E j - 4 I, Br — N, Z —— N » BRD, 4 N a 5 “ I. N Y a > Ze" } * Y . , D IHN N 2— \ > \ \ n \ RX va IN * Urt) \ — RR A A} —0 N BER m — J * ZT — 8 M = 1" „2 7 BE 7 ei N 75 — — 7 8 * 8 8 Octuber 1934 —A *a - - B . x B f . ; Ar . +. y ? > h 2.‘ * > v (4 * 2— — F ! 5 4 n j a Pat vr [ 5 f 2 } J s Re i — A * J X Y * » 4 * ⸗ — — x = a J e —* - * ke R hi * x * £ « x 2 E J * ⸗ * Re ae Er E = * Hamburgifhes Magazin, oder geſammlete Schriften, Aus der Naturforſchung und den angenehmen aften überhaupt, N 5 Q / Ban u.) = —* aa N I NZ 24 — — 7 = = , ! \ N ) N (9) 7 SE, ) F \ — NA vi 7: gs — 4 : ne Des ꝛiſten Bandes R: Mit Könige. Pohln. und Churfürftl. Sächfifiher Freyheit Hamburg und Leipzig, bey Georg Eprift, Grund und Adam Heine, Holle, 1758. III —JCCIIIIEEIIIIIIIIIIII | P || \ —— E Ss NÜUIÜÜÜÜÜUÜQÜQ=«Q«Q—R—qI nn nn / — INN N — ID LEUTEN D fe: fe / Ci 7 —* — ar Eh Id as I. Eine neue Verbefferung Der Waſſerplumpe. Durch Herren Jeremias Siſſon, mathematiſchen Inſtrumentenmacher im Strande zu London. M ekanntermaßen druͤcket man bey Plum⸗ ® pen, die nach der gewoͤhnlichen Ark verfertiget find, den Pumpenfolben Ve mit geringer Gewalt ins Wafler nies der, äh fich feine Klappe öffnet; aber wenn er mit einer Waflerfaule beladen erhoben werden foll, da feine Klappe verfchloffen ift: fo erfordert folches eine beträchtliche Gewalt; und von diefer großen Ver— ſchiedenheit des Widerftandes beym Hinabftogen und Heraufziehen, rühret es her, daß man die Kraft nicht mit einer. einformigen Kreisbewegung anbringen % 2 kann, 4 Sicſſons neue Berbefferung fann, wie bey Schleifiteinen, Handmühlen, u. f w. Iches in den meiften Fällen fehr zu münfchen wäre, und viel Zeit und Arbeit erfparen würde, daben man auch Wind und fließendes Waffer zu Beregung der Pumpe gebrauchen fünnte. Herr Siſſon hat die- fes durch folgende finnreiche Vorrichtung glücklich bewerkſtelliget. ABCD iſt ein eifernes Kreuz mit einem kreuzfoͤr⸗ migen Einſchnitte, das zur Verſtaͤrkung mit einem — Ringe verſehen iſt. E Ein eiferner oder meßingener Schieber, der fich i in dem Freuzförmigen Einfchnitte aufwärts, nie— derwaͤrts, vorwärts, und hinterwärts bewegen aßt; er hat auf jeder Seite Platten, damit er befeſtiget werden kann. F. G. zwo runde eiſerne Stangen, co und un: ten bey A und Can das Kreuz gefchrauber, die Be- wegung des Pumpenſtockes ſenkrecht zu erhalten; F geht oben durch ein Loch, und G ift mit der Kolben- ftange verbunden. H eine ‚eiferne Are, welche durch 47 Geriſte geht, und eine Stange IK mit einer eifernen Huͤlſe, die ſch verſchieben läßt, L führet. Die Huͤlſe wird mit einem Zapfen, der eine Schraube hat, an eines der Löcher K befeftiget, und dadurch beftimmer ſich die Jänge eines Pumpenzuges. Am Ruͤcken der Hülfe iſt ein ftarfer Zapfen befeftiget, welcher in’die Oeffnung der Hülfe geht, die fich in dem Einſchnitte des Kreuzes beweget. M die Kurbel, mit der die Are agebe wird, und wodurch Kreuz und Pumpenſtange — — erhoben und niedergedruͤcket werden. N zwo der Waflerplumpe. ? 5 “N no Rollen, über twelche ein doppeltes S geht, Seen Enden oben am Kreuze bey A befe get find. O ein Gewichte, das, vermittelft feiner Rolle, an der Beugung des doppelten Geiles hängt, und durch das Auffteigen und Niedergehen des Kreuzes und der Pumpenftange erhoben und gefenfer wird. Es muß halb fo ſchwer feyn, als das Kreuz, die Pumpftan: ge, und die Wafferfäule, die erhoben foll werden, jufammen. _ P der Wafferfaften der Pumpe. Jeder, der nur einige Kenntniß der Hebefunft befigt, wird leicht eins feben, daß fi) bey diefer Verrichtung die Are nur mit der Hälfte der Kraft herumdrehen läßt. Die bey einer. gemeinen Pumpe von eben der Weite in gleicher Zeit nöthig ift. Der Zug des Pumpenfto- des kann bis faft auf zroölf Zoll erftrecfet werden, wenn ein Mann von gewöhnlicher Stärfe die Ma- fhine mit der Kurbel treiben fol. Man kann ihn für jede Stärfe vergrößern oder vermindern; und allemal wird in einerley Zeit und bey einerley Um⸗ ftänden, noch einmal fo viel Waſſer gehoben, als mit der gemeinen Pumpe. In Dr. v. Meinbrags Erperimentalzimmer im der Carryſtraße; auch bey Herrn Siffon, kann man Modelle, die fich bewegen, fehen. 7 X > X 3 II. Samm⸗ 6 Von der Wärme und Kälte **5** ** **5*6 II Sammlung einiger Erfahrungen und Anmerkungen über die Wärme und Kälte in freyer Luft Zufammengetragen von Hrn. Joh. Friedr. Jacobi, Prediger in Hannover. RP $ ie Wärme und Kälte auf dem Erdboden ift ſehr verfchieden und abwechſelnd. Es giebt Gegenden,die vor andern heiß oder Falt find. und in eben derfelbigen Gegend ift zu der einen Zeit die Hitze, und zu einer andern Zeit die Kälte ausneh⸗ mend. Diejenigen, welche ſich beftreben in das In— nere der Natur zu dringen, und ihre geheimen Wir- fungen auszuforfchen, haben ſich viele Mühe gege— ben, die Urfachen der verfchiedenen Wärme und Käl fe zu entdecken. Die gelehrteften und aufrichtigften Naturforfcher geftehen aber, daß fie felbige noch nicht völlig ausgemacht haben. Und wer weiß? ob bie Natur fih ihnen jemals fo. weit offenbaren werde, | daß in freyer Luft. 7 daß ſich ihnen alle Triebfedern diefer Veränderungen auf eine deutliche Art zeigen. Indeſſen halte ic) es für ein erlaubtes Vergnügen, fo wir dem natürlichen Triebe der Meubegierde machen Fönnen, daß mir der Natur nachgehen, durch eine genaue Beobach— tung derfelben wahrnehmen, was jie hier und da für eine Kunft gebraucht, dieſe und jene Veraͤnderun⸗ ‚gen hervor zu bringen. Und zwar halte ich da« für, daß wir bey den mehreften Wirfungen der Na— tur vorjeßo nur erft darnach trachten follten, daß wir eine genaue und binlängliche Geſchichte verfelben über- fämen, und nicht bloß daben ftehen blieben, was wir an einem Orte der Erde bey einer Erfcheinung der Natur bemerfeten, fondern uns genau befümmerten, unter was für Umftänden man fie zu andern Zeiten, und an andern Orten, wahrnahme. Und wie ver- nünftig wäre es, wenn wir uns enthielten, die ins nern Triebfedern der Natur und die Verbindung der⸗ felben mit einander feit zu feßen, und eme Wirfung daraus zu erflären, bis wir eine vollftändigere Ge— ſchichte verfelben hätten? Geſchaͤhe diefes, fo wuͤr⸗ den wir nicht fo oft vermennte Modelle von dem DBaue der Welt in unferm Gehirne aufrichten, wel⸗ che durch eine Erfahrung eines Schiffers, oder eines andern gemeinen Mannes, über einen Haufen ges worfen werden. Xlfein, wer darf von ung Mens fhen, und insbefondere von den Gelehrten, fordern, daß fie ſich aflezeit in den Schranfen und unter der Herrihaft der Vernunft halten follen? Der Menfch hat gar zu ftarfe Triebe, deren Kraft und $eben durch Die Gelehrfamfeit insgemein erhöhet wird. Wie kann man bey felbigen allezeit vernünftig blei- | 44 ben? 3 Won der Wärme und Kalte ben? Die Neubegierde und das Vertrauen zu der Größe und Schärfe feines Verſtandes ift viel zu ftarf bey einem Gelehrten, als daß die Vernunft ihn koͤnnte zurück halten, fogleich in die Urfachen einer Erfcheinung hinein zu dringen, und felbige weit ehen⸗ der in feiner Einbildung, als in der Natur ausfün- dig zu machen, und die edle Ehrbegierde andere zu lehren, und feinen Namen in gelehrten Tagebüchern verewigt zu fehen, ift viel zu unbandig, als daß man die Vernunft hören, und feine Einfälle erft binlänglich unterfuchen und zur Reife Fommen laffen koͤnnte. Ich erkenne diefe Schwachheit, und fühle das !ächerliche, fo darinnen liegt. Ich war daher gemwilfet, nur Erfahrungen von Wärme und Kälte zu fammlen, und fie nach und nad) in diefe “Blätter zu fragen. Allein, der Trieb, Urfachen zu wiſſen und anzugeben, welcher fich auch fhon bey Kindern äußert, hat mich übermwältiget, einige Muthmaßun- gen hinzu zu feßen. Ich glaube, man koͤnne dieſe Schwachheit jemanden zu gute. halten, wenn er nur feine Meynungen für nichts anders als Muthmaßun⸗ gen ausgiebt, die eben ſo leicht falfch als wahr feyn fonnen, und ihre Unvollfommenbeit felber anzeiget. Zu Zeiten bahnen auch falfhe Muthmaßungen den Weg zur Wahrheit. $. 2. Eine Haupturfache der Wärme auf dem Erdboden ift die Sonne und deren Stand gegen Dies fen und jenen Theil der Erde. Wenn die Sonne auf der Südfeite der Erde ift, fo hat man gegen. Morden nie fo heiße Tage, als man befommt, wenn fie dem Nordpole fich genähert. ben viefes nimmt man auf der Südfeite der Erde wahr, wenn fid) die | Sonne in freyer Luft. 9 Sonne gegen Norden gewendet. In den Gegen— den der Erde, welche die Sonne immer faft gerade über fich Haben, entfteht in den Gründen und auf dem platten Sande Feine folche Kälte, daß Slüffe und Teiche mit Eis heleget würden. Im Öegentbeile fteigt die Hitze dafelbft auf einen fehr hohen Grad. Es wird die Hige ferner ausnehmend groß, wenn die Strahlen der Sonne lange auf einen Ort fallen. Gegen die Pole zu wird in einigen Gegenden die Hitze in dem Sommer, da fie fehr lange Tage haben, zu Zeiten fehr empfindlich, In Schweden pflegen die Sommermonate fehr heiß zu feyn. Wenn man diefes alles zuſammen nimmt, fo wird man genöthi- get zu fehließen, daß die Sonne, und ihr Stand ge= gen die Erde eine Haupturfache ver Waͤrme in der freyen Luft fey. > §. 3. Andere Erfahrungen aber belehren ung, daß die Sonne und ihr Stand gegen die Erde bey weitem nicht die einzige Urfache der verfchiedenen‘ Warme fen. Wäre die Sonne und ihr Stand ger gen die Erde Die einzige Urſache hiervon, fo müßten alle Sommer gleich; warm, und alle Winter gleich Falt feyn. Es müßten ferner alle Laͤnder, melche eine gleiche Sage gegen die Sonne hätten, einen glei= chen Grad der Wärme haben. Beydes wird aber durch die Erfahrung widerlegt *). Eben dieſes er- hellet auch aus folgenden Erfahrungen. Auf den An: böhen und Bergen, wenn man auf felbigen auch gleich große Flächen, ja auf den Bergen wieder Hüs gel und Ihäler findet, ift es dennoch Fälter, als’ in — * A 5 dem *) Bon dem letztern findet man Exempel in dem Hamburgiſchen Magazine, B. V. St.3. S. 26u. f. * » Von der Wärme und Kaͤlte dem niedrigen platten Lande, und in den Tiefen nie⸗ driger Thaͤler. Selbſt unter und bey der Linie nimmt die Wärme fo merklich ab, wenn man ſich an erha= bene Orte begiebt, daß, wenn man dafelbft Gele— genheit hat, zwey taufend Parifer Ruthen *) in die Höhe zu fleigen, man aus einem vor Hitze recht brennenden Thale an Falte Schneegegenden gelangen kann *). Man nimmt endlid) wahr, daß zu Zeiten die ftrengfte Kälte in einem Winter fich zu Mitter— nacht, da feine Sonnenftrablen die Luft erwärmen, in ein gelindes Wetter verwandelt. Es Fann alfo in der Luft eine Wärme entftehen, ohne daß fie unmits £elbar von der Sonne bewirfet wird, und diefe Fann alfo nicht ganz allein die Urſache davon feyn. $. 4. Es giebt Körper, welche, wenn man fie reibt oder ftarf fchlägt, warm oder gar heiß werden, und in Brand fommen. Die Achfen an den Wagen brennen an, wenn man den Wagen ftarf laufen läßt, und ihn nicht hinlaͤnglich ſchmieret. Ein Drechsler ſchaffet ven Augenblick Feuer, wenn er an trocden Holz, fo er umdrehet, ein anderes von guter Härte, und insbefondere Eichenholz, hält. Das Eifen kann man durch bloßes Schlagen heiß machen. $. 5. Es giebt aud) Körper, welche, wenn fie mit einander gemifchet werden, eine Wärme, und roohl gar eine Entzündung bervor bringen. Man nehme einen Haufen getrocinetes Heu oder Stroh, und *) Eine Parifer Ruthe halt 6 Fuß, und koͤmmt un- fern Klaftern am nachften. *+*) Man lefe la Relation Abregeed’un Voyage fait dans l’interieur de l’Amerique meridionale par M. de la Condamine p, 22. 23» in freyer Luft. u und gieße eine hinlaͤngliche Menge kaltes Waſſer dar⸗ unter, und laſſe es dick auf einander liegen, ſo wird ſich eine ſehr merkliche Hitze darinn erzeugen. Gießt man Waſſer auf ungeloͤſchten Kalk, ſo iſt bekannt, was fuͤr eine Hitze daraus entſteht. Koͤrper, die da faulen oder gaͤhren, pflegen eine gewiſſe Waͤrme zu erhalten, die man theils mit der Hand empfinden, theils durch das Thermometer erfahren kann. Nimmt man Eiſenfeilſtaub und eben ſo viel Schwefel, gießt etwas Waſſer dazu, und macht einen Teig davon, und bedecket ihn mit lockerer Erde, ſo wird dieſer Teig in kurzer Zeit aufwallen, und endlich in Flam— me gerathen *). | $. 6. Auch in freyer Luft Fonnen folche Miſchun— gen und innere Auflöfungen und Bewegungen gewif fer Materien entftehen, welche Wärme, ja eine recht große Hige verurfachen. Zu Zeiten find fie fo ficht- bar und empfindlic), daß niemand daran zweifeln Fann. Als ich mid) im Jahre 1731 zu Jena aufhielt, entftand im Sommer ein trockener Nebel, der ſich einige Tage hielt. Er war fo dife, daß man die Haͤuſer kaum eine Gaffe lang, die doch dafelbft nicht lang find, abfehen konnte. Er verdedte die Sonne dergeftalt, daß man aud) ihre Stelle nicht bemerfen fonnte. Man war alfo in einem völligen Schatten, und den Strahlen der Sonne gar nicht ausgefeger. Dennoch war eine unerträgliche und ganz matt mas chende Hige, wovon man ſchwerlich eine andere Ur— fache, als diefen Mebel, angeben kann, welcher durch SR | | die *) Der mehr dergleichen Erfahrungen Iefen will, kann fie finden in den Naturlebren des Herrn von Muſchenbroek und des Herrn Erufen. ı» Von der Wärme und Kalte die Sommerwärme in die Höhe getrieben, und in eine folche innere Bewegung und Auflofung geſetzt worden, daß er eine ſo ausnehmende Hiße gezeuget. Er zog ſich endlich in heftige Donnerwetter zufam- men, die zwey Tage nad) einander Famen, davon das eine noch auf der Johannisvorſtadt in ein Becker⸗ haus einfchlug. Dergleihen Wärme verurfachende Dünfte müffen noch mehr feyn, ob man fie gleich) nicht fieht. Wenn man des Sommers auf freyem Selde fteht, indem eben fanfte Luftſtoͤße wehen, fo wird man empfinden daß felbige nicht allezeit fühlen, fondern zu Zeiten eine recht empfindliche Hitze mit bringen. Man fühlet dergleichen heiße Stuͤcke Luft fogar vor der Sonnen Aufgange. Man darf nicht denfen, daß diefe Empfindung der Hige etwa von einem aufwallenden Geblüte herrühre. Denn wenn mehrere Perfonen bey einander find, fo fühlen fie folche warme und heiße Luft immer zugleih. Es ift vielmehr gewiß, daß ein folhes Stüd Luft mit war— men Düften angefüllet fey, die durch ihre innere Auflöfung eine merflihe Wärme verurfachen. $. 7. Ich mill mich nicht in den Streit einlaf- fen, ob das Feuer, fo die Empfindung der Wärme hervor bringt, eine befondere Materie fen, oder nur in einer geroiffen Bewegung einer oder verfchiedener Materien beftehe. Die Natur fcheint uns noch viel zu verdeckt zu feyn, als daß mir dieſes mit Zuver- läßigkeie ausmachen koͤnnten. Weil indeffen die Redensarten vom Feuer fo eingerichtet find, als wenn das Feuer eine befondere Materie wäre, und es zu meitläuftig feyn würde, die Sprache in dieſem Stüce zu ändern, fo werden wir auch foreden. Ein gi jeder ) infreyerQuf.e 13 jeder aber Fann mit feichter Mühe feine Gedanken nach feiner angenommenen Meynung damit verbins den, weil wir nur bey Erfahrungen ftehen bleiben, fo beyde Theile zugeben müffen. $. 8. Beſteht das Feuer in einer bloßen Bewe— gung diefer ‚oder jener. Materie, fo erhellet daraus, daß wenn die Bewegung aufhöret, auch Feuer und Wärme aufhören muͤſſe. Iſt es aber eine befondere Materie, fo lehret doch die Erfahrung, daß felbige ebenfalls in einer gewiflen befondern Bewegung fte= ben müffe, wenn fie anders die Wirkungen des Feuers und der Wärme hervor bringen fol. Steckt z. E. die befondere Materie des Feuers in dem Schwefel, in dem Holze, und andern dergleichen Dingen, fo muß fie Doch erft entweder durch anderes Feuer, oder auf fonft eine andere Art z. E. durch Gährung oder Faͤulung aufgelöfee und in Bewegung gefeget werden, fonft bleiben Schwefel, Holz, Del, und vergleichen: kalt, und verurfachen weder Licht nach Wärme, §. 9. In alle Körper, die uns befannt find, und von den Naturfündigern koͤnnen unterfuchet werden, fann von außen Wärme gebracht werden, jedoch in den einen mehr als in den andern. Del nimmt eine weit größere Hiße an als das Waſſer, und Eifen kann man viel heißer machen als Bley. Das Feuer‘ und die Wärme hält daher auch in dem. einen länger ' als in dem andern. Waffer bleibe nicht fo lange - warm in freyer Luft als Del, und Bley nicht fo lange als Eifen. Auch) in den Sonnenftrablen nimmt ein Körper leichter und mehr Wärme an, als der andere. Kupfer wird in der Sonne viel heißer, als ein leinen oder mollenes Zeug. Und ein gefärbter, befonders | | ſchwar⸗ 14 Von der Warme und Kalte (Harzer Körper, wird viel geſchwinder warm in ber Sonne, als ein weißer von eben derfelben Are. Ein ſchwarzer Marmor wird eher warm als ein weißer, $. 10. Man hat Körper, Die unter gewiſſen Bes dingungen, wenn man fie 3. E. einmal in Brand bringe, viel Feuer und Wärme geben, als Holz, Schwefel, Del, Branntewein: andere aber thun diefes nicht, wie 3. E. das Waſſer, die Luft, Sand- fteine, rein ausgebrannte Afche. Und eben die Kör- per, welche unter gewiſſen Bedingungen Feuer „oder Wärme geben, find unter andern Bedingungen ganz Falt. $. 11. Die Luft felber wird bald Falt, wenn fie nicht einen bejtändigen Zufluß vom Feuer und Waͤr⸗ me aus andern Körpern hat; und in ihr werden die heißeften Körper Falt, wenn fie nicht eben einen fol chen Zufluß aus fic) felber, oder aus andern brennen- den oder warmen Körpern haben. Ich ſchließe hier= aus, daß die bloße und freye Luft nicht viel Feuer, und auc) nicht lange halten fann. Man weiß aus andern Erfahrungen, Daß fie von der Wärme gleich ausgedehnet wird und in die Höhe geht, und immer einer feifchern Eühlern $uft ihre Stelle überläßt, bis felbige wieder ein wenig erwaͤrmet ift, und einer ans dern weicht. | $. 12. Die Luft, weldye von der Fläche des Mee— res und deren Höhe anzurechnen 2434 parifer Ruthen hoch ſteht, ift mitten unter und bey der Linie fo Falt, daß die Berge, welche an diefe Höhe reichen, in der— felben Gegend beftändig mit Schnee bedeckt find * 8 °) Man leſe La Figure de la Terre parMr. Bouguer Part. I. pag. XLVIII. in freyer Luft. 15 Es ift diefe Erfahrung auf den hohen Gebirgen von Peru in America durch die dahin gefchickten Glieder der parififchen Afademie der Wiffenfchaften gemacht worden, und wir koͤnnen daher deſto ficherer auf diefe Erfahrung bauen. Wir meynen hieraus mit Rechte ſchließen zu koͤnnen, daß in der Höhe der Luft von 2434 parifer Ruthen, von der Fläche des Mees ves an zu rechnen, auch in dem heißeften Eröftriche die wäfferichten Theile gefroren find, und daß in fel= biger Gegend der Luft allezeit und überall.eine fehr firenge Kälte fey. Herr Bouguer muthmaßet, daß man in Sranfreic) eine ſolche Kälte fehon in der Hös he von fünf, zeben ode r fechzehen hundert parifer Rus then allezeit finden müßte. $. 13. Bey diefer Erfahrung mache ich folgende Anmerfungen: 1) Es fann die mit den Höhen der Gebirge und den erhabenen Jagen gewiſſer Gegenden uͤberhaupt zunehmende Kälte nicht von dem Mangel zurücprals lender Sonnenftrablen hergeleitet werden. Ich gebe zwar zu, daß in engen Thälern die Hiße durch die vielen von der Ebene und von den Bergen zurück ges morfene Strahlen in etwas koͤnne vermehret, und daß aus dem Mangel diefer, vervielfältigten Strahe len etwas weniger Wärme oben an den ‘Bergen müffe empfunden werden. Cs erfläret aber diefes die vor⸗ ftehende Erfahrung keinesweges, wenn man fie nach allen ihren Umſtaͤnden betrachtet, Auf großen Ges birgen find ja öfters ganz anfehnliche Ebenen, und auf felbigen wiederum Berge und Ihäler, wo folge lic) die Sonnenftrablen auf eben die Art vervielfältis, gr werden, wie in dem platten Sande und —— Thaͤlern, 16 Von der Warme und Kalte Thaͤlern, und dennoch ift es in den erhabenen Thaͤ— fern und Ebenen viel fälter, als in niedrigen Gegen- den. Gerade unter dem Blocksberge hat man Ebe: nen, Thäler und Berge. Wer unterftehr fich aber daſelbſt Feld- oder Baumfrüchte zu ziehen? Man findet dafelbft noch Schnee und harten Froft, wenn im platten Sande ſchon alles grünetund bluͤhet. Zwi⸗ fchen dem großen peruanifchen Gebirge läuft ein wei— tes langes Thal hin, worinnen Städte und Dörfer, und unter andern die anfehnliche Stadt Ovito liegt, Herr Bouguer hat eine Länge von mehr den 170 franzöfifche Meilen oder Stunden darinn durchreifer, und dieſes ift noch nicht Die ganze Fänge deſſelben. Diefes Ihal hat niedrige und erhabene Gegenden. Mach ver Höhe oder Tiefe derfelben hat man immer den Grad der Wärme gefunden. In den niedrigen Gegenden deflelben ift eine unerträgliche Hiße, und wie die Höhe zunimmt, fo wird es Fühler, Man Hat in diefem Thale die Wärme und Kälte der ver- fehiedenften Himmelsftriche, und man zieht dafelbft Srüchte, fo eine große Hitze, und folhe, die eine gemäßigte Wärme erfordern *). | 2) Der berühmte Farenheit hat durch Erfahrun⸗ gen erwiefen, daß das Wafler, wenn es ſtark von der $uft gedrückt wird, mehr Hige annehme, als wenn e8 weniger gedrücdt wird, und daß es daher ‘im Kochen ben ſchwerer Luft eine größere Hiße habe, als wenn die Luft leicht ift. Der große Doerbave, defien Andenken bey mir von einer wahren Ehrerbie- thung begleitet wird, fchließt daraus, daß auch eine mehr gedrückte Luft von der Sonne heißer werden 2 Ä müffe, %) Bouguer La Figure de la Terre Paır. 1. p. XXX fa. in freyer Luft. 17 muͤſſe, als eine die weniger gedruckt ift. Weil nun auf der obern Luft Feine fo große Schwere liegt, wie auf der untern, fo leitet er die vorzügliche Wärme der untern $uft daher, daß fie mehr gedruckt ift, und die Kälte der obern Luft erkläret er aus der geringern Schwere, welche fie weniger zufammenpreffet *). Es ift unfteeitig, daß eine mehr zufammengepreßte und folglich dichtere Luft heißer werden fönne, als eine ausgedehnte dünne Luft, wenn fie lange in fol chen Umftänden und in wärmenden Strahlen bleibt. Allein, die untere ſtark gedruckte Luft bleibe, wenn fie erwaͤrmet wird, nicht lange in folchen gepreßten Umftänden. Die Wärme dehnt fie aus, alsdenn fteigt fie in die Höhe, und fommt aus dem ftärfern Drude heraus, und andere $uft tritt an ihre Stelle. Wer nie andere Beweiſe davon gehöret hat, kann hiervon durch den Zug der Camine, wenn man in ſelbige Feuer legt, überzeuget werden. Don der mehr gedruckten Luft kann man folglich die vorzüglis che Wärme niedriger Gegenden nicht völlig herleiten, weil fie gleich, fo bald fie ein wenig erwaͤrmet ift, in die Höhe weiche, und fühlere an ihre Stelle tritt. Es fomme noch hinzu: ſchwuͤlheiße Tage pflegen wir mit füdlichem, nicht leicht aber mit Nordwinde zu haben. Bey dem Nordwinde ift aber die Luft ordentlicher Weiſe merflich ſchwerer, als wenn die Luft aus füdlichen Gegenden gebt. Es ſcheint dero- wegen, daß, wenn ‚die zunehmende Schwere und Druck der Luft das Waſſer in die Umftände fest, daß es *) Herm. Borhave Element, Chemiae Tom. I. Cap. de Igne Experiment. VI. B 21 Band. 3 Don der Warme und Kalte e8 eine größere Hiße annimmt, in der unfern mehr gedruckten $uft gerade das Gegentheil verurfacher werde, und daß man die vorzüglihe Wärme der niedrigern Luft nicht wohl oder wenigſtens nicht völlig aus der ftärfern Zufammenpreffung verfelben erfläs erkannten’ - 0, | Be 3) Ich Schließe vielmehr aus dei "worftehenden Erfahrungen, daß das Feuer, außer der Luft, noc) ‚andere und dichtere Körper haben müffe, daran es fic) in feiner Bewegung und Bewirfung der Wärme erhält, wenn es nicht gleich in freyer Luft zerflattern und die Wirkung des Feuers verlieren fol; Und zwar muͤſſen diejenigen Körper, woran fich das Feuer halten fell, in einer gewiſſen Dichtigkeit bey einander feyn. Ein Stüf glüend Eifen bleibt eine gewiſſe Zeit heiß und warm. Nehme ich aber. eben fo viel Eifenfeilfpäne und gluͤe fie, und ftreue fie aus einan- der, fo werden felbige ihr Feuer in einer weit fürs gern Zeit verlieren. Ein Haufen Pferdemift hält defto länger Wärme, je größer er ift: Leget man ihn aber dünne aus einander, fo wird feine Wärme bald aufhören. Bra 4) Sch muthmaße derowegen, daß auf der Erde und in der Luft, fo fie zunaͤchſt umgiebt, viele folche heile find, fo das Feuer und die Wärme, welche durch die Sonne oder durch eine Gaͤhrung, oder an: dere Urfachen entfteht, häufig annehmen und eine Zeitlang halten. Vermuthlich, oder vielmehr ganz zuverläßig thun diefes vorzüglich die trocknen, als da find die eröhaftigen, falzigen, fchmwefelichten, und andere dergleichen Eleine Körper, denn aber aud) die ölichten und die naffen Dünfte, fo viel Salz, befon- RE er— in frener Luft. 19 ders von Pflanzen, in fich haben, und zwar Die dich tern und ſchwerern mehr als ganz lofe und leichte: 5) Diefe das Feuer und Wärme vorzuͤglich Anz nehmende-und haltende Kötperchen find ohne Zweifel ſchwerer als das Waſſer, und dehnen fic auch nicht fo ſtark aus, wie die Dünfte des Waflers, weldye auch in einer fehr verduͤnnten Luft noch aus einander und uber fich geben. Jene fteigen folglich in einer leichtern Luft weniger und endlic) gar nicht mehr in die Hohe, Die Schwere der. Luft nimmt aber im⸗ mer ab, je höher man in verfelben Fommt, Folge lich wird das Steigen jener Feuer und Warme hal⸗ tenden Körperchen fich immer mindern, nachdem ihre Schwere vorzuͤglich groß iſt, und in einer gewiſſen Höhe werden fie alle zurück bleiben, Die obere Luft muß daher immer Fälter werden, je weniger Diefer Waͤrme haltender Theile in ihe ſchwimmen. Und die wenigen, fo noch dahin foinmen, iverden ihre Wärme deſto ſchleuniger verlieren, je duͤnner ſie zer⸗ ſtreuet find: 6) Vielleicht tragen zu der Kaͤlte der obern Luft auch dieſe beyden Urſachen noch etwas bey: Viel— ‚leicht find die durch Gaͤhrung eine Wärme verurſa⸗ chende Körperchen fo ſchwer, daß fie nicht hoch fteiz gen, und daher nur nahe an der Erde die Wärme vermehren. Es wird ferner das Neuer in feiner Bez woegung und Wirkung durch überwiegende Naͤſſe ges hemmet. In der obern Luft ift aber bey heiterem trockenen Wetter und warmen Sonnenſcheine ganz gewiß mehr Feuchtigkeit, als in der untern Luft. Denn die feuchten Duͤnſte gehen alle mit großer Ges alt in bie Höhe: MN. hemmen auch felbige die 20 Von der Wärme und Kälte die Bewegung und Wirkung des Feuers, ſo dahin noch koͤmmt. 7) Diefe angeführten Urſachen find es wahrſchein⸗ licher Weife, weiche verurfachen, daß erhabnere Ge- genden der Erde fälter find, als niedrige. Beil die Luft in der Höhe leichter ift, als in ver, Tiefe, fo treibt fie von den hohen Gegenden der Erde nicht fo viel Feuer und Wärme haltende Theile in die Höhe. Es flehen derfelben auch nicht fo viel über einander, als über niedrigen Gegenden, weil fie der Gegend der Luft näher find, die weniger oder gar Feine da« von mehr annehmen und halten kann. Die Wärme Fann alfo dafelbft nicht fo ftarf werden, und muß fid) auch ehender verlieren; hierzu kommt! noch eine an⸗ dere Urſache, welche die Berge vor den Thälern und Ebenen Falt mache. In den Thaͤlern Fonnen diefe die Wärme baltende Eleine Körper durch die Winde nicht fo leicht meggetrieben werden, und erhalten _ folglich die Wärme daſelbſt. Auf Ebenen treibt fie die Luft zwar fort, fie bringt aber eben fo warme Theile von der nächften ebenen Gegend mit, und da= her bleibt die Wärme auf den niedrigen Ebenen, Die erwaͤrmten und in der Luft ſchwebenden Körper» chen aber auf hoben “Bergen, gehen mit den gelindee ften Winden fort, und an deren Stelle koͤmmt Luft, die nicht niedrig an der Erde geftanden, und folglic) mit folchen euer haltenden Körperchen entweder gar nicht, oder doch fehr wenig angefüller iſt. Dieſer Umftand vermehrer ohne Zweifel die Kälte bloß ges feßter Berge gar fehr. 8) Meinem Bedünfen nad) wird dieſes alles durch folgende Erfahrungen in etwas beſtaͤrket. In Perſien in freyer Luft. 21 Perſien hat man gemifje heiße Winde, welche im Stande find, Menfchen und Thiere zu erfticken. Suͤdweſt⸗- und Weftwinde find es, die dergleichen heiße Stöße mit ſich führen, befonders "wenn fie über erhitzte Klippen und Marmorberge Fommen. Man Fann fie fehon in der Ferne wahrnehmen. Wenn man ihnen nicht entkommen fann, lege man fi) dicht an die Erde. Man fteht aber die em» pfindlichfte Hitze und Angft alsdenn aus. Wer aber von denfelben übereilet wird, fällt tode nieder, und iſt alsdenn fertig anzufühlen. Wenn deromegen Winde gehen, bey welchen folche heiße Stöße zu be— fürchten find, und man durd) Gegenden reifet, wo ſie gewöhnlich find, fo bleibe man bey Tage in Haus fern, oder unter Gezelten, und feget des Nachts feine Reife fort, da man fie nicht zu befürchten hat. Befindet man fich auf einem Fluſſe, fo ſcha— den fie auch nicht. Nun vermuthe ich zwar nicht, daß dieſe Winde bloß durch ihre Hige födten, fonz dern halte dafuͤr, daß fie fonft noch, etwas erfticken- des bey fic) führen. Indeſſen find fie doch fehr empfindlich heiß. Diefe Hige bringen fie mit von erhißten Klippen, wo fie ohne Zweifel erhitzten ‚Staub aufnehmen und mit fortführen. Es muß felbiger ziemlich grob feyn, weil ihn ein Gezelt ab— hält, und naffe Dünfte müffen ihm gar bald die Heftigkeit des Feuers benehmen, weil er über dem Waſſer niemanden ſchadet. Perfien it ferner ſehr bergicht. Beſonders geht der hohe Taurus durch Perfien durch. Diejenigen, welche auf der Mord- ‚feite Diefes Gebirges wohnen, haben feine fo heiße 3 B 3 Luft, 2 Von der Wärme und Kälte zuft, als die Gegenden auf der Suͤdſeite, wo es une erträälieh heiß ift. Mach der von mir angenommes nen Meynung läßt fich dieſes erflären. Die wars men und heißen Winde fommen in Perfien aus Suͤ— den und Welten. Die Mord: und Dftwinde aber find kalt. Wehen nun Sid: und Weften- Winde, fo ftößt fich diefe Heiße Luft und Die erhißten Korper, fo darinnen ſchwimmen, an das hohe Gebirge und gehen entweder gar nicht hinüber, oder verlieren we— nigſtens in der Höhe erft ihre Hise, Auf der Süd» feite diefes Gebirges muß es alfo fehr heiß feyn. Denn fie haben nicht nur ihre eigene Wärme, fon- dern die Winde führen ihnen noch erhißte Körper zu, die wegen des Gebirges nicht weiter kommen fönnen, fondern fich dafelbit vervielfältigen. Auf der Mordfeite aber haben fie feine andere Wärme, als die fich dafelbft durch die Sonne und. andere Urfahen erzeuget *). Ich meyne, daß meine Murhmaßung von den Urfachen der. vorzüglichen Wärme der untern Luft und der Kälte der obern, durch diefe Erfahrungen etwas gewinne. $. 14. Hat fi die Sonne gegen deneinen Pol gewendet, fd wird e8 auf der andern Seite der Linie Fühler und. Fälter, fo daß man überhaupt fagen kann; je weiter die Sünder von der Linie ab nach dem Pole liegen, deſto kaͤlter pflegen ſie insgemein zu ſeyn, derge⸗ *) Was ich bier von ber Luft in Perſien beygebracht, babe ich, zufammen geleien aus Valentvn Qud en Nieuw Ooft - Indien Ton. V. Part. I. p. 25. Ta- wernier. Ton, Il. Lib.V. Cap. 23. Olearii Perſiſcher Reiſcheſchreibung Buch V. Cap. 7. Seite 564: 566. in freyer Luft. 23 dergeftalt, daß meniaftens in den Ländern, fo der $inie nahe find, nie eine fo anhaltende Kalte entfteht, als in deren, fo den Polen nahe find. Uebrigens aber nimmt die Kälte keinesweges gerade alfo zu, mie die Entfernung der Laͤnder von der Linie. Die Befchaf- fenheit des Bodene, die Höhe deſſelben, Gebirge, große Wälder, und, wer weiß, mas noch mehr für Urfachen, haben ihren Einfluß in die Kälte. In dem nordlichen Theile des Königreichs Korea, am Ende der großen Tartarey, neben China, empfin- det man des Winters eine anhaltende und fehr ftrenge Kälte, und felbit im Sommer fommen wenige und fhlechte Früchte dafelbft fort, da doch die äußerten Gränzen deflelben nur 44 Grad gegen Norden, und folglich nicht einmal fo hoch, als Meyland, gegen den Pol liegen. Es ift aber die nordliche Gegend gebirgicht, und liegt hoch *). In den ſuͤdlichen Gegenden von Perfien, die einerley Lage mit Nies der⸗ Aegypten haben, hat man des Nachts ſchon im Dctober, auc) an foldyen gefegneten Orten, wo die fhönften Baumfrüchte, Wein und Melonen wach fen, ganz empfindliche Kälte und Froſt, und des Winters hat man zu Iſpahan zu Zeiten fo viel Schnee, daß er fchlechte Häufer niederdrücfer, und viele Menfchen darunter fterben *). Dergleichen höret man in Aegypten nicht. Der Winter dauert BEN, nur etwa fieben tage, und bedeutet fehr 34 wenig Man leſe dieſes in der ih Hiſtorie der Reifen, Band VI. Seite 593. 594 J— Valentyn Oud en Nieuw Ooft- Indien Tom. V. Pars I, pag, 56. 260. 279. + Von der Warme md Kalte wenig *). In der Tartarey und dem nordlichen America ift öfters in. der Breite von zo Graden folhe ftrenge Kälte, als in Europa unter einer Breite von 60 bis 70 Graden nicht zu fpüren **). Ta, in einerley Sande hat man bald gelinde, bald {ehr firenge Winter. Zu Zeiten hat man auch ge= gen Norden einen fehr weichen Winter, und weiter gegen Süden ift die Kälte ftrenger. Im vorigen Winter hat man in hiefigen Gegenden fehr wenig Scoft, und Feinmal fo viel Schnee gehabt, daß man eine Schlittenfahre anftellen fünnen. In Böhmen und den Defterreichifchen Landen aber bat man, nad) Anzeige der Zeitungen, Schnee und strenge Kälte gehabt, ja fo gar oben in Italien ift fie merflic) gewefen. In dem falten Winter 1740 hat man die ftrengfte Kälte zu London den sten Jen— ner, zu Paris den ıoten, zu $eiden den ııten, und zu Upfal in Schweden den 25ften Jenner, und alfo meiter gegen Norden viel fpäter, als in füdlichern Gegenden gehabt. In eben diefem Monate aber ift zu Bourdeaux ganz gelindes Wetter gemefen, fo, daß es faft beftändig geregnet, und in der Nacht vom zoften auf den zıften Jenner hat man dafelbft einerMheftigen Sturm, Donner und Hagel gehabt. Im Hornung ift es zwar in der Gegend von Bourdeaur Falt gewefen, doch fo, daß, wenn die Kälte in Paris zugenommen, fie dorten nachge— laffen, *) Allgemeine Welchifiorie IL. Theil. **) Samburgifches Magazin Band V. Stück II. Seite 268. in freyer Luft. 25 laffen, und fo auch umgefehre.. Zu Montpellier ift es in diefem ftrengen Winter im Jenner und Hornung nicht Falter gewefen, als zu Paris im Srühlinge *). ben fo.gelinde Witterung hat man den ganzen Winter zu Genf gehabt, da doch in der Schweiz die ftrengfte Kälte gewefen, und in Ita— dien viele von folhen Bäumen erfrohren, die fonft dafelbft auch des Winters in freyer Luft aushalten. Das Bewundernswürdigfte ift, daß in Norwegen damals ein ganz gelinder Winter geweſen, fo, daß die Küfte fein Eis gehabt, da doch in England, Schweden und Deutfchland die ftrengfte Kälte em— pfunden worden *). *) Memoires de l’Academie Roiale des Sciences 1749. P. 555-565. | *) Muſchenbroeks Natur: Wiffenfchaft $. 755. Die Fortfeßung folgt Eünftig, DB 5 II. Ver⸗ 26 Verhaͤltniß des Handels u 2 2 2 2 2 2 ee ee ee III. Verſuch über die Frage: Yuf welche Weiſe kommen Handel und buͤrgerliche Freyheit, eine der andern zu Huͤlfe, und erhalten ſich einander? Aus dem Engliſchen uͤberſetzt. in gewiſſer Schriftſteller, der ſich in der Ges lehrſamkeit den hoͤchſten Ruhm erworben hat, hielt es für erheblich, zu unterſuchen, was der RE Trieb der menfchlichen Natur eigentlich ſey, und woher‘er entftehe, der diefelbe noch ftärfer verbindet, die Freyheit zu fuchen; und diefen hat er in einer vorzüglichen Herzhaftigkeit geſetzt, Die gemeis niglid) aus der Wirfung der Kälte entfteht, die mei- ſtens, jo wie fie den Leib ftärfer, die Seele beherzt machet: und daraus erfläret er es mit einiger Wahre fcheinlichfeie, warum die nordlichen $änder über- haupt mehr Freyheit, und die füdlichen mehr Scla⸗ deren haben. Die Frage, die wir zu beantworten haben, ift noch erheblicher, nicht nur deswegen, meil fie fich auf die Menfchen in allen ON , und von u. der buͤrgerl. Freyheit gegen ——— 27 von allen Leibesbeſchaffenheiten erſtrecket, ſondern weil man ſie aus gewiſſern und unwiderſprechlichern Gruͤnden beantworten kann, als der Mechanismus des Leibes darbietet; da es leichter iſt, durch uͤberzeu— gendere Beweisgruͤnde zu zeigen, wie der Handel uns zur Freyheit geneigt machet, und wie die Frey— heit dem Handel auf hilft; als zu erklaͤren, wie man freye Regierungen der Spannung, und deſpotiſche der Erſchlaffung der menſchlichen Fibern zu danken dat. _ Und bier fcheint e8 nicht nöthig zu feyn, wenn man diefe roichtige Frage unterfüchen will, daß man bis auf die erfte Aufrichtung der bürgerlichen Freyheit, und des Handels zuruͤck gehe, und zuſehe, ob eine der andern ihren Urſprung gab; es iſt genug, zu he— merken, daß beyde Kinder der menſchlichen Bedürf- nie find, und daß man meiftens von ihnen fagen Fann, fie wären zufammen gebohren, und groß geworden. Kaum vermehreten die Menfchen ihre Berbindun: gen und Abhängigfeiten, fo hatten fie fchon eine Art der bürgerlichen Regierung nöthig, fie zu fehügen: und Faum zogen fie fich aus den Wäldern und Wuͤ⸗ ften zufammen, fo fanden fie fchon, daß fie etwas mehr nöfhig hatten, als Eicheln zu ihrer Nahrung, und Selle, ſich zu. befleiden, | Damit wir alfo die Frage leichter auflöfen, wird es nothig feyn, uns den Menfchen unter einer freyen. Regierungsform, und der Handlung ergeben, vor— zuſtellen; und alsdenn die Befchaffenheit einer jeden Huͤlfe, und eines jeden Benftandes zu betrachten, Die eine det andern giebt, und von dem andern empfängt, s | Wir 28 Verhaͤltniß des Handels Wir wollen mit den Wirkungen der Handlung auf die bürgerliche Sreyheit den Anfang machen; und bier finden wir gemeiniglich am erften, daß er einen Geift des Sleißes unter dem Volke erwecket; welcher nicht allein vie Wirkung hat, daß er den Staat dadurch ftärfer, wenn er zu feinem Mugen Entdeckungen machet, und die Producte der entfern- teiten Sander in feinen Schooß bringt, fondern auch in vielen Faͤllen eine unüberwindliche Bruftwehr ge: gen öffentliche Ingriffe, oder geheimere Anmaßun- gen der willführlihen Mache ift. Die Gefchäfftigen und arbeitfamen haben taufend Hilfsmittel vor den Zerftreueten und Müßigen vor— aus. Derjenige, ver in den ſchlimmſten Zeiten von feiner eigenen Arbeit leben Fann, wird feinen Schwies rigfeiten leicht weichen, oder in Mübfeligfeiten den Muth finken laffen, ohne fich fo zu widerfegen, daß man alle Berfucye gegen ihn für vergebens halten muß: und an der andern Seite mache fein gewohn— ter Fleiß, Daß er den Siebfofungen der Wolluft fo wenig bloß geftellet ift, daß felbft die Beſtechung fi) oftmals umfonft bemühet, diejenige Tugend zu verführen, welche Feine Mübfeligfeit wanfend ma= hen konnte. | Ich will nicht fagen, daß diefes bey allen zu£rifft, wenn fie auch noch fo befchäfftiger find; denn man muß es fir eine Höhe des Borzuges anfehen, vie die menſchliche Natur nicht erfteigen kann: aber über- haupt ift es gewiß, daß ein arbeitfames $eben ges ſchickter ift, ung gegen Beſtechung und Gewalt, diefe beyden vornehmften Werfzeuge, die Tyrannen in Händen haben, die Menfchen zu unterdrücken, und zu Sclaven - B u. der buͤrgerl Freyheit gegen einander. 29 Sclaven zu machen, zu ftärfen, als ein müßiges „geben. Pe Ex Wenn wir diefe Materie in ein noch befieres Licht fegen, und gehörig ausmachen wollen, fo lajfet ung diefelbe in den Exempeln der mühfamen Schiffer betrachten, die Durch vaube Länder und unbefannte Seen die Nothwendigkeiten Des Lebens einfaufen, und der alten Sybariten, die auf ihren Rofenbet- ten unruhig waren, wenn ein einziges Blatt unrecht lag: in den le&ten werden wir eine Zärtlichkeit entdes en, die bey einer jeden Schwierigkeit in Schreden geräth, und allen DBerfuchungen nachgiebt, wenn ein Tyrann winfetz in den andern fehen wir eine Stanöhaftigfeit, die fo leicht Fein Vergnügen verfühs ten, und fein Schrecken beunruhigen fann. | Aber hier müflen wir eine andere Betrachtung von der größeften Erheblichkeit hinzu feßen, namlich diefe, daß unter allen verfchiedenen Arten des Fleißes die Handlung vorzüglichere Eigenfchaften hat, und von einer edelern Art it. Der Fleiß freyer Bauern gewoͤhnet fie vornehm: lich) zur Arbeit; der Fleiß der Sclaven gewoͤhnet fie an die Strenge; aber der Fleiß der Kaufleute ge— woͤhnet fie zu Gefahren: —— Der Fleiß der ‚Bauern fehränfee fie einigermaßen auf ihre Felder ein; der Fleiß der Sclaven bey ihrem Ruder; aber der Fleiß der Kaufleute geht den Schwierigkeiten von ‚allen Seiten entgegen: — Der Fleiß der Bauern machet ihre Fibern ſtark, welches, wie wir eben ge= faget haben, den nördlichen Nationen eigener ift; der Sleiß der Sclaven gewöhnet fie noch überdem zu ei- ner Unterwerfung; aber der Fleiß der Kaufleute er— * hebt 30 DBerbältniß des Handels hebt ihre Abfichten, fo wie er ihre Sphaͤre erwei⸗ tert? — Kurz, der Fleiß der Bauern ftärfet ihren Leib mehr, als ihre Seele; der Fleiß der Sclaven fann oftmals ihre Herzbaftigfeit fchwächen; aber der Fleiß der Kaufleute leitet fie beftändig zur Nach⸗ - eiferung: Und diefe Macheiferung ift in allen Um: ſtaͤnden der bürgerlichen Freyheit eines Volkes gleich vortheilhaft, fie mag die Menfchen zu neuen Vers befferungen und Entdeckungen treiben, oder fie anreis zen, in einem oder dem andern rühmlichen Unternehs men ihres Gleichen zu übertreffen, 4 Weil die Natur dieſer Abhandlung nicht leidet, daß ich alle und jede Beweisgruͤnde mweitlauftig aus⸗ führe, und diefer einigermaßen mit dem erften zus fammenhängt und zu demfelben gehöret, fo mag es genug fern, wenn ich hier anmerfe, daß der Fleiß der Handlung Macheiferung erzeuget; Nacheiferung, einen unternehmenden Geiſt; ein unternehmender Geiſt trifft Gefahre an; die Gefahre geben Harte; Härte giebt Unerfchrocdenheit: und wo diefe legte Ei: genfchaft ver Character eines Volkes wird, da find wir verfichert, daß fid) unter demfelben Feine Tyran⸗ ney halten kann. | | Eine andere Wirfung der Handlung, die hier ars gefuͤhret zu werden verdienet, ift die Einführung und der Wachsthum der Künfte, die der gegenmärtigen Materie doppelte Dienfte leijten; nicht nur in fofern fie überhaupt ven Wachsthum der Wiflenfchaften be: fördern, fondern aud) einige insbefondere den Weg ‚zur Frepheit näher bahnen —— Einige Arten der Kuͤnſte find fo unmerklich unter: ſchieden, und andere haben unter einander fo er | 1 "bare u. der buͤrgerl. Freyheit gegen einander. At bare Berbindungen, und alle erleuchten die Seele fo fehr, daß man in Staaten, die Handlung treiben, fid) nicht ‘verwundern darf, wenn man Menfchen fieht, die zuweilen von einer Art unvermerff auf die andere kommen; zumeilen in vielen auf einmal fich hervor thun; und dann endlich zu einer gewiffen Hoͤ⸗ be ver Erkenntniß fortfchreiten, auf welche anfangs lich weder ihre Geburt, noch ihr Stand, noch ihre Gaben, noch ihre Erfindungen, fie zu berechtigen fchienen, Anſpruch zu mache. Man kann in der That dieſe Kuͤnſte ziemlich ei⸗ gentlich gewiſſe Schritte zur Hoͤhe nennen, die die Graͤnzen der Wiſſenſchaft zuſammen vereinigen; wo⸗ durch die Menſchen, nach und nach, fo wie fie fteis gen, ihre Profpecte erweitern, und zumeilen über den ploglichen Anblick der politiſchen Welt, diefer Höhen der bürgerlichen Frenheit, erſtaunen, die ans fanglich in Wolfen vörhüller, und ganz vor ihren Augen verfteckt waren, Und daß diefes nicht fo wohl eine bloße Borftellung, als eine wahre und wirkliche Erfahrung ift, wird aus vielen Benfpielen in den englifchen und andern Jahrbuͤchern erhellen ; da Leute von fehlechten mechanifchen Arbeiten an ihre Geſchicklichkeiten fo erweitert und fortgefeßet haben, daß fie zuleßt von ihren angefehenften Landesleuten erwaͤhlet wurden, Flotten anzuführen; und Tyrannen unter das Joch zu bringen; und ſowohl in den Feldern des Blutes, als auch in Staatsverſammlungen das Haupt zu ſeyn. | Was alfo ven Einfluß der befondern Künfte bes trifft; wer nimme denfelben nicht in aller feiner Stär- fe an, der nur eben die Einführung der Druckerey in der Welt betrachtet ? Wer fieht nicht ein, daß die | Preffe 322° Berhäftniß des Handelg Preſſe allein oft im Stande ift, den Erweiterungen der defporifchen Rechte Einhalt zu ehun, und auf einmal den Saamen der Freyheit durch ein Land auszuftreuen ? Niemand darf uns den Einwurf machen, daß diefe Runft, weil es zuweilen geſchehen ift, eben. fo leicht in den Händen der Unterdrücer zum Boͤſen angewendet werden Fönne, als zu einem richtigen Gebrauche in der Hand der Patrioten? dieſes Fann man allezeit von. den beſten Sachen in der Welt far gen, und ift oft von der Freyheit der Unterfuchung, und der Stärfe der Beredtfamfeit in den alten Ber- fammlungen des Volkes gefaget worden: dennoch find wir verfichert, daß, fo lange ſich die Erfennt- niß, weiche aus der obengedachten Urſache entfteht, fi in einem Königreihe richtig ausgebreitet bat, und fo lange man fic) feiner Gewalt bedienet, ihren MWirfungen entgegen zu arbeiten, die Freyheit der Unterfuhung, und die Freyheit der Prefie den Rech— ten und Privilegien der Menfchen allezeit höchft dien— lich feyn werden. Man fege noc) eine andere ähnliche Wirkung der Handlung hinzu, welche diefe iſt, daß fie unfere rauhen Sitten angenehm, und die Seele fanft und menfchlih machet. Diefes führet nothwendig an der einen Seiten eine gewiſſe Gelindigfeit der Regie— rung und Mäßigung in der Ausübung der Gewalt; und an der andern einen gehörigen Zwang für dieſe unruhigen und unbändigen Geifter ein, die durch unvermuthete Erregung einer Unorönung in Dem Staate, viefelbe gemeiniglich in eben der Tyranney ſich endigen fehen, die fie am meiften eo t u an u. der buͤrgerl. Freyheit gegen einander. 33 Man kann auch nicht mit gutem Grunde vermus then; , daß diefe Gemüthsart eines Volkes zu einer fo großen Zärtlichkeit fortgehen kann, daß ſie noth⸗ wendig eine Zerſtreuung der Herzhaftigkeit oder Verringerung der Natisnaltapferfeit mic fich führe, Was Homer vor Zeiten. von den verſchiedenen Angriffen der Griechen und Trojaner, und zwar im⸗ mer zum Vortheil ſeiner geliebten Griechen bemerket hat, daß die erſten mit Heiterkeit und Ordnung, die andern mit Getuͤmmel und Unordnung heranruͤcketen, das kann man auch auf eine jede polirte, und unge— ſittete Nation anwenden, und er hatte die Abſicht, daß es darauf angewandt werden ſollte: und den of⸗ fenbaren Vorzug der erſten in den Wirkungen der Kriegeszucht, und ihr er Gemuͤthsruhe bey Seite ge⸗ ſetzet, da ſie auf eine weiſe Art zu ungluͤcklichen Faͤl⸗ len vorbereitet ſind, und leicht alle Vortheile voraus ſehen, die fie erhalten konnen, fo iſt doch fein Zwei— fel, daß dieſes heitere und ſtandhafte Geſicht, dieſes gefegte. und mätnliche Bettagen, Diefer mäßige und vernünftige Muth, die die gewiſſen Eigenfchaften geſitteter Armeen ſind, wenigſtens dieſem wildern Ungeſtuͤme, dieſen heftigen: Verzuͤckungen und Kaͤm⸗ pfen der Seele gewachſen ſeyn werden, die man an den Barbaren wahrnimmt. Oder wenn wir genoͤ⸗ thiget werden ſollten, zu geſtehen, daß man in dem Sturme ‚der Schlacht die heftigern Leidenſchaften auslaſſen muͤſſe: ſo koͤnnen wir doch wenigſtens mit der genaueſten Richtigkeit anmerken, daß die ſanftere Wuch eben fo ſtark if, als die heftigere Caͤſar gedenkt, daß er, als er Britannien angeif, die Einwohner von Kent am Ren und geſittet⸗ 8201 Band, ſten 34" Verhaͤltniß des Handels, ften fand; welches man vornehmlich) ihrem weitläufti= gern Handel, und der Nachbarſchaft des feſten Sans des von Sranfreich, zufhreibt: und dennoch überzeus get uns: die Gefchichte der folgenden Zeiten, daß fie auf feine Weife weniger auf ihre Srenbeiten hielten, noch ſich endlich mit größerer Unanftändigfeie dem. Roche der Normänner unterwarfen, als die higige ften Kämpfer diefer Friegerifchen nf. Eben das Fonnte man von den heutigen Handel: treibenden Nationen anmerfen ; da mir aber hierinn fehr geſchickte Schriftfteller vorgegriffen haben: fo will ic) zu der andern Wirfung des Handels fchreiten, die noch von größerer Wichtigfeit iſt, und ſich weiter auf die menfchlichen Sachen erftrecfet, als diejenigen, ' deren ich zulegt gedacht habe: Diefe Wirkung ift, daß er den Verſtand eröffnet, erweitert und beſſert, und ihn mit Der Zeit von der Menge der Vorurtheile befrenet, Die von uns unzertrennlic) find, wenn mir allem, oder mit wenigen leben. Da In diefem Stande der Einfamfeit fehen diejeni- gen, die ihre Naturgaben am meiften verbeflert ha— ben, die Dinge, oftmals aus Mangel an Umgange, nur von einer Seite an, und verlafjen ſich auf diefe- mangelhafte Einficht gar zu fehr, weil ihnen niemand widerfpricht s viele Dinge müffen ihnen auch fremd bleiben, weil fie nicht geſchickt find, über die Graͤn⸗ zen ihrer engen Erfenntniß hinaus zu fehen, und fie müffen in noch mehreren Sachen ungewiß fenn, wenn fie weder viele andere, noch Gewährmänner noch Erfahrung vor fich haben, fi) fort zu helfen. In ver That, es giebt einige Lichtfunfen, die man nur durch Weinen Zufammenftoß heraus ſchlaͤgt; 13 art * Tuch gie t u.der buͤrgerl Freyheit gegen einander. 35 giebt davon einen reihern Vorrath, vornehmlich in entfernten Gegenden; andere findet man wiederum in vermifchten Haufen von Leuten von allen Arten und Ständen: und der Handel, der fie alle zufam- men fammlet, leitet fehr oft einen Strahl durd) alle Zugänge des DVorurtheiles, der die Menfchen zu den rühmlichften und erhabenften Unternehmungen auf klaͤret. Hobbes merket mit Grund an, daß es in monar- chiſchen Regierungen, two Die Gewalt des Koͤniges weit geht, eine Schwachheit bey einem Prinzen ift, wenn er leidet, daß die Jugend fic) in den Schrift: ftellern des Alterthums gar zu fehr umfieht, die, weil fie für die Sache der Freyheit berede und pathetifch fhreiben, allezeit nothwendig ehrliebende und unver- derbe Gemüther auf ihre Eeite ziehen müffen: eben diefes kann man von der Handlung fagen, die folche Erempel, ſolche Bücher, und Lehren von allen Orten ber zu Haufe bringe, wo fie fie nur antriff. Denn obgleich diefe nicht die Sachen find, die der Handel vornehmlich vor Augen bat; obgleich diefe, und die Buchdrucerfunft, der wir oben gedacht ha— ‚ben, ohne feine Hülfe erfunden, und zur Vollkom— menbeit gebracht wurden: fo hat man doc) ihre Ber- breifung und Austheilung auf der Erden vornehmlic) en zu danken. — In der That, man fann einen ‚Kaufmann eben fo eigentlich einen Bürger der Welt jennen, als einen Philofophen: man fann fagen, daß Are verfchiedenen Meynungen, Moden, und Regie rungsarten, ihre verfchiedenen Kuͤnſte, Entdeckun⸗ gen, und Erfindungen mit ihren Waaren, in einem: Schiffe überbracht werden; 2 man bat nicht mehr | x; au 35... Berhältniß des Handels - zu befürchten, daß er unter diefen verfchiedenen or men der Macht ſich in die defpotifche verlieben follte, als daß er fein Geld in folher Waare anlege, die feinem eigenen Intereſſe ſchadet, und von ber ganzen Geſellſchaft verboten ift. Seine durch diefe eben gedachten Urfachen er leuchtete Seele, und vie Beſchaffenheit feines Be— rufes macht i6n geneigt, feine Sicherheit zu. wuͤn⸗ fen, und mwird dem. Saamen der Freyheit, ver fchon in feiner Natur rubet, zu Hülfe fommen; fo daß er, wenn dieyer mit größerer Stärfe wirfet, ans fänglich geneigt feyn wird, fich von der edlen Kranf- beit anftecfen zu laflen, und fie mit der Zeit nad und nach unter $eute von allen Ständen und Range auszubreiten. Bon diefer Betrachtung Fönnen wir. leicht zu der Unterfuchung übergehen, was für einen Einfluß die Handlung in die Beligion habe; und da die Religion einen ſo großen Einfluß in den Staat hat, fo koͤnnte dieſe Betrachtung nicht undienlich feyn. Es ift gewiß, daß der Handel aus eben dem Grunde, warum er den Mugen hat, die Seele von Vorurtheilen zu befrenen, auch) diefen Nugen hat, daß er fie von Borurtheilen in der Neligion befreyet: fo wie er unfere rohen Gitten poliret, jo wird er auch machen, daß wir andere dulden, die anderer. Meynung find, als wir: fo wie er uns "gefchäfftig i in unferm Gewerbe macht, wird er auch das Webers flüßige i in der ausſchweifenden Andacht abfchneideng ſo wie er die Künfte vermehrer, Wiſſenſchaften ver- breiter, und Menfchen in Sefellfchaften zufammen Me fo wird er auch biefe Gefpenfter des Aber: glaubens, u. der bürger!. Freyheit gegen einander. 37 glaubens, und des Gößendienftes verjagen, Die ſich nur in der Finſterniß und Einſamkeit aufhalten. Wenn ein Religionsſyſtem, wie das roͤmiſche, um den Vorzug in der Welt kaͤmpfet, ſo wird er alle Kunſtgriffe deſſelben entdecken, und demſelben in allen ſeinen Eingriffen widerſtehen; er wird gegen die Foderungen des Hauptes deſſelben, und die Grauſamkeiten der Inquiſition eine Vormauer ſeyn; er wird die Feſttage einziehen, und ſeine Moͤnche aus dem unnuͤtzen Gepraͤnge der Andacht heraus ſtoßen; er wird ſich weigern, Petro den ungebuͤhrli⸗ chen Tribut einzuraͤumen, oder ſich mit einer Rotte von geiſtlichen Betruͤgern zur Unterdruͤckung, und Beraubung ſeiner Nebengeſchoͤpfe zu vereinigen; mit einem Worte, er wird der proteſtantiſchen, der Re— ligion der Freyen, mit eben fo großem Eifer beytre⸗ ten, als er das Pabftthum, die Religion der Scla— ven, verabfcheuet. RL ER, Ich weiß wohl, daß die cathelifchen Mönde mir den Einwurf machen werden, die Handlung er- weitere nicht fo wohl das Herz in Neligionsfachen, als fie es verderbe; und Kaufleute hätten am meijten zu befürchten, daß fie von der Seuche der Welt, un einer doppelten Sclaverey, unter der Sünde. un dem Staate, angefteet würden: allein, es iſt ge- nug, wenn wir aus den beften Nachrichten der Kloͤ⸗ S und der Handlung bemweifen fonnen, daß diefes Borgeben falfch iſt; daß die Verführung in dem oſter eben fo groß ift, als in der Welt; daß der nch einen geheiligten Boden nicht feliger betritt, als der Kaufmann das bebauete Feld; und kurz, daß diejenigen weder ihres Ruhmes, noch ihrer Tu: € 3 gend 38 Verhaͤltniß des Handels gend gewiſſer ſind, die unendlichemale ihr Paterno⸗ ſter durchbethen, um den Himmel zu verdienen, als diejenigen, die in einem ehrlichen und fleißigen Be— rufe Reichthum auf Erden fuchen. 9 Obgleich das, was ich bisher geſaget habe, ger nug feyn Fann, dem gegenwärtigen Puncte einen fo ftarfen Beweis zu geben, als die Befchaffenheit die— fer Abhandlung erfodert, fo darf ich doch einen an— dern Beweis nicht vorbey laffen, weil er an ſich felbft von eben fo großer Stärfe zu feyn feheint, als die andern zufammen. | Man fagt, Neichthümer find die Nerven des Krieges, und viel Volk die Stärfe der Nationen; und der Handel vermehret beyde. Ja er thut noch mehr: denn daß ich ißo der Vermehrung des Volkes nicht gedenfe, fo kann der Reichthum fo. überflüßig, oder in einer Nation fo parteyifch vertheilet ſeyn, daß er ftatt des Vortheils, den Untergang derfelben be= fördert; aber der fparfame und gemäßigte Geift der Handlung ift fo geartet, Daß man nicht nur von ihm Sagen kann, daß er eine Nation bloß bereichere, fon= dern, daß er auch die befondere Merhode und Kunſt erfunden habe, diefes wichtige Werk zur Vollkom—⸗ menheit zu bringen. RR Die mweitläuftige und gleihe Vertheilung des Reichthumes in den Händen fo vieler, erwecket eine Anzahl von Menſchen, die eben eine fo große Stüße der Sreyheiten des Volks find, mie die Edelleute der Freyheiten der Prinzen; fie find im Kriege und Frie— den ftarf dazu; und wir Fönnen nicht wohl glauben, daß felbft das römifche Tribunal, oder eine jede an— dere Macht, die die Einbildung erdacht bat, ein Ä getreuerer u. der biirgerl. Freyheit gegeneinander. 39 getreuerer Schus der Freyheiten einer Nation feyn koͤnne. im u Der Mangel dieſes Schußes in monarchifchen Staaten ift der ungluͤckliche Erdriß, worein die un: ‚umfchränfte Gewalt ftürzerz deswegen hat ein fehr ‚berühmter englifcher Schriftfteller , der Herr Hume, angemerfet, daß in Neichen, wo das Volk dem "Großen, und der Große dem Prinzen unterworfen iſt, fih 'ganz und gar Feine Freyheit befinde; und daß in England, wo man leidet, daß der Adel Han- del treibt, Diefer Umftand die Macht der Könige un- gemein-verringert habe. Wenn er gemollt hätte, fo Hätte er hinzu fegen koͤnnen, aud) die Macht des Adels , ohne dem wirklichen Intereſſe des einen oder des andern Schaden zu thun. ' Weder Könige noch Edelleute koͤnnen jemals unter einer ausfchweifenden Macht, und der Unter druͤckung des Volkes fo ficher feyn, alsı diefe gleichere Gemeinfchaft in Sreyheiten und Gütern, die die Handlung einführee: man fann von beyden mit der ‚genaueften Nichtigkeit fagen, daß fie gewannen, fo wie fie verloren: fie haben Ruhe und ungeftöhrte Sicherheit allein durdy den Verluſt befehmerlicher Freyheiten und nichtswürdiger Nechte gewonnen: und es ift fein geringes Job, welches der. verdiene, der diefe Abhandlungen in Schuß nimmt, wenn er diefe Wahrheit richtig einfiehtz und es für eine beffe- ‚re und edlere Freude hält, fich in der Verbeſſerung des bürgerlichen Lebens hervor zu thun, als das Haupt unter den heftigen, und zänfifchen Baronen zu ſeyn. RR € 4 Aber 40 WVerhaͤltniß des Handels: Aber es ift nicht der Menge, der Treue und Wachſamkeit diefer Menfchen von der mittlern Gat- fung in Sriedengzeiten zuzufchreiben, daß der birger- lichen Sreybeit fo viele Vortheile zufließen ; es befin- det fich gleihfam etwas befonders in ihrem Zuftande und Umftänden, das fie in Widerwärtigfeiten tapfer macht, und fie durch ftarfe und angenehme Hoff: nungen mächtig aufhebt, wenn ſich der Staat in den größeften Stürmen und Verwirrungen befindet. Wer mit einem aufmerffamen Auge die Ge— ſchichte der Menfchen überfehen will, und: befonders die Gefchichte der letztern Jahrhunderte, und der be- nachbarten Staaten, wird bald von der faft unendli« chen Heberlegenheit uͤberzeuget werden, Die in Zeiten des Krieges Menfchen von einem gemwiffen Range über andere haben, Eine Armee von Standesper- ‚fonen, die der Eifer zum Siegen triebe, und denen die gehörigen Gelder gegeben würden, würde die ganze Wele überwinden : und meder der roͤmiſche Much, noch die Enefchloffenheit der Spartaner; weder das Glüd des Sulls, noch die Anführung des Caͤſars, würde den Strom der Feinde fo mäch- tig aufhalten, und die Hiße der kaͤmpfenden Matig- nen Dämpfen, als die Lockung der Ehre, und der Abfcheu für die Feigheit, die fichern Merfmaale ei- ner edlen Seele ſind. —F Nach dieſer würde, an Muth ſich zu vertheidi- gen, eine Armee die andere Stelle einnehmen, die vornehmlich aus folchen Männern beftünde, weiche durch Fleiß und Handel ein anfehnliches Vermögen zufammen gebracht hätten. Diefes würde fie in der Geſellſchaft zu einem höhern Range erheben, * | ihre u.der buͤrgerl Freyheit gegen einander, Ar ihre Seele fo viel großer machen, als ſich ihre Gü- ter verbeflerten, daß alfo in einem Staate, der eis nen Ueberfluß an Männern von diefem Character hätte, die Kriege zwar nicht fo häufig feyn, aber beffer geführet werden würden, als unter wildern Nationen; und niemand muß aus den faft unenoli= hen Tumulten und biutigen Schlachten unferer frei- tenden DBorfahren in alten Zeiten den Schluß ma- chen, daß fie deswegen ihre einigen Nachkommen an wahrer Tapferkeit und Enefchloffenheit über: troffen; weil wir überhaupt verfichert ſeyn Fönnen, daß die Armeen niemals mit folder Herzbaftigfeit und Standhaftigfeir Fechten werden, die bloß für die Veränderung eines Herrn fechten, als die, die für die wefentlichern Glückfeligfeiten, der Ununterwür- figfeit und ihre Güter ftreiten, — Sch habe die Graͤnzen, die ich. mir ſelbſt gefe: Set hatte, in der Anführung der verfchiedenen Vor— theile, die’ die Handlung der Freyheit fehaffer, ſo weit überfchritten, daß ich nicht fo umftändlic) von den Vortheilen reden kann, die Die Freyheit wiederum der Handlung bringt: ich will alfo nur einen ausfu- hen; aber diefer hat in der That den befondern Vor⸗ zug, da er in der DVertheidigung und Beſchuͤtzung der Güter befteht, daß die Freyheit durch ihn allein alle Bortheile reichlich verguͤtet, die fie von der Hand- fung erhält. ah Sa er thut noch mehr: denn alles, was der Handel für die Freyheit thun Fann, ift Diefes, daß er diefelben aufmuntert und erzieht, wann fie nod) ſchwach, und fie einigermaßen unterftüßet, wenn fie fchon ſtark ift: aber die Freyheit kann zugleich den ANA & 5 Kandel 42 Verhaͤltniß des Handels‘ RN PN und ihn täglich mit fo Re Nahrung verfehen, daß er bald zur Neife und Voll⸗ kommenheit gelanget. Ja wir koͤnnen noch weiter gehen, und bemerken, daß die Freyheit ſelbſt zum Seyn des Handels noͤthig iſt, ob gleich der Handel nicht zum Seyn der Frey⸗ heit nothwendig iſt; es koͤnnen nicht nur Nationen ſeyn, ſondern es ſind auch wirklich Nationen in dem voͤlligen Beſitze der buͤrgerlichen Freyheit geweſen, ohne allen Handel: aber es iſt keine unumſchraͤnkte Regierung geweſen, und kann niemals ſeyn, wo der Handel ſonderlich gebluͤhet haͤtte. Die Urſache iſt dieſe, weil die Freyheit durch ſehr viele Stuͤtzen ſich aufrecht erhalten kann, aber die Handlung nur durch eine einzige: dieſe einzige Stuͤtze iſt die Sicherheit der Guͤter, der wir eben gedacht haben; ohne welche nichts wichtiges im Han⸗ del unternommen, und mit Erfolg ausgefuͤhret wer⸗ den kann. Seibft denen ‚- Die das Geld am meiften anbethen, iſt fie ein Kleinod, das am Glanze felbft das Gold übertrifft; fie ift in der That die ftarfe und mächtige Reizung, welche allein die Kaufleute in ihrer Arbeit ermuntern, und ihre Befümmerniß er- leichtern kann; die die Wellen der ſtuͤrmiſchen Seen brechen, und machen kann, daß die Natur in den Laͤndern der Verzweiflung laͤhelt Man koͤnnte vielleicht hier ſagen, daß wir Dies fem Puncte ein gar zu großes Gewicht beylegeten, weil unumfchränfte Prinzen, fo wohl durch gute Gefege, die fie zum Behufe des Handels geben, als aud) durch andere zuträglide Aufmunterungen den Strom defielben aus fregen Ländern leicht in die ihrigen u. der buͤrgerl. Freyheit gegen einander. 43 ihrigen leiten koͤnnen; aber wir Eönnen ganz gem iß verſichert ſeyn, daß biefer. Einwurf nichts bedeutet: ‚weder Gefege noch Aufmunterungen koͤnnen etwas ausrichten, wo man feinen Glauben und feine Zu— verficht hat: die Fleinfte Erfahrung in den menfchli- chen Geſchaͤfften wird uns überzeugen, mie ſchwer es fey , in den am beften eingerichteten Staaten die be- ften Gefege auszuüben, und wie viel ſchwerer es alle— zeit feyn müfle, wenn das Genie der, Kegierungsart denfelben entgegen ift: aber wenn wir auch feßen, der Kaufmann Habe alle Beweiſe von der Aufrichtigs feit folcher Regierungen, die er nur verlangen kann, daß fie über dieſe Gefege halten, und ihre Beloh— nungen unparteyiſch austheilen wolle: fo kann er ſich doch niemals auf einen Prinzen verlaffen, der oft in Derfuhung gerathen kann, von feinen Berfprechuns gen abzugeben, und wenn er Dazu geneigt ift, es nr Gefallen, und ohne alle Widerfesung thun ann, Es fehlet alſo dem Kaufmanne eine gewiſſe Ueber⸗ redung;, wenigſtens ein ſolcher Grad der Gewißheit, Den man in unumſchraͤnkten Regierungen nicht findet, und freye Staaten allein geben koͤnnen; doch dürfen wir nicht weiter gehen, ohne anzumerfen, daß diefes große Gefchenfe der freyen Regierung, diefes Palla- dium des Handels, niemals vollfommen feyn kann, wenn es nicht immer unverleglic, gehalten wird, und mit fo wenigen Steuern befchiveret ift, als bie. Des ſchaffenheit der Sachen zulaffen will; wenn nicht alle Auflagen fo fehr abgenommen werden und die Haͤ⸗ fen ſo offen liegen, als das Intereſſe einer Nation leiden kann; und vornehmlich, wenn entweder gar feine 4° Berhältniß des Handels Feine Monopolien in dem Schooße der Handlung ge: duldet, oder wenn es gefcjieht, wenigftens nicht zu lange gefchüßet und befördert werden. Ein jedes Monopol hat in feinen Zügen und feiner Beſchaffenheit die Zeichen einer unumfchränftern Regierung; es ift einigermaßen eine Berbindung weniger Menfchen gegen viele; und man muß nicht fagen, daß fie deswegen, weil fi einmal in der Kind» heit der Handlung nothwendig zu feyn feheinen moͤch⸗ fen, auch fortgefeget werden müffen, wenn fie fid) Thon aufaehelfen har. Eben fo wenig muß man fagen, man fönne, weil nichts auf der Welt vollfommen fey, niemals ermar- fen, daß die Handlung von diefer allgemeinen Regel ausgenommen ſeyn ſollte; Monopolien wären nur fleine und unbetraͤchtliche Mängel, und aus einer fo ſchwachen Duelle koͤnnten Feine große Unbequemlich⸗ keiten entftehen. Man könnte nichts fchlechteres angeben, als die: ſes; die ganze Gefchichte, der Handlung überzeuger uns, daß diefes fo wenig wahr ſey, daß nicht nur der Müßiggang dadurch befördert, der Fleiß verlö- ſchet iſt; nicht nur die Gefräßigfeit der Regenten, und die Armuth der Unterthanen, fondern auch das größte Elend für das Publicum und für. Privatleute veranlaffet find; mit einem Worte, daß der Betrug und Die Unterdruͤckung zu Legionen durch die Thuͤr der Monopolien ſich in Nationen, die Handel trei⸗— ben, einfchleichen fünnen. Man kann gegen das, mas wir gefager haben, ei- tige Einmürfe machen; allein dieſe find zum Ba on u. der buͤrgerl. Freyheit gegen einander. 45 ſchen angefuͤhret, und koͤnnen zum Theil ohne große Gefahr eingeräumet werden. Man mag. die Freyheit der Staaten von Sparta nk: Rom *), die feinen Handel treiben, fo hoch fe= Gen, als möglic) ift: fo lange wir, einräumen, daß die Handlung nicht, der nothwendige und einzige Grund freyer Regierungen ift; man. halte auch ihren Much und ihre Herzbaftigfeit, in Vertheidigung ih⸗ res DBaterlandes, für größer, als allen Muth, den man, bisher bey Handel treibenden Nationen gefun⸗ den bat, fo. lange wir einſehen koͤnnen, daß ſich in ihrer Gemuͤthsart etwas befunderes und außerordent- liches befand, und daß fie oft durch ſolche wilde Siebe der Freyheit, und den Eifer für den Ruhm der Na— tion getrieben rourden, der mehr. enthufiaftifch, als verftändig, und mehr mechaniſch, als vernünftig. var, Spanien mag fo lange, ein Erempel feyn, daß der Rechthum ſchwach mache, als wir beweiſen koͤnnen, daß der Reichthum mit Fleiß vereiniget, und gehö- rig auegerheilet ſeyn muͤſſe, freye Regierungen ſtark zu machen. Ja man halte ven Kandel felbft der Frey⸗ heit für ſchaͤdlich, nachdem er eine gewiſſe Vollkom⸗ menbeit erreiche hat, wenn wir nur wiſſen, daß die⸗ ſes auch bey der Srenbeit ſelbſt eintrifft; ja daß die beſten Staatsverfaſſungen eines jeden Landes ſich ge— meiniglich zum Verfalle neigen, und in ihren Ge— Fähen felbft ven Saamen und die Materialien Aare un IF Aber 9 Man glaubete, daß Rom aus. lacedamoniſchen lonien in Italien entſtanden ſey ‚46 Verhaͤltniß des Handels Aber diefes, und unzahliger anderer Einwuͤrfe uns geachtet, Eönnen wir, in fo fern die Handlung ruͤhm⸗ lich und billig, in fo fern fie ſparſam iſt, und durch gerechte und unparteyifche Gefege unterſtuͤtzet wird, ausdem, mas wir gefaget haben, den Schluß mit aller Gewißheit machen, und mit größerer Wahr: heit, als Wortgepränge, daß die belebende Wärme des Frühlings nicht eine fo offenbare Kraft hat, die Erde zu löfen, noch der Wein das Geficht des Men- fehen zu erheitern, als der Handel, die Feffeln Der Sclaverey zu löfen, und die Freyheit in der Welt auszubreiten: und daß hingegen zärtliche und ſchwa⸗ he Stauden nicht fo gewiß unter den rauben Winter: ftürmen der gefrornen $änder ausgehen werden, als die Pflanze des Handels unter dem feharfen und firen- gen Hauche der willführlichen Gewalt. Wenn wir verlangen, daß ung diefe Wahrheit durch den ftärfften unter allen Beweiſen, durd) Er— fahrung und Erempel, dargethan werde: jo wird man fie aus der Geſchichte aller Nationen erſehen, die in Unternehmungen im Handel ſich hervor gethan haben: denn dieſe Nationen ſind entweder urſpruͤng⸗ lich frey, und alſo die wahren und eigentlichen Ael— tern des Handels gewefen; oder der Handel hat fic) auch von einem Fleinen Anfange zu einer foldyen Höhe erhoben, daß er nach und nad) die Eitten und Aa muͤthsart des Volkes verändert hat. " Die Wahrheit des erften Satzes erhellet aus der Gefchichte ver Nationen, die in den alten und neuern Zeiten am meiſten Hanbel trieben; und man wird finden, daß diefe alle Republiken, gelinde Ariftocra- tien, oder eingefchränfte Monarchien waren. * land u. der buͤrgerl. Freyheit gegen einander. 47 fand ift davon ein fo großer Beweis, als irgend eine Nation; denn fo bald es anfing mit feinen Flotten Unter der Regierung der großen und berühmten Kö- niginn Eliſabeth entfernte Seen zu bededen : fo fine gen fie auch an ihre Freyheit höher zu treiben, als vormals; Ä a Ich geftehe es, eg würde ungerecht feyn, wenn ich nicht geftünde, daß der Grund zu diefer Freyheit Unter der Regierung des arbeitfamen Monarchen ges leget wurde, der vornehmlich Die Abficht hatte, fich durch Befchneidung der Einfünfte des Adels in Gi- cherheit zu feßen; der fich oft gegen feine mächtigften Vorfahren zu mächtig. bewiefen hatte: aber diefer Staatsftreich hatte damals eine fo langfame Wire fung, und nod) fo wenig ausgerichtet, daß etwas fo wirkſames, als die. Handlung nöthig war, feinen Fortgang zu befchleunigen, und feinen Wirkungen den Nachdruck zu geben. * In der That, wenn man die gewaltſamen und be— leidigenden Handlungen der Gewalt betrachtet, die feit der Einführung dieſes Gefeges ausgeüber find: fo kann man mit Wahrheit fagen, daß wir um diefe ‚Zeit uns eben aus einem Stande der Sclaveren erho⸗ ben, und nur in einiger Ferne die Freyheit im Ge— fihte hatten; der Handel brachte fie nicht nur näher, jondern fegte fie auch in ihrem völfigen Glanze vor unfere Augen; oder wenn ich) mich anderer Worte bedienen foll, die fich für die Größe der Gelegenheit beffer ſchicken: fo kann ich mit der größeften Richtige keit fagen, daß wir noch mit Schwierigkeit und Sorgen, wo nicht durch die dickſte Finſterniß, dene noch) durch einen großen Theil der böfen Schatten der willkuͤhr⸗ 43 : Berhältniß des Handeld wilffüßeihen Gewalt wanderten, als wir durch Pa del treiben plöglic) zu. dem Lichte der Freyheit einbra= chen, welche, mie wir hoffen, bis auf. die..fpätefte Nachwelt in. diefen glüclichen Reichen fortdau— ten wird. Aber dem ungeachtet fönnfe man ung den Ein- wurf machen, daß in einer Nation, worin eine defpo- tifche Regierung lange fchon Wurzel gefaflet hat, der Handel zuweilen fo fichtbar in Aufnehmen ftehe, daß er uns. vermuthen laffe, dieſe beyden Grundſaͤtze ſtrit⸗ ten nicht fo fehr mit einander, als fie zu ftreiten fcheis nen, und man dürfe es eben nicht für.einen fo großen Sehler in Staatsſachen anſehen, wenn man anneh⸗ men muͤßte, daß eine weitlaͤuftige Handlung und eine eingeſchraͤnkte Freyheit und Unterthaͤnigkeit zuſam— men beſtehen koͤnnten. Dieſer Einwurf erfodert eine andere A Abhandlung. Ich will diefe Frage nicht mit der Anmerkung be= antworten, die doch ſehr wahr iſt, daß die Sitten der Europäer beſtaͤndig ein großer Zügel für die Aus⸗ fhmeifungen der Gewalt feyn werden, und daß die— fes in der That unter den gefitteten Nationen, deren ich eben gedacht habe, geſchieht; ich ſage, ich will dieſes nicht antworten, weil ich eine andere Antwort in Bereitſchaft habe, die an ſich ſelbſt eben fo wahr: fcheinlich ift, und einem Liebhaber der. Freyheit mehr, fehmeichelt; denn derjenige, der diefen Einwurf ma= chet, mag betrachten, mie glücflich man letztlich für die Freyheit in diefem Königreiche gefämpfer bat, und überlegen, ob er diefes einer wahrfcheinlicherem Urfache zufchreiben Fann, als demfelben Umftande, den er zum Einwurfe brauche: die koͤnigliche und geijtliche u. der buͤrgerl Freyheit gegen einander.4g geiftliche Gewalt ſind beyde gezwungen worden), den Kraͤften des Volkes zu weichen, die ſich vormals um— ſonſt gegen eine von beyden beſonders gewaget ha— ben: und dieſes kann man aus keinem ſchoͤnern Grundſatze erklaͤren, als aus der gleicheren Austhei— lung des Reichthumes und der Guͤter, die die Auf— nahme des Handels eingebracht hat; ſo daß wir mit der Zeit den Troſt haben werden, daß jene Nation, fo mie ſie im Handel mehr und mehr unſere Neben— buhlerinn wird, ſich mit ums in der Sache der Frey- heit, in der felben billigen, und vernünftige Wi- derfegung gegen die gemeinen Beunruhiger der hriftlihen Welt vereiniger. - Und mit diefer Prophezeihüng, einer Prophezei- bung, die um fo viel glücklicher ift, weil ſie mehe auf Vernunft, als Aberglauben beruber, will ich diefes Werk bejchließen. ES er. Dand, — w. Forte 50 Hanovs zuverläßige Nachricht ; Re IV. : Fortfeßung von Herrn Hanovg hiſtoriſchen Rachricht von Elbing. XIV. Ihre Erweiterung durch die — ic BARS, | 3. bisher angebracht worden, das betrifft entweder ganz allein, oder doch hauptſach⸗ lich die erfte Stadt Elbing, welche nach der Zeit, als noch eine Stade zu deren Ermweiterung angeleget wor- den, den Namen der.alten Stadt, oder Altftadt, fo wie die nachher erbauete den Namen der, Neuſtadt erhalten bat, Als eine fo anfehnlihe Handelſtadt, wie wir ſie im vorigen dargeſtellet haben, konnte die Altſtadt Elbing der Speicher nicht entbehren,, welche fo viele Magazine, Pack- und Waaren Lager, zum Theil auch Handelshöfe find, als Kaufleute darinn ihren Borrath und ihre Effecten haben. Dieſe las gen und liegen noch gegen Süden der Altſtadt über dem Sluffe Elbing, über welchen zwo Brüden das bin gehen und führen. Alfo waren nun in Elbing Base der —— zwo ee, drey zu rechnen: u Die | von Ein st. ‚die Altſtadt Elbing, die Neuſtadt Elbing, und die benden zugehörigen Speicher; oder die elbingifche Alt und Neuſtadt, und die elbingifchen Speicher *), *) An die Vorſtaͤdte iſt hier noch nicht zu gedenken, da nur von der Stade ſelbſt die Rede iſt. 976. Dieſe Neuſtadt Elbing iſt im Jahre 1335 angeleget an der Oſtſeite der Altſtadt Elbing von dem Hohemeiſter Dietrich von Altenburg, und dem Großſpittler Siegfried von Zirke *): Diefer Zirke, oder wie er damals gefchrieben wor- den, Czirke, ift derjenige, welcher $. 36. unrichtig Zikle im erlauterten Preußen ift gedruckt worden, und von welchem dorf nichts angeführet wird. Hier lerz nen wir ihn als den Stifter von der Neuftadt Eibing fennen. In der Handfefte der Meuftädter wird er nur mit dem Vornamen Siegfried oder Seyfried ge= nannte. Ich konnte nicht bald den Namen Zirke finden, und dachte, vielleicht möchte er aus dem Haufe Ziriin oder Zirkau gemwefen fern. Endlich aber fand ic) doch bey andern diefen Namen, und laſſe ihn billig ungeändert. ; Kl a *) Diefe Fahrzahl fo wohl, als den Zunamen Fick giebt die Befchreibung Elbings an, die im Supple- ment zu la Martiniere befindlich iff. Das übrige, lehret dag Privilegium der Neuſtadt. $. 77. Erſt im Jahre 1347 hat diefe Meuftadt von dem Hohemeifter Heinrich Dufener ein Privi- fegium ausgewirfer über das, mas ihr zugehören follte. Ihre Gränzen vor der Altftadt find darinn nicht aus⸗— gedrücer, fondern werden vorausgefeget, als die fhon von dem vorigen Hohemeifter und Oberſpittler ihnen angemwiefen wären. So lautet ver Anfang 2 deffelben: 52 KHanovg zuverläßige Nachricht deffelben: Wiſſentlich fen allen, daß wir - - = mit reifem Rathe, Willen und Zulaffung unferer Brüder verleihen, und geben der Neuen Stadt zum Elbinge, den Einwohnern und ihren Nachkoͤmmlingen allen erviglich luͤbiſches Recht, und geben ihnen die Frey— * vor der Stadt gelegen, als. fie von. Meifter Dietrich von Altenburg und vom Bruder Seiz fried beweiſet und bereitet ift *). Das Wapen die: fer Stadt ift ein in die fange getheilter Schild, das in der rothen Hälfte drey weiße Roſen, und in der weißen ein rothes Kreuz hat. . *) Wie die alte Stadt auch nach dem Brande die vorige Sage behalten; fo iſt auch nicht zu zweifeln, daß die igige Lage der Neuſtadt noch eben dieſelbe ſeyn werde, welche fie gleich Anfangs erhalten. Daraus wird Har feyn, mas hier die Sreyheit vor der Stadt, als ihre erfte Graͤnze, andeute. Wo ein Srundriß davon fich finden wird, foll er hiezu kommen, und diefed augenfcheinlich- machen, was aus den Worten nicht kann völlig verſtanden wer- den. Bon dem Wapen giebt die — neue Beſchreibung Nachricht. $. 78. Zum Holzraume wird ihr gegeben, auf den Felde ein Raum: von 50 Ruthen in die ange, und 250° in die Breite, oder 12500 Kreuzruthen, den follten fie aber fo umgraben, daß dadurch der Kreuzberren Heuftäte, Die darneben gelegen, fein Schaden entftehen möchte. Zur Laftadie wird ihnen oberhalb der Speicher ein Naum von 83 Kreuzru— then in denen angerwiefenen Gränzen. Nur follten fie dafelbft Feine Gebäude aufrichten, und wenn der Drden des Raums ganz oder zum Theil bedürfte,' | ſollte von Elbing. 53 ſollte ihnen dagegen an einem andern Orte eben fo viel wieder erftattet werden * ). *) Wir geben Cheißt es), ibnen ‚auch einen Raum auf dem Syelde, 5 Seile in die fange, und 25.in die Breite, ihr Wagenfchoß zu ſetzen. Denſelbigen Raum follen fie umgraben, daß unferer Heuſtaͤtte "> Fein Schade geſchehe, Die Dagegen liege. ‚Auch ges ben wir ihnen einen Raum ober unfern Speichern 8 Seile und drey Nuthen, binnen ibren beweifeten Branzen, zu einer Paffadien, alſo daß, was ander Fänge abgeht, die Breite erfülle, und mas der Breite abgeht, die Länge erfülle. Auch follen fie auf dem Raume der Laſtadie Feine Gebaude ſetzen, und iſt ed, daß wir deſſelbigen Raumes beduͤrfen, ſo wollen wir ihnen dagegen alſo viel anweiſen, als wir deſſelben Raumes nehmen. ©. den II. Band der Preußifchen Samml. ©. 599. | §. 79. Ferner werden ihr verliehen zu ihrer Freybeit 30 Huben Waldes bey der Jungfrauen *) gelegen, daß fie Diefelben mit allem ihrem Nutzen zum gemeinen Gebrauche zu luͤbiſchem Rechte bejigen und anmenden fonnten. Wollten fie aber über einige Zeit ausgeben zu einem Dorfe, fo follte folches zu magdeburgifchem Mechte ausgegeben werden, und follten fie auch feinen Krug dahin legen, ehe fie ein Dorf da angerichtet hätten. Daſelbſt N. 3. *) Das Dorf Fungfer oder Jungfrau hat von dem dortigen Marienbilde feinen Namen, und liegt an einem ließe, Die Jungferlake genannt, eine Vierthel⸗ meile vom Haff, drey Vierthel Meile über dem Aus: fluffe ded Nogats in das Haff hinaus. Die Bes dingung von dem magdeburgifchen Rechte ſcheint zu dem Ende hinzu gefeget zu feyn, damit der Aus— rottung des Waldes, und der Anlegung eines Dorfes an deffen Stelle deſto beffer vorgebeuget D 3 wiürde, 54 KHanoog zuverläßige Nachricht wurde, da die Neuſtaͤdter des magdeburgiſchen Rechts unkundig, und nur des luͤbiſchen gewohnt waren. So iſt es auch in der That erfolget, daß — Dorf angeleget iſt, ſondern der Wald eibt $. 80. Außer dem wird ihnen verſtattet aller Genieß, den ſie in der Stadt ſchon haͤtten, und noch kuͤnftig ihnen machen koͤnnten: wie auch aller Genieß auf ihrer Freyheit, doch mit Ausſchluß deſſen, ſo ihm der Orden vorbehalten. Naͤmlich 1) das Gericht, es fen Flein oder groß, da müßten fie dem folgen, was der Meifter und fein Orden thun und laſſen wollte; 2) infonderheit über die Pohlen und Preußen, welche vorlängft allein unter dem Orden geſtanden; 3) die Fiſcherey im Graben, der um die Stadt geht; Daſelbſt N. 4. 4) alles Erze“ und alle Mihlftätten, auch) Die Wafferleitungen über ihre Freyheit, zum Beſten des Ordens, wo er deren würde bedürfen; 5) Sollte stoifchen den Wehren und Haͤuſern ein raumer Weg unverbauet bleiben, daß da ein Wagen gemach fahren koͤnnte. N. 5. Osfelbft. $..81. Fuͤr das alles follten die Rathsleute, Bürger und Einwohner Der Neuſtadt des Ordens Haufe zu dem Elbing jährlich zu Zinfe geben 80 Mark Pfennige, gewoͤhnlicher Minze. Dieſe halbe Zinfe follte gegeben werden auf S. Martin, die an: dere Hälfte auf Pfingften *). Won dieſer Zinfe werden ausgenommen die Feſtbaͤcker, welche in der alten Stadt fehon des Drdens Haufe jährlich sine: ten auf ©. ua * *) Dieſes von Elbing. 55 *) Diefeg ſteht im Privilegio N. 6 und 7. Weil die - Reuſtadt Fein Mungrecht hat, ſteht bier nur ge> wöhnliche Muͤnze, wie fie, namlich die Altſtadt, ſchlagen ließe, oder auch der Hohemeifter. ‚Denn dieſer ließ damals breite Schillinge ſchlagen, die den pragifchen Grofchen an Größe und Halt glichen. Es gingen aber damals 70 böhmifche Groſchen, ftatt der. vorigen 60 auf eine Mark, Alfo würden fie 4800 oder 56 Gchillinge, und in. jedem. Ter⸗ mine 2400 Schillinge haben zahlen müffen : indem der Mark Pfennige gemöhnlicher Munze, nicht aber der löthigen Mark gedacht wird. Daß bier der erſte Zahltag Martin heiße, kommt wegen des Sonntags Reminifcere her, an welchem: diefe Ur: Funde ausgehändiget iſt. 2*) Was hier wegen der Feſtbaͤcker, welche den Log: baͤckern entgegen gefeget werden, verordnet wird, läßt fih kaum anders begreifen, ald daß die ge nannten Barker aus der Altſtadt Elbing fchon vors ber, ehe die Reuſtadt gebauet worden, die Brodt⸗ baͤnke da. werden gehabt haben, welches Necht ibnen hat bleiben muͤſſen. Alfo bat man ihnen ‚auch deswegen feine neue Abgabe auferlegen Eönnen, als die, bereitd vor Alters bedungene, welche fie bisher jaͤhrlich abzutragen gewohnt waren. $. 82. Hernach hat der Hohemeifter Wein⸗ reich von Kniprode im Jahre 1378 der Stadt El: bing noch verliehen, vier Dörfer im großen Werder über der Yungferlafe nach Welten gelegen. Er fagt, es ſey folches gefchehen aus fonderlicher Gunſt gegen die getreuen Bürger von Elbing auf ihre Bitte, mit Einwilligung der Mitgebieter des Ordens, des Vogtens von dem $eftfen und der Teichgefchwornen des großen Werders. Diefe Dörfer find Fuͤrſtenow, flein Mansdorf, groß Mansdorf, und Lupushorſt, „welche fie ewiglich zu Dammrecht empfangen Haben, D 4 derge⸗ 56 Hanovs zuwerlaͤßige Nachricht dergeftalt, daß, mas darinn vorfäme, zu Dammen und zu Zeichen, Haupte zu machen, Ufer zw beſſern u. ſ. w. das ſollten die Huben gleich andern zu thun verpflichtet ſeyn. Was aber in das Damm⸗ recht des großen Werders nicht einſchluͤge, damit ſollten auch dieſe Doͤrfer unbekuͤmmert und unbe- ſchweret bleiben. Sollten ſie kuͤnftig mehr Doͤrfer da ausgeben, die ſollten eben, wie die vorigen, von Huben hubengleich thun *). Imgleichen iſt auch auf der Neuſtadt die St. Georgii-Kirche ‚ als eine Hofpitalfirche vor Elbing, erbauet, welche im Jahre 1400 abgebranntift, durd) Berrwahrlofüng der armen Leute. An deren ftatt aber hat Bruder Heinrich Schwan die heil. Leichnamskirche gebauet. Das Hiftörchen von ihrem veränderten Namen kann in Sennenbergers K. O. nachgefeben werden, von de⸗ nen, die es glauben wollen. .) Dieſes alles kann ausfuͤhrlich erſehen weht aus per dariiber ausgeſtelleten Urkunde, welche zu lefen iſt im dritten Bande der Preußifcben Sammlung ©. 95:97. Bon der Kirche ©. Hennenbergern Eeite 13. ' 1 XV. Ihr Werth und Rang unter * den Städten. 6. 83. Weit Culm und Thorn eher; ‚als Gi. bing geftiftet find, fand der deutſche Orden feine Urs fahe, Elbing ihnen. vorzuziehen, ob es gleich, als eine Seeftadt, etwas vor. jenen voraus zu haben ſchien, ‚die zum auswärtigen Handel nicht fo gelegen waren. Es war aud) der Stadt Culm ſchon in der Wer Hanpdfefte * Rang er Thorn und * andere ne gon Elbing. Ri 57 andere preußifche Städte zugeeignet, wiewohl nur unter den damals vorhandenen, und die ziwifchen der Weichſel, Oßa und Dremnig möchten angeleget were _ den. Art. 8. Welches hernach weiter erftrecfet wor: den, alfo ihnen nicht füglich Fonnte benommen wer— den. Erin: hatte alfo hier unter des Ordens Städ- ten: den erſten Rang; Thorn den andern; Elbing den dritten u. ſ. w. *). *) Unter dem Bündniffe mit Pommern vom Jahre 1386 findee man zwar nicht Culm, fo vielleicht aus Verſehen des Abſchreibers ausgelaſſen ift, aber doc) Thorn, Elbing, Danzig ꝛc. ©. Schätens ‚EbroniE ©. 86a. Unter dem großen Bunde Anno 31440 ſtehen fie in folgender Drdnung, ulm, Thorn, Elbing, Braunsberg, Königäberg, Danzig, Kneiphoff, Graudenz, Straßburg, Neumark, Loͤ— bau, Reden, Neuſtadt Thorn, Neuſtadt Elbing, Loͤbenicht ꝛc. S. Schuͤtzens Chronik ©. 141 a, anderer Stellen zu geſchweigen, als ©. ı5ıa ꝛc. Wiewohl S. 196 u. folg. Danzig vor Braunsberg. und Koͤnigsberg geſetzet iſt | 684. Wenn wir nun auf das Bermögen der Stadt Eibing in den ehemaligen Zeiten fehen, ſo finden ſich davon Feine deutliche Spuren, außer dem dortigen Archive. Zu des Hohemeifters von Wal⸗ lenrods Zeiten hätte die Schaßung etwas deutlicher koͤnnen bejchrieben werden, wenigftens in Anfehung der großen Stuͤcke: aber davon findet man feine rich- tige Angebung. Wir muͤſſen uns immittelft, bis jemand, der uns was ficherers an den Tag gebe, mit dem beheifen, was in Schugens Chronik S. 204b gefunden wird. Da haben ſich A. 1454 Lande und Staͤdte gefchäger, das zum Kriege nöthige Geld zu he A wege 58 Hanns zuverläßige Nachricht wege zu bringen. ulm auf soo Mf, Thorn auf 2000, Elbing und Braunsberg auch auf 2000 jegli- ces, und die Neuſtadt Elbing auf 200, Königs- berg. auf 4000, Kneiphoff auf 3000, Loͤbenicht auf 400, Danzig auf 10000 u. ſ. mw. 9. 85. Aus dieſer Vergleichung erhellet wenig⸗ ſtens ſo viel, daß zu der Zeit Elbing, Thorn und Braunsberg. am Vermoͤgen einander faſt gleich ge= ſchaͤtzet worden, ja Elbing wegen der Neuſtadt noch ein Zehntel hoher angefchlagen iſt. Weswegen fie aber mit Braunsberg verglichen ift, als woſelbſt die Meuftadt auch auf 200 Mark gefchäßet worden. Jedoch ift zu merken, daß Diefe großen Städte für ſich nicht fo hoch hätten gefchäget werden koͤnnen, fondern ihnen mit Berilligung des Königs und San- des die Zinfen und Nenten derer Güter, welche der Kitterfchaft gefchenfet waren, verfegrieben find, bis fie daraus ihre Bezahlung würden erhalten Haben. Laut — Verſchreibung in Schuͤtzens Chronik, ©. 205 b $. 86. Man hätte denen füllen, bey vem Kriege der. Kreuzherren wider Pohlen, da es X. 1410 die blutige Schlacht bey Tannenberg zu wege brachte, würde ſich auch etwas finden laffen, Daraus man den damaligen Zuftand der Stadt Elbing würde ſchaͤtzen koͤnnen. Aber in Schuͤtzens Chronik, im Lin⸗ denblatt, und andern, die ich nachgeſchlagen, finde ich nichts zuverlaͤßiges, das hieher dienen koͤnnte. Der Orden ſoll wider die Pohlen und Litthauer 83000 Mann auserleſene Leute gefuͤhret haben; da jene 162000 ihm entgegen geſtellet. Dlugoſſus Hit. | Pol. L.X1. Sp. 245-248 erzählet ung, das Ordens» volf | von Elbing. so volf fen in zı Fahnen oder Haufen Kreuzreuter ver theilet gewefen: aber er meldet nicht, wie ftarf eine’ jede gewefen, fonft hätten wir etwas dienliches da gefunden. Es ift nicht glaublic), daß fie alle gleich ftarf gewefen. Gefegt aber, fie wären ungefähr von 1600, ein Paar hundert mehr oder weniger geweſen. So ift das ı2te gemefen das culmifche Regiment; das ı7te das fünigsbergifche; das 23fte der Comtorey und Stadt Danzig; das 27fte von Braunsberg ; das zzeſte der Comtorey und Stadt Elbing; das 37fte der Comtorey und Stadt Thorn; das Aujte der Com— foren und Stadt Danzig; das 4öfte des Kneiphoffs in Königsberg. Allen man kann hieraus nichts nehmen, weil die Kreuzberren, ihre Gebiete, die Kitterfchaft- und Mannfchaft won den- Städten da zufammen genommen zu fenn fcheinen. Doc) ift von Thorn und Elbing nur eines, aber von Danzig und Königsberg zwey. Aber Leo meldet ©. 188, daß A. 1409 jede Stadt und jedes Dorf den dritten - Mann zum Kriege hergeben müflen, ‘und Thorn ‘400, Culm 200, Danzig 1200, Elbing 600, Rö: nigsberg 800 geftellet habe, Daraus abermal ers bellet, daß Elbing höher gefchäget worden, und fo viel hergeben müflen, als Culm und Thorn zuſam⸗ men, aber doc) weniger als Königsberg. Gemiffer maßen gehöret auch hieher, daß A. 1352 in der Peft “zu Danzig geftorben find 13000, zu Thorn 4300, zu Elbing 7000, zu Königsberg 8000. Math) Leonis Anmerfung ©. 154. §. 87. So viel ift gewiß, daß man fie, in An— fehung der Sändereyen und des Handels, wovon im vorigen Bericht zu finden, der Stadt Thorn nicht nur 65 Hanove zuverläfige Nachricht nur gleich [hägen, fondern auch in Anfehung beyder einigermaßen vorzuziehen habe. Man darf zu dem Ende nur die thornifche Ehronike und Handfeſte ge⸗ gen die oben beruͤhrten elbingiſchen halten: ſo wird man bald ſehen, wohin der Ausſchlag falle. Wer die alten Ordensarchive zur Hand haͤtte, daraus das jährliche Einkommen des Ordens unter Ulrich von Juͤngingen über 8000000 rheinifche Gulden gezogen iſt, deſſen Schüge ©. 100b gebenfet, der würde noch etwas näheres davon zu Markte bringen können. xVI. Fhre geehrte und gelehrte Leute. $. 88. 89. Linter denen, welche in alten Zeiten unter den Elbingern ſich hervor gethan und große Leute ges worden find, Fommt ung zuerft vor: Rudolph von Elbing , der erftlih Domherr und fchonenbergifcher Landprobſt foll gervefen, und an die Stelle Ludwigs von Daldesheim zum Bifhofe in Pomefanien oder zu Riefenburg einhellig von dem Kapitel erwaͤhlet feyn, (etwan im Jahre 1322 oder 1325). Er ift auch vom Pabite zu Nom beftätiget worden. Aber der Orden hat ihn erftlich gar nicht zulaffen wollen, weil der Hohemeifter einen andern Drdensbruder ha⸗ ben wollen, kraft einer päbftlichen Bulle, welche dies fer wieder aufheben laffen, und den Bann wider den Orden ausgewirfe. Darum er endlich zwar zuge: Haflen worden, aber doch viel Verdruß und Schaden von dem Orden hat ausftehen müffen, ehe er die Zeitz _ lichkeit mitten unter foichen Trübfalen den 1. Jul. 1333 SHerlaffen, und zu Marienmwerder bengefeget worden. Hiervon ift nachzufehen Leons Hiſt. Pruſſ. ©. 45. und onen 61 und Hartknoch ©. 167. der preufifchen Kirchen⸗ gefchichte, und Hennenbergers erklärte Lands tafel- unter Niefenburg, ©. 399 und 263. bey Jo⸗ hann IV. Marienau. Mach ihm finden wir einen noch merkwuͤrdigern Elbinger, Henrich Sorenz baum. Derfelbige ift eines elbingifchen Bürgers Sohn gewefen, und vermuthlich erft bey dem erm- landifchen Guardian und hernach Biſchofe Johann Streifrock fich mag fo beliebt gemacht haben, daß er ihn 1357, als er bey dem Kaifer Carl vem IV. Schirm fuchte wider den Orden, und zum Neichg« fuͤrſten erfläret ward, laut der Urkunde: hinten am Düsburger Chronike S. 476 fgg. mitgenommen, und bey dem Kaifer für feinen geheimen Schreiber angenommen ward *). Derfelbe ift von dem Kaie fer geadelt und mit einem adelichen Wapen begnas diget worden. | *) Leo nennet ibn plattdeutſch Sornbom, Hift. Prufl. ©. 163. Cuiusdam Elbingenfis ciuis filium, armis er nobilitate donatum, Caroli IV. Caefaris Secretarium. ennenberger nennet ihn Zorbon. ©. 37 der Erkl. der Landtaf. $. 90 Weil er auch zugleich Sachwalter des Kaifers und des Bifchofs bey dem Pabft in Avignon gervefen , alſo zugleich fich bey dem Pabſte beliebt ges ‚mache hatte, wurde er, ale Streifrock 1273 dafelbft Todes verblichen, und er des verftorbenen Biſchofs Sade mit dem Domberen Jo, von hen forttrieb, zum ermeländifchen Biſchof, vom Pabſte Gregor. dem IX. beftätiget ven sten Sepfember. Der Pabft empfobl ihn dem Kaifer, daß er durch feinen Schuß ‚in den ruhigen Beſitz des Bisthums gelangen moͤch⸗ te, 62 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht te, Falls ihn die Kreuzherren daran hindern wollten. Ob nun ſchon die Brüder im Orden die Abrede ges nommen, feinen zum Bisthume zuzulaffen, der nicht ein Ordensbruder wäre: fo hatten fie doch für. den Kaifer, der diefen Sorenbsum in feinen Schuß genommen hatte, und ihn mit den Tarneßenften des böhmifchen Adels in fein Biſchofthum geleiten liege, fo viel Ehrfurcht, daß fie feinen Befehl, ihn in fei- nem rechtmäßiglich erlangten Bifchofthume und def fen Rechten auf feine Weiſe zu hindern, annahmen, und den neuen Bifchof einziehen ließen *). *) Man findet diefes weitläuftiger im Leo auf ber angezogenen 163. Geite; im Tretero de Epifc, Varm. p. ı9. im Grunowen Tr. 13. €. 5. $. 91. Unter diefem Bifchofe ward die Streitig- keit zwifchen dem Drden und dem ermeländifchen Bisthume bengeleget, welche dem vorigen Bifchofe fo viel gefoftet hatte. Der Drden hatte genug daran fegen müffen, ſich aus dem pabftlihen Banne log zu wirfen, und die Weberziehung mit Krieg vom - Kaifer wegen der Anforderung an Michelau abzufaus fen *). Darum bequemete er fih auch zum Ber: gleiche mit dem neuen Bifchofe, mwelcher den. Kaifer zum Bermittler annahm, der den Bifchof von Bres— lau nach) Preußen fandte, um alles zu unterfuchen, und der Dilligfeit nach einen Ausſpruch zu thun. Durch melchen Vergleich viel hundert **) Huben von dem Bisthume an fand und Seen dem Orden fol- Ien überlaffen feyn. Einem Priefter aus preußifch Eilau, Io. Pofilger, wird dabey viel Schuld geges ben, den der Drden zum Domberen in Srauenburg ernennes hatte, aber daſelbſt nicht dafür angenommen - ward, — von Elbing. N. 68 ward, und fich dadurch zu rächen getrachtet, welches er auf dem Todberte foll bereuet haben *** ), *) Solches erzähler Waißel in feiner Chronike ©. ‚124b: 1250. Imgleichen Hennenberger in feiner Erkl. der Pr. Landtaf. E. 292 u. folg. ausführ: lich aus Grunowen. *) Leo Hiftor. Pruff. ©. 164. meldet meitläufs tig, was ınan dem Biſchofe dabey Schuld gegeben, ſtimmet aber mit ihm felbft nicht überein, wenn er erftobenaufder = = Seite fchreibt, Poſilger, der erſt Ganzelepfchzeiber zu Heildberg gemwefen, habe dem Hohemeifter angegeben, 450 von den beften Huben im Wartenburgiſchen, Allenfteinl. und Meelſacki— ſchen zu nehmen, und doch hernach vorgiebt, dem Bisſthume waren über. 6000 Huben am Waffer und + Lande abgenommen. Darum bier vielhundert ges ſetzet find, die doch etwas naher mit der Forderung, des Landes uͤbereinkommen. Wer wird 6000 Hu⸗ ben geben, wenn nur 450, oder was nach ©. 160 genannt iſt, verlanget werden. **) er wollte glauben, daß die Schiedsrichter fülle sen fo. unbillig gefprochen, und der Pabſt einen ganz unbilligen Vergleich follte beſtaͤtiget haben: der auf den Drden nicht zum beſten zu fprechen ‚war, ſamt dem Saifer, welche beyde des neuen Bifchofd Seite hielten. Und dennoch kann Keo ‚nicht leugnen , der Pabſt habe wirklich diefen Ber: gleich genehmiget, und durch feine Bulle 4. 1324. beſtaͤtiget. Dafelbfi. 9.92. Daß diefer Bifchof den Frieden geliebet, und fanftmürhig gegen feine Feinde geweſen, erhellet gar deutlich und unftreitig aus dem, was von den DBraunsbergern erzäblet wird. Diefe waren fchlüßig geworden, ‚von ihm zum Drden überzugehen, und liegen fi ihm durch Abgefchickte antragen. Allein der Hobemeifter weigerte. ſich Rebellen anzunehmen, die 64 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht die im kurzen von ibm eben ſo wieder abfallen wür- den, und wies; fie nicht nur von ſich, fondern ließ auch ſolches dem Bifchofe melden. Der begab. fich mit 30 Mann dahin, ließ den Rath vorfordern, über: wies fie ihrer Untreue, und legte ihnen, da fie Ab- bitte thaten, nur eine geringe Geldbuße auf, Diefe brachten auf dem Rathhauſe den Bürgern vor, der Bifchof wollte die Stade zerftören, und fie alle um- bringen. Darauf wurden die Glocken gezogen, und ein Aufſtand erreget, auch das bifchöfliche Schloß geftürmet, daß der Bifchof mit genauer Noth hinten durch ein Seil über die Mauer der $ebensgefahr ent⸗ riffen ward. Solche Unthat zu trafen, ermahnete ibn der Hohemeilter treulich. Deswegen er mit feinen geuten, die ihm gern zu Hülfe Famen, die Stadt be- lagerte. Die Braunsberger fuchten flehentlih Huͤl⸗ fe und Schuß bey dem Hobemeifter, aber wiederum vergeblih, Alſo mußten fie nur ſich aufs Bitten le— gen, und fich unterwerfen, erlangeten auch Gnade ohne Blutvergießen, mit Erfegung des Schadens, Verluſt der Waffen und der Rathsglocke, die fie wi— der ihren Herrn gemisbrauchet baten *), *) Diefes iſt dee Eurze Inhalt deffen, was ausführ- ficher kann nachgelefen werden im Keo, ©: 165 und 166. | r 6 93: Sonſt hat er X. 1386 die Verordnung wegen der wiederfäuflichen Zinfen mit verwilliget *). Das Domcapitel wegen Meubraunsberg abgefunden, mit einem freyen Hofe dafelbft, und’ bey Heilsberg, Roſſel, Seeburg hat er gewölbete Spaziergänge, auch bey Heilsberg Wafferröhren, und die äußere Mauer um das Schloß gebauet. Nicht minder hat Ar er — von Ein. 6 er Warfenburg und Bifchftein mit Mauern befefti- get; die Domfirche zu Gutſtadt und mehr andere erbauet, darunter die legte zu Bifchofftein gemefen, ben deren Einweihung eine Hoftie foll geblutet ha— ben, melches auch denn kann gefager werden, wenn daran Blut gefehen ift, es mag hergefommen ſeyn, woher es fann. Er ift zu Heilsberg den 13. Jenner geftorben, und vor dem Chor in der Stiftskirche be— graben worden A. 1401 *). Der Domberr und ermeländifche Dfficial, Samfon von Worlin, ruͤhmet in einem Briefe an Lucas David unſers Heinrich Sornbaums Annales des Bisthums Ermeland. S. das Erl. Preußen Tom.]. ©. 57 folge a *) Diefe Urfunde ſteht in Keons Hift. Pruff: S. 169. lateinisch; > und iſt auch deutſch erörtert in dem erſten Bande der preuß. Samml. ©: 65:91 **) Diefe Nachrichten finden fich im Leo & 182. 183. da auch folgendes Diffichon auf ihn ſteht: Juribus obtentis cedis Pater SorNnBoM. Non aequo patrios limite partis agros; Dabey der Leſer denken kann, mas ihm gut duͤnket . 94, Der dritte Bifchof, welcher wahrfthein- lich von Elbing gebürtig gewefen, ift Johannes, deſſen Zuname nicht genennet wird, Diejenigen, welche ihm den Zunamen Lindenblatt gegeben has ben, find von Sraunen, in feinem Buche de Scri- ‚ptoribus Pruthen. ©. 242 folg. zur Genüge widerle— get worden. Bon diefem Bifchofe fchreibe Linden⸗ blatt in feiner ungedrucdten Chronik unter dem Sabre 1376 (zu welcher Zeit er gelebet): in vigilia ' Catharinae ftarb der ehrmwürdige Vater unde Herr, Her Niclas, Biſchof zu Pomezen, unde an fone 21 Dand, E ſtad 6 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht ſtad ward. gekohren zu Biſchoffe von dem Capitel Her Johannes, Monch vom Elbinge, ein Thumher der Kirchin. Nun koͤnnten die Worte Moͤnch von Elbingen, oder wie ſie erſt im Latein werden ge— heißen haben, Monachus Elbingenfis, auch wohl fo gegeben werden, er fen ein elbingifcher. Mond, folglih Dominicanerordens, oder ein Schmwarz- Moͤnch geiwefen. - Allein weder der lateinifche noch deutſche Ausdrud ift in dem Verſtande zu der Zeit üblich. gemwefen, und wuͤrde auch nichts heißen, da die Mönche hingehen müffen, mohin fie, gefender werden. Aber fo find die Worte damals üblid) und verftändlich daß er aus Elbing gebürtig , aber vor- ber ein Mönch gewefen, und da kann es wohl feyn, daß er in feiner Vaterſtadt erftlic) ein Mönch geme- jen, und weil er ſich wohl hervor: gethan, hernach Domherr in Rieſenburg geworden *). *) Zeo nennet ihn zweymal ©. 166 und 188 officia- _ lem Rifenburgenfem, mworinn er allem Anfehen nach den Grunowen folget, der ihn nebſt andern au Sim. Johann Lindenblatt macht, deſſen Chro⸗ nik wir bier anführen, weil er noch an ver letzten Stelle von ihm fehreißt,, er babe die Preußifche Gefchichte Befchrieben. Da aber diefer Lindenblatt von dem Bifchofe fchreibt, ev fey vorher Domberr geweſen, und nicht Official, welcher er ſelbſt war, ſo iſt ihm billig zu glauben. Gollte Grunow ge funden haben, daß Kindenblare von Elbing ge: buͤͤrtig gemefen: fo ware fein Irrthum einiger⸗ maßen au entſchuldigen. 9.95. Ob aber dieſer Johannes J. ſchon den aſten Rovember 1376 erwaͤhlet worden: ſo hat er doch Schwierigkeiten gefunden, weil ein anderer Damerow, auch ein Domherr, ” zu Rom mis i derſtan⸗ | von Elding. 67 derftanden *). Doc) ift er in dem folgenden Jahre furz vor Weihnachten von dem Pabfte beſtaͤtiget worden, nachdem feine Wahl unvermerflich befun- den worden. Es ſcheint nicht unglaublich, was Deo ©: 188 von diefem Johanne erzählet, daß er ‘bey dem Hohemeiſter um feine ‘Beförderung fich bes mübet, und verfprochen , wenn er dazu Fame, wollte er ihm in allem gefällig feyn. Deswegen, als das Capitel mit feiner Wahl befchäfftiger, habe der Ho- hemeifter einen Comdtor hingeſandt, mit Bermelden, er. verlange niemand anders zum Bifchofe, als diefen Johann. Worauf die Domherren geantwortet, er ſolle es werden, weil es der Meifter fo haben wolle. As er lange Bifchof geweſen, ‚habe ihn der Hohes meifter an fein Berfprechen erinnern laflen, ja Con= rad von Juͤngingen habe verlanget, er follte ſich in den Orden einkleiden laffen. Solches habe er endlich verfprochen,, und die Domberren auch dazu zu bere⸗ den gelobet. Er habe ihnen die Macht des Drdens und Die Bedrohungen vorgehalten, fie würden dazu wider Willen genöthiget werden. ‚Einige hätten eg bemilliget unter der Bedingung, daß die Kirchen- güter unter ihren Händen bleiben follten, wie vorhin. Andere hätten ſich auf den Pabft berufen, und darein niche willigen wollen. Der Meifter habe ihnen niche nur die freye Verwaltung ihrer Güter zu laffen ver: fpeochen, fondern auch noch mehr zugefaget , und die Willigen einzukleiden verfprochen, die übrigen aber ‚fortzujagen gedrohet. Der Bifchof habe noch zween Monate Bevenkzeit ausgebethen und erhalten, fen aber den Tag vor dem Charfreytage, da die Eine F ms Er: nehleibung 63 Hanovs zuverläßige Nachricht Fleidung gefchehen follen, den Weg alles Fleiſches ge gangen, nämlich den 7ten März 1409 *). ! *) Go flieht im Lindenblatt: Er hatte viel Hinder: niffe im Hofe zu Roma von eyme Thumherrn von der Frawenborg, der hieß Herr Damerow, alfo daß her doch Biſchoff bleb, unde ward beffetiget dornoch im nerften Jore vor Nativitatis Chriiti. Sonſt ift unter ihm die Gefchichte mit der Klaͤuß⸗ nerinn Dorothea vorgegangen, welche im Jahre 1394 zu Marienwerder geftorben, deren Lebens⸗ befchreibung gedruckt iſt ac. i ⸗s8) Ob schon Diefe Erzählung nur fir eine Sage fe- sunt) ausgegeben wird: fo ift doch zu bedenken, was fibon $. 88. angefuhret worden. Wozu noch koͤmmt, daß nach Rudolphen Bartholdus viel aus: geftanden, und im Gefängniß zu Althaus geftors ben, dann aber des Hohemeiſters Beichtvater, Arnold dazu gekommen, nach des Hohemeiſters Sinne, der ſchon ſechs Domberren in den Orden fol eingefleider haben, daher er bey dem Drden fehr beliebt gewefen, nach Keonis ©. 158. Nach deifen Tode ward Nicolaus wieder, nach des Hohes meiſters Befehl erwaͤhlet. Denn c$ hieß, der Dr den habe die Bisthumer geftiftet: follte er dieſelben nicht vergeben, wuͤrde er fie auch nicht ſchuͤtzen. Da folches der Bifchof mit feinem Kapitel nicht fo ganzlich willigen wollte, entſtunden allerley böfe Leute, welche das Gtift fehr beunruhigten, und denen die Kreuzherren keinen Einhalt thaten. Un: zer diefen Unruhen ſtarb Nicolaus: daher nıag der Nachfolger, unfer Johann, wohl die Freundſchaft des Hobemeifters gefucher haben, obgleich diefe Gage vor feinem Ende, etwas fpate koͤmmt, da er doch 33 Sahre Bifchof gemefen. Von feinem Nach: folger ſchreibt Leo ©. 224. daß ihn der Dom zählen müffen, ob er gleich ſchon ungern dran ge⸗ gangen, weil gr ſchon in den Orden eingekleider geweſen, ‚von Elbing. 609 geweſen, unter welchem der Orden die Halfte ſei— ner Einfünfte in feinen Nugen verwendet. 696. Moch ift übrig Gerhard, meldhen ans dere beffer Bernhard nennen *). Daß derfelbe ein Elbinger geweſen ſey, Fönnen wir dem Official Linz denblatt glauben, welcher ausdrüdlid) meldet, Jo— —* Reiman fen A 1417 Sonnabends vor der Ge: burt Marien gefterben, und an feine ftatt ſey Ma- sifter Bernhard von Elbingen erroählee worden. Hernach meldet er, zu dem Bifchofe in Pomezan fey ‚auf Borbitte, in dem Concilio (zu Coſtnitz) confir- miret worden M. Bernhard von Elbing **). , Wir folgen alfo billig dem Lindenblatt, zu deſſen legten Zeiten dieſes vorgegangen, und der es wohl hat wiffen muͤſſen, als Official zu Niefenburg. Wir fe ben auch), daß die Wahl diefes “Bernhards wieder müffe Widerfpruch gefunden haben, welcher auf Das eoftnißifche Concilium zur Entſcheidung gebracht wor: den, und daß die Wahl nicht fo wohl nach Recht, als auf Vorbitte beftanden und beftatiget ift, obn- fehlbar auf des Ordens Borbitte, deflen Mitbruder ‘er war, und aus dem fönigsbergifchen Konvent hies ber berufen worden ***). *) Leo nennet ihn beftandig Gerard S. 224 u. 233, vermuthlich nach falfcher Abichrift ded Grunowen, wie auch Sennenberger in der Erklärung feiner Landtafel S. 400. Die Berfchreibung des Namens 0 9 Bernhard ift bey den alten Buchftaben, da G und B ſehr aͤhnlich fehen, leicht zu begreifen. Zins denblatt muß am beften gewußt haben, mie er ei- gentlich geheiffen babe. Das Braunifche Eremplar muß den Namen unvichtig Gerhard gefegt haben. nach p- 244. de Scriptor. Pruſſ. | —— ID 70 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht: 2*) Das M. oder Magiſter kann man nach Linden⸗ blatts Weiſe auch füglich für Doctor annehmen, - weil beyde Namen einerley bedeuteten, und Mei: fter noch mehr zu fagen fihien, ald Vehrer. Denn in eben dem 1417ten fahre lefen wir im Linden⸗ blatt dieſe Anmerkung: Es flarb vierzehn Tage nach dem Tode des Bifchof Rymans M. Fobann von Marienwerder, der oder 40 Jare ein acht: bar Doctor gewefen. Die in den alten Preußi- fchen Rechten nicht unbewandert find, merden wif- fen, wie oft diefeg D. Jo von Marienwerder Mels dung geſchehe. 3er) Diefes meldet fo wohl Aeo ©. 233. Vnus ex ordine, ex conuentu regiomontano. Daß er . Conventherr zu Koͤnigsberg gemwefen, melder auch Sennenberger ©. 400, wenn er ihn nennet Dr= densherr von Königsberg. Hieraus iſt der Knoten offenbar, der fich bey feiner Wahl gefunden, und Der auf Bitte ded Ordens endlich im Eoffnigifchen Concilio durchgegangen ift. Man weiß fonft ge- nug, was es für Schwierigkeit feget, wenn die freve Wahlordnung, fo aus den Domberren ing- gemein gefihehen fol, dburchlöchert wird. Kin: denblatt hat diefes nicht deutlich fehreiben dürfen, noch wollen, da er aus dem Drden gemefen, aber doch fo viel gemeldet, Daraus fich die Sache rar then läßt. Sein Nachfolger war wieder ein Dom- berr aus Königsberg. —— §. 97. Bon dieſem Biſchofe meldet Leo ©. 233, er ſey auf Befehl des Pabſtes Armuths halber zu Culmſee eingeweihet worden, Iſt wieder ein-un= gewöhnlicher Schritt, und man ſieht, wie weit es der Drden bey dem Pabfte habe bringen Fünnen, der feiner Obermacht hat nachgeben müffen, wie es der Orden haben wollte. Da die Bilchöfe in ihren Stiften fonft eingewieſen und eingemweihet werden, fo mögen von Elbing. 71 ‚mögen damals fo ſtarke Hinderniſſe ſich gefunden ha— ben, die der Orden nicht anders, als ſo zu heben ge— wußt. Lindenblatt ſagt davon nichts, auch nicht einmal, daß der Hohemeifter die Koſt dazu gegeben habe, wie er fonft meldet. Zur Danfbarfeit hat diefer Bernhard ſechs Domherren gemacht, und ſie eingekleidet, (wie leicht zu denken, in des Ordens Kleider). Und doch hat er mit ihnen fümmerlich leben muüflen, weil der Hohemeiſter der biſchoͤflichen Guͤter ſelbſt henoß ). Er ſtarb in ſeinen ſchlechten Umſtaͤnden im Jahre 1427, und feinem Nachfolger ging es nicht viel beſſer, ob er fehon ein befonderer Freund des Hohemeiſters war *). *So lauten Leonis Worte; In Epiſcopum conſe- | cratus eft Culmfeae ad mandatum Pontificis Max. egeftatis ergo. Creauit fex Canonicos, er inuefti- vit eos, ac in communi cum iis vixit impatienter. Nam adhuc Magilter ifto tempore vfus eft bonis epifcopalibus. Vorher fand: Gerardus XI. epi- fcopus Pomefanienfis hoc quoque anno (1427) moritur ac Quidzini fepelitur. Er iff alfo zehn Sabre Bifchoff geweſen, und zu Marienwerder bes graben. Bartknoch meldet nichtd von feinem Grabmaale noch GSterbenstage, wie er bey den vorigen gethan, irret fich aber darinn, daß er feßet, er fen von Königsberg buͤrtig gervefen , in der Rirchenbifforie ©. 168. .**) Zeo meldet von ihm ©. 255. er ſey ex canoni- co Regiomontano Bifchof geworden. So meifter- lich wußte der Drden die Nechte des Gtiftd bald durch, Bitte, bald durch hartere Mittel zu vers sichten. Weil er in fonderlicher Freundfchaft mit dem Hohemeifter (Pa. von Rußdorf) geleber, hat ihn dieſer nach Rom gefchicter, und, dem Yabfte zur Beſtaͤtigung vorftellen laffen , folche auch aus⸗ gemwirfet. Als er wieder heimgefommen, bat er E 4 auch 72 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht „auch mit allem Fleiße feine Einkünfte verbeffert, und innerhalb vier Jahren in den vorigen Flor ges feßet: indem er den Bauern indeß den Zins erlafs fen. : Allein bernach habe der Vogt von Bretchen ibm einen Granzfireit erreget, und ihm 400 Hu ben abgezwacket. Dergleichen babe auch gethan der Gebiether von Oſterode. Als er fich darüber bey dem Hohemeifter, Mich. Rüchmeifter, be fchiveret, Habe ihm diefer geantwortet: Er erfahre, daß, wer Feine Freunde haben wolle, den müffe man zum Prälaten machen. Er möchte doch fa- gen, wie viele Degen fein Bisthum dem Orden für feine Güter gebracht hätte. Der Bifchof habe ge: antwortet, das hatten gute Fuͤrſten auf die Kreuzpredigten wider die Heiden für die Kirche ge— than, und nicht der Drden, wie der Meifter vor: ‚gäbe. AS der Meifter gefvaget, woher er das beweiſen wolle, habe dieſer geſaget, ſolches wiſſe er aus Briefen und Ehroniten. Darauf ihn der Meifter weggehen, und nicht wieder kommen heißen, bis er es ihm fehreiben mürde. Er wuͤrde feiner Briefe und Chroniken ſchon vergeffen “1. Er ffarb U. 1440 den ı2ten May. $. 98. Diefe find die vornehmften Elbinger unter dem Orden der Kreuzherren, welche mir vor⸗ gekommen find. Ich muß es zu anderweitiger Un— terſuchung ausgeftellet feyn laſſen, ob Johan Linz denblatt, der bekannte viefenburgifche Official und Ge⸗ ſchichtſchreiber mit Recht oder Unrecht für einen Elbin- ger ausgegeben werde. Mir fcheint es bisher nicht glaubwürdig, und das Wort Officialis wird nicht auf einen Statthalter des Bifchofs, fondern des Hohe: meifters und Ordens zu deuten ſeyn, ver fonft Procurator, Anwald, Vogt oder Landprobft hieß *). *) Bon von Eibing, 73 *) Von diefem Lindenblatt kann nachnefeben wer⸗ den, was in der Preußiſchen Sammlung B. III. ©. 209 folg. beylaͤufig angereget worden. Weil Grunow, und aus ihm Keo ©. 166 und 188 ihn Epifcopum Pomefanienfem ex ofhciali Rifenbur- -‚genfi nennet, und der Bifchof, welchen er andeu⸗ ter, ein Elbinger geweſen, nach) $. 94. fo ſieht man leicht, weßhalb er für einen Elbinger iſt aus⸗ gegeben worden. Man koͤnnte auch denken, mare er von Elbing bürtig gemefen, hätte er nicht nörhig gehabt, feinen Geburtsort zu verſchweigen. In Leone Se 259 ſteht, daß um das Jahr 1440 im ermeländifchen Bistbume von det Drdens Geite (advocatus generalis) Landftiftsvogt gemwefen, Hemprecht von Aofenftein. Ofhiciales hießen übers | haupt alle Beamten des Ordens, fie möchten fühs ren welcherley Aemter fie wollten. Vom Urfprune ge dieſes Gtiftvogtes giebt Keo Bericht ©. 137. 9. 99. Es ift leicht zu denfen, daß es der Stadt auch fonft an gelehrten Leuten nicht werde ge- fehlet Haben. Mir ift aber von ihnen bisher in Dies den ‚altem Zeiten wenig. erhebliches vorgekommen. Die Mönche zum Elbing follen eine gefchriebene Chronik verfertiget haben, von welcher Schüg be- zeuget, daß fie unordentlich verfafiet, und mit Klo= ſterhiſtoͤrchen geſchmuͤcket ſey. Die Dominicaner oder Schwarzmoͤnche werden fie wohl geſammlet ha⸗ ben, von deren Klofter oben Meldung gefcheben. Ihre Namen find auch unbekannt, und müffen wohl nicht darin benennee ſeyn; fonft würde Schuͤtze, oder Hennenberger, welche fte in Händen gehabt, deren gedacht haben. In der erften Handfeſte, A. 1216 koͤmmt als Zeuge vor, ihr erfter Pfarrherr, Gottfried ‚ imgleichen ver Schulz oder Richter Gott— fried, ſammt drey Nathmännern, die auch gelehrt Ä & 5 mögen 74 Hanovs zuverläßige Nachricht mögen gemwefen feyn. Im Jahre 1251 kommen in Herm von Dreyers Cod. diplom. T. I. ©. 332 als Zeugen vor Peter der Dominicaner Prior zu Elbing, nebft drey Brüdern feines Ordens, und der dafige Pleban Dietrich, famt dem Richter Eberhard. Im Jahre 1410 wird ihr Hauptmann oder Dbrifter, Herman Sellenwerder, und ihr Faͤhnrich, welche fie dem Orden zu Hülfe geſchicket, Andreas Fech⸗ ter genannt, im Leone ©, 188. So fünnten noch einige aridere genennet werden, die in den Gefchich- ten vorfommen, von welchen man aber außer dem aͤmen und einer gemeldeten Verrichtung meiter nichts zu fagen findet, meil fie es nicht befier zu haben verlanget. xvu. Ihre vornehmſten Schickſale unter dem Orden. $. 100. Daß die Burg bald nach der erſten Anlage verſtoͤret, und hernach auf die noch itzige Stelle verleget fen, iſt aus dem sten $. erinnerlich. Etwan im vierten Jahre nach) ihrer Erbauung auf der itzigen Altſtadt Stelle ift Elbing von den Preußen, die Pogefaner hießen, fehr eingefchloffen und bedrängt worden. Wozu auch der Herzog Swentopolk viel beygetragen, der ihnen die Zufuhr auf der Weichfel abgefchnitten *). Hernach da Swentopolk ver- Fundfchafter hatte, die Brüder von Elbing wären mit ihrem Volke ausgezogen, eine Burg zu bauen, machte er fic) auf mit feinen $euten, in Meynung, Die Stadt und Burg Elbing zu erobern. Es follen * die Frauen in der Harniſche und Wapen⸗ roͤcke von Elbing. J 75 roͤcke angezogen haben, und ſich auf den Ringmauern zur Wehre geſtellet haben. Dadurch Swentopolk auf die Gedanken gekommen, die Bruͤder muͤßten mit den Buͤrgern wieder gekommen ſeyn, und mit den Seinen wieder abgezogen *). *) In der Duͤsburgiſchen Chronik ſteht P. III. c 32. daß in dem erſten Abfalle der Preußen Swento⸗ polk aus feinen Schloͤſſern an der Weichſel die Or— densbruder fehr bedrangt habe, daß ihnen niemand ach Elbing Zufuhr in der größeften Noch thun “ müflen. Dieſes würde U: 1243. gefiheben feyn, nach dem folgenden 33ſten Cap. | **) Auch diefes führee Hennenberger dafelbft an, auch MWaißel aus der Ordens-Chronik ©. 70 b. Es ſteht auch im 47. Eap. dafelbfl. Nach dieſem folget ©. 7. daß der Landmeifter Poppo den Bruder Conrad Bremer mit vielen Kriegsleuten in dreyen Schiffen abgefchickt habe, Elbing zu ſpei⸗ fen, welches nach überftandener Gefahr bey Zan⸗ - tbier endlich ihnen gelungen. Siehe Düsburger Cap. 40: Ob in Anfehung der Frauen bier etwas möge zugedichtee ſeyn, weil andere eben daß von Culm in diefer Zeit erzahlen, laffe ich unentfchieden. Herr Ramſey feget Schwentopolks Belagerung und Abzug nach diefer Befpeifung in dag Jahr 1244. in den Actis Boruff. Tom. IL ©. ıı. Wenn man aber alles überleget, was zwifchen der Zeit fol geſchehen feyn, möchte e8 wohl fchon in dag Jahr 1245. fallen, und mit unter die viel und große Ge- fahren gehören, welche nach dem Eirgange der er- ften elbingifchen Handfefte die Elbinger um Chriſti und des Drdendhaufes willen ausgeftanden. Dar⸗ ‚ in aber. wird der Frauen nicht gedacht, fondern nur der Bürger. Anno 1246. kommt der. Hohemeifter in Preußen, macht Frieden, und ertheilet Privile⸗ gien. S. Düsburg. Cap. 55 und 59. $. 101 -6 Hans zuverlaͤßige Nachricht $. 101. Im Jahre 1247 find die Brüder von Elbing, Balga ꝛc. mit andern bemehrten $euten 1500 Mann ftarf, darunter allerdings aud) viele El: binger werden gemwefen feyn, auf Natangen gezogen, Beute. zu machen, find aber auf dem Ruͤckwege von den Preußen in folder Menge umringet worden, daß fie durch einen Bergleich fi) ergeben haben. Derfelbige ift ihnen aber nicht gehalten worden, ſon— dern fie vielmehr alle elemdiglich umgebracht wor- den *). Leo erzählet uns, daß es am Tage St. Andrea, alſo den 30. Movember, gefchehen fen. Kurz vorher erwaͤhnet er auch eines Tumults, der ſich zu Elbing zwifchen den Gäften oder Hülfsvölfern Des Ordens entfponnen, darin Henrich Graf von ARochlig, und der Baron Gerhold mit 48 andern ums $eben gekommen. S. 85 . ve *) In des Düsburgers Chronik wird diefed Cap. 65. P.III. unter das Jahr 1249 gerechnet, bem auch alle andere darin folgen. Aber eg kann nicht feyn, weil daſelbſt im folgenden Kapitel der Friede in Dad 1251 Jahr gefeger wird, der, Laut der Urkunde, die Zartknoch fihon an diefe Chronik andrusken laffen fihon U. 1249. den 7. Hornung gemacht iff. Des: wegen AartEnoch diefen Irrthum fchon Not. b. ©. 168. entderfer hat. Dazu kommt noch, daß der Friede mit Swentopolken ſchon 1248. am En de des Novenberd gemacht iſt, nach dem Cod, Diplom. des Herrn von Dreyer N. 184. ©. 274. Und wie wäre es möglich, daß auf diefe grauliche That am letzten Noventber fich das Gerichte in Deutfchland auggebreiter, und deswegen fo viele den Drden zu Hülfe gekommen, daß die Preußen endlich übermannet worden und den Frieden ein⸗ gegangen waren? 0°. '& $.102 von Elbing: 5; 77 $. 102, Im Anfange bes andern Abſalles der Preußen, alfo im Jahre 1260, haben fich verſchie— dene aufrichtige befehrte Preußen von Adel nad) Ei: bing in Sicherheit und ihnen zum Beyſtande hinbe: ‚geben, mit Verlaſſung ihrer Güter. Nach dem 163. Cap, in der Duͤsburgiſch. Chronik, Und als Darauf die Pogefaner und andere Abtrünnige Eibing mit einer ftarfen Mannfchaft belagerten und beftürs meten, hat einer von dieſen, Wirtel genannt, ihren Hauptmann mit feiner Lanze erleget, Dadurch die ans dern bewogen worden, abzuziehen, Daſelbſt im 164. Cap. Eine Zeitlang haben fie ſich auch) niche wieder an die Stadt magen wollen, da fie mit Ge— alt nichts auszurichten in Stande geweſen. Fer— ner foll der gandmeifter Hartman von Grumbach zu Elbing zween Drdensbrüder haben verbrennen laffen, weil fie wider den Orden es mit den Preußen gehal- ten. Welches der Pabft durch feine Abſetzung ıc. rachen laflen. Nach Waißels Berichte ©. 84 a, und Düsburg. ©. 183. Aber im Jahre 1273. ha⸗ ben fie die Pogefaner mit Liſt aus der Stadt geloder; Darauf ihnen aber ein ftarfer Hinterhalt die Nück- fehr nach der Stadt verrennet, und fie genörhi- get, fi zu ergeben, unter falfcher Berheigung, die fie ihnen nicht gehalten, fondern alle jammerlich umgebracht. Welches Oafelbft im 165. Cap. nach der Laͤnge erzählee und mit einem angedichteten Ges fichte begleitet wird. 9 103. Vor oder doch in dem Jahre 1288. iſt Elbing durch eine große Seuersbrunft fat ganz jäm= merlic) eingeäfchert, wie der Hohemeifter Burchard von Schwanden, ver daſelbſt Landcapitel gehal⸗ ten, 3 Hanovs zuverlißige Nachricht ten *), ſelbſt in der Handfefte von diefem Fahre den aten Hornung bezeuget. Wir thun Fund, fpricht er, daß mir um des freuen Dienftes unferer getreuen Bürger der Stade Elbing willen, den fie unferem Haufe jederzeit bemiefen, wegen ihres unmäßigen (unermäßlichen) Schadens, in den fie Durch Feuers: brunft gefallen find, als wir denn mit betrübtem Her: zen und mit jammerlichen Yugen felber anfehen, den⸗ felbigen Bürgern und der Stadt mit Rath unferer Brüder Gnade gethan rc. Zugleich ift in demfelben Jahre ver Nogatfluß zwiſchen Die Damme gebracht, umd im Jahre 1294 ift auch der Damm von der lah- men Hand nah Elbing gefchüttee worden *). Wenn der Hobemeifter nur mit feinen Gebietern was zu befchließen hatte, jo hieß das, er hielte Ca— site, S. Waißel ©. gra und gab ꝛc. #7 Hier fehen wir offenbar, Daß fihen zu der Zeit der Hobemeifter dem Lande zum Beten auch Land⸗ Capitel oder Landtage gehalten in wichtigen Sa⸗ chen, wie hier von der Wiedererbauung der einge- aſcherten Stade Elbing, und von der Schüittung der Damme des Nogats zu rathſchlagen, und Schlüffe abzufaffen waren. Damit jedermann dje Sache feldft in Nugenfchein nehmen, und deſto beſ⸗ fer rathen und ſtimmen koͤnnte, wurden fie da an⸗ geftellet, wo ed am beften war, als hier zum El⸗ Ding, da dad Elend der Stadt allen vor Augen (ag. und da. die Nothwendigkeit den Damm zu ſchuͤtten, wegen voriger Ueberſchwemmungen auch om offenbareiten konnte in der Nähe betrachtet werden. Fragen wir, mer auf dem Land-Capitel erfchienen ſey? fo lehren ung folches zum Theil die | untergeſchriebenen Zeugen. Darunter ſteht oben on Heidenreich, der Biſchof zu a ce vecht, | | [' von Elbing. 79- Albrecht, des. Ordens der Minner-Brüder, oder ein Minsrit, welcher allem Anfehen nach wegen Ehehaften des Biſchofs von Ermland Beinrichs des I. feine Stelle da vertreten müffen, fonft wurde “er nicht fo hoch hinan unter den Zeugen gefchrieben ſeyn. : Denn nach ihm folget erſt Poppo der Mei- fier zu Breußen, Heinrich der Marſchall, Alexan— der der Comtor A Elding Denn folget Ulrich von Dorne, und Arnold, Priefter-Brüder ; mei: ter Günther von Witte, und Seinrich von Ho⸗— benftein, Bruder des deutfchen Haufes; darnach Gottfried der Pfarrer zum Elbing, Waltber Sei: ber, welcher mag Prafident geweſen feun; Gott« fried des Stadrichter in Elbing; Kandfried (viels leicht Siegfried) von Dorlin und Kippe; Diet⸗ rich Muͤcke, Rathmanne, und viele andere, denen zu glauben iſt. Man mag diefe Rathmaͤnner von . Elbing nennen, welches nicht dabey ſteht, oder fie ; „pon andern Städten und Dertern in. Preußen, als Dobrin, Culm und Thorn, Kippe x. fo fieht man doch, daß da viele andere mehr gemwefen, und ver> muthlich alle, fo unter des Ordens Bebiete ftanden. Denn es fonnte ihnen nach ihren Handfeften nichts neues aufgeleget werden, ohne ihre Bewilligung. * Diefes hat Herr Ramfey angemerket im dritten Bande der Actor. Borufl. ©. ıı2. Welches ſcheint genommen zu ſeyn aus Aennenbergers Erkl. der Landtafel ©. 372. da er von diefem Hohemeifter bhandelt und fchreibt: in feinem sten Jahre fol er - ein groß Kapitel zu Elbing gehalten haben. Am. „Rande berufter ſich auf Muͤl(felds) Cbeonif,. Aus unſerer Urkunde haben mir beffere Gewißheit. “ _ Scüge fchreibt die Dammung dem Landmeiſter Bed ©. 74. HG104. Alsim Jahre 1302 der Hohemeifter, Gott⸗ fried von Hohenlohe, zu Elbing ein groß Capitel hielte, and da fharfe Gefege vorfihrieb den Rittern, begeg= * neten so Hanovs zuverlaßige Nachricht neten ihm diefe unmuthig und appellirken, Beſon⸗ ders foll der andmeifter in Preußen, Helwig Gold⸗ bad), ihm übermüchig geantwortet haben, Wor⸗ auf der Hohemeiſter gefprochen, er müßte für ihre Seelen Antwort geben, und darum habe er ihnen diefe Ordnung gemacht. Wäre er ihnen nicht gut genung, verlangete er nicht mehr Hohemeiſter zu ſeyn, und hat alfo fein Amt niedergeleger, ‚Darauf zwar Senfried von Feuchtwangen gewaͤhlet worden, der es aber nicht annehmen wollen, um Aergerniß zu vermeiden, fondern den vorigen beredet, fein Amt wieder anzunehmen, welches auch gefchehen. Wel⸗ ches Grunow uns aufbehalten hat in feiner Chronik. | si $. 105. Da wegen des Pfahlgeldes zwifchen El: Bing und Danzig ein Streit entitanden war, ward folcher im Jahre 1341, unter Bermittelung des Ho— hemeifters, Dieterichs von Altenburg, dergeftale verglichen und bengeleget, daß alles Pfahlgeld von Gütern, welche nach) Halte giengen, den Elbingern, von denen aber, welche auf die Weichfel aiengen, den Danzigern follte gegeben werden. Welcher Ber: gleich fteht in Schügens Chronik S.94b. Im Sabre 1343 follen fand und Städte, mit Bewilligung des Hohemeifters zu Eibing, gute und heilfame Drd- nungen gemacht haben. Wenn das feine Richtigfeie hat, wie cs Ramſey Adt. Borufl. Ton. III. ©. 112, anführet, fo kann es nicht unter Conrad von Erz lichshaufen, fondern entweder unter Henrich Dufenern, oder noch unter Ludolph König ge fehehen ſeyn, etwan zu der Zeit, da die Elbinger Die | Freyheit erhalten, nach Luͤbeck in gewiffen Sallen zu appelliven, j \ (4; | ! ( | | von Elbing. 8e appelliren, wie Herr Zamel Hartknoch — bat, im A. u. N Pr. © 562. ). *) Bon den guten Ordnungen, welche unter Sem: DSDuſenern aufgerichtet ſind, kann nachgefchlagen werden. ‚Schüge 6.73b. und Waißel welcher feine Wahl in das Jahr 1343 feßet, -S. ıgb, ſchreibt von Kniprods Ordnung ©. 123b folg. * 106. Im Jahre 1351 war ein fo ſchreckucher ‚Sturm auf Kreuz⸗Erhoͤhungstage, daß allein zu Danzig 60 Schiffe untergiengen, und 37 Thürmlein von den Kitchen herunter, geivorfen worden. Elbing liege viel zu nahe, daß ein fo gewaltiger Sturm nicht auch dert follte viel Unheil angerichtet haben. Das folgende Jahr wüthete Die Peft in Preußen dermaßen, Daß zu Thorn 4300, zu Elbing 7092, zu Koͤnigs⸗ berg 8000, und in Danzig 13000 ſturben. Bey⸗ des findet man. in Schünens Chronif S. 73b; imgleichen oben ($.86). Im Jahre 1365 hat der H0- hemeiſter, Weinreich von Aniprode, die Stapel- Privilegien verliehen, daß alle Waaren, welche aus Maſuren nad) Elbing fommen, dafelbft ihre Nieder Sage halten, und um gefegten billigen Preiß fie den Eldingern vor andern überlaffen follen *). Wie hingegen andere zu Thorn, und wieder andere. zu Königsberg die Niederlage haben ſollten. Siehe oben (9. 71). N Was hier anders angegeben wird, als oben $. 86. iſt aus den Ramfeyifchen Angaben genommen, im Tom. III. A&or. Boruff ©. 112. Dadurch noch mehr beffärkee wird die Folge, welche oben daraus "gezogen worden, mas in alten. Chroniken * worden. * 21 Band, & & BD. 82 Hanovs zuverläßige Nachricht . 107. Die Theurung, welche im Jahre 1389 entftanden, ift nad) Lindenblatts Auffage fo groß gewefen, daß ein Schiff aus England mit Weizen ‚geholet worden, fo vor nie gefchehen, und der Schef- fel Rocken 4 Sfotte gegolten, der nicht lange hernach um 4 Schillinge gefauft worden. Welcher Geftale die Städte mit dem Lande Preußen auf einer Tage: fahre bey Seibesftrafe verbothen, die vom Hohemei- fter aufgelegte Schaßung weiter zu geben, ftehen in Schüsens Chronik ©. 882. Was ein losgelaf- fener Dieb in Elbing für Unheil angerichter A. 1395. mit. Anzündung des Holzhofes, dadurch auf Magda- Ienen-Zag die Gärten, Grubenhagen, die halbe Bruͤ⸗ cke über den Elbing, und groß Gut mit den Spei- chern verbrannt worden, erzählet Lindenblatt, und Hennenberger in feiner erkl. Landtafel ©. ı13. In demfelben Jahre hat es auc) fo viel geregnet, daß Sandberge umgerifien, der Nogat verfüllet, die Fahrt aus der Weichfel in das Haff, und das Elbin⸗ ger Tief verdorben, auch der Störfang in ihren Waſſern aufgehöret hat. Eben dafelbft, und im Schuͤtzen S. 89b. Don der A. 1400 verbrannten Spitalfirche ift oben Meldung gefchehen ($. 82); und von Stodholm im 74.9. _ — * | $. 108. Don den Geeräubern in der Oftfee, wel⸗ che 1398 die Schifffahrt fehr beunruhigten, befrenet ‚zu werden, mußte Elbing unter den preußifch. andern Hanfeftädten 4 Kriegsſchiffe ausrüften, nad) Schůͤ⸗ tzens Chron. ©. 932. Wie foldjes weiter fortge- gangen, und endlich ausgefallen, kann man dort in den folgenden Blättern finden. Nach Lindenblatts Chronik ift A. 1406 hier herum, und fall in ganz Aa * | Preußen, von Elbing. 83 ‚Preußen, die Peft gervefen, er meldet aber nicht, wie viele davon sumgefommen. Leo rühmer ©, 201, daß Elbing nach ver tannenbergifchen Niederlage des Ordens fich gegen die Pohlen fonderlic) geneigt be- wiefen in allen Stüden, worinn Lindenblatt ein- ſtimmet. A. 1414 ward der Laͤnde und Städte Kath beſtimmet, darin auch zween Rathmänner von El« bing fißen follten. S. Schuͤtzens Chron. ©. 