L 9ELOSSZO | L9L LE II ve N; ? u md u — a > Br ng” ze Pe ee om ma un HR Fr wi ru u = wu ng, TR HIN as Sul DTPInVEE l 4 | A ui aha Ar N 12) N ö a al | wi DANN f " ‘ I NN TIELENTTTN AN r L / N Pr IE W\ KT \ %“ 1 . % ‘ Es IM HANDBUCH DER BIUCHENISCHEN ARDEITSMEITHUDEN BEARBEITET VON Prof. Dr. E.Abderhalden, Berlin — Priv.-Doz. Dr. D. Ackermann, Würzburg — Prof. Dr. Hans Aron, Manila — Prof. Dr. Baglioni, Rom — Pr. phil. Bartelt, Berlin — Prof. Dr, Battelli, Genf — Prof. Dr. J. Biehringer, Braunschweig — Dr. phil. Carl Brahm, Berlin — Priv.-Doz. Dr. Theodor Brugsch, Berlin — Prof. Dr. Chodat, Genf — Prof. Dr. Cramer, Edinburgh — Prof. Dr. M. Dennstedt, Hamburg — Prof. Dr. Felix Ehrlich, Breslau — Prof. Dr. med. Embden, Frankfurt a.M. — Prof. Dr. St. Faust, Würzburg — Priv.-Doz. Dr. Friedenthal, Nicolassee-Berlin — Prof. Dr. E. Friedmann, Berlin — Priv.- Doz. Dr. Fuhrmann, Graz — Prof. Dr. Wm.J. Gies, New-York — Priv.-Doz. Dr. Grube, Neuenahr- Bonn — Prof. Dr. Olof Hammarsten, Upsala — Priv.-Doz. Dr. Häri, Budapest — Dr. M. Henze, Neapel — Priv.-Doz. Dr.Hildebrandt, Halle a. S. — Priv.-Doz. Dr. Rudolf Hoeber, Kiei — Prof. Dr. Jacoby, Berlin — Prof. Dr. Johannsson, Stockholm — Dr.phil. R. Kempf, Berlin — Prof.Dr.Kobert, Rostock — Priv.-Doz. Dr. Kostytschew, St. Petersburg — Prof. Dr. William Kuester, Stuttgart — Prof. Dr. Kutscher, Marburg — Prof. Dr. Leo Langstein, Berlin — Prof. Dr. Loeb, Berlin — Prof. Dr. Jacques Loeb, Berkeley (Kalifornien) — Prof. Dr. London, St. Petersburg — Prof. Dr. Leonor Michaelis, Beriin — Priv.-Doz. Dr. Franz Müller, Berlin — Priv.-Doz. Dr. M. Nierenstein, Bristol — Prof. Dr. Osborne, New-Haven, Conn. — Prof. Dr. W. Palladin, St. Petersburg — Geh. Rat Prof. Dr. E. Pflüger, Bonn — Dr. phil. Pringsheim, Berlin — Prof. Dr. Röhmann, Breslau — Dr.phil. und med. Peter Rona, Berlin — Prof. Dr. Rosenfeld, Breslau — Priv.-Doz. Dr. Franz Samuely, Freiburg i. B. — Prof.Dr. A.Scheunert, Dresden — Prof. Dr. Schittenhelm, Erlangen — Prof. Dr. J. Schmidt, Stuttgart — Dr. Schmitz, Frankfurt a.M. — Prof. Dr. Schulze, Zürich — Prof. Dr. Fr.N. Schulz, Jena — Prof. Dr. Siegfried, Leipzig — Priv.-Doz. Dr. Lina Stern, Genf — Prof. Dr. Steudel, Berlin — Hofrat Prof. Dr. J. Stoklasa, Prag — Dr. Eduard Strauß, Frankfurt a. M. — Prof. Dr. Tappeiner, München — Geh. Rat Prof. Dr. Tollens, Göttingen — Priv.-Doz. Dr. Völtz, Berlin — Priv.-Doz. Dr. Weiser, Budapest — J. Wetzel, Berlin — Prof. Dr. Wiechowski, Prag — Prof. Dr. Willstätter, Zürich — Prof. Dr. E. Winterstein, Zürich — Priv.-Doz. Dr. Edgar Zunz, Brüssel. HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. EMIL ABDERHALDEN, DIREKTOR DES PHYSIOL. INSTITUTES DER TIERÄRZTL. HOCHSCHULE, BERLIN. ERSTER BAND. ALLGEMEINER TEIL, v8 fl MIT 585 TEXTABBILDUNGEN. 2 5 URBAN & SCHWARZENBERG BERLIN WIEN N., FRIEDRICHSTRASSE 105b IL, MAXIMILIANSTRASSE 4 1910. OH 3234 H3 Ball ALLE RECHTE VORBEHALTEN. Copyright, 1910, by Urban & Schwarzenberg, Berlin. Vorwort. Die Ergebnisse experimenteller Wissenschaften sind in erster Linie an die Fortschritte auf dem Gebiete der Methodik geknüpft. In besonders klarer Weise kommt dies auf dem Gebiete der Biochemie zum Ausdruck. Die gewaltige Entwicklung dieses Forschungsgebietes in den letzten Jahren ist unmittelbar an die Auffindung neuer und an den Ausbau bereits bekannter Arbeitsmethoden geknüpft. Für viele Forschungsrichtungen stehen mehrere, oft prinzipiell verschie- dene Methoden zur Verfügung. Jede einzelne ist oft wieder in mannig- facher Weise modifiziert und bestimmten Einzelfällen angepaßt wor- den. Die einzelnen Angaben sind in zahlreichen, oft schwer zugäng- lichen Zeitschriften zerstreut. Tritt der Forschende an eine ihm neue Methode heran, dann bleibt ihm nichts anderes übrig, als zunächst die Literatur mühsam zu sichten und durch eigene, oft ausgedehnte Vorversuche diejenigen Angaben herauszuschälen, die zuverlässig sind und zu einwandfreien Resultaten führen. Noch empfindlicher macht sich das Fehlen einer zuverlässigen Zusammenstellung der wichtigsten Arbeitsmethoden fühlbar, wenn es sich darum handelt, für eine bestimmte Fragestellung die richtige Methode ausfindig zu machen und vor allen Dingen ihre Leistungsfähigkeit zu bemessen. Hier soll das vorliegende Handbuch helfend und orientierend ein- greifen. Das gesteckte Ziel, die wichtigsten und bewährten Methoden der Biochemie zu sammeln, ließ sich auf zwei Arten erreichen. Ein- mal war es möglich, die gesamten, für jedes einzelne Gebiet be- kannten Methoden zusammenzustellen und durch kritische Sichtung diejenigen besonders hervorzuheben, die besondere Vorzüge auf- weisen und zuverlässig sind. Diese Art der Bearbeitung hätte den Vorzug der Vollständigkeit gehabt. Es hätte sich jedoch nicht ver- Vorwort. meiden lassen, daß viele Methoden von Forschern bearbeitet worden wären, die selbst nie Gelegenheit gehabt hatten, diese praktisch kennen zu lernen. Methoden kann jedoch nur jemand wirklich gut und kritisch wiedergeben, der all ihre Einzelheiten in der Praxis kennen gelernt hat und auch als Lehrer die Möglichkeit hatte, die Methoden in Händen anderer zu verfolgen. Oft tauchen Schwierigkeiten auf, die dem Ent- decker der Methode ganz verborgen blieben und mancher Punkt, der diesem bei ihrer Schilderung ganz klar und eindeutig erschien, erweist sich bei der praktischen Durchführung als vieldeutig und recht unklar. So glaubte der Herausgeber, lieber auf Vollständigkeit Ver- zicht leisten und das Hauptgewicht auf Mitarbeiter legen zu sollen, denen die einzelnen Methoden zu verdanken sind, oder die doch durch deren häufige Anwendung eine eingehende Kenntnis auf bestimmten Gebieten sich erworben haben. Es gereicht dem Herausgeber zur großen Freude, daß die Bitte um Mitarbeit einen so großen Erfolg hatte, und daß es möglich war, für fast jedes Gebiet einen Forscher zu gewinnen, der durch seine Persönlichkeit allein schon Gewähr für eine zuver- lässige und kritische Bearbeitung gibt. Das Handbuch gliedert sich in einen allgemeinen und einen speziellen Teil. Der erstere nimmt den ersten Band ein und der letztere wird zwei weitere Bände füllen. Der allgemeine Teil ist absichtlich etwas weiter gefaßt worden, als dem Rahmen eines speziell dem Biochemiker dienenden Werkes zu entsprechen scheint. Es betrifft dies besonders das erste und letzte Kapitel. Diese Erweiterung soll zum vorneherein dartun, daß die Methoden des physiologischen Chemikers nur in den wenigsten Fällen eigenartige sind. Sie sind viel- mehr fast durchweg den benachbarten Wissenschaften, der Chemie und Physik, entnommen und sehr oft nur dem einzelnen Falle an- gepaßt. Das Forschungsgebiet des physiologischen Chemikers hat sich mehr und mehr erweitert und gleichzeitig kommt immer klarer zum Ausdruck, daß ein erfolgreiches Arbeiten nur auf Grund ein- gehender Kenntnisse auf dem Gebiete der Methodik der Chemie und Physik möglich ist. Diese Fächer müssen die Grundlage bilden. Der physiologische Chemiker muß die Ergebnisse der exakten Wissenschaften nicht nur verfolgen, sondern auch fortwährend verwerten können. Er muß die Möglichkeit besitzen, vom Chemiker und Physiker ausgearbeitete Methoden zu übernehmen und kritisch zu verwerten. Je inniger die Berührung zwischen den Forschungs- gebieten Chemie und Physik einerseits und der physiologischen Chemie andrerseits sein wird, um so erfolgreicher wird die Zu- sammenarbeit werden und um so schönere Früchte wird die ge- Vorwort. meinsame Arbeit tragen. Es ist nicht die Meinung des Herausgebers, daß der physiologische Chemiker in erster Linie Chemiker oder Physiker sein soll und erst in zweiter Linie Physiologe. Der physio- logische Chemiker bedarf in erster Linie eine gründliche physiologi- sche und im weiteren Sinne eine medizinische Schulung. Das physio- logische Denken und Fühlen läßt sich nicht im Fluge erlernen, ebenso, wie es nicht möglich ist, sich chemische und physikalische Kennt- nisse ohne praktische Arbeit in verwertbarer Weise anzueignen. Der physiologische Chemiker muß in erster Linie Physiologe sein und diejenigen Gebiete, denen er seine Methoden entnimmt und die ihm fortwährend neue Befunde und neue Anregungen zutragen, soweit be- herrschen, und zwar vor allen Dingen auch praktisch, daß er ihren Fortschritten folgen und im geeigneten Moment eingreifen kann. Die Chemiker von Fach haben längst aufgehört, hauptsächlich Probleme zu bearbeiten, die technisch von Bedeutung sind. Sie haben sich vielmehr Aufgaben gestellt, die sich eng mit Pro- blemen des physiologischen Chemikers berühren. Es sei an die bahnbrechenden Arbeiten Emil Fischers über Purine, Kohlehydrate und Proteine, an diejenigen Willstätters über Chlorophyll usw. erin- nert. All diese Arbeiten waren fruchtbar für die physiologische Chemie. Mit einem Schlage sind ganze Gebiete erhellt worden. Zahlreiche Frage- stellungen schlossen sich an und unzweifelhaft wären die Ergebnisse noch reichhaltiger, wenn die rein chemischen Methoden in manchen Fällen besser beherrscht und mit mehr Kritik angewandt worden wären. Gar oft ist der kühne Flug bestimmter Fragestellungen weit über die Leistungsfähigkeit bestimmter Methoden hinausgegangen. Hier muß eine gründliche Beherrschung der einzelnen Methoden korrigierend eingreifen und vor allem eine Übernahme der klaren, direkten Beweisführung aus den Nachbargebieten. Wie schon erwähnt, war es nicht die Absicht des Herausgebers, eine möglichst vollständige Sammlung aller bekannten Methoden zu geben. Es sollten im Gegenteil immer nur diejenigen Methoden Aufnahme finden, die sich bewährt haben. Die kritische und aus- wählende Tätigkeit des Bearbeiters der einzelnen Gebiete soll dem Leser die Arbeit der Sichtung und des eigenen Suchens ersparen. Das Werk soll ihm ein zuverlässiger Führer sein. Ohne Zweifel wird sich beim Gebrauch des Handbuches manche fühlbare Lücke ergeben, und da und dort wird vielleicht die eine oder andere Methode nicht für alle Fälle ausreichen. Der Herausgeber wird jede Anregung nach dieser Richtung mit großem Danke entgegennehmen, und bei genügendem Interesse wird es leicht möglich sein, in einem weiteren Vorwort. Bande noch manche Lücke auszufüllen. So ist z.B. die Aufarbeitung von bestimmten Stoffen, wie von Blut, von Milch, von Harn etc., noch zu beschreiben. Vor allen Dingen wäre der Herausgeber allen denen dankbar, welche die Freundlichkeit hätten, ihn auf eigene Methoden und Abänderungen aufmerksam zu machen. Fast jedes Laboratorium besitzt seine Eigenheiten. Irgend ein Kunstgriff erbt sich von Generation zu Generation fort, ohne daß die Außenwelt Kunde davon erhält. Angaben über praktische Apparate, bewährte Einrichtungen usw. sind sehr willkommen. Endlich sei noch hervorgehoben, daß die Art der Darstellung der Methoden eine rein praktische ist. Die Beschreibungen der einzelnen Methoden sind so gehalten, daß jedermann direkt nach der Vorlage arbeiten kann. Überall kommt eigene Erfahrung zum Ausdruck. Der Herausgeber hofft, daß dieser Grundplan des ganzen Werkes überall in genügender Weise zum Ausdruck kommt. Zum Schluß ist es dem Herausgeber eine angenehme Pflicht, allen Herren Mitarbeitern für das dem Werke entgegengebrachte Interesse und ihre unermüdliche Mitarbeit den herzlichsten Dank aus- zusprechen. Dank gebührt auch all den zahlreichen Firmen, die in bereitwilligster Weise Cliches zur Verfügung stellten. In besonders hervorragender Weise haben sich nach dieser Richtung die „Ver- einigten Werke für Laboratoriumsbedarf, Berlin“ verdient gemacht. Erwähnt sei noch, daß ein großer Teil der Abbildungen speziell des ersten Bandes neu erstellt worden sind. Berlin, 1909/1910. Emil Abderhalden. Inhaltsverzeichnis. Seite Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. Von Dr. phil. Riehard Kempf, Berlin 1 Einleitung . EEE 2 2ER 1 Erstes Kapitel: Über die Materialien chemischer Geräte . - .» 22.22 .2..08B 1. Silikatglas . 3 2. Afrarnzelasae Man... 35 2'200 DEE eo... S:BEorZellaneR 5. 0 ea ABRlatın ee ee 0 Brlridinm 34402 2 Re a ©, 6. Einige weniger edle Metalle no 0 ee © 7. Gefäßmaterial für sehr hohe Temperaturen . » ......10 Sy Kantschuksne a 2 RN) DE GULLAHEReRE, uEw. a. 20.000 Ba Karl ne ee ne lie Zweites Kapitel: Aerkleinern und Sieben. . : : : ».:.. 5 waamu2.J... 38 I Zerkleineen.. u Sein a 0 ee Re 1 ENT NE en 02.230.002. SR: 2:"Mühlen». „ae : Be 2 SA & et: FEsSebene se su. SD... ee. Beittes Kapitel: Abwägen: und Abmessen . --. . - - 22 wa sauna. 1% J#iGewichtsbesummungtsges.. :. sure) se Se IS Volumbestimmung, year. 1-2 fo 0 re Eee Mischen. 030 2 oa ii ee Be I ANGEWIEINOR 2 so ai ee 0 A BE MolBtB Seo RE in a. en BE Ebene ee 3. En ee eehuklelse I 2 5 zu... 20 Dee 9 ee Bunftes Kapitels Wuhlen nndlHeizen. |. #.lw.ı 0.27 Halo m een en I. Die Bedeutung der Temperatur bei Ksesehen Prozessen . . 39 GER BEREERAAL een, 12 el DE TEE Harzeuellere Bar 12. a 22 ee 1. Chemizehes, Heizen 74H 4 BERMEHT Eee 2. Physikalisches Heizen. . . . 2 Re N a en 5: IV. Schutzmaßregeln beim Erhitzen rer "Geräte ae Inhaltsverzeichnis. Seite V. Bäder und Öfen ..... i See, .. be 1. Luftbäder (Thermostaten, Bratschri inke) „ .. - 0 2. Thermoregulatoren . Sr SE; 3, 3. Ölen 2 WE 2 4. Wasser- und Wiserdankiiker 25 Re 5. Die übrigen Flüssigkeitsbäder . . .:... 22.0... 6. Trockene Badarı. . .: iin on VI. Erhitzen unter Druck . . . Eau. ana ua 5 1. Druckflaschen Sn m © 0 2. Schießföhren. sn - 0... sun te 3:SchieBöfen Ewa... ee, A.xAutoklavenme sen... a Yu. Temperaturmessung er F. Flüssigkeitsthermometer . . - . 2 2. 2 2 2 nn 2 2 2. 88 2. Gästhörmpmmeber: Elm. 2 2 ALERT EEE 3. Elektrische Thermometer . . . . . WIE 4. Die übrigen Methoden der rmpera en ie Sechstes Kapitel: Trennen und Reinigen: : » . . ........ ss I. Trennen auf Grund verschiedenen Aggregatzustandes . . . . 94 1. Filtrieren bei gewöhnlichem Druck . . ....2..2..9 a) Papierfilter_ und Glastrichter . . . .W . . . 2 zrzagi b) Filter aus anderem Material als Papier . ...... 9 c) Filtrieren unter Luftabschluß . . . . Moss Si d) Filtrieren in der Kälte und in der Hitze en. |: 2. Filtrieren an der Saugpumpe. . . . . .. „u. Erz 3. Auswaschen von Niederschlägen . . . . ; Er 0le) 4. Filtrieren unter Druck, Auspressen von Nioderschtäenl hl II. Trennen auf Grund verschiedenen spezifischen Gewichtes . . 112 1. Dekantieren und Abhebern . . ... . u... ‚Meise: 2. Schlämmen. . . ee: 3. Abheben (im Scheidetrichter N u. = 0. %.;, 4. Zentrifupieren . >. 2... 00002 ma EZ III. Trennung auf Grund verschiedenen Dampfdruckes . . . . . 121 1. Destillieren bei gewöhnlichem Druck. . . . ». .. .. „122 a) Destillationsgefäße ,.. -. ».. ME -. . 2 zzaEE b) Fraktionieraufsätze . : 2. 2... NW. .r „oa e) Kühler 2 2.270 ee Ce. - . 2: Ed): Vorlagen : .: : ::: 2 ERmER N, . %.. 2. Destillieren bei vernier DEIcK . en a) Die Methoden der Vakuumerzeugung . . ....-.133 Die Wasserstrahlpumpe und ihre Be IT: Kolben- und Kapselluftpumpen . . . 2 (Quecksilberluftpumpen, Qusckstibbrdestillahon. > Vakuumerzeugung unter Benutzung von Kältemitteln . . 145 b) Die Druckmessung . . . . c) Die übrige Apparatur und alten Baer 0 3. Destillieren unter Überdruck . -. -. 2.22 ....15 Inhaltsverzeichnis. 4. Destillieren mit Wasserdampf . a) mit Wasserdampf von 100° . b) mit überhitztem Wasserdampf . e) mit Wasserdampf im luftverdünnten Raume . Destillieren mit Alkohol- oder Ätherdampf . Trockene Destillation . Eindampfen j . Trocknen fester Körper 9. Sublimieren LA a) bei gewöhnlichem Druck . b) bei Minderdruck . IV. Trennen auf Grund verschiedener Löslichkeit [0 EN ers) 1. Extrahieren von Flüssigkeiten . a) Ausschütteln im Scheidetrichter b) Selbsttätige Extraktion von Flüssigkeiten . [0 . Extrahieren von festen Körpern . a) Mazerieren und Digerieren . ee b) Selbsttätige Extraktion von festen Körpern . 3. Umkristallisieren : a) Allgemeine Methodik ur Umkristallisation 2 b) Lösungsmittel er Re c) Entfärben und Klären von Flüssigkeiten 5 4. Aussalzen und fraktioniertes Fällen V, Trennen auf Grund verschiedener chemischer Affinität 1. Waschen und Trocknen von Gasen . . . ..... nr a) Absorptionsgefäße b) Absorptionsmittel . 2. Entwässern organischer Flüssigkeiten a) Allgemeines . i b) Einige ae & Siebentes Kapitel: Prüfen auf Reinheit . I. Allgemeines SE II. Schmelzpunktsbestimmung III. Siedepunktsbestimmung Achtes Kapitel: Arbeiten mit Gasen . I. Die Gewinnung von Gasen . 1. Gasentnahme aus Bomben . a) Allgemeines sr ae b) Ventile und Inhaltsmesser ER 2. Allgemeine apparative Technik der Gasentwicklung . a) Gasentwicklung durch die Einwirkung von Flüssigkeiten auf feste Körper Debraysche Apparate Mohrsche Apparate Kippsche Apparate m vw ww 8 DD DD DD oO DD [e7, ” Ds VI Inhaltsverzeichnis.. Seite b) Gasentwiceklung durch die Einwirkung von Flüssigkeiten auf Flüssigkeiten . x - A 2} c) Gasentwicklung durch Erhitzen Hüssiger oder fecier Körper 229 3 II. Spezielle chemische Methodik der Gasentwicklung . . 230 a) Darstellung der elementaren Gase . . ». . 22 2.2.2. .230 Wasserstofl.: 2 2 es. re. 120.2 Re Sauarstoft . mm. 0 ARE ven, Se Ozon 0 2 SEICKBLOM. rn An ee ee ne er Ole Warme: P ST Be 28 b) Darstellung der anorganischen eftrnigen Verbindungen . 250 Schwefaelwansarsbolt” ; .,. ea me A Schwefeldioxyd (schweflige Säure) . E Chlorwassersiof®. =... . Ale. u Bromwassbiswi.0.. .....'= . wesen Jodwassersbol- . 07. 22.2 en ee a Ammoniak . . . . ee en 2 Stickoxydul ER N, DR ee Stickoxyd:NO ...... BR.) Stickstofftrioxyd REN, salbeiriie Sänre): N, 0, 2 c) Darstellung kohlenstoffhaltiger gasförmiger Verbindungen . . 267 Kohlenoxyd,.. . : ;!scs= amitu. 202 en ee Bohlendioxyd.'. ... ...- wi... en ee Athylen WERL). : -. „020202 2.2.0. ee DE Acetylen IC,H,)-. - - - -- © . =... ee. III. Das Auffangen und die Aufbewahrung von Gasen . . . . .276 1. Gasometer... - 2. 0 2m 0 3 2. Sperrfllünsigkeiten . - » » 2 u ..2 0.2 008 0 oe IV. Abmessen von Gasen für präparative Zwecke. . .. ....281 Das Ultramikroskop (Apparat zur Sichtbarmachung ultramikroskopischer Teilchen). Von: Prof. Dr: Er. N. Schulz; Jena . . Mm) Een... 20 A I. Beschreibung des Apparates von TITEL 2 he ee II. Handhabung des Apparates. . . . a: III. Herstellung der kolloidalen Goldlösung . ea nn Sasse Ser Die + a NE Ee IV. Untersuchung der Milch ! : 0... ww 2 0 m RA V. Untersuchung von Glykogenlösung . -. -» » : 2 2 2 22 200 222 2288 VI. Untersuchung von Eiweißlösungen . 2... ..E VIL Untersuchung .von Blutserum :n. . . „kein... ve Elementaranalyse. Von Dr. phil. Carl Brahm, Berlin und Präparator J. Wetzel, Berlin /. ..... 00 wu lpue Bo end. bauen E22. 72 A. Einleitung. Qualitativer Nachweis der einzelnen Elemente . ........290 ) Prüfung auf Kohlenstofl. .' .... ut ee ce ea. 2 b) es „ Wassorstofl : ou A nn. 0. 0 ce) 5 „ Sauersböff - 2... 20 “wen ne Er 7 „ Stickstoff: .. 5.2 % messe. 16 e) E „.. Schwefel... ..% 12... #5 ausunl 20 Re &r Inhaltsverzei chnis. vu Seite KOMERBtEnu at» Phosphor... „ya ARE es Sen. scheh ne u reete 20 g) : Chlor. Broror. oder Pass nen h) n EB SCHE... 0.0 AM Su. + 204 B. Quantitative Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff . . . » 2»... ..295 Analyse von kohlenstoff- und wasserstoffhaltigen Substanzen im offenen Rohre 295 Analyse von kohlenstofl-, wasserstofl- und sauerstoffhaltigen Substanzen . . 295 Vorbereitungen zur Analyse. Füllen des Rohres. . . . ae ae 20 Beschreibung der Absorptionsapparate für Wasser- und Kahlensätire 298 Beschreibung der Verbrennungsöfen. . . un urn N. 2.80 Ansinbruns der’ Verbrennung =, . . -.. . - seen meer. 0 Menihkalionen der-Methada- - -.. . - „u = ons ERBE al Verbrennung flüssiger Körper - . . HN) rate en... 806 stiekstoffhaltiger islanzen u tee TR T Ic 0200 4 halogenhalliserl Substanzen, * . ra 4 schwetelhaltiser Substanzen? ı. u a en. 22 re ea 3 phosphorhaltiger Substanzen . . . RER: e von anorganische Bestandteile eirthaltenden Sulstanzan en a a im Bajonettrohr . . . . a 2 a ee = auf elektrischem Wege Hach areas Prag: Shan ee Ererchmung® der Analysen. See ee a ee een C. Bestimmung des Stickstoffs nach Dumas. . . N er FR elle Bestimmung des Stiekstoffs nach Will-V arten ea a et A Berechnung der Analysen ., 7.1221. =0:.\. on aha ee Bet, ee 32 Die vereinfachte Elementaranalyse. Von Prof. Dr. Dennstedt, Hamburg . . . . 324 Belle Anpanatekund Ihr Aufbau, 0:9 &ocerate un ange Ale er te 26 TRSD ASS V/erkanrer ER. EEE NEO, ale a ae Be 330 1. Die Substanz enthält nur Kohlenstoff und Wasserstoff, etwa auch Sauerstoff 334 DR: = 5 AUCHNSLICKSTONE AR. 5 ne Ne re a n e MSchwetoler nn. sahen. 0er ee ee Se ee 3 Aukas = s ChloorssundeBromger.r 2. Bee er 35 Dies a 5 oda: ES ee Dr = reralletandäile Bo Ra DıesBestimmiune rdesüßticksiaften. Car 2. SH ee 28 Bestimmung des Stickstoffs nach der Methode von Kjeldahl. Von Dr. Peter Rona, Berlin . 340 Beamic der SMethöle ran. Me mensı ara a a en ee ee Anhang. Bestimmung des Kohlenstoffs im Ham. ı 2. 2» 2 2 2 2 222.0. 8358 Halogenbestimmung. Von Dr. phil. Carl Brahm, Berlin und Präparator J. Wetzel, Berlin . 364 Bestimmungäderstislerenesnachrliiebig.. . . . . 2 era. 22.0968 P ; a SEN WATINS ce 0 4.20 Co MEIN EEE ET N} 36 5 5 5 a Peingsheim ':. .. Shake al. 2368 > desPArsensanachwErimpsheim:. our ri 2 206 „ s- Phosphorsuach, Pringsheim BEN er 2 26.369 Vu Inhaltsverzeichnis. Berechnung der Analysen Quantitative Bestimmung des Schwefels in organischen Verbindungen Methode von Carius Methode von Pringsheim Aschenanalyse. Von Prof. Dr. Hans Aron, Manila Allgemeine Methodik: Auswahl der Analysenproben . Aufbewahren der Analysenproben Herstellung einer Asche Glühasche . Säuregemischveraschung . Qualitative Analyse einer Asche : Nachweis von basischen Bestandteilen n Alkalien (Flammenprobe) „ Schwermetallen . sauren Bestandteilen (Quantitative Analyse einer Asche Bestimmung der Erdalkalien 7 Die wichtigsten stöchiometrischen Berechnungen. Von Prof. Dr. J. Biehringer, Braunschweig . des der des Magnesiums Mangans Aluminiums 1. basischen Bestandteile . Caleiums in einer Säuregemischveraschung . a) oxydimetrisch . b) gravimetrisch . des der Eisens in einer Säuregemischveraschung . sauren Bestandteile . Chlors Phosphorsäure Schwefelsäure Kohlensäure ; Arsens Kupfers . Quecksilbers . Fluorwasserstotisäure s Jods Broms Atom- und Molekulargewicht Prozentische Zusammensetzung der chemischen Verbindungen Chemische Gleichungen Berechnung der Analysen Feststellung der Molekularformel Berechnung von Gasvolumen Seite . 370 . 370 . 370 . 371 Inhaltsverzeichnis. IX Seite Bestimmung des spezifischen Gewichtes. Von Prof. Dr. J. Biehringer, Braunschweig 437 Das spezifische Gewicht der gasfürmigen Stoffe Litergewicht, Grammvolum und Molvolum Das spezifische Gewicht der flüssigen Stofte Seine Bestimmung im Pyknometer . L n . mit der Mohrschen Wage R ® durch Aräometer RT & Spezifisches Gewicht und Prozentgehalt von Lösungen Herstellung von Lösungen mit bestimmtem Gehalt . Das spezifische Gewicht der festen Stoffe . Bestimmung der Löslichkeit. Von Prof. Dr. J. Biehringer, Braunschweig . I. Lösungen von Gasen in Flüssigkeiten . II. Lösungen von festen Stoffen in Flüssigkeiten . Maßanalyse. Von Prof. Dr. J. Biehringer, Braunschweig . Die Meßgefäße und ihre Prüfung . Alkali- und Azidimetrie - . Oxydimetrie mittelst Kaliumpermanganat Vo . Jodometrie . . Fällungsmethoden He Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. Von Priv.-Doz. Dr. Hans Friedenthal, Nicolassee bei Berlin . Einleitung . Die Messung der Ge kiekhen Leitfähigkeit . Ausführung von Gefrierpunktsbestimmungen . A Bestimmung der Siedepunktserhöhung von Lösungen . Physikalisch-chemische Arbeitsmethoden mit Kolloiden Filtration kolloidaler Lösungen durch Ultratilter . Überführung von Kolloiden in Bechholds . 2 Die direkte Messung des osmotischen Druckes . Bestimmung der Isotonie von Lösungen durch Plasmolyse und Hämatolyse Die für den Biochemiker wichtigen physikalisch-chemischen Formeln und Kon- stanten . Elektrische Entladungen. Von Prof. Dr. Walther Loeb, Berlin . Methoden zur Bestimmung der Reaktion tierischer und pflanzlicher Flüssigkeiten und Gewebe. Von Priv.-Doz. Dr. Hans Friedenthal, Nicolassee bei Berlin . Titration zur Bestimmung des Säuregehaltes und Alkaligehaltes von Flüssigkeiten 5 Herstellung von Normallösungen für Titrationen . Geräte zur Ausführung der Titrationen Indikatoren er. Titration schwacher Säuren und Basen . Indikatorentabellen Bestimmung des Säurebindungsvermögens und des Basenbindungsvermögens tierischer und pflanzlicher Flüssigkeiten durch Titration . Kunstgriffe bei Titrationen . . 437 . 438 . 439 . 439 . 442 . 444 Inhaltsverzeichnis. Anwendung von Titration zu Molekulargewichtsbestimmuneen . zehaltes mit Hilfe von Gasketten Prinzip der Konzentrationsketten verfahren von Poggendorft . Aufbau der Gaskette u Wasserstofl für Gaskettenmessungen . Gefäße für Gaskettenmessung . er : N Messung der Reaktion einer Flüssigkeit mit Hilfe ı von en e Bestimmung der Reaktion von Lösungen (des H+Ionengehaltes) mit Hilfe von Indikatoren . Bereitung der Stun däntidedhere für die ne PR 17. + Ionengehaltes wässeriger Lösungen . =; Eu Anwendung der Tndiketärenmökhhde i Optische Untersuchungsmethoden. Von Prof. Dr. J. Biehringer, Braunschweig . Lichtquellen 1. Bestimmung des Brechungsverhältnisses a : I. I. Refraktometer nach Abbe . Das Refraktometer für Chemiker von Pulfrich . Das Eintauchrefraktometer von Pulfrich . 2. Bestimmung des Drehungsvermögens . ; Halbschattenpolarimeter nach Jollett und nach Ohron e » Laurent. F „ Mitscherlich . h „ Lippich . 4 „ Landolt . Saceharimeter Polarisationsröhren 3. Untersuchung der Lichtabsorption . T: II. Spektroskopie . Spektroskope Einfluß äußerer Bm auf is Beschaffenheit Ar Absorpnnsep ira 623 . 626 (Quantitative Analyse mit Hilfe der Sositmalanai se (Aoketrokolorim een . 627 . 631 . 632 . 634 . 635 . 638 . 642 . 645 . 645 . 647 . 649 . 654 Darstellung der Absorptionsspektren und Spektrophotometrie) Spektrophotometrie . 1. Die Doppelspaltmethode von x Vierordt‘ 2. Polarisationsphotometrie BR Das Spektrophotometer nach G.Hüfner » 5 Das Spektrophotometer nach A. König und F. F. Martin Kolorimetrie Kolorimeter . £ Das Kolorimeter von c. H. Wollt. 5 - „, BSG. Donnanr. Tauchkolorimeter mit Lummer- en W Türfel von \ Fritz Köhler ; Polarisationskolorimeter mit Quarzplatte von G. und H. Krüß . Seite k . 952 Bestimmung der absoluten Reaktion von Flüssigkeiten, Bestimmung des H+ Ionen- . 552 Bestimmung der elektromotorischen Kraft einer Kette nach dem Kompensations- . 555 . 557 . 560 . 609 6 Inhaltsverzeichnis. xI Seite Kalorimetrische Verbrennung. Von Priv.-Doz. Dr. Häri, Budapest und Priv.-Doz. DEEStaWioISeT@Budapesti.ı 47. 2 m 0000 Su re 4,008 A Allgemeines (P. Hati)i» . . 2... a D-00085 I. Das Prinzip der kalorimetrischen Verhrenue nach Berthelot a 2400 II. Die zur kalorimetrischen Verbrennung nötigen Einrichtungen und Apparate 659 III. Ausführung der Verbrennung . . . ER nn... > 0006 IV. Berechnung einer kalorimetrischen RR. ee. Ole V. Beispiel einer kalorimetrischen Verbrennung . . . .» 2» 2 2.2.2..2..676 VESBestimmung#dess Wasserwertesr. ... 7... 00 sn a Be. VI Beispiel einer Wasserwertbestimmung . . . . .» 22 2 2 22.2....678 I SpEztälless (SEAWEISEL) mr a ee en er 0 Iswerbrennunsstester Substanzen . -: .. Aa rer 61 Hs\erbrennune: von Rlüssiekeiten. „0.0... ren rer Methoden zur Enteiweißung von eiweißhaltigen Flüssigkeiten. Von Dr. Peter Rona, en ee N ER 2 IE Trab TE NEN ed a A er 15 > Er yo Reel m ee ee A A Er Eau dnsehhRolloidese AL ce ine ER a une ul, Berichtipungenn » 0. om aa une ee ee ee. ee ei ee ee ee 2 “rs Fr. u Karte 1 ur er Ver a Ki « . P: vr u - 2 i 0 g A: Eltins ig “rs hy i ‚IT rat R). ‚+ ji En; in i er j e 3“ u u 1, T FE Mi An RUEN® u Ei r Pac Pad SE Beer ! “nl ProR DDR WA, . | zu nal WE Bus FT u... fi ; . “m 3 ’ f 1 HL Fr K j Den 2 | Dan ne . Per ' ‘ j FFet N ? - of la rar ih f Pr ei) D ’ P j 2 ”r bu u (er i 2 N AleL a u = h f a > |; Pay: d . Mies u > But Ev; 1” 2 min 2 VRR NS fi a IT rr ; ’ . . - . u A \ we» nk IR i RR BOTEN.) u - e un In z P Je, NM ’ a P] Bu i j ; As BEI s =; Dis ae WW 5 r P | B - =. au 0 IM. ge f 1% I. Allgemeiner Teil. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. Von Richard Kempf, Berlin. Einleitung. Die Entwicklung der Medizin und der exakten Naturwissenschaften ist auf das engste mit der Erfindung und geschickten Benutzung apparativer Hilfsmittel verknüpft. Bezeichnet doch der Gebrauch der Wage in den Händen Lavoisiers den Sturz der Phlogistontheorie und den Beginn der modernen Chemie. Selbst so einfache Apparate wie in der Medizin das Stethoskop und der Augenspiegel, in der Chemie der nach Liebig benannte Kühler und der Bunsenbrenner trugen und tragen für das Fortschreiten der Wissen- schaft die reichsten Früchte, indem sie dem experimentierenden Forscher unschätzbare Waffen im Kampfe um die Wahrheit darbieten. Auch braucht nur daran erinnert zu werden, daß durch manche Apparate der naturwissen- schaftlichen Forschung ganz neue Wege gewiesen wurden, die der mensch- lichen Erkenntnis bis dahin unbekannte Wissensgebiete erschlossen : Spektral- apparat und Mikroskop sind Beispiele dafür. Im Folgenden konnten die allgemeinen chemischen Apparate und Arbeits- methoden, die für die Biochemie in Frage kommen, nur in gedrängter Kürze be- handelt werden. Jedoch wurde, soweit wie tunlich, Vollständigkeit angestrebt. Dies erschien um so notwendiger, als über das reichhaltige Inventar einer modernen chemischen Werkstatt kein Buch existiert, das einigermaßen erschöpfend und im Zusammenhange das experimentelle Rüstzeug des heutigen Chemikers behandelte. Die letzte und mustergültige Veröffent- lichung über dieses Thema bildet der 10. Band des Lehrbuches der Chemie von J..J. Berzelius aus dem Jahre 1841: „Chemische Operationen und (Gerätschaften, Erklärung chemischer Kunstwörter; in alphabetischer Ord- nung.“ (4. Aufl., übersetzt von F. Wöhler.) Erst in jüngster Zeit beginnt sich wieder überall ein regeres Interesse für die mannigfachen Probleme chemischer Laboratoriumstechnik zu be- kunden: die Gründung des „Deutschen Museums“ in München, die Tagung eines „Kältekongresses“ in Paris, die Konstituierung eines „Kältevereins“ Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 1 2 R. Kempf. in Berlin und viele andere Erscheinungen deuten darauf hin. Als besonders fruchtbringend für die Entwicklung der chemischen Laboratoriumstechnik dürfte es sich aber erweisen, wenn sich die im Werden begriffene „Che- mische Reichsanstalt“ u.a. auch die wissenschaftliche Aufgabe zum Ziele setzen würde, chemische Apparate und Gerätschaften, namentlich Neuerfindungen, objektiv zu prüfen und zu beurteilen und allgemeine Normen auf den einzelnen Gebieten chemischer Apparatenkunde aufzustellen, in ähnlicher Weise, wie es für physikalische Apparate und Instrumente die „Physikalisch-Technische Reichsanstalt“ und die „Kaiserl. Normal-Eichungskommission“ in nutzbringendster Weise schon längst ausführt. Die Reihenfolge des in acht Kapitel gegliederten Stoffes ist unge- fähr so gewählt, wie sich die einzelnen Operationen bei Ausführung einer chemischen Reaktion in der Regel aufeinander folgen. Nach der Wahl eines geeigneten (refäßmaterials (erstes Kapitel) werden die zur Reaktion notwendigen Stoffe zerkleinert (zweites Kapitel), abgewogen oder abgemessen (drittes Kapitel), miteinander gemischt (viertes Kapitel) und das Reaktionsgemisch gekühlt oder erwärmt (fünf- tes Kapitel); nach Beendigung der chemischen Reaktion gelangen dann Trennungs- und Reinigungsmethoden zur Anwendung (sechstes Kapitel). Diese beruhen auf Unterschieden entweder der physikalischen oder der chemischen Eigenschaften der zu trennenden Stoffe, und zwar betreffen diese Unterschiede: 1. Den Aggregatzustand (Filtrieren und Auspressen von Nieder- schlägen):; s 2. das spezifische Gewicht (Dekantieren und Abhebern, Schlämmen, Abheben im Scheidetrichter, Zentrifugieren) ; 3. den Dampfdruck (Destillieren, Eindampfen, Trocknen fester Kör- per, Sublimieren): 4. die Löslichkeit (Extrahieren, Umkristallisieren, Aussalzen); 5. die chemische Affinität (Waschen und Trocknen von Gasen, Ent- wässern von Flüssiekeiten). Diesen fünf Prinzipien, auf denen alle Trennungsmethoden basieren, schließt sich die Textbehandlung an. Nach der Trennung und Reinigung folgt schließlich im allgemeinen. (range der chemischen Untersuchung als einfachste Probe auf die Reinheit der erhaltenen Substanzen: Die Schmelzpunkts- und die Siedepunktsbestim- mung!) (siebentes Kapitel). Anhangsweise wird in einem besonderen Abschnitt die allgemeine apparative Methodik der Entwicklung, der Aufbewahrung und der Messung von Gasen behandelt (achtes Kapitel). ‘) Die Bestimmungen der übrigen physikalischen Konstanten werden in beson- deren Abhandlungen von anderer Seite beschrieben; ebenso finden die speziellen ana- lytischen Methoden gesonderte Bearbeitung. Allgemeine. chemische Laboratoriumstechnik. 83 Erstes Kapitel. Über die Materialien chemischer Geräte. Es gibt kein Gefäßmaterial, das für alle Zwecke im chemischen Laboratorium gleich gut anwendbar wäre; vielmehr hat jeder der vielen Stoffe, aus denen heute chemische Geräte angefertigt werden, zwar seine speziellen Licht-, aber auch seine Schattenseiten, so daß ein und das- selbe Material in dem einen Falle allen Anforderungen in idealer Weise genügt, in einem anderen Falle sich als ganz unbrauchbar erweist. Es dürfte daher nützlich sein, die Eigenschaften der einzelnen für den chemischen Gebrauch in Betracht kommenden Materialien, namentlich ihre Mängel zu besprechen, die gewöhnlich weniger offen zutage liegen als ihre Vorzüge. 1. Silikatglas. Das meistens für chemische Geräte angewendete sogenannte Thüringer Glas ist weder gegen schroffen Temperaturwechsel sehr widerstandsfähig noch gegen die Einwirkung chemischer Agenzien. Dies gilt sowohl für das gewöhnliche, leicht — bei ca. 400—500° — erweichende und schmelzende Biegeglas (Natronkalkglas), wie für das strenger flüssige und auch durch größere chemische Beständigkeit ausgezeichnete böhmische Kaliglas (Kalikalkglas), das z. B. bei der organischen Elementaranalyse für Ver- brennungsröhren ausgedehnte Anwendung findet. Besonders alkalisch reagierende Flüssigkeiten und Schmelzflüsse greifen diese Glassorten stark an, indem sie der Glasoberfläche Kieselsäure entziehen und sie matt anätzen. Sogar von Wasser wird Glas mehr oder weniger stark ange- griffen.!) Kocht man Wasser oder eine neutral reagierende wässerige Flüssiekeit in Glasgefäßen. so tritt alsbald alkalische Reaktion ein; werden saure Flüssiekeiten in Glasgefäßen gekocht, so wird ein Teil der Säure durch das Alkali des Glases unter Salzbildung neutralisiert. Aus diesem Grunde dürfen z. B. Löslichkeitsbestimmungen saurer Substanzen, wie Harn- säure, Veronal, nicht in gläsernen Gefäßen ausgeführt werden, sondern müssen in Platin- oder Silbergefäßßen vorgenommen werden. (Granz allgemein können bei allen genaueren Arbeiten, in denen quantitative Bestimmungen vorkom- men, die Mängel des Glases große Fehler und selbst Trugschlüsse veranlassen. Die vermeintliche, durch Radiumemanation bewirkte Transmutation von Kupfer in Lithium, die A. Th. Cameron und W. Ramsay?) entdeckt t) Vgl. z.B. F. Mylius und F. Förster, Über die Beurteilung von Glasgefäßen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 31. S. 241 (1892). 2) William Ramsay, Radiumemanation. Nature. T. 76. p. 269; Chem. Zentralbl. 1907. II. S. 518. — A. Th. Cameron und W. Ramsay, Die chemische Einwirkung von Radiumemanation auf Lösungen von Kupfer, Blei und auf Wasser. Proceedings Chem. Soc. Vol. 23. p. 217; Journ. Chem. Soe., London. Vol. 91. p. 1693 (1907); Chem. Zentralbl. Ar. II. 8.1775. 1* 4 R. Kempf. zu haben glaubten, beruht z. B. wahrscheinlich auf dem Lithiumgehalt aller Glas- (und auch Quarz-) geräte.) (regen physikalische und chemische Einflüsse wesentlich widerstands- fühiger als das gewöhnliche Thüringer Glas erweist sich Jenaer Geräte- glas: hieraus angefertigte Kolben, Bechergläser und Reagenzeläser zu benutzen, empfiehlt sich daher — besonders bei analytischen Operationen und beim Arbeiten mit wertvollerem Versuchsmaterial — in hohem Maße. In siedendem Toluidin auf 200° erhitzte Gefäße aus dieser Glassorte vertragen in der Regel das Eintauchen in kaltes Wasser, ohne zu springen. In der Resistenz gegen Wasser von gewöhnlicher Temperatur übertrifft das ‚Jenaer Greräteglas das beste böhmische Glas um das Vier- bis Fünffache, in der Resistenz gegen Wasser von 80° sogar um das Elf- bis Zwölffache. Für viele Zwecke sehr wertvoll ist ferner das „Jenaer Thermo- meterglas 50 III“ (Borosilikatelas). Es ist zwar gegen chemische Ein- flüsse nicht so widerstandsfähig wie das Jenaer Geräteelas, besitzt aber einen äußerst geringen Ausdehnungskoeffizienten, so daß es auch bei brutaler Behandlung nicht leicht springt, erweicht ferner erst bei etwa 550° und läßt sich ausgezeichnet vor der Gebläselampe — auch zu kom- plizierteren Apparaten — verarbeiten. Eine besondere Glassorte ist das Hartglas, das man durch rasches Abkühlen gewöhnlichen Glases erhält. Gefäße aus Hartelas zeigen sich so- wohl gegen Schlag und Stoß, wie gegen schroffen Temperaturwechsel un- empfindlicher wie Porzellangeräte; man kann sie aus eroßer Höhe zu Boden fallen lassen, ohne dal) sie zerbrechen. Der allgemeinen Anwend- barkeit des Materials für chemische Geräte steht ein schwer wiegender Mangel entgegen: wird ein Gegenstand aus Hartelas an einer Stelle seiner Oberfläche geritzt, so zerfällt er unter Explosion zu kleinen Brocken oder zu Pulver (Bologneser Tränen). Im Handel befinden sich sogenannte Färbe- becher aus Harteglas. Die bisher besprochenen Glassorten sind sämtlich mehr oder weniger undurchlässig für ultraviolette Strahlen, die gerade chemisch häufig besonders wirksam sind: für Gefäße bei photochemischen Reaktionen, zu Quecksilber- lampen usw. wird daher von Schott und Genossen das sogenannte Uviol- elas angefertigt, das sich durch eine hohe Durchlässigkeit für die brech- bareren Wellen auszeichnet. Übrigens färbt sich das gewöhnliche Glas in- folge eines geringen Mangangehaltes unter der Einwirkung ultravioletter Strahlen meistens bald violett.) ') Vgl. z. B. Mme. S. Curie und Mlle. E. Gleditsch, Einwirkung von Radium- emanation auf Kupfersalzlösungen. Comptes rendus de l’Acad. des sciences, Paris. T. 147. p-. 345 (1908); Chem. Zentralbl. 1908. II. S. 1566. ®) Vgl.z.B. Franz Fischer, Über die Wirkung ultravioletten Lichtes auf Glas. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 38. S. 946 (1905); ferner: Fr. Fischer und Fritz Braehmer, Bildung des Ozons durch ultraviolettes Licht. Ebenda. Jg. 38. S. 2633 (1905) und Ed- ward S. Simpson, Färbung des Glases durch Sonnenstrahlen. Chem. News. Vo!. 91. p. 236 (1905); vgl. Chem. Zentralbl. 1905. II. S. 533. - Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 5 Als vorzügliches Reinigungsmittel für alle Glasgeräte, bei denen wegen ihrer komplizierten Form eine mechanische Reinigung erschwert ist, bewährt sich eine Lösung von Natrium- oder Kaliumbichromat in kon- zentrierter (roher) Schwefelsäure. Selbst teerige, harzige Massen werden — häufig schon bei gewöhnlicher Temperatur — rasch fortoxydiert, wenn man sie über Nacht mit dieser Mischung stehen läßt. 2. Quarzglas. Die edelste Glassorte ist das neuerdings sehr in Aufnahme gekom- mene Quarzglas, das auch unter dem Namen „geschmolzener Berekristall“ zur Anfertigung chemischer Laboratoriumsgeräte, wie Röhren, Tiegel, Kolben, mannigfachste Verwendung findet.!) Das Quarzglas vereinigt in sich eine große Zahl glänzender Vorzüge. Es ist so durchsichtig wie Glas, erweicht aber erst bei etwa 1400°2) — also ca. 1000° höher als gewöhn- liches Glas —, ist nicht hygroskopisch, in Wasser und Säuren — außer in Fluß-?) und Phosphorsäure +) — unlöslich und infolge seines niedrigen Aus- dehnuneskoeffizienten®) so vollkommen unempfindlich gegen jähen Tempe- raturwechsel, dab man es weißglühend in kaltes Wasser tauchen kann, ohne daß es springt. Die technischen Schwierigkeiten seiner Verarbeitung sind in letzter Zeit so behoben worden, dab sich jetzt fast alle Geräte an- fertigen lassen, deren Herstellung aus gewöhnlichem Glase vor der Glasbläser- lampe möglich ist. Fig. 1 (S. 6) zeigt einige Formen von Quarzgeräten. Eine wertvolle Eigenschaft des Quarzglases ist ferner seine Durch- lässiekeit für die ultravioletten Strahlen; es läßt Strahlen noch kleinerer Wellenlänge hindurch als das oben erwähnte Uviolglas. W. ©. Heräus hat daher Cooper-Hewitsche (uecksilberlampen aus Quarzglas hergestellt, die sich durch ihre hervorragende chemische Lichtwirkung auszeichnen. Leider besitzen die Quarzgeräte einen Nachteil, der ihrer Verwendung im chemischen Laboratorium eine Beschränkung auferlegt: da sie aus reiner Kieselsäure bestehen, sind sie für alkalische Stoffe nur mit großer Vorsicht verwendbar. Zwar wird das Quarzglas von alkalischen Lösungen in geringerem Maße gelöst als die besten Glasarten, aber bei hoher Tem- peratur wird es von Alkalien und Metalloxyden stark angegriffen. Aus diesem Grunde sind Gefäße, die hohen Temperaturen ausgesetzt werden sollen, vorher sorgfältig zu reinigen und dann nicht mehr mit den Händen 1) W. C. Heräus, Über Quarzglas. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd.9. 5. 847 (1903). — F. Mylius und A. Meusser, Über die Anwendbarkeit von Quarzgeräten im Laboratorium. Zeitschr. f. anorg. Chem. Bd. 44. S. 221 (1905). ®2) H. Moissan, Verhalten von Quarzgefäßen bei 1200°. Compt. rend. 1904. I. S. 243 (Chem. Zentralbl. 1904. I. S. 709). 5) S0,+4HFI=2H,0 + SiF], (Siliziumtetrafluorid, gasförmig). #) K. Hüttner, Über die Einwirkung der Phosphorsäure auf Kieselsäure und Silikatgläser. Zeitschr. f. anorg. Chem. Bd. 59. 8.216 (1908): Es bildet sich Silizyl- phosphat, SiO, . P,O,. 5) Ca '/,, von dem des gewöhnlichen Glases. ” [5 R. Kempf. zu berühren. Auch gegen mechanische Beanspruchung: gegen Stoß und Schlag sind Quarzgeräte sehr empfindlich, Bis vor kurzem war ausschließlich dieses Quarzelas von wasserklarer Durehsichtiekeit im Handel, und seine ziemlich hohen Kosten standen einer alleemeinen Anwendung im Laboratorium hindernd entgegen; es konnte eigentlich nur als Ersatz für Platingeräte gelten. Neuerdings gelangt ein eeschmolzenes, im elektrischen Ofen hergestelltes Quarzglas, das sogenannte Silicaglas, in den Handel, welches so billig ist, daß es mit Porzellan- eefülen zu konkurrieren vermag; allerdings läßt es einen Hauptvorzug des „geschmolzenen Bergkristalls“ vermissen: es ist milchig getrübt und nur durchscheinend, nicht durchsichtig. Schalen bis zu einem Durchmesser von 40 cm werden aus diesem neuen Material hergestellt, ferner Tiegel — bis zu 52 Inhalt und über 5 kg schwer —, Glühdreiecke, Schiffchen, Röhren, Platten, Muffeln usw. 3. Porzellan. Nächst dem Glase kommt als Material chemischer Geräte hauptsäch- lich Porzellan in Betracht, das physikalisch und chemisch weit widerstands- fähiger ist als jenes. Von Alkali, besonders von schmelzendem, wird es aber ebenfalls ziemlich stark angegriffen. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 7 Für chemische Zwecke eignen sich am besten Porzellangeräte der kel. Berliner Porzellanmanufaktur. Als Erkennungszeichen tragen deren Erzeugnisse die in Fig. 2 dargestellte, blau eingeschmolzene Marke. Diesen Fabrikaten kommen die der kgl. Sächsischen Porzellanmanufaktur zu Meißen an Güte (im chemischen Sinne) am nächsten. Das Meißener Porzellan gibt sich als echt durch zwei gekreuzte Schwerter zu erkennen (Fig. 5). Für Gegenstände aus Porzellan, die im allgemeinen nicht erhitzt werden, z. B. für Nutschen, leisten auch andere Porzellanfabriken bei niedrigeren Preisen durchaus Zufriedenstellendes. Die Fabrikate der Firma Haldenwanger in Spandau tragen als Zeichen einen blauen Pfeil (Fig. 4), der leicht mit der Marke der kel. Berliner Porzellanmanufaktur verwechseit wird. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Für weiße Niederschläge sind — besonders bei quantitativen Ar- beiten — Porzellanschalen zu empfehlen, die nach einem Vorschlage von Knöfler innen mit einer dunkelgrünblauen Glasur überzogen sind. 4. Platin. Metallgefäße im allgemeinen haben den Vorzug vor den bisher be- handelten Materialien, fast unzerbrechlich zu sein und die Wärme aus- gezeichnet zu leiten, teilen aber andrerseits mit dem Porzellan den Mangel der Durchsichtigkeit. Für Arbeiten bei sehr hohen Temperaturen, in der quantitativen Analyse, bei elektrochemischen Arbeiten usw. dienen hauptsächlich Tiegel, Schalen und Kolben aus Platin. Das gewöhnliche, technisch reine Platin des Handels enthält stets geringe Mengen — etwa 0'1—1'5°/, — Iridium. Absolut reines Platin!) ist fast so weich wie reines Gold und wird daher kaum für Laboratoriumszwecke benutzt. Je größer der Gehalt an Iridium, um so härter, zäher und widerstandsfähiger gegen chemische Agenzien wird das Platin, um so schwieriger läßt es sich aber auch verarbeiten. Während also ein Iridiumgehalt die Eigenschaften von Platingeräten verbessert, ist die vollkommene Abwesenheit aller unedlen Metalle im Platin, insbesondere von Eisen und Blei, eine wesentliche Bedingung für die Güte und Haltbarkeit der Geräte. Chemisch ist zwar Platin als Edelmetall einer der indifferentesten Stoffe, aber dennoch wird es von vielen Substanzen, besonders bei hoher Temperatur, angegriffen, so daß die richtige Behandlung von Platingefäßen ) F. Mylius und F. Förster, Über die Herstellung und Beurteilung von reinem Platin. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Jg. 25. S. 683 (1892), und F\. Mylius und R. Dietz, Reine Platinmetalle im Handel. Ebenda. Jg. 31. S. 3187 (1898). 8 R. Kempf. Sachkenntnis und Sorgfalt erfordert. Drei Eigenschaften des Metalls sind es hauptsächlich, die eine vorsichtige Behandlung von Platingeräten not- wendig machen: erstens seine leichte Legierbarkeit mit geschmolzenen Metallen, zweitens seine Verbindungsfähiekeit mit den elementaren Halo- genen, ferner mit Kohlenstoff, Phosphor, Arsen, Schwefel und anderen Elementen, und drittens seine Durchlässigkeit im glühenden Zustande für Wasserstoff. Die zuletzt genannte Eigentümlichkeit ist besonders zu beachten, weil der diffundierte Wasserstoff so energisch wirkt, als befände er sich in nascierendem Zustande. Erhitzt man einen Platintiegel nicht über, sondern in der Flamme — sei es nun in deren oberen, oxydierenden Teile oder gar im inneren Flammenkegel, dem reduzierenden Teil, — stets wird Wasserstoff durch die elühenden Tiegelwände diffundieren und eventuell eine reduzierbare, im Tiegel befindliche Substanz reduzieren.!) Sind nun die Reduktionsprodukte für das Platin schädlich, was sehr häufig der Fall ist, so ist es auch die ursprüngliche Substanz, von der man es oft von vornherein nicht im mindesten erwarten sollte. So kann z. B. Eisen- oxyd für einen Platintiegel verhängnisvoll werden, indem es zum Teil in Eisen verwandelt wird, das sich mit Platin legiert; Phosphate, wie Magne- siumpyrophosphat,. können bei großer Hitze bis zu Phosphor reduziert werden, der dann das Platin energisch zerstört. Für solche Fälle empfiehlt es sich, statt mit Leuchtgas zu erhitzen, eine elektrische Heizmethode zu benutzen (siehe V. Kapitel). Nach dem Vorstehenden werden folgende Vorschriften für eine rationelle Behandlung von Platingeräten ohne weiteres verständlich sein. Platingefäße dürfen nur auf Dreiecken geglüht werden, die mit Platinblech oder Tonröhren umkleidet sind. Sie dürfen — namentlich glühend — nicht mit Eisenzangen, sondern nur mit Messingpinzetten oder Zangen mit Platinspitzen angefaßt werden. Beim Glühen über einer ;unsenflamme darf das Platingefäß vor allem nicht in den reduzierenden Teil gebracht werden, aber auch der oxydierende Teil kann bei hohen Temperaturen schädlich sein; am besten eignen sich zum Glühen von Platingefäßen mittelst Leuchtgases die sogenannten Allihnbrenner, weil diese so eingestellt werden können, daf) der besonders schädliche innere Flammenkegel fast völlig verschwindet (vel. V.Kap.); beim Glühen im Gas- ofen darf keine reduzierende Atmosphäre im Öfen herrschen ; russende Flammen sind sorgfältig zu vermeiden. Das Veraschen organischer Sub- stanzen soll stets bei möglichst niedriger Temperatur vorgenommen werden, das Glühen auf der Gebläseflamme oder im Ofen jedenfalls erst dann geschehen, wenn alle Kohle verbrannt ist. Schmelzende Alkalien, kohlen- saure Alkalien bei Gegenwart von Schwefel, ebenso Cyankalium greifen die Platintiegel bei hohen Temperaturen stark an. Leicht schmelzende !) Vgl. W. C. Heräus, Über eine Ursache der Zerstörung von Platingefäßen. Zeitschr. f. angew. Chem. XX. S. 1892 (1907). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 9 Metalle und deren Verbindungen, namentlich leicht reduzierbare Metalloxyde, sind ganz vom Glühen in Platintiegeln auszuschließen, so z. B. alle Silber-, Blei-, Zinn-, Wismut-, Arsen- und Antimonverbindungen, ebenso alle Substanzen, die Chlor, Brom, Jod, Schwefel oder Phosphor abgeben können. Ein häufiges Reinigen der Tiegel durch Abreiben mit feinkörnigem See- sand, der aus rundgerollten, nicht scharfkantigen Teilchen besteht, trägt wesentlich zur Erhaltung der Platingeräte bei, weil auf diese Weise jedesmal die etwa gebildete Legierung von ihrer Oberfläche entfernt wird.!) Das Löten von Platingefäßen geschieht mit Gold. Der Schmelzpunkt des Platins liegt bei 1745°. 5. Iridium. Auch aus reinem Iridium, dessen Schmelzpunkt noch ea. 600° höher liegt als der des Platins und das früher als unverarbeitbar galt, werden neuerdings Rohre und schalen- oder kastenförmige Gefäße in den verschiedensten Dimen- sionen mittelst autogener Lötung — also ohne Verwendung eines Lötmetalls von niedrigerem Schmelzpunkt — hergestellt. Nach W. Orookes?) ist ein Iridiumtiegel hart wie Stahl, so daß er beim Fallen usw. nicht wie ein Platintiegel leidet. Längeres Sieden mit Königswasser, Erhitzen in der Gasflamme, Schmelzen von Silikaten, Erhitzen von Blei und Zink bis zur Verflüchtigung verträgt er unbeschädigt. 6. Einige weniger edle Metalle. Speziell für Alkalischmelzen und zum Eindampfen starker Laugen werden Nickel- oder Silbergefäße gebraucht. Zu Alkalischmelzen bei direkter Rotglut sind Gefäße aus reinem Nickel gut geeignet. Jedoch erweist sich das Metall in der Bunsenflamme nicht als so widerstandsfähig, dab Gefäße daraus zu quantitativen Zwecken verwendet werden könnten; die Korrosion durch die Flammengase beruht wahrschemlich auf der Bildung des flüch- tigen Nickelkohlenoxyds (Nickelkarbonyls). Nickel schmilzt erst bei Weißglut. Auch Silbergefäße werden von schmelzendem Ätznatron kaum an- gegriffen, wohl aber von schmelzendem Ätzkali, welches Silber in erheb- licher Weise zu lösen vermag. Silbertiegel dürfen nicht auf dem Platindreieck bis zum Glühen erhitzt werden, weil sonst die leicht schmelzbare Platin- Silber-Legierung entsteht. Auch über der Gebläseflamme dürfen Silber- tiegel nicht geglüht werden; dünnwandige Gefäße aus Silber schmelzen schon über starken Spiritusflammen, da das Metall bereits bei 1040° schmilzt. Für die meisten Alkalischmelzen sind Tiegel und Spatel aus Kupfer ausreichend und wegen des viel niedrigeren Preises den Silbergefäßen vor- zuziehen. Auch Kupferretorten oder -rundkolben sind für manche 1) Vgl. G. Siebert, Über die Haltbarkeit von Platintiegeln. Chem.-Ztg. Bd. 28. S. 869 (1904), ferner W. Campbell, Platin und seine Zerstörung. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 11. S. 246 (1905). 2) Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 609 (1908). Royal Society. Sitzung vom 7. Mai 1908. 10 R. Kempf. Zwecke, z. B. für die trockene Destillation und die Chlorzinkschmelze, gut geeignet, ferner zum Erhitzen feuergefährlicher Flüssigkeiten bei Dauer- versuchen, wenn man die Bruchgefahr gläserner Geräte vermeiden will. Sulfoschmelzen werden ebenfalls in Schalen oder Tiegeln aus Kupfer (oder aus Nickel) ausgeführt; man rührt die Schmelze mit einer Kupferhülse, in die ein Thermometer eingesetzt ist, um. Flüssigkeiten, die Ammoniak oder Uyankalium enthalten, dürfen in Kupfergefäßen nicht erhitzt werden, es sei denn, daß sie innen stark verzinnt sind.!) Kupfer schmilzt bei 1065%. 2) Aluminiumgeräte haben sich im allgemeinen nicht sehr gut im Laboratorium bewährt: für viele chemische Zwecke ist Alummium ganz unbrauchbar, einmal wegen seines niedrigen Schmelzpunktes (bei ca. 660°) und dann wegen seiner Empfindlichkeit gegen Quecksilber, das — auch in Form der Lösungen seiner Salze — selbst in kleinen Mengen die völlige Zerstörung eines (Gregenstandes aus Aluminium herbeiführen kann. Für neutrale oder fast neutrale Flüssigkeiten, z. B. für Wasserbäder, Ölbäder, Kältemischungen usw., sind Gefäße aus emailliertem Eisenblech in Gebrauch; jedoch hält sich Eis in Holz- oder Papiermachetöpfen wegen deren geringerer Wärmeleitung sehr viel länger als in Metall- gefäßen. Oft genügen auch einfache Schalen von halbkugeliger oder flacher Form aus gewöhnlichem Eisenblech, z. B. für Sandbäder. Schmiedeeisen schmilzt bei 1700°. 7. Gefäßmaterial für sehr hohe Temperaturen. Für die höchsten Temperaturen, z. B. im Moissanschen Ofen, kommen hauptsächlich Tiegel aus Graphit, Schamotte oder Magnesia in Betracht. Das zuletzt genannte Material hält Temperaturen bis weit über 2000° aus, springt aber leicht bei raschem Erhitzen. 8. Kautschuk. jekanntlich werden alle Gummiwaren — selbst die aus der besten Kautschuksorte: dem brasilianischen Parakautschuk gefertigten — je nach ihrer Güte und der Art ihrer Aufbewahrung nach längerer oder kürzerer Zeit hart und brüchig. Um die Lebensdauer von Gummiwaren möglichst zu verlängern, empfiehlt es sich, sie in geschlossenen Blechkästen kühl aufzubewahren; auch unter Wasser soll sich vulkanisierter Kautschuk gut halten. Feuchte Luft ist günstiger als trockene; Licht beeinflußt Kautschuk besonders ungünstig. /war ist der vulkanisierte Kautschuk chemischen Agenzien gegen- über im allgemeinen sehr widerstandsfähig, einige organische Lösungsmittel !) Vgl. W. Dittmar, Notizen über Metallgefäße für chemische Operationen. Chem.-Ztg. Bd. 15. S. 1521 und S. 1580 (1891), wo die Anwendbarkeit von Kupfer-, Niekel-, Silber- und Goldgefäßen im chemischen Laboratorium ‘erörtert wird. 2) Bei Luftzutritt; vgl. Th. W. Richards, Notiz über die Anwendung der Phasen- rege] auf die Schmelzpunkte von Kupfer, Silber und Gold. Zeitschr. f. physikal. Chemie. Bd. 42. S. 617 (1903). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. ja! jedoch greifen ihn stark an, so z. B. Äther, namentlich aber Benzol und Schwefelkohlenstoff. An diese Solvenzien werden zunächst die Kautschuk- partikelchen, die sich der Vulkanisation entzogen haben, und der unver- bunden gebliebene Schwefel abgegeben. Selbst Wasserdämpfe, die Kaut- schukschläuche passiert haben, enthalten stets Schwefel. Der Schmelzpunkt des Kautschuks liegt bei ca. 200°, bei noch höherer Temperatur brennt er, angezündet, mit russender Flamme. Um Gummi- stopfen gegen Chlorgas widerstandsfähig zu machen, empfiehlt P. Klason!), sie mit Vaseline einzureiben. U. A. Bunge?) warnt davor, bei gasometrischen Arbeiten Gummi- stopfen anzuwenden, da diese in beträchtlicher Menge Kohlenwasserstoffe absorbieren. Ebenso absorbiert Kautschuk Sauerstoff; Ozon zerstört ihn nach kurzer Einwirkung vollständig. Unter Bildung der von €. Harries untersuchten Ozonide wird er sogleich brüchig. Zu beachten ist ferner die Eigenschaft des Kautschuks, für Kohlendioxyd durchlässig zu sein: einen mit diesem Gase gefüllten, auf beiden Seiten geschlossenen Gummischlauch findet man nach einigem Liegen an der Luft platt zusammengedrückt, also evakuiert. Völlig trockene Gase, deren absolute Trockenheit erstrebt wird, darf man nicht durch Gummischläuche leiten, da diese Wasserdampf abgeben. Die roten Gummiwaren des Handels enthalten «gewöhnlich Gold- schwefel (Antimonpentasulfid), Zinnober (Quecksilbersulfid) oder Eisen- Fig. 6. oxyde, Materialien, die nur die Farbe, nicht die Güte des Kautschuks be- stimmen, seinen Preis aber erhöhen. Für Druckwasser, z. B. als Verbindung der Wasserstrahlpumpen mit einer Druckwasserleitung, sind Gummischläuche mit Hanfeinlage im Han- del. Schläuche, die als Vakuumleitung dienen sollen, müssen besonders diekwandig sein, damit sie nicht vom äußeren Luftdruck platt zusammen- gepreßt werden; jedoch kann man sich auch gelegentlich mit einem ge- wöhnlichen Kautschukschlauch behelfen, wenn man ihn mit Kupferdraht spiralig umwickelt: Da die Schlauchwände seitlich nicht ausweichen können, ist es unmöglich gemacht, daß sie sich bandförmig zusammenlegen. Um verschieden weite Gummischläuche miteinander bequem verbin- den zu können, hat F.W.Braun:) ein sehr praktisches Glasrohr vorge- schlagen (Fig. 5), das sich auch mit Thermometer versehen läßt (Fig. 6). ') Über die Darstellung von Chlorgas in den chemischen Laboratorien. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 23. S. 330 (1890). 2) Elektrolyse von Fettsäuren. Journ. d. russ. physik.-chem. Ges.1889(1), S. 525. Vel. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 23. Ref. S. 113 (1890). 3) Verbindungsstück für Gummischläuche. Deutsche Mech.-Ztg. 1900. Nr. 7; Pharm.-Ztg. Bd. 45. S. 451. Vgl. Chem. Zentralbl. 1900. II. S. 73. 12 R. Kempf. 9. Guttapercha usw. Guttapercha in Form von pappenstarken Platten ist als Kitt und Dichtungsmittel oft von größtem Nutzen, z.B. kann man damit Glas- und Metallzegenstände gas- und wasserdicht miteinander verbinden, indem man die betreffenden Objekte schwach anwärmt, ein passendes, ebenfalls er- wärmtes Stück Guttapercha auf die miteinander zu verbindenden Stellen legt und dann mittelst eines heißen Lötkolbens die Guttapercha verteilt und glättet. Bei der Kittung sehr zerbrechlicher Apparate, die nicht er- hitzt werden können, bestreicht man die zu verbindenden Stellen zweck- mäßig vorher mit einer konzentrierten Lösung von Guttapercha in Chloro- form. Bei 25° wird Guttapercha biegsam, bei 55° plastisch, bei 130° schmilzt sie, und bei noch höherer Temperatur zersetzt sie sich wie Kautschuk. Sie widersteht den meisten Lösungsmitteln: in Wasser ist sie ganz unlöslich, Alkohol und Äther lösen sie nur zum Teil, Öl löst nur heiß geringe Mengen; auch konzentrierten Lösungen von Alkalien, Salzlösungen, verdünnten Säuren und dem Chlor widersteht sie, wird dagegen von konzentrierter Schwefel- und Salpetersäure angegriffen; in Schwefelkohlenstoff und Chloroform löst sich Guttapercha leicht, bei gelindem Erwärmen auch in Benzin, den flüch- tigen Steinkohlenteerölen, Terpentinöl und Steinöl. Flaschen aus Guttapercha (oder Hartgummi oder Bleiblech) mit Stopfen aus dem gleichen Material dienen zum Aufbewahren von Fluß- säure, (Glastinte usw. Das der Guttapercha ähnliche Chatterton-Compound !) empfiehlt sich zu gleichen Zwecken wie jene; es leistet z. B. ganz ausgezeichnete Dienste, wenn ein engeres Glasrohr mit einem weiteren absolut gasdicht zu ver- binden ist. Das Material ist gegen die meisten Chemikalien sehr widerstandsfähig, aber durch Anwärmen oder mit Benzol leicht wieder zu entfernen; vor Siegellack hat es den Vorzug, nicht zu einer so spröden Masse zu er- starren, sondern eine gewisse Elastizität auch nach dem Erkalten zu be- wahren. 10. Kork. Um den Hauptnachteil der Korken, ihre Porosität, aufzuheben, erhitzt man sie in geschmolzenem Paraffin oder überzieht sie mit einer Gela- tinelösung (Tischlerleim); auch mit einer Gummilösung, wie man sie zur Dichtung von Fahrradreifen benutzt, oder mit Siegellack oder endlich mit Kollodium:) läßt sich ein sicherer Verschluß erreichen. Über die Dichtung mit Chromgelatine, die durch Belichten unlöslich wird, siehe sechstes Kapitel. Beim Arbeiten mit starken Laugen oder Säuren und bei hohen Tem- peraturen schützt man Korkverschlüsse durch eine Schicht Asbestpapier oder wendet Asbeststopfen an, die man mit Gips dichtet. 1) Bei Firmen der Elektrizitätsbranche erhältlich. ®) J. W. Brühl, Untersuchungen über die Terpene. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 24. S. 3375 (1891). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. m Ayn o» (Gegen die zerstörende Wirkung der Halogene schützt man Kork- stopfen, die nicht erhitzt werden, am einfachsten durch Einreiben mit Vaseline.!) Über das Verkleiden durchbohrter Korkstopfen mit Stanniol hat Vl. Stanek?) und @. Kolbe®) praktische Ratschläge erteilt. Auf einen Korkensterilisierapparat®) sei hier nur hingewiesen. Über Diehtungsmittel und Kitte siehe sechstes Kapitel. Zweites Kapitel. Zerkleinern und Sieben. I. Zerkleinern. Um feste Substanzen innig miteinander zu mischen oder sie in einer Flüssigkeit aufzulösen und eventuell mit ihr in Reaktion zu bringen, müssen sie zunächst möglichst weitgehend zerkleinert: gepulvert werden. Denn wenn man bedenkt, dal) der Lösungsvorgang nur an der Oberfläche des festen Körpers stattfindet und dal eine bestimmte Masse in Form von beispielsweise 100 kleinen Kugeln eine um 364°/, größere Oberfläche besitzt als in Gestalt einer einzigen großen Kugel, so erhellt daraus, wie wichtig es in vielen Fällen sein wird, eine feste Substanz, die sich lösen oder chemisch wirken soll, so fein wie nur irgend möglich zu pulvern. Dazu kommt noch als experimentell bewiesene Tatsache, dal) sich schwer lösliche Stoffe in feinster Zerteilung nicht bloß viel rascher in einer Flüssiekeit auflösen, sondern auch in viel größeren Mengen. So besitzt z. B. Cal- ciumsulfat eine um 20°/, größere Löslichkeit im Wasser, wenn es so fein wie möglich gepulvert ist, als wenn es eine etwas größere Teilchengröße aufweist. Wie durch feines Pulvern einer Substanz deren Lösungstension erhöht wird, so auch deren Sublimationsspannung; mithin sind die Metho- den des Zerkleinerns fester Körper auch für die Sublimation von er- heblicher praktischer Wichtigkeit.°) In jüngster Zeit hat P. Pawlow®) ex- perimentell festgestellt, daß mit der Korngröße eines festen Körpers ebenso wie dessen Lösungsdruck und dessen Dampfspannung auch dessen Schmelz- punkt schwankt: so schmilzt z. B. der aus Körnern unter 2 u bestehende !) Vgl. auch: „Luftdicht schließende Korkstopfen.“ Journ. d. Pharm. von Elsaß- Lothringen. 1904. S. 186; Chem. Zentralbl. 1905. I. S. 134. ?) Über eine vorteilhafte Zuriehtung der Korkstopfen für Extrakteure. Chem.-Ztg. Bd. 30. S. 347 (1906). ®) Verkleiden von durchbohrten Korken mit Stanniol. Chem.-Ztg. Jg. 32. S. 421. (1908). *) Dürings Patentmaschinengesellsch. in Berlin. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 408 (1908). °) Vgl. R. Kempf, Praktische Studien über Vakuum-Sublimation. Journ. f. prakt. Chemie [2]. Bd. 78. S. 210. (1908). *) Über die Abhängigkeit des Schmelzpunktes von der Oberflächenenergie eines festen Körpers. Zeitschr. f. physikal. Chem. Bd. 65. S. 1 (1908). 14 R. Kempf. Staub bei Salol um 7%, bei Antipyrin um 5—7°, bei Phenacetin um 4° tiefer als Körner von 05—2 mm Größe. 1. Mörser. Der einfachste Zerkleinerungsapparat ist der Mörser und das Pistill, die aus Glas, Porzellan, Achat, Gußeisen und Stahl angefertigt werden. Zum Pulvern kleiner Substanzmengen für Schmelzpunktsbestimmungen sind am meisten kleine Achatmörser (von wenigen Zentimetern Durchmesser) zu empfehlen (Fig. 7). Um beim Zermahlen härterer Stoffe der Hand einen besseren Halt zu zeben. wird Mörser wie Pistill mit einer Holz- fassung umkleidet (Fig. 8). Einen größeren Achatmörser nach A. Zulkowsky!) für mechanischen Antrieb durch einen Elektromotor zeigt Fig. 9. Beim Gebrauch dieses Appa- rates ist zu beachten, daß das Mahlgut nicht aus zu groben Stücken be- stehen darf, weil solche leicht aus dem Mörser herausspringen. Für gröbere Arbeiten — z. B. auch zur Eiszerkleinerung — sind Mörser aus Gubeisen wohl geeignet (Fig. 10), die man bei stark stauben- den, bei spröden und bei riechenden oder giftigen Substanzen mit einer Gummikappe?) versehen kann (Fig. 11). Für alle gewöhnlichen Zwecke bewähren sich Reibschalen aus Hart- porzellan sehr gut, und zwar für kleine Mengen einer nicht zu harten Substanz innen glasiert. in allen anderen Fällen innen mit rauher Ober- fläche. J. Wetzel®) schlug zu dem speziellen Zweck der Natriumamalgam- bereitung ein Porzellanpistill mit einer dreieckigen Einkerbung am unteren Ende vor, in die man das Natriumstück einklemmt (Fig. 12). Beim raschen Eintauchen des so beschickten Pistills in das Quecksilber erfolet die Reak- tion unter der Oberfläche: es findet daher keine Entzündung und kein Um- herschleudern des Reaktionsgemisches statt, und das Amalgam ist oxydfrei. W. Hempel*) stellte experimentell als das beste Material für Reib- schalen gehärteten Stahl fest und schlug demgemäß Mörser aus Stahlblech vor, das auf einem ausgehöhlten Holzblock verschraubt ist. Zur Zerkleine- rung sehr harter Stoffe dienen die sogenannten Diamantmörser aus Stahl (Fie. 13). 2. Mühlen. Größere Substanzmengen werden in Handmühlen mit geriffelten Eisen- walzen verarbeitet. Eine sogenannte Excelsiormühle (System Schmeja) zeigt Fig. 14. Eisenteilchen, die etwa von der eisernen Walze absplittern, können mittelst eines Magneten aus dem Mahlgut entfernt werden. !) Eine Mineralmühle. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 20. S. 2664 (1887). 2) Vgl. R. Scholl, Konstitution und synthetische Verwendung des Knallquecksilbers. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 32. S. 3494 (1899). ®) Neue Laboratoriumsapparate. Chem.-Ztg. Bd. 25. S. 566. (1901). *) Über das Zerkleinern von Substanzen. Zeitschr. f. angewandte Chemie. 1901. S. 843. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 15 In allen Fällen, wo die zu vermahlenden Stoffe nicht mit Eisen in Berührung kommen dürfen, empfiehlt sich die in Fig. 15 (siehe 5. 16) dar- gestellte Naß- und Trockenmühle mit Hartporzellan-Mahlwerk, das den gewöhnlichen Mahlsteinen der Kornmühlen nachge- bildet ist. Die Mühle leistet z. B. beim Zerreiben ge- trockneter Organe hervorragende Dienste. Fig. 12. Auch Kugelmühlen bewähren sich im Laboratorium ausgezeichnet; sie bestehen aus einer verschließbaren Porzellantrommel, die mit dem Mahlgut ” 16 R. Kempf. und Porzellankuzeln oder Flintsteinen gefüllt!) und dann mit der Hand oder einem Motor in Rotation versetzt wird. Derartige Mühlen (vel. Fig. 16) besitzen folgende Vorzüge: sie bedürfen bei mechanischem Antrieb fast gar keiner Aufsicht: das Mahlgut ist hermetisch von der Außenluft ab- eeschlossen, was bei staubendem, hygrosko- pischem, eiftigem und leicht flüchtigem Ma- u — j z 2 a terial und bei allen Sub- POR Ei ‚te 771 1 r P « Er, stanzen, die gegen den Sauerstoff oder die Kohlensäure der Luft empfindlich sind, von seroßem Werte ist; nach genügend langer Rota- tion liefern sie oft ein staubfeines Produkt; auch können sie für nasse Stoffe und ferner in der Hitze verwendet werden, wenn man sie z. B. in einem erwärmten Ölbade rotieren läßt. Eine Anwendung von Kugel- mühlen bei Fettbestimmungen hat W. Völtz:) beschrieben. A. Kossel®) schlug eine Zer- kleinerungsmaschine für tierische Stoffe vor: durch eine Fräsevor- richtung werden die Organe oder ganze Tiere in hartgefrorenem Zu- stand ohne Verlust in eine schnee- artige Masse verwandelt. Fleisch- hackmaschinen werden im übrigen im speziellen Teil von anderer Seite beschrieben, Maschinen zur Zerkleinerung von Eis im fünften Kapitel. Fig. 15. Fig. 16. II. Sieben. Um sicher zu sein, daß alle Teilchen der gepulverten Substanz eine untere Grenze der Feinheit erlangt haben, wird das Mahlgut von Zeit zu ", Beim Pulvern von explosiven Substanzen, z. B. von Knallquecksilber, benutzt man Kutschukkugeln : vgl. R. Scholl, loc. eit. ?, Eine neue Methode der Fettbestimmung. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 97. S. 606 (1903). #) Beschreibung einiger Apparate. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 33. S. 5 (1901). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 17 Zeit gesiebt. Die gröberen Teilchen werden in die Mühle zurückgegeben. Die Siebe bestehen gewöhnlich aus Eisen- oder Messingdrahtgewebe und werden am besten als Satz von immer geringerer Maschenweite ange- wendet (Fig. 17). Das in den obersten Siebraum des Apparates einge- brachte Mahlgut dringt je nach seiner Feinheit durch einen Siebboden, durch zwei, drei usw. und wird so eleichsam in Fraktionen nach der Korngröße zerlegt. Dieses fraktionierte Sieben kann gelegentlich auch zum Trennen eines (remisches fester Körper dienen: beim Umkristallisieren eines Ge- menges z. B. werden sich im allgemeinen dessen einzelne Komponenten auch in verschieden großen Kristallformen ausscheiden, die sich dann durch die beschriebene Art des Siebens trennen lassen. Zum Sieben staubfeinen Pulvers dient Seidenflor oder feinmaschiges Leinen, das man über eine weithalsige Flasche spannt, mit dem Siebgut beschickt und mit einem Ledertuch bedeckt: durch Klopfen mit einem Glasstab, der vorn einen Gummistopfen trägt, wird das Material dann „durchgebeutelt“. Einen automatischen Beutelapparat nach 9. P. Barthel‘) zeigt Fig. 18. Drittes Kapitel. Abwägen und Abmessen. I. Gewichtsbestimmung. Für Gewichtsmengen in der Größenordnung eines Kilogramms dienen gröbere Tarierwagen von der Form, die Fig. 19 (auf foleender Seite) veranschaulicht, oder Tafelwagen (Fig. 20). Diese Wagen ermöglichen immerhin noch eine auf zirka 05 g genaue Wägung. ‘) Einige neue Hilfsmittel für analytische Laboratorien. Chem.-Ztg. Bd. 27. S. 1206 (1903). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. DV 18 R. Kempf. Für Gewichtsmengen bis zu etwa 100g sind Handwagen mit Horn- schalen (Fig. 21) sehr bequem und recht genau: sie gestatten im allge- meinen. auf Zentigramme genau zu wäeen. Fig. 19. Noch empfindlicher und ebenso bequem in der Handhabung sind die sogenannten technischen Präzisionswagen (Fig. 22); sie sind mit Arre- tierung und abnehmbaren Hartgummi- oder Messingschalen versehen. Man kann mit ihnen auf einige Millieramme genau abwägen. Endlich sind die analytischen Wagen zu erwähnen, die durch ein Glasgehäuse vor Luftzug geschützt sind und mittelst Reiterverschiebung Fig. 20. auf dem Wagebalken Zehntelmilligramme abzulesen erlauben. Sehr emp- fehlenswert ist es, in dem Gehäuse vor der Skala, über welcher der Zeiger spielt, in passender Entfernung eine Lupe aufzustellen, z. B. mit Hilfe eines Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 19 eingekerbten Korkstop- fens; es bedeutet diese Einrichtung eine große Schonung für die Augen, die viel langsamer er- müden als sonst. @. T. Holloway!) schlug vor, auch den Wagebalken durch eine Lupe zu be- trachten und beide Lin- sen in der Glasscheibe des (rehäuses einzu- kitten (Fig. 23). Während zu den vorher erwähnten Wa- gen jeder gewöhnliche Messinggewichtssatz ge- nügt, der die Bruch- gramme am besten un- Fig. 22. ter Glasverschluß hat (Fig. 24), bedarf es für analytische Zwecke ver- goldeter oder platinier- ter Gewichte. Die Bruch- eramme werden meis- tens aus Aluminium an- gefertigt und besitzen zweckmäßig die von H. Landolt angegebene Form (Fig. 25), in der sie schwer zu ver- wechseln und in jeder beliebigen Lage bequem mit der Pinzette zu fassen sind. E. Bornemann?) wies auf die elektri- schen Störungen hin, die bei analytischen Wagen —- namentlich Fig. 23. solchen mit Wagschalen BT !) Eine einfache Anwendung von Linsen zur Erleichterung des Ablesens des Ausschlages von Wagen. The Analyst. 1906. S. 39. Vgl. Chem. Zentralbl. 1906. I. S. 885. ?) Wägen auf analytischen Wagen mit nichtmetallischen Wagschalen. Chem.- Ztg. Bd. 32. S. 125 (1908); ferner: Elektrische Störungen bei Analysenwagen. Ebenda. Bd. 32. S. 220 (1908) und Bd. 32. S. 303 (1908). I* 0 R. Kempf. aus Glas oder Bergkristall — auftreten können, da diese Stoffe die Elektrizität nicht leiten und Glasgefäße beim Trockenreiben leicht elektrisch werden. Fig. 27. Als elegantes Verfahren zur Vermeidung der daraus entstehenden, erheblichen Störungen schluz dann W. Liepermann‘) vor, etwas radium- ‘) Ein Vorschlag zur Beseitigung der elektrischen Störungen beim Wägen. Chem.- Ztg. Bd. 32. S. 408 (1908). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. Al haltige Substanz (Uranpecherz oder daraus hergestelltes Baryumsulfat) mit einem Klebstoff zu verreiben, die Masse auf einen Papierstreifen zu streichen und diesen an der Säule der Wage zu befestigen; dann ist die Luft im Gehäuse der Wage stets ein guter Leiter der Elektrizität, so dal) keine elektrischen Spannungsunterschiede bestehen können. Zum Tarieren dienen Schrotkugeln oder Glasperlen, die man mit Vorteil in einem Becher mit Ausgußschnauze und trichterförmiger Einfüll- öffnung aufhebt (Fig. 26). Man umgeht die immerhin umständliche Arbeit des Tarierens häufig, wenn man eine Anzahl Gefäße verschiedener Größe, namentlich Kristallisierschalen und auch einige Uhrgläser, genau wägt und das Gewicht mittelst Glastinte auf dem (Gegenstande vermerkt; auf diese Weise läßt sich sehr viel Zeit und Mühe ersparen. Beim Einätzen der Zahlen mit Flußsäure oder flußsäurehaltiger Glastinte ist zu beachten, daß ein Glasgefäß durch die Verflüchtigung des Siliciumtetrafluorids merklich an Gewicht verliert, wenn die Schriftzüge zu groß gemacht werden; die Gewichtsdifferenz einer Kristallisierschale von zirka 20 9 Gewicht vor und nach der Ätzung kann 0'5—1'0cg betragen. Wenn man einen scharf- kantigen Splitter Carborundum in einen Bleistab verschmilzt, kann man Schriftzüge auf Glas auch einritzen: es bedarf dazu nicht des teuren Diamantstiftes. Auf die Nernstsche Mikrowage (Fig. 27), die Gewichte bis zu 2 mg mit einer Genauigkeit von 1—2 Tausendstel Millieramm zu bestimmen gestattet, sei hier nur hingewiesen. II. Volumbestimmung. Im allgemeinen wendet man bei organisch-chemischen Arbeiten die Ausgangsstoffe einer Reaktion in molekularen Gewichtsverhältnissen an, indem man 1 Mol (Molekulargewicht in Grammen) des einen Körpers mit 1, 2, 3....x Molen des anderen zusammenbringet. Trotzdem kann man sich häufig auch ohne Wage behelfen, nämlich dann, wenn es sich um flüssige Substanzen oder um Lösungen von bekanntem Gehalt handelt. In solchen Fällen — namentlich bei flüssigen Reagenzien, deren spezifisches Gewicht bekannt ist, wie Chloroform, Brom, Benzoylchlorid u. a. — wird zweckmäßig nicht abgewogen, sondern einfacher abgemessen, meistens in kalibrierten Gefäßen. Das einfachste Meßgefäß — allerdings nur für sehr kleine Substanz- mengen — ist aber eine Tropfflasche (Fig. 28). Hat man eine be- stimmte Tropfenzahl (etwa 10 oder 20) des betreffenden heagenzes einmal gewogen, so kennt man das Gewicht des Einzeltropfens und kann dann selbst Bruchteile eines Gramms ohne Mühe zum Reaktionsgemisch fügen. Handelt es sich um stark riechende Stoffe, wie Brom, Acetylchlorid usw., so wird man beim Abmessen nach dieser Methode viel weniger belästigt als beim Abwägen und schont außerdem die Wage. Emil Fischer!) emp- !) Über das Purin und seine Methylderivate. Ber. d. Deutschen ehem. Gesellsch. Jg. 31. S. 2564 (1898). 2 R. Kempf. fahl diese Methode z. B. beim Jodmethyl. Eine sterilisierbare Tropf- flasche!) mit luftdichtem, steril bleibendem Verschluß zeigt Fig. 29. Zum Abmessen kleiner Mengen Flußsäure hat A. Gwiggner?) ein Tropffläschehen aus Hartgummi angegeben (Fig. 30); nach Lüften der Verschlußkappen kann man durch Neigen des Fläschchens aus dem seit- lichen Stutzen mit kapillarer Bohrung die Flußsäure tropfenweise entnehmen. Als Tropfflasche im großen kann man die Spritzflasche ansehen, die für destilliertes Wasser, für Alkohol und für Äther gebraucht wird. Es empfiehlt sich durchaus — auch für Wasser —, Spritzflaschen mit ein- geschliffenem Stopfen (Fig. 31) zu benutzen, um die Verunreinigung des Flascheninhaltes durch stets etwas abbröckelnden Gummi oder Kork zu vermeiden. Für heißes Wasser wird der Kolbenhals mit Korbgeflecht als Isoliermittel gegen die Wärme umgeben: zwei größere Korkstücke — mittelst Draht am Kolbenhalse befestigt — tun dieselben Dienste Eine Ibernitr L y Fig. 28. Fig. 29. Fig. 30. sehr bequeme Spritzflasche, die durch Drücken eines den Hals umgebenden Gummiballs in Tätigkeit gesetzt wird, stellt Fig. 32 dar. Zum Abmessen eines einzigen bestimmten Flüssigkeitsquantums dienen Vollpipetten und Meßkolben, zum Abmessen jeder beliebigen Flüssigekeitsmenge — innerhalb der Grenzen, die durch den Voluminhalt des Gefäbes gegeben sind, — dienen für gröbere Zwecke Meßzylinder, für feinere Meßpipetten und Büretten. Die üblichen Vollpipetten haben einen Rauminhalt von 1—200 em? und besitzen zweckmäßig eine kleine kugelartige Erweiterung über der Marke, um zu verhindern, daß Flüssigkeit beim Einziehen in den Mund gelangt. ') F.R.O. Goetze, Sterilisierbare Tropfflasche mit luftdichtem Verschluß ohne Rillen. Pharm. Zentralhalle. Bd. 47. S. 465 (1906) ; vgl. Chem. Zentralbl. 1906. II. S. 81. ®) Flußsäuretropffläschehen. Chem.-Ztg. Bd. 29. S. 671 (1905). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 23 Damit beim Pipettieren heißer gesättigter Salzlösungen keine Kristal- lisation in der Pipette eintritt, wurden doppelwandige Pipetten konstruiert (Fig. 33), deren Zwischenwandung nach Art der Weinholdschen Gefäße evakuiert ist, wodurch eine rasche Abkühlung durch Wärmestrahlung ver- hindert wird.!) Auch bei Meßkolben schlug Biltz eine kugelartige Erweiterung über der Marke vor, damit in den Fällen, in denen eine gewisse Menge Sub- stanz zu einem bestimmten Volum gelöst werden soll, das Mischen zu einer homogenen Flüssigkeit erleichtert wird. Beim Gebrauch von zylindrischen Glasmensuren (Fig. 34) ist zu beachten, daß die prozentische Genauigkeit der Ablesung um so größer ist, je mehr der Rauminhalt des Zylinders von der Flüssigkeit ausgefüllt wird; daraus folgt die Regel, den Meßzylinder so klein zu wählen, daß ihn At Fig. 31. Fig. 32. Fig. 33. Fig. 34. die betreffende abzumessende Flüssigkeitsmenge möglichst hoch füllt. Mensuren von konischer Form dagegen (Fig. 35) gestatten bei jeder beliebig hohen Füllung eine ungefähr gleich große prozentische Genauig- keit der Ablesung, weil die Teilstriche im unteren Teil des Gefäßes viel weiter auseinander stehen als oben. Meßpipetten pflegen ebenso wie die Büretten, die ja nur größere, mit Hahn versehene und in einem Stativ eingeklammerte Meßpipetten vorstellen, in !/, oder !/,, cm? eingeteilt zu sein; Meßpipetten für 1 cm? Inhalt dagegen in !/,.o cm?. Drei Tropfen einer wässerigen Flüssigkeit entsprechen an den gewöhnlichen Büretten etwa 01 em®. Die Mikropipette nach @. Gabritschewsky:2) ist für Flüssigkeitsmengen von 1 cm? und 01 cm3 als Vollpipette graduiert, d. h. besitzt für diese !) Doppelwandige Pipette nach Hüttner. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 805 (1908). ?) Zur Technik der bakteriologischen Untersuchungen: Graduierte Kapillarpipettezum Abmessen sehr kleiner Flüssigkeitsmengen. Zentralbl. f. Bakteriologie u. Parasitenkunde. Bd. 10. S. 248 (1891); vgl. auch @. Gabritschewsky, Ein Beitrag zur Frage der Immunität und Heilung von Infektionskrankheiten. Ebenda. Bd. 10. S. 151 (1891), wo die Pipette zur Zählung von Milzbrandbazillen in Bouillonkulturen diente. 4 R. Kempf. Volumina keine Zwischenmarken, dagegen dient sie für Flüssigkeitsmengen bis OO1 em® als Meßpipette und ist innerhalb des Intervalls von 0—0'01 cm® in Tausendstel Kubikzentimeter eingeteilt. Der Hohlraum dieser Pipette ist eine so enge Kapillare, daß das Arbeiten damit einige Übung | erfordert; auch treten bei nicht ganz klaren Flüssigkeiten leicht Verstopfungen des feinen Ganges ein. Die „hygienische Mikropipette* nach W. Weichardt!) (Fig. 36) ermöglicht ein sehr exaktes und bequemes Abmessen kleiner Flüssigkeitsmengen (etwa von der Größenordnung eines Kubikzentimeters) unter aseptischen Kautelen: durch Drehen einer N N N Fig. 36. Fig. 37. Fig. 38. Fig. 39. Metallkapsel, die auf dem oberen Teil des Apparates mit Mikrometergewinde luftdicht aufgesetzt ist, wird der Innenraum der Pipette vergrößert bzw. ver- ') Über eine neue hygienische Mikropipette. Verhandlungen der Ges. deutscher Naturf. und Ärzte, 80. Vers. zu Köln. Leipzig. F. C. W. Vogel (1909). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 35 kleinert, so daß entweder eine Saug- oder eine Druckwirkung auf die zu pipet- tierende Flüssigkeit ausgeübt wird. Da also das Saugen mit dem Munde und der Gebrauch des Fingers als Pipettenabschluß fortfällt, ist nicht nur ein sehr präzises Einstellen des Meniskus möglich, sondern auch das Arbeiten mit dem Instrument sauber und hygienisch einwandfrei: beim Pipettieren stark ätzen- der, giftiger und infektiöser Flüssigkeiten ist jede Gefahr ausgeschlossen, und andrerseits können sterilisierte Flüssigkeiten nicht durch Speichel verunreinigt werden. Am Kopf des Instrumentes befindet sich ein Luft- kanal, der sich mit einer Stellschraube beliebig öffnen oder schließen läßt, so daß man die eingesaugte Flüssigkeit automatisch mit regulierbarer Geschwindigkeit heraustropfen lassen kann; die zudringende Luft passiert ein in der Metallkapsel eingeschlossenes Wattefilter. An der Stelle, wo sich die Gummiverbindung befindet, ist das Meßgerät leicht auseinanderzunehmen, mithin die Auswechslung der eigentlichen Pipette gegen eine beliebige andere und ihre Reinigung ohne Mühe möglich. Ähnliche „Sicherheitspipetten“ haben Strohschein, Max Wolff‘), Gaffky und Wassermann u. A. konstruiert. Eine Meßpipette mit automatischer Nullpunktseinstel- lung zeigt Fig. 37. Auch Büretten lassen sich mit dieser Apparatur ein- richten. Eine andere bewährte Nullpunktseinstellung für Büretten ist in Fig. 38 dargestellt. Das Ansatzrohr rechts unten an der Bürette wird durch einen mittelst Quetschhahn verschließbaren Gummischlauch mit der Vorrats- flasche verbunden, aus der die Titerflüssigkeit durch einen He- ber in die Bürette fließt; ist diese bis zum Nullpunkt gefüllt, so läuft etwa noch nachkom- mende Flüssigkeit über und durch den seitlichen Ansatz (rechts oben an der Bürette) ab. Zwar nicht eine selbsttätige Nullpunktseinstellung, wohl aber eine praktische Verbindung mit der Vorratsflasche und eine ein- fache, bequeme Handhabung bietet die Bürette nach W. Flemming ?) (Fig. 59). Eine sehr genaue und mühelose Ablesung des Meniskus erlauben Büretten, die auf den Vorschlag von Schellbach mit weißbelegter Rückwand Fig. 42. Fig. 40. Fig. 41. t) Eine einfache und dauerhafte Saugpipette zum Gebrauch bei mikroskopischen Arbeiten. Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenkunde und Infektionskrankheiten. Bd. 46. I. S. 648 (1908). 2) Zweiweghahnbürette. Chem.-Ztg. Bd. 28. S. 818 (1904). RIE R. Kempf. und schmalem, dunkel gefärbtem Emailstreifen versehen sind: der Meniskus hat dann die Form zweier, mit der Spitze aufeinander stehender Kegel (Fie. 40). Neuerdings werden Büretten und die Saugröhren von Pipetten auch mit ovalem Querschnitt angefertigt!) (Fig. 41); der Vorteil dieser Form liegt darin, daß die Flüssigkeiten einen viel steileren Meniskus bilden, der eine schärfere Ablesung gestattet: außerdem sind die Teilstriche gerade Linien, nicht Halbkreise, und liegen nebst den Ziffern in einer Ebene. Schließlich soll aber nicht unerwähnt bleiben, dab die alte Mohrsche Quetschhahnbürette, wie sie Fig. 42 zeigt, allen Anforderungen des prakti- schen Gebrauchs durchaus gerecht wird und sich wegen ihrer relativen Billiekeit und Einfachheit überall da empfiehlt, wo Titrierungen nicht gerade täglich vorgenommen werden müssen. Die Reinigung von gläsernen Meßgeräten geschieht am besten mit einer Mischung von roher englischer Schwefelsäure und Kalium- oder Natriumbichromat und durch sorgfältiges Nachspülen mit gewöhnlichem, dann mit destilliertem Wasser. Man trocknet am raschesten, wenn man einen Luftstrom durch das Gerät saugt und gleichzeitig — mit einer Bunsen- flamme vorsichtig fächelnd — schwach erwärmt: die durchstreichende — gewöhnlich nicht durch Reinheit ausgezeichnete -—- Laboratoriumsluft filtriert man durch ein Stückchen Filtrierpapier, das man sich an der Eintrittsstelle der Luft ansaugen läßt. Trocknen mit Alkohol und Äther ist weniger zu empfehlen, weil diese Flüssigkeiten häufig eine dünne Fetthaut hinterlassen. Praktisch sehr wertvolle Vorschriften über Herstellung, Behandlungs- weise und Eichung chemischer Meßgeräte stellt von Zeit zu Zeit die Kaiserl. Normal-Eichungskommission?) auf. Die vielen praktischen Fragen und Streitpunkte, die beim genaueren mabßanalytischen Arbeiten auftauchen: ob ein Meßgefäß auf Einguß oder Ausguß geeicht ist, auf welche Tempe- ratur sich das angegebene Volum bezieht, wie lange auf das Abtropfen zu warten ist usw., finden hier ihre Erledigung, indem nach wissenschaft- lichen Grundsätzen eine einheitliche konventionelle Regelung der Materie herbeigeführt wird. Viertes Kapitel. Mischen. I. Allgemeines. keagieren Substanzen sehr heftig — vielleicht explosiv — mit- einander, so ist es nicht nötig, für eine möglichst innige Berührung der ') F. Fischer und Röwer, Flache Meßgeräte. Zeitschr. f. chem. Apparatenkunde. Bd.1. S.45 (1905); vgl. Chem. Zentralbl. 1906. I. S. 725. *) Eichvorschriften für chemische und physikalische Meßgeräte. Verlag von Jul. Springer, Berlin. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 97 einzelnen reagierenden Stoffe zu sorgen, im Gegenteil, durch Hinzumischen von indifferenten Materialien wird man die Substanzteilchen voneinander zu entfernen trachten, um den Ablauf des Prozesses zu mildern und zu verlangsamen. Bei festen Körpern kann man z. B. zu diesem Zweck dem Reaktionsgemisch Seesand beimengen !), wie es bei der Elementaranalyse leicht verpuffender Substanzen geschieht, oder man wird die reagierenden Stoffe in möglichst verdünnten Lösungen zusammenbringen. Denn die Re- aktionsgeschwindigkeit ist unter sonst gleichen Umständen proportional der Konzentration der beteiligten Stoffe. Ein weiteres wichtiges Hemmungsmittel stürmisch verlaufender chemi- scher Reaktionen ist durch die Anwendung der künstlichen Kühlung ge- geben (vel. fünftes Kapitel). Dagegen muß — von den selteneren Fällen abgesehen, daß die Komponenten des Reaktionsgemisches Gase sind, die sich bekanntlich mit großer Schnelligkeit spontan durchdringen, — bei allen träger vor sich gehenden chemischen Prozessen für eine möglichst innige Berührung der reagierenden Substanzen gesorgt werden. Man erreicht dies bei weitem am besten, wenn es möglich ist, — nach dem bekannten alchemistischen Prinzip: corpora non agunt, nisi fluida — eine Lösung herzustellen, die ja nach van’t Hoffs Theorie den gelösten Körper in einer dem gasförmigen Zustande vergleichbaren Form enthält. Der einfachste Fall ist der, daß sich die eine Komponente des Re- aktionsgemisches — ein fester Körper, eine Flüssigkeit oder ein Gas — in der anderen auflöst, ein Prozeß, der durch Temperatursteigerung meistens eine Beschleunigung erfährt. Wenn beide Stoffe bei gewöhnlicher Temperatur fest waren, wird die Lösung bei höherer Temperatur als Schmelze be- zeichnet. Ebenso einfach liegt der Fall, wenn beide Stoffe, die miteinander in Reaktion treten sollen, flüssiger Natur sind und sich gegenseitig lösen oder sich in jedem Verhältnis miteinander mischen. Etwas komplizierter werden die Verhältnisse, wenn diese Voraussetzung der gegenseitigen Löslichkeit der Reaktionskomponenten nieht zutrifft. Man hilft sich dann dadurch, daß man ein gemeinsames, indifferentes, sich an der Reaktion nicht beteiligendes Lösungsmittel?) aufsucht. Ist dies auch vergeblich — wie z. B. beim Sulfonieren und Nitrieren von Körpern, die in Schwefelsäure und Salpetersäure unlöslich sind, — so muß man sich an der möglichst innigen Berührung der Bestandteile des Reaktionsgemisches durch mechanische Hilfsmittel genügen lassen und auf eine homogene Lösung verzichten. Feste Körper wird man möglichst fein und innig im Mörser ver- reiben (vgl. im zweiten Kapitel, S.14), zwei Flüssigkeiten miteinander ') Vgl. z.B. R. Scholl, Konstitution und synthetische Verwendung des Knallqueck- silbers. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 32. S. 3495 (1899). — F. Ullmann und J. Bielecki, Über Synthesen in der Biphenylreihe. Ebenda. Jg.34. S. 2176 (1901) usw. ”) Ungefähr die gleichen, wie beim Umkristallisieren (vgl. sechstes Kapitel), aber weniger zahlreiche Arten. IS R. Kempf. entweder durch Rühren oder durch Schütteln in nahe Berührung bringen; ebenso wenn eine feste Substanz mit einer Flüssigkeit oder einer Lösung reagieren oder sich darin wenigstens zum Teil!) — lösen soll. Denn „wenn wir dadurch, daß wir zwei verschiedene Stoffe, z. B. zwei Flüssiekeiten, in Berührung bringen, einen chemischen Vorgang zwischen ihnen veranlassen, so wird dieser Vorgang zunächst nur dort stattfinden können, wo die verschiedenen Stoffe mn Berührung kommen, nämlich an den Flächen, wo der Stoff A an den Stoff B grenzt. Hierdurch bildet sich alsbald eine Schicht des Produktes zwischen beiden Massen aus, die erst beseitigt oder überschritten werden muß, damit der Vorgang sich fortsetzen kann. Dies geschieht durch Diffusion oder Konvektion. Erstere besteht darin, dal) alle Stoffe einer zusammenhängenden Phase das Bestreben haben, sich gleichförmig innerhalb dieser Phase zu verteilen. So wie eine Ungleichförmigkeit vorhanden ist, setzen die Stoffe sich selbsttätig in Bewegung, um die Gleichförmigkeit herzustellen. Diese Vorgänge erfolgen schnell nur über sehr kurze Strecken; so wie es sich auch nur um einige Millimeter handelt, sind sehr erhebliche Zeiten erforderlich. Hier tritt nun die Konvektion oder mechanische Vermengung ein. Durch Umrühren, Schlagen, Quirlen und ähnliche Bewegungen werden die Berührungsflächen der verschiedenen Stoffe beständig vergrößert und nach anderen, bisher unbeteilieten (Gebieten der Flüssigkeiten gelegt, so dal) vermöge der Wirkung der Diffusion nur noch sehr kurze Wege zurückzulegen sind. Auf solche Weise können die mechanischen Verzögerungen eines chemischen Vor- sanges weitzehend vermindert werden “.?) Oft verläuft ein chemischer Prozeß) daher unvergleichlich viel glatter, wenn man für energische mechanische Durchmischung der Reaktionsmasse sorgt: so erspart man z. B. viel Zeit, wenn man bei der Bereitung von Nitrobenzol, Benzoösulfosäuren usw. einen wirksamen Rührer anwendet. Neuerdings untersuchte K. Jablezynski3) die Beziehung zwischen Rühr- geschwindigkeit und Reaktionsgeschwindigkeit in heterogenen Systemen und gelangte zu dem Ergebnis, daß die Reaktionskonstante unter ge- wissen Bedingungen der Tourenzahl des Rührers einfach proportional zu setzen ist. II. Motore. Die eleganteste Antriebsvorrichtung zum mechanischen Rühren und Schütteln, wie überhaupt für Laboratoriumsapparate. ist ein Elektro- motor von der Art, wie ihn Fig.43 zeigt. Ein solcher Motor ist fast auf jede beliebige Geschwindigkeit bis zu etwa 2000 Touren pro Minute ‘) Bekanntlich gibt es keine absolut unlöslichen Stoffe. ?) Aus W. Ostwald, Prinzipien der Chemie, eine Einleitung in alle chemischen Lehrbücher, Leipzig 1907. °) Beziehung zwischen der Rührgeschwindigkeit und der Reaktionsgeschwindig- keit in heterogenen Systemen. Sitzungsbericht der Akad. d. Wissenschaften Krakau. Vgl. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 1093 (1908). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 29 mittelst passender Regulierwiderstände einstellbar. Für die gewöhnlichen Laboratoriumszwecke genügt ein Kleinmotor mit einer Leistung von 1/,—!/,, PS. vollkommen. Ein Regulierwiderstand ist im Fuße des Motors eingebaut. Ist ein noch langsamerer Lauf erwünscht, so schaltet man Glüh- lampen oder Manganindraht oder ein elektrolytisches Bad in die Leitung ein. Letzteres besteht aus einem länglichen, mit ganz schwacher Schwefel- säure gefüllten Glastrog in Form eines Parallelepipedons, an dessen Schmal- —— —e — TEE li = Mi Fig. 44. Fig. 45. seiten sich zwei Bleiplatten oder Platindrähte als Anode und Kathode gegenüberstehen; durch mehr oder weniger tiefes Eintauchen der Elektroden, durch Verstärken oder Verdünnen der Schwefelsäure oder endlich durch Verkleinern oder Vergrößern des Elektrodenabstandes ist der Motor auf jede gewünschte Schnelligkeit mühelos einzustellen. Ein derartiger Flüssig- keitswiderstand, den man eventuell in Kühlwasser stellt, ist auch sonst bei elektrochemischen Arbeiten sehr bequem in Handhabung und Her- stellung. Häufig wird es sich auch empfehlen, die Geschwindigkeit des Elektromotors durch ein Vorgelege mit Transmission (Fig. 44) zu verringern, d.h. in Kraft zu verwandeln. —_ 30 t. Kempf. Auch Heißluftmotore (Fig. 45) bewähren sich ausgezeichnet. Gleich den Elektromotoren bedürfen diese Maschinen fast gar keiner Aufsicht, so dal sie auch für Dauerversuche über Nacht durchaus geeignet sind. Ihre Tourenzahl beträgt nur 400—600 Umdrehungen pro Minute, ihre Leistung, die aber durch Kuppelung zweier Maschinen (Fig. 46) verdoppelt werden kann, bis zu !/, PS. Über einen Gas- reeulator zur Erzielung einer konstanten Um- drehungsgeschwindiekeit von Heißluftmotoren siehe unter Thermoregulatoren (fünftes Kapitel). Für alle Zwecke, wo ein geringerer Kraft- aufwand genügt, sind die Rabeschen Wasser- turbinen (Fig. 47 u.48) sehr bequem, die nur an eine Wasserleitung von genügendem Druck angeschlossen zu werden brauchen —. am ein- fachsten mit Hilfe des Ansatzstückes ‘nach Schimmel (Fig. 49 zeigt es in Verbindung mit einer Wasserstrahlpumpe). Diese Motore machen Fig. 48. je nach der Konstruktion und dem Wasserdruck 2000-—8000 Touren in der Minute, verbrauchen 25—307 Wasser in derselben Zeit und leisten bis zu !/,, PS. Wasserturbinen bei Dauerversuchen zu verwenden und z. B. über Nacht laufen zu lassen, ist auch bei sorgfältigster Montierung immer riskant: falls der Zuleitungsschlauch platzt oder sich eine Verbindung löst, Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 31 würden sich schon in 5 Stunden wenigstens zirka 1000 7 Wasser in den Raum ergießen. Von anderen Antriebsvorrichtungen sind noch die durch Federkraft betriebenen zu erwähnen, wie sie z. B. zum Rühren in Apparaten für Ge- frierpunktsbestimmung zur Verwendung kommen, und die Gas- und Benzin- motore, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. III. Rühren. _ Den einfachsten Rührer erhält man, wenn man einen Glasstab auf dem einen Ende mehrere Zentimeter lang flach preßt und das flache Stück so umbiegt, dal) es — beim Rotieren des Glasstabes um seine Achse — in einer Ebene senkrecht zu seiner breiten Fläche rotiert: auf dem G HN 9 al De I 1” jan Nunnnannatnananı] Em 2 puzy IM I ul Z Fig. 50. Fig. 51. Fig. 52. Fig. 53. anderen Ende des Glasstabes befestigt man mittelst eines Stopfens oder eines Keils eine hölzerne Schnurrolle, um die eine zum Motor führende Gummischnur gelegt wird; als Lager dient ein Stück Glasrohr, das in einem Stativ eingeklammert wird. Wirksamer ist der Rührer nach L. Gattermann (Fig. 50). Einen ähn- lichen Rührer, nach L. Mamlockt), direkt mit einer Wasserturbine gekuppelt. zeigt Fig. 51. Durch die Konstruktion von J. Pieraerts?) (Fig. 52) erfuhr der Rührer, der in der Brauerei beim Arbeiten im Maisch- bottich angewendet wird, eine Nachbildung im Kleinen. Besonders für hohe, schmale Gefäße eignet sich der Spiral- oder Schraubenrührer nach Meyer- hoffer (Fie.55). Um in enghalsigen Gefäßen einen Rührer einführen zu ‘) Turbine mit direkter Rührvorrichtung. Chem.-Ztg. Bd. 26. S. 985 (1902). ®) Ein neuer Rührer. Chem.-Ztg. Bd. 29. S. 671 (1905). 32 R. Kempf. können, hat H. Schultze‘) die in Fig. 54 wiedergegebene Form konstruiert; die Schenkel des Rührers heben sich infolge der Zentrifugalkraft erst beim Rotieren zur horizontalen Lage empor und wirken dann in derselben Weise, wie die oben genannten Rührer. Außer diesen Rührern, die auf das Reaktionsgemisch eine rein me- chanische Wirkung ausüben, gibt es noch solche, deren Wirksamkeit auf der Zentrifugalkraft beruht. A. Franckenstein?) schlug den in Fie. 55 abge- bildeten Rührer vor, der aus einem Glasrohr leicht herzustellen ist. Im Sinne der Pfeile wird z. B. eine spezifisch leichtere, oben befindliche Flüssig- keit durch die obere Öffnung des Glasrohrs und gleichzeitig eine spezi- fisch schwerere, unten befindliche Flüssigkeit durch die untere Öffnung des Glasrohrs eingesaugt und infolge der Zentrifugalkraft das Gemenge aus der mittleren Öffnung herausgeschleudert. Fig. 54. Fig. 55. Auf ähnlichem Prinzip beruhen die ebenfalls recht wirksamen Witt- schen Rührer?), deren Saugöffnung sich für suspendierte, sich leicht zu Boden setzende Niederschläge usw. unten befindet (Fig. 56), für oben schwimmende, spezifisch leichte Flüssigkeiten usw. dagegen oben (Fig. 57). Bei allzu dickflüssigen, schlammigen Flüssigkeiten versagen die Zentri- fugalrührer, indem sich die Löcher zusetzen. In solchen Fällen sind also die zuerst beschriebenen, mechanisch wirkenden Rührer vorzuziehen, oder man benutzt das im folgenden Abschnitt beschriebene Prinzip des Schüttelns. Zum gleichzeitigen Rühren in einer größeren Anzahl Gefäße, wie es z.B. bei Parallelversuchen nötig werden kann, eignet sich die Rührvor- ‘) Ein neuer Rührer. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Jg. 29. S. 2883 (18%). *) Neuer Laboratoriumsapparat. Chem.-Ztg. Bd. 20. S. 630 (1896). ®) Otto N. Witt: Über einige neue Laboratoriumsapparate. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 26. S. 1696 (1893). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 33 richtung, die Fig. 58 zeigt. Statt der gewöhnlichen, dünnwandigen und daher leicht zerbrechlichen Bechergläser sind für solche Zwecke Hartglas- becher zu empfehlen, die gegen Temperaturwechsel sehr widerstandsfähig und mechanisch fast unzerbrechlich sind: nur muß man sich vor dem Ritzen ihrer Oberfläche mit einem scharfkantigen Glasstabe hüten (vgl. erstes Kapitel, S. 4). Wird nicht hoch erhitzt, so kann man auch dickwandige Bechergläser, sog. Filtrierstutzen, als Rührgefäbe benutzen. Bei allen Rührern, die sich in einer Richtung drehen, ist die Mög- lichkeit gegeben, daß) schließlich die gesamte Flüssigkeitsmenge mitrotiert; in dem Maße, wie sich die Geschwindigkeit dieser Rotation der- jenigen des Rührers nähert, wird offenbar die Rührwirkung ver- mindert: drehen sich Rührer und Flüssigkeit gleich schnell, so => In Il —— F —ı II - 1) = Ä | Fig. 57. Fig. 58. ist sie gleich Null. Diesen Übelstand vermeidet die von Fr. Hugershoff'‘) vorgeschlagene Antriebsvorrichtung für Rührer, bei der sich die Rotations- richtung in kurzen Pausen unaufhörlich umkehrt, so daß eine quirlartige Bewegung entsteht (Fig. 59 auf folgender Seite). Ein sehr wirksames Rühren erreicht man häufig auch durch Ein- blasen von Luft, Sauerstoff, Kohlendioxyd, Wasserstoff usw. in die inho- mogene Reaktionsmasse und hat dabei noch den Vorteil, gleichzeitig chemische Wirkungen auslösen oder hemmen zu können („Rührgebläse*). ') Wechselseitige Antriebsvorrichtung für Rührer. Chem.-Ztg. Bd. 29. S. 1208 (1905). Vgl. Chem. Zentralbl. 1906. 1. 2. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 3 34 R. Kempf. Zum Rühren von Reaktionsgemischen, die Gas entwickeln, das man zur qualitativen oder quantitativen Untersuchung auffangen will, kann man den in Fig. 60 abgebildeten Apparat benutzen, dessen Prinzip zuerst von J. W. Brühl (siehe unten) angegeben worden ist. Die Achse des Rührers a geht durch ein Glasrohr db, das mit einem Gummistopfen auf einem Saugkolben aufgesetzt ist; damit dieses als Führung dienende Glasrohr hermetisch von der Außenluft abgeschlossen wird, ist es oben mit der Manschette ce verschmolzen, in der sich Queck- silber befindet, und der Stab des Rührers ist durch einen Gummistopfen mit einem kleinen Glaszylinder d verbunden, der in das Quecksilber ein- taucht und darin rotiert; das sich entwickelnde Gas entweicht aus dem Fig. 59. Fig. 60. seitlichen Ansatzstutzen der Saugflasche, die man mit einer geeigneten (rasmebvorrichtung (Nitrometer od. dgl.) verbinden kann. Bei der Anordnung des Rührers in diesem Apparat ist es nicht ganz leicht, ihn genau zu zentrieren und eine übermäßig große Reibung der Achse in ihrer Führung zu verhüten. Der an der Schnurrolle e ausge- übte einseitige Zug in der Richtung nach dem Motor bewirkt ein Schief- stellen der Achse, was um so schwieriger dauernd auszugleichen ist, als der Zug nicht konstant stark bleibt, sondern je nach der Spannung der Schnur usw. wechselt. J. Houben hat diesen Übelstand auf einfachste Weise sehr glücklich behoben.!) Wie die Figur zeigt, wird auf die Rührer- ‘) Bisher noch nicht veröffentlicht. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 35 achse unmittelbar unter der Schnurrolle an einer etwas verengten Stelle des Stabes ein Zug ausgeübt, der dem von der Triebschnur bewirkten entgegengesetzt gerichtet ist und durch die Schrotkugeln auf der Horn- schale / in seiner Stärke beliebig reguliert werden kann. Für die an der ein- gezogenen und mit Vaseline geschmierten Stelle der Achse angreifende Schnur ist eine starke Darmsaite nötig, für die übrigen Schnurteile genügt gewöhnlicher Bindfaden. Man erreicht mit der beschriebenen Einrichtung ohne Mühe einen fast reibungslosen und geräuschlosen Gang des Rührers. J. W. Brühl!) hat eine Apparatur angegeben, mit der am Rückfluß- kühler siedende Gemische gerührt werden können (Fig. 61). Zur Abdichtung der ohne weiteres verständlichen Konstruktion genügt statt Quecksilber oft Wasser oder Paraffinöl. Ist die siedende Flüssig- keit nicht allzu flüchtig und das gläserne Achsen- —Tur JuUrdine Fig. 61. Fig. 62. lager des Rührers eng und lang, so ist eine besondere Abdichtung des Lagers durch eine Flüssigkeit überhaupt unnötig, und es genügt ein durch- bohrter Stopfen, durch den das Führungsrohr mit der Welle hindurchgeht. Zum Rühren siedender Flüssigkeiten, in die man zeitweise ein festes Reagens nachtragen will, eignet sich die von Emil Fischer?) angegebene Apparatur, deren Handhabung sich aus der Fig. 62 ergibt. Eine ähnliche, ebenfalls von Emil Fischer 3) vorgeschlagene Einrichtung, die in Fig. 65 dargestellt ist, erlaubt, Reaktionsgemische, die gegen den !) Über einen Schüttel- und Rühbrapparat. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 37. S. 923 (1904). °) Anleitung zur Darstellung organischer Präparate. Braunschweig (Vieweg). 7. Aufl. (1905). S. 23. ®) Über die Karbomethoxyderivate der Phenolkarbonsäuren und ihre Verwendung für Synthesen. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 41. S. 2882 (1908). 36 R. Kempf. Sauerstoff der Luft empfindlich sind, in einem indifferenten Gasstrom zu rühren. Die Röhren 5 und a dienen zum Ein- und Ableiten des Gases, die Tropftrichter e und d zum Eintragen der reagierenden Stoffe. IV. Schütteln. Eine bewährte Schüttelvorrichtung, die auch für Dauerversuche gut eeeienet ist, da sie nur geringer Wartung bedarf, zeigt Fig. 64: ein Heiß- luftmotor von etwa !/,, PS. treibt einen eisernen, auf Schienen laufenden Karren rasch hin und her: auf diesem wird entweder das zu schüttelnde Gefäß, in ein Tuch gehüllt, direkt — am besten mittelst Riemen — fest- eebunden, oder es wird ein mit Abteilungen versehener Holzkasten auf das eiserne Untergestell ge- setzt und die Schüttelgefäße mittelst Korken und Stell- schrauben festgeklemmt. !) Eine einfachere Schüttel- maschine für Hand- oder Tur- binenbetrieb zeigt Fig. 65. Fig. 65. Um während des Schüttelns den Reaktionsraum kühlen oder heizen zu können. setzt man einen verschließbaren Blechkasten, über dessen Boden mehrere Rohrstutzen eingelötet sind, auf die Schüttelmaschine und be- schickt ihn außer mit dem Reaktionsgefäß mit feingestoßenem Eis oder leitet durch einen der Rohrstutzen Wasserdampf hinein; der andere Rohr- stutzen dient zur Ableitung des Schmelz- bzw. Kondenswassers oder des Dampfes. Karsten hat eine Schüttelvorrichtung vorgeschlagen, die bei beliebigen Temperaturen zu schütteln gestattet (Fig. 66). Sie besteht aus einem doppel- wandigen Kupferkasten, der in Zapfen drehbar gelagert ist und mittelst eines Heißluftmotors in schaukelnde Bewegung gesetzt werden kann. Den Raum zwischen den beiden Wandungen des Kastens, in dessen Innenraum mittelst eines Gestells die Schüttelgefäße befestigt werden, nimmt das !) E. Sauer, Über ein neues Schüttel- und Rührwerk. Ebenda. Bd. 28. S. 559 (1895). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 37 Kühlmittel bzw. die Heizflüssiekeit auf; im letzteren Falle wird diese einfach durch einen untergestellten Brenner auf die gewünschte Temperatur erwärmt. Eine rotierende Vorrichtung zu dem gleichen Zweck: eine Trommel aus Kupferblech, schlug V. Markovniko/f') vor. ig. 66. Auf weit einfachere Weise erreicht man dasselbe Ziel, nämlich ein Reaktionsgemisch in dauernder, kräftiger Schüttelbewegung zu halten und 1) Ein Mischapparat zur Beschleunigung chemischer Reaktionen. Liebigs Ann. d. Chem. u. Pharm. S. 289. 254 (1896). Is R. Kempf. dabei gleichzeitig zu erwärmen oder zu kühlen, durch das in Fig. 67 ab- gebildete Schüttelgefäß'), das in einem mit Filz ausgekleideten Holzkäst- chen auf jede beliebige Schüttelmaschine gesetzt werden kann. Der Apparat besteht aus einem walzenförmigen, je nach seiner Größe etwa Y,—1]/ Flüssiekeit fassenden Glas- gefäß, das seiner ganzen Länge nach von einer Glas- schlange durchzogen ist; das Schüttelgefäß wird mit dem Reaktionsgemisch durch den Einfüllturm beschickt, der dann bei chemischen Pro- zessen, die unter Gasentwick- lung verlaufen, mit geeigneten (rasmeljapparaten verbunden werden kann; durch die kugel- artige Erweiterung des Turmes wird ein Herausspritzen der Flüssigkeit auch bei heftigster Schüttelbewegung vollkommen vermieden. Indem durch das gläserne Schlangenrohr des Apparates kaltes oder warmes Wasser 2), Dampf oder eine unter 0° abgekühlte Salzlösung — letztere mittelst einer Pumpe in beständigem Kreis- | lauf®) — geleitet wird, läßt Y4 } sich in weiten Grenzen jede . beliebige Temperatur während der Dauer der Operation inne- halten (vgl. Fig. 68). Das Schlangenrohr erfüllt daneben noch einen zweiten wichtigen / Tweck: infolge des Wider- a f standes, den es der bewgteen Sl 9 Flüssigkeit bietet, bewirkt es Er u eine überaus feine Zerteilung j | u N £ >. derselben, so daß z.B. ein SI l — (remisch von Benzol und Was- 22 { ser augenblicklich zu einer | feinen homogenen Emulsion N zerschlagen wird. J Wichtig ist ferner, daß man jederzeit das Reak- Fig. 68. tionsgemisch überblicken, also Fig. 67. ') R. Kempf, Ein Schüttelgefäß mit Innenkühlung und Gasableitung. Chem.-Ztg. Bd. 30. S. 475 (1906). ?) Über Warmwasserbereitung siehe fünftes Kapitel. °) Ausgezeichnete Dienste in allen solchen Fällen, wo ein rascher Strom Thermo- statenflüssigkeit zirkulieren soll, dürfte die Zentrifugalpumpe von R. Luther leisten; vgl. „Eine Laboratoriumspumpe“. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 267 (1908). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 39 Schäumen, Farbenumschläge, Verschwinden oder Entstehen von Suspen- sionen usw. bequem und rechtzeitig feststellen kann. Auch ist die Mög- lichkeit, das Gas aufzufangen, eventuell zu messen und zu analysieren, in vielen Fällen, z.B. bei Reduktionen mit Zinkstaub oder Natrium- amalgam, wobei Wasserstoff entweicht, oder bei Oxydationen, wo häufig 0, CO und CO, auftreten, von großem Wert, weil die Gasentwicklung ein Urteil über Fortgang, Verlauf und Endpunkt der Reaktion ermöglicht. !) Wenn auf besonderes Kühlen oder Heizen gasentwickelnder Reak- tionsgemische kein Wert gelegt wird, genügt eine am Boden tubulierte Flasche, die man in der Weise, wie es Fig.69 zeigt, mit einem Schleifen- rohr versieht und in horizontaler Lage auf einer Schüttelmaschine befestigt. Eine solche Flasche gewährt den Gasen Austritt, ohne daß Flüssigkeit herausgeschleudert wird; durch zeitweises Lüften des mit dem Schleifen- rohr versehenen Stopfens kann man Reagenzien — z.B. Natriumamalgam bei Reduktionen — nachtragen, indem man währenddessen die Schüttel- maschine stoppt. J. W. Brühl?) hat eine Apparatur vorgeschlagen, die gestattet, ein siedendes Reaktionsgemisch in einem mit Rückflußkühler versehenen Kolben in dauernder Schüttelbewegung zu halten. Durch das innere Kühlrohr des Ziebigschen Kühlers können während der Operation Substanzen nachge- tragen werden. Für Versuche im größeren Matstabe und bei Ausscheidung dickbreiiger Massen während des chemischen Prozesses ist die Methode nicht recht geeignet, vielmehr in solchen Fällen das Rühren (vgl. oben) vorzuziehen. Bezüglich der Einzelheiten der Apparatur verweise ich auf die Originalabhandlung. Über das Schütteln von Schießröhren siehe im fünften Kapitel im Abschnitt: „Erhitzen unter Druck“. Fünftes Kapitel. Kühlen und Heizen. I. Die Bedeutung der Temperatur bei chemischen Prozessen. Die Temperatur hat für alles chemische Geschehen die maßgebendste Bedeutung. In der Nähe des absoluten Nullpunktes (—- 275°) und andrer- seits in den höchsten praktisch erreichbaren Hitzegraden (+ 3500°) ruht die chemische Reaktionsfähigkeit selbst von Stoffen, die bei gewöhnlicher Temperatur explosionsartig miteinander reagieren, vollkommen. Bereits bei der Temperatur der flüssigen Luft (ca. — 190°) reagieren z. B. Natrium !) Vgl.z.B. R. Kempf, Oxydationen mit Silberperoxyd (II. und II.). Berichte d. Deutschen Chem. Ges. Jg. 38. S. 3970 (1905) und Jg. 39. S. 3720 (1906). ?) Über einen Schüttel- und Rührapparat. Ebenda. Jg. 37. S. 923 (1904). 40 R. Kempf. und Schwefelsäure nicht mehr zusammen; und andrerseits ist ein Knall- gaseemisch, das eine Temperatur von ca. 2500° hat, chemisch gänzlich indifferent, während es bei gewöhnlicher Temperatur die heftigsten Ex- plosionen hervorruft: denn bereits oberhalb 1200° beginnt selbst eine so stabile Verbindung wie Wasser sich zu dissoziieren, und bei noch höheren Temperaturen ist es überhaupt nicht mehr existenzfähig. Aber auch fern von ihren extremen Grenzen nach unten und nach oben: bei mittleren Wärmegraden spielt die Temperatur bei allen chemi- schen Prozessen eine wesentliche Rolle, indem sie die Reaktionsgeschwin- diekeit stark beeinflußt, und zwar hat man als allgemeine gesetzmäßige Regel gefunden, daß sich eine chemische Reaktion im Bereiche der gewöhn- lichen Temperatur etwa 2—Bmal so rasch abspielt, wenn die Temperatur um 10° steigt. Nach dieser sogenannten R.-G.-T.-Regel kann man die Zeitdauer vieler Reaktionen bei tiefen und bei hohen Temperaturen angenähert vorhersagen; z.B. hat man experimentell gefunden, dal) bei der Wassersynthese 50 Mi- nuten erforderlich sind, um bei 509° 0:15°/, eines Volums Knallgas in Wasser zu verwandeln; bei 9° ist — nach der R.-G.-T.-Regel berechnet — zu dem gleichen Effekt ein Zeitraum von 450 Billionen Jahren nötig, bei 1009° dagegen weniger als eine oktilliontel Sekunde, d. h.: in dem einen Falle tritt praktisch überhaupt keine Reaktion ein, im anderen eine Ex- plosion. Oft beeinflußt die Temperatur, die während eines Versuches inne- zehalten wird, nicht bloß die Reaktionsgeschwindiekeit, sondern auch den Reaktionsverlauf: so tritt z. B. beim Chlorieren aromatischer Verbin- dungen in der Kälte das Halogen in den Kern, bei erhöhter Temperatur aber in die Seitenkette ein. Diese Abhängigkeit chemischer Reaktionen von der Temperatur spiegelt sich auch in allen biochemischen Prozessen wieder; nur tritt infolge der Labilität vieler Verbindungen, an die das Leben besonders geknüpft zu sein scheint, noch insofern eine Komplikation hinzu, als das Existenzbereich derartiger Verbindungen bezüglich der Temperatur sehr beschränkt ist. Das Authören des Lebens der Warmblüter bei nur geringer Änderung der Blut- temperatur und das Ersterben des meisten Pflanzenlebens mittlerer Breiten- erade in der kalten Jahreszeit muß, darauf zurückgeführt werden. Im übrigen folgen auch die Lebensvorgänge im allgemeinen der oben erwähnten Regel, wonach sich die chemische Reaktionsgeschwindiekeit ver- doppelt bis verdreifacht, wenn die Temperatur um 10° steigt. Läßt sich doch überhaupt die Theorie der lebenden Zelle auf den allgemeinen Prin- zipien der Physik und Chemie aufbauen, deren logische und experimentelle Methoden mit allen ihren Konsequenzen auch auf die Lebensvorgänge an- wendbar sind. Die Kohlensäureassimilation der grünen Pflanzen z.B. wurde an einem Blatte von Prunus laurocerasus bei verschiedenen Temperaturen zwischen 0° und 37° gemessen und die genannte Regel durchaus bestätigt gefunden. Ähnlich bestätigende Beobachtungen liegen bezüglich der Kohlen Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 41 dioxydgasentwicklung aus einer Zuckerlösung durch die Einwirkung von Hefe vor!), ferner bezüglich des Wachstums tierischer Eier nach der Befruch- tung und bezüglich der Herzschläge von Kaltblütern (Schildkröte). Diese Beispiele mögen genügen, um die Wichtigkeit der Temperatur- regulierung bei allen chemischen Arbeiten darzutun.?) Die Methoden, nach denen im Laboratorium Reaktionsgemische ge- kühlt oder erhitzt werden, beschreibe ich nun in der Reihenfolge steigen- der Temperaturen in der Weise, daß ich mit den Verfahren beginne, die die tiefsten Temperaturen zu erreichen gestatten, und mit denen schließe, die zu den höchsten Hitzegraden führen; ich beginne also mit den ver- flüssigten Gasen und schließe mit dem Moissanschen Ofen. II. Kühlmittel. Am meisten dem absoluten Nullpunkt genähert hat sich wohl bisher H. Kamerlingh Onnes 3), indem er mittelst flüssiger Luft ein Kühlbad von flüssigem Wasserstoff herstellte und hiermit zum ersten Male Helium m den flüssigen Zustand überführte. Der flüssige Wasserstoff zeigte eine Tem- peratur von — 258°, das siedende Helium eine solche von —-268°5°. Die niedrigste Temperatur, die erreicht wurde, war 3° (abs.). James Dewar hat Maschinen angegeben, mittelst derer man inner- halb verhältnismäßig kurzer Zeit 2—3/ flüssigen Wasserstoff erhält. Allgemein zugänglich und viel gebraucht ist jetzt die im Handel be- findliche flüssige Luft.) Sie wird in zwei-, drei- oder vierwandigen Weinholdschen oder Dewarschen Gefäßen aufbewahrt (Fig. 70—73), die, transportfähig in einem mit Filz ausgekleideten Drahtkorb (Fig. 74) unter- gebracht, in Deutschland auch mit der Bahn versandt werden können. Die mehrwandigen evakuierten Gefäße sind zuerst von Weinhold an- gegeben worden. Dewar schlug später vor, den äußeren Glasmantel innen zu versilbern, um so die Wärmestrahlung zu vermindern; dafür mußte man aber den Nachteil der Undurchsichtigkeit in Kauf nehmen, ein Nachteil, der die Gefäße für manche Zwecke unbrauchbar macht. Neuerdings sind von A. Stock5) Weinholdsche Gefäße vorgeschlagen worden, deren doppelte Wandung nicht evakuiert, sondern mit einem leicht verdichtbaren Dampf, 1) Wenn deren Menge selbst konstant gehalten wurde; andernfalls trat natürlich infolge der ebenfalls stark wachsenden Hefeentwieklung eine viel raschere Steigerung der Kohlendioxydmenge ein, als es obige Regel verlangt. 2) Vgl. auch Jul. Meyer, Die Bedeutung der Lehre von der chemischen Reaktions- geschwindigkeit für die angewandte Chemie. Leipzig 1908 (Akad. Verl.-Ges.). 3) Die Verflüssigung des Heliums. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 901 (1908); vgl. auch die Verhandlungen des I. internationalen Kälte-Kongresses in Paris vom 5.—10. Ok- tober 1908. 4) Vgl. 0. Kausch, Herstellung, Verwendung, Aufbewahrung flüssiger Luft. 3. Aufl. Weimar. 5) Verfahren zur Erhaltung der Eigentemperatur von Stoffen aller Art, z.B. Auf- bewahren flüssiger Luft mittelst eines doppelwandigen, wärmeisolierenden Gefäßes. D.R.P. Nr. 189.832. 42 R. Kempf. z. B. gasfürmigem Schwefeldioxyd oder Schwefelkohlenstoff, gefüllt wird: in- folge der geringen Tension dieser Stoffe bei der Temperatur der flüssigen Luft evakuieren sich diese (refäße von selbst, sobald sie mit der flüssigen Luft gefüllt werden. Die früher viel gebrauchten Gummikappen, die auf den Rand der Weinholdschen Gefäße aufgesetzt wurden, um deren Springen bei der Be- rührung mit der flüssigen Luft zu vermeiden, sind unnötig geworden, seit- dem die Gefäße aus Jenaer Glas angefertigt werden. Die Abfüllung flüssiger Luft aus einer größeren Vorratsflasche ge- schieht mit Hilfe der in Fig. 75 abgebildeten Vorrichtung. Die Temperatur der flüssigen Luft, die keine chemische Lösung, son- dern ein homogenes physikalisches Gemenge ist !), beträgt zuerst (d.h. frisch Fig. 70. Fig. 71. Fig. 72. Fig. 73. Fig. 74. kondensiert) etwa—-190°und steigt in dem Maße, wie der bereits bei — 195°5° siedende Stickstoff abdunstet und sich der höher siedende Sauerstoff an- reichert, allmählich auf den Siedepunkt des letzteren, der unter Atmosphären- druck bei — 182° liegt. Da sich also parallel mit der Zusammensetzung der flüssigen Luft deren Temperatur ändert, läßt sich durch eine quantitative Sauerstoffbestimmung nach vorhandenen Tabellen die Temperatur ermitteln; einfacher ist die von U. Behn und F. Kiebitz?) angegebene Methode, aus dem spezifischen Gewicht der flüssigen Luft auf ihre Temperatur zu schließen. Am bequemsten geschieht die Feststellung des spezifischen Ge- wichts, das sich in den Grenzen zwischen 0'791 und 1'131 bewegt, mit Hilfe eines Satzes passend abgestimmter Schwimmkörper (Fig. 76) aus Quarzglas oder Schottschem Duraxglas. Umgekehrt ist natürlich mit der Temperatur auch zugleich der Sauerstoffgehalt der flüssigen Luft bestimmt. !) Vgl. 4. Stock, Löslichkeit des Stickstoffs in flüssigem Sauerstoff... .. Ber.d. Deutschen chem. Gesellsch. Jg. 37. S. 1432 (1905), und: Über Mischungen von flüssigem Sauerstoff und Stickstoff. Ebenda. Jg. 39. S. 3393 (1907). :) Eine indirekte Methode zur Bestimmung der Temperaturen von Bädern flüssiger S.uft. Annal. d. Physik. [4. Folge.] Bd. 12. S. 421 (1903). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 43 Wesentlich niedrigere Temperaturen erreicht man, wenn man flüssige Luft rasch verdunsten läßt, sei es durch Schaffung eines Vakuums, sei es ein- fach durch Einblasen von Wasserstoff.!) Über die Messung so tiefer Tem- peraturen vgl. ferner den 7. Abschnitt dieses Kapitels. Ein großes Anwendungsgebiet findet flüssige Luft bei Hochvakuum- pumpen, worauf im sechsten Kapitel im Abschnitt über Destillation näher eingegangen wird. Häufig empfiehlt es sich, statt flüssige Luft direkt als Kühlflüssig- keit zu verwenden, mit ihr eine andere Flüssiekeit abzukühlen und dann diese als Kühlbad zu benutzen. So kann man z. B. nach Otto Ruf und Georg Fischer ?) die flüssige Luft ein mehrfach hin und her gebogenes, sich stetig erweiterndes Glasrohr durchfließen lassen und dieses in einen mit Petroläther gefüllten Weinholdzylinder hängen. Nach den Erfahrungen der genannten Autoren ist diese Kühlung weitaus das bequemste und spar- samste Verfahren zur Erzeu- gung tiefer Temperaturen in allen Fällen, wo die flüssige Luft Bestimmung der Temperatur Hüssiger LufF (nach Eshn w.Kiebitz Annzl. 03), Fig. 75. nicht direkte Verwendung finden kann; es erlaubt, beliebig tiefe Tem- peraturen innerhalb einiger Grade beliebig lange konstant zu erhalten. Als nächst wärmeres Bad benutzt man eine Mischung von Äther, Alkohol oder Aceton mit festem Kohlendioxyd. Letzteres wird leicht er- halten, indem man flüssiges Kohlendioxyd aus einer mit dem Ventil schräg nach unten geneigten Bombe in einen Tuchbeutel einströmen läßt. Mit Äther gemischtes festes Kohlendioxyd ergibt eine Flüssigkeit von etwa — 90°, die ein vorzügliches Kühlbad bildet; ein Gemisch von festem Kohlen- dioxyd mit 85°5°/,igem Spiritus gibt eine konstante Temperatur von — 68°, ein solches mit 78°/,igem Spiritus eine Temperatur von — 53° usw. Bringt man eine Mischung von festem Kohlendioxyd und Alkohol zur schnelleren Verdampfung in ein Vakuum, so sinkt die Temperatur unter — 100°. 1) 4. Stock und (. Nielsen, Über Mischungen von flüssigem Sauerstoff und Stick- stoff. Ber. der Deutschen chem. Ges. Jg. 39. S. 3394 (1907). 2) Über die Chloride des Schwefels ...... Ebenda. Jg. 36. S. 429 (1903). 44 R. Kempf. Festes Kohlendioxyd allein siedet nach Versuchen der Physikalisch-Tech- nischen Reichsanstalt bei — 78'8°. Das in Stahlflaschen komprimierte flüssige Ammoniak des Han- dels kann auch als Kühlbad dienen.!) Läßt man es aus der geneigten Bombe in ein Weinholdgefäß fließen, so behält es darin dauernd eine Tem- peratur, die mehrere Grade unter seinem Siedepunkt bei Atmosphären- druck (-—- 33°7°) liegt und die man noch weiter erniedrigen kann, wenn man einen Wasserstoffstrom durch die Flüssigkeit hindurchleitet und da- mit deren Verdampfung beschleunigt. Noch bequemer gelangt man zu relativ niedrigen Temperaturen mit Hilfe von gestolenem Eis. indem man dieses oder besser Schnee mit kristallisierttem Caleiumchlorid, verdünnter Schwefelsäure, abso- lutem Alkohol oder Kochsalz mischt. Die tiefste Temperatur, nämlich 549°, wird durch Mischen von 100 Teilen CaCl, + Aq. mit 70 Teilen Schnee erreicht; das Salz muß fein gepulvert, der Schnee trocken sein. Gleiche (rewichtsteile der beiden Stoffe geben nur — 29°, haben aber einen über doppelt so hohen Abkühlungswert, d. h. das Vermögen, unter sonst gleichen Umständen die doppelte Anzahl Kalorien Wärme zu absor- bieren. Die tiefste Temperatur, die beim Mischen von Schwefelsäure von 0° mit Schnee theoretisch erreicht werden kann, beträgt —37° und entsteht beim Mischen von 1 Teil Säure von 65°5°/, H,SO, mit 1'1 Teilen Schnee. Nach anderen Angaben erniedrigt ein Gemenge von 1 Teil Schnee mit 1 Teil verdünnter kalter Schwefelsäure die Temperatur von — 6° auf — 50%, Bei Vermischung von Schnee mit absolutem Alkohol tritt eine Tem- peraturerniedrigung von 0° auf — 30° ein. Am meisten gebraucht wird die Kältemischung aus Schnee oder Eis und Kochsalz, zu ungefähr gleichen Teilen, die — 22° erreichen läßt. Auch ohne Eis, bloß mit Wasser, kann man zu tiefen Temperaturen gelanzen, so z.B. zu —16° wenn man 1 Teil Ammoniumnitrat m 13 Teilen Wasser auflöst. Oft genügt schon als Kühlmittel, das infolge seiner großen latenten Schmelzwärme einen großen Kühlwert besitzt, zerstoßenes Eis allein, so in allen Fällen, wo verdünnte wässerige Lösungen auskristallisieren sollen. Auch wenn es sich darum handelt, chemische Reaktionen von langer Dauer bei möglichst konstanter Temperatur vor sich gehen zu lassen, ohne daß) eine ständige Regulierung und Beaufsichtigung des Kühl- bades nötig ist, ist Eis oder eine Mischung von Eis und Wasser das beste Kühlmittel. Vielfach empfiehlt es sich, Eis aus destilliertem Wasser sich selbst herzustellen; man kann dieses reine Eis mit den zu kühlenden Flüssigkeiten usw. in direkte Berührung bringen, z. B. beim Zentrifugieren und Filtrieren, ohne eine Verunreinigung der Substanz befürchten zu müssen. ‘) Vgl.z.B.A. Stock, Die Reaktion zwischen Phosphorpentasulfid und Ammoniak. Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Jg. 39. 8.1967 (1907). Siehe auch H. Teichmann, Komprimierte und verflüssigte Gase. W. Knapp, Halle a.d. S. 1908. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 45 Für die bequeme Zerkleinerung von Eis sind zwei Eismühlen sehr zweckmäßig, von denen die eine (Fig. 77) das Material zu walnußgroßen Stücken, die andere (Fig. 75) dann diese letzteren zu einem gleichmäßig körnigen Gemisch von Erbsengröße zerschlägt. Zur Gewinnung von Eis- mehl dient die Eismühle nach ©. Schwalbe!) (Fig. 79), die in 5—-7 Minuten 1%g Eismehl liefert. Noch häufiger als Eis dient einfach kaltes Wasser als Kühlmittel, das infolge seiner großen spezifischen Wärme ebenfalls besonders gut dazu geeignet ist. Will man mit Wasser von anderer Temperatur kühlen, als es jeweils zur Verfügung steht, so kann man es durch eine Schlange aus dünn- Fig. 77. Fig. 78. wandigem Kupferrohr fließen lassen, die in Eis bzw. in einem passend erwärmten Wasserbade steht (vel. Fig. 68, 8.38). Auf diese Weise läßt sich fließendes Wasser von jeder beliebigen Temperatur zwischen 0° und 100° zu Kühl- oder Heizzwecken bequem erhalten: mit Hilfe eines eingeschalteten T-Rohres mit Thermometer oder des früher beschriebenen Verbindungsstückes für Gummischläuche (vgl. Fig. 6, S. 11) kann man die Temperatur kontrollieren und auf Bruchteile eines Grades genau einstellen. An dieser Stelle möge die Beschreibung von Warmwasserappa- raten, die augenblicklich warmes Wasser erzeugen, eingeschaltet werden. Mittelst des Apparates nach Kjarnes (Fig. 80) erhält man in einer Minute 100—150 cm? Wasser von 65—68° bei Anwendung eines gewöhnlichen w ‘) Neue Laboratoriumsapparate. Chem.-Ztg., Bd. 26. S. 161 (1902). 46 R. Kempf. Bunsenbrenners: bei reguliertem Zufluß entweicht ein permanenter Wasserstrahl{von - ca. 50°. Der elegante Warmwassererzeuger nach Junkers LU Fig. 79. (Fire. 81) liefert in einer Minute 21/, 2 Wasser von 35° bei einem Gas- verbrauch von 0'8 m3 pro Stunde (Gasdruck: 30 mm). Ein manchmal recht brauchbares Hilfsmittel. rasch abzukühlen, besteht darin, die Verdunstungskälte von Flüs- siekeiten zu benutzen. Bespritzt man z.B. einen Kolben außen mit Äther und sorgt mit einem PBlasebalg für uf dessen rapide Verdunstung, so erreicht man im Innern des Kolbens recht niedrige Temperaturen, die weit unter dem Nullpunkt liegen, ein Verfahren, Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 47 dessen Prinzip unter anderem auch der Verwendung von Äther, Äthyl- ehlorid usw. als lokale Anästhetika und der technischen Eisbereitung, z.B. in der Carreschen Kältemaschine, zugrunde liegt. Saugt man durch ein Gefäß mit Äther einen raschen Luftstrom, so sinkt die Temperatur auf — 20°, mit Methylchlorid erhält man nach derselben Methode sogar — 95°. Übersicht der Kühlmittel, nach steigenden Temperaturen geordnet.!) Be irewtelium: an... 02 mg, 0 ne ae A 200,0, BEReeraNNasserstoft.. ur... NEE, 02 une, — 258° Bussicerimft.... -....;- ee A LINE Festes Kohlendioxyd + Alkonel im alarm zu er A ET Bestes Kohlendioxyd + Ather... :....,-. ...,..2 20. — 90° Festes Kohlendioxy EN A RE — 18:8 Festes Kohlendioxyd + 85° 50/,iger Pan s N: —.68° 7 Teile Schnee + 10 Teile kristallisiertes len junger — 54.90 Festes Kohlendioxyd + 78’/siger Alkohol . . . 2... —53° Methylchlorid, rasch verdunstend . . . ER — 530 1:1 Teil Schnee + 1 Teil 65°5°/,ige Schw me 2, Fiir u Flüssiges Ammoniak . . sg. 5 . VRR ec AT Schnee + absoluter Alkohol 4. N: — 30° 1 Teil Schnee + 1 Teil kristallisiertes ilseichum) Inf —290 elseimeer 1 Teil Kochsalau = 29. 2 20 at — 220 Äther, rasch verdunstend. . . TE — 20° 1 Teil Ammoniumnitrat + 15 Teile W SS a) - —16° En +00 III. Heizquellen. Die Erzeugung von Temperaturen, die über der gewöhnlichen Zimmer- wärme liegen, geschieht entweder auf chemischem oder auf physikali- schem Wege: im ersteren Falle dienen exotherme chemische Prozesse, die unter so starker Wärmeentwicklung verlaufen, daß sich glühende Gase bilden, d. h. eine Flamme entsteht, zum Heizen, im anderen Falle gelangt die Joulesche Wärme des elektrischen Stromes zur Ausnutzung. 1. Chemisches Heizen. Die in den Steinkohlen aufgespeicherte Sonnenenergie liefert die gewöhnlichste chemische Heizquelle: das Leuchtgas, das — im „Bunsen- brenner“ automatisch mit Luft gemischt — im Laboratorium fast aus- schließlich zum Heizen dient. !) Die beigefügten Temperaturen sollen nur einen ungefähren Anhalt geben; bei den verflüssigten Gasen ist der Siedepunkt bei Atmosphärendruck vermerkt, durch Beschleunigung der Verdampfung sind natürlich weit niedrigere Temperaturen zu er- reichen (vgl. oben, S. 43). 48 R. Kempf. Die fast unzähligen Laboratoriumsgasbrenner, die seit Bunsen vor- geschlagen wurden, benutzen insgesamt das Prinzip des ursprünglichen Bunsenbrenners und unterscheiden sich — manchmal nicht zum Vorteil — nur in nebensächlichen Dingen von diesem. Wichtige für den gewöhnlichen einflammigen Bunsenbrenner ist das Vorhandensein einer „Sparflamme* und ferner eines kurzen konischen Schornsteins aus Eisenblech, den man auf einem dreiarmigen Halter auf- setzt (Fig. 82), damit die Flamme vor Zugluft geschützt ist und ruhiger brennt. Ferner empfiehlt sich ein als langer Hebel ausgebildeter Hahn, der sich mit Leichtigkeit selbst mit dem kleinen Finger regieren läßt. Beim Arbeiten mit geringer Flammenhöhe muß gewöhnlich auch die Luftzuführung durch Verkleinern der Zuglöcher mittelst der am Fuß des. Brenners befindlichen Hülse verringert werden, da sonst die Flamme leicht unter Entwicklung eines an Acetylen erinnernden Geruchs „durchschlägt“. Man vermeidet dies auf einfache Weise auch dadurch, daß man die mm A) Il EN Fig. 84. Brennermündung mit einem kleinen Drahtnetz bedeckt, das nach Art der Davyschen Sicherheitslampen wirkt. Die Verringerung der Luftzufuhr beim Kleinstellen des Gashahnes geschieht automatisch in den von Finkener vorgeschlagenen Brennern (Fig. 83): das Mischungsverhältnis von Leuchtgas und Luft bleibt bei jeder Stellung des Regulierhahnes das gleiche, so daß die Flamme auch bei niedrigstem Stande nicht zurückschlägt. Eine praktische Regulierbarkeit sowohl des Gasstromes wie der Luft- zuführung besitzen die sogenannten Teclubrennert) (Fig. 84). Die Gasbrenner nach F. Allihn®) (Fig. 85) tragen auf dem Brenner- rohr ein Drahtgewebe aus Nickeldraht und erzeugen statt der gewöhn- lichen langgestreckten Bunsenflamme eine breite, kurze, in allen Teilen ‘) Nie. Teelu, Ein neuer Laboratoriumsbrenner. Journ. f. prakt. Chemie. Bd. 45. S. 281 (1892) und Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 31, S.428 (1892); vgl. auch: Zur Kennzeichnung der Flamme. Journal f. prakt. Chemie. Bd. 4. S. 246 (1891). *) Gasbrenner mit verstellbarem Brennerrohr zur Erzeugung einer in allen Teilen gleich heißen Flamme. Chem.-Ztg. Bd. 19. S.426 (1895). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 49 ungefähr gleich heiße Flamme. Durch geeignete Einstellung des Brenner- rohres, wodurch die Luftzuführung reguliert wird, gelingt es, den inneren kalten Flammenkegel fast ganz zum Verschwinden zu bringen und damit die Produkte der unvollständigen Verbrennung des Gases zu vermeiden, die beim Erhitzen von Platingeräten diesen be- sonders schädlich sind. Außerdem werden auf diese Weise Heizwirkun- gen erreicht, die sonst nur in der Gebläse- flamme zustande kom- men: ein Kupferdraht von 3’5—4 mm Dicke schmilzt in der Flamme des Allihnbrenners zum Abtropfen. Vor einigen Jahren!) hat F. Allihn seinen Brenner noch ver- einfacht (Fig. 56). R. Dierbach schlug einen Gasbrenner vor (Fig. 87), der es gestattet, die Flamme auch in schräger Lage zum seitlichen Anheizen eines Gefäßes zu gebrauchen und den Brenner unter sehr niedrig stehende Apparate zu schieben. Das Mischungsrohr für Gas und Luft (ce) bildet einen rechten Winkel mit ungleich langen Schenkeln, und dieses am längeren Schenkel gefaßte Knierohr ist durch Drehbarkeit um zwei sich kreuzende Achsen (bei bu.d) und durch Verschiebbarkeit in seinem Lager (d) in vollkommenster Weise auf seinem Fuße (a) beweglich. Für sehr gelinde Temperaturen, z. B. zum Heizen von Brutschränken und in allen Fällen, wo es darauf [0] Fig. 85. Fig. 88. Fig. 89. ankommt, langsam und vorsichtig zu erhitzen — z.B. beim Eindampfen kleiner Flüssigkeitsmengen auf den leicht springenden Uhreläsern —, bedient man sich mit Vorteil der sogenannten Mikrobrenner, wie sie von Rei- schauer (Fig. 88 u. 89), Koch u. a. vorgeschlagen wurden. 1) Vereinfachter Bunsenbrenner mit Siebaufsatz. Chem.-Ztg. Bd. 29. S. 34 (1905). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 4 »0 R. Kempf. Vielfach dienen als schwache Wärmequellen auch Petroleum-, Spiritus- oder Benzinlampen: eine Mikrospirituslampe mit Glasbassin und verstell- barem Docht zeigt Fig. 90. Speziell zum Biegen von Glasröhren sind Leuchtbrenner mit Specksteinschnittbrenner (Fig. 91) im Gebrauch. Für intensive Heizung werden mehrflammige Bunsenbrenner be- nutzt. die bis zu 10 Brennerröhren besitzen: einen Fünfbrenner stellt Fig. 92 dar. \,77 Fig. 93. Einen Ein- und Dreibrenner vereinigt in sich die von F. Stolle!) angegebene Konstruktion „mit Wechselhahn“ (Fig. 93). Durch einfache Umstellung des Hahnes erlischt der Einbrenner, und gleichzeitig entzündet sich der Dreibrenner; umgekehrt kann auf ebenso einfache Art der Drei- brenner in einen Einbrenner verwandelt werden. Sehr zweckmäßig ist die Einrichtung z. B. zum schnellen Anheizen eines Wasser- oder Ölbades oder ‘) Gasbrenner für eine und drei Flammen. Chem.-Ztg, Bd. 25. S. 589 (1901). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 51 eines Trockenschrankes. Bis die gewünschte Temperatur erreicht ist, wird der Apparat als Dreibrenner benutzt, zum Konstanthalten der Temperatur genügt dann eine Flamme. Um immer die gleiche Hahnstellung eines Bunsenbrenners wieder- finden zu können, was besonders beim Erhitzen von Luftbädern auf eine bestimmte Temperatur eine große Vereinfachung bedeutet, hat man auf dem Hahn eine Skala angebracht. Fig. 94 zeigt einen derartigen von Haustorff vorgeschlagenen Bunsenbrenner. Hat man sich einmal die Ma- ximaltemperaturen notiert, die bei den einzelnen Skalenteilen des Hahns ein bestimmtes Luftbad erreicht, so gelingt in allen künftigen Fällen die genaue Einstellung desselben auf eine beliebige Temperatur fast mühelos, besonders wenn die Zimmertemperatur nicht allzu großen Schwankungen unterliegt und der Gasdruck mit Hilfe eines Regulators (siehe weiter unten) konstant gehalten wird. In manchen Laboratorien wird ohnehin ein Gasdruckregulator benutzt, der das gesamte im La- boratorium gebrauchte Gas auf einem bestimmten konstanten Druck er- hält. Es empfiehlt sich eine solche Einrichtung in hohem Maße, da alle Fig. 95. Dauerheizversuche (z. B. in Schießröhren) gleichmäßiger verlaufen und — einmal eingestellt — geringerer Kontrolle bedürfen. Zum Erhitzen größerer Gefäße eignen sich am besten die sogenannten Gaskocher, von denen die „Fletscherbrenner“ (Fig. 95) die bekannte- sten sind. Ähnlichen Zwecken dienen die „Heizkränze“!) (Fig. 96). Auf die überaus zahlreichen Abarten des Bunsenbrenners, z. B. die von Griffin, Maste (sogenannte Iserlohnerbrenner), Muencke, v. Babo u. A. vorge- schlagenen Modifikationen, kann im übrigen hier nicht näher eingegangen ‚werden, ebensowenig auf die analogen Brenner für Spiritus, Petroleum, Benzin, Fett- und Ölgas, Gasolin, Acetylen usw. Bewährt haben sich unter diesen z. B. die Barthelbrenner. Erwähnung verdienen schließlich an dieser Stelle noch die Brenner- aufsätze. Fig. 97 zeigt einen solchen Aufsatzstutzen, der eine fächer- förmige, Fig. 98 einen solchen, der eine seitlich gerichtete Flamme erzeugt. Die sogenannten Pilzaufsätze (Fig. 99) dienen dazu, die Flamme über eine !) F. Lüdtke, Eine verbesserte Gasheizschlange. Chem.-Ztg. Bd. 14. S. 1033 (1890). 4* 52 R. Kempf. erößere horizontale Fläche auszubreiten. Den gleichen Zweck erfüllen noch voll- kommener die „Brenneraufsätze für Bunsen- und Teelubrenner zur Erzielung von 3-, 4- und 5teiligen Flammen“ (Fig. 100) von K. Lendrich.‘!) Beim Er- hitzen eines Liters Wasser von 17° verdampften über einem gewöhn- lichen Bunsenbrenner während einer Stunde 578 cm3:; nachdem derselbe Brenner mit einem 4teiligen Aufsatz versehen war, dagegen in der gleichen Zeit 637 cm®. Siehe auch die Aufsätze a, b u. ce des Teclubrenners in Fig. 84. Die Siebaufsätze (Fig. 101 u. 102) breiten ebenfalls die Flamme aus und verhindern gleichzeitig ihr Zurückschlagen (vgl. auch den Allihnbrenner: Fie. 85 und 86). Fig. 101. Fig. 102. Fig. 98. Fig. 100. Fig. 103. Fig. 104. Beim Erhitzen oder Destillieren leicht entzündlicher Flüssigkeiten empfiehlt es sich, nach Art der Davyschen Sicherheitslampen konstruierte Schutzkappen (Fig. 103) auf dem Bunsenbrenner zu befestigen. Die Temperatur einer gewöhnlichen Bunsenflamme beträgt rund 1800° 2); ein äußerst feiner Platindraht ist im heißesten Teil der Flamme eben zum beginnenden Schmelzen zu bringen, wie schon Bunsen angab. Zwar keine höheren Temperaturen, aber weit stärkere Heizwirkungen — ein Unterschied, der dem von Volt und Ampere in der Elektrodynamik ver- gleichbar ist, — erreicht man mit Leuchtgas, wenn man mittelst eines Blasebalges einen Luftstrom hineinbläst. Den Brenner, der dazu dient, stellt Fig. 104 dar, ein Tretgebläse Fig. 105 u. 106. Die größere Wirkung eines derartigen Leuchtgasgebläses, wie es mit Vorteil bei allen gewöhn- !) Zeitschr. f. Untersuchung der Nahrungs- u. Genußmittel. Bd. 12. S. 593 (1906). °) Vgl. F. Haber, "Thermodynamik technischer Gasreaktionen (7 Vorlesungen). München und Berlin 1905. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 53 lichen Glasbläserarbeiten angewendet wird, beruht darauf, daß ein durch Strahlung Wärme verlierendes Gebilde in einem Gasstrom von gegebener Temperatur um so näher an die Temperatur des Gases herankommt, je rascher das Gas an dem Körper vorbeiströmt.!) Über Wasserstrahl- gebläse siehe im sechsten Kapitel. Höhere Temperaturen — nämlich ca. 2000° — ergeben sich beim Verbrennen reinen Wasserstoffs, woraus das Leuchtgas zu etwa 50 Volum- prozenten besteht. Wasserstoff kann man — z. B. aus einer Bombe mit Re- duzierventil (vgl. VIII. Kap.) — in jedem gewöhnlichen Bunsenbrenner verbrennen, dessen Zuglöcher geschlossen sind. Ein Leuchtgas-Sauerstoffgebläse zu benutzen empfiehlt sich beim Verarbei- ten des schwer schmelzbaren Kaliglases. Fig. 106. Fig. 105. Fig. 107. Weit höhere Temperaturen erreicht man mit der Knallgasflamme, die z. B. in Projektionsapparaten zur Erzeugung des Drumondschen Kalk- lichtes (Fig. 107) vielfache Verwendung findet und deren Temperatur zirka 3000° beträgt.?) Eine Flamme endlich, deren Wirkungen uns berechtigen, sie als die heibeste verfügbare Flamme zu bezeichnen, ist die des stöchiometrischen Gemenges von Acetylen und Sauerstoff. i Der Vollständigkeit halber sei als eigenartige chemische Heiz- methode das @Goldschmidtsche Thermitverfahren®) erwähnt, daß die !) Nach einer Privatmitteilung von Herrn Prof. F. Haber, Karlsruhe i. B. ?) Vgl. R. Geipert, Beiträge zur Berechnung des Nutzeffektes von Feuerungsanlagen. Zeitschr. f. Gasbeleuchtung. Bd. 49. S. 437 (1906). [Chem. Zentralbl. 1906. II. S. 180.] >) H. Goldschmidt, Über ein neues Verfahren zur Erzeugung hoher Temperaturen und zur Darstellung von schwer schmelzbaren, kohlenstofffreien Metallen. Zeitschr. „Stahl und Eisen“. 1898. S. 468 u. 1010. 54 R. Kempf. chemische Reaktionswärme eines Gemisches von Aluminium und Eisen- oxyd oder ähnlichen Stoffen, z. B.zum Schweißen von Stahl, benutzt und von allen Heizquellen zwar vielleicht nicht die höchsten Hitzegrade, wohl aber sicherlich auf bequemste Art die größten Wärmemengen in räumlicher und zeitlicher Konzentration liefert; die erreichbare Temperatur wird sich von der des Moissanschen Ofens nicht sehr viel unterscheiden und ist z.B. bei der Darstellung von Chrom aus Chromoxyd und Aluminium schätzungs- weise auf 3000° zu veranschlagen. Das Verfahren benutzt die Eigenschaft des Aluminiums, ein Wärmeakkumulator zu sein: die große Menge elek- trischer Energie, die bei seiner Abscheidung aufgewendet wurde, wird in Form von Wärme wieder ausgelöst; das Thermitverfahren kann mithin als eine indirekt elektrische Methode bezeichnet werden. 2. Physikalisches Heizen. Die Heizung nach physikalischen Methoden geschieht ausschließlich auf elektrischem Wege, und zwar durch Ausnutzung der Jouleschen Wärme, die beim Durchgange des elektrischen Stromes durch Medien in um so höherem Mate entsteht, je größeren Widerstand er findet. Äußerst dünne Platinfolie z. B. ist ein geeignetes Material, so daß man damit Muffel- und Tiegelöfen, Trockenschränke, Porzellanröhren usw. auf jede beliebige Temperatur bis 1500° erhitzen kann. Unter Verwendung eines Iridiumrohres hat man elektrisch heiz- bare Öfen konstruiert, die bis 2100° erhitzt werden können. Für manche Zwecke ist auch die unter dem Namen Kryptol im Handel befindliche körnige Widerstandsmasse recht geeignet; in besonders dafür konstruierten Öfen soll man mit dieser Heizmasse, die aus einem erusartigen Gemisch — vielleicht von Graphit und Ton —- besteht, bis über 2000° erhitzen können. Prinzipielle Vorzüge der Kryptolheizung vor den Platinfolieöfen bestehen darin, dal) ein Durchbrennen des Heizkörpers ausgeschlossen und eine sehr vielseitige Verwendungsmöglichkeit gegeben ist. Andrerseits sollen die Stromkosten sehr hoch sein. Die verschiedenen Konstruktionen der elektrisch heizbaren Öfen im einzelnen beschreibe ich im 5. Abschnitt dieses Kapitels. Ein vorzügliches Material für die Beheizung von Röhren, Becher- eläsern u. del. ist der die Elektrizität schlecht leitende Draht aus Nickelin, Manganin oder Constantan. Umkleidet man z. B. ein Becherglas zu- nächst mit Asbestpapier, umwickelt es dann spiralig mit einem der ge- nannten Drähte und bringt als Isolierschicht nach außen darüber Asbest- pappe an, so erhält man ein ausgezeichnetes elektrisch heizbares Luftbad (vgl. den 5. Abschnitt dieses Kapitels, S. 61). Gitterförmige Gewebe nach C. Schniewindt (Neuenrade i. Westf.) aus Constantandraht, der mit Asbest umwickelt ist, können ähnlichen Zwecken dienen (Fig. 108). Eine originelle Heizungsmethode, nämlich mit elektrischen Glüh- lampen, speziell zum Erhitzen und Abdestillieren niedrig siedender Flüssig- Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 0)5) keiten, z. B. von Äther, schlug wohl zuerst E. Thilo vor (vgl. S. 62); das gleiche Prinzip benutzte dann A. Skita (vel. VI. Kapitel), ferner DIR: Beebe und B. H. Buxton und neuerdings W. Thörner (vgl. S. 62), an- scheinend ohne dal einer der Autoren seine Vorgänger gekannt hätte. Wenn man aber bedenkt, dab die Temperatur der Glühfäden in den elek- trischen Glühlampen ca. 2000° beträgt, der Äther aber schon bei 35° siedet, so kann man ermessen. wie unrationell diese Heizmethode vom ökonomischen Standpunkt aus ist. Die Apparate im einzelnen werden weiter unten beschrieben, sie zeichnen sich immerhin durch Bequemlichkeit aus. Überall da, wo die bei chemischer Heizung auftretenden Verbrennungs- produkte: Kohlenoxyd, Kohlendioxyd, Salpetersäure, Schwefelverbindungen (Schwefelsäure) usw. stören könnten, sei es, dab sie das Reaktionsgefäb, z. B. Platintiegel, angreifen, sei es, dab sie auf das Heizgut chemisch ein- wirken, sind die bisher angeführten elektrischen Heizmethoden von un- schätzbarem Wert, so namentlich in der quan- titativen Analyse; ferner übertreffen sie teilweise die chemischen Metho- den an Feuersicherheit. Die höchsten bis- her erreichbaren Tem- peraturen liefert Moissans elektrischer Ofen, der den zwischen Kohlen- elektroden überspringenden elektrischen Strom als Wärmequelle benutzt; man gelangt in dieser Weise bis auf ca. 3500° (vgl. auch weiter unten). Fig. 108. Übersicht der chemischen und physikalischen Heizquellen. Bonsenllammer +. ze... 5... 3... 148002 Benehtsashukfgebläse > 2... 2. 2... 18008 Wasserstoffllamme (m Luft)- 2 . . . ... 2000° Knallgasgebläse . . . N ee 0001) Acetylen-Sauer ne A 5. 3000 Goldschmidtsches Thermityerfatren . über 30009 Platin-Widerstandsöfen. . . - . . bis 15009 Kryptolöfen . : . BR ER RN Iridium-Wider aemlaren Er RR Moissanseher. Ofen, 3. a. a 10,..25u35008 IV. Schutzmaßregeln beim Erhitzen gläserner Geräte. Verhältnismäßig selten erhitzt man den —- meistens gläsernen — Reaktionsraum ohne Schutzmaßregel mit direkter Flamme. Im allgemeinen bedient man sich einer Vorrichtung, die die Heizwirkung der Flamme ver- teilt und so eine ungleichmäßige Erhitzung des Reaktionsgemisches und ein Springen der gläsernen Geräte verhütet. 26 R. Kempf. Eine vorzügliche Wärmeverteilung erreicht man z. B., wenn man Re- torten, Rundkolben und del. an ihren zu beheizenden Flächen mit nassem Asbestpapier umkleidet; nach dem langsamen Trocknen sitzt die dünne Asbestschicht auf der Glasoberfläche fest an. Eine andere Methode besteht darin, die gläsernen Geräte mit Lehm zu beschlagen: man verreibt Lehm oder mageren Ton mit Wasser, dem ein wenig Soda zugesetzt ist, zu einem zarten Brei und — streicht diesen mittelst Pinsels oder Feder auf das Glas. x Ist der Anstrich trocken, so wird er wiederholt, bis er die Glasoberfläche gleichmäßig, aber nur in einer Schicht von höchstens 3 mm Dicke zudeckt. Neuerdings werden auch — namentlich wertvollere, mit Glasschliffen versehene (laskolben usw. an ihrer unteren Fläche galvanoplastisch mit einer dünnen Kupferschicht versehen, indem die Glasoberfläche mit Graphitstaub leitend gemacht und dann in ein elektrolytisches kupfer- haltiges Bad getaucht wird. Am bequemsten erreicht man eine gleichmäßige Heizwirkung, wenn man auf Eisen- oder Messingdrahtnetzen erhitzt, die infolge ihrer guten Wärmeleitung die Hitze gleichmäßig verteilen. Fig. 109 Fig. 110. Fig. 111. Noch empfehlenswerter sind Gewebe aus Eisendraht, der mit As- best umflochten ist. Die Asbestumhüllung mildert nicht bloß die Flammen- wirkung. sondern schützt auch das Eisen vor dem Rosten und Verbrennen. Drahtnetze, die im Bereich der Heizfläche eine dünne, fest eingepreßte Asbestschicht tragen, pflegen nicht ganz so dauerhaft zu sein und nur ein recht langsames und nicht sehr hohes Erhitzen zu gestatten. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 57 Noch weit mehr ist dies letztere der Fall bei den nur aus Asbest- pappe bestehenden Heizunterlagen, die für Rundkolben und Abdampf- schalen eine schalenförmige Vertiefung haben (Fig. 109). Die sogenannten Hitzesammler nach AH. Zollna‘) bestehen aus einer halbkugelig gepreßten Asbestschale, die unten ein Loch für das Brennerrohr hat und oben ein auswechselbares Drahtnetz trägt (Fig. 110). Durch die Ausnutzung der seitlichen Wärmestrahlung der Flamme und der heißen Verbrennungsgase wird eine wesentliche Gas- und Zeitersparnis beim Erhitzen erzielt. Auf ähnlichem Prinzip beruhen die schon älteren Finkenertürme., die mehrere horizontal übereinander befindliche Drahtnetze bergen (Fig. 111). Fig. 113. Fig. 114. Fig. 115. Zum raschen und trotzdem gefahrlosen Erhitzen von Rundkolben bewähren sich die Siedebleche nach v. Babo ausgezeichnet (Fig. 112). Bei dieser Vorrichtung trifft die Flamme nicht direkt den Kolben, sondern umspült ein Eisenblech, das die heißen Flammengase rings an sich vorbei- läßt und durch Wärmestrahlung die Hitze an den Kolben abgibt. Auf dem gleichen Prinzip beruhen die schachtelförmigen, seitliche Wärmeverluste hindernden Asbestluftbäder nach A. Junghahn ?) (Fig. 113) und die Luftbäder nach R. Kempf (vgl. sechstes Kapitel). u: y, vol. C. Poulene, Les nouveautes chimiques pour 1901, Paris; und Zeitschr. f. angew. Chemie. Bd. 14. S.61 (1901). ”) Asbestluftbad nach Dr. A. Junghahn. Die chem. Industrie. Bd. 21. S. 451 (1898). AR R. Kempf. Zum eleichmäßigen Erhitzen von Reagenzeläsern und zum an- dauernden Sieden darin hat C©. Liebermann‘) ein Heizkörbehen empfohlen (Fie. 114). V. Bäder und Öfen. 1. Luftbäder (Thermostaten. Brutschränke). /u den eigentlichen Luftbädern gehören hauptsächlich die Trocken- kästen und die Brutschränke Für alle gewöhnlichen Zwecke genüst ein Heizschrank, wie ihn Fie. 115 darstellt. Er ist aus Aluminium- oder Kupferblech gefertigt und außen mit Asbestpappe bekleidet; beim Heizen Fig. 116 Fig. 117. mit Bunsenbrennern gelangt man in einem solchen Luftbade bis zu etwa 200--300°. Höhere Temperaturen bis über 400° erreicht man in dem Heizofen für Tiegel und kleinere Kolben nach A. Stähler (Fie. 116): dieses Luftbad besteht aus einem ausgehöhlten, im übrigen massiven Aluminium- block, in welchem sich die Temperatur sehr schnell und gleichmäßig ver- teilt. Das Thermometer befindet sich in einer Bohrung des Blocks und zeigt wegen der guten Wärmeleitung des Aluminiums die im Innern ') Über einige neue Laboratoriumsapparate. Chem.-Ztg. Bd. 25. S. 685 (1901). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 59 herrschende Lufttemperatur ziemlich richtig an. Ein Ansatzstutzen führt unten in das Bad und erlaubt das Erhitzen in indifferenten Gasen (Kohlen- dioxyd usw.). Das Heizbad beruht auf demselben Prinzip, das A. Stock schon früher zum Erhitzen von Glasröhren usw. vorschlug. Dieses röhrenförmige Luft- bad, das sich vielfach bewährt, ist aus der Abbildung (Fig. 117) ohne weiteres verständlich. Eine besonders gleichförmige Verteilung der Hitze im Innern eines Trockenkastens erreicht man in doppelwandigen Luftbädern, die von den Heizgasen allseitig umspült werden!) (Fig. 118). In dem Lothar Meyerschen Luftbad (Fig. 119) umgeben die Flammengase den Innenraum sogar in dreifacher Schicht, ohne daß die Flammen selbst irgendwo das Metall des Bades berühren. Noch gleichmäßiger ist die Wärmeverteilung in doppelwandigen Trockenschränken, wenn der Zwischenraum zwischen den Wandungen mit einer Flüssigkeit gefüllt wird. Eine Überhitzung über den Siedepunkt der letzteren ist dann unmöglich, und hält man die Heizflüssigkeit be- ständig im Sieden, so herrscht im Innern des Schrankes stets eine kon- stante Temperatur, ohne daß eine besondere Beaufsichtigung nötig wäre: nur muß von Zeit zu Zeit die verdampfte Flüssigkeit ersetzt oder ihre Dämpfe in einem Rückflußkühler kondensiert werden. Einen einfachen der- artigen Trockenschrank zeigt Fig. 120. 3esonders leicht auswechselbar ist die Heizflüssigkeit in dem von @. Abati angegebenen Luftbade (Fig. 121); je nachdem man in den Kupfer- kolben am Boden des doppelwandigen Trockenschrankes Wasser, Toluol, Xylol, Cumol oder Gemische davon usw. einfüllt und zum kontinuierlichen Sieden erhitzt, wozu meistens ein Mikrobrenner (vgl. 5.49) genügt, erreicht man konstante Temperaturen zwischen 98° und 151°, wie die folgende, leicht zu erweiternde Tabelle angibt: 1) M. Kähler, Ein neuer Trockenschrank. Chem.-Ztg. Bd. 12. S. 1696 (1888). B0 R. Kempf. Wasser '> 94) ARE a Se 950 Tolaol : »z.2% RR: ae Toluol und Xylol (ele che Vol.) HL ar; Aylol. 2, 6 1 re Xylol und Cumöl (gleiche Vol.) BIN cEreo le A Bei Flüssigkeiten. die unter 140° sieden, setzt man auf den Schrank einen Soxhletschen Metallkühler (vgl. VI. Kap.. unter Destillation); bei Flüssig- keiten. die höher sieden, genügt ein Luftkühler, d. h. ein ca. 2 cm weites, 70cm langes, dünnwandiges Glasrohr. Fig. 120. Fig. 121. Die Konstruktion des Abatischen Luftbades ist ähnlich der des be- kannten älteren Tiegeltrockners nach Victor Meyer‘) (Fig. 122). Über Heizflüssigkeiten für dieses altbewährte Trockenbad vgl. die folgende Tabelle: Chloroform . . EL, ROSE Methyl- und Äthylalkohol 3 MO. i.: Äthvlalkohol . . . AN En Äthyl- und Propylalkohol 7 A. 2. 2 Fl) Se Äthyl- und Propylalkohol 1:8. . . ... . 900 ') Trocken- und Erhitzungsapparate für das chemische Laboratorium. Ber. d. Deutsch. Chem. Ges., 18, 2999 (1885). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 61 Nase Ba FR REN 100 ololsmenee,o 2.10 u ER ERIONTO BRUEDIBR AR EN Te ge a a AUNSONRAHE DER ER 2 EAN EEE? Bo N RD EEE HGINO EC TE Tr 3. 0 hr ER ER BE INapRtHalm 9, HD. AT NE I‘ Diphenvlamına v2 ErBe.. 28200 a EN Es bleiben nun noch die elektrisch heizbaren Luftbäder zu er- wähnen. Ihr Vorzug besteht in ihrer Sauberkeit und der bequemen Ein- stellbarkeit jeder beliebigen Temperatur mittelst passend vorgeschalteter Regulierwiderstände. Fig. 123 stellt einen derartigen Trockenschrank dar. Die von Th. W. Richards und A. Stähler vorge- schlagenen elektrisch heizbaren Luftbäder zeichnen sich besonders durch Sauberkeit aus und eignen sich daher in bester Weise zu quantitativen Arbeiten (Fig. 124 und 125). Wie man sich solche Luftbäder selbst her- stellen kann, habe ich oben angegeben!) (S. 54). Fig. 123. Luftbäder, die mittelst Glühlampen erwärmt werden, sind — wie be- _ reits erwähnt — von verschiedenen Seiten vorgeschlagen worden, be- sonders zum feuersicheren Abdestillieren von Äther usw. Selbstverständlich kann man sich diese Luftbäder — unter Verwendung eines Blumentopfes und mit Asbestpappe — leicht selbst herstellen. !) Vgl. darüber auch P. Köthner, Th. W. Richards als Laboratoriumstechniker. Chem.-Ztg. Bd. 31. S. 899 (1907) und die demnächst bei Leop. Voß (Hamburg) erschei- nenden Vorlesungen von Th. W. Richards, die er im Sommersemester 1907 im Chem. Inst. d. Universität Berlin gehalten hat. 62 R. Kempf. E. Thilo‘) gab die in Fig. 126 dargestellte Apparatur an. S. P. Beebe und B. H. Burton?) konstruierten ein ähnliches Heizbad speziell für sero- logische Zwecke (Seruminaktivierung und Sterilisierung). Das durch eine Glüh- lampe geheizte Wasserbad (Fig. 127) läßt sich mittelst eines kleinen Rheostaten leicht auf jede beliebige Temperatur bis 90° auf !/,,° konstant einstellen. Neuerdings gab W. Thörner®) eine Heizvorrichtung mit elektrischen Glühlampen an (Fig. 128). Er verwendet dazu Erlenmeyerkolben mit starker Einbauchung des Glasbodens; die 16kerzigen — am besten außen mattierten oder geschwärzten — Glühlampen ragen zur Hälfte in diese Einbauchung N S \ N \ N N S N N N N N N Ss N N N Ss N N N N N N N S N N S N S N hinein und sind in Tonblumentöpfen fest eingesetzt. Die Abbildung stellt die Verwendung der Heizmethode für die Extraktion in Soxrhletschen Appa- raten (vgl. VI. Kap., unter Extrahieren) dar. Abarten der oben beschriebenen Trockenkästen sind die Thermo- staten, deren Innenraum ohne besondere Aufsicht dauernd eine beliebige ‘) Ein elektrischer Heizapparat für gefahrloses Abdestillieren von Äther. Chem.- Ztg. Bd. 25. S. 685 (1901). ?) Einige neue Laboratoriumsapparate. Amerie. Journ. of Physiology. Vol. 14. p- 10 (1905). — Vgl. Chem. Zentralbl. 1905. II. S. 733. °) Apparat zur gefahrlosen Erhitzung leicht entzündlicher und flüchtiger ätherischer Flüssigkeiten bei der Extraktion oder Destillation. Zeitschr. f. chem. Apparzten- kunde. Bd. 3. S. 11 (1908). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 63 konstante Temperatur beibehalten soll — einige Arten sind bereits erwähnt worden — und speziell die Brutschränke, die sich für Brutversuche, Züchtung von Bakterienkulturen usw. automatisch auf 37° einstellen. Einen kleineren Thermostaten, der die typische Einrichtung eines solchen zeigt (Doppeltür, Wasserstandsrohr mit Ablaufhahn usw.), zeigt Kg: 129. Auf die vielen Abarten von Thermostaten. die speziellen Zwecken dienen, kann nicht näher eingegangen werden: erwähnt seien als Thermo- staten für niedere Temperaturen die Eisschränke: Fig. 150 ) = . Fe . N zeigt einen Kälteschrank mit I innerem, starkem Bleikasten. N Für Thermostaten, die we- nig über Zimmertemperatur er- ii Fig. 126. wärmt werden sollen, also z. B. für Brutschränke, ist Heizung mittelst einer Petroleumlampe üblich. Fig. 131 stellt einen derartigen Wärmeschrank vor, der. außerdem mit einer automatisch arbeitenden Wasserabgabe zur feuchten Ventilation versehen ist. Mittelst einer einfachen Vorrichtung hebt oder senkt sich der die Wärme in den Schrank führende Schornstein über der Lampe, je nachdem die Temperatur im Innern über oder unter der ge- wünschten liegt, auf die man den Apparat eingestellt hat. 64 R. Kempf. Für viele biochemische Arbeiten genügen die Dimensionen eines Brutsehrankes nicht: von großem Werte ist daher oft ein Brutzimmer von ca. 2:bm Höhe und 25 x 3’Dn Bo- denfläche rd durch eine Doppeltür (Schleusenprinzip) betreten wird und gleichzeitig 2—- 3 Per- sonen aufnehmen kann und außerdem geräumig genug Ist, um Rührwerke, Schüttelmaschinen (mit elektrischem Antrieb) usw. darin aufzustellen. Durch starke Isolation mit- telst Wärme schlecht leitenden Stoffen, wie Rubernid und Volkanit, Korkstein u. ähnl., Diehtung der Türen durch Filz- leisten usw. wird das Brutzimmer den Einflüssen der Temperaturschwankungen | Ill] ifTeM ze | =: UM [DE Fig. 129. Fig. 130. in der äußeren Umgebung vollkommen entzogen. Die Heizung erfolgt am besten durch warmes Wasser, das in einem elektrisch oder mit Gas ge- Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 65 heizten — Zirkulationsofen erzeugt wird und in einem Röhrensystem im Brutzimmer zirkuliert. Die Temperatur des Heizwassers wird durch einen Thermoregulator derart einreguliert, daß im Innenraum eine absolut kon- stante Temperatur (normal ca. 37°) erzeugt wird. Die Wände des Brut- raums sind innen mit Kupferblech ausgeschlagen und tragen rings ein Eisengestell mit verstellbaren Einlagen, um die Gegenstände bequem auf- stellen zu können. Unter dem Kupferblech befinden sich die Isolierschichten Fig. 131. -aus dem erwähnten Material. dann erst kommt die Spundwand bzw. die Heizwand. Der Fußboden erhält am besten Linoleumbelag, und: die Be- leuchtung erfolgt durch elektrische Glühlampen. 2. Thermoregulatoren. Um in den oben beschriebenen Luftbädern der gewöhnlichen Art die Temperatur konstant zu halten, auch ohne daß eine siedende Heizflüssig- keit benutzt wird. muß die Heizquelle so eingestellt sein, daß die Wärme- Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 5 66 R. Kempf. zufuhr die Wärmeverluste durch Ausstrahlung gerade im Gleichgewicht hält. Heizt man mit einem Bunsenbrenner, so entspricht mithin eine be- stimmte Hahnstellung bei einem bestimmten Luftbade einer bestimmten Temperatur in diesem — vorausgesetzt, daß der Gasdruck und die Außen- temperatur der Zimmerluft immer ziemlich gleich bleiben. Um den ge- wöhnlich je nach dem Gasverbrauch stark schwankenden Gasdruck konstant zu halten. hat man Gasdruckregulatoren (Fig. 132) konstruiert), und um die betreffende Hahnstellung des Bunsenbrenners stets leicht wiederfinden zu können, wurde der Hahn mit einem Zeiger ver- sehen, der auf einer Skala spielt (vgl. oben S.50, Fig. 94). Bequemer und sicherer ist es, sich zur Konstanthaltung Fig. 135. der Temperatur eines Luftbades automatischer Vorrichtungen, der soge- nannten Thermoregulatoren, zu bedienen. Fig. 155 zeigt eine gebräuchliche und bewährte Art dieser Apparate. Mit dem unteren Ende z. B. in den Wasserraum eines Brutschrankes ein- gesetzt, gestattet er, die eingestellte Temperatur mit + 0'2° Genauigkeit einzuhalten. Das Gas wird oben rechts in die Vorrichtung eingeleitet, durch- fließt die verzweigte Röhre und verläßt aus dem Rohransatz links oben den Apparat, um dann dem Brenner zuzuströmen; der untere Arm der verzweigten Röhre wird durch die steigende oder fallende Quecksilbersäule ') Vgl. auch J. F. Smale, der einen ausgezeichneten Gasdruckregulator angab, um die Umdrehungsgeschwindigkeit von Heißluftmotoren konstant zu halten. Wied. Ann. d. Physik u. Chem. [N. F.] Bd. 57. S. 219 (1896). I ee a: Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 67 je nach der Temperatur, die unten im Bade herrscht, mehr oder weniger verschlossen oder geöffnet. Die Einstellung des Quecksilbermeniskus erfolgt mittelst einer Stellschraube (vgl. die Abbildung); da diese leicht undicht wird und dann Quecksilber austreten läßt, hat J. Wetzel neuerdings vorge- schlagen !), das Glasrohr, in welchem die Stellschraube eingekittet ist, senkrecht nach oben umzubiegen. Die erste grobe Regulierung der Flammen- höhe geschieht mit Hilfe des Glashahns im oberen Arm der verzweigten Fig. 136. Fig. 137. Röhre. Der Hahn muß auf jeden Fall so weit geöffnet bleiben, daß die -Flamme nie ganz erlischt. Einen ähnlichen Thermoregulator, bei dem aber die Verschmutzung des 'Quecksilbers durch das Leuchtgas vermieden wird, schlug A. Stock?) vor (Fig. 134). Eine neuere Konstruktion benutzt zur automatischen Regulierung des Gasstromes einen U-förmig gebogenen Kompensationsstab, der sich je nach 1) Bisher noch nicht veröffentlicht. 