betroffen, daß er durch gute und böfe Gerüchte gegangen. Gein vornehmſtes Buch iff das fo berufne Eflais de Michel Montagne. Man hat eine ziemliche Anzahl Ausgaben davon; Go gar ei Srauenzimmer hat fich mit der Beforgung einer Aug- gabe befchäfftiger. Es iſt folches die befanıte Diades moifelle von Gournai, die mit dem Herrn Montagne in einer fehr genauen Befanntfchaft lebte. Ihre Auge gabe ift zu Paris 1635 in Fol. mit einer Zueignungs⸗ fchrift an den Kardinal Hichelieu herausgekommen. Es würde zu meitlauftig ſeyn alle Ausgaben diefes Buchs anzufüuhren; Wir wollen nur der beyden neues ſten gedenken, die eine ift mit beträchtlichen Vermeh— rungen, und mit biftorifchen und kritiſchen Anmerkun— gen durch den Herrn Coſte zu Paris 1739 in B. 126 beforget worden. Die andere iff jener faſt in allen Gtüden ahnlich. Sie ift zu Paris, ob gleich die Auf⸗ fehrift London angiebt, 1725 in 33. in 4, denen mars 1741 den 4ten hinzugefügt, herausgefommen. Ei» nige fagen, diefes Buch verdiene mehr Verachtung als Aufmerkſamkeit; es fey fehlecht, unordentlich, Babe feinen Zufammenhang, und fey mit unzählbaren, eis nem verflandigen Manne unanflandigen Kindereyer angefuͤllt. Andere halten es für überaus anftößig, und gefahrlich. Gie finden Grundfäge darinne, die alle Froͤmmigkeit, ale Religion, ja ſelbſt die unums ſſoͤßlich⸗ w 592 Boltaire Verſuch einer Abhandlung | bre 3!’ enfant. Aber diefes Bild, das in feiner ge= möhnlihen Schreibart gefäller, würde uns der Ma: jeſtaͤt der Epopee nicht würdig genung ſcheinen. In dem fechzehnten Gefange des befreyeten Je— tufalem befindet fic) eine Stelle, die durchgängig den Benfall erhalten hat, den fie auch verdiener. Es ift da wo bey der Armida der Verdacht von der Flucht ihres Siebhabers rege wird. x Volea gridar: dove, o crudel, me fola Lafci? ma il varco al fuon chiufe il dolore ; Si, che torno la flebile parola y Piu amara indietro, a rimbombar fw 1 core. Diefe vier italienischen Verſe find fehr rührend und fehr natürlich, wenn men fie aber genau überfegt, fo würde es im Sranzöfifchen ein Galimathias feyn. Sie wollte fehreyen, Grauſamer, warum laͤßt du mich allein? Aber der Schmerz vers ſchloß ſtoͤßlichſten Grundſaͤtze des natuͤrlichen Rechts uͤber den Haufen werfen ſollen. Sie ſagen, es ſey die Quelle, woraus die neuern Freygeiſter ihr Gift ſchoͤpften. Im Gegentheil finden ſich wieder andere, die alle nur moͤgliche Lobserhebungen an dieſem Werke verſchwen⸗ den; fie wollen von keiner beſſern Sittenlehre wiſſen; ſie ſagen, es ſey dieſes Werk einem Hofmanne, und jedem Menſchen, der die Welt will kennen lernen, uns entbehrlich. Der Kardinal Perron nennet es dag Handbuch aller ehrlichen Leute le Breviaire des hon- netes gens. Ja fie beehren den Berfaffer mit dem Ti: tel eines franzöfifchen Thales, und chriftlichen So— krates. Diefer große Geift farb an ber Bräune 1592. Eine ausführliche Lebensbefchreibung findet man vor den angeführten Ausgaben feines Eflais, Die befte Pebensbefchreibung von ihm hat der Prafident Bouhier zu Londen 1740 in 4 drucken laffen, von der epifchen Dichtkunſt. 593 fchloß den Weg zu ihrer Stimme und diefe ſchmerzhaften Worte fielen mit mebrer Bitter⸗ keit zuruͤck, und erſchallten uͤber ihren Herzen. Wir wollen ein ander Beyſpiel aus einer der erhas benften Stellen in dem fonderbaren Gedichte des Mile ton hier beybringen. Sie ift in dem erften Buche aus der Befchreibung des Satans und der Hölle ges nommen. a - »- Round he throws his baleful eyes That witınefs’d huge affliction and dismay, Mix’ d with obdürate pride, and ftedfaft hate At once, as far as angels ken, he views The dismal fituation waft and wild: A dungeon horrible, on all fides round, As one great furnace flam’ d, yet from thofe flames No light, but rather a darknefs vifible, Serv’d only to discover fights of woe; Regions of forrow! doleful. shades! "where peace And reft can never dwell! hope never comes That comes to all; etc. Er läßt feine traurigen Augen, in welchen die Verzweiflung und dass Schrecken abges malet waren, mit Jochmutb, und unver⸗ föhnlichem Haß, auf allen Seiten herumſpa⸗ zieren. Er überfiebet mit einem Augenblicke, eben ſoweit als die Blicke der Cherubim drins gen koͤnnen, dieſen ſchrecknißvollen Aufent⸗ halt, dieſe betruͤbten und zerſtoͤrten Kinds den, diefe unermeßliche Burg , die wie ein me gebeuver ‚Schmelzofen glüber. Aber diefe Flammen warfen feinen Schein von fih, es find fihtbare Finfterniffe, die nur dazu dienen, den Anblick der Derwüftung, den Sig und die 7 Dand, Pp Gegen; — x 94 Voltaire Verſuch einer Abhandlung Gegenden des Schmersens zu entdecken, zu welchen fich niemals die Ruhe und der Friede naben, wo man die ſonſt überall bekannte Hoffnung nicht kennet. Wenn Antonio de Solis * in feiner vortrefflichen Gefhichte won der Eroberung von Merifo den Dre | beſchrei⸗ * Antonio de Solis erblickte zu Placentia in Altkaſtilien 1610 das Licht der Welt. Er legte ſich gar zeitig auf die komiſche Dichtkunſt, und verfertigte unterſchiedne Luſtſpiele in ſpaniſcher Sprache. Sie ſind unter dem Titel Comedias de D. Antonio de Solis y Riba deneyra su Madrit 1691 in 4 berausgefonmen. Diefe Samm⸗ lung enthalt 9 Stücke. Im Jahr 1692 Fam auch ein Band vermifchter Gedichte Varias poefias fagradas y profanas zu Madrit in 4 zum Vorfihein. Er iff eben daſelbſt im Sabre 1716 in 4 wieder aufgeleget worden. Seine Stärke in der komiſchen Dichtkunſt, fol fonderlich in einer natürlichen und ungezwungnen Vorſtellung der luſtigen Perſon beſtanden haben. Er legte fich Hey Diefen allen aber auch aufdie Moral und Politik. Der Graf von Dropefa Vicare von Navarra und Balenz cia machte ihn wegen feiner großen Geſchicklichkeit zu feinem Secretair. Kurz Darauf erhielt er von Philipp dem IV eine Stelle unter den föniglichen Gecretairen: dach deffen Tode aber ernennte ihn die Fönigliche re= gierende Mutter 1661 zum erſten Gefchichtfchreiber von Indien. Und diefer Ehrenflelle haben wir die vortreffliche Gefcbichte de la Conqnifta de Mexico zu danken. Der Marquis d' Argens fagt, fie fey ein Stück, welches mir dem, was uns das Alterehum, von den . vollfommenften binterlaffen bat, verglichen werden koͤnne. Es fey ein Ungluͤck, daß der Verfaffer in die Erzaͤhlung einer Menge von Wundern gefallen, die wuͤrdig waren von einem Peter Servite, oder einen Mathuriner aufgezeichnet zu werden. Diefe ge i von der epifchen Dichtkunſt. 595 befchreiber, wo Montezuma * feine Götter befragte, Daß es eine weite unterivrdifhe Höle gewefen, in wel⸗ che die Eleinen Suftlöcher Faum den Schein von Fichte fallen laſſen, drückt er fich alfo aus: O permittiam folamente lo que baftava porque fe viefle la ofcuri- Pya2 dad: ift verfchiednemal gedruckt worden: eine von den bes ften und ſchoͤnſten Ausgaben ift die Bruffelifche vom Jahr 1705 in Fol. mit Kupfern. Die franzöfifche Veberfegung von Herrn la Gverte von Eitri wird übers aus hoch gehalten, und ift ihrer Schönheit wegen fehr oft aufgeleget worden. Die neuefte Ausgabe, fo ung Davon befannt worden, iff die Varifer, die unter dem Titel Hiftoire de la Conquete du Mexique ou de la nouvelle Efpagne par Fernand Cortez, traduite de P Efpagnol de Dom Antonio Solis 1730 in 2 Duodezbans den mit faubern Kupfern zum VBorfchein gekommen. Diefe Geſchichte fange fich mit dem Jahr ısıg an, und gebt bis 1621. Antonio de Solis ließ fich kurz vor feinem Ende noch zum Prieſter einweihen, und fiarb 1686 zu Madrit. Man findet vor der Brüßler Ausgabe feiner Geſchichte, eine ausführliche Lebensbe— fihreibung von ihm. Sie hat den Don Juan de Goyeneche zum Verfaſſer. Man kann mit felbiger des Nikolaus Antonius Bibliotheca. Hifpana und des Niceron Memoires Th. IX.6 und f. S. Ih. X. 185 ©, vergleichen. * Montezuma oder Motezuma, der II dieſes Nameng, beffieg den Merifanifchen Thron im Sahr 1503. Er ward von den Spaniern 1520 in feinem eignen Palafte gefangen genommen Dan weis nicht wie er um das Leben gekommen. Einige geben folches den Spaniern, andere feinen eignen Untertanen Schuld. Geine Befchichte erzabler unter andern auch Johann Mas riana in der Hiftoria General de Efpanna, im XXVI 3, im 3 Cap, J 596 Voltaire Verſuch einer Abhandlung dad: wo fie nur fo viel Fiche eindringen ließen, als nöthig war die Finfterniß zu fehen. u Diefe ſichtbare Finfternig des Milton ift in Eng: land nicht verworfen worden, und Die Spanier ha= ben eben dieſen Gedanfen in dem Solis niemals ge= tadelt. Es ift gewiß, daß den Sranzofen dergleichen Freyheiten unerträglich fenn würden. Es ift nicht genung, daß man dergleichen verwegne Ausdrücke entfehuldigen koͤnne, die genaue franzöfifche Richtig: keit leidet nichts, Das einer Entfehuldigung bedarf. Damit bey diefer Materie nicht der geringfte Zwei: fel übrig bleiben möge, fo wird mir erlaubt feyn, zu diefen ſchon angeführten Beyſpielen ein anders hinzu= zufügen. Sch werde es von der Kanzelberedfamfeit nehmen, | S Wenn ein Mann wie der P. Bourdaloue * vor einer Berfammlung der englifchen Kirche eine parbeti= ſche, und durch die außerliche Stellung belebte Rede halten und ausrufen follte: Ja ihr Ehriften ihr feyd zwar wohl gefins net, aber das Blut des Armen, den ihr habt unterdrücken laffen, das Blur der Elenden, deren * Der P. Ludewig Bourdaloue war zu feiner Zeif ei= ner der größten Kanzelredner in Sranfreich. Er Fam im Jahr 1632 zu Bourges auf Die Welt. Im 15 Jahr feines Alters gieng er zu den Jeſuiten. Als er fich in Paris von der Kanzel hören ließ, fand er mit feiner Beredſamkeit fo viel Beyfall, daß ihn der König zu feinem ordentlichen Prediger ernennte. Er ffarb im 72 Sahr feines Alters 1704 am 13 May. GeineRe- den find im Jahr 1734 zuſammengedruckt worden. Sie beftehen aus XV Duodezbanden. vor der epifchen Dichtkunſt. 507 deren Sache ihr nicht vertheidiget habt, diefes Blut wird über euch Eommen, und euere qure Gefinnung wird darzu dienen, ihre Stimme zu verſtaͤrken, mic der fie zu Gott um Rache über euere Untreue fchreyen werden, Ach meine lieben Zubörer u. f. w. Diefe patbetifchen mit Nachdruck ausgefprochne, und durch eine gute Stellung, und ftarfe Bewegung der Hände begleiteten Worte, würden die Zuhörer einer engüifchen Gemeinde zum Lachen bewegen. Denn fo ſehr fie die hochtrabenden Ausdrücungen, und die mit Nachdruck begleiteten Bewegungen der Bered— ſamkeit, auf dee Schaubühne lieben, fo ſchmackhaft koͤmmt ihnen die Einfalt ohne Zierrathen auf der Kan— zel vor. Eine Predigt-in Frankreich ift eine Rede, die ſehr forgfältig in drey Punfte eingerheiler worden, und mit einem Enthuſiaſmus (Begeifterung) ausges fprochen wird. Eine engliiche Predigt ift eine gründ- liche und zuweilen trockne Abhandlung, die ein Menfch dem Volke ohne alle Bewegung, und ohne alle Erhe— bung und Nachdruck der Stimme vorlieft, In Ita— lien ift fie ein geiftliches Luſtſpiel, und diefes wird genug fenn zu zeigen, wie groß dev Unterfchied zwifchen dem Geſchmack der Nationen iſt. Ich weis, daß es verſchiedene Perſonen giebt, die dieſe Meynung nicht annehmen werden. Sie ſagen, die Vernunft und die Leidenſchaften find überall einer⸗ fey; Diefes iſt wahr, aber fie drücken ſich überall auf verfchiedene Art aus, Die Menfchen haben in allen ändern eine Naſe, zwey Augen, und einen Mund, und dennoch wird die Bereinigung der Züge, Die in Frankreich eine Schönheit macht, in der Türken kei— 2 Pp3 nen 808 Voltaire Verſuch einer Abhandlung nen Benfall finden, fo wenig als die rürfifche Schön: heie in China; und dasjenige, was man in Afien und in Europa für das allerliebenswirdigfte Halten dürfte, würde man in dem Sande von Guinea als ein Unge- heuer anfehen. Da nun die Natur an fid) felber fo verfihieden iſt, wie will man venn die Künfte unfer allgemeine Gelege bringen, über welche die Gewohn⸗ beit, das ift, Die Unbeſtaͤndigkeit, eine fo große Herr— ſchaft ausüber. Wenn wir alfo eine etwas meitläuftigere Kennenif von Diefen Stuͤcken baben wollen, fo müffen wir uns von der Art und Weiſe unterrichten, auf Die fie bey allen Nationen getrieben worden. Es ift zur Kennt: niß der Epopee nicht hinlänglich genung, den Birgil und Homer gelefen zu haben, fo wenig als es bey dem Trauerfpiele zureichen will, wenn man den Go: phofles und Euripides gelefen hat. Wir follen dasjenige bewundern, das durchgängig fhön bey den Alten ift, wir follen auch das Schöne in ihrer Sprache, und in ihren Sitten nachahmen, wir würden uns aber auf.eine fehr feltfame Weiſe verirren, wenn wir, in allen, ihren Fußtapfen folgen wollen. Wir reden diefelbe Sprache nicht mehr, die Religion, die faft allezeit bey uns der Grund ift, auf dem die epifche Dichrfunft beruber, ift ihrer Götz ferlehre gerade enigegengefeget, Unſere Sitten find von den Sitten der Helden bey der Belagerung der Stadt Troja fo fehr unterfihieden, als von den Ge— wohnheiten der Amerifaner. Unſere Treffen, unfere Belagerungen, unfere Flotten haben mit den ihrigen nicht Die geringfte Aehnlichkeit. Unſere Philofopbie iſt in allen Stuͤcken das Gegentheil von der . — tle ‚von der enifchen Dichtkunſt. 599 Die Erfindung des Pulvers, des Seekompaſſes, der Buchdruckerey, und fo vieler andern Kuͤnſte, die ganz neu auf die Belt gebracht werden, baben auf einige Art den Zuftand des Erdfreifes geändert, daß alfo ein epifcher Dichter, der mit fo viel Neuigkeiten umge- ben ift, einen ſehr unfruchtbaren oder ſehr ſchuͤchternen Witz haben muß, wenn er nicht von ſich ſelbſt neu zu ſeyn wagen ſollte. Wenn uns Homer ſeine Goͤtter von Nektar betrun— ken vorſtellet, und ſie ohne Aufhoͤren, uͤber die unan— ſtaͤndige und plumpe Art, mit der ſie Vulkan bey dem Trinken bediente, lachen laͤßt, ſo gieng dieſes wohl zu feinen Zeiten an, da die Goͤtter eben das waren, das die Heiligen zu unfern Zeiten findr es würde aber gewiß heut zu Tage niemand magen duͤr— fen, eine Gefellfchaft trinkender und lachender Engel und Heiliger an einer Tafel, in einem Gedichte einzu= führen. Was wide man wohl von einem Schrift: ſteller fagen, der mit dem Virgil Harpien anbringen, und feinem Helden die Mahlzeit entführen laſſen woll⸗ te, oder der alte En ffe in fchöne Nomphen ver⸗ wandelte? ⸗ Mit einem Wort, wir koͤnnen die Alten bewundern, unſere Bewunderung Darf aber fein blinder Aber⸗ glaube ſeyn. Wir dürfen auch nicht dieſe Ungerech- tigfeit an der menfchlichen Natur begehen, und uns felbft unfere Augen vor denen Schönheiten zuſchlies— fen, die fie um uns herum ausbreiter, und auf nichts weiter ſehen und niches lieben, als ihre alten Hervor⸗ bringungen, von welchen wir nicht mit fo vieler Si, cherheit urtheilen Fönnen, 4 — Unter 600 Voltaire Verſuch einer Abhandlung | Unter allen Denfmaaten in Italien verdienet Feines die Aufmerkſamkeit eines Reiſenden mehr, als das Serufalem des Taſſo. Milton macht England fo viel Ehre als der große Meuton. * Camouens ift in Portugal eben das, was Milton in England ift. Diefes würde ohne Zweifel, ein großes Vergnuͤ— gen ja felbft ein Vortheil fenn, für einen Menfchen, Der denket, alle diefe epifchen Gedichte von fo verfchied- ner Natur, und die, in fo weit von einander enfern- ten Jahrhunderten und Ländern hervorgebracht wor⸗ den, zu unterfuchen. Ich halte dafür, es müffe zu einer edlen Belufti- gung gereichen, die lebenden Bildniſſe, fo vieler bes rühmten und vortrefflichen Derfonen, Griechen, Römer, Staliener, Engländer, die alle nach) der Gewohnheit ihres Vaterlandes, wenn ich alfo fagen darf, gekleis det find, zu betrachten, Es * Mir Fönnen nicht vermuthen, daß der große englifche Philoſoph und Mathematikus Iſaak Neuton einem von unfern Leſern unbelanne fepn follte Wir wollen alſcanur fo viel, und gleichfam im Vorbeygehen bier erinnern, daß er zu Wolſtrope in der Provinz Linfoln 1642 gebohren worden, daß er Föniglicher englifcher Munzwardein und endlich gar Muͤnzmeiſter geworden. An welcher Bedienung er auch am 30 Marz neuen Stils 1727 geftorben, Man kann von feinen Berdien- fen de3 Herrn Sontenelle Eloge de Mr. Neuton nach⸗ ſehen. Sie ſteht in der Hittoire de P’ Academie des Sciences und in dem IL Th. der Bibliotheque Frangoife, | wie auch mit den Zufägen eines Englander$ vor des Herrn Neuton Zeitrechnung. Mit diefen find zu ver- gleichen des Niceron Memoires Ih. XXII auf der ..113:135 ©. 