108 b. $. 109. Der Pfundzoll hatte eine Zeitlang aus Noth in Preußen gehoben müffen. Denfelbigen wie⸗ der abzubringen, kamen die Gefandten der deutſchen Hanfeftädte nad) Preußen, und brachten es im Jah— te 1421 bey dem Hohemeifter dahin, daß er wieder abgeftellet wurde, wovon den weitläuftigen Verlauf beybringe Schüg in feiner Chron. Bl. 112 folg. Was 1425 auf der Tagefahrt zu Elbing wegen der Betätigung des Seerechts und andern alten Will. führen befchloffen worden, lehret Schüg ©. 4b. Imgleichen was zwey Jahre hernach dafelbft den Hanſeſtaͤdten wegen der verlangten Huͤlfe vom Ho⸗ hemeiſter im Kriege gegen Daͤnemark, ſteht S. —* In welchem Jahre auch die Peſt in Preußen uͤ 80000 Menſchen hingeraffet, außer 183 Ordensbruͤ⸗ ‚bern, 560 Domherren und Prieftern ꝛc. Daſelbſt. "Was für Landesordnungen im Jahre 1430 zu Elbing "gemacht worden, lieft man daſelbſt ©. 117 b folg. 9. 110, Wegen des neuen Krieges wider Pohlen wird im Jahre 1432 zu Elbing von der Hülfe, welche "das Sand Preußen, imgleichen die Drvensherren und Liefland dazu geben follten, viel gehandelt, und end⸗ lich ein Schluß gefaffer, nah) Schuͤtzens Chron. ©. 1198. Sm folgender — wird beſchioſſen, EN SER, 2 wie 34 Hanovs zuverläßige Nachricht wie der geheime Rath in Preußen aus dem Orden, den fanden und Städten follten befeßet werden, und daß ohne deſſen Bewilligung feine Buͤndniſſe, Krie⸗ ge, Auflagen, follten befchloffen werden. Dafelbft. ©. gb. Im folgenden Jahre wird die bevorfte- bende Nothwendigkeit des Krieges wider Pohlen und Litthauen zu Elbing aufgegeben, und wegen der Hüle fe dazu gerathſchlaget. Daſelbſt Bl.ı20 folg, Im Sabre 1434 werden dafelbft viele Landesfaßungen er- richtet. BL. 123 f. mie denn auc) die ausländifche Beeinträchtigung der Hanfeftädte zufammengetra- gen und der. Hohemeifter um die Bewirfung deren Abftellung erfuchet und bewogen wird. “BI. 124. 125. Endlich) wird im Jahre 1436 der Friede mit Pohlen wieder hergeftellet, und von beyderfeitigen Reiche: und gandesftänden fehriftlich mit beftätiger. Dofelbft ©. 127b folg. | 8 $. ıım. Mach vielen andern Berathſchlagungen, wie die Freyheiten Des Preußen: tandes ungekränft zu erhalten wären, ward endlich in den Faften Anno 1440 zu Elbing alles vorgebracht, worin das Land ‚wider feine Handfeften und Freyheiten verfürzer wür« de. Da die Elbinger Klagen diefe find, daß ihre Freyheit zu fifchen im Elbing, Draufen, und Haff fehr gefränfet würde, daß ihnen der Orden Die Stadtmauer, Thore 20. gegen dem Schloffe, fo ih⸗ nen von Alters zugehoͤret, abgenommen, auch fie ‚mit Zöllen in Pommerellen befchweret habe ıc. ꝛc. Schuͤtze ©. 136b folg. Welche Unterdruͤckung abs zuſtellen mit Willen des ebenfalls bedrängten Hoher meiſters den Bund wider Gewalt und Unrecht aufge richtet. Daſelbſt ©. 138 b folg. ſonderlich Bl. 140. a — | welchen von Elbing. 8 welchen auch die elbingifhen Bürgermeifter und Rathmaͤnner unterfchrieben haben zu Marienwerder. Bon einem Faftnachtfhmaufe, fo dies Jahr ärger: lich abgelaufen, kann Hennenbergers erkl. Lands tafel ©. 113 folg. nachgelefen werden *). *) Drey Drdensherren kommen zum dortigen Pfar⸗ herrn ‚ber auch ihres Drdens und fehr unkeufch les bete. Nach gutem Trinken fingen fie die auf ihn ges - machten Reime von Pfaffen, Affen, ungeweiheten Bachanten ꝛc. Darüber kommt es zu Schlägen, und wird mit einer Kanne dem Ordensherrn die Nafe abgeſchlagen. Der Caplan wird in der Kirche ges fangen vom Comtor und in den Thurm geieger. + Endlich uberbaupt muß die Kreundfihaft deffelben 100 Pfund fuͤr die Nafe geben, $. 12. Ob num gleich in diefen Bund nicht allein der Hohemeifter ‚ fondern auch 39 Comtore oder Ge⸗ ‚bieter des Drdens darein gewilliget haften, waren doch die andern fehr übel darauf zu fprechen, und fuchten ihn mit’ Gewalt zu vernichtigen, und deſſen Anhänger zu befchädigen, fo daß ı7 von Adel in einer Nacht aufgehoben und ihre Höfe in Brand geftedet ‚wurden, ohne daß man wußte, tver es gethan. Cs ward darum! zwar der große Gerichtstag zerriffen; FR es wurden bald drey Convente ſchluͤßig, ſich des Beyſtandes der ande und Städte zu verfichern, der ihnen wohl zu ftatten Fam; und da wiederum Land⸗ fag in Elbing gehalten wurde, erhielten aud) die See⸗ | dte die Abf yaffung des Pfundzolles, und im 1441 ahre ward die Faiferliche Beftätigung des Bundes, der fo heftig angefochten wurde. Davon giebt die preußiſche Hiftorie in Schüsen Bl. iar folgg. und 165. anderen neuern Verfaſſern zulänglichen Bericht, a | 53 $. 113. 36 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht $. 1173. Weil in den folgenden Jahren wegen ber MWiederauflegung des Pfundzolles viele Unterhand» lungen gefchehen find, fo ift hier nur der Ausgang zu berühren, daß er 1443 auf die Bedingung wieder eingeführet worden, daß die fünf großen Städte ein Drittel davon befommen follten zu ihren und des Lan⸗ des Nothfachen und Verfendung der Bothfchaften. Die Einnahme deffelben follte von einem Ordens» bern und einem aus dem Rathe der Städte gefche- ben. Schüs ©. ısıb. Im Sabre 1446 ward der Bund erjt angefochten zu Elbing auf der Tage: fahrt von den Bifchöfen, fonderlich dem von Heils- berg, als fen er wider göttliche, päbftliche und kai⸗ ferliche Rechte auch die heiligen Concilia. Da nun folches fo wollte ausgeleget werden, als wäre folches wider ihre Ehre und Glimpf vorgebraht, und an die fümtlih Verbundene genommen ward: fam auf Himmelfahrt in der folgenden Tagefahrt zu Elbing der Biſchof von Heilsberg, im Namen der andern, ‚mit einer Entfehuldigung bey , daß ihnen ſolches nicht in den Sinn gefommen wäre, ihnen Unehre zuzule⸗ gen, fondern fie bloß die Gefahr betrachtet hätten, die fie ihnen nicht zu verheelen pflichtig wären. Die- ſes nahmen die Abgeordneten an die Ihrigen, und brachten nach. Pfingften zu Elbing die Antwort , wel- che zu lefen ift in Schüsens Chronif ©. 153 folg. Indeſſen wurden auch die Holländer zu Erſetzung ih⸗ tes den Seeftäbten des Ordens zugefügten Schadens gebracht. Dafelbft ©. 160... . 14 Im Sabre 1450 wurde dem neuen Ho⸗ bemeifter, Ludwig von Zrlichshaufen, zu El- Ding gehuldiget, und die Privilegien des Landes be⸗ | ftätiget. von Elbing. 87 frätiget. Aber im Ende des Jahres ward dafelbft auf vem neuen Landtage ihnen ein päbftlicher Brief vorgelefen, darin gemeldet rourde, er fende einen Boten, der untermegens wäre, den Bund zu unter- fuchen, darin etliche Stüde wider die heil. Kirche und den chriftlichen Glauben feyn follten. Der Ges fandte fam, und that feine Werbung eben dafelbft, welche die Abgeſchickten an die Ihrigen zurüc nahe men, und im folgenden Jahre eben dahin die Ant: wort brachten, Welche zu finden ift bey Schügen ©. 163 folg. Allwo auch im Vorhergehenden ver Verlauf des vorigen zu finden ift. Kurz, er mußte wieder abziehen, ohne feinen Zweck zu erreichen. Welches ven Pabft fo fehr verdroß als den Orden, der zu Elbing im May den Gerichtstag aufhob, und ſowol durch päbftliche als Faiferliche und churfuͤrſt⸗ lihe Briefe große Bedrohungen auswirkte. ©. 166 folgg. lan $. u5. Folgendes Jahr kommt es dahin, daß der Kaifer zum Schiedsrichter beliebet wird, und find zu Thorn aus dem elbingifchen Rathe Lorenz Pilgeim, und Jans Grimm, welche die Abge: ordneten nach dem Faiferlihen Hofe bevollmächtigen halfen, nad) der Urkunde im 2. Bande der preuf fifchen Sammlung ©. 527. Allda werden auch der Elbinger Klagen vorgebracht wegen der benom⸗ menen Fifcheren, des Theils der Stadtmauer, des Thurmes und Thores, und des Zolles zu Danzig, Dafelbft ©. 569 folg. Weil nun der Drdens-Ans walt in feinen Sägen genug geäußert hatte, daß der Orden wollte, ande und Städte in Preußen en aller ihrer Privilegien, Freyheiten und Gerechtigkei⸗ | 54 cen, 83 Hanovss zuverkißige Nachricht ten, Lehne und Güter verfallen feyn, ‚die Ritterfchaft ihrer Helme und Schilde, und die Städte ihrer Eh- ze verluftig fern , auch dem Orden 600000 Bülden oder Ducaten zu geben; und der Kaifer in feinem Spruche ven Bund abgerhan hatte, mit dem An—⸗ hange, um das übrige follte es gehen, wie recht ift, 1453. den 28. Novemb.; auch fonft ausbrach, was der Orden weiter vorhatte: fo haben die gefammten Bundesgenoſſen, alfo auch die Elbinger, ſich genö- thiget gefehen, dem Orden 1454. den 4. Hornung ſchriftlich zu entſagen, und fich folches Unrechtes an Eheleute und Güter mit der Hülfe Gottes zu erweh⸗ ren. Schüs ©. 193b - 192. | . 116. Nach gefchehener Auffage wurden Sande und Städte eins, fic) in den Schug des Königes Caſimiri des III. in Pohlen, mit Borbehaltung al: ler ihrer Privilegien und Rechte, zu begeben, und fih mit der Krone Pohlen wider Die Kreuzherren zu vereinigen. Unter denen an den König Abgeſchick⸗ ten war von Elbing der Bürgermeifter Lorenz Pilgeim, Immittelſt wurden die Schlöffer des Ordens von den Städten eingenommen, tbeils mit Liſt und Heberrumpelung, theils mit Vergleich, theils mit flürmender Hand. So mußten die von dem Schloſſe zu Elbing ſich den flürmenden Eibinger “Dürgern ergeben den ı2ten Hornung, und. das Schloß. ward dermaßen: verftöret, daß nichts mehr als zween Thuͤrme blieben, der Strumpf und der Henrichs Thurm für Mifferhäter. Den ı8ten Hor⸗ nungs famen die Abgefchickten zu Crafau an, ‘fanden ‚aber bey ihrer Werbung, daß fie nicht nur bey ihren vorigen Rechten und Freyheiten, fondern auch dem | Ru | gelaſſen von Elbing. | 89 gelaflen würden, was fie auf ihre Koften dem Orden abgenommen und geändert hätten, auc) noch darin fortführen, und daß fie bald Schuß und Hülfe wi- der den Orden vom Könige und dem Reiche veflel- ben erlangen möchten. Schuͤtz = ı97b. und 1995 folg. 9. T Nach dem Supplement des la Wartiniere und Hennenbergern ſoll dieſes Schloß nachft dem ma⸗ rienbergiſchen das ſchoͤnſte in Preußen geweſen ſeyn. Man hat aber weder eine deutliche Beſchrei⸗ bung , noch einen Abriß davon, außer daß ein gu⸗ tes Theil deffelben auf der zerlumpten Bürgerfab> ne der Vorburg abgemalet iſt. Die Schloßkirche, welche auch prachtig erbauet geweſen, und deren Gewölbe auf Pfeilern von ausgebaucnen großen Steinen geruber, iſt damals auch in den Grund geriſſen, und die Steine zum Schmiedethor, theilg su andern Gebäuden gebrauchet worden, theils lies gen. noch unter dem Rathhaufe und auf dem Ja— cobsfirchhofe. Was mit dem fiehen gebliebenen Kornhofe und dem Plage des Schloffes meiter vor> genommen fey, wird in dem Folgenden angezeiget werden. Bon den Urſachen dev Zerflörung des Schloſſes ift nicht noͤthig befonderg zu reden, da 3 eben diefelben find, welche auch in andern grofz ſen Städten vorgewaltet haben, und * —— — — ſind. Fr oe So u ir RAR y r 2.69% m 16: } | 4} BER ac 5 Sl ET 53 V. Prof, oo Von Zufammenfegung nd li dd 52 DE * Zur Ze 22 Ze Ze 22 22 22 22 3 V | Prof. Kaͤſtners a Ynmerfungen: über die Zufammenfeßung der mathematifchen Linie aus Puncten. Hamb. Magaz. XX. Band 2. St. ı. Art. 133 Seite. SH: Körper kann in unzähliche Vertical flächen zerleger werden. Soll dieſe Zer- | legung eine folche feyn, wie man 3. €. den re Körper in Kopf, Rumpf, Arme und Füße zerlegt; eine Zerlegung in Theile aus denen das Ganze zufammen gefeßet wird, fo giebt fie Fein Geometer zu. Der Körper befteht nicht aus den Verticalflaͤchen, fie enthalten feine Theile zwiſchen ihnen. 3. E. in ſ. Figur die Flächen ACN und EIO ein Stüf EIO, FKP das zweyte FKP, GLQO_ das dritte u. fe m. Wie, wenn ein Fleifcher aus einem Stuͤcke Fleiſch durch zween Schnitte drey Theile macht, niemand ſaget das Fleiſch werde in Schnitte zerlegt: ſo kann auch in Herrn K. Bedeu⸗ tung der Koͤrper nicht in Flaͤchen zerleget werden. Dieſe Flaͤchen ſind bloß die Schnitte; mit einem ſtumpfen Meſſer würde der Fleiſcher freylich für je— den der mathern. Linie aus Buncten. 9 den Schnitt etwas Fleifh abreißen, aber des Geo⸗ meters Berftand muß fchärfer feyn, als ein Sleifcher- meffer. Mach diefer Erinnerung fallen die Schlüffe, 133 ©. weg. 134 Seite. Lieber den Begriff des phyſi⸗ feben Rörpers. Ich weiß unter den mathemati- fchen und phyſiſchen Körpern feinen Unterfchied, als die Undurchöringlichkeit. Die Stelle, die ein phnfifcher Körper einnimmt, kann zu gleicher Zeit feinen andern enthalten, aber der Geometer ftelles fih Würfel, Kugel, Kegel und Eylinder, alles in einander vor, weil er nur den Raum betrachtet, und folhen, wie er will, begränzen kann. Sonſt weiß ich nicht, was Here K. hier mit dem Worte Kraft fagen will, feine Kraft ift bey allen phnfifchen Kör- pern fo allgemein, daß fie hier ftatt finden koͤnnte; die Kraft der Trägheit vielleicht ausgenommen, aber fie hängt, wie Herr Euler gemwiefen hat, mit der UndurchdringlichFfeit zufammen. Die pbyfifchen Slächen nimmt Herr KR. nicht in dem Verſtande, in welchem fie die nehmen, wel⸗ he diefe Redensart gebrauchen, Nicht die Kraft unterfcheidet fie von. den mathematifchen,, fondern die Die. Man nennt pbyfifche Slächen dün- ne Scheibchen, in die man einen Körper eintheilet, ‚gleihfam Blätter Papier ; die über einander ge häuft, ein Buch ausmachen, jedes bat eine geringe Dicke, aber doch eine wirfliche, morinnen es fich wefentlich von der mathematifchen Fläche unterfcheis det. Eben fo reder man von phyfifchen Puncten, von kleinen Körperchen, deren Größe nur für unfere Sinne nichts if. In diefen Bedeutungen habe ich die 92 Don Zufammenfeßung die Wörter bey allen Schriftftelleen gefunden, die ich kenne; die, bey welchen Herr K. feine Bedeutung’ gefunden hat, muͤſſen darthun, daß der phufifhe . Körper aus ihren phufifchen Slächen befteht, welches‘ ich ihnen nicht zugebe. | 134 ©. Die Matbematikverftändigen bes haupten je felbft ꝛc. Wenn Herr K. fid) befannt machen will, was des Cauallerii geometria indiui- fibilium iſt; warum man flatt derfelben ißo die Rechnung des Unendlichen gebraucht, und warum Lolin Mac Laurin fi) die Mühe gegeben hat, zu zeigen, tie Diefe Rechnung aus ven Jehren der Alten fließe, bey denen nie Körper aus Flächen zufammen gehäufet wurden: fo wird er feine Befchuldigung zu= rück nehmen. Aber Wolf ſelbſt bedienee ſich folcher Schlüffe fo gar in feinen lateinifchen Elementis? Ja, doch auch diefe hat er in vſum tironum verfafier, und nur ſolche Mathematifverftändige dürfen Die Körper aus Flächen zufammen fegen, wenn es ihnen allzu guͤtige gehrer verſtatten, damit fie fich fchmeicheln folfen, Beweiſe gemiffer ehrfäge dadurch gefaßt zu Haben. Ich habe gegen meine Zuhörer diefe Nach⸗ ficht nicht. Ich fage ihnen, mit ein wenig Nach denfen ließen fich die wahren Beweiſe faflen, und wenn fie nicht fo. viel nachdenken wollten, follten fie lieber geſtehen, fie müßten feine Beweiſe, als ihre und ihres Lehrers Einficht bey wahren Mathematik⸗ verftändigen, durch falfche Beweife verdächtig zu machen. | | | 134. S. Don der Erdichtung. In meiner Logik iſt Falſchheit eben fo verwerflich, als in meiner Moral. Nicht Ervichtung, fondern Abftracrion iſt es, der mathem. Linie aus Puncten. 93 es, dag die mathematifchen Begriffe von den ſinn⸗ lichen Empfindungen unterfcheidee. Hat Herr K. nicht felbft 134 ©. zugeftanden , daß der Geometer bey dem Körper nur etwas, mit Weglaſſung des Webrigen betrachtet. Kine Erdichtung würde es ſeyn, wenn er fagte, es gäbe wirklich. einen Körper, ‚der nicht mehr noch weniger Eigenfchaften hätte, als er fich vorftellet, aber: nur gewiffe Eigenfchaften deſſel⸗ ‚ben betrachten, ohne daß man dabey an die andern gedenfet, das ift Feine Erdichtung, es müßte denn ‚auch eine Erdichtung feyn, wenn jemand von mir fagte, ich trüge ein ſchwarzes Kleid, ohne dazu zu ſetzen, ob es Tuch oder Sammt iſt. Wer von mir ‚erfährt, daß von Seipzig bis Dreßden 13 Meilen find, hoͤret der eine Erdichtung, weil ich ihm nicht Dazu fage, wie breit die Heerftraße ift, und mie tief die - Gleifen find ? Alfo find die mathematifche Linie und der geometrifche Raum, nicht Erdichtungen, fons «dern Abftractionen. Herr K. follte mich aber faft auf den Argwohn bringen, als wären feine Begriffe von den Monaden nicht dem reinen Verſtande ges mäß; weil er von dem mathematifchen Puncte, wie von einem Raume für die Monade redet. ‘Dergleis chen Begriffe find Erdichtungen der Einbildungs- Eraft, nicht die geometrifchen.. Sehr unrichrig ‚wird die Monade ein phufifcher Punct genennet; die ‚Engländer , die befanntlid) nicht viel von Monaden wiſſen, reden viel von phufifchen Puncten. Einen metaphyſiſchen fünnte man fie zur Noth nennen, aber am beften wäre das Wort Punct gar nicht zu gebrauchen... Die finnlichen Körper, die wir * ice 94 Bon Zufammenfegung : ' fifche nennen, beftehen nicht aus Monaden, fondern fie find Erfheinungen einer Sade, die aus Mona- den beſteht. Man drückt fich aber menigftens nicht wichtig aus, wenn man die wirklichen Dinge, deren undeutliche Vorſtellung eine Erfcheinung giebt, Thei- ‚le der Erfcheinung nennel. Die Mote (*) auf der 135 ©. ift von mir ſchon oben beantwortet worden. Der Lehrſatz: Ein zufammengefestes Weſen ohne ‚Kraft, ift aus Puncten zufammengefeßt, habe ich. in meiner Ontologie nicht gelernet. F 135. S. Folget aber wohl ꝛxc. Die Geo» meter pflegen ihre Schluͤſſe nicht gern mit einem, daß ich ſo rede, verdaͤchtig zu machen; dergleichen Ausdruck zeiget an, daß man die Wörter nicht in ihren beftimmien Bedeutungen braucht, und darüber "halten die Geometern. Wie fönnen Graͤnzen einer tinie Beſtandtheile einer andern feyn? "Das hätte Herr K. begreiflicd machen follen, wenn er glaubet, daß es fich begreifen läßt. ine Linie AB beftehe nicht aus ihren beyden Endpuncten; diefe Nachricht brauchte Herr K. den Geometern eben nicht zu ges ben: aber die Puncte in ihr find nichts als Graͤnzen fürzerer Linien, Die zugleich die Grängen der AR feyn fonnen, weil fie aufhören kann, wo man will; und diefe Gränzen haben mit den Puncten A und B das gemein, daf jeder nichts von der Ausdehnung in ſich enthaͤlt. Man mag nun alfo die Puncte A und B felbft fo vielmal wiederholen, ale man will, oder man mag andere Puncte nehmen, fo hat man in allen nichts von einer Linie. Zmifchen ein paar na⸗ hen Puneten ift eine Eleine Linie enthalten, und eine | - Jange der mathe. Linie aus Buncten. 95 lange Linie hat eine Menge folcher Eleinen zu ihren Be- ftandtheilen, nicht aber derfelben Gränzen. Zur 136 ©. Es ift gar nicht einerley, ob man fagt AB befteht aus A,E,F, oder ob ich fage, A ruͤckt in Eu. f f. Der legte Ausdruck zeiger an, daß AB aus AE+EF+ FG u fi w. nicht aus A+E+F+Guf m. befteht. So bald man ſich vorftellet, ein Punct bewege ſich aus A in E, fo bald ftellet man ſich E von A unterfchieden, das ift, zwifchen beyden eine Entfernung vor; und Die ganze $inie, welche der Punct befchreibt, ift die Summe diefer Entfernungen, nicht die Summe der Puncte an jeder Entfernung Anfang und Ende, ‚Daß man fic) aber Bewegung nicht ohne Entfer- nung vorftellen kann, wird Herr K. aus den befann- ten Spisfündigfeiten einfehen, mit denen alte, So- ‚phiften die Wirklichkeit der Bewegung beftritten ha- „benz; 3. E. was bemweget wird, ift entweder da, mo es ißo ift, oder da, wo es hinkoͤmmt, u. ſ. w. In ‚der Ihat fönnen wir uns das, was beweget wird, nie in der Stelle vorftellen, die unmittelbar bey der erften ift, wo es anfangs war: jede zweyte Stelle, die wir ihm einräumen fönnen, ift von der erften unterfchieden, und alfo giebt es zwifchen ihr und der erften unzähliche andere Stellen, durd) welche das "bewegte Ding gegangen ſeyn muß, ehe es die zweyte “erreichte. Wir können alfo die zweyte Stelle, fo "nahe wir wollen , ben der erften feßen, aber fie bes haͤlt allemal nody eine Entfernung von ihr, fo ges einge auch diefe Entfernung ſeyn mag, und fo b ſteht der ganze Weg, den das bewegte Ding bes * ſchreibt, 6 Bon Zufammenfegung +7 fchreibt, aus folchen Entfernungen, nicht aus Stel: in. Was gleich im Anfange der Bewegung ges ſchieht, wenn die erfte Stelle verlaffen wird, das verftehe ich nicht. Die Bewegung ift eine Erfchei- nung und wer von mir verlangte, dieſe Erfcheinung fo weit aufzulöfen, dem würde ich, wie jener Philo- ſoph mit Spazierengehen antworten. - Freylich gehöret die Zufammenfegung der Linie aus Puncten nicht in die Geometrie, denn fie gehoͤ⸗ ver überhaupt nicht in das Reich der Wahrheiten. Der Begriff eines Punctes aber, und die Ueber⸗ zeugung, die Linie Fönne nicht aus Puncten zufam: men gefeßet feyn, gehöret allerdings dahin, weil fonft die ganze Geometrie nicht Deftehen: Fann. Um diefes durch ein recht leichtes Beyſpiel zu zeigen, fo. laͤßt fich Feine Linie balbiren, wenn Die Linie aus Puncten, als aus Theilen beiteht. Denn da die Teilung in einem Puncte gefchehen muß; fo bes fteht die Linie aus drey Stücen, den beyden Half fen, zu benen ich itzo Herrn K. Ausdruf, wenn ich fo reden darf, fegen muß, und dem Thei⸗ Iungspuncte. Dieſen feiner Kleinigkeit wegen für nichts zu achten, wird nur der Hand des Zeichnerg, nicht dem Berftande des Geometern verſtattet. Was der Begriff eines Punckes in der Mathes matif nußet, wird Herr K. felbft, bey größerer Kenntniß der Mathematik einfehen. Fluxionen find Feine Puncte, es find. Geſchwindigkeiten der Puncte, oder Wege, die diefen Gefchmindigkeiten gemäß find: die marbemarifchen Kampenhignligr | "ber der mathem. Linie aus Puncten. 07 ber erheben ſich felten bis an den Euflides; Wolfe Auszug ift ihnen bequemer zu erreichen. In der Metaphyſik follte gezeiget werden nicht nur wie die Zufammenfegung der Puncte Körper ausmacht, fondern wie eine vereinigte Menge ein: facher Wefen, unferer Seele die Exfcheinung eines Körpers darftellen fönne. Wären Menfchen im Stan de dieſes zu zeigen, fo haͤtte Leibnitz es gethan, und fo wuͤrden es nun feine Nachfolger auch thun, und feine Gegner eine Lehre nicht für ungereime erklären, die ſie, wenn Einbildungsfraft und Vorurtheile fie nicht ver: blendeten, wenigſtens für einen hoͤchſt wahrfcheinlichen Gedanken eines großen Geiftes erkennen würden. Draß mein Urtheil von der Zufammenfegung der Linie aus Puncten Herrn K. feinem fo enfgegen ge= feßt ift, Deswegen würde id) ihn um DBerzeihung. bitten, wenn ich ihn niche für einen beffern Philo— ſophen bielte, als daß er mir etwas übel auslegen re nicht in meiner Gewalt fteht. A. G. Kaͤſtner. 21 Band, 6) VI. Job. 98 Heilung eines Niederf. Der Augbr. aa SE ESEL 22 Ze DEZE Ze 3 2 mE EZ — Joh. Wlih. Baumers, Prof. der Pathol. Therap. und Phyſik, Beobachtung von einem Niederfalle der obern Augenbraunen, der durch die Electricitaͤt geheilet worden. Aus den Schriften der churf. Erf. Akad. n. Wiſſenſch. J. Theil 286. Seite. Gt ala ich in meinem Programma von den, Wirkungen der electrifhhen Kraft in den fhierifchen Körper verfptochen habe, einige befondere Borfälle zu erzählen, das will ich i60 leiften, da Die Sammlung der Schriften der churfürftlichen Akad. mich meiner Pflicht erinnert, Mir iftnicht un= befannt, daß, berühmte Gelehrte von diefem Hei— lungsmittel fehr verfehiedentlich urtheilen , und einige ihm viel zufchreiben, andere wenig Davon hoffen. Sch will mie gar nicht anmaßen, bierinnen ein Schiedsrichter zu werden, mir ift meine Schwaͤche befannt, und ich unterwerfe mic) willigft dem Urs eheile anderer. Doch will ich, zu Erfüllung meines Berfprechens, nur fo viel anführen, als mid) Steh Erfa duurch die Eleetricitat. 99 Erfahrung gelehret hat, und als ich daraus geſchloſ— fen habe; imgleichen will id) einiger Gelehrten Urs £heile von. diefer Krankheit kuͤrzlich beyfuͤgen. 92. Ein Gelehrter, Der übervierzig Jahre alt war, empfand Bewegungen von den Hämorrhoiden; da aber das Blut feinen Abflug befam, und die Yus- Dünftung bey feuchter Luft zurücke blieb, befam er halbes Kopfweh (Hemicrame). Er hielt fih auf dem Sande.auf, und faldere, ohne Erwartung eines medicinifchen Rathes, die Eranfe Stelle mit ſchaueri— fchem Balfam, dadurch das anfallende ihm unbefann= te Uebel zu vertreiben. Die Materie zog fich in die Stirne , davon er daſelbſt einen ftumpfen, und wie von einer Saft herrührenden Schmerzen empfand, wozu noch eine Gefchwulft der obern Augenlieder fam. Diefe Geſchwulſt verzog fih nach einigen Ta= gen, aber doch blieb ihm die Stiene noch ſchwer, er empfand Froſt auf ihr, und Die Augenlieder fielen fihtbarlich nieder, fo daß nicht nur die Augenbrau— nen herabfunten, fondern daß er auch unvermögend ward, folche nad) Öefallen zu bewegen. _ Zu manchen Zeiten ,. befonders bey trüben Himmel, und nachdem. er getrunfen hatte, wurden Die Nugenlieder wie bes taͤubt; er empfand in ihnen einen heftigen Krampf, und aus den Augen floß eine fiharfe Feuchtigkeit, Unter diefen Umſtaͤnden widerftanden die Augenlies der, und die Haut der Stirne fo ftarf, daß fie fich mie größter, Gewalt der Finger nicht erheben ließen. Zumweilen aber, wenn nämlich der Kranke unverfes hens ſich an etwas ſtieß, lange Zeit laut redete, auf muftkalifchen Inſtrumenten fpielete, lange. Fauete, oder früh im. Bette aufwachte, öffnete fic) das linke KR G 2 Auge 100 Heilung einesNiederf, der Augbr. Auge von fich felbft, das Fränfere aber gieng defto ftärfer zufanımen; aber nach einigen Minuten fielen die Augenlieder wieder zufammen und ließen ſich nicht mehr bewegen. $. 3. Ben diefem Elende war er unvermögend, fein Amt zu verrichten, under erfuchte nun verfchiedene gelehrte und erfahrne Xerzte um Rath. Diefe ftimmeten zum Theilin der Heilungsart überein, zum Theil aud) nicht, ließen aber nichts in ihrer Kunſt unverſucht; aber die Krankheit wich den Arztneyen nicht. $. 4. So litte er ein Jahr und einige Monate lang, und verlangete meinen Beyftand Furz vor dem 22. December. Sch machte mich mit fehr. zweifel- hafter Hoffnung an die Krankheit, brauchte einige Monate lang innerlich, zertheilende, abführende, ſchweißtreibende und die Spannung ftarfende Mittel, äußerlich zertheilende und ftärfende, wobey ich die Aber öffnen ließ; aber damit, und mit der vorge— fchriebenen $ebensordnung- nichts ausrichtete. Sch dachte alfo weiter nach, und. glaubete bey einer fo hartnädichten Krankheit müffe die electrifche Kraft zu Hülfe genommen werden. Am aber glücklicher zu verfahren, und diefes Heilungsmittel gehorigermaßen anzumehden, ließ ich den Kranken bey mir wohnen, und erinnerte ihn, täglicy einigemal ſich electrifiven zu laſſen. | $. 5. Unter dem Electrifiren, welches ich eine und die andere Stunde abwechfelnd fortfegte, börete . Ich nicht auf, Funken auf der Stirne und an den Aus genliedern heraus zu ziehen. Was ſich dabey ereig- net hat, will ich ißo ordentlich und ohne einige Er: Dichtung erzählen. Nachdem das Electrifiven Er age durch die Electricitäk. Icı Tage fortgefeger war, vergieng die Kälte, die Stirn ward warm, und die Augenbraunen ebenfalls. Der Krampf ward zu eben der Zeit nad) und nad) gelin- der, und die obern Augenlieder ließen fich nebft der Haut der Stirne leicht mit dem Finger in die Höhe ziehen. Aus den Augen floß häufiger zäher Schleim. An dem leidenden Drte drang zuerft ein jäher Schweiß heraus, und nad) diefem aus dem ganzen Körper. Als die Stirne und die Augenlieder naß waren, ließen fich durch Naͤherung des Fingers niche fo leicht, als vorhin, Funken heraus ziehen. 9 6 Währenden Electrifirens wurden die Au— gen öfter und länger geöffnet, als bisher gewöhnlich gewefen war, befonders wenn die Benftehenden den Kranfen unverfehens an der leidenden Stelle berüh- reten. Die Nacht über drang durch die unfichtbaren Deffnungen der Haut häufiger Schweiß heraus, und der Kranke hatte an der leidenden Stelle eine Em— pfindung, als ob Fünfchen da herausgezogen würden. Bey Tage roch es um ihn unangenehm, wie bey manchen, die am Duarfanfieber frank find. _ | 9 7. . Die Deffnung des $eibes hatte vordem zus weilen aufgehöret, ißo aber- war fie viel freyer, fo, daß fie meiftens täglich ziweymal kam. Währenden Electrifivens, wenn es lange Zeit fortgefeget wurde, floß einigemal Blut aus den Hämorrhoidalgefäßen, und da der Kranfe durch göttliche Gnade nun das Geſicht wieder befommen bat: fo verrichtet er num fein gewöhnliches Amt. - Doch Fanıı er das rechte Augenlied nicht fo hoch erheben als das linfe, zumal bey feuchter und Ealter $uft. Ich habe ihm deswe- gen gerathen, fich eine electrifche Mafchine anzuſchaf⸗ © 3 . fen, ı02 Heilung eines Niederf.der Augbr. fen, dieſe Heilung, nahdem es die Umftände erfor— dern, zu wiederholen, und Feinen neuen Urſachen der. Kranfheit Plag zu geben. Er hat mir gefolget, und befindet ſich wohl, und als ich mich vor Eurzem fdrift- lich nach) feinen Umſtaͤnden erkundiget habe, hat er- mir geantwortet: „Weil ich) von andern Medicas „menten Feine Beſſerung gefpüret: fo babe ich weiter „nichts, als meine Electrifirmafchine gebraucher, und „ic kann mein Amt ohne Die geringſte Hinderniß „verrichten. $. 8. Nachdem ich die Krankheit und ihre Hei⸗ lung beſchrieben habe: ſo muß ich nun unterſuchen, was ſich aus dem Angefuͤhrten für Folgerungen zie— hen laſſen. Wie ſich uͤberhaupt in der Arztneykunſt faſt nirgends unveraͤnderliche Vorſchriften geben Taf ſen: ſo hat man auch von der electriſchen Kraft nur unter gewiſſen Umſtaͤnden Huͤlfe zu erwarten. Die ihr alſo allen Nutzen abſprechen, irren ſich ohne Zweifel ſehr. Erfahrne Arztneygelehrte verlangen einſtimmig, daß der Koͤrper gehoͤrig vorbereitet ſey, was man auch fuͤr Arztneymittel gebrauchen will, und daß man dieſe Mittel gehoͤrig anbringe; eben das iſt alfo auch bey dem Electriſiren zu beobachten. $. 9. Bey dem Niederfallen der Augenlieder, und andern ähnlichen Zufaͤllen, z. E. paralytiſchen und kalten Catharralverſtopfungen, iſt eine kluge An⸗ wendung des Electriſirens nicht gaͤnzlich zu verachten. Das Electriſiren vermehret die Federkraft der feſten Theile, und den Fortgang der fluͤßigen; folglich die Bewegung im ganzen Koͤrper. Dieſes richtet ſich nach der verſchiedentlichen Empfindlichkeit der Perſo⸗ nen, den verſchiedenen dabey vorfallenden Umſtaͤnden, und durch die Electricitaͤt. 103 und der verſchiedenen Staͤrke des Electriſirens ſelbſt, welches der leidner und der parifer Verſuch außer als lem Zweifel fesen. Wie fich aber der Umlauf des Geblütes felbft ändert, fo fegen und erheben ſich auch Die Schlagadern verfchiedentlih. Die Stärke der Bewegung, die man hervorbringen will, fteht beym Electrifiren mehr in unferer Gewalt, als bey vielen andern Arzinepmitteln. Bey einigen langwierigen Krankheiten, da alle andere Mittel unfräftig find, Fann dag Electriſiren vortrefflihe Hülfe geben. $. 10. Die Bewegung, welche vom Electrifiren entſteht, zertheilet die zähe ftehende Materie, hindert fie ſich zuſammen zu feßen, und mache fie wieder flüf fig. Sie vertreibt die Kälte, welche von dem Still: ftehen herrühret, wodurd) Die, leidenden Theile mit einer angenehmen Wärme erquicdet werden. Eben dadurch wird auch die Materie, welche die Krank— heit verurfachet, fortgetrieben, die Krämpfe werden geftillet, und die Feuchtigkeiten fließen, wie es zu Erhaltung des Lebens nöthig ift, frey, auch durch die Fleinften Gefäße und vorher verftopften Theilchen. Die geöffneten Gefäße wirken nun mit ihrer Feder— Eraft, die Materie in ihnen ift beweglich und läßt ſich fortführen, welches die Abfonderungen und Aus: ſcheidungen ſehr befördert, Alfo ift die Bewegung, welche auf eine überlegte Art durch das Electrifiren hervorgebracht wird, der natürlichen nicht zumider, fordern vielmehr ihr behuͤlflich, und erreget fie, wenn fie matt wird. Unter den übrigen Ausfcheidungen aber, erreget fie am ftärfften diejenige, die allgemein, die im Umfange des Körpers gefchieht, fo, daß —J G 4 dur 104 Heilung eines Niederf. der Augbr. durch den Schweiß auch Theilchen, die zͤher als ge⸗ woͤhnlich find, fortgetrieben werden. In Krankhei⸗ ten, die von allzuheftiger Bewegung, einer fehler—⸗ haften Zertheilung der. Feuchtigkeiten, allzuftarfen Ausfcheidungen, oder Verlegung der Eingemweide herruͤhren, und bey Berftopfungen, die man nicht überwältigen fann, kann die Electricitaͤt ſchaͤdlich ſeyn, wie auch), ohne mein Erinnern, erhellen wird. " $. ı1n Da eine allgemeine Vermehrung der Bes wegung auch die befonderen Ausfcheidungen verſtaͤr⸗ fee: fo feheint es nicht nur der Erfahrung, fondern auch der Theorie gemäß, daß Deffnungen des Lei⸗ bes, Fortfchaffung des Harnes, auch natürlicher Blutfluß, durch Electrifiven in Körpern, die dazu geſchickt find, befördert werden. ben hieraus er= heller, daß dieſes Heilungsmittel fich für Diejenigen nicht ſchicket, die außernatürlichen Blutflüffen, 3. E. Blutſpeyen, Blutharnen, oder Blutbrechen, unter⸗ worfen ſind. $. 12. Die Wirkungen der Electricitaͤt ah ſich nicht nur unter Anftellung des Verſuches felbit, fondern fie halten auch eine merfliche Zeit darnach | an. Wie man aber auch bey den beiten Arztneye mitteln nicht erwarten darf, daß eine und Die andere Dofis von ihnen den Kranken fogleich gefind machen folfe: fo muß man, befonders bey hartnädichten Krankheiten, die electrifchen Berfuche oft lange forts fegen, ehe man die vorgenommene Abfiche erreichen kann. Auch benimmt es dem Mugen der Electrici⸗ tät hen wenn fie aus Unwiſſenheit des heilen wol⸗ lenden, \ | durch die Electvicität. 105 lenden, am unrechten Orte angebracht wird, oder wenn ſolches auf eine unuͤberlegte Weiſe geſchieht, oder durch Schuld des Kranken, der neue Urſachen der Krankheit veranlaſſet, die gute Wirkung fehlet. F§. 13. Die electriſche Kraft breitet ſich zwar durch den ganzen Koͤrper aus, aber doch zeigen ſich ihre Wirkungen in einem Theile mehr, als in dem andern. Die Haare leuchten, aber man zieht aus ihnen nur einen ſehr ſchwachen Funken. Das Blut giebt ſehr helle und empfindliche Funken; die Galle noch heftigere. Die Knochen nehmen, als elaſtiſche Koͤrper, ſehr viel Electricitaͤt an. Ein Knochen, der an der electriſchen Kette hieng, gab an dem Orte, wo er beruͤhret wurde, einen Funken von ſich, und einen andern Funken habe ich zu eben der Zeit an der Kette beobachtet, wo der Knochen ſie beruͤhrete. Ich zweifele auch nicht, daß nicht die Nerven, als ſehr empfindliche Theile, von dieſem Geheimniſſe der Natur gewaltig erreget werden. $. 14. Nun will ich noch einige Urtheile aͤlterer und neuerer Arztneyverſtaͤndigen von dieſer Krank— heit beruͤhren, damit man ſieht, wie ſich ſchon an— dere mit dieſer Krankheit gar ſehr bemuͤhet haben. Niemanden wird wohl unbekannt ſeyn, was Celſus Am 7. B. de Medicina, 7. C.'8. N. für ein Mit— tel wider dieſes Uebel aus der, Wundarztney vor— ſchreibt. Galen, hat im 4. B. de loco Affect. 2. C. ebenfalls feine Gedanken davon geſaget. Ders fehiedener Meynungen von. der Befchaffenheit und Heilung dieſer Krankheit, findet man beym B. T. a 65; von 106 Heilung eines Niederf. der Augbr. | von Büldenklee, in feinen medicinifchen Briefen und Kathfchlägen 3. S., wo ausfuͤhr licher erzaͤhlet wird, was die Profeſſoren zu Montpellier, Lazarus Riverius ‚, und "Job. Sanchius; imgleichen der leipziger Prof. Joh. Michaelis, und der jenifche - Werner Bolfink, von diefem Uebel gehalten has ben. Derinnen find fie einftimmig, daß es ein pa= ralyeifcher Zufall iſt, der von ftehen bleibender Ma— terie herrühree, viel Arbeit verurfacher, und ipenig Hoffnung läßt. $. 15. Dr. Joh. Allen in Synopfi med. pradt. €.10. p.83. append. ſaget: Der Mangel der Span= nung bey den Augenliedern ift ein Zufall des obern Augenliedes, der von einer Ohnmacht des erheben- Den Muskels herruͤhret, und ſich gar nicht heilen laͤßt; auch muß man die Heilung nicht etwa durch einen Schnitt verfuchen, wie einige gerathen haben, fonft würde man ein ſchlimmeres Uebel, das Hafen- auge verurfachen. Ob ich aber gleic) glaube, daß man diefem legtern Uebel durch ein vorfichtiges Ber: fahren vorbauen Fönnte: fo fehe ich doch nicht, wie man der Ohnmacht oder, großen Schwächung des Muskels ſolchergeſtalt abhelfen will. Ich geſchwei⸗ ge der Schmerzen, die dabey unvermeidlich ſind, und von den meiſten Kranken gefuͤrchtet werden. $. 16. Der berühmte Joh. Sach. Plattner faget in feinen Inftitutionibus chirurgiae rationalis: Diefe Krankheit entfteht, wenn der Musfel, welcher das obere Augenlied erhebt, getrennet, ‚oder queer durch zertheilet iſt; ſchon Die aͤlteſten SR haben Durch die Electricitaͤt. 107 haben eine Heilung derfelben angegeben, daß mar nämlich die Hauf, welche am Augenliede uͤberfluͤßig zu ſeyn fiheint, ausfchneiden und zufammen beften fol. Kann man wegen der Trennung des Mustels das Auge nicht öffnen; fo ift eg gut, vorläufig fär- kende Arzeneymittel aufzulegen, die Stelle mit geifti= gen Sachen zu beftreichen, und Saͤckchen mit ſtaͤr— Fenden Kräutern aufjulegen. Hilfe dieſes nicht; fo muß man es mit fpanifchen liegen verfuchen; den ein fehr Fleines ſolches Pflafter Fann man auf das Mittel des Kugenliedes legen. Boerhave, in der Schrift de Morbis oculor. ır. ©, trägt die Sache folgendergeftalt vor: Dieſes Niederfallen des Augen- liedes befteht darinnen, daß das obere Augenlied durch den erhebenden Muskel nicht fo kann in die Höhe gezogen werden, wie das Augenlied des andern Auges, und das ganze Auge nicht entdecke wird, woraus zumeilen eine Blindheit entſteht, wenn man nicht das Augenlied durch beftändige Bewe— gung erhebt. Diefer Fehler rühret nicht von einer Laͤhmung der Augenlieder her, die nicht beiwegef wer⸗ den, fondern von einer Schlaffigfeit der Fibern. Boerhave ſchlaͤgt die Hirurgifche Operation vor. $. 17. Der $efer mag alfo urtbeilen, ob. die electrifche Kraft, bey gehöriger Vorſichtigkeit, in der Heilungskunft dienlich ift, oder ob man fie ganz bey Seite fegen fol. Zu Beftätigung meiner Ges danken will ich noch Fürzlic) einen andern Fall er— wähnen, bey dem erhellen wird, daß es ver Mühe werth geweſen ift, Die electrifche Kraft da zu gebrau⸗ | hen. ‚os Heilung eines Niederf. der Augbr. ıc. hen. Eine Frau von dreyßig Jahren hatte lange Zeit Gliederfchmerzen, fo, daß ihr m den Gelen— fen. verhärtete Hübelchen mwuchfen, und fie weder Hände noch) Knie mehr beugen konnte. Die ‚ Kranfheit war fo eingewurzelt, daß Aerme und Füße ihre Amt nicht mehr verrichteten. Nachdem fie lange genug zertheilende und abführende Mittel gebrauchet hatte, dadurch aber nicht fo viel, als. man wünfchte, ‚ausgerichtet wurde, babe ich ihr: die Electricitaͤt vorgeſchlagen. Meine Hoffnung hat mich auch nicht betrogen; denn fie hat nun. die Krankheit überftanden, und kann nad) Gefal— len gehen und die Haͤnde bewegen, Die vorer- wähnten harten Gewaͤchſe find durch Dippels Oleum animale zertheilet worden und verſchwunden. "VO. Eine 109 FFRXFKXBMKX e VII. Eine verſuchte Art vortrefflcches Brodt zu backen. Aus dem Gentlemans Magaz. Maͤrz 1758. 116 S. an muß Acht haben, daß der Weizen rein, ſuͤß, unverdorben, und frifch gemablen ift, A und daß man nur feinen eigenen vom Muͤl⸗ lev wieder bekömmt. Zwey Siebe find zulänglich, ihn zu allem Gebrauche zu ſichten; das erfte laͤßt alles durch, außer die groben Kleyen (horfe bran), die man zwiſchen den Händen wohl reiben kann, da denn noch eine Menge Mehl durchgehen wird: das zweyte Sieb muß nur etwas von dem feinften Meble zu Pa— ſteten, Gebadnes, u. f. w. durchlaffen. Wenn die groben Kleyen und etwas von dem feinften Mehle folchergeftalt abgefondere find, fo bleibt alles von der Mittelgattung zu Brodte, Zu einem Dufbel diefes legtern thue man zroeene Ouart feines Rockenmehl, und eine Pinte feines Habermehl *), man fnete folches, wie gewöhnlich, - mit warmen Waffer , füßen Hefen von Ale; und der gehörigen Menge Salz, laffe den Teig die gehörige Zeitlang geben, Enete ihn alsdenn wieder, bilde ihn in die Laibe, und backe ihn. — 2 Das *) Ein Quarter haͤlt 8 Bufhel,u. 64 Pinten. A.d Ueberſ. 10 : Eine verfuchte Ark Das erfte Gebaͤcke wird gutes Brodt geben, aber nicht fo gut, noch fo nüglih, als das folgende, und die Abſicht dabey iftnur, eine gehörige Menge Sauer: teig, zu dem zweyten und allen folgenden Gebäden dadurch zu erhalten, damit man Feine Hefen brauchen darf, welche insgemein eine fehr bittere und unange- nehme Zuthat, und gar nicht gefund find. Wenn man alfo die erften Laibe mit Hefen macht, fo hebe man einen Klumpen Zeig auf, fo groß als ein paar Faͤuſte; mache einen runden Ball daraus, verwahre ihn in einer runden hölzernen Buͤchſe, die etivas größer als der Ball ift, damit man ihn mie ein wenig trocknem Salze leicht ungeben und bede— cken kann, alsdenn mache man das hohle Lied der Buͤchſe zu, und fege fie an einen trocknen Ort, un: weit der $uft, die vom Feuer erwärmet wird, fo daß der Teig nicht heiß wird, und fichtbarlich gaͤhret. In vierzehn Tagen wird diefer erfte Sauerteig taugs lich ſeyn, Brodt damit zu baden, und wenn mar von jedem folgenden Gebäde dergleichen Bälle auf: hebt, fo wird man damit, nachdem die Zeit ift, alle acht oder zehn Tage Brodt baden koͤnnen. Dieſes vortreffliche gefäuerte Brodt zu machen; thue man in den Backtrog (kneading tub) Die vorer⸗ wähnten Mengen von Weizenmehle, Rockenmehle, und Habermehle, mifche alles mit den Händen wohl unter einanderz mache eine Höhlung im Mittel der trockenen Maſſe; zerquetſche und zertheile alsdenn den Sauerteigball in einem Gefaͤße mit warmem Waſſer, bis er wie ein dicker Brey ausſieht; ſchuͤtte ihn noch warm in die vorerwaͤhnte Hoͤhlung, und bedecke ihn leicht mit etwas von der trocknen e, dabey vortreffliches Brodt zu baden nu dabey man den Backtrog im Winter anfangs in vom Feuer erwaͤrmte Luft feet, eine warme Decke dar» über leget, und alles fo ungeftöhrt über Nacht bis Mor gen ftehen läßt: bey heißem Wetter aber ift es genug, wenn e8 einige Stunden geftanden hat, Nun gieße man noch mehr Waſſer dazu, daß alles in einen flei= fen Teig kann gefneret werden; es muß noch einmal fo viel gefnetet werden, ale das gemeine Weizenbrodt, Das mit Hefen gemacht wird, und nach diefem bedeckt bleiben, bis es wohl aufgegangen iſt, alsdenn wird es wieder gefnetet und in Laibe gebildet. Durch) gu= tes Kneten und Aufgehen, machen einige, daß balb fo viel Sauerteig genugift. Man follte diefes Brodt im Ofen noch mehr. benesen, als das weiße Hefenbrodt. Es iſt gar nicht unangenehm ſauer, gegentheils wird es von denen, die es ein wenig gewohnt ſind, allem andern vorgezogen; es giebt den Speiſen einen ſehr angenehmen Geſchmack; iſt in dem Munde nicht derb, ſondern naͤßlicht, gelinde und bruͤchicht, und ohne Zweifel geſunder, als das beſte londener weiße Brodt, wenn ſolches auch nur mit Hefen, Salz, Waſſer und geſichtetem Mehle gemacht wird. Es bleibt an einem trocknen Orte eine Woche und noch laͤnger ſuͤß und feucht; und iſt den vierten oder fuͤnf⸗ ten Tag beſſer als den zweyten. Mur die Unbequem⸗ lichkeit iſt dabey, daß die Laibe, bey heißem Wetter, nach vier oder fuͤnf Tagen, leicht einen duͤnnen Schimmel auswendig bekommen; eine gute Haus— wirthinn aber wird dieſem auch abzuhelfen wiſſen, ſie muß naͤmlich das Laib ein wenig in einen warmen Ofen legen, nachdem das friſche Brodt heraus gez nommen iſt, alsdenn aber muß es wenig Stunden | darauf 112 Eine verſuchte Art vortrefflicheg sc. darauf, nachdem man es von dem Schimmel gereis niget hat, gegeflen werden, fonft würde * trocken und unangenehm. Die kleine Menge des Rocken- und Habermehis: bey diefem Brodte, bringt dem gefäuerten Brodte fehr viel Vortheil. Es ift nicht zu befehreiben, was für einen angenehmen Gefhmad das Brodt durch dieſe Bereinigung erhält, und wenn man das Haber- mehl weglaͤßt, fo ift es erfiaunlich, wie viel der Ge: ſchmack dadurch fehlechter wird, auch ift das Brodt alsdenn nicht fo leicht, und am Gaumen fo zer brechlich. Man muß gleichviel beſorgt ſeyn, ‚ gutes Rocken⸗ mehl und Habermehl zu erhalten. In den london= fhen Loaͤden nnd man beydes oft abfcheulich schlecht. Inhalt. I. Siffond neue Verbeſſerung der Waſſerplumpe S. 8 II. Jacobi Sammlung einiger Erfahrungen und Anmer⸗ kungen uͤber die Waͤrme und Kaͤlte in freyer Luft 6 III. Verſuch uͤber die Frage: Auf welche Weiſe kommen Handel und buͤrgerliche Freyheit, eine der andern zu Huͤlfe, und erhalten ſich einander? 26 IV. Fortfegung von Hanovs hiſtoriſchen Nachricht Don | [bing. V. —* Kaͤſtners Anmerkungen uͤber die Zufeinitehen Bung der mathematiſchen Linie aus Puncten. 90 VI. Baumerd Beobachtung von einem Niederfalle der * rat, die durch die Electricität geheilet 7 98 vi. Ein verfuchte Art vortreffl. Brede zu backen 109 KR *X x Hamburgiſches Magazin, gefammlet Schriften, Naturforfhung und den angenehmen Wäiſſenſchaften überhaupt, Des ꝛiſten Bandes zweytes Stuͤck. Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Frepbeit, | Hamburg und Leipzig, | bey Georg Eprift. Grund und Adam Heine, Holle, 1758 DR rl Dr A er un” 3 kan n J— 5 far —5 N 9 [7 3 j i —— — J a ir Way? 9 1% Ye, Ali KR ah —— Ed * h u * Johann David Michaelig, Prof. zu Göttingen, Geſchichte des Glaſes und der glaͤſernen Gefaͤße bey den Hebraͤern. Aus dem ra Theile der Comment, Soc. Goett. reg. uͤberſetzt von Paul Gottlob Lindner. —* Die Gelegenheit und der Eingang der Abhandlung. Ay aß die Geſchichte des Glaſes, welche > unfer Here Hamberger ausgearbeitet bat, Ihren Beyfall, meine Herren, —— erhalten habe, weiß ich von Ihnen —*8* amd wenn ich es nicht wüßte, fo wuͤrde ich eg doch glauben, und aus meiner Empfindung auf bie 92 Idhrige 16 Gefihichte des Glaſes Ihrige gleichfam muthmaßen. In diefer Abband- lung redet er von den Griechen, Sateinern und ans dern Voͤlkern, welche das Glas. von den Phoniciern erhalten, und fich defielben bedienet haben, ſehr vollftandig und gelehrt, Paläftina aber, wo, wie bekannt ift, das Glas entftand, und erfunden wurde, nachdem er die Erfindung diefes Sandes, und die un— erfchöpflichen Reichthümer des Fluſſes Belus, aus dem Plinius, Tacitus, und andern Schriftftellern bewiefen hatte, hat er hernach nicht weiter berührer; ob er diefes aus allzugroßer Zurückhaltung und Bes fcheidenheit, oder aus Liebe gegen mich, um mir Diefe Materie zu überlaffen, gethan habe, kann ich nicht leicht fagen. Ich will alfo, mit Ihrer Erlaub- niß, mich diefer Abhandlung unterziehen, und fie fo weit fortfeßen und ausarbeiten, als es der große Mangel alter Machrichten erlaubet: fie fcheine mie auch für diefen Drt und für diefe Berfammlung um defto anftandiger zu feyn, da ich mich anbeifchig mache, das erfte Altertbum des Glafes, welches man faum vermuthet hätte, ins Licht zu fegen, und, indem ich von feinem Gebrauche handle, werde ich ‚Gelegenheit befommen, die Weisheit Mofis von _ einem fchändlichen Irrthume der alten Philofopben zu befreyen, den Urſprung und Die Quelle diefes Irr— thums entweder durch gewiſſe Merfmaale zu entdee en, oder durch Wahrfcheinlichfeiten zu muthmaßen. Wegen eines einzigen muß id) vorhero noch um Ver⸗ gebung bitten. In diefer Berfammlung follten nicht folche Sachen vorgetragen werden, weiche ſchon ans dere, nicht unbefannte, Schriftfteller gefager und ' richtig bewiefen haben; und ich wünfche a efeg bey den Hebraͤern. 17 Geſetz, fo viel als mir möglich ift, auf das genauefte zu beobachten. Allein hie muß ich einiges anführen, und weitläuftiger erflären, was fchon andere, naͤm— lid) Clericus, den ich) übrigens in den Alterthümern und in der Sprache der Hebräer nicht fo ſehr ſchaͤtze, wie ihn andere fchägen, und mein Water, der auch zugleich in dem Hebräifchen mein Lehrer gemefen ift, gefaget haben: denn ich fehreibe eine Geſchichte, wo es, naͤchſt der DBerlegung der Wahrheit, einer der größten Fehler iſt, auch das Befanntefte nicht zu be= rühren. Doch ich kann mich auch auf eine andere Art leicht entfchuldigen. Die Meynung des Elericus. werde ich mehr, als er felbft gethan hat, erläufern und beftätigen ); die Erfindung meines Waters werde ‚ich anwenden, andere Sachen zu entdeden, davon er nichts gefaget hat *): über dieſes habe ic) auch an Ihnen, meine Herren, billige und gütige Richter. 11. Die Namen und der Lauf des Fluſſes Belus, Daß Belus, ein Fluß in Paläftina, wegen fei- nes vielen Glaſes berühmt geweſen ift, das fagen viele, daß aber allda das Glas fey erfunden worden, das finden wir bey dem Plinius. Diefer Fluß ver: dienet bloß wegen diefer Wohlthat, daß man fein Andenfen erneuere, und daß man feinen Lauf durch Paläftina genauer, als bisher gefchehen ift, in den geograpbifchen Charten ausvrüfee Sie, meine Ä —5 Herren, yon. 2)6, X, XL XII. 118 Gefchichte des Glaſes Herren, werden es mir Deswegen vergeben, wenn ich etwas weniges von dem Fluſſe felbft voraus ſetze. Sein Name, unter welchem er den römifchen und griechifchen Sihriftftellern befannt ift, ob er gleich in der hebräifihen Bibel nicht vorfümme, ift doch hebraͤiſch, und, wenn ich mich nicht irre, von Dem zu Ölas fliegenden, Sande bergensmmen. Denn Belus, welchen man hebräifh 53 (bel) fehreiben würde, hat offenbar feinen Namen von gießen: und. Daß Diefes die wahre und erfte Bedeutung des Wor- tes 992 (balal) fey, daher man hernach die Ver— mifhung und Verwirrung genannt bat, finden wir in nicht wenigen Stellen der bebräifchen Bibel, Pf. LXXXXU. ı. 2 B. Moſ. XXVIIN. 40. 3 B. Moſ. II. 4.5. VIIII. 4. und in fehr vielen ähnlichen Stel— len. Ich übergehe die Uebereinftimmung der arabi= ſchen Sprache, und die hebraifchen abgeleiteten Woͤr— ter 9129 (mabbul ) die Ueberſchwemmung, und "yaaW (fchabhlul) die Schnecke, welche eben dieſe Bedeutung beybehalten. Plinius erwähnet einen. andern Namen diefes Sluffes, und nennet ifn Pagidam *); woher aber diefer Name entftanden ſey, ift mir unbefannt. Ich bin ziwar auf die Vermuthung gefallen, daß ev von den hohen Ufern und dem tiefen Grunde, oder von feinem Urſprunge zwifchen Higeln und an dem Fuße des “Berges Carmel ?), fo genennet worden fen: denn bey den Sprern und Arabern bedeutet za (pagh) *) Lib. V. cap. 19. 3) Plinies Lib. XXXVI. cap. 26. Intra montis Carme- li radices paludem habens, ...: . ex qua naſci ereditur Belus, . , . vado profundus, bey den Hebraern. m (paghk) ein enges Ihal, oder einen Weg zroifchen zween Bergen. Aus diefer urfprünglichen Bedeus tung pflege ich die wahre Lage von Bethphage zu be= flimmen, und den Knoten, welchen Reland, der Vater der hebräifchen Geographie, für unauflöslic) gehalten hat, aufzulöfen *). Allein, dieſes ift eine Muthmaßung, und ich fahe nicht gern, wenn fie demjenigen, was gewiſſer ift, und was ich im Folgenz den anführen werde, zum Nachtheile gereichen follte. In der hebräifchen Bibel koͤmmt entweder ſein Mame gar nicht vor, welches auch bey fo einem gerin= gen Fluſſe Fein Wunder ift , der in der Nachbarfchaft des Berges Carmel, und der Stadt Ptolemais fließt, als weldye Gegenden, die mehr den Phoͤni— eiern, als den Iſraeliten, eigen waren, kaum einmal 4 in 4) Er wundert fich in feinem Buche Palaeftina, ©. 652. mie doch die Talmudiſten Bethphage bis an die Mauern von Serufalem haben füsen koͤnnen, da es doch 15 Stadien von der Stadt entfernet ges weſen iſt. (Er Hatte fich aber auf die Art befinnen follen, wie dieſes Wort recht gefchrieben würde; und diefe haͤtte er von dem ſyriſchen Heberfeger ler⸗ nen Fönnen, (Beth Pagho). Diefed Wort kann eigentlich (proprie) einen Flecken bedeuten, wel cher in dem öftlihen Thale des Delberges Tiegt, oder uberhaupt (appellatiwe ) da8 ganze Thal, wels ches um den Berg herum iſt, und auch das, wels ches Jeruſalem von dem Berge trennet. Folgen: des aber will ich nur beylaͤufig anmerken. Es kann fehr vieles in der Geographie von Palaflina verbeflert und erfläret werden, wenn man auf bie Rechtſchreibung der Wörter Acht hat; dieſe aber ' En man fehr oft bey dem fprifchen Ueberſetzer nden. | — 120 Gefchichte des Glaſes in der hebraͤiſchen Geſchichte Erwaͤhnung gethan wird, die ſich mehr mit der Mitte des Landes be— ſchaͤfftiget, ſo daß fie die Stade Ptolemais nur ein— mal’), der fehr berübinten Gegenden aber um den Berg Carmel niemäls gedenft: oder wenn er ja einen Namen hat, fo wird er 32% Gichor Libnath ) fo. zu fagen, Luteus Albae (der Gelb lichte, der VDeige) genannte. Wenigſtens wird, bey der Befchribung der Gränzen der Kinder Affer, der Berg Carmel, woher der Belus koͤmmt, mit Sihor Libnath verbunden °). Schon He land ift bier auf einen Fluß gefallen, und hat den Fluß der Crocodile (Crocodilön ) verftanden, von dem er glaubt, daß er wegen der vielen Croco— dile Sichor genannt wird , welches außer dem der Namen des Nils, des Vaterlandes der Cro— codile ift. Ich will diefem Manne, der fi um die bebräifche Geographie unfterblich verdient ge— macht bat, nicht das entgegen ſetzen, was ihm Herr Chriftian Muͤller7) entgegen gefest bat, nämlich) es wäre nicht ausgemacht, ob in irgend einem Fluſſe des gelobten Landes Crocodile geweſen wären: denn darwider ift Pocok ein wichtiger Zeuge, welcher bes ſtaͤtiget?), daß eben diefer Fiuß bey Cäfarea, mel- hen Reland für den Fluß der Erocodile hält, voll von wahren, obgleich etwas Kleinen Crocodilen fey. Ich will ihm etwas gemifleres einwenden. Der öluß 5) B. der Richter I. 31. 6) Joſuà XVII. 26. 7) In Satura Obferuationum Sacrarum, einem ſehr gelehrten und nüußlichen Buche ©. 50, | 3) Obfervations on Palefline &. 58, bey den Hebraͤern. 127 Fluß der Erocodile, wenn es der ift, den Reland mennet, fließt nahe bey Caͤſarea, und ift zu weit von dem Carmel entfernet, als daß er entweder bey der Befchreibung der Gränzen mit dieſem Berge verbunden werden fonnte, oder daß man meynen dürfte, die Graͤnzen der Afferiten hätten fich bis dahin erftrecket: dahero kann unfer Sichor bey dem Berge Carmel nicht der Fluß der Erocodile (Crocodilöir ) fen. Wenn man aber unter Sichor Libnath einen Fluß verftehen will, welches die Ausleger vielleicht deswegen gerne haben thun wollen, weil Sichor auch von einem andern Fluffe, naͤmlich dem Nil, aebraus chet wird, fo ſchicket ſich kaum ein anderer Fluß zu dem Namen und der Sage, außer der fehr berühmte Fuß, Belus, welcher aus dem Fuße des Berges Carmel entfpringe. Es iftfehr befanne, daß ver Mit, wenn er von dem äthiopifchen Leime und Regen auf- ſchwillt und trübe wird, wegen der aelblichten oder leimichten Farbe feines Waflers den Namen ww Sichor hat’), und daß die fiebenzig Dolmerfcher, BL UHR N 5 welche ) Man fehe von diefem Namen Iablonskii Pantheon Aegypti L. TI. c. I. $. 4.. Chriſtian Müller hat im 4. Cap. Saturae Obferuationum dem Nile diefen Namen abgefprochen, wenigſtens an den meiffen Orten, wo man ihn vom- Dil erklaͤret: er gefteht aber doch, daß der Nil Ser. I. 18. fo genennet werde, umd ich ſehe nicht, warum er bey of. © XI. 3. anders denft, da. er. mit vieler Gelehrfam— keit beweiſt, daß fich Palaͤſtina bis an die peluſiſche Mündung erftrecker habe. Die griechifihen Ueber: feger haben es zwar anders erfläret, und es nicht fir den Namen eines Fluffes , fondern einer Wuͤ— ſten vor Aegypten angenommen: warum fie aber dieſes 122 Geſchichte des Glaſes welche das Stammwort davon wußten, dieſes Wort durch ıynov überfeßet haben '%); denn das Wort "mu (fachar) bedeutet nicht eine jede Schwaͤrze, fondern die gelblichte und düftere, welche man nach) dem Lntergange der Sonne, und vor ihrem Aufgan- ge am Himmel fieht, Daher auch dieſe gedoppelte Daͤmmerung und aud) fo gar der Anfang der Nacht er (fac har) genannt wird *2)]. Bon eben diefer leimmichten Farbe hat aber der Belus eben fo wohl, als der Nilus felbft, Sichor genannt werden koͤnnen. Hier ſind, nicht meine, ſondern des Plinius Worte: Er laͤuft langſam, iſt zum Trinken —— allein dieſes gethan, und den Aegyptern geſchmeichelt ha⸗ ben, das kann niemanden unbekannt ſeyn, welcher dasjenige uberlieft, was eben dieſer Verfaſſer ſelbſt von den Graͤnzen Aegyptens und des gelobten Lans ſen find, anfuhret. Doch hiervon wird in dee Folge geredet werden. 10) Jer. II. 18. 0) Die Sache iſt deutlich, mern man Joel I. 2, “ fiel: Ein Tag der Sinfterniß und Der Dunkeln VNacht, ein Tag der Wolfen und des ſchwarzen Regens, gleichwie ſich die Dämmerung über die Berge ausbreitet. Wenn man mit andern über: feßen wollte, wie ſich die Morgenroͤthe über die Serge ausbreitet, fo wäre Die Bergleichung ſehr widerfinnig. Denn wer wird wohl den ſchwaͤrze⸗ ſten Tag, und Die Heuſchrecken, welche die Sonne entziehen, der Morgenroͤthe vergleichen? Solche Sachen erhalten zwar den Beyfall der Ausleger, wenn man ihren Ausſprüchen ja einiges Anſehen laſſen muß, At non vr placidis co&ant immitia, non ve Nox media Aurorae geminetur, Lucifer vmbris. bes, die zu verfchiedenen Zeiten verfchieden gewe⸗ bey den Hebraͤern. 123 allein heiligen Bebrsuchen gewidmet, (viel: leicht gefchahen bier die Taufen und andere Reini— ‚gungen, wozu er fi) auch eher, als zum Trinfen, ſchickte) er iſt trͤbe. + 5 » Ylur beyaufges ſchwollenem Meere geftebt er feinen Sand: ‚denn wenn diefer von den Wellen bin und ber geworfen: ift, fo verliert er den Korb, und wird glänzend *). Von diefem Sande, den er erſt nach abgefpültem Kothe geftand, kann er zum Unterfchiede eines andern Sicher , nämlich des Nils, den Zunamen der Weiße befommen haben, und gleichfam auf: eine wunderbare und widerfprechende Art der Gelblichte der Weiße (Luteus Albae) ge= nannt worden ſeyn. Es wird weiter unten eine ans dere Gelegenheit geben, von diefem Namen zu hans deln: Wenn ihn jemand mit dem Heren Müller dem Fluſſe abfprechen follte, fo wird er ihn doch dem fandigten Ufer laffen, durch welches der Fluß Belus in das Meer fällt. Man koͤnnte auf die Gedanken fommen, daß er in den mittleren Zeiten, und zur Zeit der Kreuzzuͤge der füße Fluß genennet worden fey. Denn 2305 hadin, der vertraute Minifter des großen morgen= ländifchen Kaifers, Saladin, gedenfet, in der Dez bensbefchreibung des Saladin "*), eines füßen Sluffes nicht weit von Prolemais, an melchen ver Linke Flügel der Saracenen gereichet hat, Da je das ager *) Lentus currit, infalubri potu, fed caerimoniis facer, limofus, - - - Non nifi refufo marı arenas fatetur: fluctibus enim volutatae nitefcunt, derritis fordibus. 2) ©. 99, 124 Sefchichte Des Glaſes Lager der Franken, welche Ptolemais belagerten, eingeſchloſſen hielten. Der Berfaffer des geographi⸗ ſchen Regifters meynet, es waͤre der Fluß Belus; und es ftreitet auch mit der Lage der Derter nicht, denn einem Kriegsheere, welches die Belagerer von Ptolemais einſchließt, liegt ver Fluß Belus zur Iin- fen Seite. Da aber nad) eben diefer Lage der Der: ter auch der Fluß Kiſon verftanden werden Fann, wenn man nur das Lager über den Belus hinaus feget, welches aud) der Klugheit eines Feldherrn, die bey Ermählung eines Lagers auf geſunde Baͤche zu ſehen befiehlt, ſehr gemaͤß iſt, ſo wollte ich hier lieber dieſen Fluß, als den Belus verſtehen: denn ich ſehe nicht ein, wie der Belus, von dem Plinius ſaget, daß er zum Trinken ungeſund ſey, in der Nachbarſchaft eines andern geſuͤndern Baches, hat koͤnnen den Namen des ſuͤßen Fluſſes bekommen. Dem ungeachtet aber wundere ich mich, daß in der ganzen Geſchichte ſo vieler Treffen ‚ die bey Ptole— mais vorgefallen find, nur eines einzigen Fluſſes ge— Dacht wird, dahero wage ich es auch nicht, bier et— was gewiſſes zu beftimmen. Von den meiſten unferer neuern Reiſenden wird er Belus genennet, ohne daß fie die lateiniſche En— dung des Wortes weglaſſen, welches ein Zeichen iſt, daß ſie das Wort nicht gehoͤret, ſondern nur aus dem Plinius genommen haben. Shaw hat aber doch angemerket ), Daß er von denen, die da her- um wohnen, Kar⸗-dana genennet werde: es wäre zu wuͤnſchen, daß er diefer Namen mit arabifchen Buch» ſtaben gefchrieben hätte. Es in dieſes Kleinigfei- ten; 3) 6. 332. feiner Reifen. bey den Hebrdern. 125 ten; allein e8 wäre zu wünfchen, daß ſolche Sachen von den Erobefchreibern recht aus einander geſetzet würden; denn man wird ftets in der alten Erdbe— fehreibung irren, wenn man wegen ihrer ewigen Denfmäbler, wegen der Flüfle und Berge, noch in den Namen uneinig ift, und irrige Meynungen davon har, | - Allein der Irrthum, den die neuern Erdbefchrei- ber in der Befchreibung des Laufes dieſes Fluſſes be- gangen haben, ift noch größer. Plinius, den man ſo oft der Leichtglaͤubigkeit befchuldiger, (ich will ihn auc). nicht verteidigen, ) der aber doch in Unterſu— hung der Wahrheit gemeiniglich forgfältiger ift, als feine Anklaͤger, befchreibe ihn alfo *): Zwiſchen den Wurzeln des Berges Carmel bar Phoͤni⸗ zien einen Sumpf, der Cendevia genannt wird. Aus ihm entftebt, wie man glauber *), der Fluß Belus, welcher in einem Raume von 5000 Schritten nahe bey der Colonie, Proles mais, ins Meer fliege. Man fchlage die Land—⸗ harten auf, fo wird man fehen, daß fie offenbar mit dem Plinius fireiten: denn da fie ven Bach | Kifon *) Intra montis Carmeli radices paludem haber Phoenice, quae vocatur: Cendevia. Ex ea nafcı ereditur Belus amnis, quinque M. pafluum fpatie in mare perfluens iuxta Ptolemaidem coloniam. 4) E83 ſcheint namlich, daß er nicht fo aus dem Sumpfe, Cendevia, heraus fließt, dag man feben - fönnte, wie er entſteht, fondern daß er unter Dies fem Sumpfe fich anfange.. Go glaubt man, daß der Jordan aus dem Phiala entſteht, man fieht es aber mit den Yugen nicht. | 26 Geſchichte des Glaſes Kiſon aus dem Thabor, einem Berge, der mitten im Lande liegt, entſpringen, und zwiſchen dem Be— lus und dem Vorgebirge Carmel hindurch in das Meer fließen laſſen, ſo, daß er den Fluß und das Vorgebirge von einander trennet; ſo iſt es unmoͤg— lich, daß ihr Belus aus dem Fuße des Carmel ent- ſpringen kann, fie geben ihm deswegen einen andern und ganz verfchiedenen Urfprung ”). Diefen Irr— ehr thum 15) Die Gelegenheit zum Irrthume hat, wenn ich mich nicht irre, dag vierte Capitel des Buchs der Richter, das man nicht recht verffanden hat, ge geben. Denn darinn befich!t Debora dem Barak und den Siraeliten, daß fie den Berg Thabor eins: nehmen follten; und feet im Namen Gottes hinzu: Denn ich will Siflere zu Die zieben an das Waf: fer Rifon, mis feinen Wagen und mir feinee Wienge, und will ibn in Deine Sande geben, Da man gefehen bat, daß der Kifon und Thabor hier zuſammengeſetzet find, fo hat man geglaubet, Daß jener aus Diefem entffünde. Allein diefe Muths maßung entfernet fich ſehr weit von der Wahrheit. Das Treffen ift nicht bey dem Berge Thabor ges Halten worden, und Siſſera, der viel Gichelma: gen hatte, wollte auch nicht das Kager der Iſrae⸗ Jiten auf einem hohen Berge angreifen; dieſe Fonts sen vielmehr auf dem Berge fo lange ficher feyn, bis eine fattfam ſtarke Armee von ihnen zufammen gekommen war; Giffera hingegen wollte fein La⸗ ger in der Ebene aufichlagen, den Dre bey dem Kiſon, der, wie wir oben gefehen haben ‚dazu ſehr bequem war, einnehmen, und die Iſraeliten da er> wartet. Daß die Sache fo gefchehen ſey, und daß die Sfraeliten von dem Berge herabgefommen, und das Lager des Siſſera von freyen Stuͤcken ans gegriffen haben, nicht aber in ihrem Lager ange⸗ griffen bey den Hebraͤern. 127 thum hat nicht nur Reland begangen, dem er aber ſowohl wegen feiner übrigen unfterblichen Berdienfte um die Eröbefchreibung von Palaͤſtina, als auch deswegen leicht zu vergeben iſt, weil er lange vor dem Herrn Shawo, der erſt etwas beiferes fagte, gefchrieben hat: fondern auch Die neuere Charte von Naläftina bat ihn beybehalten, den fie ſehr wohl hätte vermeiden Fünnen, weil fie im Jahre 1744, und alfo nach dem Shaw erft geftochen worden ift; Dasjenige aber, was Shaw wider ven allgemeinen Irrthum, theils als ein Augenzeuge fehreibt, theils auf einige Art durch eine geographifche Charte erläus tert, ſtimmet vollfommen mit dem Dlintus überein, Er faget folgendes: Da ich suf meinen Reifen den oberfien Theil des Berges Carmel, wel: cher gegen Mittag und Morgen zu ſieht, be; füchte, fo war ich fo glücklich, und fahe die Duellen des Rifon. Drep oder vier ſehr reis che, welche Ras el» Rifon, oder das Haupt des Riſon genennet werden, geben «allein die Haͤlfte desjenigen Waſſers, welche für die Iſis bey Oxford (ein nicht zu verachtender Bach) binz laͤnglich wäre; es kommen noch andere klei⸗ nere Duellen dazu, welche nsber am Meere find, und den Fluß ernähren und vergrößern. — — Ueber die Duellen des Riſon binsus gegen Mittag und Morgen, ımd an dem Ufer des Fluſſes von Morgen und Mitternacht erz firechen ſich Huͤgel, welche dss Thal Rifon von griffen worden find, das fehen wir aus, dem ı4ten Verſe eben dieſes Kapitel, x y 128 Befibichte des Glaſes von der Esdraelonenſiſchen Ebene sbfondern. (Hier ſieht man alfo die Unmöglichteit, daß der Kie fon auf vom Berge Thabor, der mitten in ver Ebene liegt, entſtehen, und durd) eben diefelbe Ebene, wie . man es gemeiniglich vorftellet, in das Meer fließen follte!) Der Delus, welcher iso Kar⸗dana beißt, bricht vier Meilen uber Rafel»Kifon gegen Morgen bey diefen Huͤgeln hervor; (diefe Hügel ſcheinen vagjenige zu feyn, was Plinius die Wurzeln des Carmel nennet,) wo- einige Suͤmpfe find, davon der größte wol, nach meinen Gedanken, der Cendevia des Dlinius if. Da alſo der Delus durch Eeine Reihe Aus gel von der SEsdrselonitifchen Ebene getrenner it, ſo kann es wohl ſeyn, daß er von den 65 chen des Thabor einiges Waſſer befömmtez daß aber erwas davon in den Kiſon Fommen kann, das glaube ich, wegen der ſchon ange⸗ führten Urſachen, niche: fein Lauf iſt auch nicht fo, wie ihn die Kröbefchreiber bisher gez zeichnet haben *). | a | UI, Der *) S. 331.332. der englifch. erften Ausgabe. Nach- dem ich dieſes gefchrieben habe, jo erhalte ich Bries fe von einem alten Freunde, welcher einwendet, daß Pocok ©. 55. Theil ter erzable, es wäre ibm. geſaget worden, Daß Der Rifon auf dem Berge Thabor gegen Mittag zw entffünde. Allein ich antworte hierauf, erſtlich bat Pocok nicht Die Duelle gefeben, fondern er erzaͤhlet, was ihm er: zaͤhlet worden iſt, und er feßet hinzu, daß er felbft daran zweifele: ferner kann der Irrthum derer, die es erzahlet haben, daher entſtanden feyn, weil einige bey den Hebraern. 129 II. Der Sumpf Cendevia, aus dem der Belusentfpringt, bey dem Plinius, ift ebender, welcher im Bucheder Richter der Sumpf Megiddo genannt wird, Da ich mich oft gewundert habe, und beynahe unzufrieden worden bin, daß des Sumpfes Tendevia, aus dem der Belus entſpringt, gar nicht. in der he— bräifchen Bibel gedacht wird, auch nicht einmal fein hebräifcher Name aufbebalten worden ift, da doch in Palaftina nur wenig Sümpfe find: fo habe ich, feitdem ich unter dem Namen Sicher den Belus ge= funden habe, mich bemüher, auch einige Spuren von diefem Sumpfe, wenn es anders möglich wäre, zu entdecken. Es kam mir, fein anderes hebräifches Wort entgegen, welches fich auf irgend eine Art zu dem Cendevia gefchickt Härte, als Megiddo (30), ein Sumpf, ein Thal, eine Stadt. Daß der erfte Buchſtabe des Wortes nicht zum Stammworte ge⸗ hoͤret, wiſſen Diejenigen, die nur etwas vom Hebräi= ſchen gelernet haben. Wenn man diefen wegnimmt, fo bleibe Giddo übrig, oder, um die bebräifchen R | Buchſta⸗ einige Quellen bey dem Thabor hervor brechen und in den Belus fließen. Endlich iſt es auch wegen der Lage der Orte, von der ſchon oben gehandelt worden ift, nicht möglich, daß der Kifon unters am Thabor entipringen Fann. Das Zeugniß des " Plinias von diefer Lage, zu deffen Zeit man gewiſ—⸗ fer, als zu der unferigen, wußte, welches der Ber lus und welches der Kifon wäre, diefes Zeugniß kann mit der Erzählung oder Muthmaßung des Pocof gar nicht vereiniget werden, 21. Dand, ah 130 Befchichte des Glaſes Buchſtaben zum Nutzen derer auszudruͤcken, welche von dem Hebraͤiſchen nichts wiſſen, und dieſes leſen, Giddov '°): wer nur die erſten Regeln der hebräi- ! ſchen 16) Wenn man dem Worte Siddo eine allgemeine Bedeutung geben wollte, fo ware Megiddo ein Hrt, mo Giddo iff: denn diefes iſt Die Bedeutung des M, wenn ed den Hauptwoͤrtern vorgefeget wird, Wir wollen alfo fegen, daß die vielen Gümpfe, die Shaw gefehen bat, waren Cende— vien genennet worden, jo wird Megiddo der Urs Der Eendevien feyn. Mehreres getraue ich mir nicht von der Abſtammung anzuführen, weil alles dieſes bier ungewiß und zweifelhaft ware. Der Herr Prof. Simonis ©. 354. Onomaftici facri meynet, dad Wort Fame von 93 (gdhudh ) ein Haufen Leute her, und bedeute einen Ort, wo ein großer Haufen Leute ift, weil in diefer Gegend fehr viel Treffen vorgefallen waren. Al— fein der Name ift älter, als diefe Schlachten, und fihon zu Zeiten des Joſua befannt gemefen, weil von ihm gefaget wird, er hätte den König zu Me— giddo überwunden. Wenn diefes nicht ware, fo koͤnnte ich auf eine andere und vielleicht wahrfchein- lichere Art, wenn ich das Wort mit einem %7 fihriebe, ( Bindoo und Megindov) eben diefe Be— deutung dem Worte geben: denn Bond bedeutet eine ordentliche Armee, nicht aber wie 93 (gdhudh) einen herumſchwaͤrmenden Haufen, der plündert. ch wollte e8 aber doch lieber mit dem orabifchen (Ganad) ein fleinigtes Land, Das an weißen Steinen einen Weberfluß bat; oder mit - Baba, für Badara, er iſt defloffen, vergleichen: fo daß er entweder von der Natur des Erdbodens, oder von den hervorfließenden Waffern Cendevia genennet worden ift. Allein ieh bin hierbey unge» wiß, und weiß. nicht, was ich wählen fol. _ bei) den Hebraͤern. 131 fehen und chaldäifchen Sprache gelermet hat, der weiß, daß diefes Wort entweder von Gindov, durch eine bey den Hebraͤern fehr gebrauchliche Zufammenzie« bung, herkommen, oder, wenn es von dem Stamm: worte Giddov wäre, von den Chaldäern, welche ‚die doppelten Buchitaben in ein N aufzulöfen gewoh⸗ net find, Gindov gefchrieben und ausgefprochen werben kann. Da ich alfo fahe, daß Megiddo und Cendevis dem Schalle nach fehr mit einander über- ein famen, wenn man anders nach der Abftammung und den Regeln der morgenländifchen Sprachen ur= theilet: fo fing ich an zu unterfuchen, ob nicht Me— giddo der Sumpf Cendevia ſeyn fonnte? Miches ift mir vorgefommen, was mic) von diefer Meynung abgehalten hätte, vi le Umftände haben fie mir wahr: fheinlich gemacht, andere haben mich gezwungen, fie anzunehmen. Sch bemerfete, dag Megiddo mit drey Städten zufammengefeßet würde, davon die eine Dora ’”), ohne Zweifel am Meere nicht weit von Carmel geles gen hat; den andern beyden kann man ihren Ort zwar nicht durch ganz gewiſſe Bemeife beftimmen, es ift aber doch fo viel gewiß, daß fie in der Nachbar: fchaft des Berges Carmel geweſen find. Ich meyne Thaenach, bey der er am öfterften fteht *), und Sebleam *). Ich bemerkte ferner, daß er eben “ 2 das 47) Sof. XVII. ı1. B. der Richter I. 27. Bon der Lage der Stadt Dora Iefe man den Reland G, 738 Palaeft. \ | 18) Sof. XII. 21. XVII. n. Buch der Richt. I. 27. V.19. ı 3. der Könige IV. 12. x 2) Buch der Nichter I. 27. 132 Gefchichte des Glaſes das Schickſal gehabt hatte, welches faſt die, ganze Seefüfte um den Carmel, und Prolemais felbft ), wo der Belus das Meer aufnimmt, gehabt hat, namlich, daß er bis auf die Zeiten Davids in der Gewalt der Phönizier geblieben ift *). . Leber die— fes wird auch noch des Waſſers Megiddo gedacht, oder, um e8 recht auszudrücken, des Sumpfes Me- giddo *). Wenn diefer nicht der Cendevia ift, fo ift. er weder von den Erdbeſchreibern bishero, noch von den Neifenden, noch auch von den Gefchicht- fchreibern des heiligen Krieges entdecket und angezei⸗ get worden. Ferner wird auch ein Thal mit eben diefem Namen erwaͤhnet *°): daß aber diefes Thal von dem Sumpfe Kendevia bis an das Meer hin ſich erftvecket habe, beweijt der Fluß Belus, welcher durch daffelbe fließt. Wollte jemand diefes Thal für, die Esdrelonenfifche Ebene, welche 75 veyx wediev, genennet wurde, annehmen, fo fab ih, daß Diefes meiner Muthmaßung nicht zumider ware; denn Der DBelus, der aus dem Cendevia entfpringt, fließt durch eben diefes Thal, wie ich ſchon oben aus dem Pocok ermwiefen habe. Wenn auch) diefes Die Sache noch ungewiß ließe, fo haben mich doch andere Um- ftande hernad) gewiß gemacht, ala Aus dem vierten und fünften Capitel des Buchs der Nichter ift befannt, daß die Waller Megiddo nahe 20) B. der Richt. I. 31. Aue 433, ber Ian 1 27.22...10.20 | 2) B.der Richt. V. 19. Go wird der Bach Merom Dan ın (Me Merom) die Waſſer Merom genennet. 23) 3, Chron. AXXV. 22. Zach, XII. u. ” bey den Hebraͤern. 133 habe bey dem Fluſſe Kifon gewefen find, fo wie aud) wirklich der Cendevia ift, aus dem der Belus entfteht. Denn da die Phönizier unter der Anführung des Sif- fera bey dem Kifon ihr Lager aufgefchlagen hatten, fo griff fie Barak darinnen an, and verjagte fie dar- aus *); Die Niederlage war fo groß, daß der Kifon die Seichname der Erfchlagenen fortwaͤlzete *); und es wird gefager, Daß dieſes zu Thaanache bey den —— Megiddo geſchehen fen ”°).. Was kann deutlicher ſeyn, als daß der Cendevia hier verſtanden wird, welcher ungefaͤhr 4000 Schritte vom Kiſon enrfernet ist. Ein anderes Treffen — das hier vorgefallen, und für Judaͤa traurig geweſen iſt, davon auch die Schrif⸗ ten der Heiden reden, iſt von groͤßerer Wichtigkeit, naͤmlich da der Koͤnig von Aegypten, Necho, den Joſia bey Megiddo uͤberwand, davon aber Herodo— tus ſaget, daß es bey Magdolon geſchehen ſey, das iſt, in der Nachbarſchaft des Cendevia. Es wird erzaͤhlet, Joſia ſey dem Koͤnige, Necho, da er wi— der Die Aſſyrier oder Babylonier zu Felde zog, bis an Megiddo *7), entgegen gegangen, und habe dafelbft mit ihm, weil ſich ſchon das traurige Schickfal von Judaa naͤherte, ein ungluͤckliches Treffen gehalten. In dieſer Erzaͤhlung werden die Ausleger * zwo nicht gemeine Schwierigkeiten aufgehalten, die auch bis itzo noch nicht aufgeloͤſet ſind, weil man die wah— re sage des Ortes nicht gewußt hat. Denn erſtlich si 3 geben 4) Buch der Nichter IV. 13. 14. 4) B. der Richt. V. ar. 26) 9. der Richt. V. 19 7) 29. der Könige XXIII. 29. 134 Gefchichte des Glaſes | geben fie alle Hoffnung auf, daß der heilige Gefchichts fhreiber und der Herodotus, oder welches einerley iſt, Daß die juͤdiſchen und Agyptifchen Jahrbuͤcher ver- einige werden fonnten, weil Herodotus faget, daß die Schlaht bey Magdolon gefchehen fey *): da nun Diefes Magdolon ein jeder an einem andern Orte ſuchet, niemand aber in der Gegend von Paläftina, to, nad) ihrer eigenen YAusfage, das Treffen vorge- fallen ift, fo koͤnnen fie nichts mehr fagen, als He⸗ rodotus habe geirret: und diefes ift die gemöhnliche Bertheidigung der Untoiffenheit und der Irrthuͤmer unferer Zeitz und wer wollte auch nicht lieber den. Alten Irrthuͤmer, als fi) Unmiffenheit zufchreiben ? Sie fegen hinzu, Herodotus habe noch einen andern Fehler begangen, weil er fage, Mecho habe mit ven Syrern gefchlagen: als wenn die Küden, die ihrem - Urfprunge und ihren Borfahren nad), Chaldäer was ten, von den alten Schriftftellern °°), und von den Aegpptern, denen Herodotus dieſen Theil der Ges ſchichte zu danfen hat, nicht zu den Syrern gerechnet würden, oder als wenn Joſia, der für die Herrfchaft der Afiyrer ſtritte, nicht zu denen, mit welchen er im Buͤndniſſe ftund, hätten gerechnet werden koͤnnen. | Daß 8) 2tes Buch ı5te8 Cap. Zvpamı wech 6 Nexus oua- Baiuv dv waydorw Evienre. (Mach der Goldh. Ueberf. - Cap. 50. Zu Lande lieferte Nechos den Syrern ein Treffen bey Magdolon, und beſiegte fie). 29) Diefed ift deswegen gefchehen, meil, um mich der Worte ded Strabo zu bedienen, alle die, mel: che dießeits des Euphrats, und auch noch weiter hinaus wohnen, die Syrer, die Oſroener, die Al: fprer, die Mefopotanier , einerley Sprache rederen. ey bey den Hebraern. 135 5 - Daß aber die Affyrer eigentlich Syrer genennet wer⸗ den, und von ihnen der Mame der Syrer hergefom- men ift, das iſt ohne Zweifel aud) denen befannt, welche die alte Geſchichte nicht einmal aus den Quel⸗ len gefchöpfet haben ?”). Ferner, weil fie glauben, daß Megiddo mitten in der esdrelonenfifhen Ebene (mein weyarn) liegt, fo können fie nicht begrei- fen, wie der König von Juda dem Könige von Aegypten, der gegen die Aſſyrer zog, von der Mit- ternachtſeite des Landes Judaͤa, und alfo alsdann erft babe fönnen entgegen fommen, da er ſchon fein gans _ zes Reich überzogen hatte. Sie erdichten deswegen wunderbare Urfachen, als: Mecho wäre beftändig an der Küfte geblieben, und hätte Judaͤa nicht über- zogen. Wenn viefes alſo wäre, würde ihm nicht Joſia lieber an die Küfte, an welche Judaͤa gränzer, als nur in die esdrelönenfifche Ebene entgegen gegan- gen feyn. Da ich den Herodotus etlichemal über: lefen habe, fo ift mir nicht nur alles deutlich und ver: ftändlich vorgefommen , fondern ich habe aud) durch ihn, den ich nicht ohne einen wichtigen Beweis für lügenhaft ausgeben wollte, die wahre Lage von Me: giddo gelernet. ch finde Magdoion, wo das Tref- fen geſchehen feyn foll, und welches Marsham, Spanheim ”), Clericus und die übrigen an ganz | J 4 unrech⸗ 2) Berodot. im 7. Buch 63. Kap. von den Aſſy⸗ rerm:.oUros de Und mev EAAyvuv EnaALovro Zvan. ums de ray Bapßapwy "Asoveoı 3uA4Inday rarkus dE merd- ZU Kardasoı. (Nach der Goldh. Ueberſ. Diefe werden von den Griechen Syrer, von den Auslans dern Aſſyrer genannt, und die Chaldaer gehören mit zu ihnen. ) »") Ad Jofephum L. X. c. 5. | 136 Gefchichte des Glaſes unrechten Orten gefuchet haben, an ver Mittagsfeite des Berges Carmel, wo Magdiel nahe an dem Sumpfe Cendevia liegt, zwiſchen Dora und Ptole— mais, deren Sage auch Neland aus den alten Schrift: stellen befchreibe °*), ob er gleich nichts von der Stelle des Herodofus, die er an einem andern Orte unrecht erfläret, gemuthmaßet hat. Beyde Ge: fhichtfchreiber geben alfo einerlen Dre des Treffens an, weil die Kriegsheere, da fie beyde fehr groß wa— ren, fich leicht von Magdiel an bis an ven Cendevia habe erftrecen fonnen. Den andern Zweifel hebt Herodotus auf gewiſſe Weife felbft, indem er erzäh- Net, Necho hätte ungemein große Flotten gehabt, und fi) derfelben bey Gelegenheit bedienet, er hätte aud) die Syrer bey Magdolon zu Sande überwunden *). Wenn ich mich nicht irre, fo hat Necho Judaͤa gar nicht durchzogen, weil er den Sofia nicht noch mehr aufbringen wollte, fondern er landete mit feiner Flot- te in der Gegend des Carmel, und alfo außer den Graͤnzen des Neiches des Sofia, an. Dieſes Ufer 5 iſt 32) Man ſehe Reland in feinem Palaeſtina S. 884. 3) ’Eroumero moos sonenius" ru] Foimpess af ev, wi vn Boenin Sahacon ZmoımIncav , 4 02 2v ro Ayußin x0Aru. Tüv &rı ol 0Axol EmidyAoı. Kay raurn aid Ixyouro dv vo deovrı. Kaj avposı wech 0 Nexws aum- Baruv dv uaydoro dvianse. (Er richtete feine Ge: danken auf Kriegsheere und Saleeren. Diefe wur: den theild auf dem Nordmeere, theild in Dem ara= bifchen Meerbufen auf dem rothen Deere erbauet. Die Schiffswerfte find noch davon zu fehen. Er bediente fich derfelben, mo e8 die Noth erforderte. Zu Rande lieferte Nekos den Syrern ein Treffen bey Magdolon, und befiegte fie. Nach der Goldh. Ueberſ.) bey den Hebraͤern. 137 iſt denen, welche in Palaͤſtina anlanden wollen, am bequemſten und gelegenſten, welches auch die Ge— ſchichte der Kreuzfahrer beſtaͤtiget, derer groͤßter Haufen zu Ptolemais oder in den benachbarten Dr- ten auszufteigen pflegte. An diefer fand er nun.den Sofia, der an einem bequemen Orte, wo oft $ager geftanden hatten, nämlich zroifchen dem Belus und Kifon fein Lager aufgefchlagen hatte. Sich überlaffe es nunmehro Ihrem Urtheile, meine Herren, ob es erlaubet ift, ven Sumpf Cendevia und die Waffer Megiddo oder Gindov an einem Orte aufzufuchen, und diefe beyden Derter , wo zwey fo berühmte Tref- fen vorgefallen find, für einen einzigen zu halten: oder ob man einen andern Megiddo, den aber noch niemand mit feinen Augen bisher gefehen zu haben bezeuget hat, außer dem Sumpfe Cendevia, durch eine ‚ fruchtbare Einbildungskraft, erfinden muß? Wenn diefe Berbefferungen der alten Geographie nicht mis- - fallen follten, fo werde ich vielleicht Gelegenheit ha= ben, alles das bekannt zu machen, was ich in den Defchreibungen von Palaftina als falfch gefunden habe, und noch finden werde, IV. Bor der Gefangenfihaft der zehen Stämme ift ſchon in Palaftina Glas gemacht worden: und vielleicht Hat e8 Jeſaias unter die Reichthuͤmer der Tyrer | gerechnet. Ich will die Geſchichte von der Erfindung des Glaſes, und des durch das ungefaͤhr angemachte Feuer fließenden Sandes im Fluſſe Belus, mit den J5 Worten 33 Gefibichtedes Glaſes Worten des Plinius wiederholen; er ſaget: Die Rede geht, es wäre ein Reufinannsfehiff mit Salpeter da angekommen, und ds die Leute des Schiffes fich an dem Ufer zerftreuer, und etwoss zu effen zubereitet hätten, zugleich aber Mangel an Steinen gewefen wäre, um die Reffel zu erheben, ſo hätten fie Stücken von Salpeter aus dem Schiffe darunter. geleget, und nachdem diefe angebrannt wären, und fich mit dem Sande des Ufers vermiſchet haͤt⸗ | ten, fo wären Öurchfcheinende Bäche von eis ner neuen fluͤßigen Materie gefloffen, und die⸗ fes waͤre der Urſprung des Glaſes *). Da wir aus dem Plinius nicht erfahren, zu welcher Zeit Die- fes geſchehen ift, fu habe ich, indem ich die Bücher des Mofes und Hiobs, davon Diefe vielleicht älter als jene find, durchgelefen habe, angefangen, e8 für fehr wahrfcheinlich zu halten, dag der Fluß Belus ſchon vor dem Einzuge der Sfraeliten in das gelobte Sand wegen Des Glaſes berühmt gemefen ift. Es ift etwas wenigers, wenn ich vorher anführe, daß ſchon vor der aſſyriſchen Gefangenfchaft, da noch ein Theil des Ufers und des Sandes von dem Fluſſe Belus in der Gewalt der Kinder Affer war, aus diefem Sande Glas gemacht worden ift: unterdeffen muß man Doc) ftufenweife gehen, und von der Zwiſchenzeit, der man *) Fama eft, appulfa naui mercatorum nitri, quum ſparſi per ——* epulas pararent, nec eſſet corti- nis attollendis lapidum occafio, glebas nitri e na- vi fubdidiffe, quibus accenfts permixta arena lit- toris transiucentes noui liquoris fluxifle riuos, et hanc fuiffe originem vitri. L. XXXVI. c. 26. bey den Hebräern. 139 man das Glas leichter zugiebt, nach und nach auf das erfte Alterthum zurüd fommen. Zum Beweiſe beffen aber, was ich gefaget habe, ift die arabifche Sprache, welche von den Afferiten Die Benennung des Ölafes Afar hergenommen hat: diefes wäre nicht geſchehen, wenn man nicht zu der Zeit, da der Fluß noch den Kindern Affer gehörere, aus feinem Sande fhon Glas zubereitet hätte. | Mit Furcht und Zurückhaltung feße ich folgende Muthmaßung hinzu: ob naͤmlich Jeſaias, da er die Reichthuͤmer der Tyrer erzählet,, nicht aud) des San—⸗ des Belus gedenke. Mie Furcht, fage ich! Ich läugne nicht, daß der Ort ſchwer ift, und ich geftehe auch), daß man die Erflärung der Neuern, die doch von meiner Meynung gar fehr abgeht, annehmen fann: und doch trage ich Fein ‘Bedenfen, Ihnen, meine Herren, das zu fagen, was ich bey diefer un— ewiſſen Sache denfe. Ich rede von dent driften erſe des 23ſten Kapitels des Tefaias, wo der Pro= phet die zu feiner Zeit höchftblühenden Umſtaͤnde der Tyrer befchreibe; feinen Sinn fonnte man alfo ausdrüden: auch Tyrus hat in feinem fandigten und unfiuchtbaren Lifer feinen Nil und feine Erndten, welche mit dem Nil und den Ernd⸗ ten Aegyptens fireiten Eönnen *). Daß auf den Mil hier gefehen werde, daran Fan niemand zwei— feln, der nur das Hebräifche lieft, denn es ift be— kannt, daß ihn die Hebräer Sicher, oder den Dune | feln, *) Nach der lutheriſchen Ueberſetzung: Und was für Fruͤchte am Sichor, und Getrgide am Mailer wuchs, brachte man zu ihr binein Durch große Waſſer. 140 Geſchichte des Glafes keln, wegen bes, von dem äthiopifthen Leime trüben Waſſers, nennen. Wenn auch Diefer Name andern Fluͤſſen oder Ufern gegeben wird, fo beweiſet doch das Folgende, daß der Prophet den Nil hier in Ge: " Danfen gebabt hat; denn mit dem Sicher ftimmer überein ANY (jor), welches zwar nur einen Fluß bedeutet, der aber Doc) deswegen fo genennet wor- den ift, weil diefes ein ägyptifches Wort, und dem Nil eigen gewefen ift ), von dem es hernach auch bey andern Bächen und Flüffen angewendet wird, . Man hat aber diefen Ders auf zweyerley Art er: Fläret; die eine hat beynahe allen Neuern gefallen, Die andere hat ung der alex andriniſche Ueberſetzer auf- behalten, von dem ſie in die ſyriſche und arabiſche Ueberſetzung gekommen if; diefe hat unlängft an dem Herrn Chriſtian Muͤller einen ungemein ge: Iehrten, ſcharfſinnigen und bey diefer Sache vor- züglich befcheidenen Bertheidiger erhalten ?°). Die meiften unter dei Metern: glauben, der Handel der Tyrer würde bier erhoben, wodurch diefe den Aegy— ptern gleich kaͤmen, und wodurch die fehr reichen Ernten von Aegypten, welches dem uͤberſchwemmen⸗ den Mil fie zu danfen hatte, mehr inden Scheunen der Tyrer, als Aegypter aufbehalten würden. Ich will nicht läugnen, daß die Worte dieſe Auslegung leiden Fonnen, und ich will fie auch nicht: mit den Bewei— fein angteifen } welche Herr Ba Möller ge braucht 35) Man fehe Jablonskii Pantheon Lib. II. eap. 1. 2. ©. 142. 143. u 393 Ins Satura Obferuationum philologicarum maxi- mam partem facrarıım. Lugd. Batau. — S. 51. 52.53. bey den Hebraͤeru. 1 braucht hat 7): es iſt doch aber nicht ein ganz gerin⸗ ger Zweifel, wenn man nach dem Zeugniſſe des Ezechiels 37) Die Rede, ſagt er, iſt ziemfich matt, wenn men den Nil binein brinat. Deun was foll das feyn, Das Getreide Des "Hils, die Erndte des Fluſſes? Erſtlich iſt es nicht nur an und für ſich bare, (ich. fehe nichts hartes. Das Getreide deg Pils wird dasjenige feyn, welches man dem Nil, welcher die ägyptifchen Aecker uͤberſchwemmt, und befruchter, zu danken hat.) fondern es verdunkelt auch die folgende Metapber, nach welcher der Prophet das Getreide, die Erndte des Fluſſes oder des Nils nennet. Wenn man fagen wollte, das eine ſtuͤnde zur Verbeſſerung des andern da, “fo würde man nichts fagen. (Ich ſage nicht zur Verbeſſerung, ſondern nach der Gewohnheit der ebraͤer, welche eben denſelben Satz in einer erha— benen Rede zweymal auszudrücken, und nur die Wovooͤrter zu verändern pflegen; von dieſer Ueberein— ſtimmung der Sage hat unlänaft am beffen gehan⸗ delt Lowth de facra poefiHebraeorum, Prael. ıy.) Unterdeſſen will ich Doch nicht verbelen, daß ich auf eine Stelle des Plinius Fommen bin, wo das Getreide und Die Erndre des KLils verbunden wird, Sie ſteht in der Kobrede, welce er auf den Tra⸗ jangebalten bat. „Die aufgebiafene $ Nation war „ſtolz, daß fie zwar überwunden worden wäre, „aber Doch ihren Ueberwinder ernäbrete, und „daR in ibrem Slufe und in ihren Schiffen, „entweder Ya Ueberfluß, oder unſer Bun— ger waͤre. Wir haben aber dem Nil feine „Schaͤtze zuruͤck gefchider, er bat fein Getrei— „de, Das er uns gefcbide batte, wieder em: „pfangen, und Die ausaefübrten Erndten find „wieder bingebradit worden., Ob diefe Worte gleich mis den Worten des Jeſaias ſebr wobl uberein 142° Gefthichte des Glaſes Ezechiels *) faget, den Tyrern wäre das Getreide nicht aus Aegypten, fondern aus Paläftina zuge⸗ bracht worden. Und diefes darf auch, ungeachtet der fehr reichen Ernöfe in Aegypten, nicht wunder - bar feheinen. Denn in dem alten Aegypten, dag noch nicht durch Die Siege der Fremden verwüftee war, mar die Anzahl der Einwohner erftaunensmwür- dig ); und überdiefes wurde Das Getreide nicht allein überein Fommen, fo find fie Doch nicht fo genau diefelben, daß man aus ihnen etwas wider meine Erklaͤrung sieben Eann. Plinius erwaͤhnet den Yıilnur einmal: (ich fehe nicht ein, was dieſes zur Sache thun fol, da er von dem Getreide ded Nils, und auch von den Erndten redet,) über dies fes bedeuter Das Wort UN (fera), deſſen fich , Jeſaias bediengt, nicht ſo wobl das Getreide, als den Saamen , (es bedeutet auch bey den Hebräern die aud dem Saamen aufgegangene! Saat,) der Saame des Nils aber wird febe dunkel von dem Getreide gefagt, welches durch den Ausgetrete- nen Sluß bervor wicht. (Nach meiner Meynung iſt es nicht kuͤhner, die Saaten des Nils zu fagen, als das Getreide des Nils: wenn andere anders denken follten, fo ift ed doch billig, daß man dem Jeſaias, einem Dichter, and noch Dazu einem mor⸗ genländifchen Dichter, mehr Freyheit in dem Worten giebt, als dem Plinius, einem Redner, und zwar einem lateinifchen Redner. ) 38) Cap. XXVII. ı7. Wenn man bey folchen weit entfernten Sachen doch noch etwas neueres annehs men will, fo ſehe man Apoft. Gefch. XII 20, 39) Was ich von den vielen Einwohnern des alten NRegyptens denke, daB habe ich in dem 7ten wur | er | bey den Hebraͤern. 143° allein zum Effen, fondern auch, wegen Mangel des Weines, zum Bierbrauen gebraucht. Da ferner das alte Aegypten weniger Handlung mit den Aus: wärfigen, und auch deswegen weniger Gelegenheit ‚hatte, das Getreide auszuführen, fo glaube ich, daß auch weniger Getreide erbauet worden ift, als unter _ den Römern, welche die Arbeitfamfeit ver Landleute durch ihre gewiſſe Ausfuhr des Getreides anreizeten. Denn gemeiniglich bringe ein Sand um fo viel mehr Getreide hervor, je mehr aus demfelben geführet wird, weil die Bemühung des Ackermanns dadurch angezündet wird: ein fehr wichtiges und zu unferer _ Zeit ſehr befanntes Benfpiel davon it England *). Die andere Erklärung, welche das Anfehen der griechifchen Ueberſetzung vor fic) hat, lieft nicht mit unfern Handfohriften NIE (Sichor), fondern MW ‚(Socher), und giebt es Kaufleute. Der Berftand der Worte wäre alfo diefer: Tyrus bätte zwar ‚auf den Seldern keine Erndte, allein auf dem Meere, welches wunderbar wäre, bätte es eine Erndte von Raufleuten. Allein, wider diefe Lesart oder Auslegung ift folgendes: erftlich. wird in diefem der Relationum de libris nouis ©. 207: 211. ges fagt ; ich habe die Mittelſtraße zwifchen Bume und + Wallace ermablet. #4) Bon diefer Materie verdienet gekefen zu merden Effay fur la police generaJe des grains. Londres 1753. und Remarques für les avantages et defa» Vantages de la France er de-la Grande Bretagne par Raport au Commerce, traduit de l’Anglois du Mhevalier lebn Nickoks, ©, 82: 101. 144 Gefchichte des Glaſes diefem und dem vorhergehenden Berfe ID (focher) ein Kaufmann und MMO (Ihhar) eine Handels fisdt mit einem Samech gefhrieben, da hingegen unfer Wort fi mit einem w anfängt; hernach ftim= men auch) nicht die Glieder des Verſes mit einander überein, worauf man doc) in der hebräifchen Poefie am meijten fehen muß. Denn für unfer Ar, wels ches, wenn man es mit den Vocalen i und o lieft, der Name des Nils ift, ſteht in dem. folgenden - Gliede Ans (jor), welches ebenfalls die Benen— nung des Nils, nicht aber der Kaufleute feyn Fann. Wir wollen einen andern Weg, diefe Stelle zur erklären, verfuchen, auf den zu meiner Verwunde— tung noch niemand gefallen ift. Daß das wegen des - Glaſes fehr berühmte Ufer lange hernach, nochals die Iſraeliten Paläftina eingenommen hatten, unter der Gewalt der Phonizier geweſen ift, und diefe wenig - ftens einen Theil von dem reichen Sande gehabt has ben, das wird niemand leugnen, der fich erinnert, daß die Sfraeliten Ptolemais., Cendevia, und andere benachbarte Derter den Phöniziern nicht entriſſen has ben *). Man fann für gewiß annehmen, daß die ſehr mächtigen Tyrer zur Zeit des Jeſaias, oder nac)- dem die Umftände der zehen Stämme fehr fchleche waren, oder ihr Meich völlig zerftöret war, Diefes Ufer werden eingenommen haben. Sie haben ſich auch auf alle Art bemüher, die Kunft, Glas zu ma= chen, für fich eigenthuͤmlich zu behalteft, oder doch vorzugeben, fie wäre allein bey ihnen, und fonft nir⸗ | | gends #2) Buch ber Richter I. 27 2231. 3 sell « bey den Hebraͤern. 145 gends zu finden; und dieſes will ich auch weiter uns ten aus dem Strabo bemeifen. Die Duelle diefer Keichthümer war ein Eleiner Bach), der eigentlich “1 (jor) genennet wird; welchen Namen die He- bräer großen Flüffen nicht geben, den Nil ausgenom⸗ men, weil er durch Fleine Xerme, mwelche gleichfam nur Bäche find, fi) in das Meer ergießt: daß aber eben diefer Bach auch Sicher genennet wird, Das, glaube ich, habe ich fehon oben bemwiefen. Wie nun, wenn diefer Fleine Bach, der in einem unfruchtbaren und fandigten Ufer fließt, und doch der Stadt Tyrus unendliche Reichthümer verfchaffer, dem Mil, dem Sichor in Aegypten, entgegen gefegt würde, und diefes der Berjtand der Worte wäre; obgleich Ty⸗ rus weder Aecker noch Erndten bat, fo ift es doch nicht weniger glücklich, als Aegypten, welches auf feinen Fluß ſtolz ift. Sie hat gleich- falls ihren Sicher, ihren Bach, der aus dem Waſ— fer große Erndten, namlich den reichen Sand bringt, Den aber der Belus nicht eher zu erfennen giebt, als bis das Meer das Ufer überfchwernmer bat, Die Tyrer haben wenigftens außer diefem feinen andern Bach (Am) jor), welcher merfwürdig wäre, auch wird man in ganz Paläftina feinen andern Sichor finden *2). Diefer Scheinwiderfpruch wird alfo in der 8) Da Herr Ebriftian Muͤller in Sarura Obferus- tionum S. 50, den in ber Nachbarfihaft des Cars mel gelegenen Sichor , deffen “of. XVIIII. 26. ge⸗ dacht wird, und auf welchen, nach meiner Mey⸗ nung, Jeſaias ſieht, nicht für einen Fluß balt, fondern 2ı Band, K 146 Gefchichte des Glafes der Rede des Jeſaias fehr fehön fenn: wenn aber diefes ungewiß und ——— ſcheinen ſollte, ſo will ſondern fuͤr die Kuͤſte am Carmel, oder wie er ſelbſt ſchreibt, fuͤr den weiten Umfang des Landes zwiſchen dem Carmel und dem Meere, welcher von dem weißen Sande 132% (Hibnach) genannt worden wäre: fo will ich erſt zeigen, daß biefe Meynung meiner Erklärung der orte Des Je⸗ ſaias nichts ſchadet, hernach will ich auch fagen, was ich von der Meynung felbft halte. Wenn man alfo mit dem Herrn Muͤller Die Ge gend zwifchen dem Carmel und dem Meere verfkeht, . Sb mird cd. eben diefe feyn, deren Gand fo viele Sahrhunderte hindurch zum Glasmachen binlang- lich geweſen if. Ich meyne den Meerbufen, mel cher zmwifchen dem Carmel und Ptolemais ift, und welchen man gleichfam die Beffnung des Mundes nennen könnte. Diefen Kamen bat das Ufer bey den, einer Stadt im gluͤcklichen Arabien, nach dem Zeugniffe des Golius, welcher den Giaurium anführet,; und von der Beichaffenheit des Ufers hat mich die Reiſe in das gluͤckliche Arabien, wel⸗ che der Herr de la Rocque herausgegeben bat, un—⸗ terrichtet. (Voyage de l Arabie heureufe. a Paris 1716.) ©. 47:09. Es ift ein Meerbufen, bey deſſen — * ein Vorgebirge hervorraget, und er iſt dem unſerigen voͤllig gleich, bey deſſen Ende der Carmel ſich erhebt. Die Saat des Sichor wird alio die Saat des gleichfam fandigten und unfruchtbaren Ufer feyn, durch deſſen zu ers werdenden Sand Tyrus reich wurde. ‚ Um aber die Wahrheit zu fagen, fo glaube ich nicht, daß in dem Buche Sofua eine Kufte, fondern vielmehr ein Fluß, zu verfleben fen. Denn daB ort bey den Hebraͤern. 147 will ich nunmehr zu gewiffern, und, was man vielleicht nicht erwartete, zugleich zu Altern Sachen fortgeben. Mort Sichor überhaupt nur fünfmal in der beili- gen Schrift vorfömmt. Sof. XIH.g. XVIIH. 26. Jeſ. XXIII. 3. Ser. 18. 1 2. der Chron. XIII 5. umb zween Derter darunter, über welche ich mie dem Heren Müller uneinig bin, namlich Jeſaiaͤ XXIT. 3. und Sof. XVII. 26. aleichfam auf Fei- ner Geite feyn Dürfen, Herr Müller aber ſelbſt ges ſteht, daß Bey dem Jeremias Sichor der Nil iſt: jo betrifft der ganze Streit die zwo Stellen Sof. XI. 3. und ı D. der Chron. XII. 5. mo Sichor die Graͤnze des gelobten Landes iſt, und daſſelbe von Aegypten fcheidet. Diefer gelchree Mann laugnet, daß e8 der Nil iſt, und ſetzet an deſſen Stelle eine fandigte Wuͤſten, die mif einem andern Namen Sur genennet wird; er folget den fiebenzig Dolmetfchern, weiche im Buche Sofua überfeßen: dmd vys uomirs vs mare zooowrov 'Ayirers. Das Anfehen diefer Männer, welches außerdem in aͤgy⸗ ptifchen Sachen ziemlich groß iſt, muß bier gar nichts gelten, und zwar aus eben der Urfache, wes⸗ wegen fie dem Herren Muller G. 150. auch verdache tig find. Er bat ſelbſt gezeiget, e8 hatten es die Hegypter nicht gern gefeben, daß die Graͤnzen deg gelobten Landes Big an den Arm des Nils, welcher von der Stadt Bubaſtis den Namen hat, gegans gen waren, und die griechifihen Ueberfeger hätten, um ihnen zu fihmeicheln, den Namen Rhincolura gefeßt, wo im Hebraifchen der Fluß Aegyptens wäre. Warum follte man nicht glauben, daß fie Hier aus eben diefer Verſtellung und Schmeicheley eine Aegypten gegen Morgen gelegene Wülte, am ſtatt des Sichors Bean hätten? vorne oh nn 2 da 148 Geſchichte des Glaſes x. da er gefteht, daß Teremind den Nil Gichor nen: net; und diefer ware die wahre Sranze von Pa: läftina gemefen. Der bubaftifche Arm und die pe- fufifche Mündung mar denen, die aus Palaͤſtina ach Aegypten giengen, in der That vor Aegypten, fo wie es von Joſua befchrieben wird. Wenn an diefen zwo Stellen alfo Sicher ein Fluß, und nicht eine fandigte Wuͤſten iſt: fo fehe ich Feine Urſache, warum ich den gleichnamigten Gichor, der am Carmel liegt, lieber durch eine fandigte Küfte, als durch den Fluß Belus erklären wollte. Allein die— fer fcharflinnige Mann iſt nicht auf den Belus, einen leimigten Sluß, gefallen, ich glaube gewiß, er würde mir font in meiner angeführten Mey: nuna zuvor gekommen feyn. Die Fortfeßung folget. F H. Verſuch 149 — 22 2, 22 22. 2 22 22 ZU 22 ZZ 2 2 22 2 ZZ 2 Z 2 2 z 22 ii) Verſuch von dem Urſprunge, der Ratur, und der Abſicht der Muſik. Aus dem Univerſal Magazine of Knowledge and Pleafure. inige Schriftiteller- wollen uns fagen, daß bie Vögel die Menfchen fingen lehreten, indem. fie ducch ihre verfchiedenen Stimmen und Geſaͤnge ihnen zeigeten, wie gefchickt die verfchiedenen Modulationen und Töne ihrer Stimme wären, das Ohr zu vergnügen; allein der Menfch hat einen vor- erefflichern Lehrer, dem er allein feine Dankbarkeit bezeigen muß. Die Erfindung der Mufif, und der Inſtrumente, worin ein großer Theil derfelben befteht, ift eben fo- wohl ein Gefchenf von Gott, als die Erfindung der übrigen Künfte, Sie giebt der bloßen Gabe der Sprache, die für fich felbft ſchon fo ſchaͤtzbar ift, ein ‚größeres Leben , befeelet fie, und machet fie geſchickter, die Empfindungen der Seele auszudrücken. Wen diefe von einem Gegenftande, der fie fehr eingenomz. men bat, durchdrungen, und in Feuer gefeßet wird: | 83 io so Dom Urſprunge, der Natur, - fo ift die gewöhnliche Sprache ihren Entzuͤckungen nicht zureichend. Sie geräth gewiffer maßen außer fih, und ergiebt fih den Negungen, wovon fie ges trieben wird; fie ftarfee und verdoppelt den Ton der Stimme, und wiederholet ihre Worte in verfchiede> nen Pauſen; und noch nicht mit allem dieſen ver- gnuͤgt, ruft fie auch die Inſtrumente zu Hülfe, die ihr eine Ruhe zu verfchaffen fcheinen, indem fie den Tönen eine Berfchiedenbeit, Laͤnge und Dauer leihen, deren die menfchliche Stimme nicht fähig war. Diefes gab der Mufif ven Urfprung ; machte fie fo rührend und ſchaͤtzbar, und zeiget zugleich, daß, eigentlich zu reden, ihr wahrer Gebrauch, allein‘ in der Religion befteht; die allein Der Seele die lebendi- gen Empfindungen geben Fann , die diefelbe entzücken, und außer fic) fegen, die ihre Danfbarfeit und Liebe erheben, die fich für ihre Bewunderung und Entzuͤ⸗ Kung ſchicken, und fie empfinden laſſen, daß fie glücklich ift. Diefes war der erfte Gebrauch, den die Mens fhen von der Muſik machten; einfältig, natürlich, und ohne Kunft und große Erfindungen, in den Zeis ten der Unfchuld und der Kindheit der Welt; und ohne Zweifel erhielt fie Seth, dem der wahre Gottes dienſt überliefert wurde, in aller ihrer Reinigkeit. Aber Welcleute, die mehr unter der Sclaverey der Sinnen und der Seidenfchaften ftanden, und mehr darauf dachten, die Mühjfeligfeiten dieſes tebens an= enehmer zu machen, und ihr Unglüc zu erleichtern, ergaben fich den Reizungen der Mufif begieriger, und wandten mehr Fleiß an, fie zu verbeffern, fie zu einer Kunft zu machen, ihre Bemerkungen i in "gewiffe un geln und der Abficht Der Muſik. i51 gen zu faflen, und fie durch Huͤlfe der Inſtru— mente zu unterftüßen, zu ſtaͤrken, und verfchiedener zu. machen. Ä Diefem gemäß, ſetzet Moſes diefe Art der Mufif in die Samilie des Cains, die die Verworfenen wa— ren, und machet den Qubal, einen feiner Abkoͤmm— linge, zum Vater derſelben. Und mir fehen in ver That, daß die Muſik überall den Gegenftänden der $eidenfchaften geweihet ift. Sie dienet dazu, fie zu zieren, zu vermehren, und rührender zu machen; daß fie durch neue Reizungen die Seele durchdrin⸗ gen; fie ven Sinnen gefangen machet; fie bloß an das Gehör gewoͤhnet, ihr eine neue Neigung einflöf- fet, ihren Troft in Außerlichen Dingen zu fuchen, und ihr eine neue Abneigung gegen muͤtzliche Beſchaͤffti— gungen mittheilet. Der Misbrauch der Mufif, ver eben fo alt ift, als ihre Erfindung, hat verurfacher, daß Tubal mehr Nachahmer hat, als David. Doc, diefes ift der Mufif fein Vorwurf. Denn, mie Plutarch fehr billig anmerfet, Fein Bernünftiger wird es den Wiflenfihaften zur Laft legen, daß einige Leute derfelben misbrauchen; welches allein den lafterhaf- ten Gemuͤthsarten derer zuzufchreiben ift, die fie entheiligen. Diefe Uebung ift zu allen Zeiten das Vergnügen ‚aller Nationen gewefen, fowol der mwildeften, als derer, die fich mit ihren Sitten viel wußten. Und man muß befennen, daß der Schöpfer der Natur bem Menfchen einen Geſchmack und eine geheime Neigung zum Gefange und zur Harmonie eingeflößet bat, welche dazu dienen, daß fie feine Freude in glücklichen Umftänden ernähren, feine Angft im Un— K4 gluͤck ss» Dom Urſprunge, der Natur, glück zerftreuen, und ihm zum Troft dienen, wenn er Mühe und Ungemac) bey feiner Arbeit zu /erdul⸗ den hat. Es ift Fein Arbeitsmann, der nicht zu Dies fer unfchuldigen Empfindung feine Zuflucht nimmt; und bey dem fchlechteften Liede vergißt er feine Muͤh⸗ feligfeiten.. Die harmonifche Cadanz, womit die Schmiede die glühende Mafle auf dem Amboße ſchmieden, ſcheint ihnen das Gericht ihrer ſchweren Hammer zu erleichtern. Die Ruderknechte fühlen eine Erleichterung in der Art eines Concertes, wel: ches fie durch die harmonifche und gleiche Bewegung ihrer Ruder machen. Die Alten bedieneten fic) mit . glüclihem Erfolge der mufikalifchen Inſtrumente, wie noch ißo der Gebrauch ift, in dem Buſen der Soldaten eine Friegerifche Hige zu erwecken; und Quinctilian fehreibt den Ruhm der römifchen Krie⸗ geswölfer zum Theileden Eindrücken zu, die der krie— gerifche Klang der Pfeifen und Trompeten ven Legio- nen machten. | ch habe fehon bemerfet, daß die Mufif unfer allen Nationen im Gebrauche war; die Griechen aber machten fie angeſehen, und brachten fie zu einer großen Vollkommenheit, weil fie fo viel darauf hiel- ten. Es war bey den größten Leuten ein Verdienſt, wenn fie ſich darin hervor thaten, und gleichfam ein Schimpf, wenn fie ihre Unmiflenheit in derfelben be= fennen mußten. Kein Helo machte Griechenland berühmter, als Epaminondas; feine Geſchicklichkeit im Tanzen, und Inſtrumente zu fpielen, wurde un- ter feine fchonen Cigenfchaften gezaͤhlet. Einige Jahre vor feiner Zeit, wurde es dem Themiftofles für unanftändig aufgenommen, daß er bey einem Feſte und der Abficht der Muſik. 153 Feſte Feine Arie auf der Leyer fpielen wollte. Nichts von der Muſik verftehen, wurde zu der Zeit für einen Fehler in der Erziehung angefehen. Deswegen empfablen die berühmteften Philoſo— phen, die uns Abhandlungen von der Policey binter- laſſen haben, Plato- und Ariftoteles, vornehmlich, daß man junge Seute in der Muſik unterrichten follte. Unter den Griechen war es ein nothwendiges Stüd der Erziehung. Außerdem hat fie nod) eine ges naue Verbindung mit dem Theile der Grammatif, den man die Profodie nennet, und die die Laͤnge und Kürze der Sylben in der Ausfprache unterfuchet,, das Maaß des Verfes, ihre Cadanz, und vornehmlich, wie man den Wörtern ihren: Accent geben muͤſſe. Die Alten waren völlig überzeuger, daß die Sitten der Jugend leichter gebildet, und ihre Seelen faͤhi⸗ ger gemacht werden würden, alles mas loͤblich und artig ware anzunehmen, wenn man ihr zeitig einen Geſchmack an der Muſik benbrächtes da nach dem Plutarch nichts gefchickter ift, als die Mufif, Leute zu allen Zeiten zu tugendhaften Handlungen zu erwes Een, und vornehmlich ihnen einen Muth einzuflößen, daß fie allen Gefahren des Krieges die Stirn bieten. Inzwiſchen war die Mufif bey den Römern, in der glüctlichen Zeit der Republik, nicht in großem Anfehen. Sie wurde damals für eine Kleinigkeit angefehen, wie Cornelius Nepos fehr wohl bemerfet. - Und der Bormwurf, den Salluftius einem römifchen Srauenzimmer machet, daß fie beffer tanzete und fange, als e8 einem Frauenzinnmer von Charakter anftändig fen, zeiget genug, was die Roͤmer zu der Zeit von der Mufif hielten. So ftrenge waren die | 85 Römer, 154 Dom Urſprunge, der Natur, Romer, bis fie mit den Griechen zu thun haften, und ihre Reichehümer, und ihr Lieberfluß, was noch mehr war, verleitete fie zu Ausfchweifungen, die man den: Griechen nicht fo fehr vorwerfen Fann. Die Alten fchrieben der Mufif wunderbare Wir: kungen zu, Die geidenfchaften entweder zu dämpfen, oder zu erregen, oder die Sitten angenehm zu mas hen, und von Natur wilde und barbarifche Natio— nen menfchlich zu machen. Aber unter allen Erem= peln, die fie uns davon geben, findet man vielleicht kein merfwürdigeres, als das folgende, welches Po= Iybius von den Arfadiern erzählet. Die Erlernung der Muſik, ſaget diefer Gefchicht- fhreiber, hat unter allen Nationen ihren Mugen; den Arfadiern aber ift fie unentbehrlich. Diefes Volk Hatte bey Aufrichtung feiner Nepublif, ob es gleich fonft in feiner Lebensart fehr ftrenge war, einen fo hohen ‘Begriff von der Mufif, daß es nie nur in diefer Kunſt feine Kinder unterrichtete, fondern auch alle feine Jugend zwang, fich bis in das dreyſ⸗ figfte Jahr darauf zu legen. Es ift- bey ihnen feine Schande, wenn fie ihre Unwiſſ enheit in andern Kuͤn⸗ ſten bekennen; aber es iſt ein ſehr großer Schimpf, nicht ſingen gelernet zu haben, und bey Gelegenheit keine Proben davon ablegen zu koͤnnen. Ihre erſten Geſetzgeber ſcheinen nicht die Abſicht gehabt zu haben, durch ſolche Verfuͤgungen Ueppig⸗ keit und Weichlichkeit einzufuͤhren, ſondern die natuͤr— liche Wildheit der Arkadier zu zaͤhmen, und durch die Muſik ihre finſtere und melancholiſche Gemuͤths⸗ art zu zerſtreuen, die ohne Zweifel die EM der Luft, worin fie leben, Heulniachen | Eine und der Adficht der Muſik. 155 Eine folche Nachricht giebt uns Polybius, der die gefälligen Sitten und tugendhaften Neigungen der Arfadier bloß dent zufchreibt, Daß fie ſich auf die Muſik legten; die Wildheit und barbarifchen Hand— lungen der Cynethier aber, von der Verfaumung diefer Wiſſenſchaft herleiter. Aber es ift nöthig zu bemerken, was für eine Art der Mufik die Alten, und fonderlich Plsto und Ariftoteles, fo fehr empfohlen. And diefe, wie ODuinctilisn uns fager, war nicht diejenige, wovon ihre Theater erklangen; die durch ihre lüderliche wei— bifche Lieder nicht wenig daran Schuld waren, daß alles das verlofchen wurde, was fie noch von ihrer alten männlichen Tugend befaßen ; fondern diejenige, deren Leute, die Ehre und Tapferkeit befaßen, ſich bedieneten, wenn fie das Lob anderer, ihres Gleichen, befangen. Es ift gar meine Abficye nicht, ſaget Quinctilian, diefe gefährlichen Inſtrumente zu em: pfeblen, deren fchmachtende Töne Weichlichkeit und Unkeuſchheit der Seele einflögen, und. die von allen vernünftigen und tugendhaften Leuten verabfcheuee werden follte: ich meyne die angenehme Kunft, die Seele durch die Gewalt der Harmonie zu rühren, um entweder die Seidenfchaften, nachdem es die Ge- legenheit und die Bernunft erfordert, zu erregen, oder zu dämpfen, Dieſes iſt die Art der Mufif, die die größeften Phi- loſophen und weifeften Geſetzgeber unter den Griechen fo hoch ſchaͤtzten, weil fie wilde Gemücher geſittet machet, die Nauhigfeit und die Wildheit der Ge— mürbsneigungen fanfter, die Menfchen fähiger, fich der Zucht zu unterwerfen, und die Gefellfchaft ange: nehmer 156 Vom Urfprumge, der Natur; nehmer und vergnügter machet, und Diejenigen Laſter in ihrer eigentlichen ſchrecklichen Farbe zeiget, Die den Menfchen zur Unmenfchlichkeit, Grauſamkeit und Gemaltthätigfeit verleiten. Ein jeder weiß, bey welcher Gelegenheit die al- ten Hebräer die Lieder fchrieben, und wozu fie diefel- ben gebrauchten. Unter andern Nationen, felbit un— ter den abergläubifchften und wwildeften, brauchte man’ die Melodie, bloß dem erften urfprünglichen Gebraus. che gemaͤß, zur Anrufung des Allmaͤchtigen, die Dauer eines Geſetzes zu verewigen, oder ſich unter einander durch Abſingung der Thaten großer Leute Tugend einzuflößen. Mit der Zeit aber wich die Muſik von ihrer ur- fprünglichen Abſicht ab; und Plutarch ſelbſt befla- get in verfchiedenen Stellen feiner Werfe, daß die Meueren an die Stelle ver männlichen, edlen und. göttlichen Mufif der Alten, worin alles erhaben und majeftatifch war, die Mufif des Theaters unterges ſchoben hätten, die nichts, als Lafter und Ausgelaf fenheit , einflöße. Zumeilen führet er den Plato an, - zu bemeifen, daß Die Mufif, die Mutter der Har- monie, des Wohtfkandes und Bergnügens, von Gott dem Menfchen nicht bloß deswegen gegeben wurde, feine Ohren zu kuͤtzeln, fordern Ordnung und Har: monie in dev Seele Herzuftellen , die durch Irrthum und Wolluft gar zu oft in Unordnung geriethe. Zu: meilen erinnert er ung, daß mir gegen die gefährli- hen Neizungen einer derberbten wolluͤſtigen Mufif nicht genug auf unferer Hut ſeyn Fönnen, und zeiget ung die Mittel, einem ſolchen Berderben zu entges ben. Er erkläret fic) , daß eine wolluͤſtige ag | uͤder⸗ und der Abſicht der Muſik. 157 füderliche und ausgelaffene Lieder, die Sitten ver- derben; und daß die Mufifverftandigen, und Dich: fer von weifen und tugendhaften Leuten, Die Materie ihrer Arbeiten entlehnen müßten, | Es ift fein Wunder, daß Plutarch ſich über die verderbte Mufif feiner Zeit befchweret, da wir fehen, daß Pluto und Ariftoteles lange vorher eben darüber Elageren. Aber vielleicht wird man fragen, wie die Mufif, eine Wiſſenſchaft, worin fie fic) fo fehr verliebt — ſo ſehr von ihrer urſpruͤnglichen Wuͤrde ausgeartet ſeyn ſollte, zu einer Zeit, da die Beredtſamkeit, Dichtkunſt, Malerey, und Bild: hauerkunſt mit ſo großem Gluͤcke getrieben wurden? Hierauf kann man antworten: Daß ihre genaue Ber: bindung mit der Poefie die vornehmfte Urſache ihres Berfalles war. Da anfänglich eine jede von dieſen verfchwifterten Künften genau in der Nachahmung deſſen eingefchränft war, was das fchönfte in der Natur ift, und Feine andere Abſicht hatten, als zu unterrichten, indem fie beluftigte, und in der Seele Bewegungen zu erregen, die ſowol eine Ehrfurcht gegen die Götter, als ein Berlangen erwedten, die Glücfeligfeit der Gefellfchaft zu befördern: fo bedie- neten fie ſich hierzu der gefchickteften Ausdrücke in er- babenen Gedanfen, Die fie in dem: bezaubernöften Splbenmaaße und Cadanzen abfafleten. Die Mufif insbefondere blieb beftändig einfältig, anftändig, und erhaben in den Gränzen, die die Philofophen und Gefeßgeber ihr vorgefchrieben hatten, von denen Die meiften Poeten und Mufikverftändige waren. Aber die fheatralifchen Borftellungen, und die Anbetbung verfchiedener Gottheiten, vornehmlich des Bacchus, | zerſtoͤ⸗ 158 Vom Urfsrunge, der Natur, ic. zerftörefen mit Der Zeit dieſe Regeln. Sie gaben. Anlaß zu der dithyrambifchen Poefie, die unter al- fen andern in ihren Ausdrüden, im Sylbenmaaße, und in den Empfindungen die freyefte iſt. Diefe Art der Poefie erforderte eine Mufif von gleicher. Gattung, die folglid) von der edlen Einfale der Al: ten fehr abgieng. Es wurde aller fehlerhafte Ueber— flug von Tönen, und aller leichtſinnige Zierrath, bis zur Ausfihweifung eingeführet, und diefe gaben al» fen denen genugfame Urſache, fich zu beflagen, die ſich hervorthaten , und in Diefer bezaubernden Wiffen- ſchaft den beften Geſchmack befaßen. Kurz, die Muſik bey üppigen, lüderlichen und unanftändigen Stücen anwenden, beißt fie von ihrer erften Abficht erniedrigen, und diefe Wiſſen— fehaft, die fo geſchickt ift, in der Seele tugenöhafte Bewegungen zu erregen, Durch den Dienft der Laſter befchimpfen. Aber der. edelfte Gebrauch. derfelben befteht darinn, daß man fie zum $obe und zur Anbe⸗ thung des höchiten Wefens anwende, und durd) ihre Hilfe, fo wie durch die Hülfe der Dichtkunſt, die edlen Empfindungen der Tugend in der Bruſt der Menfchen errege. | | | I. $ort- 159 a na 7 II. Fortſetzung der Sammlung einiger Erfahrungen und Anmerkungen über die Wärme und Kälte in freyer Luft. NE 5£ | 8 verdienet auch angemerft zu werden, daß merflihe Wärme und Kälte bisweilen fehr fehleunig mit einander abmwechfeln. . Man nimmt wahr, daß die Kälte im Winter auf einige wenige Tage auf den höchiten Grad feigt, und, gleich darauf wird gelindes Netter. Im Gegen: theile hat man bisweilen ſchon lange Zeit recht ſchwuͤl⸗ heiße Tage gehabt, und man befommt in unfern Öe- genden, wohl gar gegen Johannis, noch ſolche Käl- te, daß nicht nur weichliche Gewächfe, fontern wohl ‚gar der Rocken in den Aehren erfriert. Noch öfter aber bemerfet man, daß man zu Ende des Hornungs recht warme Tage "bar, und im März, und wohl gar im April, friert es ftarf. In einigen Ländern, z. E. in. Derfien, bat man öfters des Tages folche Hitze, daß man fic) nicht darinn zu reifen unterfteht, und des Nachts wird. es fo Falt, daß die ee ſi 160 Von der Wärme und Kälte fich auf den Pferden und Maulthieren Faum halten Fonnen *). In Ungarn find im Sommer die Tage ebenfalls fehr heiß, und die Nächte fehr Fühl. $. 16. Man Ffann auch eine merfliche Kälte durch Zufammenfegung gemiffer Körper hervor brin- gen. "Es iſt etwas ganz befanntes, daß, wenn man Schnee oder gefihabtes Eis nimmt, und damit ges mein Küchenfalz, oder Salmiaf, oder Alaun, oder Bitriol, oder gewiſſe Spiritus, darinn dergleichen vorhanden, als Salpetergeift, oder Scheidewaſſer, vermiſchet, und darein ein ander Gefaͤß mit Waſſer ſetzet, dieſes letztere Waſſer ſo bald gefriert, als der Schnee oder das Eis zerſchmelzet. Es ſind hierbey folgende Umſtaͤnde vor andern anzumerken: 1) Es wird ſchon eine gewiſſe Kaͤlte in dem Schnee und Eiſe, und in den Salzen, die man zu> feget, erfordert, wenn die Kälte durch die Miſchung foll erhöher werden. Mein ehemaliger Lehrer, der Herr Hofrath Hamberger, hat bey einem ſtarken Froſte ein Thermometer in * $uft eine Zeitlang in Schnee gefegt, und darauf aus der Kuͤche, darin⸗ ne e8 etwas wärmer gemefen, als in freyer suft, Sal; genommen, und es mit dem Schnee vermifchet, Es hat aber felbiges die Kalte nicht erhoͤhet, fon« dern, nach Anzeige des fteigenden Thermometers, ver⸗ mindert. Nenn derowegen das Salz wärmer ift, als der Schnee oder das Eis, fo vermindert er def fen Kälte. 2) Die Natut treibt die Kälte höher, als man fie bisher durch bie Kunft heraus gebracht. Die | größte ®) Olearii Pay sie von Perfien B. VE, 7: Geite 565 in freyer uf. 16 groͤßte Kaͤlte erhaͤt man durch Kunſt, wenn man Salpetergeiſt auf geſchabtes Eis oder Schnee gießt. In verſchiedenen Gegenden Siberiens ſteigt aber die Kälte in freyer Luft viel höher *). | +, 3) Wenn man recht fairen Schnee oder gefchabs tes Eis mit Weingeifte oder Galpetergeifte vermifcher, fo ſchmelzet ver Schnee, die Luft umber wird wär- mer, in diefem fehmelzenden Schnee over Eife aber entiteht die mecklichfie Kälte, und Waffer, fo man in einem Glaſe hinein gefeßer, friert fehr gefchwind. 4) Wenn man gefalzenen Schnee oder geſchab— tes Eis auf glüende Kohlen bringt, und ein Glas mit Waſſer hinein feger, fo friert vaffelbe, fo bald die äußere Mifchung fihmeljer, und je größer Die Glut, deſto eher erfolget das Schmelzen des gefalzes nen Schnees oder Eifes, und mit dvemfelben das Ge: frieren ves Waſſers, fo in einem Glaſe darinne eh r F— 17. Mit dieſen beyden letztern Erfahrungen verbinde ich nachfolgende. Dem Herrn Profeſſor Holmann ii es begegnet, Daß er ein Thermometer ‚in einer warmen Stube aus Faltem Wafler heraus ‚genommen, und das Dueckfilber ift in der weit wärs mern Luft der Stube um 10 bis 12 Grad gefallen *). Es iſt diefer Fall zu ftarf, als daß man ihn von der durch die Wärme verurfachten Ausdehnung des Glaſes herleiten koͤnnte. Ingleichen hat eben diefer — | große ) Die aöttingifche gelehrte Zeitung von 1747 erzäbs let dieſes aus des Herrn Gmelins Borrede zur 4, lora Siberica in dem 92. St. Seite 779. . ) Göttingifche gelehrte Zeisung von 1747. ©.780. 21 Band. — 162 Von der Wirme und Kälte | große Maturforfcher einmal ein Glas Waſſer in einge frierenden $uft ftehen gehabt, und da er in der kal⸗ ten Luft noch Fein Eis darinne bemerfer, fo ift bald darauf, da er eg in die warme Stube gebracht, ein Eisfegel von lauter aa einander hangenden Eisblätt- chen in der Mitte des Glafes entftanden, die aber wieder gefhmolzen *). Man fann aber dieſe Er: fabrungen nicht allzeit nachmachen, teil man den Grad der abwechfelnden Kalte und Wärme, fo dazu nöthig, nicht ganz genau beftimmen kann. Dee Herr Holmann giebt einige Regeln, fo diefe Vers füche erleichtern. Man hat ferner in Gewaͤchshaͤu⸗ fern bemerfet, daß, wenn man in ber. einen Ede einheizet, die Thermometer in der andern Ede ans fänglich merflic) fallen, und dafelbft eine vermehrte Kälte anzeigen. Eben dergleichen hat man in den Schmiedeeffen wahrgenommen *) Es erhellet hieraus, daß die Kälte unter gewiſſen Umftanden auch Durch die Wärme kann vermehret werden. $. 18. Wie ich zu furchtfam bin, über die Natur des Feuers und der Wärme ein Urtheil zu fällen, eben fo wenig mag ic) mich in den Streit einlaffen, ob die Kälte in einer bloßen Beraubung und Abweſenheit der Wärme beftehe, und alle Körz per an und für fich Falt feyn, wenn ihnen die Waͤr— me entgeht, oder ob ein gewiffes Faltmachendes We⸗ fen in die Körper dringe, und die Wärme vertreibe, und im Gegentheile zu einer andern Zeit von felbiger wieder *) Göttingifche WERK: Zeitung von 1743. S. 28u. f. **) Mair lefe ded Herrn Erufens Naturlehre $. 330. Seite 757. und Boerkavii Elem. Chem. Tom, I, p · 356. 187. in freger Luft. 163 “wieder übermwältiget werde. Ich mag daher auch die ‚erften Kräfte und deren Verbindungen nicht aufſu— “chen, welche die bisher erwaͤhnten Erfcheinungen be- wirken. Sie find mir zu fubeil und zu verdedt, und meine Augen zu ſtumpf. Es wird finfter um mich, ‚wenn ich mich in das Innerſte ver Natur hinein wa— ‚gen will. Wenn ich auch gleich Die beften Führer ‚nehme, fo ftoße ich dennoch aller Orten dergeſtalt an, daß ich ſchwindelnd werde, Ich gehe derowe— gen nur den allernächften Urſachen nach, und begnü- .ge mich, wenn ich aus obigen Erfahrungen auf eine ‚wahrfcheinliche Art zeigen kann, mas zu der verfchie= denen Wärme und Kälte der freyen Luft zu allernächft Gelegenheit giebt. $. 19. Ehe ich aber diefes thue, muß ich erſt jeigen ; Daß einige angegebene Urfachen von der Wär ‚me und Kalte entweder ganz falſch, oder wenigſtens nur felten etwas dazu beytragen. Man hält insges mein dafür, daß die Warme auf der nordlichen Seite der Erde hauptſachlich aus den füdlichen Gegenden in die nördlichen, und im Gegentheile die Kälte aus dem Morden in die füolichen Gegenden durch die Winde geführet werde, weil der Suͤdwind bey uns. insgemein warm, Der Nordmind aber fühl oder Falk zu ſeyn pfleger. E⸗ wird dieſes aber durch ſehr viele Gruͤnde widerleget, und ich wundere mich, daß man in den Memoires de l’Academie Roiale des Scien- ces der neueften Zeiten noch als eine Sache, die feis nen Zweifel bat, annimmt, daß Die Kälte aus Nor⸗ den komme en. Erſtlich müßte Kälte und Wärme | ta ſehr *) Memoires de l Academie Reiale des‘ Sciences 1749. P. 565. 164 Von der Warme und Kälte fehr langſam von einem Drte zum andern reifen, wel- ches doch wider die Erfahrung. Bey dem größten Sturme, der die ftärfften Bäume niederreißt, geht. eben daffelbige Stück der Luft mit dem, was fie in ſich hält, in einer Stunde ungefähr 45 englifche oder 9 bis 10 deutſche Meilen fort, und ein gelinder Wind geht nicht fo fchnell, als ein Pferd im Schritte *). Wie langfam würde alfo mit einem gelinden Suͤd⸗ winde die Wärme aus den heißen Gegenden von Africa zu uns fommen, da doc) öfters ein großer Strich fandes auf einmal fehr große Hige empfindet. Ferner hat man weiter gegen Süden öfters ganz an- ‚dere Winde, als folche, die uns die Wärme von daher bringen Forinten. In den Monaten Julius und Auguftus wehen auf dem mittelländifchen Meere die Etefiae, oder Die beftändigen Nord- und nordoſt⸗ lihen Winde, da wir zu der Zeit oft mit Suͤdwin⸗ den eine rechte Schwülhige haben. Endlich hat man weiter gegen Süden, und bey der Linie zu Zei⸗ een einen ganzen Sommer durch einen geringeren Grad der Hiße, als weiter gegen Norden *). Die fes ift genug, daß man die Wärıne in nordlicher ven Gegenden nicht aus heißen Suͤdlaͤndern herlei- en fönne, | TR 09. 20. Eben fo wenig kann man die Kälte im füdlicheren Sändern unferer Halbfugel von dem Nord» pole herholen. Denn es ift oben ſchon 6. 7. bewiefen worden, daß man in füdlicheren Gegenden die fireng« fie Kälte zu Zeiten viel eher hat, als in. den nördli» ee cheren, *) Muſchenbroeks Phyſik $. 1374. **) Humburgiſches Magazin, zter Band, 3. Stüͤck Seite 268. 269. | in freyer Luft. 465 cheren, und daß man weit gegen den Pol einen gang gelinden Winter hat, wenn in füdlichern Ländern, die doch unter eben demfelben Striche liegen, die ftreng- fte Kälte herrſchet. Man Fann die Kalte diefer oder jener Gegend auch nicht‘ überhaupt von Winden her: leiten, die über hohe und Falte Gebirge gehen. Ich gebe zwar gern zu, daß Winde, die über folche Ge— birge wehen, zu allernächft einige Kühlung in der untern $uft verurfachen, wenn e8 aber nicht eben ein Mord- oder Oſt-⸗Wind ift, der darüber wehet, fo wird man felten eine Kälte davon empfinden. Die Suͤd— und Welt-Winde, welche des Frübjahres über die kal⸗ ten und mit Schnee und Eis belegten Alpen geben, machen es in Schwaben, ja felbft in ven Thaͤlern ver Alpen nicht Falt, fondern warm und heiß. Eben fo finde ic) es an dem Harze und in den hefifchen Ge— birgen. Es verurfachen folgiich nicht alle Winde, die über Falte Gebirge gehen, in den Thalern und Ebenen merfliche Kälte. Man fann die Kälte ver Luft auch nicht aus der Mifchung gewiſſer Körper in’ derfelben herleiten. Einen erhöheten Grad derfelben kann man daraus begreifen; nicht aber die Kälte überhaupt. Denn es ift oben ($. 16. ) bemerfet,daß alle kaltmachende Mifchungen, die ung bisher befannt worden, fehon eine merfliche Kälte zum voraus fegen. $. 21. Ich ftelle mir deromegen die allernächfte Bewirkung der Wärme und Kälte in freyer Luft fol gender Geftalt vor, Die Sonne bringt die mehrefte Wärme in unfere Luſt. Zu dieſer Wärme aber koͤmmt noch ein Zufluß von den vielen warmen les bendigen Ereaturen, von dem Feuer, fo mit Hof, Kohlen, und andern verbrennlichen Materien gema- 83 chet 166 Bon der Warme imd Kälte chet wird, imgleichen von derjenigen Wärme, fo aus der Erde, aus der Tiefe des Meeres und den warmen Quellen fommt. Dieſe Wärme wird denn: öfters fehr vermehret durch Gährungen, fo von als lerhand Körpern auf der Fläche der Erde und höher. in freyer Luft entftehen, und warme Dünfte verur— fahen. Werden nun hierdurch allerhandfleine Körz per, fo in der untern Luft ſchweben, und geſchickt find die Wärme häufig anzunehmen , und gut zu Hals, ten, erhist, und es entfteht Fein Wind, oder kein Regen, der fie abfühlet und niederwirft, fondern bleiben immer nahe auf der Fläche der Erde, und werden fäglich von neuem erhiget: fo nimme die Hitze zu, und erlanget einen hoben Grad. Hoͤret aber eine oder die andere Urſache der Wärme auf, fo muß fie nothwendig wieder -abnehmen, $. 22. Die Kälte aber leite ich daher, wo ich fie am nachften finde. 2434 parifer Ruthen body aber, oder. in einer Derpendicularhohe, die man auf platter Erde in anderthalb Stunden gienge, bat man in der $uft eine folhe Kälte, daß auch in den; beißeften Gegenden der Erde es beftändig dafelbft friert, und Fein Eis aufthauet. Ich vermuthe da= her, daß die Kälte auf folgende Art in unferer Luft entſteht: Wenn die obere Kälte und mit Eistheilchen anaefüllte Luft ftarf nach ver untern Gegend getrie= ben, und die Sonne einer Gegend nicht fo nahe fteht, daß fie durch ihre häufigen Strahlen diefe Falte Luft erwärmen Fan: fo entfteht eine fteigende Kälte, die denn vielleicht durch den Zufluß noch anderer Dünfte, die durch ihre Mifchung eine ſchon gegenwärtige Kaͤl⸗ te erhohen „ſtark vermehret wird. Cs wird er alte in freyer Luft. 167 Kaͤlte aber auch dadurch wachſen, wenn die obere Luft durch einen ſteilen und kurzen Weg, mit einer merklichen Geſchwindigkeit und mit einem langen Anhalten auf die Flaͤche der Erde getrieben wird, ſie wird aber gelinder ſeyn, wenn die obere Luft ſehr ſchraͤg, ſehr langſam, und folglich wenig von derſel— ben, und kurze Zeit nach der untern gefuͤhret wird. . 9 23. Die Erfahrung lehret, daß die Suͤd— und Weft-Winde im Sommer, wenn fie anders feine regnichten Wolken mit fich führen, heiß find, und im Winzer insgemein von einem gelinden Better be= gleitet werden. Anhaltende und ſtrenge Kälte aber, imgleichen fühle $uft im Sommer, die nicht durch Wolfen und Regen verurfachet, fondern bey hellem Sonnenfcheine empfunden wird, koͤmmt insgemein mit Nord, Nord-Dft: oder Dften- Winde, und man wird nicht leicht, oder wohl gar nicht finden, daß im Winter mit einem Mord, Nord-Oſt, oder Dften- Winde ein Thaumerter eingefallen *). Daß aber | az der *) Wenn ich bier von Winden rede, fo nehme ich diefes Wort im meitläuftigen Verſtande, und ver- ſtehe Darunter nicht nur heftige, fondern auch fanf- te Bewegungen der Luft. Und wenn ich dem einen Wind war, den andern aber fühle und Falt nen⸗ ne, fo gebt meine Abfiche auf das, mas insgemein gefchieht, und wie fie in Bergleichung gegen ein— ander am öfterften zu feyn pflegen. Go bat man eine Schwulhitze nicht fo oft mie Oſt—- alg füdlichen Winden. Und es wird ein Froft mie Oſtwinde nicht leicht aufthauen. Suͤd, Suͤd-Weſt und Well: Winde find es aber insgemein, die das Wetter im Winter gelinde machen. Indeſſen hat man Exem⸗ pel, Daß es auch ſcharf dadey gefroren hat. 168 Bon der Waͤrme und Kälte der Sidwind feine Wärme nicht aus den heißen Süpdländern, und der Nordwind feine Kälte, wenig⸗ ftens nicht allezeit, aus den Falten Gegenden des Nord: pols bringe, ift oben ($. 