2) Über einen neuen Thermoregulator ..... Chem.-Ztg. Bd. 25. S. 541 (1901). 5*F 68 R. Kempf. der Temperatur mehr oder weniger krümmt und durch einen Arm mit einstellbarer Mikrometerschraube ein Ventilin dem Gaszuführungsrohr auto- matisch schließt oder öffnet. Innerhalb der Grenzen zwischen 25° und 120° läßt sich mit Hilfe eines solchen Metall-Thermoregulators (Fig. 155) die Temperatur konstant auf ?/,,° genau einstellen. Schließlich sei auch die elegante elektrische Wärme-Reguliervor- richtung für Thermostaten mit Gasheizung erwähnt (Fig. 136 u. 137). Zum Ge- brauch wird das Thermometer zunächst in einem beliebigen Bade bis auf die gewünschte Temperatur erhitzt und dann wieder abgekühlt. Beim Ab- kühlen zerreißit der Faden unmittelbar oberhalb des einen der zwei elek- trischen Kontakte, die in das Quecksilber hineinführen, an einem dort be- Fig. 138. findlichen Glaswiderstand. Nun ist das Thermometer eingestellt: bei noch- maligem Erwärmen wird genau bei der betreffenden Temperatur der obere und der untere Kontakt durch das (Quecksilber verbunden und durch den nun geschlossenen Stromkreis ein Elektromagnet betätigt, der den Gas- zufluß so lange hemmt, bis die Temperatur wieder etwas unter die ge- wünschte gesunken ist. Die gleiche Methode der Temperaturregulierung für Petroleum- heizung zeigt Fig. 138. 3. Öfen. Zu den Luftbädern kann man auch die meisten Arten der im chemi- schen Laboratorium üblichen Öfen rechnen, die daher hier im Zusammen- hang besprochen werden sollen. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 69 Der einfachste Tiegelofen für Gasheizung (Fig. 139) besteht aus zwei aufeinander zu stellenden Tonzylindern, in deren Mitte sich auf einem Drahtdreieck der Tiegel befindet. Ein ganz ähnlicher Ofen ist in ge- brauchsfertigem Zustande in Fig. 140 abge- bildet. Es ist klar, daß man mit solchen Vorrichtungen weit höhere Temperaturen erreicht als beim Erhitzen über derselben Flamme an der freien Luft, wo die Wärme- verluste durch Konvektion und Strahlung sehr groß sind. Zur Erzielung noch höherer Tempera- turen sind derartige Öfen auch für den Be- trieb mit Gebläsen konstruiert worden, so z.B. von Fletscher (Fig. 141). Zum Erhitzen srößerer Gegen- stände aufhohe Tem- peraturen dienen die Muffelöfen, bei denen das Innere des Heizraumes von den Heizgasen völlig abgeschlossen ist (Fig. 142). Die elektrisch heizbaren Hori- zontalöfen (Fig. 145) werden mit Röhren von 20—65 mm lichter Weite geliefert und erlauben, bis auf 1400-—1500° zu erhitzen. Sie enthalten als eigent- lichen Heizkörper ein aus sogenannter Fig. 141. Fig. 142. Marquardtscher Masse!) bestehendes Rohr, um das ein Band von sehr dünner Platinfolie in spiraligen Windungen gewickelt ist. Vor (rasöfen !) Kgl. Porzellan-Manufaktur in Berlin. 70 R. Kempf. zeichnen sie sich durch Sauberkeit und die genaue und bequeme Regulier- barkeit der Temperatur aus, vor allem aber auch dadurch, daß sie in jeder beliebigen Lage gleich gut zu gebrauchen sind. Drehgestelle zur horizon- talen Bewegung (Fig. 144) und Vorrichtungen mit Kurbelantrieb zur ver- Fig. 143. tikalen Bewegung (Fig. 145) erleichtern das Arbeiten mit den elektrischen töhrenöfen in ausgezeichneter Weise. Speziell für die Veraschung organischer Substanzen dient der in Fig. 146 abgebildete Ofen, der auf demselben Prinzip beruht. Das die Substanz Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. al enthaltende Schiffehen wird in das 50 mm weite und 200 mm lange Por- zellanrohr des Ofens eingeschoben und der elektrische Strom eingeschaltet. Mittelst eines Vorschaltwiderstandes läßt sich die Temperatur beliebig re-, eulieren. Ein Schornstein mit regulierbarem Zug gestattet, einen Luft- strom durch den Ofen ziehen zu lassen. Auch elektrische Muffel- und Tiegelöfen, die sich gut bewähren, sind neuerdings für das Laboratorium konstruiert worden. Der Heizwider- stand des in Fig. 147 dargestellten Tiegel- ofens besteht aus einem in der Innenwand des Heizraumes eingebetteten Platindraht. Der Ofen dient zum Erhitzen von Tiezeln bis zu 30 cm3 Inhalt, läßt sich an jede elektrische Lichtleitung direkt anschlielen und ist für eine Temperatur bis ca. 1100 Fig. 144. Fig. 145. bestimmt. Sie wird nach ca. 20 Minuten erreicht. Platintiegel, die in einem _ derartigen Ofen erhitzt werden, beweisen eine weit größere Lebensdauer als solche, die über dem Leuchtgasgebläse oder in Gasöfen erhitzt werden. Einen mit Kryptol (vgl. oben S. 54) zu beschickenden Tiegelofen, der bis 1500° zu erhitzen gestattet, zeigt Fig. 148. Bezüglich des Moissanschen und des ähnlichen Muthmannschen Ofens verweise ich auf die Literatur.!) ') Vgl. z.B. Henri Moissan, Der elektrische Ofen. Autor. deutsche Ausgabe, übersetzt von Th. Zettel. Berlin 1897. 72 R. Kempf. Die sogenannten Schießöfen, die zum Erhitzen von Substanzen in zuge- schmolzenen Röhren, also unter Druck, dienen, beschreibe ich im Abschnitt VI ‚dieses Kapitels (S. 83 ff.). Die für die organische Elementaranalyse gebrauchten V ehren öfen werden von anderer Seite (©. Brahm und J. Wetzel) behandelt. 4. Wasser- und Wasserdampfbäder. Ebenso wie das Wasser wegen seiner großen spezifischen Wärme ein hervorragendes Kühlmittel, gleichsam ein Wärmeakkumulator, ist, so Fig. 146. stellt es auch aus demselben Grunde einen besonders geeigneten Wärme- überträger vor, da es — einmal erhitzt — besser als jeder andere Stoff imstande ist, eine sehr große Wärmemenge langsam und gleichmäßig wieder abzugeben. Die sogenannten Wasserbäder werden meistens als Dampfbäder ge- braucht, indem sich der zu erhitzende Gegenstand sehr häufig nicht im Wasser selbst befindet, sondern nur von dessen Dampf umspült wird. Die einfachste Form eines solchen Bades zeigt Fig. 149. Bei der Destillation höher siedender Flüssigkeiten, z. B. von Essigester (77°), Al- kohol (78°) oder Benzol (80°) wird man den Destillationskolben in das Wasser selbst einstellen, während es bei der Destillation niedriger siedender Flüssigkeiten, z. B. von Äther, genügt, den Kolben auf die Ringe des Bades, also in ein Dampfbad zu stellen. Im allgemeinen muß die Temperatur Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 13 eines’ Bades 20—30° höher sein als die der Flüssigkeit, die zum vollen Sieden erhitzt werden soll. Fig. 148. Beim Abdampfen leicht entzündlicher Flüssigkeiten in offener Schale empfiehlt es sich, ein Bad zu benutzen, bei dem rings um die Flamme ein feinmaschiges Drahtnetz angebracht ist, das nach dem Prinzip der Davyschen Sicher- heitslampen wirkt (Fig. 150). Damit das Wasserbad nicht ausbrennen kann, läßt man beim Gebrauch durch den seitlichen Rohrstutzen (vgl. die Abbildung) beständig Wasser zutropfen; ein Überlauf sorgt für konstantes Niveau. Fig. 150. Fig. 151. Die Wasserbäder nach ». Becchi (Fig. 151 u. 152) haben den Vorzug, dal) sie fast momentan betriebsfertig sind: nach dem Anheizen entwickelt 74 R. Kempf. sich bei dem kleinen Wasservolumen bereits in wenigen Sekunden Dampf. Dagegen sind sie als Wasserbäder — im eigentlichen Sinne des Wortes — wegen ihres beschränkten Innenraumes in den meisten Fällen unbrauchbar. Ohne den Anschluß an eine Wasserleitung und ohne ein Abflußrohr nötig zu haben, behalten die Wasserbäder nach W. Dittmar!) und die nach Bettendorf ein konstantes Niveau. Die Konstruktion erhellt aus der Ab- bildung (Fig. 155). Der Vorzug dieser Bäder besteht darin, daß man von einem zufälligen Versagen der Wasserleitung oder dem Zusetzen des Ab- tflußrohrs oder des Wasserleitungshahns unabhängig wird, was besonders bei Dauerversuchen über Nacht in Betracht kommt. Verwendet man zum Speisen dieser Bäder destilliertes Wasser, so wird jede Kesselstein- bildung vermieden. Ferner ist der Wasser- und Gasverbrauch viel geringer als bei den vorher erwähnten Wasserbädern, bei denen beständig warmes Wasser nutzlos Fig. 152. Fig. 153. abfließt und dafür entsprechend viel kaltes Wasser von neuem erwärmt werden muß). Eine Mariottesche Flasche in Verbindung mit einem Kupferkessel ergibt ebenfalls ein rationelles Wasserbad, bei dem nur soviel Wasser nach- fließt, als wirklich verdampft. Eine Mariottesche Flasche genügt eventuell für alle Wasserbäder eines ganzen Laboratoriumssaals. 2) Für Parallelversuche usw. leistet ein größeres Dampfbad, wie es Fig. 154 darstellt, gute Dienste und ist der entsprechenden Anzahl Einzel- bäder weit vorzuziehen — einerseits wegen der geringeren Raumbean- spruchung, andrerseits wegen der größeren Einfachheit der Beaufsichti- gung und der verhältnismäßig geringeren Anschaffungskosten. ‘) Wasserbäder aus Porzellan. Chem.-Ztg. Bd. 15. S. 1467 (1891). ®) Vgl. J. Volhard, Verbesserte Laboratoriumsapparate. Liebigs Annal. d. Chemie u. Pharm., Bd. 284. S. 233 (1895). | | | | Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 25 Schließlich sei auch das von W. Ostwald angegebene Wasserbad für konstante Temperaturen (Fig. 155) erwähnt. Die gleichmäßige Durchmischung des Wassers besorgt ein Flügelrad mit Glimmerschaufeln, das — durch die heiße Luft eines kleinen Flimmchens in Umdrehung ver- setzt — einen im Wasser rotierenden Rührer treibt. Die Temperatur dieses Thermostaten, der gewöhnlich außen mit Filz bekleidet ist, kann durch einen Thermoresulator konstant gehalten werden. Das Bad dient z. B. zu exakten Löslichkeitsbestimmungen bei be- stimmten Temperaturen; zu diesem Zweck wird im Thermostatenwasser eine rotierende Schüttel- vorrichtung für Flaschen angebracht. Ich komme nun zur Besprechung der eigent-Z lichen Dampfbäder, bei denen die Dampfent- Fig. 155. wicklung nicht im Bade selbst, sondern an anderer Stelle für sich “ erfolgt. Als Dampfentwickler genügt ein großer Rundkolben mit einem Sicher- heits- und einem knieförmig gebogenen Dampfableitungsrohr. Rascher be- triebsfertig und betriebssicherer sind metallene Wasserkessel mit Wasserstands- und Sicherheitsrohr (Fig. 156). Sie een am besten mittelst des niedrigen Fletscherbrenners ( vgl. Fig. 95, S. 51) geheizt. Das Dampfbad selbst zeigt Fig. 157, aus der seine Konstruktion ohne weiteres hervorgeht. 76 R. Kempf. Um das Trockenbrennen des Dampfentwicklers zu verhüten, hat J. Thiele‘) eine originelle, einfache Vorrichtung angegeben: An dem zum Brenner führenden Gasschlauch befindet sich an passender Stelle ein Feder- quetschhahn, der durch ein eingeklemmtes Stückchen Zucker offen gehalten wird: unmittelbar über diesem Zuckerstück endigt ein Schlauch, der ent- weder mit dem nach oben verlängerten Wasserstandsrohr oder mit dem oberen Ende des Sicherheitsrohres in Verbindung steht. Ist der Wasser- stand im Kessel so gesunken, daß das untere Ende des Wasserstands- oder des Sicherheitsrohrs frei wird, so gelangt Wasserdampf und konden- Fig. 157. Fig. 158. siertes Wasser auf den Zucker und löst diesen auf, der Quetschhahn schnappt zu und die Flamme erlischt. In Laboratorien, in denen eine Zentraldampfleitung zur Verfügung steht, sind Dampfbäder speziell zum Abdestillieren feuergefährlicher, niedrig siedender Flüssigkeiten sehr zu empfehlen, z. B. von der Konstruktion, die Fig. 158 zeigt. Ein Dampfbad für den speziellen Zweck, Schießröhren dauernd auf ca. 100° zu erhitzen, ist die im Abschnitt VI dieses Kapitels (S. 84) be- schriebene Wasserbadkanone. !) Automatischer Dampfentwickler mit Überhitzer. Chem.-Ztg. Bd. 29. S. 488 (1905) und Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 44. S. 767 (1905). a Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. —1 —] 5. Die übrigen Flüssigkeitsbäder. Als Badflüssigkeit für Flüssigkeitsbäder, die eventuell auch für Tem- peraturen über 100° dienen sollen, kommen folgende Flüssigkeiten in Be- tracht. Die Siedepunkte sind daneben vermerkt, jedoch liegt die Tempera- turgrenze, bis zu der die Badflüssigkeit benutzt werden kann, bei Gly- zerin-, Öl- und Schwefelsäurebädern wegen deren Gehalt an Wasser oder anderen Verunreinigungen oft erheblich niedriger. Gesättigte Natriumkarbonatlösung . . 1046° Natriumchloridlösung. . . 108° Natriumnitratlösung . . . 120° Kaliumkarbonatlösung . . 135° Calciumchloridlösung . . . 180° Zinkehloridlösung . . . . 3009 PIE EN ne I lNzeRTe EA Be El. =0W Ca. 2000 Öl (Rüböl) 0: Schwefelsäure (konzentriert) . . . „ 358° Petroleum 60—325° Caleiumchloridlösung greift auf die Dauer Kupfer stark an, so daß man diese Badflüssiekeit in emaillierten Töpfen anwenden mub. Zum Arbeiten bei konstanten Temperaturen sind die Salzlösungen sehr bequem; von Zeit zu Zeit muß nur das verdampfte Wasser ersetzt werden. Anilin wird vielfach auch als Dampfbad verwendet, z. B. in der Weise, wie es Fig. 159 zeigt. „a ist ein zylindrisches Kupfergefäß von 65cm Höhe und 13 cm lichter Weite mit überspringendem starkem Rande, welcher durch einen Eisenring verstärkt ist. Auf diesen ist der Aufsatz 5 mit Hilfe der Schrau- ben e und eines zwischengelegten Ringes von Asbestpappe dicht aufgesetzt. In den zwei Tuben des Deckels befinden sich ein Thermometer und ein Luftkühlrohr. Im unteren Teile des Bades ist ein durchlöchertes Kupferblech an- gebracht, auf welchem das eiserne Rohr d ruht. In dem Bade befinden sich 200 — 250 g Anilin, welche durch direkte Flamme so stark erhitzt werden, daß) das Thermometer, wenn es etwa 20cm in das Bad hineintaucht, den Siede- punkt des Anilins anzeigt.“ !) Glyzerin siedet wegen seines Wassergehaltes meist ‘schon weit unter dem Siedepunkt des reinen Produkts; zwischen 160° und 170° bleiben Glyzerinbäder länger durchsichtig als Öl- und Schwefelsäurebäder. Ölbäder dürfen wegen ihrer Feuergefährlichkeit nicht lange ohne Aufsicht erhitzt werden; durch Überkochen derselben sind wiederholt große Brände entstanden. Fig. 159. !) Emil Fischer, Anleitung zur Darstellung organischer Präparate. Vieweg & Sohn, Braunschweig. 7. Aufl. 1905. S. 74. R. Kempf. -1 io ©) Konzentrierte Schwefelsäure als Badflüssigkeit wird fast aus- schließlich für Schmelzpunktsbestimmungen benutzt: vel. hierüber das siebente Kapitel. A. Stock!) schlägt zum Erhitzen von Reagenzgläschen bei beliebigen Temperaturen zwischen 60° und 325° ein Petroleumdampfbad vor (Fig. 160). Rohpetroleum, wie es auch in den Volhardschen Schießöfen ?) Verwendung findet, wird in dem Kölbchen A zum Sieden erhitzt. Seine Dämpfe umspülen das zur Aufnahme der Substanz dienende Gefäß #3) und das Thermometer B: in dem Luftkühler C werden sie kondensiert. Das Abflußröhrchen D ih; A mit Schlauch und Quetschhahn gestattet, die Petroleumfraktionen so lange abzulassen, bis der @ gewünschte Siedepunkt erreicht ist. Wird dann | der Quetschhahn geschlossen, so wirkt © von Hl nun an als Rückflußkühler, und die Temperatur bleibt innerhalb weniger Grade konstant. Zur Er- | niedrigung der Siedetemperatur gibt man von I dem abgelassenen Destillat durch © wieder zu. Es läßt sich in dieser Weise der Apparat auf beliebige Temperaturen zwischen 60° und 325° einstellen. Auch manche bei gewöhnlicher Temperatur feste Körper lassen sich mit Vorteil zu Badfüllungen benutzen, sofern die gewünschte Badtemperatur über dem Schmelz- und unter dem Siedepunkt der angewendeten Substanz liegt. Die folgende Zusammenstellung verzeichnet einige derartige Stoffe: I \# ErH N a 2 FE Fig. 160. Schmelzpunkt Siedepunkt ran . rn ENDE 9, EI ea. 30 pe Naphthälin 2a 3 IE 800 218° Diphenylamin 2-70 Ru 9 FW MISHER 540 3108 Schwefel a FREE PEBEBISEINN EIER 115° 44849 an hlorid (w asserfrei). I , ,. 250° gegen 400° °/, Kalisalpeter + 45°5°/, Natronsalpeter ?) 210 — Woodsches Metall’. N U WE, EIER SEE na = zooses. Metall .. 2 TE LRENE NM EZ Dr re Fe 959 — 1 Teil Blei + 1 Tal Zuan 2er NT 200° >= Blei ...ı.. .. 000000 we Be eo 1510% Naphthalin und Diphenylamin sind bereits als Heizdampf für doppelwandige Luftbäder (vgl. S.61) erwähnt worden. Für noch höhere !) Die Reaktion zwischen Phosphorpentasulfid und Ammoniak ..... Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 39. S. 1994 (1906). ?) Vgl. VI. Abschnitt Peine Kapitels (S. 84). °») Natürlich ist auch ein gewöhnliches Reagenzglas verwendbar. *) Nachdem man die niedriger siedenden Anteile abdestilliert hat. °) Eutektische Mischung. 1) N u re Eu. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 79 Temperaturen findet ebenso Schwefeldampf Anwendung, der in langen, senkrecht stehenden, unten zugeschmolzenen Glasröhren durch Sieden von Schwefel erzeugt und durch die Luftkühlung im oberen Teil des Rohres wieder kondensiert wird. Bei höherer Temperatur sind Metallbäder den meisten Flüssigkeits- bädern vorzuziehen, weil sie keine übelriechenden oder gar brennbaren Dämpfe entwickeln, und weil wegen der großen Leitfähigkeit der Metalle für Wärme eine gleichmäßigere Temperatur im Bade herrscht. Bei den übrigen Flüssigkeitsbädern ist eine mechanische Rührvorrichtung nötig. um eine möglichst gleichmäßige Temperaturverteilung im Bade zu er- zielen, bei den Metallbädern ist dies unnötig. Andrerseits stört oft die Undurchsichtiekeit dieser Bäder; alle bleihaltigen Bäder müssen ferner unter einem gut ziehenden Abzug benutzt werden wegen der (resundheits- gefährlichkeit der bei höherer Temperatur sich entwickelnden Bleidämpfe. Für niedere Temperatur — unter 200° etwa — ist Rooses oder Woodsches Metall anzuwenden, für höhere Temperaturen bedient man sich der Billigkeit halber eines Metallgemisches aus Blei und Zinn oder reinen Bleis (vgl. die Tabelle). Als Gefäße dienen für diese Bäder gubßeiserne Schalen, in denen man fast bis zum Glühen erhitzen kann. Da gelegentlich kleine Metallteilchen an den Glasgeräten haften bleiben, wenn man sie aus dem Bade herausnimmt, schlugen W. Smith und G. Wm. Davies!) als Gegenmaßregel vor, den in das Metall tauchenden Teil der Glasoberfläche vorher an einer leuchtenden Gasflamme mit Lampenruß zu bedecken. 6. Trockene Bäder. Vielfach genügen auch unschmelzbare Stoffe, deren Teilchen leicht beweglich zueinander sein müssen, zur Füllung von Heizbädern. Zu diesen sogenannten trockenen Bädern benutzt man gewöhnlich flache eiserne Schalen und beschickt sie entweder mit feinem Seesand — wegen dessen schlechter Wärmeleitung nur in dünner Schicht — oder mit Graphit- grus, der wesentlich besser leitet, oder endlich mit gesiebten Gußeisen- spänen, die die Wärme noch besser leiten. sich aber leicht oxydieren. Die trockenen Bäder werden immer mehr durch einfache Asbest- platten oder Drahtnetze —- eventuell in mehrfacher Lage übereinander — verdrängt: denn diese Geräte haben ungefähr die gleiche Wirkung, sind aber einfacher und sauberer. Immerhin gewährt ein Sandbad von der praktischen Konstruktion. wie sie Rüdorf vorgeschlagen hat (Fig. 161), für viele Zwecke groben Nutzen. Ein Sicherheitssandbad nach Holde für feuergefährliche Flüssig- keiten zeigt Fig. 162. 1) Über Pyren. Journ. of the chem. society. 1880 (1). p. 416. s0 R. Kempf. VI. Erhitzen unter Druck. Soll eine Substanz über ihrem Siedepunkt erhitzt werden — sei es für sich, sei es im Gemenge mit anderen Körpern —, so muß die Er- hitzunz im geschlossenen Gefäß er- folgen, wobei jenach der Tension des anzewendeten Stoffes und der inne- eehaltenen Temperatur ein mehr Fig. 161. Fig. 162. oder weniger starker Druck entsteht. Dieser Druck übt im Verein mit der hohen Temperatur häufig chemische Wirkungen aus, die sich auf keinem anderen Wege erreichen lassen. Das Erhitzen unter Druck gehört deshalb zu einer im Laboratorium sehr wichtigen und häufig angewendeten Ope- ration. Soweit sie bei der Analyse organischer Verbindungen Anwendung findet, wird sie von anderer Seite (im Abschnitt über die organische Elementaranalyse) beschrieben; hier soll nur das apparative Rüstzeug, das sie erfordert, und ihre Ausführung im allgemeinen — speziell bei präpa- rativen Arbeiten — behandelt werden. 1. Druckflaschen. Die einfachste Art, ein Reaktionsgemisch unter Druck zu erhitzen, besteht darin, dal man es in einer dickwandigen, hermetisch verschlossenen Flasche in einem Flüssiekeitsbade erwärmt. Dazu kann man eine gewöhn- liche Selterswasserflasche benutzen oder eine besonders zu dem Zweck kon- struierte Druckflasche, deren Verschlußteil durch eine Schraube fest aufge- prelit werden kann. Fig. 163 zeigt eine derartige Druckflasche, wie sie von Lintner vorgeschlagen wurde. Man erhitzt solche Flaschen so, dal man sie, in ein Tuch einge- wickelt, in kaltes Wasser legt und dieses allmählich anheizt. Höher als auf 100° wird man im allgemeinen nicht erhitzen, weil die Verschlüsse Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 81 nicht dicht bleiben. Bevor man eine Druckflasche vorsichtig öffnet, muß sie völlig erkaltet sein. Das Erhitzen eines Reaktionsgemisches unter Druck am Rückfluß- kühler kann so geschehen, dab man auf das obere Ende des Kühlrohrs mittelst eines Korkes ein 2mal rechtwinklig gebogenes Glasrohr aufsetzt und dieses in ein hohes Standgefäß eintauchen läßt, das mit einer (@uecksilberschicht von passender Höhe beschickt ist. 2. Schießröhren. Weit höhere Drucke und Temperaturen anzuwenden gestattet die gebräuchlichste Methode des Erhitzens unter Druck, nämlich die Methode, die Substanzen in Glasröhren einzuschmelzen (Einschluß-, Bomben-, Schießröhren) und diese in besonders konstruierten Öfen oder Bädern (Schieß-, Bombenöfen, Wasserbadkanonen) zu erhitzen. (regen langsam wirkenden Druck ist Glas sehr widerstandsfähig: Röhren von 2 mm Wandstärke und 10 bis 20 mm lichter Weite halten über 100 Atmosphären Druck aus — ein fehlerfreies, d. h. von Schrammen, Blasen, Sandkörnern usw. freies Glas und vorsichtiges Erwärmen und Wiederabkühlen vorausgesetzt. Über die Beschickung, das Zuschmelzen, das Erhitzen und Wieder- öffnen der Röhren findet sich Näheres im Abschnitt über organische Ele- mentaranalyse (vgl. ©. Brahm u. J. Wetzel). Man benutzt meistens für Schießröhren Kaliglas; jedoch genügt außer bei quantitativen Bestimmungen fehlerfreies und sogenanntes doppelt- gekühltes Natronglas vollkommen und ist wegen seiner Billigkeit und der bequemeren Handhabung vorzuziehen. Um übermäßigen Gasdruck zu vermeiden, empfiehlt es sich oft, nicht auf einmal alle gaserzeugende Substanz einzufüllen. Bewirkt Brom z. B. eine Entwicklung von Bromwasserstoff, so setzt man zunächst nur 1/, des gesamten Broms zum Reaktionsgemisch, öffnet nach beendigter Reaktion das Rohr, fügt das zweite Drittel Brom hinzu, schmilzt wieder zu usw.; überhaupt vermindert man die Gefahr des Springens der Einschlubß- röhren dadurch beträchtlich, daß man nach einiger Zeit das Erhitzen unterbricht, — eventuell noch bevor die beabsichtigte Höchsttemperatur erreicht ist —, Fig. 163. die bis dahin gebildeten Gase herausläßt und erst dann wieder weiter erhitzt. Um die Tension des Reaktionsgemisches beim Schließen und Öffnen der Röhre möglichst weit zu erniedrigen, ist es häufig von großem Nutzen, die Schießröhre stark zu kühlen, am besten mit flüssiger Luft, ein Ver- fahren, das unbedingt notwendig ist beim Arbeiten mit verflüssigten wasserfreien Gasen, z.B. mit Salzsäure, Schwefeldioxyd, Ammoniak u. a.!) 1, Vgl. A. Stock und B. Hoffmann, Über das Arbeiten mit verflüssigten Gasen. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 36. S. 895 (1903); ferner Emil Fischer und E. Frank- Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 6 R. Kempf. .. Ss) Will man unter höherem Druck erhitzen, als ihn bei der eingehaltenen Temperatur das Reaktionsgemisch selbst hervorruft, so kann man indiffe- vente, niedrig siedende Flüssigkeiten beimengen, deren Tension schon bei verhältnismäßig niedriger Temperatur bedeutend ist. Die folgende Tabelle!) eibt hierüber Aufschluß. Druck in Atmosphären Wasser Äther Chloroform 2 bei 121° bei 56° bei 83° 4 an E: 7% »..809 „ 1090 6 ,,1999 96° Be 8) S are „ 109° “ 10° 1802 +10 ea Ko). Die beim Arbeiten mit Blausäure im Einschlußrohr notwendigen Vorsichtsmaßregeln, die natürlich mutatis mutandis auch für andere gif- tire Stoffe gelten, hat J. U. Nef?) beschrieben. Sollen die Gase, die sich in Schießröhren gebildet haben, aufgefangen werden, so kann man nach den Angaben von L. Carius®) und von E. Sal- kowski +) verfahren. Um eine in Wasser schwer lösliche Substanz aus der Bombenröhre bequem herauszulösen, befestigt man die letztere mit der Öffnung nach unten über einer Schale und läßt durch eine lange, passend gebogene Zu- leitungsröhre einen kräftigen Dampfstrahl eintreten; die konzentrierte Lö- sung tropft dann kontinuierlich in die untergestellte Schale. Das automatische Auslaugen des KRohrinhalts kann auch so ge- schehen, daß man die Röhre mit Wasser anfüllt, sie mit dem Finger verschließt, umkehrt und in eine mit Wasser gefüllte Schale eintauchen läßt. Nach Freigabe der Rohröffnung bildet sich dann eine Zirkulation des Wassers aus: die gesättigte Lösung sinkt nach unten, frisches Wasser steiet nach oben. bis Gleichgewicht eintritt, d. h. bis die gesamte Wasser- menge gesättiet ist. An Stelle des Wassers lassen sich natürlich auch andere Lösungsmittel anwenden. Das Entwickeln von Chlor, Jodwasserstoffsäure, Ammoniak usw. im Einschlußrohr selbst wird im achten Kapitel behandelt. land Armstrong, Über die isomeren Acetohalogenderivate der Zucker... . Ebenda. Jg. 35. S. 835 (1902). ') Aus Lassar-Cohn, Arbeitsmethoden für organisch-chemische Laboratorien. 4. Aufl. 1906. 3. 95. ?) Über das zweiwertige Kohlenstoffatom ... . Liebigs Annal. d. Chemie u. Pharm. S. 287. 358 (1895). ®) Über die Zersetzung der Salpetersäure in der Wärme. Liebigs Annal.d. Chemie Pharm. S. 169, 319 (1873). *) Weitere Beiträge zur Theorie der Harnstoffbildung . . . Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 4. S. 64 (1880). u. E EEE na Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 8: ww 3. Schießöfen. Einen der am meisten gebrauchten Schießöfen hat L. Gattermann angegeben (Fig. 164). A. Junghahns !) Schießofen (Fig. 165) gestattet, den Inhalt der Bomben- röhren jederzeit durch Zurückziehen in einen mit starken Glasfenstern ver- sehenen Schutzkasten zu be- obachten und somit die Re- aktion zu kontrollieren. Es erscheint diese Möglichkeit besonders wertvoll bei syn- thetischen oder präparati- ven Arbeiten, bei denen die Feststellung von Farbenum- schlägen, Löslichkeitsänderun- gen, Gasentwicklungen usw. die Beurteilung des Fortgangs der Reaktion wesentlich er- leichtert oder vielmehr erst Fig. 164. ermöglicht. Der*Röhrenofen nach Lothar Meyer (Fig. 166) dient ebenfalls haupt- sächlich präparativen ‘Arbeiten und bewirkt eine besonders gleichmäßige Erwärmung. m Schießöfen, die mit Wasserdampf geheizt werden und mithin zum konstanten Erhitzen von Einschlußröhren auf 100° dienen, sind die soge- nannten Wasserbadkanonen, wie sie von Victor Meyer vorgeschlagen wurden (Fig. 167). Damit diese Bäder nicht ausbrennen, läßt man !) Ein neuer kontrollierbarer Schießofen. Chem.-Ztg. Bd. 26. S. 1176 (1902). 6* s4 R. Kempf. kontinuierlich Wasser hinzutropfen; ein Überlauf sorgt für konstantes Niveau. /um Erhitzen von Bombenröhren auf höhere Temperaturen eignen sich ausgezeichnet die Volhardschen Öfen (Fig. 168), die mit Petroleum als Heizflüssiekeitbeschickt werden. !) ekanntlich ist Pe- troleum ein Gemisch verschieden hoch sie- dender Kohlenwasser- stoffe. Der Ofen ist nun so eingerichtet, dab man „zunächst das Petroleum abdestillieren kann, bis. der Siedepunkt den Tem- peraturgrad erreicht hat, bei dem die Sub- stanz digeriert werden soll; dann genügt eine Hahndrehung, um den Abflußkühler in einen Rückflußkühler umzuwanden, und der Siedepunkt bleibt nun konstant. Man kann den Ofen so auf jede beliebige Temperatur zwischen 130° und 300° einstellen. Zur Füllung sind etwa 1250 9 Petroleum nötig; bis 200° Fig. 166. Fig. 167. ist davon !/,, bis 250° ?2/,, bis 285° 3/, abdestilliert, und bei 300° ist es auf ?/, vermindert. Für Temperaturen, die wenig über 100° liegen, :setzt man dem Petroleum etwas Toluol zu. Der Ofen ist so feuersicher kon- ') Verbesserte Laboratoriumsapparate. Liebigs Annal. d. Chemie u. Pharm. Bd. 284, Ss.235 (189). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 85 struiert und gefahrlos, dal) ein besonderer Schießraum dafür durchaus nicht notwendig ist. Die Gefahr des Springens der Einschlußröhren ist bei Benutzung der Schieliöfen nach €. Ullmann!) (Fig. 169) auf ein geringes Mal) reduziert, in- dem der innere Druck in der Glasröhre durch äußeren Druck im Stahl- rohr kompensiert wird: Mannesmann- Stahlröhren, die auf 600 Atmosphären geprüft und mit dicht schließendem, aufschraubbarem Verschlußkopf ver- sehen sind, werden mit ca. 40-—-70 cm? Benzin, Äther usw. beschickt, die Schießröhren ebenfalls hineingetan. und das Ganze dicht verschlossen auf die gewöhnliche Art im Ofen erhitzt. Beim Erhitzen der Röhren über 300° wird an ihrem aus dem Ofen heraus- ragenden Ende ein Kühler aufge- MN schraubt (vgl. die Abbildung), damit — ann die Dichtung durch fließendes Wasser Fig. 168. kalt gehalten werden kann. Wo schwer lösliche Körper mit Flüssigkeiten bei höherer Temperatur nur durch andauerndes Schütteln in Reaktion gebracht werden können. oder wo zwei sich miteinander nicht mischende Flüssigkeiten reagieren sollen usw., sind Schießöfen von erobem Wert, in denen die Einschlub- röhren in steter Bewegung gehalten werden. |, r\ 2; Bu, IMNINHHINN Zu diesem Zweck hat Emil Fischer?) einen Schießofen mit Schüttelwerk (Fig. 170) vorgeschlagen, der gestattet, Schießröhren in ') Ein Explosionsofen zur Verhütung des Springens von Einschmelzröhren. Ber. d. Deutschen Chem. Ges. Jg. 27. S. 379 (1894). ?2) Apparat zum gleichzeitigen Erhitzen und Bewegen von geschlossenen Glas- röhren. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 30. S. 1485 (1897). tel) R. Kempf. einem Ölbade zu erhitzen und gleichzeitig zu schütteln; der Apparat arbeitet sehr ruhig und leistet in vielen Fällen vorzügliche Dienste. Zum Antrieb eienet sich ein kleinerer Heißluftmo- tor. Bei Arbeiten mit explosiven Sub- stanzen, oder wenn eine sehr starke Drucksteieerunge im Rohr zu erwarten ist, empfiehlt es sich, die gläsernen Bombenröhren in verschraubbaren Fig. 172. Kupferröhren (Fig. 171) unterzubringen und diese in das Ölbad einzu- Setzen. Um auch bei höheren Temperaturen (von ca. 150° an aufwärts) Einschlußröhren in Bewegung zu halten, bedient man sich mit Vorteil eines oewöhnlichen Schieß- ofens mit Luftbad (vgl. Fig. 164), der samt dem (rasheizrohr durch eine maschinelle Vorrichtung in schaukelnder Bewe- eune gehalten wird. Diese ebenfalls von Emil Fischer!) ange- sebene Apparatur zeigt Fig. 1722 Schießröhren kon- stant bei ca. 100° zu erhitzen und sie gleich- zeitig zu schütteln, er- Fig. 173. ') Über einige neue Laboratoriumsapparate. Zeitschr. f. angewandte Chemie. 1898. S. 1006. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 87 laubt auf sehr bequeme Weise der von $. Gabriel!) angegebene, mit Wasserdampf heizbare Schüttelschießofen, dessen Konstruktion aus der Abbildung (Fig. 175) ersichtlich ist. Nach A. Stock erzielt man oft eine bessere Durchmischung des Re- aktionsgemisches in bewegten Schießröhren, wenn man in diese außer der Substanz Glasperlen oder Schrotkugeln einfüllt. 4. Autoklaven. Für Arbeiten unter starkem Dampfdruck bei höheren Temperaturen dienen besonders bei größeren heaktionsmengen metallene Autoklaven = Tr I Sea | Fig. 176. (Fig. 174), die bis zu Drucken von 100 Atmo- sphären angewendet werden. Sie bestehen gewöhn- lich aus einem starkwandigen Metallkessel aus Kupfer oder Schmiedeeisen und einem Deckel aus Messing oder Phosphor- bronze, der ein Federmanometer, eine Hülse für das Thermometer und ein ') Über Isocystein und Isoeystin. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 38. S. 636 (1905). S8 R. Kempf. Sicherheitsventil mit Laufgewicht besitzt und durch einen eisernen Bügel mit Zentralschraube auf den Kessel aufgepreßt wird: Asbest- oder Blei- ringe sorgen für dichten Abschluß. Fig. 175 zeigt den bekannten Papinschen Topf (aus Gußeisen, innen weiß emailliert), Fig. 176 einen Autoklaven mit Rührwerk. Auch metallene Autoklaven in Röhrenform (Fig. 177) sind an Stelle der immerhin leicht springenden Glasröhren oft von Nutzen, vorausgesetzt, daß das betreffende Re- aktionsgemisch das Metall (Gußstahl, Phosphorbronze, Aluminiumbronze usw.) nicht angreift. !) L. Gattermann verwendet Mannesmannröhren, die auf dem einen Ende zugeschweibt, auf dem anderen Ende ımit einem Gewinde versehen sind; die Diehtung der Ver- schlußkapsel geschieht mit metallischem Blei. WI. Ipatiew:) hat einen Apparat konstruiert, mit dem sich Versuche bei 400 Atmosphären Druck und bei Temperaturen bis 625° ausführen lassen. VII. Temperaturmessung. Die Temperatur wird hauptsächlich bestimmt: 1. mit Flüssigkeitsthermometern, die Queck- Fig. 177. silber, Kalium-Natrium, Alkohol, Toluol, Petroläther oder Pentan enthalten: >. mit Gasthermometern, die mit Luft, Wasserstoff oder Helium gefüllt sind; 3. auf elektrischem Wege, entweder mit Thermoelementen oder mit Hilfe von Widerstandsmessungen: 4. auf kalorimetrischem Wege; 5. mit optischen Instrumenten; 6. mittelst der Methode der Probekörper; 7. durch Tensionsmessung einer Flüssigkeit. Hier können nur die ersten drei Methoden der Temperaturmessung etwas eingehender behandelt, die übrigen nur summarisch gestreift werden. 1. Flüssigkeitsthermometer. Die gewöhnlichen Quecksilberthermometer sind ungefähr zwischen — 35° und + 350° brauchbar: bei tieferen Temperaturen gefriert, bei höheren siedet das Quecksilber. Für chemische Zwecke kommen entweder Instrumente mit Milch- glasskala (Einschlußthermometer) oder solche mit der Teilung auf der 1) Vgl. z.B. Pfungst, D.R. P. 56.816. ®) Katalytische Reaktionen bei hohen Temperaturen und Drucken. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 37. 5.2983 (1904). ET Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 89 Röhre (Stabthermometer) in Betracht. Die Stabthermometer sind zwar gegen mechanische Beanspruchung (Druck und Stoß) widerstandsfähiger als die Einschlußthermometer, haben aber im übrigen diesen gegenüber sehr viel Nachteile: Zunächst springen sie bei jähem Temperaturwechsel viel leichter, sodann ergeben sie weit eher parallaktische Fehler bei der Ablesung, weil sich die Quecksilbersäule hinter einer konvexen Skala be- findet. statt unmittelbar auf der Teilung, ferner folgen sie Temperatur- schwankungen wegen ihrer verhältnismäßig großen Glasmasse weit langsamer, und schließlich ist die Skala durch chemische oder physikalische Einflüsse leicht verwischbar und wird daher häufig unleserlich. Um auch oberhalb 350° Quecksilberthermometer in gewöhnlicher Weise verwendbar zu machen, wurde der Siedepunkt des Quecksilbers da- durch erhöht, daß im das Kapillarrohr über dem Quecksilberfaden ein in- differentes Gas unter Druck eingefüllt wurde: außerdem mußte eine Glas- sorte mit einem möglichst hohen Erweichungspunkt und einem möglichst niedrigen Ausdehnungskoeffizienten angewendet werden. Die ersten derartigen Thermometer waren aus Jenaer Thermo- meterglas 16 III angefertigt und enthielten Stickstoff, der bei Zimmer- temperatur ungefähr den Druck einer Atmosphäre ausübte: der Raum der Kapillare über dem @Quecksilberniveau war so bemessen, dab infolge der Kompression des Stickstoffs durch das emporsteigende Quecksilber dieses selbst bei 450° noch nicht ins Sieden kam. F. Allihn‘) stellte fest, daß bei andauerndem Erhitzen auf ca. 300° sich das Jenaer Glas bezüglich der thermischen Nachwirkungsdilatationen etwa doppelt so günstig verhielt, wie das gewöhnliche Thüringer Glas. Für noch höhere Temperaturen, nämlich bis 550° kamen dann Ther- mometer in den Handel, die aus Jenaer Thermometerelas 59 II (Borosilikatglas, vgl. das erste Kapitel, S. 4) hergestellt und mit Kohlen- dioxyd von nahezu 20 Atmosphären Druck gefüllt waren. ?) Der letzte Schritt auf diesem Wege führte schließlich zu Quecksilber- thermometern aus Quarzglas, die mit Stickstoff von 60 Atmosphären Druck gefüllt sind und bis 720° verwendet werden können. Jedoch lassen sich derartige Quarzthermometer bis jetzt nur von begrenzter Länge an- fertigen, weil die Herstellung einer gut kalibrischen Röhre aus Quarz schwierig ist; sie umfassen nur das Temperaturintervall von 300 — 750°, sind in 5/,-Grade geteilt und haben statt einer Milchglasskala eine solche aus Nickelstahl. >) !) Über das Ansteigen des Eispunktes bei Quecksilberthermometern aus Jenaischem Normalglas. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 28. S. 435 (1889) und Bd. 29. S. 381 (1890). ?) Wiebe, Über die Verwendung des Quecksilberthermometers in hohen Tempe- raturen. Zeitschr. f. Instrumentenkunde. Bd. 10. S. 209 (1890). — Ferner ©. Schott, "Thermometerglas. Ebenda. Bd. 11. S. 330 (1891). — A. Mahlke, Verwendung des flüssigen Kohlendioxyds zur Herstellung hochgradiger Quecksilberthermometer. Ebenda. Bd. 12. S. 402 (1892). — 4A. Mahlke, Über die Messung der Temperaturen bis 550°. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 26. S. 1815 (1893). — M.v. Recklinghausen, Über das neue “uecksilberthermometer für Temperaturen bis 550°. Ebenda. Jg. 26. S. 1514 (1893). ») C. Siebert, Über hochgradige Thermometer aus Quarzglas. Zeitschr. f. Elektro- chemie. Bd. 10. 158 (1904). gu R. Kempf. Bei allen diesen @Quecksilberthermometern für sehr hohe Tempera- turen macht sich der große UÜbelstand bemerkbar, daß die Korrektion wegen des herausragenden (Quecksilberfadens, die sich schwer genau be- stimmen läßt, außerordentlich groß zu sein pflegt, bei Schmelzpunkts- bestimmungen z.B. 40° betragen kann (vgl. siebentes Kapitel). Um bei genaueren Bestimmungen den Fehler wegen des heraus- vaeenden Fadens so klein wie möglich zu machen, sind Sätze von Thermo- metern, von denen jedes nur ein kleines Temperaturbereich umfaßt, von verschiedenen Seiten vorgeschlagen worden, so von Zincke, Graebe, Anschütz, Allihn, Kahlbaum u. a. Solche „abgekürzte“ Thermometer sind nament- lich für genaue Schmelzpunkts- und Siedepunktsbestimmungen unentbehrlich und vielfach im Gebrauch. Es lassen sich Quecksilberthermometer, die auf !/,,.° genau abzulesen gestatten, leicht herstellen. (Juecksilberthermometer mit elektrischen Kontaktstellen finden sich im V. Abschnitt dieses Kapitels (S. 68) beschrieben; spezielle Quecksilber- thermometer für Molekulargewichtsbestimmungen werden von anderer Seite (siehe H. Friedenthal) behandelt. Flüssigkeitsthermometer, die mit anderen Flüssigkeiten als Queck- silber gefüllt sind, dienen vorzugsweise zur Messung entweder sehr hoher oder sehr niedriger Temperaturen. Für hohe Temperaturen schlugen E. €. €. Baly und J. €. Chorley') Thermometer vor, die statt Quecksilber die flüssige Kalium-Natriumlegierung enthalten, und die hergestellt aus einem Resistenzglas, welches Rotglut verträgt, — bis ca. 650° brauchbar sind; die Legierung gefriert bei — 8° und siedet erst bei ca. 700°. Der Raum oberhalb der Legierung ist mit Stickstoff von solchem Druck gefüllt, daß der Druck im Innern gleich dem Atmosphärendruck ist, wenn das Gefäß glühend wird und daher etwas erweicht. Zur Messung von Temperaturen unterhalb des Erstarrungspunktes des (uecksilbers dienen Thermometer, die mit Alkohol, Toluol, Petroläther oder Pentan gefüllt sind. Bis —100° dient als Thermometerfüllung vorzugsweise das von P.Chappuis?) empfohlene Toluol, für noch tiefere Kältegrade der von F. Kohlrausch®) angegebene Petroläther,. der selbst in flüssiger Luft (ca. — 190°) noch nicht erstarrt. Nach R. Rothe*) empfiehlt sich statt ‘) Ein neues Thermometer für höhere Temperaturen. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 27. S. 470 (1894). ?) Über die Thermometer zur Messung tiefer Temperaturen. Wiedemanns Annal. d. Phys. u. Chem. (N. F.) Beiblätter. Bd.17. S. 538 (1893). ®) Über ein Thermometer für sehr tiefe Temperaturen und über die Wärmeaus- dehnung des Petroläthers. Wiedemanns Annal. d. Phys. u. Chem. (N. F.) Bd.60. S. 463 (1897). *) Über ein Flüssigkeitsthermometer für sehr tiefe Temperaturen, Zeitschr. f. Instrumentenkunde. Bd. 22. S. 192 (1902). Pe du Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 91 Petroläther mehr technisches Pentan, das beim Gebrauch als Thermo- meterflüssigkeit selbst beim Siedepunkt der flüssigen Luft keine festen Aus- scheidungen oder Trübungen zeigt. 2. Gasthermometer. Die (rasthermometer beruhen auf der Messung entweder des Druckes, den ein konstantes Gasvolumen bei verschiedenen Temperaturen ausübt, oder des Volumens, das ein unter konstantem Druck stehendes Gas bei ver- schiedenen Temperaturen einnimmt. Als Gas kommen Luft, Wasserstoff oder — für die niedrigsten Temperaturen in der Nähe des absoluten Null- punktes — Helium zur Anwendung. als Material für das Gasgefäß je nach der zu messenden Temperatur Glas, Porzellan oder — für die höchsten Hitzegrade bis 1150° — Platiniridium. Das Gasthermometer ist im Gebrauch verhältnismäßig umständlich, so daß es im allgemeinen nur zur Kontrolle von Quecksilberthermometern dient oder bei so hohen oder so tiefen Temperaturen benutzt wird, wo die letzteren versagen. Jedoch kann auch bei biochemischen Arbeiten gelegentlich ein Gas- thermometer sich als sehr nützlich erweisen und in speziellen Fällen sogar die einzig brauchbare Methode der Temperaturmessung darstellen. Die Möglichkeit nämlich, das Gefäß des Gasthermometers beliebig groß wählen zu können, macht dasselbe geeignet, von größeren Räumen die wahre Durchsehnittstemperatur anzugeben. Das zu diesem Zweck von N. Zuntz konstruierte und von ©. Oppen- heimer‘) zuerst erprobte „Thermobarometer“ besteht aus einem über 2 m langen, verzinnten Kupferrohr, das an dem einen Ende verschlossen, am anderen mit einem empfindlichen Manometer verbunden ist, und durch- zieht in Windungen den ganzen Raum. dessen Durchschnittstemperatur gemessen werden soll: mithin ein Luftthermometer darstellend. H. Goldschmidt und Vietor Meyer?) gaben ein sehr einfaches Luft- thermometer an, das eventuell auch bei chemischen Arbeiten zur Verwen- dung kommen kann. 3. Elektrische Thermometer. Durch große Einfachheit im Gebrauch, durch ihre Anwendbarkeit in den weitesten Temperaturgrenzen, durch außerordentliche Empfindlichkeit und durch die Möglichkeit, die Temperatur weit ab von der zu messenden Stelle am Instrument abzulesen, zeichnen sich die elektrischen Methoden !) Über die Anteilnahme des elementaren Stickstoffs am Stoffwechsel der Tiere. Biochem. Zeitschr. Bd. 1. S. 177 (1906); ausführlicher: ebenda, Bd. 4. S. 423 (1907). ®) Über Gasdichtebestimmung. Berichte d. Deutschen chem. Gesellsch. Jg. 15. S. 137 (1882). 92 R. Kempf. der Temperaturmessung aus. Es gibt deren zwei prinzipiell verschiedene; die eine die thermoelektrische Methode —. beruht darauf, daß ein elektrischer Strom entsteht, wenn in einem geschlossenen Kreis von Metallen oder Metalllegierungen eine der Berührungs- oder Lötstellen eine andere Temperatur hat als die übrigen; die andere — die Widerstandsmethode beruht darauf, daß der elektrische Leitungswiderstand eines Drahtes von seiner Temperatur abhängt. Die thermoelektrische Methode dient hauptsächlich zur Messung hoher Temperaturen zwischen 300° und 1600°; die Thermoelemente be- stehen z.B. aus Eisen-Konstantan, Nickel-Eisen, Neusilber-Eisen oder — für sehr hohe Hitze- erade — aus Platin-Platinrhodium, Platin- Platiniridium (Pyrometer nach Le Chatelier), Iridium-Iridiumruthenium usw., und die Tem- peratur wird direkt an einem geeichten Zeiger- galvanometer (Fig. 178) abgelesen.) Die Widerstandsmethode ?) benutzt mei- stens einen Widerstandsdraht aus Platin; sie übertrifft infolge der Präzision der Widerstands- messungen die Genauigkeit des (Quecksilber- thermometers um das Zehnfache: die Tem- peratur läßt sich mit ihrer Hilfe auf Y/,o00° genau bestimmen, und Tem- peraturunterschiede sind noch in weit engeren Grenzen nachweisbar. W.<. Heräus hat ein Quarzglas-Widerstandsthermometer konstruiert, das zwischen 200° und + 700° verwendbar ist. Ein wesentlicher Vorzug der elektrischen Temperaturmessung vor den übrigen Methoden besteht — außer in den schon oben genannten — in der Geschwindigkeit, mit der sie die momentane Temperatur anzeigt; das relativ träge Quecksilberthermometer und mehr noch die umfang- reichen Luftthermometer bedürfen stets einer verhältnismäßig langen Zeit, bis sie sich mit der zu messenden Temperatur ins Gleichgewicht gesetzt haben. Die Widerstandsmethode hat z. B. Dodo kancken?) zur Messung der ') Vgl. z.B. F. Hirschson, Verbesserungen an elektrischen Pyrometern. Zeitschr. f. chem. Apparatenkunde. Jg. 2. S. 622 (1907). ®) Vgl. z. B. A. Campbell, Direkt ablesbare Widerstandsthermometer. Philos. Mag. (6.) Bd. 9. S. 713 und Chem. Zentralbl. 1905. I. S. 1683. Ferner: Morris W. Travers und A.G.C.Gwyer, Vergleich der Platintemperaturskala mit der Normaltemperaturskala zwischen 444° und — 190°. Proc. Royal Soe. London. Vol. 74. p. 528 und Chem. Zentral- blatt. 1905. I. S. 1683. — Siehe auch James Dewar, Widerstandsthermometer bei der Temperatur des siedenden Wasserstoffes. Proc. Royal Soc. London. Vol. 73. p. 244 (1904); vgl. Chem. Zentralbl. 1904. I. S. 1313. ») Dodo Rancken und Rob. Tigerstedt, Zur Kenntnis der Temperatur im mensch- lichen Magen. Biochem. Zeitschr. Bd. 11. S. 36 (1908); vgl. Chem. Zentralbl. 1908. I. S.530 und D. Rancken und R. Tigerstedt, Weiteres über die Temperatur im Magen des Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 95 Temperatur im menschlichen Magen benutzt; die Empfindlichkeit des „Bolometers“, das durch eine Fistel in den Magen eingeführt wurde, war so eingestellt, daß 1 mm an der Galvanometerskala 0°0215° Temperatur- differenz anzeigte. 4. Die übrigen Methoden der Temperaturmessung. Die Temperaturmessung auf kalorimetrischem Wege kommt für das chemische Laboratorium kaum in Betracht. Abgewogene Körper von bekannter Wärmekapazität (Platin, Eisen) werden auf die zu messende Temperatur gebracht, in gewogener Wassermenge abgekühlt und aus der Temperaturerhöhung des Kalorimeterwassers die gesuchte Temperatur berechnet. Thomas Carnelley!) hat diese Methode zur Schmelzpunktsbe- stimmung hochschmelzender Körper angewandt. Die optische Temperaturmessung findet nur bei sehr hohen Tem- peraturen Anwendung, bei denen sichtbare Strahlen ausgesendet werden. Das Spektralpyrometer nach W. Hempel?) und das optische Pyro- meter nach H. Wanner 3), das bis + 2000° geeicht wird, dienen für die in Rede stehende Art der Wärmemessung. Eine sehr einfache und elegante Methode, die Temperatur zu be- stimmen, besteht ferner darin, daß man eine Anzahl Substanzen von be- kanntem Schmelzpunkt der zu messenden Temperatur aussetzt und aus dem Schmelzen eines oder mehrerer der gewählten Stoffe auf die Tem- peratur schließt, die mindestens gleich den Schmelzpunkten der ge- schmolzenen Körper sein muß, aber auch höher sein kann. Aus dem Um- stand, daß ein äußerst feiner Platindraht in der heißesten Stelle der Bunsenflamme eben schmilzt, läßt sich z. B. deren Temperatur auf zirka 1800° bestimmen. Der Gebrauch der Segerschen Kegel in der Tonindu- strie ist das bekannteste Beispiel für diese natürlich nur indirekte Art der Temperaturmessung. Ein einfaches und empfindliches Thermometer für tiefe Tempera- turen schlugen A. Stock und C. Nielsen *) vor; dieses Instrument beruht auf der Messung der Tension flüssigen Sauerstoffs und dient zur Bestim- mung von Temperaturen zwischen — 183 und — 200°; Temperaturdiffe- renzen von !/,00° können mit aller Sicherheit beobachtet werden. Menschen. Skand. Arch. f. Physiol. Bd. 21. S. 80; vgl. Chem. Zentralbl. 1908. II. S.1451. Die bolometrische Methode wurde nach St. R. Benediet und J. F. Snell angewendet; vgl.: Eine neue Methode, um Körpertemperaturen zu messen. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 88. S. 492 (1901). !) Über Bestimmung hoher Schmelzpunkte mit besonderer Rücksicht auf die der Metallsalze. Journ. of the Chemical Society. Vol. 29. I. p. 490 (1876). 2) Über Messung hoher Temperaturen mittelst des Spektralapparates. Zeitschr. f. angewandte Chemie. 1901. S. 237. 3) Über die Messung hoher Temperaturen. Chem.-Ztg. Bd. 25. S. 1029 (1901). #) Ein einfaches und empfindliches Thermometer für tiefe Temperaturen. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 39. S. 2066 (1906). 94 R. Kempf. Die Bestimmung der Temperatur von flüssiger Luft durch Er- mittlung ihres spezifischen Gewichts mit Hilfe von Schwimmern ist bereits im II. Abschnitt dieses Kapitels (S. 42) behandelt worden. Sechstes Kapitel. Trennen und Reinigen. Hat man einen chemischen Prozel) sich abspielen lassen und erscheint die Reaktion bis zum gewünschten Punkte gediehen, so handelt es sich immer zunächst darum, aus dem mehr oder weniger kompliziert zusammen- gesetzten Reaktionsgemisch die einzelnen Reaktionsprodukte, die sich ge- bildet haben. zu isolieren, d.h. sie von den unverändert gebliebenen Aus- gangsstoffen zu trennen und die Hauptprodukte von den Nebenprodukten zu sondern. Dies geschieht mit Hilfe physikalischer oder chemischer Trennungsmethoden. Man gelangt so meistens erst zu „Rohprodukten“, die dann einem Reinigungsprozel) unterzogen werden müssen. Da „Reinigen“ auch stets in einem „Trennen“ besteht, sollen hier die Trennungs- und Reinigungsmethoden — hauptsächlich nach ihrer appara- tiven Seite im Zusammenhang dargelegt werden. und zwar nach dem Einteilungsprinzip,. das bereits in der Einleitung (vel. S. 2) aufgestellt wurde. Selbstverständlich darf aber dem Schema zuliebe nicht logisch Zu- sammengehörendes in der Darstellung auseinander gerissen werden; so wird z. B. das Auswaschen von Niederschlägen gleich beim Filtrieren im Abschnitt I behandelt. statt im Abschnitt IV, wie es nach der Syste- matik eieentlich geschehen müßte. I. Trennen auf Grund verschiedenen Aggregatzustandes. Feste und flüssige Stoffe werden auf Grund der spezifischen Unter- schiede ihres Argregatzustandes durch Filtrieren voneinander getrennt; die den tropfbaren Flüssigkeiten eigentümliche Eigenschaft. daß sie ihre äußere (sestalt der des (Grefäßes, in dem sie sich befinden, — vermöge der leichten Verschiebbarkeit ihrer Teilchen — anpassen, gestattet ihnen den freien Durchgang durch das Filtermaterial, dessen feine kapillare Poren für die gewöhnliche Korngröße der starren Körper zu eng sind, um auch diesen Durchlaf) zu gewähren. l. Filtrieren bei gewöhnlichem Druck. a) Papierfilter und Glastrichter. Das gewöhnlichste Filtermaterial ist Fließpapier, d. h. chemisch reine Zellulose. Für quantitative Bestimmungen dienen besonders sorg- fältig hergestellte und gereinigte Papierfilter von bekanntem Aschengehalt; gute Dienste leisten oft beim Arbeiten mit weißen Niederschlägen echt Allsemeine chemische Laboratoriumstechnik. 95 schwarz gefärbte Papierfilter:; sehr feinporige Papierfilter („Barytfilter“) gestatten, auch äußerst feinkörnige Niederschläge klar zu filtrieren (vgl. dar- über auch unter 5b), S.98 und unter 2., S. 106); gehärtete Papierfilter wendet man an. wenn das Filter mechanisch beansprucht werden muß: sei es beim Herunterkratzen des Niederschlages, der sich auch viel glatter und bequemer von der dichten, harten Papieroberfläche ablöst, sei es beim Filtrieren an der Saugpumpe (vel. unter 2., S. 103); ein beschleunigtes Filtrieren erreicht man mit sehr dünnen Papierfiltern („Schnellfilter“) und mit den Faltenfiltern, deren filtrierende Fläche weit größer ist als bei den gewöhnlichen Filtern. Man bedient sich der Faltenfilter hauptsächlich dann, wenn das Filtrat, nicht das Abfiltrierte weiter verarbeitet werden soll: ist dagegen das Filtrat wertlos und handelt es sich um die Gewinnung und Weiter- verarbeitung des Abfiltrierten, so sind Faltenfilter nicht zu empfehlen, weil sich der Niederschlag auf der großen Filterfläche zu sehr verteilt und daher schwierig quantitativ zu sammeln ist. Das Hauptanwendungsgebiet finden die Faltenfilter beim Abfiltrieren heiß gesättigter Lösungen, die auskristallisieren sollen. Denn hierbei kommt es in erster Linie auf rasches Filtrieren an, damit die Lösung nicht bereits auf dem Filter kristallisiert. Besonders unerfreulich ist es, wenn die Lösung im Triehterrohr Kristalle abscheidet, die dieses verstopfen; man benutzt in solehen Fällen mit Vorteil Trichter mit abgesprengtem Hals (Fig. 179). Größere Filter zerreißen leicht durch den Druck der hohen Flüssig- keitssäule unten an der Spitze. Man schützt sich dagegen einmal dadurch, daß man die zu filtrierende Flüssiekeit nicht in die Spitze des Filters von oben hinabgießt. sondern sie langsam seitlich hinunterlaufen läßt; noch sicherer ist es, in der tiefsten Stelle des Triehters zunächst als Unterlage des Faltenfilters ein kleines gehärtetesFilter, das durchlocht sein kann, anzubringen. Einen Ersatz für Faltenfilter bieten gerippte Trichter) (Fig. 180), die mit gewöhnlichen glatten Filtern fast dieselbe Wirkung ergeben -wie Faltenfilter in glatten Trichtern. Jedoch wird die Wirkung dieser Riffeltrichter dadurch sehr beein- trächtigt, daß sich die seitlich durchfiltrierte Flüssigkeit oft zwischen Trichter und Filter staut. Bei der „Filtrierspirale* von H. Stoltzenberg?) (Fig. 181) ist dies unmöglich. Ein rascheres Filtrieren wird auch erreicht, wenn man Trichter mit oben eingeschnürtem Hals (Fig. 182) oder die von A. Gwiggner?) vorge- schlagenen „Rapid-Analysentrichter“, deren Rohr verlängert und kapillar gestaltet ist, benutzt (Fig. 183). Gut bewähren sich auch die Schleifentrichter nach J. Piecard*) (Fig. 184), die man sich leicht aus 1) ». Poncet, Filtriertrichter. Chem. Zentralbl. 1893. II. S. 705. ®) D.R.G. M. Zeitschr. f. angew. Chem. 1908. S. 1798. 3) Chem.-Ztg. Bd. 27. S. 889 (1903). *) Eine wesentliche Beschleunigung des Filtrationsgeschäftes. Zeitschr. f. analyt. Chem. 4, 47 (1865). (10—12mal schnellere Filtration bei glatt anliegendem Filter.) 46 R. Kempf. einem zewöhnlichen Trichter herstellen kann, indem man das Trichterrohr dureh ein schleifenförmig gebogenes Glasrohr mittelst Kautschukverbindung verläneert. In allen drei zuletzt genannten Fällen beruht die schnellere Filtrierwirkung auf der saugenden Kraft der im Trichterrohr hängen- bleibenden Flüssiekeitssäule. Fig. 180. Fig. 181. Fig. 182, Die ganz aus Glas gefertigten Hakentrichter (Fig. 185) werden auf den Rand von Bechergläsern usw. aufgesetzt und machen bei kleineren Versuchen Filtriergestelle entbehrlich. Setzt man Trichter mit glattem Filter auf enghalsige Gefäße (Flaschen, Kolben. Erlenmeyer usw.) direkt auf, so muß man durch Dazwischenlegen al «au > Fig. 18 Fig. 184. Fig. 187. Fig.136. eines Streifens Filtrierpapier zwischen Trichter und Gefäß dafür sorgen, dal die beim Filtrieren aus dem Gefäß verdrängte Luft entweichen kann; die „Trichter-Reagiergläser“ (Fig. 186) sind daher nur zum Filtrieren mit Faltenfiltern praktisch. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 97 b) Filter aus anderem Material als Papier, Ist die zu filtrierende Flüssigkeit stark sauer oder stark alkalisch, so filtriert man durch Glaswolle, Glaspulver oder Asbest, indem man Filtrierröhren anwendet oder in einen gewöhnlichen Trichter einen Filterkonus aus Platin oder Porzellan (Fig. 187) und auf diesen das Filtermaterial legt; auch kann man sich emes Goochtiegels bedienen. Asbest!) pflegt langsamer zu filtrieren als Glaswolle, hat aber im übrigen vor dieser viele Vorzüge. Die einfachste Form einer Filtrierröhre zeigt Fig. 188; Fresenius schlug die in Fig. 189 abgebildeten Arten vor. Einen Platin-Goochtiegel mit einer Filtrierschicht aus Platin- schwamm hat neuerdings Neubauer angegeben (D. R. G. M.). Man kann den Tiegel samt Filter mit Säuren (natürlich außer Königswasser usw.) und Alkalien behandeln und auch mechanisch wie einen gewöhnlichen Platintiegel reinigen; die Undurchlässigkeit der Schicht steht einem sehr guten Papierfilter nicht im mindesten nach. Fig. 188. Fig. 189. Fig. 190. Der gewöhnliche Goochtiegel und seine Beschiekung mit Asbest wird weiter unten abgehandelt (S. 104). Von immerhin größerer Widerstandsfähigkeit als Papier — chemisch und mechanisch — sind Filter aus engmaschiger Leinewand oder Wolle, soge- nannte Koliertücher. Für große Substanzmengen berechnet, werden sie in einem viereckigen Rahmen aus Holzleisten (Fig. 190) lose aufgespannt; dann legt man den Rahmen auf eine Schüssel und gießt die zu klärende Flüssigkeit auf das sich sackartig senkende Koliertuch. Für grobe Trennungen und dickflockige Niederschläge ist diese Art des Filtrierens wegen seiner Schnelligkeit sehr zu empfehlen; feinkörnige Niederschläge dagegen laufen oft trübe durch oder filtrieren erst dann klar, wenn sich die Poren des Tuches verstopft haben; man muß in solchen Fällen den trüben ersten ') Vgl. ©. Lohse, Über Asbestfilter. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Jg. 32. S. 2142 (1899) und P. Casamajor, Über die Bereitung von Asbestfiltern. Journ. Amerie. Chem. Soe. Vol. 12. p. 45 (1883) und Chem. News. Vol. 47. p. 17; vgl. Chem. Zentralbl. 1883. S. 161. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 7 O8 R. Kempf. Anteil des Filtrats noch einmal auf das Filter bringen. Nach beendigter Filtration kann man das Koliertuch über dem Inhalt zusammenlegen und den Niederschlag auspressen (vgl. S. 112). Manche Eiweißniederschläge haften nach dem Auswaschen so fest an den Papierfasern des Filters, daß sie kaum davon zu trennen sind. Für derartige Fälle ist vorgeschlagen worden), an Stelle des Papiers rundge- schnittene und wie Papier gefaltete Stücke von feinem, weißem Seidentuch als Filter zu verwenden. Von besonderer Wichtigkeit sind Seidefilter auch z. B. bei quantitativen Bestimmungen von Kohlehydraten, weil sie frei von diesen sind. Chemisch weit widerstandsfähiger als Filtrierleinen, namentlich gegen starke Säuren, sind Tücher aus Nitrozellulose, die man durch Einwirkung eines Gemisches von Salpetersäure und Schwefelsäure auf einen aus pflanz- lichen Fasern gewebten Stoff erhält. Selbst konzentrierte Schwefelsäure und heilie konzentrierte Salzsäure lassen sich durch derartige Tücher filtrieren. Wegen ihrer Explosivität müssen sie stets unter Wasser aufbewahrt werden. Das Filtrieren durch porösen Ton, durch gebrannte Infusorienerde und andere ähnliche Materialien geschieht meistens an der Saugpumpe und wird daher erst unter 2 beschrieben (S. 102 ff.). Besonders feinkörnige Niederschläge gehen häufig trübe durch das Filter, bestehe dieses nun aus Papier oder einem anderen Stoff. Man hilft sich in solchen Fällen oft am einfachsten so, daß zu der filtrierenden Flüssigkeit Tierkohle, Talkum od. dgl. hinzugefügt wird; diese Substanzen helfen die Poren des Filtermaterials verstopfen, und das Filtrat ist alsbald wasserklar. Besonders vorteilhaft mag es auch sein, nach einem Vorschlage E. Bornemanns?) zunächst durch das betreffende Filter in Wasser ver- teilte reine Papierpülpe zu filtrieren und erst dann die zu filtrierende Flüssigkeit. Die Pülpe läßt sich zweckmäßig in der Weise herstellen, dab man z.B. '/, in kleine Stückchen zerrissenes Filter von 9 cm Durchmesser Nr. 590 bzw. 589 von Schleicher & Schüll mit etwa 50 cm Wasser kräftig und andauernd schüttelt oder im Porzellanmörser zerreibt. Hat man z. B. ein Filter 589 mit dieser Flüssigkeit zweimal ganz gefüllt, so kann selbst in der Kälte gefällter schwefelsaurer Baryt sofort völlig klar filtriert werden. Manchmal ist es auch vorteilhaft, Papierpülpe der zu filtrierenden Flüssigkeit — z. B. nach der Fällung von Baryumsulfat — direkt zuzusetzen. Über das Filtrieren mit Tierkohle siehe auch S. 106. 3ei den feinsten Suspensionen, die es gibt, den kolloidalen Lösungen, tritt die von anderer Seite behandelte Ultrafiltration (vgl. E. Frieden- thal) in ihre Rechte. ce) Filtrieren unter Luftabschluß. Wenn man hygroskopische oder leicht oxydable Flüssigkeiten zu filtrieren hat, die den Zutritt der freien Luft nicht vertragen, so be- ') St. Bondzynski u. L. Zoja, Über die fraktionierte Kristallisation des Eier- albumins. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19. S. 8 (1894). 2) Filtrieren bzw. Extrahieren feiner Niederschläge. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 257 (1908). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 99 dient man sich der von Pip vorgeschlagenen Filtriervorrichtung. Der Apparat besteht im wesentlichen aus einem Trichter, der sich oben, an seinem breiten Ende, wieder zu einem Tubus verjüngt; durch diesen wird zunächst ein Faltenfilter eingeführt und dann ein Scheidetrichter, der die zu filtrierende Flüssigkeit enthält, aufgesetzt. Die Fig. 191 zeigt die Vorrichtung, wie sie dazu dient, ein ätherisches Extrakt von seinem Trockenmittel in einen Fraktionierkolben hinein zu filtrieren. Schon wegen der hygroskopischen Eigenschaften trockenen Äthers ist der Apparat bei Fig. 191. allen ätherischen Auszügen von Substanzen, die gegen Feuchtigkeit emp- findlich sind, sehr zu empfehlen. Sehr praktische Methoden, unter Luftabschluß zu filtrieren, werden auch weiter unten (S. 107 und 108) angegeben. d) Filtrieren in der Kälte und in der Hitze. Um eine filtrierende Flüssigkeit, z. B. Blut, auf dem Filter kalt zu halten, bedient man sich der Eistrichter von Alex. Schmidt (Fie. 192). 7* 100 R. Kempf. Das äußere glockenförmige Gefäß wird mit dem Kühlmittel (Eis, Kälte- mischune od. del.) beschickt. Auch zum Abfiltrieren in der Kälte kristallisierter Substanzen, die bei gewöhnlicher Temperatur flüssig sind, eignet sich die Vorrichtung; so leistet sie z. B. beim Umkristallisieren von Benzol oder Eisessig gute Dienste. Filtriert man heiße konzentrierte Lösungen, so scheiden sich häufig schon während des Filtrierens an den kalten Wandungen und im Hals des» Trichters Kristalle, die das Trichterrohr und die Poren des Filtrierpapiers. verstopfen, ab. Zum Teil kann man sich hiergegen schützen, indem man, wie oben erwähnt, einen Trichter ohne Hals anwendet, vor allem aber einmal durch möglichste Beschleunigung des Filtrierens und zweitens durch Heiß- halten des Trichters und der Lösung. Ersteres erreicht man durch die Wahl eines möglichst dünnen Filtrierpapieres oder durch Saugen (vgl. weiter unten S. 102), letzteres durch die Dampf- oder Heißwasser- trichter, von denen eine sehr große Zahl verschiedener Konstruktionen vorgeschlagen wurden. Nur: er NG Fig. 194. Fig. 196. Da Heißwassertrichter von der Art, wie sie Fig. 193 zeigt, einer offenen Flamme bedürfen, oft aber hocherhitzte, feuergefährliche Flüssig- keiten filtriert werden, so besteht bei Benutzung derartiger Apparate eine erhebliche Feuersgefahr, die bei Dampftrichtern ausgeschlossen ist. Einen sehr einfachen Dampftrichter erhält man, wenn man um einen gewöhnlichen Trichter ein Bleirohr windet und durch dieses Wasserdampf leitet. Einen ähnlichen Dampftrichter aus Kupferrohr nach Bergami und Stange zeigt Fig. 194. OÖ. Diels schlug einen doppelwandigen Kupfertrichter vor, der innen den Glastrichter trägt und dessen Hohlraum zwischen den doppelten Wandungen von Wasserdampf durchströmt wird (Fig. 195). Genau die gleiche Konstruktion, aber ganz aus Glas gefertigt (Fig. 196), empfiehlt neuerdings F. Friedrichs.*) Die Dampftrichter erfüllen ihren Zweck am besten, wenn die Tem- peratur des Heizdampfes wesentlich höher ist als die der zu filtrieren- 1) Filtriertrichter. Zeitschr. f. angew. Chem. 1908. S. 2319. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 101 den Flüssigkeit. Für ätherische und alkoholische Lösungen z. B. genügt Wasserdampf, für wässerige Lösungen eignen sich am besten Cumol- dämpfe (Siedepunkt 165°), für Anilin-, Phenol-, Nitrobenzollösungen usw. «-Bromnaphtalindämpfe (Siedepunkt 280°). Während man den benutzten Wasserdampf in die Luft entweichen läßt, ist es wünschenswert, den Dampf anderer Heizflüssigkeiten wieder ‘zu kondensieren und das Kondensat in den Dampfentwickler zurücktließen | „ee I = Fig. 198. Fig. 199. zu lassen, um es von neuem zu verwenden. Einen Apparat, der diesen Zweck erfüllt, hat Th. Paul!) angegeben (Fig. 197). Es genügen zur Be- schickung des kupfernen Siedegefäßes S ca. 80-90 cm der betreffenden Heizflüssigkeit, die dann ununterbrochen einen Kreislauf macht: die Dämpfe steigen durch das Rohr A in die Trichterspirale /, umspülen den Trichter !) Eine Vorrichtung zum Heißfiltrieren. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 25. S. 2208 (1892). 102 R. Kempf. und gelangen dann in das Siedegefäß zurück, das ein etwa 60 cm langes Glasrohr D als Luftkühler trägt. In vielen Fällen genügt es, wenn man den Trichter auf dem Wasser- bade oder im Trockenschrank vor dem Filtrieren anwärmt, oder wenn man die ganze Filtriervorrichtung in einem großen Luftbade unterbringt und dieses auf passende Temperatur erhitzt. Das zuletzt genannte Verfahren empfiehlt sich namentlich auch in allen Fällen anzuwenden, wo die Filtration nur sehrlangsam verläuft. Um die Wärmeausstrahlung möglichst zu verringern, schlug neuerdings F. Friedrichs!) doppelwandige, evakuierte und ver- silberte Glastrichter (Fig. 198) vor, die wie die Dewarschen Gefäße wirken. Beim Filtrieren wässeriger Flüssigkeiten kann statt eines Trocken- schrankes ein Kochscher Dampftopf (Fig. 199), wie er in bakteriologi- schen Laboratorien allgemein üblich ist, Verwendung finden; die Filtrier- vorrichtung stellt man in den Eimer, der zu dem Dampftopf gehört. >. Filtrieren an der Saugpumpe. Wenn irgend möglich, filtriert man beim organisch-präparativen Ar- beiten an der Saugpumpe; denn einmal wird dadurch das Filtrieren wesent- Fig. 201. Fig. 200. Fig. 202. lich beschleunigt, und zweitens wird der Niederschlag weit vollständiger von der Flüssigkeit getrennt, indem der Atmosphärendruck ihn auspreßt. Allerdings verstopfen manche Niederschläge, besonders schleimige, das Saugfilter schnell; in solchen Fällen arbeitet man besser ohne An- wendung einer Saugpumpe. Als solche dient meistens eine Wasserstrahlpumpe, die später im Zusammenhang zugleich mit den übrigen Laboratoriumsluftpumpen be- handelt wird (vgl. den III. Abschnitt dieses Kapitels). Die einfachste Vorrichtung für das Filtrieren bei Minderdruck besteht in einem Saugkolben, auf den man mittelst durchbohrten Gummistopfens einen gewöhnlichen Trichter aufsetzt. Fig. 200 zeigt eine derartige Apparatur !) Filtriertrichter. Zeitschr. f. angew. Chem. 1908. S. 2319. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 103 mit aufgeschliffenem Trichter. Für Versuche in kleinem Maßstabe dienen Sauggläschen in Reagenzglasform (Fig. 201). Das Filter muß glatt und eng an der Wandung des Trichters an- liegen, damit sich zwischen diesem und dem Filter keine Luftkanäle bilden, die das rasche Filtrieren, Auswaschen und Trocknen des Niederschlages vereiteln. Selten ist der Neigungswinkel der gewöhnlichen Trichter so genau 60°, daß ein in üblicher Weise zusammengelegtes Rundfilter faltenlos hineinpaßt. Es empfiehlt sich daher, sogenannte „Trichter für quantitative Analyse“ zu benutzen, deren konischer Teil den richtigen Winkel besitzt. Die Firma Schleicher & Schüll bringt geschnittene Papierfilter in den Handel, die sich auch bei unrichtigem Winkel der Trichterwand glatt an diese anlegen (Fig. 202). Um das Zerreißen der Filterspitze durch den äußeren Druck zu ver- meiden, legt man einen Platin- oder Porzellankonus (vgl. Fig. 187) in den Trichter, oder man verwendet gehärtete Filter, die man entweder ganz wie ein gewöhnliches Filter benutzt oder nur als Unterlage eines solchen in Gestalt eines Fig. 206. Fig. 205. Fig. 204. Fig. 205. kleinen Hilfsfilters, das man wie einen Platinkonus in den Triehter einsetzt (vgl. oben S. 95). Ein rascheres Filtrieren als gewöhnliche Filter gewähren die Filter- platten nach Otto N. Witt!) (Fig. 203). Zu jeder Platte werden am besten zwei Filterscheiben verwandt: die eine deckt genau die Siebplatte, die zweite, etwas größere, legt sich an die Wand des Trichters zur Dichtung an. R. Hirsch?) änderte die Wittsche Filtriervorrichtung dahin ab, dab ‘Siebplatte und Trichter aus einem Stück, und zwar aus Porzellan an- gefertigt wurden (Fig. 204). Für viele Zwecke leisten die rasch filtrierenden Goochtiegel:) recht wertvolle Dienste. Die Versuchsanordnung beim Ar- 1) Über eine Filtriervorrichtung. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 19. S. 918 (1886). ®2) Über eine Vorrichtung zum Filtrieren. Chem.-Ztg. Bd. 12. 5. 340 (1858). 3), F. A. Gooch, Chem. News. Vol. 37. p. 181 (1880) ; vgl. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 19. S. 333 (1880). Ferner: Th. Paul, Zur quantitativen Bestimmung des Antimons und über den Goochschen Tiegel. Ebenda. Bd. 31. S. 537 (1892). 104 R. Kempf. beiten mit ihnen zeigt Fig. 205. Man beschickt die an ihrem Boden sieb- artig durchlochten Porzellan- oder Platintiegel mit einer Asbestschicht, die foleendermaßen hergestellt wird: Weißer, langfaseriger, weicher Asbest wird in kleine Stücke zer- schnitten. im Porzellantiegel geglüht, mit starker reiner Salzsäure digeriert und ausgekocht, durch Schlämmen mit Wasser in einem Siebe von den feinsten Partikelehen befreit, gut ausgewaschen und in viel Wasser auf- geschlämmt: von dieser Aufschlämmung gießt man, nachdem man sie dureh Schütteln aufgerührt hat, unter vorsichtigem Saugen mit der Pumpe so viel in den Tiegel, bis eine etwa 1—2 mm dicke gleichmäßige Filtrier- sehieht entstanden ist. Zur Sicherheit kann man auch noch auf diese Asbestdecke eine Wittsche Filterplatte (vgl. oben) legen und darauf noch eine zweite dünne Asbestschicht anbringen !) (Fig. 206). Nach dem Trocknen im Dampfschrank und Abkühlenlassen im Exsikkator ist die Filtriervor- richtung auch für analytische Ar- beiten gebrauchsfertig; sie ist nicht wie die Papierfilter hygroskopisch und kann ferner auch für starke 9 2 7 9 4 9 % 2 4 Fig. 207. Fig. 208 Fig. 209. Säuren und Lauren Verwendung finden und eventuell geglüht werden, ohne an Gewicht einzubüben. Um beim Glühen über einem Bunsenbrenner die Einwirkung der Flammengase auf den Niederschlag zu verhindern, stellt man den Gooch- tiegel in einen etwas größeren gewöhnlichen Tiegei mit massivem Boden. Die kel. Porzellanmanufaktur in Berlin liefert sehr dünnwandige Gooch- tiegel. die man den höchsten Temperaturen aussetzen kann, ohne ein Springen befürchten zu müssen. Besonders vereinfacht erscheint das Arbeiten im Goochtiegel statt mit Papierfiltern, wenn es sich um Niederschläge handelt, bei denen im Gange der Analvse das Filter vom Niederschlage getrennt verascht werden mußte, wie es z.B. bei der Chlorsilberbestimmung bei Anwendung von !) Vgl. €. Friedheim und P. Michaelis, Beiträge zur gewichtsanalytischen Be- stimmung des Arsens. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 34. S. 517 (189). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 105 Papierfiltern der Fall war.!) Auch muß als Vorzug des Goochtiegels her- vorgehoben werden, dal er nach Beendigung einer Analyse ohne weiteres für noch eine oder mehrere verwendbar ist. Die von H. Vollers?) angegebene modifizierte Form des Goochschen Tiegels hat vor diesem den Vorzug, dab ein Herausfallen einzelner Asbest- fasern fast unmöglich ist und daß das Asbestpolster von oben her viel schwerer aufgerührt wird (Fig. 207). Der Neubauertiegel ist schon oben erwähnt (vel. S. 97). Für alle größeren Niederschläge kommen allein die von Büchner :) konstruierten Porzellantrichter (Fig. 208) und für Arbeiten in noch größerem Maßstabe die „Nutschfilter“ (Fig. 209) in Frage. Infolge ihrer großen Saugfläche arbeiten derartige Trichter äußerst rationell. Außerdem bleiben sie — im Luft- oder auf dem Wasserbade erhitzt — wegen ihrer ziemlich großen Porzellanmasse lange warm, so dab sie oft einen Dampftrichter (vel. oben S. 102) entbehrlich machen. G G S z=s= Till z III er G Any M - r G I ol Ihm N (UI N Fig. 210. Fig. 211. Die Büchnerschen Nutschen haben den Nachteil. daß sich die Sieb- fläche an der Innenseite sehr schwer reinigen läßt. Dieser Übelstand fällt fort bei den Saugnutschen mit loser Filterplatte: die beste derartige Nutsche dürfte die von J. Katz*) sein (Fie. 210). Eine Nutsche, die in umgekehrter Lage anzuwenden ist und in die zu fil- trierende Flüssigkeit hineingehängt wird (Fig. 211), schlug E. Blümmner vor. 5) . ') Vgl. auch O. Folin, On sulphate and sulphur determinations. The Journ. of Biologial Chemistry. I. p. 131 (1905). ®) Das Filtrieren mit Goochtiegeln. Chem.-Ztg. Bd. 29. S. 1088 (1905). Vgl. auch z.B. Spillner, Zur Bestimmung der Schwebestoffe in Abwässern. Chem.-Zte. Bd. 33. S. 172 (1909). ») Filtration vermittelst des Dr. R. Hirschschen Patenttrichters. Chem.-Ztg. Bd. 12. S. 1277 (1888). Vgl. R. Hirsch, Über eine Vorrichtung zum Filtrieren. Chem.- Zeitung. Bd. 12. S. 340 (1888). *) Verbesserter Saugtrichter mit eingelegter Filterplatte. Ch.-Ztg Bd.29. S.489 (1905). °) Praktische Vorrichtung zum Absaugen von Niederschlägen. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 232 (1908). 106 R. Kempf. Um das Filtrat in einem dünnwandigen Becherglase, Erlenmeyer oder Kolben oder in einer Kristallisierschale auffangen zu können, hat 0. N. Witt!) eine praktische Apparatur (Fig. 212) angegeben. Bei sehr langsam verlaufender Filtration ist es vorteilhaft, den leer gepumpten Saugstutzen gegen die Luftpumpe abschließen zu können, um diese für andere Zwecke zur Verfügung zu haben. Dies gestattet der Apparat von A. R. Wahl?) (Fig. 215). Ein in die Saugflasche gebrachtes, auf der einen Seite geschlossenes Glasrohr, dessen offenes Ende in das Filtrat ein- taucht, dient als Manometer: während Vakuum herrscht, ist esleer, und in dem Maße, wie Luft in die Flasche dringt, füllt es sich mit Flüssigkeit. Um Niederschläge sehr geringer Korngröße, z.B. kalt gefälltes Baryumsulfat, klar zu filtrieren, empfiehlt es sich, auf einem — am besten gehärteten —- Filter, das angefeuchtet in einer Nutsche liegt, eine Schicht Tierkohle zu streuen, mit der Pumpe zu saugen, mit Wasser zu waschen, ein zweites Filter auf die Tierkohle zu legen und erst nun in üblicher Weise den m Nm 7 Fig. 212. Niederschlag abzusaugen. Über eine ähnliche Verwendung von Papierpülpe vgl. oben S. 98. Zu erwähnen sind nun noch die Filter nach W. Pukall®) aus porösem Ton. Die Fig. 214 zeigt die Anwendung des „Ballonfilters“; der Nieder- schlag setzt sich ziemlich fest außen an der Tonoberfläche an und kann leicht gewaschen und dann abgespritzt oder abgeschabt werden. Auch in wöhrenform werden diese Pukallfilter angefertigt. Ebenfalls für viele Zwecke recht brauchbar, besonders für kleine Flüssigkeitsmengen, die durch Papierfilter trübe durchlaufen, ist der Filtrier- apparat, den Fig. 215 zeigt. Die „Filterkerze“ besteht hier aus gebrannter Infusorienerde. Diese „Berkefeldfilter* üben zugleich eine sterilisierende !) Neue Apparate. Die Chemische Industrie. Bd. 22. S.510 (1899). ?:) Über eine Verbesserung der Filtrierflaschen. Chem.-Ztg. Bd. 21. S.415 (1897). °) Über Tonfilter, ihre Eigenschaften und ihre Verwendung in chemischen und bakteriologischen Laboratorien. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 26. S. 1159 (1893). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 107 Wirkung aus und werden daher zur Gewinnung eines hygienisch einwandfreien Trinkwassers verwendet (vgl. auch unter „Klären von Flüssigkeiten“ im IV. Abschnitt dieses Kapitels). Fig. 214. Fig. 215. Um unter Ausschluß jeder Feuchtigkeit oder in einem indifferenten Gasstrom einen Niederschlag absaugen zu können, hat Emil Fischer!) eine praktisch sehr wichtige Apparatur angegeben, die in der Fig. 216 dargestellt ist. Wird der Saugkolben / evakuiert, während der Hahn e geöffnet. und der Hahn / geschlossen ist, so geht die zu filtrierende, im der Flasche a !) Synthese von Polypeptiden. IX..... Ber. d. Deutschen chem. Ges. Bd. 38. S. 616 (1905). 108 R. Kempf. enthaltene Flüssigkeit durch den Pukallschen Tonzylinder 5 in den Saug- kolben über, während sich der größte Teil des Niederschlages fest an der Tonzelle ansetzt: gleichzeitig dringt durch die mit konzentrierter Schwefel- säure beschickte Waschflasche © und den mit Phosphorpentoxyd gefüllten Trockenturm Ah trockene Luft nach. Um zu waschen, schließt man den Hahn e und öffnet bei /, worauf die in der Flasche g befindliche Waschflüssigkeit nach a übertritt. E. Beckmann und Th. Paul!) gaben schon früher eine ähnliche Filtriervorrichtung an (Fig. 217), die z.B. gestattet, in einer Wasserstoff- oder Kohlendioxydatmosphäre abzusaugen und mit Äther nachzuwaschen. Fig. 217. Fig. 218. Ultrafiltration und Dialyse werden von anderer Seite (vgl. die Abhandlungen von H. Friedenthal und von E. Zunz) ausführlich behandelt. 53. Auswaschen von Niederschlägen. Ein Grundsatz bei jeder Filtration lautet dahin, daß man mit mög- lichst wenig Waschflüssigkeit zur Auslaugung des Niederschlages aus- komme: man erreicht dieses Ziel besser, d.h. man nutzt eine bestimmte (Quantität Waschflüssigkeit rationeller aus, wenn man den Niederschlag oft mit kleinen Mengen Flüssigkeit übergießt, als wenn man seltener große ') Verhalten von Ketonen und Aldehyden gegen Natrium bei Gegenwart indiffe- renter Lösungsmittel. Liebigs Annal. d. Chemie u. Pharm. Bd. 266. S.4 (1891). \ d. » nun einge ne Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 109 Portionen davon anwendet. Um diese Regel befolgen zu können, muß man dafür sorgen, daß) der Niederschlag auf emem möglichst eng begrenzten Raum zusammenliegt; hieraus ergibt sich die weitere Regel, nicht zu große Filter und Trichter zu benutzen, sondern sie so klein zu wählen, daß sie von dem Niederschlag zu etwa °/, angefüllt werden. Um den oft sehr zeitraubenden und langweiligen Prozeß des Aus- waschens eines abfiltrierten Niederschlages zu vereinfachen, hat man Apparate konstruiert, die das Auswaschen automatisch besorgen. Fig. 218 zeigt eine derartige Vorrichtung. In der Standflasche I am "in || Fig. 219. Fig. 220. befindet sich die Waschflüssigkeit, die durch eine Vorkammer auf den Trichter gelangt. Dieser ist an dem einen Ende eines gleicharmigen, ausbalancierten Hebels befestigt; hat er sich mit der Waschflüssigkeit gefüllt, so senkt er sich durch seine Schwere etwas nach links und dadurch wird auf die aus der Abbildung ersichtlichen Weise der Luftzutritt zur Standflasche unter- brochen, so daß die Waschflüssigkeit zu fließen aufhört. Ist der Trichter wieder von Flüssigkeit leer, so hebt er sich etwas empor, der Luftzutritt zur Standflasche wird wieder frei, und das Spiel beginnt von neuem. Eine ähnliche praktische Vorrichtung beschrieb 7. Günther !) (Fig.219). Auf einfachere Weise kann man ein automatisches Auswaschen er- reichen, wenn man einen Kolben oder eine Flasche mit der Waschflüssigkeit füllt, das Gefäß mit Kork und einem genügend weiten Glasrohr versieht 1) Vorrichtung zum automatischen Nachfüllen beim Filtrieren und Auswaschen von Niederschlägen auf dem Filter. Chem.-Ztg. Bd. 14. S. 66 (1890). 110 R. Kempf. und es in der Weise über dem Trichter aufhängt, wie es Fig. 220 darstellt. Ebensogut eignet sich natürlich diese einfache Vorrichtung zum auto- matischen Abfiltrieren größerer Flüssiekeitsmengen. Fig. 221. Eleganter erreicht man dasselbe Ziel mit Hilfe einer Mariotteschen Flasche. deren Luftrohr in der Flasche so hoch endigen muß), wie sich der Fig. 223. 2 Flüssigkeitsspiegel im Trichter befinden soll (Fig. 221) oder mittelst eines Gefäßes in Form eines Trinkglases für Vögel usw. (Fig. 222), wie es Josef Winklhöfer‘) angab. 1) Automatischer Filtrierapparat. Chem.-Ztg. Bd. 25. S. 628 (1901). Vu in Allsemeine chemische Laboratoriumstechnik. alal Eine sehr sinnreiche automatische Auswaschapparatur schlug auch Kaplan!) vor (Fig. 223); ist der Trichter emmal mit der Waschflüssigkeit passend gefüllt, so bleibt er es dauernd bis zu derselben Höhe, denn es tropft von der Flüssigkeit in B durch das gebogene Rohr DFG immer nur so viel nach, wie unten am Trichter nach A abtropft, d. h., wie die Luft in B durch die Leitung EC zusammengedrückt wird. Voraussetzung für das Gelingen der Operation sind absolut dicht schließende Stopfen und Schläuche. 4. Filtrieren unter Druck, Auspressen von Niederschlägen. Eigentlich mehr in der Fabrikspraxis als im Laboratorium besitzen als Filtriervorrichtungen die Filterpressen eine große Bedeutung. Während man beim Filtrieren an der Saugpumpe bestenfalls nur einen Druck von einer Atmosphäre auf das Filter ausübt, ist man bei den Filterpressen Fig. 224. nur durch die Festigkeit des Materials und durch die Abdiehtungsschwierig- keit an eine obere Druckgrenze gebunden. Man preßt das Filtriergut mit einem Druck bis zu etwa 20 Atmo- sphären, z. B. mittelst Druckpumpen, durch Kammern, die durch große Filterflächen (meist Koliertuch) voneinander getrennt sind. In den Labora- toriumspressen wird die Druckwirkung durch eine hohe Flüssigkeitssäule oder mittelst hydraulischer Presse bewerkstelligt. Fig. 224 zeigt eine Filterpresse nach Moscheles und Storch, Fig. 225 dieselbe im Betrieb. Die von Hempel vorgeschlagene Filterpresse ist im der Fig. 226 abgebildet. Um einen an der Pumpe abgesogenen oder auf dem Koliertuch gut abgetropften Niederschlag von den letzten Spuren Flüssigkeit möglichst !) Apparat zum selbsttätigen Auswaschen des Niederschlages auf dem Filter und gleichzeitige Erzeugung eines luftverdünnten Raumes in der Filtrierflasche. Chem.-Ztg. Bd. 26. S. 1156 (1902). 112 R. Kempf. weitgehend zu befreien, hüllt man ihn in das Koliertuch ein und preßt ihn in Laboratoriumspressen aus, deren Preßbacken aus glasiertem Porzellan }) bestehen (Fig. 22T). Viel gebraucht wird auch die große hydraulische Presse, die E. Buchner z. B. zur Herstellung von Preßsaft für Gärversuche anwandte und die einen Druck von 300 Atmosphären auszuüben gestattet (Fig. 228). Fig. 226. Fig. 227. Über das Abschleudern der Mutterlauge von Kristallen in Zentri- fugen vgl. weiter unten. II. Trennen auf Grund verschiedenen spezifischen Gewichtes. Feste Körper (Niederschläge, Fällungen) haben gewöhnlich ein höheres spezifisches Gewicht als die wässerigen, alkoholischen, ätherischen Flüssig- keiten, in denen sie suspendiert sind; man kann dann eine Trennung durch Dekantieren bewirken. Haben zwei oder mehrere »-feste Körper ein verschiedenes spezifi- sches Gewicht oder ein und derselbe Körper verschiedene Korngröße, so kann man die Methode des Schlämmens anwenden. Nicht mischbare Flüssigkeiten endlich von verschiedenem spezi- fischen (Gewicht lassen sich am besten durch Abheben im Scheide- trichter trennen. ') Otto N. Witt, Über einige neue Laboratoriumsapparate. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 26. S. 1695 (1893). N}; Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 113 Durch Benutzung der Zentrifugalkraft, die ceteris paribus der Masse proportional ist, kann man eine raschere Sonderung eines Substanz- gemisches in seine Komponenten nach deren spezifischen Gewichten er- zwingen. 1. Dekantieren und Abhebern. Um eine Flüssigkeit und einen Niederschlag voneinander zu trennen, ist es oft nicht nötig, das Gemisch zu filtrieren; es genügt vielmehr — Fig. 228. namentlich bei schweren, sich rasch absetzenden Substanzen — die über- stehende klare Flüssigkeit vorsichtig vom Bodenkörper abzugießen. Dies wird auch oft gelingen, wenn es gilt, die Mutterlauge von größeren Kristallen zu scheiden, da diese sich häufig fest an der Glaswand: an- |; Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 8 114 R. Kempf. y , 1 F -£ / setzen. Der von W. v. Bolton‘) vorgeschlagene Erlenmeyerkolben (Fig. 229) eienet sich zum Dekantieren besonders, weil sich der Niederschlag eng nach unten absetzt, wenn man den Kolben horizontal in ein zweckdien- liches Gestell leet (Fie. 230). Außerdem hat diese Kolbenform Vorzüge beim Kochen stolender Flüssigkei- ten. Sie werden nicht so leicht herauseeschleudert wie aus (re- fällen mit zentraler Mündung. ir, 999 - Big Fig. 230. Bei Flüssigkeiten starken Säuren oder Laugen —, die das Filter- material angreifen, ist die Methode des Dekantierens besonders ange- bracht. Statt die Flüssiekeit über einem Niederschlage abzugießen. ist es oft weit vorteilhafter, sie mit N zn An Fig. 231 Fig. 232. Fig. 233 a. Fig. 233 b. einer Saugpipette abzunehmen oder sie abzuhebern, da hierbei die Gefahr, den abgesetzten Niederschlag wieder aufzurühren. viel geringer ist. Das Ende der Pipette oder den kurzen Schenkel des Hebers biegt man ') Vgl, Chem.-Ztg. Bd. 31 (1908). Rep. S. 181 und: Zur Empfehlung eines neuartigen Kolbens. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 1201 (1908). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 115 am Ende (A) etwas nach oben um (Fig. 231 und 2335), damit durch die saugende Wirkung nichts vom Bodenkörper mitgerissen wird. Handelt es sich um giftige Flüssigkeiten, so wird man sich der Heber nach A. Weinhold!) (Fig.232) bedienen, die durch Blasen angesaugt werden, oder der „Giftheber“ von der Art, wie sie Fig. 233 (a und 5) darstellt. Häufig verbindet man den Dekantierprozeß in der Weise mit dem Filtrieren, daß man zunächst die über dem Niederschlage stehende klare Flüssigkeit — durch vorsichtiges Abgießen oder Abhebern auf das Filter bringt und erst am Schluß den Niederschlag; auf diese Weise ge- winnt man viel Zeit, da die Filtration viel rascher verläuft, solange die Filterporen noch nicht von dem Niederschlage verstopft sind. 2. Schlämmen. Der Schlämmprozeß dient dazu, entweder zwei feste Körper von ver- schiedenem spezifischem Gewicht voneinander zu trennen oder von einem und demselben pulverförmigen Stoff die feinsten Teilchen von den gröberen zu sondern. Im letzteren Falle spielt natürlich nicht die Verschiedenheit des spezifischen Gewiehtes die maßgebende Rolle, sondern die der Fallgeschwindig- keit, die mit abnehmender Teilchengröße abnimmt. Fig. 234 zeigt einen Schlämm- zylinder nach Anop. In einer geeigneten Flüssigkeit wird das Material suspendiert und die Mischung dann in diesem Stand- gefäß geschüttelt, worauf man kurze Zeit die suspendierten Partikelchen sich zum Teil absetzen läßt. Wenn man dann die trübe Flüssigkeit von oben nach unten durch die Hahnstutzen abzapft und die einzelnen Portionen jede für sich filtriert, so hat man die Substanz in eine Anzahl Fraktionen nach ihrer Korngröße oder ihrem spezifischen Gewicht zerlegt. So läßt sich z. B. ohne Mühe die denkbar feinste Schlämmkreide oder staubfeiner Schmirgel, der z. B. zum Nachschleifen von Glasschliffen dienen kann, aus den käuflichen Produkten gewinnen. 3. Abheben (im Scheidetrichter). Um zwei Flüssigkeiten von verschiedenem spezifischem (Gewicht, die sich nicht miteinander mischen, voneinander zu trennen, bringt man das Gemisch in einen Scheidetrichter (Fig. 235), läßt die spezifisch schwerere !) Eine Abänderung des sogenannten Gifthebers. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 12. S. 425 (1873). 8* 116 R. Kempf. Flüssigkeit. nachdem sich die Schichten klar geschieden haben, durch den Glashahn unten ab und gießt dann die spezifisch leichtere Flüssigkeit aus der oberen Öffnung des Scheidetrichters aus: da sich dieser kurz über dem Ablalhahn stark verjüngt, ist ein sehr scharfes Trennen der Flüssig- keiten möglich. Auch Tropftrichter (Fig. 236) lassen sich zum Trennen geringerer Mengen von Flüssiekeiten benutzen. Für kleine Versuche, z. B. im Reagenzglase, ist auch eine Abhebe- pipette (Fig. 237) recht brauchbar: mit dieser Vorrichtung, die eine kleine Saugpumpe vorstellt, kann man z. B. ätherische Extrakte sehr genau von der wässerigen Flüssigkeit abheben (vel. auch das zweite Kapitel, I. Da a8. Ebenfalls recht bequem ist eine gewöhnliche Pipette, die man mit dem Munde ansaugt (Fig. 238). Fig. 236. Fig. 237. Fig. 238. Fig. 239. Schichten sich die Flüssigkeiten nicht scharf übereinander, sondern bilden sie Emulsionen, so wendet man die unter Extraktion angeführten Kunstgriffe an (vgl. den IV. Abschnitt dieses Kapitels). 4. Zentrifugieren. Eine immer wachsende Anwendung findet die Zentrifuge in den Laboratorien. Je nach dem Zweck, den sie erfüllen soll, wird sie entweder mit einer Schleudertrommel oder mit einem Aufsatz zur Aufnahme von Gläsern. Flaschen usw. versehen. Eine Zentrifuge für Handbetrieb mit Schleudertrommel zeigt Fig. 239; diese Apparatur dient dazu, feste Körper von Flüssigkeiten zu scheiden: das breiartige Material kommt in die Trommel, an deren siebartig durch- Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 117 lochter Wand es sich innen beim Rotieren infolge der Zentrifugalkraft fest anpreßt; die Flüssigkeit dringt durch die Sieblöcher hindurch und sammelt sich in dem die Trommel umgebenden Mantel. Der Prozeß ist also eine Art Filtration, die unter starkem Druck verläuft. Sie ist bezüglich der Wirksamkeit mit den Filterpressen auf eine Stufe zu stellen. Neuerdings werden derartige Zentrifugen auf Vorschlag von Th. W. Richards und A. Stähler‘) in allen Teilen, die mit den Kristallen und der Mutterlauge in Berührung kommen, ganz aus Porzellan erbaut und eignen sich in dieser Form auch zum Abschleudern von Säuren und am — _ ; 7 z 2 9 3 7 g 3 3 7 3 2 2 3 7 3 3 2 2 A| 3 2 9 3 G 3 G zu 2 G Zu 2 A ZU Q\ z Laugen und zu quantitativen Arbeiten (Fig. 240 und 241): diese Zen- trifugen sind für 1000—1500 Touren in der Minute berechnet. - Für kleinere Substanzmengen hat Th. W. Richards eine Trichter- zentrifuge angegeben (Fig. 242 und 243); die Trichter und die Auffang- gefäße sind auf Gummi gelagert und werden aus dickwandigem, gut ge- kühltem Jenaglas, aus Porzellan oder aus Platin hergestellt. Über den großen Nutzen, den Zentrifugen beim Ausschleudern von Kristallen usw. gewähren, und über die Vorsichtsmaßregeln, die beim Ar- !) Th. W. Richards, Neuere Untersuchungen über die Atomgewichte. Berichte der Deutschen chem. Gesellsch. Jg. 40. S. 2767 (1907); ferner P. Köthner, „Th. W. Richards als Laboratoriumstechniker.“ Chem.-Ztg. Bd. 31. S. 899 (1907). 118 R. Kempf. beiten mit Zentrifugen zu beobachten sind, hat sich Th. W. Richards!) selbst eingehend geäußert. Bei 1200 Touren pro Minute und einem Radius der Zentrifuge von 10 cm erfolgt das Abfließen und Trocknen 160mal so eründlich als mit Hilfe der Schwerkraft; selbst beim kräftigsten Absaugen an der Wasserstrahlpumpe gelingt es nur, die Mutterlauge von den Kri- stallen bis auf einen Rest von etwa 10°/, zu trennen. Aus der Zentrifuge dagegen kommen die Kristalle fast trocken (mit höchstens 1°/, Feuchtig- keit) heraus, und auch das Auswaschen ist unvergleichlich viel wirksamer; die Waschflüssiekeit wird durch ein zentrales Loch oben im Porzellan- deckel der Zentrifuge (vgl. Fig. 241) hinzugegeben. Für den gleichmäßigen, geräuschlosen und sicheren Gang einer Zentrifuge ist es von größter Wichtigkeit, die Belastung gleichmäßig zu SS ii R N NN) N NZZ III Inn Fig. 242. Fig. 243. verteilen; so müssen z:B. die einzelnen Trichter der Trichterzentrifuge alle gleich hoch mit dem Schleudergut gefüllt oder durch eine tote Last ausbalanciert sein. Um die Wirksamkeit einer Zentrifuge richtig abschätzen zu können, muß man sich vergegenwärtigen, daß die Zentrifugalkraft 1. der bewegten Masse, 2. der Größe des Radius, 3. dem Quadrat der Umdrehungszahl proportional ist: der .„zentrifugale Trägheitswiderstand* (P) ist = Masse (m) x Beschleunigung (rw?), also P= mrw?. ) Bemerkungen zum Gebrauch von Zentrifugen. Chem.-Ztg. Bd.31. S. 1251 (1907). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 119 Die zweite Verwendungsmöglichkeit einer Zentrifuge besteht darin, daß man Flüssigkeiten, die feine Suspensionen enthalten, in gläsernen’(Ge- fäßen rotieren läßt, um ein Absetzen des Niederschlages und eine Klärung der Flüssigkeit zu erreichen. Bei Milch- und Blutuntersuchungen z. B. sind Zentrifugen ganz un- entbehrlich. Fig. 244 zeigt eine derartige Zentrifuge, die mit der Hand be- trieben wird, für 4 Reagenzgläser ; beim Rotieren richten sich diese in _die Fig. 244. horizontale Lage auf; die Umdrehungszahl beträgt angeblich bis zu 10.000 Touren in der Minute. Neuerdings sind auch Zentrifugen konstruiert worden, die — mit einer Wasserturbine direkt gekuppelt — zum Betriebe nur an die Wasserleitung angeschlossen zu werden brauchen. Die in Fig. 245 darge- stellte Zentrifuge erreicht bei 25 —3 Atmosphären Wasserdruck 2000 Touren in der Minute. Für Versuche im größeren Maßstabe dient die in Fig. 246 abgebildete Zentrifuge, die, durch einen Elektromotor angetrieben, 3000 Touren pro 120 R. Kempf. 2 Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 121 Minute macht; sie hat einen Laufkessel von 35 em Durchmesser und kann mit Einsätzen zur Aufnahme von fünf herausnehmbaren Kästchen für je ca. 1%g Füllung oder einem Flaschenhalter zur Aufnahme von 6 Flaschen von je 285 cm? Inhalt (Fig. 247) versehen werden. Ein kräftiger, schmiede- eiserner Mantel über dem rotierenden Teil gewährt bei etwaigem Bruch ausreichenden Schutz. Noch größere Dimensionen weist die von A. Kossel!) angegebene Zentrifuge auf (Fig. 248), die ebenso wie die vorher beschriebene auf einem gemauerten Sockel aufgestellt werden muß und in 8 Gefäßen 417 Flüssigkeit faßt. Am meisten zu empfehlen sind solche Zentrifugen, bei denen sich die Zentrifugiergefäße in einer allseitig geschlossenen, gewölbten Metallschale befinden, die, mitrotiert; denn da die Luftmasse im Innern der Schale die Rotation ebenfalls mitmacht, ist der Reibungswiderstand der Luft außerordentlich vermindert. Solche Zen- trifugen neuerer Konstruktion können ohne Fundament gefahrlos in jedem beliebigen Arbeitsraum eines Labora- toriums aufgestellt werden und laufen äußerst ruhig und fast ge- räuschlos. Fig. 249 stellt eine derartige Zentrifuge dar, diemitelektrischem An- trieb 40005000 Touren pro Minute macht und sich z.B. beim Ausschleudern Fig.247. von Bakterien, von Serum usw. vortrefflich bewährt. Neuerdings ist H. Friedenthal?) mit Versuchen beschäftigt, Zentrifugen aus Nickelstahl zu konstruieren, die 30.000 Umdrehungen in der Minute leisten sollen und beim Zentrifugieren von Lösungen ganz neue Effekte versprechen. Über die Anwendung von Zentrifugen beim Ausschütteln schleimiger Flüssigkeitsgemische, die keine scharfen Schichten bilden wollen, siehe unter Extraktion (IV. Abschnitt dieses Kapitels). III. Trennen auf Grund verschiedenen Dampfdrucks. Zu den wichtigsten Trennunges- und Reinigeungesmethoden gehören die, welche sich die Verschiedenheit der Tension der zu trennenden Stoffe zunutze machen. ') Beschreibung einiger Apparate. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd.33. S.1 (1901). °) Bisher noch nicht veröffentlicht. 122 R. Kempf. Die Destillation gründet sich zumeist auf das Sieden flüssiger Substanzen, das bekanntlich im allgemeinen dann eintritt, wenn die Dampf- spannung der Substanz durch Temperatursteigerung gleich oder etwas erößer geworden ist als die Summe des äußeren Luftdrucks und des Drucks der überlastenden Flüssiekeitssäule. Zwar verflüchtigen sich viele Flüssig- keiten schon weit unter ihrem Siedepunkte sehr lebhaft, zu Destillations- zwecken wurde diese Eigenschaft des raschen „Verdunstens“ aber bisher noch kaum in methodischer Weise benutzt. Die verschiedenen Abarten der Destillation: die unter gewöhn- lichem und unter vermindertem Druck, unter Überdruck, mit Wasserdampf usw. werden im folgenden gesondert beschrieben. Das Eindampfen von Lösungen stellt häufig eine Verdunstungs- destillation vor, bei der die ver- * flüchtigten Stoffe aber im allge- meinen nicht wieder kondensiert werden: ebenso wie das Trocknen fester Körper beruht der Prozel darauf, dab Flüssigkeiten meistens eine höhere Tension haben als feste Stoffe und daher weit flüchtiger sind als diese, Die Sublimation endlich benutzt das Verdunsten oder das Sieden fester Körper zur Trennung eines Gemisches oder zur Reinigung eines ıohproduktes und ist im übrigen ein der Destillation völlig analoger Vorgang. 1. Destillieren bei gewöhnlichem Druck. Eine der wichtigsten und häufigsten Reinigungs- und Trennungs- methoden im chemischen Laboratorium ist die Destillation, speziell die fraktionierte Destillation. Sie beruht, wie oben erwähnt, auf dem Unter- schiede des Dampfdrucks verschiedener Flüssigkeiten bei der gleichen Tem- peratur und besteht in der Überführung eines flüssigen Körpers in den dampfförmigen Aggregatzustand durch Wärmezufuhr und der darauffol- genden Rückverwandlung des Dampfes in die Flüssigkeit durch Wärme- entziehung. a) Destillationsgefäße. Die gebräuchlichsten Siedegefäße für die Destillation bei gewöhnlichem Druck sind Fraktionierkolben, wie sie Fig. 250 zeigt; für hochsiedende Flüssigkeiten benutzt man Kolben mit tief angesetztem Abflußrohr, für Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 123 niedrig siedende Flüssigkeiten solche mit hoch angesetztem Abflußrohr. Der Fassungsraum des Kolbens sei so gewählt, daß die zu destillierende Flüssigkeit den kugelförmigen Teil etwa zu zwei Drittel füllt. In vielen Fällen — z.B. bei der Destillation großer Mengen eines ätherischen Extraktes, das nur sehr wenig flüssige oder feste Substanz gelöst enthält, — ist es von großem Vorteil, einen viel kleineren Destilla- tionskolben zu wählen, als der gesamten Flüssigkeitsmenge entspricht und diese durch einen aufgesetzten Tropftrichter erst nach und nach während des Destillierens nachtließen zu lassen. Man kann den Glashahn des Tropf- trichters ohne Mühe so einstellen, daß ungefähr ebensoviel nachtropft als überdestilliert und mithin der Fraktionierkolben immer nur wenig gefüllt bleibt. Auf diese Weise ist eine Überhitzung der Dämpfe und ein Ver- kohlen der etwa auskristallisierenden Substanz — beides tritt bei einem sehr großen Destillationskolben am Schluß der Operation leicht ein — fast ausgeschlossen, und ferner befindet sich die abzudestillierende Lösung immer nur zum kleinen Teil auf höherer Temperatur, was bei empfindlichen Sub- stanzen, die Hitze auf die Dauer nicht vertragen, von größtem Werte sein kann. Fig. 250. Außerdem ist die Feuersgefahr bei den nur geringen Mengen siedenden Äthers auf ein Minimum reduziert, und endlich: man hat den Ätherrückstand auf einem verhältnismäßig kleinen Raum beisammen. Die Destillationskolben nach L. Claisen!) (Fig. 251) sind zwar ur- sprünglich für die Vakuumdestillation (siehe weiter unten) angegeben worden, erweisen sich aber wie für alle gewöhnlichen Zwecke der Destillation, so namentlich auch für die eben behandelte Apparatur, als sehr empfehlens- wert. Man setzt den Tropftrichter auf das gerade aufsteigende Rohr und eventuell das Thermometer in den seitlichen Hals, in der Weise, daß sich die Thermometerkugel etwas unterhalb des Abflußrohres befindet. Die Claisenkolben haben u. a. den Vorzug, daß leicht schäumende, stoßende und überkochende Flüssigkeiten, z. B. bei der Destillation ätherischer Ex- trakte, nicht so leicht bis ans Abflußrohr gelangen und das Destillat ver- !) Beiträge zur Kenntnis der 1'3-Diketone. Liebigs Ann, d. Chem. u, Pharm. Bd, 277. S. 177 (1893). 124 R. Kempf. unreinigen. besonders wenn man in das Seitenrohr einige gröbere Glas- stücke einfüllt. Jeden beliebigen Rund- oder Stehkolben kann man in einen Destilla- tionskolben verwandeln, wenn man mit Hilfe eines durchbohrten Stopfens entweder ein Knierohr aufsetzt von der Form, wie sie Fig. 252 zeigt, oder aber — zur bequemen Befestigung eines Thermometers — ein T-Rohr in der Weise, wie es Fig. 253 darstellt; die seitliche Öffnung im Knie- rohr ist angebracht, damit die abziehenden Dämpfe keine Flüssigkeits- tropfen mit hinüberreißen. Destillationskolben mit wurstförmigem Ansatz nach Anschütz (Fig. 254) oder mit kugelförmiger Vorlage nach Bendix (Fig. 255) dienen zur Destillation leicht erstarrender Flüssigkeiten. Über einer siedenden Flüssigkeit lagert stets infolge des Zerplatzens der emporgerissenen Bläschen ein Nebel, der aus dem staubfeinen Sprüh- Fig. 254. Fig. 253. Fig. 256. regen der kochenden Flüssigkeit gebildet ist und der leicht in den Kühler und in das Destillat gelangt. Der Destillationsaufsatz nach Kjeldahl (Fig. 256) hilft diesem Übelstande ab und ist besonders wertvoll bei quantitativen Arbeiten, z.B. der Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl, wofür er speziell konstruiert wurde (vgl. darüber den von P. Rona behandelten Abschnitt). Retorten als Destillationsgefäße werden im Laboratorium heute nur noch selten benutzt, obwohl sie vor den modernen Fraktionierkolben manche Vorzüge haben. A. Michael‘) schlug Retorten mit Tubus vor, die direkt ‘) Über einige Laboratoriumsapparate. Ber.d. Deutschen chem. Ges. Jg. 34. S. 4058 (1901). TUR RAE tn. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 125 mit Wasserkühlmantel versehen sind (Fig. 257) und sich überall da bewähren, wo ätzende Chemikalien längere Zeit erhitzt werden sollen, ohne daß sie mit Kork, Gummi u. dgl. in Berührung kommen dürfen. b) Fraktionieraufsätze. Obwohl sich in den beschriebenen Destillationskolben auch eine fraktionierte Destillation ausführen läßt, so erreicht man doch sein Ziel viel schneller und vollkommener, wenn man sich besonderer Fraktionier- aufsätze bedient. Diese können entweder mit einem Siedekolben verschmolzen sein (Fig. 258 u. 259), oder sie werden auf einem gewöhnlichen Rundkolben mittelst Kork- oder Gummistopfens oder eines Glasschliffs aufgesetzt. Fig. 260 zeigt den mit Glasperlen gefüllten Fraktionieraufsatz nach W. Hempel‘), Fig. 261 den an den Fig. 257. Fig. 258. Fig. 261. Fig. 259. Fig. 260. Verengungen mit Platindrahtnetz zu versehenden Fraktionieraufsatz nach E. Linnemann.?) Nach den Untersuchungen von H. Kreis?) erreicht man mit dem Hempelschen Aufsatz durch eine Destillation ein Resultat, zu dem man bei Anwendung eines Kolbens ohne Aufsatz 12 Destillationen braucht. ‘) Über einen Apparat zur fraktionierten Destillation. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 20. S. 502 (1881). ?) Über eine wesentliche Verbesserung in der Methode der fraktionierten Destil- lation. Liebigs Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 160. S. 195 (1871). °) Vergleichende Untersuchungen über die Methoden der fraktionierten Destil- lation. Liebigs Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 224. S. 259 (1884). 126 R. Kempf. Beim Arbeiten mit den Aufsätzen muß man die Destillation von Zeit zu Zeit unterbrechen, um die Flüssigkeit, die sich zwischen den Glaskugeln oder über den Platinnetzen ansammelt, wieder in das Siedegefäß zurück- fließen zu lassen. Füllt man in den seitlichen Hals eines Claisenkolbens (siehe oben) einige Glasscherben und darüber Glasperlen, so hat man auf einfache Weise einen kleinen, recht wirksamen Fraktionieraufsatz hergestellt. Fig. 262. Fig. 263. Fig. 267. ei Georg W. A. Kahlbaums‘) „Normal-Siederohr“ (Fig. 262) ist das Abflußrohr vom Dampf der siedenden Flüssigkeit mantelförmig umgeben, woraus sich manniefache Vorteile ergeben: im einzelnen sei auf die Orieinalabhandlung verwiesen. ce) Kühler. Die Kondensation der Dämpfe geschieht je nach der Höhe des Siedepunktes und der Menge der zu destillierenden Flüssigkeit auf ver- ‘) Normalsiederohr. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 29. S. 71 (1896). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 197 schiedene Weise. Für niedrig siedende Flüssigkeiten (Siedepunkt bis gegen 100°) wendet man Ziebigsche Kühler an, die um so länger sein müssen und um so rascher vom Kühlwasser durchflossen, je niedriger die destillierende Flüssigkeit siedet und je schneller die Destillation ausgeführt wird. Für Flüssigkeiten, deren Siedepunkt etwa zwischen 100° und 200° liegt, genügt ein Luftkühler, d.h. das innere Rohr eines Liebigkühlers, voll- kommen zur Verdichtung der Dämpfe, besonders wenn man nicht zu rasch destilliert (vel. Fig. 263). Bei noch höher siedenden Flüssigkeiten end- lich ist auch ein besonderer Luftkühler nicht mehr nötig, da dann das — nicht zu kurze — Ansatzrohr „Meer des Fraktionierkolbens als solcher 2 funktioniert: namentlich bei ge- ringen Substanzmengen und ganz langsamem Destillieren genügt KENN N A ne Fig. 268. Fig. 269. Fig. 270. diese Destillationsmethode, „die den oft” großen Materialverlust in den langen Kühlröhren der anderen Methoden vermeidet. Gewöhnlich wird bei Destillationen der Kühler in einer schräg nach unten geneigten Lage (vgl. Fig. 263) benutzt; häufig ist es vorteilhafter, ihn senkrecht aufzustellen, wie es Fig. 264 darstellt: so spart man viel Platz auf dem Laboratoriumstisch, besonders{wenn man den Kolben am Tisch- rande aufstellt und den Kühler nebst Vorlage auf einem Schemel daneben, 128 R. Kempf. Um die Kühlflächen eines gewöhnlichen Ziebigschen Kühlers (Fig. 265) zu vergrößern und damit seine Wirksamkeit zu erhöhen, hat man an dem inneren Kühlrohr kugelförmige Erweiterungen angebracht (Fig. 266) oder es als Schlangenrohr ausgebildet (Fig. 267). Denselben Zweck verfolgt der „Excelsiorkühler* von Henri Vigreux!) (Fie. 268 u. 269); die diesen Kühler durchstreichenden Dämpfe finden an den Einstichen des inneren Rohres einen Widerstand und erleiden gewisser- malen eine Pressung, wodurch die Kondensation ebenso wie durch die vergrößerte Kühlfläche sehr ge- fördert wird. Ein Kühler von 32cm Länge genügt daher, um stark siedenden Äther vollkommen zu kon- densieren. Zum Zurückhalten der Salzsäuredämpfe bei Hydrolysen soll eine Abart des Excelsiorkühlers gute Dienste leisten (Fig. 270). Bei diesem Kühler sind die Einstiche im Kühlrohr so angeordnet, daß sie abwechselnd wagerechte und schiefe Gruppen bilden. Die kondensierte Flüssigkeit tropft von den Spitzen der schiefstehenden Einstiche auf die wagerecht gruppierten und bildet hier eine dünne Schicht, durch die die Dämpfe beständig hindurchgehen müssen. Sehr viel vollkommener als Liebig- kühler gleicher Länge wirken auch wegen ihrer weit größeren Kühlfläche, die sie den Dämpfen darbieten, die so- genannten Energiekühler?) (Fig. 271 und 272). Beim Arbeiten mit allen der- artigen Kühlern von komplizierterer Konstruktion darf man heiße Dämpfe im Anfang der Destillation nicht zu plötzlich in das innere Kühlrohr ein- treten lassen, da dieses leichter als in den gewöhnlichen Kühlern dem Springen ausgesetzt ist; auch darf man bei zeitweise abgestelltem Kühlwasser dieses nicht plötzlich wieder anstellen. Angesichts der überaus zahlreichen Neukonstruktionen und Abände- rungen, die der Liebigsche Kühler im Laufe der Zeit erfahren hat, mub darauf hingewiesen werden, daß der Liebigkühler in seiner einfachen ur- sprünglichen Gestalt, wie sie zuerst von Christian Ehrenfried Weigelt°) angegeben wurde, für die allermeisten Zwecke des Laboratoriums voll- ee — 1) Excelsiorkühler und Excelsiordestillationsaufsatz. Chem.-Ztg. Bd. 28. S. 686 (1904). 2) Vgl. z.B. F.Evers, Ein neuer Glaskühler für das Laboratorium. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Bd. 24. S. 3950 (1891). 5) Vgl. z.B. H. Schelenz, Kühlgeräte bei der Destillation. Chem.-Ztg. Bd. 33. S. 154 (1909). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 129 kommen ausreicht; so genügt z.B. ein solcher Kühler (vgl. Fig. 265) mit einem äußeren Kühlmantel von 60cm Länge durchaus, um Äther rasch ohne Verluste abzudestillieren. Es mögen nun noch einige Kühlerarten, die in speziellen Fällen wert- volle Dienste leisten, beschrieben werden. Als Rückfluß- kühler, den man ohne weitere Dichtung auf Bechergläser aufsetzen kann, dient der Apparat nach Göckel (Fig. 273). Eine ähnliche Konstruktion ist auf den Soshlet-Apparaten der Fig. 128 (S. 64) abgebildet. Für besonders niedrig siedende, flüchtige Stoffe ist die Kühlvorrichtung geeignet, die Fig. 274 zeigt; sie kann mit Eis oder Kältemischung beschickt werden. Das Kühlrohr zeichnet sich durch besondere Länge aus. Soll mit flüssiger Luft gekühlt werden, so steht das in Fig. 275 ab- gebildete Dewarsche doppelwandige Ge- fäß zur Verfügung. Zum Erhitzen von Substanzen am in kückflußkühler, die nicht mit Kork oder Mu Gummi in Berührung kommen dürfen, sind Kolben im Handel, an denen der Kühler gleich angeschmolzen ist (Fig.276). Praktischer ist die Verbindung von Kühler und Kolben durch Schliff. Den Gebrauch von Stopfen umgehen ebenfalls die Glaskühler mit Kugelmundstück nach Fr. Hinden!) (Fig. 277); die kugelförmig er- Fig. 277 Fig. 275. AR Fig. 276. weiterte Mündung dieser Kühler paßt ohne weiteres auf die allermeisten Erlenmeyer, Kolben und kleineren Bechergläser. Absolut dicht ist der ‘) Glaskühler mit Kugelmundstück. Chem.-Ztg. Bd. 29. S. 809 (1905). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 9 130 R. Kempf. Verschluß natürlich nieht immer, aber die Verluste betragen z.B. bei ein- stündigem Abdestillieren von Alkohol nur höchstens etwa 4°%),. Th. W. Richards!) benutzte ein ähnliches Prinzip bei der Darstellung 2718) 4108). von chemisch reinem destilliertem Wasser (Fig Fig. 278. Beim Erhitzen stark ätzender Chemikalien empfiehlt es sich, statt Stopfen aus Kork oder Kautschuk solche aus Asbest chemischen Operationen mub Bei vielen man ein Reaktionsgemisch zunächst am Rückflub-, dann am Abflußkühler sie- den: gibt man dem Kühler die in Fig. 279 dargestellte (Grestalt, so genügt ein ein- faches Drehen des Kühlers im Korken, um ihn aus einem tückflußkühler in einen Ab- flußkühler zu verwandeln.?) Namentlich als Rück- flußkühler bei hohen Appa- raten ist der aus Metall oder Glas bestehende Kugelkühler nach Sorhlet (Fig. 2830) wegen seiner Handlichkeit und niedrigen Form sehr gut geeignet; mit doppelter Kühlkugel stellt ihn Fig. 281 dar. 1) P. Köthner , S. 900 (1907). zu verwenden. Th. W. Richards als Laboratoriumstechniker. Chem.-Ztg. Bd. 31. ?) J.J.L.van Rijn, Eine Modifikation des Liebigschen Kühlapparates. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 28. S. 2338 (1895). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 131 d) Vorlagen. Als Vorlagen dienen bei der gewöhnlichen Destillation meistens offene Stehkölbehen oder Erlenmeyer. Soll aber die Vorlage noch besonders ge- kühlt werden, so kann entweder ein zweiter Fraktionierkolben angewendet werden in der Weise, wie es Fig. 282 zeigt, oder ein gebogener Vorstoß) und ein Saugkolben, wie Fig. 283 darstellt. Verbindet man das Ansatzrohr des Saugkolbens mit einem längeren Schlauch, der unkondensiert gebliebene Dämpfe aus der Nähe aller offenen Flammen fortleitet, so ist die Apparatur auch für leicht brennbare Stoffe vollkommen feuersicher, Fig. 281. Fig. 282. Die Siedepunktsbestimmung wird gesondert behandelt (s. siebentes Kapitel); bereits beschrieben sind Heizquellen (S. 47 ff.), Bäder (S.58ff.) und die Methoden der Temperaturmessung (S. d8ff). 2, Destillieren bei vermindertem Druck. Eine der wichtigsten Reinigungsmethoden des organisch arbeitenden Chemikers ist die Destillation unter vermindertem Druck. Diese Arbeits- methode hat demgemäß eine eindringende theoretische, sowie apparative Ausbildung gefunden, worüber eine umfassende Literatur Zeugnis gibt. Neben vielen anderen Autoren sind es besonders Georg W. A. Kahlbaum, R. Anschütz und F. Krafft gewesen, die eingehende Studien über die Destil- lation, speziell über Vakuum-Destillation !) veröffentlicht haben. Hier können t) Die Bezeichnung „Vakuum“ ist natürlich nur ein idealer Begriff, der sich praktisch nicht verwirklichen läßt; man kann daher jede Destillation bei vermindertem 9* 132 R. Kempf. nur diehauptsächlichsten, praktischen und apparativen Ergebnisse dieser grundlegenden Forschungen berücksichtigt werden. Theoretische Erörterungen sollen nur insoweit eingeflochten werden, als sie von prak- tischer Bedeutung sind. Bekanntlich wird durch Herabsetzung des äußeren Drucks zwar nicht die Tension einer Substanz erhöht, wohl aber ihr Siedepunkt erniedrigt. Darauf beruht der Wert der Minderdruck-Destillation und ihr Vorzug vor der Destillation bei gewöhnlichem Druck. Sie geht bei wesentlich niedrigerer Temperatur vor sich als diese. Fig. 283. Destilliert man an der Wasserstrahlpumpe, also bei etwa 15mm Druck, so kann man bei höher siedenden Flüssigkeiten erwarten, daß der Siedepunkt um etwa 100-—-140° niedriger liegt als bei Atmosphärendruck, und evakuiert man noch weiter bis zu dem hohen Vakuum, das in den Röntgenröhren herrscht und das man daher als Vakuum des Kathodenlichts bezeichnet hat, so tritt eine weitere Herabsetzung des Siedepunktes um ca. 80 —100° ein.) Druck als Vakuumdestillation bezeichnen, muß aber selbstverständlich die Höhe des Minderdrucks in jedem einzelnen Falle hinzufügen. 1) Vgl. die Untersuchungen von F. Kraft und seinen Schülern, z.B.: F. Kraft u. W. A. Dyes, Über Destillation mit der kontinuierlich wirkenden Quecksilberluftpumpe. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg.28. S. 2583(1895); F. Krafft u. H. Weilandt, Sublimations- temperaturen beim Vakuum des Kathodenlichts. Ebenda. Jg. 29. S. 2240 (1896) ; F. Kraft, Über fraktionierte Destillation der höheren Normalparaffine aus Braunkohle im Vakuum des Kathodenlichts. Ebenda. Jg. 40. S. 4779 (1907). — Ferner: Georg W. A. Kahlbaum, Selbsttätige, stetig wirkende Quecksilberluftpumpe für chemische Zwecke. Ebenda. Jg. 27. S. 1386 (1894). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 13: SU Viele Substanzen, die sich bei gewöhnlichem Druck nicht unzersetzt destil- lieren lassen, können daher im luftverdünnten Raume glatt destilliert werden, ohne die geringste Zersetzung zu erleiden. Die Siedepunkte einiger Substanzen bei verschiedenen Drucken gibt folgende Tabelle an: | Summe | Siedepunkt n Sied nkt : Siedepunkt | rDiffe- bei 760 mm az se Be nen bei 0 mm ei | n-Heptadekan C,H, . || 303° | 170° 81° ß 133° 89° 222° n-Nonadekan C,H, - - 330° 193° 111° [m u 137° 82° 219° Palmitinsäure C,, H,, 0, || ca. 348° 215° ca. 138° m 0 70 | |- 133° Ir 210° Stearinsäure C,, H,,0, . || ca. 371° ca. 232° 155° mn U 139° 709 216° Essigsäure CH, COOH . 118° ea. 19% 99° Acetanilid 0,H,ON. . 295 ca. 167° u {m 128° | | Sehr wichtig für eine rasche Verdampfung im Vakuum ist es, die Dämpfe im Kühler oder in der Vorlage energisch zu kondensieren: ist bei der betreffenden Temperatur der Partialdruck der Substanz in der ge- samten Apparatur — wenn auch nur wenige Millimeter oder sogar Bruch- teile eines Millimeters — gleich seinem Sättigungsdruck, so verdampft trotz des besten Vakuums, d.h. trotz absoluter Abwesenheit von Luft keine Spur der Substanz mehr. Andrerseits verdunstet bekanntlich Wasser im absoluten Vakuum schon bei gewöhnlicher Temperatur so rapide, daß es infolge der Ver- dunstungskälte gefriert, wenn nur an irgend einer Stelle der evakuierte Apparat stark abgekühlt wird („Kryophor“ nach Wollaston). Bei allen Verdunstungsvorgängen spielt die Herabsetzung des Luft- drucks nur sekundär eine Rolle, nämlich insofern, als die Luftmoleküle rein mechanisch der Diffusion der vergasten Substanzmolekile von der ver- dampfenden Flüssigkeitsoberfläche hinweg hindernd im Wege stehen. Von viel größerer Wichtigkeit ist die Herabsetzung des Partialdrucks der Sub- Stanz, was eben durch energische Kondensation der Dämpfe geschieht. a) Die Methoden der Vakuumerzeugung. Wenn ich die Methoden der Vakuumerzeugung im Zusammenhange hier im Abschnitt über Destillation behandele, für die sie allerdings mit 134 R. Kempf. in erster Linie in Betracht kommen, so sind sie dennoch auch für viele andere Zwecke im chemischen Laboratorium von erheblicher praktischer Wichtigkeit. So bildet die Vakuumerzeugung ein wertvolles Hilfsmittel beim Absaugen von Niederschlägen (vgl. oben 8.102), bei der Sublimation (vgl. unten), beim Füllen größerer Gefäße mit einem Gase (vgl. achtes Kapitel), beim Anstellen einer Reaktion unter Luftabschluß und endlich beim Trocknen und Aufbewahren von Substanzen in luftleeren Räumen (Vakuum-Exsikka- toren usw.; vgl. weiter unten). Die Wasserstrahlpumpe und ihre Nebenapparate. Die gebräuchlichste und zugleich handlichste und einfachste Labora- toriumsluftpumpe ist die ursprünglich von Bunsen angegebene Wasser- strahlpumpe. Je nach der Temperatur des Leitungswassers, das zur Speisung der Pumpe dient, steigt und sinkt das bestenfalls erreichbare Optimum des Minderdrucks ungefähr in den Grenzen zwischen 8 und 20 mm; denn die Tension des Wasserdampfes beträgt bei 10° 9 mm, bei 20° ca. 17 mm und bei 25° bereits 23 mm Quecksilber. Die Wasserstrahlpumpen, die namentlich für den organisch ar- beitenden Chemiker zu den unentbehrlichsten Apparaten gehören, werden entweder ganz aus Glas oder ganz aus Metall angefertigt; die aus dem letzteren Material haben zwar den Vorzug der Unzerbrechlichkeit, funkti- onieren aber meistens nicht so gut wie Glaspumpen, werden ferner von Säuredämpfen, die leicht in die Pumpe gelangen können, angegriffen und gestatten nicht, eine etwa eingetretene Verschmutzung oder gar Ver- stopfung ohne weiteres zu erkennen, wie es bei den Glaspumpen der Fall ist. Eine der ältesten Formen der gläsernen Wasserstrahlpumpen rührt von Geißler her (Fig. 284; vgl. auch Fig. 292, S. 136 und Fig. 307, S. 146). Diese Pumpe verbraucht verhältnismäßig viel Wasser. Eine wesentliche Verbesserung hat sie u. a. durch die von J. Wetzel!) vorgeschlagene Konstruktion (Fig. 285) erfahren, die bei geringerem Wasser- verbrauch ein weit schnelleres Evakuieren bewirkt. Dieser Effekt kommt dadurch zustande, daß die saugende Wirkung des fallenden Strahls mehr- fach ausgenutzt wird: unterhalb des ersten Injektors befindet sich eine kugelartige Erweiterung, die einen kapillaren Ausfluß hat und dann in das Abflußrohr mündet. Die Kugel zwischen den beiden Einschnürungen darf sich bei einer richtig ausgeführten Pumpe, die ihre volle Wirkung aus- üben soll, nicht mit Wasser füllen. Als notwendige Nebenapparate beim Gebrauch einer Wasserstrahl- pumpe mögen hier Rückschlagventile und Druckregulatoren be- schrieben werden. ‘) Über eine neue Wasserstrahlluftpumpe. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 30. S. 537 (1897). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 135 Bei schwankendem Wasserdruck steigt bekanntlich das Pumpen- wasser leicht in die Saugleitung und eventuell in die evakuierten Arbeits- gefäße zurück; sind diese heil), so werden sie durch das kalte Wasser gewöhnlich zum Springen gebracht. Als Schutzmaßregel schaltet man des- halb zweckmäßig zwischen Wasserstrahlpumpe und Apparatur ein Übersteige- gefäß ein, am besten einen größeren Saugkolben oder eine dreihalsige Woulffsche Flasche, deren mittelster Tubus einen Glashahn trägt, der im Bedarfsfalle die evakuierte Apparatur mit der Außenluft verbindet oder auch als Druckregulator (siehe unten) dienen kann; außerdem wirkt ein solches eingeschaltetes größeres Vakuumreservoir!) als Luftpolster, das momentane Druckänderungen ausgleicht (vel. Fig. 292, 307, 312 und 319). So nützlich ein derartiges Sicherheitsgefäß auch ist, so kann es doch die Gefahr des Zurückschlagens der Pumpe nur abschwächen, nicht hindern. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, noch außer- dem ein Rückschlagventil anzuwenden. Ein solches Ventil hat neuerdings H. Stoltzenberg?) an- gegeben (Fig. 286); ähnlich funk- Fig. 284. Fig. 285. Fig. 286. Fig. 287. Fig. 288. Fig. 289. Fig. 290. tioniert das in Fig. 287 abgebildete. Diese Ventile müssen sehr sauber gehalten werden; eine kleine Verunreinigung des Schliffesmacht ihre Wirkung illusorisch. Durch ihre Einfachheit bestechend sind die von Bunsen vorgeschla- genen hückschlagventile, die man sich leicht selbst herstellen kann; das eine (Fig. 285) benutzt einen eingeschlitzten Gummischlauch, der sich natur- ‚gemäß nur nach außen öffnet, das andere (Fig. 289) einen angeschnittenen und halb durchbohrten Gummistopfen als Ventil. A. Stock®) hat das in Fig.290 dargestellte Rückschlagventil angegeben; das Glasrohr wird oben mit der Pumpe, unten mit dem zu evakuierenden ') Zuerst von Dittmar angegeben: Über die Dissoziation der flüssigen Schwefel- säure. Zeitschr. f. Chem. Bd. 13. S. 1 (1870). °) Ein neues Sicherheitsventil. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 832 (1908). ®») Poröse Materialien als Ersatz von Hähnen beim Arbeiten mit Gasen. Ber. der Deutschen chem. Ges. Jg. 40. S. 4956 und Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 30 (1908). 136 R. Kempf. Apparat verbunden; A ist eine poröse Tonplatte, die nur für Luft, nicht für Quecksilber oder Wasser durchlässig ist, B ist eine weniger dichte Tonplatte, durch die sich Quecksilber hindurchsaugen läßt. Wird durch B so viel Quecksilber in die Röhre gesaugt, daß A eben davon bedeckt ist, so ist das Ventil gebrauchsfertig; es zeichnet sich durch Zuverlässigkeit aus, erlaubt aber wegen der Reibung der Luft im Ton kein allzu rasches Evakuleren. Ebenfalls durch Quecksilber geschieht der Ab- schluß der evakuierten Apparatur gegen die Wasser- strahlpumpe bei der Vorrichtung, die Lassar-Cohn') vorgeschlagen hat. Sie besteht aus einem eisernen (Quecksilberbehälter, dessen Einrichtung aus der Fig. 291 zu ersehen ist; das Rohr rechts kommuni- ziert mit der Pumpe, das Barometerrohr links mit den Arbeitsgefäßen. Die Druckregulatoren bezwecken, einen konstanten höheren Druck, als ihn die Wasserstrahl- pumpen bei völlig dichter Apparatur schaffen, in den Destillationsgefäßen usw. herzustellen. Denn es hat unter Umständen große Vorteile, nicht bei ca. 10—20 mm Druck, sondern z.B. bei 100 mm Druck zu destillieren, wie es gelegentlich F. Kraft?) empfahl; Fig. 292. außerdem ist ein Druckregulator — richtiger: Druckerhöher — notwendig, wenn es sich darum handelt, Siedepunkte bei beliebigen Drucken zu bestimmen. !) Arbeitsmethoden für organisch-chemische Laboratorien. 4. Aufl. 1906. Allg. Teil. S. 63. ?) Über 19 höhere Normalparaffine C(nH&n +2... Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 15. S. 1692 (1882). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 137 Am einfachsten erhält man ein derartiges Instrument, wenn man in die Apparatur eine fein ausgezogene Glasröhre einschaltet, die durch einen Glashahn mit der äußeren Luft in Verbindung steht (Fig. 292). Auf demselben Prinzip beruht der aus Messing gefertigte Druck- regulator, den Fig. 293 darstellt; durch eine feine Stellschraube mit Stahl- spitze läßt sich der Zutritt der Luft bequem regulieren. Einen automatisch wirkenden, auf jede beliebige Druckhöhe ein- stellbaren Druckregler haben Wilh. Städel und E. Hahn!) und neuerdings Gabriel Bertrand?) (Fig. 294) beschrieben. Bei diesen Apparaten sperrt eine Quecksilbersäule. die man beliebig einstellen kann, die Verbindung zwischen Rezipient und Pumpe in dem Augenblick ab, wo der ge- wünschte Druck erreicht ist, und gibt sie erst wieder frei, wenn der Druck ein wenig gesunken ist. Fig. 293. Jede Wasserstrahlpumpe läßt sich gleichzeitig als Gebläse ver- wenden; man braucht nur das Ab- wasser, das mit der angesaugten Luft gemischt ist, in eine doppel- halsige Flasche mit Bodentubus ein- treten zu lassen und den Wasser- abfluß durch einen Schlauch mit Quetschhahn so zu regulieren, dab der Bodentubus der Flasche unter dem Wasserniveau liegt: ist die Pumpe auf dem einen Hals der Flasche luftdicht aufgesetzt, so ent- weicht aus dem anderen dauernd ein kräftiger Luftstrom, der z. B. zum bequemen Betriebe eines Leucht- gasgebläses (vgl. S. 52) dienen kann. Praktischer ist das in Fig. 295 abgebildete Wasserstrahlgebläse nach J. Wetzel, das bei 2—3 Atmosphären Wasserdruck sehr gut funktioniert. Noch wirksamer ist das metallene Gebläse nach M. Kähler und Martini (Fig. 296). | If IM I 1) Fig. 295. Kolben- und Kapselluftpumpen. Eine einfache einstieflige Kolbenluftpumpe, wie sie Fig. 297 darstellt, erzeugt zwar nur eine Luftleere von etwa 28 mm Druck, schafft aber weit !) Ein einfacher Apparat zur Regulierung und Variierung des Luftdrucks bei Destillationen, Siedepunktsbestimmungen usw. Liebigs Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 195. S. 218 (1879). ?) Druckregler für fraktionierte Destillation unter vermindertem Druck. Bull. Soe. chim. Paris [3] T. 29. p. 776; vgl. Chem. Zentralbl. 1903. II. S. 611. 138 R. Kempf. mehr Luft pro Zeiteinheit als eine Wasserstrahlpumpe, da ihr Hubvolumen z.B. 80 em°, ihre Umdrehungszahl bis zu 200 in der Minute beträgt. Der- artige Pumpen sind auch zum Komprimieren bis zu 2 Atmosphären Druck zu gebrauchen. Zum An- trieb einer Pumpe mit Riemenscheibe genügt ein Motor von !/, P.S. Weit höhere Luftver- dünnungen erzielt man mit den Gerykschen Öl- luftpumpen, deren Kol- ben in Öl gehen (Patent MN NN Ä u- 7 I gyumunsunamummhuulERn Fig. 296. Fig. 298. Fleuj). Das Prinzip dieser Pumpen besteht darin, daß) die Luft aus dem schäd lichen Raum durch Öl verdrängt wird, welches nur einen verschwindend kleinen Dampfdruck besitzt. Ein zweistiefliges Modell, das am besten mittelst Elektro- motors betrieben wird und ein Vakuum bis zu 0'0002 mm Quecksilber zu er- reichen gestatten soll, zeigt Fig. 298. Eine derartige Pumpe leistet auch bei starker Inanspruchnahme ausgezeichnete Dienste!); im allgemeinen ‘) Vgl. H. Hahn-Machenheimer, Die Gerykluftpumpe (Patent Fleuß). Zeitschr. f. d. physik. u. chem. Unterricht. Bd. 14. S. 285 (1901). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 13° 39 wird allerdings nur ein Vakuum von ca. 0'2 mm erreicht. Ein Hauptvorzug der Pumpe besteht darin, dab sie außerordentlich rasch evakuiert; kleinere MH m" in "m a N I; IT =. 299. Fig. cl a Ihn, AI ii ll ui m mm] u Undichtigkeiten in der Apparatur oder während der Operation entstehende Gase bewirken infolgedessen — bei kontinuierlichem Pumpen — kein merk- liches Steigen des Drucks. Ein größerer Apparat von mehreren Litern Inhalt 140 R. Kempf. wird von der Pumpe (größte Type €) in ca. 10 Minuten bis auf 0'15 mm Druck entleert. Eine bewährte Anordnung der Apparatur beim Arbeiten mit der Gerykpumpe nach Emil Fischer und €. Harries'), speziell für die fraktionierte Destillation, gibt Fig. 299 wieder. Um die Dämpfe niedrig siedender Flüssig- keiten (Wasser, Äther) oder bei der Destillation entstehende Gase (Kohlendioxyd, Ammoniak, Äthylen) nicht in die Pumpe gelangen zu lassen, was diese schädigen könnte und der Erreichung des Vakuumoptimums hinderlich sein würde, ist eine in flüssiger Luft stehende Vorlage ein- geschaltet. Auf die zur Druckmessung dienenden Apparate komme ich weiter unten zurück. Im übrigen sei auf die Originalabhandlung ver- wiesen. Ungefähr die gleiche Leistung wie die Gerykölpumpe ergibt die rotierende Kapselpumpe nach Gaede (Fig. 300). Sie zeichnet sich durch Fig. 300. die im Vergleich zur großen Förderung überraschend kleinen Dimensionen aus und ist in mechanischer wie chemischer Hinsicht sehr widerstands- fähig. Für maschinellen Antrieb reicht ein !/,, P. S.-Motor aus. Mit einem solchen evakuierte die Pumpe ein Gefäß von 6 2 Inhalt von Atmosphären- druck in 1 Minute auf 3 mm, in 2 Minuten auf 0'4 mm, in 3 Minuten auf 015mm, in 10 Minuten auf 0'012 mm und in 15 Minuten auf 0'006 mm (Juecksilbersäule. Quecksilberluftpumpen. Die höchsten praktisch erreichbaren Vakua erzielt man mit Hilfe der (uecksilberluftpumpen. Da aber deren Förderung weit geringer ist, !) Über Vakuumdestillation. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 35. 8. 2158 (1902). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 141 als die der soeben beschriebenen mechanisch wirkenden Pumpen, so setzen sie eine sehr dicht schließende Apparatur voraus, wenn man das Vakuum- optimum erreichen will. Drei Typen von Quecksilberluftpumpen streiten um den Vorrang: die Töplersche, die Sprengelsche und neuerdings die zuerst von Gaede konstruierte rotierende. Alle drei Arten — besonders die zwei zuerst genannten — haben eine große Reihe von Variationen erfahren, von denen hier nur die wichtigsten und bewährtesten beschrieben werden sollen. Das Prinzip der Töplerpumpe beruht auf wiederholter Herstellung eines Torricellischen Vakuums, in das die Luft aus dem Rezipienten entleert wird. Eine sehr elegante Form einer Töplerpumpe hat A. Stock!) (Fig. 301) vorgeschlagen ; zu ihrem Betriebe ist eine Hilfsluftpumpe (Zentralvakuumlei- tung, Kolbenluftpumpe, Wasserstrahl- pumpe oder dgl.) notwendig, die einen Minderdruck von etwa 100 mm Queck- silbersäule erreichen lassen muß. Die wesentlichsten Vorteile der Pumpe sind: die einfache Handhabung, die sich auf das Umlegen des Hahnes A beschränkt, ihre relativ große Förderung, die ab- solute Reinhaltung des Quecksilbers, das weder mit Fett noch mit Kautschuk oder dgl. in Berührung kommt, und end- lich ihre handliche Form und geringe Größe. Von L. Ubbelohde?) wurde fast gleichzeitig eine ganz ähnliche Kon- struktion (Fig. 302) beschrieben, bei der die Hahnumstellung automatisch ge- umellt schieht (vgl. @, W, b, $,, 9:). Die Sprengelpumpen beruhen auf der saugenden Wirkung fallenden Quecksilbers, das in einem über 760 mm langen Fallrohr niedersinkt. Geißler, v. Babo und Kahlbaum haben verschiedene Pumpen angegeben, die sich auf dieses Prinzip gründen. Auch hier wird mittelst einer Hilfs- pumpe die Hebung des Quecksilbers bewirkt. Fig. 303 stellt eine derartige automatische Quecksilberluftpumpe dar, die sich gut bewährt. 1!) Über zwei Modifikationen der Töplerschen (Quecksilberluftpumpe. Ber. der Deutschen chem. Ges. Jg. 38. S. 2182 (1905). ?) Automatische Quecksilberluftpumpe mit abgekürzter Quecksilberhöhe. Ber. der Deutschen chem. Ges. Jg. 38. S. 2657 (1905). 142 R. Kempf. Der @uecksilberdestillationsapparat nach J. Wetzel!) (Fig. 304) benutzt ebenfalls das Sprengelsche Prinzip der Vakuumerzeugung und sei daher hier erwähnt. Der Apparat dient zur Reinigung von Queck- silber durch Destillation im hohen Vakuum. Das zu reinigende Queck- Fig. 302. silber wird in das oben offene, manschettenartige Gefäß a eingefüllt, das Knierohr bei c in eine Schale mit reinem Quecksilber getaucht, bei b der ‘) Über einen neuen (uecksilberdestillationsapparat. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 1235 (1908). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 143 Apparat mit der Wasserstrahlpumpe evakuiert und der Ringbrenner y entzündet; nach ca. 30 Minuten wird der Hahn b geschlossen: das ver- dampfende Quecksilber kondensiert sich nun an der spitz zulaufenden Kühlvorrichtung % und tropft in den oberen Teil des mittleren Rohres e, wo der aus Glas ge- fertigte Schwimmer / die dort angeschmolzene Kapillare d so Kühlwasser. u Leucht gas lange verschließt, bis sich eine gewisse (Juantität (Quecksilber angesammelt hat, die den Schwimmer emporhebt. Dadurch findet ein ruckweises Abfließen des Quecksilbers statt: es tritt eine Wirkung, wie bei einer Sprengel- pumpe, ein, und das Vakuum wird fast absolut. Das gereinigte Quecksilber 144 R. Kempf. verläßt bei c den Apparat. In 10 Stunden können auf diese Weise etwa I kg (Juecksilber destilliert werden. Die rotierende Quecksilberluftpumpe nach W. Gaede (Fig. 505 und >06) stellt eine Art umgekehrter Gasuhr vor: während bei einer solchen ein Gasstrom eintritt und die Rotation einer Trommel bewerkstelligt (vel. achtes Kapitel, erfolgt umgekehrt bei der (Gaedepumpe die Rota- tion einer Trommel durch mechanische Kraft, und ein Gasstrom tritt aus, Gas wird also angesaugt:; die beiden Apparate stehen mithin im gleichen Verhältnis zueinander wie Elektromotor und Dynamomaschine. Ein 6 /-Ballon. der auf 10mm vorgepumpt ist, wird in 5 Minuten auf O'004mm,. in 10 Minuten auf 0’O001mm und in 15 Minuten auf Fig. 305. O.O00O1 mm evakuiert. Als Vorpumpe genügt eine gewöhnliche Wasserstrahl- pumpe, vorteilhafter ist dazu die schon oben erwähnte Gaedesche Kapsel- pumpe. Wie sehr die angegebene Leistung die der Sprengelpumpen in den Schatten stellt, erhellt aus folgendem. Nach Versuchen F\. Kraffts!) evakuierte eine v. Babosche Quecksilberluftpumpe (Sprengelprinzip) einen 1 /-Kolben nach 30 Minuten bis unter 1 mm, und erst nach 50—60 Minuten trat Kathodenlicht auf. Was früher Stunden erforderte, wird jetzt in ebensoviel Minuten erreicht. *) F.Krafft und H. Weilandt, Sublimationstemperaturen beim Vakuum des Ka- thodenlichts. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 29. S. 2245 (1896). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 145 Vakuumerzeugung unter Benutzung von Kältemitteln. Die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete der Vakuumerzeugung be- standen darin, daß man zur Entfernung der letzten Reste Luft, die die Wasserstrahlpumpen zurücklassen, überhaupt keiner stark wirkenden Luft- pumpe mehr benötigte. E. Erdmann!) schlug folgendes Verfahren vor, das die sehr kost- spieligen Hochvakuumpumpen in vielen Fällen zu ersetzen geeignet ist. Es beruht auf dem Umstande, daß die Tension des festen Kohlendioxyds bei der Temperatur der flüssigen Luft äußerst gering ist, nämlich nur etwa 0:03 mm Quecksilber beträgt. Füllt man daher ein Gefäß mit reinem luft- freiem Kohlendioxyd, schließt es luft- dicht ab und kühlt einen kleinen Teil seiner Fläche mit flüssiger Luft, so kondensiert sich das Kohlendioxyd sehr schnell, und das Gefäß ist bei mäbigen Dimensionen in einer Minute evakuiert. Die Versuchsanordnung zeigt Fig. 307; bezüglich deren Einzelheiten muß ich auf die Originalabhandlung verweisen. Erd- mann experimentierte mit Gefäßen von 11%, —6! Inhalt und gelangte bis zu 0:026mm Druck und sogar bis zum Va- kuum des Kathodenlichtes. Bei 0'056 mm Druck destillierte z. B. Glyzerin bereits bei 115—-116°, während es unter Atmo- sphärendruck erst bei 290° siedet. F. Kraft?) schlug dann ein ähn- liches Verfahren vor, das nicht einmal flüssige Luft erfordert. Hiernach wird zunächst ebenfalls die Luft aus der Apparatur durch luftfreies reines Kohlen- dioxyd verdrängt, auf 15—20 mm mit KIIIIIN I der Wasserstrahlpumpe evakuiert und ee dann das Kohlendioxyd mittelst 50°/,iger Kalilauge rasch entfernt. Der Wasserdampf wird durch Abkühlung der Lauge mittelst Eiskochsalzmischung oder vollständiger durch Kühlung mit festem Kohlendioxyd und Äther kondensiert. Man erhält so das Vakuum des Kathodenlichts und kann die Kalilauge durch Schließen eines Hahns aus der übrigen Apparatur wieder ausschalten (vgl. Fig. 308). Das Evakuieren selbst geräumiger Apparate bis zum Auftreten des Katho- !) Erzeugung hoher Vakua für die chemische Destillation. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 36. S. 3456 (1903). ?) Über Vakuumerzeugung ohne stark wirkende Pumpen oder flüssige Luft. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 37. S. 95 (1904). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 10 146 R. Kempf. denlichts nimmt nur 15—30 Minuten Zeit in Anspruch. Auch bezüglich der Einzelheiten dieser Methode,sei auf die Originalabhandlung, die | I, | > | Fig. 308. auch allgemein wertvolle Ratschläge über Vakuumdestillation enthält, verwiesen. ” ® nn Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 147 Die beiden zuletzt genannten Methoden der Vakuumerzeugung, auf denen übrigens auch die sich selbst evakuierenden Dewarschen Gefäße nach A. Stock beruhen (siehe S.41), haben den gemeinsamen Übelstand, dab sie nicht anwendbar sind, wenn sich die zu destillierenden Substanzen mit Kohlendioxyd verbinden, und daß sie eine vollkommene Dichtheit der Appa- ratur voraussetzen. Ist dieses letztere nicht der Fall, so nimmt der Druck stetig zu, da die hineinströmende Luft nicht entfernt wird. Beide Übelstände vermeidet ein von A. Wohl und M. 8. Lo- sanitsch!) vorgeschlagenesVerfahren der Vakuumerzeugung, das auf der von „James Dewar:) entdeckten Eigenschaft tiefgekühlter Kohle beruht, Luft und andere Gase ener- gisch zu absorbieren und dabei eine außerordentlich niedrige Dampf- spannung zu besitzen. Blutkohle erwies sich am geeignetsten. 20—30 g davon genügen, um größere Gefäße völlig zu evakuieren. Fig. 309 zeigt die Versuchsanord- nung, deren nur scheinbare Kom- pliziertheit hauptsächlich durch die — gar nicht unbedingt nötige — Druckmeßapparatur (ein abge- kürzter Mac Leodscher Vakuum- messer, vgl. S. 150) hervorgerufen wird. Ein 2/-Kolben wurde z. B. von 21mm Druck nach 5 Minuten auf 0'046mm, nach 15 Minuten auf 0'Ol4mm und nach 30 Mi- nuten auf 0'006 mm evakuiert. Da- Fig. 309. bei war die Apparatur nicht voll- kommen dicht, so daß also bei Anwendung der Methode die schwierige Her- stellung einer absoluten Dichtung unnötig ist. Eine chemische Methode der Vakuumerzeugung in Exsikkatoren wird weiter unten behandelt. b) Die Druckmessung. Die Messung des Minderdrucks in evakuierten Gefäßen geschieht bei Drucken über 1mm Quecksilber entweder mittelst abgekürzter Heber- 1) Über die Benutzung der Luftabsorption nach Dewar für die Destillation im hohen Vakuum und eine verkürzte Form des Mac Leodschen Vakuummessers. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 38. S. 4149 (1905). ®) Gasabsorption durch Holzkohle bei niederer Temperatur. Compt. rend. de l’Acad, des sciences de Paris. T. 139, p. 261 (1904); vgl. Chem. Zentralbl. 1904. II. S. 637. 10* 148 R. Kempf. barometer, deren offener Schenkel mit dem zu messenden Vakuum ver- bunden wird (Fig. 310, vgl. auch die Figuren 292, 294, 299, 307 und 319), oder durch Messung der hochgesaugten Quecksilbersäule in einem beiderseits offenen U-förmigen Rohr, dessen einer Schenkel mit der evakuierten Apparatur in Verbindung steht (Fig. 311). Im letzteren Falle ist noch die Ablesung an einem gewöhnlichen Barometer nötig; der Barometerstand minus der angesaugten Quecksilber- säule beides in Millimetern Quecksilber — ergibt erst den gesuchten Minderdruck. Somit ist das abgekürzte Heberbarometer im Gebrauch wesent- lich einfacher; andrerseits ist es bei Drucken, die wenig unter Atmosphären- druck liegen, unbrauchbar, ferner seine Füllung (Auskochen des Queck- silbers) nicht ganz einfach und eine gründliche Reinigung daher schwierig, und schließlich reißt das Quecksilber, wenn es bei plötzlicher Aufhebung des Vakuums rasch in den geschlossenen Schenkel zurückschnellt, leicht Luft mit, so daß das Instrument ungenau wird. Um dies und eine Zertrümmerung des geschlossenen Röhrenendes beim Aufschlagen des Quecksilbers zu verhüten, gibt man dem U-förmigen Rohr unten an der Biegung eine stark verengte Stelle; durch die Reibung, die das Quecksilber hier erfährt, wird seine Geschwindigkeit bedeutend verringert und seine Stoßkraft vernichtet. Die Ablesung an derartigen Instrumenten geschieht vor- teilhaft an Spiegelglasskalen, die sich in senkrechter Richtung so verschieben lassen, daß ihr Nullpunkt auf die eine Quecksilberkuppe eingestellt werden kann. Befindet sich das Auge in der Höhe der anderen Quecksilberkuppe in solcher Lage, dal) sich das Spiegelbild der Pupille mit dem des Skalenteilstriches und der Queck- silberkuppe deckt, so trifft die über die letztere hinweggehende Visierlinie die Skala senkrecht, und man ist sicher, die Parallachse — — den bei schiefen Visieren sich ergebenden Fig. a1. Fig. 310. Ablesungsfehler — vermieden zu haben. L. Claisen hat durch Kombination des Manometers mit einer Sicher- heitsflasche (vgl. 8.135), die einerseits mit der Wasserstrahlpumpe, an- drerseits mit den zu evakuierenden Gefäßen in Verbindung steht, dem Instrument eine vor Verunreinigungen möglichst gesicherte Lage gegeben (Fig. 312). Aber auch die andere Methode der Druckmessung, wonach die Länge einer hochgesaugten (Quecksilbersäule bestimmt wird, hat durch Anordnung des Saugrohres unmittelbar neben einem Gefäßbarometer, welches das Quecksilberreservoir mit jenem teilt, eine so große Vereinfachung im Ge- brauch erfahren, daß es auch in dieser Hinsicht den Vergleich mit der anderen Meßmethode nicht zu scheuen braucht. Fig. 313 zeigt ein derartig DLLLAILINTALELBOILTINLOEUTALNHHÄTAT ALTKLATOTÄNFTEN a 3 [5 er 4 a m IHNLNILLURN CO ur WÄLNTHTNNAARRTUINCALGHLRC HL Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 149 kombiniertes Instrument nach @. N. Vis.!) A ist das Gefäßbarometer, bei e wird die Verbindung mit dem zu messenden Vakuum hergestellt. Wird die verschiebbare Skala D mit ihrem Null- punkt auf die Quecksilberkuppe des Ba- rometers eingestellt, so liest man neben der Quecksilberhöhe in € unmittelbar den gesuchten Druck ab. ZUR LUFTPUNPE, —— u Fig. 313. Fig. 314. Handelt es sich um die Messung von Drucken unter Imm, so ver- !) Neues Vakuummeter. Chem.-Ztg. Bd. 24. S. 37 (1900). 150 R. Kempf. sagen die genannten beiden Instrumente, da sie Bruchteile eines Millimeters nur angenähert abzulesen gestatten. Man benutzt daher bei so geringen Drucken die Druckmesser nach Mae Leod (Fig.314). Das Prinzip dieses Instruments besteht darin, daß ein bekanntes Volumen V des verdünnten Gases, das die evakuierte Apparatur noch erfüllt, auf ein ebenfalls be- kanntes, sehr viel kleineres Volumen » zusammengepreßt wird und nun dieser Druck des komprimierten Gases wie in einem gewöhnlichen (Quecksilbermanometer gemessen wird. Ist » z.B. 10.000mal kleiner als V, so übt das Gas nach dem Boyle-Mariotteschen Gesetz einen 10.000mal größeren Druck aus, als vor der Zusammendrückung, und man liest also Imm Druck am Manometer ab, wenn der gesuchte Druck nur 00001 mm beträgt. In Fig. 299 (S.139) ist der Mac Leod abgebildet, ebenso in Fig. 307 (8.142) bei n, 0, p?, g. Vgl. ferner Fig. 308. Einen abgekürz- ten Mac Leodschen Va- kuummesser haben A. Wohl und M. S. Losa- nitsch in ihrer schon erwähnten Abhandlung über Evakuierung mit- telst Tierkohle vorge- schlagen (vgl. Fig. 309); ferner ist der abge- kürzte Mac Leod nach H. J. Riff‘) (Fig. 315) hier anzuführen. jei allen Messungen mit Vakuummessern nach dem Mac Leodschen Prinzip ist zu beachten, daß die Bestimmungen völlig falsche, und zwar viel zu kleine Werte ergeben, wenn ein leicht verdichtbarer Dampf (statt ein Gas, d.h. ein Stoff, dessen Temperatur oberhalb seiner kritischen Tem- peratur liegt.) in den Druckmesser gelangt, wenn also z.B. die Luft in dem Apparat nicht ganz trocken ist. Denn nur vollkommene Gase folgen dem Boyle- Mariotteschen Gesetz, auf dem die Druckmessung nach Mac Leod ja beruht. F. Krafft?) benutzt das verschiedene Verhalten elektrischer Glimm- entladungen in verdünnten Gasen als Kriterium für die Höhe des Vakuums. *) Hilfsmittel zur Demonstration der elektrischen Entladungen in Gasen. Zeitschr. f. d. physikal. u. chem. Unterricht. Bd. 17. S. 154 (1904). ?) F. Kraft und H. Weilandt, Siedetemperaturen beim Vakuum des Kathodenlichts. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 29. S.1321 (1896); vgl. auch F. Kraft, Über Vakuum- destillation und einige Regelmäßigkeiten, welchen die in luftleeren Räumen erzeugten Flüssigkeiten und Dämpfe gehorchen. Ebenda. Jg. 32. S. 1624 (1899). „ eg Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 151 Um diese Methode, die natürlich nur bei sehr hoher Luftverdünnung an- wendbar ist und nur eine ungefähre Schätzung des Vakuums gestattet, sich aber durch ihre Bequemlichkeit empfiehlt, anzuwenden, muß man eine Hittorfsche Röhre in die Apparatur einschalten, wie es Fig. 316 darstellt. Ein Bunsenelement und ein ganz kleiner Ruhmkorfscher Funkeninduktor genügen, um die Röhre in Funktion zu setzen. Sobald sich das apfelgrüne Kathodenlicht an den Wänden des Glases zeigt, muß) das den Kathodenstrahlen entsprechende Vakuum von etwa ein Millionstel Atmosphäre = ca. 0'001 mm Fig. 316. eingetreten sein; bei noch größerer Verdünnung verschwindet überhaupt jede elektrische Entladung. An Stelle der Aittorfschen Röhre braucht man übrigens nur eine gewöhnliche mitevakuierte Glasröhre — eventuell ohnehin ein Teil der Apparatur — an zwei Stellen außen mit Stanniol zu belegen und die beiden Stanniolstückchen mit den Polen des Induktors zu verbinden. c) Die übrige Apparatur und allgemeine Regeln. Als Siedegefäße kommen dieselben Kolben in Anwendung, wie bei der gewöhnlichen Destillation, nur muß man sie so groß wählen, daß sie mit der zu destillierenden Flüssigkeit höchstens bis zur Hälfte gefüllt sind. Denn da die sich im Vakuum entwickelnden Dampfblasen viel größer sind, als bei gewöhnlichem Druck, so tritt bei der Vakuumdestillation sehr leicht ein Überschäumen und Überspritzen der Flüssigkeit ein. - Am wirksamsten verhindert man das häufige und überaus lästige Stoßen der siedenden Flüssigkeit infolge Siedeverzugs dadurch, daß man einen Luftstrom oder ein anderes indifferentes Gas mittelst einer Glas- kapillare durch sie hindurchperlen läßt, und daß man den Destillations- kolben nicht über freier Flamme, sondern in einem Flüssigkeitsbade erhitzt. Fig. 317 zeigt die einfachste Art der für die Vakuumdestillation geeigneten Apparatur. Weit vorteilhafter benutzt man zum Destillieren im Vakuum den schon oben beschriebenen Claisenkolben (vel. Fig. 251). Durch den einen 152 R. Kempf. Hals wird die Kapillare, durch den anderen das Thermometer eingeführt. Den Luft- oder Gasstrom reguliert man mit Hilfe eines Schraubenquetsch- hahnes, der das auf die Kapillare aufgesetzte Schlauchstück mehr oder weniger verschließt (vel. Fig. 319). Füllt man das seitliche Rohr des Claisen- kolbens mit Glasscherben und -Perlen, so erhält man — wie schon erwähnt eine Art von Hempelschem Fraktionieraufsatz und außerdem einen ausgezeichneten Schutz gegen das Überspritzen von Flüssigkeit. Um das Stoßen der Flüssigkeiten beim Arbeiten mit der Geryk- pumpe zu vermeiden, empfehlen Emil Fischer und C©. Harries‘), statt einen Luftstrom, der immerhin das Vakuum etwas verschlechtert und die Pumpe schädigen kann, hindurchzuleiten, zwei bis drei linsengroße Stückchen Ziegelstein oder gebrannten Ton in den Kolben zu legen (vel. Fig. 299). Will man bei der Vakuumdestil- lation eine größere Anzahl von Frak- tionen auffangen, ohne jedesmal das Vakuum unterbrechen und die Vorlage abnehmen zu müssen, so bedient man sich einer der überaus N zur Wasserstrahlpumpe Fig. 317. . Fig. 318. zahlreichen Vorrichtungen, die ein Auswechseln der Vorlage ohne Unter- brechung der Destillation und ohne Aufhebung des Vakuums gestatten. Fig.318 zeigt dievon J. W. Brühl?) angegebene Apparatur; evakuiert wird an dem links unten befindlichen Tubus, das Destillat gelangt durch den Tubus rechts oben in das luftdicht verschlossene Gefäß und tropft in eines der von außen drehbar angeordneten und daher auswechselbaren Reagenzgläser. Von L. T. Thorne®) wurde ebenfalls eine derartige praktische Ein- richtung vorgeschlagen (Fig. 319), die auch Emil Fischer und C. Harries!) empfahlen (vgl. Fig. 299, S. 139). ") loe. eit. °) Apparat zur fraktionierten Destillation im Vakuum. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 21. S. 3339 (1888). ®) Über einen Apparat zur fraktionierten Destillation unter vermindertem Druck. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 16. S. 1327 (1883). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 153 Auch die in Fig. 320 abgebildete Vorlage für fraktionierte Vakuum- destillation ist recht brauchbar !); durch Drehen der ganzen unteren Gefäß- kombination 7 samt Stopfen «a um das Abflußrohr e kann man nach- einander verschiedene Gefäße unter die Mündung des letzteren bringen. Bei allen Arbeiten im hohen Vakuum bereitet der dichte Abschluß der gesamten Apparatur nach der Außenluft oft erhebliche Schwierigkeiten und ärgerlichen Zeitverlust. Einige praktische Dichtungsmittel und Kitte mögen daher hier Erwähnung finden. Zum Dichten von Glasschliffen (Glashähnen, Glasstopfen, Exsikka- toren) dient Rinder- oder Hammeltalg. Chemisch weit widerstandsfähiger, da nicht, wie dieser, durch Säuren oder Alkalien verseifbar, aber für manche Zwecke zu wenig zäh, ist Vaseline. Nach 4A. Stock bewährt sich wasserfreies Lanoln (Adeps lanae anhydricus, Ph. G. IV) ausgezeichnet. F. Kraft empfahl es ebenfalls?®), daneben als Hahnfett usw. auch ein Gemisch aus zwei Teilen weißem Wachs und einem Teil Adeps lanae. :) Ein sicheres Zeichen für das dichte Schließen eines eingefetteten Schliffes ist es, wenn zwischen den Schliffflächen, also z. B, e&L Fa DIE SITE EBENEN ET En 4 BES LEI ART WEDENR ENG Fig. 319. zwischen Hahnküken und Hahngehäuse, keine Schlieren oder trübe Stellen sichtbar sind, sondern das Ganze wie eine einheitliche Glasmasse aussieht. “Wird ein Glasschliff erhitzt, so lassen sich gewöhnlich die bisher genannten, leicht schmelzenden Dichtungsmittel nicht anwenden. Man kann in solehen Fällen sirupöse Phosphorsäure benutzen. Oft genügt es auch !) Vgl. P. Raikow, Fraktioniervorstoß. Chem.-Ztg. Bd. 12. S. 694 (1888). 2) F. Krafft und W. A. Dyes: Über Destillation mit der kontinuierlich wirkenden Quecksilberluftpumpe. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 28. S. 2587 (189). 3) F. Krafft und H. Weilandt: Sublimationstemperaturen ..... Ebenda. Jg. 29. S. 1322 (1896). 154 R. Kempf. schon, wenn man die Schliffflächen mit Graphit einreibt, was am ein- fachsten durch Bestreichen derselben mit einem mittelharten Bleistift eeschieht.!) Beim Arbeiten mit Brom kann man auch konzentrierte Schwefelsäure zum Schmieren von Hähnen benutzen. Die sicherste Dichtung bieten Quecksilberverschlüsse. Sowohl Glas- hähne, wie Glasstopfen lassen sich durch geeignete Vorrichtungen mittelst (necksilbers dichten. Fig. 321 stellt z. B. eine Stöpselflasche nach 4. Stock?) dar, die am Halse eine rinnenartige Erweiterung für Quecksilber trägt, so daß man darin z.B. Gase jahrelang ganz unverändert aufbewahren kann. Die Quecksilberverschlüsse haben die Annehmlichkeit, absolut dicht zu schließen und trotzdem leicht beweglich und in jedem Augenblick auseinander- nehmbar zu sein.3) Bei luftdicht abzu- schließenden Rührapparaten (vel. Fig. 60, 61 und 62, S. 34 u. 55) spielt diese Eigenschaft der Quecksilberverschlüsse eine wichtige Rolle, ferner bei Rohr- verbindungen in Ätherextraktionsappa- raten (Fig. 352 und 358) und in Ozon- apparaten, wo außerdem der chemisch edle Charakter des Quecksilbers zur Geltung kommt (s. achtes Kapitel). Zur Dichtung der Verbindungsstellen zwischen Kautschukschlauch und Glasrohr oder zwischen Kautschukstopfen und Glasgefäß leistet kon- zentrierte Gummilösung, wie man sie zur Dichtung der Fahrradreifen benutzt, ausgezeichnete Dienste und ist wohl dem sonst empfohlenen Collo- dium noch vorzuziehen (vgl. erstes Kap., S. 12). Eine Quecksilberdichtung zwischen Gummischlauch und Glasrohr zeigt Fig. 322.) Als Kitte sind Guttapercha, Chatterton-Compound, Siegel- lack, Gips, Gelatine (S. 12) schon erwähnt worden und Chrom- gelatine wird weiter unten besprochen. Einen sehr bequem her- zustellenden und zu verwendenden Kitt erhält man, wenn man Leinsamen- mehl mit Wasser zu einem dicken Brei anrührt. Ein vorzüglicher Kitt, der steinhart wird, ist auch ein Gemisch von Asbestpulver mit käuflicher Fig. 320. Fig. 322. ') Vgl. R. Kempf, Praktische Studien über Vakuumsublimation. Journ. f. prakt. Chem. [N.F.]. Bd. 78. S. 207 (1908). *) Die Quecksilberwanne, ein zu wenig bekanntes, nützliches Hilfsmittel bei gas- analytischen Arbeiten. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 41. S. 3839 (1908). °) Vgl. auch Georg W. A. Kahlbaum, Schliffe und Hähne. Zeitschr. f. Instrumenten- kunde. Bd. 14. S. 21 (1894). *) Vgl. A. Stock und O. Guttmann, Über den Antimonwasserstoff und das gelbe Antimon. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 37. S. 885 (1904). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 155 konzentrierter Wasserglaslösung; nach dem Auftragen und Trocken- lassen der Masse bepinselt man sie mit verdünnter Schwefelsäure, wo- durch sich Kieselsäure abscheidet. 1 Teil Wasserglaslösung (spez. Gew.:! 1:34) + 1 Teil Schlämmkreide + 19 Teile Kaolin bilden den sogenannten Karlsbader Patentkitt, der in 12 Stunden trocknet. Sehr vielseitig an- wendbar, z. B. auf Holz, Glas, Porzellan, Stein und Metall, ist ein Kitt aus fein gepulverter Bleiglätte und Glyzerin; er erhärtet ziemlich schnell und widersteht der Einwirkung von Wasser und Säuren. 3. Destillieren unter Überdruck. So wertvoll und unentbehrlich die Destillation bei vermindertem Druck vielfach auch ist, so kann doch der Fall eintreten, daß es nicht bloß schädlich ist, den Luftdruck herabzusetzen, sondern vielmehr von größtem Nutzen, ihn noch künstlich zu erhöhen. Durch Destillation von Fettsubstanzen unter Druck gelang es z. B. Engler, petroleumähnliche Stoffe künstlich darzustellen. Aber auch bei der einfachen Trennung eines Gemisches durch De- stillation kann es von Vorteil sein, den Druck über eine Atmosphäre zu erhöhen, nämlich dann, wenn bei der dadurch steigenden Destillations- temperatur die Tensionskurven und mithin die Siedepunkte der zu schei- denden Substanzen weiter auseinander liegen, als bei niedrigeren Tem- peraturen. Ferner werden sich manche Substanzen im Vakuum nicht un- zersetzt verflüchtigen, wohl aber unter Druck; dieses Verhalten werden alle leicht dissoziierenden Körper (z. B. Phosphorpentasulfid) zeigen, bei denen durch den Zerfall eine Volumvergrößerung ihres Dampfes stattfindet. Denn nach dem Lenzschen Zwanggesetz ruft ein Zwang, der auf ein System ausgeübt wird, solche Veränderungen hervor, die an und für sich dem Zwange entgegen wirken. ©. Engler‘), sowie G@. Krämer und A. Spilker?) haben Apparaturen für die Destillation unter Überdruck beschrieben: die zuletzt genannten Autoren arbeiteten mit einem schmiedeeisernen Destillationskessel, der, mit Regulierventil versehen, bei dem ziemlich konstant bleibenden Drucke von 25 Atmosphären abzudestillieren gestattete. Über Sieden am Rückflußkühler unter Druck siehe fünftes Kapitel (S. 81). 4. Destillieren mit Wasserdampf. a) Destillieren mit Wasserdampf von 100°. Eine bei organisch-chemischen Arbeiten viel benutzte Trennungs- methode ist auch die Destillation im Wasserdampfstrom. Viele Substanzen, !) Zur Bildung des Erdöles. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 21. S. 1818 (1888) und €. Engler und Ed. Löw, Verhalten einiger organischer Säuren und Ester bei höherer Temperatur. Ebenda Jg. 26. S. 1437 (1893). ?®) Über die Zersetzung visköser Körper (Schmieröle) durch Destillation unter Druck. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 33. S. 2265 (1900). 156 R. Kempf. die bei gewöhnlichem Druck weit oberhalb 100° destillieren, d. h. sieden, verflüchtigen sich ziemlich rasch mit Wasserdämpfen, wenn man sie in Wasser suspendiert und dieses zum Sieden erhitzt; oder wenn man Wasser- dampf über die Substanz oder durch ihre Suspension in Wasser leitet. So lassen sich oft auch isomere Verbindungen glatt voneinander trennen: z. B. geht o-Nitrophenol leicht mit Wasserdämpfen über, während p-Nitro- phenol quantitativ im Destillationskolben zurückbleibt. Die zur Wasserdampfdestillation gebräuchlichste Apparatur zeigt Fig. 323. Als Dampfentwickler dient ein Blechtopf, wie ich ihn schon bei den Dampfbädern (S. 76) beschrieben habe, als Heizquelle am bequemsten ein niedriger Fletscherbrenner (8. 51); der Dampf strömt durch ein ge- bogenes Glasrohr in den das Gemisch enthaltenden Rundkolben, der schräg gestellt ist, um ein Hinüberspritzen der wallenden Flüssigkeit zu verhindern, Fig. 323 und geheizt werden kann, um eine allzu starke Kondensation des Dampfes zu vermeiden. Wendet man statt eines metallenen Dampfentwicklers einen gläsernen Rundkolben an, so empfiehlt es sich, einige Stückchen Zink und ein wenig verdünnte Schwefelsäure dem Wasser hinzuzufügen. Während des Kochens findet dann eine ganz schwache Wasserstoffentwicklung statt, und man erhält einen regelmäßigen, stoßfreien Wasserdampfstrom. Der Kühler muß ziemlich lang sein und rasch von Wasser durchflossen werden. Erstarrt die Substanz im Kühler, so setzt sie sich schon in diesem fest; durch zeitweises Abstellen des Kühlwassers gelingt es bei Substanzen, die unter 100° schmelzen (was bei so flüchtigen Körpern meistens der Fall ist), leicht, sie aus dem Kühlrohr zu vertreiben. Ein Dampfeinleitungsrohr, bei dem der Dampf aus vielen kleinen Öffnungen wagerecht austritt, hat H. Stolzenberg!) neuerdings vorgeschlagen 1) nein Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 770 (1908). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 157 (Fig. 324). Diese Einrichtung macht ein Schrägstellen des Kolbens über- flüssig, da die Flüssigkeit in rasche Rotation gerät, ohne dal ein Spritzen eintritt. Über die Beschleunigung der Wasserdampfdestillation durch Zusatz von etwas Schwefelsäure zu der zu destillierenden Flüssigkeit hat K. Auwers !) Mitteilungen gemacht. Fraktionierte Destillation im Wasserdampfstrom haben M. J. Lazarus?), und F. Tiemann und P. Krüger:) beschrieben. b) Destillieren mit überhitztem Wasserdampf. Bei sehr schwer flüchtigen Substanzen schaltet man zwischen Dampf- entwickler und Destillationskolben ein konisch gewundenes Kupferrohr (Fig. 325) ein, das man durch einen Bunsenbrenner erhitzt. An der Austrittsstelle des Dampfes kann man in den kleinen Tubus mittelst Asbestschnur ein Thermometer einsetzen. — a pe Ser ! set nn en eg es a ee Fig. 325. Wenn man den Destillationskolben in einem Öl- oder Luftbade über 100° erhitzt, wobei man die Substanz nicht mit Wasser überschichtet, beschleunigt man die Destillation erheblich. c) Destillieren mit Wasserdampf im luftverdünnten Raume. Neuerdings hat W. Steinkopf*) vorgeschlagen, bei der Destillation im Wasserdampfstrom gleichzeitig mit der Wasserstrahlpumpe zu evakuieren. Diese Arbeitsmethode ist in vielen Fällen von großem Nutzen, wenn es sich entweder um Körper handelt, die mit Wasserdämpfen flüchtig sind, aber von diesen bei höherer Temperatur angegriffen werden, oder !) Über Trimethylbernsteinsäure ..... Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 28. S. 265 (1895). ?) Über fraktionierte Destillation im Wasserdampfstrom. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 18. S. 577 (1885). ®) Über Veilchenaroma. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 26. S. 2675 (1893). *) Über Wasserdampfdestillation im luftverdünnten Raume. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 517 (1908). 158 R. Kempf. um Trennung an und für sich beständiger, flüchtiger Verbindungen von nicht flüchtigen, durch heißes Wasser zersetzbaren Substanzen. Die Apparatur ist im wesentlichen die der gewöhnlichen Dampf- destillation, nur ist die Vorlage ein Saugkolben, der einerseits mit dem Liebigschen Kühler, andrerseits mit Manometer und Wasserstrahlpumpe Iuftdieht verbunden ist. Das Dampf liefernde Wasser wird besser im Olbade, statt über freier Flamme erhitzt. Natürlich muß ferner der Schlauch, der den Dampferzeuger mit dem Destillationskolben verbindet, ein dick- wandiger Druckschlauch sein. Auf einen besonders gut wirkenden Kühler ist ein Hauptwert zu legen; am besten wendet man nicht einen Kondensator aus Glas, sondern aus Metall an, z. B. eine Zinnschlange.?) Nach dieser Methode ging Toluol bei 27mm Druck und einer Dampf- temperatur von 275°, Anilin bei 20mm und 23°, Nitrobenzol bei 19 mm und 225° über. 5. Destillieren mit Alkohol- oder Ätherdampf. An Stelle von Wasserdampf sind in einzelnen Fällen auch die Dämpfe anderer Flüssigkeiten zum Übertreiben von Substanzen und Trennen von Gemischen mit Erfolg angewendet worden. H. Bunzel?) beschrieb die Destillation mit Alkoholdämpfen, P. As- kenasy und Victor Meyer®) benutzten Ätherdämpfe mit großem Nutzen zum gleichen Zweck. Ferner stellte Ludwig Knorr +) vom Acetonylaceton fest, daß es beim Abdestillieren seiner ätherischen Lösung mit den Ätherdämpfen in nicht unbeträchtlicher Menge übergeht, und R. Kempf?) benutzte die Flüchtigkeit der Ameisensäure mit Ätherdämpfen zur Trennung derselben von Maleinsäure. 6. Trockene Destillation. Die trockene Destillation, deren Hauptanwendung in der Technik in den Kokereien und Leuchtgasfabriken stattfindet, geschieht im Laboratorium gewöhnlich in Metallretorten, da Glasgefäße bei den oft notwendigen hohen Temperaturen und vor allem bei der leicht möglichen lokalen Über- hitzung einzelner Stellen des Destillationsgefäßes meistens springen oder doch stark angegriffen werden. Aus Gubßeisen gefertigte Retorten®) zeigen Fig. 326 u. 327. Wegen der schlechten Wärmeleitung ungeschmolzener fester Stoffe tritt eine teil- ') Vgl. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 1083 (1908); Zur Anwendung der Dampfdestillation unter vermindertem Druck. ?) Über die Oxydation des a-Pipecolins I. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 22. 8.1053 (1889). | °) Über das Nitropropylen (Nitroallyl). Ebenda. Jg.25. S. 1702 (1892). *) Verseifungsprodukte des Diacetbernsteinsäureesters. Ebenda. Jg. 22, S. 169 (1889). °) Oxydationen mit Silberperoxyd. III. Die Oxydation von p-Benzochinon. Ebenda. Jg. 39. S. 3721 (1906). ®) Vgl.z.B. A. Wohlu. C. Neuberg, Über die Darstellung des Acroleins. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 32. S. 1353 (1899). fi “ — mn Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 159 weise Überhitzung derjenigen Teile des Materials, die mit den Metall- wänden des Destillationsgefäßes direkt in Berührung sind, oft bereits ein, noch ehe das mehr im Innern befindliche Material die gewünschte, zur Umsetzung erforderliche Temperatur erreicht hat. Diesem Übelstand begegnet die fer Meersche Retorte!) (Fig. 328) dadurch, dab sie flach, pfannenartig ausgebildet ist; in- - Fig. 327. Fig. 326. folgedessen kann die zu erhitzende Substanz in dünner Schicht ausgebreitet werden und erfährt leichter eine gleichmäßige Erwärmung. 7. Eindampfen. Zum Eindampfen von Lösungen, deren Rückstand kristallisiert oder erstarrt, sind Destillationskolben wenig geeignet, einmal weil gegen Ende der Destillation in- folge der Kristallaus- scheidungen heftiges Stolien einzutreten pflegt, und zweitens, weil der feste Rück- stand aus den eng- halsigen Kolben schwierig zu ent- fernen ist. Man dampft daher in solchen Fällen am besten in offenen Schalen ein, und zwar im allgemeinen nicht durch den Siede-, sondern durch den Verdunstungsprozeß, also durch einen Vorgang, der sich nicht an den heißen (Gefäßwandungen und im Innern der Flüssigkeit abspielt, sondern nur an deren Oberfläche.) Beim Verdunsten einer Flüssigkeit, also bei der Verflüchtigung der- selben unterhalb ihres Siedepunktes, ist die Verdunstungsgeschwindigkeit !) R. Gnehm, Korrespondenz aus Zürich. (Sitzung d. chem. Ges.). Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 9. S. 844 (1876). ?) Es erscheint nützlich, die praktisch so verschiedenen Eindampfprozesse auch verschieden zu benennen und die Verflüchtigung eines flüssigen oder festen Körpers 160 R. Kempf. unter sonst gleichen Umständen der frei der Verdunstung zugänglichen Flüssigkeitsoberfläche direkt proportional.'!) Eine bestimmte Flüssig- keitsmenge verdunstet mithin in möglichst flacher Schale am raschesten. Wesentlich unterstützt wird die Verdunstung noch, wenn für schnelle Fortführung der Dämpfe gesorgt wird. Dies kann entweder durch Her- stellung eines Vakuums geschehen, in welchem sich die vergasten Mole- küle viel rascher bewegen als im lufterfüllten Raume, oder aber auf mechanische Weise: z.B. mittelst eines über die verdampfende Flüssigkeitsoberfläche ge- blasenen Luft- oder Gasstroms. ezüglich der Luftdruckerniedrigung gilt en ee) 1 h \ ” a .. A die Stefansche Formel?), wonach angenähert In) die Verdampfungsgeschwindigkeit direkt pro- portional dem Dampfdruck der Substanz, um- gekehrt proportional dem Luftdruck ist: ‘p ae : , vorausgesetzt, daß p‘ klein ist ei V=konst. l in A, 1 ıh gegen p. Zum Eindampfen von Flüssigkeiten in Schalen oder Bechergläsern im Vakuum hat VI. Stanek einen mit Dampf heizbaren Apparat (Fig. 329) vorgeschlagen. Statt des Thermo- meters (vgl. die Figur) kann ein Vakuummesser oder ein mit Glasrohr versehener Tropftrichter zur Ergänzung der verdampfenden Flüssigkeit oder endlich ein kapillar endigendes Glasrohr zum Durchleiten eines Luft- oder Gasstroms durch die Flüssigkeit aufgesetzt werden. Ver- bindet man den Apparat nicht direkt mit der Luftpumpe, sondern schaltet einen Kühler und eine Vorlage dazwischen. so läßt sich das Destillat auch auffangen. /um Abdampfen größerer Flüssigkeits- mengen im Vakuum dienen Apparate von der Art, wie sie Fig. 330 zeigt. Auch dieser Appa- rat wird für Dampfheizung eingerichtet und besitzt außerdem ein horizontal gelagertes Rühr- werk: in der Figur rechts befindet sich die Kühlvorrichtung zur Konden- sation der entweichenden Dämpfe. unterhalb des Siedepunktes mit „Verdunsten“, beim Siedepunkt mit „Verdampfen“ zu bezeichnen. - ') Vgl. z.B. R. Kempf, Praktische Studien über Vakuum-Sublimation. Journ. f. prakt. Chemie [2], 78, 211 (Fußnote 3) (1908). 2) J. Stefan, Versuche über die Verdampfung. Ber. d. k.k. Akad. zu Wien [2], 68, 385 (1873). — Vgl. auch H. Arctowski, Z. f. anorg. Chem., 12, 427 (1896). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 161 Ich komme nun zur Besprechung der Eindampfmethoden, bei denen die vergasten Substanzteile auf mechanische Art fortgeführt werden. Dies geschieht z. B. mittelst hölzerner Luftschrauben, die unmittelbar über dem Flüssigkeitsspiegel rasch rotieren. Scheidet die eindampfende Flüssig- keit feste Substanzen ab, bildet sie namentlich eine Haut beim Eindunsten, so muß man die Flüssigkeit mittelst eines Rührers in steter Bewegung halten und kann dann an dessen Achse zugleich die Holzflügel der Luft- schraube befestigen. Um das Eindunsten oder Eindampfen wässeriger, alkoholischer, äthe- rischer Flüssigkeiten in Porzellanschalen, gläsernen Kristallisierschalen usw.. z.B. auf dem Wasserbade, ganz wesentlich zu beschleunigen und zugleich Fig. 330. bei brennbaren Flüssigkeiten jede Feuersgefahr auszuschließen, empfiehlt es sich, dicht über dem Flüssigkeitsniveau einen eben in die Schale hinein- passenden Trichter umgekehrt aufzuhängen und dessen Hals mit einer Saugpumpe zu verbinden. Dieses Verfahren führt bei kräftig wirkender, d.h. große Luftmengen fördernder Pumpe außerordentlich schnell zum Ziel und umgeht die Umständlichkeiten, die mit der Anwendung eines Vakuums verbunden sind. Eine noch bequemere Methode, leicht flüchtige Flüssigkeiten in flachen Schalen rasch zu verdunsten, besteht darin, dal man die Schiebetüren eines gut ziehenden Abzugs nur wenige Zentimeter hoch öffnet und in die Spalte die Schale hineinstellt: die verdunstende Wirkung der über den Flüssigkeitsspiegel streichenden Zugluft ist überraschend groß. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 11 162 R. Kempf. Auf ähnlichem Prinzip beruht der in Fig. 331 abgebildete, von S. P. Beebe und B. H. Buxton!) angegebene Ventilator-Trockenschrank. der speziell zum raschen Trocknen leicht zersetzlicher Eiweißkörper bestimmt ist. Die Luft wird vorgewärmt, wie aus der Figur ersichtlich; die Trock- nung geht bei 40° schneller und mit geringerer Zersetzung vor sich, als auf dem Wasserbade. Einen ganz ähnlichen Apparat zum raschen Eindunsten temperatur- empfindlicher Flüssigkeiten hat Kdırin Stanton Faust?) angegeben (Fig. 332). Der Zentrifugal-Drehstromventilator (Siemens & Halske) fördert 25 m> Luft in der Minute. Die einzudampfende Flüssigkeit befindet sich in flachen Schalen, die auf einem großen Wasserbade (125 x 30 x 16em) aus Weiß- blech stehen. Die Heizvorrichtung für die Luft ist zwischen Ventilator und (dlaskasten eingeschaltet und besteht aus einem mit Asbest umkleideten doppelwandigen Eisenblechkasten, der von den heißen Verbrennungsgasen allseitig umspült wird. Die Abluft führt zweckmäßig direkt ins Freie, so dab auch unangenehm riechende Flüssigkeiten ohne Belästigung einge- Fig. 331. dampft werden können. 5—6 wässerige Flüssigkeit werden z. B. bei 22—23° in 6—8 Stunden zur Trockne eingedampft. Diese Art der Verdunstung hat gegenüber der gewöhnlichen Art der Vakuumdestillation, bei der Sieden stattfindet, viele wesentliche Vorzüge, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden kann. Nicht anwendbar ist die Methode nur bei Sub- stanzen, die gegen den Luftsauerstoff usw. sehr empfindlich sind, in allen übrigen Fällen leistet sie ausgezeichnete Dienste, so daß sie in den che- mischen Laboratorien viel häufiger benutzt werden sollte. Zum raschen Eindampfen sehr großer wäßriger Flüssigkeitsmengen bei gewöhnlichem Druck empfiehlt es sich, eine Kupferrohrschlange zu benutzen, die von gespanntem Wasserdampf (3 Atmosphären = 135°) durch- strömt und in das Gefäß mit der einzudampfenden Flüssigkeit einge- senkt wird: ein Anbrennen oder eine lokale Überhitzung ist trotz des schnellen Eindampfens ausgeschlossen. Mit einer Kupferschlange von 5m ‘) Einige neue Laboratoriumsapparate. Amer. Journ. of Physiol. Vol.14. p.7 (1905); vgl. Chem. Zentralbl. 1905. II. S. 733. ?) Über das Fäulnisgift Sepsin. Arch. f. experim. Path. u. Pharm. Bd.51. S. 248 (1904) ; vgl. Chem. Zentralbl. 1904. II. S. 119. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 163 Länge und 1cm lichter Rohrweite (4/, Windungen von 25 cm Durch- messer) gelingt es auf diese Weise z.B. leicht, an einem Tage ca. 1001 Harn einzudampfen, ohne daß eine besondere Beaufsichtigung nötig wäre. Fig. 332. Diese ausgezeichnete Arbeitsmethode ist im Chemischen Institut der Uni- versität Berlin schon seit Jahren mit bestem Erfolge in Gebrauch. 8. Trocknen fester Körper. Fast alle Methoden, feste Substanzen zu trocknen, beruhen darauf, daß diese im allgemeinen einen weit geringeren Dampfdruck besitzen, als Flüssigkeiten. Die gewöhnlichste Art des Trocknens fester Körper ist die Erhöhung der Tension der anhaftenden Flüssigkeit durch Erhitzen: da also die Operation ein Verflüchtigen von Flüssigkeit bezweckt, so kommen die im vorigen Abschnitt besprochenen Methoden, Flüssigkeiten einzudampfen, mutatis mutandis auch für das Trocknen fester Körper in Betracht. iu; 164 R. Kempf. Das Erhitzen in möglichst flachen Schalen in Luftbädern („Trocken- kästen“) oder auf Wasserbädern führt gewöhnlich am raschesten zur völligen Trocknung einer Substanz. Jedoch ist es auf jeden Fall zu emp- fehlen, organische Substanzen bei gewöhnlicher Temperatur vorzutrocknen, ehe man sie erhitzt: die geringen Reste des betreffenden Lösungsmittels, namentlich von Wasser, können bei erhöhter Temperatur zersetzend auf die Verbindung einwirken. Das Trocknen bei gewöhnlicher Temperatur geschieht entweder an der freien Luft oder im Exsikkator. Oft genügt es, die Substanzen nach dem Abpressen zwischen Filtrier- papier oder auf Ton oder nach dem Absaugen auf der Nutsche auf Uhr- eläsern, Filtrierpapier oder Tontellern auszubreiten und bei Zimmertempe- ratur sich selbst zu überlassen. Sehr rasch und vollständig pflegen besonders kristallinische Körper auf der Nutsche zu trocknen, wenn man lange genug Luft hindurchsaugt; allerdings tritt dabei eine Verunreinigung durch den Staub der Laboratoriumsluft ein. 3ei Stoffen, die in Alkohol und Äther unlös- lich sind, kann man durch Waschen des XNieder- schlages mit diesen Flüssig- keiten die Trocknung we- sentlich beschleunigen : der Alkohol verdrängt das an- haftende Wasser, Nitro- benzol, Toluol usw., und der noch rascher verdunstende : Äther verdrängt den Al- kohol. Fig. 333 zeigt eine Fig. 333. einfache Form eines Exsik- kators; unterhalb der Einschnürung, die ihn für den Transport ins Wägezimmer handlich macht, befindet sich das Trockenmittel (s. weiter unten), darüber legt man auf den Vorsprung der Einschnürung ein Drahtnetz und stellt auf dieses eine mit Löchern versehene Porzellanplatte, welche die Gefäße mit der zu trock- nenden Substanz aufnimmt. sringt man einen heißen Gegenstand in einen derartigen Exsikkator, so entweicht etwas erwärmte Luft, indem sich der Deckel von selbst lüftet; nach dem Erkalten ist dann der Exsikkator gewissermaßen zu einem Vakuum-Exsikkator geworden, dessen Deckel sich schwer ohne Er- schütterung öffnen läßt. Um der Luft langsamen Zutritt in einen solchen Exsikkator, der sich automatisch evakuiert hat, zu verschaffen, empfiehlt sich nach €. Nalenz!) eine Öffnung mit Hahnverschluß im Knopf des Exsikkatordeckels (Fig. 334). Fig. 334. 1) Exsikkator. Chem.-Ztg. Bd. 30. S. 696 (1906). | | | | | z Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 165 Für lichtempfindliche Stoffe — und hierzu gehören weit mehr Substanzen, als man gemeinhin annimmt, — schlug ©. Liebermann!) den Gebrauch von Exsikkatoren aus braungelbem Glase vor. Da Wasserdampf spezifisch leichter als Luft ist und mithin feuchte Luft leichter als trockene, erfüllen Exsikkatoren ihren Zweck schneller, wo- rauf zuerst W. Hempel hingewiesen hat, wenn sich das Trockenmittel ober- halb des zu trocknenden Materials befindet, wie es bei dem von Kaehler angegebenen Exsikkator (Fig. 335) der Fall ist. Um die Diffusion des Wasserdampfes von der Oberfläche der trock- nenden Substanz zu beschleunigen und damit den Trockenprozeß, pumpt man die Exsikkatoren möglichst luftleer. Fig. 336 zeigt die gebräuchlichste Form eines derartigen Vakuumexsikkators, Fig. 337 einen solchen mit oben befindlichem Trockenmittel nach W. Hempel.?) In dem zuletzt ge- nannten Exsikkator verdunsteten 10cm3 Wasser auf einem Uhrglase in INT mm ll I H I) Fig. 335. Fig. 336. Fig. 337. drei Tagen, ein Vorgang, der ceteris paribus in einem gewöhnlichen Va- kuumexsikkator neun Tage Zeit beanspruchte. Ein Übelstand der gebräuchlichen flachen Exsikkatoren ist ihr be- schränkter Raum: eine einzige mittelgroße Schale z. B. füllt ihn fast voll- ständig aus. Der Vakuumexsikkator nach R. Kempf?) (Fig. 558) ist so hoch gebaut, daß man Substanzen in drei Etagen übereinander hineinsetzen kann; die mittelste Plattform ist vertikal verschiebbar, so dal eventuell auch sehr hohe Gegenstände, z. B. Flaschen oder Bechergläser, im Exsikkator Platz finden. Das Trockenmittel kann in einer Schale entweder oben oder unten aufgestellt werden. !) Kleine Laboratoriumsapparate. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 21. S.2529 (1888). 2) Über einen prinzipiellen Fehler, welchen die gebräuchlichen Exsikkatoren haben. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 23. S. 3566 (1890) und: Über einen neuen Exsikkator. Zeitschr. f. angew. Chem. 1891. S. 200. ®) Ein neuer Vakuumexsikkator. Uhem.-Ztg. Jg. 33. S. 145 (1909). 166 R. Kempf. Auler zum Trocknen feuchter Substanzen dienen die Exsikkatoren auch gelegentlich zum vorübergehenden Aufbewahren bereits getrockneter Substanzen, um das Wiederanziehen von Feuchtigkeit und das Einstauben zu verhüten: besser geeignet für diesen Zweck sind aber größere Trocken- schränke (Fig. 339). Für die Beschiekung der Exsikkatoren und Trockenschränke kommen als Trockenmittel hauptsächlich wasserfreies Chlorcaleium, konzentrierte Schwefelsäure und Phosphorpentoxyd in Betracht und zur Absorption saurer Dämpfe Natronkalk (auch wohl Ätz- natron oder Ätzkali). Um ein Ver- — 5 EEE Pr: schütten der Schwefelsäure zu ver- _ hüten, kann man mit ihr Bims- steinstücke, die wegen ihres Grehaltes an Chloriden vorher mit Schwefel- säure erhitzt wurden, tränken und Ki Fig. 333. Fig. 340. diese Bimssteinstücke in den Exsikkator füllen. Besonders angebracht ist dies bei den Hempelschen Exsikkatoren, bei denen sich das Trocken- mittel in dem Deckel befindet, da dieser beim Öffnen des Exsikkators fast stets einer starken Erschütterung ausgesetzt ist; günstiger ist in dieser Beziehung der Kaehlersche Exsikkator (siehe oben), bei dem das ebenfalls oben befindliche Trockenmittel nicht im Deckel, sondern im Ex- sikkator selbst placiert ist (vgl. Fig. 335). Um einen Exsikkator zur Absorption saurer und basischer Dämpfe jederzeit gleich gut geeignet zu machen, füllt man am besten ein basisches und zugleich ein saures Trockenmittel ein; diesem Zweck dienen zweiteilige 44 Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 167 Porzellaneinsätze (Fig. 340), die man z. B. halb mit Natronkalk und halb mit Schwefelsäure füllt. Einfacher ist es, auf der konzentrierten Schwefel- säure eine Kristallisierschale mit Natronkalk schwimmen zu lassen. Ein Nachteil beim Gebrauch von konzentrierter Schwefelsäure als Trockenmittel besteht darin, daß sich im Exsikkator Schwefeldioxyd ent- wickelt, sobald organische Substanz in die Säure hinein gelangt, was beim organischen Arbeiten nicht ganz zu vermeiden ist. Verliert eine chemische Verbindung im Exsikkator Kohlendioxyd, so trocknet man sie in einer Kohlendioxydatmosphäre, verliert sie Ammoniak, so trocknet man sie in einer Ammoniakatmosphäre: diese letztere stellt man am einfachsten so her, daß man einige feuchte Salmiakkristalle auf das feste Ätzkali legt. Läßt man im Exsikkator Schwefelkohlenstoff, Äther, Chloroform oder Benzol verdunsten, so beschieckt man ihn statt mit einem der bisher ge- nannten Trockenmittel nach dem Vorschlage von €. Liebermann!) mit Stücken niedrig schmelzenden Paraffins oder am besten mit einer zu Brei erstarrten Lösung von Paraffin in Paraffinöl (Paraffinum liquidum); das Paraffin zerfließt, ohne seine Absorptionsfähigkeit einzubüßen und gibt die angezogene Substanz bei der Destillation wieder ganz rein ab. Am schnellsten wird Schwefelkohlenstoff, am langsamsten Benzol absorbiert; an Schwefel- kohlenstoff vermag Paraffin mehr als sein dreifaches Gewicht, an Äther mehr als sein zweifaches aufzunehmen. Exsikkatoren werden also beschickt: Zur Absorption von | mit | Chlorealeium, | Schwefelsäure, DEE | Phosphorpentoxyd, Ätzkali. | | Natronkalk, Flüchtigen Säuren Ätzkali, | Ätznatron. Flüchtigen Basen | Schwefelsäure Schwefelkohlenstoff, | Äther, l araffi : Chloroform, | Kan | | Benzol | | | | Um in Schwefelsäureexsikkatoren — am besten sind die Hempelschen dazu geeignet — ein hohes Vakuum auf chemischem Wege zu erzeugen, braucht man nur ein Schälchen von ca. 10cm? Äther hineinzustellen, auf 1) Exsikkator für Schwefelkohlenstoff, Äther, Chloroform und Benzol. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 12. S. 1294 (1879). 168 R. Kempf. 40- 60mm Druck zu evakuieren und dann den Exsikkator sich selbst zu überlassen: Die Luft ist durch Ätherdampf verdrängt, und dieser wird dureh die konzentrierte Schwefelsäure absorbiert; es entsteht so in ungefähr 10 Minuten ein Vakuum von ca. 4—1 mm.') Um zum Trocknen fester Substanzen das Prinzip des Erhitzens und das der Anwendung evakuierter Räume gemeinsam zur Wirkung zu bringen, benutzt man entweder heizbare Exsikkatoren oder evakuierbare Trockenschränke. Einen Apparat der ersteren Kategorie zeigt Fig. 341. Er besteht aus einem ) angegebene Apparat, dessen Konstruktion aus der Fig. 360 ersichtlich ist; er kann auch zur Extraktion von festen Körpern mit jedem beliebigen Lösungsmittel Anwendung finden. 2. Extrahieren von festen Körpern. - a) Mazerieren und Digerieren. Um feste Stoffe mit einem Lösungsmittel zu extrahieren, wird es häufig ausreichen, das betreffende Material fein zu zerreiben und es mit 1) Beschreibung eines Ätherextraktionsapparates. Zeitschr.f. physiol. Chem. Bd. 39. S. 473 (1903). ?) Über einen neuen Apparat zur Extraktion wässeriger Flüssigkeiten mittelst Äther, Ligroin usw. sowie anderer Lösungen mittelst nicht damit mischbarer, spezifisch leichterer Solventien. Biochem. Zeitschr. Bd. 1. S. 253 (1906). ®) Ein neuer Extraktionsapparat. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Bd. 35. 5.2698 (1902). 182 R. Kempf. dem Lösungsmittel in einem Kölbehen oder einer Schale zu mazerieren (Behandlung bei gewöhnlicher Temperatur) oder zu digerieren (Behandlung bei zelinder Wärme). Man filtriert dann vom Ungelösten ab, destilliert die Lösung und wiederholt die Extraktion nach Bedarf so lange, bis eine Probe des Extraktionsmittels beim Eindampfen auf einem Uhrglase keinen merklichen Rückstand mehr hinterläßt. Sollen größere und schwerer lösliche Substanzmengen aus einem Gemisch ausgelaugt werden, so bedient man sich automatisch wirkender Apparate. Es sind eine große Zahl derartiger Apparate beschrieben worden. b) Selbsttätige Extraktion von festen Körpern. Zum Lösen oder Extrahieren mittelst kalter Lös- ungsmittel hat Ubdber!) einen einfachen Apparat SETTING AGENTEN EN Fig. 362. Fig. 360. Fig. 361. (Fig. 361) angegeben, dessen Wirkung darauf beruht, daß gesättigtere Laugen in verdünnteren andauernd zu Boden sinken. In den Zylinder A kommt die Extraktionsflüssigkeit, in das hineingehängte Gefäß B die zu extrahierende Substanz; die Flüssigkeit dringt durch die feinen Öffnungen an die Substanz in B heran, löst Teile davon auf und sinkt als ge- sättigte Lösung durch das enge Rohr zu Boden, während gleichzeitig neue unverbrauchte Schichten des Lösungsmittels oben nachfließen. !) Autolysator nach Dr. Ubber. Chem.-Ztg. Jg. 28. S. 953 (1904). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 185 Mit weit geringeren Mengen Lösungsmittel kommt man aus, wenn im Batraktionsapparat selbst eine kontinuierliche Destillation der Extrak- tionsflüssigkeit vorgenommen wird. Eine einfache derartige Vorrichtung, die man sich leicht selbst zusammenstellen kann, und die z. B. beim Auswaschen von gefälltem, schwefelhaltigem Quecksilbersulfid mit Schwefel- kohlenstoff vorzüglich funktioniert, stellt Fig. 362 dar. Das auszulaugende Material befindet sich in einem mit Asbestfilter beschickten Goochtiegel, der auf einem mit Füßen versehenen (Glasdreieck ruht. Dieses steht in einem Becherglas, auf dessen Boden sich ca. 49—50 em? des Lösungsmittels befinden. Oben trägt das Becherglas einen Rückflußkühler, der von einem wasserdurchströmten Fraktionierkolben gebildet wird. Beim Erhitzen auf einem Wasserbade verdampft die Extraktions- flüssigkeit, wird an dem kalten Kolben kondensiert und tropft auf den Niederschlag, um durch die Poren des Filters hin- Fig. 364. durch den Goochtiegel wieder zu verlassen und den Kreislauf von neuem anzutreten. Ein Vorzug des Apparates besteht auch darin, daß die Ex- traktion bei der Siedetemperatur des Lösungsmittels vor sich geht. Nach dem gleichen Prinzip konstruiert, a weit eleganter ist die Apparatur, die A. Stock!) beschrieben hat (Fig. 363). Das am Kühler auf- ') Die Reaktion zwischen Phosphorpentasulfid und Ammoniak. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 39. S. 1976 (1906). 184 R. Kempf. Fig. 367. eehängte Glasgefäß mit der zu extrahierenden Substanz ist ein ein- facher Glaszylinder, der unteneine Einschnürung hat, die mit Filtrierpa- pier überbunden wird. Der gebräuchlichste Extraktionsapparat für feste Körper ist der von Soxhlet (Fig. 364). Die auszulaugende Substanz kommt in eine Hülse aus Filtrierpapier. Die Firma Schleicher & Schüll bringt für den Soxhlet besondere Ex- traktionshülsen in den Handel, die aus fett- freiem Filtrierpapier- stoff ohne Klebemittel bestehen und aus einem Stück geformt sind. Die in dem Apparat hinauf- destillierte Flüssigkeit bleibt ziemlich lange auf dem zu extrahierenden Material stehen, um von Zeit zu Zeit durch einen Überlauf in das Siede- gefäß selbsttätig abge- hebert zu werden. Eine etwas modifizierte Form des Soxhlet, fertig zu- sammengestellt, ist in Fig. 365 abgebildet. Viel schneller geht die Extraktion, wie er- wähnt, von statten, wenn sie bei erhöhter Tem- peratur stattfindet. A. Buss!) hat eine Vor- richtung (Fig. 366) an- gegeben, die gestattet, die gebräuchlichen Soxhletapparate bis zu 500 em? !) Neue Laboratoriumsapparate. Chem.-Ztg. Bd. 27. S. 813 (1903). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 185 Fassungsraum in einem Flüssiekeitsbade zu erhitzen. Als Heizflüssigkeit bis 100° dient Wasser, für höhere Temperaturen mehr oder weniger ver- dünntes Glyzerin. Für selbsttätige Extraktionen fester Körper im größten Mafßstabe sind Apparate aus verzinntem Kupferblech in Gebrauch, die auf dem Soshletschen Prinzip beruhen und bei größeren Versuchen oft die besten Dienste leisten, so z. B. beim Entfetten von Pflanzensamen etc. Fig. 367 zeigt einen derartigen Apparat; am Schlusse der Operation befindet sich das Extrakt in der Destillierblase, der größte Teil des Lösungsmittels in reinem Zustande im Sammelgefäß und das ausgezogene Material im Extraktor. Eine Kombination eines Soschletschen Extraktionsapparates für feste Körper und eines Extraktionsapparates für Flüssigkeiten findet sich bei dem von E. Jerusalem !) angegebenen Apparat, der zum Ausziehen von Gemischen breiiger oder sirupöser Konsistenz anwendbar ist: die Vorrichtung leistet z.B. beim Ausäthern von Milchsäure, — die in Wasser sehr leicht, in Äther aber nur wenig löslich ist, — aus einem breiartigen Gemenge tierischer Substanzen gute Dienste. Sowohl bei den Extraktionsapparaten für Flüssigkeiten, wie bei denen für feste Körper sind, wie schon oben bemerkt, alle Korkstopfen und alle Gummiverbindungen möglichst zu vermeiden. Häufig lassen sie sich durch Glasschliffe oder durch Quecksilberverbindungen (siehe S. 154) umgehen. Die Unannehmlichkeiten der Korkstopfen bestehen einerseits darin, daß sie infolge ihrer Porosität bei allen Versuchen von längerer Dauer große Verluste an Lösungsmittel bedingen, andrerseits darin, daß die Kork- substanz Stoffe enthält, die in Äther und besonders in Alkohol löslich sind, und die mithin das Extrakt verunreinigen. Um sich gegen diese Übelstände zu schützen, kann man sich ver- schiedener Dichtungsmittel bedienen, die zum Teil schon im ersten Kapitel (siehe S. 12), zum Teil in diesem Kapitel (siehe S. 154) beschrieben worden sind. @. Neumann?) empfahl speziell als Diehtungsmittel für Korkstopfen an Ätherextraktionsapparaten Chromgelatine, die nach dem Belichten in Wasser und den organischen Lösungsmitteln unlöslich ist: man löst 4 Teile Gelatine in 52 Teilen kochenden Wassers, setzt 1 Teil Ammonium- bichromat hinzu und bestreicht mit dieser Lösung den Korken, den man dann 1—2 Tage dem Lichte aussetzt. Auch gewöhnliche Gelatinelösung (Tischlerleim), ferner Wasserglas — allein oder mit Asbest — kann zum Dichten von Korkstopfen dienen. 3. Umkristallisieren. Nächst der Destillation und der Sublimation ist die Umkristall- sation die wichtigste und am häufigsten angewandte Reinigungsmethode !) Über ein neues Verfahren zur quantitativen Bestimmung der Milchsäure in Organen und tierischen Flüssigkeiten. Biochem. Zeitschr. Bd. 12. S. 383 (1908). °) Zwei Apparate zur Extraktion mit Flüssigkeiten aus Lösungen. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 18. S. 3064 (1885). 186 R. Kempf. im chemischen Laboratorium. Sie beruht, wie die übrigen in diesem Ab- schnitt besprochenen Operationen, auf der verschiedenen Löslichkeit der zu trennenden Stoffe. a) Allgemeine Methodik der Umkristallisation. Einen gelösten und mit der Lösung im stabilen Gleichgewicht befind- lichen festen oder flüssigen Körper kann man auf drei verschiedenen Wegen zur Abscheidung bringen: entweder durch Abkühlen oder durch Einengen (entweder Verdunsten oder Verdampfen) oder durch Aussalzen der Lösung. Als vierte, aber noch nicht ausgebaute Methode käme vielleicht äußerst schnelles Zentrifugieren in Betracht. Bei der Umkristallisation benutzt man gewöhnlich die erste Methode, daneben —- besonders bei leichter flüchtigen Lösungsmitteln, und wenn die Substanz in der Kälte beinahe ebenso leicht löslich ist, wie in der Hitze — auch die zweite Methode: die des Einengens (siehe hierüber unter „Eindampfen“, S. 159). Von der umzukristallisierenden Substanz stellt man zunächst eine in der Siedehitze gesättigte Lösung her, entfärbt eventuell mit Tierkohle oder einem anderen Mittel (vgl. unten), filtriert heiß (vel. S. 100) und läßt freiwillig er- kalten oder wendet Kühlmittel (vel. S. 41) an, eventuell bis zum Sinken der Tem- peratur in die Nähe des Gefrierpunkts der Lösung. Je langsamer das Abkühlen geschieht, und je erschütterungsfreier das Kristallisationsgefäß steht, um so größer Fig. 368. Fig. 369. und schöner ausgebildet werden die Kri- stalle, aber nicht um so reiner: große, derbe Kristalle schließen häufig mechanisch Mutterlauge mit ein. Bei der Herstellung von Analysensubstanz beschleunigt man daher die Kristall- abscheidung durch Umrühren und rasches Abkühlen der Lösung. Als Kristallisationsgefäße dienen vorzugsweise Bechergläser; will man aber die Lösung durch freiwilliges Verdunstenlassen einengen, so wählt man Kristallisierschalen, über die man größere Trichter oder mit Filtrier- papier überspannte Holzrahmen anbringt, um sie vor dem Einstauben beim Stehen an der freien Luft zu bewahren. An Stelle eines Becherglases kann man mit Vorteil das Zwischenglied zwischen einem solchen und einem Erlenmeyerkolben anwenden: den soge- nannten Phillipsbecher (Fig. 368 und 369). Vor den zylindrischen Bechergläsern haben diese konischen große Vorzüge: Die Niederschläge setzen sich, wie schon Berzelius!) hervorhob, weniger an den Wandungen fest, ferner sind diese ältesten analytischen Fällungsgefäße stabiler und handlicher; vor den Erlenmeyerkolben haben sie den Vorzug, dal ihr Innenraum bequemer zugänglich ist. ') J..J. Berzelius, Lehrbuch der Chemie. IV. Aufl. 1841. Bd. 10. S. 428. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 187 Eine wichtige Reinigungsmethode — namentlich für schwer lösliche Substanzen, die sich in den gewöhnlichen Lösungsmitteln nicht hinreichend lösen, — besteht darin, daß man die Substanz mit Hilfe eines chemischen Lösungsmittels (vgl. unten) in eine lösliche Verbindung überführt, z.B- Säuren und Basen in Salze, Phenole in Phenolate, Farbstoffe in Leukover- bindungen, Aldehyde oder Ketone (z. B. Aceton) in ihre Bisulfitverbindungen usw. und nach eventuellem Filtrieren, Entfärben, Klären, Umkristallisieren die Verbindung wieder in ihre Komponenten zerlegt. So werden z.B. organische Säuren häufig mit Bleiacetat in ihre Blei- salze übergeführt, diese eventuell umkristallisiert, dann in Wasser suspen- diert und durch Einleiten von Schwefelwasserstoff wieder zerlegt; Emil Fischer‘) empfahl für diesen Zweck, das zweifach basische Bleiacetat anzuwenden. b) Lösungsmittel. Als Umkristallisierungsmittel benutzt man für organische Substanzen hauptsächlich die folgenden, nach steigenden Siedepunkten geordneten Stoffe: l r Erstarrungs- || ve Erstarrungs-| Siedepunkt init | Siedepunkt Ent | = Beet; 35° —1HR-T Wasser een! 100° -Er.92 Brertan . . - ..... 56° Räsessig . .. 119° + 17° Ekohol. . . ...|| 78° — 130° | Ligroin . . . . ||ea.120—135° | Benzol... ... 80° + 6° | | sowie Mischungen dieser Stoffe, wie z. B.: Alkohol + Wasser, Alkohol (+ Wasser) + Äther, Eisessig + Wasser, Aceton + Wasser, Äther + Ligroin, Benzol + Ligroin, Benzol + Alkohol. Ebenfalls eine ziemlich häufige Anwendung als Lösungsmittel finden: | | | = | Siedepunkt an | Siedepunkt Fer Peiroläther. . . . ||ca.30-70°lunter—190°%| Toluol. .. . - .|| 111° — 97° Schwefelkohlenstoff 46° — 116° |(i-) Amylalkohol .|| 129° Chloroform... . . || 61° — 70° [m-Xylol .| 140° — 54° Methylalkohol . . | 66—67° 395%. ll Anılin. 20,.,%° „2378 — 8° Essigester . . . .| rs — 84% W Nitrobenzol. .. -.. | 209° + 3° | | !) Emil Fischer und O. Piloty, Über eine neue Pentonsäure und die zweite inaktive Trioxyglutarsäure. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 24. S. 4220 (1891). 188 R. Kempf. Seltener gebraucht, aber in speziellen Fällen ven größtem Wert!) sind die anorganischen Reagenzien: Salzsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure, Schwefeldioxyd, Ammoniak ?) u. a. — zum Teil in konzentrierter wässeriger Lösung. zum Teil in verflüssigter Form — und die folgenden organischen Solventien: — ääääää | Schmelz- Schmelz- a > BR NE SBABUANE Eh... punkt | punkt ı Tetrachlorkohlen- | Äthylbenzoat . . . || 213'4° | a 78° Naphtalin . . . .|| 218° + 80° Methyläthylketon . 81° Obinplin u... 2% 240° Allylalkobol . . . 97° Ghinsldin.... :....0..1,..2469 Ameisensäure. . . 99° + .86° IGlyzern ... .- . 290° + 17° Perums2 . 02.11 33670 Methyldiphenylamin 292° Terpentinöl. . . . 158° Azobenzol . . . .|| 2939 + 68° |Phenol. . . EEE! 0). +.42.5° 1 Paraffin :. ., = 1Blleh.,3008 Kir 40— 76° | | | Nenerdings wurden folgende neue Lösungsmittel, die sämtlich unent- zündlich sind und sich gegen Säuren und Alkalien ziemlich indifferent ver- halten, vorgeschlagen >): Siedepunkt Dichloräthan (sya NO, HB u EN N 55° Trichloräthylen. 0, H.Cl, 2.” 27 Ser 88° Perchloräthylen C, C], 7 ee & 121° Tetrachloräthan (5ym.) 0, HD, 7.7.0 Fe nu 147° Pontachloräth an GC, H OL, Ze, ne en 2 | 159° Neben diesen im allgemeinen indifferenten Lösungsmitteln, die chemisch nicht auf die Substanz einwirken, sondern eine physikalische Lösung herbeiführen, gibt es chemische Lösungsmittel, die sich mit der betreffenden Substanz zu einer löslichen Verbindung vereinigen. Die chemischen Lösungsmittel lassen gleichzeitig einen Schluß auf die Natur des sich lösenden Stoffes zu, und zwar ist verdünnte Soda- lösung oder verdünntes Ammoniak das Reagens auf organische Säuren, ver- ") Näheres hierüber und ausführliche Literaturangaben finden sich in den „Arbeits- methoden für organisch-chemische Laboratorien“ von Lassar-Cohn. Allg. Teil. IV. Aufl. S. 149 ff. ®) Vgl.z. B. J. Bronn, Verflüssigtes Ammoniak als Lösungsmittel. Jul. Springer. Berlin 1905. °), Vgl.: Neue Lösungs- und Extraktionsmittel. Konsortium für elektrochemische Industrie, Nürnberg. Chem.-Ztg. Bd. 31. S. 1095 (1907). — Acetylentetrachlorid und seine Derivate als Lösungs- und Extraktionsmittel. Chem. Fabrik Griesheim-Elektron-Frank- furt a. M. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 256 (1908). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 189 dünnte Schwefelsäure das auf organische Basen und kalte verdünnte Na- tronlauge das auf Phenole. Bisweilen wirken auch die sonst indifferenten Lösungsmittel chemisch auf die gelöste Substanz ein (z. B. Hydrolyse durch Wasser, Veresterung durch Alkohol, Kondensation durch Aceton, Oxydation durch unreinen Äther, Reduktion durch Alkohol usw.) und erschweren dadurch unter Umständen die Umkristallisation in hohem Maße; gegen die Regel, bei der Reinigung einer Substanz diese mit so wenig anderen Körpern, wie möglich, in Be- rührung zu bringen, verstößt eben die Methode der Umkristallisation in denkbar höchstem Grade, und dieser prinzipielle Fehler läßt sie als Reini- gungsverfahren gegenüber der Destillation und Sublimation an Wert sehr zurückstehen. Andrerseits üben saure und alkalische Lösungsmittel nicht immer eine chemische Wirkung auf den gelösten Körper aus: so fungieren Eis- essig, und sogar konzentrierte Schwefelsäure häufig als indifferente Lösungs- mittel. Über katalytische Beeinflussung der Geschwindigkeit und der Art des Reaktionsverlaufs durch das Lösungsmittel, speziell bei optisch aktiven Substanzen in optisch aktiven Lösungsmitteln, hat neuerdings @. Brediy!) interessante Untersuchungen angestellt. Von der Wahl des Lösungsmittels und dessen Beschaffenheit hängt im einzelnen Fall auch bei der Umkristallisation viel ab: manche Sub- stanzen scheiden sich aus bestimmten Lösungsmitteln kristallinisch ab, aus anderen dagegen amorph und gallertig. Die wichtigsten Eigenschaften der gebräuchlichsten Lösungsmittel mögen daher hier kurz zusammen- gestellt sein. Äther. Wie schon oben erwähnt (siehe S. 176), ist der gewöhnliche (feuchte) Äther, namentlich nach längerem Stehen im Licht, stets sehr unrein. Um ihn zu reinigen, genügt es häufig, ihn mit Natronlauge zu schütteln, bis er seine saure Reaktion verloren hat, und ihn dann nach dem Abheben von der Lauge noch einmal mit Wasser zu schütteln. Um ihn von Wasser, Alkohol, Superoxyden usw. zu befreien, setzt man Natrium in Form von Draht oder feineren Schnitzeln hinzu oder nach Lassar-Cohn?) die flüssige Legierung von 2 Teilen Kalium und 1 Teil Natrium. Vorher kann man die Hauptmenge Wasser durch Schütteln mit 50°/,iger Schwefelsäure fort- nehmen. Man verfährt dann folgendermaßen: 300 cm? Äther werden mit einem abgekühlten Gemisch von 25cm? konzentrierter Schwefelsäure und 25cm® Wasser im Scheidetrichter energisch durchgeschüttelt; um nun den abgehobenen und in ein frisches Gefäß gegossenen Äther vollkommen 1) @. Bredig und R. W. Balcom, Kinetik der Kohlendioxydabspaltung aus Campho- karbonsäure. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 4. S. 740 (1908), und @. Bredig und K.Fajans, Zur Stereochemie der Katalyse. Ebenda. Jg. 41. S. 752 (1908). 2) Zur Kenntnis des Äthers. Liebigs Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd.284. S.229 (1895). 190 R. Kempf. von Säure, Alkohol und Wasser zu befreien, genügt 1g Natriumdraht. (Vel. auch den Abschnitt über Entwässern von Flüssigkeiten, S. 205.) Einen Wassergehalt im Äther erkennt man an der Trübung, die er beim Vermischen mit dem gleichen Volumen Schwefelkohlenstoff erfährt, einen Alkoholgehalt an der Färbung, die er beim Schütteln mit Anilin- violett annimmt. @. Hüfner‘) benutzte die Eigenschaft des Äthers, sich mit konzen- trierter Salzsäure zu mischen, mit großem Vorteil zur raschen Gewinnung schön kristallisierter Glykocholsäure aus Rindsgalle. Ferner sind Äther- Alkohol-Mischungen häufig von großem Nutzen; z. B. kann man durch Hin- zufügen von Äther zur alkoholischen Lösung von tauro- und glykochol- saurem Natrium diese Salze in kristallisierter Form abscheiden. 2) Ebenso läßt sich Fluorescein aus seiner ätherischen Lösung nach dem Zusatz von Alkohol kristallisiert erhalten. 3) Die erwähnte Eigenschaft des Äthers, Salzsäure aufzunehmen, ist bei der Ausschüttlung salzsaurer Lösungen zu beachten. Wegen seines niedrigen Siedepunktes ist der Äther besonders geeignet, labilen und Hitze empfindlichen Verbindungen als Umkristallisations- mittel zu dienen. Aceton. Vor Äther hat Aceton den großen Vorzug, in allen Verhältnissen mit Wasser mischbar zu sein, so daß sich seine lösende Kraft in den weitesten Grenzen modifizieren läßt. Häufig verfährt man so, daß man die betreffende Substanz in kochendem Aceton löst, eventuell filtriert und dann so lange heißes Wasser hinzusetzt, bis eine Trübung eintritt. Beim Erkalten und eventuell beim Eindunsten der Lösung wird dann eine reichliche Aus- scheidung der (in Wasser schwer löslichen) Substanz erfolgen. Aus wässeriger Lösung wird Aceton durch leicht lösliche Salze abge- schieden: mit Alkohol und Äther ist es in allen Verhältnissen mischbar. Zur Reinigung des Acetons destilliert man es über Kaliumperman- ganat und trocknet es dann mit Kaliumkarbonat. *) Zu beachten ist, daß sich Aceton als Ketoverbindung leicht konden- siert, z. B. mit Hydroxylamin, Phenylhydrazin usw. Ferner erleidet es eine innere Kondensation durch Kali, Kalk, Salzsäure und Schwefelsäure. Athylalkoho!. Auf analoge Art wie beim Aceton beschrieben, lassen sich oft alko- holische Lösungen fester Körper durch Wasserzusatz bis zur beginnenden ') Schnelle Darstellung von Glykocholsäure. Journ. f. prakt. Chem. Bd. 10. S. 267 (1874); ferner: Zur Chemie der Galle. Ebenda. Bd. 19. S. 302 (1879). °) Vgl. @. Hüfner, Journ. f. prakt. Chem. Bd. 19. S. 306 (1879). ») Vgl. z.B. Emil Fischer, Anleitung zur Darstellung organischer Präparate. 1905. S. 73. *) Vgl. Franz Sachs, Über die Darstellung von Anilen der Säureeyanide. Ber.d. Deutschen chem. Ges. Jg. 34. S. 501 (1901). \ Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 191 Ausscheidung der Substanz zur reichlichen Kristallisation bringen, bis- weilen ist dasselbe auch durch Zusatz von Äther zu erreichen. !) Löst sich eine Substanz leicht in Wasser, schwer in Alkohol, so setzt man zur wässerigen Lösung so viel Alkohol, daß eben eine Trübung ent- steht, die abfiltriert oder durch einige Tropfen Wasser zum Verschwinden gebracht wird. Die klare Lösung stellt man nun in einen Exsikkator, der mit gebranntem Kalk beschickt ist. Da dieses Material nur Wasser und keinen Alkohol anzieht, reichert sich dieser letztere in der Lösung an, und in dem Maße, wie dies geschieht, muß sich der gelöste Körper ausscheiden. Wegen der Langsamkeit des Prozesses findet die Ausscheidung der Substanz fast stets in kristallinischer Form statt. ?) Ammoniakhaltiger Alkohol ist nach F. Hofmeister ®) das beste Mittel zum Umkristallisieren vieler Aminosäuren. Bei starken organischen Säuren besteht. wie schon oben erwähnt, die Gefahr, daß der Alkohol veresternd auf sie einwirkt. In alkalischen Lösungen wirkt Alkohol leicht reduzierend, indem er in Aldehyd übergeht; die Bräunung alkoholischer Kalilauge beim Stehen beruht auf der Verharzung gebildeten Aldehyds. Über die Entfernung des- selben hat L. W. Winkler*) eine Methode angegeben; über die Herstellung absoluten Alkohols siehe S. 204. Benzol. Zum Umkristallisieren mit Benzol verwende man ein thiophen- freies Produkt („Benzol eryst.“), wie man überhaupt gut tut, für Um- kristallisationen — und ebenso für Extraktionen — stets die reinsten Lösungsmittel zu verwenden, die im Handel zu haben sind, trotz des höheren Preises. Denn die Reinheit der Solventien ist oft entscheidend für den guten Erfolg einer Umkristallisation: während man mit unreinem Lösungsmittel Schmieren erhält, kann man mit demselben, aber gereinigtem Lösungsmittel Kristalle gewinnen. Selbst das Benzol eryst. enthält übrigens meistens Toluol (ca. 5°/,).?) Häufig ist das Steinkohlenteerbenzol auch durch Schwefelkohlen- stoff verunreinigt; man befreit es davon durch Kochen mit alkoholischem Kali, — wobei das nicht flüchtige xanthogensaure Kali entsteht, — darauf- folgendes Waschen mit Wasser und Abdestillieren. 1) Siehe oben (unter Äther). 2) A. Rümpler,V orläufige Mitteilungen über eine Methode zur Erzielung von Kristallen aus schwer kristallisierenden Stoffen. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 33. S. 3474 (1900). 3) Beiträge zur Kenntnis der Amidosäuren. Liebigs Ann. d.Chem. u.Pharm. Bd. 189. S. 16 (1877). *) Die Darstellung reinen Äthylalkohols. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 38. S. 3612 (1905). 5) Vgl. P. N. Raikow und Frl. E. Ürkewitsch, Erkennung und Bestimmung von Nitrotoluol in Nitrobenzol und Toluol in Benzol. Chem.-Ztg. Bd. 30. S. 295 (1906). 192 R. Kempf. Löst sich ein Körper schwer in Benzol, dagegen leichter in alkohol- haltigem, so kann man folgende Art des Umkristallisierens benutzen. Man schüttelt die klare, benzol-alkoholische Lösung im Scheidetrichter mit Wasser. In dem Maße, wie das Wasser den Alkohol herauswäscht, wird die Lösung an der Substanz langsam übersättigt, so daß eine allmähliche Ausscheidung der Substanz — häufig in kristallinischer Form — erfolgt. Eine feste Verbindung, die sich in Benzol schwer löst, ist gewöhnlich leichter in Toluol und noch leichter in Xylol löslich. Es scheint eine allgemeine Regel zu sein, dal eine bestimmte Substanz um so leichter von homologen Stoffen gelöst wird, je höher deren Siedepunkt ist. Wasser. Auch Wasser ist nicht immer ein indifferentes Lösungsmittel, son- dern wirkt oft spaltend (Hydrolyse, Verseifung), besonders in der Wärme. Kristallisiert man Substanzen, die gegen den Sauerstoff der Luft empfindlich sind, wie es bei vielen Aminen der Fall ist, aus Wasser um, so leitet man einen Kohlendioxyd- oder Wasserstoffstrom durch die Lösung oder setzt etwas Schwefelwasserstoff oder Schwefeldioxyd hinzu. Oft ist es von großem Nutzen. das Wasser beim Umkristallisieren mit Salzsäure!), Salpetersäure oder Schwefelsäure anzusäuern oder schwach alkalisch zu machen. So werden manche Ester aus sehr stark verdünnter Sodalösung umkristallisiert. Auch konzentrierte anorganische Säuren eignen sich häufig als Mittel zum Umkristallisieren. ?) Eisessig. Als starke Säure hat Eisessig ein beschränkteres Anwendungsgebiet, leistet aber oft gute Dienste; häufig kann man von seiner Mischbarkeit mit Wasser Gebrauch machen. Hat man eine Substanz aus Eisessig oder verdünnter Essigsäure umkristallisiert, so befreit man die Kristalle nach dem Absaugen von den anhaftenden Resten des Lösungsmittels, indem man sie in einen Exsikkator neben Kalihydrat oder Natronkalk stellt. Substanzen, die Wärme und warme Essigsäure vertragen, können natürlich auch im Trockenschrank bis zur Verflüchtigung der Essigsäure erhitzt werden. Ligroin. Das Ligroin des Handels ist kein einheitlicher Körper: es besteht hauptsächlich aus Heptan (Siedepunkt 97°) und Oktan (Siedepunkt !) Vgl. z.B. Emil Fischer, Über Betainaurochlorat. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 35. S. 1593 (1902). ®2) Vgl. z.B. J. Herzig und F. Wenzel, Über Karbonsäureester der Phloroglueine. Monatshefte für Chem. Bd. 22, S. 230 (1901). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 193 124°) und zeigt daher keinen konstanten Siedepunkt. Nach der oben er- wähnten Regel wird es im allgemeinen um so besser lösen, je höher es siedet. Ligroin mischt sich ebenso wie der gleich zu besprechende Petrol- äther in allen Verhältnissen mit Äther und ebenso mit Benzol, wovon man beim Umkristallisieren häufig Gebrauch macht. Man reinigt das gewöhn- liche käufliche Ligroin durch Behandeln mit Schwefelsäure und Destillieren; andernfalls erhält man unter Umständen an Stelle von Kristallen Schmieren.!) Petroläther. Die niedriger siedenden Fraktionen der Paraffinkohlenwasserstoffe, die als Petroläther bezeichnet werden und hauptsächlich aus Pentan (Siedepunkt 57%) und Hexan (Siedepunkt 71'5°) bestehen, lösen nach der besprochenen Regel noch schlechter als Ligroin und sind gerade da- durch bisweilen als Mittel zum Umkristallisieren sehr wertvoll. Besonders die niedrigst siedenden Petroläther sind häufig bei Substanzen sehr brauchbar, die sich in Äther, Chloroform, Benzol usw. spielend leicht lösen; denn gerade solche Körper pflegen sich in Petroläther schwer zu lösen, so daß z. B. eine Mischung von Äther und Petroläther ausgezeichnete Dienste leistet. Joh. Wislicenus?) schlug vor, die zwischen 33—39° siedenden Anteile des käuflichen Petroläthers Petrolpentane, die zwischen 60-—-69° sie- denden Petrolhexane zu nennen, um auch äußerlich das verschiedene Lösungsvermögen niedrig und hoch siedenden Petroläthers zum Ausdruck zu bringen. Schwefelkohlenstoff. Gelegentlich ist auch Schwefelkohlenstoff ein geeignetes Umkristalli- sationsmittel, aber es empfiehlt sich, es vor der Verwendung einer Reinigung) zu unterwerfen. Seine leichte Entzündbarkeit — schon durch einen heißen Glasstab oder an ca. 150° heißen Metallflächen — gebietet Vorsicht. Chloroform. Um Chloroform von Alkohol zu befreien, den das Handelsprodukt öfters enthält, schüttelt man es entweder mit Wasser oder läßt es längere Zeit über Caleiumchlorid stehen, das entwässernd wirkt und zugleich den Alkohol bindet. Stark alkalisch wirkende Substanzen, wie z. B. Phenylhydrazin, können Chloroform in demselben Sinne, wie es Kalilauge tut, in Chlorid und 1) Vgl.z.B.E. Noelting und Ch. Schwartz, Über Trichinylmethan. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 24. S. 1606 (1891). ®) Über die Bromadditionsprodukte der Angelicasäure und Tiglinsäure. Liebigs Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 272. S.19 (1893). 3) Vgl. H. Arctowski, Über einige Eigenschaften des Schwefelkohlenstoffs. Zeit- schrift f. anorg. Chem. Bd. 6. S. 255 (1894). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 13 194 R. Kempf. Formiat zersetzen, so dal) man starke Basen nicht mit Chloroform zu- sammenbringen darf.!) Andere chlorhaltige Lösungsmittel. Wie Chloroform leisten häufig auch Tetrachlorkohlenstoff und die gechlorten Äthane und Äthylene als Lösungsmittel gute Dienste und haben dabei den Vorzug, billiger und ebenfalls nicht feuergefährlich zu sein. Dichloräthylen kommt besonders als Ersatz für Äther in Betracht; Trichloräthylen eignet sich hervorragend zu Extraktionszwecken, sein Siedepunkt ist ungefähr gleich dem des Benzols; Tetrachloräthan zeichnet sich dadurch aus, daß es von allen bekannten Solventien das erölite Lösungsvermögen für Schwefel besitzt, ferner löst es etwa das 30fache seines Volumens an Chlor und eignet sich daher vortrefflich als indifferentes Lösungsmittel bei Chlorierungen. Zu beachten sind bei diesen Solventien die physiologischen Eigen- schaften; die narkotische Wirkung des Trichloräthylens z. B. übertrifft die des Tetrachlorkohlenstoffs um das Mehrfache, und das Perchloräthylen übt sogar eine doppelt so starke Wirkung aus wie Trichloräthylen. Methylalkohol. Als Lösungsmittel steht Methylalkohol in seinen Eigenschaften un- gefähr in der Mitte zwischen Wasser und dem gewöhnlichen Alkohol. ?) Hat man Substanzen umzukristallisieren, die mit Ketonen reagieren, so mul der Methylalkohol acetonfrei sein. Man prüft auf Aceton, indem man die Flüssigkeit stark mit Wasser verdünnt und einige Tropfen einer frisch bereiteten Lösung von Nitroprussidnatrium zufügt: bei Anwesen- heit von Aceton tritt Rotfärbung ein, die sich auf Zusatz von Eisessig noch verstärkt. Getrocknet wird Methylalkohol durch Stehenlassen über Kalk und nachfolgende Destillation. Toluol. Nach W. Städel?) gibt Toluol selbst in der reinsten käuflichen Form häufig zu Schmierenbildung Veranlassung. Man verhütet dies, indem man das Toluol einige Male mit konzentrierter Salzsäure, dann mit konzentrierter Schwefelsäure schüttelt, hierauf mit Wasser wäscht, trocknet und destilliert. Amylalkohol. Amyvlalkohol ist ein vorzügliches Umkristallisationsmittel für Substanzen, die sonst kaum kristallinisch zu erhalten sind. Beim Arbeiten mit heißem Amylalkohol ist Vorsicht geboten, weil seine Dämpfe giftig wirken. 1) Yel. H. M. Gordin und C. @. Merrell, Das Gazesche reine Berberin. Archiv d. Pharm. Bd. 239. S. 636 (1901). °) Vgl. €. A. Lobry de Bruyn, Methyl- und Äthylalkohol als Lösungsmittel. Zeitschr. 8: + room Bd. 10. S. 782 (1892); vgl. auch Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 26. °) Konstitution der isomeren symmetrischen Biderivate des Diphenylmethans und Benzophenons. Liebigs Ann. d. Chemie u. Pharm. Bd. 283. S. 165 (1894). # Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 195 Das im Handel befindliche Produkt enthält oft Beimengungen, die zu Harzbildung Anlaß geben, so namentlich Pyridin und Furfurol.') Nitrobenzol. Dieses hochsiedende Lösungsmittel löst häufig Substanzen, die sonst unlöslich sind. Fast alle erwähnten Lösungsmittel können mit der umzukristalli- sierenden Substanz Kristallverbindungen eingehen, worauf also — beson- ders bei Analysensubstanzen — sehr zu achten ist; man erkennt solche „Molekularverbindungen“ meistens daran, dal die lufttrockene Sub- stanz beim Liegen und namentlich beim Erhitzen ständig bis zu einem Maximalwert, aus dem sich die Anzahl Moleküle des mitkristallisierten Lösungsmittels berechnen läßt, an Gewicht verliert. Auch einige bei gewöhnlicher Temperatur feste Substanzen, wie Naphtalin, Paraffin usw., bilden oft ausgezeichnete Lösungsmittel; so wird z. B. Silicium aus Zink umkristallisiert. c) Entfärben und Klären von Flüssigkeiten. Ehe man beim Umkristallisieren die heiß, gesättigte Lösung zur Kristallisation abkühlt, muß man sie häufig erst entfärben und klären. Als Entfärbungsmittel dient im Laboratorium meistens Tierkohle, am besten reine Blutkohle. Hierüber haben vor einigen Jahren L. Rosen- thaler und F. Türk?) eingehende Untersuchungen veröffentlicht, die von erößtem praktischen Interesse sind. Die Hauptergebnisse dieser Unter- suchungen sind die folgenden. 1. Die Kohle muß vor ihrer Verwendung sorgfältig gereinigt werden und zwar entweder durch wiederholtes Auskochen mit dem zu benutzenden Lösungsmittel oder durch Ausglühen und darauffolgendes Auswaschen mit Säuren und Wasser. 2. Man wende möglichst wenig Kohle an. 3. Zur Erzielung einer Entfärbung ist es nicht immer notwendig, die zu entfärbende Flüssigkeit mit Kohle zu erwärmen; es genügt mehrere Stunden bei gewöhnlicher Temperatur stehen zu lassen. 4. Die Entfärbung ist am besten nicht in wässeriger Lösung vor- zunehmen, weil in dieser die Verluste am größten sind. Die Lösung sei möglichst konzentriert. 5. Leicht oxydable Stoffe sollen nicht mit Tierkohle entfärbt werden, weil sie dadurch gleichzeitig teilweise oxydiert werden. (Am stärksten oxydiert Blutkohle, die z.B. Jodkalium oxydiert.) 1!) Vgl. L.v. Udränszky, Über die Beziehung einiger, in dem Harne bereits vor- gebildeten, oder daraus durch einfache Prozeduren darstellbaren Farbstoffe zu den Huminsubstanzen. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd.11. S. 546 (1887), und: Über Furfurol- reaktionen. Ebenda. Bd. 13. S. 248 (1889). ?) Über die adsorbierenden Eigenschaften verschiedener Kohlensorten. Arch. d. Pharm. Bd. 24. S.517 (1906). 13* 196 R. Kempf. : 6. Bei quantitativen Bestimmungen, z.B. der des Zuckers in Wein und anderen Flüssigkeiten, darf eine Entfärbung mit Kohle nicht statt- finden, außer wenn nachgewiesen ist, daß eine Adsorption der zu bestim- menden Substanz unter den Versuchsbedingungen nicht stattfindet. Viele ätherische Lösungen werden durch Tierkohle schon in der Kälte entfärbt, wenn man sie 24 Stunden mit ihr zusammen stehen läßt ; diese Art des Entfärbens verbindet man am besten gleich mit dem Trocknen der Flüssigkeit, indem man außerdem wasserfreies Natriumsulfat oder dergleichen (siehe S. 203ff.) zusetzt. Wässerige Lösungen scheint die Tierkohle im allgemeinen am besten bei etwa 70—80° zu entfärben; oft muß man aber auch bis zum Sieden erhitzen und sogar längere Zeit kochen. Da feingepulverte Tierkohle leicht teilweise durch das Filter geht — oft in fast unsichtbaren Spuren —, so empfiehlt es sich, besonders bei Analysensubstanzen, zweimal zu filtrieren!), das zweitemal durch ein sehr feinporiges Filter („Barytfiltrierpapier“) oder durch ein gehärtetes Filter. Wenn man aber die Kohle vor ihrer Verwendung durch mehr- maliges Schlämmen mit Wasser von den feinsten Teilchen befreit, wird häufig ein einmaliges Filtrieren genügen. Nicht selten hält Tierkohle trotz guten Auswaschens nicht bloß die färbenden und harzartigen Verunreinigungen, sondern auch große Mengen von Substanz zurück, so zum Beispiel namentlich Alkaloide, aber auch andere Verbindungen; auch wirkt Tierkohle auf Salze oft spaltend.?) Neben der Möglichkeit einer chemischen Einwirkung des Lösungs- mittels auf die Substanz, wozu man auch die Bindung von Kristallwasser Kristallalkohol usw. rechnen kann, und neben dem Anhaften von oft hart- näckig zurückgehaltener Mutterlauge an und in den Kristallen ist dies eines der wesentlichen Momente, die dafür sprechen, zur Gewinnung einer chemisch reinen, kristallisierten Substanz, wenn irgend angängig, nicht die Umkristallisation, sondern die Vakuum-Sublimation zu verwenden, die oft schon bei einmaliger Ausführung eine völlig trockene und analysenreine Substanz aus einem stark gefärbten und harzigen Rohprodukt in fast quantitativer Ausbeute zu gewinnen gestattet. In speziellen Fällen kann man statt mit Tierkohle auch eine Flüssigkeit auf chemischem Wege: mit Schwefeldioxyd°), mit nascierendem Wasserstoff *) (Zinkstaub und einige Tropfen Essigsäure) oder mit Kaliumpermanganat?°) entfärben. 1) Vgl. Justus v. Liebig, Eigenhändige biographische Aufzeichnungen. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 23. Ref. 819 (1890). 2) Vgl. Leo Liebermann, Über die Einwirkung der Tierkohle auf Salze. Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wissensch. Bd. 75. S. 331 (1877). ») Vgl. z.B. L. Knorr, Einwirkung von Acetessigester auf Hydrazinchinizinderivate, Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 17. S. 549 (1884). *) W. Feuerstein und A. Lipp, Über die Einwirkung von Benzaldehyd auf Anisol. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 35. S. 3253 (1902). °) V. Merz und H. Mühlhäuser, Über die Darstellung der Naphto@säure im Großen. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 3. S. 713 (1870). , . Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 197 Eine ausgezeichnete entfärbende Wirkung erzielt man ferner bis- weilen, wenn man die Lösung mit Bleiacetatlösung!) versetzt und dann das Bleisalz durch Einleiten von Schwefelwasserstoff fällt: die Verun- reinigungen werden durch das ausfallende Schwefelblei häufig mit nieder- gerissen. Diese Methode eignet sich auch ganz besonders, wenn es sich weniger um ein Entfärben, als um ein Klären einer trüben und trübe durchs Filter laufenden Flüssigkeit handelt. Von anderer Seite wurde zu diesem Zwecke empfohlen, zur Lösung etwas Bleiacetat- oder Baryumchloridlösung zuzusetzen und dann mit Natriumkarbonatlösung zu fällen: das ausfallende Blei- oder Baryum- karbonat umhüllt dann die feinen Teilchen und reißt sie mit nieder. ?) Schließlich kommt als wichtiges Klärmittel noch Kieselgur:®) (Infu- sorienerde) in Betracht, womit man die zu klärende Flüssigkeit vor dem Filtrieren tüchtig durchschüttelt. Bei fauligen, die winzigen Fäulnisbakterien enthaltenden Flüssigkeiten, speziell bei Harn, der durch Bakterien getrübt ist, leistet dieses Verfahren ausgezeichnete Dienste. Weißer Ton, kolloidale Tonerde, Talkum, Fetzchen von Filtrierpapier und ähnliche Stoffe sind ebenfalls zum Klären trüber Flüssigkeiten em- pfohlen worden (vgl. oben S. 98) 4. Aussalzen und fraktioniertes Fällen. Kann man aus einer wässerigen Lösung den gelösten Stoff weder durch Abkühlen noch durch Einengen der Flüssigkeit gewinnen, so läßt er sich häufig dadurch zur Abscheidung bringen, daß man ein indifferentes, leicht lösliches Salz, z.B. Kochsalz, hinzusetzt. Dieses Verfahren spielt in der Technik beim „Aussalzen“ von Seifen und Farbstoffen eine große Rolle; im Laboratorium benutzt man es auch öfters beim Extrahieren (vgl. 8.177). Löslicher als Kochsalz und darum von besserer Wirkung ist z.B. Chlorzink, ferner werden Chlorkalium, Natriumsulfat, Natriumacetat, Ammo- niumsulfat u. a. viel angewendet. Ebenso, wie Salze, dienen auch Säuren oder Alkalien zur Fällung einer Substanz aus einer Lösung, wobei sie entweder rein physikalisch ver- drängend wirken oder chemisch eine schwer lösliche Säure oder Base aus einem Salz freimachen. So stellt man z. B. analysenreines, schön kristalli- siertes Kochsalz dar, indem man die wässerige Salzlösung mit gasförmiger Salzsäure sättigt. !) In besonderen Fällen läßt sich fein aufgeschlämmtes Bleikarbonat verwenden; vgl. Emil Fischer und O. Piloty, Über eine neue Pentonsäure und die zweite inaktive Trioxyglutarsäure. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 24. S.4216 (1891). 2) Vgl. z.B. E. Salkowski, Zur Kenntnis der Eiweißfäulnis. III. Über die Bildung der nicht hydroxylierten aromatischen Säuren. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd.9 S. 493 (1885). ®) Vgl. Adolf Jolles, Über den Nachweis geringer Eiweißmengen in Bakterien- harnen. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 29. S. 408 (1890). 198 R. Kempf. Durch die Methode des Aussalzens lassen sich auch Trennungen ausführen, die namentlich in der Chemie der Eiweißstoffe von großer Wichtigkeit sind. Das Verfahren der Trennung von Eiweißkörpern durch die Methode des Aussalzens ist namentlich von Fr. Hofmeister‘) und seinen Schülern fruchtbringend ausgebaut und mit großem Erfolge benutzt worden. Zur fraktionierten Fällung von Eiweißkörpern diente meistens Ammonium- sulfatlösung. ?) Die Salzfällungsmethode übertrug dann .J. Pohl:) auf kolloidale Pflanzenstofte. V. Trennen auf Grund verschiedener chemischer Affinität. Einige Trennungsmethoden beruhen darauf, daß die zu trennenden Stoffe zu einem mit dem Substanzgemisch in Berührung gebrachten Rea- eenz verschiedene chemische Affinität besitzen: diese Methoden werden hauptsächlich beim Waschen von Gasen, bei der Analyse von Gasgemischen und beim Entwässern von Flüssigkeiten angewendet. Fast alle gasanalytischen Methoden beruhen darauf, daß einzelne 3estandteile eines Gasgemisches mit einem bestimmten Reagenz nicht- flüchtige chemische Verbindungen eingehen, ebenso dienen zum Trocknen von Flüssigkeiten Substanzen, die sich mit Wasser chemisch verbinden. Die allgemeinen Methoden und Apparate, die für diese chemischen Trennungs- und Reinigungsmethoden in Frage kommen, werden im folgenden beschrieben. Die Gasanalyse selbst findet eine gesonderte Bearbeitung im speziellen Teil dieses Buches. 1. Waschen und Trocknen von Gasen. a) Absorptionsgefäße. Um aus einem Gasgemisch einen seiner gas- oder dampfförmigen Bestandteile, z.B. Wasserdampf, zu absorbieren, bedient man sich der Gaswaschvorrichtungen; diese werden entweder in Form von Auf- sätzen oder von Flaschen angewendet, wenn die waschende Substanz, d.h. das Absorptionsmittel, eine Flüssigkeit ist, und in Form entweder von 1) Über die Darstellung von kristallisiertem Eieralbumin und die Kristallisier- barkeit kolloider Stoffe. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd.14. S.165 (1890); vgl. ferner Ernst P. Pick, Untersuchungen über die Proteinstoffe. II. Ein neues Verfahren zur Trennung von Albumosen und Peptonen. Ebenda. Bd. 24. S. 248 (1898). ®) Vgl.z.B. W. Kühne und R. H. Chittenden, Über die Peptone. Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22. S. 423 (1886). >) Über die Fällbarkeit kolloider Kohlenhydrate durch Salze. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 14. S. 151 (1890). - Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 199 geraden und U-förmig gebogenen Röhren oder von Türmen, wenn die Reinigungsmasse ein fester Körper ist. Einen einfachen Gaswaschaufsatz (Fig. 370), der sich z.B. für Gasentwicklungsflaschen gut eignet (vgl. Fig. 399), hat Th. Kempf!) ange- geben: dieselbe Konstruktion), aber mit Vorrichtung, um das Zurück- steigen der Waschflüssigkeit zu verhindern, und mit Glashahn zeigt Fig. 371. Gaswaschflaschen sind in außerordentlich großer Mannigfaltigkeit vorgeschlagen worden. Die einfachste Waschflasche richtet man sich mittelst dreihalsiger Woulfscher Flasche — z. B. in der Weise, wie es Fig.372 darstellt, — oder mittelst einer Saugflasche selbst her (vgl. auch Fig. 404 und Fig. 415). Eine der bekanntesten Waschflaschen ist die nach Drechsel (Fig. 373). Praktischer sind aber Waschflaschen, |deren Gaszuleitungsrohr eine gefäß- Dt N B; (. Djssmumz u 1 Fig. 370. Fig. 371. artige Erweiterung besitzt, In i Fr a so dab ein Zurücksteigen der Waschflüssigkeit aus- IM! geschlossen ist (vgl. Fig.374 Lenk rs und 375). Re 3 J. Wetzel?) hat neu- erdings Waschflaschen vor- geschlagen, die lose mit Glaswolle gefüllt sind, und die infolge der großen absorbierenden, Oberfläche eine sehr energische Waschwirkung ausüben (Fig. 376). Zu den wirksamsten Waschflaschen gehört ferner die von J. Walter t) angegebene (Fig. 377). Das Gas steigt in perlschnurartigen Bläschen durch das Schlangenrohr empor; unten wird stets frische Waschflüssigkeit vom Gasstrom angesaugt und oben wieder aus dem Schlangenrohr ausgestoßen, so daß sich das Absorptionsmittel in beständigem Kreislauf befindet. Fig. 372. ‘) Bequeme Waschflasche. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 7. S. 442 (1868). °) Vgl. Rob. Muencke, Ein Gaswaschapparat als Aufsatz für Gasentwicklungs- gefäße. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 15. S. 62 (1876). ®) Vgl.: Eine neue Form von Gaswaschflaschen und Absorptionsapparaten für die Elementaranalyse. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 36. S. 161 (1903). *) Eine neue Waschflasche. Journ. f. prakt. Chem. [N.F.] Bd. 55. S. 507 (1897). 200 R. Kempf. Sehr zweckmäßig ist es oft, eine Waschflasche anzuwenden, die sich durch einfache Drehung des eingeschliffenen Innenteils entweder so schalten läßt. daß der Gasstrom, — ohne mit der Waschflüssigkeit in Berührung zu kommen, — direkt passiert, oder so, daß der (Grasstrom die Wasch- Fig. 374. Fig. 375. Fig. 376. flüssigkeit durchstreicht. P. N. Raikow!) hat eine derartige Waschflasche (Fig. 378) angegeben. Die Waschapparate, die mit festen Absorptionsmitteln beschickt werden, sind die sogenannten Chlorcaleiumröhren und die Trocken- türme. Fig. 380. Fig. 382. &- Ele T_ 2 rl ER | ar REIS Fig. 377. Fig. 378. Fig. 379. Fig. 381. Fig. 383. Ein gerades Chlorcaleiumrohr zeigt Fig. 379, ein$U-förmig ge- bogenes Fig. 380; die Röhren werden so beschickt, daß sich an ihren beiden Enden etwas Glaswolle, in der Mitte das Absorbens befindet; nach dem Füllen wird das gerade Rohr an seinem breiten Ende mit durch- bohrtem Stopfen und Glasrohr versehen oder an der Gebläselampe passend 1) Eine neue Waschflasche. Chem.-Ztg. Bd. 14. S. 235 (1890). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 201 ausgezogen ; das U-rohr wird am besten oben zugeschmolzen. Bequemer sind U-röhren mit Glasstopfen (Fig. 381). Einen Trockenturm nach Fresenius stellt Fig. 382 dar; auf die Einschnürung des Turms wird ein Stückchen Drahtnetz, eine Siebplatte oder etwas Glaswolle gelegt und darüber dann das Absorptionsmittel eingefüllt. Die „Energie-Gaswasch- und Trockenflasche* nach Paul Fuchs!) (Fig. 583) kann gleichzeitig mit einem flüssigen und einem festen Absorp- tionsmittel beschickt werden. Die in der organischen Elementaranalyse gebräuchlichen Absorptions- gefäße werden von anderer Seite behandelt (siehe ©. Brahm und J. Wetzel). b) Absorptionsmittel. Als Füllung erhalten die soeben beschriebenen Apparate je nach dem Zwecke, dem sie dienen sollen, ein verschiedenes, flüssiges oder festes, Absorptionsmittel. Zur Absorption von Wasserdampf benutzt man gewöhnlich konzen- trierte Schwefelsäure oder gekörntes Chlorcaleium; zur Trocknung von Ammoniakgas dient gebrannter Kalk, weil nicht bloß Schwefelsäure, sondern auch Caleiumchlorid mit Ammoniak eine chemische Verbindung eingeht. Die kräftigste Trockenwirkung erreicht man mit Phosphorpentoxyd, an das selbst mit konzentrierter Schwefelsäure getrocknete Luft noch Wasser (1 mgr pro Liter) abgibt. Beim Trocknen mit Phosphorpentoxyd empfiehlt es sich nach A. Stock das Rohr zugleich mit Glasperlen zu beschicken, die dem Pentoxyd eine größere Oberfläche geben und sein Zusammenbacken verhindern. Nach ©. Diels?) eignet sich auch Glaswolle zu demselben Zweck. Beim Arbeiten mit Gasen muß man in Betracht ziehen, daß absolut trockene Gase oft chemisch nicht reagieren: so brennt z. B. vollkommen trockener Wasserstoff in vollkommen trockener Luft nicht. Häufig schaltet man zwei oder mehr Gaswaschflaschen, Trockentürme oder del. hintereinander, um das Gas zunächst von den gröbsten, vielleicht nur mechanisch beigemengten Verunreinigungen zu befreien und erst dann die Absorption eines speziellen Bestandteiles vor sich gehen zu lassen: die erste Waschflasche läßt man dann gewöhnlich leer oder füllt sie nur mit Wasser, um z.B. aus dem Gasentwickler hinübergestäubte Flüssigkeits- tröpfchen abzufangen, und die zweite Waschflasche enthält erst das spezi- fische Absorptionsmittel. Besonders bei der Entwicklung von Wasserstoff aus Metall und Säure (vel. das achte Kapitel) steigen äußerst leichte und fast unsichtbare Flüssigkeitsnebel auf, die man am besten in langen, mit Glaswolle gefüllten Röhren abfängt. !) Über eine mit großer Oberfläche wirkende Gaswasch- und Trockenflasche. Zeitschr. f. angew. Chem. 1898. S. 77. ®2) Vgl.z.B. Otto Diels und Bertram Wolf, Über das Kohlensuboxyd. I. Ber. der Deutschen chem. Ges. Jg. 39. S. 692 (1906). 202 R. Kempf. Sind mehrere verschiedene Absorptionsmittel zur Reinigung eines Gases notwendig, so kann man die Schenkel eines und desselben U-Rohres mit verschiedenen festen Substanzen beschicken. Häufig empfiehlt es sich, feste indifferente Materialien, z. B. Glasperlen, Glaswolle usw., mit dem flüssigen Absorptionsmittel zu benetzen oder poröse Stoffe, z.B. Bimsstein, Tonscherben usw., mitihnen zu tränken und dann die Ab- sorptionsgefäle anzuwenden, die sonst für feste Absorptionsmittel bestimmt sind. Zum Zurückhalten von Schwefelwasserstoff dient Kupfersulfat- oder Bleiacetatlösung, zur Absorption von Stickoxyd Eisenvitriollösung usw. In der folgenden Tabelle sind die gebräuchlichsten Absorptionsmittel für die am häufigsten vorkommenden Gase zusammengestellt. Zu bemerken ist, dab einige feste Absorptionsmittel erst bei höherer Temperatur reagieren, z. B. mub man zur Absorption von Wasserstoff Kupferoxyd in einem Verbrennungs- rohr auf dunkle Rotglut erhitzen. | | Absorptionsmittel. | Acetylen . ..... ..| Ammoniakalische Kupferchlorürlösung. Ammoniak . . . . .|; Verdünnte Säuren; auch in Wasser sehr leicht löslich. Arsenwasserstoff . . | Saure Kupferchlorürlösung; Kaliumpermanganatlösung. Bromdampf. . .. . .|| Roter Phosphor. | Chlor ...... ..| Verdünnte Alkalilauge; erwärmtes Antimon. Chlor-, Brom-, Jod- || . _.,. : 2 . f Be ass. wall Verdünnte Alkalilauge; auch in Wasser leicht löslich. Kohlenoxyd . „| Salzsaure oder ammoniakalische Kupferchlorürlösung. | Kohlendioxyd . . . . | Alkalilauge; Natronkalk. eg h Rauchende Schwefelsäure | Phosphorwasserstoff u Saure Kupferchlorürlösung. | | | Wässerige Lösung von pyrogallussaurem Alkali; Phosphor- ı Sauerstoff . . . . .|, stengel unter Wasser; Kupferchlorürlösung; erhitztes me- | \ tallisches Kupfer. | Schwefelkohlenstoff- \ ER | dampf N Kautschuk. | Schwefelwasserstoff .|| Wässerige Lösung von Kupfersulfat oder Bleiacetat. bes r f Verdünnte Alkalilauge; auch in Wasser leicht löslich; Schwefeldioxyd . . . \\ trockenes Blei- oder Mangansuperoxyd. | Stickstoff . . . . .|| Magnesium, Lithium, Caleium bei Rotglut. [| Angesäuerte wässerige Eisenvitriol- oder Kaliumperman- | ganatlösung; schwefelsaure Kaliumdichromatlösung. Wasserstoff . . . .| Festes Kupferoxyd bei Rotglut. Stickoxyd (relegentlich läßt sich ein leicht verdichtbares Gas (z. B. Kohlen- dioxyd, Äthylen, Schwefeldioxyd usw.) auch auf physikalischem Wege: durch Abkühlung und dadurch bewirkte Kondensation einem Gasgemisch entziehen. 2. Entwässern organischer Flüssigkeiten. a) Allgemeines. Flüssigkeiten, die bei 100° nur eine geringe Tension besitzen, lassen sich häufig auf physikalischem Wege durch bloßes Erhitzen trocknen. 1 Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 203 So entwässert man z. B. Glyzerin, indem man es in offener Schale so lange erhitzt (im Abzug), bis ein eintauchendes Thermometer 170° zeigt.!) Diese Abtreibung von Wasser kann man nach J. W. Brühl?) noch dadurch beschleunigen, dal) man einen indifferenten Gasstrom durch die erwärmte Flüssigkeit leitet. Umgekehrt kann man organische Flüssigkeiten, die unter 100° eine weit größere Tension als Wasser besitzen, oft durch Abdestillieren von dem größten Teile ihres Wassergehaltes befreien; man vergleiche die Me- thoden der fraktionierten Destillation (S. 122 ff.). Die gewöhnlichste Art im Laboratorium, Flüssigkeiten zu trocknen, besteht aber darin, daß man sie mit festen Substanzen schüttelt, die das Wasser chemisch zu binden vermögen, ohne auf die zu trocknende Flüssig- keit chemisch einzuwirken. b) Einige Trockenmittel. Natriumsulfat. Das wegen seiner chemischen Indifferenz am allgemeinsten anwend- bare Trockenmittel ist wasserfreies Natriumsulfat, das z. B. Emil Fischer :) zum Trocknen der ätherischen Lösungen empfindlicher Ester empfahl: basische Trockenmittel, wie Ätzkali, Caleium- und Baryumoxyd oder selbst Kaliumkarbonat, zersetzen z. B. die Ester aliphatischer Aminosäuren etwas. Natriumsulfat kristallisiert bei gewöhnlicher Temperatur mit 10 Mole- külen Kristallwasser (Sal mirabile Glauberi), schmilzt bei 34° und verliert beim weiteren Erhitzen allmählich alles Wasser; schon beim Liegen an der Luft verwittert es und zerfällt in ein weißes Pulver. Magnesiumsulfat wird seltener benutzt; es bindet 7 Moleküle Wasser, von denen 6 beim Erhitzen bis 150° entweichen; das siebente Molekül entfernt sich erst oberhalb 200°. Caleiumchlorid. Chlorcaleium — in geschmolzener oder gekörnter Form — wird zwar häufig zum Trocknen von Flüssigkeiten, z. B. von Nitrobenzol, Phenyl- senföl, Jodäthyl, Äthylenbromid oder deren ätherische Lösungen, ge- braucht, ist aber nur mit Vorsicht zu verwenden. Trocknet man z. B. das ätherische Extrakt eimer schwefelsauren Lösung, das vielleicht etwas freie Schwefelsäure enthält, mit Chlorcaleium, !) Vgl. Emil Fischer, Anleitung zur Darstellung organischer Präparate 7. Aufl. 1905. S. 46. ?) Untersuchungen über die Terpene und deren Abkömmlinge. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 24. S. 3391 (1891). ®) Über die Hydrolyse des Caseins durch Salzsäure. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 33. S. 155 (1901). 204 R. Kempf. so wird die Schwefelsäure aus diesem etwas Salzsäure in Freiheit setzen, womit dann der Äther verunreinigt ist. Außerdem geht Chlorcaleium mit manchen Substanzen, z. B. vielen Alkoholen, ferner einigen Säuren!) und Estern ?) Verbindungen ein. Alle Flüssigkeiten, die unter 100° sieden, können über Chorcaleium abdestilliert werden: bei Flüssigkeiten, die über 1009 sieden, mul) es vorher abfiltriert werden. Caleiumehlorid bindet 6 Moleküle Wasser; beim Erhitzen bis 200° verliert es davon 4 Moleküle, der Rest geht erst bei stärkerem Erhitzen fort. Caleiumozyd. Zum Entwässern des 96°/,igen Handelsalkohols dient vorzugsweise gebrannter Kalk. Man läßt den Alkohol mit viel Ätzkalk etwa 2 Tage bei gewöhnlicher Temperatur stehen und destilliert ihn dann ab°); man erhält so einen über 99°9°/,igen Alkohol. Da Kalk in fast absolutem Alkohol nahezu unlöslich ist — nach Lawrence-Smith*) enthielten 50 cm vom Kalkbodensatz abgeheberten Alkohols nach dem Filtrieren weniger als 00005 g CaO gelöst —, dürfte es für viele Zwecke, z. B. zum Einlegen medizinischer Präparate, genügen, den durch Caleiumoxyd entwässerten und filtrierten Alkohol direkt zu benutzen, ohne ihn erst zu destillieren. Läßt man gewöhnlichen Alkohol langsam durch eine hohe Schicht gebrannten Kalkes filtrieren, so erhält man als Filtrat ohne weiteres einen fast absoluten Alkohol.) Kaliumkarbonat. „Geglühte Pottasche“, die man am besten durch Glühen von reinem Kaliumbikarbonat darstellt, ist ebenfalls ein geschätztes Entwässerungs- mittel, das sich z.B. zum Trocknen von Äthylbenzoat, Phenylhydrazin, jenzonitril gebrauchen läßt. Kaliumkarbonat kristallisiert aus der konzen- trierten wässerigen Lösung mit 1!/, Molekülen Kristallwasser, das es erst zum Teil bei 100° verliert; es zerfließt an der Luft. Wegen seiner alka- lischen Reaktion kann es unter Umständen schädlich wirken (vgl. oben). Kalihydrat ist aus demselben Grunde erst recht nicht immer anwendbar; es kann aber z.B. zum Trocknen von Chinolin und ähnlichen Verbindungen dienen. An der Luft zerfließt es, indem es Wasser und Kohlensäure anzieht. ') Vgl. A. Lieben, Über Verbindungen von Chlorcaleium mit fetten Säuren. Mo- natshefte d. Chem. Bd. 1. S. 919 (1880). ®) Vgl. L. Schreiner, Über die Siedepunkte der Ester und Ätherester der Oxy- säuren. Liebigs Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 197. S. 12 (1879). >) Vgl. E. Erlenmeyer, Darstellung von absolutem Alkohol. Liebigs Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 160. S. 249 (1871); vgl. auch E. R. Squwibb, E. H. Squibb und (©. F. Squibb, Über das spezifische Gewicht des reinen Alkohols und seiner Mischungen mit Wasser. Chemical News. Bd. 51. S. 7 (1887) und Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 26. S. 94 (1887). *) Absoluter Alkohol. Arch. d. Pharm. 1876. S. 355. °) Vgl. L. Oelsner, Praktisches Gefäß zur völligen Entwässerung nicht gänzlich absoluten Alkohols. Deutsche med. Wochenschrift. Bd. 34. S. 2034 (1908). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 205 Chlorzink, Phosphorpentoxyd werden gelegentlich ebenfalls zum Trocknen von Flüssigkeiten benutzt. Aluminiumamalgam zieht schon beim Liegen an der Luft äußerst begierig Wasserdampf an, indem es sich in eine weiße Masse — Aluminiumoxyd — verwandelt; es bildet nach H. Wislicenus und L. Kaufmann!) ein ebenso elegantes wie einfaches Mittel, um z.B. Alkohol vollständig zu entwässern. Die Bereitung von Aluminiumamalgam geschieht durch Anätzen entölter Aluminiumspäne mit Natronlauge bis zur starken Wasserstoffentwick- lung, oberflächliches Abspülen mit Wasser, Übergießen mit ca. 1/,°/,iger Quecksilberchloridlösung, darauf folgendes Waschen mit Wasser und Trocknen mit Alkohol und Äther. Man bewahrt die präparierte Masse unter niedrig- siedendem Petroläther auf, verwendet sie aber am besten gleich nach der Darstellung. Calcium dient nach L. W. Winkler?) in ausgezeichneter Weise zum Entfernen der letzten Spuren von Feuchtigkeit aus dem käuflichen „absoluten“ Alkohol. Natrium. Auch dieses Metall findet als Trockenmittel für Kohlenwasserstoffe, namentlich aber zur Darstellung von absolutem Äther, eine ausgedehnte Anwendung. Man pflegt den Äther usw. mit Calcium- chlorid, Phosphorpentoxyd oder starker Schwefelsäure (siehe S. 189) vorzutrocknen. Um dem Natrium eine möglichst große Ober- fläche zu geben, preßt man es mittelst einer Presse in dünne Fäden, die man direkt aus der Presse in die Flasche mit der zu entwässernden Flüssigkeit eintreten läßt, um die Oxydation der Natriumober- fläche durch die atmosphärische Luft möglichst zu verhüten. Eine ursprünglich von E. Beckmann an- gegebene, von Reiniger, Gebbert und Schall?) ver- besserte Natriumpresse zeigt Figur 384. { Um ausgezeichnet wirksames Natrium auch Fig. 384. ohne Benutzung einer Presse zu erhalten, kann man es unter einem indifferenten Lösungsmittel schmelzen (Schmelzpunkt des Natriums 956°) und dann die Mischung !) Amalgamiertes Aluminium mit Wasser als neutrales Reduktionsmittel. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 28. S. 1323 (1895). ?) Die Darstellung reinen Äthylalkohols. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 38. S. 3612 (1905). °) Natriumpresse, modifiziert nach Angaben von E. Beckmann. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 28. S.322 (1895). 206 R. Kempf. während des Erkaltens kräftig durchschütteln: man erhält das Natrium dann als feinkörnigen Grus. 8. Levy und A. Andreocei!) schlugen vor, Natrium unter Paraffin auf 120—125° zu erhitzen, dann 10 Minuten tüchtige und recht schnell zu schütteln, darauf zu dekantieren und mit ca. 50° warmem Ligroin zu waschen; sie erhielten so Kügelchen von 1/,—!1/,, mm Durchmesser. A. Lottermoser?) schmolz das Natrium unter Xylol, schüttelte nach dem Erhitzen 5—6mal kräftig durch und erhielt so nach dem Abgießen des Xvlols ebenfalls winzige Kügelchen von Natrium; soll dieses zum Ent- wässern von Äther dienen, so kann man die Reste des Xylols zunächst mit Ätherauswaschen. Solches fein verteiltes Natrium leistet auch sonst bei chemischen Prozessen, z.B. bei Reduktionen, Acetessigestersynthesen usw., die wertvollsten Dienste. Kalium- Natrium. Wirksamer als Natrium allein ist nach Zassar-Cohn:) zum Entwässern von Äther usw. eine flüssige Kalium-Natriumlegierung (vgl. S. 189). Siebentes Kapitel. Prüfen auf Reinheit. I. Allgemeines. Außer durch das Prüfen auf spezielle Verunreinigungen — ge- wöhnlich mittelst chemischer Reaktionen — wird die Reinheit chemischer Verbindungen am einfachsten durch die Schmelzpunkts- und die Siede- punktsbestimmung kontrolliert. Man kann im allgemeinen eine Substanz als rein betrachten, wenn sich ihr Schmelz- oder ihr Siedepunkt nach mehrmaliger Vornahme einer Reinigungsmethode, z.B. nach mehrmaligem Umsublimieren oder Um- kristallisieren, nicht mehr ändert, oder wenn die erste und die letzte Fraktion der fraktioniert umkristallisierten, fraktioniert sublimierten oder fraktioniert destillierten Substanz den gleichen Schmelz- bzw. Siede- punkt zeigen. Bei einer schon bekannten Substanz ist natürlich die Übereinstimmung des gefundenen Schmelz- oder Siedepunktes mit dem in der Literatur an- gegebenen eine gewisse Gewähr für ihre Reinheit, aber sehr oft ist trotz solcher Übereinstimmung die Substanz unrein, ebenso wie man umgekehrt häufig genug Abweichungen der physikalischen Daten von den Literatur- ‘) Über die Einwirkung von Phosphorpentachlorid auf Suceinylobernsteinsäure- äther. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 21. S. 1464 (1888). :) Zur Kenntnis der Einwirkung von Natrium auf aromatische Nitrile. Journ. f. prakt. Chemie. [N.F.] Bd. 54. S. 116 (1896). °) Zur Kenntnis des Äthers. Liebigs Annal. d. Chemie u. Pharm. Bd. 284. S. 226 (1895). k | ' | Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 207 angaben konstatiert, und man hat trotzdem eine analysenreine Substanz in Händen. Denn es ist sehr schwierig, wirklich genaue, absolut richtige Schmelz- punkts- oder Siedepunktsmessungen vorzunehmen. Das liegt an der Fehler- haftigkeit fast aller — genau genommen aller — Thermometer, an der Unmöglichkeit, absolut reine Substanzen herzustellen, an individuellen Ablesungsfehlern des Beobachtenden und endlich an der Eigentümlichkeit vieler organischer Verbindungen, keinen. scharfen Schmelzpunkt erkennen zu lassen (vgl. weiter unten). Die letzte, aber nicht kleinste Schwierigkeit, genaue Schmelzpunkts- und Siedepunktsbestimmungen zu machen, besteht in der Unmöglichkeit — besonders bei sehr hohen Temperaturen —, eine richtige Korrektion wegen des herausragenden Quecksilberfadens anzubringen. Dazu kommt noch, daß es aus den Literaturangaben häufig nicht ersichtlich ist, ob korrigierte oder unkorrigierte Werte gemeint sind; erst in neuerer Zeit bürgert es sich immer mehr ein, korrigierte Schmelz- punkte anzugeben. Aus allen diesen Gründen pflegt der Umstand, daß sich der Schmelz- oder Siedepunkt einer Substanz nach Vornahme einer erneuten Reinigung nicht mehr ändert, ein viel sichereres Kriterium für die Reinheit des Materials zu bilden als die Übereinstimmung der gefundenen Werte mit einer Literaturangabe. Sämtliche oben angeführten Fehler bei Schmelz- und Siedepunkts- bestimmungen werden eliminiert, wenn es sich nicht um absolute, sondern um relative Bestimmungen: um Vergleichsmessungen handelt, d.h. wenn man eine Vergleichssubstanz zur Verfügung hat, und man lediglich deren Identität mit dem fraglichen Körper nachweisen will. Dann braucht man nur, um alle Fehlerquellen zur Kompensation zu bringen, die Bestimmung bei beiden Substanzen gleichzeitig an demselben Thermometer und in demselben Bade auszuführen und darauf zu achten, ob das Schmelzen oder das Sieden im gleichen Augenblick eintritt. Eine noch schärfere Probe auf die Identität zweier Verbindungen besteht darin, daß man sie zu ungefähr gleichen Gewichtsteilen sorgfältig mit- einander mischt und dann die physikalischen Konstanten — besonders den Schmelzpunkt — dieses Gemisches mit denen seiner Komponenten ver- gleicht. Sind die Körper verschieden und bilden sie keine isomorphen Mischungen, so tritt gewöhnlich eine erhebliche Schmelzpunkts- oder Siede- punktsdepression ein, die im anderen Falle ausbleibt; bei Nichtidentität erfolgt oft eine Erniedrigung des Schmelzpunkts um 30°.) Hat man also eine Vergleichssubstanz in Händen, so befestigt man bei der Schmelzpunktsbestimmung am besten rechts am Thermometer den fraglichen Körper, links die Vergleichssubstanz und vorne die Mischung beider: schmelzen alle drei Proben gleichzeitig, so ist die Identität mit aller Sicherheit erwiesen. ) F. Blau, Zur Kenntnis des Salieylaldehyds. - Monatsh. f. Chemie. Bd. 18. S. 137 (1897). 208 R. Kempf. Im folgenden werden Schmelzpunktsbestimmung und Siedepunktsbe- stimmung einzeln behandelt. Die Messung der übrigen physikalischen Kon- stanten und die organische Elementaranalyse sind an anderer Stelle be- schrieben. II. Schmelzpunktsbestimmung. Bevor man bei einer unbekannten Substanz die eigentliche Schmelz- punktsbestimmung ausführt, empfiehlt es sich, ihr Verhalten beim Erhitzen auf dem Platinblech zu prüfen. Man erkennt dann von vornherein, ob die Substanz hoch oder niedrig schmilzt, ob sie sich — etwa ohne zu schmelzen — zersetzt, ob sie flüchtig ist, ob sie zur Verpuffung neigt usw. Explosive Stoffe haben schon wiederholt den Schmelzpunktsapparat zertrümmert, so daß Vorsicht am Platze ist. Sehr flüchtige Substanzen, die unterhalb ihres Schmelzpunktes sieden, muß man nach einem Vorschlage von ©. Graebe!) im zugeschmolzenen Kapillarröhrchen, also unter Druck, erhitzen, um ihren Schmelzpunkt zu bestimmen. Verbindungen, die bei hoher Tempe- ratur luftempfindlich sind, erhitzt man in luftleeren Kapillarröhrchen, in- dem man diese nach dem Einfüllen der Substanz mit einer gutziehenden Wasserstrahlpumpe auf zirka 12 mm evakuiert und dann zuschmilzt.?) Die einfachste Art, den Schmelzpunkt einer Substanz festzustellen, besteht darin, dal) man ein kleines Becherglas zu 2/, mit Wasser, Glyzerin, Schwefelsäure, Paraffin usw. füllt. in das Bad ein Thermometer hängt und an dieses ein etwa lmm weites, einseitig zugeschmolzenes Kapillarröhrchen, das die Substanz enthält, nach dem Benetzen mit der Badflüssigkeit an- klebt: die Adhäsionskraft genügt vollkommen, um die Kapillare am Thermo- meterrohr festzuhalten ; eine besondere Befestigung mittelst Platindrahtes oder gar eines leicht verkohlenden Kautschukringes ist überflüssig. Die Substanz muß vollkommen trocken und — am besten in einer kleinen (Glas- oder Achatreibschale — fein gepulvert sein und in dem Kapillar- röhrchen eine ca. 1—2mm hohe Schicht bilden. Das Bad wird auf einem Drahtnetz erhitzt und während des Heizens mit einem gläsernen Rührer «a (siehe Fig. 385), der aus einem Glasstabe kreisförmig gebogen ist, um- gerührt. Über den Einfluß der Korngröße auf den Schmelzpunkt siehe oben (S. 13). Man erhitzt bei ungefähr bekanntem Schmelzpunkt der Substanz das Bad schnell bis etwa 10° unterhalb der Schmelztemperatur, mäßigt dann die Heizquelle, rührt gut durch und steigert nun die Temperatur sehr langsam, bis das Schmelzen der Substanz eintritt. Bei unbekanntem Schmelz- punkt wird man zuerst eine vorläufige Bestimmung bei ziemlich schnellem Anheizen vornehmen und erst dann die Bestimmung genau ausführen. Es empfiehlt sich, die Substanz während des Erhitzens mit einer Lupe zu ') Über Chloranil. Liebigs Annal. d. Chemie u. Pharm. Bd. 263. S. 19 (1891). ?) J. Tafel, Über Strychnin. Lieb. Annal. d. Chemie u, Pharm. Bd. 301. S. 305 (Fußnote) [1898]. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 209 betrachten; häufig läßt sich so eine Farbenänderung, beginnende Zer- setzung usw. leichter konstatieren, zuweilen auch eine teilweise Subli- mation beobachten. Als eigentlicher Schmelzpunkt ist im allgemeinen der Beginn des Schmelzens zu betrachten. Bei manchen Substanzen liegt jedoch zwischen dem Beginn und der Beendigung des Schmelzens ein Intervall von mehreren Graden, das besonders bei unreinem Material sehr groß zu sein pflegt. In solchen Fällen ist der Beginn des Sinterns, des Schmelzens zu einer trüben Flüssigkeit und des Klarwerdens der letzteren gesondert anzugeben. Substanzen, die sich in der Nähe des Schmelzpunktes zersetzen, pflegen ganz allmählich zu erweichen und um so höher oder niedriger zu schmelzen, je rascher oder langsamer sie erhitzt werden. Tyrosin schmilzt z. B. bei langsamem Er- hitzen bereits bei 280°1), bei raschem Erhitzen aber erst bei 314—318°.?2) Um wenigstens annähernd konstante Werte zu erhalten, erhitzt man im all- gemeinen nach einem Vorschlage Emil Fischers®) bei der Schmelzpunktsbestimmung derartiger Körper rasch: eventuell gibt man an, wieviel Grade das Thermometer in einer gewissen Zeit stieg. Ge- wöhnlich leitet man die Erhitzung des Bades so, dab die Temperatursteigerung um 1° nur 2—3 Se- kunden dauert. (Ganz ähnlich der eben beschriebenen Methode, den Schmelzpunkt zu bestimmen, ist die, einen Rundkolben mit langem Halse (Fig. 386) anzuwen- den und im übrigen wie oben zu verfahren: da jedoch in diesem Falle nicht gerührt wird, darf nur ganz allmählich erhitzt werden. Als Badflüssigkeit dient gewöhnlich konzen- trierte Schwefelsäure, die für alle Tempera- turen bis etwa 260° oder 300° verwendbar ist. Um ihr Dunkelwerden zu verhindern, genügt es, ein Fig. 385. Körnchen Salpeter hinzuzufügen. Liegt der Schmelz- punkt höher, so benutzt man als Badflüssigkeit bis ca. 350° oder 400° Pa- raffin und für noch höhere Temperaturen ein Gemenge von Kali- und Natronsalpeter, am besten ihre eutektische Mischung (siehe S. 78). ') Vgl. R. Kempf, Praktische Studien über Vakuum-Sublimation. Journ. f. prakt. Chemie. N.F. Bd. 78. S. 242 (1908). 2) Vgl. Emil Fischer, Spaltung einiger racemischer Aminosäuren in die optisch aktiven Komponenten. II. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 32. S. 3641 (1899). 3) Verbindungen des Phenylhydrazins mit den Zuckerarten. II. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 20. S. 826 (1887); ferner: Emil Fischer, Schmelzpunkt des Phenylhydrazins und einiger Osazone. Ebenda. Jg. 41. S. 76 (1908). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 14 210 R. Kempf. Heyward Scudder‘) empfahl als Badflüssigkeit ein 5 Minuten lang gekochtes Gemisch von 7 Teilen konzentrierter Schwefelsäure (spezifisches Gewicht 184) und 3 Teilen Kaliumsulfat, eine auch bei Zimmertemperatur durchscheinende Mischung, die bis 325° verwendbar ist. Für höhere Tem- peraturen, bis 360°, schlug Scudder ein Gemisch aus 6 Teilen Schwefel- säure und 4 Teilen Kaliumsulfat vor und für Temperaturen bis 600° ge- schmolzenes Chlorzink, das nach dem Gebrauch in noch flüssigem Zustande aus dem Kolben ausgegossen werden muß, um dessen Sprengung zu ver- hüten. Als Thermometer dienen sogenannte Normalthermometer: da sich aber meistens der Quecksilberfaden nur zum kleineren Teile im Bade be- findet, muß an dem abgelesenen Schmelzpunkt eine Korrektion ange- bracht werden. Man kann den Korrektionsbetrag, der bei hohen Temperaturen 20° und mehr ausmachen kann, entweder berechnen oder empirisch bestimmen. Die Berechnung erfolgt nach der Formel: q x—=t+0000154.a (t—t‘), | worin x die gesuchte korrigierte Temperatur, t die abgelesene Temperatur, a die Anzahl der heraus- M ragenden Grade und t‘ die Mitteltemperatur des herausragenden Fadens bedeutet. Um t‘ zu be- stimmen, bringt man ein Hilfsthermometer so an, daß sich seine Quecksilberkugel ungefähr in der Mitte des herausragenden Fadens des eigentlichen Thermometers befindet. (senauer ist die empirische Korrektions- methode, die darin besteht, dab man an dem Thermometer ein abgekürztes, nur einen kleinen Fig.3sc. lemperaturintervallanzeigendes Normalthermometer Fig. 397. (vgl. das Kapitel über Temperaturmessung, 8.90) befestigt (vel. Fig. 387) und den Stand der beiden Thermometer beim gleichzeitigen Erhitzen im Schmelzpunktskolben von 5° zu 5° notiert. Da der (Quecksilberfaden des kurzen Thermometers nur unbedeutend aus dem ade herausragt, kann man seine Angaben als ungefähr richtig betrachten — besonders bei niedrigen Temperaturen. Die auf diese Weise erhaltene Korrektionstabelle gilt natürlich nur für das bestimmte und bis zu einer gewissen Tiefe eintauchende Thermo- meter und für den bestimmten Schmelzpunktskolben, dessen Halslänge, Glasdicke, Dichtigkeit des Verschlusses nach außen usw. natürlich die Temperatur des herausragenden Fadens wesentlich beeinflussen. Einen un- gefähren Anhalt über die Höhe der notwendigen Korrekturen möge fol- gende Tabelle bieten. Die Korrektion, die dem abgelesenen Thermometer- stande hinzuzuzählen ist, beträgt: ‘) Bäder für Bestimmungen des Schmelzpunktes. Journ. Amer. Chem. Soe. Vol. 25. p- 161 (1903) ; vgl. Chem. Zentralbl. 1903. I. S. 785. u, Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. Ball! BEBEDORERTET.N BE €aL 00 DENIHDRRATEEN IRA CE 139 BARRIERE ei, 05100505 7.2000 I TREE 50 US ae a I NEZDUDP MENU SIR 160 BIIUBE IE 20 73008 VIREN RN AB 30 Die genaueste Korrektion wegen des herausragenden Fadens geschieht mit Hilfe eines sogenannten Fadenthermometers, worauf hier nicht näher eingegangen werden kann.!) Neben den beschriebenen zwei Methoden der Schmelzpunktsbestim- mung sind unzählige andere im Gebrauch, und besonders der Schmelz- punktskolben hat die mannigfachste konstruktive Ausbildung erfahren. Einige der wichtigsten Vorschläge mögen im folgenden einer kritischen Würdigung unterzogen werden. Der zuletzt erwähnte langhalsige Schmelzpunktskolben hat den Fehler, daß es nicht gelingt, die Badflüssigkeit in allen Teilen gleichmäßig zu er- wärmen; es entstehen schnelle Strömungen von heißen Flüssiekeitsteilen nach oben, von kalten nach unten, und es bilden sich verschieden heiße Schichten aus. Befindet sich also die Substanz nicht genau in der Mitte der Quecksilberkugel, so fällt die Bestimmung ungenau aus. Eine weit gleichmäßigere Temperaturverteilung wird er- reicht, wenn das Bad, in welchem sich Thermometer und Sub- stanz befinden, nicht direkt von der Flamme, sondern von einem zweiten, es umgebenden Heizbade erhitzt wird. Am einfachsten und billigsten wird dieser Fall realisiert. wenn man nach einem Vorschlage von ©. Graebe?) ein gewöhn- liches Reagenzgelas, an dem man oben als Stützfläche einen Wulst herausgeblasen hat, in einen Rundkolben — am besten aus Jenaer Geräteglas — von 50 oder 100 em? Inhalt hineinhängt. diesen, wie sonst, mit konzentrierter Schwefelsäure füllt und in das ebenfalls mit konzen- trierter Schwefelsäure, aber etwas höher gefüllte Reagenzrohr das Thermo- meter mit dem Schmelzpunktröhrchen einführt (Fig. 388). Auf ähnlichem Prinzip beruhen die von R. Anschütz und @. Schultz°), C.F.Roth*) u.a. vorgeschlagenen, aber nicht so einfach konstruierten Schmelzpunktskolben, denn bei diesen ist das Reagenzrohr mit dem Kolben fest 1!) Vgl. Ch. Ed. Guillaume, Praktische Lösung des Problems des herausragenden Fadens beim Thermometer, unter Anwendung eines Korrektionsrohres. Zeitschr. f. Instru- mentenkunde. Bd. 12. S.69 (1892) und: A. Mahlke, Über ein Hilfsinstrument zur Bestim- mung der Korrektion für den herausragenden Faden beim Thermometer. Ebenda. Bd. 13. S. 58 (1893). ®) Über Tetrachlorphtalsäure. Liebigs Ann. d. Chemie u. Pharm. Bd. 238. S. 320 (1887). ®) Über einen einfachen Apparat zur bequemen Bestimmung hochliegender Schmelz- punkte. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 10. S. 1800 (1877) ; vgl. auch Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 17. S.470 (1878). *) Ein neuer Apparat zur Bestimmung von Schmelzpunkten. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg.19. S. 1971 (1886). 14* 212 R. Kempf. verschmolzen, so daß eine besondere Öffnung für das Entweichen der er- wärmten Luft und zum Füllen des Apparates mit der Badflüssiegkeit not- wendig ist: andererseits haben diese Kolben den Vorzug vor den Graebe- schen. dal) die konzentrierte Schwefelsäure nicht so rasch Wasser anzieht und einen niedrigeren Siedepunkt annimmt. Das Reagenzglas im Schmelz- punktskolben nicht mit Schwefelsäure zu beschicken, sondern als Luftbad zu benutzen, empfiehlt sich nach €. Graebe u. a. nicht. Bei dem Schmelzpunktskolben nach H. Thoms und dem nach J. Houben‘) ist das Reagenzrohr nicht mit dem Kolben verschmolzen, son- dern durch einen besonders konstruierten Schliff verbunden; durch eine einfache Drehung des Reagierzylinders wird entweder der ganze Apparat von der Außenluft abgeschlossen oder eine Öffnung freigegeben. Bei allen diesen zuletzt besprochenen Schmelzpunktsapparaten, die sich gegen die Außenluft hermetisch abschließen lassen, ist sorgfältig darauf zu achten, dal beim Erhitzen die erwärmte Luft freien Austritt hat, da andernfalls der dünnwandige Kolben durch die Druckzunahme gesprengt wird. Fr. Kutscher und Otori?) machten den Vor- schlag, sich zu Schmelzpunktsbestimmungen bei hoher Temperatur eines leeren Quarzkölbchens zu bedienen und in dieses ein Reagenzglas hineinzuhängen, welches Thermometer und Schmelzpunktsröhrchen aufnimmt: die Apparatur ist also der Graebeschen vollkommen analog, nur wird die Substanz nicht im doppelten Flüssigkeitsbade, sondern im doppelten Luftbade erhitzt. Gust. Olberg®) gab den beistehend abgebildeten Schmelzpunktskolben (Fig. 389) an, in welchem nach Art der Warmwasserheizung eine Zirkulation der Heiz- flüssiekeit stattfindet; in dem rechten, das Thermo- meter enthaltenden Rohr sinken von oben nach unten immer wärmere Schichten nieder, wodurch die Temperaturerhöhung ohne Rührer etc. sehr gleichmäßig erfolgt. J. Thiele*) hat neuerdings wieder einen ganz ähnlichen Schmelzpunktskolben vorgeschlagen. (senauere Schmelzpunktsbestimmungen als auf die bisher beschrie- benen Arten werden erhalten, wenn man das Thermometergefäß in die schmelzende und erstarrende Substanz direkt eintauchen läßt. Zur Aus- führung dieser Methode sind allerdings ca. 20 y der Substanz notwendig. Fig. 389. ') Zur Schmelzpunktsbestimmung. Chem.-Ztg. Bd. 24. S. 538 (1900). :) Ein Apparat für Schmelzpunktsbestimmung hochschmelzender Substanzen. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 42. S. 193 (1904). ®), Ein Erhitzungsapparat für Schmelzpunktsbestimmungen. Repert. d. analyt. Chem, Bd. 6. S. 94 (1886); vgl.: Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 25. S. 541 (1886). *) Ein neuer Apparat zur Schmelzpunktsbestimmung. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 40. S. 996 (1907). 4 | Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik, 213 Genaue Angaben über diese Art der Schmelzpunktsbestimmung hat H. Landolt!) gemacht, der auch die übrigen Methoden einer eingehenden Kritik unterzog. Eine einfache Schmelzpunktsbestimmung, die auch bei sehr hohen Temperaturen nicht versagt, besteht darin, dab man die Substanz auf Quecksilber oder auf Woodsches Metall legt, darüber ein Trichterchen aus dünnem Glase deckt, ein Thermometer in das Bad hängt und bis zum Schmelzen der Substanz erhitzt. Ebenfalls speziell für Schmelzpunktsbestimmungen bei hoher Tem- peratur dient der sogenannte Bloc Maquenne.°) Dieser Apparat (Fig. 390) besteht aus einem Parallelipiped aus Messing, das durch eine Reihe kleiner Flämmchen erhitzt wird. Das Thermometer ruht horizontal in einem Kanal, der den Messingblock 3 mm unter seiner Oberfläche der Länge nach durchzieht, und wird so tief m den Block hineingesteckt, dab beim Schmelzpunkt der (uecksilberfaden nur eben aus dem Kanal heraus- schaut; eine Korrektion wegen des herausragenden Fadens erübrigt sich also, was namentlich bei hohen Temperaturen von großem Werte ist. ig soo, Auf der Oberfläche des Blocks be- finden sich zwei Reihen kleiner Aushöhlungen; in das Grübchen, das der Thermometerkugel am nächsten ist, legt man die Substanz und deckt sie dann mit einem Uhrglase zu. Herm. Thiele?) schlug ebenfalls zur Schmelzpunktsbestimmung bei hohen Temperaturen einen Kupferklotz vor. Die von J. Löwe®) empfohlene elektrische Methode, den Schmelz- punkt zu bestimmen, besteht darin. einen mit der Substanz überzogenen dünnen Platindraht, der mit dem einen Pol eines Elementes verbunden ist, im einem Quecksilberbad, das mit dem anderen Pol in Verbindung steht, zu erwärmen; schmilzt die Substanz vom Platindraht ab, so wird der Stromkreis, in den eine elektrische Läutevorrichtung oder dergleichen eingeschaltet ist, geschlossen. 5) !) Über die genaue Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Substanzen. Sitzungsber. d. kgl. preuß. Akad. d. Wiss. zu Berlin. 1889. S. 265; vgl. Chem. Zentralbl. 1889. II. S. 866. ?) Maquenne, Apparat zur Bestimmung des Schmelzpunktes. Bull. d. la Soc. Chim. de Paris. [2.] T 48. p. 771 (1887); vgl. Chem. Zentralbl. 1888. 8.63. Siehe auch: 4A. Müther und B. Tollens, Über einige Hydrazone und ihre Schmelzpunkte. Ber. der Deutschen chem. Ges. Jg. 37. S. 311 (1904). °) Schmelzpunktsbestimmungsapparat. Zeitschr. f. angew. Chem. 1902. S. 780. *) Apparat zur Bestimmung des Schmelzpunkts organischer Körper. Dinglers polytechn. Journ. Bd. 201. S.250 (1871); vgl. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 11. S. 211 (1872). °) Siehe auch: 4. C. Christomanos, Ein neuer Apparat zur Bestimmung der Schmelz- punkte. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 23. S. 1093 (1890). 214 R. Kempf. Über die Schmelzpunktsbestimmung von Fetten hat u.a. H. W. Wiley‘) Mitteilungen gemacht. III. Siedepunktsbestimmung. Wie der Schmelzpunkt, so ist auch der Siedepunkt eine physikalische Konstante, deren Bestimmung nicht bloß über die Reinheit eines Stoffes Auskunft gibt, sondern auch zur Charakterisierung einer neuen Verbindung oder zur Identifizierung einer Substanz mit einer schon bekannten wesent- liche Dienste leistet. Die gewöhnlichste Art, den Siedepunkt einer Substanz zu bestimmen, besteht darin, daß man sie destilliert (vgl. sechstes Kapitel, S. 122 ff.); für genaue Siedepunktsbestimmungen muß sich der Quecksilberfaden ganz im Dampf der destillierenden Flüssigkeit befinden, wozu sich Fraktionierkolben mit langem Hals und abgekürzte Thermometer (siehe 8. 90) empfehlen: andernfalls muß in derselben Weise, wie es bei der Schmelzpunktsbestimmung dargelegt worden ist, eine Korrektur angebracht werden. Außerdem variiert der Siedepunkt mit dem Barometerstande: nach H. Landolt?) erniedrigt er sich in der Nähe des normalen Barometerstandes für je 1mm Minderdruck um ca. 0'043°. ei Substanzen, die bei gewöhnlichem Druck nicht ohne Zersetzung sieden, bestimmt man den Siedepunkt bei einem konstanten Minderdruck ; die Methoden sind die gleichen wie bei der Vakuumdestillation. Häufig empfiehlt sich bei derartigen Siedepunktsbestimmungen die Anwendung von Druckregulatoren (siehe 8. 136). Stehen zur Siedepunktsbestimmung nur sehr kleine Flüssigkeits- mengen zur Verfügung, so kann man nach A. Siwoloboff®) die Bestimmung in einem engen Röhrchen in derselben Weise ausführen wiedie Schmelz- punktsbestimmung:; nur muß man zur Verhinderung des Siedeverzuges ein haarfeines, unten zugeschmolzenes Kapillarröhrchen in die Flüssigkeit hineinstellen. H. Biltz*) benutzte dieselbe Methode zur Siedepunktsbestimmung unter vermindertem Druck, indem er das Röhrchen, das die Substanz ent- hielt. mit der Luftpumpe verband. 5 Ein genaueres, aber viel umständlicheres Verfahren, den Siedepunkt sehr kleiner Flüssigkeitsmengen zu bestimmen, gab A. Schleiermacher’) an, worauf hier nur verwiesen werden kann. !) Über Schweinefett (Schmalz) und seine Verfälschungen. Vgl. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd.30. S.514 (1891). ®) Untersuchungen über die Dampftensionen homologer Verbindungen. Liebigs Annal. d. Cbemie und Pharm. Suppl. 6. S. 175 (1868). j °) Über die Siedepunktsbestimmung kleiner Mengen Flüssigkeiten. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg.19. S. 795 (1886). *) Dijodacetylen und Tetrajodäthylen. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 30. S. 1208 (1897). e) Siede LE mit kleinen Flüssigkeitsmengen. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg.24. S. 344 (1891). 7 “ D Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 915 Den Siedepunkt fester Substanzen zu bestimmen, ist mit Schwierig- keiten verknüpft!); man tut wohl bei festen Körpern besser, statt den Siedepunkt festzustellen, die Tension bei verschiedenen Temperaturen zu messen: die Temperatur, bei der die Dampfspannung 760mm (Quecksilber beträgt, ist der Siedepunkt. Achtes Kapitel. Arbeiten mit Gasen. I. Die Gewinnung von Gasen. Gasförmige Elemente oder Verbindungen entnimmt man im Labora- torium am bequemsten käuflichen Bomben. Es befinden sich — früher in schmiedeeisernen Zylindern, jetzt fast nur in nahtlosen Stahlflaschen (Mannes- mannröhren) — im Handel: Als stark komprimierte Gase: Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Luft, Leuchtgas, Methan (Grubengas); als Flüssigkeiten: Chlor, Ammoniak, Stickoxydul (Lachgas), Kohlen- dioxyd, Schwefeldioxyd, Methylchlorid, Methylbromid, Äthylchlorid, Phosgen (Kohlenoxychlorid), Acetylen. Stellt man sich Gase selbst her, so geschieht dies entweder durch chemische Einwirkung von Flüssigkeiten auf feste oder flüssige Körper, oder aber durch Erhitzen fester oder flüssiger Stoffe. Eine dritte Dar- stellungsweise von Gasen besteht in elektrolytischen Methoden, die hauptsächlich zur Gewinnung von Wasserstoff, Sauerstoff und Ozon dienen (siehe im speziellen Teil unter den einzelnen Gasen). Im Folgenden wird zunächst die allgemeine apparative Technik der Gasgewinnung im Laboratorium behandelt, sodann die Methodik der Gas- entwicklung im Einzelfall. 1. Gasentnahme aus Bomben. a) Allgemeines. Ausführliche Gesetze und Verordnungen regeln in Deutschland und in den meisten anderen Kulturstaaten den Verkehr mit verflüssigten und verdichteten Gasen. ?2) Für die Laboratoriumstechnik sind hauptsächlich die folgenden Bestimmungen von praktischer Wichtigkeit. Die Stahlflaschen, die brennbare Gase, also zum Beispiel Wasser- stoff oder Leuchtgas, enthalten, sind schon äußerlich durch einen warnen- den feuerroten Anstrich kenntlich gemacht; Sauerstoffbomben dagegen sind stets schwarz gestrichen. !) Vgl. z.B. F. Krafft und H. Weilandt, Sublimationstemperaturen beim Vakuum des Kathodenlichts. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 29. S. 2240 (1896). ?) Vgl. z.B. H. Teichmann, Komprimierte und verflüssigte Gase. Monographien über chem.-techn. Fabrikationsmethoden. 1908. Bd. XIV. Verlag von W.Knapp. Halle a.S. 216 R. Kempf. Der Ausführungsgang des Flaschenventils (Fig. 391: vgl. auch Fig. 393, S. 219) ist durch eine mit Öffnung versehene Verschlußkappe (rechts in der Mitte der Fig. 391) gegen Verschmutzung geschützt, und zwar ist das Anschlußgewinde, auf dem bei Nichtgebrauch der Bombe die Kappe ver- schraubt ist, für brennbare Gase als Linksgewinde ausgeführt. dagegen bei allen übrigen Gasen als Rechtsgewinde. Es ist dadurch die Gefahr der Bildung explosiver Gasgemische sehr vermindert, da zum Beispiel ein noch mit Wasserstoff angefülltes Reduzierventil (siehe unten, S. 219) von einer Wasserstoffbombe nicht ohne weiteres auf einer Sauerstoffbombe be- testigt werden kann, und umgekehrt. Außerdem müssen laut polizeilicher Vorschrift Chlor- und Phosgenflaschen einen anderen Gewindedurch- messer haben als die übrigen Stahlzvlinder. Da Stahlflaschen mit einem Innendruck bis zu 200 Atmosphären im Verkehr sind, repräsentieren solche Gasbehälter eine gewaltige Menge auf- gespeicherter Energie; ihr Bersten erfolgt explosions- artig. Bei der Benutzung von Bomben sind daher sorefältige Vorkehrungen zu treffen, daß sie nicht umfallen können, und es ist darauf zu achten, dab sie weder der unmittelbaren Einwirkung der Sonnen- strahlen und anderer Wärmequellen (Öfen, Heiz- körper), noch einer Lufttemperatur von mehr als 40° ausgesetzt werden. Um liegende Stahlzylinder am Rollen zu ver- hindern, haben die Gefäße einen viereckigen Fuß. Die praktisch wichtigsten Konstanten der am meisten gebrauchten — auch der komprimierten und verflüssigten — Gase sind in der folgenden NUN Tabelle zusammengestellt. Die Gase sind nach stei- ee genden Tensionen (bei 15°) bezw. sinkenden kriti- schen Temperaturen geordnet: bei dieser Anordnung tritt der Unterschied zwischen den eigentlichen Gasen und den Dämpfen!) am markantesten zu Tage. Die Ziffern der Reihe II geben den Sättigungsdruck des ver- flüssigeten Gases bei 15° an, also den Druck, der in der Bombe bei 15° konstant herrscht, so lange der Stoff gleichzeitig in flüssiger und zasförmiger Phase in der Flasche vorhanden ist, und vorausgesetzt, dab sich die beiden Phasen im Gleichgewicht befinden. Die Mengenverhält- nisse der beiden Phasen beeinflussen den Druck nicht, vielmehr ist dieser festgelegt, sobald die Temperatur bestimmt ist. Denn bei reinen Stoffen ') Es dürfte sich empfehlen, luftförmige Stoffe nur dann als Gase zu bezeichnen, wenn sie sich unter den gegebenen Verhältnissen oberhalb ihrer kritischen Tem- peratur befinden, anderenfalls als Dämpfe. Der Unterschied ist auch praktisch von größter Wichtigkeit: „Gase“ (in diesem Sinne) sind „inkoerzibel* und folgen den Gasgesetzen von Boyle-Mariotte und Gay-Lussac, „Dämpfe“ sind „koerzibel* und folgen bei genügend starken Drucken nicht mehr den Gasgesetzen (vgl. auch S. 150). 189) art —1 Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. Vs VII. 1 Liter H,O löst Liter VIII. AmtlicherProbedruck der Kritische Temperatur Gars I Formel I 'Trension in Atmo- sphären bei 150 III für 1 /kg verflüssigtes Gas in Kalorien VI Kritischer Druck in Atmosphären Gas bei 15° Behälter in Atmosphären IX: Druckprobe muß wieder Hüss.Gas muß sein in Liter Quecksilber Ivs Verdampfungswärme Gefäßraum pro 1/g ver- Siedepunkt bei 760 mm holt werden in Jahren > | langsam Phosgen ...%..||COC], | — 820 — = en DH Methylbromid. |CH,Br| — SI, | = u Athylchlorid . |C,H,C1 111] 125° | 977 ıeaer | see a, | — | —- | — Stickstofftri- |) | Dal... . IN,0, | — 0 a —_— | — — -—|—- | — Schwefeldioxyd | SO, | 272)-1008° 917 |155:4° | 78:9 47276) 12) 2 |08 Methylehlorid.. |CH,C1| 4:17|-237° | 969 1141:5° | 730) ca4 | — | — N ehlor.. =... Cl, | 575|-33:6° | 62:7 1146°0° | 9385| 2635| 22| 2 |08 | Jodwasserstoff | HJ | 58 |-367° — 1150'7° — . — | — _ Ammoniak .. | NH, | 714-38:5° | 297'381130'0° |1115°0| 8024 30) 4 | 1:86 Schwefelwas- | | | Berstotie ... | E,S 16:47 |-61:8° 10° — 1000 90:0) ) 3:056| == || — | Bromwasser- | | | Slokh nn... I HBr | — |-681°| — | 913° | — |5650 = Chlorwasser- | | BbaEL. 2... | HCI 1378 |-831° | — | 52° | 83:0] 486:7 — io | — | Acethylen.. . | C,H, |37°9 — — 03090650 1a. —’| Pe Stiekoxydul ... | N,O 4977-879 | 595 | 354° | 750] 07377| 180| # | 1:34, Kohlendioxyd.. | CO, [52:17|-78:2° | 5625| 311° | 730] 1°019 | 190| 4 | 134 Äthylen ....|| C,H, 10:1°| 5100139 | — | — | — ar. NO |, —,|51582 . —7,.12098:5% 7121.0:0515.|, — ] 0 Ber. CH, | — |-1528°|, —. .|..95:5°150:01:0:0369 | — | 2 = Sauerstoff... || 0, — |-182:5°%| 609 |-118°0% 50:0) 0:03415| 2500| 4 | — ı Kohlenoxyd.. . | CC — |-190° | — |-139:5%) 3551 00254 | — | — | — Buiekstolf .. . | 'N, — |-191°4°) 49:8 |-146°0%| 35:0] 0:01786| 3550| 4 | — Wasserstoff... | H, — |-252501 — wo 20:0 001903] 250) 4 | — besteht das Gesetz, daß die Summe der Phasen und Freiheiten gleich der Anzahl der Bestandteile + 2 ist (Gibbssche Phasenregel). Im vor- liegenden Falle handelt es sich stets um einen Bestandteil, zum Beispiel um Kohlendioxyd, und um zwei Phasen, der gasförmigen und der flüssigen; folglich hat das System nur eine Freiheit: man kann entweder nur den Druck ändern oder nur die Temperatur, nicht beliebig beides zugleich. d.h. jeder Temperatur entspricht ein bestimmter Druck, eben der Sättigungs- druck. Anders liegen die Verhältnisse, wenn so viel Gas in die Bombe gefüllt wurde, daß der Stahlzylinder bei einer bestimmten höheren Temperatur ganz mit der flüssigen Phase ausgefüllt ist: in diesem Fall steigt der Druck in dem Gasbehälter, da sich Flüssigkeiten im Gegensatz zu den 918 R. Kempf. Gasen nur äußerst wenig zusammendrücken lassen, bei der geringsten Temperatursteigerung enorm an, was eine große Gefahr bedeutet. Die Reihe X gibt an, wie groß der Gefäßraum für je 1 kg ver- flüssigtes Gas sein muß, um diese Gefahr abzuwenden. Als obere Tempe- raturgrenze wird den Berechnungen 40° zugrunde gelegt. Anders lieren die Verhältnisse (bezüglich den Angaben der Reihe II in der Tabelle) bei den eigentlichen Gasen: Wasserstoff, Sauerstoff, Stick- stoff usw. Diese Elemente befinden sich bei 15° weit über ihrer kritischen Temperatur (vgl. Reihe V), verhalten sich also als vollkommene Gase, die sich bei dieser Temperatur auch durch die denkbar stärksten Drucke nicht verflüssigen lassen. Da mithin stets eine Phase und ein Bestandteil vor- liegt, beträgt die Anzahl der Freiheiten nach dem Phasengesetz zwei: man kann Wasserstoff und Sauerstoff beliebig stark komprimieren und gleichzeitig — oberhalb der kritischen Temperatur — beliebig hoch ab- kühlen oder erhitzen. Verflüssigte Luft darf infolge der starken Druckzunahme, die beim Steigen der Temperatur infolge Vergasung eintritt und der kein tech- nisches Material standhalten würde, nur in nicht gasdieht schließen- den Behältern aufbewahrt werden. Das Gleiche gilt natürlich von ver- flüssigtem Wasserstoff, Stickstoff usw. Vollkommene Gase (H,O, N, Luft) werden im allgemeinen in den Bomben auf 150 Atmosphären komprimiert; die obere Druckgrenze, die für kom- primierte Gase im Verkehr zulässig ist, beträgt 200 Atmosphären. Die Reihe III der Tabelle gibt die ungefähren Temperaturen der ver- flüssieten Gase beim Stehen an der freien Luft, d.h. unter dem Druck einer Atmosphäre, an (vgl. auch die Tabelle im fünften Kapitel, S. 47). Aus der abnorm großen latenten Verdampfungswärme des flüssigen Ammoniaks (vgl. Reihe IV der Tabelle) folgt dessen hervorragender Wert als Kühlmittel (vgl. oben, S. 44). b) Ventile und Inhaltsmesser. Bei den gewöhnlichen Flaschenventilen (Fig. 391, S. 216) ist es nicht leicht, durch vorsichtiges Drehen des oft festsitzenden und dann sich ruck- weise öffnenden Absperrhahnes (vel. Fig. 393) einen langsamen, stetigen (rasstrom zu entnehmen. Bei dem „Feinregulierventil“ nach R.le Rossignol !) (Fig. 392) passiert das austretende Gas einen konischen Raum. der durch einen ebensolchen Ventilkegel mit Hilfe einer Stellschraube abgeschlossen werden kann. Der Neiguneswinkel des Kegels beträgt nur 4°: dadurch wird erreicht, dab sich beim Drehen der Ventilschraube der freigegebene Gasweg nur ganz allmählich erweitert. Das Ventilgehäuse wird aus Bronze, der Ventilstift ‘) Ein neues Feinregulierventil für Hochdruckgase. Chemiker-Zeitung. 3% S. 820 (1908). + 2 “ F) Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 219 aus Nickelin angefertigt, so daß Rostbildung und Oxydation bei Verwendung von Sauerstoff ausgeschlossen sind. Weit zuverlässiger und genauer, aber nicht ganz so einfach ist das Einstellen des Gasstroms beim Gebrauch eines zweistufigen „Reduzier- ventils“ (Fig. 395), das auf dem Schleusenprinzip beruht: Das Hochdruck- gas strömt beim Öffnen des Flaschenventils am Kopf der Bombe (vgl. die Abbildung) zunächst an einer Abzweigung vorbei, die zum Inhaltsmesser J (siehe unten) führt und dann in eine Ventilkammer, die mit Manometer (M) und Sicherheitsventil versehen ist. Der Zutritt des Gases in diese Kammer schließt sich sofort automatisch, sobald eine bestimmte obere Druckgrenze, auf die man das Kammerventil mittelst der Stellschraube Z beliebig ein- stellen kann, erreicht ist; der Ventilsitz (meist aus Hartgummi gefertigt) befindet sich auf einem ungleichschenkligen Hebel, auf dessen langen M Arbeitsmanometer J Inhaltsmesser S Absperrhahn Fig. 392. Fig 393. Schenkel der Arbeitsniederdruck + dem Druck einer einstellbaren Feder in schließendem Sinne, auf dessen kurzen Schenkel der Hochdruck des Bombeninhalts in öffnendem Sinne wirkt: Das Gas betätigt also im geeigneten Moment durch seine eigene Spannkraft das Ventil und schneidet sich so selbst den Weg ab. Man kann den Arbeitsdruck auf beliebige Höhe bis zu etwa 3 Atmosphären einstellen: Hineindrehen der Flügel- schraube Z (nach rechts) verstärkt den Druck, Herausdrehen (nach links) schwächt ihn ab. Übersteigt der Gasdruck in der Ventilkammer eine be- stimmte obere Grenze, auf die das Arbeitsmanometer geeicht ist, so bläßt der Überschuß des Gases aus dem Sicherheitsventil ab, so daß man sicher ist. aus dem Schlauchstutzen (vel. Fig. 395) stets nur ein verhältnismäßig wenig komprimiertes Gas zu erhalten; der Absperrhahn 5 vermittelt den Zutritt des Niederdruckgases in die angesetzte Schlauchleitung und die Apparatur usw. 220 R. Kempf. Der sog. Inhaltsmesser (.J/) ist ein gewöhnliches Manometer, das nach dem Öffnen des Flaschenventiles mit der Bombe kommuniziert, also die Spannung des Hochdruckgases und mithin den Inhalt der Bombe angibt, vorausgesetzt. dal) sich der betreffende Stoff oberhalb seiner kritischen Temperatur befindet, d. h. den Gasgesetzen folgt. Für Kohlendioxyd trifft dies nur zu, wenn das Gas wärmer als 31° ist, bei Wasserstoff, Sauer- stoff usw. dageren unter den gewöhnlichen Verhältnissen stets. In diesem Falle braucht man auf Grund des Boyle-Mariotteschen Gesetzes nur den vom Manometer angegebenen Druck mit dem auf dem Flaschenhalse ange- zebenen Innenraum der Bombe zu multiplizieren, um das Volumen des noch vorhandenen Gases zu ermitteln. Beispiel. Inhalt der Bombe: 10'8 2, Manometerstand: 100 Atmosphären. Der Vorrat beträgt dann 10°8x 100=1080 1. Man öffne das Flaschenventil auch bei eingeschaltetem Reduzierventil stets nur langsam: bei zu schneller Öffnung besonders der käuflichen Sauerstoff- und Stiekoxydulbomben hat man Explosionen mit Flammen- erscheinung beobachtet, weil infolge der plötzlichen starken Kompression des Gases oder der Luft in der Ventilkammer der Ebonit des Ventil- sitzes bis zur Verbrennmngstemperatur erwärmt wurde. !) (Vgl. auch weiter unten.) Für chemisch sehr angreifende Gase, z. B. für Chlor, verbietet sich der Gebrauch von Reduzierventilen, deren Anschlußgewinde auch gar nicht auf die Chlor- (und Phosgen-)bomben paßt. Hänfig empfiehlt es sich. besonders wenn kein Reduzierventil zur Verfügung steht. zunächst das Gas aus der Bombe in einen Gasometer (vel. unten) überzufüllen und es dann diesem zu entnehmen. Über die Bombengase im einzelnen siehe weiter unten im speziellen Teil unter den betreffenden Gasen. 2. Allgemeine apparative Technik der Gasentwicklung. Die Gasentwicklungsapparate gehören zu den wichtigsten Gebrauchs- oerenständen eines chemischen Laboratoriums. Sie existieren daher in zahl- losen Konstruktionen. die sich häufig bis in die kleinsten Einzelheiten gleichen und immer wieder von neuem fast täglich vorgeschlagen werden. Auf dem Gebiete der chemischen Gasentwicklungsapparate tritt der Mangel einer objektiv urteilenden Zentralstelle für chemische Laboratoriumstechnik besonders augenfällig zutage. Im folgenden sollen nur die wichtigsten Apparate für die Gasent- wicklung im Laboratorium zur Sprache kommen. ') G. Claude, Über die Unglücksfälle beim Arbeiten mit komprimiertem Sauerstoff und eine Versuchsanordnung, um sie zu vermeiden. Comptes rendus de l’Acad. des sciences. T. 145. p. 387 (1907): vgl. Chem. Zentralbl. 1907. II. S. 1273. . ü u VE Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 321 a) Gasentwicklung durch die Einwirkung von Flüssigkeiten auf feste Körper. Es handelt sich hier hauptsächlich um die Entwicklung von Wasser- stoff aus Metall und Säure, von Kohlendioxyd aus Marmor und Säure und von Schwefelwasserstoff aus Schwefelmetall und Säure (vgl. den spe- ziellen Teil). Tritt die chemische Reaktion zwischen festem Körper und Flüssigkeit schon bei gewöhnlicher Temperatur ein und verläuft sie ohne wesentliche Wärmeentwicklung, so genügt als Apparatur ein diekwandiges Kölbchen („Gasentbindungsflasche*“, s. Fig. 394), ein Saugkolben oder eine Woulffsche Flasche, die mit Trichterrohr und knieförmig gebogenem Gasableitungsrohr versehen werden (vel. z. B. Fig. 595). Das Gasableitungsrohr — bei An- wendung eines Saugkolbens bedarf es keines besonders aufgesetzten Rohres Fig. 394. Fig. 395. Fig. 396. Fig. 397. Fig. 398 — schleift man unten schräg ab, damit möglichst wenig Flüssigkeit vom Gasstrom mitgerissen wird. Die feste Substanz, z. B. Stangenzink, kommt in das Gefäß, und durch das Trichterrohr wird die Flüssigkeit, z. B. Salzsäure, eingefüllt. Das Trichterrohr muß bis unter das Flüssigkeitsniveau eintauchen: es dient außer zum Nachtragen von Flüssigkeiten oder Lösungen — je nach Be- darf Wasser, Säure, Platinchloridlösung, auf Arsen zu prüfende Substanz usw. — auch gleichzeitig als Druckmesser und als Sicherheitsventil: ist die (Grasableitungsröhre verstopft, so tritt durch den Druck der sich entwickeln- den Gasmassen kein Bersten eines Teiles der Apparatur ein. sondern es wird nur die Flüssigkeit in dem Trichterrohr emporgedrückt, — voraus- gesetzt, dal nicht auch dieses verstopft ist. Dieses häufig eintretende Er- eignis ist bei den Aufsatzsicherheitsröhren (.Weltersche Röhren“), die nicht in das gasentwickelnde Reaktionsgemisch tauchen, sondern unmittelbar unter dem Stopfen endigen und in ihrem schleifenförmigen Teil mit einer besonderen Sperrflüssiekeit, z. B. mit Wasser oder mit Quecksilber, ge- füllt werden können (Fig. 396 und 397), fast ausgeschlossen. Eine elegante Kombination des Gasableitungsrohres mit einer der- artigen Sicherheitsröhre, die auch zum Nachfüllen von Flüssigkeit dienen kann, hat Th. Posner vorgeschlagen (Fig. 398). Die Vorrichtung erfordert nur 222 R. Kempf. einen einfach durchbohrten Stopfen, was in Anbetracht der Schwierigkeit, absolut gasdichte Verschlüsse — namentlich bei der Entwicklung des leicht diffundierenden Wasserstoffs — herzustellen, und bei sehr enghalsigen Kolben von Wert ist. Muß das zur Gasentwicklung dienende Reaktionsgemisch erwärmt. werden, oder tritt freiwillige Temperatursteigerung infolge großer positiver Wärmetönnng des Prozesses auf, so wendet man dieselbe Apparatur an, wie soeben beschrieben, nur muß) man ein dünnwandiges Gefäß wählen, am besten einen Rundkolben,. den man mit dem Substanzgemisch beschickt und dann sehr allmählich und unter vorsichtigem Umschwenken auf einem Baboblech erwärmt (vel. Fig. 415). Besondere Geschicklichkeit erfor- dert das Hineinbringen schwerer harter Stoffe, z. B. Braunstein, in . einen solchen Kolben, ohne r— diesen zu zertrümmern. Man erleichtert sich die Aufgabe, in- dem man zunächst die Flüssig- keit einfüllt und erst dann die — nicht allzu groben — festen Stücke, die man ganz langsam durch den schief gehaltenen Kolbenhals hineingleiten läßt. Für die Kaltentwicklung von (rasen aus festen Körpern und Flüssigkeiten benutzt man am bequemsten einen automa- tisch funktionierenden Apparat, der auch nach langen Pausen in Dun ER: der Benutzung stets betriebs- fertige -ist und sofort einen leicht regulierbaren Gasstrom liefert. Die unzähligen Konstruktionen, die zu diesem Zweck vorgeschlagen wurden, lassen sich sämtlich in vier Haupttypen einreihen:; es handelt sich stets. wenn man von dem Tropfsystem (Schwefelwasserstoffapparat z nach Ostwald und Küster, siehe unten) absieht, um das System entweder: 2 1. nach Debray (Fig. 399) oder 2. „ Mohr (Fig. 404) oder 3. „ Kipp (Fig. 407) ‘ oder 4 „ Finkener. Hier sollen nur einige praktische Repräsentanten der drei ersten Klassen behandelt werden. Debraysche Apparate. Die von Debray!) empfohlene Vorrichtung (Fig. 399) besteht aus zwei am Boden tubulierten Flaschen, die durch einen Schlauch mitein- 1) Dinglers polytechn. Journ. Bd. 166. S. 344. Vgl. z. B. Graham-Otto, Lehrb. d. anorg. Chem. 4. Aufl. Bd. 1. S. 199 (1863). — Von anderer Seite wird der Apparat auch Sainte Claire Deville zugeschrieben. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 293 ander verbunden sind. Die Bedienung des Apparates erhellt aus der Ab- bildung. Die Gasentwicklungsflasche muß bis über die Höhe des Tubus mit Glas- oder Porzellanscherben als Unterlage für das gasentwickelnde Material gefüllt werden und erhält zweckmäßig einen Gaswaschaufsatz nach Th. Kempf (vgl. auch Fig. 370, S. 199). Durch Höher- und Tieferstellen der Säureflasche läßt sich der Druck des entweichenden Gases in weiten Grenzen beliebig regulieren. Ein Nachteil der Apparatur besteht darin, dal die schwere, ver- brauchte Säure stets wieder an die Substanz gelangt und die leichte, frische Säure unbenutzt in den oberen Schichten der Säureflasche verbleibt. Man umgeht diesen Übelstand, wenn man das in die Säureflasche mündende Glasrohr verlängert und in der Flasche bis dicht unter den Flüssigkeitsspiegel reichen läßt. !) An Stelle einer tubulierten Flasche als Entwicklungsgefäl) benutzt man vorteilhafter = = us [z Fig. 400. Fig. 401. einen Chlorcaleiumturm nach Fresenius (vgl. Fig. 382, S. 200), wie Fr. Mohr?) vorschlug. Diesen Mohrschen Apparat verbesserte W. W. Andrews :) in der Weise, dab er dem Säuregefäß die Form einer Spritzflasche gab und die Zuleitung der Säure in den Gasentwickler durch ein heberartiges Rohr vermittelte (Fig. 400). Dadurch ist erreicht, daß stets frische Säure in den Entwickler gelangt. Das Füllen des Hebers geschieht durch Anblasen, wie bei einer Spritzflasche. Fast genau den gleichen Apparat schlug neuerdings wieder F. Sout- herden *) vor. !) V. Grignard, Über eine einfache Abänderung des kontinuierlichen Gasent- wicklungsapparates von Sainte Claire Deville. Bull. Soc. Chim. de France. [4.] T. 3. p- 890 (1908); vgl. Chem. Zentralbl. 1908. I. S. 1401. ®) Vgl. ©. R. Fresenius, Anl. z. qual. chem. Analyse. 16. Aufl. (1895). S. 64. °) Selbstregulierender Gasentwicklungsapparat. Chem.-Ztg. Bd. 21. 667 (1897). *) Ein verbesserter Gasentwicklungsapparat. Chem. News. Vol. 95. p. 207 (1907); vgl. Chem. Zentralbl. 1907. I. S. 1717. 224 R. Kempf. Eleranter und bequemer als der ursprüngliche Debray-Apparat ist die auf dem gleichen Prinzip beruhende Konstruktion von M. .Kähler !) (Fig. 401) und die von v. Babo (Fig. 402). Bei diesen Apparaten ist natürlich eine Unterlage aus indifferentem Material für die gasgebende Substanz kaum nötige. In der Fig. 401 ist A das mit Sicherheitsrohr versehene Säure- und Druckgefäß, B das mit dem Waschaufsatz F versehene Entwicklungs- zefäß: nach Gebrauch entlastet man den Druck im Apparat, indem man A aus dem aufgeschnittenen Ring C herausnimmt und nach D bringt. Der ebenfalls auf dem Umkippungsprinzip n:ch ». Babo beruhende Gasentwicklungsapparat von S. Bosnjakovid ?) liefert nur einen nicht regulierbaren Gasstrom. Allen bisher besprochenen Gasentwicklungsapparaten ist der Übelstand gemeinsam, daß sie kein Gasreservoir für das im Augenblick nicht ge- brauchte und das nachentwickelte Gas besitzen. Um diesen Mißstand zu be- seitigen, schlug L. L. de Koninck®) vor, zwischen Säure- und Ent- wicklungsflasche des Debrayschen - E u N | f SUN Il | NIz a P a | i m: > : x [5 ) Fig. 402. Fig. 403. Apparates eine Wou/fsche Flasche einzuschalten, ein Vorschlag, den schon ca. 25 Jahre vorher Brugnatellit) gemacht und den CO. R. Fresenius) n sehr praktischer Weise ausgestaltet hatte. ? Weit einfacher ist das gleiche Prinzip von J. Joakim °) verwertet i worden (Fig. 405). Die Konstruktion erhellt ohne weiteres aus der Abbil- dung. Eine Einschnürung von 15mm Weite zerlegt die Gasentwicklungs- ') Ein neuer Gasentwicklungsapparat. Chem.-Ztg. Bd. 12. S. 1728 (1888). °) Neue Gasentwicklungsapparate. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 43. S. 624 (1904). °) Ein neuer Schwefelwasserstoffapparat für analytische Laboratorien. Chem.-Ztg. Bd. 17. S. 1099 (1893). *) Zeitschr. f. analyt. Cbem. Bd. 6. S. 390 (1867). °) Vgl. dessen An]. z. qual. chem. Analyse. 16. Aufl. 1895. S. 62. °) Neuer Apparat zur Darstellung von Schwefelwasserstoff, Kohlensäure, Wasser- stoff ete. Chem.-Ztg. Bd. 25. S. 46 (1901). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 235 flasche in einen oberen Raum von °/,2 Inhalt und einen unteren, zur Auf- nahme des nachentwickelten (rases bestimmten Raum von 1!/,7 Inhalt. Die Vorrichtung erinnert sehr an den Kippschen Apparat (siehe unten, S. 227). hat aber vor diesem viele wesentliche Vorzüge, z. B. gelangt stets frischer Säurezufluß unmittelbar an die Substanz und rührt nicht die abgesetzte verbrauchte Säure auf, ferner läßt sich der Druck des ausströmenden Gases durch Höher- oder Tieferstellen des Säuregefäßes auf bequemste Weise in weiten Grenzen variieren; auch kann man bei längerer Betriebspause den Druck in der Entwicklungsflasche auf Atmosphärendruck oder sogar auf Minderdruck bringen, so daß eine unerwünschte Gasentwicklung — wie sie in Kippschen oder in ähnlichen Apparaten, die unter beständigem Über- druck stehen, infolge einer Undichtigkeit des Stopfens sehr leicht eintreten kann, — ausgeschlossen ist. Ein Vorzug des Apparates besteht auch darin, daß man ohne weiteres einen Gaswaschaufsatz mit ihm verbinden kann. Bildet man das Säuregefäß als Mariottesche Flasche aus, wie es die Figur zeigt, so entströmt das Gas stets unter einem nahezu konstanten Druck. Aus allen diesen Gründen dürfte diese Kategorie von Gasent- wicklungsapparaten für die gewöhnlichen Zwecke des Laboratoriums am meisten zu empfehlen sein. In letzter Zeit wurde der Joakimsche Apparat wieder mit ganz unwesentlichen Abänderungen, die z. T. Verbesserungen, z. T. Verschlechte- rungen bedeuten, von neuem erfunden. !) Mohrsche Apparate. Einen einfachen und bequemen Gasentwicklungsapparat, der sich aus einem Lampenzylinder mit Einschnürung und einem diekwandigen Becher- glase (Batterie-, Präparatenglas) leicht zusammenstellen läßt, stellt die in Fig. 404 dargestellte Apparatur dar, die in zahlreichen, prinzipiell nur un- wesentlich voneinander abweichenden Varianten im Handel ist und von verschiedenen Autoren vorgeschlagen wurde, z. B. von Mohr, Kekule, Mit- scherlich, Kaehler, Voeller, Bardeleben und vielen anderen, neuerdings wieder von H. Haefelin ?2), A. Burger und M. W. Neufeld °), H. Rebenstorff *) etc. Das Prinzip wurde wohl zuerst von Döbereiner in dem nach ihm benannten Feuerzeug praktisch verwertet (1823). Bei längerer Betriebspause empfiehlt es sich, den Behälter der gas- entwickelnden Substanz über das Flüssigkeitsniveau (vgl. die Abbildung) emporzuziehen und auf diese Weise jede Nachentwicklung von Gasen (etwa infolge einer Undichtigkeit des Hahnes oder Stopfens) unmöglich zu machen. 1) M. J. Stritar, Neue Laboratoriumsapparate. Chem.-Ztg. Bd. 33. S. 264 (1909). 2, Billiger Gasentwicklungsapparat. Pharm.-Ztg. Bd. 50. S. 351 (1905); vgl. Chem. Zentralbl. 1905. I. S. 1521. >) Ein neuer Gasentwieklungsapparat. Zeitschr. f. chem. Apparatenkunde. Bd. 1. S. 777 (1906); vgl. Chem. Zentralbl. 1907. I. 521. 4) Konstanter Gasentwickler. Zeitschr. f. physik. u. chem. Unterricht. Bd. 20. S. 175 (1907); vgl. Chem. Zentralbl. 1907. U. S. 657. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 15 996 R. Kempf. Die von H. Kreis!) angegebene Form (Fig. 405) zeichnet sich da- durch aus, dab Gummistopfen vermieden sind. Die Glasschliffe sind mit Vaseline einzufetten. Das Ansatzrohr des äußeren Gefäßes kann mit einer Absorptionsröhre verbunden werden, um etwa nachentwickeltes riechendes oder eiftiges Gras unschädlich zu machen. Kbenfalls ohne Gummi- oder Korkstopfen ist die Konstruktion von Th. W. Richards (Fig. 406). bei der außerdem durch ein Ansatzrohr mit Schwimmerventil dafür Sorge getragen ist, dal die verbrauchte Säure direkt auf den Boden des Gefäßes abfließt und zur Substanz stets die oben befindliche frische Säure gelangt. Die Glocke mit dem Hahnrohr wird durch einen Bleiring niedergedrückt. Kippsche Apparate. Der gebräuchlichste Gasentwicklungsapparat im chemischen Labora- torium -ist bis heute der Kippsche Apparat (Fig. 407) geblieben. Er erfüllt zu- oleich die Funktionen eines Gasometers, da sich das überschüssige oder nach- entwickelte Gas in der untersten Kugel sammelt, deren Flüssigkeitsinhalt in die oberste Kugel gedrückt wird. Auch der Kippsche Apparat hat zahllose Modifikationen erfahren; sein Hauptfehler besteht in der ungenügenden Durchmischung der Flüssigkeit: die frische, spezifisch leichtere Säure bleibt in der obersten Kugel unausgenutzt, während sich die verbrauchte salzhaltige und darum spezifisch schwerere Säure in der untersten Kugel ansammelt und immer wieder in den Reaktionsraum in der Mitte emporsteigt, so dab oft nur 60°, der Säure ausgenutzt werden. Ferner ändert sich bei der Ent- nahme von Gas mit der Verschiebung des Niveauunterschiedes in der obersten und untersten Kugel beständig der Druck, unter dem das Gas !) Neue Laboratoriumsapparate. Chem.-Ztg. Bd. 27. S. 281 (1903). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. XD 2 —| ausströmt. Im übrigen habe ich die Mängel des Kippschen Apparates!) schon oben bei der Besprechung des Apparates nach Joakim (vgl. S. 225) berührt. R. Barge?) empfahl, das Trichterrohr des Aippschen Apparates un- mittelbar unter der mittelsten Kugel abzuschneiden und in dem Boden- tubus (auf Fig. 407 nicht sichtbar) ein verschließbares Ablaßrohr zur Ent- fernung der verbrauchten Säure einzusetzen. Durch diese kleinen Änderungen soll eine bessere Ausnutzung der Säure, nämlich bis zu 94°/,. erreicht werden. Fig. 406. Fig. 407. Auf die übrigen zum Teil recht komplizierten Verbesserungsvorschläge bezüglich des Kippschen Apparates kann ich hier nicht näher eingehen. ®) b) Gasentwicklung durch die Einwirkung von Flüssigkeiten auf Flüssigkeiten. Weniger häufig, als man Flüssigkeiten auf feste Körper einwirken läßt, um ein Gas zu entwickeln, tritt im chemischen Laboratorium der Fall ein, daß man zwei Flüssigkeiten zu demselben Zweck miteinander in Reaktion bringt. Hauptsächlich geschieht dies, wenn man gasförmige Salz- säure aus konzentrierter Salzsäure und konzentrierter Schwefelsäure oder !) Vgl. darüber auch L. L. de Koninck, 1.c.; P. N. Raikow, Chem.-Ztg. Bd.15. S. 147 (1891) und R. Barge. Ebenda. Bd. 20. S. 955 (1896). °) Ein neuer Gasentwicklungsapparat. Chem.-Ztg. Bd. 20. S. 955 (1896). ®) Man vgl. z.B. €. Reinhardt, Verbesserter Kippscher Schwefelwasserstoffapparat. Dinglers polytechn. Journ. Bd. 257. S.73 (1885); A. Muencke, Apparat zur Entwicklung reiner Kohlensäure. Chem. Zentralbl. S. 179 (1884): F. €. Thiele, Eine Modifikation des Kippschen Apparates. Cem.-Ztg. Bd. 25. S. 468 (1901). 15* Schwefeldioxyd aus Natriumbisulfitlauge und konzentrierter Schwefel- säure entwickeln will. Der einfachste Apparat, der hierfür in Betracht kommt, ist der gleiche, wie für die Einwirkung von Flüssigkeiten auf feste Körper (vel. Fig. 395, S. 221): eine (Gasentbindungsflasche mit Gasableitungsrohr und Trichter- rohr oder Tropftrichter. Bezüglich eines Sicherheitsrohres gilt das schon oben dargelegte; man kann das Sicherheitsrohr auch an die erste Waschflasche verlegen (vgl. unten, Fie. 413 und Fig. 414). Um einen kontinuierlichen und immer gleich starken Gasstrom zu erzeugen, muß das Zutropfen der einen Flüssigkeit aus dem Tropftrichter gleichmäßig stark erfolgen, auch wenn der Flüssigkeitsspiegel sinkt; man erreicht dies auf einfache Weise dadurch, daß man den Tropftrichter als Mariottesche Flasche ausbildet, das heißt. ihn mit einem beiderseits offenen, luftdicht aufgesetzten und tief im das Trichtergefäß hineinragenden Glas- rohr versieht. Der Tropftrichter nach E. Pollak ') besitzt eine derartige Ein- richtung eingeschliffen. Ein Apparat, der wie der Kippsche usw. die Gasentwicklung ent- sprechend dem Gasverbrauch selbsttätig regelt, hat für die Reaktion zwischen zwei Flüssigkeiten J. Thiele?) vorgeschlagen: eine dreihalsige Woulfsche Flasche trägt einen Tropftrichter, dessen Stiel bis auf den Boden der Flasche reicht, ein Gasentbindungsrohr mit Hahn und eine Weltersche mit Quecksilber gefüllte Sicherheitsröhre (vel. Fig. 396 und 397, 8. 221); in die Flasche wird eine Schicht Quecksilber gebracht und die eine Flüssig- keit darauf gegossen; in den Tropftrichter, dessen Hahn geöffnet bleibt, kommt die andere Flüssigkeit. Öffnet man den Hahn des Gasableitungs- rohres. so dringt die obere Flüssigkeit durch das Quecksilber zur unteren Flüssigkeit, und die Gasentwicklung beginnt; schließt man den Hahn. so wird das (Quecksilber im Trichterrohr durch den Gasdruck ein Stück in die Höhe gedrückt, bis Gleichgewicht eintritt, und die Flüssigkeiten sind von einander getrennt. Das überschüssige Gas von zu starkem Druck entweicht durch das Sicherheitsventil, so daß man den Hahn des Tropftrichters nach dem Gebrauch des Apparates unbesorgt schließen kann. p Weniger (Quecksilber ist erforderlich, wenn man den ebenfalls von J. Thiele angegebenen Tropftrichter (Fig. 408) benutzt. In die kugelartige & Erweiterung des Tropftrichters füllt man so viel Quecksilber, daß das von oben kommende Rohr hineintaucht; im übrigen funktioniert der Apparat wie der vorige, erfordert aber unbedingt eine mit Sicherheitsröhre ver- sehene Waschflasche. 298 R. Kempf. ') Über einige Laboratoriumsapparate. Repert. d. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 7. S. 287 (1887): vgl. Chem. Zentralbl. S. 770 (1887). 1 2) Selbstregelnder Apparat zur Entwicklung von Gasen aus Flüssigkeiten. Liebi; Annalen d.Chem. u. Pharm. Bd. 253. S. 242 (1889). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. DD 29 Die Thielesche Apparatur zu verbessern bemühte sich unter anderen P. N. Raikow‘), der den Mohrschen (vgl. Fig. 404) und den Kippschen Apparat (vel. Fig. 407) so umänderte, daß beide für die Gasentwicklung durch Wechselwirkung zweier Flüssigkeiten zu gebrauchen sind. c) Gasentwicklung durch Erhitzen flüssiger oder fester Körper. Zur Entwicklung von Gasen durch Erhitzen von Flüssigkeiten, zum Beispiel zur Bereitung von Ammoniakgas (vgl. unten, S. 261), eignet sich die in Fig. 415 (S. 266) dargestellte Apparatur. Auch hier darf em Welter- sches Rohr als Sicherheitsventil oder ein einfaches in die Flüssigkeit tauchendes Steigrohr nicht fehlen. Zum Entwickeln von Gasen durch Erhitzen fester Körper, zum Beispiel zur Darstellung von Sauerstoff aus Kaliumehlorat, Braunstein oder Quecksilberoxyd usw., benutzt man Retorten, die mit Asbest beschlagen sind (vgl. S. 56), oder Röhren aus Glas, Porzellan oder Eisen, die in den lang- gestreckten Gasöfen, wie sie zur organischen Elementaranalyse Verwendung finden, erhitzt werden. Recht zweckdienlich für derartige Versuche erweist sich auch die früher erwähnte ter Meersche Fig. 408. Fig. 409. Retorte (Fig. 328, S. 159). Einen speziell zum Entwickeln von Gasen aus festen Körpern durch Erhitzen dienenden Apparat hat R. Muencke?) angegeben (Fig.409). Eine eiserne Röhre von 40mm lichter Weite und 2mm Wand- Stärke trägt auf dem einen Ende einen plangeschliffenen Verstärkungs- Ting und eine aufgeschliffene Kapsel, die durch eine Zentralbügelschraube angepreßt wird; das andere Ende des eisernen Zylinders ist mit einem ‘) Zwei selbstregelnde Apparate zur Entwicklung von Gasen aus Flüssigkeiten. Chem.-Ztg. Bd. 14. 8. 95 (1890). ?) Neuer Sauerstoffentwicklungsapparat. Chem.-Ztg. Bd. 9. S. 1119 (1885). 230 R. Kempf. Gasableitungsrohr von 8 mm lichter Weite versehen und im übrigen ver- schlossen. Mit dem Erhitzen des im eisernen Rohr ausgebreiteten Materials schreitet man durch Verschieben des Brenners allmählich von links nach rechts vor: man kann so die Gasentwicklung beliebig regeln und auch jederzeit unterbrechen. /u beachten ist bei allen derartigen Versuchen, bei denen der Gas- entwicklungsraum erhitzt wird, daß bei der Abkühlung infolge der Zu- sammenziehung des Gases die Flüssigkeit der vorgelegten Waschflasche leicht in das heilje Rohr zurücksteigt, was viel Unheil anrichten kann; man benutze also eine Waschflasche, bei der ein Zurücksteigen der Waschflüssig- keit unmöglich ist (siehe oben, S. 200). Über die Gasentwicklung im Einschlußrohr durch Erhitzung fester Körper in diesem, zum Beispiel über die Entwicklung von Ammoniak durch Erhitzen von Chlorzinkammoniak oder Chlorealeiumammoniak, siehe den foleenden Abschnitt unter Ammoniak. II. Spezielle chemische Methodik der Gasentwicklung. Im folgenden ist die Gewinnung der elementaren Gase: Wasser- stoff (S. 230), Sauerstoff (S. 234), Ozon (8. 239), Stickstoff (S. 244) und Chlor (S. 246), sodann der gasförmigen anorganischen Verbin- dungen: Schwefelwasserstoff (S. 250), Schweteldioxyd (S. 253), Chlorwasser- stoff (S. 254). Bromwasserstoff (S. 256), Jodwasserstoff (S. 258), Ammoniak (S. 261), Stiekoxydul (S. 263), Stickoxyd (S. 265), Stiekstofftrioxyd („gas- förmige salpetrige Säure“) (S. 266) und schließlich der kohlenstoffhal- tigen gasförmigen Verbindungen: Kohlenoxyd (S. 267), Kohlendioxyd (S. 268), Äthylen (S. 270) und Acetylen (S. 271) beschrieben. a) Die Darstellung gasförmiger Elemente. Wasserstoff. Über die Entnahme des Gases aus den käuflichen Bomben (roter Anstrich. Linksgewinde) vergleiche oben. Zu beachten ist beim Arbeiten mit Wasserstoff stets, dab diesem der außerordentlich giftige Arsenwasserstoff beigemengt sein kann. und ferner, daß eine Vermischung des Wasserstoffes mit Sauerstoff oder mit Luft große Gefahren in sich schließt. Um Knallgasexplosionen auf den Herd ihrer Entstehung zu be- schränken, schaltet man nach dem Prinzip der Davyschen Sicherheitslampen zwischen Gasbehälter und Versuchsapparat, z. B. einem Brenner, ein Glas- rohr ein, das mit runden Scheibchen aus engmaschigem Messingdrahtnetz in der Weise gefüllt ist, daß der Durchmesser der Scheibchen den Querschnitt des Rohres vollständig ausfüllt; so beschickte Röhren befinden sich ge- brauchsfertie im Handel. Die älteste Methode, Wasserstoff zu entwickeln, bestand sowohl im Laboratorium, wie im Großbetriebe darin, daß man verdünnte Salzsäure oder Schwefelsäure auf Zink (oder Eisen) einwirken ließ. Der so dargestellte I Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 231 Wasserstoff enthält auch bei Verwendung technisch arsenfreier Schwefel- säure und arsenfreien Zinks stets etwas Arsenwasserstoff, der schon oft verhänenisvoll geworden ist. !) Als bequemer Apparat zur Entwicklung von Wasserstoff dient im Laboratorium gewöhnlich der Kippsche (s. oben), den man mit chemisch- reinem Stangenzink und verdünnter reiner Salz- oder Schwefelsäure beschickt. Verwendet man komprimierten Wasserstoff unbekannter Pro- venienz, so empfiehlt es sich, beim Arbeiten einen Abzug zu benützen. Den überschüssig entweichenden Wasserstoff durch Anzünden unschädlich zu machen, führt nicht zum Ziel, da das Verbrennungsprodukt des Arsen- wasserstoffes, Arsentrioxyd, ebenfalls sehr giftig wirkt. Aus diesem Grunde muß z. B. zum Betriebe eines Knallgasgebläses unbedingt arsenfreier Wasser- stoff verwendet werden. Man befreit Wasserstoff von einem Arsenwasserstoffgehalt, der sich im Marshschen Apparat mit größter Schärfe konstatieren läßt, indem man das Gas entweder der Hitze aussetzt (Zersetzung des Arsenwasserstoffs in metallisches Arsen und Wasserstoff) oder der Kälte (Verflüssigung des Arsenwasserstoffs) oder endlich Oxydationsmitteln (Oxydation des Arsen- wasserstoffs zu dem nicht flüchtigen Arsentrioxyd). Die erste Methode 2), das Prinzip der Marshschen Probe, kann praktisch so ausgeführt werden, daß man den Wasserstoff eine auf Rotglut erhitzte Kupferröhre durchstreichen läßt. Die Methode der Kondensation ®) wird mit Hilfe von flüssiger Luft ausgeführt, indem man das Gas auf ca. — 120° abkühlt. Die Oxydationsmethode ist für das Laboratorium wohl am be- quemsten. Man leitet das einigermaßen trockene Gas über Jod, das sich mit Arsenwasserstoff zu HJ und As.J, umsetzt, und darauf durch eine Waschflasche mit destilliertem Wasser oder besser durch ein Rohr, das zur Absorption des Jodwasserstoffs mit konzentrierter Jodkaliumlösung benetzte Glaswolle enthält, und sodann durch eine Waschflasche mit Kalilauge. *) Nach @. Lunge) wird Arsenwasserstoff vollständig beim Durchleiten des Gasgemisches durch eine 5°/,ige, mit Schwefelsäure angesäuerte Kalium- ') Vgl. @. Lunge, Über die beim Bleilöten durch arsenhaltige Materialien für die Arbeiter entstehenden Gefahren. Chem.-Ztg. Bd. 28. S. 1169 (1904). — E. Wiss, Ar- senfreier verdichteter Wasserstoff zum Bleilöten. Die Chem. Industrie. Bd. 28. S. 375 (1905). — B. Fischer, Jahresber. des chem. Unters.-Amtes der Stadt Breslau. Chem. Zen- tralblatt. 1903. II. S. 1388. 2) Vgl. z. B.: Über das Bleilöten mit Wasserstoff. Die Darstellung und Reinigung des letzteren. Zeitschr. für Elektrochem. Bd. 2. S. 204 (18995 — 1896). 3) Ch. Renard, Über die Reinigung des industriellen Wasserstoffes durch Kälte. Comptes rendus de l’Acad. des sciences. T. 136. p. 1317 (1903); vgl. Chem. Zentralbl. 1903. II. S. 158. #) Methode von 0. Jacobsen (vgl. unter Schwefelwasserstoff); Ss. J. Habermann, Darstellung von reinem Wasserstoff. Verh. d. naturf. Ges. zu Brünn. Chem. Zentralbl. 1890, I. S. 86. >) Loe. eit. 232 R. Kempf. d 4 i 4 permanganatlösung und durch Kalilauge entfernt. Auch kann man den Wasserstoff dadurch reinigen. dab man ihn durch einen Trockenturm (nach Fresenius; vel. Fig. 382, S. 200) leitet, der mit einem Gemisch von zwei Teilen trockenen Chlorkalks und einem Teile feuchten Sandes ge- füllt ist. ’) Bei Verwendung der zuletzt genannten Oxydationsmittel gelangt jedoch leicht Sauerstoff in das Gas): man kann diesen dadurch entfernen, dab man das Gas über erhitztes Kupfer leitet. Außer Arsen ist dem Zink auch bisweilen Phosphor, Schwefel und Kohle beigemengt, Verunreinigungen, die bei der Wasserstoffentwicklung ebenfalls die entsprechenden Wasserstoffverbindungen ergeben. Zur Ent- ziehung der Kohlenwasserstoffe leitet man das Gas durch ein mit Paraffin- stücken gefülltes U-Rohr. 3) Ferner enthält das Zink gelegentlich auch Kohlendioxyd einge- schlossen *), das sich dem entweichenden Wasserstoff dann beimengt. Als Säure benutzt man meistens 10--20°%/,ige Schwefelsäure: ist sie zu konzentriert, so kann sie besonders in der Wärme — von dem nascierenden Wasserstoff zu Schwefeldioxyd, ja bis zu Schwefelwasserstoff reduziert werden. Salzsäure hat andrerseits den Nachteil, daß sie noch seltener als Schwefelsäure völlig arsenfrei ist®), und daß sie sich infolge ihrer Flüchtigkeit in kleinen Mengen dem Wasserstoff beimengt. Der überaus feine und leichte Säurenebel, der aus einem Wasserstoff entwickelnden Gemisch aufsteigt, wird am besten durch ein mit Glaswolle oder fest mit Watte gefülltes Rohr abgefangen, eine Maßregel, die sich stets empfiehlt, wenn man ein Gas aus einer Flüssigkeit entwickelt oder damit wäscht. Uhemisch reines Zink entwickelt bekanntlich mit völlig reinen Säuren bei gewöhnlicher Temperatur kaum Wasserstoff. Zur Reaktions- beschleunigung setzt man daher ein edleres, d. h. elektro-positiveres Metall hinzu. Es entstehen dann unzählige Voltasche Ketten: Zn (H, SO,) Pt, sog. Lokalelemente, deren sehr geringer elektrolytischer Widerstand für die Reaktionsgeschwindiekeit bestimmend ist. Die stärkste Wirkung erreicht man mit Platinchloridlösung. Besser, weil weniger stürmisch wirkend. und billiger ist aber als „Aktivierungs- | | | | ‘, Von der „Berufsgenossenschaft der chem. Industrie“ empfohlenes Verfahren nach ©. Wentzki; vgl.: Reinigungsmasse zur Entfernung von Arsenwasserstoff aus rohem Wasserstoffgas. Die Chem. Industrie. Bd. 29. S.405 (1906). ?) Vgl. z. B. Vietor Meyer und M. r. Recklinghausen, Über die langsame Oxydation yon Wasserstoff und Kohlenoxyd. Ber. der Deutsch. chem. Ges. Jg. 29. S. 2556 (1896). ?).J. Habermann, loe. eit. *) E. W. Morley, Verunreinigungen des Wasserstoffes durch Kohlenstoff... .. Ameriec. Chem. Journ. Vol. 12. p. 460 (1890); vgl. Chem. Zentralbl. 1890. II. S. 734. °) @. Lockemann, Über den Arsennachweis mit dem Marshschen Apparate. Zeit- schrift f. angew. Chem. Bd. 18. S. 416 (1905); vgl. aber auch: H. B. Bishop, Die Bestimmung kleiner Mengen Arsen. Journ. Americ. Chem. Soc. Vol. 28. p. 178 (1906); Chem. Zentralbl. 1906. I. S. 1460. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 233 mittel“ ein Zusatz von wenig Kupfersulfat!), das auch speziell zum Arsennachweis im Marshschen Apparate die wertvollsten Dienste leistet. Für diesen Zweck verkupfert man das Zink am besten gesondert vor der Anwendung: Die zerkleinerten Zinkstücke (je 1!/;, y etwa) werden in einer Porzellanschale mit verdünnter Kupfersulfatlösung (1 Teil Kupfervitriol auf 200 Teile Wasser) etwa 1 Minute lang hin und her gerüttelt, dann mehr- mals mit Wasser abgespült, auf Fliebpapier getrocknet und in verschlossenem Gefäß aufbewahrt. Mit diesem schwarzen Zink erhält man noch bei An- wesenheit von 0'0001 mg Arsen einen deutlichen Spiegel.?) Selbstverständlich genügt für die gewöhnlichen Zwecke des Labo- ratoriums auch der Zusatz eines Silber-, Nickel-, Quecksilbersalzes usw. Sicher frei von Arsenwasserstoff ist der elektrolytisch dargestellte Wasserstoff.3) Die Hauptmenge des heute im Handel befindlichen verdich- teten Wasserstoffs ist nach elektrolytischem Verfahren gewonnen. Im Laboratorium unterwirft man reines, mit Schwefelsäure oder Kalilauge leitend gemachtes Wasser der Elektrolyse an Platinelektroden. Der so entwickelte Wasserstoff enthält als einzige Verunreinigung nur 0.001 -0:0005°/, Stickstoff. Besondere Sorgfalt ist darauf zu verwenden, daß sich der gleichzeitige entstehende Sauerstoff nicht dem Weasser- stoff beimengen kann. Spuren von Sauerstoff werden durch Waschen des Gases mit salzsaurer Chromchlorürlösung®) oder durch Leiten des Wasserstoffs über ein erhitztes, mit Palladiumasbest beschicktes Rohr entfernt. Ein Vorzug der elektrolytischen Gasbereitung besteht auch darin, dal man mit Hilfe eines empfindlichen Strommessers sehr bequem und mit größter Genauigkeit ganz bestimmte Mengen Wasserstoff in der Zeit- einheit entwickeln kann. 1 Ampere scheidet in 1 Sekunde 001044 mg Wasserstoff und 0°08287 mg Sauerstoff ab („Elektrochemisches Äquivalent“). In neuester Zeit stehen zur bequemen Entwicklung reinen Wasser- stoffs Materialien zur Verfügung, die bereits auf Zusatz von Wasser das Gras entwickeln: der sogenannte Hydrolith und das noch neuere Hydrogenit. 1!) @. Lockemann, Über die Wasserstoffentwicklung im Marshschen Apparate. Zeitschr. f. ang. Chem. Bd. 19. S. 1362 (1906). — Vgl. auch €. Mai und H. Kurt, Die Wasserstoffentwicklung beim Arsennachweis nach Marsh. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 43. S. 557 (1904). 2) @. Lockemann, loc. eit. - ®) Vel. z. B. M. Berthelot, Darstellung von reinem Wasserstoff. Bull. d. la Soe. chim. de Paris. [3.] T. 5. p. 576 (1891). — W. Morley, Die volumetrische Zusammen- setzung des Wassers. Americ. Journ. of Seienee and Arts. Vol. 41. p. 220 (1891). — P. Ewers, Die Spitzenentladung in ein- und zweiatomigen Gasen. Annal. d. Phys. [4.] Bd. 17. S. 781 (1905). — M. Vezes und J. Labatut, Apparat zur Darstellung von reinem Wasserstoff. Zeitschr. f. anorg. Chem. Bd. 32. S. 464 (1902). — 8. S. Mereshowsky, Ein Apparat zum Erhalten von Wasserstoffgas auf elektrolytischem Wege mit automatischer Regulierung des Druckes des ausströmenden Gases. Zentralbl. f. Bakt. und Parasiten- kunde. [II.] Bd. 11. S. 786 (1904); vgl. Chem. Zentralbl. 1904. I. S. 1313. *) O. von der Pfordten, Neues Absorptionsmittel für Sauerstoff. Liebigs Annal. Bd. 228. S. 112 (1885). 254 R. Kempf. Das Handelsprodukt Hydrolith ist chemisch Caleiumhydrür (Ca H;); es bildet sich, wenn man Wasserstoff über geschmolzenes Calcium leitet, das, elektrolytisch hergestellt, jetzt ebenfalls Handelsware ist. 1 kg techni- sches Ualeiumhydrür!) liefert bei der Berührung mit Wasser 1037 22), nach anderen Angaben 1150 2 Wasserstoff.®) Die Reaktion verläuft nach foleender Gleichung: CaH,;, + 2H,0 =Ca(OH), + 2H;,: es wird also nicht nur aus dem Hydrolith, sondern auch aus dem Wasser Wasserstoff ent- bunden. Der Kippsche Apparat ist zum Entwickeln von Wasserstoff aus dem Hydrolith ungeeignet, da die Reaktion, auch wenn man sie durch Ver- mengen des Wassers mit Glyzerin abschwächt, zu heftig ist und auch eine feuchte Atmosphäre bereits die Zersetzung des Hydrürs bewirkt. Am besten läßt man Wasser aus einem Tropftrichter ganz langsam auf zerkleinerten Hydrolith tropfen und bedeckt das Sperrwasser mit einer Ölschicht. Das Handelsprodukt Hydrogenit*) ist seiner chemischen Natur nach amalgamiertes Aluminium, dessen Herstellung für Entwässerungs- zwecke ich bereits oben (S. 205) beschrieben habe. 1%y des Präparates ent- wickelt mit Wasser 13002 Wasserstoff (15°, 760 mm) nach folgender Gleichung: 2Al+6H,0=AL,O, +3H,0 + 3H,. Zum Vergleich sei die Ausbeute an Wasserstoff aus den drei wichtigsten Metallen. die in Betracht kommen, zusammengestellt: 1 kg Zink liefert 342 2 Wasserstoff, 1 „ Hydrolith RL, 5 1 „ Hydrogenit " 1300 „ Sauerstoff. Über die Entnahme dieses Gases aus den käuflichen Bomben (schwarzer Anstrich, Rechtsgewinde) vgl. oben (S. 220). 3ei plötzlichem Öffnen des Ventils an einer Sauerstoffflasche kann. wie bereits erwähnt, durch die Kompression der im Reduzier- ventil oder in der Anschlußleitung vorhandenen Luft eine solche Tem- peratursteigerung eintreten, daß sich brennbare Körper (Öl, fetthaltiges ') Die „Elektrochemischen Werke“ in Bitterfeld liefern es pro Kilogramm zum Preise von 850 Mk. °) H. Erdmann und H.van der Smissen, Zur Kenntnis der chemischen Eigen- schaften des Caleiums. Liebigs Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 361. S. 36 (1908). °®) F. Krull, Der Hydrolith. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 19. S. 1233 (1906). Vgl. auch: George F. Jaubert, Über die technische Darstellung des Caleiumhydrürs. Comptes rendus d. l’Acad. des sciences. T. 142. p. 788 (1906) und: Der Hydrolith und die augenblickliche Bereitung von Wasserstoff.... Revue generale de Chim. pure et appl. T. 10. p. 266 (1907); vgl. Chem. Zentralbl. 1907. II. S. 855. *) Mauricheau-Beaupre, Über ein neues Verfahren zur Darstellung von reinem Wasserstoff. Comptes rendus d. l’Acad. des sciences. T. 147. p. 310 (1908); vgl. Chem. Zentralbl. 1908. II. S. 1069. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 235 Dichtungsmaterial, wie Leder, Gummi usw.) in Berührung mit dem Saner- stoff entzünden und eine explosionsartige Verbrennung veranlassen. Beim Anschließen von Manometern oder Druckreduzierventilen an Sauerstoff- bomben ist daher sorgfältig auf die Abwesenheit von Öl oder anderer or- ganischer Substanz zu achten. Die Zündung beim raschen Öffnen von Sauerstoffbomben findet häufig auch durch sog. Funkenreißen statt: Kleine, feste Partikelchen, wie Sand- oder Eisenteilchen, werden aus dem Innern der Flasche vom austretenden Gase mitgerissen und an die Metallwandungen der Ventile und Armatur- teile geschleudert, wobei Funkenbildung eintritt.!) Ähnliche Zündungen sind auch bei der Expansion verdichteten Wasserstoffes, wenn dieser mit Luft und brennbaren Substanzen in Berührung kam, beobachtet worden. Die Selbstzündungen komprimierten Sauerstoffs sind um so bedenklicher, als dieses Gas sehr häufig, wenn es nach elektrolytischen Verfahren her- gestellt ist, Wasserstoff beigemengt enthält. In früheren Jahren kamen aus diesem Grunde gar nicht selten Explosionen von Sauerstoffzylindern vor. Von einem solchen Fall in neuerer Zeit berichteten F. Bosshard und A. Häuptli ?), die 20:1 Volumprozent Wasserstoff in elektrolytisch herge- stelltem, komprimiertem Sauerstoff feststellten. Offenbar begünstigt die große Diffusionsgeschwindigkeit des Wasserstoffs derartige Vorkommnisse, die auf eine — vielleicht nur minimale — Undichtigkeit des elektrolytischen Gasentwicklungsapparates zurückzuführen sein dürften. Untersuchungen ver- dichteten Sauerstoffs auf seinen Wasserstoffgehalt haben ferner berthelot ?), J. C. A. Simon Thomas und F. H. van Leent +) u. A. angestellt. J. Bloch und Fr. Höhn) fanden in neuester Zeit, daß der einer Bombe entnommene Sauerstoff in 42 1’8mg Wasserstoff enthielt. A. Fraenkel®) stellte fest, daß elektrolytischer, komprimierter Sauerstoff im Mittel: 96°94°/, ©, 0'84%/, N und 2'22°/, H enthielt. Da die untere Explosionsgrenze bei 64 Volum- prozenten Wasserstoff liegt, darf verdichteter Sauerstoff höchstens mit 4 Volumprozenten Wasserstoff, verdichteter Wasserstoff mit höchstens 2 Volumprozenten Sauerstoff in den Verkehr gebracht werden. Um einen von Wasserstoff und brennbaren kohlenstoffhaltigen Gasen freien Sauerstoff zu erhalten, wie er für die Elementaranalyse und kalori- 1) Vgl. H. Rasch, Die Selbstzündungen durch komprimierten Sauerstoff. Zeitschr. f. kompr. u. flüss. Gase. Bd. 7. S. 141 (1903). 2) Explosion einer Sauerstoffflasche. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 18. S. 1531 (1905). 