1 von der epifchen Dichtkunſt. 601 Es würde ein Unternehmen fenn, das meine Kräfte überfteiger, wenn ich fie zu malen wagen wollte: id) werde nur verfuchen einen Entwurf von ihren vor- nehmſten Zügen zu zeichnen. Die Fehler diefer Zeich- nung wird der Leſer erſetzen; ich werde nichts thun, als vortragen, er foll richten, und fein Urtheil wird gerecht fenn, wenn er ohne Unparteylichkeit lieft, und weder den Borurtheilen, die er aus der Schule mitgebracht, noch einer übelverftandnen Eigenliebe, die uns alles verachten heißt, das nicht mit unfern Eitten übereinfommt, Gehör gieber. Er wird den Lirfprung, den Fortgang, den Fall der Kunſt fehen; er wird endlich gewahr werden, wie fie aus ihren Ruinen wieder hervorſteiget; er wird ihr in allen ihren Deränderungen folgen; er wird Dasjenige, Das zu allen Zeiten und bey allen Natio— nen ſchoͤn oder nrangeldaft ift, von den örtlichen Schönheiten, die man in einem Sande beivundert, und in dem andern tadelt, unterſcheiden. Cr wird den Xriftoteles nicht fragen, was er von einem englifchen oder portugiefifchen Schriftiteller den— Een folle, vielweniger wird er fein Urtheil über die Slide bey dem Heren Derraut * ſuchen; er wird fich weder von dem Sfaliger ** noch von dem Pps5 Boſſuͤ *Von dieſem Manne werden wir bald weiter Gelegen⸗ beit zu reden finden. ** Julius Cafar Skaliger oder de la Skala war zu Ripa, einem Schloffe in dem veronefifchen Bebterbe im Jahr 1484 gebobren. Er wollte aus dem fuͤrſtl. Haufe der Prinzen von Verona herſtammen, ja gar mit dem Kaiſer Matthias verwandt feyn. Auguſtin a. * eis 602 Boltaire Verſuch einer Abhandlung Bofü * inrannifiren laflenz er wird aber feine Re— geln von der Natur, und feine Benfpiele von denen: jenigen, Melchior Bvilandia, Anton Riccoboni, Gaſpar Sciop- pins haben ihn Diefermegen heftig angefochten. Gie machten ihn zu dem Gohn eines veronefifchen Schul meiſters des Benedict Burdens. Wir wollen ung die ferwegen in Feine Unterſuchung einlaffen. Wer von feiner vornehmen Ankunft mehr zu wiſſen verlangt, Darf nur des Joſeph Skaligers ſeltne Epiftola de ve- tuftate et fplendore, gentis Scaligerae, et Iul.. Caef. Scaligeri vita nachſchlagen. Gie iſt nebft Sul. Eaf. Skaligers Rede in luctu filioli Audecti, et teſtimo- niis de gente Scaligera et Iul. Caefare Scaligero zu Lei-— den in der plantinifchen Druckerey 1594 in 4 auf 123 ©. abgedruckt worden. Dan finder einen Auszug das von in 2 Wilhelm Bates Vitis Sele&torum aliquot Virorum auf der 204 und f. S. Man Fanı damit den XXIII Th. der Memoires des Niceron ©. 258 u. f. vergleichen, wo aber des Skaligers Geburtsjahr falfch angegeben worden. Er flarb im Jahre 1558. Sein beftes Buch, worauf fih des Herrn von Voltaire Worte hier besiehen, iſt die Poetif. Gie beſteht aus VII Büchern, deren jedem er einen befondern Namen beyleaet. Der Herr Dacier tadelt Daran, daß es ſich auf einen falſchen Geſchmack gründe, viel Kleinigkei⸗ ten in ſich halte, Die fich eber für einen Grammatifug als Dichter ſchickten, und daß ein Dichter keine rechte Anweiſung darinne finden Fönne. Die erfte Ausgabe, fo aus der Druckerey des Anton Vinzenz zu Lion 1561 in Fol. gekommen, ift die ſchoͤnſte aber auch die fel- tenfte. | * Der Pater Rene le Boffi-war zu Paris 1631 gebohren. Er nabm den Ordenshabit in der Abtey der heil. Ge- novefa im Jahre 1649 an, und war einige Zeit, nebff dem P. Moliner dem Bücherfaal dieſer Abtey vorgefes ger. Er fiarb zu Chartres als Gubprior der un e von der epiſchen Dichtkunſt. 603 jenigen, die er vor Augen hat, herholen, und er wird zwiſchen den Goͤttern des Homers, und des Milton, zwiſchen der Kalypſo und der Dido, zwiſchen der Ars ' mide und der Eva einen Unterſchied machen. | Wenn die Nationen von Europa, anſtatt daß eine Die andere verachtet, nur eine flüchtige Aufmerkſam— feit, auf die Werfe und Manieren ihrer Nachbarn wenden wollten, nicht aber Darüber zu lachen, ſon— dern einigen Bortheil daraus zu ziehen: fo würde viel- | leicht aus dieſen wechfelsweife angeftelften Anmerkun: gen, der allgemeine Geſchmack, den man fo verge- bens fucher, entftehen Fünnen. des heil. Joehann 1677. Gein Traitd du poeme epi- que iſt verſchiednemal gedruckt worden. Man muß fich Die Ausgabe des P. Eourvayer anfchaffen. Gie iſt mit Anmerkungen, mit einer Vorrede, von der Vortrefflichkeit des Werks und einer Furzen Lebengge: fehichte des P. Ye Boſſuͤ vermehrt worden. Sie kam in Haag 1714 in 8 heraus. Baillet glaubt, daß es das beſte Buch ſey, ſo von der epiſchen Dichtkunſt jemals geſchrieben worden. Es ſcheinet, als wenn der Herr von Voltaire dieſer Meynung nicht ſey. II. 604 Erläuterung Uber einen Irrthum EEE EE En een en nz II. Erläuterung über einen Irrthum, fo man den Herrn de la Quintinie Schuld gegeben. (2m Anfange des Jahres 1736 machten bie Herren Herausgeber des Schweizer Mercurs eine Erinnerung an uns, daß ihre Abſicht wäre, in ihe Journal mehr Sachen, -als vorher gefiheben, einzurücen, und daß fie uns uns ter andern Unterfuchungen vom Ackerbau und der Gaͤrt⸗ nerey mittheilen würden. Diefer Artikel ift etwas lange außen geblieben. Aber fie find nicht Schuld daran, fondern die Verfaſſer, welche auf die Einla- dung, fo an fie ergangen iſt, über eine Materie, die nach dem Gefchmade einer großen Menge angefehe: ner Leute ift, zu arbeiten, nicht geantwortet haben. Mich deucht, ich hätte nur vor einigen Monaten in dem franzöfifcehen Mecur gefeben, daß ein Ungenann⸗ ter fich beklagt, man liefre nicht genung Schriften vom Ackerbau, welche in diefes Werf, fo von Mo— nat zu Monat fortgeht, eingefchalter werden koͤnn— “ten, Er legt verfchiedne Fragen vor, über welche er verlangte, daß man feine Feder anfegte. Ks fom- men demnach diefe beyden Mercure bierinnen überein, Der Schweizer Mercur hat angefangen fein Ver— fprechen wegen diefer Materie zu erfüllen. Man hat i uns des Herrn de la Quintinie. 605 uns in dem Monat Junius gufe Anmerkungen vonder Art, wie man den Cidre machen foll, geliefert, und man verfpricht uns hinkuͤnftig noch andere, Wir hat- ten fhon in dem Monat April und May, das ift, in der Jahrszeit der Blubmen, Anmerkungen von den Dlubmengärtnern erhalten, welche den begievigen $ez fern nicht misfallen haben. Hier folge eine Fleine Schrift, welche auch zu dem, Feldbaue gehört, Es ift wahr, daß man nicht eigent— lich von den Kegeln, die zur Cultur der Felder dies nen, handelt, Es find nur einige Betrachtungen, welche den Herrn de la Duintinie, oder vielmehr die Vorſehung Gottes rechtfertigen follen, weil man vor= giebt, daß diefer gefchickte Gartner ihr etwas zu nahe getreten ſcheint, indem er ihr Abfichten zufchreibe, welche der Weisheit des Schöpfers nicht völlig an— ftändig wären. Das Publicum hat feit einiger Zeit einen Geſchmack an allem dem befommen, was fich auf die Endurfachen bezieht, Die Sache hat dem— nach an ſich felbft ihren Nutzen. Sie ift überdieß zu dem Andenfen eines Menfchen beförderlich, welchen die Liebhaber der Gaͤrtnerey nicht für fo gleichgültig anſehen koͤnnen. Er ift feie feinem Tode angegriffen worden. Die Großmuth verlange, daß diejenigen, welche nicht mehr ihre Vertheidigung unternehmen fönnen, einen Advocaten finden, der für fie ftreite. Der Herr de la Duintinie war ein zu neuen Ent— deefungen aufgelegter Geift, welche neue Wege zur Vollkommenheit der Gärtneren gebahner. Er bat unterfchiedene glückliche Entdefungen gemacht, Er bat durch wiederholte Erfahrungen die Art, wie man die Bäume befihneiden fol, erfunden, und fie ‚dem ‚606 Erläuterung über einen Irrthum dem Publico großmuͤthig mitgetheilet. Außer der fchönen Figur, fo er den Sträuchen und mit Daumen gezievten Waͤnden zu geben wußte, bat er ung gelernt, wie man e8 anfangen muß, um einen Baum zu zwin= gen, daß er Frucht giebt. Er hat unterfchiedene Grundlehren von dem Schnitte feftaefeget, welche völlig unbekannt waren. Aber indem er feine befon= dern Meynungen öffentlich befannte, ift es ihm, wie denjenigen ergangen, welche neue Gedanken in Res ligionsfachen hervorbringen, daß fie fich Der Ketzerey verbachtig machen, Der Hauptſatz des Herrn de la Duintinie, aus welchem ev alle feine Kegeln von der Beſchneidung herleiter, ift, Daß ein Baum, welchen man fia) felbft überläßt, insgemein nur Zweige und ‘Blätter hervor⸗ bringt, daß er nur mit feinem Wachsthum und feiner Erhaltung zu thun bat, daß die Natur eigentlich nur Holz, nicht aber Früchte zu fehaffen bedacht iſt, Daß die ſchwachen Zweige allein die leßtern geben, daß die Fruchtbarkeit aus einem Mangel der Kraft, und daß aus diefem Grunde die alten Bäume mehr als die jungen bringen, und diejenigen, welche ſchwach und matt find, laffen ſich eher zu Früchten an, als Die lebhaften. - Diefes ift eine von den Stellen, aus welchen Here Perrault das Berdienft des Herrn de la Quintinie er- hebt. Allein man will fagen, daß diefe Entdeckung, welche ihm viel Ehre gebracht, dem Urheber der Na— fur nicht eben fo viel Ehre bringt, Man befindet, daß fie dem Ruhm des Schöpfers oder wenigftens feiner Gürigkeit zuwider laufe. Man hält dafür, daß un— fer allgemeiner Vater, da er Die Baͤume gefhaften, Darauf des Heren de la Quintinie. 607 darauf hätte fehen müffen, wie er uns nicht nur bloßes Holz und Blätter, fondern Früchte geben möchte, Mademoiſelle de Scudery nimmt den Heren de la Quintinie deswegen in ihren moralifchen Gefprächen, welche 1639 gedruckt worden, in dem Artifel von Bluͤthen und Früchten gewaltig herum, Dieſer neue Philoſophe der Gärten, fagt fie, behauptet, Daß Die Srüchte nur eine Schwäche des Baums und eine Un— vollfommenbeit find, weil er allezeit Holz zu machen bemüht ift und nicht anders Früchte hervorbringt, als wenn er zu feinem Zwecke nicht gelangen kann: auch lehret er uns, daß, wenn man viel Früchte haben will, man nur die Anzahl der ſtarken Zweige vermin- dern und die fehwachen vermehren darf, Made- moifelle de Scudery flveitet fehr wider diefe Meynung. Sie glaubt, daß man hiermit der Gottheit Gewalt anthue, wein man die Früchte als eine Unvollkom— menbeit der Bäume, weiche fie ung geben, anfieht: fie behauptet, daß der wahre Endzweck bey den frucht⸗ tragenden Daumen diefer ift, daß fie Früchte brin- gen, welche zur Nahrung der Menfchen und zu dent unfchuldigen Bergnügen des‘ Gefchmads dienen ſollen. Aber mich deucht, daß man in dieſem Streite einander nicht recht verſtanden hat. Mit einer kleinen Erklaͤrung kann man dieſe Grundlehren des Herrn de la Quintinie annehmen, welche anfangs der Weis— heit des Schoͤpfers nachtheilig zu ſeyn ſcheinen. Seine vermeynte Ketzerey, wider welche man ſich aufge— macht, iſt, daß Die allzuviele Lebhaftigkeit eines Bau⸗ mes ſeine Fruchtbarkeit verhindert, und daß er vermoͤge feiner Schwachheit Fruͤchte gebe. Niemand * 603 Erläuterung uͤber einen Irrthum nicht eingefieben, daß er Mecht babe. Wenn man nur voraus feßt, daß er von den Bäumen, welche befchnitten werden, bauptfächlich redet, als da find die niedrigen Bäumchen, und die, fo an Wänden aufgeführet werden. Diejenigen, fo fich ein wenig auf die Eultur der Bäume verftehen, wiffen, daß ein befchnittener Zweig mehr Holz heraus treibt, als er ohne diefe Wirkung gethan hätte. Ein Birnbaum, welchen man in. feinem natürlichen Zuftande gelaffen hätte, würde Früchte hervorgebracht haben: man bes finder für gut ihn zu befchneiden: hierdurch feßt man ihn in einen andern Zuftand und an ſtatt der Samm- lung von Früchten, die er verfprach, arbeitet er hin— führe nicht mehr als neue Zweige zu machen, Wenn man die Befchneidung der Bäume als eine bloße Abſon⸗ derung anfieht, fo führer fie natürlicher Weife nur dahin, daß fie Holz giebt, und folglich ift fie die Urs - fache der Linfruchtbarfeit des Baumes. Warum bes ſchneidet man denn, wenn man hierdurch die Abficht zu nichte macht, welche die Natur hatte uns mit ihr ven Früchten zu befchenfen? Die Befchneidung ift anfangs für nöthig gehalten worden, um unfern Bü fehen und Geländerbäumen eine angenehme Figur zu geben. Die Gärtner haben hernach die Kunſt erfun⸗ den, mit der fehönen Geftalt die Sruchtbarfeie zu ver einbaren; und dieſes ift das große Geheimniß der Befchneidung Durch mohlgemeßne Sichelbiebe haben fie verurfacht, Daß verfchiedene ſchwache Zwei⸗ ge entſtanden ſind, welches diejenigen ſind, ſo Frucht bringen. Herr de la Quintinie iſt der erſte, welcher uns gewiſſe Regeln gegeben um hierinnen wohl fort⸗ zukommen. Wenn man alſo genoͤthigt war, * unt⸗ des Herrn de la Quintinie. 609 Kunftmiteel aufzufuchen, um’ die befchnittenen Bäu: me zu verhindern, daß fie fo viel Holz hervorftoßen, und fie zu Früchten zu bringen, fo heiße diefes nicht eigentlich die Abficht der Natur irrig machen, welche nur Holz machen wollte, Man zmwinget fie niche dasjenige zu machen, was fie nicht zu thun Willens ift; fondern man fellee nur wieder ber, was man verdorben hatte, und richtet einen Baum nach der Kichrfehnur, welche man ihn vorher überfchreiten laſſen. Aber woher kommt es, daß ein geſchnittener Baum nur auf das Holz zu gehen und zu vergeſſen ſcheint, daß er beſtimmt war, Fruͤchte zu geben? Dieſes iſt die Wirkung einer klugen Vorſicht der Natur, welche ihn hat in den Stand ſetzen wollen, ſeinen Verluſt erſetzen und zwar mit Wucher erſetzen zu koͤnnen; denn ein beſchnittener Baum bekommt hernach mehr Zwei⸗ ge, als man ihm genommen hatte, Es ift nicht fehwer bey diefer Schadloshaltung, und fo gar bey dem, was er drüber gewinnt, Die Weisheit des Schöpfers, ic) habe fagen wollen, ſei— ne Billigkeit und feine Gerechtigkeit zu bemerfen. Man bat die Bäume und überhaupt alle Pflanzen mit den Thieren verglichen: Unſere neuern Philoſo— phen haben diefe Bergleichung fehr weit getrieben. Es ift wahr, daß die Vergleichung bier fo bald in ih— rem Fehler erfcheint, Wenn man einem Menfchen einen Arm abgehauen, fo wächft ihm nicht ein anderer dafür, And wenn ihr einem Baum einen Zweig abhauet, fo wird er durch drey oder vier andere erfeßt- werben. Allein ‚man Fann eine fehr nafürliche Urfache dieſes Lnter- 7 Dand, ng ſchiedes 610 Erläuterung über einen Irrthum fchiedes angeben. Die Thiere haben den Vortheil, daß fie den Platz verändern koͤnnen, wenn jie wollen und mie es ihnen dienlic) ift. Außer allen Bequem: lichfeiten, welche fie täglich bey diefer Kraft fich zu bewegen antreffen, es gefchehe entweder zu ihrer Nah⸗ rung oder zu anderer Nothdurft, ſetzt fie fie auch in den Zuftand die Gefahr zu endigen. Die Pflanzen, welche alfezeit an einem Ort unbeweglich find, leiden bierinnen großen Nachtheil. Ein Baum bleibe der ganzen Wuth einer Raupe ausgefegt, welche ihm bisweilen feine beften Zweige wegnimme. Allein die Eluge Natur hat ihm auch eine Schadloshaltung ver- fchafft. Seine verftümmelten Zweige wachfen wieder, er befommt fie mit Wucher wieder gleic) in dem fol— genden Jahre. Je mehr man ihm Holz benimmt, deſto mehr erlangt er deſſen wieder. Die ganze Kunft der Befchneidung gründet fic) auf diefe Einrichtung, welche der Schöpfer einem Baum gegeben hat, von dem man einen Theil abge= ſchnitten. Man darf fich demnach nicht vermwundern, wenn, je mehr man ihn befchneider, er defto mehr Zweige giebt. Machdem man ihn, fo zu reden, zum, Krüppel gemacht, fo wachſen ihm feine Glieder auf allen Seiten wieder, Es gehört Kunft da: zu dieſes eifrige Beſtreben zurück zu halten, Hier— mit befchäfftigee fich die regelmäßige und Fünftliche - Befchneidung den Baum wieder auf die Spur zu bringen, davon man ihn abgeleitet. Eben diefe Kunft bat Herr de la Duintinie verbeffert. Er bat alle die— jenigen, welche vor ihm von diefer Materie gehan— delt, übertroffen. Das des Herrn de la Quintinie. 