20.) bewiefen. Die Kälte des Oſtwindes leitet man insgemein von den vielen Falten ‘Bergen, von welchen er durch die weiten oͤſt⸗ lichen Sander zu uns fommt, ber. Aber auch diefes ift eine unrichtige Erflärung. Denn geht der Oſt— mind hier und da über Falte Gebirge ‚ fo durchftreicht er auch wechfelsweife wärmere, ja ofters ganz heiße Gegenden. Dennoch ift er im Winter insgemein. kalt, und im Sommer fühle. Insbeſondere aber wird dieſe Meynung dadurch ganz und gar miderles get, daß auf den weftlichen Küften von Mord-⸗Ame⸗ rica, eben viefelbigen Binde Falt und warm find, welche bey uns viefe Wirfungen haben *), da doch) dorten die Weſt- und füomweftlichen Winde weit über Sand und Falte Gegenden geben, der Dftwind aber über eine weite Eee füommt. Sch bin daher auf eine andere Muthmaßung gefallen, um die Wärme der Sid: und Weſt-Winde, und die Kälte der Nord- und Oſt⸗Winde zuerflären. Ich vermuthe nämlich, daß die Morde und Oſt-Winde insgemein geſchickter find, die obere Falte Luft mit der untern zu vermifchen, und daß bey ven Sid: und Weft-Winden insgemein Die untere wärmere Luft unten bleibt, und Die Falte oben. G. 24. Bon den öftlidhen Winden meyne ich in etwas zeigen zu Fönnen, warum fie eine größere Mi— fung der obern und untern Luft verurfachen, als die Weſtwinde. Der Oſtwind ift von einer ganz u rt, *) Göttingifche gelehrte Zeitungen von 1750. St. 62. Seite 492. in freyer Luft. 169 Art, als der Weftwind, Die Erde drehet ſich in vier und zwanzig Stunden von Weften gegen Often um ihre Achfe. Die Luft, fo unfern Erdboden um» giebt , drehet fich ebenfalls mit der Erde herum, und wenn fie nicht durch andere Umftände aufgehalten wird, hat fie mit der Erde eine gleiche Richtung und Gefchwindigkeit. Denn Die ehemalige Meynung, daß die Luft, weil fie leiche ift, fich nicht fo gefchwind bewegen koͤnnte, als die Erde, und daher zurück blie— be, und den vielen Dftwind mitten auf der Erde ver: urſachte, ift ſchon völlig woiderleget. Ich fege zu . den Grünven, die man in den neueften Naturlehren Dagegen findet, nur noch diefes hinzu: Könnte die Luft fich nicht fo gefchwind bewegen, als die Erde fich um ihre Achfe drehet, fo würden wir längftens um unfern Erdboden Feine Luft mehr haben. Sie wuͤr— de fic) in der erftaunend gefchwinden Bewegung der Erde um die Sonne, da die Erde in ihrer Bahn in acht Minuten mehr als 2000 deutſche Meilen, und ‚folglich in einer einzigen Secunde über vier deutfche Meilen fortrücket, zuriick geblieben, und von der Er- de abgerifien feyn. Da Diefes aber nicht gefchieht, fo muß die Luft der Erde überhaupt genommen, mit ihr gleich gefchwinden $auf halten. Es wird diefes ‚denen nicht fremd vorkommen, welche jemals gefe: ben, daß in einem Iuftleeren Raume eine Daunfeder eben fo geſchwind fallt, als ein Stud Bley. Die Luft beweget fich aber in einem Raume, varinn feine - andere grobe Luft ift, die fie aufhält, und folglich Fann fie nad) dem Eindrucke der Bewegung, den fie bat, fo gefchwind fortfommen, als die Erde. Wenn denn aber die Luft, wenn fie nicht hier oder da aufges ar 25 halten ı70 Don der Wärme und Kälte halten wird, fic) mit der Erde in einer gleichen Ge: Ihwindigfeit um die Achfe derfelben drehet, fo wird ein Stud Luft, fo unter und bey der finie auf oder nahe an der Erde ift, in acht Minuten über 33 deut: fche Meilen vom Abend gegen Morgen fortgerück. Denn mit einer folhen Geſchwindigkeit drehet fich, nach den neueften Yusrechnungen, ein jedes Punct der Erde unter und bey der Linie um Die Achſe des Erdballens. Hieraus aber erhellet, daß ein Oſt⸗ und Weſt ⸗ Wind von ganz verfchiedener Befchaffenheit ſey. Wenn ein Dftwind entſtehen foll, fo muß die Luft in ihrer Bewegung um die Achje der Erde in etwas aufgehalten werden, fo,daß die $uft fic) lang— famer bewegt, als die Erde, und diefe unter der Luft fortrücfet, und man muß folglich auf die Art diefen Wind empfinden, wie derjenige, welcher ben einem ge= linden Weſtwinde mit einem Pferde ftarf gegen Dften jaget, und nicht einen Weftwind, fondern einen Oft: wind, d. i. Die $uft von der öftlichen Seite wider fich fühlet, weil er gefchtwinder reitet, als die Luft mic ihm fortgeht. Ich habe gefaget, die Luft müffe in ihrer Bewegung um die Achfe der Erde nur in etwas aufgehalten werden, Damit fie fih naͤmlich _ nur langfamer bewege als die Erde, wenn ein Oſt— wind entjtehen fote. Denn würde fie zu einem gänzlicyen Stillftande gebracht, fo würde das, was auf der Erde ift, dergeftalt wider die $uft geſtoßen werden, daß alles den Außerften Sturm empfände, und faum Berge im Stande feyn würden, dieſen Widerftahd auszuftehen. Denn da die Luft ſich mit dem ftärfften Sturme in einer Stunde nur ungefähr 45 englifche, oder wenn ich fünf englifche Meilen auf eine in freyer Luft. a eine deutſche rechne, neun derfelben fortbewegt; ein Punct aber unter und bey der Linie in acht Minuten 335 und folglich in einer Stunde 247 deutſche Mei— len fortläuft: fo würde der Sturm, welcher mitten auf.der Erde entftimde, wenn die $uft in ihrer Be— wegung um die Achfe der Erdfugel ganz zur Ruhe fäme, über zwey und zwanzig mal ftärfer ſeyn, als ein Sturm, der die ftärfften Baͤume niederreißt. Denn es ift gleichviel, ob wir ruhen und die Luft wi: der uns mit einer gewiſſen Geſchwindigkeit beweget wird, oder, ob die Luft ruhet, und wir mit eben der— felben Gefchwindigfeit wider fie fortgeruͤcket werden. Es darf deromegen die $uft mitten auf der Erde nur ‚um den zwey und zwanzigften Theil ihrer Geſchwin— digfeit, mit welcher fie fich um die Achfe der Erde, wälzet, verlieren, fo hat man ſchon einen heftigen öftlihen Sturm. Wenn aber ein Weſtwind entfte= ben foll, fo muß diefe Gefchwindigfeit vermehret werden. Denn die Luft drehet fi mit der Erde von Abend gegen Morgen um deren Achfe. Ges ſchieht diefes mit gleicher Gefchwindigfeit, fo kann gar Fein Wind gefühlee werden. Soll er aber aus Weften empfunden werden, fo muß die Bewegung der $uft von MWeften gegen Diten ftärfer werden, als die Bewegung der Erde. Nun aber geben wenig— ftens an der Erde die Winde, fie mögen fanft oder heftig feyn, mit gewiflen Stößen. Wird nun die Luft bey dem Dftenwinde mit einem Stoße aufgebals ten, fo wird fie fich erftlich an demfelben Orte, mie ein Strom, der aufgehalten wird, in die Höhe thürs men, und eine folche $uftfäule aus zwo Urfachen ſchwe— ‚ver werden: erſtlich, weil mehr Luft über einander | zu ı72 Von der Warme und Kalte zu ftehen koͤmmt, zweytens, weil nach den Gründen der Maturlehre ihr Druck gegen die Erde fo viel zu: nimmt, als fie in ihrer Bewegung um die Achfe der Erde aufgehalten wird. Wenn derowegen ein fol- cher Stoß nachtäßt, fo wird dergleichen Luftſaͤule, wegen ihrer überwiegenden Schwere, einen Schuß. nach der Erde thun, und eine große Mifchung der unten und obern Luft verurfachen. Der Weſtwind aber geht mic dem ordentlichen Strome der Luft um die Achfe der Erde, und vermindert folglih den Druck der Luft nad) der Erde, und die angeführten Urſachen einer ftärfern Mifchung der obern und un= tern Luft fallen hinweg, und er wird folglich ordent- licher Weife nicht fo Falt machen, als der Oſtwind. Jedoch Fann man auch Fälle gedenfen, da der Welt: wind, eben wie der Oſtwind, die Mifchung der obern und untern Luft, und folglich die Kälte fehr befördern muß, wie man denn Erempel genug hat, daß es mit Weſtwinden ſtark friert. Es kann namlic) der Weſtwind entftehen, wenn gegen Dften die $uft ver duͤnnet und leichter wird, und die Luft von Welten nachfchießt. Alsdenn wird Feine fo gar große Ber: mifehung der Luft gefchehen. Entſteht aber der Weſtwind daher, daß von Werften gegen Dften durch alterhand Urfachen ein Druck mit Stößen gefchieht, der die Luft nach Dften zu mit Gewalt dringt und übermältiget, fo wird eine folche Vermengung der ruft gefchehen, als wenn ein fchneller Strom in ein ſtilles Waffer, oder einen andern Strom flürzet, Und in diefem Falle wird der Weſtwind Falt feyn, Wer die Lehre von zufammengefegten Kräften und Bewegungen verfteht, wird Die gegebene Muth— “i maßung inmn freyer Luft. 173 maßung auch leicht auf die naͤchſten Nebenwinde des Oſtwindes anzuwenden wiſſen, und wenn er die fol- gende Muthmaßung dazu nimmt, leicht erklären koͤn— nen, warum der Nord-Oſtwind insgemein pflegt porzüglic) Fühl und kalt zu feyn *). 9.25 Warum ift aber der Nordwind insge— mein falt, und der Suͤdwind warn? Hiervon Fann ich weniger mit einiger Wahrſcheinlichkeit fagen, als , von den Dft- und Weit-Winden. it vielleicht auch ein flüßiger Körper, ver von dem Suͤdpol um die ‚ganze Erde gegen den Nordpol geht, und überhaupt um die Sonne herum fließt und verurfachet, daß Die Luft leichter von Süden nad) Norden, als von Mor: den gegen Süden, zu bewegen, und daher madıt, daß ben dieſer leßten Bewegung die obere Luft mehr mit der untern vermiſcht wird, als bey der erften? a ; „sit *) Diefe letztern Erklärungen balte für die fchlech- teſten in Diefer ganzen Abhandlung. Ich babe fie nur bergefeßer, ob fie vieleicht zu gruͤndlichern Gedanken Belenenheit geben möchten. Ich babe geſuchet wahrfcheinlich machen zu koͤnnen, daß die Rord⸗Nord⸗Oſt und Oſten-Winde insgemein aus der obern Ealten Luft fchrag gegen die Erde herab gien> gen, und bergegen die Sud: und Weflen- Winde un: ten auf der Erde enrffünden und. gerade fortliefen, “und folelich indgemein Feine fo ſtarke Miſchung der obern und untern Luft verurfachten. Ach babe gehoffet, in dem Stande der Wolfen gegen die Erde, bey den verfchiedenen Winden, Gründe für dieſe Muthmaßung zu finden, Weil ich aber erſt unge: fähr ein halbes Jahr darauf geachter babe, fo bin noch nicht im Stande, etwas zuverlaßiges davon berzufegen. Ä ı74 Bon der Warme und Kälte Iſt diefes vielleicht der, Strom, melcher die Mas | anetnadel bewegt? Es ift diefes ein bloßer Einfall meiner Einbildungsfraft, den die Vernunft noch mit nichts unterftügen Fan. Es führen aber dergleichen unbewieſene Gedanken bisweilen auf die Wahrheit. Ich hoffe derowegen ohne Die Deitfche der Gelehrten davon zu fommen, wenn ic) einen fo unreifen Ge— danken vortrage. Es folget aber aus diefer Erflä- rung, daß der Mordivind ordentlicher Weife nicht nur auf der nordlichen Seite der Linie, fondern aud) auf der Süpfläche des Eroballens müßte Falt, und der füdliche Wind warm ſeyn. Ich babe nachge= ſucht, ob ich einige Spuhren davon finden Fonnte, und ic) habe folgendes angetroffen: In den Königs reichen Kongo und Angola, welche zwifchen dem zmenten und eilften Grade füölicher Breite liegen, wehen im Winter Nordwinde, die fi) bald ein we— nig nach Weften, bald aber etwas nad) Often dre— ben, und im Sommer haben fie Süd- und Suͤdoſt⸗ Winde. Nun verurſachen dieſe nördlichen Winde zwar in der Ebene fo wenige Kälte, daß es öfters im Winter, welcher hauptſaͤchlich im regnichten Wet⸗ ter befteht, wegen der Nähe der Sonne und der er— higten und in Gährung gebrachten Dünfte, heißer ift, als im heitern Sommer, und wenn e8 ja Falt wird, fo gleicht die Kälte Der Herbftlufe zu Rom. In— deifen verurfacher der Nordwind Doc) auf ‚den etwas weiter von der Linie gelegenen Gebirgen Schnee *). Auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung, welches ſchon uͤber vier und dreyßig Grad auf jener Seite der | *) Allgemeine Hifforie der Reifen Band V. ©. 68.09. H j | in freyer Luft. 175 ber Sinie gegen Süden liege, berrfchet des Winters ebenfalls der Nordweſtwind, welcher hier vermuth⸗ lich, wie in dem naͤchſt angränzenden Königreiche Angola, auch zu Zeiten ganz nördlich feyn wird, und des Sommers haben fie Südoftwind. Hier bekom— men fie bey den nördlichen Winden ſchon ſolche Käls te, daß das Waſſer zu Zeiten mit einer ob wehl ganz dünnen Rinde von Eife beieget wird, welches aber bey Tage gleich wieder fchmelzt. Webrigens ift bey ihnen der Nordweſtwind überhaupt, wie er bey uns im Herbſte ift, naͤmlich rauh, Kalt und unange— nehm *). Der fanftefie und angenehmfte Wind aber auf dem Cap ift ver Stöweftwind, welcher im März und September daſelbſt wehet, wenn die bey: den vorhin genannten. Hauptwinde ſich umfegen. Das Sand befindet ſich alsvenn am allerbeften, und die Menſchen erquicken fich recht bey diefem Wins de *). Wäre nun der Suͤdwind auf dem Cap das, was bey uns der Nordwind ift, fo müßte der Süd: weit dafelbft die Eigenfchaf: haben, die bey ung der Nordweſt bat, und der Nordweſt müßte dafelbft ein angenehmer warmer Wind feyn, welches fich aber anders verhält. Ich habe Gelegenheit gehabt, einen verftändis ‚gen Mann zu fprechen, welcher die Reiſe nach dem Cap in Africa zweymal gethan, und daſelbſt einige Sabre die Aufſicht Über gewiſſe Landguͤter gehabt hat. Diefer hat mir verfichert, daß er fid) gar genau er= ännere, wie auf der füdlichen Seite der Erde, wenn f | man *) Allgemeine Hifforie der Reifen Band V. S. 182. **) Rolbens Befchreibung vom Eap der yuten Hoff: Hung, Th. I. Brief XXL Geite 311. 176 Don der Warme und Kälte man erjt einige Grade von der Linie gefommen ‚fo wohl weit von den Küften auf der See, als auch auf dem Sande, ver Nordwind vorzüglich raub und kalt, und der Suͤdwind insgemein angenehm und warm fen. Befondersnehme man diefes auf dem Cap faft ohne Ausnahme wahr. $. 26. In dem ſuͤdlichen Theile von America findet man eben daſſelbe. In der Reiſebeſchreibung des Ulloa welche den gten Theil der allgemeinen Hiſtorie der Keifen zu Waſſer und zu Lande ausmachet, ha⸗ be ih Nachrichten her welche diefes hinlaͤng⸗ lich befräftigen. Zu Quito find nach feiner Anzeige die Nord» und Nordoſt-Winde fehr kalt. $. 216. Er meldet ferner $. 5ıo. daß auf der Güpfeite der Erde, in der Südfee, 20 Grade von der Linie, und weiter nach dem Süperpole die Nordwinde die. jenigen ſeyn, welche im Winter am mehreften herr: hen. Er beftimmer diefe Winde noch näher. unten auf diefer Seite, und oben auf der folgenden, mo er anzeiget, daß es eigentlich Winde ſeyn, melche zwifchen Nord und Nordweſt ftreichen, die im Wins ter dafeldft vorzüglich blafen, und eben die Wirfuns gen hervor bringen, Die fie bey ung und auch auf dem Cap haben, nämlich ein ftürmifches, — mes und rauhes Wetter. Eben ſo herrſchet der Nordwind in den ſudlichen Gegenden von America, ſo uͤber 20 Grade von der Linie abliegen, des Winters auf dem feſten Lande. Ulloa berichtet S. 528. daß die Stadt Conception in Chile, welche über 36 Grade von der Linie nach Suͤden liegt, des Winters den Nordmwinden ausge⸗ ſetzt ſey, und es MEN Falter werde, als ir den. uͤdli⸗ in freyer Luft, - 7% ſuͤdlichen Provinzen in Spanien. Und von der ‚Stadt Santjago, welche von der Küfte entferner, und tief in das Land von Chile hinein liegt, ſchreibt er ©. 542. daß fie beynahe eineriey Witterung mic der Stadt Conception habe. Ks | - Sn der Sandfchaft Paragay in Suͤdamerica verderbt der Nordwind vie MWeintrauben. Der Schiffscapitain, Woodes Rogers, faget in feiner Keifebefchreibung,, daß die Mißionairs, fo ſich da- ſelbſt aufhalten, eine große Menge Weintrauben zoͤgen, aus welchen fie eine anfehnliche Menge Wein prefjeten, wenn ihnen anders die Ameifen, die Weſ— pen, die Vögel, oder die Nordwinde nicht zuvor fa- men. Man lefe diefes in V oyage autour du Monde commence en 1708. et fini en 17rı. par le Capitaine Woodes Rogers, Traduit de l’AngloisT. I. & Aın- fterdam 1716. p. 138. Es ſteht zwar nicht dabey, daß der Nordwind dafelbft den Trauben durch feine Kälte nachtheilig werde. Da aber der Berfaffer diefer Nachricht ein Engländer, und nicht anzeiger, auf was für Art die Nordwinde die Trauben in Paragay verderben, fo ift höchft wahrſcheinlich, daß ſolches durch keine andere Wirkung geſchehe, als die ihm von den Nordwinden in Kuͤropa bekannt gervefen, wo die Nordwinde Kälte und Froſt verur- ſachen, und den Trauben dadurch fchädlich werden, Würden die Trauben dafelbft von den Nordwinden ‚ auf eine den Europäern unbekannte Art: verdorben, ſo würde es der Verfaffer ohne Zweifel angezeiget haben. Ich fihließe alfo hieraus, daß der Nord: wind auch in der Sandfchaft Paragay Kälte bey ſich führe. Eben diefer Schiffscapitain meldet, daß er 2ı Dand, M unter — 5 Von der Waͤrme und Kaͤlte | unfer den magellanifchen SSnfeln einmal im, Decem- ber und einmal im Jenner, und alfo recht in dem dortigen Sommer bey einem Nordweſt- und Nord⸗ nordweft- Winde eine merflihe Kälte empfunden, Man lefe bey ihm hiervon T. I. p. 161. und 170. Man Fann mir aus des Ulloa Reifebefchreibung entgegen fegen, daß er von dem Suͤdwinde ausdruͤck⸗ lic) melde, daß er auf der Südfee und ihren Kuͤ— ften kalt fen, und zur Urfache davon angebe, daß der Suͤdwind dafelbft noch Kälte von dem gefror- nen Südpole hätte, wovon er herfäme, Er macht diefe Anmerkung bey der, nt von Lima ©. 404. Wenn man aber alles zufammen nimmt, was | Ulloa davon beybringt, fo wird man finden, daß | aus feiner Erzählung biervon nichts wider meine | Muthmaßung zu fehließen fey. Ulloa führet nichts an, daraus manauf eine vorzügliche Kälte des Süd: windes vor andern Winden zu Lima den Schluß machen fonnte. Der Suͤdwind, oder vielmehr ein füoöftlicher Wind weher zwar zu Lima des Win: ters: eben derfelbe Wind aber herrfchet daſelbſt des Sommers. Nur ift er im Winter ftärfer, und im Sommer gelinder; Und die gar gelinde Kälte, fo er daſelbſt verurfacher, rühret mehr von den. Dicken Nebeln und beftändigen Wolken und Staubregen her, welche im Winter daſelbſt beftändig find, und die Sonnenftrablen lange Zeit zuriick halten, als von dem Winde, Jedoch trägt der Wind das Seinige auch dazu bey. Denn alle Winde machen a, in frever Luft. 179 cher Weife*) eine erhißte Luft, unferer Empfins dung nad) **), fühler, indem alsdenn Die unfern Korper umgebende, und von demielben ermärmtere Luft weggetrieben, und unfer Leib immer mit frifcher $uft umgeben wird, die noch nicht fo ertwärmer ift, als fie durch die Ausdünftungen unfers Körpers zu werden pflege, wenn fie nicht oft durch andere abge mwechfelt wird. - Serner bemerfer Ulloa ausdruͤcklich S. 405. daß der Wind, ſo des Winters zu Lima wehet, ein Suͤdwind genannt werde, er habe aber ſeinen Strich beſtaͤndig zwiſchen Suͤden und Suͤdoſten. Nun aber folget nach derjenigen Muthmaßung von der Beſchaffenheit der Winde, ſo ich in dem bemeldeten Stuͤcke der hieſigen Anzeigen vorgetragen, daß ein ſuͤdoͤſtlicher Wind insgemein ſchon etwas frifcher fen, als ein Suͤdwind. Aus allen den bengebrachten Umftänden folget alfo noch nichts wider meine Muth- wmaßung, daß der Nordwind über den ganzen Erd= | M 2 boden *) Eine Ausnahme hiervon machen die beißen und erſtickenden Winde in Perfien, deren’ oben $. 13. Ä gedacht worden. | NT | **) Ob gleich inögemein ein jeglicher Wind, wenn . er einige Stärke bekoͤmmt, und einen großen Theil des Dunfkfreifes in Bewegung feget, eine erbißte Luft wirklich Fühler macht, indem er die obere kaͤltere Luft mit der untern vermifcher: fo kann man doch Durch das Thermometer wahrnehmen, Daß dieſe Wirkung nicht allezeit erfolger, befonderg wenn der Wind gar ſchwach iff. Indeſſen aber | macht er doch unferm Körper eine Erfrifchung, und das Gefühl einer Abkühlung aus der oben ans gezeigten Urfache, 80 Von der Wärme und Kälte boden vorzüglich Falt, und die Suͤdwinde vorzüglid) warm fenn. | —— — Die Urſache, welche Ulloa von der Kälte des Suͤdwindes zu Lima angiebt, fallt auch ganz hin⸗ ‚weg, wenn man verfchtedene feiner Wahrnehmungen zufammen hält.‘ Er nimmt an, daß der Suͤdwind ‚auf dem füdlichen Theile des Erdbodens die Luft er- frifche, weil er von ven Falten Gegenden des Suͤd⸗ pols Kälte mitbringe. Er fuͤhret aber felber folgende Erfahrungen an, welche diefe Meynung gänzlich auf heben. Lime liegt faft in der Mitte zwifchen der Sinie und dem fübdlichen Wendezirkel. Sie liegt folglich der Stadt Conception um verfchiedene Gra⸗ de gegen Morden, Und wenn man aus der fand: Schaft Paragay nah Limes zu Lande reifen will, muß man feinen Weg nad) einem noröweftlichen Striche nehmen. Lima aber hat feinen Winter mit Chile und Paragay zugleih. Ulloa bemerfer die- fes von Chile in folgenden Worten, welche S. 500 und. sıoftehen: „Der Winter und feine Stürme fans „gen fich an den hiefigen Küften (nämlich von Chile ) „zu eben der Zeit an, wie bey Lima und ven Thaͤ⸗ lern. Der Winter dauret nämlich vom Brachmo- „nate bis in den Wein: und Wintermonat. Am „ſtaͤrkſten aber ift er im Auguft und Herbfimonate, „So lange er dauret, ift man niemals vor Stürmen. „ſicher, und fie pflegen ſich immer ploͤtzlich einzuſtel⸗ „len. In einer großern Höhe, über 35 und 36 „Grade hinaus, und vom goften Örade an, nimmt „ver Winter feinen Anfang zeitiger, nämlich im „April, und auch wohl zu Anfange diefes Monats. „Er endiget ſich aber. aud) fpäter, wie man gemei⸗ niglich | er freyer Luft. ve niglich wahrnimmt.,, Bon der Landſchaft Paraz gay lieft man eben. dergleichen. in andern Reiſebe— fchreibungen;, z. E. ben dem ſchon mehr angezogenen Woodes Rogers. Nun aber melde Ulloa wei- ‚ter, wie wir oben die Stellen ſchon angezogen haben, daß man fo wohl auf der Südfee, als aud) in Chile, in den Gegenden, die über 20 Grade von der Linie entfernet find;, des Winters vornehmlich Mord» oder eigentlicher Nordweſt- und Noronordmweit - Winde babe. Ich habe Urfache, von der Landſchaft Per ragay ebenfalls zu muthmaßen, Daß daſelbſt mit dem Winzer: die nördlichen Binde zu berrfchen an- fangen, weil fie dafelbft zu Zeiten die Weinleſe ver- nichten. Zu Lima aber herrſchet alsdenn der Suͤd⸗ oder eigentlicher ein Südoftwind. Aus der Zufam= menhaltung Diefer Erfahrungen aber ift Elar am Tage, daß der Südoftwind zu Lima nicht von dem ‚Süperpole berfomme, und feine Erfriſchung von da ber mitbringe. Denn fonft müßte in den Gegen: den, die über 20 Grade von der Linie weiter nad) dem Suͤderpole liegen, zu eben derfelben Zeit ein gleicher Wind herrfchen. Dafelbft aber bläft ale- denn, wie Ulloa felbft berichtet, gerade ein gegen- feitiger Wind, naͤmlich ein Nordweſtwind. Es erhellet dieſes noch mehr, wenn man bedenkt, daß zu Lima der ſuͤdliche Wind Winter und Som— mer faſt beſtaͤndig wehet. Wer aber den Ulloa, Anſon, den Woodes Bogers und andere lieſt, die die Gegenden von den magellsnifchen Inſeln und von Paragay vorbey gefchifft find, der wird wahrnehmen, daß. die Winde dafelbft ſehr ver⸗ änderlich find. Sollten nun die Suͤdwinde zu Limes | M 3 von 32 Don der Warme und Kälte yon dem Süperpole herkommen, fo müßten in den ißt benannten Gegenden eben diefe Suͤdwinde durch Das ganze Kahr den Vorzug haben, wovon aber dag Gegentheil offenbar ift. Es ift alfoüberhaupt falfch, Daß die Falten Winde ihre Kälte von den mit Eis und Schnee belegenen Polarländern herbringen jollten. \ | | $. 273). Ich habe gewünfchet, in den Nachrich⸗ ten von denen, welche um die magellanifche Küften in Die Südfee gefchiffer find, nähern Unterricht von den Dafelbft Falten und warmen Winden zu finden : ich habe ihn aber bisher vergeblich geſuchet; ich habe in= Deffen auch nichts gefunden, was meine Murhmaf ſungen aufhöbe. Ich ‚habe die Machrichten von drey Reifen gelefen, welche um Südamerica und Die magellanifchen Küften gefchehen find. Die eine Reiſe hat Wilhelm Schouten gethan, und man finder fie in der Hiſtoria Indiae Occidentalis. Sie ift um das magellanifde Eiland im Hornung und März, und alfo im Herbfte verfelbigen Gegend. ges fcheben. Sie haben faft beftändig mit Weſtwinden zu thun gehabt, die fich bald etwas gegen Süden, bald gegen Morden gewendet, und ihnen Sturm, Schloßen und Schnee mit untermifchtem Regen ver= urfachee. Don einem Nordweſt- und Nord-Nord⸗ Weft-Winde wird angemerfet, daß er ihnen etliche Tage nach einander Kälte und eine große Menge Schloßen und Schnee ohne Negen gebracht, da bey den Welt: und Suͤd⸗Winden Schloßen und Negen ges fallen. Es wird zwar auch) einer großen Kälte und ſchauderichten Wetters bey einem Suͤdweſtwinde ges dacht, es wird aber die a a elben j imn freyer Luft. 183 ben nicht genau beſtimmt, und es bat auch) nur ei» nen Tag gedauret. Da fie gegen Chili gefommen, haben fie mit Sid- und Suͤd-Suͤd- Weft-Winden ſchon Wetter befommen. Es wird. dabey Feiner Kälte erwaͤhnet, da felbige doch im Vorhergehenden verfchiedentlich bemerfer worden. Ich muthmaße alfo, daß dieſer Wind niche fonderlich Falt gewefen, ungeachtet man damals Winter in felbiger Gegend gehabt *). Dampier hat dergleichen Reife aud) in einem Hornunge und Märze gethan. Er geden- fer gar nichts von der Kälte, fondern erwaͤhnet eines, Sturms und Regens, welder vom 14. Hornung bis. zum ı. März gedauret, und wobey der Wind Südz, weft, Suͤd⸗Suͤdweſt und Weft gewefen. Der Suͤd— weſtwind ift alſo Damals nicht einmal fo Falt geweſen, daß er Schnee verurfachet hätte, Der Suͤdoſtwind bat ihnen ſchoͤn Wetter gebracht. DD es aber Falt oder warm dabey gemwefen, wird nicht gemeldet ). Der Admiral Anfon hat diefe Gegenden ebenfalls in ihrem Herbfte und Anfange des Winters, naͤm⸗ lich im Märze und April umſchiffet. Er hat fait be— ftändig Weſtwinde gehabt, und wern man dasjenige , mie Achtfamkeit überleget, was er gegen das Ende der 83. Seite son dem Urfprunge und der Richtung der, dortigen heftigen Winde anmerket, und zugleich feine harte von Südamerica zu Huͤlfe nimmt, und den ‚Lauf feines Schiffes nebſt der Richtung der Ströme n dem Meere, welche bier mit dem Winde zu gehen, — | M 4 „pflegen, . ‘ #) Americae feu Indiae Occidentalis Hiftoria Part, XXI. p.15« 16. Edir. Oppenheimenf. 16:9. **) Nouveau Voiage autour du Monde Guillaume Dampier Tom. I. p. 91. 194 Don der Wärme und Kälte pflegen, wahrnimmt, fo muß man fchließen , daß. von Cr Horn bis Bu Cap Noir Nordweftenwinde geherrfihet Haben. Mit diefen Welt: und Nordweſt⸗ Winden hat er aber die Witterung gehabt, welche mir auf ven Nordſeite der Erde in einer gleichen Weite von der Linie in einer ähnlichen Jahreszeit mit eben demſelben Winde zu haben pflegen. Sie haben naͤmlich Hagel und Schnee mit Regen vermiſcht, zu Zeiten auch lauter Schnee und Froſt mit fich gefuͤh— rei *). Anderer Winde wird wenig und ohne Um⸗ ftände gedacht. ch Fann alfo mic Feiner Zuverläfe figfeit refttegen, welche? "Wind gegen den Suͤdpol unter America vorzüglich Falt oder warm fen, jedoch wird auch meine obige Muthmaßung von der vor- züglichen Kalte des Nordwindes auf der Suͤdſeite der Erde durch nichts entkraͤftet. Vielmehr wird fie dadurch in etwas beftärfet, daß Dampier mit Süd: weſtwinden Feinen Schnee, fondern nur Regen, und Bilelm Schouten mit Noröweltwinden Schnee ohne Regen gehabt. $. 276). Es fann meiner Muthmaßung auch nicht entgegen geſetzet werden, daß man auf der, In— fel Kava und einigen andern Hiten zwiſchen den Wen⸗ dezirkeln mit dem Weſtwinde Winter, und mit dem Oſtwinde Sommer habe. Der Winter beſteht daſelbſt in nichts anders, als in einem regnichten Wetter, welches in Java nur, wenn es Tag und Nacht anhaͤlt, eine merkliche Abkühlung der Luft vers urfachet. Denn auf Java bat man diefen Winter Wh zu der Seit , wenn die Sonne am weiteſten von | ihren Anſons Keife um die Welt, 1Buch, vm Sau Seite 73. 74. 78. | | in freyer Luft. 5 ae ihnen un in den nördlichen Zeichen if. Man bat daſelbſt ven Winter oder die Kegenzeit, wenn ihnen die Sonne gerade über dem Kopfe fteht, nämlich vom November oder December bis zu Ende des März *) Ein farenheitifch Ihermomerer fteige nach) den Beobachtungen. des Herrn D. Kriel zu DBatavia, wenn es im Schatten hänge, bey der BEE Hitze auf 84 bis 88 Grad. In den offen- baren Sonnenftrahlen aber auf 94 bis 98 Grade. Diefe Höhe hat es daſelbſt faft immer, es mag Som- mer. oder Winter fen. Der Herr D. Kriel bat nur ein einzigmal wahrgenommen, daß das Ther- mometer auf 78 Grad geitanden, und Das zu einer Zeit, da e8 Tag und Macht entfeglich geregnet. Da nun bierbey die Sonne nicht gefchienen, fo nehme ich dieſe Wärme als eine Wärme im Schatten an, Folglich iſt der Unterſchied der dortigen groͤßten Waͤrme im Schatten, und der geringſten, die ich daher ihre groͤßte Kaͤlte nennen muß, nur 10 Grad *). Wie geringe dieſer Unterſchied, mag aus folgenden erhellen. Der Herr Profeſſor Ha⸗ nau hat zu Danzig wahrgenommen, daß das faren⸗ heitifche Thermometer in heißen Tagen im Schatten auf 90 Grad geftiegen, und in einer frengen Kälte 42 Grad unter den Punct des Gefrierens herunter * *). Dieſes iſt ein Unterſcheid der Hitze — M 5 und ee Ond en Nieuw Ooft-Indien. Tom. IV, 230. en) Brınbungiicsee Magazin Band V. Stuͤck IT, Geite 263. 264. e. Bamburgiſches Magssin Band V. Stuͤck II. eite 266. 267. 186 Von in Waͤrme und Kälte und Kälte von 132 Grad. Der Weſtwind verurſa⸗ chet folglich auf Java Feine Kälte. Man kann viel- mehr zeigen, Daß der Dftwind, welcher im Sommer, oder in der frocnen Zeit, nämlic) vom März bis October dafelbft herrſchet, mehr Fühlen. müffe, als ber Weltwind. Mach ver Wahrnehmung. des Herrn D. Kriel bat man zu Batavia insgemein im Sommer und Winter eineren Hitze. Da nun bey den haͤufigen Wolfen und heftigen Negen, welche im Winter, „oder — in der Regenzeit, mit dem Weſtwinde kommen, die mehreſte Zeit eben dieſel⸗ bige Hitze bleibt, die man in der frocdenen Zeit em⸗ pfindet, und in der trocdenen Zeit, da man über ſechs Monate heitern Himmel bat, die Hiße nicht fonderlich zunimmt, fo muß eine Urfache vorhanden ſeyn welche bey einem fo langen. Sonnenfcheine die ar immer wieder eben fo abfühlet, als fie im Win- ter durch die Wolfen und häufigen Negen erfrifcher wird. Valentyn berichtee uns, daß ſolches die, Winde thun und verurfachen, daß es zu Batavia nicht fo bethauet ſey, als es zu Zeiten bey heißen Ta- gen in Holland iſt. Da nun in der trockenen Zeit oftliche Winde daſelbſt herrſchen, ſo kuͤhlen ſelbige bey heißem und anhaltendem Sonnenſcheine ſo viel, als die Weſtwinde nebſt abwechſelnden Regen und Gewoͤlke. Der wind muß folglid) daſelbſt an und vor fi) mehr fühlen, als der Weſtwind *). Sich meyne alſo „daß diejenige Muthmaßung, welche ich von der eigentlichen Beſchaffenheit der Nord⸗ und Oſt⸗Winde beygebracht babe, durch diefe ET BE v) Valentyn Oud en Nieuw Ook- Indien Tom, 4 P. Iıp. 230% in freyer uf. 187 itzt angezeigten Erfahrungen in etwas beſtaͤrket werde. | | 9.28. Zum DBefchluffe mache ic) noch eine An— merfung. Ich habe bewiefen, dat der Oftiwind von einer ganz andern Befchaffenheit fen, als der Wet: wind, Ben der Empfindung des Oſtwindes wird die Luft, welche ſich mit der Erde vom Abend gegen Morgen bemweger, in Diefer Bewegung nur in etwas aufgehalten. Wenn aber der Weſtwind wehen foll, fo muß die Bewegung der Luft, welche fie alfezeit vom Abend gegen Morgen mit der Erde gemein hat, etwas gefihwinder werden. Ich habe daſelbſt aus geroiffen Gründen gemuthmaßet, daß die Nordwinde eine ähnliche DBefchaffenheit mit den Oſtwinden, und die Suͤdwinde mit den weftlichen hätten. Sollte ia) bierbey feinen Fehlſchluß gemacht heben, fo Fönnte man daraus mit leichter Mühe einen Theil des Stei- gens und Fallens des Barometers erfläten. Es ift eine ſchon ausgemachte Sache, daß das Steigen und Fallen des Barometers nicht fo fehr von: dem Werter, als von den Winden, abhange. Mie Nord- und Oft-Winden ſteigt es gemeiniglich, und fällt bey Sid und Weſt-Winden. Da man deromegen zu Conftantinopel den Regen mit Nord» winden befommt, und bey Südwinden fchon Wet⸗ ter hat, fo fleige daſelbſt das Barometer bey regnig- tem Netter, und fällt bey angenehmen Sonnen» feine, Man lefe diefes in den Breslauiſchen Sammlungen, XXI. Verſuch, oder den Novem- ber von 1722. Seite 544 u: f. Wer die Mathematik, und die Negeln einer zur: fommengelegten Bewegung und der Schwere ver- ſteht, 38. Von der Wärme und Kälte ſteht, der wird aus meiner. Hypotheſe ober angenom⸗ menen Meynung von den Winden leicht einfehen, daß nach derfelben die Vis centrifuga bey den Oſt— winden in etwas gemindert werde, welche fonft die: Luft ben ihrer Bewegung mit der Erde vom Abend. gegen Morgen um die Achſe ver Erde hat. Folg— lid) gewinnt‘ ihre Vis centripeta, oder Schwere ſo viel, als die Vis centrifuga abnimmt, und folglich muß das Barometer fteigen, Hingegen bey ‚den Weſtwinden wird die Vis centrifuga der $uft ftärfer, und folglich die Vis centripeta, oder Schwere um eben fo viel geringer, und daher muß das Barome— ter fallen. Eben diefes mußte denn auch bey den Nord und Suͤd-Winden wegen ihrer Aehnlichkeit mie den Oſt- und Welt-Winden gefchehen. Das Barometer mußte Mit Nordwinden ordentlicher Weiſe jteigen, und mit Suͤdwinden fallen. Es fols gete hieraus nod) ferner , daß die Luft bey den Morde - oſtwinden insgemein am ſchwereſten ſeyn mußte. Denen, welche Mathematik und Phyſik verſtehen, habe ich fhon genug gefaget, um mich hierüber ver- ftändlich zu machen: andern aber würde ich dunkel bleiben, wenn ich diefe Sache gleich mit mehreren Worten vortragen wollte, $. 29. Sch mag vorige nichts mehr hinzu fegen, um meine Muthmaßungen auszuſchmuͤcken. Ich will erſt abwarten, ob Berftändige fie einer weitern Aus—⸗ führung würdig achte. Vielleicht weiß jemand eine oder etliche Erfahrungen, die dieſes ganze Ge⸗ baͤude, welches ich ſo muͤhſam in meinem: Gehirne aufgevichtet,- über einen Haufen werfen. Sollte * geſchehen, ſo werde ich zwar eben den Br * n⸗ ei freyer Rufe. . 809 empfinden, welchen die Kinder fühlen, wenn ihnen ein Kartenhaus, nod) ehe es vecht fertig tft, umge— blafen wird. Er wird aber bey mir eben fo ‘bald verſchwinden, wie bey jenem Kleinen Gefchlechte, und ich verfichere,, daß ich weder-, wie ein Gelehrter, gelehrteigenfinnig auf meinem Kopfe befiehen, noch weniger aber diejenigen, fo anderer Meynung find, für finftere Köpfe achten und fchelten, und mid) al- lein für Flug halten werde. Ich füge noch mein ei— gen Urtheil von diefer Abhandlung hinzu. Gefegr, ‚alle meine. Murhmaßungen wären wahr, fo hätte ich doch nur Höchft wenig erfläret. Ich weiß noch gar nichts von der innern Natur, und dem erjten Stoffe des Feuers, und wie es eigentlich Wärme erzeuget, zu fagen. Ich kann folalicd) auch von der Erzeugung der Kälte feinen deutlichen Begriff ge: ben. Sch rede von Auflöfungen und Gährungen, ‚die in der Luft eine Wärme verurfachen. Welches find aber eigentlich die gahrenden Dünfte? Woraus beftehen fie? Was für eine Verhaͤltniß und Bewe⸗ gung haben die Theile gegen einander? Warum ent: ftehe daher eine Wärme? Warum find dergleichen eben an diefem Orte, und an den benachbarten Ge— genden niht? Warum find fie an. eben demſelben Orte das eine Jahr häufiger, wie in andern? Warum halten fie fich das einemal lange Zeit, das anderemal nicht? Ich weiß auf alle diefe Fragen nichts, gar nichts zu antworten. . Sch rede von Winden, welche warm oder Ealt machen. Wie und wo entftehen fie eigentlich? Wo fangen fie an? Wo hören fie auf? Was beftimmer ihre Richtung und Graͤnzen? Warum haben wir heute Mord- und N morgen 190 Bon der Wärme und Kälte ‚morgen Suͤd⸗ Wind? Warum: herrfcher an diefen Orte das eine Jahr diefer, das andere Jahr ein ‘ges genfeitiger Wind am mehreften? Ich muß die Hand auf meinen Mund legen, und meine Unwiſſenheit befennen. Noch mehr: ich habe es geſagt, und je dermann fagt es, Die Sonne mache warm. Wie aber? Fließt die Wärme von ihr herab auf unfern Erdboden? Oder feget fie nur die dünne Himmels— luft in eine Bewegung, welche bis auf die Erde fortgeht und das dafelbjt befindliche aber ruhende Feuer aufwecket und in Bewegung feßet? Und wenn diefes iſt, wie aefchieht folhes? Wenn man mie diefe Fragen hätte vorgelegt, als ich den ‚philofophi- fchen Ehrenhut fuchte, ich ware nimmer Magiſter gervorden. Doc) vielleicht hätte. ich es damals ganz ftolz und unerfchrocen gewagt, mit einer gelehrten Mine darauf, zu antworten, 560 aber erfihrece, erftaune und verftumme ich. Wenn deromegen meine Einbildungsfraft und Vernunft ſo gluͤcklich gewefen, Daß fie anjegt lauter wahre Muthmaßun⸗ gen zur Welt gebracht, was häfte ich denn gefage? Diefes: Wenn die Sonne auf eine mir unbefannte Art die Fläche der Erde, die Luft und die Körper, fo darinne find, erwaͤrmet, und etwa nod) eine Gaͤh— rung oder andere, theils befannte, theils unbefannte AUrfachen, welche die von uns noch nicht begriffene Natur zu wärmen haben, hinzu kommen, ſo wird es in freyer Luft warn, oder auch heiß. Weil nun die bloße Luft nicht viel Feuer faflen und halten Fann, die ſchwerern Körperchen aber, fo darinne ſchwim— men, und nach einer uns verdeckten anziehenden. Kraft das Feuer mehr an fich ziehen, und in, feiner Wirkſam⸗ inmn freyer Luft. 191 Wirkſamkeit erhalten, wegen der abnehmenden Schwere der Luft nicht gar hoch ſteigen koͤnnen, ſo iſt es in der obern Luft ſehr kalt. Wenn nun die waͤrmenden Urſachen abnehmen, oder auf eine uns insgemein verborgene Art, gehindert werden, und Winde, deren. Urfprung, Anfang und Ende wir auch nicht wiſſen, die obere Falte Luft mie der untern vermifchen, fo wirdes fühle und falt. Quantum eft, quod neleimus? Wie ger fhlecht fteht es um unfer Wiſſen? Am gluͤcklichſten fheine ich mir geweſen zu feyn, wenn id) anderer Gebäude nieder: ‚geriffen babe. Mir wird aber Angft, wenn ich mein eigen Gebäude anfehe. Es ift viel leichter nie- Dderzureißen, als geſchickt aufzubauen, Ich wuͤnſchte, daß alle Lehrer junger Leute ſo redlich und offenherzig feyn möchten, daß fie ihnen niche nur fagten, was fie wüßten, fondern auch an— zeigten, was man nicht weiß; und daß man Muth: maßungen und vollfommen bewiefene Wahrheiten wohl voneinander unterfchiede. Wir würden gewiß nicht fo viele gelehrte Gecken, eigenfinnige Zänfer, und auc) nicht fo viele hochtrabende und fo groß Ge: raͤuſch machende Freydenker, ſondern demuͤthige, bes ſcheidene und gelehrige Weiſen haben. Warum iſt man aber in Unterſuchungen von Dingen, wo man nicht mehr Gewißheit zu hoffen bat, fo gefhäfftig, und warum bleibt man mit feis nen Muthmaßungen nicht zu Haufe? Sch will die wahren Urfachen hievon angeben, Die Erwachſe— nen und Alten, und auch ſelbſt Die Gelehrten, blei- ben in ihrer Maaße fo wohl Kinder, als die, mel: che wir eigentlicd) mit diefem Namen belegen. Die ha if Alten 192 Don der Waͤrme uhd Kälte ıc. Alten fpielen und fuchen ihren Zeitvertreib fo gern, als die Jungen. Der eine fücht ihn in einem Lom⸗ ber, der andere in einem Triſet, der dritte in einem Schach- over andern Spiele Kin anderer aber fpielet mit veralteten Norten, und wieder, ein ande= ver framt mit alten Kleidern, fo man vor faufend Jahren getragen. Und wer fann es den andern verargen, wenn fie bismweilen ihren Zeitvertreib dar- inne fuchen, daß fie Hauferchen bauen, von welchen fie glauben, daß fie ven weiten Weltbau vorftellen? Und was mid) insbefondere betrifft, fo habe ich bey. dieſem Auflage folgendes empfunden und gedacht. Meine Neubegierde hat ein DBergnügen Dabey ge- fuͤhlt. Vielleicht wird dadurch auch bey andern in dieſem Triebe eine kleine Beluſtigung verurſachet. Vielleicht bringt mancher eine Stunde damit hin, die er fonft in Viſitenſtuben zubraͤchte, wo er gleich- falls nichts ale Tand hoͤrete. Ferner giebt er Pa- piermachern und Buchdruckern einen Fleinen Ges winnſt. Und wer weiß, ob er einem andern nicht‘ dadurch zu einem Vergnügen wird, daß felbiger er- was in die Hände befommt, das er widerlegen Fan, und vielleicht getvinne am Ende die Wahrheit da= durch noch etwas. Wenn fehlet es ung wohl an Entſchuldigungen? | J | —X iv. Doct. | ). | 193 m. Mi * SE Ze SE Ze Ze Ze 22 Ze 22 2 ****5 Ba ine Dr, Friedrich Auguft Cartheufers Beobachtungen von Cryſtalliſirung der feuer- beſtaͤndigen Falifhen Salze. Aus den Schriften der erfurtifchen churf. Akademie nuͤtzlicher Wiſſenſch. J. Th. 149. ©. | ARE Ile Chymiften behaupten, die feuerbeftändigen Falifchen Salze fchießen ihrer Natur ungeach⸗ tet nicht in Cryſtallen an; und die Erfah: rung fcheint Diefes zu beftätigen. Denn wenn man Auflöfungen diefer Salze in Waſſer durd) eine gelinde Abdünftung von der überflüßigen Seuchtigfeit bes freyet, und folchergeftalt verdickt an einen fühlen Ort ſetzet: ſo ſchießen keine Cryſtallen an, wie von den Mittelſalzen, ſondern es bleibt alles fließig; ; bringt man fie aber vermittelft des Seuers zur völligen Tro« ckene: fo bleibt eine unförmliche, gar nicht cryſtalli⸗ ſche Maffe zurük. Zwar zeiget man einige Salze \ erpftalle, unter dem Namen feuerbeftändiger ange— fehoffener” Salze: aber wenn man ihre Natur und Zubereitung unterfuchet, fo findet fi), daß es feine | einen Falifchen- Ba find, aa Daß man fie 21. Dand, _ N mehr 194 Don Erpfallifirung mehr oder weniger mit einer Säure vermengt, und etwas zu Mittelfalzen gemacht hat, es mag nun Diefe Säure aus einem mineralifchen Schwefel, den man | über den Saugenfalzen verbrannt hat, oder aus den Pflanzen felbft, oder wie einige wollen, felbft aus der Luft, der dieſe Salze eine Zeitlang ausgefegt gewe⸗ fen find, herkommen. Solchergeſtalt wird es nicht ganz unmüße fen, wenn ich hier eine Methode mit? theile , wie die feuerbeftändigen Ealifchen Salze, oder die Laugenſalze, ohne Beränderung ihrer Natur und ‚ihrer Eigenfchaften, in eine vieleckichte Cryſtallenge⸗ ſtalt zu bringen find. Ich will diefes Verfahren, das ſich auf einen befondern Zufaß gründet, und mir ducch wiederholte Verſuche zulänglich bekannt ges worden ift, nach den mannichfaltigen Umftänden anzeigen. 2 Man nehme feuerbeftändigen Salpeter) oder gereinigte Potaſche, fo viel man will, und lofe fie in einer mittelmäßigen Menge ſchl echten Waſſers auf; das Waſſer muß kalt ſeyn, zumal wenn man Potaſche nimmt, damit die Theilchen des Mittelſal⸗ zes unberuͤhret bleiben, die ſich bey der Potaſche zu finden pflegen, denn dieſe loͤſen ſich nur in warmem Waſſer adf. Man feige dieſe Aufloͤſung durch, und vermiſche vier Theile von ihr in einem glaͤſernen Ge⸗ faͤße mit einem Theile waͤſſerichten Salmiakgeiſt, der vermittelſt feuerbeſtaͤndigen kaliſchen Salzes iſt ge⸗ macht worden; man kann ſich ſtatt deſſen auch einer Aufloͤſung von fluͤchtigem trockenen Salze, das vom Salmiak iſt abgeſondert worden, bedienen. Die Vermiſchung geſchieht meiſtens, obne daß es allzu * wird; und wenn A vollendet iſt, feße mar die | Feuch⸗ der feuerbeſt. kaliſchen Salze. 195 Feuchtigkeit in gelinde Sandwaͤrme, die man immer fo ftarf erhalte, daß man:die Hand darinnen leiden fann. So ſteigt zuerft ein ftärferer Uringeruch auf, der fehr ſcharf in die Nafe dringt; indem man aber die Ausduͤnſtung fortfeger, wird diefer Geruch nad) und nad) fhwächer und vergeht endlich: wenn dar— auf die flüßige Materie über die Hälfte abgedunftee iſt, forentftehen auf der übrigen Feuchtigkeit zarte, glänzende, weiße. Ernftallen, Durch eine gelinde Wärme bringe man alsdenn den größten Theil diefer Feuchtigkeit nach und nad) zu fehönen und noch aröf- fern Ervftallen; und auf dem Boden des Gefäßes ſieht man zugleich falzigte und irdiſche weißlichte Klümpchen, die aus der Feuchtigkeit berabgefallen find, das Waffer löfet fie auf, und befomme davon eine ſchwache Milchfarbe, ohne Abgang feiner Durch- fihtigfeit. Im Winter geht diefe Arbeit eben fo gut von ftaften, wenn man die Feuchtigkeit, fo bald fich die vorerwähnten kleinen Cryſtallen auf der Ober— fläche zeigen, an einen Falten Dre bringt, wo die Anſchießung in einigen Stunden vollendet wird. In beyden Fallen bleibe ein flüßiges Weſen zurüc, das meiſtens von irdifchen afchgrauen Klümpchen verunreiniget iſt, und fich durch neue Abdünftung zu Cryſtallen bringen läßt, die aber nicht fo ordentlich und feft, fondern etwas ſchmiericht find, 93. Trocknet man die folchergeftalt erhalte nen Cryſtalle auf Söfchpapier : ſo zeigen fie den Glanz, die Durchfichtigfeit, und das völlige Anfehen ver Ernftallen von Mittelfalzen; aber ihrer Natur und ihren Eigenfchaften nach find-es feuerbeftändige tali⸗ ſche Salze. Sie haben naͤmlich einen ſcharfen Lau⸗ RL N 2 genge⸗ 196 ° Don Eryfallifirumng gengeſchmack, ohne allen Geruch; wallen mit allen Säuren ftarf auf, und erhalten, nach Vollendung des Aufwallens, die Beſchaffenheit der Mittelfalze,. In kaltem Waſſer laffen fie fich leicht auflofen, mas. chen den Veilchenſaft grün; ſchmelzen bey jtärferem | Seuer; fallen aus der Auflöfung Des ſublimirten Queckſilbers ein orangenfarbenes Pulver, aus der Aufloſung der Alaune eine weiße Alaunerde; aus der Aufloͤſung des Eiſenvitriols und des Kupfervitriols eine metalliſche Erde; imgleichen verſchiedene andere Metalle und Halbmetalle. In der Luft zerfließen zwar dieſe kaliſchen Cryſtallen nicht mehr; deswegen aber hat man ſie doch aus der Zahl der kaliſchen Salze nicht auszuſchließen; denn man darf das Zer- fliegen nicht als ein wefentliches Merfmaal derfelben anfehen, weil einige Fatifhe Salze fait Feine Feuch: _ tigkeit aus der Luft an fich ziehen, z. E. das Scden- falz, dem doch niemand deswegen eine Stelle unter den feuerbeftändigen Ealifchen abfprechen wird. Die angeführten Umftände zeigen zulänglich, daß die er⸗ wähnten Salzeryftallennod) völlig ihre Falifche Natur haben; und in diefer Abficht ſtimmen die Eryftallen aus Potafche, mit denen, die aus feuerbeftändigem Salpeter gemacht werden, vollfommen überein. Auch was die Geftalt, die Seftigfeit, und Die Größe beerifft, befindee fich zmifchen beyderley Cryſtallen nur ein geringer Unterfchied. Die Cryſtallen der Potaſche laſſen fich zerreiben, find länglicht, platt, an beyden Enden abgeftumpfet, oder abgefürzet, vier= feitigen Pyramiden ähnlich, fo daß zwo gegen über ftehende Seitenflächen viel — * andere aber viel der feuerbeſt. kaliſchen Salze. 197 viel fhmäler find. Einige von ihnen find groß, ans dere klein; die meiften fo groß, als ein Gerftenforn. Die Erpftallen des feuerbeftändigen Salpeters find wenig unterfchieden, außer daß fie länger und ſchlan⸗ fer find, und gleichfam Spieße vorftellen. 6 4 Die Erpftallen, welche man aus ordenf- lichem reinem Weinfteinfalze, durch eben das Ber: fahren erhält, find von jenen gar nicht, der kaliſchen DBefchaffenheit nach), und nicht fehr der äußerlichen Geftalt und dem Anfehen nach, unterfchieden. Ehe man aber das Anfchießen vornimmt, muß die Rei⸗ nigfeit des Weinfteinfalzes genau geprüfet werden, weil es zuweilen größten Theils in eine Art von Mit: telfalze verwandelt it, fo daß, wie mich die Erfah: band einigemal gelehret hat, feine Auflofung im Waſſer, nach einer gelinden Abdünftung, obne eini- ‚gen Zufaß , ein ernftallifches: Mittelfalz auf dem Bo— den zurück läßt, das hier und da mit wahren Fali- ſchen Kluͤmpchen bededer if. Wenn man alfo diefe Prüfung unterläßt, und dergleichen unreines Wein— fteinfalz mit urinofen Geifte vermengt: fo darf man fi) nicht wundern, daß ſtatt der kaliſchen Eryftallen, ‚octaedrifche, harte, kleine Cryſtallen zum Vorſcheine Fommen, die am Geſchmacke und den übrigen Ei— ‚genfchaften dem vitrioliſirten Weinfteine ähnlich find, und wegen der anhängenden Falifchen Theilchen,, nur ſchwach und furz mie Säuren aufwallen. 95 Das befchriebene Verfahren, vermittelit deflen man feuerbeftändige kaliſche Salze, nach ihrer Auflöfung im Waſſer, zur Cryſtallengeſtalt bringt, findet auch ftate, wenn dergleichen Salze von der | N3 Feuch⸗ 98° Bon Ernftallifirumg Feuchtigkeit der Luft in eine fette Naͤſſe zerfloffen find. Denn wenn man diefe Näffe entweder fo laͤßt, wie fie iff, oder fie mit Waffer verdünner, und waͤſſe⸗ richten Salmiafgeift in der oben erwähnten Verhaͤlt⸗ niß hinzu gießt, auch eben die gelinde Waͤrme dabey gebraucher: fo entftehen Cryſtallen, die den vorigen, der Falifchen Matur, dem Glanze, ver Feſtigkeit, und der Durchfichtigfeit nach vollfommen ähnlich find, Die Eryftallen, in welche zerfloffene Potaſche zuſammengeht, unterfcheiden fi), der Größe und der Geftalt nach, faſt gar nichts von denen, welche. aus der Auflöfung der Potafche mit Waſſer entfte= ben; und mit ihnen ftimmen die Cryſtallen überein, welche zerfloffener feuerbeftändiger Galpeter, und zerfloflenes Weinſteinſalz geben, nur daß fie breiter und zuweilen Fürzer find. Auch ift zu merken, daß im WBeinfteinole, e8 mag mit Waffer verdinnet feyn oder nicht, wenn man urinoͤſen Geift hinein tröpfelt, und das Gefäße zulänglich ift erwaͤrmet - worden, weißlichte Flocken zum Borfchein fommen, die fi) nach und nach vermehren, und beym Ende der Ausdünftung meiftens zu Ernftallen werden. $. 6. Man Fann aber durch Urinfalz und eine, gelinde Wärme, nicht nur Ealifche Laugenſalze, die aus Kräutern oder dem Salpeter, vermittelft des Seuers, bereitet find, zu bejtimmten Cryſtallenge— falten bringen, wie bisher ift gelehret worden, -fon= dern eben das Berfahren findet auch gewiſſermaßen, bey den falifchen Mineralfalzen ſtatt, dergleichen das Sodenfalz iſt, das man aus unreiner ſpaniſchen Sode, durch Auslaugen und Abdünften, a Mi N, at, | der feuerbeſt. Falifchen Salze. 199 bat, ‚ welches durch vorhergehende Handgriffe auch eine ordentliche Geftalt befommt, Wenn man namlich, im fhlechten Wafler, fo viel von dieſem Salze aufgelöfet hat, als ſich darinnen auflöfen läßt, und Hier Theile diefer Auflofung mit, einem Theile wäflerichten Salpetergeiftes vermengt: fo wird Diefe Bermifchung , an gelindes Heuer gebracht, Anfangs truͤbe, und es ſchwimmen in ihr weißlidyte und glän- gende Stücchen herum, die wie ungefähr eine Gal- ferte ausfehen. Ihre Menge vermehret fich nad) und nach, und wenn man die Abduͤnſtung bey fehr gelinder Wärme faſt bis zur Trockne getrieben hat, ſo verſchwinden fie wieder, und das aufgelöfte Salz verwandelt fich in eine weiße glänzende Materie, Die ſich zerreiben läßt, und wie Feverchen , Spieße, oder Aeftchen ausfieht. Dieſe Materie ift auch noch volls kommen kaliſch, und wird mit Bitriolfaure zu einem glauberiſchen Munderfalge, nach Art des 'minerali- fchen Falifchen Salzes. Da aber das trocdene So: denſalz, nach dem Aufwallen mit Scheidewaſſer oder Vitriolgeiſte, ein blaues Pulver fallen läßt: fo faͤllt von dieſen Cryſtallen unter ſolchen Umſtaͤnden ein aſchgraues. In der Luft verliert es nach und nach etwas von ſeinem Glanze, und wird gleichſam mit Mehle uͤberzogen; welche Beränberung das Soden: Ki und andere Falifche Mineralfalze ebenfalls leiden. Diefe mie urinoͤſem Geifte vermifchte Auflöfung des Sovenfalzes aber muß fat bis zur Trockene abge: dunſtet werden; denn wenn man das Gefäß von der Wärme wegnimme, indem noch mehr wäflerich- tes Weſen vorhanden iſt: fo befommen die erwaͤhn⸗ N 4 fen 20 WVon Cryſtalliſirung ten Stuͤckchen ſchwerlich die gehoͤrige Geſtalt und Feſtigkeit. $. 7. Ich muß noch etwas von den Urfachen Diefes Anſchießens beyfuͤgen, und die Art erklären, wie flüchtige Falifche Salze viefe Veraͤnderung her— vor bringen koͤnnen. Ich vermuthe nicht ohne MWahrfcheinlichkeit, die Urfache fey darinnen zu fu- en, daß die Mifchung des feuerbeftändigen Kali ein wenig ift verändert worden. Die feuerbeftän- digen falifchen Salze bejtehen, mie zulänglich er— wieſen ift, aus wenig entzundbarer Materie, we— nig Säure, und einer häufigen zarten Erde, die fi) auflofen läßt. Diefe Erde ift, in Vergleihung mit der Säure, zu häufig, und hindert dadurch diefe Salze in Erpftallen anzufchiegen. Wird alfo urinöfes Salz zugefeget, das aus höchftzarten und ungemein beweglichen und flüchtigen Theilchen be- fteht, und werden veflelben Theilchen durch Die Warme noch in heftigere Bewegungen gebracht, und wirkſamer gemachet: ſo wirken ſie in die feu- erbeftändigen kaliſchen Salze, fondern einen Theil der beygemifchten Erde, die fich auflöfen laßt, ab, und fällen foldhen, fliegen aber felbft endlich in die Luft, weil fie der fortgefegten Wärme nicht wider: ftehen fonnen. So verlieren alfo die feuerbeftän- digen Ealifchen Salze ihre überflüßige Erde, und die Verhaͤliniß ihrer Grundtheile wird geändert, welches fie geſchickter machet, bey fortgefegter Aus- dünftung, die Cryſtallengeſtalt wirklich zu. erhalten. Was ich bengebracht habe, läßt ſich leicht: mit Gründen beftätigen. : Denn daß ein Theil bie rde der feuerbeſt. Falifchen Salze. 201 Erde aus den Falifchen Salzen ausgetrieben, und davon abgefondert ift, zeiget einigermaßen die weiß- lichte, falzigte und irdifche wenige Materie an, vie, wie ich vorhin erwähnet habe, aus der Feuchtig- feit auf den Boden des Gefaͤßes als ein zartes Dulver fällt, und vom Waſſer bald aufgelöfet wird. Daß fich diefe Erde fo leicht auflöfen läßt, daraus ſcheint nicht nur ſo viel zu folgen, daß dieſe Ma— terie ein Theil der zarten Erde iſt, die zu der Mi— fehung der feuerbeftändigen Falifhen Salze gehoͤre— ten, ſondern es zeiget auch, fie ſey von dem irdi- fchen und: im Waſſer unauflöslichen Pulver unter ſchieden, das. meiftens in der Feuchtigkeit herum: ſchwimmt, die, nachdem: die EFalifchen Salze in Eryftallen angefchoffen find, übrig ift, und fonft auch -gefällee wird, indem diefe Salze mit den Säuren aufiwallen. Der Einwurf ift von Feiner Wichtigfeit, daß die Mifchung des feuerbeftändi- gen Kali, in fofern es dergleichen feuerbeftändiges Kali ift, zerftöret würde, nachdem man mehr oder weniger, von dieſem Salze austreibt, Denn wenn man, wie. bier geſchieht, Die Verhaͤltniß eines Grundtheiles ändert: ſo wird dadurch die Mis fhung zwar geändert, aber nicht zerftörer; die Zerftörung erfordert, daß einer oder mehr Grund⸗ theile gaͤnzlich wegkommen. Daß man aber die Größe des einen Grundtheiles vermindern Fonne, ohne uͤbrigens der Mifchung dadurch zu ſchaden, das zeigen auch andere Beyſpiele. Aetheriſche Dele, die man in einem nicht. allzu wohl verwahrten Glaſe lange auſhebt, verlieren etwas von ihren geiſtigen, N5 entzuͤnd⸗ 22 Don Eryffallifieung entzünbbaren und mäfferichten Grundtheilen, die in die Luft verfliegen, mie man daraus fieht, weil fie nachgehends nicht fo ftarf riechen und dicker find; gleichwohl behalten fie die Mifchung und die Na eur eines ätherifchen Oeles; und wenn man frifche balfamifhe Sachen dazu bringt: fo bekommen fie Ducch nafle Deftillation die vorige Fluͤßigkeit und den erften Geruch wieder, Eifen, das im heftig« ften Feuer ift gefchmelzet worden, verliert’ einen Theil von feinem brennlichen Wefen, und wird haͤrter; gleichwol bleibt es, in Abſicht auf feine ganze Miſchung, vollfommenes Eifen, und erhält feine vorige Gefchmeidigfeit wieder, wenn man etwas Derhrennlihre hinzu ſetzet. —8 Auf dieſe Art habe ich vecſuͤchet bie Peranderung, die urinofe Falifche Salze bey feuer⸗ beſtaͤndigen kaliſchen Salzen verurſachen, auf eine Art, die mir am wahrſcheinlichſten iſt, zu erklaͤren. Sieht jemand eine glüclichere Erflärung: fo wer— de ich folche willig annehmen, weil mir wohl be= kannt ift, wie ſchwer fich die Urſachen natürlicher “Begebenheiten erforfchen laſſ Ion, ar tie oft m man fih dabey irren. | Anmerkung. Ich habe faft eben ein ſolches Anfchießen des Falifchen Weinfeinfalzes,. wie Herr Cartheuſer, geſehen, da ich einftens, zu fieben wiederholten malen, ſelbiges in kaltem Waſſer aufloͤſete, die —— ir « | der feuerbeſt. kaliſchen Salze. 203 Aufloͤſung durchſeigete, und bey ſehr gelinder Wärs me verdickte. Der ganze Klumpen verwandelte ſich in die Geſtalt einer Halbkugel, die wie Glas, oder Fraueneis, durchſichtig war; und als ich ihn zerbrach, bekam ich ziemlich ſpitzige und harte Cryſtallen, faſt von einem feurigen Geſchmacke. Denn’ bier ſchaffen die wiederholten Durchfeiguns‘ gen das Uebrige des Mittelfalzes, und einen Theil der Erde des Falifchen Salzes weg; wie Here Cartheufer folhes durch das flüchtige Salz ver: richtet. Eben fo, Doch mit zugefegtem Weingeifte, ‚babe ich zumweilen die blätterichte Erde des Wein- ſteins zu Cryſtallen gebracht, obgleich die meiften leugnen, daß fie dergleichen gebe. Chriſtoph Andr. Mangold. V. Von 204 Bon dem convulfivifchen ee | = | Don dem | convulſiviſchen Kinderhuften. Yus dem Gentlem. Magaz. März 1756, 121 Seite. 1 s er convulſiviſche Huften ift eine Krankheit, die nicht nur bey den Kindern gemein, fon- dern auch vielen unser ihnen toͤdtlich - ift: dieſerwegen will ich meine Gedanken darüber mit— theilen. Man nennt rk im Englifchen the hooping cough; von dem Tone, welchen die convulfivifchen Bewe— gungen von den Kindern erzwingen, wenn Diefer Huften fie anfallt, Es it zu bemerfen, daß ein folcher Anfall des Huftens felten nachläßt, bis ein Brechen erfolget, und dadurch Feuchtigkeit fortgefchaffer wird; es wäre denn, daß das Kind folche hinunter fehlänge. Die Materie, welche mweggebrochen wird, ift erdentlich eine klare zaͤhe Feuchtigkeit, wie ein Schleim oder eine Gallerte: die Urſache der Kranf- heit ift meiner Meynung nach, daß die unmerfliche Ausdünftung vermindert wird, und alfo nicht genug abführet. Die Gefäße find bey Kindern durchgängig ſchlaffer, als bey erwachfenen Körpern, fo werden alfo Kinderhuſten. 205 alſo ihre lymphatiſchen Arterien, die ein fluͤßiges Weſen zu den Luftgefaͤßen der Lunge führen, ſchlaffer feyn ‚und ſich leichter erweitern laſſen. Wenn alfo auf irgend eine Veranlaſſung, die Menge: desjenigen, was die unmerfliche Ausduͤn— ftung ordentlich abzuführen pflegt, vermindert wird, fo fliege mehr Feuchtigkeit durch diefe Arterien in die Suftgefäße der Lunge, als bey vollfiommener Ge: fundheit, und das verurfachee diefen Huften. Die Feuchtigkeit, welche ſolchergeſtalt in Die, Lftgefaͤße der Lungen gefommen ift, verdicer ſich in ‚einen zaͤhen Schleim, oder eine Gallerte, indem ihre duͤnneſten oder flüßigften Theile ausdinften, Dieſe Erflärung der Krankheit feget in der That zum voraus, daß die zähe Feuchtigkeit, die Kinder bey den Anfällen Diefes Huftens auswerfen, aus der unge, und nicht aus dem Magen, fümmt; die fes wird offenbar werden, wenn wir überlegen, daß jede Materie oder Feuchtigkeit im Magen, die da— feibit eine fehr unangenehme Empfindung erregef, Brechen verurfachen Fann, wie fich folches täglid) bey Kindern: ereignet, Die feinen Huften haben, und da bey dem Brechen Fein Huften entiteht. | > Es wäre ganz ungereimt, fid) vorzuftellen, eine Feuchtigkeit im Magen fönne in einem ruhigen Zus ftande dabey fein Brechen noch Magenkranfheit oder Ekel ift, die Luftroͤhre reizen, und einen unabläßi= gen. Huften, Minuten lang, ehe das Brechen ans geht, erregen. Koͤmmt alfo diefer ausgeworfene Schleim aus den Lungen, und nicht ausdem Magen, fo find —* in Abſicht auf den Magen, unnoͤthig, weil N ‚die 206 Bon dem conwulfioifchen die Krankheit ihren Sitz nicht dafelbft hat. Ich rathe fie auch bey Kindern nicht, weil fie übele Fol- gen haben koͤnnen, wenn die Gefäße der Lunge auf einen gewiſſen Grad angefüllet find. Diefer Huſten befalle felten ftarfe Kinder, deren Körper vermögend ift, die Ausduͤnſtung beftändig zu unterhalten, die Luft mag auch gleich Falt oder feucht ſeyn: aber ſchwache Kinder, ‚bey Denen Berftopfuns gen der Ausduͤnſtungsgefaͤße ſtatt finden, leiden oͤfter Dadurch, Da bey diefer Krankheit vielmehr Feuchtigkeit durch die Iymphatifchen Arterien in die Höhlungen der Lunge fließt, als bey gefunden Tagen: fo ift es natürlich zu fchließen, Die unmerfliche Ausdünftung habe zuvor nicht fo viel, als gewöhnlich, abgeführer, Diefe Verminderung der Abführung kann nur von einer Schwachheit der $ebensfräfte und einer Eränflichen Befchaffenheit des Blutes herrühren, wodurch Berftopfungen in einigen Ausdünftungsges faͤßen verurfachee werden. Um alfo die Kranfheie zu heben, muß man dieſes DVerderben aus ihrem Blute wegfchaffen, und ihren Lebenskraͤften die ge= hoͤrige Stärfe wieder geben, daß die Ausdünftung fo ftarf werden kann, als die Geſundheit ſolches er⸗ fodert. Ich will die Arztneyen erzaͤhlen, deren ich mich bediene, und was fuͤr eine Lebensordnung ich nach der angefuͤhrten Erklaͤrung vorſchreibe. Aus folgenden Arztneyen laſſen ſich heſchicte Mittel bier verfertigen: Spießglaskalk, zuſammen⸗ geſetztes Pulver von der Contrayerva, Wermuthſalz, Ve mellenſalz zubereitete Tauſendfuͤße und ar 27 sie Kinderhuften. 207 Mit zwey oder drey diefer Ingredientien laßt fich ‚eine große Mannigfaltigfeit folcher Heilungsmittel verfertigen, und nach dem Zuftande jeden Kindes einrichten, Man kann die Arztneyen als Mirturen, oder Traͤnkchen, oder Pulver verordnen. Oft ſchreibe ich nur eine Vermiſchung von Wer— muthſalze und Cochenille vor, die mit ein wenig alexiteriſchem Waſſer gemacht, und mit balſami— ſchem Syrup verſuͤßt iſt. Ich gebe dieſes ſo gar ſaͤugenden Kindern, und aͤndere die Verhaͤltniß der Ingredientien und die Doſis nach dem Alter und der Staͤrke des Kanken. Saugenden Kindern verordne ich hiervon eine Drachma, oder den achten Theil einer Unze, zwey bis viermal einen Tag zu geben. Ich finde, daß dieſe Art von Mirxtur Kinder von Br und Siebern zu befreyen fehr dien⸗ lich i Sch verordne Ki nach gehörigen Zwiſchenjzei⸗ ten, gelinde Abfuͤhrungen von Manna, das einem ef= wa zween Stühle macht, dadurd die fchleimichte Be abzuführen, die fie etwa hinter geſchluckt haben Das Manna erwähle ich, weil es die zähen Feuchtigkeiten auflöfer, wenn es ins Blut gebracht ‚wird, ich verordne aber die Abführung gelinde, weil ich bie unmerflihe Ausdünftung nicht hindern will. Aelteren Kindern verfchreibe ich, außer den er- wähnten Mitteln, angenehme Bruftfäftchen, davon fie oft immer tag weniges nehmen, imgleichen ein | J von Feigen oder Roſinen an der Sonne ge« | * * 208 Von dem convulſiviſ. Kinderhuſten. macht, davon ich dem Kinde dann und wann einen Loͤffel warm geben laſſe. | Außer der allgemeinen Lebensordnung der Kinder verfchreibe ich, als einen wichtigen Theil ihrer Nahz rung, Xepfel, die in einem irdenen Topfe weich ge= Eoche find, und mie Milch gegeffen werden, daß ver Geſchmack ihnen angenehm wird, auch Aepfelbruͤh oder Gerftentranf, da man in die halbe Kanne zehn oder funfzehn Tropfen verfügten Salpetergeift trö- pfelt, und es mit Zucker füße machte. Dieß ift eine Art Getränf, ihren Durft zu löfchen. | Die Kinder müffen fi) auch zu Haufe in einer gemäßigten Wärme halten, bis die unmerFliche Aus- dünftung wieder fo ftarf ift, alses die Geſundheit er- fodert. Man bemerfet diefes, wenn der Huſten aufhöret, und das Kind wieder fo lebhaft wird, mie zuvor, Vielleicht ift es einigen nuͤtzlich, daß diefer Aufſatz befannt gemacht wird. Bagno Court; Newgate Street, den ıaten März 1758. a Theo. Lobb. N. S. Für Kinder ift es am ficherften, die Do— feslieber zu ſchwach als zu ſtark zu machen, Man kann nach eben diefer Borftellung bey Er⸗ wachfenen verfahren, die vom Huſten befchmeret erden; wenn man nur die Zufammenfeßung und die Menge der Arztneyen nad) ihrem Alter einrichtet. ET 3 u VI. Ein ren | 209 DEE EZ 2 E22 2 2 E22 Zu ZZ Eu u * * “au VL, | Ein J zu machen. | Aus dem Gentlemans Magaz. März 1758. 126. Seite, — k an ziehe die Haut rein von vier Pfund gu= ter roher Erdaͤpfel ab; waſche fie alsdenn ! wohl in reinem Wall er ab; nehme zwey Pfund Rindfleiſch, ein Pfund Schöpfenfleifch und ein Pfund Schweinefleiſch; oder wenn man es für bejier befindet, von jedem vier Pfund; jchneide es in Stuͤcken, jedes von drey oder vier Unzen, falze fie wohl mit Pfeffer, Sal; ‚ und einer guten ſehr Elein gefchnittenen Zwiebel ein. Nun nehme man ein großes fteinernes Gefäß, wie man ordentlich Hafen darinnen waͤſſert (jugg) R ſchneide darein eine Schicht Erdaͤpfel dünne, denn eine Schicht gefal- zenes Fleiſch darüber, und fo wechfelsweife Schich- ten Erdäpfel und Fleiſch; die obere Schicht müffen Erdäpfel feyn, und von dem Gefäße merden unge - fahr drey Biertheile erfüllt; Waſſer aber-muß nicht * gegoſſen werden; alsdenn verſtopfe man die effnung mit einem großen Stuͤcke Kork, das ſich 21 Band, O wohl 210. Ein Erdäpfelherrice wohl hinein ſchickt; und bedecke fie mit einem ſtar⸗ fen Stücke groben Zeuges, Das man mit Packbind⸗ faden anbindet, damit beym Daͤmpfen ſo wenig, als moͤglich, vom Dampfe heraus kann, etwas weniges muß beſtaͤndig an des Stoͤpſels Seite her⸗ aus dringen, damit das Gefaͤß nicht zerſpringt. Alsdenn ſetze man das Gefaͤß aufgerichtet in einen Keſſel voll kaltes Waſſer ans Feuer, fo daß feine Mündung allemal zween Zoll über dem fiedenden Waſſer im Keftel ſteht. Aus Urfachen, vie leicht in die Augen fallen, wird der Herrico im Gefaͤße einige Minuten eher zu Fochen anfangen, als das Waſſer im Keffel. Ungefaͤhr eine Stunde, nach— dem das Waffer hat im Keffel zu Fochen angefans gen, wird der Herrico vollig durchdaͤmpft feyn. Man nehme das Gefäß heraus, und öffne es, ſchuͤtte den Herrico in eine tiefe Schüffel, und trage ihn auf. Anmerkung. Dieſes vortreffliche, geſunde, und hauswirth— liche Gericht iſt zweymal die Woche die Mittags- mahlzeit einer Samilie, weiche aus drey erwachfenen Derfonen und drey Kindern unter vierzehn Syahren befteht, wo, Gott Lob, weder Geſundheit, noch Luſt zum Effen fehle, und was die Wirthfchaft bes £eiffe, fo muß ich bemerken, daß hier die Butter vollig, und beynahe auch alles Brodt erfparet mwird. Es erfodert auch nicht fo viel und fo beftändiges Feuer, als die Zurichtung vieler andern Gerichte, Die doc) vor diefem vortrefflichen Herrico keinesweges den Borzug verdienen, | Wie | zu machen. 2n Wir haben es auch zur Veränderung mit ein gefalzenem Rindfleiſche, zuweilen mit eingefalze- nem Schmweinefleifihe, sumeilen mit der Hälfte fri- fchen Rinöfleifches, oder Schöpfenfleifches, und der Hälfte gepofelten Schweinefleifches gemacht, und es auf.alle diefe Arten gut befunden, befonders mit drey Pfunden frifches Rindfleiſch und einem ge— poͤkelten Schweinefleiſch. Seitdem haben wir keine Paſteten und gedaͤmofte Eſſen mehr zu den Beckern geſchickt. Manchmal kochen wir in einem groͤßern Keſſel ein Stuͤckchen eingeſalzenes Rindfleiſch an der Seite des Gefaͤßes, wozu wir das Kochen andertz halbe Stunde länger fortfegen, und diefes effen wir Den nächiten Tag Falt mit warmen Gartenfrüchten, oder einem Pudding, VI. Er⸗ 22 22 Bon einer Trepanirung ee a Vu. \ Erzählung von einer Trepanirung des Bruſtknochens, der koͤnigl. franzoͤſiſchen Akad. der Wundarztney uͤbergeben, von H. J. Sedillier, Wundarzte zu Laval. Aus dem Mercure de France Junius 1757. 129 Seite. in Maͤgdchen von zwey und zwanzig Jahren | befam, ungefähr vor fieben Jahren, einen ftarfen Wurf. mit einem Apfel an das mittlere Theil des Bruftfnochens, Weil fie ihren Unterhalt verdienen mußte, fo verabfaumete fie die allgemeinen Mittel, welche Seuchtigkeiten, die fich in dieſen Ge— genden aufzuhalten hätten verhindern koͤnnen, und ei- nigeZeit darauf entftund da eine anſehnliche Geſchwulſt. Der Wundarzt, welcher berufen ward, hielt fie für reif, meil ſich die Materie darinnen hin und ber freie ben ließ, und öffnete fie alfo; weil er auch nicht weis ter dachte, als auf Die äußern Bedeckungen, fo ver» band er fie, wie eine fchlechte ABunde, Da aber der Eiter bis an das Mittelfell (Mediaſtinum) in der Bruſt gedrungen, und ba er Dafel oft feinen —9 and, des Bruſtknochens. 213 fand, ward aus der Wunde ein Fiſtelſchaden, und das arme Maͤgdchen ward eines ſo langweiligen und fruchtloſen Verbindens uͤberdruͤßig, und entſchloß ſich, ſich in das Hoſpital zu begeben, das mir anvertrauet iſt. Ich ließ mir die Urſachen und die Umſtaͤnde ihres Zufalles erzählen, und unterſuchte die Wunde, Ich bemerkte ein Loch, durch das fich ein Griffel bis auf das Mittelfell bringen ließ, den ich nach allen Seiten herum führete, ohne daß ich in einen Limfange von mehr als zwanzig Linien Widerftand gefunden hätte, Daraus urtheilete ich, zwifchen dem Brujtfnochen und dem Mittelfelle müffe Eiter ausgetreten ſeyn, der fich nur wegfchaffen ließe, wenn man bey diefem Knochen die Kronentrepanirung brauhte Ich machte der. Rranfen Hoffnung, wenn fie diefes Vers fahren leiden’ wollte, aber. doch wollte ich den Erfolg nicht ganz allein auf mich nehmen, und foderfe Die jerren Xerzte und Wundärzte diefes Hofpitals Dazu, mir mit ihren Einfichten behilflich zu fern. Ich wieberholete in ihrer Gegenwart Die Unterfuhung mit dem Griffel im Bruftfnochen, und zeiate ihnen, Daß man dem Eiter, welcher in der Bruft ausgetreten war, feinen Ausweg verfchaffen fönnte, als durch die Trepanitung diefes Knochens. Alle die Gegen. wärtigen waren einftimmig für eine Cur, welche das Uebel nur einigermaßen verzögerte, weil das "Ber: fahren, das ich vorfchlug, nie wäre unternommen worden, und mit diefem Ausfpruche begaben fie ſich weg. Die Kranke ward darüber betrübt, daß man ihren Zuftand für unheilbar erflärete, und entfchloß fich nach einiger Zeit, das Verfahren zu leiden, Da- von ich ihr eine völlige Heilung verſprach. Sch bes x iw, ER gnügte ae) 214 Von einer Trepanirung ꝛc. gnuͤgte mich, meinen Geſellen zu mir zu nehmen; und nachdem ich einen K reuzſchnitt in die Bedeckungen gemacht hatte, ſetzte ich meinen Trepan auf den Theil des Bruſtknochens, mo er mit den Ribben zuſam— men hängt; und nahm auf dieſe Art einen Theil dies fes Knochens weg. Es befanden fi) dabey Madame Lobiniere, eine Nonne des Saals, und einige Kran- fe des Höfpitals, Mach verrichterer Arbeit gieng fo gleich durch die gemachte Deffnung ungefähr eine Unze ziemlich guten Eiters mit ein wenig Blüte ver— mengef, und darauf entdedte ic das Mittelfell, das mir einige Runzeln zu haben fchien, die vermuthlich von dem langen Aufenthalte des Eiters an dieſem Theile herrühreten; das Mittelfell hatte eine abwech⸗ felnde Bewegung, die mit dem Zufammenziehen und Ausbreiten des Herzens vollkommen übereinftimmete. Die Kranke befam ein Fieber, wobey ich ihr ver- fehiedenemal zur Ader ließ: ich wiederholte Clyſtire und andere Arztneymittel, fo lange die Verbindung dauerte, Die ich eben fo einrichtere, wie bey Trepa— nirung des Hirnfchädels gewoͤhnlich iſt; es ereigne= ten fich einige Erfoliationen, und nad) drey Monaten iſt die Wunde vollig mic einer Narbe bedeckt worden. Seit der Zeit hat fich die Perfon wohl befunden, Sie hat fi) an einen Nagelfchmied unferer Stadt verbeirathet und Kinder gehabt, Sie begegnet mir nie auf der Gaſſe, ohne mir die lebhaftefte Erkennt—⸗ lichkeit zu bezeugen. Ich habe geglaubt, daß dieſes Verfahren wich⸗ tig genug waͤre, eine Stelle in ihren Archiven, meine Herren, einzunehmen. — a — VII. Ver⸗ — 215 ELISE ZZ EEE EEE Ze VOR Berfude vonder eigenen ae des Holzes. Bon einem Ungenannten von Adel, einem Ehrenmitglied der Churfürftl. Srfurt. Akademie nüglichee Wiffenfch. angefteller. | Aus den Schriften der Akademie J. AR. 241 Seite, I. D eigenen Schweren des Holzes ſind wegen des Nutzens, den ihre genaue Kenntniß hat, von verfchiebenen geſchickten Leuten unterſucht worden; einige haben dieſe Schaͤrfe bis auf Quent⸗ chen getrieben; meines Erachtens iſt es nicht noͤthig, bis auf ſolche Kleinigkeiten zu gehen, und genug, wenn man bey Pfunden ſtehen bleibt. Denn zu ge⸗ ſchweigen, daß das Gewicht des Holzes von dem Boden, wo der Baum waͤchſt, große Beränderuna gen leider, fo hat auch die Feuchte und Trockne der Witterung bierinn viel Einfluß. Ich babe dieſerwegen das Gewicht der Hoͤlzer nach einem Maaße, das hier gebräuchlich iſt, uns terfucht; ich habe nämlich emen Eubiffuß dazu er= “ 24 waͤhlet, 216 Von der eigenen Schwere waͤhlet, deffen jede Seite genau zwölf Zoll hat, und - 10 alle Seiten rechtwinklicht auf einander-ftehen, 2. Ich habe im November aus ftarfen Bäumen Stuͤcken hauen laſſen, welche halb den Kern, und ‚halb das angervachfene Holz enthielten. Ich babe ‚fie genau nach dem Winkel ſchneiden laſſen, und mit leipziger Gewichte folgende Vergleichn hen gefunden: Ein Cubikfuß von A einer alten Eiche ‚wog 502 Pfund, einer Rnofpen treibenden Eiche = 54 = Bude | = 20 = zarten Buche = .43 = Birken - 44 = Ellen | - 36 = alten Tanne (Abies) =. 373 = grünenden Tanne —— ⸗dicken Fichte. (Pinus) 2... 252 = fthlanfen Fichte = 28 = hoben Kiefer (Taeda) = 20% e mwachfenden Kiefer —5— 3. Da mir dieſes nad) Wunſche gelungen wars fo habe ich diefe Stücken Holz drey Monate nad) ein= ander in einem Zimmer aufbehalten, das mit Reiß— holze wohl geheizet ward; fie waren oben an der Dede befeftiget, und Fonnten vollfommen trocfnen. Nach diefem haben fie folgende Gewichte gezeiget. Das von der alten Eihe wog 312 Pf. — Knoſpen treibenden Eiche = 30%, PEN Buche A 30 @ garten Buche . 305 des Holzes. 217 das ı von der Birke i wog 294 Pf, s Eller ⸗24 alten Tanne » 268 P grünenden Tanne *’ 20% s ftarfen Fichte “=. 20 E fchlanfen Fichte = 19% B hohen Kiefer. .. 2A ⸗wachſenden Kiefer =. 26 4. Endlich habe ich fie ziween Monate nach ein: ander unter Waſſer Ben, , und wieder folgende Gewichte gefunden: Das von der alten Eiche wog 451 Pf. ⸗ Knoſpen treibenden — : 9 = Bude = 472 ⸗ zarten Buche = 48E ⸗Birke 24 ⸗ Eller 46 ⸗ alten Tanne —4 ⸗ gruͤnenden Tanne et: ⸗ ſtarken Fichte 33 ſchlanken Fichte 35 ⸗ hohen Kiefer = 398 ⸗ wachſenden Kiefer 6 —— —— 3 Side az Sa 25 IX. Dost. 218 Don einer blauen Farbe KkAkKkkkKkKKkKKK KK *5* * 25 EZ 5 Zu u | IX. Doct. Joh. Ehriftian Jacobi Berfuh von einer blauen Farbe aus den Kohlen des Weinſtocks. | Aus den Schriften ? der erfurt. Akad. nuͤtzl. Wiſſenſch. I. Th. 160. S. es vereinigte zu einer gewiſſen Abficht Kohlen R vom Holze des Weinſtocks und feuerbeftändi- Rs ges kaliſches Salz durch Schmelzen im Feuer ; da ich denn neugierig ward, zu fehen, was Die Maſſe für ein Magifterium gäbe, wenn id) fie durch Waſſer zu einer Sauge gemacht hätte, Ich troͤpfelte alſo Vitriolgeiſt in die Lauge, der denn ein Magiſte⸗ rium faͤllte, das aſchgrau, und hier und da mit ſchoͤ— nen blauen Flecken gezieret war. Diefe Flecken ver- anlaffeten mich, es noch 24 Stunden ftehen zu Taffen, weil ich hoffete, es würde über und über fo ſchoͤn blau werden; aber der Erfolg war nicht fo, wie ich eiferig münfchete. Es war auc) vergebens‘, daß ich bey dem Fällen etwas von. aufgelöften Eifenvitriol einem Theile diefer Lauge beyfuͤgte. ch fegte alfo einen andern Theil diefer Lauge, wo die Fallung nur mit Poisiafonte gefchehen war, nebſt dem, was gefällt war, aus den Kohlen des Weinſtocks. 219 tar, in einem Glaſe in warmen Sand, und ließ eg gelind abdunften, darauf eine Stunde lang bey: ftärferem Feuer calciniren; da fi) denn eine glaͤn— zend blaue Maffe zeigete, Die ausgefüßt eine fehr er= höhete Farbe befam. | Sch änderte nachgehends den Berfüch, und füßte Das Gefällte aus, ehe ich es calcinirte, da ich denn eben dergleichen blaue Sarbe befam, und alfo leicht muthmaßen konnte, daß die Salze bey der Calcina= tion zu diefer Farbe nichts beytrügen. Diefe Begebenheit veranlaffete mich, das Ver— fahren aufmerffamer und ordentlicher zu wiederho- len. Sch nahm alfo gleichviel Weinrebenfohlen und feuerbeftändiges Kali; (es ift gleichviel, ob man es von der Potafche oder vom Weinſteine erhält,) die erftere warf ich Meſſerſpitzenweiſe in das Kali, in- ‚Dem folches im Tiegel floß, und ließ fie gegen einan- Der wirfen, bis die Maffe nicht mehr nach dem Dber- ſten des Schmelstiegels aufſchwoll, die ic) alsdenn ausgoß, in Regenwaſſer auflöfete und mit Vitriol— geifte fällte; worauf vie Lauge fogleich eine blaue Farbe befam, und das Gefälle fich aͤhnlich nur ſtaͤr— ker gefärbt zu Boden fegte. Ich füßte ſolches aus, und calcinirte es wie vorhin, da es denn eine ſchoͤne hohe glänzende blaue Farbe hatte. | . Damit man nicht muchmaßen möchte, die blaue. Farbe rühre von den Eifentheilchen des Bitriolgeiftes ber: fo machte ich eine Lauge von Lindenkohlen in eben der Berhältniß mit Weinfteinfalze gefchmelzet, faͤllte folche mit Bitriolgeifte, und erhielt nur etwas weniges ſchwarzes Pulver. Ich habe ähnliche Ber: ſuche mit Koblen von, verfchiedenen Hoͤlzern und | | 3 Schwaͤm⸗ - Bon einer blauen Farbe -Schwämmen angeftellet, und nie eine blaue Farbe befommen. ch habe au) Steinfohlen gebrauchet, da ich ihrer noch einmal fo viel nahm, weil ihr Ge— wichte, in Bergleichung mit dem Weinfteinfalze, fü betraͤchtlich ft. Die $auge, welche hieraus ward, gab mit Bi- friolgeifte vermengt, etwas weniges dergleichen we⸗ nig glaͤnzender blauer Farbe. Hieraus wird leicht erhellen, daß ſich die blaue Farbe bey allen Diefen Kohlen har e zeigen müflen, wenn fie vom Bitriolgeifte herrührete weil alle übri- gen Umftaͤnde einerley waren. Ich babe Laugen verſchiedener Yet, beſonders aber von Weinreben- Fohlen mit Salpetergeifte und Salzgeifte, ftatt des Vitriolgeiſtes gefällt, da fi) denn nur was weniges Schwarzes auf den Boden gefeger hat, ohne einige Spur blauer Farbe. ben vergleichen, und eben fo viel ſchwarzes Weſen, fallten diefe Säuren au gegrabenen Kohlen. Alſo ift es vermuthlich, daß diefe blaue Farbe aus der Bereinigung des feuerbe- ftändigen Ealifchen Salzes mit dem brennlichen Wer fen, das den Weinrebenfohlen eigen ift, entiteht. Denn, wie jedem befannt ift, bekoͤmmt jedes Kali, Das fEarf caleiniret wird, eine fehr merfliche blaue Farbe, Daß aber das falifche Salz von dem brenn= lichen Weſen eine noch ftärfer glänzende blaue Farbe befömmt, verfichere des Abts Menon Berfuch, Berlinerblau aus der Sode zu erhalten. Dieſe bey- den Arten von Kohlen bringen aber vielleicht deswe— gen die blaue Farbe hervor, weil das brennliche We— fen, das fie erhalten, näher verwandt und zärter iſt. Denn die Weinrebenfohlen find zärter, als andere Koblen, aus den Kohlen des Weinſtocks. azı Kobfen, wie ihre Bergleichung mit andern , ung zus laͤnglich lehret, und die gegrabenen Kohlen, die noch nicht ins Feuer gekommen ſind, enthalten ein zartes brennliches Weſen. Daß aber nichts dergleichen von der Saͤure des Salpeters und des Salzes gefaͤllt wird, davon iſt wohl das die Urſache, daß dieſe Saͤu— ren leichter find, als die Vitriolfäure, welche unter ‚allen die ſchwerſte ift. Den Gebraud) diefer Farbe betreffend: fo hat mich die Erfahrung gelehret, daß fie Fein Feuer ver- frägt, denn fie verfchwand gänzlich, als ich fie zu Schmelswerfe brauchen wollte. Den Särbern bat fie bisher noch nichts genüßet, wenn man fie fo, wie den Indig und das ‘Berlinerblau, mit Vitrioloͤle nach den Vorſchriften der Faͤrberkunſt handthieret hat; denn ſie theilete dem zugegoſſenen Waſſer nicht des geringſten blauen Glanzes mit. Wenn man aber dieſen Bodenſatz mit Vitrioloͤle in einen Brey bringt, und auf weißes Papier trägt: fo zeiget er anfangs eine braune Sarbe ‚ wie gebrannte Caffeebohnen, aber nach einigen Stunden wieder den vorigen blauen Glanz. Mit Delfürniffe und Gummimaffer vermengt, haben ihn Maler und Zeichner angenehm befunden ; ob er aber dauerhaft ift, und an der Luft nicht vers ſchießt, das muß die Zeit lehren. | Die 222z Nachricht EEK * * ** * *65 * **** » X. Nachricht von einem neuen Bude, 5 Verdienfte des Heren Secretaͤr Kleins, | ) in Danzig, um die Naturhiftorie, find den | Kennern derfelben fo befannt, daß man zu ihrer Empfehlung nicht das geringfte anführen darf. Eben deswegen machet man fich die fichere Hoffnung, daß die Gefchlechtstsfeln der Vögel, welche man ißo den Siebhabern der natürlichen Dinge ans kuͤndiget, eine erwünfchte Aufnahme erhalten werden. Jedermann weiß, wie fehwer es ift, Die Vogel im Ganzen, mit ihren Federn, Häuten und Gebeinen aufzuheben. Die Gewalt der Zeit über ihr Neche an ihnen weit eher, als an irgend einem Körper in der Natur; und der Fleiß der Menfchen arbeitet ver= geblich, ihr zu widerftehen. Daher hat Herr Klein eine neue Art erdacht, Bögelfammlungen im Klei- nen, und fonder Furcht einiger Zerftöhrung, anzules gen. Er hat nämlich, feinem Syſtem der Vögel zu Folge, an den Köpfen und Füßen derfelben Chara— etere entwickelt, Die genug find, jeden Vogel in feine gehörige Drdnung und Elaffe zu bringen; wenn man von ihm weiter nichts, als den enthäuteten Kopf und den Fuß hat. Und auf diefe Weiſe ordnet er ein ganzes Kabinet von Bögeln, darinnen nur die Köpfe und Fuße derfelben befindlich find. Damit er alfo allen Liebhabern diejes Theils der Naturhiſtorie einen aus⸗ von einem neuen Buche, 223 ausnehmenden Dienft erwiefe: fo haf er von jedem Vogel, fo viel ihrer bisher befannt find, die gedach— ten Theile nad) ver natürlichen Größe, mit allen Er- hebungen und Vertiefungen, genau und richtig ab- zeichnen laflen; davon Die gefammten Zeichnungen ‘40 Duarttafeln ausmachen. Zu jever derfelben ift Die kurze deutſche und lateinifche Befchreibung eines ‚jeglichen Bogels hinzugefüget, und nad) den Begrifz fen aller eingerichter, welche diefe Erfindung jemals zu nügen belieben. Diefes anfehnliche Werk wird Fünftige Michael in Medianquart, auf eben dem holländischen Papiere, und auf eben die Weife, wie ‚die. Kleiniſchen Miflus Pifcium, unter vem Titel: Iac, Tu. RLEINII Stemmata avium, quadra- ginta tabulis illuftrataz; accedit avinm nomen- 'elator latino - polonus, et polono - latinus: — ICh. Rleins XL. Gefchlechtstsfeln der Voͤgel, 12 Bogen Tert, und 40 großen Kupfertafeln, erfchei= nen. Da die Anzahl der gefammten Auflage, der beträchtlichen Koften halber, nach der Zahl der Ab— nehmer muß eingerichtet werden: fo erfuchet man bie Herren.tiebhaber ihre Namen und Würden, ohne irgend einige Vorauszahlung, entweder bey dem Heren Holle in $eipzig, ben dem das Werk ans Licht treten wird, oder, die es näher haben, bey den Herrn Verfaſſer, oder dem Herren Profefior Titius, in Wittenberg, dem der Verfaſſer die Beforgniß der Ausgabe aufgetragen hat, anzugeben; damit man weiß, auf wie viel Eremplare die Huflage Fann gefes Bet werden. Ben Empfange des Buches, welcher kuͤnftige Michaelis gefchieht, bezahlet jeder derer Herz: ren Subferibenten fürs Stüc 3 Thaler: ein Preis, | der 224 Nachricht voneinem neuen Buche, der bey den vielen Koften, die auf den Drud und die Kupferftiche gehen, fo gering als möglich ift. Nach der Ausgabe wird von den wenigen übrigen Exem— ‚plaren feines unter 4 Thalern gelaffen. Der Drud foll der fauberfte und richtigfte: der Stic) aber der feinfte und £reffendfte feyn. Ein Probefupfer- vom Adler, nebft einer ausführlichen Nachricht von dieſem Weorke, findet man in den neuen gefellfchaftlichen Erzaͤhlungen, die Herr Holle druden läßt. Inhalt. 1. Geſchichte des Glaſes und der glaͤſernen Gefäße bey den Hebraern | Geite us 1I. Berfuch von dem Urſprunge, der Natur und der Abſicht der Muſik 149 I. Fortſetzung der Sammlung einiger Erfabrungen und Anmerkungen über die Warme und Kalte in freyer Luft 159 IV. Beobachtungen von Eryftallifirung der feuerbeſtaͤn⸗ digen kaliſchen Salze 193 V. Bon dem convulſiviſchen Kinderhuſten 204 VI. Ein Erdapfelberrico zu machen 209 VH. Erzöhlung von einer Trepanirung des Bruſtkno⸗ chend 212 VII. Verſuche vonder eigenen Schwere des Holzes 215 IX. Berfuch von einer blauen Farbe aus den Kohlen des Weinflodd 218 x. Nachricht von einem neuen Buche 222 —V — * * Hamburgiſches Jagazin, geſammlete Schriften, Aus der Naturforſchung und den angenehmen MWiffenfchaften überhaupt, EN R N J 4 Des arften Bandes dritted Stuͤck. Mit Rönigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Frepbeie, Hamburg und Leipzig, bey Georg Chriſt. Grund und Adam Heinr. Holle. 1758. +W * —96 — J. Sammlung einiger Erfahrungen zu einer naͤhern Erklaͤrung der Wolken, des Regens, und des Schnees. Zuſammengetragen von Johann Friedrich Jacobi, Prediger zu Hannover. ——— $ 1 | Nie Suft nimme beftändig von der Erde, Nas a von den Slüffen, und aus dem Meere, Dauͤnſte an fich, und diefe zertheilen area fic) in derſelben, und vermifchen fich 0 mit ihr dergeftalt, daß, dem ungeach— tet, Die Luft ganz heiter und-fo duͤrchfichtig ſeyn Kann, dag man die Sterne von der fechiten Größe unter | P 2 ſcheidet. 228 Bon den Wolfen, ſcheidet. Daß die alferheiterfte Luft eine große Menge Dinfte enthalte, erhellet Daraus, daß in der einen Stunde der Himmel ganz beiter, und in ber andern mit Regenwolken bedeckt feyn Fann. 9. 2— Ich habe viele Jahre auf das Entſtehen und Verſchwinden der Wolfen geachtet, und folgende drey Arten bemerket, wie fie ſich in der erſten ſicht⸗ baren Erzeugung dem Auge darſtellen. Die eine iſt dieſe: Der Himmel iſt heiter. Nach md nach aber wird die Luft etwas dunkeler, und wenn es eben Nacht ift, fo werden erft die Fleis neren Sterne, und hernach auch die größeren unficht- bar, und wenn der Mond ſcheint, fieht man um! denfelben einen Hof. Die Luft wird immer dider, und zulegt ganz dunkel. Zu Zeiten wird der Him⸗ mel erſt laͤmmericht, ehe ſich die Wolken recht ſchließ ſen und den ganzen Himmel bedecken. In den kal⸗ sen Winternächten iſt zu Zeiten eine Stunde hinlaͤng⸗ lich, dieſe Veränderung hervorzubringen, und zwar entſteht fie nicht felten bey der ſtilleſten Luft, und in eis nem Bezirke, ver dreyßig, vierzig, funfzig und mehr Meiten im Durchmeifer hat, in einerfey Zeit. Geht eine folche Veränderung bey Tage oder bey Monden⸗ ſcheine vor, und man hat mit XBäldern bedeckte Ber⸗ ge in der Raͤhe: ſo kann man ſehen, daß auf ſelbi⸗ gen die Luft ſich zu allererſt merklich aͤndert und nebliche wird. Wolfen, welche auf dieſe Art ent— fanden, laſſen entweder, ehe fie verfchwinden , Ne= gen der Schnee nieder, oder zertheilen ſich auch, ohne daß ſolches geſchieht. F Die den Regen und dem Schnee. 229 Die zweyte Art, wie man fieht die Wolfen ent» * iſt dieſe: An einem heitern Himmel wird ein ‚ganz Heiner weißer Nebel fichtbar, und nimmt an fänglih an Größe ziemlich geſchwind zu, bis er eine kleine weiße Wolfe ausmacht. Zu Zeiten ift diefe fleine Wolfe kaum entfianden, fo fange fie wieder an zu verfchwinden. Unterweilen aber’ zeigen fich folcher kleinen Wolken viele, ziehen fich in größere zufanımen, werden di und ſchwarz, und geben Re— gen» oder auch Gewitter-Wolken ab. Unterweilen aber brechen fie auch wieder von einander, und vers ſchwinden, ehe fie Donner und Regen hervor ge= ‚bracht. Wer Belieben bat, dergleichen zu bemer- fen, Der füche folche Tage im Sommer aus, da der Himmel des Morgens bis gegen 9 Uhr pfleger heiter zu feyn, darauf einzelne Wolfen befommt, und ge= gen den Abend wieder ganz Flar wird, Man trifft dergleichen Tage am häuftgften zu Ende der Hundes tage und in dem September an. An folchen Tagen brauchet mar nur ein paar Stunden den Himmel zu beobachten: fo fann man Wolfen entftehen und ver: fhrwinden fehen. Wer genau Achtung giebt, kann den Anfang der Fleinen Wolfen bemerken, wenn der erſte weiße Mebel noch ganz dünne, und dem Anfes hen nad) erft ein paar Hände breit ift. Drrittens kann man Wolfen auf folgende Art entftehen fehen: Es zeuget ſich unten auf der Erde, ‚oder auf dem Meere ein Nebel. Selbiger fteigt in die Höhe, und macht entweder gebrochene Wolfen, oder bedecket auch wohl den ganzen Himmel, J weit ein Zuſchauer ſehen kann. P 3 $.3. Mit 230 Bonden Wolken, §. 3. —J Mit dem Verſchwinden ver Wolfen hat es fol⸗ gende Befchaffenbeit: Ich habe niemals bemerfer, Daß eine Wolfe fich bloß durch das Regnen verloren. Es bleiben die Wolfen noch, wenn fie fhon aufges hoͤret haben, Regen nieder zu laffen. Sie theilen fich zuerft in große Stüde, welche einzelne Wolken ausmachen, die anfänglich noch fehwarz find. An ihrem weißen Nande aber bemerfet man ganz beutz lich, wie ein Stück nach dem andern fich abreißt, und wie ein weißer Dampf in der $uft verſchwindet. Die Wolfe wird immer Eleiner , verliere ihren ſchwarzen Ken, zertheilet fih in fleinere Stuͤcke, und diefe entziehen fich dem Gefichte, und werden von der Luft verfchlungen, wie der Rauch, Auf eben diefe Are verſchwinden unzählige Wolken, wels che nicht geregnet oder gefchneyet haben. Man fann Diefe befchriebene Erfcheinung haben, fo oft ein be= mwölfter Himmel wieder heiter. wird, Unterweilen reißen die Wolfen nicht in große Stüden von einanz der, fondern geben immer höher, werden weißer, und befommen eine folche Geftalt, daß der. gemeine Mann ſaget, es find Sammer am Himmel, Endlich verliert fi) Das ganze Gewoͤlke in der Luft, und der Himmel ift heiter. | > $. A Es giebt Gegenden, wo man fehr wenige Wolz fen zu Gefichte befommt, und mo der Negen etwas recht feltenes ift, In gewiffen Gegenden von Arabien, die gerade unter dem Wendezirfel des Krebfes liegen, und zu Gomrom oder Bander-Abaßi, einem berühmten Hafen an dem perfifchen Meerbufen, hi ie dem Regen umd dem Schnee, 231 die Luft faft das ganze Jahr über vollfommen Helle, "amd fo rein, daß auch die Firfterne nicht blinfern , fon= dern mit einem unbewegten Strahle in das Auge des Zuſchauers fallen. Der Frühling, Sommer und Herbſt gehen vorbey, ohne daß man den geringften Thau fieht. Mur mitten im Winter hat die Luft “einige Dünfte, die aber nur ein ſchwaches Blinfern der Sterne verurfachen. Die Erde ift daſelbſt mehr Afche, als Erde, und nähret in den warmen Jahres⸗ zeiten Feine Kräuter. Nur drey bis viererley Arten von Bäumen dauren daſelbſt in den unbebaueten Gegenden, und find noch fehr felten *). Eine ähn- "liche Gegend findet man in Peru. Der Herr Bouguer meldet in feinem Buche La Figure de la ı Terre pag. XXI. XXI. und XXV. folgendes davon: Bon dem Meerbufen Guspaquü, gegen Süden ‚nah Lima zu, hat man ein offenes, ebenes fandig- "tes fand, mo es feine Waldung noch etwas Gruͤnes, "außer auf den Ufern der Flüffe, giebt, und wo es "nie recht regnet, ob der Himmel gleich oft nebliche iſt. Es geht diefer Strih von Guayaquil bis über Arica, gegen die Wüfte von Atacama, und ift mehr dann vier hundert franzöfifche Meilen lang, und zwanzig bis dreyßig Meilen breit. Man hoͤret daſelbſt niemals donnern, und hat niemals Sturm. "Die Erde ift ein trodener Sand. Der Wind, fo auf diefer Küfte von Guayaquil ſuͤdwaͤrts nad) Lima, wo der trocene fandigte Boden ift, insges mein herrſchet, koͤmmt vom Meere, und ift ein P 4 Suͤd⸗ *) Man leſe hiervon die Nachricht des Herrn Garcin in dem Hamburg. Magazine, Band I. G. 420. u. f. 232... Bonden Wolken, Suͤdweſtwind. Allein, wenn diefer Wind gleich Wolken von dem Meere über diefe trockene und heiße Gegend bringt, fo regnet es doc) nur bisweilen, und ‚Jo. viel, daß die Erde befeuchtee wird. Insgemein ‚aber gehen die Wolfen, ohne zu regnen, fünf und zwanzig bis drenßig franzöfifche Meilen weiter, bis fie gegen Die Sebirge Fommen, da fie ſich denn nieder> laffen. Auch bier ift das Blinfern der Sirene ſchwaͤcher, als bey ung *). 5. Es giebt andere — wo es faft beftändig nebelt und regnet. Zwiſchen einem Stüde der Kuͤ⸗ fte von Deru und dem Gebirge la Cordeliere liege ein Strich Landes, welches von Dften gegen Welten vierzig bis fünf und vierzig Feonzöfifhe Meilen breit, und mehr denn drey hundert Meilen, bis gegen Panama, lang ift, wo eine fo feuchte Luft ift, daß man zu Zeiten Mühe hat, Papier, Salz und andere Sachen zu erhalten, Eine Slinte, die drey oder vier Stunden geladen gewefen, geht nicht mehr los, und man muß kurz vorber, ehe man fchießen voill, das Diver ben dem Feuer trocknen. Die Wälder haben faft allezeit eine dicke und: nebelichte Luft, ob gleich der Himmel und die Luft um die Wälder herum rein iſt. - Und wenn der Himmel wolkicht ift,- fo ift es eine Wolfe von oben bis in den Bald, und der Re⸗ gen fallt durch den untern Nebel **), In der Gegend‘ Arm, auf der Kuüfte von Guinea, vegnet e8 ganz erſtau⸗ —2— Hamburgiſches Magazin B. I. ©. 422. 423. **) La Figure de la Terre de Mr. — p: XXI. XXII. XXIII. XXIV. | dem Regen und dem Schnee, . „233 ‚erftaunend, und viele Monate nad) einander hinweg, und weit mehr, als in andern Gegenden diefer Kuͤ— ſte *). Auf der Inſel Jamaica hat man bemerket, daß man dafelbft ehemals weit mehr Regen gehabt, da diefe Inſel nod) mit dicken Wäldern bewachfen ge⸗ ‚wefen, als itzo, da die ehemaligen Wälder großen Theils ausgehauen find **). Ueberhaupt aber bes ‚merfer man, daß es in Gebirgen, fo mit Holze be= wachfen find, weit mehr regnet, als in den unmittel- bar daran liegenden und von Wäldern encblößeten Ebenen. Auf dem Harze hat man ſchon viel mehr Mebel und Regen, als man eine Stunde Weges von ‚dem Fuße defielben zu beyden Seiten hat. Im Ge: gentheile finder man, daß, wenn Berge nicht mit Waldungen bevecfet find, man dafelbft eine fehr hei— tere und trockene Luft, und aud) wenige Quellen und Bäche hat» Perfien ift fo bergicht, als immer ein Land feyn fann, es find aber wenige mit Bäumen befchattet, und man hat wenigen Regen, und ein Regenbogen ift dafeibit etwas ſeltenes. Man hat allda nicht leicht Stürme und Ungewitter. Die große Trockenheit der $uft macht das fand aud) frey vom Donner; und Quellen find dafelbft auch nicht häufig **). Jedoch find die Gebirge und großen "Wälder nicht nothiwendig, wenn es in einer Gegend viel regnen ſoll. Holland hat weder “Berge noch | P 5 große *) Allgemeine Hiftorie ber Reifen B. IV. ©. 230. *) Allgemeine Geſchichte der Länder und Volker in America Tb. II. ©. 733. +++) Man findet diefe Nachrichten aus verfchiedenen Reifebefchreibungen in der Allgemeinen Welthiſto⸗ vie B. IV. ©. 74: 75. geſammlet. 4 & 234° Don den Wolken, ‚große Wälder, und dennoch befömmt es den Regen ganz reichlich *). 6. Wolken und Regen erfolgen in manchen Laͤndern mit allerhand Winden, jedoch regnet eg bey dem eis nen Windeöfter, als bey dem andern. In Utrecht "hat man aus vielen Wahrnehmungen heraus ge— bracht, daß die verfchiedenen Winde den Regen in ‘folgender Verhältniß mitgebracht haben. Wenn es mit dem Weſtwinde zwey hundert und dreymal ges regnet: fo hat der Suͤdweſtwind ein und fechzigmal, der 6 ſieben und zwanzigmal, der Oſtwind zwey und dreyßigmal, der Nordoſtwind neun und zwanzig mal, der Nordiwind vier und funfigmal, der Nordmwettoind ein und fechzigmal Regen gege= ben *). Sn andern Ländern regnet es faſt beftan- dig mit einerley Winden. Auf der Inſel Ceylon regnet e8 auf der weftlichen Seite mit Weftwinden, und auf der öftlichen mit Oſtwinden. Hohe "Berge machen die Gränze diefer verfchiedenen Witferung. Und da die Weft- und Oſt-Winde dafelbft zu gewife | fen Zeiten wehen: fo hat der eine Theil feine Regen⸗ zeit, wenn der andere das heiterſte Wetter hat, und man kann an gewiſſen Orten in einer einzigen Stunde aus der naſſen in die trockene Gegend kommen. Auf den —— dieſer Inſel regnet es weit mehr, als in den Srͤnden. Auf der Nordſeite aber die Inſel 9 —— Grundlehren der Naturwiſſen⸗ ſchaft $. 12 * tete Grundlehren ber —— FIR | fchaft $. 1228. | | | | Y dem Regen und dem Schnee. 235 Inſel nicht ſelten ſo trockene Jahre, daß man nicht in die Erde kommen kann *). Eine aͤhnliche Ab— wechſelung der Witterung findet man unter aͤhnlichen Umſtaͤnden auf der Inſel Leyte, welche zu den phi⸗ lippiniſchen Inſeln gehoͤret *). Auf der Inſel Java ‚aber, und beſonders in der Gegend Batavia, bat manden Regen mit Weſt-⸗ und das heitere Wetter ‚mit Dft- Winden ***). Pe, ı An einigen Orten regnen vorzüglich die Winde, fo von der See fommen +). Es ift diefes aber niche allgemein, Es müßte fonft auf ven Inſeln mie einem jeglichen Winde gleich viel regnen, welches wider die Erfahrung. In England bringt der Suͤdwind vielen Regen, und der Süd: und Weft- Wind pflegen dafelbft eine warme und feuchte Luft zu geben. Der Dftwind aber ift troden und fcharf, und der Nordwind giebt ebenfalls heiter Wetter ++). Beyde aber wehen von großen Meeren auf diefes Sand. In unſern Gegenden, und weiter gegen Lübeck komme der Nordoſtwind von der Oſtſee, und er ift der trockneſte Wind, welchen wir haben. Selbſt in Holland ift der Nord und Nordweſt— | | Wind *) Allgemeine Hifforie der Reifen, Band VIIL . 485. 480. | **) Ibid. Band XI. ©. 410. 2: ) —2 Oud en Nieuw Oof-Indien, T. IV. «Ip. 230. +) Mufchenbrocks Grundlehren der Naturmiffen- fchaft $. 1228. ir). Conf. Baconi Hiftoria Ventorum in Operibus ejus ab Arnoldo editis p. 450. 451. 236 . Von den Wolken, Wind insgemein oßne Wolfen, ob fie gleich von ber | großen Nordſee blafen. &; | Zwiſchen und bey den Mendezirfeln. haben bie mehreſten bekannten Laͤnder gewiſſe Monate, da ſie Regen bekommen; und andere Monate, da fie | dene Zeit habaız jene machen ihren Winter, und Diefe ihren Sommer aus, und zwar pfleget an den | mehreften Orten fehr vieler Regen zu fallen, wenn | ihnen die Sonne über dem Kopfe ſteht, und ihren Sommer oder trodene Zeit haben fie, wenn die Sonne am weiteſten von ihnen entferner ift. Es bat aber auch diefes feine Ausnahmen, Es ift vor- hin ſchon angeführet worden, wie die Negenzeit auf den Inſeln Ceylon und Leita abmwechfele. Eine gleiche Abwechſelung findet man auf ven Küften von | Malabar und Coromandel, Diefe Küften wer: | ‘den Durch Gebirge von einander unterfchieden. _ Auf | der malabarifchen Seite regnet es vom April bie 4 den September, da die Weſtwinde herrſchen, und auf der andern Seite iſt die Regenzeit vom October bis in den März, da der Oftwind wehet. Abeßi⸗ nien hat auf der Küfte des rothen Meeres die Re— genzeit vom November bis in den Jenner. “Es geht diefes von der Küfte zween Tagereiſen, ıo bis 12 Meiten ins fand, bis an die aͤthiopiſchen Gebirge. | ‚Hinter felbigen aber in den mittleren Gegenden Des Landes ift die Negenzeit vom Junius bis in den Se— ptember. Auf der gegenüber ftehenden arabifchen: Küfte ift der Winter, oder die Negenzeit, vom Syus nius bis in den September. Weiter aber in Ara⸗ bien hinein ift die Kegenzeit vom Novemper bis in den dem Regen ımd dem Schnee. 237 den Februar *), Wenn man Diejenigen Charten beſieht, worauf die gewiſſen Winde abaezeichnet find, ‚fo findet man, daß aud) an dieſen Kuͤſten ſechs Mo: „nate, naͤmlich vom April bis in den September, die weftlichen, und die übrigen Monate vie MH Winde wehen. NE Es verdienet bemerfet zu. werden, daß es an ſehr nahen Orten nicht gleich viel regnet. Ich habe oben ſchon angefuͤhret, daß es auf Gebirgen, die mit Waͤldern bedecket ſind, weit mehr regne, wie in der niedrigen Ebene. Man findet aber dergleichen auch, wo dieſer Unterſchied der Gegenden nicht anzutreffen iſt. Zu Uerrecht regnet es, nad) einer Vergleichung von vielen Jahren, aus weichen man eine Mittelzahl heraus gezogen, 24 theinländifche Zolle in einem Sabre, zu Delft und —— aber 27, zu Dordrecht 40, und in Middelburg in Seeland 37 Zolle. Wie merklich iſt nicht dieſer Unterſchied in einer fo kleinen Gegend, die groͤßtentheils ganz platt ift? Zu Wittenberg und Ft in, wo man große trockene und fandigte Heiden hat, veanet es > fehr wenig, namlich zu Ditrenberg 165, und zu Bei 193 Zoll *), | I. 10 ) Man lee alle biefe Nachrichten in Fobi Ludolf - Hiftoria Aerhiopica L. I. c. 5. No. 24. et 33. et " in Commentar. ad Hiftor. Aechiopic. L. I. cap. V. No. XLI. p. 117: **) Mufchenbroefs Grundlehren der Naturwiſſen⸗ ſchaft $. 1239. Um Ddiefe Verfuche zu machen, pfleget man ein Gefäß, welches einen Quadratfuß weit iſt, unter den freyen Himmel zu fegen, mi mißt ⸗ 258 Don den Wolfen, | — | Es regnet auch auf dem Meere nicht aller Orten gleich häufig, Da es, mie wir oben angezeiget has ben, zu Gomrom in Derfien, und der gegen über. ftehenden Küfte von Arabien faft gar nicht regnet, und man faft nie Dünfte in der Luft bemerfer: ſo muß es auch) auf dem perfifchen Meerbufen zwifchen diefen Rüften feine Wolfen und häufigen Negen ges ben. Der tunkinifche und fiamifche Meerbufen, wie auch der öftliche Theil des bengslifchen haben ganz gewaltige Regenguͤſſe. Der weftliche Theil des bengslifchen Meerbufens aber hat eine viel gemäß figtere Witterung, eben wie das daran liegende Co⸗ romandel, welches ein niedriges und flaches fand iſt. Dergleichen Unterfchied bemerfet man auch in | verfchiedenen Meerbufen von America. Auf dem Meere an der fehr langen trocfenen Küfte von Peru, deren wir oben Meldung gethan haben, regnet es auch auf der Eee nicht, als zwey bis drey hundert Meilen vom Sande, obgleich alle Morgen ein fchwa= cher Nebel aufzieht, der aber felten länger, als bis 10 Uhr des Bormittages dauret. Die Winde blafen 2 daſelbſt mißt das Regenwaſſer, welches von Zeit zu Zeit hinein fällt, und rechnet darnach aus, wie viel Zoll hoch auf einen Duadratfuß Erde des Jahres Res genwaffer falle. Wenn man daher faget, «8 regs ne an einem Drte 30 Zoll hoch: fo iſt der Einn, es falle daſelbſt, ein Jahr in das andere gerechnet, jährlich fo viel Regenwaſſer, daß es 30 Zoll body fteben wurde, wenn es auf einmal fiele, und nicht einziehen noch abfließen könnte, F TE rn ni} Dem Regen und dem Schnee. 239 dafelbft allemal nur aus Süden *). In der Be- fehreibung der Reifen des Admiral Anfons wird be= merfet, daß der Negen auf der Suͤderſee, in der nordlichen Breite zwiſchen 30 und 40 Graden gez wöhnlich, und fo gewiß wäre, daß die fpanifchen Gallionen auf ihrer Keife von Manila nach) Aca⸗ pulco fih durch Hülfe deffelben allezeit mit friſchem Waſſer verfehen koͤnnten. Indem der Berfaffer diefer Reifebefchreibung bemerfet, dag der Regen auf der Süpfee in der nordlichen breite von 30. bis 40 Graden gewöhnlich: fo fihließe ich, daß er in andern Gegenden Diefer See nit fo gewöhn=, lich fey. Es erhellet diefes auc) daraus, daß man auf dem Schiffe des Herren Anfons untermeilen fehr fparfam mit dem Waſſer hat umgehen müffen, da er auf diefem Meere gefchifier. ä Bi Ce 5 Wenn ic) diefes alles zufammen nehme, fo fann ich von allen Erklärungen, welche man bisher von, dem Urfprunge der Wolfen, des Regens und des Schnees gegeben, nicht anders urtheilen, als daß fie wenig oder gar nichts von diefer Wirkung der Natur begreiflih machen. indem ich aber über andere fofrey urtbeile: fo befenne ich zugleich, daß ich eben fo wenig im Stande bin, dieſes Geheimniß der Matur aufzudeken Mein Vorhaben ift nur, zu 3 zeigen, *) Man findet die Nachrichten hiervon in der allges. meinen Hiftorie der Reifen B. XII. ©. 627. 628, Die Meilen, fo hier angegeben werden, find ent weder franzöfifche oder auch Geemeilen, deren beys wi 20 auf einen Grad pflegen gerechnet zu 240 Von den Wolken, zeigen, daß man die Urſachen dieſer Wirkungen noch nicht wiffe, und worauf man zu achten habe, wenn an etwas davon entdecken wolle, Ich thue dieſes ih einer zroiefachen Abſicht. Erſtlich möchte ich an« gehenden Gelehrten, welche von ihren Lehrern uͤber⸗ “redet worden, daß man diefe Dinge fhon fehr deut⸗ lich begreife, zeigen, toie gar. viel unferm Wiffen noch fehle, und wie wenig Urfache wir haben, dar über fo ftolz zu ſeyn. Zweytens wünfche ich andere aufzumuntern,, den eigentlichen Urfachen folcher. Din⸗ ge weiter nacyzufpüren. Es iſt fo gar gewöhnlich nicht, daß man jungen Leuten zeiget, wie gar enge die Schranken unfers Willens ſeyn, vielmehr bringe man ihnen bey, daß heutiges Tages, wer weiß, wie viel? zu einer Demonftrativifchen Gewißheit gebracht worden. Ich babe einmal gehöre, daß jemand in feinen Borlefungen über die Naturmiffenfchaft erzaͤh⸗ fet, Hartſoeker hätte ſich nur unterftanden, feine phnfifalifchen Schriften Conjedtures Phyfiques, phy⸗ fialifche Muthmaßungen zu nennen. Heutiges Ta- ges hätte es eine ganz andere Bewandtniß mit der Phyſik. Seldige wäre nun auf einen folchen Grad der Deurlichfeit und Gewißheit gebracht, dag man fie mit Recht eine Wiffenfchaft nennen konnte. Mit einem andern berühmten Gelehrten hatte ich einft- mals Gelegenheit, über die engen Graͤnzen unferes Wiſſens zu fprechen, und id) münfchte, daß man jungen Gelehrten, was gewiß, was wahrfcheinlich, und was nur eine Muthmaßung wäre, deutlich zei I) gen und offenherzig fagen mochte, was bey einer Sache entdeckt, und was daben noch Dunkel und uns erforfcht Wäre, Er antwortete mir aber mit einer ihm ! 4 a 2 a J 2 dem Regen und dem Schnee. 241 ihm gewöhnlichen dictatorifchen Mine und Tone, und mit einem hochgelehrren Hohngelächter: Was wür- den die Studenten fagen, wenn ic) auf den Lehrſtuhl traͤte, und hübe meinen Spruch an, und fagte: mei- ne Herren, diefes weiß ich nicht, und jenes ift mie noch verborgen; würden ‚fie nicht antworten; du Narr, wir wollen nicht wiffen, was du nicht weißt, fondern was du weißt. Er befürchtete anbey, der menfchliche Verſtand würde gar zu fehr niedergefchla= gen werden, wenn man das menfchliche Wiffen gar zu gering machen wollte. Allein, follte es nicht viel fehädlicher feyn, wenn man den ftolzen Menfchen eine ſo hohe Vorftellung von feinem Wiffen maher? Es erhellet folches aus dem Verhalten vieler Gelehrten gegen einander. Wie viele glauben nicht, daß fie alle übrige überfeben ? Wie lächerlich ſuchet nicht einer den andern mit feinen Meynungen zu machen ? Mit was für Ungeftüm zanfet man nicht über Dinge, wobey nichts, als fchlechte Muthmaßungen ftatt fin= den? Würden viele Gelehrte nicht befcheidener und leidlicher werden, wenn fie.die Gränzen des menfch« lichen Verſtandes kenneten? Ich halte derowegen dafuͤr, daß man der Welt einen wahren Dienſt erzei⸗ get, wenn man deutlich machet, wie viel hier und da unſerm Wiſſen noch fehlet, und Dadurch ſich und an« dere theils zur Demuth und Beſcheidenheit, theils zu einem weitern Nachforfchen reizet. Dieſes ift die unfchuldige Abfiche, in welcher ich zeige, daß man noch Eeine recht beftimmte Urfachen der Wolfen und ‚ihrer Veränderungen entdecket habe. * 2 Band. O *12* 6. 10. 242 DVonden Wolken, | $. m —— Wie geht es demnach zu, daß die Luft das eine mal heiter und das andere mal voller Wolfen iſt? Einige fagen: wenn die Dünfte aus der untern war—⸗ men Luft in die höhere Falte Luft kommen, fo ziehen fie fich zufammen und machen Wolfen, Allein, in warmen Zeiten fteigen beftändig Dünfte aus einer waͤrmeren in die obere Falte $uft, und in den heißen Erdftrichen gefchieht diefes immerfort, und dennoch geht oft eine lange Zeit hin, ohne daß man ein eins ziges Wölfgen fieht; an vielen Orten und zu mancher Zeit verftreichen viele Monate, ehe ver Himmel ein« ınal mit Wolken bedecket wird. Was ift die Urfa- che, daß die häufig auffteigenden Dünfte ſich nicht immer in der obern Gegend zufanmen ziehen? Ei— nige geben diefe Antwort: es find in einem folchen Fall der naffen Dünfte zu wenig in der Luft. Allein, follten denn zu Batavia und an andern Orten, Die am Meere liegen, und mit Aeckern, Wiefen und Wäldern verfehen find, und dem ungeachtet ein halb Jahr trockene Zeit haben, Feine Dünfte in die Höhe ſteigen? Es ift diefes wider alle Gründe der Natur: lehre. Selbit zu Gomrom in Perfien, deffen Luft man faft von allen Diünften frey fpricht, müffen Dünfte genug feyn, weiles am Meere liegt. Wie leicht müßte dafelbft die Luft ſeyn, wenn fie nicht mit | Dünften angefüllet wäre? Und verhielte ſich dieſes dergeftalt, fo würde fie fogleich von der benachbarten fehweren und mit Dünften gefchwängerten Luft vers drungen und in die Höhe getrieben werden. Daß es zu Gomrom und auf der gegen über liegenden aras | bifchen Küfte nicht regnet und die Fipfterne feinen | wanken⸗ dem Regen und dem Schriee, 243 | wanfenden Glanz geben, muß etwas anders, als den Mangel wöfferichter Dünfte zum Grunde haben. Wie kann es dafelbft an waͤſſerichten Dünften feh- len, da ein großes Meer daran gränzet, und die His Se in derfelben Gegend. vorzüglich aroß ift? Bey uns ift forol der Sommer als der Winter bald ein= mal außerordentlich trocken, bald einmal außerordent« lich naß. Ruͤhrete diefes von der größern oder wes nigern Menge der Dünfte her, womit die Luft ange= fuͤllet wäre, fo müßte in trocenen Zeiten die Luft merflich leichter feyn, als in naffen, welches doch wider die Erfahrung. Es ift vielmehr am Tage, Daß, wenn es eine Zeitlang trocden gewefen, die Menge Dünfte in der Luft fenn müffen. Der deut— lichfte Beweis ift diefer, daß fich der Himmel auf funfe zig, ja hundert Meilen weit in einer einzigen Stunde mit folhen Wolfen beziehen fann, die ſich über einem jeden Orte fichtbarlich bey einer ganz ftillen Luft zeu— gen. Will man fagen, nun iſt eben die nöthige Menge von Dünften da geweſen, fo ftreitet dawider, daß eben dieſe Wolfen fich unterweilen in wenigen Stunden wieder zertheilen, ohne zu regnen. Den Tag oder etliche Tage nachher aber bezieht fich der Himmel wieder und giebt vielen Negen. Hier muß ‚wohl etwas anders, als die Menge der Dünfte, die (Urfache diefer Veränderung feyn. Ich glaube viels mehr, daß in einer Gegend, wo es zum Erempel vier Wochen geregnet hat, in den erften darauf fol genden beitern Tagen, mehr Dünfte in der Luft find, als in den legten Tagen, da es regnete. Denn dag Waſſer des Erdbodens ſteigt in Furzer Zeit wieder in Die Höhe, | a Br: —X §. 13. 24° PDonden Wolfen, ' ER Andere meynen den Urfprung der Wolfen erflä- ret zu haben, wenn fie annehmen, das Waſſer wür: de durch die Wärme in Blaͤsgen ausgedehnet, Die mit einer dünnern und leichten Luft angefüllet, folg- lic) leichter wären, wie die Außere Luft, und daher in ſelbiger in die Hoͤhe ſteigen muͤßten. Wenn denn derſelben eine große Menge in der obern Luft waͤren, ſo machten ſie die Luft undurchſichtig und würden zu Wolfen; die kleinen Bläschen erhielten entweder einen Zuwachs. und würden ſchwerer oder plagten, und fonnten daher von Der. Luft nicht mehr gehalten werden, fondern fielen als. Regen oder Schnee wieder herunter. , Allein, warum dauert e8 oft bey der größten Hige einige Monate, ehe diefe Bläschen Wolfen ausmachen? : Warum wird die Luft nicht gleich wieder dicke, wenn. diefe Bläschen nach einem langen Regen haufenweife in die Höhe fteigen? Warum plagen diefe Bläschen zu der. einen. Zeit fo haͤufig, und zu einer andern Zeit gar nicht? jedoch, wären die Walferdünfte dergleichen Blaͤschen, und: fonnten ſich ſo gar lan« ge als Bläschen halten, warum plagen und. fließen ‚fie fogleich in Tropfen wieder zufammen, wenn man fie über einen Kolben treibt? Wie halten fie ſich in der höhern Eisfrierenden Luft, da fie in der be— -Fannten Feuermafchine, wodurch man. Fontainen ſpringend machet, ſogleich zufammen fallen, und folglid) nad) diefem Lehrgebaͤude platzen, ſo bald man ein wenig kaltes Waſſer in den Stiefel fprüs gen läßt, der den Ben Dunft enthaͤlt u: I §. 14. | dem Regen und dem Schnee. 245 214. | J Noch. andere meynen die Erzeugung der Bol: fen auf dieſe Art begreiflih zu machen. Sie far gen, wenn die Zwiſchenraͤumchen der $uft, darin nen die Dünfte bangen, verändert werden, und ‚insbefondere die Luft verduͤnnet wird: ſo müffen die Dünfte ſich wieder losgeben, und wenn ihrer viel find, in einem Regen oder Schnee herunter fallen. Ich kann diefer Meynung meinen Benfall in fo fern nicht verſagen, daß ich mich genoͤthiget ſehe, eine Veraͤnderung in der Luft und in ihren Zwiſchenraͤumchen anzunehmen, wenn Wolken in der Luft entſtehen ſollen. Allein, die Erfahrung ſcheint zu lehren, erſtlich, daß ſowohl bey einer Verdickung „als Verdünnung der Luft ‚ Wolfen entſtehen koͤnnen; zweytens, daß nicht eine jede Ver: dickung oder Verduͤnnung der Luft Wolfen hervor: bringe, und daß folglid) noch etwas fern müffe, fo die Zeugung derfelben befordere. Man findet Falle, da die Verdickung der Luft macher, daß einige Dün- fte aus ihren Zwifchenräumchen herausgeprejlet wer: den. In den fühlen Naͤchten des Sommers und des Herbftes ift die Luft unftreitig dichter, als ben den warmen oder wohl gar heißen Tagen, und der “herabfallende Thau fondert ſich in der Nacht von der Luft ab.“ Die Mebel, welche nichts anders, ‚ als Wolfen find, entftehen insgemein des Nachts, und zwar gegen den Morgen, wenn die $uft am fühleften und folglich am dickeſten ft. Man fann etwas ahnliches bey einem andern Körper finden. Das — , wenn es heiß gemachet wird, iſt ig weit 246 Bon den Wolken, dem Negen ıc. weit ausgedeh”ter und dünner, als faltes Waſſer. Das fochende Waffer nimmt indeffen das mehrefte Salz an, und wenn man ihm fo viel gegeben, als es nur in fich faffen kann, und läßt es Falt wer- den, fo läßt es fein Salz wieder nah und nah fallen; und erlanget es eine ſolche Kälte, die es will zu einem Eiſe machen, fo finfe faft alles Salz wieder zu Boden. inige Wolfen und Negen er= folgen unftreitig bey einer Verdickung, und andere bey einer Verdünnung der uft. Wenn es im Winter bey uns regnet oder fchneyet, fo ift es ing- gemein wärmer, als wenn der Himmel heiter ift, und die Luft wird folglich bey einem molfigten Himmel dünner feyn, wie bey dem heitern, tro— denen und falten Wetter, indem fich die Luft bey der Kälte fehr zufammen zieht. Der Schluß folget künftig. PX —5 er — —* — 9 7 ee II, Anmerkungen uber den Schwefelberg (Stanz. Souflriere, Engl, Rrimftone-Hill) auf der Infel Guadelupa, | von a Johann Andreas Benflonel, M. D. Mitgliede der fonigl. Akad. der Wiffenfchaften zu Paris und -Montpelier ꝛc. Königl. Franz. Arzte und Botanicus; zuvor auf der Kuffe der Barbarey, nun- mehro aber auf der Inſel Guadelupa; Mitgliede der koͤniglichen Gocietät der Wiffenfchaften zu London. Aus dem Franzöfifchen überfest 90m Herrn Maty, M. D. und M.d. ©. Aus dem zweyten Theile des XLIX. Bandes der Philoſph. Transact. Aus dem Engliſchen überfeßt. D Inſel Guadelupa iſt nicht die einzige von den americaniſchen Antillen, welche Vulcane und Schwefelminen hat; wenige haben keine. Man findet ſie in Martinique, Domingo, St. Chriſtophel und St. $ucia, und alle dieſe Inſeln bringen Schwefel, Bimſenſtein und andere Sachen Q4 hervor, 248 Von dem Schwefelberge | hervor, welche gemeiniglich bey den Wulcanen ge: funden werden. er | Der Berg, auf welchem ich meine Beobachtun: gen angeftellet habe, wird la Souffriere, oder der Schivefelberg genannt, weil er Schwefelminen' in fih haͤlt; und fein Gipfel beftandig raucher‘, auch“ zumeilen Flammen auswirft, Er ift fehr hoch, und ftellet eine Art von einem abgekürzten Kegel vor. Er erhebt fich über die ganze Kette von ‘Bergen, welche den Mittelpunct der Inſel einnehmen, und ihre ganze Sänge von Norden gegen Süden durch— laufen. Diefer fegelformige Berg ift ungefähr drey franzöfifche Meilen von der”Seefüfte, gegen Oſten, Werften und Süden, und alfo recht in der Mitte des füdlichen Theils diefer Inſel. a Die Reife auf diefen Berg ift nicht mehr. fo be: ſchwerlich, als fie zur Zeit des Pater Labat, im Sabre 1695, war. Man hat ißt weit bequemere Wege, als die waren, welchen er folgete. Die Rei— fenden: halten fid) gemeiniglih in einem gemiflen Haufe am Fuße des Berges auf. Von hier aus geben fie zu Pferde jo weit, als der Strom, 100 fie die Wahl don zween verfchiedenen Wegen haben. Der erfte fängt fid) an einem Drte an, welcher die Gummibäume (les Gowmmiers) genannt wird, längft ‚an dem Fluſſe der Galleonen; der zweyte liegt ge⸗ gen das Mittel des Berges, an einem Orte mit Namen Tarare, wo man über den Fluß St. Louis fährt. | Man geht gemeiniglich früh von dem Orte aug,! wo man die Nacht zugebracht hat, und fruͤhſtuͤcket bey der angenehmen Fühlen Luft des Morgens gro ; | Ufern! | — J J auf der Inſel Guadelupa. 249 Ufern eines von den Flüflen, deren Waſſer fehr helle und gut find, und eine große Menge Eleiner Fifche, als Krebfe, Aale, u. f. mw. haben. Diefes ift eine von den Annehmlichkeiten, welche «der Pater. duͤ Tertre fo nachdrücklich. befchrieben hat, Wir ems pfanden durch die geſchwinde Wirfung , welche Dies Rs Waſſer bey uns hatte, daß eg diuretiſch wäre. Wir ermwähleten den Weg der Gummibäume, . teil er der Leichtefte ift. Ich bemerfete bald, daß das Gehölze defto verfchiedener wurde, je höher mir ftiegen; die Baume find fleiner, und auf dem Gir pfel nichts mehr, als Str äuche. Hier trifft man nichts an, als abgeriffene-Stüde von dem Berge, deren Holz gekruͤmmt ift, und abmärts hängt. Nachdem wir durch diefen Wald der abgeriflenen Steine durch waren, der gleichfam-einen Borhang vor- ftellete: fo Famen mir in die Savannah. Eine Savan⸗ nab in diefem Lande ift eine Art von natürlicher Wieſe. Dieſe beſondere Wieſe iſt mit Farnkraut, Mooß, einer Art von Anana und wilden Aloen und ſolchen ähnlichen Pflanzen, ohne Bäume und Straͤuche, beſetzt. ch glaube, wir haben größtentheils alle die hundert verfchiedenen Arten von Farnkraut ange= troffen, melche das weitlauftige Werk des Pater Plumiere beſchließen. 3* Wir giengen ungefaͤhr ſechs hundert Schritte; in. einem Fußſteige fort, welcher durch diefe Savannah geht... Der Weg ift uneben. Die Anana, die fehr bufchicht und beynahe zween Fuß hoch find, verber- gen die Wurzeln und Felſen, welches den Reifenden ſehr verdrießlich ift. Etwan um neun Uhr des Mor- gens, nachdem wir von dem Orte an, wo wir ge- 5 fruͤhſtuͤcket 250 Don dem Schmwefelberge frühftücet hatten, eine Stunde gereifet waren, Fa« man wir an die Hauptquelle des Fluffes der Galleo» nen, ſuͤdwaͤrts des Schmwefelberges. An dem Dre, welcher die drey Quellen genannt wird, fanden wir das Waſſer fo heiß, daß man es nicht leiden Fonnte, Der benachbarte Boden rauchet, und ift voll von Brauner Erde, welche dem Schaume des Eifeng ähnlich fieht. An andern Orten ift die Erde roth, gleich dem Golcotar, und färbet auch die Finger: allein diefe Erden haben feinen Geſchmack. Nahe bey diefen drey brennend beißen Quellen find einige andere, welche laulicht, andere aber, welche ſehr Falt find. Wir tegten etliche Eyer in einige heiße, amd fie waren in drey Minuten gefotten, und in fies * ben harte. Da mir unfere Betrachtungen über die verſchie⸗ denen Arten der Erde und des Waflers angeſtellet hatten: fo giengen wir in ein Thal zwifchen dem Schrwefelberge, und zwifchen einem. andern “Berge, welcher füdwärts liegt, und der Berg der drey Fluͤſſe ‚genannt wird. Hier trafen wir einige Megers an, welche Schwefel trugen, um ihn in dem ebenen Sande zu verfaufen. Wir giengen in eben die Savannah, "und unter eben ſolchen wilden Kraͤutern, die ſo dicke waren, daß wir die Natur des Erdbodens nicht ent⸗ decken konnten. Wir giengen der Laͤnge nach ungefaͤhr vier hun⸗ dert Schritte, als wir die oͤſtliche Kuͤſte der Infel zu Geſichte bekamen. Da wir gleichfalls die bren- nende Mindung, nordwärts von uns, entdeckten: fo Fletterten wirbinauf, um fie zu ſehen. Wir — uns ſelbſt mit —— Haͤnden, Fuͤßen, 4 | | ogen auf der Inſel Guadelupa. 251 bogen und Knien helfen, und an Farnfraut, Aloe, und andern Pflanzen, davon einige ftachischt, und fehr gefährlich waren, anhalten. Wir waren un- gefahr in anderthalber Stunde bis zu der Höhe von fünf Hundert Fuß gekommen; wir hätten aber einen feichtern Weg nehmen koͤnnen, wenn mir in der Ruͤndung herum gegangen wären. Endlich, ganz außer Athem, erreichten wir die Mündung, an dem Orte, wo der Rauch heraus fam. Diefer Dre ift an dem Fuße eines jähen Hügels, und mag unges fähr fünf und‘ zwanzig Toifen in der Breite haben: man fieht hier fein Gras, nichts als Schwefel und zu Afche verbrannte Erde ; der Boden ift voller Ritze, aus denen Rauch und Dampf hervor fteigt; diefe Spalten gehen tief, und man höret den Schwe—⸗ fel fieden. Die Dünfte, welche davon entftehen, machen fehr feine chymifche Blumen, oder einen reinen und geläuterten Schwefel. Man findet ihn vornehmlich an denenjenigen Drten, wo die Erde hohl ift, und auf den Ritzen oder Nauchlöchern ſieht man den Geift des Schwefels, fo wie helles Waffer, hinab fliegen, und man athmet einen unerträglichen Geruch ven Schwefel in ſich. Der Boden ift fo locker, daß wir unfere Röhre bis an den Knopf bin- ein ſtecken Fonnten, wir zogen fie aber fo heiß heraus, als wenn wir fie in Kalf, wenn er gelöfchet wird, eingetauchet hätten. Da wir felbft unvorfichtiger Weiſe auf den lockern Boden unter diefe Deffnungen gefommen, und von dem Rauche und den Dünften erfticht waren, fo waren wir ftets in der Gefahr zu verfinfen, und einige Gruben oder Loͤcher anzutreffen, und alfo in die Hölle von der Spitze dieſes Berges zu fallen, 252 Don dem Schwefelberge fallen, den wir uns als eines von den Luftloͤchern der unterirdiſchen Gegenden, oder als die Muͤndung des: brennenden Schlundes vorftellefen; und wir ers warteten eben die Art des Todes, welchen Plinius, der Naturfündiger, ausgeftanden hat, welcher von den Slammen des Veſuvius erſtickt wurde: dieſes ſoll in dem neun und fiebenzigften Jahre der. chriftlis chen Zeitrechnung geſchehen feyn, zu der Zeit des großen Erdbebens, welches ganze Städte umkeh— rete, und. die Afche durch Africa, Syrien und Aegy— pten trieb. Ich geſtehe, daß der Zwiſchenraum, den dieſe Aſche in der Luft durchreiſet haben ſoll, mir ſehr groß zu ſeyn ſcheint, denn Italien iſt beynahe ein tauſend franzoͤſiſche Meilen von Syrien. Wir eileten, aus dieſer gefaͤhrlichen Stellung zu kommen, und ſuchten weiter auf die Spitze des Ber: ges zu Elettern, indem wir ung nach Oſten hielten. Da mir auf dem Gipfel giengen, fo entdeckten wir einen andern Schlund, oder ein anderes‘ Rauchloch, daß ſich feit einigen ‘ahren geöffnet hatte, und nichts - als Rauch ausdampfte, Die Spitze des Berges, wie der Pater Dü Tertre fager, ift eine, ſehr unglei⸗ che Ebene, mit Haufen einer verbrannten und calci⸗ nirten Erbe, die aber von verſchiedener Größe find, bedeckt; der Boden rauchet bloß bey dem neuen Rauchloche, feheint aber, als wenn er vorher an vie: len Drten gebrannt hätte; denn wir bemerften eine Menge Nigen, ja fo gar Rinnen, und fehr breite und tiefe Löcher, welche in vorhergegangenen Zeiten gebrannt haben müffen. | Eben die Urfachen, die ung nöthigten, den bren⸗ menden — zu verlaſſen, haben a rd Weiſe 1 ‚auf der Infel Guadelupa. 1253 Were auch ven Pater Labat verhindert, daß er dieſe Spige nicht gefehen hat, und. haben ihm alfo die Kenntniß eines fehr tiefen Abgrundes, welcher mitten in diefer Ebene ift, entzogen. Man ſaget, daß einmal ein großes Erdbeben auf diefer Inſel gewefen fey, und daß der Schmwefel- berg Feuer gefangen, und auf allen Seiten Aſche ausgeworfen habe. Diefer Berg fpaltete fich als- dann in ziveen: allein man faget nicht, in welchem Jahre es gefchehen ſey. Sc) bin geneigt zu alauben, Daß auch damals diefer jaͤhe Abgrund fich aufgerhan Hat, Vielleicht ift diefer Vulcan durch einen Blitz angezündet: worden, und die Salze der Erde, mit dem Schwefel verbunden, haben die Wirfung des Schießpulvers hervor gebracht, und diefes fchrecktiche Erdbeben verurfacher. Da der Berg gefpalten if, fo bat er Afche und fchweflichte Materie rund um fi) herum ausgeworfen, und von dieſer Zeit an iſt Fein Erdbeben mehr in diefer Inſel empfunden worden. 8) Dieſe Erfcheinungen find auch in Italien fehr ges woͤhnlich, befonders in dem Königreiche Neapolis; und in andern Sandfchaften, wo es Vulcane giebt, werden ung die entfeglichiten Unglücksfälle diefer Arc erzaͤhlet. Im Fahre 1556 ftieß ein Bulcan auf der Inſel Java einen Strom von fließenden und bren⸗ nendem Schwefel mit folcher Heftigfeit aus, daß ze= hen taufend Perfonen in drey Tagen umfamen. In eben diefem Jahre machte ver Berg Guamanipi, in einer von den bandavifchen Inſeln, eine erfchrecfliche Verwuͤſtung; das Seewaſſer war auf einen folchen Grad nahe an der Inſel erhiger, dag man ziemlid) ÖL gut 254 Von dem Schwefelberge gut geſottene Fiſche an dem Strande fand; allein wir haben. nicht gehöret, daß einer von diefen Bergen fo wie unferer, jemals in zween zerfpalter fey. An den ſchrecklichen Wirfungen , welche die Erde beben hervorgebracht haben, und noch hervorbringen, fonnen wir nicht zweifeln: e8 bezeugen fie das Erd⸗ beben zu Jamaica, und das neuere zu tiffabon. Der Abgrund, von dem ich rede, iſt mitten in der Ebene hinter zwo Klippen oder Spißen, welche fid) über den Berg erheben, und an der Nordſeite iſt er dem großen Riſſe gegen über, welcher etwan taufend Fuß ſenkrecht hinab gebt, und ungefähr hun⸗ dert Schritte in die Ebene hineindringt, und mehr als zwanzig Fuß breit ift; fo daß an dieſem Orte der Berg von der Spige bis an die Grundfläche des Ko gels gänzlich gefpalten ift, An der Mordfeite, welche dem Riſſe —— ſteht, und an dem Fuße des Berges, in einer kleinen Ebene, iſt ein Teich, von dem man ſaget, daß er gleich der Sce, Ebbe und Fluch habe, und zu gewiſſen Zeiten anwachfe und abnehme, nach den Veraͤnderun⸗ gen des Mondes: allein das Volk ſchreibt den Din— gen fehr gern wunderbare Eigenfchaften zu, Die aber, wenn man fie natürlid) erzäblete, nicht ſo außeror- dentlich feheinen würden. Ich für. meinen, Theil, wollte lieber glauben, daß dieſer Teich durch das Waſſer entftanden ift, welches nach) und nad) längft dem großen Riſſe in Die Fleine Ebene herabgelaufen ift, wo eben diefes Erdbeben einen hohlen Plaß,nahe bey der großen unterirdifchen Höhle verfenfer hatte; und daß die Abwechfelungen des Waflers in diefem Teiche durch Die Negen verurfacher werdenn. auf der Inſel Guadelupa. 