3) Über die Verunreinigungen des komprimierten Sauerstoffs und deren Rolle bei den mit Hilfe der kalorimetrischen Bombe ausgeführten Verbrennungen. Comptes rendus de l’Acad. des sciences. T. 135. S. 821 (1902); vgl. Chem. Zentralbl. 1903. I. S. 55. *) Verunreinigungen von komprimiertem Sauerstoff mit Wasserstoff. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 15. S. 1236 (1902). Vgl. auch J. €. A. S. Thomas, Über das Vorkommen von Wasserstoff in Sauerstoffflaschen. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 16. S. 964 (1903). 5) Über Wasserstoffpersulfid.... Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Jg. 41. S. 1971 (1908). 6) Vgl. z.B. A. Fraenkel, Elektrolytischer Sauerstoff. Mitt. Technol. Gewerb.-Mus. Wien. [2.] Bd. 16. S. 160 (1906); vgl. Chem. Zentralbl. 1907. I. $. 381. 236 R. Kempf. metrische Untersuchungen notwendig ist, leitet man ihn nach Berthelot'!) durch eine dieke rotglühende Röhre aus Kupfer. Außer Wasserstoff kann komprimierter Sauerstoff je nach seiner Herstellungsart noch Kohlendioxyd, Stickstoff oder Luft enthalten. Der aus der atmosphärischen Luft technisch gewonnene Sauerstoff ist etwa 095--98°%/,ieg: der Rest besteht hauptsächlich aus Luftstickstoff. Während Sauerstoff in der Technik meistens entweder elektrolytisch, oder aus der Luft sei es aus gasförmiger Luft durch Vermittlung von Baryumsuperoxyd ?) oder Caleiumplumbat 3), sei es aus verflüssigter Luft durch fraktionierte Destillation *) — gewonnen wird und in dem einen Falle wasserstoff-, in dem anderen stickstoffhaltig ist, stellt man ihn im Laboratorium fast stets aus sehr sauerstoffreichen anorganischen Salzen oder Superoxyden dar und erhält ihn so in sehr reiner Form. Früher diente gewöhnlich Kaliumchlorat im Gemisch mit Braun- stein zur Sauerstoffentwicklung (vel. oben S. 229 und Fig. 409). Vorzuziehen sind aber die folgenden neueren Methoden. In den mittleren Teil eines K?ppschen Apparates füllt man zunächst Bimssteinstücke, darauf Kaliumbichromat in großen Kristallen und durch das Trichtergefäß alkoholfreies Wasserstoffsuperoxyd (3°/,) und Schwefel- säure (150 em? konzentrierte Schwefelsäure auf je 12 Wasserstoff- superoxydlösung). Durch das Bett von Bimsstein wird ein Durchfallen der allmählich kleiner werdenden Kristalle verhütet. (Getrocknet wird der nach dem Öffnen des Hahnes kontinuierlich entweichende reine Sauer- stoff mit konzentrierter Schwefelsäure und dann mit Phosphorpentoxyd. 5) Diese Methode der Sauerstoffdarstellung stammt von F. Blau ®), der vorschlug. käufliches 3—5°/,iges Wasserstoffsuperoxyd mit 15°/,iger Schwefelsäure anzusäuern und dieses Gemisch auf Kaliumbichromatkristalle tropfen zu lassen. Nach 4A. Stock und ©. Nielsen’) erhält man auf diesem Wege ein (ras von 997-——-9975°/, Sauerstoff, da die benutzten Lösungen stets etwas ") Loe. eit. ®) Vgl. Quentin und Brin, Zeitschr. f. kompr. u. flüss. Gase. Bd. 2. S. 5 (1898/1899). °) @. Kassner, Zeitschr. f. kompr. u. flüss. Gase. Bd. 4. S. 147 (1900/1901). *) Vgl. z.B. E. A. Le Sueur, Fraktion. Kondens. v. Luft in Hinsicht auf d. kommer- zielle Darst. v. Sauerstoff. Journ. Soc. chem. Ind. Vol. 23. p. 350 (1904); vgl. Chem. Zentralbl. 1904. I. S. 1463. — @. Claude, Extrakt. des Sauerstoffs durch partielle Verflüssigung der Luft. Comptes rendus de l’Acad. des sciences. T. 137. p. 783 (1903); Chem. Zentralbl. 1904. 1. 8.8. — R. P. Pichet, Verf. z. Trennung der Bestandteile von flüss. Luft. D. R.-P. 169.564: Chem. Zentralbl. 1906. L. S. 1637. — DB. Hecker, Vorrichtg. z. Zerlegung flüss. Gasgemische, z. B. atmosph. Luft, in ihre Bestandteile. D. R.-P. 204.807; Chem.- Ztg. Bd. 33. Rep. 138 (1909) usw. 5) Vgl. E. Erdmann und F. Bedford, Über Reindarstellung und Eigenschaften des flüssigen Sauerstoffs. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 37. S. 1184 (1904). °) Verfahren zur Bestimmung des Stickstoffs in organ. Substanzen. Monatshefte f. Chem. Bd. 13. S. 281 (1892). ?) Über Mischungen von flüssigem Sauerstoff und Stickstoff. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 39. S. 3394 (1906). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 237 gelösten Stickstoff abgeben. Ein Gas von 99:8—99°9°/, Sauerstoff läßt sich nach denselben Autoren auf trockenem Wege nach der etwas modi- fizierten Kaliumchloratmethode gewinnen. In einem an einer Seite zuge- schweißten Eisenrohr von 1m Länge und 45cm lichter Weite wird eine Mischung von 7004 getrocknetem Kaliumchlorat und 100g durch Glühen von gepulvertem Braunstein erhaltenem Manganoxydoxydul erhitzt. Der Sauer- stoff ist ebenso rein, wie elektrolytisch dargestellter; er ist chlorfrei, wenn das Erhitzen der Mischung langsam erfolgt, und wenn das Mangan- oxyd kein Dioxyd mehr enthält.) Nach R. B. Riggs ?) erhält man beim gelinden Erwärmen einer Mischung von 104 Kaliumpermanganat und 40—50cm3 Schwefelsäure (1:4) etwas mehr als 17 reinen Sauerstoff nach folgender Gleichung: 2KMnO, +H,50,=K,S0, +2Mn0,+H,0 +30. Praktischer als dieses Verfahren dürfte aber die von A. Seyewetz und Poizat ®) angegebene Methode sein, bei der keine Erwärmung nötig ist. Ein Kolben, der einen auf seinen Boden reichenden Heber, ein Gasableitungs- rohr und einen Tropftrichter trägt, wird mit 500 em: 10°/,igem Wasserstoff- superoxyd beschickt; in den Tropftrichter füllt man eine Lösung von 25g Kaliumpermanganat in 50cm? konzentrierter Schwefelsäure und läßt diese Mischung langsam zum Wasserstoffsuperoxyd tropfen. Ebenfalls bei gewöhnlicher Temperatur entwickelt Chlorkalk mit Wasserstoffsuperoxyd Sauerstoff, der allerdings geringe Mengen Chlor enthält: Ca00, +H,0,= Cal, +H,0 +0,;. Für 1 Liter Wasserstoffsuperoxydlösung (2'88°/, H,O,) wendet man 300g Chlorkalk an und fügt zu der Flüssigkeit 53 cem® rohe Salpetersäure (1'365 spez. Gew.) oder 57 cm® rohe Salzsäure (1'17 spez. Gew.). Man er- hält dann — z.B. aus einem Kippschen Apparate — circa 18'/, Liter Sauerstoff. *) Erwähnung verdienen endlich noch die verschiedenen Methoden, die sich zur Sauerstoffentwicklung des käuflichen Natriumsuperoxyds be- dienen. Diese Substanz löst sich in kaltem Wasser, wenn jede örtliche Erhitzung vermieden wird, ohne Sauerstoffentwicklung nach folgender Glei- chung auf: Na,0, +2H,0 = H,0, + 2Na OH. Infolge der bei diesem Prozeß frei werdenden heaktionswärme tritt jedoch fast stets eine mehr oder weniger eroße Zersetzung ein, so dab ') Vgl. H. Mac Leod, Notiz über die Entwicklung von Chlor bei der Erhitzung eines Gemisches von Kaliumcehlorat und Mangansuperoxyd. Journ. Chem. Soc. London. V01.65. p. 202; Chem. Zentralbl. 1894. I. S. 576 u. 814. ?) Die Darstellung von Sauerstoff. Journ. Americ. Chem. Soe. Vol. 25. p. 876 (1903); Chem. Zentralbl. 1903. II. S. 863. 3) Ununterbrochen arbeitender Apparat für die Darstellung von in der organ. Analyse verwendbarem Sauerstoff. Comptes rendus de l’Acad. des sciences. T. 144. p. 86 (1907); vgl. Chem. Zentralbl. 1907. I. S. 622. *) J. Volhard, Entwicklung von Sauerstoff aus dem Kippschen Apparat. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 253. S. 246 (1889). I38 R. Kempf. Sauerstoff entweicht; schon bei 30—40° beginnt die Sauerstoffentwicklung, die sich bei höherer Temperatur leicht stürmisch gestaltet. Bei Gegenwart gewisser Kontaktsubstanzen verläuft die Reaktion zwischen Natriumsuperoxyd und Wasser bei gewöhnlicher Temperatur ruhig und gleichmäßig. Das Handelsprodukt Oxylith!) besteht aus einem in 100 7 schwere Würfel gepreßten Gemenge von Natriumsuperoxyd und Per- manganat, Chlorkalk?) oder einer Spur eines Nickel- oder Kupfersalzes und ist zur Sauerstoffentwicklung im KAippschen Apparate geeignet. Auch aus Chlorkalklösung oder -brei allein erhält man bei Anwesen- heit eines Ferro- und gleichzeitig eines Kupfersalzes einen gleichmäßigen Sauerstoffstrom. 3) Da, wie oben erwähnt, Natriumsuperoxyd mit Wasser infolge der sich immer steigernden Reaktionswärme allzu stürmisch Sauerstoff ent- wickelt, wurden von verschiedener Seite Vorschläge gemacht, wie die Re- aktion milder zu gestalten sei. H.J. Turner *) empfahl, ein Gemisch aus geschmolzenem Natriumsuperoxyd und kristallisiertem Natriumsulfat oder -karbonat gelinde zu erwärmen: das allmählich entweichende Kristall- wasser bewirkt dann eine sehr ruhige Sauerstoffentwicklung. @. H. Bur- rows 5) schlug vor, statt Wasser eine Alkalilösung (1:1) auf Natriumsuper- oxyd tropfen zu lassen. Nach H. Foersterling und H. Philipp) erhält man ein Alkalisuperoxyd von größerer Dichte und daher von gleichmäßigerer Reaktionsfähigkeit und größerer Haltbarkeit, wenn man das Präparat nicht in Stücke preßt, sondern schmilzt und die erkaltete Schmelze zer- kleinert. In neuester Zeit schlug L. Wolter’) vor, Natriumsuperoxyd mit Kaliumnitrat und Magnesiumoxyd zusammenzuschmelzen: die Masse ent- 1) @. F. Jaubert, Über eine neue Darstellungsmethode für Sauerstoff. Comptes rendus de l’Acad. des sciences. T. 134. p. 778 (1902); vgl. Chem. Zentralbl. 1902. I. S.1086. — @. F. Jaubert, Über einen neuen Modus der Darstellung von Sauerstoff mit Hilfe von Oxylith. Bull. Soc. Chim. de Paris. [3.] T.27. p.566 (1902); vgl. Chem. Zentralbl. 1902. II. S. 404. ®) @. F. Jaubert, Verfahren zur Herstellung von bei Berührung mit Wasser Sauer- stoff entwickelnden festen Körpern. D. R.-P. 140.574. Chem. Zentralbl. 1903. I. S. 903; vgl. auch: @. F. Jaubert, Verfahren zur Darstellung von Sauerstoff aus Alkalisuperoxyd. D.R.-P. 143.548. Chem. Zentralbl. 1903. II. S. 319. ») @. F. Jaubert, Verfahren zur Darstellung von Sauerstoff aus Chlorkalk unter Verwendung von Kontaktsubstanzen. D. R.-P. 157.171. Chem. Zentralbl. 1905. I. 8.19. *) Trockenmethode für die Entwicklung von Sauerstoff aus Natriumsuperoxyd. Americ. Chem. Journ. Vol. 37. p. 106 (1907). Chem. Zentralbl. 1907. I. S. 789. °) Die Entwicklung von Sauerstoff aus Natriumsuperoxyd. Americ. Chem. Journ. Vol. 37. p. 283 (1907). Chem. Zentralbl. 1907. I. S. 1092. ‘) Verfahren zur Gewinnung eines bei Berührung mit einer Flüssigkeit, wie War in ruhiger Weise Sauerstoff entwickelnden Präparates aus Alkalisuperoxyd. D.R.-P. 193.560; Chem. Zentralbl. 1908. I. S. 907. °) Verfahren zur Herstellung einer zur Sauerstoffentwicklung im Aippschen Apparat geeigneten Masse aus Natriumsuperoxyd. Chem.-Ztg. Bd. 32. S.1066 (1908); Chem. Zen- tralblatt. 1908. II. S. 1765. > = 1 Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. N os Me) wickelt mit verdünnter Salzsäure gleichmäßig Sauerstoff und läßt sich im Kippschen Apparat verwenden. . Ozon. Die Umwandlung von Sauerstoff (0,) in Ozon (O,) erfolgt unter Zu- fuhr von Energie entweder in Form von Elektrizität oder von Wärme; die rein chemischen Methoden kommen hier nicht in Betracht. Bequeme Apparate und Methoden zur Darstellung stark ozonisierten Sauerstoffs im Laboratorium sind erst seit einigen Jahren, namentlich durch die Arbeiten von ©. Harries') und seinen Schülern und von P. Jannasch ?) und seinen Schülern bekannt geworden. Die älteren Ozonentwickler bestehen aus zwei konzentrisch ineinander geschobenen Röhren, die entweder mit Stanniolbelegungen (Siemensscher Ozonisator) oder mit Wasserbelegungen (Berthelotsche Ozonröhre) versehen sind; durch den Zwischenraum wird Sauerstoff oder Luft geleitet und die Belegungen mit den Polen eines Gleichstrom- oder Wechselstrominduktors verbunden. Durch die Isolationswirkung des Glases wird Funkenbildung verhindert, so dal) der Spannungsausgleich auf dem Wege der sogenannten stillen oder dunklen elektrischen Entladung durch das Glas hindurch statt- findet. Je schneller die Unterbrechungen — beziehungsweise die Perioden des Primärstromes — aufeinander folgen, um so höher ist die Ozonausbeute. Noch wichtiger für eine gute Ozonausbeute ist bei Anwendung eines Gleichstrominduktors, daß die Stromunterbrechungen möglichst oft pro Zeiteinheit und möglichst plötzlich erfolgen. Deshalb liefert ein mit Neefschem Hammer arbeitender Induktor relativ wenig Ozon: der Eisen- kern magnetisiert und entmagnetisiert sich viel zu langsam. Ein Sekundär- strom von weit höherer Spannung und mithin ein höherprozentiges Ozon wird erzeugt, wenn man den rasch und plötzlich wirkenden Wehneltschen Elektrolytunterbrecher ®) benutzt, oder wenn man, — was im allgemeinen vorzuziehen ist, — den Gleichstrom zunächst mittelst eines Umformers (z. B. eines Gleichstrommotor-Wechselstromgenerators oder eines Ein- ankerumformers) in einen Wechselstrom von hoher Periodenzahl ver- wandelt und diesen Wechselstrom (oder Drehstrom) dann mittelst eines Trans- formators auf ca. 1000 Volt spannt. Steht von vornherein ein Wechsel- strom- oder Drehstromnetz zur Verfügung, so vereinfacht sich die Ozon- erzeugung wesentlich; es genügt dann ein einfacher Wechselstromtranstor- mator, der bekanntlich keinerlei Aufsicht bedarf. Für präparative Arbeiten geeignet wurden jedoch erst die Berthelot- röhren, als sie reihenweise neben- oder — besser — hintereinander ge- 1) Vgl. hauptsächlich: Über die Einwirkung des Özons auf organische Verbin- dungen. Liebigs Annal. Bd. 343. S. 311—374 (1905). 2) Vgl. bes.: P. Jannasch und W. Gottschalk, Über die Verwendung des Ozons zur Ausführung quantitativer Analysen. Journ. f. prakt. Chem. Bd. 73. S. 497—519 (1906). ®) A. Wehnelt, Ein elektrolytischer Stromunterbrecher. Zeitschr. f. physikal. Chem. Bd.68. S.233 (1899); vgl. auch H. Th. Simon, Das Wirkungsgesetz d.Wehneltunterbrechers. Ebenda. S. 273, und: Über einen neuen Flüssigkeitsunterbrecher. S. 860. 240 R. Kempf. schaltet wurden !), oder aber die Luft im Kreislauf immer wieder durch den Ozonisator geschickt wurde. ?) Fig. 410 stellt eine praktische Versuchsanordnung von fünf hinter- einander geschalteten Berthelotschen Ozonröhren dar. Der Sauerstoff wird der mit Reduzierventil versehenen Bombe a entnommen, durchstreicht die Gasuhr 5 (vel. Fig. 419) und wird dann in den fünf Berthelotröhren d ozoni- siert. um schließlich in der Versuchsflasche e zur Wirkung zu gelangen; ce ist ein Wechselstromtransformator zum Anschluß an Wechselstrom- oder Drehstromnetze, gewöhnlich von 110-220 Volt Spannung. Da Kau- tschuk von Ozon sofort zerfressen wird, sind alle Verbindungen zwischen Fig. 410. den einzelnen Ozonröhren usw. durch Quecksilberverschlüsse herge- stellt. Diese lassen sich leicht auseinander nehmen, so daß man beliebig‘ viel Röhren parallel oder hintereinander schalten kann. Steht nur Gleichstrom zur Verfügung, so muß dieser (z. B. mittelst - eines Einankerumformers) zunächst erst in Wechselstrom verwandelt werden (siehe oben). Statt Sauerstoff kann mittelst eines kleinen Ge- bläses auch Luft durch die Apparatur geschickt werden. C. Harries, Über die Oxydationen mittelst Ozon. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Je. 36. 8.1933 (1903). ®) Siemens d: Halske, Verfahren und Apparat zur Darstellung hochozonisiertei Luft. D. R.-P. 134.929; Chem. Zentralbl. 1902. II. S. 1082. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 241 Der Energieverbrauch beträgt je nach der Anzahl der Ozonisatoren (1—5) etwa 40—70'Watt. Bei einer Durchflußgeschwindigkeit von 102 Sauerstoff pro Stunde erhält man je nach der Anzahl der hintereinander geschalteten Ozonröhren ca. 30—120 g Ozon pro Kubikmeter Sauerstoff; bei Verwendung von Luft reduzieren sich die Werte um 60°/,. Da 1 m’ Sauerstoff bei gewöhnlicher Temperatur und gewöhnlichem Druck etwa 1300 g wiegt, stellt sich also die Ozonausbeute bei Anwendung von Sauer- stoff auf 23-92 Gewichtsprozente. Eine ganz ähnliche Versuchsanordnung schlug ©. Harries !) vor. Hier- nach verwendet man zehn oder elf parallel geschaltete und leicht aus- wechselbare, mit Quecksilberverschlüssen montierte Berthelotröhren. Zum Betriebe dient am besten Wechselstrom (ca. 2 Amp.. 110 Volt), der in einem Öltransformator auf etwa 10.000 Volt gespannt wird. Das Wasser im Ozo- nisator läßt man zur Kühlung beständig zu- und abfließen. da der Zerfall des Ozons mit steigender Temperatur zunimmt. Die Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 5—6 / Sauerstoff in 12 Mi- nuten ergab etwa 5'6°%, Ozon auf 100 g Gas berechnet. Wenn diese Aus- beute also auch etwas hinter der vorhin genannten zurückbleibt, so ist doch (infolge der Parallelschaltung) die absolute Menge des pro Zeitein- heit gelieferten Ozons bei dem rascheren Sauerstoffstrom sehr viel größer. (ranz ähnlich ist auch die Versuchsanordnung, die P. Jannasch und W. Gottschalk ?) vorschlugen (Fig. 411). Der eigentliche Ozonapparat zeichnet sich dadurch aus, daß er ungemein kompendiös und sehr billig ist. Er be- steht aus etwa acht unmittelbar aneinander geschmolzenen, hintereinander geschalteten Berthelotröhren, die zusammen in einem Standzylinder hängen (links in der Figur). Der positive Strom —- im vorliegenden Fall stand Gleichstrom von 110 Volt zur Verfügung — durchläuft ein Amperemeter und dann einen Vorschaltwiderstand von 3-5 Ohm aus Nickelindraht von 1 mm Dicke, dessen Widerstand 0:51 Ohm pro Meter beträgt, und der mit 10 Ampere be- lastet werden kann. Von da geht der Strom durch einen Induktor ohne Kondensator und dann zum Wehneltunterbrecher. Die Anode des letzteren besteht aus einem Platindraht von 0'2—0'3 mm Dicke und 7—10 mm Länge in einer Porzellanfassung, die Kathode aus einer großen Bleiplatte und der Elektrolyt aus 25°/,iger Schwefelsäure, die durch eine wasser- durchflossene Glasschlange kühl gehalten wird. Der Primärstrom hatte eine Stärke von 8—-10 Ampere und an der Primärspule eine Spannung von 70 Volt (ohne Wehneltunterbrecher). Der Sekundärstrom geht vom Induktor zum Ozonapparat. Es ist darauf zu achten, daß sämtliche inneren Belegungen an den einen Pol ge- legt sind. während die äußeren mit dem anderen Pol in Verbindung stehen. Sechs Röhren ergaben nach diesem Verfahren ein 8°/,iges Ozon. Del c* 3.3477 2) 1. c. S. 498. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 16 242 R. Kempf. Benutzt man einen Öltransformator, der direkt an eine Wechsel- stromlichtleitung von 110 Volt angeschlossen werden kann und eine Span- "Ir did el 7 E: nung von 10.000 Volt erzeugt, so erhält man mit dem ÖOzonisator nach P. Jannasch auch bei raschem Sauerstoffstrom ein über 109/,iges OzO Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 243 und es erübrigt sich die komplizierte Apparatur der Meßinstrumente, Widerstände und Stromunterbrecher, wie sie beim Gebrauch eines Gleich- strominduktors notwendig ist. !) Bei Benutzung einer der drei beschriebenen Apparaturen für die Ozondarstellung sind folgende allgemeine Regeln zu beachten. Feuchtigkeit in dem zugeleiteten Sauerstoff (oder der Luft) kann Funkenentladung im Ozonisator und dadurch dessen Zerstörung herbei- führen; das Gas muß also sehr gut getrocknet werden, bevor man es der ÖOzonisation unterwirft. Hinter die Waschflasche mit konzentrierter Schwefel- säure schaltet man ein Natronkalkrohr ein. um etwa durch organische Substanz (Staub usw.) entstandenes Schwefeldioxyd zu entfernen. -=Da sich aus 3 Volumina Sauerstoff 2 Volumina Ozon bilden: 30,—$20,. bei der Ozonisierung von Sauerstoff also Kontraktion eintritt. muß man stets erst den Gasstrom durch die Apparatur schicken, ehe man den elek- trischen Strom einschaltet. um das Zurücksteigen einer vorgelegten Flüssigkeit in die Ozonröhren zu ver- hüten; umgekehrt muß man bei Beendigung des Versuches erst den elektri- schen Strom abstellen, ehe man den Gasstrom unter- bricht. Will man ein noch höherprozentiges Ozon her- stellen, als es nach den beschriebenen Methoden möglich ist. so muß man nach Franz Fischer und K. Massenez ?:) Schwefel- säure mit gekühlten Platin- elektroden und bei hoher Stromdichte elektrolysie- ren; man gelangt nach diesem Verfahren bei Anwendung einer Stromdichte von 8090 Ampere pro Quadratzentimeter und einer Säure vom spezifischen Gewicht 107 bis zu 28°/,igem Ozon, wenn man die Platinanode dvrch eine Chlorcaleiumlösung von —14° kühlt. !) Nach einer Privatmitteilung von Herrn Prof. J. Thiele, Straßburg. ®) Über die Darstellung von Ozon durch Elektrolyse. Zeitschr. f. anorgan. Chem. Bd. 52. S. 202 u.229 (1907). 16* 244 R. Kempf. Eine dritte Darstellungsart von Ozon besteht darin. daß man Sauer- stoff hoch erhitzt und das momentan gebildete Gemenge von Sauerstoff und Ozon dann rascher abkühlt, als das letztere Zeit braucht, um wieder zu zerfallen. Auf diesem Prinzip!) beruht der Ozonventilator von Franz Fischer?) (Fig. 412): Der durch einen elektrisch betriebenen Venti- lator erzeugte Luftstrom wird über einen glühenden Nernststift geblasen und so in einem Betrage von höchstens ein Promille in Ozon umgewandelt. Der Apparat dient zur Verminderung des Keimgehaltes der Luft und zur Zerstörung übler oder schädlicher Gerüche, ohne andrerseits durch zu starke Ozonerzeugung für die menschlichen Atmungsorgane schädigend wirken zu können. Stickstoff. Seit einigen Jahren kommt auch dieses Gas, auf etwa 100 Atmosphären komprimiert, in leidlich reinem Zustande in den Handel.) Über einige praktisch wichtige Konstanten des Elementes vgl. die Tabelle (S. 217). Zur Darstellung des Stickstoffs benutzt man zwei Methoden, indem man ihn entweder aus der Luft gewinnt oder aus stickstoffhaltigen chemischen Verbindungen. Der erstere Weg führte bisher nur zu einem im besten Falle 99°%/,igen Stickstoff. da es wohl gelang, durch Waschen der Luft mit Kalilauge den Kohlendioxydgehalt, durch Trocknen mit Chlorcaleium den Wasserdampf und durch Überleiten über erhitzte Kupferdrehspäne *) den Sauerstoffgehalt zu entfernen, nicht aber die Edelgase: Argon und die anderen inerten Elemente, durch ein chemisches Mittel vom Luftstickstoff zu trennen. Nach 4. Erdmann®) erhält man nach folgendem Verfahren aus der Luft einen Stickstoff von absoluter Reinheit: Kühlt man flüssige Luft auf — 214° ab, so scheidet sich der leicht fest werdende Stickstoff in prachtvollen Kristallen aus, die nach dem Trennen von der Flüssigkeit beim Schmelzen und Wiedervergasen vollkommen reinen Stickstoff liefern. Auch durch fraktionierte Destillation flüssiger Luft läßt sich nach einer ganzen Reihe von Patenten *) elementarer Stickstoff darstellen (vgl. auch unter Sauerstoff). Diese Methoden sind vorläufig für den Labo- ratoriumsgebrauch noch nicht ausgearbeitet. ') Vgl. Franz Fischer und Fr. Braehmer, Über die Umwandlung des Sauerstoffs in Ozon bei hoher Temperatur und die Stickstoffoxydation. Ber.d. Deutschen chem. Ges. Jg. 39. S. 942 (1906). i 2) D. R.-P. 195.985. 1 ®», Vgl. H. Erdmann, Über einige Eigenschaften des flüssigen Stickstoffs. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 39. S. 1207 (1906). M *) Nach Dumas und Boussingault, Comptes rendus de l’Acad. des seiences de Paris. T. 12. p. 1005 (1841); vgl. auch Jolly, Wied. Annal. Bd. 6. S. 520 (1879). ‚ >) Verfahren zur Abscheidung des Stickstoffs aus Gasgemischen. D. R.-P.; vgl Chem. Zentralbl. 1903. I. S. 739. ” °) Vgl.z. B. R. J. Levy, Verfahren zur Zerlegung von Luft in Stickstoff u. Saue stoff. D. R.-P. 191.916. Chem. Zentralbl. 1908. I. S. 566. | Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 245 Die zweite Darstellungsmöglichkeit elementaren Stickstoffs — näm- lich aus chemischen Verbindungen -— wird fast ausschließlich im Labora- torium, benutzt und geht meistens vom Ammoniumnitrit aus, das sich in konzentrierter wässeriger Lösung beim gelinden Erhitzen nach folgender Gleichung in Stickstoff und Wasser zersetzt: NHZENO.0== EN;#-E:2:H, 0: Der Vorgang verläuft exothermisch, d.h. unter Wärmeentwicklung: es ist also Vorsicht beim Erhitzen am Platze. An Stelle des leicht zersetzlichen Ammoniumnitrits wendet man fast stets irgend ein beständiges anderes Ammoniumsalz, am besten das Sulfat. an und vermengt dieses mit Natriumnitrit: (NH,),SO, + 2NaNO, = N3,S0, + 2NH,NO,. Die Zersetzung des Ammoniumnitrits verläuft außer im Sinne der oben gegebenen Gleichung auch stets in geringem Umfange folgendermaßen: SHNO,N=> HNO, #2 N0 + °H, 0. Die aus diesem Vorgange resultierende Stickoxydentwicklung. die als Folge einer Selbstoxydation der salpetrigen Säure aufgefaßt werden kann, bleibt nie ganz aus, weil stets eine gewisse Menge Wasserstoffionen in der Lösung vorhanden sein muß. damit die Umsetzung des Nitrits in Wasser und Stickstoff erfolgen kann. Denn nur in saurer Lösung vollzieht sich der Vorgang mit meßbarer Geschwindigkeit. !) Um die Bildung von Stickoxyd möglichst einzuschränken, erhitzt man am besten nach @.v. Knorre?) eine Lösung von 1 Teil Natriumnitrit. 1 bis 2 Teilen Ammoniumsulfat und 1 Teil gelbem Kaliumchromat (K; Cr O,) in ca. T cm® Wasser. Ein Überschuß von Ammoniumsalz erhöht ebenso wie freie Säure die Reaktionsgeschwindigkeit, Ammoniak vermindert sie. ?) 4. Stock und €. Nielsen*) gewannen Stickstoff durch Erhitzen einer Lösung von 185g Natriumnitrit, 185g Ammoniumchlorid und 959 Kalium- bichromat in 900cm® Wasser. Die Mischung ergab 80 7 Gas, das in Gaso- metern (siehe den II. Abschnitt dieses Kapitels) aufgefangen und vor dem Gebrauch gereinigt wurde. Einen sicher von Stickoxyden freien Stickstoff erhält man nur, wenn man das so dargestellte Gas entweder einem Oxydationsmittel aussetzt. welches das Stickoxyd in Salpetersäure verwandelt, oder einem Reduk- tionsmittel. das es in Stickstoff und Sauerstoff zerlegt und den letzteren !) A. A. Blanchard, Über die Zersetzung des Ammoniumnitrits. Zeitschr. f. physi- kalische Chem. Bd. 41. S. 681 (1902). ?) Über die Darstellung von Stickstoff aus Ammoniumnitrit. Die chem. Industrie. Bd. 25. S. 531 u. 550 (1902); Chem. Zentralbl. 1903. I. S. 125. — Vgl. auch P. Evers, Die Spitzenentladung in ein- und zweiatomigen Gasen. Annal. d. Physik. [4.] Bad. 17. S. 781 (1905). ®) K. Arndt, Über die Zersetzungsgeschwindigkeit des Ammoniumnitrits. Zeitschr. f. physikal. Chem. Bd. 39. S. 64 (1901). *) Über Mischungen von flüssigem Sauerstoff und Stickstoff. Ber. d. Deutschen chem. Ges. 39. 3394 (1906). 246 R. Kempf. bindet. oder wenn man einen Waschprozeß mittelst angesäuerter Ferro- salzlösung, die Stickoxyd zu absorbieren vermag, vornimmt. Als Oxydationsmittel dient nach v. Knorre am besten eine Mischung von 5 Vol. gesättieter Kaliumdiehromatlösung mit 1 Vol. konzentrierter Schwefelsäure. womit eine Waschflasche beschiekt wird; eine schwefel- saure Kaliumpermanganatlösung oxydiert Stickoxyd zwar ebenfalls zu Sal- petersäure, entwickelt aber etwas Sauerstoff. Als Reduktionsmittel wendet man erhitztes metallisches Kupfer an, entweder in Form von Spänen oder als spiralig aufgerolltes Drahtnetz. Wäscht man das Gas mit gesättigter saurer Ferrosulfatlösung, so ist zu beachten, dal das Stickoxyd nur sehr locker gebunden ist und z.B. schon durch Schütteln wieder frei gemacht wird. Eine neuere Methode), reinen Stickstoff im Laboratorium darzu- stellen. benutzt die folgende Wechselwirkung zwischen Stickoxyd und Ammoniak: 6NO + 4NH, = 5N, + 6H, 0. Man läßt Salpetersäure (ungefähr vom spezifischen Gewicht 12) auf Kupferspäne auftropfen, leitet den so erzeugten regelmäßigen Strom von Stickoxyd (siehe dieses) durch eine Waschflasche mit konzentriertem Ammoniak (mindestens vom- spezifischen Gewicht 092) und dann durch ein Rohr aus schwer schmelzbarem Glase, das zwei je 4 Zoll lange, als Katalysatoren wirkende Kupferspiralen oder eine 2 Zoll lange Schicht von platiniertem Asbest enthält und in einem Verbrennungsofen möglichst hoch erhitzt wird. Einfacher erhält man das Stickoxyd im Kippschen Apparat (vel. weiter unten). Chlor. Chlor befindet sich in verflüssigtem Zustande im Handel. Es hat bei 20° eine Tension von 6°6 Atmosphären, kann aber kurze Zeit an der Luft als gelbe bis gelborange Flüssigkeit aufbewahrt werden, wenn sich der flüssige Anteil durch teilweise Verdunstung bis unter den Siedepunkt bei Atmosphärendruck (—33°6°) abgekühlt hat (vgl. die Tabelle S. 217). Bei — 102° wird Chlor fest. Die Eigenschaften und die physikalischen Kon- stanten des flüssigen Chlors sind von R. Knietsch?) untersucht worden. Ein Volumen des verflüssigten Elementes ergibt 463 Volumina Gas. Auf Eisen wirkt flüssiges Chlor erst bei 90° und darüber ein, leicht auch nur dann. wenn es nicht absolut trocken ist. Die Gegenwart von Wasser ist in eisernen Chlorflaschen sorgfältig zu vermeiden (vgl. unten). Der Probedruck, auf den die Chlorbomben alle 2 Jahre amtlich ge- prüft werden, beträgt 22 Atm. und wird in vorschriftsmäßig gefüllten Be- hältern bei 68'8° erreicht. ) @. P. Baxter und Ch. H. Hickey, Reiner Stickstoff aus Stickoxydul oder Stick- oxyd und Ammoniak. Amerie. Chem. Journ. Vol. 33. p. 300 (1905); Chem. Zentralbl. 1905. I. 8. 129. j ®), Über die Eigenschaften des flüssigen Chlors. Liebigs Annal.d. Chem.u. Pharm. Bd. 259. S. 100 (1890). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 247 Bei der Entnahme von Chlor, das aus den aufrecht stehenden Zylindern in Gasform zu erhalten ist, erniedrigt sich die Temperatur in der Bombe häufig so stark, daß diese äußerlich bereift und die Gasentwicklung ge- hemmt oder ganz unterbrochen wird. In diesem Falle ist es notwendig, die Bombe durch Auflegen heißer Tücher oder durch Übergießen mit heißem Wasser wieder auf die normale Temperatur zu bringen. Es ist darauf zu achten, daß keine Flüssigkeit, z. B. nichts vom In- halt einer vorgelegten Waschflasche, in die Bombe zurücksteigen kann: man schaltet am besten zwischen diese und das Arbeitsgefäß eine leere Flasche ein, in der sich etwa zurücksteigende Flüssigkeit sammeln kann. Ebenso ist zu vermeiden. daß Luft in die fast geleerte Bombe dringt. da hier- durch deren Zerstörung stark beschleunigt wird. Die Entwicklung von Chlorgas im Laboratorium geschieht fast aus- schließlich durch Oxydation von Salzsäure. Als Oxydationsmittel können u.a. Salpetersäure, Braunstein, Chlorkalk, Kaliumdichromat oder Kaliumpermanganat dienen. Die Chlordarstellung mittelst Braunsteins kann entweder so erfolgen, daß man 1 Teil Braunstein mit ca. 4 Teilen käuflicher konzentrierter Salz- säure gelinde erwärmt, oder aber in der Weise, daß man 2 Teile Braun- stein, 5 Teile Kochsalz und 9 Teile einer Mischung von 5 Teilen konzen- trierter Schwefelsäure und 4 Teilen Wasser erwärmt; im zweiten Falle wird also die Salzsäure erst im Reaktionsgemisch selbst dargestellt. Meistens bedient man sich aber der Einfachheit halber der Methode, fertige Salzsäure und etwa haselnußgroße Stücke Braunstein zusammen zu erwärmen. Von Zwischenprodukten abgesehen, verläuft der Vorgang nach folgender Gleichung: MnO, + 4HCl = MnCl, + 2H,0 + (l.. Die Apparatur ist ungefähr die gleiche, wie sie weiter unten Fig. 419 darstellt. Über das Einfüllen der schweren Braunsteinstücke in den dünn- wandigen Kolben siehe oben (S. 222). Das so entwickelte Chlor ist gewöhnlich durch Luft, Kohlendioxyd, Salzsäure, Wasserdampf und vielleicht auch durch Chloroxyde verunreinigt. Luft und Kohlendioxyd stammen zum großen Teil aus dem Braunstein. Um diesen von eingeschlossener Luft und von Karbonaten zu befreien, behandelt man ihn vor dem Gebrauch mit verdünnter Salpetersäure !) oder kocht ihn mit Salzsäure aus?) und wäscht dann mit Wasser nach. Der größte Teil der Salzsäure läßt sich aus dem entwickelten Chlor da- durch entfernen, daß man dieses zunächst durch mehrere Waschflaschen mit destilliertem Wasser und dann durch eine konzentrierte Lösung von Kaliumpermanganat:), das die noch anwesende Salzsäure zu Chlor ) F. P. Treadwell und W. A. K. Christie, Zur Analyse von elektrolytischem Chlor. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 18. S. 1930 (1905). ®) J. A. Harker, Über den Umsatz von Wasserstoff mit Chlor und Sauerstoff. Zeitschr. f. physikal. Chem. Bd. 9. S. 673 (1892). >) W. Hampe, Mitteilungen aus dem chemischen Laboratorium der Bergakademie zu Claustal. Chem.-Zte. Bd. 14. S. 1777 (1890). 248 R. Kempf. oxydiert, leitet. Die Lösung scheidet allmählich Mangandioxydhydrat ab; sie ist brauchbar, bis sie entfärbt ist. Um auch die letzten Spuren Salz- säure zu entfernen, leitet man das Chlorgas durch eine Schicht von 50° heilem Braunstein.!) Um das Gas schließlich zu trocknen, läßt man es Waschflaschen mit konzentrierter Schwefelsäure oder Röhren mit ge- schmolzenem Chlorealeium passieren. Zur Entfernung eventuell gebildeter Oxyde des Chlors kann man das Gas vorher noch durch eine 30 em lange, mit Asbest beschiekte rotglühende Röhre aus schwer schmelzbarem Glase leiten. ?) Ein sehr reines Chlor mit höchstens 0'2°/, Verunreinigung erhält man, wenn man zunächst das — unter 9° und im Dunkeln haltbare — feste Chlorhydrat: Cl,.10H,0 darstellt und hieraus durch entsprechende Temperaturerhöhung Chlor entwickelt. 3) Die Chlordarstellung aus Braunstein, Kochsalz und Schwefelsäure ver- läuft im wesentlichen nach folgender Gleichung: 4NaCl+ MnO, +3H,S0O, = 2NaHSO, + N3,S0, + MnCl, + 2H,0 + Cl. Das (Gemisch entwickelt schon bei gelindem Erwärmen einen sehr regelmäßigen Gasstrom fast wasserfreien Chlors, ohne daß erhebliches Auf- schäumen stattfindet.*) Im übrigen ist die praktische Ausführung der Methode und die Reinigung des entwickelten Gases dieselbe, wie bei der Verwendung fertiger Salzsäure. Ein bequemes Verfahren, Chlor zu entwickeln, nämlich bei gewöhn- licher Temperatur aus Chlorkalk in Kippschen Apparaten, schlug O1. Winkler 5) vor: Chlorkalk wird mit gebranntem Gips zu würfelförmigen Stücken geformt. die dann mit einer Mischung von Salzsäure (spezifisches Ge- wicht 1'124) und dem gleichen Volumen Wasser zur Reaktion gebracht werden. Joh. Thiele ®) verbesserte diese Methode, die eine erhebliche Bereicherung der Laboratoriumstechnik bedeutet, dadurch wesentlich, daß er den Chlor- kalk ohne Anwendung von Gips einfach durch Zusammenpressen mittelst einer Schraubenpresse in Würfel formte. Aus einem mit 365 y Chlorkalk von 34°6°%, beschickten Kippschen Apparat erhält man so 181 9 Chlor, also 32°/, statt der vorhandenen 34°6°/,, mithin 92°/, der Theorie. ') H. Moissan und Binet du Jassoneir, Untersuchungen über die Dichte d. Chlors. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 137. pag. 1198 (1903). ?), Treadwell und Christie, ]. e. ») Harker, ]. ce. *) Vgl. P. Klason, Über die Darstellung von Chlorgas in den chemischen Labora- torien. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 23. S. 330 (1890). °) Bequeme Methode zur Entwicklung von Chlorgas aus Chlorkalk unter Anwen- dung des Kippschen Apparates. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 20. S. 184 (1887). ®) Zur Entwicklung von Gasen aus ÄKippschen und ähnlichen Apparaten. 1. Ent- wicklung von Chlor aus dem Kippschen Apparat. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 253. S. 239 (1889). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 249 Auch B. Merk‘) empfahl die Methode, Chlor aus Chlorkalk darzu- stellen, als bequem und gefahrlos. Auf diesem Wege gewonnen, enthält das Chlor aber geringe Mengen Satıerstoff und ferner, da im Chlorkalk des Handels gewöhnlich koblen- saurer Kalk vorhanden ist, häufig Kohlendioxyd. Ein luft- und sauer- stofffreies Chlor wird von Natron- oder Kalilauge vollständig — unter Bil- dung von Hypochlorit und weniger Prozente Uhlorat — absorbiert: 2 NaOH + Cl, = NaCl + Na0CL + H,0. Chlor aus Salzsäure und Kalium- oder Natriumchlorat :) darzustellen empfiehlt sich nicht, da die Reaktion außer zur Bildung von Chlor (Sche- ma I) leicht auch zur Entstehung explosiver Chloroxyde (Schema II) führen kann >): cr 0,H Or, Co, el) H a cl — 30 au) Ze0o,.0r0. v& B 1. Ein ausgezeichnetes Verfahren, reines (sauerstoff- und chloroxyd- freies) Chlor in genau bestimmten Mengen zu bereiten, besteht darin, daß man Salzsäure mit Kaliumpermanganat oder Kaliumbichromat oxydiert.*) Diese Salze stehen leicht im reiner Form zur Verfügung, während man den Wirkungswert von käuflichem Braunstein oder Chlorkalk erst analytisch bestimmen muß. Am besten wendet man festes, kristallisiertes Kaliumpermanganat an, auf das man mittelst eines unten umgebogenen Tropftrichters Salz- säure vom spezifischen Gewicht 1:17 auftropfen läßt. Um die dem aktiven Sauerstoff im Permanganat äquivalente Menge Chlor vollständig zu ent- wickeln, ist ein Überschuß an Säure notwendig. Zweckmäßig wendet man auf 1 Mol. Permanganat 10 Mol. Säure an, statt 8, wie es der Reaktions- gleichung: 2KMnO, +16HCl=2KC+2MnC, +8H,0 +50 entspricht, d. h. auf je 10 9 Permanganat 60—65 cm3 Salzsäure (d= 1'117), woraus sich theoretisch 112 9 Chlor entwickeln lassen. Die Chlorbildung erfolgt anfangs in der Kälte; es scheidet sich Braun- stein ab, und die zugetropfte Flüssigkeit erwärmt sich etwas. Später mub !) Darstellung von Chlor. Pharm.-Ztg. Bd. 48. 5.894 (1903). — Vgl. auch P. Klason, Be 3.335. ?) €. Graebe, Über Darstellung von Chlor aus Natriumchlorat und über Gewin- nung von Phosphortrichlorid. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 34. S. 645 (1901). EIER. Merk... .c. #) Vgl. €. Graebe, Über Darstellung von Chlor mittelst übermangansaurer Salze. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 35. S. 43 (1902). — Vgl. auch: Die beste Methode zur Darstellung des Chlors in den Laboratorien. Pharm.-Ztg. Bd. 48. S. 834 (1903) und: E. Wedekind und $.J. Lewis, Mittels Kaliumpermanganat dargestelltes Chlor. Sitzg. d. Chem. Soeiety vom 18. Febr. 1909; siehe Chem.-Zeitg. 33. 276 (1909). >50 R. Kempf. man die Reaktion durch Erwärmen zu Ende führen; man beginnt damit, um keine Unterbrechung des Gasstromes eintreten zu lassen, wenn die Hälfte der erforderlichen Salzsäure zugegeben ist. Die letzten Mengen Chlor kann man aus dem Gasentwicklungsgefäß durch Zuleiten von Kohlen- dioxyd durch den Tropftrichter verdrängen; auf diese Weise läßt sich also Chlor ebenso leicht wie Brom in genau abzumessenden Mengen in Reak- tion bringen. Wie Kaliumpermanganat wirkt auch Kaliumdicehromat: K,Cr, 0, + 14HCl = 2KC + CnCl, + 7 H,O + 301. Vollkommen reines Chlor läßt sich schließlich auch elektrolytisch, z. B. durch Elektrolyse konzentrierter Salzsäure ’), in leicht bestimmbaren Mengen gewinnen. Das elektrochemische Äquivalent des Chlors beträgt 1'324 9 pro Ampere und Stunde. Um Chlor in Einschlußröhren zu entwickeln, beschickt man diese mit der Substanz, mit Braunstein und mit rauchender Salzsäure, schmilzt zu und mischt vor dem Erhitzen innig durch Schütteln. 2) Um genau be- stimmte Mengen Chlor zur Wirkung zu bringen, benutzt man jedoch aus den oben angeführten Gründen besser Kaliumdichromat an Stelle von Braunstein. b) Darstellung anorganischer gasförmiger Verbindungen. Schwefelwasserstoff. Um auf die gewöhnliche Art im Laboratorium Schwefelwasserstoff herzustellen, nämlich durch Einwirkung eines Gemisches von 2 Volumina roher Salzsäure und 1 Volumen Wasser auf Schwefeleisen, bedient man sich meistens des A?ppschen oder eines ähnlichen Apparates. Für größere Laboratorien empfiehlt sich weit mehr die von W. Ostwald ®) und gleich- zeitig fast genau ebenso von F.W. Küster +) angegebene Apparatur (Fig. 413). die sich dadurch auszeichnet, daß die Säure vollständig ausgenutzt wird, und dal) niemals eine Vermischung der unverbrauchten Säure mit dem ent- standenen Eisensalz eintreten kann. Die Flasche A (vgl. die Abbildung) wird mit der Säure, © mit Schwefel- eisen, D und E mit destilliertem Wasser beschickt: ist der Hahn zwischen C und D geöffnet, so fließt die Säure aus A nach B. bis sie schließlich ', Vel.z.B.: A. E. Roscoe, Über das Verhalten des Chlors bei der Absorption in Wasser. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 95. S. 357 (1855). °, Vgl. z. B.: Th. Zincke und Thom. Cooksey, Über Tetrachlor-«-diketohydro- naphtalin und dessen Spaltungsprodukte. ... Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 255. S. 370 (1889). | °) Einige Laboratoriumsapparate. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 31. S. 184 (1892). ‘) Schwefelwasserstoffentwicklungsapparat. Journ. f. prakt. Chem. Bd. 48. S. 595 (1893); vgl. auch F. W. Küster, Über Gasentwicklungsapparate, insbesondere Schwefel- wasserstoffentwieklungsapparate. Chem.-Ztg. Bd. 29. S. 158 (1905); Chem. Zentralbl. 1905. I. S. 977. — Vgl.auch A. W. Browne und M. F. Mehling, Ein modifizierter Schwefel- wasserstoffapparat. Journ. Americ. Chem. Soc. Vol. 28. p. 838 (1906); Chem. Zentral-" blatt. 1906. II. S. 738. A I Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 251 die Flasche vollständig füllt und dann auf das Schwefeleisen tropft: das sich entwickelnde Gas durchströmt die Waschflaschen D und E, gelangt dann in eine Bleirohrleitung, die in die einzelnen Abzüge führt, und passiert hier noch an den Entnahmestellen je eine Waschflasche F. Ist die ver- zweigte Rohrleitung überall geschlossen, so steigt das nachentwickelte Gas in die Flasche B und prebßt die Salzsäure in die Flasche A empor, so daß die weitere Gasentwicklung aufhört. Aus # kann man in kurzen Zwischen- räumen gesättigtes Schwefelwasserstoffwasser abzapfen. Hat © 10 Liter Inhalt, so liefert eine einmalige Füllung _ca. 15 kg oder 10.000 Liter Schwefelwasserstoffgas bei einem Verbrauch von ca. 100 kg roher Salzsäure. Die Instandhaltung des Apparates beschränkt sich im allgemeinen auf ein tägliches Nachfüllen der Säure in A und des destillierten Wassers in E und auf das Ablassen der Eisenlösung aus ©. Das Schwefeleisen braucht nur in längeren Zwischenräumen, etwa alle Halbjahr einmal. er- gänzt zu werden. Das so dargestellte Schwefelwasserstoffgas enthält fast stets wegen des metallischen Eisens im Schwefeleisen freien Wasserstoff und wegen dessen Einwirkung in naszierendem Zustande auf Schwefelarsen auch den sehr giftigen Arsenwasserstoff (vel. unter Wasserstoff). Um den Schwefelwasserstoff hiervon zu befreien, leitet man ihn durch mehrere Röhren mit festem Jod'), noch bevor er durch Wasser gewaschen ') 0. Jacobsen, Über die Reinigung des Schwefelwasserstoffs von Arsenwasserstoff. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 20. S. 1999 (1887). 252 R. Kempf. wird: man verteilt das eröblich zerkleinerte, lufttrockene Jod schichtweise zwischen Glaswolle, mit der ein 30—40 cm langes, ziemlich enges Glas- rohr locker gefüllt wird: mitgerissener Joddampf wird im Waschwasser als ‚Jodwasserstoffsäure zurückgehalten. 2—3 g Jod genügen vollständig, um einem selbst tagelang andauernden Strom Schwefelwasserstoff, der aus den gewöhnlichen arsenhaltigen Materialien entwickelt worden ist. mit voller Sicherheit jede Spur von Arsenwasserstoff zu entziehen. Nach W. Hampe‘) genügt es schon zu demselben Zweck, wenn man den Schwefelwasserstoff 2—-3 Vorlagen mit Soda oder Schwefelnatrium passieren läßt. ?) Um ohne komplizierte Waschprozesse reines Schwefelwasserstoffgas zu erhalten. bedient man sich an Stelle des Schwefeleisens anderer Sulfide: von solchen wurden hauptsächlich Antimontrisulfid, Natriumsulfid, Caleiumsulfid und Caleiumsulfhydrat vorgeschlagen. Um aus Schwefelantimon Schwefelwasserstoff zu entwickeln, muß man das Sulfid mit konzentrierter Salzsäure erhitzen. Die dazu nötige Apparatur ist weiter unten abgebildet (Fig. 415). Schon bei gewöhnlicher Temperatur läßt sich reiner Schwefelwasser- stoff darstellen ?), wenn man arsenfreies kristallisiertes Schwefelnatrium in einer mit Trichterröhre und Gasableitungsrohr versehenen Woulfschen Flasche löst und verdünnte Schwefelsäure (1:10). die die Prüfung im Marshschen Apparate bestanden hat, dazu tropfen läßt. Das entwei- chende Gas leitet man durch Waschflaschen mit reinem Wasser oder Soda- lösung. >) Ebenfalls völlig reinen Schwefelwasserstoff erhält man *), wenn man in einem Kolben mit Sicherheitsrohr 1 Teil Schwefelealeium und 2 Teile kristallisiertes Magnesiumchlorid mit Wasser zu einem dünnen Brei anrührt und erwärmt. Es vollziehen sich dann die folgenden zwei Reaktionen: I. MeCl, +nH,0 = Mg (OH), +2 HCl + (n—2)H, 0. I. 2HCl+CaS = Call, + H,S. Da der Prozeß I nur in der Wärme vor sich geht, hört die Gasent- wicklung sofort auf, sobald die Flamme entfernt wird. Caleiumsulfidwürfel (mit Gips oder dergl. gemengt) zur Entwicklung von Schwefelwasserstoff im Kippschen Apparat befinden sich im Handel. !, Mitteilungen aus dem chemischen Laboratorium der Bergakademie zu Claustal. Chem.-Ztg. Bd. 14. S. 1777 (18%). ®, Vgl. auch A. Gautier, Reinigung des Schwefelwasserstoffs für den Arsennach- weis. Bull. Soc. Chim. de Paris. [3.] T. 29. p. 867 (1903); Chem. Zentralbl. 1903. II. S. 850. », W. Hampe, Mitteilungen aus dem chemischen Laboratorium der Bergakademie zu Claustal. Chem.-Ztg. Bd. 14. S. 1777 (1890). #) J. Habermann, Neue Methode zur Darstellung von völlig reinem Schwefelwasser- stoff. Verh. d. naturwissensch. Vereins zu Brünn. Chem.-Ztg. Bd. 13. Rep. 314 (1889); Chem. Zentralbl. 1890. I. 82. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. >53 Auf die von J. R. Michler ‘) und von F. R. L.Wilson?) angegebenen Methoden zur Darstellung reinen Schwefelwasserstoffes im Laboratorium kann ich hier nicht näher eingehen. Schwefeldio@yd (schweflige Säure). Verflüssigtes Schwefeldioxyd ?) ist in”eisernen Flaschen oder in Stahl- bomben im Handel. Von den käuflichen verflüssigten Gasen hat Schwefel- dioxyd bei gewöhnlicher Temperatur die geringste Tension und bei ge- wöhnlichem Druck den höchsten Siedepunkt (vgl. die Tabelle, S. 217). In- folgedessen läßt sich „Schweflige Säure“ an der freien Luft längere Zeit als Flüssigkeit aufbewahren: die Unterkühlung unter den Siedepunkt durch teilweise Verdampfung findet leicht statt. Auch genügt zum dauernden Aufbewahren kleiner Mengen flüssigen Schwefeldioxyds eine gewöhnliche Champagnerflasche, auf der man mittels Stopfens und einer Ligatur aus Eisendraht ein eisernes Ventil gasdicht aufsetzt. Die Brauchbarkeit des Schwefeldioxyds als Lösungsmittel für eine große Anzahl anorganischer und organischer Körper hat P. Walden *) untersucht. Durch rasches Verdunsten läßt sich das verflüssigte Gas bis auf — 76°, d.h. bis auf seinen Erstarrungspunkt, abkühlen. Schwefeldioxydbomben erreichen bei vorschriftsmäßiger Füllung den Probedruck von 12 Atmosphären bei ca. 65°, so daß sie nicht über diese Temperatur, bei der der Behälter vollständig mit Flüssigkeit angefüllt ist, erhitzt werden dürfen. Um im Laboratorium gasförmiges Schwefeldioxyd zu entwickeln, zer- setzt man entweder festes Caleiumsulfit oder bequemer die käufliche wässe- rige Natriumbisulfitlösung durch Säuren. Zur Ausführung der ersteren Methode5) beschiekt man einen Krpp- schen Apparat mit einem zu Würfeln verarbeiteten Gemisch von 5 Teilen Caleiumsulfit und 1 Teil Gips und mit roher konzentrierter Schwefelsäure. 0:5 kg dieser ‚Würfel ergeben einen ca. 30 Stunden andauernden konstanten Gasstrom, der jederzeit abgestellt werden kann. Im Handel befinden sich auch „Würfel zur Entwicklung von Schwefeldioxyd“, die im Krpp- schen Apparat das (Gras bei der Berührung mit 20°/,iger Salzsäure entwickeln. !) Neue Darstellungsweise chemisch reinen Schwefelwasserstoffgases für Labora- toriumszwecke. Chem.-Ztg. Bd. 21. S. 659 (1897). 2, Eine neue Laboratoriumsmethode zur Darstellung von Schwefelwasserstoff. Proceedings Chem. Soc. Vol. 22. p. 312 (1907); Chem. Zentralbl. 1907. I. S. 1093. 3») Siehe A. Harpf, Flüssiges Schwefeldioxyd, Darstellung, Eigenschaften u. Ver- sendung desselben. Verlag Enke. Stuttgart 1900. *) Über ein neues anorganisches ionisierendes Lösungsmittel. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 32. S. 2362 (1899). — P.Walden und M. Centnerszwer, Flüssiges Schwefel- dioxyd als Lösungsmittel. Bull. Acad. St. Petersb. [5.] T.15. p. 17; Chem Zentralbl. 1902. I. S. 343. 5) @. Neumann, Über die Entwicklung von schwefliger Säure und Sauerstoff mit Hilfe des Kippschen Apparates. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 20. S. 1584 (1887). 354 R. Kempf. (rebräuchlicher ist im allgemeinen die Darstellung von Schwefel- dioxyd aus Bisulfitlauge. Man füllt diese z. B. in einen Saugkolben oder in den Apparat, den Fig. 414 (8. 255) darstellt, und läßt durch einen Tropftrichter eine erkaltete Mischung gleicher Volumenteile konzentrierter Schwefelsäure und Wasser hinzutropfen. Um eine gleichmäßige Durch- mischung der Flüssigkeiten zu bewirken, schüttelt man das Entwicklungs- gefäß öfters um. Das entweichende Gas wird mit Wasser gewaschen und mit konzentrierter Schwefelsäure getrocknet. Für einen größeren Laboratoriumsbetrieb haben F. W. Küster und F. Abegg‘) einen praktischen Apparat zur Schwefeldioxydentwicklung aus Sulfitlauge und Schwefelsäure angegeben. Das Gas wird mit wenig Wasser oder mit konzentrierter Bisulfitlauge gewaschen und kann mit konzentrierter Schwefelsäure getrocknet werden. Häufig verwendet man das Gas in Form seiner wässerigen Lösung. Diese enthält jedoch stets — auch beim Einleiten des Schwefeldioxyds in frisch abgekochtes, also vom gelösten Luftsauerstoff befreites Wasser — etwas Schwefelsäure. Um eine völlig schwefelsäurefreie Lösung von Schwefel- dioxyd zu erhalten, muß man das Gas in siedendes Wasser einleiten, die Flasche während des Einleitens mit siedendem Wasser vollfüllen und alsbald verschließen. ?) Chlorwasserstoff. Die Entwicklung gasförmiger Salzsäure geschieht durch die Ein- wirkung von Schwefelsäure entweder auf Chloride (Kochsalz, Salmiak, Carnallit) oder auf konzentrierte wässerige Salzsäure. In einem geräumigen Kolben, der mit Sicherheitsrohr und Gas- ableitungsrohr versehen ist, werden 300 9 Kochsalz mit einem erkalteten (remisch von 30 em? konzentrierter Schwefelsäure und 9 cm? Wasser übergossen. Beim gelinden Erwärmen entwickelt sich ein regelmäßiger Strom von Salzsäure. Noch bequemer ist es, wenn man einen Kippschen Apparat mit mög- lichst großen Stücken von geschmolzenem (und ev. vorher durch Sublimation gereinigtem) Salmiak und mit konzentrierter Schwefelsäure beschickt.°) L. L. de Koninck*), R. Wollny®) und A. Gwiggner ®) gaben speziell für diese Me- thode der Salzsäureentwicklung geeignete Apparate an. Der auch Nordblad zugeschriebene!) Apparat nach de Koninck ist in Fig. 307 (8. 146) dargestellt. ‘) Chlorwasserstoffentwicklungsapparat. Zeitschr. f. chem. Apparatenkunde. Bd. 1. >. 89 (1905); Chem. Zentralbl. 1906. I. S. 885. ”) L. L. Höte, Herstellung von schwefliger Säure als Reagenz. Ann. Chim. anal. appl. T. 9, p. 305 (1904); Chem. Zentralbl. 1904. II. S. 844. ») Vgl.z.B.: L. F. Nilson und O. Petterson, Über ein neues mit exakter Tem- peraturbestimmung verbundenes Verfahren zur Feststellung der Dampfdichte flüchtiger Körper. Journ. f. prakt. Chemie. Bd. 33. S. 14 (1886). *) Darstellung von Salzsäure. Zeitschr. f. analyt. Chem., Bd. 19. S. 467 (1880). °) Über analytische Operationen und Apparate. II. Ebenda. Bd. 24. S. 215 (1885). °) Apparat zum Entwickeln von trockenem Salzsäuregas. Zeitschr. f. angew. Chemie. Bd. 13. S. 1308 (1900). m “ > ei 3 Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 255 G. Neumann!) empfahl zur Darstellung gasförmiger Salzsäure im Kippschen Apparate, konzentrierte Schwefelsäure auf Carnallit (KÜl + MeCl, + 6aq.) einwirken zu lassen. Die gebräuchlichste Art), im Laboratorium Chlorwasserstoffgas zu entwickeln, besteht darin, daß man in einem geeigneten Apparate (Fig. 414) konzentrierte Schwefelsäure in rauchende Salzsäure eintropfen läßt. Es entweicht sogleich unter geringer Wärmeentwicklung ein sehr Fig. 414. regelmäßiger Strom von Salzsäuregas, der erst aufhört, wenn die Flüssiekeit in der Flasche das spezifische Gewicht 1'566 erreicht hat. Sie hält dann nur 0'32%, HCl zurück. Gewaschen wird das Gas zunächst in einer mit Sicherheitsrohr versehenen Waschflasche (siehe die Figur) mit ‘) Eine Methode zur Entwicklung von Salzsäure, Ammoniakgas und Stickstoff mit Hilfe konstant wirkender Gasentwicklungsapparate. Journ. f. prakt. Chemie. Bd. 37. S. 342 (1888). °) A. W. Hofmann, Verfahren zur Darstellung reiner Salzsäure. Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Jg. 1. S. 272 (1868). 256 R. Kempf. wenie Wasser, ev. getrocknet wird es mit konzentrierter Schwefelsäure und dann mit Phosphorpentoxyd. Gastörmige Salzsäure ist außerordentlich hygroskopisch; ist das Reaktionsgemisch, in das man das Gas einleitet, gegen Feuchtigkeit empfindlich, so setzt man auf das Reaktionsgefäß ein nach abwärts ge- neigtes Chlorcaleiumrohr auf und läßt die überschüssigen Dämpfe durch dieses entweichen. Am bequemsten verwendet man einen Fraktionierkolben, wie ihn die Fig. 414 zeigt, setzt aber das Gaseinleitungsrohr mit Hilfe eines durchbohrten Stopfens Juftdicht auf und verbindet das Ansatzrohr des Destillationskolbens mit einem Chlorealeiumrohr. Das so dargestellte Salzsäuregas kann arsenhaltig sein, wenn die angewandten Säuren Arsen enthielten.!) Ferner können Chlor und Eisen- chlorid,. womit die Salzsäure des Handels oft verunreinigt ist, vorhanden sein. Ad. Vandenberghe?) schlug daher vor, der rauchenden Salzsäure etwas schwefelsaures Eisenoxydul zuzusetzen; dieses nimmt das Chlor auf und reduziert gleichzeitig das Eisenchlorid. Über die Salzsäureentwicklungsapparate nach Joh. Thiele (Fig. 408, S. 229) und nach #. W. Küster und F. Abegg (S. 254) siehe oben. Bromwasserstoff. Dieses Gas läßt sich wegen seiner leichten Zersetzlichkeit und wegen der oxydierenden Wirkung starker Schwefelsäure nicht ohne weiteres aus Bromiden und Schwefelsäure entwickeln; es bilden sich hierbei stets neben dem Bromwasserstoff auch Brom und Schwefeldioxyd. Dieser sekundäre Vorgang wird nach E. Leger:) stark eingeschränkt, wenn man Brom- kalium in einer tubulierten Retorte auf 100° im Wasserbade erhitzt und dann konzentrierte Schwefelsäure zutropfen läßt. Da unter diesen Be- dingungen der gebildete Bromwasserstoff infolge seiner Flüchtigkeit der Einwirkung der Schwefelsäure sogleich entzogen wird, tritt nur eine ge- ringe Oxydation ein. Eine Waschflasche mit gesättigter wässeriger Brom- lösung absorbiert das entstandene Schwefeldioxyd: SO, +2Br+2H,0=H,S0, + 2HBr, und eine zweite Waschflasche, die mit gesättigter Bromwasserstofflösung und zugleich mit rotem Phosphor beschickt ist, bindet das Brom. Auch aus der käuflichen wässerigen Lösung von Bromwasserstoff läßt sich mittelst wasserentziehender Mittel das Gas entbinden. Entweder erwärmt man die 48°/,ige wässerige Säure mit wasserfreiem Caleium- ') R. Fresenius, Über die Darstellung „reiner Salzsäure“ nach der Methode von A. W. Hoffmann. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 9. S. 64 (1870). ) Methoden zur Darstellung von Halogenwasserstoffsäuren (HCl, HBr, HJ) im easförmigen Zustande für Laboratoriumszwecke. Maandbl. naturw. Bd. 22. S.35 (189); Chem. Zentralbl. 1898. I. S. 916. B ») Darstellung von Bromwasserstoff. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 115. p. 946 (1892). .r Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 257 bromid!), oder man läßt die konzentrierte wässerige Säure aus einem Tropf- trichter auf Phosphorpentoxyd tropfen, das sich in einem Kolben befindet. ?) Phosphorpentoxyd kann auch als Trockenmittel für das entwickelte Gas dienen. Meistens geht man zur Darstellung von gasförmigem Bromwasserstoff von Brom aus und führt dieses entweder mittelst elementaren Wasserstoffs oder mitteist anorganischer Reduktionsmittel (Phosphor und Wasser, Schwefelwasserstoff, Natriumsulfit oder schweflige Säure, Jodwasserstoff usw.) oder endlich mittelst organischer Substanzen in Bromwasserstoff über. Schlämmt man z.B. 1 Teil roten Phosphor in 2 Teilen Wasser auf und läßt 10 Teile Brom unter Umschütteln zutropfen, so entwickelt sich ein regelmäßiger Gasstrom von Bromwasserstoff. Bei diesem Prozeß, der sich aus zwei „gekoppelten Vorgängen“) zusammensetzt, erfolgt eine Teilung der Elemente des Wassers, dessen Sauerstoff sich mit dem Phosphor, dessen Wasserstoff mit dem Brom vereinigt. Nach M. Fileti und F. Crosa*) empfiehlt es sich, zu dem Gemisch von 1 Teil rotem Phosphor und 2 Teilen Wasser noch so viel Sand hinzuzufügen. daß ein dicker Brei entsteht. Der beim Zutropfen von 10 Teilen Brom aus einem Tropftrichter entstehende, sehr gleichmäßige Gasstrom wird durch einen Trockenturm mit Asbest, der innig mit rotem Phosphor ge- mischt und mit konzentrierter wässeriger Bromwasserstoffsäure befeuchtet ist, hindurchgeleitet, um den mitgerissenen Bromdampf zu absorbieren. Nach A. Naumann >) läßt sich ein stetiger Strom von Bromwasserstoff- gas erhalten. wenn man Schwefelwasserstoff in eine wässerige Bromlösung einleitet. Am besten entwickelt man nach A. Recoura®) Schwefelwasserstoff aus einem kontinuierlich wirkenden Apparat und läßt das (ras durch Brom streichen, das sich in einem hohen und engen Gefäß befindet und mit Wasser überschichtet ist. Sobald sich das letztere mit Bromwasserstoff gesättigt hat, entweicht das gewünschte Gas in einem regelmäßigen, be- liebig regulierbaren Gasstrom, ohne daß eine besondere Überwachung not- wendig wäre. Der austretende Bromwasserstoff passiert eine Lösung von Bromkalium, worin roter Phosphor suspendiert ist, und ist dann vollkommen rein. Nach G. Korndörfer ”) verläuft die Reaktion nur bei (Gegenwart größerer Mengen von Wasser in dem gewünschten Sinne: H,S + 2Bbr=2HbBbr +5, ?) W. Feit und K. Kubierschky, Über die Darstellung von Bromwasserstoffsäure aus Bromkalium und Schwefelsäure. Chem.-Ztg. Bd. 15. S. 444 (1891). ®) Ad. Vandenberghe, ]. e. ®) Vgl. W. Ostwald, Grundlinien der anorganischen Chemie. 1904. 2. Aufl. S. 213. *) Darstellung von Bromwasserstoffsäure. Gazz. chim. ital. Vol. 21. p. 64 (1891): Chem. Zentralbl. 1891. I. S. 567. 5) Verhalten von Brom und Bromschwefel gegen Schwefelwasserstoff. Berichte d. Deutschen chem. Ges. Jg. 9. S. 1574 (1876). ®) Darstellung von Bromwasserstoff. Comptes rendus de l’Acad. des seiences de Paris. T. 110. p. 784 (1890). ‘) Über den Bromschwefel. Arch. d. Pharm. Bd. 242. S. 156 (1904); Chem. Zen- tralblatt. 1904. I. S. 984. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 7 IH8 R. Kempf. dagegen vollzieht sich bei wenig Wasser eine Nebenreaktion, die zur Bil- dung von Bromschwefel: Br; S, führt. (Ganz ähnlich dem soeben beschriebenen Prozeß erhält man nach E. Leger ‘) einen reichlichen und regelmäßigen Strom von Bromwasserstoff, wenn man Schwefeldioxyd in ein Gemisch gleicher Volumina Brom und gesättigter Bromwasserstofflösung einleitet. Das gleiche Verfahren empfahl A. Scott ?), indem er darauf hinwies, daß fast alle Präparate von Phosphor arsenhaltig seien. Bei der Darstellung von Bromwasserstoff aus Phosphor bildet sich daher Arsentribromid, das mit überdestilliert. Es bleiben nun noch die Methoden zu erwähnen, die sich zur Dar- stellung des Bromwasserstoffes organischer Substanzen bedienen. Nach Champion und Pellat °) leitet man Bromdampf durch Paraffin, das auf 185° erhitzt ist, und dann durch ein U-Rohr, das roten Phosphor und feuchte Glasstücke enthält. Nach @. Bruylants*) geht bei dieser Methode viel Brom (etwa die Hälfte) verloren. Er empfahl an Stelle von Paraffin die Anwendung von Copaivaöl, ein Kohlenwasserstoff aus der Reihe der Terpene; er erhielt aus 60 4 Öl und 180 9 Brom 142 g Bromwasserstoff. | ©. Willgerodt°) endlich schlug Benzol oder Toluol zu dem gleichen Zwecke vor. Eine zweifach tubulierte Woulf’sche Flasche wird zur Hälfte mit Benzol oder Toluol gefüllt und mittelst eines Tropftrichters Brom hinzu- | gefügt. Es entweicht ein ruhiger konstanter Strom von Bromwasserstoff, der in einer zweiten Woulfschen Flasche mittelst Paraffinum liguidum 3 von Benzoldämpfen befreit wird. Nach Vandenberghe ) enthält der aus organischen Substanzen gewonnene Bromwasserstoff stets geringe Mengen flüchtiger organischer Verbindungen. Auf die Synthese des Bromwasserstoffes aus seinen Komponenten kann hier nicht näher eingegangen werden. ”?) Sie führt am sichersten zu völlige reinem Bromwasserstoff. . Jodwasserstoff. Für die Darstellung dieser Verbindung kommen mutatis mutandis ungefähr die gleichen Methoden in Betracht, wie für die Gewinnung von '‘, Darstellung von Bromwasserstoff. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 115. p. 947 (1892). °) Die Darstellung reiner Bromwasserstoffsäure. Proceedings Ühem. Soe. T.16. p. 69 (1900); Chem. Zentralbl. 1900. I. S. 844. °) Nouvean proc&le de praeparation de l’acide bromhydrique. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 70. p. 620 (1870). *, Über eine neue Darstellungsmethode der Jod- und Bromwasserstoffsäure. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 12. S. 2059 (1879). °) Über Darstellung gasiger und wässeriger Bromwasserstoffsäure. 62. Versammlg. Deutscher Naturf. u. Ärzte zu Heidelberg. Chem. Zentralbl. 1889. II. S. 618. Bil. c; ’) Vgl. z.B.: @. S. Newth, Eine neue Methode zur Darstellung von Bromwasser- stoff im Laboratorium. Chem. News. Vol. 64. p. 215 (1891); Chem. Zentralbl. 1892. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 259 Bromwasserstoff. Jedoch ist es wegen der größeren Zersetzlichkeit des Jod- wasserstoffes noch mehr erschwert, das Gas völlig rein zu erhalten. Aus demselben Grunde ist die Entwicklung von Jodwasserstoff aus einem Alkali- jodid und Schwefelsäure nicht angängieg. Um mittelst Phosphor und Wasser das Gas darzustellen, fügt man nach L. Gattermann!) zu 44 g nicht pulverisiertem Jod, das sich in einem Rundkolben von etwa 100 cm Inhalt befindet, allmählich und unter Um- schütteln der sich bald verflüssigenden Masse 49 gelben Phosphor, den man in etwa 8 Stücke zerkleinert und kurz vor dem Eintragen zwischen Fließpapier abtrocknet. Im Anfang vereinigen sich die Elemente unter Feuererscheinung: P+3J = PJ,. Die geschmolzene dunkle Masse von PJ, wird beim Erkalten fest und ergibt, wenn man das völlig erkaltete Produkt mit 6 9 Wasser versetzt und dann ganz gelinde erwärmt, einen regelmäßigen Jodwasserstoffstrom: PJ, +3 H,O = H,PO, +3 HJ. Um das Gas von mitgerissenen Joddämpfen zu befreien. werden 5g roter Phosphor mit 2 cm? wässeriger Jodwasserstoffsäure oder mit höchstens 1 cm: Wasser zu einem Brei verrieben und dieser mit Glasperlen zusammen in ein U-Rohr gefüllt, durch das man den entwickelten Gasstrom hin- durchleitet. Einfacher und gefahrloser 2) ist es, wenn man nicht von gelbem, sondern von rotem Phosphor ausgeht und den Jodphosphor gar nicht erst für sich darstellt. Man gibt z. B. zu einem Gemenge von 1 Teil rotem Phosphor und 4 Teilen Wasser unter Kühlung nach und nach 15 Teile Jod und erwärmt dann vorsichtig. Einen praktischen Apparat zum bequemen Eintragen von Jod in das Gemisch von rotem Phosphor und wenig Wasser hat 4A. Etard >) angegeben. Nach Lothar Meyer +) hat die zuletzt besprochene Methode, Jodwasser- stoff darzustellen, den Fehler, daß sich phosphorige Säure bildet: denn diese geht ihrerseits — wie alle niederen Oxydationsstufen des Phosphors — beim Erwärmen unter Entwicklung von Phosphorwasserstoff in das höchste ÖOxydationsprodukt, Phosphorsäure, über: 4H, PO, = 3H,PO, + PH,. und der entstandene Phosphorwasserstoff vereinigt sich mit Jodwasserstoff zu kristallisiertem Jodphosphonium: PH, + HJ = PH,J. Dieses mit Wasser sich leicht wieder rückwärts zersetzende Salz bildet nun eine gewisse Ge- fahr bei der Jodwasserstoffbereitung. Es ist äußerst flüchtig. so daß es 8.51. — E. Hoppe, Verfahren zur Darstellung von Salzsäure und Bromwasserstoffsäure aus ihren Bestandteilen. D. R.-P. 166.598; Chem. Zentralbl. 1906. I. S. 418. ‘) Siehe: Die Praxis des organischen Chemikers. Verlag von Veit & Co. 9. Aufl. 1909. S. 340. °) Es sei hier auf die leichte Entzündlichkeit gelben Phosphors und auf die Ge- fährlichkeit von Phosphorbrandwunden hingewiesen. °) Darstellung der Jodwasserstoffsäure. Berichte d. Deutschen chem. Gesellsch. Jg. 21. Ref. S. 703 (1888). *) Über die Darstellung von Jodwasserstoff. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 20. S. 3381 (1887). 10° 260 R. Kempf. leicht die Glasröhren verstopft, und kann ferner bei Berührung mit Wasser einen explosionsartigen Zerfall in seine Komponenten erfahren. Aus diesem Grunde schlug Lothar Meyer als einfache Abhilfe vor, nicht überschüssigen Phosphor mit ‚Jod, sondern umgekehrt überschüssiges Jod mit Phosphor zusammenzubringen. Denn dann bildet sich durch die oxydierende Wirkung des ‚Jods nicht phosphorige Säure, sondern Phosphorsäure: P+5J +4H,0 =H,P0, +5HJ. Man befeuchtet z. B. 100 Teile Jod mit 10 Teilen Wasser und läßt allmählich einen Brei von 5 Teilen roten Phosphor und 10 Teilen Wasser zufließen. Im Anfange darf dies nur mit großer Vorsicht tropfenweise ge- schehen. da sonst eine Explosion erfolgen kann. Steht die käufliche wässerige Jodwasserstoffsäure zur Verfügung, so braucht man diese nur auf Phosphorpentoxyd, wie bei der Bromwasser- stoffdarstellung angegeben, tropfen zu lassen, um gasförmigen Jodwasser- stoff zu erhalten. Dieser ist im Anfange des Prozesses durch freies Jod verunreinigt; man schaltet daher eine Waschflasche mit einer Lösung von Jodcaleium ein. Getrocknet wird mit Phosphorpentoxyd.?) Nach M. Bodenstein?) liefert eine konzentrierte wässerige Lösung von ‚Jodwasserstoffsäure schon beim bloßen schwachen Erhitzen reichlich reinen Jodwasserstoff. Wie zur Erzeugung von Bromwasserstoff lassen sich ferner organi- | sche Substanzen benutzen, um Jodwasserstoffgas zu entwickeln. Man löst z.B. in 60 9 Copaivaöl 20 4 Jod und erwärmt das Gemisch in einer 4 tubulierten Retorte am Rückflußkühler, bis Gasentwicklung eintritt. Durch j Nachtragen von Jod bis zu 1509 erhält man 145—150 49 Jodwasser- wie beim Bromwasserstoff, die Verbindung aus den Elementen aufbauen, indem man Wasserstoff und Joddampf gemeinschaftlich über erhitzten Platinschwamm als Kontaktsubstanz leitet. ®) Um Jodwasserstoffgas im Einschlußrohr zu entwickeln, damit das trockene Gas unter erhöhtem Druck zur Einwirkung gelangt, schmilzt man zusammen mit der betreffenden Substanz eine abgewogene Menge Jod- phosphor und eine Glaskugel mit Wasser, dessen Menge gerade zur Zer- setzung des ‚JJodphosphors ausreicht, in das Schießrohr ein. Dann kühlt man dieses in einer Kältemischung. Hierbei gefriert das Wasser im der Kugel, zersprengt diese und das schmelzende Eis setzt sich mit dem Phosphorjodid zu trockenem Jodwasserstoff und phosphoriger Säure um.) stoff. >) Um aber völlige reinen ‚Jodwasserstoff darzustellen. muß man, ebenso - ‘, Ad. Vandenberghe, ]. c. ?) Über die Zersetzung des Jodwasserstoffgases in der Hitze. Zeitschr. f. physi- kalische Chem. Bd. 13. S. 56 (1894). s, G. Bruylants, ]. c. *), Vgl. z. B. M. Bodenstein, ]. ce. °) H. Layermarck, Über die drei isomeren Verbindungen (C, H, Br.J. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 7. S.912 (1874). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. >61 Ammoniak. Man muß zwischen gasförmigem (richtiger: dampfförmigem, vgl. S.216),tropfbar flüssigem und wässerigem Ammoniak unterscheiden.Wie Schwefeldioxyd und Chlor gehört Ammoniak zu den sehr leicht zu verflüssigen- den Gasen, da die gewöhnliche Temperatur weit unter seiner kritischen liegt. Verflüssigtes Ammoniak befindet sich in Eisen- oder Stahlflaschen im Handel (vgl. die Tabelle S. 217). Die vorschriftsmäßig gefüllten Behälter sind bei 62°8° vollkommen mit flüssigem Ammoniak angefüllt, und von diesem Mo- ment ab ruft jede Temperaturzunahme von nur 1° eine Drucksteigerung von mehr als 10 Atmosphären hervor. Bei 63°1° ist bereits der zulässige Höchst- druck von 30 Atmosphären, auf den die Bomben geprüft sind, erreicht. Die Verunreinigungen des flüssigen käuflichen Ammoniaks betragen meist nicht über 0'1—0'5°/, und bestehen in erster Linie aus Wasser, Pyridin und seinen Homologen, Benzol und Maschinenöl. Nach 4A. Stock‘) läßt sich im Laboratorium reines Ammoniakgas sehr einfach mittelst des käuflichen Bombenammoniaks verflüssigen. Man braucht dieses letztere nur aus der geneigten Bombe flüssig in einen Weinhold- schen Zylinder zu füllen und durch Einleiten eines mäßig raschen Wasser- stoffstroms zum beschleunigten Verdampfen zu bringen, um ein Kühlbad von so niedriger Temperatur zu erhalten, dal) sich gasförmiges reines Ammoniak bei gewöhnlichem Druck verflüssigt. Es verdampft nur unbe- deutend mehr technisches Ammoniak, als sich reines Ammoniak im hinein- gehängten Rohr kondensiert. Flüssiges Ammoniak ist außer durch seine hervorragende Wirkung als Kühlmittel (vgl. S. 44 u. 218) auch dadurch ausgezeichnet, daß es eine große Reihe von Salzen zu lösen und manche trockenen wasserfreien Salze zu verflüssigen vermag. ?) Ferner löst es manche Metalle, z. B. die Alkalimetalle. Das Trocknen flüssigen Ammoniaks kann so geschehen, daß man metallisches Natrium darin bis zur bleibenden Blaufärbung — Entstehung einer Natriumammonium- legierung oder von Substitutionsprodukten des Ammoniums ?) — auflöst, dann das Ammoniak verdampfen läßt und wieder verflüssigt.*) !) Die Reaktion zwischen Phosphorpentasulfid undAmmoniak.... Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 39. S. 1977 (1906). ?) Vgl. die Zusammenstellung darüber bei J. Bronn, Verflüssigtes Ammoniak als Lösungsmittel. Verlag von Jul. Springer. 1905. ; 3) Vgl. A. Joannis, Verbindungen von Kalium und Natrium mit Ammoniak. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 109. p. 900 (1890). — A. Joannis, Bildungs- wärme des Kalium- und des Natriumammoniums. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 109. p. 965 (1890). — A. Joannis, Untersuchungen über das Natrium- und Kaliumammonium. Annal. de chim. et de phys. [8]. Bd.7. S.5 (1906); Chem. Zentralbl. 1906. I. S.319. — Nach O. Ruf und E. Geisel sind jedoch die sog. Metallammonium- verbindungen wirkliche Lösungen von Alkalimetallen in flüssigem Ammoniak und keine chemischen Verbindungen. Vgl.: Über die Natur der sog. Metallammonium- verbindungen. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 39. S. 828 (1906). A. Stock, ]. c. 262 R. Kempf. Gasförmiges Ammoniak wird im Laboratorium fast ausschließlich durch Erwärmen einer konzentrierten (ca. 25°/,igen) wässerigen Lösung von Ammoniak dargestellt. Der so entwickelte gleichmäßige Gasstrom kann in einem Trockenturm nach Fresenius (siehe Fig. 382, S. 200) mittelst festem Kalihydrat, gebranntem Kalk oder Natronkalk getrocknet werden. Sättigt man vorher das wässerige Ammoniak mit wasserfreiem Chlorcalecium, so erhält man von vornherein ein weniger feuchtes Gas. !) Nach @. Neumann?) läßt sich auch aus konstant wirkenden Gasent- wicklungsapparaten in der Weise Ammoniak entwickeln, daß man wässeriges Ammoniak auf festes Kalihydrat zur Einwirkung bringt. teines und trockenes Ammoniakgas erhält man ferner auf folgendem Wege. In einem Papinschen Topf (vgl. Fig. 175, S. 87) von 452 Inhalt wird ein Gemenge von 2%kg reinem Chlorammonium und 1100g Caleium- oxyd, das mit der eben hinreichenden Menge Wasser gelöscht ist, erhitzt. Der Deckel des Topfes trägt einen doppelt durchbohrten Stopfen mit Quecksilbersicherheitsrohr (vgl. Fig. 397, S. 221) und Gasableitungsrohr. Er ist festgeschraubt und mit Gips gedichtet. Das entwickelte Gas durch- streicht einen Glaskolben, in dem sich das meiste Wasser niederschlägt, dann einen Trockenturm mit Kalk und einen zweiten mit Stücken Ätzkali. ®) Ist Wasserstoff nicht schädlich, so kann man das Gas auch mit metalli- schem Natrium trocknen. Auch Stas*) hat die Darstellung ganz reinen Ammoniaks beschrieben. Um in Bombenröhren Ammoniak zu entwickeln, stellt man Chlor- zinkammoniak oder Chlorealeinmammoniak her und schließt diese Verbindungen, die in der Hitze leicht wieder Ammoniak abgeben, mit der betreffenden Substanz, die z. B. amidiert werden soll, in dem Schießrohr ein. Zur Darstellung von Chlorzinkammoniak leitet man durch das ge- schmolzene käufliche Chlorzink zunächst Salzsäuregas, um etwa vorhandenes Oxychlorid zu entfernen, dann Wasserstoff, um die Salzsäure zu verdrängen, und schließlich gasförmiges Ammoniak. >) Die Darstellung von Chlorcaleiumammoniak erfolgt auf ähnliche Weise. ®) Gelegentlich läßt sich auch von der Löslichkeit des Ammoniakgases in Methvl- und in Äthylalkohol Gebrauch machen: ersterer löst bei ’ ') W.Weyl, Über die Bildung des Ammoniums und einiger Ammoniummetalle- Poggendorffs Annal. d. Phys. u. Chem. Bd. 123. S. 362 (1864). 2, Eine Methode zur Entwicklung von Salzsäure, Ammoniakgas und Stickstoff mit Hilfe konstant wirkender Gasentwieklungsapparate. Journ. f. prakt. Chem. [2.] Bd. 87. S. 342 (1888). 2) Vel FAmStocks larc: ‘) Untersuchung über chem. Proport. Leipzig 1867. S. 52. 5, Vgl. z.B. V. Merz und P. Müller, „Monophenyl“ und Diphenylamin aus Benzol- phenol. Ber. der Deutschen chem. Ges. Jg. 19. S. 2902 (1886). 6) Vgl.@. Benz, Über die primären und sekundären Naphtylamine. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg.16. S. 8 (1883). — A. Jaechia, Über trisubstituierte Derivate des Naph- talins. Liebigs Annal. der Chem. u. Pharm. Bd. 323. S. 132 (1902). en nn En Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 2653 0°: 29°3%,. bei 17°: 20'8°/, NH,, letzterer bei den gleichen Temperaturen 245%, bzw. 10'1°/, NH;.!) Die bei 0° gesättigte Lösung von Ammoniak in absolutem Äthylalkohol enthält 1309 NH, im Liter.?2) Wasser löst bei 15° 35°/,. bei 0°: 52°5%/, Ammoniakgas, also viel mehr als Alkohol.) Nach J. Müller +) werden von 1 Volumen Wasser bei 20° und 760 mm Barometerstand etwa 690 Volumina Ammoniak absorbiert, während 1 Vo- lumen Alkohol 540 Volumina Ammoniak in sich aufnimmt. Beim Arbeiten mit größeren Mengen gasfürmigen Ammoniaks ist Vorsicht geboten, da es die Schleimhäute angreift. Stickoxydul (Lachgas): N, Diese Verbindung gehört zu den schwerer zu verflüssigenden Gasen. denn die kritische Temperatur des Stickoxyduls liegt nur sehr wenig über der gewöhnlichen Zimmertemperatur. Siedepunkt bei Atmosphärendruck. kritische Temperatur, kritischer Druck und die Werte anderer physikalischer Eigenschaften liegen sehr nahe den entsprechenden Konstanten des Kohlen- dioxyds (vgl. die Tabelle S. 217), wie ja auch die Molekulargewichte der beiden Stoffe (4402 bzw. 4400) fast genau übereinstimmen. Chemisch zeigen dagegen die beiden Gase bekanntlich keine Ähnlichkeit. Flüssiges Stickoxydul befindet sich in Stahlflaschen im Handel. Bei normaler Füllung ist die Flasche bereits bei 27° vollständig mit Flüssigkeit erfüllt, und von diesem Momente ab steigt der Druck bei weiterer Tempe- raturerhöhung stark an. Der Prüfungsdruck von 180 Atmosphären wird bei 523° erreicht. Komprimiertes Stickoxydul kann sich durch thermischen Zerfall explosionsartig zersetzen.?) Den Anstoß dazu vermag z.B. das Auftreten von Funken beim Anprall kleinster Eisenteilchen an die Metallwandung der Armatur oder des Ventils zu geben. Man öffne daher — wie stets bei komprimierten Gasen (vgl. oben S. 220) — das Flaschenventil des stehen- den Zylinders nur langsam und vermeide möglichst Öl und fetthaltiges Material als Dichtungsmittel für die Ventile und Armaturen. ®) Diese !) C. A. Lobry de Bruyn, Darstellung des o-Dinitrobenzols. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 26. S. 267 (1893) und: Über Methyl- und Äthylalkohol. Ebenda S. 268. ?) A. Baeyer und V. Villiger, Dibenzalaceton und Triphenylmethan. Ber.d. Deutschen chem. Ges. Jg. 36. S. 2774 (1903). 3) S. Pagliani und A. Emo, Absorption des Ammoniaks durch Alkohole. Atti della R. Acc. delle Se. di Torino. Vol. 18. p. 9 (1882); Wiedemanns Annal. d. Phys. a. Chem. Beibl. Bd. 8. S.18 (1884). %) Johannes Müller, Über die Diffusion des Ammoniaks durch Wasser und dureh Alkohol. Wiedemanns Annal. d. Phys. u. Chem. Bd.43. S.554 (1891). °) A. Lange, Über die Explosion einer mit Stickoxydul gefüllten Bombe. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd.15. S. 725 und 1126 (1902). e) H. Rasch, Die Zündungen durch verdichteten Sauerstoff und die Explosions- gefahr des Stickoxyduls. Weimar 1904. Vgl. auch: Zeitschr. für komprimierte und flüssige Gase. Bd. 7. S. 157 (1904). — 264 R. Kempf. letztere Vorschrift gründet sich auf dieselben Umstände, die beim Sauer- stoff (siehe S. 254), der sich ja chemisch zum Teil ähnlich wie Stickoxydul verhält. dafür maßgebend waren. Die Darstellung von Stiekoxydul im Laboratorium geschieht fast aus- schließlich durch Erhitzen von Ammoniumnitrat: NH, ..NO, = N,0 + 2H,0 oder des Gemenges irgend eines Nitrates mit einem beliebigen Ammonium- salz. Wenig geeignet sind nur einerseits Baryumnitrat, andrerseits Am- moniumphospat. -oxalat und -chlorid. Bei Verwendung von Salmiak bildet sich ein ehlorhaltiges Stickoxydul. Man entwässert möglichst reines Ammoniumnitrat zunächst durch Schmelzen und erhitzt es dann vorsichtig. Die Zersetzung beginnt bei 170° und kann bei zu starkem Erhitzen und bei Anwendung größerer Mengen zu heitigen Explosionen führen, da der Vorgang exotherm verläuft. Nach P. Cazeneuve!) ist der (Grehalt der Handelsware an Chlorammonium Ursache der Explosionen.?2) Zu achten ist auch auf die Abwesenheit organischer Substanzen. Es bildet sich in diesem Falle schwer entfernbares Kohlen- oxvd. A. Lidof?) empfahl, ein Gemisch von 0'6 Teilen trockenen Seesand und 04 Teilen bei 105° getrocknetes Ammoniumnitrat in einem Rohr aus | schwer schmelzbarem Glase auf 260—285° zu erhitzen, und zwar mittelst | eines kleinen Aluminiumluftbades (vgl. Fig. 117, S. 59), das sich auf dem kohr verschieben läßt und mit Thermometer versehen ist. Das so ge- wonnene (Gras soll sehr rein sein. (seht man nicht von fertigem Ammoniumnitrat aus, so benutzt man am besten Natriumnitrat und Ammoniumsulfat in äquivalenten Mengen #) oder nach W. Smith°) vorteilhafter einen etwa 5°/, betragenden Überschuß von Ammoniumsulfat. Die Reaktion verläuft nach folgender Gleichung: 2 NaNO; + (NH, SO, = Na,S0, +4H,0+2 NO. Man kann auch ein Gemisch von Kali- und Natronsalpeter anwenden. Z/. B. erhitzt man 17 Teile Natriumnitrat, 20 Teile Kaliumnitrat und 13—14 Teile Ammoniumsulfat in einer Retorte auf 230°, schließlich auf 300° und sorgt dafür, daß das entstehende Wasser nach seiner Kon- densation nicht in die Retorte zurücktropfen kann. !) Über die Darstellung des Stickoxyduls. Journ. Pharm. Chim. [5.] Vol. 6. p. 67 (1885); Chem. Zentralbl. 1885. S. 241. ®) Vgl. z. B. J. Mai, Über Stiekstoffgewinnung aus Ammoniumnitrat. Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Jg. 34. S. 3805 (1903). ») Über die Darstellung von Stickstoffoxydul. Journ. d. russ. physikal.-chem. Ges. Bd. 35. S. 59 (1903); Chem. Zentralbl. 1903. I. S. 808. *) W. Thilo, Chem.-Ztg. Bd. 18. S. 532 (1894). °) Die Bildung von Stiekoxydul und eine neue Methode für dessen Darstellung. Journ. Soc. chem. Ind. Vol. 11. p. 867 (1892); Chem. Zentralbl. 1893. I. S. 194. — W. Smith, Fernere Bemerkungen über die Bildung von Stickoxydul. Journ. Soc. chem. Ind. Vol. 12. p. 10 (1893); Chem. Zentralbl. 1893. IL. S. 509. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 265 Sehr reines Stickoxydul erhält man, indem man Natriumnitritlösung zu einer gekühlten konzentrierten Hydroxylaminchlorhydratlösung zufließen läßt!): NH, . OHNO, =N,0 + 2H,0. (rewaschen wird das auf die eine oder andere Weise entwickelte Gas zunächst mit wässeriger Eisenvitriollösung (und ev. mit einer Emulsion von Eisenvitriol in konzentrierter Schwefelsäure) zur Absorption der höheren Stickoxyde und darauf mit Kalilauge, um Chlor oder Säuredämpfe zu entfernen. Trocknen kann man das Gas z. B. dadurch, daß man es eine in Eis stehende leere Waschflasche passieren läßt.?) Stickoryd: NO. Dieses Gas erhält man am bequemsten aus einem Kippschen Apparate, den man mit zerschnittenem Kupferblech und mit Salpetersäure vom spe- zifischen Gewicht 1'2 beschickt: 3 Cu+8HNO, =3 Cu(NO,), +4H,0 +2 NO. Nebenher entsteht auch stets etwas Stickoxydul®) und Stickstoff. / Stelle von metallischem Kupfer läßt sich als reduzierendes Agens auch Arsentrioxyd anwenden (vgl. unter Stickstofitrioxyd). Um das Stickoxyd von mitgerissenen Säuredämpfen zu befreien, leitet man es durch Kali- lauge oder auch nur durch Wasser; um es zu trocknen, über Chlorcaleium. Reines Stickstoffoxyd wird erhalten, wenn man das rohe Gas in möglichst konzentrierte, wässerige, kalte Eisenvitriollösung bis zur Sättigung einleitet und es dann durch vorsichtiges Erhitzen wieder austreibt.*) Jedoch ist nur die erste Portion des aus frisch hergestellter Lösung entwickelten Gases völlig rein, da das Ferrosalz reduzierend auf das Stickoxyd ein- wirken kann. Auf die vielen übrigen Darstellungsmethoden von Stickstoffoxyd hier näher einzugehen, erübrigt sich. Es sei nur erwähnt, daß J. Thiele5) vor- schlug, es aus saurer Ferrosalzlösung und Natriumnitritlösung in seinem oben beschriebenen Apparat (Fig. 408, S. 229) zu entwickeln: Fe, + NaNO,;, +2 HCl= Fell, + NaCl + H,O + NO Man erhält so nach dem Waschen mit Alkali ein sehr reines Gas. ') Vietor Meyer, Über die Nitroverbindungen der Fettreihe. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 175. S. 141 (1875). ?) J. Thilo, Die Fabrikation und Kompression des Stickstoffoxyduls. Chem.-Ztge. Bd. 18. S. 532 (1894). — Vgl. auch H. Moissan, Beschreibung eines neuen Apparates für die Darstellung reiner Gase. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 137. P- 363 (1903). °) L. Carius, Absorptiometrische Untersuchungen. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 94. S. 138 (1885). #) EL. Carius, 1. c. °) Entwicklung von Stickoxyd. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 253. S. 246 (1889); Chem. Zentralbl. 1889. II. S.638. — Vgl. auch J. Matuschek, Über eine Methode zur Darstellung von Stickoxyd neben Stickstoffdioxyd. Chem.-Ztg. Bd. 29. S. 31 (1905); Chem. Zentralbl. 1905. I. S. 495. 266 R. Kempf. Stickstofftrioeyd (gasfürmige salpetrige Säure): N, O,. Von der Salpetersäure aus lassen sich bekanntlich sämtliche Oxvdations- und Reduktionsstufen des Stickstoffs: vom Ammoniak bis zum Stickstoffpentoxyd, darstellen. Mittelst Arsentrioxyd erhält man aus Salpetersäure je nach deren Konzentration: N,0, NO, N,0, (bzw. NO + NO,) und NO, oder Gemische dieser Oxyde. Fast nur Stickoxyd entsteht aus Salpetersäure vom spe- zifischen Gewicht 1:20, fast nur Stickstofftrioxyd aus Salpetersäure vom spezifischen Gewicht 1'535 und fast nur Stickstofftetroxyd aus einer Säure vom spezifischen Gewicht 145.) Zum Diazotieren mit gasförmiger salpetriger Säure wendet man am besten die gewöhnliche konzentrierte Salpetersäure des Handels (vom spe- zifischen Gewicht 1°41) an und läßt diese in einem Kolben mit Schleifen- trichter auf stückförmiges Arsentrioxyd bei gelinder Wärme einwirken (siehe Fig. 415). Der Rundkolben a ruht auf einem Baboblech (vgl. Fig. 112, S. 57), der leere Erlenmeyerkolben 5b dient zum Zurückhalten von mitgerissener Sal- petersäure usw. und kann ev. gekühlt werden, das Kölbchen e, das sich z. B. bei der Diazotierung von Anilin nicht über 10° erwärmen darf, steht in Eis- wasser. ?) Mitgerissene Salpetersäure kann auch durch Waschen des Gases mit wenig konzentrierter Natriumnitritlösung ent- fernt werden. Um trockenes Salpetrig- säureanhydrid zu erhalten, kann man die aus dem Gemisch von Arsentrioxyd und Salpetersäure (d 1'3) erhaltenen Dämpfe zunächst durch ein Rohr mit Caleiumnitrat, dann über Phosphorpentoxyd leiten. Es ist von praktischem und theoretischem Interesse, daß nach neueren Untersuchungen ®) dieses völlig trockene Stickstofftrioxyd nicht n NO + NO, dissoziiert, sondern als gasförmiges N, O, existenzfähig ist. Fig. 415. ') @. Lunge, Über die salpetrigen Gase aus Salpetersäure und Stärke und die- jenigen in den Schwefelsäurekammern. Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Jg. 11. S. 1229 a (1878) und: Zur Darstellung der salpetrigen Säure. Ebenda. S. 1641. d ?) Vgl. Emil Fischer, Anleitung zur Darstellung organischer Präparate. Verlag s von Vieweg & Sohn. 1905. $S.12. — A. Geuther, Chem. Kleinigkeiten; Einiges über Salpetrigsäureanhydrid ...... Liebigs Annal. Bd. 245. S. 96 (1888). : °, H. Brereton Baker und Muriel Baker, Gasförmiges Stickstofftrioxyd. Journ. Chem. Soe. London. Vol. 91. p. 1862 (1907); Chem. Zentralbl. 1908. LS. 210. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 267 Längere Schlauchleitungen sind beim Arbeiten mit gasförmiger salpetriger Säure zu vermeiden. Kautschuk wird von ihr heftig angegriffen, indem sich die „Nitrosite“ bilden.!) Auch Korken werden von dem Gase rasch zerstört. c) Darstellung kohlenstoffhaltiger gasförmiger Verbindungen. Kohlenozxyd. Dieses Gas kann aus gepulvertem gelbem Blutlaugensalz darge- stellt werden, indem man 1 Teil davon mit 8—-10 Teilen konzentrierter Schwefelsäure erhitzt.2) Man erwärmt das Gemisch vorsichtig, bis die Gasentwicklung beginnt, und entfernt dann sofort die Flamme, da die Re- aktion sonst zu stürmisch verläuft und leicht ein Überschäumen eintritt. Man erhitzt erst wieder, wenn die Reaktion nachläßt. erhält dann aber gleichzeitig etwas Schwefeldioxyd..e. Auch im Anfange pflegt dieses Gas und außerdem Kohlendioxyd dem entweichenden Gase beigemengt zu sein, so dal) man eine Waschflasche mit Alkalilauge einschalten muß. Weil man den Prozeß wenig in der Hand hat, fängt man zweckmäßig das Gas zunächst in einem Gasometer unter Wasser auf. Das Kohlenoxyd ist erst dann luftfrei, wenn eine im heagenzglase unter Wasser aufgefangene Probe beim Anzünden nicht verpufft, sondern ruhig abbrennt. Auch aus Oxalsäure läßt sich durch Wasserentziehung mittelst kon- zentrierter Schwefelsäure Kohlenoxyd erhalten. Das gleichzeitig entstehende Kohlendioxyd bindet man in zwei mit starker (ca. 35°/,iger) Kalilauge be- schickten Waschflaschen. ?) C0:0H = + (0 + 00, + H,O. C00H Am bequemsten erhält man aber Kohlenoxyd aus Ameisensäure, die 95—100°/,ig jetzt billig im Handel ist.*) Man erwärmt konzentrierte Schwefelsäure in einem Kolben mit Hahntrichter und Gasableitungsrohr auf ca. 100° und läßt die gleiche Gewichtsmenge 98°/,iger technischer Ameisensäure zutropfen. Es tritt perlende, bequem regulierbare (Grasent- wicklung, kein Schäumen ein. Läßt die Kohlenoxydentwicklung mit der Verdünnung der Schwefelsäure nach, so erhitzt man über einem ca. 1 em !) Vgl. z.B. €. Harries, Über Kautschuk. Zeitschr. f. augew. Chemie. Bd. 20. S. 1265 (1907): P. Alexander, Die Nitrosite des Kautschuks. Ebenda. S. 1355: €. Harries, Zur Kenntnis der Einwirkung des Stickstofftrioxyds auf Kautschuk. Ebenda. S. 1969. 2) Chr. Grimm und G. Ramdohr, Über die Einwirkung der konzentrierten Schwefel- säure auf Blutlaugensalz. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 98. S. 127 (1856). ®) Siehe L. Gattermann, Praxis des organischen Chemikers. 9. Aufl. 1909. S. 295. #) 1 kg 98—100°,,ige Säure ca. 1 Mk. (Nitritfabrik Cöpenick bei Berlin.) >68 R. Kempf. hohen Flämmchen.!) Der von Döbereiner:) aufgefundene Prozeß verläuft so glatt, dal) sich eine gasometrische Bestimmung von Ameisensäure darauf eründen läßt. ?) (retrocknet wird das Gas mittelst Caleiumcehlorid oder konzentrierter Schwefelsäure. Beim Arbeiten mit Kohlenoxyd ist stets die große Giftigkeit des (Gases zu beachten. um so mehr, als es geruchlos ist. Das überschüssig entweichende Gas kann man entweder durch Anzünden oder durch Einleiten in Kupferchlorürlösung unschädlich machen. Kohlendioxyd. Diese Verbindung ist als dünne, leicht bewegliche, wasserhelle Flüssig- keit in Stahlbomben (mit Rechtsgewinde) im Handel. Die physikalischen Konstanten der flüssigen „Kohlensäure“, soweit sie praktisches Interesse haben, sind in der Tabelle S.217 zusammengestellt. Wie erwähnt (vgl. S. 263), sind sie denen des Stickoxyduls außerordentlich ähnlich. Unter dem Druck der Atmosphäre ist Kohlendioxyd als Flüssig- keit nicht beständig. da sie im allgemeinen so rasch unter Absorption von Wärme verdunstet. dal der nicht verdampfte Teil zu einer schnee- artigen lockeren Masse erstarrt. Die Gewinnung des festen Kohlendioxyds und dessen Anwendung zu Kühlzwecken ist im fünften Kapitel (siehe S. 43) beschrieben. Festes Kohlendioxyd schmilzt (unter Druck) bei —56'6° und siedet (bei Atmosphärendruck) bei —78'8°. Es läßt sich in einem Diamantmörser (Fig. 13, S. 15) zu einer festen Masse zusammenpressen, die an der Luft nur langsam verdunstet und mithin einen regelmäßigen Gasstrom eines sehr reinen Kohlendioxyds erzeugt. Das Lösungsvermögen flüssigen Kohlendioxyds für Salze und orga- nische Substanzen ist erheblich geringer, als das der meisten übrigen ver- flüssigten Gase. *) Die vorschriftsmäbig gefüllten Kohlensäureflaschen sind schon bei ca. 23° ganz mit Flüssigkeit angefült, so daß auch die stehende Flasche flüssige Kohlensäure liefert. Wegen deren starker Kompressi- bilität liest aber keine Gefahr, daß die Flasche gesprengt werden könnte, vor. Der Prüfungsdruck von 190 Atmosphären wird erst bei 52° erreicht. Bei dieser Temperatur, die oberhalb der kritischen Temperatur des Kohlen- dioxyds liegt (31°), ist der Inhalt der Bombe gasförmig. '), Vgl. E. Rupp, Kleine Laboratoriumsnotizen: Darstellung von Kohlenoxyd. Chem.-Ztg. Bd. 32. S. 983 (1908); Chem. Zentralbl. 1908. II. S. 1422. ?) Schweigger-Meineckes Journ. f. Chem. u. Pharm. Bd. 32. S. 345 (1821). ®) M. Wegner, Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 42. S. 427 (1903). — Vgl. auch Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 38. S. 951 (1905); ebenda Jg. 39. S.53 und 3723 (1906). *) E. H. Büchner, Flüssige Kohlensäure als Lösungsmittel. Zeitschr. f. physikal. Chem. Bd. 54. S. 665 (1906). r; 4 j Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 269 Von Verunreinigungen des in Bomben käuflichen Kohlendioxyds kommt hauptsächlich Glyzerin in Frage, das zur Schmierung der Kom- pressionsmaschinen verwendet wird, ferner Wasser und Luft. Der Gehalt an letzterer beträgt etwa 0'2 Volumprozente.!) Er wechselt jedoch in weiten Grenzen. Ferner können dem Gase Schwefeldioxyd, Kohlenoxyd und flüchtige organische Substanzen beigemengt sein. Als Reagenzien zur Prüfung auf diese Verunreinigungen dienen sehr verdünnte angesäuerte Kaliumpermanganatlösung, Jodlösung und reine konzentrierte Schwefelsäure. Die ersteren zwei Flüssigkeiten werden eventuell entfärbt, die letztere von organischen Stoffen gebräunt. Die Darstellung von Kohlendioxyd im Laboratorium geschieht aus- schließlich durch Zersetzung von Carbonaten mittelst Säuren oder sauren Salzen. Vor allem dient kohlensaurer Kalk (weiber Marmor, Kreide, Kalkspat. Kalkstein) und ein Gemisch von 1 Teil roher Salzsäure und 1 Teil ausgekochtem Wasser zur Kohlendioxydentwicklung. Sie wird in Kippschen oder ähnlichen Apparaten (vgl. z. B.: A, B in Fig. 507, S. 146) vorgenommen. Schwefelsäure zu verwenden ist nicht angängig, weil sich dann Gips bildet, der das Karbonat einhüllt und vor weiterer Zersetzung schützt. Auch magnesiumhaltige Carbonate (Maenesit. Dolomit) können be- nutzt werden. Jedoch empfiehlt es sich, Dolomit und ebenso Kalkstein vorher schwach zu glühen, um bituminöse Bestandteile zu zerstören, ohne Kohlendioxyd auszutreiben. ?) Um luftfreies Kohlendioxyd zu erhalten, muß man ebenso, wie das zur Verdünnung der Säure benutzte Wasser, so auch den Marmor usw. auskochen. Ein reineres und speziell luftfreies Gas erhält man durch Zusammen- schmelzen von Natriumkarbonat und Kaliumkarbonat. Die Schmelze wird dann grob zerkleinert und mit verdünnter Schwefelsäure zersetzt. An Stelle der letzteren läßt sich eme wässerige Lösung von Natriumbisulfat anwen- den 3), die bei gewöhnlicher Temperatur einen gleichmäßigen Strom sehr reinen Kohlendioxyds entwickelt. Das auf die eine oder andere Weise bereitete Kohlendioxyd befreit man von mitgerissenen Säuredämpfen durch Waschen mit Wasser oder besser mit Natriumkarbonatlösung, von Schwefelwasserstoff, Kohlenwasser- stoffen usw. durch Waschen mit Kaliumpermanganatlösung. Zum Trocknen kann konzentrierte Schwefelsäure, Phosphorpentoxyd usw. dienen. ') A. Lange, Die Untersuchung der flüssigen Kohlensäure des Handels. Die che- mische Industrie. Bd. 23. S. 530—541 (1900). ®) H. Reinsch, Reine Kohlensäure aus Kreide oder Kalkstein. Neues Jahrbuch f. Pharm. Bd. 19. S. 87 (1863); Chem. Zentralbl., 1863, S. 976 u. Jahresber. über d. Fort- schritte d. Chem. 1863. S. 145. ®) H. Bornträger, Einfache und schnelle Entwicklung reiner Gase. Zeitschr. f analyt. Chem. Bd. 29. S. 140 (1890): Chem. Zentralbl. 1890. I. S. 973. 270 R. Kempf. Über die Durchlässigkeit von Gummischläuchen für Kohlendioxyd siehe oben (S. 11). Äthylen (C, H,). Athylen läßt sich zweckmäßig nach E. Erlenmeyer und H. Bunte!) aus Alkohol durch Wasserentziehung mittelst Schwefelsäure darstellen: CH,- UHR, 0H = 9, 0°77268, SCHE Es werden z.B. 50 g absoluter Alkohol mit 300 g konzentrierter Schwefelsäure gemischt und in einem etwa 27 fassenden Rundkolben vor- sichtig erhitzt. bis eine lebhafte Entwicklung von Äthylen eintritt. Dann läßt man aus einem aufgesetzten Tropftrichter, dessen Ausflußöffnung verengt ist, ein Gemisch von 1 Teil Alkohol mit 2 Teilen konzentrierter Schwefelsäure so rasch zufließen, daß eine konstante Gasentwicklung ohne starkes Schäu- men stattfindet. Das entweichende Gas wird durch eine mit Schwefelsäure beschickte Waschflasche von Alkohol und Äther befreit und sodann zur Entfernung von schwefliger Säure durch verdünnte Natronlauge geleitet. | Die Apparatur ist in Fig. 372 (8. 199) dargestellt. Die dritte, in Es stehende Waschflasche d in der Abbildung enthält Brom, wenn man Äthylen- bromid darstellen will. 2) Das auf diesem Wege gewonnene Äthylen enthält nach P. Villard >) geringe Mengen einer leicht kondensierbaren Beimengung. die als sirupöse Masse zurückbleibt, wenn man das Äthylen verflüssigt und dann bei ca. —80° wieder verdampft. An Stelle der Schwefelsäure läßt sich zur Äthylendarstellung aus Alkohol auch sirupöse Phosphorsäure vom spezifischen Gewicht 17 bis 175 anwenden.*) Man entwässert diese zunächst dadurch, daß man sie in einer offenen Schale unter Umrühren mit einem Thermometer allmäh- lich erwärmt. Bei 160° beginnen Wasserdämpfe zu entweichen. Man erhitzt, bis sich bei 220° nur noch wenige Dampfblasen entwickeln. Die entwässerte Säure füllt man in einen weithalsigen Rundkolben von 200 em# Inhalt, er- wärmt auf 210—220° (Thermometerkugel in der Säure) und läßt bei dauernder Erhaltung dieser Temperatur aus einem unten fein ausgezogenen Tropftrichter gewöhnlichen Alkohol zutropfen. Es entweicht ein regelmäßiger Strom von Äthylen. ohne daß, wie bei der ersten Meibode, Verkohlen und Überschäumen zu befürchten sind. Im Gegensatz zum Acetylen (siehe den nächsten Abschnitt) ist Äthylen nur ie — endothermisch. ') ar eine zweckmäßige Darstellung von Äthylen und Äthenbromür. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 168. S. 64 (1873). — E. Erlenmeyer, Über die Darstellung des Äthylens und einiger Äthenverbindungen. Ebenda. Bd. 192. Er 244 (1878). °) Vgl. Emil Fischer, Darstellung organischer Präparate. 7. Aufl. 1905. 8. 29. ®) Studie über verflüssigte Gase. Annales de Chimie et a2! Physique. [7.] Te p. 387 (1897); Chem. Zentralbl. 1897. I. S. 729. *) Vgl. L. Gattermann, Praxis des organischen Chemikers. 9. Aufl. 1909. $. 167. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. el Acetylen (C,H3;). Acetylen ist eine stark endotherme Verbindung. Die große Energie- menge, die zu ihrer Darstellung aufgewendet werden muß. und die sie da- her aufgespeichert enthält, wird bei ihrem Zerfall plötzlich wieder frei. Daher zersetzt sich Acetylen unter Umständen —- besonders leicht aber im komprimierten Zustande —- unter heftigster Explosion in Kohlen- stoff und Wasserstoff, ein Zerfall, auf dem bekanntlich auch die Leucht- kraft der Acetylenflamme (glühender Kohlenstoff) beruht. Seit der billigen Darstellung von Caleiumkarbid im elektrischen Ofen aus Kalk und Kohle und dem daraus resultierenden großen Aufschwung der Acetylenindustrie wurden die Bedingungen, unter denen Explosionen eintreten können, genau untersucht. Nach Berthelot und Vieille!) verbreitet Acetylen eine an einer Stelle durch einen glühenden Metallfaden bewirkte Zersetzung bei gewöhnlichem Druck nicht; bei Drucken über 2 Atmosphären zeigt das Gas jedoch explosive Eigenschaften, und zwar ist seine Explosionskraft dann ungefähr so groß, wie die von Schießbaumwolle. Es tritt dabei eine Temperatur- erhöhung auf ca. 2750° ein. Verdichtetes Acetylen darf daher nur mit höchstens 2 Atmosphären Überdruck in den Verkehr gebracht werden. Da die Tension flüssigen Acetylens bei + 20'2° 42:5 Atmosphären be- trägt?), ist es nur im komprimierten, nicht im flüssigen Zustande im Handel. An freier Luft wird flüssiges Acetylen — ebenso wie flüssiges Kohlen- dioxyd (vgl. S.268) — durch rasche Verdunstung bald fest. Auch die physikalischen Konstanten, namentlich kritischer Druck und kritische Tem- peratur, haben für flüssiges Acetylen und flüssiges Kohlendioxyd sehr nahe- liegende Werte (vgl. die Tabelle, S. 217). Acetylen ist in manchen organischen Lösungsmitteln, z. B. in Methvlal, Äthylal, Äthylacetat und: besonders in Aceton sehr leicht löslich. Ein Volumen Aceton löst bei 15° und gewöhnlichem Druck 25 Volumina, unter 12 Atmosphären sogar 300 Volumina und bei — 80° und gewöhnlichem Druck mehr als 2000 Volumina Acetylen.3) Bei Zusatz von Aceton zu flüssigem Acetylen tritt eine beträchtliche Kontraktion ein, so dal) es mög- lich ist, unter Druck mehr gelöstes als flüssiges Acetylen aufzuspeichern. Praktisch von größter Wichtigkeit sind diese eigentümlichen Lösungen !) Untersuchungen über die explosiven Eigenschaften des Acetylens. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 123. p. 523 (1896). — Vgl. die Übersetzung dieser Abhandlung: Die Chem. Industrie. Bd. 20. S. 59 (1897). 2) P. Villard, Physikalische Eigenschaften des Acetylens; Acetylenhydrat. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 120. p. 1262 (189). 3) G@. Claude und A. Hess, Über eine neue Aufspeicherungsmethode für Acetylen. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 124. p. 626 (1897). — @. Claude, Über die Explodierbarkeit des Acetylens bei niederen Temperaturen. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 128. p. 303 (1899). 272 R. Kempf. aber erst geworden, als sich herausstellte, daß der explosive Charakter stark komprimierten Acetylens in diesen Lösungen beträchtlich abge- schwächt ist.?) Während, wie erwähnt, verdichtetes Acetylen bereits bei 2 Atmo- sphären explosiv ist, wird gelöstes Acetylen erst bei 10 Atmosphären Überdruck explosiv. Ein gleich großer Behälter kann daher eine 5fach größere Menge Acetylen gelöst als gasförmig komprimiert enthalten, ehe (refahr beginnt. Noch weiter herabgesetzt wird die Explosionsgefahr, wenn man die Acetylenlösung nach Edmund Fouche sich in geeigneten porösen Massen aufsaugen läßt ?), wie ja auch die Gefährlichkeit des Nitroglyzerins durch Vermischen mit Kieseleur (zu Dynamit) erheblich verringert wird. Solche in porösem Material aufgesaugte Acetylenlösungen dürfen im Handel soviel Acetylen enthalten, wie einem Überdruck von 10 Atmosphären entspricht. Zur Aufnahme des Acetylens dienen auf 60 Atmosphären geprüfte Stahl- flaschen von 3.5. 15 und 30 2 Inhalt, die 550. 1500 und 3000 7 Ace- tylen aufnehmen. Die Flaschen werden mit einem sehr porösen Zement aus Kieselgur. Spezialholzkohle und einem guten Bindemittel gefüllt, ge- trocknet und bei 4-5 Atmosphären mit 90°/,igem, reinem Aceton gefüllt. Das Porenvolumen der Flaschen beträgt 35°, und wird zu ®/, mit Aceton gefüllt, da dieses sich beim Einfüllen von Acetylen um 40°/, ausdehnt. Das Füllen mit dem gereinigten und völlig trockenen Gase bei 6'5--18 Atmo- sphären erfordert mehrere Stunden, da die Acetylenlösung in den Poren des Zements nur langsam zirkuliert. °) Eine weitere Gefahr birgt die Handhabung von Acetylen deswegen in sich, weil es mit manchen Metallen, namentlich mit Kupfer, stark explosive Verbindungen zu bilden vermag. Man muß daher beim Arbeiten mit Acetvlen Metalleitungen usw. möglichst vermeiden. Druckreduzierven- tile und alle übrigen Armaturteile an Acetylenbomben müssen insbesondere von Kupfer oder Kupferlegierungen vollkommen frei sein (siehe auch unter Gasometer). Es scheint, dab namentlich unreines (ammoniak- und phosphorwasserstoffhaltiges) Acetylen zur Bildung explosiver Acetylenmetalle geneigt ist.*) > i f ') Berthelot und Vieille, Über Lösungen von Acetylen und deren explosive Eigen- schaften. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 124. p. 988 (1897). ®\) Vgl. John S. Seymour, Lagerung und gefahrloser Transport von Acetylen. Journ. Franklin Inst. T.156. p.1 (1903); Chem. Zentralbl. 1903. I. S. 1223. — L. Kuchel, Die Erzeugung des Acetylens und die Verwendung desselben in der Industrie. Österr. Chem.-Ztg. [2.] Bd. 10. S. 117; Chem. Zentralbl. 1907. U. S. 107. °) S. Traubel, Über gelöstes Acetylen. Journ. f. Gasbeleuchtg. Bd. 51. S. 141 (1909); Chem.-Ztg. Bd. 33. Rep. S.139 (1909). *), Vgl.: Bericht über die Verhandlungen der Konferenz zur Untersuchung der mit der Handhabung von Acetylen verbundenen Gefahren. Die Chemische Industrie, Bd. 20. S. 53 (1897). — P. Wolff, Über die Reinigung des Acetylens. Chem.-Ztg. Bd. 22 S.281 (1898). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 273 Im Laboratorium wird ebenso, wie in der Technik, Acetylen fast aus- schließlich aus Caleiumkarbid, das man als Salz des Acetylens betrachten kann, und Wasser gewonnen! I CH I>Ca+H, 0=Ca0 +|| Ü CH Das Caleiumoxyd geht natürlich sofort in Caleiumhydroxyd über. Das Karbid darf nicht aus zu groben Stücken bestehen, weil sich diese mit einer Schicht Kalkhydrat überziehen, welche die weitere Einwirkung des Wassers hindert. 1009 chemisch reines Caleciumkarbid entwickeln 40625 9 reines Acetylen, eine Menge, die bei 0% und 760 mm Druck in trockenem Zustande 348772 Raum einnimmt. Technisches Calcium- karbid liefert pro 1009 etwa 297 Gas. Dieses kann unter Umständen bei gewöhnlicher Temperatur und gewöhnlichem Druck ein bis ca. 20°, größeres Volumen besitzen, so dal man zum Auffangen des aus 100g Karbid entwickelten Acetylens einen Gasbehälter von 40 2 anwenden muß.!) Es hat sich herausgestellt, daß es vorteilhafter ist, das Karbid in viel Wasser einzutragen, als umgekehrt Wasser auf das Karbid tropfen zu lassen. 2) Da Wasser ziemlich viel Acetylen löst, Kochsalzlösung dagegen sehr wenig (vgl. den Abschnitt über Sperrflüssigkeiten), so wendet man bei der Einwurfmethode besser eine Kochsalzlösung an.3) Einen einfachen Laboratoriumsapparat für das letztere Verfahren gab F. Küspert*) an. Nach J. A. Mathews°) erhält man eine gleichmäßige Gasentwicklung von Acetylen, wenn man in einer weithalsigen Flasche Caleiumkarbid in einem Drahtkorb aufhängt, diesen mit absolutem oder 95°%/,igem Alkohol be- deckt und dann Wasser hinzutropfen läßt. In kontinuierlich wirkenden Gasentwicklungsapparaten wird Acetylen am besten aus Karbid und 10°/,iger Rohrzuckerlösung entwickelt. 6) Das aus dem technischen Caleiumkarbid erhaltene Acetylen ist stets sehr unrein. In dem Ausgangsmaterial zur technischen Karbidgewinnung, Kalk und Kohle, befinden sich Sulfate, die durch die reduzierende Wirkung des elektrischen Ofens in Sulfide unbekannter Konstitution umgewandelt werden. und diese zersetzen sich mit Wasser zu Schwefelwasserstoff und anderen Thioverbindungen. Ferner werden die Phosphate der Aus- !) @. Lunge und E. Cedercreutz s. unten. Vgl. ferner: J. H. Vogel, Über Karbid und Acetylen in der Technik und im Laboratorium. Zeitschr. f. angew. Chemie. Bd. 19. 5.49 (1906). ?) Vgl. z.B.: A. R. Frank, Über Reinigung des Acetylens mittelst saurer Metall- salzlösungen. Zeitschr. f. augew. Chem. 1898. S. 1050. ®) @. Lunge und E. Cederereutz, Zur Analyse des technischen Caleiumkarbids und Acetylens und zur Reinigung des letzteren. Zeitschr. f. angew. Chem. 1897. S. 651. *) Einwurfapparat zur Acetylendarstellung. Chem. Zentralbl. 1905. I. S. 1683. °) Laboratoriumsverfahren zur kontinuierlichen und gleichmäßigen Entwicklung von Acetylen und zu dessen Reinigung. Journ. Americ. Chem. Soc. Vol. 22. p. 106; Chem. Zentralbl. 1900. I. S. 789. 6) Vgl.z.B. Franz Wilh. Henle, Anleitung für das organisch-präparative Prakti- kum. Akad. Verlagsgesellschaft m. b. H., Leipzig 1909. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 18 274 R. Kempf. gangsprodukte zu Phosphide reduziert, die mit Wasser den sehr giftigen und eventuell Selbstentzündungen des Acetylens bedingenden Phosphor- wasserstoff entwickeln. Auch bilden sich im elektrischen Ofen Nitride, die mit Wasser Ammoniak entwickeln, und geringe Mengen metallischen Caleiums, die aus Wasser Wasserstoff frei machen. Gelegentlich enthält das technische Caleiumkarbid Aluminiumkarbid: Al,C,. das mit Wasser Methan liefert. Der Vollständiekeit halber sei hinzugefügt, daß in dem aus Oal- ciumkarbid entwickelten Acetylen auch Sauerstoff, Stickstoff, Kohlen- oxyd, Arsenwasserstoff und Silieciumwasserstoff aufgefunden wur- den), und daß als mechanisch mitgerissene Verunreinigung äußerst feiner Kalkstaub dem Gase beigemengt zu sein pflegt.?) Um aus dem git- tiven und widerwärtig riechenden Rohacetylen ein reines Produkt, das einen angenehmen ätherischen oder aldehydartigen Geruch °) hat, zu ge- winnen, müssen gründliche Reinigungsmethoden angewendet werden. Haupt- sächlich müssen das Ammoniak und die schwefel- und phosphorhaltigen Verunreinigungen entfernt werden, um dem Gase die Selbstentzündlichkeit, die Explosivität, den Geruch und die Giftigkeit zu nehmen. Zur Bindung des Ammoniaks und gleichzeitig zur teilweisen Trock- nung des Acetylens wäscht man das entwickelte Gas zunächst mit Schwefel- säure vom spezifischen Gewicht 16—1'7. *) Sodann leitet man das Acetylen zur Entfernung saurer Gase durch Natron- oder Kalilauge. 5) Darauf wendet man ein Oxydationsmittel an. um den Phosphorwasserstoff zu zerstören, d. h.. ihn in Phosphorsäure zu verwandeln. Es lassen sich hierzu be- nutzen: Bromwasser®); salzsaure Quecksilbercehloridlösung ?); saure Kupfer-, Silber-, Eisensalzlösungen usw.®); saure Metallsalzlösungen bei Gegenwart von Chloralkalien®); Chlorkalkı°); Chlorkalk mit ') Vgl. @. Lunge und E. Cederereutz, l. ce. — Chr. Göttig, Über die Bedeutung der Chloralkalien bei der Absorption des Phosphorwasserstoffs und ein hierauf basiertes Reinigungsverfahren für rohes Acetylen. Ber.d. Deutschen chem. Ges. Jg.32. S.1879 (1899). 2) L. M. Bullier und L. Maquenne, Ursprung der Verunreinigungen des Acetylens und neue Mittel ihrer Entfernung. Revue g@n.de Chim. pure et appl. T.6. p.348; Chem. Zentralbl. 1903. II. S.643. — R. Robine, Über Reinigung des Acetylens und hierzu = dienende Reinigungsmassen und Apparate. Revue gen. de Chim. pure et appl. T.®. p: 150; Chem. Zentralbl. 1905. I. S. 1516. ») Vgl.: Die Chem. Industrie. Bd. 20. S. 53 ff. (1897). %) G. Lunge u. E.Cederereutz, ]. e.— Vgl.: L. Maquenne, Zur Reinigung des Acetylen- gases. Revue gen. de Chim. pure et appl. T. 7. p. 345; Chem. Zentralbl. 1904. II. S. 1486. 5) A. Berg und A. Reychler, Reinigung von Acetylen. Bull. Soc. Chim. de Paris. [3.] T. 17. p. 218 (1897); Chem. Zentralbl. 1897. I. S. 632. °») C.Willgerodt, Über die Entfernung des Phosphorwasserstoffs aus dem aus Cal- ciumkarbid dargestellten Acetylen, die Reindarstellung von Acetylensilbernitrat sowie über die Darstellung fettaromatischer Jodinverbindungen. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 28. S. 2107 (1895); Chem. Zentralbl. 1895. I. S. 756. ”) A. Berg€ und A. Reychler, ]. c. 8) A. R. Frank, ]. c. °®) Chr. Göttig, ]. e. 10), @. Lunge und E. Cederereutz, 1. e. — P.Wolf, Über die Reinigung des Ace- tylens. Chem.-Ztg. Bd. 22. S. 281 (1898). — Vgl. R. Robine, Über Reinigung des Ace- ’ p' j | | \ | | \ | Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 2375 kristallisiertem Natriumsulfat gemengt!); 85%, Chlorkalk und 15°, Bleichromat („Acagin“); Chlorkalk, Caleiumehlorid und Caleium- oxyd („Puratylen“); Chromsäurelösung in Schwefelsäure 2); Chrom- säurelösung in Kieselgur („Heratol*) usw. Überaus zahlreich sind auch die Patente über Reinigungsmassen für technisches Acetylen. 3) Im Labora- torium benutzt man wohl am besten eine salzsaure Quecksilberchloridlösung oder eine schwefelsaure Chromsäurelösung als Waschflüssiekeit. Wendet man Metallsalzlösungen an, so muß man — besonders bei Kupfersalz- lösungen — sehr sorgfältig darauf achten, dal) die Flüssiekeit saure Re- aktion aufweist. In ammoniakalischer Lösung können sich explosive Acetylenmetalle bilden. Ebenso sind bei Verwendung von Chlorkalk als Reinigungsmittel für rohes Acetylengas Explosionen vorgekommen. wenn das Gas vorher nicht von Ammoniak befreit war. Es entsteht dann ent- weder Chlorstickstoff oder eine leicht zersetzliche Verbindung zwischen Acetylen und Chlor. Als Trocknungsmittel läßt sich Chlorealeium oder Phosphorpentoxyd anwenden. *) Außer der Explosivität des komprimierten Acetylens und der Mög- lichkeit. daß sich explosive Metallacetylenverbindungen bilden, ist beim Arbeiten mit dem Gase auch noch der Umstand zu beachten, dab ein Ge- misch von Acetylen und Luft mit furchtbarer Heftigkeit explodiert. Die Eigenschaft, mit Luft explosible Gemische zu bilden, teilt zwar das Ace- tylen mit allen brennbaren Gasen, jedoch ist sie gerade beim Acetylen deswegen besonders gefährlich, weil es eine stark endotherme Verbindung ist (vgl. oben). Dazu kommt noch, daß die Explosionsgrenzen eines Ace- tylenluftgemisches viel weiter auseinander liegen, als bei anderen Mischun- gen. Die Mischung mit Luft ist explosiv, wenn sie 1’5—58'6°%, Acetylen enthält, während für Leuchtgas-Luft die untere Explosionsgrenze 44°/, und die obere 23°6°/, beträgt.5) Auch erhöht die große Fortpflanzungs- geschwindigkeit der Verbrennung die zerstörende Wirkung einer Acetylen- explosion. tylens und hierzu dienende Reinigungsmassen und Apparate. Revue gen. de Chim. pure et appl. T. 8. p. 150; Chem. Zentralbl. 1905. I. S. 1516. — @. Keppeler, Beiträge zur Kenntnis der Acetylenreinigung. Journ. f. Gasbel. Bd. 48. S. 684 (1905); Chem. Zentral- blatt. 1905. II. S. 940. © 1) L. M. Bullier und L. Maquenne, ]. ce. 2) J. A. Mathews, ]. c. ®) Vgl.u.a.z.B.: Stern, Über die Verunreinigungen des technischen Acetylens und seine Reinigung. Journ. f. Gasbel. Bd. 45. S. 901 (1902); Chem. Zentralbl. 1903. I. S. 104. — G. Keppeler, Über die Verunreinigungen des technischen Acetylens und seine Reinigung. Ebenda. S. 902. *) Vgl. D. Me. Intosh, Die physikalischen Eigenschaften von flüssigem und von festem Acetylen. Journ. of physical Chem. Vol. 11. p. 306 (1907); Chem. Zentralbl. 1907. IL. S. 668. °) Nik. Teclu, Zur Ermittlung von Explosionsgrenzen in Gasgemengen. Journ. f. prakt. Chem. Bd. 75. S. 212 (1907). 19 I76 R. Kempf. III. Das Auffangen und die Aufbewahrung von Gasen. Die Aufbewahrung von komprimierten oder verflüssigten Gasen in Eisen- oder Stahlflaschen ist bereits im ersten Abschnitt dieses Kapitels behandelt worden. ebenso die Aufbewahrung flüssiger Luft im fünften Kapitel (vel. S. 41). Es erübrigt also hier nur noch, die Gasometer zu beschreiben und die für die einzelnen Gase am besten geeigneten Sperrflüssigkeiten zur Sprache zu bringen. 1. Gasometer. Die Gasentwicklung nach den oben beschriebenen Methoden in den Fällen. in denen der Gebrauch automatisch wirkender Gasentwicklungs- apparate nicht angängig ist, und ebenso die Gasentnahme aus Bomben ohne Reduzierventil läßt sich häufig nicht ohne weiteres in der Weise be- werkstelligen, daß man einen kontinuierlichen, unter gleichmäßig schwachem Druck austretenden Gasstrom erhält. Es empfiehlt sich daher oft, das entwickelte Gas nicht direkt an seine Verwendungsstelle zu leiten, sondern zunächst einen größeren Behälter damit zu füllen und es aus diesem unter einem bekannten Druck zu entnehmen. Als geeignete Apparatur kann eine zweihalsige Woulffsche Flasche dienen. deren einer Tubus einen bis auf den Boden der Flasche reichenden Tropftrichter trägt. Zum Gebrauch füllt man diesen einfachsten Gasometer vollständig mit Wasser (oder einer anderen Sperrflüssigkeit, siehe den nächsten Abschnitt), dreht ihn unter Wasser in einem größeren Bottich, der die „pneumatische Wanne“ bildet, um, füllt das Gas durch den zweiten Tubus ein und verschließt ihn mit einem Hahnrohr. Man kann nun den Apparat beliebig aufstellen und das Gas jederzeit aus dem Hahnrohr entnehmen. indem man durch den Tropftrichter Wasser einfließen läßt. Der Druck läßt sich durch ein auf den Tropftrichter luftdicht aufgesetztes Trichterrohr, das man mit Flüssigkeit füllt, in weitesten Grenzen variieren. Bequemer, weil dann eine pneumatische Wanne nicht nötig ist, sind zweihalsige Woulfsche Flaschen mit Bodentubus. Von gleicher‘ Konstruktion sind die Gasometer nach Pepy (Fig. 416). Die Handhabung’ dieses Apparates ergibt sich nach dem oben Gesagten von selbst. Man braucht den Gasometer nur bei geöffneten Hähnen und geschlossenem Bodentubus vollständig mit der Sperrflüssigkeit zu füllen und dann bei geschlossenen Hähnen durch den Bodentubus das Gas einzuleiten. Denselben Gasometer, aus Metall (Zink- oder Eisenblech) verfertigt, stellt Fig. 417 dar. Ein Wasserstandsrohr zeigt den Flüssigkeitsspiegel im Innern an. Das Rohr rechts in der Figur dient dazu, den unteren Raum des Apparates direkt mit der Wasserleitung zu verbinden; die zwei röhrenförmigen Stücke zwischen dem oberen und unteren Gefäß links in der Figur dienen nur als Stützen. Derartige Gasometer zeigen den Übelstand, daß die Ausströmuuii geschwindigkeit des Gases in dem Maße stetig geringer wird, als sick Ä Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. DD 277 mit dem Ansteigen der Flüssigkeit im Gasometerraum der Niveauunter- schied der Sperrflüssigkeiten innen und außen verkleinert. Mario Betty?) gab eine einfache Vorrichtung, eine Art hydraulisches Ventil, an, wodurch der Gasdruck im Innern des Gasometers stets auf gleicher Höhe bleibt. Bezüglich der Einzelheiten verweise ich auf die Originalabhandlung. Eine zweite Form der im Laboratorium gebräuchlichen Gasometer sind die Glockengasometer (Fig. 418), wie sie im größten Maßstabe in den Leuchtgasfabriken benutzt werden. ei der Füllung erleichtert man die Glocke durch Anbringen eines entsprechenden Gegengewichtes. Fig. 416. Fig. 417. Fig. 418. Bei der Entnahme von Gas entfernt man das Gewicht und beschwert geg 'ebenenfalles noch die Glocke durch Auflegen von Gewichten. . Um Sperrflüssigkeit, z.B, Quecksilber, zu sparen. schlug E. Gundelach? 2) einen Glockengasometer vor. dessen Boden nach oben gewölbt ist. Die Glocke gleitet in einer kreisförmigen Rinne auf und nieder. Sie setzt sich oben in eine Glasröhre fort. die zur Führung dient und den Entnahme- hahn trägt. Vor den Gasbehältern nach P« epy haben die Glockengasometer ‘) Gasbehälter mit konstantem Ausfluß. Chem.-Ztg. Bd. 29. S. 219 (1905): Chem. Zentralbl. 1905. I. S. 977. °) Quecksilbergasometer. Zeitschr. f. chem. Apparatenkunde. Bd. 2. S. 46 (1907); Chem. Zentralbl. 1907. I. S. 784. >78 R. Kempf. den Vorzug, dal) das Gas während des Ausströmens unter konstantem Druck steht, und dal die Sperrflüssigkeit bei der Füllung nicht entfernt zu werden braucht. Zum Auffangen von Acetylen vermeidet man besser metallene (sasometer, da sich explosive Acetylenmetalle bilden können.!) Besonders gefährlich ist Acetylenkupfer. Wie man sich in einfachster Weise aus einem großen, enghalsigen Meßzylinder („Schüttelzylinder“) einen bequemen Gasometer schafft, der zugleich das aufgefangene oder entnommene Gasvolumen abzulesen ge- stattet, ist in Fig. 68 (S. 38) dargestellt.) Für geringere Gasmengen ge- nügt ein Nitrometer, wie er in der Elementaranalyse gebraucht wird. Zum dauernden Aufbewahren kleiner Gasproben eignet sich die von 4A. Stock angegebene Stöpselflasche mit Quecksilberverschluß (vgl. Fig. 321. 8. 154). 2. Sperrflüssigkeiten. Bei der Wahl einer geeigneten Sperrflüssigkeit für ein Gas, das man in Standzylindern über der pneumatischen Wanne auffangen oder in Gaso- metern aufbewahren will. ist erstens darauf zu achten, daß Gas und Flüssigkeit weder chemisch noch physikalisch aufeinander einwirken, und zweitens darauf, dab die Tension der Flüssigkeit bei der in Frage kommenden Temperatur nicht zu hoch ist. Aus chemischen Gründen ist z.B. Quecksilber als Sperrflüssigkeit für Chlor nicht brauchbar, weil sich die beiden Stoffe leicht miteinander verbinden, und aus physikalischen Gründen ist ebenso kaltes Wasser zum Auffangen von Acetylen (und auch von Chlor) wenig geeignet, weil sich das Gas darin ziemlich stark auflöst. Wegen ihrer großen Tension bei mittleren Temperaturen sind endlich viele organische Flüssigkeiten, wie Äther oder Benzol, als Sperrmittel meistens nicht gut zu gebrauchen. Um zwecks Reduktion eines Gasvolumens auf 0° und 760 mm den Druck festzustellen. unter dem ein Gas steht, muß man von dem abgelesenen und auf 0° reduzierten Barometerstand die Tension der Sperrflüssigkeit, die ja dem äußeren Luftdruck entgegenwirkt, abziehen. Diese Korrektion ist gewöhnlich bei Anwendung von Quecksilber, dessen Tension bei 20° nur 0'O4 mm (@uecksilbersäule beträgt. zu vernachlässigen, fällt dagegen beim Gebrauch von Wasser, das bei 20° eine Dampfspannung von 174 mm ', Vgl. E. Pollacei, Explosion eines Acetylengasometers infolge Bildung von Acetylenkupfer. L’Orosi. T. 32. p. 397 (1899); Chem. Zentralbl. 1900. I. S. 954. — T. Gigli, Über die Explosion eines Acetylengasometers. Chem.-Ztg. Bd. 24. S. 37 (1900); Chem. Zentralbl. 1900. I. S. 954. — A. Kiesewalter, Über die Explosion eines Acetylen- gasometers. Chem.-Ztg. Bd. 24. S. 264 (1900); Chem. Zentralbl. 1900. I. S. 955. — T. Gigli, Nochmals über die Explosion eines Acetylenbehälters. Chem.-Ztg. Bd. 24, S. 458 (1900); Chem. Zentralbl. 1900. 1I. S. 30. °) Vgl. R. Kempf, Oxydationen mit Silberperoxyd. III. Die Oxydation von p-Benzo- ehinon. Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Jg. 39. S. 3720 (1906). l . x u ’‚. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. 279 hat, in die Wage. Noch mehr würde dies bei vielen organischen Flüssig- keiten der Fall sein. Die gebräuchlichste Sperrflüssigkeit ist Wasser. Es löst die schwer zu Flüssigkeiten komprimierbaren Gase nur sehr wenig. Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, von denen sich Sauerstoff noch am meisten in Wasser löst, lassen sich daher über Wasser aufbewahren, ebenso Kohlenoxyd und Stickoxyd. Dagegen ist für Chlor, Kohlendioxyd, Stickoxydul, Schwefel- wasserstoff, Äthylen und Acetylen Wasser nicht gut zu verwenden, und für Ammoniak, Schwefeldioxyd, Halogenwasserstoff ist es überhaupt un- brauchbar. Die folgende Tabelle gibt hierüber und über die geeigneten Sperrflüssigkeiten Aufschluß. « ist der Absorptionskoeffizient des betreffen- den Gases für Wasser bei 20°, d.h. das von einem Volumen Wasser bei 20° aufgenommene Volumen des Gases (reduziert auf 0° und 760 mm), wenn der Partialdruck des Gases 760 mm beträgt. 2 ist derselbe Wert wie x, nur daß nicht der Partialdruck des Gases, sondern der Gesamt- druck (des Wassers und des Gases) 760 mm ausmacht. q gibt die Menge des Gases in Grammen an, die von 100 g reinen Wassers bei 20° aufge- nommen wird. wenn der Partialdruck des Gases + dem Dampfdruck des Wassers bei 20° 760 mm beträgt. Absorption (Löslichkeit) von Gasen in Wasser bei 20°!) und die geeigneten Sperrflüssigkeiten. Gas Formel | & bzw. I q Geeignete Sperrflüssigkeit | Wasserstoff ....| H, |z 0018| 000016 Luft, Wasser, Quecksilber | | Sauerstoff ..... ' 0, | 0031) 0004 | Wasser, Quecksilber BE... 17707 ca 8 Schwefelsäure, Quecksilber ckstoff. ... -... ı N, |x 0016) 002 | Wasser, Quecksilber Bor ........ I Cl, |2 2:26 0:73 Luft, warmes Wasser, Salzlösung | | Schwefelwasserstoff | H,S | a 267 | 0'398 Quecksilber ‚ Schwefeldioxyd .. SO, !a 39:37 ' 11:29 (Quecksilber ‚ Chlorwasserstoff .. , HCl | 74420 72-1 (uecksilber | Bromwasserstoff ... | HBr | 15321?) | 1930 Quecksilber Jodwasserstoff... | HJ | Luft Ammoniak ..... NH, | 7106 57530) Quecksilber Btückoxydul..... N,0 la 063 0121 Warmes Wasser, (Quecksilber Becköxyd...... NO |z 0047| 0006 | Wasser, Quecksilber „Stiekstofftrioxyd. . | N,O I | Kohlenoxyd. .... |, CO |x 0023| 00028 | Wasser, Quecksilber | Kohlendioxyd ... || CO, |x 0'878 0169 | Caleiumchloridlösung,Quecksilber| Baeen....... C,H, |« 0122| 0015 | Wasser, Salzlösung, Quecksilber | Beawlen ...... IC,H, |« 1:03 0:12 Kochsalzlösung, Quecksilber !) Vgl. auch Landolt-Börnstein (Meyerhoffer), Physik.-chem. Tabellen, 3. Aufl., Jul. Springer, 1905. ?) Bei 25°. da 280 R. Kempf. Für vorübergehende Aufbewahrung eines in kaltem Wasser leicht lös- lichen Gases wendet man gelegentlich warmes Wasser an. so z.B. für Chlor und Stiekoxydul. In manchen Fällen empfiehlt es sich, eine Öl- oder Paraffinschicht (Paraffinum liquidum) auf dem Sperrwasser schwimmen zu lassen, um den Absorptionsprozeb, der ja zunächst nur an der Oberfläche stattfindet, mög- lichst zu hemmen. !) Weit mehr zu empfehlen ist es jedoch, wenn möglich, statt Wasser eine konzentrierte Salzlösung als Sperrflüssigkeit anzuwenden. So eignet sich z. B. für Kohlendioxyd ausgezeichnet eine hochkonzentrierte Chlor- caleiumlösung ?) (d = 1'538). die praktisch kein Kohlendioxyd absorbiert. Für Acetylen wendet man am besten eine konzentrierte Kochsalzlösung an. 100 cm® von dieser lösen bei 12° und 755 mm Druck nur 0'023 g Acetylen, während 100 cm® Wasser unter den gleichen Bedingungen 0118 g absorbieren.®) Mit Chlorkalium gesättigtes Wasser nimmt bei 0° !/, weniger Chlor auf, als reines Wasser. In der organischen Elementaranalyse (siehe diese) wird als Sperr- flüssigkeit für Stickstoff konzentrierte Kalilauge benutzt. Wegen deren mit. der absorbierten Kohlendioxydmenge wechselnden Tension ist es bei ge- naueren Arbeiten zu empfehlen. das Gas in eine Meßröhre mit reinem Wasser, dessen Dampfspannung genau bekannt ist, umzufüllen. Besonders schwere und besonders leichte Gase lassen sich auch ohne Anwendung einer Sperrflüssigkeit in luftgefüllte Gefäße einfüllen. Ist das Gas spezi- fisch schwerer als Luft, wie Kohlendioxyd, Jodwasserstoff, Chlor. so leitet man es in die aufrecht stehende Flasche oder dgl. ein. Die verdrängte Luft fließt dann oben ab. Bei spezifisch leichteren Gasen als Luft, z. B. bei Wasserstoff, läßt man das Gas in dem mit der Öffnung senkrecht nach unten gekehrten Gefäß emporsteigen. Die verdrängte Luft fließt dann nach unten ab. In diesen Fällen bildet also Luft die Sperrflüssiekeit. Zweckmäßiger ist es, das Gefäß. in das man ein Gas eimfüllen will, vorher luftleer zu pumpen. Bei allen sehr genauen quantitativen Arbeiten dient als Sperrflüssig- keit meistens (Quecksilber, das wegen seines chemisch edlen Charakters, seiner geringen Lösungskraft für Gase und seiner minimalen Tension ein in vielen Fällen ideales, unentbehrliches Sperrmittel für Gase darstellt. Über Quecksilbergasometer siehe oben, über eine praktische Quecksilber- ‘) Vgl. z.B.: A. Stock und A. Nielsen, Über die gasanalytische Untersuchung hoch- prozentiger Gase. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 39. S. 3391 (1906). °) Vgl. Fr. Schulze, Die volumetrische Bestimmung der Kohlensäure. Zeitschr. f. landw. Vers.-Wes. Öst. Bd.8. S.70; Chem.-Ztg. Bd. 29. Rep. 8.153 (1905). — H. Rebenstorff, Die Bestimmungen von Kohlendioxyd. Chem.-Ztg. Bd. 30. S. 1114. °) E. Müller, Über pyrogene Zersetzung von Gasöl, Phenol und Kreosot. Journ. f. prakt. Chem. Bd. 58. S.22 (1898). — Vgl. auch: Bericht über die Verhandlungen der Konferenz zur Untersuchung der mit der Handhabung von Acetylen verbundenen Ge- fahren. Die Chem. Industrie. Bd. 20. S. 53 (1897). Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik, 381 wanne vgl. A. Stock.!) Über die Reinigung von Quecksilber durch Destil- lation siehe sechstes Kapitel (S. 142). IV. Über das Abmessen von Gasen für präparative Zwecke. Um einem Gasometer bestimmte Mengen Gas zu entnehmen, kann man einen Glasgasometer (Fig. 416. S. 277) mit Wasser ausmessen und Je Fig. 419. außen an der Glaswand Papiermarken ankleben. Bei genaueren Versuchen verwendet man einen entsprechend groß gewählten Meßzylinder als Gaso- meter oder einen Nitrometer (vel. oben, S. 278). !) Die Quecksilberwanne, ein zu wenig bekanntes, nützliches Hilfsmittel bei gas- analytischen Arbeiten. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 41. S. 3839 (1908). 282 R. Kempf. Allgemeine chemische Laboratoriumstechnik. Handelt es sich um ein leicht zu verflüssigendes oder ein leicht er- starrendes Gas, z. B. um flüssiges Schwefeldioxyd oder um festes Kohlen- dioxyd. das man zu Pastillen gepreßt hat, so können unter gewissen Kau- telen die gewöhnlichen Methoden der Volum- oder Gewichtsbestimmung (vel. das dritte Kapitel, S. 17 ff.) Platz greifen. In vielen Fällen ist es am bequemsten, das Gas aus gewogenen Mengen der gasentwickelnden Chemikalien darzustellen und soviel von diesen. deren Reinheitsgrad bekannt sein oder bestimmt werden muß, an- zuwenden, daß gerade die gewünschte Menge Gas frei wird. So läßt sich z. B. aus einer gewogenen Menge reinen Kaliumpermanganats ohne weiteres mit Salzsäure eine bestimmte Menge Chlor entwickeln (vgl. S. 249). Eine andere bequeme Methode, bei präparativen Arbeiten eine be- stimmte Menge Chlor zur Einwirkung gelangen zu lassen, besteht darin, daß man das Reaktionsgemisch so lange mit dem Gase behandelt, bis die Gewichtszunahme eine bestimmte Höhe erreicht hat. So erhält man z. B. aus einem Gemisch von 100 g Toluol und 5 g Phosphorpentachlorid als Chlorüberträger Benzylchlorid, wenn man so lange Chlor einleitet, bis eine Gewichtszunahme um 37 g eingetreten ist.!) Beim Arbeiten mit größeren Gasmengen geschieht das Abmessen von Gasen am einfachsten mittelst Gasuhren (vgl. z. B. Fig.410). Die kleinsten Gasuhren. wie sie sich für das Laboratorium eignen, sind die sogenannten Experimentiergasmesser (Fig. 419). Der kleinere Zeiger A (vgl. die Fieur) gibt die wirkliche Menge des durchgegangenen Gases an, der Zeiger B läuft 60mal schneller und dient dazu, nach Beobachtung seines Weges während einer Minute den stündlichen Verbrauch festzustellen. Der Apparat besteht aus dem auf zwei Fußschienen C ruhenden Gehäuse D, in welchem sich eine vierkammerige Mefßtrommel in Wasser oder einer anderen Sperrflüssigkeit (z. B. Glyzerin) dreht. Die Umdrehungen der Trommel werden durch Räder und Wellen auf die beiden Zeiger über- tragen. Eingeleitet wird das zu messende Gas bei F und abgeleitet bei Z; das Ausflußrohr trägt den durch eine Mikrometerschraube fein einstellbaren Hahn # und zur Ablesung des Drucks hinter dem Gasmesser das Mano- meter J. An Stelle der Kapsel K kann bei Untersuchung brennbarer Gase eine Brennertülle aufgesetzt werden. Die Gasuhr wird durch Eingießen der Sperrflüssigkeit bei M gefüllt. Die Horizontalstellschrauben O und eine Dosenlibelle auf dem Gehäuse dienen zur richtigen Einstellung des Instru- ments. Manche Gasuhren geben automatisch den Durchgang je eines Liters Gas durch ein Glockensignal an. !) Vgl. Emil Fischer, Anleitung zur Darstellung organischer Präparate. F.Vieweg & Sohn, Braunschweig. 7. Aufl. 1905. S. 33. D Das Ultramikroskop (Apparat zur Siehtbarmachung ultramikroskopischer Teilchen). Von Fr.N. Schulz, Jena. Zur Siehtbarmachung ultramikroskopischer Teilchen sind erforderlich: 1. Eine möglichst intensive Beleuchtung der Teilchen, derart, daß kein Strahl der Beleuchtung direkt ins Auge des Beobachters gelangt; 2. ein möglichst dunkles Gesichtsfeld. Bei Erfüllung dieser Bedingungen können Teilchen sichtbar gemacht werden, die durch Mikroskope nicht mehr aufgelöst werden können. Es beruht das auf einem Kontrast in der Lichtwirkung in ähnlicher Weise, wie ein einfallender Sonnenstrahl Staubteilchen sichtbar macht, die ohne eine Lichtkontrastwirkung gegen dunklen Hintergrund nicht sichtbar sind. Zur Erläuterung des bei der Ultramikroskopie in Frage kommenden Prin- zips sei auf die Beobachtung hingewiesen, welche Siedentopf und Zsigmondy zur Konstruktion des zu beschreibenden Ultramikroskops Veranlassung gab. Zur Nachweisung optischer Inhomogenität von Lösungen wurde schon früher das Faraday- Tyndallsche Phänomen benutzt. Erzeugt man mit einer Sammellinse einen Lichtkegel, vom Sonnenlicht oder sonst einer intensiven Lichtquelle aus, und läßt die Spitze desselben in eine Flüssigkeit oder auch einen durchsichtigen festen Körper hineinfallen, so erscheint, wenn das Medium, in welches der Lichtkegel fällt, kein homogenes ist, der Licht- kegel aus kleinen leuchtenden Teilchen bestehend. Zsigmondy kam nun auf den Gedanken, diesen Lichtkegel mit einem Mikroskop zu betrachten und so die leuchtenden Teilchen, die das unbewaffnete Auge nur eben noch aufzulösen vermag, einer schärferen Trennung zugänglich zu machen. Bei dieser einfachen Versuchsanordnung ist den beiden oben aufge- stellten Forderungen nur in unvollkommener Weise nachgekommen. Sie werden dagegen möglichst vollständig durch das Ultramikroskop nach Siedentopf und Zsigmondy erfüllt.) Die Anforderungen sind je nach der !) Genaue Beschreibung und Erläuterung geben die von der Firma Carl Zeiss in Jena herausgegebenen Druckschriften: Mikro. 8. 228. 229.230. 231. — Als besondere Schriften über die Ultramikroskopie seien erwähnt: R. Zsigmondy, Zur Erkenntnis der Kolloide. Jena 1905. Gustav Fischer. 186 S. — R. Zsigmondy, Über Kolloidehemie. Leipzig 1906. Joh. Ambrosius Barth. 46 S. — A. Cotton et H. Mouton, Les Ultramicroscopes; les objeets ultramieroscopiques. Masson. Paris 1906. p. 232. — Außer von der Firma Carl Zeiss werden auch von anderen Firmen (z. B. Leitz, Wetzlar) nach dem gleichen Prinzip konstruierte Apparate gebaut. 284 Fr. N. Sehulz. Art der Objekte, ob es sich um Flüssigkeiten oder feste Objekte handelt, verschieden. Für die physiologische Chemie kommen hauptsächlich die Untersuchungen von Lösungen, insbesondere von kolloidalen Lösungen in Betracht. Ich beschränke mich daher auf die Beschreibung des ur- sprünglichen Siedentopf-Zsigmondyschen Apparates, der für diese Zwecke der geeienetste ist (Fig. 420). Eine 1m lange optische Bank (5), welche auf einer Tischplatte (a) befestigt ist, so dab Raum für eine Projektions- bogenlampe bleibt, trägt die zur Konzentration des Lichtes dienenden Apparate f, g, h, sowie das zur Beobachtung dienende Mikroskop. f ist ein kleines chromatisch und sphärisch korrigiertes Projektionsobjektiv von SO mm Brennweite, welches zur Abhaltung von Seitenstrahlen von einem runden Blendschirm umgeben ist: es wird etwa 41cm, vom Anfang der optischen Bank an gerechnet, aufgesetzt. g ist ein Präzisionsspalt, der auf der Bank so befestigt wird, daß durch das Projektionsobjektiv / auf ihm ein reelles Bild der Lichtquelle entsteht (bei Benutzung von parallelem Fig.420. -Einriehtung zur Beobachtung ultramikroskopischer Teilchen in Flüssigkeiten nach Siedentopf und Zsigmondy. Licht (Sonnenlicht) also SO mm hinter f). h ist ein zweites, mit Blend- schirm versehenes Projektionsobjektiv von 55 mm Brennweite, welches etwa 14cm vom Spalt aufgestellt wird. Es entwirft ein Bild des Spaltes (g) in der Bildebene eines Kondensors, der in Verbindung mit dem Mikroskope steht. Als Kondensor dient ein Mikroskopobjektiv AA, das mit dem Mikroskop zusammen armiert ist. Das Mikroskop ö ist auf einer Grund- platte % befestigt. Diese trägt außerdem einen Kreuzschlitten (7), der durch Schrauben (m) mikrometrisch in zwei zueinander senkrechten Richtungen horizontal verschiebbar ist. An diesem Schlitten ist das oben erwähnte Mikroskopobjektiv AA befestigt. Dieses Objektiv entwirft ein verkleinertes sild des Spaltes in dem zu untersuchenden Präparat, da ja das Objektiv k den Spalt in der Bildebene des Objektives AA abbildet. Die bisher be- schriebene Einrichtung erzeugt also einen intensiven Lichtkegel in dem unter dem zur Beobachtung dienenden Mikroskop befindlichen Unter- suchungsobjekt. Als Lichtquelle dient entweder das Sonnenlicht vermittelst Das Ultramikroskop (Apparat z. Sichtbarmachung ultramikroskop. Teilchen). 285 eines Uhrwerksheliostaten oder eine selbstregulierende Projektionsbogen- lampe, die so aufgestellt ist, daß die Achse des schmalen, durch die vorn aufgesetzte Blende d austretenden Lichtbüschels der optischen Achse des beschriebenen Systems parallel gerichtet ist. Zur Untersuchung von Flüssigkeiten dient ein von Zsigmondy an- gegebener Waschapparat mit einer Modifikation von Biltz!) (Fig. 421). An eine Cuvette mit rechteckizem Querschnitt ist an der einen Seite ein Trichter g ange- schmolzen: das andere offene Ende wird mit einem Stück Gummischlauch versehen, der eine Schlauchklemme trägt und zu einem Becherglas führt, in das eventuell Flüssigkeit ab- gelassen werden kann. Diese Einrichtung gestattet es, die Cuvette mit einer zu unter- suchenden Flüssigkeit zu füllen ; der Apparat läßt sich in ein- facher Weise durch Nach- waschen mit Wasser reinigen. Der Apparat wird in der aus Fig. 422 ersichtlichen Weise an dem Mikroskopobjektiv be- festigt. Beim Einsetzen ist darauf zu achten, daß das Quarzfenster c, der Frontlinse des Beobachtungsobjektivs, das Fenster c, der Lichtquelle zu- gewandt ist. Nachdem die Cuvette in den Halter einge- > I SI NS Fig. 422. Mikroskop mit Cuvette. setzt ist, wird das @uarzfenster c, durch Anziehen der an dem Halter ') Z. Gatin-Gruzewska und W. Biltz, Ultramikroskopische Beobachtungen an reinen Lösungen reinen Glykogens. Pflügers Archiv. Bd. 105. S. 115—120 (1904). IS6 Fr. N. Schulz. befindlichen Schrauben in die richtige Entfernung vom Beobachtungsobjektiv gebracht (etwa °/,, mm). Die Cuvette wird in der Weise benutzt, daß man zunächst das Ob- jektiv mit der Cuvette vom Stativ abschraubt, dann zwischen das Quarz- fenster ce, und das Mikroskopobjektiv die Immersionsflüssiekeit bringt. Etwa überfließende Flüssigkeit ist von dem vorderen Fenster sorgfältig zu entfernen. Sodann wird die Uuvette mit einer stark verdünnten trüben Flüssiekeit gefüllt (verdünnte Milch, Gummigutttrübung, käufliches kolloi- dales Silber), und zwar so, daß alle Luft aus dem Apparat entfernt ist. Dann wird Objektiv mit Waschapparat wieder an das Stativ angesetzt und nunmehr das Beobachtungsobjektiv auf die Spitze des Beleuchtungskegels, der in der trüben Flüssigkeit leicht zu finden ist, eingestellt, d.h. auf die engste Einschnürung des letzteren. Nachdem die Einstellung bewirkt ist, braucht man nur die Einstellungsflüssigkeit durch Öffnen des an dem Schlauch der Cuvette befindlichen Quetschhahnes zu entfernen und dann mit destilliertem Wasser so lange nachzuwaschen, bis alle trübenden Teil- chen aus der Cuvette entfernt sind. Dann wird die Cuvette mit der zu untersuchenden Flüssigkeit gefüllt, eventuell bei quantitativen Versuchen nach vorherigem Ausspülen der Cuvette mit der Untersuchungsflüssigkeit. Das gewöhnliche destillierte Wasser ist zwar nicht optisch leer; es kann aber doch zu den ultramikroskopischen Untersuchungen in der Regel be- nutzt werden, da die Teilchen nur in sehr geringer Menge vorhanden sind, so dab sie tatsächlich nicht weiter stören. Für subtile Arbeiten muß man durch mehrmalige Destillation und langes Absitzenlassen unter Staub- abschluß das Wasser reinigen. Als Demonstrationslösung ist in erster Linie kolloidale Goldlösung zu empfehlen. Die Vorschriften zu ihrer Herstellung sind von Zsigmondy geeeben.!) Herstellung der kolloidalen Goldlösung. Ein wesentliches Er- fordernis für die Herstellung kolloidaler Goldlösungen ist destilliertes Wasser von genügender Reinheit. Die Spuren von Kolloiden, welche in käuflichem destillierten Wasser fast stets enthalten sind, können die Gewinnung eines hochroten Goldhydrosols vollkommen verhindern. Man verwende daher ein durch einen Silberkühler nochmals destilliertes käufliches destilliertes Wasser (zeeienete Silberröhren liefert W. C. Heraeus in Hanau). 120 cm® von diesem Wasser werden in einem Gefäß von Jenaer Glas (300-500 em?) zum Sieden erhitzt. Während des Erwärmens werden 25 cm® einer Goldehlorid-Chlorwasserstofflösung, welche 6 9 AuCl,H, 53H, O (Aur. krystall. flavum Merck) in einem Liter Wasser enthält und 3—3°5 cm? einer Lösung von reinstem Kaliumkarbonat (0'18 normal) hinzugegeben. Gleich nach dem Aufkochen fügt man unter lebhaftem Umschwenken 3 bis 1) R. Zsigmondy, Über mikroskopische Goldkeime. Zeitschr. f. physikal. Chemie. Bd. 56. S. 65—76 (1906). — S.ferner R. Zsigmondy und F. N. Schulz, Die Goldzahl und ihre Verwertbarkeit zur Charakterisierung von Eiweißstoffen. Hofmeisters Beiträge. Bd. 3. S. 137—160 (1902). Das Ultramikroskop (Apparat z. Sichtbarmachung ultramikroskop. Teilchen). 287 35 cm? einer verdünnten Lösung von Formaldehyd (0'3 em? käufliches Formol in 100 cm? Wasser) schnell, aber partienweise hinzu, am besten nach Entfernung der Flamme. Wenn alles in Ordnung ist, dann erfolgt in wenigen Sekunden, spätestens nach einer Minute, die Reaktion, es tritt zunächst eine blasse rote Farbe auf, die dann in kurzer Zeit intensiv hoch- rot wird. Eine gut bereitete Goldlösung soll folgende Eigenschaften haben: Sie soll, bei Tageslicht betrachtet, im auffallenden wie im durchfallenden Licht ungetrübt erscheinen und hochrot gefärbt sein. Sie soll sich zum Kochen erhitzen lassen, ohne Gold abzuscheiden. Auch bei längerem Stehen soll die Lösung völlige klar bleiben. Auftreten von schwach bräunlicher Farbe, im auffallenden Licht erkennbar, rührt von kleinen Mengen größerer Gold- teilchen her. Rotviolette oder blauviolette Färbungen zeigen, daß beträcht- lichere Mengen von Gold sich in gröberen Teilchen abgeschieden haben. Solche Lösungen setzen in der Regel schon nach kürzerem Stehen metalli- sches Gold als blauschwarzen Bodensatz ab. Nach einer anderen Vorschrift von Zsigmondy‘) kann man statt des Formaldehyds in der Wärme einige Tropfen einer ätherischen Phosphor- lösung bei gewöhnlicher Temperatur als Reduktionsmittel verwenden. Zur ultramikroskopischen Untersuchung kann man die so erhaltenen Goldlösungen auf das Zehnfache mit Wasser verdünnen. Die ultramikroskopische Untersuchung dient nicht nur zur Feststellung, daß reflektierende Teilchen vorhanden sind, sondern es lassen sich aus der Farbe, der Art der Bewegung, der Auszählung der Menge u.a.m. auch Schlüsse ziehen auf die Teilchengröße. Ein Bild der Teilchen gibt der Apparat im Gegensatz zum gewöhnlichen Mikroskop nicht. Die Sichtbar- machung der ultramikroskopischen Teilchen beruht nicht auf einer stärkeren Vergrößerung, was schon daraus hervorgeht, daß das Beobachtungsmikro- skop nur ein verhältnismäßig schwaches Objektiv (D) trägt. Die Verwertbarkeit der ultramikroskopischen Untersuchung sei an der Hand einiger praktischer Beispiele illustriert. Ultramikroskopische Untersuchung der Milch. 4A. Kreidl und A. Neumann?) untersuchten zunächst die Milch verschiedener Tiere auf ultramikroskopisch sichtbare Partikelchen. Sie benutzten dabei eine ein- fachere Einrichtung zur Ultramikroskopie (einen von Karl Reichert in Wien konstruierten Spiegelkondensor:), die es gestattet, im einfachen mikro- ') S. bei R. Zsigmondy sowie bei Schulz und Zsigmondy, 1. ce. S. 286. ?) Alois Kreidl und Alfred Neumann, Ultramikrosköpische Beobachtungen über das Verhalten der Kaseinsuspension in der frischen Milch und bei der Gerinnung. Pflügers Archiv. Bd. 123. S. 523—539 (1908). ®) Derartige Apparate sind weniger leistungsfähig wie das eigentliche Ultramikro- skop von Siedentopf und Zsigmondy; sie genügen aber für viele Zwecke, wie die zahl- reichen Ergebnisse der oben erwähnten Untersuchung zeigen. Die Firma Zeiss kon- struiert für solche Zwecke einen Wechselkondensor nach Siedentopf zur Dunkelfeldbe- leuchtung durch Abblendung im Objektiv sowie einen Paraboloidkondensor nach Sieden- topf. Den Strahlengang im Paraboloidkondensor erläutert Fig.423. Genauere Beschreibung ISS Fr. N, Schulz. skopischen Präparat zu beobachten. Bei Kuh, Hund, Katze, Kaninchen, Meerschweinchen. Elefant, Ziege, Pferd, Ratte sieht man im Dunkelfeld neben den schon im gewöhnlichen mikroskopischen Bild auftretenden Fett- tröpfchen die Plasmaräume dicht erfüllt von einer großen Anzahl kleinster Teilchen, die sich in lebhafter molekularer Bewegung befinden. Im Gegen- satz dazu fehlen in der Frauenmilch diese ultramikroskopischen Partikel- chen vollständig oder fast vollständige. Die Ultrateilchen blieben erhalten beim Ausschütteln mit Äther, sie verschwanden dagegen beim Verdauen mit Pepsin. Daraus ließ sich entnehmen, daß die Ultrateilchen auf den Eiweilizehalt der Milch zurückzuführen sind. Durch Vergleich mit dem Ver- halten von Lösungen Hammarstenschen Kaseins ließ sich dann zeigen, dal) die Ultrateilchen aus Kasein bestehen. Dadurch ist die Möglichkeit zu interessanten Beobachtungen über die Kaseingerinnung der Milch gegeben. Details gehören nicht hierher. Die mitgeteilten Beobachtun- gen wurden angeführt, um zu zeigen, wie aus der ein- fachen Beobachtung der Ultra- teilchen wichtige Schlüsse ge- zogen werden können. Es geht daraus hervor, daß die Beob- achtung von Zustandsänderun- gen ((Gerinnungen etc.) ein Hauptfeld der Ultramikro- skopie ist. So läßt sich auch die B Überführung kolloidal gelöster Stoffe (mit großen Molekular- komplexen) in einfache Stoffe durch Einwirkung von Ver- dauungsfermenten ultramikroskopisch direkt verfolgen. Sehr gut eignen sich Glykogenlösungen hierzu. Nach E. Rählmann!) sieht man in Gly- kogenlösungen von einer Konzentration 1 zu mehreren Tausend nur einen diffusen Lichtkegel, dessen Auflösung in ultramikroskopisch trennbare Einzelteilchen bei den benutzbaren Lichtquellen nicht möglich ist. Erst bei wesentlich geringeren Konzentrationen gelingt die Auflösung in Einzel- teilchen mit lebhafter Eigenbewegung. Es gilt für die meisten physio- logischen Untersuchungsobjekte, namentlich auch für Eiweißlösungen, daß eine Auflösung des diffusen Lichtkegels erst bei starker Verdünnung mög- lich ist. Dies Verhalten gibt gewisse Anhaltspunkte für die Konzentration an Eiweiß. Zur quantitativen Schätzung der vorhandenen Eiweißmengen, Fig. 423. Strahlengang im Paraboloidkondensor. dieser Apparate, deren Handhabung einer weiteren Erläuterung nicht bedarf, findet man in den Druckschriften der Firma Zeiss. Mikro. 28 und Mikro. S. 230. Diese Einrichtungen eignen sich besonders für Bakterienforschungen. ') E. Rählmann, Über ultramikroskopische Untersuchungen von Glykogen, Albu- minsubstanuzen und Bakterien. Berliner klin. Wochenschr. 1904. S. 186—190. — Der- Das Ultramikroskop (Apparat z. Sichtbarmachung ultramikroskop. Teilchen). 289 wie sie Römer, Much und Siebert‘) vorgeschlagen haben, gehört jedoch eine selten realisierbare Gleichartigkeit der Versuchsbedingungen, da der Teilchengehalt einer Eiweißlösung von den verschiedensten Momenten be- einflußt wird, z. B. von der Reaktion, dem Salzzehalt u. a. m. Setzt man zu einer Glyvkogenlösung von einer Konzentration, welche die Sichtbarmachung ultramikroskopischer Teilchen ermöglicht, Diastaselösung, so kann man in wenigen Minuten das Verschwinden der ultramikroskopischen Teilchen be- obachten. Dasselbe ist der Fall, wenn man Eiweißlösungen mit Pepsin ver- daut. Bei sehr verdünnten Eiweißlösungen, die infolge der starken Ver- dünnung nur noch einzelne ultramikroskopische Teilchen im Gesichtsfeld zeigen, tritt nach dem Kochen eine wesentliche Zunahme der ultramikro- skopischen Teilchen ein (Rählmann, Michaelis?). Michaelis schließt daraus, daß in jeder Eiweißlösung das Eiweiß in zwei verschiedenen Zustands- phasen enthalten ist, erstens in auflösbarer Form optisch durch das Ultra- mikroskop, zweitens als unauflösbare Trübung. Aus dem Auftreten charakteristischer ultramikroskopischer Teilchen im Blute nach bestimmter Ernährung schlossen Neumann?) sowie Oshimat); auf deren Zusammenhang mit der Fettresorption. Die aufgezählten Beispiele mögen als Erläuterung für die manniefaltige Anwendbarkeit des Ultra- mikroskopes dienen. selbe, ebenda. S. 862-864. — Derselbe, Neue ultramikroskopische Untersuchungen über Eiweiß, organische Farbstoffe, über deren Verbindung und über die Färbung or- ganischer Gewebe. Pflügers Archiv. Bd. 112. S. 123—171 (1906). !) Römer, Much und Siebert, Ultramikroskopische Untersuchungen. Zeitschr. f. diät.-physikal. Therapie (1904). XVII. S. 94. 2) L. Michaelis, Ultramikroskopische Untersuchungen. Virchows Archiv. Bd. 179. S. 195—208 (1905). >) A. Neumann, Über die Beobachtung des resorbierten Fettes im Blute mittelst des Ultrakondensors. Zentralbl. f. Physiol. S. 102—104 (1907). *) Oshima, Über das Vorkommen von ultramikroskopischen Teilchen im fötalen Blute. Ebenda. S. 297—301 (1907). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 19 Elementaranalyse. A. Einleitung. Qualitativer Nachweis der einzelnen Elemente. Von Carl Brahm, Berlin und J. Wetzel, Berlin. Die organischen Verbindungen enthalten, wie bekannt, von der ziemlich bedeutenden Zahl der überhaupt vorkommenden Elemente verhältnismäßig nur wenige. Der wesentlichste und charakteristischste Bestandteil ist der Kohlenstoff. Neben Kohlenstoff enthalten alle natürlich vorkommenden, ebenso auch der überwiegend größte Teil der künstlich dargestellten or- eanischen Verbindungen, als weiteren Bestandteil Wasserstoff. Viele or- eanische Körper enthalten außer Kohlenstoff und Wasserstoff noch Sauer- stoff, andere nicht minder zahlreiche auch Stickstoff, wieder andere auch Schwefel und Phosphor. Da die überwiegende Menge der organischen Verbindungen nur aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff besteht, so kann es bei dieser Gleichartiekeit der Elementarbestandteile nicht überraschen, wenn diese Verbindungen in seltenen Fällen sich nur durch Reaktionen aus- zeichnen. die auf qualitativem Wege schon die Natur und die Zusammen- setzung erkennen lassen. Aus diesem Grunde bedarf es in den meisten Fällen einer vollständigen quantitativen Bestimmung der einzelnen Bestand- teile. Die hierzu benutzten Methoden unterscheiden sich wesentlich von denen der Analyse der Mineralsubstanzen. Man bezeichnet die Methode der quantitativen Bestimmung des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Sauer- stoffs und Stickstoffs als organische Elementaranalyse. Sie bezweckt, die organischen Verbindungen in diejenigen Elemente zu zerlegen, welche sie zusammensetzen, um dieselben dann in geeieneter Form zur Wägung zu bringen. Da es bei den meisten organischen Substanzen nicht schwierig ist, dieselben vollständige in bestimmt charakterisierte, leicht von einander zu trennende und sichere Gewichtsbestimmung zulassende Zersetzungs- produkte überzuführen, so ist die organische Elementaranalyse in der Regel eine der leichteren Aufgaben der analytischen Chemie. Da weiterhin bei der geringen Anzahl der die organischen Körper konstituierenden Elemente die Zersetzungsprodukte, mit denen man zu tun hat, stets dieselben Elementaranalyse. 291 sind, so ist die Ausführung der Analyse immer eine sehr ähnliche und wenige Methoden reichen für alle Fälle aus. Auch bei der Ausführung or- ganischer Analysen hat, ebenso wie bei derjenigen der Mineralanalysen, der quantitativen Bestimmung eine genaue qualitative Ermittlung der Einzelbestandteile vorherzugehen. Qualitative Prüfung der organischen Substanzen auf die darin ent- haltenen Elemente. 1. Prüfung auf Kohlenstoff. Der Gehalt der meisten organischen Verbindungen an Kohlenstoff zeigt sich zunächst dadurch, daß dieselben infolge der Anwesenheit dieses Elementes brennbar sind. Findet die Ver- brennung bei genügendem Zutritt von Sauerstoff statt, so verbrennt aller Kohlenstoff zu Kohlendioxyd. Mangelt es dagegen an Sauerstoff oder ist die Temperatur nicht hoch genug, so ist die Verbrennung nur eine unvoll- ständige und infolgedessen tritt eine Schwärzung durch ausgeschiedene Kohle ein. Diese Eigenschaft zeigen nur die nicht flüchtigen organischen Verbin- dungen, wogegen die flüchtigen oder gasförmigen organischen Körper beim einfachen Erhitzen keine Schwärzung erleiden. Beim Durchleiten ihrer Dämpfe durch ein enges, glühendes Rohr läßt sich auch bei letzteren Verbindungen eine Abscheidung von Kohle herbeiführen. Am einfachsten erhitzt man die Substanz auf dem Platinblech und beobachtet die eintretende Verkohlung oder Verbrennung, ebenso das Aussehen und die Farbe der Flamme. Mischt man organische Verbindungen mit ausgeglühtem Kupferoxyd oder anderen, leicht Sauerstoff abgebenden Substanzen (Quecksilberoxyd, Bleichromat, Kaliumchlorat) und erhitzt das Gemenge (1 Teil Substanz + 9 Teile Kupfer- oxyd) in einem trockenen Reagenzglase zum Glühen, so entwickelt sich infolge des Kohlenstoffgehaltes Kohlendioxyd , das durch Einleiten in Baryt- oder Kalkwasser leicht erkannt werden kann. 2. Prüfung auf Wasserstoff. Der Wasserstoffgehalt einer orga- nischen Verbindung ist leicht dadurch zu erkennen, dal dieselbe in trockenem Zustande beim Glühen mit vollkommen trockenem Kupfer- oxyd Wasserdämpfe entwickelt, die sich an den kälteren Teilen des Reagenzglases in Gestalt von Tropfen absetzen. 3. Prüfung auf Sauerstoff. Der Gehalt an Sauerstoff läßt sich bei den meisten organischen Verbindungen nicht direkt auf qualitativem Wege nachweisen, sondern kann nur indirekt durch quantitative Bestimmung aller übrigen gleichzeitig vorhandenen Elemente bestimmt werden. 4. Prüfung auf Stickstoff. Körper, welche einigermaßen viel Stick- stoff enthalten, verbreiten beim Verbrennen oder starken Erhitzen den bekannten Geruch gesengter Haare oder Federn unter Entwicklung von Ammoniak. Mischt man die Substanz mit gepulvertem Kalihydrat oder mit Natronkalk und erhitzt die Mischung in einem Reagenzelase, so entweicht, falls die Substanz Stickstoff enthält, Ammoniak!), das leicht 1) Faraday, Poggendorffs Annal. Bd.3. S. 455 (1825). 19* 299 C. Brahm und J. Wetzel. durch Geruch, Reaktion und Nebelbildung mit Halogenwasserstoffsäuren zu erkennen ist. Sollte man durch diese Reaktionen nicht völlige Gewiß- heit erlangen können, so wird jeder Zweifel beseitigt, wenn man eine etwas größere Menee der Substanz in einem kurzen Rohre mit einem Überschuß von Natronkalk erhitzt, die Verbrennungsprodukte in verdünnte Salzsäure leitet, diese im Wasserbade abdampft, den Rückstand mit wenig Wasser aufnimmt, die Lösung nach Zusatz von Platinchlorid im Wasserbade bis fast zur Trockne verdampft und den Rückstand mit Alkohol behandelt. Löst sich der Rückstand ohne Zurücklassung von Ammoniumplatin- chlorid, so war die Substanz stickstofffre. Am empfindlichsten ist das von Lassaigne‘) vorgeschlagene Verfahren, welches sich darauf gründet, dal beim Glühen einer stickstoffhaltigen organischen Substanz mit Kalium oder Natrium ein Cyanalkalimetall entsteht. Das Verfahren führt man folgendermalien aus. Man erhitzt in einem kleinen engen Reagenzglase 10—20 mg der fraglichen Substanz mit etwa der 10fachen Menge gut abgetrockneten und durch Eintauchen in Äther von Petroleum befreiten Kalium bis zum Glühen des Röhrchens. Sehr zweckmäßig erwärmt man das Röhrchen von der Mitte aus nach dem Boden zu. Hat man es mit leicht flüchtigen Substanzen zu tun. so muß man durch Anwendung eines langen Röhrchens dafür sorgen, daß die an den kälteren Teilen sich kondensierende Substanz immer wieder auf das erhitzte Kalium zurückfließt, bis die Zerstörung vollständig ist. Dann taucht man das Reagenzglas noch heiß in ein kleines Becherglas. das ungefähr 5 cm? destilliertes Wasser enthält. Hierbei zer- springt das Reagenzglas. (Vorsicht hierbei!) Die entstehende alkalische Flüssigkeit wird filtriert, mit etwa 2—5 Tropfen Kalilauge versetzt und dann 2 Tropfen kalt gesättigter Eisenvitriollösung und 1 Tropfen Eisen- chloridlösung hinzugefügt und kurze Zeit zum Sieden erhitzt. Nach dem Erkalten säuert man mit Salzsäure an. Man hüte sich vor zu großem Salz- säureüberschuß, da kleine Mengen Berlinerblau in starker Salzsäure sich vollständig unter Verschwinden der blauen Farbe auflösen. Eine entstehende Blaufärbung oder blaugrüne Färbung oder ein solcher Niederschlag, der eventuell erst nach längerer Zeit auftritt, gibt den Stickstoffgehalt zu er- kennen. Bei ganz geringen Stickstoffmengen wird die Flüssigkeit zweck- mäßig filtriert und an dem blauen Filterrückstand der Stickstoffgehalt nachgewiesen. Sehr empfehlenswert ist ein Parallelversuch mit einer stick- stoffhaltigen Substanz ! Schwefelhaltige Substanzen zeigen übrigens die Berlinerblaureaktion nur dann, wenn man eine verhältnismäßig große Menge Alkalimetall an- gewendet hat. Substanzen, die ihren Stickstoff schon bei niedrigen Tem- peraturen vollständig entweichen lassen, z. B. Diazoverbindungen, zeigen die weaktion überhaupt nicht, denn der darin enthaltene Stickstoff ist schon ‘) Lassaigne, M&moire sur un procede simple pour constater la presence de l’azote dans les quantit@s minimes de matiere organique. Compt. rend. T.16. p. 337—391 (1843). Elementaranalyse. 293 verjagt, ehe die Reaktionsmasse die für die Bildung von Cyanmetall erforderliche Temperatur erreicht hat. Bei solchen Verbindungen muß die Substanz mit Kupferoxyd in einer mit Kohlensäure gefüllten Röhre ver- brannt werden. Die entweichenden Gase werden, nachdem sie eine elühende reduzierte Kupferspirale passiert haben, durch Kalilauge geleitet und geprüft, ob sie einen durch Kalilauge nicht absorbierbaren Anteil ent- halten. Die von Castellana‘) empfohlene Modifikation der Lassaigneschen Probe ist sogar auf Diazokörper anwendbar. Diese Probe beruht darauf. daß beim Erhitzen einer stickstoffhaltigen Substanz mit Natrium- oder Kaliumkarbonat und Magnesiumpulver Alkalimetall frei wird. das dann das entsprechende Cyanid bildet. 5. Prüfung auf Schwefel. Feste Substanzen werden am besten mit zwölf Teilen reinem Kalihydrat und sechs Teilen Salpeter geschmolzen, oder man vermischt die Substanz innig mit etwas reinem kohlensaurem Natron und Salpeter, bringt in einem Porzellantiegel Salpeter zum Schmelzen und trägt das Gemisch allmählich ein. Die erkaltete Masse wird in Wasser gelöst, mit Salzsäure angesäuert und mit Chlorbaryum auf Schwefelsäure geprüft. Flüchtige Substanzen oder Flüssigkeiten behandelt man mit schwefelsäurefreier Salpetersäure D 152 bei 250—300° im eeschlossenen Rohr. Der Rückstand wird mit Wasser verdünnt und die Reaktionsflüssiekeit ebenfalls auf Schwefelsäure geprüft. Einzelheiten sind bei der quantitativen Bestimmung des Schwefels beschrieben. Schwefel kann ferner meistens nach- gewiesen werden, indem man eine Probe der Substanz mit emem kleinen Stückchen von metallischem Natrium erhitzt und die Lösung des Glührück- standes auf Schwefelnatrium prüft, dessen Gegenwart durch die mit Nitro- prussidnatrium entstehende purpurviolette Färbung am schärfsten erkannt wird. Die Lösung des Glührückstandes kann auch mit einer Auflösung von Bleizucker in Natronlauge versetzt werden. Je nach der entstehenden Trübung oder dem entstehenden dunklen Niederschlag von Bleisulfid kann auf die Höhe des Schwefelgehaltes geschlossen werden. 6. Prüfung auf Phosphor. Um Phosphor in organischen Verbin- dungen nachzuweisen, schmilzt man die zu prüfende Substanz, wie bei der Prüfung auf Schwefel, mit Natriumkarbonat und Kaliumnitrat. Hierbei wird der Phosphor in Alkaliphosphat übergeführt, das in der wässerigen Lösung mittelst schwefelsaurer Magnesia unter Zusatz von Uhlorammonium und Ammoniak oder mit Eisenchlorid unter Zusatz von essigsaurem Natron nachgewiesen wird. 7. Prüfung auf Chlor, Brom und Jod. In Verbindungen der or- ganischen Basen mit Halogenwasserstoffsäuren läßt sich das Halogen durch Silbernitrat, wie bei den Halogenmetallen, nachweisen. In vielen organischen Verbindungen, den Halogensubstitutionsprodukten, läßt sich das Halogen nicht ohne weiteres mit Silbernitrat feststellen. 1) Castellana, Eine Methode zum Nachweis von Stickstoff in organischen Sub- stanzen. Palermo. Gaz. chim. ital. Vol. 34. II. p. 357— 360 (1904). 294 C. Brahm und J. Wetzel. Die organische Verbindung muß zuerst in geeigneter Weise zerstört und das Halogen dabei an ein Metall gebunden werden. Man mischt die zu prüfende Substanz innig mit der acht- bis zehn- fachen Menge chlorfreien gebrannten Marmors oder chlor- und wasser- freien Natriumkarbonats in einem Reagenzglase und erhitzt das Gemenge zwei Minuten bis zum schwachen Glühen. Der Glührückstand, welcher die Halozene an Caleium bzw. Natrium gebunden enthält, wird in chemisch reiner Salpetersäure gelöst und in saurer Lösung mit Silbernitrat ge- prüft. Am besten verführt man hierbei in der Weise, daß man sogleich das noch heiße Reagenzelas in eine kleine Porzellanschale, die ca. 20 cm? Wasser enthält, eintaucht. Hierbei zerspringt das Reagenzelas und entleert sich seines Inhaltes. Zu der Reaktionsmasse wird jetzt reine Salpeter- säure bis zur Lösung des Kalkes zugefügt, von dem ausgeschiedenen Kohlenstoff abfiltriert und die saure Lösung mit Silbernitrat geprüft. Stick- stofffreie Verbindungen lassen sich auch an Stelle von Kalk mit metalli- schem Natrium auf Halogene prüfen. Stickstoffhaltige Substanzen können dageren mit Natrium nicht auf die Anwesenheit von Halogenen unter- sucht werden, da sie bei der Schmelze Cyannatrium liefern, das, wie die Halogenmetalle, mit Silbernitrat reagiert. Zur Prüfung von Flüssig- keiten auf Halogene füllt man dieselben in Glaskügelchen, wie sie zur Elementaranalyse von Flüssigkeiten benutzt werden, bringt diese mit nach unten gerichtetem Schnabel in ein kleines Reagenzeläschen, das ein Stück- chen metallisches Kalium oder halogenfreien Ätzkalk enthält und erhitzt zum Glühen. Den Austritt der Flüssigkeit aus dem Kügelchen unterstützt man. sobald der Kalk sich im Glühen befindet oder das Kalium geschmolzen ist. durch schwaches Erwärmen. Sehr leicht lassen sich die Halogene in organischen Verbindungen mit der Beilsteinschen Probe nachweisen. Man bringt in das Öhr eines Platin- drahtes etwas pulverförmiges Kupferoxyd, glüht, feuchtet mit Wasser an und olüht wieder. Tritt keine Flammenfärbung ein, so ist das Kupferoxyd ge- eignet. Man bringt nun etwas von der zu untersuchenden Substanz an das Kupferoxyd und erhitzt die Platinöse in der Mitte des äußeren Randes der Bunsenflamme. Es verbrennt erst der Kohlenstoff, darauf tritt bei An- wesenheit eines der Halogene die charakteristische grüne Flammenfärbung des Chlor-, Brom- oder Jodkupfers auf. Die Dauer der Flammenfärbung läßt einen ungefähren Schluß auf die vorhandene Halogenmenge zu. Am einfachsten benutzt man zur Ausführung dieser Reaktion einen gut aus- seglühten. mit Oxyd überzogenen Kupferdraht, dessen vorderes Ende zweckmäßig verbreitert ist. 8. Prüfung auf anorganische Substanzen (Asche). Der Nachweis anderer, nicht flüchtiger anorganischer Substanzen geschieht in organischen Verbindungen meist durch Untersuchung des Rückstandes, welcher nach der Zerstörung der organischen Substanz auf dem Platinbleche nach dem Glühen verbleibt. Wenn der Glührückstand beim Übergießen mit Säure Kohlensäure entwickelt, so weist dieses Verhalten darauf hin, daß Elementaranalyse. 