6u Das ganze Geheimniß der Kunft zu befehneiden beftehet demnach darinnen, wie man einem Baum eine reizende Geftalt geben möge, ohne die Frucht: barkeit deſſelben zu verlegen, gleichwie die Runft eines DBaumeifters auf die Verbindung der Symmetrie mit der Bequemlichkeit anfommt. Dasjenige, welches Flar genug bemeifet, daß ein Baum von fich felbft bemühte ift ung; Früchte und nicht nur bloßes Holz zu geben, ift diefes, daß es ein unfehlbares Mittel ift gute Zweige, welche Früch- fe fragen, zu befommen, wenn man meniger befchnei= det und die Natur wirken laßt, Herr Du Hamel hat eine Anmerkung gemacht, welche Mademoifelle Scu- dern und Herrn de la Quintinie vereinigen Ffann, Man muß wiſſen, fagt er, daß man nur alsdenn Mühe bat die Bäume zur Fruchebarfeit zu bringen, wenn man fie nicht in ihrer natürlichen Größe läßt, denn die (Pleins - vents) fo in freyer Luft ſtehen, unterlafjen niemals folche im Ueberfluß zu bringen, wenn fie ein« mal zu ihrem flärfjten Wachsthume gelanget find, man bat nur Kunft vonnötben, um die Sträucher und Geländerbäume fruchtbar zu machen. Hiermit ift der Proceß aus. Das Gefchrey der Mademoifelle Scudery wider den Director der Gärten zu Berfailles läßt fich bierdurch ftillen, als deflen ganzes Unrecht zum höchften dahinaus läuft, daß er ſich nicht fo Deuts lich als ein Akademiſt ausgedruͤckt. Es ift wahr, daß die jungen Bäume in unfern DBaumgärten, wo die Sichel nur die erften drey Jahre und fonft nichts zu thun har, anfangs nur in das Holz wachen; allein fie müffen wohl erft anfangen Holzzweige zu bilden, weil fie die Grüße derer find, - Dga2 welche 612 Erläuterung ber einen Irrthum welche hernach Früchte geben follen. Die neugepflanz« sen Bäume fangen mit Zweigen an, bis ihr Kopf ausgebildet fey, und hernach fragen fie Srüchte. Dies ſes ift ordentlich. Was aber die Birnbäume beseifft, welche befchnitten werden, fo ift es mit ihnen eine ganz andere Sache. Es ift jemand begierig Buͤſche zu haben, welche niedrig und gleichfam kriechend bleis ben. Man verhindert fie mit Sichelhieben, ſich in die Höhe zu heben, und zwinget fie erſtickt zu bleiben, Sie bemühen fich diefes Zwanges los zu werden und kommen mie dem Holze davon, fo gut es ihnen mög« fich iſt. Man unterdrücket fie durch eine neue Bes fchneidung. Es wäre ſich nicht zu verwundern, wenn fie durch diefe Widerftrebung von ihrer erften Beſtim⸗ mung abgemendet würden, und nichts anders als Holz gäben. Wenn fie unfruchtbar blieben, fo wuͤr⸗ de der Meiſter uͤber den Garten wiſſen, wem er ſol⸗ ches Schuld geben ſollte. Aber da, wie ich ſchon gea fagt, die Kunft der Befchneidung verbeffert worden, fo fest fie ihn in den Stand, feine Berrichtungen noch beffer zu bemwerfftelligen, am ftate daß fie ihm von den⸗ felben abzöge. Wenn er nach) den wahrbaften Res geln befchnitten wird, fo bringe er nicht allein Frucht, ſondern er bringt ſie auch noch ſchoͤner hervor. Die Urſache hiervon iſt klar. Das mas dem Baum abs gefehnitten worden, ift Urfache, Daß der Saft, meil er feine Blätter und unnüge Zweige mehr zu. nähren hat, häufiger und vielleicht beffer befchaffen iſt. Die Frucht bat mehr, Nutzen davon und wird größer. Man kann demnach diefe zween oder drey Gründe von Befchneidung der Bäume angeben: ı) Man hat ih⸗ nen hierdurch eine fehöne Figur zu geben und dem | Gefichte des Herrn de la Quintinie. 613 Gefichte angenehmer zu machen gefucht; 2) Man Bat gefucht die Früchte gewiſſer und fehöner zu machen; 3) Man glaubt auch, daß hiermit der Baum län- gere Zeit dauren wird. Die Berfchneidung vieler unnigen Zweige, welche ven Baum nur erfchöpfen würden, muß ihm das Leben verlängern. Genf, den ı5 Nov. 1737. B. B. EHRT KK U A A KK FR A I * IV. h Sortfegung der Hiftorie vom Weinſtock. Journal Helvetique Nov. 1738. p. 385. Mein Herr! hr leget mir allezeit neue Arbeit auf, ungeach- tet ich vorher den feiten Entfchluß gefaßt, euch nichts weiter zu fehicfen, wo ihr mir niche eure Anmerkungen über den Auszug, welchen ich eurentwegen aus gewiſſen Stellen des Tractats von der Policey gemacht, mitgetheilt hättet, Auf meine Bitte wird nicht gefeben, und dasfchlimm= _ fte ift, daß ihe eurer Seits allezeit eineneue habt. Ihr faget mir mit einer freyen Mine, daß, weil ich die Hi: ftorie vom Weinſtock angefangen habe, man fie zu Ende bringen müffe, daß es nicht wahrſcheinlich fen, Herr de la Mare fey auf fo gutem Wege ftehen geblie« ben, daß ich ihn noch ferner zu Rathe ziehen, und 243 den 514 Fortſetzung ver Hifforie den Auszug von allem dem, was zum Weinſtock ge hört, befchließen folle. Die Mühe, fo man hat, eu) zu befriedigen, hat mich an ein gewiſſes Raͤthſel, fo ic) ehemals in einem fehr geiftvollen Werfe gelefen, er— inner, Es ift eine Gattung von Schulöber- ren, fpricht der Berfaffer, welche man alle Tage bezabir, und bey denen man fich nimmermehr entlediger*. Seyd ihr nicht diefer Gläubiger, und ich) der Schuldner? Nachdem id) mein Herz durch diefen Eleinen Vorwurf ausgeſchuͤttet, willich euch vorißo zeigen, daß ich Feine Galle habe, und die Pflicht auf mich nehme, euch Genüge zu leiften. Ich bin annoch geneigt, meinem Schriftftellee nacyzugeben, aber mit derjenigen Freybeit, welche ich mir fchon heraus genommen babe, bey feiner Meynung niche zu bleiben, wenn ic) fie nicht für gegründet befinde. Weil Frankreich und das Sand der Allobrogen viele vortreffliche Weine hatten und unfere Voraͤltern fich von dem Geſchmacke dieſes Föftlichen Saftes ein⸗ nehmen ließen, welchen man daraus befommt, fo ftan= den fie die alferftärfften Verfolgungen aus. Zum Ende des erften Jahrhunderts der chriftlichen Zeitrechnung hatte man ein am Getraide fehr unfruchtbares, und am Weine fehr reichliches Jahr. Man ftellte dem Domitian, welcher damals regierte, vor, daß die all» zugroße Begierde die Weinberge zu vermehren, alle Tage die Anzahl der Rornfelder verringerte. Er verboth demnach durch ein Edict, ferner neue Weinberge in Italien anzulegen. Er gieng, was die andern Provins zen * Diefes wurde von der täglichen Sorgfalt gefagt, wel- che die Vater für ihre Kinder tragen, | vom Weinſtock. 615 zen des Reichs anlangte, noch weiter. Außer dem Verboth neue anzulegen, befahler, daß die Weinſtoͤcke in den eroberten Landen ausgeriffen wuͤrden, und an einigen Orten zu großer Gnade wenigſtens die Hälfte gelaffen würden. Auf folche Weife erklärt die Abfiche des Kaiſers Herr de la Mare nach der Erzählung des Suetonius. Er glaubt, daß diefes harte Edick nad) feiner Strenge an den Weinftöcken der armen Galler vollzogen worden, welche ſich auf einmal von ihrem füßen Nektar abgezogen, und zum Biere un: barmherziger Weife gebracht ſahen. Ihr ſehet gern, mein Herr, wenn mir uns mit der Entwicelung dies fes biftorifchen Punctes ein wenig aufhalten, Suetonius fagt alfo, in dem Leben diefes Kaifers, Daß er verboth, an irgend einem Orte mehr neue Wein- ftöcfe zu pflanzen ; daß die in den Provinzen befind= lichen zum Theil ausgeriffen werden follten, und die allgemeine Kegel hiervon auf die Hälfte gienge. Man findet demnach in dem Edict des Domitians fehon felbft, daß viel herunter zu laffen fey, Noch mehr dieſer Gefchichrfchreiber feßet gleich darauf hinzu, daß der Kaifer nicht Beftand hielt fein Edict vollftrecken zu laffen. Ich glaube, diefes bedeute, daß das Edict einige Linderung in dem andern Gliede zuließ, ich will fagen in dem "Befehl auszureißen, aber daß es alle= zeit verbothen war zu pflanzen. Suetonius erklaͤrt die Sache etwas weiter unten deutlih. Er ftellee ung den Kaifer als einen argmöhnifchen und furchtfamen Menfchen vor. Bisher, fagt er, war dasjenige, fo ihn geneigt machte über den Befehl, welchen er gab, die Neben auszureißen, nicht mehr fo ftrenge zu bal« ten, eine Schmäbfhrift, welche man wider ihn ver« 24 fertigte, 616 Fortſetzug der Hiſtorie fertigte. Man trug in Rom zweene griechifche Verſe herum, deren Inhalt war, daß er machen möchte, was er wollte, fo würde noch genug Wein zu dem Dpfer übrig bleiben, wo man den Kaifer ſchlachten würde, Mr, de la Mare, bat demnach die Sachen in der Erzählung, fo er uns von dem Edict des Domitians und deſſen Folgen macht, etwas verftellt. Da alle Gallier Damals unter der Herrfchaft der Nomer was ren, fagter, fo wurde ſolches Edict dafelbft nad) der Strenge vollzogen, und die Gallier noch) einmal zu ih— von ordentlichen Getränfen angemwiefen, die aus Fruͤch— fen, Kräutern oder Körnern verfertiget wurden, Wenn man bey den Galliern Weinftöcfe ausgeriffen hätte, fo würde man nur die Hälfte ausgeriffen has ben, meil das Edict nicht weiter gieng: aber Sueto⸗ nius lehret uns deutlich, daß man feine ausriß. Noch außer dem Grunde, welchen er von der Mil: derung dieſes Edicts anführt, kann man nod) einen - andern vermuthen, welcher fehr natürlich ift. ’ Der Kaifer macht der Hälfte von den Weinber- gen in den eroberten Landen den Proceß in feiner era ften Gemüthsbewegung wider die Weinftöce, von denen man ihm gefagt hatte, daß fie die Urfache des Getraidemangels find, welchen das Volk ausftehet, Einige Staatsminifter, welche fich beffer auf den Aderbau als der Kaifer verftunden, ftellten ihm ver= muthlic) vor, daß man durch Ausreißung der Wein« ftöcfe nicht allezeic Felder befommt ; daß allemit Wein bepflanzte Derter, entweder wegen ber Beſchaffenheit des Erdreichs, oder wegen des geſchwinden Abhanges, fo die guten Weinftöcke insgemein haben, ſich ei | wo vom Weinſtock. 617 wohl ſchicken, Getraide hervorzubringen. Bacchus amat colles. Bacchus ſteht gern auf den Gebir— gen, und Ceres kann dieſelben nicht mit ihrem Pfluge durchfahren. Man konnte demnach den Domitian belehren, daß, wenn er die Haͤlfte von den Weinber⸗ gen ausreißen ließe, dieſes bloßer Schade ſeyn, und er nichts damit nutzen wuͤrde. Es geſchieht gar oft, daß diejenigen, welche regieren, um einem Uebel zu widerſtehen, ſolche Verordnungen treffen, welche nicht gar zu wohl uͤberlegt ſind, und die ſie hernach fahren zu laſſen ſich gemuͤßiget ſehen. Was den erſten Theil des Edicts anbelangt, ich rede von dem Verboth zu pflanzen, ſo wurde ſolcher ſehr wohl aufgenommen. Er wurde auch beobachtet. Wir haben Chroniken, welche einige Jahrhunderte nach dem Domitian geſchrieben ſind, welche dieſe Stel⸗ le des Edicts wieder anfuͤhren. Des Euſebius ſeine, welche von St. Hieronymus überfegt iſt, thut davon Meldung. Im Jahre 92 Jeſu Ehrifti findet man, daß diefes Jahr Domitianus ein Verboth ausgehen ließ, Neben zu pflanzen. Es tft zwar dafelbft noch ein Wort hinzugefegt, welches viel Mühe macht. Er fagt, daßer verboth, Weinftöce in den Städten anzu: legen*. Ein artiges Verboth ift dieſes, Weinftöcke in den Städten zu bauen! Scaliger fagt an diefem Orte der Chronik, daß er hierinnen nichts verſtehe. Andere Eritici wollen, daß bier der Tert falfch fen. Erlaubet ihr, daß ich hiervon meine Mennung wage, fo vermuthe ic), daß der heil. Hieronymus fein Ori- ginal übel überfegt habe. Man kann die Worte bes 245 Eufebins * Domitianus prohibuit vites in vebibus feri. 68 Fortſetzung der Hiſtorie Eufebius auf diefe Art erklären. Domitianus ließ in den Städten ein Verboth verfündigen, Weinftöce zu pflanzen. Cedrenus, ein anderer griechifcher Autor, bat diefe Meynung in feiner univerfalen Hiftorie völlig feſtgeſezt. Man Eann ferner fagen, daß das Wort, Stadt, bey den Griechen und Lateinern einen weitläufs tigern Berftand hatte, als wir ihm in unferer Spras che geben. Die Städte oder Bürgerfchaften in Gries chenland und Afıa minori zeigten nicht allein an, was wir unter diefen Worten verftehen, fondern auch) die Staaten, die Gemeinfchaften und das fand felbft. In dem Salluftius und denen Commentariis Caͤſars wird von der Bürgerfchaft der Allobroger und der Helvetier gerebet, welches die Cantons, das Sand felbft anzei- get. St. Hieronymus bat fagen wollen, daß Domi⸗ tianus in den verfchiedenen Ländern, in Den verfchie- denen Bezirken der eroberten Länder, Neben zu pflan= . zen verboth. Aber man muß zugeben, daß er ſich auf eine fehr dunkle Art ausgedrückt bat. 4 Hier iſt noch ein Geſchichtſchreiber, welcher von dies ſem Edict des Domitians fehr deutlich geredet hat, aber welcher uns in eine neue Verwirrung feßen wird. Derfelbe ift Philoftratus, Wir fünnen ihm nicht abfhlagen ihn anzuhören, wenn wir uns vorbehalten, bernachmals zu ſehen, mas wir von feiner Erzählung zu halten haben, Er führee das Edict des Kaifers wider die Weinreben in dem $eben des Apollonius, feines Helden an, und läßt ibn bey diefer Gelegenheit einen fpielenden Gedanfen hervorbringen, welchen aber franzöfifch zu geben, der Wohlſtand nicht erlaubt ; ich bitte alfo nicht übel zu nehmen, daß ich euch zu dem Iriginal verweife, Hernach läßt ſich auch Philoftra- fus vom Weinſtock. 619 tus in eine weitere Abhandlung davon in den Lebensbe⸗ fehreibungen der Sophiften davon ein. Der Kaifer, fagt er, hatte für gut befunden, daß man in Afien feine Weinftöcke mehr hätte, weil man dafelbft dem Weine die Empörungen zufchrieb, welche fich in den Städten eräugeten. Cr befahl daher, daß man alle Weinſtoͤcke ausreißen follte, und feine neue mehr pflanzte. Ganz Alien, das ift, Afıa minor, ſchickte dieferwegen den Scopelian, welcher die Beredfamfeit zu Smirna lehrte. Man fehmeichelte fich, er koͤnnte den Domitian in etwas befänftigen. Er mwirfte fo viel aus, ſetzet Philoftrarus in dem $eben diefes So- pbiften hinzu, daß er nicht allein mit der Erlaubniß Neben zu pflanzen ; fondern auch mit Drohungen, daß diejenigen, fo es nicht thäten, zur Strafe gezo— gen würden, zurückkehrte, Gefteher, mein Herr, daß, wenn Philoftrafus nicht von andern Seribenten fügen geftraft würde, - die glaubwürdiger, als er, find ; fo follte feine bloße Er- zäblung fabelbaft vorfommen, Bewundert ihr nicht die Politik dieſes Fürsten ? Um die Empörungen zu verhüsen, welche der Wein insfünftige verurfachen fonnte, befiehle er, daß man alle Weinſtoͤcke nieder: reiße. Solle er nicht befücchten, daß die Vollftre: fung eines fo heftigen Entfchluffes das Uebel wirflich verurfachte, fo er auf die zufünftigen Zeiten beforgte? Mai fege fih indie Stelle eines Menfchen, dem man eine Weinrebe ausreigt, die ihm lieb ift. Esifteben, ‚als wenn man ihm das Eingeweide heraus reife, Der Erfolg feines Redners läuft auch in das Wun- derbaie, Er erlangt nicht allein Gnade in Anfehung der Heben, fondern auch die ganze Strengigkeit des GKaiſers 629 Fortſetzung der Hifforie Kaifers kehrt fich wider diejenigen, welche folhe zu Pflanzen verabfaumen würden. Es ift etwas fonder= bares, daß man ihn von einem Extremo auf das ans dere fallen fieht. Philoftratus, der den Ruhm eines Sophiften, als feines Mitbruders, feftzufegen geden« fer, einen Wetterhahn, der fich nach dem Wind dres bet. Man muß alfo von dem Werthe feiner Erzäh- Jung etwas herunter laffen, und die befannte Kegel anwenden: daß man bey gewiſſen Leuten nur die Hälfs £e von dem, was fie fagen, glauben müffe. Diefe Regel wird uns zur Wahrheit führen fonnen. Phi« loftratus fagt anfangs, daß Domitianus befohlen hätte, man follte alle Weinreben ausreißen. Wir wollen erft Die Hälfte davon wegnehmen. Suetonius wird unfer Gewährsmann feyn. Scopelian befänf- tigte ven Kaifer ; er erlaubte Weinftöcke zu pflanzen, und bedrohte diejenigen, welche es nicht thun würden. Laßt uns ferner diefen legten Punct ausftreichen. Es ift genung, daß diefer Redner verurfachte, daß der Befehl auszureißen widerrufen wurde. Ich halte mich bierinnen an den Suetonius, welcher ein weit glaub» mürdigerer Gefchichtfchreiber ift, und beynahe um diefe Zeit lebte; meil er unter dem Domitian gebohren war, Er hat ung berichtet, daß der Kaifer bey Ge= legenheit eines an Getraide fehr unfruchtbaren Jah— res verboth, ferner neue Neben zu pflanzen, und daß er befohlen, man folfte fo gar einen Theil davon in den Provinzen ausreißen; daß er aber gleichwohl um gewiſſer Lrfachen willen hierinnen nachließ, diefes will fagen, daß man zwar Feine Neben ausgeriflen, das Verboth aber dennoch beftund. Wenn einige Fleine Dunfelheie über diefen Punct indem Suetonius u. 0 von Weinſtock. 