255 Es war um den Mittag herum, da wir auf die Ebene des Gipfels von dieſem Berge giengen. Er hat das Anfehen,, als wenn er vorher von einer Fegel- foͤrmigen Figur gewefen wäre, und feine Spige durch Erdbeben verloren-hätte. Was mic) in diefer Vers muthung beftärfer, ift, daß noch Stücken von Felfen übrig find, und diejenigen Spisen und Fleinen Kegel bilden, die hin und wieder auf dem Gipfel zerftreuee find. Die zwey beträchtlichiten davon find gegen Weſten, und geben vem Berge gleichfam ein Paar Hörner. | ‚Hier aßen wir zu Mittage, und blieben ungefähr eine Stunde. Es ift hier die angenehmfte Ausficht. Man entdecket untendie Inſeln Martinique, Domin- g0, die Heiligen, Marigalante, und die ganze Flaͤ—⸗ che von Guadelupa. Man faget, daß die Inſeln St. Vincent, St. Chriſtophel, und fo gar St. Mar: fin von der Spitze diefes Berges haben koͤnnen gefe= hen werden, Dem fen, wie ihm wolle, wir bemerz Feten fehr deutlich Montferrat, Antigoa, Nievis, Nadonde und andere Inſeln. | Die Luft auf dem Gipfel ift Falt und ſcharf, al: lein ich kann nicht fagen, daß ich die Kälte fehr ſtren— ge gefunden haͤtte. Es iſt zwar an dem, daß viele Megers bier, wegen der Kälte umgefommen find: ‚allein darüber darf man fic) nicht wundern, weil Dies fes Volk der Strenge des Wetters gar nicht ge— wohntift, und auch nadend geht; fie tragen Feine andere ‚Kleidung, als nur ein Paar Beinkleider, und haben auch nichts zu eſſen. Zumeilen werden fie von dent Regen überfallen, und den Feuchtigkeiten und Reifen ansgefegt ; oder wenn fie ganz. im Pr Schweiße 26 Von dem Schwefelberge Schweiße für Arbeit und Ermündung find, und fich zur Ruhe niedergeleget haben, fo überfallt fie die Kälte, umd durchdringt ihr Blut; es iſt alſo kein Wunder, wenn fie bey folchen Umftänden umfommen, Außer der fehönen Ausficht, welche man auf dem Gipfel dieſes Berges hat, hat man noch das Vergnuͤgen, wie auch der Pater Duͤ Tertre bemer— ket, daß man die Wolken ſich unten verſammlen ſieht, und die Stimme des Donners unter ſeinen Fuͤßen hoͤret. Wir ſahen wirklich, wie die Wolken aus der See ſich erhoben, und ſich uͤber das Land an der Seite des Windes verbreiteten, zuweilen giengen fie da vorbey, wo wir ſtunden, zuweilen niedriger. Dieſe Wolken waren nichts anders, als feuchte Ne— bel. Der Schwefelberg iſt ſelten von dieſen Nebeln frey und helle. Da meine Thermometer und Barometer be dem Herauffteigen zerbrochen waren: fo. Fonnte ic) feine Beobachtungen über die Schwere und über die Ei: genfchaften der &uft anftellen. Nur in meinen, fol: genden Reifen auf diefen Berg Fonnte ic) erft meiner Meubegierde in diefen befondern Umftänden auf ges wiffe Weife eine Genuͤge thun. Wir hatten nicht mehr Zeit, als nur die große Höhle und den großen Riß, der über ihr ift, zu unterfuchen , und alsdenn zu der Wohnung, woher wir gekommen waren, ſehr ermüdet zurück zu kehren; denn, da wir herunter giengen, waren wir oft genöthiger zu glitfchen, theils fißend, theils auf unfern Rücken liegend, und, ung an Farnkraut anzuhalten. Wir fielen oft in Söcher, wo wir gänzlich vergraben worden wären: allein wir waren nicht in r großer Gefahr, weil das Farn⸗ kraut 3 anf der Inſel Guadeluna. 257 kraut und Mooß eine Art, von Pflaumfedern aus— machte, welche zwar. ziemlid) unangenehm waren, doch aber den Schaden des Falles verhinderten; als lein alles diefes ift ſehr beſchwerlich. Wir trafen fehr viele Höhlen oder Neſter von ſchwarzen Teufeln an, eine: Urt Seevögel, welche von Norden kommen, und ihre ungen auf diefem Berge ausbruͤten. Diefe Vögel würden allein eine ganze Abhandlung erfordern, die ich auch in Zukunft noch zu geben hoffe, Zweyte Reiſe nach dem Schwefelberge. Meine Neugierigkeit war noch nicht befriediget; ich mußte ſorgfaͤltigere Beobachtungen anftelien, und eine genauere Kenntniß von dem Berge erhalten. Bir kletterten zum zweyten male mit eben feichen, ja noch größern Schwierigkeiten, hinauf, weil wir der Weg nahmen, welcher zu dem Mittel des Berges führer. Der Weg wird Tarare genannt, und er mußte uns zu dem Teiche näher an den großen Riß und am die große Höhle bringen. Ich hatte mich mit allem dem verfehen,, was nöthig iſt, kart man Beobachtungen anftellen will. Wir kamen an die Fleine. Ebene, wow. "her Teich it. Zu den drey verfchiedenen Beten, da ich ihn gefehen habe, war er etwas mehr als zwanzig oder * und zwanzig Fuß im Viereck, und hatte nur wer Wafler, welches einen fehr übelen Gefchmad Er ‚ und. mie Alaune fo imprägnivet war, daß es nicht Fonnte getrunfen werden. Er liegt dem großen ur Dand, \. ° N Kiffe 258 Von dem Schwefelberge Riſſe genen über, ungefähr hundert Schritte von der großen Höhle, welche unter dem Riſſe iſt. Da ich mir vorgenommen hatte, da zu bleiben, ſo laſen wir, als wir nach dem Orte gingen, einiges Hol zuſam⸗ men, zuͤndeten ein Feuer an, machten Buͤndel von Farnkraut, und holeten Waſſer von der Quelle des Fluſſes St. Louis. Wir nahmen unſere Wonn in der großen Hoͤhle, welche dem Riſſe des Berges ſenkrecht ent⸗ gegen ſteht. Es iſt fein Zweifel, daß fie nicht durch eben das Eröbeben — ſt welches den Berg in zween beynahe g gleiche Theile gefpaltet hat. Die Spaltung ift gegen Norden und Suͤden; gegen Nor⸗ den iſt der Riß und die Höhle, in der Mitte den Ab- grund, und gegen Süden der brennende, Schlund; Das Ganze liegt in einer. geraden Linie, . Diefe Höhle ſcheint ‚bey. dem erften Ynblice ſehr tief zu ſeyn, allein man geht ohne Schwierigkeit binein. Bey dem Eingange Fünnte fie etwan zwan⸗ zig oder fünf und zwanzig Fuß weit, eben fo hoch, und ungefabr ſechzig Schritte tief ſeyn. Auf dent Boden ift eine Art von Teiche, weiche durch das Waſſer entfteht, das von den verſchiedenen Theilen des Gewoͤlbes abfließt und herunter troͤpfelt. Der Boden diefes Teiches feheint eine außerordentliche feine fhlammigte Erde zu feyn, gleich dem Schlam« me, der mit Afche vermifchee ift. Das Wafler, | melches in dieſen Drten abtröpfelt, ift fehr beißend, zufammenziehend, fcharf, und ſchmecket nach Alaun. Das Waffer des andern Teiches an der Außerlichen Geite ift von eben der Beſchaffenheit nur enthaͤlt es weniger Salz; welches ein Beweis iſt, daß dieſe zween N > auf der Inſel Guadelupa. 259 zween Teiche mit einerley Waffer angefüflee find, namlich) mit dem, meldyes von dem großen Riſſe herab fließt. Der inwendige Teicy mag ungefähr funfzehen Fuß queer über die Höhle weit feyn: man hat eine Art von Damm, welcher aus Steinen bes eht, aufgeworfen, daß man hindurd gehen Fann, ohne in den Schlamm zu verfinfen. Che wir in Die Höhle giengen, fo zündeten wir einige aus Brenn— holz gemachte Fackeln an; denn ich hatte mich. zuvor forgfältig mit ſolchem Holze verſehen. Dieſes Brennholz iſt voller Harz und brennt ſehr leichte; die Einwohner machen es zu Splittern, und binden es in Bündel, welche fie Facdeln nennen. Da fie wohl brannten, fo giengen wir über ven Teich, und ſtie— gen auf eine ſchmale Erhöhung, die aus Steinen bes , ftund, welche von dem Gewölbe herabgefallen und abgefondere waren; man geht alsdenn in Die größte Höhfe oder Kluft hinab, welche etwan fechzig Fuß in der Länge, eben fo viel in der Breite, und vierzig in * der Hoͤhe hat. Hier iſt die Hitze maͤßig. Mein Fihrer ſtieg auf eine zweyte Erhoͤhung; allein er ſagte uns, daß es ihm den Odem verſetzete, und er nicht weiter vorwaͤrts gehen koͤnnte: ſeine Fackel woll⸗ te auch in der That ausloͤſchen. Dieſe zweyte Erhö- Hung ift gleichfalls von Steinen En oh welche von dem Gewölbe abaefallen find, Sie find eine Art von. weißlichten Quaderſteinen, und mit einem fehr feharfen, weißen, alaunbaftigen Salze bevedt und überzogen. Ich nahm hierauf eine Fackel, und nachdem wir einen Schwarzen bey den Eingange mit einer andern Fackel gelaffen hatten , derung, im Salle 260 Von dem Schwefelberge Falle der Noth, wieder heraus führen ſollte, giengen wir in Die dritte Höhle. Hier ift die Hige ungemein. ftarf, die Facel gab feinen Schein, und fie war. beynahe, aus Mangel der Luft, ausgelöfcher, fo daß wir fie faft-beftändig bewegen mußten. Wir Fonnten faum Ddem holen, und waren ganz mit Schweiße bedecket, ‚fanden auch fonft nichts merfwürdiges, als diefe gewaltige Hitze. Das Gewölbe endigte. fi) bier, und. wir Fonnten nicht weiter genen, Wir be= merfeten zur Linken, da wir hinein giengen, einen hohlen Platz, wo wir den Fall des Waſſers höreten; wir glaubeten, das Gewölbe gienge auf Diefer Seite weiter, und indem wir hinunter fliegen, fo gerieben wir in eine angenehme Berwunderung, weil wir es fühle fanden, und unfere Fackeln wieder lebendig wurden. Der Zwiſchenraum von einer Klafter machte diefe Beranderung ; denn wenn wir unfere Fackeln in der. auggefpannten rechten Hand hielten, fo Fonnten fie Faum brennen; ſtreckten wir aber Die linfe aus, fo brannten fie fehr heile. Diefes erin— nert mich an dasjenige, was ſich in der Grotte de Cani nahe bey Pozzuolo in Italien zugetragen bat, und vom Miffon im zweyten Bande: befchries ben worden iftz es ift aber zu lang, als daß es hier angeführet werden Fonnte, Ich gieng hinab auf den Boden diefer Höhle, wo ich nichts, als eine erftaunlich kalte Luft ſand. Weis ter fanden wir verfchiedene, mit Waſſe er angefüllte Höhlen, diefes Waſſer aber war weniger mit Salz und Ylaun imprägniret, als das bey dem Eingange: | Da wir wieder herauf kamen, um unfern Weg for | { | zu auf der Inſel Guadelund. 261 zu feßen, fo verfegte uns eben die Hige, welche wir bey dem Eingange gefühlet hatten, den Ddem. Ich bemübete mich, rechter Hand in der Höhle weiter zu gehen; allein die Hiße war fo VON, daß ſe mir den Odem benahm. Es kam mir ſehr außerordentlich vor, daß in einer und eben derſelben Höhle, dreyhundert Fuß unter der Erde, eine fo erſtickende Hitze auf der ‚einen Seite, und auf der andern eine fo angenehm frifche Luft ſeyn ſollte. Vielleicht bezieht ſich die kalte Seite auf ein zuftloch , oder hat mit dem großen Riſſe durch eine unbekannte Spalte das, modurch die auswendige Luft eindringt, und den rt kuͤhle machet, irgend einige Gemeinfhaft. Da wir heraus kamen, fo blieben mir forgfäl- tig eine geraume Zeit in. der’ zweyten Höhle, da: mit die" große Hitze vorüber gehen, und unfere Hemden, die vom Schweiße durchaus naß waren, trocken werden Ffonnten. Wir brachten einige von den Rinden oder Befleidungen, und aud) etwas von dem alaunhaftigen Salze mit, ich fand, daß es wahre Alaun war. Da wir heraus kamen, wurde ic) zween merf: wuͤrdige Umftände an meiner Welle gewahr; erſt⸗ lic), y daß Die filberne Treſſe übergoldet war, und wie eine bleiche goldene Treffe ausfah: allein hier— über verwunderte ih mid) nicht, weil ich mußte, daß der Schwefel mit dem ‚Salze des Weinfteines vermifchet diefe Wirkung hervorbringt; zweytens bemerfete ich, daß die Waſſertropfen, welche auf ao ai waren; — * Hitze der Hoͤhle ſch 22 "Bon den Schwefelberge ſich in Alaun verwandelt hatten, und auf-meinen — getrockt ct und feſt geblieben waren. In dieſer Hohle fanden wir eben ‚Die, Arten von Erde, die wir bey den drey Quellen des Fluſſes der Gal— leonen angetroffen hatten, won denen ich oben ges redet habe... Sie farbten unſere Finger, und was ren ohne Ge ſchmack, wie die erſtern. Dieſes iſt es alles, was ich in der inwendigen Sohlen bemer= ket babe, Sir brachten die Racht in der großen Höhle zu. Ich batte ein Thermometer und Barometer zu mir it. genommen; allein dieſes legtere war auf dem Wege zerbrochen, daß ic) alfo. keine Beob⸗ achtungen über. die Schwere der Suft anſtellen konnte; allein mit dem Thermometer bemerkete ich, Daß, wenn wir dahin giengen, bey regnigtem Wet⸗ ter das Glas funzehen Grad über ver Gemäßig- ten zeigete, bey dem Antergange der Sonne. zween Grad; in der Nacht fünf Grad; unter der Gemaͤſß figten; . und bey dem Anbruche des Tages acht Grad. Da das Thermometer bey dem. Eingange der Höhle geftellee, und von dem Winde befreyet war, ſo wies es auf fuͤnf Grad der Kaͤlte; war es aber. an. der äußern Geite, mo ich eine fehe ſcharfe Kälte fühlete, dem Winde ausgeſetzet: ſo a es nut zween Grad. Der ganze. ‚Unter higd war alſo nur drey Grad, worüber ich: mich * verwunderte, da mein natuͤrliches Ther⸗ — — ich meyne meinen. Koͤrper, mich ‚des Ge= gentheils überführete. Ich war ſehr kalt draußem und fuͤhlete wenig oder — feine Kaͤlte drinnen; hiervon RER AD Re — aufder Inſel Guadelupa. 263 hiervon zeigeten die Beobachtungen mit dem Iher- mometer das Gegentheil. Ich hatte in den Ebe: nen unten bemerfet, daß es ungefähr zehen Grade über die gemäßigte Witterung zeigete. Nach dem, was uns erzählee worden ift, und da die Nacht, welche wir auf dem Schrefelberge zugebracht ha= ben, fo kalt gewefen ift, der Wind fo fehr gebla- fen bat, und die Luft fehr voll Dünfte gervefen ift, Haben wir doch nur fünf Grade der Kälte gefun— den, fo, daß ein Unterfchied von achtzehen Graden zwiſchen dem Schwefelberge und den Ebenen war, - Wir brachten die Nacht wohl zugedeckt auf Betten von Farnkraut zu, mit einem guten. Feuer bey dem Munde der Höhle, und wurden weit we— niger von der Kälte beunrubiget, als id) an einem. ſo Falten Drte erwartet hatte. Wir famen durch den Tartare herab, welches, wie ich ſchon bemerfer habe, ein fehr jaher Weg. iſt. Man läßt ſich felbjt oben von einem ſchma⸗ Ben Hügel herab. An jeder Seite find jähe Ab⸗ gründe, ‚welche aber in ver That nicht ſchrecklich ‚ausfehen, weil fie mit Bäumen bedeckt find, Die, Diefe Abgründe verdecken. Auf dem halben Wege . den. Berg Hinab, findet man eine warme Duelle, die aber nichts befünderes hat. Endlich fliegen wir auf unfere Pferde, und erreichten unfere Wohnun- gen zu. Ende der Nacht. ' AHEAD. na Eine Menge Schwefel koͤnnte von diefem Ber ge geholet werden, ja game Schiffslaften. Man: koͤnnte ihn bier auf Ser Stelle reinigen, ober ihm: A N 4 uͤber⸗ 264 Don dem Schmefelberge: überhaupt in ganzen Stüden verfaufen, und wenn es noͤthig wäre, einſchiffen: und follte dieſer Vor⸗ fchlag Beyfall erhalten; fo zweifele ich gar nicht, daß Die Wege würden bequemer gemacht werden, jo daß der Schwefel etwan hundert Schritte von der Deffnung auf Maulefel geladen werden koͤnnte: allein es ift eine zu mohlfeile Waare, als daß fie verdiente, in einem Lande aufgefammlet zu werden, wo der Preiß der Arbeit, aus Mangel der Hände, fo hoch iſt. Glänzender gelber Schwefel mit ‚grüne lichten lecken Ffonnte rund um die Nauchlöcher der brennenden Mündung gefammlet werden, fo wie auch eine große Menge feiner natürlicher Blumen, oder fehr reinen Schwefels. Das, was wir Blu⸗ men von Schwefel nennen, ift fublimirter Schwer fel, welcher zu einem fehr feinen und klaren Pul- ver erhoben und figirer ift. Diefe chymifchen Blu⸗ men verhärten und baden zufammen, und bilden einen Schwefel, ver fo fein ift, als der, welcher aus Peru. koͤmmt. Er hat eine glänzende goldene Sarbe. Man findet ihn an den Seiten der bren= nenden Riſſe oder NRauchlöcher; man finder auch auf eben die Art auf der Erde an dem Fuße des großen Riffes eine Art von. Schwefel, ‚welcher dem Karabe oder gelben Bernftein ähnlich fieht, und vollfommen fo glänzend und durchfichtig ift, fo daß man ſich leicht betrugen fann. Diefes find Stuͤ⸗ den Schwefel, welche die $uft, der Regen, und | die Sonne gewafchen und gereiniget hat, und ich — daß man iind ne von — Art ſehen kann. Ich — — auf der Inſel Guadelupa. 265 Ich zweifele nicht, daß dieſe zwo Arten von Schwefel in ben fo großem Werthe ſeyn koͤnnten, als der, welcher aus Peru fommt; denn wenn Dies, fer mit Weinfteinfalze wermifchet wird ſo entſteht der Liquor, welcher gebrauchet wird —— und. befonders Silber, zu vergolden. | | In eben. dieſen Nauchlöchern fieht mian den) Schwefelgeiſt gegen dieſe ſchwefelichten Cryſtalliſa— tionen in die Hoͤhe ſteigen, und wie ſehr klares Waſ— ſer herab troͤpfeln. Die Chymiſten ſagen einmuͤthig, daß der Schwefel nichts anders iſt, als eine ölichte Materie, die durch einen fcharfen Geift figire ift. Diefes ift aus dem fünftlihen Schwefel klar. Wenn’ man Terpentinöl mit Vitriolgeiſte vermiſchet: fo be= fommt man einen Schwefel, welcher dem natürlichen Schwefel glei ift. Man fann es ferner dadurch beweifen , wenn man ihn auflöfee. Man wird einen ſcharfen Geift davon abziehen, und die übriggeblie-‘ bene Afche wird nur eine fehr Fleine Maſſe von alfa= liſchem Salze geben. Das, was im diefem Berge geſchieht, Fann man. eine.natürliche Auflofung und Diſtillirung nennen. Der Schwefel zündet ſich in der Mitte der Erde an, fo wie bey chnmifchen Ope— rationen, mo die Vermifchung des Salpetergeiſtes und des Terpentinöls plöglich eine bewwundernswürs Dige Hiße und Flamme bervorbringt: fo wie eine dlichte und fchwefelichte Ausdünftung fich entzündet umd in Feuer ausbricht ‚welches der unmiffende Po- bei für berumfabrende und herabfallende Sterne hält, Die Blumen entftehen durch den fcharfen Geift; wenn Diefer durch die False Luft niederfinfes fo fallen 5 auch N 266 Von dem Schwefelberge ic auch jene in Tropfen herab. Wenn man glaͤſerne Glocken an den Oeffnungen der Rauchloͤcher feſt ma⸗ chete: ſo koͤnnte man einen Geiſt, der natuͤrlich in die Hoͤhe ſteigt, ſammlen. Einer von uns hatte ſein Rohr in eines von dieſen Rauchloͤchern geſteckt, und da er es nicht wieder herausziehen konnte: ſo half er ſich ſelbſt mit der Klinge ſeines Degens, damit er es wieder anfaſſen konnte. In einem Augenblice fehen wir das Degeigefäße ganz feuchte, und des Waffer tröpfelte Davon ab; da er den Degen wieder. heraus: 303: fo fanden wir mit: großer Verwunderung die Klinge ſehr heiß. Wir Fonnten damals nichts von dem Geifte erhalten, noch auch irgend einige: Ver⸗ ſuche damit anſtellen. | Is Ich bin zu verſchiedenen Zeiten auf dieſen Berg gegangen, um Arztneykraͤuter einzuſammlen; da aber die Pflanzen, welche er traͤgt, ſchon von den zween P.P. der Franciſcaner, Plumier und Feuiller, bes ſchrieben worden find, welche in der Abficht ‘auf den Berg Pelee in der Inſel Martinique, der gleichfalls ein Vulcan iſt, und eben die Pflanzen hervor bringt, welche man auf dem Schwefelberge in Guadelupa findet, gereiſet ſind: ſo iſt es nicht noͤthig, von mei⸗ nen Unterſuchungen in Ken Stüde N — geben. . & J * 1,7% 2 .> uralte GE 2 % 39 IR, DRAEH h " ron sd der in  4 11 KT LE Tr —J II. Beſchrei⸗ b 267 1 Se * * 2* * * Ze SE 122 Ze SE SE 22 3 Ze * En Hl ac Beſchreibung des Miſtels und deſſen beſondern Wachsthum. ie . Befhaffenheit: — Pflanze, die 8 unter dem Namen Wiſtel bekannt iſt, iſt ſo beſonders, und der Wachsthum derſelben von * meiſten andern Pflanzen ſo verſchieden, daß eine genauere Beſchreibung vielen unſerer Leſer, die aus der Kraͤuterkunde nicht ihr Hauptwerk machen, vielleicht nicht unangenehm feyn. wird, um fo mehr, da in einigen neuern Schriften mit Zuverläßigkeit ganz widrige Nachrichten von Diefer Pflanze gegeben‘ werden. Da der -berühntte ‚Here duͤ Hamel de Monceau, Mitglied der. franzöfifchen "Yeodemie der Wiffenfchaften zu Daris, mit diefer Pflanze in Anfehung ihres Wachsthums die genaueften Berfu: che angeſtellt, fo werden wir deſſen Befchreibung meiftentheils folgen, den wir zum Gewährsmanne Diefer Beobachtungen angeben. Das Geſchlecht Miſtel, lateiniſch Viſcum, franzoͤſiſch Gui, begreift vberſchiedene Gattungen un⸗ ter ſich unter welchen die einzige in Europa wächft, vonder wir hier handeln, und die unter dem Mamen Viſcum aecis albis in den meijten Schriften vors koͤmmt. Der fonderbare Wachsthum dieſer Pflanze, die 268 Beſchreibung des Miſtels die niemalen in der Erde, ſondern allezeit einzig und allein auf andern Baumen wächft, bat ſchon vor— längft die Aufmerkſamkeit aller derjenigen, die ſolche betrachtet, auf ſich gezogen, und, eben diefes Sons derbare ſcheint auch eine hauptfächliche Urſache zu ſeyn, warum fie von den alten Galliern in ‚heiligen Ehren gehalten worden, und auch noch heut zu Tage - zu allerhand abergläubifchem Gebrauche ‚angewendet wird. Denn ungeachtet die Rräuterfenner in den heißern Sandern, und befonders in America, ver⸗ ſchiedene Dianzen, z. E. vie Tillandſiam, Reneal- mia, u. d. g. angetroffen, die ebenfalls fonft nir- gends, als nur bloß auf andern Bäumen wachfen, jo iſt doc) i in unfern europäifchen Ländern dee Miftel die einzige Pflanze, die Diefe Eigenfchaft bat, indem» die Culcuta zuerft wirklich aus der Erde hervorſproßt, ob fie gleich nachhero, wenn ihre ABurzel in der Erde abjtirbe „ ihren Nabrungesfaf bloß aus den DEREN welche fie umſchlingt, zieht. Es wächft aber der Miftel faft auf ällen Pier ie Bäumen, und felbft vielen Gefträuchen fo wohl auf dem Nadel⸗ alstaub-Holze, nur diejenigen laub⸗ tragenden Bäume ausgenommen, die im Winter ihre’ Blätter nicht verlieren, - Ariftoteles glaubte, »der: Miſtel kaͤme nicht aus Saamen, fondern: er hielt: diefe Pflanze bioß für einen aus dem ausgetretenen Safte entitandenen zufälligen Auswuchs der Baus me; mir wirden uns wundern ‚.eben diefe Meynung noch in einem erjt neuerlic) heraus gekommenen Buche anzutreffen, wenn der DBerfaffer deſſelben nicht in allen Theilen der Naturwiſſenſchaft eine allzu. große Unwiſſenheit verriethe. Plinius, Theo— und deſſen befondern Wachsthum. 269 phraſtus und andere erkennen zwar, daß der Miſtel aus Saamen komme, ſie waren aber in der Mey— nung, in welcher heut zu Tage noch viele ſtehen, der Saame koͤnne nicht keimen, wenn er nicht zuerſt von Voͤgeln verſchluckt, und wieder mit dem Un— rathe ausgeworfen worden. Es haben aber ſchon vor Herrn duͤ Hamel verſchiedene Naturkuͤndiger durch wiederholte Verſuche erwieſen, daß biefer Saame gar wohl feime, und junge Pflanzen hers por bringe, ohne Diefer befondern Zubereitung, und Herr du Hamel hat durd) feine Erfahrungen hin länglich beftätiget,, daß der Saame des Miftels, um zu feimen, nur bloß eine binlängfiche Feuchtig- feit erfordere, und, wenn er nur am einen beques men Ort gebracht worden , allezeit eine neue Pflanze hervor bringe, Es fcheint aber auch: diefer Sagme allzu weich zu ſeyn, als daß er nicht ſollte in dem Magen der Voͤgel, der noch viel haͤrtere Saamen verdauet, aufgeloͤſet, und zum Keimen untuͤchtig gemacht ‚werden, und mir ‚zweifeln, ob eine zuvers läßige Beobachtung vorhanden ſey, welche erweifer, daß aus dem von Voͤgeln verfchlucten und wieder ausgerworfenen Saamen einerjunge Pflanze entitan- den ſey. Wir werden aber in dem Folgenden fehen, was zu Diefer Mennung möge Anlaß gengeben haben, wenn wir vorhero von deru Beſchaffenheit ıdiefer Pflanze, ihrer Blumen und Saamen —* hinlaͤng⸗ liche Berchreibung gegeben. Der Miftel ift ein ſehr äftiges, niedt ige Staus dengewaͤchs, deflen Hefte fich faſt mehr in die ‘Breite, als Hoͤhe, erſtrecken. Seine Blätter find dick, feſt, gar ‚ andem Rande ungezahnt und länglichtsenföre mig, 70 Beſchreibung des Miſtels mig, ſo daß der ſchmalere Theil an dem Urſprunge des Blattes iſt, und finden ſich meiſtens nur an dem Ende der Zweige, weil die untern immer abfallen; fie. bleiben ven Winter ſitzen. Herr von Haller, Tournefort und andere rechnen den Miſtel unter diejenigen Pflanzen, wo die maͤnnliche und weibliche Blumen auf einer Pflanze, aber doch beſonders an vorfchisdenen. Stellen warfen, da Here, dh Hamel und Here Linnaͤus in feinen neuern Schriften vor- giebt, fie gehöre zu denjenigen, wo auf der einen Pflanze lauter männliche, und auf der andern lauter weibliche Blumen fid) finden, und: erfter verfichert, Daß er wenigſtens niemalen einen Miftelftraud), der männliche und. weibliche Blumen zugleic) getragen hätte, %efehen habe. Die Blumen, fie feyn maͤnn⸗ liche oder weibliche , kommen verfchiedene: fat bufch- voeife ‚bey einander aus dem Winkel zwiſchen dem Zweige und dem Urſprunge des Blattes, oder an den Enden der Zweige, und die männliche Blume beiteht aus einem Kelche, der bis zur Haͤlfte in vier Einfchnitte getheilet iſt An der intern Geite dieſer vier Einſchnitte ſitzen vier dicke Staubfaͤcher ohne Staubfaͤden. Bey ver weiblichen Blume ſitzt auf der Frucht ein Kelch der aus vier beſondern kleinen Blaͤttern beſteht, in deſſen Mitte man einen etwas rauhen erhabenen Koͤrper ſieht, der das dtigma iſt, weiches ohne Staubweg auf der Frucht feibft ſitzt. Die Frucht wird endlich zu einer runden Beere, die mit einem klebrichten Safte angefuͤllet iſt, worimen ein laͤnglichtes, meiſtens dreyeckigtes Saamenkorn ſteckt. Mittelſt dieſes klebrichten Saftes bleibt dieſer —“ an den Zweigen der Baͤume kleben, und zwar F N \ B; ; und deſſen beſondern Wachsthum. 270 zwar um ſo ſtaͤrker, wenn ſelbiger trocken worden, indem er ſich nicht leicht anders, als in warmem Waſſer aufloͤſet. Weil aber zu der Zeit, wenn dieſe Beeren reif find, nämlich im October, die heftigſten Regenguͤſſe ſich finden, ſo wird der Saame doch meiſtentheils ganz von den Baͤumen abgewaſchen, wenn die Rinde nicht runzlicht, oder mit Mooße hier und da bedeckt iſt, wo der Saame hängen bleibt; und diefes ift auch die einzige Urfahe, warum man den Miftel mehr auf alten, als jungen Bäumen, die noch eine glatte Rinde haben, findet, da dieſe fonft den Wachsthume viefer Pflanze viel beforderlicher feyn würde; oder es wird der Saame von dem Ke= genwafler. an die untere Geite des Aſtes gefloͤßt, wo er mehr Schuß hat, und alfo aud) leichter anklebt. Eben diefer Umſtand nun zeiget hinlänglich, mie es gefchehen könne, daß der Miftel fo oft an der untern Seite der) Blätter heraus wachfe, wohin er fenft weber von den Vögeln, noch eine andere Urſache hätte koͤnnen gebracht werben. Es ift aber hiebey noch vielen ſchwierig, wie der Miftelfaame von einem Baume zu dem andern koͤnne geführet werden, da felbiger "weder: mit Flügeln, noch mit einem wollichten Wefen befegt iſt, dergleis ‚chen ſich bey vielen andern Saamen, die vun dem Winde weggetrieben werden, findet, und alſo diefer Saame nur gerade herunter fallen ſollte. Diefe Schwierigfeit läßt fich auf verfchiedene Weife heben. Erſtlich find eben zu der Jahreszeit, wenn der Mis ftelfaamereif ift, die großen Sturmwinde, wodurch der ganze Strauch abgeriffen,; und auf einen anderm ‚oft ziemlich weit entfernten Baum geworfen wird, | wo — a2 Beſchreibung des Miſtels | wo ſich die Saamen anhängen fünnen. Hienaͤchſt kann aber auch diefes durch: die Vögel gefchehen, obgfeich auf eine andere Weife, als font angegeben wird. Es find. verfchiedene Vögel, als Rrammets> vogel, Droffeln u. d. gl: Die dieſen Beeren fehr nachgeben. » Da nun der Saame ihnen an ihrem Schnabel fleben bleibt , fo bringen fie auf diefe Weife felbigen fort, wenn fie ihren Schnabel auf den Zwei⸗ gen anderer Bäume abftreichen, weswegen man in denjenigen Wäldern, wo viele dergleichen Vögel find, allezeit mehr Miftel finden wird, als an ſolchen Dr: ten, mo vergleichen fich minder finden. B% Wenn nun der Saame einmal an einem Zeige anklebet, fo fängt er leicht an zu keimen, wenn er von Regen oder Thau gehörig befeuchtet: wird: und die Feuchtigkeit allein ijt hinlänglich,, Diefes Keimen zu verurfachen, der Saame mag liegen: wo er will, ob er gleich nur alsdenn zu einer Pflanze ernoächft, wenn er einen Körper antrifft, in deflen Rinde er, feiner Natur gemäß, feine Wurzeln treiben Fan. So hat Herr duͤ Hamel Miftelfaamen keimen geſe⸗ ben, welchen er an’ einem fchaftichten und feuchten Orte, auf altes Holz, auf Scherben und Steine, und auf die Erde geleger harte. Es ift alſo gar nicht nöthig, daß der Saame wieder auf den Baum fom- me, auf welchem wie Miftelpflanze, von-der er ges nommen worden, waͤchſt; fondern der Saame von - einer Pflanze kommt auf allen den verfchiedenen Baͤu⸗ men, die fonft zu dem Wachsthume viefer Pflanze gefchickt find, überall gleich gut fort. Doc) braucht diefer Saame ziemlich fange Zeit, ehe er zu keimen anfängt, und es ift dieſes bey den N die err und deſſen befondern Wachsthum. 273 Herr duͤ Hamel im Februario auf die Bäume ges. leget hatte, nicht eber, als zu Ende des Junii ge— fhehen. Man fieht alsvenn, wenn der Saame dreyeckigt iſt, zween, oder wenn.er mehrere Eden hat, bisweilen drey bis vier Fleine runde Körper hervor dringen, die an einem kurzen Stiele hängen, der aus dem fleifchigten NBefen des Saamens ent- fpringt. Doch dringt audy bisweilen nur ein einzi= ger folcher runder Körper hervor, wenn der Saame nur länglicht und ohne Eden ift. Dieſe Art zu kei— men ift dem Miftelfanmen ganz allein eigen, und es ift fonft Fein anderer Saame befannt,,der mehr als eine Wurzel treibe. Dieſe Eleinen Stiele ver= längern fi) mehr oder mweniger, je nachdem: der Theil des Saamens, aus welchem folche hervor dringen, von der Rinde mehr entferne ift, bis der fleine runde Korper die Rinde erreicht, wo er fich befeftigen Fann. Der Miftel unterfcheider fich in Anfehung feines Keimens auch fonft noch von aller übrigen Gewächfen, daß feine junge Wurzeln ohne Unterfchied nad) einer jeden Richtung wachfen, und alfo, je nachdem der Saame an einem Orte liege, entweder aufwaͤrts oder unterwaͤrts gehen, da fonft bey allen übrigen Gewaͤchſen die Wurzel fich allezeit nach) unten hin wendet, fo daß, wie Herr dü Ha⸗ mel durch viele Erfahrungen beftätiget, wenn ein Saame z. E. einer Nuß, oder Caftanie, ben einem umgefehrten Blumentopfe auf die Oberfläche ver - Erde, die man feucht erhält, geleget, und auf) irgend eine Weiſe befeftiger wird, die Wurzel nicht ' aufwärts nad) der Erde zu, gegen den in die Höhe gefehrren Boden des Topfes, fondern unterwärts 21 Dand, S geht, 274 Belchreibung des Miſtels geht, und indem ſie ſich von ihrer Erde entfernt, bald verdirbt. Die junge Wurzel hingegen des Miftel- faamens gebt nur alsdenn unterwäarts, wenn dag. Saamenforn auf der obern Seite des Altes liegt, da fie Hingegen aufwärts jteige, wenn der Saame an der untern Seite des Zweiges hänge. Wenn nun diefer Fleine runde Körper, der mit einem Stiele an dem Saamen hänge, nämlich die Keim: wurzel - die Rinde erreichet, fo klebet er feft daran, indem er inwendig aus einem faftigen Sleifche beiteht, aus welchem ein zäher Fleberichter Saft hervor dringt, da die außere Haut diefes Körpers fich über die Rinde des Zweiges hin ausbreitet, Wenn viefes gefchieht, fo fängt diefer junge Keim nun an, aus dem Baume felbft Saft an ſich zu zie- ben. Aus diefem faftigen Flebrichten Fleiſche ent= fpringen nun die kleinen Wurzeln des Miftels felbft, die in die Rinde des Baumes eindringen. Wenn man die Ninde an diefer Stelle genau betrachtet, fo fieht man, daß in der Rinde fich faft eben das ereigne, als wenn ein Inſect in die Rinde aeftochen hätte, Wenn nämlich ein Inſect eine Rinde irgendwo verleßet, fo werden dadurch einige von den Saft: röhren geöffnet, aus welchen der Saft dringt, der in das herum liegende ſchwammichte Weſen aus: tritt, fich daſelbſt anhaͤuft und verhärtef, andere Saftröhren zufammen drücder, und eine Gefchmwulft verurfachet, welche man franzöfifch Galles nennt; ! wie Herr von Reaumuͤr durch die forgfältigften Un— terfuchungen gezeiget hat. Auf eben diefe Weiſe eniftebt um die Wurzeln des Miftels ‚ bie die! Saftröhren der Riude druͤcken, eine Art einer der⸗ gleichen | — — — und deſſen beſondern Wachsthum. 275 gleichen Geſchwulſt, die immer zunimmt, je dicker und größer die Wurzeln des Miſtels werden. Von Diefen Wurzeln des Miftels laufen , einige zwiſchen den zarteften und mweicheften Theilen der Rinde hin, da andere durch die verfchiedenen tagen endlich bis an das Holz durchdringen, “und fie breiten ſich nach allen Seiten hin um fo leichter aus, da die Rinde, zu der Zeit, wenn der Saft in den Bäumen iſt, und wo der Miſtel am ſtaͤrkſten treibt, nicht ſo ſtark an das Holz anhaͤngt. Bon den größten Wurzeln, und auch von dem Stocke des Miftels felbft, entfpringen andere Wurzeln, die in den La— gen der Kinde unter einander hinlaufen, und Herr duͤ Hamel alaubet verfichert zu fenn, daß die Wur- zeln des Miftels eigentlich weder den Baſt noch das Holz durchdringen. Es ift wahr, man findet Wur— zeln, die oft einen Queerfinger und noch druͤber, in dem harten Holze ſelbſt ſtecken. Wenn man mit Behutſamkeit die Rinde einer jungen Miſtelpflanze abloͤſet, und auch zugleich die Rinde des Zweiges, der den Miſtel traͤgt, wegnimmt, ſo ſieht man oft, daß die Miſtelpflanze auf ihren Wurzeln, die in dem Holze ſtecken, ſtehen bleibt. Stellet man die gleiche Unterſuchung beh alten Miſtelſtoͤcken an, ſo findet man oͤfters, daß ſie ganz in dem Holze ſte— ‚den, welches faſt einen Wulſt darum macht. nun alſo gleich dieſe Beobachtungen zu erweiſen ſcheinen, daß die Wurzeln des Miſtels das Holz, ungeachtet feiner Härte, durchdringen: fo glaubet doch Herr du Hamel, dag die Sache fic) ganz ‘anders verhält, Es ift — „daß Die erſten Wurjeln 276 - BVBefhreibungdesMifteld Wurzeln fih nur bloß in der Rinde des Baumes ausbreiten, wo fie zarte faftige $fagen, aus denen fie ihren benörhigten Nahrungsſaft ziehen koͤnnen, und ein feines Gewebe, welches ihrem Wachs— thume nicht widerſteht, antreffen. Wenn ſie auf Holz kommen, ſo beugen ſie ſich von demſelben ab, wie die Wurzeln anderer Pflanzen thun, wenn fie” auf einen harten Körper, der ihnen im Wege fteht, fommen. Es laufen alfo die Wurzeln des Miftels zwifchen den Sagen der Rinde hin, geben wieder nah dem Holze hin, und beugen fic) von neuem ab. Wenn aber nun nad) Herrn duͤ Hamels Meynung die innern Sagen der Rinde nad) und nad) erhärten, und holzig werden, fo werden die. zwifchen denfelben Hinlaufende Wurzeln auf Diefe Weiſe mit Holz endlich umgeben, und ftecfen um fo tiefer in vem Holze, je mehrere tagen der Rinde nach und nad) holzicht geworden. Hiernaͤchſt ver— urfachen auch noch die Wurzeln des Miftels an der Stelle, wo fie eindringen, einen dicken Hoͤcker in dem Hole, wo die Fibern unordentlich fortlaufen, wenn nämlich die in der Rinde durd) diefe Wur— zeln verurfachte Geſchwulſt zu Holze geworden, und die Dicke dieſes Hocders macht, daß Die Wurzeln noch tiefer in das Holz zu ftehen kommen. Wenn man endlich noch einen Aft, auf welchem ein Miftelftoc fteht, gerade an der Stelle, wo die Wurzeln in das Holz eindringen, der Länge nad) fpaltee, fo fieht man um den Kern des Aſtes viel hölzerne Sagen, die in ihrer natürlichen Lage und Richtung liegen, und die Diefe, welche der Aft hatte, und deſſen befondern Wachsthum. 277 hatte, da der Miftel einzubringen angefangen, ans zeigen. An diefem Orte wird man niemalen Wur— zeln des Mittels finden. Ueber diefen innern or- dentlichen Sagen ift das Holz, welches die Wurzeln umgiebt, Enoticht und hoͤckricht, deſſen Fibern fehr unordentlich und verfchiedentlich Hinlaufen, und die— ſes ift alfo der Theil des Holzes, der ſich erft nach— hero erzeuget hat, nachdem der Miftel Darauf ges wachfen. Da die Wurzeln, die in dem Holze felbit fte- den, daraus wenig Nahrungsſaft ihrer Pflanze zuführen Fonnen, fo wird dieſer Abgang durch ans dere jüngere Wurzeln, die fih in der Rinde aus» „breiten, erfegt, und es fiheint, daß in der Verhaͤlt— niß, als die vorigen Wurzeln, mit dem Holze ums geben werden, aus dem Miitelftoce neue Wurzeln entftehen, die in die Rinde hinlaufen. Wenn aber alle Wurzeln in dem Holze ftecfen, fo ſtirbt meijten« theils die Miftelpflanze nach und nach bald ab, Denn es gefchieht gar felten, daß die Wurzeln fo genau mit dem holzigen Theile des Stammes ſich vereinigen, daß fie, wie eingepfropfte Pflanzen, von dem Aſte ernähret werden, und Herr duͤ Hamel Bat bey feinen vielfältigen Unterfuchungen nur zween dergleichen fich eingepfropfte Miſtelſtoͤcke gefunden, Wenn ein ftarfer Miſtelſtock mie feinen Wurzeln ei— nen Fleinen Aſt völlig umringt: fo entfteht an der Stelle, wo er eindringe, rings herum ein dicker Wulſt, und der obere Theil des Aftes ftirbt nach und nach ab; bald darauf wird auch der untere Theil dieſes Aftes Eränflich, und verdirbt endlich mit ‚dem Miftel felbft. Ä L | S 3 Von 278 | Beſchreibung des Miſtels Von dem Wachsthume des | Miſtelſtammes. — betraͤchtlich auch gleich vom Anfange der Wachsthum der Wurzeln des Miſtels iſt: fo wenig waͤchſt hingegen der Stamm felbft, indem das erfte, und auch bisweilen noch das ziweyte Jahr der neue Stamm fi) nur aufzurichten ſucht. Es geht naͤm— lid) damit folgender maßen zu. Wir haben fchon oben erinnert, daß die Saamen des Miftels fich mittelft des klebrigen Saftes, der fie umgiebt, feft an einen Zweig anhängen; daß die Wurzel: Keime von verfchiedenen Stellen des Saamens entfpringen, ſich verlängern, und umbeugen, um fi an dem Steige zu befeftigen, fo Daß alfo der kurze Stiel, -indem das Saamentorn, und der Fleine runde Rör- per ſelbſt, mit dem fich der Stiel endiget, feſt an— fleben, einen Fleinen Bogen macht. Wenn nun diefer runde Korper indie Rinde des Baumes einige Wurzeln getrieben, und durch diefelbe Saft einzu- faugen anfangt, fo ſuchet der junge Keim, oder welches eben das iſt, der erſtbeſagte Stiel, ver fi) in den neuen Keim oder Stamm vertwandelt, fich aufzurichten, und alfo das Saamenforn, an wel: chem er hängt, los zu reißen; es gefehieht aber die— ſes nur gar oft fehr feierlich, wenn der Saame, befonders ben trocknem Wetter, mittelft feines Eleb- richten Saftes gar zu feft an dem Zweige anflebt: das Saamenforn mit feinem Stiele bleibe alfo in einem Bogen ſtehen, und verdirbt in Diefer Sage; oder der Fleine runde Knopf geht gar von der Ninde los, und die junge Pflanze muß alfo ebenfalls ver- derben, und deffen beſondern Wachethum.279 derben, bey denen Saamenförnern aber, Die 3130, dren vder vier Keimmurzeln haben, ſtehen diefe Wurzeln öfters fo um den Saamen herum, daß fie gegen einander ziehen, wenn fie ſich aufrichten wol— len, und alfo einander ſelbſt hindern. In viefem Falle gefchieht es fehr oft, daß alsdenn das Saa— menforn fi in drey Stuͤcke theilet, fo daß jeder einzelne Stiel ein befonderes Staͤmmchen mad. Auch diefes Theilen des Saamenforns ift dem Miitel wieder allein eigen, und es ift Feine andere Pflanze befannt, bey deſſen Saamen ſich diefer Umſtand er> eignete. Denn ob gleich bisweilen aus einem Kerne oder Nuß einer Frucht, z. E. einer Mandel, zwey Pflaͤnzchen hervor kommen: fo finder fich doch in dieſem Halle allezeit, daß alsdenn ziween Saamen in diefer Nuß ſteckten, da hingegen bier ohne Huͤlſe nur ein Saamenforn erfcheint. Wenigftens muͤſſen, wenn diefes Saamenforn aus mehrern beſteht, viefe verfchiedene Theile, fo mit einander verbunden ſeyn, daß die Theilung auf Feine Weiſe zu ſehen ift, und nur die Natur allein diefe verfchiedene Stüde tren- nen fann. Wenn aber nur eine Keimwurzel vor— handen iſt: fo ziehe fie, went fie ſich umbeugt, und -aufrichter, das ganze Saamenforn in die Höhe, welches aber bald darauf verſchwindet. Dieſer auf: gerichtete junge Kein verlängert fi) nach und nach, und endige fi) mit einem Fleinen Knöpfchen, oder Auge, in welchem einige junge Blätter ſtecken, und verbleibt in dieſem Zuftande das erfte, und auch bis— weilen bis in das zwente Jahr. Den nächiten Fruͤh⸗ ling entfpringen aus diefem -Kuopfe zwey Blatter, | 3 7, A und >30 Beſchreibung des Miſtels und es zeigen fich in dene Winfel diefer Blätter mit dem Stamme zwey Knöpfe, aus Deren jeden einer oder mehrere Hefte fommen, die ſich mit zwey oder drey Dlärtern endigen. Go weit geht der Waches thum des dritten oder vierten Sahres. Das fünfte, fechite und die folgenden Jahre fommen immer noch mehrere Aeſte aus den Winkeln der Blätter, und ; ‚ der Miftel wird alfo ein Fleiner fehr Aftiger Strauch, der eine ziemlich regelmäßige, kugelfoͤrmige Geftalt bat. Bey dem Wachsthume des Miftels ift diefes noch befonders merkwürdig, daß feine Zweige nicht fo, wie bey allen andern Pflanzen , befonders bey Bäumen und Sträucen gefchieht, in die Hoͤhe zu wachfen ſuchen. Man kehre einen Gartentopf, in welchem ein kleiner Strauch, oder irgend eine andere Pflanze ſteht, vollig um, fo daß der Boden zu oberjt fomme, fo werden, wenn er anders in diefer Lage noch treibt, alle feine Zweige, fo bald fie aus ihren Knöpfen hervorbrechen, fich gleich umbeugen, um aufwärts in einer fenfrechten Richtung zu twach- fen. Bey dem Miftel aber verhält fi) die Sache ganz anders, Wenn er auf der obern Seite eines Altes ſteht, jo wachſen feine Zweige ordentlich auf- waͤrts; wenn er aber aus der untern Seite eines Altes hervorwachſt, fo treibt er feine Zweige unter⸗ waͤrts gegen die Erde hin, und waͤchſt alſo in einer der vorigen ganz entgegen gekehrten Richtung. Wir haben zwar oben ſchon erinnert, daß der Miſtel zwar faſt auf allen Baͤumen wachſe doch ſieht man leicht, daß er nicht auf allen gleich gut und munter bekomme. So koͤmmt er z. E. am beſten und deſſen beſondern Wachsthum. 281 beſten fort auf dem Birnbaume, Apfelbaume, Weiß: dorn, Linde u. d. g. er geraͤth aber nicht fo gut auf der Eiche und dem melfchen Nußbaume. Dbgleich verfchiedene Schriftfteller verfihern, den Miftet auch auf dem Wacholder gefeben zu haben, fo hat es doch Herrn dir Hamel niemalen gelungen, auf diefem Strauche einen Miftel aufzubringen Er hat es endlich noch auf alle Weife verfucht, ihn aus der Erde wachfen zu machen; er hat deswegen den Saamen auf verfehiedene Arten von Erde, die in einigen Blumentöpfen ſehr feſt geftampfer, in andern aber ganz locker war, ‚gefäet, und die, Erde immer feucht erhalten, doch ohne fie zu begießgen, um ven Saamen nicht aus feiner Sage zu bringen. Die Saamen haben auch alle fehr wohl gefeimet, und ‚ihre junge Wurzeln getrieben; wenn ſich aber die Keime aufrichten wollten, fo haben fie allezeit den fleinen Knopf, aus welchem die Wurzeln entfprin= gen losgeriffen, weil das Saamenforn wegen feines flebrichten Saftes viel fefter an die Erde geklebt, und ‚ find alfo verdorben, 282Won der Natur EEE * ** ** IV. Von der Natur der Empfindung. Aus dem univerfal Magazine of Knowledge and Pleafure. mit der Senfation zugeht, muß man bemet- fen, daß alle Drgane aus Fleinen Fäferchen oder Nerven beftehen, die ihren Anfang mitten im Gehirn nehmen; von da fi durch alle Ölieder ver breiten, die eine Empfindung haben, und fich in den aͤußerlichen Theilen des Koͤrpers endigen. Wenn wir folglich wach und gefund find: fo kann fein Ende von: diefen Merven gerühret oder erfchüttert werden, ohne daß der andere zugleich erſchuͤttert werde, da fie beftandig ein wenig gefpannet find; fo wie das Ende einer gefpannten Sehne nicht angeſtrenget wer- den kann, ohne daß der ganze Ueberreſt eine gleiche Bewegung erhalte, Es ift daher nörhig, fehner zu bemerfen, daß diefe Nerven auf zwo Arten bewegt werden Fönnen, nämlich entweder am Ende außer, oder am Ende in dem Gehirne. — Wenn fie außer demſelben durch die Wirkung gemifler Gegenjtände bewegt werden, und ihre Bewegung fich nicht fo weit, als bis ins Gehirn. U' ſich einen Begriff davon zu machen, wie es der Empfindung. 083 Gehirn fortpflanzer, (mie gemeiniglih im Schlafe gefchieht, wenn die Nerven in einer Erfchlaffung ſte— ben ‚). fo hat die Seele feine neue Senfation: wenn aber die Nerven in dem Gehirne beweget werden, durch den Zufluß der Lebensgeiſter, oder ‚auf andere Art: fo empfindee fie etwas, wenn ſchon Diejenigen Theile der Nerven, die außer dem Gehirne ſich durch verfchiedene Theile des Leibes ausbreiten, in völli- ger Ruhe bleiben, welches ſehr oft im Schlafe geſchieht. | | Endlih muß man merken, daß die Erfahrung genugfam beftätiget hat, daß wir in Theilen des Körpers Schmerzen empfinden, die ganz abgefchnies ten find; meil die Seele, wenn die Fibern in dem Gehirne, die eine Verwandtſchaft mit denfelben ha— ben, auf eben die Arc beiveget werden, als wenn fie toirflich verleget würden, in dieſen eingebildeten Iheilen einen Schmerz fuͤhlet. Alles diefes fcheint zu beweifen, daß die Seele unmittelbar in dem Theile des Gehirnes wohnet, wo die Nerven von allen Drganen der Sinne fich endi- gen; da empfinde fie alle Veränderungen, in Anfes hung der Gegenftände, Die fie verurfachen ; und das, was außer diefem Theile geſchieht, empfinde fie al« fein durch Hülfe der Fibern, die ſich in demſelben endigen. Wenn wir dieſes voraus feßen, fo wird es nicht ſchwer feyn, zu erflären, wie eg mit der Senfation zugeht; man kann fich diefe Sache alfo vorftellen. Wenn u “ 284 Bon der Natur Wenn man zum Erempel eine Nadelfpiße auf die Hand drücdt, fo beweget dieſe Spiße, und theilee die Fibern des Fleiſches, welche von diefem Drte ing Gehirn geben; und wenn wir wachen, fo find fie fo ſehr gefbannet, daß fie nicht berühret werden koͤnnen, ohne die Fibern des Gehirnes zu erſchuͤttern. Wenn die Bewegung der Fibern der Hand ſchwach iſt: ſo wird die Bewegung der Fibern des Gehirnes eben ſo ſchwach ſeyn; und wenn ſie ſtark genug iſt, etwas in der Hand zu zerreißen: ſo wird die letztere ſtaͤrker und verhaͤltnißweiſe heftiger ſeyn. Eben ſo, wenn man die Hand ans Feuer haͤlt, ſtoßen die kleinen Holztheilchen, die es in großer Menge, und mit großer Gewalt auswirft, gegen dieſe Fibern, und theilen denſelben etwas von ihrer Bewegung mit; wenn die Bewegung maͤßig iſt, ſo wird auch die Bewegung der Fibern des Gehirnes, die mit den Fibern der Hand eine Gemeinſchaft haben, maͤßig ſeyn; iſt ſie heftig genug, einige Theile der Hand zu trennen, wie beym Verbrennen geſchieht: ſo wird die Bewegung der Fibern in dem Gehirne verhaͤltniß— weiſe heftiger fenn. — Dieſes geht in dem Korper vor, wern Öegenftände auf denſelben wirken. Nun müfjen mir betrachten, wie es auf die Seele wirket. ı Die Seele, wie wir bereits bemerfet haben, wohnet, wenn wir ung fo ausdrüden dürfen, in dem heile des Gehirnes, wo ſich alle Nerven endigen. Hier beobachtet fie, als in ihrer Werkſtaͤdte, alles, und forget für die Erhaltung aller Theile des geibes;‘ und muß bier folglich von allen Beränderungen, A — der Empfindung. 285 ich zutragen ‚Nachricht empfangen, und im Stande 2 ‚ einen Unterfchied ziwifchen denen zu machen, die der DBerfaflung des Leibes angenehm und ſchaͤdlich ſeyn koͤnnen. Alle andere Wiſſenſchaft, ohne eine Verbindung mit dem Koͤrper, waͤre unnuͤtz. Der— geſtalt, obgleich alle Veraͤnderungen der Fibern wirk— ich in Bewegungen beſtehen, welche überhaupt, nur bloß als ſchwaͤcher, oder ftärfer unterfchieden find, fo ift doc) nöthig, daß die Eeele fie für we— fentlich unterfchiedene Veränderungen anfehe; denn ob fie gleich an ſich felbft nur wenig unterfchieden find: fo müffen fie doch zur Erhaltung des Körpers als weſentlich unterfchieden angefehen werden. Die Bewegung, zum Erempel, die Schmerz verurfacher, ift oft nur fehr wenig von der unter— fhieden, die ein angenehmes Zittern veranlaffet; es ift nicht nöthig, daß ein wefentlicher Anterfchied unter diefen beyden Bewegungen ſey; aber es ift nöthig, Daß zwifchen dem Schmerze, und dem Kuͤ— tzeln ein weſentlicher Unterfchied fey, welche dieſe beyden Bewegungen in dev Seele verurfachen ; denn die Bewegung der Fibern, die das Kügeln begleitet, unterrichtet die Seele von dem guten Zu- ftande des Körpers, daß er dem Eindrucke eines Gegenftandes widerſtehen kann, und daß fein Schade zu befürchten fey: aber die Bewegung, die Pein verurfacher, da fie etwas heftiger ift, Fann einige Fibern des Körpers zerreißen; weswe— gen die Seele nothwendig davon durch eine unan— geneh« 286 Don der Natur ‚genehme Empfindung benachrichtiget werden muß, damit fie diefelben verbüten Fünne. Ob alfo gleich alle die Bewegungen, die in dem. Körper vorgehen, bloß an fich felbit „als ſchwaͤcher oder ftärfer, unterfchieden find: fo kann man doch fagen, wenn man fie in Anfehung der Erhaltung des Lebens betrachter, daß fie weſent— lich unterfchieden find; Daher "empfindet die Seele die Erfchütterungen oder Bewegungen nicht felbit, die die Gegenftände in den Fibern des Fleifches verurfachen; es würde unnüße feyn, wenn fie Die felben empfände, und fie würde daraus nicht fü- big ſeyn zu beurtheilen, ob die Gegenftände Nu— Ken oder Schaden thun koͤnnten. Aber fie fühlet fih von Senfationen gerühret, die weſentlich un- terfchieden find, und wodurch fie, weil fie Die Duanticat des Gegenftandes genau zeigen,. wie er fih gegen den Körper verhält, deutlich empfin= den kann, ob diefer Gegenftand ſchaden Fonne, oder nicht. Aus der Erfahrung erhellet, wenn mir die verfchiedenen Sinnen genau unterfuchen, daß finns | liche Gegenftände nicht anders auf den‘ Körper wirfen, eine Senfation hervor zu bringen, als fo, daß fie in der aͤußerſten Oberfläche ver Fibern der Merven, eine Veränderung machen: und die Eis genfchaft diefer Veränderung koͤmmt auf die Fi— gur, die Größe, die Stärfe und Bewegung der Gegenftände an; daß alfo, allem Anfcheine nach, die unterfchiedenften Gegenftände, die in dieſen vier n Umſtaͤn⸗ — — — — x der Empfindung. 287 Umſtaͤnden uͤbereinſtimmen, einerley Senſation her⸗ vorbringen wuͤrden. Aus dem verſchiedenen Gewebe des Gegenſtan— des, der Verſchiedenheit des geruͤhrten Nerven, dem verfehiedenen Bau des Organes des Ginnes, dem verfehiedenen Drte der Medulla des Gehirnes, wor— aus der Merve ausgeht, und aus ver verfchiedenen Stärfe der Bewegung, womit die Wirfung des Gegenftandes verfnüpfet it, entfliehen verfchiedene Senfationen und Begriffe in ver Seele; von wel— chen feine etwas in der Wirfung des Gegenftandes, oder in der Wirkung des Drganes vorftellet. Und dennoch) bringt einerley Wirfung von einem Gegen- ftande auf daſſelbe Drgan allezeit diefelbe Senfation oder Idee hervor: und einerley Ideen folgen noth— wendig auf einerley Verfaſſung deſſelben Organes, auf eben die Art, als wenn die empfundene Idee natürlich und nothivendig aus der Wirfung des Or⸗ V. Bor 288 Don der Zubereitung KAKFFFKKKK KK HK HK A NK ek a V, Don der Zubereitung des Hanfes, dadurch feine Fafern fo zarte und biegſam werden, wie die Faſern des feinften Leines, Aus dem Nouvellifte Oeconomique et Litteraire. Tom. XX. S. 13. erfchiedene beftätigte und richtig befundene Verſuche haben gewieſen, daß fich der Faden des Hanfes ſchon in der Pflanze befindet, und ihn nicht erft die Kunft hervorbringt; die Rinde ift eine Art von natürlihen Sadengebinde, das man vom Stengel abfondern muß; diefer Faden ift, vers mittelft einer ſchmutzigen leimartigen Feuchtigkeit, mit dem Stengel.verbunden, und man nimme verfchie= dene Arbeiten vor, ihn abzufondern. Die erfte ift, den Hanf zu röften; die andere, ihn zu brechen. Bisher hat man bierbey nur ein fehr unvollfommes nes Berfahren beobachtet, und deswegen nur ſehr fchlechten Faden befommen, Will man aber die ein= fachen Arbeiten, die itzo umſtaͤndlich befchrieben wer— den follen, nach einander vornehmen: fo wird man, ohne einige Bergrößerung der Koften, den vollkom— h menften des Hanfes, 239 menften Slachs erhalten, der auch dem beften Seinen nichts nachgeben wird. Moch mehr: das Werg, das man bisher weggeworfen hat, läßt fich durch eine einfache Zurichtung in den Stand fegen, daß es Faden giebt, der zu den fchönften Spitzen faug= lich iſt | Man roͤſtet ven Hanf auf zweyerley Arten; ein: mal leget man ihn ins Waffer, nach diefem breitet man ihn auf den Raſen, beneget ihn von Zeit zu Seit, und reibt ihn. Ohne Zweifel muß man bey‘ dem erften Verfahren bleiben; das andere nimme dem Hanfe fein Gummi nicht zulänglich, dag fich die Schaale von dem Stengel abfondern ließe. Es iſt unnoͤthig, fich bey diefem Umftande lange aufzu⸗ halten, das Waſſer ift allein das gehörige Auflö⸗ fungsmittel, und der Thau ift nicht zulaͤnglich. det ſich darinnen: fo muß man forgfältig den gering= Iften Anfang der Gaͤhrung beobachten, um ander uſchen, daß ſich wegen der Zeit, wie lange ber Hanf im Waffer bleiben muß, beſtimmte Regeln eben ließen; aber eine kleine Erfahrung wird hierin⸗ en zulänglichen Unterricht ertheilen. Das aber iſt EL Band. ⁊ oͤthig A 290° Don der Zubereitung nöthig zu. wiflen, daß die Schale am Stengel haͤngen bieibt, wenn man den Hanf nicht lange genug im Waſſer laͤßt; diefe Schale giebt alsdenn nur einen‘ fehr harten Faden, Der fich nicht wohl verarbeiten läßt. Laͤßt man aber den Hanf zu lange im Wafler, fo ſchwaͤcht man die Faſern allzuſehr, und fie behalten nicht Feftigfeit genug, fih nach der. ganzen Laͤnge des Stengels abziehen zu laſſen; die Fafern werden algs denn reißen, und viele mit betrachtlihem Verluſte an dem Holze hängen bleiben, Iſt man alfo verfichert, daß der Hanf zulänglich geröfter ift: fo muß man ihn aus dem Waſſer neh men und ihn in der Sonne ausbreiten, wodurch man ihn vorbereiten wird, Daß er fich fehr leicht brechen läßt. Es giebt auch zwo Arten, die Schale von dem Holze abzufondern: in einigen Ländern bricht man ihn (troyer), und in andern ſchaͤlet man ihn (tiller). Die legte Art ift vorzuziehen, weil fie die ganze fange des Fadens erhält, Wenn der Hanf geſchaͤlet iſt, fo ift das einzige noch übrig, was man fo fehr verlanget, den Faſern fo viele Biegſamkeit, fo viele Feinheit, und felbft fo vielen Glanz zu geben, als der Hanf fähig ift, um dadurch recht guten Faden zu erhalten. Dieſes, fo viel als möglich ift, zu erlangen, theile man dem Hanf in verfchiedene Bunde, jedes ungefähr ein Vierthelpfund am Gewichte. Man binde: jedes Bund in der Mitte mit Bindfaden zufammen; Diez fes ift noͤhhig, damit fich der Faden nicht verwirret, indem man ihn handthieret. Diefe Hanfbuͤndel werfe man in eine Kufe, weldye der Menge des Hanfes gemäß ift, und Oeffnungen hat⸗ wie — gen, des Hanfes. 2090 gen, deren man ſich zum ordentlichen Laugenwaſchen bedienet, damit man das Waſſer deſto leichter aͤndern kann. Hierinnen laſſe man den Hanf mehr oder we⸗ niger weichen, und aͤndere das Waſſer ungefaͤhr alle 24 Stunden. Bier, fünf oder ſechs Tage werden zulänglic) ſeyn, das noch übrige Gummi aufzulöfen. Dem man den Hanf alfo durchneger hat, fo nehme man ihn aus dem Wafler, und reibe ihn ges finde mit der Hand; nach diefem bringe man ihn in veines Wafler, bis er folches nicht mehr unrein ma: het, und das Walter völlig Klar wieder abläuft, wo— bey man in acht nehmen muß, den Hanf fo wenig als möglich zu vermengen. . Wenn die Faſern fich vermengten oder um einander wickelten: fo wuͤrden fie fich verwirren, und wenn man fie auf den Kamm brachte, würden fie reißen und fich verfürzen, wel⸗ ches nachtheilig iſt. Die Güte und die Schönheit des Hanfes befteht in feiner Seine, in der Biegfams feit, in der Sange und in feinem Glanze. | Beobachtet man dasjenige, was ich itzt erzaͤhlet habe, ordentlich: ſo wird man Hanffafern erhalten, die fat der Seide gleich fommen; fie werden ſich leicht abfondern und theilen laffen, fein werden, und ſich fo reinigen, und zu einer folchen Weiße bringen laffen, daß man fie in diefe Umftände zu bringen gar nicht viel Wafchens nöthig haben wird. | Hat man durch. die legte Wäfche alle fremden Theile abgefondert, ift der Hanf zulänglich zertheilet und rein, und laͤuft das Waſſer von ihm wieder hell ab: ſo nimmt man ihn, mit der ſchon angezeigten orſichtigkeit, ihn nicht zu vermengen, heraus. Nach dieſem bringt man ihn auf Stangen, die der ⏑ Ta Some 292 Von der Zubereitung des Hanfes. Sonne fo ſehr, als es ſich thun laßt, ausgefegt find. Wenn er trocken it, beugt man; ihn vorſichtig zuſam⸗ men, und nimmt fich „allemal in acht, daß die Fa⸗ fern nicht unter einander Fommen. J 9 Der Hanf wird, nachdem er ſo zubereitet iſt, gea finde geſchlagen, und nun darf man den Staub nicht ‚mehr fürchten, dem fonft Diejenigen ausgefegt find, die den Hanf fihlagen; diefer Staub ift fo gar tödts fi) , wenn er auf die Bruft falle. Eine fo beſchwer— liche und gefährliche Arbeit wird durch Diefes neue Berfahren erleichtert und wenig ſchaͤdlich gemacht, Nach diefem ift der Hanf zulänglich, vorbereitet, daß, er durch den Kamm gehen Fann, man hat feinen, Staub mehr zu fürchten; und wenn man fid) enger. Kämme, und treuer und. gefhicter Arbeiter bedie= net: ſo wird man gebechelten Hanf erhalten, aus dem fich Faden von der beften Art machen laßt; ‚felbft ‚ die Hanfföpfe, die man ordentlich wegwirft, werden nach diefem neuen Verfahren fehr fein, und zaͤrtliche Perſonen, die fich ihn zu zwirnen befchäfftigen wol fen, haben den leichten Staub. nicht mehr zu fuͤrch⸗ ten, der in Die Lange befchwerlich fallt. In einem andern Auffage werden wir die Art zeigen, wie das Werg zuzurichten iſt, und. einen Eleinen Unterricht geben, wie man die gehörigen Werkzeuge zu Zwie⸗ nung diefes Eoftbaren Fadens zuzurichten bat En A nn > 293 LEI SE En 2 u ZZ Zu —J VI. | Johann David Michaelig, Prof. zu Göttingen, Abhandlung von einigen Geſetzen, welche Moſes in der Abſicht gegeben hat, daß er dadurch den Iſraeliten, die ſich nach Aegypten ſehneten, das gelobte Land angenehm und nothwendig machen möchte, Aus dem sten Theile der Comment. Soc. reg. | Scient. Goetting. uͤberſetzt Y von Paul Gottlob Lindner, 1. Die Iſraeliten bewunderten zu Moſis Zeiten Aegypten, und wuͤnſchten dahin zuruͤck zu kehren; allein Moſes ſetzte dieſem Wunſche | Bee entgegen, vornehmlich 5. Moß VII. 16. Cs muß uns in Verwunderung ſetzen, daß die aus der harten Snechtfchaft der Aegypter be ——— Iſraeliten, dennoch ihr Vaterland, es gleich uͤberaus gottlos und grauſam gegen ſie geweſen war, doch ſo ſehr geliebet haben, daß ſie Er bey Sebzeiten Mofis lieber dabin uck gehen, und von neuem dienen, als das ſchoͤne Palaͤſtina T3 einneh⸗ 294 Abhandlung einnehmen wollten: ja der Gefeßgeber muß ‚beforget haben, daß auch die Nachkommen diefe unſinnige Siebe nach Aegypten mit der Milch ihrer Mütter eins faugen, und nad) der Einnahme von Paläftina den— noc) diefes Land mit ihren ehemaligen Wohnungen in Aegypten zu verwechfeln wünfchen würden. So fehr widerſprechend auch diefes und wider alle unſere Wer: muthung zu feyn feheint: fo uͤberzeuget uns Mofes doc fattfam, daß das Volk jo gefinnet gewefen ift. Hat es fi) durch die Annehmlichfeit und Hochach— fung, weil feine Vaͤter einige Menfchenalter hin— durch das fand bewohnet hatten, hinreißen laffen ?- Oder hat eg die vortreffliche Befchaffenheit der Luft und des Erdbodens bewundert, die man von Aegy— pten ungemein ruͤhmet, und welche aud) die, Die das Sand ißo befuchen, bey feiner größten Verwuͤſtung doch) niche zu loben unterlaffen ")? Oder aber hat es fich durch die leichte Art, das Feld zu bauen, und feinen Unterhalt zy finden, einnehmen laffen, und nach Art der Sclaven, welche lieber zu harten Arbeis ten gezwungen werden, als aus eigenem Triebe, fleißig fenn wollen, das Andenfen der graufamften Knechtfchaft einer arbeitfamen Freyheit vorgezogen ? | Wenigftens 2) Die Vortrefflichkeit der Kräuter und Früchte, welche Aegypten hervor bringt, lobet Maillet in dem neunten Briefe (Defcription de l’Egypte lettre neuvieme) ungemein: und diefe fcheint auch Die Iſraeliten am meiften Denmenbiget zu haben. 43. or XI. 4:7. Die Luft fol zur Sommerzeit fo geſund in angenehm feyn, daß es fcheint, als mern die Einwohner von Aegypten ann ein neues Leben erhielten, | von einigen Geſetzen. 295 Wenigſtens haben wir ein deutliches und von allen Dunfelheiten befrenetes Geſetz *), melches verbietet, daß fein König, wenn einer einmal erwaͤhlet werden möchte, die fraeliten nach Aegypten zurück führen fol. Aus diefem Gefege kann man über den Ver— ftand und die Abficht anderer Gefege Muthmaßun— ‚gen anftellen. Diefes Geſetz lauter alfo: daß nur der König, der in Zufunft erwählet werden foll, ‚nicht die Pferde fich vermehrte, noch auch das Volk nach Aegypten zuruͤck führe, um allda ſich mit mebrern Pferden zu verforgen, weil der Herr euch gefager, oder verfpro-hen °) bar: 2 X 4 daß 2) 5 B. Mof. XVII. ı6. 3) Die Juͤden ſind wegen des Geſetzes uneinig, in welchem Gott vor dem angeführten Geſetze geſaget haben fol, das Volk follte nicht wieder nach Aegy⸗ pten zurück kehren. Nach meiner Meynung aber redet Mofes von einer Verheißung. Diefe Erfla> rung koͤmmt mit dem Norte VON (amar) voll kommen überein, weil es vornehmlich von Ber: heißungen gebraucht wird, daher auch VON (omer) gemeiniglich eine Verbeißung bedeutet. Es wuͤrde Gott unanftändig geweſen feyn, wenn das Volk in dasjenige Land zurück gegangen wäre, woraus er es gefuͤhret hatte; er verfprach ihm alſo, zum Beweiſe feiner befondern Gnade, daß es nicht da- bin zurück Febren wide. „Eben diefer Verheißung wird 53. Mof. XXVIIL 68. gedacht. Vielleicht ift fie bey dem Ausgange aus Aegypten gerban worden, nachdem Pharao die Bedingung, das Volk auf kurze Zeit zieben zu laſſen, um dem Heren feinem Sort zu dienen, nicht angenommen batte; und vielleiche ift Dadurch eben diefe Bedingung auf: gehoben worden. U R 296° Abhandlung daß ihr fort nicht wieder durch dieſen Meg kommen ſollt. ch will erft einiges von dem In⸗ halte dieſes Gefeges fagen, alsdann will ich zu an— dern Geſetzen von diefer Art fortgehen. u 1. Diefes. Geſetz verbieter nicht die Handlung mit den Hegyptern, such nicht die Zuruͤck⸗ kehr in die Knechtſchaft, fordern. die gez’ waltſame Kinnehmung des Landes. Bofen, Wenn-Mofes von einem Könige redet, dem er verbietet, wieder nach Aegypten zurüc zu gehen, fo kann Feine folche Rückkehr verftanden werden, wie ‚fie die fraeliten zu Mofis Zeiten im Sinne hatten, ' namlich daß ſie demuͤthig um Verzeihung wegen ihrer Flucht bitten, und dem Bolfe, dag fie bishero be= herrſchet hatte, aufs neue dienen würden. Denn ‚wer wollte ſich einen König von fo niedrigen Gefin= nungen, und gar von folcher Raſerey worftellen, der, nachdem er ein großes Volk beherrfcher bat, doch lieber dienen, unter dem Schutze eines benachbarten Königes feyn, und ibm große Summen bezahlen wollte, wenn er nur eine größere Anzahl Pferde: be= quemer erhalten Fonnte? Man findet Faum ein ein— ziges und befonderes Beyfpiel von einer fo niedrigen | Denfungsart, Moſes redet auch nicht von den Kaufleuten, welche, um Pferde zu Faufen, nach Aegypten reifeten. Denn zu gefchweigen, daß es ‚den “Sfraeliten erlaubet war, nicht nur Handlung, fondern auch Freundfihaft und Gaftfreyheit mit den. Aegyptern zu unterhalten *): fo ift das noch nicht Be BR em *) 53. Mof. XXIL 8. 9, von einigen Gefeken. 297 ein Volk nach Aegypten fuͤhren, wenn wenige Kauf⸗ leute dieſes Land befuchen. Ich glaube vielmehr, daß Moſes beſorget hat, es moͤchte ein Koͤnig wegen der Begierde, Pferde zu haben, und wegen der Schoͤnheit und Naͤhe des Landes Goſen, Luſt be— kommen, dieſe von den Iſraeliten ehemals beſeſſene Provinz durch Waffen wieder an ſich zu bringen, und feinem Keiche, durch dahin geſchickte Colonien einzuverleiben. Denn ich nehme mit dem Lakema⸗ ‚cher ?) an, daß das Sand Gofen dem gelobten Lan— de nahe gewefen ift, und befonders aus der Urfache, weil erzählet wird °), daß feine, Einwohner. Die Soͤhne Ephraims, noch bey Lebzeiten ihres Daters, da fie die Heerden Der Philifter wegtreiben wollten, von den Philiftern erſchlagen roorden wären, Allein, Moſes wollte aus Dankbarkeit gegen die Aegypter, von welchen die Ssfraeliten ehemals waren aufgenom⸗ ‚men worden, ihnen nicht. fo aroßes Unrecht anthun laſſen; jaer fah auch, wenn ich nicht irre, vorber, ‚wie ſchaͤdlich dieſe Provinz den Königen von Pald- ſtina feyn würde, weil daher unauförlihe Kriege, fo wohl zu Wafler als zu Sande, mit den fehr mäch- tigen Königen von Aegypten nothwendig entftehen "mußten: Gr hatte alfo den Tfraeliten mit der ‚größten Klugheit, und aus einer wahrhaftig goͤttlichen Abſicht, Wohnungen 'auserlefen, welche durch die umher liegenden Berge ficher waren, und in Denen ‚fie don. feinem Feinde ungeftvaft angefallen werden — | 27% konnten; 5) Man ſehe Lakemacheri Obferuationum philologi- carum Partem VI, Ob. I. 8) ı Chrom. VI. (nach Luthero VEIL.) 20:22, 298-7 Abhandlung konnten; hingegen alles das, was über diefen Ber— gen war, war den Waffen großer Bölfer zu ſehr ausgefeßet, und fehien ihm unficher zu feyn. Es ift die Eigenfchaft einer bejahrten Klugheit, Reiche, deren Wohl man mwünfcher, in ihren gerechten und eigenen Schranfen zu erhalten: unzählige Provin- zen, ja felbit einen ganzen Erdfreis, als ein einziges Reich begehren, zeiget eben fo wenig Klugheit, als Billigkeit an. Ich glaube alfo nicht, daß Salome diefen Theil des Gefeges übertreten hat, weil er Pferde aus Aegypten kommen ließ, und fie alsdann den benach— barten Königen der Phönizier und Syrer verfaufte ”): ich erinnere mich auch) nicht, daß dieſe Handlung an irgend einem Orte von den heiligen Schriftftellern ges tadelt worden ift. | III. Warum Moſes die Dermebrung der Pfer⸗ de den Iſraeliten verboten habe? Er wollte, daß fie lieber Eſel, die in Palsftins bequem waren, sls Pferde, die bey weitläuftigew Rriegen nuͤtzlich find, unterhalten follten. Mofes verbietet nicht nur, daß das Volk nicht wieder nach Aegypten geben foll, fondern er wollte auch alle Gelegenheit zu diefer Nücfehr entfernen, und unterfagte derowegen den Königen eine, allzu große Menge Pferde, damit fie niht, aus ‘Begierde, ‚viele zu unterhalten, das Land, Gofen, fi) als eine Provinz, und ihrem Volke als ein Vaterland, wün: fehen möchten. Denn Aegypten hatte einen bewun— derns⸗ 7) 1B. Koͤn. X, 29. von einigen Geſetzen. 299 dernswuͤrdigen Ueberfluß an Pferden; ich darf dieſes übergehen, weil es die Ausleger, beſonders Cleri— cus, bey diefer Stelle bewiefen haben. Hierzu feheint auch, noch ihr nicht allzu hoher Werth zu kom— men, der einen Liebhaber ver Pferde nach Aegypten ziehen koͤnnte. Ob gleich Arabien die vortrefflichften Pferde hatte, und den Königen von Syrien und Phönizien näher, als Aegypten war: fo finden wir doch, daß Salomo Pferde in Aegypten, ein jedes vor hundert und funfzig Silberlinge, gekaufet, und den Königen der Hetbiter und Syrer wieder verkau— fet habe, woraus ich muthmaße, daß die arabifchen Pferde, wie noch itzo, fo auch ehemals, weit theue— ver, als die ägnpeifchen gewefen find. Maillet giebt die Urſache von dieſer Verſchiedenheit des Werthes an. Er erzäblet namlich, Daß die agyptifchen Pfere de zwar ſchoͤner, aber nicht fo ftarf, als die arabi- ſchen wären, und befchwerliche Wege nicht ausftün- den, weil fie in einer unendlichen Ebene aufgezogen wären, und aus diefer Urſache Fönnte man fie weit wohlfeiler , als die arabifchen ; Faufen *). Moſes hat auch nicht allen Gebrauch der Pferde, befonders den Koͤnigen, verboten; fondern er wollte nur nicht, daß fie in großer Anzahl erhalten, und im Kriege die Reuterey ſtark feyn follte, weil fie zur Bertheidigung des gelobten Landes wenig beytrug, in weit entfernten Kriegen aber von defto größeren Nutzen war: Provinzen aber über den Libanus und Euphrat zu erobern fuchen, war ihnen nicht erlaubt. Denn er ſchließt das Volk in feine eigenen und fichern | la Gränzen 8) Defcription de I’ Egypte; lettre neuvieme, ©. 27. 28. 509 Abhandlung 7° Gränzen fo ſehr ein, daß er ihm oft ſaget, es hätte nichts weiter von Gott zu erwarten, und er will nicht einmal, dag die benachbarten Bölfer in Arabien unz ter das Koch gebracht werden, Hierdurch fuchte er fehr weislich zu verbüten, daß das Neid) wegen feiz ner Größe nicht finfen, und, wie es beyReichen, die | ihre mäßigen Schranfen überfchritten haben, zu ge⸗ ben pflegt, die entfernteften Ölieder, bey einem fri⸗ fchen Herzen, dennoch erſtarren möchten, Was das Reiten anbelanget, fo brauchte man in Naläfting, weil es voll vor Bergen und tiefen Thaͤ⸗ lern mar, weniger, Pferde, aber defto mehr Eifel, Thiere, weiche Aegypten verabſcheuete. Die Bor: fahren‘ der Iſraeliten waren gewohnt, eine große Menge non ihnen zu unterhalten, und es iſt bekannt, daß die Iſraeliten za Mofis Zeiten ſich ver Eſel am meiſten bedienet haben. Moſes pfleger deswegen im feinen Gefegen die Efel an ftatt aller andern unreinen Thiere zu nennen, und von ihnen das zu fagen, mas er bey allen unreinen Thieren beobachtet wiſſen will 9): fo wie die Araber unter dem Namen des Campeies ein jedes anderes Laſtthier auch verftehen: denn eben dazu, wozu man in Arabien die Cameele braucher, | brauchet man in Paläftina die Eſel. Der Geſetz⸗ geber wollte, daß Die alte, und von den Bätern auf fie fortgepflanzte Art, zu reiten, und Laſtthiere zu erhalten, auch von den Nachkommen beybehalten würde, weil fie fi) für Paläftina ſehr wohl, für | * Aegypten 9) 2B. Moſ XX. 17. XXI. 31. XXI. 4. 10. XXIII. 4. 5. 12. XXXIII. 20. 4B. Moſ. XVI. i5. 5B. Moſ. V. 14. XXI. 4 D ge —5* von einiger Befege 301 Aegypten hingegen gar nicht ſchickte und auch von den Sitten und Meynungen der Aegypter ſehr weit abgieng; damit er ſelbſt durch Die dconomiſche Ein⸗ richtung und durch die Art zu leben, Bas Volk in Paläftina zurüc "halten möchte. } IV. = wird der Urſprung von ber Verach⸗ tung der Eſel bey den Aegyptern gezeiget, von denen ſie ſich hernach zu den uͤbrigen Voͤlkern fortgepflanzet bat. Ich bitte um Erlaubniß, ein wenig von dem Vene hier, ‚abzugeben, und zu unterfuchen, warum der Eſel, ein Thier, welches nicht nur bey ven fraes liten, fondern auch, (wie Sie, vortrefflichfier Herr Gesner, in dem zweyten Bande unferer Abs andlungen, bewiefen haben, ) bey andern alten Voͤl⸗ ern, uno felbft bey den Griechen in Ehren war, im jo roße Schande und Verachtung, fat ben allen Bolten, ist gefallen ift. Dieſe Berachtung oder diefer Haß gegen die Efel hat, nach meiner Meynung, feinen Urſprung aus Aegypten. Sie baben uns im Ihrem Socrates, dem heiligen Derebrer juns ger Leute, unterrichtet, daß Plato zuerft, und her: nach; Ariſtoteles fih um die Efel übel verdiens ges macht haben, und daß feyon zu den Zeiten des erſtern md des Socrates angefangen worden ift, dieſes Thier zu Athen fuͤr ſchaͤndlich zu halten: Plato aber war voll von agyprifchen Meynungen und Voritels lungen der. Dinge, Sie haben aus dem Plutarch errviefen, daß diefes Volk den Ochus, aus Schimpf, inen Eſel ach babe, Jablonsky Bi bet es ſo ee 10) Panthei Libro V, 6, 45:60, 302 - Ybhandlung fo vollkommen außer Zweifel gefeßet, es wäre aus diefer Urfache dem Typhon, einem böfen Geifte, der Efel gewidmet gemwefen, daß nichts binzuzufeßen zu ſeyn fcheint, als daß ich die Urfache unterfuche, wars um doch die Efel bey den Aegyptern fo verhaßt ges mwefen find. Denn "Ihnen ift diefer Haß mit Recht wunderbar und abentheuerlic vorgefommen *), und er koͤnnte um defto ungerechter feyn, da Maillet be= richtet, daß die Efel in Aegypten vorzuͤglich ſchoͤn und auch vorzüglich theuer wären *). ach meiner Meynung ift die Farbe und die Begierde, Pferde zu halten, den Efeln bey den Aegyptern ſchaͤdlich geweſen. Jablonsky hat beiie- ſen, und ich will die Stellen aus ihm nicht weitlaͤuf⸗ tig 21) Commentar. T. II. ©. 33. in der auf dieſer Sei⸗ te fich befindenden Anmerkung. 4 12) Defcription de l’Egypte lettre IX. ©. 29. Auſſi faut il avouer, que ces animaux n’ ont rien ici de la parefle et de la pefanteur naturelle aux no- tres. Au-contraire ils ont un feu, que les plus longues marches ne ralentiffent point. IIs four- niffent fans difhculte aux longs Voyages de la Meeque, et ont un pas fı vite et en meme tems. fi doux, que les Chevaux ne les peuvent foivre qu’ au trot. Aufli ne leurs font ils gueres infe- zieurs pour le prix. Quoiqu’ ils foyent ici tres= communs,ils’En vend tousles jours jusqu’& deux et trois cens livres. Ich habe die ganze Stelle abgefchrieben, weil man, wie ich glaube, daraus fehen Eatın, daß eine große Schande das Volk zus rück gehalten haben muß , weil es fich ein fo beque⸗ mes Thier, das aber der, Erhaltung. der BIER fchädlich war, nicht zu Nuße gemacht hat. Doch davon werde ich weiter unten handeln. . .am* von einigen Gefeken. 303 ig anführen ”), daß dem Typho, einem böfen Geifte, die Kranfheiten, befonders der Yusfaß, und, $eute von rothen Haaren, nach den Gewohnheiten der Aegypter, gewidmet gewefen find. Das erſtere hat feine Schwierigkeit; denn wen follte wohl ein aber= gläubifches Volk den Ausſatz mit geoßerem Rechte zufchreiben, als einem böfen Geifte; und welchem Gore konnte es wohl mit mehrerer Wahrfcheinlichkeit diefe ſchaͤndliche Krankheit unterwerfen ? Das zweyte ift nach meiner Meynung Daher gekommen, weil die gelbe Farbe der Haare, und beynahe eine jede außer der ſchwarzen, in diefem Lande für ver- dächtig und für ein Zeichen des Ausſatzes gehalten wurde "*), Da nun diefes die Farbe der Ejel ift, fo daß ‚ihnen die Hebräer ven Fame amon (Chamorim) oder der roͤthlichen deswegen beyge— leget haben: fo ift es fein Wunder, daß die Efel eben diefem Gotte gewidmet, und wegen des Schu: ges dieſes bofen Geiftes für fchandlich bey den Aegy— ptern gehalten worden find, da dieſe aberglaͤubiſche Mation auch) rothe Kühe bloß wegen der verhaften Farbe, diefem ſchaͤdlichen Gotte geweihet hat. Bon dieſen hat ſich nicht nur die Verachtung der Eſel, ſon— dern guch vielleicht der gelben Haare, welche bey Griechen und Lateinern ehemals in großen Ehren wa— ven, erſt auf die Öriechen, und hernac), nachdem unter der Herrfchaft der Roͤmer, die agnprifchen Re— Iligionsgebräuche fich weit ausbreiteren, und faft in OHR RR ganz „„®), Libro V. Panthei cap. 2. 14) 38. Mof. XII. 20. 21. 25. 26,31. 32. 37- 304 2 Abhandlung ganz Europa befanne wurden "*), auch zu den uͤbri⸗ gen Nationen fortgepflanzet „ſo daß wir. ung. ie der rothen Haare ſchaͤmen, welche doc) die Römer ehe⸗ mals an ven Deurfchen und Galliern, als eine dieſen Laͤndern eigene Zierde, zu bewundern pflegten. Es ſcheint nod) eine Urfache von politifcher Are: hinzugekommen zu fenn, aus welcher. die Aegypter die vothe Farbe, welche bey vielen Thieren unſchaͤd⸗ lich ſeyn und nicht geachtet werden konnte, den Eſeln zu einem Verbrechen machten. Wenigſtens hat! man in andern Meynungen des Volkes bemerket, daß fie unter dem Aberglauben eine politifche Weis⸗ heit verborgen haben; und Diefes fieht mar befonders auch daraus, weil fie Fein anderes Thier für goͤttlich gehalten haben, als von welchem Aegypten einen | großen 35) Daß fie in Gallien am Rheine, oder in Deutſch⸗ land über dem Rheine bekannt worden ſind, bezeus gen die aͤgyptiſchen Goͤtzenbilder, welche man in Elſaß gefunden, davon man den Schoͤpflin nach⸗ fehen kann in Alfatia Romana illuftrata $. 106 ff., Don der Verachtung der gelben Haare babe ich ieber zweifelhaft reden wollen, da ich den Urſprung davon den aͤgyptiſchen Gebrauchen und. Meynun⸗ gen, die in Europa befannt worden find, zugefchries ben babe, weil in Srankreich und Deutfchland ihre, Ehre noch nicht allzu fange vergangen if, welches auch das Sprichwort bezeuget: es geſchieht niche om deiner gelben Haare willen, d. i. es geſchieht nicht wegen deiner Verdienſte. Daß noch im dreygigjahrigen Kriege die Frauenzimmer in Deutſchland ihre Haare, um fchön zu ſeyn, gelb gemacht haben, beweift Ludewig in den bällifben Zelehrten Anzeigen im Jahre 1732. Stuck CXXXII. © 423. Worb, EEE R von einigen Gefegen. 305 großen Bortheil hatte. Diefes Sand hatte vorfreff- liche Pferde, denen es feine Reuterey, und diefer ei— Inen Theil feiner Macht zu danken hatte: ein Volk, das eine fo große Ebene bervohnete, Fonnte ihrer nicht entbehren, fo bald ein Krieg entftund. Es mußte alſo geforger werden, daß die Aegypter fich nicht an fanftere und bequemere Thiere zum reuten gewoͤhne— ten, die Sorge für Aufziehung ver Pferde nicht bey Seite festen, und dadurch in das Sand einen gefährz lichen Mangel an Reuteren brächten. Wir: willen Jaus der Gefchichte, Daß diefes in andern Reichen ges ſchehen iſt. Auf diefe Art bat Spanien, welches ſonſt einen Ueberfluß an Pferden hatte, angefangen, daran Mangel zu leiden, nachdem fie den bequemen Gebrauch ver Efel gelernet haben, Diefen ehemali- gen Ueberfluß an Pferden darf jich auch das fand nicht wieder verfprechen „ wenn es niche anfängt, Die Eſel für fehändlich zu Halten, und fich dieſer beque= men und fichern: Art des Keutens zu fehämen. In Aegypten war es viel eher, als in einer jeden andern Gegend von Europa, zu beforgen, daß der Gebrauch der Efel die Bemühungen, Pferde zu unterhalten, ſchwaͤchen würde, weil vie Efel in Arabien, Palaͤſti⸗ ma, Aegypten, ein gutes Anſehen haben, und die aͤgyptiſchen befonders fo geſchwind find, daß ihnen auch Pferde faum nachfommen. Den Beweis da= von habe ich fchon oben aus dem Maillet anaeführer. Wenn mit diefen Eigenfchaften noch ein fanfter und fiherer Schritt verbunden ift: fo wird auch ein un— wehrhaftes Thier einem Eriegerifchen leicht vorgezo- gen werden. — | 21 Band, U Mofes 106 "in Abhandlung Moſes folgete alfo eben den Lehren dev Klugheit, tie die Aegypter, nur daß er, meil er in einem ans dern und verfchiedenen Baterlande eine Nepublik auf- richtete, Efel zu halten befahl, und die Pferde zu, vermehren verbot: ein wuͤrdiges Beyſpiel, welches. der berühmte Schriftfteller von dem Geifte der Ge— feße, der Herr von Montesquiou, zu Erläuterung feines Hauptfaßes hätte brauchen Fönnen: die buͤr⸗ gerlichen Befege muͤſſen nach der Gegend des, Himmels und Befchsffenbeit des Erdbodens eingerichtet werden. — V. Moſes wollte, daß man viel Oel bey den Opfern brauchen ſollte, damit ſich die Iſrae⸗ liten auch bey ihren taͤglichen Mahlzeiten daran gewoͤhnten, und auf hoͤreten, ſich Aegypten, wo ein Mangel an Oel war, als ihr Vateriand zu wuͤnſchen. Honig, wor⸗ an Aegypten einen Ueberfluß hatte, ſollte keine heilige Sache ſeyn. | | Es wird nunmehro weniger unwahrſcheinlich fenn, daß auch andere Öefege, davon Die Kusleger nicht die Lirfache anzugeben wiffen, in der Abficht von Mofe gegeben worden find, daß den fraeliten Die Luſt, zurück zu Eehren, benonmen, und ihnen ihr neues Vaterland, Paläjtina, angenehm und fehäß- bar gemacht würde. Daß diefes fand an dem vor= trefflichften Dele einen Ueberfluß, Aegypten aber ei— nen Mangel gehabt habe, ift zu fehr befannt, als daß bier der Dre wäre, weitlauftig Davon zu han⸗ deln: von einigen Gefegen, 307 deln: ‚diefes hat Reland), jenes Jablonsty'”), fo ſattſam bewieſen, daß ic) beydes, als gewiß, an- nehmen fann. Ein jeder, welcher die Speifen, und die Art zu leben in feinem Vaterlande, nicht auf eine unbillige Weiſe lobet, wird leicht einraͤumen, daß die, welche des Oeles an allen ihren Speiſen gewohnt ſind, wenig Geſchmack an der Butter finden, und nach einem an Oel armen Lande wenig — haben werden. Damit alſo die Iſraeliten einen Ekel an Aegh⸗ pten bekommen möchten: fo wurden fie an die natuͤr— lichen Gefchenfe ihres neuen Vaterlandes, und an den Gebraud) des Dels bey ihren Speifen durch die möfaifchen Geſetze gewoͤhnet. Denn erſtlich befehlen fie, daß: man bey dem Speifeopfer, oder bey dem Dpfer von Semmelmehle, welches ſowohl mit, Dele als auch mit Butter zubereitet werden Fonnfe, alle zeit Del gebrauche "° ), ja es durfte nicht einmal ohne ‚Del dargebracht werden, außer nur wenn es ein Sündopfer vorftellete 2), oder Das Dpfer eines U:2..:;: Mannes 16) In Palaeftinae illuftratae Libro I. c. 57. ©. 380. 17) Panthei L. I. c. UI. G. 5. 8) 33. Mof.IL 1. 5.7.15. VI. 8.14. VII: 12. 139) 33. Mof. V. ı1. Da alle Suͤndopfer durch vers gofenes Shit aefiheben mußten, und alfo ein Opfer noͤthig war, welches durch feinen Tod die verdiens ten Strafen büßere; fo gab Mofes, den Armen zu gute, folgendes Gefen: Vermag er aber nicht zwo Turtelrauben, oder zwo junge Tauben, fo bringe er für feine Sünde fein Opfer, ein 3ebene sen Theil Ephi Semmelmebl sum Sündopfer: er foll aber kein Bel darauf — no En rau 78... Möhandlung Mannes war, welcher um fein Weib eiferte, und e8 dem Herrn darftellete *°). Es ift aber außer allem Zweifel, daß durch die Opfermahlzeiten Die Art und MWeife, Speifen zuzubereiten , auf die Nachfommen- ſchaft am beften fortgepflanzet werden Fönne, weil bie Religionsgebräuche weniger pflegen verändert zu merden, und von der Religion gleichfam eine gewiſſe Ewigkeit erhalten **). Da alfo die Mahlzeiten der Iſraeliten gemeiniglich fehr herrlich waren, wenn fie | die rauch darauf tbun, denn es iſt ein Suͤndopfer. ch vermuche, daß der. Gebrauch des Mehls bey den Sündopfern der Armen aus den Gebrauchen der Negypter bergefommen und zu erflaren fey: denn die fo arm waren, daß fie nicht natürliche Schweine opfern konnten, die brachten aus. Mehl gemachte Schweine und Rinder dar. Man fehe den Herodotus B. U. Cap. 47. (Nach de3 Hrn, - Mect. Boldbagens 1eberf. Cap. 43.) und ben Platarch im Lucullus ©. 497. Diefer erzäbler, daß die Epzicener ein Rind von Mehle beym Got- tesdienfte gebrauchet hatten, weil fie wegen der Belagerung Fein natürliches haben Fonnten. 20) 4 B. Moſ. Vi 21) Da ich dieſes vorlas, erinnerte mich der Herr Profeſſoe Gesner an ein ähnliches Beyſpiel der Kiugbeit, welche Numa bey feinen Befegen beob- achtet hat, und davon ung Plinius Nachricht giebt Lib. XIV. Hift. natur. cap. XI. ($. 14.) Eadem (roſtumia) lege ex imputara vite libare diis, ne- fas ftatuit, ratione excogitata, ut. putare cogeren- tur, alias aratores, et pigri circa pericula arbufti. Eben derfelbe führete auch den Euſtathius an, wel⸗ cher bey dem 449. Verſe des erften Buches der Slia einen gortesdienftlichen Gebrauch aus einer abnlichen Urfache erklaͤret. von einigen Geſetzen. 309 die Eingeweide der Opfer aßen: fo mußte der Ge brauch des Dels bey den Dpfern erft zu diefen Mahl: zeiten, und von ihnen auch zu den ordenslichen und gewöhnlichen Speifen übergehen. Wer fid) aber an Kuchen, die mit dem vortrefflicdiften Dele zubereitet find, gewöhnet hat, der wird aller Vermuthung nach, wenig Verlangen nach dem, an Dele armen, Aegypten haben. * | Damit es aber nicht das Anfehen hat, als wenn ich weifer, als Mofes, und allzu fcharfjichtig wäre, ‚um nur feine Klugheit und Abfichten bey feinen Ges fegen zu entdecfen und zu loben: fo mill ich einen neuen Streit zwifchen den mofaifchen ©efegen, mel: che die Dpfer von Semmelmehle betreffen, und zwi⸗ ſchen den ägypeifchen Gebraͤuchen, anführen, wel⸗ cher nicht von ungefähr, und ohne Abficht des Ge- feßgebers, entftanden fern kann. Aegypten hatte ‚ehemals, und hat aud) noch itzo, einen bewunderns⸗ wuͤrdigen Ueberfluß an Honig, daher es auch bey den Opfern fehr gebrauchet wurde, fo daß man fo gar, nach) dem Zeugniffe des Herodotus *), in Gewohnheit hatte, den Rumpf der Opferkuh mit reinem Brodte und Dele anzufüllen: allein, Mofes befahl *), daß man fich bey dem ganzen Gottess dienfte des Honigs enthalten follte, damit das Volk nach und nach den Geſchmack an den ägnptifchen An— nehmlichfeiten und Speifen verlieren möchte. Je— doch alles diefes ift fo befannt, daß es fehon genug ift, wenn man es erwaͤhnet. | / AN u 3 V 1.Der 22) Zweytes Buch 40 Capitel. (Nach der Golbhag. Ueberf. im 36- Cap. ). 3) 39% Mof. Il ıı. g10 Abhandlung VI. Der Honig, deſſen Ueberfluß unter die wichtigſten Vorzuͤge von Palaͤſtina gerech⸗ net wird, wenigſtens der ? welchen Jacob —— iſt nicht natürlicher, fondern- aus Trauben gemachter Honig. J Es kann mir aber bey Erwaͤhnung des Honigs eigewendet werden: Paläftina hätte feinen geringern - Weberfluß an diefer bey den Opfern verbeienen Frucht der Bienen gehabt, als Aegypten felbft, und Mor fes lobe ja befonders deswegen das fand, weil darin— nen Milch und Honig flöffe. Ja was noch mehr ift, da Jacob von den vornehmften Srüchten in Palafti- na, daran Aegypten einen Mangel hatte, Gefchenfe ſchickte, fo feßte er zu dem berühmten jüdifchen Bal- fam auch den Honig hinzu ”*), woraus. man vermus then follte, dag Paläftina Daran reicher geweſen waͤre, als Aegypten felbft.. Sch bin vergnügt, wenn mir diefes entgegen ges feget wird, weil ich dadurch Gelegenheit befomme, einen alten und verjährsen Jerthum Denenjenigen zu benehmen., welche die mofaifche Gefchichte lefen. Denn ic) läugne ohne Bedenfen, daß wenigftens an dem Orte, wo von dem Jacob gefaget wird, daß er feinem Sopne Joſeph Honig gefchicker hätte, Det Honig der Bienen zu verftehen ſey. Diefes ware nichts anders gewefen, als Wafler ins Meer tragen. Es wird, wie ich alaube, niemand läugnen, daß Yegypten den größten Ueberfluß an Honig gehabt hat, melches man der gelinden Witterung des Win- ters, und den mir allerhand Blumen fchon im De: cember, 24) EB. Moſ. XXXXIII. II. 137° ** von einigen Geſetzen. zur cember, Januar und Februar befleideten Felder zu- ſchreiben muß: da es noch itzo bey feinen elendeften Umftänden eine vortrefflihe Bienenzucht hat *)). Sollten wir wohl glauben, daß der fo anfehnlich reiche Jacob dem Vornehmſten von ganz Aegypten ein ſo geringes Geſchenke geſchicket, und mit dem Balſam und andern ſchaͤtzbaren Fruͤchten in Palaͤſtina den Honig, der nirgend etwas ſeltenes, Aegypten aber recht eigenthuͤmlich war, verbunden haͤtte? Es giebt aber außer dem natuͤrlichen Honige noch ande— re, durch die Kunſt der Menſchen zubereitete, Arten von Honig, welche bey den Arabern einerley Namen haben, und daran Paläftina einen Ueberfluß, und Aegypten einen Mangel hatte. Die Maffe der ges quetfchten Beeren wird von den Arabern, wegen ihrer Süße, Honig genannt: und die einzige Stadt Hebron fehieket jährlid”, nach dem Zeugniffe des Heren Shaw *° ), drey hundert Cameele, mit Dies fer Maffe aus den Weinbeeren beladen, nad) Aegyh— pten, woraus man fihließen kann, wie viel das bluͤ— hende Paläftina, das überall mit Weinftöcen be prlanzet war, ehemals ausgefchicker hat. Ich halte alſo davor, daß Jacob eine folhe Maſſe aus den Weinbeeren, oder wie andere fagen, eine folche Art | uU4 x von 2 25) Maillet Defcription de I!’ Egypte, lettre neuvieme ©. 24. 25. N 26) Im zweyten Theile feiner Reifen, S. 367. (nach der frangöfifchen Heberfeßung ©. 63.), in der am Ende der Seite angehängten Note. (In der zwey⸗ ten Auflage, welche 1757 zu Yondon in 4to beraug gekommen iſt, iſt diefe Norte noch mehr beſtaͤtiget und erweitert worden. S. 339. Hebaf) 212 | Abhandlung von Kaͤſen, welche Aegypten aus Palaͤſtina zu holen pflegte, dem Joſeph geſchickt habe: ferner, Daß eben dieſe Maſſe aus Dalaftina nach Tyrus gefchaffer wor- den fen, und daß dieſes Ezechiel anzeige 7): endlich daß, fo oft gefaget wird, daß in Paläftina Milch und Honig flöffe ”°), Der Ueberfluß diefer Mafle und alfo auch des Weines feldit Dadurch. von Gore und, Moſe angezeiget werde... Ob ich gleich dem ge- lobten Lande Das wahre und natürliche Honig nicht gaͤnzlich abſprechen will, fo Fann ih mich doch nicht überreden, daß der Honig unter die Vorzuͤge von Palaſtina gerechnet, und hingegen der Wein, ver vorzuglia) gut war, vergeffen worden fe VII. Zus Politik widmeten die Aegypter dem Typho, einem boͤſen Geiſte, den Wein, weil ihr Land nicht Wein genug trug. Ich habe geſagt, daß Aegypten am Weine arm geweſen iſt. Ob es gleich die edelſten und fruchtbar— ſten Weinſtoͤcke hatte *? ), deren Trauben, ja fo gar | ' deren 27) Ezech. XXVIL 17. Mit einem andern Namen wird ie IPOS (Zimmokim) genannt, ı 3, Samuel XXV. 18. XXX. 12. wo fie mit der Maffe von Feigen zuſammen geſetzet wird, 33) Biclleicht find auch hieraus die Worte des Pſalms zu erflaren UXXXI. ı7. ich würde dich mit Ho⸗ nig aus dem. Selien fättigen. Der Poet könnte von den Weinbeeren und Weinen, die gleichfam aus den Felſen felbff, die nur wenig Erdreich ha— ben, hervor wachſen, lateinifch mit Recht fagen: vinum exfudantia faxa. 29) Maillet defeription de l’Egypte,lettre VII, S. il j ‚von einigen Gefeten. 313 deren Blätter, gelobet werden °°): fo Fonnte doch eis ne fo ungemeffene Ebene nicht fo viel Weinſtoͤcke, welche nur die Hügel lieben, haben, daß der Wein für eine unzählige Menge Menfchen hinreichend ge— wefen wäre. Ich fpreche Aegypten nicht allen Bein ab, auch nicht. vortrefflichen, fondern ich) behaupte nur, daß er nad) der Anzahl der Einwohner unzulaͤng⸗ lich war. Dieſe Beſchaffenheit, und gleichſam dieſe Armuth ihres Landes haben die Aegypter in Weisheit verwandelt, indem ſie den Gebrauch des Weines fuͤr gottlos gehalten, und dem Typho gewidmet haben. Von dieſer Sache hat Jablonsky gehandelt a), und zwar fo, daß ich nicht nöthig habe, etwas davon zu fügen. Er bat bewiefen, daß der philoſophiſche Haß gegen den Wein, in welchem einige Ketzer, die Öno- ftifer, Severianer , Encratiten und andere, mit dem aͤußerſten Driente den DBramanen *b6) und mit der betrüglichen Religion des Muhammeds überein ſtim⸗ men, viele Jahrhunderte zuvor, ehe ihre Namen gehöret worden find, in Aegypten entftanden fey, - und, nach dem Zeugniffe des Diodorus Siculus, lange vor dem Muhammed ſelbſt in Arabien über: hand genommen habe. Diefer Gefchichtfehreiber er- zaͤhlet 2), daß die Nabathaͤer ein Geſetz hätten, nad) Be fie weder Bein trinken, noch in ben Häufern Us wohnen 30) Maillet defcript. de l’Egypte, lettre VIIM. ©. 14. ,) Man fehe fein Pantheon Aegyptium L. II. c.1.$.6. 5) Er hätte koͤnnen die finefifchen Mönche hinzu Tune - 6 Halde Befchreibung von Gina, ”) m XVII. — S. 730. (edit. Wechel. 1654.) al. 722. 314 Abhandlung wohnen duͤrften, welches mit dem, was Jeremias ) von den Keniten ſaget, die aus Arabien herſtamme— ten, völlig überein fommt. Allein, hiervon zu han⸗ dein wird fich vielleicht eine andere Gelegenheit zeigen. Es giebt aber doch einige Stüce, welche zu den Entdeckungen der andern, beſonders des Jablonsky, den ich mit dankbarem Gemuͤthe angefuͤhret habe, hinzu geſetzet werden muͤſſen, und vornehmlich gegen⸗ waͤrtige Materie betreffen. ek Erſtlich möchte ich nicht gerne den aͤgyptiſchen Haß gegen den Wein von der traurigen Erinnerung an die Trunfenheit des Noah mit dem Jablonsky herleiten, Cham brachte es, indem er ihn auf eine ſchaͤndliche Art verfpottere, fo weit, daß der gemein fchaftliche Vater des ganzen menfchlichen Gefchlechts feine Nachkommen verfluchte. Dieſes betrifft die Aegypter nicht: denn ob fie glei) von Cham her— ftammeten, fo gieng doc) der Fluch des Noah nicht fie, fondern bloß die Nachfommen des Chams von dem Canaan an, fo mie die Verheißungen, Die dem Abraham gefhahen, bloß an feinen Nachkommen von dem Iſaac erfüllee wurden: es kann auch für Die Aegypter nichts unglücliches aus diefen Worten des Noah gefchloffen werden: Verflucht fey Ca⸗ naan, und fey ein Rnecht aller KRnechte unter feinen Brüdern! Mofes hält auch niemals die Aegypter für verflucht, fondern er rechnet fie viel- mehr unter Diejenigen Völker, mit welchen die Iſra⸗ eliten, aus Dankbarkeit gegen ihre alten Wohnun— gen, 33) Jerem. XXXV. 8. von einigen Geſetzen. 315 sen, Friede und Freundſchaſt halten follten ’*). Ich übergehe: mit Stillfhyweigen, daß überhaupt dieje— nige Art Muthmaßungen fehr zweifelhaft und unge— wiß ift, welche man von dem Urſprunge ausmärtiger Voͤlker und von den Quellen ihrer Fabeln aus ver bibtifchen Gefchichte herleitet, weil diefe Geſchichte fremden Bölkern vor der alerandrinifchen Synagoge - vielleicht weniger befannt gewefen ift, als nachhero. Aegypten. war über diefes von ſich felbft und feinem eigenen Lobe fo fehr eingenommen, daß es, nad) als ler Wahrfcheintichteit, das Andenken einer unanges nehmen Sache nicht fo lange erhalten haben würde. Wenn man überleget, wie weife die Xegypter in ihren Gefegen gemefen find, mie fehr fie die Vor— theile ihres Landes und Volkes durch Philofophie und Religion befördert haben, sie fie die harten Gefege durch Fabeln, welche nach ven Dhren des Volkes eingerichtet waren, zu unterftügen wußten, fo ift eg weit natürlicher, wenn man faget, die Aegypter ha— ben, da fie bemerften, daß ihr eigener Wein für das ganze Volk lange nicht binlänglich war, lieber den Wein gänzlich entbehren, als von Auswärtigen Faufen wollen, und damit diefes ftrenge Gefeg dem Bolfe billiger ſcheinen möchte, fo Haben fie erdache, der Wein wäre dem Typho gewidmet, er wäre fein Blut und feine Galle, und dürfte alfo von feinem Freunde der Tugend und Weisheit getrunfen wer— den: und da fie ferner fahen, daß ihre fruchtbaren Felder einen jo bewundernswürdigen Ueberfluß von Gerfte hervor brachten, fo daß fienicht alle verzehree | werden 34)5 B. Mof. XXI 8.9. Nach der deutfchen Ueber⸗ ſetzung Vers 7.) 316 Abhandlung erden Eonnte, fo erfunden fie ein Bier, oder mie Herodotus fager ”’), einen Wein aus Gerfte, den fie an ftatt des natürlichen Weines brauchten, damit fie den wahren deſto leichter entbehren Fünnten. Wenn ich) hierüber nachdenfe, fo bewundere ic) diefe zum Wohl des Landes abzielende Klugheit in einem fo frühen Alter, welche nicht nur unferer ißigen gleich, fondern auch noch größer und verfchlagener als fie iſt. Die Kegeln einer gefunden Politif befehlen, daß wir die Früchte unfers eigenen Landes, wenn es anders gefchehen kann, an ftatt der fremden, brauchen, und nicht dasjenige von den Fremden Faufen, was wir felbft, oder doch etwas, das ihm gleich iſt, haben können: "und es ift fein Zweifel, daß die Völfer, welchen die mitternächtliche Sage ihres Landes den Wein verfaget bat, viel reicher feyn würden, went fie fich bloß des Bieres bedienten, und nicht eine uns fägliche Menge Gold, Silber und andere Waaren für Wein an Ausländer ſchickten. Es ift unglaublich, wie viel Reichthum Britannien für Wein verliert, und was die Franzofen für Gewinnft, und die Eng— länder für Schaden gehabt haben, da fie noch, an ftatt der ißigen fpanifchen, vorzüglich franzöfifche Weine tranfen. Allein, durd) Befehle und Strafe I] wider den Gebrauch des Weines wird nichts ausges | richtet, und der Gefeggeber verdiente verfpottet zu werden, welcher feinen Bürgern den Wein unter: | fagte: er wuͤrde diefes einzige nur ausrichten, daß der Wein heimlich gefaufet, und ohne Abgaben eins | gefuͤhret 35) Im 76 Gap. des 2ten Buches. (Nach des Herrn Hector Goldhagens Ueberſ. ift ed das 7ı Cap) | von einigen Gefeßen. 317 geführet würde. Was aber durch Gefüge und Ge: walt nicht erlanget werden Fonnte, dazu haben Die, welche in Aegypten dem gemeinen Weſen vorfiunden, unter dem Vorwande der Sittenlehre und einer ſtren— gen Weisheit die Ihrigen überredet. Diefes ift ein großer Beweis ihrer Klugheit, ob ic) gleic) nicht gänzlich laͤugne, daß fie der Berfchlagenheit und dem Betruge näher fommt, als es feyn follte. VII, Der Haß des Weines bey den Aegyptern ſteigt noch über die Zeit Joſephs, des Par trisrchen, hinauf. Doch aßen fie Wein⸗ trauben. Hieraus werden einige Stellen des Corans, in welchen fich der Luͤgenpro⸗ phet zu widerfprechen ſcheint, erklaͤret. Das hohe Alter des Haſſes gegen den Wein, welcher aus Politik, Betrug und Aberglauben nach meiner Meynung entſtanden iſt, glaube ich in den Buͤchern Moſis, und ſelbſt in der Geſchichte des Patriarchen Joſephs gefunden zu haben. Die den Wein verabſcheueten, enthielten ſich nicht auch der Weinbeeren; dieſes fuͤhret Auguſtinus von den Ma⸗ nichaͤern als einen Beweis ihrer ganz beſondern Thor- beit an: Was kann verkebrter feyn, als den Wein für die Galle des Sürften der Sinfternif zu halten, und dad) Weintrauben zu efjen ’°)? | Kommt #6) Quae tanta' peruerfio eft, vinum putare fel principis tenebrarum, et vuis comedendis non par- cere. De moribus Manich. L. I, Opp. T. I. col. 732. edit, Bened. 98 Abhandlung er —— Koͤmmt dieſes nicht mit dem uͤberein, was wir von Pharao leſen, der nicht wahren natuͤrlichen Wein trank, ſondern in deſſen Becher Weinbeeren nur ges druͤcket wurden? Der oberſte Schenke des Pharao erinnerte ſich im Traume an ſein voriges Amt und ſagte a ich nahm die Beeren, und miſchte (nach der lutheriſchen Ueberſetzung, Srhickte) fie in den Decher, und gab den Becher Pharao in die Hand. Alſo wird der Wein bloß Dem gereicher, welcher den eigentkch fo genannten Wein verabfcheuer, oder fich Doc) deſſelben wenigftens enthält, aber doc) nicht glaubet, es fen etwas bofes, Weinbeeren und ihen Saft zu genießen. Aus diefer Erhaltung des Weines, und aus dem Genuſſe der Trauben find, nach meinen Gedanken, einige Stellen des Corans zu erklaͤren, in welchen Muhammed von der Frucht des Weinſtockes billiger denkt, und alſo ſich zu widerſprechen ſcheint. Denn da er an andern Stellen ſeinen Arabern den Wein ernſtlich unterſaget, weil dieſer aus allen Secten und Religionen ſich bildende Betrüger ſahe, daß die, wel⸗ che unter ſeinem Volke den Ruf der Weisheit vor ſich hatten, ſich des Weines enthielten: ſo haben ei⸗ nige chriſtliche Ausleger geglaubet, er verdamme ſich ſelbſt, wenn er von dem Weinſtocke, als einem Ge— ſchenke Gottes rede, und 108, daß feine Frucht gut ſey. 374) 1B. Hof. XXXX. U. Das Wort oniv (Gahhat) habe ich aus dem Arabifchen erflaret, bey denen 88 den Wein mifcben heißt. Die Beeren ‘in dem Becher vermifchen, iſt alfo eben fo viel, als die Beeren in den Becher eg er mie Waſ⸗ fee vermifchen, — | von einigen Geſetzen. 319 ſey. Allein es iſt hier kein Gebot noͤthig, welches etwas verbietet, und hernach ſelbſt verboten wird, obgleich der Falfche Prophet fich oft diefes Weges bez Dienet, feine Widerfprüche und die Fehler feines Ge— dächtniffes zu entfchuldigen: allein alles diefes ſtim— met wohl zufammen, wenn man es aus den Saͤtzen feiner Weisheit, die eine Seindinn des Weines war, erklaͤret. Denn indem es noch der Saft der Trau— ben ift, und alfo vielmehr mit ihnen gegeſſen als ges trunfen wird: fo wird der Wein von allen Befchul- digungen frey gefprochen,, weil er noch. nicht trunken mache, Auf diefe Art ift der Luͤgenprophet zu ver- ftehen, wenn er Sura XVI. ı1 faget: Gott laßt euch bervorwachfen Samen und Oelbaͤume und Palmbaͤume und Trauben. Dieſe erfennet er für Gottes Werf, allein ven Wein, der aus ihnen gemacher wird, für Das Werk des Satans, das ift, nicht für eine Sache, die der Satan gefchaifen ‚ fon= dern nur erfunden hat; daher er auch den Menfchen zuerst Unterricht gegeben haben foll, wie fie aus uns fhuldigen und frommen Trauben das Dxgnuxzov &Deorvvns. (fo nenneten die Efiener 7b), die felbft durch aͤgyptiſchen Aberglauben betrogen waren, den Wein,) zubereiten ſollten. Man ſieht hieraus, daß diefer Lügenprophet Doch feiner eingedenf ‚gewefen ift, und daß die angeführte Stelle vollig mit folgenden Worten aus der fünften Sura ) vereiniget werden fann: Wein und Spiel, und Statuen und Pfeile find SchandlidyEeiten aus den Werken des 7b) Philo S. 696. vita contemplatiua. #8) Vers 92. / 320 Abhandlung des Satans. Auch die Worte des 69. Verſes ih der XVI. Sura find deutlicher, wenn man nur nicht felbft Schwierigfeiten auffucher: Aus der Frucht des Palmbau ns, und aus den Trauben bes kommt ihr Trunkenheit und eine gute Nah⸗ rung, worinnen einem verſtaͤndigen Volke ein Zeichen iſt. Naͤmlich er haͤlt es beynahe fuͤr ein Wunder, daß die Trauben, deren Wein trunken macher, ohne Schande und Schaden gegeflen wer— den koͤnnen, und daß Diefes eben fo bey der Frucht der Dalımbäume gehe, woraus, wie befannt-ift, auch die ftärfften Weine gemacher werden. Wenn Ma⸗ raccius nicht ein unbilliger Ausleger des Corans ge= weſen wäre, und feinen Gegner da zu- vertheidigen gefuchet hätte, mo er vertheidiget werden Fonnte: fo würde er den Muhammed hier Feines WBiderfpruches befchuldiger, noch auch, wie er in feiner vorläufigen Nachricht gethan hat °?), aus diefen Worten des Muhammeds diefe Meynung herausgebracht haben, | als wenn er, als der größte Feind des Weines, die Trunkenheit zu billigen, und fuͤr ein ſchoͤnes "Se fehenf Gottes zu halten fehiene. Die Muhammeda- ner würden aber bey ihrer Bemühung das Lob der Trauben mit der Schande des Weines zu vereinigen, welches Doch niemand unter ihnen, fo viel ich weiß, nur mit mäßigem Glücfe gethan hat, vieler Streiz | tigkeiten überhoben gemwefen feyn, wenn fie nur nicht | von aller Gelehrfamfeit und von aller Kenntniß der philofophifchen Geſchichte und der Alterthuͤmer ent⸗ bloͤßt — waͤre. IX. Moſes 39) P. IV. ©. 3. — — — 2.20 porn einigen Befegem, — / IX. Moſes befahl,ebey den Opfern den Bez brauch ‚des. Weins, damit er niemals für ſchaͤndlich gehalten, und den feseliten ent; viffen werden Konnte, J Gleichwie aber den Einwohnern von Aegypten die Erhaltung des Weines öffentlich nüßlich war, und die Geſetzgeber fehr weislich thaten, Daß fie die- felbe anriethen, da fie nicht befohlen werden Fonnte: fü mußte Mofes, der den Seinigen die Ruͤckkehr nach Aegypten beſchwerlich machen wollte, von allen das Gegentheil feſt feßen. Und wir ſehen auch, daß er dieſes wirklich gethan hat. Denn auch beym Gottesdienſte, wo vor dem Pſammetichus kein Wein von den Aegyptern geopfert wurde, befahl er den Gebrauch des Weins, auch zum Zuſatze bey Speig- und Brandopfern *°), damit ein der mofaifchen Re: ligion treuer Iſraelite, ihn niemals für unrein halten, und er ihm auch) nicht unter dem Vorwande ver Re— ligion entriſſen werden Fonnte: er redet auch von. dem Weine, dem vortrefflichiten Gefchenfe von Pa— läftina, überall ſehr vortheilhaft. Wenn alfo die Iſraeliten einmal daran gewöhnet waren: fo mußten fie ihre aͤgyptiſchen Wohnungen weniger beivundern, und weniger Verlangen nad) ihnen haben. IX. Das-Gefe, daß der Bock nicht in der Milch feiner Mutter gekochet werden follte, ‚verbietet den Gebrauch der Butter beym ‚Dissen, damit fich die Iſraͤeliten an das | Oel gewöhnen möchten, | F | Da 40) 3 3. Mo, XXI. 13. 48. Mof. XXVIIL 14 f. 3 “ 21 Dand, & | —— WE 22. Abhandlung Da ich oben vom Dele handelte, kam ich auf den Honig, und von diefem auf den Wein: allein ich habe noch etwas von dem Dele zu fagen, deffen Ger brauche, nach meiner Meynung, noch ein anderes Geſetz günftig it, weiches man flets unter die dun— felften gerechnet hat, und welches den Bod in der Mich feiner Mutter zu Fochen verbietet, Moſes hat dieſes Geſetz den Iſraeliten dreymal gegeben, wel⸗ ches bey wenigen Geſetzen geſchehen iſt, und man ſieht daraus, daß es zweymal außer Acht gekommen war, nämlich nad) der erſten und zweyten Bekannt⸗ mahung: denn warum folfte denn das Geſetz von neuem gegeben werden, Das noch beobachtet wurde? Die erſte Stelle ift 2 B. Mof XXII. 18. 19. wo gleich nach den zehen Geboten, Die auf dem Ber— ge Sinai gegeben worden waren, einige bürgerliche Gefege zu finden find: Du follt das Blut meines Opfers (des Dfterlammes, des größten und einzie gen Dpfers, weiches Gott bisher von den Iſraeliten verlanget hatte,) nicht neben dem Sauerteig opfern, (oder, indem noch gefäuert Brodt in dei— nem Haufe ift). Und das Sert von meinem Se fte foll nicht bleiben bis auf morgen. Däs Erſtling von der erften Frucht auf deinem Sek de follt du bringen in das Haus des Herrn deiz nes Gottes. Du follt das Boͤcklein nicht Eos chen in der Milch feiner Mutter *). Ich Habe zween ganze Verſe hergefeget, damit man fieht, daß. dieſes Gefeg mit der Erwähnung des Ofterlammes vers *) Nach dem Hebr. gr der Lurh, Ueberſ. heißt e8: dieweil es an feiner Mutter Milch iſt. Ueberſ. von einigen Geſetzen. "325 verbunden wird. Unter den Erftlingen von der er- ften Frucht verftehe ich nicht die zweyten Erftlinge, welche an dem Pfingſtfeſte dargebracht wurden, fons dern die eriten, weiche man den Tag nad) dem Oſter— fabbathe Gott widmete, und wovon 3 Bd. Moſ. XXI. 9 = 14. der göttliche Gefeggeber handelt. Diefe Anmerkung fönnte fehr geringe zu ſeyn ſchei— nen, wir werden fie aber hernach brauchen; einige, wenigſtens unter den Juden, welchen Abenezra bey der Erklärung diefer Stelle ven Namen der Unwife ſenden giebt, würden nicht gezwungen worden ſeyn, den Bock 193 (gdhi) durch Gewaltthaͤtigkeiten gez gen die Buchftaben für die Früchte des Sandes- (in meghedh) zu halten, wenn fie nur eingefehen hät- ten, daß diefe Erſtlinge zur Oſterfeyer gehöreten *). Die zweyte Stelle it 28. Moſ. XXXIV. 26. wo Mofes, nad) feiner vierzigfägigen Abweſenheit vor dem Bolfe, und nad) feiner Ruͤckkunft von dem Ge— fpräche mit Gott auf vem Berge Sinai, abermal faget: Du follt das Blut meines Opfers nicht Opfern auf dem gefsuerten Brodte, und das Opfer des Oſterfeſtes HU nicht über Nacht bleiben bis an den Morgen, Das Erſtling von den erften Srüchten deines Ackers follt du | | Br — in at) Ich will ihre Meynung mit den Worten des Abenezra ſelbſt ausdruͤcken: Die Unwiſſenden bas ben geſaget 43 (gahi) und = (meshedh) eine vortreffliche Frucht, wären von einerley Stammworte. lan Fann aber diefes nicht ans nehmen, denn das Mem in 19 gehoͤret zum Stammworte felbit, welches man aus ann ma gewiß fließen Fann. 24... Abhandlung in das Haus Des Herrn Deines Gottes bringen, Du follt das Boͤcklein nicht kochen im der. Wilch feiner Mutter. Man fieht, wie hier eben der Befehl mit den Gefegen von dem Hfterfefte ver⸗ bunden ift, fo daß man auf die Gedanken koͤmmt, es müßte wohl zwifchen beyden eine Verbindung ſeyn. Es wird nämlich hier die Art zu Fochen vorgefchries ben, welche auch bey dem DOfterlamme zu beobad)= ten war *°). Zum dritten werden eben diefe Worte du follt das Boͤcklein nicht kochen in der Milch, feiner Mutter, un 5 Bd. Moſ. XIV. 21. nad) den Gefegen von dem unreinen Sleifche wiederholet. Es iſt unglaublic), wie fehr die Ausleger über diefe Stelle geftritten, wie viel fie Zweifel, wie ſehr verfchiedene Meynungen fie vorgebracht haben. Ich will aber von dem allen nichts anführen, fondern bin mit dem Clericus einerley Meynung, welcher faget: von dieſem Gefeze haben Sammel Bochart und Spencer am weitläuftigfien gebendelt, Sie haben zwar verſchiedene Meynungen an⸗ geführet und widerleger, felbjt aber nichts als bloße Muthmaßungen vorbringen Eönnen. Den meiften gefällt die bloße Muthmaßung eines ungenannten Karaiten, deſſen Worte Spencer an: fuͤhret. Jener faget: es wer bey den alten Hei⸗ den die Gewohnheit, wenn fie alle Srüchte eingeſammlet hatten, (er glaubte namlich, Mor | ri feg | 42) Da die Sfraeliten in der Wuͤſten herumirreten, fo werden fe, nach aller Wahrjcheinlichfeit, felten Fleiſch gegeffen baden, wenn es nicht etwan eine | Meligiondfeper erforderte. n —— von einigen Gefegen. 925 fes rede vor diefem Gefege von den Erftlingen, die am Pfingftfefte dargebracht werden mußten, und die “auf Die Auttiefgelegte Erndte folgeten; nach diefer Meynung richtet ev feine Erzählung ein,) fo koch⸗ ten fie einen Doc in der Milch feiner Mutter, und beſprengten bernach mir diefer Milch die Baͤume, Selder, Gärten ‚ in der zuverfichtliz chen Hoffnung, alles würde auf 835 Eünftige Jahr dadurch. noch fruchtbarer, Wenn aud) alles diefee wahr wäre, fo ſchickte es ſich doch nicht zu der gegenwaͤttigen Sache: denn, weil dieſes Ge— ſetz mit den Geſetzen von dem unreinen Fleiſche ver— bunden ift: fo ift offenber, daß Mofes von einem Bode rede, der deswegen gefochet a Damit er gegefien werde, nicht aber, daß mit der "Milch die. Garten befprenger würden, Allein einem Juden, dem ich nicht die alten Gebräuche feines Bolfes glau- be, wenn fie nicht anders woher erwieſen werden Eönnen ‚ dem Fann ich weniger Beyfall geben, wenn er von den Religionen und Alterthümern anderer Volker redet; denn eine Nation, Die unter allen.an= dern Nationen, deren Bücher wir nod) hasen, von der heiönifchen Gelehrfamteit am weiteften entferne it, muß in folhen Sachen nothwendig hoͤchſt un— wiſſend ſeyn. Wuas Clericus hinzu ſetzet: Bacchus wäre der Oſiris der Aegypter, die Griechen aber haͤtten dem Bacchus einen Bock geopfert, und die Aegypter oder andere benachbarte Voͤlker der Hebraͤer haͤtten ihn vielleicht in der Milch der Mutter gekocht; alles dieſes verdienet nicht widerleget zu werden, ſeitdem Jablonsky die Verwechſelung des Oſiris mit dem. E3 Bacchus, 326 Abhandlung Bacchus, und der aͤgyptiſchen gottesdienſtlichen Ge— braͤuche mit den griechiſchen völlig vernichter hat. Die Griechen opferten zwar dem Bacchus einen Bock, weil er die Weinftöde befhädigte: allein’ diefe find niemals unter dem Schutze des Oſiris ges wefen. Penn es auch) ausgemacht wäre, daß dent Oſiris ein Bock, als ein Opfer ware dargebracht wor⸗ den; fo hätte man doch noch nichts gerdonnen: Denn es wird bier nicht von tem Opfern, fordern von dem Kochen nes Bades in der Mild) feiner Mutter gefra- get, wovon aber Klericus nichts als Muthmaßun⸗ gen anbringt. Sch alaube auch nicht, daß, den Bock in der Milch feiner Mutter zu Fochen, ein gof- tesdienftlicher Gebrauch, fondern vielmehr eine ges meine Speife verfchiedener Voͤlker geweſen iſt, wel- che die Iſraeliten nicht nachahmen follten. Denn dieſes Verbot fteht unter denjenigen unreinen Spei— fen, wo feiner Goͤtzenopfer pflege gedacht zu wer— ' den, fondern nur des gemeinen Fleiſches, welches, nach vem Willen des Mofis, für ſchaͤndlich zu eflen gehalten werden follte, Der einzige Pocock, fo viel ich weiß, hat et= was von unferem Gefege, welches von der Wahrheit weniger enffernet ift. Denn et erzählet *°), da er von den Arabern als ein Gaft aufgenommen worden wäre, fo hätten fie ein Lamm in faurer Milch und Waſſer gefocht, und er vermuthet, daß Diefe Speife noch ein Weberbleibfel ver alten Gewohnheit wäre, welhe Mofes verboten hat. Es ift etwas; allein man fieht doch nicht, warum Moſes gegen eine uns fehuldige Art zu Eochen ein fo großer Feind gemefen | ara I, #3) Obfervations on Paleftine ©. 4. von einigen Gefegen. 327 iſt, daß er fie noch vor den Geſetzen, Die von unreinen Speifen handein, zweymal unterfaget hat: man weiß ‚auch nicht, was diefe Sache mit dem Oſterlamme für Gemeinfchaft hat,. welches überhaupt nicht. gefocht, ‚fondern gebraten werben mußte. Wenn jemand fas ‚gen wollte, dieſes Gefeg wäre mnbolifch, und an dent Erempel des in mürterlicher Mitch gefochten Bockes würde alle Grauſamkeit verboten, und das Volk folite Davon abgehalten werden; fo geftebe ich zwar, daß Mofes, nach vem Beyſpiele der. Aegypter, ſolche fym- bolifche oder gleichfam hieroglyphiſche Gefege hätte geben fönnen; wenn man aber nach der Aegypter Ge— wohnbeiten urtheilet: fo wurde allezeit auf einen ge= wiſſen Nutzen geſehen, wenn man eine Sittenlehre Durch ein; Zeichen oder Bild ausdruͤckte und befahl, namlich, damit das Gefeg dadurch defto heiliger beob- ‚achtet werden möchte. Auf diefe Art wurde der Nu— gen des Öefeges verdoppelt; und es ift der Vernunft und Klugheit gemäß, wenn man Diefes zu erlangen ſuchet: denn es wären unzählige Sachen zu verbieten: gervefen, wenn Mofes alles, was den Schein ver Graufamfeit hatte, hätte unterfagen wollen. Der, welcher befahl, daß alle Cananiter umgebracht werden ſollten, ſcheint wohl nicht auf diefe einzige Art, naͤmlich ‚Durch das Kochen des Bockes in der Mild) feiner Mutter, etwas unterfaget. ‚zu haben, weil es, einige Aehnlichkeit und irgend ein Bild der. Grauſamkeit vor fich hatte. Ich glaube , daß Mofes das Wort kochen (Tun .bafchal ) hier im weitläuftigen Berftande gebrauchet hat, ſo daß es auch auf das, was gebraten wird, gebt, in welchem Berftande eg, RR bekannt iſt, 5. ul | 2 Arhandiung XVI.7. 2Chron. XXXV. 13. vorkoͤmmt. Daß es ‚ aber auch in unferem Gefege in diefer weitern Bedeu⸗ tung gebraucher wird, alaube ich deswegen, weil eben hier von der Dfterfener Die Rede iftz denn das Oſter⸗ lamm durfte nicht gefocht,fondern es mußte am Feuer gebraten werden. Durch die Mutter des Bockes verftehe ich nicht Die Mutter eben deſſelben Bockes, fondern eine jede Ziege, weiche die Murter irgend ei- nes Bockes geweſen ift, fo wie bey den Arabern das Schaf, die Mutter des Fleinen Viehes, und die Ziege ſelbſt die Mutter des Bockes genennet wird, auch andere aͤhnliche Benennungen gebraͤuchlich ſind. Auf dieſe Weiſe wird der Verſtand ſchon leichter feyn, der Bock ſoll nicht in der Milch der Ziege ge⸗ kocht oder gebraten werden, naͤmlich, weil es grauſam ſcheinen koͤnnte, und eben ſo viel ſey, als wenn er in der Milch der Mutter gekocht wuͤrde; denn die Natur, welche gegen alles, was hervor koͤmmt, eine gütige Mutter fey, habe diefen Saft, nicht um den Bock am Feuer Damit zu braten, fon= dern um ihn zu ernähren bejtimmt, Auch diefe Un: terfuchung fallt nunmehr weg, warum die Hebräer fo ungereimt lüftern geweſen find, folches Fleiſch zu effen, welches in ver Milch feiner Mutter gefocht worden ift. Das Deyfpiel des Bockes aber enthält, nach meinen Gedanken, ein weitläuftigeres Verbot, und geht auch] die übrigen Thiere an, fo wie Mofes an andern Orten, wenn er etwas von den reinen, oder unreinen Thieren befiehit, es nur von einer Art, von dem Ochſen, oder Schafe, oder Efel zu fagen pfleget. Diefe Meynung Hat auch ehemals fdyon Saloınon Iſaacides gehabt, ‘ob er gleich etwas andere Urfachen feiner SR, | anfuͤh⸗ von einigen Gefegen. 329 anführetz denn er glaubet 43 (gdhi) bedeute nicht einen Doc, fondern ein junges Thier von einer jeven Art Thiere *). Daß aber unter Mitch auch But: ter, die aus Milch gemachet wird, verftanden werde, brauche ich nicht evft zu beweiſen. Mofes verbietet alfo Die Art zu brafen und zu fo- ‚chen, welche in alfen Sändern, die Mangel am Dele "haben, gebräuchlich ift, und wo man an ſtatt des Oels Butter brauchet, und zwingt die fraeliten, daß fie. ſich an das angenehmere Del gewohnten, Wer feinen Gefchmad einmal darnad) gerichtet hat, der wird vor ‚Speifen, die mit Butter zubereitet find, einen Ekel haben, und ein an Det fruchtbares Sand nicht gern mit einem andern vertaufchen, wo der Mangel des‘ Deles durch Buster erfeßet werden muß. Ich geſte— he, daß Mofes, nad) der Gewohnheit des Volkes, darinnen er erzogen, und in deit Schren der Weltweis— heit und Politik vollfommen unterrichtet war, die | a Morte 44) Diefes find feine Worte: Du folle nicht den Bock ſchlachten. Auch ein Kalb und Schaf: werden unter dem Bocke verfianden, weil der Bock nichts anders bedeutet, als die jungen Chiere. Denn man wird an vielen Stellen im Beferze finden, wo das Wort od fiebt, daß der Schriftfteller zur Erklaͤrung bat müffen Dazu ſetzen: der Ziegen. 3.€. Ich will den Ziegenbock ſchicken, Die Siegen: böde, zween Ziegenböde; um anzuzeigen, daß, wo ſchlechtweg ein Soc ſteht, such ein Kalb und Schaf verftandenwerden Eönne. ich Linn: te auch den chaldaifchen Ueberſetzer, der mit mir uͤbereinſtimmet, anführen, wenn die Gache jolche Vertheidiger nöthig hatte. Er bat es überfeger: du ſollt nicht Das Sleifch in der Milch eſſen; und bat das Wort Mutter und Bock weggelaffen. 330 Abhandl: von einigen Gefegen. Worte des Gefeges alfo eingerichtet habe, daß es fiheint, als wenn er die Gelindigfeit auch gegen die Ihiere hätte anrathen, allen Schein der Grauſam⸗ feit unterfagen, und felbjt einen Lehrſatz für die Sitz ten, der unter einem fchönen Bilde ausgedruckt iſt, auf die Tifche und an die Küchen anfchreiben wollen. Alſo war diefes Gefeg auf Doppelte Art nuͤtzlich, wur⸗ de zur Ehre der Tugend, Die es aurieth, unverbruͤch⸗ licher beobachtet, und diejenigen fehen es nicht. ein, wohin es zielete, "welche an einem unſinnigen Verlan⸗ gen nad) Aeoypren Eranf lagen. Mofes ahmte die Kunſt und Kiugheit, nieht aber den Betrug der Aegy— pter nach: denn man findet im dieſem Geſetze nichts von Sügen und Aberglauben, wie man bey den ägy- ptifchen Erdichtungen ordentlich findet. Ich würde noch mehreres hinzu fegen, wenn ich nicht von der Kürze der Zeit abgehalten würde. Wenn man aber diefem Faden folget: fo wird man von vielen Gefegen, befonders von denen, die von verbotenen Speifen handeln, morunter die Sifche ge= hören, daran Aegypten einen folchen Ueberfluß hatte, daß fie die Sfraeliten frey, ohne Entgeld, effen Fonn= ten, eine Urfache angeben Fönnen, welche der Klug heit Mofis und der Weisheit Gottes ; von dem er getrieben wurde, anftandig iſt. | ‚331 KR ak VI. Merfwirdiger Vorfall in der Bundarzstney A dem Gentlemans Magazine April 1758. 154 Sci raianin Barker, ein Seemann auf Ihro ® Majeftär Shiffe, Prinz Eduard, unge \ fahr vierzig Jahre alt, ward mit einer Musfetenfugel in dem Gelenfe des Vordertheils der rechten Schulder verletzt. Zwoͤlf Tage darnach ward er in das Hoſpital geſchickt; man erweiterte die Wunde ſogleich, in Hoffnung, die Kugel, oder andere fremde Körper zu finden, aber man traf da- mals nichts an. In wenig Tagen zog man ver- schiedene Stücke von dem, Kopfe des Schulterfnos chens heraus, und in weniger als einem Monate nahm die heraus dringende Materie ab, und war an Farbe und Befchaffenheit qut, welches. den Wund- arzt veranlaßte, die Wunde zuzuheilen. Einige Zeit Darauf Flagte der Kranke über heftige Schmerz zen am Hintertheile der Schulter, bey der Unterſu— chung fand fic) dafelbft ein Anfang zur Eiterung,, die ‚man, fo viel als möglich, befchleunigte, und zu ges en: ‚zeit einen Marken Einſchnitt machte, wor ⸗ durch 332 Merkwirdiger Vorfall durch eine große Menge ſchwarzer ftinfender Ma- terie abgeführet ward, ‚welche täglich zunahm, ob man gleich verichiedene äußerliche Mittel, und inner- ih die Steberrinde brauchte. - Man brachte die Sonde in das Gelenfe, da denn häufig Materie heraus lief, und der Kopf des Schulterfnocheng, nebft dem Fortſatze Der Schulterhöhe (Acromium) won Beinfraße angegriffen gefunden wurden; der Kranke ward dadurch) erftaunlich abgemattet, und man berichtete ihn alfo , "er müßte fid) ohne Zeitver— luft der Operation unterwerfen; dieſe ward den 4ten November 1757 folgendergeftalt bewerkſtelliget, daß man erfllich eine lange Nadel mit dem Faden durch die Muskeln, ſo nahe als moͤglich, an der Achſel und dem Schulterknochen zog; das Gelenke war aller Bewegung voͤllig beraubet, daher ſich eine ho— rizontale Lage nicht bewerkſtelligen ließ. Alsdenn machte man einen Einſchnitt durch die Fetthaut queer durch Die Bruſtmuskeln und einen Theil des drey— eckichten (Deltoides) um ſo viel Fleiſchlappen, als möglich, zu erhalten, weil ſich aber dabey zufaͤlliger Weiſe eine Berwundung ereignete, fo ließ man einen Beyſtehenden ftarf auf die große Ader aleich unter dem Schlüffelfnochen drücken; wodurch diefelbe, und Das übrige verfichert vourden, alsdenn ward der ans gefrejfene Theil der Schulterhöhe abgefäger, und die Wunde mit einem Schwamme, der von Faffern mit rothem Weine genommen war, ausgefuͤllet, alles mit einander verfah_ man mit einer gehörigen Bededung mit Poljtern und Bandagen. Man vers. fhrieb ibm auch den, Abend. ein fchmerzitillendes Mittel; und um ihn vor einer Hectif zu verwahren, verordnete ‚ul der Wundarztney. 333 —— man ihm aller acht ——— eine halbe — Fieberrinde, welches eine Woche lang wiederholet ward. Den dritten Tag ward der Ver— band geöffnet, ohne daß der geringſte Blutfluß er— folgete, und ward daſelbſt eine Zeitlang mit war— men Digefliven und Defenfativen fortgefahren,, worauf Man trod'ne Leinewand, abtrocknente Diez tel u, d. gl, brauchte, Innerhalb zwölf Wochen ward er, ohne den geringiten ſchlimmen Zufall vollig wieder geheilet, und aus dem Hoſpitale geſchickt. Die Leibesbeſchaffenheit Hiefes Mantıes war da⸗ durch ſehr verſchlimmert worden, Daß er zwey und jrvanziq Sabre, oder länger, alle Gegenden der See durchfahren h hatte, und das machte ven Erfolg einer fo feltenen Operation fehr unficher. * VI Von 34 Von der eigenen Schwere BEREIT Kr VII, Bon der eigenen Schwere des menſchlichen Körpers, in Abſicht auf das Schwimmen. Von Zohann Robertſon, M. d. K. G. Aus dem Gentlem. Magaz. April. 1758. 174. ©. BA us verfchiedenen Verſuchen erhellet, daß Leute Pu von mittlerer Größe, die zwiſchen fünf Fuß >I und fechs Zoll, und fünf Fuß und neun Zoll lang find, ungefähr 150 Pfund wiegen, und einen Raum von 23 Cubikf. einnehmen; Fleinere Perſo⸗ nen, die wiſchen fuͤnf Fuß und drey Zoll, und fuͤnf Fuß und ſechs Zoll lang find, wiegen ungefähr 135 Mund; und ihr Kaum beträgt 23 Cubikf. Eben Diefe Verſuche zeigen, daß die meiften Menſchen leichter, als gemeines Waſſer, und alfo noch viel leichter als Seewafler find. Könnten fich alfo Leute, die ins Waſſer fallen, zulänglid, fallen, daß fie das Schrecken nicht zu fehr übermältigte: fo würden Die meiften vom Ertrinken zu vetten feyn, und ein Fleines Stuͤckchen des menfihlichen Koͤrpers. 335 Stuͤckchen Hol, ein Ruder, z. E. mürde einen Menfchen über Waſſer erhalten, wenn er folches nur feit hielte. Jemand, der fich auf einem Matiheferfhife be= funden bat, bemerkte vafelbft ein Stud Holz, faft mie dasjenige, das man über dem Anker ſchwimmen laßt, toelches fo eingerichtet war, daß das eine Ende aufgerichter ſchwamm, und i ‚nen kleinen Flaggen— ſtock mit einem Wimpel Be Der nun auf des Schiffes: Hintertheile die 7 Bach hatte, mußte das Seil, daran es hing ; fosleic) abbauen, fo bald ges rufen ward, daß jemand ins Waſſer gefalfen wäre, und meil der Biock in der Spur des Ed) iffes ſchwamm, indem fich die Derfon auch darinnen be— fand: fo Fonnte der Öefallene fih-daran halten, bis ihm das Boot zu Hülfe kommen fonnte, Wäre er "unterdeffen auch dem Schiffe aus dem Gefichte ge: fommen: fo zeigere Doch der Wimpel den Boote, wo es ihn Ber ſollte. Inhalt — Inhalt — des dritten Stuͤckes im ein u. zwanzigſten Bande. I. Sammlung einiger Erfahrungen zu einer nähern Erklärung ver Wolten, des Negens, und des Schnes | Seite 227 1. Anmerkungen über den Schwefelberg auf der yn- fel Guadelupa 247 I. Befchreibung des Miftels und deſſen befondern Wachsthum 267 IV. Bon der Natur der Empfindung 282 V. Von der Zubereitung des Hanfes, dadurch ſeine Faſern fo zarte und biegfam werben, wie die as fern des feinftes Leines | sl er VI. Abhandlung von einigen Geſetzen, welche Mo» fes in der Abſicht gegeben hat, daß er dadurch den Sfraeliten, die fich nach Aegypten fehneten, das gelobte fand angenehm und nothwendig mas, chen möchte a 203 VII. Merfwürdiger Borfall in der Wundarztney 331 VII. Bon der eigenen Schwere des menfplichen Körpers in Abſicht auf das Schwimmen 334 x ir X oder geſammlete Schriften, us der Naturforſchung und den angenehmen Wiſſenſchaften uͤberhaupt. Des ꝛuſten Bandes viertes Stuůck. Die Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Freybeit. * Hamburg und Leipzig, | bey Georg Eprift, Grund und Adam Heine, Holle, 1758. Sy pi y i J —* wo RS Er Kr R A; Ga Pr 27 cr: an UML. r ’ u, J. Schluß einiger Erfahrungen 3u einer nähern Erklaͤrung der Wolken, des Regens, und des Schnees. Im Gegentheil aber erfolgen auch die Re⸗ gen an einigen Orten insgemein mit Eeinem kuͤhlen und die Luft erfriſchenden, ae [her und dicht machenden Nordoſt— minde, And ein warmer, die Luft —— und leicht machender Suͤdwind giebt ei⸗ nen klaren Himmel. Man findet dieſes in der Ge— gend von Conftantinopel *), und ich habe oben ans gezeiget, daß man etwas Aehnliches auf der rn N) 2 Küfte *) Breslauifche Sammlung, una XXIL ober November von 1722. G. 544 uf 1 310° Banden Wolfen, Küfte von Ceilon, und auf der Küfte Coromandel wahrnehme. Hieraus ift denn aber auch Flar, daß die bloße Verdickung und Berdünnung der Luft nicht allezeit hinreiche, um Wolken zu zeugen, ſondern es müffen noch andere Urfachen ſeyn, welche mit Zu der Hervorbringung der Wolfen helfen. Man nimmt daher feine Zuflucht zu den Winden, und giebt vor, felbige trieben die Dünfte zufammen, brächten fie in einen engern Raum und machten Wolfen. Es fin: det diefes fatt, wenn zween gegenfeitige Winde auf einander ftoßen, und Dünfte in die Mitte faffen. Diefes aber gefchieht felten. In den mehreften Zäls Ion trägt der Wind auf die Art, daß er die Dünfte in einen engern Raum zufammen triebe, nichts zu den Wolfen bey. Denn, mie oft wird der Himmel bey einer gang ftillen Luft mit Wolfen bedecket? Wenn man zweytens auf den Zug gebrochener Wol⸗ fen achtet, fo kann der Augenfchein einen jeglichen überzeugen, daß die dünneften IBolken auch bey dem ftärfeiten Winde ihre Form nicht ändern, Und in Feinen engern Raunt zufanımen gehen. "Der Wind wehet in det obern Luft, wie man an dem Laufe der Wolken fehen kann, nicht mit folhen Stößen, mie bier auf der Erde, fondern die Luft fließt dafelbft auf eine ziemlich gleichförmige Art fort, und verändert daher aud) die Geftalt der Wolfen nicht. Ja es fcheint, daß in den mehreften Fällen, der Wind.die Dünfte von der Luft nicht feheide, und Wolfen mas he, fondern dazu helfe, daß die Dünfte von der Luft aufgelöfee und eingefogen, und mit ihr ver- mifcht werden, Wenn der Wind merklich wehet, fo thauet esnicht. Der Wind zertheilet die Nebel und | | zerreißt Ba mi 3 — dem Regen und dem Schnee. 341 zerreißt ſehr oft die Wolken, die fih in einer ftillen Luft zufammen gezogen haben. In vielen Fällen iſt ber Wind vielmehr eine Folge und Wirfung der Molfen, als daß die Wolfen durch ihn entftehen foll- ten. Wenn die Dünfte fich von der $uft abfondern, fo wird dasjenige Theil der Luft, aus deren Zwiſchen⸗ raͤumchen fie heraus weichen, viel leichter, und wird daher in Die Höhe getrieben, und das Gleichgewicht der Luft hoͤret daſelbſt auf, und es entſteht eine Be— wegung in derſelben. Ein heiterer Himmel und eine ſtille Luft pflegt daher auch erſt truͤbe zu werden, ehe ein merklicher Wind — In der Nature" ti eöunen wir bisher in den mebreften Dingen weiter nicht kommen, als daß wir das Aehnliche in den Erfcheinungen bemerken , und fas gen: dieſe und jene Wirkung wird eben ſo hervor ge⸗ bracht, wie eine andere, die uns naͤher und gewöhne licher ift. Da das Schiefpuler erfunden war, fo er£lärete jedermann den Donner aus der Natur des Schießpulvers, und einige: feßten die Wolfen derge⸗ ſfalt über. und an einander , daß fie Canonen in der Luft hatten. Nun aber faget man, der Donner hat einerley Beſchaffenheit mit dem electriſchen Knalle. Es wird durch ſolche Vergleichungen zwar ſo gar viel nicht erklaͤret, unſere Neubegierde wird indeſſen et⸗ was dadurch befr iediget. Ich habe derowegen auch nachgeſuchet, mit was fuͤr andern Wirkungen der Natur der Urſprung der Wolken wohl die groͤßte Aehnlichkeit haben ſollte. Ich will mid) aber: hier - bey in den befannten Streit nicht einlaffen , wie. die nn in die Höhe ſteigen, fondern die benden vor⸗ | D 3 a nehmften 342 Donden Wolken, nehmften Meynungen nur anführen, und mich mehr dabey aufhalten, wie Dünfte, die in einer heiter Luft vertheilet und verfteckt find, wieder zu Wolfen werden. Was das Auffteigen der Dünfte betrifft, fo nehmen einigean, daß fie eben fo gehoben werden, mie ein leichtes Holz in dem Waſſer durch die Schwere deffelben in die Hohe getrieben wird. Sie fagen: die Erfahrung lehret, daß das Feuer das Waffer in Dünfte verwandelt, die eine ftarfe aus— dehnende Kraft haben, wie man durch die Feuer: mafchiene und andere Proben beweifen kann. Eini⸗ ge behaupten hierbey, das Feuer mache aus dem | Waſſer lauter Fleine Bläschen, worinne nur eine fubtile Luft, und welche daher leichter wären, als die andere grobe Luft, und von felbiger in die Höhe | gedruckt würden: einige aber bleiben nur bey einer | Ausdehnung der Dünfte ftehen, weiche fie leichter | made, als die Luft, ohne Bläschen anzunehmen. ) Andere erwiedern: was man von heißen Dünften, | fagen Fan, gilt nicht von Falten Dünften, und kann von felbigen durch feine Erfahrungen bemiefen wer⸗ den. Sie fegen hinzu: die Dünfte fteigen nicht nur in die Höhe, fondern zertheilen fich auch, und zwar bey der ſtilleſten Luft. Was aber nur wegenfeiner eich: tigkeit in einem ſchwereren flüßigen Körper in die Höhe getrieben wird, zertheilee fich nicht, fondern bleibt bey einander , und geht nur in die Höhe. ‚Der leichtefte Staub, ja eine Luftblaſe bleibt bey einander, wenn man dergleichen unter Waffer bringt,und in die Höhe fteigen | laßt. Sie flattern nicht zu den Seiten voneinander, bis" fie über das Waſſer fommen. Man willderomegen das | Aufiteigen der falten Dünfte lieber mit der Auflö- fung und Vermifchung eines Salzes, Zuders und Ki dergleichen, j nn dem Regen und dem Schnee. 