295 die Substanz Karbonate der Alkalien oder alkalische Erden enthält und nicht nach der gewöhnlichen Methode untersucht werden darf. Ein- zelheiten siehe bei der Beschreibung der quantitativen Bestimmung (S. 312). B. Quantitative Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff. Analyse von Verbindungen, die aus Kohlenstoff und Wasserstoff oder aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff bestehen. Das Prinzip der Bestimmung des Kohlenstoffs und Wasserstoffs be- steht in der vollständigen Verbrennung einer abgewogenen Menge der Substanz und Ermittlung des Gewichtes ihrer Verbrennungsprodukte. Der Kohlenstoff wird in Gestalt von Kohlendioxvd, der Wasserstoff als Wasser gewogen. Liebig gab diesem Prinzip im Jahre 1831 die vollkommene und einfache Ausführungsform, die noch heute, nur mit unwesentlichen Modifika- tionen, angewendet wird. Ist die Summe des Kohlenstoffs und des Wasser- stoffs gleich dem Gewichte der verbrannten Substanz, so enthält dieselbe keinen Sauerstoff, ist sie geringer, so drückt die Differenz die Menge des letzteren aus. Das wichtigste Moment zur Erzielung brauchbarer Analysenzahlen ist die absolute Reinheit der zu untersuchenden Substanz. Kein Mittel darf vernachlässigt werden, um sich über die Abwesenheit fremder Stoffe zu vergewissern. Feste Substanzen sind mehrmals umzukristallisieren und durch den Schmelzpunkt zu kontrollieren. Die aus einem Lösungsmittel beim Abkühlen ausgeschiedenen Kristalle werden auf einem glatten Filter ge- sammelt und zunächst lufttrocken gemacht. Dies erzielt man am besten dadurch, dal man die auf einem Filter oder einem Uhrglas befindliche Substanz mit einem Trichter bedeckt, gleichzeitig aber für den Zutritt der Luft dadurch sorgt, daß man den Trichter auf 3 Korkscheiben auf- setzt. Sehr empfehlenswert ist auch das Trocknen auf einer staubfreien, porösen Tonplatte. Bei Substanzen, die außer Kohlenstoff und Wasserstoff noch andere Elemente enthalten, empfiehlt es sich, eine größere Menge reinen Ausgangsmateriales herzustellen, um alle Bestimmungen möglichst mit derselben Substanz ausführen zu können. Viele Körper enthalten bekanntlich Wasser, das als Kristallwasser ihnen eigentümlich ist. Dieses ist nicht mit dem variablen, anhängenden Wasser zu verwechseln, das man zweckmäßig als Feuchtigkeit bezeichnet. Es ist klar, dal) man von der wirklichen Menge einer Substanz keinen richtigen Begriff bekommen kann, wenn man nicht diese veränderliche Menge Wasser entfernt hat. Alle zur Analyse bestimmten Körper müssen daher bis zur Gewichtskonstanz getrocknet werden. Für die Richtigkeit der Resultate ist diese Operation von der größten Wichtigkeit, besonders wenn man bedenkt, dal ein Feuchtigkeitsgehalt gleichbedeutend einem Verlust an Kohlensäure ist. Viele der bei der 296 C. Brahm und J. Wetzel. Elementaranalyse oder den quantitativen Analysen überhaupt vorkommenden Differenzen beruhen darauf, dal) die zu untersuchenden Körper in ver- schiedenem Zustande der Trockenheit zur Analyse gelangen. Das Trocknen einer Substanz kann man auf verschiedene Weise ausführen. Fig. 426. Fig. 427. In den meisten Fällen eenügt ein Trocknen im Va- kuumexsikkator. der mit Phosphorsäureanhydrid be- schickt ist. Es ist nicht em- pfehlenswert, konzentrierte Schwefelsäure als Trock- nungsmittel in den Exsik- N ) . B3: —GZ kator einzufüllen, da durch 5 = Bee: jede Verunreinigung der- Phosphorpenloxy selben, selbst mit Spuren von organischer Substanz, durch deren Verkohlung schweflige Säure entsteht. Das Trocknen der zur Ver- brennunz bestimmten, fein gepulverten Substanz führt man am besten in den für die Analyse bestimmten Fig. 429. Schiffchen aus. Man benutzt hierzu Schiffehen aus Platin oder Porzellan, mit Griff oder ohne Griff (Fig. 424—426). Elementaranalyse. 297 Neuerdings werden von Kempf) (Fig. 427) Glühschiffchen mit quer zur Längsachse gestellten Abteilungen empfohlen, die sich besonders bei der Analyse leicht verpuffender Stoffe, z. B. von Nitrokörpern, sehr gut bewährt haben. Um zu vermeiden, dal bei der Abwägung der Substanz dieselbe Feuchtigkeit aus der Luft anzieht, bedient man sich zweckmäßig eines durch Glasstöpsel verschließbaren Wägeröhrchens (Fig. 428). Das Wägeröhrchen + Schiffehen wird jetzt zur Wägung gebracht, die Substanz eingefüllt und durch erneutes Wägen das Gewicht der Substanzmenge bestimmt. Das Röhrchen + Schiffehen wird in den Exsikkator zurückgebracht, der Stöpsel entfernt und so lange getrocknet, bis Gewichtskonstanz eingetreten ist. Liegen Substanzen zur Analyse vor, welche Kristallwasser enthalten oder solche, welche das Wasser mit großer Hartnäckigkeit zurückhalten, so nimmt man die Trocknung am besten im luftverdünnten Raume vor und unterstützt den Trockenprozel durch Erwärmung. In Fig. 429 ist ein Vakuumtrockenapparat abgebildet, der sich sehr gut bewährt hat. Die an- eeschliffene Birne ist mit Phosphorpentoxyd gefüllt und zweckmäßig, um ein Verstäuben zu verhindern, durch Glaswolle verschlossen (Fig. 428). Als gebräuchlichste Heizflüssigkeiten dienen: Alkohol (Temperatur ca. 80°), Wasser (100°), Toluol (ca. 105°), Xylol (ca. 150°), Cumol (ca. 150°). Quantitative Bestimmung von C und H nach Liebig. Verbrennung im offenen Rohr. Vorbereitungen zur Analyse. Als Verbrennungsrohr dient ein beiderseits offenes Rohr aus Jenen- ser Glas von 14—16mm Durchmesser, das 12— 15cm länger ist als der benutzte Ofen. Zunächst werden die scharfen Kanten der Verbrennungs- röhre in der Gebläseflamme abgerundet: die Röhre dann durch Auswischen mit Filtrier- papier oder einem Lappen vollständig von Staub und Feuchtigkeit befreit. Man schiebt dann eine kurze, Fig. 430. Fig.432. 2—3 cm lange Spirale aus Kupferdrahtnetz, die nicht zu eng, aber andrerseits 1) Richard Kempf, Ein neues Glühschiffehen für die Elementaranalyse. Chem.-Ztg. Bd. 33. S. 50 (1909). 208 0. Brahm und J. Wetzel. im Rohr nicht leicht beweglich sein darf, sondern etwas federn muß, etwa 5 em tief in das Verbrennungsrohr hinein. Sodann füllt man ca. 50 cm möglichst grobes, staubfreies Kupferoxyd durch einen Kupfertrichter (Fig. 430) in die höhre ein und verschliefit eben- falls wieder durch eine 2—5 em lange Kupferoxydspirale. Hinter diese Kupferoxydschicht schiebt man in das horizontal geleete Rohr eine oxydierte Kupferdrahtspirale von 12cm Länge so weit hinein, dab dieselbe 5cm von der Mündung entfernt liegt oder mit der ersten Kachel des Ofens abschneidet. Die Kupferdrahtnetzspirale ist um einen dieken Draht gewickelt und beider- seits mit einer Öse versehen. Das Verbrennungsrohr wird durch gut Fig. 433. schließende, einfach durchbohrte (Gummistopfen von nahezu zylindri- scher Form verschlossen, die einerseits mit den Trockenapparaten, andrer- seits mit einem geraden Chlorcaleiumrohr verbunden sind (Fig. 431). Ein zur C- und H-Bestimmung gefülltes Rohr ist in Fig. 432 abgebildet. Zur Ver- brennung benötigt man zweier großer Gasometer, die mit Luft bzw. reinem Sauerstoff gefüllt sind. Die Gase werden vor dem Eintritt in die Verbren- nunesröhre durch mit Kalilauge und Schwefelsäure beschickte Waschflaschen und durch U-Röhren, die mit Natronkalk und Chlorcaleium gefüllt sind, setrocknet (Fig. 433). Absorptionsapparate für Wasser. Das zur Absorption des Wassers dienende Chlorcalciumrohr zeigt die in Fig. 434 dargestellte Form. Die Füllung geschieht in nachstehender Weise: Ein Glaswollebausch wird in das Rohr eingeführt und durch Ansaugen und plötzliches Öffnen des mit dem Finger verschlossenen Apparates in die kugelförmige Er- weiterung gebracht. Dann wird das Rohr mit gesiebtem gekörntem Chlor- caleium gefüllt und dieses durch einen losen Glaswollepfropfen fixiert. Der offene Schenkel wird durch einen guten Korkstopfen, in welchem sich ein rechtwinklich gebogenes Rohr befindet, verschlossen. Zweckmäßig überzieht man den Korkstopfen mit einer dünnen Siegellackschicht. Um das Chlorcaleiumrohr bequem wägen zu können, wird ein dünner, mit einer Öse versehener Platin- oder Aluminiumdraht angebracht. Sehr zweckmäßig sind auch die von Wetzel eingeführten Chlorcaleiumröhren, deren Stabilität durch Verbindung der beiden U-förmigen Schenkel durch Elementaranalyse. 299 eine Glasbrücke erhöht ist, wodurch gleichzeitig auch ein direktes Auf- hängen an der Wage ermöglicht wird (Fig. 435). Bei dieser Art von Chlor- caleiumröhren ist der Verschluß der beiden Schenkel durch Abschmelzen bewirkt. Hierdurch ist die Dichtigkeit der Röhre bedeutend erhöht. Da das Chlorcaleium häufig durch Ätzkalk oder basische Chloride verunreiniet ist, wodurch auch Kohlensäure absorbiert wird und Fehlerquellen in der Analyse entstehen könnten, so leitet man vor der erstmaligen Benutzung !/, Stunde lang einen langsamen Strom von getrockneter Kohlensäure hindurch. Letztere wird durch trockene Luft wieder verdrängt. Das Chlorcaleiumrohr wird beiderseitig durch starkwandige Gummischlauchstückchen, in denen sich kurze, an den Enden rund geschmolzene Glasstäbchen befinden, verschlossen. Sie werden beim Wägen des Rohres entfernt. Es ist sehr empfehlens- wert, mehrere Chlorcaleiumrohre in Reserve zu halten. Wenn man dafür 3 i I \ a = 2} Ie3 N Su: Kr F cH N IGze SW: Fig. 434. Fig. 435. Sorge trägt, daß das bei der Verbrennung entstehende Wasser stets durch Herausschleudern oder schwaches Erwärmen und gleichzeitiges Durchleiten von trockener Luft wieder entfernt wird, so kann das Chlorcaleiumrohr für eine große Anzahl von Verbrennungen benutzt werden. Absorptionsapparate für Kohlensäure. Zur Absorption der bei der Verbrennung entstehenden Kohlensäure dient der Kaliapparat, ein von Liebig erdachter Glasapparat, der ursprüng- lich nebenstehende Form hatte (Fig. 436). Im Laufe der Jahre wurde die Form des Kaliapparates mannig- fach variiert, so von Mitscherlich, de Koninck, Geißler, Classen, Türk, Strohmer, Winkler und anderen (Fig. 437—439). Am meisten wird heute die Modifikation (Fig. 440) des Kaliapparates nach Geißler- Wetzel benutzt. Die von J. Wetzel?) angebrachte Neuerung besteht in drei kleinen beweglichen Glastrichtern, die sich in dem Absorptionsgefäle des Geißler- schen Kaliapparates befinden. Die Wirkung derselben ist derartig, dab 1) J. Wetzel, Über eine Verbesserung am @Geißlerschen Kaliapparat. Ber. der Deutschen chem. Gesellschaft. Jg. 33. S. 3393—3394 (1900). 300 0. Brahm und J. Wetzel. 5—10 Gasblasen von ihnen zurückgehalten werden, um sich zu einer größeren Blase zu vereinigen und erst dann in das nächste Absorptions- oefäl überzugehen. Das Gas wird dadurch gezwungen, eine wesentlich längere /eit mit der Kalilauge in Berührung zu bleiben. Das Füllen des Kaliapparates geschieht mit 40%,iger Kalilauge (2 Teile KOH + 3 Teile destilliertes Wasser). Man bringt den einen Schenkel des Apparates in die in einem Schälchen befindliche Kalilauge und saugt Fig. 436. Fig. 437. Fig. 438. am anderen Ende an. Um zu verhindern, dab Lauge in den Mund gelangt, wird zweckmäßig eine leere Waschflasche eingeschaltet. Die drei unteren Kugeln werden 3/, mit Lauge gefüllt, dann wird das Rohr, das in die Kalilauge eintauchte, gereinigt, indem man es mehrfach mit Stückchen zusammengerolltem Filtrierpapier ab- und auswischt, im übrigen wird der ganze Apparat auf das sorgfältigste gereinigt. Ebenso wie das Chlorcaleium- rohr wird auch der gefüllte Kaliapparat verschlossen. Bevor die Absorptionsapparate gewogen werden, sind sie mindestens eine Stunde im Wägezimmer zu be- lassen. Ein Abwischen der Apparate kurz vor der Wägung ist zu vermeiden, da es zu Fehlern Veranlassung gibt. Nach zwei bis drei Verbrennungen ist der Kaliapparat neu zu füllen. Das Chlorealeiumrohr wird mittelst des an der Kugelseite befindlichen Ansatzröhrchens mit der Verbrennungs- röhre derart verbunden, dal) das Ende des (Glasröhrehens nur ganz wenig (2mm) aus dem Kautschukstopfen herausragt. Durch ein 4—5 cm langes Stück Kapillarschlauch wird das Chlorcaleiumrohr mit dem zur Kohlen- säureabsorption bestimmten Kaliapparat Glas an Glas verbunden. An den Kaliapparat schließt sich noch ein Röhrchen an, welches mit gleichen Teilen von frisch ausgeglühtem Natronkalk und Chlorcaleium gefüllt ist. Es ist mit dem Kaliapparat entweder durch einen Schliff oder vermittelst eines kurzen Schlauches verbunden. Bei der Ausführung einer Verbrennung wird mit diesem Fig. 440. Elementaranalyse. 501 Trockenröhrchen ein gerades, ungewogenes Chlorcaleiumrohr durch einen längeren Schlauch verbunden. An Stelle des Kaliapparates werden auch Natronkalkröhren benutzt. Es werden zweckmäßig zwei U-förmige Röhren hintereinander geschaltet, jedoch bedarf man in diesem Falle eines kleinen Blasenzählapparates, um die Schnelliekeit des Gasstromes beurteilen zu können. Derselbe besteht aus einem U-förmig gebogenen Glasrohr mit ein- geblasener Kugel (Fig. 441) und ist mit einigen Tropfen Schwefelsäure be- schickt, durch welche die Gasblasen hindurchstreichen müssen. Der Blasen- zählapparat wird zwischen den Chlorcaleiumapparat und die beiden Natron- kalkröhren eingeschaltet. Neuerdings werden die Natronkalkröhren gleich mit angeschmolzenem Blasenzähler verwendet!) (Fig. 442). Was die Wahl des Verbrennungsofens angeht, so sind die meist benutzten Typen, nach Glaser 2), Erlenmeyer:), Volhard*), Fuchs’), Kekule und Anschütz®), ziemlich gleichwertig, doch ist der Gasverbrauch bei dem Volhardschen Ofen am geringsten (Fig. 443). Seit einiger Zeit kommt auch ein elektrisch geheizter Verbrennungs- ofen nach Heraeus’) in Gebrauch (Fig. 444). Er besteht im wesentlichen aus zwei voneinander unabhängigen, mit Rollen auf einer Schlittenbahn leicht verschiebbaren, verschieden langen Röhrenöfen. Durch beide Öfen ist eine leicht auswechselbare Nickel- rinne frei durchgeführt, auf welcher das Verbrennungsrohr liegt und dieses !) W. @. Schaposchnikoff, Trockenabsorptionsröhren für die organische Elementar- analyse. Chem.-Ztg. Bd. 26. S. 607 (1902). ?) Carl Glaser, Über einen neuen Gasofen zur Elementaranalyse. Supplementbände zu Liebigs Annalen. Bd.7. S.213 (1869). 3) Emil Erlenmeyer, Über einige Abänderungen an dem Verbrennungsofen mit Bunsenschen Lampen und von Baboschem Gestell. Liebigs Annalen. Bd. 139. S. 70 (1866). *) Volhard, Verbesserte Laboratoriumsapparate. Liebigs Annalen. Bd. 284. S.233 (1894). 5) Fritz Fuchs, Ein neuer Verbrennungsofen. Ber. d. Deutsch. chem. /Gesellsch. Jg. 25. S. 2723 (1892). 6) August KekuldE und Richard Anschütz, Über einige zweckmäßige Apparate. Liebigs Annalen. Bd. 228. S. 301 (1885). ’) Heraeus, Der elektrische Verbrennungsofen System Heraeus. Pharm.-Ztg. Bd. 50. Ss. 218—219 (1905). 302 0. Brahm und J. Wetzel. vor dem Durehbiegen bewahrt. Durch Zurückschieben der beiden Öfen auf die Eintrittsstelle der Gase können mit beliebig hoch angewärmtem Luftstrom Rohr und Inhalt getrocknet werden. \ \ PerrE TAreE IT Fig. 444. Zur Ausführung einer Verbrennung wird dann zunächst der längere Ofen über die Kupferoxydschicht geschoben, so dab etwa 250 mm des Elementaranalyse. 303 Verbrennungsrohres zwischen den Öfen, da, wo die zu verbrennende Sub- stanz Aufstellung finden soll, frei bleiben; darauf wird der Ofen in den Stromkreis eingeschaltet. Nach Einschieben des die Substanz enthaltenden Schiffehens und Anbringung der Absorptionsgefäße ete. wird die Kupfer- oxydschicht erhitzt, bis sie Rotglut angenommen hat. Nun kann auch der kurze Ofen in den Stromkreis eingeschaltet werden. Die Vorlegung einer Kupferspirale zwischen Gaszuleitung und Substanz ist bei diesen Öfen nicht erforderlich, da es sich ergeben hat, dab infolge der außerordentlich gleich- mäßigen Erwärmung des Rohres von der Peripherie nach der Mitte ein Zurückdestillieren der Substanz nicht vorkommt. i Durch allmähliches Verschieben des kleineren Ofens nach der Sub- stanz hin wird nun die Verbrennung durchgeführt, und durch gelegent- liches Zurückschieben des Ofens kann der Verbrennungsprozeß leicht beobachtet werden. Die beiden Öfen sind mit einem besonderen Vorschait- widerstand versehen, so daß eine genaue Regulierung der Verbrennungs- temperatur sowohl wie der Temperatur der Kupferoxydschicht möglich ist. Der Stromverbrauch beträgt S00—900 Watt. Ausführung der Verbrennung. Vor dem erstmaligen Gebrauch ist das Verbrennungsrohr samt der Kupferspirale im Sauerstoffstrome auszuglühen. Zu diesem Zwecke legt man das Rohr in den Verbrennungsofen derart ein, daß es an der den Trockenapparaten und den Gasometern zugewandten Seite 10cm. an der anderen Seite Dem weit herausragt. Während man nun durch das Rohr einen langsamen Sauerstoffstrom leitet, der vermittelst einer Quetschhahn- schraube reguliert wird, erhitzt man das Rohr gleichzeitig seiner ganzen Länge nach zunächst mit möglichst kleinen Flammen, welche man allmäh- lich vergrößert, bis schließlich bei bedeckten Kacheln das Kupferoxyd auf dunkle Rotelut erhitzt ist. Es ist vorteilhaft, das Verbrennungszimmer zu verdunkeln, denn nur so ist es möglich, die Temperatur richtig zu beobachten und abzuschätzen. Die aus dem Verbrennungsofen hervorragenden Enden der Verbrennunesröhre werden dann mit einer halbleuchtenden Bunsen- flamme vorsichtig erwärmt, bis alles Kondenswasser verschwunden ist. Sobald dies der Fall ist und der Sauerstoff durch das Entflammen eines elimmenden Holzspanes am Ende der Verbrennungsröhre sich nachweisen läßt, verschließt man diese mit einem Gummistopfen, in welchem sich ein gerades Chlorcaleiumrohr befindet. Der Sauerstoffstrom wird jetzt ausge- schaltet und dafür ein Luftstrom durch die Röhre geleitet. Jetzt werden die Flammen unter dem leeren Teile und etwa 3 benachbarte Flammen unter der Kupferoxydschicht des Verbrennungsrohres gelöscht. Bei geöffneten Kacheln läßt man diese Partie erkalten. Der übrige Teil der Röhre wird im Glühen erhalten. Inzwischen wägt man das Chlorcaleiumrohr, den Kaliapparat und in einem vorher ausgeglühten Schiffchen die Substanz ab (0'15—0'20 9). Das 304 C. Brabm und J, Wetzel. Schiffehen wird zweckmäßig auf einen entsprechend ausgehöhlten, mit Stanniol überzogenen Korken im Exsikkator aufbewahrt. Sobald der Teil des Verbrennungsrohres, der die Sub- stanz aufnimmt. erkaltet ist, fügt man in der oben beschriebenen Weise zu- erst die Absorptionsapparate an, nimmt die oxydierte Kupferspirale heraus, bringt letztere, damit von ihr kein Wasser angezogen wird, in ein trockenes Reaeenzelas und schiebt nun das die Substanz enthaltende Schiffchen bis auf 4cm vor das Kupferoxyd, bringt die Kupferoxydspirale wieder bis auf 4em an das Schiffehen heran und verbindet wieder mit den Trockenapparaten. Die Anordnung eines mit den Trocken- apparaten und den Absorptionsappa- raten verbundenen Verbrennungsrohres ist aus der nachstehenden Abbildung (Fig. 445) ersichtlich. Jetzt wird der Apparat bei ge- schlossenem Quetschhahn in nach- stehender Weise auf seine Dichtigkeit geprüft. Man saugt vermittelst des vor- geleeten geraden Chlorcaleiumrohres mit dem Munde eine kleine Quantität Luft aus dem zusammengefügten Appa- rate heraus. Beim Aufhören des Saugens steiet aus dem Kaliapparat eine kleine Menge Kalilauge in die größere Kugel. Sobald dieser Stand der Kalilauge eine Zeitlang unverändert bestehen bleibt, ist der Apparat dicht. Sinkt dagegen der Spiegel der Kalilauge nach kurzer Zeit wieder zurück, so dringt entweder durch die Gummistopfen oder die Kaut- schukverbindungsstücke Luft in den Apparat ein. Sie müssen in diesem Falle erneuert werden. Haben sich alle Apparate als dicht schließend er- wiesen, so leitet man zunächst einen langsamen Luftstrom durch das Rohr, dessen Tempo so reguliert ist, dab I a Ka ee RE ET 0 N RE SS rl GEBET? N m TEST EEE TE TIERES, 2 EN Fig. 445, —— FFFFFFFFFFFELTFTTT Id ee a während der ganzen Dauer der Verbrennung 2—3 Blasen pro Sekunde durch den Kaliapparat streichen. Es empfiehlt sich, zunächst die Substanz mit einer Elementaranalyse. 305 einzigen kleinen Flamme zu erwärmen, sobald eine genügend lange Kupferoxyd- schicht und auch die Kupferoxydspirale im Glühen sind. Nach und nach wird die Flamme vergrößert, weitere Flammen angezündet, erst von einer Seite, dann von beiden Seiten mit Kacheln bedeckt und zum Schlusse endlich mit vollen Flammen erhitzt. Bei leicht flüchtigen Substanzen erhitze man anfänglich nicht mit einer Flamme, sondern bedecke den Teil der Röhre, in dem sich das Schiffehen befindet, mit einer oder mehreren heißen Kacheln, die man von dem vorderen Teil des Ofens abnimmt. Allgemein gültige Normen lassen sich für diesen Abschnitt der Verbrennung nicht aufstellen, da die verschiedensten Modifikationen zulässig sind. Ein gutes Kriterium für den richtigen Gang der Verbrennung bietet das langsame Tempo der den Kaliapparat passierenden Gasblasen. Wird die Gasentwicklung zu lebhaft, so hebe man ein wenig die Röhre, lösche im Bereiche der Substanz die Flammen aus und kühle an dieser Stelle durch Unterlegen einer Asbestplatte. Wenn am Schluß der Verbrennung die Gasentwicklung nachzulassen beginnt oder ganz aufhört, stellt man den Luftstrom ab und leitet einen langsamen Sauerstoffstrom durch die Röhre, bis alle Substanz vollständig verbrannt und das reduzierte Kupfer wieder oxydiert ist. Da beim Durchleiten des Sauerstoffes dieser vom Kupfer zur Oxydation verbraucht wird, hört das Auftreten von Gasblasen im Kaliapparat nahezu auf. Ist die Oxydation beendet, so treten die Gasblasen im Kaliapparate wieder etwas lebhafter auf; der Gasstrom ist aber stets so zu regulieren, daß das Tempo des Blasendurchganges 2—3 Blasen pro Sekunde beträgt. Das Ende der Oxydation kann durch Aufglimmen eines glühenden Spanes an der Öffnung des geraden Chlorcaleiumrohres nachgewiesen werden. Der Sauerstoffstrom wird nun abgestellt und während 20—-25 Minuten ein langsamer Luftstrom hindurch geleitet. Die Flammen können jetzt zur Schonung des Rohres allmählich ausgedreht werden. Durch untergescho- bene warme Kacheln werden die letzten Spuren von Wasser, die sich an den beiden kälteren Enden des Verbrennungsrohres angesammelt haben, vorsichtig zum Verdunsten gebracht und durch den Luftstrom völlig ın das Chlorcaleiumrohr übergeführt. Die Absorptionsapparate werden sodann von dem Verbrennungsrohr ent- fernt. Wohl zu beachten ist, daß aller Sauerstoff, ehe die Absorptionsapparate abgenommen werden, durch Luft verdrängt ist. Sie werden dann verschlossen und zum Ausgleiche der Temperatur eine Stunde im Wägezimmer stehen gelassen. Nach Verlauf dieser Zeit werden die Apparate ohne sie abzu- wischen, gewogen. Das Verbrennungsrohr wird mit einem Chlorcaleium- rohr oder noch besser mit einem Gummistopfen verschlossen. Die Röhre braucht vor der nächsten Verbrennung nur in einem Luftstrom schwach ausgeglüht zu werden. Modifikationen der Methode. In vielen Fällen, besonders bei schwer verbrennlichen Substanzen, kann man statt im Luftstrom von Anfang an im Sauerstoffstrom ver- Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 20 306 C. Brahm und J. Wetzel. brennen. Es empfiehlt sich hierbei, die Verbrennungsdauer etwas länger auszudehnen. Liegen Körper zur Untersuchung vor, die eine so schwer verhrennliche Kohle hinterlassen, daß selbst im Sauerstoffstrome die Ver- —) Fig. 446. Fig. 448. Fig. 449. brennung nicht vollständig gelingt, so kommt man am besten zum Ziel, wenn man die Substanz im Schiffehen noch mit feinem Kupferoxyd bedeckt. Zum Schluß der Verbrennung wird in der gleichen Weise, wie oben beschrieben, verfahren. Verbrennung flüssiger Körper. Der Gang der Analyse flüssiger Körper ist am leichtesten und gibt die genauesten Resultate. Schwerflüssige Flüssigkeiten können genau so, wie feste Körper. direkt in das Porzellan- oder Platinschiffehen eingewogen werden. Mittelschwer flüssige Substanzen wägt man am besten in einem Glaskügelchen mit weiter Kapillare ab (Fig. 446). Um zu verhüten, daß Kohle im Kügelchen eingeschlossen zurückbleibt, bringt man vor der Wägung der Substanz einige Körnchen chlorsaures oder überchlor- saures Kali in das Kügelchen. Sehr leicht flüchtige Substanzen werden in Glaskügelchen eingeschlossen gewogen (Fig. 447). Die Glaskugeln wer- den in der folgenden Art angefertigt. Man zieht eine etwa 30 cm lange, S mm weite Glasröhre zu einer Kapillare aus, wie dies Fig. 448 zeigt, schmilzt bei d ab und bläst das untere Ende A zu einer Kugel aus (Fig. 449). Durch Abschneiden bei ß ist das Kügelchen fertie. Man wägt diese Kugeln zu- nächst leer, füllt dann die Flüssig- keit ein, schmilzt zu und wägt wieder. Das Füllen geschieht derart, daß man das Kügelchen über einer kleinen Gasflamme ein wenig erwärmt und dann seine Spitze in die zu untersuchende Flüssigkeit taucht. jeim Erkalten tritt ein Teil davon hinein. Ist die Flüssigkeit minder flüchtig. so dringt zuerst nur wenig in das Kügelchen ein. Erhitzt man die Kugel neuerdings, so daß der eingedrungene Tropfen in Dampf verwandelt Elementaranalyse. 307 wird und steckt die Spitze wieder in die Flüssigkeit, so füllt sich beim Abkühlen die Kugel völlig an. Durch eine Wägung prüft man, ob die gewünschte Menge Substanz in der Kugel vorhanden ist; die im Halse befindliche Flüssigkeit entfernt man durch Erwärmen. Giftige und leicht brennbare Flüssigkeiten, z. B. Zinkäthyl, werden zweckmäßig in nachstehender Weise in die Kugeln eingefüllt. Man giebt eine kleine Menge der Flüssigkeit in ein kleines Bechergläschen oder Röhrchen und läßt die Kugel mit der Kapillare in die Flüssigkeit ein- tauchen. Das Bechergläschen wird dann in einen Exsikkator gebracht und dieser langsam evakuiert. Die Luft wird hierbei auch gleichzeitig aus der Kugel evakuiert und beim Öffnen des Exsikkators steigt die Flüssig- keit in die Kugel auf. Vor der Wägung muß man sich überzeugen, dab das mit dem Kügelchen beschickte Schiffchen in das Verbrennungsrohr hineinpaßt. Das Kügelchen wird bei nicht flüchtigen Körpern derart in das Schiffehen gelegt, daß das offene Ende der Kapillare auf dem Rande des Schiffehens aufruht und gegen die Seite des bereits glühenden Kupferoxyds gerichtet ist. Die eigentliche Verbrennung kann beginnen, sobald ?/, der Kupferoxyd- schicht rotglühend sind. Bei flüchtigen Körpern bringt man ein ausge- elühtes und wieder erkaltetes Porzellanschiffchen bis kurz vor das Kupfer- oxyd, führt das geschlossene Kügelchen in die Röhre hinein und zerdrückt dasselbe vorsichtig durch die oxydierte Kupferspirale, indem man letztere gegen das Kügelchen und das Schiffehen preßt. Es ist natürlich unerläßlich, daß das Kügelchen sehr dünnwandig ist. Die Spirale wird sofort wieder 5—10cm zurückgezogen und das Verbrennungsrohr schnell verschlossen. Derjenige Teil der Röhre, in welchem sich die Substanz befindet, kann bei sehr flüchtigen Substanzen zweckmäßig durch Auflegen eines mit Eis gefüllten Gummisäckchens gekühlt werden. Die Verbrennung wird zunächst in einem Luftstrom sehr vorsichtig geführt und Sauerstoff erst dann durch- geleitet, wenn das ganze Rohr sich im Glühen befindet. Bei der Analyse von solchen Flüssigkeiten, die schon bei gewöhn- licher Temperatur leicht flüchtig sind (Schwefelkohlenstoff, Äther) oder mit Sauerstoff ein explosives Gemisch liefern, verwendet man zweck- mäßig den von O. Dimroth und W. Wislicenus empfohlenen Apparat!) oder die von Marek?) vorgeschlagene Modifikation desselben Apparates. Das Prinzip beruht bei beiden Apparaten darauf, dab man die leicht flüchtigen Substanzen außerhalb des Verbrennungsrohres verdunstet und sie mit Luft oder Sauerstoff gemischt in das Rohr leitet. Ersterer Apparat besteht aus einem starkwandigen U-Rohre, welches dem Ver- 1) Otto Dimroth und Wilhelm Wislicenus, Über das Methylazid. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 38. S. 1575 (1905). 2) J. Marek, Verwendung einer 5em langen, statt der üblich langen Kupferoxyd- bzw. Kupferoxydasbestschicht bei der organischen Elementaranalyse. Journ. f. prakt. Chem. Neue Folge. Bd. 73. S. 366 (1906). 20* OS 0, Brahm und J. Wetzel. brennungsrohre vorgeschaltet wird. Beide Schenkel sind oben durch eim mit einem Hahn versehenes Rohr verbunden, um bei geöffnetem Hahn einen Nebenzweig für den Gasstrom herzustellen. Das Kügelchen wird durch Auf- drücken eines im durchbohrten Gummistopfen beweglichen dieken Glasstabes zertrümmert. Die untere Biegung des U-Rohres ist mit starken Glas- scherben angefüllt. Der Apparat von Marek ist aus Fig. 450 ersichtlich. A hat einen Inhalt von etwa 80 cm3. B ist ein dieker Eisendraht mit angenieteter, runder Eisenplatte d. F' ist eine etwa 1 cm lange Rolle aus diekem Eisendrahtnetz. © ist ein Dreiwegehahn. Das Rohr T. welches. in den Kautschukstopfen des Verbrennungsrohres eingeführt wird, ist, um die Entzündung des explosiven Gemisches möglichst zu verhindern, mit Tressensilber gefüllt. Nachdem das dünnwandige Glaskügelchen S (nach An- teilen seiner beiden Kapil- laren) mit der Substanz in das Rohr A gebracht ist, wird der Hahn © so ge- stellt, daß der Luft- und zuletzt der Sauerstoffstrom von a ‚nach-ec,; Arınder gelangt. Sofort, eventuell nach Durchleiten von Luft bzw. Sauerstoff, wird der Hahn in die aus der Figur ersichtliche Stellung ge- bracht, das Kügelchen durch Herunterdrücken der Eisen- platte zerschlagen und das Sauerstoffgas weiter durch- geleitet. Nach etwa 1/, bis 1 Stunde wird der Hahn um 90° nach links gedreht und der Sauerstoff noch etwa !/, Stunde lang hindurchgeleitet. Dieser wird dann durch einen Luftstrom verdrängt, wobei man den Apparat und den hinteren leeren Teil der Verbrennungsröhre, um etwa adhärierende gasförmige Substanz der Verbrennung zuzuführen, auf entsprechende Weise erwärmt. Fig. 450. Abänderungen der organischen Analyse in besonderen Fällen. Die Bestimmung des Kohlenstoffs und Wasserstoffs ist in allen or- eanischen Verbindungen, welche nur Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff enthalten, nach den bisher beschriebenen Methoden ausführbar. Sobald aber noch andere Elemente vorhanden sind, welche einen wesentlichen Be- standteil der organischen Verbindung ausmachen, z. B. Stickstoff und Schwefel in vielen physiologischen Stoffen, oder solche, welche damit zu einer leicht trennbaren Verbindung vereinigt sind, wie z. B. die Salze der or- Elementaranalyse. 309 ganischen Säuren mit Metalloxyden, dann ist man gezwungen, einige Änderungen im Gange der Analyse anzubringen. Sie sind durch die Natur des außer Ü und H vorhandenen Elementes bedingt. Bestimmung des Kohlenstofis und Wasserstoffs in stickstoffhaltigen Substanzen. Bei der Verbrennung der meisten stickstoffhaltigen Körper mit Kupferoxyd entsteht freier Stickstoff, gemischt mit Kohlensäure und Wasser. Bei der Verbrennung solcher Körper, die Salpetersäure oder viel Sauer- stoff enthalten, bilden sich Oxyde des Stickstoffs. Würde man bei stick- stoffhaltigen Substanzen die oben beschriebenen Verfahren ohne weiteres benutzen, so bekäme man einen viel zu hohen Gehalt an Kohlenstoff. da in dem Kaliapparate nicht allein die Kohlensäure, sondern auch die ge- bildete salpetrige Säure und ein Teil des Stickoxydes, das sich mit dem Kalihydrat langsam in salpetrige Säure und Stickoxydul umsetzt. zurück- gehalten werden. Um diesen Fehler zu vermeiden, muß man die entstan- denen Oxyde des Stickstoffs zersetzen. Vielfache Beobachtungen haben gezeigt, dal) um so weniger Stickoxydgas entsteht, je langsamer die Ver- brennung vor sich geht. Bei Verbrennungen mit chromsaurem Bleioxyd oder im Sauerstoffstrom wird weit mehr Stickoxyd gebildet als bei der Verbrennung mit Kupferoxyd. Man vermeidet daher bei stickstoffhaltigen Körpern die Anwendung von chromsaurem Bleioxyd und von Sauerstoffgas und verbrennt möglichst langsam mit Kupferoxyd. Zur Reduktion der Oxyde des Stickstoffs dient metallisches Kupfer. Die Wirkung des Kupfers beruht darauf, daß es im glühenden Zustande alle Oxydationsstufen des Stickstoffs in Sauerstoff, mit dem es sich verbindet, und in reinen Stickstoff zerlegt. Bei der Ausführung der Analyse erreicht man dies dadurch, dab man den vorderen Teil des Verbrennungsrohres mit einer 10—15 cm langen, reduzierten Kupferspirale beschickt. Wesentlich ist, daß die Kupferspirale eine rein metallische Oberfläche besitzt, was dadurch erreicht wird, daß man die Spirale im Gebläse bis zum Schwarz- werden glüht und dieselbe dann in ein diekwandiges heagenzrohr bringt, welches 5—10 Tropfen Methylalkohol enthält. Den entweichenden Methyl- alkohol zünde man an und schiebe nach dem Erlöschen ein zweites Reagenz- glas über das erste, so daß der Luftzutritt gehindert ist. Nun erwärmt man schwach über einer Bunsenflamme, bis aller Alkohol und alle Feuchtigkeit entfernt ist und bringt die Spirale gleich in das Verbrennungsrohr. Auch kann die Spirale in einem Luftbade bei 120—130° getrocknet werden. Der Gang der Verbrennung einer stickstoffhaltigen Substanz verläuft ungefähr in der gleichen Weise, wie dies für stickstofffreie Körper geschil- dert worden ist. Die Verbrennung wird anfänglich nur in einem mäßigen Luftstrome ausgeführt, da sich sonst die reduzierte Spirale zu schnell oxy- diert. Letztere muß während der ganzen Verbrennung in hellem Rotglühen gehalten werden. da nur bei Einhaltung dieser Bedingung die Stickstoff- oxyde durch das Kupfer zersetzt werden. 310 C. Brahm und J, Wetzel. Explosive Substanzen, z. B. gewisse Nitroverbindungen, lassen sich nach obiger Methode noch recht gut verbrennen, wenn man für eine ge- nügende Verteilung im Verbrennungsrohre sorgt. Zu diesem Zwecke eignen sich die Murmannschen!) und Kempfschen Verbrennungsschiffehen mit Querwänden (vgl. S. 297). Hierdurch wird es ermöglicht, daß jeder Teil der Substanz beim Sch melzen in jener Zelle des Schiffchens bleiben muß, worin es sich befand. Es ist dadurch unmöglich, dal) der geschmolzene Teil sich Fig. 451. in den noch nicht geschmolzenen wie ein Docht hineinziehen kann. Ist die Zersetzungstemperatur erreicht, so tritt zunächst nur bei einem kleinen Teil Zersetzung ein und die dabei entstehende geringe Verpuffung ist nicht schädlich. Viel zweckmäßiger ist es übrigens, wenn man die Substanz an- statt im Schiffehen mit Kupferoxyd gemischt verbrennt. Das Verbrennungs- rohr wird genau so vorbereitet. wie bei Benutzung eines Schiffchens, nur mit dem Unterschiede, daß der leere Raum von 15—20 em, den sonst das Schiffehen einnimmt, mit feinem Kupferoxyd ausgefüllt wird (s. Fig. 451). Man glüht die Röhre, wie gewöhn- lich. im Luftstrome aus, läßt sie beinahe erkalten, zieht die Kupferoxydspirale heraus und schüttet >/, des feinen Kupfer- oxyds auf ein reines Kartenblatt. Aus einem etwa 15cm langen, an einem Ende zugeschmolzenen Wägeröhrchen (Fig. 452) gießt man vorsichtig die zur Verbrennung anzu- wendende Substanzmenge in das Verbrennungsrohr, mischt dieselbe mit einem korkzieherartig gedrehten Messingdraht (Mischdraht) (Fig. 453) sehr sorgfältig, spült ihn im Rohre mit dem herausgeschütteten Kupferoxyd ab und fügt die Kupferoxydspirale ein. Das Wägeröhrchen wird zurück- gewogen und aus der Differenz zwischen der ersten Wägung und Substanz und der des leeren Röhrchens die angewandte Substanzmenge gefunden. Sodann wird in dem in der Röhre befindlichen feinen Kupferoxyd durch vorsichtiges Aufklopfen auf einem Holztisch eine Rinne gebildet. Nun wird zu Beginn der Verbrennung zuerst die am vorderen Ende der Verbrennungsröhre befindliche metallische Kupferspirale zum Glühen erhitzt und dann wie gewöhnlich mit dem Erhitzen der Röhre nach der Substanz hin fortgeschritten. Wenn der vordere Teil des Verbrennungsrohres im Glühen ist, wird sein hinteres Ende von der Kupferoxydspirale an zum Glühen ge- bracht und allmählich bei offenen Kacheln mit dem Erhitzen des feinen Fig. 452. Fig. 453. ‘) Ernst Murmann, Verbrennungsschiffehen mit Abteilungen. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 36. 5.380 (1897). Elementaranalyse. all Kupferoxyds und der Substanz begonnen. Hat zum Schluß der Verbrennung die Gasentwicklung nachgelassen oder ganz aufgehört, so wird der Luftstrom ausgeschaltet und dafür ein langsamer Sauerstoffstrom durch das Ver- brennungsrohr geleitet und die Verbrennung wie gewöhnlich zu Ende geführt. Bei hochbrisanten Körpern, z. B. Schließpulvern, empfiehlt es sich, diese Substanzen nicht mit feinem Kupferoxyd zu mischen, sondern mit im Sauerstoffstrome ausgeglühtem Seesand. Bestimmungen des Kohlenstofis und Wasserstoffs in halogen- haltigen Substanzen. Beim Verbrennen chlorhaltiger organischer Substanzen mit Kupferoxyd bilden sich Dämpfe von Kupferchlorür, welche sich bei einer auf gewöhnliche Weise ausgeführten Verbrennung in der Chlorcaleiumröhre kondensieren und dadurch die Wasserbestimmung fehlerhaft machen würden. Verbrennt man mit Kupferoxyd im Sauerstoffstrome, so wird das Kupferchlorür durch den Sauerstoff in Kupferoxyd und freies Chlor zerlegt, welches teils im Chlorcaleiumrohre, teils im Kaliapparate zurückgehalten wird. Zur Ver- meidung dieser Fehler bedient man sich einer reduzierten Kupferspirale, wie bei der Verbrennung stickstoffhaltiger Körper. Weit besser verwendet man eine Silberspirale, die im schwachen Glühen gehalten wird. Bei Benutzung einer Kupferspirale, die ebenfalls gelinde glühend zu erhalten ist, muß man den Sauerstoffstrom unterbrechen, sobald die Spirale sich zu oxydieren beginnt. Hat man dagegen eine Silberspirale vorgelegt, so kann man das Überleiten von Sauerstoff ohne jedes Bedenken fortsetzen, bis derselbe aus dem Kaliapparat entweicht. Außer für Chlor eignet sich dies Verfahren auch für Brom und Jod. Die Silberspirale braucht erst nach wiederholtem Gebrauch im Wasserstoffstrom ausgeglüht zu werden. Am vorteilhaftesten verbrennt man halogenhaltige Körper mit Bleichromat, welches das Chlor in Bleichlorid verwandelt. Dieses ist in der Glühhitze nicht flüchtig. Bei dieser Modifikation hat man nicht nötig, eine Silberspirale vorzulegen, außer bei jodhaltigen Substanzen. Am besten eignet sich ein Gemisch von 4 Teilen Kupferoxyd mit einem Teil Bleichromat. Die Röhre wird wie bei den vorher beschriebenen Verfahren gefüllt und ebenfalls im Sauer- stoffstrom ausgeglüht. Zu bemerken ist nur, daß das Bleichromat nicht zu stark erhitzt werden darf. Auch bei der Verbrennung vieler physiologischer Verbindungen, z. B. Cholestearin, ist diese Modifikation empfehlenswert. Bestimmung des Kohlenstoffs und Wasserstoffs in schwefelhaltigen und phosphorhaltigen Substanzen. Wenn man in schwefelhaltigen, organischen Substanzen auf gewöhn- liche Weise durch Verbrennen mit Kupferoxyd den Kohlenstoffgehalt be- stimmen wollte, so würde derselbe zu hoch ausfallen, da ein Teil des Schwefels zu schwefliger Säure verbrannt wird, die mit der Kohlensäure zusammen im Kaliapparate absorbiert würde. Um diesen Fehler zu ver- meiden. füllt man das Rohr mit der Mischung von 4 Teilen Kupfer- oxyd und 1 Teil Bleichromat oder ersetzt das ganze Kupferoxyd durch 312 C. Brahm und J. Wetzel. kleinkörniges Bleichromat. Man hat nur dafür Sorge zu tragen, daß die vorderen 5-10 em (etwa eine Schicht von 2—3 Flammen) unmittelbar vor der reduzierten Kupferspirale des Bleichromates nicht erhitzt werden, da auch Bleisulfat nieht vollständig glühbeständig ist. Liegen phosphorhaltige Verbindungen zur Verbrennung vor, so wird die Substanz im Schiffehen am besten mit Kaliumdichromat bedeckt verbrannt. Bestimmung des Kohlenstoffs und Wasserstoffs in organischen Substanzen, welche anorganische Bestandteile enthalten. Bei organischen Substanzen, die anorganische Bestandteile enthalten, mul) man zuerst den Gehalt an letzteren feststellen, ehe man die Kohlen- stotf- und Wasserstoffbestimmung ausführt, da man ja sonst die Menge des in der Substanz enthaltenen organischen Körpers nicht kennt, aus dessen Bestandteilen die Kohlensäure und das Wasser sich bildeten, und man nicht in der Lage ist, die Menge des Sauerstoffs aus der Differenz zu bestimmen. Hat die Vorprüfung einer Substanz die Anwesenheit eines Rückstandes ergeben, welcher beim Übergießen mit Säuren Kohlensäure entwickelt, so ist die Verbrennung zu modifizieren, weil nicht sämtliche Kohlensäure im Kaliapparat gefunden wird, da ein Teil der Kohlensäure in dem Rückstand in gebundenem Zustand zurückbleibt. Besonders trifft dies bei den Verbindungen organischer Säuren mit Alkalien oder Erd- alkalien zu. Um bei der Verbrennung solcher Verbindungen mit Kupfer- oxyd die gesamte Kohlensäure zu gewinnen, empfiehlt es sich, der Mischung von Kupferoxyd und der organischen Substanz ein Gemenge von Bleichromat und Kaliumdichromat (4 + 1) zuzusetzen. Noch empfehlenswerter ist es, die Substanz im Schiffehen mit Kalinumdichromat überschichtet zu ver- brennen. Durch die Chromsäure wird die Kohlensäure in dem entstehenden Alkalikarbonat freigemacht und sämtlicher Kohlenstoff kann dann in Form von Kohlensäure im Kaliapparate gefunden werden. Besteht der Rückstand aus Kieselsäure oder anderen organischen Substanzen, so läßt sich der Aschen- gehalt durch Zurückwiegen des Schiffchens quantitativ bestimmen, jedoch ist dabei jede Verunreinigung mit dem Kupferoxyd zu vermeiden. Um dies zu er- reichen, empfiehlt es sich. ein neu gefülltes Verbrennungsrohr zu verwenden, und an Stelle der Kupferoxydspirale eine einerseits geschlossene, mit einer Öse versehene offene Röhre aus schwer schmelzbarem Glase in das Verbren- nungsrohr einzufügen. Das offene Ende schiebt man bis auf 5 cm an das Schiffchen heran und legt vor das gekörnte Kupferoxyd einen Pfropfen von ausgeglühtem Asbest. Auch die Dennstedtschen Einsatzröhren sind gut zu dem gleichen Zwecke zu verwenden. Verbrennung im Bajonettrohr. Da in einigen Laboratorien die Kohlenwasserstoffbestimmung mit Kupferoxyd im Bajonettrohre ausgeführt wird, sei die Methodik hier kurz beschrieben. Das für diese Methode benötigte Verbrennungsrohr ist eine hinten geschlossene Röhre, welche so ausgezogen ist, wie dies neben- stehende Fig. 454 darstellt. Elementaranalyse. 515 Das Abwägen der getrockneten Substanz geschieht in einem ca. 20 em langen Mischrohr mit eingeschliffenem Stöpsel(Fig.455). Um das zum Füllen der Röhre benötigte frisch ausgeglühte Kupferoxyd (körniges und pulverförmiges) erkalten zu lassen, füllt man dasselbe noch heiß in eine Kupferoxydbirne und verschließt dieselbe mit einem durchbohrten Stopfen, in den ein Chlorcaleium- rohr eingefügt ist. Das Füllen der ausgeglühten Röhre geschieht in nachstehen- der Weise. Man schiebt zuerst eine Dem lange, ausgeglühte Kupferspirale bis an das Ende der Röhre, füllt dann eine 10—12 cm lange Schicht grobes Kupfer- oxyd auf. Dann gibt man etwas feines Kupferoxyd und die mit letzterem in dem Mischröhrchen sorgfältig durchgemischte Substanz hinzu. Die Mischung kann auch im Rohre vermittelst des Mischdrahtes geschehen. Die Röhre wird dann mit körnigem Kupferoxyd aufgefüllt und eine ausgeglühte Kupferspirale vorgelegt. Man vergesse nicht, auch hierbei durch Aufklopfen auf einen Holztisch eine Rinne in dem Kupferoxyd herzustellen. In der gewöhnlichen Weise werden die Absorptionsapparate vorgelegt und die Verbrennung langsam, von vorne nach hinten fortschreitend, ausgeführt. Bevor man zur Erhitzung der Substanz schreitet, muß auch das dem Bajonett benachbarte Kupferoxyd zum Glühen erhitzt sein, um auch nach rückwärts ziehende Destillationsprodukte zu verbrennen. | Wenn die ganze Röhre glüht und die Gasentwicklung ziemlich nachgelassen hat, läßt man das hintere Ende der Röhre so weit erkalten, dal man die Spitze anfassen kann und schiebt einen starkwandigen Gummischlauch darüber, der mit dem Trocken- apparat bzw. den Gasometern in Verbindung steht, schaltet zuvor einen langsamen Sauerstoffstrom ein und-bricht dann in dem Schlauche die Spitze der Verbrennungsröhre ab. beendet die Ver- brennung in einem langsamen Sauerstoffstrome und verdrängt schließlich den Sauerstoff wieder durch einen langsamen Luftstrom. Auf eine neue Methode der Elementaranalyse durch elektrische 12.455. Erhitzung nach Carrasco-Plancher !) sei hier nur kurz hingewiesen. Dieselbe beruht darauf, daß man das Verbrennungsrohr nicht von außen, son- dern von innen durch den elektrischen Strom erhitzt, wobei die sonstigen Ab- sorptionsapparate unverändert beibehalten werden können. In das Verbren- nungsrohr, dessen eines Ende etwas aufgeblasen ist, bringt man gepulvertes !) Oreste Carrasco, Über eine neue Methode zur Elementaranalyse der organi- schen Substanzen. Atti R. Accad. dei Lincei Roma. [5.] Vol. 14. 1I. p. 605—612 (1905). — Oreste Carrasco und Giuseppe Plancher, Neue Methode zur Bestimmung des Kohlen- stoffs und Wasserstoffs in organischen Substanzen durch Glühen und Elektrizität. Atti R. Accad. dei Lincei Roma. [5.] Vol. 14. II. p. 613—618 (1905). 314 C. Brahm und J. Wetzel. Kupferoxyd, ca. 209, und führt längs seiner Achse ein unschmelzbares Glasröhrehen ein. Wenige Millimeter von seinem einen Ende entfernt ist dieses Röhrchen, $cm lang eng, mit einem Platinzylinder bekleidet, der an seinem Anfang ein kleines Häkchen trägt. Außerdem ist das Röhrchen seiner ganzen Länge nach mit einem Platindraht von 15-2 mm Durch- messer umwickelt, dessen eines Ende unten an ein Häkchen des Röhrchens und m Rn Du — en Aspirator, Fig. 456. dessen anderes Ende an einen zweiten Platin- oder Silberzylinder geknüpft ist. Die beiden Platin- bzw. Silberzylinder sind miteinander durch einen kleinen Gummischlauch verbunden. Dieses Röhrchen dient einmal zum Eintritt des Sauerstoffs in das Verbrennungsrohr, dann zum Ein- und Austritt des elektrischen Stromes und schließlich als Halt für den Platiniridiumdraht. Der das Verbrennungsrohr verschließende Stopfen ist doppelt durchbohrt, Elementaranalyse. 315 Durch die eine Öffnung ist obiges Röhrchen, durch die andere eine im oberen Teil gebogene Glasröhre, die als Entwicklungsrohr dient, durchgeführt. Bei einer Verbrennung verfährt man in der Weise, dal) man zunächst den ganzen Apparat glüht, dann das Rohr mit dem das oben beschriebene Röhrchen tragenden Pfropfen verschließt, den elektrischen Strom durchleitet und mit einem Bunsenbrenner das am Boden befindliche Kupferoxyd unter gleichzeitigem Einleiten eines Sauerstoffstromes erhitzt. Während des Abkühlens des Apparates wägt man die Absorptionsgefäße. Zum Glühen der Spirale ist ein Strom von 3 Amp. und 20 Volt erforderlich. Nach dem Erkalten des Apparates läßt man in gewöhnlicher Weise 0'12—0'15g der zu analysierenden Substanz in das Verbrennungsrohr fallen, mischt durch Schütteln mit dem Kupferoxyd, verschließt und verbindet in ge- wöhnlicher Weise mit den Absorptionsapparaten. Man läßt einen starken Sauerstoffstrom durchstreichen und bringt die Spirale zum Glühen. Die Wände des Verbrennungsrohres werden ebenfalls glühend und die Substanz verbrennt glatt. Die Verbrennung dauert etwa 15 Minuten. Bei Gegenwart von NO,-Gruppen werden zu hohe Werte für Kohlenstoff erhalten, während stickstoffhaltige Substanzen gute Werte geben. Im ersteren Falle, ferner bei halogen- und schwefelhaltigen Verbindungen schaltet man zwischen die Absorptionsapparate und den Verbrennungsapparat ein auf 130° geheiztes U-Rohr, das mit Bleioxyd gefüllt ist, ein. Die Anordnung dieser Apparate ist aus Fig. 456 ersichtlich. Berechnung der Analysen. Den Prozentgehalt an Kohlenstoff und Wasserstoff berechnet man nach folgenden Gleichungen: gefundene CO, x 3 Substanz x 11 gefundenes H,O Substanz x 9 oder mit Hilfe der nachfolgenden Faktorentabellen. Faktorentabelle für Ü. Prozent C = Prozent H= Gefunden Gesucht Faktor 2 3 4 6107 — 027273 054545 O'S1S1S 109091 3 6 7 8 9 log. 136364 165636 190909 21818: Faktorentabelle für H. Gefunden Gesucht Faktor 2 3 | 4 ',0=1802 | H,—202| 011210 022420 | 033629 | 044839 5) 6 | 7 be) 3) log. 056049 | 067259 | 078469 | 089678 | 100888 | 0:04960—1 316 C. Brahm und J. Wetzel. C. Quantitative Bestimmung des Stickstoffs in organischen Verbindungen. Das Prinzip des bei der Analyse stickstoffhaltiger Substanzen einzu- schlagenden Verfahrens ist folgendes: Man bestimmt in einer Portion der Substanz den Kohlenstoff als Kohlensäure und den Wasserstoff als Wasser mit Hilfe der vorher beschriebenen Methoden. Die Bestimmung des Stick- stoffs ist der Gegenstand einer besonderen Operation, bei welcher auf die anderen Elemente keine Rücksicht genommen wird. Für wissenschaftliche Zwecke kommen zur quantitativen Stickstoff- bestimmung nur 2 Methoden in Betracht: das Verfahren von Dumas und das von Kjeldahl. Methode von Dumas. Das Verfahren beruht auf der von Gay-Lussac, Liebig und anderen anfangs des vorigen Jahrhunderts aufgefundenen Tatsache, daß bei der Verbrennung stickstoffhaltiger Substanzen mit Kupferoxyd neben Kohlen- säure und Wasser elementarer Stickstoff erhalten wird, neben geringen Mengen von Oxyden des Stickstoffs, die in geeigneter Weise zu redu- zieren sind. Zur Ausführung der Analyse dient ein Jenenser Verbrennungsrohr von 12—15 cm lichter Weite, das wieder auf beiden Seiten offen ist. Die Benutzung eines solehen Rohres hat den großen Vorteil. daß man ohne eroßen Zeitverlust eine Anzahl von Verbrennungen nacheinander aus- führen kann. Sehr praktisch und empfehlenswert sind auch die Porzellan- rohre, da dieselben äußerst haltbar und sehr glühbeständig sind. Es können bis 500 Bestimmungen mit einem Rohre ausgeführt werden. Das Rohr wird genau so beschickt,. wie es für die Verbrennung stickstoffhaltiger or- sanischer Substanzen beschrieben ist (cf. S. 310, Fig. 451). Nach dem Aus- elühen und Erkalten des Verbrennungsrohres bringt man etwa ?/, des feinen Kupferoxyds auf ein Kartenblatt und mischt die zur Verbrennung abzewogene Substanz durch Schütteln in einem Mischrohr mit einem Teil des feinen Kupferoxydes. Das Mischrohr (Fig. 455) ist 15—20 cm lang, 12-14 mm weit. unten rund zugeschmolzen und oben so stark verengt, dal) es bequem in die Verbrennungsröhre eingeführt werden kann. Das Abwiegen der Substanz läßt sich direkt in dem Mischrohr vornehmen. Über die Menge der zur Anwendung kommenden Substanz gelten nachstehende Normen. Von Körpern mit ca. 30°, N benutzt man 0'1g, ca. 15 bis 20, N =015g, ca, 109, 00207, ca. 3% 0ER. Hat man die Substanz in dem Mischrohr mit dem feinen Kupfer- oxyd kräftig durchgeschüttelt, so entleert man das Gemenge vorsichtig ohne jeden Verlust in das Verbrennungsrohr und spült das Mischrohr Elementaranalyse. ST noch mehrmals mit feinem Kupferoxyd aus. Die Mischung aus Substanz und feinem Kupferoxyd betrage ungefähr 20cm im Rohr. Man fügt dann die 10cm lange oxydierte Kupferspirale ein und erzeugt durch vorsichtiges Aufklopfen über dem feinen Kupferoxyd einen Kanal. Die Füllung der Röhre muß genau der Flammenlänge des Ofens entsprechen. Das Verbrennungsrohr wird mit einem gut schließenden Gummistopfen Fig. 457. verschlossen, dessen Zuleitungsrohr durch einen Kapillarschlauch, der eine Quetschhahnschraube trägt, mit dem Kohlensäureentwicklungsapparat ver- bunden ist. Zweckmäßig benutzt man zur Entwicklung der Kohlensäure einen Kippschen Apparat, der mit ausgekochtem Marmor und verdünnter Salzsäure beschickt ist. Man entfernt die Luft sehr schnell dadurek aus dem Apparat, dab man fast die gesamte Säure- menge mit dem Marmor in Berührung bringt. Auch die in der Flüssigkeit gelöste Luft wird auf diese Weise mechanisch entfernt. Um auch die letzten Spuren der gelösten Luft in der überstehen- den Salzsäure zu entfernen, bringt man zweckmäßig bei Neufüllung des Apparates auch in die äußere Kugel des Kippschen Apparates ein Stückchen Marmor. Schon nach einigen Minuten ist auf diese Weise der Apparat gebrauchsfertig. Immerhin ist es unerläßlich, den Kippschen Apparat zu prüfen, ob derselbe luftfrei ist, indem man denselben direkt mit dem Azotometer verbindet. Alle entstehenden Kohlensäureblasen müssen vollkommen verschwin- den. Die so erhaltene luftfreie Kohlensäure reinigt man noch, indem man sie eine mit Natriumbikar- bonatlösung gefüllte Waschflasche passieren läßt. An Stelle des Kippschen Apparates kann man auch die Kohlensäure aus einem kleinen Verbrennungs- rohre von etwa 25cm, das mit Natriumbicarbonat beschickt ist, entwickeln, und zwar durch schwaches Erhitzen mit einer Bunsenflamme (Fig. 457). Man schaltet zwischen dieses Karbonatrohr und das eigentliche Verbrennungsrohr zweckmäßig eine kleine Waschflasche oder eine Kugelröhre. Sobald die Vorbereitungen zur Ver- brennung so weit gediehen sind, kann man mit dem Erhitzen der redu- zierten Kupferspirale beginnen und leitet einen mäßigen Kohlensäurestrom Fig. 458. 318 C. Brahm und J. Wetzel. durch das Verbrennungsrohr, um die Luft zu verdrängen. Das Ende der Röhre steht mit dem Schiffschen Azotometer (Fig. 458) durch ein knieförmig gebogenes Rohr in Ver- bindung. Unter Azoto- meter versteht man einen Apparat zum Auf- fanzen und Messen des entwickelten Stickstoffs. Es sind eine ganze Reihe von verschiedenen Azo- tometern konstruiert worden, das zweck- mäligste ist das von Schiff angegebene in der von Gattermann modifizierten Form. Dasselbe besteht aus einer eraduierten Röhre, die an ihrem oberen Ende einen Glashahn, am unteren Ende zwei Ansatzröhren hat. Mit dem oberen Ansatzrohre ist durch einen Gummi- schlauch eine Glasbirne verbunden, die in einer beweelichen Klammer betestigt ist. Das untere Ansatzrohr wird durch einen Gummischlauch mit dem Verbrennungs- rohr verbunden. Der Apparat istmit33°/,iger Kalilauge gefüllt. Man öffnet den oberen Hahn, stellt die Azometerbirne ganz niedrig und läßt die Kohlensäure den leeren Absorptionsappa- rat durchstreichen. Es ist zu beobachten, dal das im unteren Teile des Azotometers einge- füllte Quecksilber so hoch steht, daß bei gesenkter Birne die Kalilauge nicht in das knieförmige Ansatzrohr zurücksteigen kann. Dueulllllır =) Fig. 459. Elementaranalyse. 319 Die zweckmäßigste Anordnung des ganzen Apparates ist aus Fig. 549 zu ersehen. Nach Verlauf von etwa 10 Minuten füllt man durch Emporheben der Birne die Absorptionsröhre bis oberhalb der Bohrung des Glashahnes, schließt diesen und stellt die Birne wieder möglichst tief. Wenn bei weiterem Durchleiten von Kohlensäure sich noch etwas Luft unter dem Glas- hahn ansammelt, vertreibt man sie durch Öffnen des Hahnes und Heben der Birne. Bei weiterem Durchleiten von Kohlensäure darf sich nur eine Spur von Schaum ansammeln, andernfalls ist der Apparat nochmals auf seine Dichtigkeit, besonders der Gummistopfen und Gummischläuche, zu prüfen. Durch Heben der Birne und Öffnen des Hahnes wird die Absorptionsröhre und das oberhalb des Hahnes befindliche Ende der Röhre mit Kalilauge gefüllt, der Hahn geschlossen und die Birne wieder ganz tief gestellt. Der Kohlensäurestrom wird so reguliert, dal die Gasblasen nur mit großen Abständen im Absorptionsgefäße auftreten. Man beginnt nun, das grobe Kupferoxyd langsam bei offenen Kacheln bis nahe an die Substanz anzuwärmen und erhitzt dann das Rohr bei bedeckten Kacheln sowie auch die reduzierte Kupferspirale zur dunklen Rotglut. Sobald auch die Kupferoxydspirale Rotglut zeigt, erwärmt man vorsichtig, von beiden Seiten fortschreitend, die Substanz, bis das ganze Rohr sich in Rot- glut befindet. Der Anfang der Zersetzung zeigt sich daran, dab im Azoto- meter größere Gasblasen auftreten, die von der Kalilauge nicht mehr vollständig absorbiert werden. Wenn die Verbrennung richtig geleitet ist, dann tritt in langsamem Tempo Blase für Blase in den Absorptionsapparat; sollte die Verbrennung zu rasch vor sich gehen, so löscht man im Bereiche der Substanz die Flamme aus, hebt die Röhre aus der Rinne heraus und schiebt unter den Teil, in dem sich die Substanz befindet, für kurze Zeit eine Asbestplatte. Läßt die Stickstoffentwicklung nach oder hört sie nach Abstellen des Kohlensäurestromes ganz auf, so ist die Verbren- nung beendet. Um allen im Verbrennungsrohre noch vorhandenen Stickstoff in das Azotometer überzuführen, leitet man einen etwas lebhaften Kohlen- säurestrom durch den Apparat. Man erkennt deutlich das Ende der Ope- ration daran, daß die Kohlensäureblasen, wie zu Beginn der Verbrennung, von der Kalilauge bis auf einen minimalen schaumigen Rest absorbiert werden. Man verschließt jetzt den Absorptionsapparat durch einen Quetsch- hahn, hebt die Birne in gleiche Höhe wie die Kalilauge im Absorptionsrohr und zieht das knieförmige Verbindungsrohr samt Gummistopfen aus der Röhre heraus. Man läßt den Stickstoff 1—2 Stunden mit der Kalilauge stehen, stellt in beiden Gefäßen das Flüssigkeitsniveau gleich und liest das Gasvolumen unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Barometerdruckes und der Temperatur direkt ab, ohne den Stickstoff erst über Wasser aufzufangen. Leitet man nach Entfernung des Azotometers einen Sauer- stoffstrom durch das Verbrennungsrohr, bis die reduzierte Kupferspirale sich zu oxydieren beginnt, so ist die Röhre für eine neue Bestimmung ge- brauchsfertig. C. Brahm und J. Wetzel. 320 2880 IE80 19680 19620 99.0 19820 9020 9290 «790 lerso Iosco jejebeil) | ce Sell Iscor 18901 LEOL 1,001 LL60 2300 100 c9II ICETT JcoIT Je2oı |FFOL |FOFI 17860 |FC60 8860 8680 |8980 |EE80 [080 |eLLO |erLO |ETLO |1890 |TE90 |TE90 |06€0 | Fe E0@I JELIT (SHIT |aIIT |E8OT |TCOT 1207 |1660 0960 [OSEO 10060 16980 16880 [8080 8220 |8F20 |LTLO 12890 12490 [9690 | 86 ıre1 |TIST |OSIT JOCTL |6ITT |680T |SCOT |SCOT |8660 2960 |2E60 19060 |EL80 |ETS0 |CISO (9820 |FC20 |E6L0 (8690 16990 | ©e o8a1 \6rar 8181 8871 |2CIL 2217 [9601 19901 |eEoL |F0OOL |F260 |Er60 ET60 |c880 |6C80 |1880 10620 [0920 |6220 16690 | Te SIEI j2821 \LeaT |9esI IS6IT JE9IT |FEIT |EOLT |E2OT |eFOL ITTOT [1860 |0C60 |6T60 |6880 [8C80 |L2880 11620 [9920 |EELO | 0e LEET |9GEI |C6ET |C9SI FEST 8051 |SLTL |IFIT |TITT [0807 [6FOT |8TOT [8860 [2460 [9860 |E680 |F980 |7680 8080 |eLlO | 61 geer leggı |FgET \eoer \ezaı lerar |ITGL lOSIT \6FIT STIL 12801 |9cor 9zor [c660 [#960 \ee6o \e0o6o |T280 [orso [6080 | 81 SEFL FORT |E2ET lerer |1ıeT loser |6reT |SIaT |28TT IETT JESIT 7607 [#901 EE0T |c00T IT6L0 0760 1/6060 [8280 12780 | ZI GurI lertI SIT |ISEI JOCET I6TEI (88CI |2caT |9eal SEIT |FOTL BETT ISOIT |T2OT |OFOL [6007 |2260 [9760 |E160 7880 | 91 GIET |FSFI ECHL |TEPT JOBET |6CET |ScEIL 2661 C92T |FERT 80@T JeLIT JOPIT |60IT 8201 |L2TOL I9TOT [9860 18660 jec60 | EI GGET |FZET |c6HI |IYFT JOEFI I66ET |L9ET \9EET \COBI ERST |ersl |IIET |6LIT ISPIT 2ITT |C801 |FCOT |EcOT [1660 [0960 | Fl 96CT IF9ET |EEGT |TOGT |OLFT |BEFT LOFT I9LET |FFEI JEIEI |18CT [0GST j6Lel LSTT HEIL IF@Il 1E60T IT90L |9E0T 16660 | EI 9EIT |EO9T |ELET |eHCT OTEI [62FT I2HHL IOIPL \HSET JEGET ITSEIT JO6SI |8GeI \9asl |C6IT |F9TT |SEIT JOOIT |690T 12801 | tofe) OP YOwU DIS JOUDD.LIG UPJUDZOL] UT ZURJSqUS DU IEYDSHOISNPIS AO] ((TUDUMBASIILEE Ur HOISPIS SAojowmunzyrgny Spur (5) JydImoı) = pPnag una 9, pun .O 104 A TTGZLOO-O YO SIFOISTPNS u > oJ ONOF AONOUMUOZALANN WIOUTD UOA SOJUOINON uooyplune Apsumyz pun yBropfing oA sop Sundoppunaanz aayım Jouaaagr (} TELT ITOAT |1297 |TF9T |OT9IT JOBET [OGET |OSET |O6FI O9FI I6aHT |66ET |69ET |GEET |6o8L \62eı Ister ISstar IS8TL Iscır | cz [22T [OPAT IOTZT |089T [OG9T |6I9T |68GT I6CET |839T |S6FT I89PT |SERL LOFT |22ET |AFEL ILIEL 9881 |9CSI 9881 |96IT | F2 OTST [OSAT [OGZT |6TZT 6897 |669T 89T |S864IT |89GT [LEGT |LOET I9LFT \OFFT IOTFIT |GBET IGcET leaeı |#651L |F921 |Feer | € IST |0E8T |O6LT 16821 (6641 |869T |889T |289T |209T I9LET I9FGL |ETeT le8rL |6art |rarı |F6ET |E9ET a c0El jelel | ce | re En I68T [098T \088T |66LT 16921 |862T |202T 12291 |9F9T |YT9YT |EBCET |aseT |TsErT IF6HT E9PT \sEHT |eOrT |TZET ITFET [OTEI le 2 66T |T0O6GT [0287 |688T |608T |822T 12941 |LTLT |989T |GC9T |GC9L |F6ST |E9GT soST |TAFT |IFPT |OIFT I62ET |6F8T | 06 = GL6l |EP6I ITI6T 1088T I6FST |6IST |882T IZCAT (9GLT |G69T |C99T |FE9T |E09T eräl |ITET |O8BFT I6FFT |8I7T |888T | 6T = TE ET ET BEL BEER BEE 2 FIOe [8861 IeC6T |TE6I |068T |6G8T |8C8T |864T [2921 19821 COLT |F29T lER9L |SI9T |ISET JoceT loscı |68FT |SeHT I2aPI | SI = “eds |re0s |E66I |CI6T |TEGT |006T |698T |8E8T 1208T 192271 |EH2L |FI2T [8891 |eC9T ITa9T \OGET I6CeT \sacr \n6HT |99FT | 21 3 608 (6908 |FE06 (8008 |EL6T |IF6T JOIGI |628T |SFST |ATST |EBAT |FCAT |ERLT |869T |199T log9L [66ET |BI9CT |2ECT 9067 | 91 ———6——6L6Leeeeeeeeuuuuu nn ————————— bele 8016 [2208 |E706 |PTOG 16861 |8C6T |TE6T |688T |BCST |2E8T |962T SYLT |EELT |e021 It2CT [OF9T |609T \a2eT \oreır | CI I8Ie [0°T8 |6IIE [2806 19606 408 |P66T |E96T ITE6T |O06T [BIST I2EST |908T |PA2T EFT |SIAT (OS9T I6FOTL |8T9T |OscT | HI fees s6le |TITE [0EIE (8606 12908 |9808 (#006 [8261 |IF6I OI6T (8281 I2rsT I9IST |F82T leczr |Ta2T (0691 Iscg9T [2291 | EI a re Te ar ee a TE N ee | _ 2I9ee 9866 |7086 jeLle |IHIe 6018 [8205 19808 |EIOG |EB6T |EC6T I0OE6I I688T [LEST |988T |F6AT |E92T |TELT |669T |899T | &1 Isa |6Les |87ee Hles |F8Ic [sCIs |Iele 16808 1006 |GC08 |C66T |E96T ITE6T |668T 1898T [OEST |FOST |&22T IIFAT |602T | TI rese. 1 ca8e 10688-116482. 11888 L|E6TE-TIE9TE- 1168 TE: 110016: 118908-119808- 1|E008- TI EL6T-TITFGT-TI6OGT-LISZST-LIOFST-L[FIST- TIESZT-ITGAT-TIo OT SLL | 92 | FLL | @L2 | 022 | 894 | 992 | 791 | 292 | 094 | 8c2 | 902 | 79, | ec. | ou. | u | m | m | m | on |ı rn Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 399 C. Brahm und J. Wetzel. Handelt es sich um die Verbrennung von sehr schwer verbrennlichen Substanzen, die sehr leicht eine stickstoffhaltige Kohle hinterlassen, so fügt man zweckmäßig beim Mischen der Substanz mit dem feinen Kupferoxyd letzterem ungefähr 15—20 g schwach ausgeglühtes, fein gepulvertes Blei- chromat hinzu. An Stelle des eben beschriebenen offenen Verbrennungsrohres wird auch ein an einem Ende rund zugeschmolzenes Rohr benutzt und in nachstehender Weise gefüllt. Zuerst bringt man eine 10—12 cm lange Schicht von Natriumbikarbonat oder Maenesit in die Röhre, fügt eine ausgeglühte, etwa 2 cm lange Kupferspirale ein, füllt ea. S—10 em grobes Kupferoxyd und eine kleine Schicht feines Kupferoxyd hinzu. Dann folgt wieder das Gemenge aus feinem Kupferoxyd und der Substanz, etwa 20 em, dann eine 30 cm lange Schicht von grobem Kupferoxyd und schließlich die reduzierte Kupferspirale. Der Rest des Rohres bleibt frei. Durch vor- sichtiges Aufklopfen wird in dem Bikarbonat und feinen Kupferoxyd ein Kanal geklopft und die Röhre mit Hilfe eines Kautschukstopfens mit dem Azotometer verbunden. Der Verbrennungsofen steht etwas geneigt, um dem aus dem Bikarbonat oder Maenesit entwickelten Wasser freien Abzug zu gestatten. Zu Beginn der Verbrennung entwickelt man durch vorsichtiges Erhitzen des Bikarbonats einen langsamen Kohlensäurestrom und führt im übrigen die Verbrennung, wie oben geschildert, zu Ende. Das Verbrennungsrohr läßt man langsam erkalten, entfernt die Kupfer- spirale, bringt das gesamte Kupferoxyd in eine Reibschale, zerdrückt das pulverförmige Kupferoxyd und trennt das grobe von dem feinen durch Sieben. Beide Kupferoxyde werden in einem Nickeltiegel ausgeglüht und in den zugehörigen Kupferoxydbirnen aufbewahrt. Die im Azotometer befindliche Kalilauge wird nur zweimal benutzt, und der Apparat immer entleert, um die Kautschukschläuche zu schonen. ;jerechnung. Aus dem Volum \V+ des Stickstoffs, dem Barometerstand p und der Spannung s der Kalilauge bei der Temperatur t der umgebenden Luft kann man das Volumen Vo bei 0% und 760 mm Druck berechnen. Br Vt(p-) ° 7760 (1 + 0:0036658t) Durch Multiplikation des Ausdrucks für Vo mit der Zahl für das Grammgewicht von 1 cm? Stickstoff bei 0° und 760 mm mit 00012562 findet man das Gewicht G des Stickstoffvolumens in Gramm G— VYt(p-5$) 760 (1 + 0003665 t) woraus sich der Prozentgehalt der analysierten Verbindung an Stickstoff berechnen läßt. 0.0012562, Elementaranalyse. 323 Einfacher gestaltet sich diese Rechnung unter Benutzung der vor- stehenden Tabellen (Seite 320 u. 321).t) Von den übrigen Verfahren zur Bestimmung des Stiekstoffs sei hier nur kurz auf die Methode von Will und Varrentrapp hingewiesen. Die Methode von Kjeldahl wird in einem besonderen Kapitel eingehend be- sprochen (vel. S. 340 ff.). Das Verfahren von Will und Varrentrapp beruht darauf, daß aus stickstoffhaltigen Stoffen beim Erhitzen mit Natronkalk die ganze Menge des in ihnen enthaltenen Stickstoffs in Form von Ammoniak entwickelt wird. Man erhitzt ein Gemenge der Substanz mit Natronkalk in einer kurzen Ver- brennungsröhre, fängt das entweichende Ammoniak in einer abgemessenen Menge titrierter Salzsäure auf und bestimmt durch Zurücktitrieren der nicht neutralisierten Säuremenge das entstandene Ammoniak. Die Methode ist für alle Körper mit Ausnahme der Nitroverbindungen anwendbar, findet aber nur noch beschränkte Verwendung, weil die Methode durch neue Ver- fahren überholt ist, die in einfacherer und bequemerer Weise die Abspal- tung des Stickstoffs in Gestalt von Ammoniak und dessen Bestimmung gestatten. !) Sehr vorteilhaft sind auch die logarithmischen Rechentafeln von F. W. Küster. Verlag Veit & Co. Leipzig (1908). Die vereinfachte Elementaranalyse.') Von M. Dennstedt, Hamburg. Liebigs Methode der Verbrennung organischer Stoffe mit Kupferoxyd zur Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff ist nicht in allen Fällen gut verwendbar. Zumal der physiologische Chemiker, der oftmals Körper zu analysieren hat, deren atomistische Zusammensetzung ihm gänzlich unbekannt ist, oder Körper von so hohem Molekulargewichte, daß jede rechnerische Kontrolle durch Vergleich mit einer chemischen Formel weg- fällt. wird eine Methode bevorzugen, die ihm in jedem Falle wenigstens die Sicherheit gibt, daß seine Verbrennung normal verlaufen ist und dab das gefundene Resultat die wirkliche Zusammensetzung des verbrannten Körpers wiedergibt. Öfter als der „reine“ wird der physiologische Chemiker Stoffe, z. B. Eiweißverbindungen, unter Händen haben, die noch anorgani- sche. also Aschenbestandteile, als Verunreinigung oder Elemente, z. B. Phos- phor, enthalten, die zwar wesentlich zu ihrer Zusammensetzung gehören, bei der Verbrennung aber in Verbindungen übergehen, die in der Asche zurückbleiben, z. B. Phosphorsäure. Solche Mineralstoffe können bei der Verbrennung zusammenschmelzen, Kohlenstoff einschließen und sind dann mit Kupferoxyd, selbst wenn man zum Schluß Sauerstoff darüber leitet, nicht vollständig verbrennbar. Meist sind die zu analysierenden Stoffe nur schwer und daher nur in kleiner Menge analysenrein herzustellen, das Material ist kostbar, es ist daher erwünscht, mit der Verbrennung die Aschenbestimmung zu verbinden, zumal diese Aschenbestandteile durch- aus nicht immer gleichmäßig durch die ganze Masse verteilt zu sein brauchen, so daß eine Aschenbestimmung in einer besonderen Stoffmenge ein weniger zuverlässiges Resultat gibt. Ein großer Nachteil des Liebigschen Verfahrens besteht darin, daß schwefelhaltige Stoffe mit Bleichromat verbrannt werden müssen, das eine außergewöhnlich hohe Temperatur verlangt und die Glasrohre noch mehr angreift als Kupferoxyd, im übrigen aber dieselben Nachteile besitzt, wie dieses. Eine gleichzeitige Bestimmung anderer Elemente, z. B. Schwefel neben Kohlenstoff und Wasserstoff, ist sowohl bei Kupferoxyd, wie bei Bleichromat, ebenso ausgeschlossen, wie die gleichzeitige Aschenbestimmung. ') Nach „Anleitung zur vereinfachten Elementaranalyse* von Prof. Dr. M. Denn- stedt. 2. Auflage. Hamburg. Otto Meißners Verlag. 1906. Die vereinfachte Elementaranalyse. 325 Alle diese Übelstände vermeidet man, wenn man die Verbrennung im Sauerstoffstrome mit einem an sich unveränderlichen und unflüchtigen Katalysator, der aber die vollständige Verbrennung des Kohlenstoffes zu Kohlendioxyd gewährleistet, vornimmt. Bei der Methode der „vereinfachten Elementaranalyse“, die bis jetzt noch bei keinem organischen Stoffe versagt hat, dient als Katalysator entweder sogenannter Platinquarz, d. i. poröser Quarz, der mit einer dünnen Haut reinen Platins überzogen ist!),oder noch einfacher ein Stück zusammen- gerollten dünnen Platinblechs oder ein aus dünnem Platinblech zusammen- geschweißter sogenannter Kontaktstern.?2) Für die vollständige Verbrennung ist notwendig, dab die Dämpfe des zu verbrennenden Stoffes immer mit einer zur völligen Verbrennung mehr als ausreichenden Menge, d.h. mit überschüssigem Sauerstoff gemischt, über den rotglühenden Kataly- sator geführt werden. Da es namentlich bei leicht flüchtigen und leicht zersetzlichen Stoffen manchmal schwierig ist, die ohne weiteres in das Rohr eingeschobene Substanz so gleichmäßig zu vergasen, daß der darüber hinstreichende Sauer- stoff niemals zu viel verbrennliche Dämpfe mitnimmt, so daß Sauerstoff- mangel eintritt, so wurde der Sauerstoffstrom in einen leicht regulier- baren über die Substanz hinwegstreichenden Vergasungsstrom und in den eigentlichen Verbrennungsstrom geteilt. Außer Kohlensäure und Wasser- dampf werden bei stickstoffhaltigen Stoffen auch Oxyde des Stickstoffs, in letzter Linie immer Stickstoffdioxyd gebildet, das natürlich nicht in die Absorptionsapparate gelangen darf. Es wird im vorderen Teile des Ver- brennungrohrs durch mennigehaltiges®) Bleisuperoxyd festgehalten, das durchaus nicht, wie man früher annahm, das ganze Rohr auszufüllen braucht; es genügen vielmehr wenige Gramm, die in geeigneten Porzellan- schiffehen in das Rohr eingeschoben werden. Da das Bleisuperoxyd in gleicher Weise bei der Verbrennung schwefel- und halogenhaltiger Stoffe diese Elemente quantitativ zurückhält und da sie sich aus dem Blei- superoxyd durch geeignete Lösungsmittel wieder ausziehen lassen, so kann mit der Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff auch die von Schwefel. Chlor und Brom verbunden werden. Nur Jod macht eine Ausnahme, hier erreicht man jedoch mit Silber denselben Zweck. Da während der ganzen Verbrennung ein sehr schneller Gasstrom durch den Apparat streicht, so genügen namentlich für ein sicheres Fest- halten der Kohlensäure die gewöhnlichen Kaliapparate usw. nicht. Es sind daher besondere Absorptionsapparate nötig, die außerdem so gewählt sind, daß eine Füllung für eine große Zahl von Verbrennungen ausreicht; sie können daher dauernd mit Sauerstoff gefüllt bleiben und auch so gewogen werden. Das zeitraubende Verdrängen des Sauerstoffs durch Luft fällt !) Siehe Anleitung. S. 16. ®) Käuflich bei W. C. Heraeus, Hanau. ®) S. M. Dennstedt und F. Haßler, Chem.-Ztg. Bd. 33. S. 133. 1909. 326 M. Dennstedt. wer und das gefundene Endgewicht bei einer Verbrennung kann gleich als Antangsgewicht für die folgende dienen, wenigstens braucht das Gewicht nur kontrolliert zu werden. Die Apparate müssen vor und nach der Ver- brennung bei derselben Temperatur gewogen werden, d. h. sie müssen diese Temperatur durch und durch angenommen haben. Dazu gehören Stunden. Es ist daher zu empfehlen, die Apparate immer am Morgen zu wägen, nachdem sie die Nacht über in einem gleichmäßig temperierten, im Winter eeheizten Raume gestanden haben. Vor dem Wägen sind die Stopfen, um den Luftdruck auszugleichen, kurz zu lüften. Da das Rohr nur dort, wo der Kontaktstern liegt und nur am Schlusse zum Verbrennen etwa abgeschiedener Kohle der hintere Teil stark erhitzt zu werden braucht, so ist eim eigentlicher Verbrennungsofen mit vielen Flammen nicht nur entbehrlich, sondern schädlich, es genügt vielmehr ein Fig. 460. einfaches Gestell mit drei Brennern. Das Verbrennungsrohr wird dabei so wenig angeeriffen, daß es, wenn man es nur sonst sachgemäß behandelt, für eine große Zahl von Verbrennungen, bis zu 100 und darüber, ausreicht. l. Die Apparate ') und ihr Aufbau. Die Einrichtung des ganzen Apparates ist aus Fig. 460 ersichtlich. Der zur Verbrennung nötige Sauerstoff — er darf keinen Wasserstoff enthalten, also nicht auf elektrolytischem Wege hergestellt sein — befindet sich in einer etwa 52 fassenden Flasche, aus der er mit Hilfe einer zweiten, mit Wasser gefüllten, höher zu stellenden gleichen Flasche heraus- gedrückt werden kann. Der Sauerstoff wird durch ein knieförmig ge- bogenes Glasrohr und einen mit Quetschhahn versehenen Gummischlauch in den Trockenturm geleitet. Der Trockenturm enthält in seinem unteren (sefälje konzentrierte Schwefelsäure und in dem oberen zylindrischen Teile zur Hälfte Natronkalk, darüber Chlorcalecium. Damit bei lebhaftem Gas- strome keine Schwefelsäure gegen den etwa schon Kohlensäure enthaltenden Natronkalk spritzen und dadurch Kohlensäure frei werden kann, stellt ') Alle für die vereinfachte Elementaranalyse nötigen Vorrichtungen und Apparate sind von der Firma Emil Dittmar & Vierth in Hamburg 15, Spaldingstraße 148, zu beziehen. Die vereinfachte Elementaranalyse. 327 man in die Einschnürung einen kleinen Glastrichter, dessen Rohr natürlich nicht in die Schwefelsäure tauchen darf. In den Trichter selbst gibt man etwas Watte oder Glaswolle, um zu bewirken. dal umgekehrt kein Natron- kalk in die Schwefelsäure fallen kann. Der Sauerstoff wird also in diesem Turme getrocknet und von Kohlensäure befreit. Die obere Öffnung des Trockenturmes ist mit einem Gummistopfen, der noch besonders durch eine Messineklammer festgehalten wird, geschlossen. In der Durchbohrung dieses Stopfens sitzt ein knieförmiges Glasrohr und daran mit kurzem (Gummischlauch ein Gabelstück, von dem aus zwei Gummischläuche mit (uetschhähnen zu der Vorrichtung für die doppelte Sauerstoffzuleitung führen. Diese Vorrichtung ist in Fig. 461 schematisch dargestellt. Sie besteht aus einem etwa lcm weiten und etwa 18cm langen Rohre aus schwer schmelzbarem Jenaer Glase, an das sich ein ebenfalls schwer schmelzbares Kapillarrohr von etwa 22cm Länge anschließt. Über das Kapillarrohr ist ein etwas weiteres T-Rohr aus gewöhnlichem Glase gezogen, das an der einen Seite den Gummistopfen trägt, mit dem die ganze Vorrichtung in das Verbrennungsrohr eingesetzt wird. Auf der an- Fig.461. deren Seite wird Kapillare und T-Rohr mit einem Stück Gummischlauch fest verbunden, der aber über die Kapillare hinausragt und hier einen kleinen mit wenigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure gefüllten Blasen- zähler aufnimmt, der Glas an Glas das Kapillarrohr berührt. Der Blasen- zähler ist so eingerichtet, daß ihn das Gas nur in ganz kleinen Blasen passiert, und daß selbst bei starkem Strome keine Schwefelsäure mit- gerissen wird. An den seitlichen Ansatz des T-Rohres wird mit einem Gummistopfen ein Chlorecaleiumrohr angefügt. Blasenzähler und Chlor- ealeiumrohr sind, wie schon beschrieben, mit dem am Trockenturme sitzen- den Gabelrohr verbunden. Die Gummischläuche sind deshalb so lang: ge- wählt, damit sich die ganze Vorrichtung bequem in das Verbrennungsrohr einsetzen und wieder herausziehen läßt. Da Gummischläuche Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen, sind die Trockenvorrichtungen unmittelbar vor dem Verbrennungsrohr durchaus unentbehrlich. Der durch den Blasenzähler gehende innere Sauerstoffstrom tritt durch die Kapillare in den weiten Teil des Einsatzrohres, wo sich die zu verbrennende Substanz in einem Porzellanschiffehen befindet, dann in das Verbrennunesrohr; er nimmt in regulierbarer Weise die Dämpfe der zu verbrennenden Substanz mit — 5328 M. Dennstedt. Vergasungesstrom. Der durch das Chlorcaleiumrohr eintretende äubere Gasstrom liefert den zur Verbrennung nötigen Sauerstoff in überschüssiger Menge — Verbrennungesstrom. Beide Ströme vereinigen sich an der Mün- dung des Einsatzrohrs, wo, das Einsatzrohr berührend, der Katalysator (Kontaktstern) liegt. Die ganze Einrichtung ist noch einmal, auf einem tragbaren Gestell, dem Universalstativ, montiert. in Figur 462 wiedergegeben. Das 16—18 mm weite Verbrennungsrohr, ebenfalls aus schwer schmelzbarem ‚Jenaer Glase, ist S6em lang. Es liegt auf einem Streifen Asbestpapier in einem 81cm langen Winkeleisen, so daß es auf jeder Seite 5Y/, em hervorragt. Das Winkeleisen ruht auf zwei mit entsprechen- dem Ausschnitt versehenen. etwa 20cm hohen und 14cm breiten Stützen, Fig.462. die etwa 70cm voneinander entfernt aufgestellt werden. Am oberen Rande der Stützen befinden sich außerdem noch zwei Ausschnitte, für zwei kleinere nur etwa 74cm lange Winkeleisen. Diese nehmen die aus Eisen- blech gefertigten, mit Asbest gefütterten, rechtwinkligen Dächer auf, von denen das eine 25em lang ist — ganzes Dach — und vier nur etwa 12'/,cm lang sind — halbe Dächer. Mit diesen Dächern kann das Rohr in seiner ganzen Länge genügend überdeckt werden. Die Erhitzung des Kontaktsterns geschieht durch einen starken Bunsen- oder Teclubrenner mit Spalt—Verbrennungsflamme. Die Ver- easung der Substanz wird mit einem ähnlichen Brenner anfangs ohne Spalt vorgenommen — Vergasungsflamme. Der vordere Teil des Rohres wird durch ein verstellbares Flammenrohr mit etwa 20 Flämmchen auf 300 bis Die vereinfachte Elementaranalyse. 329 320° erwärmt. Wird der Apparat auf einen gewöhnlichen Arbeitstisch gestellt, so ist die Tischplatte am besten durch ein gewöhnliches Brett, das man auf zwei Ziegelsteinen hohl legt, vor strahlender Wärme zu schützen. An das Verbrennungsrohr werden vorn die Absorptionsapparate angehängt, die von einem geeieneten Gestell getragen werden. Zunächst mit gut schließendem Gummistopfen, der einmal bei 100° getrocknet und dann immer im Exsikkator aufbewahrt wird, das U-förmige Chlorcaleium- rokr: es wird in der Ruhe mit gut eingeriebenen, schwach eingefetteten, auf dichten Schluß zu prüfenden Glasstöpseln verschlossen gehalten. Auch das mit Kugel versehene Ansatzrohr hat am besten, damit beim Auf- bewahren kein Wasser verdunsten kann, ein eingeriebenes Glasstöpselchen, das während der Verbrennung, um es nicht zu verlieren, vorn in das Ver- brennungsrohr gelegt wird. Beim Füllen des Chlorealeiumrohres sind die Öffnungen zu den Ansatz- röhren von innen mit kleinen Wattepfropfen zu verschließen, damit kein Chlorcaleium in diese Röhre hineinstäuben kann. Sie werden natürlich nach beendetem Füllen wieder entfernt. Man überzeuge sich mit der Lupe. daß in den Ansatzröhren auch keine Spur von Chlorcaleium liege. Der dem Verbrennungsrohr zugewandte Schenkel wird nur zu ?/, gefüllt. man gibt darauf einen kleinen Wattepfropf und darüber noch einige grobe Stücke Chlorealeium mit etwas Watte durchsetzt, auf diese wieder einen Watte- pfropf. Die Hauptmenge des dampfförmig mitgerissenen Wassers wird von diesem gesondert liegenden Chlorcaleium festgehalten: sobald es zu zer- fließen anfängt, wird es erneuert. Man braucht dann den übrigen Teil des Rohrs kaum je neu zu füllen. Das gewöhnliche gekörnte Chlorcaleium des Handels ist manchmal so feucht, daß ein trockener Luftstrom daraus Wasser mit fortnimmt: man prüft das Chlorcaleium und trocknet es gleich- zeitie, indem man es in einem weiten Reagenzglase über freier Flamme vorsichtig erhitzt; man erkennt dabei zu große Feuchtigkeit an dem Wasser, das sich an den kalten Wänden des Reagenzglases niederschlägt: man setzt das Erwärmen mit einiger Vorsicht fort, bis keine Wasserdämpfe mehr auftreten. Für den Trockenturm und das kleine Chlorealeiumrohr an der doppelten Sauerstoffzuführung ist das Chlorcaleium dann genügend vorbereitet, für das gewogene Chlorcaleiumrohr muß es noch mit Kohlen- säure behandelt werden, um den etwa gebildeten Ätzkalk in Caleiumkarbonat umzusetzen. Man leitet einige Zeit Kohlensäure hindurch und ersetzt diese wieder durch Sauerstoff. bis vorgelegtes Barytwasser nicht mehr getrübt wird. Die bei der Verbrennung gebildete Kohlensäure wird durch Natron- kalk absorbiert. Von den verschiedensten Apparaten haben sich die in Fig. 463 und 464 abgebildeten, die eine die sogenannte „Ente“, die andere der „Stempel“. ganz besonders bewährt. Die innere Einrichtung ist aus den Figuren ersichtlich. Die Füllung des Natronkalkapparats wird mit den- selben Vorsichtsmaßregeln vorgenommen, wie die Füllung des Chlorcaleium- rohrs. Der käufliche Natronkalk ist meist zu trocken und absorbiert dann schlecht Kohlensäure, die Füllung scheint dann nach wenigen Verbren- 330 M. Dennstedt. nungen erschöpft zu sein, während sie je nach Größe 20—30 und noch mehr Verbrennungen aushalten soll. Man prüft den Natronkalk, indem man ihn. ebenfalls im Reagenzelase, vorsichtig über freier Flamme erhitzt; er muß dann reichlich Wasserdämpfe abgeben. Ist das nicht der Fall, so läßt man in den gefüllten Apparat, nachdem man den einen Schenkel entleert hat, aus einer Pipette 1—2cm3 Wasser unter möglichster Verteilung ein- tlielien. Da außerdem bei der Absorption der Kohlensäure durch Natron- kalk Wasser gebildet wird, so wird durch den trockenen Gasstrom leicht Feuchtigkeit mit fortgeführt. Man muß daher an die „Ente“ oder den „Stempel“ noch ein zweites Natronkalkrohr anschließen ; hierzu eignet sich besser ein einfaches U-Rohr, ebenfalls mit eingeriebenen Glasstöpseln, dessen zweiter Schenkel mit trockenem Chlorcalcium gefüllt wird. An dieses Rohr endlich schließt sich ein kleines Waschfläschehen mit etwa 15em 1°/,ieer Palladiumehlorürlösung: diese Lösung wird bei un- Fig. 463. Fig. 464. vollständiger Verbrennung (Kohlenoxvd u. del.) getrübt, außerdem dienen die durch die Flüssigkeit tretenden Gasblasen zur Beurteilung des Gas- stroms. ll. Das Verfahren. Bevor man mit der Verbrennung beginnt, ist der ganze Apparat sorg- fältig vorzubereiten. Das Verbrennungsrohr wird gereinigt, indem man es einige Male mit destilliertem Wasser ausspült, dann mit einem langen Holzstab einen Pfropf reinen Fließpapiers hindurchstößt und wieder aus- spült. Man läßt das Rohr senkrecht aufgestellt oder eingeklemmt abtropfen. Das Rohr ist nun zu trocknen, indem man es im Gestell mit den drei nicht ganz aufgedrehten Brennern in seiner ganzen Länge auf etwa 200° erwärmt und gleichzeitig einen erst langsamen, später zu verstärkenden Sauerstoffstrom hindurechschickt. Ist bei der Verbrennung Bleisuperoxyd vorzulegen, so werden die damit beschickten Schiffchen gleich jetzt ein- geschoben und mitgetrocknet. Da das Bleisuperoxyd gerne Feuchtigkeit zurückhält, so ist das Trocknen ganz besonders sorgfältig vorzunehmen. Nach beendetem Trocknen werden die Absorptionsapparate angefügt und in folgender Weise auf dichten Schluß geprüft: der äußere Hahn am Die vereinfachte Elementaranalyse. 33] letzten Chlorcaleiumrohr und die beiden Quetschhähne an den Schläuchen hinter dem Gabelrohre sind geschlossen, die übrigen geöffnet, die Druck- flasche steht etwa 60 em höher. Verlangsamen sich allmählich die Gashblasen im Schwefelsäurebehälter des Trockenturms und hören sie dann ganz auf, so ist der Apparat bis zu der beiden Quetschhähnen hinter dem Gabel- rohre dicht; ist das nicht der Fall, so muß die undichte Stelle aufgesucht und beseitigt werden. Danach öffnet man vorsichtig die beiden Quetsch- hähne hinter dem Gabelrohr, es gehen wieder lebhafte Gasblasen durch den Schwefelsäurebehälter, die allmählich vollständig aufhören, wenn der ganze Apparat dicht ist. Ist das nicht der Fall, so muß die undichte Stelle auf- gesucht werden, indem man sämtliche Hähne an den Absorptionsapparaten schließt und sie der Reihe nach von hinten — hinten ist die Seite, wo der Sauerstoff eintrifft — nach vorn öffnet und jedesmal feststellt, ob die Blasen im Schwefelsäurebehälter aufhören: erst wenn das bis zum vordersten Hahne der Fall ist, kann der Apparat als dicht gelten. Inzwischen ist die zu analysierende Substanz 0'2—0'5 g in einem dreiteiligen, porösen Porzellanschiffehen in dem nebenstehend abgebildeten Wägegläschen — che- mischen Schweinchen — gewogen und bis zu konstantem Gewichte getrocknet worden (Fig. 465). Die hinterste Flamme hat man aus- gelöscht, so daß sich dieser Teil des Verbrennungrohrs bereits wieder abgekühlt hat. Man öffnet das Wägegläschen und stellt es sich bequem zur Hand, lockert vorsichtig den hinteren Stopfen am Verbrennungsrohr, zieht mit der einen Hand vorsichtig das Einsatzrohr heraus, schiebt mit der anderen mit Hilfe einer Pin- zette das Schiffehen bis an den kapillaren Ansatz, verringert den vorderen Luftraum, indem man vor das Schiffchen einen bereit gehaltenen natürlich schwer schmelzbaren Glasstab, der vorn an einer Öse einen Büschel sehr feinen Platindrahts trägt, einschiebt und setzt das Einsatzrohr wieder an seine Stelle, so daß der vordere Rand den Kontaktstern berührt, und drückt dabei den Gummistopfen wieder fest ein. Der Luftraum im Einsatzrohr vor dem Schiffchen muß deshalb möglichst verkleinert werden, weil sich hier unter Umständen ein explosives Gemisch von Sauerstoff und brenn- baren Gasen bilden kann. Dadurch veranlaßte Verpuffungen sind zwar ganz ungefährlich, können aber doch den Verlust einer Analyse verursachen. Ist die Substanz eingeführt und das Rohr sachgemäß geschlossen, so wird die Verbrennungsflamme vollständig aufgedreht und ein halbes Dach darüber gestülpt. Man bleibt dabei mit Flamme und Dach noch so weit von dem Einsatzrohr entfernt, daß gerade noch der hintere Teil des Kontaktsterns in lebhafte Glut gerät, wobei der hintere Rand des Daches mit dem vor- deren Rande des Einsatzrohrs abschließt. Der vordere Teil des Ver- 339 M. Dennstedt., brennungrohres ist von Anfang an ganz mit Dächern überdeckt. nur bleibt man zuerst noch mindestens 10 em vom Stopfen entfernt. Die kleinen Flämmcehen des Flammenrohrs sind so hoch gestellt, daß der vordere Teil des Rohrs und mit ihm die etwa eingeschobenen Schiffchen auf 300—320° erwärmt werden — was vorher mit einem in das Rohr geschobenen Ther- imometer auszuprobieren ist. Anfangs ist das Flammenrohr so weit zurück- veschoben, dal) der vordere Teil des Rohres kalt bleibt, damit sich hier das bei der Verbrennung gebildete Wasser kondensiert. Das dient mit zur Beurteilung des Beeinns und Verlaufs der Verbrennung. Nunmehr wird auch die Vergasungsflamme entzündet. In den meisten Fällen, d. h. wenn die Substanz schwer flüchtig oder zersetzlich ist, wird man die Flamme gleich ziemlich hoch aufdrehen können, sonst weniger, man läßt sie ohne Spalt brennen, bei leicht flüchtigen Stoffen muß) sie so weit wie möglich rück- wärts gestellt werden. Jetzt wird der Sauerstoffstrom mit den entsprechenden (Juetschhähnen reguliert, der innere Vergasungstrom so, daß die Bläschen in dem Blasenzähler je nach der Flüchtiekeit des zu verbrennenden Stoffes langsamer oder schneller folgen, bei sehr flüchtigem 5—10 Bläschen. bei schwerer flüchtigem 10—30 in 10 Sekunden. An dem inneren Gas- strom darf während der eigentlichen Verbrennung nichts geändert werden. Der äußere Sauerstoffstrom, Verbrennungsstrom, wird so eingestellt, daß durch die Flüssigkeit im Palladiumfläschehen etwa 10—15 Blasen in 10 Se- kunden treten; man kann den Strom aber, wenn die Vergasung der Sub- stanz einmal zu lebhaft werden sollte, vorübergehend auch wesentlich ver- stärken — bis auf das Doppelte und mehr. Sind die Flammen wie beschrieben entzündet und aufgestellt, so über- läßt man den ganzen Apparat einige Zeit sich selbst und beobachtet nur, ob die Verbrennung einsetzt oder nicht. Man erkennt das daran, daß sich in der Nähe des vorderen Stopfens Wasser kondensiert oder dab der Kontaktstern (nicht immer) aufglüht. Beobachtet man, daß die Substanz in der hintersten Abteilung des Schiffehens schmilzt. sich bräunt, subli- miert oder sonstwie Dämpfe abgibt, so rückt man die hintere Flamme nicht weiter vor, man geht im Gegenteil, wenn diese Verflüchtigung sehr deutlich werden sollte, mit der Vergasungsflamme wieder etwas zurück oder macht sie etwas niedriger, niemals darf sie jedoch ganz weggenommen werden, weil sonst Substanz in die Kapillare hineindiffundieren kann. Tritt dagegen bis hierher keinerlei Veränderung der Substanz im hintersten Teile des Schiffchens ein, so läßt man die Flammen etwa 1—2cm vom hinteren Rande des Schiffehens entfernt stehen. Hat nun so oder so die Vergasungs- flamme vorläufig einen festen Stand erreicht, so versucht man die weitere Verflüchtigung durch die Verbrennungsflamme von vorn nach hinten zu bewirken. Zu dem Ende geht man zunächst mit dem Dach über der Ver- brennungsflamme allmählich rückwärts und folgt dabei auch langsam mit dieser Flamme selbst nach, natürlich muß) der vordere Teil des Rohrs dabei in seiner ganzen Länge mit Dächern bedeckt bleiben. Allmählich beginnt dann Vergasung von der vordersten Abteilung des Schiffehens aus. Selbst Die vereinfachte Elementaranalyse. 335 wenn sich hierbei sehr schwer flüchtige Dämpfe bilden, so kondensieren sie sich nicht wieder an den inneren Wänden des Einsatzrohrs, weil dessen vorderes Ende sehr heiß wird. Eine solche Kondensation ist auch möglichst zu vermeiden, weil die am oberen inneren Rande des Rohres verdichtete Flüssigkeit oft plötzlich nach unten fließt, hier mit dem heißesten Teile des Rohrs in Berührung kommt und sehr plötzlich verdampft; es kann dann unverbrannte Substanz über den Kontaktstern gehen und die Analyse ist verloren. Bei einiger Aufmerksamkeit wird das jedoch leicht vermieden. Allmählich geht man mit der Verbrennungsflamme so weit wie möglich zurück, jedoch nur so weit, dab das hintere Ende des Kontaktsterns noch immer im Glühen bleibt, mit den Dächern aber geht man so weit zurück, daß schließlich auch das ganze Einsatzrohr überdeckt ist. Erlahmt nun die Verbrennung, dann kommt man von hinten mit der Vergasungsflamme zu Hilfe, bis schließlich die Substanz verflüchtigt oder verkohlt ist, dann wird der innere Sauerstoffstrom verstärkt, der äußere gemäßigt und von hinten nach vorn, indem man auch auf die Vergasungsflamme einen Spalt auf- setzt, durchgeglüht; in sehr kurzer Zeit ist die abgeschiedene Kohle voll- ständig verbrannt. Man sieht, dab sich die Geschwindigkeit des Verfahrens auch nach der Flüchtigkeit der Substanz richtet, man muß nur dabei, was sich durch einige Übung rasch erlernt, dafür sorgen, daß die Vergasung in keinem Augenblicke zu schnell geht, so dal etwa Sauerstoffmangel ein- tritt. Oft läßt sich eine solche dem Mißglücken nahe Verbrennung noch durch besondere Verstärkung des äußeren Sauerstoffstroms retten. Der Anfänger lege keinen Wert darauf, schnell zu verbrennen, erst wer sich einige Übung erworben hat, kann auch auf größte Geschwindig- keit hinarbeiten. Im allgemeinen bringt auch diese keinen Vorteil, weil man dann neben dem Apparate stehen bleiben muß, während man sonst durch eine Verbrennung an seinen anderen Laboratoriumsarbeiten wenig gehindert wird; man hat sich nur von Zeit zu Zeit von dem richtigen (Gange des Sauerstoffstroms zu überzeugen und die Flammen, wie beschrieben, zu verschieben. Ist alle Kohle verbrannt, so läßt man im langsamen Sauerstoff- strom erkalten, spannt die Absorptionsapparate ab, die am besten in einem gleichmäßig temperierten Raum aufbewahrt und erst am nächsten Morgen bei derselben Temperatur wie vor der Verbrennung gewogen werden. Annähernd das gleiche Gewicht erhält man, wenn man die Wägung nach etwa 1 Stunde vornimmt. Für genaue Analysen ist das erste Ver- fahren vorzuziehen, auf jeden Fall sind die Wägungen am nächsten Morgen zu kontrollieren. Das Verbrennungsrohr ist alsbald für eine neue Ver- brennung fertig. Man bewahrt am besten den ganzen Apparat ohne Ab- sorptionsapparate zusammengesetzt auf und schließt das vordere Ende mit einem Chlorcaleiumrohr ab, weil das an dem T-Stück der doppelten Zu- leitung sitzende Chlorcaleiumrohr sonst leicht Wasser aufnimmt. Findet man bei seinen Analysen dauernd zu viel Wasser, was sich durch einen blinden Versuch leicht erweisen läßt, so liegt das gewöhnlich an diesem 354 M. Dennstedt. kleinen Chlorealeiumrohre. Man nehme das Chlorcaleium heraus, erhitze es in einem Reagenzelase vorsichtig über freier Flamme und fülle es wieder ein. sobald kein Wasser mehr entweicht. Schwerflüchtige Flüssigkeiten, Öle u. del. können ebenfalls im Schiff- chen direkt abgeworen und verbrannt werden, manchmal wird man aber bei dünnflüssigen Stoffen glasierte Schiffehen verwenden müssen, man legt dann unter das Schiffehen einen großen Tonstreifen oder einen Streifen \sbestpapier. Leichttlüchtige Flüssigkeiten werden im Glaskügelchen abgewogen, das man entweder in ein Schiffehen, Schwanz nach oben, legt oder dem man unmittelbar im Einsatzrohre durch ein Stückchen porösen Quarzes oder dergleichen dieselbe schräge Lage gibt. Man mache den Schwanz der Glas- kugel nicht zu lang. die Kapillare nicht zu eng. Zugeschmolzen braucht die Kapillare nur bei ganz leicht flüchtigen Flüssigkeiten zu werden. 1. Die Substanz enthält nur Kohlenstoff und Wasserstoff, etwa auch Sauerstoff. Die Verbrennung wird in der eben geschilderten Weise durchgeführt, der vordere Teil des Verbrennungrohrs bleibt leer, wird aber doch, wie be- schrieben. mit dem Flammenrohrbrenner erwärmt. 2. Die Substanz enthält auch Stickstoff. Die bei der Verbrennung stickstoffhaltiger Stoffe über Platin stets sich bildenden Oxyde des Stickstoffs werden von mennigehaltigem Bleisuperoxyd bei Überschuß von Sauerstoff in Gestalt von salpetersaurem Blei zurückge- halten. Die Absorption ist bei 300— 320° vollständig. Man verteilt gleichmäßig etwa 5—6 g Bleisuperoxyd in einem weiten, der Rundung des Verbrennungs- rohrs sich möglichst anschmiegenden, 14cm langen Porzellanschiffehen und schiebt es in das Verbrennungsrohr bis auf etwa 6—8cm an die Kontakt- substanz heran. Obgleich diese Superoxydschicht zur Absorption fast immer vollständig ausreicht, fügt man doch noch, um auch die letzten Spuren zurückzuhalten, ein zweites gewöhnliches Porzellanschiffehen mit etwa 1 bis 2g Bleisuperoxyd dem ersten nach. Wird die Temperatur auf 300—320° gehalten, so ist die Absorption auch bei lebhaftem Gasstrome vollständig. Das vorgelegte Bleisuperoxyd muß hier wie in allen anderen Fällen kohlen- säurefrei sein, d.h. es darf bei einem blinden Versuche keine Gewichts- vermehrung des Natronkalkapparates bewirken. Ein so geprüfter und rein befundener Vorrat muß sorgfältig vor Staub usw. geschützt, in einem mit (‚lasstopfen verschlossenen Gefäß aufbewahrt werden. 3. Die Substanz enthält auch Schwefel. Der Schwefel organischer Verbindungen verbrennt mit Sauerstoff und Platin als Katalysator zu Schwefeltri- und -dioxyd. Beide werden vom Blei- superoxyd, das ebenso wie bei der Verbrennung stickstoffhaltiger Stoffe Die vereinfachte Elementaranalyse. 35 os in gleicher Menge in 2 Porzellanschiffchen in das Rohr gebracht wird, leicht und sicher festgehalten. Nur ist zu beachten. daß das Trioxvd unterhalb 325° mit dem stets vorhandenen Wasser Schwefelsäure bildet, die dann zum Teil an den Wänden des Verbrennungrohrs entlang kriecht und nicht genügend mit dem Absorptionsmittel in Berührung kommt. Der hintere Teil des Bleisuperoxyds muß aus diesem Grunde etwas höher erhitzt werden, indem man das große Schiffehen dem Kontaktstern auf 4—6 em nähert. Wenn dabei auch ein Teil des Superoxyds etwas Sauerstoff verliert. so schadet das nichts, da das Schwefeltrioxyd auch vom Bleioxyd festgehalten wird. Soll die absorbierte Schwefelsäure auch quantitativ bestimmt werden. so darf weder beim Einschieben noch beim Herausziehen Bleisuperoxyd aus dem Schiffchen fallen: man bedient sich dazu eines starken Messing- oder Kupferdrahts, der vorn zu einem rechtwinkligen, zugespitzten Häkchen umgebogen ist. Das vorgelegte Bleisuperoxd muß) natürlich sulfatfrei sein, oder man mul in einer kleinen Probe mindestens 259 des gut durch- gemischten, am besten durch ein feines Sieb geschickten Vorrats die Schwefel- säure bestimmt haben und bei jeder Analyse die entsprechende Menge abziehen. Nach der Verbrennung werden die vorsichtig herausgezogenen Schiff- chen in ein Becherglas entleert, dann in geeigneten Reagenzgläsern mit wenig 5°/,iger Sodalösung erwärmt und diese Lösung auf das Bleisuper- oxyd gegossen: das Verfahren wird einige Male wiederholt, Dis man im Becherglase etwa 60 cm? Flüssigkeit hat. Man erwärmt mindestens eine Stunde auf dem siedenden Wasserbade, rührt dabei von Zeit zu Zeit um und zerdrückt die etwa vorhandenen Klümpchen. Man füllt endlich nach dem Erkalten die Flüssigkeit mit Niederschlag in einem Meßzylinder auf 100 cm? auf, gibt für die rund 7g Bleioxyd (spezifisches Gewicht etwa 7) noch 1cm® Wasser aus einer Pipette hinzu, dann hat man in Wirklichkeit 100 em? Flüssigkeit, gießt, um schnell zu filtrieren, auf ein nicht zu kleines trockenes Faltenfilter, gibt das zuerst meist trübe durchlaufende Filtrat wieder auf das Filter zurück und fällt endlich in einem gemessenen Teile (95 cm?), nachdem man vorsichtig mit Salzsäure angesäuert und erwärmt hat, die Schwefelsäure mit Chlorbaryum aus. Das gefundene Baryumsulfat wird auf 100cm® umgerechnet. Da sowohl das Verbrennungsrohr und das Einsatzrohr, auch der Kontaktstern Spuren von Schwefelsäure zum Teil auch als Alkalisulfat zurückhalten, so spült man das Rohr mehrmals mit 5—10cm® Wasser aus, taucht die Spitze des Einsatzrohrs einige Male in einige Kubikzentimeter reines Wasser und gibt diese Waschwässer vor dem Auffüllen zu der Sodalösung. Auch der Kontaktstern wird in einem Reagenzglase mit einigen Kubikzentimetern Wasser abgespült. Diese Flüssigkeit wird natürlich zur Hauptmenge hinzugefügt. Da die po- rösen Porzellanschiffehen Spuren von Sulfaten (Gips) enthalten können, so muß man sie, bevor man sie zu einer Verbrennung mit gleichzeitiger Schwefelbestimmung gebrauchen kann, so oft mit verdünnter Salzsäure aus- kochen, bis die Flüssigkeit die Schwefelsäurereaktion nicht mehr gibt. M. Dennstedt. wo 7 Enthält der zu verbrennende Stoff, z.B. Eiweiß, nur sehr wenig Schwetel, so ist es ratsam, mit demselben Bleisuperoxyd zwei Verbrennungen zu machen und den Schwefel nur einmal zu bestimmen. Kommt es nur auf die Schwefelbestimmung an — auch hierfür wird die \lethode von keiner anderen an Einfachheit und Genauigkeit übertroffen —, so absorbiert man einfacher mit kalzinierter Soda, die in 2 langen Schiff- chen vorgelegt, aber etwas stärker, nämlich über 500°, erhitzt wird. Nach der Verbrennung löst man in Wasser auf, spült auch das Rohr und den Kontaktstern mit Wasser ab, säuert vorsichtig mit Salzsäure an und fällt mit Chlorbaryum. 4. Die Substanz enthält Chlor und Brom. Diese Halogene treten bei der Verbrennung zum Teil frei, zum Teil mit Wasserstoff verbunden auf und werden auf jeden Fall von Bleisuperoxyd in einem Schiffchen, das nicht über 320° erhitzt wird, quantitativ zurückge- halten, das Brom als Oxybromid.!) Da das Oxybromid in Sodalösung nur schwer löslich ist, wird das Bleisuperoxyd in diesem Falle mit 20°/,iger, natürlich halogenfreier Natron- oder Kalilauge auf dem Wasserbade etwa 1 Stunde unter öfter wiederholtem Umrühren extrahiert, nach dem Erkalten auf 200 cm? aufgefüllt, für das suspendierte Bleisuperoxyd die entsprechende Menge (1 cm® für 7 g) Wasser noch besonders hinzugefügt, ein aliquoter Teil (etwa 190 cm?) durch ein trockenes Faltenfilter abfiltriert, das Filtrat mit Salpetersäure angesäuert und mit Silbernitrat gefällt. Chlor und Brom, wenn sie beide vorhanden sind, können nach den Regeln der quantitativen Analyse getrennt werden. Ist neben dem Halogen auch Schwefel vorhanden, so teilt man die alkalische Flüssigkeit in zwei Teile, bestimmt in dem einen die Schwefelsäure, in dem anderen das Ha- loren. Auch in diesem Falle ist es ratsam, um nicht mit zu kleinen Mengen zu arbeiten, mit demselben Bleisuperoxyd zwei Verbrennungen zu machen. 5. Die Substanz enthält Jod. Jod wird von Bleisuperoxyd nur unvollständig zurückgehalten, man mul daher an seiner Stelle als Absorptionsmittel fein verteiltes Silber ver- wenden. sei es als sogenanntes „moleknlares“ Silber (über die Darstellung siehe Anleitung zur vereinfachten Elementaranalyse. Otto Meissners Verlag. Hamburg 1906) oder als „Silber in Pulver“ (Kahlbaum):; es wird wie das Bleisuperoxyd in Porzellanschiffchen verteilt. Ist die Substanz stickstoff- frei. so gibt die Gewichtzunahme der vorher in geeigneten „Schweinchen“ (siehe S. 331) gewogenen Schiffehen unmittelbar die Menge des Jods. Chlor und Brom lassen sich natürlich in dieser einfachen Weise ebenfalls be- stimmen. Wenn jedoch in der Substanz Stickstoff vorhanden war, so nimmt das Silber, sofern es nicht genügend erhitzt wurde, auch Salpetersäure ") M. Dennstedt und F. Hassler, Zeitschr. f. analyt. Chemie. S. 417. 1903. Die vereinfachte Elementaranalyse. 337 auf, man muß dann die Schiffehen bis zu konstantem Gewichte vorsichtig durch eine Bunsenflamme ziehen oder sie mit verdünnter Cyankaliumlösung extrahieren. Man filtriert in diesem Falle vom Silber ab, wäscht sorgfältig mit heißem Wasser nach und fällt im Filtrate das Jodsilber durch vor- sichtigen Zusatz von Salpetersäure natürlich unter dem Abzuge. Sind mehrere Halogene gleichzeitig vorhanden, so muß man Silber anwenden, sie lassen sich dann in dem Halogensilberniederschlage in be- kannter Weise getrennt bestimmen. Enthält die Substanz neben Halogen auch Schwefel, so werden zwei lange Schiffchen, das eine stärker zu er- hitzende mit Silber, das andere nur auf 320° zu erhitzende mit Bleisuper- oxyd vorgelegt. Das Halogen findet sich nur im Silber, die Schwefelsäure teils im Silber, teils im Bleisuperoxyd. Ehe man in diesem Falle das Silber mit Cyankaliumlösung behandelt. wird es mit heißem Wasser erschöpft, aus dem Wasser fällt man das Silber mit Salzsäure, filtriert und wäscht das Chlorsilber mit heißem Wasser aus. Das Filtrat gibt man zu dem alkalischen, filtrierten, dann angesäuerten Extrakt des Bleisuperoxyds und fällt darauf die Schwefelsäure mit Chlor- baryum. Das mit Wasser erschöpfte Silber enthält das Halogen, das, wie schon beschrieben, extrahiert und bestimmt wird. 6. Die Substanz enthält Mineralbestandteile. Sind die Mineralbestandteile in keiner Form flüchtig, so bleiben sie als Asche in dem gewogenen Schiffehen und können nach der Verbrennung zurückgewogen werden. Enthält die Asche Alkalien oder alkalische Erden, so kann von ihr Kohlensäure zurückgehalten werden. Man befeuchtet das zurückgewogene Schiffehen in einer geeigneten, vorher gewogenen Platin- schale (sogenannten Weinschale) oder Porzellanschale mit einigen Tropfen Salzsäure, die Karbonate werden in Chloride übergeführt, man erwärmt erst vorsichtig, dann stärker und wägt die Schale für sich und das Schiffchen in seinem „Schweinchen“ zurück. Aus der Gewichtsdifferenz läßt sich, wenn nur ein Metall vorhanden ist, die Kohlensäure berechnen, die der im Natronkalkapparat gefundenen hinzuzuaddieren ist. Sind verschiedene Al- kalien oder alkalische Erden oder Alkalien und alkalische Erden vorhanden. so müssen diese für eine genaue Berechnung, was kaum je nötig sein wird. besonders getrennt und bestimmt werden. Die Schwefelsäure und Phosphor- säure läßt sich ebenfalls in dem salzsauren Auszuge bestimmen. Enthält die Substanz organisch gebundenen Phosphor, so geht dieser bei der Verbrennung ebenfalls in Phosphorsäure über, die dann im Schiffehen schmelzend oft Kohlepartikelehen umschließt und diese vor der vollständigen Verbrennung schützt. Handelt es sich nur um kleine Mengen, so wird die eeschmolzene Phosphorsäure von dem porösen Schiffehen aufgenommen und die Kohle allmählich verbrannt, bei größeren Mengen gelingt das jedoch nicht, man muß dann die Verbrennung kurze Zeit unterbrechen, das Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 22 M. Dennstedt. 7 Schiffehen herausnehmen das Rohr natürlich sofort wieder schließen — und das Schiffehen in eine flache Glasschale stellen, in die man dann, nieht in das Schiffehen, etwas verdünnte Salzsäure gibt. Die Säure dringt von aulen in das Schiffchen, laugt die Phosphorsäure aus, während die davon frei gewordenen Kohlepartikelchen in dem Schiffehen liegen bleiben. Das vorsichtig bei etwa 120° getrocknete Schiffehen wird wieder in das Verbrennungsrohr eingeführt und die Verbrennung beendet. Der organisch gebunden gewesene Phosphor wird nicht vollständig in der Asche gefunden, läßt sich also darin nicht quantitativ bestimmen. 7. Die Bestimmung des Stickstofis. Der physiologische Chemiker wird im allgemeinen die Kjeldahlsche Methode der Stickstoffbestimmung bevorzugen. Handelt es sich aber um schwer darstellbare Stoffe, die in genügender Reinheit nur in geringer Menge zur Verfügung stehen, so daß an Material gespart werden muß, dann wird er zu dem bewährten Dumasschen Verfahren zurückkehren, das auch mit kleinen Stoffmengen genaue Resultate gibt. Auch für das Dumassche Verfahren können die vielflammigen Ver- brennungsöfen als veraltet gelten, man kommt mit dem S. 326 beschriebenen (Gestell und mit 4 guten Bunsen- oder Teklubrennern vollkommen aus. Be- sonders bewährt hat sich das schon auf S. 328 beschriebene Universal- gestell. das für die Stickstoffbestimmung hergerichtet Fig. 466 wiedergibt. Das ebenfalls 86 em lange Verbrennungsrohr ist wie folgt beschickt: Die Füllung beeinnt mit einem 20 em langen zusammengerollten Kupfer- drahtnetz, das vom Stopfen 8 cm entfernt bleibt, es folgt ein kurzer Pfropfen aus oxydiertem Kupferdrahtnetz, darauf eine 28 em lange Schicht von erobem Kupferoxyd, mit einem zweiten Drahtnetzpfropfen festgehalten. Die nächstfolgenden 18 em dienen zur Aufnahme der Substanz, die man entweder mit feinem Kupferoxyd nach Mitscherlichs Verfahren mit dem Mischdrahte mischt, oder die man in einem leicht selbst anzufertigenden Schiffehen aus Kupferblech!) abwägt und mit feinem Kupferoxyd gemischt in das Rohr einschiebt. Es folgt noch eine 10 cm lange Rolle aus oxy- diertem Kupferdrahtnetz. Das Schiffsche Azotometer mit Trichteransatz trägt ein besonders geknicktes Gaszuleitungsrohr, wodurch ein Zurücksteigen der Kalilauge in das Verbrennungsrohr erschwert wird. Außerdem empfiehlt es sich, zwischen Azotometer und Verbrennungsrohr ein Rückschlagventil einzuschalten; man kann dann auch wohl mal die Verbrennung sich selbst überlassen, ohne ein Mißgeschick durch Zurücksteigen der Lauge befürchten zu müssen. Die Kohlensäure zur Verdrängung der Luft vor Beginn der Ver- brennung und des Stickstoffs zum Schlusse wird am besten aus Natrium- bikarbonat in einem besonderen, nicht zu kurz und eng gewählten Rohre mit einer kleinen Flamme vorgenommen. Den vorderen Teil dieses Rohrs ') S. M. Dennstedt, Anleitung zur vereinfachten Elementaranalyse. S. 89. Die vereinfachte Elementaranalyse. 359 lasse man kalt, damit die dort liegenden Stücke das kondensierte Wasser aus dem nicht getrockneten Bikarbonate aufnehmen können. Diese Stücke werden nach jeder Verbrennung erneuert, wenn die Füllung des Rohrs für mehrere Operationen dienen soll. Ist die Luft verdrängt, so wird, ohne den Sauerstoffstrom aus dem Bikarbonat ganz zu unterbrechen, mit der Vergasung und Verbrennung der Substanz begonnen, indem man von hinten nach vorn mit einem Brenner und aufgesetztem halben Dache das Rohr allmählich erhitzt und zum Glühen bringt. Natürlich muß der vordere Teil des Rohres mit den Fig. 466. drei mit Spalt versehenen und ganz aufgedrehten Brennern schon zur Rot- elut erhitzt sein. Ist die Verbrennung der Substanz beendet, so wird zum Schlusse das Rohr in seiner ganzen Länge mit den Dächern bedeckt und, indem man die vier Brenner gleichmäßig verteilt, durchgeglüht. Ist schliel- lich der Stickstoff durch die zuletzt wieder stärker aus dem Bikarbonat entwickelte Kohlensäure verdrängt und das Azotometer abgespannt, dann wird das Kupferschiffchen und die vordere Kupferdrahtnetzrolle aus dem noch glühenden Rohre herausgezogen und durch Einleiten von Sauerstoff oder Luft im Rohre reduziertes Kupfer wieder oxydiert: das Rohr ist dann wieder gebrauchsfertig. md IV Bestimmung des Stickstoffs nach der Methode von Kjeldahl. Von P. Rona, Berlin. Prinzip der Methode. Die organische Substanz, die auf ihren Stickstoffgehalt untersucht werden soll. wird mit konzentrierter Schwefelsäure in Gegenwart eines Kata- Ivsators zerstört, wobei aller Stickstoff in Ammoniak übergeführt wird. Das in der sauren Lösung als Ammonsulfat vorhandene Ammoniak wird durch einen Überschuß von Natronlauge in Freiheit gesetzt, abdestilliert und in titrierter Schwefelsäure aufgefangen.!) Die Methode soll zunächst für Harn genau beschrieben werden. Die nötigen Reagenzien und Apparate sind: 1. Rundkolben aus hartem (Jenenser) Glas von ca. 15 cm Halslänge und ca. 750 em® Inhalt. 2. Destillationsvorrichtung. 3. Konzentrierte stickstofffreie Schwefelsäure. 4. 35°/,ige stickstofffreie Natronlauge. 5. /,0-Normalschwefelsäure und !/,,-Normalnatronlauge. 6. Kristallisiertes Kupfersulfat. _ 1. Kristallisiertes Kaliumsulfat. ") J. Kjeldahl, Neue Methode zur Bestimmung des Stickstoffes in organischen Körpern. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 22. S. 366 (1883). Die Literatur über die Methode bis zum Jahre 1894 ist in J. Ephraim, Sammlung der wichtigsten Originalarbeiten über Analyse der Nahrungsmittel. Leipzig (Barth) 1895 zusammengestellt. Theoretische Be- merkungen über die Methode findet man unter anderen in den folgenden Arbeiten: G.Bredig und J. W. Brown, Katalytische Oxydationen organischer Substanzen mit konzentrierter Schwefelsäure. I. Beiträge zur chemischen Kinetik der Kjeldahlanalyse und Naphtalinoxydation. Zeitschr. f.physikal. Chemie. Bd.46. S.502(1903). — F. W. Dafert, Beiträge zur Kenntnis des Kjeldahlschen Stickstoffbestimmungsverfahrens. Landwirt- schaftliche Versuchsstation. Bd. 34. S.311 (1887); vgl. auch Sitzungsbericht der nieder- rheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. 1884. 8.203. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 24. S. 454 (1885). — Alexander v. Asböth, Über allgemeinere Anwendung der Kjeldahlmethode der Stickstoffbestimmung. Chem. Zentralbl. Bd. 17. S. 161 (1886). — H.Malfatti, Zur Stiekstoffbestimmung nach Kjeldahl. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 39. S.467 (1903). — 0. Folin, Beiträge zur Chemie des Kreatins und Kreatinins im Harne. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 41. S. 223 (1904). Bestimmung des Stickstoffs nach der Methode von Kjeldahl. 341 8. Talkum. 9. Als Indikator Kongorot, Lackmoid-Malachitgrün oder Methylorange. Alle Reagenzien müssen auf Stickstofffreiheit geprüft werden. Ausführung der Methode.!) Zehn, bei konzentrierten Harnen 5 cm®, die mittelst Pipette genau ab- gemessen werden, bringt man in einen geräumigen, 750—800 em? fassenden kundkolben aus hartem Glase; man fügt 10 em? konzentrierte Schwefel- säure (in einem Meßzylinder abzumessen) und 0'2—0'5 g Kupfersulfat (fest oder in Lösung) hinzu und erwärmt den in einem gut ziehenden Abzug befindlichen Kolben in schräger Lage auf dem Drahtnetz oder auf dem Baboblech zuerst vorsichtig, dann stärker bis zum Sieden. Wenn alles Wasser verdampft ist und weiße Schwefelsäuredämpfe entweichen, gibt man, am besten nach vorheriger kurzer Unterbrechung des Erwärmens, noch ca.5g Kaliumsulfat?) zu der Flüssigkeit. Man unterhält ein lebhaftes Sieden, bis die Fig. 468. Flüssigkeit ganz farblos oder blaugrün geworden ist, was etwa nach einer Viertelstunde der Fall ist, und setzt das Erhitzen noch mindestens eine halbe Stunde weiter fort. Um das Entweichen der Säure während des Kochens zu beschränken, kann man in den Kolbenhals ein Reagenzglas, das am oberen Drittel zu einer kugelförmigen Erweiterung (vgl. Fig. 467 u.468) aufgeblasen ist, stecken: die Säure wird dadurch kondensiert und fließt in den Kolben zurück. Nach Ablauf der erwähnten Zeit läßt man erkalten, fügt vorsichtig 250 — 300 em? destilliertes Wasser hinzu, läßt wiederum erkalten, gibt dann einen gehäuften ') Die Beschreibung folgt zunächst im wesentlichen der bewährten Vorschrift von Hoppe-Seyler-Thierfelder. 8. Aufl. (1909). S. 560. Den Herren Fr. Hofmeister, Palladın, M. Siegfried, K. Spiro, Fr. Tangl verdanke ich durch freundliche briefliche Mitteilung bezüglich der Kjeldahlschen Methode wertvolle Winke, die ich in diesem Abschnitt be- nutzt habe. 2) J.W.Gunning, Eine Modifikation der Ajeldahlschen Stiekstoffbestimmungs- methode. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 28. S.189 (1889). 342 P. Rona. Kaffeelöftel voll (etwa 15 g) Talk!) hinzu und reinigt den oberen Teil des Kolbenhalses sorgfältig mit einem Tuch von dem hängengebliebenen Pulver. Bevor man diese Flüssigkeit mit der Natronlauge versetzt, beschickt man die Vorlage mit 50 cm 1 Normalschwerissue und verbindet sie in der aus den Figuren 469 u. 470 ersichtlichen Weise mittelst eines Glasrohrs mit dem Kühler. Das Glasrohr, das eine kugelförmige Erweiterung trägt, soll in die titrierte Schwefelsäure eintauchen. Ist die Verbindung durch (ummischläuche hergestellt, so versetzt man die das Ammonsulfat ent- haltende Flüssigkeit ohne Umschütteln mit Natronlauge von 33°, bis zur deutlich alkalischen Reaktion, indem man die Lauge vorsichtig den Kolben- | u 7797 Fig. 470. hals entlang fließen läßt und die saure Flüssigkeit damit unterschichtet. Die Natronlauge darf mit dem oberen Teil des Kolbenhalses nicht in Be- rührung kommen, da sonst der den Kolben verschließende Gummistopfen nicht fest sitzt. Die zur Erreichung der alkalischen Reaktion nötige Menge starker, womöglich karbonatfreier Natronlauge wird vorher mit Hilfe eines Indikators annähernd bestimmt: bei Anwendung von 10 cm? konzentrierter Schwefelsäure genügen 40—50 cm? der 33°/,igen Lauge. ') P. Argutinsky, Über die Kjeldahl-Wilfarthsche Methode der Stickstoffbestimmung unter Berücksichtigung ihrer Anwendung zu Stoffwechselversuchen. Pflügers Archiv. Bd. 46. S. 581 (1890). Bestimmung des Stickstoffs nach der Methode von Kjeldahl. 343 Sofort nach Hinzufügen der Lauge verbindet man den Kolben mit dem Kugelaufsatz, der seinerseits bereits vorher mittelst Gummischlauches mit dem Destillationsrohr verbunden ist, rührt den Kolbeninhalt durch Um- schwenken des Kolbens um und zündet gleich den Brenner unter dem Kolben an. Die Destillation geht infolge der Anwesenheit von Talk ruhig vor sich (statt Talk können auch einige Stückchen granulierten Zinks verwendet werden!) und alles Ammoniak ist übergetrieben, bevor die Flüssigkeit zu stoßen beginnt. Ein starkes Stoßen zeigt demnach gewöhnlich das Ende der Reaktion an. Um jedoch ganz sicher zu sein, ob alles Ammoniak schon überdestilliert ist. löst man nach etwa einer halben Stunde seit dem Beginne des Siedens die Verbindung zwischen Kühler und Glasrohr und fängt einen Tropfen des Destillats auf rotem Lackmuspapier auf; wird dieses noch blau gefärbt, so stellt man die Verbindung gleich wieder her und destilliert weiter. Zeigt eine neuerliche Prüfung, dab das Destillat nicht mehr alkalisch reagiert, so löst man die Verbindung zwischen Glasrohr und Kühler endgültig, spritzt die an dem Glasrohr hängende Flüssigkeit innen und außen mit der Spritzflasche gründlich ab, fügt einen Tropfen des Indikators hinzu und titriert die über- schüssige Schwefelsäure mit !/,-Normallauge zu- rück. Die Anzahl der verbrauchten Kubikzenti- meter Natronlauge von 50 abgezogen, mit 1'401 multipliziert, gibt die Menge Stickstoff in Milli- gramm an, die in der betreffenden Harnmenge enthalten ist. Im einzelnen sind zu dieser Beschreibung folgende Bemerkungen hinzuzufügen. Der Aufschluß) der Flüssigkeit mit Schwefel- säure erfolgt in manchen Laboratorien in birnen- förmigen Kolben von ca. 200 cm? Inhalt und von ca.15 cm Halslänge (Fig. 471). In diesem Falle muß die erkaltete Flüssigkeit mit Wasser quantitativ in den Destillationskolben übergeführt werden. Das Erhitzen erfolgt auf einem Drahtnetz oder auch über freier Flamme. Im letzteren Falle ist die Anordnung von P. Claes?) zu empfehlen. Der Kolben liegt in einem Ausschnitt einer mit Asbestpappe bekleideten Eisen- blechscheibe (Fig. 472). Der mit der Flamme direkt in Berührung kom- Fig. 471. ') Vgl. u.a.: U. Kreusler, Beiträge zur quantitativen Bestimmung des Stickstoffs. Landw. Versuchsstat. Bd. 31. S. 248 (1885). Ferner E. Bosshard, Zur N-Bestimmung nach Kjeldahl. Zeitschr. f. anat. Chemie. Bd. 24. S. 199 (1885). — Proeter und Turnbull, Chem.-Ztg. Bd. 24. S. 126 (1900). Bei Anwendung von Zinkstaub muß dieser auf Stick- stofffreiheit geprüft werden. Vgl. u. a.: F. Robineau und @. Rollin, Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 33. S. 594. Mon. scient. [4.]. Vol.7. p. 138. ”) Paul Claes, Methode sulfurique de Ajeldahl pour le dosage de l’azote. Bruxelles 1887 und Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 27. S.400 (1888). 344 P. Rona. mende Kolbenteil umfalt die zu untersuchende Flüssigkeit: der übrige Teil ist dureh den Asbest vor Überhitzung geschützt. Um mehrere Untersuchungen auf einmal vornehmen zu können, werden eine Reihe von Kolben in ent- h A EN Y mi = () Je sprechenden Gestellen auf einmal erhitzt. Es gibt verschiedene Anordnungen, von denen einige aus den Figuren 473-475 ersichtlich sind. Sind beim Aufschluß größere Mengen anorganischer Substanzen. namentlich Phosphorwolframsäure, Bariumsulfat, in der Flüssigkeit zugegen, so ist die Verbrennung mit Schwefelsäure langwierig, und es kann auch leicht ein Springen des Aufschlußkolbens eintreten. Daher hat M. Siegfried!) Fig.474. einen Apparat konstruieren lassen (zu beziehen bei R. Rothe, Leipzig), bei dem die Kolben während des Aufschließens in ständiger Bewegung gehalten werden. wodurch das Stoßen absolut vermieden und die Reaktion sehr be- ") M. Siegfried, Ein Kjeldahlapparat. Zeitschr. f.physiol. Chemie. Bd.41. S.1 (1904). Bestimmung des Stickstoffs nach der Methode von Kjeldahl. 345 schleunigt wird. Der Apparat (Fig. 476) ist 42 cm hoch, die Fußplatte mist 445 x 225 cm. Vier Jenenser Aufschlußkolben von 200-350 em® Inhalt werden an der um die Längsachse drehbaren Eisenspange a durch die federnden, im Scharnier drehbaren Bügel 5 mit Hilfe der Schrauben « befestigt. Die Spange a wird durch die mit Exzenter versehene Rolle d hin und her bewegt; der Stift e gestattet ein Öffnen des Gelenkes zum Zwecke des Auflegens der Transmissionsschnur auf die‘ Rolle, die durch einen kleinen Elektromotor oder eine Wasserturbine getrieben wird. Verfügt man nicht über einen guten Abzug, um die beim Aufschlub sich entwickelnden schwefligsauren Gase zu entfernen, so kann man sich m % yTarzas pro =— Ba wre ZI - \ AMERTSERRMEETNE: en LI Fig. 476. des Vogtherrschen Apparates bedienen.!) Bei diesem trägt ein Jenenser Kolben von 500 em? Inhalt eine luftdicht eingeschliffene Glocke, die in eine Destillationsröhre ausläuft (Fig. 477). Diese ist nochmals senkrecht nach abwärts gebogen und mündet in ein kreisförmig erweitertes Absorptions- rohr, dessen unteres offenes Ende in die Vorlage, die Natronlauge enthält, taucht. Das beim wie üblich ausgeführten Aufschluß entweichende Schwefel- dioxyd wird von der Natronlauge zu Natriumsulfit und Natriumbisulfit ') M.Vogtherr, Ein neuer Kjeldahlapparat. Chem.-Ztg. Bd. 27: S. 988 (1903). 346 P. Rona. elöst. und nichts oder fast nichts davon gelangt in den Arbeitsraum. Derselbe Apparat kann dann zum Überdestillieren des gebildeten Ammoniaks benutzt werden. Der Aufsatz des Destillierkolbens hat die Aufgabe, ein even- tuelles Überspritzen von Natronlauge in die Vorlage zu verhüten. Die von 0. Reitmair und Stutzer‘) empfohlene Form (Fig. 478 und 479) hat sich sehr gut bewährt. Eine empfehlenswerte Fig. 478. Fig. 479. Modifikation dieses Aufsatzes rührt von ©. @. Hopkins?) her (Fig. 480). Sie besteht in den seitlichen Durchbohrungen der Rohrteille C und C bei A und A. Hierdurch wird nicht allein ein Überreißen des fixen Alkalis, sondern auch das lästige Stoßen der Flüssigkeit vermieden, da die Dämpfe freien Abzug haben und durch die bei € und € zurückfließende,, kondensierte am Er | i 1 4 ct Fig. 480. Fig. 481. Fig. 482. Flüssigkeit nicht aufgehalten werden. Dieselbe Wirkung hat auch der Auf- ') 0. Reitmair und A.Stutzer, Repert. d. analyt. Chemie. Bd. 5. S. 232. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 25. S. 582 (1886). ®) (.@. Hopkins, A new safety destillation tube for rapid work in nitrogen de- termination. Journ. of the Amer. Chem. Soc. Vo1.18. p. 227 (1896). Bestimmung des Stickstoffs nach der Methode von Kjeldahl. 347 satz von Lassar-Cohn!), der bei A (siehe Fig. 481) eine seitliche Öffnung besitzt. Die Länge dieses Aufsatzes beträgt ca. 25 em, sein Durchmesser im weiten Teil 32 em. ?) Zur Einfüllung der Natronlauge wird diese vorsichtig entlang der Kolbenwand laufen gelassen, wobei man, wie oben erwähnt, darauf achten muß, daß der mit dem Gummistopfen in Berührung kommende Teil nicht benetzt wird. Man kann auch einen langhalsigen Trichter oder einen Tropi- trichter (siehe Fig. 482) zur Füllung benutzen.) Es besteht aber keine Gefahr, daß während des Einfließens der Natronlauge Ammoniak frei werden könnte. Durig*) verwendet zu diesem Zweck eine gewöhnliche Wasserflasche mit doppelt gebohrtem Kautschukstopfen; in der einen Bohrung sitzt ein ge- krümmtes Röhrchen in Verbindung mit einem Gebläseballon, das andere bis auf den Boden reichende Rohr trägt eine 50 bezw. 100 em? fassende Birne. in der ähnlich wie beim Soxhletschen Fettextraktionsapparat ein Heber eingeschmolzen ist, der die Wand der Kugel durchsetzt und außen in ein langes, nach abwärts gekrümmtes Aus- laufrohr fortgesetzt ist. Durch Drücken am Ballon wird die Lauge eingetrieben, bis der Heber überzulaufen beginnt (Fig. 483). Eine Kühlung während des Destil- _|\ lierens ist nicht unbedingt erforderlich, en da die vorgelegte Säure auch ins Sieden ? | kommen kann, ohne daß man einen“ ’ Verlust an Ammoniak oder an Schwefel- fl säure zu befürchten hätte. Dadurch wird All die Anordnung eine einfachere (vergl. Fig. 484), die Destillation auch schneller beendet, da die im Kühler sich nieder- schlagende Feuchtigkeit das Ammoniak lange Zeit festhalten soll. Man kann auch die Vorlage kühlen: diese steht, mit einem Bleiring beschwert, in einem Zinkbehälter, in welchem frisches Leitungswasser strömt und so die Kühlung besorgt.°) Im allgemeinen ist eine ganz schwache Kühlung jedoch der Destillation ohne Kühlung vorzuziehen. In diesem Falle wird man bei etwaiger ungenügender Menge der vorgelegten Säure keinen Ammoniakverlust zu be- fürchten haben; man kann auch die Titration sofort vornehmen und braucht nicht zu warten, bis die Flüssigkeit sich wieder abgekühlt hat. Nach Fig. 483. !) Lassar-Cohn, Arbeitsmethoden. Hamburg und Leipzig. 4. Aufl. 1906. S. 311. 2) Vgl. auch den Aufsatz von P. Claes |]. ce. 3) Vgl. u. a. G. Ozeezelka, Zur Ausführung der Stickstoffbestimmung nach Ajeldahl. Monatshefte f. Chemie. Jg. 6. p. 63 (1885). 4) A. Durig, Kleine Mitteilungen zur biochemischen Versuchsmethodik. Biochem. Zeitschr. Bd. 4. S.65 (1907). 5) Fr. Tangl, Briefliche Mitteilung. 348 P. Ron Benedikt‘) verfährt man am besten. wenn man 15 Minuten unter Kühlung destilliert und dann das Wasser aus dem Kühler entfernt, so dal) nun das Kühlrohr heiß wird. In wenigen Minuten sind dann die letzten Spuren von Ammoniak übergetrieben. Das Glasrohr soll in die vorgelegte titrierte Schwefelsäure eintauchen. Nach 0. @. Hopkins?) soll es sogar gut sein, das vorgelegte Gefäß öfters zu schütteln. damit stets über dem Röhrenende die zur Ammoniakbindung nötige Menge Säure sich befinde. Genaue Resultate erhält man auch mit folgenden Vorrichtungen. Bei der Ammoniakabsorptionsflasche nach Fritsch®) werden in die Bieeung des mit einem Bunsenventil versehenen, an zwei Stellen kugel- Fig.484. förmig aufgeblasenen Rohrs durch Umschwenken der Vorlage einige Tropfen der Absorptionsflüssigkeit gebracht, so dal die bei dem beginnenden Destil- lieren durch das Rohr entweichende Luft von der verdünnten titrierten Flüssigkeit gewaschen wird (Fig. 485). Nach Huppert*) ist der Kühler mit einem Glasrohr verbunden, das in die titrierte Lösung taucht. Um zu ver- hindern, daß die Säure bei Temperaturschwankungen in den Kühler empor- steiet. ist das Rohr etwa in halber Höhe mit einem Loch versehen. Damit 1) F.@. Benedikt, The distillation of ammonia in the determination of nitrogen. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 22. p. 259 (1900). ?) (€. G@. Hopkins, Some errors in the determination of nitrogen. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 20. p. 961 (1898). >) P. Fritsch, Über die Bestimmung von Kohlenstoff und Stiekstoff in organischen Verbindungen auf nassem Wege. Annal. d. Chemie. Bd. 294. S.79 (1897). #) Neubauer-Vogel, Analyse des Harnes. Wiesbaden. 10. Aufl. 5.803 (1898). Bestimmung des Stickstoffs nach der Methode von Kjeldahl. 349 das durch dieses Loch entweichende Ammoniak nicht verloren geht,”trägt der Kautschukpfropfen, mit welchem der Kolben verschlossen wird, noch ein Glasperlen enthaltendes Rohr, welches mit der zugemessenen Schwefelsäure benetzt wird (Fig. 486). Man kann auch als Vorlage eine Wul/ffsche Flasche verwenden, in deren einen Tubulus der Kühler, in deren anderen ein kurzes, Fig. 485. mit Glasperlen versetztes Glas- rohr eingesetzt ist; durch letzteres läßt man die titrierte Säure einlaufen. !) Nach beendeter Destillation wird die Flamme, na- türlich erst nach Loslösen der Vorlage von dem Kühler, abgedreht. Um ein Zurücktreten der vorgelegten Schwefelsäure während des Destillierens bei plötzlicher Drucksenkung im Destillierkolben zu verhindern, was namentlich dann eintreten kann, wenn man mit kleiner Flamme destilliert, kann man sich des automatischen Quecksilberventils von Fr. Pregl?) bedienen (Fig. 457). Dieses läbt den Eintritt der Luft in der einen Richtung zu, bewirkt hin- gegen in der anderen einen vollständigen Abschluß. H. P. Armsby und F.@G. Short:) haben ebenfalls ein ähnliches Ventil (Fig. 488) angegeben. Im Prinzip in gleicher Weise, wie im Harn, erfolgt die Stickstoffbestimmung in anderen stickstoffhaltigen organischen Körpern, wie Milch, Fleisch, Kot, Brot usw. Man nimmt zur Unter- suchung von der Milch 5 cm®, von Fleisch, trockenem Brot, trockenen Fäzes ca. 19, von frischem Kot 4—5g. Die trockene Substanz wird in Fig. 486. Fig. 488. ı) Eine praktische Vorlage beschreibt Bärenfänger, Zeitschr. f. angew. Chemie. Bd. 20. S. 1982 (1907). ?) Fr. Pregl, Über die Verwendung eines einfachen Apparates bei der N-Bestim- mung nach Kjeldahl. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 38. 8.166 (1899). ®) H.P.Armsby and F.G.Short, Apparatus for Kjeldahl-Method of N-Determi- nation. Amer. Chem. Journ. Vol. 8. p. 324 (1886). >3D0 P. Rona. einem Wägeeläschen abgewogen, in den Destillierkolben geworfen, das Wäge- eläschen zurückgewogen. Klebrige Organe können in genau abgewogenem stickstofffreiem Filtrierpapier gewogen und in letzteres eingehüllt in den Kolben geschoben werden. In allen Fällen, wo es angängig ist, soll frischer Kot zur Untersuchung oebracht werden, da beim Trocknen des Kotes, auch bei Säurezusatz, Stickstoffverluste unvermeidlich sind.!) Der frische Kot wird mit schwacher (0:5°%/,iger) Salz- oder Schwefelsäure angerieben und von dem Gemisch ein aliquoter Gewichts- oder Volumenteil genommen. Kann der Kot nicht gleich verarbeitet werden, so muß er getrocknet werden. Argutinsky?) übergießt die Fäzes mit 200 em? einer schwachen Schwefelsäurelösung (10 em® Schwefel- säure auf ein Liter Wasser) und diekt das Gemisch auf dem Wasserbade zu einem gleichmäßigen Brei, schließlich zu einer gleichmäßigen asphalt- artieen Masse ein. Das Trocknen des Kotes wird nach Poda>), wie folgt, ausgeführt. Die Fäzes werden in einer Porzellanschale, deren Gewicht in- klusive Glasstab bekannt ist, abgewogen und auf einem schwach sieden- den und durch eine kleine Flamme erhitzten Wasserbade unter häufigem Umrühren eingedampft. Wenn die Konsistenz zähflüssig geworden ist (nach 4—6 Stunden), wird das an den Wandungen Haftende mit einem Messer zusammengekratzt und das Ganze mit etwa 5O0cm3 absolutem Alkohol zusammengerührt. Nach weiterer vorsichtiger, etwa einstündiger Trocknung auf dem Wasserbade werden wieder 25.cm3 absoluten Alkohols hinzugefügt, sorgfältig verrieben, wieder verdunstet und mit dem Zu- satz von Alkohol und mit dem Erwärmen fortgefahren. bis die Fäzes nach dem Abkühlen pulverisierbar geworden sind. Der so vorbehan- delte Kot enthält 2—5°/, Wasser. Kot vom Pferd, Kaninchen, Schaf, Ziere u.del. wird nach dem Ausbreiten in dünner Schicht in kurzer Zeit bei Zimmertemperatur hinreichend trocken. Über die Prüfung des Kotes auf den Gehalt an Stickstoff, der in Form von Stoffwechsel- produkten darin enthalten ist, vgl. Band II: es sei hier nur erwähnt, daß es sich empfiehlt, den verhältnismäßig trockenen Kot von Schaf, Ziere, Kaninchen, sofern er nicht frisch untersucht werden kann, durch Zugabe von Schwefelkohlenstoff, auf je 100g des Kotes 1cm3 Schwefel- kohlenstoff, zu konservieren.) Man bewahre den Kot in luftdicht schließenden Gefäßen auf. Beim Trocknen von großen Mengen von Kot im Vakuumtrockenschranke verfuhr Durig’) in der Weise, daß die Fäzes auf lange, 1cm tiefe Porzellanschalen aufgestrichen und in dem ganzen Raume ') A.Zaitschek, Zur Methodik der Bestimmung des Stickstoffs und des Eiweiß- gehaltes der Fäzes. Pflügers Archiv. Bd. 98. S. 595 (1903). An °”); Poda, Eine neue Methode der Trocknung des Kotes. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 25. S. 355 (1898). *) A. Stutzer, E. Merres, L. Seidler, Untersuchung des Kotes auf den Gehalt an Stickstoff, der in Form von Stoffwechselprodukten darin enthalten ist. Biochem. Zeitschr. Bd.9. S. 311 (1908). 2) lae: Bestimmung des Stickstoffs nach der Methode von Kjeldahl. 35] des Trockenschrankes abwechselnd Kotschalen und flache Schwefelsäure- schalen geschichtet wurden. Nach einigen Stunden ist der Kot bereits so fest, daß sich die Oberfläche durch den Nickelspatel auf der Schale in kleine Wellen und Runzeln aufrauhen läßt. Nach zwei Stunden wird der Kot bröckelig und kann gewendet werden. Bei breiigem, stark mit Chloro- form versetztem Kot war nach 12stündigem Trocknen der Kot bereits mahlbar. Die Trockentemperatur lag bei ca. 50°. Bei Verarbeitung von Vogelexkrementen verfuhr E. Friedmann‘) in der Weise, dal diese mit schwacher (ea. 5°/,iger) Schwefelsäure versetzt und mit großen Mengen (150-—200°) wasserfreiem Natriumsulfat sorgfältig verrieben wurden. Das gleichmäßige Pulver wird nun gewogen und in einem aliquoten Teil der Stickstoff bestimmt. Der Harn soll ganz frisch zur Untersuchung kommen. Ist dies aus irgend einem Grunde unmöglich, so wird nach Cronheim ?) als Konservierungsmittel am besten Thymol in alkoholischer Lösung (10°/,ige Lösung in 96°/,igem Alkohol) und NaFl (gesättigte wässerige Lösung. etwa 4°/,), und zwar 1 cm3 auf 100 cm® Urin angewendet. Über andere Kon- servierungsmittel vgl. Varges 3), Schweissinger *). Die letzterwähnten Substanzen, Kot, Brot, Fleisch erfordern für ihren Aufschluß viel längere Zeit als der Harn. Da bei der Zersetzung oft starkes Schäumen eintritt, soll die Erhitzung anfangs sehr vorsichtig, mit kleiner Flamme geschehen. Es setzen sich auch bei der Analyse von Nahrungs- mitteln und Fäzes nicht selten im oberen gewölbten Teil des Kolbens halb- verkohlte Massen ab, die dureh Umschütteln nicht zu lösen sind und auch der Verbrennung hartnäckig widerstehen. Man muß dann den Kolben völlig erkalten lassen, die anhängenden Massen mit Wasser herunterspülen und aufs neue erhitzen (Salkowski). Bei solchen schwer aufschließbaren Stoffen ist großes Gewicht auf wiederholte Erneuerung der konzentrierten Schwefelsäure zu legen. Das Erhitzen muß unter Umständen 10, ja 20 Stunden dauern und muß auch nach vollständiger Entfärbung noch 1—2 Stunden fortgesetzt werden. In solchen Fällen mag es vielleicht auch von Vorteil sein. nach der Vorschrift von Kreusler 5) statt der konzentrierten Schwefelsäure mit Phosphorsäureanhydrid versetzte Schwefelsäure (200 9P,; O, auf 17 konzen- ') Mündliche Mitteilung. ?) W. Cronheim, Konservierung des Harns für analytische und kalorimetrische Zwecke. Archiv f. Anat. u. Physiol. 1902. Suppl. 262. Thymol wurde zur Konservierung des Harnes zuerst von Lewin empfohlen. Virchows Archiv. Bd. 65. S. 164 (1875). Man beachte, daß Thymol die Millonsche Reaktion gibt ! ?) Varges, Beiträge zur Harnkonservierung. Pharm. Zentralh. Bd. 43. S. 75 (1902). *) 0. Schweissinger, Beitrag zur Harnkonservierung. Pharm. Zentralh. Bd. 43. S.118 (1902). Es sei darauf hingewiesen, daß Zusatz von Formaldehyd zum Harn als Konservierungsmittel viele wichtige Reaktionen, wie die auf Indikan, Harnsäure, Acet- essigsäure, Pentosen usw., stört. Für den Nachweis von Harnstoff, Gallenfarbstoff ist ein Formaldehydzusatz geeignet. Vgl. M. Jaffe, Therapie der Gegenwart. 1902. S. 158. ®) U. Kreusler, Beiträge zur quantitativen Bestimmung des Stickstoffs. Neuere Beobachtungen über die Will-Varrentrapsche Methode der Stickstoffbestimmung nebst einigen Beobachtungen betreffend die Methode von Ajeldahl. Landwirtsch. Versuchsstation. Bd. 31. S. 248 (1885). 352 P. Rona. trierter H, SO,) zu verwenden. Besonders wirksam sind als Katalysatoren metallisches Quecksilber oder Quecksilberoxyd.!) Man fügt zu der mit 15— 20 cm® Schwefelsäure versetzten Substanz einen Tropfen Quecksilber oder 0'3-—0'4g vorher gut verriebenes Quecksilberoxyd, Hydr. oxydat. flavum. Das Quecksilber entnimmt man vorteilhaft mittelst einer auto- matischen Pipette oder aus einem Behälter, dem nach Bedarf bequem ein Tropfen entnommen werden kann (vel. Fig. 489). Der Zusatz von HgO hat nach Salkowski?) jedoch außer der vorherigen Abwägung die Unannehm- lichkeit, daß beim Übergießen desselben mit Schwefelsäure durch Umhüllung der einzelnen Partikelehen mit Quecksilbersulfat sich leicht harte Brocken bilden. die der Auflösung hartnäckig widerstehen und auch Stoßen verur- sachen können. Salkowski schlägt daher vor, statt HgO einige Kubik- zentimeter einer Lösung von Merkuriacetat von annähernd bekanntem (Gehalt anzuwenden, z.B. 5—6cm3 einer ohne Erwärmen hergestellten 10°/,igen Merkuriacetatlösung. Dadurch wird dem Gemisch Wasser zu- eeführt, was aber, wie bereits früher Asböth, Malfatti und Folin®) betont haben, nicht nur nicht schädlich, sondern förderlich für den Ablauf der Reaktion ist, da der Aufschluß zum Teil ein hydrolytischer Vorgang ist, der der Gegenwart von Wasser bedarf. Bei der Analyse trockener Substanzen ist stets etwas Wasser hinzuzu- fügen. Wendet man Quecksilber bei der Kjeldahlbestim- mung an, so empfiehlt es sich, die Bestimmung ohne Unterbrechung zu Ende zu führen, oder mindestens so weit zu fördern, bis die schwefelsaure Lösung mit Wasser verdünnt werden kann; sonst scheiden sich feste, am Glas haftende Niederschläge von vermutlich Merkuri- ammonsulfat aus, die auch durch Kochen mit Wasser nieht oder nur schwer vom Glase abzulösen sind. Es ist auch zweifelhaft, ob sie beim nachfolgenden Kochen mit Natronlauge und Natriumthiosulfat vollständig zersetzt werden. Wendet man Quecksilber als Katalysator an, so müssen die gebildeten Mereurammonverbindungen #), die beim Abdestillieren des Ammoniaks durch Natronlauge nicht zerlegt werden, noch zerstört werden. Am bequemsten erreicht man dies nach dem Vorschlag von ©. Neuberg 5) durch Anwendung des käuflichen Natriumthiosulfat (Na, S; 0, +5H,0). Dieses Salz fügt man entweder in gepulvertem Zustande (19 für 049 HgO bzw. 279 auf 1y Hg) zugleich mit der Lauge zu der abzudestillierenden Flüssigkeit Fig. 489. ', H. Wilfarth, Eine Modifikation der Kjeldahlschen Stickstoffbestimmungs- methode. Chem. Zentralbl. Bd. 16. 1885. S.17 u. 113. 2) E. Salkowski, Physiologisch-chemische Notizen. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd.57. 8.515 (1908). Er) Tc: s) Vgl. u.a. H. Moreigne, Dosage de l’azote urinaire total. Bull. de la Soc. chim. [3]. 11. 959 (1894). Er 5), €. Neuberg, Zur Methodik der Kjeldahlbestimmung. Hofmeisters Beitr. Bd. 2. S. 214 (1902). Bestimmung des Stickstoffs nach der Methode von Kjeldahl. 353 hinzu, oder man hält eine ca. 20°%/,ige Lösung davon (bezogen auf das kristallisierte Salz) vorrätig und mischt 40 cm® der Natronlauge von 134 spezifischem Gewicht (die bei Verwendung von 10cm: konzentrierter Schwefelsäure genügen) mit 10cm: dieser Lösung.) Dehon?) empfiehlt ferner sehr warm zur Zersetzung der (Quecksilberammoniake nach dem Vorschlag von Maquenne und Roux:®) das Natriumhypophosphit. Zu der etwa 500m? betragenden Flüssigkeit fügt man 19 Hypophosphit zu: auf alle Fälle kann man das Gemisch ca. 10 Minuten auf 60—70° erwärmen. Nach dem Erkalten macht man alkalisch und destilliert, nachdem man etwas Talk hinzugefügt hat. Wendet man Zinkstaub an, so werden die Ammoniakverbindungen ebenfalls zerlegt, gleichzeitig wird das Schäumen verhindert. Bedeutend schneller erfolgt der Aufschluß der Substanz, wenn man, wie bereits beim Harn erwähnt, gleichzeitig mehrere Katalysatoren benutzt. So werden (Quecksilber oder Quecksilberoxyd mit Kupfersulfat oder Kalium- sulfat (letzteres wirkt eigentlich nicht als „Katalysator“, sondern dadurch, dal es die Siedetemperatur der Schwefelsäure erhöht und damit die Mög- lichkeit gibt, die Reaktionstemperatur und infolgedessen die Ieaktions- geschwindigkeit zu steigern) kombiniert. Folgende Zusammenstellung ( Wede- meyer und Arnold*) zeigt die Zeit an, während welcher für 19 Eiweil) bei Anwendung verschiedener Katalysatoren das Gemisch vollständig ent- färbt wurde, bzw. eine Blaufärbung auftrat. Nach Gunning’) nach Arnold®) 409 H,SO, +20g K, SO, 409 HB; SO, +19 CuSO, +19 HeO 50 Minuten 40 Minuten nach Gunning-Arnold 409 H,S0, 420g K,SO,+1g HeO +1gCuS0, 18 Minuten ') E. Salkowski, l. ec. Vgl. H. Snyder, An error in the present official method for the determination of the albuminoid nitrogen, and the effect of the presence of metals precipitable by potassium sulphide in the determination of nitrogen by KAjeldahl method. Journ. of the amer. chem. Soc. Vol. 13. p. 212. Zeitschr. f. anal. Chem. Bd. 32. S. 239 (1893). 2) M. Dehon, Sur la technique de la determination du coefficient azoturique. Journ. de Physiol. T.7. p. 497 (1905). a 3) Magquenne et Roux, Observations sur le dosage de l’azote par le proced& de Kjeldahl. Bull. soc. chim. T. 21. [3.] p. 312 (1899). 4) C. Arnold und K. Wedemeyer, Beiträge zur Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl. Die Wirkung verschiedener Oxydationsmittel. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 31. S. 525 (1892). 5) J. Gunning, Über eine Modifikation der Kjeldahlschen Methode. Zeitschr. f. anal. Chem. Bd. 28. S. 188 (1889). 6) C. Arnold, Zur Kjeldahlschen Methode der Stiekstoffbestimmung. Chem. Zentralbl. Bd.17. S. 337 (1886). Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 25. S. 581 (1886). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 23 354 P. Rona. Da nach dem ursprünglichen Verfahren von Gunning starkes Schäumen eintritt, so empfiehlt es sich, zuerst nur mit Schwefelsäure und dem vierten Teil ihres Gewichtes an Kaliumsulfat zu kochen und erst nach 10—15 Mi- nuten langem Kochen den Rest des Kaliumsulfats hinzuzufügen. Noch ein- mal muß mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, die Kochdauer nicht zu kurz zu bemessen. Aufhellung der Flüssigkeit ist keineswegs immer (namentlich nicht bei kohlenstoffarmen Substanzen) ein Zeichen, daß die Überführung des ganzen Stickstoffs in Ammoniak vollendet ist.!) Sörensen und Pedersen?®) empfehlen bei Substanzen, die sich wie Kreatin in konzen- trierter Schwefelsäure lösen und damit ohne Verkohlung gekocht werden können, ein wenig einer stickstofffreien organischen Substanz (am besten Rohrzucker) zuzufügen, die stark verkohlt; dadurch wird die Vollendung der Zersetzung sichtbar. Die gleichzeitige Verwendung mehrerer Katalysatoren geschieht auch bei der vom Verband der Versuchsstationen ausgearbeiteten Methode für Bestimmung des Gesamtstickstoffs in Düngemitteln, die organischen Stick- stoff (bei Abwesenheit von Salpeter) enthalten.) Bei dieser werden 1 bis 2g Substanz mit 20cm® phosphorsäurehaltiger Schwefelsäure (200g PO, im Liter) und einem Tropfen Quecksilber, bei schäumenden Substanzen auch mit etwas Paraffin versetzt und über freier Flamme auf einem eisernen Gestell so lange gekocht (nachdem man den Hals mit einer gestielten Glas- kugel locker verschlossen hat), bis die Flüssigkeit farblos ist. Die Aufschluß- dauer beträgt durchwegs drei Stunden. Bei dem Verfahren nach Gunning werden 19 Substanz mit 20 em? stickstofffreier, konzentrierter, phosphor- säurehaltiger Schwefelsäure unter Zusatz von einem Tropfen Quecksilber (etwa 19) bis zur Auflösung erhitzt, was in ungefähr 15 Minuten erreicht ist; darauf werden 15—18g chemisch reines stickstofffreies Kaliumsulfat zugeeeben und die Mischung weiter gekocht; nach eingetretener Farb- losiekeit wird das Erhitzen noch weitere 15 Minuten fortgesetzt. Die auf- geschlossene Masse wird nach etwa 10 Minuten langem Stehen mit Wasser verdünnt. Bei Substanzen.*die nicht schäumen, kann das Kaliumsulfat gleich zu Anfang zugegeben werden. Die zahlreichen Modifikationen der Stickstoffbestimmung nach Kjel- dahl betreffen nur Einzelheiten, nicht das Wesen der Methode.*) Mehr an ') Vgl. hierzu u.a.: €. Beger, @. Fingerling, A. Morgen, Über die Stickstoffbestim- mung nach Kjeldahl im Kreatin. Zeitschr. f. physiol. Cemie. Bd. 39. S. 329 (1903), dann P.B.Hawk, On the digestion of urine in the determination of nitrogen by the Ajeldahl method. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 29. p. 1634 (1907). — B. Schöndorf, Über die von Kutscher und Steudel beobachtete Unsicherheit in der Methode der Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl, Pflügers Archiv. Bd.98. S.130 (1903), ferner die bereits zitierten Ar- beiten von Malfatti, Folin, Sörensen und Pedersen. ®) S. P.L. Sörensen und €. Pedersen, Über die Kjeldahlsche Stickstoffbestimmungs- methode. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 39. S. 513 (1903); hierzu auch v. Asboöth, 1. ce. ®) Vgl. ©. Beger, @. Fingerling, A. Morgen, 1.c.; ferner Jauch Heffter, Hollrung und Morgen. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 23. S. 553 (1884). *) Vgl. auch Bernard Dyer, Kjeldahls method for the determination of nitrogen. Journ. of the Chem. Soc. London Vol. 67. p. 811 (1895). -_— Bestimmung des Stickstoffs nach der Methode von Kjeldahl. 355 die ursprüngliche Angabe von Kjeldahl lehnt sich die Arbeitsweise von Sörensen und Pedersen!) an, weshalb sie hier noch angeführt werden soll. In einem langhalsigen Jenenser Kolben von 100 cm® Inhalt wird von der Substanz eine 15—30 mg Stickstoff entsprechende Menge abgewogen: bei Unter- suchung von Flüssigkeiten werden diese erst nach Zusatz von Ya —1cm3 H,SO, in dem Kolben auf ein kleines Volumen eingeengt. Nach Zusatz von 10 cm? konzentrierter Schwefelsäure und einer geringen Menge (0:05 bis 019) CuO wird der Kolben auf ein mit Asbest bekleidetes Draht- netz mit kleinem kreisrunden Ausschnitt gelegt; der Kolben ruht direkt auf dem Drahtnetz und ist durch den Asbest vor Überhitzung genügend geschützt. Der schräg gelegte Kolben wird anfangs schwach erwärmt und der Kolbeninhalt wiederholt geschüttelt: der Inhalt soll nur schwach kochen, u.zw. bis er eine grüne Farbe angenommen hat. Weniger als dreistündige Kochdauer empfiehlt sich niemals. Dann wird der Kolben vom Feuer weg- genommen, auf einem Stück Filterpapier auf einen Teller gestellt und sogleich mit trockenem grobgepulvertem Kaliumpermanganat oxydiert. Letzteres wird zu diesem Zwecke mit einem Spatel in kleinen Portionen in den Kolben gestreut, bis die Masse nach wiederholtem Umschütteln von den ausgeschiedenen Manganverbindungen eine schmutzig dunkelgrüne Farbe angenommen hat. Nach Stehenlassen, bis Abkühlung eingetreten, wird de- stilliertes Wasser zugesetzt und neuerlich erkalten gelassen, bevor die Destillation mit Natronlauge vorgenommen wird. M. Siegfried?) verfährt so, daß nach dem Aufschließen mit Schwefelsäure und Kaliumsulfat (20cm? H,SO, mit ca. 29 K,SO,) bis die Farbe der Lösung etwa gleich der eines verdünnten Harnes ist, einige Kristalle Permanganat hinzugefügt werden; man erhitzt wieder und wiederholt diesen Permanganatzusatz so oft, bis die Farbe des Permanganats sich beim Erhitzen des Kolbens wenigstens drei Minuten hält. So werden von allen zum Eiweiß in Beziehung stehenden Substanzen glatte Resultate erhalten, auch von Lysin und Tryptophan. Der Zusatz von Permanganat ist bei sehr schwer aufschließbaren Sub- stanzen kaum zu umgehen. Unzulässig ist er nur bei irgend erheblich chlorhaltigen (aber auch brom- und jodhaltigen) Substanzen, sowie bei hohem Gehalt der zu analysierenden Substanz an Chloriden, da in diesem Falle ein Ammoniakverlust durch freiwerdendes Chlor entstehen kann (Salkowski?). Als Indikatoren kommen hauptsächlich die folgenden zur Verwen- dung. Neutrale Lackmuslösung. Diese wird nach Mays*) in der Weise hergestellt, daß 100 9 Lackmus ohne vorheriges Pulvern mit 70Ocm® Wasser zum Kochen erhitzt werden, das Wasser wird abgegossen, der Rückstand else: ?) Briefliche Mitteilung. Vgl. auch H. Liebermann, Über die Anwendung der Karbaminoreaktion. 5. Mitteilung. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 58. S. 84 (1908). 3) 1. ec. — Vgl. auch W. F. Keating Stock, A new rapid method for the determina- tion of nitrogen in organie bodies. The Analyst. Vol. 17. p. 109 und 152. Zeitschr. f. anal. Chemie. Bd. 32. S. 237 (1892). *) Nach Lassar-Cohn, Arbeitsmethoden. 4. Aufl. (1906). S. 314. 23* 356 P. Rona. nochmals mit 300 cm Wasser aufgekocht: die vereinigten Auszüge läßt man 1-2 Tage absitzen, säuert deren Filtrat eben mit Salzsäure an, dia- Ivsiert, bis im Wasser keine Salzsäure mehr nachzuweisen ist, was etwa in 8 Tagen erreicht wird. Die Lösung bewahrt man in einer mit einem Wattebausch verschlossenen Flasche auf. Lackmoid-Malachitgrün, her- gestellt durch Versetzen von 150 cm3 einer gesättigten alkoholischen Lack- moidlösung (10g Lackmoid in 150 cm Alkohol gelöst, filtriert) mit 10 bis 15 cm® einer 2°%/,igen alkoholischen Lösung von Malachitgrün. Rosolsäure (0°2°/,ige alkoholische Lösung): Kongorot (19 in 12 Alkohol); Methyl- orange, wässerige Lösung 1:1000. Cochenilletinktur, 3g Cochenille in 25em® verdünntem (1:3—4) Alkohol, nach einigen Tagen filtriert; Luteol (0'2°/,ige alkoholische Lösung). Als Titerflüssigkeit wird Natronlauge, auch Barytlauge benutzt. Vorteilhaft wird der Titer gegen Oxalsäure gestellt. Man löst 45g reine Oxalsäure in 12 destilliertem Wasser. 1 cm? dieser Lösung entspricht genau 1mg Stickstoff. Die Berechnung wird also sehr einfach (Palladin'). Zum Schluß muß noch einmal darauf hingewiesen werden, dab sämt- liche Reagenzien, die zur Anwendung kommen, durch eine blinde Probe auf ihre Stickstofffreiheit geprüft werden müssen. Der Stickstoff kann nach den Untersuchungen von F! W. Dafert?) ohne Vorbereitung mittelst der Kjeldahlschen Methode bestimmt werden in allen Amiden, Ammoniumbasen. Pyridin- und Chinolinkörpern, Alkaloiden, Bitterstoffen. Eiweißkörpern und verwandten Substanzen, höchstwahr- scheinlich auch bei Indolabkömmlingen. Einer Vorbehandlung, die in dem Zusatz einer organischen Substanz, Reduktion mit Zinkstaub besteht, be- dürfen im allgemeinen solche Körper, die Stickstoff an Sauerstoff oder an ein zweites Stickstoffatom gebunden enthalten, das sind (mit einzelnen Aus- nahmen) folgende Verbindungen: alle Nitro-, Nitroso-, Azo-, Diazo-, Hydrazo-, Aminoazokörper, die Verbindungen der Salpetersäure und der salpetrigen ") Briefliche Mitteilung. ®) F.W.Dafert, Beiträge zur Kenntnis des Ajeldahlschen Stickstoffbestimmungs- verfahrens. Landw. Versuchsstation. Bd. 34. S.311 (1887), ferner auch C. Arnold und K. Wedemeyer, ].e., A.rv. Asböth, l.e. — A. Atterberg, Die Gunningsche Modifikation der Kjeldahlschen Stickstoffbestimmungsmethode. Chem.-Ztg. Bd. 14. S. 509 (1890). — M. Krüger, Über die Bestimmung des Stickstoffs in Benzol-, Pyridin- und Chinolin- derivaten nach der Ajeldahlschen Methode. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 27. S. 609 (1894). — Cl. Flamand und B. Prager, Analyse von Verbindungen mit Stickstoff- Stickstoffbindung nach der Kjeldahlschen Methode. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Jg. 38. S.559 (1905). — 8. P. L. Sorrensen und A. €. Andersen, J,äßt sich der Stickstoffgehalt in Lysin und ähnlichen Verbindungen nach Kjeldahl bestimmen? Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd.44. S.429 (1905). — K. Andrlik, Zeitschr. f. Zuckerindustrie in Böhmen. Bd. 26. S. 667 (1902). — E. Bosshard, Zur Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl. Zeitschr. f, analyt. Chemie. Bd. 24. S.199 (1885). — Asböth (l. ce.) empfiehlt Rohrzucker (1 g auf 0'5g Substanz) in allen Fällen anzuwenden, in denen der Stickstoff als Oxyd oder in der Uyangruppe vorkommt. Bestimmung des Stickstoffs nach der Methode von Kjeldahl. 357 Säure, die Hydrazine, wahrscheinlich auch die Cyanverbindungen.!) Um bei salpetersauren Salzen die (resamtmenge des Stickstoffs als Ammoniak zu erhalten, schlug A.v. Asboth?) die Beimischung von Benzoesäure (auf 05 g Salpeter 17 g Benzoesäure) vor. Nach Jodlbauer:) soll statt Benzoe- säure das leicht zu nitrierende Phenol benutzt werden. Die gebildete Nitroverbindung wird dann mit Zinkstaub zur Aminoverbindung reduziert. Auf 02 bis 0:5 g Kaliumnitrat oder die entsprechende Menge einer anderen salpetersauren Verbindung verwendet man 20 cm3 konzentrierte Schwefelsäure und 2'5 cm? Phenolschwefelsäure (durch Auflösen von 50 g Phenol in kon- zentrierter H,SO, zu 100 cm? erhalten). Dann reduziert man mit 2 bis 3 g Zinkstaub und versetzt mit 5 Tropfen Platinchlorid (004g Pt. in 1 cm? enthaltend). Nach Süllwald®) ist die Methode vorteilhaft in folgender Weise abzuändern: 0'5 g Salpeter oder 1 g salpeterhaltige Düngemittel werden in einem Rundkolben von 150 cm® Inhalt mit !/, cm destilliertem Wasser befeuchtet, dann aus einem Tropftrichter 25 em? einer 4°/,igen Lösung von Phenol in konzentrierter H,SO, zunächst tropfenweise zugesetzt. Nach dem Lösen der Substanz werden unter Kühlung 259g Zinkstaub hinzu- gefügt; nach !/,stündigem Stehenlassen erhitzt man nach Zusatz von Queck- silber anfangs über kleiner, dann über voller Flamme. Förster) empfiehlt, den Zusatz von Platinchlorid zu unterlassen und eine 5—6°/, Phenol oder Salizylsäure enthaltende Schwefelsäure anzuwenden, die nach der voll- ständigen Lösung des Salpeters mit etwa der gleichen Menge reiner Schwefel- säure zu verdünnen ist. Nachdem der Salpeter vollständig gelöst ist, fügt man 3—5 g reines unterschwetligsaures Natrium hinzu und verdünnt das Säuregemisch nach der Beendigung der eintretenden Reaktion und Zusatz von etwa 05 g Hg mit 10—20 cm? konzentrierter H,SO,. — Zum Schluß sei noch das Verfahren von O. Reitmair?) angeführt, zur Analyse salpeter- säurehaltiger Düngemittel, bei welchem die Salpetersäure vor der Auf- schließung entfernt wird. 19 der feingepulverten Substanz wird in einem flachen Stanniolschälchen (20 mm hoch, 6 mm Durchmesser) mit 3 cm® 50°/,iger Schwefelsäure übergossen, mit einem ganz kurzen Glasstäbchen umgerührt !) Vgl. auch Vaubel, Die quantitative Bestimmung organischer Verbindungen. Bd. 2. S. 20. a)alb,e: ®) M. Jodlbauer, Die Bestimmung des Stickstoffs in Nitraten nach der Kjeldahl- methode. Chem. Zentralbl. Bd. 17. S.433 (1886). Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 26. S. 92 (1887) (vgl. hierzu auch Chem. Zentralbl. Bd.19. S. 557 [1888]). 4) K. Ulsch, Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd.25. S.579 (1886). Zeitschr. f. d. ges. Brauwesen. S. 81 (1886). 5) A. Süllwald, Zur Bestimmung des Stickstoffs in Nitraten und Nitratgemischen. Chem.-Ztg. Bd. 14. S. 1673 (1903). 6) 0. Förster, Über die Anwendung der Ajeldahlschen Methode für die Bestim- mung des Nitratstickstoffs und des Gesamtstickstoffs. Landwirtsch. Versuchsstation. Bd. 38. S.165 (1891); vgl. auch Zeitschr. f. analyt. Chemie. Zur Bestimmung des Salpeter- säure-Stickstoffs nach der Ajeldahlschen Methode. Bd. 28. S.422 (1889). ?) O. Reitmair, Analyse salpetersäurehaltiger Düngemittel. Repert.d.analyt. Chemie. Bd.5. S. 262 (1856). 3D8 P. Rona. und im Trockenschrank 3—4 Stunden bei 60—80° stehen gelassen; dann erhöht man die Temperatur 1 Stunde lang auf 120—130°. Man erhält so eine feuchte Masse, aus der die Salpetersäure völlig ausgetrieben ist. Das Schälehen mit Inhalt wird in den Aufschließkolben gebracht. Für weitere Einzelheiten in der Anwendung der Kjeldahlmethode bei der Analyse an- organischer Körper, Düngemittel, Ackererde usw. sei auf die entsprechende Literatur verwiesen.!) ANHANG. Bestimmung des Kohlenstoffes im Harn. Von Peter Rona, Berlin. Die Bestimmung des Kohlenstoffs im Harn kann in der gleichen Weise, wie sie bei organischen Körpern überhaupt ausgeführt wird, geschehen. So verfuhr 4A. Steyrer ?2), um ein Beispiel anzuführen, wie folgt: 5 em® Urin werden bei Zimmertemperatur in einem langen Porzellanschiffchen über Schwefelsäure im Vakuum getrocknet; das Verdunsten des Harns !) Vgl. hierzu u.a.: A. Stutzer und O. Reitmair, Die Bestimmung des Stickstoffs in salpeterhaltigen Düngemitteln. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd.26. S. 646 (1887). — E. H. Farington, Über die Bestimmung des Stickstoffs in Düngemitteln. Jahresber. f. Agrikulturchemie. Bd. 1887. S.403. Die Vorschrift der Association of offieial agri- eultural chemists ist die folgende (Chem. New. Vol. 57. p. 64. Zeitschr. f. analyt. Chemie. 1888. S. 515): 07—1'4 g Substanz werden im Aufschlußkolben mit 36 em? konzen- trierter Schwefelsäure, die 29 Salizylsäure enthalten, übergossen. Nach tüchtigem Um- schütteln fügt man nach und nach unter Umschütteln 3g Zinkstaub und 2—3 Tropfen Platinchloridlösung hinzu. Man kocht vorsichtig so lauge, bis keine weißen Dämpfe mehr entweichen. Dann fügt man etwa 0'7 g Quecksilberoxyd zu und erhitzt so lange weiter zum Sieden, bis die Flüssigkeit fast oder ganz farblos ist. Eventuell setzt man noch 10cm® Säure hinzu, wenn die Gefahr vorliegt, daß der Inhalt des Aufschlußkolbens vor dem Farbloswerden fest wird. Hierauf wird mit Permanganat oxydiert. — Devarda, Über die direkte Bestimmung des Stickstoffs im Salpeter. Chem.-Ztg. Bd. 16. S. 1952. — Über die Bestimmung des Stickstoffs in Düngemitteln. Österr.-ungar. Zeitschr. f. Zuckerindu- strie. 1897. Chem. Zentralbl. 1897, S.64. — Vgl. besonders die Arbeit von E. A. Mit- scherlich und P. Herz, Eine quantitative Stickstoffanalyse für sehr geringe Mengen. Die Anordnung der Verfasser erlaubt Stickstoff bis auf Mengen von 0'00001 9 genau zu bestimmen. — B. Proskauer und M. Zuelzer, Über die Anwendbarkeit der Kjeldahlschen Methode und ihrer Modifikationen bei hygienischen Untersuchungen. Zeitschr. f. Hygiene. Bd.7. S. 186 (1889). — A. Stutzer, Die quantitative Bestimmung des Stickstoffs in vege- tabilischen und animalischen Stoffen. Journ. f. Landwirtsch. Bd. 34. S.146 (1886). — J. A. Müller, Bestimmung des Stickstoffgehaltes in Ackererden. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 30. S. 623 (1890). — 0. Böttcher, Zur Bestimmung des Stickstoffs nach der Ajeldahl- schen Methode. Landwirtsch. Versuchsstation. Bd. 41. S. 171 (1892). — Werhahn, Neue- rungen in der Schieß- und Sprengtechnik. Chem.-Ztg. Bd. 16. S. 1278. — Sigismund Schmitz, Zur Bestimmung des Stickstoffs in Steinkohle und Koks. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd.25. S.314 (1886). — E. B. Voorhees, Report on determination of nitrogen. Chem. News. Bd. 65. S.99 (1892). — W. E. Garringues, On the Gunning method for total nitrogen in fertilisers. Chem. News. Bd. 71. S.41 (1895). 2) A. Steyrer, Über osmotische Analyse des Harns. Hofmeisters Beitr. Bd. 2. S. 312 (1902). Bestimmung des Kohlenstoffes im Harn. 359 geht so in wenigen Stunden vor sich, so daß die Gefahr der Zersetzung, wodurch Verluste an Kohlenstoff entstehen könnten, meist ausgeschlossen sein dürfte. Bei sehr konzentrierten Urinen ist es vorteilhaft, das Schiffchen mit ausgeglühten Bimssteinstücken zu füllen: das Verdunsten des Urins geht dann sehr rasch vor sich. Die Verbrennung des auf diese Weise ein- getrockneten Urins wird im Kopferofen durchgeführt.!) Das Ver- brennungsrohr ist mit Kupferoxydasbest gefüllt; im vordersten Teil des- selben befindet sich eine 15 cm lange Schicht Bleisuperoxyd, die bei einer Temperatur von 160—180° gehalten wird. Die Kohlensäure wird in einem Geisslerschen Apparate aufgefangen. Vorteilhaft läßt sich die Verbrennung nach dem Verfahren von Denn- stedt ausführen. Der Aufbau des Apparates ist der übliche (vgl. S. 324 ff.). Spiro schaltet zwischen Verbrennungsrohr und CatCl,-Röhre ein kleines Gefäß ein, das gekühlt wird und zur Kondensation des Wassers dient: ferner setzt Spiro in dem Schiffchen gepulvertes Bleichromat zum Harn und bis- weilen hinter das Schiffehen (dem Sauerstoffapparat zu) einen das Lumen der Röhre beinahe ausfüllenden Glasstopfen. ?) Die Bestimmung des Kohlenstoffs auf nassem Wege beruht auf dem Prinzip, daß) die organischen Substanzen durch ein Gemisch von Kaliumbichromat und Schwefelsäure in der Weise zersetzt werden, dab der größere Teil des Kohlenstoffs zu Kohlensäure, der kleinere zu Kohlenoxyd wird: dieses wird dann, indem man es über glühendes Kohlenoxyd leitet, zu Kohlensäure oxydiert. Halogenverbindungen geben das Halogen als solches ab. Es wird durch glühendes Bleichromat geleitet und dort ge- bunden. Da die Halogene von Alkali- (oder Erdalkali-)hydrat adsorbiert und dessen Gewicht vermehren würden, muß für ihre Entfernung Sorge getragen werden.°) Die gebildete Kohlensäure wird dann gewogen. Die ursprüngliche von Messinger angegebene Arbeitsweise *) ist von Fritsch 5) in vielen Punkten vereinfacht worden und soll im folgen- den ausführlicher geschildert werden. Zur Methodik vergleiche auch W. Scholz.