621 fo ift doch die Sache anders woher bewieſen, und wir werden folches den Augenblick ſehen. Der Berfaffer des Tractats von der Policey führee ung einige Exempel von einem gleichen Berbothe ar. Carl IX in Frankreich, fagte er, hatte eben dergleis chen Gedanken als Domitianus. Er gab 1567 ein Edict heraus, das gar zu häufige Pflanzen der Re— ben zu verhindern, daß die zum Ackerbau gefchickten Felder und Wiefen nicht zu —— gemacht wuͤrden. Es iſt fuͤnf oder ſechs Jahre, da Koͤnig Ludewig XV’ in Franche Comte noch ſtrenger verfuhr. Man ſtellte Sr. Majeſtaͤt vor, daß man gar zu viele Weinfiöcke in der Provinz pflanzte, Daß man feit einiger Zeit Weinberge auf folchen Erdreichen angelegt, welche von Natur zur Hervorbringung des Getraides gewid⸗ met find, daß alfo gute Felder ſchlimme Neben her— vorgebracht hätten, und daß noch außerdem, daß die— fes die Sammlung des Getraides verminderfe, wel= ches das nöthigfte ift, folches dem Verkauf der Weine Schaden brächte, welche auf den Kornfeldern nicht die erforderlichen Eigenfchaften hatten. Der Hof befahl demnach, daß diefe neue Weinftöcfe binnen ei« ner gewiſſen Zeit ausgeriffen werden follten, Der größte Theil von den Beſitzern hatte nicht den Muth folches zu vollziehen, Der Oberrichter zu Befancon veifte ohngefähr einen Monat vor der Weinlefe ab, und ließ dieſe Neben ohne einigen Widerruf nieder reißen. Die fo hiervon den Schaden hatten, hätten wohl eines Scopelians nöthig gehabt, welcher nach Hof gienge, ihre Sache zu vertheidigen, und einen Aufſchub wenigftens bis nach der Weinleſe zu nn F 622 Fortſetzung der Hiſtorie Der Redner hätte gar wohl die Gelindigfeit vorftellen Fönnen, fo die Richter allezeit für fehwangere Weiber gehabt, fo ftrafbar fie aud) gemefen find. Ob ſchon ihr Urtheil gefprochen worden, fo fchiebt man. doch die Bollziehung deflelben allezeie bis nach) der Mieders kunft auf. Man läßt niemals eine Delinquentin mit ihrer Leibesfrucht umkommen. Geſtehet, daß diefes eine ſchoͤne Materie ift für einen Sopbiften : welcher alle Segel feiner Beredſamkeit ausbreiten wollte, ich habe allezeit vorausgefeßt, daß Domitianus nichts an dem Verboth erließ, fo er gegeben, Feine neuen Weinftöcke zu pflanzen. Es fcheint, daß auch feine Nachfolger über diefe Verordnung beynabe zwey⸗ hundert Sabre hielten. | Endlich kam der Kaifer Probus, welcher dieſes Verboth aufhob. Nachdem diefer vortreffliche Fuͤrſt einen dauerhaften Frieden in dem Neiche befeftiger, wollte er die Truppen des Neichs zu nüglicher Arbeit anhalten, damit fie der Müßiggang nicht verdürbe, Einer von den Gefchichtfchreibern bemerkt, daß er bierin- nendem Annibal nachahmte, weldyer ehemals in einem gleichen Falle feinen Soldaten die Berrichtung aufges fragen, Africa mit Dlivenbäumen zu bepflanzen. Kei⸗ ner von den Schriftftellern, welche das geben des Probus befchrieben haben, hat diefe Erlaubniß, Reben zu pflanzen, vergeffen. Vopiſcus bemerfer ausdruͤck— lich, daß er überhaupt allen Gallern, den Spaniern und Bretagnern erlaubte, Reben zu haben, Go ift esflar, Alle Erlaubniß feßt ein Verboth voraus, und aus der Gefchichte erhellet Fein anderes als des Domis tians feines. Was in diefer Citation einige Mübe . machen Ffönnte, find die Brittannier. Was bedeutet die vom Weinſtock. 623 die den Engländern gegebene Erlaubniß, Neben zu pflangen.? Die natürliche Widerftrebung ihres Eli» matis, wenn fie die Abficht hatten, Weinftöcke zu pflanzen, ift ftärfer, als das Verboth des Domitians, und die Erlaubniß des Probus hebt fie nicht auf, Me, von Rapin bat diefe Schwierigkeit wohl empfun= den. Probus, fagt er, erlaubte den Brittanniern MWeinreben zu pflanzen, fo wie er es ven Gallern und Spaniern erlaubt hatte. Aber nach ver Wahrfcheine lichEeie verfchaffte ihnen diefe Erlaubniß nicht vielen Bortheil. Zwar hören wir, daß die Engländer ſeit einigen Jahren Belieben getragen Weinftöcke zu pflanzen, welche, wie man fagt, ziemlich gerathen find. Wenn fie ihnen Feinen Wein geben, fo werden fie wenigftens das Bergnügen haben, häufig Traus ben zu eſſen. Die guten Eritici glauben, daß die Britannier fih nur durch einen Fehler des Copiften, unter der Exrlaubniß des Kaifers befinden. Dempfter fagt, daß an ſtatt der Brittannier ftehen foll: die Pane nonier, d.i. Die Ungarn, und er beweifet es mit zween andern Gefchichtfchreibern, welche diefe leßtern aus« drücklich nennen, ohne die geringfte Meldung von den DBrittanniern zu thun*. - Es ift verdrüßlih, daß das berühmte Gebirge Tokai nicht in diefer Provinz liege, Wir wollten gern, daß wir es auf den goldnen ‘Berg ftellen, und ihm einen eben fo berühmten Urſprung geben fönnten, als diefer iſt, Daß esvon der Handdiefes Kaifers gepflanzt worden. Der Hügel Tofai ift wahrhaftig ein gold« ner Berg, ſowohl wegen feiner Einfünfte, als auch weil man darauf bisweilen Stämme finder, die mit goldnen *De Etruria Regali, Tom-I. p. 364. 624 Fortfeßung der Hiftorie goldnen Zäferchen umgeben find. Viele Gefchiches fihreiber von Ungarn verfichern uns von der Sache. Allein der goldene Bergift nach den beften Geographen ziemlich weit davon. eine wahrhafte Lage iftin den Ruinen, welche an Semendria ftoßen, eine fefte Stade am Uferder Donau. Probus ließ diefen Weinberg pflanzen auf den Herabbang des römifchen Feldes, Diejenigen, welche die alten Scribenten, fo Davon re= den, am beften unterfucht haben, benachrichtigen ung, Daß, wenn man diefen goldnen “Berg finden will, man nur von da an, wo Mähren an die Donau ftößt, eia nen Raum von 14 Meilen gebe. Ich weis, mein ‚ Herr, daß ihr oft auf der ungarifchen Karte herum fpazieree, welche heuriges Tages der Schauplag des Krieges iſt. Auf dem Wege fönnet ihr eud) daran vergnügen, dieſe ſchoͤnen Weinberge zu ftellen, davon die Gefchichtfchreiber des Probus Meldung gethan haben, Um die Stelle des erften feft zu ſetzen, Davon ich euch ge> fagt, ift es dienlich, euch) zu erinnern, daß die Stadt Sirmich, lateiniſch Sirmium, in deren Gegend der Weinberg geftanden, heutiges Tages unter dem Nas men Schrem, befannterift. Sie iftnahe bey der Sau. Der alte Name des Higels, darauf diefer dem Pro= bus fo liebgemwefene Berg geftanden, war Mons almus, das Gebirge des großen Einfommens. ch vergaß eine Fleine Anmerkung bey der Erlaub⸗ niß Weinberge zu pflanzen, welche von dem Probus den Pannoniern gegeben worden: diefe ift, daß ‚Mr. Clerc in feiner Bibliotheque Ancienne & Moderne hierüber fich einige Schwierigkeiten gemacht. Er giebt einen Auszug von der ungarifchen Hiftorie. Der Geſchichtſchreiber hatte die Eroubniß nicht vergeſſen ſo en vom Weinftock, 625 den Ungarn gegeben worden, Reben zu pflanzen. Der Sournalifte geftehet, daß er bey einem ſolchen Privi- legio nichts begreift. Wenn von den Völfern, fagte er, Die Rede wäre, welche unter der mabometanifchen Herrſchaft ſtehen, fo Fönnte man fagen, daß man da= felbft nicht Reben pflanzen dürfte; aber die Römer oder ein ander befanntes Volk hatten Feinen Scrupel über den Gebraud) des Weines. Was hier das Wunderbare ift, das ift die Verwunderung diefes ge- ſchickten Mannes ſelbſt. Er hatte vermurhlich das Verboth vergeffen, von dem uns Suetonius fagt, daß es Domitianus that, neue Weinberge in dem ganzen römifchen Reiche zu pflanzen, oder er fahe diefes Edict als ein folches an, welches feinen Effect hatte, Aber die Erlaubniß des Probus würde hinlaͤnglich feyn, das Gegentbeil zu beweifen. Außer den Weinbergen, von welchen wir gefehen haben, daß man fiedem Probus zu danken hat, glaubt man ferner, daß eben derfelbe die Weinftöcke an dem Rheine und der Mofel pflanzen ließ. Auch ift dag Andenken dieſes Kaifers in Deutſchland in fonderli- chen Segen. Der PBerfaffer der Bibliotheque Ger- manique X ſtellt hierüber eine fehr artige Betrachtung an x. Urtheilet, fagt er, ob der heil. Probus nicht eine anfehnliche Stelle in den Breviariis diefer Gegenden baben follte. | 1 Diefer finnreiche Gedanke wurde zu Gemuͤthe ge- nommen und weitläuftig ausgewickelt, wie ihr gleich fehen werdet. Wenigftens Fann ich wohl glauben, daß fie zu einer fonderbaren Schrift Gelegenheit gege= ben * Bibl. Germ. T. XVII. p- 113. } e 7 Dand, R r 636 Forkſtſetzung der Hiſtorie ben, die ic) euch mitcheilen will, Einer von meinen Freunden überlieferte ‚mit letzthin ein Manuſcript, welches eine Sammlung von ganz neuen ernſt⸗ und Iherzbaften Schriften war, unter welchen ich eben eine Art eines Danegyrici des h. Probus fand. Ihr ſollt einige Stuͤcke davon zu ſehen befommen, aber ic) muß euch- vorber Die Gelegent heit Dazu anzeigen In gewiſſen Monchkloſtern halt man eine Art von Cars naval, aber zueiner andern Zeit als derjenigen, welche die Faften vorhergeht. Das bier erwähnte muß vor dem Fefte der Allerheiligen oder zu den Luſtbarkeiten feyn, welche in vielen Laͤndern zu Martini bey ( Gele⸗ genheit des neuen Weins angeſtellt werden. Junge Moͤnche, die aufgeraͤumten Gemuͤths waren, ſagten, daß es ſich bey dieſen Umſtaͤnden wohl ſchickte, den Panegyricum des h. Probus zu halten, welcher fo BR Weinberge anlegen laſſen. Dieſe Berrich- fung wurde einem von ihnen — und hier iſt dasjenige, was er ihnen folgenden Tages auf einem in den Speiſeſaal geſtellten Catheder vorſagte. „Weil ich heute ernennet worden, meine Herren, „den Panegyeicum des vortrefflichen Drobus zu halten, „und diefer Tag beſtimmet ift, Das Feft deffelben ei- „nigermaßen zu begehen, fo will ich von der Etymo— „logie feines Namens den Anfang machen, wie uns „fer berühmter Lebensbefchreiber in dem teben der „Heiligen allezeit thus. Diefer gelehrten Methode alſo nachzugehen, werde ich anfangs erinnern, daß „fein Name fon eine große Aufmerkſamkeit verdie— se Er wurde Probus ohne Zweifel wegen feiner Froͤmmigkeit genennet. Ich habe nicht, meine Herz „ren, dieſe Urfache vor mich RR Man finder „ſie c vom Weinſtock. 627 » fie ſchon in der Grabſchrift, ſo man ihm nach feinem » Tode machte. Man feste folgende Worte auf fein „Grab: Probus Vere Probus, Allein ich gehe wei= „ter als diejenigen, fo ihm diefes Denfmaal aufrich« a teten, Ich fehe ven Namen Probus als einen von „ben Wörtern an, welche abbrevirt gefchrieben find, „nach Gewohnheit der alten Manuferipte, Probus „wird alſo an ſtatt Probatus, ja gar für Probatiſſimus »gefeßt ſeyn, das heißt, ein approbirter Mann, und „der mit Recht den allgemeinen Benfall erhält, Der Redner theilte hernach feine Abhandlung in zweene Theile. Er ließ die fehönen Qualitäten feines ‚Helden ı)in dem Kriege, 2) in dem Frieden fehen. In dem erſten Stücke gieng er die geführten Tha- ten feines Helden durch. Er wer mit Grund der Wahrheit ein Sieger vom erften Range, und er en Diget Durch Diefe nachdenfliche Betrachtung: daß dies ſes nich derjenige Gefichtspunct wäre, unter welchem er ſeinen Helden betrachten ſollte; daß Probus, wie kluge Fuͤrſten thun, nur in der Abſicht Friede zu ver⸗ ſchaffen, Krieg fuͤhrte; daß er alſo ſich bloß bey dem andern Puncte, den friedlichen Tugenden des Probus aufhalten wollte, Zweytes Stuͤck. Als Probus uͤberall einen dauerhaf⸗ ten Frieden feſtgeſetzet hatte, ſo beſchaͤfftigte er ſich mit nichts mehr, als Gutes zu thım, und feine Voͤlker glückfelig zu machen. Die beträchtlichfte Folge feiner wohlthaͤtigen Neigung ift die Aufmerkſamkeit, fo er Daraufrichtete, wie er die Länder, fo am gefchiefteften wären, guten Wein hervorzubringen, nußbar machen möchte. Diefe Sache, meine Herren, verdiene alle eure Aufmerkſamkeit. Die Fefte, fo wir begehen, | r2 erfordern, 623 Sortfeßung der Hiſtorie erfordern, daß wir bey diefer Wohlthat des Probus fte- hen bleiben. Aber damit wir die Verpflichtung, fo wir ihm in Anfehung deſſen haben, wohl empfinden mögen, fo muß man die Sache etwas weiter herholen. Der Raifer Domitianus, bey diefem Namen mer- fet ihr, meine Herren, daß in euch bie Idee eines Berfolgers und eines Tyhranns erwecket werde: Allein ich muß euch benachrichtigen, daß bier nicht von ei= ner der Kirche angethanen Verfolgung die Nede ift: fie gehet das ganze menfchliche Gefchlecht an. Do— mitianus, fage ich, hatte ein ftrenges Edict wider die Weinreben gegeben. In dem Anfall ver Wuth, die ihn eingenommen hatte, wollte er fie gar alle aus- vorten. Don einem Geifte belebet, welchen hernach der Betrüger Mahomet befaß, wollte er, daß man ihnen Feine Gnade verftattere. Man weis nicht, wie weit die Vollſtreckung diefes grauſamen Edictes gieng; allein es erhellet aus der Hifforie, daß man zwey— hundert Jahre lang mehr Weinftöce zu pflanzen ſich nicht getraute. Endlich kam unſer Probus als vom Himmel er- wecket zum Vorſchein, dieſes traurige Verhaͤngniß zuruͤck zu rufen. Dieſer uͤber alle andere ehrliebende Man, fing mit der Erlaubniß an überall Weinre— ben zu pflanzen, wo fie wohl auffommen fonnten. Die Gallier, Spanier, Ungarn waren alsbald bereit ihre von fraurigen Hecken verunehrte Gebirge mieder zu bauen, welche endlich der glücklichen Pflanzung ber Keben Pag gaben. Probus gieng weiter, Er ließ felbft welche pflanzen, und gebrauchte hierzu eine zahlreiche Armee. Die Soldaten, deren Handwerk iſt auszureißen und niederzumachen, das ift, überall die vom Weinſtock. 