343 dergleichen, in einem Waſſer vergleichen, und nimmt an, wie Salz und Zuder ſich von dem Waſſer aufs löfen und nach und nad) in die Höhe und zu allen Seiten treiben läßt, und in die Fleineften Zroifchen: räumchen des Waffers tritt, fo löfe auch Die Luft das Waſſer in Dünfte auf, die fich in derfelben fo wohl nad) der Hohe, als nach allen Geiten, vertheilten, und auf das genauefte mifchren. Ich bleibe nur bey der Erfahrung ftehen, daß ſich waͤſſerichte Dünfte mit der Luft fo genau miſchen, daß fie burchfichig und heiter dabey bleibt. Wenn ſie e aber aus —— ganz genauen Miſchung mit der Luft wieder heraus treten, jo ſcheint mir fol- ches eine große Aehnlichfeit mit der Abfonderung und dem Miederfchlagen verfchiedener anderer Körper zu haben, die von einer flüßigen Materie aufgelöfer, und in ihre Zwifchenräumchen aufgenommen, und gleichfam verfchlungen worden, und wovon die Ur—⸗ fachen theils befannt ‚ theils unbekannt find. Wenn man Silber im: Scheidewafler aufgelöfet hat, und wirft Kupfer hinein, fo löfee das Scheidewaſſer das Kupfer auf, und laͤßt das Silber wie ein weißes Pulver fallen. Leget man wieder Eiſen in das Ku: pfer haltende Scheidewaſſer, ſo löfet es. das Eifen “auf, und laßt das Kupfer zu Boden finfen. . Wirft ‚man hierauf Zink in das Scheidewaſſer, fo geht fel- biges indie Zwiſchenraͤumchen defielben, und freibt - ‚das Eifen heraus, und den Zink kann man mit -Krebsfteinen niederfchlagen. Wenn man Rahm von dee Mil) ſtark bemeget ‚fo fondert fi) die But- ‚ter und die ſaure Milch von einander. Thut man J Da Hefen 344 Don den Wolken, Hefen in Bier, fo machet folhes ein Gährung, und die ſchweren Erdtheilchen, fo darinne bangen, fallen geſchwinder zu Boden, als gefchehen würde, wenn es ohne ſolche Mittel Elar werden follte. Die Nas tur bringt fehr viele dergleichen Abfonderungen hervor, und ich bemerke dabey noch diefes befondere an, Es giebt flüßige Körper, welche unfern Augen ganz klar und durchfichtig erfcheinen,, und enthalten dennoch) in ihren Zwifchenräumchen eine beträchtliche Menge dunfeler Körper, Wenn diefe letztern aber aus ven innerften Zwifchenräumchen der flüßigen Materie heraus getrieben werden, fo wird felbige fo gleich trübe. Gin Elares Wafler, wenn es anfängt zu fau⸗ len und allerhand dichtere Theile von der näheren Berbindung mit demfelben los gemacht werden, wird truͤbe. Ein durchſichtiger Urin wird ganz uns Durchfichtig, wenn er ſich bricht. Eben biefes Fann man bey dem Flareften Weine fehen, wenn er in Ar⸗ beit koͤmmt. ch babe einmal eine gläferne Flaſche voll Franzwein vor mir gehabt, welche volltommen flar war, ls ic) den Pfropf, welcher ſehr fefte. darauf ſteckte, heraus zog, fieng der Wein auf ein- mal an fü heftig zu braufen, daß er überlief, und war auf einmal fo trübe, daß man gar nicht durchſe⸗ hen konnte. Er blieb nicht ſo durchſichtig, als ein heller Breygan. Aus dieſen Erfahrungen, derglei⸗ chen man noch mehrere durch Kunſt machen kann, erhellet, daß verſchiedene Körper, wenn fie mit ge⸗ wiffen flügigen Materien in einer recht vollfommenen Mifchung find, ein klares ducchfichtiges Weſen aus- machen, wenn aber die vollfommnere Mifchung aufs gedoben wirb, Die füpige Materie wibe merke a Eben dem Kegen und dem Schnee. 345 Eben dergleichen gefchieht auch, wenn man die $uft aus ihrer vollkommenen Mifhung mit beflen flüßi- gen Materien heraus bringt. _ Oleum tartari per de- liquium iſt durchfichtig. Gießt man Salpetergeift binein, fo fängt es an zu braufen, und es geht eine Menge Luft in Bläschen heraus, und fo lange diefes dauert, kann man nicht durchſehen. Ich finde eine große Aehnlichkeit in den Veränderungen der Flaren ‚und trüben Luft mit diefen Erfahrungen, Jetzo iftdie _ Suft fo helle, daß man Die Sterne der fechiten Größe ‚ unterfcheiden kann. In einer halben Stunde ift die Luft trübe, und man fieht feinen einzigen Stern. Eben fo fchnell wird zu Zeiten auch eine frühe Luft Klar, Es geſchieht diefes befonders im Winter, da alles hart gefroren, und die Ausdünftungen bey weis tem nicht fo häufig, wie im Sommer. Ich murh- maße, daß in dem einen Falle, da ein heller Him- “mel feübe wird, die in den innern Raͤumchen ber Luft hangenden Dünfte heraus getrieben (präcipitis vet) werben, und alsdenn die Luft trübe machen, wenn aber der Himmel wieder helle wird, die Dünfte wieder. in die innerften Näumchen der Luft hinein treten, (eine neue Solutio vorgehe,) da denn die Luft wieder klar erſcheint. | Allein, mas hebt denn. Die vollfommnere Mi- a der Dünfte mit der. $uft auf? Was treibt die Dünfte aus den innern Raͤumchen der Luft heraus, welches iſt die Lirfache der Scheidung, (caufa prae- ‚eipitans? ), Alle Urfachen, die id) davon in Büchern “gefunden, oder die mir felber bengefallen find, -thun mir noch Fein Genuͤge. Man fieht, daß die warmen —2* ——9 Duͤnſte 346 : Won den Wolfen, Dünfte fich an Ealte Sachen anhangen, und folglich von der Luft fcheiden, Wenn man im Sommer eine kalte Flaſche Wein aus dem Keller in eine wars me $uft trägt, wird diefelbe gar bald naf. Die Seuchtigfeiten einer warmen Stube hängen fid) an die Falten Fenfter, Man meynet deromegen, Die warmen Dinfte ftiegen von der Erde in die Höhe, und in der obern Falten Luft ſammleten und fchieden fie ſich wieder, (praͤcipitirten ſich). Allein, die obere Luft ift beftändig fo Falt, daß die hohen Berge auch in den heißeften Erdftrichen immer mit Schnee bedeckt bleiben. Es fteigen auch beftändig Dünfte von der Erde in die Höhe. Warum fiheiden fie fich nicht immer in der obern Luft, und werden zu Wol⸗ fen? Man nimmt wahr, daß allerhand Salze das Waſſer aus der Luft feheiden und an ſich nehmen. Ich habe deromegen geglaubet , ob nicht vielleicht die falsigten Theile, weldye aus den Pflanzen ausdüns ften, und der Salpeter, welcher in der Luft iſt, Die Dünfte von der Luft fcheideten? Hier müßte aber noch erfläret werden, warum oft einige Monate bin- gehen, ehe dergleichen gefchieht? Ich feßte dieſer Urſach gerne eine andere an die Seite, naͤmlich die Gährung, wodurch fehr ftarfe Scheidungen verurs ſachet werden, wie man in den Bier- und Weinfels -Iern und bey den Brannteweinbrennern bemerfen kann. Ich unterſtehe mich aber nicht, eine Befchrei= ‚bung davon zu geben. Beſtuͤnde eine Gaͤhrung nad) Der Angabe gewiffer Maturlehree nur darinne, daß ſich die Luft in einee Sache langſam ausdehnete, und aus den Zwiſchenraͤumchen heraus gienge, ſo koͤnnte man gar nicht fagen, daß in der mie Duͤnſten genau ARE a gemiſchten | \ ‚ - dem Regen und dem Schnee. 347 gemiſchten Luft eine Gährung entftehen Fönnte, Allein, eine Gährung iſt etwas weit mehreres, Eine Gährung fondert fehr viele Theile von einander, die fehr feft mit einander verbunden find, und macht, daß die ſchwerern niederfchlagen und die leichtern und flüchtigen verfliegen, oder als ein Geift über einen Kolben gehen, wenn man Feuer hinzu bringe. Ich Fenne Die innere Natur der Gährung fo genau nicht, daß ich eine folhe Erklärung davon geben Fönnte, welche ſich auf alle Arten der Gährungen fchickte. Ich bleibe bey demjenigen nur ftehen, was einem jegli= chen in die Sinne fälle. Cine Gährung aber treibt "Dinge, die in den Zmwifchenräumchen eines andern Körpers enthalten find, heraus, und ‘wenn felbiges ſchwerere Theile find, die in einer leichtern flüßigen Materie gehangen haben, fo fhlagen felbige nieder. Eine Gährung macht auch) eine flüßige Materie, die fchon Flar gewefen, wieder truͤbe. Man kann dieſes an jungen Weinen fehen, die in Arbeit gerathen. RL 18. Daß in der $uft etwas geſchehen koͤnne, fo einer Gaͤhrung ähnlich ift, ſcheint mir aus den‘ ftinfenden Nebeln wahrfcheinlich zu werden. Es wird in fel- bigen ein fo ſubtiler Duft aufgelöfet, welchen der Gerud empfinden kann. Vielleicht geſchieht diefes Durch eine Wirkung , die einer faulenden Gährung ahnlich ift. Im Winter wird es auch insgemein ‚wärmer, wenn der Himmel trübe wird. Es ift ‚aber befanne, daß die Gährung verfchiedener Säfte ‚eine Wärme verurfache. Allein, ein wichtiger Zweifel ſteht diefer Muthmaßung entgegen. Die Wolken entſtehen, wo nicht insgemein, doch fehr Re oft 348 Von den Wolfen, oft in einer Luft, Die frierend Falt ift. Ja in derjeni⸗ gen Luftgegend, wohin die höchften Berge reichen, ift es fo falt, daß die Gipfel diefer Berge von einem beftändigen Schnee bedeckt werden. Die Kälte aber widerfteht der Gährung, und dieſe Wirkung. der “ Natur feget fehon einige Wärme zum voraus. Ich fann hierauf nichts antworten, als diefes: vielleicht ift noch etwas, das einer Gaͤhrung aͤhnlich ift, in Falter Luft möglich. Geſetzt aber, ich koͤnnte Diefe Muthmaßung aud) mahriheinliher machen, fo er» Flärete fie Doch noch fehr wenig. Denn erftlich ift die eigentliche Bewirkung einer Gährung noch nicht genugfam befannt. Zweytens müßte auch, noch bes flimmt werden, mas in der Luft eine Gährung ver⸗ urfachte, und fie wieder aufhöbe, und was da machte, dag zu. Zeiten eine folhe Gährung etliche Monate dauerte, und wieder einige Monate nicht entſtuͤnde. Diefes alles aber find noch Höchft verborgene Sachen. Ale Muthmaßungen, wodurch man die Erzeugung der Wolken erklären will, find daher fo befchaffen, daß die gar engen Schranfen unfers Wiffens zu Tage] legen, | | Rd; ). 19 | Es find mir IR noch verfchiedene Fragen bengefallen, welche die Meubegierde eines Natur: forfchers befchäfftigen Eönnen. Die erfte iſt: find die Dünfte der obern Wolfen überhaupt, und der nies drigen Schneewolfen im Winter befonders, ſchon ges froren und Eleine Eistheilhen, oder find fie noch Waſſer? Sind fie ſchon, und zwar insgefammt ohne I Ausnahme gefroren, ehe fie Schnee ausmachen, ſo iſt ſchwer zu begreifen, wie fie fo ordentlich) Bi ollten, dem Regen und dem Schnee. 349 follten, wie die Theile der Schneefloden thun, und man an denfelben Deutlich bemerken Fan. Denn fie machen insgemein die artigften Figuren aus, und man kann fehen, daß ihre Theile ſich, nach Arc der Salzernftällen, zufammen gefüget haben, und fie figen fo feft an einander, als Theile von der Größe thun Fönnen , wenn fie zufammen gefroren find: Sollten aber die Dünfte der obern Luft, oder auch der niedrigen in einem Falten Winter, flüßig ſeyn, warum ſchmelzet der Schnee im Winter nicht leicht auf den mittelmäßigen "Bergen, und auf den Spi⸗ Ben der höchften Berge, auch auf dem heißen Erd⸗ ftriche niemals ? | a 20 Wenn ferner der zurücfgebliebene Reſt ver Schnee: wolken ſich wieder vertheilet, in der Luft, wie ein Rauch, verſchwindet, und in die Fleinen Zwiſchen⸗ raͤumchen der Luft dergeftale hineintritt, daß der Him⸗ mel heifer wird; verfchlingt alsdenn die Luft Eischeils chen, oder löfer fie das Eis erft wieder in wäfferichte Dünfte auf? Matt Eanri eben diefe Frage bey dem Eife anſtellen, weiches die bloße Luſt ohne Sonne und in der größten Kälte verzehret. Es ift ſchon von vielen Naturförfchern bemerket worden, daß das Eis, ohne zu ſchmelzen, in freyer Luft abnehme, und es wird von ihnen behauptet, daß Schnee und Eis ausdünften. Ob tun gleich diefes letztere unrichtig zu ſeyn ſcheint, fo ift es doch an dem, daß das Eis und Schnee, fo an freyer Luft liegt, ſich bey dem rößten Froſte und ohne Sonne — Mai ann davon allerhand Erfahrungen machen, davon. —* Se | J u } 350 Von den Wolken, ich nur dieſe anfuͤhre. Wenn es im Winter an den Daͤchern Eiszapfen friert, und die Kaͤlte hernach an⸗ haͤlt, fo verzehren ſich die Eiszapfen, wenn gleich fei- ne Sonne hinzu fommen kann, und zwar bey der firengften Kälte, und wenn ein fcharfer Oſt- oder Nordoſt⸗Wind weher, in nicht gar langer Zeit. Ich habe wahrgenommen, da3 Eiszapfen, wie ein Mens ſchenfuß die, welche an einer Rinne gehangen, in den angeführten Umftänden täglich dünner geworden find. Es ift folches aber durch Feine Ausdünftung gefchehen. Denn das Eis läßt Feine Luft durch, und folglich noch weniger Dünfte. Bey einer Ausdün- flung würde auch ein Eiszapfe löchericht werden. Diefes geſchieht aber nicht, fondern das Eis nimmt von außen-ab und verſchwindet. Kin gefrornes Lin⸗ nen wird in der größten Kälte nach und nach vom] Eife frey und troden, wenn es in der Luft hängt. Keibt hier die Luft. das Eis ab, und nimmt es in] ihre Zwifchenräumchen, oder fehmelzet fie das Eis?] Gefihieht das erftere; fo fragt es fih, warum die] Luft nicht andere Körper, die viel weicher find, als] Eis, eben fo geſchwind verzehre? Will man dag Iegtere annehmen, fo ſcheint es widerfinnig zu feyn, daß eben diefelbige Luft in eben der Zeit, da fie Eis] machet, felbiges auch auflöfet und ſchmelzet. Wie find diefe Verwirrungen am beften zu entwickeln? | .. AL | Noch eine andere hier einfehlagende Frage iſt, ob wol nicht zu Zeiten die mittlere Luft warm feyn follte, wenn die untere und obere fo kalt ift, daß fiel Eis verurſachet? Ich bin auf dieſe Gedanken 9— then, dem Regen und dem Schnee. 351 then, als es im vorigen Winter glatteifete. Es fiel naͤmlich ein Staubregen, oder es riefelte, wie man ‚zu fagen pfleget. Ich habe es genau. unterfücher, und ‚gefunden, daß das, was vom Simmel fiel, Waſſer und Fein Eis war, und mannichmal regnete es einige Minuten ftärfer, als daß man es einen Staubregen nennen fonnte. Alles Waffer aber, fo niederfiel, wurde fo gleih zu Eife, Die Bäume wurden fo ſchwer davon, daß große Zweige in Men= ge zerbrachen. Die verdorreten Blätter auf den Bäumen wurden mit Klumpen Eis überzogen, und ich hoffte damals, alle Raupeneyer, fo in die Blaͤt— ter eingehüllet tvaren, würden Schaden leiden: als lein, das Frühjahr machte meine Hoffnung zu nichte, Nun iſt es nichts feltenes, daß, wenn Regen auf gefrorne Steine fälle, felbiger zu Eis wird, weil die Falten Steine dem Waſſer die Wärme benehmen, nicht ſeyn, daß es fo vielen Regen zu Eife machen koͤnnte, daß es eine Dicfe von einem ftarfen Finger; und ganz lange Eiszapfen befame. Die ganze uns tere Luft muß fo kalt geweſen feyn, daß jie ven Regen zu Eife gemacht. Diejenige Luft, aus welcher der Regen fommen ift, muß demnach waͤrmer geweſen ſeyn, als die untere Luft, und auch wärmer, als dieje- nige, fo die Höhe der höchften Berge bat, weil fel- bige jederzeic eisfalt ift. Kann man diefe Wärme der mittleren Luft zu derfelbigen Zeit durch etwas leichter, als durch die Arbeit folcher Dinge erklären, welche mit einander gähren und braufen? % ; d “ | $. de ‚Aber ein trockenes Laub, ein Raupenneft Fann fo fale 952 Von den Wolfen, » | . 22 EN Warum regnet und fchneyet es aber in einigen Gegenden der Erde und des Meeres mehr, als in andern? warum auf Bergen, fo mit Wäldern bes deckt find, vorzüglich flarf? und warum regnet e8 in einigen Gegenden, ſowol ber Erde als des Meeres, faſt garnicht? Alle Antworten, welche ich auf dieſe Fragen gelefen, reichen nicht zu, Die Sache zu erfläs ven. Man faget, große Waldungen geben dadurch zu häufigem Regen Anlaß, weil fie durch ihre weite fäuftigen und tiefen Wurzeln. viel, Waffer aus der Erde zögen, und durch die Menge ihrer ausdünfterte den Blaͤtter der Luft viele Diünfte mittheileten. Es ift zwar wol unftreitig, daß die belaubten Wälder der Luft viele Dünfte mietheilen. Allein, im Wins er, wenn die Bäume bey uns Ohne Blätter und großentheils ohne Saft find, regnet und ſchneyet es in großen Wäldern, befonders, wenn fie an Bergen liegen , ebenfalls mehr, als in den bebaueten Ebenen. Woher rühret dieſes, da alsdenn die Ausduͤnſtungen bey weitem fo groß nicht find, fie im Sommer? Bon dem häufigen Regen in’ Gebirgen giebt man noch diefe Urſache. Man fager: der Wind treibt die Wolken art die Berge, und druͤcket fie daſelbſt zuſammen, und daher geben fie mehr Regen, als wenn fie in den Ebenen frei) find, Man lieſt dieſe Urfache in vielen Naturlehren. Allein die rechten Regenwolken gehen über niedrige und mittelmaͤßige Gebirge insgemein fo hoch hinweg, daß fie keineswe⸗ ges gedruckt werden. Die mehrejten Wolken: gehen viel höher als das Harzgebirge, und der mehreſte u Regen dem Regen und dem Schnee. 353 Regen fälle dafelbitjaus einer anfehnlichen Höhe, und dennoch regnet und ſchneyet es dafelbft vielmehr, als indem platten Lande. Wie niedrig find die Berge unfers benachbarten Deifters, und die Wolfen gehen insgemein weit über diefelben Binweg. Dennod) wird es über felbigen eher trübe, wenn es regnen oder fehneyen will, als hier in der Ebene, und wie oft fiehe man dafelbjt regnen, wenn wir nur gebrochene Wol⸗ ken über uns haben. Ueberhaupt Fann ich nicht fin⸗ den, daß der Wind die Wolfen dergeftalt zufammen ‚drüde, als man vorgiebt. Ich babe bey Sturm- winden darauf geachtet, und wahrgenommen, daß die Wolfen ihre Form behalten. Die Wolfen find eine Mifchung von Nebel und $uft, und wenn felbige der Wind in der bewegten $uft zufammenpreffen foll, fo koͤmmt mir felbiges eben fo vor, als wenn man in einem trüben Waffer den darinn ſchwimmenden Schlamm dadurch enger zufammen bringen wollte, - wenn man das Wafler bewegte. Sollte vielleicht folgendes eine Urfache mit feyn, warum es in großen Wäldern und den damit bewachfenen Gebirgen vor⸗ züglich vegner? In den Wäldern, und befonderg in den Thälern, die dichtes Holz haben, ift die Luft viel ftiller, als in freyen Ebenen. Entſteht vielleicht daſelbſt eher eine Gahrung in der $uft, und macher, dag wenn die Luft in der hoͤhern Gegend fich bricht, und die in fich habenden Dünfte fich abfondern (prä= eipitiren), über felbigen diefe Abfonderung defto ftär= fer wird? Zeugen fich dafelbft vielleicht dergleichen Ausdünftungen, welche eine folche Abfonderung (Praecipitationemn) befördern? Und ift die Urfache, _ 21 Dand, 3 warum 354 Don den Wolken, warum e8 auf offenen Ebenen weniger, und in tros ckenen Sandmwüften faft garnicht regnet und fehneyer, vielleicht diefe, daß fie weniger ſolchen Duft hervor bringen, der die wäfferichten Dünfte von der Luft abfondere und niederfchlägt? Allein, warum vegnet es auf dem Meere an einem Orte viel, an dem ans dern wenig oder faft gar nicht? Es ift befannt, daß aud) der Boden des Meeres fehr verfchieden, und daß das Meer an dem einen Orte Gewächfe treibt, die an einem andern Orte nicht zu finden. Vielleicht bringt das Meer an dem einen Orte auch mehr folche Dinge in die Luft, welche die waͤſſerichten Dünfte von derfelben abfondern und niederfchlagen, als in einem andern, | 6. 23. Ich fuͤge noch einige Anmerkungen von age gen und von Hagelmolfen hinzu. Einen Plagregen nennef man, wenn es mit großen Tropfen in großer ‚Menge regnet, Wenn diefe Tropfen ganz nahe ans einander und fo häufig herunter fallen, daß das Waſſer Strommeife auf der Erde fließt, fo nennet man es einen Wolfenbrudh. Man pfleget vergleis chen nicht anders als im heißen Sommer zu haben. Bey denen Plagregen und Wolfenbrüchen, fo ich mit Aufmerffamfeit betrachtet, habe ich folgendes bes merfet. Der Himmel ift voll von einzelnen und ges brochenen Wolfen. ine davon gemwirmf eine vor—⸗ zügliche Größe und wird ſchwarz. Die nächften Wolken nahen fich alsdenn 'zu diefer, und es bedarf zu Zeiten feine Bierthelftunde, fo ift aus den. einzel⸗ nen Wolken ein großes Gemitter worden. Es ent- ſteht dem Regen und dem Schnee. 355 ſteht unter der Wolfe ein Wind, welcher insgemein ‚eine ziemliche Stärfe befümmt , und untermweilen ein heftiger Sturmmwind wird. Diefer Wind läßt fich aber insgemein erft wenige Minuten vorher fpühren, ehe die erften Tropfen fallen. Es wird über unferm Kopfe ganz fehwarz und dunkel, und der Kegen fhießt in großen Tropfen und außerordentlicher Mena ge unter ber. Sieht man einen folchen Plagregen oder Wolfenbruc) in der Ferne, doch fo, daß man nur eine Vierthel⸗ oder höchftens eine halbe Stunde davon iſt, fo ſcheint es eine ganz ſchwarze Wolke zu fen, welche oben vom Himmel bis unten an die Erde geht. echt ſtarke Platzregen pflegen von Dligen und Donner begleitet zu werden. Kaum aber ift eine foldye Wolfe über dem Kopfe hinweg, fo ift ing- gemein auch die Luft wieder ftille, wenn auch gleich unter der Wolfe ein Sturmwind gewehet, der ftarfe Bäume aus der Erde geriffen, Es kann an dem einen Orte fehon wieder ftille fenn, wenn es an einem andern Orte, der nur eine halbe Stunde davon iſt, noch ſtuͤrmet. Cs halten folche Wolfen bey ung ins gemein einen [hmalen Strich, der oft nicht die Brei⸗ te einer Stundeweges hat. In dem heißen Erdſtri⸗ che aber fcheinen fie, den Befchreibungen nach ‚in einigen Gegenden, 3. €. in Guines, von einem ſehr großen Umfange zu feyn *), ' $: 2% Mu Ich mache dabey folgende Anmerkungen. Es muß in derjenigen Luft, in welcher ein Platzregen 32 oder ) Dan ſhlage darüber den IV. Theil der allgemehr nen Hifforie der Reiſen im Regiſter nach. 356 .: Don den Wolken, oder Wolfenbruch entfteht, eine fehr große Abfon- derung der Dünite feyn, die unterweilen in einer ſehr Eleinen Zeit entiteht, und weil wenige Luft nicht viel. Waſſer enthalten kann, und doc) fehr viel Waſſer unterher ftürzet: fo muß diefe Abfonderung (Praeci- pitatio) in einem Stuͤcke Luft gefchehen, das ſehr hoch oder dicke iſt; oder, daß ich mich deutlicher aus⸗ drücke, es muß diefe Abfonderung hoc) über fich, oder eigentlicher tief unter fic) geben. Die ftärffte Abſon— derung muß oben anfangen. Denn nähme fie unter: waͤrts ihren Anfang, fo würden die unterjten Dünfte gleich niederfallen, und die oberften nicht erwarten, und fo Ffönnten Feine große Tropfen entftehen. Die ftärffte Abfonderung muß daher erft oben gefchehen, und in einer großen Höhe Fleine Tropfen zufammen fliegen, die unter. fich einen dichten Nebel finden, worinn fie ihre Dicke erreichen. Der Wind fcheint hier zu helfen, daß eine fo große Menge Waſſer zus fammen fommt. Indem aus vieler Luft die Dünfte abgefondert werden, fo wird felbige leichter und geht zwifchen ver ſchwerern Luft in die Höhe, da denn an- dere ſchwerere $uft von unten und von den Seiten in ihre Stelle tritt. Daher entfteht ein ftarfer Wind. Da aber felbiger mit feiner Heftigkeit nicht viel wei- ter. geht.als die Wolfe, und ſich nur unter derfelben hauptfächlich aufhält, und dennoch- oft vecht heftig ftürmet; fo muß die ftürmende Luft ihren Zufluß nicht fo fehr aus der Ebene als von oben herab ha= ben. Da ferner der Sturmmind nicht weit vor der Wolfe ergeht, fo muß er auc) die untere Luft nicht | weit fortſchieben, fondern in die Höhe geben. ns ' | 2. ann | dem Regen und dem Schnee. 357 Fann folches auch fehen, wenn er eben auf Heu trifft. Selbiges drehet er mit ungemeiner Gewalt in die Höhe. Hier ift vaher ein Fall, wo der Wind den Regen fehr vermehren kann. Erſtlich bringt er von oben und unten und von den Seiten immer frifche und mit Ball ertheilchen geſchwaͤngerte Luft dahin, wo eben eine große Abſonderung der Duͤnſte geſchieht, und liefert folglich immer neuen Stoff zum Regen. Zweytens Fonnen hier von oben und unten Winde einander entgegen fommen, und kleine Tropfen wies ber einander treiben, die alsdenn große Tropfen aus⸗ machen. Vielleicht gefchieht es durch ſolche Winde, daß ganze Klumpen Wafler zufammengebracht wer= den, welche, indem von der oberften eisfalten und mit Schnee angefüllten Luft darauf ftößt, zu den großen Stüden Eis werden, die zu Zeiten unter: ber fallen, | Was übrigens en Gefrieren der großen af tropfen, ja folcher Klumpen Waffer, die bis auf ein Pfund ſchwer find, und aus den Wolfen fallen ‚ be trifft, fo finde ich darinn eine Aehnlichkeit mit folgen: der Erfahrung. Wenn man ein Glas Waffer in eine Falte $uft fo lange feget, daß das Waſſer eben zu frieren anfangen will, und bringt es alsdenn im eine warme Stube, fo erfolget unterteilen diefe Wir: fung, daß auf einmal mitten im Glafe ein Eis ent: ſteht. Wenn Schloßen, befonders aber ſtarker Ha> Igel, aus einer Wolfe fällt: fo pfleget nicht die ganze Wolfe, fondern nur ein Strich derfelben Hagel zu baben, und zu ven Seiten fallt ein ftarfer Regen, | Rt 33 Ich 33 Won den Wolken, Ich habe wenigſtens nicht erlebet, daß eine Wolfe aller Orten fehweren Hagel niedergelaflen. Biswei⸗ len hält er nur einen fehr fehmalen Strich. Es ift ferner befannf, daß man in gemiflen Lmftänden duch Wärme die Kälte erhöhen Fann *). Ich nehme Diefes zufammen, und ftelle mir die Erzeugung des Hagels, befonders der ſchwerern Eisſtuͤcke, auf diefe Art vor. Aus der obern Luft, welche allezeit fehr Falt ift, fallen Tropfen und Waflerflumpen, wel che fo Fale find, daß fie eben zu Eife werden wollen. Wenn felbige weiter herunter in die wärmere Luft fommen, fo wird die Kälte mitten in der Wolfe er= höher, und das Waffer wird zu Eife, wie in jenem Falten Waſſer Eis entfteht, wenn man es in die wars me Stube bringe. Wie aber hier die Urfachen zus fammen wirken, weiß ich nicht. .. 26. | Warum entftehen aber Plagregen und ſchwerer Hagel nur im Sommer? Man faget, es entftehen die Plagregen und die dien Tropfen, die zu ſchwe⸗ rem Hagel frieren koͤnnen, von einer größern Yus« dehnung der Luft durch die Hiße, da denn die Luft das Wafler nicht halten Fann. Allein, die mehre— ſten Plagregen und Hagel erfolgen bey uns des Nach⸗ mitfages, gegen den Abend und auch des Nachts, da Die Sonne Feine fo große Kraft mehr in ver Luft hats Es würden die Plagregen auch nicht fo ftrichweife gehen, wie bey uns gefchieht, da die Sonne die Luft viel weiter ausdehnet, als die Wolfen des Plagre> gens *) Man findet davon Nachricht in den Hannöverifh, gelebrten Anzeigen von 1750. im 49. Stüde, dem Regen und dem Schnee, 359 gens gehen. Sollte die Sonnenhige vielleicht nur in fo weit etwas zu dem Plagregen beytragen, daß fie diejenigen Dinge , welche eine Abfonderung (Prae- eipitation) der waͤſſerichten Dünfte in der Luft verur- fachen, höher triebe, als im Winter oder in einer mweitern Entfernung der Sonne gefchehen Fan, und alfo in einem größern Theile der Luft, eine Abſonde⸗ tung des Waſſers verurfacheten, und hinlaͤngliche Dünfte zu dien Tropfen lieferten? Und entftehen die Strihe der Plasregen vielleicht daher, weil der eine Theil des Erdbodens das eine mal mehr Stoff zu der Abfonderung der Dünfte in die höhere Luft ges ſchicket, als ein ander Theit der Erde? ch finde mic) ‚genöthiget, in allen diefen Dingen eine große Unmiflenheit zu befennen. Wer mehr davon weiß, verfage denen feinen Unterricht nicht, die begierig find, bierinnen ein mehreres einzuſehen. — .. grip at IRSH DES R = Erg / ——— — — — (4 26 I. Foit⸗ 360 Hanovs zuverläßige Nachricht aa ** 2 ** I. Fortſetzung | von Herrn Hanond ; hiſtoriſchen Nachricht von Elbing. | Anderer Abſchnitt. Elbing unter den Koͤnigen in Pohlen. 6. 7 ie der Koͤnig mit ſeinen Raͤthen der abge— ſchickten Preußen Ernſt ſahe, von dem Orden ſich nicht laͤnger unterdruͤcken zu laffen, fondern, wenn fie hier nicht Hülfe finden ſoll⸗ ten, weiter zu ‚gehen: fo erfolgete endlich der Ent— BB, ihnen zu millfahren, und ward ihnen den 6. März der Hauptvergleich der Vereinigung mit Poplen ausgehandiget. Wie nun hiervon bald wei- terer Bericht folgen fol, mag man, um mehrerer Ordnung willen, Eibing theils vor, theils nach der Reformation des chriftlichen Glaubens betrachten. Jene Zeit waͤhret von 1454 bis beynahe hundert Jahre hernach. oe läuft von der Zeit an om hieher. * en ‚von n Ebbing Er G Eiſes Hauptſtuͤck. Zen Elbings Zuſtande unter Bohlen vor der Reformation, Rn dem Hauptvergleiche verfpriche der König Caſimir für fih und feine Nachfolger im Reiche, daß er nicht nur die Preußen bey ihren Rech⸗ ten und Privilegien ſchuͤtzen und ungefränft: laffen wollte, fondern auch die verlornen ihnen wieder ges ben, fie zue Probe feiner fünftigen Mildthaͤtigkeit gegen alle, von dem Pfundzoll und andern Zoͤllen be- freyen ‚die fehiffbrüchigen Güter ihren Herren und Erben laſſen wolle, fo lange die vorhanden wären. So follten auch die Preußen der pohlniſchen Wür- den, Aemter und Vorrechte theilhaftig ſeyn; die Aemter und Wuͤrden in Preußen aber nur Einge— bohrnen verliehen werden. Alle merkliche Sachen im Lande ſollten im gemeinen Rathe der Geiſtlichen, Ritterſchaft und großen Staͤdte vom Koͤnige entſchie⸗ den werden, auch das Land in feinen alten Graͤnzen erhalten: und nicht gefchmälert werden. Die Münze ſollte zu Thorn, Danzig, Elbing und Königsberg ‚währendes ‚Krieges, nad dem üblichen Fuße, unter. des Königes Bilde und Titel, auf des fandes Koften geſchlagen werden, nach geendigtem Kriege aber nur ‚zu Thorn und Danzig auf Eonigliche Koften, u.f. w. Insbeſondere werden auch) den preußifchen Kaufleu⸗ ‚ten allenthalben in Poblen freye Straßen, aud) nad andern Ländern, durch, Poblen verftattet, und freyer "Handel, wenn fie nur die üblichen Zölle entrichteten. Bin 35 In * 362 Hanovs zuverläßige Nachricht In der Gegenverbindung der Preußen (reciproca fponfio) ftehen in der Charwoche zu Thorn RR die vorigen Namen der zwölf Boten, . ug. Ehe der König in das Sand Fam, wur⸗ de zu Elbing ein Landtag gehalten, und berathfchla- get, wie man zu Öelde fommen möge? Borläufig ward befchloffen, des Drdens Güter und Einkünfte, fo man haben fonnte, fleißig zu fuchen, wo noch eis nige in Städten, oder auf Schiffen ſich finden möch« ten; imgleichen follten die Kautelbriefe von den Städten in deren Antheil ausgegeben werben, als die von Elbing in den elbingifchen Wäffern, u. f. m. Auf Pfinaften fam der König Cafimir nad) Eibing, und ließ fid) allda nicht nur die Städte, fondern au) das Sand buldigen, betätigte auch der Stadt und dem Sande die bereits erhaltenen Privilegien und Handfeften. Darunter ift auch) der Stapel gewefen, mie zu fehen ift aus Curikens Danziger Beſchrei⸗ bung, ©. 156, Der König vermilligte der; Stadt zehen Jahre lang, Schillinge und Pfenninge zu muͤn⸗ zen. Er ſetzte die vorige Ritterbank ab, beſtellete dagegen vier Woywoden, unter denen Gabriel von Bayſen der elbingifche ward; und über ganz Preußen ward nad) dem Hauptvergleiche zum Fönig: lichen Statthalter verordnet Johann von Bayſen. ©. Hennenberg S.n5. Schüs©.202. $. 120. Ob nun gleich Danzig in demfelben Jahre zu Elbing fehon ein befonderes Privilegium erhalten hat; fo ift doch weder Thorn noch Elbing ſchon damals mit befondern Vermehrungen ihrer Privilegien begabet worden. Entweder hat man ihnen nur an den Danzigern zeigen wollen, mas fie | kuͤnftig von Elbing. 363 kuͤnftig auch zu gewarten haͤtten, wenn ſie ſich ſo an⸗ greifen wuͤrden, wie die Danziger; oder es mag noch andere Urſachen gehabt haben, ſolche Begabung zu verſchieben. Aus einigen Stellen Dlugoſſi ſollte man abnehmen, daß man die Treue der Preußen erſtlich beſſer habe pruͤfen wollen. Doch ſchreibt er, Lib. 13. Col. 149. der König ſey zu Elbing hoch beehret und beſchenket worden, und daß er auch wie⸗ der den Staͤdten viele Einfünfte von den Ordensgüs tern. verftattet habe. Welches alles dem Hauptras gleiche gemaͤß war. (6. 118.) | G. 222. Zu Öraudenz wurde im Julius ein * tag gehalten, auf welchem zu Bezahlung der Sold⸗ ner eine Schatzung beliebet wurde. In derfelben wird Elbing auf 2200 Mark gefchäger. Weil aber die Landfchaft das Geld fo bald nicht aufbringen fonnte, nahmen die großen Städte viel über ſich; Dagegen ihnen zur Erfesung Die Renten des Landes mit Fönigliher Bewilligung verfchrieben wurden, Auch wurden dafelbft die famtlichen Raͤthe ver preuſ⸗ fifchen Lande immittelft ermählet und vereiniget, dar⸗ unter von Elbing iſt der Buͤrgermeiſter Johann Fideler. Schügens Chronik BL 204 206. $. 122. Im folgenden 1455. Jahre kamen 700 von des Ordens Reutern über den gefrornen See ‚Draufen, zünbeten die Speicher in Elbing und Gru- benhagen an, Indem Famen die trunfenen Kriegs⸗ leute heraus und feharmüßelten mit ihnen. Da blies ben auf beyden Seiten etliche todt. Doc mußte das Ordensvolk fich zurück ziehen, weil es ſehr ers froven wars Welches: aus Grunowen T. 17. c.5. rg ger meldet in feiner Erklärung ” Pr. and⸗ 364 Hanovs zuverläßige Nachricht Landtafel: In demfelben Jahre ward auch auf dem Sandfage zu Elbing eine Steuer auf alle Waa- ven, auch ver Pfundzoll auf ein Jahr. zur Abfindung der Soldner bewilliget. Siehe Schüsens Chron, S. 214b. Doc ift es ein Glück für Elbing gene: fen, daß es da nicht durch) unruhige Köpfe zu Tumul⸗ ten, Verſchwoͤrungen, und Verraͤthereyen gekom⸗ men, wie in den andern großen Staͤdten, ſondern ziemliche innerliche Ruhe in der Stadt gebtieben, dabey zwar Danzig und Thorn noch gerettet worden, aber Koͤnigsberg wieder an den Orden kam. $. 123. Sm folgenden Jahre ward im Auguft mit deg Drdens Soldnern, welchen Marienburg und andere pomerellifche Städfe verpfändet waren, ein Vergleich getroffen vom Könige nebft den biefigen $anden und Städten, wegen ihres rücjtändigen Sol⸗ des, nad) deſſen Zahlung fie Die Städte und Schlöfe fer räumen und dem Könige übergeben follten. Die Bezahlung aufzubringen, ward auf dem tandtage zu Elbing, nad) Martin, eine gemeine Schagung be= williget, dazu "Thorn 10000, Elbing gooo, Dans zig 33750 fl. u. fe wo. beytragen follten; nach Schuͤ⸗ tens Chronik Bl. 255. Dabey fowohl Lande als Städte ſich verpflichten mußten, daß jeglicher fein Antheil bey Ehren und Treuen vollkommlich auf den rechten Zahltag liefern ſollte. 6. 124. Als nun folgendes Jahr kuͤmmerlich | genug, und mit Aufnehmung vieler Schuld, die Schlöffer gelöfet waren, haben die Elbinger- und Braunsberger Schiffe mit acht Drdensfchiffen im Haffe ſcharmuͤtzelt und die Oberhand behalten; nad) Schuͤtzens Berichte ©. 267b. Es auch ſowohl & \ von Elbing. 365 fowohl Danzig als Elbing im Auguſt zu Marienburg nad) vorigen DBerficherungen neue Hanödfeften oder Hauptprivilegia. Hier iſt nur von dem elbingifchen die Rede, deſſen deutſche Leberfegung im erfter Bande der preuf. Sammlung ©. 3ar folg. zu lefen, und bier etwas beffer zu berichtigen ift, theils nad) der enderfchen Landcharte, theils nad) dem, was im ızten Supplementbande des Is martinieriz fehen geographiſchen Lexici am Ende des Arti⸗ fels Elbingen von den zu Elbing gehörigen Dertern 9.125. Fragen wir, was für Vorrechte oder Vermehrung damals Elbing erhalten habe: fo Fün« nen wir daraus folgendes anmerken. Erſtlich ruͤh— mete der König Caſimir ver alten Stade Elbing befondere Treue und Benftand mit Leib und geben, auch Habe und Gütern wider die Kreusberren, und daß er zu Vergütung ihres großen Schadens ꝛc. mit reifem Mathe beyder Landräthe von Pohlen und Preußen, ihrer Laͤndereyen Graͤnze fege, vom fris ſchen Meere oder Haff zu geben, auf das Dorf Sen: jen, auf Baumgarten, Trunze, Blumenau, Po: ‚merendorf, Schönemohre, Roggau, Wedlis, und ‚von der Öränze des ausgefchloffenen Dorfes Schöne- tiefe, bis an den See Draufen *). Ueber dem See foll ihnen auch gehören der ganze Wald, fo vor mals dem dafigen Schloffe zuftändig gemefen, der neue Haff mit feinen Gränzen, zugehend durd) den Nogat, in ihre alte Gränze, die Panthe genannt, das Dorf Jungfer mit feinen Gränzen, und dag ‚ganze Fifchamt, fo gleichfalls dem Schloffe zugeſtan⸗ ‚den in allen feinen Graͤnzen, zu Waſſer und BI emer⸗ 366 Hanovs zuverläßige Nachricht keinerley Zinfe, auch nicht Die Keuteltiefe ausge: ſchloſſen. | *) Hier finden wir erfflich die elbingifche Höhe, wel- che gegen Dften der Stadt und des Fluffes Elbing gelegen ift, und bleibt wie fie vormals unter dem Orden gewefen.. Zu mehrerer Deutlichkoit werden darinn die Dörfer benennet, Reimangfeld, Stein⸗ ort, Dorbeck, Koͤnkenhagen, beyde Gtobaden, Wolfsdorf, Boͤhmiſchgut, Preuſchmark, Meisla— cein, Bartkamp, Plonen, Kaͤmmersdorf, Mondorf, Grunow. Die ausgelaſſenen, als Serpin, der ra⸗ kenſche Walde, fo naher dem Elbing liegen, vers ftehen fich von felbft. Ferner finden wir bier die elbingifche Niederung, welche gegen Welten der Staͤdt liegt. Diefe begreift erftlich dag vormalige elbingiſche Werder bis an den Nogat; ſodann koͤmmt dazu das über den Nogat auch noch über die Sungferfihe Lake weg fich eritreckende Fiſchamt mit feinen Strömen, der Wald und alle herrſchaft⸗ liche Zinfen auf dem Habe, dem Draufen, u. ſ. w. $. 126. Ferner erhalten fie die vorhin dem Or⸗ den vorbehaltenen Mühlen, mit aller Gerechtigkeit und Zubehörung. Imgleichen das Spital zu Elbing mit allen feinen Höfen, Mühlen, Dörfern *), und übrigem Zubehör, doc) dergeftalt, daß fie die Kran- fen nad) Nothdurft daraus verforgen, und darüber einen Verwalter aus dem Rathe fegen follten. In allen ihren Gränzen follten fie ſich des luͤbeckiſchen Rechtes, wie vorhin, frey bedienen, und Die Ges richtsftrafen genießen zum gemeinen Beſten der Stadt, famt allen geiftlichen und weltlichen Lehnen. Zum Burggrafen follten fie jährlic) aus dem Rathe vorfchlagen, daraus der König und feine Nachfolger einen ermwählen werden. Willkuͤhren mögen fie zut n Bequem⸗ von Elbing. "967 Dequernlichfeit der Stadt abthun und fegen, mie denn der König auch alle ihre vorigen Willführen, Drdnungen und Gewohnheiten, auch Reehte und Privilegien beftätiger, und unverbrüchlich gehalten wiſſen will, Es foll auch fünf Meilen vonder Stadt _ nachher weder Stadt noch Schiff gebauet werden, ) Insbeſondere iſt bier zu bemerken, daß einige - Dörfer der elbingifchen Hofpitäler außerhalb den elbingifchen Landereyen gelegen find. Alſo liege Beichenbadh faſt zwo Meilen unter der füdfichen elbingifchen Gränze bey Schönmwiefe; und Kutfeld eine Meile naher der Graͤnze im preußifchen ol: Köndifchen ; aber Birkau liege gegen Norden am Haff, bald zmo Meilen von Lanzen, und eine Meile von Baumgarten, in der tolkemitfchen Sta⸗ zoftey. Weil die Derter in der Niederung bekannt genug waren, find fie hier nicht befonders benannt, außer Jungfer. $. 127. Was der König ihm hiebey vorbehal. ten, das koͤmmt auf folgende Stücde an. 1) Die Pfarre der alten Stadt Elbing (oder das Paftorat) will der König felber verleihen, doch niemand dahin fegen, der ihnen (den elbingifchen Rathsherren) nicht gefällig noch bequem wäre. 2) Die Neuftadt El⸗ bing, als welche dem marienburgifchen Woywoden pfandmeife vom Könige angewiefen war *). 3) Sollte die alte Stadt Elbing dem Könige und feinen Nachfolgern jährlich geben 400 ungarifche Ducaten auf Pfingiten, fo bald der Friede wuͤrde hergeſtellet ſeyn. 4) Sollte diefelbe für den König und Koͤni⸗ ginn, auch deren Nachfolger bauen einen Hof mit bequemen Zimmern, venfelben nach Würden unter: | | Me, halten; 17° 363 Hanovs zuverläßige Nachricht halten; auch den König und die Königinn, wenn fie binfomen, mit Heu und Holze verforgen, *) Was den Parochum anbetrifft, der zugleich Dffie cial iff, oder des Bifchofs Statthalter: fo wird von demfelben unten mehr vorkommen in der neuern Befchreibung. Außer dem bier ausgezogenen hat alfo Elbing als einen Zuwachs erhalten, was ſchon in der frepwilligen Erwählung des pohlnifchen Schuges in der Handfefte des ganzen Preußenlan: Des. war bedungen worden. $. 116. 118. 6.128. Folgendes Jahr auf Kreuzerhöhung verliche der König der Stadt Elbing im’ Lager vor Marienburg eine Begabung zur Erbauung eines Klofters zur Ehre der fel. Brigitten für Nonnen, nad) der Regel des heil. Auguftini, und der Benen⸗ nung ©, Salvator, mit der Kirche ꝛc. in. der Bor- ſtadt nahe an ver heiligen Geiftfirche (d. i. wo vor- hin das Schloß des Drdens geftanden). Diefelbige beftand in dem Hofe Dullerftadt, nebft der dabey befindlichen Mühle, wie auch in den Dörfern | Weißelwalt und Blumenau mit allen Zubehörun- gen, "Bäumen, Gränzen und möglichen Nutzungen, tie fie im chriftburgifchen Gebiete befindlid) find, Damit aber diefe Stiftung dem Kloſter defto nüß- licher fey, werden diefe gefchenfte Güter auf ewig befreyet von allen Abgaben, Krieges- und andern |! Auflagen, wie fie immer Namen haben mögen, zu ervigen Zeiten. Jedoch mit der Bedingung, wenn die Nonnen mit den ihrigen fich nicht nach der obge— dachten Kegel und Pabftes Calirti Verordnung hiel⸗ ten, fo follte der König und feine Nachfolger mit Bewilligung ihrer. ( Vfitatoris et Senioris) dermali⸗ | | gen von Elbing, 369 gen vorgefeßten ihnen folche nehmen, und zu andern gortfeligen Nutzungen anwenden, 2 $. 129. Im Jahre 1458 hatten die Seeſtaͤdte in Preußen, fonderlih Danzig, außer den Kreuze herren auch mit Schweden zu friegen, mußten Daher auch wider diefes Schiffe zur See ausrüften. Eben darum warneten fie aud) die Hanfeftädte, fonderlic) Luͤbeck, die Schweden wider fie nicht zu ftärfen noch zu fpeifen. And als folches mie eine Zunöthigung und Entfegung wollte ausgedeutet werden, antwor⸗ teten fie von Elbing, daß fie nur eben das verlanges ten, was vormals Luͤbeck in gleichem Falle von ihnen verlanget hätte, und würden fie fih auch gegen die Uebertreter der Warnung nicht anders verhalten, als damals einige Preußen wären angefehen worden, die der Warnung nicht Gehör gegeben. Ausführlich findet man die Briefe davon in Schuͤtzens Chroz nie Bl. 271 folg. So trafen auch die elbingifchen und braunsbergifchen Begleiter ver Kauffahreenfchiffe auf dem Haffe mit den Schiffen ver Kreuzberren auf einander, da ein Treffen 'vorfiel, in welchem außer den Erfchoflenen zwey und fünfzig Mann von den Hrdens-Matrofen gefangen wurden, daß die andern Die Flucht nahmen. Dafelbft S.2722. Ramfey ſchreibt, die Elbinger hätten etliche Drdensfchiffe, ebft großer Beute, beforımen. Ad. Börufl. T. IM. ©. 113. Auch haben damals die Elbinger auf der Weichſel die ledigen acht Boote wieder erobert, welche Die Ordensleute den Danzigern ben Meve genommen; und den von Thorn geholten Proviant davon [hen weggebracht hatten, J ar Dand, PER Ka $. 130, 370 Hanovs zuverläßige Nachricht $..130. Als im Jahre 1459 der gefroffene Still: ftand noch dauerte, hielten die Preußen eine Bere fammlung zu. Elbing, darinn der Beſchluß dahin ausfiel, wie fie ihn in Peterfau eröffneten, daß ſie ſich aufs neue verbunden, lieber das alleräußerfte zu lei⸗ den, und.alles, was fie in der. Welt ‚hätten, daran zu feßen, als fich wieder unter die tyranniſche Herr— fchaft der Kreuzherren bringen zu laflen, welcher Entſchluß damals fehr nöthig war, da fi) manche pohlniſche Räche bedünfen ließen, des Ordens Er— bietung fey nicht zu verwerfen, daß er die Lande von Pohlen zu gehen nehmen, jährlich zwanzig faufend - Gulden an Pohlen zahlen, außer den Kriegesfoften, und im Kriege den Poblen mit zwo Fahnen Bolfes zu Hülfe ziehen wollte; S. Schuͤtzens Chron. ©. 375. welches viel dazu half, daß dieſer Antrag verworfen wurde. Auch hat in demfelben, Sabre ein] Hauptmann (Schumader) zu Elbing dem. Herten] von Plauen acht Reuter abgejaget, und gefaͤnglich eingebracht. WR $. 131. Im 6often Jahre haben die drey Städte Elbing, Danzig und Braunsberg vier und] zwanzig große und andere kleine Schiffe wohl ausge- ruͤſtet, welches des Drdens Landen viel Schaden geel! than, und mit guter Beute wieder gefommen find.] aut Schügens Chron. ©. 2842 aber den aıften], Sept. hat es bey Heiligenbeil ein ſcharf Gefechte ge⸗ geben, darinn die Elbinger mit den Braunsbergern auf fiebenzig Pferde verloren. Daſelbſt ©. 2864. im folgenden Jahre hat der vorgedachte Hauptmanıp] ($. 130 ) nicht nur feine eigene $eute dem Orden wie⸗ der abgefehlagen, fondern auch etliche von jenen ges n “Fangen, | onen nr gr fangen, dergleichen ihm um Pauli Befehrung noch einmal gelungen. Daſelbſt Si2ggb. In demſel⸗ ben wurden aud) aus dem elbingifchen Rathe mit andern von Sanden und Städten theils nach dem Koͤ⸗ nige um Huͤlfe geſchickt, theils wurde auch zu El— bing, wegen des beilsbergifchen Bifchofs; Paul von Lehendorf, gütliche Linterhandlung gepflögen, um ihn von dem Orden abzuziehen. S. 294 fülm. \ 9. 132, Folgendes Jahr Holeten die Eibinger aus der Wolytte weg, mas fie "antreffen Eonnten, Schuͤtze ©. 297b. Den päbftlichen Gefandten, welcher Friede machen follte, ‚zu hören, wurde 1463. nebft andern von fanden und Städten aus Elbing nad) Breßk abgefertiger Clemens stern, Rath⸗ mannmit dem Secretarius, Balth. Stromer. Daſelbſt ©. 303 b. Aber an Maris Heimſuchung nahm das Ordens Volk den Elbingern alle ihr Vieh weg, auch die beſten Roſſe aus ihren Sattelhoͤfen S. 3082. Das ward wieder gut gemacht, da im September fuͤnf und zwanzig geruͤſtete elbinger Boote [mit den Danziger Schiffen der Kreuzherren Schiffe jeine Meile von Elbing auf dem Haff umtingeten, daß in dem Treffen über 1700 Mann von des Or: dens Bolfe erfchlagen, und die Danziger zwey hin: jdert und funfzig, die Elbinger zwey hundert und’ jvierzig gefangen bekamen, und die erbeuteten Schiffe und Boote wurden unter fie beyde gerheiler. Das ſelbſt S. 309.) Luͤbeck mit andern Hanfeftädten jbemübeten ſich auf Begehr. des Ordens Frieden zu Iftiften zu Thorn, aber es ftieß fich noch am Marien- burgifchen, an der Belehnung des Ordens, und dem Solde für des Ordens Volk, Dafelbft S. zn rn N Ya $. 133. 372 Hanovs zuverlaͤßige Nöchricht G. 133. Mit vem Bifchofe zu Heileberg Fam es um Oculi dahin, daß er erit einen Beyfrieden bes gehrte und erhielte, und hernach zu Elbing auf dem Landtage ein beſtaͤndiger Friede bewirket, und mit Föniglicher Einwilligung genehm gehalten wurde. Es iſt derſelbe zu leſen in Schuͤtzens Chronik ©. 312b. Dadurch ward der frene Handel zwiſchen dem an Pohlen haltenden Preußen und dem ermeländifchen Bisthume wieder frey gemacht, und. zugleich vers mieden, daß der Orden mit feinen Helfern aus dem Ermeländifchen nicht gefpeifet nod) geftärfet würden mider den König und diefe Sande. Hernach haben die Elbinger mit vier Schiffen der Lochftädter und Sifhhaufener Fahrzeuge auf dem Haft zu Grunde gerichtet, und von ihnen und andern ‚Städten viele “Beute eingebracht. Daſelbſt ©. 313. Die Bere: dung und Einbringung zu Thorn wegen eines Fries dens mit dem Orden, ©. 313 b=318a fam zu feinem Schluſſe. Doc) wurde der Ueberfall des von Plauen in der Vorſtadt Eibing durch eine Magd verhindert. ©. 319 4. §. 134. Als es im folgenden Jahre mit den Erbietungen des Ordens noch zu feinem Frieden | fommen fonnte, machten die Elbinger wieder große Beute von eiligenbeil, die ihnen aber wieder abs | gefchlagen wurde, weil die Braunsberger fie nicht | durchlaffen wollten. Darum hernach den Brauns⸗ bergern ihr Vieh genommen wurde. Nah Schüz | tzens Chron. ©. 320b. Darauf haben des Ira | deng $eute im Jahre 1466 auf Invocavit den Elbin⸗ gern alle ihre Speicyer weggebrannt, und bey fieber | Schock großes — an Pe und Rindvieh weg⸗ getrieben. von Elbing. 373 getrieben. Nach Marien Heimfuhung Bat der von Plauen, als er ſah, daß er nichts weiter fchaffen würde, alles Getreide ver Elbinger im Felde anges ſtecket, und: was er dom Viehe befommen konnte, weggebracht. 6. 135. Endlich kam es am igten Setober des a66ften Jahres noch. zu einem. beftändigen Frieden Durch Vermittelung des päbftlichen Gefandten, Ku: dolphs, Biſchofs zu Lavant, der ſich zu Breßlau aufhielt, dadurch der drenzehnjährige Krieg beſchloſ— fen ward. Bey deffen Vollziehung waren nebft ans dern Abgeordneten von Sanden und Städten aus Els Bing Johann Kidler, Bürgermeifter. In dems felben Frieden wird auch Elbing mit aller ihrer Frey⸗ heit, d. i. Landguͤtern, und was dem Orden daſelbſt und zum Waldamte gehoͤret hatte, dem Koͤnige in Pohlen abgetreten; in der Krone ſo wohl, als in Preußen ſollen keine neue Zoͤlle zu Waſſer und Lande noch Marktgelder aufgeſetzet noch verſtattet werden; die Straßen und Wege ſollen den Kaufleuten offen und frey bleiben, auch niemand an feinen Gefchäff: ten gehindert noch zu Rechte befümmert oder anges halten werden, außer in Mishandlungen und neuen Käufen und Eontracten, viel weniger um anderer Miſſethaten oder Schuld; ob die Fubrleute, fo um Sohn Kaufisannsgüter fahren, den Zoll verführen, fo ſollen dieſelben Fuhrleute allein mit ihren Pferden und eigenen Guͤtern dafür büßen, das Kaufmanns- gut aber unbefümmert bleiben, und nicht aufgehals ten werden. Davon ift in Schüsen DI. 331. und in dem Frieden felbft nähere Belehrung und Gewiß/ es beit zu finden. Ya 3 $. 136. 374 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht 69136. Man hat gerechnet, daß in dieſem Kriege diefe Städte ohne ihre Bürger und Bauern nur an fremden Soldnern gehalten, die Danziger 15000, davon nur übrig geblieben 160; die Elbin⸗ ger 1800 von denen feine 600 übrig geblieben; und die Thotner 3000 , von denen etwan 700 am Leben geblieben. Nah Schuͤtzen ©. 331b. Daß es der Stadt 85030 Mark loͤthigen Silbers gefofter , mel: det Ramfep ©. 114 *). Hennenberger erzählet ©. 115. daß Montags nah S. Lucas, als der Friede {don eingegangen war, Heinrich Reuß auf ein Nachtlager gen Elbing gekommen, deswegen viel Bolfs vor die Thüre gekommen , ihren alten Com> for. zu fehen, weil fie gehöret haͤtten, er wäre mit feinent Spannen um ein Yuge gefommen. Darum er in die Thuͤre getreten, und gefprochen + Gebet mic) an, ihr ungetreuen unfer lieben Srauen, allhier ftehe ich, manchem guten Herzen zu einer Freude, und manchem Bofewichte zu einem Stachel, daß fie unsnicht haben koͤnnen vertreiben. So glaube ich, daß, wenn Chriftus wird fommen in fein Gericht, da wird Hans und Gabriel von Banfen das Feld- panier der Verräther führen. Weswegen ein folcher Auflauf entftanden, daß ver Biſchof Paulus und der Rath ihn mit genauer Noth gefüillet, und Heins rich Reuß fich noch denfelben Abend aus der Stadt fortmachen müffen. Welches ev aus Grunowen genommen, wie am Rande ſteht, und aus Leone ©. 317 zu ſehen iſt. Und in dem Landtage des fol genden Jahres ward zu Elbing gerathichlaget wegen der Münze, meldye in des Königs und des Drdens Sanden fo verdächtig fchienen, daß nur die eigene 4 guͤltig von Elbing. 375 guͤltig gehalten wurde. Aber nach) angeſtelleter Pruͤ⸗ fung derſelben durch die Muͤnzmeiſter des Ordens und der drey Staͤdte ward der Unterſcheid ſo klein befunden, daß an der gewogenen Mark ſechs Schotte Silber, oder ein halb bis anderthalb Duart (3) minder befunden ward. Daraus der Schluß fol: gete, daß fie ohne Widerrede von beyden Theilen für vollguͤltig follte genommen, und die Fünftig alle Duatember zu Elbing geprüfet werden, daß fie nicht fchlechter gemuͤnzet würde, als auf fechs Schott Sil⸗ ber in ‚die gewogene Marf, ein halb Duart mehr oder minder, und der Ueberfchrot mehr nicht, dern zehen Schillinge betragen follte *). So viel durfte namlich dem Schrote abgehen, daß zehn Stuͤcke über Die Zahl kaͤmen. | *) Weil nach dem folgenden $.die Marf loͤthiges GSil- bers damals vier gewogene Marke, oder Münzmarfe gegeben, fo hat der Krieg 330120 Mark gekoſtet. Keo führet an ©. 314, daß es den Elbingern ges Eoftet habe 56966 Gulden, den Thornern 127333 Gulden, den Danzigern 460896 Gulden. * Hiebey ift Herren Brauns Anmerkung vom pohl⸗ niſchen und preußifcben Muͤnzwweſen S. 43 und 44 zu bedenfen, nach welcher die Gchillinge noch nicht vier loͤthig geweſen, da fechd Schotte nur vier Lothe machen, und bier fehlte noch bis ans derthalb Duart, oder Ditentchen. Am Gchrofe haben fie nur vier und zwanzig Affe gehalten. Weil eine Mark preußifch bundert und vier und zwanzig Englis nnd zwölf Affe gehalten bat, d. i. 5980 Affe, und dag Kupfer dabey dreymal fo viel eweſen, fo.macht-die Summ 27920 Affe. Da jeder Schilling vier und zwanzig Affe haͤlt, find aus der Mark fein Gilber eilf hundert brey und - fechzig und ein Drittel Stücke gefihlagen. Wenn Aa 4 dieſe 376 Hanovs zuverläßige Nachricht diefe, nach Braunen acht Dark Geldes betragen, weil jede Mark feche Schotte an Gilber hat, und | vier und zwanzig Schotte eine Mark geben: fo wäs ren 3.060480, welche doppelt genommen neun hundert und fechjig geben, die noch weniger find, alz eilf hundert drey und Sechzig und ein Drittel. Es iſt alſo ein folch Stuck, deren Herr Braum awanzig gewogen, noch nicht ein halber Schilling, weil noch übrig bleiben zwey Hundert und drey Stuͤ⸗ ee, die nur um fieben umd dreyßig Stuͤck weniger find, als eine halbe Mark Geldes. Alſo iſt aus einer Mark Silber bald acht und eine halbe Mark] Geldes gefchlagen. Weil Herr Braun ein ander Stuͤck zwey und dreyßig AR ſchwer befunden, fo muß Diefes noch eine beilere Art Geldes geweſen feyn, wenigſtens dem Schrote nach, wenn das . Korn darin einerley Beſchaffenheit gehabt. Denn fo fommen nur folcher halben Schillinge fießen Marke aus einer Mark fein, und bleiben drey und ein Viertel Stuͤcke übrig. Wiewol von fechd Schotte oder vier Lothe Silber in der Mark Gel: des geweſen, fo find zwoͤlf Lothe Kupfer zugefeget, und in der That aus einer Mark Silber vier Mark Geldes gefihlagen ; folglich ift ein folch abgemwogen Stuck weder ein Schilling, noch ein halber Schilling, fondern nur ein Bierchen, d. i. ein Biertheil Schil- ling geweſen, deren zwey hundert und vierzig auf die Mark gegangen. So wären flatt vier bald | fünf Mark Geldes aus einer Mark Silber gefchla> gen, wegen ded verringerten Gchroted, da ein Vierchen acht und zwanzig Affe hatte halten follen, und es nicht zu glauben iff, Daß durch den Ges Brauch fo vielen gleich viel und zwar vier Affe follte abgegangen feyn. 6 137. Wegen des Pfennigzinfes und Erbgel⸗ der ward befchloffen, daß diefe von denen durch ven Feind zerftörten, ober verbrannten, oder mit Gaͤ⸗ fien ron elite. 477 ſten uͤberwaͤltigten Erben nicht dürften bezahlet, noch daruͤber Gericht gehalten werden; es waͤre denn, daß die Leüte dieſelbe Doc gebraucht hätten, darüber follte nah) der Billigkeit erkannt werden. Hernach ward ih einer folgenden Tagefahrt zu Elbing bes ſchloſſen, Daß die auf Dem Sande verheereten Bauern, und die in ven Fleinen Städten von beyden Theilen erftiegenen die Erbgelder und Zinfen niche zahlen dürften, da fie gar zu Örunde verderbet wären, auch in den nächft Fünftigen fünf Sahren ſollten ungemah⸗ net bleiben, doch der Hauptſumme der Erbgelder ‚unbefhader, Mac) Verlauf der fünf Jahre aber ſollten fie anfangen ihre Erbgelder und Pfennigzinfen nad) Inhalt des Kaufes auf die geſetzten Tage zu ent« richten nach Erkenntniß ihres Herrfchaft, nur Sam⸗ land und die Werder ausgefchieden. Andere Schul: Den vor und in dem Kriege follten aud) zu der Herr⸗ [haft Ermäßigung ftehen. Wer aber in Städten und Dörfern fein Erbe befeffen und genoffen, daß er wohl die Erbgelder und Zinfen hätte vermocht zu ge⸗ ben, darüber foll die Obrigkeit erfennen nad) Befin» den der Sade, m 9. 138. Wer Häufer oder liegende Guͤter ge- Fauft, und ein Theil der Kaufſumme abgegeben hat, der ift nicht gehalten, das übrige zu zahlen, wenn das Erbe fo verderbet ift im Kriege, daß es nicht die Hälfte des Geldes nach Verlauf der fünf Jahre gel ten fann. Die übrigen Fälle werden dev Obrigkeit zu entfcheiden uͤberlaſſen, und was die nicht fehlichten fann, gehöret auf den Landtag. Welche Erbe aber ‚in wahrendem Kriege gekauft find, derentwegen bleibt es bey dem getroffenen Kaufe ꝛe. Wer fre IT | Ya 5 ventlich — 378 Hanovs zuverlaßige Nachricht ventlich von ſeinem gekauften Erbe, das er.in den fünf Jahren. auf fein beftes genußer, toider der Herr: ſchaft Willen, wegzieben, ehe er es in waͤhrende Hand gebracht, der ſoll weder in den koͤniglich pohl⸗ niſchen noch preußiſchen Landen geduldet werden. Welche Erbe und Gründe. wegen Schuld. verlaffen oder übergeben werden, Daß fich deren ‚niemand will unterwinden, Dadurch der Herrſchaft an ihren Rech⸗ ten zu kurz geſchieht, Daß in die Laͤnge ſolch Dorf oder Stadt ıc. wüjte werden müßte: diefelben follen entweder Die Zinfen darauf haben, nad) Marfzahl beffern oder bauen, ‚oder die Herrfchaft foll ſich der— felben unterwinden, und fie wieder beſetzen. ‘Der= gleichen wüfte Haaben auf dem Sande follen je eher je lieber aufgebothen werden, und ein halb Jahr oder ein ganzes Jahr um deren Willen, die außer Landes, nach dem noch gehalten werben. Werden fie in der Zeit nicht in währende Hand gebracht, foll die Herrſchaft Macht haben, fie zu befegen. So foll es auch gehalten werden mit denen, welchen Erbe ans ftürben, die fie nicht beziehen y ober in gute Hände bringen koͤnnten. Endlich die fi) mit ungiemlichen Worten in-beyden Theilen wider den Frieden verge- ben, und deſſen überzeuget werden, follen unaues bleibliche Wegſetzung und Beftrafung zu gewarten haben, Welches alles in Schusens Chronik Bl. 335 folg. weiter nachzufehen ſteht. §. 139. Fraͤgt man, warum Vincentius Kiel- bas zu Peterfau das Wort geführer, fo ift folgende bisherige Anecdote nicht mit Stillfchweigen zu uͤber⸗ gehen. Ich habe fie in einem pergamenfenen ges — Buche gefunden unter andern Sachen. Darin Avon Elbing. 379 Darin ſteht: Anno 1472 zu Elbing ein Verſuch etli⸗ cher Artikel auf ein oder zwey Jahre wegen eines oberſten Gerichts, ſo im Lande allein fuͤr (wider) Gewalt gehalten werden ſoll, einen jeden bey ſeinen Freyheiten und Handfeſten durch Recht zu ſchuͤtzen. Kraft deſſelben ſollte darin figen: x) der Biſchof von Heilsberg, und eine Stimme haben. 2) Der Biſchof von Ealmfee follte auch eine Stimme haben. 3) Ein Domherr von Frauenberg, und einer von Calmſee, jeder eine Stimme. Weiter der culmifche Woywode mit dem culmifhen Herrn (etwan Caftels lan), beyde nur eine Stimme; ver marienburgifche Woywode mit: dem elbingifchen Herrn nur. eine | Stimme; der pomerellifhe Woywode mit dem po= merellifchen Herrn nureine Stimme. Zween Herren des Raths von Thorn nur eine Stimme; zween Her- ‚ren des Raths von Elbing nur eine Stimme; und zween Herren des Raths von Danzig auch nur eine Stimme Man fieht ohne Erinnern, daß in dieſem Belieben des Landes eine heimliche Bedingung vor» aus gefeget worden, wenn nämlich die Händel mit Tungen würden geendigerfeyn. Man fieht auch un« ſchwer, daß wegen ver Domherren und Woywoden, imgleichen der Caftellane, die mit den Woywoden nur eine Stimme haben follten, und: der. wenigen ‚Stimmen der Städte fich werden Schwierigfeiten ges funden haben, um derem willen dem erften Entwurfe nicht nachgeleber iſt. Auch ift derfelbe nur von dem oberften Gerichte, und nicht eben von dem Landtage abgefaſſet. Indeß zeiget er Doc) den erften Verſuch, der nachher verbefierten Ordnung auf den Sandtägen. Als Tungen ausgeſoͤhnet war, ift er auf den Landtage x Anno / 380 Hanovs zuverläßige Nachricht Anno 1482, laut Schüsens Chronik, doch als Föniglicher Gefandter und Mittler. Ä | 8.140. Im Jahre 1472 fehenfte der König Cafimir zur Ehre Gottes und der heiligen Brigitten, den elbingifchen Nonnenflofter der Brigittiner, fo 3470 erbautet worden, feine Dörfer Arebsdorf und Karſchau, in dem elbingifchen Gebiete gelegen *), mit Bewilligung feiner Näthe, mit aller Herrſchaft darüber, auch alfen Zinfen und Einkünften, fo das von zu erhalten ftehen, zu Waffer und zu Lande, Er befreyet diefelben Dörfer von allen Beläftiguns gen an Schaarwerfen, Abgaben, Borfpann, und wie fie fonft heißen mögen, und ihm und feinen Rad)» folgern darin nichts vor; fondern die Priorinn mit ihren Untergebenen und Xelteften follen fie ewig bes ſitzen und genießen, wie fie am beften mögen. Dars ſitz g / um ſollten auch deren Bauern und Einwohner unter der geiſtlichen Gerichtsbarkeit ſtehen. Dieſe Schen⸗ kung iſt ausgeſtellet zu Thorn den Mitwoch vor Weihnachten. Krebsdorf liegt im elbingiſchen Werber, und muß zu den Ausnahmen gehoͤret haben, ſowohl als Karſchau, ſo außer der Hoͤhe liegt. A G. 141. Allmaͤhlig begunten etliche Pohlen fid) in die preußifchen Sachen zu mengen, daß es fchien, als wollten fie die preußifchen Rechte in ihre Hände fpielen. So fing man an Pohlen zu den preußifchen Bisthuͤmern zu dringen. Wie des Königes Ges beimfchreiber Bincentius Kielbasz bereits culmifcher Bifhof war, fo wollte man ihn nad) dem Tode des ermeländifchen Bifchofs gern an deffen Stelle brin⸗ gen, er ward auch zum Verwalter eine Zeitlang ges ſetzet, F von Elbing. 381 ſetzet, hielt aber ſchlecht Haus, Darnach wollten fie einen andern Pohlen Opporowski an ſeine Stelle bringen, der auch zu Rom dazu Beſtallung erhielt, und Nic. von Tungen, den das Capitel nad) fei« nem Wahlrechte erfohren hatte, follte mit Gelde ab- gefunden, oder mit einem andern Bisthume verfors get werden. Weil aber diefes wider die preußifchen Rechte lief, die im Hauptvergleiche waren beftätigee worden: fo bath der von Tungen mit feinen Doms herren Sande und Städte um ihre Vermittelung. Welche auch) darum vorgenommen ward, weil fie auch ſchon andere Eingriffe in die Vorrechte der Preußen äußern wollten, als da man verlangte, fie follten ohne befondere Erlaubniß des Königes u. ſ. w. Siehe Schuͤtzens DI. 339. Darum wurde den Städten Elbing und Danzig aufgetragen, mit von Tungen Handlung zu pflegen, der etliche Schlöfler auch die Hauptftadt Heilsberg eingenommen hatte, und Des Königs Befagung im Schloſſe belagerte, Sie brachten eg durch viele Mühe fo weit, daß ihnen die eingenommenen Derter. Heilsberg und Seeburg fo lange follten zu treuen Händen übergeben werden, $. 142. : Auf dem Sandtage zu Elbing nah) Miz. Ichael geſchah endlic) die DVerfchreibung, weswegen, hernach noch viel Verdruß entftanden, da Oppos owski den Pabft und. den König famt den Pohlen auf feiner Seite, und, der, König den von Tungen für inen Feind erElärete, und nichts von. ihm. wiſſen u Rn wolle, 382 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht mollte, Deswegen find Anno 1473 zween Sandtäge in Elbing gehalten worden; welches auch in den fol⸗ genden Jahren bald zu Eibing ‚ bald anderswo fort- gefeget worden, deren Bertauf in Schügens Chro⸗ nik zu finden it. Endlich ward im Sabre 1476 zu Elbing die Sache fo weit gebracht, daß Tunge des Königes Gnade fuchen möchte, weil ver. König ver⸗ ſprochen, ihm wohl zwey Bisthuͤmer fuͤr eins zu ges ben. Alſo zog er mit dem Hohemeiſter zum Könige, und fand Sürfprache, daß der König ihm das erme- laͤndiſche Bisthum wieder einräumen ließe, und dem’ Domcapitel feine Privilegien beſtaͤtigte. Daſelbſt ©.366. Damals mußte auch) der Bifchof die elbin- gifchen Hofpitalgüter um Philippi und Jacobi wie— der abtreten, doc) daß fie zu nichts als zum Hofpital verwendet würden. Golchergeftalt endigte fich der Streit, darein der Bifchof, in deffen Sprengel El— bing gehöret, vermwicelt war. Was die Stadt da= bey gelitten, führer jie dem — einigermaßen zu Gemuͤthe, bey Schuͤtzen ©. 393b. 6.143. Darnach Flagte der Hohemeifter im Jahre 1480 über die Elbinger, und diefe wieder über den Hohemeifter auf dem Sandtage zu preußifch Hol⸗ land und Eibing. Jene fagten, er habe wider den ewigen Srieden verbothen, ihr Bier nad) Königsberg zu führen, und fo man es hinbrächte , follte man es ihnen nehmen, und die Tonnen zerhauen. ‘Da eg] Doch als eine redliche Raufmannsiwaare nach Eng> land und Holland geführet würde. Dieſer ließ ver⸗ lauten, man möchte das Bier wohl dahin führen, zu der Herren Mugen, aber nicht zu ihrem: Schaden, wie ef e thäten, wenn fie es zu gehen und zwoͤlf Laſten bins von Elbing. 33 binbrächten, es heimlich i in Die Keller verlegen liegen, oder auch offenbar-auf die Bollwerfe, dadurch feine Städte verderbet würden, Schuͤtzens ‚Chronite ©. 367b.. $. 144: Auch waren Anno 1483 ie Klagen über den’ Börnftein, der aus des Hohemeifters Laͤn⸗ dereyen, Elbing follte abhängig gemacht und verfau- fet werden. Aber die Stadt ließ antworten: die bey ihnen Börnftein gekauft hätten, wären erböthig, ihre Gewähren zu ftellen; fo hätten fie auch feine DBörnfteine daher. Endlich. ward beliebet, den Die: ben des Börnfteins von beyden Seiten Fräftig zu teuren, ©. 369. Als aber die Klagen dennoch vor den König famen, ward dagegen geflaget, daß der Orden wohl ‘zu Balge i im Tiefe einen neuen Zoll wi: ‚der den ewigen Srieden angeleget, welcher dem gan: ‚zen Föniglichen Lande fchädlich fen, ja das balgifche Zief fen den Elbingern gar verbothen. Der Ab- ſchied fiel dahinaus, das balgifche Tief follte jeglichem Kaufmanne frey bleiben, ' Was der Hohemeifter mit feinem Lande auffegete, müßte bey den einländi« ſchen Unterthanen allein gelten, ©. 3712. 6.145. Anno 1485 war zu Thorn ein Landtag, auf welchem fic) befanden der andere Hohemeifter,der heils⸗ bergifhe Bifchof von Tungen, und jonft noch Bir ſchoͤfe, auch Lande und Städte, die faft vier Wochen beyfammen gemwefen. Da follen die Thorner bey dem Könige angefuchet haben, daß die Kaufleute mit ihren Gütern, und die Fuhrleute, fo aus Ungarn, Mähren, Böhmen und Schlefien nad) Danzig woll⸗ ten, nicht teiter fahren, fondern da ablegen,’ verz, — und wieder kaufen ſollten. Dieſes ſoll ihnen der 384 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht der König, wie es heißt, mit Zulaß der Elbinger und Danziger, (die es.nicht haben wehren Fonnen,) verbriefer und verfiegeit ‚haben. Aber es fey den Kaufleuten ungelegen geweſen, die über Nakel und Zauchel auf Danzig gezogen. Diefes theils aus Hennenbergern, theils aus Waißeln angeführte, wird in der zerneckifchen Chronite der, Stadt Thorn nur eben fo gemeldet. Weil nad) Waißels Berichte ©. 256 b. damals dem Könige die Priviles gien aufgeleget find, fo wird da ohne Zweifel der Thorner ihr Fniprodifhes Privilegium vorgekom⸗ men ſeyn, nach welchem Anno 1365 die Pohlen ihre Waaren nad Thorn zum Verkauf bringen und nies verlegen follten, wie in der thorniſchen Chronik ©. 22 gemeldet wird. Imgleichen was Conrad von Tungingen Anno 1403 foll verliehen ‚haben, Daß die auslandifchen Kaufleute die alten Draußen auf Thorn nehmen, und da Niederlage halten follten, ©. 23 dafelbft, Endlich was Cafimir Anno 1457. wegen der. fehlefifchen. und: pohlnifchen » Kaufleuten Niederlage verordnet hatte, ©. 65 daſelbſt. Weil Weinreich von Rniprode den Elbingern auch eine Niederlage verfkattete ($. 106.)5. ift e8 wahre ſcheinlich, daß auch fie zu der Zeit werden ihre Nie derlage zu erweitern «gefuchet haben, obſchon Davon. noch Feine geroiffe Nachricht zu meinen Händen ge⸗ kommen. Weiter unten werden wir Davon etwas mehr Licht befommen. · re ee G. 146. Jedoch iſt e8 nicht: unangemerkt zu laſſen, daß ſich die Pohlen gleich Anfangs wider die thorniſche Niederlage muͤſſen geſperret haben, weil in Waißeln a. O. der Pohnikdun aaa· nicht von Elbin 385 nicht gedacht wird. Ya als Anno 1486 die Thorner bey Tadel alle Kaufmannsgüter aus Schlefien, Uns garn und Mähren nach Thorn frieben, und ihnen. nicht verftatten wollten, ferner zu fahren : fo entſtund da ein graulic) Todtſchlagen, zwanzig Thorner wur— den gefangen, Die Kaufleute fhägten ihren Waaren⸗ verluft 70000 fl., welchen Schaden fie forderten, und da-fie nicht gehöret wurden, fuchten fie fich durch Meuterey und Mord felbft zu rächen. S. Hennenb. Auch fagten die Krafauer, es fey vor Alters her fo ‚Igewefen, daß die Böhmen, Ungarn, Mährer, und Schleſier nicht weiter fahren follten,als nach Crafom, und da ihren Marke halten. Daher es gefchehen, daß die gedachten Kaufleute nah Frankfurt und Stettin, zu nicht geringem Schaden aller hiefigen Lande, fich gewendet, wie ung folches eben der Waißel auf der angeführten Seite feiner Chronik ‚berichtet. Er meldet auch hernach, daß auf der fol- genden Tagefahrt, welche den 8. Decemb. zu Elbing gehalten worden, verlautbahrer fey; daß auh Bugslaff, der Herzog in Pommern, in allen feinen tanden gebothen habe bey Leibe und Gute, daß fie ‚ihre Waaren eben fo weit führen follten, als die Un» - zarn und Böhmen, welches auch zu Schaden wiefer ande gereiche. Allein die Thorner hätten gefaget, fie wollten Leib und Gut zufegen, um bey ihrer Ver— chreibung zu bleiben. I 9. 147. Nicht allein der Stadt Danzig, fon dem ganzen preußifchen Lande, fiel diefer neue Zwang der Kaufleute, und die daraus folgende Ab— wendung des bisherigen Handels von diefen Ländern, | r befehmerlich. Daher wuchſen die Befchtverden 21 Band, | Bb daruͤber u 386 Hanovs zuverläßige Nachricht “ darüber von Tage zu Tage, und die großen Städte | ſahen ſich genöthiget, ein Mittel dawider zu finden, Sie Eamen in Danzig zufammen. Im Jahre 1489, vermittelten die Elbinger durch Tiedemann Hoͤger die Zwiſtigkeit, fo fih zroifchen den Thornern und | Danzigern wegen der Niederlage der Waaren geäufs | fert. Es ward verglichen, auf zehen Sabre die Straßen jedermann frey zu laflen, in melchen die drey Städte bemerken und mit Eintracht erkennen follten, ob das dem Lande Srommen oder Schaden |: einbringen würde. Jedoch follte diefes der Thorner ihren Stapelbriefen zu feinem Nachtheile gereichen, | nah Schuͤtzens Chronik ©. 373 b. * $. 148. Indeſſen war der elbingifche oder heils⸗ bergifche Bifchof geftorben, und Die Domberren hate]; ten nach ihren Privilegien bald einen aus ihrer Zahl, |. und einen gebohrnen Preußen, Lucas von Watze⸗ brod, erwählet, ehe ihnen ein anderer möchte aufge⸗ drungen werden, Er hatte drenzehen Stimmen ge⸗ habt, und waren nur fechfe ihm entgegen. Nichts deſtoweniger konnte man wohl ſehen, womit in Poh⸗ len umgegangen wuͤrde, als der Koͤnig dieſe Wahl) zu vernichten vorgeben ließe durch ſeine bald herge⸗ ſchickte Geſandten, die Kuͤhr waͤre ungültig, weil ſie nicht vorher dem Koͤnige zu wiſſen gethan, ſondern uͤbereilet, und eine Perfon erwaͤhlet, die dem Königel: nicht angenehm, als der feinen angenehmern haͤtte, als ſeinen ehelichen Sohn Friederich, den der Pabſt aus eigener Bewegung mit dem Bisthume — | habe, da er gehöret, er wolle geiftlich werden. ie) Domherren antworteten auf alles, und zeigeten, daß ſie nach den Rechten und Privilegien die Wahl voll⸗ | zogen, | von Elbing. 387 zogen, nach welchen ein Einzoͤgling ſollte gewaͤhlet werden, ꝛc. Daſelbſt ©. 374 folg. $. 149. Die Beſchwerden über die pohlniſchen Staroften und andere Eingriffe in ihre Borrechte nahmen immer zu, daß die Preußen im Jahre 1492 eine Bothfchaft jenden mußten nach Wilda, zu wel cher von Elbing abgefertiget wurden Nic. Sonne⸗ wald, und Mas (Matthias) von Lohe. Siehe Schuͤtzens ©. 386b. Als mit folcher Bothſchaft acht mehr als ein aufgefchobenes Berfprechen, die Gewalt zu unterfuchen, erhalten war, ©. 393b. und die Boten des Landes wieder heimgereifet waren, ftatteten fie davon auf dem Landtage Bericht ab, und da Fam die Nachricht an, der König Cafimir fen ges ftorben. ©. 3952. Bey dem neuen Könige “Job, Albrecht hatten die Preußen, fonderlich die von El: bing und Danzig, ſich wegen einer böfen Nachrede zu entfchuldigen , welche gegen fie ausgefprenget worden, als hätten fie mit dem ermeländifchen Bifchofe und dem Orden fich verbunden, dem Könige nicht zu hul⸗ digen, und luden ihn lieber ein die Huldigung bald einzunehmen, und ihre Gerechtigfeit und Freyheiten zu befhügen. Im Jahre 1493 verfenfete ein großer - Sturmmwind das Elbinger Tief, nach) Hennenber⸗ gers Lanötsfel S. 115. Der König fam erſt 1494 nad) Elbing, empfing die Huldigung, und weil fein Bruder Friederich Erzbifchof in der Krone gewor— den, wurden die bisherigen Klagen endlich geftiller. ©. 398a in Schuͤtzens Chronik, 9 150, Weil in diefem Jahre der König von Elbing nad) Thorn gieng, und mit ihm die Käthe des Landes, und er Dafelbit verordnet hat, was im J N 3 Lande 238 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht Lande zu ordnen war, ſowohl von wegen der Haupt Ieute als der Sandgerichte, Damit ein jedermann im Sande für Gewalt ficher wäre *): fo ift es glaublich, daß damals die Bejchwerden der Preußen abgerhan find, weil hinzu gefüget wird, daß binfort ben feiner Regierung Ruhe und Einigkeit erhalten ſey. Es ift auch glaublih, daß um die Zeit der Bifchof von | Ermland den Borfiß im preußiſchen Rathe merde | erhalten haben **). Endlich ijt glaublich, daß des großen Jandgerichts wegen dag Siegel des Landes der Stadt Elbing leicht um der Urfache willen anver⸗ trauer fen, weil fie in des ermeländifchen Bifchofs Sprengel die große Stadt war, da es theils bald zur Hand, theils ficher verwahrt zu feyn fchien unter dem Siegel des Präfidenteh im $andrathe. Denn die Sicherheit wider Gewalt war wohl nicht beffer, als durch den gefamten preußifchen Rath in den or⸗ dentlichen Sandtägen zu bewerkftelligen. *, Sind Worte der ſchuͤtziſchen Chronik ©. 308. die wohl einer weitern Erzählung des ganzen Ver⸗ faufes zur Erläuterung bedurft hatten. _ Es iſt merkwürdig, mie fich die preußiſchen Kuͤhrorten auf dem Wahltage gegen den neuen König verlaus ten laffen, da er Anfangs nur durch eine anſehnli⸗ che Geſandtſchaft die Huldigung in Preußen zu em⸗ pfangen meynte: Lande und Staͤdte hätten eintraͤch⸗ tiglich beſchloſſen, keinesweges den Eid zu leiſten, es ‚wären denn ihre Gebrechen, darüber fe oͤfters ges klaget, abgeichaffet, und fie in vollfommenen Bes fig ihrer verfchriebenen Freyheiten und Gerechtig⸗ kaͤten geſetzet. Wozu des Koͤniges Gegenwart noͤ⸗ thig ſey. Daſelbſt S. 396 a. | IE | >*) Der Bifchof Aucas von Watzebrod mar ſchon benyp der Wahl des Koniges geweſen, und hatte au von Elbing. 289 mit gewählet ; ob er fehon vorher auf dem Panb- tage 1492 nur feiner Sache wegen -auf den Land⸗ tag gekommen war. Auf dem Landrage zu Chrift: berg lieſt man noch nicht8 von feinem Vorfige, obz ſchon alle ſich da vereinigten, wegen der Abſchaf⸗ fung ihrer Befchwerden, alle für einen Mann zu ftchen. Laut Schuͤtzens Chron. G. 396 b folg. Seine Sache wurde erff Anno 1494 recht beygele⸗ get. Denn obgleich in Schuͤtzens Stelle ©. 396 a das Jahr 1495 ſteht: fo lehret Doch die Eönigliche Beſtaͤtigung der preußifchen Privilegien , welche in den Juribus fundamentalibus Terrarum Pruflic. ©. 37 folg. ftebt, daß die Huldigung im Jahre 1494 gefcheben ſey. In der Beflätigung nennet fi) der König Ducem Proſſiae ac Culmenfis, El- bingenfis et Pomeraniae dominum et haeredem, Wie in dem Hauptvergleiche mit Pohlen die Pra- laten vor den Werlichen ſtehen: fo ruͤhmet auch - + bier der König ihre Beſtaͤndigkeit in der Treue ge: gen ſeinen Vater, und daß fie ihn einhallig mit zum Könige erwähler. Daher beffatiget er aus Dank— - barkeit der Pralaten, Woywoden, Beamten, Rits terſchaft der Stadte und ihrer Gemeinden , u.f. w. alle ihre Rechte und Borrechte, u. ff. Man fins det auch, daß nach dem tödtlichen Hintritte dieſes Königes, zu Thorn Anno 1499 der Bifchof von ‚Heildberg mit Heren Nic. von Bayfen es beitels let haben, daß alle Dinge im Lande richtig ftehen möchten, bis zur Wahl eines neuen Königeg; nach Schügens Chronik ©. 400b. 152 Im Jahre 1496 machten franzöfifche Geeräuber die Schifffahrt unficher, bis fie zu Dan zig eingebracht, und ihrer fechzehn gerichtet wurden. De große Sturm, welcher im folgenden Jahre vier Tage übel baufete, und die Nehrung durchbrach, ird auch bey Elbing nicht viel gutes geftiftet haben, — Nach —*8 3 ” “ Ben’ ihr n u 390 Hanovs zuverläfige Nachricht Nah Schuͤtzens Chron. S. 3996. Des heils- bergifchen Bifchofs Synodalverordnungen dieſes Jahres, die noch rohen Preußen zu befiern, erzaͤhlet einigermaßen Seo Hitt. Prufl. ©. 335. Dem neuen Hobemeifter, Herzog Friederih zu Sachſen war wohl darum dieſe Würde im Jahre 1498 aufgetra= gen, und ihm im deurfchen Reiche auch Hülfe zuge— fast, Daß er ganz Preußen wieder an den Orden bringen follte. Allein, er hatte billig Bedenken, mit Pohlen Krieg anzufangen, da fein Bruder eine pohl⸗ nifche Prinzeginn zur Gemahlinn hatte. Schuͤtze ©. 400.2. 9.152. Immittelſt waren die Jahre verlaufen, | innerhalb welchen nach $. 145. die Straßen jeber- mann unvermwehret feyn foliten, und es müffen ſich die Ihorner und Elbinger mit ihrer Stapelgerech- tigfeit wieder geäußert haben: mweil, durch Hennen⸗ berger , in der Erklaͤrung feiner Landtafel, ©. 116. eine Klage über die Danziger angeführer wird, daß fie eine Zeit her an das Landgericht ihre Sache nicht zur Entſcheidung ‚wollen fommen laffen. Sa es heißt, fie hätten ſich mit dem Urrheile zwifchen ihnen und den Elbingern nicht wollen begnügen laſſen, fondern hätten fih an die pohlnifchen Räthe gewen⸗ det. Die Urfache läßt ſich leicht finden, weil die Pohlen fich nicht wollten durch den, ohne ihren Wil⸗ Ien, errichteten Stapel zwingen laflen, ihre Guͤter da nieder zu legen, fondern fie frey hinzuführen, mie vor Alters, begehreten, wohin fie wollten, bevorab nach Danzig. Darum diefe Sache im Lande, ohne der Pohlen Einmilligung, nicht Eonnte hingeleget und abgethan werden. | — §. 153. eng 391 "8 153. Auf dem marienburgifchen Sandfage, nach dem Fefte der heiligen Dreyeinigfeit, hat es im Jahre 1500 wieder viel Streitens gegeben wegen der Niederlage, Worauf es eigentlich angefommen, wird ung nicht fund gethan. Schürze übergeht diefe Zeiten und Gefchäffte, fo da vorgegangen, mit tiefem Stillſchweigen. Und die Zernekifche Chro⸗ nike bat auch niche für dienlich gefunden, mehr aus den Verſen anzuführen, als diefes: die Anfechtung des Stapels fey von geringer MWirfung geweſen. ©. 92.*) Man kann folches ſchon daher abneh— men, weil fie im vorigen Jahre, wider des Königs Berftattung der freyen Borbenfchiffung des pohlni= fihen Getreides ıc. proteftiret hatten... Daß ihnen die Elbinger hierinn, als in einer gemeinfchaftlichen Sache, die zu ihrem Vortheile gereichte, beyge- pflichtee, kann man aus dem vorangeregten leichtlich ermeflen. Was fie mit den Danzigern, wegen der Mehrung, noch zu thun hatten, wird es im Folgen den beitärfen. *) Wenn der freye Handel durch den Stapel nicht, foll gekraͤnket, oder gar anders wohin fich ziehen, fo muß er auf das gegründet werden, was der freye Berkäufer feiner Güter für fich gern zu. thun pflegt. Er verkaufe aber gemeiniglich gern mit der wenigſten Beſchwerde fo theuer, daß er an— derswo durch einen weitern Weg, Unkoften und WVerſaumniß abgerechnet, nicht mehr dafür bes fommen würde, wenn die übrigen Umſtaͤnde einer: ley find. Darum auch der Stapel fo einzurichten ft, daß er weder dem Verkäufer noch anderer Des duͤrfniſſen zum Nachtheile gereiche. Er pfleget alfo, wenn nicht befondere Urſachen ein anderes errheiſchen, fo beſtellet zu werden, dag er niemand ar 3654 befchwer: 392 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht beſchwerlich wird, ſondern wenn die durchreiſenden Kaufguͤter in geſetzter kurzer Zeit (von ein bis drey Tagen) gewartet haben, und angebothen ſind, es findet ſich aber kein Kaͤufer, deſſen Gebot auf die Waare dem Verkaͤufer anſteht, fo mag er weiter ziehen, wohin ev gedenket, dieſes iſt der natuͤrli— chen Billigkeit und Menſchenliebe am gemäßelten, Darum werden die Monopolia ſelbſt in einer Stade nicht leicht verftattet einem Mitbürger, viel weni» ger einem Fremden. — $. 154. Als im Jahre 1501 der König, "Jo. Albrecht, zu Thorn am Schlagfluffe den ı7tem Sum. geftorben, und fein Bruder, Alexander, im December an feiner Statt zum Könige erwaͤhlet mar: ward ihm ins folgenden Jahre gehuldiger, ob gleich feine Ankunft in Preußen nod) zwey Jahre ausgefeget blieb. Schon zu Anfange feiner Regie— rung friegte Elbing und Danzig viel zu thun mit einem Thomas Gödefe, der vom Rheinftrom her mar, und diefe Städte in die Reichsacht brachte, woraus ihnen viel Befchwerlichfeit entſtand. Die Urfache war, weil in den verwichenen Jahren, uns ter dem vorigen Könige, merkliche Theurung in Preußen geworden, darum, daß allzuviel Getreide ausgefchiffet wurde an andere Derter, da Miswachs gemwefen. Solcher -fortan vorzubeugen, verboten Lande und Städte öffentlich, daß niemand Getreide aus dem Sande ausführen follte, bey Verluſt deffelben, wieder Hohemeifter in feinen Janden auch gethan hatte, Da nun diefer Gödefe durch feine Diener in der Ma— form viel Getreide für fremd Geld hatte auffaufen laffen, in Meynung, damit über See fortzufchiffen, und viel zu gewinnen: fo gelung ihm folches nicht, Ku | * und von Elbing. 393 und er mußte nach dem Marktgange ſein Korn mit Verluſt zu Elbing und Danzig losfchlagen, und Schulden halber flüchtig werden. Solches Scha= dens fich zuserholen, ließ er die beyden Städte an das Faiferlihe Kammergericht ausladen, mit dem erdichteten Vorgeben, als hätten fie ihm fieben und vierzig Schiffe voll Korns mit Gewalt genommen, und unbezahle in ihrer Bürger Mugen verwendet. Der König verhieß fie bey dem Kaifer zu vertreten, und verbot ihnen, auf die Faiferliche Ladung nicht zu erfcheinen. Darüber wurden fie im Jahre 1502 in des Reichs Acht und funfzig Mark löthigen Goldes verdampit, Man finder ſolches nad) der Länge ans geführer in Schuͤtzens Chron, Bl. 401. ‚Die Fortfegung folger. Ds 11T. Herrn 394 Dont einer neuen Methode, S*eR RX AXXX a MM. > Herrn Daviel, des juͤngern, Sendſchreiben an die Hrn. Verfaſſer bes Journal des Sgavans, darinn er 3 feine neu erfundene Methode, den grauen Staar herauszuziehen, und die Vorzuͤge derfelben *) beſchreibt; Aus dem Monat Februar gedachten Journals, d. J. 1756. Seite 375 = 401. überfeget, und mit Anmerkungen erläutert, von D. Joh. Georg Kruͤniz. Meine Herren; | in gewiſſer Naturforfcher,, mit welchem ich vor einiger Zeit wegen der Herausziehung des grauen Staares geſprochen, frug mich, ob man bey Vornehmung dieſer Operation, auf folgende vier Puncte ſehen muͤſſe: 1) Muß *) Die erſte Nachricht und Beſchreibung, welche un: ferd Herrn Verſags Vater von der N ung den grauen Staar herauszuziehen. 395 1) Muß der Staar nothwendig reif fenn? 2) Kann die Wahl der Jahreszeit zu einem glüd- lichen Erfolge wefentlich etwas beytragen ? 3) Hindert die Narbe, welche nach dem Schnitte, | den man in die Hornhaut gemacht, entfteht, am Sehen? | 4) Iſt nicht das Heraustrefen der glasförmigen Feuchtigkeit eine nahe Urfache des verlornen Gefichtes ? Ka, | Diefe bung des grauen Staares befannt gemacht hat, fleht unter der Rubrif: Nouvelle methode de guerir la catarafte par l’extraltion du cryftallin, im a6ten Artikel des zu Paris 1753 in groß 4. bers ausgekommenen zwepten Theils derer Memoires de l’Academie Royale de Chirurgie, ©. 337:354. allmo auch auf der ı9. und 20. Kupfertafel die Abbildung der Inſtrumente, nebft der Vorfiellung des Gebrauches derfelben ſteht. Aus eben diefem Werke gehören die im 38. Artikel, S. 563:577 be= findliche Memoire pour fervir à perfe&tionner la nouvelle methode d’operer la cataralte par l’ex- tra&tion du eryftallin, faites par Mr. POVET, en prefence des Commiflires de I’ Academie, par Mıs. MoORAND et VERDIER hieher. Kinige Bemerkungen von der neuen Methode, den Starr Durch Herausziebung der cryſtalliniſchen Seuchtigkeit zu curiren, von Tho, Joung, Wund⸗ arzte in Edimburg , ftebt im 2ten Bande der edim⸗ burgifchen neuen Verfiiche und Bemerkungen aus. der Arzenepfunft und übrigen Gelehrfamfeit, fo 1758 in 8, zu Altenburg berausgefommen, Geite 367:377. nebft einer Kupfert. Sonſt hat außır dem unten anzuführenden D. Siegwars, auch Job. Baptiſta Thurant, eine Davon handelnde Differtas 396 Von einer neuen Methode, . Diefe Materie fehien mir fehr wichtig, und zum Durchdenken würdig zu feyn, und ich faßte den viel- leicht allzu verwegenen Entfhluß, meine Gedanken | darüber zu eroffnen. Da ich aber glaubete, daß, wenn man eine dergleichen mit Schwierigkeiten um- gebene Sache mit Nutzen in ein Sicht fegen wolle, man Differtation, unter dem Titel! Quaeftio medico- chirurgica: an in catarafta potior lentis cryftalli- nae extraltio per incifionem in cornea, quam de- preflio per acum? unter ded Herren Yrof. Anton von Tüffiea Vorſitze gehalten, welche 1752 zu Pa⸗ ris auf anderthalb Duartbogen gedruckt ift, und im 2ten Theile des zten Bandes derer Leipziger Commentariorum de rebus in fcientia naturali et medicina geftis, 1753 gr. 8. ©. 352:356. recenſi⸗ ret wird. Herr la Saye hat ſechs Gtaare auf die neue Art herausgezogen; zween von den Patien ten fahen deutlich, zween davon fahen weniger deutlich, und zween Davon waren gar blind. Herr Poyet zog fieben Staare nach der. neuen Methode heraus; zmeen von feinen Patienten fahen deutlich, zween davon weniger deutlich; einer konnte leicht erkennen, und zween davon waren gar blind. Herr Joung bat im föniglichen Kranfenhaufe zu Edim= burg fechs Perfonen den Gtaar herausgezogen, und die Dperationen find insgeſamt gut abgelaufen, ob⸗ gleich einige darunter Feine fonderlide Hoffnung dazu machen konnten. Er behauptet, die Dpera- tion gehe deſto leichter von flatten, je größer das Yuge, und je converer die Hornhaut fey. Bey denjenigen Perfonen, wo die Hornhaut flach, und ber Raum zwifchen den geöffneten Augenliedern fehr Hein ift, rath er, währender Zeit, da die Hornhaut zerfchnitten wird, den Augenſperrer (Speculum oculi) zu gebrauchen. oX Ueberſetz. den grauen Staar herauszuzichen. 397 man mehr Begebenheiten als Bernunftfchlüffe an— führen muͤſſe, fo hoffte ich auch, dieſelbe nicht anders, als unter Begleitung verfchiedener, mit Sorgfalt und Zuverläßigkeit angeftellter Beobachtungen, wels che die Auffage meines Vaters in ſich enthalten, bes fannt zu machen. Mit eben diefer Hülfe bin ich Willens, die Vorzüge, welche unfere Operation hat, zu erheben, Ich glaubete aber, daß es zu diefer Ab- fiche fehr gut feyn würde, die Unbequemlichkeiten, welche damit verbunden find, oder vielmehr, welche man ihr beylegen koͤnnte, nicht zu verfchweigen. Denn eben diefes ift das Schidfal alles deflen, was neu, und mithin annoch ſchwer nachzumachen iſt. In der That, eine neue Methode mag ſo einfach ſeyn, und bekannt ſcheinen, als ſie immer will, ſo giebt es doch beſtaͤndig Schwierigkeiten und Hinder— niffe, welche ſich bey Ausführung derfelben in den Weg zu ftellen fcheinen; welche man aber dadurch, daß man fich auf eine deutliche und verftändliche Art darüber erfläret, aus dem Wege räumen, oder doch zum menigiten eben machen und erleicytern kann. Man muß, wofern man zu rechter Zeit unterfcheiden Fann, daß dergleichen Schwierigkeiten, welche aus einer mit Sorgfalt und Nachdenken angeftellten Un- terfuchung berzufommen fcheinen möchten, öfters in nichts andern, als einem von der Furchtfamfeit er- zeugten und unterhaltenen Borurtheil gegründet find, man muß, fage ich, vergleichen Schwierigfeiten auflöfen. Eben diefes hat mich veranlaffet, die aufe gegebene Fragen zu beantworten. Sollten meine Gedanken einigen Werth in Ihren Augen, meine Herren! haben, fo erlauben Sie ihnen in Ihren onat⸗ 308. DVBon einer neuen Methode, Monatfhriften eine Stelle, Solchergeftalt werden fie, durch ein fo verehrungsmwürdiges Anſehen unters ftüger , den Zweck, den ic) bey Auffesung derfelben ‚mir babe vorfegen müffen, weit beſſer erreichen koͤnnen. Erſte Aufgabe. Es wird gefraget, ob der graue Staar, wenn man ihn herausziehen will, nothwendig reif ſeyn muͤſſe *): Unter den Vorzuͤgen, welche die Methode, den eryſtalliniſchen Staar herauszuziehen, bey ſich fuͤhret, iſt dieſer einer der wichtigſten, daß man ganz und gar nicht darauf warten darf, bis er reif ſey. Er entfernet uns demnach von einem Irrthume, welcher uns in Abſicht der mit ven Augen beſchaͤfftigten Chi- rurgie bisher nur allzu fehr verbiendet gehabt, Er befreyet die Kranken von dem harten Joche, zehn, fünfzehn, zwanzig Sabre auf die Erlöfung von ihrem Uebel zu warten, da fie bisweilen gar Zeit Lebens ihres Gefichtes beraubet geblieben, meil fie in der Ueber— redung geftanden, daß es fchädlich feyn würde, ei⸗ nen Staar, der noch nicht reif ſey, zu operiren. Diefe beyde Lnbequemlichfeiten waren um fo viel feltfamer, da fie, meines Eradjtens, von einem Mieverftande hergerührer, Laſſet uns die Art und Weiſe davon unterſuchen. Indem *) Hieher gehoͤret des Herrn le MoınE, 1728 zu Paris geſchriebene Differtation: Non ergo exſpe- &anda cataractae maruratio. Ueberſ. den grauen Stanr herauszuziehen. 399 Indem man bisher, ehe man zur Operation des Staares ſchreiten wollen, ſich forgfältig nach deffen Reife erfundiget, war darunter dreyerley zu. verite- hen: denn, entweder mußte diefe Reife in ver Dich- tigfeit des Staares, oder in deſſen völligen Dunkel— heit, oder in dem Berlufte des Sehens beftehen. Da es aber Staare giebt, welche theils beftändig weich bleiben, theils fich niemals völlig verdunfeln, und mithin in legtern Fällen das Geficht nicht völlig erlifcht, fo hat man drey Gattungen diefer Krankheit, welche man als unheilbar anfehen müßte. Welche Unbequemlichkeiten ! Beyn denen erftern Arten, welche ich die weichen genannt habe, iſt erftlich die cryſtalliniſche Feuchtig- feit entweder ganz und gar geſchmolzen, und alsdanır ift es eine Wafferblafe (Hydatis), oder Milchitaar. In dieſem Zuftande ift gewöhnlicher Weiſe der Stern im Auge von allen Seiten verfchloffen, doch rühree diefe Dunkelheit nicht fo wohl vom crnftallinifchen Körper felbft, als von einem Dickwerden feiner Haut her, wie ich bald in der erften ‘Bemerkung zeis ‚gen werde: oder fie ift, zum andern, nur zum Theif gefhmolzen, und in diefem Falle wird man zum öf: tern durchfichtige Strahlen gewahr. Die Urfache ‚Davon ift, weit der (fo zu reden ) bloß zergangene vordere Theil des Körpers des Staares, indem er wegen des hervorragenden Kerns defielben Körpers, welcher zumeilen vertrocdnet, und dermaßen hart wird, Daß man glauben follte, er wäre zu einenz ‚Knochen oder Steine geworden, auf feiner ganzen Dperfläche nicht gleich iſt; dieſer Theil, fage ich, bat bisweilen einige durchfichtige Flede, und die Pa⸗ ed tienten 400 Bon einer nennen Methode, tienten Fönnen die Dinge noch auf eine grobe Art uns terfcheiden; denn der eryitallinifche Körper nimmt nur halb fo viel Raum, als im natürlichen Zuftande, ein; die tichtftrahlen verlieren nicht fammtlich ihren Glanz, weil noch einige verfelben an vemjenigen Orte des Sterns im Auge, wo ſich bloß ein Theil des geſchmolzenen Staares befindet, herein kommen. Diejenigen Arten, welche niemals in ihrer gan⸗ zen Subflanz völlig duntel werden, ftellen folche vor, welche man geftirnte oder Gitterftaare nennen koͤnnte. Vom Mittelpuncte gehen weißlichte Strahlen, die von einander abftehen, und fich in dem Umkreiſe des erpftallinifcyen Körpers verlieren. Die Zwifchen- räume diefer Strahlen bleiben ftets durchfichtig. Dergleichen Kranfe haben beftändig zum Theil ihr Gefiht: allein, um die Dperation bey ihnen vorzu⸗ nehmen, würde man vergeblich darauf warten, daß die Natur dergleichen Gattungen von Staaren vollig dunfel, (oder, nach dem gewöhnlichen Ausdrude, vollfommen reif) zu machen, Fleiß anwendete; fol- che Perfonen würden unfehlbar an ihrer Heilung vers zweifeln müffen. —— Allein, der wider dergleichen Gattungen der Reife ſo eben angefuͤhrten Umſtaͤnde ungeachtet, will ich ſie doch nicht ganz ohne Ausnahme aufheben; es giebt eine Art der Reife, und man thut wohl, wenn man fie mit einigen Einſchraͤnkungen zugeſteht: ins dejfen würde ohne ihr, das vorläufige Urtheil, ſo man von dem Ausgange dergleichen Krankheiten fallt, nicht allemal zuverläßig feyn. Der Staar mag nun weich, oder hart, weiß oder grau, geftient ſeyn oder nicht, genug, mwann- der Kranfe nur die Dinge ſchwach den grauen Staar herauszuziehen. 401 ſchwach ſieht. Eine jede andere Art der Reife iſt unnuͤtz, und beruhet auf einem ſchlechten Grunde. Dieſes iſt die einzige, welche man bey unſerer Me— thode, vermittelſt des Herausziehens, verlangen kann. Dieſes zum Grunde geſetzt, wird es mir leicht werden, ihren Nutzen, ven fie, in Verglei⸗ hung mit den oben befchriebenen Arten der Staare bat, zu beweiſen. kü Ich übergehe bier denjenigen Vortheil, da die mit diefer Art der Krankheit behaftete Patienten auf folhe Art ein geſchwindes Hülfsmittel finden, als welches von großen Folgen ift: und fage nur, dag unter allen Gattungen des Staates, diejenige, wei— che weich erfcheinen, zu unferer Operation am ges ſchickteſten ſind. Diefen meinen Sag wird man als unwiderleglic) gelten laffen, fo bald man in Betrach« tung zieht, daß die Auseinanderzerrung des vegens bogenförmigen Zirfels (Iris) unftreitig das allerge« faͤhrlichſte ſey, wovor man fich zu huͤten hat; nun iſt zu vermuthen, daß ein weicher oder milchichter Staar, indem er aus der hinterſten in die vorderſte Kammer gebracht wird, weniger Widerſtand thun werde, als ein dichter und harter. Dieſe letztere Öattungen find zivar von den Vorzügen des Heraus. ziehens nicht ausgefchloffen, jedoch muß derjenige, fo die Operation verrichtet, andere Handgriffe dabey brauchen: Diefes macht nun wohl eine Operation et« was langmeiliger, aber doch nicht weniger nüglich. Demnach iſt nunmehro begreiflich, daß keine einzige Gattung des Staares, den in der Trübbeit der \ glasförmigen Feuchtigkeit beftehenden, oder fo ge⸗ 2. Dad, Ce nannten 402 Bon einer neuen Methode, > nanntengrünen *) (Glaucoma ) ausgenommen, fey, welche nicht, vermittelft des Herausziehens, wegge⸗ bracht werden koͤnnte. Welche Troftgründe für die⸗ jenigen, denen die ftiefmürterliche Natur dergleichen | unangenehme Zufälle auferleget har! Nachdem ich bisher das Vorzügliche, welches unfere Methode in Anfehung der Reife an fich hat, gezeiget, ſo müffen wir noch fehen, ob felbiges durch die Erfahruns gen beftätiget werde. Als ſich mein Bater im J. 1751 zu Mes aufhielt, wurde er zur Madame Dumefinil ges rufen. Diefe Patientinnwar fünf u. funfzig Jahre alt, hatte *) Der vornehmfte Schriftfteller, den mir vom| Glaucoma haben, ift Peter Briſſeau der jüngere, als deffen Nouvelles obfervations fur la cataracte, propofees à l’Academie Royale des Sciences, le] 18 Nov. 1705, zu Touenai 1706, in Duodez, auf 60 Seiten and Kicht geſtellet worden, und in Herrn je CLERC Bibliotheque choifie, Anne ı710, T XX. & Amft. mio. ı2. ©. 130 = 140, recenfiret werben. Eben deffen 1708 in Duodez herausgekommene Suite des obfervations fur la cataradte, wurde, nebſt der erftern Schrift, 1709 in Duodez auf 12, Bogen zufammen gedruckt, und nebft vier Kupfer⸗ tafeln herausgegeben. Diefe Edition wird in der eilften Se&ion de8 Vten Tomi der Supplemento- zum zu den Actis Eruditorum Lipfienf. S. 509⸗511 recenfiret. Die deutfche Heberfegung davon, wel che 1743. in 8. zu Berlin auf 13 Bogen, nebft vier] Kupfertafeln, erfchienen, heißt: Abbandlung von dem grauen Staare, und dem Blaucoma, oder grünen Staare, Durch den Herrn Bräffenu dem jongeen in franzöfifcber Sprache geſchrieben. Aus dem Franoͤſiſchen ins Deutfche uͤberſetzt von Job. Eafp. Sommer. Ueberſ. J | | den grauen Staar herauszuziehen. 403 hatte ein ſehr ſchlechtes Temperament, und war ſeit brachte den geſchmolzenen Staar mir feiner ganzen Haut völlig aus dem Auge heraus. Nach geendig- ter Operation erfchien der Stern im Auge frey; der | Ta Kranken 404 Bon einer neuen Methode, Kranken feines Gefichtes völlig beraubt haben: 2) da fie hautige war, hatte man fie von den fo Jeichtl ‚zerbrechlichen Streifen der traubenfarbigen Haut un«] möglich losmachen fönnen, ohne fie nicht nur zu zer⸗ reißen, fondern auch eine Ergießung des Blutes, eine Entzündung, und gar ein gänzliches Geſchwaͤ⸗ ven der Augenkugel zu verurfachen. | Diefe Erfahrung kann über zwo fehr mefentliche Schmierigfeiten vieles Licht ausbreiten. Zuerſt er— hellet aus diefer Begebenheit, daß es nichts wider⸗ finniges in ſich enthalte, wenn man glaubt, daß diel Eapful dunkel werden fonne *), wie einige Schrift⸗ fteller in diefen Gedanken ftehen: Sed repugnant,| fagt Herr Zinn **), obferuationes aliorum, qui] capfulaım opacam ex morbo inuenerunt. Zum ane| dern fönnte man auch glauben, daß gedachte Capſul feine Fortfegung der glasförmigen Feuchtigkeit fey. Ich werde diefe beyden Puncte zu mehrerer Eroͤrte⸗ rung bey andermeitiger Öelegenheit verfparen. 4 Hier ift noch ein anderer nicht weniger wichtiger! Fall. Zu Straßburg befuchte ih, nebft meinem Vater, Madame Alberthal, welche einen von der» gleichen Staaren hatte, fo ich oben Gitterftaare ges! nannt habe. Der vorderfte Theil war fehr klar, bingegen erfchien Der hinderſte mit verſchiedenen | | meißen +) &. Io. Ludw. Hommels Obfervation de — la lentis eryftallinae opaca, cataraſtam membra= naceam mentiente, im Commercio litterario No- rimberg. 1736, hebd, XI, n. 2. p. 82. Veber. **) In feiner Anatomia oculi humani, de lente eryftallina, 5. Cap. u | den grauen Staar herauszuzichen. 405 weißen Linien durchzogen, welche vom Mittelpuncre nad) dem Umfreife liefen. Bey einer auf gewoͤhn⸗ liche Art darüber angejtellten Betrachtung, hätte man an feiner Reife gezweifelt: da aber die Pa: tientinn bereits zroölf Jahre lang damit behaftet ges weſen, muß wohl wahrfcheinliher Weiſe ein Staar in einer fo langen Zeit den erforderlichen Grad der Reife erlangt haben. Mein Vater zog ihn glücklich, heraus, die Folgen davon waren nach unferm Wuns ſche, und die Patientinn hat anjegt ihr Geſicht ders geftalt wieder, daß fie vermittelft eines erhaben ges ſchliffenen Glaſes, deflen Lichtſtrahlen in einer Ent— fernung von viertehalb Zoll zuſammen laufen, die allerkleinften Buchftaben zu lefen im Stande ift. Aus diefen beyden Bemerkungen folget, daß, je eicher ein grauer Staar ift, man ſich defto zuvers läßiger einen glücklichen Ausgang verfprechen koͤnne. Re haben wir nunmehro nicht der Methode, den faar herauszuziehen, zu verdanfen, da diejenigen Jattungen der grauen Staare, welche man ehedem vor unheilbar gehalten hat, von uns anjego koͤnnen weggebracht werden? Es wäre eine Menge von Er⸗ fahrungen diefer Art, die ich als Beweisthümer des⸗ jenigen, fo von mir behauptet worden, aus einander u fegen haͤtte: allein, ich begnüge mich an diefen, ind mache aus denenfelben, da fie die aufgegebene vage völlig verneinen, den Schluß, daß zu Heraus» ziehung des grauen Staares die Reife deflelben nicht numgänglich erfordert werde. | 406 Bon einer neuen Methode, Zweyte Aufgabe. Man fragte zum andern, ob die Wahl der. Jahreszeit in einen glücklichen Ausgang der | Öperstion, einen wefentlichen Einfluß habe? Ich unterftehe mich, diefe Streitfrage abzuhan- deln, ungeachtet ich völlig verfichert bin, daß es nur gar zu unmöglid) fey, wider eine allgemeine Mey: nung zu ftreiten, welche faft jedermann bereits als einen wefentlichen Örundfag angenommen und feftge= feget hat. Man könnte ſich nicht zur Vornehmung einer Operation im Winter entfchliegen: warum? etiva wegen einer allzu Falten $uft? oder, um einer noch wichtigern Bequemlichfeit willen? würde dieſes aud) nicht ftatt finden, weil man fich zu einer andern Zeit einen viel glücklichern Ausgang verfpriht? Zu Widerlegung diefer Gründe behaupte ich folgendes: Zum erjten. Der Dunftfreis der uns umges benden Luft möge befchaffen feyn, wie er wolle, fo befige die Kunft doc Mittel, felbige zu verbeſſern. Jedermann weiß, daß man ſich, wenn einem zu kuͤhl iſt, durch Feuer, und wenn einem zu heiß, durch einen kuͤnſtlichen Wind helfen, und ſogar die uͤble Ausduͤnſtungen, die ſich in ſelbiger aufhalten, durch den aus wohlriechenden Kraͤutern aufſteigenden Duft verbeſſern koͤnne. Man weiß ſich dieſer Huͤlfs⸗ mittel in der großen Wundarztneykunſt zu bedienen, warum ſollte man ſie nicht mit noch beſſerm Grunde bey der Operation des Staares gebrauchen koͤnnen? Was zum andern eine noch wichtigere Bequemlich⸗ keit —— ſo ſehe ich nicht ab, daß man har eher | | -den grauen Staar herauszuziehen. 407 eher im Frühlinge, als im Winter antreffen follte; denn bey der Nothwendigkeit, darinn ſich ein Kran⸗ Fer befindet, einige Tage lang in feinem “Bette zu bleiben, würde es ihm doch nicht bequemer feyn, lieber zu dieſer als jener Jahreszeit darinn zu liegen: und überdem wird es ihm, wofern fein Zimmer nur ein- wenig eingeheizet iſt, ſchwer werden, den Unter« ſchied der Zeiten zu merfen. Zum dritten: id) ges ftehe zu, daß ein grauer Staar dadurch, dag man die Operation deflelben auffchiebt, gar nicht gefährlis cher werde, und daß man ohne Schaden die Zeit, die man gern dazu fieht, wählen koͤnne; ich Fann ‚aber der Meynung, vermöge welcher man den Fruͤh⸗ ling aus dem Grunde, weil das Staarftechen in dem— felben glüclicher von ftatten geht, vor bequemer hält, unmöglich beytreten: ich berufe mich hierinn auf die Meynung der größten ausübenden Wundärzte , welche nebft mir befräftigen werden, daß weder Theorie noch Praris vor dergleichen angenommene Meynung feyn Fonnen *). Unſere darüber angeftellte Erfah» zungen werden diefes alfofort außer Zweifel feßen. # Anjegt wollen wir diefe drey Puncte auf die in der Herausziehung beruhende Vorzüge anwenden. ' Zum erften ift der Verband, den man nad) ver- richteter Dperation auf das Auge leget, dergeftalt eingerichtet, daß, wenn die suft auch noch fo Falt iſt, ‚fie doch nicht dermaßen durchdringen Fann, daß die | | 4 Natur *) Hiermit ſtimmt Heren A. E. Büchners, 1733. zu Halle, auf 6. Duartbogen gefchriebene Differ- tation, de catarafta omni tempore deponenda, überein. Ueberſ 408 Bon einer neuen Methode, Natur dadurch in ihrer Arbeit, die fie zu Wieder⸗ vereinigung der von einander getrennten Theile por» nimmt, geftöhret werde. Ja, ich behaupte fogar, daß fie im Winter nicht fo fehr herein dringen kann, als im Fruͤhjahre, wenn id) bedenfe, daß fie im Winter viel dichter, im Früblinge dagegen viel duͤn⸗ ner undfubtiler fen. Ueberdem unterlaffen wir nicht, die Mittel, welche zu bequemer Ertragung der ſtren— gen und rauhen Jahreszeiten die Kunſt darftellet, bey unferer Methode mit größter Sorgfalt in Gebraud) zu ziehen: folglich) kann fie uns im geringften nicht ſchaͤdlich werden. Da zum andern ein Patient ehedem eine lange Zeit in einer gezwungenen Sage bleiben, und aus Furcht, damit ver Staar nicht wieder in Die Höhe freten möchte, ganze Wochen über in feinem Bette ‚liegen müffen: fo ift er nunmehro vor dergleichen Zu⸗ fall gefichert, und hat die Freyheit, die ihm bequem⸗ ſte Lage anzunehmen, und ohne Nachtbeil den vierten Tag nad) feiner Operation aus dem Bette aufzufte> ben, auch bald daranf aus-feinem Zimmer zu gehen, fo bald nur fein Auge die Ealte oder warme Luft, das che und das Finftere zu vertragen, im Stande ift. Hierzu fege ich noch endlich, daß es eine Nothwen⸗ digkeit, welche man lieber den Nutzen nennen kann, erfordern würde, die nach. unferer Methode vorzu« nehmende Operation des grauen Staares, zu jegli« er Zeit anzuftellen, und, daß wir aus diefem Grunde deſto williger zu Hülfe eilen müffen, da uns fere Operationen zu jeder Zeit gluͤcklich von ftatten gehen, und da wir, indem unfere Patienten vom Staare eher befreyet werden, fie auch einer Unbe— | queme / den grauen Staar herauszuziehen. 409 quemlichkeit, welche ihnen eine der Geſellſchaft und dem Leben nuͤtzlichſten und angenehmſten Ergoͤtzungen raubt, eher entledigen. ch werde, zu Entſcheidung gegenwaͤrtiger Streit frage, noch) einige Zeugniffe anführen, welche mir jüngftens vorgefommen, und aus einer gefunden Praxi herrühren. Unter einer Menge von Bemers fungen, die ich hier befannt machen koͤnnte, begnüge ich. mich. an derjenigen, welche ven befannten Jo⸗ bann Darlet betrifft, der in einem Alter von hun⸗ dert und ſechs Jahren und drey Monaten fteht, von ‚welchem Sie, meine Herren, unfehlbar müflen fpres chen geböret haben, (tie denn. diefer arme reis durch die Gnadenbezeigungen, momit. ihn unfere huldreiche Königinn beehret haben, namfündig ges nug geworden,). Diefen Patienten, welcher zwey und zwanzig Jahre lang, wegen zweener Staare, blind gemwefen, operirte mein Bater den 2aften Dec. 1754. Ungeachtet er.ein alter abgelebter Mann, und damals eine rauhe Jahreszeit gewvefen, iſt doc) nicht der geringfte Zufall, auch nicht der geringfte Schmerz dazu gefchlagen. Ich geftehe, daß diefer Datient in allen Abfichten einen minder glücklichen Ausgang der ‚Operation verdient gehabt; denn die drey erftern Tage über, nach feiner Operation, mar er dergeftalt unruhig, (welches vielleicht eine Wirkung feines verlebten Alters geweſen,) daß ich ihn zu drey vers fhiedenenmalen mit bloßen Augen angetroffen, ins dem er fich felbft den Verband davon abgerifien hatte, Ein dergleichen gefährlicher Umftand veranlaßte mich, daß ic) mehr auf meinen Patienten Acht gab, und ihn alle se fechsmal befuchte, um dejto beffer, 100» | ec hs fern 410 Bon einer neuen Methode, fern fich dag geringfte Zeichen einer Entzündung einges funden hätte, vorbeugen zu koͤnnen. Endlich hieng ich ihm am zwölften Tage die ſchwarze Binde felbft vor, und ließ feine Augen der Luft ausgeſetzt. Alles gieng nad) unferm Wunfche, der Patient ward volle kommen wieder hergeftelfet, und ich verließ ihn mit einem guten Gefichte, und beym vollfommenften Wohlſeyn. Es iſt dieſes ein zu Widerlegung der angenom⸗ menen Meynung von den Jahreszeiten maͤchtiges Zeugniß. Sich wider daſſelbe auflehnen, und es als eine Ausnahme von einer Regel anſehen zu wol⸗ len, wuͤrde hier am unrechten Orte angebracht ſeyn; denn ich kann mit Grunde der Wahrheit behaupten, daß die mehreſten großen Operationen, womit mein Vater ſeine Sammlungen bereichert hat, im Winter vorgenommen worden ſind, und daß ich niemals zu glauben Urſach gefunden habe, daß fie nicht fo glück lich, als im Frühlinge, von ſtatten gegangen mären. Es fen mir erlaubet, noch eine fonderbare und richtige Beobachtung hier anzuführen. Ein Mann, Namens Karl Daumier, aus Savoyen, zwey und dreyßig Jahre alt, hatte fein rechtes Auge verloren, das linfe hatte einen grauen Staar, und auf der durchfichtigen Hornhaut verfchiedene Geſchwuͤre, des⸗ gleichen eine Berftopfung der Blutgefäße, in dem die Augenlieder mit dem Augapfel verbindenden mweife ſen Häuschen (conjunctiua). (Diefer leßtere Zufall mar von einer periodifchen Entzündung des Auges zurück gelaffen worden.) Mein Vater nahm alfo« fort die Operation bey ihm auswendig vor, nämlid), Bi er Den grauen Saar herauszuziehen. gu er zerfchnitt die Enotichten Gefäße der zufammen fuͤ⸗ genden Haut, und fchröpfte die Geſchwuͤre der Horn⸗ haut *). Als dieſe von Grundaus gereinigef waren, blieben dichte, doc unmerflihe Narben zurück, Das war es nicht genug, daß er diefen unglüclichen Menfchen von einer Krankheit befreyet hatte, als wovon er den Mugen nicht merfte, indem er wegen des vorhandenen Staares nicht befler, als zuvor, fehen koͤnnen; fondern er zog auch felbigen im Mo— nat enner 1754 heraus. Es waren fo wenig die verfchiedenen mit einander verbundenen Zufälle, als die Kälte des Winters, defien Strenge der Kranfe ſelbſt merflih empfunden, Hindernifle eines gluͤck⸗ lihen Erfolgs, der Patient hat vielmehr bis diefe Stunde fein Geficht, und liege feinen gewöhnlichen Verrichtungen ob, — Dritte *) Vom Schroͤpfen der Kugen handeln verſchie— dene Schriften insbeſondere. Johann Yeintich . Sampe ſchrieb 1721 zu Duisburg eine Diſſer— tation de oculorum fcarificatione Hippocratica. Johann Zacharias Plarners Differtation, melche zuerſt 1729 und 1731 auf acht Bogen herausge> kommen, ſteht auch in deffen 1749 zu Keipsig in ‚4t0 berausgefommenen gefammien Opufculis, ©. 39-70. S. Noua Ada Erudit, Lipf. An. ı75t, Menſ. Septemb. ©. 551. Peter Chevalier fchrieb - 1746 zu Paris eine Differtation: An fenefcenti- bus oculi inflammationibus conjun&iuae fcarifica- tio? und Daniel Wilbelm Trillee 1754 zu Wit: tenberg, auf drey Bogen ein Programma, de Tcarificatione et vflione oculorum ab Hippocrate defcripta. Ueberf. | 412 Don einer neuen Methode, Dritte Aufgabe. Hindert die Narbe, welche der Schnitt, den man in die Hornhaut gethan, nad) ſich laͤßt, am Sehen? ; Ich fomme zur driften Frage, welche von der Mirfung der Marben handele. Mach der Entzün- dung würde die ungleiche Wiedervereinigung der von. einander geſchnitten geweſenen Theile eine große Uns bequemlichfeit bey unferer Methode ſeyn, wofern ihr Erfinder nicht durch) die Wahl und geſchickte Anwen: dung derer zu feinen Operationen ſich ſchickenden Mitz tel, vorzubauen gewußt hätte. Und diefes veranlaſ⸗ ſet mich anigo, diefen Schaden als die Wirfung fol- gender Urfachen: 1) der Ark, mie die Hornhaut ers meitert wird; 2) des Verbandes; 3) der Zeit, wie lange felbiger auf denen Augen bleibt, zu bes trachten. ı) Die Scheere, deren ſich mein Vater bey feis ner Methode bedienet, ift dergeftalt: gemacht, daß fie fih nad der Ründe der zu durchfchneidenden Hornhaut richtet. Gebrauchet man aber die. Bor: ſicht nicht, Die Aerme diefes Inſtruments aufs ge nauefte nach dem Orte der Bereinigung der harten (Sclerotica) mit der durchfichtigen Hornhaut. zu führen, fo wird man beſtaͤndig einen ungleichen Schnitt machen, und die davon zurücbleibende Mars be wird ungeftalt werden. Hierbey hat es fein Bes wenden noch nicht: fo bald die mwäfferichte Feuchtig« - feit herausgelaufen, wobey die Hornhaut fic) nicht ſenkt/ fondern ſich leichtlic) in einander zieht, bringe man alfofort ein Inſtrument ins Auge; dä geſchieht | den grauen Staar herauszuziehen. 413 es aber, daß, wenn man ohne Bedacht die Oeffnung vergroͤßert, man die Aerme der Scheere auf einige Oerter gedachter Hornhaut, welche etwas in einan⸗ der geſchrumpft iſt, ſetzet, und alsdenn zwey Theile, ſtatt eines durchſchneidet. Hierzu koͤmmt noch, daß der Nachdruck, welchen man mit Gewalt giebt, nicht im Stande iſt, denjenigen Theil, welchen die Schee— ve einſchließt, abzufondern, und ſodann eine Quet⸗ fchung vorgeht; diefes muß nothwendig eine unglei⸗ che Narbe nach fic) laffen, welche frenlic am Sehen fehr Hinderlich fen Fann. Ich behaupte aber, daß ‚unter den Händen eines geſchickten und erfahrnen Künftlers dergleichen Schaden niemals gefchehen fann, denn ein folcher giebt beftändig auf die Aerme feiner Scheere aufs genauefte Achtung, und ſieht mit Aufmerffamfeit auf denjenigen Theil, den er operirt, und ſetzet ſein Inſtrument nirgends an, alg wo die Oberfläche der Hornhaut glatt und eben ift. 2) Mac) verrichteter Operation drückt man den ‚abgefonderten Theil der Hornhaut herunter, und les get einen durch eine Augenbinde befeftigten Berband über. Don der Richtung nun, nach welcher man die Augenbinde anleget, rühret eine mehr oder weni⸗ ger fihtbare Narbe her. Liegt fie zu feft, fo verurs + fachet fie denen Patienten unausftehliche Schmer« zen, und bisweilen ein Gewaͤchs oder Blatter auf dem Auge (Staphyloma)z liegt fie zu lofe an, fo kann der Verband leichtlich wieder aufgehen: und vornehmlich von diefem leßtern Umftande muß noth⸗ wendig eine ungleiche Wiedervereinigung entftehen. Dieſes habe ich bey einem Pferde, und bey einem 414 Don einer neuen Methode, Hammel *) bemerfet, bey denen mein Water im Sabre 1750 Berfuche mit feiner Methode anftellere. Ungeachtet diefe beyden Thiere bald darauf fehr gut gefehen,, fo Fam doch ein Fleiner weißer Zirfel von "anderthalb Linien zum Borfchein. In dem zunächft folgenden dritten Abfchnitte werde ich die Urſachen davon angeben. Wenn endlich die äußere Binde nicht recht gerade ift, Fann fie nicht an allen Orten gleich anfchließen; vornehmlich wird, werm fie in ihrer Mitte ftärfer, als oben und unten, zufammen druͤcket, die Augenkugel durch eine Dueerlinie der Binde gepreßt werden, und der unterfte Theil der Hornhaut von einander ftehen bleiben. In folhem Falle wird die Natur die Nahrungsfafte zur Wieder» vereinigung nur vergeblich abjegen, denn die beyden Raͤnder fönnen ſich einander nicht erreichen, die Er> zeugung der Narbe wird ſchwer hergeben, und um ihrentwegen muͤſſen fid) die Gefäffe der Hornhaut weit mehr ausdehnen und verlängern, als fonft noͤthig wäre. Bevor aber die Natur diefe Verrichtung vornimmt, wird fid) die Lympha in ihren Canälen länger *) Außer diefen Thieren find auch die Hunde dem Staare öfters unterworfen. Im achten Volumine Der erften Decadis derer Aftoram Medicorum Be- tolinenfium, ©. 83 f. ffebt Io. Dan. Gohls In- quifitio anatomica in fedem albae, et quidem la- Gteae cataraltae, qua canis per annum laboraue- zart; und in der 198ten Dbfervation der zten und Aten Centurie der Mifcellaneor. Nat. Cur. Co-⸗ zen Heiſters Bemerkung de cataracta quadam la- &ea rara ac fingulari in canis oculo diffeto ob- feruata. Ueberſetz. i den grauen Staar herauszuziehen. qıs länger auf halten, fie wird gerinnen, und endlich ‚nach der Wiedervereinigung einen weißlichten Zirfel ‚zurüdlaffen, und man follte glauben, daß, wenn man die Erhabenheit fieht, die auf dem unterften Theile der Hornhaut zurückbleibt, daß man ein Ge- wachs oder Blatter auf dem Auge (Staphyloma) zu befürchten hätte. Man kann fodann gedachte ‚Hornhaut nicht anders, als vermittelft einer genauen und langen Zufammenfchnürung, wieder in ihre gehoͤ⸗ tige gerade Lage bringen, | Ä 3) Erwähnte Zufälle ereignen fich in einem mei heftigern Grade, menn der Patient aus Ungeduld, oder der Wundarzt aus unzeitiger Meubegierde, um zu fehen, wie das Yuge ausfieht, Die Binde gar zu bald herabnimmt. In dem bisherigen Zuftande, darinn fich die Hornhaut befunden, hatte fie bereits an ihrer Wiedervereinigung gearbeitet: nun aber feßet man, indem man ven Verband aufs neue wies ‚der aufleget, Die Yugen gar zu bald in die Nothiven- digkeit, eine Bewegung vorzunehmen. Ueberdem müffen auch), fobald man die Zufammenfchnürung ‚nicht wieder nach) dem vorigen Grade verrichten Tann, unfere Narben eine andere Richtung befom- men. Hierzu rechne man nunmehro auch noch vie Luft, welche fodann in diefe Fleine Haarroͤhrchen, ‚welche eine gelinde Waͤrme vor dem herunter genoms menen Berbande in einer Schlappheit erhielt, unge⸗ hindert herein tritt, fie in einander fchnüret und aufs fpannet, wodurch die Hmpha, oder der Nahrungs: ſaft, welcher ſich vertheilen follte, in feiner Bewe— ‚gung aufgehalten und dick wird; alsdenn wird noch ‚eine geraume Zeit erfordert, ehe die Natur den Scha⸗ | den, j \ De 416 Von einer neuen Methode, den, den man ihr zugefügek, indem man fie geftöret, wieder erfegen Fann: die Wunde bequemer ſich zwar zu einer Narbe, aber fehr fpät, und es bleibt ein uns gemein merflicher Fleck zuruͤck. Weit gefehler aber, daß dergleichen nachtheilige Folgen von unferer Mes thode unzertrennlich ſeyn follten; denn ein weifer und gefhieter Chirurgus Fann fie vermeiden. Ich habe fie nicht mit Stillſchweigen übergehen wollen, denn ich glaube, daß ich die der Herausziehung des Staas res beyiwohnende Vorzüge nicht beſſer im ein Anfehen fegen fünnte, als wenn ich die Schwierigfeiten, mit denen fie vergefellfchafter zu feyn fcheint, aus dem Wege räume, z Da uns nunmehro dasjenige, was bey der Dpes ration zuftoßen Fann, befannt ift; fo müffen wir eis nen vollfommenen runden Schnitt in die Hornhaut machen, fie aber ja nicht durchfchneiden, wenn fie zufammengefchrumpfet ift, den Berband gehörig feft anlegen, und ihn nicht vor der Zeit, bevor man eine dichte Wiedervereinigung vermuthen Fann, abneh» men: fo werden niemals ungleiche und ungeftalte Narben auf dem Auge zurück bleiben. Ein jeder, der meines Baters Verfahren nachgemacht hat, wird bezeugen fönnen, daß bey Beobachtung einer gleich« mäßigen Borficht, man bey den mehreften Patiens ten gar nicht merket, daß die Hornhaut in der Mitte ihrer Ruͤnde durchfchnitten fey. Ich werde folchere geftalt niche nöthig haben, die Bemerkungen bier onzuführen, deren ich faft eben fo viel namhaft mas chen fönnte, als feine Dperationen find. Nur diefes muß ic) fagen, daß feit anderthalb Monaten, unter zwölf berausgezogenen grauen Staaren, alle zwölfe dermaßen den grauen Staar herauszuziehen. 417 dermaßen gluͤcklich operiret worden, daß man auf feinem einzigen Auge, aus weldhem man ven Staar herausgezogen, auch nur das geringfte Merfmaal einer Marbe antreffen koͤnnen. Wie weit bat ung - alfo diefe annoch neue Methode bereits gebracht! wie angenehm und fojtbar werden nicht der Machwelt jene Denfmaale feyn ! Es ergiebt fich demnach aus dem, was ich bisher angeführee habe, daß ich, ins dem die erzählten Zufälle gar nicht von unferer Mes thode herrühren, und unzertrennlich find, mit Grund der Wahrheit den Schluß ziehen Fann: Die Narbe, - welche nad) dem in die Hornhaut gethanen Schnik: te zurück bleibe, hindert gar nicht am Sehen. Vierte Aufgabe. Der vierte nach der Ordnung der aufgeſtellten Aufgaben zu eroͤrternde Punct iſt dieſer: Ob das Heraustreten der glasfoͤrmigen Feuch⸗ keit zum Verluſt des Geſichtes beytragen Sobald die Haut, welche die glasfoͤrmige Feuch⸗ tigfeit umgiebt (Membrana hyalois), durch einen allzuftarfen Druck zerriffen, oder durch ein Inſtru— ment zerfchnitten worden, tritt gedachte Feuchtigkeit heraus, entweder, noch ehe der.graue Staar herauss gezogen worden, oder aud) nachher. ı) Indem ſich der ganze glasformige Körper nach demjenigen Orte, wo er eine freyere Deffnung finder, hinbegiebt, wird alsdenn der Staar nur an ‚einigen Puncten feines Durchmeffers gedrüdt. Da en Dand, Dd ſolcher⸗ 43 Don einer neuen Methode, folchergeftalt die angebrachte Kraft dem Widerftande nicht gleich ift, Fann er. aud) nicht in die vorderfte Kammer hereintreten; und indem die glasformige Feuchtigkeit ganz allein heraus geht, faͤllt ſie unten ins Auge herein. Ich werde dieſen Fall in der zwo⸗ ten Bemerfung erflären. 2) Ungeachtet die um die glasförmige Feuchtige keit befindliche Haut eine Oeffnung hat, tritt die Seuchtigfeit bisweilen doch nicht eher, als nach ver> vichteter Herausziehung des Staares hervor, weil entweder der Körper, der mit einem Staare behafe teten eryftallinifchen Feuchtigkeit, die Deffnung des Sternes im Auge verſchließt, oder, weil ſich auch der Stern felbft dermaßen ftark zufammen zieht, daß er nur eine Linie breit’ zu feyn fcheint; und wenn er fi) nachher, indem der cruftallinifche Körper durch» gehen muß, ermeitert: fo trägt dazu mehr die Ge— genwart des Körpers, der ihn preſſet, als feine klei⸗ nen Musfeln bey. Und da zu derfelben Zeit zur Heraustreibung der glasförmigen Feuchtigkeit, nur eine fehr geringe Kräft erfordert wird: fo mag ich behaupten, daß fie nicht nur wegen der Zufanımen- drücung , die der Wundarzt zur Heraustreibung des Staares hervorbringt, fondern auch) wegen der Wir- fung der geraden Musfeln ( Mufculus redtus), die bey ihrer Zufammenziebung die Augenfugel in bien ganzen Ründung preflen, heraustritt, Zieht aber die Ergießung des glasformigen Koͤr⸗ pers ſchaͤdliche Folgen nach ſich? Um dieſe Frage gruͤndlich zu beantworten, muͤßte ich dreyerley von einander unterſcheiden, fo uns vielen Aufſchluß ers (heilen würde. Ich müßte nämlich) zuförderft den, heraus: den grauen Staar herauszuziehen. 419 herausfließenden Theil der glasförmigen Feuchtigfeit, fodann die Art und Weife, wie er heraus tritt, und endlich die Befchaffenbeit der ihn umgebenden Theile betrachten. Da aber hier der Dre nicht ift, dieſe Puncte umftändlich aus einander zu feßen, begnüge ich mich, bloß dieſes zu berühren, daß e8 ganz und gar Feine gefährliche Folgen nad) fic) ziehe, wenn der vorderfte Theil der Feuchtigkeit,unterhalb der Staar- ‚bülfe, ohne Mühe und Gewalt *) heraustritt, und wofern die Häute, welche diefelbe umgeben, nicht von einander gezerret und zerriffen find, Nun ift befannt, daß es einem geſchickten Künftler möglich fey, dergleichen Behutſamkeit bey feiner Operation zu beobachten, da er fich mancherley Urfachen halber, um der glasformigen Feuchtigkeit willen, in acht zu nehmen hat, daß das Auge vom Austritt derfelben in Feine gewaltfame Erſchuͤtterung gefeßet, und daß in feine einzige Haut, weder ig das netzfoͤrmige (Re- tina), noch Aderhaͤutlein (Choroidea ), gefchnitten werde, Aus diefer Erörterung wird man ohne Zwei⸗ fel ermeffen, daß, wofern fie bey ihrem Heraustre- ten einige fchädliche Zufälfe verurfachen follte, man die Schuld davon mehr dem Operateur, als unferer Merhode beyzumeflen, berechtiget ſeyn koͤnne. Es ift gewiß, daß, wenn man die Bortheile derfelben teiflich zu unterfuchen Luft hat, man ohne Mühe auf a a mehrere *) Es iſt zu bemerken, daß, wenn fie auch gleich mit ‚einer Lebhaftigkeit heraus tritt, bisweilen doch nicht die geringfte Khäbliche Folge daraus entſteht, wenn nur die inwendigen Haͤute unverleßer find. Einen Beweid davon wird die bald anzuführende erſte Bemerkung in fich enthalten. * 420 Don einer neuen Methode, mehrere dergleichen Unbequemlichfeiten ftoßen twird. Es ift überdem aber gar meine Meynung nicht, den Austritt der glasformigen Feuchtigkeit, als eine beym Herausziehen des Staares unausbleibliche Folge zu betrachten; weit gefehlet, fie ift gar nicht einmal das bey gewöhnlich, und unter 350 Erfahrungen, welche mein DBater gehabt, würde ich kaum zugeben, daß fich dergleihen Fall bey funfzeben Kranken eveigs net habe. Hierbey ift noch zu erinnern, daß, wenn gleich ein Theil der glasformigen Feuchtigkeit herausgelaus fen, das Auge deshalb nicht an feinen Berrichtungen gehindert werde; denn es iſt gewiß, daß unfere Kranz fen nad) der Operation, auch fo gar die Sache, die man ihnen vorhält, unterfcheiden. In ‘einer im Jahre 1752 zu Tübingen, vom Herrn Siegwart, über unfere Operation herausgegebene Thefe *), hat man das Gegentheil behauptet, und diefe Begeben= heit als einen unerfeglichen Schaden -vorgeftellet; Certa vihionis jadtura, irreparabile dannum. Ich kann mic) aber, meiner gegen den Heren Verfaſſer hegenden Hochachtung ungeachtet, nicht überwinden, eine Meynung, rider welche die Erfahrung ftreitet, nicht in Zweifel zu ziehen. Die in der Prari vor- | gekom⸗ *) Die Schrift heißt: Novum problema chirurgi- cum de extraftione cataractae vlıra perficienda, proponit GE. Frın. SıGwARrT, Refpondente Dan. MAvcHArRTo, fam 1752 auf 8 Duart: bogen zum Borfchein, umd wird in dem zu Leipzig 1753 in groß 8. berausgefommenen dritten Theile derer beliebten Commentariorum phyfico.medico- rum, G. 453: 459. umftandlich vecenfiret. Ueberſ. — den grauen Staar herauszuziehen. 421 gekommene Begebenheiten moͤgen ſtatt einer aus— fuͤhrlichern Abhandlung, welche ich beliebter Kuͤrze wegen uͤbergehe, dienen. Hier find die zuverläßig- ften und entfcheidendften Zeugnifle. | Im Jahre 1751 befuchte mein Vater zu Stras- burg Madame Fabre, welche 45 Jahre alt, und von einem vortrefflichen Temperamente war. Der eine Staar bey diefer Patientinn war gietericht und. ziemlich dicht. Einige Augenärzte, welche eifrige Verfechter der Reife des Staares gewefen, hatten ihr bereits in. den Kopf geſetzet, daß fie fich nicht ope« riren laffen koͤnnte, wofern fie ſich nicht der augen— feheinlichen Gefahr, ihr Auge zu verlieren, ausfeßen ‚wollte. Es biele fehr ſchwer, ihr diefes Borurtheil auszureden; endlich aber entfchloß fie fih doch, die Dperation an fich vornehmen zu laffen. Kaum hatte mein Bater die Hornhaut in ver Mitte ihrer Kugel durchfchnitten, fo bemuͤhete fich die Patientinn, (ver muthlich, um eine bequemere tage zu fuchen,) der— maßen ftarf, daß fi) ihr Auge, welches zum Kopfe ſehr heraus ſtund, einen halben Zoll aus der Augen hoͤhle heraus begab. - Diefe DBegebenheit konnte, ohne einer heftigen Zufammenziehung der geraden Muskeln, nicht abgehen, und die Kugel wurde der» maßen heftig erſchuͤttert, daß der Staar , unter Bes gleitung eines guten Theils der glasformigen Feuch- tigkeit, aufs fchnellefte heraus lief. Es Foftete hier- auf nicht viel Mühe, die Kugel wieder in ihre or: dentliche Sage zu bringen. Ein fo wichtiges Unglück, fo fih bey unferer Methode, welche damals, fo zu fagen, noch in der Wiege lag, zugetragen, hatte die Biking Folgen nad) An DYEn koͤnnen: da⸗ her 422 "Bon einer neuen Methode, her. veranlaflere uns diefes, unfern Fleiß zu verdop- pen. Ich machte vier Mächte bey der Patientinnz man legte ihr ohne Unterlaß ermeichende Bähungen aufs Auge; fie Flagte über einige Fleine Schmerzen, die aber fogleich, nachdem man ihr zu rechter Zeit zur Ader gelaffen hatte, nachließen. Endlich machte ich ihr am achten Tage, auf ‘Befehl meines Vaters, mit großer Behutſamkeit einen neuen Verband: am zwölften Tage wagte ich es, und zeigete ihr einige Dinge; da ich merfte, daß fie felbige aufs genauefte erkennen Eonnte, hielt ich ihr eine Nadel vor, welche fie mir als den Kopf in die Hohe habend befchrieb. Man gewohnte ihr Auge nach gerade an die Luft, und kurz darauf Fonnte man nicht mehr erfennen, daß fie eine Dperation ausgeftanden hätte. Sch wende mich annoch zur Erzählung einer zwo⸗ ten höchft wichtigen Erfahrung. Vor ungefähr drey Monaren wurden zween gewöhnliche graue Staare bey Madame de St. Bomain nad) unferer Mes thode operiret. Patientinn war damals 73 Jahre alt, von einer fehr guten .Complerion, und bereits feit zwölf Jahren ihres Geſichtes beraubet. Auf der linken Seite war ihr Staar dicht, auf der rechten aber zum Theil weih. Ich werde bloß von diefem letztern, als dem wichtigften reden. Die Hornhaut wurde geöffnet, die ernftallinifchen Membran abge: fonderf, worauf der vorderfte Theil der ernftallini= ſchen Feuchtigkeit herausfloß, der Kern aber indeß zurück blieb. Zugleich erhob fid) auch ſchon die glas⸗ förmige Feuchtigkeit nach außen, brach durch ihre Haut fogleih durch, und lief ohne Gewalt heraus, Zu Verhinderung eines noch) mehrern — 7— A dachter den grauen Staar herauszuziehen. 