*6) Der Verbrennungs- (bzw. Oxydations-) apparat besteht aus folgenden Teilen: 1. Luftgasometer. 2. Waschflasche, zur Hälfte mit kon- zentrierter Kalilauge gefüllt: in den einen Tubus ist ein etwa 30 cm langes und 2cm weites, nach unten sich verjüngendes Rohr eingesetzt, dessen untere Hälfte mit grob granuliertem Chlorcaleium und dessen !) Vgl. Zeitschr. f. anal. Chem. Bd. 17. S. 35 (1878). ?) Briefliche Mitteilung. 3) Vgl. M. Henze, Bemerkungen zu den Anschauungen Pütters über den Gehalt des Meeres an gelösten organischen Kohlenstoffverbindungen und deren Bedeutung für den Stoffhaushalt des Meeres. Pflügers Arch. Bd. 123. S. 487 (1908). *) Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Jg. 23. S. 2756. 5) Paul Fritsch, Über die Bestimmung von Kohlenstoff und Stiekstoff in organi- schen Verbindungen auf nassem Wege. Annal. d. Chemie. Bd. 294. S. 79 (1897). 6) W. Scholz, Eine Methode zur Bestimmung des Kohlenstoffs organischer Sub- stanzen auf nassem Wege und deren Anwendung auf den Harn. Zentralbl. f. innere Med. Bd. 18. S. 353 (1897). 360 P. Rona. obere Hälfte mit Natronkalk beschickt ist. 3. Fraktionierkölbehen, dessen Kugel etwa 70 cm® faßt: in den Hals des Kölbehens ist mit Hilfe eines Gummistopfens ein Rohr von etwa 1 cm lichter Weite so eingesetzt, daß das untere Ende etwa lem in die Kugel des Kölbehens hineinragt: das obere Ende ist umgebogen und durch Ausziehen mit einem Wulst ver- sehen: es dient zum Durchleiten von Luft, und mit Hilfe des an das Rohr angesetzten Stutzens, an welchem ein Röhrchen von etwa 1 em Weite und 10-—-12em Länge mittelst Gummischlauchs angefügt wird, zum Einschütten des Kaliumbichromats (Fig. 490). 4. U-Rohr mit Glaswolle, die mit einigen Tropfen konzentrierter H,SO, getränkt ist. 5. Ver- brennungsrohr, etwa 36 cm lang, zwischen zwei Rollen von Kupferdrahtnetz eine etwa 20 em lange Schicht eines Gemisches von gekörntem Kupferoxyd und Bleichromat enthaltend; das Rohr ruht in der durch- brochenen Rinne eines gabelförmigen eisernen Trägers, der mittelst Muffe an ein Bunsenstativ angeschraubt ist: zum Schutze des Rohres wird die Rinne mit einem passend geschnittenen Stück As- bestpapier ausgefüttert, und damit das Rohr von den Flammengasen umspült Fig. 490. Fig.491. werden kann, wird auf den gabelförmigen Träger ein innen mit As- bestpappe ausgefüttertes und oben mit schlitzförmigen Öffnungen ver- sehenes Schutzdach aufgesetzt: mit Hilfe von zwei durchlochten Ösen wird das Schutzdach auf dem Gabelstücke, das mit zwei Stiften versehen ist, befestigt. Zum Heizen dient ein mit Luftregulierung eingerichteter Finkener- scher Brenner, der 5—6 etwa 1 cm lange, schlitzförmige Öffnungen enthält. 6. U-Rohr mit granuliertem Chlorcaleium gefüllt. T. Kaliapparat oder besser zwei Natronkalkrohre. 8. Sicherheitsrohr. — Statt des oben beschriebenen Bestimmung des Kohlenstoffes im Harn. 361 Fraktionierkölbehens kann man sehr gut einen von Wagner und Munz (München) aus Jenenser Glas gefertigten Kolben, in den eine bis auf die Flüssigkeit reichende Röhre, ein Tropftrichter und ein Abzugsrohr ein- geschmolzen sind, verwenden (siehe Fig. 491). Oder man verfährt nach Huppert‘) so, daß man in die Mündung eines 150 cm? fassenden lang- halsigen Fraktionierkölbehens, dessen seitliches Rohr etwas in die Höhe gebogen ist, mittelst Kautschukpfropfens einen langen, mit Glashahn versehenen, etwa DO cm3 fassenden Scheidetrichter luftdieht einsetzt; sein Rohr soll in das Kölbehen bis zum unteren Drittel des Bauches reichen. Der Hahn darf nicht eingefettet, sondern nur mit Schwefelsäure benetzt sein. In die Mündung des Scheidetrichters fügt man mittelst Kautschukschlauches als Stopfen ein Knierohr ein, von welchem ein Schlauch zu einer mit konzentrierter Natronlauge gefüllten Drechselschen Waschflasche führt; diese Vorrichtung dient dazu, kohlensäurefreie Luft durch den Apparat zu leiten. Der Boden des Fraktionierkolbens ist 10cm von der Mündung eines Bunsenbrenners entfernt. Damit die Flamme nicht zurückschlägt, stülpt man über die Mündung des Brenners ein feines Kupferdrahtnetz. Küster und Stallberg?) empfehlen, an dem Fraktionierkolben eine lose mit Glaswolle gefüllte Röhre (10 em lang, 12—15 mm weit) zum Auffangen der sich im Kölbehen bildenden Nebel anzubringen; das Glaswollrohr wird dann mittelst Kautschukschlauch mit dem CaCl-Rohr verbunden: es ist jedoch vorteilhaft, zum Zurückhalten des Wassers vor dem CaCl,-Rohr noch ein leeres Rohr und eines, das mit Schwefelsäure getränkten Glasperlen beschickt ist (oder einen Kugelapparat mit Schwefelsäure, der auch die Geschwindig- keit des Gasstromes zu beobachten gestattet) anzubringen (Spiro). Die Ausführung der Bestimmung erfolgt nach Huppert’) in fol- gender Weise. Man schüttet in das Kölbehen ca. 5g Kaliumbichromat, setzt das Trichterrohr luftdicht ein und verbindet das Kölbehen mit dem übrigen Apparat. Man stellt dann die Verbindung des Trichter- rohrs mit der die Natronlauge enthaltenden Waschflasche her, zündet kleine Flammen unter dem Verbrennungsrohr an und leitet einen ziemlich lebhaften Strom (kohlensäurefreier) Luft wenigstens eine halbe Stunde lang durch den Apparat. Nachdem das Verbrennungsrohr allmählich auf Rotglut gebracht worden ist, fügt man den gewogenen Kaliapparat bzw. die gewogenen Natronkalkrohre nebst Sicherheitsrohr an das Chlorcalerum- rohr an. Man füllt dann in den Kolben 5 (bis 10) cm® Harn, indem man die Spitze der Pipette bis auf den Boden des Trichterrohrs einführt, spült mit wenig Wasser nach und läßt darauf durch das Trichterrohr 25 cm? konzentrierte H,SO,*) anfangs sehr langsam, später etwas schneller ein- ) Huppert, Analyse des Harns. 10. Aufl. S. 794. 2) Küster und Stallberg, Über einige Derivate des Mesitylens und die Verseif- barkeit aromatischer Säurenitrile. Ann. d. Chem. Bd. 278. S. 207 (1894). >) Huppert, Analyse. 8. 79. 4) Kohlenstofffreie! Vgl. J. Thiele und J. T. Marais, Ann. Bd. 273. S. 151 (1393). Entwickelt die Schwefelsäure beim Erhitzen mit frisch geschmolzenem Kaliumbichromat CO,, so muß man sie durch Erhitzen mit Kaliumbichromat brauchbar machen. 362 P. Rona. fließen. Die Zahl der Blasen, die durch den Kaliapparat hindurch- gehen, soll während der ganzen Verbrennung nicht mehr als 40 in der Minute betragen. Ist die ganze Schwefelsäure eingeflossen, so schließt man den Hahn und zündet unter dem Kolben eine kleine Flamme an; läßt die Gasentwicklung nach, so vergrößert man die Flamme ein wenig. Die Oxydation ist zu Ende, wenn die Flüssigkeit grün geworden 'ist und die Gasentwicklung ganz aufgehört hat. Man läßt nun wieder kohlen- säurefreie Luft durch den Apparat mit einer geringen Geschwindigkeit streichen, bis er sauerstofffrei geworden ist. Während des Durchleitens von Luft wird das Verbrennungsrohr noch wie vorher geglüht, um in dem Luftstrom enthaltenes Kohlenoxyd vollends zu oxydieren. Mit der bei den Verbrennungen üblichen Vorsicht werden dann Kaliapparat oder die Natron- kalkrohre gewogen. Es sei zum Schlusse auch die von P. Fritsch gegebene Vorschrift zur jestimmung des Kohlenstoffs auf nassem Wege angeführt: Ehe man die Wägungeen vornimmt, wird das vorher im Sauerstoffstrom ausgeglühte Verbrennungsrohr angeheizt. Feste Stoffe werden in der Weise abgewogen, daß man die Substanz in ein etwa 20 cm langes und 1 cm weites, an einem Ende zugeschmolzenes Glasrohr einfüllt, wägt, dann das Rohr wagerecht in das Kölbehen bis etwa zur Mitte der Kugel einführt, das Kölbehen nunmehr senkrecht stellt, durch Klopfen an dem Rohre das Hinabgleiten der Substanz bewirkt und endlich das Rohr zurückwägt. Flüssige, nicht leichtflüchtige Stoffe werden wohl am besten in etwa 2 cm lange und 1 cm weite Glasröhrchen eingewogen, welche man vorsichtig in das Kölbchen hinabgleiten läßt. Zu der im Kölbehen befindlichen Substanz gießt man durch einen Trichter mit genügend langem Ansatzrohre 20 em? konzentrierter reiner Schwefelsäure mit der Vorsicht, daß das Rohr ganz wenig in die Kugel hineinragt. daß Spritzen möglichst vermieden wird, und daß beim Heraus- nehmen des Trichters die Wandungen des Kölbehenhalses nicht mit Schwefel- säure benetzt werden. Nunmehr wird das für Zuleitung der Luft bestimmte Rohr eingesetzt und an den Stutzen desselben mit Hilfe eines glatten Gummischlauches das Rohr, welches das feingepulverte Kaliumbichromat enthält (für 0'2—0'3 g Substanz 5 g), angefügt. Das Kölbchen wird mittelst Klammer an einem Bunsenstativ befestigt und durch Gummischlauch mit dem U-Rohre verbunden: schließlich wird der Kaliapparat an das Chlor- caleiumrohr angesetzt und gleichzeitig das Verbrennungsrohr stärker er- hitzt. Es ist nicht nötig, vor dem Anbringen des Kaliapparates einen kohlensäurefreien Luftstrom durch den Apparat zu leiten. Unter Durchleiten eines langsamen Luftstroms, dessen Stärke mit Hilfe eines Quetschhahnes reguliert wird, kann nun mit der Oxydation beeonnen werden. Durch Klopfen an dem Lufteinleitungsrohre bewirkt man ein allmähliches Hinabgleiten des Kaliumbichromats in das Kölbehen. Man tut gut. das allmähliche Zufügen des Kaliumbichromats so zu regulieren, daß nach etwa 5 Minuten ein Drittel seiner Menge eingeschüttet ist, Bestimmung des Kohlenstoffes im Harn. 363 ist, nach welchem Zeitraume dann unter Selbsterhitzung und Schäumen die Kohlendioxydentwicklung lebhaft zu werden beginnt; im Laufe der folgenden 10 Minuten wird der Rest des Bichromats ‘mit der Maßnahme eingeschüttet, daß die Gasentwicklung im Kölbehen eine ziemlich lebhafte und gleichmäßige bleibt. Läßt dieselbe nunmehr nach, so wird ein Bunsen- brenner mit Schornstein und möglichst kleiner, etwa 1 cm hoher leuchten der Flamme unter das Kölbchen gestellt. Der Boden des Kölbchens ist etwa 10 cm von der Brenneröffnung entfernt. Die Flamme wird in dem Maße, als die Gasentwicklung nachläßt, allmählich vergrößert. Man erhitzt so lange, bis die Flüssigkeit im Kölbehen grün geworden ist, und ein hell- erüner schlammiger Niederschlag von Chromikaliumsulfat sich abzuscheiden beginnt. Die Flamme wird jetzt entfernt und noch etwa 10 Minuten lang ein lebhafter Luftstrom durch den Apparat geleitet; dann wird der Kali- apparat abgenommen. Halogenbestimmung. Von Carl Brahm, Berlin und J. Wetzel, Berlin. Nur in seltenen Fällen lassen sich in organischen Verbindungen Chlor, Brom und Jod direkt durch Fällen mit Silbernitrat nachweisen. Meistens muß dem Halogennachweis eine Zerstörung der organischen Substanz voranzehen. Die Kalkmethode nach Liebig. Dieses zuerst von Liebig beschriebene Verfahren kann allgemein an- gewandt werden. Es beruht darauf, dab halogenhaltige organische Körper mit Ätzkalk verbrannt werden, wobei das Halogen sich mit dem Erdalkali- metall verbindet. Zur Ausführung der Analyse benötigt man halogenfreien, gebrannten Kalk. Sollte kein reiner Kalk zur Verfügung stehen. so bestimmt man in einer Probe desselben den Chlorgehalt und bringt bei der Analyse eine entsprechende Korrektur an oder man reinigt ihn in nachstehender Weise. Der Kalk wird gelöscht und das eventuell vorhandene Chlorcaleium durch Auswaschen mit heißem Wasser entfernt. Das zurückbleibende Kalk- hydrat wird durch kräftiges Glühen in einer Platinschale wieder in Cal- ciumoxyd (Ätzkalk) verwandelt. Zur Ausführung der Analyse benutzt man ein an einem Ende zuge- schmolzenes Jenenser Verbrennungsrohr von 30-40 em Länge und 7— 10 mm innerem Durchmesser. Das gereinigte und gut ausgetrocknete Rohr wird mittelst eines Trichters erst mit einer 4cm hohen Schicht reinen Ätz- kalkes beschickt. dann bringt man die in einem langen Wägeröhrchen ab- gewogene, feingepulverte Substanz vorsichtig in das Verbrennungsrohr. Das Röhrchen mit der noch anhaftenden Substanz wird zurückgewogen. Aus der Differenz der beiden Wägungen ergibt sich die Menge der zur Verbrennung kommenden Substanz. Dann füllt man noch etwa 10cm Ätzkalk auf die Substanz und ver- teilt sie mit einem kurzen Mischdraht gründlich mit diesem. Das Rohr wird nun schichtweise mit Caleiumoxyd aufgefüllt, und der Mischdraht, um Verluste an anhaftenden Teilchen zu verhindern. durch ganz allmäh- liches Drehen aus der Röhre entfernt. Die Röhre verschließt man lose mit einem kleinen Glaswollepfropfen, der 1—2 cm vor den Kalk ge- Halogenbestimmung. 365 schoben wird. Das bisher aufrecht stehende Rohr wird nun auf einen Holztisch gebracht und durch vorsichtiges Klopfen ein nicht zu enger Kanal gebildet, der über der ganzen Kalkschicht etwa !/, des Rohrdurch- messers betragen muß. Nun wird das Rohr in einen Verbrennungsofen gelegt (Kanal nach oben). Um keine Kalkverluste während der Verbrennung zu erleiden, kann man noch ein Reagenzglas über das Ende des Ver- brennungsrohres stülpen. Das so gefüllte Verbrennungsrohr wird nun wie bei der Kohlenstoft- bestimmung erhitzt, zuerst der vordere Teil bis zur dunklen Rotglut, dann nach dem geschlossenen Ende der Röhre fortschreitend, bis sich nach 1/, Stunde das ganze Rohr in voller Rotglut befindet. Es empfiehlt sich, das Rohr bei etwas stärkerem Feuer noch 10—15 Minuten im Glühen zu er- halten und dann bei geschlossenen Kacheln völlig abkühlen zu lassen. Nach dem Erkalten schüttet man den Rohr- inhalt in einen !/, /-Stehkolben, der etwa 200 cm? Wasser enthält, klopft anhaftende Teile vorsichtig mit dem Holzgriff einer Feile ab und spült das Rohr zunächst mehrere Male mit destilliertem Wasser und dann mit chlorfreier verdünnter Salpetersäure aus. Durch Zusatz weiterer Mengen dieser Säure und gelindes Erwärmen bringt man den gesamten Kalk zur Lösung. Ihre Reaktion darf nur schwach sauer sein. Die aus- geschiedene Kohle wird quantitativ abfiltriert, das Filter mit heißem Wasser mehrmals ausgewaschen und in dem Filtrat das Halogen durch Silbernitrat gefällt. Das Becherglas wird auf dem Wasserbade oder einem Asbestdrahtnetz so lange erhitzt, bis das Halogensilber sich am Boden absetzt und die Lösung klar geworden ist. Nach dem Erkalten wird das Halogensilber auf Fig. 492. einem Goochschen Tiegel abgesaugt (Fig. 492), mit heißem Wasser, dem etwas verdünnte Salpetersäure zugesetzt ist, mehrmals ausgewaschen, dann absoluter Alkohol zugesetzt und im Luftbad bei 120 bis 130° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Der Goochtiegel ist vorher mit einer 3mm hohen Lage kurzfaserigen Asbestes beschickt worden. Der Asbest wird zwecks Reinigung zunächst mit verdünnter Salpetersäure aufgeschlämmt, mit heißem Wasser und Alkohol ausgewaschen, bei 100—120° getrocknet und 1/),—1 Stunde im Exsikkator abkühlen gelassen. Während bei chlor- bzw. bromhaltigen Verbindungen alles Halogen als CaCl, oder Ca Br, gebunden wird, bildet sich bei jodhaltigen Körpern meist etwas jodsaurer Kalk. Zur Reduktion desselben und zur Bindung des durch die Salpetersäure frei werdenden Jodes fügt man bei der Lösung des Kalkes in der Salpetersäure vor der Filtration einige Tropfen schwefliger Säurelösung hinzu, bis Entfärbung eingetreten ist. 366 C. Brahm und J. Wetzel. Es ist sehr zu empfehlen, bei jodhaltigen Körpern das Ansäuern unter Vermeidung jeder Erwärmung vorsichtig auszuführen, um Jodverluste zu vermeiden. Flüssigkeiten werden in Glaskügelchen abgewogen und diese in die Röhre gebracht. Die Kapillare des Kügelchens führt man nach dem ge- schlossenen Ende zu ein, dann wird eine entsprechend lange Kalkschicht vorgelegt. Das Glühen der Röhre geschieht in der eben beschriebenen Weise. Methode von (arius. Diese wichtige Methode, welche neben der Kalkmethode hauptsäch- lich in Anwendung ist, eignet sich namentlich zur Analyse flüssiger und leicht flüchtiger Substanzen. Sie beruht auf der vollständigen Zerstörung der organischen Substanz durch rauchende Salpetersäure im Einschluß- rohr. Durch gleichzeitig zugesetztes Silbernitrat entsteht das betreffende Halogensilber, welches als solches zur Wägung ge- bracht wird. Zur Erhitzung der Substanz verwendet man schwer schmelzbare Ein- ii 7 H iii Il In \ m Fig. 493. Fig. 494. Fig. 495. schmelzröhren aus Jenaer Glas von 2 mm Wandstärke, 10 mm lichter Weite und 40—50 cm Länge. Die Röhre wird an einem Ende durch Er- hitzen im Gebläse, am besten unter Zuhilfenahme von Sauerstoff abge- schmolzen und der Boden durch Einblasen abgerundet. Es ist darauf zu achten, daß die Stärke des Bodens genau der Wandstärke der Röhre ent- spricht. Die abgeschmolzene Röhre wird in der leuchtenden Flamme ab- gekühlt, bis der ganze Boden berußt ist und nach dem Abkühlen gereinigt und gut getrocknet. Dann bringt man etwa 0'5 g kristallisiertes Silber- nitrat und 20—25 Tropfen reine rauchende Salpetersäure D. 1:52 in das Rohr und beseitigt etwa am oberen Ende anhaftendes Silbernitrat durch Auswischen mit einem Glasstab, da ein Einschmelzen eines Fremdkörpers in die Kapillare beim späteren Erhitzen häufig die Ursache des Springens der Röhre ist. Ein Entfernen der am oberen Rand eventuell vorhandenen Salpetersäure ist unnötig. Die Substanz wird in einem 5—6 em langen, 4—5 mm weiten Röhrchen (Fig. 495) aus Jenaer Glas, welches an einer Seite rund abgeschmolzen Halogenbestimmung. 367 ist, abgewogen. Flüssigkeiten werden mit Hilfe einer Kapillarpipette in ein Röhrchen, das mit Glasstopfen versehen ist (Fig. 494), gebracht. Das außen angefeuchtete Substanzröhrehen wird in das Bombenrohr eingeführt und bis zur Hälfte der Röhre vorsichtig hinabgleiten gelassen. Das schräg ge- haltene Rohr wird jetzt vor der Gebläseflamme vorsichtig angewärmt und zu einer gleichmäßig diekwandigen Kapillare ausgezogen, diese zuge- schmolzen und in der leuchtenden Flamme gut abgekühlt. Die Röhre wird sodann in einen eisernen Schutzmantel und dann in einen Schießofen (Bombenofen) (Fig. 495) gelegt, und zwar so, daß die Kapillare etwas erhöht liegt. Nun wird erhitzt. Ein Thermometer, das durch einen oberen Tubus in den Ofen eingeführt ist, gestattet das Ablesen der Tempera- tur. Letztere wird je nach Bedarf innerhalb 240° und 320° gehalten. Die Zeitdauer des Erhitzens beträgt je nach der Art und Widerstandsfähig- keit der Substanz 2—10 Stunden. Nach dem Erkalten des Ofens wird die Röhre mit dem Schutzmante herausgenommen. Die Kapillare wird einige Zentimeter aus dem Mantel herausgezogen und vorsichtig in einer leuchtenden Flamme erwärmt, bis alle Flüssigkeit aus der Kapillare ausgetrieben ist und dann in einer Bunsenflamme erhitzt. Durch den in der Röhre herrschenden Druck wird die erweichte Kapillare aufgeblasen und die Gase entweichen. Es ist ratsam, vor dem Herausnehmen der Röhre sich nochmals in einer Flamme zu überzeugen, daß kein Druck mehr vorhanden ist, dann nimmt man die Röhre aus dem Eisenmantel heraus und sieht nach, ob die Substanz voll- kommen zersetzt ist. Ist dies nicht der Fall, so schließt man die Kapillare wieder und erhitzt die Röhre bei noch höherer Temperatur. Das Öffnen der Röhren zur Herausnahme des Reaktionsproduktes geschieht in der Weise, daß man an der Kuppe einen scharfen Feilstrich zieht und diese Stelle mit einem glühenden Glasstab berührt. Die Röhre wird dabei in sehr schräger Richtung über der Tischplatte oder einem Uhrglas gehalten. Man hebt die abgesprungene Spitze ab und beobachtet, ob nicht Glassplitter am inneren Rand der Röhre zu entdecken sind. Der Inhalt der Röhre und derjenige der abgesprengten Kuppe wird quantitativ in ein Becherglas oder eine Porzellanschale gespült, wobei in der Röhre festsitzende Teilchen durch einen langen Glasstab mit Gummiring losgelöst werden. In der gleichen Weise ist auch das Substanzröhrchen zu reinigen. Liegt reines Chlorsilber vor, so kann man dasselbe, wie oben beschrieben, auf einem Goochschen Tiegel abfiltrieren und zur Wägung bringen. Liest Jod- bzw. Bromsilber vor, so ist zu beachten, dab Jod- und Bromsilber mit dem salpetersauren Silberoxyd zu einer Doppelver- bindung zusammenschmelzen, die beim Erkalten zu einer gelben undurch- sichtigen Masse erstarrt. Zur völligen Entfernung des Silbernitrates muß das Becherglas mit der Reaktionsflüssigkeit '/; Stunde erhitzt werden. Es empfiehlt sich, bei der Analyse von Jodverbindungen keinen allzu großen Überschuß von Silbernitrat zu verwenden. 368 C. Brahm und J. Wetzel. Methode von H. Pringsheim.!) Das Verfahren besteht in der Anwendung von Natriumsuperoxyd zum Antschließen halogenhaltiger organischer Verbindungen. Zur Verbrennung werden 0'1—0'2g Substanz mit Hilfe eines Eisen- nagels in einem speziell konstruierten Eisen- bzw. Nickeltiegel gut mit Natriumsuperoxyd gemengt (Fig. 496). Die Abmessung des Natriumsuper- oxydes geschieht nach folgender Methode. Substanzen mit 75°/, und mehr Prozente an Kohlenstoff + Wasserstoff + Schwefel bedürfen der 19fachen, solehe mit 50--75°%/, C+H-+S der ITfachen Menge Natriumsuperoxyd. Substanzen mit 25—50%, C+H+S mischt man mit dem halben, solche mit weniger C+ H + S mit dem gleichen Gewicht einer Substanz, die viel Kohlenstoff und Wasserstoff enthält, z. B. mit Zucker. und verwendet für die ersteren die 17fache, für die letzteren die 19fache Menge Natriumsuperoxyd. (Arsen- oder phosphorhaltige Körper erfordern zur glatten Verbrennung das 1!/,fache der so berechneten Menge des Natriumsuperoxydes.) Nach der Mischung stellt man den Tiegel in eine Porzellan- oder Glasschale und gießt so viel Wasser hinein, daß der Tiegel bis zu »/, seiner Höhe von außen benetzt wird. Nachdem der Tiegeldeckel aufgelegt ist, wird der zur Mischung be- nutzte Nagel in einer Bunsenflamme zur Rotglut er- hitzt. Dann läßt man den glühenden Nagel durch das in dem Deckel befindliche Loch gleiten, so daß er mit dem Substanzgemisch in Berührung kommt und es entzündet. Die völlige Verbrennung ohne Substanzver- lust wird erzielt, wenn die Reaktionsmasse ganz ge- schmolzen ist, ohne daß durch zu starke Reaktion Substanz aus dem Tiegel geschleudert wurde. War die Reaktion zu heftig, so wendet man mehr Natriumsuperoxyd an; verlief sie zu schwach, so dab die Reaktionsmasse nicht durchgeschmolzen war, so muß weniger Natrium- superoxyd genommen werden. Eine kräftige Gasentwicklung wird immer beobachtet. Nach wenigen Minuten der Abkühlung legt man dann den Tiegel in das Wasser und bedeckt die Schale schnell mit einem Uhrglase. Unter Fig. 496. H. Pringsheim, Über ein Schnellverfahren zur quantitativen Bestimmung von Chlor. Brom und Jod in organischen Verbindungen mit Natriumsuperoxyd. Ber. d. Deutsch. chem. Gesellsch. Jg. 36. S. 4244 (1903). — Über den Gebrauch des Natriumsuperoxydes zur qualitativen Analyse organischer Substanzen. Ibid. Bd. 37. S. 2155 (1904). — The analysis of organie substances with the help of sodiumperoxyd. American Chem. Journ. Vol. 31. p. 386 (190%). — H. Pringsheim und J. A. Gibson, Über den Gebrauch des Natriumsuperoxydes zur quantitativen Analyse organischer Verbindungen. Ber. d. Deutsch. chem. Gesellsch. Jg. 38. S. 2459 (1905). Halogenbestimmung. 369 Entwicklung des überschüssigen Sauerstoffs geht die Reaktionsmasse im Wasser in Lösung. Man entfernt nun den Tiegel, Deckel und Nagel unter genügendem Nachwaschen und vereinigt Lösung und Waschwasser in einem Becherglase. Zu der alkalisch reagierenden Flüssigkeit fügt man cm? einer gesättigten Natriumsulfit- oder Natriumbisulfitlösung!), bedeckt mit einem Uhrglase und säuert mit verdünnter Schwefelsäure an, wodurch ein etwa aus dem Tiegel stammender Niederschlag von Eisenoxyd in Lösung geht. Durch Erwärmen auf der freien Flamme oder dem Wasser- bade wird die in Freiheit gesetzte schweflige Säure vertrieben, welche in saurer Lösung die bei der Oxydation gebildeten Halogensäuren zu Halogenwasserstoff reduziert, in welcher Form sie zur Fällung gebracht werden, Die warme, saure Lösung wird zur Entfernung eventuell zurück- gebliebener Kohleteilchen filtriert. Auch ohne vollständige Verbrennung der Kohle liefert das Natriumsuperoxydverfahren stimmende Analysenwerte. Nun fügt man 3 cm? reiner konzentrierter Salpetersäure hinzu, wodurch das Ausfallen von Silbersulfat verhindert wird, und läßt abkühlen. Dann eibt man zu der halogenhaltigen Lösung 5 cm? Äther und fällt in der Kälte durch tropfenweisen Zusatz von Silbernitrat. Sobald ein Überschuß zugesetzt ist. ballt sich der Niederschlag von Halogensilber zusammen. Trotzdem die überstehende Flüssigkeit noch etwas getrübt erscheint, kann sofort durch einen gewogenen Goochtiegel über Asbest, der mit etwas Äther befeuchtet ist, filtriert werden. Auf diese Weise wird die zur Fertig- stellung einer Analyse nötige Zeit noch wesentlich abgekürzt. ?) Es empfiehlt sich, zur Vermeidung einer Jodausscheidung bei jodhaltigen Substanzen die Salpetersäure mit dem Silbernitrat zu vereinigen und das Gemisch zur Fällung zu verwenden. Die Methode hat sich in zahlreichen Fällen gut bewährt) und eignet sich besonders zur Analyse solcher Substanzen, die sich nach Carius im Bombenrohr nur schwer oder gar nicht oxydieren lassen.*) Zur Arsen- und Phosphorbestimmung ist es vorteilhaft, die Entzündung in einem Silbertiegel vorzunehmen, da das sonst in Lösung gehende Eisen die Fällung der Ammoniummagnesiumphosphate oder Arsenate erschweren würde. Man kann hier aber ohne Schaden auch einen gewöhnlichen Silber- tiegel verwenden, den man schräg aufstellt. Die Reaktionsmasse wird dann mit Salzsäure angesäuert und die Fällung in der gewohnten Weise mit Magnesiamischung vorgenommen. ‘) Die von Kahlbaum bezogenen Chemikalien, das Natriumsuperoxyd sowohl, wie die Sulfite, sind frei von Halogen, Schwefel, Arsen und Phosphor. ?) Vgl. E. Alefeld, Eine Vereinfachung der gravimetrischen Halogensilberbestim- mung, Zeitschr. f. analyt. Chemie. Jg. 48. S. 70 (1909). ®) Lassar-Cohn und Schultze, Einwirkung der Kaliumhypohalogenite auf Dika- liumsalizylatlösung. Ber.d. Deutsch. chem. Gesellsch. Jg. 38. S. 3294 (1905). — H. Prings- heim, Ber. d. Deutsch. chem. Gesellsch. Jg. 31. S. 4267 (1908). *) F. Kaufler und W. Suchannek, Über Mesoderivate des Anthracens. Ber. der Deutsch. chem. Gesellsch. Jg. 40. S. 531 (1907). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 24 370 ©. Brahm und J. Wetzel. Berechnung der Analysen. Faktorentabelle für Chlor. Gefunden "Gesucht Faktor 2 3 4 rAe Oül= 1434 q — 355 024725 049449 0741 74 BERN 123623 | 148347 | 173072 | 197796 | 222521 | 0393181 | Faktorentabelle für Brom. Gefunden Gesucht Faktor 2 3 | 4 AeBr—=1879| Br=80 | 042557 | 085114 | 127670 | 170247 5 6 7 8 $) log. 2:12784 255341 | 297898 | 340454 | 383011 | 062897 —1 Faktorentabelle für Jod. Gefunden Gesucht Faktor 2 3 4 AeJ—2348 J=126'9 | 054029 | 108059 162088 216117 h) 6 -] [oo I log. 270147 | 323176 | 378205 | 432234 | 486264 | 073263 —1 Quantitative Bestimmung des Schwefels in organischen Verbindungen. Alle Methoden der Schwefelbestimmung in organischen Verbindungen basieren auf der Oxydation des Schwefels zu Schwefelsäure und der gewichts- analytischen Bestimmung der letzteren. Methode von Carius. Das Verfahren beruht auf der Oxydation der organischen Substanz mit rauchender Salpetersäure (D=1'52) im Einschlußrohr. Das Einfüllen der Substanz, Zuschmelzen, Öffnen und Entleeren der Röhre geschieht in genau der gleichen Weise, wie dies bei der Halogenbestimmung nach Carius beschrieben ist. Es ist bei dieser Methode auf eine besonders feine und lang ausgezogene Kapillare Wert zu legen, damit keine Salpetersäure- verluste beim Öffnen entstehen. Beim Ausspülen des Rohrinhaltes mit destilliertem Wasser sind eventuell vorhandene Glassplitterchen durch Fil- tration zu entfernen. Die wässerige Lösung wird auf einem Asbestdraht- netze zum Sieden erhitzt und mit 5cm? reiner Salzsäure versetzt. Zu der Halogenbestimmung. tl siedenden Flüssigkeit fügt man Chlorbaryumlösung in mäßigem Über- schuß hinzu und läßt längere Zeit (10 Stunden) unter mäßigem Erwärmen absetzen. Man gießt alsdann die Flüssigkeit durch ein Filter ab, wäscht den Niederschlag mit siedendem Wasser aus, filtriert nach dem Absetzen wieder und wiederholt den ganzen Prozeß, bis im Waschwasser kein Chlor mehr nachweisbar ist. Der Niederschlag wird dann vorsichtig auf das Filter gebracht und getrocknet. Es ist sehr empfehlenswert, die salpetersäure- haltige Lösung vor dem Fällen mit Chlorbaryum in einer Porzellanschale mit verdünnter Salzsäure auf dem Wasserbade zur Trockne zu ver- dampfen, den Rückstand mit Wasser aufzunehmen und dann erst die Fällung vorzunehmen. Das Filter mit dem Baryumsulfatniederschlag wird in einem Platintiegel vorsichtig verascht, eventuell unter Anwendung der Gebläseflamme. Es ist auch unbedenklich, das noch feuchte Filter mit Niederschlag ohne vorheriges Trocknen zu glühen, da eine Reduktion des Baryumsul- fates nicht zu befürchten ist. Die Methode von Pringsheim läbt sich auch sehr gut zur Bestimmung von Schwefel in organischen Substanzen benutzen. Der in Wasser gelöste Tiegelinhalt wird mit Salzsäure angesäuert und dann in der bekannten Weise mit Chlorbaryum gefällt. !) Faktorentabelle für Schwefel. Gefunden Gesucht Faktor 2 | 3 | 4 | BaS0,-2335) S=321 | 013733 | 027465 | 041198 | 0:5495C | 5 | 6 7 | 8 9 log. | ‚068663 | 083395 | 096128 | 109860 | 123593 0-13775—1 Sehr geeignet zur Berechnung der Analysen sind die logarithmischen Rechentafem von F. W. Küster. j !) F. v. Konek, Schwefelbestimmungsverfahren: Rapid. Zeitschr. f. angewandte Chemie. Bd. 16. S.516 (1903). — Vgl.auch E. Abderhalden und ©. Funk, Die Schwefel- bestimmung im Urin. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd.58. S. 331 (1909). Aschenanalyse. Von Hans Aron, Manila. Diejenigen Stoffe, welche gewöhnlich bei biochemischen Versuchen auf ihren Gehalt an Aschebestandteilen zu untersuchen sind, wie ganze Tier- körper oder einzelne Organe, animalische und vegetabilische Nahrungsstoffe, Sekrete und Exkrete, bestehen fast ausnahmslos zum größeren Teile aus oreanischem Material, während die anorganischen Bestandteile nur einen geringen Bruchteil ausmachen. Nun ist es nur in wenigen Fällen möglich, gewisse Bestimmungen anorganischer Elemente auch in Gegenwart der organischen Bestandteile vorzunehmen. In der weitaus größten Mehrzahl aller Analysen ist es er- forderlich, den organischen Anteil zu entfernen. Da sich diese Manipulation nur selten umgehen läßt, kann man es sich eigentlich zur Regel machen, die Bestimmungen anorganischer Bestandteile stets erst nach Zerstörung der organischen Substanzen vorzunehmen. Man vermeidet dann mit Sicher- heit. dab die organischen Substanzen hindernd auf irgend eine Phase der zur Analyse erforderlichen Reaktionsprozesse einwirken. Zur Zerstörung der organischen Substanzen stehen uns prinzipiell zwei Wege zur Verfügung: I. Die Verbrennung der organischen Substanzen durch Feuer (Glühen) ; Veraschung auf trockenem Wege oder kurz „Veraschung“. II. Die Oxydation der organischen Substanzen durch chemische Agentien (Salpetersäure, Schwefelsäure, Kaliumchlorat u. a.) Veraschung auf feuchtem Wege. Die Vorzüge und Nachteile beider Methoden werden nachher mit Rücksicht auf die Art des Analysenmaterials und der zu bestimmenden Mineralstoffe eingehender diskutiert werden. Wenn auch die Entscheidung, welche Methode man wählen soll. sich nach den im einzelnen Fall vor- liegenden Bedingungen und Anforderungen richten muß, so sollte man doch stets überall dort, wo dies ohne Mühe und Nachteile möglich ist, der Veraschung auf feuchtem Wege den Vorzug geben. Die Gründe dafür werden sich aus den folgenden Darlegungen leicht ersehen lassen. Bevor die eigentliche Analyse begonnen wird, erfolgt die Auswahl der Analvsenprobe und ihre Vorbereitung zur Aschenanalyse, da ja Aschenanalyse. 373 nur in wenigen Fällen das gesamte Material zur Analyse zur Verfügung steht. respektive die vorhandene Menge viel zu groß ist. Die Probenahme ist eine Manipulation, welche für die Güte und Richtigkeit des Resultates oft von viel größerer Bedeutung ist, als die Analyse selbst. Denn diese kann man, wenn sie verunglückt, schlecht stimmende Werte liefert, oder sonst zu Zweifeln Anlaß gibt, wiederholen, die Entnahme der Probe nur in den seltensten Fällen. War die Probeentnahme fehlerhaft oder ungenau, so ist auch die Analyse mit dem gleichen Fehler behaftet. Diese Über- legungen weisen also darauf hin, dab die Entnahme der Analysenprobe mit der erößtmöglichsten Sorgfalt auszuführen ist. Die erste und wichtigste Regel ist: man nehme eine möglichst reichliche Probe: Wegwerfen kann man immer, neues Analvsenmaterial oft nur sehr schwer bekommen. Man gehe also hier nicht zu sparsam um, und hebe ruhig das Drei- bis Vierfache von dem, was man benötigt, auf, voraus- gesetzt, daß genügend Material zur Verfügung steht. Und gleich noch eine zweite fast ebenso wichtige praktische Regel: Selbst wenn man gut über- einstimmende Werte in einer Probe erhalten hat, und die Analyse korrekt beendet ist, werfe man den Rest der Probe noch nicht fort. sondern warte damit, bis die ganze Versuchsreihe oder Untersuchung beendet ist. Es stellt sich oft bei Berechnung oder nach Abschluß der Versuche der Wunsch heraus. die eine oder andere Bestimmung zu wiederholen oder zu kontrol- lieren oder eine Prüfung, die man vorher für unwichtig gehalten hat, vor- zunehmen, und dann ist kein Analysenmaterial mehr zu beschaffen, während es eine kleine Mühe gewesen wäre, das vorhandene noch länger aufzu- bewahren. Das gilt besonders bei Aschenanalvsen, da ja bei diesen die Frage der Konservierung lange nicht so wichtig ist, wie bei anderen ana- Ivtischen Untersuchungen. Verderben oder Fäulnis des Analysenmaterials hindert die Bestimmung der meisten Mineralstoffe nur wenig. Das zweite, was wir bei jeder Probeentnahme beachten müssen, ist, dab die Analysenprobe eine wahre Durehschnittsprobe darstellt, also in ihrer Zusammensetzung der Hauptmenge entspricht und das letzte schließlich, daß wir genau wissen, welchem Bruchteil der Hauptmenge die entnommene Probe entspricht. Man kann öfters beobachten, dal) diesem Faktor nicht genügend Beachtung geschenkt wird. Es ist nicht ausreichend, z.B. von einem Nahrungsmittel, das heute frisch erhalten wird oder von dem heute eine gewogene Menge zu einem Fütterungs- oder Stoffwechselversuch Ver- wendung findet, am gleichen Tage eine Durchschnittsprobe zu entnehmen und diese ohne ihr Gewicht festzustellen, selbst unter Zusatz eines Kon- servierungsmittels aufzubewahren und dann in acht Tagen einen abge- wogenen Teil davon zur Analyse zu verwenden. Wir erfahren dann zwar die genaue mineralische Zusammensetzung der Analysenprobe 8 Tage nach ihrer Entnahme, wissen jedoch nicht, ob diese der Zusammensetzung am Entnahmetage entspricht. Da der Wassergehalt sich sehr leicht und schnell ändert, hat man gar keine Garantie dafür, daß 100g Substanz am Entnahmetage auch 1009 Substanz am Analysentage (8 Tage später) ent- 374 Hans Aron. sprechen. Weiterhin ist auch darauf zu achten, dal) die meisten Substanzen zerkleinert oder gar fein gemahlen einen anderen Feuchtigkeitsgehalt haben, als vor der Vornahme dieser Operationen. Bei einer Änderung des Wasser- eehaltes um 2—-3°/, ist dann das ganze Resultat mit dem gleichen Fehler behaftet. Die Größe dieser Fehlerquelle wird meistens unterschätzt, weil sie auch nicht leicht zu entdecken ist. Die Analysen „stimmen“ natürlich, nur multipliziert man sie nachher alle mit einem Faktor, der mit einem un- bekannten Fehler behaftet ist. Gerade gegen diese Fehler, die sich später gar nicht mehr kontrollieren respektive eruieren lassen, muß man sich besonders zu schützen suchen. Es muß auch davor gewarnt werden, etwa zu glauben, dal) getrocknete Substanzen stets einen gleichen Wassergehalt haben, wenn sie nicht in fest verschlossenen Gefäßen aufbewahrt werden, was bei größeren Mengen meist unmöglich ist. So wurden z. B. Säckchen mit „trockenem” Heu täglich gewogen und ihre Gewichtsschwankungen festgestellt, ab und zu auch in einer Probe der Wassergehalt ermittelt. Da zeigte es sich, daß Änderungen im Wassergehalt von zirka 5°/, in wenigen Tagen besonders bei Witterungswechsel keine Seltenheit waren. Hätte man diese Kontrolle nicht gehabt, so wäre leicht der Fehlschluß ent- standen, dab stets in 149 Heu eine gleiche Menge Nährstoffe oder Mineral- stoffe enthalten sei, tatsächlich aber ändert diese sich doch mit dem Wassergehalt. War dieser höher, so entsprach 1/g Heu einer entsprechend geringeren Menge an Nährstoffen und umgekehrt. Ich möchte übrigens hinzufügen, dal) diese Methode der Wassergehaltskontrolle als unpraktisch und doch nicht absolut zuverlässig verlassen worden ist. Man soll sich aus den angeführten Gründen zum Prinzip machen, zugleich mit der Probenahme alle diejenigen Bestimmungen vorzunehmen, welche jederzeit eine absolut fehlerfreie Umrechnung der in der Analysen- probe gefundenen Werte auf die Hauptmenge gestatten. Meist wird es ge- nügen, folgende zwei Bestimmungen auszuführen: I. „Trockensubstanz“-Gehalt der Hauptmenge respektive der Analysen- probe zur Zeit der Entnahme der Analvsenprobe. II. „Trockensubstanz“-Gehalt der Analysenprobe zur Zeit der Analyse. ei Flüssigkeiten ist die Probenahme einfacher, da es hier in den allermeisten Fällen genügen wird, einen aliquoten Teil zurückzustellen. Da man in neuerer Zeit dem Mineralstoffwechsel unter normalen und pathologischen Bedingungen wieder mehr Beachtung zuwendet, und in Laboratorien und Kliniken zahlreiche Untersuchungen über den Umsatz der Mineralstoffe angestellt werden, verlohnt es sich wohl, noch für die Vor- bereitung des Analvsenmaterials in solchen Versuchen einige spezielle Winke zu geben, wenn auch das Wichtigste hierüber an anderer Stelle beschrieben wird. Da die Aschenanalysen eine ziemlich große Materialmenge erfordern, aber auch aus Gründen, die in der Natur des Mineralstoffum- und -ansatzes liegen, empfiehlt es sich, den Mineralstoffwechsel nicht während der Dauer eines Tages, sondern einer größeren Zahl von Tagen zu verfolgen und in den meisten Fällen kann man sagen, daß die Genauigkeit der Versuche um ‘ Aschenanalyse. 319 so größer wird, je länger man die Perioden ausdehnt. Man hat also in der in 4 oder 6 oder 10 Tagen hintereinander verabreichten Nahrung und in den entsprechenden Kot- und Harn- usw. -mengen die Mineralstoffe zu bestimmen. Kann man die Nahrung vor Beginn des Versuches für die ganze Versuchsreihe vorbereiten, so nimmt man einfach eine Durchschnittsprobe unter den vorher angegebenen Kautelen. Bei Untersuchungen des Mineral- stoffgehaltes der „Nahrung“ soll man den Mineralstoffgehalt des Wassers nicht vergessen, weder des Trinkwassers noch des oft literweise zum Kochen benutzten Wassers. Daß ‚ein zur Nahrung zugesetztes Salz sehr gründlich vermischt werden muß, braucht wohl nicht erst erwähnt zu werden. Wenn sich das Salz auflösen läßt, so setzt man es am besten in Lösung zu. Will man gerade die Ausnutzung einer solchen Salzbeigabe ete. untersuchen, so ist es am besten, dieses Salz für sich zu analysieren und die zugelegte Menge genau abzuwägen. Im übrigen genügt es, eine Durehschnittsprobe eines Nahrungsgemisches, die natürlich sorgsam hergestellt sein muß, auf ihren Gehalt an Mineralstoffen zu untersuchen. Schwieriger ist die Probenahme einer täglich frisch bereiteten Nahrung und am schwierigsten, wenn die täglich zu verzehrende Menge der Nahrung oder gar der einzelnen Speisen in das Belieben des Versuchs- objektes gestellt wird. Die organischen Bestandteile pflegt man dann meist - in jedem einzelnen Nahrungsmittel (Brot, Fleisch, Butter, Kartoffeln usw.) zu bestimmen, für die anorganischen wird das meist zu mühselig, bei manchen Nahrungsstoffen wegen geringen Aschegehaltes oder nicht aus- reichender Materialmengen oft gar nicht möglich sein. Einfacher und auch genauer dürfte es sein, aus den aufbewahrten Proben der einzelnen Nahrungs- mittel eine „Mischnahrung* herzustellen, die in ihrer Zusammensetzung der Nahrung der ganzen Periode entspricht und dann hierin die Aschen- analyse vorzunehmen. Ein fingiertes Beispiel, das unten folgt, möge zeigen, wie man eine solche „Mischnahrung“ herstellt. Hat man nur zwei oder drei Nahrungsmittel zu verabreichen, so ist es oft einfacher, jedes für sich zu analysieren. Werden diese Nahrungsmittel täglich frisch erhalten (z. B. Fleisch, Milch), dann muß eine Mischung jeden Nahrungs- mittels hergestellt werden, die von jeder Probe des Nahrungsmittels einen der davon verzehrten Menge entsprechenden Teil enthält. Das erkläre folgendes Beispiel: Täglich frische Milch, alle 2 Tage frisches Fleisch, 2 Proben Mehl (Au. B). 1. Tag verzehrt 500cm®? Milch 1. 240g Fleisch 1. 300g Mehl I ZR 1 450 „ yon BE, st 18 dry I: 3; e 480 „ su xliE ZEUGE. = a 280,, , ie 4. 525 „ a N ZN RE I. 305, „ l 5. 430 „ Sy 230, „All: 30, „ 15 Bi 500 „ ur VE Ban: ME 2605’, 5 1. 78 Day; 520 „ SR, 240 „ BEE ZB u 8. 460 „ sv: 220, un 21.0 0 PR 9. 33h, u. 260 „ ae 29, I: 10. 530 „ et 220, en? 0, ih N 1 376 Hans Aron. Von der Milch wurden täglich 100 cm® aufgehoben; dann kann jedesmal z.B. der 20. Teil der täglich verzehrten Menge gemischt werden, also: 500 —25. cm! I. 00). 229 1. 480/., — 24 1. abi 202 IV. BU. 210 V. 500/,, — 25 VI 520/,, — 26 VI. a VID. 390. = 10, IX. 6307., — 2BDi N, X. Vom Fleisch und von dem Mehl würde unter Berücksichtigung der Änderung des Wassergehaltes eine analoge Mischung gemacht werden müssen. Ich würde in solchen Fällen so verfahren, dal) ich in einer ge- wogenen Schale täglich 100 4 oder 2009 Fleisch aufbewahre und trockne oder irgendwie konserviere, und wenn ich nach Schluß des Versuches die Mischung machen will, Schale + Fleisch wieder wiege; dann weiß ich, die jetzige Gewichtsmenge Fleisch (a) entspricht der aufgehobenen, sagen wir 100g frischen Fleisches; by desselben frischen Fleisches seien verzehrt: angenommen, ich will den 5. Teil der verzehrten Menge zur METRE bir Analyse herrichten, so weiß ich, daß diese — g frischen Fleisches ent- .) a Se Bee: E sprechen 009 des aufgehobenen Fleisches mit seinem jetzigen Wasser- ) 51 gehalt. Es ist wohl überflüssig, an einem Beispiel auszuführen, wie man nun nach demselben Prinzip auch die einzelnen Nahrungskomponenten noch mischen kann, was, wie gesagt, besonders dann zu empfehlen ist, wenn eines der Nahrungsmittel nur in geringer Menge oder nur einige Male verwandt worden ist. Wir werden durch dieses Verfahren auch oft der Verlegenheit überhoben werden. nicht genügend Analysenmaterial zur Ver- fügung zu haben (siehe später). An dieser Stelle möchte ich noch davor warnen. den Mineralstoffgehalt eiries oder des anderen oder gar der ganzen Nahrung nach den üblichen Tabellen zu „berechnen“. Diese sind zwar für eine Information ganz gut, geben auch den wahrscheimlichen Gehalt an den einzelnen Mineralstoffen wieder; wenn man sich aber schon die Mühe macht. Harn und Kot und vielleicht den Mineralstoffgehalt eines oder des anderen Nahrungsmittels zu analysieren, dann sollte man das auch für alle durchführen, um so mehr, da ja bei Anwendung des vorgeschlagenen Verfahrens nur das Herstellen der Mischung erforderlich ist, aber keine größere analytische Arbeit. Die Harnprobe zur Aschenanalyse wird am besten als aliquoter Teil nach Entleerung des Harns, vielleicht nach Auffüllen des Harns auf - n Aschenanalyse. 1 } ein bestimmtes Volumen entnommen. Für die Kotanalyse hat sich!) folgendes Verfahren bewährt, das dem für die Nahrung beschriebenen Prinzipe entspricht: Die gut „lufttrockenen“ Kotportionen der einzelnen Tage werden periodenweise zusammengetan und der Kot jeder Periode grob zerkleinert und dann sofort in einem recht großen Teil des Gesamtkotes (1/,,—!/,) jeder Periode eine Trockensubstanzbestimmung ausgeführt. Wir können daraus die Gesamtmenge „Trockenkot“ für jede Periode berechnen. Die zu diesen letzten Bestimmungen verwandten Portionen werden mit der dazu gehörigen Hauptmenge wieder vereinigt und jetzt jeder Mischkot für sich gemahlen und fein gepulvert. Dieses Pulver, das zu den Analysen dient, läßt man wieder aufs neue „lufttrocken* werden, bestimmt dann von dem jetzt in verschlossenen Flaschen aufbewahrten Kotpulver wieder den Trockensubstanzgehalt, so daß wir die später darin gefundenen Ana- lvsenwerte auf „Trockenkot“ beziehen können. Dies Verfahren dürfte wohl jeden Fehler durch Wasserverlust oder Wasseraufnahme beim Mahlen ausschließen und bietet den Vorteil, daß man dabei nicht ge- zwungen ist. mit einem stark hygroskopischen Trockenpulver zu arbeiten. Was die Aufbewahrung der Proben, die zur Aschenanalvse dienen sollen, anbelangt, so ist es wohl am besten, sie nach Bestimmung des Wassergehaltes zu trocknen. Jedoch kann man Flüssigkeiten auch nach Zusatz mineralstofffreier Konservierungsmittel aufheben (Thymol, Chloroform, Salizylsäure), von deren Aschefreiheit man sich aber am besten noch einmalüberzeugt.?’) Auch dürfen die aufbewahrten Stoffe die Wandun- gen der (Gefäße nicht angreifen, worauf bei Metalldosen eventuell zu achten ist. Zur Veraschung müssen die Substanzen in der Regel getrocknet und zerkleinert (gemahlen) werden. Diese Operationen selbst können hier nicht beschrieben werden (vel. S. 14#f.), doch ist darauf hinzuweisen, dab durch das Mahlen ete. sehr leicht nicht zur Substanz gehörige mineralische Bestandteile, besonders Metallteilchen von Messern, Mühlen etc.. oder Alkali, Aluminium, Kieselsäure aus Porzellangeräten, wie Mörsern, Kugel- mühlen, dem Analysenmaterial beigemengt werden. Am leichtesten kann man von diesen Dingen noch Eisensplitter entfernen, nämlich durch Durchsuchen der Asche mit einem Magneten (Söldner °). Nach diesen vorbereitenden Arbeiten können wir zur Zerstörung der organischen Substanz, der eigentlichen Veraschung, übergehen. Herstellung einer Asche. Zu qualitativen Prüfungen genügt es oft, eine geringe Menge der Substanz schnell auf einem Platinbleche, Porzellandeckel oder in einem !) Hans Aron und Karl Frese, Die Verwertbarkeit des Nahrungskalkes in verschie- dener Form zum Ansatz beim wachsenden Tier. Biochem. Zeitschr. Bd. IX. S.185. 207 (1908). °) H,O, z. B. ist fast immer mineralstoffhaltig. ®) Söldner, Die Aschebestandteile des neugeborenen Menschen und der Frauen- milch. Zeitschr. f. Biol. Bd. 44. S. 61 (1903). TS Hans Aron. Porzellantiegel zu erhitzen, bis sie verbrennt, doch empfiehlt es sich, auch hier im eroßen und ganzen dieselben Regeln anzuwenden, wie bei der quantitativen Analyse, wenn man sich auch vieles einfacher und leichter machen darf. Bleibt bei dem Erhitzen einer Substanz auf dem Platinblech kein Rückstand, so schließt das nicht aus, daß) in der Substanz minerali- sche Elemente in sogenannter organischer Bindung vorhanden waren, z. B. Ul.P.S. aber von enem „Aschegehalt“ sprechen wir in diesem Falle nicht. Die Veraschung zum Zwecke der quantitativen Analyse wird am besten in einer Schale oder einem Tiegel aus Platin vorgenommen. Je- doch muß man beachten, daß auch dieses Metall keineswegs so unan- ereifbar ist, als gemeinhin geglaubt wird. Dal Salpetersäure (Königs- wasser) Platin löst, ist ja wohl bekannt (man hat sich deshalb auch davor zu hüten. z.B. ein Nitrat mit Hilfe von Salzsäure in einer Platinschale zu lösen). Man muß es ferner sorgsam vermeiden, Kohlenstoff und Platin zusammen zu erhitzen, da beide sich verbinden; daher darf die zum Erhitzen dienende Flamme niemals russen und die Bildung von unver- brannter Kohle in der Veraschungsprobe muß möglichst vermieden werden (vel. hierzu 8.7 ff.). Auch nach häufigerem Gebrauch von Platinschalen zur Veraschung erößerer Mengen phosphor- und schwefelreicher organischer Substanzen (Harn. Fleisch ete.) findet man das Metall an verschiedenen Stellen eigen- tiimlich verändert, ja oft entstehen ganz feine, kaum sichtbare Defekte, die ein langsames Durchsickern von eingedampfter Flüssigkeit zur Folge haben können. Daher dürfte es sich wohl im Interesse der Platingeräte empfehlen, diese nicht zur Veraschung S- und P-reicher Stoffe zu ver- wenden. Am angenehmsten sind möglichst flache Schalen, da diese der Luft bei der Verbrennung reichlich Zutritt gewähren. Tiegel sind zur Ver- aschung größerer Mengen recht unpraktisch Man hat, meist nur zur Bestimmung der (resamtmenge der anorganischen Substanzen, flache Schalen mit einer Reihe von Löchern am oberen Rande benutzt, welche für eine reichliche Luftzirkulation sorgen (vgl. Fig. 497). Will man nicht zu feine, leicht verstäubbare Fig. 497 Substanzen veraschen, so sind sie recht brauchbar. Angenehm ist ferner eine Art Schornstein zum Aufsetzen auf die Schalen. Dieser schützt gegen das Hereinfallen von Staub, Verspritzen oder Verstäuben der Asche und ge- stattet doch eine genügende Luftventilation und Abfuhr der Verbrennungs- gase. Aus Aluminium gefertigt sind diese Schornsteine sehr billig zu haben. Außer den Platingeräten kann man für sehr viele Zwecke solche aus Silber oder Nickel verwenden, die ja viel billiger sind und daher auch in sröberem Formate beschafft werden können. Porzellantiegel und -schalen finden auch Verwendung und sind fraglos besonders für kleine Mengen Aschenanalyse. 379 ganz praktisch. Bei „königl. preußischem“ oder „Meißener“ Porzellan, das man ein- oder zweimal erprobt hat, ist die Gefahr des Zerspringens nicht sehr groß. Neuerdings werden auch für Veraschungszwecke Schalen aus Quarz in den Handel gebracht: die aus sogenanntem Milchquarz gefer- tigten sind sehr billig und — wie alle Quarzgeräte — noch weniger durch Reagenzien angreifbar als Platin. (Vgl. hierzu auch 8.5 und ferner noch S. 71, Fig. 146.) Die Vornahme der eigentlichen Veraschung gestaltet sich folgender- maßen: In die durch Glühen gereinigte und gewogene Schale wird eine bekannte Menge der zu veraschenden Substanz (von bekanntem Trocken- substanzgehalt) gefüllt. Man nehme nur wenig Substanz auf einmal. Es ist ganz falsch, wenn man so viel als möglich in einer Portion veraschen will. Das nimmt mehr Zeit in Anspruch, als wenn man die Operation in derselben Schale mehrmals wiederholt. Denn wenn man die Schale zur Hälfte oder gar zu Zweidrittel ihres Volumens füllt, befinden sich, von den sinternden Massen und Schlacken eingeschlossen, in der Mitte noch unverbrannte oder nur angekohlte organische Substanzen, zu denen weder die Hitze noch der Luftsauerstoff Zutritt findet. Die Folge ist, daß man lange und intensiv erhitzen muß. Man gebe deshalb in jede Schale nur soviel Substanz, daß eine dünne Schicht davon den Boden bedeckt. Hat man nur eine geringe Menge Substanz zu veraschen, oder ver- fügt man über eine genügend große Schale, so wägt man erst die Schale leer, füllt dann die Substanz ein und wägt wieder. Andernfalls muß man entweder aus einem Wägeglas, das man zu Beginn und zum Schlusse wägt, mehrmals die Schale füllen oder die abgewogene zu veraschende Menge in ein besonderes Gefähb füllen, aus diesem zuerst so viel, als sich gut veraschen läßt, in die Schale bringen, diese Menge veraschen, dann eine neue Menge einfüllen, veraschen und diese Operation so lange wieder- holen, bis die ganze abgewogene Menge verascht ist. Handelt es sich nur um die Herstellung einer Aschenprobe, deren Zusammensetzung qualitativ oder quantitativ untersucht werden soll, und wird die Be- stimmung der Menge der Aschenbestandteile in einer anderen Probe vorgenommen (s. später), so kann man sich das Wägen natürlich sparen und kann auch die Hauptmenge der erhaltenen Asche nach jedes- maligem Glühen etc. aus der Schale entfernen. Die Substanzen müssen entweder schon vorher getrocknet sein oder werden jetzt in der Schale in einem Trockenschranke oder mit fächelnder Flamme vorsichtig getrocknet. Flüssigkeiten werden erst eingedampft und der Rückstand getrocknet. Jetzt wird die Schale langsam erhitzt, wenn man sehr vorsichtig sein will, erst auf einem Asbestdrahtnetz oder einem sogenannten Finkener Turm, einem hohen eisernen Gestell, das 3—4 Drahtnetze in verschiedenen Höhen über dem Bunsenbrenner anzu- bringen gestattet, welche die direkte Wirkung der Flamme mildern. Durch Fortnehmen der Drahtnetze wird die Hitze allmählich verstärkt, bis man 380 Hans Aron. schließlich die Schale direkt erhitzen kann. Beim Erhitzen der organischen Substanzen entstehen sehr übelriechende, brennbare Gase, die oft mit grober Gewalt aus der aufschäumenden und blasenwerfenden Masse auf- steigen und dabei leichte, unverbrannte Partikelehen mit fortreißen können, die dann als „Rauch“ verloren gehen. Ferner können bei dieser un- vollkommenen Verbrennung durch Reduktion Verluste an P. S usf. ein- treten. Diese „trockene Destillation“ muß man deshalb peinlich vermeiden, am besten dadurch, daß man für gute Luftzufuhr und damit auch voll- ständige Oxydation an der erhitzten Stelle soret. Man erhitzt. sobald diese stinkenden Gase anfangen aufzusteigen, zuerst an einer Stelle den ireien Rand der Schale, bei Platin, bis er dunkel-rotglühend ist, dann eine Randpartie der Substanz (diese kann genügend Sauerstoff bekommen) und versucht so bald als irgend möglich die aufsteigenden Gase in Brand zu setzen. Wenn man dann mit der Flamme am Rande langsam herum geht. kann man oft die ganze Randpartie in Brand setzen, und sobald man soweit ist, dient die Flamme nur noch dazu, um die Produktion der gastörmigen, brennbaren Bestandteile in Gang zu halten respektive zu regulieren. Man läßt also ruhig, nach Bedarf, durch das Erhitzen unter- stützt, die Substanz sich selbst verbrennen. Es ist auch empfohlen worden, bei sehr schwer brennbaren Substanzen dieses „In-Brand-setzen“ durch etwas Alkohol zu erleichtern: Man durchfeuchtet die Substanz vorher mit wenig Alkohol, brennt diesen ab, wartet, bis die Schale wieder ziemlich erkaltet ist, gießt neuen Alkohol auf, usf. Bei hartnäckig Wasser ein- schließendem Analysenmaterial ist dies Verfahren nicht ohne Vorteil, weil es das häufiger vorkommende Verspritzen meist gänzlich verhütet. Allmählich hört auch bei stärkerem Erhitzen die Entwicklung brenn- barer Gase auf, und nun ist nur noch notwendig, durch direktes Glühen den Rest der organischen Substanzen und die meist reichlich abgeschiedene Kohle eie. zu verbrennen. Wenn man will. kann man die oft zu Klumpen zusammengesinterten Massen mit einem Platin- oder Porzellanspatel oder einem Pistill zerdrücken und umrühren. Die Instrumente müssen. um Verluste zu vermeiden, selbstverständlich sorgfältig mit einer Gummifahne gereinigt werden. Beim Glühen selbst ist das Wichtigste, die Hitze nicht höher steigen zu lassen, als unbedingt erforderlich: d.h. bei Platintiegeln nur bis zur schwachen Rotglut zu erhitzen, da ja bei stärkerem Glühen immer die Gefahr besteht, daß ein Verlust an den etwa vorhandenen flüchtigen anorganischen Salzen verursacht wird. Hat man geringere Mengen und leicht verbrennliche Substanzen, so ' gelingt es meist ohne große Mühe, diese „weiß zu brennen“, d.h. durch einfaches Glühen den Hauptteil der Kohle direkt zu verbrennen. Meist aber, besonders bei der Herstellung größerer Aschenmengen, wird es an- gebracht sein, wenn die Substanz vollkommen verkohlt ist, also ehe man zum stärkeren Glühen übergeht, die löslichen Salze etc. zu entfernen. Auf diesem Wege kommt man schneller zum Ziele und läuft viel weniger Aschenanalyse. 381 Gefahr, durch zu intensives Glühen Verluste zu erleiden, besonders wenn man viel lösliche und leicht flüchtige Salze (Alkalisalze) in der Asche hat. Man laugt zu diesem Zwecke die ganze Masse in der Schale mehrmals vorsichtig mit heißem Wasser aus, filtriert durch ein asche- freies Filter und bringt dieses samt den abgefangenen Substanzen in die Schale zurück. Ist das Auslaugen zur richtigen Zeit vorgenommen worden, so ist das Filtrat wasserklar. Ist es dunkel gefärbt, so ist das ein Zeichen dafür, daß noch nicht alles verkohlt ist. Man gibt in diesem Falle das Filtrat und Filter in die Schale zurück, verdampft zur Trockne und glüht von neuem. Ist das ausgelaugte Extrakt klar und farblos, so wird es auf- bewahrt, während das Filter mit Rückstand in die Schale zurückgegeben und getrocknet wird. Nun glüht man so lange, bis alle Kohle verschwunden ist. Da die wasserunlöslichen Salze in der Regel hitzebeständiger sind, kann man jetzt etwas energischer glühen, ohne Verluste befürchten zu müssen. Der ganze Prozeß kann eventuell später nochmals wiederholt werden. Besonders beim Veraschen von alkalireichem Material, wie vor allem von Harn und Blut, ist ein mehrmaliges Auslaugen, ehe man zum eigentlichen Glühen übergeht, erforderlich, weil ja die Alkalisalze bei relativ niedrigen Temperaturen schmelzen und dann Kohlepartikelchen einschließen und sie so der Wirkung der Hitze und des Sauerstoffs entziehen würden. Die schließlich verbleibende Asche wird mit verdünnter Salzsäure aufgenommen und die Lösung mit dem oben erwähnten wässerigen Auszuge vereinigt. Bei den meisten Veraschungen wird das Glühen mit einem gewöhn- lichen Bunsenbrenner oder mehreren vereint („Dreibrenner*), einem Pilz- brenner oder einem soeenannten „Teclubrenner* bewerkstelligt werden können. Für die Herstellung sehr großer Aschenmengen kann man die Muffelöfen oder die in neuerer Zeit konstruierten sehr sauberen elektrischen Öfen verwenden. Die so hergestellte Asche ist kein reines Produkt. Sie enthält fast stets noch etwas Kohle, daher ihr etwas graues, niemals ganz schnee- weißes Aussehen. Es ist nun viel besser, etwas Kohle in der Asche zu belassen, als etwa durch übermäßig starkes Glühen diese zu entfernen, was doch meist nicht gänzlich gelingt. Man kann, wenn man will, die Asche nacheinander mit Salz- und Salpetersäure und mit beiden extrahieren, die Säuren auswaschen und den Rest, der nun aus Kohle + Kieselsäure (oder nur durch Aufschließen lösbaren Silikaten) besteht, auf einem gewogenen Filter sammeln, trocknen und sein Gewicht ermitteln. Durch erneutes Glühen kann man jetzt die Kohle ganz verbrennen und erhält als Rest ‚die Kieselsäure. (Siehe auch nachher Kieselsäure- und Kohlenstoffbestim- mung unter quantitativer Analyse.) Außer dem Kohlegehalt müssen wir dem Kohlensäuregehalt der Asche Beachtung schenken. Dieser entspricht ja keineswegs immer dem Kohlensäuregehalt der ursprünglichen Substanz. Es mag sein, daß ein Teil der m der Asche gefundenen Kohlensäure schon in der frischen organischen Substanz vorhanden war, in Ausnahmefällen auch einmal die 582 Hans Aron. gesamte Kohlensäure, in der Regel hat sich aber beim Veraschen durch Verbrennen organischer Substanzen reichlich Kohlensäure gebildet, die von vorhandenen überschüssigen Alkalien gebunden wird; auch die Salze der organischen Säuren finden wir als Karbonate wieder. Außerdem wird aber die Menge der Karbonate (oder Bikarbonate?), die wir in der Asche finden, auch noch von den beim Glühen angewandten Temperaturen abhängig sein, da wir ja durch intensives Glühen viele Karbonate (z.B. CaCO,) in die entsprechenden Oxyde überführen können. Man wird oft finden, daß man bei manchen Aschen durch intensives Glühen noch eine Gewichtsabnahme durch Kohlensäureverlust bewirken kann. Man muß sich in jedem Falle vergegenwärtigen, daß der Kohlensäuregehalt der Asche keinen Rückschluß auf den Kohlensäuregehalt der ursprünglichen Substanz erlaubt.') Ob man nun die Kohlensäure mit als Mineralbestand- teil rechnen will oder nicht. ist Ansichtssache. Handelt es sich nur darum, den Gesamtmineralstoffgehalt („Asche“) einer organischen Substanz zu bestimmen, so macht das wenig aus, und es ist üblich, die durch Glühen erhaltene — wenn man so sagen will noch durch etwas Kohlenstoff und Kohlensäure verunreinigte — Asche direkt als solche in Rechnung zu setzen. Dagegen haben wir dem Kohlenstoff- und Kohlensäuregehalt der Asche bei der Weiterverarbeitung”der Asche unter Umständen Beachtung zu schenken. Es gibt zwei Möglichkeiten, um durch Analyse der Asche den (Gehalt der Analvsensubstanz an den einzelnen Mineralstoffen zu ermitteln: a) Wir äschern für die Bestimmung jedes Elementes oder einer Gruppe solcher (siehe später) je zwei Proben (Doppelanalyse) unserer Substanz ein und verarbeiten jedesmal die gesamte so erhaltene Asche weiter. b) Wir bestimmen durch Doppelanalyse den Gesamtaschengehalt unserer Substanz und stellen uns außerdem durch Einäschern einer größeren Menge unserer Substanz einen Vorrat der Asche dar, in welchem wir nun die Zusammensetzung der Asche an ihren einzelnen Bestandteilen durch Doppelanalysen ermitteln. Während wir also im ersten Falle a) den Gehalt der ursprünglichen Substanz an einem jeden Elemente einzeln ermitteln. ohne die Gesamt- menge der anorganischen Substanzen in Betracht zu ziehen, bestimmen wir im Falle 5) zuerst, wieviel Aschenbestandteile sind im ganzen in der Substanz, und dann. wieviel von den einzelnen Elementen findet sich in dieser Aschenmenge. Der Gehalt der ursprünglichen Substanz an den einzelnen Elementen berechnet sich hieraus sehr einfach. Wenn man direkt die aus einer abgewogenen Substanzmenge erhaltene gesamte Asche zur weiteren Analyse verwendet a), ist, wie erklärlich, der Kohlenstoff- und Kohlensäuregehalt dieser Asche ohne Bedeutung. Anders aber im zweiten Falle 5). !) Wie man diesen direkt bestimmen kann, hat z.B. Pflüger für Knochen be- schrieben. — E. Pflüger, Bestimmung der CO, der lebendigen Knochen. Pflügers Archiv. Bd. 15. S. 366. 368 (1877). Aschenanalyse. 3853 Entspricht hier die große Aschenmenge in ihrer Zusammensetzung (d.h. bezüglich C und CO,) nicht den beiden zur Bestimmung des Gesamt- aschengehaltes dargestellten Aschenproben, so würde die ganze Rechnung fehlerhaft. Ein einfaches Beispiel: Wir finden in 10g Fleisch 0'894 Aschen- bestandteile, stellen uns außerdem aber aus derselben Fleischprobe 20 9 Fleischasche her, um diese genau zu analysieren, und nehmen nun an, unsere 0'8g Asche hätte dieselbe prozentuale Zusammensetzung wie die 20 g Asche, in Wahrheit enthält diese, wir wollen sagen 5°/, C und 1:0°%/, CO,, unsere ersten 0'8g Asche, aber 0'2°/, C und 2°/, CO,. Es ist deshalb erforderlich, in beiden Aschenproben (Rohaschen) den Kohlensäure- und Kohlenstoffgehalt zu ermitteln und in beiden Fällen mit der kohlensäure- und kohlenstofffreien „Reinasche* zu rechnen. Wenn die Bereitung der Asche nicht allzu mühsam und zeitraubend ist, wie oft bei sehr mineral- stoffarmen Materialien, so ist es im allgemeinen vorzuziehen, eine be- kannte Menge der Substanz durch Glühen zu veraschen und die Gesamt- menge dieser Asche zu einer Analyse zu benutzen. Man wird gewöhnlich zwei Aschenproben, öfter aber auch vier, wenn sich die erforderlichen Analysen nicht in derselben Probe vornehmen lassen (z. B. Chlor und Erd- alkalien), ausführen. Für ein solches Verfahren sprechen folgende Momente: Einmal ist meist die Veraschung zweier Proben nebeneinander nicht zeit- raubender, oft sogar weniger zeitraubend als die einer Probe von doppeltem Gewicht. Dann kommen zwei Fehlerquellen in Fortfall: Erstens wird die zweimalige Bestimmung von Kohlenstoff und Kohlensäure und die Um- rechnung von Roh- auf Reinasche überflüssig und zweitens kann ein durch zu starkes Erhitzen verursachtes Entweichen flüchtiger Stoffe viel eher entdeckt werden. Bereitet man eine große Aschenprobe, in der durch Doppelanalysen der Gehalt an den verschiedenen Mineralstoffen bestimmt wird, so schließt ein Übereinstimmen dieser beiden Analysen noch nicht aus, daß beim Bereiten der Asche Substanzverluste eingetreten sind. Werden dagegen zwei verschiedene Aschen hergestellt, so werden diese Substanz- verluste wahrscheinlich in der einen Asche größer oder kleiner sein als in der anderen, so daß eine Differenz zum Vorschein kommt. Schließlich kann man die einzelnen Proben, je nach der Art der darin vorzunehmenden Bestimmungen, verschieden behandeln, zu einigen ev. Salzzusätze machen, bei anderen, die zur Analyse nicht flüchtiger oder sehr schwer flüchtiger Mineralstoffe Verwendung finden sollen, ohne Sorgen eine höhere Tempe- ratur anwenden, die Extraktion sparen und so oft schneller zum Ziel ge- langen, als wenn man sich vor jedem Verluste ängstlich zu hüten hat. Hat man nur einige Elemente zu bestimmen, keine vollständige Aschen- analyse anzufertigen, so ergibt es sich ja fast von selbst, dal) man sich die Mühe spart, eine größere Aschenmenge zu bereiten. Jedoch auch das andere Verfahren, die Darstellung einer großen, „Rohaschenprobe“, hat ihre Vorzüge. Vor allem gibt die zur Analyse ver- wandte Probe eine bessere Durchschnittsprobe. Hat man z.B. ein Analysen- material, das aus zahlreichen Bestandteilen mit verschiedenem Aschen- >84 Hans Aron. vehalt besteht (z. B. ein Nahrungsgemisch oder ein Heu, in dem die ver- schiedensten Grassorten enthalten sind). und nimmt man eine Reihe kleinerer Analvsenproben, so wird jede einzelne dieser auch bei sorgfältigster Mischung niemals so genau der wahren mittleren Zusammensetzung entsprechen können als eine erheblich größere Probe. Analysiert man also verschiedene kleine Proben, so läuft man mehr Gefahr, dal diese nicht alle gleichmäßig zu- sammengesetzt sind, als wenn erst eine große Menge Material verascht und jetzt von der so erhaltenen Asche, die sich nach dem Pulvern sehr ent mischen läßt, wieder einige Durchschnittsproben verwendet werden. Unter solehen Umständen würde dem Verfahren einer Rohaschenbereitung der Vorzug zu geben sein. Es ist schon an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen worden, daß es eine ganze Reihe nicht oder wenigstens nicht absolut hitzebe- ständiger Mineralstoffe gibt und daher bei der Einäscherung die Gefahr besteht, dal) beim Glühen Verluste an einzelnen Aschenbestandteilen ent- stehen. Wenn wir nur die normalen Bestandteile des Tierkörpers und der Nahrungsmittel in Betracht ziehen. so sind das zuerst einmal die Salze der Alkalien, besonders deren Chloride, wie wir sie in Blut und Harn und auch vielen Organaschen sehr reichlich finden, und dann Schwefel und Phosphor. Diese beiden letzteren Elemente finden wir ja nicht nur in Form von Phosphaten respektive Sulfaten, sondern speziell in unserem Analvsenmaterial sehr häufig auch in sogenannter organischer Bindung. Beim Verbrennen hieraus frei werdender, oft wohl auch durch Reduktion aus Phosphaten resp. Sulfaten gebildeter Phosphor resp. Schwefel kann sich nın beim Veraschen sehr leicht verflüchtigen. Eine weitere Gefahr ist schließlich die, daß im (sauren) Aschen beim Schmelzen die schwächeren Säuren. wie Salzsäure, durch die stärkeren Säuren, z. B. Phosphorsäure und Schwefelsäure, ausgetrieben werden. Darum setzt man den zur Be- stimmung der sauren Bestandteile dienenden Proben vor der Veraschung 2—3g Natriumkarbonat, und wenn man auch jegliche Reduktion von P und S vermeiden will, ebensoviel Natriumnitrat als Oxydationsmittel zu (Soda-Salpeterschmelze). Gegen Verluste an Alkalien und Chlor kann man sich nur dadurch schützen. daß man nicht zu stark erhitzt, bei Platin keinesfalls höher, als bis die Schale eben zu glühen beginnt. Durch das Auslaugen lassen sich dann. wie schon geschildert, die Alkalien entfernen, so daß man den Best stärker elühen kann. Es bleibt aber immer noch die Schwierigkeit, die ausgelaugten Alkalisalze von organischen Bestandteilen zu reinigen, und hier ist das Glühen sehr langweilig, da man es dringend vermeiden muß, die Hitze zu steigern, sobald die Alkalisalze zu schmelzen beginnen. „Viel“ ist es ja gerade nicht, was man so beim Glühen in die Luft Jagt, aber es ist immer das unsichere Gefühl, ob man nicht doch Verluste erlitten, was die Bestimmung der Alkalien in einer Glühasche so unliebsam macht. Absolut unanwendbar ist natürlich die Glühaschenmethode, wenn man ein Element, wie z. B. Quecksilber, aufsuchen will, das sich beim Aschenanalyse. 385 Erhitzen vollkommen verflüchtigen würde. Hier sind besondere Methoden am Platze, die bei den betreffenden Elementen geschildert werden. Da also die „trockene“ Veraschung fraglos manche Nachteile, Un- bequemlichkeiten und ohne Zweifel auch Fehlerquellen hat, hat man schon lange versucht, die Oxydation und damit die Zerstörung der organischen Substanz auf anderem Wege als durch Glühen vorzunehmen. Die früher oft angewandte Zerstörung mittelst Kaliumchlorat und Salzsäure (Oxydation durch Chlor) ist recht umständlich, bringt außerdem große Mengen Alkali- salze in das Untersuchungsmaterial und dürfte deshalb nur in wenigen speziellen Fällen noch im Gebrauch sein. Es ist das Verdienst A. Neu- manns!), das früher schon geübte, auch wohl hie und da beschriebene Verfahren der Zerstörung der organischen Substanz durch Schwefelsäure und Salpetersäure gerade für einige biochemisch wichtige Bestimmungen so ausgebaut zu haben, daß diese fraglos sehr wertvolle Methode sich jetzt mehr und mehr allgemeinerer Anwendung zu erfreuen beginnt. Die Veraschung auf „feuchtem Wege“, wie man diesen Prozeß) auch nennt, gestattet uns nun nicht, eine Bestimmung der Gesamtmenge der Mineralstoffe, des sogenannten Aschegehaltes, vorzunehmen, sondern liefert uns nur als Endresultat die Mineralstoffe in der zerstörten Substanz, frei von organischen Stoffen, und zwar, soweit sie löslich sind, in schwefel- saurer Lösung. Damit ergibt sich schon, daß diese Methode nicht ganz so allgemein anwendbar sein kann, wie die trockene Veraschung. Die wichtigste Einschränkung ist, daß sie keine Bestimmung des Schwefel- gehaltes gestattet, und daß alle Bestimmungen, bei denen ein Gehalt an Schwefel- säure hinderlich wirkt, zum mindesten schwierig sind. Denn es ist zwar leicht, Sulfate (z. B. aus Chloriden) darzustellen, nicht aber Sulfate in die Salze anderer Säuren überzuführen. Die durch Schwefelsäure austreib- baren Säuren können nicht oder nur unter besonderen Vorsichtsmaßregeln bestimmt werden. Trotzdem hat die Methode fraglos große Vorzüge vor der Veraschung durch Glühen, deren wichtigste wohl sind: Die Gefahr, daß Verluste an den in der Glühhitze flüchtigen Salzen (Alkalichloriden) eintreten, fällt fort, ebenso die, daß Partikelchen verspritzen oder durch zu starke Gasentwicklung fortgerissen werden. Man kann feuchte Sub- stanzen, auch Flüssigkeiten direkt verarbeiten, oft geht der Prozeß schneller vonstatten als die Einäscherung, und schließlich ist das Veraschungsgerät billiger als das zur Glühaschenbereitung erforderliche, so dal) eine ganze Reihe von Bestimmungen mühelos nebeneinander angestellt werden können. Die Veraschung nimmt man nach Neumann?) in einem schief liegenden Rundkolben aus Jenaer Glas vor, der die normale Halslänge 1) Albert Neumann, Einfache Veraschungsmethode (Säuregemischveraschung) und vereinfachte Bestimmung von Eisen, Phosphorsäure, Salzsäure und anderen Asche- bestandteilen unter Benutzung der Säuregemischveraschung. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 37, S. 115—142 (1903). 2) Albert Neumann, Nachträge zur Säuregemisch-Veraschung und zu den an diese geknüpften Bestimmungsmethoden. Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1905. S. 208-—18. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 25 386 Hans Aron. (etwa 10cm) und einen Inhalt von etwa ®/, 2 hat. Über dem Kolben hängt in einem Glas- oder Porzellanring ein Hahntrichter, der eine Tropf- kapillare hat. Diese stellt man so dar, daß man durch Er- hitzen in der Gebläseflamme vorsichtig an einer Stelle die Wände einfallen läßt, bis das Lumen des Rohres kapillar geworden ist. Es ist ferner zweckmäßig. dem Rohr des Tropftrichters eine zweimalige rechtwinklige, knieförmige Biegung zu geben, so daß der Hahn und das Vorratsgefäß sich nicht oberhalb der Kol- benmündung, sondern seitlich davon befinden. Fig. 498 zeigt die einfache Apparatur. Der Kolben ruht sehr vorteilhaft in einem sogenannten Babo- blech, doch tut schließlich zur Not auch ein Asbest- drahtnetz dieselben Dienste. Das Säuregemisch besteht aus gleichen Teilen konzen- trierter Schwefelsäure und Salpetersäure vom spezifi- schen Gewicht 14. Fig. 498. Ausführung der Säuregemisch-Veraschung. Die Veraschung mit dem Säuregemisch wird in einem gut ziehen- den Abzuge ausgeführt. Die Substanz, die für diesen Zweck nicht erst ge- trocknet zu werden braucht, wird in dem Rundkolben mit gemessenen Mengen Säuregemisch (etwa 5—10 cm?) übergossen und mit mäßiger Flamme erwärmt.!) Sobald die Entwicklung der braunen Nitrosodämpfe geringer wird, gibt man aus dem Hahntrichter tropfenweise weiteres Ge- misch (annähernd gemessene Mengen) hinzu und fährt damit fort, bis ein Nachlassen der Reaktion eintritt und die Intensität der braunen Dämpfe abgeschwächt erscheint. Um zu entscheiden, ob die Substanzzerstörung be- !) Sind große Mengen organischer Substanz zu zerstören, wie z. B. in sehr zucker- reichen Harnen. so läßt man nach dem Hinzufügen des Säuregemisches (eventuell unter Abkühlung) erst die Hauptreaktion vorübergehen, ehe man erwärmt. Fett- und kohlen- hydratreiche Substanzen kann man vorher mit KÖH versetzen und einkochen. Aschenanalyse. 587 endet ist, unterbricht man das Hinzufließen des Gemisches für kurze Zeit, erhitzt aber weiter, bis die braunen Dämpfe verschwunden sind und be- obachtet, ob sich die Flüssigkeit im Kolben dunkler färbt oder gar noch schwärzt. Ist dieses der Fall, so. läßt man wieder Säuregemisch zufließen und wiederholt nach einigen Minuten die obige Probe. Wenn nach dem Abstellen des Gemisches und dem Verjagen der braunen Dämpfe die hell- gelbe oder farblose Flüssigkeit sich bei weiterem Erhitzen von mindestens 10 Minuten Dauer nicht mehr dunkler färbt und auch keine Gasentwick- lung mehr zeigt, dann ist die Veraschung beendet. Ist die Flüssigkeit schwach gelb gefärbt, so wird sie beim Erkalten völlig wasserhell. Nun fügt man dreimal so viel Wasser hinzu, wie Säuregemisch verbraucht wurde, erhitzt und kocht etwa 5—10 Minuten. Dabei entweichen braune Dämpfe, welche von der Zersetzung der entstandenen Nitrosylschwefel- säure herrühren. Um größere Mengen Harn für die Veraschung ohne Stoßen schnell und quantitativ zu konzentrieren, läßt man nach Neumann beständig kleine Mengen des mit Salpetersäure versetzten Harns zu konzen- trierter, siedender Salpetersäure fließen. Zu diesem Zweck wird der abgemessene Harn in einem Kolben mit konzentrierter Salpetersäure (1/,, des Harnvolumens) gemischt und durch den Hahntrichter tropfenweise in den Rundkolben gegeben, in dem bei Beginn der Operation 30 cm3 konzentrierter Salpetersäure zum Sieden erhitzt werden. Man reguliert nun das Zutropfen des Harns so, daß bei starkem Sieden der Flüssigkeit, am besten auf einem Baboblech, keine zu große Volumenvermehrung (höchstens bis zu 100 cm?) eintritt. Kolben und Hahntrichter werden mit wenig ver- dünnter Salpetersäure-nachgespült. Gegen den Schluß der Verdampfung wird die Flamme, wenn nötig, verkleinert. Hat man die Flüssigkeit bis auf etwa 50 cm3 konzentriert, so gibt man durch den Hahntrichter ge- messene Mengen Säuregemisch hinzu und verascht nach der vorher be- schriebenen Methode mit der Maßgabe, daß man im Falle einer daran- knüpfenden Eisenbestimmung ganz zuletzt, wenn das Veraschungesprodukt schon hell und klar geworden ist, noch 1/,—3/, Stunden weiter erhitzt. Um die von Neumann ungemein sorgsam ausgearbeitete Methode auszuführen, gehört immerhin schon einige Erfahrung und Übung. Ganz besonders fällt es im Anfang schwer, mit den von Neumann angege- benen Mengen Säuregemisches auszukommen; und doch ist das manchmal unbedingt erforderlich (siehe Phosphorbestimmung). Man sieht sich also vor die Schwierigkeit gestellt, entweder mehr Säuregemisch als erlaubt, zu nehmen, was die Güte des Resultates in Frage stellt, oder eine neue Ver- aschung vorzunehmen, deren Erfolg ja aber auch noch fraglich ist. Der Hauptfehler, den man nach meiner Erfahrung im Anfang macht, ist, daß man zu stark erhitzt. Dann verflüchtigt sich ein Teil der Salpetersäure als solche, wird also verjagt, ohne voll zur Oxydation ausgenutzt worden zu sein. Der Oxydationsprozeß findet schon bei recht niederer Temperatur statt, so daß eine ganz kleine Flamme genügt. Dazu kommt noch im 25* SS Hans Aron. Anfang die oft recht starke Selbsterhitzung durch die Reaktionswärme. Aber trotzdem und trotz vieler Übung will es bei sehr mineralstoffarmen Substanzen. von denen man also verhältnismäßig viel zerstören muß, nicht olücken, mit den erlaubten Mengen auszukommen. Für Flüssigkeiten hat ja Neumann selbst einen Ausweg vorgeschlagen. Aber auch sonst kann man sich stets folgendermaßen helfen: Sobald man die erlaubte Grenze erreicht hat. gibt man nicht mehr das Säuregemisch. sondern nur noch Salpetersäure hinzu. Das kann ja nichts schaden, da ja ein Über- schuß an Salpetersäure und des mit ihm in die Lösung gebrachten Wassers durch Kochen stets wieder entfernt werden kann; und das, was hinderlich und zu vermeiden ist, ist Ja nur ein Überschuß an Schwefelsäure, die man nicht so leicht wieder verjagen kann. Die Mengen Salpetersäure die man also noch I zufügen darf, sind praktisch unbeschränkt, und | man kann auf diese Weise jede Veraschung zu Ende führen. Nur hat man zu beachten, daß durch die fortwährend zutropfende Salpeter- säure die Schwefelsäure im Kolben sehr stark mit Wasser verdünnt wird. Dadurch wird die wasserentziehende Wirkung der Schwefelsäure herabgesetzt, und die Temperatur der Mischung läßt sich nicht mehr über 100° bringen. Um diesem Übelstand abzuhelfen, tut man gut, wenn ca. 5-10 cm3 Salpetersäure zugetropft und zur Oxydation verbraucht sind, erst einmal durch starkes Erhitzen das Wasser zu vertreiben und die Schwefelsäure zu konzentrieren, bis sich die Lösung eben wieder schwarz zu färben beginnt. Ich habe eine ganze Reihe von Veraschun- gen schon so ausgeführt, daß ich in einem Veraschungskolben die Substanz mit 30-40 cm Säuregemisch versetzt, dann auf die Öffnung des Kolbens einen kleinen Trichter mit kurzem Hals gesetzt habe und alle paar Minuten durch den Triehter einige Kubikzentimeter Salpetersäure zufließen ließ (vel. Fig. 499). Man kann so eine Reihe von Kolben nebeneinander auf einem Stativ, ähnlich den für den Aufschluß von Stickstoffbestimmungen nach Kjeldahl benutzten, zu gleicher Zeit behandem und spart sogar noch die Einrichtung der Tropfkapillare etc. Man kann natürlich noch eine ganze Reihe kleiner Modifikationen des Sänregemischverfahrens vornehmen, je nach Art des Analysenmaterials, doch sind diese ziemlich belanglos. Wichtiger wäre es dagegen, wenn es gelänge, eine Veraschungs- methode ausfindig zu machen, bei der man die Schwefelsäure nicht brauchte, also zuletzt eine salzsaure oder salpetersaure Lösung vor sich Fig. 499. Aschenanalyse. 3859 hat. Ganz kürzlich beschrieb Kastle!) eine ganze Reihe von Verfahren, durch Einleiten von Salpetersäure, durch Zusatz von Nitriten oder von Aqua regia im Urin die organischen Substanzen zwecks Ermittlung der anorganischen zu zerstören. Ihre Erprobung bleibt abzuwarten. Einige spezielle Veraschungsmethoden, wie z. B. die zur Bestimmung des Arsens oder Quecksilbers ausgearbeiteten oder die der Veraschung des Harns mit Natriumsuperoxyd zur Schwefelbestimmung werden bei den betreffenden Elementen noch beschrieben werden. Speziell für die Darstellung der Knochenasche hat Gabriel?) ein eigenartiges, aber recht brauchbares Verfahren angegeben, dessen Prinzip darauf beruht, daß die organischen Bestandteile des Knochens nicht zer- stört, sondern durch Extraktion von den anorganischen getrennt werden. Ungefähr 10—20g fein gepulverter Knochen werden in einem Rund- kolben von 200—300cm3 Inhalt mit 100cm3 Glyzerin, in dem man 39 Ätzkali gelöst hat, vorsichtig und unter Umschütteln auf ca. 200° erhitzt, und dann die Temperatur der Mischung 1—2 Stunden auf dieser Höhe ge- halten. Die jetzt stark gebräunte Flüssigkeit wird, wenn sie auf 150-—-120° erkaltet ist, langsam und vorsichtig in eine Schale gegossen, in der sich 500—800 em® kochenden Wassers befinden. Während des Eingießens rührt man das in der Schale kochende Wasser kräftig um, spült das Kölbchen mehrmals mit Wasser aus, kocht dann noch 5—10 Minuten, und läßt den Niederschlag absitzen. Während Gabriel jetzt die überstehende Flüssigkeit durch einen mit Leinwand überspannten Heber abzieht. habe ich 3) es prak- tischer gefunden, das Wasser einfach abzudekantieren und dieses und die folgenden Waschwässer in hohen Gefäßen zu sammeln. hier sedimentieren zu lassen und dann die überstehende Flüssigkeit abzuhebern, ähnlich wie man es bei der Wehnder Rohfaserbestimmung macht. Man kocht den Niederschlag in der Schale dann mit neuen 500 cm3 Wasser aus, dekantiert ab und wiederholt diese Operation so oft. bis die alkalische Reaktion ver- schwindet. Das in dem hohen Zylinder gewonnene Sediment wird ebenfalls durch Aufgießen von heißem Wasser, Sedimentierenlassen und Abhebern ausgewaschen. Der auf diese Weise gereinigte Rückstand des Knochen- pulvers (in der Schale und in den Zylindern) ist — wenn die Operation richtig ausgeführt wurde — frei von organischer Substanz und bleibt deshalb beim Glühen schön weiß. Ist das nicht der Fall, so muß die Extraktion wiederholt werden. Dieses Verfahren liefert uns — wahrscheinlich ohne die durch das Glühen bedingten Umsetzungen — die wasserunlöslichen Mineral- 1) J. H. Kastle, Use of nitrous acid, nitrites and aqua regia in the determination of the mineral constituents of the urin. Amer. Journ. of Physiol. Vol.22. p. 411—422 (1898). ®) S. Gabriel, Chemische Untersuchungen über die Mineralstoffe der Knochen und Zähne. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 18. S. 256—303 (1894). ®) H. Aron, Über den Einfluß der Alkalien auf das Knochenwachstum. Pflügers Archiv. Bd. 106. S. 91 (1905). 390 Hans Aron. stoffe. Es ist meines Wissens bisher nur zur Knochenanalyse angewandt worden, mag aber vielleicht auch zu Untersuchungen anderer nicht allzu mineralstoffarmer Körpergebilde gute Dienste leisten, wenn es einmal dar- auf ankommen sollte, den wasserunlöslich präformierten Anteil der Mineralstoffe zu untersuchen. Qualitative Analyse einer Asche. Zu qualitativen Prüfungen wird man im allgemeinen besser tun, eine Glühasche, als eine Säuregemischasche darzustellen. Auf kleine Ver- luste kommt es hier nicht an, und da kann man die Einäscherung recht beträchtlich abkürzen. während eine Säuregemischveraschung immer in der gleichen Weise durchgeführt werden muß. Außerdem kann eine ganze Reihe von Prüfungen in der schwefelsauren Lösung schlecht ausgeführt werden. Bei Untersuchungen auf einige leicht flüchtige Elemente, wie Quecksilber und Arsen, sind besondere Vorsichtsmaßregeln erforderlich, auf die an den betreffenden Stellen eingegangen wird. Bei Beschreibung der anderen Reak- tionen wird vorausgesetzt, daß eine Glühasche vorliegt, die man entweder systematisch nach dem im folgenden beschriebenen Analysengange auf alle ihre bisher unbekannten Komponenten prüfen oder aber auf das Vorhandensein oder Fehlen eines oder einiger bestimmter Elemente untersuchen will. Zu den folgenden Reaktionen genügt es, je eine kleine Probe der dargestellten Asche zu verwenden. Zur Prüfung auf die basischen Bestandteile versucht man, eine Probe der Asche in heißem Wasser zu lösen. Gelingt das restlos, so können keinerlei sauere oder basische Bestandteile in der Asche enthalten sein, welche zusammen unlösliche Salze bilden. Deshalb wird man auch die meisten Aschen so nicht völlig auflösen können. Man kocht jetzt eine andere oder die gleiche Probe der Asche mit Salzsäure, filtriert und untersucht Filtrat und Rückstand, wenn ein solcher bleiben sollte, getrennt. Bei den meisten biochemischen Aschenanalysen wird man sich — ab- gesehen von einigen wenigen Proben, die nachher genannt sind — auf den Nachweis von Erdalkalien und Alkalien beschränken. Man löst eine Probe der Asche in Salzsäure und verfährt im Prinzip ganz so, wie unten bei der quantitativen Analyse beschrieben: Man fällt nach Zusatz von Eisenchlorid die Phosphorsäure durch Ammoniumacetat in ganz schwach essigsaurer Lösung aus und prüft das Filtrat dieses Niederschlages mit Ammoniak und Ammoniumoxalat. Ein Niederschlag oder eine Trübung mit Ammoniumoxalat zeigt dann die Anwesenheit von Calcium an. Handelt es sich um den Nachweis von Spuren, so muß man das Reagenzglas oft 1 bis 12 Stunden stehen lassen, bis man einen Niederschlag erhält. Zum Magnesiumnachweis muß man das Calcium erst vollständig durch Ammoniumoxalat ausfällen, bevor man das Filtrat mit einer Lösung . Aschenanalyse. 391 von Natriumphosphat auf Magnesium prüfen kann. Ein fein kristallinischer “ Niederschlag von Magnesiumammoniumphosphat weist das Magnesium nach- Zum Nachweis der anderen Elemente, sowohl der Erdalkali- wie der Alkaligruppe, bedienen wir uns am besten und einfachsten der Flammen- proben. Eine kleine Probe der Asche oder der beim Trennen der Erdalkalien von den Alkalien erhaltenen Niederschläge respektive der Rückstände der eingedampften Filtrate befeuchtet man mit etwas Schwefelsäure oder Chlor- wasserstoffsäure und bringt sie an dem ösenförmig umgebogenen Ende eines Platindrahtes in den unteren Rand der Flamme eines Bunsenbrenners. Strontium gibt eine scharlachrote Flamme (s. auch Lithium). Barium gibt eine grüne Flamme. Natrium gibt eine Gelbfärbung der Flamme, die aber sämtliche Aschen infolge der allgemeinen Verbreitung der Natriumverbindungen zeigen werden. Kaliumverbindungen färben die Flamme violett, jedoch wird diese Farbe meist von der gelben des Natriums überdeckt. Um Kalium neben Natrium zu erkennen, betrachtet man die Flamme durch ein blaues soge- nanntes Kobaltglas. Eine Flammenfärbung durch Natrium verschwindet jetzt; bleibt die Flammenfärbung bestehen, so ist Kalium vorhanden. Um Kalium neben Natrium mittelst der Fällungsanalyse nachzuweisen, vor allem um sich über den relativen Gehalt dieser beiden Alkalien zu orientieren, dient die Trennungsmethode mit Platinchlorid (siehe quantitative Methoden). Ein in Alkohol unlösliches gelbes Platin- doppelsalz zeigt die Anwesenheit von Kalium an. Doch ist, worauf bei der quantitativen Analyse nochmals hingewiesen wird, auch bei der qualitativen Probe so viel Platinchlorid zu nehmen, daß alles vorhandene Natrium in das Doppelsalz übergeführt wird, um die Abscheidung des in Alkohol un- löslichen Natriumchlorids zu vermeiden. Mit dem Lithium im tierischen Organismus hat sich Herrmann‘) eın- gehend beschäftigt. Lithium gibt eine karminrote Flammenfärbung ähnlich der des Strontiums. Doch bildet ja das Strontium ein unlösliches Karbonat, das mit Ammoniak und Ammonkarbonat mit ausgefällt wird. Es würde sich also beim Caleium ete. finden, das Lithium dagegen im Filtrat respektive dessen hückstand. Ist man nicht sicher, ob man sorgfältig genug aus- gewaschen hat, so kann man sich der Spektralanalyse bedienen. (Siehe die zitierten Lehrbücher » ® *°). Dieselbe empfiehlt sich ebenfalls zur Er- !) Erich Herrmann, Über das Vorkommen von Lithium im menschlichen Organismus Pflügers Archiv. Bd. 109. S. 26—50 (1905). ?) ©. R. Fresenius, Handbuch der qualitativen chemischen Analyse. Friedrich Vieweg & Sohn. Braunschweig. ®) Carl Friedheim, Leitfaden für die qualitative chemische Analyse. (Carl Habel, Berlin.) *) F.P. Treadwell, Kurzes Lehrbuch der analytischen Chemie in zwei Bänden. Leipzig und Wien. 5) Alexander Classen, Handbuch der qualitativen chemischen Analyse. (F. Enke, Stuttgart.) 392 Haus Aron. kennung von Rubidium und Cäsium, die dem Kalium sehr nahestehen. Die Spektralanalvse ist sehr fein und gestattet schon geringste Spuren nach- zuweisen. Soll auf die Anwesenheit von Schwermetallen — bei biochemischen Analysen wohl nur selten —- geprüft werden, so leitet man in eine Probe der salzsauren Lösung Schwefelwasserstoff ein, resp. man setzt Schwefel- wasserstoffwasser hinzu. Entsteht ein schwarzer Niederschlag von Metall- sulfiden, so deutet dieser auf die Anwesenheit von Schwermetallen hin, und zwar kann es sich um 1. Blei, Silber, Quecksilber, Wismut, Kupfer, Kadmium und die Elemente der Platingruppe. ferner 2. um Arsen, Antimon, Zinn, Molybdän, Gold u. a. handeln. Um die unter 1. aufgeführten Elemente von denen unter 2. zu trennen, übergiebt man die abfiltrierten Sulfide mit warmer Schwefelammoniumlösung; die Sulfide der Gruppe Arsen, Zinn etc. gehen jetzt in Lösung. Über die Trennung dieser Elemente (sub 2.) unterrichten die Lehr- bücher der qualitativen Analyse. Von diesen empfehlen sich am meisten die von Fresenius!), Friedheim:), Treadwell:) und Classen*). Nur der Nachweis des Arsens soll näher beschrieben werden, weil dieses ja in neuerer Zeit so eminente therapeutische Bedeutung gewinnt und außerdem vielleicht auch zu den normalen Bestandteilen des Organismus gehört. Die empfindlichste Reaktion auf Arsen ist die sogenannte Marshsche Probe, die sich darauf gründet. daß Wasserstoff und Arsen in statu nas- cendi flüchtigen Arsenwasserstoff bilden, aus dem durch Erhitzen das Arsen als metallischer Beschlag abgeschieden wird. Der einfachste Apparat, den man zu diesem Nachweise benötigt, besteht aus einem Kölbehen oder einer Wouljschen Flasche von 200-300 cem® Inhalt. welche durch gutschließende Stopfen verschlossen sind, durch die ein Trichterrohr, ein Sicherheitsrohr und ein rechtwinklig gebogenes Ableitungsrohr gehen. An das Ableitungs- rohr schließt sich eine mit Ca Cl, gefüllte Trockenröhre und hieran eine (Glasröhre aus schwer schmelzbarem Glase, die mehrere Male verenet und am Ende zu einer Spitze ausgezogen ist. In dem Kölbchen wird aus Zink und Schwefelsäure Wasserstoff entwickelt. und wenn man annehmen kann, dab alle atmosphärische Luft aus dem Apparat durch Wasserstoff verdrängt ist, dieser an der Rohrmündung angezündet. Jetzt erhitzt man das Rohr vor der Verengerung und gibt die auf Arsen zu untersuchende Substanz, ’) ©. R. Fresenius, Handbuch der qualitativen chemischen Analyse. Friedrich Vieweg & Sohn, Braunschweig. R ?) Carl Friedheim, Leitfaden für die qualitative chemische Analyse. (Carl Habel, Berlin.) °») F.P. Treadwell, Kurzes Lehrbuch der analytischen Chemie in zwei Bänden. Leipzig und Wien. *) Alexander Classen, Handbuch der qualitativen chemischen Analyse. (F. Enke, Stuttgart.) Aschenanalyse. 395 z.B. den in Salzsäure aufgelösten Niederschlag der Sulfide, durch die Triehterröhre in das Kölbehen. Ist Arsen zugegen, so bildet sich jetzt Arsenwasserstoff, der an der erhitzten Stelle in seine Komponenten ge- spalten wird, von denen sich das Arsen als „Arsenspiegel“ an den folgenden kühleren Stellen des Rohres niederschlägt. Vor jedem Versuch hat man sich von der Arsenfreiheit der angewandten Reagenzien dadurch zu überzeugen, dal bei dem ersten Erhitzen in dem Rohr auch kein Anflug eines Spiegels entsteht. Diese ursprüngliche Methode, die auch für gewöhnliche Zwecke aus- reichen dürfte, ist nun mannigfach modifiziert und verfeinert worden, vor allem um auch die kleinsten Spuren von Arsen aufzufinden. Besonders ein- gehend hat in den letzten Jahren ZLockemann!) den Arsennachweis studiert, dessen Anleitungen zur Anstellung einer Marshschen Probe mit allen Kautelen wiedergegeben seien. Lockemann zerstört zur Prüfung auf Arsen ebenfalls mit Säure- gemisch und beschreibt dieses Zerstörungsverfahren an einem Beispiele (Fleisch) folgendermaßen : 209g frisches, fein zerhacktes Rindfleisch werden in einer Porzellan- schale mit einigen Kubikzentimetern einer Mischung von 10 Teilen rauchender Salpetersäure und '/,— 1 Teil konzentrierter Schwefelsäure übergossen und allmählich auf dem Wasserbade (mit Porzellanringen) erwärmt. Das Säure- gemisch wirkt so stark ein, daß schon nach Zusatz von ca. Dem? die ganze sich anfangs stark aufblähende Masse in eine gleichmäßige dickölige, gelb- liche Flüssigkeit verwandelt wird. Fügt man während der Erwärmung auf dem Wasserbade zuviel Säure auf einmal hinzu, so kann die Reaktion so heftig werden, daß unter lebhafter Rauchentwicklung plötzlich Verkohlung der ganzen Masse eintritt, und dadurch natürlich etwa vorhandenes Arsen mit fortgetrieben wird. Man verfährt daher am zweckmäßigsten so, dab man das Säuregemisch, im ganzen 10—20cm3, in Portionen von 1-2 cm® zusetzt, und zwar jedesmal erst, nachdem die Entwicklung der braunen Dämpfe aufgehört hat. Zum Schluß nimmt die Masse eine dunkel- gelbe Farbe an, die bei längerem Erhitzen auf dem Wasserbade in Braun übergeht. Dieses Zerstörungsprodukt wird nun mit einer konzentrierten wässe- rigen Lösung von 30g einer Mischung gleicher Teile Natrium- und Kalium- nitrat verrührt und eingedampft.?) Dabei bleibt ein zitronengelber, fein kristallinischer Rückstand von ca. 35g, der die organischen Reste mit dem Salpeter innig gemischt enthält. Zur Vollendung der Oxydation trägt man dieses Salzgemisch allmählich messerspitzenweise in einen Platintiegel ein, in dem 5g Natriumkaliumsalpeter zum Schmelzen gelinde erhitzt !) Georg Lockemann, Über den Arsennachweis mit dem Marshschen Apparate. Zeitschr. f. angew. Chemie. Bd. 18. S. 416—429 (1905). ®) Es genügen auch schon ca. 20 y Kaliumnatriumnitrat, wenn man nachher den Abdampfrückstand in 109 schmelzendes Nitrat (statt 59) einträgt. 394 Hans Aron. werden. Dabei wartet man mit jedem weiteren Zusatz, bis die Oxydation der Kohlenstoffverbindungen, die, bei möglichst kleiner Flamme, ruhig und höchstens gegen Schluß unter geringer Feuererscheinung verläuft, voll- endet ist. Ist alles zugesetzt, so wird noch kurze Zeit mit voller Flamme erhitzt. Die so erhaltene Schmelze (ca. 309) wird mit konzentrierter Schwefel- sänre so lange in einer Porzellanschale auf dem Wasserbade erhitzt, bis keine Salpetersäure mehr vorhanden ist (keine Spur einer Blaufärbung mit Diphenvlamin!). Jetzt kann sie direkt in den Marshschen Apparat gebracht und hier untersucht werden. Hat man aber eine größere Menge Salpeterschmelze erhalten, so empfiehlt es sich nach Lockemann, erst das Arsen am besten auf folgendem Wege abzuscheiden: Die Schmelze wird in einer Porzellanschale auf dem Wasserbade in destilliertem Wasser gelöst und mit verdünnter Schwefel- säure versetzt, bis die beim Schmelzprozeß, entstandene Kohlensäure und salpetrige Säure ausgetrieben ist. Nach Zusatz von 10 cm® Normal- aluminiumlösung (111’11g Al, (SO,),, 18 aq. in 12 H,O) wird mit Am- moniak alkalisch gemacht und etwa !/, Stunde auf dem Wasserbade erhitzt, der entstandene Niederschlag abfiltriert, mit etwas ammoniakalischem Wasser ausgewaschen, in 20-30 cm® 10°/,iger Schwefelsäure gelöst und in einer Schale auf dem Wasserbade so lange erhitzt, bis eine mit Wasser verdünnte Probe Diphenylaminlösung nicht mehr blau färbt. Man kann die Nitrate aus dem Niederschlage auch durch wiederholtes Auswaschen mit ammoniakalischem Wasser entfernen, jedoch ist bei dem ganzen Verfahren prinzipiell jeder unnötige Gebrauch größerer Mengen von Sol- venzien und Chemikalien zu vermeiden: denn die Gefahr des Einführens von Arsen wächst mit den verwendeten Mengen der Reagenzien. jeschreibung und Handhabung des Arsenapparates nach Lockemann (vel. Fie. 500): Das Entwicklungsgefäß von (je nach Bedarf) 50--150 cm® Inhalt besteht aus einer gewöhnlichen Pulverflasche oder einem Erlenmeverkolben (a) mit weitem Halse. In der Öffnung desselben sind entweder durch Gummistopfen oder eingeschliffene Glashauhe (%) drei Röhren angebracht, von denen die eine einen zylindrischen Hahntrichter (e) trägt, die andere zu dem Trockenrohr (d) führt, während die dritte, bis fast auf den Gefäßboden reichende, als Steig- oder Sicherheitsrohr dient (e). Der oewöhnliche Finfülltrichter ist hier durch einen solchen mit Hahnverschluß ersetzt. damit beim Nachgießen von Flüssigkeit der Zutritt der Luft voll- ständig ausgeschlossen bleibt. Das Trockenrohr wird mit möglichst großen Sticken kristallisierten Chlorealeiums gefüllt und durch einen Gummi- stopfen verschlossen, während das kleine Ansatzrohr (/) im einem durch- bohrten Gummistopfen das weitere Ende des Glührohres (9) aufnimmt. Letzteres wird andrerseits, mit etwas Fließpapier umwickelt, in eine Klammer (Ah) eingespannt. Das seitlich gebogene Kapillarrohr ist nach unten zu richten, da auf diese Weise die Diffusion der Luft in das Rohrinnere (bei langsamer Gasentwicklung) möglichst beschränkt wird. Aschenanalyse. 95 (WE) Ist das Entwicklungsgefäß) (a) mit 4—6 verkupferten Zinkstückchen!) beschickt, so wird es mit dem Gummistopfen bzw. Glasschliff (b) ver- schlossen, wobei darauf zu achten ist, daß in dem unteren, schräg ab- geschnittenen Rohrende des Trockenrohrs (d) keine Was sertropfen hängen, die eventuell einer gleichmäßigen Gasentwicklung hinderlich sein könnten. Man läßt aus dem Hahntrichter (ce) ca. 10 cm® 10-—-20°/,iger Schwefel- säure zu dem Zink laufen und schließt den Hahn so frühzeitig wieder, daß noch das ganze Trichterrohr unterhalb des Hahns mit Flüssigkeit gefüllt bleibt. Die Gasentwicklung beginnt sofort ziemlich lebhaft und treibt, sobald nun das an dem Kapillarende zugeschmolzene Glührohr (g) fest eingesetzt ist, die Säure in dem Steigrohr (e)aufwärts;„ein*Zeichen, fo Fig. 500. daß der ganze Apparat dicht schließt. Man bricht die Kapillarspitze des Glührohrs ab und läßt die Wasserstoffentwicklung !/.—®?/, Stunde im Gange, bevor man die Flamme des Bunsenbrenners (z) dicht vor der ersten Rohrverengung entzündet. Dann ist unter normalen Verhältnissen die Luft sicher vollkommen aus dem Apparat vertrieben, und man kann durch 1—2stündiges Erhitzen, eventuell unter weiterem Zusatz von Säure, die Reinheit der Chemikalien prüfen. 1) Die Herstellung der verkupferten Zinkstückchen gestaltet sich so, daß die zerkleinerten Zinkstücke (je 12—1'8 9) in einer Porzellanschale mit verdünnter Kupfer- lösung (1 T. Kupfervitriol, durch mehrmalige Kristallisation gereinigt, auf 200 T. Wasser) übergossen, etwa eine Minnte lang darin hin und her gerüttelt und dann mehrmals mit Wasser abgespült werden. Auf Fließpapier getrocknet, lassen sich diese schwarz über- zogenen Zinkstücke in verschlossenem Gefäß für den jeweiligen Gebrauch aufbewahren. — Über die Wasserstoffentwicklung im Marshschen Apparate. Zeitschr. f. angew. Chemie. Bd. 19. S. 1362 (1906). 396 Hans Aron. Die Flamme wird am besten so reguliert, daß nur der über dem inneren blauen Kegel befindliche Teil das Rohr berührt. da bei ungleich- mäßiger Erhitzung (wenn das Rohr den kühleren Kegel schneidet) die Bildung des Arsenspiegels beeinträchtigt wird. Um jeden Luftzug von der Flamme fernzuhalten und damit ein Verflüchtigen des bereits ent- standenen Spiegels zu verhindern, wird auf den möglichst hoch geschraubten Schornstein des Brenners eine zylindrische Hülse aus Kupferdrahtnetz (%) mit zwei Ausschnitten für das quer durchgehende Glührohr gesetzt. Das Drahtnetz hat vor einer Schutzhülle aus Blech oder Asbest den Vorzug, dal) es die Flamme vollständig vor Zugwirkung schützt und trotzdem. die Beobachtung der Glühstelle gestattet. Handelt es sich um den Nachweis sehr geringer Arsenmengen (etwa bis zu 4 oder dmg As), so ist es ratsam, die Stelle, an welcher sich der Spiegel absetzen soll, von außen zu kühlen. Das geschieht am einfachsten mittelst einiger Baumwollfäden (7), die, in ein höher stehendes, mit Eiswasser gefülltes Becken (m) tauchend,. an der betreffenden Stelle zwei- bis viermal um das Rohr geschlungen sind und das dauernd an- gezogene Wasser unten in ein Becherglas (n) abtropfen lassen. Das Arsen setzt sich dann genau an der Stelle ab, wo die kühlenden Fäden zuerst das Glas berühren, und zwar in kompakterer, weniger lang- gestreckter Form. Ist nun die erste Stelle des Glührohres anderthalb bis zwei Stunden erhitzt und haben sich die im Apparate verwendeten Materialien als rein erwiesen, so bringt man die Flamme dicht vor die zweite Verengung und läßt aus dem Hahntrichter die zu prüfende Flüssigkeit in das Gefäl) ein- laufen, wobei man natürlich nochmals mit geringen Mengen Wasser oder verdünnter Säure nachspült. Das Erhitzen wird auf die gleiche Zeitdauer fortgesetzt und liefert nun einen endgültigen Beweis, ob die betreffende Flüssigkeit arsenhaltig war oder nicht. Auf diese Weise ist es möglich, noch Bruchteile eines mg As, bis zu Y/,0 mg bis "/j0000000 4 AS deutlich nachzuweisen. Von anderen Autoren wie Kunkel!) wird empfohlen, den Wasserstoff nicht aus Zink und Schwefelsäure, sondern elektrolytisch zu entwickeln, da es sehr schwierig ist, die zur chemischen Wasserstoffentwicklung erforderlichen Reagenzien arsenfrei zu erhalten. Derselbe Forscher empfiehlt — was wohl in gewissen Fällen ganz vorteilhaft sein mag — das Arsen erst als Arsentrichlorür abzudestillieren und das Destillat dann weiter zu ver- arbeiten. Ein mit einem dreifach durchbohrten Korkstopfen verschlossener Rundkolben von 500-1000 cm® Inhalt trägt in der einen Bohrung das Ableitungsrohr, das in eine sehr energisch funktionierende Kühlvorrichtung leitet. die zweite einen Trichter mit Hahn zum Zusatz der Zersetzungs- flüssigkeiten, die dritte ein bis auf den Boden des Kolbens reichendes ') A. J. Kunkel, Beiträge zur Frage des normalen Arseniks. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 44. S. 511-529 (1905). Aschenanalyse. 397 Glasrohr, das zum Einleiten gewaschener Kohlensäure dienen kann, um zu starkes Stoßen zu verhindern. Die Destillation wird nach Reduktion eventuell vorhandener Arsen- säure durch ein Ferrosalz (Eisenchlorür) mit konzentrierter arsenfreier Salzsäure von ca. 40°, HU], die man portionsweise zusetzt, bewirkt. Carlson!) empfiehlt zum Nachweis von Arsen in organischen Sekreten die Abscheidung des Arsens durch Elektrolyse. Eine speziell für den Arsennachweis im Urin geeignete Methode haben Sanger und Fisher?) ausgearbeitet. Wir gehen jetzt an die Weiterverarbeitung der durch Schwefel- wasserstoff erhaltenen Fällung. War hier ein nicht in Schwefelammonium in Lösung gegangener Rückstand geblieben, so besteht er aus den Sulfiden des Bleis etc. (siehe vorher). Man kann die biochemisch wichtigsten Elemente dieser Gruppe sowohl in dem Sulfidgemisch, wie in der Asche selbst — ohne erst die Metalle als Sulfide zu fällen — durch folgende Reaktionen erkennen: Die Anwesenheit von Kupfer wird meist schon durch die blaue oder bläuliche Färbung der Aschenlösungen verraten. Gibt man zu einer solchen Lösung Ammoniak (und Ammoniumkarbonat), so bildet sich erst ein bläulicher Niederschlag: durch einen Überschuß von Ammoniak entsteht eine tiefblaue Lösung von Kupferoxydammoniak. Man kann das Kupfer ferner durch seine Reduzierbarkeit durch Zucker in alkalischer Lösung nach- weisen („Umgekehrte* Trommersche Probe). Eine blaue Kupfersalzlösung mit Kaliumhydrat und Traubenzucker erhitzt liefert rotes oder braunes Kupferoxydul. Blei wird nachgewiesen durch die Bildung eines unlöslichen Sulfates, eines in der Hitze löslichen, aber beim Erkalten wieder ausfallenden Chlorides und eines gelben unlöslichen Chromates bei Zusatz von Kalium- chromat. Den Nachweis des Quecksilbers kann man nicht in einer Glüh- asche vornehmen, sondern muß die organische Substanz auf feuchtem Wege oxydieren [z. B. durch Kaliumchlorat und Salzsäure]?). Dann wird !) €. E. Carlson, Über das verschiedene Verhalten organischer und anorganischer Arsenverbindungen Reagenzien gegenüber sowie über ihren Nachweis und ihre Be- stimmung im Harn nach Einführung in den Organismus. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 49. S. 410—432 (1906). ®) Ch. R. Sanger und Otis-Fisher-Black, Die Bestimmung von Arsen im Urin. Zeitschr. f. anorg. Chemie. Bd. 56. S. 153—167 (1908). 3) Diese früher häufiger, jetzt wohl nur noch seltener angewandte Methode zur Zerstörung der organischen Substanz führt man so aus, daß man in einer geräumigen Porzellanschale die Analysensubstanz mit konzentrierter Salzsäure (spezifisches Ge- wicht 1:19) übergießt, auf einem Wasserbade unter dem Abzug erhitzt und nun, während man die Schale mit einem Uhrglase bedeckt, Kaliumehlorat in Portionen von ca. 1—2y einträgt, die heftige Reaktion vorübergehen läßt, mit einem Glasstabe um- rührt und dann, wenn die eingetragene Menge Kaliumchlorat verbraucht ist, die ganze Operation wiederholt und damit so lange fortfährt, bis alle organische Substanz zerstört ist, d.h. eine Probe der Masse beim Erhitzen auf dem Platinbleche keine brennbaren Stoffe mehr erkennen läßt (Geruch, Dunkelfärbung). 398 Hans Aron. die auf Quecksilber zu prüfende Substanz mit etwas Na,C0, auf den Boden eines ca. 10 cm langen Kapillarrohres gebracht, das an einem Ende zugeschmolzen ist. Man erhitzt dort, wo sich das (Quecksilber befindet, vorsichtig, achtet aber darauf, dal) der andere Teil des Rohres sich nicht erhitzt. Bei Anwesenheit von Hg bildet sich im kälteren Teil der Röhre ein feiner Beschlag von metallischem Quecksilber. Eine gute Identitäts- probe ist dann noch die Bildung von Jodquecksilber: man bringt den Beschlag mit etwas Jod in ein neues Kapillarrohr und verfährt wie vorher; jetzt müssen rote respektive gelbe Beschläge von Jodquecksilber entstehen. Silber bildet ein in Salpetersäure unlösliches Chlorid. das beim Zusatz von Salzsäure zu der salpetersauren Lösung flockig fällt, respektive eine milchige Trübung gibt. Man glüht die Substanz mit Soda und Salpeter, löst in Salpetersäure, filtriert und prüft mit Salzsäure. Handelt es sich, wie meist in biochemischen Untersuchungen, um den Nachweis von Spuren dieser Elemente, so ist es ratsam, diese erst von den übrigen Aschebestandteilen zu trennen, bevor man die Reaktionen vornimmt. Zur Isolierung von Blei, Kupfer und Silber empfiehlt sich die elektrolvtische Abscheidung und eine weitere Prüfung der an den Elektroden abgeschiedenen Niederschläge, die beim Auflösen reine und viel konzentriertere Lösungen der Metalle liefern. Über die Technik der Elektrolyse, die hier natürlich nicht beschrieben werden kann, orientiert man sich am besten in dem Classenschen Buche. ') Geringe Mengen von Quecksilber werden im Urin oder anderen Sekreten und tierischen Flüssigkeiten nach dem Ansänuern mit Salzsäure entweder durch Zinkstaub (Methode von Ludwig) ausgefällt®) oder an Messingwolle?), die man in die Flüssigkeiten bringt, unter Erwärmen als Amalgam gebunden. Die mit heißem Wasser, Alkohol und Äther gereinigte Messingwolle wird dann in ein Röhrchen gebracht und das Quecksilber, wie oben beschrieben, durch seine Hitzeflüchtigkeit und die Bildung von Jodquecksilber nachgewiesen. Aus tierischen Organen soll man vorteilhaft das (@uecksilber abdestillieren®), indem man die Organe etc. in einem Kolben mit Kalk und Kalilauge versetzt, die Kolbenöffnung mit einem U-Rohr verbindet, das mit Silbernitrat und Glaswolle gefüllt ist. Man kann das Quecksilber dann aus dem U-Rohr ebenfalls durch Destillieren wieder in Freiheit setzen. War bei der Prüfung auf Schwermetalle mit Schwefelwasserstoff überhaupt kein Niederschlag entstanden, so prüft man nach Übersättigen mit Ammoniak durch Zusatz von Schwefelammonium auf Zink, Eisen, Mangan, die jetzt als Sulfide, sowie die Erdalkalien, Aluminium etc., die jetzt als Hydroxyde gefällt werden. Ganz gleich verfährt man mit dem ') Alexander Classen, (Quantitative chemische Analyse durch Elektrolyse. °) Bürgi, Über die Methoden der Quecksilberbestimmung im Urin. Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 54. S.439 (1906). °) Vietor Lehmann, Experimentelle Untersuchungen über die besten Methoden, Blei, Silber und Quecksilber bei Vergiftungen im tierischen Organismus nachzuweisen. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 6. S. 1—42 (1882). Aschenanalyse. 399 Filtrate der oben beschriebenen Fällung mit Schwefelwasserstoff. Eine systematische Trennung all der genannten Elemente (wie man sie in den zitierten Lehrbüchern der qualitativen Analyse findet) ist bei biochemischen Analysen wohl meist entbehrlich und eine Prüfung speziell auf Eisen, Mangan und Aluminium wird wohl weitgehenden Ansprüchen gerecht werden. Eisen. Eine schwach salzsaure Lösung der Asche wird mit einigen Kubikzentimetern einer Rhodankaliumlösung versetzt. Rotfärbung zeigt die Gegenwart von Eisen an. Die Reaktion ist sehr scharf, und es ist unbedingt erforderlich, sich vorher von der Eisenfreiheit seiner Reagenzien zu über- zeugen. Fast ebenso empfindlich ist die sogenannte „Berlinerblaureaktion“. Eine Probe der salzsauren Aschenlösung wird mit etwas Salpetersäure gekocht, um das Eisen in die Ferriverbindung überzuführen und dann mit einer Lösung von Ferrocyankalium (gelbem Blutlaugensalz) versetzt: Blaufärbung, bei größeren Mengen von Eisen ein flockiger blauer Nieder- schlag, zeigt die Anwesenheit von Eisen an. Mangan. Eine sehr scharfe Reaktion auf Mangan ist die Bildung von Übermangansäure (HMnO,): Man löst etwas der auf Mangan zu prüfenden Asche in verdünnter Schwefelsäure und kocht, bis alle Kohlensäure, Salz- säure etc. vertrieben ist, und dann das Mangan als Mangansulfat in Lösung ist. In einem zweiten Reagenzgläschen übergießt man etwas Bleisuper- oxyd mit Salpetersäure, fügt die Mangansulfatlösung hinzu und erwärmt. Nach dem Absitzen des Bleisuperoxyds tritt eine schöne Violettfärbung der Lösung auf. Aluminium. Will man auf Aluminium prüfen, so fällt man die Erdalkalien nach Zusatz von Schwefelsäure mit Alkohol aus. filtriert, ver- jagt den Alkohol durch Kochen und fällt durch Ammoniak Eisen, Aluminium und Magnesium. Dieser Niederschlag wird mit einer reichlichen Menge Bärytwasser gekocht, Aluminium geht in Lösung und kann nach dem Filtrieren durch Kochen mit Chlorammonium gefällt und nachgewiesen werden. Um systematisch auf Eisen, Aluminium und Mangan zu unter- suchen. löst man einen Teil der Asche in Salzsäure, filtriert, kocht die Lösung mit konzentrierter Salpetersäure und fällt mit Ammoniak und Ammoniumchlorid. Der Niederschlag enthält Aluminium und Eisen als Phosphate und Hydroxyde. Er wird in Salzsäure gelöst und jetzt das Eisen vom Aluminium wie bei der quantitativen Analyse durch Fällen mit reinem (tonerde- und kieselsäurefreiem) Natriumhydroxyd getrennt, das man sich durch Auflösen von metallischem Natrium in Wasser (wenn man sehr sicher gehen will, in einer Silberschale) darstellen kann. Diesen so erhaltenen Niederschlag prüft man mit Hilfe der Rhodan- oder der Berlinerblau- reaktion auf Eisen, das Filtrat übersättigt man mit Salzsäure, macht dann mit Ammoniak wieder alkalisch und kocht; eine Trübung oder ein Niederschlag zeigt die Anwesenheit des Aluminiums (Spaltung durch Chlorammonium). 400 Hans Aron. Im ersten Filtrat wird durch Schwefelammonium das Mangan als sorenanntes „tleischfarbenes“ Mangansulfid gefällt, das man noch durch folgende Reaktion identifizieren kann. Nach dem Trocknen wird der Nieder- schlag mit Kaliumnitrat und Kaliumkarbonat auf einem Platinblech ge- schmolzen. Bei Mangangegenwart ist die Schmelze blaugrün und wird, in Wasser gelöst, bei Zusatz von einigen Tropfen Essigsäure violett (KMnO,). Zur Erkennung der sauren Bestandteile der Aschen dienen fol- eende Reaktionen: Kohlensäure entweicht beim Übergießen einer Probe der Asche mit Salz- oder Schwefelsäure als farb- und geruchloses Gas, das, in Baryt- wasser geleitet, eine weiße Fällung von Baryumkarbonat hervorruft. Schwefelsäure. Eine in der Hitze in Salzsäure gelöste Probe, der am besten unter Zusatz von Natriumkarbonat und Natriumnitrat ver- aschten Substanz, wird, wenn nötig, filtriert und mit einer klaren Baryum- chloridlösung versetzt. Ein feinkörniger Niederschlag — bei Spuren nur eine Trübung zeigt die Anwesenheit von Schwefelsäure an. Macht man die Lösung sehr stark salzsauer und nimmt viel Baryumchlorid, so kann dieses selbst ausfallen; da es sich aber beim Verdünnen sofort löst, kann man sich vor einem Irrtum leicht schützen. Phosphorsäure. Die heiß in Salpetersäure gelöste Asche wird mit einer Lösung von Ammoniummolybdat erwärmt: Gelbfärbung, bei größeren Mengen Phosphor ein gelber Niederschlag. Chlorwasserstoffsäure. Eine mit verdünnter Salpetersäure kalt gelöste respektive extrahierte Probe der Asche, die zur Prüfung auf die Halogenalkalien vorteilhaft durch Mischen der Substanz mit Natrium- karbonat oder -hydrat und gelindes Glühen bis zur eben eintretenden Verkohlung dargestellt wird, wird filtriert und die klare Lösung mit Silber- nitrat geprüft. Bei Anwesenheit von Salzsäure entsteht ein weißer, käsiger Niederschlag, der sich im Licht blaugrau färbt und in einem Überschuß von Ammoniak vollkommen löslich ist. Bromwasserstoffsäure. Der beim Anstellen der eben beschriebenen Reaktion mit Silbernitrat erhaltene Niederschlag ist gelblichweiß und in Ammoniak schwerer löslich. Um — wie meist in biochemischen Versuchen veringe Mengen von Brom neben Chlor nachzuweisen, wird der wässerige Aschenauszug (Lösung der Halogenalkalien) mit Chlorwasser versetzt und mit Chloroform (oder Schwefelkohlenstoff) durchgeschüttelt. Nach einigen Minuten setzt sich das Chloroform am Boden ab und wird durch das in Freiheit gesetzte Brom braun oder gelb gefärbt. Pribram’) empfiehlt für die Prüfung auf Spuren von Brom die unter Zusatz von Natriumhydrat hergestellte Asche zu extrahieren und mit einer Silberanode zu elektrolysieren, das entstandene Halogensilber mit Natronlauge und Hydrazinhydrat zu zersetzen, zu filtrieren, einzudampfen und dann durch die oben geschilderte Reaktion auf Brom zu prüfen. ') Egon Pribram, Untersuchungen über das Vorkommen von Brom im normalen tierischen Organismus. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 49. S. 457 (1906). Aschenanalyse, 401 Jodwasserstoff gibt bei der Reaktion mit Silbernitrat gelbes in Salpetersäure und Ammoniak unlösliches Jodsilber, Bleibt also in dem Halogensilber auch in stark ammoniakalischer Lösung ein Teil unlöslich, so zeigt das die Anwesenheit von Jod(-silber) an. Meist sind aber die Jodmengen in tierischen Organen etc. zu gering, um durch diese Reaktion erkannt werden zu können. Sehr kleine Mengen Jod weist man nach, indem man in dem wässerigen Aschenauszug, ebenso wie vorher das Brom, aber vorsichtig (!), das Jod mit Chlorwasser oder auch mit rauchender Salpeter- säure in Freiheit setzt und mit Chloroform (oder Schwefelkohlenstoff) aus- schüttelt; die Chloroformschicht färbt sich jetzt schön violett. (Siehe auch das über die quantitative Bestimmung des Jods Gesagte!) Schwierig ist die Erkennung von Brom- und Jodwasserstoff- säure nebeneinander!): Man setzt erst die Jodwasserstoffsäure mit rauchender Salpetersäure in Freiheit, bis sich die Lösung des Chloroforms violett färbt (Jod). Zu einer zweiten Probe setzt man Chlorwasser und Chloro- form tropfenweise und schüttelt. Erst färbt sich das Chloroform durch das frei gewordene Jod violett, bei weiterem Chlorwasserzusatz wird aber das Jod zu Jodsäure oxydiert, die violette Farbe verschwindet und bei gleichzeitiger Gegen- wart von Brom tritt jetzt dessen gelbe Färbung im Chloroform zutage. Fluorwasserstoff wird durch seine Fähigkeit, Glas anzugreifen, erkannt. Die auf Fluor zu prüfende Asche wird in einem Platintiegel mit konzentrierter Schwefelsäure übergossen und der Tiegel mit einem noch nicht gebrauchten schrammen- und risselosen Uhrglase oder Glasplättchen bedeckt, das man folgendermaßen präpariert hat: Man überzieht es auf der Innenseite mit einer gleichmäßigen dünnen Wachs- oder Paraffinschicht und ritzt an einigen Stellen mit einem stumpfen Hölzchen Figuren oder Buchstaben in die Wachsschicht, so daß das Glas hier vom Wachs un- bedeckt ist. Jetzt erwärmt man den Tiegel vorsichtig auf vielleicht 60°, wobei sich nur Wasserdämpfe an der Wachsschicht niederschlagen, aber keine Schwefelsäure herausspritzen darf. War Fluor in der Substanz, so werden die von Wachs unbedeckten Stellen des Glases angeätzt, und man erkennt nach vorsichtigem Reinigen des Glases vom Wachs, besonders wenn man es gegen das Licht hält, die vorher in die Wachsschicht ge- schriebenen Figuren matt in dem durchsichtigen Glase. Die Probe ist fein, erfordert aber Sorgfalt und etwas Übung. Kieselsäure erscheint als ein in Salz- und Salpetersäure unlöslicher, weißer Rückstand, der beim Abrauchen mit Flußsäure verschwindet. Andere in Säuren unlösliche Stoffe dürften sich in den Aschen der bei biochemi- schen Versuchen zu untersuchenden Substanzen kaum finden. Quantitative Analyse. Bei der Beschreibung der quantitativen Aschenanalyse können in diesem Buche nur diejenigen Mineralstoffe berücksichtigt werden, die bis- !) Provan Cathcart, Über den Nachweis von Brom und Jod im Harn. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 38. S. 165—169 (1903). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 26 402 Hans Aron. her einige Bedeutung für unsere biochemischen Studien gewonnen haben. Handelt es sich einmal um die Bestimmung des einen oder des anderen selteneren Elementes, so muß auf die Hand- und Lehrbücher der quanti- tativen Analyse verwiesen werden. 2) Speziell für die Harnanalyse®) ist das vorzügliche Werk von Huppert-Neubauer-Vogel?) ein wertvoller Mentor.) Eine quantitative Analyse muß unter allen Umständen exakte Werte liefern. Dazu gehört zu allererst, sich selbst davon zu überzeugen, daß man die anzuwendende Methode beherrscht. Das geschieht am besten, indem man sie erst einmal an einer Substanz von bekanntem Gehalt an dem betreffenden Mineralstoff (z. B. einem reinen Salze) übt und so sich selbst und die Methode kontrolliert.) Das zweite ist. daß man zum mindesten zwei voneinander unabhängige Bestimmungen mit gut über- einstimmenden Endresultaten ausführt. Nur ein geübter Analytiker kann einmal — wenn es nicht anders geht — eine ihm sehr geläufige Be- stimmung nur einmal ausführen, sollte aber auch dann dies Resultat mit einem großen Fragezeichen versehen! Diese allgemein bekannte Regel sei gerade hier besonders hervorgehoben, weil der Aschengehalt gerade des biochemischen Analysenmaterials meist sehr gering ist. Nun sind die meisten quantitativen Aschenanalysen Fällungsanalysen, bei denen die Genauigkeit von der Menge des Niederschlags, den man geglüht oder getrocknet zur Wägung bringt, abhängt. Da auch die beste Doppel- analyse Differenzen von "/;—1mg zwischen den beiden Endwägungen unmöglich vermeiden kann, aber auch solche von 2 mg. ja bei manchen Methoden von 3 mg sehr wohl vorkommen können, so erhellt daraus, daß 10 mg überhaupt die allergeringste Menge sind, die man zur Wägung bringen darf, um überhaupt ein annehmbares Resultat zu erhalten. Am günstigsten ist es, ca. 100—200 mg anzuwenden; eine Differenz von 1 mg stellt dann nur eine Abweichung von 0'5—1°/, vom Werte dar. Da gerade dieser Punkt berührt wird, so sei betont, daß man die zur Analyse zu verwendende Substanzmenge stets nach dem Gewicht des zu erwartenden Niederschlages, Glührückstandes ete., d.h. nach dem (sehalt der Analysensubstanz an den zu untersuchenden Ele- menten bemessen muß, der ja angenähert meist bekannt sein dürfte. ’) Vgl. Treadwell, Fresenius, Friedheim ]. e. ?) Carl Friedheim, Leitfaden für die quantitative chemische Analyse. (Carl Habel, Berlin.) ®) Neubauer, Vogel und Huppert, Anleitung zur qualitativen und quantitativen Analyse des Harns. X. Aufl. *) Vgl. auch F. Hoppe-Seyler und H. Thierfelder, Handbuch der physiologisch- und pathologisch-chemischen Analyse. Aug. Hirschwald. Berlin. 8. Aufl. 1909. °) Man kann z. B. auch mehrere Salze mischen und aschefreien Zucker hinzu- geben und dann veraschen. Nimmt man zu diesen Vorübungen Mengen der einzelnen Elemente, die den im „Ernstfalle* vorkommenden entsprechen, so kann man mit wenig Zeitverlust sich eine große Übung und Sicherheit in der quantitativen Aschebestimmung aneignen. Diese Methode ist vor allem deshalb vorteilhaft, weil eine Kontrolle möglich ist. Gut übereinstimmende Doppelanalysen brauchen an und für sich noch durchaus nicht für ein richtiges Resultat zu sprechen. Der Herausgeber. Aschenanalyse. 403 Die optimale Menge, die man zur Wägung bringen sollte, ist ca. 100 bis 200 mg, weniger als 50 mg sind schon recht mißlich, aber auch mehr als 500 mg oder gar 1000 mg unangenehm, weil sich so große Mengen schlecht verarbeiten und reinigen lassen. Für die Mabanalyse gilt ähnliches. Es dürften hier O1 cm® den unvermeidlichen, 02 —-0'3 cm? je nach der Methode den unbedingt zulässigen Fehler darstellen. Als optimale Menge ist die- jenige zu bezeichnen, die 30 —40 cm? der Titerlösung verbraucht: bei einem Verbrauch von weniger als 10cm? ist das Resultat mit einem bedenklichen Fehler behaftet. Mehr als 50cm? sind unpraktisch, da die Büretten ge- wöhnlich nicht mehr fassen. Aber die Mabanalyse hat einen gewaltigen Vorteil vor der Gewichtsanalyse, da wir nämlich meist durch Ver- dünnen der Titerflüssigkeiten die Genauigkeit steigern können! (Siehe nachher Eisenbestimmung nach Neumann!) Bei der Gewichtsanalyse läßt sich manchmal ähnliches — allerdings nur in beschränktem Mabe — er- reichen, wenn ein schwereres Molekül zur Wägnng gebracht wird (z.B. CaSO, anstatt CaO); der Vorteil ist wohl einleuchtend. Da die Menge des Analysenmateriales bei biochemischen Versuchen oft eine beschränkte ist, so muß man sich vor Inangriffnahme quanti- tativer Aschenanalysen oft die Frage vorlegen: Reicht mein Material auch aus, eine exakte Analyse auszuführen? Sieht man ein, daß man zu wenig hat, so stehe man von vornherein von der Untersuchung ab, statt sich unnütze und unerfreuliche Arbeit zu machen. Hat man eine hinreichende Menge für einige Bestimmungen, aber nicht für eine voll- ständige Analyse, so beschränke man sich auf die wichtigsten oder in dem speziellen Falle interessantesten Aschenbestandteile, die man exakt bestimmen kann, und sehe von den übrigen ab. Es handelt sich aber bei der biochemischen Aschenanalyse schließlich nicht nur darum, Analysen zumachen, sondern auch ihre Resultate beur- teilen zu können. So ist es wohl klar, daß Differenzen, die in den oben skizzierten Fehlergrenzen liegen, z.B. keine Abweichungen vom nor- malen Gehalt bedeuten. Darüber täuscht die Darstellung der Analysen- resultate nach Prozenten oft fort! Sagen wir, wir finden von einem bestimmten Mineralstoff X in einem normalen Organ l15mg, in einem pathologischen 17 mg (wir hatten nicht mehr Analysenmaterial zur Ver- fügung!), so besagt das gar nichts, obwohl sich in dem pathologischen Organ ca. 12°/, mehr finden als in der Norm. Dagegen wäre eine Zu- nahme von 6°/, über die Norm bedeutungsvoll, wenn wir z.B. von einem anderen Mineralstoff Y in einem pathologischen Organ 200 ng, im normalen Vergleichsobjekt aber nur 188 ng fänden. Die 12 mg stellen einen deutlichen Ausschlag dar, der die analytische Fehlergrenze weit überschreitet. Die oben erwähnten 29 liegen innerhalb des Machtbereiches der analytischen Fehler. Und doch scheint, wenn wir es prozentual ausdrücken, die Zu- nahme im ersten Falle doppelt so groß als im zweiten. Das sind Fragen die man schon vor Anstellung ganzer Versuchsreihen erwägen muß. Eine kritische Betrachtung dieser eben dargelegten Fragen sollte 26* 404 Hans Aron. bei der Darstellung der Versuchsergebnisse niemals fehlen. Manche mühe- volle Arbeit und mancher voreilige Schluß) kann so erspart werden. Dareren findet man oft eine übertriebene „Genauigkeit“ an einer Stelle. wo sie ganz umangebracht und überflüssig ist, nämlich beim Ahwägen ete. der Analvsenprobe. Sagen wir, wir wollten in einem frischen Organ A die Menge eines Elementes X bestimmen und A enthalte ca. 0'1°/, X. Wir haben ca. 1009 A zur Verfügung, nehmen also 2 Proben von ca. 50g. Es ist jetzt ganz überflüssig, ja fast unsinnig, diese 50g etwa auf Zehntel Milligramme genau abwägen zu wollen. Denn wir erhalten aus 509g A ca. 005g N. Ob wir 0'0500g oder 0'0501 y haben, kann unsere Wage vielleicht eben noch feststellen. Ob nun die 005g in 50'00g oder im 5001 g vorhanden sind, macht einen viel geringeren Fehler aus, als wenn wir 0'0500 oder 00501 in einer dieser beiden Substanzmengen hätten. Demnach würde es nur ein Zeichen mangelnden analytischen Verständnisses sein, wollte man die Analvsensubstanz exakter als auf einige Milligramme genau abwägen. Folgende Mineralstoffe können wir im normalen tierischen und pflanz- lichen Organismus finden: Arsen, Brom, Calcium (Cerium), Chlor, Eisen, Fluor, Jod, Kalium, Kupfer, Lithium, Magnesium, Mangan, Natrium, Phosphor, Schwefel, Silictum (Zink). Von diesen dürften besonders interessieren: K, Na, Fe, Mg, Ca, Cl, S, P. eventuell Mn und Al, diejenigen Elemente, deren Menge wir in einer sogenannten vollständigen Aschenanalyse zu ermitteln pflegen. Die 3estimmung dieser Elemente wird ganz ausführlich beschrieben werden, die der wichtigsten anderen im Anschluß. Wie bei der qualitativen Analyse kann man einige dieser Elemente, nämlich Kalium, Natrium, Calcium, Magnesium (eventuell auch Silicium), ferner Chlor. Phosphor und auch Schwefel in einer Probe zusammen bestimmen, während für die anderen Elemente gesonderte Proben er- forderlich sind. Die Bestimmung von Ca, Mg, K, Na etc. soll zuerst in einer Glühasche. dann in einer Säuregemischveraschung beschrieben werden, wobei die Vorteile beider Methoden diskutiert werden. Die zur Bestimmung von Ca, Mg, Na, K dienende Probe wird unter den vorher be- schriebenen Vorsichtsmaßregeln (gelinde Hitze, Extraktion) veraschtrespektive nur verkohlt. und die Asche in einem Schälchen — am besten in einer Platinschale — mit Wasser durchfeuchtet und dann mit ca. 10-20 cm® verdünnter Salzsäure vorsichtig versetzt und sofort mit einem Uhrglase bedeckt. Dann erwärmt man langsam auf einem Wasserbade, bis die ge- samte Kohlensäure der Asche ausgetrieben ist. Das Uhrglas wird jetzt mit Wasser (Spritzflasche) in die Schale hinein abgespült, der Inhalt der Schale zur Trockene verdampft und dann noch weiter auf dem Wasserbade erhitzt, bis er staubtrocken ist. Der Rückstand wird mit wenigen Kubikzentimetern Aschenanalyse. 405 konzentrierter Salzsäure durchfeuchtet, mit einem Glasstabe durchgerührt, etwaige Klümpchen vorsichtig zerdrückt — solange sie feucht sind, niemals wenn sie trocken sind! — und wieder zur Staubtrockene eingedampft. Ist dieser Prozeß noch 2—3mal wiederholt, so wird die Schale bei ca. 120° ge- trocknet; jetzt ist alle Kieselsäure in der Asche unlöslich geworden. Man nimmt nun den Rückstand mit ca. 10 cm? Salzsäure und etwas heißem Wasser auf, filtriert die Lösung durch ein kleines Filter, wäscht Schale und Filter mit heißem Wasser, dem man zuerst einige Tropfen Salzsäure zusetzt, gründlich aus. Will man Alkalien und Erdalkalien bestimmen, so filtriert man zweckmäßig in einen Meßkolben von 250cm3 Inhalt, in dem man die Lösung (Filtrat und Waschwasser), wenn sie erkaltet ist, bis zur Marke mit Wasser auffüllt. Will man nur Alkalien oder nur Erdalkalien be- stimmen, so filtriert man in ein Becherglas von ca. 500 cm® Inhalt. Der Rückstand besteht aus Kieselsäure und Kohle. Will man beide Bestandteile (zur Umrechnung auf „Reinasche“) bestimmen, so filtriert man durch ein bei 105° im Trockenschranke getrocknetes und gewogenes aschefreies Filter (es ist nur nötig, Gewicht eines Wägegläschens plus trockenem Filter festzustellen), trocknet das Filter im Trichter, bringt es dann samt Inhalt in das (gleiche) Wägegläschen zurück und trocknet dieses bis zur Gewichtskonstanz bei 105°. Die Gewichtszunahme ist gleich Kohle plus Kieselsäure. Durch Verbrennen des Filters in einem gewogenen Tiegel und Glühen — eventuell einige Minuten in der Gebläseflamme — wird die Kohle verbrannt und das Gewicht der Kieselsäure ermittelt. Die Gewichtsdifferenz entspricht der Kohle. Will man die Kohle nicht be- stimmen, sondern nur die Kieselsäure, so braucht man das Filter nicht zu wägen und verbrennt es mit der Kohle plus Kieselsäure direkt, wenn man will, noch feucht, in einem Platintiegel. Der Teil der salzsauren Lösung, der für die Bestimmung der Erdalkalien dienen soll. wird mit Ammoniak so lange neutralisiert, bis eben ein Niederschlag entsteht, dann mit einigen Tropfen Essigsäure sauer gemacht, so daß die Lösung ganz schwach danach riecht, ca. 30 cm3 einer konzentrierten Ammoniumacetatlösung (dargestellt durch Zerfließen- lassen des sehr hygroskopischen kristallisierten Ammoniumacetats an der Luft) zugegeben, vorsichtig aufgekocht, das ausgefällte Eisen- etc. phosphat abfiltriert und ausgewaschen. Jetzt könnte man im Filtrat den Kalk als Oxalat fällen — aber in essigsaurer Lösung, um nämlich die Bildung von phosphorsaurem Kalk zu vermeiden (oxalsaurer Kalk ist in Essigsäure un- löslich, phosphorsaurer löslich). Diese Methode wird auch in vielen Lehr- büchern beschrieben und oft angewandt. Ich halte es nach meinen Er- fahrungen nicht nur für exakter, sondern nach geringer Übung auch für bequemer, erst die Phosphorsäure herauszubringen. Dann geht einem zwar die Bestimmung der Eisen- (Aluminium- ete.) phosphate verloren. Das ist aber gar kein Unglück: denn anfangen kann man damit doch nicht mehr, als seine Analysenresultate zu 100°/, ergänzen. Als quantitative Bestimmung kommt dieses Verfahren nicht in Betracht. 406 Hans Aron. Ich gehe deshalb so vor, daß ich nach dem Neutralisieren mit Ammoniak soviel Eisenchlorid zugebe (5—10 cm3 einer 10°/,igen Lösung), dal) alle Phosphorsäure an Eisen gebunden und also jetzt bei Zusatz des Ammonium- acetats als phosphorsaures Eisen ausgefällt wird. Der jetzt bei Fällung mit Ammoniumacetat in schwach essigsaurer Lösung entstehende rotbraune Niederschlag von basisch-essigsaurem und phosphorsaurem Eisen hat die Neieune, sehr leicht wieder in Lösung zu gehen und muß deshalb gleich nach dem Aufkochen und Absitzenlassen filtriert werden. Das macht man am besten so, daß man die überstehende Flüssigkeit durch zwei Filter abeießt und schnell den Niederschlag auf dem Filter mit einer heißen sehr verdünnten Lösung von Ammoniumacetat auswäscht.!) Die Hauptmasse im Becherglas reinigt man besser durch Umfällen: Der Niederschlag wird mit einigen Tropfen Salzsäure gelöst, mit 100-200 cm? Wasser verdünnt, dann mit Ammoniak neutralisiert und mit Ammoniumacetat in schwach essigsaurer Lösung ganz genau wie vorher gefällt. Nach dem Abdekantieren des Waschwassers durch die Filter kann man den Niederschlag noch ein- bis zweimal mit heißer verdünnter Ammoniumacetatlösung auswaschen. Ganz besondere Sorgfalt hat man darauf zu verwenden, daß der Eisen- niederschlag niemals auf dem Filter trocken wird; ist das nämlich geschehen, so läuft er, sobald er wieder mit Wasser in Berührung kommt, durchs Filter wie eine kolloidale Eisenhydroxydlösung. Das Filtrat vom Eisen- niederschlag muß absolut blank sein und darf keine Spur einer rötlichen Farbe zeigen. Übersättigt man jetzt mit Ammoniak, so darf weder ein Niederschlag noch eine Trübung entstehen. Das so ammoniakalisch ge- machte Filtrat wird zum Sieden erhitzt und in der Siedehitze unter vorsichtigem Lüften des Uhrglases durch Zusatz einer Ammoniumoxalat- lösung der Kalk als Oxalat gefällt. Da beim Zusatz des Oxalats stets heftiges Schäumen eintritt, darf man das Becherglas vorher höchstens zu zwei Drittel füllen. Man läßt den oxalsauren Kalk 6—10 Stunden absitzen und filtriert. Beim Filtrieren von Niederschlägen, die wie Caleiumoxalat (oder Baryumsulfat) die Neigung haben, manchmal durchs Filter zu laufen, kann man sich oft unnütze Arbeit dadurch ersparen, daß man erst die über dem Niederschlag stehende Flüssigkeit, ohne diesen aufzuwirbeln, abfiltriert, jetzt aber, ehe der Niederschlag selbst filtriert wird, das unter dem Trichter stehende Becherglas etc. wechselt. Man vermeidet so, dab, wenn etwas von dem Niederschlag durchlaufen sollte, die ganze vorher klar filtrierte Flüssigekeitsmenge noch einmal filtriert werden muß; man braucht in diesem Falle nur die wenigen Kubikzentimeter, die trübe durchgelaufen sind, noch einmal aufs Filter zu bringen. Den Inhalt des ersten und zweiten Becherglases nachher zu vereinigen, ist eine kleine Mühe. Das Filter mit dem gut ausgewaschenen Calciumoxalat wird am besten in einem Platintiegel verascht, dann im Bunsenbrenner, zuletzt im !) Wenn man will, kann man das Filter verbrennen, glühen und die Phosphate von Eisen und Aluminium so bestimmen. Q Aschenanalyse. 407 Gebläse stark geglüht, um als Caleiumoxyd gewogen zu werden. Da Cal- eiumoxyd leicht Kohlensäure und Wasser anzieht, muß diese Wägung rasch geschehen. Nach dem ersten Glühen weiß man ungefähr das Tiegelgewicht. Deshalb setzt man nach dem zweiten Glühen (das natürlich auch im Ge- bläse zu geschehen hat), während sich der Tiegel noch im Exsikkator be- findet, die Gewichte auf die Wage und wägt dann möglichst schnell den bedeckten Tiegel zu Ende. Man muß das Glühen unbedingt so lange fortsetzen, als noch eine Gewichtsabnahme erfolet. Die Bestimmung des Caleiums als Calciumoxyd erfordert einige Sorgfalt. Die öfter empfohlene Bestimmung nach Überführung in Caleiumkarbonat ist nicht einfacher und besser. Dagegen ist die Bestimmung als Sulfat zu empfehlen, weil so- wohl die lästige Trennung von der Phosphorsäure als auch das oft zeitraubende intensive Glühen des Niederschlages fortfällt, und ferner die Genauigkeit der Bestimmung bei kleinen Mengen infolge des höheren Gewichtes des Sulfatmoleküls größer ist. Das nach Abscheidung der Kieselsäure erhaltene Filtrat wird unter Zusatz einiger Tropfen Schwefel- säure zum Verjagen der Salzsäure eingedampft, der Rückstand mit mehr Schwefelsäure und Wasser aufgenommen und dann, wie unten genauer beschrieben, das Caleium mit Alkohol als Sulfat gefällt. Man kann jedoch diese Methode nur bei Anwesenheit geringer Alkalimengen an- wenden, da deren Sulfate mitfallen würden, So bleibt die Bestimmung als Caleiumoxyd in Glühaschen doch wohl die am häufigsten angewandte. Will man eine maßanalytische Methode verwenden, so kann man den gut ausgewaschenen, noch feuchten Nieder- schlag von Caleiumoxalat vom Filter abspülen und, wie unten beschrieben, mit Kaliumpermanganat und Oxalsäure titrieren. Im Filtrat vom Ualeiumniederschlag fällt man das Magnesium durch Zusatz einer gesättigten Lösung von Dinatriumphosphat in der Kälte. War die Lösung stark ammoniakalisch, so stumpft man das Ammoniak mit Salzsäure etwas ab. Ein Übelstand ist, daß die Lösung, wenn man an die Magnesiabestimmung kommt, oft schon ein beträchtliches Volumen an- genommen hat, und wenn man sie einengt, so konzentriert an Salzen ist, dab diese ausfallen. Ist das der Fall, so muß man die Hauptmenge des Ammonacetats erst „abrauchen“, damit meint man, die Lösung in einer Porzellanschale von vielleicht 600 cm3 Inhalt eindampfen, den Rückstand trocknen und: dann vorsichtig auf einem Asbestdrahtnetz oder Finkener- turm erhitzen; so dab die in der Hitze flüchtigen Ammonsalze als weiße Nebel in die Luft gehen. Man nimmt den Rückstand mit etwas Salzsäure auf, filtriert, wäscht aus, macht das Filtrat schwach ammoniakalisch und fällt mit Natriumphosphat. Den Niederschlag läßt man 24 Stunden in der Kälte absitzen und filtriert durch ein kleines Filter ab, wäscht mit einem Gemenge von einem Teil Ammoniak und drei Teilen Wasser aus und verbrennt Filter samt Niederschlag nach dem Trocknen, durchfeuchtet den Rückstand im Tiegel jetzt mit konzentrierter Ammomnitratlösung, dampft auf dem Wasserbade zur Trockene und führt durch mindestens LOS Hans Aron. Y,stündiges Glühen mit einem Dreibrenner das Ammoniummaenesium- phosphat in Magnesiumpyrophosphat über (100 Teile Me, P, O- = 21'62 Mg oder 3604 MeV). Mit Vorteil kann man sich hier auch eines Goochtiegels be- dienen.!) Er kann auch zur Filtration anderer nicht zu feiner Nieder- schläge angewandt werden (siehe z. B. nachher Chlorsilber und Kalium- platinchlorid) und bietet gegenüber dem gewöhnlichen Filter zwei Vor- teile: die Reduktion durch das verbrennende Papier fällt fort, und man kann durch den festen Asbest das Filtrat sehr schnell unter ziemlich starkem Überdruck abpressen (respektive Unterdruck absaugen). Zuerst wird der durchlöcherte Boden des Goochtiegels (vel. Fig. 501) mit einem feinen dichten Asbestpolster versehen. Der Tiegel wird gesäubert, mit Hilfe des Aufsatzes auf einer Saugflasche befestigt (vel. Fie. 502) und diese nach Einschaltung einer Waschflasche mit der Wasserstrahlluft- pumpe oder dem Vakuum verbunden. In einer Pulver- flasche hat man feingeschnittenen, durch Glühen und Auskochen mit Königswasser gereinigten, dann mit Wasser ausgewaschenen Asbest mit destilliertem Wasser auf- geschwemmt. Man schüttelt diese Mischung durch und gießt etwas von dem Asbest in den Tiegel und saugt ab. Je nachdem man die Asbestaufschwemmung längere oder kürzere Zeit nach dem Umschütteln sedimentieren läßt, erhält man einen feineren oder Siebplatte oröberen Asbest. Das untere Polster ee soll aus eröberem Asbest bestehen und gerade so stark sein, daß man, Tiegel £ 5 wenn der Tiegel gegen das Licht > gehalten wird, und man von der ee Öffnung hineinblickt, die Löcher Fig. 502. des Bodens nicht mehr sieht. Ist das Asbestpolster so hergerichtet, so wird die kleine Siebplatte darauf gelegt und noch etwas feiner Asbest daraufgegeben und jetzt so lange mit Wasser ausgewaschen, bis keine Asbestflöckchen mehr im Filtrat erscheinen, dann wird der Tiegel in einen Untersatz, einem anderen Tiegel aus Porzellan, gesetzt und bei 120° getrocknet und mit Untersatz gewogen. Der Tiegel wird nun wieder auf die Saugflasche gebracht und der Niederschlag abgesaugt und ausgewaschen. Dann kommt der Tiegel wieder in den Untersatz, wird mit diesem getrocknet, geglüht und gewogen. Jetzt — und das ist ein weiterer Vorteil — ist der Tiegel für eine neue Be- stimmung fertie. Man kann 3—4 Niederschläge natürlich derselben Art auf einem Goochtiegel hintereinander sammeln, ohne das Asbest- polster erneuern zu müssen. Das wichtigste bei der Handhabung des (oochtiegels ist, daß man während des Filtrierens und Auswaschens das 1) Vgl. hierzu auch $. 103 ff. Aschenanalyse. 409 Asbestpolster nicht aufrührt, sondern immer von der Saugscheibe bedeckt hält. Der Ammoniummagnesiumphosphatniederschlag wird zweckmäßig nach dem Auswaschen noch mit einer 10°%/,igen Ammoniumnitratlösung durch- feuchtet, bevor er getrocknet wird. Will man das Mangan ebenfalls bestimmen!), so muß schon die Ausfällung des Eisenphosphates etwas anders vorgenommen werden. Man verdünnt die salzsaure, Ferrichlorid enthaltende Lösung auf «ca. 500 cm? und neutralisiert sie in einer Schale kalt mit einer Natriumkarbonatlösung unter stetem Umrühren so lange, bis eben ein Niederschlag entsteht, den man durch Zusatz von Salzsäure gerade wieder auflöst, setzt zu der tief braun- roten Flüssigkeit Natriumacetat, kocht schnell auf, läßt den Eisennieder- schlag absitzen und filtriert ihn möglichst heiß unter Auswaschen mit siedendem Wasser. Das Filtrat wird in der Kälte wieder mit Natrium- karbonat versetzt, bis eben eine schwache weiße Fällung entsteht, diese durch Essigsäure gerade wieder gelöst und die zum Sieden erhitzte Flüssigkeit mit Bromwasser versetzt. Von dem ausfallenden braunen Niederschlag ?), der meist noch etwas Caleium enthält, wird abfiltriert, der Inhalt des Filters soweit als möglich in das alte Becherglas, in dem es gefällt war, hineingespritzt und auch der Rest mit etwas heißer kon- zentrierter Salzsäure, der man schweflige Säure zugesetzt hat, in dasselbe Becherglas hineingelöst, das man jetzt unter den Trichter stellt. Die so erhaltene Lösung des gesamten Manganniederschlages wird mit einigen Kubikzentimetern Wasserstoffsuperoxyd versetzt, ammoniakalisch gemacht und so lange zum Sieden erhitzt, als noch eine Gasentwicklung stattfindet. Der wieder ausfallende braune Niederschlag wird abfiltriert, mit heißem Wasser ausgewaschen und durch starkes Glühen im Gebläse in Mn, 0, überführt und als solches gewogen; 100 Teile Mn, O, = 7205 MnO =93 Mn. Die vereinigten Filtrate der ersten (Bromwasser-) und der zweiten (H, O,-) Fällung dienen nach Ansäuern und Eindampfen zur Entfernung des Broms zur weiteren Analyse (Caleium, Magnesium). Will man Aluminium von Eisen trennen, um auch den Aluminium- gehalt zu ermitteln — das Eisen ist am besten immer nach Neumann, siehe später, niemals hier quantitativ zu bestimmen —, so löst man den aus- gefällten und gut ausgewaschenen Al Fe-Phosphatniederschlag mit Salzsäure vom Filter in eine Porzellanschale, macht die Lösung hier durch Zusatz von reiner Kaliumhydratlösung:) stark alkalisch, kocht, verdünnt mit heißem Wasser und filtriert bald nach dem Absitzen des Niederschlages, der nur Eisen enthalten sollte, während das Aluminium als Aluminat in Lösung gegangen ist. Nochmaliges Umfällen des Eisenniederschlages ist !) Nach Friedheim, S.201—202 und 245—247. ?) Dieser Niederschlag kann direkt durch Glühen in Mn, O, übergeführt werden. Eine nochmalige Umfällung, Reinigung ist nicht unbedingt erforderlich, doch gerade bei Analysen von Tier- und Pflanzenteilen deshalb empfehlenswert, weil wir hier meist viel Caleium und wenig Mangan haben. >) Über dessen Darstellung siehe qualitative Trennung von Eisen und Aluminium. 410 Hans Aron. angebracht. Im Filtrat wird das Aluminium nach Ansäuern der Lösung mit Salzsäure durch Übersättigen mit Ammoniak in der Siedehitze gefällt, filtriert und ausgewaschen, der Niederschlag mit dem Filter verbrannt, geglüht und als Al,O, gewogen. 100 Teile Al, O, = 5294 Teile Al. Der zweite Teil der salzsauren Lösung, der zur Alkalibestim- mung dienen soll (respektive eine besondere Probe der vorsichtig unter Extrahieren aber ohne irgend einen Zusatz — veraschten Substanz nach Abscheiden der Kieselsäure etc.) wird mit etwas Eisenchlorid ver- setzt und zur Trockene verdampft, der Rückstand mit einigen Tropfen Salz- säure und heißem Wasser aufgenommen und, wenn nötig, filtriert. Diese Lösung wird erst mit Bariumchlorid versetzt, so lange noch ein Nieder- schlag von Baryumsulfat entsteht, dann mit Barytwasser stark alkalisch gemacht. filtriert und der Niederschlag gut ausgewaschen. Im Filtrat wird durch Kochen mit Ammoniak und Ammoniumkarbonat der Rest von Ba. Ca ete. gefällt. vom Niederschlage abfiltriert und dieser mit heißem Wasser ausgewaschen. Filtrat und Waschwasser werden in einer nicht zu großen Schale auf dem Wasserbade zur Trockene verdampft, getrocknet und die Ammonsalze vorsichtig abgeraucht (siehe vorher). Hierbei darf nicht zu stark erhitzt werden. In der gleichen Schale wird dann die Fällung mit wenig Ammoniak und Ammonkarbonat wiederholt; meist muß übrigens diese Fällung mit Ammoniak und Ammonkarbonat mehrmals wiederholt werden. Das Filtrat wird jetzt in eine gewogene Platinschale hineinfiltriert, auf dem Wasserbade eingedampft und nach dem Trocknen und Abrauchen der Ammonsalze der Rückstand mit einem Tropfen Salzsäure durchfeuchtet, getrocknet. vorsichtig geglüht, bis eben die Chloride zu sintern beginnen, und gewogen.!) Wir erhalten so das Gewicht des Kalium- und Natrium- chlorids. Jetzt gibt es zwei weitere Wege: entweder man verwandelt die Chloride in Sulfate und berechnet dann indirekt den Anteil Kalium und Natrium an der Summe der Alkalien oder man bestimmt das Kalium direkt. was zwar teurer (Platinchlorid!), aber doch wohl exakter ist. Zu diesem Zweck werden die Alkalichloride in einigen Tropfen Salzsäure und heißem Wasser gelöst und jetzt so viel Platinchlorid zugesetzt, wie nötig wäre, um den ganzen Niederschlag in Natriumplatinchlorid zu verwandeln, wenn er nur aus Natriumchlorid bestehen würde. Der Sinn dieser Angabe ist folgender: Nur wenn beide Alkalisalze in Platindoppelsalze übergeführt werden, ist die spätere Trennung quantitativ, bleibt aber Kochsalz als solches vorhanden, so fällt dieses auch mit Alkohol aus und erscheint beim Kalium. Wir nehmen deshalb den ungünstigsten Fall, dab nämlich der ganze Niederschlag der Summe der Chloride ganz aus dem '), Würde man die Chloride vorher in Sulfate überführen und die Summe der Sulfate bestimmen, so kann man zwar ohne Gefahr stärker glühen, weil die Sulfate viel hitzebeständiger sind, hat aber eine recht umständliche Operation nötig, um die sich zuerst bildenden Alkalibisulfate zu zersetzen (Erhitzen im NH,-Strom) und nachher vor der Platinchloridtrennung eine Ausfällung der Schwefelsäure vorzunehmen, ohne einen Überschuß von Baryum in die Lösung bringen zu dürfen. Aschenanalyse. 411 leichteren Alkalichlorid, dem Natriumchlorid, bestünde, als Grundlage unserer Berechnung. Die Lösung der Platindoppelsalze wird bis zur Sirupkonsistenz eingedampft. mit etwa 80—-90°/,igem Alkohol aufgenommen, durchgerührt und nach ca. 2 Stunden das jetzt ungelöst gebliebene Kaliumplatinchlorid durch einen bei 120° getrockneten und gewogenen Goochtiegel (siehe vorher) abfiltriert, mit Alkohol von ca. 80°/, gut ausgewaschen und nach dem Trocknen bei ca. 120° gewogen. Aus dem Gewicht des Kaliumplatinchlorids berechnet sich die Menge des Kaliums respektive Kaliumchlorids (100 Teile K, Pt Cl, entsprechen 400 K; 482 K,O oder 7641 KCl), der Rest der Chloride besteht aus Natriumchlorid (100 Teile NaCl entsprechen 3932 Na oder 53 Na, 0). Die Menge des Natriums wird also nur indirekt bestimmt. Hat man sehr viel Alkalichloride, so tut man aus Sparsamkeitsrücksichten gut, nur einen aliquoten Teil (das heißt z. B. nach Auffüllen in einem 250 em®-Meßkolben 100 em?) der Alkalichloride zur Kalium- und Natrium- trennung zu verwenden. Ferner sei noch folgender von L. F. Meyer!) empfohlener Kunstgriff angeführt. Da sowohl das Auswaschen des Barytniederschlages als vor allem der des Ammonkarbonatniederschlages sehr langweilig ist und meist etwas des Niederschlages in Lösung geht (daher das mehrmalige Fällen), so kann man, statt die Niederschläge auszuwaschen, diese samt der- Lösung, in der sie gefällt wurden, in einen großen Meßkolben spülen und auf ein bekanntes Volumen auffüllen, umschütten und schnell einen Teil der Lösung durch ein trockenes Filter abgießen. Den allerersten Teil dieses Filtrates wirft man fort: von dem anderen nimmt man schnell einen aliquoten Teil (z. B. 600 oder 800 cm, wenn vorher auf 1 / aufgefüllt war) und verwendet diesen zur Analyse. Man muß natürlich daran denken, dab man bei diesem Verfahren entsprechend mehr Ausgangs- material zu nehmen hat, um eine genügende Menge Alkalichloride zu erhalten. Im Anschluß seien jetzt die Bestimmungen basischer Bestandteile beschrieben, die man mit Vorteil in einer Säuregemischaschen- lösung vornehmen kann: Den Eisengehalt sollte man bei biochemischen Analysen nur auf diesem Wege ermitteln — es wird deshalb auch gar keine andere Eisenbestimmung beschrieben —, da die Neumannsche Me- thode fraglos nach vielfachen Erfahrungen den älteren Methoden überlegen ist. Aus den ja zur Genüge erörterten Gründen (Flüchtigkeit der Alkali- chloride) sollte man auch die Bestimmung der Alkalien nur im Not- falle in einer Glühasche vornehmen, und wenn man irgend kann, auch hier die Veraschung auf feuchtem Wege anwenden. Auch die Cal- ciumbestimmung ist oft hier bequemer als in einer Glühasche durchzuführen. !) L. F. Meyer, Zur Kenntnis des Mineralstoffwechsels im Säuglingsalter. Bio- chemische Zeitschr. Bd. XI. S. 422—465 (1908). 412 Hans Aron. Bestimmung des Calciums in einer Säuregemischasche. I. Oxydimetrische Bestimmung des Calciums unter Benutzung der Säuregemischveraschung nach Neumann. Prinzip. Die Substanz wird durch Säuregemischveraschung zerstört, die Aschenlösung nach dem Übersättigen durch Ammoniak mit Ammon- oxalat versetzt und das nach längerem Stehen in der Wärme ausgeschiedene Caleiumoxalat mit Kaliumpermanganat titriert. Erforderliche Lösungen. 1. Etwa -5- oder (bei geringen Kalkmengen) etwa „,-Kalium- permanganatlösung: man löst etwa 3°5 9 Kaliumpermanganat (oder die Hälfte) in 12 Wasser. 2. -,-Oxalsäurelösung. 5. Reine nitritfreie Salpetersäure. Einige Kubikzentimeter derselben dürfen erwärmt 1—2 Tropfen der Kaliumpermanganatlösung nicht entfärben. Ausführung der Kalkbestimmung: Die Substanz wird der Säuregemischveraschung unterworfen. Die mit der dreifachen Menge Wasser etwa 10 Minuten gekochte Aschenlösung wird mit Ammoniak übersättigt und nach Zusatz von Ammonoxalat ca. 1 Stunde lang auf dem Wasser- bade erwärmt. Dabei scheidet sich alles Caleium als Oxalat ab. Dann dekantiert man die überstehende Flüssigkeit durch ein kleines, aschefreies Filter von etwa 3 cm Radius ab, indem man so wenig wie möglich von dem Niederschlag auf das Filter bringt und wäscht mit warmem Wasser unter fortgesetztem Dekantieren so lange aus, bis eine Probe des Filtrats nach dem Ansäuern mit nitritfreier Salpetersäure und Erwärmen einen Tropfen der zur Titration verwendeten Permanganatlösung nicht mehr entfärbt. Durch diese Prüfung kann man die völlige Entfernung von Oxal- säure und salpetriger Säure, die von der Veraschung herrührt, erkennen; ihre Anwesenheit würde die Titration mittelst Permanganat beeinflussen. Sodann löst man, indem man den Trichter mit Filter auf den Kolben stellt. der die Hauptmenge des Niederschlages enthält, die kleinen Mengen Caleiumoxalat auf dem Filter mit heißer nitritfreier Salpetersäure in den Kolben hinein und wäscht mit heißem Wasser völlige aus. Man hat dann allen Kalk in der salpetersauren Lösung im Kolben und titriert nun, indem man die Lösung auf 70—-80° erwärmt, je nach der Kalk- menge mit einer etwa „;- oder zZ,-Permanganatlösung, deren Gehalt man jedesmal durch Titrierung mit 10 cm® 2,-Oxalsäure kontrolliert bis zur deutlichen, bleibenden Rotfärbung. Es ist hierbei noch zu beachten, daß sich die ersten Tropfen häufig erst nach einiger Zeit entfärben, und es sich empfiehlt, die Flüssigkeitsmengen bei der Titerstellung und bei der Haupt- titration annähernd gleich zu nehmen. Genau ebenso kann man das aus einer Glühasche gefällte Caleciumoxalat nach Lösen mit Salpetersäure titrieren. Aschenanalyse. 415 II. Die gravimetrische Bestimmung des Calciums in einer Säure- gemischaschenlösung. Nach Aron!) kann man dieselbe bei Anwesenheit von nicht zu viel Alkali und Abwesenheit von Kieselsäure durch Fällung als Sulfat sehr bequem folgendermaljen vornehmen: Man spült die Aschenlösung in ein Becherglas über und setzt ca. das 5—4fache Volumen 90°/,igen Alkohols zu, mit dem man zweckmäßig vorher noch den Veraschungskolben ausgespült hat. Dann erhitzt man auf dem Wasserbade, bis sich das CaSO, eroßflockig ab- scheidet und filtriert am besten durch einen Goochtiegel ab, wäscht mit ca. 70°/,igem Alkohol nach, glüht und wägt. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt, abgesehen davon, dab das Entfernen der Phosphorsäure überflüssig ist, darin, dab man größere Genauigkeit bei gleichen Substanzmengen erzielt und nach Eindampfen des Filtrates auf dem Wasserbade das Fällungsmittel wieder entfernen und jetzt jede andere Bestimmung un- behindert darin vornehmen kann (Magnesium, Phosphor, Alkalien). Ganz besonders ist dieses Verfahren für die Harnanalyse zu empfehlen, wenn man folgendermaßen vorgeht: Man dampft ca. 500 cm? Harn auf dem Wasserbade auf ca. 100—150 cm? ein, spült sie in einen Veraschungskolben über und fällt hier mit Ammoniak und Ammonoxalat in der Siedehitze. Der Niederschlag enthält bestimmt allen Kalk, vielleicht teilweise als Phosphat, als Oxalat und verunreinigt mit anderen organischen Produkten. Man dekantiert nach 1--2 Stunden von dem Niederschlage die Hauptmenge der Lösung (die ja sicher kalkfrei ist, aber die organi- schen Substanzen und die störenden Alkalisalze enthält) durch ein kleines Filter ab, befördert — ohne Auswaschen etc. — das Filter mit dem etwa abeefangenen Niederschlage in den Kolben zurück. verascht den Kolbeninhalt mit Säuregemisch, ein Prozeß, der jetzt kaum 20 Minuten dauert, und nimmt die Fällung des Caleiums als Sulfat mit Alkohol, wie vorher beschrieben, vor. Zur Bestimmung der Alkalien in einer Säuregemischaschen- lösung wird diese (oder z. B. auch das Filtrat einer Caleiumsulfatfällung) in einer Platinschale eingedampft, bis sich alles Wasser verflüchtigt hat. Man erhält jetzt eine ölige Flüssigkeit (konzentrierte Schwefelsäure), die man vorsichtig auf einem Asbestdrahtnetze (unter einem sehr gut ziehenden Abzuge!) abraucht. Den trockenen Rest nimmt man mit etwas Wasser und Salzsäure auf, dampft mit Eisenchlorid ein, fällt erst mit Baryumchlorid, solange noch ein Niederschlag entsteht, den Rest der Schwefelsäure aus und dann mit Barythydrat, ganz wie für die Glühaschenlösung beschrieben. Bestimmung des Eisens in einer Säuregemischaschenlösung nach Neumann. Prinzip. Die Substanz wird durch die Säuregemischveraschung zerstört. In der Aschenlösung wird ein Niederschlag von Zinkammonium- ans Aron, Eine einfache Methode zur Bestimmung des Caleiums in organi- schen Substanzen. Biochemische Zeitschr. Bd. IV. S. 268 (1908). 414 Hans Aron. phosphat erzeugt, welcher quantitativ alles Eisen mitfällt. Durch das so abzetrennte Eisenoxyd werden nach dem Lösen in Salzsäure aus Jodkalium äquivalente Mengen Jod frei gemacht, die nach Stärkezusatz mit einer a. s2,5-Thiosulfatlösung gemessen werden; diese wird gegen eine unter Säurezusatz hergestellte, sehr verdünnte Eisenchloridlösung eingestellt. Erforderliche Lösungen. 1.*"Eisenchloridlösung, enthaltend 2 mg Fe in 10 cm’. (‚Dieselbe wird hergestellt, indem man genau 20 cm? der Freseniusschen Eisenchloridlösung'), welche 109 Fe im Liter enthält und von der Firma Kahlbaum, Berlin bezogen werden kann, in einen Litermelikolben fließen läßt, mit etwa 2 cm? konzentrierter Salz- säure (spezifisches Gewicht 119) versetzt und dann genau zum Liter auffüllt. Diese Lösung ist lange unverändert haltbar; man verwahrt sie zweckmäßig in einer braunen F lasche.?) 2. Etwa z2,-Thiosulfatlösung. Man löst 40 9 Natriumsulfat in etwa 12 Wasser und bewahrt die Lösung ebenfalls in brauner Flasche auf. Für den Gebrauch wird diese Lösung etwa auf das 40fache verdünnt. 5. Stärkelösung. Man löst in Y/; 7 kochenden Wassers 1 g lösliche Stärke (Schering) und kocht noch weitere 10 Minuten. 4. Zinkreagenz. Etwa 259g Zinksulfat und etwa 1009 Natrium- phosphat werden jedes für sich in Wasser gelöst und die Lösung in einem Litermeßkolben vereinigt. Der entstandene Nieder- schlag von Zinkphosphat wird durch Zusatz von verdünnter Schwefelsäure gerade gelöst und die Lösung sodann zum Liter aufgefüllt. Alle zur Eisenbestimmung benutzten Reagenzien müssen frei von Eisen sein. Ist das nicht der Fall, so muß man zum mindesten durch einen Blindversuch, d. h. eine Analyse, die man ohne Analysensubstanz nur mit den Reagenzien in den üblichen Mengen durchführt, festzustellen suchen, wieviel Eisen nicht der zu untersuchenden Substanz, sondern den Reagenzien entstammt. Es darf sich hier natürlich nur um sehr geringe Mengen handeln. ww Titerstellung der Thiosulfatlösung. Da die sehr verdünnte Thiosulfatlösung nicht unverändert haltbar ist. so muß sie vor jeder Bestimmung aus der Stammlösung dargestellt ') Fresenius, Quantitative Analyse. I. 6. Aufl. S.288. Friedrich Niewey & Sohn. Braunschweig. 1900. ®, Man kann den Titer dieser Eisenchloridlösung kontrollieren, indem man in je ca. 25—50.cm® der Lösung das Eisen als Ferrihydroxyd in einer Schale durch Sieden mit NH, fällt, abfiltriert, mit heißem Wasser auswäscht, trocknet, glüht und als Fe, OÖ, wägt. Man kann sich auch selbst eine Fe Cl,-Lösung bereiten und einfach deren Eisengehalt auf eben diese Weise ermitteln. Aschenanalyse. 415 und ihr Titer ermittelt werden. 10 cm? Eisenchloridlösung werden in einem Kolben mit etwas Wasser, einigen Kubikzentimetern Stärkelösung und etwa 19 (einigen Kristallen) Jodkalium versetzt, auf etwa 50-—-60° erwärmt und mittelst der Thiosulfatlösung titriert, bis die blaue Farbe über Rotviolett gerade verschwindet. Die Lösung muß mindestens 5 Minuten nach der Titration farblos bleiben. Die verbrauchten Kubikzentimeter Thiosulfatlösung entsprechen bei Anwendung von 10 cm? der Freseniusschen Lösung dann gerade 2 mg Fe. Am besten richtet man es so ein, daß mehrere Eisenanalysen gemeinsam zur Titration fertig sind. Da die Eisen- chloridlösung sich nicht zersetzt, kann man aus verschiedenen Analysen die zur Titration bereiteten Eisenanalysen aufbewahren. Dann wird der Titer der frisch bereiteten Thiosulfatlösung gegen die FeCl,-Lösung ein- mal vor und einmal nach den Titrationen der Analysen eingestellt. Ausführung der Eisenbestimmung. Die Substanz wird nach den vorher gegebenen Vorschriften der Säuregemischveraschung unter- worfen.!) Die mit ca. der dreifachen Menge Wasser verdünnte und etwa 10 Minuten gekochte Aschenlösung wird nach dem Abkühlen (und eventueller Zugabe von genau abgemessenen 10 cm? Eisenchloridlösung —- siehe nachher) mit 20 cm? „Zinkreagenz“?) und dann mit Ammoniak unter starker Ab- kühlung — weil sich die Lösung stark erwärmt und sehr viel NH, in die Luft gehen würde — so lange versetzt, bis der weiße Zinkniederschlag’®) gerade bestehen bleibt. Bis zur annähernden Neutralisation nimmt man konzentriertes, dann verdünntes Ammoniak. Hat man versehentlich zu viel Ammoniak zugegeben, so macht man wieder vorsichtig mit Schwefelsäure sauer. Nun gibt man ein wenig Ammoniak im Überschuß hinzu, bis der weiße Niederschlag gerade verschwindet (nur Erdalkaliphosphate bleiben eventuell ungelöst) und erhitzt auf einem Baboblech oder sicherer einem Wasserbad zum Sieden. Wenn kristallinische Trübung eingetreten ist, erhitzt man noch etwa 10 Minuten: hierbei ist Vorsicht nötig, da die Flüssigkeit zuweilen hochgeschleudert wird. Um das zu vermeiden, leitet Bürcker*) Luft durch die Lösung. Der kristallinisch abgeschiedene Nieder- schlag setzt sich schnell ab und kann leicht durch Dekantieren von der Flüssigkeit getrennt werden. Man setzt den Rundkolben auf !) Will man die Bestimmung in rein anorganischer, schwach eisenhaltiger Lösung ausführen (z. B. eisenhaltigen Wässern ete.!), so ist es nötig, vor dem Zusatz des „Zink- reagenz“ mit $cm®? konzentrierter Schwefelsäure anzusäuern, damit bei der Neutralisierung durch Ammoniak genügende Mengen Ammonsalz eine vollständige Abscheidung des Niederschlages bewirken. ?) 20cm? „Zinkreagenz“ sind ausreichend für 5—6 mg Fe. Man wählt die Sub- stanzmenge für eine Bestimmung zweckmäßig so, daß darin 2—3 mg Fe vorhanden sind, z. B. bei Blut 5—8g, bei getrockneten Fäzes 3—4 9. ®) Man findet öfter, daß der Niederschlag nicht schön weiß aussieht, sondern gelblich — meist, glaube ich, wenn man beim Neutralisieren mit NH, nicht ausreichend gekühlt hatte. Solche Bestimmungen geben manchmal, aber keineswegs immer, ab- weichende Werte; eine Erklärung hierfür kann ich nicht geben. 