629 die Berwüftung binzubringen, riffen nichts als die Difteln und Dornen aus, damit die Hügel baden waren, welche Probus in Weinberge verwandeln wollte. Enfes in vomerem, oder vielmehr in ligo- nem, wie die gefchicfteften Ausleger überfegen. Ihre Degen werden in Hauen verwandelt. Man fahe damals die Erfüllung des Drafels nach dem Wort- verftande. Probus mache aus allen feinen Soldaten Arbeiter im Weinberge, melche fein anderes Blue mehr als das, fo von den Trauben kommt, vergies- fen follen. | Die Heyden fegten alle diejenigen, welche fich durch) eine große Wohlthat gegen das menfchliche Ge— ſchlecht berühmt gemacht, unter die Zahl der Görter oder wenigftens der Halbgötter, Sie haben diefen wichtigen Dienft nicht erfannt, fo wie fie fehuldig waren, Es erbellee nicht, daß man bey Probus Tode fih in Berfaffung gefegt ihn zu vergöttern, wie man es mit vielen Kaifern gethan, Die es nicht werth waren. Man muß ihm durch Die Seligma> hung den Schaden erſetzen. Aa, die Erfenntlich- feit will, daß wir fein Andenken verehren, daß wir feine Wohlthaten feyerlich begehen; allein die Gerech— tigkeit will, daß wir ihm eine Art görtlicher Vereh— rung erzeigen. Ich beforge nicht zu viel davon zu fagen, wenn ich euch einlade, ihm die größten Ehren und eine Art religiöfer Pflichten zu ermweifen. Wenn ich mich in die befondere Abhandlung aller feiner mo- valifchen Qugenden einließe, fo würdee ihe mit mie gefteben, daß man ihn als einen Heiligen anfehen ann. | Rrz Ich 630 Fortſetzung der Hiſtorie Sch werde itzo nur einen einzigen Punct berühren, aus welchem ihr aber von dem übrigen werdet urtheilen koͤnnen. Diefer ift feine Maͤßigkeit: Glaube ihr, meine Herren, daß diefer auf Das, was unferm Ge: Ihmade angenehm ift, aufmerffame Prinz, welcher uns Das herrlichſte unter allen Getränfen fo häufig Dargereichet,, vor fich felbit von einer erſtaunens— wuͤrdigen Nuͤchternheit und Maͤßigkeit geweſen ift? Seine Tafel war vielmehr wie eines Einſiedlers als wie eines Kaiſers Tafel. Urtheilet hieraus, daß einer von ſeinen Geſchichtſchreibern mit Recht dafuͤr gehalten, daß er der Nachkommenſchaft zum Gedaͤchtniß bliebe. Als dieſer Prinz in Armenien war, ſo ſatzte er ſich einsmals auf das Gras um Abendmahlzeit zu halten, und die Hiſtorie hat uns das Verzeichniß feiner Spei⸗ fen aufbehalten. Mit was für Gerichten, mit was für Ragouts glaubet ihr, daß die Tafel des Kaifers bedienet worden fen, unter deffen Regierung das rö- mifche Keih auf den Gipfel feines Glücks und Ruhms geftiegen? Diefe prächtige Mahlzeit, dabey Die Hbgefandten von Perfien, welches eine der efel- bafteften Nationen ift, Zeugen waren, beftand aus einer Schuüffel Erbſen, welche, nachdem fie gewaͤrmet und dazu einige Biſſen von geſalznem Schweinfleifche hinzugethan worden, die ganze Pracht des Feftins ausmachten. | Alle feine andern moralifchen Tugenden Famen feiner Sittfamfeit und Sparfamfeit by. Wenn ih fie alle in ihrem völligen Glanze darftellte, fo wuͤrde ich wahrhaftig den Proceß feiner Canonifation führen. Ihr würdet fchließen, daß überflüßig genung da ſeyn ‚würde einen Heiligen daraus zu machen : Und es | würde von Weinſtock. 631 wide euch wie jenem gelehrten Deutſchen gehen, wel- cher, da er alle Tugenden Sofratis erwägte, in einer heftigen Verwunderung über fo viel fehöne Eigen— fhaften ausrief: Ich werde gereizet ihn anzuberhen und ihm zu fagenz Heiliger Sokrates bitte für uns, Und man werfe mir bier nicht vor, daß Probus nie= mals getaufet worden, daß er außer der Kirche ge— ftorben fen. Elende Schwierigkeit. Der Sammel- platz fo vieler Tugenden ift eigentlich dasjenige, was einen Ehriften ausmachen foll, und zwar einen Chris ften von dem erſten Range. Laßt uns demnach billiger und erfennelicher ſeyn, als die Römer in Anfehung feiner gemefen find. Er war der Bergötterung würdig. Er verdiente, daß fein Name in eine der vornehmften Conftellationen geſetzet wuͤrde, um feinen Namen unfterblich zu machen, Damit er hierinnen nichts verlohren habe, fo laſſet uns felbft ihn in den oberften Himmel ftellen. Meine Meynung wäre, meine Herren, und eure wird e$ ohne Zweifel auch feyn, ihm unter den Patriarchen einen Rang zu geben. Ich fehmeichle mir, daß ihre nicht zumider ſeyn werdet, wenn ich ihn ohne Bedens fen gleich neben den Noah ftelfen werde, Ihr mers fer, daß diefes fein wahrbafter Platz fen. Sie find alle beyde Väter oder wenigftens Wiederherftellee der Rebe. An ſtatt der Palmen in der Hand muß man allen beyden Rebenblaͤtter zum Kennzeichen dev Wohlthat geben, die wir ihnen fchuldig find, Man follte auch) dem Probus einen Platz in dem‘ Kalender anzeigen. Wir werden ziemlich zu thun ha⸗ ben ihm einen folchen zu geben, der fich für ihn ſchickt. Diefes wird erfordern, Daß wir eine ordentliche Ber: | Ara ſamm⸗ 632 Fortfegung der Hiſtorie fammlung anftellen, um richtig zu berathſchlagen. In Erwartung dieſer Berathſchlagung, wobey ein jeder ſeine Meynung ſagen wird, erlaubet mir, ohne daß ich eure Wahlſtimmen zwinge eine Entdeckung hieruͤber zu machen, welche die Sache leicht machen kann. Ihr wiſſet ſowohl als ich, daß wir in dem Al- manad) gewiffe Heilige haben, wider welche man alles zeig murret. Man nennet fie die heiligen Weinlefer, vermuthlich weil fie oft unfere Weinreben lefen ‚in dem Verſtande wie man bisweilen ſagt, daß ein Froft völlig Weinleſe gehalten. Es find Diejenigen, deren Reyertage am Ende des Aprils oder am Anfange des Mans fallen. Diefes ift die Zeit, da die Weinreben in Gefahr find zu gefrieren. Man fagt, daß, weil die Sandleute wegen diefer traurigen Fröfte des Fruͤh— lings diefen Heiligen Schuld geben, fie ſchon lange bey dem heiligen Bater angehalten haben, ihre Feſte über die Weinlefe fegen zu laflen, Diefes war auch die Meynung eines Menfchen, der ſehr über den Bauernftand erhaben war. Wie die Sache delicat ift, fo will, ich die eignen Worte des Schriftſtellers herfegen, welcher mein Gewährsmann ift. Ihr werdet leicht aus feiner gallifchen Schreib: art fehen, daß er fchon viele Jahre todt iſt. Diefer Umftand ft nicht vergeblich, —* Zeugniſſe einen Nachdruck zu geben. Zwar will ich euch wohl nicht dafuͤr ſtehen, ob er fuͤr einen ſo betraͤchtlichen als al— ten Seribenten gehalten wird. Aber ihr werdet aus diefer Fleinen Probe felbft davon urtheilen koͤnnen. Un noble Pontife, fagt er, aimoit le bon Vin, com- me fait tout Homme de bien, pourtant avoit il en foin et cure Jpeeiale le Bourgeon Pere aleul de e CHUSs vom Weinſtock. 633 chus. Or eſt que plufieurs annees il vit lamentable- ment le Bourgeon perdu par les gelees, bruines, fri- mats, verglas, froidures, gresles et calamites ave- nues par les Fötes de Sts. George, Marc, Vital, Eutrope, Philippes etc. qui font autant que le foleil pajfe Jous le figne de Taurus, Et enira en cette opi- nion que les Sts. [usdits etoient Sts. gresleurs, ge- leurs et gafteurs du Bourgeon. Pourtant vouloit-il leurs Fetes translater en Hyver entre Noel et la Ty- phaine (aink nommoit il la Mere des trois Rois) les licentiant en tout honneur et reverence de gresler lors, geler tant qu'ils vondroient, la gelee alors en rien n etant dommageable. Diefes kann man, meine Herren, eine ſeltne Wir— fung der Einbildungsfraft nennen, Ich fehe voraus, daß wir uns an Diefes Mittel halten werden. Wir wollen anfangen einen von diefen heiligen Feinden der Knoſpen aus feinem Drte zu jagen, und wenn wir einen leeren Platz in dem Kalender werden gemacht haben, fo werden wir wohl wiffen, durch wen mir ihn erfüllen follen, | Es wäre nur noch die Frage, mit welchem mir die Erecution anfangen wollen, Wuͤrde man mit glauben, jo wäre es S. George*, Diefes iſt der- Rr 5 jenige * Wir bitten unſere roͤmiſchkatholiſchen Leſer ſich nicht über den hier angebrachten Scherz zu ereifern, Es find nur wunderliche Andachtige, fo fich an dem beleidigen können, was man bier von S. Georgen fagt. Dieſes iſt ein ganzlich unbekannter Heiliger, und alles was man in dieſem Artikel davon anfuhrt, iſt aus dem Leben der Heiligen des Baillet genommen. — 634 Forftſetzung der Hiſtorie jenige von allen den heiligen Weinlefern und Haglern, welcher von dem feinigen am meijten beygetragen, Ueberdieß koͤnnte er feine Documente nicht hervorbrin⸗ gen, daß er dieſen ehrwuͤrdigen Platz, welchen er bis itzo eingenommen hat, beſitzen ſollte. Er wird ſeit langer Zeit verehret, ohne daß man wiſſe aus mwel= chem Grunde. Einige find fo weit gegangen, daß fie gefagt haben, er wäre ein Arianer und aus Zwey— deutigkeit habe man einen Georg von Cappadocien ke einen Heiligen angenommen, welcher ein ketzeri— cher und rider Athanafium am meiften aufgebrachter: Biſchof war, Diefes ift, feßen fie hinzu, der fehöne Heilige, welz chen der Arianiſmus bey feinem Hintritte der römi- ſchen Kirche gelaffen bat. Aber ohne in der Sache fo weit zu geben, fo kann man vielleicht mit Recht argroöhnen, daß er einer andern Kegerey zugethan geweſen, von der er fich ſehr ſchwerlich reinigen wird, er war unter ber Sefte der ABaffertrinfer. Man Fann folhes von ihm vermutben, wenn man feine Gleich— guͤltigkeit und Faulbeit in Bewahrung unferer Weine anfieht. Die Segende fagt uns, daß S. Georg ein Ritter war, welcher einen Drachen toͤdtete. Wir hatten ihn dafür angenommen und ihn deswegen in das Wachhäuschen geftellt, unfere Weine zu bewahren, Ihr wiſſet, mie er folcheg verrichter hat, und wie oft fie an feinem Feſttage verheeret worden, Die legende fagt ferner, er fey aus Cappadocien gewefen. Er kann wieder dahin fehren, wenn es ihm gefallen wird, und wie werden ihn wohl entbehren Fönnen, Ihr Halter vielleicht dafür, meine Herren, daß ich mich gar zu weit vergehe, und verlanger, daß ich mit vom Weinſtock. 635 mit einem Heiligen ein bischen gelinder verfahre, wel⸗ cher doch eine anfehnliche Stelle in dem Kalender feit langer Zeit bat. Man mußte, werdet ihr fagen, dieſe Unterſuchung anftellen, als man ihn dazu ließ, und feine Gerechtfamfeiten wohl prüfen. Aber Diefes wäre etwas gar zu verhaßtes, wenn man heufiges Tages bedacht fen wollte, ihn aus dem Kalender zu ftveichen. Ihr werdet mir diefe alte Lehre entgegen feßen, daß, mern man einmal einen bey ſich aufges nommen Bat, die Ehrbarkeit nicht erlaube, ihn weg— äujagen. Turpius ejieitur quam non admittitur hofpes. Ich verwerfe eure Gründe nicht, und ich will euch einen Vergleich vorlegen, um die Synagoge, wie man fagt, mit Ehren einzuveißen. Bir wollen alfo nicht mehr Davon reden, wie wir Diefen Ritter abdan— fen mögen, obfchon, da er Wache geftanden, er den Feind mehr als einmal zu unfern Weinftöcen gelaffen bat. Sondern laffer uns ihn nach England ſchicken, daß er auf ewig dahin verwiefen fey. Er ſoll dafelbft eine ſehr anfehnliche Verrichtung haben, weil er fort« fahren wird über den Drden des Hofenbandes zu pra= fidiven. Weil es in diefem Sande feine Weinſtoͤcke giebt, fo wird er auch vor. den Lafterungen frey ſeyn, welche man ihm mehr als einmal wegen der Bege— benheiten gemacht, die bey uns zeit feiner Wache fich eräuges haben. Der heilige Georg wird demnach noc) alfezeit feinen Plag in dem mgifhen. Kalender ehalten. Nachdem wir ihm alſo einen abſchieb mit Ehren gegeben, werden wir feine Stelle unſerm neuen heilt: gen 636 Fortſehung der Hiſtorie gen Probus anweiſen. Als Vater unſerer Weinſtoͤcke wird er auch ihr Beſitzer ſeyn. Seine Wachſamkeit wird ſich auf alle andere kritiſche Tage erſtrecken, welche uns ſolche ſchlimme Naͤchte kommen laſſen. Alsdenn wer: den wir ruhig ſchlafen, und man wird allen denen, die Weinſtoͤcke beſitzen, und zu jedem von uns, weil wir alle von der Weinleſe ſehr großen Nutzen haben, Dor- mi ſecure. Fiat, Fiat. Ich leſe aus euren Augen, meine Herren, daß ihr euch der Staͤrke meiner Gruͤnde ergebet, und daß ich euch alle uͤberzeugt habe. Wir koͤnnen alſo das Feſt unſeres neuen Heiligen am 23 April ſetzen, wel: chen Tag bisher ©. Georg eingenomnien dat. Wir werden damit anfangen, daß wir ein andaͤchtiges Feft in dein Innerſten unfers Klofters halten werden; und diefe Ausuͤbung wird hernach allmählig der ganzen Kirche zum Beyſpiel dienen können. Laſſet ung dem- nach daran gedenken, wie wir Diefen Tag gleich) das folgende Jahr feyerlich begehen mögen; -und laffet uns bey guter Zeit die hierzu nöthigen Borbereitun- gen machen. Ihr merket wohl, daß der Wein im Ueberfluß bey dieſer Solennität fließen müffe, aber hauptſachlich muß es von dem beften feyn. Wiſſet ibr, meine Herren, wie die lateinifche Sprache fich aus— drüde, einen wohl befchaffenen, unverfälfhten und reinen Wein anzudeuten ? Sie nennet ihn vinum probum. Wenn.die Lateiner ferner einen Wein an: zeigen wollten, welcher die Augen und den Geſchmack reizet, fagten fie, vinum probi coloris, probi faporis. Eben folhen Wein muß man zu dem Fefte des heili- gen Probus haben. Laſſet uns daher gleich in den Keller geben, den beften Theil heraus zu leſen, den | mir — vom Weinſtock 637 wir dazu beſtimmen wollen. Wenn wir uns deswegen werden entſchloſſen haben, ſo wollen wir das Faß mit Sorgfalt bemerken, und aus Furcht einer Verirrung dieſes Zeichen unſern Kellermeiſter daran ſetzen laſſen: Vinum probum pro feſtivitate Divi Probi. Dieſes iſt, mein Herr, eine kleine Schrift, von welcher ich geglaubt, daß ich ſie euch mittheilen ſolle. Dieſes iſt, wie ihr ſehet, eine Carnavalsrede, und nicht eine Faſtenpredigt. Es iſt beynahe eine ſolche Schuß» rede, wie man an dem Hofe der Bazoche haͤlt. Jedoch werdet ihr einraͤumen, wenn es euch beliebt, daß die— ſer Prediger einige Geſchicklichkeit beſitzt, und daß er wenigftens gut von der Weinleſe predige. Ich fehe voraus, daß ihr mich nach eurer gewöhnlichen Sorg⸗ falt — werdet, ob dieſer Panegyricus wirklich in einem Kloſter gehalten worden, und ob es nicht eine in dem Cabinet zum Vergnuͤgen verfertigte Schrift ift. Ich habe eben diefe Frage demjenigen gethan, von dem ich die Sammlung noch nicht herausgegeb— ner Schriften erhalten, er bat mir geantwortet: ich follte hierüber feinen Zweif Mi haben, daß dieſe $ohes= erhebung richtig aufgefehrieben worden, und mit eben foicher Sorgfalt, als eine in ihrer Art gleichfalls fons derbare Rede, welche in den Lettres Juives Tom.IH. p. 30. angefübret wird, und daß der Autor verſichert, in der “Burg des heiligen Julians, eine Meile von Genf, ii von: Wort zu Wort gehört zu ar Ich bin, ꝛc Genf, den 15 Detober 1738. pP, S. 638 Fortiekung der Hiſtorie D.. Da euer ordentlicher Aufenthalt in dem Pais de Vaud ift, und nahe bey den Weinreben der Küfte: fo bittee man euch, daß ihr Nachricht einziehet, ob man gar nicht weis, in welchem Jahrhunderte diefer Weinberg angeleget worden. Es hat mir jemand gefagt, man hätte den Herrn Ruchat hierüber um Rath gefragt, als welcher in den Schweizer-Antiguitäten viele Unterfuchungen angeftellt, er babe aber nichts - richtiges von dem Urfprunge dieſer Weinreben finden können, fondern nur eine Donation im IX Jahrhun— derte gefehen, welche Ludwig der Leutſelige mit denen - zu Sarra und. Efelepan gelegenen NBeinbergen dem Bifchof zu Laufanne gemacht hat. Mich deuchter, man fönne daraus fihließen, daß die freye Lage der Küfte Weinreben von älterer Zeit haben muͤſſe. Ich vermuthe fo gar, daß fie von der Hand der Roͤ— mer berfommen, welche, nachdem fie einigen Aufent— halt in jenem Lande gehabt, die zum Weine geſchick— fen Erdreiche wohl erkennen konnten. Uebrigens folltet ihr nunmehr, da ihr eine fhöne Buchdrucke— ren zu Saufanne habt, dem Heren Profeflor Ruchat wohl rathen feine Sammlung, Diplomata Laufan- nenfia betitelt, an das Licht zu ſtellen, worinnen die Donation der Reben zu Sarra und Efelepan ftehen fol. Man findet Heutiges Tages ftarfen Geſchmack an diefen alten Urkunden, Dieſes würde den Drud eher verlohnen als meine Briefe, welche ihr insge— mein nach Meuchatel ſchicket. Das ift ein neuer Proceß zwifchen uns beyden, Wir wollen fehen, wie ihr euch hierbey aus der Schlinge zieben werdet. Ihr —— werdet * vom Weinſtock. 