423 dachter Feuchtigkeit hielt man einen Augenblick mit der Dperation inne. Hierauf fiel aber der Umſtand vor), daß man den Kern des Staares, welcher nach dem obern Theile der Kugel heraufgefhlupfet war, wieder zu befommen fuchen mußte. Es war aber diefes der erfte Verſuch nicht vor meinen Vater, ins dem. ihm: dergleichen Unglück bereits zu verfchiedenen malen vorgefommen. Er nahm alfo eine fleine Scheere, und faßte damit den Staar an; da es aber öfters zu geſchehen pflegt, daß diefer Körper wieder abglitſchet, weil man ihn, wofern man ihn nicht zer⸗ querfchen will, nicht anders als nur ganz gelinde feft halten kann: fo legte er ein Fleines Zängelchen unter den Kern des Staares ſelbſt, hob felbiges hurtig in die Hohe, und brachte dieſen widernatürlichen und fremden Körper aus der Kugel heraus. Die Pa- tientinn konnte darauf: Die Dinge recht gut fehen; man beforgete fie-auf eine bloß gewöhnliche Art; am. ‚eilften Tage hatte fie die Augen frey, und erfannte auf beyden die Dbjecte mit der größten DeutlichFeit. Sie genießt diefes Gluͤckes noch bis diefe Stunde. Ich glaube, daß die legte aufgeftellte Aufgabe durch ein mit eben fo wichtigen Bemerfungen befraf- tigtes Urtheil hinreichend aufgelöfer feyn werde. Sollte ic) mic) in meiner Hoffnung nicht betrogen haben‘, werde ich nunmehro den Schluß ziehen Fon- nen, daß der Austritt der glasfürmigen Feuchtigkeit, in Abſicht auf die bey unſerer Methode vorhandene Vorzüge, nichts zum Verluſt des Gefichtes benzu- tragen vermöge, da fie ung zu gleicher Zeit- Mittel an die Hand giebe, wodurch man. verhindern kann, daß der Ausgang. derfelben von nachtheiligen Folgen werden Fönne. | | — Ich 424 Von einer neuen Methede, ꝛc. Ich habe es gewagt, Ihnen, meine Herren! diefe Betrachtungen mitzutheilen, weil ich Davor halte, es ſey für diejenigen, welche aus wahrer Siebe ihrer ‚Mitbürger, ohne Unterlaß an Wegräumung der Hins derniffe ihres Wohlfeyns arbeiten, rühmlic), wenn fie die davon abhängende Wiffenfchaften zu Beweiſen und Erfahrungen gefchifter machen. Bloß auf die⸗ ſem Wege kann man ſich den Beyfall Einfichtsvoller Beifter verfprechen. Da mein Water, wegen der muͤhſamen Berrichtungen, damit er bey feinen Patien= ten befchäfftiget ift, des Gluͤckes beraubet wird, Ihnen, meine Herren! perfonlich aufwarten zu können, hat er mir die Beforgung aufgetragen, daß obige Bemer⸗ fungen zu demjenigen, mas Sie bereits von feiner neuen Methode in Ihren Monatsfchriften mit eben fo vieler Gefchidlichfeit als Gruͤndlichkeit bekannt ge- macht haben, hinzugefüget werden. Ich habe mich, feinen Willen hierunter zu erfüllen, um fo viel williger anheiſchig gemacht, da ich wußte, daß ich folcherge- falt Ihren Gedanken nahe fommen, und vor Ihren Augen, eine zur Aufnahme der Wiſſenſchaften beför- berliche, und für das, gemeine Wefen nügliche und wichtige Materie abhandeln würde, Ich fchmeichle mir mit der Hoffnung, meine Abficht menigftens einis germaßen erreichet zu haben; ich würde aber auf Feine andere Art vollkommen beruhiget feyn fönnen, als wenn Sie die untiderleglichfte Berficherung der Erz gebenheit in diefem Schreiben anträfen, mit welcher id) die Ehre habe zu feyn, | Meiner Herren, ————— Paris, den 6, Dec. 17585. Hank gehorſamſter Diener Daviel, der juͤngere, IV. Herrn 425 ET J Herrn Hoſty, Doct. Regent. ber medicinifchen Facultaͤt, Nachricht von einer zu Paris vorgenommenen Einpfeopfung, ohne darauf erfolgte Pocken *), | Aus dem Journal des Scav. März 1758. S.115 124. überfegt, — und mit Anmerkungen erlaͤutert * von Doct. Johann Georg Kruͤniz. ‚Mabemoifelle de Trellon d Eſtancheau, IP PM ungefähr neunzehen Jahre alt, hatte die . Schriften, welche vor und wider die Mes thode der Einpfropfung gefchrieben waren **), geles { nr: Dd 5 | fen, *) Der berühmte Herr Prof. Roͤderer in Göttingen, hat bey einer Perfon, der er die Blattern einges pfropfes, angemerfet, daß ſich an dem ſonſt gewoͤhn⸗ lichen Tage des Ausbruches, ſtatt der erwarteten Blattern, ein ſtarker Schweiß eingefunden, derglei— chen auch ſonſt wol bey den Blattern kritiſch zu ffeyn pfleget. Ueberſ. *) Die Anzeige dererſelben, aus meiner unter Haͤn⸗ ben habenden Bibliorheca reali phyſico - oecono- | mıco»- 4.64 Dom einer Einpfropfung, fen, ließ fich durch die zu Paris angeftellte Berfuche beherzt machen, und ‚entfchloß ſich aus felbfteigener Bewegung, fih die Pocken einpfropfen zu laffen, ohne daß die Ihrigen, noch ihr Medicus, Herr Macmahon, den fie um fein Gutachten befragt hatte, ihr beyihrem Vorfage zugeredet hätten. Sie wurde demnach auf dem Schloffe zu Bincennes, allwo fie fih, nebft ihrer Frau Mutter aufhielt, da= zu vorbereitet. Den ıoten des leßtverfloffenen Mär: zes, (1757) Famen fie zu Paris an, um mwährender Zeit, bis: alles vorbey wäre, daſelbſt zu bleiben. Den uten pfropte ihr Herr Silvy, Wundarzt ben der Königinn, in meiner. Gegenwart, die Pocen auf beyden Armen ein. Aus der Farbe und dem Bo— denfage des Urins fchien man Merfmaale zu haben, daß fich das Gift mit dem ganzen Blute einiger maßen vermiſcht haben müßte: allein, es giengen zehn Tage vorbey, ohne daß das geringjte ausgebro- chen, oder zu fehen gewefen wäre. Darauf ließ ic) die Einpfropfung wiederholen, und zwar eben fo, wie das erftemal,. auf beyden Armen; nahm aber, um mehrerer Gewißheit willen, ein vom erftern verfchie- denes Eiter dazu, welches ich denfelbigen Tag von einer Patientinn , welche die natürlichen Pocken hatte, in Gegenwart ihres Arztes, meines: Mitbruders, des Heren Macquart, genommen. Sch) hatte feit- dem die Wirkſamkeit diefes Eiters, bey verfchiedenen Einpfeopfungen Fennen zu lernen, Öelegenheit, Wir En; | ſahen mico-medica allhier namhaft zu machen, würde zu weitlauftig werden, maßen ſich felbige an zwey hundert belaufen. Ueberſetzer. red ohne darauf erfolgte Boden. 427 fahen dem Ausgange diefer zweyten Operation mit Ungeduld.entgegen. Er war eben fo, wie das erfte= remal. Endlich nahm die Demoifelle ein Laxirmittel ein, und veifete nach einem Monate wieder, nebft ihrer Frau Mutter, nach Haufe, nachdem fie. nicht den geringften Anftoß einer Unpaͤßlichkeit gehabt hatte. Nach dieſem zweyten Berfuche, den fie mit eben der Herzhaftigfeit und gefegtem Weſen, als das er- fteremal ausgeftanden hatte, waren alle unruhige Gedanken wegen einer bevorftehenden Gefahr bey ihr vollig gehoben; denn dieſer Bewegungsgrund hatte fie ebendahin vermocht, daß fie fid) der Einpfropfung unferwarf, ‚Und von nun an gerieth fie zuerft auf die Gedanfen, daß dasjenige, was fie vom NHören- fagen hatte, fo fie aber niemals glauben wollen, wahr feyn Fönnte, daß fie nämlich die Pocken bereits in ihrer Kindheit, im Magdalenenflofter zu Trefnel, gehabt hätte. Won der Madame 8’ Eſtancheau, welche fich damals auf dem Sande aufhielt, Fonnte man feine Nachricht dieferhalb einziehen. Ihre De: moifelle Tochter hatte uns, Herrn Macmahon, und mic), verfichert, daß fie fich nicht langer, als vier und zwanzig Stunden, in der Kranfenftube des Kloſters aufgehalten hätte; woraus mir fchloffen, daß es nicht die wahren Pocken haben feyn koͤnnen. Unm eine rechte Gewißheit davon zu haben, begab fie fich den gten des leßtverfloffenen Junius ſelbſt, nebft Herrn Macmahon, in diefes Klofter. Die Or- densfchweftern verfammleren fih um ihren ehemali- ‚gen Zügling, um die Gefchichte ihrer Einpfropfung aus ihrem eigenen Munde zu vernehmen... Der von ihnen. noch. nie gehörte Ausgang derfelben, fchien | ihnen 43 Don einer Einpfropfung, ihnen fehr fonderbar. Darauf erzähleten fie dieſer Demboifelle alle Limftände der natürlichen Pocen, die fie in ihrem ungefähr fechsjährigen Alter in ihrem Haufe ausgeftanden hätte, Alle diefe ausführlichen Nachrichten binterbrachte man der Mademoifelle 8’ Eſtancheau mit einer unglaublichen Sreude wies der, und glaubte nunmehro aufs unmiderleglichfte, daß fie vor einer fo gefährlichen Krankheit auf Zeit Lebens gefihert wäre. Ich muß geftehen, daß ich bey Anhörung ihrer Erzählung nicht gleichgültig ge⸗ blieben. In der That war mir eine große Anzahl ähnlicher, und auf bewährten Zeugniffen beruhender Fälle bekannt, welche ſich in England *) zugefragen, und wäre es aud) nur bloß das Benfpiel des Doctor Maty gewefen, welcher, um fich zu überführen, daß die Einpfropfung in dergleichen Fällen nicht von der geringften Wirfung wäre, ſich im Sabre 1754 die Pocken felber eingepfropfet, ob er fie gleich bereits von *) Im Monate Auguſt 1755 des Mercure de France, ©. 163: 182. findet fich ein Extrait du rapport de Mr. Hosry, pendant fon fejour à Londres, au fujet de l’inoculation. Uebrigens hat in England die Einpfropfung der Pocken zuerft Herr Heinrich Maitland eingefuͤhret. Gein account of inocu- Jating the fmallpox, fam 1722 zu London in 8. her: aus: und fein account of inoculating vinticated, ‚in eben dem Sabre. Die deutfihe Ueberſetzung das von erfihien zu Bremen 1725 in 8. unter dem Ti- tel: H. M. bewährte Kinpftopfung der Blat—⸗ tern zur Widerlegung der von D. Wagfiaffe, und SE, Maſſey Dawider verfertigten Scheiften, nebft Henr. Waitlands erftern Bericht von dies fer Eur, überfegt von 5.8. Weber, Überf.; ohne darauf erfolgte Pocken. 429 von felbft gehabt Hatte. Jedennoch war es mir gar nicht unangenehm, daß mir ein ungefährer Zufall ein dermaßen fonderbares, und fo wenig Zweifeln untermworfenes Benfpiel, in Frankreich, wo Diefeg Verfahren noch in feiner Kindheit ift *), dargeftellee hatte. Es diene nämlich diefes Beyſpiel zum Bes weile, daß felbit das in die Maffe des Blutes ges brachte Pocdengift, felbiges nicht mehr anzuſtecken vermöge, wofern man bereits einmal diefer Kranf- heit unterworfen gewefen. Hieraus kann man die FSolgerung ziehen, daß man fie nicht zweymal auf eine vollftändige Art befommen Fonne, und daß mithin das Einpfropfen auf Zeit Lebens vor den Pocken verwahre. Da aber Begebenheiten, wor: aus mar wichtige und in das gemeine Wohl einflief fende Wahrheiten herleitet, nicht zu fehr beftätigee werden fonnen, und man dadurch, daß man derglei— chen Geſchichte fehlechthin auf ein bloßes Gerüchte nachfpricht, ohne daß man alle Kleinigkeiten und Umftände, in Anfehung der Namen derer darinn vorfommenden Perfonen, der Derter, der Zeit, u. f w. auf folhe Art daben anmerfet und aufzeichnet, daß fie von denjenigen, die fi die Mühe nehmen, darnach zu fragen, in ein helles Licht gefeßet, und erhärtet werden koͤnnten, da man, fage ich, dadurch fih nur bloß veraͤchtlich mache, und um feine Ehre J—— bringt; *) J. Nic. Millin de la Courveault hat zu Paris 1755 eine Differtation gefihrieben: Ergo Parifinis variolarum inoculatio, welche im fünften Bande ber hallerifchen practifchen Probefchriften, melcher 1757 zu Lauſanne abgedruckt worden, No. 186. wie⸗ der aufgelegt erfcheint. Weberf, 430 Von einer Einpfropfung, bringt; ja, da es auch ſo gar weit anſtaͤndiger und gemaͤßer it , daß man, wofern es möglich. ift, fie durch urfundliche Zeugniſſe beweiſet; begab ich mich den ızten Julius, in Gefellfehaft des Herrn Mac⸗ mabon, ins frefnellifhe Magdalenen:Klofter, um daſelbſt einen weitläuftigern Unterricht einzuziehen, und eine vollftändige Nachricht aller Umftände, die bey diefer Gefchichte zu willen nöthig find, aufzufegen. Die Herren Hermant und. Taillard, Deren erfterer der Medicus, und der andere ein Wundarzt in diefem Haufe, zu der Zeit, da Mademoifelle 0 Eſtancheau in demfelben erzogen worden, geme- fen, waren bereits todt: mithin Fonnten wir Feine | Zeugnirfe von Kunftverftändigen Perſonen einholen, deshalb wandten wir uns an die Drdensdamen, und infonderheit an Madame de Montgommery, als welche damals Lehrmeifterinn und Auffeherinn der Züglinge geweſen. | Diefe ehrwuͤrdige Dame machte ſich ein Vergnuͤ⸗ gen daraus, unſere Fragen zu beantworten, und gab uns mit aller möglicher Artigfeit, Richtigkeit und Gegenwart des Geiftes-, auf viefelben Beſcheid. Hier ift der Inhalt ihres eigenhändig unterfchriebe= nen Berichts, wie aud) das Beglaubigungsſchreiben meines Mitbruders ‚ des Heren Macmahon, im: gleichen der Madame d' Eſtancheau. Der allge= | meine Nußen fo wohl, als auch das Mistrauen, welches man auf diejenigen Perfonen feßet, welche das Publicum auf eine offenbare, und. der obrig- feitlichen Ahndung würdige Weife, hintergehen, ha= ben mich veranlaffet, dafs ic) alle mögliche Borficht gebraucht habe, um dieſe Geſchichte den Augen der⸗ ohne darauf erfolgte Boden. 431 derjenigen, die fich nicht anders, als mit der größer ſten Mühe, überführen laflen, als unmiderleglic) darzulegen. | eier gig | Abſchrift des von Madame de Mont: gommery unterzeichneten Auffages, vom ı2ten Jul. 1757. Wadame de Montgommery „Ordensſchwe⸗ ſter im treſnelliſchen Magdalenen⸗ Kloſter, hat uns, Herrn Macmahon, und mir, erzaͤhlet, daß Mas demoiſelle d' Eſtancheau ungefaͤhr ſechs Jahr alt geweſen, da ſie die Pocken gehabt: ſie waͤre die zehnte und letzte von denen im Kloſter erzogenen Perſonen geweſen, welche ſie zu gleicher Zeit gehabt: daß die Zufaͤlle mit vieler Heftigkeit, einem ſehr ſtarken Fie— ber, großen Kopfſchmerzen , Naferey, Ohnmacht, u. f. m. ihren Anfang genommen, daß man fie, weil man nicht mehr zweifeln fönnen, daß es die damals im Klofter herrfchende Krankheit werden würde, in befondere Dbacht genommen; man hätte ihr gleic) anfangs am Arme, und darauf am Fuße zur Ader gelaffen: man hätte ihr zu brechen — Da * na *) Man vergleiche — Fried. Delii Unterfacbung, ob das oͤftere 35 zu einer gluͤcklichen Blattercur etwas helfe? im ı12ten St. der Erlang. : Anzeigen, v. J. 17515 desgleichen Herrn SıL va Anmerkungen von den Blattern, und deren Cur durch Aderlaß und Brechmittel, in denen 1744 zu Paris in 12, and Licht getretenen Diſſertations et confultations medicinales de Meflieurs CIRAC et SILVA; und Gotslieb Budaͤi imedicinifches Bedenken 432 Don einer Einpfropfung, nach ungemein vieler Unrath von oben fo wohl, als unten, von ihr gegangen; am vierten Tage wären die Pocen zum Vorſchein gefommen, darauf. die Zufälle nachgelaffen hätten, und Patientinn in ein Kleines Haus unten im Garten, weldyes vornehmlich in anftecfenden Krankheiten, zur Kranfenftube dienet, und in welchem die neun andere mit den Pocen be: « baftete Bedenken vom Purgieren bey den Blattern, fo in der medicinifchen Sorietät in Budifin Sammlun: gen und Abhandlungen aus allen Theilen der Arzt: neygelahrtheit, Altenb. 1757. 8. No. 48. ©. 360 377. anzutreffen. Kerner Pbil. Hecqueis obfer- vation fur la faignde du pied, et fur la purgatioa au commencement de la petite verole, fo zu Pas ris 1724 in 12. und im Jahre darauf nebſt SYr- vaE Antwort heraus gefommen. Eben diefer Hecquet fehrieb 1732 zu Utrecht in 12. und 1749 in 8, le brigandage de la Medicine dans la ma- niere Je traiter la petite verole, darinn er Die Herlag am Fuße bey den Pocken weitläuftig und mit vielem Eifer verwirft. Zum Gebrauche der Brechmittel im Anfange der Pocken nehmen fonder- Uich Diejenigen ihre Zuflucht, welche mit Wood⸗ zoarden den Grund und Sig der Pocken im Magen und deffen allzufcharfen Salzen fuchen, wogegen fie die Brechmittel und ölichte Arzeneyen anwenden. Eiche Joun WoopowARrD flate of phylik and of difeafes, London 1718. ing. und die zu Zürich 1720 in 8. berausgefommene lateinifche Weberfes - gung davon: Medicinae et morborum ftatus, in- primis de variolis. Bon des brandenburgifchen Leibarztes, Gundelsbeimers Methode, die Poren durch öfterd wiederholte Brechmittel zu curiren, fchlage man die Acta Medicorum Berolinenfium, Decad. I. Vol. UI. ©. 42:61. nach. Veberf. | ohne darauf erfolgte Boden. 433 haftete Zuͤglinge befindlich gemwefen, gebracht wor⸗ den; fie wäre neun bis zehn Tage lang bettlänerig Igewefen: allein, fo bald Feine Pocken mehr ausgebro= | chen, wäre ihre Krankheit fehr gelind geweſen; in Bergleichung ihrer heftigen Zufälle, haͤtte fie nicht viel Dorfen gehabt, welches man denen durch das ‚Brechmittel verurfachten ſtarken Abführungen zuges fehrieben *); im Gefichte hätte fie einige anfehnliche Narben bekommen, welche damals zurück geblieben, und noch ißo zu bemerken; fie wäre nur einen Monat über in diefem Eleinen Haufe geblieben, an ftatt ges wöhnlicher Weife eine Zeit von fechs Wochen zum Aufenthalte in demfelbigen beftimmet wäre, weil, wie uns Madame de Wionegommery berichtete, die Zeit der andern bereits zu Ende gelaufen, und habe man fie,anftatt daß fie allein darinn hätte liegen muͤſſen, nebſt denen andern zugleic) herausgelaffen, und ihre alfo zehn Tage erlaſſen. (Leber diefe Erinnerung der zehn Tage haben wir uns gewundert, und zugleich has ben wir einen Beweis daher genommen, daß man fih auf das Gevachtnig der Madame de Mont⸗ gommery, in Anfehung aller übrigen Umftände, völlig verlaſſen Fönnte.) Und zuleßt, daß die Zei chen im Gefichte, auf den Armen und Händen, die gewöhnliche Zeit über roth geblieben. „Ich *) Eine Verwandtſchaft damit bat Jo. Ge. Gruͤbels Obſervation de vomitu ad vndecimum diem con- tinuo, variolarum praeferuatiuo, welche wir in denm erften Sabre der dritten Decurie der Mifcel» laneorum Narurae Curioforum , ObL. 55. leſen. Ueberſetzer. 21. Band, | Ce 434 Don einer Einpfropfung, 3 „Ich Endes Unter fchriebene bezeuge, daß gegen« „waͤrtiger Bericht mit aller Zuverläßigfeit , Richs „tigkeit, und fo aufgefeget fen, wie ich ihn denen „Herren Macmahon und Hoſty mirgetheilet Nabe „Paris, Den ıgten ul, 1757- " Alnterzeichnet, de ranking „Ich Endes Unterfchriebener, Dodor Regens „der medicinifchen Facultaͤt, und bey der Ecole „Royale Militaire beftellter Arzt, bezeuge hier— „durch, Daß ich bey der Einpfropfung der Mademoi⸗ „felle de Trellon, Tochter der Madame 8°’ Eſtan⸗ „chesis, welche auf vem Schloffe zu Vincennes „wohnet, zugegen geweſen. Auch babe ich ven „Bericht der Madame de Montgommery pers „ſoͤnlich mit angehoͤret; und dem zufolge verfichere| „ich, Daß die Nachricht, welche Herr Hoſty von] „einem fo wohl als dem andern aufgefeget hat, „ſehr zuverläßig und Hong (ey. Paris, den -ıgten] Jul. 1757. | AUnterzeichnet, Macmahon. „Ich Endes Unterzgeichnete bezeuge, daß ber „Bericht, welchen Herr Hoſty von der Einpfro⸗ „‚pfung meiner Tochter aufgefeget hat, nad) allen „Umſtaͤnden, welche dieſe Begebenheit betreffen, „richtig und zuvertäßig ſey· Paris, den zoſten MNMovemb. 1757: Unterfchrieben, Benette 8° Eſtancheau. ohne darauf erfolgte Boden. 435 Ich nehme mir die Erlaubniß, mit einigen Bes £rachtungen zu befchließen. EL 1. Die zwo Einpfropfungen der Mademoifelle 19° Eſtancheau find fo gut, als viere; denn einige Aerzte verrichten weiter nichts, als einen bloßen Eine fehnite; dieſe Demoifelle aber hat währenden bey: den Dperationen. viere dergleichen ausgeftanden. Meiner Einficht nach begreife ich deutlich, daß diefe vier Einpfropfungen aus Feiner andern Urfache un: wirkſam geblieben, als weit der Saame (Gerinen) *) zu denen Pocken, durch diejenige, welche fie von ſelbſt in ihrer Kindheit gehabt, vernichtet worden. 2 Es erhellet aus.diefer Geſchichte, daß man denjenigen, welche die Pocken bereits gehabt, die— ſelben durch die Einpfropfung nicht beybringen koͤnne, und daß man dieſe Methode als einen Pro— bierſtein in dieſem Suͤcke zu betrachten habe, wo— durch man erkennen kann, ob bey jemanden ver Saame zu dieſer Krankheit entweder erſtickt, oder nicht vorhanden *) ſey, fo wie unzählige zuverlaͤßige | Ke2 Erfah⸗ *) Ich bediene mich der Benennung Germen, weil fie am gebraͤuchlichſten iſt, und verſtehe durch dies fen Ausdruck diejenige Einrichtung, und diejenigen befondere Eigenfihaften der Maffe des Blutes, wo⸗ durch e8 derer Pocken empfanalich gemacht wird, **) Selbſt bey denjenigen Perfonen, von denen mar vorgegeben, daß fie niemals die Pocken gehabt, haben einige andere Arten vom Ausfabren der Haut die Stelle vertreten. Go leſen wir, zE. in der ıgalfen Dbfervation des 2ten \oluminis der A&orum phylico-medicorum Acad. Nat. Curiof. „Job. Kpp, Gögens Anmerkung de puftula genae —8 vario⸗ 436 Von einer Einpfropfung, Erfahrungen deshalb in England angeftellee worden. Es folget hieraus: 3. Daß, mwofern dieſes Geſchlecht, oder pockigte Feuchtigkeit einmal getilget worden, es ſich nicht wieder aufs neue erzeuge, und daß mithin die Mey⸗ nung dererjenigen, welche glauben, daß man Die wahren Pocken mehr als einmal befommen fönne *), daher variolarum vicaria; und in denen zum. 1737ffen Sabre des Commercii litterarii Norimbergenfis gehörigen N Noten, in der Borrede, ©. 7. eine von Eph. Jac. Trew aufgefegte Nachricht von einem Wanne, der die Pocken ſelbſt niemals. gebabt, und ungeachtet er fein mit den Pocken bebaftetes Kind Tag und Nacht auf Den Arm getragen, Devon nicht anaeftedt worden, außer, Daß auf Demjenigen Tbeile feines Befichtes, woran das Kind feınen Kopf gelebnt batte, einige Blaſen sufgefabren, welche aber bald darauf wieder abgetrocknet. Ueberſ. *) Mir ſind folgende Stellen und Geſchichte von wieder⸗ gekommenen Pocken (derer von wiedergekommenen Maſern nicht zu gedenken) bekannt worden: Joh. Hartm. Degners Obſervation de muliere, quae variolis iam pridem laborauerat, cui illae —5 per contactum ſunt communicatae, ita quidem, vt tantum in parte ſpecifice tacta haererent, nec reli- guum corpus inficerent, im dritten Volumine der A&torum phyfico-medicorum Acad. Nat. Cur. Obf. 34 Jac. Dosrzensky Obſ. de iuuene bis variolis a terrore correpto, im 4ten Jahre der 2ten Decurie der Mifcellaneor. Nat. Curiof. obf. 29. Curıst. Franc. Pavrını obf. de variolis intra duodecennium quinquies recurrentibus, im Appendice zum 6ten Jahre der aten Decurie der- felben, m ohne darauf erfolgte Borken. 437 daher ruͤhre, weil fie die wahren und Achten Pocken, mit den gleichfam unächten Gattungen derfelben, oder mit andern fieberhaften Zufällen, welche fich bey den Ausfchlägen der Haut einfinden, und mit denen bey den wahren Pocken befindlichen, einige Aehnlichkeit haben, verwechfeln. 4. Man mache den Einwurf, und ſaget: wo— fern die Pocken niemals wiederfommen, fo find fie eine Krankheit, deren Natur man nicht Fennt, die Ee3 die ſelben, ©. 13. Dan. Sottlob Tbebeſii Obf de variolis bis intra duos menfes febre tertiana in- termittente ıinterpolatis in puella quatuor anno- rum, im soten Volumen der Adtorum phyf. med. Acad. N. C. obf. 64. Eph. Jar. Trew Obf. de variolis ex contagio altera vice exortis, deque miasmate eorum peculiari, in der zaften Woche 1743. des Commercii Litterar. Norimberg. Geite 4132416. ob. Phil. Wolfs Obf. de variolis in adulto ex naufea recurrentibus, im fuͤnften Vol. der Actor. phyf. med: Acad, N. C. obf. 31. Herr D. Eantwell führet in feiner 1756 auf 38 Duodez: feiten zu Paris abgedruskten Lettre‘a M. de *** Avocat, au parlement, fehr umſtaͤndliche legaliſir⸗ te Zeugniſſe von ſechs Perſonen an, die nach der Einaͤugelung zum zweyten male die Pocken aus ge⸗ ſtanden haben, auch einige andere ohne dergleichen Bekraͤftigungen. Die letztern Beyſpiele waͤren von einer wichtigen Folge, wenn ſie von einem minder eingenommenen Manne herruͤhreten, und die zwey⸗ maligen Pocken, die meiſt auf der Erinnerung der Kranken und ihrer Hofmeifter beruhen, _von wah— ER 42° Aleeyten wahrgenommen worden waren. Ges dachter Kantwell glaubet auch, die natürlichen Pocken fallen die namliche Derfon zwey und drey mal an. Ueberſ. 433 Don einer Einpfropfung, Die einzige in diefem Geſchlechte ift, und ihres glei» chen nicht hat. Sollte diefes wahr feyn, würde es wohl zur Leberzeugung binreichen, es fen nothwen⸗ Dig, daß man die Pocken zweymal befommen könne ?] Allein, es it falſch, daß Diefes die einzige Kranf- beit fey, die wir von dieſer Art Fennen : fie ft in diefer Abfiche mit dem Rotz, oder der Unreinigfeit, fo den jungen Pferden aus ver Naſe läuft, zu ver gleichen. Man weiß, daß diefer Rotz eine Reini— gung der jungen Pferde ſey. Ein jegliches Pferd, (vie jedermann befannt ift, ) befindet fich nicht eher! außer Gefahr, als bis es diefen Zufall überftanden hat; auch nicht ein einziges ift Davon ausgenom— men; und die mehreften Pferde fterben daran *), Es koͤmmt diefer Zufall niemals wieder: er endiget ſich vermittelft des Eiterns. Xft es ein Germen? iſt esein monatlih Blue? u. ſ. f. Allein, was ift daran gelegen? wenigſtens verhält es fich doc) wirk— lich alſo. Warum follte man nicht zugeftehen, daß es eben die Bewandtniß mit den Poden, denen das menfchliche Geſchlecht unterworfen ift, babe? —— — N [——e - 5. Diejenigen, welche dieſe Krankheit nicht recht gewiß, und nur wenig gehabt haben, befin- den fich, diefer verfchiedenen Meynungen wegen, in einer beftändigen Unruhe und Verlegenheit, in Anz] | ſehung *) Außer den vielen Schriften, welche man vor der » Pferdezucht und Pferdearztney hat, ſteht im 74ten Stuͤck der Leipziger oͤkonomiſchen Nachrichten, 1754 in 8. ©. 151: 153. ein dorgefchlagene® Yülfs- mistel wider den Rotz der Pferde. Ueberſetzer. ohne darauf erfolate Boden. 439 ſehung ihres zufünftigen Schickſals; denn, fie wif fen nicht, ob fie die rechten Pocken gehabt haben, und fürchten fich daher immer davor. Bey denen— jenigen demnach, welche fich die Pocen haben ein» pfropfen laffen, fällt Diefe Ungewißheit weg, denn fie find verfichert, Daß der auf diefe Operation er folgende Ausfchlag, wann er auch noch fo. gering feyn folfte, die wahrhaftigen Pocen feyn; weil man ihnen dasjenige beygebracht'hat, was das bey ihnen befindliche Germen davon auf Die allerwirkfamfte Weife hat entwickeln Fönnen, Dieſes iſt einer von den großen Bortheilen, welchen die Einpfropfung der Pocken gewähret, daß fie Diejenigen, welche fie an ſich verrichten laffen, außer Sorge feger, und beruhiget. 440. Condamine | v. Des Herrn von Condamine Bemerkungen von der Geſchwindigkeit der Pferde, bey dem roͤmiſchen Pferderennen. Aus einer Abhandlung, die er in der Ak. der — vorgeleſen. Siehe Mercure de France Sept. 1757. 121. ©. De Schauſpiel, damit ſich das eömifche Volk heut zu Tage ergoͤtzet, hat nichts blutiges. Einige roͤmiſche Prinzen und Herren unter— halten Pferde, nur in der Abſicht, fie laufen zu laf fen. Diefes gefchieht nicht, wie in England, mit einem darauf ſitzenden Keuter, fondern die Pferde find vollig frey; und man überlaßt fie nur ihrer na= türlihen Hige , und dem Eifer, den die Gefellfchaft vieler zugleich laufenden erregen Fann. Acht oder zehen barbarifche Pferde, die ordentlich Flein und von fchlechtem Anfehen find, werden in einer Linie gehalten, und laufen in vem Augenblide fort, da ein Geil niederfällt, das ihrer Bruſt gleich gefpannet ift. Die 8 der Lauf 6 die ordentlich in der Sa e “ von Geſchwindigk. der Pferde, 441 del Corfo und mit Sande beftreuet iſt, beträgt 865 Toifen. Ich babe zweymal, vermittelft einer Tas ſchenuhr mit Secunden und eines gegebenen Zeichens bemerket, daß dieſe Länge in ı4ı Secunden. ift durchs laufen werden, welches mehr als 363 Fuß in einer Secunde, oder mehr. als ſechsmal "die Laͤnge des Koͤrpers des Pferdes betraͤgt. Man behauptet, dieſe Geſchwindigkeit gleiche noch nicht der Geſchwindig— keit der engliſchen Pferde bey ihrem Rennen. Bey reiferer Ueberlegung wird man dieſe Ge⸗ ſchwindigkeit betraͤchtlicher finden, als ſie dem erſten Anſehen nach ſcheinen moͤchte. Bey einem beſtaͤndi⸗ gen Galop ſcheint es nicht, daß ein Pferd in jedem Satze viel weiter, als zweymal die Länge feines Koͤr⸗ pers, kommen koͤnne, welches zwölf Fuß betrüge, Es fcheint auch offenbar ‚ daß man nicht mehr, als drey Süße, in einer Secunde annehmen kann, wenn man erwäget, daß jeder Satz mwenigftens ziweene fehr unterfihiedene und Eenntliche Augenblide erfordert; den, da fich das Pferd von der Erde erhebt, und den, da es wieder fällt; nun aber lafien ſich kaum ſechs verfchiedene Augenblicke in einer. Secunde wahrneh: men, weil es ſchwer iſt, in einer fo Furzen Zeit ſechs Sylben auszuſprechen. Aber eine Geſchwindigkeit von 36 Fuß in einer Secunde erfordert alle dieſe Umſtaͤnde, und die Geſchwindigkeit dieſer Pferde be— träge faft 37 Fuß. Iſt es daher fo glaublich, daß fie von der engliſchen Pferde ihrer noch ſehr uͤbertrof⸗ fen wird? Es giebe Fälle, wo Wahrheit niche wahrfcheinlich iſt; und fo verhält es ſich bier, a Kes Herr 442°: Eondamine, Herr du Say fehrieb 1737 von Newmarket das Pferderennen von vier englifhen Meilen, das er mit angefehen hätte, fey in acht Minuten weniger vier oder fünf Secunden zurücde gelegt worden *), welches mehr als 41% Fuß in einer Secunde be= trägt, und alfo vier Fuß mehr als bey den bars barifchen Pferden zu Nom; aber das war mir eine ordentliche Gefehwindigkeit „ weil von zehen Pfer- den, welche liefen, das binterfte nur zwoͤlf big funfzehen Schritte zurücf blieb. ben diefes Ren— nen it verfchiedene mal in ſechs Minut. fechs Se— cunden geendiget worden. Diefes hat mir jemand berichter, der bey dem Nennen zu Newmarket und anderwärts verfchiedene mal Wetten gewonnen bat. Diefe Geſchwindigkeit beträge mehr als 54 Fuß in einer Gecunde, und verhält fi zur. Geſchwin—⸗ digkeit der barbarifchen- Pferde zu Nom wie 3:2 Auch muß man bemerfen, daß diefe leßtern nur. eine Meile, die englifchen aber vier Meilen nach einander laufen, und noch einen Reuter tragen. Es ift offenbar, daß die erfte Meilen von diefen vieren, mit einer geößern Geſchwindigkeit ift durch⸗ laufen worden, als die mittlere Gefchwindigfeie bes trägt, die man daraus erhält, daß Bier Meilen in fehs Minuten, fechs Secunden durchlaufen wer— den, welches ı Minute, 31 Secunden für die Mei: le giebt. — verfüchert, ein berühmtes englifches Renn⸗ 2) Die engliſche Meile, wie ſie von Heinrich dem VII. feſtgeſetzet worden, wird beym Pferderennen ge⸗ hrauchet, und betraͤgt 826 unſerer Toiſen. bvon Geſchwindigk. der Pferde. 443 Nennpferd, Namens Sterling, habe verfihiedene male die Meile in einer Minute zurück gelenek, welches 824 Fuß jede Secunde betrüge; hätte es aber auch diefe Gefchwindigfeit nicht eine ganze Minute lang behalten: fo ift es doch genug, wenn es fie nur einige Secunden lang gehabt bat, um ohne poetifche Vergrößerung fagen zu fonnen, ein folches Pferd Taufe fehneller, als der Wind, weil der heftigſte Wind feiten fo weit in gleicher Zeit fomme ‚Ein Wind, deffen. Gefchwindigfeit in eis ner Gecunde 85 Fuß betrüge, würde ein Schiff, das. nur Den dritten Theil dieſer Geſchwindigkeit annähme, in einer Stunde fechs Sermeilen fort« treiben, und das ift Die größte Geſchwindigkeit, die man auf dem Meere kennt. | VL. Doch, 444 Bon einer Materie, Kr ee VL ya Doct. Joh. Chriſtian Jacobi —86 von einer Materie, die ſtatt der Tuſche zu gebrauchen waͤre. Aus den Schriften der Churf. Erf. Akad. nüglicher | Wiſſenſch. L Ih. 165 ©. * Ir häufige Gebrauch der Tufche hat verſchie⸗ dene veranlaſſet, etwas aͤhnliches aus Ma— terien zu verfertigen, die bey uns wohlfeil zu haben ſind. So hat man mich berichtet, daß die ſchwarzen Bohnen in einem verſchloſſenen Gefaͤße zu Pulver gebrannt, mit arabiſchem Gummi, das in Waſſer aufgeloͤſet worden, gehoͤrig vereiniger, imgleichen daß Schalen von welfchen Nuͤſſen in Lei— men verfchloffen, und eben fo handthieret, ſich voll: fommen ſtatt diefer Tufche brauchen ließen. Wie gegründet Diefes fen, will. ich bier nicht unterfus den. Ich will vielmehr jeßo was aus dem Mi: neralreiche vorftellen, das fih an Farbe, Zärtlic)- feie und Wirkung im geringften nicht von der Tu— ſche a Die beygefügte Abbildung eines Gewächfes, die ſtatt der Tuſche zu gebrauchen. 445 Gewaͤchſes, welche mic diefer Dinte gemacht ift *), wird zu einer vollfommenen Probe dienen, Die Zubereitung ift folgende: Man nimmt das, was nach ver ‚Deftillation des hofmannifchen Liquoris anodyni übrig bleibt, und fügt es vollfommen mie Waſſer aus, daß auch nicht die geringite Schärfe zurüc bleibt. Alsdenn trocknet man es, und ziehe mit alcoholifirtem Weingeifte ein zartes Harz heraus, digeriret es wieder mit Wafler, das auch noch viel braune Farbe herausziehen wird, fo daß das Ueber: bleibfel von 4 Unzen Bitriolöl und 16 Unzen SBeins - geifte, noch 16 Maag Wajler faͤrbet. Das ges trocfnete Weberbleibfel reibt man fürgfältig zu Bul- ver, löfet es mit arabifchem Gummi in Waſſer auf, bis es fo dick als ein Brey wird, thut es in Papiere, und verwahret e8 trocken zum Gebrauche. *) Diefe Probe, welche wir gefehen haben, war eine getufchte Tulpe. Gie hatte aber ein wenig braune Zarbe, VII. Er⸗ 446 Von einer Schlange FE ** ee | Erzählung von einer Art Schlangen die in der linken Herzkammer gefunden worden. Aus dem Nouvellifte oeconomigque er litteraire, Tom. XXI. Novemb. Decemb. 1757. 165. ©, De 7. October 1756. ſaget ein engliſcher Arzt, in ſeiner Erzaͤhlung, begab ich mich mit ei⸗ nem Wundarzte zu Mylady Iferris, um den Leichnam ihres Neffen zu oͤffnen, der die Nacht zuvor, 21 Jahre alt, verſchieden war. Man ver— langete die Urſache von dieſes jungen Menſchen Tode] zu wiſſen, weil er lange Zeit in einer beſtaͤndigen Mattigteit zugebracht hatte. Bor einigen Jahren hatte ich feine Mutter vom Steine befreyet, und man fchloß aus einigen ſchwachen Anzeigungen, er] habe eben die Krankheit gehabt, Wir fingen die Deffnung des Körpers um Die natürlichen Theile an, und fanden die Blaſe voll ei» nes verdorbenen Eiters, und ihr Gewebe gänzlich verfaulet; aber nichts, das Stein oder Gries anzei- gete. Wir trieben unfere Bemerkungen weiter, und fanden die Leber gefund und ganz; aber Doc) auf eis nee in der linken Herzkammer 447 ner Seite zu ſtark an den Seitenhaͤuten anhaͤngend, welches von einer uͤbeln Sage des Körpers, herruͤhren konnte, weil fich Diefer junge Menſch beſtaͤndig zu ſchreiben beſchaͤfftiget hatte. Wir ſetzten die Oeffnung des Koͤrpers bis in die Bruſt fort; die Lunge war geſund, aber das Herz groͤßer als gewoͤhnlich, vielmehr rund als lang; die rechte Herzkammer ſehr zuſammengezogen, leer und braun; der Herzbeutel trocken, die linke Herztammer hart wie ein Stein, und viel weiter als die andere, welches uns veranlaffete, daſelbſt einen Einfchnitt zu machen; es drang fogleich ſehr viel Blut heraus; wit entſchloſſen ung alfo, fie vollig zu öffnen, und entdeckten ein. eingehülletes Weſen, das vie Geftalt eines Wurmes oder vielmehr einer Schlange hatte Wir fonderten diefes Wefen von dem Herzen ab, an welchem es hing, und legten es zu befierer Linker ſu⸗ hung in das Fenſter. Dieſer außerordentliche Kor— per war fo weiß als Die ſchoͤnſte Menſchenhaut, ſo glänzend als wäre er mit einem Firniſſe übergegen, fein Kopf blutig, und einem Schlangenfopfe fo aͤhn⸗ ih, daß fid) alle Anfchauende darüber entfegten. Die Fafern, die Nerven, furz, das ganze Gewebe Diefes Körpers war leifchfarben; der Kopf hatte ein feftes, blutfarbenes und drüfigte Wefen, vas an ‚ber Seite des Halfes ein wenig zerriffen war, vers muthlich von der Gewalt, die man angewandt hatte, ihn vom Herzen abzufondern: Der Körper. war hohl und von einem dichten Wefen, und es ſchien uns, als hätte diefe Art von Thieren Adern und Ges daͤrme. Die — die daran zweifelten, * en 1 448 Don einer Schlange in der xc. ben e8 genauer unferfuchet, und fi) von ihrem Er= ftaunen nicht erholen fonnen. Man hat wenig fo erffaunliche Vorfälle gefehen, und man urtheilere einftimmig, diefes Weſen, das ſich an das Herz des jungen Menfchen gehenfet hatte, habe feinen Tod verurfacher. Inhalt des vierten Stückes im ein u. zwanzigſten Bande, I. Schluß einiger Erfahrungen zu einer nähern Er— Flärung der Wolfen, Des Negens, und des Schnees | Seite 339 1. Fortfegung von Heren Hanovs Hiftorifchen Nach⸗ richt von Elbing 360 II. Heren Daviel des jüngern neu erfundene Me: thode, den grauen Staar berauszuziehen, und die Borzüge deffelben - 394 IV. Herrn Hofty Nachricht, von einer zu Paris vorgenommenen Einpftopfung, ohne Darauf’ ers folgte Pocken 425 V. Heren von Condamine, Bemerfungen von der Geſchwindigkeit der Pferde bey dem römifchen Pferderennen. 440 VI. Doct. Jacobi Verſuch von einer Maͤterie, die ſtatt der Tuſche zu gebrauchen waͤre 444 VII. Erzaͤhlung von einer Art Schlangen, die in der linken Herzkammer gefunden worden. 446 x“ ir x Hamburgiſches Hagazin, oder —— Schriften, Aus der Naturforſchung und den angenehmen Wiſſenſchaften uͤberhaupt. Des aıften Bandes fuͤnftes Stuͤck. Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Freyheit. Hamburg und Leipzig, * Georg Chriſt. Grund und Adam Heinr. Sole | 1758. J —* : * —— * — —— 0 N > Kr 65 —— * er 4 a4 ; = —* * * A N; ‘ + 2 1 17.33 rn J — we Eu 8 EL € 2 A x 7 mal 5 0} Pi ’ 3? —J au on F gms AR IT ’ * rl \ 12, 2a — ir, * * 1. Sortfeßung von Der Geſchichte des Glaſes bey den Hebraͤern. V. Moſes vedet 5 3, Moſ. XXXIIT, 18, 19. von dem Sande des Belus, woraus das Glas gemacht wird, auch) deutlicher, $ enter die Reichthuͤmer der Nachkom⸗ men des Iſaſchar und des Sebulon, 2 ® welchen das Ufer des Belus zu Theil worden war, rechnet Mofes die vers |borgenen Schaͤtze des Sandes ; ich fehe aber ‚nicht, welche es find, wenn man unter ihnen nicht den Sand verfieht, woraus das Glas gemacht wird, Denn Mofes, da er bald fterben follte, feg« Sf nete 452 Don der Gefchichte des Glafes nete auf göttlichen Antrieb Das Volk, und fagte **)r Sebulon freue dich deines Aussugs, und du Iſaſchar, freue dich deiner Hütten. Sie werz den die Dölker auf den Berg. rufen, und daz -felbft opfern Opfer der Gerechtigkeit: denn fie werden die Menge des Meers augen, und die verfenkten Schöze im Sande. Die Meynung ift: dieſe Stämme würden fo viel Reichthuͤmer aus den fandigten Schaͤtzen erhalten, daß fie würden herrlicher leben, und nach der Gewohnheit des Vol: fes, deſſen prächtigfte Mahlzeiten die Opfermahls zeiten zu feyn pflegten, andere zu ihren heiligen Mahlzeiten. auf den Berg Gottes einladen fönnen, indem fie öftere Danfopfer darbringen würden, die des⸗ wegen Opfer der Gerechtigkeit genennet werden, weil man fie ohne eine vorbergegangene Schuld dar⸗ brachte. Daß bier das Glas gemeynet wird, hatt fchon derjenige Ausleger, der in der meilten Händen] ift, Clericus, geſehen, und er führet von den Juͤ— den den chaldäifchen Ueberfeger, welcher falfchlich Jo⸗ nathan genennet wird, an, der mit ihm einerley Mey⸗ rung if. Er hätte auch andere Zeugen aus eben] diefem Wolfe anführen koͤnnen, ob gleich durch fiel nichts ausgemacht wird, und die Sache an und für] ‚fich deutlich iſt: ich Fann mich aber doch nicht enthal⸗ ten, Die Worte des Salomon, des Sohnes Iſaac, bersufchreiben: ram mm Inn 3noo oal kann joy mn np ann ma2 mamanl END DD min [ran now kon yphmanl mn A2OD2 das ift: die verfenkten Schäse | | im 5 B. Moſ XXXIII, 18, 19. bey den Hebraͤern. 453 im Sande: Tarith, (ein Fiſch von großer Art,) Meerſchnecke und weißes Glas, welche aus dem Meere und aus dem Sande kommen: | diefe Sachen waren in dem Erbtheile der Rin; der Iſaſchar und Sebulon, fo wie in dem Buche Megillah gefebrieben ſteht. Die Etelle, weiche hier angeführet wird, fteht Fol. 6, 1. wo man erzählet, daß der Nabbi Kofeph den Sand des Mofes hier von nah mar (Zechuchith lbhanah) vom weißen Blefe erfläret habe. Damit es aber noch deutlicher werden möge, daß Mofes hier von den gläfernen Reichthümern des Sandes redet: fo wird es nüßlich feyn, etwas we— niges über die Wörter YEUV (fepa) und EV Cipune) zu fagen. Das erftere überfegt man mit Recht das Geraͤuſch des Meeres oder die rau⸗ fehenden Bellen, und man folge der Ableitung von dem Worte VDU (lapa), Go findet man es bey dem Ezechiel, welcher faget, daß durch das Bez raͤuſch der Pferde der Staub die Tyrer bede⸗ cken werde *). Es ift aber offenbar, daß das Geraͤuſch des Meeres für die Wellen, oder für die Ueberfchwemmung des Meeres gefeget wird: und fo haben es auch die meiften Ausleger überfegt, Man muß aber wiffen, daß der Sand des leimigten Bes lus alsdann erjt gefehen worden ift, wenn erft der Koth durch das ausgetretene Meer abgefpület war. Denn diefes faget Plinius *): er fließt lang; "fa fun, 45) Ejech. XXVI, 10. | 46) Lentus currit, — — — limofus, vado pro- fundo. Non nif refufo mari arenas fatetur: Au- &ibus 454 Bon der Gefchichte des Glaſes am, — — iſt leimigt, und tief. Nur bey aus⸗ etretenem Meere geſteht er feinen Sand, enn wenn er von den Wellen hin und her ge⸗ worfen wird: ſo wird er glaͤnzend, und verliert ſeinen Koth. Die Unwiſſenheit im Glasmachen hat hieraus einen Irrthum gemacht, welcher den Bewohnern des Fluſſes, die gern allein mit Aus⸗ fhließung der andern den Handel des Glafes treiben voollten, fehr nüglih war. Denn eben diefer Dliz nius feßet hinzu, man glaubet, daß diefer Sand] erft von dem Beißenden des Meerwaſſers durchdrungen werden müßte, und eher nicht etwas nüsze wäre ). Hieraus fann man ſehen, wie viel die, weldye durch das Glas reich wurden, | nicht nur dem unerfchöpflichen Sande, fondern auch den raufchenden Wellen und dem uͤberſchwemmenden Meere zu danken gehabt haben. Das andere Wort, welches ich erläutern wollte, it DEU (ſpune). Es wird von den meiften bey⸗ nahe aus feinem andern Grunde das Derborgene überfegt, als weil die Juͤden gefehen haben, daß die: ſes Wort öfters von den Bekleidungen gebrauchet wird *7), womit die Wände bevedt und gleichfam| verborgen werden. Wie ungemwiß aber diefes ift,| wird man bernach fehen, wenn ic) werde gezeiget has en, ctibus enim volutatae niteſcunt, detritis ſordibus. Hift, nat. L. 36. c. 26. *) Nune er a marino creduntur adftringi morfu, non prius vtiles. . 47) 13. der Koͤn. VI, 9.15... VIE, 3.7. Ser. XXI, 14: Hagg. I, 4 behy Den Hebrädern. 455 REN das Wort TRO (fapan) die Bedeutung des "Bekleidens nit von dem Bededen, fondern pon den Bretern hat, diefe hingegen von dem Ho— bein. und Glattmachen des Holzes genennet worden find. Die, welche der gemeinen Auslegung folgen, koͤnnen ſich auf die alten Lieberjegungen, die ohne Benftimmung eines mit dem Hebräifchen verwand⸗ ten Dialects. nicht Anfehen genug haben, um defto weniger berufen, weil fie bey der Ueberfegung diefes Wortes fehr uneinig find, und die Griechifche, noch deutlicher aber die Syriſche, es durd Schiffe fehr artig geben. Denn auf was für eine Art Fonnten wohl die Iſraeliten, die am Meere wohnefen, durch die im, Sande verborgenen Schiffe reich. wer: den, wenn wir nicht glauben, daß fie fich des graus famen Rechts gegen die, welche Schiffbruch gelitten haften, und weldyes das Strandrecht genennet wird, bedienet, ihre Güter geraubet, und fich durch den Raub gottlofe Schäse gefanmlet Haben ; wenn wir nicht glauben, daß ihnen Diefes vom Mofes als ein göttlicher Segen. verfprochen wird ? | . Wer nur etwas von der arabifhen Spracheweiß,, dem muß befannt feyn, daß die erfte Bedeutung des Wortes DO (lapan) gleich machen und bo; bein iſt: dahero auch vie Hebraͤer von den ab⸗ gehobelten und glatten Bretern taͤfeln geſaget, und alle morgenlaͤndiſche Dialecte die Schiffe AED (Spinoth) genennet haben. Die Araber Brauchen aber diefes Wort noch befonders von dem Winde, welcher den Sand von verfchiedenen Or— ‚ten. zufammenfehret und weite Gegenden dadurch eben. machet, Nach meinen Gedanken wird TA acheR die 456 Bon der Gefchichte des Blafes die neue Ueberſetzung den Dhren befier gefallen, das Ebene des Derborgenen des Sandes (compla- nata oceultorum arenae) als die gewöhnliche, welche in den Fehler der Tavtologie fällt, das Bedeckte des Derborgenen des Sandes tedta occultorum arenae). Das Ebene aber des Verborgenen des Sandes bedeutet, um mich der Worte des Plinius abermals zu bedienen, den Sand des leimigten Sluffes, welcher vorbero mit Leim bedecket ift, und welchen der Fluß bey ausgetretenem Mee⸗ re, das den Sand abfpület, herum wirft und eben machet, erft gefteht *°). VI. Auch der Name des Glafes, Zechuchich, koͤmmt im Buche Hiob vor, Es ift auch nicht unmahrfcheinlih, daß Mofes von dem Ölafe geredet hat, da der Name des Gla-| fes, obgleich in einer metaphorifchen Bedeutung, in] feinen Schriften vorkommt, da er die Schale der Beeren 37 (Zag) gleichfam das las derfelben we⸗ gen! | +3) Damit man meiner Erklärung nicht den ar Vers eben dieſes XXXIII Cap. des 5 B. Mofes entgegen feßen Fanır, zu dem fich die Bedeutung des eben machen nicht ſchicket, fo willich ihn hier auch erflä- ten. Die Araber haben für [DO (Sapan) ein dop⸗ preltes Wort; dag eine wird mit DO gefchrieben, und von diefem habe ich oben gehandelt, das andere aber mit den W fchielen, beneiden: und dieſes muffen Die Hebraer nach der grammatifalifchen Analogie beyder Sprachen mit einem DO fehreiben.| Ich überfege e8 alfo im 21 3; eine beneidungs- würdige Sache. behy den Hebräern. 457 ‚gen ihrer Durchfichtigfeit nennet *). Es ſcheint, als wenn fich nicht einer von den-alten Ueberfegern bemuͤhet hätte, die eigentliche Bedeutung des Wor⸗ tes benzubehalten, ob man es gleich von einem Leber. feger nicht verlanget. Die übrigen abgeleiteten Wör- ter von dieſem Stammworte pflegen die Araber von dem Glaſe, und was dazu gehöret, noch zu gebraus hen. Ein der hebräifchen Sprache fundiger wird mir aber leicht einräumen, daß ein Wort, welches nur einmal vorfönnnt, und etwas Durchfichtiges bedeu— tet, mit einem andern Worte von eben diefem Stam; me einerley fey, welches entweder MIT (Zechu- chith) oder fanfter und nach ver fyrifchen. Arc MANN (Zegugith) gefchrieben werden Fann, und in dem Buche Hiob Cap. XXVIII, 17 gefunden wird. Was diefes aber fey, will ic) defto forgfältiger unter. fuchen, weil ich mic) erinnere, daß Sie, Herr Pros -feffor Geßner, gefraget haben, ob man nicht das MIT (Zechuchith) des Hiobs mit dem Agtfteine (Succinum) der Alten, da beyde in dem Schalle und in der Durchfichtigfeit *°) überein Fommen, mit eins ander vergleichen, und für einerlen halten koͤnnte? Ich geftehe zwar, daß dem Agtiteine, von dem Sie fo gehandelt haben, daß diefe Sache erfchöpfet *) 4.2. Mof. VI, 4. ) Es koͤmmt namlich von Pf (zachach) rein und durchfichtig feyn, ber. Daß es aber nicht nur - die Bedeutung des rein, fondern auch des durchfichtig feyn, habe, erhellet beſonders aus denjenigen Stel: len, mo es von einer flüßigen Sache, als vom flüf- figen und durchfichtiaen Oele nebrauchet wird, z. E. 23. Mof. XXVIL, 20. 3 3. Mol. XXIV, 2. 5 Drcen - 158 Bon der Geſchichte des Glaſes ift, Die Durchfichtigfeit mit dem Glaſe gemein, und der Schall des lateinifchen Wortes fo iſt, daß wenn man das Wort für ein fremdes und nicht für ein lateinifches halten wollte, der Agtftein (Suceinum) von dem hebräifchen MIT (Zechuchith) berges leitet werden koͤnnte. Allein, wenn man die wahre Bedeutung eines Wortes aufjuchet, fo gilt Die Ue— bereinftimmung einer andern, und in dem Oriente fremden Sprache, nämlich der lateinifchen, nicht viel, und man fann zweifeln, ob die Lateiner mit der Sa— che feloft auf die Benennung des Agefteines von den Phöniziern erhalten haben, auch die, welche den Agtftein (Succinum) von dem Safte (Succo) herleiten, werden es läugnen 2); wenn es ihn aber erhalten hat: fo kann es von der Aehnlich— Feit des Glaſes wegen der Durchfichtigfeit ſo genen: net ſeyn, fo mie wir wiffen, daß die Aeſtyer den Agtftein mit einem befondern Worte Gleflum ges nannt haben °). Ich mag mit andern zu ftreiten haben, wie ic) will, fo find Sie doch), und alle die, welche Jhnen gleich find, mit mir der Meynung, daß wir vor» züglich unterfuchen müffen, was diefe zwey Woͤrter, die nur einmal vorformmen, in den übrigen morgeits laͤndiſchen Sprachen bedeuten. Allein, alle diefe, fo viele so) Plinius hilt. nat. L. XXXVII e. 2. Niciasfolis radiorum fuccum intelligi voluit, c. 3. quod arbo- ris fuccum priſci noftri credidere, ob äd fuccinum appellantes. | R si) Plinias hift. mat, L. XXXVIL e. 3. Tocitus de morib, Germ. c. 45. bey den Hebraͤern. 459 viele man nur zu Rathe ziehen kann, ſind fuͤr die Be— deutung des Glaſes. ch darf kaum die rabbinis fche Sprache, Die eine neuere, und alfo auch von we— nigerm Anfehen ift, erwähnen, in welcher unfer Wort felbft MIT ( Zechuchith) das. Glas bedeutet. Sch finde, daß Albert Schultens °”), als ein Juͤngling, vor 50 Jahren in Anfehung der arabifchen Sprache widerfprochen habe ; ich wundere mich aber darüber mehr, daß er das, was er vielleicht zu eilfer- tig gefchrieben hatte, nicht auch hier, wie in andern Dingen, verbefjert hat »)). Denn das, was er will, Fann ohnmöglich behauptet werden, namlid), daß Zagag nicht Öfas, fondern Eryftall bedeute. Er führet eine Stelle aus der Gefchichte des Tamerlans an, welche fi) aber gar nicht hieher fchicfet, da man nicht Zagag, fondern Almaha Alzagag (gläferne Eryftallen ) dafelbft liefet, und es ift auch bekannt, ‚daß das erfte Wort ſchon fuͤr ſich Cryſtalle anzeiger, fo daß Zagag in der Abficht fcheine hinzugefegt zu ſeyn, um die gläferne Durchſichtigkeit der Erpftalle ‚anzuzeigen. Es hat aud) nicht mehr Gewichte, wenn bey dem Britharis Almaha, oder der Cryſtall, eine Ark des Zagag genennet wird: fondern e8 erhellet vielmehr aus eben dem Orte, daß Zagag nicht der Eryftall fey, denn wer wird wohl den Cryſtall eine Art des Eryflalls nennen, Man muß es vielmehr ſo annehmen, als wenn jemand lateinifch fagte, der Erpftall wäre eine Art des Ölafes; denn man müßte \ AR ER . | ihn #2) In den Animaduerfionibus in Iobum S. 104, 105. * ) In Commentario än Iobum ad cap. XXVIII, ıy, 460 Bon der Geſchichte deg Glaſes ihn fo erklären, daß er unter dem Glafe, welches das befanntefte und gewoͤhnlichſte unter den Dingen, die durchfichtig find, ift, alles überhaupt, was durchſich— fig ift, verffünde. Was er hinzuſetzet, hat mehrern Schein, nämlich der Araber, welcher den Jeſaias aus der griechifchen Weberfegung überfeget hat, giebe das Wort KovsaAAos, Eryftall, durch Zagag ). Ich geftehe, Daß diefes einmal gefchehen ift, und daß man daraus fehen Fann, daß das Wort, weldyes dem Glaſe eigen ift, auch von dem Eryftalle bat koͤnnen gebrauchet werden: allein aus eben diefem Grunde, und mit noch mehrerm Rechte, weil ich vier Erempel einem einzigen entgegen fegen Fann, wird dem Worte die eigentliche Bedeutung bleiben, welche die Berfer- tiger der arabifchen Wörterbücher ihm gegeben ha« ben, da das Wort varcs, wenn eg in dem neuen Zeftamente vorfümmt, von zween Arabifchen Leber fegern, ſowohl von dem, welcher in den Polyglotten, als auch von dem, welcher in der Ausgabe des Er- penius ifi, durd) Zagag gegeben wird *) Wenn wir alfo den verwandten Dialecten der bebrätichen Sprache folgen, welche gleichfam das einzige Licht in einem fo finftern Alterthume find, fo wird AT (Zag) und MIT (Zechuchith) Glas bedeuten. Mit ihnen flimmen die alten Ueberfegungen ein, Die grie- ‚ifche, welche MIT (Zechuchith) 'uaAos (Glas) und die lateinifche, welche es Glas (Vitrum)' geben; die chaldäifche brauchet über diefes eben das Wort, weiches aber in diefer Sprache gar nicht ——— he +) ef. LIV, ır. 5) Dffenb. ob. IV, 6. XXI, 2ı. ben den Hebraͤrn. 46 iſt, und die ſyriſche thut eben Diefes, fchreibt es aber mit gelindern Buchftaben Zgugi. Bey feltenen Woͤr— tern ſind wir gemeiniglich mit der Uebereinſtimmung dieſer Ueberſetzungen, wenn nur der Zuſammenhang der Rede ihre Erklaͤrungen zulaͤßt, zufrieden: ihnen allein pflege ich zwar, vielleicht aus allzugroßer Furchtſamkeit, nicht gaͤnzlich zu trauen, ich hoͤre aber doch auf zu zweifeln, wenn ich eben diefe Bedeutung des Wortes in der arabifchen oder fprifchen Sprache fehe. Hier Fann ich es nicht von mir erlangen, daß ich bey einer. fo großen Lebereinflimmung der mot. genländifchen Dialecten und der Ueberfegungen ziweis feln ſollte. Um. aber nichts zu verſchweigen ſo geſtehe ich, daß die arabiſche Ueberſetzune, welche in den Poly: glotten fteht, nicht Glas, fondern Hygzinth über feet: worüber man sich um fo vielmehr verwundern fönnte, weil die Bedeutung des hebräifchen Wortes dem Araber aus feiner eigenen Sprache befannt feyn ſollte. Allein es fcheint dem arabifchen Leberfeger das begegnet zu feyn, wofür wir uns zu hüten haben, weil es; auch den Schultens hintergangen bat, näms lich bey dem überall befannten Gebrauche des Glas ſes fonnte er nicht begreifen, wie man das Glas un» ‚ter die Foftbarften Sachen rechnen und dem Golde gleich ſchaͤtzen koͤnnte. Da er nun diefes in.dem DT (Zechuchith) fand, fo feßte er für das Glas ‚eine andere —— * — VII. Der I; 462 Bon der Geſchichte des Glaſes VI. Der Werth des Glaſes wer zu Hiobs Seiten ungemein hoch. Es wurde dem Golde gleichgefihäser, und dem Cryſtalle vorgesogen. ee Es darf uns auch nicht unglaublich vorfommen, daß das Glas ehemals von fo großem Werthe ge» mefen ijt, daß auch der aͤlteſte unter den Schriftftel- lern, der Verfaſſer von der Geſchichte des Hiobs, welcher nicht lange nach der Erfindung des Glafes gelebet haben Fann, es mit den Edelgefteinen und Golde zugleich erwähnet, und, wenn er die Bor: frefflichfeit und Seltenheit der Weisheit anzeigen will, folgendes faget *): Gold und Glas wird ibr nicht gleich Eommen, fie wird such nicht durch goldene Gefe ße erfaufer werden, Denn nachdem erft der Zufall, und hernach das Feuer des Künftlers, Den Sand des Fluſſes Belus in Glas vers wandelt hatte, fo jcheine es, als wenn die Dienfchen lange in den Gedanken gemefen wären, man müßte dieſes der befondern Natur diefes Sandes zufchreis ben, und es fünne aus feinem andern Sande Ölas gerracht roerden : ich zweifele auch nicht, Daß Der Geiz der Phönizier, welche ven Beſitz, fü wie anderer Sachen, alfo auch des Ölafes, für ſich allein behalten wollten, diefem Irrthume wird günftig geweſen ſeyn, und ihn weiter ausgebreiter haben. Daher rühree a die Erdichtung, weiche uns Plinius aufbehalten hat, auch) diefer Sand wäre nicht einmal erwas nüge, wenn er nicht vorher von dem Heiß fenden des Meerwaſſers durchdrungen waͤ⸗ > | ve 6) Cap. XXVIII, 17. bey ven Hebraͤern. 463 re *): dahero rühret eine andere, welche Strabo #7) gehöret hatte, der Sand Eönne an dem Orte, wo er gefunden wird, nicht gegoffen werden, wenn er aber nad) Sidon gebracht wäre, fo würde er fließend. Eben diefer feget hinzu: es wäre noch zu feiner Zeit geftritten worden, indem eis nige geſaget haben, die Sidonier allein haͤtten Sand, voelcher fi) zum Gießen fehichte, an⸗ dere aber bebhaupter baben, aller Sand, er möchte - gefunden werden , wo er wolle könne gegoſſen werden *). Es fehlte aud) diefem Vorgeben nicht an einem glüdlichen Erfolge, denn Plinins fager, dieſes Ufer haͤtte verſchiedene Jahrhunderte hindurch allein Glas gegeben: und Joſephus *) bezeuget, daß viele Schiffe noch zu feiner Zeit jaͤhrlich Sand: daher geholet hätten, So lange als aus dem Eande des einzi- gen Belus Glas gemacht wurde, fo mußte es fehr felten feyn, und fein Werth ungemein fteigen, denn diefes Wunderiverf der menſchlichen Kunft wurde den Edelfteinen gleich gefchäser, fo lange es noch be— Hundert wurde, k % Ich J *) Ne has ipfas quidem arenas vtiles eſſe, niſi prius aquae marinae morfu adftringerentur. 7) L.XVI ©. 1099, edit. Amftelod. (nach andern ©. 758). Arenam in ipfo loco, vbi inuenitur, fündi non pofle, quum vero Sidonem delata fit, fufioni parere. + | “*) Aliis dicentibus, arenam vitriferam fufioni aptam ‚ Sidonios folos habere, aliis, omnem, quae vbique reperiatur, arenam fundi pofle. | E 8) Naues plurimas ſuo adhue teınpore quotannis are» nam inde conuexiffe, -De bello Iudaic. L, I, c. 9. 464 Von der Geſchichte des Glaſes Ich weiß nicht, ob man nicht, aus allzu großer Siebe gegen dieſe Kunſt, das Glas dem Cryſtalle ſelbſt, zu Hiobs Zeiten, vorgezogen hat. Denn da Hiob hinzu ſezet, Ramoth und Gabis werden nicht einmal genennet werden, ſo halte ich das eine von denen, welche nach der Erwaͤhnung des Glaſes nicht genennet werden duͤrfen, naͤmlich Gabis fuͤr Cryſtall. Ich weiß ſehr wohl wie gefaͤhrlich es iſt, wenn ich meine Gedanken von Ramoth und Gabis fagen will, da der neuefte, befte und vorzüglichfte Erklaͤrer des Hiobs, Schultens, nachdem. er die Mey: nungen anderer angeführet hat, feinen Leſer bey die> fen Wörtern ungewiffer macht, als er zuvor war, feis ne Zweifel und Unwiſſenheit freymüthig befennet, und nach dem Beyſpiele des .älteften Weberfegers, naͤmlich des griechifehen, welcher yaßıs beybehält, auch) beyde fremde Wörter in der lateinifchen Ueber. fegung beybehalten hat. Mac) meinen Gedanfen ift Schultens dadurd) verführet worden, daß er. den Cryſtall, den er bier erſt Hätte finden follen, fchon in dem Worte MID (Zechuchith) gefunden zu has ben glaubte ; bäfte er diefen Fehler nicht begangen, fo würde ich mich wundern, warum er das Wahre, das ſich gleichfam felbft anbietet, hier nicht gefehen hatte. Denn er felbit giebt zu, und die meiften ha— ben eg auch zugeftanden, daß das Gabis (WY2) des Hiobs und das Elgabis (UIIIIN) des Ezechiels ’) einerley Wort fen, außer daß Diefer, nach Art der Araber, den Artifel vorgefeget hat: er giebt ferner zu, mas auc) nicht geläugnet werden Fann, daß die Stei« ne des Elgabis bey dem Ejechiel den Hagel be a, zb; / deuten. .#) Cap. XII, ur, bey den Hebraͤern. 465 deuten. Gabis wird alſo entweder der Hagel ſelbſt ſeyn, oder das Eis, worunter der Hagel gehörer. Schultens hat auch fo gar das Stammwort des bey dem Ezechiel vorfommenden Wortes gewußt, daß es alſo um defto mehr zu verwundern ift, warum er bey eben dem Worte indem Hiob gar nichts har anführen wollen. Nunmehro glaube ich, wird Ihnen, Herr Profeffjor Geßner, eben das bee gegnen, was Ihnen, wie Sie mir erzähler haben, Damals begegnet ift, als id von dem Bode, der nicht in der Milch der Mutter gefocht. werden füllte, zu handeln anfieng, und die Gruͤnde eher, als meine Meynung angeführet hatte, daß Ste nämlich meine Meynung, die ich noch fagen werde, fchon jeßo frey- willig annehmen. Denn warum follten nicht dem fleißigften tefer des Plinius folgende Worte in das Ge- daͤchtniß kommen °°): eine dev Wärme entgegen gefesste Urſache machet den Cryſtall. Wenig⸗ jtens wird er an Feinem andern Örte gefunden, als wo alles vom Froſte am meiften erftarret: es ift gewiß, daß es Eis ift, daher ihm auch die Griechen den Namen gegeben haben, ch weiß, Daß einige unter den Meuern dem Cryſtalle eben diefen Urſprung geben; es ift aber nicht nöthig, und auch nicht ficher genug für mich, wenn ich mich einer fremden Linterfuchung überlaffe. Es ift bey | der 60) Contraria calori cauffa eryftallum facit, gelu ve- heimentiore concreto, Non aliubi certe reperitur, quam vbi maxime hibernac niues rigent: glaciem- que effe certum eit, vnde et nomen Graeci dedere, L. XXXVII. 199. S. 768. edit, Hard. 21. Band. Gg A \ 466 Bon der Geſchichte des Glaſes der Erklärung der erften Bedeutung des Wortes hin: länglich, wenn die Alten geglaubet haben, aus dem Eife entftünde der Ernftall, und beydes ſey, nach dem Urtheile der Augen einander fo ähnlich, daß die Griechen nur einen Namen dazu gebraucht haben: und nad) meinen Gedanfen, Fann man nicht mehr zweifeln, daß das koſtbare Wunder der Natur, wel⸗ ches entweder vom Eife oder vom Hagel den Namen hat, der Eryftall fey. Won dem MP (kerach) des Ezechiels, welches entweder Eis A Cryſtall oder beydes bedeutet , werde ich hernach zu reden, ‚haben. VII. Die Senfter der Hebräer waren nicht aus Glaſe, fondern aus Bretern, welche der Sonne entgegen ftunden, die ha aber durchließen. Ich will nunmehro von dem Nuten und Ge⸗ brauche des Glaſes bey den Hebraͤern reden, welcher von dem unſrigen ſehr weit abgeht. Ich habe nicht eine einzige Spur bey den alten Hebraͤern von gläfers nen Spiegeln, noch von gläfernen Fenſtern gefimden. Was ich von den Fenftern gefaget babe, darf uns nicht wundern, da es bey vem fo hoben Werthe des Glaſes, als ihn Hiob befchreibe, allzu fchädlich ge- wefen wäre, die Fenſter mit zerbrechlichem Glaſe Zuzumachen, und da wir uns aus der Gefchichte des Glafes von unferm Herrn Hamberger erinnern, daß Feiner von den griechifchen und lateiniſchen Schriftftellern vor dem Lactantius der durch Glas zugemachten Fenfter erwaͤhnet. Allein auch die Hiße in Paläftina hatte die glafernen Fenfter nicht vertra- gen bey den Hebraern. 467 gen können, welche nicht nur die Strahlen und die Hige der Sonne hinein laffen, fondern auch den freyen Zug der Luft verhindern, fo daß die Hiße die Menſchen erfticker hätte, wenn fienicht eine andere Are von Fenſtern gebrauchet hätten, Die Befchaffen« beit derfelben habe ic) in ver Kenntni des hebraͤi⸗ fihen Alterthums (Antiquitatis Hebraicae notitia) davon einige Bogen im Sabre 1753 zum Gedrauche ‚meiner Zuhörer abgedrucet worden find, alfo bes ſchrieben: Die Sreter waren der Sonne zugez kehret, und alſo auf einander geleger, daß ein freyer Zwiſchenraum übrig blieb, wodurch die Luft geben, das Licht fallen, und binab gefehen werden Fonnte, ohne daß die Sonne | durchfiel: man nenner diefe Senfter auf Fran⸗ zöfifch) Jaloulie, Eiferſuchtsfenſter *). Hiermit flimmer Hieronymus überein, welcher von den Fenſtern des Tempels, den Ezechiel gefehen hatte, bey dem XXXXI. Cap. 16. v. faget: Die Senfter wa⸗ ven nach der Aut eines Netzes, wie ein Bitter gemacht: fie waren nicht mir einem durchſich⸗ tigen Steine, auch nicht mit Glas, fondern mit durchbohrten Hoͤlzern zugemacht *). Daß | —682 auf *) Tabulae foli obuerſae ita ſibi imponebantur, vt fpatium liberum relinquerent, per quod aura meare, lux admitti, proſpectarique deorfum pof- ſet, nec tamen folem admitterent: Gallico voca- bulo illas feneftras zelatrices ( Jaloufie) dieimus. 61) Feneftrae erant factae in modum retis, initar cancellorum: vr non fpeculari lapide, nec vitro, fed lignis interrafilibus et vermiculatis clauderen- tur p. son. T. V. editionis Dominici Vallarfü. 463 Bon der Geſchichte des Glaſes auf eben die Ark noch zu unferer Zeit die Fenſter zus: gemacht und offen find, wodurch die Einwohner des glücklichen Arabiens $uft und Licht befonımen, und die Bermegenheit der Augen von ihren Weibern zu- rück halten, das habe ich aus der Keifebefchreibung gelernet, weldhe de la Bocque heraus gegeben bat *). Auch in der hebraifchen Bibel wird folcher Senfter gedacht. Da die Mutter des. Siffera, aus muͤtterlicher Hoffnung und Sorgfalt die Zuruͤckkunft ihres Sohnes, des. Heberwinders, erwartete, ſo wird gefaget, fie habe durch das Gitter hinaus gefe- ben ®); und Galomo felbft ftellet fid) vor, als ' wenn er durch die Senfter feines Haufes, durch dass Bitter gefeben hätte °*). Im Hebräifchen ſteht mNaIUN (efchnabbhim ) und die alten Ueber= fegungen geben das Wort eben fo, wie ich es gege— ben habe: man kann auch nicht zweifeln, da es Sa— lomo mit den Senftern verbinde, und es auch wider den Urfprung des Wortes ſtreitet. Denn diefes Wort hat bey den Arabern die Bedeutung der Kälte, nach dem Zeugniffe des Camuſus, welcher auch 12071 23% (fchanabh jomenu) durch unfer Tag iſt kuͤhle worden , überfeget: ich glaube aber nicht, daß ic) erft fagen muß, wie fehr folche fchiefe Bre— ter, welche nach Art der Gitter gefeßt, und der Sonne entgegen waren, die Sonnenhige abgehalten, die Luft und den Wind durchgelaffen, und den Schate we (2: 2) Voyage de I’ Arabie heureufe par l!’ Ocean Ori- ental et le Detroit de la Mer Rouge ©. 110, 53) 3, der Richt. V. 28, °+) Spruͤchw. VII 6, bey den Hebraͤern. 469 ten nebſt einer angenehmen Kuͤhle verurſachet haben. Ich wundere mich alſo um deſto mehr, wie Schul⸗ tens, der die Bedeutung des arabiſchen Wortes am beſten aufgeklaͤret hat, an ftatt der Gitter der Als ten hat fonnen einen Erfriſchungsort (Refrigera- torium )'feßen °°), und doch Feine Urfache von feiner neuen Leberfegung angeben, als daß das Arabifche 23% (fchanabha) erfrifchen bedeuter: als wenn die Gitter daher den Namen nicht haben Fönnten. Wenn ich auch von dem Parallelifmus der erftern Hälfte des Verfes, welcher vem Schultens zuwi⸗ der ift, nichts fage , fo mwird doch die Praͤpoſi— tion u2 (batı) durch, melde zweymal mit TamDJun (elchnabbhim ) verbunden ift , feine Erklärung nicht zulaffen: denn durch Fenfter, und durch ihre Gitter fieht man hinab (welches die Be— Deutung des hebräifchen AP (nifchkaph) iſt) nicht en durch den EN fondern aus dems felben. Bon eben der Zubereitung der Fenſter muß man den Jeremias veritehen, welcher einen im Bauen ehrgeizigen und verfchwenderifchen König, der fich weite und fühle Speifezimmer machen wollte, ftrafet, und dieſes Dazu feget: er läßt ihm Fenſter darein hauen, und mit Cedern täfeln °° ). Wenn diejenigen, welche die Briefe Pauli ha— ben erklären wollen, Diefe Sefchaffenheit der Fenſter bey den Morgenländern, die bey einer fo großen Hi⸗ tze noͤthig war, bedacht haͤtten; ſo wuͤrden ſie nie— Gg 3 mals 65) In Commentario ad Prov. VII. 6. 6°, Ser. XXI 14. 470. Bon der Befchichte des Glaſes mals die Worte, welche Paulus aus dem Moſes ge: nommen bat, von Senitern, Die beynahe nad) unfe- rer Art an ſtatt des Ölafes mit einem durchfichtigen Steine überzogen wären, erfläret haben °). Wenn man auch zu Dauli Zeiten einige ſolche Fenfter gez habt, oder vielmehr kaum angefangen bat, welche zu haben, das man aber doch noch nicht behaupten kann °°), fo iſt es doch ungereimt, wenn man den Worten Mofis, deren fih Paulus als der feinigen bedienet, eine folche Anfpielung zufchreibt. IX. Die Hebraͤer haben zwar ſchon in Aegy⸗ pten Spiegel gehabt, aber nicht aus Glaſe, ſondern aus Metall, Die Hebraͤer haben ſchon in den aͤlteſten Spiegel gehabt, da ihrer Hiob und Moſes ge— denkt °?), und zur Zeit des legtern müffen ir ſchon ſo 87) ı Corinth. XIII. 12. vergl. mit 4 B. Moſ. XII. 6.8. Es ſcheint, als wenn einige, die es von Fenſtern, die mit durchſichtigem Stafe überzogen find , erklaͤret haben, läuanen, daß Zrorraov bey den Griechen ein Spiegel ift. Allein Palairer bat in den Obſ. in N. T. dem Worte diefe Bedeutung | überzeugend zugeeignet, und manfann zudem, was er angefuͤhret bat, noch zwo Stellen aus apocryphi⸗ ſchen Buͤchern hinzuſetzen: Sirach XI. ı1. wo dem Zooxrw, namlich aus Metall, der Roft abge— sieben wird, und 5. der Weisheit VI. 26. wo die Meisheit "EZOLUTPON was rs ©ss bvepyaas, #04 ’EIK'ON rus ayadornros aurs. 65) Vide Hambergeri hiftoria vitri. 67) Hiob XXXVI. 18. 23. Mof. XXXVIII 8. bey den Hebraͤern. 471 ſo bekannt geweſen ſeyn, daß, da der metaphoriſche Gebrauch der Worte dem eigentlichen erſt ſpaͤt zu fol: gen pfleget, daß, fage ich, doch die Spiegel an eben dem Drte, deflen Worte ſich Paulus bedienet bat, aus der Urfache gebraucher werden, um die Natur der goͤttlichen Eingebung auszudrüden. Denn es wird gefaget, daß Gott einigen in INYWI (Mar’ ah) Moſi aber auf eine andere Art, nämlich in IND (Mar’eh) erfchienen fen, es würde aber ungereimt und gar Fein Unterfchied feyn, wenn wir beyde Woͤr—⸗ ter, ohne das Gefchlecht zu achten, ein Gefichte erflären wollten. MN” (Mar’eh) aber, das männliche Gefchlecht, wird gebraucher, wenn man die Sache felbft mit feinen Augen wahrhaftig ſieht; allein MNY2 (Mar’ah), das weibliche Gefchlecht, ift bier, wie an andern Orten, Die Benennung des Spiegels ”°). Der Sinn der Worte ift alfo diefer: Andere Propheten feben Gott gleichfam in ei⸗ nem Spiegel, indem ihnen irgend ein Bild von ihm entweder im Schlafe, oder wenn fie außer fid) find, Cunfere Gottesgelehrten fagen, wenn fie in eine Entzuͤckung geſegt find,) vorkönmt; Moſes bar ihn aber auf eine andere Art geſe⸗ ben; er hat, bey dem völligen Bewußtſeyn feiz „ner felbft, da er weder feblief, noch in einem prophetifchen Enthuſiasmus fich befand, da Gg 4 derje⸗ 70) Die Anmerkung ‚daß die Berfchiedenheit des Ge: ſchlechtes auch eine verſchiedene Bedeutung machet, bin ich meinem Vater ſchuldig, deſſen Diſſertation: Soloecismus generis a ſyntaxi cod. Hebr. depul- füs, $. 2. man nachſehen kann. | 472 Bon der Gefchichte des Glaſes derjenige Theil feiner Seele, welcher den Derz | ftand und die Dernunft ausmachet, ganz rubig | war, das wahre Bild Gottes gefeben, fo wie es von den feligen Bewohnern des Himmels gefeben wird. Nach meiner Meynung aber waren die Spiegel der Hebräer nicht von Glafe, fondern von Metall, und die Kunſt war fpäter erfunden, das Glas fo zu poliven, und mit einem dichten Korper zufammen zu fegen, Daß es. das empfangene Bild vollfommen vor- ſtellte. Denn diejenigen Spiegel, deren Hiob ge— denket, werden wegen ihrer Härte gelobet, und Yen den Wolfen, auf denen Gott ſteht, wird gefaget, fie wären hart, wie ein gegoffener Spiegel. Da Mofes ein Handfaß von Erzt machen wollte, fo nahm er die ehernen Spiegel der Weiber Bazu, mels che, wenn fie in die Stiftshütte giengen, nach agy= ptifcher Arc 7°), eberne Spiegel in den Händen hat— ten, entweder, um fich oft zu befeben, ob etwas an ihnen wäre, wodurch Gott beleidiger werden Fennte, oder die Gewohnheit Fam daher, weil man den Goͤt— tern Spiegel entgegen zu halten pflegte, welche ih— nen das fchone Bild ihres eigenen Gefichtes zeigeten, und diefe Gewohnheit ift auch bey-dem Gotte, der von menfchlichen Augen nicht gefehen werden Fann, benbegalten worden. Dem fen, wie ihm wolle, Mofes hat die allzu forgfältige Verehrung des hoͤch— ften Wefens, welche ſich leicht entweder in Abgoͤtte— ven, 7) Man fehe den Elericus 2 B. Mof. XXXVIIL 3. und den von ihm angeführten Cyrillus de adora- tione in fpiritu et veritate, nach. 4 ben den Hebraͤern. 473 rey, oder in Bewunderung ſeiner Schoͤnheit, oder in wolluͤſtige Mienen verwandeln konnte, durch eine gewiſſe Kunſt aufgehoben, da er von den Weibes— perfonen die Spiegel foderte, womit das Handfaß überzogen wurde, damit die Priefter, wenn fie fid) abwufchen,, die Flecen ihres Körpers, und den Schmus an denfelben feben konnten. Denn id) halte Mofen nicht für einen fo verderblichen Künfts ler, daß er das Metall, weiches zu einem Spiegel poliret war, wegen der Materie gewollt, die Sache felbft aber, die weit Eoftbarer, als die Materie war, durch Umgießen verdorben hätte. Die Hebräer hatten alfo Spiegel, aber feine gläferne, fondern eherne: fie waren auch nicht Zierrathen der Haͤuſer, fondern man führte fie ben fi), fie waren alfo aud) fleiner, als die unfrigen. X. Die Morgenländer hatten zu ihrer Pracht Fußboͤden von Glas und Cryſtall. Die Hebräer brauchten das Glas, den Cryſtall, und zumeilen auch Edelfteine, auf eine weit praͤchti— gere Art. Die Nachricht davon habe ich meinem Vater zu danfen, welcher in feiner Differtation; de artificialibus codieis facrı ex Corano: illuftratis 7°), folgendes anführet: Die Hebraͤer uno Araber hätten die Gewohnheit gehabt, den Boden in ihren größten Haͤuſern und Schlöffern mit Glafe, Cryſtalle und Edelſteinen, um ihn dem Meere ähnlidy zu machen, zu bedechen; daher Ög5 erzaͤh⸗ 72) $. 14. 474 Bon der Gefchichte des Glaſes erzaͤhleten auch Muhammed und feine Ausleger, der Thron des Salomo hätte auf einem fol chen glafernen Boden geftanden, und da die Röniginn aus Sabs binzugegangen wäre: fo. hörte fie es für wahres Waſſer gehalten, und deswegen ihre Schenkel entblößer: es wäre zwar eine Sabel, man Fönnte aber doch dar⸗ sus die Sitten des Volkes und die Hinrichtung der Haufer Eennen lernen. Ein folcher gläferz ner Boden würde auch dem Throne Gottes vom Johannes beygeleger, indem er vor dem⸗ felben ein glöfernes Meer gefeben zu baben bez zeuget ”); sufeben diefe Art hätte auch Eze⸗ cbiel unter dem Throne Gottes entweder His, (welches ich fieber annehmen wollte,) oder einen: Cryſtall ”*), und Moſes einen Boden von Sippbir unter den Süßen des Gottes Iſtael gefeben *). | So weit mein Vater. Ich will erſt einiges, was ich entweder bemerfet habe, oder muthmaße, hinzu fegen, und dadurch die Meynung meines Ba- ters weiter erläutern: hernach will ich alles dazu an⸗ wenden, um Mofen von einem fhändlichen Jrrthu⸗ me zu retten. Bar Die Fabel, durch welche mein Vater diefen Schmuck der Schlöffer erläutert, ift zrmar von Mu— hammed befannt gemacht, aber nicht erfunden wor⸗ den. Er hat fie, wie mehrere ſolche gläferne und hinfaͤl⸗ 23) Offenb. Joh. IV: 6. — 74) Cap. J. 22. 75) 2B. Moſ. XXIV. 10. bey den Hebraͤern. 475 hinfaͤllige Reichthuͤmer, von den Juͤden genommen, denn auch dieſe erzaͤhlen, daß die Koniginn der Sa— baͤer den Boden unter dem Throne des Salomo für wahres Waſſer gehalten habe. Durtgef bat diefes ſchon aus dem chaldäifchen Ueberfeger des Bu« ches Efther gezeiget ”°). Mit dem gläfernen Meere, oder mit dem Bo— den des göttlichen Thrones, der dem Waffer ähnlich war, hat mein Vater dasjenige fehr roch! verglichen, mas Ezechiel, da er Gott auf einer donnernden Wolfe fahren fah, erzähler, daß nämlich über den Häuptern der Cherubim, die ich nach meiner Ab- handlung für donnernde Pferde halte, ein erſchreck⸗ liches Eis gehangen habe, und unter den Füßen Gottes gewefen ſey. Er zweifelt auf gewifle Weiſe, ob Erpftall oder Eis bier zu verftehen fen. Diefes üt bier feine wichtige Frage, oder Fein großer Unter- fhied unter den Meynungen, da der Cryſtall dem Eiſe vollfommen ähnlid), und nad) der Meynung der Alten von einerley Natur und Namen mit ihm ift. Wenn es aber doch zu wählen erlauber ift, fo wollte ic) das Eis vorziehen: theils weil das Eis an andern Stellen, wie bekannt ift, MAP (Korach ) genennet wird 77); theils weil diefes MP (Korach) erſchrecklich genennet wird, welches fid) mehr zum Eife und Hagel, als zum Cryſtalle ſchicket. Sch ver- ſtehe darunter die Schaßfammern des Hagels, und gleichfam ein Eismeer in ven Wolfen, welches unter den Süßen des Donnergottes und gleichfam der Bo— RE F den 76) Lex. Thalm. p. 758. 77) Pſalm CXLVII. 17. 476 Don der Gefchichte des Glaſes den ift, worauf der Wagen geht, melcher , nach den Poeten,den Himmel durchfahren fol. Diefes Bild ſtimmet mit den Donnerpferden und mit den fliegen den Wagen, wovon meine erfte Abhandlung in die⸗ fer Gefellfchaft gehandelt hat, vollfommen überein: | und e8 ift um defto fchöner, weil die poetifche Kühne heit mit der Wahrheit, mit der philofophifchen Ernſt⸗ baftigfeit, und mit der Kenntniß der Natur verbun= | Den iſt, als weiches legtere durch Das Beyſpiel des | Hagels lehrer, daß die wäßrichten Ausduͤnſtungen in den Wolfen zufammenfrieren. Diefe Wahrheit, | welde aus der Matur der Sachen hergenommen war, machten die Dichter der Hebraͤer ihren Gedich— ten, und alſo auch ſich ſelbſt eigen, und ſetzen neue Erdichtungen hinzu; fie fagen zum Erempel: dieſes Eismeer werde durch das beftandige Feuer, Das um Gott herum ift, fließend gemacht, und falle in dem Regen herab ”°). Mofes fahe unfer den Füßen Gottes einen Bor den, nicht, wie Ezechiel, aus Eife, fondern aus Sappbir, fo wie der Anblick eines peitern Himmels ift. Ich habe mich oft gewundert, warum Mofes | diefen 78) Pſalm XVII. 13-15. Durch Glanz vor ihm floffen feine Wolken, der Hagel, und feurige Boblen über. Der Serr donnerte im Himmel, und der Höchfie gab feine Stimme, der Hagel . und die feurigen Kohlen. Er ließ feine Pferle aus, und madıte, daß fie (die Wolfen) zerfloß fen, er warf die Blige aus, und fie zerfchmol: zen. Matt fehe überhaupt Schultenfii L. 1. Origi- num ©. ı2t. u. f. mo er von den Wörtern 72 (puz) und ION (kamam)) vortrefflich handelt. — bey den Hebraͤern. N Ar diefen Sapphir DD nah (libnath fapphir ) ge⸗ brannte Steine von Sapphir (Lateres ſapphi tinos ) genennet hat; denn wenn e8 gebrannte Stei- ne waren, wie fonnten es. denn Sapphiren ſeyn? Denn M335 bedeute niemals lebendige, fondern allezeit gebrannte Steine, und zwar vom weiß ſeyn (12% labhan). Mein Bater erkläret es von einem mwürflichten Werfe, und ich verwerfe auch diefe Murhmaßung nicht. Es iſt aber eine andere in mir entftanden, die ich vielleiche nicht geachtet haͤtte, wenn ic) nicht, da ich vom Glafe handele, auf alles achten müßte, mas nur auf irgend eine Art nach ver WBahrfcheinlichkeit zum Glafe gezogen werden Fan. Wie? wenn nun Sao libnath fapphir) _ Glas wäre, weiches die Sarbe des Sapphirs hat? Es könnte entweder von der fonft gewöhnli- chen weißen Farbe, oder vom brennen und fehmel- zen alfo generinet worden fenn, denn das Wort 39 bedeutet auch weiß machen; und die Juden pflegen 08 Glas MIDI MDIID7 zu nennen. Ich beſtimme nichts, wenn aber dieſe Muth— maßung gefallen ſollte, ſo koͤnnte man den Namen des Belus, von dem ich oben gehandelt habe, naͤm— lich a4 Sichor Libnath) durch das Gelblichte des Glaſes ausdruͤcken, und dadurch die Natur dieſes Fluſſes genauer anzeigen. XL. 473 Don der Gefhichte des Glaſes XI yıon (Rakia) Der Name des Simmels, bedeuter nicht das Ausgebreitere, nicht das Firmament, fondern den Doden, worauf der göteliche Thron ſteht. Man darf auch dem Moſe den Irrthum derjenigen nicht zuſchreiben, welche glauben, der Simmel wäre etwas feites und dichtes. Ich Eomme nunmehr zu einer Sache von größer rer Wichtigkeit. Es wird oft im Mofes eines yıpı ‘ (rakia) gedacht, welches die meiften durch das Ausgebreitere überfegen, und das, wie man leiche fieht, mit dem Himmel einerley iſt. Was aber das Wort eigentlid) bedeute, und woher der Himmel Die fen fonft ungewöhnlichen Namen erhalten habe, das haben die Philologen bisher noch nicht fo aufgeklaͤret, daß man etwas gewifles davon finden koͤnnte. Die jeßt gervöhnliche Erklärung, welche yıpa das Aus⸗ gebreitete überfegt, und Den Himmel mit einem Zelte, worunter Gott gleichfam wohne, vergleicht, ftimmet weder mit einer von den alten Meberfegun- gen überein, noch ſchicket fie ich zu der Bedeutung des Wortes YPN (raka), welches nicht ſowol aus⸗ dehnen, als vielmehr Metalle durch den Ham⸗ mer breit feblsgen heißt. Hier kann man fehen, wie diejenigen, welche fich PHilologen nennen, bey der Erklärung eines Wortes verfahren. Sie führen Stellen an, in melden ypn mit dem Sammer breit ſchlagen, bedeutet, durch Feinen andern Be— weis fchließen fie daraus, daß es eine jede Ausdeh⸗ nung bedeuten koͤnne: da fie doc) eine ganz andere Art der Ausdehnung annehmen, und, durch Fein Erem: bey den Hebräern. 479 |Erempel uͤberzeuget, glauben, ypn bieße auch \3elter ausfpannen. Die alten Weberfeger, fo viele von ihnen das \bebräifche Wort nicht beybehalten haben, die fieben- zig Dolmetfcher; der lateinifihe und arabifche Ueber- \feßer haben es befler durch serwuz, firmamenmm, durch etwas hartes und dichtes geaeben. Auch die Abftammung ift nicht dawider. Denn da ypN I(raka) Metalle mit dem Sammer breit ſchia⸗ |gen beige, fo kann np ein dichtes Metall, das durch den Sammer breit geſchlagen wors den ift, anzeigen. Hierzu fommt noch eine merf- würdige Stelle im Hiob, wo eben diefes Wort vom Himmel gebrauchee wird, der wegen feiner Härte einem aus Metall gemachten Spiegel verglichen wird: Breiteſt dur mit ihm die Wolken aus, die bare find, wie ein gegofjfener Spiegel *)7 Wir Haben alfo, da wir den älteften Zeugen gefolget find, eine Erklärung des Wortes, welche mit den Regeln ver Philologie überein koͤmmt: welche aber zugleich Mofi ven ſchaͤndlichen Irrthum der Alten von einem dichten Himmel aus Cryſtall zufchreiben wwird, Der Verdacht wird noch größer, da eben dieſes der Irrthum der Pythagoraͤer war, welche mit dem Mofes aus einer Duelle, nämlich aus der Tra— dition der Aegypter, ſcheinen gefhöpfet zu haben. "Auf diefe Art wird wohl unfere Erklärung für auf: richtig und vielleicht für wahr; allein Mofes für gar, feinen guten Philoſophen, und fein görtliches nfehen für ſehr zweifelhaft gehalten werden, Ich ”9) Hiob XXXVII. ı8, — Zn 480 Bon der Gefehichte des Glaſes Ich Fönnte zwar wahrfcheinliche Urfachen ange- ben, warum ich zweifelte, ob entweder Mofes, oder die Provinz Aegypten, die alte: Erfinderinn der Kuͤnſte, ebe fie ein fremdes Joch zu tragen gelernet, und durch die Verwuͤſtung des Krieges viel von ihrer alten Gelehrſamkeit und Weltweisheit verloren hatte, einen fo ſchaͤndlichen Irrthum begangen hätte. Als lein ich will nicht hierinnen meitläuftig feyn: aus philologifchen Gründen will id) beweifen, daß PP] nicht Dasjenige iſt, was die Lateiner Aether nennen, und wovon die Pythagoraͤer glaubeten, daß es von Cryſtall wäre, fondern es zeiget vielmehr die Wolfen und zwar Die niedrigften an, welche Mofes, der auf den arabifchen Bergen und alfo in den Wolfen felbft | gemwefen war, niemals für ‚dichte halten, konnte. Eine einzige Stelle aus dem Ezechiel, woraus man geroiffer feben Fann, was yon ift, zerftreuet alle Nebel. Eben diefen Boden, worauf der göftliche Thron ftund, welcher, wie er gefehen hatte, von Eife war, nennet ev Sp ”°), und id) glaube, er bat von dem Auftreten feinen Namen, teil er unter den Füßen des Donnergottes ift. Denn ypn, um| die Wahrheit zu fagen, bedeutet eigentlich treten, mit dem Fuße ftampfen, daher es hernad) von dem Schlage des Hammers und von dem Breitſchla⸗ gen der Metalle gebrauchet wird. Wir wollen nun die Stellen betrachten , in welchen diefes Wort feine eigentliche Bedeutung hat, die aber in den Worter- büchern nicht zu finden ift *). Ich will fie (die N Feinde 30) Ezech. J. 22, 23. 81) 2 Samuel. XXII. 43. bey den Hebraͤern. a8t Feinde) zerftößen wie Staub suf der Erden: wie Koch auf der Baffen will ich fie zertreten (IBAN erkaem), Wie froftig würde nicht vie Rede ſeyn, wenn ich an ſtatt, ich will fie zertreten, jegen wollte, ich will fie ausdehnen, ich wil! fie ausbreiten, und dergleichen? Da Gott dem Eze⸗ chiel befiehlt, er ſolle ſich traurig ſtellen, ſo ſaget er *): ſchlage mir deiner Hand, und ſtampfe auf die Erde (ypM urek) mit deinem Fuße. Wenn eben dieſer Prophet die große Freude der Am— moniter bey dem Ungluͤcke des iſraelitiſchen Volkes beſchreibt, fo ſaget er 82): weil du mit deiner Hand klatſcheſt, und mir deinem Sufe ( PN jrakacha) die Erde ſtampfeſt. |. 32npn wird alſo, wenn es von dem Himmel ge- brauchet wird, den Boden des göttlichen Thro⸗ nes anzeigen, bey welcher Benennung aber doch eben fo wenig gegen die Naturlehre verftoßen wird, lals wenn man den Himmel metapborifh den Schemmel der Süße Gottes, oder den Thron, worauf er ſitzt, nenne; wer diefes eigentlich anz nehmen wollte, den würde jeder für ſehr einfältig er- klaͤren. Der Verſtand der mofaifchen Worte ©) wird alfo diefer feyn: Bott babe befoblen, daß Der Himmel und die Wolken gleichjam als der Boden des göttlichen Thrones, unter feinen Süßen feyn folften, diefe wuͤrden, ſo zu ſagen ach der Sprache Gottes, der dieſe niedrigen Wolken sꝛ) Ejechiel. VI: ar. 83) Ezechiel. XXV. 6. 81) 13. Mof. I. 6-8. 21 Band. Hh 482 Von der Geſchichte des Glaſes Wolken von dem hoͤchſten Himmel betrachtet, yon oder der Supboden genenner: da Gott ‚aber mit den Sterblichen zu reden angefangen babe, fo bätte er fie wegen der Hoͤhe, welche | wir Söhne der Erde mir Erſtaunen anſehen, zn Schamajim (velches eigentlich bobe Din⸗ ge bedeuter) genenner "). Ich will es ‘genauer ſagen: 35) Einen gleichen Verſtand hat der zehnte Vers in eben. dieſem Capirel: Das, was uns groß und unendlich vorkäme, wäre bey Gott Elein und Eurs. Er babe befchlen, Daß das Waffer zu= ruͤck weichen, und fich aleichfam in feine Graͤn⸗ zen cinfcbließen möchte, (denn dieſes heißt einent- lich MP kava, daher MD mikva, ein Teich, ein Fifchhalter, Jeſ. XXI. ar. 23. Mof. VIT. 19. 33. Mof. XI. 36.) Die Erde bingegen follte tro- den werden: Daher wären auf unſerer Kugel gleichfam einige Sleden entfianden, da dort das. Waſſer in einen Eleinen Teich geſammlet waͤre, welches durch den aufgeworfenen Damm in feiz nen Graͤnzen gebalten würde, bier aber der tro- dene Staub geblieben wire. Gott aber bätte ficb zu der menſchlichen Schwachbeit berabge:: laffen, und mit prächtigen Ylamen, worüber die Menſchen erfiaunten, Diefes Erde und jenes Meer genenner. Ich will die Worte des Licero berfegen, nicht, als wenn ich glaubete, Daß fie je⸗ manden unbekannt wären, fondern weil fie dag, was mir jest in den Gedanken iſt, vortrefflich ers laͤutern: Omnis terra, quae colitur a vobis, an- guitara verticibus, lateribus latior, parva quae- dam infula eft, circumfufa ıllo mari, quod Ar- lanticum, quod magnum, quod Oceanum appel- latis in terris: qui tamen tanto nomine, quam parvus fir, vides; d. i. Die ganze Erde, die ihr - Ar bewoh⸗ - bey den Hebrdeen. 483 fagen: wenn wir dem Ezechiel felgen, fo iſt niche der Aether ſelbſt PEN, auch nicht die Wolken, fon: dern das, was unter den Wolken ift, und worauf Gott als auf etwas Dichten fteht, wenn er auf den Wolken und auf dem Donnerwagen fährtz ſetzet aber Moſes die Sonne und die Sterne manchmal in den x | Hh 2 Boden bewobnet, und die gegen Die Pole su ſchmal, nach den Seiten aber breiter iſt, ift nur eine Eleine Intel, weldye von dem Meere umslogen. wird, daß ihr das Atlantiſche, Das große, das Ihe auf eurer Erde den Ücean nennet! du fiehft aber, wie Klein dieſer Geean, ungeacbter söines großen Namens, ill. Diefes iſt aus Dem Trau⸗ me des Scipio, und zwar aus dem 6. Cap. genom- men, wo man noch mehrere folche Stellen finder, die auch eimem jeden bekannt find, fo, daß eg ein Wunder if, warum die Ausleger in den mofaiz fchen orten fo uneinig gemwelen find, da einige, auf eine heilige Sprache nefallen find, deren Wsr- ter Gott ſelbſt erfunden baben full, andere aber geglandet haben, der Menfch hatte erſt alsbenn Die Namen gegeben, machdein er die Herrſchaft über alle Dinge übernommen hatte. Sch hette beynahe vergeffen, den fünften Vers eben dieſes Gapiteld zu umfchreiben, deffen Verſtaud, wenn ich mich niche ſehr irre, folgender ff: Was wie Tag und Nacht nennen, das folger bey Bote. nicht auf einander, denn beyde find nicht Theile der Zeit / fondern der Gerter; Denn indem er die— fen Theil unſerer Erdkugel erleuchtet ſieht, fo ſieht er jenen Theil zu eben der Zeit verfinſtert. NMur nach unſerer Art, nicht aber nach feiner Sprache, bat er ibnen verfebiedene Kanten ges geben, und bat Tag und Nacht Die erleuchteten und verfinfterten Theile unſerer Erdkugel ges nennet. 4 484 Don der Gefchichte des Glaſes Boden des Himmels °°), fo muß man glauben, er vedet uneigentlich und optiſch, nicht daß fie da waͤ— ven, fondern daß fie nur da zu ſeyn fchienen. Nun—⸗ mehro wird man auch nicht ungewiß ſeyn koͤnnen, was die Waſſer über dem Boden find 7):; nämlic) diejenigen Regen, in melchen die Poeten Gott fahren laffen: es war alfo nicht noͤthig, Daß ein Mann, der viele Bewunderer erhalten bat, diefe Waſſer von neuem über den Sternen und der Milch firaße fuchte. Er hat ſich fo gar unterftanden, zu Dichten, die Mitchftraße entftünde von den Strahlen der Sonne und der Geftirne, weldye Strahlen durch diefe ernftallenen Waſſer zurück gemorfen würden, und ihrem Drude habe man die Cohäfion aller Dinge zuzufchreiben. Allein folhe große Irrthuͤmer in der Theologie hat die Unwiſſenheit der Philslegie hervor gebracht, und diefe werden alsdenn für heilig gehalten, und von den Theologen in die Philofophie übergetragen. Mofes darf alfo eines fo fhändlichen Irrthums nicht nur nicht befehuldigee werden, fondern ic) habe mich oft gewundert, wie er fo wahr und phyſikaliſch von dem Urſprunge unfers Erdfreifes habe reden fönnen. Was er den Fußboden Gottes nennef, welcher die Wolfen oder obern Wafler frägt, und von den Waſſern unter dem Aether abfondert, Das nennen unfere Naturlehrer die Acmofphäre, welche ‚mit bewundernswürdiger Weisheit eingerichtet, und ein großes Gefchent Gortes und der Natur ift, als ohne 6) 13. Mof. I. 15. 37) 1B. Moſ. J.7. — ben den Hebraern. 485 ohne welche weder die Wolfen in die Höhe fteigen, noch im Regen berab fallen Eonnten, wir felbft Eonn= ten auch nicht die $uft, die wir nöthig haben, und die dicker, als der reine Aether ſeyn muß, in ung zie- hen. Diefe Atmofphäre durfte in der. Gefchichte von dem Urſprunge unferer Erdfugel um deſto weni: ger mit Stillſchweigen übergangen werden, wenn fie, (tie die größten Aftronomen, und auch Sie, Herr Profeffor Meyer, dafür halten) unferer Erd- kugel für den übrigen Planeten eigenthümlich und allein zufommt. Denn da fie glauben, und zwar aus wichtigen Gründen, von denen. ich- aber nichts fagen darf, weil ic) von den aftronomifchen Wiſſen— fchaften entfernet bin, daß fo wohl die Monde, als auch die übrigen Planeten, nicht nur Fein Waffer und feine Wolfen, fondern auch ganz und gar Feine Atmoſphaͤre hätten; fo wird dieſe unfere Kugel, die wir bewohnen, das Mittel zwifchen einem Cometen und Planeten feyn, dieſem wird fie durch ihren Lauf, und jenem durch ihre Befchaffenheit näher kommen, indem fie mit einer Atmoſphaͤre, mit Wolken, Mes bein und gleihfam mit einem Meere umgeben ift, Sch geftehe es, ich habe mich kaum unterftanden zu glauben, daß Mofes in fo alten Zeiten von unferer Kugel fo phufifalifch geredet hat. "Er fonnte zwar wegen der gottlichen Eingebung nicht betrogen wer— ven: allein, er ward dadurch doch nicht allwiſſend, und die Erfindungen der Maturlehrer unferer Zeit wurden ihm doch nicht offenbaret. Allein, es fiel mir ein, daß die Meynung, welche ver Erde allein eine Atmofphäre giebt, den übrigen Planeten aber verſaget, wenn fie anders wahr ift, fo leicht erfun- Hh 3 den 436 Von der Geſchichte des Glaſes den wer ‚den Fann, daß es vielmehr ein Wunder ift, daß jemand, Der den Mond ſtets einerley und belle geichen hat, dennoch Wolken und Nebel in demſel⸗ ben, und welche dieſe beyden erbält, eine Atmo— ſphaͤre, bat glauben Fonnen. Sch erinnerte mich auch, daß die Lehrer derjenigen Philoſophie, welche dieſe dicke Luft, die uns umgiebt, als bie Urſache der Suͤnde und des Boͤſen anſieht, hingegen alles von dem Monde fuͤr unſterblich und goͤttlich bielt, nothwendig haben annehmen und ihren Irrthum dar⸗ auf bauen müffen, daß namlich der YTond von keiner lichen Atmofphäre, wie die unſtige iſt, ummeben würde, Da nun die Aegypter und ihr Geſchlecht, Die Pythagoraͤer auf diefe Art dachten, fo fange ich immer mehr zu glauben an, daß Moſes ſo gedacht und gefchrieben habe, wie ich mir von ihm einbiloe, Nunmehro wird auch i die Stelle im Hiob, Cap. KRXUI. 18. welche zuvor dem Irrthume der Py⸗ thagoraͤer guͤnſtig zu ſeyn ſchten, mehr Licht haben, wenn ich nur vorher erinnere, daß zypmWV (fchachakim ) nicht einmal der Aether, fondern die Luft unter den Wolfen, oder die unterften Wolfen ſind: denn das Wort pri (ſchachak) heißt nie⸗ dertr eten, mit den Fuͤßen zertreten, wie man aus 2B. Samuel. XXII. 43. ſieht. Die Worte alfo: wirft du denn mir Gott auf die Luft treten, die ſo hart ift, wie ein gegoffener Spiegei? haben folgenden Berftand: Wirſt du dem, von dem ‚ Donnerwagen gefahren, auf die veine und fluf fige Luft mit Gott auftreten, und die uber ihr nufgchangenen Wolken fortereiben, gleich als wen ben den Hebrdern. 487 wenn die Luft feft und dichte, und einem gez gofjenen Metalle gleich wäre? XU, Dielleicht haben die Aegypter in ihren HSieroglyphen den untern Simmel mit dem Fußboden des görtlidyen Thrones vergliz chen: aus diefem Bilde, welches nicht recht verftanden worden ift, bat der Irrthum der Pythagoraͤer von den fejten Kreiſen eines eryftallenen Himmels feinen Urſprung gez nommen, ' Mach meinen Gedanfen habe ih Mofen genug: fam gerettet. Allein vielleicht ift das alte Hegypten, tvelches feine gehrmeifterinn in ver Philofophie war, von diefem Irrthume frey geweſen: und einige vor— treffliche Ueberbleibfel von der natürlichen Erkenntniß und von der Aftronomie der Aegypter befehlen dieſes auf gewiſſe WBeife fo lange zu hoffen, bis das Begen- theil vollig bekannt ift *° ). Der Irrthum der Py: thagoraͤer, welcher aus Aegypten nach Griechenland ‚gebracht worden ift, ift gewiß dem Ausdrucde Mo- fis, der nach der aͤgyptiſchen Gelehrfamfeit unter richtet war, vollfommen ähnlich: denn dieſer ver- gleicht ven Himmel, der unter den Wolfen ift, mit einem Boden, der gänzlich) aus Glas oder Cryſtall ift, jene hielten den Himmel und zwar ven obern, für feſte und aus Erpftall gemacht. Mofes hat ferner ' 554 ein 33) Man fehe Tom. I. Comment. Goetting. Soc. p. 275-279. und JABLoNnskıı prolegomena Pan- thei Aegypt. p. 99. 100. E 488 Don der Geſchichte des Glaſes ein Bild gebraucht, welches mit dem Boden, tor: ‚ auf der Donnerwagen geht, nämlich mie dem Him- mel in der genaueften Verbindung fteht, das Bild von den Eherubim und den Donnernden Pferden °?). Was folget alfo? Die Hebraer Fonnen auch diefen Ausdruck, nad) welchem der Himmel als der Bo— den des Donnermwagens angefehen wird, den Xegy- | ptern zu danken haben, fo wie die griechiſchen Poe— ten viele ſchimmernde Ausdruͤcke aus der hieroglyphi⸗ {hen Wiflenfchaft genommen haben. Dder wenn jemand dieſes lieber wollte, fo Fonnten die Hebräer diefes Bild zuerft entworfen, die Aegypter koͤnnten es lange vor dem Pythagoras, ja fie, Fönnten es zu Mofis Zeiten fehon gebraucht, und in ihre hiero— glyphiſche Sprache übergetragen haben. Dem fey nun, wie ihn wolle, fo bat doch den Lehrern Des Pythagoras oder auch dem Pythagoras ſelbſt be— gegnen koͤnnen, was, wie wir ſehen, vielen, die ſich für Erklaͤrer Moſis, und für Gottesgelehrte ausgeben, begegnet iſt, daß ſie ein Bild und einen Ausdruck allzu eigentlich annahmen, und ſich die Himmelskreiſe als feſte vorſtelleten. Wir muͤſſen uns aber erinnern, daß Aegypten ſchon vor dem Py— thagoras durch bürgerliche Kriege beunruhiget, und eine Provinz worden ift: Dahero ift es nicht unwahr⸗ fheinlich, daß viel von der alten Gelehrfantfeit ver» loren gegangen iſt, zumal da fie nicht betannt war, fondern als.die geheime Wiſſenſchaft der Priefter an- gejehen wurde. Wir wollen fegen, vie Eregeten der Aegypter (fo nannten fie Die Aueleger der hiero— | glyphi⸗ 89) Tom. I. Comment. Soc. regiae Goett. p. ız1.u. f. bey den Hebrdern. 489 glyphiſchen Bilder ) hätten eben den Fehler in der - Erklaͤrung des Bildes begangen, den unfere Erege- ten in ver Redensart Mofis begeben: fo werden wir die Duelle haben, woraus der Irrthum des Pytha— goras gefloffen if. Es kann auch gefchehen feyn, daß Pythagoras das ägnptifche Bild recht verftan- den hat: allein von feinen fremden Schülern nicht techt verflanden worden ift, die dahero den Irrthum aufgebracht haben, welchen hernach feine ganze Schule hat auf fih nehmen müffen. Man fieht, daß ich bier nur Muthmaßungen, nicht aber die erforfchte Wahrheit vortrage: denn ich kann eg noch nicht durch gewiſſe Gründe beweifen, ſondern nur hoffen, daß Die alte aͤgyptiſche Philefopbie den Irrthum der Pythagoraͤer nicht. gehabt hat. Zu der Zeit aber, da der griechifche Pentateuchus zu Aerandrien gemacht wurde, war die Mennung, daß die Himmelsfreife fefte wären, lange ſchon be- kannt: dahero ift es auch Fein Wunder, daß der ‚griechifche Ueberfeger, der nad) feiner Gelehrſam⸗ keit, nach ſeinen Meynungen und nach ſeiner Schmeicheley ein Aegypter war, ſeinem griechiſchen Moſes den Irrthum ſeiner Stadt und ſeiner Phi— loſophie einverleibet, und an ſtatt des Fußbodens segempa uͤberſetzet hat. Und doc) waren zu der Zeit des Philo noch) einige Spuren des alten Bildes und feiner Bedeutung zu Alerandrien übrig. Denn da der Boden des Donnerwagens und die Cherubim auf das genauefte verbunden find, und Ezechiel auf dem KHaupte der Cherubim einen Boden , oder FrDn geſehen bat, fo haben einige unter den Che- 5 | rubim deuteten die gedoppelte Halbkugel des Sim⸗ ich weit mehr zu meiner ehemaligen Abhandlung | 490 Von der Geſchichte des Glaſes rubim den Himmel verſtanden, ob es gleich Philo nicht billiget. Er ſaget folg jendes ; Taura de tuecg Ev par EIVoY sumBone ToV — Qouckuv ud, KAT Fa AUTImgOFa mov Jesw are Uno ya a. ‘une ynv. Kravav oo TUTOS gguvös. Diefe ( geflügelten Cherubim) find, wie einige fagen, Zeichen der beyden EB , die einander’ entgegen geſetzet find, die eine unter, die anz dere uͤber der Erde. Denn der ganze Him⸗ mel gehoͤret den Fliegenden. Der deutlichere Verſtand der Worte iſt dieſer: Weil die Cheru⸗ bim Siögel haben, der Ort der Fliegenden aber der Himmel ift, fo baben einige geglaubt, die zween Eherubim in dem Alfecheieafien ber mels. Gleichwie aber die Cherubim einan⸗ der anſahen, fo wäre auch unſere Halbkutgel der Halbkugel derer, die uns entgegen ſtehen, (man nennet fie Segenfüßler, Antipoden) | entgegen. gefezer, Ich will jetzt nichts von dee | Richtigkeit Diefer — ſagen, ſie wuͤrde aber richtiger ſeyn, und ſich beſſer ſchicken, wenn ſelbſt der Boden des Donnerwagens, nicht aber die Cherubim auf dieſe Art erklaͤret wuͤrde: ich will auch nichts von den Cherubim ſagen, von welchen davon hinzu ſetzen koͤnnte, als ich auf dieſem Blatte fagen kann: fo viel aber glaube ich, erhellet dar⸗ aus, daß unter eben der Secte , welche die alte äappäifche Phitofophie mit fo vielen Irrthuͤmern be⸗ flecket hat, noch einige zu finden geweſen find, weich | bey den Hebraern. 491 welche die Eherubim ‚die Das IP tragen, für den Himmel gehalten haben, nicht für den obern und Sternhimmel, fonvern für unfern unterften Him— mel, der unfere Erde umgiebt, . Aus der Stelle im Hiob, Die verfchiedenemal angeführet worden iſt, (Kap. XXVIH.T7) glaube ih, daß das Glas noch über Diefes auf verfchiedene Art gebrauchet worden ift, faſt eben ſo, wie Edel- fteine. Da ic) aber’ von einer jeden Art nichts ges wiſſes habe, fo will ich Sie, meine Herren, mit Muthmaßungen nicht länger aufhalten, Don ver Geichichte des Glafes bey andern morgenländi- fchen Voͤlkern fege ich nichts hinzu: denn die Ma- terie ift Biel zu reich, und muß einer. andern Zeit aufbehalten werden. | J II. Des 492 Von der Geſundheit aa EEE 22 ze * * ** mer 1. | Des Ritters, William Temple, Verſuch von der Gefundheit umd dem langen Leben. (Aus dem Englifchen feiner Mifcellanies. ) T > kann mit Recht fagen, daß ich von der \ großen Menge Blätter, die ich ſchon Zeit]! meines Lebens voll gefihrieben, nie etwas]! unter die Leute gefhict habe, wobey nicht mein Ab⸗ fehen auf ein gemeines Gut gerichtet gervefen wäre. Es liegt mir eben nicht ob, zu entfcheiden, in wiefern | ich hierinn glücklich gewefen, oder nicht? Andere] aber können mich entweder mit ihren Erzählungen]! davon hintergehen, oder fich vielleicht felbft betruͤgen. \ Gurte Abfichten find menigftens der Saame guter Handlungen, und ein jeder Menſch ift verbunden, denfelben auszufien, und es dem Erdreiche und der] Witterung zu überlaffen, ob er aufgehe oder nicht; und ob er, ober ein anderer, die Früchte davon erndte ? f Ich babe zu meinen Abhandlungen folhe Sachen fi gewählet, welche meiner Mennung nach den Men fi fehen am meiften betreffen , und welche am gebräuch= | lichſten J und dem langen Leben, 493 lichſten und nüglichften find; von denen man noth- wendig eine Kenntnig haben muß. Sollte ich nun gleich hierinnen niemanden einen befjern Unterricht geben, als er ſchon erlanget hat: fo kann ich ihn doch vielleicht veranlaffen, weiter, als gewöhnlich, der Sache nachzudenfen. Diefes ift ein folcher Unterricht, weicher feinem misfallen kann; weil ein jeder ihn fich felbit giebr, ohne Misgunft, Furcht, Zwang, oder Berpflich tung, welche uns vor demjenigen, was uns von ans dern gelehret wird, gemeiniglich einen Edel verur— fahen. Alle Menfchen würden froh fern, wenn fie ihre eigene Lehrer feyn koͤnnten, und fie dürften fich es ‚Jauch nicht verdrießen laffen, ihre eigene Schüler zu werden; denn ihe Willen Foftet ihnen weiter nichts, lals ihre eigene Gedanken, woran ‚fie gemeiniglich ‚leinen nicht großen Vorrath haben, und wiſſen alfo ſelbſt nicht , was fie damit anfangen follen. Wenn ‚fie nun denfelben nicht auf etiwag Öutes verwendet, lfondern vielleicht auf etwas Boͤſes richten, fo ver— ſchwenden fie denfelben mit unnügen Dingen. Ihre Gedanken werden nichts als wachende Traume ſeyn; ‚fo wie ihre Träume Gedanken find, die fie fehlafend haben. Wir erlangen die befte Unterweifung fo wohl von unfern eigenen Gedanfen, als von unferer (Erfahrung. Denn ob man. gleich gelehrt werden kann dur) dasjenige, was andere überdacht haben : fo Fann man doch nur durch fein eigenes Denfen klug oder glücklich werden. Der Nugen, den man ſich von andern Leuten in diefer Abjicht verfprechen kann, iſt bloß unferm eigenen Nachfinnen or be- 6 en; | 494 WVon der Geſundheit ften; fonft Ind fie nur einer Speife gleich, die ent⸗ weder aus Wol luſt, oder aus Flaͤßigkeit, verſchlucket wird, die bloß den Magen belaͤſtiget und in dem Kopf feige, wenn fie niche wohl verdauet worden, und daher nicht i in die rechte M taffe des Körpers, - fie empfängt, verändert wird. Einige Schriftfteller, welche die Güter — man am meiſten in dieſem Leben ſtrebt, abhanveln, geben ihnen diefe Drönung: Geſundheit, Schönheit und Reichthum. Was das erfte anberrifft, fo weiß ich damider nichts einzumenden; aber wider die übri- gen Fann vieles erinnert werden. Denn Schönheit ift ein Gut, welches eher andere glücklich macher, als den Befiger ſelbſt; und ich Fann feinen Grund angeben, warum der Reichthum einen Anfpruch auf einen jo hoben Rang haben foll, da doc) zu allen Zeiten fo große, fo Eluge, und fo viele Leute die Ar- muth demfelben vorgezogen haben. Die Thera⸗ pevten und Ebioniten unter den Juden; die alten und jeßigen Mönche unter den Chriſten; fo’ viele Derwiſe unter den Mahometanern; die Brachma⸗ nen unter den Indianern, und alle alte Philoſophen: diefe alle, wenn fie aleich noch fo fehr in andern Stuͤ cken von einander abgiengen, verachteten einmuͤthig den Reichthum, und nannten ihn, wenn fie aufs beſte davon vedeten, eine unnüge Jaft und Beſchwer⸗ de des Lebens. Alſo ift es noch unausgemacht ges blieben, ob man ihn unter die SINE oder unter bie Hebel rechnen fol, Als ich in meiner Jugend in einer ügiger Ge⸗ ſellſchaft war, wurde der Vorſchlag gethan, daß ein jeder drey Wünfche thun — was er ſich wi : wel und dem langen Leben. 495. welche eriwählen wollte, wenn er nur verfichert wäre; daß fie in Erfüllung geben koͤnnten. Einige hiervon. Imaren recht luſtig, andere aber recht thoͤricht. Sch Jmünfchte mir Geſundheit, Friede und fenones Wet— ter. Diefe Wünfche follten ſich noch wehl, ob ich gleich nicht mehr wie junge Leute denke, fuͤr alte ſchi— ſcken. Sie laufen alle auf eins heraus. Denn Ges ſundheit ift eben das indem Korper, was ver Friede lin dem Staate und die Heiterkeit in ver Luft iſt. Die Sonne hat weniaftens in unferer Himmelsges Igend jo etwas Erquidendes, daß ein fihoner Tag, gleichſam für ein, finnliches Beranügen und für das unfchuldigite unter allen zu ſchaͤtzen iſt. Der Friede ift eine allgemeine Gluͤckſeligkeit, oh— ne welchen niemand feine Güter, feine Freyheit oder ein Leben in Ruhe befisen Fan, Weder die Un— ſchuld, noch die Gefege, dienen zum Schuge Man Fann fein Haus und Hof, außer dem Frieden, niche Janders, als mit Gefahr und Furcht befißen, wodurch [die Annehmlichkeit und die Zufriedenheit von allem, was uns das Glück nur geben fann, verloren gehts Die Geſundheit ift die Seele, welche alle Bergnü- gungen des Menfchen beiebet, und ohne diefelbe find- fie matt und abgeſchmackt, oder gar todt. Ohne die Geſundheit verhungert man bey den größten Tafeln, Jiſt traurig bey ven berrlichften und Eoftbarften Weis nen, alt und unvermogend in den Zimmern der rei- zendeſten Schönheiten, arm und elend mitten. unter den größten Schägen und Glüdsaütern. Bey den Igewohnlichen Krankheiten nehmen die Kräfte ab, die Sugend verliert dabey alle Munterkeit, und die Schoͤnheit alle Reizungen; die Muſik klingt raube, und — 406 Don der Geſundheit und die Geſellſchaft iſt verdrießlich; die Palaͤſte wer— den zu Kerkern, oder eben ſo eingeſchraͤnkt. Die Reichthuͤmer ſind nicht zu gebrauchen; die Ehre und die Bedienten werden einem zur Laſt, und die Kronen ſelbſt zur Buͤrde. Wenn aber die Krankheiten ſchmerzhaft und heftig find: fo bringen fie alle Staͤn— de in eine Gleichheit, und heben allen Unterfchied un« ter einem Fürften und Bettler auf, in einziger Anfall von Steinfchmerzen oder Colik leget auch ei- nen König auf die Folter, und machet ihn fo elend, als er ven Geringften, den Nergften, und den Ber: ruchteften unter feinen Unterthanen machen Fann. Man muß ohne Zweifel ein Philofopd feyn, wenn man einfehen will, daß die Leiden oder Krankheiten der Seele unfer geben, aller zufälligen Glücsgüter ungeachtet, unglücflidy machen; es erfodert auch viel Nachſinnen, Fleiß und eine tiefe! Einſicht. Man muß, wenn man ein Stoifer, und fowohl bey allen Schmerzen, als auch bey der Dürftigfeit oder Schande unempfindlich feyn will, gewiß etwas mehr oder weniger als ein Menfch ſeyn. Man muß die menfchlihe Natur ablegen, und der allgemeinen Wahrheit und beftändigen Erfahrung widerfprechen. Allein bier braucher man nicht viel mehr Gelehrſam⸗ feit oder Nachfinnen, als bloß eine gemeine Einficht und Bemerkungen, um zu fehen, daß ein Fränklis| cher Zuftand nicht nur den Beſitz der Gluͤcksguͤter, fondern auch die Ergögung der Sinne, und felbft der Einbildungskraft, zerftöret, und die gemeinfchaftlis chen Berrichtungen des Leibes und der Seele werer | ‚ruhig noch frey feyn laͤßt. Die Philofophen mönen in der Meynung vom höchiten Gute oder der hochiten | Gluͤckſe⸗ und dern langen Leben. 497 Glücfeligkeit des Menſchen noch fo viel fagen, und noch fo ſehr von einander abweichen. Sie mögen es fuchen, wo fie koͤnnen, und ihm einen Ort geben, wo es ihnen gefällt: fo ift doch kein Irrthum fo grob, und feine Meynung fo abgeſchmackt, (fie mag auch noch fo gemein.feyn, ) als ſich einzubilden, daß das Vergnügen feinen Urfprung von Dingen, die außer uns und nicht von Dingen, die in uns find, herleite: von dem Eindruce, welchen die Gegenflände uns verfchaffen, und nicht von der Einrichtung der finn- - lichen Werkzeuge, weiche Diefelben auffangen.” Die verfchiedenen Wirfungen ‚gleicher Gegenftände bey verfchiedenen Perfonen, oder bey einerley Perfon zu verfchiedenen Zeiten, zeigen das Gegentheil ganz deutlich. Einige Krankheiten verurfachen, daß Din» ge gelb ausfehen; andere verdoppeln Das, mas man fieht ; die gemeinften verändern unfern Geſchmack und Geruch, und eine ſtarke Verſtopfung der Ohren ver— ändert die Tone, Die Verſchiedenheit, ſowohl der Gefundheit als der Jahre hat auf die Vollkom— ‚menbeit oder Unvollkommenheit unſers urfprüng: lichen. Temperaments, eben viefelbe Wirfung, und man kann daraus ohne ein großer Maturforfcher zu feyn, den Schluß ziehen, daß unfere Empfindun- gen größten Theils nach der Einrichtung der finnlichen Werkzeuge gefchehen,vermöge welcher die verfchiedenen Gegenftände ihren Eindrud machen, daß unfere Ein» Dildungsfraft durc)diefelbe vermehret wird; und daß unſere Empfindungen ſich nad) der verfchiedenen Bil dung und Befchaffenheit der Werkzeuge verändern, Allein wir wollen itzt die Philofophie bey Seife fesen, und zur Geſundheit zuruͤck kehren. Alles, was man mit Wahrheit, in Abſicht auf die Gluͤck⸗ a2u Band. Ji ſeligkeit 493 Bon der Gefundheit feligfeit, fagen fann, hängt von der Belchaffenheit der Seele ab. Es ift zwar unftreitig, daß das Vers gnügen von der Beſchaffenheit des Leibes abhängt, und daß derjenige Menfch, ver es befigen will, ſich felbft wohl befinden muß; fo wie ein Gefäß, das dem Wein fü aufbehalten foll, rein fen muß: denn font verlieren der eritere, er mag nod) fo reizend und praͤchtig ſeyn, ſeinen Geſchmack, und man mag in das letztere noch ſo viel hinein gießen: ſo wird es doch alles ſauer, und es waͤre beſſer, wenn man ihn nicht hinein gegoſſen haͤtte. Derjenige, dem eine Mahlzeit wohl ſchmecken ſoll, der muß guten Appetit haben. Derjenige, der ein Vergnuͤgen an einem Getraͤnke findet, der muß ſeinen Geſchmack nicht verloren haben. Derjenige, der ein ſchoͤnes Frauenzimmer genießen will, muß ſelbſt wa⸗ cker ſeyn. Kurz, derjenige muß geſund ſeyn, der eine Gluͤckſeligkeit erlangen, oder ein Vergnuͤgen an den größten Vortheilen der Ehre und des Gluͤcks fin« den will. Wer follte nicht, und zwar mit Rechte, dars nad) ‚gehen, wenn fie durch Geld Fönnte erfaufet wer⸗ den ? Wer follte nicht eifrig darnach ſtreben, wenn fie duch Macht erlangt oder durch) eine Ehrenſtelle gewonnen würde? Aber ach! mit einem Marſchalls⸗ ſtabe lernen podagriſche Fuͤße nicht beſſer, als mit ei⸗ nen ſchlechten Rohrſtocke, gehen; und ein Ritterband verbindet eine Wunde nicht beſſer, als eine leinene Binde. Der Glanz des Goldes oder der Diamanten verletzet ſchadhafte Augen nur, ſtatt ſie zu heilen, und ein krankes Haupt wird nicht mehr Linderung haben, wenn es eine Krone trägt, als wenn es eine Schlaf—⸗ müße auf bat, Wofern nun die Gefundheit eine fo große Glüc« jeligfeit und die vechte Duelle alles Bergnügens ift: j * ſo und dem langen Leben. 499 fo wird es wohl der Mühe werth feyn, dasjenige Sand zu entdecken, wo fie wächft, die Duelle, wodurd) fie Nahrung erhält, die Gewohnheiten und Mittel, wo⸗ durch fie aufs befte gepfleget und erhalten wird. In diefer Abſicht ift es nöthig, diejenigen Benfpiele,die ung von der Gefundheit und dem langen Leben, welches eine Folge der erften ift, vorfommen, in Erwägung zu ziehen ; und diejenigen Derter, Gewohneiten und gebensumflände derjenigen zu bemerken, welche fie in einem außerordentlichen Maaße beſeſſen haben; wor aus wir am beſten auf die Urſachen berfelben fom« men, und die ficherften Felgen ziehen Fönnen. Wir wiſſen fehr wenig aus der heiligen Schrift, | felbft von demjenigen, was ver der Giünd. fluth vorgegangen ift, außer die Machricht, ‚von dem hohen Alter der Menfchen, Ich werde alſo bloß über diefen Zeitlauf anmerfen, daß man glaubet, fie Haben vor derjelben weder Fleiſch gegefe fen, noch Wein getrunfen. Denn es ſcheint, als wenn dem Noah zuerſt die Freyheit waͤre ertheilet worden/ lebendige Thiere zur Speiſe zu gebrauchen, wie auch das Vorrecht, den Weinſtock zu pflanzen. Eeit der Zeit finden wir, weder in ber bibliſchen noch weltlichen Geſchichte Nachricht von einem ſehr langen geben der Menſchen, ausgenommen die Alt väter bey den Ebräern, die Brachmanen unter den alten Indianern, und die Einwohner von Brafilien zu der Zeit, wie diefe Sandfchaft von den Europäern entdecket worden. Diele von diefen follen damals zwey hundert, einige bis drey hundert Jahre errei⸗ chet haben. Eben dieſes Ziel der Jahre legt man den alten Brachmanen bey, und wie hoch ſich das i 2 geben 300 Don der Gefundheit $eben der Patriarchen erſtrecket, ift in der Schrift aufgezeichnet. Ich bemerfe hiebey, daß die Woh— nungen der Patriarchen niht in Städten, fondern auf freyem Sande und offenen Seldern gemwefen ſind; daß fie ein Hirtenleben geführet, oder fich mit den Ackerbau befchäfftiger haben; daß fie aus eben dem Geſchlechte waren, auf welches fie ihre Heirathen einzufchränfen pflegten : daß ihre Speife nur ſchlecht war, fo wie überhaupt die Koft der Alten uns. bes schrieben wird, bey denen Fleiſch oder Wein nur felten gebrauchet wurde, es wäre denn bey Opfern. oder feyerlichen Fefttagen gemwefen. Die Brachmanen waren alle aus einem efchlechte; fie lebten, wenn fie ihr Studieren zu Ende gebracht, in Feldern und, Waldungen,und fpeifeten bloß Reiß, Milch oder Kraͤu⸗ ter. Die Einwohner von Brafilien führten bey ih⸗ rer erften Entdeckung die natürlichfte und ältefte Le— bensart der Menfchen, die uns in den alten Büchern fo oft befchrieben wird, ehe die Gefege das Eigen— thumsrecht oder die Wiffenfchaften unter. venfelben ‘eingeführet worden. Und daraus kann man fchliefs fen, daß ihre Gebräuche weit einfacher geweſen find, als fie hernach gervorden. Sielebten ohne weitere Ges fchäffte, und ohne weitere Arbeit, als daß fie zu. ihrem nothdürftigen Unterhalte Früchte, Kräuter und Pflan⸗ zen einfammleten, Sie fannten fein anderes Öetränfe, als Waffer ; fie wurden nicht über den natürlichen Durſt oder Hunger zum Efien oder Trinken gereizetz fie mas ven weder mit Staats» noch häuslichen Sorgen beuns ruhiget, ‚und fie wußten von feinen andern.als den eupaligfen und Ne —— Yung und dem langen Leben. 5or Aus allen diefen angeführten Erempeln und Ge« wohnbeiten kann man wahrſcheinlicher Weife fchliefs fen, daß die gewöhnlichen Mittel der Gefundheit und dem langen Leben, wenn nicht die Menfchen von der Empfängniß an burch einige angeerbte Krankheiten des Geſchlechts dieſelbe verſchlimmern, folgende find: eine große Maͤßigkeit, freye Luft, eine leichte Arbeit, wenig Sorge, fhlechte Koft, mehr Früchte und Pflanzen, als Fleiſch, indem dieſes die Geſundheit eher verfcehlimmert ; und Waffer, welches die innerlis che Sebensfeuchtigfeit erhält,ohne die innerliche Hitze zu fehr zu vermehren; weil Schmachheit, Abnahme der Kräfte und der Tod gemeiniglich Daher entfiehen, daß die eine zu ftarf, Die andere uͤberwiegt, und mit der Zeit Diefelbe gänzlich) unterdruͤcket. Ich habe mic) oft gervundert, daß alle diejenigen $änder, two die Gefundheit fo allgemein ift, und die gebensjahre fo hoch fteigen, unter recht hitzigen Hims melsgegenden gelegen find : fo wie man auch zuges ben muß, daß je temperirter diefelben find, deſto färfere und munterere $eute fie hervorbringen. Doc) koͤnnen auch fchwächliche Naturen eben ſowohl, als die ſtarken, von gleich langer Dauer ſeyn, wenn man ſi te nur beffer wider allerhand Zufälle bewahret : fo wie ein feines Glas eben fo lange, als ein irdener Waſſer— krug, erhalten werden Fann, wenn man es forgfältig laufhebt. And man wird flatt einen Menfchen, der aus natürlichem Abgange der Kräfte, oder abgemat» teten Alters halber, fein $eben endiget, viele taufend antreffen, die durch Außerliche Zufälle, oder durch in« Imerliche Rranfheiten aufgerieben werden ; entweder —4 Ji 3 Durch) 502 Don der Gefundheit . durch frühzeitige Todesfälle oder durch völligen Ab. vn der Lebensfräfte als die Folgen einer Unmäßig« eit und der Schwelgerey, oder durch lange anhalten» de Gemürhsbewegungen und verzehrende Sorgen, oder endlich durch folche Fälle, welche man gewaltſa⸗ me nennet. Diejenigen $eute find ohne Zweifel am meiften diefer Gefahr unterworfen, die eine ſtarke Tas tur und einen frifchen Körper haben ;- die einen gröfe fern Appetit und auch in fältern Laͤndern einen Ueber fluß an tebensmitteln befigen. Sn warmen Ländern wird die Unmäßigfeit eher vermieden, weil man ges fehen hat, daß fie der Gefundheit weit nachtheiliger if. Wenn aber aud) die Erfahrung und Ueberle- gung diefe Leute nicht zur Maͤßigkeit bewegen möchte: fo find fie Doch dazu gezwungen, weil fie einen ſchlech⸗ tern Appetit bey ſich fpüren. Es gefällt mir Feine Nachricht hievon beſſer, als diejenige, welche Frans cifeus Baco von einem fehr alten Manne giebt, bey dem er fih nach feiner Einrichtung im Effen und Trinfen erfundigte ; der alte Mann aber gab zur Antwort: er beobachte fonft Feine, außer daß er. nicht eher aͤße, als bis ihn hungerte, und nicht eher traͤn⸗ fe, alsbisihn duͤrſtete; denn beydiefer Drdnung koͤnn⸗ te er fid) gewiß verfprechen, daß er weder zu viel auf einmal effen noch trinken wuͤrde; überdieß öffnete die Wärme der Luft und die Arbeit , ‚die Schweißlös cher und triebe durch eine beftändige Ausdünftung diejenigen Säfte, welche die meiften Krankheiten ver⸗ urſachen. Meines Erachtens iſt dieſes auch die Ur⸗ ſache, warum. bey unſern Englaͤndern die Luft zu| Montpellier hauptfächlich bey langwierigen Erkaͤltun⸗ gen oder verzehrenden u. andern anhaltenden Krankhei⸗ ten! und dem langen Leben. 6503 ten fo heilfam if. Ich habe aber doch einige ge- kannt, welche die Wiederherftellung ihrer Geſundheit in dortiger Gegend eben ſowohl den Früchten, als der Luft Diefes gemeldeten Ortes, zugefchrieben. Ich kann esnicht fagen, ob in der Himmelsgegend von Brafilien etwas zu finden fey, welches der Ge— fundheit zuträglicher ift, als in andern Ländern: denn außer dem, was man bey der erſten Entdeckung der Europäer bey den Eingebohrnen bemerfet hat : fo erinnere ich mich auch, daß Don Francifco de Melo ein porfugiefifcher Abgefandter in England erzählet bat, es fen in feinem Lande was gewöhnliches, daß man Leute, welche Alters oder anderer Schwachhei« ten wegen fo entfräftet find, daß fie, dem Anfehen nad), nicht mehr als ein oder zwey fahre aufs hoͤch⸗ fie leben fönnten, nach Brafilien zu Schiffe fortfchis de, mofelbft fie noch eine ziemliche Zeit, ja manch— mal zwanzig und mehr Jahre leben: dieſes gefchehe durch die wiedererhaltenen Lebensfräfte, welche fie, vermittelſt diefer Veränderung, wieder erlangen. Ob Jaber diefe fo große Wirfung von der $uft, oder den Früchten diefes Landes herrühre, oder vor der Sons nen, als der Duelle deg Lebens und der Waͤrme, wels che dort mehr Hige giebt, und der abgenommenen natürlichen Waͤrme aufhilft, das weiß ich nicht, Ich weiß mich feines Erempels zu erinnern, mes der aus der alten noch aus der igigen Gefchichte, daß - das lange Leben in einigen Theilen von Europa alls gemein feyn follte; weil vermuthlich die Einrichtung | des Elima die Schwelgerey und Unmäßigfeit im Effen und Trinken die Berfchiedenheit hervorgebracht. Gries ‚\chenland und Nom waren unter den alten Ländern ei Ji 4 dieſer⸗ 504 Don der Geſundheit | diefermegen fehon berühmt, oder vielmehr beſchryen; da diefelbe in Afien und in Africa noch ganz unbe» fannt war : und wie weit es unfere Falten Länder bierinnen den warmen Gegenden von Spanien und Italien zuvor thun, ift mehr als zu wohl befannt. Unter den Spaniern ift es, felbft bey denen vom hoͤch⸗ ſten Range eingefuͤhret, daß ſie nicht eher reinen Wein trinken, als bis fie vierzig Jahre alt getvorden. Es ifteine Ehre fir ihre Geſetze, Daß derjenige,den man der Trunkenheit ein einzigesmal überführen kann, als Zeuge verworfen wird, und mir hat Feine Antwort befier gefallen, als die ein Spanier gab, den man fragte : ob er eine gute Mahlzeit bey einem guten Sreunde gehabt hätte, Si Sennor a viaASarbrado: ja, mein Herr, denn es blieb noch etwas übrig. Der ftarfe Handel in Stalien und der Zulauf von Frem» den, befonders von Deutfchen, hat verurfachet, daß man den Wein Dafelbft häufiger trinkt. Aber es geſchieht eben nicht fo.fehr bey Perfonen von hohem Stande, . welche zu Rom und Madrit, wie man bemerfet hat, länger leben, als in andern Städten von Europa; meil die Befchaffenheit der Luft fie ſowohl zur größ« ten Mäßigkeit, als auch zur Borfiche und Behutfams feit, antreibt. Wir Iefen von fehr vielen Königen in Spanien, die fehr lange gelebet haben. Auf eis nen von diefen befinne ich mich, der fiebenzig Jahre vegieret hat. Philipp von Comines bat angemerfet, daß fein König in Frankreich ſechzig Jahre erreicht hat, von den Zeiten Carls des Großen, bis auf Lude—⸗ wig den Eifften; da doc) in Einaland von dem Eros berer an, bis_auf den Tod ver Königinn Elifabeth, welches eine weit fürzere Zeit ausmacht, fünf Könige | und und dem langen Leben. 505 und'eine Königinn regieret haben, wovon zwey fünf und fechzig, zwey achf und fechzig, und zwey wenige fieng fiebenzig Jahre erreichet haben. Ich wundere mich) fehr, daß mir einsmals ein franzöfifcher Abges“ fandter im Haag, der ein Mann von großen Ber: dienften , Gelehrfamfeit und Erfahrung war, dafelbft erzählte: er hätte Zeit feines Lebens niemals gehoͤret, daß ein Menſch in Frankreich hundert Jahre erreicht hätte; und id) konnte mir Feine andere Urfache hie von vorfteflen, als daß die Bortrefflichfeit der dorfis gen Himmelsgegend, die weder zu Falt noch zu warn ift, ven Leuten eine folche gebhaftigfeit des Tempera» ‚ments, ‘die fie zu weit mehrern Ergößungen von al Ten Arten als in andern Laͤndern anreizet. Und ich zweifele nicht, daß die Ergögungen, wenn man fie zu lange fortfeget, oder vielmehr zu oft wiederholet, die Lebensgeifter erfchöpft, und daher das $eben, da⸗ mit es lange währe, zu ftarf machef ; gleich einem euer, das man oft anbläft, und es dadurch zwar ftärfer, aber auc) von fürzerer Dauer machet. Denn fo wie die Wollüfte das Angenehme mitten in dem Genuffe derfelben verlieren; fo wie die Blumen, wel: che, da man fie abbricht, ſchon welf werden: alfo ift es weder natürlich, noch fiher, den Ergöglichfeiten lange nachzubängen, fie ohne natimlichen Trieb zu erneuren, oder durch Künfte und Einbildungsfraft zu reizen. Die Natur kann uns am beften zeigen, wenn wir fo Flug wären und ihr folgen möchten, zu ‚welcher Zeit, und wie ftarf wir fie gebrauchen follen, oder was dabey zu unferm Beſten ift, Allein ein Furzes und anmuthiges Leben behält den Vorzug, ma 15 und 506 Bon der Gefundheit rind ift ohne Zweifel befler, als ein langes geben vol fer Kummer und Schmerzen, - | Es ift von alten Schriftftelleen zum befondern Ruhme unfers Landes angemerkt worden, daß bie Britannier langer leben, als irgend eine Nation, die ihnen befannt gemwefen. Und in den neuern Zeiten bat man biefelbit weit mehrere und größere Exempel von diefer Art, als fonft in den übrigen Theilen von Europa gehabt. Die Nachricht von dem alten Par iſt noch zu neu, als. daß fie von vielen, die noch am $eben find, follte vergeffen fern. Dieſer wurde uns ter ver Regierung König Carls des Erfien, von Dar- byſhire an den Hof gebracht, und erreichte ein Alter von hundert und drey und funfzig Jahren; ja er wuͤr⸗ de, wie man geglaubet hat, es noch höher gebracht haben, wenn nicht die Bermechjelung der fandluft und der Landkoſt mit der in der Stadt ihn nicht bey Dies fem hohen Alter noch zu frühzeitig hingeriffen hätte. Der juͤngſt verftorbene Graf von Seiceiter, Robert, der ein Mann ſowohl von großer Gelehrſamkeit und Erfahrung, als auch ein Freund der Wahrheit war, hat mir verſchiedene Begebenheiten erzaͤhlet, die ganz beſonders waren. Eine davon war von der Graͤfinn von Kosmund, welche zur Zeit Eduard des Vierten ſich nach Irrland verheirathet, und welche unter der Regierung des Königs Jacobs, noch eine, fehr lange Zeit gelebet hat, und man glaubete, daß jie, da fie. geftorben, älter als hundert und vierzig Jahre gewefen fen. In diefen ihrem hoben Alter Fam fie von Briſtol nad) London, um von Hofe eine BB Bey— und dern langen Leben. 507 Benfteuer zu erbitten, indem fie ſich lange Zeit in [hlechten Umſtaͤnden befunden hatte. Die andere, welche er mir erzählte, war von einer Bettlerinn, die er ben einem Buchladen, wo er ge: ſtanden, einige Wochen nad) dem Tode des Prinzen Henrichs, angetroffen hatte. Jedem er nämlid) auf die vorübergehenden Acht gab, und zu dem, der bey ihm ftand, fagte, daß wohl in England niemals ein folches Elend, als ist ware, gefehen worden, hörte er die Bettlerinn antworten, nein wohl niemals, fo lange als Prinz Artur todt ift. Mylord Leiceſter ere aunte hierüber und fragte, was fie damit fagen woll⸗ e, und ob fie fich deflen erinnern Fönnte; fie vers feste: fie Eönnte fich ganz wohl deffelben erinnern ; und da er nunmehro begieriger wurde, die Sache zu erfahren, fo erzählte fie ihm, daß fie Kainsford Ibieße, aus einer guten Familie in Drforöfhire wäre, Jund etwa in ihrem zwanzigften Fahre, wegen der Treuloſigkeit ihres Liebhabers, des DBerftandes fey Iberaubet worden. Wie lange fie in diefem Zuftande Igeblieben, und was ſich innerhalb der Zeit zugetragen, wäre ihr ganz unbefannt : nachdem man aber ges glaubet, daß fie fehon wieder hergeftellt wäre, und fie |beraus gelaſſen, hätte fie ſich genöthiget gefehen, ihren Unterhalt zu erbetteln: fie hätte fich auch eine ziemliche Zeit in folchen Umftänden befunden, ehe fie fih auf |das geringfte von ihrem ehemaligen Zuftande, Geburt und Erziehung habe befinnen koͤnnen. So bald fie ſich aber deffen erinnert, hätte fie fich, nach ihrem Ä — * begeben, wo noch kaum jemand ihrer Freunde Pa) zo8 Von der Geſundheit Freunde, die fie dafelbft verlaffen,gefannt hätte. Gie fey alfo genöthiget gervefen, fich nach dem Kirchfpiele in Southwark zu begeben, mo fie auch, nebft andern Armen, eine geringe Wohlthat genoffen. Dafelbft hätte fie ſich nun ſchon feit vielen Jahren aufgehal⸗ ten, und kaͤme jede Woche einmal in die Stadt, um die Almoſen einzuſammlen, die man ihr reichte. MRo⸗r ford Leiceſter fegte Hinzu, er babe nach dem Kirch- fpiele Hingefchickt, fich deshalben näher zu erfundis gen, und erfahren, daß die Nachricht mit der Erzaͤh⸗ fung diefes Weibes übereinftimme; darauf hätte er befohlen, daß fie jede Woche bey feinem Haufe an- fprechen follte; welches auch eine Zeitlang von ihe gefchehen, nachher aber hätte er nichts mehr von ihr gehöret. Die Erzählung gab Urfache zu einem weis tern Gefpräche; und einer von den Anmefenden ma— chete hierüber diefe Anmerfung, daß wahnwitzige Seute gemeiniglich ihr Leben hoch brächten. Man führte, Exempel an, dieman felbft erlebet hatte. End» lich ſtimmte man darinnen überein, daß, wofern es wahr wäre, ſo müßte es eines Teils von der nafür- lichen Lebhaftigfeit ihres Temperaments berfommen, rvelches fie zu fo heftigen Seidenfchaften brächte, die fie gemeiniglidy mit einem Wahnmwiß endigen; an dern Theils von der fehr wenigen und fchlechten Spei» fe, zu der die Wahnfinnigen angehalten werden, da ihre Eur es fo erfordert, und die fcharfe Yuffiche des rerjenigen, die über ſolche Leute gefegt find : denn man reicht ihnen Fein ander Getränke, als nur er und .. fehr wenig en en. 49 IE Ich | und dem langen Leben. 509 Ich will noch eine Erzählungbenfügen, die ich von —— dieſem Grafen in eben dieſer Materie gehoͤret ha⸗ be: ſie betrifft einen Mobrentanz in Herfordfbire; er fagte nämlich, daß er in feiner Bibliothek eine kleine biefer Grafichaft aufgefeget worden, Diefe enthielte eine Nachricht, daß einsmals unter der, Regierung des Königs Jacobs auf dem $ande eine Bande von Mohrentänzern herum gezogen,die aus sehen fanzenden Männern: einem Knaben , der wie ein Mägdchen ges kleidet, einem Paufenfchläger und einem Pfeifer bes fanden. Diefe dreyzehen Perfonen zufammen wäs pen zwölf hundert Jahre alt geweſen. Das würde nen in einer Grafichaft fo viele Jahre erreiche haͤt— ten; allein. diefes ift das Bemwundernswürdigfte, daß fie noch: fo feifch und aufgeräumt gemefen feyn — 5* zu reiſen und zu tanzen. Ich habe in meinem Leben zwey Perfonen ange⸗ troffen, die uͤber hundert und zwölf Jahre alt gewe— ſen; eine von ihnen war ein Weib, welche ihr Leben mit Dienen zugebracht; und die andere ein Mann, der gemeine Arbeit verrichtet, bis er vor Alter dazu unvermögend, und deswegen von der Gemeine unter- der weit mehrere Jahre erreicher hatte: diefes mach» temichneugierig, mid) genauer um ihn zu erfundigen. Es mar ein Mann, der gemeiniglic bey einem Wirthshauſe, das nicht fonderlich befucht wurde, an der Landſtraße nach Staffordſhire bettelte. Er fag» 4 | Schrift aufhübe, die von einem mißigen: Edelmanne halten worden. Einen aber habe ich noch geſehen, wohl nicht fo was beſonders ſeyn, Daß fo viel Perſo⸗ | — ke, 5 10 Von der Geſundheit J te, daß er hundert und vier und zwanzig Yahre. alt märe, und als Soldat zur See unter dem Grafen von Eſſex gedienet hätte, von dem er mir eine ver nünftige Nachricht gab. Mach feiner Rückkehr in feinen Sprengel, welches ohngefähr zwolf Meilen von dem Orte lag, mo id) ihn antraf, hätte er bis in fein Hundert und zwölftes Jahr fort gearbeitet; nach dem ihm aber durch einen Fall vom Wagen eine Ribbe gebrochen, wäre er zur Arbeit unrüchtig ges worden, und hätte alfo zu betteln angefangen. Diefe Nachricht Fam mit der Erzählung des Haus⸗ wirths genau überein, und wurde von- allen Nachbarn erzählet und befräftiget. Ich fragte ibn, | was feine gewöhnliche Speife wäre ?- er antwortete: Mid, Brodt und Käfe; auch Fleiſch, wenn man es ihm gäbe. Ich fragte ferner, was er zu trinfen pflegte ? D! antwortete.er, wir haben in unferm Rirchfpiele beſſer Waffe, als. man in der ganzen bes nachbarten Gegend antrifft. Als ic) nun fortfuhr, ob er fonft niemals anderes Getränfe gebrauchet hätte? erwiederte er, ja! aber fonft nicht, als wenn ers von jemanden gefchenft befommen hätte. Der Wirth feßte Hinzu, daß er viele Thaler in feinem Haufe zum Gefchenfe erhalten; allein er hätte feis nen einzigen Pfenning bey ihm verzehret. Ich fragte ihn endlich, ob er noc mehr Bekannte hatte, die ein folches Alter erlanget, wie er; nur einen, fage | te er, welcher mit mir als Soldat ben Calais gedie⸗ net, und drey Jahre älter iſt. Weil dieſer aber meis | flentheils einen guten Dienft gehabt; fo hat er was |) eg formen, um ißt in feinem Alter davon zu | leben. | — und dem langen Leben. 511 Ich habe immer gehöret, daß ſehr viele Perfonen, die über hundert Jahre alt geworden, vor Gerichte als Zeugen, über Berfchreibung um Gränzen eines $andes, find-verhöret worden. : Die meiften aber von diefen find, wie ich bemerfet, von Darbyſhire, Stafe fordfhire oder Yorkſhire und feiner davon mehr als ein fchlechter Pachter gemwefen. Der Aelteſte von Standesperfonen, oder fonft von anfehnlichen Leuten, die ich bier und auch außerhalb Landes, gefannt habe, ivar zwey und neunzig Jahre alt. Wenn man dies fes mit den erſteren Erzählungen oder Anmerkungen zuſammen hält, die man entweder von ganzen Ges ſchlechtern oder Seuten bat; diezu irgend einer Zeit oder in irgend einem Lande ein hohes Alter erreichet haben: ſo kann man leicht daraus folgern, daß die Gefunds Ibeit und ein langes eben gemeiniglich Gluͤckſeligkeiten der Armen und nicht der Reichen, und beyde eher die Früchte der Mäfigfeit, als der Ueppigkeit und Schmelgerey find. Gewiß, wenn ein reicher Mann nicht in manchen Stücen ſich wie ein Armer hält: fo iſt er bey feinem Keichthume weit fchlechter, als |diefer, dran ; wenn er feinen Körper nicht bewegt, welches nichts anders als eine freymwillige Arbeit ift: wenn er die Luft zum Effen ben fich nicht von freyen (Stücken unterdrüdt, fo wie es andere aus Noth Ithun; wenn er nicht manchmal fich deffelben gar ents (hält und fafter, melches andere bey der äußerften Dürftigkeit und Armuth thun müffen. Wenn fein Kummer und Gorgen mit feinen Reichthuͤmern fich mehren, oder feine teidenfchaften, fo wie feine Luſtbar— lfeiten zu nehmen: fo wird er gewiß, fo mie er fein 1, Gut 512 Don der Befundheit: Gut verbeffert, feine ' Geſundheit verſchlimmern, und mehr verlieren, als er mit feinem Gelde gewin⸗ nen fann. ‘Denn die Geſundheit ift unter. allen, was die Menfchen befigen koͤnnen, das vorzüglichite, und ohne fie kann alles andere nicht empfunden, noch mit Bergnügen genußet werden. Es ift etwas Merkwuͤrdiges in dee Gefchichte, daß die alten Weltweifen gemeiniglich-fehr alt geworden. Diefes kann man ihrer großen Mäßigfeit und ihrer Bermeidung aller natürlichen Leidenſchaften und aller Sorgen zufchreiben. Doch feheinen in allen diefen Stüden viele Drdensbrüder ihnen gleich zu feyn; man fieht aber nicht, Daß fie lange leben. Daher muß wohl eine andere Urfache davon angegeben wer⸗ den. Mir: ift fonft Feine befannt, als diefe, Daß die legtern fo fehr und faft beſtaͤndig eingefchränft fißen, | die erftern aber fich ihrer Freyheit haben bedienen Fönnen. Ich verſtehe aber hiedurch nicht bloß ihre Einfperrung in den Klöftern, denn dieſes ift nicht alls gemein unter ihnen; fondern ihren Stand, der jie an gewiffe Drdensregeln bindet, und den ‘Befehlen ihree Obern gänzlich unterwirft. Hiernaͤchſt verfiehe ic) darunter die große Einfhränfung ihrer Vernunft | und Denfungsfraft, Die fih nur bis auf einen ges | wiffen Umfang der Begriffe, Erfindung und Meys nungen erftreden. Die Philofophen bedienten fich der größten Freyheit und verftatteten ihren Gedanken, ih⸗ ren Wiffenfchaften und Erfindungen den freyeften auf]! über das ganze Weltgebaͤude. N | und dem langen Leben. 513 Eie fiengen beydes, ihren Stand und Lebensart nacheigener Wahl an; eben ſo frey wähleten fie auch ihre Wohnungen, und blieben nad) ihrem Gefallen dabey, fo lange es ihnen beliebte. Was aber vie Mönche anbelanget: fo find fie, ob fie gleich anfangs eine freye Wahl haben, doch nachher, wenn fie ihr Gelübde gethan, gezwungen und eingefchränft. Nun iſt aber befannt, daß, fo wie nichts die Lebensgeifter mehr eriticket und unterdrücket, als eine große Knecht: ſchaſt und Sclaverey : fo nähret und ſtaͤrket diefelben nichts mehr, als eine große Freyheit. Diefes kann auch wohl, nebit den andern oben angeführten Grün: den, als eine Urfache angegeben werden, warum in England mehr alteteute, ais fonft in andern angrän- zenden Landern, gefunden werden, Aus den allgemeinen und befondern Betrachtun: gen, Die man fchon angeitellet hat, füllte man glau- ben, daß der gewöhnliche Eis der Gefundbeit und eines hoben Alters in folchen tändern zu fuchen fen: daß man fie häufiger auf den Hügeln von Palaͤſtina und Arcadien, als in den Ebenen von Babylon, oder Theſſalien, und bey uns in England häufiger in der bergichten Gegend von Darbyfhire und den ange- baueten Ebenen von Staffordfbire, als in den feucht: baren Gegenden anderer Grafſchaften antreffen, wel: he einen größern Ueberfluß an Volk und Reichthuͤ— mern haben. Ob diefes nun daher Fommen mag, weil die Luft von den dicken und unreinen Ausduͤn— ftungen dafelbft gefäubert it; oder ob es von den ſchlechtern Umftänden und folglich mübfamern tebens- art und fchlechten Koft der Einwohner; oder von der weit ftärfern Nahrung herrühre, welche Die Feld» „a Dand. Kk fruͤchte 1 Bon der Gefindbet Früchte und Wurzeln der dürren Gegenden geben? ' Das will ich nicht für gewiß behaupten. Doch glaube ich, es werde einem jeden aus der Erfah- rung genugfam befannt feyn, daß diejenigen, welche in bergigten und unfruchtbaren $andern gebohren worden, und diefeiben bewohnen, nicht mur über- haupt gefünder, fondern viel frifcher und lebhafter find, als die Leute, welche in ebenen oder fruchtba= ren Gegenden wohnen, und daß jene auch gemeinig- lich größer und ftärfer find. Die größten $eute, welche man in diefen Theilen von Europa anteifft, find entweder die Schweizer, die Bergſchotten, und die nordlichen Irrlaͤnder. Ich erinnere mich, daß König Earl der Andere, ein Fürft von großen und meitläuftigen Wiflenfchaften und vieler Erfahrung, bey Gelegenheit eines Gefprachs über diefe Sache, mich fragte, was doch wohl für eine Urfache ſeyn müßte, daß in bergiaten $ändern die Menfchen ge: meiniglich größer, hingegen alle Arten von Vieh fleiner wären, als in andern Gegenden? Sch fonnte auf feinen andern Grund fonamen, als weil die Begierde zum Effen bey den Einwohnern wegen | der Lage diefer Derter ſtaͤrker ift: fo gefchahe es, daß fie, da die Aeltern ben der Erziehung ihrer Kinder Feine Sorge fparen, felten einen Mangel an irgend einer Art von tebensmitteln haben. Hierdurch wer: de, während der Jahre ihres Wachsthumes, die - Natur fattfam unterftüget und der Appetit geftillerz der um. deito ftärfer ift, da bey der trocfenen Luft der Hunger fchärfer, und die Verdauung größer ift. An Milch, Wurzelmerf und Haber findet man in | diefen Laͤndern einen Ueberfluß; obgleich an ar utter und dem langen Leben. 15 Sutter und Getreide ver Mangel defto größer ift. Das Vieh hingegen hat, wegen der ſchlechten Weiz de und Fütterung, kaum genug, fih den Sommer über zu unterhalten; und des Winters mangelt ihnen auch fo gar das nothduͤrftige Futter. Denn viele fommen vor Hunger un, und die übrigen werden in ihrem Wachsthume verhindert, welches nach be- ſtimmten Jahren aufhoͤret. Ob diefes num ein bin- langlicher Grund fey, oder ob man noch einen bef: fern Grund angeben fönnte, weiß ich nicht. Ich glaube wenigitens, daß ein Iheil des angeführten von manchem, der fonft noch wohl Leberlegung bat, Fönnte geläugnet werden: nämlich, daß eine frene trockene Luft, welche in bergigten Gegenden zu fin ‚den ift, weit mehr Appetit mache, als die Luſt in den Ebenen und Thälern, wo Yemeiniglich die Städte angeleger werden. Der Mangel des Hun— gers an folchen Dertern, befonders in großen Städ- fen, koͤmmt von dem fchlechten Appetit ber, Da— her giebt man fic) fehr viel Mühe, denfelben durch die Kunſt zu erfegen und zu reisen; und dieſes ift faft die größte Urfache der Schwelgeren, und der vielen und verfchiedenen abgefchmackten Erfindungen diefelbe zu erhöhen und zu vergrößern. Es ift dieſes zwar bey ven Ergöglichkeiten eine Abwechſelung; doch dienet ſie nicht der Geſundheit oder dem Leben zum Vortheile. Vielmehr find alle die großen Städte, welche am ſtaͤrkſten befucher werden, und eheils wegen der vielen Fremden, theils wegen der Pracht und Ueppigfeit berühme find, die Oerter, wo Seuchen und andere Krankheiten ungemein haͤu⸗ fig und ſtark find. Zu unſern Zeiten trifft dieſes zu | | Kf2 Groß: 316 DBonvder Gefimdheit Groß-Eairo, Conftantinopel, Neapel und Rom ein; obgleich die forgfaltige und genaue Abficht in dieſem leßteren Orte gemeiniglid) ſo viel fruchter, daß man daſelbſt beſſer und glücklicher, als an den übrigen, lebet. Eben dieſes hat den Gebrauch und die Moth⸗ wendigkeit der Arztney in großen Städten und volk⸗ reichen Landſchaften eingeführet , welche in weit ent- legenen, unfruchtbaren oder mwüften Gegenden kaum dem Namen nad) befannt ift. Denn es gebt fo in der Welt, daß ein Menfch fich entweder viel Bewe— gung machen, oder faften, oder. Arztney brauchen, oder franf feyn muß; und es fcheint, als wenn einem jeden nach feinem Gefallen die Wahl gelaffen fen. Die zwey erften find wohl die beften Arten, und Mittel, die Geſundheit zu erhalten. Der Nutzen der Arztney befteht darinn, die Gefundheit wieder berzuftellen, und diejenigen Krankheiten, welche ge= meiniglich durch die Ermanglung oder Unterlaffung der übrigen Stüde erwedet worden, zu heilen. Allein, fie ift weder zur Stärkung der Gefundheit nothwendig, noch zur Verlängerung des Lebens zu= träglih. Denn fie greift überhaupt die Natur mit Gewalt an, obgleich die Abficht dabey zu feyn fcheint, der Natur vielmehr zu Hülfe zu fommen, als fie in ihrem Laufe aufzuhalten. Wie alt und wie gemein dieſe Kunſt und Wiſ⸗ ſenſchaft in der Welt iſt, und wie verſchiedene Arten die Krankheiten zu heilen, vorhanden ſind, ſollte wohl eine Fleine Unterſuchung und Aufmerkſamkeit verdienen; weil unferer Gefundheit und unferm $e= ben fo viel daran gelegen if. Man muß 5* da und dem langen Leben 517 daß Griechenland fie zuerft ans Sicht "gebracht; eben fo wohl als die andern Wiffenfchaften, von denen die meiften dahin durch noch ältere und noch weiter ges gen Morgen gelegene Voͤlker gebrad)t worden. Doch feheint es nicht ohne Grund, daß diefe zu aller- erſt dafelbft ihren Ufprung genommen hat. Denn da Griechenland dasjenige Land gemwefen, wo ſich die Ueppigfeit zuerft ausgebreitet, und folglich weit mehr Krankheiten verurfachet Bat: fo wollte es auch gegen Die Welt fo billig feyn, und fie mie Heilungsmitteln verfehen. Zu den andern Völkern, die eine fehlech- tere Lebensart geführer haben, ift fie weit fpäter ge— fommen, oder vielmehr zu ihnen von den Griechen eingeführee rworden. So groß und volfreich auch) das alte Babylon gewefen, fo waren Doch Feine Aerzte dafelbft, und man wußte von feinen andern Arten die Krankheiten zu heilen, als der Mäßigfeit, Ges duld, und guter Wartung. Dder, wenn diefe nicht glücklich abliefen, feste man den Kranfen auf den Markt aus, um von den Vorbengehenden, die durc) Erfahrung oder Machforfehung einige Hülfsmittel wider folche Krankheiten erfunden, Unterricht zu er— langen. Die perfifchen Rönige ſchickten nad) Grie- chenland, um Xerzte von Daher kommen zu laflen; welche fie zuerſt bey aͤußerſter Noth gebrauchten, fie aber nachher bey fich in ihrem ande behielten. In den alten Zeiten Noms waren fie fange unbekannt, und nachdem fie fich dafelbft eingefchlichen. und eine Zeitlang aufgehalten hatten, wurden fie alle auf ein= mal vertrieben, und kamen auc) in- vielen Jahren nicht wieder zurück: bis endlich die Heftige Liebe der Homer zu allen griechifchen Künften und eingeführten | — Kfz Gewohn⸗ 518 Von der Geſundheit | Gewohnheiten auch dieſe wieder zuruͤckbrachte; wo⸗ ſelbſt man ſie auch ſo lange gebrauchet und hoch ge— ſchaͤtzet, als dieſes Reich ſeine Hoheit erhalten hat. Mit dem Anfange und Fortgange der wilden nordi⸗ fhen Mächte und Waffen wurde diefe ſowohl, als ‚die andern Wiſſenſchaften, gleichfam ganz vertilget. Da aber das faracenifche Reich in den weiter gegen Oſten und Suͤden gelegenen Theilen der Welt zu eis ner fo großen Hohe ftieg; fo fingen alle Künfte und Wiltenfchaften, als welche mit der Hoheit und Si— cherheit in den Staaten ſich vereinigen, dafelbft an zu blühen, und die Arztneyfunft mit ihnen. Es fheint, als wenn die Araber viefelbe in den muha= medanifchen Herrſchaften zuerft wieder erfunden und eingeführet haben; fo wie die Juden es in Europa thaten, welche lange die vornehmiten Aerzte im go— ehifchen Reiche waren. Sie waren allezeit ein Bolf von großem Geifte, und hatten fi) auf alle Arten ‚ von Gelehrfamfeit geleget: bis daß fie, nach ihrer Zerftreuung, durch die Verfolgung wegen ihrer tehre und Perfonen, den Muth mit der Zeit haben finfen laffen. Syn dem fehr meitläuftigen indianiſchen Rei⸗ che finder man fehr wenige Aerzte, welche noch dazu in fehlechtem Anfehen find ; außer einigen Europäern ‚ oder andern, die von den Juden und Arabern ab— ftammen. Bey diefen Leuten und in den erwähnten Gegenden hat diefe Wiffenfchaft die größte Hochach⸗ tung und Beyfall erhalten. Bey andern Bölfern war fie weniger im Gebrauche, und wurde weniger ı geſchaͤtzet. | vr Was das Alterthum derfelben und ihren Anfang in Öriechenland betrifft: fo müffen wir bis auf den Aeſculap | und dem langen Leben. 519 Aeſculap zurück kehren, welcher kurz vor dem truja- nifchen Kriege gelebet bat, und deſſen Sohn Ma⸗ son, wie erzählet wird, ibm i in derfelben beygeſtan⸗ ‚den hat. Doch finde ich nirgends, ob er als Arzt, oder Barbier gedienet. Wie fhleche der. Anfang diefer Kunſt gewefen, kann man aus der alten Er- zaͤhlung abnehmen, nach welcher Aeſculap das Land mit einem Hunde und einer Ziege, die ihm allezeit nachgegangen, durchzogen iſt. Beyde brauchte er ſehr bey ſeinen Curen. Den erſten zum Lecken aller eiterigten Wunden, und die Milch der Ziegen wider Magen: und Sungenfranfheiten. Don feinen Hei: lungsarten oder Mitteln finden wir kaum mehr aufs gezeichnet; ob er gleich bey feiner Kunft fo glücklich geweſen, oder vielleicht der Neuigkeit wegen fehr be: wundert worden, daß man ihm Ehrenfäulen errich- ‚tet, für den Sohn des Apollo ausgerufen, und als einen Gott angebethet hat. | Man mag mas man will von dem Gotte der Arzt— neywiſſenſchaft halten, fo wird doch, meines Erach— tens, ein jeder einräumen, daß Hippocrates der nis unter- den Aerzten geweſen ſey. Cr bat zu den Zeiten der erften berühmten Philofophen in Gries chenland, worunter Democritus der vornehmite geweſen, gelebet, und ſeine Schriften ſind die aͤlte— ſten von allen, die der Nachkommenſchaft ſind auf— behalten worden. Denn die Schriften des Demo— critus und ſeiner uͤbrigen Zeitgenoſſen ſind verloren gegangen, obgleich viele derſelben die Zeiten des Antoninus Pius, und auch noch wol etwas ſpaͤtere erreichet haben. Und es iſt zu vermuthen, daß ſie aus einem frommen Eifer einiger Kirchenvaͤter unter Kk 4 den 520 Don der Geſundheit —49 den erſten chriſtlichen Kaiſern unterdruͤckt worden ſind. Die Schriften des Hippocrates ſind dem Schickſale der damaligen Zeiten entgangen, weil ſie der Welt ſo nuͤtzlich geſchienen, und auch die vortreff— lichſten Sachen enthalten. Denn er war, ehe er ſeine Arztneywiſſenſchaft zu treiben anfing, ein großer Weltweiſer und Naturſorſcher, und dieſe beyde Wiſ ſenſchaften ſind auch gewiß einem Arztneyverſtaͤndi⸗ gen unentbehrlich. Seine Regeln und Lehrart er— hielten ſich viele Jahrhunderte hindurch, bis auf die Zeiten Galens, ohne einige Widerrede im Gebrau— che und Anſehen; und ich ſelbſt habe einen großen fezt ſagen hören, daß Hippocratis Aphorismi noch unter alfen, die in diefer Wiſſenſchaft ans Licht gejteiet worden, Die ficherften und geroifleften fird. Ich will nur von einem mein Urtheil fallen, welcher, meiner Meynung nach, unter allen dergieis chen Sägen, die id) in jo wenig Worten abgefaßt und fo wohl ausgedruckt gelefen habe, die größte und erhabenfte Urtheilsfraft entdecket. Ars longa, vita brevis, experientia fallax, occalio praeceps, judi- cium difheile. Hieraus allein würden toir, wenn ſonſt nichts von dieſem bewundernswuͤrdigen Manne übrig geblieben wäre, gar leicht urtheilen Fönnen, was er für ein großer Geiſt geweſen, und wie voll- fommen er die Natur und Kunſt veritanden habe! Zu den Zeiten Hadrians machte Galen den Anz fang, den üblichen Gebrauch und Antvendung der hippocratifhen Arztneywiſſenſchaft zu verändern; | und feine neuere Anmweifung bleibt noch bis auf unfere Zeiten üblich. Doch hat fih Paracelſus, ungefähr wor zwey hundert Jahren, bemuͤhet, ven ganzen Ent= wurf und dein langen Leben. 521 wurf des Galens uber den Haufen zu roerfen, und einen neueren von feiner eigenen Erfindung einzufüh- ren; wobey er zugleich die chymifchen Arztneymittel brauchbar zu machen aefucher. Es bat ihm auch feit ver Zeit an Nachfolgern und Verehrern nicht ge= fehler, welche es zum Theil auch mit dem Galen ge: halten, und daher in die jegine Prarür den Gebrauch der chymiſchen Arztneymittel eingeführet haben. Doctor Harvey hat die Meynung von dem Ums laufe des Geblütes zuerft in Ruf gebracht; ja wohl gar zuerft erfunden. Man. vermuthete, daß diefelbe - eine große und allgemeine Verbeſſerung in die ganze Prarin ver Arztneywiſſenſchaft einführen würde. Doc hat es diefen Erfolg nicht ganz gehabt. Ob nun wol diefe Mennung nicht das Glück gehabt hat, dem Beweiſe ungeachtet, Glauben zu erhalten, indem ‚die Erfahrung nicht vollfommen mit den Lehrfägen uͤbereinſtimmte; oder ob man ihr nicht fo weit gefols ‚get, daß man fie in die Prarin einführen wollen; ‚oder ob fie zu zart ift, daß fie Dazu untauglich gemworz ‚den, fo wie einige Säße in der Mathematik, ob fie ‚gleich noch fo wahr und beweislich find: das will ich mir nicht zu beftimmen anmaßen. Diefe große Veränderungen , oder Abwechfelun- gen in dem Umfange der Arztneywiſſenſchaft haben, in Betrachtung der Ungewißheit derfelben, ven Grund zu vielen Angriffen geleget, welche von ver: fhiedenen, theils Elugen und gelehrten, theils unwiſ— fenden und boshaften Seuten, gegen diefelbe find ge— wagt worden. Montaigne hat hiervon ſehr viel und fehr finnreich geſchrieben; einige Italiener haben es auf eine beißende Art gethan. Selbſt viele Aerzte Ä Kfz drücken 22 DVonder Gefundheit - druͤcken fich in Geſellſchaften von guten Freunden gar zu frey aus. Allein, ſo wie jene herrliche athenien⸗ ſiſche Aufſchrift den Demetri⸗ lehrte, daß er, in ſo fern ein Gott waͤre, in ſo fern er erkennete, daß er ein Menſch ſey: ſo koͤnnen wir auch von den Yorge ten fagen, daß fie um fo viel größern Vorzug ver- dienen, fo viel mehr fie die Uingewißbeit ihrer Kunſt erfennen und eingeftehen, ‘Dem fey mie ihm wolle, fo iſt doch unläugbar, daß niemand in der Arztney— mwiffenfchaft einen hohen Grad erreichen wird, der es nicht in andern Wiffenfchaften fehr weit gebracht; alfo, daß die Aerzte, es mag auch mit ihrer Wiflen- ſchaft beftelle feyn, wie es wolle, dem ungeachtet ihrer befondern Geſchicklichkeit halber, da fie allemal die gelehrteften Leute unter fich gehabt , find in Eh— ren gehalten worden. ‘Deswegen haben fie auch mit den zwo andern obern Facultäten gleichen An= theil an denjenigen Borzügen, die man gemeiniglich am höchften fchäget, und nach welchen man mit al- lem Fleiße ftrebet. Denn gleichwie die Gottesges lehrten, wie man dafür halt, die meifte Ehre, und die Rechtsgelehrten das meifte Geld haben, fo beſi— gen die Arztneyverſtaͤndigen die groͤßte Gelehrſam— keit. Ich habe in meinem Leben wenigſtens fuͤnf oder ſechs gekannt, welche, nebſt ihrer weitlaͤuftigen Gelehrſamkeit, die witzigſten Leute unter allen mei— nen Bekannten geweſen. Man mag noch ſo viel von der Ungewißheit ihrer Kunſt oder der Mishaͤl⸗ ligfeit ihrer Verehrer fagen, fo Fonnen fie, meines Erachtens, fich ganz Fühn untermwinden, daß, fobald die Öortesgelehrten zu einer Gewißheit in den Ent⸗ — ihrer Lehre, die Juriſten in ihren Rechten, die und dem langen Leben. 523 die Staatsflugen in der Regierung eines Staates, fommen werden; fie, die Xerzte, gleichfalls in den Arsen und Anwendungen der Arztney dazu gelangen werden, und daß fie aledenn wenigitens eben fo bald die Ehre haben Fonnen, eine allgemeine Arztney, wie die Chnmiften den Stein der Weifen, zu erfinden. Die großten Mängel, welche man in diefer vortreff— lichen Kunft wahrnimmt, haben, meines Erachtens, vornehmlich ihren Urfprung daher genommen, weil ‚die Aerzte hauptfächlich, feit Galens Zeiten, ſich größtentheils befliffen, auf ihr Lehrgebaͤude fo fehr und-auf die Arztney feibft fo wenig zu ſehen; ferner, weit fie fih fo viel Mühe gegeben haben, die Arzt: neyen zufammen zu fegen, und dabey den Gebraud) der einfachen Mittel und die Unterfuchung und Aufs zeichnung folcher Arztneyen, welche bloß für dieſe oder jene Krankheit helfen, verabfäumer haben, Ich habe mich oft aemwundert, warum man nicht in den öffentlichen Geſellſchaften ver Aerzte ein Regifter von allen folchen befondern Arztnenmitteln auf behalten, welche von den Aerzten zu allen Zeiten erfunden worden; welche durch Fleiß oder von unge— fahr ausfindig gemacher, durch Unterſuchung erler— net, und durch die Anwendung und Erfahrung be: ftätiget worden. Diefes würde ven Mangel der Geſchicklichkeit und des Fleißes erſetzen. Die Kuͤnſte wuͤrden durch die Verſuche ſo vieler Jahre verbeſſert, und gleichſam durch eine Erbfolge von den Vorfah— | ven auf die Nachkommen gebracht werden. So wie I manche Künfte bey gewiſſen Völkern nur an beſon— | dere Sefchlechte gebunden find; fo iſt es auch in eini- gen Laͤndern mit der Arzenenwoiffenfeh aft beichaffen geweſen. / 524 Bon der Gefundheit geroefen. Die Aeltern wurden angereizt, mit Mühe und Fleiß ihre Erfenntniß, wie andere Leute ihre Güter, zu verbeffern und zu vermehren, weil fie auf ihre Nachfommen gebracht, und niche mit ihren Per- fonen begraben werden follte. So pfleget es mit den Wiffenfchaften unter gemeinen $euten zu gehen. Wie viele Lehrgebäude find als Hülfsmittel, in der Folge ver Jahre, aus Unterlaflung dieſer Geiwohn- heit, verloren gegangen. Und viefe würden viel leicht von befierer Wirfung feyn, und meit mehr Nutzen fchaffen, als diejenigen, welche man an ihre ©ielle gefeget, und dadurch das Andenfen der erfte: ren entiveder Durch Zufall oder Unachtfamkeit, oder Durch Die verfchiedenen Neigungen der Leute und Des ſchaffenheit der Zeiten vertilger. Bey den Roͤmern waren vier Stüde fehr ge— bräuchlich, deren einige in unfern und den unlängft verflofienen Zeiten fo fehr aus dem Gebrauche ge: fommen find, daß man fie kaum mehr‘, als dem Namen nach, Eennt. Es waren diefelben das Ba— ‚den, das Näuchern, das Reiben und das Schütteln. Das erfte ift zwar bey uns nicht gänzlich abgekom— men, Doch wird es bey uns nicht mehr der Gefund- heit zum beften, fondern nur zum Vergnuͤgen ge- braucht. Doc kann es auch) in benden Fällen eine vortrefflihe Wirkung haben. Es werden nicht nur die Schweißlöcher dadurch geöffnet, der Schweiß hervor getrieben, und eben dadurch die Hiße gemin— dert; es macht die Gelenfe und Nerven biegfamer, und nad) einer großen Bewegung erquicet es den Körper weit mehr, als fonft etwas: es zeuget auch feine große Wirkung bey einigen empfindlichen Schmerz: und dem langen Leben. 525 Schmerzen, als bey dem Steine und Colif, und verfchaffee den Schlaf, menn- gleich viele andere Mittel umfonft gebraucht worden. Es ift auch nicht unmahrfcheinlich, daß die meiften guten Wirfungen der natürlichen Baͤder Durch die Kunft nachgeahmet werden koͤnnten, wenn gefchickte Naturforſcher oder Aerzte diefelben mit Fleiß und Geſchick einrichten mochten. | Das Räuchern, oder der Gebrauch, der mohl- riechenden Sachen wird, meines Wiſſens, von unſern jegigen Aerzten gar nicht gebraucht; es wird aud) ben uns die Kraft und Wirkung vderfelben in Feine Betrachtung gezogen. Doch Fünnen fie wohl eben fo viel gutes, ob ich ſchon Feine genaue Kenntniß da⸗ von habe, ftiften, als fie ſchaden koͤnnten; und fie möchten eben ſowol bey Gefundheit förderlich, als bey Krankheiten behütflich feyn. Man ſieht viefes gar zu deutlich aus der Erfahrung an allen denen, welche von andern angeftecfet worden. Man ſieht es. auch aus den Wirfungen eines und des andern Giftes, welches bloß durch den Gerud) eingezogen wird. Wie erguicend und angenehm der Geruch von einigen Kräutern oder Blumen ift, weiß ein jeder; was für eine große Kraft fie aber ben Krank— beiten, infonderheit bey Kopffchmerzen, haben, iſt zwar nur wenigen befannt, ‚aber ein jeder vernünfti- ger Mann kann es fich leicht vorftellen. Was man in dieſer Sache vom Democritus aufgezeichnet hat, fverdienet angemerfe zu werden. Als er vor Alter, ganz entfräftee, dem Tode nahe war, und feine Schweſter ihn veshalben beweinte, daß er das Feſt der Ceres, welches innerhalb drey oder vier Tagen einfiel, 26 Won der Gefundheit einftel, nicht erleben follte; fo forderte er neugeback— nes Brodt, bielt daffelbe unter Die Naſe, und ver- längerte fein Seben durch die Ausduͤnſtung deſſelben, bis nach Endigung des Feftes, und alsdann ftarb er. Ich weiß nun nicht, ob ein Mienfch einige Zeit durch die bloßen Dünfte, die aus dem Eſſen aufiteigen, le— ben En aber es war doch eine’ Billigkeit, die ei— nem Roche, wo anders die Gefchichte wahr ift, wies derfubr, der von einem Manne, den er in feiner Speifefammer fehr oft wahrgenommen hatte, Geld forderte, mit dem Vorgeben, daß er durch den Dunft der Speifen feine Mahlzeit erfparete. Man ‚erkannte dem Manne zu, daß er den Koch mit dem Klange des Geldes bezahlen follte. Ich erinne- ve mich, als ich einsmals in einem langen Gange‘ des indianifchen Haufes zu Amfterdam fpaßiren ging, wo eine fehr große Menge Musfatenblüche, Nelken und Musfatennüfle in großen offenen Käften längft “der Seite des Plaßes nach der Reihe ftunden; fo empfand ich fo etwas erquicendes, daß ich davon allen denen, die mit mir waren, Machricht gab. Sie alle, fo viel ihrer gleich da waren, empfanden eben diefelbe Wirfung. Dieſes mag genug feyn, die Kraft derer riechenden Sachen und ihre Wirfun= | gen, in Anfehung der Geſundheit, darzuthun. Das Reiben ift von einem großen und vortrefflis | chen Nußen, und in den morgenländifchen $ändern | überall im Gebrauche, wo es vornehmlic nach dem fo öftern Baden geſchieht. Es öffnet die Schweiß⸗ löcher, und ift das befte Mittel unter allen Arten von | erzwungenen Ausduͤnſtungen. Es ift fehr gut und von einer frefflichen ur bey allen Geſchwulſten und) — — und dem langen Leben, 527 und Schmerzen in den Gelenfen,. oder in andern fleifchichten Theilen, welche nicht ein Geſchwuͤr an: fegen und aufbrechen. Die Indianer haben im Spruͤchworte, daß niemand fehr von der Gicht an- gegriffen werden Fann, der nur Sclaven genug bat, die ihn reiben koͤnnen. Und id) habe auch ven beften und £refflichiten Beweis hievon an einigen $euten, welche, wie fie mir ſagten, verfchiedene Krankheiten durd) das Streichen mit der Hand geheiler hätten. Das Schücteln wurde zu einiger Ergoͤtzung und Sinderung bey großen und unaufhorlichen Schmerzen gebraucht ; e8 wurde dadurch Die Unruhe, welche die meiften Krankheiten begleiter, und die Leute des beftändigen Bettliegens überdrüßig macht, gemif- dert. Hiernaͤchſt befördert oder verurfacht es den Schlaf, mie wir es aus der täglichen Erfahrung bey dem Ruͤtteln der Kinder in den Biegen, oder an den Schütteln derfelben auf den Armen, wahrnehmen. Ich befinne mich auf einen alten Grafen von Naffau, . Moritz, welcher fi in Brafilien an ein Hängebette gewöhnet hatte, und nachher daffelbe feine ganze Le— benszeit hindurch fehr oft ben den Stein- und Gicht: fhmerzen gebrauchere. Er glaubte, daß er bies durch) Linderung empfände, und durch die beftändige Bewegung oder durch den Schwung diefer Luftbet⸗ ten in den Schlaf gebracht würde, Diefes Schau: ckeln wurde durch einen Bedienten, oder wenn eg nicht ftarf genug geſchah, durch eine Feder, worauf das Bette hieng, bewerkſtelliget. - Das gemeinfte Heilungsmittel bey den meiften Krankheiten war vor alters in Aegypten, und zu jeßiger Zeit in der Barbaren, das Brennen mit eis nem 528. Von der Gefundheit nem gluͤhenden Eiſen. Daher findet man oft, daß ihre Sclaven viele Narben an ihrem Leibe haben, welche von dergleichen Curen nachgeblieben find, Doch von diefen und dergleichen Wirkungen und Nu— gen des Feuers habe Ich in der Abhandlung von der indianifchen Eur durch die Mora bey der Gicht, fatt= fame Nachricht geaeben. Die alten irrläandifchen Einwohner und die Ame— ricaner wußten zu dev Zeit der erſten europäifchen Entdefung und Eroberung diefes Welttheils, außer den Wirkungen der Kräuter und Pflanzen, nichts von Arztneymitteln. Und bierinnen ftimmer dag ge= ſittetſte Bolt des Erdbovens großentheils mit den rauheften Völkern überein: das Bolf, bey dem die Gelehrfamkeit und Zärtlichfeit eben fo groß, als die angebohrne Einfalt und Unwiſſenheit der andern ift. Denn obaleich in China die Aerzte es in der Kennt- niß des Pulfes fehr hoch gebracht, und vermöge des— felben in Entdeckung der Urſachen aller innerlichen Krankheiten glücklich find: fo erſtrecket ſich doch ihre Berfahren bey den Euren nicht weiter, als auf eine gewiſſe Diät im Efien und Trinken, und auf einige Kräuter und Pflanzen, welche fie entweder innerlic) gebrauchen laffen, oder außerlich auflegen. Ich habe mir in meinem $eben oft das Vergnuͤ⸗ gen gemacht, und auf Die verfchiedenen und wunder— lichen Abwechslungen der epidemifchen Krankheiten, imgfeichen auf die Hülfsmittel, die dawider im all⸗ gemeinen Rufe waren, Achtung gegeben. Dieſe Krankheiten waren den Zugvögeln gleich, welche man in einer Jahreszeit häufig fieht, oder Davon hoͤ⸗ reg, Die aber zu einer andern entweder nicht zu ver⸗ | ſpuͤren " und dem langen Lebe. 529 fpüren find, oder manchmal von andern ganz ver- ſchiedenen Art, abgelöfee worden. - Als ich noch fehr jung war, fürchte mar ſich vor nichts fo fehr, und man redete auch von nichts öfterer, als von den Ruͤckgradkrankheiten unter den Kindern, und der Schwindfucht unter jungen Seuten beyderley Ge- ſchlechts. Nach diefen trat die Milzkrankheit auf, und wurde eine gemeine Krankheit. Hierauf kam der Scharbock, und jedermann Flagte darüber, und fo wohl diefer als jene Haben ſich, wie man glaubte, auf ſehr verſchiedene Arten gezeuget. Mac) diefen, und zwar vor Furzer Zeit, hörte man von nichts fo viel reden, als von der Entzündung des Blutes, und diefe mußte die Urfache aller der Unpäßlichfeiten feyn, von denen weder die Aerzte noch die Kranken recht jagen konnten, was dabey anzufangen wäre, Auf diefe alle folgten die Bapeurs. Mic diefen gehe: es eben fo, und fie geben den $euten, bey denen der Seib oder der Verſtand etivas leider, Gelegenheit, ſich zu beftagen, ob fie gleich felbft nicht willen, wel ches von beyden iſt. Bey ven Ehinefern würde man diefelben eher fir Benebelungen des Verſtandes, oder für Duͤnſte des Gehirnes, als für Unpaͤßlichkeiten anderer Iheile des Leibes halten. Doch unfere Aerzte befinden ſich vielleicht bey denfelben beſſer, als bey andern Krankheiten, und fie werden genoͤthiget, ſolche Patienten in der Einbildung zu laſſen, daß ſie nicht wohl auf find; und aus Furcht, ihre Kunden zu verlieren, müffen fie ihnen ſchon einige Mittel orfchreiben. Denn fonft find gleich andere da, wel⸗ che ſich größerer Gefchicklichkeie rühmen. Die Urſa— hen der Krankheiten zu erfinden, oder in Anratdung 21. Dand. sı der [4 530 Don der Geſundheit der rechten Mittel, mehr Sorgfalt anzuwenden; ob— gleich weder fie noch ihre Patienten eine andere Wir- fung verfpüren, außer daß fie einiges Geld, die Pa— tienten aber einige Unterhaltung. Dabey gewinnen. . Eben diefes mag, wie ich glaube, vieles zu der Mo— de bengetragen haben, daß man die Falten oder war— men Bäder bey fo vielen VBorfällen, oder vielmehr bey Eeinem derfelben, bloß zum: Zeitvertreibe, befus het. Diefe werden daher aud) gemeiniglich feine Wirkung haben. - Und es wäre noc) gut, wenn Dies fes bey dem fo oftern Gebrauche folher Waſſer das ſchlimmſte ſeyn möchte. Denn, ob fie gleich gemei⸗ niglich weder fehaden noch helfen, fo find fie doch. manchmal gefährlich, wenn man ſich nämlich in der Befchaffenheit ver Perfon, oder in der Urſache der Krankheit, vornehmlich bey bejahrten Leuten, ges irret hat. | | | Ss wie nun die Krankheiten aus denn Nufe ges kommen, ſo it es auch, fo viel ich angemerfet, mit den Hilfsmitteln gegangen. Ich erinnere mic), daß zu einer Zeit das Tobakfrauchen, zu einer an— dern das warme Bier trinken, für allgemeine Mit- tel ausgegeben wurden. ' Nach diefem folgte das Verſchlucken Heiner Steine; weil die Falkenier die | Falken auf diefe Art curiren. Ein gewifler Doctor wollte wiederum alle bißige Krankheiten und Sieber dadurch heilen, daß der Kranke fo viel Faltes | Springwafler, als nur möglich wäre, trinken follte, Zu einer andern Zeit war ein Löffel voll ganz Flein geriebenes Schiffbrodt, nach dem Eſſen eingenom= | men, ein untrügliches Mittel wider alle unverdaus lichkeit, und folglich ein Präfervatio wider alle | Kranf: und dem langen Leben. 31 Krankheiten. Hierauf kam der Coffee und Thee an die Reihe. Die ausgezogenen Arztneyſafte, im- ‚gleichen das Stahlpulver ift auch in der Ordnung nes folget, wie auch einige gewiſſe Tropfen, Die fehr zu⸗ janmen geſetzet waren. Jedoch Feines von diefen Mitteln hat fein Anſehen lange erhalten, vielweniger iſt es allgemein geworden; fie haben auch insge⸗ ſammt keine beſtaͤndige und merkliche Wirkung, ſo lange ſie im Anſehen geweſen, hervor gebracht; ſon— dern es iſt ihnen vielmehr fo gegangen, wie den Kleidertrachten, weiche ein jeder nachmachet ‚ und fie, fo lange fie neu find, für die anftändigfte und beite hält; fie aber wegwirft, fo bald fie aus der Mode kommen. Se fönnen die Menfchen mie ihrer Geſundheit und $eben, wie mit ihren Kleidern fielen. Man kann es aber'entfchuldigen, weil beyde fo vergänglich, und fo fehr dem Raube der Zeit unterworfen find. Denn fie zerreißen entweder von ungefähr oder zufäl- liger Weiſe, und wenn fie ſich am beften halten, fo nutzen fie ſich doc) bald ab. Der gewöhnliche Ge- brauch) der Arzeneyen halt inzwifchen bey uns noch immer feinen'$auf; und ift fait allemal auf eine Auss deerung gerichtet, Die entweder Durchs Dlutlaften, durchs Erbrechen, oder fonft durch andere Arten von Abführungen geſchieht; ob gleich die Aerzte nicht immer überein ftimmen, in welchen Fällen, oder in welchem Maaße dieſe oder jene Abfuͤhrungen noͤthig, und ob fie wirklich noͤthig find, oder nicht? Mon— tagne zweiſelt, daß eine folche Keinigung noͤthig ſey, und fuͤhret viele ſinnreiche Grinde an. Die Ehinefer laſſen niemals zur Ader. Was die andere J— | la Are 532 Don der Gefundheit Art anbetrifft, fo ift zu vermuthen, daß die Natur ihre eigene Gebrechen am beften fenne, daß fie die rechte Zeit und auch die leichtefte Art weiß, fich Lin— Derung zu verfhaffen. Sie hat alfo wenig Bey— ftand vonnörhen, und nimme nicht gerne Die gewoͤhn⸗ lichen Zwangsmittel an, die man ihr Darreicher, Ich beſinne mich auf drey Perfonen, welche eben jo plöglic) durch ein Brechpulver getödtet worden, als wenn fie von Dolchen wären ermordet worden, Und ih Fann von mir felbft erzählen, daß ich in meiner Jugend bey einem Zufalle dem Tode fehr nahe war, und Daher nach den zwey beten Aerzten in die Stadt gefchicket wurde. Der erfte verordnete mir ein Brechpulver, und fehickte eg auch gleich mit. Ich war aber fo gütig oder vernünftig, es fo lange auszufeßen, bis der andere anfam. Dieſer fagte mir, wenn ich es eingenommen hätte, wuͤrde ic) feine halbe Stunde haben leben fönnen. Bey einem Sieber, welches einen meiner nächften Freunde bes fiel, habe ich eine Berathfchlagung von Aerzten mit angefehen, welche bis an den legten Augenblick ganz unfhlüßig i waren, ob fie ihm Blut laffen follten oder nicht? Sie fonnten auch nicht eher zum Entſchluſſe fommen, bis die Folge der Krankheit den Ausfchlag gab, und fie zum Entſchluſſe brachte. Einem an- dern von meinen Sreunden wurde von feinem erften Arzte Das Abderlaſſen fo oft verordnet, daß man Dies ferhalb nad) einem andern ſchicken mußte, indem man zweifelte, daß er wieder auffommen wuͤrde. Der erfte blieb dabey, man müffe fo lange Blut lafe fen, bis fich ein gutes Blut zeige; der andere bins gegen behauptete, bey folhen Kranfheiten märe Die sange und dem langen Reben, 533, game Maffe des Blutes verderber, es wuͤrde ſich ober wieder reinigen, wenn der Zufall vorüber wäre: fo wie der Wein nad) der Gaͤhrung, welche ihn eine Zeit lang dicke und garjtig macht, von felbit wieder Elar wird. Co viel iftdaben gewiß, daß es größten Theils auf die Befchaffenheit des Patienten, auf die Natur der Krankheit und ihre erften Urfachen, auf die Geſchicklichkeit und Sorgfalt des Arztes ankommt, um den Ausfchlag zu geben, ob es noͤthig fey, die Natur auf eine fo gewaltfame Art anzugreifen, und ob diefe Ziwangsmittel nüglich oder fhädlich find? Der Reſt von unfern gewöhnlichen Arztneymit⸗ seln befteht aus mancherley Zufammenfeßungen von ſolchen Ingredienzien, die weder ſchaden noch heifen, und bloß die Hoffnung des Kranfen und den Beutel des Apothefers unterhalten, der Natur bergegen ih: ven Lauf laſſen. Dieſe ift in den meitten Krankhei— een der Hauptarze, und läßt andern wenig mehr ‚übrig, als bey den Zufällen auf guter Hut zu fenn. Wenn die Xerzte Feine befondere Huͤlfsmittel willen, iſt es nöthig, daß fie die Maͤßigkeit vorfchreiben, vor⸗ nehmlich den übeln Folgen, welche aus dem Magen entftehen, vorbeugen, und dafür forgen, daß Die Natur, wenn fie zu Felde liegt und ihrem Feinde ‚widerfteht, in ihrer noͤthigen Kraft nicht geſchwaͤchet, fondern vielmehr unterftügee werde. Es ift wahr, die Aerzte müffen in Gefahr ftehen, ihr Anfehen ben dem gemeinen Marne zu verlieren, wenn fie einem Kranken oft fagen follten, daß er feine Arztney noͤ⸗ thig habe, oder wenn fie ihm bloß Regeln der Mäf: figfeie und des täglichen DBerhaltens vorfchreiben ſollten. Die meiften * wuͤrden glauben, daß [3 fie 534 Bon der Geſundheit fie ihnen dafür Feine Belohnung geben dürften. Al— lein, die vornehmfte Gefchielichfeit und Sorgfalt eines Arztes zeiget fi) in feinem Ausfpruche, was beffer ſey „ bey einem Zufalle Arztney zu gebrauchen, oder nicht? Was beſſer ſey: auf die Natur oder auf die Kunſt ſich zu verlaſſen? Das andere Kenn- zeichen eines geſchickten Arztes ift, folche Verordnun— gen zu machen, daß, wenn fie gleich nicht helfen, fie. auch) gewiß feinen Schaden verurfachen. Mitten unter ſolchen Ungewißheiten der Gefund- heit und der Arztneykunſt, habe ich für mein Theil meine ganze gebengzeit hindurch ben fo vielen heftigen und zum heil einigen eingewurzelten Krankheiten, zufoͤrderſt auf Gott den Allmaͤchtigen mein Ver— frauen geſetzet. Hiernächft habe ich meiner Natur, meiner Maͤßigkeit oder Enthaltſamkeit, und dem Gebrauche ſchlechter Arztneymittel getrauet, die man entweder im gemeinen Leben kennen lernet, und die ihren Beyfall fo wie die Spruͤchwoͤrter durch eine lange Uebung und Erfahrung erhalten. Oder ich habe zuletzt feibft einige Mittel erfunden, und fie zum Theil von foldyen Leuten eriernet, welche mir bey meiner Demerfung oder Nachforſchung bekannt geworden. Unter den Pflanzen, welche in unſerm Erdreiche und Sande gezeuget werden, balte id) folgende fuͤr die fräftigften und Der Gefundheit am zuträglichftenz Salbey, die Raute, der Safran, der Epheu oder Gundermann, ber Knoblauch und der Holunder. Die Salben verdienet nicht nur mie Recht den guten Namen, den fie allezeit erhalten hat. Sie ift ein ſehr heilfames Kraut unter ven Hausmitteln, und jeder⸗ und dem langen Leben. 535 jedermann befannt. Sie ift auch vortrefflich bey dem fchwindfüchtigen Huften; davon ic) einige, Die fehr gefährlich damit behaftet waren, mitteljt eines Tranfes von Springmaffer, gebeilet habe, welches mit einer Handvoll Salben abgefocher, und alle Morgen, einen Monat lang, getrunfen wurde. Sich zweifele nicht, fie würde, als Thee gebraucher, mwenigftens der Gefundheit eben fo zutraͤglich feyn; ob fie gleich niche dem Geſchmacke fo fehr gefallen möchte. Als ich in Holland war, glaubte ich nicht ohne Grund, daß, aus diefer Urfache, eben eine fo große Menge Salben von da jährlich) nach Indien gefchiffee wird, als man von dortigen Gegenden haufig Thee in unfere Sander bringe, A Die Raute ift wider alle Kranfheiten des Ma- gens, die von den Falten oder feuchten Saͤften ent- ſtehen, vortrefflich dienfam. Die Speifen werden durch den Gebrauch) derfelben gut verdauet, und die Suft zum Effen wieder erreger. Sie vertreibt Die Winde, befördert die Ausdünftung, zertbeilet ‚Die böfen Seuchtigfeiten; und daher koͤmmt es, daß fie bey einer anftecfenden Luft, und einer zu beforgenden Seuche, fo ftarf verordnet und von allen gebraucher wird. Den einzigen Schaden, den, man von der Haute befürchten Fan, verurfachee der: allzuftarke oder allzu öftere Gebrauch derſelben. “Denn die na— tuͤrliche Hige des Magens kann leichte durch Die größere Hise eines Krautes, welches fo fehr warn und trocken ift, gemindert und geſchwaͤchet werden. Daher ift die befte Art es zu gebrauchen: wenn man aus dem Safte Eleine Pillen machet, und nur zwey sr tt 4 oder 536 Von der Geſundheit oder drey des Abends oder Morgens hinunterſchluckt, auch nur, wenn es die Noth erfordert. Der Safran iſt unter allen andern die ſicherſte Herzſtaͤrkung, und die auch am wenigſten ſchaͤdlich ſeyn kann. Es ſtaͤrket das Herz ungemein, erqui— cket die Lebensgeiſter, und man kann ihn im Eſſen eben ſo wenig zu viel gebrauchen, als in der Arztney. Der Safrangeiſt hat vor allen andern den groͤßten Vorzug, iſt am wenigſten ſchaͤdlich, und hat dennoch die groͤßte Kraft an ſich. Ich habe einen Menſchen gekannt, der ſchon in den letzten Zuͤgen gelegen, den alle Aerzte verlaſſen und aufgegeben hatten, und der dennoch durch ihn wieder hergeſtellet wurde. Doch muß man dieſer und aller andern Geiſter bloß bey ſehr dringender Noth gebrauchen, wenn man entwe— der ſehr entfräfter ift, oder große Schmerzen aus- ftehen muß. Denn alle Geifter haben eben die Wirs ‚fung, weiche ich von der Raute angegeben. Naͤm— ich, wenn man fie zu oft gebrauchet, verderben fie die natürliche Hige des Magens, und verkilgen fie endlich ganz; fo wie es das öftere Weintrinken bey der Mahlzeit nach und nad) und mit der Zeit zu fhun pflegt. Doc) ift diefer unter allen ftarfen Waflern das feurigfte, und um defto gefährlicher, wenn man ihn nicht in gehöriger Maße und mit Borficht allmaͤhlig gebraucher, und ihn auch nach und nad) wie- ber unterläßt. Der Gundermann oder Erd-Epheu ift, meines Beduͤnkens, unter allen Pflanzen, die wir bey ung haben, die vortrefflichfte, gebräuchlichfte und Fräf- tigſte. Man muß zugeben, daß er das vornehmfte Huͤlfsmittel für die Augen, und vortrefflidy bey un— finnigen und dem langen Lebe. 537 finnigen Leuten zu gebrauchen iſt, man mag ihn ent» weder einnehmen,oder aͤußerlich gebrauchen. Außer dem glaube ich, wofern man ein beſonderes Mittel hat, den Stein zu verhuͤten, ſo kann es durch den öftern Gebrauch des ungehopften und mit Erdephen gebrauten Bieres gefchehen. Mir find hiervon vers ſchiedene Verfuche von andern befannt geworden; und ich kann, Gott fey Danf, meine eigene Erfah rung, feit ungefähr zehen Jahren, anführen. Eben diefes ift die Pflanze, mit welcher alle unfere Bor: fahren ihren täglichen Tranf verfertigten. Zu einer Zeit, da die Einwohner diefer Inſel in vem Rufe waren, daß fie unter allen Menfchen am fängften lebeten. Man faget auch, daß die Steinfchmerzen unfer uns zuerſt befannt geworden, nachdem man den Hopfen hieſelbſt eingeführet, und das alte und lang gelegene Hopfenbier gebräuchlich geworden. Es ift ‚befannt genug, wie fehr man den Gebrauch biefer Pflanze öffentlich unterfaget hat, und mie fie dem ungeachtet in diefen am Meere gelegenen Morde ländern eine allgemeine Aufnahine gefunden hat. Die vornehmfte Urfache, welche, meines Erachtens, den Hopfen zuerft in Ruf brachte, war diefe, weil das Bier auf langen Seefahrten dadurch erhale ten wurde. Allein, mas die allgemeine Gefundbeit anlanget, fo glaube ich ganz gern, daß der Gebraud) des Heydefrautes, oder Genfts, weit größern Mus Ben gefchaffer hätte; ob man gleich noch feines ents eckt hat, welches einen fo großen und allgemeinen Nutzen ſchaffen Fonnte, als diefer Gundermann, (Denn diefer ift ohne Zweifel unter allen uns befanns ten Pflanzen das befte Reinigungsmittel; und ift ir eben 538 Bon der Gefumdheit | eben diejenige Pflanze, welche bey den alten Englän: dern zum ſaßen Bierbrauen für unentbehrlich gehal- ten wurde; Denn vor Zeiten ift das füße Bier das gewöhnlichite, ja gar das allgemeine Getränfe unfes rer Nation gewefen, Der Knoblauch) hat unter allen — Pflanzen die groͤßte Staͤrke; er giebt die meiſte Nahrung, und verſchafft denenjenigen, welche wenig Fleiſch eſſen, als zum Exempel den armen Leuten, und beſonders denen weiter hin gelegenen oͤſtlichen Einwohnern , die mehreften Kräfte. Es fcheint alfo, Daß alles, was, in der Nele gemacht wird, durch die Kraft und Stärfe des Knoblauchs, Lauchs und Zwiebeln ver- richtet wird; indem feine andere Speife von Kraus tern oder Pflanzen Kräfte genug bey großer Arbeit eriheilet, Der Knoblauch ift von großer Wirkung. bey allen Coliken, er ftärfet ven Magen ungemein, wenn fich die Luft zum Effen verloren, oder wenn die Speifen nicht gutverdauer werden. Und ich glaube, daß, wofern man ein befonderes Mittel wider Die Gicht finden kann, daß diefer daſſelbe feyn Fonnte, Sch Habe unter meinen Bekannten große Proben von.diefer Art erfahren, und ich habe es felbft nie: mals in dieſem Falle gebrauchet, ohne, meiner Mey- nung nach), einen guten Erfolg und Nutzen verſpuͤret zu haben. Allein, ich habe mich nicht lange genug zwingen fonnen, eine mir fo unangenehme Diät zu halten, und die wenigftens, wie ich mir einbil« dete, den Leuten, mit denen ich umgieng, AinfDeR feyn mochte. Außer dem, fo ift diefes bey mir eine erblicke Krankheit, und von fo vielen Voraltern in ar It und dem fangen Leben. 539 Blut gepflanzet worden: daß ic) Lrfache habe, Feine andere Eur als die legte zu hoffen. Und deshalben begnüge ich mich, wider viefelbe durch Maͤßigkeit und Geduld zu ftreiten, ohne mir die Hoffnung zu machen, einen folchen eingewurzeften Feind zu befie= gen. Ich überlaffe daher ven Gebrauch des Knob— lauchs denenjenigen, welche dieſe Kranfheit durch allzu vieles Trinken fic) zugezogen haben: vie übelen Wirkungen hiervon werden durch Feine andere Diät beſſer gemildert, als durch) diefe Pflanze, die ein vor— ereffliches, trocknendes und öffnendes Mittel, beſon— ders bey der Ausdünftung, ift. Es wird auch der Knoblauch in fehr vielen auswärtigen Laͤndern eben fo ſtark zur Speife als eine Arztney gebrauchet. In verfchiedenen Landſchaften von Frankreich iſt es ge— woͤhnlich, daß man eine Knoblauchscur haͤlt, welche vierzehen Tage oder drey Wochen, wenn man die erſte friſche Fruͤhlingsbutter hat, fortwaͤhret; und die gemeinen Leute halten dieſes fuͤr ein Mittel, das ſie wider alle Krankheiten deſſelbigen Jahres bewah— rei. Es iſt auch daſelbſt gebraͤuchlich, daß man den Tag nach einer Schwelgerey eine Knoblauchs- oder Zwiebelſuppe zu ſich nimmt, welche man daſelbſt Soupe a I’ yoroigne' nennet. Dieſes mag genug feyn von dem Nutzen und der Tugend diefes nordi- ſchen Gewaͤchſes, welches bey den Indianern felbft, mitten unter fo vielen andern koſtbaren und wohlrie- chenden Gewächfen, ihrer herrlichen Laͤnder in großem Anſehen ſteht. Der Holunder iſt bey allen Unpaͤßlichkeiten, die von den lymphatiſchen Saͤften entſtehen, von großer Wirkung. Nicht bloß die Bluͤthen und Beeren, ſondern 540 Von der Geſundheit ſondern auch die gruͤne Rinde des Baumes wird mit gutem Erfolge und zu den verſchiedenen Jahreszei— ten mit gleicher Wirfung gebrauche. Man hat mir erzählet, daß man ein ganzes Jahr durch, alle drey nach einander gebrauchet, und dadurch die größten Gichtfhmerzen geheilet hat. Ich bin aber immer zu eigenfinnig gewefen, mich eine fo fange Zeit zum Sclaven zu machen, und die Probe an mir zu ver: fuhen. Der Holundergeift ift bey Colikſchmerzen das vornehmfte Mittel, und beym Scharbo und der Wafferfucht fehr zurräglich. Ich fraue aber bey den legtern dem Genft weit mehrere Kraft zu, man mag ihn entweder unfer das gewöhnliche Getränfe brauen, oder die Afche davon alle Morgen in weißen Wein einnehmen. Diefes legte kann gewiß für ein befonderes Hülfsmittel wider die Gicht gehalten wer- den, und wir haben uns mit Recht zu beflagen , daß nad) fo langen Verſuchen einer fo gelehrten Wiffen- fchaft, als die Arztneykunſt ift, uns dennoch fo we: nige befondere Mittel befannt find. Dasjenige Mittel, welches vor wenigen Jahren für das berühmtejte in feiner Art gehalten wurde, ift die Chinachinaͤ, oder das Jeſuitenpulver in Fiebern, und befonders in Falten , gewefen. Aus meiner eige- nen Erfahrung Fann ich nichts davon fagen , ich habe auch ſonſt nicht gar zu viel Davon gehöre. Zwar befinne ih mich, wie es bey ung zuerft zum Vor— fheine fam, daß man nicht vortheilhaft davon ſprach. Denn man glaubte, es heilete feine Krank— heiten anders, als mit der Gefahr, daß fie ärger wieder anfangen würden. Doch fcheint jetzt das Anſehen deffelben bey dem täglichen Gebrauche ges / | ftiegen und Dem langen Leben. sur‘ ftiegen zu feyn, und das Mittel felbft durch neue und befondere Zubereitungen verbeflere zu ſeyn. Ich glaube aber doch, und kann es mit guten und ums ftändlicyen Gründen behaupten, daß diefes bloß Ber: änderungen find, und daß die wahre Tugend, wel: che man bey diefem Heilungsmittel antrifft, urs fprünglich in der einfachen Chinachina liege, fo wie fie aus Indien gebracht wird; und daß man vors nehmlich diejenige ausfucht, welche am menigften ausgetrocknet, oder auf der Fahrt verdorben ift. Hiernaͤchſt halte ich das Fleine Ungeziefer, mel» ches unter dem Namen der Kellerwürmer ( Mille- pedes) befanne ift, für ein Hauptmittel, Wenn man das Pulver davon mit frifcher Butter vermi— ſchet und Pillen daraus macht, fo ift Fein beſſeres Mittel, einen böfen Hals zu heilen. Man pflegt die Pillen, wenn man zu Bette geht, unter die Zune ge zu legen und nad) und nad) herunter fehmelzen zu loffen, Wie mir verfichert ift, bat der Doctor Wayerne ſich derfelben als ein ficheres Mittel wider alle Bruſtgeſchwuͤre bedienet. Ich würde mit mei- ner Erzählung nur verdrießlich werden, wenn ich ans führen follte, ‚wie fehr der Gebrauch derfelben, von verſchiedenen meiner Bekannten geruͤhmet worden, welche die vortrefflichiten Wirfungen derfelben ben Augenfrankheiten, dem Scharbock und der Gicht empfunden haben. And man braucht nicht, fie mehr anzupreifen, als daß man nur dasjenige anfuͤhret, was bie alten Xerzte mit dieſen drey Worten gefaget Haben; Sie helfen zur Verdauung. Sie öffnen den Leib. 542 Don der Gefundheit Wider die Flüffe der Augen und des Hauptes ift meines Erachtens ein Tobacdsblatt, welches man alle Morgen eine Stunde lang in die Nafenlöcher ‚ fteckt, ein vecht befonderes Hilfsmittel. Wenn die- fer aber zu ſtark, oder zu beißend ift, jo kann man auch das Berhonienkrauf gebrauchen. Die Wir: fung von beyden befteht darinn, daß fie die Flüffe vom Haupte durd) die gehörigen und natürlichen Ca- näle herab ziehen. Der alte Zürft Moris von Naf- fau hat mir erzählet, daß er hierdurch feine Augen bis in fein hohes Alter erhalten hatte; da er in feinem vierzigften Jahre in Gefahr ftand, fie zu verlieren. Und ich habe feitdem mich deffelben mit gleichem Er: folge bedienet, nachdem ich gute Gründe hatte, den Berluft oder die Abnahme meines Gefichts in eben den Kahren gleichfalls zu befürchten. Wenn man bey großen Seuchen fih an den an= gefteckten Dertern befindet, fo ift das befte Bewah⸗ rungsmittel, daß man ein Stuͤck Myrrhen in den Mund nimmt, wenn man die größte Gefahr zu be— fürchten hat. Diefes hab ich fo wohl Ni gebraucht, und auch viele andere in verfchiedenen Dertern, mo die graufame Seuche gewuͤthet, mit gutem Erfolge gelehret; ob gleich bey folchen Fallen das befte und - ficherfte Mittel ift, fo geſchwind als möglich fi) weg | zu begeben. Doch Eann es in folchen Fällen als ein ficheres Bewahrungsmittel gebraucht werden. Fa es fönnte wohl gar, fo viel ich davon verftehe, als ein rechtes Huͤlfsmittel dienlich ſeyn; indem es, wie befannt, am ftärkften der Faͤulniß widerfteht. Denn die morgenländifchen Völker bedienen fich der Myerhen zu 3 Einbalſamirungen ſehr häufig. Br en und dem langen Leben. 543 ı. Den Magenfranfheiten und einer übeln Verdau⸗ Jung, die aus den higigen und ſcharfen Feuchtigkeiten Jentſtehen, welchem Uebel alle meine Verwandten Ihäufig unterworfen gewefen, pflegt man gemeiniglich durch das Pulver von den Krebsaugen und Krebs— Ifcheeren, wie auch durch gebrannte Eyerfchalen abzus helfen; weil dadurch die Schärfe des Geblüts be— nommen wird. Ich habe Fein befieres und ficherers Mittel gefunden, als daß man vor jeder Mahlzeit | Erdbeeren, gemeine Kirfchen, weiße Feigen, Pfir— Ifichen oder Weintrauben, fo lange fie friſch zu befom+ men find, ißt; oder, wenn diefe Jahreszeiten vorben, nac) der Mahlzeit Xepfel genießt. Doc) muͤſſen alle dieſe Früchte völlig reif feyn. Sich Fann diefes aus eigener Erfahrung und aus der Erfahrung meiner Freunde, die diefes verfucher, für ein befonderes Huͤlfsmittel wider die Magenkrankheiten angeben, worüber fo häufig geflaget wird. Ich habe auch niemals gefehen, daß die zwo erft benannten Früchte fehl gefchlagen feyn follten; und gemeiniglich babe ſich ungefähr vierzig Kirfchen verzehrt, ohne die Haut und den Stein mit herunter zu ſchlucken. Ach Ibemerke diefes um deſto lieber, da man gemeiniglich bey diefem Zufalle feine Zuflucht zu den gebrannten Waſſern nimmt, die ich deswegen für Höchft ſchaͤdlich ſhalte, weil der öftere Gebrauch derſelben ven Magen unumgänglich verderben muß. Unter allen diefen abgezogenen Waffen ift das Milchwaſſer ( Milkwa- ter), welches aus Balſam, Cardebenedictenfraur, Kraufemünze und Wermuth gemacher wird, noch das befte, wenigftens das unſchaͤdlichſte; indem eg ſehr viele gute Wirfung bey den Uebelfeiten des Ma: | | 2. gens, 7 544 Von der Gefundheit gens, oder doch Feine übeln Folgen nach ſich zieht. Zum täglichen Gebrauche halte ich für das befte und ficherfte abgezogene Waſſer, wofern man anders eins für gut halten kann, dasjenige , welches von Wachol⸗ derbeeren abgezogen, und bauptfächlic bey Steine und Colikſchmerzen gebrauchet wird. | Unter allen Herzftärfungen halte ih der Mylady Kents Pulver für das befte, ficherfte und bey allen Krankheiten das zuträglichfte; ob gleich die Apothes fen faft an feiner Arztney fo einen Ueberfluß haben, als an diefer, deren Kraft übrigens fonft in nichts, als in der Anfpielung der Benennung auf das Herz, zu fuchen ift, | | r Bon der Gicht habe ich dasjenige, was ich erfahe ren, oder felbjt gebrauchet, in der Abhandlung von der Mox.: befannt gemacht, und von der Milzfranfe heit ift dasjenige, was ich in einem Gapitel von der Beſchaffenheit der Niederländer angemerfet. Ich werde deshalben nur bloß zum beften derjenigen, wels he mit mir einerley Dein ausftehen, zuerft hinzu ſe— gen, daß außer dem, was in der obigen Abhand—⸗ lung enthalten, in dem Falle, va die Schmerzen fid) weiter ausgebreifet , und nicht auf einem Flecke bei» ben, daß fie alfo mie ver Mora nicht Fönnen ges brannt werden, ich von folgenden drey Arten den. beiten Vortheil empfunden babe. Die erfte beftehe‘ darinn, daß ich dasjenige Glied, wo der Schmerz anfing, fo lange im Bette bewegte, als es mir möge lich war; dieſes habe ich oft gethan, und manchmal fünf bis fechs bumdertmal, auch mehr, den Fuß bee’ wegt. Zuerſt eınpfand, ich eine große Hige in dem Theile, und Dann verfpührre ich eine Se ie und dem fängen Leben. 545 Die Hitze vertreibt oder zertheilet Die Feuchtigkeiten von innen, und durch den Schweiß werden fie herz aus geteieben; fo daß ich. durch dieſe Bewegungen manchen Drohungen der heftigen Schmerzen entfom: men bin, Wenn fie aber zweytens zugenommen, fo war das einzige Pflafter, meiches ich brauchte, Wolle ‚vom Unterleibe eines fetten Schafes ; und diefes hat mir fehr oft eine furze Zeit Linderung verſchafft. Wenn aber drittens die Schmerzen fo ftarf werden, und die Geſchwulſt ſich fo ausbreiter, daß fie nicht mie Mora gebrannt roerden kann, fo iſt das beſte Mittel, wel⸗ ches ich gebraucht, daß ich ein Stuͤck Schar lach⸗ tuch in heißen Branntewein getunket, und auf den ſchmergeuden Ort geleget, auch vie Wärme beſtaͤn⸗ dig Dadurch unterhalten habe, daß ich den Brannte- mein, fo heiß, als ich es leiden Fonnen, auf den Scharlad) tröpfeln laffen. Und hiervon bad ich oft eben den Erfolg verfpührer, als von ver Mora, ohne daß die Haut aufgebrochen, oder eine Narbe zurück geblieben wäre. Zu dem „was ich an einem — Orte von der Milzerankheit angemerfet, werde ich bier nur noch diefes hinzu fegen: die Milzkrankheit mag , fie fey was fie wolle, entweder von der Milz den Namen haben, oder nür von den Leuten fo benennet worden, denen etwas fehlet, ohne daß ſie wiſſen was: ſo iſt ſie doch gewiß ein ſehr haͤßliches Uebel, und oft auch ſehr gefährlich. Dem fo, wie die Hoffnung der Hauptbalfam des Sebens ift, und die beſte Herzftär- fung bey allen Leibes und Gemuͤthsſchwachheiten: ſo ſind Furcht, Verdruß und traurige Vorstellungen, welche die gewöhnlichen Folgen der Milzkrankheit 21. Band. . Mm find, 546 Don der Geſundheit find, ſammt der Schwermuth , Unzufriedenheit, oder wenigfiens der Unruhe, vie fie verurfachen, die fhlimmften Zufälle, welche ven Krankheiten folgen, und welche oft diejenigen zu Grabe bringen ‚, welche fonft aufgefommen wären, und nur ein furges Kranz Fenlager gehabt hätten. Ich habe die arbeitfamften Staatsminifter, die beglückteften Hofleute, den muns teriten Juͤngling, das fchönfte Frauenzimmer mitten in der Blüthe ihrer Jahre unter der Saft folcher Bes ſchwerden finfen, und unter den graufamen Beäng» figungen unterliegen gefeben, die in ihren Lebensgei⸗— ftern und in ihrem Geblüte entftanden waren. Es ift einerley, was die Öelegenheit hiezugegeben; wenn fie nur durch die Milz und die melancholifchen Gedan- fen verftärfet worden: eine fehlgefchlagene Hoffnung, ein Schanöfled der Ehre, ein Gewifiensferupel , eine unglüdliche $iebe, eine fhmerzende Eiferfucht, ein beißender Gram, und fonft noch andere von gleicher Art, verurfachen diefe Folgen. Ein gefchickter Arzt erzählte mir, er habe zu der Schwärmer Zeiten die meiften feiner Kranfen von Gewiffensunruben fo niedergefchlagen gefunden, daß er ſich genöthiget gefehen, bey ihnen die Stelle eineg Geiftlichen zu vertreten, ehe er, als Arzt, bey ihnen | den Anfang machen fönnen. Und gewiß, die größte | Geſchicklichkeit eines Arztes beruhet oft darauf, daß | er den Kranken Hoffnung einflößet, und ihr Gemüth zufrieden und rubig machet, ehe er die andern Mittel feiner Kunft gebrauchen fan, Dieſes muß alfo auch die erſte Bemübung eines Patienten feyn, denn ohne diefelbe verlieren alle andere Arztneymittel ihre | Kraft. | Die und. dem langen Leben. 547 Die zwey großen Glücfeligfeiten des $ebens find, nad) meiner Meynung, Geſundheit und ein froher Muth, und eines trägt zu dem andern gleich viel bey, Ohne Geſundheit ift das eben, mie ein jeder zuges ben will, nur eine Bürde, und ohne den andern find alle Gluͤcksumſtaͤnde befehwerlich, mühfam oder unan⸗ genehm. Es kann ſich auch niemand einbilden, daß er etwas zur wahren Gtückfeligfeit des Lebens beytra- ge, wenn er nicht dieſen Schatz zu vermehren, oder ihn zu erhalten gefuchet. Der Unterfchied, den man gemeiniglic) in den verfchiedenen Gluͤcksumſtaͤnden ges wahr wird, mag fo groß ſeyn, wie er will: fo wird man Doch gewiß feinen antreffen, der mit Recht fo groß zu ſeyn verdienet, als derjenige, den wir in zwo Um⸗ fländen, die man im gemeinen $eben, oder Laufe der Welt achtet, angegeben haben. Ob das lange Leben eine Glückfeligkeit zu nennen fen, oder nicht, davon kann Gott der Allmächtige als lein den Ausfchlag geben. Denn diefer weiß allein, wie lange es währen foll, und welchen Zufällen es wird unterworfen feyn. Socrates pflegte zu fagen, daß es was angenehmes wäre, bey guter Geſundheit und mit einem guten Freunde alt zu werden. Und er mag aud) wohl Recht haben. Kin Menfch kann zufrieden leben, fo lange er weder fich und feinen reunden verdrüßlich fällt; nachher aber ift es hlecht, wenn er nicht gerne flerben will. Ich habe einen Mann außerhalb Sandes gefannt und hochges« ſchaͤtzet, welcher zu fagen pflegte, daß derjenige ein niederträchtiger Menſch feyn müßte, der länger als fechzig Jahre zu leben wünfchen wollte. Co viel iſt, glaube ich, gerviß, man fann eben das vom $eben fagen, —— Mm2 was I 38 Don der Geſundheit — was man vom Weine zu ſagen pfleget: derjenige, der ihn gut trinken will, müffe ihn nicht bis auf Die Hefen trinken. | —— Im Alter kann man aber doch, wenn man dazu gelanget, hieraus einen Troſt ziehen: daß, ſo wie jun⸗ ge Leute gemeiniglich verdruͤßlich find, wenn fie kei⸗ ne Ergoͤtzlichkeiten haben: fo empfinden alte Leute ein Vergnügen, wenn fie Feine Schmerzen haben; und fo wie junge Seute ihre gegenwärtigen Vergnuͤ— gungen verlieren, oder vermindern, wenn fie durch eitele Hoffnung oder unnüße Furcht mit ihren Ges danfen in die zufünftigen Zeiten ausfchweifen: ſo erleichtern alte teute, die Mängel ihres Alters mit den vergmigenden Betrachtungen der vergangenen Zeiten. Derohalben follten Leute in den gefunden und muntern Jahren fich bemühen, durch Leſen, Durch Reiſen, durch gute Gefellfhaft und durch anftandige Verrichtungen in ihren Staats» oder bürgerlichen Bedienungen ſich einen Vorrath zu fanmlen, damit. fie im Alter durch das vergnügende Andenfen etwas angenehmes hätten, fich damit zu unterhalten. Doc), fo wie das nur reine Thiere find, welche das Gekaͤuete wieder Fauen, wenn fie ſchon genug zu fich genommen: fo müffen auch Diefes nur reine und tus gendbafte Leute feyn, welche mit Vergnügen die ver» gangenen Begebenheiten, oder ihren Lebenslauf übers denken fönnen, Ueberdieß koͤnnen Leute, die ben gus | tem Verſtande, großem Vermögen und guter Ges muͤthsart alt werden, des VBergnügens, andern zu ges fallen, nicht verfeblen ; indem fie Diefelben mit ihren. Geſchenken, mit ihrem Anfehen, mit ihrem Rathe, wenn fie es verdienen, beyfteben, für ihre Kinder forgen, ‚und dem langen Lben 549 ala gegen ihre Freunde freundlich und gegen ihre Bedlente zuͤtig ſeyn koͤnnen. Allein, es kann wohl fein ungluͤcklicher Geſchoͤpfe leben, als ein alter Mann, der von uͤbler Gemuͤths— art ift, der weder Vergnügen genießen, noch, auch an⸗ dern daſſelbe erzeigen kann, und in einem folchen Zu= ſtande ift es am beiten, daß man andere $eute alleine laͤßt. | Air babe ich in Diefer Abhandlung dasjenige, mas mir vorgefommen, oder was mir beygefallen, abges handelt. Ich glaube auch, daß diefe Anmerfungen ‚über das $eben und die Gefundheit einen allgemeinen Nutzen haben können , wenn man fie fid) befannt machet, oder wohl erwäget. Die Deutlichkeit, wel— her ic) mic) hierbey bedienet, zeiget fo gleich, daß ‚mein Abfehen auf fonft nichts gerichtet gewejen, mes nigſtens kann es doch, wenn es ja nichts nutzen ſollte, doch auch nicht im mindeſten ſchaden. Um alles kurz zu fallen, fo wird der erfte Grund ‚der Geſundheit und des langen $ebens von der Stär- fe unferes Gefchlechtes, oder unferer Geburt hergeleis tet, welches zu —— Spruͤchworte Anlaß gegeben: gandeant bene 'nati.. Diejenigen mögen fich freuen, welche gluͤcklich geboßren find. Zufälligfeiten ftehen nicht in unferer Gewalt. Die beite Sorgfalt, die wir für das Leben und Gefundbeit, welches uns noch übrig gelaffen, tragen -Fonnen, befteht in einer mäßie ‚gen und guten Einrichtung. dee Mahrung und der Bewegung. Ben beyden muß alle Ausſchweifung vermieden werden; befonders in dem täglichen Ges brauche des Weins, davon das erfte Glas zur Ges Be, ‚das andere zur Aufmunterung, das dritte u Mm 3 für 2: = 550 Bon der Gefundheit ind dem ıc. fuͤr unfere Freunde getrunfen werden. Das vierte aber gehoͤtet ſchon für unfere Feinde, Wie man bey andern Fällen, oder überhaupt der Maͤßigkeit fich befleißigen foll, davon habe ich in der Abhandlung von der Mora, mworinnen ich die Bes fhaffenheit und Trefflichfeit der Mäßigfeit befchries ben, gehandelt. ch habe alfo nicht nöthig, mit meh⸗ tern bievon zu gedenken. Wenn aber aller diefer Borforge ungeachtet, oder durch die Folgen einer übeln Luft und Witterung, ſchwere oder ſchmerzende Krankheiten fich äußern „dürften: fomuß man feine Zuflucht zudenbeften Aerz⸗ ternehmen, die in der Mähe find. Der gute Erz folg wird eben fo fehr von der Lieberlegung und Vor—⸗ forge, als von der Geſchicklichkeit derfelben abhängen. Und es ift bey allen Seibes- und Gemuͤthskrankhei⸗ ten ein Glück, einen geſchickten Arzt unter feinen Freunden, oder einen verftändigen Freund zu einem Arzte zu haben. Diefes ift eine fo große Gluͤckſe— ligfeit, daß der weife Mann diefelbige bloß von Gore herleitet; indem er faget: ein gefreuer Freund iſt ei ne Arztney des Sebens; und berjenige, der den ide Iiachte, wird ihn finden. ng ed 551 BEREITETE ne BR IM. Beſchreibung der Galerren | und der Gefangenfhaft auf | denfelben. Yusdem Sranzöfifhen *. von D. K. Gi gewöhnliche Galeere (ale) iſ 150 Fuß F lang, und go breit. Sie hat nicht mehr als x zweene Maftbäume; an jeglichen Maſte ift ein Segel beftndlich, welches, nachdem es die Um: | | Mm 4 ſttaͤnde 2) Der Verfaſſer derſelben iſt ein Proteſtant, welcher um der Religion willen, 10 Jahre lang auf den duͤnkirchiſchen Galeeren geſeſſen, und endlich durch Vermittelung der Koͤniginn Anna von England wieder erloͤſet worden. Er hat der Beſchreibung ſeiner Gefangenſchaft folgenden Titel gegeben: Memoires d'un Proteſtant condamné aux Galeeres de France, pour cauſe dé Religion: Ouvrage, dans lequel outre le recit des Souffrances de Au- ‚ teuer depuis 16 jusqu’ en 1713, on treuvera di- verfes particularites curieufes, relatives a l' hiftoire de ce tems la, et une defeription exacte des Galeres et de leur fervice, fo zu Rotterdam 1757, auf 525 Detavfeiten herausgefommen, und in der Biblio- | theque 552. Bon den Balseren - ftande erfordern, größer oder Eleiner ift, ‚Ihre gan⸗ ze Ladung beſteht in fünf Canonen, welche insge— ſammt auf dem Vordertheile der Galeeren, als wo⸗ ſelbſt ſie ihre groͤßeſte Kraft beyſammen bat, ſtehen. Sie enthaͤlt 50 Nuderbänte, nämlich 25 auf jeder Seite. Diefe Bänke find zo Fußlang, und ftehen 4 Fuß von einander entfernet. Die Ruder find 50 Fuß lang, namlich 37 außerhalb, und 13 innerhalb der Galeere. Zwiſchen den Bänfen geht vom vordern bis zum hintern Theile des Schiffes, ein Gang, wels cher drey Fuß breit ift, und der Mittelgang auf der Öaleere, (le Courlier) genennet wird. Hier ift eg, wo die Befehlshaber, oder Galeecapitäne ihre Grau— famfeit an den Ruderfnechten, oder der Geſellſchaft der Öaleerenfelaven, (la Chionrme) ausüben. „ Sie befehlen ihnen nicht anders, als vermittelft des Tons einer Pfeife, deſſen Verſchiedenheit die uns ferfchiedliche Arbeiten, weiche fie vornehmen ſollen, bezeichnet. Das Fahren der Galeere, (la Vogue) oder die Regierung der Ruder ift eine der fchmwerften Handarbeiten auf derfelben. Um fich hievon defto‘ leichter einen Begriff zu machen, ſtelle man ſich vor, wie jeglicher Ruderknecht den einen Fuß auf der Fußbank, (Pedagne) oder einem unter einer jeden Bank befindlichen dicken hölzernen: Brete, und den andern Re der vor ihm en Bank liegen hat, ſich theque des 'Seiences et 'des beaux arts, 3 äh les er mois de Janv. Fevr. Mars 1739. oder To. VII, Bot fo au, —— ‚in 8. gedruckt worden, ©. bi i 56 = 75. recenfir wird woraus auch gegentwärtiger Auszug überjeget worden. Ri rat und der Gefangenfihaft darauf. 553 fich fo lang als möglich, ausftrecfet, um das Ruder hervorzubringen, und, wann er es in die Hoͤhe ge— hoben, um ins Waſſet damit zu ſchlagen, ſo gleich hinterwaͤrts auf die Bank niederfaͤllt. Wenn es ſich ſolchergeſtalt einmal ereignet, daß die Ruder. knechte nicht alle zugleich einerley Bewegung vorneh⸗ men, ſtehen diejenigen, welche zu der Zeit vor dem Ruder „ „welches in der Ruhe geblieben, befindlich find, in Gefahr, fich den Kopf zu zerfchmettern, Dergteichen Arbeit, von welcher es erftaunend ift, daß man bey derfelben eine halbe Stunde lang auss halten kann, dauret bisweilen 24 Stunden in einem fort, jedoch pflegt man in dergleichen Faͤllen ein Stuͤck Zwieback, ſo man in Wein getunkt, den Ru— derknechten i in den Mund zu ſtecken. Wann jemand von dieſen ungluͤcklichen Perſonen unter dem. Ruder umkoͤmmt, fchlägt man fo lange, als man noch) das geringfte Seichen des Lebens bey ihm: bemerfet, auf ihn zu; und, fo bald et nicht mebr Athen holet, wirft man ihn, wie ein Aas ‚ ins Meer. , Die Nahrung der Ruderknechte ſchickt fich mit ihrer, ganzen Einrichtung fehr wohl zufammen. Sie befommen fäglich nicht mehr, als 26 Unzer Zwies bad, und 4 Unzen Bohnen. Ihre Kleidung befteht in einem Hemde von der, geöbften Seinwand, eben der rglei eu Hoſen, die wie ein Weiberrock genähet find. “on aben feine Schuhe, fondern nut Strüm» e von, e ‚ rothen Zeuge, eben dergleichen weiten Sberrod,. einen Caputrock von groben — und eine rothe wollene Muͤtze a N . — Vom s u. ' 54 Dom den Galeeren So lange die Galeere fortrudert, legt ſich niemand auf ſelbiger ſchlafen: wann ſie aber vor Anker, oder im Hafen liegt, hoken die Knechte in ihren Baͤnken nieder, und ſchlafen. Im Winter, wenn die Öa- leere abgetafelt oder fedig ift, und fie alfe mehrern Platz haben, bedienen ſie ſich einiger Breter, und ha⸗ ben eine etwas bequemere Lage, doch allemal auf ber bloßen harten Erde. Zu der Zeit iſt es auch denen⸗ jenigen, die auf einige Art etwas verdienen fonnen, erlaubet, für ihren eigeneu Nutzen zu arbeiten, und fie koͤnnen ſich auch am Damme des Hafens eine La⸗ gerhütte errichten. Diejenigen, welche feine derglei⸗ chen Befchäfftigungen haben, lehret man ſtricken; denn es darf niemand muͤßig ſeyn. Bloß die Tuͤr⸗ ken ſind hiervon ausgenommen, denn dieſe ſind nie⸗ mals angeſchmiedet, ſondern haben die Freyheit, den Tag uͤber in der Stadt herum zu laufen; des Abends ſtellen ſie ſich auf der Galeere wieder ein; und man hat faſt kein einziges Beyſpiel, daß ſich jemand haͤtte geluͤſten laſſen, davon zu laufen. Wann Perſonen vom Stande die Galeeren beſe⸗ hen, läßt man die Sclaven folgende unanftändige uͤebungen vornehmen, Bey dem erften Zeichen, fo man mit der Pfeife gegeben, nimmt ein jeder feine Müse ab; beym zweyten zieht er feinen Oberrock; und beym dritten fein Hemde aus, fo, daß man ſo— dann nichts als nackende Seiber fieht. Hierauf läßt man fie, die auf provenciſch fo genannte Monime, oder die Affen, vorftellen. Sie müffen fich alle auf einmal in ihre Ruderbaͤnke niederlegen, und man ſieht und der Gefangenfcbaft darauf, 355 fo dann Feinen einzigen Menfchen. Alsdann laͤßt man fie den Zeigefinger in die Hoͤhe ſtrecken, und man fieht alsdann nichts als Finger: hierauf den Arm, ferner den Kopf, fo dann ein Bein, endlich beyde ‚Beine: hernach müffen fie insgefammt gerade in die Höhe ftehen : fo dann alle auf einmaldas Maul auffper« ren, ferner insgefammt huſten, fich umarmen, fich einander zu Boden werfen, und noch verfchiedene an« dere unanftändige und lächerliche Stellungen machen, die, anſtatt fie die Zufchauer vergnügen follten, bey erbaren Perfonen vielmehr Abfcheu vor dergleichen Uebungen, da man mit Chrijten, als mit unvernünfe tigem Viehe umgeht, hervorbringen, Die Baflonnade, oder die Strafe der Nüden« fchläge auf den Galeeren wird folgendergeftalt vorge⸗ nommen : man zieht, den Ungluͤcklichen, der fie bes fommen foll, bis an die Hiften nackend aus: als— dann muß er fich mit dem Bauche auf den mittels ften Gang in der Öaleere legen, und feine Beine ins nerhalb feine Bänfe, und die Aerme in die gegen über ftehende Bänfe ſtecken. Zween Sclaven hal ten ihm die Beine, und zween andere die Aerme; alsdenn ſchlaͤgt ein fehr handfeſter Türfe, mit einem dien Stricke, aus allen Kräften, auf den Rüden des Verurtheilten. Diefer Türfe ift ebenfalls ganz nadend, und hat den Befehlshaber hinter ihm ſte— ben, welcher ihm, damit er deito flärfer zufchlagen möge, die Schultern mit einem Strice ftreichelt, da— gegen aber ohne Berfchonen auf ihn zuhauet, falls er. nur die allergeringfte Gelindigfeit gegen den ar | men 556 Von den Galeeren und der ic. ‚men Züchtling beweiſet. Die zu dieſer Leibesſtrafe verurtheilte Perſonen koͤnnen kaum zehen bis zwoͤlf dergleichen Hiebe, ohne die Sprache und Bewegung zu verlieren, ausſtehen. Dem ohnerachtet aber haͤlt man mit den Schlaͤgen eines dergleichen armen Koͤr⸗ pers nicht inne. Zwanzig bis dreyßig Hiebe ertheilt man, wenn jemand auch nur das allergeringſte verſe— ben hat. Manche bekommen gar an die hundert; jedoch. iſt es auch ſo dann mit. dergleichen Perſonen aus ). | a 6) Haben fie ein Hauptverbrechen begangen, fo bin⸗ det man ihren einen Fuß an ei, und den andern an ein ander Schiff, ſtoͤßt folche ad, und reißt ſie alfo mitten von einander. S Jac. Döplers Schauplag der Leibes⸗ und Lebensfirafen, 1Ch Sondersshaufen 1693, 4. ©: 796. R. N, Srad x 557 er x * * * * * Steine in der Gallenblaſe; ———— oder Bay * chirurgiſche Bemerkung uͤber die Urſache ALLE eines Sant Schmerzens in der Leser, von Herrn Eivadier. | * Aus den Nouyell, De et Litter, T. XX. 155 ©. 7, m October 1747 ward Herr Deruel von Vendo⸗ me, vön einer fehr heftigen Lebercolik angegrif⸗ ’ fen, die verfchiedene Tage anhielt, ob gleich wiederholtes Aderlaffen, Clyſtire und Erwaͤrmungen gebrauchet wurden. Auf dieſe Schmerzen folgte eine Geſchwulſt in der rechten Weiche, fo groß als eine wel. [he Nuß, die fich nach und nad) vergrößerte, und: endlich in einen Abfceß verwandelte. Des Kranken ordentlicher Wundarze öffnete die Geſchwulſt, und brachte mehr als einen halben Septier einer weiß: lichten Materie heraus, die am Ende der Ausleerung ein wenig blutig ward. Die Wunde ward mit eis nem Digejtiv von Terpentine verbunden, den man in Eyerdotter aufgelöfet hatte. Machdem man fie erfchiedene Monate lang verbunden hatte, ward fie ſtatt der Heilung fiftelartig. | | ‚ Diefer Zufall beunruhigte den Kranken fehr, zus mal, da er fich nicht beugen noch wenden Eonnte, Er | | fam I 558 Dom Steine in der Gallenblaſe kam im März des folgenden Jahres nach) Paris, Die Meifter der Kunſt zu Rathe zu ziehen, und wandte fi an Herrn Morin den jüngern. Diefer Wund⸗ arzt ſchlug ihm vor, Herrn Boudou zu befragen, der die Fiftel unterfuchte, und rieth, fie mit auflöfenden Pflaftern zu verbinden. Herr Morin folgte dieſem Rathe bis den 7 April, da der Herr Graf von Lilles bonne mir die Ehre that, mid) fhriftlich einzuladen daß ich den Kranfen befuchen möchte. Ich folgte Diefer Einladung, und unterfuchte in Gegenwart Herrn Morin diefe Fiftel, welche zweene Querfinger unter den falfchen Ribben lag, und unges fähr einen halben Duerfinger vom geraden Muffel entfernet war. hr Eingang war fo groß als eine $infe, und die herausfließende Materie mar bald Flat, Bald gelblich. Die Bemerkungen, welche Herr Petit hierüber ben der fönigl. Akademie der Chirurgie eingegeben bat, ſchwebten mir noch im friſchen Gedächtniffe, und gaben mir neues Licht : ic) urtheilete alfo, Diefe Sie ſtel möchte ein Stein in der Gallenbiafe oder da her. um fen. Um ung davon zu verfichern, brachten wir eine Sonde hinein, die ungefähr drey Dueerfin. ger weit zudringen hafte, und mit deren Ende wir an einen harten Körper trafen. Nun fragte es fic) noch, ob diefer Körper an dem benachbarten Theile anhienge, mir drüdten das Ende der Sonde ges finde daran, in der Meynung, daß er weichen würde, wenn man ihn ftleße, wofern er nicht anhienge. Nach verfehiedenen Verſuchen, fühleten wir Feine Des | wegung. Wir ſchloſſen Daraus, Die Theile Die ya N und einem Schmerzen in der Leber. 559 fen Körper enthielten, müßten zur Zeit der Entzuͤn⸗ dung mit ihm zufammengewachfen feyn. Herr Morin erweiterte die Deffnung auf zwee— ne Dueerfinger. Ich brachte ven Zeigefinger in Die Deffnung, Die er nur gemacht hatz fe, und fand in der Gallenblaſe einen harten Körper, der hervorragte, und über den Lappen ver $eber her- aus gieng; ic) überzeugte mich zugleich, daß er feft anbieng. | Diefen fremden Körper zu entdecken, machten wie über ihm eine kleine Deffnung, da fich denn ein Gal— lenftein zeigte, den wir mit einer Zange, wie zum Verbinden gebrauchet wird, (Pincette a panfement) ergriffen, weil wir gleich feine andere bey der Hand hatten, dabey die Muskeln und die Bedecfungen mie dem Zeigefinger unterftüget wurden. Diefe Art von Steinen läßt fich leicht zerreiben, und die Zange konn— ‚te ihn nicht genug angreifen, Daher zerbrach er in verſchiedene Stüde, ‚welche wir mit der Zange zus fammen fuchen mußten, da fie dann zufammen einen Klumpen fogroß als wie eine welfhe Nuß ausmachten. PER verbanden die Wunde troden, für diefen Tag, und die folgenden mit dem Digeftive von Balfam, von Arceus, dem Orozelicum, und dem Dele von Hnpericum; worüber wir nod) onguent de la ınere £haten. Mac) diefer Berrichtung empfand der Kranfe feine Schmerzen. Herr Morin verband ihn zween Monate lang, worauf fich die Wunde verſchloß, der Kranke aber vollfommen heil ward, und feinen Ver— richtungen obliegen fonnte, Mad) Berlauf eines Monats aber meldete er, daß ſich Die Wunde wieder geoͤffnet hätte, doch hat fie fich einige Zeit darnach wieder 560 Dom Steine inder Gallendfafe ıc. wieder geſchloſſen, und feitden ift fie völlig heil ge⸗ worden. Meine Abſicht bey dieſem Verfahren, welches das erſte in ſeiner Art iſt, war nicht allein zu weiſen, wie richtig die Bemerkungen ſind, die Herr Petit in dem erſten Bande der Abhandlungen der‘ koͤnigl. Aka⸗ demie der Chirurgie hat einruͤcken laſſen, wie ſie denn auch mit des Herrn Beaute ſeinen ibereinflimmen; fondern auch die Kranfen, die fich in eben den Um- | ftänden befinden mögen, aufjumuntern. er | Die Meifter der Kunft werden ohne Zweifel wei⸗ ter gehen, und neue Entdeckungen machen, um ſich wegen aller der Zeichen zu verfi ichern , aus denen fich die Gegenwart der Steine in der Saltenbife net fen läßt. Audalt 1. Sortfeßung ı von der Geſchichte des Glaſes bey d den Ebraͤern. 451 II. Verſuch von der Geſundheit und bem Tangen Leben. 492 III. Befchreibung der Galeeren und vr Gefangenſchaft auf denfelben. — 551 IV. Steine in der Gallenblaſe, J chirurgiſche Bemer⸗ tung über die Urſache eines Scmerine in der | Leber. Der — Hamburgiſches Magazin, geſammlet⸗ Schriften, Aus der Naturforſchung und den angenehmen Wiſſenſchaften uͤberhaupt. Des aıflen Bandes ſechſtes Stuͤck. Mit Königl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Freyheit. Hamburg und Leipzig, | bey Georg Ehrift. Grund und Adam Heine, Hole, | | 1758 & \ J. Buͤrgerliche Hiſtorie von Jamaica, | aus D. Bromns civil and natural Hiftory of Jamaica. Erfies Eapitel Von dem ehemaligen Zuftande von Jamaica. ie Inſel Jamaica, die eine von denen At, die nahe bey dem feften Sande | von America liegen, hat eine unre— RR gelmäßige länglichte Geſtalt, und iſt mit einer Reihe ziemlich hoher Berge verfehen, welche bey ihrer unregelmäßigen Sage von dem oͤſtli⸗ chen Ende nach Weſten hinlaufen, und den mittlern We ERECH Theil 564 Bürgerliche Hifkorie Theil des Landes einnehmen. Indem diefe Berge verfchiedentlich bald weiter in das platte fand heraus gehen, und das — Land anderswo ſich weiter zwi⸗ ſchen die Berge hin erſtrecket, ſo machen ſolche durch ihre abhaͤngige Seiten dieſe fruchtbare Thaͤler und vielfaͤltige Huͤgel zwiſchen den Bergen und der See, die uͤberall mit Quellen, Baͤchen und Fluͤſſen be— waͤſſert ſind, welche von unterſchiedlichen Theilen des Bergruͤckens herfließen, und ihren gekruͤmmten ſchnel— len Lauf zu dem Meere hin nehmen. Dieſe Inſel liege zwiſchen 17 Gr. 2ıl Min. und 18 Gr. 32: Min. Norderbreite, und erſtreckt fi), in Anfehung der Laͤnge nad) Abend von 75 Gr. 403 M. bis zu 78 Gr. 203 Minuten, indem ihre $änge uns gefahr 172 Meilen, und ihre größte Breit 58 Mei- len beträgt. Sie liege von dem Eingange in den mericanifchen Meerbufen etwas noch Dften, und hat die Inſel Cuba gegen Morden, Jucatan und die Bay von Honduras gegen Welten, Hifpaniola und die.caribäifchen Inſeln gegen Dften, und den Theil des feften Sandes, der Granada genannt wird, und nun eine Provinz des Königreichs Santa Fe ift, ges gen Süden in einer Entfernung von ungefähr 150. Meilen. / Diefe Inſel wurde zuerft von dem berühmten Chriſtoph Colon, oder Columbus entdeckt, im Fahre 1494, auf feiner ziventen Neife nad) diefen Gegen— den, da er hauptfächlich in der Abſicht zu Schiffe war, um die Inſel Cuba zu entdeden, die er für einen Theil des feften Landes hielt, wovon ihm die Einwohner von Hifpaniola ſchon Nachricht gegeben hatten, meil aber das Schiff leck wurde, und nicht länger von Jamaica. 565 länger ficher die See halten Fonnte, fo lief er bey Chienas an der Nordfeite diefer Inſel ein, und lan— dete bald darauf, ob gleich die Einwohner Mine” machten, fich ihm zu mwiderfegen. Er nannfe die Inſel St. Jago, und mußte ſich fo lange da aufbal- ten, bis er fein Schiff in Stand gefeget hatte, um wieder in die See zu Stechen; während mwelcher Zeit das Schiffsvolf in guter Freundfchaft mit den Ein» wohnern lebte, in deren Befige die Inſel verblieb bis 15095 da Don Diego Columbus, ein Sohn des Chrifteph Columbus, als damaliger Admiral in diefen Meeren, den Juan de Efquibello mit einer Darten Volks abfchickte, fich dieſer Inſel zu be— mächtigen; indem die andern eroberten Laͤnder und Colonien damals unter der Regierung des Don Ni: cuefla und Djeda ficy befanden, die beyde von Spa— nien ausgefegt, und nun wegen diefer Inſel, von welcher fie bey erforderlichen Gelegenheiten, haupt⸗ fählih mit Proviant verfehen wurden, in großem Streite waren. Diefe Partey landete, und bemädh- tigte fih in kurzem diefer Inſel, wo fie allemal freundlich waren empfangen worden, wenn etwa ein Zufall oder die Nothwendigkeit fie auf die Küfte ge— trieben hatte; die auch noch viele Jahre nachhero in dem Befise der Spanier verblieb, ob: fie gleich we— gen ihrer andern Eroberungen fehr wenig geachtet, und nicht ſelten von andern Völkern angefallen wurde. Die erfte Anlage, die von den Spaniern unter=. ommen wurde, war die Stadt Mellila, die fie um Port-Maria, an der Mordfeite diefer Inſel, baue- Icen, weil ihnen aber die Lage nicht recht gefiel, fo wandten fie ſich einige Meilen meiter gegen Abend, in 3 und 566 Birgerliche Hiſtorie und erbaueten die berühmte Stadt Sevilla, von welcher man auf dem Hügel, gleich über St. Anna Bay, die Ruinen noch fehen Fann. Nachdem aber die Colonie immer volfreicher wurde, ſo breiteten fie fich gegen den füdlichen Theil der Inſel aus, wo fie die berühmte Stadt la Vega erbaueten, von welcher der herzogliche Titel ven NMachtommen des Columa bus foll ertheilet roorden feyn. Dieſe Stadt gerierh beſſer, als eine von den andern, und nahm fo zu, daß fie 1655, aus nicht weniger denn 1700 Haͤuſern, zwo Kirchen, zwo Capellen, und einer Abtey be- fund; zu weicher Zeit die Engländer, da ihnen ihr Anfchlag auf Domingo fehl fehlug, eine fandung wagten, und die Inſel eroberten. Allein, die Be: fehlshaber Fehreten bald nachhero wieder nach Haufe, und ließen einen beträchtlichen Theil ihrer Truppen zurüc, unter dem Commando des Dberften Forteſque, die Inſel zu beſchuͤtzen, und fich ihrer zu verfichern; und wurden beyde, nachdem fie ein- oder zweymal verhörek worden, wegen ihres mislungenen Linter- nehmens, in den Tower gebracht. Damit wir aber von dieſer DBeränderung einen defto vollftändigern Begriff geben koͤnnen, fo müffen wir in den vamali- gen Zuftand Englands etwas zurück gehen. Cromwell, der fich in England zu dem’ Haupte der Regierung aufgeworfen hafte, wo er ohne einige Einſchraͤnkung herrſchete, hatte ſich nicht ſo bald durch eine Parlamentsacte feſt geſetzet, und nach ſeinem Wunſche die durchgaͤngige Zerruͤttungen der Nation beygelegt, als er ſich entſchloß, einigen von denen, von welchen er glaubte, er duͤrfte ihnen am wenigſten trauen, in entfernten Gegenden Verrich⸗ tungen von maica. 567 tungen aufzutragen. In dieſer Abſicht, und muth— maßlich um das Volk uͤberhaupt ſich deſto guͤnſtiger zu machen, oder wenigſtens ſeine Privatabſichten deſto beſſer zu verbergen, ließ er in der Eil eine Flotte von ſiebenzehn Kriegsſchiffen, mit vielen Transportſchiffen ausruͤſten, woruͤber dem Admiral Pen das Commando aufgetragen wurde; nebſt einer Armee zwiſchen ſechs und ſieben taufend Mann regu⸗ laͤrer Truppen, unter dem Commando des General Venables. Mit Diefer Zurüftung fegelten fie nad) Barbados, welche Inſel den Schiffen zum Sam: melplage angeriefen war, und wo die Befehlshaber ihre Ordres eröffnen follten: fie Famen da an den ıgten Sebruarii 1654, und recrutirten ſich mit. fo gutem Erfolge, daß fie die Mannfchaft bald bis auf zehn oder zwölf taufend Mann vermehreten, womit fienah Hifpaniola fegelten. Ben diefer Inſel Fas men fie den zoten April an, und landeten bald dar— auf einige Meilen weftwarts von St. Domings, von da fie gerade gegen die Stadt losgiengen: weil aber ven Soldaten durch eine befannt gemachte Ber: ordnung, welche ihnen alle Hoffnung zu plündern benahm, der Much entfallen war, fo wurden fie batd durch ‚eine Hand voll Mulatten zurück getrie— ben; und ließen nach einem Verluſte von fünf bis ſechs hundert Mann und einiger tapferer Dfficiers, . alle Gedanfen, fich ver Stadt zu bemächtigen, fah— ven, begaben fich wieder zu Schiffe, und wandten fih gegen Jamaica, wo fie den ıcten May 1655 landeten; fie feßten aber ihren Weg gegen die Haupt: ſtadt St. Jago de la Vega (die Damals fehr reich und volkreich war,) fo langfam fort, daß die Spa- % na nier 568 Birgerliche Hifkorie nier fich retiriren, und ihre meiften Güter von eini- gen Werthe mit fich in die Wälder fchleppen konn⸗ ten, ehe die Engländer bey der Stadt anfamen. Da Erommell von diefer Eroberung zeitig Nach— richt erhielt, fo fchickte er eine frifche Verſtaͤrkung von faft drey taufend Mann mit zwoͤlf Kriegsfchiffen bin; und befchloß, Feine Gelegenheit zu verabſaͤu— men, um Diefe neue Eroberung zu unterftüßen, Die ihm nun wirklich zu einem Siberien dienete. Denn die vielfältige Durch Die gegenfeitige Partey, die die Cavalier-⸗Partey genannt wurde, erregte Unruhen, und die Standhaftigfeit, mit der viele fid) gewei— gert hatten , fich der Bothmaͤßigkeit feiner Generale, Major: Generals, nicht zu unterwerfen, festen ihn in die Nothwendigkeit, ſich von einigen derfelben los zu machen; Die nachhero vielfältig, während fei= ner Regierung nach diefer Inſel gefchicke wurden, mo fie nebft den Truppen, die ſchon da waren, die erſten engliſchen Coloniſten wurden. Die Spanier, die die Inſel noch nicht verlaſſen hatten, delbargen ſich in die Waͤlder und innern Gegenden der Inſel; aus welchen ſie oͤfters Ausfaͤlle thaten, und einzelne Perſonen, die ſie hier und da antrafen, umbrachten. Da ſie aber endlich ihres Aufenthaltes in den Bergen muͤde wurden, und keine Hoffnung hatten, die Englaͤnder wieder zu vertrei— ben, ſo zogen ſie ſich gegen die Nordſeite der Inſel, und verſchanzten ſich bey Rio Neuvo, mit Huͤlfe eis ner Verſtaͤrkung von ungefaͤhr dreyßig mit Waffen und Ammunition verſehener Compagnien, welche bald nachhero von Cuba und dem feſten Lande hieher famen. - Die Engländer aber , die von der ge diefer von Jamaica. 569 diefer Werftärfung zeitig Nachricht erhalten hatten, giengen, unter dem Commando des Oberſten d' Only, gerade auf fie los, und warfen fie in ihren Berfchan- zungen übern Haufen, ob gleich die Spanier mehr als Doppelt fo ftarf waren, Dach diefen und andern ungluͤcklichen Zufällen vetirirten fie fih nach Cuba, und ließen viele Negern und Mulatten zurück, den Beſitz diefes Plases zu erhalten, und die Eroberer zu bindern, fich in diefen Gegenden anzubauen. Diefe Leute waren ihnen aud) eine Zeitlang fehr be= fehwerlih; vie Engländer aber, die nicht fo ges gewohnt waren, die Wälder durchzuftreifen, riefen endlich einige Bucaniers zu Hülfe, und machten fie fih) bald untermürfig. Die franzöfifchen Eoloniften zu Tortuga, die da= mals von der Regierung in Frankreich, mo der Kö- nig noch minorenn war, fehr verabfäumer, und von den Spaniern oft angefallen wurden, entfchloffen ſich, vor fich felbft zu forgen, und wurden bald dar— auf eine Bande fand: und See-Räuber, mit wel chem Handwerfe fie viele Sabre lang fortfuhren; und ihr damaliger Gouverneur de la Place begehrte ‚fie von diefem Verfahren, wobey er felbft -einen be- trächtlichen Gewinnſt hatte, nicht abzuhalten. Da die Kegierung von England nach dem Tode des wachfamen Cromwells wieder in Unordnung verfiel, fo wurden die Angelegenheiten von Jamaica ſehr verabfäumer, und die Inſel wurde Desivegen von den Seeräubern von Tortuga, die nun ein furchtbarer Haufe geworden, ‚öfters beſucht; und das hiefige Wolf, welches unter einer fchlechten, oder faft gar feiner Borhmäßigteit — wurde durch das Pin 5 Exempel 570 Birgerliche Hifforie Erempel derjenigen, bie oft ungeftraft Die größten Reichthuͤmer — ermuntert, die gleichen Maaßregeln zu ergreifen; ſo daß die Inſel bald eine andere Colonie von Seeraͤubern wurde, welche die andern ſo wohl an der Anzahl als an Muͤth uͤbertra⸗ fen; mit welchen ſie in Freundſchaft zu leben fort⸗ fuhren, und ihre Kräfte bey Gelegenheit oft mit ein» ander vereinigten. In diefem Zuſtande verharrete der groͤßte Theil der Einwohner von Jamaica viele Jahre, haupt⸗ fachlich unter dem Kommando und der Anführung des berühmten Morgan, Der mit feinen zahlreichen en fo große Beute einbrachte, Daß Diefe Inſel viele Jahre lang, in Anfehung der Anzahl ih: rer Einmohner, faft der reichfte Dre von der ganzen Welt war. Diefe Leute waren nicht zufrieden mit der Beute, die fie auf der See machten, fondern fie landeten auch oft in großer Menge, und plünder« ten die blühendften fpanifchen Eolonien; ja es waren auch nicht einmal diejenigen, die an der Küfte der . Suͤdſee lagen, von ihren verwegenen Anfällen fren, die fich bis zu der reichen und volfreichen Stadt, Paz nama, 1670 erftrecten, woher fie unermeßliche Summen fo mohl an Geld, als andern Schägen von großem Werthe einbrachte. Nachdem aber König Carl der Zweyte auf den englifchen Thron gefegt worden, fo nahm er bald den Entſchluß, die Wohlfahrt einer Inſel, von welcher man bemerfte, daß fie der Krone würde fehr nuͤtzlich feyn koͤnnen, zu befordern; obgleich die. Unordnung der einheimifchen Geſchaͤffte, und der ‚Damals fehr eifrige Krieg mit den Holländern der. Ausführung, feiner von Jamaica. 571 feiner Abfichten auf eine Zeitlang gänzlich zuvor kam. Nachdem aber die Nation endlich Friede befommen, und der holländifche Krieg geendiger war‘, fo entfchloß fih) der König, in diefen es die Sache mit Nachdruck zu treiben, und alle Mittel anzuwen- den, wodurch man der Zügelloft gkeit der Seeraͤuber Einhalt thun moͤchte, die noch immer ihre Raͤube— reyen unter dem Oberſten d'Oyly, Lord Windſor, Carl Littleton, und Thomas Muddeſord, die waͤh— rend der einheimiſchen Unruhen nach einander hier Gouverneurs waren, fortſetzten; und er wurde hier— zu durch die vielfältigen Klagen der Spanier, veren Beſchwerde nun täglich vor ihn Famen, noch mehr bewogen. In dieſer Abſicht wurde Lord Vaughan zum Gouverneur geſetzet, und nach Jamaica geſchickt, mit dem Befehle, daß der Oberſte Lynch, der in Abweſenheit Thomas Muddefſords regierete, bey Hofe erſcheinen, und wegen der Klagen der Spanier Rede und Antwort geben ſollte. Dieſer Herr kam nicht ſo bald nach Jamaica, als er anfieng, die koͤniglichen Befehle zu vollſtrecken; und zwar mit ſolchem Eifer, der bald dem Verfah— ren der Seeraͤuber Einhalt that, welche in großer Anzahl mit ihrem Anführer Morgan fleißige Coloni- fien wurden; da indeffen andere, die von einer Le— bensart, an welche fie nun ſchon lange gewohnt wa⸗ ren, niche abgehen wollten, oder die vielleicht auf ‚Die Önade ihres Konigs ein "Mistrauen festen, ſich nad) Tortuga begaben, wo fie die nämliche Verrich— tungen noch verfchiedene Jahre nachher fortfegten. Allein, 572° Bürgerliche Hiftorie . Allein, in dem Verhältniffe, als die Seeraͤube⸗ rey in dieſer Inſel unterdruͤcket wurde, fieng das Volk, welches ſich durch ſeine vorige Lebensart einen großen Reichthum erworben hatte, an zu murren, und ſich uͤber die tyranniſche Gewalt, der ſie noch ausgeſetzet waren, zu beklagen; denn ſo gnaͤdig und gelind auch die damalige Regierungsform war, ſo mußte ſie ihnen doch unangenehm ſeyn, weil ſie mit der engliſchen Verfaſſung auf keine Weiſe uͤberein— kam. Sie verblieben aber dem ungeachtet noch ims mer in diefen Umſtaͤnden, bis gegen das Ende von 16805 da König Carl der Zweyte fich gefallen ließ, ihnen unter dem großen Siegel von England ein Pa- tent zu ertheilen, modurd) ‚eine ordentliche Regie— rungsform für diefe Inſel beftelle und angeordnet wurde; welches bald darauf dem Heren Karl Ho— ward, Grafen von Garlisfe, der das Jahr vorhero zum Gouverneur beftimmt worden, zugeftellt wurde. Durch diefes Patent wurde die Negierung uͤber⸗ geben: I) dem Gouverneur oder Generalcapitain, der von dem Könige gefegt wird, und deffen Maje— ftäe felbft vorfteller. Er hat die oberfte Gewalt ſo— wol in Kirchen: und Miliß- als bürgerlichen Sachen, und bleibe in diefer Stelle, fo lang es dem Könige gefällt, BEN. II) Dem Rathe (Council), der ebenfalls von dem Könige gefest wird, und überhaupt aus zmwolf Perfonen vom erften Range und größten Vermögen in der Inſel befteht. Diefe DBerfammlung ftellee das Dberhaus in England vor, fowol in Anfehung feiner Gewalt, als feiner Verrichtungen, und geben fih mit Entſcheidung einiger Geldfahen gar nicht ab, / von Jamaica. 573 ab, außer in folchen Fällen, die aus dem Grand» Court, oder von dem Aomiralitätsrathe durch Ap> pellationen an fie gebracht werden. II) Der Berfammlung (Aflembly), die fo wol in Betrachtung ihrer Gewalt, als ihrer Berrich- tungen, das Unterhaus in England vorftelle. Die Glieder diefer Berfammlung wurden durch die Stim— men der Freeholders erwaͤhlet, die von einem jeden Kirchſpiele mit einer Stadt, naͤmlich 1) Port: Royal, und St. Catharinä, drey, vormals nur zwey Deputirte abfchicften, und zwey von einem jeden ans dern Kirchfpiele, deren damals nur dreyzehen waren, als St. Thomas in the Eaft. 2) St. David, 3) St. Andrews, welches das damalige Kirchfpiel Kingfton mit enthielt. 4) St. Thomas in the Vale, 5) St. Sohn. 6) St. Dorothy. 7) Bere. 8) Elarendon. 9) St. Elizaberh, worunter daB der malige St. Elizaberh, Weſtmorland „und Hanno—⸗ ver begriffen war. 10) St. James. 11) St. Annaͤ. 12) St. Mary, und St. George, welches mit dem Kirchſpiele St, Thomas in the Eaſt, das gegenwaͤr— tige Kirchſpiel Portland enthielte; welches alſo zuſam— men zwey und dreyßig Glieder machte, aus welchen die erſten Verſammlungen dieſer Inſel beſtunden. Dieſe drey Koͤrper des Staats, welchen ſeit der Zeit die oberſte Gewalt uͤbergeben iſt, ſind durch dieſes Patent berechtiget, ſolche Geſetze und Anordnungen zu machen, die fie zu beſſerer Regierung des gemei— nen Wefens, und zu dem Gluͤck und Wohlfahrt ver Colonie für nothwendig erachten. Diefe Öefege find allezeit auf ein Jahr gültig, oder doch fo lange, bis bes Königs Wille bekannt ift, der alle Gefeße, die bier 574 Buͤrgerliche Hifforie hier gegeben, worden, beftärfet, oder ungiltig ma- chef, nachdem er finder, daß fie mehr oder weniger auf den wirklichen Nutzen der Colonie abzielen, oder mit den Gefegen und dem. Intereſſe von, England ftreiten. Die Aſſembly aber wird zufammenberu- fen, verlängert, und aufgehoben, je nachdem es dem Gouverneur gefällt, der unmittelbar alle Bills, die diefe Cammern paßiren, entweder durch feinen Bey- fall giltig mache, oder vermwirft, Nebſt diefem Patent hat es auch dem Könige gefallen, der Inſel einen Heroldsſtab (Mace), der bey erforderlicher Gelegenheit vor dem Gouverneur hergetragen wird, zu ertheilen, und ihr ein großes Siegel zu fchenfen, in welchem folgende Wapen geſetzt find, namlich ein vothes Kreuz, auf welchem fünf Tanızapfen find, in einem ſilbernen Felde. Die Schildhalter find zwey mit Federn gezierte und umgürtete Americaner, Der Helmfhmuf: Ein wachfames Crocodill. Die Auffchrift auf dem ‘Bande: h — — Ecce alium ramos porrexit in orbem, | Nec fterilis eft crux — — — Der König hat auch beliebt, eine Billigfeits- Canzley im diefer Inſel anzuordnen, wo der Kanzler (welche Würde feicher dem Gouverneur übertragen worden, zum Beſten und der Sicherheit des Volkes,) öfter oder feltner eine Sitzung hält, nad) der Menge der davon abhangenden Nechtehändel, die ihn bis— mweilen verfehiedene Tage hintereinander befchäfftigen, da er zw anderer Zeit Faum des Monats einmal vor Gericht fist. In diefem Gerichte werden oft Dinge von großer Wichtigkeit zu aller Genugthuung ent» | ſchieden, von Jamaica 575 ſchieden, obgleich) die Advocaten, die durchgehends in diefer Inſel ſehr gefchiche find, Proceffe verwirrt und koſtbar zu machen, oft Mittel finden, die Pro— ceſſe zu verzögern, und dadurch oft die Abſicht diefer Einrichtung zu vereiteln: und der Canzler ift glüc- lid), der nicht bisweilen durch ihre Unwiſſenheit oder Partenlichkeit verleitet wird, welches, wie ich bes fürchte, oft die Urfache vieler Klagen, und foftbarer Appellationen von diefem Gerichte gewefen ift. Gerichtscammern find ebenfalls ſehr zeitig in dieſer Inſel angeleget, und es ift durch gefchickte Ge— fese und Verordnungen beftimme worden, daß fie alle Biertheljahre zu St. Jago de la Vega follten gehalten werden. Sie glichen, in Anfehung ihrer Gewalt und ihres Verfahrens, der Kings Bench, dem Common Pleas und Affizes in England, und werden durch einen Dberrichter ( Chief Juflice) ges halten, der von dem Gouverneur dazu verordnet iſt, und ein jährliches Gehalt von 150 Pf. Sterl, hat; feine Stelle aber ift fehr ungewiß, indem er gemei- niglich bloß nach des Gouverneurs Gefallen’ befteller, und tieder entlaffen wird. In Vollſtreckung diefes Amtes find viele andere obrigkeitliche Perfonen zu feinen Benfigern ernennet, die außer der Ehre, ih- rem Vaterlande zu dienen, Eeine andere Belohnung haben; und id) glaube, daß fie diefes Amt allezeit mie aller Hedlichfeit verwalten, in fofern ihnen die Natur der Gefese befanne iſt. In der That aber giebt es nicht viele, die in den Geſetzen hinlänglic) ewandert find, welches nebft der Unwiſſenheit der Sachwalter und der Durchgängigen Neigung, derje: igen Perfonen, die in Gefchäfften ſtehen, in diefer R Ge ES Colonie 576 Buͤrgerliche Hiftorie Eofonie mehr Proceffe verurfachet, als man ſonſt bey diefer Anzahl der Einwohner erwarten follte, da die legt vergangenen Jahre her bey jedem Gerichte fel- ten weniger als achthundert neue Procefie find. Es find bier auch Untergerichte angeordnet, nach) Art der Court-Barons, die alle Bierteljahre in je- dem Bezirke gehalten werden, in welchen der Cuſtos, der als Nichter vorfißt, mit zwey benachbarten Ge— richtsperfonen, als feinen Beyftänden, alle Kechte- haͤndel innerhalb des Bezirks, die nicht über 20 Pf Sterl. betragen, höret und entfcheidet. Es ift auch in diefer ein Admiralitätsrath, mo ftreitige Händel zwifchen Seefahrenden, oder zur See begangene Verbrechen, die nad) dem gemeinen Gefege nicht fo leicht aus einander zu feßen find, ent⸗ fehieden werden; die Richter in Diefem Rathe aber „find bisher durch die Gouverneurs beftellet worden. Ein Provoft-Marfchall wurde hier ebenfalls be- ftellet, der mit feinen Deputirten und Unterdeputir- ten diejenigen Gerichtsperfonen vorftellet, Die das. Recht vellführen, und in ihrer Gewalt und Berrid)- fung den Sherifs, Unterfherijs und Kerfermeiftern in England gleich find. Außerdem find noch viele andere Aemter zu größerer BequemlichFeit bey Ges fhäfften, zu mehrerer Drdnung und Sicherheit der verfchiedenen Gattungen der Einfünfte, als z. E. Secretarien, Obereinnehmer, Commißionairs, Con⸗ trolleurs, und Schiffsbediente, u. ſ. f. aufgerich- fet worden, | | Die Inſel war nicht fo bald unter diefer vortreffs lichen Regierungsform ordentlich eingerichtet, als fie zu wachfen und fich zu verbefiern afinng. Die Co— loniften von Jamaica. 577 loniſten wurden täglich zahlreicher, und fingen an mit ihrem Sleiße tiefer in das innere des Lanbes zu deingenz die Waͤlder fingen an ſich zu eröffnen, und Das Sand belohnte nach und nach die Arbeit des Sand- mannes. ı Das Kicchfpiel St. Catharina war ſchon aufgenommen, und wohl bewohnet; die Colonien in St. Davids, St. Andrew's Vere, und Clarendon, waren ſehr nahe bey einander, und die Merkmaale des Fleißes fingen ſich ſchon an. in den entfernteſten Theilen der Inſel zu zeigen, wozu der Reichthum don Port⸗Roial, als der Sig der Capitaliſten, und der erſt letzthin durch ven Affieneo-Contrace aufgerich- ‚tete Handel fehr viel beygetragen hatte. Port Roial war Damals wahrſcheinlich der reichſte Platz von diefer Größe in der Nele, und es Fonnte wohl fein Volk bequemlicher , oder in mehrerem Prachte und Ueber— fluſſe leben „als die Einwohner von St. Jago de la Vega, ober Spanifh-torun; als den 7. Jumi 1692. ein erfchrecfliches Eröbeben Eam ‚ welches. in kurzer Zeit diefe berühmte und reiche Stadt zerſtoͤrete, in= Dem der größte Theil der Häufer, des Neichthums, und ihrer Einwohner, viele Klaftern tief unter das Waſſer, in einen allgemeinen Ruin begraben. wurs ben. Die Zerftörung von Pore-Roial war ‚auch nicht das einzige Unglück, welches die Inſel durch. dieſe fuͤrchterliche Erfchüfterung ausgeſtanden hatte; Die meiſten maßiven Gebäude waren überall zerſtoͤ⸗ ret; die eingeſtuͤrzten Berge ruinirten viele in der Naͤhe gelegene Pflanzungen ; und es erfolgete eine all⸗ gemeine Seuche, welche ſehr viele von denen, die dem erjten Unfalle entflohen waren, wegriß. - Der recien, mit welchem jedermann bey diefem bes 21 Band, Do trübren 578 Buͤrgerliche Hiftorie trübten Vorfalle betroffen wurde, Fonrttendie wenigen Uebergebliebenen weder an Fleiß nody Ordnung ge: denfen, und man fahein der Inſel nichts als Verwir— rung. Diejenigen, die der Zerftörung von Ports Roial entgangen waren, konnten fic) nicht entfchlief: - fen, ſich langer da aufzuhalten; und. da der größte Theil derjenigen, die vorher fich auf ihre zunehmende Pflanzungen verlaffen hatten, nun in den Zuftand angehender Coloniften verfeget worden, fo Fonnten. fie fein Mittel finden, ihre Sachen wieder in gehö- rige Ordnung zu fegen; wodurch die Inſel wieder faft ganz in eine Einöde verwandelt wurde, 194 Nachdem aber die noch erhaltenen Einwohner von ihrem Schreden fi) wieder zu erholen anfingen, ſo fuchten fie auch) ihre Umſtaͤnde wieder in Ordnung zu bringen, und denjenigen Trieb des Fleißes, der. fich vorher in jeder Colonie deutlich gezeigee, und wachſame und arbeitfame Coloniften in Ueberfluß ge: feget hatte, wieder zu erneuern; indem der größte Theil der anfehnlichen Leute, die dem Schidfale von Port-Roial entgangen waren, und ein großer Theil derjenigen, die fich auf ihren Credit und Freunde in England verließen, den Entſchluß gefaßt hatten, ſich in einem Theile des feften Sandes anzubauen, wel- ches fie für fiher, und eben fo. bequem, als den er- fteren Dre hielten. Diefes gab den erften Urfprung zu der Anlage der Stadt Kingfton, die in Anfehung ihrer Bequemlichkeit, vegelmäßigen Einrichtung und age, die meiften Städte in dieſem Welttheile über-, eriffe, und deren geraumlicher und bequemer Hafen fo vortrefflich ift, als in irgend einem Sande. Da aber fehr viele von Anfehen in dem Theile von Port- | MRoial, von Jamaica, 579 Noial, der noch unzerftört geblieben, fich noch fer- ner aufbielten, fo wollte es doch mit diefer neuen Co: lonie nicht ſo gut fort, bis das Feuer 1702 +3. ihren Entſchluß einmürdig, und diefe Stadt zum Haupt: bandelsplaße, und dent Aufenthalte der Capitaliſten gemacht hatte. | Die Coloniften hatten inzwiſchen von der Unord⸗ nung in welche fie durch das legte erfchrectliche Erd: beben verfeßt worden, fich wieder erholet; und dieje- nigen unter den Handelsleuten, die ſchon Reichthum genug gefammlet hatten, um etwas zurücklegen zu koͤnnen, entfchloffen fih, das Intereſſe des Landes zu befördern, indem fie entweder felbft Coloniften wurden, oder folchen Perfönen Geld vorftreckten, die dieſe Lebensart ſchon erwählet hatten, und denen es weder an Fleiß noch Geſchicklichkeit feblete, es auf das nüglichite anzulegen. Don diefer Zeit an fing die Inſel wieder an von allen Orten her befucher zu wer- den, der Fleiß lebete wieder auf, und die Pflanzuns gen nahmen zu mit allen Kennzeichen von Borforge und gluͤcklichem Erfolge; wozu der große Zulauf von jungen Sremdlingen, deren mäßiges Vermögen ih⸗ nen in keinem andern Lande eine ſo gewiſſe Hoffnung gab, ihre Familie verſorgen zu koͤnnen, viel beytrug; nebſt den vielen hieher gebrachten fleißigen Bedien— ten, die ſich durch ihre Einſicht hier oft ein betraͤcht⸗ liches Vermoͤgen erworben haben. Der Wachs» thum diefer Kolonie wurde auch nod) dadurch ſehr befördert, weil verſchiedene von unfern andern Colos nien eingiengen. Denn nachdem wir 1673 Surinam verloren, welches bald darauf, nach dem mit den: Hollaͤndern gefchloffenen Frieden, ganz aufgegeben. | mo 4 wurde, 580 Buͤrgerliche Hiſtorie wurde, kamen bey zwoͤlf hundert der dortigen Colo⸗ niſten nach dieſer Inſel, und trugen zu dem Anbaue das ſuͤdweſtlichen Theils der auch ſeither Das ſurina⸗ miſche Quartier genennet wird, ſehr viel bey. Die Colonie war in dieſem hoffnungsvoñen Zuſtande, da bey 2200 Franzoſen mit drey Kriegsſchiffen, Frey- beutern , Schaluppen, und andern Fahrzeugen, in allem 22 Segel, unter dem Commando des Herrn de Caſſe, der damals Gouverneur der franzöfifchen Eolonien in Hifpaniola war, 1694 diefe Inſel anfie- Ien, wo fie außerordentliche Epceffe verübten, und nachdem fie fo viel Schaden, als fie, in zerftreueten Parteyen thun konnten, derüber batien: fo fammle= | ten fie ihre Leute wieder, ‚ und giengen nach Carlifle— Bay unter Segel, wo fie 14 bis 1500 Mann ans . Sand fegten, die fi) auch einige Tage da hielten; fie wurden aber bald von den Engländern fo ſcharf ange= griffen, die unterdeften eine anfehnliche Menge Trup- pen zufammengebracht hatten, daß fie den nächften Morgen darauf wieder nach Hifpaniola zurückgien- gen. Die Inſel blieb bey ihrem blühenden Wache: thume nachher, und befam 1700 einen beträchtlichen Zuwachs, da die fehortifche Kolonie in Darien auf: gehoben wurde, welche im Anfange diefes Jahres verlaffen werden mußte. Der größte Theil diefer Coloniſten ſah ſich gemuͤßiget, nach Jamaica über: zugeben, wo noch viele von ihren Kindern und Nachkommen noch immer in dem Beſitze des Ueber— fluffes, den fie fich durch ihren Fleiß erworben haben, leben: und von diefem Zeitpuncte an Fönnen wir diefe Inſel als eine völlig gegründete Colonie betrach⸗ ten die noch immer, in — des Reichthums und“ J - # - don Jathnica. 5 ‚und der Anzahl ihrer Einwohner, zunimmt, und in ihrem Wachsthume noch ferner verharren wird, da diejenigen, die die Gewalt haben, Geſehe zu geben, forefahren, angehenden Eotoniften alle erforderliche ‚Aufmunterung zu geben, indem ein großer. Theif der Inſel * ungebauet liegt. Zweytes Eapitel Von dem gegenwaͤrtigen Zuſtande von Jamaica, deſſen Einkuͤnfte, Ertrag, und Handlung. Erſte Abſchnitt. Von den Kirchſpielen und Parlaments⸗ gliedern; von den Zollhaͤfen und Gerichts⸗ Cammern. Die Inſel Jamaica uͤbertrifft gewiß alle andere englifche Zuckercolonien an Groͤße und allen Le⸗ bensbeduͤrfniſſen; und iſt, in Abſicht auf das feſte Land, ſo vortheilhaft gelegen, daß ſie ſeit vielen Jahren her, als eine Vorrathskammer fuͤr alle nahe gelegene Colonien angeſehen worden. Wenn man auch jetzo ſowol die Menge und den Werth ihres Ertrags, die Anzahl der Seeleute und Schiffe, die bey der Handlung gebrauchet werden, und die Menge der koſtbaren Waaren, die aus verſchiedenen Thei— len von Europa jabrlic) hier eingeführet werden, bes trachtet; ſo werden wir gewiß finden, daß es nicht Oo 3 nur 592 Buͤrgerliche Hifforie nur die reichfte, fondern auch die beträchtlichfte uns ter alien englifchen Eolonien ſey; und ich will nach— ber zeigen, im wie weit fie noch verbeflert werden koͤnne. Die Einwohner dieſes gluͤcklichen Landes haben noch immer die naͤmliche Regierungsform, die von ihren Vorfahren eingefuͤhret worden; und bedienen ſich noch immer der Geſetze und Einrichtungen, die ſeithero, um alle öffentliche und beſondere Geſchaͤff— te deſto leichter und ordentlicher verwalten zu Eönnen, - gemadt worden. Da aber die legten Jahre her Die Inſel immer volfreiher, und die Pflanzungen in’ den entfernten Gegenden immer häufiger geworben; fo fand man für nöthig, die größern Kirchfpiele in andere bequemere einzutheilen, die nun bis auf neunzehn angewachfen find, nämlich: 1. St. Katharine, 2. Kingſton, 3. Port -Noial, diefe drey Kicchfpiele find in Städten. 4. St. Thomas in the Eaft. 5. St. David's. 6. St. Andrew’. | 7. St. Thomas in the Vale. 8. St. John's. 9. St. Dorothys. 10. Bere, ır. Clarendon. 12. St. Elizabeth's. 3. Weftmorland. 14. Hannover. H \ 35. St. Ja⸗ von RR: 53 15. ‚St James 's. 16. St. Annes. 17.:©t. Mary's. 18. St. Georges. 19. Portland, Diefe Vermehrung der Kirchfpiele * es auch nothwendig, die Anzahl der Parlamentsdeputirten zu vermehren ‚ die nun alle drey Jahre erwaͤhlet werden, in der namlichen Ordnung und Verhaͤlt— niß, als ehemals zu gefchehen pflegte, namlich drey ‚von jedem Kirchfpiele mit einer Stadt, und zwey von jedem andern Kivchfpiele, wodurch. die Anzahl derſelben bis auf ein und vierzig angewachſen iſt. Man fand nicht nur für nöthig, die Anzahl der "Darlamentsdeputirten zu vermehren, fondern man war auch bedacht, daß bey der Wahl derfelben Die genaueſte Sorgfalt beobachtet wurde, weil die Macht (und der Reichthum des ganzen Landes von Diefen wenigen Perfonen abhängt , deren Privatnutzen mit dem Wohl des gemeinen Wefens oft ſtreitet. Die- fes bewegte viele von den Bornehmern, durch ihr Anſehen es dahin zu bringen, daß ein Gefeg möchte gegeben werden, nach welchem die Parlaments- deputirte follten durch das 2008 ermwählet werden, womit fie auch zu dem DBergnügen des größten Theils durchgedrungen find, melches Gefes aber noch nicht die koͤnigliche Beftätigung erhalten. v. Der wichtige Umftand, ſchickliche Häfen zu be: ſtimmen, in welchen die Waaren follten verzollet werden, erforderte auch, von dem Volke in Be— * gezogen zu werden. Denn ohne: dergleichen 04 Häfen, 534 Buͤrgerliche Hiſtorie Häfen, muß nothwendig der Vortheil der Hand⸗ lung und der Pflanzungen in vielen Gegenden lei⸗ den. Dieſe Schwierigfeiten einigermaßen zu heben, Hat die Regierung fchon Port Antonio und Kingften zu dergleichen Häfen beſtimmt; und’ es iſt nicht zu laͤugnen, daß diefe beyden Häfen denjenigen Schif- fen, die nad) den nordoſtlichen und füdlichen Thei— Ien der Inſel handeln, fehr gefchickt gelegen. find, diejenigen Schiffe aber, die in den. weftlichen Theis len ver Inſel ihre Sadung nehmen, find noch) im⸗ mer vielen Befchmwerlichkeiten unterworfen; indem die Landſtraßen öfters fehr fchlecht, und oft gar nicht zu paßiren find; die Winde faft immer aus Often ‚ geben, und die Ströme meiftentheils gegen den Meerbufen gerichtet find, weldyes doch gemeiniglich und offers der einzige IBeg ift, ven Die Schiffe von diefen Gegenden aus geben Fünnen. Wie unbe—⸗ quem muß es alfo Schiffen, Die in Diefen entlege= nen Hafen geladen haben, fern, gegen Wind und Strohm zu arbeiten, um einen diefer fchon beftimm- ten Häfen zu erreichen, und nachhero wieder mit einem überall befchädigten Fahrzeuge ihren Lauf, fo gut es angeht, durch einen gefährlichen Meerbufen zu nehmen: und doch muß Diefes gefchehen, oder der Schiffscapitain muß ſeine Ladung verlaſſen, und eine Reiſe von ein oder zwey hundert Meilen auf ſehr ſchlinmen Wegen vornehmen, um in einem der beſtimmten Häfen feinen Zoll zu erlegen. ‚Port Roial ift von der Zeit an, als auf diefer Inſel eine engliſche Colonie iſt angeleget worden, ein derglei— chen Hafen geweſen, und genießt noch immer die⸗ fen Vorzug, ob es gleich nur eine duͤrre Landſpitze und vor Jamaica. 385 und kaum etliche Meilen von’ Kingftonventfernet ift, da Savanha la Mar, ein Hafen, wo faſt der vierte Theil des Ertrags von der ganzen Inſel jaͤhr— lich eingefchiffet wird, aus Ermangelung: diefes Vor⸗ theils den größten rg unterwor⸗ ent . Die Anordnung beweglicher Gerichtehöfe — cular Conrts) war ein anderer Umſtand, der die Aufmerkfamkeit des gemeinen Weſens erforderte, je. mehr die Kolonien fidy: vermehreten, und die entfernten Gegenden mehr bevölkert wurden. Sie wurden endlich errichtet, und es wurde zum Ders guügen und-wirflichen Vortheile "der Colonie be= ſchloſſen, daß fierin den verſchiedenen Gegenden: der Inſel alle Viertheljahre follten gehalten » werden. Es hat aber doch diefes Geſetz, zu deſſen Ausfüh- rung ſchon alles nöthige veranftaltet war, des Koͤ⸗ nigs Beftätigung noch nicht erhalten, ob gleich deſſen Vollſtreckung gewiß hoͤchſt nüßlich ſeyn würde. Denn wenn man betrachtet, daß dermalen auf der Inſel faſt kein anderer Handel iſt, als der von de— nen, die eigene Pflanzungen haben, abhaͤngt, die nun faſt in allen Theilen der Inſel ſich niederge— laſſen; fo findet man, daß einige von dieſen volk— reichen Städten, die "ei dem Berfalle des fpani= {chen Handels hauptſaͤchlich durch Die dafelbit er= richtete bejtändige Gerichtsfammer ſich erhalten ha— ben, dem gemeinen Wefen mehr zum Nachtheile als Vortheile gereichen; indem ſie ſo viele Perſonen enthalten, die mit Muͤßiggehen auf Koſten anderer arbruſemer Leute leben, und die hingegen nuͤtzliche Glieder des gemeinen Weſens feyn Fönnten, wenn 905 fie 144 586 Birgerliche Hiftorie fie durch die ganze Inſel ausgerheilet wären, fich auf verfchiedene nügliche Handwerker legten, oder wenn ihr Fleiß zur Beförderung der Kolonie ange: wendet würde. Es ift andem , die Handlung konnte nicht genug aufgemuntert werden, fo lange die Kaufleute noch mit Bortheile mit ihren Nach: barn handeln, und die englifhe Waaren nüglich ausführen fonnten; es ift aber diefer Umftand der: malen niche mehr; denn alle noch übrigen Theile der Handlung beruben bloß auf dem Wohl‘ der Pflanzungen, welches alfo deswegen fo wenig als _ ‚möglich beſchweret werden follte, da bey jegigen Zeiten faft nichts eingeführet wird, als was unmit- telbar zu ihrem Gebrauche diene, und mit dem Er- ‚trage derfelben bezahlet wird. ER Zweyter Abfchnitt. Bon den verfehtedenen Gattungen Land, von den Pflanzungen, Boden, Ertrag und Einkommen von Samaica. | Diieſe Inſel enthält, nach einer mäßigen Rech⸗ nung, ungefähr vier und eine halbe Million Mor: ‚gen (acres) fruchtbares Sand; da aber die Erde ver- fchiedentlih gemifcht, und Die Witterung in den ver- fohiedenen Gegenden fehr unterfchieden ift, jo ift auch der Erdboden zu verfehiedenen Gattungen von Ges rächfen nach) Unterfchied geſchickt. Es kann nam: lich die ganze Inſel am füglichften in bergichtes Land, in Sigel und flaches Land eingerheilet werden. Die von Jamaica. 587 Die Berge find auf diefer Inſel überhaupt fehr hoch, und größtentheils noch mit ihren urjprüngli- ‚hen Wäldern bededet, wodurch die Erde in dieſen ‚Gegenden beitändig feuchte und fühl erhalten wird; der Erdboden aber ift durchgebends thonigt, mit ei- ner Starken Benmifchung von Sand und Dammerde, Da tun diefer Eroboden fehr oft durch Regen erfri- ſchet wird, und felten einer heftigen Sonnenhiße aus= geſetzt ift: fo ift er nicht nur am beften geſchickt, das ſchoͤnſte und beträchtlichite Zimmerholz zu tragen, ſondern er giebt auch das fruchtbarfte und befte fand ‘ab, ſowol für alle Gattungen europaifcher Gewächfe, ‚als auch für die einheimifchen faftigen Pflanzen; und er ift biezu fo tauglich, daß man überhaupt die mei— ften Gattungen ver europäifchen grünen Waaren, Wurzeln und Früchte, nebit einer Menge von mans cherley einheimiſchen Pflanzen, die tn diefen Gegen- den machfen, auf allen offentlihen Märften has ben kann. | Die Hügel find zwar auch durchgehends ſchat⸗ ‚tige, und werden öfters durch Regen erfrifcher,, fie werden aber doch viel ftärfer durch die Sonne erwaͤr—⸗ met. Hier ift der Boden durchgebends erdig, mit ‘einer mehrern oder mindern Beymiſchung von Thon ‚oder Kies, und einer größern Menge von Damm: ‚erde, wodurch diefer Boden das befte fand für das Zuckerrohr wird, befonders wenn Mergel oder Thon ‚nicht zu haufig vorhanden ift, und man einigermaßen den Boden zu duͤngen und zu bearbeiten fucher. -Diefes Land ſchickt fich allezeit am beften zu den na= tuͤrlichen Gewaͤchſen des fandes, und bringt alle Ar: ten von Körnern, Srüchten und mehlichten Wurzeln * | in 588 Buͤrgerliche Hiſtorie in groͤßtem Ueberfluſſe; es giebt den tauglichen Boden zu Cacao, Caffee, Ingwer, ſchwarzem Pfeffer, Pi⸗ ment und Canell; und die Vaniglie, Mandihocca, Mays, Potatoes, und indianiſches Korn, wachſen nirgends ſchoͤner und in mehrerer Vollkommenheit. Die dritte Abtheilung begreift die niedrigen Theile der Inſel, wo Das Land, weiches durchgehends ſehr fruchtbar und tauglich iſt, faſt immer wohl be⸗ forget und bebauet wird. Es iſt aber doch dem un- ‚geachtet vie Befchaffenheit des Erdbodens in verfchie= denen Theilen ſehr verfchieden, und kann Deswegen am beften eingetheilet werden in ſolches fand, wel- ches unmittelbar: mit Bergen umgeben ift, oder zu= nächft an den Bergen liegt, und in die mehr entfern- ‚ten. und weiter ausgedehnten Ebenen, die gemeinig— lieh Savannahs genennet werden. Die erfte Art Land, die den fetteſten und gefchicfteften Boden: zu dem Zuckerrohre giebt, (einem: Gewaͤchſe, deſſen ſtarker Wachsthum die Hige der niedrigen Gegenden erfordert , Damit der Soft deffelben in die Höhe fteiz gen fonne, da die Feuchtigkeit der Berge folchen zu verduͤnnen und: ein Ueberfluß von Pflanzenerde die ‚gehörige Stärfe giebt,) wird beftändig durch dasje— nige, was von den Bergen abgewafchen wird, beffer und fruchtbarer, und dabey Durch die von den Ber⸗ gen zurücprallende Sonnenftrahlen erwaͤrmet, und durch jeden Negen, der auf ven Bergen fälle, erfri⸗ ſchet. Die Savannahs geben oft diefer erfitbefagten Gattung Sand, in Anfehung der natürlichen Güte und Fruchtbarkeit des Bodens, nichts nach, und be⸗ fiehen überhaupt aus einer feinen Erde, mit einer mehr oder minder ftarfen Benmifchung von Thon | | oder" — — von Jamaica. 589 oder Sand, wodurch ſolche etwas klebriger wird; allein der Regen fälle ſelten fo nahe bey der See, daß er den Boden erfrifchen, oder einen fo beftändigen und fruchtbaren Wachsthum verurfachen Fönnte; denn die Winde find bey Tage bier zu ſtark und zu beftandig, als daß fie die leichten Wolken fo tief her— unterfteigen ließen, und die Luft ift überhaupt zu heiter, als daß fie bey Nachts herabfommen fönnten, wo= durch Diefen Gegenden aller Ihau und Regen entzos gen wird, denjenigen Negen ausgenommen, der zu befonderen Jahreszeiten fällt, wenn die ganze benach- barte Atmoſphaͤre mit Dünften angefüller ift. Doc) ‚findet man in dieſen Gegenden nicht nur die befte Weyde für das Vieh, fondern auch den tauglichften Boden für Guimeaforn, Baumwolle, und Aloe, nebſt verfchiedenen andern Gemwächfen, die in der Defonomie ihren täglichen Nugen haben: WVon dem Sande diefer Inſel find nicht weniger, ‚als eine Millien und fechs oder fieben hunderttauſend Morgen ſchon durd) Patente ihren Beſitzern ange- tiefen; fie find aber fo ungfeich und unter fo wenige vertheilet, daß ich mich fehämen würde, von der Austheilung oder Anzahl der Eigenthümer einige Nachricht zu geben, wenn es nicht unumgänglich norhivendig gewefen wäre, um die fchädlichen Fol⸗ gen der Monopolien zu zeigen; und man Fann das Berfahren folcher Leute, die mehr Sand nehmen, als fie oder ihre Kinder jemals zu bauen im Stande find, x für nichts als ein Monopolium anfehen. Um aber eine verdrießliche und ungewiſſe Berechnung bey diex fer Gelegenheit zu vermeiden, will ich nur ein Exem⸗ pel geben von der Pfarre St, James, einer der bfii: hendeſten soo Buͤrgerliche Hiſtorie hendeſten in dieſer Inſel, die zugleich dermalen zwi⸗ ſchen den volkreichſten, (die Städte ausgenommen,) und denen, die noch am wenigſten bebauet ſind, das gehoͤrige Mittel zu halten ſcheint. In dieſer finde ich, nach einer genauen Rechnung, hundert und ſechs tauſend, dreypundert und zwey und fünfzig Morgen, ſchon durch Patente angemiefen; und nun gehören; diefe Laͤndereyen ungefähr. hundert und zwey und, drengig Perfonen, von welchen zehen Faum mehr, als nur dem Namen nad), Eigenthuͤmer find, die eine in den andern gerechnet, nicht mehr als fünf und dreyßig oder vierzig Morgen beſitzen. Es gehöret alfo Hundert und zwey und dreyßig Perfonen ein * Stuͤck Land, welches faſt fo groß iſt, als Die ganze Inſel Barbadoes, die man ſonſt 100470 Morgen groß hielte, welche doch 1676 nicht weniger, als funfzig tauſend weiße, und achtzig tauſend ſchwarze Einwohner gut und reichlich zu erhalten, geſchaͤtzt wurde. Hieraus koͤnnen wir erſehen, wie viel eine kluge Eintheilung der Laͤndereyen zu der Aufnahme einer Colonie beytrage; denn in Barbadoes und den andern Zuckerinſeln wurde niemanden erlaubet, mehr Land aufzunehmen, als er in einer gewiſſen Zeit an⸗ bauen konnte; und der Neuankommende hatte alle: zeit die Wahl unter den noch unbeſeſſenen Ländereyen um folche unmittelbar in Beſitz zu nehmen, die feis nem Vorhaben gemäß waren, mern fie auch gleich von den Markt: oder Einfchiffungsplägen mehr ents ferne lagen, weil jeder Nachbar, deſſen Pflanzung ſchon eingerichtet war, dasjenige, was diefe neue Anlage bervorbrachte, die dach nichts als Speiſewaa⸗ ren zu liefern im Stande war, nöthig hatte, um ſei⸗ nen von Jamaica, son. nen Tiſch und feine Sclaven zu verforgen. Auf diefe Weife wurde der Fleiß immer mehr befördert; denn jeder, der fich niedergelaflen, und eine Pflan⸗ zung angeleget hatte, mußte fich nad) einer Gelegen⸗ ‚heit umfehen , feine Güter mit feiner Familie zu ver: groͤßern, und der Ertrag feiner Arbeit war das einzige Mittel, diefes zu erhalten. Er mußte des- wegen darauf fehen, feinen Erwerb. mit größtem Vortheile anzulegen, und wandte alfo den größtem Theil deffelben an, fein Vermögen zu vergrößern, da ein geringerer Theil dazu diente, die nöthigfte Bes duͤrfniſſe für feine Familie und Sclaven anzufchaffen. Durch diefe Mittel wurden die Colonien bald einge= richtet, und endlich zu einer folchen Vollkommenheit gebracht „daß der Morgen Zucerrohrland überhaupt - von dreyßig bis zu achtzig und hundert Pfund Ster- ling verkaufet wird, da die beften Felder in Jamaica, die auf das vortheilhaftefte Fönnten genußet werden, noch) immer nur mit folchen Gewaͤchſen bedeckt find, die von felbft wild da wachen, und von den gebaue= ten Feldern der Morgen faum mehr als auf zehen, oder funfzehen Pfund gefchäger wird. | Es muß alfo die Nothivendigfeit, diefen Unger mächlichfeiten Einhalt zu thun, jedermann , der die allgemeine Wohlfahrt der Eolonie in Betrachtung. zieht, in die Augen fallen; die Mittel aber, dieſem Uebel abzuhelfen, ausfindig zu machen, müffen fich iejenigen angelegen ſeyn laffen, deren Borforge die berfte Gewalt übergeben iſt; und doch fürchte ich, aß viele Mitglieder von denfeiben, ihren Vortheil allzugenau damit verbunden halten, als daß fie das Allgemeine Wohl mit Eifer bey diefer Gelegenheit im Betracht 592 Buurgerliche Hiſtorie Betracht ziehen ſollten. Meines Ortes ſehe ich fein Mittel, wodurch dieſer Beſchwerlichkeit koͤnnte nun abgeholfen werden, als dieſes, daß man auf unangebauete Laͤndereyen eine ſchwere Taxe lege, und die verfallenen, ohne auf Gunſt zu ſehen, wieder einziehe. Ich bin verſichert, dieſes Bezeigen wuͤrde ſie antreiben, ſich alle moͤgliche Muͤhe zu geben, und in kurzer Zeit die Einfuhr und Ausfuhr der Colonie, auf doppelt und dreyfach, ſo hoch, als nun gewoͤhn⸗ lich iſt, vermehren; und doch koͤnnte man jedem Co⸗ loniften, der gern einiges unangebautes Land beybehal⸗ ten wollte, und ſolches etwa nicht gleich unmittelbar- mit nüßlichen Landesgeroächfen: zu bepflanzen im Stande wäre, eine billige, und nad) Verhaͤltniß -be- ſtimmte Anzahl Morgen Landes zugeftehen, um die nüglichften Zimmerbäume: darauf ‚ordentlich zu erzie⸗ ben, welche ihnen nun im den niedrigern Gegenden: fehlen, ob fie gleich mit geringen Unkoſten wieder: angebauet, und ohne Nachtheil der andern Hand⸗ thierungen, zu deren Gebrauch fie ſehr oft. erman⸗ gelt werben , Eönnten unterhalten werden; ſo wie fie auch oft einen fehr vortheilhaften Theil der Ausfuhr, ausmachen, : Eben diefe Einrichtung würde eine ane dere Gattung von Fleiß noch einführen, Der. derma⸗ len nur allzufehr verfaumer wird, naͤmlich das ſchon ausgerodete fand zu duͤngen; denn ob fie. gleich itzo den größten Theil derfelben eher. für, zu fett und fuͤr zu geil halten, und diefe Arbeit fparen, auch wo fie; ganz augenfcheinlich erforderlich ift, weil ſie immer friſchen Boden aufnehmen koͤnnen: ſo wuͤrden ſie Doch nad) einem. Verſuche von dieſer Art ‚welches, leicht bey einem oder zwey Morgen geſchehen Fonnte,) — inden, von Jamaica. 