6;9 werdet euch vielleicht Dadurch enefchuldigen wollen, daß ihr zu beweiſen fucher, die Gefchichte vom Weinfto- ce gehöre natürlicher Nbeife zum Schweizer Mercur, aber es ift dienlic), euch zum voraus zu erinnern, daß ich mich mit dieſer Ausfluche nicht werde abfpeifen laſſen. ERIEH ER EEK R KK KK KLETT EEE V. Fortſetzung von Gedoyns im vorigen Stuͤcke abgebrochener Geſchichte des Daͤdalus. is hieher war er nur ein Bildhauer geweſen; in der Folge zeigte er ſich als einen großen Baumeiſter. Dieſes geſchah unterdes- ſen, aller Wahrſcheinlichkeit nach, und wie Plinius * dafür halt, erſt nachdem er nad) Aegypten gereifee war, und die entfeßlichen Pyramiden, die noch heute zu Tage der zerftörenden Gewalt der Zeit Trotz biethen, infonderheit aber das Grabmaal oder La⸗ byrinch ** des Koniges Tan ein ungeheures. a Werk, * im XXXVIB. HN. im XIII € Cap ** Man trifft bey den alten Scribenten bin und wieder Beſchreibungen von dem aͤgyptiſchen Labyrinth an, Kr bey dem Diodorus aus Gicilien im IB. im 6X | bfehn. auf der 71 ©. bey dem Strabo in XVIIB. Geogr. auf der 938 ©. der Ausg. Wilhelm Zylander; Baſel1571. bey ei Herodotus im U B. auf der —* 640 Fortſetzung von Gedoyn Werk, das Plinius portentiſſimum humani ingenü opus, das erftaunungsmürdigfte Werf, nenner, fo je mals durch menfchlichen Wis Bervorgebracht worden, betrachtet hatte. Mach feiner Zuruͤckkunft nach Kreta, bauete er daſelbſt ein dergleichen Labyrinth, aber in Kleinem: denn das Labyrinth* zu Kreta betrug in | Anſe⸗ der gronoviſchen Ausgabe; bey dem Pomponius Mela im 13. img Cap. auf der 56 und folg. ©. der Ausg. Abrah. Gronovs. Man vergleiche damit die auf der 368 und folg. ©. befindlichen Anmerkungen des Iſ⸗ Voßius. Nach der Meynung des Abts Banier find dasjenige, was die Araber Quellay Earon , oder den Pallaſt des Caron nennen, noch Ueberbleibſel von Dies fem erffaunenden Werke. Er ſucht folches in einer befondern Abhandlung zu erweiſen, die er im Jahr ‚1718 der Akademie des Inferiptions & belles Lettres vorgeleget. Man findet einen Auszug davon in der Hifforie diefer Akademie im LI Th. auf der 366 und f. S. Der Abt Banier gründet fich fonderlich auf Die Erzählungen des Paul Lukas in feiner Reiſebeſchrei⸗ bung. Ueberſ. , | * Diefeg Labyrinths gedenken Dioderus im I B. im 61 Cap. Pauſanias in Atticis im 1B. 51. Apollodorus im III B. 132. Iſidorus Orig. XV Cap. 2. Grego⸗ rius von Nazianz. Orat. XXXIII. Ovid Metamorph. VII. 159. Philoſtratus it Apollon. Thyan. IV. Il. Diefe alle beſchreiben es als eine Nachahmung des agyptiſchen, und als ein befonderes Meifterftück des menfehlichen Witzes. Man muß fich daher billig wun⸗ dern, daß bey dieſer faſt allgemeinen Meynung ſich dennoch zween Scribenten finden, die gerade das Ge⸗ gentheil behaupten, und es fuͤr eine bloße Hoͤle in ei⸗ nem Berge ausgeben. Es ift folches der DVerfafler des großen Etymologikons, und der Cedrenus. Jener ſchreibt alſo: Anßvgingos er FA Koyry oa ich "Ogos, * PRREL Geſchichte des Daͤdalus. 641 Anſehung der Größe des aͤgyptiſchen, nur den hun— dertſten Theil ; und dafelbft war es, wie man fagt, wo Minos dasjenige Ungeheuer einfchloß, das unter dem Namen des Minotaurus fo befannf, und eine würdige Frucht ift der allerfeltfamften und verabfcheu- ungswürdigften Bereinigung, der jemals in den Er: Dichtungen und der Gefchichte gedacht worden ; denn wenn wir den Dichten und Fabelfchreibern glauben dürfen, fo war der Minos, von dem bier die Nede ift, ein Enfel eines andern Minos, der den Kretenfern fo reife Geſetze gegeben, von feinem Grosvater gar fehr unterfchieden*. Er hatte unter feinen Heerden einen Stier F est end ! Diefer fagt yızs de © auros der Mino— taurus) ra meodociav, Deuyaı 5 Tu Außverdor xusay xy 4 — — —E — —»— xpußsig. Daß es uͤbrigens von keiner gar zu langen Dauer geweſen, erhellet aus des Diodorus ĩ B. im 61 Abſchn. auf der 71 S. Es be— kraͤftigen auch ſolches die Worte des PliniusimXXXVL B. im 13 Cap. extant adhuc reliquie eius (des aͤgy⸗ ptiſchen Labyrinths) cum Cretici, Italicique nulla veſtigia extent. Man vergleiche hiermit des Meurſius Nachricht in Comment. de Creta, Rhodo, Cypro im IIB. XI Cap. auf der 65 und f.S. Ueberſ. *Minos der zweyte, der großfe König der in Kreta re- gieret, und von welchem bey den Alten, infonderheit bey den Dichtern viel-gereder wird, war ein Enkel Minos des I. von deffen naturlichem Sohn Lyka— ſtus, den er mit der Stone gezeuget. Diefe beyden Minos werden fehr oft mit einander verwechfelt, Der Abt Banier bat ihre Gefchichte auseinander zu fegen gefucht. Seine Diftin&tion de deux Minos ſtehet im IIB. der Hiftoire de PAcademie Royale des In- fcriptions & beiles Lettres auf der 68 und f. ©. der 7 Dand, 88 Amſterd. 642 Fortſetzung von Gedoyn Stier von außererdentlicher Schönheit, den er fehe hoch ſchaͤtzte. Mac) der Gewohnheit des Landes foll- te er ihn dem Neptunus heiligen, und folglich auf opfern. Er vertaufchte aber diefes Opfer, Das der Gore der Meere forderte, mit einem andern. Der Gott fuchte dieſe böfe That zu rächen ; er flößete der Paſi⸗ phae, der Gemahlinn des Minos, eine vielunfinnigere - Siebe zu dieſem Stier ein. Dädalus, der VBertraute der Königinn, fuchte Diefer Neigung zu ftatten zu kom— men. Er fam auf den Einfall, eine Kub von Erz * zu machen. Er machte fie fo natürlic), daß Pafiphae ihren Bortheil dabey fand. Dieſes ift der Urfprung diefes Ungebeuers, Das zur Hälfte Ochs, zur Hälfte Menfch war, welches das Labyrinth zum Aufenthalt hatte, und jährlich ** die unglücflihen Schlachtopfer auf- Amſterd. Ausg. Man kann mit felbiger die aus dem Engliichen uberfegte Allgemeine Welthifforie im VI Th. die 584 und f. ©. vergleichen. Weberf. *Apollodorus erzaͤhlet Diefe erdichtete Begebenheit mit mehrerer Wahrfiheinlichkeit. Er fagt, die Kuh ſey von Holze geweſen; fie babe auf Raͤdern geſtan— den, damit fie können fortgezogen werden, und Dä- dalus habe fie mit einer natürlichen Kuhhaut überzo: gen, der Sohn der Paſiphae habe, Aſterius gebeißen, mit dem Zunamen Minotaurug, er fey ein vollfomm: ner Menich geweſen, außer daß er in Gefichte einem Ochſen gegleichet. _ Ovros zus saugs weccame va 08 Aura are Palaͤphatus leugnet die ganze Erzaͤh⸗ lung. Aleberf. - | h x** Man fehe hiervon des Abt Banier Diflindion de deux Minos am angef. Drte. Desgleichen Die Ueber: fegung der allgemeinen Welthiftorie im V Ih. auf der 45 ©. im VI Th. auf der 585 6. Ge. Hochwurd. Magnif. Hr. D. Baumgarten jagen in einer — an, ung, — Gefchichte des Daͤdalus. 643 auffraß, mit denen die Athenienſer den Minos wegen ſeines ermordeten Sohnes des Androgeus * befrie- digen mußten, der ihnen vielleicht diefen Mord mie Unrecht Schuld gab. Minos empfand eine Schan- de, Die auf ihn zurück fiel er entſchloß fich, den Urhe⸗ ber davon zu beſtrafen, und fperrte den Dädalus in ein enges Öefängniß ein, wo ihm Feine weitere Hoffnung uͤbrig blieb, als ſein Leben durch einen gewaltſamen Tod zu verlieren. Ikarus ſein Sohn, und Gefaͤhrde in Ungluͤck, vermehrte ſolches noch mehr. Damals war es, wie man ſagt, da der witzige Daͤdalus alle ſeine Geſchicklichkeit angewendet, und ein Mittel gefun- den habe, fich Flügel zu machen, fie an feinem Körper mit Wachfe zu befeftigen, und feinem Sohne eben der- gleichen anzubefien ; denn dadie Erde und das Meer vor ihnen verfchleffen war, fo füchten te der Natur Trog zu bietben, und fich einen Weg durch die Luͤfte zu bahnen, ' Expertus vacuum Dædalus aera Pennis non homini datis, fage Horaz. Ikarus nahm den Flug als ein junger Ss fung, das Vorgeben, daß dieſe grauſame Yuflage von den Athenienſern jabrlich habe muffen entrichter wer: den, fey ohne allen Grund, Ueberſ. *Es war noch nicht ausgemacht, ob die Athenienfer an dem Unglück des Androgeus Schuld waren. Er gieng unter der Regierung deg athenienfifchen Königs Ner geus nach Athen, die panatbenaifchen Severlichkeiten mit anzufeben. Weil er mit dem Pallas, des Könige Bruder, und deffen 50 Söhnen, eine garaue Freunds ſchaft aufgerichter, fol Aegeus auf den Verdacht gera⸗ then feyn, er fuche ibn von Throne zu floßen, deswe gen babe er ihn heimlich ermorden laffen, Andere lagen, er ſey in dem Rampfe mit dem marathoni- fihen Stier geblieben. Ueberſ. 644 Fortſetzung von Gedonyn | Menfch ; er vergaß den mweifen Rath feines Vaters, er ftieg zu hoch ; die Hiße der Sonne ſchmelzete feine Flügel, er konnte fich nicht mehr halten, und flürzte in ein Meer, das feit diefer Begebenbeit den Namen des unglücklichen Ikarus führer, der ein ewiges Für- bild aller NBaghälfe geworden, die mehr unternehmen, als ihre Kräfte auszuführen verftatten. Dädalus war viel Flüger, er wußte die rechte Mittelftraße zu halten, und Fam glücklich nad) Sicilien, wo er, nad): dem er einige Zeit ausgerubet, feine Dienfte dem Ko- falus, der zu Inykum regierte, anboth. Ariſtoteles bringet in feinem Buche von wunderbaren Erzäblun- gen, wenn anders diefes Buch von ihm ift, eine fon« derbare Nachricht bey. Er fagt, Daͤdalus babe ſich, ehe er nad) Sicilien gegangen, auf den eleftrifchen Inſeln niedergelaflen, die in dem adriatifchen Meer: bufen liegen ; dafelbft habe er ein Denfmaal feiner Flucht, und feiner ausgeftandenen Widerwärtigfeiten binterlaffen wollen; er habe zwo Bildfäulen aufgerich- tet, eine von Zinn, die andere von Erz, eine follte den Ikarus, Die andere ihn felbft vorftellen. Ste— phanus von Byzanz erzählet unter dem Worte les ktrides eben diefe Gefchichte ; vermurhlich hat er fie aus dem Ariftoteles genommen. Man muß aber die- fe Erzählung unter die Erdichtungen rechnen, da- mit die Gefchichte des Dädalus angefüller ift, und die bey alle dem fo unmwahrfcheinlich find, daß nicht leicht jemand durch felbige wird betrogen werden, der nicht muthwillig betrogen feyn will, Die von dem Dadas [us verfertigte eberne Kuh ift ohnftreitig eine Erzaͤh— lung, die alle Merfmaale des Falfchen an ſich hat. Den Griechen ift das Er; und die Kunft das IR zu ſchmel⸗ Gefchichte des Dadatus. 645 fchmelzen und in Formen zu gießen, nicht eher als ver: ſchiedene Jahrhunderte nach der Eroberung Troja befanne worden. Die erften Gießer, die fie gehabt haben, find Nhöfus * und Theodorus * gemwefen, fie lebten zur Zeit des Polyfrates, Tyrannens zu Samos ; alfo kann die Erdichtung von der Pafiphae in Griechenland nicht eher als 500 Jahr nach dem Dädalus feyn befannt worden. Diefe Königinn hat— te eine Zuneigung zu dem Taurus befommen, den einige zudem Secretair ***, andere zudem Öenerallieu- Ss3 tenant *Plinius ſchreibet von ihm im XXXV B. im ı2 Cap„ Sunt qui in Samo primos omnium plaſticen inveniſſe Rhœcum & Theodorum tradant multo ante Battiadas Corintho pulfos, Man kann damit den Herodot im III D. im 60 Cap. den Paufanias in Arcadic. ©. 248 in Phocie. ©. 356 vergleichen. Gie nennen ihn einen Sohn des Philaus. Er fol das Bild der Nacht verfertigee haben, fo fonft zu Epheſus uber dem Altar der Diana Protothronia zu ſehen geweſen vvuyæixes Ein@v--TExXın TE Poixs, Nyxra ds 0 'Epscio xarscı ſagt Pauſanias am — Orte. Ueberſ. Theodorus ſoll aus Samos geweſen ſeyn. Einige an ihn für einen Sohn ded Telefles, andere für des Rhoͤkus Sohn aus. Pauſanias ſchreibt in Ar- cadic. an angef. Orte ‚alfo, von ihm : Astıgeav xgurner meare xy ayarnara Sxavevrarso Poinos Ta Dirais x.g Osodwens TnAenAssc, Zap. Mehrere Zeutgniffe der al- ten Scribenten findet man geſammlet in des Junius Catalog. Architedtor. Mechanicor. &c. an angeführten Hrte auf der 209 u. f. S. Ueberſ. *** Servius in der Auslegung über dag VIIIB. Virgils Aeneid. Taurus Notarius Minois fuit, quem Pafipha . amavit, cum quo in domo Dexdali — & quia zeminos peperit, unum de Minoë, alium de Tauro, en 646 Fortſetzung von Gedoyn tenant *des Minos machen. Dadalus unterhielt diefes Siebesverftandniß, er verfchaffteihnen Gelegenheit fich einander zu ſehen, felbjt fein Haus ftund zu ihren Zus fammenfünften offen. Die Pafiphae Fam mit einem Sohne nieder, den einige Schriftiteller Afterius oder Aerion nennen. Da der Vater ungewiß war, und man fowohl den Taurus als Minos dafür halten konn⸗ te, nennte man ibn Minotaurus. Dädalus, der mie in das Liebesverſtaͤndniß der Königinn verwickelt war, fiel in des Minos Ungnade. Er ließ ihn gefangen legen. Paſiphae fegte ihn in Sreyfeit, und gab ihm ein Schiff. Dadalus gerieth auf die Erfindung, an dem Ende eines Mafts, Segel und Segelftangen ** anzu⸗ enixa effe Minotaurum dieitur. Man vergleiche da⸗ mit des Palaͤphatus ausführliche Auslegung diefer Ers dichtung in des Thom. Gale Opufeul. Mythologie. auf der 11u. f. S. UÜeberf. *Auch dieſes beruhet auf der Erzaͤhlung des Servius, dieſer ſchreibt ad Libr. VI. Aeneid. Taurus notarius, vel ut alii dicunt, Magiſter militum Minois fuit. Ueberſ. ** Der Abt Gedoyn ſcheinet der Erzählung des Paufa- nias einigermaßen zu folgen. Plinius hingegen theilt im VIIB. im 56 Cap. dieſe Erfindung unter Vater und Sohn. Vela, fehreibt er, Icarus, malum & an- tennam Dedalus invenit. Herr Gesner vermutbet in feiner Chreftomathia Pliniana ©. 625 bey diefer Gtelle einen Fehler: Cum hoc feribo ınendi fufpeetus mihi fit hie locus, Quid enim ? nonne ejusdem erat ho- minis, velum, ınalum & antennam invenire, aut quis poteſt efle ufus veli fine malo & antenna, u. f.f. Wir gehen mit Herr Gesnerd Erlaubniß von diefer Mey— nung ab. Wir alauben, die Stelle des Plinius koͤnne ohne Vermuthung eines Schreibefehlerg ihre Richtige keit haben ; Dadalus kann malum und antennam er- Funden — u UN U ZU m u | Gefchichte des Daͤdalus. 647 anzubringen, und dadurch dem Zorne des Königs, und der ihm nachfegenten Flotte zu entgehen. Ika— rus war auf emem andern Fahrzeuge, das er nicht zu regieren wußfe, das Schiff fcpeiterte*, und die Wellen warfen feinen Körper auf eine Inſel nahe bey Samos aus. Herfules fand ihn dafelbit von ohn- gefähr, undließ ihn begraben. Sehen fie, meine Herz ren, auf diefem Grunde beruhet die Erdichtung von der Pafiphae **, die fich in eine eherme Kuh einge- fhloffen, Damit fie mit einem Stier zu thun haben koͤnnen; hierauf gründet fi) die Geburt des Linge- 634 beuers, funden haben, mweilder erftere anfanglich nur gebraucht wurde, die Schiffe nach angelegtem Geile am Stran= de fortzugieben, wie man noch heute zu Tage gar oft auf der Elbewahrnehmen kann. Ikarus kann bernach fich zuerjt eines Segeltuchs Bediener haben. Ueberſ. * Diodorus gehet bier von der Erzahlung des Pauſanias ab. Der letztere fagt in Baoticis auf der 290 ©. Ikarus ſey bey dem Anlanden und Ausſteigen aus dem Schiffe verunglückt, da hingegen der erſtere vor- giebt, er habe auf der hoben See Schiffbruch erlitten. Ueberſ. ** Lucian ſucht dieſer Kabel noch eine andere Auslegung zu geben: Er ſagt, es koͤnne ſeyn, daß Daͤdalus mit der Paſiphae von der Aſtrologie und inſonderheit von dem unter den Sternbildern befindlichen Stier oder Taurus geredet, und ihr dadurch eine Neigung zur Aſtrologie beygebracht babe, woraus bernach die Er— Dichtung von der Kuh und dem Gtier gemacht wor: den, ſ. Luciau wegi "Asgoroyias im II Eh. auf der 367 & der hollandifchen Ausgave in 4. Man fieber hieraus, dab wenn es auf Vermuthungen ankoͤmmt, man jede Dinge zu feinem Vortheil anwenden und erffaren tin: ne, wenn fie auch noch fo ſehr entferne zu feyn fcheinen ſollten. Ueberſ. 648 Fortſetzung von Gedoyn heuers, das unter dem Namen des Minotaurus ſo viel Aufſehen gemacht hat; hierdurch erklaͤret ſich das vorgegebene Geheimniß, das Daͤdalus erfunden, die Luft mit Fluͤgeln wie ein Vogel zu durchftreichen *. Fünf oder fechshundert Jahr nach vorgefallener Be— gebenheit, gefiel es den Griechen fie einzufleiden, und mit den bößlichften Farben abzumalen. Das An: denfen des Minos mußte infonderheit den Athenien- fern fehr verhaßt feyn wegen des graufamen Tribus, den fie zu ihrer größten Erniedrigung ihm jährlic) entrichten mußten. Aller Wahrfcheinlichfeit nach, bat fie die Rache ** auf diefe Erdichtung gebracht fie ftreueten folche überall aus, und die Dichter bedien- ten fich ihrer nachher, weil fie ihnen erwünfchten Stof zu fchönen Malereyen und erhabenen Gedanfen gab. Diefe Berfe des Birgils *** Fönnen folches bezeugen, Hic crudelis amor tauri, fuppoftaque furto Pafiphae, miftumque genus, prolesque biformis Minotaurus inet, Veneris monimenta nefandae. tie * Hier macht es Lucian nicht beffer. Wer wiſſen will, wie er des Dadalus und Ikarus Flug auf die Aftrologie zu deuten fuche, darf nur angeführten Ort auffchlagen. Lleberf. | * Wir finden Diefe Vermuthung fehon bey dem Plutarch im Theſeus. Nachdem er die ganze Erzablung vom Minotaurus zweifelhaft gemacht, und folcher einen wahrfiheinlichern Sinn zu geben fich bemühet hat, ſetzet er hinzu: Eoixe — xarızev eivas bwvnv xveon wor nu user amıyJarscde. Ky yap o Muws wie dreams Kanas, Axsumy xy Anıdogsuavas 8 Tois "Arrıreig Seareoıs U.f.f. f. den IV Th. der Schriften des Plu— tarchs ©. 