593 finden, daß Dünger den Boden erwaͤrmet, und ſowohl die Zeitigung, als Stärfe des Zuckerſafts befördert z moher auch der außerordentliche Wachsthum Fommt, an denen Orten, wo diefe Mittel täglich mit Ueber— fegung gebrauchet werden, Ob aber gleich diefe Inſel nicht fo angebauer iſt, als fie feyn koͤnnte und foilte : fo ift doc) ihr Ertrag, wovon fie allein ihren Reichthum und Lieberfluß herleitet, beträchtlich genug, unfere Aufmerkſamkeit ju erregen. Nach denjenigen Nechnungen, die vor einigen Jahren dem ‚Parlament von allem Zucker, der von.24 Jahren ber von Jamaica nach) England und Schottland, und von allen Zuckerinſeln nad) England allein gebracht worden, beträgt der Zucker, der jährlich aus Jamaica geführer wird, zur Mittele zahl von vier Jahren, von 1748, bis zu Ende des Des cembers 1751, ungefähr 4763384 Centner netto; wel« ches nad) dem gewöhnlichen Preiße, in deldiem der Zuder bier ſteht, „ungefähr beträgt 738280 Pf. St. 7 Schill, 6 Dence, nachdem in Jamaica gervohnli= hen Werthe; Die Menge Zucker aber, den diefe In— fel noch außerdem Liefert, iſt noch ſehr beträchtlich, und felten unter 4300 Hogſheads, die Hodihead zu 15% Centner gerechnet, der faft durchgehends wieder in der Inſel verbraucher wird ; wenn man nun die Ausfuhr, die nach eben diefer Rechnung auf 30731 Hogfheads fich beläuft, dazu rechnet, fo erhellet, daß der Zucker, den Diefe Inſel jaͤhrlich liefert, zur Mit— telzahi- von vier Jahren, nicht weniger betraͤgt, als jährlich 35031. Hogſheads. Der Rum, der jährlich von diefer Inſel ausge— führer roird, it nach Verhaͤltniß nicht fo beträchtlich, I gi Band, Pp und 594 Buͤrgerliche Hiftorie und feige Faum jährlich zur Mittelzahl ‘über 4600 Pundeons, oder 50600 Gallons; mwelches nach) dem Preiße, in welchem Rum bier gemeiniglich verfaufet wird, ſich ungefähr jährlich auf 69575 Pfund belauft ; man rechnet aber, d daß diejenigen Kaufleute, die mit diefer Waare im Kleinen handeln, noch 1600 Pnn⸗ cheons darüber auf der Inſel felbft abfegen ; und wir Fonnen den Betrag deilen, was in Privatfami- lien und den verfchiedenen Pflanzungen, wo man Rum verfertiget, verbraucht wird, gar wohl noch drenmal fo hoch rechnen. Folgendes ift eine Berechnung des Aums, der aus allen Colonien von zehen Jahren ber, bis 1751, nad) England gebracht worden, fo, wie fie dem Par: kamente vorgelegt wurde. / Gallons. 1742 RE a ©. 9% Be : 405329. 44 ⸗ ⸗ 397221, RN . 449980. 40.2, N. ,u® =. 38877 47 » =». 443528. 48 ⸗ ⸗ 627283. 49 ⸗ ⸗ 564204. 50 : =. 808798« 51 713684. Der groͤßte Theil dieſes Betrages kam unmittelbar von Jamaica. Man wird es auch ganz natürlich finden, warum der aus dem noch flüßigen rohen Zuderfafte verfertig- te Branntewein in dieſer Colonie ein ſo geringes Ver⸗ I A von Jamaica. 595 Verhaͤltniß zu dem Zucker ſelbſt hat; meil eine fo große Menge Zuderhefen, woraus man den Rum baupffächlich machet, jährlic) ausgeführt und nad) Morvamerica gebracht wird, wo mit geringen Koften Rum daraus gebrannt werden Fann, und zwar dieſes in ſolchem Ueberfluſſe, welches fie in Etand feßt, eine fehr beträchtliche Menge wieder auszuführen, Der Betrag der Zuckerhefen, die jabrlich aus dies fer Inſel ausgeführet wird, iſt zur mittlern Zahl ſel— ten unter 258707 Gallons, die man nach dem or: dentlichen Preiße hier auf 12367 Pfund St. biefigen Werths rechner ; welches dreymal jo viel als Diefe Summe betragen würde, wenn in dem Sande ſelbſt Rum fönnte daraus bereitet werden. Allein die übrigen Bedürfniffe der armen Eotoniften, als wel- che die einzigen find, die es zu verkaufen fich gemüfß figet fehen, erlauben ihnen nicht, Die nöthige Zubehör ſich dazu anzufchaffen. 4) Baumwolle machet einen andern beträchtli- chen Theil der Ausfuhre aus Jamaica aus, wovon fie ein Jahr in das andere gerechnet, felten weniger als 1253 Saͤcke ausführen ; und diefes kann, nach einer mäßigen Rechnung gar wohl auf 18895 Pf. St. gerechnet werden. 5) Coffee. Die Ausfuhr des Coffee aus diefer Inſel ift noch nicht fo beträchtlich, und gebe felten - jährlich über 220 Kiften, welches nach dem ordentli- chen Preiße diefer Waare bier auf 3300 Pf. St. kann angefchlagen werden. 6) Pimente. Pimento oder All - fpice ift ein anderer beträchtlicher Artikel der Ausfuhre, und wird ‚fetten des Jahres auf weniger als 438000 Pfund Pp 2 geſchaͤtzt, 596 Buͤrgerliche Hiſtorie geſchaͤtzt, welches des Jahres auf 21925 Pf. St. kann angeſchlagen werden. 7) Mahogany. So lange noch der ————— | baum ift den dazu geſchickten Gegenden dieſer Inſel wuchs : fo machte er einen andern fehr fchägbaren- Theil der Ausfuhre aus; und dasjenige, was nur bloß hier wuchs, murde jährlic) felbit auf weniger als 20000 Pf. St, geſchaͤtzet; weil aber die War: fung Diefes Baumes gänzlich verabſaͤumet worden: fo ift es nicht zu verwundern, daß diefes Holz nun bier etwas felten iſt; es wird aber doch nod) immer ausgefuͤhret, ob man eg gleich nicht anders, als mit großer Schwierigfeit befommen kann; oder es ift folches, was anderswo mwächfet, und nicht fo gut, Der Betrag diefer Waare, was nun davon aus Jamaica ausgeführet, wird felten auf weniger als 25000 Pf. St, jaͤhrlich gefchäßet ; welches aber meiftens von der Mufferofüfte, und andern benachbarten Gegenden, hieher gebracht wird. 8) Außer diefen Waaren, welche den beträchtlich). ften Theil der Ausfuhre dieſer Inſel ausmachen, wird auch noch eine große Menge von Campecheholz, Ni: carago, Braziletto, Fuſtick, Lignum Vitaͤ, Cacao, Ingwer, Canella oder Wintersrinde, Fieberrinde, Balſam, Indigo, Aloe, Haͤute und Sclaven, aller: hand feine Waaren und Silberſtangen von hier aus— gefuͤhret, deren Werth nicht ſo leicht kann angege— ben werden, und die hauptſaͤchlich durch den fremden Handel hieher kommen, welches alles die letzten Jah— re her ſelten auf mehr als 45000 oder 50000 Pf. St. jährlich, oft aber auch nicht ſo hoch, ſich belaufen möchte, ‚Hierzu von Jamaica. 597 Hierzu kann man noch die Zölle und andere Ab- gaben, von 450 Schiffen, die etwa jährlich in diefer Inſel anfommen, rechnen, welches man zur Mittel zahl ungefähr jährlich auf 20000 Pf. St. fehägen kann. Diefes ift die genauefte Berechnung, die ich von dem, was Diefe Inſel liefert und ausführet, habe an. geben fönnen, und es kann uns diefes ſchon einen ziemlich genauen Begriff von dieſer Inſel und dem Sleiße ihrer Einwohner machen, da die jährliche Ausfuhre von dem, was durd) Fleiß und Natur her— vorgebracht wird, Deffen jährlichen Betrag wir zu 945784 Pf. St. 7 Schiff. und 6 Pence berechnet haben, den Reichthum und Erheblichkeit diefer Co— lonie zeige. Ob nun aber gleich diefes ziemlich ge- nau der Werth diefer Waaren auf dem Plage ſelbſt ſeyn moͤchte: fo verfaufen fie doc) faſt Durchgehends felbige um einen noch höhern Preiß in England, wo- hin fie haupffächlich geführet werden, wo Deren Be— trag in einer Mittelzahl von vier Jahren von 1748, bis zu Ende 1751, ſich jährlid) zu 692104 Pf. 13 Schill. 6 Pence angegeben wird, welches nad) dem Geldpreiß in Jamaica 968946. Pf. 10 Schill. 103 Pence beträgt. Weil ſich aber doch dabey noch viele Ausgaben finden: fo macht es doch, wenn man alles gegen einander hält, felten mehr aus, als der erſte Werth in Jamaica. Wir wollen nun auch den. - fremden Handel und die Ausgabe der Colonie bes trachten. Pp3 Dritter 593 Bürgerliche Hiftorie Dritter Abſchnitt. Don dem fremden Handel, der Einfuhr und den Einkuͤnften von Jamaica. | Diefe Inſel war lange Zeit wegen ihres Handels ‚und der großen Menge aller Arten von Waaren, Die eingefahren wurden, fehr merkwürdig; und es war auch nicht zu verwundern,, fo lange die nahgelegenen Theile des feften Landes, und die meiften benachbar⸗ ten Colonien von bier aus verſehen wurden. Ob nun aber gleich diefer Theil ihrer Ausfuhre die legten Sabre ber ſehr unbeträchtlich gewefen ift, und die Einfuhr fich deswegen auch merflich vermindert hat: fo ift doc) ſowohl die Einfuhr, als Ausfuhr fehr ſtark, und dienet oft mehr, den Pracht als die Beduͤrfniſſe des gemeinen Weſens zu unterhalten. Es mürde zu weitlaͤuftig feyn, eine genaue Anzeige von jedem Artikel ins befondere zu geben: meine Abficht ift, eine hinlaͤngliche Nachricht zu liefern, und ich habe deswegen, aus dem Zollbuche von dem Jahre 1752 einen Auszug gemacht, welches ich für Die ficherfte und leichtefte Art hielte, einen richtigen Begriff von dem auswärtigen Handel diefer Inſel zu geben, um fo mehr, da der Betrag diefes Jahres für ganz maf jig gebalten wurde, und cher, wenn man von verfchies denen Jahren eine Mittelzgahl nimmt, etwas weni: ger ausmachet, weil diefes Jahr unmittelbar auf den großen Sturm 1751 folgte. Es Famen alfo aus®ngland, Schottland und Irrland, in allem 189 Schiffe, von denen berfchiedene noch unterweges in Frankreich, Portugal, auf Madera und den Inſeln des grünen DBorgebirges, Ladung aufgenonimen hatten, worun: | ter 3 von Jamaica. 599 ter auch noch 15 Schiffe begriffen find, . die von de⸗ nen vor dem Winde gelegenen Inſeln, Barbadoes, Antigoa/u. d. gl. mit europaifchen Gütern befrad)s tet; abgegangen waren. Von denen in Nordame— rica gelegenen englifchen Colonien und von den In— ‚fein, Bermudas, Turf und Providence famen 23° ‚Schiffe. Bon dem americanifchen feften Sande und den benachbarten ſpaniſchen Inſeln 49. In allem alfo 468 Schiffe. Unter allem beträgt die Einfuhre aus Großbritannien am meiften im Werthe, indem von Daher allerley Manufacturwaaren, befonders Schreinzeug, Finnen und cottonene Zeuge, Schiffs: gerathe, Kupfer» und Eifenwaare, fogenannte feine Waare, (dry goods) unter welhem Titel alle diejenigen Waaren begriffen find, die in dem be. ften und trockenſten Plage des Schiffes aufbehals ten werden, Tobafspfeifen, feinen Zucker, Weine, He— ringe und andere eingefalzene Fiſche, und verfchiedene andere Speifewaaren; nebft Mes, Bier in Bouteillen, Cydre u. gl. Der Betrag aller diefer eingeführten Waaren beläuft fich, ein Jahr in das andere gerech- net, nach dem Werthe, der auf der Inſel dermalen ift, auf 431676 Pf. St. wozu noch über 70000 Pf. St. fommen, die von denen in England ſich aufhal- tenden Pilanzern aus Jamaica, und für die Erziehung ihrer Kinder dort jährlich ausgegeben werden. Die Waaren aus Irrland machen auch einen be» frächtlichen Theil der Einfuhre, und beftehen haupt: jächlich aus groberLeinwand, eingeſalzenem Rindfleiſche und Schweinefleiſche, Butter, Hering u. d. gl. welches ungefaͤhr —— auf 78309 Pfund St. ſich be— läuft, Pp4 Bon — 60 Buͤrgerliche Hiſtorie Von den Inſeln des gruͤnen Vorgebirges kommen Eſel, Mauleſel und Cameele; und von der Inſel Madera hauprfachlich Wein, deflen Einfubre aber im- und ſeit einigen Jahren fich nicht höher als auf 26464 Di. St. jährlidy beläuft, ‘indem die meiften ‚mer mehr abnimmt, fo daß es nun Faum die Hälfte ‚Desjenigen, was vorhero eingebracht worden, betragt, ftatt des Maderameins lieber fehrwachen Punch von Hitze angenehmer finden. Rum trinken, den ſie geſuͤnder und bey der großen Von der africaniſchen Kuͤſte ſind 1752 nicht uͤber 29 Schiffe gekommen, indem die Einfuhr der Scla— ven von 9000, welches die Anzahl vor dem Kriege war, ſich dieſes Jahr bis auf 6624 verringert hat. a si Die Schiffe aus Nordamerica, die zwar felten fo groß, noch fo Eoftbar beladen find, als die engliſchen Schiffe, bringen die nüglichiten und nöthigften Din- ge, als Korn, feines Mehl, Reiß, Erbfen, Brodt, eingejalzenes Kind - und Schmweinefleifh, Schinfen, Speck, Butter, Kaͤſe, Tal, Seife, Del, Pech, Iheer, Terpentin, $eder, Pferde, Schafe, Schweine, Federvieh, Eiſen in Stangen, Breter, Schindeln und anderes Soligeräfße, Bakkſtein⸗ u. d. ol, Bau⸗ materialien; da die Schiffe von Bermudas! Provi⸗ dence und Turk, Braſilettoholz, Salz, Fiſch Feder⸗ vieh, Zwiebeln und Bauſteine fuͤhren. Der Betrag aller dieſer aus — ca eingeführten Waaren betragt jährlich nicht eniget als 70 bis 80000 Pf. St. Obgleich der Handel, der ehemals mit gutem Er. folge mis den benachbarten Spaniern geführet wor= | | den, von Jamaica, 60ꝛ den, nun faſt voͤllig eingegangen iſt: ſo finden ſich "doch noch immer einige wenige, die ſich an die Kuͤſte des felten Landes und unter die Indianer wagen ; obgleich diefer Handel mit großer Gefahr und wenig Profit begleitet if. Bon diefen Gegenden find in diefem Jahre 1752 folgende Schiffe eingelaufen; nämlich 23 unmittelbar von verſchiedenen Iheilen der Kuͤſte, deren Ladung hauptſaͤchlich in Maulthieren, Pferden, Cacao und etwas Gold und Silber beftun« de, dreye von Hiſpaniola mit Maulthieren, Indigo und etwas Wein dieſes iind gemeintglich flarfe Weine, die man zu den Zeiten, wenn Krankheiten re- gieren, befonders braucher: Neune von Euraffao mit Maulthieren : neune.von der Bay von Honduras mit Campefcheholze, und fünfe von der Muf ketokuͤ— fie mit Mahogany- Cedern- und Campeſcheholz, Ea- cao und Turteltauben. In allem 49 Schiffe. Wir wollen nun noch von einigemöffentlichen Eins ‚Fünften dieſer Inſel einige Nachricht geben ; dieſe find die legten Jahre fehr beträchtlich geweſen, Die man theils durch Abgaben, die zum Dienfte des Koͤ— niges feftgefeßet find, theils durch Auflagen, die bey mehr dringenden öffentlichen Gelegenheiten durch nur auf eine gewifle Zeit geltende Gefese beſtimmet worden, erhoben hat. Diejenigen Einfünfte, die Durch beitändige Gefege zum unmittelbaren Dienfte der Krone feft gefeger find, belaufen fich jährlich auf 16000 Pf. St, und werden erhoben x) durch Aufla> ‚gen auf fremde Weine und andere geiftige Getränfe; auf fremden Indigo, Cacao, Tobaf, Baumwolle ‚und englifhen feinen Zucker, Die ungefähr jährlich 11000 Pf. St, befragen. 2) Durch Steuern, von Dps | unge⸗ J \ 602 Burgerlihe Hifforie ungefähr einer Million und fünf oder fechshundert taufend Morgen Sandes, Die in diefer Inſel fchon durch öffentliche Patente "vertheilet find ; und durd) das Intereſſe von Steuerverfchreibungen zu 10 pro Cent, welche beyde Dinge ſich ungefähr jährlich auf 4050 Pf. St. belaufen. 3) Durd) Sterbhandlohne, (Eſcheats) und andere zufällige Einfünfte, die fic) jaͤhrlich ſelten weniger als auf 1000 Pfund St. er: ſtrecken. | Diejenigen Einfünfte, die nach Befchaffenheit der öffentiichen Beduͤrfniſſe erft regulivet werden, find noch beträchtliher, und werden durch gewiſſe Aufla= gen erhoben; welche jo eingerichtet find, daß fie hauptfächlih auf den unnöthigen Pracht oder Nach: läßigfeit der Einwohner fallen. Die Einrichtung und Ark und Weiſe fie zu erheben, iſt dermalen fols gende : 1) Durch Auflagen auf Wein, Rum und andere geiftige Getraͤnke, die im Kleinen verfaufet werden, werden ungefähr jährlich gO0o Pf. St. erhoben. 2) Durch eine Tare, die folchen Perfonen aufer: leget werden, die in Verhaͤltniß der Anzahl ihrer Sclaven und ihres Viehes nicht eine Anzahl weiß fer ‘Bedienten halten. Diefe Tare wurde zuerft an: gelegt, um zu befordern, daß deſto mehr Europäer möchten bieber ge zogen werben, und um Perfonen von Anfehen ju vermögen, folche dazu aufzumuntern, da diefes zur Eicherheit und Wohlfahrt der Colonie gereichet; weil aber doc) die meiſten hierbey das Wohl des gemeinen Wefens aus den Augen gefegt haben : fo bringt dieſe Auflage des Jahres unges fahr eine Einnahme von 8000 Pf. St, 3) Durch von Jamaica. 603 3) Durch eine Auflage auf die eingeführten ſchwar— zen Sclaven, von 20, 30. bis 40 Schilling auf jeden Kopf, welches des „Jahres felten weniger als 7500 Pf. St. beträgt. | Diefe Auflagen alleine machen eine e jehrliche Ein: nahme von 23500 Pf. St. die allezeit angewendet wird, um Das allgemeine Wohl zu befördern, und den Fleiß aufzumuntern und zu belohnen. Vierter Abſchnitt. al den Einwohnern und ihrer Lebensart Alle Eiiiohnet dtefer Inſel koͤnnen am füglich- ften eingetheilet werden, in Eoloniften, (Planters) in folhe, die fich erft niedergelafjen haben, (Settlers) Handelsleute und andere, die fonft ein Gewerbe £rei- ben (Dependants), Viele von den wirklichen Coloniſten ſind Leute von ungemeinem Vermoͤgen; allein, obgleich der groͤßte Theil ſehr reich und in den — Umſtaͤnden iſt, ſo ſind ſie doch ſelten ohne Schulden; denn die Koften bey einer Zuckerplantage find fehr beträcht: lid) und beftandig ; das Intereſſe von aufgenomme-⸗ nen Gapitalien ift fehr Hoch, und ihre natürliche Nei— gung, ihre Güter immer zu vermehren, nöthiget fie beftändig, fi) in neue Ausgaben und Geldhaͤndel zu ſtecken. Sie find gemeiniglich freymütbige und of- fenberzige Leute, freundjchaftlich, aufrichtig in ihrem Detragen, und halten genau mit der Zahlung ein, wenn die Forderung ihr Vermoͤgen nicht überfleigt, oder 604 Bouͤrgerliche Hiftorie, oder ein neuer Kauf nicht den Ertrag eines ganzen Jahres erfordert; ſie ſehen ſehr auf ihr Anſehen und den Unterſchied des Standes, welches ohne Zweifel von der durchgaͤngigen Folgſamkeit ihrer zahlrei— chen Sclaven und Bedienten, und von der Noth. wendigkeit, diefe Leute in einer Entfernung zu hal⸗ ten, herruͤhret, und mit der Zeit zu einer Gewohn— | heit wird. Er Man findet unter ihnen fehr oft Leute von fo gu⸗ tem Geſchmacke, ſo vieler Gelehrſamkeit und ſo vieler KRenntniß der Welt, als irgend in einem Lande in Europa ; und es ift nichts außerdentliches, ſolche Perſonen unter ihnen zu finden, die, ohnerachtet ſie niemalen aus Jamaica gefommen find, in vielen Borfallenheiten einen fo feinen Gefhmad und Bes urtheilungsfraft zeigen, als wenn fie an den beften ' Höfen wären erzogen worden. Das FSrauenzims mer, welches meiftentheils bier gebürtig ift, ſieht durchgängig fehr auf den Wohlftand und die Rein« lichkeit, it allezeit munter und aufgeräumt, befchei- den, artig, und liebet das Vergnügen, und wird nicht leicht irgend einem andern Frauenzimmer in Pradelarbeiten und Haushaltungsgefchäften etwas nachgeben, wenn fie dergleichen nuͤtzliche Verrichtun⸗ gen vornehmen wollen: allein bey vielen zeigt ſich eine allzugroße Kaltſinnigkeit und Mangel der gehoͤri⸗ genAufmerkſamkeit; welches viele Mannsperſonen ab⸗ hält, ſich zu verheirathen, bey welchen großentheils die Lafterhafte Gewohnheit, fic) ſchwarze Sclavinnen zu Beyichläferinnen zu halten, fo gemein iſt, daß ein vorzüglich einnehmendes Bezeigen Des Frauen« jimmers von Jamaica, 605 zimmers erforderlih, fie von dieſem Laſter abzu— ‚bringen. ' ; Die Settlers machen_eine andere Art Seute aus, die von den vorigen nur ftufenweife verfchteden find ; es find folche Leute, Die zwar einige Anlage haben, aber noch niche genug, um eine ganze Pflanzung auszumachen ; und die Deswegen gemeiniglich über die Hälfte ihres Vermögens in Schulden ſtecken, welche fie nicht leicht abbezahlen koͤnnen, indem der Ertrag ihrer Güter anfangs weder in Anfehung der Menge, noch der Güte ftarf genug, und doch hinge— gen mit unmäßigen Kojten und Ausgaben begleitet iftz denn der Gläubiger iſt bier zu Sande mit dem Zinfe nicht allein zufrieden; er muß auch der Factor des Gutes fenn, ‚und alles, was daben noͤthig iſt, nach dem von ihm gefesten Preiße liefern dürfen; er verfähre mit dem Ertrage des Eigenthuͤmers nach) feiner Willführ, und ftellet Die gewöhnliche Beſor— gung, wenn e8 auch gleich dem Eigenthuͤmer noch fo. unbequem feyn follte, feine Waare fo weit zum Ver— Faufe wegzuſchicken, der oft felbft eine bequeme Gele— genheit findet, feine Güter an dem nächften Einfchif, fungsplage anbringen zu fünnen, oder ſolche gerne nad) einem europäifchen Handelsplage einfchiffen, und von dem Flaren Profite, zum beften feines Gläubis gers, Wechfelbriefe nehmen wollte ; allein, ein der— gleichen Unternehmen würde ihn der völligen Schär- fe der Gefahr ausfegen, und feine blühende Hoff— nung ganzlid) zerrütten ; er muß feine Güter auf das Fahrzeug eines Schiffers, der fie zu Markte führer, geben, wo außer der gewöhnlichen Fracht, noch viel davon geftoblen und verderbet wird; er muß folche 606 Buͤrgerliche Hifforie an einem gewiſſen Schiffswerft anlanden laffen, wo fie doppelte Taren bezahlen müflen ; fte müffen mit gewiffen Unfoften wieder frifch eingepadt, und bey bequemer Gelegenheit verfaufer werden, um die Ko— ften und das Intereſſe zu bezahlen; denn fie Fommen felten, bis an den Haupthandelsort, wenn der Ertrag, nicht ſehr beträchtlich iſt. | | Die Handelsieute find dermalen nicht fo zahle reich, und fönnen am füglichiten eingetheilet werden in Zactors, wirkliche Kaufleute und Krämer, die ihre Waaren im Sande herumbringen, Die Factors beſorgen hauptſaͤchlich nicht nur Die Geſchaͤffte euros päifcher Kaufleute und anderer, die nad) dieſen Ge— genden auf ihre Gefahr allerhand Waaren liefern, fondern auch verfchiedener Coloniften , für welche fie gelegenheitlich befchäfftiget find; und haben von dem Kauf und Verkauf aller Dinge, die durch ihre Hans de gehen, ihre beftimmten Gebühren; diefe Leute find gemeiniglich fehr fleißig, und Fommen oft zu anſehn— lichen Vermögen, wenn fie gute Freunde, oder ziems lich Geld haben. Die Kaufleute führen ihre eigene Waaren ein, und verfreiben fie gemeiniglic) auf Die Meife, daß fie ſolche im Lande felbft herum bringen, und die Märkte befuchen. Diefe Handelfchaft war fonft ziemlich eintraͤglich, da fie Die benachbarten Marftpläge verfehen, und dasjenige, was in der Co— lonie nicht fo gut abgehen wollte, mit Vortheil wies der ausführen Fonnten ; nun aber find afle dergleis chen Gelegenheiten und Vortheile vorbey, und we— nige von dergleichen Leuten Fonnen hierdurch einiges Glück machen ; denn die anfehnlichiten unter je ie von Jamaica. 607 die eigene Pflanzungen haben, verfehen fich nun fuͤr ihre Koften mit allen Bedürfniffen felbft, und die’ dieſes nicht Fonnen, werden durch die Zactors völlig’ verfehen, die gemeiniglich ‚folche Waaren, die man in einer Pflanzung gebrauchet, einführen. Es find aber die legten Jahre ber alle Arten von Waaren in ſolchem Leberfluffe bier eingebracht worden, daß man fie öfters wohlfeiler, als was fie anfangs gefoftet, ver⸗ Faufet bat. | ———— Diejenigen, die von den uͤbrigen ihre Nahrung haben (Dependants), machen die vierte Claſſe aus, die dem gemeinen Weſen eben ſo nuͤtzlich iſt; dieſe Claſſe beſteht aus Handwerksleuten, Schreibern und Bedienten von allerley Gattung, deren nuͤtzlicher Fleiß alle Aufmunterung verdienet, und in jedem’ Lande das allgemeine Wohl befördert, und diejenis gen, die vor andern nuͤtzliche Handwerke treiben, als Zimmerleute, Maurer, Boͤttcher, Muͤhlenbaumei— fer, Kupferſchmiede und Schneider, erwerben ein ganz ſchoͤnes, obgleich nicht allzu großes Vermögen, und bringen es öfters durch ihren Fleiß fo weit, daß man fie als Leute von Anſehen betrachten kann? Schreiber und Buchhalter, wenn fie auf den Vor— eheil derjenigen, deren Gefchäfften fie vorſtehen, mit gehöriger Aufmerkſamkeit fehen, werden gemeiniglich befördert, und nehmen an den Gefchäfften felbft Theil, wenn die andern nicht mehr felbft fo arbeitfam find, und lieber ihrer Gemächlichkeit pflegen, und es wird feinem fleißigen Bedienten nicht leicht fehlen, feines. Herrn Gunſt und Achtung zu gewinnen, der auch) ſeine Sorgfalt, nad) dem Verlaufe feines Termins, emeiniglih mit einem bübfchen Gefchenfe be: 5 | lohnet. 608 Birgerliche Hiftorie lohnet. Wir haben endlich noch die ſchwarzen Scla— ven, als die fünfte und ſtaͤrkſte Elaffe beyzufuͤgen, de⸗ ven nun mehr als 120000 gerechnet werden , durd) deren Arbeit fait allein die Colonie in blühenden . Zuſtande ijt, und wodurch alles, was Die Inſel her⸗ vorbringt, gebauet und. verarbeitet wird. Ob gleich) die Sebensart in diefer Colonie unter den verfchiedenen Claſſen der Einwohner fehr verfchieden ift: jo giebt es doch gewiß überhaupt wenige Perfo« nen, die mit mehrerer Gemächlich£eit leben. Dieje— nigen, die eigene Pflanzungen haben, und andere, denen vor den übrigen ihr überflüßiges Bermögen alles, was fie begehren, darbietet, zeigen einen guten. Geſchmack und oft ziemlichen Pracht in ihren Haus fern; ihr Hausgeräthe und ihre Kleider find nett und koſtbar; und an ihrem Tifche findet fich nebft dem. Ueberfluffe Ordnung und niedlicher Geſchmack; fie zieben auf ihren Pflanzungen eine große Menge Fe- dervieh und alle Arten von Lebensmitteln; Mords. america liefert ihnen feines Mehl, und ihre Felder fragen ihnen fait ohne Bearbeitung, allerhand grü- nes Gemuͤſe, Wurzeln und Fruͤchte; ; die Zucker—⸗ —— helbſi verſchaffen ihnen ein geſundes ver— duͤnnendes Getraͤnke: aus England und Madera werden ſie mit den verſchiedenen Gattungen Wein und andern ſtarken Getraͤnken, die man bier bey Ti⸗ ſche brauchet, verfehen , deren fie fich faſt ungewoͤhn⸗ lid) ſtark in ihren Bruͤhen bedienen, da fie ſonſten bey ver Einrichtung ihres Tifches, und ihrer Ark zu. Fochen, den englifchen Gewohnheiten folgen, | Die andern erft angehenden Coloniſten und aͤbri⸗ gen Perſonen von der Mittelgattung in andern Staͤnden von Jamaica. 609 Ständen, find in Betrachtung der wefentlichen und nothivendigen Bedürfniffe nicht viel fhlechter daran, ihre Wohnungen find gemeiniglich bequem und ih— rem Stande gemäß, ihre Kleider find nett, aber ohne Pracht, und ihr Tifch mit allen Arten frifcher $ebensmittel und nöthigen Öetränfen verfehen ; allein die Befchmwerlichkeit ver Zufuhr, und öfterer Man- gel an feinem Mehle bey denen, die ſich Feine berrächt: liche Menge auf einmal anfchaffen Fönnen , noͤthiget fie oft, Die Früchte der Muffa, die Caffava, und die Yams, ftatt des Brodts, zu gebrauchen; welche Speifen zwar nicht fo ſchoͤn, noch Fremden fo ange: nehm, aber doch faft eben fo gefund und nährend find. Die Bedienten find hier größtentheils Europäer, und werden auf eine gewiſſe Anzahl Fahre gemiether, nach) deren Verlaufe fie nicht nur ihre eigene Verſor— gung fuchen dürfen, fondern auch gemeiniglich ein Gefchenf erhalten, welches fie in Stand feet, defto- leichter eine gewiſſe $ebensart anzutreten. Diefe Leute wohnen gemeiniglic) in Fleinen Itebengebäuden um die Zuderpflanzungen, damit fie defto bequemer zur Zeit dieſer Erndte gleich bey der Hand, und wies der bald zu Haufe feyn koͤnnen. Vermoͤge der Ger ſetze und den Sandesgewohnheiten befommen fie alle Monate vder Biertheljahre eine gewiſſe Menge ein-- gefalzen Rindpleifh und Mehl, Zucder und Rum, um ſich ihr Getränfe daraus zuzubereiten; fonften aber find. fie nicht im mindeften eingefchränft, ſith derjenigen Gewächfe, die in der Pflanzung von felbft machten, als Muffa, Yams, Potatoes, Caſſada, und Zugemüfe, die fie überall in größtem Ueberfluffe haben, nad) ihrem Verlangen zu bedienen; fie müf- ar Band. 29 ſen 60 Bouͤrgerliche Hiftorie fen aber des Tages immer fleißig und wachſam ſeyn, und ſind, wenn ſie auf dem Felde zu thun haben, der Sonne ſehr ausgeſetzt: ihre Nachtarbeiten aber rich— ten ſich nach den verſchiedenen Verrichtungen, die bey jeder Jahreszeit ſich ereignen; denn zu der Zeit, wenn der Zucker gepflanzet, oder von Unkraut gerei⸗ niget wird, koͤnnen ſie ſchlafen bis an den Anbruch des Tages; wenn aber die Arbeiten ſtark zuſammen kommen: ſo wird die Zeit koſtbarer, und ſie muͤſſen, faſt wie die Sclaven, oͤfters ungekleidet, alle Nachte zum Theil wachen, und doch wieder mit gleicher Munterkeit an ihre Tagesarbeiten gehen, da der Herr der Pflanzung ſelbſt und der Aufſeher nicht ruhig ſchlafen koͤnnen, weil fie auf alle Weiſe befor- get ſeyn muͤſſen, den Lohn fuͤr ihre das ganze Jahr durch gehabte Arbeiten in Sicherheit zu bringen; in⸗ dem ein unverfehener Sturmmind, oder ftarfes Res genwetter, ihre ganze Erndfe leicht völlig verderben, oder. ein geringer Zufall verzögern Fann: und glück lic) ift derjenige, der um diefe Zeit genug Bediente hat, auf deren Fleiß und Siebe er fich verlaflen kann, oder der munter und gefund genug ift ‚ überall bey den verfchiedenen Arbeiten felbft gegenwärtig zu ſeyn. Die Schwarzen, die die legte Claſſe der Einwoh⸗ ner ausmachen, find faft durchgehends ein Eigen thum der Europäer, und werden eben fo, als eine jede andere Sandesrwaare ‚ gefaufet und verfaufet; indem fie allezeit, als ein Theil des Vermögens, ane gefehen werden. . Sie wohnen in Fleinen elenden, mit Thon bemworfenen Hütten, die an gewiſſen Plä- Gen, wie Dörfer, bey einander ftehen, und gemei« niglich in zwey Zimmer abgesheilet ſind. Gie be fom: a a — von Jamaica. 6n kommen jaͤhrlich etliche Ellen grobe Leinwand, damit ſie bey uͤbeler Witterung ſich etwas gegen die Kaͤlte ſchuͤtzen, und wenn ſie krank ſind, ſich warm halten und vor der freyen Luft dewahren koͤnnen. Auf dem Lande verſorgen ſie ſich ſelbſt mit Nahrungsmitteln, und deswegen uͤberlaͤßt jeder Coloniſt ſeinen Sclaven ein fruchtbares Stuͤck Land, welches fie den Sonn⸗ tag und die uͤbrigen wenigen Stunden, die ſie frey haben, bearbeiten, und ihren Lebensunterhalt fuͤr die folgende Woche beſorgen muͤſſen; und doch iſt der Ertrag, von der Arbeit dieſer wenigen Stunden, nicht nur hinlaͤnglich, ſie in einem guten Jahrgange mit Ueberfluß zu verſehen, ſondern liefert ihnen auch noch genug, um die nahe gelegenen Marktplaͤtze da- mit befuchen zu fönnen. Sonſt ift aber auch noch bey jeder Pflanzung eine Allee von Mufa Pflanzen, und eine binlänglihe Menge von Korn und Yams, um bie Neuankommenden und Kränflichen zu ver- forgen, und den andern in einem unfruchtbaren Jahr: gange, oder wenn ihnen Nahrungsmittel fehlen, auszubelfen. Au . Wenn wir die Ungemächlichfeiten, womit diefe unglücfliche Creaturen beſchweret find, die Arbeiten, die fie thun müflen, die Abmechfelungen von Hiße und Kälte, denen fie ausgefeget find, und ihre grobe Nahrung überhaupt betrachten: fo dürften wir ung nicht vermundern, wenn fie noch träger und Fränflie cher wären, als fie gemeiniglid) find, oder wenn die Krankheiten, denen fie unterworfen find, von unfern ‚Krankheiten noch mehr verfchieden wären. Es find ‚auch wirflich oft diefe Krankheiten von einer ganz be= fondern Natur, und erfordern eine vwollfommene * ga Kennt⸗ 612 Buͤrgerliche Hiftorie Kenntnig der Zufälle, um ihre wahre Urfachen zu entdecken; und doc) überlaffen die Eigenthümer, des ren Vortheil doch hauprfächlic von der Wohlfahrt ihrer Sclaven abhängt, felbige fehr oft Der Befor: gung eines unerfahrnen jungen Menfchen, oder eines andern unwiſſenden Kerls, der kaum im Stande ift, eine Aber zu fihlagen, oder ein einziges Recept zu verfchreiben ; dieſes Fommt aber mehr von Unmiffen» heit und Eitelfeit, als wirflihem Mangel eines Mit leidens; denn wenige koͤnnen von der Arztneywiſſen⸗ ſchaft urtheifen, und jeder will doch feinen eigenen Arzt haben. Diefe nun haben mit der Zeit jolche Heilungsarten in diefen Eolonien eingeführet, daß | man fehr oft fieht, wie Perfonen vom erften Range, bey der Gelbfucht fo lange mit ‘Brechmitteln und Blafenpflaftern geplaget werden, bis es ihnen das Leben foftet; und daß vornehme Frauenzimmer bey Entzündungen, die bloß von Würmern entftehen, durch den ungefchicten Gebrauch der Fieberrinde aufgeopfert werden, Da andere bey dem gelinden Anfange eines Falten Fiebers öfters fo lange verab- ſaͤumet werden, bis die Krankheit ——— uͤber⸗ hand genommen. Von einigen natuͤrlichen — keiten der Inſel Jamaica. Die merkwuͤrdigſten natuͤrlichen Seltenheiten ſind: | 1) Der Wafferfall in Mamee-River, etwas über Bullbay in dem Kirchfpiele Port-Roial. 2) Die Caſcade, und 3) Die von Jamaica, 613 3) Die Grotten, beyde in dem Kicchfpiele St. Annaͤ. 4) Die Nebel in dem Kirchſpiele St. Thomas in the Vale. Der Waſſerfall in Mamee · River enſteht, in⸗ dem ſich dieſer Strom zwiſchen zwey Felſen uͤber eine Hoͤhe von faſt zweyhundert Fuß herunterſtuͤrzet, und faſt in der Mitte an einen großen hervorragen— den Felſen anſchlaͤgt, wodurch dieſer Strom fo hef— tig gebrochen und zertheilet wird, daß der enge Kaum unten zwiſchen den Hügeln immer mit Wol⸗ ken und Mebel angefüllee iſt, die beftändig die ſchoͤn⸗ ften Regenbogen machen. Diefer Plas wird noch fhöner und prächtiger durch die große geräumliche Höhle, die oberhalb des Waſſerfalls unter dem einen hervorragenden Hügel Dingeht. Die Cafeade ift noch merfwürdiger , und finder fih in dem einen Arme des Rio alte. Am aber von diefem wunderbaren Werke der Matur einen deutlichen Begriff geben zu Fönnen: fo müflen wir vorher erinnern, daß die meiften Hügel in diefer Ge— gend aus Tuffitein beftehen,, der ſich fehr leicht aufloͤſt, fo daß alles Wafler, welches durch diefe Felfen dringt, fehr viel Tuffjtein bey fich führet, und des— wegen alle Körper, die einige Zeit an folchen Orten, wo der Strom nicht fehnell und reißend iſt, in dem Waſſer liegen, mit einer Rinde uͤberzieht. In einer Gegend nun, wo der Fluß ſich mehr ausbreitet, und einen ganz geringen Abhang hat, findet ſich ein ſe— henswuͤrdiger Wald von lauter Anchovy-pear-⸗Baͤu⸗ men, deren ſich weit ausbreitende Wurzeln den feich- 293 ten 614 Birgerliche Hiftorie ten Strom in taufend verfchiedenen Stellen und Rich: tungen an feinem Laufe hindern, Indem nun das Waſſer hier aufgehalten wird, fo läßt es den aufge: löften Tuffftein fallen, der nach und nach zu den Rin- den und verfchiedenen Abſaͤtzen erwachſen ift, aus welchen die nachfolgenden Jahre diefe ſchoͤnen Baͤnke und ftufenmeis gefegte Terraſſen gebildet haben, um deren willen diefes Stuͤck jest fo fehr bewundert wird. Die Grotte liegt in dem nämlihen Kirchfpiele an dem Fuße eines Hügels, unter welchem fie mit einem ganz gelinden Abhange zwey oder dreyhundert Ellen weit hineingeht, und Fledermäufen, Nacht: eulen, und entlaufenen ſchwarzen Sclaven zu einem bequemen Aufenthalte dienet, zu welcher ein; enger Weg durd) einen Wald führe. Die Deffnung der Grote ift bey ihrem Anfange weit und frey, wird aber immer enger, und ift weiter hinten in eine große Menge Fleiner Kammern abgetheilet, die von vielen aus Tropfftein erwachfenen Pfeilern unterftüget wer: den, da andere noch unvollfommene Säulen theils von der Dede herab hängen, theils von dem Boden ih erheben. Diefe Pfeiler find in dem bintern heile der Höhle ftärfer und vollfommener, wo das Waſſer, welches durch eine mehrere Dicke des Ber: = dringt, mehrere Theile des Tufffteins bey ſich uͤhret. J Der Nebel, der in Sirteen mile Walk fo or: dentlich alle Tage eine gewiſſe Zeitlang die Luft ver- dunkelt, verdienet gewiß alle Aufmerkfamfeit. Die Gegend, wo er bemerfet wird, ift ein angenehmes Thal, das mittagroärts läuft, an dem Fuße des großen Berg Ruͤckens, faft mitten in der Inſel KR onft - von Jamaica. 615 fonft auf allen andern Seiten durch Hügel umgeben wird. Der Boden ift fruchtbar, und die Gegend mit vielen Duellen und Fleinen Bächen bewäffert, die ‚alle in zwey Fluͤſſe fallen, welche ſich etwas weiter unten in einen Strom vereinigen, der roifchen zwey felſigten und unfruchtbaren ſteilen Huͤgeln in die Ebene fortlaͤuft. Dieſes Thal iſt taͤglich mit Nebeln bedeckt, die mit Anbruche der Nacht aufzuſteigen ans fangen, die Macht durch immer dicker werden, und fih in die nahe gelegenen Thaͤler ausbreiten, bey Anbruch des Tages am dickften find, und in diefem Zuſtande verbleiben, bis die Sonne die Luft mehr er— waͤrmet; worauf fie nach) und nac) in die Höhe ftei- gen und fih ausbreiten, und endlich zwiſchen acht und neun Uhr in zwey Ströme ſich teilen, wovon der eine abendwärts zwifchen den ‘Bergen und nahe gelegenen Thälern, der andere gegen Mittag gerade nad) dem Laufe des im Thale laufenden Fluſſes fich fortzieht, bis er in die Ebene fommt, wo er ver- ſchwindet. Diefer Nebel ift früh Morgens fehr Dick, und fieht, wenn er von der Spige eines der nahe gelegenen "Berge betrachtet wird, vollfommen einer See ähnlich, deffen verfchiedene Aerme und Bufen die nahe gelegenen Thäler genau vorftelfen. 244 I. Forte 616 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht * * * * X XXX X X X X MX * 1.’ Fortſetzung von Herrn Hanovs hiſtoriſchen Rachricht von Elbing. —I er } N nun fehon die faiferlichen Briefe allenthal- ben an die Hanfeftädte und in die Miederlan- de ergangen: fo wußten doch dieſe ſchon von Gödefens unrechtfertigen Sachen, und daß Diefe Städte nicht unter dem Faiferlichen Gerichtszwange ftünden. Darum fchadete ihnen ſolches nicht fonder- ih. Man hielt auch dafür, es wäre dieſes mehr von dem Hohemeiſter angeftiftet, und ihm zu Ge: fallen verfüget, als dem Gödefe, etwa in ber Mey: nung, dieſe Städte von Pohlen abwendig zu mas chen. Goͤdeke richtete alfo wenig aus, ob er gleich die Sache einem von Adel zur Ausführung überge: ben, von dem fie auf deſſen Schmwiegerfohn gefom- men, -und nad) deſſen Tode vom Könige GSigiss mund die Acht vernichtet worden. Immittelſt wurs den dieſe beyden Städte als Neichsftädte immer auf: gefordert , und mit Steuer und Hülfe zu des Neihs Nothdurft angefchlagen, weiches vorhin nie gefche- ben, von Elbing. 617 hen, und als es von dem Orden verſucht werden wollte, durch den Koͤnig Caſimir voͤllig abgelehnet war, und die geaͤußerte Vermuthung beſtaͤrkete. Daſelbſt S. 4022, allwo auf ver folgenden Seite mehr von folchen Berfüchen, diefe Städte zu Reichs— fädten zu machen, und mit Abgaben zu belegen, angezeiget wird, und wie fie infonderheit Anno 1502 zum Türfenzuge mit aufgefordert worden, bey dem Heil ihrer Seelen Seligfeit, und bey Ehren und Pflichten. ©. 203a. I; | 6 156. Weiter ward Elbing fehr beunruhiget durch einen unter dem Hohemeifter gefefienen Edel- mann, Namens hans Hillebrand, der über böfe Machrede Flägte, etliche Bürger in der Stadt an ſich gezogen hatte, und ihr viel Schaden that. Die Bürger wurden ausgeforfchet und geviertheilee. Aber den Edelmann mußten fie mit Gelde abfinden, wie Hennenberger aus Grunowen meldet ©. 116. Als der König im Jahre 1504 nad) Preußen Fam, zog er mit feiner Gemahlin Helena den ten April nah Thorn; nad Dftern über Marienburg gen Eibing, fo dann nad) Danzig, die Huldigung pers fönlich einzunehmen , welche auch fo vollbracht wurde. Nur der Hohemeiſter, welcher nach) Marienburg im Junius beftellet, war Eurzwworher nad) feinen Freuns den in Sachfen verreifet, und ließ fich entfchuldigen. Schüs ©. 4032. Indeß haben dort vie Elbinger und Danziger ihre Befugnifle an der Mehrung, darüber Streit war, vor dem Konige und den preufs fifchen Raͤthen vorbringen müffen. Imgleichen find Die Sandesvorrechte beftätiget worden. a5 . 357. 68 Hanovs zuverläßige Nachricht $. 157. In der Mitte des Hornungs folgenden Jahres 1505 follte das Landgericht zu Elbing fortge- feget werden, mie es vorher zu Graudenz war gehal- ten worden. Die Abgeſchickten von Danzig fagten - wohl, daß fie fich von Landen und Städten nicht trennen wollten, fondern bey ihren und des $andes Privilegien bleiben, und folche, fo viel möglidy ver⸗ theidigen helfen, wie bis anhero. Es ward ihnen aber vorgeworfen, daß fie fid) zu Thorn ſchon abge⸗ fondert und zu den poblnifchen Raͤthen gehalten. Ob gleich der König mit den preußifchen Landesraͤ⸗ then zwiſchen ihnen und den Elbingern ein Urtheil gefället , fo hatten fie fi doc) damit nicht begnuͤget, fondern fuchten ein Ureheil bey den pohlnifchen Raͤ⸗ then ). Sie hatten auc) ſchon etlichemale, ohne des Sandes Wiffen und Willet, ‚heimlic) ihre Borh- fhaft an ven König gefchicket, melches alles wider des Sandes Privilegien lief. Ja fie wollten aud) jest ihre Abgeordneten auf den Reichstag fhiden, weil fie dazu verfchrieben wären **). Deromegen wird ihnen der Benftand gegen Simon Maternen verſaget, weil fie fein Gericht des Landes wollten gel ten laffen. | ' *) Man kann igt fehmwerlich abfehen, wie ed damals zugegangen auf den Landgerichten; ob man gern geſehen, daß die großen Städte mit einander ſtrei⸗ tig wären, und folchen Streit auf die lange Bank zu fchieben gefuchet habe, damit die andern Raͤthe dabey ihr Anfehen und Intereſſe befördern könnten: oder was fonff darhinter gefteckt habe. Wenigftend iſt das Urtheil von 1504, fo der König mit den Ras then in Preußen zu Marienburg gefället, ganz uner- ‚wartet u. unbegreiflich, wenn man auch nur das erffe danziger Privilegium, von Anno 1454 gelefen 2 Der 2 von Elbing. 619 Der König AUlerander erzahlet in dem Eingange des Schluſſes zu Radom, was er im vorigen Jah— re zu Marienburg geiprochen, namlich daß weder die Danziger, noch bie Elbinger, zur Nebrung Recht hatten, fondern die gehöre dem Könige, und des: wegen beyden ein ewiges Grillfchweigen aufzulegen fey. . Doch wolle er es agfcheben luffen, daß, wenn er kuͤnftig wieder zu Marienburg wäre, fie noch einmal ihre vornehmften Verfchreibungen ihm vors legten. Sollten wohl die Herren Bohlen, ſo um den König geweien, die Danziger mit größern Ver— beißungen angeförnet haben, die Gache nur an den Reichstag zu nehmen, da follten fie bald Recht befommen ; damit fie allmaͤhlig die preußiſche Ga- che vor ihr Gericht mit Bute brachten, bey der wiefpalt der Staͤdte, welches fie vormald bey ihrer Eintracht auch mit verfuchter Gemalt, nicht bätten zumege bringen können? Doch dem fey, wie ihm wolle, Zwieſpalt und deren Urfachen ‚ zu⸗ mal die unbilligen und zu hoch gefpanneten, bringen nichts gutes. **) Es hätte ja wohl das Urtheil nach der Billig: feit einem jeden das Seine zufprechen, oder eher ei- nen gütlichen Vergleich zumege bringen können, als alle beyde rechtlog machen. Und wie haben die Elbinger damit zufrieden ſeyn können, daß fie fo wenig, als die Danziger, weitern Amfpruch an der Nehrung haben follten? Hatten fie nicht zu der Zeit fich zu einem gütlichen Vergleiche bequemen und einlaffen koͤnnen, wie fie es hernach doch gethan haben? Vermuthlich waͤren die Danziger damals ‚eben fo willig dazu geweſen, als hernach. Wiewohl ſie nunmehr, da ihnen alles Recht auf die Nehrung abgeſprochen werden wollen, zu entſchuldigen waͤ— ren, daß fie ſolches auf den Reichstage beurtheilen und ihnen oͤffentlich zuerkennen laſſen mußten. 9. 158. Hernach ward zu Radom der Stadt Thorn der vermeynte Stapel abgefprochen, weil ſich pp 620 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht ſowohl der Adel geiſtlichen und weltlichen Standes mit ſeiner uralten Freyheit ſchuͤtzte, als auch Krakau, die von Plotzko und Maſuren ihre Privilegien und Freyheiten vorbrachten, mit ihren Guͤtern nicht nur nad) Thorn, ſondern auch nach Danzig frey zu fchif- fen und fahren. Die Urfunde fteht im 1. ande der Lengnichifchen Gefchichte unter den Docu- menten N. 3. ©. 11-13. Man findet da nichts, daß ſich die Eibinger'oder Danziger in die Sache gemenget . haben. %ener ihre alte Niederlage gieng auch nicht auf Pohlen noch Maſuren, fondern nur die Nieder- preußen, Pomefanter und an Mafuren gränzende Drdeng-Unterthanen ($. 71.). Sollten fie hernad) mehr erhalten haben, würde eg, wie die thornifche, doch nur die Kaufleute betroffen haben, welche nicht unter Pohlen ftehen. Denn fo lautet es in der ver: liehenen thornifchen Niederlage in der Zerneckifchen Chronik, ©. 66. Sin demfelben Jahre hat der König Alexander den preußifchen Städten das alte echt wieder erneuert, welches fie bereits unter dem Fürften Witold zu Cauen unter den Litthauern in Anfehung der freyen Kaufmannfchaft zu Radom am Feſte der hochgelobten Dreyeinigfeit erhalten hatten. $. 159. In demfelben ahre erhielten auch die Danziger zu Radom im April einen Ausfpruch des Königes wegen ihrer Zroiftigfeit mit den Elbingern über die Nehrung, darinn wird erzählet, daß ber König beyder ihre Forderungen und deren Belege zu Marienburg unterfuchet habe, auch einen Ausfpruch gethan, von dem ſich die Danziger auf den pohlni: fhen Reichstag berufen; daß die Elbinger der La— dung dahin nicht Folge geleifter, und deswegen mider ihren i von Elbing, 621 ihren Ungehorfam die Foniglihe Begabung der Dane ziger mic der Nehrung beftätiget , und fie von neuem damit befchenfer, mit allem Zubehör, wie fie folche befißen, und bisher unter den pohlnifchen Königen befeffen haben, mit Borbehalt ver Jagdgerechtigkeit, und des Theils davon, welches im Frieden dem Ho— hemeifter überlaffen worden *). *) Das Ausbleiben der Elbinger läßt ſich damit ent: fehuldigen , weil die preußifchen Sachen in Preußen ſollten gefchlichtet werden. 6.160. Kaum hatte der vorgedachte Hiller - brandt ein paar Fahre Friede gehalten: fo fieng er mit einem andern, Urban Heften, neue Befchuldis gungen wieder an, unter dem Dorgeben, ihm fey "was nachgeredet, das er nicht leiden koͤnnte. Diefe zogen mehr Gefellfehaft an ſich, und ritten aus, EI- binger zu fangen, welche fich wider folche unbefugte Gewalt zur Wehre festen. Darüber ward ein Reu⸗ ter erfchoffen, aber von den Elbingern ihrer drey ge= fangen. Darunter war, ein Vater und Sohn, mit dem Zunamen Büttenhil. Den Sohn ließen fie los, (vielleicht Ranzion zu ſchaffen) unter der Bes dingung, Daß er fich in etlichen Wochen, wenn fie ihn fordern würden, wieder einftellen follte. Als er das nicht that, brachten fie die beyden andern in einen Krug, nahe bey Eibing, bieben ihnen Hände und Füße ab, und durchftachen fie, daß fie tode mußten in die Stadt gefchicker werden. Nach Hennenber⸗ gers Erklaͤrung der Landtafel, Sur. In der euſtadt fiengen ſie auch des Stadtſchreibers Sohn, der vorhin auch gefangen geweſen, und auf Gelos bens, fich wieder zu ftellen, losgelafjen war. Dem | | bieben 622 Hanovs zuverläßige Nachricht bieben fie nur eine Hand ab, ließen fie ihm in den Bufen ſtecken, und damit nad) der Stadt gehen, Weil der Drden darüber nicht richten wollte, mußte die Stadt ſich mit diefen Feinden vergleichen, und 6000 31, fie zu befriedigen, geben. Dafelbjt *) und Schuzens Chronik ©. 416 fgg. *) Nach Grunowens Berichte will einigen Perſonen der Obrigkeit Schuld gegeben werden, daß fie die Schul: Digen aus Gunſt nicht recht firafen wollten, fondern fie zum Bertrage gemwiefen , darum fie rechtlos geblie⸗ ben, und fich felber zu rächen gefucht. Ein Theil diefer Befchuldigung wird auf des Ordens Marfchall gefchoben, ein ander Theil auch auf die Burggras fen in den Gtädten. Leo Hift. Pruſſ. ©. 343. ff. ———— ©. 116. fg. und Schuͤtz . 421. $. 161. Damit die Zwiftigkeiten der Elbinger und Danziger in der Güte gänzlich abgethan werden möchten, ward’ im Jahre 1509 auf dem Stadthofe zur Bereinigung gefchritten, da die Städte wider den Orden, den Bifchoff in Ermeland und jene Bes ſchaͤdiger nöthig fanden, unter fich eins zu werden. An der Mitwoche vor Petri Stulfeuer haben fich die Abgefchicten von Elbing und Danzig um gurer Nachbarſchaft und freundlicher Zuneigung willen das hin geeiniget, daß die Danziger denen von Elbing gegönnet, 1) etliches Bauholz von der Mehrung ins nerhalb der Stadt Freyheit zu ihrer Stadt Bolle werke nothdürftiger Ausbefferung und Aufbaltung, wenn fie darum freundlich erfucher und begrüßee werden. 2) Jaͤhrlich den Fiichern eine gemöhnliche Fiſcherbude am Haff, ihre Garne da zu treugen, und nothdürftige Feuerung aus Dem Legeholze da frey zu genießen, von Elbing. 623 genießen, aber nicht megzuführen. 3) Korn und Getreide zum Berfaufe herzubringen,, es binnen Baumes über zu fchiffen bey der Brüde, hier Salz zu Faufen, es bey der Bruͤcke vom Siegel zu em— pfangen, und daſelbſt mit jedem Kauf zu fchlagen, welches den Danzigern eben fo wieder in Elbing ver⸗ ſtattet werden follte. 4) Nur follten fie das hier gefaufte in ihre Heimat führen, und nicht anders wohin zum Machtheile ver Stadt. 5) Sollten alle Waaren, fo zur Wühl und Wrack gehören, bier gemeffen, ges wogen und gewracket werden, und fo den Danziger Kaufleuten etwas verbothen wäre, wegen der Auss führung, follten fie ſich ebenfalls darnach halten. 9. 162. Hierauf erfolgte denn die elbingifche gänzliche Verzicht auf die Danziger Nehrung, wels dje den Sonnabend vor Reminifcere dafelbft vers briefet und verfiegelt worden. Es begeben ſich in derfelben die Elbinger gänzlich und zu ewigen Zeiten ihres Anfpruches auf die Nehrung, für fich und ihre Machfommen. Dagegen erhalten fie zu Danzig die Freyheit, ihre hergebrachte Waaren binnen Baus mes aus ihren Bordingen oder Schmaden auch an Fremde zu verfaufen, und über See auszufchiffen auf ihr Pfahlgeld. Auch mögen fie hier von Frem: den einkaufen und einladen, aber hier nicht wieder verfaufen, oder aushöfern, fondern das follen fie nad) Haufe führen. $. 163. Was anbetrifft des heilsbergifchen Bi- ſchofs Sache, die er wider die Elbinger fuchte, und darin die Danziger eine Fürbitte an den König ein⸗ gefendet hatten, fo fann man folche abnehmen aus dem, mas den preußifchen Abgeordneten nach Peter: kau, 624 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht kau, dahin ſie der Koͤnig berufen hatte, mifgeges ben worden, nach Schuͤtzens Bericht in ſei⸗ ner preußiſchen Chronik Bl. 419b. Dahin wurden von Elbing geſendet Peter Baryn und Johann Butenhahl. Darinn wird gedacht eines Geloͤbniſſes dieſer Landſchaft wegen Befriedi⸗ gung dieſer Lande, der heil. Brigitten zu Elbing ein Kloſter zu bauen, wie es der König Caſimir zuges laſſen ($. 128.), und mit pabjtlichen Bullen beftätis get wäre. Welches nun der Bifchof Lucas zu bins dern, und die Dörfer, fo dazu verordnet, an fich zu ziehen fuchte. Deswegen fie den König bitten ‚; fol ches zu Herzen zu nehmen, und zu verfchaffen, daß folches Werk vollendet werden möchte. 9, 1642. Diefes bringen die Elbinger und Dans ziger dem Könige bey, nebft mehr andern. Dingen, als daß der Bifchof aud) die Scharpan, das tolkemi⸗ tifhe Gebiete, das Schloß Papomw, Altenhaus, Eulm, Radern, in feine geiftlichen Hände fheils ſchon gebracht, theils zu bringen beflifien geweſen, welches ſowohl dem Könige, als dem Lande, zum DAHIN gereiche. Imgleichen daß fie noch mit der Faiferlichen Ladung an das Rammergeriht und mit der Acht beſchweret wuͤrden, und bitten, daß ſie davon befreyet werden moͤgen. Schuͤtzens Chron. S. 425b und 4262. Der König Sigismund ver⸗ gröftete fie, er wolle ihm die Sache laſſen angelegen feyn, die ihn ſelbſt mitbetraͤfe, und thun, was ein Herr feiner Herrſchaft wegen zu thun ſchuldig waͤre. Wegen des uͤbrigen babe fi) der Biſchof erbothen, wenn andere Dinge im Sande in beſſere Ordnung ge⸗ | bracht von Elbing, 625 ‚bracht wuͤrden, wolle er fich auch gegen den König gebührlich verhalten. Daſelbſt S.a26b. 9.164. Als hernach der König Ambrofium Pampowski den marienburgifchen Hauptmann zum Statthalter in Preußen erklären ließ, fagte unter an— dern der elbingifche Bürgermeifter, Peter Baryn, “Dagegen, weil die Gerichte im Sande nach vorigen Landesſchluͤſſen anders bewilliget worden , Eönnten die Elbinger in diefe Neuigkeit niche willigen. Sie wollten bey ihren Nechten und Privilegien bleiben, nach welchen fie, im Fall ein Gebrechen in der Stade Gerichte gefühlee würde, fie ſich ihres alten Berufes nach) Luͤbeck gebrauchten. Sollte jemand in Dreußen über fie fid) befehweren wollen, fo wollten fie nach alter Gewohnheit von Sanden und Städten fich rich- ten laffen, oder auf bedürfenden Fall wie fonft fich von koͤnigl. Majeſtaͤt richten laſſen. Bey Schu⸗ tzen ©. 429 b. Als der heilsbergiſche Biſchof ſagte, die Elbinger wären ja vorhin anderes Simies gewe ſen; antwortete dee Bürgermeifter, ſolches fen gefche- ben nach vorgefchlagenen Artikeln: daß es mit beſſe⸗ ver Bequemlichkeit und geringern Unfoften sc. gefches ben möchte, Nachdem ihnen aber folche abgefchla= gen worden, und dieſes wider ihre Privilegien fey: jo wollten fie bey ihrer alten Gerechtigkeit bleiben. Dofelbfi ©. 4303, 9.165. In dem folgenden Kahre fendete der Hohemeiſter unter andern auch an Eibing wieder eine Ausladung nad) Worms auf den Keichstag, da fie ber Rebellion. follten befchuldiget werden. Auch ‚wollte ev den legten Frieden anfechten, daß er er- zwungen fey, und etliche unrechtmaͤßige Dinge in ſich ara Band. Nr halte, 626 Hanovs zuperläßige Nachricht halte, die er zu balten nicht fhuldig, und darüber rechtliches Erkenntniß leiden wollte. Der Konig ſchickte feinen Secretarium dahin, und ließ die Städte vertreten, daß fie nicht fchuldig waren, allda zuge= fiehen, fondern er wollte für fie antworten. Dem KRaifer zu Gefallen ließ er einen Tag in Pofen anſe— gen, da die Gefandten zufammen Fommen follten, die Händel gütlich zu verhören, und, wo möglic), zur Einigfeit zu dringen. Es ward aber-mit allen vor gebrachten Sägen nichts ausgerichtet, und der Ho: hemeifter farb im December. NHiervon handele Schuͤtze in feiner Chronik Bl. 431 440. Uns gefähr um die Zeit hatten die Elbinger wieder den Hillebrand zum Feinde, deſſen oben gedacht worden. Wie verfelbe einen Goldſchmidt genommen, und eis nen Gewandfchneider, Balthaſ. Werterburg, und wie diefer ihm noch im Finftern wieder entfommen fey, findet man ganz umſtaͤndlich in Hennenbergers erklörter Landtafel ©. 117 f. $, 166. Als der Marggraf Albrecht: von Brandenburg unter gewiſſen Bedingungen vom Könige in Pohlen zum neuen Hohemeiſter zugelaffen war, fehrieb der König denen von Elbing und Dans zig, wenn er hier durchreifen wuͤrde, follten fie ihn, als feiner Schwerter Sohn, mit aller Ehrerbiethung empfangen, und ihm alle gebührende Gutwilligkeit bezeugen, nad) Schuͤtzens Bericht ©. 4432. Cr nahm aber feinen Weg über Pofen, Thorn, Riefen= burg, ꝛc. A. 1512. Bey Öelegenbeit einer von ‘os hann von Höfen in einer Erbſchaft an ben König gezogenen Appellation, ward bey dem Könige viele Borftellung gethan, daß folhe Sachen im ande bboͤchſtens von Elbing. 627 böchftens auf dem Sandtage follten abgethan werden, Am fönigl. Hofe fanden diefe Gründe wenig Gehör, und ward fonderlich als eine Beſchwerde angeführer, daß Die Elbinger in der Appellation nach Lübeck gien- gen, gleich als ob die von Lübe und Magdeburg, in Anfehung des culmifchen Rechtes, mehr Macht und Obrigfeit in Preußen hätten, als felbft ver Kö- nig. Doch wurden die Sachen fo lange ausgefegt, bis der König in das fand kommen würde, da diefe Sache genauer unterfucher, und deswegen Verfuͤ— gung getroffen werden follte. Daſelbſt ©. 4442. $. 167. Im Jahre 1515. begütigte der König Sigismund dem Lande und.den Städten die Pri- vilegia, empfing darauf die Huldigung, und verlan- gete, daß ein Paar vom Sande und Städten mie ihm zögen gen Wien, da mit dem Kaifer, dem Ko: nige in Ungarn, und dem Hohemeiſter diefer Sande Beſtes und Aubeftand follte behandelt werden. Wel: ches auch gefchab im Auguft, und wurde da erftlich die Breslauer Niederlage, über welche die Pohlen nad) Preußen fich befehwereten, abgefchaffer; herz nach wurde die Reichsacht rider Elbing und Danzig aufgehoben, auch zugleich die Ausladung derfelben ‚nad) den Neichstägen und dem Kammergerichte, worüber von Faiferlicher Majeftät ftattliche Berfchrei- bung ausgehändiget ift; welches Schuͤtze wohl an⸗ merfet S. 449. und 4502, Die Urkunde fteht in Prilufii Statutis fol. 758. | §. 168. Um diefe Zeit entfponn fich wieder im Elbingiſchen und Ermländifchen eine Befehdung und Beſchaͤdigung der Leute und ande. Beſonders als ein elbingifcher Bürger, YTic, Tolke, (im Leone | Rr 2 fol. 351. 623 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht fol.351. Tolfemit ) von folchen Raubern im Bißthu- me niedergeworfen , geftümmelt an Öliedmaßen, und feiner Güter beraubet worden, bat auf bifchöflichen Befehl, nach des Koͤniges und der Sande Willen, ein Amtmann ſie verfolget, uͤbereilet, und in des Ordens Landen ihnen den Raub abgeſhlagen auch einen aus ihrer Geſellſchaft gefaͤnglich eingebracht; laut Schuͤtzens Bericht deſſen, was der Bifchef auf dem Landtage Davon anbringen laflen, Bl. 453. darauf ein großes Moröbrennen , Rauben, und Plündern entftanden, worunter etliche von Des Ho— hemeifters Lehnsleuten und Hofdienern angemerker - werden. Welches —— uͤber zwey Jahre lang fortgeſetzet worden, von Leuten, die für Feine Raͤu⸗ ber, ſondern gute Edelleu⸗ wollten angeſehen ſeyn, die ihr Recht mit Gewalt zu ſuchen genoͤthiget waͤren, (davon Leo mehr Bericht giebt ©, 315.) und ihren Feinden entfageten, oder den Krieg anfündigten, und heermeife zu 40, 100 und mehr ausvitten, und Ein: rifte wageten, und Die $eute brandfehaßten, wodurch das Stift innerhalb zwey Jahren über nooo Mark ausgegeben. §. 169. Etwan in dieſe Zeit ſcheint das zu ge⸗ hören, was Hennenberger am a. O. ©. 118. erzäh- let, Daß diefe Reuterey unter vem Markgrafen Als brecht lange gewaͤhret, und. von demfelben der ent laufene Dakkh, Wartenburg, famt einem Eifen= Erämer, Matthes Dolen, wieder gefangen, und beyden Hände und Züße abgehauen worden, daß fie ihnen nicht mehr entlaufen Fonnten. Als der Hohes meifter von dem Könige beſchicket worden, hat er Ei dieſen Punet en von bofen Buben in feinem J von Elbing. 629 feinem Sande wüßte er niche Es waren aber etliche Keuter und gute Gefellen zu ihm gekommen, und ſich Hoch befiaget, daß ihnen von den Föniglichen Unterthanen Feine Gerechtigfeit wiederfuͤhre, wes— wegen er felbft für fie etliche mal an den König ges fehrieben, aber es häfte nichts verfchlagen. Er Fönnte ihnen das Sand nicht verbiethen. Es märe ihnen auch nicht ſehr für übel zu halten, daß fie fid) ihres Schadens erholeten, wie fie fonnten. . 170. Es hatte der Hohemeifter verbotben, die Zufuhr nach den koͤniglichen Landen, welches er zwar Damit entfchuldigte, daß es nur in den Lebens— mitteln gefchehen fen, auf eine Zeitlang um Theurung zu vermeiden. Darauf wurde auf dem Neichstage zu Crafom befchtoffen, und ein Verboth ausgeferti- get, auf Johann ısıg, daß auch aus den Foniglichen Sanden Feine Zufuhr in des Drdens Sande gefchehen follte. Diefes bewog den Hehemeifter, Die Handlung in feinem Sande Ao. 1519 wieder frey zu geben; aber frenen Durchzug wollte er nicht verftatten, fonbern in Königsberg follten die Waaren niedergeleget; oder durch Das Tiefe zur See verfchiffet werden, fie möchten aus Moſcow, Lithauen, Liefland, Thorn, Eibing oder Danzig Fommen. nt gu MWeilder Hohemeifter, da er gen Thorn zur -Huldigung eingeladen war, und ſich nicht eins _ fand, ward ihm durch des Königs Hauptleute ent faget, und mit dem neuen Kahre der Krieg angefans gen. Sn welchen ver Hohemeifter Braunsberg überrumpeite, aber bey Eibing ſolches zweymal ver= gebtich verfucht, und ihnen nur Vieh wegnahm, und etliche Dörfer, Pifilie, Hagendorf und Lich— Nr 3 tenjeld 630 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht tenfeld zerſtoͤrete, wie Schuͤtzens Chronik meldet ©.4622. Folgendes Jahr eroberte ver Hohemeiſter unverfehens Gurftadt, und mennte es mit Elbing im März eben fo zu machen. Gr. fendete 4000 Mann Donnerjtags Nacht vor Mitfaften heimlich an die Stadt, die fich in ven Gärten und in der Zie= gelſcheune verſteckten, und vermittelft eines Dazu abgerichteten, welches bald Sicht anzuzünden, bald Schenfbier zu holen, von einem Haufe zum andern gieng, In die eröffneten Häufer am Thore drungen, | und die Leute erfchlugen, ehe fie ein Gefchtey machen fonnten, und ſich darinn verbargen. $. 172. Des Morgens, da das Thor gen Tol- femitwärts geöffnet wurde, und ein Fuder Holz in die Stadt fuhr, liefen die Feinde eilends zum Thore, in Meynung, mit dem Holziwagen zugleich in die Stadt zu dringen. Solches ward die Wache im Thore gewahr, und eilete, die Zugbrüce aufzuzie- ben. Dagegen fchlugen die Feinde ihre Hellebarden an, und zogen fie mit Gewalt zuruͤck, daß jene Die Bruͤcke mußten fallen laffen, von welchem Falle die DBrüde dermaßen wieder aufprallete, daß fie aus i den Angeln brach, und -in den Graben fiel. “Die (ar J 2 r ’ ‚Feinde faumeten nicht, mit Bretern und anderm Ju- behör eine Brüce über den Graben zu machen, und kamen heruͤber. Die Bürger ließen eiliaft das Schusgarter niederfchießen, auf welches die Feinde ' mit Herten und Beilen zuhieben, und die Vürger mie langen Rohren abhielten, daß fich niemand wohl annähern dürfte, In folcher Noth luden etliche y ’ | Bürger Wagen mit Mift, trieben fie in das Thor, den Einfall abzuhalten. Andere brachten Tonnen und 4 von Elbing. 631 und Faffer mit Steinen und Kalf ıc. gefüllet, das Thor zu vermadhen. Die Weiber. und Mägde brachten heiß Wafler, und goflen es von oben auf die Feinde, dadurch viele befchädiget wurden, aber nichts defto weniger mit großem Ernſte fortfuhren, zu hauen und brechen , was fie konnten. Sie hätten aud) ihren Willen gefchaffet, wenn die Bürger nicht einen andern Rath gefunden hatten, indem fie das Gewoͤlbe auf vem Thore durchſchlugen, und daffelbe, mit fammt dem gemauerten großen Schorfteine herab ftürzeten, daß faft alle, die am Thore arbeiteten, bes fallen und befchlagen wurden. - 6.173. Unterdeffen, da bier der Streit am heftig: ften war, übereileten die Feinde unvermuthet ein ander Thor, dadurch fie in den Schießgarten Famen, und er= oberten die nächtten zwey Thuͤrme dabey, von denen fie mit der Stadt Gefchüge in die Stadt auf den Markt unter die Leute fchoffen, und großen Schaden thaten, Die Bürger wehreten fi) Dagegen aufs befte, als fie Fonnten, bis ihnen die Böhmen, fo in der Vorſtadt in Beſatzung lagen, zu Hülfe Eamen: Ba haben fie mit den Seinden bey drey Stunden lang ſcharmuͤtzelt, bis endlich ihr Obriſter, Morig Knebel, auf den Mauern in den Fuß gefchoffen ward, und fie denn vollends gar abgefchlagen wurden, Doch zuͤndeten fie auf der Vorſtadt die Häufer an, und zogen im Rauche davon. Die Böhmen wollten ihnen nach: ſetzen, aber die Bürger waren froh, daß die Stadt aus der augenfcheinlichen größeften Gefahr errettet waͤ⸗ re, fahen and) wohl; daß die Feinde ihnen an Macht überlegen wären, und ließen es dabey bewenden. | Rr 4 So 632 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht So berichtet dieſen Vorfall Schuͤtze in ſeiner Chro⸗ nie ©. 4762, *). » *) Bennenberger führet noch ©. 119 folg. aus einer elbingiſchen Chronik weitlauftig an, wie es zu Dies fern Ueberfalle gefommen fey, durch einen Wirth, Mich. Burchard, zu Elbing, welcher den Solda— ten viel geborget hatte, und Feine Bezahlung be- fommen konnte. 18 ex nun ſelbſt denen nicht zah- len konnte, bey welchen er geborget hatte, entlief er nach Königsberg. Da faate er aus, wie fehlecht es mit der Stadtwache beſtellet fey, und wie leicht die Stadt möchte eingenommen werden. Daraus foll der Anſchlag auf Elbing gefchmiedet, und von dem Hohemeifter belicher feyn. Da e8 nicht gelun⸗ wen, iſt Diefes zu Elbing Fund gemorden, und ded Wirthes Weib und Mutter eingezogen worden, weil fie e8 nicht angezeiget hatten. Gie blieben zwar Dabey , daß fie darum nicht gewußt hatten. Aber das Weib wird verdammet zum erfaufen, und von der hohen Brücke gebunden in den Strom Elbing geworfen. Gie ſinkt erſt unter, koͤmmt aber doch wieder herauf, und fchwimmt fo mit dem Strome herab, bis ameinen Baum, daran fie bangen bleibt. Das Handwerksvolk nimmt dieſes für ein Wunder und einen Beweis ihrer Unſchuld an, rettet ſie alſo aus den Handen des Buͤttels, der fie wieder nie— derſtoßen follte ac. 9.174. In dieſem ıs2rften Jahre ward endlich ein vierjähriger Stilftand zumege gebracht, während dem, welchen der Kaifer mit dem Könige von Uns garn, dem Herzoge von Sachfen: und drey Cardis nälen und Bifchöfen, die Streicigfeiten nach Necht fhlichten follten. Schüse ©. 4772. "Der König verſpricht in dem preußifchen Rathe, der hernad) zu Thorn gehalten wurde, gegen das Recht der Einzög- —— linge, von Elbing. 633 linge, welches er bisher ſo eigentlich nicht gewußt, nicht zu handeln. Den Beruf aber an den Koͤnig, als rechtmaͤßigen Oberherrn in buͤrgerlichen Sachen, und da es in den Privilegien nicht anders geordnet iſt, will er nicht verwehret wiſſen. Daſelbſt S. 479. Von der Zeit an ſind die Appellationen aus Preußen an den Koͤniglichen Hof gemeiner geworden, und ward ſchon damals gebothen, damit nicht das Ar⸗ muth verkuͤrzet wuͤrde, eine Ordnung zu ſetzen, wie hoch die Sachen treffen ſollten, von welchen der Be— ruf nad) Hofe zu verftatten ware. $. 175. m diefe Zeit hatte das Nonnenflofter in Elbing dergeftalt abgenommen, daß im Sabre 1521 nicht mehr als eine Nonne, und ein Mond) darinn gewefen, weil die andern mit dem Kirchen- geräthe und baarem Gelde an 5400 Mark nad) Dan- zig gezogen waren. Laut des Supplements Sp. 709. 710. Wenn fie bloß der vorige Krieg bewogen hätte, zu Danzig mehr Sicherheit zu fuchen, würden fie nach) gemachtem vierjährigen Ruheſtande wieder zu> rück gefehret fenn. Aber daß diefes nicht gefchehen fey, wird aus dem Folgenden flar werden. Es muß ihnen alfo zu Danzig befier gefallen haben, und die biefigen mögen fie gern ben fic) behalten haben , theils wegen deſſen, was fie bereits mit fich gebracht hatten, theils was fie noch weiter von ihren Gütern aus El⸗ bing hoffeten. Wie es mit den beyden zurück geblie- benen bernach gehalten fey, davon finde * keinen Bericht. $. 176. Die Münzverbeff erung lag * Staͤdten inſonderheit ſehr am Herzen, davon im folgenden „sah auf dem Landtage viel geratbichager, auch Rr5 Nic, 634 Hanovss zuverlaͤßige Nachricht Nic. Copernici Auffas, welchen er als Abgeordneter des Ermeländifhen Stifis den preußifchen Raͤthen übergeben, errvogen worden. Man rarbfchlagete auch von der Vergleichung der preußifchen und pohls nichen Münze. Es mußte aber alles in weitern Auf- [hub genommen werden, wie Schürze lehret BI. 480 u. fg. Mit dem Könige Chriſtiern gab es da- mals was zu thun, mit Drlogfchiffen, dabey die Luͤbecker und Danziger die Bornehmften waren. Der Eidinger wird daben namentlich nicht gedacht; aber in der Handfefte, welche fie folgendes Jahr erhalten, wird nicht nur ihrer, fondern aud) ihrer Verwandten freyer Handel in Schweden feft gefeget. ‚Welche - Urkunde in D. Willibrands hanſiſch. Chronife HI. Abtheil. ©. 137: 141 §. 177. Beil der ermeländifche Bifhof Fabian von Luſian der Iutherifchen Lehre nicht ungeneigt gewe— fen, menigftens fie nicht verfolger hat: fo fieht man _ wohl, wie im Jahre 1523 ſchon fo viel Liebhaber derfelben zu Elbing gemwefen, daß den Dominicanern das Nachtlaͤuten und Predigen, mie leicht zu denfen, wegen ihrer heftigen Losziehung auf diefelbe verbo— ten worden. Weswegen der Prior und Prediger einen Leiterwagen mit Kioftergütern voll beladen, und Davon gefahren find, welche gefaget haften, weil man ihnen das Laͤuten und Predigen unter: faget, müßten fie dahin ziehen, wo man fie hören. und zu Recht helfen würde. Als die Bürger dem Rathe folches angezeiget, und man fie vergeblich einzubolen gefucher, ließ der Rath die Mönche um das —— befragen, welche aber antworteten, daß von Elbing. "635 daß fie darum nicht müßten, oder auch darüber fpotteten. $. 178. Deswegen mußten die Mönche das binterlaffene Silberwerf und Geſchmeide weiſen; da— von das befte, Eicherheit halber, auf das Kath: haus genommen, und allda verwahret wurde. Ein Mönd) hatte auch gefaget, daß etliche in der Stadt wären, die das Klofter ftürmen wollten, fonnte aber feinen namhaft machen, fondern es waren Weiberfragen, deswegen er ein Paar Naͤchte im Ihurme figen mußte. So erzählet es Hennen⸗ berger aus einer elbingifchen Ehronife, in feiner erklaͤrten Landtafel S. 120. Es muß aber wohl diefe Sache mit den Mönchen von dem damaligen Rathe wieder beygeleget ſeyn, daß die Mönche wie— der gefommen, und nur das abgeftellet worden, was fie ungebührliches angefangen hatten. Bor= auf ihnen alles wieder wird ausgehändiget, auch wohl mit Zuziehung des Bifchofs die Sache gefchlich- tet jeyn. Denn man lieft nicht, daß nachgehends hierüber gefteitten oder Klage und Urtheil ergan- gen feyn, wenn wir auch ſchon der Monche ihren Bericht hören. 6. 179: Don der andern Seite wird Grunow bierin nichts verfchriegen haben. Defien Bericht hat Leo ©. 396 f. ins Latein gebracht. Da erzäh: [et er, Daß ſchon unter dem Biſchofe Fabian das Lutherthum unter feinem Sprengel großen Eingang gefunden, und er felbit gefager habe, Luther fen ein gelehrter Mond), und gründe feine Lehre auf Die hei— lige Schrift. Als der König einen Pfarrherrn das RN bin 636 Hanovs zuverlaßige Nachricht hin geſetzet, den die Buͤrger nicht gern geſehen, habe er da einen alten Prieſter gefunden, der ſchon dreyßig Jahre da geprediget hatte. Der habe ſeines Amtes los ſeyn wollen, weil er nun anders predigen ſollte, als er — waͤre. Auf Zureden des Pfarrherrn habe er ſich bewegen laſſen, ſein Amt fortzuſetzen, bis er einen andern haben wuͤrde. Dieſen haͤtten die Lutheraner auf ihre Seite gebracht, daß er ihres Sinnes Ay ‚ und ihnen gut lutherifch gepredi- get. Es fen aber ein Bernhardiner Mond), den die $utheraner zu Königsberg vertrieben, Alerander ges nannt, dahin gekommen. Mit dem. habe der Offi⸗ cial den Ber gleich gemacht, er folite Nachmittags in der Kirche predigen, und das widerlegen, was der alte Prieſter Bormittags Irriges vorbringen möchte, Der fey fehr ungelehrt gewefen, und habe in feiner Widerlegung noch gröbere Irrthuͤmer "vorgebracht. Der alte habe fi) endlich wieder gefonnen, und in feinen Predigten geftanden, daß er mit Luthern ar ret habe. $. 180. ‚Darauf babe ſich Alerander nach der Sutheraner Sinn zu) predigen verleiten laffen, aber unter zweydeutigen Ausdrücen, und mit geheimem | Vorbehalte einer ganz andern Auslegung. Als fie - von ihm wenig zu hoffen gefunden, hätten fie fich an den vorigen Driefter der Neuſtadt Eibing geſchlagen, der nach ihrem Sinne geprediger, aber ein Trunfen= bold gewefen ‚ und es in feinen Predigten fo grob ge= macht, Daß fie fich feiner gefhämer, weil er auch nur alles Bergen Endlich habe er auch alles wiederrufen. Zu der Zeit fen das Gerüchte erfchol= len von dem Tumulte ‚ der zu Danzig vorgefallen, und Pd u ae a To a a De von Elbing. 637 und zu Elbing wären dergleichen Anfchläge aefchmie= det worden, welches den Mönchen fund geworden. Die hätten, dem vorzufommen, ihre Kleinodien in einen Kaften verfchloflen, und folde dem Rathe im Berwahrung gegeben. Die tutherifchen hatten fich verfammlet,und vom Rathe wiſſen wollen, warum er die Schäge der Mönche zur Verwahrung auf das Rath— haus genommen? Welcher ihnen melden laffen, es fey folches gefchehen auf der Monche Bitte. Auf diefe Antwort hätten fie fich zu dem Klofter gewen= - det, und begehret, daß man fie einlafien füllte, Welches aber die Mönche nicht für gut angefehen, da jener viele, und ihrer nur 35 wären. - Sie haben fie alfo mit Borftellung und Zureden abgehalten, und da einige mit Gewalt gedrohet, haben dieſe fie da= mit abgeſchrecket, fo bald fie was anfingen, würden fie die Sturmglocde ziehen laffen. Da fie noch fer= ner eingelaflen zu feyn verlanger, ſey ihnen zur Ant— wort gegeben, wenn der Rath dabey wäre, füllte ‚ihnen der Eingang nicht verfaget werden, wenn auch ihrer 200 hinein mollten *). - *) Es kann wohl das vorbergegangen ſeyn, mas $. 177. gemeldet ift, welches die Mönche nicht dien— lich befunden zu beweifen, Da fie nicht unfehuldig befunden worden, und vielleicht des Nachts gelau— tet haben, ihre Anbanger in das Klofter Fark zu verfanimlen, daß es ein Anſehen gewonnen, als - wollten fie die lutherifch Gefinneten mit Gewalt überfallen und vertilgen,, wen fie es mit den befz>' tigen Predigten nicht dahin bringen Tonnien. Herz nach ift e8 ganz möglich, daß dazu der Vorwand gebraucht fen, Die Lurherifchen wollten das Klofter "plündern. Welches diefe gefranfer, und ihre Un— ſchuld darzuthun, nach dem Urheber folcher Bes — — ſchuldi⸗ 63 Hanovs zuverläfige Nachricht fehuldigung geforſchet, damit der beſtrafet würde. Wie es dag ubrige bezeuget, befonders da fie von dem Verbote des Ratbes zu laufen und zu predis gen nichts gedenken, fondera vielmehr ihm alles Gutes zutrauen. $. 181. Dem zu folge haben ſich die Lutheri⸗ fihen wieder an den Kath gewendet, und gebethen, daß einige aus demfelben fi) mit ihnen nad) dem Kiofter bin verfügen möchten. Welches auch ges feheben, weil Grunow meldet, bald hernach wären zween aus dem Rathe mit etlichen tutherifchen hinge— kommen, welche die Mönche befrager, weshalb fie mit ihren Schäßen Zuflucht zu dem Rathhaufe ges nommen, als ob fie im Klofter nicht ſicher wären. (Die zugefegten Wörter von Verraͤthern würden, in Gegenwart der Natbsherren, ihnen nicht verftat- tet fenn, werden alſo billig weggelaffen als Zufäße, welche die erzählte Zufprache verhaßt darftellen folz fen.) Die Mönche follen geantwortet haben, fie hätten Befehl vom Könige, dap fie, im Nothfalle, des Raths Hülfe fuchen follten. Da fie nun ge- wußt, daß ihnen das Ihrige füllte genommen wer— den, hätten fie es in Sicherheit bringen müffen: wie auch die Stadt ihr Geld und Privilegia in des Raths Gewahrfam von uralten Zeiten aufheben laffe, und der Rath fie treulich auf hoͤbe und wieder gäbe. Darauf wären von einigen dies, von andern jenes gefaget worden; und fie hätten verlanget, daß alle Sachen des Klofters follten aufgezeichnet werden. . Als folches gefchehen, mären fie nach Haufe ges gangen *). | *) Die von Elbing. 639 *) Die Urfachen diefer Nuffchreibung in ihrer Gegen: wart fann men leicht, ermeften, Damit namlich nichts anfgefchrieben wurde, ald was wirflich da war, weil es leicht geweſen wäre, etliche anzuſtif⸗ ten, die etwan einen Diebſtaͤhl oder Einbruch thaͤ⸗ ten, damit deſſen die Lutheraner koͤnnten beſchul⸗ diget, und von ihnen gefordert werden, was nie da geweſen wäre Die weitere Nachforſchung, woher die Moͤnche wuͤßten, daß man ihnen das Ihrige nehmen wollen, und mas daraus weiter er⸗ folget, wird hier mit Fleiß verfchwiegen. 9.182. Am 12ten September foll die Gemeine wieder zufammengefommen feyn, auf ‘Begehren des Rathes, der ven neulichen Auflauf unterfüchen und wiſſen wollte, von wen er hergerühbrer fey, und ob alle darein gemilligee hätten. Man habe aber ge= ftanden, daß es nur die Lutheraner geweſen; doch hätten alle verlanget, das dem Rathe überantwortete Gefchmeide der Mönche zu fehen. Nachdem ihnen ſolches gezeiget worden, waͤren fie weggegangen. Die Mönche hätten bey vem Nathe fich erfundigen lafien, ob man ihre Gegenwart noch leiden würde ? ‚Darauf hätten die Sucherifchgefinneten gefager, fie fonnten immer weggeben, und dürften nicht erft auf Erlaubniß warten. Aber die andern hätten geftime‘ met, die Mönche wäreh von ihnen nicht dahin gefe= Get worden, darum Fünnten fie aud) von Dannen nicht verjaget erben. Demnach fey die Sache fo geftil- let worden: Wenn die Mönche Almofen bitten wür- den, möchte ihnen folche reichen, wer da wollte, und wer nicht wollte, der ließe es bleiben. Es follte fich aber niemand bey Sebensftrafe an ihnen vergreifenn, - fe beunrubigen *). *) Hierin 640 Hanovs zuverlaͤßige Nachricht | *) Hierin finder fich noch ziemliche Wahrfeheinlich- keit. Anfangs hatten freylich nur die Beſchuldig⸗ ten Urſache ſich zu regen, um ihre Unfchuld zu ent> decken. Aber davon iſt hier ein tiefes Stillſchwei⸗ gen Dienfam befunden, Nur diefes wird hintan gefüget, Daß die Lutheriſchen es böfe im Ginne ge⸗ habt hätten, fey daraus fund geworden, weil ei- ner, der mit Schulden behaftet geweſen, es herz nach befannt, da er Diefelben nicht bezahlen koͤn— nen. Geſetzt, es wäre fo ein Boͤſewicht darunter gewefen, der das wohl heimlich gewuͤnſchet hatte, follte das allen aufgebürder werden? Zudem iff ja, laut des Berichts, dieſes erſt hernach gefaget worden, der auch niche genennet wird, und leicht dazu bat können. beftellee feyn, fich anders zu ſtel⸗ len, als er e8 meynte, um jenen wehe zu thun, oder die Mönche gewiffer maßen wegen ihrer Be— fchuldigung weiß zu brennen. Aus den Schluſſe iſt offenbar die Falſchheit des Folgenden, als haͤtten fie — die Domherren und Prieſter pluͤndern wollen. $. 183. Zu Ende des Jahres ſollten die Luthe— raner im Schießgarten ihre Verſammlung und !ehr= ftunden gehabt haben, da ein auf ihre Seite getrete— ner Prieſter die Epiftel an Die Römer, und ein an- derer, Lampe (Lampas), die Epiftel Petri ihnen er= fläret. Der erfte habe alles, was Paulus von den Feinden Ehrifti gefaget, auf das Pabſtthum gedeu— tet, und es fo weit gebracht, daß auch die Weiber feine catholifihe Gebethe mehr brauchen wollen. Der andere habe, was Petrus von den Kegern.ges fehrieben, auf die Mönche gedeutet, und fie dadurch fo verhaßt gemacht, daß fie wenig Aimofen erhal fen Fönnen. Diefe Verhetzung der Leute auf die Mönche wäre ſehr vermehrer worden durch andere Prdi⸗ von Elbing. 641 Prediger in der Neuſtadt und Altftadt, infonderbeit Durch den vorgenannten Alerander *). =) Bon dem Lampen erzählet er, daß er die Frauen und Jungfern alfo angeredet: Geliebte Schweftern, ihr ſeyd es, durch welche der Himmel fol gefuͤllet © werden! Laſſet e8 euch jammern, daß ſchon mehr als 700 Jahre verfloffen find, in welchen viele Geelen verloren gegangen, dadurch daß den Prieftern, Moͤn— chen und Nonnen die Ehe verboten fep, und fie wider Gottes Ehre und Gebot ein ſolch Leben ge: führer hatten. Nun fey es Zeit, daß die zum Ehe: ſtande tüchtigem in demfelben Diener des Evangelii zeugeten. Der unziemlichen Ausdrücke, die der Mönch aus falfcher Erzahlung mag aufgefchnappet haben, enthalt man fich Billig, da noch Diefes zum Theil erdichtet zu fepm fiheint. Vielmehr das übrige, was bier meggelaffen wird. $. 184. Sonft fann das wohl feyn, daß die Leute ſich Dr. Luthers Bücher angefchaffer, daß die Lehrer fie auf die Stellen verwiefen, die fie daraus ange: führet, und folche anfchlagen laffen; daß die Mef- fen deutfch gefungen worden: aud) daß einige Ber: gehungen gegen die Bilder von Trunfenen zc. mögen vorgenommen ſeyn. Daß er aber hernach fihreibt: die meiften im Rathe wären auf der $utherifchen "Seite gewefen, ſolches läßt fich nicht wohl mit dem Borangeführten $. 180 folg. zufammen reimen. Die Folge koͤmmt auch nicht damit überein, ob er gleich diefe Ausrede beyfüget : Der Rath habe beyden fu. gen wollen, aber fic) doch am meiften der $uthera. ner angenommen 5; welche "Befchuldigung nur daher wird entflanden feyn, meil der Rath nicht alles hat thun koͤnnen, mas die Mönche wohl gerne gefehen or Dand. 3 bätteh, - 642 Hanovs zuverläßige Nachricht, hätten. Darum, fährt er fort, wären die Elbinger mit den Mönchen umgegangen nach ihrem Gefallen, daß etliche Mönche und Nonnen auch auf ihre Seite getreten, ſammt den Prieftern, ausgenommen 5 alte, die beftändig geblieben. $. 185. Die Bürger bathen gegen den November den Bürgermeifter, ihnen zuzulaffen, daß die Öemei- ne zufammen fäme, weil fie etwas zu der Stadt Bes ften zu bedenfen und zu rathichlagen hätten. Sol ches ward ihnen vom Rathe zugelaflen,, mit Verheiſ— fung, was fte beratbfchlaget hätten, und ihm anges zeiget, das wollte er gern überlegen, und ihr Beftes befördern. Als fie den 3 November im fchwarzen . Klofter zuſammen waren, ſchickten fie zum Rathe und bathen um der Stadt Handfefte, Damit fie müßten, mas ihre Borfabren um den Orden und poblnifchen Kös nig verdienet hätten. Da fchidte ihnen der Rath mit dem Stadtſchreiber drey Abfchriften der Handfes fe von dem Orden. Als fie folche überlefen hatten, waren fie Damit nicht zufrieden, fondern verlangeten die rechten Urfunden mit den Siegeln, und wollten alle haben. Hieran gieng der Kath ungern, und fuchte es abzulehnen. Da fie aber darauf beftunden, fie würden nicht eher von einander gehen, bis fie fols che hätten, ſchickte er endlidy fowohl die vom Orden," als die von den Königen in Pohlen. Diefe gab die Gemeine zween "Bürgern ‚ die Macht über zu vers wahren. §. 186. Den 4ten Hornung im Jahre 1524 wür⸗ den die Briefe gelefen, und Yichsel Schönau, der fie zwar oftmals bey dem Rathe verlefen hatte, er- klaͤrete fie ihnen. Da fagten etliche, warum bat der Rath von Elbing. - 643, Kath allein folcher Freyheiten genoffen, da fie uns fo- wohl als ihnen gegeben find ? Mach den Berath. fhlagungen fchrieben fie theils an den Hauptmann zu Marienburg, wie man mit ihren Freyheiten han. dele, und batben ihn: um eine Empfehlung an den König, aber er gab ihnen Feine Antwort; theils ftelleten fie den Rath darüber zur Rede, welcher ant⸗ worten ließe, wenn bie, an den König Gefendeten mies. der zu Haufe kaͤmen, wollten fie ihnen eine gute. Antwort geben. Es waren etliche in der Gemeine, deren Vaͤter zuvor im Rathe gewefen, die fagten, man müßte anders mit dem Rathe reden, und eg wäre zu weit, aus dem Klofter mit ihm zu handeln. Darauf giengen fie alleeinhällig in die Pfarrkirche, bielten da ihren Rath wegen der Mäße in den Müh. len, welche bey fo fheurer Zeit über Gebühr von der armen Gemeine genommen würde. ..$..187. Als folhes der Vogt im Namen der Gemeine an den Rath gebracht, begehrte der Rath eine Furze Zeit Geduld zu tragen, bis die vom Kb: nige wieder zu Haufe kaͤmen, dawollte man ihnen ihre Beſchwerungen und Gebrechen ändern und beffern, Auf diefe Antwort fagte einer ausder Gemeine: ein Rath gelobet wohl, aber er Hält nicht fein Wort. Denn es ift gefchehen, da der Herr Schekelwitz bier war, und bes gehrte von den Bürgern zu willen, ob fie auch eine Beſchwerung litten vom Rathe, das follten fie ihm ans zeigen, die koͤnigliche Majeftat wollte den Rath da- zu halten, ſolches zu beſſern. Sie follten nur treue - Unterthanen feyn: fo fen der Math mit den Bürgern zufammen getreten, und babe fie gebethen, ftille zu ſeyn, und bey feinem Eide gelobet, er wolle das als a Ss2 . -. les 644 Hanovs zuwerlaßige Nachricht les wandeln, woruͤber ſie klagen wuͤrden. Alſo habe die Gemeine nicht geklaget, ſondern dem Herrn Ger ſandten gedanket. Als derſelbe aber weggezogen, habe er ſeiner Zuſage bis auf dieſe Stunde vergeſſen, und nichts gewandelt, derhalben ſey ihm nicht zu glauben. §. 188. Hierauf ſagten einige, es wuͤrde nicht beſſer werden, man entſetzete denn etliche des Raths, die meiſten aber befchloffen, es fey beifer, daß man die Nathsherren von ihren Aemtern und Gütern Re— chenfchaft geben ließe. Da diefes alle bemwilligten und anbringen ließen, antwortete der Bürgermeifter, ein Rath wiſſe der Gemeine nicht Rechenfchaft zu geben, ohne des Königes Befehl, oder wenn fie der König felber von ihnen forderte. Die Ges meine ließ fagen, mas der Stadt verfchrieben, wäre allen verfchrieben, die zu ihrer Bürgerfchaft gehöre= ten, darum begehrten fie Nechenfchaft, und wolls ten folches vor Fönigliher Majeftat auch verantwor⸗ ten. Der Rath begehrte um fo vielmehr einen Auf⸗ (hub, weil die aud) Aemter hätten ‚, welche an den König gefandt wären. $.189. Als die Gemeine wieder zufammen Fam, bes ſchloß fie eintraͤchtlich, die Beſchwerden abzufchaffen, fo wider Der Bürger Gerechtigkeit wären, u. das Alte wies der einzufegen. Darauf wollten einige den Rath gern abfegen, und einen neuen einfegen. Ein anderer fagte, das ftünde ihnen nicht zu, zu thun, fondern dem Könige. Ihm ward geantwortet, ihre Privilegien hielten inne, was wider Gott und Recht wäre, follte man abthun, und indie Städte ein anderesfegen, das Recht wäre. Der König habe ihm nichts vorbehalten, als die sehen bey der Pfarrfirche zu verleihen. Die ©. meine von Elbing. 7 meine vertheiltefich in drey Theile, Kaufleute, Mälzen- Brauer und ae und rathfchlageten in allen Theilen, welche aus dem Rathe zu behalten, und welche abzufegen wären; und beſchloſſen endlich einhällig, daß ‚man diefe ſechſe entſetzen ſolle, ſonſt koͤnne es nim⸗ mer gut werden, als Jacob Abſchwang, Lucas Schirmer, Georg Rlefeld, Heinrich Richt: fteen, Martin Wieder und Barthol. Vogeln; Die andern neune follten bleiben. G. 190. Hernach, als alle Thore der Stadt ges ſchloſſen waren, Fam die Gemeine aus der Pfarr: firhe gegen das Rathhaus über, und bath den Rath, fich zu verdemürbigen, ‚und zu ihr herab zu fommen, denn fie eine Fleine Sprache mit ihm zu halten hätte. Der Rath Fam ungefaumt herab, und ftellete fich bey der Treppe gegen der Gemeine über, die wegen. der letztern Seuche nicht zu. ſtark war, Deflen bedankte fich der Vogt im Namen ſaͤmmtlicher Gemeine, daß der Rath ſich ſo gutwillig erzeiget habe, und bath weiter die Gemeine guͤnſtig— li) zu hören. Als ihr der Bürgermeifter zugelafs fen, ihre Nothdurft zu reden, fing Martin Sieben: eichjan, welcher dem Vogt zugegeben war, der. Gemei— ‚ne Wort zu führen: es beſchwere ſich die Gemeine ‚über etliche, fo mit im Rathe ſitzen, und bäthe ſolche, die da abgelefen würden, ſich eine Zeitlang der Stel— len zu enthalten, das wäre der Gemeine Willens» meynung. Derhalben traten diefe ab, und giengen in ihre Häufer. Die Gemeine bach) fo dam den. ‚Rath, wiederum auf das Rathhaus zu gehen, u fe gieng wieder in die Kirche. | Ss 35 | 6, 191, 646 Hanovs zuverläßige Nachricht $. 191. Hier theilte fie fich in Roten, und mir: den 24 aufgefchrieben, welche fie zu Rathmannen tüchtig hielten. Solche ließ fie dem Rathe überge: ben, mit Bitte, aus ihnen auszulefen, welche er zu den Stellen beliebete, auch wo darunter nicht fo viel gefunden würden, felber noch mehr aus der Bürger. ſchaft auszulefen, Damit die ledigen Stellen wieder befeget würden. Man ließ die große Glocke, wie zur Kicche gebräuchlich, lauten, fie giengen alle aus der Kirche auf den Markt, und der Bürgermeis ſter mit denen gebliebenen Nathmännern auf das Rathhaus. Darnach wurden aus dem Feniter die abgelefen, welche gefohren waren, und ermahnet binauf zukommen, ihren Eid der Föniglichen Ma— jeftat und der Stadt zu thun, welches auch ges fchehen. | $. 192. Den folgenden Tag verfammiete fich di Gemeine in der Kirchen, beſchickte die entfegte Her— ven, und ließ fie fragen, ob fie auch ftehen wollten, oder nicht, wenn fie follten gefordert werden. Wor⸗ auf diefe, nach einem Bedenken, ja gefaget, das foll« ‚te man fich zu ihnen verfehen, und nicht anders. Dann wurden fie weiter gefraget, ob fie ihr den mit ihnen begangenen Handel auch verzeihen wollten ? Als fie mit Ja geantwortet, haben fie auch ihnen wieder verziehen, N J— . 193. Kurz hernach hat der Rath etliche Buͤr— ger auf das Rathhaus fordern laſſen, wegen des Zwiſtes mit ihnen zu handeln. Nicht lange darnach kamen auch die an den Koͤnig Geſandten zu Hauſe, und der Rath ſammt der Gemeine ward in die Kir⸗ che berufen, ihren Bericht anzuhoͤren. Als ſie ihr €: — — ‚von Elbing, 647 Geſchaͤffte abgeleget hatten, bedankte fich der eine Bürgermeifter, Hans von Lohe, bey der Gemei« ne wegen der Ehre, daß fie ihn nicht entjegt hätten. Der andere aber, Jacob Abſchwang, ließ fich hören, er wollte foldye Schmad) und Hohn zu feiner Zeit verantworten, daß er nicht nur des Bürger: meifteramts, fondern auch des Raths entfeget wäre. Nach vielem Reden bath die Gemeine den Kath auf das Rathhaus zu gehen, und den neuen ‘Bürgermei- ſter in feine Stelle zu fegen, damit er hülfe, wohl fuͤrſtehen, und die Bürgerfchaft treulich regieren. | & 194. Die Gemeine befchwerete ſich fehr, daß die Einfünfte und Zinfen der Stadf nicht wohl ver. waltet ‚und angewendet würden; imgleichen wegen _ des Johns der Aemter, daß es damit nicht wie vor« zeiten gehalfen würde ; daß man ihnen die Wild: jagd verbörhe. Hierauf ward geintwortet, man wiſſe nicht, wer etwas übel follte verwaltet und angewen⸗ det haben. Es wäre auch feinem Bürger, der in den Ningmauern ein Haus befüße, das Jagen ver boden, fondern nur denen, fo nicht Bürger find und fein Haus bejigen, weil die daran feinen Antheil haͤt. „ten. ° Darauf antworteten die Bürger, wie Georg Kiefeld mit ihnen gehandelt haͤtte. Weiter ward vorgebracht, daß man vormals feinem das Bürger: recht gegeben, er habe denn erftlich feine ehrliche Ge— burt erwiefen. Der Bürgermeifter erzählete hierauf feine und mehr andere, $. 195. Mac) etlihen Tagen forderte der Rath die Bürger auf das Rathhaus, damit etliche an den Koͤnig abgeordnet wuͤrden, ihm zu berichten, wie alle Sachen in der Stadt verhandelt wären. Dazu murs Ss 4 den 548 Hanovs zuverläßige Nachricht den. erfuhren der neue Bürgermeifter Amandus und ein neuer Rathmann, Dalentin Herman. Des nen wurde eine Schrift mitgegeben, Die in gemiffe Artikel gefegt war, Deren jeglichen der Vogt hatte ver- fiegeln müffen. Als fie damit gen Rrakow famen, ließ man fie nicht eher vorfommen,, bis auch die von Danzig anfamen. Nachdem dann der elbinger : Brief war verlefen worden, wurden die Hingefand» ten erſtlich verſtricket. Doch erhielten fie hernach den Abfchied : die Eöniglihe Majeſtaͤt würde einen Geſandten hinſchicken, der follte dem Rathe ‚mit der Gemeine vorfragen ; es wurde aber weder der Ce fandte, noch die Zeit, benennet. $.196. Da diefe wieder heimgefommen waren, begehrten die Bürger, er follte ſich an feine Stelle fegen. Er wegerte ſich aber ſolches zu thun, weil es ihm zu Krakow widerrathen wäre, als etwas, Das ihm nichts Gutes bringen würde, Da bathen fie, die alten löblichen Willführen der Stadt wiederum aufe zurichten, welches verwilliget ward. Als fich. der koͤnigliche Geſandte der Stadt naͤherte, holten ſie ihn ſtattlich ein, und hielten alle Thore zu, bis er wies der davon zoge. Der Gefandte ward von zween Herren auf das Rathhaus geholet, daß er der Stadt Gebrechen verhörete, welche ihm dann fchriftlich mifs gegeben wurden an den König, um deflen Erfenufe | niß Darüber zu erhalten. $. 197. Mad) Berreifung des Gefandten ka £ die Bürger auf das Rathhaus wegen des Gerichtss Geldes, fonderlih von Fleinen Gerichten, und vers langten, daß Fein Menfch für das Gerichte dem Rich ver Geld geben follte, Weiter gab es Streitigkeit wegen von Elbing. 649 wegen des Perlenfes, das man urtheilet von Wild, pret, Störe, Lachs ıc. welches weder die Alten noch die Neuen im Rathe entbehren wollten. Nicht lange darauf Fam ein ſcharfer Föniglicher Befehl an den Kath und die Bürger, des Inhaltes, daß alle Din- ge wieder in den vorigen Stand follten gefeßet wer- den. Wuͤrden fie dem gehorchen, fo wolle er ihr guädiger Herr ſeyn. Als folcher Befehl in der Kir— he verlefen worden, gefiel er. ziwar der Gemeine gar nicht. Doch nach vielen Rathſchlaͤgen ift fie. es end» li) eingegangen. a Ar 4 — 6. 198. Derowegen wurden die Alten aus dem Rathe Entſetzten wieder auf das Rathhaus berufen. Ihnen wurde daſelbſt der koͤnigliche Befehl vorgele— ſen, und befohlen, ſich an ihre Stellen zu ſetzen von des Koͤniges wegen. Sie begehrten eine Abſchrift des Befehls und einen Abtritt, welchen ſie erhielten. Indeſſen begehrten die Neuen ſammt den dazu Ge— ſchickten von der Gemeine, der Buͤrgermeiſter ſollte die Alten fragen, ob ſie noch der Gemeine ihr Ge— loͤbniß halten wollten. Er ſchlug ſolches ab, und fagte, fie möchten fie felbft darum befragen. Als die Abgerretenen fich beredet hatten, und wieder Hineins gekommen waren, fagfe der Bürgermeifter zu den Neuen : Ihr Herren, follen, die Alten ihre Stätte, beſitzen, fo müßt ihr umrücden, daß fie ihre Stätte ledig finden, und feine Ausrede haben mögen. 9.199. Auf das vorgenannte Befragen antwor— teten die wieder gegenwärtigen alten Nathsherren, alles, was fie geredet hätten, wollten fie halten bey koͤniglichem Eide. Darauf ermahnete fie ver Bürs germeiſter, ihre Etellen, fo ihnen Gott und koͤnigli— | S85 de 650 Hanovs zuverläßige Nachricht che Majeftät gegönnet, wiederum zu befigen, welches auch gefchehen. Siebeneich gab vor, ihr Zwiſt wäre Daher gefommen, meil man die Mönche nicht wollen predigen laflen *). Dem widerfprachen an: dere, es käme nicht wegen des Predigens, fondern wegen ihrer Gerechtigfeiten her. Weiter zanfeten fie, ob der Anfang von ben Handwerkern oder Brauern entfptoffen wäre, und ob nicht ein Bürger fo gut wäre, als der andere? Endlich giengen die Bürger mit den Neuen ist wieder aus dem Rathe ent» faffenen davon, und erinnerten fie, alſo zu vathen, daß nicht das Letzte ärger würde, als das Erſte. So find die Sachen geblieben bis Aue neuen Kühr, außer daß ein Rathsherr von dem Bürgermeifter Ab⸗ ſchwang zum andernmale aus dem Kathe gebracht worden. *) In der That müffen damals in Elbing ſchon viele der Lehre Dr. Luthers beygepflichtet haben, weil ſie im Jahre 1525 ihnen von Danzig den Ambro⸗ ſius Huitfeld ausgebethen hahen, anſtatt deſſen aber ihnen die Danziger den Matthias Btenwald auf ein halb Jabı überlaffen haben. Nach Herren Dr. Sengnichs Preufif. Gefchichte B. J. S. 6. und der Preufif. Samml. B. I. S. 417. fgg. | $. 200. Nachdem der König Sigismund zu Dani den Aufftand geſtillet hatte, fehrieb er nad) Eilbing, und vermahnte fie zum Frieden und zur Eis nigfeit. Aber der Kath fehickte an ihn gen Stum, den nächfigenannten Bürgermeifter und einen Rath: mann, er möchte auch zu ihnen kommen, umd Die Halsftarrigen ftrafen, oder doch andern folches aufs tragen, damit nicht übel ärger würde, Es verord« | nete von Elbing. 651 nete deswegen der König, daß der Bifchof von Eu» javien, der Hauptmann von Marienburg,, die drey Woywoden in Preußen, die drey Unterkaͤmmerer, die drey Caſtellane, die Biſchoͤfe von Ermland und Culm, und die Räthe von Thorn und Danzig da— bin ziehen, und die Sachen fchlichten follten. Dieſe kamen den 30 Sun. dahin, und beriefen alle Bürger ‚den 3 Jul. daß fie fammt dem Kathe den vorgeſtelle⸗ ten Eid ſchwoͤren follten. Wozu. aud) die Neuftads ger und Gärtner mit erfcheinen mußten. 6. 201. Mac) abgelegtem Eide bey dem Bür; ‚ger: und Stadtpanier,, forderten die Füniglichen Be: fehlshaber den Rath und einige Bürger auf das Rathhaus. Die Bürger, weiche vom Rathe abge: fondert ftunden, wurden befraget, was für ‘Befchwer: ‚de fie wider den Kath hätten ? Darauf antwortete der Vogt im Mamen der Gemeine: die Händel der Bürger mit dem Rathe wären beröffs gefchlichtet und aufgehoben. Derohalben wüßte die Bürger: ſchaft diegmal nicht mehr als Liebe und Sreundfchaft zu bezeugen. $. 202. Als darauf einer von Damig gerathen, man ſollte es ſo machen, wie zu Danzig, ſo wuͤrden die Schuldigen wohl heraus kommen; ſo hat der Buͤrgermeiſter Abſchwang einen Zettel verleſen, darauf die Buͤrger benennet waren, welche damals nicht in der Stadt waren, und als Fluͤchtige und Schuldige angegeben wurden, daß etliche des Raths entſetzet worden. Darnach touren ihrer viere ab= - gelefen ‚welche etliche Tage in ihren Häufern befttis et wurden. Moch einer ward erftlich auch in ſei⸗ nem Haufe beſtricket, und dann ſechs Wochen in Meve, 652 Hanovs zuverläßige Nachricht Meve. Ein Schufterimurde hart angeklaget, daß er gar fpöttifche Worte wider den .abgefegten Buͤr— germeilter ausgeftoßen,.mit dem wolite man hart ums gehen, Daß er fort follte. Aber der Hauptmann von Marienburg erhielt ihn mit feinen Vorſtellungen. $. 203. Es ward aud) der neue Bürgermeiffer Amandus vorgefordert. Als ihm aber feine Ders antwortung helfen wollte, Tegte er fein koͤniglich Ges leite vor, Das er zum legten Stichblatte ſich damit zu fhügen, aufbehalten hatte. Solches verdroß einen Woywoden, der wollte, man follte dem ungeachtet ſtracks mit ihn fortfahren. Allein der Hauptmann von Marienburg fagte, der König habe ihm feine Stelle vertrauet, aber feinen Befehl gegeben, fo hart zu ftrafen. Ihre Majeſtaͤt hätten den Bür- gern verziehen, darum, daß fie feinem Gebothe gehorfam geweſen. Damit ſtund er auf, und gieng hinaus auf Mb Treppe. Die andern aber ſchickten ihm nach, und ließen ihn bitten, wieder zu fommen, fie wollten dem Föniglichen Befehle folgen. So fehrte er roieder zuriick und feßte ſich auf feinen Stuhl an ‚des Königs Stelle *). Es mag aber der Koͤnig doch ſelbſt auf kurze Zeit ſich nach Elbing erhoben haben, weil in der ange⸗ a Lengnichiſ Geſchichte Seite 19. ſolches 6. 204. Weil noch ihrer mehr waren, die aufge⸗ zeichnet waren, daß ſie ſehr geſchaͤfftig bey dieſen Haͤndeln geweſen: ſo ward ihnen auferleget, daß ſie mit Handreichung dem Biſchofe von Cujavien und dem meaneavurgiſchen⸗ Woywoden angeloben mußten, ihr Lebelang von Elbing. 653 $ebelang nicht mehr bey heimlichen Rathſchlaͤgen zu ſeyn; überdieß wurden fie theils in ihren Häufern beſtricket, theils auc) auf fechs Wochen lang nach Marienburg vermwiefen, Doc, ward ihnen frey ev laubet, hernach wieder nach Elbing zu fehren, und da wohnhaft zu bleiben; oder in einer andern koͤnigli⸗ chen Stadt fich nieder zu laſſen. Solchergeſtalt rourde dieſe verdrüßliche Sache damals geſtillet und abgethan *). ..*) Eo erzahlet Hennenberger diefe Sache in feiner Erklärung der preußifchen Landtafel E. 120 : 126. deffen eigene Worte, bie er aus einer Elbing. Chronik, welche er den aten Theil Falconii nen net, gezogen, bier meiltentheils mit Bedacht bey: behalten find, Bartknoch hat in feiner Preugif. Rirchenbiftorie S. 976. aus dem Verbothe des Nachtlauteng und des Predigens der Schwarjmött: che geſchloſſen; es fen Damals fihon der Rath und die Buͤrgerſchaft meiftentheild lutheriſch geſinnet geweſen; welches aber aus dem geſammten Ver— laufe dieſer Sache nicht folget. Dem Grunowen kann man wohl glauben, wie es Leo S. z9@ und fgg. erzählet, daß Bifchof Fabian gelinde gemgfen, amd einige Mönche, als Alerander, ein gemwefener Bernhardiner, und einige andere, um mehrern Zus lauf zu haben, ſich einiger Lchren Dr. Kuthers bedienet, aber doch ihre Worte auf Schrauben ge: feßet, und theils Irrthuͤmer einfließen laffen, die ihnen die Leute wieder abfpanffig gemiacher, daß fie folche mwiderufen haben. Ein Priefter aus Tolfes mit fol die Meſſe deutfch haben abfingen mollen, welches ihm aber vermehrer, und das Gefangnif angeiviefen worden in Heilöberg. Deflen Vater fol Marcus Bomler geheißen haben, und Bürgermeis fies in Tolkemit gewefen jepn. ©, 400. $. 205, 654 Hanovs zuverläßige Nachricht x. $. 205. Der Biſchof Moritz Faͤrber, ſoll erſt auch Gelindigkeit gebrauchet haben gegen die anders als Roͤmiſchgeſinneten. Allein ein geweſener Guars dian zu Neuburg, Bonaventyra Tidek, foll ihn zum fhärfern Verfahren bewogen haben. Dieſer foll im Elbing einen Bruder, Martin Tidek, gehabt das ben, der ihn ftattlich gekleidet. Er hat darauf Buͤr⸗ ger werden wollen, welches ihm abgefchlagen fen, wo er nicht ein Zeugniß beybrächte, daß er von feinem Mönchenftande losgefprochen ſey. Der batfe fich bereits verlobet mit einer Krämerinn, und war wider des Bifhofs Willen vom Caplan gefrauet worden, der Doch zum Scheine gefager, er thue folches wider feinen Willen, als ob ihm fonft der Tod gedros bet ſey. Grunow aber bemerfet, diefes Borgeben ſey erdichtet, und er vorher mit Gelde dazu erfauft gewefen. Wider des Bifchofs Verboth foll der Guardian gefaget haben, er habe mit dem Bifchofe nichts zu thun. Das Evangelium Ehrifti erlaube ihm gu heiraten, und verbiete die Huren, welche die Pfaifen bielten. Gin abgetretener Prior vom Heis — ſoll ihn begleitet haben zur Trauung. Leo 400 f. Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. ER xx wo, Boom III. Joh. 655 ee — * SE SE iz ee ae zz | — III. Joh.Phil. Nonnens Erfahrung, | daß Waid und Safflor der Thiere | Knochen nicht färben. Ang den Adtis Ac. Elect. Scient, vtil, zu Erfurt TAI. p. 131. chon viele Gelehrte haben bewundert, daß die Wurzel ver Färberröthe die Knochen der Thiere fo fchön roth färbet, und dergleichen Verſuche auch mit andern färbenden Sachen angeftel. let, wovon der Erfolg verfchiedentlic) gervefen ift. In— dig, Alcanne, Eurounne, Fernambof, roth Sandels holz, Braſilienholz find von Boͤhmern verfchiedenen. Ihieren zu freffen gegeben worden, er hat aber die - geboffte Wirfung, nachdem er fie aufgefchnitten, nicht gefunden. Ich habe diefen Gelehrten nahahmen, und Heren Vogels Rathe in der medic. Bibliothek 12.87 ©. folgen wollen, und alfo verfucht, was zubereiteter Waid, und was Safflorblumen (Flores carthami ofhie.) bey jungen Tauben thun würden, Ich habe diefe Blumen mit Kleyen vermengt und Klumpen daraus gemacht ; eine Taube verfchlucte dergleichen, und befand fich fehr wohl, obgleich ans fänglich der Koth ſehr ſchnell, und gelb von ihr gieng. Nach 14 Tagen wollte fie, wider Verhoffen, nicht mehr frejfen, befam eben ven Tag Convulſionen und ‚farb die folgende Nacht. In dem aufgefchnittenen iR Ä Körper. 656 Erfahrung, daß Wayd u. Safflor ıc. Körper fand ich nichts gefaͤrbtes und nichts unnatürs liches, außer daß alles fehr abgezehret war. Die ans dere frag Waid, der auf eben die Art mit Kleyen in Klumpen vermenget war; fehien einige Tage gefund, und lebte länger, ftarb aber nad) diefem eben fo. Auch bier zeigte die Zerfchneidung gar nichts, was id) ges hofft hatte. Die Magen und Gedärme waren zwar alle mit. einem gruͤnen Schleim überzogen ; in den Knochen aber zeigte fich Feine Veränderung und Feine andere Farbe, als die natürliche: Nun ift noch zu vers fuchen, was geiftige und mwäflerichte Ertracte, und was Decocte thun, denn nad) Boͤhmern hat das Ertract der Färberröthe mit Waſſer mehr gethan, als die Wurzel ſelbſt. *) Die Tauben ſcheinen der Beſchreibung nach verhun⸗ gert zu ſeyn, und alſo iſt der Bau ihres Koͤrpers nicht ſo beſchaffen geweſen, daß er die Materie un⸗ ter dev Geſtalt, wie fie ihnen find gegeben worden, in Nahrung batte verwandeln können. Es iff da ber Fein Wunder, Daß diefe Materien bie Bunchen nicht gefardt baben. Bieleicht laßt fich dieſes durch Die Iegtermähnte Zubereitung erhalten. A. d. Ueb. | Inhalt T. Buͤrgerliche Hiſtorie von Jamaica. 563 II. Fortſetzung von Herrn Sanovs hiſtoriſchen Nach— richt von Elbing. - 616 III, Erfahrung, daß Waid und Fee der nn Kochen nicht farben 655 NR | Regi⸗ N | der merfwiwdigften Sachen. Meſculap, wenn er gelebet, und warum er mit einem PD Hunde und einer Ziege daB Land durchzogen TI habe 519. wird als ein Gott verebret » 519 Alte Leute, wo es deren in Menge gegeben 499. Nach⸗ richt von einigen 506 ff. 511. warum es Deren in England mehr gebe, alö anderwaͤrts 513 Apfel, der Wurf mit einem geraͤth ſehr übel 212 Arkadier, warum die Muſik denenfelben unentbehrlich gewejen 154 Arzt. In Babylon waren Feine Aerzte 517. im go— thiſchen Reiche waren die Juden die vornehmſten Aerzte 518. Kennzeichen eines geſchickten Arztes 534 Arztney, woraus die igigen gemöbnlichen gemeiniglich beſtehen 533 Arzʒtneykunſt, ob die Araber ſolche erfunden, oder wie— der bergefiehet haben 518 Augen, Mittel vor die Flüffe derfelben 542 Augenbraunen, Nachricht von einem Niederfalle der obern, der durch, die Electricität geheilet A 98 B. Baden, daſſelbe war bey den Roͤmern ſehr a: 524. Nutzen deffelben — „wie es in Conſtantinopel ſteige —* 187 Baltonade der Sclaven auf den Galeeren 555 Bauern, woher die Stärke ihrer Fibern rühre 29. 30 Belus diefer Fluß in Palaflina iſt wegen feines . Glaſes berühmt gemefen Böclein, das Kochen deffelben in der Milch feiner Pure ter wird von Mofe verboten 321. warum folches Verbot drepmal wiederholet worden 322. ob die— 21 Band. It ſes Regiſte ſes Kochen ehemals ein gottesdienſtlicher Gebrauch geweſen 32 Bobnen, ſchwarze, mie eine Art Tuſche aus denſelben zu machen 444 Börnflein, Streitigkeiten wegen deſſelben eins. Brachmanen, warum fie fo alt geworden —560 Brafilien, gefunde Luft daſelhſt 503 Brechpuiver find manchen Perſonen toͤdtlich 532 brennen mir einem glüenden Kifen, ein ehemaliges | Arztneymittel 528 Brodt, eine verſuchte Art, vortreffliches Brodt zu cken Brodt, neubackenes, wer ſich ſein Leben damit verläne. gert habe 52 Bruſiknochen, von Trepanirung deffelben 212° Buchdruckerkunſt hat ihre Ausbreitung dem Handel zu danken 35 Bucbandel, Nutzen deſſelben 35 Burchard, Michael, ob er an ber Elbinger Beſtuͤrmung Schuld gemwefen — 632 Cameele, wozu fie in Arabien gebraucht murden 300 Cafimie, König im 2: bien, Vergleich deffelben mit den Elbingern 361. die ihm buldigen 362. mag er: ihnen für Privilegien ertheilet 365 f- und 9— — ſich vorbehalten Cendevia, ein Sumpf, daraus der Fluß Belus ie ben foll 125. beißt ſonſt der Sumpf Megiddo . I53E Cryſtall, demfelben wurde ehemals dag Glas —— gen 462. 464. woher er entſtehe 465. wozu * die alten Hebräer brauchten 473 Cryſtallen. Ob die feuerbeftandigen Falifchen Salze zu Erpftallen anfıhießen 193. wie man folches bewerk⸗ fteiligen fünne 194. Beſchaffenheit derer and ordents lichem reinen Weinfteinfalze. id7.-" Cufeuta , befondever Wachsthum biefer Pflanze 268 D. Dan nz der merkwuͤrdigſten Sachen. D. Danziger, Handel derfelben init den Kreuzherren 369. 371. mit den Elbingern ivegen der Nehrung 620, 621. ihre VBerabredungen mie den Elbingern 622. Tumult zu Danzig 636 Demeirius, in wie fern er fir einen Gott erfannt wor: - den 4a2' Donner, verfihiedene Erklärungen deffelben 341 Duͤnſte, gewiſſe koͤnnen eine Warme ver: 'rfachen 12. ‚andere Fonnen in die Luft auffleigen, ohne der Heiter: keit derjelben etwas zu benebmen 227. 343. wie Diez ‚felben in die Höhe fieigen 342. ob fie durch das ‚ Feuer in Dünfte verwandelres Waffer feyn 342. Ertlarung, wie die Falten Duͤnſte entfteben 342. 343. warme Dünfte bangen ſich an kalte Sachen an 346. ob die Duͤnſte der obern Wolken überhaupt, und der niedrigen Schneewolfen im Winter befonders frhon ge— froven und Heine Eistheilchen, oder noch Waſſer ſeyn — 348 E. Eis wird von der bloßen Luft, bey dem groͤßten Froſte, und ohne Sonne verzehret 349-350. ob das Eis ausduͤnſte 350 Eis, geſchabtes, auf verſchiedene Art vermiſcht, Berluch damit. 160 Eiſen kann man durch bloßes Schlagen heiß machen 10. nimmt mehr Hitze an als Bley 13. Elbing, wie in dieſer Stadt drey Theile entſtanden 50. erſte Anlage der Neuſtadt st. ihre vornehmſten Schickſale unter dem Drden 74. ihr Entfchluß, ſich mit Pohlen wider den Orden zu vereinigen 88. Beichaffenbeit derfelben unter den Königen in Pohlen 360. und zwar vor der Reformation 361. ihre Vorrechte oder Privilegien 365. Geetreffen der El— binger mit den Kreuzherren 369. ihre Verdrießlich— feiten mit dem Hobemeifter 582. 625. ihre Haͤndel mit Thomas Goͤdecken 392. warum ſie in die Acht erklaͤret worden 393. wie fie wieder Davon (cha It 2 * Di» Regiſter kommen 616. 617. 627. ihre Verdrießlichkeiten mit Sllebranbeh“ 617: Klage über die Danziger 6:8. 620. ihre Verabredungen mit den Danzigern 622. ihr Einbringen s gegen Pampowsky 625. Krieg mit dem Orden 629. welcher e8 vergeben beſtuͤrmet 630 f. fie ereffen einen viertagigen Stillffand 632. ihr Brigittinerkloſt er wird verlaſſen 633. Verbeſſe⸗ rung der Muͤnze 633. Verdrießlichkeiten mit den ſchwarzen Mönchen wegen des Lutherthums 634 ff. 638. Handel der Bürger mit dem Narbe 643 ff Electricitaͤt, dadurch wird dag Niederfallen der ober Augenbraunen geheiler 98. 101 Empfindung, wie es mit derſelben zugebe 283. 284 England, warumees daſelbſt mehr alte Leute gebe, als an- derwaͤrts 513 Erdaͤpfelberrico, wie daſſelbe zu machen 209 — ein großes auf der Inſel Jamaica 577 Erde, wie geſchwinde fie laufe 169 Krfänfen Ein Weib, das erſaͤufet werden foll, wird errettet 632 Eſel, Urfprung ihrer Verachtung bey den Aegyptern, und bernach bey andern Völkern 301. warum fie dem Typhon gewiedmet gemwelen 302. 303. war⸗ - um ihnen die rothe Farbe zum Verbrechen angerech— net worden 304. ihre arofe Gefchwindigfeit 305 ”Esor7oov, ob e8 einen Spiegel bedeute 470 F. Fabian, Biſchof, deſſen Urtheil von Doctor Luthern 635 Sarbe, Verſuch von einer blauen aus den Kohlen des Weinſtockes 218: 221 Faͤrberroͤthe faͤrbet die Knochen der Thiere nicht 655 — wie geſchwinde ſie in einem luftleeren Ba falle Senfier, der alten Hebraer ihre Befchaffenbeit —* Feuer, wie es die Drechsler in aller Geſchwindigkeit aus dem Holze verſchaffen koͤnnen 10. was dag Feuer eigentlich fey | Tg geuer⸗ der merfwirdiaften Sachen. Feuerſperende Berge, deren giebt es fehr viele 253. Verwuͤſtungen, welche viefelben ———— 5* 3. 254 Fleiß, Nutzen deffelben in Anfehung der — * menſchlichen Koͤrpers Sreybeit, buͤrgerliche, wie ſie dem Handel zu Sülfe komme und denfelben unterſtuͤtze 26 ff. Wirkungen des Handels auf diefelbe 28. Vortheile, die fie dem Handel bringt VeIgL Seiederich wird Bifchof zu Heilsberg 386 Sußböden der Morgenländer, prächtige von Glaſe und Cryſtalle 473. wie der unter dem Throne Ga: lomons ausgefeben, und wofuͤr ibn die Königinn der Gabaer gehalten “, 475 Gabis, ob ed mit Elgabis ceinerley fey 464. ob es Hagel bedeute 465 Gaͤhrung, worinn diefelbe beſtehe 346. ob in der Luft > gefcheben Fönne, das einer Gaͤhrung ahnlich 347 Galeeren, Befchreibung ihres Baues 551. elender Zuſtand der Ruderknechte und Sclaven auf den: felben 552. 553. unanſtaͤndige Hebungen I be en Galen, deſſen Berdienffe um die Armeen — — Nachricht von einem Steine in Derfel- en Er Gebluͤt, Umlauf deffelben wird erfunden re hilfe vielzu Wiederherſtellung der Schın- eit 54 Genſt, Tugenden dieſes Krauted 57 Geſchlechtstafeln der Voͤgel, Nachricht von DEI neuen Buche 223 Geſetze , verfchiedene, die Moſes gegeben, die Rückkehr der Iſraeliten nach Aegypten zu verhindern 293 ff. Gefundbeir, Gluͤckſeligkeit desjenigen, der fie beſitzt 498. 547: was a A oder verfchlimme: 3 re Regiſter re 501. das beſte Mittel, die — zu erhalten 516. 549 Gichtſchmerzen, Mittel davor 539. = 544 Gitterſtaar, mag man fo nenne 404 Bias und aläfeene Gefaͤße, Gefchichte berfelben 2 den Hebraern uß ff. wenn man angefangen babe in Balaflina Glas zu machen 137. Fortſetzung der Geſchichte des Glaſes 451. ſolches wurde ehemals dem Golde gleich gefchaget 461. und dem Cryſtalle vorgezogen 462. murde bey den Hebräern nicht zu. Seniker n gebraucht 466. fondern zu Auszierung der Sugböden in den Zimmern: * 6. tteiſen, wie Daffelbe geſchehe Godeke, Thomas, warum er die Elbinger i in die ade gebracht 392. mag er damit ausgerichtet 616 Bofen, die gewaltfame Wiedereinnehmung dieſes Lan— des wird den Iſraeliten verboten 296 Große Leute, ne fie am haͤufigſten angetroffen mwer- den 514 Grüner Staar, welchen man fo nenne 402 Gugdelupa, Nachricht von dem Schwefelberge auf dieſer Inſel 247ff. Gundermann oder Erdepheu, vortreffliche Tugenden deſſt elben —— 5. Haare, warum die gelbe Farbe derſelben den Aegyptern verdachtig aefallen 303 Habermeb!, wie gutes Brodt zu backen 109 Hagel, mie derſelbe erzeuget werde 357. 358. März In er nur ım Sommer und meiſtens Nachmittages falle 358 Handel, wie er der bürgert. Freybeit zu Hülfe komme, und fie erhalten helfe 20 f Wirkungen des Hans dels auf die bürgerliche Greybeit 28 Anmerkungen - über diejenigen Nationen, welche die ſtaͤrkſte Sehe . lung getrieben haben 46 ff. ‚Hanf, Zubereitiing deffelben vr er. mie Der zarteſte — werde ‚288% bee Art, — zu roͤſten 289; der merfwürdiafien Sachen. “289. wie die Schale am beſten von demſelben abge: " fonderf werde 290. wie ihm der Glanz und Die — zu geben. 290. 291. Schadlichkeit von em Staube deſſelben 292 Harvey, bringt die mug von dem Umlaufe des &- bluͤtes zuerſt in Ruf 521 Baupt, Mittel vor die Fluͤſſe deſſelben 542 Heßken, Urban, feine Handel mit den Elbingern 621 \ Heydekraut, Tugenden deffelben 537 Hillebrand, Hans, ſeine Haͤndel mit den en —— 27 Himmel, die Meynung von einem eryſtallenen i ein ppythagoraiſcher Irrthum 487. 489. der untere wird mit dem Fußboden des göttlichen Thrones vers lichen 487 Zimmelskreife, von denfelben glaubten die Alten, daß fie feſte wären 489 Bippocrates wirdder König der Aerzte genennet 5ıQ- Lob feiner Aphoriſmorum 520 Size kann durch Vermifchung gewiffer Körper mit ir ander zuwege gebracht werden Holunder, herrliche Tugenden deffelben 539 A Holz, Verſuche von der eigenen Schwere ale a 215:217 Honig, follte den Iſraeliten Feine heilige Sache ſeyn 300. der Honig, welchen Jacob feinem Gob- ne Joſeph ſchickte, war fein natürlicher, fondern aus Trauben gemachter Honig 2 Hopfen, Schaͤdlichkeit deffelden Huſten, convulſiviſcher der Kinder, Beſchaffenheit be ſelben 204. woher er entitehe 205. _ Mittel wider denfelben z "207 Faloufie, was man für Fenſter fo nenne 467 Jamaica, Nachricht von dieſer Inſels63. ihre Lage und erſte Entdeckung 564. gegenwaͤrtiger Zuſtand Dies ‚fer Inſel särff. wie viel fie RI Zuckerliefere 593, t 4 wie Regiſter wie viel an Rum 594. Baumwolle, Coffee Pimento 595. fremder Panne Einfuhr und Einkünfte von Jamaica 598 : 603 ihre Einwohner und deren Lebensart 603 = natürliche Merkwürdigkeiten diefer Inſel 612 = 615 Per Albrecht wird König in Bohlen 387. fein To 392 Johannes, Biſchof zu Marienwerder, Nachricht von demfelben 65 Jordan, wo dieſer Fluß ſeinen Urſprung habe 125 Fhiacliten, warum fie gewuͤnſchet nach Aegypten zus rück zu kehren 293° K. Bali, ein jedes, wenn es ſtark calciniret wird, bekoͤmmt eine merkliche blaue Farbe 220 Kaͤlte, Urſache ihrer Abwechſelung und Verſchiedenheit in freyer Luft 6. 165. warum dieſelbe auf den Ger birgen mit der Höhe derfelben zunimmt , 15:19. warum es in den erhabenen Thaͤlern und Ebenen Falter fen, als in niedrigen Gegenden. 16 20. Ans merfung über die große Kälte im Winter des 740ſten Jahres 24. woher es komme, daß merkliche Waͤr⸗ me und Kaͤlte bisweilen ſehr ſchleunig mit einander abwechſeln 159. kann unter gewiſſen Umſtaͤnden auch durch die Waͤrme vermehret werden 164. wie ſie wahrſcheinlicher Weiſe entſtehe 166 Kar-dana, ein Name des Fluſſes Belus 128 Kellerwoirmer, ein herrliches Arztneymittel 541 Kinderhuſten, convulſiviſcher, deſſen Beſchaffenheit 204 Kiſon, Quellen und Urſprung dieſes Fluſſes 127 Aleın, Nachricht von deffen neuen Buche: Stemmata avium genannt 223 ff. Knoblauch, berrliche Wirkungen deffriben 538 Boch, einer wird mit dem Klange des Geldes bezahle 526 Körper menfchlicher,, Betrachtung der eigenen Scwe- ve deffelben in Abficht auf das Schwimmen 334 3,08 der merkwuͤrdigſten Sachen. Kosmund, Bräfinn von‘, wird fehr alt 306 Kranke, wo fie auf dem Markte öfjentlich ausgeſetzet worden 517 Krankheiten, was ſie verurſachen 496. warum ſie in Griechenland ſich ſo ſehr ausgebreitet 517 Kuͤtzeln, was die Seele fuͤr ——— dabey habe 285 eben, ein langes, was Taf befördere 501. ein kurzes und anmutbiges iſt beffer, als ein langes voller Kummer und Schmerzen 505. 506 Keber, Nachricht von einem befondern ap in derfelben ff. Libnath Sapphir, was durch diefen hebraifchen —* le verftanden werde - 477 Findenblatt, Johann, ob er Bifchof zu Marienwerder gewefen 66. vb er ein Elbinger fey 72 Linie, mathematifche, Anmerkungen über ihre Zuſam— menfegung aus mathematifihen Puncten 90 ff. Liquor anodynus Hofwmanni, wie aus dem Ueberbleibſel deſſelben eine Are von Zufche zu machen 445 Tuft, warme wird bald wieder falt 14. verſchiedene Grade der Kälte in derielben 15. ob eine mehr ge> drückte Luft von der Gonne heißer werde, als eine weniger gedruckte 16. 17. wie Die Schwere der ı Luft nach und nach abnehme 19. ob fie fo geſchwinde laufe, als unfere Erde 169. 170. kann mit Dim: fen erfullee feyn, und doch heiter bleiben 227. wie es zugebe, daß die Luft das einemal heiter, und das "anderemal voller Wolken ift 242.345. ob wohl zu Zeiten die mittlere Luft warm ſey, wenn die untere und obere fo kalt ift, daß fie Eis verurfachet 350 Auftleeree Raum, wie gefehiwinde eine Feder in dem felben falle 19 LCutherthum, Ausbreitung deffelben in Preußen, —— lich in Elbingen ff. 13. Magdolon, mo daffelbe zu fuchen fen 134 Mingenirantbeiten Mittel dawider 543 It5 Ma⸗ Regiſter Mahomed verbiethet den Wein 318. ſeine Gedanken von demſelben 319 Meer, glaͤſernes, Anmerkung wegen deſſelben 475 Megiodo, ob es der Sumpf Cendevia ſey 129. 131 Menſch, wie viel einer von mittlerer Größe ungefähr wiege 334 Milchſtaar, was man fo nennet 399 Milchwaſſer, woraus es gemacht werde 543 XiiilsErankbeit, Urfachen derfeiben 545 Miſſel, was Diefeg fuͤr eine Pflanze ſey 267. wo fie wachſe 268. ob ihr Saame nicht keimen koͤnne, wenn er nicht erſt von Voͤgeln verſchluckt und wieder mit dem Unrathe ausgeworfen worden 269. Be fehreibung der Pflanze felber 269. und ihrer Blu⸗ men 270. wie der Miſtelſaame von einem Baume auf den andern Fönne geführet werden 271. 272. wie er feime 273. was feine Wurzeln befonders — | ben 274. wie der Miſtelſtamm felber wachfe . und feine Zweige treibe 279. 280. ob der Si i auch in der Erde wachſe RE Muſik, Verſuch von dem Urfprunge, der Natur, und ber Abſicht derſelben 149. ihre Wirkung bey den Kriegesvoͤlkern 152. mo die Unwiffenheit in derfel- ben für einen Fehler angerechnet worden 153. war bey den Griechen ein nothwendiges Stück der Erzie— hung 153. ihre Krafte, die Leidenfihaften entweder zu erregen oder zu Dampfen 154. bey den Arkadiern ‚war fie ganz und gar r unentbehrlich 154. was Plato und Ariſtoteles für’ eine Are der Muſik fo ſehr em— pfohlen haben 155. 157. Urtheil von der Duff des Theaters 156 Math, ein frober, iſt einer von ben zwey großen — ſeligkeiten des Lebens 547 Myrchen, herrliche Tugenden derſelben 542 IT. Nebel, ein ſehr ſtarker in Jena, maß auf denfelben er: folget ı1. ı2. Gegenden, wo es faſt beſtaͤndig nebelt und regnet 232 Her: der merfwürdigften Sachen. Nerven, wie fie die Empfindung verurſachen 282 Nordwind warum er insgemein kalt ſey 178. 180. warum er in Suͤdamerica die Weintrauben —— Dei, 177 Nuͤſſe, welſche, wie aus den Schafen derfelden eine * von Tuſche zu machen — 444 Gel, nimmt mehr Hitze an, ald Walker 13. warum Moſes den Iſraeliten befohien, viel Del: bey ihren Opfern zu gebrauchen 306 -ff. Opporowsti, feine Handel und Gtreitiafeiten 381. 382 Ürdensbruder, warum fie nicht alt werden 512 Gſtwind, wo feine Kalte berzuleiten ſey 168. beion- dere Anmerkung über dieſen Wind 187° p. | ' Pampowsti, Ambrofius, wird Hauptmann zu Marien: burg _ 625 Par, Nachricht von diefem alten Manne 506 Daraceljus, deffen Verdienſte um die Arztneywiſſen— fchaft 520 f. Patriarchen, warum fie fo alt geworden 500 Peſt wuͤthet grauſam in Danzig St Pferde, warum Die Vermehrung bderfelben den Iſraeli— ten verbotem worden 295. 298. RAN, 9* ſchwindigkeit der engliſchen Pflanzen, welche unter den einheimiſchen die —— und geſuͤndeſten ſeyn 534 Plaseegen, was man fo nenne 354. Ds DATEHEE Anz merkungen uͤber dieſelben 354. 355. recht fFarkepfle> gen von Donner und Blitzen begleitet zu werden 355. warum fie nur im Sommer fallen 3658 Pliniss wird von den Slammen des Veſuvins eſuch 2 Poden, marım fie auf eine vorgenommene — pfung nicht erfolget 425 ff. Diejeninen, welche die Pocken einmal gehabt haben, befommen fie Durch das ‚Einpfropfen nicht wieder 435 Pole, \ Regiſter Pole, Matthes, demſelben werden Hande und Füße * gehauen 28 Port Roial wird durch ein Erdbeben zerſtoͤret 577 Preußen, Vereinigung derſelben mit Polen 360 Rakia, was durch dieſes hebraͤiſche Wort eigentlich an⸗ gedeutet, werde 478. ob es durch Aether zu überfe- Ben 4894 483 Raͤuchern wird von den Verzten nicht mehr er 525 Raum, der geometriſche, iſt Feine Erdichtung, —— eine Abſtraction 93 Raute ift vortrefflich in Magenkrankheiten 535 REN, Nachricht von dieler ſehr alten Weabeſen on 507 Regen, iſt an verſchiedenen Orten etwas ſeltenes 230. an andern hingegen regnet es faſt beſtaͤndig 232. 236. wo es am meiſten regne 233. was für Winde den Regen am meiſten mitbringen 234. 235. an welchen Gegenden es am meiſten regne 237. 353. warum es an einigen Gegenden der Erde und des Meeres mehr regne und ſchneye, als in andern 352. ob der Regen aus den vom Winde zuſammengetriebenen Wolken ent⸗ ſtehe 353 Reiben, daſſelbe hat großen Nutzen bey Krankheiten 527 Reichthum, wer denfelben als eine unnuge Laſt und Be— ſchwerde des Lebens verachtet habe 494 Reichthuͤmer find die Nerven des Krieges 38 Reifſeyn des grauen Staares, was dadurch verfkanden werde 399. ob daffelbe zum Herausziehen Dee nothwendig ſey 405 Religion, Einfluß der Handlung in dieſelbe 36 S. J Safran iſt eine vortreffliche Herzſtaͤrkung Salbey, heilſame Kräfte derſelben 34f. Dale fenerbeftandige, Ealifihe Beobachtungen von ey, / PNifivung derfelben 193 ff. Sand der merkwuͤrdigſten Sachen, Sand, aus dem Sande des Belus, n un das erfte Glas aemacht 7. 451. 454. 463 ‚Sapın, Uneiniakeit der Ueberſetzer in Ynfepung dieſes he⸗ dräifchen Wortes 455 Savannab, was man fo nennet 249 Scherlachtuch, mebicinifcper Nußen deffelben 545 Scheidewafter, verſchiedene Verſuche mit demſelben 343 Schlangen, Nachricht von einer beſondern Art, die in der linken Herzkammer gefunden worden 446 f. Schloßen, verfihiedene Anmerkungen über derfelben (Entiteben 357 Schneefloden, artige Figuren derfelben 349 Schulter, merkwuͤrdiger Vorfall von einer Verletzung in derfelben mit einer Musketenkugel 231,333 Scubmacher, ein preußiicher Sruptmann, Su at del mit den Kreugberren Schwefel mit Weinſteinſalze vermifcht, deffen Wirkung 261. mas derfelbe fey 265. mie man ——— Schwefel machen koͤnne 265 Schwefeiberg auf der Juſel Guadelupa, Nachricht von demſelben 247 ff. 250. 257 Seele, wie fie die CS enfationen empfinden fönne 283. wo diefelbe wohne - 283 Senfation, wie ed mit derfelben zugebe 282. 283. 284 Sepa, wie dieſes hebraͤiſche Wort eigentlich zu überfegen 455 Sicher, war ein Name des Fluſſes Belus 120. 122 en ob die Menſchen daffelbe von den Vögeln * ernet 149 Sonne, dieſelbe iſt die Haupturſache der Waͤrme auf dem Erdboden 8 Sorenbaum, Heinrich, Nachricht von dieſem Biſchofe 61:63 Spiegel, der alten Hebraͤer ihre waren von Dual | o fi. Spune, ale Bedeutung dieſes hebraͤiſchen reed 453 f- N Starr, Regiſter Staar, grauer, neu erfundene Methode, benfelßen her⸗ auszuziehen 394. ob derſelbe nothwendig reif ſeyn muͤſſe 396. 398. ob die Wahl der Jahreszeit zu einen ie Erfolge mefentlich etmas bey:, trage 4006. 408. ob die Narbe, welche nach dem“ Schnitte, 9 man in die Hornhaut gemacht, ent⸗ ſteht, am Gehen bindere 42. 417. ob da8 Herz, austreten der glasfoͤrmtgen Feuchtigkeit eine nahe Ur⸗ fache des verloren Geſichtes ſey 417. 423. Beyfpies, le von Herausziehungen des grauen Staares an ei— nem Manne von hundert und ſechs Jahren 409. an einem andern von zwey und dreyßig Jahren 410, wie nach der Operation verfahren werden müffe. 413 Stablpuiver, darauf hielt man jehr viel — 53E- Stein in der Gallenblafe 557. wie er. heraus genom⸗ men worden 59: Steine verfebluden, wurde ehedem als ein Arztneymit⸗ tel angeſehen 530 Sterne, herumfahrende oder herabfallende, was der ums wiffende Poͤbel dafür anſieht 6 Sturm, ein ſehr gewaltiger, thut viel Schaden 81 Suͤdwinde, deren Beſchaffenheit 167. 168. warum er insgemein warm ſey 173. und auf der Suͤdſee und ihren Küffen ordentlich kalt 178. Sybariten, große Zaͤrtlichkeit Derfelben 239. E. Temple, Billiam, Verſuch deſſelben, von der Geſund⸗ heit und dem langen Leben "AO, Teufel, ſchwarze, eine Art Seevoͤgel 257 Tobaksblätser, herrlicher Nutzen derſelben 542 Tobakrauchen, wurde ehedem für ein Arztneymittel ges halten 530 Tolke, Nicolas, deffen Zerftummelung BE 0; ds Trepanirung eined Brufffiochens 212 Trieb, der befondere, der menfchlichen Natur was der— felbe eigentlich ſey 26, Tubal Cain, ob derfeibe Die Muſik erfinden habe 51 Tungen, der merkwuͤrdigſten Sachen. | Tungen, Nicol. von feinen Handel 379 ff. Tuſche, Verſuch von einer Materie, Die ſtatt der feiben zu gebrauchen! mare 444 Tyabon, ein böfer Geiſt, ob die Aegypter demſelben die Eſel gewiedmet haben 302. mas ihm mehr gewied⸗ met gewejen 303. warum ihm der Bein gewiedmet morben - 312 ». Vergnügen, wovon deffen Urfprung herzuleiten 497 —— es klein falle, obgleich die Menfchen groß und _ ind 514 Vis centriſuga, bey was fuͤr Winden ſie vermehret oder vermindert werde. 188° Vögel, od fie die Menſchen fingen lehren 149 Volk vieles iſt die ae Kationen 38 Wahnwitzige, bringen ihr Leben — hoch +08 Waͤlder, ‚große, ob ſie zu haͤufigem Regen Anlaß geben 552. 353 Wärme, Urfache ihrer Abwechſelung und Berfthiebene heit in freyer Luft 6. 165. kann durch die Vermi— ſchung gewiffer Körper mit einander erreget wer: den 10. 11. einKörper nimmt mehr Warme an, als der. andere 13. "warum merkliche Warıne und Kalte bisweilen jehr fchleunig mit einander abwechſeln 159. ob ein gewiſſes Faltmachendes Weſen die Waͤrme vers treibe, wenn es Falt wird 162. wo die Wärme inden nordlicheren Gegenden berzuleiten fey 164° Marmbier trinken, wurde ebemald als ein Wirges tel angefeben Wartenburg, Balthafar 626. demſelben meiden San de und Fuße abgehauen 628 Waſſer nimmt mweniger Hitze an als Def 13. wenn es ſtark von der Luft gedruͤckt wird, nimmt es ihrer mehr, an, als wenn es weniger gedrückt wird 16. wie man Waſſer in einem Glaſe in der Stube gefrieren ma— hen Fönne 160. 161 Waſſer > AN Regiſter der merkwuͤrdigſten Sachen. Maffer über den Hoden, was durch diefelben verſtan—⸗ den merde TB: x: Meplumpe, neue DVerbefferung derfelben 3:5 Watzebrodt, Lucas von, wird Biſchof zu Heildberg 386. Mein, warım Die Aegypter denfelben dem Typhon ges wiedmet 312. 313. der Haft des Weines bey den Aegyptern 317. er ward die Galle des Fuͤrſten der Finſterniß genannt 317. Mahomeds Gedanken von dem Weine 318. warum Mofes den Gebrauch * Weins bey den Opfern befohlen Weinſtock, wie aus den Kohlen deſſelben eine u Farbe zu gewinnen fey 218:221: Meinteauben, aus denfelben fann ein Honig ee werden Weſtwind, wie derfelbe entffehe 171. menn er kalt fen! 172. beſondere Anuſerkung über diefen Wind 167. 168. 187° Winde gewiſſe heiße und erſtickende in Berfien ar. ‚wos | her fie. sweben, und warum fie tödelich find 22. Bes trachtung der Winde überhaupt 174. 175. wenn der. Wind merklich wehet, thauet es nicht 340 Wolken, dreyerley Arten, wie fie entſtehen 228 f. 244- 340. 353. wie fie wieder verfihwinden 230 Molkenbrüche gefcheben nur im Sommer, u. warum 354 Wundarztney, — Vorfall in derſelben 331 Zaͤrtlichkeit, große, der Sybariten 29 Zagag, od dieſes bebraifche Wort Glas oder Cryſtal be⸗ deute 450.' 460 Zechuchith, der hebraͤiſche Name des Glaſes 456. 459. ob es nicht vielmehr Agtſtein, als Glas bedeute 457 Zucker, wie viel deffen jahrlich aug an komme 593 — a ER f —— —4 vi — Fi (Kuh EN 3 a — —— = = BEN EN R .- . > — 3 « * *⁊* ⸗ — — De RER - 5 > N ö P — vr ” u J. — = . M l j * * J \ . . — ne” De * N F J — er Bu 2% “ N B“ — — — — * » F di“ + ’ y « Bi ’ * * * 4 (er y r Da e — * * * * F 15 a + — - wir > Ri q ‘ k - — — = ® - — ee ri ia Tann € 3,8) ar — 8 —W — — —J * REN I NER y PS