13. der Ausgabe Henr. Stephanus. Ueberf. ”* im IV 3, Acneid. v.24. Gefchichte des Dadalus. 649 wie auch diefe, da er von dem Ikarus redet tu quoque magnam Partem opere in tanto, fineret dolor, Icare, haberes, Bis conatus erat cafus eflingere in auro, Bis patriae cecidere manus. Ich will hier nichts von den wißigen Befchreibun= gen des Ovidius gedenken; die Fabel, die Erdichtung, und alles was aus einer fruchtbaren und lebhaften Ein- bildungskraft entfpringer , wird jederzeit, einigen Neuern zum Trutz, die Seele der Dichtkunft bleiben. Der vorgegebene philofopbifche Geift, mit dem fich heutiges Tages einige fo groß machen, mag diefe Zierrathen immer veriverfen, fie werden dennoch den großen Dichtern ſchaͤtzbar feyn, und Diejenigen, die nur die Bernunft mit der Vernunft in Gedichten wollen reden laffen, verrathen Dadurch felbft, daß fie weder Geſchmack noch Fähigfeit zu einer wahren Dichtkunſt befisen. Die unfchuldigen Unwahrheiten, mit denen Homer, Birgit, Taffo und Arioft ihre Gedichte an— gefüllet haben, gefallen allen fchönen Geiftern , und verführen niemand, weil man fie für fo viel Allego— rien oder Ginnbilder anfehen muß, die bald eine hi: ftorifche Begebenheit, bald eine moralifche Wahr- heit verſtecken. Le doux charme de maint fonge Par leur bel art invente, Sous les habits du menfonge Nous offre la verite; fagt einigermaßen der geiftreichfte und liebenswürdig- ſte unter allen unfern Dichten. Wir wollen aber wieder auf Die Gefchichte des Daͤdalus fommen, die Ss; weiter 650° SFortfeßung von Gedoyn weiter nichts verftectes , nichts unwahrſcheinliches an fich bemerken läßt. Wie die Römer ihren Urfprung viel älter und an- fehnlicher zu machen geglaubt haben, wenn fie ihre Ankunft von den Trojanern berleiteten, fo haben auch ihre Dichter einigen Denfmaalen Italiens eine höhere Achtung und Schaͤtzbarkeit zu geben geſucht, wenn fie, nicht ohne Schein einiger Wahrheit, den Dädalus zu deren Urheber gemacht haben. Dabin geben unter andern diefe Verſe des Virgils * Daedalus, vt fama eft, fugiens Minoja regna Praepetibus pennis aufus fe credere caclo, ‘ Infuetırm per iter gelidas enauit ad Are ’ Chalcidicaque leuis tandem fuper aftitit arce. Redditus his primum terris, tibi, Phoebe , facrauit Remigium alarum, vöflrtaue immania templa. 2 Denn dieſes s iſt der Tempel des Apollo zu Cuma, deſſen in dieſen Verſen gedacht wird; es iſt aber das Anſehen der griechiſchen Seſch chiſchreiber „vornehm⸗ lich in dieſem Punkt, von ſtaͤrkerm Gewichte, als das Zeugniß der lateiniſchen Dichter. Diodorus und Pauſanias berichten uns alle beyde, daß Daͤdalus in Sicilien angelandet, und daß er nach dieſem zu dem Könige Kokalus nach Cancicum oder Inykum geflüchtet fen. Einige Erdbefchreiber geben das heutige Siculiano fir Diefen Dre aus. Diefer Prinz empfing ihn mit vieler Leutſeligkeit; er — ihn bald darauf, — um ſo viel mehr zu bewun⸗ * Hm angeführten Orte, Man kann hiermit des Ger: vius Anmerkung zu diefer Stelle, imgleichen Des Auſonius X Idyli. v. 350, und Juvenals X GSatyre v.25 vergleichen. Ueberſ. Gefchichte des Daͤdalus. 6sı bewundern, da er über Barbaren herrſchete, unter die Zahl feiner Freunde auf, und begegnete ihm mit allen Arten von Ehrenbezeugungen. Minos war unterdeflen über die Flucht feines Gefangnen fehr aufa gebracht, er ließ eine Flotte ausräften, die ihn bis zu feinem Aufenthalte verfolgen ſollte. Er forderte als ein Herr über Meer und Erde, und als Befißer einer zahlreichen Flotte, von dem Kofalus deffen Ausliefe- rung. Diefer ſahe fi) nicht im Stande, einem fo mächtigen Feinde Widerftand zu thun; er ergriff die Partie ihn in feinen Pallaft einzuladen, und fuchte ihn durch die freundſchaftlichſte Bewirthung zu beſaͤnf⸗ tigen; die Prinzeßinnen des Kokalus waren aber von den Berdienften des Daͤdalus noch) Iebhafter gerührer, fie beredeten fih, ihm durch des Minos Tod, das Leben zu retten. Da diefer Prinz einftmals im Bade war, ließen fie ihm fo heißes Waſſer geben, daß er da— von erftickt wurde *, man gab vor, er fen eines natür- lichen * Auf diefe Art erzahlen e8 Diodorug, Paufaniag, Eu: ſebius, Hyginus an angef. Stellen, womit auch Co— non in der XXV dnyer. auf der 264 ©. uͤbereinſtimmt. Desgleichen Koh. Tzetzes Var. Hit, Chil. I Cap. 19. Chil. XIL, Cap. 409. Die Art und Weife aber, wie er umgebracht worden, lehret uns der Scholiaſte des Pindarıs zu der IV Od. Nem. © Ausdaros Ex Keuyrns 5 — &pıncmevos mes Kuraror Barıdevorre vu: Ka- Kies weade Ts Ivyareızs Kuxars dia Tas eeodns monde narehiw, di 5 Euyudss opus vdup erwexgdncerg To Mivo Asomeı@ xeuy a3r0v Tov TgoroV dxoAwiev 0 Mus. Es erzaͤhlet dieſe Begebenheit Zenobius im IV Hundert im 92 Spruͤchwe in Agso 70, weriar noch ausführli— cher. S auch des Meurſius Creta am angef. Orte. Plutarchus gedenker im. Thefeus von dieſer Be Bege⸗ 652 Fortſetzung von Gedoyn lichen Todes * geſtorben. Kokalus lieferte feinen Koͤrper an die Kretenſer aus, die damit in ihre In— ſel zuruͤck kehrten **, und es fiel nichts weiter vor, Da Dädalus von diefer DBerfolgung befreyet war, ‚ forgte er für nichts weiter, als feinem Erretter eine wahre Erfennelichkeit zu bezeugen. Er legte auf der Spige eines Felfens eine Feftung *** an, deren Zu- gang Begebenheit nichts, fondern ſagt nur, Minos fey Durch ein entftandnes Ungewitter an die Küffe von Eicilien verworfen worden, und dafelbft umgekom— men. Ueberſ. * Diodorus faat, er habe die Kretenfer beredet, es fey fcehlupfrig geweſen, und Minos fey in das fiedende Wal: fer gefallen. Ueberſ. ** Mir wiffen nicht, wie der Abt Gedoyn diefes bemeilen wurde. Die Kretenfer find niemals wieder in ihre In— fel zurück gekommen, fie erbaueten die Städte Minoa und Engyion, f. den Stephanus von Byzanz S. 252 297 Anmerf. 36 und S. 469 der Ausg. des Thom. von Vinedo. Sie benruben den Körper des Minos in Eicilien mit großem Beprange, und richteten zu feinen Gedaͤchtniß ein herrliches Denkmaal auf, da fie nabe bey daffelbe der Venus zu Ehren einen prachtigen Tem pel erbaueten. Die Gebeine des Minos find in viel fpatern Zeiten wieder nach Kreta gebracht worden. Eie wurden von dem Thereus entderft, wie Agrigen- tum erbauet wurde, dieſer fihiekte fie nach Kreta. Ueberſ. *** Diodorus ſaget, es ſey die Stadt Agrigentina oder Agrigentum geweſen, dem aber Polybius nachdruͤcklich widerſpricht, und es nur für ein Schloß auf der Mor: genfeite der Stadt ausgiebt. Man vergleiche hiermit Philip Cluvers Sicilia antiqua auf der 1026. Nach feiner Mennung if e8 Das Schloß Dmphace gemefen, deſſen Pauſanias in Arcadicis S. 275 und in Boeotic. gi geden⸗ Gefchichte des Dadalus. 653 gang fo enge und befchmwerlich war, daß man mit ‚ einer Hand voll Leute, ein ganzes Kriegesheer auf: halten Fonnte, Kofalus ließ darinne einen Pallaft bauen, und retirirte ſich mit allen feinen Reichthuͤ— mern hinein. Diodorus redet von noch viel mehrern Merken, die Dädalus in diefen Eleinen Bezirfe Sie ciliens angeleget haben foll, und von denen noch einige zu feiner Zeit zu ſehen gewefen, Er gedenfet unter andern einer Art eines Waflerhälters oder Baffins **, aus welchem ein großer Fluß in das Meer fiel. Der Berg Eryx, den der Tempel der erycifchen Venus befannt gemacht, war außerordentlich fteil, und mit Klippen umgeben, Die Unbequemlichkeit des Orts machte die Andacht des Volks überaus Falt. Daͤdalus um— gab diefen ‘Berg mit einer Mauer, und ließ den Zwi⸗ ſchenraum mit Erde ausfüllen. Durch) diefes Mictel wurde der Tempel der Goͤttinn öfterer befucher. Es ift wahrfcheinlich, daß fich verfchiedene andere italie— nifche Prinzen der Hülfe des Dädalus bey verfchied- nen Vorfallenheiten bedienet haben. Um diefe Zeit mar eine griechifche Colonie unter der Anführung des Jolaus, — ſ. auch den Stephanus von Byzanz auf der 517. S. * Die griechiſchen Scribenten nennen es xoruußndeer, der Fluß ſoll Alabo, oder Alabus oder Alabis geheid: ſen haben. Nach Cluvers Zeugniß auf der 133 S. ſollen noch heutiges Tages einige Ueberbleibſel davon zu ſehen ſeyn. Stephanus von Byzanz führer auf der 58 S. auch eine Stadt an, die den Namen Alabo gefuͤhret. Er ſagt aber nicht wo fie zu finden gemes fen. Ueberſ. 654 Fortſetzung von Gedoyn Jolaus *, des Herkules Better, nach Sardinien ab- gefuͤhret worden. Jolaus war nicht lange dafelbft, als er von des Dädalus Aufenthalte in feiner Nach— barihaft Nachricht erhielt; er ließ erfuchen zu Ihm zu fommen, und man kann ſich leicht vorſtellig machen, was ihm ein Mann, der zugleich ein Ingenieur, Bau— meifter und BildDauer war, bey feiner neuen Einrich— fung für Dienfte werde geleifter haben. Einige Schriftiteller geben vor, Arifteus, das Haupt einer andern viel ältern geiechifchen Colonie, habe fich glei- ches Bortheils zu erfreuen gehabt, fie "haben fich aber betrogen: Paufanias ** har fehr wohl angemerfet, Daß die Zeiten nicht mit einander übereinftimmen. Man wird mich * bereden, ſagt er, daß Ariſteus, der des Kadmus Tochter, die Avtonoe geheirathet, in einiger Unternehmung von dem Daͤdalus habe koͤnnen unterjtüßet werden, Der zu der Zeit lebte, da Dedi- pus in Theben herrſchete. Sehen fie, meine Herren, diefes wird es unge— fähr alles feyn, was ich von alten Denfmaalen, dabey des Daͤdalus gedacht wird, babe aufbringen koͤnnen. Er hinterließ einen Sohn, den man Japyxr *** nennte, und von dem eine, Öegend in Italien den Namen bes fommen. Wir finden bey feinem Sceribenten, um wel- che Zeit Dadalus geftorben fen; und das Stillſchwei— gen der griechifchen Schriftfteller iſt ein ficheres Merk⸗ maal, daß ihnen Diefes felbft unbefanne gewefen. Es bringt ‘& Diedorus i im IVB. ©. 274. Pauſanias in — S. 206. in Boeotic. 209. in Phocic. 332» *% ip Phocic. ©. 332. Pe Strabo im VID. rer, geograph. ©, 312, Geſchichte des Daͤdalus. 655 bringt mich ſolches faſt auf die Gedanken, daß er noch einmal nach Aegypten* gegangen, und daſelbſt feine Tage geendiget habe. ** Das zweifelbafte wird von diefer Meynung fallen, wenn man die Erz zählung des Diodorus von Gicilien in Betrachtung siehet. Er ſagt, Daͤdalus habe als ein Baumeifter den Vorhof des prächtigen Tempels des Vulkans zu Memphis erbauet; feine von ihm felbft verfertigte Bildſaͤule fen dafelbft aufgejtellee worden, und die Aegypter hätten ihm auf einer großen Inſel, nahe bey dieſer Stadt, einen Ternpel geweiher, wo fie ihn göttlich hätten. *** Der Griechen Ehrfurcht - gegen den Dädalus gieng niemals fo weit, und Ju— nius **** betrüge ſich fehr ſtark, wenn er von großen und Eleinen Dädalen als von einem Feſte redet, das diefem berühren Bildhauer zu Ehren gefeyert wor- den, * Daß er.vor feinem Ende aus Italien wieder nach Athen gegangen, und mie ibm daſelbſt neue Ungluͤcksfaͤlle aufgeftoßen, erzaͤhlet Mutarchus im Theſeus mit vie Ten Umflanden. Ueberſ. \ »* Die Stelle bey dem Pomponius Mela im IB. im VI Cap. auf der 218 ©. der Ausg. Abrah. Gronovs, aus welcher zu erbellen fiheinet, daß Dadalus in Kreta verftorben, hat den Auslegern viel Kopfbrechens ge— macht. Ob des Janus Parrhaſius Vermurbung ſeine Richtigkeit babe, uberlaffen wir der Einficht des Le— fers. Dean kann fie in des Janus Gruterg Theſau- rus criticus im ITh. auf der 742 ©. nachlefen. Ueberſ. “+ Könnte Diefes alles nicht gefcheben feyn, wie Dadalug das erſtemal in Aegypten gewefen? Weberf, txx Im Catalogo Architedtorum, Mechanicorum, Picto- rum etc. am ange. Orte auf der 71 6, f 656 Fortſetzung von Gedoyn den. Es war Juno *, der diefe Ehre wiederfuhr, und diefes Felt hatte nicht von diefem Bildhauer den Namen, AchcaMce bekommen; fondern weil in den altern Zeiten und noch vor dem Daͤdalus, jedes po= lirte und fünftlich gearbeitete Stück Holz desidaAov genennet wurde. Dädalus felbft hatte feine Namen davon angenommen. ** Es ift übrigens noͤthig hier anzumerfen, daß drey Daͤdali und alle dreye Bildhauer gewefen find, Der erfte war ein Athenienfer, deſſen Gefchichte ich. be— fehrieben habe; der zweyte ein Sicyonier *** der Grie- chenland *Man ſehe von dieſen Feſten des Meurſius Graecia feriata im II B. auf der 74 u. f. ©. der Leidenſchen Ausgabe 1619 in 4. Es feyerten ſolche ſonderlich die Plataͤen— ſer und Boͤotier. Sie ſollen folgenden Urſprung ge— habt haben. Juno hatte ſich mit dem Jupiter verun— einiget. Gie gieng nach Euböa, und Jupiter begab fih zu dem Cithaͤron Fuͤrſten der Plataenfer. Da fich die Juno nicht wollte verföhnen laffen, forengte Jupier aus, er wollte die Platan des Afopus Tochter bheirathen. Er feßte aber ein angekleidetes hoͤlzernes Bild auf einen Wagen und gab es fur feine Braur aus. Die Juno war zu diefer Feyerlichkeit aus Neugier gekom⸗ men.Da fie fahe, daß es nur ein hoͤlzernes Bild war,gefiel ibr des Jupiters Liſt, und fühnte fich wieder mit ihm aus. Zum Andenken feyerten hernach die Boͤotier und Blataenfer diefes Feſt. Es erzahlet folches Pau fania3 in Boeotic. auf der 284 ©. Plutarchus bat ein ganzes Buch weei rar ev rar Auıdarav geſchrie- ben, fo aber verlohren geaangen. Ein Fragment Davon befindet fich in des Eufebiug III B. de Praepa- rat. Evangel. Lleberf. *+ ſ. den Pauſanias im Boeotic. an angef. Dre. *** de Franz Junius Catalogus Architedtorum, Me- chanicorum etc. an angef. Orte auf der zı S. Ueberſ. Gefchichte des Daͤdalus. 657 chenland mit einer beträchtlichen Anzahl Bildfäulen verſehen; der dritte erfannte Bithynien für fein Va— terland, Arrianus * redet von ihm, und er bat fich fonderlih durch die Bildfäule** des Jupiter Stras tius, oder des- Gottes der Rriegsheere berühmt gemacht. Die Griechen haben oft einen mit dem an dern verwechfele, entweder aus Unmiffenheit, oder ihre Denfmaale fehägbarer zu machen, wenn fie fük chen ein entfernteres Altertbum, als fie wirklich ges "habt, beygeleget. Paufanias ift einigemal in diefen Fehler verfallen, ich habe folches in einigen von mei— nen Anmerkungen über diefen Schriftfteller bemerfer, "Damit man nicht in diefen Irrthum gebracht werde, darf man fich nur erinnern, daß der ältere Dädalus, zu den Zeiten des Herkules, des Thefeus und Dedipus etliche dreyßig oder vierzig Fahre vor dem trojani⸗ ſchen Kriege gelebet habe. Friedrich Gotth. Freytag, *Euſtathius fuͤhret dieſe Stelle aus dem Arrianus in feiner Auslegung zu dem 796 V. des Dionpſius TE weginyars an. Ueberſ. »* Gie fol in Nifomedien geftanden haben; Ueberſ. Fa kt ww. Inhalt 7 Sand, Zt | Snbalt des ſechſten Stüds im fiebenten Bande, / I. Marggrafs chymiſche Verſuche, einen wahren Zucker aus verſchiedenen Pflanzen, die in unſern Laͤndern wachſen, zu ziehen ©. 563 IL, Voltaire Verſuch einer Abhandlung von der evifchen Dichtkunſt 579 u. Erlaͤuterung über einen Irrthum, fo man dem Hrn. deln Duintinie Schuld gegeben 604 IV. Sorsfegung der Hifforie vom Weinſtock 613 V. Kortfegung von Gedoyns Geſchichte des ar 639 Reaiſter Regiſter der vornehmſten Sachen in dieſem Bande, A. Adeptus ſ. Goldmacher. Aegypten, daſelbſt muͤſſen die Chriſten die aͤußerſte Verachtung und Drangſal ausſtehen 196 Akademie der Wiſſenſchaften zu Petersburg giebt Novos Comimentarios heraus 303. 339. Einrich—⸗ fung und Außerliche Befchaffenbeit der Akademie 305 Amaryllis Linnzi , Eigenfchaft diefer Bluhme 432 chen, wer der Urheber und Stifter der dafigen boden Schule gemwefen . 481 Attalus ſ. Kalus. Auflöfung chymiſche, worinnen fie beſteht 324 Ausduͤnſtungen ſchaͤdliche, von Mineralien 35. 266. thierifcher Koͤrper 35. 273. aus Todtengruͤf⸗ ten bey deren Eroͤffnung 17. 2021ff. B. Baͤhrmutter, anatomiſche Bemerkungen an derſel⸗ ben 344 Bauer, warum er geſunder als ein Reicher und Vornehmer 514 Te 2 Daum, Regiſter Baum, mit dem David im erſten Pfalm die Gerech⸗ ten verglichen, was es für einer iſt 188. ein aus— - ferordentlich großer | 189 Baͤume, zu was Ende fie befchnitten werden 608 Begräbniffe in den Kiechen, warum fie abzufthaf- fen 17. 18. 23. 25.27. ff. 34.37. 4144 Berg'goldner, ſ. Goldner Berg. Bewegung zuſammengeſetzte, phyſikaliſche Lehre "von derſelben ſucht Unzer zu verbeſſern 4.6ff. Buͤdhauerkunſt, große Meifter Darinnen 475.478 1- Dinfen, eine befondere Art derfelben 179 Blaͤttern f. Poden. , i Blicken, was bey den Probirern alfo heiße 15t Dligen, deffen Urſache und Wirkung 283 Blubmenftsub, Erklärung davon 428. ob der: felbe zur Befruchtung nothwendig 434ff. Borlach, iſt in der praktiſchen Mechanik ſtark 210 $e Boſſuͤ (P. Rene) Nachricht von demſelben 602 Bourdaloue (P. Ludw.) ein großer Kanzelreoner in Sranfreid) | ‚596 Britomartis, das Ebenbild einer Gortheit, Be— deutung dieſes Namens 487 C. Calderon de la Barca (D. Pedro) Nachricht von demſelben 586 Chriſten muͤſſen in Aegypten große Schmach und Drangſal leiden 196 Chymiſche Aufloͤſung, deren Befchaffenheit 324 Chymiſche Verſuche einen wahren Zucker aus ver ſchiedenen Pflanzen zu ziehen s63 ff Colchicum ob es ein Zwiebelgewaͤchs 429. 43: Corneille ‘der vornehmſten Sachen. Eorneille (Pet.) kurze Sebensumftänbe von demfelben 582 Crifpatura tendinis, was es ift und woher es entſteht 392 D. Daͤdalides, woher diefer Ort feinen Namen befom- men haben ſoll 486 Daͤdalus, Geſchichte deſſelben 470 ff. 639 ff. Dattelbaum, ober fich paare, und wie folche Ber- mählung gefchiebt 183. 184 Dichtkunſt epifche, davon ftellee Voltaire einen Berfuch einer Abhandlung an 579 Domition Kaifer, deſſen hartes Edict wider den Weinſtock 614. wird erläutert 615. vom Probus aufgehoben 622 Feng dejien Befchaffenheit 282, und Wirfungen 283 Dünfte nach einem Nordfcheine 446. Dünfte ſ. a. Ausdünftungen. * Einpflanzen der Pocken wie es geſchieht 413. 415 Eiſen, ob es wirklich gediegenes oder — We Hr fen giebt Epidemiſche Krankheit, fo von dem Einfluß der safe hervorgebracht worden, Erempel davon 277. deren Zufälle 279. und Huͤlfsmittel darwider 281 Epiſche Dichtkunſt ſ. Dichtfunft epifche. Epitres & la Montoron, was dadurch zu verſtehen 582 Erdbeben, warum aufdiefelben oft allgemeine Krank: heiten gefolget find 35 Te 3 Erkaͤl⸗ Regifter Erkaͤltungen, auf diefelben fehiebt man die Schuld’ der meiften Krankheiten 513. 531. gefchehen im Sommer eher als im Winter 519. wie ſie zu ge⸗ faͤhrlichen Folgen Anlaß geben 531 Erſtarrung ſ. Starrſucht. 8 n Federkraft ver Luft, worimen fie beſteht 321 Feigenbaum, merkwuͤrdige Nachricht von demfel- ben 173. 181. 194 Seuer von ©, Telmo, was diefes bey den Seeleuten bedeutet 425 - Slachs, wie er bearbeiter bi 67. Borfchläge wie Der Flachsbau zu verbeſſern 72. Flachsnahrung iſt eine der aller vortheilh hafteſten 65.75 f. Frieren und ſich erkaͤlten iſt nicht einerley 518 Fruͤchte, ob ſolche als eine Unvollkommenheit der Baͤume anzuſehen 607 | Bari Galle, was diefes Wort bey den Alten bedeutet 77 Gan on ] Taryyrudken] 3 386 Geburtsglieder, ob eine Bermifchung derbe ſtatt habe 343 f. Gedicht epiſches, Beſchaffenheit deſſelben 585. und E igenfchaften 587 Bläsgalle, mo diefe Benennung herruͤhret 77. bat - noch verfehiedene Namen 78. ihre Beſchaffenheit 73. Gattungen 79. nachgemachte 80. Gebrauch) und Nutzen 80.9 f. Natur und Eigenfchaften gıf. Unterfuchhungen davon 83 f. Goͤpel, der vornehmſten Sachen. Göpel, mas es ift zır * deflen befondere Vorrichtung 210 Gold, wie es von dem Silber zu ſcheiden 116. zu läutern 133. und biegfam zu machen 136 Golöner Berg, feine wahrhafte lage 624. warum Tofai diefen Namen verdienet —— Goldmacher, Erzählungen von ſich dafür ausge benden und Urtheile darüber 357 ff, verſchmitzte Raͤnke derfelben 380 f. Goldtinctur, wunderbare Umſtaͤnde mitderfelben 358 Griechen find große Liebhaber von Schneden 165 5. Haſſelgeiſt Sic. Briefe an Hrn. Linnzus, Entde⸗ ungen in der Naturlehre betreffend, aus Smirna 160, 168.172.180. aus Alerandria 183. aus Cairo 199 —an Herr Eloius aus Smirna 176 Vrerjeichniß von den Entdeckungen, welche er in Aegypten gemacht 198 Heuſchrecken, ſind nach ihrem verſchiedenen Alter von verſchiedenen Geſtalten 547. 549. 553. ihre Vermehrung 54% richten große Verwuͤſtungen an 549. was man für Borficht bey deren Aus: rottung anzuwenden 550. ob „Johannes wirklich welche gegeflen 188, Nachricht von einigen Zügen — 546,552 Inſecten, ob felche eine uͤſache der Peſt ſeyn 269. 271 Inſecten f. Wafferinfecten. Tt 4 Johan⸗ Regiſter Johannes der Taͤufer, ob er wirklich Heuſchrecken gegeſſen 188 | a % Röftner, deffen Anmerkung über D. Unzers Ans merfungen von der zufammengefegten Bewegung 60. Unterſuchungen vom Meere 96. Nachricht von Heren D. von Hahn neuem Lehrgebäude die Pocken betreffend 108. Erinnerung an einen Freund, wegen eines neuen Weltgebäudes u. Ge: danfen über eine leuchtende Erfcheinung 425 Ralus, ein Better und Schüler des Daͤdalus, deflen ungluͤckliches Schickſal 483 ff. Rinder, werden mit den Pocken befallen, im Mur: erleibe 411. den erften oder zweyten Tag nach der Geburt / 409 Rirche, darinn durfte vor Zeiten Fein Todter begra- ben werden 53. mie fich nachmals diefe Gewohn= heit eingefchlichen 54. ift ein ſchaͤdlicher Gebrauch ı7fı 23.25 f. 2gff. Rnallen der £uft, deffen Wirkungen auf menſchliche Körper 282 Krankheiten anſteckende, koͤnnen duch Ausduͤnſtun— gen der Todtengruͤfte entftehen 30. 28 f 34 f. | Er Rünftler ein fehr großer 475 Rupfer, daraus foll einer Gold gemacht haben 357. nimmt vor andern Metallen die Goldfarbe an 365. ob man Silber daraus machen kann 370. wie es weiß zu machen 374 KRupferplatten mit Farben abzudruden, Nachricht von diefer Kunft | 458 2, eins der vornehmfien Sachen. 9, Leinfasmen, wie der Boden oder das Erdreich dazu foll befhaften fenn 65. ¶ wenn deffen Saatzeit an- zuftellen 66. der Saamen ift von zweyerley Art 66. 1a. Flachs. Leuchtende Erſcheinung wird auf einem Thurme wird bemerket 420. Gedanken daruͤber 421. wird mit dem Feuer von S. Telmo verglichen 425 Lilie dochrothe ſpaniſche, ſ. Amaryllis Linnei. Luft, welche die geſundeſte 46. wenn ſie ſchaͤdlich wird 44. in wiefern deren ſchaͤdliche Beſchaffen⸗ heit die Peſt und peſtilenzialiſchen Fieber hervor— bringt 260. 265. 266 f. Exempel von dem Ein: fluſſe der Luft in Hervorbringung einer epidemifchen Krankheit faft über den größten Theil der Erde 277. ob durch die Ausdünftungen der Todtengrüfs te angeſteckt werde 27.29.34.41. woher ein Knal- len der Luft entſteht 282, Praftifche Aphorifmi, die Luft anbetreffend 286 Lyfippus, deffen vornehmfte tebensumftände 479 mM. Mangold weißer, wie aus demfelben ein Zucker zu ziehen 566.574 Marmor, mer am erften darinne gearbeitet 481. 487 Mercurius f. Queckſilber. Mikroſcopium ſ. Vergroͤßerungsglas. Mineralien von ſchaͤdlichen Eigenſchaften, ſtecken durch ihr Ausduͤnſten die Luft an 266. 267 Minos König in Kreta, nimmt den Daͤdalus auf und was ſich ferner mit ihm zugetragen 486 ff. Ttz Monds Regiſter J— Mondfinſterniß den 29 Sul, a. ft. 1748 —* Beobachtung zu Petersburg Montagne a von) Nachricht von —— 591 4 Add | Naturgeſchichte, darinn werden Entdeckungen ge macht 160197. Verzeichniß dergleichen von dic. Haffelgeift in Aegypten 108 Neuton (faac) kurze Nachricht von ihm 600 Nil, deffen Ueberſchwemmung ift ein Wunderwerf der Natur, fo von der Kunſt befoͤrdert worden 191 Nordhauſen, dafelbft wird auf einem Thurme eine befondere leuchtende Erſcheinung gefehen 420 Nordſchein, Dünfte nach demfelben 446 Perdix f. Kalus. Peruvisnifche Rinde, deren vortreffliche Wirkung in Peſtzeiten wird fehr gerühmee 276 Peſt, 05 folche einem Sande natürlich 261. derſelben Beſchaffenheit 263. Zufälle 263. Vorherbedeu⸗ tungen 264. hat eine Aehnlichkeit mit den Kin- derblattern 264. 265. und mit den Fleckfiebern 272. ob fie gewiſſen Strichen Landes eine einhei⸗ miſche Krankheit ſey und durch Anſtecken nach an= dern Oertern fortgepflanzet werde 265.262, ob fie durch Die Luft ohne Anſteckung hervorgebracht wird, an einem Orte, wo fie Feine endemifche Krankheit iit 265, welche Derfonen derfelben am meiften uns terworfen find. 269, 275. ob Deren Urſache in ges willen Inſecten zu füchen 269,271. warum Mar: feille fo oft davon angeſteckt worden 272. ihre Ber- breitungsart 272. ob als eine Wirkung götlicher Rache anzufehen 275. ihre Heilungsart 276.270 Peters⸗ * ver vornehmſten Sachen. Petersbung, Nachricht von der Akademie dafelbft h 446 Pfannenſchmid, der Erfinder der Scheidefunft. 117 Pflanzen, wie aus verfchiedenen ein wahrer Zucker zu ziehen 564 Pochen, zeigen fih an einem Kinde den erſten oder zweyten Tag nach der Geburt 409. damit wer— den auch Kinder im Murterleibe auf verfchiedene Art befallen u. 412. fie werden durch Einpflan- zen fortgepflanzt 413. 415. warum fie in Staͤdten grauſamer find als auf Dem Sande 527. ein neues Lehr⸗ gebäude von den Poden wird befannt gemacht 108 Polypen eine Art davon, f. Wafferinfecten. Praxiteles, ein berühmter Bildhauer, Nachricht von ihm ? 478 Prieſtersfrau hat einen Stein unter der Zunge 559 Probus Kaifer, hebt Domitians Verboth Weinftö: de zu pflanzen auf 622, wird fcherzhaft der Heilige Probus genennet 625. und ihm ein Panegyricus gehalten 626 D. Dieckfilber, woher es fommt, daß esim Thermo⸗ meter, wenn es aus dem Waſſer gezogen worden, in der Luft oder in waͤrmerm Waſſer fällt 340. ob es in Gold verwandelt werden kann 364. 367 f. de la Quintinie, ein geſchickter Director Der königl. Gaͤrten in Frankreich 605. wird eins Irrthums befcyuldigt 606. von Madem. Seudery ſehr herum genommen 607. aber auch gerechtfertigt 607 j f R. Racine (Joh.) Nachricht von demfelben 582 Rack e⸗ Regiſter Racketen, deren Gebrauch und Nutzen 405. wie hoch ſie ſteigen und wie weit man ſie ſehen kann 405 ff. Reeks (Nicol.) wunderbare Begebenheit mit dem⸗ ſelben 417 Roßthal, Nachricht von den Erd- und Steinlagen und toͤdtendem Schwaden in einem daſelbſt abge⸗ ſunkenen Schachte | | 554. Saͤge, wie und von wem fie erfundenfennfoll 484 Scaliger (Jul. Cäfar) Nachricht von im 601 Schacht, in einem abgefunfenen verungkücken die Arbeiter vom tödtenden Schmaden 557 f. Schaf, fo für einen Zwitter gehalten worden = Scheidegold, was alſo genennet wird | Scheidung des Geldes vom Silber wie fie gefchiepe 117. wird nach allen Bortheilen und Umftänden beſchrieben 119 Schiff, mie es durd) eine von innen angewandte Kraft zur bewegen | 2 Sıhilf, fonderbares Schläge, wie fie ſich durch ein elaftifches Mittel ir pflanzen Schlafwandern, Befchaffenbeit und Urſachen or ſelben Schnecke, eine gewiſſe wird von einem Meerkrebfe beſchuͤtzet 166 Schnecken, davon ſind die Griechen große Liebhaber geweſen 165 Schwaden tödtet die Arbeiter 557 Schwarz (Chr. Gorel.) deſſen Schrift de Colu- mnis Herculis wird angezeigt und mit Dazu gehöriz gen Anmerkungen begleitet o6 ff. Schwefelſalbe verurfacht traurige Folgen Fi CUs ‚der vornehmfien Sachen. Scudery (Madem.) nimmt den Hrn. de la Quintinie gewaltig herum 607 Seele, deren Befchaffenheit 506. von ihr fließen alle ver⸗ nuͤnftige Handlungen des Menſchen her 506. wie man derſelben ein Bewußtſeyn zuſchreibet 308. deren Zu⸗ ſtand in der Erſtarrung u. Schlafwanderung 489.502 Seheroͤhre, wie man ſich der langen bequem bedienen kann 341 Silber, ob es in Geld verwandelt werden kann 360. 358. ob welches aus Kupfer zumachen 370 Silber geſchwefeltes, wie eszuläutern 138.142.154 Silberblubmen, mas dadurd) zu verftehen 140.157 Silbermscher, Erempel davon 370 ff, verſchmitzte Raͤnke derfelben ” er ‚Silbertinctur, Nachricht davon Skopas, ein vortrefflicher Baumeiſter und Silbe hauer 481 Smirna, eine Seeſtadt 176. wird beſchrieben 177 Solis (Ant. de) Nachricht von demfelben 594 Sonnenfinjterniß große im Jahre 1748. wie fie beobachtet worden, zu Tübingen 354. zu Leipzig 353. und zu Petersburg 356. Shorts phufifalifche Be—⸗ merfungen ben derfelben 303 Starrſucht, moraus fie herrühret 496 Stein, einen bat eine Prieftersfrau unter der Zunge 559 Stein der Weifen, folchen will Dippel gemacht haben 359. . wird unterfucht 360 Stockverblafen, was alfo genennet wird 138 Stcolle, ein Seipziger Chymiſt, bringe es in —* dung legicter Metalle ſehr weit Stoy, ein in der Naturgeſchichte, Mathematik * bergmanniſchen Wiſſenſchaften ſehr erfahrner za * Negifer iſt der Erfinder einer befondern Vorrichtung eines Goͤpels | „211, 214 | T. Talus, ſ. Kalus. Todten, wie ſie die alten Aegypter beerdiget 49. ſie wurden von den Griechen und Roͤmern verbrannt 49. mußten vor Zeiten außer der Stadt begraben werden 50.51. anfangs begruben fie Die Römer ein jeder in feinem eignen Haufe 50, durften nicht in die Kirchen: beerdiget werden 53 Tofai, ein Gebirge in Ungarn, warum e8 ein gold— ner Berg genennek zu werden verdienet 623 Trieb der Natur, was dadurch) zu verfiehen 328, in Kranfheiten | ur 330 | u. ı Ueberbeine, deſſen Namen 386, Natur und Bes ſchaffenheit 386. Urſprung und Urfache 387. 388 ff. ob es völlig ausgeroftet werden Fann 398 V. Dergrößerungsglss, ein beſonderes zu den Inſe⸗ cten wird befchrieben 1 293 Vögel, gewiffer ihre große Trene 161 D. | Waaren, obin denfelben die Peft zugebracht werden kann 274 Waͤnderſucht, ſ. Schlafwandern. Warmhalten allzuſorgfaͤltiges des Leibes verurſacht gefaͤhrliche Krankheiten 53. was fuͤr diaͤtetiſche Jrrthuͤmer in Abſicht des Warmhaltens und Schwi⸗ gens begangen werden 514 ff. die therapeutiſchen Irrthuͤmer werden angeführer 523 6 Waſſer, der vornehmften Sache. Waſſer, das fid) durch den Froſt ausdehnende, was es fuͤr Kraft zu Zerſprengung einer * anwendet Waſſerinſecten von der Polypen Art, Anm gen daruͤber 227. in Anſehung der Figur 230. und ihrer Vervielfältigung 234.240 Weinberge, neue in Italien anzulegen verbierhee Domitian 614. Carl IX in Sranfreich 621. $uds wig XV in Franche-Comte mit großer Strenge 62x der Dis und die Wiſſenſchaft eine Allegorie 451 & Zeitloſen, f. Colchicum. Sucher, wie man einen wahren aug verfehiedenen Pflanzen ziehen Fann 564 Zuckerwurzeln, Verſuch einen Zuder daraus zu be— reiten 569 unge, unter derfelben hat eine Prieftersfrau einen Stein 559 Zuſe ammengeſetzte Bere gung, die Lehre davon hat in der Naturwiſſenſchaft einen großen Nutzen 3. folche will D. Unzer verbeffern 4.6ff. Zwitter in Menfchen und Ihieren, was davon zu glauben 343 = eure ae: — * ra roh * | age vo RHPK, 1b. RR * 9 Bine: DE Wh — — Wr — ER ft —— Man ns NEN — DE * a, IB; EN nk a > * MEER KO 2. J — FARBE Er —— — mit Ä Go Anden ven BR, F x — ER £ Re 9 * — Re * J — — — Bun aydnke mas kat si: ie Er A A BT Yu Fe mug in are Trans — —— Here! bie or * f a nf * ya) era irre * JE N | — — — Fe Sr ze Be T RE ER RR —* u wear RAN 8 wi a“ x ER * —91 * En —* 9 Par, * * —V — et g ze m. FE u 2 er — — or SE er PER = nr R Rn Be vn — ——— — — New York Botanical Garden Libra a 3 5185 00299 8910 *