1) K. Bürcker, Die physiologischen Wirkungen des Höhenklimas. Pflügers Arch. Bd. 105, S. 507 (1904). 416 Hans Aron. einen Stativring oder das Baboblech, giebt, ohne den Niederschlag aufzu- rühren. die heile Flüssigkeit durch ein kleines, aschefreies, anliegendes Filter von 3—4 em Radius nicht größer! und prüft eine kleine Probe des Filtrats mit Salzsäure und Rhodankalium: es darf dabei keine oder nur eine äuberst schwache Rotfärbung eintreten. War die Färbung deutlich rot, so muß man das schon Filtrierte zurückgieljen, nochmals auf dem Babo- blech erhitzen und wieder prüfen. Der Niederschlag im Rundkolben wird nun etwa dreimal durch Dekantieren mit heißem Wasser ausgewaschen; das letzte Waschwasser darf dann, wenn man etwa 5Dcm? davon mit einigen Kristallen Jodkalium, mit Stärkelösung und einem Tropfen Salzsäure versetzt, keine oder eine nur äußerst schwache Violettfärbung zeigen (Prüfung auf Jod freimachende Substanzen, z.B. salpetrige Säure). Nunmehr wird der Trichter mit dem Filter auf den Rundkolben, in dem sich noch die Hauptmenge des Niederschlages befindet, gesetzt, das Filter zweimal mit verdünnter heißer Salzsäure gefüllt und dann mit heißem Wasser vielleicht fünfmal ausgewaschen. Eine Probe des letzten Waschwassers darf ebensowenig wie das Filter mit Rhodankalium eine Rotfärbung geben. Jetzt befindet sich das ganze Eisen in salzsaurer Lösune im Kolben. Da aber für die Titration die Flüssigkeit nur schwach sauer sein darf, so wird zunächst mit verdünntem Ammoniak neutralisiert. bis gerade wieder der weiße Zinkniederschlag bestehen bleibt, und dann durch tropfenweises Zugeben von verdünnter Salzsäure gerade wieder völlig klar gelöst. Diese Lösung wird sodann nach dem Abkühlen auf 50--60° erwärmt, ebenso wie es für die 10 cm? Eisenchloridlösung bei der Titerstellung der Thiosulfatlösung angegeben ist. Die Berechnung ist äußerst einfach: Denn die Titerstellung vor dem Versuch sagt, wieviel Eisen je 1 cm? der angewandten Thiosulfatlösung, oder umgekehrt wieviel Kubikzentimeter Thiosulfat 1 mg Fe entsprechen. Man beachte, daß die Urtiterlösung die Eisenlösung, nicht die Thio-- sulfatlösung ist. Mit ihr vergleicht man eine Eisenlösung von bekanntem und eine von unbekanntem Gehalt, so daß nur ihr „Eisenwert“ interessiert. Hat man selbst im großen Mengen Substanz, z. B. in 500 cm? Harn, sehr wenig Eisen, so muß man genau abgemessene 10 cm Eisenchlorid- lösung vor dem Hinzufügen des .„Zinkreagenz“ hineingeben, um eine vollständige, der Eisenmenge entsprechende Jodabscheidung zu erhalten. Man zieht in diesem Falle von den Kubikzentimetern Thiosulfatlösung, die bei der Haupttitration verbraucht wurden, die Anzahl Kubikzentimeter Thiosulfatlösung ab. die bei der Titerstellung von 10 cm? Eisenchlorid- lösung beansprucht wurden. Quantitative Bestimmung der sauren Bestandteile. Die zur Bestimmung des Chlors in einer Glühasche, ebenso der‘ Schwefelsäure und Phosphorsäure, dienenden Analysenproben werden, wenn man nicht eine Gesamtasche bereitet hat, aus den einleitend dargelegten Aschenanalyse. 417 Gründen am besten unter Zusatz von Natriumkarbonat oder Natrium- karbonat und Natriumnitrat verascht. Zur Chlorbestimmung wird die so dargestellte und nicht über- mäßig stark geglühte Asche erst mit heißem Wasser, dann mit einer kalten, ganz verdünnten Salpetersäure (um die Salzsäure nicht auszu- treiben!), digeriert, von der Kohle und den anderen Rückständen abfiltriert und das Filter mit heißem Wasser ausgewaschen. Müssen Filtrat und Waschwasser, wenn das Volumen zu groß ist, eingeengt werden, so darf das nicht bei saurer Reaktion geschehen. Zu dem Filtrat wird unter Umrühren so lange eine ca. 10°/,ige Lösung von Silbernitrat in verdünnter Salpetersäure gesetzt als noch ein Niederschlag entsteht, eventuell noch ca. 10 cm? Salpetersäure zugesetzt und auf dem Wasserbade erwärmt, bis sich der Niederschlag grobflockig abgesetzt hat. Am Licht färbt sich der erst weiße Niederschlag bald blaugrau; das kann man vermeiden, wenn man zur Analyse Bechergläser und Uhrgläser aus braunem Glase ver- wendet. Der Niederschlag wird durch ein nicht zu großes Filter abfiltriert und mit Wasser und Salpetersäure ausgewaschen, bis das ablaufende Filtrat silberfrei ist (keine Trübung mit Salzsäure). Dann wird das Filter mit dem Rückstand im Trockenschrank getrocknet, der Niederschlag, wenn es sich um mehr als einige Milligramme handelt, vom Filter auf ein Stückchen Glanzpapier gebracht, und hier unter dem umgestülpten Trichter auf- bewahrt, dessen Rohrmündung man durch ein Papierbäuschchen verschließt. Das Filter wird vorsichtig verbrannt, aber nicht zu stark geglüht, der Rückstand, der zum Teil aus metallischem Silber besteht, im Tiegel mit einigen Tropfen Salpetersäure übergossen und mit Salzsäure wieder gefällt, die Säuren auf einem Wasserbade (unter dem Abzuge) wieder verjagt und nach dem Erkalten des Tiegels das auf dem Glanzpapier gesammelte Chlorsilber mit einem sauberen Pinselchen in den Tiegel übergefüllt. Hierzu stellt man den Tiegel auf ein anderes Stück Glanzpapier, um eventuell daneben fallende Teilchen zu sehen und sammeln zu können. Der Tiegel mit dem gesamten Chlorsilber wird erhitzt, bis dieses eben zu sintern be- einnt, und dann das Chlorsilber nach dem Erkalten im Exsikkator gewogen. 100 Teile AgCl = 2474 Cl. Will man das umständliche Herunterbringen vom Filter etc. ver- meiden, so verwendet man auch hier einen Goochtiegel zum Filtrieren. Da der Asbest nicht reduziert, kann man hier den gesamten Niederschlag, wenn man ihn abgesaugt, ausgewaschen und getrocknet hat, ohne eine Reduktion zu Silber befürchten zu müssen, direkt glühen, ebenfalls bis er eben zu schmelzen beginnt. Jedoch mul; man den Goochtiegel für jede Chlorsilberbestimmung neu herrichten, da das geschmolzene Chlorsilber die Poren des Asbestpolsters meist verschließt. Schneller als die gravimetrische Methode ist die titrimetrische, Bestimmung des Chlors nach Volhard.‘!) Man versetzt die erhaltene !) Diese kann man im Harn auch direkt — unter gewissen Vorsichtsmaßregeln — vornehmen (siehe Huppert-Neubauer- Vogel). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 27 - 418 Hans Aron. salpetersaure Lösung der Chloride so lange mit gemessenen Mengen 7-AgNO;- Lösung aus einer Bürette, als noch ein Niederschlag entsteht, läßt dann noch einen Überschuß der Silberlösung zufließen und setzt als Indikator einige Kubikzentimeter einer kaltgesättigten Lösung von Eisenammoniakalaun zu, zu der man soviel Salpetersäure gegeben hat, dal die braune Farbe verschwunden ist. Jetzt titriert man mit einer -;-Lösung von Rhodan- ammonium oder Rhodankalium. Solange noch Silber in der Lösung ist, wird das Rhodan als Rhodansilber gefällt. Der erste Tropfen über- schüssigen Rhodans gibt mit dem in der Lösung vorhandenen Eisensalze eine blutrote Farbe, die man trotz des vorhandenen weißen Niederschlages sehr leicht erkennt, wenn man auf einer schneeweißen Unterlage (Papier- oder Porzellanplatte) titriert; die Färbung muß ca. 5—10 Minuten bestehen bleiben, dann entfärbt sich die Lösung meist wieder; dieser Endpunkt der Titration ist sehr scharf und zeigt an, wann der zugesetzte Überschuß von Silbernitrat durch die Rhodanlösung abgesättigt ist. Die zugegebene Menge Silbernitrat, vermindert um die der verbrauchten Rhodanlösung ent- sprechende Menge Silbernitrat, war erforderlich, um das gesamte Chlor in Chlorsilber überzuführen. Des gleichen titrimetrischen Verfahrens bedient sich auch die Neu- mannsche Bestimmung der Salzsäure aus Chloriden bei der Säuregemischveraschung. Das Chlor wird hier in Form von Salzsäure ausgetrieben;: man läßt diese Dämpfe über eine Silbernitratlösung von bekanntem Gehalt gehen, die Salzsäure wird quantitativ als Chlorsilber gefällt und nach Entfernung der mitübergegangenen salpetrigen Säure durch Kochen und durch Kalinmpermanganat, sowie nach der Zersetzung des letzteren durch Eisenoxydulsalz das überschüssige Silber mittelst Rhodan- kalium oder -Ammonium zurücktitriert. Man verwendet ein wässeriges Säureeemisch, da bei Anwendung des konzentrierten leicht etwas Chlor als solches entweichen würde. Erforderliche Lösungen. 1. Wässeriges Säuregemisch, bestehend aus gleichen Volumteilen Wasser, konzentrierter Salpetersäure (spezifisches Gewicht 14) und konzentrierter Schwefelsäure. 2. 5°/,ige Ferroammonsulfatlösung (mit Schwefelsäure bis zur Klärung versetzt). 3. Eisenoxydammoniakalaun (kalt gesättigte Lösung). 4. Silbernitratlösung von bekanntem Gehalt (bei geringem Chlorgehalt benutzt man zweckmäßig eine solche, von der 1 cm? 0'002 g NaCl entspricht). 5. Rhodankalium- oder -Ammoniumlösung, gegen die Silberlösung genau eingestellt. Man benötigt zu dieser Bestimmung folgende Apparatur: In den Tubus einer Retorte von ca. !/, 2 Inhalt ist ein Tropftrichter luftdicht eingeschliffen. Das möglichst lange Rohr der Retorte verjüngt sich so, dal) es leicht durch den Hals eines Kolbens von !/, 2 Volumen durchgeht. Dieser als Vorlage dienende Kolben liegt in einer Schale, welche zur Kühlung mit Wasser gefüllt wird. Aschenanalyse. 419 Ausführung der Chlorbestimmung. Feste Substanzen werden feucht oder trocken in die Retorte gebracht; Flüssigkeiten müssen vorher bei schwacher Sodaalkaleszenz soweit wie möglich konzentriert werden. Nachdem man dann in den Vorlagekolben überschüssige, genau abgemessene Mengen Silberlösung gegeben hat, fügt man so viel Wasser hinzu, dab !/, des Kolbens mit Flüssigkeit gefüllt ist. Sodann legt man ihn in die mit Wasser gefüllte Schale und schiebt das Retortenrohr so hinein, dab sein Ende sich etwa lcm über der Flüssigkeit befindet. Nunmehr setzt man den Tropftrichter in den Tubus luftdicht ein und läßt aus demselben das verdünnte Säuregemisch langsam unter Erwärmen ein- tropfen. Das übergehende Destillat erzeugt alsbald in der Silberlösung weiße Trübung oder einen Niederschlag von Chlorsilber. Nach Verlauf von einer halben Stunde prüft man, ob noch Salzsäure übergeht.&Dazu läßt man aus derselben Bürette, aus welcher man die Silberlösung für die Vorlage ab- gemessen hat, 1—2 cm? in ein weites Reagenzelas fließen und läßt das zu prüfende Destillat in dieses tropfen. Wenn kein Chlorsilber mehr ausfällt, ist die Destillation beendet. Die zu den Proben benutzten Silber- mengen werden quantitativ mit der Hauptmenge in der Vorlage vereinigt; außerdem notiert man die Gesamtsilbermenge nach dem Stande in der Bürette. Da die mitübergegangene salpetrige Säure und eventuell gebildete Blau- säure die Titration mit Rhodanlösung stören, so müssen diese vorher entfernt werden. Zu dem Zwecke kocht man ca. !/, Stunde, am besten, um Stoßen zu vermeiden, auf einem Baboblech, unter Ergänzung des verdampfenden Wassers. Der Rest der salpetrigen Säure wird durch Zufügen von Kalium- permanganat bis zur beginnenden Rotfärbung wegoxydiert und dann der Überschuß an Permanganat durch einige Tropfen Ferroammonsulfat entfärbt. Nach völligem Erkalten wird unter Hinzufügen von 5 em®Eisen- oxydammoniakalaun mit der Rhodankaliumlösung, wie vorher beschrieben, zurücktitriert. Für die Phosphorsäurebestimmung ist in erster Linie die Neu- mannsche Methode wegen ihrer Einfachheit und Genauigkeit auch bei ge- ringen Mengen an Phosphor zu empfehlen, doch soll die Bestimmung in einer Glühasche ebenfalls beschrieben werden, weil sie doch manchmal (bei Bereitung eimer größeren Rohaschenprobe oder einer gemeinsamen Veraschung für Phosphor, Chlor und Schwefel) erwünscht sein kann. Prinzip der Neumannschen Methode: Aus der Säuregemisch- aschenlösung wird die Phosphorsäure als Ammoniumphosphormolybdat gefällt. Der ausgewaschene Niederschlag wird sodann in überschüssiger »-Natronlauge gelöst; nach dem Wegkochen des Ammoniaks und völligem Erkalten wird mit 3-Schwefelsäure zurücktitriert. Da 1 Molekül Phosphor- säure des gelben Niederschlages bei dieser Behandlung zu seiner Neutrali- sation unter Anwendung von Phenolphtalein 56 Moleküle Natronlauge er- fordert, so entsprechen jedem verbrauchten Kubikzentimeter 3-Natronlauge 1268 mg P, O,. 27% u 420 Hans Aron. Erforderliche Lösungen. . 50°/,ige Ammonnitratlösung. 2. 10%/,ige Ammonmolybdatlösung (kalt gelöst und filtriert). 3. 5-Natronlauge und 3-Schwefelsäure. 4. 1°/,ige alkoholische Phenolphtaleinlösung. Ausführung der Phosphorsäurebestimmung. Die Substanz wird der Säurezemischveraschung unterworfen!); nur die am Schlusse des Verfah- rens oben angegebene Verdünnung mit Wasser sowie das Kochen der Aschen- lösung werden für diese Bestimmung zweckentsprechend modifiziert. Bei der Veraschung ist große Sorgfalt darauf zu legen, nicht mehr als 40 cm Säuregemisch zu verwenden, da sonst große Schwierigkeiten in der Weiterverarbeitung entstehen. Es ist ja bei der Beschreibung der Ver- aschung selbst ausführlich dargelegt, wie man einen Überschuß, wenigstens von Schwefelsäure, der hier stören würde, jederzeit vermeiden kann. Unter der Annahme, dab für die Veraschung nicht mehr als 40 cm? Säure- gemisch verwendet wurden, werden ca. 140 cm® zu dem Veraschungs- produkt hinzugegeben, so daß man etwa 150—160 cm?) Flüssigkeit hat. Nach dem Zufügen von 50 cm? Ammonnitrat wird auf etwa 70—-80° erhitzt, d.h. bis gerade Blasen aufsteigen; darauf werden 40 em® Ammonmolybdat :) hineingegeben. Man schüttelt den entstandenen Niederschlag von phosphor- molybdänsaurem Ammoniak etwa !, Minute gründlich durcheinander, wodurch sich derselbe körniger abscheidet, und läßt 15 Minuten in einem Stativringe stehen. Das Filtrieren und Auswaschen geschieht durch Dekantieren; man verwendet dünnes, am besten aschefreies Filtrierpapier, welches beim spä- teren Auflösen des Niederschlages in verdünnter Natronlauge leicht zerreißt und sich dann durch die ganze Flüssigkeit verteilt. Die Filter, welche einen Radius von 5—6 cm haben, werden am besten als Faltenfilter benutzt. Vor dem Filtrieren wird das Filter mit eiskaltem Wasser gefüllt, um die Filterporen zusammenzuziehen und so zu verhindern, daß) die noch warme Lösung infolge des äußerst feinen Niederschlages nicht ganz klar filtriert. Um bequem zu dekantieren, legt man den auf dem Stativringe oder dem Babo- blech befindlichen Kolben etwas höher als das Filter und läßt durch lang- sames Neigen des Kolbenhalses die klare Flüssigkeit ohne Unterbrechung durch das Filter fließen, indem man den Zufluß nach dem Abfluß reguliert und den Kolbenhals stets nur ganz wenig aus der Horizontalen aufrichtet. Auf diese Weise kann man erreichen, dal nur sehr wenig Niederschlag auf das Filter, welches stets nur bis zu ?/, seines Volumens gefüllt wird, ge- 1) Will man die Untersuchung in rein anorganischer Lösung vornehmen, so fügt man 10 cm? Säuregemisch hinzu und verdünnt mit Wasser auf etwa 150 cm®. 2) Etwa die Hälfte des Säuregemisches verflüchtigt sich während der Veraschung. ») 40 cm’ Ammonmolybdat reichen aus für 60 mg P,O,. Es ist zweckmäßig, die Substanzmenge so zu wählen, daß sie nicht mehr als 50 mg P, O, enthält, weil man sonst unnötig viel von den Normallösungen gebraucht und die Bestimmungen selbst bei 15 mg P,O, noch sehr zuverlässige Resultate geben. Aschenanalyse. 421 langt. Das Auswaschen geschieht in der Weise, dab man zu dem im Kolben zurückgebliebenen Niederschlage unter vollständiger Bespülung der Kolben- wandungen etwa 150 cm® eiskaltes Wasser setzt. heftige durchschüttelt und in dem Stativringe absitzen läßt. Während dessen wird auch das Filter 1—2mal mit eiskaltem Wasser gefüllt. Man dekantiert dann wieder, wie oben beschrieben, und wiederholt das Auswaschen im ganzen etwa 3—4mal, bis das Waschwasser gerade nicht mehr gegen Lackmuspapier sauer reagiert.!) Nunmehr gibt man das ausgewaschene Filter in den Kolben hinein zu der Hauptmenge der Fällung, fügt etwa 150 em® Wasser hinzu, zer- teilt durch heftiges Schütteln das Filter durch die ganze Flüssigkeit und löst den gelben Niederschlag, indem man aus einer Bürette gemessene Mengen 53-Natronlauge hinzufügt, unter beständigem Schütteln und ohne zu erwärmen eben gerade zu einer farblosen Flüssigkeit auf. Sodann wird noch ein Überschuß von 5—6 cm? -Natronlauge hinzugefügt und die Flüssigkeit so lange (etwa 15 Minuten) gekocht, bis mit den Wasser- dämpfen kein Ammoniak mehr entweicht (Prüfung mit feuchtem Lackmus- papier). Nach völligem Abkühlen unter der Wasserleitung und eventueller Auffüllung auf etwa 150 cm® wird durch Hinzufügen von 6—8 Tropfen Phenolphtaleinlösung die Flüssigkeit stark gerötet und der Überschuß an Alkali durch Titration mit ;-Säure zurückgemessen. Die Anzahl der zu- gefügten Kubikzentimeter 3-Natronlauge abzüglich der verbrauchten Kubikzentimeter 3-Säure ergeben mit 1'268 multipliziert die Menge P, O, in Milligrammen. Von einer Glühasche — die am besten ebenso wie diejenige für die Chlor- bestimmung bereitet wurde — übergießt man zur Phosphorbestimmung eine angemessene Menge in einer Porzellanschale mit Salpetersäure und dampft zur Trockene, nimmt mit Salpetersäure auf und wiederholt, wenn nötig, den Prozeß, um alle Kieselsäure unlöslich zu machen. Zu dem Filtrat wird in einem Becherglas in der Hitze unter Umrühren eine hinreichende Quantität einer sog. Molybdänlösung, dann ca. !/,; des Volumens gesät- tigte Ammonnitratlösung zugesetzt und die Mischung ca. 12 Stunden bei 70° gehalten. Die über dem Niederschlag stehende Flüssigkeit wird durch ein mit 20°/, Ammonnitratlösung getränktes Filter abgegossen, wenn sie klar ist und sich bei Zusatz neuer Molybdänlösung:) nicht mehr trübt, fort- geworfen, andernfalls muß das Filtrat mit der Hauptmenge vereinigt und die Fällung mit mehr Molybdänlösung wiederholt werden. Der Niederschlag im Becherglase wird — möglichst ohne ihn auf das Filter zu bringen — ebenso wie der auf dem Filter eventuell abgefangene Niederschlag mit ver- ') Man kann — wenn man eine gewichtsanalytische Bestimmung vorzieht und genügend Phosphor vorhanden ist — diesen Niederschlag, wie nachher beschrieben wird, in NH, lösen und mit Magnesiamixtur fällen. ?) 80 9 Ammonium-(para) Molybdat werden in 640 cm? H,O und 160 cm? NH, vom spezifischen Gewicht 092 gelöst und unter Kühlung in 960 cm? HNO, vom spezifischen Gewicht 12 und 240 cm? Wasser eingetragen, die Mischung nach 24 Stunden filtriert und in nur leicht (nicht luftdicht) verschlossener Flasche aufbewahrt. 492 Hans Aron. dünnter Salpetersäure, die ca. 5°, Ammoniumnitrat enthält, 2—3 mal nach- gewaschen. Dann wird das Becherglas mit dem Niederschlag unter das Filter gestellt und der auf dem Filter gesammelte Niederschlag mit verdünntem Ammoniak in das Becherglas hinein gelöst und das Filter noch mit warmem Ammoniak nachgewaschen. Der hier befindliche Nieder- schlag wird dadurch ebenfalls in Lösung gebracht und die gesamte, jetzt in diesem Becherglas in Lösung befindliche Phosphorsäure nach eventuellem Abstumpfen eines zu großen Überschusses von Ammoniak mit Salzsäure in der Kälte mit Magnesiamixtur!) versetzt. Nach Fällung des Nieder- schlages setzt man noch !/, des Volumens Ammoniak vom spezifischen Gewicht 0'96 hinzu und läßt 24 Stunden in der Kälte stehen. Der jetzt entstehende kristallinische Niederschlag besteht aus Magnesiumammonium- phosphat und ist der gleiche, wie der bei der Magnesiabestimmung ge- wonnene, er wird ebenso behandelt wie dort beschrieben. 100 Teile Mg, Pz O, entsprechen 2795 Teilen P respektive 63°96 Teilen P; O,. Zur Bestimmung der Phosphorsäure und des Chlors ist es nur erforderlich, zusammen je eine Asche zu bereiten, die man mit Sal- petersäure auszieht; die Lösung wird dann in einen Meßkolben gespült, hier aufgefüllt und geteilt (ebenso wie vorher für Alkalien und Erdalkalien). Man kann schließlich auch die Lösung in drei Teile teilen und in dem dritten nach Abdampfen der HNO, und Aufnehmen mit HCl (aber nicht im Platintiegel!) die Schwefelbestimmung ausführen. Wenn die Bestimmung der Schwefelsäure — wie wohl meistens — in einer Glühasche vorgenommen wird, sind bei deren Bereitung nicht nur die schon für Phosphor und Chlor angegebenen Vorsichtsmaßregeln zu beachten, sondern es muß auch einem eventuellen Schwefelgehalt des zum Erhitzen dienenden Leuchtgases Beachtung geschenkt werden. Bei sehr exakten Untersuchungen empfiehlt sich deshalb die Verwendung einer Alkohol (Spiritus-)flamme zum Einäschern. In der in Salzsäure gelösten Aschenprobe wird die Kieselsäure, wie vorher (bei der Oa- ete. Bestimmung) beschrieben, abgeschieden, von dieser und der Kohle etc. abfiltriert und der Rückstand heiß ausgewaschen. Das erhaltene, nicht zu stark salz- saure Filtrat wird zum Sieden erhitzt mit einer ebenfalls siedenden Lösung von Baryumchlorid versetzt und nach dem Abscheiden des Baryumsulfats noch 1—2 Minuten vorsichtig aufgekocht. Nur so gelingt es, das Baryum- sulfat schön großkörnig zu fällen. Durch erneuten Baryumchloridzusatz darf keine Trübung mehr entstehen. Nach 1—2 Stunden wird heiß filtriert (ver- gleiche das über die Filtration des Caleinmoxalats Gesagte!) und Becherglas und Filter mit heißem Wasser, dem man zweckmäßig etwas Salzsäure zu- setzt, ausgewaschen. Das Baryumsulfat hat die Neigung, leicht durchs Filter zu gehen, und man tut daher gut, lieber die etwas langsamer filtrierenden, ‘) Die Magnesiamischung wird, wie folgt, dargestellt: 110 9 kristallisiertes Magnesiumchlorid und 140 y Ammoniumchlorid werden in 1300 cm? Wasser gelöst. Nun fügt man 700 9 10°/,ige Ammoniakflüssigkeit hinzu, mischt, läßt einige Tage stehen und gießt von einem etwa entstehenden Niederschlage ab. Aschenanalyse. 4253 aber dafür viel dichteren sog. „Barytfilter*“ zu verwenden. Das gut aus- gewaschene Baryumsulfat wird geglüht und als solches gewogen. 100 Teile BaSO, entsprechen 1373 Teilen S oder 3432 Teilen SO, oder 42:06 Teilen H,SO,. Folin!) empfiehlt auf Grund ausführlicher Studien über die Schwefel- bestimmung die Fällung nicht in der Hitze, sondern in der Kälte durch tropfenweisen Zusatz von Baryumchloridlösung vorzunehmen, kalt auszu- waschen und durch einen Goochtiegel zu filtrieren. Die Bestimmung der Kohlensäure kann nur in Glühaschen (oder der nach Gabriel bereiteten Glycerinasche) vorgenommen werden. In eigens dazu konstruierten Apparaten wird die Kohlensäure durch eine andere Säure (meist H, SO,) ausgetrieben und aus dem Gewichtsverlust ihre Menge berechnet. Genauer ist es, wenn man das entwickelte und ausgetriebene Gas, das ja nicht nur aus Kohlensäure bestehen mul), von Kalilauge oder Natronkalk absorbieren läßt und deren Gewichtszunahme bestimmt. Es sind viele Apparate konstruiert worden, die alle auf dem gleichen Prinzip beruhen, und die man handhaben kann, wenn man mit einem Bescheid weiß. Der gebräuchlichste ist wohl der nur leider etwas in- stabile Dunsen-Geißlersche Apparat (s. Fig. 503). In dem Apparat wird der untere Hohlraum mit ca. 20 cm? Wasser, das mittlere Aufsatzgefäß mit verdünnter Schwefelsäure, das seitliche mit konzentrierter Schwefelsäure so gefüllt, daß es als Gas-Waschfläschehen dient. In den Apparat werden von der seitlichen Öffnung her 19 Asche in den unteren mit Wasser gefüllten Hohlraum gebracht und der Apparat wieder gewogen: Differenz gleich Substanzmenge. Nun läßt man vorsichtig durch Öffnen des Hahnes die Schwefelsäure aus dem mittleren Gefäß eintropfen und die Gasblasen langsam durch die seitlich angebrachte Schwefelsäure streichen. Wenn die Gasentwicklung nachläßt, erwärmt man den ganzen Apparat vorsichtig, bis sich unten keine Gasblasen mehr entwickeln. Jetzt muß man den Apparat erkalten lassen, ehe man ihn wieder wägt. um durch den Gewichtsverlust die entwickelte und ausge- triebene Kohlensäure festzustellen. Aber dabei hat man die von dem er- kaltenden Gefäß angesaugte Luft vorher zu trocknen, indem man die obere Öffnung der seitlichen Waschflasche durch einen Gummischlauch mit einem Chlorcaleiumrohr verbindet; denn die Feuchtigkeit, welche der beim Erwärmen ausgetriebenen Luft zukam, ist ja von unserer kleinen Wasch- Fig. 503. ') Otto Folin, On sulfate and sulfur determinations. Journ. of Biol. Chem. Vol. I. p. 131—155 (1906). 424 Hans Aron flasche absorbiert worden: also darf man jetzt nur wasserfreie Luft ein- strömen lassen. Als Prototyp der anderen Methode sei die Methode von Fresenius- Olassen, nach Treadwell beschrieben. Handhabung des Apparates (vel. Fig. 504). Man bringt die abgewo- gene Substanz in den trockenen Zersetzungskolben, übergießt mit ganz wenig Wasser, um ein Verstäuben der Substanz zu verhüten und leitet einen lang- samen, kohlendioxydfreien Luftstrom durch, um etwa vorhandene Spuren von Kohlendioxyd aus dem Zersetzungskolben und den drei Trockenröhren zu verdrängen. Während die Luft durch den Apparat streicht, wägt man die sorgfältig mit einem leinenen Tuch gereinigten Natronkalkröhren, deren rechte Schenkel zu '/, mit Chlorcaleium gefüllt sind. Nun unterbricht man den Luftstrom, verbindet die Natronkalkröhren einerseits mit dem Trocken- SEE SO N 1) cm Fig. 504. rohr, andrerseits mit dem Schutzrohr und läßt langsam Salzsäure (1:3) aus dem Trichterrohr T zur Substanz fließen, worauf sofort Kohlendioxyd- entwicklung beginnt. Man reguliert den Zufluß der Säure so, daß 3—4 Blasen pro Sekunde durch das Rohr a streichen. Ist alle Säure eingetragen, so erhitzt man ganz langsam zum Sieden und leitet während des gelinden Siedens einen langsamen Luftstrom durch, so aber, daß höchstens 2—3 Blasen pro Sekunde durch das Rohr a streichen. Während der ganzen Operation läßt man kaltes Wasser durch die kleine Kühlröhre fließen, wodurch sich der mitgeführte Wasserdampf kondensiert und in den Kolben zurückfließt, an- statt in die Schwefelsäure des Rohrs a zu gelangen. die infolgedessen selten erneuert werden muß. Fast alle Kohlensäure wird vom ersten Natronkalk- rohr d absorbiert, was man an der Erwärmung desselben erkennen kann. Ist alles Kohlendioxyd aus dem Apparat ausgetrieben, so kühlt sich das tohr d rasch ab. Sobald dies geschehen ist, dreht man die Flamme aus und leitet noch 20 Minuten lang in etwas rascherem Tempo Luft hin- Aschenanalyse. 425 durch, nimmt die Natronkalkröhren ab und läßt sie weitere 20 Minuten an der Wage stehen, damit sie die Temperatur des Wagezimmers annehmen, und wägt. Enthält die Substanz neben Karbonaten noch durch Säuren zersetz- bare Sulfide, so schaltet man zwischen a und 5 noch eine Kupfervitriol- bimssteinröhre ein!), welche den Schwefelwasserstoff vollständig zurückhält. Die übrigen Elemente werden nur selten quantitativ in Aschen tierischer oder pflanzlicher Gewebe etc. bestimmt werden, doch soll wenig- stens für die wichtigeren von ihnen eine spezifische, für biochemische Zwecke brauchbare analytische Methode kurz skizziert werden. Quantitative Trennungen der einzelnen Erdalkalien (Ca, Ba, Sr), Be- stimmungen der seltenen Erden (Cer, Lanthan ete.), schließlich der Alkalien außer Kalium und Natrium, wie Cäsium, Lithium, dürften bei biochemischen Versuchen zu großen Seltenheiten zählen. Eine quantitative Bestimmung des Lithiums im Harn (nach Eingabe von Lithium) beschreibt Berger ?) sehr ausführlich. Dagegen dürfte eine quantitative Bestimmung des Arsens hie und da in biochemischen Versuchen erforderlich sein. Dieses Element findet sich nur in sehr geringen Mengen, die eine gewichts- analytische Bestimmung, wie sie die angeführten Lehrbücher ausführlich beschreiben, nicht zulassen. Um sich aber trotzdem noch ein Bild von den vor- handenen Mengen Arsen (auch} Bruchteilen von Milligrammen) zu machen, stellt man sich durch Zusatz verschiedener gemessener Mengen einer Arsen- salzlösung zu den arsenfreien Reagenzien im Marshschen Apparat, wie vorher eingehend beschrieben, unter möglichst gleichen Bedingungen eine Reihe von „Normalspiegeln“, die man übrigens auch längere Zeit ein- geschmolzen aufbewahren kann, dar. Die Stärke der Spiegel wächst mit der Arsenmenge, so daß man den Arsengehalt der zu untersuchenden Sub- stanz sehr gut durch Vergleich mit den „Normalspiegeln“ beurteilen kann. Man muß bei solchen Versuchen nur absolut sicher sein, daß man auch den gesamten Arsenwasserstoff zerlegt und als Spiegel niederge- schlagen hat. Deshalb erhitzt man hier an zwei voneinander entfernten Stellen und überzeugt sich, daß hinter der zweiten erhitzten Stelle kein Arsen mehr abgeschieden wird. Von den Bestimmungen der Schwermetalle soll die des Kupters und des Quecksilbers etwas eingehender behandelt werden. !) Den Kupfervitriolbimsstein bereitet man nach Fresenius wie folgt: 60 g Bims- stein, in erbsengroßen Stücken, übergießt man mit einer konzentrierten Lösung von 30—35 9 Kupfervitriol in einer Porzellanschale, verdampft unter beständigem Umrühren zur Trockne und erhitzt dann 4—5 Stunden lang im Trockenschrank auf 150—160° C. Bei dieser Temperatur wird das Kupfervitriol teilweise entwässert und in diesem Zu- stande absorbiert es den Schwefelwasserstoff bedeutend leichter als das wasserhaltige Salz. Stärker darf das Kupfervitriol nicht entwässert werden, weil sonst Schwefeldioxyd entsteht, das in die Natronkalkröhren gelangen und falsche Resultate verursachen würde, ?) Fr. Berger, Über die Ausscheidung des Lithiums im Harn und die Spaltung des Lithiumjodids im Organismus. Arch. f. experiment. Path. u. Pharm. Bd.55. S. 1—15 (1906). 426 Hans Aron. Das Kupfer wird entweder elektrolytisch (nach Classen) oder durch Fällung mit Schwefelwasserstoff abgeschieden. Die salzsaure Aschenlösung wird nach Abscheiden der Kieselsäure und Abfiltrieren der Kieselsäure, Kohleete. in einem Becherglase auf ca. 80° erwärmt und nun durch ein Glasrohr in das mit einem Uhrglase bedeckte Becherglas Schwefelwasserstoff in langsamem Strome eingeleitet; das Erhitzen wird während des Einleitens des Gases tortgesetzt. Nach ca. '/, Stunde unterbricht man die Operation, läßt den Nieder- schlag absitzen und filtriert ihn durch ein gut laufendes Filter, indem man an Stelle des üblichen Glasstabes das Gaseinleitungsrohr benutzt. Der Niederschlag wird mit heißem Wasser — zuerst unter Zusatz von etwas Salzsäure — ausgewaschen und mit dem Filter getrocknet. Jetzt wird, wenn viel Schwefelkupfer entstanden ist, der Niederschlag, wie es beim Chlorsilber beschrieben ist, vom Filter entfernt und das Filter für sich verbrannt. Bei kleinen Mengen läßt man Filter und Niederschlag zu- sammen. Man bedient sich zur Kupferbestimmung eines sogenannten Roseschen Tiegels, eines unglasierten Porzellantiegels, dessen Deckel außer- dem durchlöchert ist. In diesem Tiegel wird das Filter verbrannt, der Nieder- schlag eventuell hinzugetan und jetzt das Kupfersulfid im Tiegel mit fein- gepulvertem Schwefel überstreut, durch die Deckelöffnung mit Hilfe einer Porzellanröhre Wasserstoff vorsichtig in den Tiegel eingeleitet und nach 5—10 Minuten der Tiegel langsam erhitzt. Dieser Prozeß wird unter even- tueller neuer Zugabe von Schwefel so lange fortgesetzt, bis der ganze Niederschlag in einen schön kristallinischen schwarzen Rückstand (Cuprosulfid) verwandelt ist. Dieser wird gewogen; 100 Teile Cu,S ent- sprechen 7985 Teilen Cu. Wichtiger als die Bestimmung des Kupfers ist wohl die des Queck- silbers. Wie schon bei den qualitativen Proben beschrieben, wird in den zu untersuchenden Substanzen erst mit Hilfe von Kaliumchlorat und Salz- säure die Hauptmenge der organischen Substanzen entfernt und dann das (Juecksilber ausgefällt. Im Urin kann man diese Ausfällung direkt vor- nehmen, ohne erst den organischen Anteil zu zerstören. Nach Bürgi!), der zuletzt die zahlreichen Methoden zusammengestellt und geprüft hat, dürfte sich ungefähr folgendes Vorgehen (nach Farup?) am meisten empfehlen: Die nach der Zerstörung mit chlorsaurem Kali und Salzsäure erhaltene oder der mit etwa 3—4 cm konzentrierter Salzsäure angesäuerte Harn wird auf 70—80° erwärmt und mit 5—6 y Zinkstaub 2 Minuten tüchtig ge- schüttelt. Nach Erkalten und Absitzen des Niederschlages wird die über dem Niederschlage stehende Flüssigkeit durch ein nicht zu dünnes Polster aus Asbest, das auf einem Goochtiegel oder einer sogenannten Filterscheibe :) bereitet wurde, mittelst der Wasserstrahlpumpe abgesaugt. Das Polster soll ‘) E. Bürgi, Über die Methoden der Quecksilberbestimmung im Urin. Arch. f. experiment. Path. u. Pharm. Bd. 54. S. 439—459 (1906). °) Farup, Über eine einfache und genaue Methode zur quantitativen Bestimmung des (Juecksilbers im Harn. Arch. f. experiment. Path. u. Pharm. Bd. 44. S. 272—277 (1900). °) Vgl. hierzu S. 103. Fig. 203, 204. Aschenanalyse. 427 so stark sein, daß der untere Teil des Asbestes nicht von dem abzusaugen- den Metallpulver durchdrungen wird, sondern rein weiß) bleibt. Nach dem Absaugen wird der Asbest mit dem abgefangenen Niederschlage in den Kolben gebracht, in dem sich die Hauptmenge des Zinkes befindet, und die Wandungen des Filtriergefäßes durch Salzsäure (zirka 40 cm? konzen- trierter Salzsäure + 40 cm3 Wasser) quantitativ in den Kolben hinein abge- spült. Zu dem Kolbeninhalt werden noch 3 g chlorsaures Kali gegeben und die Masse dann auf dem Wasserbade so lange erhitzt, bis der Inhalt so weit wie möglich in Lösung gegangen ist. Durch ein gehärtetes Filter wird jetzt in ein Kölbchen von vielleicht 200 em® Inhalt hineinfiltriert, das Filter ausgewaschen, die Lösung auf zirka 60° erwärmt und mit 15—20 em3 Zinnchlorürlösung (aus Zinn durch Lösen in konzentrierter Salzsäure bereitet) versetzt. Das jetzt ausfallende Quecksilber wird durch ein mit „Goldasbest“ beschicktes „Filtrieramalgamierröhrchen“ abgesaugt, das man nach Schu- macher und Jung!) folgendermaßen bereitet: Chemisch reines Goldehlorid wird in Königswasser gelöst und die Lösung dann so lange eingedampft, bis sie nur wenig freie Säure enthält. Gereinigte langfaserige Asbestfäden werden mit dieser Lösung durchtränkt und nach dem Abtropfen der überschüssigen Flüssigkeit in einem Porzellan- tiegel auf dem Sandbade getrocknet. Der Tiegel wird dann nach dem Trocknen über freier Flamme allmählich stark erhitzt und durch Einleiten von Wasser- stoff das Goldchlorid auf dem Asbest zu Gold reduziert. Der noch mit ver- dünnter Salzsäure und heißem Wasser gereinigte „Goldasbest“ wird zur Füllung des „Filtrieramalgamierröhrchens“ in ungefähr 1 cm hoher Schicht verwandt. Als solches kann man dieselben Röhrchen verwenden, wie sie zu der Soshletschen Zuckerbestimmung dienen. Man füllt sie ähnlich wie einen Goochtiegel mit dem Asbest. Auch hier überzeugt man sich, daß bei Auffüllen und Absaugen von Wasser keine Asbestpartikelchen mehr im Filtrat erscheinen. Das Röhrchen wird mit Alkohol und Äther gewaschen, getrocknet und gewogen. Nach beendeter Filtration wäscht man nach einander mit Salz- säure, Wasser, Alkohol und Äther und trocknet das Röhrchen, indem man einen Strom trockener Luft durchsaugt. Die Gewichtszunahme ergibt die Menge des vorhandenen Quecksilbers. Das abgelaufene Filtrat muß natür- lich absolut klar sein. Von Säuren dürfte der Fluorwasserstoff häufiger quantitativ bestimmt werden. Die Ermittlung des Fluorgehaltes in tierischen Organen, selbst in Zahn- und Knochenaschen, ist recht schwierig, und es sind hier ohne Frage oft ungeeignete Methoden angewandt und ganz falsche Werte erhalten worden. Am empfehlenswertesten dürfte es sein, ein ähnliches Verfahren ein- zuschlagen, wie es eben für die Arsenbestimmungen dargelegt wurde. Man stellt sich, wie bei der qualitativen Prüfung beschrieben, durch Mischen mit bekannten Quantitäten Fiuor in wechselnder Menge unter gleichen Be- !) Schumacher und W. L. Jung, Über eine einfache und zuverlässige Methode, quantitativ im Harne das Quecksilber zu bestimmen. Arch. f. experiment. Path. u. Pharm. Bd. 42. S. 138—148 (1899). 4>8 Hans Aron. Aschenanalyse. dingungen, das heißt, man nimmt gleiche Substanzmengen, gleiche Mengen Schwefelsäure, gleichartige Gläser mit denselben Zeichnungen vorbereitet und erhitzt auch immer eine gleiche Zeit. eine Reihe von Ätzbildern her; die Schärfe der Bilder ist dann nach Gabriel‘) annähernd der Fluormenge proportional. Oder etwas modifiziert: Man sieht zu, mit welcher gering- sten Menge von Fluor man unter bestimmten Bedingungen eben noch eine Ätzung erhält und stellt mit abfallenden Mengen der zu untersuchenden Substanz — nach Mischung mit einem indifferenten fluorfreien Material — eine Reihe von Ätzversuchen an. Die geringste Substanzmenge, die gerade noch ein Ätzbild gibt, erlaubt einen Rückschluß auf den Fluorgehalt der Analysensubstanz. Nach Jodlbauer?) empfiehlt sich für die Untersuchung von (völlig kohlefreien!) Zahn- und Knochenaschen die Methode von Hempel 3), bei der die auf Fluor zu untersuchende Substanz mit feinem Quarz gemischt, dann mit Schwefelsäure aufgeschlossen und die Menge des entstehenden Silieium- tetrafluoridgases analytisch ermittelt wird. Bei einer quantitativen Bestimmung der sehr geringen Men- gen von Jod oder Brom in den meisten tierischen Organen dürfte es sich empfehlen. diese, wie bei den qualitativen Proben beschrieben. durch Chlorwasser und Ausschütteln mit Chloroform vom Chlor ete. zu trennen und den Jod- oder Bromgehalt kalorimetrisch durch Vergleichung der Fär- bung des Chloroforms mit einer Reihe von Proben zu schätzen, die unter gleichen Bedingungen mit bekannten Mengen Jod oder Brom dargestellt sind. So hat zum Beispiel B. Baumann *) die Bestimmung des Jodge- haltes der Schilddrüsen und anderer tierischer Organe bei seinen grund- legenden Untersuchungen nach diesem Prinzip auf folgende Weise ausgeführt: Die Substanz wurde unter Zusatz von 2—2'5g reinem Natriumhydroxyd in einem Silbertiegel vorsichtig erhitzt, bis Verkohlung eintrat und keine brennbaren Gase mehr entwichen, dann nach Zusatz von etwas Salpeter die Kohle verbrannt und die abgekühlte Masse in Wasser eelöst, filtriert, mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert, mit 10 cm® Chloroform gut durch- geschüttelt und die Mischung in einen Glaszylinder gebracht. In einen ganz gleichen zweiten Zylinder wurden 10 cm® Chloroform, 25 em® Wasser, 10 em3 konzentrierte Glaubersalzlösung und einige Tropfen Natriumnitritlösung ein- gefüllt und so viel einer Jodkaliumlösung, die 1 mg KJ oder O'1 mg KJ im Liter enthielt, zugesetzt, bis nach Ansäuern und Umschütteln die Intensität der Färbung in beiden Zylindern, die man gegen durchfallendes Licht hielt oder auf eine weiße Unterlage stellte, gleich war. ') 8. Gabriel, Zur Frage nach dem Fluorgehalt der Knochen und der Zähne. Zeit- schrift f. analyt. Chem. Bd. 31. S. 522-525 (1892). °) Jodlbauer, Über den Fluorgehalt der Knochen und Zähne. Zeitschr. f. Biologie. Bd. 41. S. 487—492 (1901) u. Bd. 44. S. 259—267 (1903). ») Hempel, Gasanalytische Methoden. 3. Aufl. S. 342 ff. *) E. Baumann, Über das normale Vorkommen des Jods im Tierkörper. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 22. S. 1—15 (1897). Die wichtigsten stöchiometrischen Berechnungen. ') Von J. Biehringer, Braunschweig. Atom- und Molekulargewicht. Die Tatsache, daß jedes Element mit einer bestimmten Gewichtsmenge oder einfachen Vielfachen davon in chemische Verbindungen eintritt, findet ihre Deutung in der Atomtheorie. Unter dem Atomgewicht eines Elements versteht man die kleinste Menge, welche in einem Molekulargewicht seiner sämtlichen Verbindungen vor- handen ist. Als Einheit diente früher das Atomgewicht des Wasserstoffs: heute bezieht man die Atomgewichte, im Prinzip an jener Einheit festhaltend, aus praktischen Gründen auf das Atomgewicht des Sauerstoffs — 16.000. Atomgewichte der wichtigeren Elemente (1909). a Bu ur BE a a a u A mn m an DT Ta u nn Dr m nn A, Biber . =... 2.02.42. 4 010788 | Ma -|,Manpan ‚;. un peu@: 54:93 31 | Aluminium. „u. 04.) 274 Mo 1,Molybdän. 22:2 : 60 | Br Nmen .'.. . ..,. . Sr Zo50 N 2 N Stickstoff 2.2.1.5]. 1401 | u Goldi...r.- 2 20.519752 Nase ENatıtum ur Seer: 2300 | Bor 2 2 AEO EN Dekel >. [Ense Ba Baryum' 202°. „0.0 200018787 OR Sayersinft ar. 16:00 | Bi Wismut». ... ..:2...6.2080 Os= I Osmium«:.. .. 202 211909! Eur \.Brom .... 79:92 EOSIIHEHoSphor.- 2 An. 3,0 \ EN Kohlenstoff... 22-5* . 12:00 EhA.ABlent u. : - | 20710 | | Ca | Galesmımtı.. 6:75: 2 1,4240:09 Bd sBalladıum ı > 2er, ET a ‚ Chlor EU EIER LE 3546 Pt Diane. 02241, 81 9. D Bo] Eobalk, =. 7 u... . 1.5897 Bar“ Badıum., 2. 44.42, 22Bd 2 BESNSCHLOm. 9 u: S Sehwerel. 2.2. Aue 32:07 | Cu | Kupkere, 20.0, a4: 63:57 Sb AntimonsH. ©. “2: a al BI ul eRTaaEl 2 ul. 19:0 Se Selen u&r. . Je KR BER; ı) Hasen. „u 4. 14 20202 un Si Shemmm 240 a ERS NVasserstotk „uns 2 1008 Sn" Zinn. £..00. 200 Hg | Quecksilber... .. . | 2000 Sr | Strontium br Ei 8762 | a Soda 2 2 ern U. |. Dram., 244,02. 22a le | RK: ) ’Kalum, yes ih aa W \Wolram..r . BA Li Terthjume Sr 700 20: ı Zink: 0. 22 00 Sep Me | Magnesium ... „=. | 24:32 | ') Eine eingehende Begründung und Darlegung der hier kurz vorgetragenen Tat- sachen und ihrer Anwendung ist zu finden in des Verf.: „Einführung in die Stöchio- metrie oder die Lehre von der quantitativen Zusammensetzung der Körper und ihren mit dieser zusammenhängenden Eigenschaften“ (mit Rechenbeispielen). Braunschweig. Fr. Vieweg & Sohn, 1900. 430 J. Biehringer. Nach dem. Vorgange von Berzelius drücken die Symbole der Elemente!) zugleich die durch das Atomgewicht dargestellten Gewichtsmengen aus. Durch Zusammentreten der Atome entstehen die Molekeln der Ele- mente, soweit diese nicht einatomig sind, und der Verbindungen, die kleinsten für sich existenzfähigen Teilchen, welche die Eigenschaften der Stoffe be- dinzen, und zugleich auch die kleinsten Teilchen, welche an chemischen Reaktionen sich beteiligen. Das Molekulargewicht einer Verbindung ergibt sich als Summe der Atomgewichte der sie zusammensetzenden Elemente und ihre Molekularformel durch Aneinanderreihung der Symbole der letzteren, gegebenenfalls mit beigesetzten Indizes, z. B. Kohlendioxyd CO, = 12 + 2.16 = 44 Gewtle.; Bittersalz M&gSO,.7 H,O = 2432 + 32:07 + 4.16 + 71.18°016 = 24650 Gewtle.; Benzoesäure C,.H,0, = 7.12 + 6.1008 + 2.32 = 12205 Gewtle. Aus dem Molekulargewicht und den in der Molekel vorhandenen Ge- wichtsmengen der Elementarbestandteile läßt sich dann die in einem be- liebigen Quantum des Stoffs, z. B. in 100 Gewtlen., vorhandene Menge der letzteren mit Hilfe der Regel de tri oder einfacher Proportionen 2) ermitteln. So ergäbe sich z. B. die prozentische Zusammensetzung des Bittersalzes aus den Proportionen: 24650: 2432 = 100:x,; x, = 987°), Mg 24650: 96:07 = 100:x,; x, = 38°97°/, SO, | Summe 10000. 24650: 12611 = 100:x,; x, = 51'16°/, H, O die prozentische Zusammensetzung der Benzoesäure aus den Proportionen: 122:05:34 =100:x,; x, = 68:82°/, C j 12205: 605 =100:x,; x, —= 496°, H , Summe 99:99. 12205: =10:x,; x, = 26'21°/, O J In ganz ähnlicher Weise läßt sich berechnen, wieviel von einer Ver- bindung man anzuwenden hat, um eine bestimmte Menge eines Bestand- teils zu erhalten. Beispiel: Es soll eine Höllensteinlösung hergestellt werden, die in einem Liter 1 9 Silber enthält: AgNO, = 10788 + 1401 + 3.16 = 16989 Gewtle. 107'88:16989 = 1:x: x = 1'575 9 AgNO,, welche in einem Liter zu lösen wären. Chemische Gleichungen. Die chemischen Reaktionen werden durch Gleichungen versinnlicht, welche dem Gesetze von der Erhaltung der Sub- ') Diese Symbole sind international mit Ausnahme desjenigen für Stickstoff, der von den französischen, teilweise auch den italienischen Chemikern mit „Az“ (von Azote) bezeichnet wird. ®) Da das Abrunden der Atomgewichte bei wissenschaftlichen Arbeiten unzulässig ist, so empfiehlt es sich, chemische Berechnungen mit Logarithmen auszuführen, wo- durch die Unbequemlichkeit des Rechnens mit vielstelligen Zahlen gehoben wird. Viel gebraucht werden die „Logarithmischen Rechentafeln für Chemiker“ von F.W. Küster, welche außerdem noch eine Reihe Faktorentabellen enthalten (8. Aufl.. 1908). Für che- mische Zwecke sind vierstellige Logarithmen völlig ausreichend. Eine derartige Tafel, welche außerordentlich handlich ist, weil sie nur vier Oktavseiten umfaßt, hat Quincke herausgegeben [Heidelberg, Gustav Kösters Verlag. Preis 80 Pf. Beigegeben dem Lehr- buch der unorganischen Chemie von H. Erdmann (4. Aufl., 1906) und dem „Physikalischen Praktikum“ von E.Wiedemann und H. Ebert (5. Aufl., 1904)]. Auch der ebenfalls auf den Logarithmen beruhende Rechenschieber leistet sehr gute Dienste, vorausgesetzt, daß er nicht zu klein ist. Die wichtigsten stöchiometrischen Berechnungen. 431 stanz entsprechen müssen. Man setzt einerseits die Symbole der mit- einander reagierenden Stoffe, durch das Additionszeichen verbunden, nebeneinander, andrerseits ebenso diejenigen der entstehenden Stoffe, ver- bindet beide Gruppen durch das Gleichheitszeichen und sieht zu, ob obigem Gesetz Genüge geleistet ist, ob die Zahl der Atome jedes Elements auf beiden Seiten des Gleichheitszeichens dieselbe ist. Setzt man an Stelle der symbolischen Zeichen die durch sie ausgedrückten Gewichtsmengen, so erhält man eine numerische Gleichung, welche die verhältnismäbßigen Ge- wichtsmengen der aufeinander wirkenden Stoffe und der sich bildenden Produkte angibt und naturgemäß ebenfalls dem Gesetze entspricht: AgNO, + NaCl = AgCl + NaNO, 16989 + 5846 = 14334 + 8501 = 22835. Diese numerischen Gleichungen geben die Gewichtsmengen an, in denen die betreffenden Stoffe anzuwenden sind und diejenigen der Produkte, die man dabei erhält. Sie bilden aber auch die Grundlage der „stöchio- metrischen Rechnungen“. Setzt man ein Glied der Gleichung = x, so läßt es sich nach der Regel de tri oder einfachen Proportionen aus den anderen berechnen, wie dies schon Lavoisier tat. In ganz ähnlicher Weise kann man für irgend eine beliebige Menge eines Ausgangskörpers die an- zuwendende Menge der übrigen Ingredienzien und die Ausbeuten an den Produkten oder für eine bestimmte Menge eines Produkts die anzuwenden- den Mengen der Ausgangskörper berechnen. Doch ist für die praktische Ausführung zu berücksichtigen, daß) alle Gleichungen nur den idealen Grenz- fall darstellen, dem man sich mehr oder weniger nähern kann. Daß von zwei aufeinander reagierenden Stoffen einer im größeren oder geringeren Überschuß anzuwenden ist, damit die Reaktion möglichst zu Ende geführt wird, und daß die Ausbeuten infolge von Nebenreaktionen oder unvoll ständigen Verlaufs nie, auch im günstigsten Fall, genau „quantitativ“ sind, ist ja bekannt. Beispiele: Wieviel Kilogramm Kohlendioxyd liefert 1 kg Kohlenstoff bei der Verbrennung, und wie viel Sauerstoff ist dazu theoretisch nötig? 20,60, 12:44 = 1:x 3, KACO, 12+32=44 2821: x — 221, KO): Wieviel Kohlenstoff muß verbrannt werden, um 1%y Kohlendioxyd zu erhalten ? 44.12 =.1:x = NTarg Anwendung stöchiometrischer Rechnungen bei der Analyse. Die Scheidung der Bestandteile eines zusammengesetzten Stoffes geschieht entweder, wenn dies angängig ist, durch physikalische Hilfsmittel, Ver- dampfen, Lösen, oder dadurch, daß man die einzelnen Bestandteile quantitativ in andere chemische Verbindungen von genau bekannter Zusammensetzung überführt, welche eine Trennung von den übrigen auf mechanischem Wege, durch Filtrieren, Vergasen, gestatten und diese zur Wägung oder Messung bringt. Aus den erhaltenen Gewichtsmengen läßt sich dann auf Grund der betreffenden Umsetzungsgleichungen die Menge des aus der ursprünglichen Substanz stammenden Anteils berechnen. _ Der leichteren Vergleichbarkeit 432 J. Biehringer. halber rechnet man diese Bestandteile dann auf ein und dieselbe Menge der ursprünglichen Substanz, und zwar auf 100 Gewtle. um. Sind alle Bestand- teile bestimmt, so muß ihre Summe nahezu 100 Gewtle. ergeben gemäß dem (Gesetz von der Erhaltung des Stoffes. Kleine Abweichungen sind durch die unvermeidlichen Fehler beim Arbeiten und die größeren oder geringeren Ungenauigkeiten der angewandten Trennungsverfahren bedingt. Der letztere Umstand mul auch in den Angaben der Analysenergebnisse zum Ausdruck kommen. Es wäre völlig unkritisch, Resultate nach Zehntel- und Hundertstel- prozenten anzugeben, wenn sie nach einer Methode gewonnen sind, die etwa nicht einmal in den Einern sicher ist. In der Mehrzahl der Fälle geht die Genauigkeit nicht über Zehntelprozente hinaus. Man macht die Angaben derart, daß die vorletzte Stelle noch sicher, die letzte unsicher ist. Auch die Nullen am Ende dürfen nicht wegbleiben. Die Zahl 1'200 würde z. B. bedeuten, dal) der betreffende Wert noch auf Hundertstel sicher ist, die Zahl 1'2 hingegen, dal schon die Zehntel unsicher sind. Beispiel der Berechnung einer Analyse. a) Analyse des Bittersalzes: Aus 0'805094 Salz wurden 0'3651 7 pyrophosphorsaures Magnesium, aus 07204 g Salz 0'6788 g schwefelsaures Baryum erhalten. Ferner verloren 09096 g Salz beim Erhitzen auf 210° bis zu konstantem Gewicht 0'4649 y Kristallwasser. I. 22264 (Mg,P,0,): 48'64 (2Mg) = 0.3651:x; x = 00798 g Mg. In Prozenten: 0'8050:00798 = 100:x‘; x’ = 9'9°/, Mg. (theor. 9:87°/,, s. S. 430). II. 23344 (BaSO,): 96:07 (SO,) = 0'6788:x; x = 02794 g SO,. In Prozenten: 0'7204:0'2794 = 100:x’; x’ = 38°8°/, SO, (theor. 38:97°/,). II. 0:9096:0°4649 = 100:x; x = 511%), H,O (tbeor. 51:16°/,). Summe: 9:9 + 388 + 511 = 998°), b) Liebig und Wöhler analysierten 1832 die Benzoesäure und erhielten aus 0'523 y Substanz 1'308 9 CO, und 0'238 H,O. I. Kohlenstoff: 44 (C0,):12 (C) = 1'308:x; x = 0'3567 g C. In Prozenten: 0'523: 0'3567 = 100:x’; x’ = 68'2°/, (theor. 68:82°/,, s. S. 430). II. Wasserstoff: 18'016 (H, 0):2'016 (2H) = 0'238:x; x = 0'0266 g H. In Prozenten: 0°523:0'0266 = 100:x‘; x’ = 5'1°/, H (theor. 4'96°/,). Handelt es sich, wie in den angeführten Fällen, um die Analyse von chemischen Verbindungen bekannter Zusammensetzung, so ist eine Prüfung der Analysenergebnisse durch Vergleich mit den aus der Formel zu be- rechnenden Prozentmengen möglich; im anderen Falle bleibt nur eine Wiederholung der Analyse, wenn angängig, nach einem abgeänderten Ver- fahren übrig. Läßt sich ein Bestandteil auf direktem Wege nicht oder nur schwer bestimmen, z. B. der Sauerstoff in organischen Verbindungen, so ermittelt man alle übrigen und berechnet den fehlenden aus der Differenz, wobei selbstverständlich alle Ungenauigkeiten, welche bei der Bestimmung der anderen Bestandteile untergelaufen sind, auf Rechnung des aus der Diffe- renz zu ermittelnden Anteils kommen. Die Fehler hierbei werden im all- gemeinen um so größer werden, je zahlreicher die übrigen Bestandteile sind. So würde sich z. B. der Sauerstoffgehalt der Benzoesäure nach der obigen Analyse berechnen zu 100— (682 + 51) = 26°7%/, (theoretisch 26°21°/,). Die wichtigsten stöchiometrischen Berechnungen. 43: Feststellung der Molekularformel aus den Ergebnissen der Analyse. In den chemischen Verbindungen sind die einzelnen Elemente im Verhältnis ihrer Atomgewichte vorhanden. Teilt man die bei der Analyse erhaltenen Prozentmengen durch die abgerundeten Atomgewichte der be- treffenden Elemente, so stellt das Verhältnis der Quotienten das Verhältnis der Atomzahlen der in der Verbindung enthaltenen Elemente dar, welches man weiter vereinfacht, indem man den kleinsten Atomwert = 1 setzt und als gemeinsamen Divisor für die übrigen verwendet. Die so erhaltenen Quotienten bringt man, da ja die Atome als unteilbar angenommen sind, durch Multiplikation mit einem ganzzahligen Faktor auf ganze Zahlen. Man bekommt so das Atomverhältnis in der betreffenden Verbin- dung. Für Benzoesäure wäre es z.B. %#%1/,,C:5%/, H:27/,0 = 568C: 509H:1670 = 34C:3H:0O oder angenähert 7 C:6H:20 (C,H, 0,), für Bittersalz 9% /s.-3 Mg: 3878/,, SO, :°Y°/1s H, O = 0407 Mg: 0'404 SO,: 2:84 H,O — angenähert 1 Mg:1 S0,:7 H,O (MgSO,.7T H,O). Die Abweichungen sind auf Analysenfehler zurückzuführen. Die absolute Zahl der Atome in der Molekel kann diesem Atomver- hältnis gleich oder ein n-faches davon sein: sie läßt sich nur feststellen durch die Bestimmung des Molekulargewichts, womit die durch das Atom- verhältnis ausgedrückte Gewichtsmenge, wenn nötig, durch Multiplikation mit einer ganzen Zahl in Einklang zu bringen ist. Da die auf letzterem Wege zu erhaltenden Produkte immer ziemlich weit auseinander liegen, so genügt schon ein angenäherter Wert bei der Molekulargewichtsbestimmung für die sichere Feststellung der Formel. Die Methoden der Molekulargewichtsbestimmung sind in erster Linie physikalischer Art. Es sind die Bestimmung der Dampfdichte, welche nur für gasige oder unzersetzt verdampfbare Stoffe anwendbar und in der ihr von V. Meyer gegebenen Form besonders leicht ausführbar ist, sowie die einer viel ausgedehnteren Anwendung fähige Bestimmung des Molekulargewichts in Lösungen durch Erniedrigung des Gefrierpunkts oder Erhöhung des Siedepunkts. Sie sind an einer anderen Stelle dieses Werkes beschrieben. So fand Mitscherlich die Dampfdichte der Benzoesäure (bezogen auf Luft als Einheit) zu 427, woraus sich das Molekulargewicht in später zu erörternder Weise (S. 437) zu 124 ergibt. Aus dem Atomverhältnis C,H,O, berechnet sich der Wert 12205, so daß also der Verbindung die Formel C,H,O, zukommen muß. Die Bestimmung auf chemischem Wege geschieht, wenn Säuren oder Basen vorliegen, in der Weise, daß man sie in Salze überführt und die Zusammensetzung bzw. das Atomverhältnis dieser mit dem der Mutter- substanz vergleicht. Bei Säuren verwendet man dazu die Salze des einwer- tigen, ein H-Atom ersetzenden Silbers. Ergibt z. B. die Benzoesäure das Atomverhältnis C, H, O,, das einzige aus ihr darstellbare Silbersalz das Atom- verhältnis C,H, 0, Ag, so muß die Benzoesäure die Formel C,H, 0, haben. Bei Basen, welche alle, gleich dem Ammoniak, die Fähigkeit besitzen, durch direkte Addition an Säuren Salze zu liefern, verwendet man die dem Sal- miak NH,Cl analog zusammengesetzten Chlorhydrate oder meist nach Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. TI. >28 434 J. Biehringer. Liebig «die gewöhnlich dem Ammoniumplatinchlorid (NH,), PtCl, analog zusammengesetzten Chloroplatinate, seltener die dem Ammoniumgoldchlorid (NH,)AuCl, analogen Chloraurate oder andere Doppelsalze. Bestimmt wird auf diese Weise eigentlich das Äquivalentgewicht. Das Molekular- eewicht ist bei einwertigen Säuren und Basen diesem gleich, bei mehr- wertieen ein einfaches Vielfaches davon. Bei mehrbasischen Säuren sind daher die verschiedenen Salze, die sie mit einer einwertigen Base bilden. und ebenso bei den mehrsäurigen Basen die sämtlichen Salze, die sie mit einer einwertigen Säure geben, zur Ermittlung der Molekularformel heranzuziehen. Beispiel: Piperidin, aus dessen Analyse sich das Atomverhältnis C,H,,N = 851 berechnet. bildet mit Salzsäure nur ein einziges Salz. 0'500 g davon gaben nach Cahours 0'584 ya ArCl = 0'145 g Chlor. Das Molekulargewicht des Salzes muß diejenige Menge sein, welche 1 Atom = 35.46 Gewtle. Chlor enthält; es ergibt sich aus der Proportion 0:145:0°500 = 35°46:x, woraus x — 122'4. Zieht man davon das Molekulargewicht der Salzsäure = 36°47 ab, so bleibt für die Base das Molekulargewicht = 86, so daß also das Atomverhältnis C, H,,N auch ihre Molekularformel darstellt. 03190 Piperidinchloroplatinat gaben nach Wallach und Lehmann 0'1077 g Platin. Das Molekulargewicht der Verbindung muß nach den obigen Erörterungen diejenige Menge sein, die 1 Atom = 195'0 Gewtle. Pt enthält; es berechnet sich nach der Proportion 0:1077:0'3190 = 195°0:x, woraus x = 5775. Zieht man davon das Mole- kulargewicht der Platinchloridehlorwasserstoffsäure H,PtCl, = 4098 ab, so bleibt, wie sich aus der Analogie in der Zusammensetzung des Salzes mit dem Platinsalmiak 2 NH,.H,Pt(Cl, ergibt, das Gewicht von 2 Molekeln Basis, entsprechend 2 Molekeln NH,. übrig, d. h. der Wert 1677. Das Molekulargewicht des Piperidins wäre demnach 839, die Formel = dem Atomverhältnis C,H,,N. Ungleich verwickelter und auch unsicherer in ihren Ergebnissen sind die Verfahren, die bei der Molekulargewichtsbestimmung indifferenter Stoffe in Anwendung gebracht werden können. Man sucht dann die Molekularformel dadurch zu ermitteln, daß man einzelne Atome eines Stoffes durch andere Atome von bestimmter Wertigkeit. z. B. H-Atome durch Br-Atome, ersetzt und die Atomverhältnisse der entstehenden Derivate und der Mutter- substanz miteinander vergleicht. Oder man versucht die Molekulargröße durch Synthese oder Spaltung zu bestimmen. Es läßt sich so schließlich eine Molekularformel als die wahrscheinlichste aufstellen. In vielen Fällen begnügt man sich damit bei Stoffen, deren Muttersubstanz der Molekular- größe nach bekannt ist, letztere auch für die Derivate anzunehmen, wenn sie in einfacher Beziehung zum Ausgangskörper stehen. Die indirekte Art und Weise der Ermittlung des Molekulargewichtes auf chemischem Wege, wobei man von den aus dem Atomverhältnis durch Multiplikation mit ganzen Zahlen abzuleitenden möglichen Formeln eines Stoffes eine nach der anderen durch experimentelle Prüfung ausschließt, bis am Ende eine als die wahrscheinlichste übrig bleibt, ist naturgemäß viel umständlicher als die direkte physikalische Bestimmung, wenn auch erst die Übereinstimmung der auf diesen beiden völlig verschiedenen Wegen erhaltenen Werte die Möglichkeit bot, die einfacheren physika- lischen Methoden für die Zwecke der Molekulargewichtsbestimmung zu benutzen. Die wichtigsten stöchiometrischen Berechnungen. 435 Ist das Molekulargewicht auf keinem der genannten Wege zu er- mitteln, so begnügt man sich, das Atomverhältnis als Formel anzunehmen, wie bei der Stärke u. a., bei einer Anzahl unorganischer Stoffe. Für organische Verbindungen ist hierbei jedoch noch ein Gesetz zu berücksichtigen, welches sich aus der Tatsache ableitet, daß den Elementen bestimmte Wertigkeiten zukommen, daß das Kohlenstoffatom in organischen Ver- bindungen immer vierwertig auftritt und sich in Ketten aneinander lagert, welche stets eine gerade Zahl freier Valenzen besitzen. Dieses „Gesetz der paaren Atomzahl“ lautet dahin, daß in Jeder organischen Verbindung die Summe der ungeradwertigen Elemente eine gerade ist, z.B. Blausäure HCN (2), Dieyan (,N, (2), Phenol C,H, O (6), Anilin C,H,N (8), Coniin C;H,,N (18). Bei hochkomplizierten organischen Stoffen ist dieses (Gesetz das einzige Mittel, unter den möglichen Formeln wenigstens eine Anzahl auszuschließen. Berechnung von Gasvolumen. Das Volum aller Gase ist in sehr hohem, aber gleichem Maße abhängig von dem Druck, der auf ihm lastet, und der herrschenden Temperatur. Bei gleichbleibender Temperatur verhalten sich die Volume einer bestimmten (Gasmenge umgekehrt wie die Drucke, unter denen sie steht (Gesetz von Boyle-Mariotte); bei gleich- bleibendem Druck dehnen sich alle Gase für je 1°? Temperaturerhöhung um !/,,; ihres Volums bei 0° aus (Gesetz von Gay-Lussac). Beide Ge- setze vereinigt ergeben das Boyle-Gay-Lussacsche Gesetz oder die Zu- standsgleichung der Gase vp = v,p, (1 + xt)!), worin v, das Volum bei 0° und dem Normaldrucke p, = 760 mm, v das Volum bei dem gemessenen Drucke p, t die herrschende Temperatur und « den Ausdehnungskoeffizienten der Gase (1/gr3 = 0'00367) bedeutet. In der Analyse wird diese Gleichung vornehmlich dazu benutzt, ein bei irgend einem Barometerstand und einer Temperatur gemessenes Gasvolum auf normale Bedingungen, d. h. auf 760 mm Druck und 0° umzurechnen, weil das Gewicht der Gase auf diese Bedingungen bezogen ist. Die Gleichung ist dafür nach v, aufzulösen. Beispiel: Wieviel wiegen 25 cm? CO,, welche bei 750 mm Druck und 18° über Quecksilber gesammelt wurden ??) vp 25 .. 750 "pn A-+at) 7601 + 0:00367.18) Da 12C0, unter diesen Bedingungen 19652 wiegt, so wiegen 0:023157 0:04547 g.?) Häufig handelt es sich bei diesen Rechnungen um feuchte, über Wasser aufgefangene und daher mit Wasserdampf gesättigte (Grase.?) In —= 23:15 cm? bei 0° und 760 mm Druck. 1) Für Temperaturen unter 0° vp=v,p, (1 — at). 2?) Diese Rechnungen können sehr vereinfacht werden, wenn man sie logarithmisch durehführt und dabei gleich die logarithmischen Werte für p/760 und (1 +. «t) einsetzt, wofür Tabellen berechnet sind. Letztere sind abgedruckt in Landoldt-Börnsteins „Phy- sikalisch-chemischen Tabellen“ (3. Aufl. 1905. S. 17 und 24) und in R. Biedermanns Chemikerkalender (Jg. 1909. Beilage S. 53. 57). Die Gewichte von 12 (Litergewichte) der häufigeren Gase unter normalen Bedingungen sind nachzusehen in Landoldt-Börn- steins Tabellen (S. 222) oder dem Chemikerkalender (1909. S. 194). 3) Zu Gasen, welehe nicht völlig gesättigt sind, bringt man am besten einige Tropfen Wasser, um Sättigung herbeizuführen. 28* 436 J. Biehringer. Die wichtigsten stöchiometrischen Berechnungen. diesem Fall wächst das Volum des Gases um das Volum des aufge- nommenen Wasserdampfes, so dal) nun beide zusammen dem atmosphärischen Druck das Gleichgewicht halten. Die Menge des aufgenommenen Wasser- dampfes und sein Druck steigen mit der Temperatur; jeder Temperatur entspricht ein bestimmter Dampfdruck.') Ist der äußere Luftdruck = p, der Druck des trockenen Gases für sich = p,. der Druck des Wasser- dampfes bei der Beobachtungstemperatur — w, so gilt die Beziehung p=p, +, worau p, =P—W. Das Boyle-Gay-Lussacsche Gesetz geht dann über in v(p—w) = VB (1:+ ® Wasser zu verdünnen, die man aus einer Bürette zulaufen läßt. Die so hergestellte Lösung muß nach tüchtigem Umschütteln unbedingt durch Titrieren einer neu abgewogenen Menge Soda in derselben Weise, wie oben, geprüft werden, ob sie wirklich richtig ist, d.h. ob bei der ersten Einstellung keine Fehler untergelaufen sind. Sollte sich eine Abweichung ergeben, so bereitet man die Säure am besten frisch; oder man fällt zur Kontrolle eine abgemessene Menge der Säure mit Silbernitratlösung und wägt das erhaltene Chlorsilber. Es ist ferner darauf zu achten, dab sämtliche Bestimmungen mit dieser Säure bei nahezu derselben Temperatur ausgeführt werden, bei der sie eingestellt wurde, und daß dabei auch, wenn möglich, derselbe Indikator angewendet wird, weil die verschiedenen Indi- katoren nicht den gleichen Neutralisationspunkt ergeben. Für genauere Arbeiten verdünnt man diese !/,-Normalsäure mit Wasser auf das Doppelte, Fünffache, Zehnfache und erhält so Y/;-, 1/,-, Y/,,-Normalsäure, welche dann noch mit Soda nachzuprüfen ist. Für die Normallauge wendet man am besten mit Alkohol gereinigtes Ätznatron an. 17 Normallauge muß 1 Mol=40g9NaOH enthalten und 1 2 Normalsalzsäure genau absättigen. Zu ihrer Bereitung löst man etwa !) Chemisch reine Soda führt die chemische Fabrik von E. Merck in Darmstadt unter ihren „garantiert reinen Reagenzien“. Um sich zu überzeugen, ob eine Soda wirklich rein ist, nimmt man eine größere Menge davon in Wasser auf, worin sie sich klar lösen muß, und prüft nach Übersättigen mit Salpetersäure einen Teil durch Zusatz von Silbernitratlösung auf Chlorid, wobei höchstens ganz schwaches Opalisieren sich einstellen darf, den anderen durch Zusatz von Chlorbarium auf Sulfat. 2) Man nimmt als solchen die gelblich-bräunliche Übergangsfarbe, die erst beim Zugeben eines weiteren Tropfens Säure in Nelkenrot übergeht. Maßanalyse. 467 409 Ätzmatron in weniger als 17 Wasser. Von dieser Lösung wird eine be- stimmte Menge mit einer Pipette herausgenommen und unter Zugabe von etwas Methylorange mit der Normalsäure titriert bis zum Auftreten der bräunlichen Übergangsfarbe. Aus der Zahl der verbrauchten Kubikzenti- meter Säure ergibt sich dann, wie weit die Lauge noch zu verdünnen ist. Sind z. B. für 20 cm? Lauge 209 cm? Normalsäure gebraucht und von ersterer noch 800 cm? vorhanden, so sind diese nach der Proportion 20:09 = 800 :x, woraus x =36.cm?:, mit 36cm? Wasser zu ver- dünnen. Man prüft dann nochmals die Lösung auf ihre Richtigkeit. Aus ihr lassen sich dann Y/o- "/ıoo-Normallösungen durch »entsprechende Ver- dünnung erhalten. Für die Herstellung der Lauge kann auch kristalli- sierter Ätzbaryt ('/, Mol = '/, [Ba(OH), .8H, 0] = 15777 9) angewandt werden: doch ist die Lösung sorgfältig gegen die Kohlensäure der Luft zu schützen (S.462), vor dem Gebrauch jedenfalls mit Normalsäure nachzuprüfen und gegebenenfalls mit einem Korrektionsfaktor zu versehen. Ihre Anwen- dung empfiehlt sich eigentlich bloß beim Titrieren schwacher Säuren mit Phenolphtalein, wobei Kohlensäure ja völlig ausgeschlossen sein muß. Bei den Flaschen, in denen Normallauge aufbewahrt wird, ist der Glasstöpsel mit etwas Vaselin einzureiben oder durch einen Kautschukstopfen zu ersetzen. Die Berechnung der Ergebnisse mögen folgende Beispiele zeigen: 1. 10 cm? einer verdünnten Natronlauge verbrauchten zur Absättigung bei An- wesenheit von etwas Methylorange 22'7 cm? '/,-Normalsalzsäure. Da 1000 em? Salz- säure = 36°45 9 HCl nach der Reaktionsgleichung 1 Mol = 40'06 9 NaOH neutralisieren, so neutralisiert 1 cm? Säure 0:04 g und 227 cm? Säure 0'908 9 NaOH, welche in 10 cm? der Lauge enthalten sind. Hat diese ein spez. Gew. — 1'095, so wiegen 10 cm? 10'95 g und der Prozentgehalt der Lauge folgt aus der Proportion 10°95:0'908 — 100:x, wo- raus x = 8'29°/,. Führt man die Analyse durch Rücktitrieren aus, indem man einen Überschuß von !/,-Normalsalzsäure zusetzt und diesen dann durch '/,-Normalnatronlauge zurück- mißt, so ist für die Berechnung die Zahl der verbrauchten Kubikzentimeter Natronlauge von der Zahl der angewandten Kubikzentimeter Normalsäure abzuziehen. 2. 10cm? einer verdünnten Schwefelsäure brauchten zur Neutralisierung bei Gegenwart von Methylorange 337 em? */,-Normalnatronlauge. Da 1000 cm? der letzteren — 1 Mol (40:06 9) NaOH nach der Reaktionsgleichung ?!/, Mol = 49'038 9 H,SO, absät- tigen, so neutralisiert 1 cm? Lauge 004904 g und 33°7 cm? Lauge 01653 y H,SO,, welche in 10cm® Säure vorhanden sind. Hat die Säure das spez. Gew. 1'105, so wiegen 10 cm? 11:05 4 und der Prozentgehalt der Säure ergibt sich gemäß der Proportion 11'05:0°1653 = — 00:3, woraus x = 14%61),- 2. Oxydimetrie mittelst Kaliumpermanganat. Die Oxydationswirkung des Kaliumpermanganats (KMnO, = 15815) in schwefelsaurer!) Lösung geschieht nach der Gleichung 2 KMnO,+3H, 50, = !) Salzsäure würde auf Permanganat unter Entbindung von Chlor einwirken. Aus diesem Grunde lassen sich auch Chloride enthaltende Flüssigkeiten nicht unmittelbar mit Permanganat titrieren, sondern nur dann, wenn man vorher eine ziemliche Menge Manganvitriol zusetzt. 30* 465 J. Biehringer. — K,SO, + 2MnS0O, +3H,0 +50: dabei verschwindet die tiefrote Färbung. so dal) also das Stehenbleiben einer schwachen rosenroten Farbe den Endpunkt der Oxydation anzeigt. Da die chemische Einheit im titrimetrischen System das Atomgewicht Wasserstoff darstellt (vel. S. 465), so mul) eine normale Permanganatlösung, weil obige 5 At. frei werdenden Sauerstoffs 10 At. Wasserstoff zu oxydieren vermögen, den zehnten Teil von 2 Molen = 31'653 9 KMnO, enthalten, eine Y/,,-Normallösung, wie man sie wegen der schweren Löslichkeit des Salzes gewöhnlich herstellt, mithin 31659 KMnO,. Man wiegt etwa3'2g ab, behandelt sie in einem Becherglas mit warmem Wasser bis zur völligen Lösung, spült diese in einen Mischzylinder und füllt nach dem Abkühlen auf weniger als 1, z. B. 950 cm? auf. Die so er- haltene Flüssigkeit mul, weil das Permanganat durch den anhaftenden Staub, selbst schon durch die Verunreinigungen des destillierten Wassers etwas reduziert wird, drei bis vier Tage, besser eine Woche und mehr stehen bleiben. Sie darf aus demselben Grunde nicht durch Papier filtriert werden und ist in ent schlielienden Glasflaschen mit nicht eingefettetem Stöpsel, am besten geschützt vor Sonnenlicht, aufzubewahren. Sie muß ferner aus Glashahnbüretten titriert werden, deren Hahn nicht oder höchstens ganz wenig eingefettet ist. Lösungen, die bereits Braunstein abgesetzt haben, sind zu verwerfen. Die Flüssigkeit hat man nun einer „Urprüfung* behufs genauer Ein- stellung zu unterziehen. Man verwendet hierzu am besten Oxalsäure, welche in Gegenwart von Schwefelsäure durch Permanganatlösung bei 40—50° rasch oxydiert wird nach der Gleichung: 2KMnO, +5H,0,0, +53 H,S0, = — K,SO, + 2MnSO, + 10 CO, + SH,0. Die zugesetzte Permanganat- lösung wird so lange entfärbt, als noch unveränderte Oxalsäure vorhanden ist; dann bleibt die Rotfärbung plötzlich stehen. Man geht von reinster kristallisierter Oxalsäuret), H,C,0,.2H,;0, aus, welche man aber, weil die Kristalle Flüssigkeitseinschlüsse und demgemäß etwas höheren Wassergehalt besitzen, zuvor entwässern muß. Man trocknet sie gepulvert, am besten in Proben von etwa 0'1—-0'2 g gleich im gewogenen Wägeröhrchen, 5 bis 6 Stun- den lang bei 60— 80°, läßt sie unter gutem Verschluß erkalten und wägt genau. Dann löst man sie in Wasser von 70°, säuert stark mit Schwefelsäure an und titriert mit Permanganat bis zur blassen Rötung. Es seien z. B. 01335 9 Oxalsäure abgewogen worden, welche zur Oxydation 272 cm® der rohen Permanganatlösung verbraucht hätten. Da bei Anwendung einer rich- tigen !/,,-n-Permanganatlösung die in 1000 em? enthaltenen ?/,,, Mol = 31639 KMnt(, nach der oben angeführten Gleichung 5/00 oder ?/,, Mol H,C,0, = — 45008 g oxydieren, so beträgt die für die abgewogenen 01335 g nötige Menge gemäß der Proportion 45:1000 = 0'1335:x, worausx = —2967 cm3 !/,o-n-KMnO,. Tatsächlich wurden 272 cm?, also 2967— 272 = ') Unter den „garantiert reinen Reagenzien“ pr. anal. von E. Merck in Darm- stadt aufgeführt. Eine Vorschrift für die Herstellung völlig reiner Oxalsäure gibt Cl. Winkler in seinen „praktischen Übungen in der Maßanalyse“. 3. Aufl. (Leipzig, Arthur Felix, 1902). S. 69. Maßanalyse. 469 — 247 cm? weniger gebraucht: die Lösung ist also zu stark und muß, wenn z. B. noch 860 cm® davon vorhanden sind, nach der Proportion 272:247 = — 860:x, woraus x = 781, mit 781 cm? Wasser verdünnt werden, welche man aus einer Bürette zulaufen läßt. Nach kräftigem Umschütteln prüft man die Flüssigkeit nochmals mit einer frisch abgewogenen Probe Oxal- säure auf ihre Richtigkeit. Durch Verdünnen aufs Zehnfache würde man dann aus ihr eine !/,..-Normalpermanganatlösung mit einem Gehalt von 03163 9 KMndO, im Liter bekommen. Sehr gut zur Einstellung eignet sich das von S. P. L. Sörensen!) em- pfohlene chemisch reine Natriumoxalat (Na, 0, OÖ, = 1341, '/, Mol = 67'05), welches nicht hygroskopisch ist und von den letzten Spuren Feuchtigkeit durch mehrstündiges Erhitzen im Wasserkasten und Erkaltenlassen im Exsikkator völlig befreit werden kann. Man wiegt eine bestimmte Menge davon genau ab, löst sie in Wasser, säuert stark mit Schwefelsäure an und titriert sie bei 70° mit der rohen Permanganatlösıng. Die Berechnung der vorzunehmenden Verdünnung ist der oben bei der Oxalsäure aus- geführten ganz ähnlich, nur dal) man statt dieser !/,, vom Mo- lekulargewicht des Salzes, also 6'705 g einzusetzen hat. Die so dargestellte !/, „normale Permanganatlösung ist öfters nachzuprüfen. Bei oxalsaurem Natrium hat das weiter keine Schwierigkeiten. Hat man dagegen zur Einstellung Oxal- säure verwandt, so empfiehlt sich als leicht zugängliche Titer- substanz das Eisen, und zwar in Form des feinsten weichen Binde- oder Blumendrahts, den man durch Abreiben mit Sand- oder Schmirgelpapier blank scheuert und dann noch zwischen Schreibpapier durchzieht. Man wiegt von ihm ein Stück etwa im Gewichte von O'1g ab und schneidet ihn dann der Fie.sıe. rascheren Abwägbarkeit halber in eine Anzahl ebensolanger Stücke, die man in einem gut schließenden Pulverglas aufhebt. Man hat nun zunächst den Eisengehalt des Drahts, der etwa 99'6°/, be- tragen wird, genau festzustellen. Zu dem Ende wiegt man eines der obigen Stücke genau ab und löst es in 10—20 cm? ausgekochter, heißer, verdünnter Schwefelsäure im Kölbehen unter Luftabschluß, wobei es unter Wasserstoffentwicklung in Ferrosulfat übergeführt wird. Der Abschluß der Luft wird erzielt durch Anwendung eines Bunsenschen Gummischlauch- ventils, viel besser durch den Aufsatz von Contat und Göckel mit Heber- verschluß (Fig. 516). Man setzt ihn mittelst eines Gummistopfens auf das Kölbchen auf, füllt in die Kugel soviel einer Lösung von doppelt- kohlensaurem Natrium ein, daß der längere Schenkel des engen Heber- röhrchens eben eintaucht, und erhitzt das Kölbchen. Ist alles Eisen gelöst, was am Aufhören der Gasentwicklung erkannt wird, und nur noch etwas 1) Zeitschr. f. anal. Chemie. Bd. 36. S. 639 (1897); Bd. 42. S. 512 (1903). Chemisch reines Natriumoxalat pr. anal. wird nach Sörensens Angabe hergestellt in der chemischen Fabrik von C. A. F. Kahlbaum zu Berlin SO., der chemischen Fabrik von E. Merck zu Darmstadt. +70 J. Biehringer. Kohle vorhanden. so nimmt man die Flamme weg und füllt zugleich den Aufsatz zur Hälfte mit einer kaltgesättigten Lösung von doppeltkohlensaurem Natrium. Infolge der Abkühlung entsteht im Kölbchen ein gasverdünnter Raum, wodurch Bikarbonatlösung eingesogen wird, welche in Berührung mit der sauren Lösung Kohlensäure entwickelt. Die Ferrosalzlösung befindet sich also unter einer Kohlensäureatmosphäre, während die im Aufsatz bleibende Lösung die Luft abhält: sie kann so beliebig lange vor Oxydation geschützt werden. Die kalt gewordene Lösung wird noch mit Schwefelsäure versetzt und unter Umschwenken mit der in eine Glashahnbürette gefüllten Permanganatlösung erst rascher, dann tropfenweise titriert, bis eben eine bleibende blaßirote Färbung auftritt. Die Berechnung des Eisengehalts vom Blumendraht würde folgendermaßen auszuführen sein. Das Eisen ist in der Lösung als Ferrosulfat vorhanden und wird durch Permanganat oxvdiert nach der Gleichung 10 FeSO, + 2KMnO, +8H,S0,=K,;,S0O, + 2MnSO, + 5Fe, (SO,); + 8H, 0. 2 Mol KMnO, =3163g oxydieren 10 Mol FeSO,, welche aus 10 Atomen Fe = 559 g entstehen, 3'163 9 KMnO, oder 1000 cm? ?/,, n-KMnO,-Lösung, also 5599 Fe und 1 cm® 0:00559g Fe. Sind z. B. 0'0984g Eisendraht abgewogen worden und sind zur Oxydation 1755 cm? 1/,0-KMnO,-Lösung nötig gewesen, so werden diese anzeigen 17'55.0'00559 = 00981 9 Fe, welche enthalten sind in 00984 g Draht. Der Eisengehalt der letzteren ist also nach der Proportion 0'0984:0'0981 = 100:x, woraus x = 99'70°/, Fe. Mit diesem Betrag wäre er also bei der etwaigen späteren Nachprüfung der Permanganatlösung in Rechnung zu stellen. Die letztere wird in derselben Weise ausgeführt wie die Eisenbestimmung selbst; nur die Berechnung gestaltet sich etwas anders. Man ermittelt, wieviel Kubik- zentimeter ?/,;-KMnO,-Lösung eine abgewogene Menge Eisendraht unter jerücksichtigung des wahren Eisengehalts zur Oxydation verbrauchen muß, nimmt, nachdem das Eisen unter den oben geschilderten Vorsichtsmaßregeln gelöst worden ist, die Titration vor und führt, wenn Unterschiede auftreten, einen Korrektionsfaktor ein. Würden z. B. 10'2 em® gebraucht und 10 cm? berechnet, so wären je 10'2 cm® der veränderten Lösung = 10 cm? !/,,-Normal- permanganatlösung und 1 cm® = 0'98 cem3 Normallösung; es müßte also die Zahl der verbrauchten Kubikzentimeter mit 0'98 multipliziert werden, um die auf Normallösung bezogene Zahl zu erhalten. Sind die Unterschiede groß), so giebt man die Lösung lieber weg und stellt mit Hilfe des Eisen- drahts oder Natriumoxalats eine neue her. Die Permanganatlösıng findet ausgedehnte Verwendung zur Be- stimmung von Eisen, Oxalsäure und ihren Salzen, von salpetriger Säure als Anhydrid und in Salzen, des gelben Blutlaugensalzes, von Wasserstoff- superoxyd, Gerbstoffen, der organischen Stoffe im Wasser usw., ferner zur Bestimmung oxydierender Stoffe durch Zugabe eines Reduktionsmittels im Überschuß und Zurückmessen dieses mit Permanganat, so bei der Analyse des Braunsteins vermittelst Oxalsäure, der Salpetersäure, Chrom- Maßanalyse. 471 säure, des Sauerstoffgehalts vom Wasser durch Ferroverbindungen u. dgl. m. Die Berechnung der mit Permanganatlösıung ausgeführten maßanalytischen Bestimmungen möge an einigen Beispielen erläutert werden. 1. Durch Permanganatlösung läßt sich der Gehalt von Oxalsäurelösungen sowie die gebundene Oxalsäure der Salze und damit auch indirekt die Basis in den oxalsauren Salzen bestimmen, so z.B. der Kalk im kohlensauren Kalk. 068409 Marmor wurden in Salzsäure gelöst. Die Lösung wurde mit Ammoniak und Salmiak versetzt, gekocht, filtriert und dann das Caleium mit Ammonoxalat ausgefällt. Der abfiltrierte Nieder- schlag wurde in einen Meßkolben gespült, mit Schwefelsäure versetzt und auf 200 cm? aufgefüllt. 25cm® der Lösung gebrauchten zur Oxydation bei 70° 16°8 cm? !/,„-n-Perman- ganatlösung. Nach den früheren Ausführungen oxydieren ?/,., Mol KMn 0, = 1000 em? t/o"u-KMnO,-Lösung ?/,, Mol H, C,O,, welches seinerseits '/,, MolCaC,O, und daher auch !/,, Mol—= 56'1/,, —2'805 g CaO entsprechen. 1cm° Permanganat zeigt also 0.0028 9 CaO und 16°8cm? 0'047g CaO an, welche vorhanden sind in 25cm® Lösung, mithin in 200cm? 0.3769 CaO. Der Gehalt des Marmors an Kalk ergibt sich dann nach der Pro- portion 0°6840 : 0376 —100:x, woraus x—=55'0°/, CaO. 2. Die Bestimmung der organischen Bestandteile im Wasser durch Oxydation mittelst Permanganat wird nach der Methode von W. Kubel in folgender Weise ausgeführt : 100 cm? filtriertes Wasser (aus der Oker bei Braunschweig) wurden mit verdünnter Schwefel- säure und 15.cm° !/,,„, Permanganatlösung (enthaltend 031639 KMnO, in 1000 em?) gekocht, wobei die rote Färbung nicht verschwinden darf. Um die unveränderte Menge Perman- ganat zu ermitteln, setzte man 10cm® ?/,,-Normal-Oxalsäure, die sich ja mit Hilfe der !/ oou-Permanganatlösung leicht herstellen läßt, auf einmal zu und titrierte die farblos gewordene Lösung mit ?/,„-Permanganat zurück, wobei 29cm? verbraucht wurden. Zur Oxydation der organischen Bestandteile in 100cm? Wasser waren also nötig 15 + 29— —10=7Iem? !/,. -Permanganatlösung oder 7°9.0'0600316— 0002499 KMnO,, für 100000 Teile, worauf man die Wasseranalysen stets berechnet, 2499 KMnO,. Will man auf Sauerstoff berechnen, so würden 0'31639 K Mn 0, —=1000 cm? gemäß der Oxydations- gleichung abgeben 0'089 OÖ, 1cm*? also 0.000089 O und 79cm? 0'000632 9 O0, was, auf 100000 Teile berechnet, 0632 9 O ergibt. 3. Ist das Eisen in der Öxydform vorhanden, so muß es zuerst zu Öxydulsalz reduziert werden. 0°5010g feingepulverten Bauxits, eines eisenhydroxydhaltigen Aluminiumhydroxyds, wurden mit kohlensaurem Natronkali geschmolzen, mit Wasser aufgeweicht, dann mit Schwefelsäure aufgenommen, eingedampft, mit Wasser behandelt und von der unlöslieh gewordenen Kieselsäure abfiltriert. Das Filtrat wurde auf 200cm? aufgefüllt. In 50cm? der Lösung, entsprechend 0.12525 y Bauxit, wurde Eisen und Tonerde zusammen mit Ammoniak gefällt, geglüht und gewogen; es wurden 008999 Al, O,+Fe, O0, = 71'78°/, erhalten. Ferner wurden 100cm® der Lösung, entsprechend 0'2505g Bauxit, mit einigen Körnchen eisenfreien Zinks!) bei Wasserbadtemperatur 2—3 Stunden bis zur völligen Reduktion behandelt, d.h. bis ein Tropfen auf einem Porzellanteller mit Rhodan- kalium keine oder fast keine Rotfärbung mehr zeigte, dann abgekühlt, vom Zink ab- gegossen und sogleich mit der Permanganatlösung titriert, wobei 0'65cm? !/, KMn OÖ, verbraucht wurden. Nun zeigen an, wie früher erörtert, ?/,., Mol K Mn 0, (= 1000 cm?) !%/,,, Mol Eisen- oxydul oder nach der Gleichung 10 FeO+5 0 5Ee, 0, 5/00 Mol oder 799g Fe, O,, lem? also 000849 Fe,O, und 0'65cm?=0'0052g9 Fe,O,. Der Bauxit enthielt also nach der Proportion 02502: ee woraus x—2:08°/, Fe, O,. Der Gehalt an AI, O, ist dann 71:78— 2:08 = 697° 4. Bei Bestimmung “N ee Säure in Form ihres Anhydrids oder ihrer Salze ist zu beachten, daß diese sich infolge ihrer Flüchtigkeit nicht in der gewöhnlichen Weise titrieren läßt. Man verfährt hier so, daß man ihre Lösung zu einem abgemessenen Volum ‘) Man prüft das Zink, indem man eine Probe in Schwefelsäure löst und einen Tropfen Permanganatlösung zufügt, wobei keine Entfärbung eintreten darf. 472 J. Biehringer. ,„-Permanganatlösung bei 30—40° zufließen läßt, bis diese entfärbt ist. Es seien 1'3850 g Natriumnitrit in 100 cm? Wasser gelöst. Die Lösung wird in eine Bürette gefüllt, und zu 20c0m® !/,,„-Permanganatlösung, welche mit 30—40° warmem Wasser und Schwefel- säure versetzt sind, bis zu deren Entfärbung gegeben, wobei 51 cm® Nitritlösung verbraucht wurden. Den dabei stattfindenden Vorgang versinnlicht die Gleichung: 2KMnO,+ +5NaNO,+3H,S0,=K,S0, +2MuSO,+5NaN0,+3H, 0. ?/,0 Mol KMn 0, = -1000cm® */,,„.Normallösung oxydieren also °/,., Mol=34534 Na NO,, 1cm? 0:'00345 9 NaNO, und 20cm? 00699 NaNO,. Diese sind enthalten in 5'1cm° Nitritlösung, in welchen von der abgewogenen Substanz nach der Proportion 100:1:3850=5'1:x, woraus x=(0070649 vorhanden sind. Danach ergibt sich der Gehalt des Nitrits gemäß der Proportion 007064 : 0'069 = 100:x, woraus x = 97°68°/,. 3. Jodometrie. Dieses von Bunsen eingeführte maßanalytische Verfahren ist aus- gezeichnet durch die außerordentliche Schärfe seiner Ergebnisse infolge der Eigenschaft des Jods, auch noch in winzigen Mengen Stärke schön blau zu färben. Diese Jodstärke enthält das Jod in sehr lockerer Bindung, so daf) sie sich wie freies Jod verhält; beim Erhitzen wird sie zerlegt, bildet sich aber beim Abkühlen zurück. Das Jod kann indirekt oxydierend wirken, indem es, aber nur bei Anwesenheit leicht oxydierbarer Stoffe, das Wasser nach der Gleichung H,O +2J=2HJ+0O zerlegt unter Freiwerden von Sauerstoff, welcher sofort gebunden wird, z. B. bei der Reaktion A,0;, +2H,0+4J=As,0,+ 4HJ. In anderen Fällen wirkt es oxydierend durch Entziehung von Wasserstoff, so bei Schwefel- wasserstoff nach der Gleichung H,S+2J=2HJ +S, oder durch Ent- ziehung von Natrium, wie bei Natriumthiosulfat (unterschwefligsaurem Natrium), das in tetrathionsaures Natrium übergeführt wird nach der Gleichung 2Na,S,0, +29 =Na,S,0, + 2NaJ. Jod (Agw = 126'97) ist in Wasser sehr wenige löslich, leichter bei Anwesenheit von Jodiden, so in Jodkalium zu einer sehr leicht dissoziierenden Verbindung KJ,, welche sich infolgedessen wie eine Lösung von freiem Jod verhält. Man wendet es an als '/,,-Normallösung (enthaltend 12:697 9 J im Liter) oder, weil diese bei der Schärfe des Endpunktes oft unnötig konzentriert ist, als Y/;g-, Yo: Yıo0-Normallösung. Aus den Lösungen dunstet leicht etwas Jod ab; man hat sie daher in gut schließenden Flaschen an einem kühlen Ort aufzubewahren, vor dem Gebrauch kräftig umzuschütteln und etwa alle vier Wochen nachzuprüfen. Aus demselben Grunde sind die Titrierungen damit in Kolben auszuführen. Die Bürette mub, auch bei !/,..-Normallösungen, einen Glashahn haben, der etwas mit Vaselin eingerieben werden darf: auch sie ist oben mit einem Verschluß zu versehen, der nur soweit gelüftet werden soll, als es für das Ausfließen der Jodlösung erforderlich ist. Mit Kautschuk, Kork darf die Jodlösung nicht in Berührung kommen. Den Ausgangspunkt für die Jodometrie bildet das chemisch reine Jod, das man sich aus dem schon sehr reinen doppelt sublimierten Jod (Jodum resublimatum) des Handels in gleich zu besprechender Weise selber Maßanalyse. 473 herstellen muß. Da aber bei der Abwägung größerer Mengen Jod und ihrer Überführung aus einem Gefäß ins andere infolge einer geringen Verflüchtigung Verluste auch dann, wenn man möglichst rasch arbeitet. nicht zu vermeiden sind, so zieht man es vor, aus dem obigen Handelsjod eine rohe !/,„-Normallösung zu bereiten und diese dann einer Urprüfung durch eine auf chemisch reines Jod eingestellte }/,„-Normallösung von thioschwefelsaurem oder von arsenigsaurem Natrium zu unterziehen. Man wiegt zunächst 127 g doppelt sublimiertes Jod auf einer Hand- wage ab, schüttet es in einen Mischzylinder, worin man zuvor ungefähr 18 g reines Jodkalium in etwa 50 cm? Wasser gelöst hat, schüttelt öfters bis zur völligen Lösung und verdünnt dann nicht ganz auf einen Liter, z. B. auf 950 cm®. Soll die Einstellung dieser Jodlösung mittelst einer !/,„-Normallösung von thioschwefelsaurem Natrium bewirkt werden, so ist, da nach der oben angeführten Umsetzungsgleichung 1 Atom J einer Grammolekel des Salzes entspricht, der zehnte Teil des Molekulargewichtes des reinen kristallisierten Salzes N3,S,0,.5H,0=1/,,-24853=2483g zu einem Liter zu lösen. Da aber sein Wassergehalt nicht ganz konstant ist, so löst man diese Menge in weniger als einem Liter, z. B. 950 em?. Dazu ist kohlensäurefreies, gut ausgekochtes und in verschlossener Flasche er- kaltetes Wasser zu nehmen, da das auch im destillierten Wasser ent- haltene Kohlendioxyd zersetzend auf das Salz wirkt unter Bildung von schwefliger Säure und Abscheidung von Schwefel nach der Gleichung Na, S, 0,+00, + H,O = Na, CO, + H, SO, + S. Ist die vorhandene Kohlen- säure dann verbraucht, so hält sich die Lösung monatelangt) unverändert, wenn man sie an einem kühlen. vor Sonnenlicht geschützten Orte aufhebt. Löst man das Salz daher in gewöhnlichem destilliertem Wasser, so mul man die Lösung erst s—14 Tage stehen lassen, ehe man sie auf chemisch reines Jod einstellt. Das Jod des Handels enthält geringe Mengen Chlor, Brom sowie Feuchtig- keit. Um es von ersteren zu befreien, verreibt man 5—6g Jod mit 1—2: Jodkalium, damit sich Chlor und Brom mit diesem unter Freiwerden von Jod umsetzen, bringt das Gemisch in einen geräumigen Porzellantiegel, dessen Mündung man durch einen teilweise mit kaltem Wasser gefüllten Rundkolben verschließt und erhitzt den Tiegel vorsichtig auf einem Sandbad oder auf Asbestpappe; das Jod sublimiert und setzt sich in größeren oder kleineren Blättern an den Boden des Kolbens an. Ist der größte Teil sublimiert, so läßt man erkalten, nimmt das Jod mittelst eines Glas- stabes ab, zerkleinert es in einer Achatreibschale und läßt es zum Trocknen etwa 24 Stunden in einem Exsikkator mit nicht eingefettetem?) Deckel über entwässertem Chlorcaleium (nicht Schwefelsäure?) stehen. Für die !) %/ „-Normalthiosulfatlösung ist nicht lange haltbar und muß immer frisch hergestellt werden. Der von Mohr empfohlene Zusatz von Ammonkarbonat behufs Er- höhung der Haltbarkeit der Thiosulfatlösungen ist zu verwerfen. °®) Dies könnte zur Verunreinigung des Jods Anlaß geben. 474 J. Biehringer. Einstellung des Thiosulfats wiegt man etwa 05 g Jod zwischen zwei luft- dicht aufeinander geschliffenen und gewogenen Uhrgläsern genau ab, läbt sie dann sofort in eine Lösung von 29 reinem Jodkalium!) in etwa 20 cm® Wasser gleiten, verdünnt nach der Auflösung des Jods mit etwa 100 cm® Wasser und titriert mit der Thiosulfatlösung, welche in eine (uetschhahnbürette gefüllt werden kann, bis die Lösung hellgelb geworden ist, sodann nach Zusatz von etwas Stärkelösung bis zum Verschwinden der Blaufärbung. Rasches Arbeiten ist, um einer Verflüchtieung des Jods vorzubeugen, geboten. Sind z.B. 0'4549 49 Jod abgewogen, so werden diese, da Y/,-Grammatom Jod = 12'697 g J einem Liter '/,-Normal- thiosulfatlösung = 2483 9 Na;S,0,.5H,0 entsprechen muß, nach der Proportion 12'697 : 1000 = 0'4549 :x, woraus x = 35'835 em? Thiosulfat- lösung gebrauchen. Hat die Titration 342 em®, also 1'653 cm® weniger ergeben und sind noch 900 .cm3 vorhanden, so sind diese nach der Proportion 542:1'65 = 900:x, woraus x = 42°9 mit 42°9 cm? ausgekochten Wassers zu verdünnen. Von dieser !/,,-Normalthiosulfatlösung, die selbst- verständlich durch eine frisch abgewogene Menge Jod noch einmal in derselben Weise zu prüfen ist, ob sie stimmt, wird dann ein abgemessenes Volnm unter Zusatz von Stärkelösung mit der rohen !/,„-Normaljodlösung titriert. Werden z. B. für 20 em® Thiosulfatlösung 192 cm® der Jodlösung gebraucht, und sind noch 890 em3 von letzterer vorhanden, so sind diese gemäß der Proportion 192:0°8 = 890:x, woraus x—= 37 mit 37 cm3 Wasser zu verdünnen, worauf man die Probe nochmals vornimmt. Die Jodlösung wird dann umgekehrt wieder zur Bereitung von !/,„-Normalthiosulfat dienen. Die Einstellung der Jodlösung kann auch mit Arsentrioxyd in alkalischer Lösung geschehen, wozu man natürlich nur ein Alkali anwenden darf, das auf Jod ohne Wirkung ist, also ein Alkalibikarbonat. Man geht zu dem Ende von chemisch reinem Arsenik aus, am besten dem Arsenik- glas des Handels. Eine vorherige Prüfung des Präparats ist nötig; man sublimiert es aus einem mit einem Uhrelas bedeckten kleinen Tiegel, wobei es anfangs keinen gelblichen Anflug des leichter flüchtigen Schwefel-- arsens geben darf und sich völlig verflüchtigen muß; gegebenenfalls reinigt man es auf diesem Wege. Der feinstgepulverte Arsenik ist zwölf Stunden lang über Chlorcaleium oder Schwefelsäure zu trocknen; er ist nicht hygro- skopisch. Gemäß der Gleichung As,0,+2H,0 +4J = As, 0, +4HJ entspricht 1 Grammatom Jod '/, Grammolekel =!/,.198=495 g Arsen- trioxyd; eine '/,-Normallösung des letztern muß demnach 495g As, 0, enthalten. Man wägt 495g?) davon genau ab und erwärmt sie längere ') Das Jodkalium darf kein jodsaures Kalium enthalten. Man prüft darauf durch Zugabe von etwas Salz- oder Schwefelsäure zur wässerigen, mit Stärkelösung versetzten Auflösung des Jodkaliums, wobei keine Blaufärbung durch abgeschiedenes Jod auftreten soll (HJO, +5HJ—=3H,0+6J). °) Es ist natürlich nicht notwendig, gerade 495 g abzuwiegen. Hat man eine andere in der Nähe dieses Wertes liegende Menge 4 Gramm abgewogen, so würde das Volum. auf welches diese aufzufüllen wäre, sich aus der Proportion 495: 1000—=g:x berechnen lassen, Maßanalyse. 475 Zeit mit etwa 109g Natriumbikarbonat und etwa 200 cm® Wasser bis zur völligen Lösung. Nach dem Erkalten setzt man ein paar Tropfen Salz- säure zu, um beim Kochen entstandenes neutrales Karbonat wieder in Bikarbonat umzuwandeln, fügt weiter 10 9 Bikarbonat in Lösung zu und verdünnt auf einen Liter. Die erhaltene Lösung wird, wenn man von chemisch reinem, trockenem Arsenik ausging, an sich richtig und unmittelbar zur Einstellung der Jodlösung in der beim Thiosulfat geschilderten Art zu benutzen sein. Im andern Falle ist eine Prüfung durch reines Jod erforderlich. Die t/,„-Normalarsenigsäurelösung hat vor der Thiosulfat- lösung den Vorzug, unbeschränkt haltbar zu sein. Die als Indikator dienende Stärkelösung wird in der Weise hergestellt, daß man etwa 19 fein zerriebener Kartoffelstärke in einem Reagenzrohr anhaltend mit etwas kaltem Wasser schüttelt, sie dann in etwa 100 em? kochenden Wassers einträgt und so lange erhitzt, bis eine fast klare Lösung entstanden ist. Letztere läßt man absitzen und gießt sie dann, ohne den Absatz aufzurühren, durch ein Faltenfilter. Besser ist die im Handel zu habende .„lösliche Stärke“, die durch Erhitzen von Kartoffelstärke mit Glvzerin und mehrmaliges Behandeln mit Alkohol erhalten wird und sich in siedendem Wasser klar löst. Die Lösung ist nicht sehr haltbar und muß öfter frisch bereitet werden. Gute Stärkelösungen geben mit den geringsten Mengen Jod eine starke Blaufärbung, teilweise zersetzte Lösungen einen rötlichen Farbenton, der erst auf Zusatz von mehr Jodlösung in Blau umschlägt. Etwas Quecksilberjodid (2°/,), welches man der Stärke schon beim Zerreiben zusetzt, macht die Lösung haltbarer. Oder man fügt ihr während des Kochens Chlor- oder Jodzink in nicht zu geringer Menge zu.!) Die Stärkelösung ist immer in der Kälte anzuwenden, wie schon S. 472 erwähnt wurde, und darf nie einer stark jodhaltigen Lösung zugesetzt werden, z.B. beim Titrieren mit Thiosulfat oder arseniger Säure, weil sie dann durch das Jod in anders gefärbte Verbindungen übergeführt wird. Man titriert die Jodlösung, bis sie hellgelb geworden ist und nur noch ganz wenig freies Jod enthält, fügt dann erst die Stärkelösung zu und titriert die blaue Flüssigkeit bis zur Entfärbung. Die Verwendung der Jodlösung entweder für sich oder in Verbindung mit Thiosulfat- und Arseniklösung ist eine sehr vielseitige. Im ersten Falle wirkt Jod, wie bereits in den einleitenden Bemerkungen angegeben ist, bei Anwesenheit von Wasser als Oxydationsmittel auf leicht oxydierbare Stoffe, wie schweflige Säure und ihre Salze, Schwefelwasserstoff und Sul- fide, unterschwefligsaure Salze, arsenige oder antimonige Säure usw. Viel umfassender aber wird das Gebiet der Jodometrie dadurch, dab sich die- jenigen Stoffe, welche aus Jodiden, wie Jodkalium, quantitativ das Jod abscheiden, durch Zurückmessen des letzteren vermittelst !/,„-Thiosulfat oder !/,„-arseniger Säure auf indirektem Wege bestimmen lassen. Solche !) Derartige Zusätze sind natürlich zu vermeiden, wenn es sich um die Bestimmung von Stoffen handelt, welche mit ihnen reagieren würden. +76 J. Biehringer. sind Chlor, Brom, die unterchlorigsauren Salze, Permanganat, das Eisen in der Ferriform, ferner alle Verbindungen, welche mit Salzsäure Chlor entwickeln, das mit Jodkalium umgesetzt werden kann, wie chlorsaure, chromsaure Salze, Superoxyde u. del. m. Die Menge Jodkalium ist so zu wählen, daß ein ziemlich großer Überschuß vorhanden ist, zumal ja auch genügend Salz zum Lösen des ausgeschiedenen Jods übrig bleiben muß. Die Art der Berechnung der Analysen mögen folgende Beispiele er- läutern: 1. 10 cm® Chlorwasser läßt man in eine wässerige Lösung von 1'5 9 Jodkalium einlaufen und mißt das abgeschiedene Jod, zuletzt unter Zusatz von Stärkelösung mit '/,.-Normalthiosulfat zurück. Dabei werden 14'7 cm? des letzteren verbraucht. Da 1 Atom J einem Atom Chlor entspricht. so zeigen 1000 em? !/,,„-n-Na,S,O, an '/,, Grammatom — 12697 g Jod und daher auch ?/,,„-Grammatom = 3:545 9 Chlor, 1cm® ?/,n-Na,S,O, mithin 0'003545 9 Chlor und 147 cm? 00521 9 Cl. 1 7 dieses Chlorwassers enthält also 5'219 Chlor. Die Bestimmung könnte auch in der Art ausgeführt werden, daß man das Uhlorwasser in überschüssige '/,.-n-As,O,-Lösung einfließen läßt und den Überschuß durch */,,-Jodlösung zurückmißt. Fügt man z.B. die 10 cm® Chlorwasser zu 15 em? !o- As,O,-Lösung und verbraucht man zum Zurücktitrieren 03 em? Jodlösung, so sind durch das Chlor 14°7 cm? As,O,-Lösung oxydiert worden. Da nach der Einstellung 1000 em? '/,0As,0,-Lösung mit einem Gehalt von 4'954 Arsenik '/,, Grammatom J und somit auch '/,0 Arammatom Ül entsprechen, so ist die Berechnung wie im ersten Falle. Soll endlich das Volum des gelösten Chlors ermittelt werden, so geht man davon aus, daß nach den Ausführungen in den „stöchiometrischen Rechunngen“ S. 347f. die Grammolekel (70°9 g) Chlor bei 0° und 760 mm Barometerstand den Raum von 22'412 7 einnimmt, 1 Grammatom also 11'206 /, /,, Grammatom 1'1206 7; mithin zeigen obige 147 cm? !],.- Na,S,0, 14°7.11206 em? — 1467 em? oder 0'01467 1 Chlorgas in 10 cm® Chlorwasser an, so daß also 1 /! Chlorwasser 1'657 Chlor von 0° und 760 mm Druck enthielte. 2. 0:5282 9 Ferricitrat (Ferrum eitricum oxydatum, Ph. G. IV.) werden in 2cm? 25"/,iger Salzsäure und 15 cm® Wasser in der Wärme gelöst und nach dem Erkalten mit 29 Jodkalium versetzt. Nachdem das Ganze in einem geschlossenen Gefäße etwa eine Stunde lang gestanden hat, wird das ausgeschiedene Jod mit !/,„-Normalthiosulfat- lösung, schließlich unter Zusatz von Stärkelösung zurückgemessen, wobei 22:0 cm? ver- braucht werden. Eisenchlorid reagiert mit Jodkalium nach der Gleichung FeCl, -KJ = — FeÜl, + KCl + J, so daß also ein Atom abgeschiedenes Jod einem Atom Ferrieisen entspricht. 1000 em? !/,„-Thiosulfatlösung zeigen mithin '/, Grammatom Eisen = 5'59g Fe an, 22 cm? 22.000559 = 0'123 g Fe, enthalten in 05282 9 Ferricitrat. In Prozenten 05282: 0'123 = 100:x, woraus x = 23:3%/, Fe. 3. 0'0617 g rotes chromsaures Kalium werden mit konzentrierter Salzsäure erhitzt. Das entweichende Chlor wird in Jodkaliumlösung aufgefangen, letztere auf 250 em? ver- dünnt und 100 cm? davon, entsprechend 0°02468 9 Bichromat, mit '/,„-n-Thiosulfat zurück- titriert, wobei 5’O cm? verbraucht werden. Nach der Gleichung K,Cr, 0, + 14 HCl = = 2KCl + 2CrCl, + 7H,0 +6Cl werden durch 1 Mol=2945 9 K,Cr,O, 6 Gramm- atome Ülentbunden. Diese machen aus Jodkalium 6 Grammatome J frei, welche durch 6 Grammolekeln Na, S, OÖ, zurückgemessen werden. 1 Mol des letzteren zeigt also '/, Mol K, Cr, O,. ?/,, Mol = 1000 em? !/,,„-Normallösung mithin '/,, Mol=4'91 9 K, Cr, O,, 1 cm? der Lösung 0°'00491 4 und 5 cm’ 0'024554 K,Cr, OÖ, an, welche enthalten sind in 0'02468 g Salz. Der Prozentgehalt ergibt sich nach der Proportion 0'02468:0'02455 = 100:x, woraus x = 99'5°/,. 4. Phenol reagiert mit Brom nach der Gleichung C,H, OH +6 Br = (,H,Br,ÖOH + + 3HBr, wobei das gebildete Tribromphenol ausfällt. Setzt man einen Überschuß von Brom zu, so kann dieser durch Hinzufügung von Jodkalium und Rücktitrieren des ausgeschiedenen Jods mit !/,,„-Thiosulfat bestimmt werden. Durch Abzug dieses von der angewandten Brommenge erhält man das mit Phenol in Reaktion getretene Brom, woraus sich weiter Maßanalyse. 477 das Phenol berechnen läßt. Darauf hat W. F. Koppeschaar eine Wertbestimmung vom Phenol des Handels gegründet. Als bromabgebende Flüssigkeit wendet er ein darch Ein- tragen von überschüssigem Brom in Natronlauge und Eindampfen der Lösung gemäß der Gleichung 6Br+6Na0H =5NaBr + NaBrO, +3H,0 zu erhaltendes Gemisch von Bromnatrium und bromsaurem Natrium an, aus dessen wässeriger Lösung beim An- säuern mit Salzsäure alles Brom wieder frei wird (5HBr + HBrO, =6Br+3H,0). Zu- nächst ist der Wirkungswert der Bromlauge zu ermitteln. 5 cm? davon, mit Jodkalium und konzentrierter Salzsäure in einer gut schließenden Flasche versetzt, verbrauchten z.B. zum Zurückmessen des abgeschiedenen Jods 302 em® !/,,„-Normalthiosulfatlösung, würden also, weil !/,,, Grammolekel Na,S,0, !/,. Grammatom Jod und mithin auch !/oöoö Grammatom Brom gleiehwertig ist, 30°2 cm? einer „t/,.-Normalbromlösung“* ent- sprechen. Andrerseits wurden 0°9610 4 Phenol in Wasser gelöst, auf 1000 em? aufgefüllt, 10 cm? dieser Lösung (= 0'00961 4 Phenol) in einer Stöpselflasche mit 15 cm? Bromlauge (= %W6 em? !/,..-Normalthiosulfat oder „'/,„-Normalbromlösung“) und konzentrierter Salz- säure versetzt und etwa eine Viertelstunde unter öfterem Umschütteln stehen gelassen. Dann wurde rasch Jodkaliumlösung zugegeben, die Flasche sogleich wieder geschlossen und geschüttelt. Zum Zurücktitrieren des abgeschiedenen Jods waren erforderlich 32°2 em? 1/ oo-Ihiosulfatlösung, so daß sich also an der Ausfällung des Phenols die 90°6 — 322 — — 58:4 cm? ?/,n0- Thiosulfat entsprechende Brommenge, entsprechend 58°4 cm? „'/,.-Normal- bromlösung“, beteiligt hat. Da 1 Grammolekel = 9405 Phenol nach der Reaktions- gleichung 6 Grammatome Brom zur Ausfällung bedarf, so füllt 1 Grammatom Brom !/, Grammolekel = 15'675 49 Phenol aus, !/,., Grammatom Brom —= 1000 em? !/\oöo-Normallösung 0'15675 y Phenol und 584 cm? 0'00915 y Phenol, welche enthalten sind in 0'00961 9 abgewogener Substanz. Der Prozentgehalt dieses Handelsphenols ergibt sich dann nach der Proportion 0'00961:0'00915 = 100:x, woraus x = 95'2°/,. 4. Fällungsmethoden. Bestimmung mit Silbernitratlösung nach Ar. Mohr. Die maß- analytischen Verfahren mit Silbernitrat gründen sich darauf, dal) dieses aus Halogeniden das Halogen quantitativ unter Bildung von unlöslichem Halogen- silber abscheidet. Als Indikator benutzt man eine gesättigte Lösung von selbem (neutralem) chromsaurem Kalium (RK, Cr O,):; es ruft in neutralen Silbersalzen einen blutroten Niederschlag von Silberchromat hervor, welcher z.B. durch Chloride unter Bildung von weißem Chlorsilber zerlegt wird. ?) Setzt man daher einer neutralen Chloridlösung einige (4—5, nicht mehr) Tropfen gelbes chromsaures Kalium zu und titriert die schwach gelblich gefärbte Flüssigkeit mit der Silberlösung unter tüchtigem Umschütteln oder Rühren, so wird, wenn alles Chlorid umgesetzt ist, der Niederschlag eine deutliche. blaßrötliche, beim Umschwenken nicht mehr verschwindende Färbung annehmen, wozu allerdings bei Anwendung von !/,,-Normallösung ein Überschuß von 0:1—0'2 cm3 nötig sein kann.?) Man überzeugt sich am besten durch einen in gleicher Weise, aber ohne Zusatz von Chlorid an- gestellten, blinden Versuch, wie viel Y,.-AgNO,-Lösung gebraucht wird, um den gleichen roten Farbenton zu erzeugen>), und zieht diese Menge von 1) K,Cr0O, +2AgN0, =Ag,Cr0, +2KNO,; Ag,CrO, +2NaCl=2AgCl+ + Na, CrO,. 2) Vgl. auch S. 478, Anm. 4. 3) Lunge hat als Indikator statt des Kaliumehromats eine Lösung von arsensaurem Natrium (Na, HAsO, +7 H,O) empfohlen. Es gibt mit Silberlösung einen schokolade- 478 J. Biehringer. der bei der Prüfung der Chloridlösung gefundenen ab. Die Methode ist in ihrer Anwendung dadurch sehr beschränkt, daß sie bloß für neutrale Lösungen verwandt werden kann, weil das Silberchromat in Säuren löslich ist. Saure Flüssigkeiten müssen vorher mit Soda u. del. neutralisiert werden; ein geringer Überschuß von letzterer ist ohne Belang, schädlich aber die kleinste Menge freier Säure. Nach F. P. Treadwell‘) werden bei der Bestimmung ge- ringer Chlormengen in konzentrierter Lösung genaue Ergebnisse erhalten, während sie bei sehr großen Flüssigkeitsmengen nicht sehr scharf sind. Das Molekulargewicht des salpetersauren Silbers ist 16994: eine "o-Normallösung muß 16'994 Salz im Liter enthalten. Sie läßt sich aus dem im Handel vorhandenen kristallisierten Silbernitrat. welches rein ist, unmittelbar herstellen, nachdem man es vorher im Exsikkator getrocknet hat.2) Die Lösung ist geschützt vor Staub und Licht aufzubewahren. Beispiel: 10cm® Harn wurden nach Zusatz von 19 Soda und 1'549 Salpeter, die beide vorher auf Abwesenheit von Chlorid geprüft waren, in einer Platinschale auf dem Wasserbade eingedampft und dann über freier Flamme vorsichtig erst schwächer, dann stärker erhitzt, bis die Schmelze rein weiß geworden war. Die Masse wurde hierauf in Wasser gelöst, die Lösung schwach mit Salpetersäure angesäuert, mit reinem kohlen- sauren Kalk neutralisiert, gekocht, filtriert und gut nachgewaschen. Das Filtrat wurde auf 100cm® aufgefüllt und 50 cm? davon nach Zusatz von vier bis fünf Tropfen K, CrO, mit !/,„“Normalsilbernitratlösung titriert. Es wurden z.B. dafür 11’0cm°, für 100. cm? = 10 em? ursprünglichem Harn also 22:0 cm? Silberlösung gebraucht. Nach der Gleichung AsNO, + +NaCl=AgCl+NaNO, zeigt 12 ?/,,-Normalsilbernitratlösung an '/,, Mol=!/,, - 585 = —=585g NaÜl oder !/,, Grammatom =3'545 g Chlor, 22cm? demnach 22. 0'00585 = —=0:'1287g9 NaCl oder 22.0:003545 — 0'078g Chlor. 17 Harn enthält also in diesem Falle 12:879 NaCl oder 78g C1.3). Bestimmungen mit Silbernitrat- und Rhodanammonlösung nach J. Volhard. Dieser Methode liegt die Tatsache zugrunde, daß eine neutrale Ferrisalzlösung mit Alkalirhodaniden blutrot gefärbtes, lösliches Ferrirhodanid gibt, welches durch salpetersaures Silber unter Abscheidung eines unlöslichen, weißen, käsigen Niederschlags von Silberrhodanid zerlegt wird. Die rote Farbe des Ferrirhodanids kann deswegen erst stehen bleiben, wenn alles Silber ausgefallen ist.*) Vor dem Mohrschen hat dies Verfahren braunen Niederschlag von Trisilberarseniat, der durch Chloride zersetzt wird (Na, HAsO, + +3 AgNO,—= Ag, AsO,+2NaNO,+HNO,; Ag, As0, +3 NaCl=Na, AsO, +3 Ag C)). Die braune Farbe des arsensauren Silbers bleibt daher erst bestehen, wenn alles Chlorid umgesetzt ist. Der Umschlag von Farblos in Braun ist nach Lunge schärfer als derjenige bei Kaliumchromat, daher für den Endpunkt kein in Rechnung zu ziehender Überschuß an Silberlösung nötig. ‘) Lehrbuch der analytischen Chemie. (Leipzig und Wien 1902.) 2. Teil. S. 458. ®) Vgl. Anm. 2 auf S. 474. ®) Die übrigen 50cm*? gebrauchten bei Anwendung von arsensaurem Natrium als Indikator 1113 cm? '/,,„-Normalsilbernitratlösung, 100cm® (=10cm® ursprünglichem Harn) daher 22:26 cm®— 0'1302 9 NaCl oder 0'0787g Cl. 17 Harn enthält danach 13'02 g Na Cl oder 787g Cl. *) FeNH,(SO,), +3 NH,SCN = Fe(SCN), +2 (NH,),SO,; Fe (SCN), +3 AgNO,—= —=3AgSUN+Fe(NO,),. Der Indikator ist farblos und zeigt den Endpunkt der Reaktion durch Bildung einer löslichen gefärbten Verbindung an, während bei dem Mohrschen Verfahren ein gefärbter Indikator angewandt und der Endpunkt durch Bildung eines Maßanalyse, 479 den großen Vorzug, dal) es in saurer, und zwar in salpetersaurer Lösung durchgeführt wird; doch dürfen die Lösungen nicht warm sein und keine salpetrige Säure enthalten, weil in beiden Fällen die Rhodanlösung zersetzt würde. Man bedarf dazu außer einer !/,.-Normalsilbernitratlösung einer 1/,0-Normal-Rhodanammon- (NH, SCN = 76°11) oder -Rhodankaliumlösung (KSCN = 9722). Beide Salze sind sehr hygroskopisch und nicht ohne Zer- setzung zu trocknen, weshalb sie sich nicht unmittelbar zur Herstellung der Normallösungen eignen, sondern auf die Silberlösung eingestellt werden. Man wiegt zu dem Ende z. B. auf einer Handwage ungefähr T75—8g reines käufliches (nötigenfalls umkristallisiertes) Rhodanammon ab, löst es in Wasser und verdünnt es auf weniger als einen Liter, z.B. 950 em®. Als Indikator bei der Einstellung dient eine konzentrierte wässerige Lösung von Eisenammoniakalaun!), NH,Fe(SO,),.12H,0, einem neutralen, be- ständigen Ferrisalz; man setzt davon eine reichliche Menge (etwa Dem? auf 150 —300 cm) der zu untersuchenden Flüssigkeit zu, weil bei An- wesenheit geringer Mengen von Ferrisalz in stark saurer Lösung die Bildung des Ferrirhodanids zurückgedrängt werden kann. Zur genauen Ein- stellung der Rhodanammonlösung verdünnt man 10—20 em? der !/,.-Normal- Silbernitratlösung mit Wasser auf etwa 200cm?, setzt 5cm® Eisenalaun- lösung zu, dann reine Salpetersäure 2), und zwar mindestens so viel, dal) eine etwaige, durch das Ferrisalz hervorgerufene braune Färbung verschwindet. und titriert nun mit der rohen !/,,-Normalrhodanammonlösung 3). bis alles Silber als sich zusammenballendes Rhodansilber ausgefällt ist und die Lösung eine schwache, lichtbraune bis blaßrote Färbung annimmt. Hat man z.B. für 10cm3 1/,0-Normalsilbernitrat 9:65 cm? der rohen Rhodanammon- lösung gebraucht und sind noch 865 cm3 von letzterer vorhanden, so wären nach der Proportion 9:65:0'35 = 865 :x, woraus x—= 31’4cm® Wasser, am besten aus einer Bürette, zuzugeben. Die erhaltene, gut geschüttelte Lösung hät man dann nochmals auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Die Volhardsche Rhodanatmethode ermöglicht die indirekte Be- stimmung von Chloriden, z.B. des Harns, in saurer Lösung. Man versetzt zu dem Ende die Lösung des Chlorids in 150—200 cm? Wasser oder die verdünnte, chloridhaltige Lösung mit 5 cm® Eisenalaunlösung, säuert so stark mit reiner Salpetersäure an, daß die durchs Ferrisalz hervorgerufene braune Färbung verschwindet, läßt dann mittelst einer Bürette oder Pipette einen Überschuß von !/,,-Normalsilbernitrat zulaufen, bis alles Chlor aus- gefällt ist, und titriert nun sogleich unter fortwährendem Umschwenken oder Rühren mit ?/,„-Rhodanlösung zurück, bis die Flüssigkeit einen hell- gefärbten Niederschlags zwischen einem weißen, ihn umhüllenden und teilweise ver- deckenden Niederschlag festgestellt wird. !) Eisenammoniakalaun löst sich in 3 Teilen Wasser von 15". 2) Salpetersäure wird auch in ziemlich verdünntem Zustand durch die Einwirkung des Lichtes, namentlich des Sonnenlichts, teilweise zersetzt unter Bildung von salpetriger Säure. Solche Säure ist vorher durch Kochen zu reinigen. ®) Man darf nie die Silbernitratlösung zur Rhodanlösung fließen lassen. 480 J. Biehringer. gelbbräunlichen Farbenton angenommen hat, der bei ruhigem Stehen etwa zehn Minuten lang sich hält. Die Ermittlung des Endpunkts bedarf einiger Aufmerksamkeit und Übung, zumal da keine Vertiefung der Färbung bei Zusatz von mehr Rhodanammonlösung sich einstellt. Doch läßt sich eine überstürzte Analyse sehr leicht dadurch verbessern, dal man zur Flüssigkeit soviel !/,.-Silbernitratlösung zufügt, bis sie wieder völlig milch- weil) ist, und dann vorsichtig Rhodanlösung bis zur ersten nach dem Umsehwenken bleibenden Färbung. Deutlicher wird die Endreaktion nach E. Dreehsel, wenn man die über dem Chlorsilberniederschlag stehend eFlüssigkeit auf ein bestimmtes Volum verdünnt, durch ein trockenes Filter vom Chlor- silber abfiltriert, wobei man die zuerst durchgehenden Tropfen am besten wegschüttet!), in einem abpipettierten Teil des Filtrats das überschüssige Silbernitrat mit Y/,,-Rhodanammonlösung zurückmißt und das verbrauchte Volum der letzteren auf die ursprüngliche Flüssiekeitsmenge umrechnet. Zieht man zum Schlusse das Volum der verbrauchten Rhodanlösung von der Gesamtmenge der angewandten Silberlösung ab, so erfährt man die zur jindung des Chlors nötig gewesene Menge der letzteren. Beispiel: 10 cm® Harn wurden in einen 100 cm? haltenden Meßkolben gegeben, mit 5 cm® reiner verdünnter Salpetersäure versetzt und mit 50 cm? Wasser verdünnt. Dann wurden 25 cm’ '',„-Normalsilbernitratlösung zugefügt. Der Kolben wurde verschlossen, gut ge- schüttelt und die Flüssigkeit unter Abspritzen des Stöpsels auf 100 cm3 aufgefüllt. Nach dem Sehütteln wurde durch ein trockenes Filter filtriert und in 50cm?’ des Filtrats nach Zusatz von etwa 3 cm® Eisenalaunlösung das überschüssige Silbernitrat durch !/,„-Rhodan- ammonlösung zurückgemessen, bis die Farbe der Flüssigkeit in ein schwaches, bleibendes Rot umschlug. Gebraucht wurden dazu 1’2cm°, für 100 em’ mithin 2°4 cm? Rhodanlösung, so daß zum Fällen des Chlors in 10 cm? Harn 25—2'4 —= 22:6 cm? '/,,-Normalsilbernitrat- lösung nötig waren, entsprechend 22:6. 0'00585 = 0'1322 9 NaCl oder 22:6. 0003545 = — 00801 g Cl. 17 Harn würde also nach dieser Analyse 13224 NaCl] oder 801g Cl enthalten. Bestimmung der Phosphorsäure durch Uranlösung. Dieses zuerst 1853 von Ch. Leconte empfohlene, 1859 von Pincus weiter aus- gebildete Verfahren beruht auf folgenden Reaktionen. Uransalze erzeugen in wässerigen Lösungen phosphorsaurer Salze, welche keine freie Säure außer Essigsäure enthalten, einen hellgelben Niederschlag von Uranyl- phosphat oder, bei Anwesenheit größerer Mengen von Ammonsalzen, einen gleich oefärbten Niederschlag von Uranylammonphosphat, welche beide in Mineralsäuren löslich, in Essigsäure wnlöslich sind.2) Erhitzen befördert die Abscheidung. Andrerseits wirkt Ferrocyankalium auf diese Nieder- schläge nicht ein, während es aus gelösten Uranylsalzen auch bei sehr starker Verdünnung rotbraunes Uranylferrocyanid abscheidet. Die Reaktion läßt sich bei freier Phosphorsäure, den löslichen phosphorsauren Salzen der Alkalien und alkalischen Erden anwenden, liefert aber nur dann 1) Sie Bau infolge der Adsorption am Filtrierpapier eine etwas geringere Kon- zentration. 2) Na,HPO, + U0,(CH,0,), = (U0,)HPO, + 2N2CH, 057 NAHE + NH,C,H, 0, + 00, (6, H, ©; % — (U0), (NH, )PO, + 2NaC,B,0, + HG,H,0,. Das Verhältnis zwischen Uran "und Phosphorsäure ist in beiden Niederschlägen dasselbe. Maßanalyse. 481 brauchbare Ergebnisse, wenn sie immer unter annähernd denselben, durch vielfache Versuche ermittelten Bedingungen ausgeführt wird. Insbesondere muß die Uranlösung auf eine der zu analysierenden Verbindung möglichst ähnliche Salzlösung eingestellt werden, weswegen ihre Konzentration auch nicht in Rücksicht auf das Molekulargewicht des Uransalzes, sondern auf die damit zu bestimmende Phosphorsäure gewählt wird. Für die hier vor allem in Betracht kommende quantitative Bestimmung der Phosphor- säure im Harn geht man zu dem Ende von reinstem, kristallisiertem phosphorsaurem Natrium (Na;,HPO,.12H,0—=3583) aus oder besser, weil dieses schnell verwittert und Kohlensäure anzieht, von reinstem Phosphorsalz (Sal mierocosmicum Na(NH,)HPO,.4H, 0 = 20916), das ja auch im Harne vorkommt. Man stellt davon eine Lösung her, welche im Liter 5g, im Kubikzentimeter 0'005 9 Ps O,') enthält, hätte also, da 1 Mol P,O, = 142g 2Molen—=418'32 9 Phosphorsalz entspricht, nach der Proportion 142:41832 =5:x, woraus x—= 1473 9 des Salzes in Wasser zu lösen und auf einem Liter zu verdünnen.?) Es ist sehr zu empfehlen, sich von der Richtigkeit der Lösung zu überzeugen, indem man 50 em? = 07365 9 Salz in einer gewogenen Platinschale eindampft, den Rückstand glüht, wobei das Phosphorsalz in Natriummetaphosphat NaPO, (Mgw. 10205) übergeht, und wiegt. Man müßte dabei nach der Proportion 20916:102°05 = 0:7369:x, woraus x— 03594 g Rückstand erhalten.®) Die Phosphorsalzlösung kann sowohl zur Einstellung der Uranlösung wie zur Ermittlung des Endpunktes durch Zurückmessen der überschüssig zugesetzten Uranlösung dienen. Um eine zu dieser Phosphatlösung passende Uranlösung darzustellen, wiegt man 35—37g Uranylacetat UO, (C, H, O,),.2H,; 0 mit der Handwage ab und löst sie der größeren Haltbarkeit halber unter Zugabe von 4—7g 30°/,iger Essigsäure (Acetum concentratum) zu einem Liter.*) Man läßt \ ') Man berechnet in den Analysen die Phosphorsäure stets nach älterer Art als Anhydrid. 2) Vgl. Anm. 2. 8. 474. 5) Wendet man zur Einstellung eine Lösung von phosphorsaurem Natrium an, so muß der Gehalt der letztern an P, 0, erst gewichtsanalytisch festgestellt werden. Man versetzt 20 cm? der Lösung nach Zusatz von etwas Wasser unter stetem Umrühren tropfenweise mit 10cm? Magnesiamischung, welche man erhält, wenn man 55 kristallisiertes Chlormagnesium und 70 Salmiak in 17 2'/,°/,igen Ammoniaks löst und die Lösung nach mehrtägigem Stehen filtriert. Den nach der Gleichung Na, HPO, + NH,OH + MgCl, — —MgNH,PO,+2NaCl+H,0 sich bildenden Niederschlag filtriert man nach zwölf- stündigem Stehen durch ein Filter von bekanntem Aschengehalt ab, wäscht ihn mit 2'/,/,igem Ammoniak, bis Silbernitratlösung in einer mit Salpetersäure angesäuerten Probe keine Chlorreaktion mehr anzeigt, trocknet ihn und glüht ihn im Platintiegel erst gelinde, dann über dem Gebläse bis zur völligen Veraschung des Filters. Das Magnesium- ammoniumphosphat geht dabei in Maenesiumpyrophosphat Mg, P, OÖ, (Mgw. 222'72) über nach der Gleichung 2Mg NH, PO, —=Mg,P,0,+2NH, + H,O. Ist das Gewicht des letzteren —=y, so ergibt sich der Gehalt der 20 cm? Lösung an P, OÖ, (Mgw. 142) aus der Proportion 222:72:142—g:x. Selbstverständlich kann auch die Phosphorsalzlösung in dieser Weise quantitativ analysiert werden. *) Nimmt man Uranylnitrat UO, (NO,),.6H, O (ca. 40 g), so sind der Lösung zur Abstumpfung der meist vorhandenen freien Salpetersäure noch etwa 10 9 kristallisiertes essigsaures Natrium zuzufügen. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. al 482 J. Biehringer. sie einige Tage stehen und filtriert sie dann. Ferner bedarf man noch einer essigsauren Natriumacetatlösung, indem man 100g kristallisiertes essigsaures Natrium in Wasser löst und nach Zugabe von 100 em3 30°%/,iger Essigsäure zu einem Liter anffüllt, und endlich als Indikator einer täglich neu zu bereitenden, konzentrierten Ferrocyankaliumlösung?!), wenn man es nieht vorzieht, das frisch gepulverte Salz unmittelbar zur Probe zu verwenden. Um die Uranlösung einzustellen, mißt man 20 cm® Phosphorsalzlösung, welche 019g P, 0, enthalten?), ab, versetzt sie in einem Erlenmeyerkolben mit 30cm® Wasser und 5cm® der Natriumacetatlösung, erhitzt zum Sieden und fügt aus einer Bürette so lange Uranlösung zu, als noch das Ent- stehen eines Niederschlags zu beobachten ist. Da die Endreaktion auf der Bildung einer braunen Färbung von Uranylferroceyanid beruht, welche neben dem Phosphatniederschlag nicht zu erkennen ist, so setzt man den Indikator nicht der zu untersuchenden Flüssigkeit zu, sondern ermittelt den Endpunkt durch eine Tüpfelprobe. Zu dem Ende läßt man immer je einen halben Kubik- zentimeter Uranlösung zufließen, entnimmt dann mit dem knopfartig ver- diekten Ende eines Glasstabes einen Tropfen, breitet ihn auf einer Porzellan- platte oder einem Teller aus und berührt ihn mit dem spitz ausgezogenen Ende eines Glasstabs, an dem sich etwas Ferrocyankaliumlösung be- findet. oder bringt einige Stäubehen des feingepulverten festen Salzes darauf. Sobald alles Phosphat gefällt ist, entsteht an der Berührungsstelle ein schwacher, aber deutlicher rötlichbrauner Fleck. Ist dies eingetreten, so erhitzt man das Ganze nochmals einige Minuten im Wasserbade und wiederholt die Prüfung mit Ferrocyankalium; bleibt die Färbung aus, so ist noch Uranlösung tropfenweise zuzugeben, bis sie zustande kommt. Oder man gibt die Uranlösung im Überschusse bis zum Eintritt einer kräftigen Farbreaktion zu und titriert mit der Phosphatlösung bis zu ihrem Ver- schwinden zurück, was sich an dem Blasserwerden der einzelnen Tüpfelproben gut verfolgen läßt. Da durch das öftere Probeziehen ein merklicher Verlust entstehen kann, so wiederholt man die Titration mit einer zweiten Menge Phosphatlösung in genau der gleichen Weise, gibt aber dann von vorn- herein so viel Uranlösung zu, als das erstemal eben ausreichte, um noch keine Farbreaktion hervorzurufen, und beginnt erst dann mit den Tüpfel- proben. Da die oben hergestellte Uranlösung etwas stärker als notwendig ist, so wird man weniger als 20cm zur Titrierung der 20 cm? Phosphat- lösung (=0'1g P; O,) brauchen und kann nun die vorzunehmende Ver- dünnung leicht in der schon mehrfach erläuterten Weise berechnen. Ergibt sich bei nochmaliger Prüfung, daß 20cm? Phosphatlösung genau 20 cm? Uranlösung zur Fällung verbrauchen, so zeigen letztere 019 P;0,, lecm® !, Ferroeyankalium K, FeCy,.3H,O löst sich in 4 Teilen kalten Wassers. 2, Hat die Untersuchung der Phosphorsalzlösung eine kleine Abweichung ergeben, so rechnet man sich die 0:19 P, O, enthaltende Flüssigkeitsmenge auf Grund der Analyse aus und nimmt diese zur Einstellung. Maßanalyse. 483 mithin 00059 P, O, an. Die so hergestellten Uranlösungen sind sehr halt- bar, müssen aber doch von Zeit zu Zeit nachgeprüft werden. Die Uranacetat- lösung ist vor Licht zu schützen, was bei der Urannitratlösung nicht nötig ist. Beispiel: Es wurden 2'1160 9 Phosphorsalz abgewogen, in etwas Wasser gelöst, zu 100 cm® verdünnt und nach der Proportion 14°73:1000 = 2:116:x, woraus x = 1436, durch Zufließenlassen aus einer Bürette auf 143°6 cm” gebracht. Werden für 20 em? dieser Lösung, welche 0'119 P,O, enthalten '), 18'7 em” Uranlösung verbraucht, so sind je 18'7 em? der letzteren mit 20—18'7 =1'3 cm? Wasser zu verdünnen. Zur Analyse wurden 50 cm? eiweißfreien Harns mit 5 cm? essigsaurer Natrium- acetatlösung versetzt, zum Sieden erhitzt und mit der eingestellten Uranlösung titriert, wozu 15'9 cm? notwendig waren, welche 159. 0'005 = 0:0795 g P, O, anzeigen. 12 Harn enthält daher 1'599 P,O,. Soll der Gehalt in Prozenten angegeben werden, so ist erst das spezifische Gewicht des kalten Harns zu bestimmen. Ist dieses zu 1'0250 gefunden, so wiegen 50 cm? Harn 50.1025 =51'25 g. Es gilt dann die Proportion 51'25:0°079% = 100: x, woraus x=0'15°/,. !) Die Richtigkeit der Phosphorsalzlösung war vorher durch Eindampfen und Glühen festgestellt worden. 31* Die wichtigsten physikalisch-chemischen Unter- suchungsmethoden. Von Hans Friedenthal, Nicolassee bei Berlin. Einleitung. Die physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden erfordern für eine erfolgreiche Anwendung auf dem Gebiete der Biochemie von dem Ar- beitenden die völlige geistige Beherrschung der Grundzüge der theoreti- schen physikalischen Chemie. Mit der bloßen Kenntnisnahme der Methodik — und wäre diese noch so genau beschrieben — wird es nicht möglich sein, biochemisch wertvolle Resultate zu erzielen. Ein gründliches Studium zum mindesten des Grundrisses der allgemeinen Chemie von W. Ostwald oder der „Vorlesungen“ von van’t Hof wird dem Studium der Arbeitsmethodik vorangehen müssen. Die Zahl der genauer ausgearbeiteten physikalisch- chemischen Methoden, die auf dem Gebiet der Biochemie Anwendung finden könnten, ist eine so große, daß es nötig erscheint, eine Auswahl zu treffen und nur diejenigen Methoden genau zu beschreiben, deren Kenntnis von jedem Biochemiker gefordert werden muß. Die Methoden der Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit und der Bestimmung der Gefrierpunkts- erniedrigung, zu denen sich in neuester Zeit noch die Methode der Ultra- filtration gesellt hat, müssen von jedem Biochemiker beherrscht werden. Die physikalisch-chemischen Methoden zur Bestimmung der Reaktion tieri- scher und pflanzlicher Flüssigkeiten und Gewebe werden in einem beson- deren Kapitel abgehandelt werden. An brauchbarer und moderner Literatur über physikalisch-chemische Methodik ist kein Mangel. Es sei an dieser Stelle hingewiesen vor allem auf das Hand- und Hilfsbuch zur Ausführung physiko-chemischer Messungen von W. Ostwald und R. Luther, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann, dann aber auch auf das Handbuch von AH. J. Hamburger, Osmotischer Druck und Ionenlehre in den medizinischen Wissenschaften, zugleich Lehrbuch physikalisch-chemischer Methoden, Bergmanns Verlag, Wiesbaden. Die Originalarbeiten zur Ausarbeitung der physikalisch-chemischen Methodik finden sich in Wiedemanns Annalen und in der Zeitschrift für physikali- sche Chemie sowie der Zeitschrift für Elektrochemie. Eine Durcharbeitung Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 485 dieser Orieinalarbeiten ist dem Biochemiker als zu zeitraubend nicht an- zuraten, vielmehr ist die praktische Arbeit mit den Apparaten selber und eine stete Selbstkontrolle der erlangten praktischen Übung durch Vornahme von Messungen an Stoffen, deren Konstanten von mehreren Forschern genau bestimmt sind, unerläßliche Vorbedingung für ein erfolgreiches Ar- beiten. Verfasser hat es als praktisch erprobt, ein Resultat nur dann als eesichert anzusehen, wenn mindestens zwei voneinander unabhängige Methoden zu denselben zahlenmäßigen Werten führen. Man bleibt alsdann vor vorschneller Verallgemeinerung von Zufallsresultaten ziemlich sicher bewahrt. Es sei noch darauf hingewiesen, wie wichtig es ist beim physi- kalisch-chemischen Arbeiten, sich vor Täuschungen bei Beurteilung der erlangten Genauigkeit zu hüten, indem man sich vor Augen hält, daß die Messungen mehrerer Forscher an demselben Stoffe oder derselben Lösung fast stets um eine Zehnerpotenz (resp. Dezimalstelle) mehr von- einander abweichen als die Messungen ein und desselben Ärbeitenden unter- einander. Es erscheint unmöglich, aber gelücklicherweise auch überflüssig, bei biologischen Untersuchungen die gleiche Konstanz der Resultate zu erreichen, wie beim Arbeiten mit künstlich hergestellten Lösungen. Die Messung der elektrischen Leitfähigkeit. Die Messung der elektrischen Leitfäbigkeit der biochemisch wich- tigen Stoffe — mit Ausnahme des Wassers — in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustande ist nicht üblich, obwohl von einigen als Isolatoren benutzten Stoffen, wie einigen Ölen, die elektrische Leitfähigkeit bei ver- schiedenen Temperaturen bekannt ist und auch bei einigen flüssigen orga- nischen Verbindungen Messungsreihen vorliegen. Die physikalisch-chemi- schen Tabellen von Landold und Börnstein, Berlin, Verlag von Julius Springer, enthalten Angaben über die elektrische Leitfähigkeit von Kohlen- wasserstoffen, Ölen, sowie von Acetaten, Formiaten und anderen flüssigen organischen Verbindungen. Im allgemeinen bedarf der Biochemiker aber nur der Kenntnis der Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit wässeriger Lösungen nach den hauptsächlich von Kohlrausceh und seinen Schülern aus- gearbeiteten Methoden. Für die Messung der elektrischen Leitfähigkeit wässeriger Lösungen bestimmt man den reziproken Wert derselben, nämlich den elektrischen Widerstand, experimentell mit Hilfe der von Wheatstone angegebenen Ver- zweigung, der sogenannten Wheatstoneschen Brücke, durch Vereleich mit einem bekannten Widerstand. Die Wheatstonesche Brücke besteht aus vier Widerständen a, b, ec, d, welche zu zwei Paaren nebeneinander in den Stromkreis geschaltet und quer durch ein Galvanometer (Stromprüfer) ver- bunden sind. Besteht das Verhältnis 2 so ist das Galvanometer stromlos. Statt dieser Schaltung kann man ebenso gut die Plätze für den 486 H. Friedenthal. Stromprüfer und für das galvanische Element vertauschen. Auch in diesem u ist. Welche Art der Schal- bi tung man wählt, ist bei gutem Kontakt der Meßbrücke völlig irrelevant, bei mangelhaftem Kontakt soll nach Kohlrausch diejenige Schaltung den Vorzug besitzen, bei welcher die Stromquelle mit dem verschiebbaren Meibrückenkontakt verbunden ist. Mit Hilfe einer konstanten Strom- quelle und eines beliebigen Galvanometers kann man Widerstände mit bekannten Widerständen vergleichen und mit Hilfe der oben angegebenen Verzweigung nach Wheatstone auch messen, vorausgesetzt, daß man eine Erwärmung des zu messenden Widerstandes durch den elektrischen Strom, welchen man hindurchsendet, vermeidet. Man verwendet zu Widerstands- messungen nur schwache Elemente bis höchstens 2 Volt Spannung und läßt den: Strom immer nur auf Augenblicke geschlossen. Man schaltet einen federnden Schlüssel in den Drahtkreis, welcher die Stromquelle ent- hält, ein. Bei wässerigen Lösungen, deren Widerstandsmessungen Auf- gabe des Biochemikers ist, kommt nicht nur die Änderung des Wider- standes durch Erwärmung in Frage, sondern auch noch in viel höherem (Grade die Polarisation, d.h. die Änderung der chemischen Zusammensetzung einer Lösung beim Hindurchfließen eines elektrischen Stromes. Kohlrausch vermied die Polarisation während der Widerstandsmessung durch Verwen- dung von Induktionsströmen und Vertauschung des Galvanometers als Stromprüfer mit dem Telephon. Bei Verwendung von Induktionsströmen wird die Ansammlung von Ausscheidungen an den Elektroden wie über- haupt jede chemische Änderung der durchströmenden Flüssigkeit vermie- den. Wenn das magnetische Feld eines Leiters periodische Änderungen durchläuft, so ist die Summe der in einer vollen Periode in einer Rich- tung erzeugten elektromotorischen Kraft stets gleich Null. Der chemische Effekt eines Stromdurchganges von sehr kurzer Dauer wird durch einen entgegengesetzt gerichteten Strom von gleicher Dauer und genau. gleicher Elektrizitätsmenge wieder rückgängig gemacht. Falle besteht Stromlosiekeit, wenn Stromquelle. Als Stromquelle verwendet man sehr zweckmäßig die kleinen Trocken- batterien für elektrische Taschenlampen oder ein Leclanche-Element. Bei senutzung eines Engelmannschen Rheostaten, der aus abwechselnden Lagen von Kohle und Neusilber besteht, welche durch eine Schraube in ver- schiedenem Grade aneinander gepreßt werden können, kann man auch die gebräuchlichen Akkumulatorenkästen von 4 Volt als Stromquelle benutzen. Man reguliert die Stromstärke alsdann so, daß das Induktorium eben anspricht. Induktorium. Da im Telephon hohe Töne viel besser gehört werden als tiefe, ist ein Unterbrecher vorteilhaft, welcher einen Ton von etwa 300--500 Schwin- Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 487 gungen erzeugt. Schwingt der Hammer des Induktoriums sehr langsam, so stellt man unwillkürlich nicht auf den Ton selber, sondern auf seine höheren Obertöne ein. Sehr bewährt haben sich kleine Induktorien mit sogenanntem „Mückenton“, bei welchem das schwingende Stäbchen dem Magneten auf weniger als 5x 10”?c genähert ist. Der Stromverbrauch ist bei der Kleinheit der bewegten Masse ein minimaler, der Ton für das menschliche Ohr besonders gut hörbar. Durch Anbringung eines Funken- töters am Induktorium verlängert man die Lebensdauer seines Instru- mentes. Der Funkentöter besteht aus Glaszylinder mit Hartgummideckel, an welchem 2 Platinbleche 25x3°5 ce in Verbindang mit Polklemmen als Kondensator montiert sind. Der Kondensator, ein solcher ist der Funken- töter, ist beim Gebrauch mit Akkumulatorensäure zu füllen. Um das Ge- räusch des Induktoriums während der Arbeit zu mindern, stellt man das Induktorium auf 2 Kautschukschläuche und verschließt es in einen Papp- kasten (nicht Holzkasten) mit aufklappbarem Deckel. Es ist nicht ratsam, das Induktorium weit vom Arbeitsplatz weg zu verlegen, weil öfters eine Einstellung der schwingenden Feder bei der Häufigkeit der Unterbre- chungen nötig wird. Mit gut platinierten Elektroden lassen sich bei Ver- wendung jedes beliebigen Induktoriums gute Messungen erzielen. Die Meßbrücke. Als Meßbrücke findet die Brückenwalze von Kohlrausch Verwendung, noch häufiger gestreckte Drähte von 1x10**c Länge mit geteilter Skala. Die Brückenwalze besteht aus einem etwa 3x 10”? c langen Platindraht oder Platiniridiumdraht, welcher in etwa 10 Windungen auf eine Marmorrolle auf- gewickelt ist. Ein Schleifkontakt teilt den Draht in zwei Hälften, deren Ver- hältnis unmittelbar abgelesen werden kann. Man dreht beim Gebrauch die Rolle. bis im Telephon ein Tonminimum hörbar wird. Die Brücken- walze ist teuer und ihre Genauigkeit nicht unentbehrlich bei sachgemäßer Verwendung der geraden Meßdrähte. Die sehr brauchbare Mebßbrücke nach Ostwald-Luther besteht aus 1x10+?c langem Platiniridiumdraht von 1x10=?c Durchmesser und 17 Ohm Widerstand, der auf einen weißen Millimetermaßstab gespannt ist. Ein Hartgummischlitten trägt die Kontakt- feder mit Platinspitze. Man erhält mit dieser einfachen Vorrichtung die aller- genauesten Resultate, wenn man vor Gebrauch mit Hilfe zweier geprüfter Widerstände die Lage der Mitte feststellt und alsdann ohne Verschiebung des Mittelkontaktes durch Stöpselung in einem geprüften Siemensschen Widerstandskasten den eingeschalteten Widerstand gleich dem zu messen- den Widerstande macht. Das Tonminimum im Telephon zeigt alsdann den Moment an, in dem bei Mittelstellung des Brückenkontaktes der Widerstand im Rheostat gleich dem gesuchten Widerstand ist. Diese Methode besitzt noch den Vorteil, daß sie ohne jede Rechnung die absoluten Widerstands- werte unmittelbar abzulesen gestattet. Man könnte bei diesem Verfahren allerdings die Meßbrücke durch zwei geprüfte genau gleiche Widerstände 4SS H. Friedenthal. ersetzen, aber zur vorläufigen Orientierung über die Größenanordnung des zu messenden Widerstandes ist die verschiebbare Mebbrücke vorzuziehen. Etwaige Fehler, bedingt durch Ungleichmäßigkeiten im Mefßdraht, sind bei Benutzung der Brücke in der Mittelstellung ausgeschaltet. Von der Benutzung von Mebbrücken mit unsymmetrisch angebrachter Skala, bei welchen das Ende der Skala in die Mitte des Drahtes verlegt ist, um Raum zu sparen, ist nach eigenen Erfahrungen abzuraten. Bei sehr ge- nauen Messungen ist es gut, die Mittellage des Schleifkontaktes jedesmal vor der Messung mit Hilfe zweier Normalwiderstände zu aichen. Widerstände. Von der Genauigkeit der gebrauchten Widerstände ist die Genauig- keit der Leitfähiekeitsmessungen bei Verwendung der Meßbrücke in Mittel- stellung unmittelbar abhängige. Man erhält jetzt im Handel so genau ge- aichte Präzisionsrheostaten mit Stöpselschaltung, daß bei sachgemäßer Reinhaltung der Stöpsel mit Hilfe von Petroleum der Fehler des Rheostaten ein Tausendstel des Sollwertes nicht überschreitet. Für die meisten Zwecke ist ein Kasten von 10-'! bis 10+** Ohm ausreichend: höhere Widerstände von 10° Ohm bis zu 10+° Ohm werden aus Graphit angefertigt. Die Widerstände sind in den Präzisionsrheostaten nach Art der Gewichts- sätze für Wagen angeordnet, so daß es gelingt, in kürzester Zeit jeden beliebigen Widerstand einzuschalten. Von. der Sorge über Ungleichheiten des Meßbrückendrahtes, welche früher ein mühsames und zeitrauben- des Nachkalibrieren nötig machte, ist man bei Verwendung der Präzi- sionsrheostaten befreit, besonders wenn man zwei genau gleiche Präzisions- rheostaten verwendet, deren Übereinstimmung die Unversehrtheit der Widerstände sicherstellt. Die Methoden der Meßdrahtkalibrierung sollen deshalb als veraltet an dieser Stelle nicht mehr besprochen werden. Die nötigen Anweisungen dazu gibt in ausführlicher Weise das früher bereits erwähnte Handbuch für physiko-chemische Messungen von Ostwald-Luther. Telephone. Die üblichen Telephone sind für elektrische Widerstandsmessungen brauchbar, man muß dafür sorgen, daß nicht durch Eisenteilchen, die zwischen die schwingende Platte und den Magnet geraten, das leichte An- sprechen des Telephons verhindert wird. Unter günstigen Umständen geht die Feinheit der Eimstellung bis zu 10° der Brückendrahtlänge, trotz- dem in den meisten Fällen das Telephon nicht zum Schweigen zu bringen ist, sondern nur ein Minimum der Tonstärke erreicht wird. Man stellt bei der Widerstandsmessung auf zwei Punkte links und rechts vom Minimum ein, bei welchen der Ton gleich laut erscheint. Der Eigenton des Unter- brechers, welcher schwer durch eine Einschachtelung des Induktoriums unhör- bar gemacht werden kann, erschwert bei Verwendung nur eines Tele- phons die Erkennung des Tonminimums. Der Verfasser verwendet deshalb Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 489 bei seinen Untersuchungen zwei parallel geschaltete Telephone, von welchen eines durch ein Stativ fest auf dem Tisch angebracht wird. Man legt das rechte Ohr gegen das feststehende Telephon und hält mit der linken Hand das zweite Telephon gegen das linke Ohr. Alsdann hat man die rechte Hand frei zur Verschiebung der Meßbrücke, resp. zur Stöpselung des Präzisionsrheostaten sowie zur Ein- und Ausschaltung des primären Strom- kreises. Ostwald rät bei Verwendung nur eines Telephones durch hohle (Glaskügelchen, welche in das unbenutzte Ohr gesteckt werden — Anti- phone —., die störenden Geräusche fernzuhalten. Die Verwendung zweier Telephone ist vorzuziehen. Verbesserung des Tonminimums durch Kondensatoren. Bei gut platinierten Elektroden wird man bei Untersuchung von Widerständen bis 10+* Ohm nicht auf Schwierigkeiten stoßen. Bei sehr großen Widerständen dagegen gelingt es oft nur mit Hilfe von Kunstgriffen, scharfe Tonminima zu erzielen; Widerstände von Millionen Ohm lassen sich mit Wechselströmen und Telephon nicht mehr be- stimmen. Man verwendet zur Verbesserung des Tonminimums bei sehr eroßen Widerständen Kondensatorkästen (käufliche) von veränderlicher Kapazität und ermittelt zunächst die Zweigleitung, welche des Kondensators bedarf. Beobachtet man eine Verbesserung des Tonminimums, so sucht man durch Stöpselung des Kondensators die passendste Kapazität. Einer Kondensatorladung der Elektrodengefäße, welche ein scharfes Tonminimum verhindert, kann nach Kohlrausch durch Benutzung von Petroleum- oder Paraffinbädern begegnet werden. Die Widerstände in dem Elektroden- gefäß dürfen nicht unter ein bestimmtes Maß sinken, damit nicht trotz des Wechselstromes Polarisation und damit eine Verschlechterung des Tonminimums eintritt. Für jeden Quadratzentimeter wirksamer Elektroden- oberfläche soll der Widerstand etwa 100 Ohm betraeen. Kann die Polarisation. nicht verhindert werden, so verwendet man kleine Tauch- elektroden in gut leitender Flüssigkeit (z. B. verdünnter Salzsäure), deren Spitzen sehr nahe beieinander stehen, in einer Nachbarleitung, indem man die Spitzen so tief eintaucht, daß ein gutes Tonminimum hörbar wird. Bei sehr großen Widerständen schlägt Kohlrausch vor, Telephon nnd Strom- quelle zu vertauschen und bei verschiedenen Einstellungen das Mittel zu nehmen. Bei Messungen von Widerständen zwischen hundert und zehn- tausend Ohm sind alle eben erwähnten Kunstgriffe überflüssig und Schwie- riekeiten für die Erlangung eines ausreichend scharfen Tonminimums in den Telephonen nicht zu erwarten. Widerstandsgefäße. Für die Messung der elektrischen Leitfähigkeit von Lösungen kommen Gefäße mit veränderlicher und solche mit unveränderlicher Kapazität in Betracht. Die ersteren (Fig. 523) vereinfachen die Rechnung, indem man den 490 H. Friedenthal. Widerstand oder die Kapazität des (refüßes auf eine runde Zahl bringen kann. Genauere Messungen erzielt man mit Gefäßen mit unveränderlicher Kapazität. Achtet man beim Einkauf darauf, dal die gläsernen Elektroden- halter wirklich starr miteinander verbunden sind, und dab die Dicke der Platinbleche ein Verbiegen des Metalles ausschließt, so kann man jahre- lang bis auf ein Promille konstante Kapazitäten desselben Gefäßes be- obachten und sich mit halbjähriger Aichung der Gefäße begnügen. Die Form der Elektroden und der Gefäße ist bei Beobachtung der oben an- gegebenen Vorsichtsmaßiregeln gleichgültig. Sehr konstant in ihrer Kapazität, aber dafür nicht ganz leicht zu reinigen, sind die Tauchelektroden von Kohlrausch (Fig. 522), Glasgefäßße mit Ein- und Austrittslöchern für die zu messende Flüssigkeit und im Innern angebrachten Platinblechen. Man muß) bei ihrer Verwendung größere Flüssigkeitsmengen zur Messung zur Verfügung haben und auf die Binnenreinigung ganz besondere Sorgfalt verwenden, er- zielt aber dafür sehr genaue Resultate. Der Biochemiker wird öfter als der Physiker in die Lage kommen, an ganz geringen Flüssig- keitsmengen Leitfähigkeitsmessungen aus- führen zu müssen. Seit 10 Jahren verwendet Verfasser zu diesem Zwecke kleine, selbstge- Fig. 523. Fig. 517. Fig. 518. fertigte Gefäße mit nur 1 cm® Inhalt, deren Kapazitätskonstanz trotz der draht- förmigen Elektroden sehr befriedigte (Fig. 521). Jetzt sind derartig kleine Widerstandsgefäße bereits im Handel zu haben und ihre Anschaffung für bio- chemische Untersuchungen sehr zu empfehlen. Messungen, die sich über mehrere Jahre erstreckten im Laboratorium des Verfassers, ergaben für ein Paar Kohl- rausch-V ersenkelektroden © =0'15537 + 000045, für ein offenes Elektroden- gefäb nach Ostiwald zum Umrühren des Inhaltes mit den Blechelektroden einge- richtet (Fig.518) C = 0.52271 + 00025 und für die selbstgefertigten Tauch- elektroden mit 1 cm® Flüssiekeitsinhalt, bei dem die Platindrähte in den Bauch einer 1 cm®-Vollpipette eingeschmolzen waren, © = 0'78525 + 0'005. Die (Genauigkeit der Leitfähigkeitsmessungen ist auch bei Verwendung von 1 em? Flüssigkeit völlig ausreichend. Man vergesse beim Arbeiten mit kleinen Flüssigkeitsmengen nicht, die Erwärmung durch den Meßstrom auf das geringst mögliche Mai) zurückzudämmen durch Verwendung ganz schwacher Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 491 Stromquellen und ganz kurzer Beobachtungszeiten. Die Tauchelektroden bedürfen einer sehr langen Zeit, einer noch längeren Zeit die Pipetten- elektroden für den Temperaturausgleich mit dem umgebenden Bade. Bei offenen Elektrodengefäßen fand es Verfasser in einzelnen Fällen praktisch, die Temperatur des Inhaltes durch kleine, in Zehntelgrade ge- teilte, geprüfte Normalthermometer mit einer Skala von nur 5° Länge zu messen, welehe während der Widerstandsmessung in der Lösung eingetaucht bleiben. Eine etwaige Erwärmung der Flüssigkeit durch die Wechselströme wird alsdann sofort sichtbar und meßbar und die Verwendung eines Bades kann umgangen werden. Ein Laboratorium, in welchem häufig maßgebliche Widerstandsmessungen ausgeführt werden sollen, tut gut, sich einen Satz solcher geprüfter Normalthermometer anzuschaffen, dessen Meßbereich von 0° bis 50° reicht. Bei Verwendung von Thermostatbädern zur Erwärmung der Elektrodengefälße kommt man allerdings mit einem einzigen genau geaichten Normalthermometer mit Zehntelteilung der Grade aus, aber die Dauer der Versuche ist sehr verlängert und kleine Fehler durch unbe- achtete Erwärmung der zu messenden Flüssigkeit sind nicht ausgeschlossen. Platinieren der Elektroden. Mit unplatinierten Elektroden ist ein brauchbares Tonminimum für gewöhnlich nicht zu erzielen. Man taucht die Elektrodenbleche zunächst in konzentrierte Kalilauge, dann in Wasser, dann in starke Salpetersäure und spült nochmals mit Wasser nach. Den Platinüberzug stellt man her, indem man bei mäßiger Gasentwicklung einen elektrischen Strom durch die Elektroden sendet, in einer Lösung, welche 3°/, des käuflichen Platin- chlorids und zugleich 0'025°/, Bleiacetat enthält. Mit 4 Volt Spannung erreicht man die passende Stromdichte zur Platinierung. Die Lummer- Kurlbaumsche Platinierungsflüssigkeit ist käuflich zu haben. In kurzer Zeit bedecken sich die Elektroden bei wiederholter Stromumkehrung gleich- mäßig mit einem samtschwarzen Überzug von fein verteiltem Platinmohr. Nach 4 bis 8 Minuten ist die Platinierung vollendet. Der Bleizusatz ver- bessert die Elektrodenwirkung um das Fünf- bis Zehnfache. Nach dem Plati- nieren sind die Elektroden in fließendem Wasser gründlich abzuspülen und in 1°/,iger Kochsalzlösung durch einen Strom von 4 Volt Spannung zu leb- hafter Wasserstoffentwicklung anzuregen. Die beiden Elektroden verbunden, müssen dabei die Kathode, ein drittes Platinblech die Anode bilden. Das beim Platinieren vom Platinmohr absorbierte Chlor wird dadurch reduziert und in leicht entfernbare Salzsäure verwandelt. Das letzte Auswaschen der platinierten Elektroden geschieht in Leitfähigkeitswasser und wird fortgesetzt, bis die Leitfähigkeit des Wassers durch Eintauchen der Elek- troden sich innerhalb 5 Minuten nicht mehr ändert. Man bewahre die gut platinierten Elektroden in Wasser auf, da sie beim Eintrocknen an der Luft sich manchmal schwer wieder benetzen. Ein- tauchen in Alkohol oder elektrisches Entwickeln von Wasserstoff stellt die 4092 H. Friedenthal. Benetzbarkeit meist rasch wieder her, sonst müssen die Elektroden von neuem platiniert werden. Platinierte Elektroden absorbieren so stark Alkalien und Säuren, dab bei sehr verdünnten Lösungen Fehler entstehen können, wenn man geringe Mengen von Flüssigkeit verwendet. Wiederholtes Erneuern der Meßflüssiekeit ist in diesem Falle ratsam, da blanke Elek- troden, welche nicht absorbieren, nur schwer ausreichende Tonminima er- zielen lassen. Die Widerstandsgefäße wähle man aus Quarz oder Jenenser (las und dämpfe sie vor Gebrauch in strömendem Dampfe tüchtig aus, wenn sie aus gewöhnlichem Glase bestehen. Der Dämpfapparat nach Abegg besteht aus einer Kochflasche mit in den Kork eingesetztem Glastrichter. In seinem Innern trägt der Glastrichter ein eingestecktes Glasrohr nebst einem zweiten englumieen kurzen Glasröhrchen. Steckt man die zu reini- sende Glasflasche über das lange Glasrohr im Innern des Trichters und bringt das Wasser in der Kochflasche zu lebhaftem Sieden, so spült der entstehende Dampfstrahl das zu reinigende Gefäß aus und löst alle leicht löslichen Teile der Glasoberfläche aus. Das herabfließende Wasser gelangt durch das kurze Seitenröhrchen wieder in die Flasche. Nach viertelstündigem Ausdämpfen bläst man das reine Glasgefäl mit Hilfe eines Blasebalges trocken. Gefäße aus schlechtem Glase kann man durch Überziehen mit geschmolzenem Paraffin für Leitfähigkeitsmessungen in der Kälte brauch- bar machen. Weil der gemessene Widerstand nicht ganz allein von dem Widerstand der Lösung abhängt, sondern auch von dem Widerstand der Zuleitungsdrähte, so wählt man in beiden Stromkreisen genau gleich lange Zuleitungsdrähte von gleichem Querschnitt. Ein Kupferdraht von 10+2e Länge und 10=!c Dicke besitzt nur einen Widerstand von !/,, Ohm. Es werden alle Fehler schon bei annähernd gleicher Länge der Zuleitungs- drähte vermieden, man braucht daher den Widerstand der benutzten Drähte nicht zu kennen und nicht in Rechnung zu ziehen. Leitfähigkeitswasser. In großen Glasballons ist doppelt destilliertes Wasser im Handel er- hältlich, welches eine Leitfähigkeit von etwa 6x 107 bis 1x 10% auf- weist, wenn mit genügender Sorefalt der Korken mit dem Abflußrohr auf- gesetzt wird und die neu eintretende Luft durch ein Natronkalkrohr von Kohlensäure befreit wird. Die Selbstbereitung von Leitfähigkeitswasser kostet ein Vielfaches, ohne die gleiche Sicherheit guter Ergebnisse zu bieten. Destilliert man Wasser erst über Ätznatron, dann über Phosphorsäure, so befreit man es von flüchtigen Säuren und von Ammoniak, muß aber das Hinzutreten neuer Kohlensäure aus der Luft sorgfältig verhindern. Bringt man gewöhnlich destilliertes Wasser zum Gefrieren und gießt die Hälfte als flüssigen Rest fort, so kann man die Leitfähigkeit erheblich herabsetzen. Aller- reinstes Wasser besitzt eine Leitfähigkeit von 4x 1078. In Berührung mit Luft kann man allerhöchstens 6 x 1077 erreichen. Mit Wasser vom Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 493 Leitvermögen 1x 10% lassen sich sehr genaue Bestimmungen ausführen. Die Reinigung von Wasser durch Hindurchleiten von Luft, welche durch ein meterlanges Natronkalkrohr von Kohlensäure befreit ist, ist umständlich und führt nicht immer zum Ziel, manchmal verschlechtert sich das benutzte Wasser, weil die Kohlensäure nicht die einzige Verunreinigung der Labo- ratoriumsluft zu sein pflegt. Man hat es übrigens in der Hand, das Leit- vermögen von mäßigem Wasser zu bestimmen und von dem Leitvermögen der mit dem Wasser bereiteten Lösung abzuziehen. Dann erhält man die Leitfähigkeit der Lösung in reinem Wasser annähernd genau. Die Ände- rung des Leitvermögens des Wassers mit der Temperatur kann man im Mittel auf 2°/, für jeden Ce'siusgrad annehmen. Thermostaten. Die meisten Leitfähigkeiten sind für 18° oder für 25° C bestimmt worden, für den Biochemiker hat noch die Bestimmung bei 38° in vielen Fällen erhöhtes Interesse. Hat man große Flüssigkeitsmengen zur Ver- fügung, so genügt es, während der Widerstandsmessung durch ein hinein- gehängtes Normalthermometer die Temperatur ohne äußeres Flüssigkeits- bad zu bestimmen, im anderen Falle muß man Flüssiekeitsbäder mit konstant gehaltener Temperatur verwenden. Besitzt das Laboratorium elektrischen Anschluß, so kann man durch Glühbirnen sehr rasch konstante Wassertemperaturen erzielen ohne jede Regulierung; für Präzisionsmessungen dienen große Wasserbäder mit Gasheizung oder elektrischer Heizung, bei welchen durch Regulatoren die Wärmezufuhr bei Erreichung der ge- wünschten Temperatur abgestellt wird. Die Thermostaten haben den Übel- stand, dal sie große Wasserdampfmengen entsenden und die Luft mit halbverbranntem Gase und Quecksilberdampf verschlechtern. Verfasser schlägt daner vor, die Thermostaten durch eine ins Wasser gelegte elektrische Kochplatte. bei welcher die Heizdrähte durch Einbettung in Emaille geschützt sind, zu erwärmen und durch vorgelegten Wider- stand die gewünschte Temperatur, welche konstant gehalten werden soll, zu regeln. Eine Rührvorrichtung, getrieben durch einen Heißluftmotor oder einfacher durch ein leichtes Windrad, sorgt für ausgiebige Durchmischung der Badflüssigkeit. Wie genau die Temperaturen festgestellt werden müssen bei exakten Messungen, ersieht man aus der Feststellung, daß die meisten Elektrolyte bei 1° Temperatursteigerung ihr Leitvermögen um etwa 2°), verbessern. Es sei daher an dieser Stelle darauf hingewiesen, dab auch geprüfte Thermometer ihren Nullpunkt ändern und daher jedes Semester nachgeprüft werden müssen, und daß es sehr schwer, wenn nicht un- möglich ist, ohne Verwendung mehrerer neugeprüfter Thermometer eine Temperatur auf ein Hundertstel Grad genau zu definieren. Bei Gefrier- punktsbestimmungen wird der Neuling gewöhnlich zuerst darauf aufmerk- sam, wie schwierig es ist, selbst den Gefrierpunkt reinsten Wassers auf ein Hundertstel Grad genau zu reproduzieren. Die Abweichungen verschie- 494 H. Friedenthal. dener Autoren bei Bestimmung der Leitfähigkeit derselben Stoffe beruhen zum allergrößten Teil auf der Schwierigkeit der Thermometervergleichung. Aufstellung der Apparate zur Widerstandsmessung von Lösungen. Hat man alle notwendigen Apparate in der oben beschriebenen Weise einzeln geprüft und vorbehandelt, so geht die Aufstellung der Versuchs- Fig. 524. anordnung und die Ausführung der Messungen sehr rasch vor sich. Man füllt zunächst den Kondensator (Funkentöter) am Induktorium mit sechs- fach verdünnter (vorher konzentrierter) Schwefelsäure und schaltet eine Wippe in den primären Stromkreis, bei deren Umlegen der Strom des Elementes oder der Trockenbatterie zum Induktorium gelangt. Jetzt er- mittelt man den richtigen Abstand der Feder am Unterbrecher, welcher bei den kleinsten Induktorien weniger als 5x10=?c betragen soll. Ist Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 495 der Abstand richtig gewählt, so ertönt der Mückenton des Induktoriums bei jedem Umlegen der Wippe, welche den primären Stromkreis schließt. Jetzt bedeckt man das Induktorium mit 2 Pappschachteln von uneleicher Größe, um den Ton zu mildern, stellt das auf 2 Schläuchen ruhende Induk- torium aber so nahe der rechten Hand am Arbeitsplatze auf, daß ein Nachstellen der Unterbrecherfeder ohne Versuchsstörung vor sich gehen kann. ‚Jetzt verbindet man die Pole der Sekundärspule mit zwei gleich- langen Drähten mit den Enden der Meßbrücke. Ist dies geschehen, so ver- bindet man das linke Ende der Meßbrücke durch einen genau gemessenen, nicht zu schwachen, umsponnenen Kupferdraht mit dem einen Pole des Widerstandsgefäßes und den anderen Pol durch einen genau gleichlangen und gleichstarken Draht mit einem Pol des Stöpselrheostaten. Durch einen genau doppelt so langen Draht wird alsdann die zweite Klemme des Stöpsel- rheostaten mit dem rechten Ende der Meßbrücke verbunden. Nachdem man sich überzeugt hat, daß die 4 Schnüre der Telephone gleich lang sind, verbindet man jedes Telephon einerseits mit dem verschiebbaren Kontakt in der Mitte der Meßbrücke, andrerseits mit derjenigen Klemme des Rheostaten, welche mit dem Widerstandsgefäß verbunden ist. Mit Hilfe eines Statives wird das eine Telephon in solcher Lage fest fixiert, dab man das rechte Ohr von seinem Sitz aus bequem und fest anlegen kann, während man mit der linken Hand das zweite Telephon fest gegen das linke Ohr preßt. Mit der rechten Hand zieht man versuchsweise einen Stöpsel aus dem Rheostaten, schaltet die Wippe zum Induktorium und nach Anhören des Telephongeräusches sofort zurück. Hört man keinen Ton, so arbeitet das Induktorium nicht und es ist nötig, dessen Unterbrecher von neuem einzustellen. Der Schleifkontakt der Meßbrücke stand bei Beginn des Ver- suches genau in der Mitte. Nach einem zweiten Umschalten der Wippe versucht man, ob durch Verschieben des Schleifkontaktes nach rechts das Telephongeräusch lauter oder leiser ertönt. Wird der Ton lauter, so ist der gestöpselte Widerstand zu groß, wird er leiser, ist er zu klein. Jetzt stellt man den Schleifkontakt wieder auf die Mitte der Brücke ein, mit Hilfe einer Lupe, und sucht durch Benutzung des Rheostaten gleich dem Gewichtssatz einer Wage denjenigen Widerstand im rechten Stromkreise, bei welchem das Telephon ein Minimum erkennen läßt. Hat man wenig Zeit, so kann man auch durch Verschieben des Schleifkontaktes eine vor- läufige Widerstandsmessung ausführen. Es verhält sich bei Erreichen des Tonminimums der gesuchte Widerstand zur linken Meßdrahtstrecke wie der Rheostatenwiderstand zur rechten Meßdrahtstrecke. Ist die linke Meß- drahtteilstrecke a zentimeterlang, beträgt der Widerstand im Rheostaten b Ohm, so ist der gesuchte Widerstand im Meßgefälß in Ohm x = _. U ut Hat man den Widerstand der Lösung einigemal mit konstantem Resultat ermittelt, so liest man die Temperatur der zu messenden Flüssigkeit am hineingesteckten Thermometer mit Hilfe einer Lupe ab, wartet kurze Zeit und wiederholt alsdann mit ganz kurz dauerndem Schluß) der Wippe den Versuch. 496 H. Friedenthal. Wird jetzt das Telephongeräusch bei der kleinsten Verschiebung des Schleifkontaktes nach links oder rechts lauter, so ist die Widerstands- bestimmung beendet und der gesuchte Widerstand der Flüssigkeit gleich dem Widerstand im Rheostaten. Alle Rechenfehler sind damit ausgeschaltet. Bestimmt man jetzt auf gleiche Weise den Widerstand bei einer anderen Temperatur und findet eine Verminderung des Widerstandes um 2°/, auf einen Celsiuserad, so hat man eine verstärkte Sicherheit, daß alle be- nutzten Vergleichsmaße in brauchbarem Zustande sich befanden. Stellt man das Widerstandsgefäß in einen Thermostaten, so dauert es geraume Zeit, bis eine Temperaturkonstanz im Meßgefäß eintritt, man tut daher gut, bei Bestimmung mehrerer Lösungen mehrere Widerstandsgefäße in den Thermostaten gleichzeitig einzustellen. Berechnung der elektrischen Leitfähigkeit einer Lösung aus einer Widerstandsmessung. Mit der experimentellen Bestimmung des Widerstandes einer Lösung in einem Gefäße von bekannten Dimensionen sind alle Daten zur Berech- nung der Leitfähigkeit dieser Lösung gegeben. Die Leitfähigkeit eines Raumteiles ist gleich dem reziproken Wert seines Widerstandes. Als Ein- heit der Leitfähigkeit bezeichnet man die Leitfähigkeit eines Körpers, von dem eine Säule von l1cm Länge und 1cm? Querschnitt den Widerstand von 10hm besitzt. Die Widerstandskapazität des Meßgefäßes ist diejenige Größe, welche angibt, welchen Widerstand eine Lösung, deren Leitfähig- keit gleich der Einheit ist, in diesem Gefäße haben würde. Hat eine Lö- sung, welche sich zwischen zwei Elektroden von 1cm Entfernung und je lcm? Oberfläche befindet, einen Widerstand von Ohm, so ist das Leit- 1 K vermögen dieser Lösung gleich K. Um die Widerstandskapazität des Meb- gefäßes zu bestimmen, braucht man nur den Widerstand W einer Lösung von bereits bekanntem Leitvermögen K in dem Gefäße zu bestimmen. Er- mittelt man den Widerstand einer Lösung von bekanntem Leitvermögen K im Meßgefäß zu WOhm, so ist die Widerstandskapazität dieses Gefäßes C=KxW. Diese Widerstandskapazität des Gefäßes ist mit Hilfe mehrerer Standardlösungen genau zu bestimmen. Nehme ich eine andere Lösung, so verhalten sich die Leitvermögen umgekehrt wie die beobachteten Wider- . = oder C=KY\W. Ku= oder Kı=yr- Kenne ich daher C und messe den Widerstand einer Lösung in demselben Gefäß (W,). so kann ich deren spezifische Leitfähigkeit (K) berechnen. stände. d.h. Normalflüssigkeiten zur Bestimmung der Widerstandskapazität der Meßigefäße. Als Aichflüssiekeit eignet sich vorzüglich Chlorkaliumlösung von be- kanntem Gehalt. Enthält eine Lösung bei 18°C 7460g KCl (also 747g Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 497 in Luft mit Messinggewichten gewogen) in r Litern, so ist ihre spezifische Leitfähigkeit K nach Ostwald-Luther, Handbuch, S. 407: 90 =] re r==50 r=100 < R=00654 ' K=0:00716 'K=000522% 0000776 t=10% 0.0832 000954 0:001996 0001019 t>=180 00983 0°01120 0002399 0:001224 i=25° 01118 0°01289 0.002768 0001412 Man verwende Kahlbaumsches Präparat und addiere bei sehr genauen Messungen zu den Zahlen für '/;.n- und !/,.. n-KCl noch die spezifische Leitfähigkeit des benutzten Wassers. Vor der Wägung wird das Salz mit absolutem Alkohol von Feuchtigkeit befreit und durch Erwärmen ge- trocknet. Sehr praktisch fand Verfasser die Darstellung des Temperaturganges der benutzten „„-Chlorkaliumlösung auf Millimeterpapier in einer Kurve, welche die Leitfähigkeiten bei den Zwischentemperaturen sofort abzulesen gestattet. Rechenfehler werden bei diesem graphischen Verfahren vermieden. Die Kurve der Leitfähigkeiten bei den obigen Temperaturen ist eine ge- rade Linie, die Ablesung daher die denkbar einfachste. Kohlrausch empfahl verschiedene haltbare Normallösungen: 1. Schwefelsäure 206 cm® der käuflichen reinen, konzentrierten Schwefelsäure werden in Wasser gegossen und mit Wasser auf 11 verdünnt. K,;=Leitvermögen bei 18°C 07398. 2. Magnesiumsulfatlösung 4249 trockenes (M&SO, + 7H,0) Bitter- salz zu 12 aufgelöst. K,,= 004922. 3. Gesättigte Gipslösung. 19 auf 12 Wasser K,=0'001891. 4. Gesättigte Chlornatriumlösung. 3609 NaCl m 1! Wasser K,= =30:23161: Verdunstungen beeinflussen die Leitfähigkeit obiger Lösungen nicht wesentlich, da diese ein Maximum der Leitfähigkeit bei diesen Konzentra- tionen aufweisen. Es empfiehlt sich der Selbstkontrolle halber, die Kapazität der Widerstandsgefäße mit mehreren dieser Lösungen zu bestimmen. Außer der spezifischen Leitfähigkeit von Lösungen vergleicht man die Äquivalentleitfähigkeit verschiedener Stoffe. Die Konzentration wird alsdann angegeben durch die Zahl der Äquivalente in der Volumeinheit, d. h. im Kubikzentimeter. Das Äquivalentleitvermögen einer Lösung wird mit A bezeichnet, n bezeichnet die Zahl der Grammäquivalente in lcm® Lösung, =— das Volum der Lösung in Kubikzentimetern, welches ein Grammäquivalent enthält. Dann lautet die einfache Formel zur Berei- tung der Äquivalentleitfähigkeit A, Ö new C ist die oben beschriebene Widerstandskapazität des Mefigefäßes, W der experimentell ermittelte Widerstand der Lösung in Ohm bei Mittelstellung Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 32 498 H. Friedenthal. der Brücke. Die älteren Einheiten sollen an dieser Stelle nicht mehr be- sprochen werden, es sei hier nur angegeben, daß man das Äquivalentleit- vermögen A einer Lösung findet bei Angabe von u=dem molekularen Leit- vermögen, wenn man letzteres mit 10 +7 x 1'063 multipliziert, doch gilt diese Umrechnung nur für diejenigen Substanzen, deren Äquivalentleitver- mögen gleich dem molekularen Leitvermögen ist. Nähere Angaben über die älteren Werte findet man in Hamburger, 1, S. 124. Will man die Konzentration einer 1°/,igen Kochsalzlösung in Äqui- valenten angeben, so berechnet man zunächst das Gewicht eines Äquivalentes Kochsalz in Grammen, 3559 + 239 =58'5g. Eine 1°/,ige Lösung ent- hält im Kubikzentimeter - — 0000171 Grammäquivalente. 585 x 100 Bestimmung des Temperaturkoeffizienten einer Lösung. 2; Unter dem Temperaturkoeffizienten versteht man das Verhältnis des Zuwachses des Leitvermögens bei einer Temperaturerhöhunge um 1° C zu dem ganzen Leitvermögen. Das Leitvermögen ändert sich allerdings nicht immer gleichmäßig mit der Temperatur, aber für kleinere Temperatur- intervalle kann man Gleichmäßiekeit voraussetzen. Nennen wir die Leit- fähigkeit bei der Temperatur to, Ko und bei der Temperatur t,, K,, so ist 1 Kı — ko Ko th —b leitvermögen bei einer bestimmten Temperatur so ermittelt und will den Wert des Leitvermögens bei einer anderen Temperatur wissen, so bedient man sich der allgemeinen Formel Kt =Ko(1+cxt). Der Temperatur- koeffizient ist von der Verdünnung der Lösungen in sehr geringem Grade abhängig und bei einer ganzen Reihe der wichtigsten tierischen und pflanzlichen Säfte ist er nicht bekannt. Wer sich praktisch mit Leit- fähigkeitsbestimmungen beschäftigt, findet alle wissenswerten Daten in dem Buch von F. Kohlrausch und L. Holborn, Das Leitvermögen der Elektro- Iyten insbesondere der Lösungen. Leipzig, B.G. Teubners Verlag. Es wurde deshalb von einem Abdruck von Tabellen an dieser Stelle Abstand genommen. Hat man das Äquivalent- der Temperaturkoeffizient Ct = Ausführung von Gefrierpunktsbestimmungen. Neben der Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit von Lösungen findet die Bestimmung des osmotischen Druckes von Lösungen mit Hilfe der Methode der Gefrierpunktsbestimmungen so allgemeine Anwendung, daß die Kenntnis der Ausführung von Gefrierpunktsbestimmungen von jedem biochemisch Arbeitenden verlangt werden muß). Die Methode basiert auf der Tatsache, dal gelöste Stoffe den Ge- frierpunkt von Flüssigkeiten herabsetzen, und zwar ist im Idealfall die Erniedrigung proportional der Zahl der gelösten Grammoleküle Substanz. Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 499 Soweit die Annäherung an den Idealfall genügend verwirklicht ist, kann man daher aus der Erniedrigung des Gefrierpunktes von Lösungen die Zahl der in der Volumeinheit gelösten Moleküle unabhängig von deren chemischer Natur unmittelbar bestimmen, sobald man den Gefrier- punkt einer gleichartigen Lösung von bekannter Molekularkonzentration ermittelt hat. Für Wasser hat sich ergeben, daß) in vielen Fällen, unabhängig von der Natur der gelösten Stoffe, ein Grammbolekül in der Volumeneinheit (Kubikzenti- meter) gelöst, den Gefrierpunkt des Wassers um 1880° © herabsetzen würde. In der Literatur findet sich diese Standardzahl, die Gefrierkonstante des Wassers, meist zu 18°8 angegeben, indem man zum Ausgangspunkt nicht die Gefrierpunktserniedrigung bei Lösung eines Grammoleküles Substanz in der Volumeneinheit genommen hat, sondern für 100 g Wasser die Gefrier- punktserniedrigung durch ein Grammolekül Substanz gewählt hat. Es ist nur eine Frage der Zeit, daß die allgemeine Anwendung des Zentimeter- grammsekundensystems der Buntscheckigkeit der benutzten physikalischen Konstanten ein Ende bereiten wird. Hat man die Konstante für ein be- stimmtes Lösungsmittel experimentell bestimmt, so findet man die Zahl der in der Volumeneinheit (Kubikzentimeter) einer Lösung von bekannter Gefrierpunktserniedrigung A gelösten Grammoleküle nach der Gleichung ZEN. A Dee 1880 Besitzt ein Stoff das bekannte Molekulargewicht M, so können wir K nach der Formel M = u für jede Konzentration in Prozenten (p) Gramm pro 100 cm? Lösung, die zugehörige Gefrierpunktserniedrigung A aus- rechnen, für jede Gefrierpunktserniedrigung die zugehörige Konzentration. Das unbekannte Molekulargewicht findet man nach derselben Formel durch Ermittlung der Gefrierpunktserniedrigung bei einer bekannten Konzentration. Die Ermittlung des Molekulargewichtes chemischer Substanzen durch Be- stimmung der Gefrierpunktserniedrigung von Lösungen ist eine vom Bio- chemiker häufig verlangte Aufgabe. Der osmotische Druck einer Lösung ist der Maximaldruck, welcher in einer Zelle mit einer Membran, die nur für das Lösungsmittel durch- gängig ist, erzeugt wird bei Eintauchen in das reine Lösungsmittel nach Füllen der Zelle mit der zu untersuchenden Lösung. Membranen, welche nur für das Lösungsmittel einer Lösung durcheängig sind, nennt man semipermeable Membranen. Der mechanisch meßbare Druck, welcher durch das Eindringen von neuem Lösungsmittel in eine mit Lösung einer Substanz gefüllte Zelle ausgeübt wird, ist bei sehr verdünnten Lösungen genau gleich dem Gasdruck, welchen die gelöste Substanz in demselben Raumteil für sich als Gas ausüben würde. Dieser Gasdruck, der von der chemischen Natur des Gases ganz unabhängig ist, beträgt für ein Grammolekül eines idealen undissoziierten Gases 2314 x 10 7° g pro Quadratzentimeter bei 0°. Für eine andere Temperatur gilt die Gleichung [P., der Gasdruck bei der 32* 500 H. Friedenthal. k t } i Temperatur t Grad] Pt = 2314 x 10 +7 1 + 57) Gewöhnlich findet man die Angabe, daß der osmotische Druck bei 0° 22:34 Atmosphären be- trägt, wenn nämlich ein Grammolekül im Liter gelöst wird. Für die Flüssigkeiten der Warmblüter wäre es praktisch, den osmotischen Druck stets für 38%, also für die Durchschnittstemperatur der Warmblüter zu berechnen. Die molekulare Gefrierpunktserniedrigung des Wassers ist experimentell zu 185x10+* bis 1'°89x 10+* bestimmt worden. Van’t Hoff lehrte die Gre- frierkonstante für jedes Lösungsmittel K zu berechnen, wenn die absolute Gefriertemperatur T desselben und die latente Schmelzwärme in Kalorien W bekannt ist. Thermodynamische Erwägungen führten ihn zu der Formel 19.991 T? N molekulare Gefrierpunktserniedrigung des Wassers, so müssen wir setzen = 23. W= 80, K m = EL 80 Beckmannschen Apparaten mit nicht ganz unbeträchtlicher Unterkühlung erhält man nach Versuchen des Verfassers mit der Konstanten 18.900 die genauesten Resultate. Für jedes andere Lösungsmittel läßt sich nach der obigen Formel die Gefrierkonstante berechnen oder, falls diese experi- mentell ermittelt wurde, die latente Schmelzwärme berechnen. Die Genauig- keit der Molekulargewichtsbestimmungen wird um so größer, je größer die Gefrierkonstante, je kleiner also die Schmelzwärme des Lösungsmittels ist. Wasser besitzt die kleinste Gefrierkonstante unter den üblichen Lösungs- mitteln und erfordert daher die größte Präzision bei der Ausführung der Gefrierpunktsbestimmungen. K (die Gefrierpunktskonstante) = Berechnen wir darnach die — 18.500. Für Arbeiten mit den Ausführung von Gefrierpunktsbestimmungen. Am häufigsten kommt der Biochemiker in die Lage, in wässeriger Lösung Gefrierpunktsbestimmungen auszuführen. Das Instrument, welches die Grundlage für die Genauigkeit der Messungen abgibt, ist das leider etwas veränderliche Thermometer. Da die elektrischen Einheiten sich viel leichter genau reproduzieren lassen als Temperaturen, ist auch die Methode der elektrischen Leitfähigkeitsmessung bedeutend leichter zu großer Genau- igkeit zu treiben als Gefrierpunktsbestimmungen. Hat man ein Thermo- meter in Hundertstelgrade geteilt, so daß man bei Ablesen mit der Lupe die Tausendstel schätzen kann, von der Reichsanstalt mit amtlichem Prüfungs- schein versehen, so dauert die Sicherheit, konstanten Nullpunkt des Instru- mentes zu bewahren, nur kurze Zeit, selbst wenn man grobe Temperatur- schwankungen durch Aufbewahren des Instrumentes in einem Keller vermeidet. Die großen Quecksilbermassen der Beckmannschen Thermometer oder gar von solchen, bei welchen einzelne Grade in Tausendstel geteilt sind, lassen sehr leicht Nullpunktsschwankungen von einigen Tausendsteln Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 501 Grad während des Gebrauchs eintreten. Nernst und Abegg schlagen deshalb vor, bei Präzisionsmessungen stets zwei getrennte Apparate mit zwei Thermo- metern zu benutzen. Wer dies nicht tut, muß es vermeiden, Genauiekeiten über 0'01° bei Gefrierpunktsmessungen anzustreben. Die Gefrierpunktsmessungen wässeriger Lösung in den einfachsten Apparaten (vgl. Fig. 525) werden in der Weise ausgeführt, dal man die Außengefäße mit einem Gemenge von Eis und Kochsalz füllt und soviel Wasser aufeießt, dal der in Grade geteilte Außenthermometer etwa 2° Kälte anzeigt nach gleichmäßigem Um- rühren. Jetzt taucht man das mit etwa 25 cm3 Leitfähigkeitswasser beschickte Innengefäß, in welchem sich das geprüfte Thermometer mit Hundertstelteilung befindet, direkt in die Auben- lösung und beobachtet unter gleichmäßigem Rühren mit dem Platinrührer das Fallen des Thermometers. Wenn die Temperatur unter Null gesunken ist, wird das Thermo- meter bei einem bestimmten Punkte anfangen zu steigen, nämlich dann, wenn in der unterkühlten Flüssigkeit die erste Abscheidung von Eiskristallen beginnt. Sowie das Thermometer zu steigen beginnt, nimmt man es aus der Kältemischung, setzt es in den inneren Luftmantel und beobachtet unter gleichmäßigem Rühren die Tem- peratur. Zeigt die Ablesung mit der Lupe, dal das Queck- silber seinen höchsten Stand erreicht hat und nur noch Schwankungen von höchstens ein Hundertstelgrad sich beobachten lassen, so ist der erste Versuch beendet, welcher angibt, bei welcher Temperatur reines Wasser unter den Bedingungen der Versuchsanordnung gefriert. In den seltensten Fällen wird dieser Punkt der am Thermometer angegebene Nullpunkt sein, sondern in den meisten Fällen und oft beträchtlich darüber liegen. Das Mittel der abgelesenen Endtemperaturen betrachtet man nach mehrfachem Wiederauftauen und Gefrieren als den wahren Gefrierpunkt des Wassers und bezieht auf diesen als Nullpunkt, und nicht auf den Nullpunkt der Thermo- meterskala, die später beobachteten Gefrierpunktserniedri- gungen. Nach Feststellung des Gefrierpunktes vom Wasser füllt man die Innenzylinder mit einer Lösung von bekannter Konzentration und ermittelt von neuem den Gefrierpunkt. Es ist dabei vorausgesetzt, daß der Gefrier- punkt der untersuchten Lösung oberhalb von 2° Kälte gelegen ist, sonst muß man die Feststellung des Nullpunktes bei kälteren Außentempe- raturen wiederholen, denn es ist wesentlich, dal) Lösung und Lösungsmittel bei denselben Außentemperaturen zum (Gefrieren gebracht werden. Hat man sich von dem Gefrierpunkt der Lösung überzeugt, so prüft man mit r Hilfe der oben angegebenen Formel MP ob das bekannte Molekular- gewicht der benutzten gelösten Substanz mit genügender Annäherung bei 502 H. Friedenthal. Einsetzen der bekannten Konzentration (p) und der ermittelten Gefrier- punktserniedrigung A sich berechnen läßt. Eine Abweichung unter 2°/, des theoretischen Molekulargewichtes bei nicht dissoziierenden Substanzen ist als Beweis für richtige Handhabung des einfachen Gefrierapparates anzu- sehen. Man kann gleich bei diesen ersten orientierenden Versuchen sich davon überzeugen, ob man eine erößere Annäherung an den theoretischen Wert erhält, wenn man als Konstante des Apparates 18.900 oder, wenn man 18.500 wählt. Als experimentelle Schwierigkeiten bei Ausführung der Gefrierpunkts- bestimmungen in der obigen einfachen Form kommen in Betracht: Versagen der Eisabscheidung bei Erreichung der Temperatur des Außenzylinders, also unbeabsichtigt starke Unterkühlung und ferner Hängenbleiben des engen Quecksilberfadens im Thermometer an einer falschen Stelle. Die erstge- nannte Schwierigkeit wird durch das sogenannte Impfen der Innenflüssig- keit beseitigt. Zu diesem Zwecke ist den Gefrierapparaten ein kleiner Impfstift beigegeben, bestehend aus einem Glasröhrchen mit einem Watte- bäuschchen als Spitze. Tränkt man diese Watte mit etwas Wasser und senkt den durch ein Außenrohr geschützten Impfstift in die Kältemischung, so gefriert das Wasser im Wattebausch und veranlaßt bei Berühren des Platinrührers mit den Eiskristallen und Versenken des Rührers in die unterkühlte Lösung momentane Eisausscheidung, d. h. den Beginn des (refrierens. Man hat es mit Hilfe des Impfstiftes also in der Hand, bei welcher Temperatur man die Unterkühlung der Versuchslösung unter- brechen will. Gegen das Hängenbleiben des Quecksilberfadens im Thermo- meterrohr schützt gelindes Klopfen des Thermometers auf die Endkugel mit einem Korkhammer. Bei einigen käuflichen Gefrierapparaten wird durch ein elektrisches Rührwerk der Platinrührer in gleichmäßige Bewegung gesetzt und zugleich das Klopfen auf das Thermometer durch einen Kork- hammer betätigt. Unbedingt notwendig sind diese mechanischen Hilfsmittel bei Ausführung einfacher Messungen aber nicht. Präzisionsmessungen der Gefrierpunktserniedrigung. Präzisionsmessungen der (efrierpunktserniedrigung bis auf einige Tausendstel Grade Genauigkeit erfordern eine viel kompliziertere Apparatur als bisher beschrieben. Das einfachste Hilfsmittel, eine erheblichere Genauig- keit zu erzielen, ist, wie oben angegeben, die Verwendung zweier Apparate von gleichem Bau. Die Verwendung großer Mengen von Lösung bewirkt ebenfalls konstante Gefriertemperaturen. Vor allem ist aber auf genaue jeobachtung und Konstanz der Außentemperatur Gewicht zu legen sowie auf Innehaltung einer ganz geringen Unterkühlung und einer sehr geringen Differenz der Temperaturen zwischen Außengefäß und gefrierender Lösung. Die Außenthermometer sollen bei Präzisionsmessungen in Zehntelgrade ge- teilt und ebenfalls geprüft sein. Wodurch die Temperaturkonstanz im Innen- gefäb erzielt wird, ist gleichgültig. Bei einem Teil der Apparate (Fig.526) wird Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 503 die Kälte erzeugt durch gleichmäßiges Saugen von getrockneter Luft durch Äther, bei anderen Apparaten durch Verwendung flüssiger Luft und Dewar- scher Gefäße, am bequemsten in geeigneten Fällen durch Verwendung eines Kryohydrates von Eis und gepulvertem Kalialaun, welches eine Tempe- ratur von — 0'47° recht lange konstant zu halten ermöglicht. Da die verschiedenen Unterkühlungen einen Einfluß auf die Resultate ausüben, so bestimmt man bei sehr genauen Untersuchungen die Gefriertemperaturen für verschiedene Unterkühlungen und berechnet aus jedem Versuch den Gefrierpunkt für die Unterkühlung Null. Das Mittel aus letzteren Werten wird dann als wahre Gefriertemperatur angegeben. Der Biochemiker wird selten in der Lage sein, eine höhere Genauigkeit in Anspruch nehmen zu müssen, als bei der oben beschriebenen einfachen Versuchsanordnung bei Innehaltung der angegebenen Vorsichtsmaßregeln, namentlich der Verwen- dung zweier Thermometer, ohne Mühe erreicht werden kann. Molekular- gewichtsbestimmungen sind als genügend genau anzusehen, wenn der Fehler der Messung 5°/, nicht überschreitet. Man vermeide bei Gefrierpunkts- bestimmungen das Hinzufügen von festen Substanzen in Pastillenform während des Versuches, weil das kalte Lösungsmittel die Pastille sehr langsam zu lösen pflegt, bei Erwärmen zur schnelleren Auflösung leicht Lösungsmittel durch Verdampfen verloren gehen kann. Bei Molekular- gewichtsbestimmungen mit Hilfe der Messung der Siedepunktserhöhung dagegen ist die Anwendung von gepreßten Pastillen allgemein üblich und 504 H. Friedenthal. der schnellen Lösung der Pastillen wegen auch anzuraten. Zum Schluß sei noch darauf hingewiesen, dal) man durch Auflösen gewisser Salze in Wasser, z. B. von Ammoniumnitrat oder von Rhodankalium, sich bei Mangel an Eis oder Schnee jederzeit Kältelösungen bereiten kann, die sofort die Ausführung von Gefrierpunktsbestimmungen ermöglichen. Rohes (technisches) Salz ist hierfür ausreichend, und man kann nach Ausführung des Versuches durch freiwilliges Verdunsten der Salzlösung an warmen Orten das benutzte Salz wiedergewinnen und immer von neuem zur Bereitung von Kältelösungen verwenden. Mischt man 100 Teile Wasser von 10° mit 150 Teilen Rhodan- kalıum, so erhält man eine Lösung von — 237°, mit 250 Teilen Chlorealeium (in jedem Laboratorium vorhanden), so sinkt die Temperatur auf —12°, mit 75 Teilen Salpeter auf —5°. Mischt man Schwefelsäure, H, SO, + 28H, O (66°/,), mit Schnee zu gleichen Teilen, so sinkt die Temperatur der Lösung bis auf bestenfalls — 37° und bleibt auf diesem Punkt konstant, bis aller Schnee geschmolzen ist. Verwendet man mehr Schnee, so ist die erzielte Kälte geringer, aber ebenfalls bis zur völligen Lösung konstant. Man kann zu diesen Kältemischungen ganz verunreinigte und gebrauchte Reagenzien verwenden. Das Abdampfen der Lösungen über Feuer zur Wiedergewinnung der Kältesalze ist nicht lohnend. Die Schwefelsäure wird bei Verwendung von Schnee am besten durch den Schnee auf etwa 0° vorgekühlt. Namentlich für den Biochemiker wird es von Wichtigkeit sein, bei Verwendung von kalten Salzlösungen stets innerhalb einer Viertelstunde Gefrierpunksbestim- mungen an den so leicht veränderlichen tierischen Flüssigkeiten ausführen zu können. Bestimmung der Siedepunktserhöhung von Lösungen. In der gleichen Weise, wie der Gefrierpunkt eines Lösungsmittels durch Lösung fester Substanzen herabgesetzt wird, und zwar proportional der Menge gelöster Substanz, und um gleiche Beträge für äquimolekulare Mengen verschiedener Stoffe, wird auch der Siedepunkt eines Lösungs- mittels heraufgesetzt, d.h. das Sieden einer Flüssigkeit erschwert nach den gleichen Gesetzen. Die gleichen Formeln dienen der Berechnung des Molekulargewichts oder des osmotischen Druckes aus einer experimentell a Ei; le K: gefundenen Siedepunktserhöhung oder Gefrierpunktserniedrigung. M = za M ist das Molekulargewicht, p das Gewicht der gelösten Substanz in Pro- zenten (Gramm in 100 cm®), A die gefundene Siedepunktserhöhung. Die Mole- kularkonzentration der Lösung, d.h. Zahl der Grammboleküle im Kubikzentimeter (= m Die Siedepunktskonstante eines Lösungsmittels wird entweder \ experimentell ermittelt durch Beobachtung der Siedepunktserhöhung einer Lösung von bekannter Molekularkonzentration oder nach van’t Hoff be- 19:991 T? rechnet nach der Formel K = W , worin T die absolute Temperatur, Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 505 W die latente Verdampfungswärme des Lösungsmittes bezeichnet. Für Wasser ist T = 373, W = 545, daraus berechnet ist K zu 5100. K = 5100 bedeutet. daß eine Lösung, welche ein Grammolekül im Kubikzenti- meter enthielte, eine Siedepunktserhöhung von 5100° erleiden würde, wenn nämlich für konzentrierte Lösungen die Gesetzmäßigkeiten noch Geltung hätten. Der osmotische Druck P einer Lösung von bekannter Siedepunkts- erhöhung A bei der absoluten Tempera- 847x107 T.A. K Der Druck ist hierbei gemessen in Gramm pro Quadratzentimeter. In Atmosphären berechnet sich Eu. = urn wenn, wie es oft geschieht, die Kon- zentration in Liter und nicht in der Volumeneinheit (Kubikzentimeter) an- gegeben wird. Man findet nun, dab in einigen Lösungsmitteln nicht das ge- forderte bekannte Molekulargewicht er- halten wird, sondern die Siedepunkts- bestimmung ist kleiner als der berech- neten Molenzahl entspricht. Man hilft sich in diesem Falle mit der Annahme, daß eine Assoziation mehrerer Moleküle stattgefunden hat und findet dann den Assoziationsgrad nach der Formel __M gefunden—M theoretisch n—1 0 M gefunden Be I Hierin bezeichnet M das Mole- kulargewicht und n die Zahl der Teil- molekel in einem assoziierten Molekül. Der Assoziationsgrad x bezeich- net das Verhältnis der Zahl der asso- ziierten Moleküle zu der Summe der : assoziierten und nicht assoziierten Mole- Fig. 527. küle. Die hydroxyl- und karboxylhalti- gen aliphatischen Verbindungen haben starke Neigung, in Kohlenwasser- stoffen gelöst, polymere Stoffe zu bilden, in wässeriger Lösung bildet der umgekehrte Vorgang die Dissoziation der Elektrolyte in Ionen die Regel. Mit Hilfe der Bestimmung der Siedepunktserhöhung läßt sich der Dissoziationsgrad einer Substanz bei der Siedetemperatur in ganz ähn- licher Weise ableiten, wie der Assoziationsgrad nach der Formel iu I betrapt P = 506 H. Friedenthal.: ___ M (theoretisch) —M (gefunden) = M (gefunden) (n—1) In dieser Formel bezeichnet x den Dissoziationsgrad, M das Mole- kulargewicht, n die Zahl der Teilmoleküle, in welche ein sogenanntes aktives Molekül zerfällt. Der Dissoziationsgerad x bezeichnet das Verhältnis der Zahl der aktiven Moleküle zu der Summe der aktiven und inaktiven. Die Teil- moleküle verhalten sich in bezug auf Erzeugung des osmotischen Druckes wie die unveränderten Moleküle. Während bei Abwesenheit von Assoziation und Dissoziation für den osmotischen Druck die Gleichung Gültigkeit hat pP = zZ © worin K die Gaskonstante 84.700 bedeutet, T die absolute Temperatur. V das Volumen der Lösung und c die molekulare Konzen- tration, eilt für Dissoziation und Assoziation die Gleichung P=1.KxTxX ce. i gibt das Verhältnis an zwischen der Zahl Moleküle, welche tatsächlich in der Lösung vorhanden sind, zu der bei Abwesenheit von Dissoziation oder Assoziation vorhandenen Molekularzahl. Zerfällt ein aktives Molekül in n Teile, so ist der van’t Hoffsche Faktor i = 1 + (n—1)x. Der osmotische Druck berechnet sich daher in diesem Falle nach der Formel P=[1 + (n—1)e] 34.700 TxX ec. In dieser Gleichung sind zwei Unbekannte n und x vorhanden. Von diesen kann «x mit Hilfe elektrischer Leitfähigkeitsmessungen experimentell be- F \ £ stimmt werden nach der Formel 2 = Ä und der osmotische Druck P mit IX 00 Hilfe der Bestimmung der Siedepunktserhöhung nach der Formel Se 8.41. x407 4 TA Pa 5100 Ist dies geschehen. so kann n, also die Zahl der Teilmolekeln, in welche eine aktive Molekel zerfällt, berechnet werden. Bei mehrbasischen Säuren von unbekannter Zusammensetzung kann man auf diese Weise mit Hilfe zweier physikalisch-chemischer Methoden in geeigneten Fällen die Zahl der Sänregruppen bestimmen oder die anderweitig bestimmte Zahl kontrollieren. Ausführung der Messung von Siedepunktserhöhungen.!) Wie bei der Ausführung von Messungen der Gefrierpunktserniedri- gung, liegt der Schwerpunkt für die Genauigkeit von Messungen der Siede- punktserhöhungen in der Beschaffung zweier guter, geprüfter Thermometer. Nullpunktsverschiebungen am Thermometer treten bei den höheren Tem- peraturgraden der siedenden Lösungsmittel noch viel leichter auf als bei Messungen der Gefrierpunktserniedrigung. Als Vorzüge der Siedemethode kommen in Betracht die leichte Lösung gepreßter Pastillen in der heißen Lösung, der Fortfall des oft unbequemen Rührens gegenüber Gefrierpunkts- bestimmungen und die lange Dauer der Temperaturkonstanz beim Sieden. Gleichmäßiges Sieden zu erreichen ist nicht schwer, wenn man als Füll- ') Vgl. hierzu Fig. 527, S. 505. Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 507 material nicht die billigen, aber unzweckmäßigen Tariergranaten oder Glas- perlen, sondern die teuren, aber unfehlbar wirkenden Platintetraeder nach Beckmann verwendet. Verfasser verwendet bei 25 cm? Flüssigkeit etwa 209 Platintetraeder und erreichte damit gleichmäßiges Sieden, selbst bei Seifen- lösungen. Sehr zweckmäßig dient als Siedeerleichterer zugleich ein mit Ein- schmelzglas befestigter dicker Platinstift im Boden des Siedegefäßes. Das Quecksilbergefäß des Thermometers soll vor dem Beginn des Siedens eben bis zum Rande in die Flüssigkeit eintauchen, nicht etwa nur von dem entstehenden Dampf umspült werden. Die älteste von Beckmann angegebene Form des Siedeapparates erweist sich bei Verwendung vor viel Platin als die zweckmäßigste, alle seitdem angebrachten Verbesserungen, komplizierte Wärmeschutzmäntel aus Porzellan oder Glas oder Einleiten von Dampf in die Lösung nach dem Vorschlag von Landsberger, sind entbehrlich und ge- währen nicht die geringste Steigerung der Genauigkeit der Messungen. Erwähnung verdient nur die elektrische Heizung der zu siedenden Lösungen nach Bigelo: durch einen in der Lösung selbst befindlichen Platindraht, wobei als Wärmeschutz ein Dewarsches Vakuumgefäß dienen kann. Mit der elektrischen Heizung ist ein sehr gleichmäßiges Sieden leicht zu er- reichen. Verfasser erzielte ein sehr gleichmäßiges Sieden ohne Anwendung von Elektrizität durch Eintauchen des mit 207g Platintetraeder beschickten Siedegefäßes in ein heißes Paraffinbad, dessen Temperatur etwa 80° über der Siedetemperatur gehalten wurde. Kleine Schwankungen des Gasbrenners kommen bei dieser Methode der Heizung nicht zu schädlicher Wirkung: es gelingt leicht, das Paraffinbad auf einen Grad konstant zu halten. Damit der kondensierte Dampf nicht in kalten Tropfen in die heiße Lösung gelangt, läßt man an neueren Apparaten den Kühlerstutzen ohne Absatz in das Siedegefäß übergehen und versieht den Kühler mit Glas- warzen, welche ein gleichmäßiges Herabrinnen des Kondensates vermitteln. Die Menge vom Lösungsmittel, welche während des Siedens teils als Dampf, teils als herabrinnende Flüssigkeit der Lösung entzogen wird, schätzt man auf etwa O'’3cm® und korrigiert danach das Volum der Lösung; nach dem Versuch überzeugt man sich durch Wägung davon, daß nicht während des Siedens das Volum der Lösung sich durch Dampfverlust geändert hat. Änderungen des Barometerstandes während eines Versuches können erheb- lichere Fehler bei der Bestimmung verursachen, wenn man nicht in einem zweiten Apparat, was dringend anzuraten, während des Versuches reines Lösungsmittel sieden läßt, so daß jederzeit mit der Ablesung des Siede- punktes der Lösung auch der Siedepunkt des Lösungsmittels gleichzeitig bestimmt werden kann. Man kann durch eine Korrekturformel B S AT ggyr dB.K Bm | den Einfluß einer erheblichen Änderung des Barometerstandes während eines Siedeversuches in Rechnung ziehen. In dieser Formel bedeutet B den DOS H. Friedenthal. mittleren Barometerstand, d B die Zunahme bei der Siedepunktsbestimmung der Lösung, verglichen mit dem Barometerstande bei Bestimmung des Siedepunktes des Lösungsmittels, m bezeichnet das Molekulargewicht des Lösungsmittels in Dampftorm, K die Siedekonstante 5100, s das Gewicht der gelösten Substanz, I das Volum der Lösung, M das korrigierte Mole- kulargewicht, A die Siedepunktserhöhung. Bei weitem vorzuziehen ist die Ausschaltung der Barometerschwankungen durch eleichzeitiges Verwenden eines zweiten Apparates mit reinem Lösungsmittel. (Grleichzeitige Bestimmungen des Dissoziationsgrades von Salzen durch Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung und durch Bestimmung von Siedepunktserhöhungen haben überraschend große Übereinstimmung er- geben, trotzdem die Gefrierpunktsbestimmungen bei + 273° die Siede- punktsbestimmungen bei 373° der absoluten Skala ausgeführt werden. Für konzentrierte Lösungen haben die oben angegebenen Formeln keine Gültig- keit, und es ist nicht anzuraten, durch Rechenkunststücke mit zahlreichen Korrekturen das Anwendungsgebiet der brauchbaren physikalisch-chemi- schen Methoden künstlich erweitern zu wollen. Es wird wenige Fälle geben, in denen sowohl die Siedemethode wie die Gefrierpunktsbestimmungsmethode gänzlich versagen bei Bestimmung des Molekulargewichtes einer Substanz, selbst wenn diese chemisch noch nicht genügend bekannt ist. Physikalisch-chemische Arbeitsmethoden mit Kolloiden. Darstellung von Metallsolen. Bredig lehrte die Zerstäubung von Metallen in einer Flüssigkeit mit Hilfe des elektrischen Stromes in so feine Verteilung, daß eine Scheinlösung entsteht, welche bei genügender Vorsicht einige Zeit lang aufbewahrt werden kann. Der Unterschied zwischen einer wahren Lösung und einer Scheinlösung eines Stoffes besteht nach Verfasser darin, daß in wahrer Lösung die gelöste Substanz in Teilchen von gleicher Größe und gleichem Abstand zerfallen gedacht werden muß, während bei einer Scheinlösung ungleiche Teilchen in ungleichen Abständen das Lösungsmittel durch- setzen. Der Endzustand, dem die Teilchen in einer wahren Lösung zustreben, ist der Zustand idealsymmetrischer Verteilung des Gelösten im Lösungs- mittel, der Endzustand, dem die Teilchen in einer Scheinlösung zustreben, ist der Zustand der Trennung von Lösungsmittel und Gelöstem durch die Einwirkung der Schwerkraft. Da niemals zwei Stoffe absolut das gleiche spezifische Gewicht besitzen können, mul eine Scheinlösung der Wirkung der Schwerkraft überlassen, das Gelöste schließlich an die Oberfläche oder den Boden des Lösungsmittels abscheiden. Die Haltbarkeit einer Schein- lösung steht in einem umgekehrten Verhältnis zur Teilchengröße und zu der spezifischen (rewichtsdifferenz zwischen Lösungsmittel und suspen- dierten Teilchen. Da in einer Scheinlösung im Gegensatz zu einer wahren Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 509 Lösung die Teilchengröße durch äußere Eingriffe abgeändert werden kann, ist die Haltbarkeit einer Scheinlösung abhängig von ihrer Vorgeschichte, während in wahrer Lösung die Teilchengröße nur durch Veränderung der Atomgruppierung im Molekül, also durch chemische Umwandlung verändert werden kann. Zwei Scheinlösungen können niemals im idealen Sinne iden- tisch hergestellt werden; für die Arbeit mit Kolloiden genügt aber in den meisten Fällen die praktisch erreichbare Gleichmäßigkeit der Konzentra- tionen und der Teilchengröße. Bereitung von Platinsol. In eine Schale, gefüllt mit doppelt destilliertem Wasser, taucht man zwei durch Glasröhren geschützte Platindrähte von etwa 2 mm Dicke und 7 cm Länge. Durch einen Regulierwiderstand sorgt man dafür, daß bei Entfernung der Spitzen um 1—2 mm ein Strom von etwa 6—8 Ampere bei 70 Volt Klemmenspannung durch die Platinstäbe hindurchgeht. Durch eine Kältemischung verhindert man eine Erwärmung des Wassers. Bei Auseinanderziehen der Platinspitzen bildet sich ein kleiner Lichtbogen unter Wasser und man sieht das Platin von der Kathode in dunklen Wolken abgeschleudert werden. Erlischt der Lichtbogen, so stellt man ihn nach gegenseitiger Berührung der Elektrodenspitzen durch vorsichtiges Ausein- anderziehen wieder her und beendet die Zerstäubung des Platins, wenn sich das Wasser in der Schale in eine dunkle Flüssigkeit verwandelt hat. Bei zu großem Gehalt an fein verteiltem Platin gerinnt das Platinsol leicht und verwandelt sich in ein Platingel. Die von der Kathode abge- schleuderten Platinteilchen besitzen, wie die ultramikroskopische Betrach- tung am besten zeigt, ganz ungleiche Größe. Durch Filtration des Platin- sols entfernt man die gröberen Teilchen und erzielt eine Scheinlösung, deren Teilchen sich ihrer Kleinheit wegen lange Zeit suspendiert erhalten lassen trotz ihres enormen spezifischen Gewichtes. Die für katalytische Vorgänge maligebende innere Oberfläche solcher Platinsole ist so außer- ordentlich groß, dal man durch Zerlegung von H,O, noch 1X 107g Platin in dieser Form nachweisen kann. Metallsole verschiedener Art lassen sich auf dieselbe Weise wie das Platinsol bereiten, wenn man als Elek- troden Stäbe aus anderen Metallen wählt. Silber, Gold, Quecksilber, Eisen und Arsen sind in der Form von wässerigen Scheinlösungen erhältlich und für einige Zeit, bis zu Monaten, in den Suspensionen zu erhalten. Bereitung von Eiweißsol (Albumin, Hämoglobin). Dialysiert man Blutserum in der Kälte gegen häufig gewechseltes eisgekühltes Leitfähigkeitswasser, so fallen die Globuline, welche nur bei Elektrolytgegenwart gelöst bleiben, aus, und man erhält nach diesem Ver- fahren von Pauli eine Albuminlösung von großer Reinheit, deren Haltbar- keit in der Kälte eine fast unbegrenzte genannt werden kann. Das Eiweil) wird nach Entfernung aller Elektrolyte elektrisch so neutral, dal es keine 510 H. Friedenthbal. Wanderungsrichtung im elektrischen Strom mehr erkennen läßt. Löst man käufliches Hämoglobin in Wasser und dialysiert in der Kälte längere Zeit, so erhält man eine praktisch in vielen Fällen zum Studium der Kolloid- eieenschaften geeignete Lösung, die, in der Kälte bei 0° aufbewahrt, als fast unbegrenzt haltbar bezeichnet werden kann. Der Vorzug dieser Schein- lösung vor dem Blutalbuminsol besteht in ihrer Eigenfarbe, welche es ge- stattet nach Herstellung einer Serie von Standardlösungen, die Konzen- tration der Lösung kolorimetrisch sehr genau ohne jede Mühe zu bestimmen. Die Konzentration des Albuminsols bestimmt man bequem und genügend eenau mit Esbachs Albuminimeter. Bereitung von Goldsol auf chemischem Wege. Zsigmondy‘) hat ein Verfahren zur Gewinnung eines Goldsoles auf chemischem Wege ausgearbeitet, welches bei sehr genauer Innehaltung der Vorschriften zur Darstellung einer rein roten, vollkommen klaren Gold- flüssigkeit führt. Sein Verfahren basiert auf der Reduktion von verdünnter, schwach alkalischer (Goldehloridlösung mit Formaldehyd. 25 cm® einer Lösung von 06 g Goldehloridchlorwasserstoff im Liter werden mit 100 bis 150 cm® Wasser verdünnt, hierauf mit 2 bis 4 cm? einer 0'2 normalen Lösung von Kaliumkarbonat oder Kaliumbikarbonat versetzt und zum Sieden erhitzt. Unmittelbar nach dem Aufkochen entfernt man die Flamme und fügt partieweise, aber ziemlich schnell 4 cm® einer Lösung von 1 Teil frisch destilliertem Formaldehyd in 100 Teilen Wasser unter lebhaftem Umrühren zu. Bei nicht ganz genau vorschriftsmäßiger Bereitung resul- tieren violette oder sogar blaue Lösungen, die meist stark getrübt erscheinen und bald Gold absetzen, während die rein roten Lösungen gekocht und monatelang aufbewahrt werden können. Durch Verdunsten kann man die rote Scheinlösung bis zu einem Goldgehalt von 1°/,, eindieken. Reinigt man das (Goldsol durch Dialyse, so läßt es sich länger aufbewahren. Das suspendierte (sold wandert mit der negativen Elektrizität und setzt sich an der Anode als schwarzes Pulver ab. ?) Filtration kolloidaler Lösungen durch Ultrafilter nach H. Bechhold. °) Gallerten lassen sich nach Bechhold als Filter verwenden, um kolloidal gelöste Stoffe von ihrem Lösungsmittel durch Filtration zu trennen. Welche Gallerten man verwendet ist verhältnismäßig nebensächlich, wenn man von der Adsorption von Gelöstem aus den Filtrierflüssigkeiten absieht, deren Größe in hohem Maße von dem physikalischen Zustand und von der chemischen Natur des Filtermateriales abhängt. Um den Gallerten, welche ') Vgl. auch S. 286 dieses Bandes. ?) Vgl.A. Lottermoser, Überanorganische Kolloide. Enkes Verlag. S.24 u.28. 1901. >) H. Bechhold, Kolloidstudium mit der Filtrationsmethode. Zeitschrift für physi- kalische Chemie. LX. S. 3. Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 511 nur in ganz dünner Schicht zur Verwendung kommen, einen Halt zu geben, imprägnierte Bechhold Metallsiebe, Gewebe und vor allem Filterpapiere mit den Gallerten. In vielen Fällen erwies sich eine Lösung von Kollodium in Eisessig als sehr brauchbar zur Herstellung von Ultrafiltern. Hat man Filterpapiere mit dieser Lösung getränkt, so gelatiniert man durch ein- faches Eintauchen in Wasser. Gelatinelösungen werden durch eisgekühltes Formalin gehärtet und nach gründlichem Auswaschen in Chloroformwasser aufbewahrt. Pergamentpapier, Fischblase und Amnionhaut erwiesen sich als brauchbar für Trennung von Scheinlösungen, während alle künstlichen Ersatzpapiere für Pergament als unbrauchbar sich erwiesen. Bechhold im- prägnierte Filtrierpapiere mit den verschiedenen Gallerten im Vakuum, weil sonst häufig Luftblasen die Herstellung haltbarer Häute verhindern. Die Filter werden senkrecht in einem Glaskasten (Vakuumimprägnierungs- apparat) aufgehängt, der Kasten luftleer gepumpt und alsdann die Gallert- flüssigkeit durch Öffnen eines Hahnes durch einen Triehter in das Gefäß gelassen, wo sie, vom Boden aufsteigend, unter Atmosphärendruck in die luftleeren Filter eindringt. Nach einiger Zeit hebt man die Stange mit den Filtern heraus, läßt abtropfen und gelatiniert die in das Filter eingezogene Scheinlösung. Der von Bechhold angegebene Filtrierapparat besteht aus einem zylindrischen Gefäß mit eingesetztem Trichter. Die Filter werden zum Schutz gegen Reißen auf ein flaches rundes Nickeldrahtnetz gelegt und durch eine durchbohrte Platte vor Ausbuchtung durch starke Innendrucke geschützt. Der Filtriertrichter wird durch 2 Gummiringe gegen das Außengefäb ab- gedichtet. Der Trichter wird durch einen Metalldeckel mit Konusverschluß und Gummidichtung abgeschlossen. Durch eine Druckpumpe wird der zur Filtration nötige Druck von O0'1 bis 10 Atmosphären Überdruck erzeugt. Verfasser verwendet zur Druckerzeugung Sauerstoff- resp. Wasserstoffbomben mit Reduzierhähnen. Für höhere Drucke als 10 Atmosphären hat Bechhold einen verstärkten Apparat mit Flanschenverschluß angegeben, welcher etwas umständlicher zu verschließen ist als der schwächere Apparat. Weil eine ganze Reihe von Scheinlösungen bei Eindiekung während der Filtration, bei welcher ja Lösungsmittel abgepreßt wird, Gallerten auf dem Filter abscheiden, welche das Filter undurchlässig machen, hat Bech- hold einen Filtrationsapparat mit Rührvorrichtung konstruiert. Der Rührer geht durch eine Stopfbüchse und wird mittelst eines Elektromotors be- tätigt, während die Preßluft seitlich zugeführt wird. Bechhold erreichte durch diese Rührvorrichtung schnelle, gleichmäßige Filtration und Ver- hinderung des Absetzens eines Gels auf dem Filter. Filter, mit Gallerten imprägniert, von verschiedener Herstellung, weichen in ihrer Durchlässigkeit oft erheblich voneinander ab, d. h. die Filterdichte ist abhängig von der Vorgeschichte der Herstellung. Um nun die Größe der Filterporen angeben zu können, benutzte Bechhold eine 1°/,ige Hämo- globinlösung. Hämoglobin wird von den Filtern nicht absorbiert, wird von Filtern mittlerer Dichte zurückgehalten und erlaubt kolorimetrische Konzentrationsbestimmungen. Bechhold bezeichnet jedes Filter nach der 512 H. Friedenthal. Konzentration der Gallerte, mit der es imprägniert ist und gibt in Klam- mern an, welches Filter aus der gleichen Herstellung 1°,ige Hämo- globinlösung, die mindestens 2 Tage gestanden hat, gerade noch zurückhält. Zum Beispiel Gelatine 3%, (Hb 4°/,) bei Bechhold bedeutet ein Filter, welches mit 5° „iger (relatine getränkt ist und 1°/,ige Hämoglobinlösung passieren läbt, welche erst durch ein 4°/,iges Gelatinefilter derselben Herstellung gänz- lich zurückgehalten wird. Durch ein eingesetztes r bezeichnet Bechhold die Vakuumimprägnation der Filter. Bei Gelatinefiltern gibt Bechhold ferner den (Gehalt der zum Härten benutzten Formollösung an. Die Formeln werden durch die Fülle der Angaben etwas unübersichtlich. So bedeutet die Angabe G 5°/, (r), F 2%), (H, G.4°/, r F 2°/,) ein Gelatinefilter mit >° „iger Gelatinelösung im Vakuum imprägniert, in 2°/,iger Formalinlösung ge- härtet. Es ist für 1°/,ige Hämoglobinlösung undurchlässig, welche durch ein gleichbehandeltes 4°/,iges Gelatinefilter zurückgehalten wird. Verwendung mehrerer Filterscheiben übereinander wirkt öfters wie eine Vermehrung der Filterdichte. Die Schwierigkeiten, welche im weiteren Verlaufe der Filtration sich öfters einstellen, müssen durch eigene Übung in der Hand- habung der Apparate umgangen werden. Verfasser weist auf H. Bechholds Originalarbeit hin. in welcher eine ganze Reihe von erschwerenden Mo- menten bei der Filtration ausführlicher besprochen werden, namentlich die Adsorption des Scheingelösten durch das Filtermaterial. Überführung von Kolloiden in Bechholds Überführungsapparat. Der Bechholdsche Überführungsapparat besteht aus zwei durch ein zläsernes T-Rohr verbundenen Glasglocken, welche durch Dialysiermem- branen verschlossen werden können. Der Überführungsapparat wird in zwei getrennte Glasgefäße gestellt, welche die Elektroden enthalten und mit einer Flüssigkeit gefüllt sind, welche die elektrische Stromleitung besorgt. Als Elektroden dienen zweckmäßig Platinbleche, als Stromquelle eine Pri- märbatterie von etwa 40 Volt Spannung. Die Flüssigkeit im Überführungs- gefäb bildet den einzigen Leitweg für den elektrischen Strom, der ganze Strom muß daher durch die Innenflüssiekeit hindurchgehen. Nach Be- endigung der Überführung kann die Flüssigkeit, in jeder Glocke geson- dert, bequem entfernt werden. Die Überführungsprodukte, wenn solche aus Suspensionen bestehen, können nicht mit den Elektroden in Berührung kommen, sondern müssen sich an den Dialysiermembranen, welche sie nicht passieren können, absetzen. Bechhold schlägt vor, das Wasser, in welches die Elektroden tauchen, mit Toluol zu überschichten, um eine Ste- rilisierung der Flüssigkeiten während der Überführung zu erreichen. Ver- wendet man sehr reines Wasser zur Herstellung der Suspensionen, welches den elektrischen Strom fast gar nicht leitet, so kann man die Überfüh- rungen auch bei höheren Spannungen bis 110 Volt vornehmen. Durch ein eingeschaltetes Amperemeter überzeuge man sich von der benutzten Amperezahl und durch ein Thermometer im Überführungsgefäß Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 513 davon, daß nicht zu große Erwärmung der Suspensionen durch den elek- trischen Strom und damit Gelbildung eintritt. Die direkte Messung des osmotischen Druckes. Bei der physikalisch-chemischen Analyse tierischer und pflanzlicher Flüssigkeiten wäre es von größter Wichtigkeit, direkte Messungen des osmotischen Druckes ausführen zu können. Eine Normallösung (1 Mol. im Kubikzentimeter) erzeugt schon bei 0° U einen Druck von 23 Millionen Grammzentimetern, 2.3x 10%” gem oder rund 23.000 Atmosphären. Da wir 2.3 x 10 =? gem noch bequem direkt messen können mit geneigten Manometern, würde aber ein Konzentrationsunterschied von 1x 10° Mol. (ein Milliardstel Mol.) noch der Messung zugäng- lich sein. Pfeffer hat ein Verfahren angegeben zur direkten Messung des osmotischen Druckes, welches bei Verwendung von Rohrzuckerlösungen eine aus- gezeichnete Übereinstimmung der theoretisch ge- forderten und der experimentell erhaltenen Werte ergab. Leider ist es Verfasser bei jahrelang fort- gesetzten Versuchen niemals gelungen, die Pfeffer- schen Experimente nachzuahmen, und Quincke sowohl wie Bechhold berichten über die gleiche Schwierigkeit der Wiederholung der Pfeferschen Versuche. Pfeffer benutzte einen verhältnismäßig ein- fachen Apparat (Fig. 528). Er zerschnitt eine Cham- berlandfilterkerze mit einer Laubsäge und verschloß den auf diese Weise entstandenen kleinen Zylinder mittelst eines Gummipfropfens, der von einem Glas- rohr durchbohrt war. Nun tauchte er den Zylin- der in verdünnte Salzsäure und saugt einige Zeit Salzsäure durch die Poren zur Entfernung von Kaolin. Dann saugte er reines Wasser hindurch bis zur völligen Entfernung der Salzsäure. Jetzt saugte er eine 14°/,ige Lö- sung von gelbem Blutlaugensalz durch die Zylinderwandungen, spülte mit Wasser ab und tauchte den Zylinder in eine 25°/,ige Kupfersulfatlösung, auch das Innere des Tonzylinders mit der Lösung erfüllend. Es entstand in der Wand ein Niederschlag von Ferrocyankupfer. 2CuSO, + K,Fe (CN), = Cu Fe (CN), + 2K, SO,. Der Niederschlag von Ferrocyankupfer bildete die Membran, welche durchlässig sein soll für das Lösungsmittel, also Wasser, undurchlässig dagegen für die gelösten Stoffe, besonders für die Membranogene. Pfeffer benutzte auch Membranen Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 33 5914 H. Friedenthal. von Berlinerblau und von Caleiumphospat. Membranen nennt man semi- permeabel, wenn sie nur. das Lösungsmittel durchlassen. Bei Wieder- holung der Pfefferschen Versuche erwies sich die gebildete Ferrocyankupfer- membran stets entweder als ganz impermeabel nach kurzer Zeit, ehe der Terminaldruck erreicht war, oder es wanderte die ganze Lösung durch Risse der Membran hindurch. Quincke beschreibt ebenfalls die Abscheidung von Ferroeyankupfer in einer öligen Form, welche nach kurzer Zeit erstarrt und ganz impermeabel wird, und auch Bechhold erzielte bei dem Versuch, semipermeable Membranen als Ultrafilter zu verwenden, nur Mißerfolge. Bei der Wichtigkeit und Empfindlichkeit der direkten Messung des osmo- tischen Druckes wäre die Ausarbeitung einer Methodik, welche gestattet, die Pfefferschen Experimente zu wiederholen, eine verdienstliche Aufgabe. Pfeffer fand bei 132° bis 161° Außentemperatur folgende osmotische Drucke bei Verwendung von Rohrzuckerlösungen: P Ösmotischer Druck in Millimeter Hg 14 "GC = Konstanz B Konzentration der Lösung 19/, 535 535 20/, 1016 508 4/, 2081 521 60/, 3075 513 Noch überraschender war die Übereinstimmung der von Pfeffer ex- perimentell gefundenen Werte mit den theoretisch erforderlichen bei Be- rücksichtigung des Einflusses der Temperatur. Ösmotischer Druck Temperatur der Osmotischer Druck in at berechnet für 1°/,igen Rohrzuckerlösung in at gefunden Rohrzucker als Gas im gleichen Volumen 68 0.664 0667 142 0671 0685 220 0721 0'705 360 0746 0756 Aus diesen Messungen folgt die Gültiekeit der Gasgleichung P=RT.e für Lösungen in einer Zelle mit semipermeabler Membran. Für Kolloide besitzen wir Membranen in großer Zahl, welche für Wasser durchgängig sind, nicht dagegen für das scheingelöste Kolloid; man kann daher Druckmessungen an künstlichen Zellen mit Fischblasenmembran oder Pergamentmembran ohne Schwierigkeit ausführen. Da die Kolloide ent- sprechend einem überaus hohen Piezontengewicht!) nur geringe absolute ') Ein Piezon ist ein Teilchen, welches den osmotischen Druck erzeugt, gleich- gültig ob Molekül oder Ion. Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 515 Drucksteigerungen ergeben, ist es praktisch, Manometer zu verwenden. welche nieht mit Quecksilber, sondern mit flüssigem Paraffin gefüllt sind und zugleich zu einer fast beliebigen Steigerung der Empfindlichkeit zum Umlegen eingerichtet sind. Ist der Winkel, welchen das Manometerrohr mit dem Horizont bildet (x), so ist der Druck p=h sin x. Liegt das Ma- nometer horizontal, so ist die Empfindlichkeit unendlich groß. Man vergesse nicht, die Änderung des spezifischen Gewichtes der Manometerflüssiekeiten mit der Temperatur bei den Druckmessungen zu berücksichtigen. Verfasser hat einen kleinen Apparat zur direkten Messung der Wasseranziehung von Kolloiden konstruiert, bei dem durch ein Federmanometer Drucke bis 100 Atmosphären abgelesen werden können.!) Die Quellungsdrucke gewisser Kolloide gehen allerdings in einigen Fällen bis zu mehreren tausend Atmo- sphären. Als semipermeable Membran für Kolloide kommt namentlich gute Fischblase, aber auch Goldschlägerhäutchen in Betracht. Bestimmung der Isotonie von Lösungen durch Plasmolyse und Hämatolyse. Die Methoden der Vergleichung des osmotischen Druckes von Lösun- gen mit Hilfe der Plasmolyse von Pflanzenzellen oder der Volumverände- rung von roten Blutteilen von Säugetieren haben für den Biochemiker nur geringe Bedeutung und sollen hier daher nur ganz kurz erwähnt werden. Man nennt zwei Lösungen, welche die gleiche Zahl von Piezonten (Mole- küle oder Ionen) enthalten, isosmotische oder häufiger noch isotonische. Ist die Zahl der Piezonten größer als in einer Vergleichslösung, so spricht man von hypertonischen Lösungen, ist sie geringer, von hypotonischen Lösungen. Hugo de Vries benutzte Pflanzenzellen, z. B. Oberhautzellen der Mittelnerven an der Blattunterseite von Tradescantia discolor, zur Fest- stellung, ob eine Lösung mit dem Zellsaft dieser Pflanzenzellen isotonisch war oder nicht. Bringt man die Zellen in hypertonische Lösungen, so tritt Plasmolyse ein, der plasmatische Inhalt zieht sich von der Zellwand zurück und der Binnenraum der unnachgiebigen Zellmembran erfüllt sich mehr oder weniger nach dem Grade der Hypertonie mit durchsichtiger Lösung. Verdünnt man eine hypertonische Lösung, bis eben keine Plasmolyse mehr sichtbar ist, so ist die ermittelte Verdünnung isotonisch mit dem Pflanzen- zellsaft, vorausgesetzt, dab der gelöste Stoff nicht rasch in das Proto- plasma der Pflanzenzelle eindringt. Lipoidlösliche Stoffe dringen meist rasch in das Protoplasma ein, während die Zuckerarten im allgemeinen nicht merklich eindringen. de Vries stellte mit Hilfe der plasmolytischen Methode fest, daß die Formel der Raffinose Cs H35s 0,5, +5 H,O die rich- tige sein müsse, weil seine Versuche ergaben, dab eine 5°96°/,ige Raffinose- lösung isotonisch ist mit einer 3°42°/,igen Rohzuckerlösung. Ermittelt man die Konzentration einer Lösung eines unbekannten Stoffes, welche eben !) Erhältlich bei den Vereinigten Fabriken für Laboratoriumsbedarf, Berlin N, Scharnhorststraße 22. 33" 516 H. Friedenthal. nicht mehr plasmolysiert, so ist die betreffende Lösung 10° normal wie die 3°42°%/,ige Rohrzuckerlösung. € = y: darin bedeutet e die Molkon- zentration, p den Prozentgehalt an gelöster Substanz, M das Molekular- oewicht. Wir können mit Hilfe dieser Formel mit der Methode der Plas- molyse feststellen entweder die Molkonzentration ec oder das Molekular- cewicht oder den Prozentgehalt einer in Lösung befindlichen Substanz. Bei ungefähr 1°/,igen Kochsalzlösungen sind Unterschiede von 002°, Kochsalz noch festzustellen. Die Methode der Plasmolyse steht abgesehen von einer gewissen Unbequemlichkeit, den übrigen Methoden zur Bestim- mung des Molekulargewichtes an Genauigkeit nicht erheblich nach. Die Bestimmung des osmotischen Druckes einer Lösung mit dem Hämatokrit. Bringt man die roten Blutscheiben eines Säugetieres in Lösungen von verschiedener Piezontenkonzentration, so ändert sich das Volum der Blutscheiben, wenn die Lösungen nicht mit dem PBlutplasma isotonisch sind. Es nimmt ab in hypertonischen Lösungen und nimmt zu in schwach hypotonischen Lösungen. Ist die Versuchslösung stark hypotonisch, so tritt Hämatolyse ein, d. h. Austritt des Hämoglobins aus den roten Blutscheiben. Der von Köppe angegebene Hämatokrit besteht aus emem etwa 7 cm langen, sehr engen Glasrohr, welches mit Hundertteilung versehen ist und an beiden Enden mit kleinen Gummiplättchen verschlossen werden kann. Das Rohr des Hämatokrits wird mit Hilfe einer Pravazspritze mit Blut und Standardlösung gefüllt, verschlossen und zentrifugiert, bis das Volum der roten Blutscheiben konstant geworden ist. Dann füllt man den Häma- tokrit mit einer Vergleichslösung, welche die gleiche Blutmenge enthält und variiert die Konzentration der Vergleichslösung, bis das identische Volum der Blutsäule erzielt ist. In diesem Falle ist die Molkonzentration der Vergleichslösung gleich derjenigen der Standardlösung. Die Genauigkeit der Messungen mit dem Hämatokrit ist die gleiche, wie die der plasmolytischen Methode, die Fehler überschreiten selten 4°/, der Messungsgröße. Als besonderer Vorzug ist die Kleinheit der verwen- deten Flüssiekeitsmengen bei der Hämatokritmethode anzusehen. Die Be- stimmung der Temperaturen ist allerdings nicht genau und die genauere Messung bietet gewisse Schwierigkeiten. Mit Hilfe des Hämatokriten läßt sich innerhalb gewisser Grenzen bestimmen, ebenfalls nach der Formel = die Molkonzentrationszahl der Piezonten im Kubikzentimeter oder das Molekulargewicht des Gelösten oder der Prozentgehalt von Lö- sungen von bekannter Zusammensetzung bei Abwesenheit von Dissoziation. Mit dem Hämatokriten und der ‘plasmolytischen Methode wäre es auch möglich, den Dissoziationsgrad von Stoffen von bekanntem Molekulargewicht zu bestimmen. Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 517 » = nn [1 + (n—1) x]. Hierin bedeutet e den Gehalt an Piezonten, RN p den Prozentgehalt, M das Molekulargewicht, n die Zahl der Ionen aus einem Molekül, x den Dissoziationsgrad. Die für den Biochemiker wichtigen physikalisch-chemischen Formeln und Konstanten. Die Gasgleichung ee IR fe a Re el) enthält die wichtige Gaskonstante R = 84.700. P bedeutet den osmotischen Druck respektive den Gasdruck eines Stoffes, ce die molekulare Konzen- tration, T bedeutet die absolute Temperatur. Mit Hilfe von Gleichung (1) können wir für jede Konzentration eines Gases oder szelösten Stoffes den Gasdruck oder osmotischen Druck be- rechnen, P = R.T.e, für eine gegebene Temperatur, oder wir können durch Bestimmung des Gasdruckes oder osmotischen Druckes die molekulare Kon- E a = zentration berechnen, e = RT oder wir können, wenn die molekulare Kon- 3 Ar zentration eines Stoffes und der osmotische Druck (resp. Gasdruck) bekannt P ist, die absolute Temperatur messen, T = ——. V.C. Unter der Einheit der Konzentration verstehen wir dabei die Lösung eines Grammoleküls eines Stoffes in der Volumeneinheit, also im Kubik- zentimeter. Sehr häufig wird bei physikalisch-chemischen Messungen das Liter als Volumeneinheit benutzt. Die Gaskonstante ist alsdann tausend- mal kleiner. 1 Atmosphäre at = 1'0333 x 10 F* gem. Wird der Druck nicht in Grammzentimetern, sondern in Atmosphären gemessen, als Volumeneinheit das Liter genommen, so lautet die obige Formel, wenn wir noch statt der absoluten Temperaturen Üelsiusgrade und statt der molekularen Konzentration Prozentgehalte angeben (Gramme Substanz in 100 em? Lösung), Pe 22.34 (1 + xt) p (1000) Ser 100.M- Der Ausdehnungskoeffizient x der Gase ist gleich 000367 — !/a73 t. die Temperatur in Celsiusgraden, p das Gewicht, Substanz in 100 cm® Lösung, M das Molekulargewicht der gelösten Substanz. c, die molekulare Konzentration der Formel 1, ist in dieser Formel ersetzt durch om T, die absolute Temperatur, durch 273 (1+0'00367 t). Man ersieht, welche Vereinfachung der Rechnung bei physikalisch- chemischen Formeln sich durch die Verwendung der absoluten Temperaturen und der molekularen Konzentrationen erzielen läßt. Kennt man das Molekulargewicht eines Gases oder einer gelösten Substanz nicht, so kann man es durch Bestimmung des Gasdruckes oder (2). 218 H. Friedenthal. 22.34(1+xt)p.10 r i Der Druck P hierbei gemessen in Atmosphären, die Temperatur in Celsius- sraden, das Volumen in Litern, das Gewicht des Gases oder der gelösten Substanz in Gramm pro 100 cm®. Kennt man das Molekulargewicht, die Temperatur und den osmotischen Druck, so kann man den Prozentgehalt M.P 22.34 (1+xt)10 kulargewicht und den Gasdruck (osmotischen Druck). so kann man die M.P 22.34 p.10 Die molekulare Konzentration einer Lösung einer Substanz von be- kanntem Molekulargewicht und Prozentgehalt bestimmt man mit Hilfe der Methode der Messung der Gefrierpunktserniedrigung nach der Formel des osmotischen Druckes aus Formel (2) berechnen: M = berechnen p = „kennt man den Prozentgehalt, das Mole- Temperatur berechnen t = A See 3 5 5 = = 3 = a) c=z (3a) p EDER EINE x e TE SEB 20.8: — — — — KR, die Gefrierkonstante des Wassers, ist dabei 18.500 = ———, 100M K- W worin T die absolute Schmelztemperatur, W die Schmelzwärme des Lösungs- mittels ist, AxW BeeAEW 072 100 M 7 20T: Wir können aus diesen Formeln (3 au. b), wenn die übrigen variabeln Größen bekannt sind, berechnen, entweder das Molekulargewicht einer Substanz oder die Gefrierpunktserniedrigung oder die molekulare Konzen- tration oder die Schmelzwärme des Lösungsmittels oder schließlich die Ge- friertemperatur des reinen Lösungsmittels. Für andere Lösungsmittel lauten die Gefrierkonstanten und Tempe- raturen nach Oswald-Luther, Physiko-chemische Messungen, 8.296: t alsoc = (3b). K Wasser: -ı, oe r 7ur Si 5 3enzol..... =. MER u 2} 2 2.255000 Eisessig..." Zam Bir, 2 39000 a Phenol! u. EEE RR Naphtalin.. «a. 20 Ren 1. TOTER (ranz analoge Formeln gelten für die Bestimmung von Siedepunkts- erhöhungen von Lösungen. Die Konstanten haben hier andere Werte: ee 1 7ER TODM. .K K ist für Benzol . . . . . 26.100 Siedepunkt 80° Wasser 1.4 a244:5:100 N 100° Phenol... ir. .430:490 = 132° Anilin u 1 200 . 182° Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 519 OT? Man kann nach der Formel K — Ww die Siedekonstante berechnen. T ist die absolute Siedetemperatur, .W die Verdampfungswärme des p AYEW, Lösungsmittels. Die Formel (4) erlaubt zu berechnen ent- 100M 20T: weder das Molekulargewicht oder die Konzentration in Prozenten oder die Siedepunktserhöhung einer Substanz oder die Verdampfungswärme des reinen Lösungsmittels oder dessen Siedepunkt. Die Formeln 1-4 gelten nur für ideale Gase oder Lösungen bei Abwesenheit von Assoziation oder Dissoziation der Moleküle. Ein ideales Gas oder eine ideale Lösung enthält als Terminalform Materie in ideal symmetrischer Verteilung (gleiche Größe und gleiche Abstände aller Teilchen) und die Bedingung, daß die Abstände der Teilchen groß sind im Ver- hältnis zu ihrem Durchmesser.!) Bei Dissoziation eines Gases oder gelösten Stoffes bedarf die (ras- gleichung P=RTe eines Korrekturfaktors, welchen van’t Hof (i) nennt, es ist alsdann P=iR.T.c. i drückt aus, um wievielmal der osmotische Druck einer gewissen Lösung auf experimentellem Wege größer gefunden wird, als man ihn nach der Gleichung P=R.T.c berechnet: i=1+(n—1)(«e (5) P = Ein N 2BerBre’r3:(6) in Gleichung (5) und (6) bezeichnet (x) den Dissoziationsgrad: das Ver- hältnis der Zahl der gespaltenen Moleküle zu der Zahl der Piezonten. n be- zeichnet die Zahl der Piezonten, in welche ein gespaltenes Teilchen zerfällt. In Gleichung (6) können wir (ec), die molekulare Konzentration, er- A setzen durch _,,. dann erhalten wir K P=1 (u 1)eRT.&ä K hierin bezeichnet A die Gefrierpunktserniedrigung oder Siedepunktser- höhung, K die Gefrierkonstante oder Siedepunktskonstante. Gewöhnlich wird (@) der Dissoziationsgrad, bestimmt durch Messung der Leitfähigkeit von Lösungen nach der Formel Av N,88 In Gleichung (8) bezeichnet x den Dissoziationsgrad, Av die äquivalente Leit- (7). va (8). N: a ee. ; K fähigkeit, A & die Leitfähigkeit bei unendlicher Verdünnung. Ay = ee Die ] Äquivalentleitfähigkeit ist gleich der Leitfähigkeit einer Lösung dividiert durch die Zahl der Grammäquivalente der gelösten Substanzen in Kubik- zentimetern. Das Leitvermögen ıst gleich dem reziproken Widerstand. Der !) Anmerkung. Es fehlt anscheinend in der Literatur eine zahlenmäßige An- gabe über das Verhältnis zwischen Teilchenabstand und Teilchenvolum (Teilchenmasse), welches notwendig ist für genügend genaue Erfüllung der Gasgesetze. 20 H. Friedenthal. Widerstand wird (z. B. nach der Methode von Kohlrausch) experimentell bestimmt. Die Leitfähigkeit bei unendlicher Verdünnung ist gleich der Summe der Wanderungsgeschwindigkeit der Ionen. \o=x+2+2Z2+... Die Wanderungsgeschwindigkeit der wichtig- sten lonen beträgt nach Ostwald HH K+ Ag Nat 05 1,80,- Cr No 18° 314(318) 65 545 435 17 69 655 620 25° 347(352) 740 630 510 196 80 755 710 Bei organischen Säuren kann man nach einer Ostwaldschen Regel den (renzwert Aco schätzen aus der Anzahl der Atome. Aco für Säuren mit 12 Atomen beträgt 405°6, für Säuren mit 30 Atomen Aw = 3987. Für sehr starke Elektrolyten ist Ace annähernd gleich Av in den verdünnten Lösungen. e=1x 10 ® e=Mol. im Kubikzentimeter. Berechnung der Dissoziationskonstante eines Elektrolyten aus dem experimentell bestimmten Dissoziationsgrad. k LE KR 1—.a Diese Gleichung erlaubt zu berechnen, wenn die anderen Größen bekannt sind, entweder die Dissoziationskonstante (K) oder den Disso- (9). ziationsgrad («) oder die Molkonzentration (ce). « = l F angenähert. Die Dissoziationskonstante bezeichnet die Hälfte derjenigen Konzentration, bei welcher die verschiedenen Elektrolyte den Dissoziationsgrad 0'5 besitzen. Die Dissoziationskonstanten schwanken etwa zwischen K (Trichloressig- säure) = 12x10? und K (Quecksilberjodid) = 1x 10”#, (Abegg, Die Theorie der elektrolvtischen Dissoziation.) Die Wichtige sogenannte Disso- ziationskonstante des Wassers (richtiger das Ionenprodukt des Wassers) beträgt bei 25° K-Wasser =1 x 10°, Für verschiedene Temperaturen beträgt die Ionenkonzentration des Wassers im Kubikzentimeter: 0° 10° 18° 25° 100° e=| 35 56 6) 10. 852,3 1022 Kı= 2 3 64 100 720 | x 102 k-Wasser =c(H*) x e (OH). Gleichung (9) gilt nicht für die meisten starken Elektrolvte, für diese gilt 23.7 e Top vn — - . e = Mol. im Kubikzentimeter. Aoo Wir können die Dissoziationskonstante eines Elektrolyten auch be- rechnen nach der Formel . _ €e.(Kation) x e(Anion) "7 e (undissoziiert) (11), Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden. 521 für eine einbasische Säure ist Er EUREN ARRNIR -2); für eine einsäurige Base a —. » “.)a a a le a (12®). In Formel (12) bedeutet A (%..) den Grammegehalt von H* Ion im Kubik- zentimeter, («) den Dissoziationsgrad und (ce) die Molkonzentration im Kubikzentimeter. e,, kann mit Hilfe der Indikatorenmethode bestimmt werden oder mit Gasketten, alsdann ergibt der Wert für (z) den Dissoziationsgrad. Nach Formel (9) ergibt sich der Wert für K, wenn (z) und (ec) bekannt sind. ee. a Av “ der Dissoziationsgrad ist =-—. Für A _ haben wir bisher nur 3 A co oo Näherungswerte kennen gelernt; durch Einsetzen in Formel (12) erhalten wir BAR Y d: Nas E — ae ee GO CH Ay, bestimmen wir durch Leitfähigkeitsmessung experimentell, € durch Indikatoren oder Gasketten, ce durch Wägung und erhalten dann einen Wert für A, für alle Säuren oder Basen, welche dem Massenwirkungsge- setz und daher Formel (9) folgen. Gleichung (11) und (12) dienen zur Berechnung des Hydrolysen- erades und der Hydrolysenkonstante, wenn wir in ihnen K = Hydrolysenkon- stante setzen, z—= Hydrolysengrad. Gleichung (11) ändert sich dann um in ce. Säure x c Base K-Hvdrolysenkonstante — m (14). > . ce. Salz K (Wasser) 2, .C»8äure x. €. Base re : ist ferner gleich — K(Säure).K (Base) (ce)? Salz K-Wasser y2 s — (15). K-Säure x K-Basse (1—2)2 Der Hydrolysengrad (x) bezeichnet die Menge der durch das Wasser pro Mol. Salz gebildeten freien Säure und Base. Die Bestimmung des Hydrolysengrades einer Verbindung erlaubt eine von Leitfähigkeitsmessungen unabhängige (dritte) Art der Bestimmung der Dissoziationskonstante von Säuren und Basen durch Reaktionsbestimmungen mit Indikatoren oder Gasketten. Die Übereinstimmung der Werte aus den drei Methoden ist in den meisten Fällen eine sehr befriedigende. Man kann also die elektrische Leitfähigkeit der Lösungen einer Säure oder eine Base berechnen für jede Konzentration sowie für unendliche Ver- E 4 Asp dünnung ohne elektrische Messung, indem man [ —) einmal bestimmt .Aoo durch eine osmotische Methode, das zweitemal durch Indikatoren. Die Formel zur Bereitung von Konzentrationsketten nach Nernst lautet BrST C } = On a ei: F C ) 522 H.Friedenthal. Die wichtigsten physikal.-chem. Untersuchungsmethoden. Hierin bedeutet E die elektromotorische Kraft in Volt, R die Gaskonstante s4.500, T die absolute Temperatur, F die Faradaysche Konstante = — 96.540 Coulomb, Ü die größere Konzentration (Mol. im Kubikzenti- meter). e die kleinere Konzentration. Bei Vernachlässigung der Kontakt- potentiale und Umrechnung der natürlichen Logarithmen in Briggesche reht die Formel über für 18° im die einfache Formel Y C E = 00577 log r EEE Die Potentialdifferenz an der Berührungsstelle zweier verschiedener Lösungen berechnet sich nach der Formel EN oe ee ur+v 6 für den Fall. daß es sich an zwei verschieden konzentrierte Lösungen des- selben binären so gut wie vollständig dissoziierten Elektrolyten handelt. Berühren sich dagegen gleichkonzentrierte Lösungen verschiedener Elektrolyte, so ist { a = 1,798 E, — E, = 00002 T log - (19). Te NV In Formel (18) und (19) bedeutet u* Kation, v= Anion. C, und C, Kon- zentrationen (Mol. im Kubikzentimeter), T absolute Temperatur, E, und E, Spannung in Volt. Schließlich möge hier die allgemeine Formel des Guldberg- und Waage- schen (Gesetzes der Massenwirkung ihren Platz finden. —_ ka.Cn.Cer... TREND... Hierin bedeutet K die Gleichgewichtskonstante, C,.U,.C, die Molkonzen- tration der Stoffe, welche beim Ablauf der Reaktion verbraucht werden, Ca € €. die Molkonzentrationen der Stoffe, welche durch den Ablauf der Reaktion in derselben Richtung entstehen. Jede Reaktion ist als theore- tisch reversibel zu betrachten. K (20). Elektrische Entladungen. Von Walther Löb, Berlin. Die Bedeutung der Versuche über die chemische Wirkung elektrischer Entladungen für die biochemische Forschung liegt in dem Umstande, daß eine eroße Anzahl biologischer Vorgänge durch elektrische Verhältnisse bedingt oder beeinflußt wird. Wenn auch die Rolle des schwankenden elektrischen Zustandes der Atmosphäre und der Erdoberfläche durchaus nicht erschöpfend bekannt ist, so weisen doch zahlreiche Erfahrungen auf nahe Beziehungen biochemischer Vorgänge zu den elektrischen Bedin- sungen der Umgebung des Reaktionsgebildes. Ich erinnere an das Sauer- werden der Milch, an das Fischsterben während eines Gewitters, an die Ozonbildung durch stille Entladung, an die Vereinigung von Stickstoff und Sauerstoff im elektrischen Flammenbogen. Die Nachahmung der in der Natur vorkommenden elektrischen Ent- ladungsvorgänge durch den Versuch und das Studium der durch sie er- zeugten Wirkungen besitzen das Hauptinteresse. Es lassen sich vornehm- lich drei Formen der Entladung unterscheiden: die Blitz- oder Funken- entladung (disruptive Entladung), die bei der plötzlichen Überwindung des elektrischen Widerstandes von Gasen bei hohen Spannungen einsetzt, die Glimm- oder Büschelentladung (konvektive Entladung), die durch ein kon- tinuierliches Abströmen der Elektrizität gekennzeichnet und als Elmsfeuer häufig in der Natur beobachtet ist, und die stille oder dunkle Entladung, welche eintritt, wenn hohe elektrische Spannungen sich ohne im Hellen sichtbare Lichterscheinung kontinuierlich ausgleichen. Die Funkenentladung kann nur sekundär biochemische Vorgänge be- einflussen. Die Temperaturen im Entladungsgebiet sind zu hoch, um orga- nischen Verbindungen Existenz zu gestatten. Dadurch aber, daß die che- mischen Bedingungen der Umgebung verändert werden, wird auch häufig das ganze biochemische System in Mitleidenschaft gezogen, so dal) diese Entladungsform gerade in Hinblick auf die Biochemie eines eingehenden Studiums bedarf. Es sind hierbei hauptsächlich die in der Atmosphäre, wie im künstlichen Versuche, eintretenden Verbindungen zwischen Stick- stoff und Sauerstoff zu berücksichtigen. Über die Rolle der Glimm- oder Büschelentladung in natürlichen Prozessen oder in Nachahmungsversuchen n24 W,Löb. derselben lieren keine Untersuchungen vor. Wohl aber ist die Wirkung der stillen Entladung wiederholt Gegenstand ausgedehnter Arbeiten ge- worden. Als erster hat Berthelot') betont, dal) die stille Entladung eine jederzeit in der Atmosphäre tätige Energieform ist, und gezeigt, dal) eine eroße Anzahl wichtiger Reaktionen, wie Spaltung der Kohlensäure, Aufbau kohlenhydratähnlicher Stoffe aus Kohlensäure oder Kohlenoxyd und Wasser- stoff durch sie herbeigeführt werden kann und daß gerade die Eigentüm- lichkeit ihrer Wirkung, weitgehende Spaltungen mit folgenden Synthesen zu veranlassen, an viele physiologische Vorgänge erinnere. Ferner hat Berthelot:) nachgewiesen, dab viele organische Substanzen, wie Kohlen- wasserstoffe, Alkohole, Aldehyde und Säuren, elementaren Stickstoff unter dem Einfluß der stillen Entladung aufnehmen. Löb>) hat aus Kohlensäure und Wasser Formaldehyd und Glykolalde- hyd und aus letzterem eine Hexose erhalten und auf diese Weise eine künst- liche Kohlensäureassimilation durchgeführt. Die Versuchsanordnungen, die für Reaktionen unter dem Einfluß elektrischer Entladung in Frage kommen, sind sehr wechselnd und müssen sich den Zwecken und Zielen der Untersuchung ebenso anpassen, wie der zur Verfügung stehenden elektrischen Stromquelle. Um die Wirksamkeit der Gewitterladungen und -entladungen nach- zuahmen, eignen sich sowohl Blitze, die aus der sekundären Spirale eines Induktoriums in bekannter Weise erzeugt werden, wie die Entladungs- formen einer Influenzmaschine Da eine Gewitterwolke die Potentialdiffe- renz geren die Erde dauernd ausstrahlt, auch ohne Blitzerscheinung. so läßt sich ihre Wirkung nach Berg und Krauthe*) in folgender Weise mit Laboratoriumsmitteln reproduzieren. Ein achteckiger Rahmen aus Draht (von etwa Folioformat) wird mit Leinen überspannt und isoliert aufgehängt. Das Leinen wird mit Chlor- caleiumlösung befeuchtet, um es elektrisch leitend zu machen. Das Ganze kommt mit dem einen Pol einer Influenzmaschine und mit der inneren 3elegung einer Batterie von Leydenerflaschen in Verbindung, während die äußere Belegung und der zweite Pol der Influenzmaschine zur Erde abge- leitet sind. Der Rahmen gibt so einen Konduktor ab, der mit einer ziem- lichen Elektrizitätsmenge geladen werden kann und stark Elektrizität aus- strahlt. so dab er die Funktionen einer (rewitterwolke im Versuch über- nimmt. Die Influenzmaschine läßt sich durch einen kleinen Elektromotor treiben. Ein zeitweiser Funkenübergang zwischen den Polen der Maschine. ') Berthelot, Über die Bedingnngen, unter denen dunkle elektrische Entladungen chemische Wirkungen ausüben können. Compt. rend. T. 131. p. 772 (1900). ®) Berthelot, Chemische Wirkungen durch dunkle Entladungeu. Compt. rend. T. 126. p. 561, 567, 609, 615, 671, 681, 691, 775 (1898). ») Walther Löb, Studien über die chemische Wirkung der stillen elektrischen Entladung. Zeitschr. f. Elektrochemie. Bd. 12. S. 282 (1906). Zur Kenntnis der Kohlen- säureassimilation. Landwirtschaftl. Jahrbücher. Bd. 35. S. 541 (1906). *) Berg und Knauthe, Über den Einfluß der Elektrizität auf den Sauerstoffge- halt unserer Gewässer. Naturwissenschaftl. Rundschau. Jg. 13. Nr. 51 u. 52 (1898). Elektrische Entladungen. 525 der einer Entladung von Batterie und Wolke entspricht, ist unwesentlich. Unter die „Wolke“ werden die Versuchsobjekte gebracht. Die von den beiden Genannten ausgeführten Versuche bezweckten den Nachweis, daß das während eines Gewitters häufig beobachtete Fischsterben auf Sauerstoffzehrung unter dem Einfluß der elektrischen Entladungen beruhe. Sehr zahlreich sind die Vorschläge, die für Versuche mit Hilfe der stillen Entladung angestellt sind. Drei Apparate, deren Einrichtung in engem Zusammenhang unter sich und mit der verfügbaren Stromquelle stehen, besitzen hierbei große Wichtigkeit: das Induktorium, der Unter- brecher und das Entladungsgefäb. Solange man mit niedrigen Spannungen zur Speisung der Primär- spule des Induktors arbeitet, empfiehlt sich ein Platin- bzw. Platiniridium- unterbrecher. Eine höhere Spannung als 12 Volt, entsprechend 6 Akkumu- latoren, anzuwenden, ist für diese Unterbrecher nicht ratsam, weil bei der Unterbrechung zwischen den Kontakten des Hammers ein so großer Wider- stand entsteht, daß sich zwischen ihnen praktisch der ganze Spannungsabfall unabhängig vom äußeren Widerstand konzentriert. Dadurch tritt bei zu hohen Spannungen eine starke, bald zur Zerstörung der Kontakte führende Funkenbildung ein. Zur Erzielung einer beträchtlichen chemischen Wirkung dureh stille Entladung ist die Verwendung nicht zu kleiner Induktorien ratsam, deren Maximalfunkenlänge wenigstens 15cm beträgt. Je nach der Wahl des Unterbrechers ist ihre Konstruktion in mehreren Punkten verschieden. Bei der Verwendung des Kontakt- oder Hammerunterbrechers ist die Anwendung eines Kondensatorensystems, das gewöhnlich im Bodengehäuse des In- duktoriums untergebracht wird, notwendig; stärkere Selbstinduktionen in der Zuleitung zur Primärspule sind zu vermeiden. Elektrolytische Unter- brecher, Wehnelt- oder Simon-Unterbrecher, bedürfen keiner Kondensatoren, die, falls sie im Apparate liegen, durch Abbiegen der betreffenden Drähte auszuschalten sind; hingegen wird durch die Einschaltung von Selbst- induktionen in Form stärkerer, einen weichen Eisenkern umschließender Solenoide die Exaktheit der Unterbrechung günstig beeinflußt, zumal, wenn der Entladungsvorgang selbst eine nicht genügende Belastung der Sekundär- wicklung besorgt. Das ist besonders der Fall bei der Ausführung von Versuchen mittelst stiller Entladung an einer für Röntgenzwecke eingerichteten Apparatur. (Juecksilberunterbrecher schließlich erfordern eine Kondensatoranlage, die zweckmäßig fabrikatorisch auf den benutzten Unterbrecher abgestimmt wird. Selbstinduktionen im Stromkreis sind weder notwendig noch emp- - fehlenswert. Die letzte Form der Unterbrecher ist ebenso wie der elektro- lytische bei Anwendung höherer Primärspannungen (70 — 220 Volt) vorzuziehen. Die meiste Beaufsichtigung bedarf bei länger währenden Versuchen, um die es sich fast stets handelt, der Hammerunterbrecher, so dal) hier noch einige genauere Angaben am Platze sind.!) 1) Walther Löb, Studien über die chemische Wirkung der stillen elektrischen Entladung. Zeitschr. f. Elektrochemie. Bd. 12. S. 282 (1906). 526 W.Löb. Für einen Induktionsapparat mit einer Maximalfunkenlänge von 15 em wird diese Höchstleistung meist schon bei einer Primärstromstärke von etwa 4 Ampere bei 10 Volt Betriebsspannung erzielt. Als geeignete Verhält- nisse haben sich die folgenden bewährt: Widerstand der Sekundärrolle etwa 10.000 Ohm: Widerstand der Primärrolle 0'2-—-0'3 Ohm. Die Primär- wicklung befindet sich am besten unmittelbar fest auf dem inneren Eisen- kern und ist mit diesem innerhalb des Hohlzylinders,. auf dem die Sekundär- spule liegt, gemäl) des durch die Länge der Verbindungsdrähte zwischen Primärspule und Kondensator gewährten Spielraumes verschiebbar. Dadurch ist man in der Lage, die Entfernung des Unterbrecherhammers vom Eisen- kern. welche die Exaktheit der Unterbrechungen beeinflußt, zu variieren. Gleichfalls von Bedeutung für ein gleichmäßiges ruhiges Arbeiten des Instruments und zur Erzielung geeigneter Oszillationen ist die Größe bzw. das Gewicht des Unterbrecherhammers. Ein leichter Hammer ist im alleemeinen vorzuziehen; jedoch sind diese Verhältnisse in jedem Fall dureh Ausprobieren zu ermitteln. Man kann das Gewicht leicht durch Ver- größerung oder Verkleinerung des am Kupfer- oder Messingarm des Hammers sitzenden Eisenstücks verändern. Dasselbe soll im Ruhezustande des Apparates 05—1cm von dem Eisenkern der Primärspule entfernt sein. Als Kontaktmaterial ist nur Platiniridiumlegierung (10—20°/, Iri- dium) zu empfehlen. Bei dem elektrolytischen (Wehnelt) Unterbrecher sind solche Vorsichts- maßregeln nicht erforderlich ; er wird meist zum Betrieb von Röntgen- röhren verwandt. Eine Röntgeneinrichtung ist im allgemeinen für Versuche mit stiller Entladung ohne weiteres anwendbar. nur sind die Dimensionen der Entladungsapparate den hohen Energielieferungen anzupassen, die leicht einen Funkendurchgang statt der funkenlosen Entladung veranlassen. Sehr geeignet schließlich sind die von der Elektrizitätsgesellschaft Sanitas in Berlin in den Handel gebrachten Rotax-Quecksilberunterbrecher, bei denen durch einen Elektromotor Quecksilber unter Petroleum zentri- fugal in eine Rinne geschleudert wird, durch die eine exzentrisch rotierende Lederscheibe mit einzelnen Kontaktstellen streift. Durch Verschiebung der Exzentrizität kann man die Unterbrechungszahl variieren; ebenso durch die Umdrehungsgeschwindigkeit des Motors. die durch einen äußeren Widerstand regulierbar ist. Da man schließlich die Stromstärke in der Primärspule beliebig einstellen, sowie die Stellung der Kontaktscheibe fest- legen kann, ist man imstande, ganz genau definierte Verhältnisse zu schaffen und jederzeit zu reproduzieren. Das ist besonders wichtig, weil außer der genauen Definition der Versuchsbedingungen keine einfache Methode existiert, die von der Se- kundärspirale gelieferte elektrische Energie direkt zu messen. Ihre Berech- nung aus den Werten des Primärstromes und der Einrichtung der Appa- ratur, Unterbrechungszahl. Zahl der Sekundärwindungen, deren Widerstand, Kondensatorwirkung usw. ist für die hier zu besprechende Arbeitsmethode wertlos, weil in der stillen Entladung eine Reihe von Prozessen nebenein- Elektrische Entladungen. 527 ander verläuft und ein großer Teil der Energie durch Ausstrahlung in die Umgebung verloren geht. Die Wirkung des durch Stromöffnung entstehenden sekundären Strom- stoßes (Unterbrechungsstrom) ist stets .stärker als die des Schliebungs- stromes. An den Induktorien sind meist Umschalter angebracht: die Er- mittlung der größten Funkenlänge gibt ohne weiteres die geeignete Stellung des Kommutators auf Unterbrechungsstrom. Zum Betrieb der Induktorien ist stets Gleichstrom erforderlich. Die Entladungsgefäße, Ozonisatoren oder allgemeiner Elektrisatoren genannt, bestehen prinzipiell in stets gleichbleibender Weise aus zwei Elek- troden, welche den beiden Polen der Sekundärspirale angeschlossen werden, und dem zwischen den Elektroden liegenden Dielektrikum, das meist aus Glaswandung und den der Reaktion ausgesetzten Substanzen, Gasen, Flüssig- keiten oder festen Körpern besteht. Die stärkste Wirkung findet in Gasen statt. Man muß deshalb bei Flüssigkeiten entweder durch Wärmezufuhr oder Druckerniedrigung für Dampfbildung sorgen. Nur gute Nichtleiter, wie reiner Alkohol u. a.. können als Dielektrika im flüssigen Zustand be- nutzt werden, erleiden aber nur sehr geringe Beeinflussung. Elektrolyte heben die stille Entladung durch den direkten Stromschluß zwischen den Polen der Sekundärspirale vollständig auf. Für feste Körper, die in den Entladungsraum gebracht werden, ist ein möglichst gutes Vakuum zur Er- zielung eines Effektes notwendig. Eine Wirkung tritt durch Verdampfung oder auch dadurch ein, daß die Oberfläche des festen Körpers als Elek- trode fungiert. Sehr häufig werden Produkte, die sich zunächst durch die stille Ent- ladung bilden, durch ihren weiteren Einfluß, wieder zersetzt. Um dies zu verhindern, empfiehlt es sich häufig, durch starke Abkühlung des unteren Teiles des Entladungsrohres die entstehenden Substanzen zu kondensieren, wenn die Natur der Ausgangsmaterialien eine derartige fraktionierte Kon- densation zuläßt. Die Elektrisatoren bestehen meist aus zwei konzentrischen Glas- röhren, zwischen denen ein größerer oder kleinerer Abstand (Wandabstand) für das der Entladung ausgesetzte Medium vorgesehen ist. Das äußere Rohr trägt außen, das innere innen die Elektrode, so daß die Entladung durch die Glaswandungen hindurch erfolgen muß. Das ist notwendig, weil ohne diese Schutzwirkung eine stille Entladung ohne Funkendurchgang nur bei sehr großem Elektrodenabstand oder im starken Vakuum zu er- zielen ist. Als Elektroden wählt man häufig dünne Metallbleche, wie Messing- blätter oder Stanniol, die dicht dem Glase anliegen müssen, um eine Funkenbildung, welche schnell zum Springen des Glases führt, zu vermeiden. Weit zweckmäßiger sind die bereits von Berthelot benutzten Flüssigkeits- elektroden, als welche sich alle guten Elektrolyte, verdünnte Schwefelsäure, Kochsalzlösungen u. ä. eignen. Von großer Bedeutung für den Verlauf der Entladungsreaktionen, speziell im Zusammenhang mit den Dimensionen der Stromquelle, sind die 598 W.Löb. Wandabstände, zwischen denen der Spannungsausgleich durch stille Ent- ladung stattfindet. Im allgemeinen ist der beste Maßstab für die zu wählende Größe der Elektrisatoren die Funkenlänge in der Luft (Metall- spitze geeen Metallplatte), die gleichzeitig einigermaßen über die Spannungs- verhältnisse der Sekundärspirale orientiert. Bis zu einer Funkenlänge von 5 cm empfiehlt es sich nicht, über einen Wandabstand von 2 mm hinaus- zugehen, falls nicht die Untersuchung des Einflusses des Wandabstandes Selbstzweck ist. Wie groß die Bedeutung dieser Versuchsbedingung auf den qualitativen Gang der Reaktionen sein kann, geht aus einer Arbeit de Hemptinnes‘) hervor. Er erhielt z. B. aus Kohlenoxyd und Wasser bei einem Wandabstand von 2—3 mm Ameisensäure; bei T mm Abstand da- neben Kohlensäure. Der Zusammenhang der chemischen Wirkungen elektrischer Schwin- gungen mit deren Wellenlängen, mit dem Druck und der Temperatur der (Gase ist auch mehrfach ?2) untersucht worden, jedoch ohne hier zu berücksichtigende Resultate zu geben. Die Einrichtung zweckmäßiger Elektrisatoren möge an Hand einer Reihe von Skizzen beschrieben werden. Der Apparat von Berthelot?) (Fig. 529) eignet sich nur für Versuche in kleinereın Maßstabe, weniger für Dauerversuche mit stetiger Erneuerung des Reaktions- komponenten. Einen Apparat zur Behandlung schwer flüchtiger Flüssigkeiten, wie Glyzerin, und fester Körper hat de Hemptinne*) angegeben. Er besteht (Fig. 530) aus einer ca. TO cm langen, 4cm breiten Röhre 4A’. Die Flüssig- keit oder der feste Körper befindet sich bei d. Die Röhre 4° ist zwischen von einander isolierten Metallplatten, welche durch Drähte mit der Sekundärwicklung des Induktoriums Fig.529. in Verbindung stehen, angebracht. Man pumpt A‘ aus und kann aus der Änderung des Quecksilberstandes in ZL das Fortschreiten der Reaktion beobachten. Will man die flüchtigen Zersetzungs- produkte analysieren, so muß man sie so rasch wie möglich zur Vermei- dung von Nebenreaktionen aus A‘ entfernen. Zu dem Zwecke ist A’ mit A verbunden und, da der ganze Apparat luftleer gehalten wird, so werden die entstehenden Zersetzungsprodukte in dem Maße, wie sie sich bilden, nach A hinübergezogen. Durch Schließen oder Öffnen der betreffenden | KIRIDHHENEDIRKÜAGUHNRLAILN !) Hemptinne, Über die Synthesen organischer Substanzen durch dunkle elek- trische Entladung. Bull. de l’Acad. roy. de Belg. [3.] T. 34. p. 269 (1897). ?) Maquenne, Bull. soc. chim. [2.] T. 37. p. 298 (1882); T.40. p. 60 (1883). — Hemptinne, Untersuchung über die chemische Wirkung elektrischer Schwingungen. Zeitschr. f. physikal. Chem. Bd. 22. S. 358 (1897); Bd. 23. S.483 (1897). ”) Berthelot, Essai de M&canique chimique. Paris. II. p. 369 (1879). *) Hemptinne, Über die Zersetzung einiger Stoffe unter dem Einfluß elektri- scher Schwingungen. Zeitschr. f. physikal. Chem. Bd. 25. S. 295 (1898). Elektrische Entladungen. 529 Hähne und durch Heben des Quecksilberreservoirs © können die Gase aus 4 in die Bürette # gebracht und analysiert werden. Fig. 530. Ein Apparat, welcher für die Zersetzung der Dämpfe siedender Flüssigkeiten geeignet ist?!) (Fig.531), besitzt einen auf das mit Rückfluß- kühlung versehene Entladungsrohr, das eine innere und eine äußere Kochsalzelektrode in Glasröhre und Glasmantel enthält, aufgeschliffenen Siede- kolben. Durch den Rückflußkühler werden die entweichenden Gase aufgefangen. Für Dauerversuche ist von Löb?) eine Einrichtung angegeben, welche ständige Erneuerung der Reaktionskomponenten oder eines Teiles der- selben gestattet (Fig. 532). Der Entladungsraum c, ein Glaszylinder (Fig. 532) von 40 cm Länge und 1’4cm innerem Durchmesser, trägt, konzentrisch eingeschmolzen, das 43cm lange und 1cm weite (äußerer Durch- messer), oben offene, unten geschlossene Glasrohr a, das die innere Belegung, verdünnte Kochsalzlösung, aufnimmt. Der Wandabstand im Entladungsraum beträgt also 2 mm. Auf e ist außen der oben offene, 57cm lange und 3°5 bis 4cm weite Glasmantel 5b aufgeschmolzen, der gleichfalls mit verdünnter Kochsalzlösung als äußerer Belegung gefüllt wird. Durch Platindrähte wird der Strom der Sekundär- spirale des Induktoriums den beiden Belegungen zugeführt. In dem höchsten Punkte des Entladungs- Fig. 531. !) Walther Löb, Studien über die chemische Wirkung der stillen elektrischen Entladung. Zeitschr. f. Elektrochemie. Bd. 12. S. 285 (1906). 2 Ike, Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 34 230 W.Löb. raumes sitzt das Kapillarrohr / mit eingeschliffenem Dreiweghahn, der einerseits die Kommunikation mit der Luft, andrerseits mit der Hempel- schen Bürette © gestattet. Am unteren Ende erweitert sich das Ent- ladungsrohr c zu dem 3 cm langen, kugelförmigen Ansatz d, der sich nach unten zu einem einige Zentimeter langen Glasrohr mit einge- schliffenem Dreiweghahn e verjüngt. Letzterer verbindet das Entladungs- rohr entweder mit der Bürette B oder dem Glaskolben D, oder schlieb- lich Bürette mit Kolben. # En ZEN EIH ‚ c#ha G ade G SCE G; | = 4E 79 | syE GG EHE G w SgE G =HIE % | =UlE GG | Az /) =SCYE EIAEI 2 EBEI | G 298 | G EAE | G =14= 4 s9= | 90 =17= 7 >4717 | Y 77 N N Fig. 532. Die durch einen Glashahn verschließbare Bürette B trägt seitlich an einem genügend langen Gummischlauch, der durch einen Quetschhahn ver- schließbar ist, das Niveauglas g. Die Bürette B ist mittelst ihres umgebogenen, schwach nach unten geneigten Endes, des Glasrohres k, durch einen starken, kurzen Gummi- schlauch an den Elektrisator angeschlossen, so daß ihr Inhalt bei ent- sprechender Hahnstellung vollständig in den Kolben D abfließen kann. Zur Füllung des Apparates wird zunächst der ganze Entladungsraum durch Heben des Niveauglases g, während der Glashahn von B verschlossen bleibt, mit der Reaktionsflüssigkeit, etwa Wasser, gefüllt, bis dieses bei 7 an die Luft austritt. Sodann wird nach Verschluß des Quetschhahnes des Gummischlauches und Öffnung des Glashahnes von B das Reaktionsgas, etwa Kohlensäure, aus der Hempelschen Bürette € bei entsprechenden Elektrische Entladungen. 5a3l Hahnstellungen übergeführt, so daß das Wasser in die Bürette 5 gedrängt wird und der Entladungsraum ce ganz von Gas erfüllt ist. Der Quetsch- hahn des Gummischlauches bleibt während des Versuches geschlossen, die Bürette B bleibt offen und zuweilen mit dem Entladungsraum e in Ver- bindung, so daß das Gas sich unter etwas höherem Druck, als dem je- weiligen Atmosphärendruck, befindet, da die Niveaudifferenz der Flüssig- keitssäulen in DB und A hinzukommt. Die Volumänderung während der Entladung läßt sich unter Berück- sichtieung der Druckverhältnisse aus dem Stand der Flüssigkeitssäule in der graduierten Bürette B verfolgen. Das Gas im Elektrisator wird nach geeigneter Zeit, die von dem Fortschritt der Zersetzung abhänet, erneuert. Die Gasmenge ist so be- messen, dal) in d eine etwa 2 bis 3cm hohe Flüssigkeitsschicht bleibt. Ver- zichtet man überhaupt auf die Beobachtung der Volumveränderung, so ist die ganze Bürette B entbehrlich; der Gummischlauch von g kann in diesem Falle unmittelbar an den Elektrisator angeschlossen werden. Nach Beendigung eines Versuches wird das Gas im die Bürette © durch Senken des Hempelschen Niveauzylinders # zur Analyse zurückge- führt, neues Gas in der beschriebenen Weise in den Entladungsraum und schließlich nach Abschluß des ganzen Versuches die Flüssigkeit aus e und B unter wiederholter Durchspülung mit dem in g befindlichen Wasser in den Kolben D zur qualitativen und quantitativen Analyse gebracht. Um bei Anwendung stärkerer elektrischer Entladungen die thermi- schen Einflüsse möglichst auszuschließen, ist es zweckmäßig), die als Elektroden dienenden Flüssigkeiten dauernd zu kühlen, wie es in der Fig. 533 angedeutet ist. Der Außenelektrolyt enthält einen von kaltem Wasser durchströmten Schlangenkühler aus Glas, der Innenelektrolyt einen dünnwandigen Innenkühler. Beide Kühlsysteme stehen unter sich und mit der Wasserleitung in Verbindung. Die übrige Anordnung entspricht im Prinzip der in Fie. 532 skizzierten. Ein Elektrisator, der Reaktionen zwischen Flüssigkeiten und Gasen vermitteln soll, ist in Fig. 534 abgebildet. 2) Der Entladungsraum, eine 25 mm weite Glasröhre, umgibt die als Elektroden dienenden Elektrolyte, welche sich in horizontalen, 5 mm weiten, einseitig verschlossenen Glasröhren be- finden, die 5 mm voneinander entfernt sind. Durch diese Anordnung, in der die zur Reaktion zu bringende Flüssigkeit den halben Apparat erfüllt, wird zweierlei erreicht. Einmal ist die Berührungsfläche zwischen Flüssig- keit und Gas eine möglichst große; ferner sind die beiden Reaktionskom- ponenten je einer Elektrode zugeordnet und von der zweiten getrennt, so daß zwischen ihnen trotz des fortwährenden Wechsels der Polarität stets die gesamte Potentialdifferenz herrscht, welche die stille Entladung im Innern des Entladungsraumes herbeiführt. Der chemische Effekt ist dadurch ein möglichst hoher. Der Apparat läßt sich zu Dauerversuchen, !) Walther Löb. Noch nicht veröffentlicht. 2) Walther Löb. Noch nicht veröffentlicht. 34° 532 W.Löb. wie ohne weiteres ersichtlich, leicht der in Fig. 552 angegebenen Anordnung einfügen. TAI Ih Bei der Gegenwart einer 110 oder 220 Volt Lichtleitung wählt man am besten einen Rotax-Quecksilberunterbrecher, dessen Motor auf die be- treffende Spannung eingestellt ist. Um diese zu regulieren, kann man außer der Variation des Primärstromes entweder eine Funkenstrecke in eine der zum Elektrisator führenden Sekundärleitungen einschalten, die, wie ein Widerstand, spannungserniedrigend wirkt, aber oft die Funkenbil- Elektrische Entladungen. 533 dung im Elektrisator in störender Weise vermehrt. Besser läßt man den ganzen Sekundärstrom sich durch die Funkenstrecke entladen und zweigt erst von Spitze und Platte derselben die Leitungen zum Elektrisator ab. Je eröfier oder kleiner die Funkenstrecke ist, desto höher oder niedriger ist die auf den Elektrisator entfallende Potentialdifferenz, deren Verteilung auf Funkenstrecke und Elektrisator durch das Verhältnis ihrer Widerstände bestimmt ist. Zu den Entladungserscheinungen gehört auch die von J. Rosenthal!) beobachtete Zerlegung hochkomplizierter chemischer Verbindungen im schwankenden magnetischen Kraftfeld. Leitet man durch ein Solenoid einen Gleichstrom unter Einschaltung eines elektrolytischen Unterbrechers oder bringt man dasselbe in den Neben- schluß eines Flammenbogens mit eier veränderlichen Selbstinduktion und einer Kapazität, so entstehen bei 5—10 Ampere Schwingungen, die auf hochmolekulare, in das Solenoid gebrachte Substanzen chemisch wirksam sind. Für jeden Stoff besteht eine bestimmte zur Reaktion erforderliche Frequenz, die z. B. für Stärke zwischen 440 und 480 Schwingungen in der Sekunde liegt. Unterbrochener Gleichstrom und Wechselstrom ver- halten sich darin gleich. Bei Stärke findet eine hydrolytische Spaltung statt in der Weise und Reihenfolge, wie sie durch diastatische Fermente bewirkt wird. In ähnlicher Weise werden Proteine in Albumosen und Pep- tone zerleet. ı) Rosenthal, Zerlegung hochkomplizierter chemischer Verbindungen im schwan- kenden magnetischen Kraftfeld. Sitzungsbericht der kgl. preußischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1908. Bd. 20. Methoden zur Bestimmung der Reaktion tierischer und pflanzlicher Flüssigkeiten und Gewebe. Von Hans Friedenthal, Nicolassee bei Berlin. Titration zur Bestimmung des Säuregehaltes und Alkaligehaltes von Flüssigkeiten. Unter der Reaktion einer wässerigen Lösung versteht die physi- kalische Chemie das Verhältnis des H* Ionengehaltes dieser Lösung zum OH -Ionengehalt. Man gibt an, wieviel Gramm H+lonen im Kubik- zentimeter (die gebräuchlichsten Angaben einer Normallösung beziehen sich leider noch meist auf den Liter) enthalten sind. Ist der Gehalt 2 | OH+ einer Lösung an H * Ionen und OH Ionen gleich 1 ( — Di so be- H+ \ deutet dies neutrale Reaktion einer Lösung, —e < 1) bedeutet ba- a 1 bedeutet saure Reaktion. Da das Ionen- produkt des Wassers cH*.cOH=—=K konstant ist, genügt in jedem Falle die Angabe der Konzentration an H* Ion, weil durch diesen und die expe- rimentell bestimmte Konstante (K) der OH Gehalt derselben Lösung eindeutig bestimmt ist. Das Ionenprodukt des Wassers (die sogenannte Dissoziationskonstante) beträgt nach Kohlrausch und Heydweiller für ver- schiedene Temperaturen: sische Reaktion und 0° 2027 .10° 18° 26° 734° 42075071007 Ionenkonzentration y/em?® 035 0:39 0:56 080 1:09 147 193 248 85 x10-10 H, Wasser (Ionenprodukt) 012 015 031 064 12 215 37 615 2x0 ') Vgl. Hamburger, Osmotischer Druck und Ionenlehre. II. 1904. Sehr ge- naue Angaben der Gaskettenmessung in brauchbarer Form. — Fritz Glaser, Indika- toren der Azidimetrie und Alkalimetrie. Wiesbaden. Kreidels Verlag. 1901. — Hans Friedenthal, Arbeiten aus dem Gebiet der experimentellen Physiologie. Jena. Verlag von Gustav Fischer. 1908. Darin auch weitere Literatur über Reaktionsmessungen. Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten etc. 535 Man fertigt sich auf Millimeterpapier eine Kurve, welche die H*+ Ionen- konzentrationen und die lIonenprodukte als Ordinaten, die Temperaturen als Abszissen enthält und kann alsdann für jeden Zehntelgrad Temperatur den zugehörigen H*Ionengehalt und das zugehörige Ionenprodukt mit großer Genauigkeit abmessen. Der H * Ionengehalt einer wässerigen Lösung und damit die absolute Reaktion einer wässerigen Lösung läßt sich physi- kalisch-chemisch nur dann definieren, wenn es sich um ideal symmetrisch erfüllte Lösungen handelt, nicht aber bei mehrphasigen Gebilden, worauf Verfasser des öfteren aufmerksam gemacht hat. Protoplasma können wir als ein Wabenwerk auffassen, bei welchem fettartige Substanzen in sehr dünnen Lamellen Hohlräume, die mit den verschiedenartigsten Substanzen erfüllt sind, umgeben. Wir können von der Reaktion eines solchen Gebildes, d.h. von seinem H * Ionengehalt ebensowenig im strengen Sinne reden, wie wir von dem festen oder flüssigen Aggreeatzustand eines Schaumes oder Wabenwerkes oder von seiner Leitfähigkeit reden können. Die phy- sikalischen Größen beziehen sich auf homogen erfüllte Raumteile. So wichtig für alle Lebensprozesse der Gehalt der tierischen und pflanzlichen Flüssigkeiten an H+Ionen (also die absolute Reaktion) auch ist, so verlieren die früher allein üblichen Messungen des Säuren- und Basen- gehaltes durch Titration doch nicht an Wichtigkeit, da für eine große Reihe von Lebensprozessen der Gesamtgehalt der Lösungen im Protoplasma- innern an Säure oder Base von entscheidendem Einfluß ist. Die physikalisch-chemische Betrachtung führt nicht zu einer Verwer- fung der früher erhaltenen Titrationsergebnisse, sondern lehrt im Gegenteil erst die Titration in sehr genauer Weise ausführen.!) Nach der alten che- mischen Definition ist eine Säure eine chemische Verbindung, in welcher mindestens ein Wasserstoffatom durch ein Metall ersetzbar ist bei (regen- wart von feuchten Metalloxyden. Physikalisch-chemisch wäre jede Substanz als Säure zu betrachten, welche in wässeriger Lösung mindestens ein H * Ion abzudissoziieren imstande ist. Als Basen bezeichnete die Chemie früher alle Verbindungen, welche mit starken Säuren salzartige Verbindungen zu bilden imstande waren, die physikalische Chemie bezeichnet als Basen alle Substanzen, welche in wässeriger Lösung mindestens ein OH Ion abzu- dissoziieren imstande sind. Durch Titration einer Lösung können wir feststellen, wie- viel Säuremoleküle in einer Lösung nicht an starkes Alkalı eebunden wären, respektive wieviel basische Moleküle nicht an starke Säuren gebunden wären nach Entfernung des Wassers der Lösung. Die Gesamtzahl der Säuremoleküle oder Basenmoleküle in einer Salzlösung läßt sich durch Titration nicht feststellen, nur der Über- schuß der einen über die anderen vorausgesetzt, dal) mindestens die eine der beiden Molekulargattungen als stark zu betrachten ist, d.h. eine !) Siehe auch Salm und Friedenthal, ]. ce. S. 432. D56 H. Friedenthal. Dissoziationskonstante besitzt, welche der Einheit nahe liegt. Lösungen, welche ein (remenge von schwachen Säuren und Basen enthalten, lassen sich bei dem heutigen Stande der Titrationstechnik nicht einfach titrieren, eben- sowenig Lösungen mit nur einem extrem schwachen Elektrolyten. Alle Flüssigkeiten, welche nur starke Säuren oder starke Basen ent- halten. lassen sich leicht titrieren. Man versetzt einen genau gemessenen Bruchteil der zu prüfenden Lösung mit irgend einem der üblichen Indika- toren, bis die eintretende Färbung eben deutlich ist und fügt von einer L,auze oder Säure von bekanntem Gehalt soviel hinzu, bis eben ein Farben- umschlag zu erkennen ist. Die Zahl der bei der Titration verbrauchten Moleküle gibt alsdann sogleich die Zahl der Säure- respektive Basenäquiva- lente in dem gemessenen Volum der zu untersuchenden Lösung mit großer Schärfe. Es bleibt ziemlich gleichgültig, welcher der üblichen Indikatoren Verwendung fand. Je stärker der Gehalt der untersuchten Lösung an Säure oder Base war, desto größer ist im allgemeinen die relative Genauigkeit der Titration. Titriert man Säurelösungen, die 1 x 10* normal sind (soge- nannte 10 Lösungen auf den Liter bezogen), Schwefelsäure mit einer gleich- starken Lauge, z.B. Kalilauge, so findet bei allen gebräuchlichen Indi- katoren nach Zugabe der gleichen Menge Lauge ein scharfer Umschlag statt. Der Fehler überschreitet in diesem Falle nicht 0'1°/, der Messungs- größe. Bei stärkeren Verdünnungen treten Abweichungen der beobachteten Zusatzmenge ein gegenüber der theoretisch erforderlichen Menge. So ver- ; DEREN . N (em?) ARE brauchte Glaser (l. ec.) bei Titration von 10 cm? 708 H, SO, in 25 cm3 Wasser mit Methylorange 955 em> mal Nao0H, bei Titration von 10 cm? N Pe I ie 105 H,; SO, mit Phenolphtalein, dagegen 107 cm? 103 NaOH. Bei einer scharfen Titration muß der Umschlag bei Zusatz von 01 bis 0'2 cm? der Titrierflüssigkeit deutlich sein, was nicht immer genügend beachtet wird. Herstellung von Normallösungen für Titrationen. Als Standardlösungen verwendet man mit ausreichender Genauigkeit 1 die im Handel erhältliche Schwefelsäure oder Salzsäure (Normal- 2 =, n EN £ - Kalilauge oder Natronlauge. - —3 schwefelsäure genannt [Liter]) sowie Die Laugen lösen nach einiger Zeit gewöhnlich Bestandteile der Vorrats- flaschen auf und setzen Niederschläge ab, ohne an Genauigkeit merklich einzubüßen. Wichtig ist es, die Laugen durch ein Natronkalkrohr vor der Berührung mit der Kohlensäure der Luft auch beim Abfüllen zu schützen. Kossel hat eine sehr praktische Natriumpresse angegeben, welche gestattet, Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete. 557 Normallaugen aus metallischem Natrium sich schnell und genau zu bereiten. Will man sich eine kohlensäurefreie Natronlauge oder Kalilauge bereiten, so tut man gut einen der gebräuchlichen Exsikkatoren mit Leitfähigkeits- wasser statt wie sonst mit H,SO, zu beschicken und metallisches Natrium oder Kalium in einer Silberschale den Wasserdämpfen auszusetzen, nach- dem der Exsikkator gut luftleer gepumpt wurde. Allmählich verwandelt sich das Metall in eine kohlensäurefreie Lösung von NaOH respektive KOH. Die konzentrierte wässerige Lösung wird mit Leitfähigkeitswasser verdünnt und mit - (em?) Oxalsäure auf (cm?) eingestellt. Die Bereitung n ) 1: 107: einer Standard-Sodalösung als Ausgangspunkt für die Maßanalyse erfordert erößere Vorsicht und führt häufiger zu ungenauen Resultaten als die Ver- wendung von Oxalsäure. Geräte zur Ausführung der Titrationen. Zur Ausführung genauer Titrationen bedarf man geprüfter Normal- büretten mit Zehntelkubikzentimeterteilung. Am geeignetsten sind solche, welche einen: kleinen Glastrichter zum bequemen Nachfüllen am oberen Ende angeschmolzen tragen. Zur Verhinderung einer ungenauen Ablesung durch falsche Augenhöhe beim Ablesen dient entweder eine Visiervorrichtung mit zwei straff gespannten Menschenhaaren, welche an der Bürette verschoben werden kann. oder der Schellbachsche Streifen, ein schwarzer Längsstreifen auf weißem Grunde. Visiert man durch die Flüssigkeit einer Bürette mit Schellbachschem Streifen, so zeigt eine schwarze Spitze auf den gesuchten Teilstrich bei richtiger Augenhöhe, bei falscher Augenhöhe sieht man keine symmetrisch gestaltete Spitze. Man beachte, daß stets auf den unteren Rand des Flüssigkeitsmeniskus bei Ablesungen eingestellt wird. Ein Titriergestell muß 2 solcher Büretten enthalten, damit niemals die Säurebürette mit Lauge beschickt wird und umgekehrt. Zur Vermeidung von Verwechslungen beklebe man die Säurebürette mit einem Streifen roten Lackmuspapieres, die Laugenbürette mit blauem Lackmuspapier und mache durch Lackieren das Papier wasserdicht. Als Untergrund verwendet man eine weiße Milchglasplatte zur genauen Erkennung des Farbenumschlages. Sämtliche Geräte für Titrationen sollen aus Jenenser Normalglas gefertigt sein, namentlich die Titrierkölbehen, da aus gewöhnlichem Glase reichlich Bestandteile von Laugen ausgelöst werden, welche den Titer schwacher Laugen verändern. Als Titrierkölbehen verwendet man zweckmäßig schlanke Erlenmeyer- kölbehen aus Jenenser Glas mit engem Halse, welche ein Umschütteln der Flüssigkeit ohne Umherspritzen gestatten. Man verwende stets so wenig wie möglich Flüssigkeit bei Ausführung der Titrationen bis zu einer unteren Grenze von etwa 10 cm? Als Pipetten zur Entnahme gemessener Flüssigkeitsmengen verwende man Normalpipetten, welche auf Ausfluß geeicht sind und achte auf die D38 H. Friedenthal. Temperatur der Lösungen bei genauen Messungen. Gewöhnlich ist das Volum der Pipetten geeicht bei 18°C. Als Meßkolben dienen Normalmeß- kolben. ebenfalls bei 18° geeicht und geprüft, zweckmäßig aus Jenenser Glas (nicht unbedingt notwendig). Beim Ausspülen der Meßkolben, Titrierkolben und Pipetten überzeugt man sich sehr zweckmäßig mit phenolphtaleinhaltigem Wasser von der Abwesenheit jeder alkalischen Reaktion, da starke Laugen recht festhaftende Überzüge am Glase bilden, während Säuren sich sehr leicht durch Ausspülen entfernen lassen. Mit Hilfe eines Abeggschen Dampfapparates reinigt man die Kölbehen am raschesten und sichersten etwa 10 Minuten lang mit strömendem Dampf und bläst sie mit einem Blasebalg, während sie noch heiß sind, trocken. Bei genauen Messungen suche man den Neutralitäts- punkt stets von zwei Seiten zu erreichen und ist dann bei Übereinstim- mung der Resultate vor Irrtümern ziemlich sicher. Hat man eine Säure zu n 10 man einen Überschuß (genau gemessen) von Alkali zu der Säure und titriert titrieren, so titriert man sie einerseits mit Alkali, andrerseits fügt mit Säure den Überschuß zurück. Die Abweichungen sollen 0'1 em? n 10% nicht überschreiten. Indikatoren. Indikatoren sind Farbstoffe, welche einen Farbenwechsel in wässeriger Lösung erleiden durch intramolekulare Umlagerungen, welche eine Änderung der „chromophoren* Gruppen im Farbstoffmolekül hervorrufen. Verschwindet die Farbe, so verschwindet auch die chromophore Gruppe, ändert sich die Farbe, so ändert sich die chromophore Gruppe. Diese Änderung der chromophoren Gruppeim Farbstoffmolekül kann in wässeriger Lösunginzahlenmäßiger Abhän- gigkeit stehen von dem Gehalt der Lösung an H + Ionen; in diesem Falle ist der Farbstoff als Indikator brauchbar. Ausdrücklich sei hier aber darauf auf- merksam gemacht, dal) eine Reihe von anderen Faktoren die chromophoren Gruppen und damit die Indikatorfarbe beeinflussen können, unabhängig von dem H * Ionengehalt der Lösung. Bei Anwesenheit einer solchen stö- renden Substanz, welche mit dem Indikator gefärbte Verbindungen eingeht, ist die Messung des H * Ionengehaltes durch den Indikator unmöglich. So bilden Eisensalze sehr häufig Verbindungen mit Indikatoren, deren Farbe vom H*Ionengehalt der wässerigen Lösung unabhängig ist. In diesen Fällen kann man ohne Indikatorzusatz titrieren und durch Leitfähigkeits- messungen oder durch Gasketten den Neutralitätspunkt feststellen. Durch Z/ufügen einer hochmolekularen Säure zu einer basischen Lösung nimmt die Leitfähigkeit ab wegen Verschwindens der schnellen OH - Ionen. Ist der Neutralitätspunkt überschritten, so nimmt die Leitfähigkeit rasch zu wegen Auftreten des schnellen H*Ions. Man kann daher durch Leitfähigkeits- messungen den Neutralitätspunkt in geeigneten Fällen ohne Zusatz eines Indikators erkennen. Sehr viel mühsamer als durch Leitfähigkeitsmessungen Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete 539 kann man schließlich durch Gaskettenmessungen ebenfalls den Neutralitäts- punkt erkennen und damit eine sonst unmögliche Titration zu Ende führen. In den meisten Fällen wird es aber gelingen, mit Indikatoren zum Ziele zu gelangen. Fälschlicherweise wurden früher nach Ostwald die Indikatoren definiert als Säuren oder Basen, deren Dissoziationsgrad von dem H + Ionen- gehalt der Lösung nach dem Massenwirkungsgesetz bestimmt werden sollte. (Gegen die Richtigkeit dieser Annahme spricht, daß die Mehrzahl der Farben- umschläge der Indikatoren bei extrem hoher und extrem niedriger H + Ionen- konzentration erfolgt (siehe Tabelle von Salm und Friedenthal, 1. c. S.324), die Indikatoren müßten alsdann zu den stärksten Säuren oder Basen gehören, während sie in fast allen Fällen, wie nachgewiesen, extrem schwache Elek- trolyte sind. Im Jahre 1592 wies Bernthsen darauf hin, daß der charak- teristische Farbenumschlag des Phenolphtaleins mit Alkali sehr wahrscheinlich darauf zurückzuführen sei, daß diese an sich farblose Verbindung als solche die Laktonformel 0 Ba .on er 6 4 in ihren violetten Salzen hingegen die chinoide Formel En Bm zn Ne besitzt, welche derjenigen des Aurins GH OH = S, H, —(() 4 Nco CH völlig entspricht. Bei der Bildung der Salze des Phenolphtaleins würde hiernach ein Bindungswechsel (Desmotropie) eintreten. Dampft man gefärbte Salze des Phenolphtaleins ein, so verschwindet die Dissoziation und die Ionen mit dem Wasser, die Färbung dagegen bleibt. Nietzii und Burkhardt gelang es, gefärbte nicht ionisierte Äther des Tetrabromphenol- phtaleins herzustellen mit dem Chinonradikal und ebenso die isomeren nicht gefärbten laktoiden Äther. Daß die Farbenerscheinungen an Umla- eerungen der Indikatormolekel geknüpft sind, läßt sich direkt demon- strieren, wenn diese Umlagerungen nicht wie Ionenreaktionen mit unmeb- >40 H. Friedenthal. barer Geschwindigkeit, sondern ganz allmählich vor sich gehen. Versetzt n : ‚ A E a man im Reagenzglas eine 70= KOH mit einigen Tropfen einer alko- holisch wässerigen Hämateinlösung, so färbt sich die Flüssigkeit zuerst dunkelrot, um dann allmählich in Braun, zuletzt in Gelberün überzugehen. Langsame Änderung der Farbe beobachtet man bei einer nicht unbe- trächtlichen Zahl von Farbstoffen (Indikatoren). Alle aus der unrichtigen Dissoziationstheorie der Indikatoren gezogenen Schlüsse behalten ihre Rich- tigkeit für die zahlreichen Fälle, wo die Umlagerung im Farbstoffmolekül proportional dem H + Ionengehalt der Lösungen erfolgt. Glücklicherweise trifft dies bei der Mehrzahl der im Laboratorium üblichen wässerigen Lösungen zu. In allen diesen Fällen verhält sich der Indikator wie eine Säure oder Base, deren Dissoziationskonstante gleich dem H + Ionengehalt der wässerigen Lösung beim Umschlagspunkt des Farbstoffes wäre. In letzter Zeit haben Michaelis und Rona!) nachgewiesen, daß bei gewissen Indikatoren Nentralsalze Verschiebungen des Umschlagpunktes herbeiführen. Ein Salzzusatz von 1 Millimolekül eines Alkalisalzes wirkte dabei in der sleichen Weise wie ein Zusatz von 01 Millimolekül (rund) eines zweiwer- tigen Metallsalzes und ein Zusatz von rund 005 Millimolekül eines drei- wertigen Metallsalzes. Bei genügendem Neutralsalzzusatz flockte der Farb- stoff nach einiger Zeit aus. Diese Versuche beweisen von neuem, daß die Indikatoren nicht in allen Fällen in ihrer Färbung vom H * Ionengehalt der Lösung abhängen. Es ist also nicht der Dissoziationsgrad des Indi- kators, wie oben auseinandergesetzt, von dem die Färbung abhängt, sondern die Umlagerung im Farbstoffmolekül, welche von den verschiedensten che- mischen Faktoren abhängen kann. Die Abhängigkeit der Indikatorfärbungen vom Salzgehalt ‚und von chemischen Einflüssen ist nach der mehr orien- tierenden Arbeit von Michaelis und Rona einer erneuten systematischen Prüfung zu unterziehen. Titration schwacher Säuren und Basen. Für die Verwendung der Indikatoren zur Titration von Lösungen, welche nur starke Säuren oder Basen enthalten, entstehen keinerlei Schwierig- keiten aus der Empfindlichkeit der Indikatoren gegen das gebildete Neutral- salz, dagegen bietet die Aufgabe. mit Hilfe von Indikatoren genau fest- zustellen, wieviel Alkali in einer Lösung nicht durch starke Säure gebunden ist, respektive wieviel Säure nicht durch starkes Alkali gebunden ist, prak- tisch gewisse Schwierigkeiten, deren man durch gewisse Kunstgriffe Herr zu werden hoffte. Wenn wir eine Säure titrieren, so soll uns der zugesetzte Indikator den Punkt anzeigen, wo wir genau die äquivalente Menge der alkalischen Titrierflüssigkeit zugesetzt haben; titrieren wir eine Base, so ‘) Zur Frage der Bestimmung der H+ Ionenkonzentration durch Indikatoren. Zeitschr. f. Elektrochemie. 1908. Nr. 18. S. 251. Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete. 541 soll mit Hilfe des Indikators genau die äquivalente Menge der Säure ge- funden werden. Nur bei starken Säuren und Basen ist aber der Äquiva- lenzpunkt mit dem Neutralitätspunkt identisch. Die Reaktion der Lösung eines chemisch neutralen Salzes ist nur dann neutral, wenn Säure und Base gleiche Dissoziationskonstante besitzen. Überwiegt die Dissoziations- konstante der Säure, erteilt das chemisch neutrale Salz der Lösung eine saure Reaktion, überwiegt die Dissoziationskonstante der Base, erteilt es dem Wasser eine basische Reaktion. Kennen wir die Dissoziationskonstanten von Säure und Base, können wir für jede Konzentration der Salzlösung den dazu gehörigen H* Ionengehalt berechnen. Titrieren wir z. B. Borsäure mit Natronlauge, so können wir den H + Ionengehalt einer nz Natriummetaboratlösung rechnerisch ermitteln. f = „ k-Wasser Die Hydrolysenkonstante des NaBO,: K= — ——, k-Säure E22 4022%25%0), K-Bersäure = 17 x 107 (25°). D) a?C «a = Hydrolysengrad k-Wasser — = - < ir 1-—a@ c = molekulare Konzentration der Salzlösung (9 im cm3!). | _ 1/1 k-Wasser 3 /k-Wasser euro, > Con Vz ce k-Säure / k-Säure ee kw __]/k-Wasser x k-Säure 1.9210 217720 2 mH=-— = -UH / = CoH- / (& / KOT: Cp+=1.4x 107". Wir suchen daher bei Titration von Borsäure einen Indikator, welcher bei Cu=1x 10”* eine möglichst scharfe Farben- änderung erleidet. Wir brauchen daher eine Tabelle, welche die Farben- änderungen der Indikatoren bei allen möglichen H* Ionenkonzentrationen in wässeriger Lösung angeben. Eine solche Tabelle von Salm und Frieden- thal möge hier ihre Stelle finden, sie erlaubt (Abwesenheit von Neben- reaktion vorausgesetzt) für jede Titration den geeigneten Indikator her- auszufinden. Eine Prüfung der Indikatoren auf Salzempfindlichkeit. wird nach den Untersuchungen von Michaelis und Rona der Wahl eines der geeigneten Indikatoren voranzugehen haben. Die Farben der Tabellen beziehen sich auf Färbungen der Normal- stufen nach Friedenthal. 542 H. Friedenthal. Tabelle von braun CH-+ 2n | u en n Bunte m n n g im cm?° 10 OT 10 | | Le | 10-7 | 10-3 | 10-3 | 10-10 — ————— _— ı r ——— Are grün-| _ Ih ze | > m bräun- || blaß An Selb | lichgelb|| lila “ gelb- u „ | bräun-| lich, er RR u grün- a Rs 2 lich farblos | | | EI! 2 b tleisch- | | Alizaringrün B. | lila En Sr —ıE | —_ — —_ | | | Alizarinsulfo- gelb- En u Be | Ri ae rot ii: sauresNatron | grün | Spur Yu: ganz | grün- | Alkaligrün . Ss grün — —- -- Be ehe schwach | lich, | grün grün |hellgrün hellgrün | später | | farblos ‚ Alkannin rosa _ | | _ u | - Ei - 1 — | rosa, Azolithmin . rosa — — — — Stich | violett | | violett 2 3 gelb, ee | ro || rosa || Stich = > Fer. violett violett ea ea En an E Eh | Se be Pr ei Br Bi N | bräun- Cochenille gelb Be | = | = | — | Ba Crocein. blau || rosa — | — | —_ | — | — | — | — Cureumein en gelb | _ | — | _ | _ | _ ee u orange | Spur hell- Cyanin. farblos — — = —_ — — blau, fast farblos Dimethy lamido- | him- = __.. |jlleisch-[} gold- %.> 3 > a azobenzol . ‚beerrot farben || gelb Eehtrot gelbrot gelb || rot | = | _ | -- | _ |- | _ | —_ Methoden z. Bestimmung d.- Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete. 543 Indikatoren. alkalischen Seite zuimmer dunkler. Zwei Tropfen. n n n n a nl, le salz 10-11 | 10-12 | 10-13 | 10-14 | 10-13 | 10-16 | 10-17 | 10-18 ; blau, Hl lila —_ -. —_ violett — Stich | blau || violett ! schwach & - blau- ® Alizarinblau färbt in den | ® grün = violett|| blau r grun sauren und neutralen Stu- grun grün fen nur sehr schwach. e bräun- bräun- lich u - — che | = ann gelb a grün | n = _ — | lila | violett] — _ —_ — — — — _ — (farblos} — | rot- E | | E nlett hin blau | | | = | | | | blau- bl: 2 ae | violett og: | | — _— _ - -- — rosa —_ | blau, En I = — _— [allmäh- schnelll|farblos' — lich farblos | heller | | al er ei, Br % Gesättigte Lösung, zwei | gr =E FE Tropfen. rot- F | | | 2 | > | u Er a Kim | u | = = | =. F- en bräun-|| grün- ee | [lichrot lich | Gesättigte Lösung. l | violett-| _ es l blau = Ir = > | >, Br = iA, R ar er er | Sehr verdünnte Indikator- | | | | | | lösung. | | | Die Rotfärbung wird nach der 44 H. Friedenthal. CH+ 2n Le DE n n n n n n ga im cm® 103 | 10-3 | 1041,10 6217108710 7 1087108 ze Eosinmethylen- | „.. hell- > blau- blau... | FRI Hlau Pau = = | Rn „= = | et i grüne Fluorescein . . RT? — — | — — — |Fluores-| — n | | zenz gelb, ran: rot, Gallein. . . . ||orange| — — gelb | Stich St rot Stich _ | rot 8° violett Guajaktinktur . Brblos | — — — — = | Bart | =. | | grün- en Praunz h - | him- 5 grün lich, hell Das | beerrot nz En a = gelb Stich lila | N rot | | HeliantinI.. . | rosa ||orange| — _ — Zi. | u | — | |} | | HeliantinII. . | rosa [Um | _ — — — Br elb | Ei | | Jodeosin || grün- rosa = — u — — gelb Il Kongorot.. . . || blau | Be. violett schar- En 3. | lachrot | ioldt blau, Lakmoid . . . || rosa — — —_ — — violett = Bbi Stich | au | yjolett rot, Magdalarot . . || gelb rosa — — — Fluo- — = me: | reszenz Mauvein . . . || gelb | grün Be blau || violett — | _ | — | — u | grün- £ı% + w y er Bu >. Methylgrün "|| gelb grün |] blau | | | | Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete. 545 | I f S | n | n | n n 1 | m n an 10-11 | 10-2 | 10-13 | 10—14 | 10-15 | 10-16 | 10—17 | 10-18 | — — — — — — | violett |] lilarot | | | | | | | | | 1 blau- | vio- | lett, | = E= == all- Een = blau — | | mäh- [1° ett | | lich | | | braun | | grün- ee | Br »2 = er. | gelb | | Aunkej. dunkel- | rot- : rot, | - rotvio- rot, 2 || rot vol dun- später | Spar || 1yjan | Die meisten Farben sind | | - - x k ES - || Die meisten Farben sind | a violett Bnae schnell Se lang- Eau violett) wicht lange beständig. | | rot- Da violett ne dann I | braun :; gelb- l | raun 3 | | grün | | E- | oran- | nt > | | | gerot | | | | | | | bräun- | | er ee ren | | | gelb | | | | | Br; | | | a | f> | I | N Die Rosafärbung wird all- mählich stärker. \ ft > | = | | | | | | Allmähliche Übergänge, blau | — — — | —. | keine scharfen Um- | | | || schläge. | | ir — — _ lila | | [. - En | | vio- | Färb in 16, 17 und 18 - |- | - | - | = | = Ni.llenee) meer I | | | | | blau, hell- | | | sehr en blau, | lo _ — lang- lich sehr |farblos| — |) sam [r,rblos schnell‘ | | heller farblos, | | Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. >46 H. Friedenthal. Le... LLLLL — — — — — — — — ———— — — —_— | CHA 2n n n n n | rd n | n | n qg im cm? 103 1 1973119202203 107: 102. | 109 102 »thyiorane Tosen ar ak ___ jorange- er Methylorange . Et rot |jprange gelb Per: | gold- ||zeisig-|] grün- „ {ei 3 = Methylviolett . gelb || grün || blan blau [|violett | _- en | "bräun- | -Naphtolben- en FERN UNE E 2 bin = R rn zoln . | gelb | | E | R I | | eya bla Br | RE: | eyan- Bde = ns " En rosen- Neutralrot | Blau Mviolekt = | = | ro | y; | En = = Br m hell grün- | p-Nitrophenol . farblos | | grünlich|| geih | | ee bräun | Phenacetolin \ gelb u. Wie — — lich- lichrot rosenrot| —. | | | gelb | | Phenolphtalein farblos — _ = — zZ 2 E | | hell Rosolsäure gelb — — — |bräun-| — _ — rosa | | lich | sen- | Safranin . . . | blau || 1ila ||" ar | er | Be er | = | | rot Säurefuchsin j lila |lilarot | — — — = . I. KR | ı Tetrabromphe- | Sf Be. E a Eh R: nolphtalein . | Aebilde | TR za | Thymolphtalein farblos | — | E — — | — — ee am Se | rot- |Ifleisch- | | Tropäolin . ; | violett Ei gelb — | — | — a = | Pe Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete. 547 n A en n n n N -.. 0 10-11 | 10-12 | 10-13 | 10-14 | 10-15 10-16 | 10—17 | 1018 | | Sehr verdünnte Indikator- iz en Br er Di n lösung (0'05g/100 H,O), == Di | farblos sonst enumseh läge | unscharf. violett, |] vio- | lang- || lett, || Gr E7, 2 Zi sam ||schnell farblos farblos farblos] rün- == IF sy lee orange | gelb — — — n — = | violett, | = BR __ [vielett-| lang- Srblesl — 4: rot sam | heller | | rot Verdünnte Indikatorlösung, einfal- sonst Niederschlag in rot, lend. | starken Stufen. —— Tosa Die | — schnell Teich | Stufe 8 mit einem Tropfen farblos 8 farblos, bei weiterem Indi- darauf) katorzusatz ganz schwach | | farblos ot Eu rot | rot _ — Ei schnell | en farblos | F - | -|- | -|- | - | - Io | z lila ein- | lilarot, blaß Eller | | lang- I ee | — = SL sehr |farblos| — || sam später schnell | blasser farblos | farblos | | | violett,| vio- | | = Stufe 8 bei it Indi- = violett = — a. er farblos Katar Era ER lett. farblos| farblos ü | blau, — | - ER blau = — — |schnell | au farblos fleisch- || rosen- A ie | ı rot rot | | 35* D48 H. Friedenthal. CH+ 2n n n n n n n n n g im cm® 10-3 | 10-3 | 10—# | 10-5 | 10-8 | 10-7 | 10-8 | 10-# | 10-10 —— u = — — — | Tropäolin O0. . || geb | — — — — (grüngelb| — -- t > fleisch | Tropäolin 00 . | inet beer- || 7 || geb | — = — vıolet rot o | E = ai [ | er E Tropäolin 000. | rosa Er u | u | —- | — | — | _ —_ Trinitrobenzol . farblos I — | — — _ | | | Tabelle der - 6 n =uL n —ı — | Ni: _ = — == Indikator Tee | 10-8 j 10 4 | 10—5 10 6 10 7 108 10-9 Mauvein . . . gelb grün E®& violett | — | Kongorot.. . - blau | — | — — | blau ESE ir - _ | Alizarinsulfo- | saures Na- gelb- se = — — — braan rot trium grun Alizarin -Rosol- | hell es gelb E— — | = bräun-| — säure : 5 | lich | N | | | Phenolphtalein farblos | — = = — | — £ bräun- &-N aphtolben- Gar er | Er ZOIH IE 2% gelb | | Tropäolin Ust gelb | Se | Bir. | > in | =; Trinitrobenzol . farblos —_ | — | ee | Be | Er Benzopurpurin. blau plan violett| — Zr N a SE — violett violett N | HE WE ‚ 5 rosen- | Saranın . >. blau lila Bor | =; | rw. | Ben | se Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete. 549 n | n n n n n | een 10-11 a 1025 10 [1075 10-16 | 10-17 | 10-18 | l s 4 | BIER BAM REAL FF LE" . | rot- | _ _ — — |jorange | — u orange | | | | | | EU FR | ir = ni B fast || | farblos st | #8 | 13 | —_ Hlorange] Tange- | FA rot | ge ar EN nee fast | mans orange ||farblos ı Farbenumschläge II. 10-10 | 10-1 10-12 | 10 | 10-14 | 10-35 | 10-16 | 10-17 ar | | TER TE | violett-| gelb- | ir F „r | rot rot | ee ee | | | | — | u _ _- lila | violett Se = | | | ang. | 206 | rosa = er schnell | | | heller eur | | | rot | ot | einfal- Tob, | lend = farblos | rosa | rot — = — |schnell en 15 farblos ra | | farblos I | | SE | | BEUn | blau | grün- rot- Eu r = Er, gelb J7?"3® | orange 33 rot- fast || | er —_ — — |farblosf orange orange | farblos| Zn gelb, | | z;; = = Stich rosa er rot | | =, EERANS nl 77 | ‚= | ZB = Ei ee: B- se violett | 550 H. Friedenthal. Bestimmung des Säurebindungsvermögens und des Basen- bindungsvermögens tierischer und pflanzlicher Flüssigkeiten durch Titration. Nur ein Teil der im Innern von Pflanzen und Tieren abgesonderten Flüssigkeiten weicht im H*Ionengehalt merklich vom Neutralitätspunkte H° OH- Reaktion, welche dem Neutralitätspunkt naheliegt, sondern außerdem noch eine für die Organismen hochwichtige Resistenz gegen Reaktionsverschie- bung, welche es verhindert, dal ein geringer Zusatz von Säuren oder Basen den H* Ionengehalt der Flüssigkeiten stark verändert. Fügen wir eine starke Säure zu Blutserum in nicht allzu großen Mengen, so beobachten wir nur eine ganz geringe Reaktionsverschiebung, während in reinem Wasser ein ganz minimaler Zusatz starker Säure den H* Ionengehalt um viele Zehnerpotenzen steigert. Setzen wir Basen zu Serum, so beobachten wir eine ähnliche Erscheinung, wenn auch die Resistenz gegen Säurever- schiebung beim Blutserum sehr viel größer ist als die Resistenz gegen Basenverschiebung. Mit Hilfe der Titration mit starker Lauge KOH und starker Säure HÜUl können wir das Säurebindungsvermögen sowie das Basenbindungsvermögen tierischer und pflanzlicher Flüssigkeiten mit Zu- hilfenahme geeigneter Indikatoren feststellen. Will man z. B. das Säure- bindungsvermögen von Harn feststellen, so versetzt man ein gemessenes — ] ab: ein großer Teil der Flüssigkeiten besitzt nicht nur eine Harnvolumen mit einem gemessenen Volum —, Salzsäure und titriert eh N x ; mit 10 KOH den Säureüberschuß zurück unter Verwendung von Methyl- orange als Indikator. Wenn die Farbe der indikatorversetzten Lösung von Rosa nach Orange umschlägt, hört man mit dem Laugenzusatz auf und er- sieht aus der Indikatorentabelle, daß jetzt der H* Ionengehalt im Kubik- n 10 und des H* Gehaltes der zugesetzten Salzsäure ergibt sich die Molenzahl im Harn, welche imstande ist, starke Säure zu binden, als Differenz zwischen der zugesetzten und der experimentell zurückbestimmten Säuremenge. Will man das Basenbindungsvermögen desselben Harnes bestimmen, so versetzt zentimeter - 9 beträgt. Unter Berücksichtigung dieses H* Ionengehaltes 2 er; s has man ein gemessenes Volum Harn mit einem gemessenen Volum 105 KOH und titriert unter Verwendung von «@-Naphtolbenzoin als Indikator mit n « .. .. ” ” .. . ” ” 10 Salzsäure zurück bis ein Farbenumschlag von grün in gelb eintritt. Aus der Indikatorentabelle ersehen wir, daß jetzt der H* Gehalt der Lö- sung 10-"* beträgt. Unter Berücksichtigung dieses H* Ionengehaltes er- gibt sich das Basenbindungsvermögen des Harnes aus der Differenz zwischen den Mengen zugesetzter und experimentell zurücktitrierter Kalilauge. Wir Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten etc. 551 lernen auf diese Weise den Gehalt einer Flüssigkeit an Säuremolen kennen, welche nicht an starkes Alkali gebunden waren, und an Alkalimolen, welche nicht an starke Säure gebunden waren. Wichtig erschemt es, daß die Indikatorentabelle (bei Abwesenheit störender Nebenreaktionen) gestattet, den H* Ionengehalt der Gesamtendlösung mit in Rechnung zu ziehen und den Einfluß der Verdünnung unschädlich zu machen. Für die Wahl eines ge- eieneten Indikators kommt allein in Betracht der Hydrolysengrad des chemisch neutralen Salzes einer zu titrierenden Säure oder Base, in dem die Farben- änderung des benutzten Indikators bei dem H* Ionengehalt des chemischen Äquivalenzpunktes erfolgen soll. Indikatoren mit sehr scharfen Farbänderungen sind Dimethylamido- azobenzol, Neutralrot, Rosolsäure und Thymolphtalein. Für jede Reaktions- stufe sind Indikatoren, welche brauchbare Titrationsresultate liefern, vor- handen. Kunstgriffe bei Titrationen. Die Erkennung des Farbenumschlages vieler Indikatoren wird er- leichtert. wenn man gefärbte Vergleichslösungen (Standardlösungen) von genau bekanntem H*Gehalt zu Hilfe nimmt. Bei manchen Farbstoffen hat man durch Zusatz gewisser indifferenter Farbstoffe störende Nuancen zu beseitigen gesucht. Bei Lakmoidlösungen kann man durch Zusatz von Malachiterün einen störenden violetten Farben- ton in reines Blau verwandeln. Bei künstlicher Beleuchtung lassen einige Indikatoren, wie Phenolphtalein, Methylorange, Kongorot, einen Farbumschlag recht wohl erkennen, andere Farbenumschläge verlieren an Schärfe. Man kann bei stark gefärbten Flüssigkeiten oft mit Vorteil das Spektro- skop zu Hilfe nehmen, und selbst wenn die Indikatorfarbe nicht mit bloßem Auge zu erkennen ist, aus Absorptionsbändern den Umschlag des benutzten Indikators recht genau feststellen. Eine Ausnahmestellung unter den Indikatoren nimmt Jodeosin @,H,J,0, ein. (\ H, —C£SsH Js OHSO\ ein Tetrajodfluorescein. Man | "\C,HJOH- ) om verwendet diesen Indikator in ätherischer Lösung in einem Schüttelgefäß. Ein sehr geringer Säureüberschuß läßt die anwesende kleine Jodeosmmenge in den Äther übergehen, während die wässerige Schicht dann nahezu farb- los erscheint. Selbst stark gefärbte wässerige Lösungen lassen sich auf diese Weise sehr scharf titrieren. Nach Glaser stellt man die ätherische Jodeosinlösung her, indem man 2x 10? 9 gereinigten und bis 100° ge- trockneten Jodeosins in 1000 cm® wasserhaltigen Äthers löst. Der Äther muß durch Schütteln mit KOH von stets vorhandener Säure und durch wiederholtes Schütteln mit Wasser alsdann von Lauge befreit werden. Er wird über Wasser aufbewahrt, da er nur wasserhaltig Verwendung findet. jorsäure bildet bei Gegenwart von Glyzerin eine starke Säure, welche sich bequemer titrieren läßt als die schwache Borsäure. 552 H. Friedenthal. Für die Titration von Aminosäuren, welche neben den Säuregruppen noch die basisch reagierende Aminogruppe enthalten, empfiehlt Sörensen den Zusatz von Formalin, welches die Aminogruppen mit Beschlag belegt, so dal) die Säuregruppen allein wirksam bleiben und bequem titriert werden können. Anwendung von Titration zu Molekulargewichtsbestimmungen. Besitzt eine einheitliche, der Elementaranalvse nach unbekannte Sub- stanz ausgesprochen saure oder basische Eigenschaften, so gelingt es nach ara leicht, durch Titration das Molekulargewicht (das theoretische) festzustellen, wenn es sich um einbasische Säure oder ein- säurige Base handelt. Bei starken Elektrolyten erkennt man die Einzahl der dissoziierenden Stellen im Molekül daraus, daß man bei Titration mit verschiedenen Indikatoren scharfe Umschläge erhält. während mehrbasische Säuren oder mehrsäurige Basen der verschiedenen Stärke der Bindungen wegen mit verschiedenen Indikatoren verschiedene Werte für die Molekular- konzentration ergeben. Mit Hilfe von geeigneten Titrationen müßte sich das (theoretische) Molekulargewicht selbst wasserkolloidaler Säuren, wie z.B. der Nukleinsäuren, feststellen lassen, wenn nur eine Gruppe im Molekül die anderen erheblich an Dissoziationskraft übertrifft und damit titrierbar wird. der Formel e = Bestimmung der absoluten Reaktion von Flüssigkeiten, Bestimmung des H'Ionengehaltes mit Hilfe von Gasketten. Als sehr genaue, aber leider in vielen Fällen mit Schwierigkeiten in der praktischen Anwendung verknüpfte Methode zur Messung des H+Ionen- gehaltes tierischer und pflanzlicher Sekrete kommt die Messung mit Hilfe Nernstscher (rasketten vor allem in Betracht. Die Nernstschen Gasketten wurden in der Physiologie zuerst angewendet von Bugarsky und Liebermann), später in allerdings ungeeigneter Form von Rudolf Höber zur Bestimmung der Reaktion von Harn und Blut. Durch Fortführung von Kohlensäure gelangte Höber anfangs zu falschen Resultaten. Höbers später angegebene Methode, durch Verwendung von Mischungen von Kohlensäure und Wasserstoff die Fortführung von CO, zu verhindern, ist nur anwendbar auf Flüssigkeiten, deren CO,-Tension man genau kennt und auch dann praktisch ungeeignet. Farkas verwandte wohl zuerst die Nernst- schen Gasketten in einer physiologisch brauchbaren Form, welche bei genauer Innehaltung der Vorschriften zu einwandfreien Messungen führt. Allerdings wird man gut daran tun, durch eine zweite Methode, wo es möglich, die erhaltenen Resultate zu kontrollieren, um Irrtümer um ganze Zehnerpotenzen des H*Ionengehaltes zu vermeiden. Die Methode ') Über das Bindungsvermögen eiweißartiger Körper für Salzsäure, Natrium- hydroxyd und Kochsalz. Pflügers Archiv. Bd. 72. S. 56 (1898). - Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete. 553 der Messung des H*Jonengehaltes von Lösungen mit Hilfe von Gasketten kann in günstigen Fällen Abweichungen von den theoretisch erforderlichen Werten ergeben, die 0‘1°/, nicht überschreiten. Die Genauigkeit ist also eine sehr grobe. Prinzip der Konzentrationsketten.') Bringt man eine mit Platinschwarz überzogene, mit Wasserstoff ge- sättigte Platinelektrode in eine wässerige Lösung, so besteht eine Neigung des Wasserstoffes, in Ionenform (H*) in Lösung zu gehen. Die Kraft, mit welcher dies geschieht, wird als elektrolytische Lösungstension oder als elektrolytischer Lösungsdruck bezeichnet. In jeder wässerigen Lösung befindet sich Wasserstoff in Ionenform, und jeder Konzentration an H+* Ionen kommt in einer Lösung ein bestimmter Lösungsdruck zu, der identisch ist mit dem osmotischen Druck dieser Ionenkonzentration. Taucht man eine Wasserstoffelektrode in eine Lösung, deren osmotischer Druck von H* Ionen herrührend gleich dem Lösungsdruck ist. so bleiben Lösung und Elektrode unverändert, taucht man die Elektrode in eine Lösung von geringerer H*Ionenspannung, so gehen H* Ionen aus der Wasserstoff- elektrode in die Lösung; taucht man die Elektrode in eine Lösung von geringerem H* Ionendruck, so gehen H;Ionen aus der Lösung in die Elek- trode. Gehen Wasserstoffionen in die Lösung, so bringen sie positive Elektrizität in die Lösung und die Wasserstoffelektrode bekommt eine ent- sprechende negative Ladung, schlagen sich dagegen H*lIonen auf der Elektrode aus der Lösung nieder, so ladet sich die Elektrode positiv, während die anstoßende Flüssigkeitsgrenzschicht eine negative Ladung annimmt (Fig. 535 und 536). Verbindet man jetzt die beiden Lösungen durch ein Glasrohr gefüllt mit Lösung A und die beiden Elektroden durch einen Draht, so entsteht ein elektrischer Strom, welcher im Schließungsdraht von B nach A gerichtet ist und so lange anhält, bis die H* Konzentration der Lösungen in beiden Gefäßen gleich geworden ist. Die Spannung an den beiden Elektroden hängt ab von dem Kon- zentrationsunterschied der beiden Lösungen, so daß wir die Konzentration einer der beiden Lösungen bestimmen können, wenn wir den Spannungs- unterschied der beiden Wasserstoffelektroden und die eine der beiden Konzentrationen kennen. Verwenden wir eine Lösung von genau bekanntem Ten HCl-Lösung, als Standardlösung, so benö- tigen wir nur einer Messung der elektromotorischen Kraft, um die H* Ionen- konzentration einer zweiten Lösung zu bestimmen nach der Formel: H* Ionengehalt, z. B. eine R e konzentriert E = 00002 T lg — —— — — Volt ° e verdünnt. 1) Unter Benutzung von Hamburger, 11. S. 332. 554 H. Friedenthal. Nach dieser Formel können wir aus den übrigen Größen berechnen entweder die Spannung der Kette oder die Konzentration der stärkeren Lösung oder der schwächeren Lösung oder schließlich die absolute Tempe- ratur. Weil die Rechnung mit Logarithmen nicht immer bequem ist, hat Wasserstoff- electrode Fig.:35. Verfasser eine Kurve gezeichnet und reproduzieren lassen, welche gestattet, bei Verwendung u = HCl in er Kochsalzlösung als Standardlösung für jede Spannung die dazugehörige H* Ionenkonzentration unmittelbar abzulesen. (Die Kurven sind zu haben bei den Verein. Fabrik. f. Labora- toriumsbedarf. Berlin N., Scharnhorststraße 22.) Eine Berechnung des Kontaktpotentiales an der Berührungsgrenze der beiden Lösungen erübrigt sich, wenn! man nach Nernst durch Zusatz eines indifferenten Elektrolyten, z.B. NaCl, in größeren Mengen zu beiden Lösungen den Wert des Berührungspotentiales auf eine praktisch zu ver- nachlässigende Größe herabdrückt. Man kann das Kontaktpotential auch schwach Fig. 536. durch Zwischenschalten einer konzentrierten Chlorkaliumlösung sehr herab- drücken. Nur wenn die chemische Zusammensetzung beider Lösungen bereits genau bekannt ist, kann man das Kontaktpotential berechnen nach der Formel: Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete. 555 A-Kation — A-Anion x 00002 Tlog c konzentriert A-Kation + A-Anion 5: c verdünnt. In dieser Formel bedeuten A-Kation und A-Anion die Wanderungsge- schwindigkeiten des Kations und des Anions bei der Temperatur T. Bei tierischen und pflanzlichen Flüssigkeiten lassen sich die Kontakt- potentiale nicht voraus berechnen der unbekannten Zusammensetzung wegen. E-Kontakt = Bestimmung der elektromotorischen Kraft einer Kette nach dem Kompensationsverfahren von Poggendorff. Das Prinzip der Poggendorf'schen Kompensationsmethode besteht darin, der zu messenden elektromotorischen Kraft (E) eine bekannte elektro- motorische Kraft (E,) ent- Akku- zrulator gegenzusenden und den Messbrücke Widerstand der gemein- E samen Strecke so lange Gaskelte zu verändern, bis ein ein- geschaltetes Galvanoskop die Abwesenheit eines meb- 4 baren elektrischen Stromes + im Gralvanoskopkreis an- zeigt. Zwei Ströme werden gegeneinander geschaltet, wenn man zwei gleich- namige Pole miteinander verbindet. Zur Ausführungeiner ia. Spannungsmessung _ver- bindet man einen Akkumulator (4 Volt) mit den beiden Enden einer Meßbrücke. Die zu messende Kette verbindet man einerseits mit einem Galvanoskop, andrerseits mit einem Ende der Meßbrücke, und zwar den positiven Pol der (raskette mit dem Meßibrückenende, welches mit dem positiven Akkumu- latorpol verbunden ist, und verbindet schließlich das Galvanoskop mit dem Schleifkontakt der Meßbrücke (Rheochord). Es verhält sich, wenn das - | ZN (ralvanoskop auf Null bleibt, = = —. also Ex = EA : 3ei Ausführung einer Spannungsmessung eicht man zunächst den Akkumulator, indem man an Stelle der Gaskette ein geprüftes Normal- element schaltet. Dann tritt Nullstellung des Galvanoskops ein, wenn Hatw.A Bo. B 3 z h HA — ae ist. Nach Beendigung der Spannungsmessung der (ras- kette eicht man den Akkumulator von neuem, um sich zu überzeugen, dal) während des Versuches, der oft stundenlang dauert, keine Veränderung (& Schleifeontact Galvaroscop 556 H. Friedenthal. der Akkumulatorenspannung stattgefunden hat. Bei feuchter Laboratoriums- luft entladen sich die Akkumulatoren oft sehr rasch. Je größer die Kapazität des Akkumulators, desto größer ist auch seine Konstanz während der Versuche. Sehr vorteilhaft ersetzt man die Meßbrücke bei Spannungsmessungen durch zwei geprüfte Siemenssche Widerstandskästen. Die zwei gleichen Fig. 538. Kästen werden anfangs so aufgestellt, daß in einem Kasten alle Stöpsel eineeschaltet, im zweiten alle herausgenommen sind. Jetzt beginnt man (wie bei einer Wäeung mit den Gewichten) die Stöpsel aus dem besetzten Kasten in die entsprechenden Löcher des leeren Kastens zu setzen. Der Gesamtwiderstand zum Akkumulator bleibt dadurch unverändert gleich dem Widerstand des leeren Kastens, während der Widerstand der gemeinsamen Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete. 557 Strecke jeden beliebigen Wert erreicht, bis Kompensation erzielt ist. Der konstante Gesamtwiderstand der beiden Kästen entspricht alsdann der ganzen Meßbrückendrahtlänge, während der Widerstand des Kastens auf der gemeinsamen Strecke der Teillänge des Drahtes bis zum Schleifkon- takt AC entspricht. Noch bequemer sind die Siemensschen Präzisions- kurbelwiderstände, bei denen man nur eine Kurbel zu bewegen braucht, bis das Galvanoskop stromlos ist. Die Apparate besitzen in ihrem Innern ein sehr genaues Normalelement. Aufbau der Gaskette. Die Gefäße für die Gaskette kann sich ein jeder leicht selber in zweckmäßiger Form anfertigen, indem er zwei in U-Form gebogene Röhren von Jenenser Glas an einem bleibeschwerten Brettchen befestigt. Die Weite der Röhren betrage etwa 1-2 cm. Man verschließt die beiden Röhrchen mit zwei Gummistopfen, deren Boden paraffiniert ist. Diese Gummistopfen werden von zwei engen Glasröhren durchbohrt, die mit Quecksilber gefüllt sind und am unteren Ende zwei kleine Platinbleche mit im Glasrohr ein- geschmolzenem Platinzuführungsdraht zum Quecksilber tragen. Die Bleche brauchen nicht mehr als 1 cm? Oberfläche zu besitzen und müssen vor Anstellung der Versuche wie für Leitfähigkeitsmessungen mit Lummer- Kurlbaumscher Platinierungsflüssigkeit platiniert und durch Elektrolyse gereinigt werden. Sehr zweckmäßig bewahrt man die platinierten Elek- troden in einer gut verschlossenen Flasche voll wasserstoffgesättigtem Leit- fähigkeitswasser auf. Die Verbindung zwischen beiden U-Röhren besorgt ein U-förmiger Hahn aus Glasrohr mit reinem Baumwollfaden gefüllt und mit konzentrierter Chlornatriumlösung getränkt. Man kann die Baumwoll- fäden auch sehr zweckmäßig mit 105 Kochsalzlösung tränken. Als Standardlösungen dienen eine Lösung von 1 GLym n 1053 = NaCl. Werden beide n n —— NaCl und eine Lösung von ——- HCl in - t0>° ; 10° 10° gegeneinander geschaltet, so muß die Messung der elektromotorischen Kraft bei 19° C 0:0577 Volt ergeben. Die gleiche Anzahl Volt muß die Schaltung einer Lösung von 0'105x 10 HCl in = NaCl gegen die 705 HC 3 n N; il a } in 7103! aCl ergeben. Wasserstoff für Gaskettenmessungen. Eine große Zahl von Störungen bei Gaskettenmessung fand Verfasser vermieden, als er dazu überging, statt in der üblichen Weise Wasserstoff DDS H. Friedenthal. aus arsenfreiem Zink in saurer Lösung zu bereiten, Aluminiumblech in Kalilauge zur Wasserstoffbereitung zu benutzen. Der vom Aluminium ge- bildete Wasserstoff scheint bedeutend reiner zu sein als der vom Zink bereitete und bedarf nur der Zwischenschaltung einer Waschflasche mit Wasser. Komprimierter Wasserstoff, aus Bomben (durch Elektrolyse herge- stellt) erwies sich ebenfalls brauchbarer als Wasserstoff mit Zink bereitet. (Gemenge von Wasserstoff und Kohlensäure zu benutzen nach einem Vorschlage von R. Höber möchte Verfasser dringend widerraten. Die Fort- führung von Gasen wird vermieden, indem der Wasserstoff in das mit paraffiniertem Gummistopfen verschlossene U-Rohr eingeleitet wird, bis die Elektroden kaum noch mit Flüssigkeit bedeckt sind. Resorbiert der Platinmohr allen Wasserstoff, so wird soviel Wasserstoff nachgeleitet, dal) die Elektroden während der Messung mit der Flüssigkeit im U-Rohr sich berühren. Je dünner das Platinblech der Elektrode, desto rascher erfolgt die Sättigung mit Wasserstoff und damit die Erreichung des richtigen Endzustandes der Kette. Nach einer Stunde ist gewöhnlich die zusammengesetzte Kette zur Messung brauchbar. Gefäße für Gaskettenmessung. Gefäbße für Gaskettenmessung verfertigt man zweckmäßig aus Jenenser Glas, da auch starke Laugen zur Verwendung kommen, welche gewöhnliche Gläser stark angreifen. v. Rohrer hat zur Benutzung geringer Flüssigkeits- mengen Gefäße mit Elektroden angegeben, welche gestatten, mit 2 cm? Flüssigkeit eine Reaktionsmessung auszuführen. Das Arbeiten mit so kleinen Flüssigkeitsmengen erfordert natürlich eine große Sorgfalt und einiges experimentelles Geschick. Messung der Reaktion einer Flüssigkeit mit Hilfe von Gasketten. Man benötigt zur Ausführung einer Reaktionsmessung (H + Ionen- messung) mit Hilfe von Gasketten folgender Apparate: 1 Akkumulator von 4 Volt Spannung und großer Kapazität. 1 Normalwestonelement mit Prüfungsschein. 2 Siemenssche Widerstandskästen von 10.000 bis 0'1 Ohm oder einen Kurbelrheostaten. Zur Not kann man auch mit einem genau geeichten Saitenrheochord die Messungen ausführen. 3 U-Gefäße aus Jenenser Glas auf Bleibrett mit Gummistopfen und Platinelektroden. 2 U-Rohre mit Baumwollfäden. Lummer-Kurlbaumsche Platinierungsflüssigkeit. 2 platte Platinelektroden. n (Liternormal-) Kochsalzlös. (etwa 11). — n re Tr (Literzehntelnormal-) Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete. 559 i nr 2 n Salzsäure gelöst in 10 Kochsalzlösung. 705 (Literhundertstelnormal-) Bike n . ER n Salzsäure gelöst in Run Kochsalzlösung. 19° (Litertausendstelnormal-) Salzsäure gelöst in 1 S 5 Kochsalzlösung, 1 Wasserstoffentwicklungsapparat. Aluminium in Kalilauge mit einer Wasserwaschflasche. 1 Thermostat zum Versenken der Elektrodengefäße mit geprüftem Thermometer mit Zehntelgradteilung. 1 Kurve zum Ablesen der H* Ionenkonzentration bei einer gemessenen Spannung. 1 Ostwaldsches Kapillarelektrometer. Einen Verzweigungs- kasten für das Elektrometer. Hat man alle Apparate und Lösungen auf Fehlerfreiheit geprüft, so fülltman eines der Elektrodengefäße mit der HClnach Paraffinieren des inneren n 10 Bodens des Gummistopfens, so daß keine Luft zwischen Gummistopfen und Lösung bleibt, in der gleichen Weise füllt man das zweite Elektrodengefäb mit 70 HCl. Die beiden U-Röhren mit Baumwollfäden tränkt man unter a x 105 Kochsalzlösung. Zu der zu nee Flüssigkeit setzt man soviel Kochsalz in Substanz, dab wiederholtem Auspressen der Fäden mit der die Lösung = — fach normal für Kochsalz wird. Bei vielen tierischen Flüssigkeiten kann man darauf rechnen, daß sie or Kochsalzgehalt be- sitzen. Jetzt leitet man in alle drei Elektrodengefäße gewaschenen Wasserstoff aus Aluminium, bis die Elektroden die Flüssigkeit nicht mehr berühren und versenkt das Brett mit den drei Gefäßen in den Wasserthermostaten. Nach einiger Zeit wird ein Teil des Wasserstoffes von dem Platinmohr absorbiert sein und die Elektroden mit den Flüssigkeiten in Berührung stehen. Man leite soviel Wasserstoff nach, daß eben die Kante der Elektrode in die Flüssigkeit eintaucht. Jetzt eicht man in der oben beschriebenen Weise den Akkumulator mit dem Normalwestonelement und ersetzt alsdann in der Anordnung = re durch zwei der Elektrodengefäße : n mit 9 und = - HCl in = —= taucht man ein U-Rohr mit den Baumwollfäden in die beiden Elek- trodengefäße als Verbindungsrohr und mißt die elektromotorische Kraft der Gaskette. Nach jeder Messung entfernt man das min rohr aus den Elektrodengefäßen und senkt es kurz vor jeder Messu wieder ein. Kochsalzlösung. Kurz vor der Messung 60 H. Friedenthal. Mitt man bei 25° im Thermostaten, so ergibt die Kette richtige Werte, wenn die Spannung 00596 Volt beträgt. Mißt man bei 38°, was bei tieri- schen Flüssigkeiten vorzuziehen ist, aber leichter zu Messungsfehlern Ver- anlassung gibt, so muß die Spannung einer Kette von einer Zehnerpotenz H * Ionenunterschied 0'0622 Volt betragen. Hat man dieses Resultat mit den Standardlösungen bis auf 1°/, erreicht, so taucht man jetzt das zweite U-Rohr mit Fäden einerseits in die zu messende Flüssigkeit, andrerseits 0. SE UN IR i ' in die 10-5 HC. Jetztimißt man die Spannung dieser Kette etwa 4mal in Pausen von je 5 Minuten und entnimmt den H + Ionengehalt der zu messen- den Lösung aus der vorgedruckten Kurve. Will man sehr vorsichtig ver- fahren, so schaltet man jetzt das Verbindungsrohr gegen die 10= Salzsäure und berechnet den H* Ionengehalt nach der Formel E-Volt = 0:0002 T _ € konzentriert c verdünnt einstimmen. Bei auftretenden Schwierigkeiten während der Messung und bei Berech- nung unmöglicher Spannungen fülle man sämtliche Gefäße von neuem mit den angegebenen Lösungen. Eine Messung der H * Ionenkonzentration mit (rasketten läßt sich nicht extemporieren, sondern erfordert für die Her- stellung der Lösungen eine mehrtägige Vorbereitung. Ist alles Nötige bereits geprüft und vorrätig, so kann man in wenigen Stunden eine Reihe von Messungen durchführen. Mit Hilfe von Gaskettenmessungen lassen sich sehr genaue Messungen des Dissoziationsgrades und des Hydrolysengrades von Elektrolyten ausführen nach der Formel Cpy+ =x.c. Verfasser fand selbst in recht konzentrierten Laugen noch Übereinstimmung der aus Leit- fähiekeitsmessungen und der aus Gaskettenmessungen berechneten Disso- ziationsgrade und benutzte die Gaskettenmessungen zur Eichung der Standardlösungen vom genau bekannten H * Ionengehalt für die Indikatoren- melimethode sowie zur Bestätigung seiner mit Indikatoren ausgeführten Messungen über die annähernde Neutralität zahlreicher tierischer Flüssig- keiten. (Mitgeteilt auf der Naturforscherversammlung zu Cassel. 1903.) log < . Das Resultat muß innerhalb 2°/, mit dem vorigen über- Bestimmung der Reaktion von Lösungen (des H+lonengehaltes) mit Hilfe von Indikatoren. Sehr viel bequemer als die Messung mit Gasketten und in vielen Fällen ausreichend genau ist die Messung des H* Ionengehaltes wässeriger Lösuneen mit Hilfe von Indikatoren. Leider ist die Methode aber nicht in allen Fällen ohne Kontrolle anwendbar, weil die Indikatorenfarbe nicht immer, wie es erforderlich wäre, allein vom H*Ionengehalt abhängt, son- dern Nebenreaktionen stattfinden können. Die Indikatoren sind nicht, wie Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete. 561 die Ostwaldsche Theorie der Indikatoren annahm, Säuren oder Basen, deren Dissoziationskonstante für die Farbänderung bei wechselnder H + Ionen- konzentration maßgebend ist, sondern Farbstoffmoleküle, welche innere Um- lagerungen erfahren, bei wechselndem H * Ionengehalt ihrer Lösungen. Die Frage nach der Größe der Dissoziationskonstante der Indikatoren wird sich durch Messung des Hydrolysengrades der Indikatorsalze einwandfrei fest- stellen lassen. Die Tatsache, dab in den stärksten und schwächsten H + Lösungen eine große Zahl von Indikatoren Farbänderungen aufweist, spricht allein schon deutlich genug gegen die ÖOstwaldsche Indikatorentheorie, deren Folgerungen aber überall ihre Richtigkeit behalten, wo die Farbenände- rungen proportional zu dem H * Gehalt der Lösung verlaufen. Verfasser machte sich durch Benutzung von Standardlösungen ganz frei von jeder theoretischen Auffassung der Indikatoren und ihrer Farbenänderungen, in- dem die Indikatorenmethode in jedem Falle richtige H * Ionenkonzentra- tionen angeben muß, wenn die Vergleichslösungen richtig zusammengesetzt sind, das heißt alle Faktoren, welche die Indikatorfarbe beeinflussen können, mitberücksichtigt sind. Für einheitliche Lösungen eines unbekannten Elektro- Iyten, sei es Säure oder Base, kommen Störungen, soweit bisher bekannt, bei Bestimmung der Dissoziationskonstante oder Hydrolysenkonstante mit Indikatoren nicht in Frage. So konnte EP. Salm!) eine große Reihe von Dissoziationskonstanten schwacher organischer Elektrolyte mit der In- dikatorenmethode messen und die Richtigkeit dieser Werte durch Ver- gleich mit den Werten anderer Methoden feststellen. In der gleichen Weise wurde vom Verfasser 1903 die annähernde Neutralität von Blutserum, Galle, Milch, Sperma, Lymphe und Fruchtwasser, zugleich mit Indikatoren und durch Gaskettenmessung festgestellt. Solange nicht alle die Indikator- farbe beeinflussenden Faktoren genauer bekannt sind, wird es sich immer empfehlen, die mit einer der Methoden erhaltenen Werte durch eine zweite zu kontrollieren. Bestimmt man z. B. die Dissoziationskonstante einer Sänre oder Base mit Indikatoren nach der Formel Cnı =x.c, so tut man gut, durch Bestimmung des Hydrolysengrades des chemisch-neutralen Salzes den K-Wasser _a?.ce K-Säure "1-a Kontrolle kann ebenfalls mit der Indikatorenmethode ausgeführt werden. erhaltenen Wert zu kontrollieren nach der Formel . Diese Bereitung der Standardlösungen für die Messung des H *Ionen- gehaltes wässeriger Lösungen. Bei Verwendung der Indikatoren zur Angabe der Reaktion müssen wir eine lückenlose Serie von genau bekannten Reaktionsstufen herstellen !) E. Salm, Messungen der Affinitätsgrößen organischer Säuren mit Hilfe von Indikatoren. Zeitschr. f. physikal. Chemie. LXIII. S. 1. 1908. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 36 362 H. Friedenthal. und die Färbung solcher Lösungen von bekanntem H * Gehalt nach Zu- satz genau gemessener Indikatormengen kolorimetrisch vergleichen mit der Färbung der zu prüfenden Flüssigkeit. Die Lösungen wurden wiederholt mit Gasketten auf ihren H*Gehalt kontrolliert und können ohne weitere Nachprüfung aus den angegebenen Reagenzien reproduziert werden. Die stärkste bekannte H *Lösung (wässerige) ist eine D’ST73,0—aN- Salpetersäure vom spezifischen Gewicht 1'1946. Leitfähigkeitsmessungen ergaben bei 18° K= 9819 x 10”, daher bestimmt sich « = ie. Aoo Bi 133° 314 + 620 dieses Dissoziationsgrades vorausgesetzt, zua.c=03d4 xD ns = —208x107®nH*lIon. Mit Gaskettenmessung gelang es Verfasser nicht, in dieser Lösung den Dissoziationsgrad zu kontrollieren, ebensowenig in stärkster Salzsäure. — 0'554. Der H * Ionengehalt berechnet sich, die Richtigkeit Der schwächste H* Gehalt einer wässerigen Lösung findet sich in einer Kalilauge, die 6'744 x 10 ®n ist vom spezifischen Gewicht 1'288. x NE A, 80:6 Setzen wir wieder vorläufig « = I z nn — 0'558, so berechnet Aco 174 + 649 sich Con _-=e.c=0338 x 674x 10 -3—= 2928 x 10-3n OH Nat lauge von gleicher Molkonzentration enthält sehr viel weniger OH als Kalilauge, denn der OH Gehalt der bestleitenden Natronlauge berechnet sich zu 159 x 10-3n OH. Der H * Ionengehalt schwankt nach obigen Feststellungen in wässe- riger Lösung von rund 2x 10=3nH* in der konzentriertesten Säure bis rund 5x 10 =15nH* in der stärksten Lauge. Wir müssen daher 17 Stufen bilden, um mit Hilfe der Indikatoren wie auf einer bequemen Treppe durch das (sebiet aller überhaupt möglichen Reaktionen zu steigen. Als Stufe A bezeichne ich eine Lösung von 2x 107 32H # Ion (6054 x 10732740) Als Stufe B bezeichne ich eine Lösung von 1x 10-8snH+lon (135 x 107°1n,HC]) Als Stufe I bezeichne ich eine Lösung von L.%10 T#&2H # Ion, (01903:x.107220.HCh Als Stufe II bezeichne ich eine Lösung von 1x 107 52 Hr Ion (001007.x 107’ 7H0B Als Stufe III bezeichne ich eine Lösung von 1x%x40 u H# Ion (0001. x410 Zu Als Stufe 1V bezeichne ich eine Lösung von 1x 10-"nH+*lon (00001 x 10-3nHO|) Als Als Als Als Als Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u. pflanzl. Flüssigkeiten ete. 563 Stufe Stufe Stufe Stufe Stufe Stufe Stufe Stufe Stufe Stufe Stufe V bezeichne ich eine Lösung von 1x 10-8nH+lIon (000001 x 10=3n HCI) VI bezeichne ich eine Lösung von 16° 10.27.47 Ton NaH,PO, (A) SE A 850 cm! ——! +150cm®——. Na, HPO, (B) Ie7- VII bezeichne ich eine Lösung von 1x 10-ı0nHtlon 450 cm? Lösung (A) +550 cm? Lösung (B) VIII bezeichne ich eine Lösung von FE x107-2nH5lon 50 em? Lösung (A) + 950 cm? Lösung (B) IX bezeichne ich eine Lösung von 1x 10-12nH+lIon Lösung B „——. Na,HPO, X bezeichne ich eine Lösung von 1x 10-13nH*rlIon (2°00001 x 10=3n KOH) XI bezeichne ich eine Lösung von ex 102114100 (0:0001. X 10731. KOH) XII bezeichne ich eine Lösung von 1210721 H Ion (0001 x 10Z3mK0b) XIII bezeiehne ich eine Lösung von 1x 10-1°n H+lIon (0'104 x 10=3n KOH) XIV bezeichne ich eine Lösung von 1.x10 27H Ion (153% 10737 KO) XV bezeichne ich eine Lösung von 5x210 21H 1lon (38% 107:m RO: Die Stufen in der Nähe des Neutralpunktes wurden nicht mehr durch Verdünnung der stärkeren bereitet, weil bei den minimalen Konzentra- tionen kleine Verunreinigungen grobe Störungen und Fehler verursachen würden, sondern es wurden haltbare Lösungen von mit Gasketten Kontrol- liertem H + Gehalt hergestellt durch Vermischen von starkem und basischem Alkaliphosphat. Die wässerige Lösung des NaH, PO, reagiert schwach sauer infolge von Abspaltung von H* Ionen. NaB,R0, H,PO,- + < u uf. —— > Na+H,PO, H++HPO,T 36* 564 H. Friedenthal. Die wässerige Lösung des Na, HPO, reagiert durch Hydrolyse schwach alkalisch Na, HPO, 2 Nat +HPO, = HPO,= +H,0 27 H,P0,- + 0H- In einer 10” Normallösung von NaH,PO, beträgt bei 185—19° C der H*Ionengehalt 1.10 nH*, die der 10=-nNaH PO,-Lösung 1 x 10="2nH*. Die für den Biochemiker wichtigsten Stufen in der Nähe des Neutralpunktes sind so reich an Salz, dal) Fehler, bedingt durch weiteren Salzzusatz, nicht vorauszusehen sind, doch sollen auf die Anregung von Michaelis und Rona hin Feststellungen in dieser Richtung hin erfolgen. Namentlich wäre der Einfluß von Caleiumionen in Betracht zu ziehen. Außer den Indikatorlösungen und den Standardlösungen, welche mit eroßer Genauigkeit herzustellen sind, bedarf man zur Messung der H*Ionen- reaktion mit Indikatoren kleiner Gläschen mit parallelem Glasboden und einer recht weißen Milchglasscheibe, welche feine Farbennuancen zu unter- scheiden gestattet. Der Gebrauch eines Kolorimeters wird nur in den seltensten Fällen erforderlich sein, da sich Schätzungen zwischen den Zehntelstufen der Zehntelpotenzen der H*Ionen unschwer ohne Kolorimeter ausführen lassen.?) Zur Ausführung der H*Ionenmessung versetzt man eine zu prüfende Lösung mit einer zur Färbung eben ausreichenden Indikatormenge und ersieht aus der oben abgedruckten Indikatortabelle, ob die Lösung gegen den benutzten Indikator sauer oder basisch reagiert. Ist dies festgestellt, wird der Indikator mit Farbenumschlag in der benachbarten Zehnerpotenz des H* Ionengehaltes zur Prüfung verwendet, bis die Zehnerpotenz des H*Ionen- eehaltes festgestellt ist. In den starken Säurestufen kann man durch Methvlviolett allein für fünf Zehnerpotenzen den H*Ionengehalt durch ein- fachen Zusatz feststellen. Durch Zuhilfenahme der Vergleichslösungen wird nach Feststellung der Zehnerpotenz des H*Ionengehaltes die Zehntelstufe in einfacher Weise bestimmt und die dazwischen liegenden Hundertstel geschätzt. Anwendung der Indikatorenmethode. Die Indikatorenmethode eignet sich vor allem zur raschen Bestim- mung der Dissoziationskonstanten von Säuren und Basen und von Hydro- Iysenkonstanten von Salzen. So bestimmte E. Salm die Konstante der Oxal- säure zu 9. 10°, während sie von Ostwald auf rund 1. 10-* bestimmt war. Eine 10-* molare Lösung der Oxalsäure, mit Methylviolett versetzt, zeigte die für Stufe I charakteristische grünlichblaue Färbung. Durch Färbung von Zehntelstufen stellte Salm fest, daß die Färbung der Oxalsäurelösung iden- 1) Die ganze Apparatur für Indikatorreaktionsbestimmungen ist käuflich bei den Verein. Fabriken für Laboratoriumsbedarf, Berlin N., Scharnhorststraße 22. Methoden z. Bestimmung d. Reaktion tierischer u, pflanzl, Flüssigkeiten ete. 565 tisch war mit der Vergleichslösung von der H+ Ionenkonzentration Hx10TEn: : 6,1055 £ i Neovarter = 8.C=-6.1P?cC 10.0 u —H 50 2 a?.c 036 107 5 ! B--—= —_ — 9 x 10°. Die Kolorimetrie geschieht mit 1—a 0.4 Vorteil in recht konzentrierten Lösungen, da in diesen die Wägefehler zu- rücktreten. Die Umschlagspunkte der Indikatoren, d.h. die Konzentrationen an H* Ionen, bei welchen 50°/, der Indikatormoleküle umgewandelt sind in anders gefärbte Molekühle (die scheinbaren Dissoziationskonstanten der Indikatoren) lassen sich messen durch Kombination der Kolorimetrie mit Gaskettenmessung. Die scheinbare Dissoziationskonstante der Indikatoren ist nämlich gleich der Wasserstoffkonzentration der Lösung, in welcher 50°/, des Indikators dissoziiert sind. Diese Lösung zeiet bei zweifarbigen Indikatoren die Übergangsfarbe, bei einfarbigen genau die Hälfte der Inten- sität der völlig dissoziierten Lösung. Die Übergangsfarbe zweifarbiger Indi- katoren, wie z. B. Lackmus, findet man durch Übereinanderlagern von Schichten von ganz roter und ganz blauer Lackmuslösung von gleicher Länge. Verfasser hat zu diesem Zweck ein Kolorimeter angegeben, bei welchem die beiden Farblösungen, in Zylindern über einander aufgehängt, mit einer dritten Lösung verglichen werden können: welche die doppelte Schichtendicke aufweist der verschieden gefärbten Lösungen. Man füllt einen Zylinder mit maximal rot gefärbter Lackmuslösung, einen Zylinder mit maximal blau gefärbter Lackmuslösung und erhält durch Überein- anderhängen der Zylinder die rotviolette Ubergangsfarbe der schein- bar zu 50°/, dissoziierten Lösung. In den dritten Vergleichszylinder wird eine rote Lackmuslösung von doppelter Höhe eingefüllt und soviel Lauge hinzugegeben, bis Farbengleichheit im Kolorimeter erzielt ist. Jetzt bestimmt man den H + Gehalt dieser Lösung mit Gasketten und damit die schein- bare Dissoziationskonstante des Indikators. Ob einige Indikatoren tat- sächlich Säuren oder Basen von dieser Stärke in ihren Salzen vorstellen, müßten Kontrollmessungen des Hydrolysengrades von Indikatorsalzen er- geben. Messungen von H + Ionenkonzentrationen der Säfte in lebenden Pflanzen und durchsichtigen Tieren lassen sich mit Hilfe der Indikatoren- tabelle ausführen, namentlich Neutralrot erwies sich zu diesem Zweck als brauchbarer Indikator ebenso Phenolphtalein. Man berücksichtige bei diesen Versuchen den Einfluß der Salze auf die Indikatorfarbe, indem man als Vergleichslösungen Kochsalz und caleciumhaltige Flüssigkeiten von bekannter H*lIonenkonzentration in der gleichen Intensität gefärbt verwendet. Oben wurde bereits erwähnt, daß man mit Hilfe der Indikatoren für A einen Wert finden kann ohne Zuhilfenahme sehr verdünnter Av Lösungen. Die Gleichung C++ =e.c = Nase ergibt für A co den Wert oo 566 H. Friedenthal. Methoden zur Bestimmung der Reaktion etc. Ao= 52 ©. In dieser Gleichung kann ich bestimmen, wenn ce, die mo- Hr lare Konzentration im Kubikzentimeter, bekannt ist, Cp+ mit Hilfe der Indikatorenmethode Av mit Leitfähigkeitsmessung. Bei Einsetzen der ex- perimentell erhaltenen Werte bekomme ich den Wert von Aw. p 100M Substanz, M ihr Molekulargewicht (undissoziiert) bedeutet, so finde ich WIPRER 0 CH oder Gaskette bestimmt werden, x durch Leitfähigkeitsmessungen, dann erhalte ich durch Einsetzen in obige Gleichung das unbekannte Molekular- gewicht einer elektrolvytisch genügend wirksamen Substanz. Voraussetzung ist hierbei allerdings, dab A co sich durch Leitfähigkeitsmessungen experi- mentell bestimmen läßt. Das Anwendungsgebiet der Reaktionsstufen und Indikatoren zur H* Ionenbestimmung wird erst dann ein sehr ausgedehntes werden, wenn es gelungen sein wird, störende Nebenreaktionen mit Sicher- heit ausschlieljen zu können. Ersetze ich e durch wobei p der Prozentgehalt der gelösten In dieser Gleichung kann Cy+ mit der Indikatorenmethode Optische Untersuchungsmethoden. Von J. Biehringer, Braunschweig. Zu diesen Methoden gehört die auf alle Flüssigkeiten anzuwendende Untersuchung der Brechung des Lichtes, die auf optisch aktive Stoffe be- schränkte Drehung der Ebene des polarisierten Lichtstrahls und endlich die nur bei gefärbten Stoffen vorhandene Absorption von Teilen des Spek- trums. Diese Eigenschaften sind in hohem Grade abhängig von der che- mischen Struktur der einzelnen Stoffe und daher für ihre Kennzeichnung und Wiedererkennung, für die Erforschung ihrer Konstitution, wie auch für die Analyse von hoher Bedeutung. Liehtquellen: Als solche dienen entweder zusammengesetztes weißes Licht (Wolkenlicht, gewöhnliches Lampenlicht, Gaslicht) oder vielfach das einfache (monochrome), gelbe Licht verdampfenden Kochsalzes, das Natriumlicht (Linie D des Sonnen- spektrums). Man hat das Kochsalz zuvor auf Rotelut zu erhitzen, um ein Verknistern in der Flamme durch die eingeschlossene, beim Erwärmen sich ausdehnende und verdampfende Mutterlauge zu verhüten, und verwendet es für sich oder gemischt mit dem leichter sich verflüchtigenden Bromnatrium, für erößere Lichtstärke letzteres allen, wobei man aber die Lampe der schädlichen Bromdämpfe halber unter dem Ab- zuge aufstellen muß. Das Einbringen in die Bunsen- Fig. 539. flamme geschieht meist in der Art, daß man das Salz an einen, zu einer kleinen Öse umgebogenen und vorher schwach be- feuchteten Platindraht anschmilzt, dessen anderes Ende in ein enges Glas- röhrchen eingeschmolzen ist; letzteres steckt man auf einen wagrechten, an einem Stativ verschiebbaren Dorn und bringt die Probe in den äußeren, dem Meßapparat zugekehrten Saum der Flamme. Eine Färbung von sehr langer Dauer bekommt man, wenn man einen mit der Salzlösung ge- tränkten Streifen Asbestpappe oder Bimsstein oder ein mit dem Salze be- schicktes, durchlöchertes Platinlöffelchen, das man sich leicht selbst aus Blech und Draht herstellen kann, in den Flammensaum einschiebt. Oder man setzt auf den Brenner einen Schornstein von passender Höhe, der am 568 J. Biehringer. oberen Rande mit zwei kleinen einander gegenüberliegenden Einkerbungen versehen wird. In diese legt man einen kurzen dieken Nickeldraht, um dessen Mitte ein Streit von feinem Nickeldrahtnetz gewickelt ist, das man in flüssiges, über dem Gebläse geschmolzenes Kochsalz taucht. E. Beckmann färbt die Flamme durch Einführung zerstäubter Lösungen mit der zur Entleuchtung des Bunsenbrenners dienenden Luft (Fig. 539); zu dem Ende leitet er diese über die in a‘ befindliche Salzlösung, worin durch Zugabe von etwas Säure und verkupfertem Zink schwach, aber gleichmäßig Wasser- stoff entwickelt wird, welcher Flüssigkeitströpfehen mit fortreißt.!) Die als Lichtquelle dienende Lampe trägt häufig, um das Auge des Beobachters vor den direkten Strahlen zu schützen, einen undurchsichtigen, nur an einer Stelle mit einer Öffnung versehenen, meist zylindrischen Auf- satz aus Asbestpappe oder Blech. ?) I. Bestimmung des Brechungsverhältnisses (Refraktometrie). Vorbemerkungen. Trifft ein in einem Mittel A, z. B. in Luft, sich fortbewegender Lichtstrahl schräg auf ein zweites Mittel B, zB. auf eine Flüssigkeit, wie Wasser, oder einen starren, amorphen Körper, wie Glas, so wird ein Teil des Strahls zurückgeworten, während ein anderer ins Mittel B eindringt. Er pflanzt sich in diesem ebenfalls geradlinig, und zwar in der Ebene fort, welche durch den ein- fallenden Strahl und das auf dem Einfallspunkt an der Grenzfläche vom Mittel B errichtete Einfallslot geleet werden kann; aber er wird hierbei infolge der veränderten Geschwindigkeit je nach der Beschaffenheit des Mittels B verschieden stark aus seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt. Ist die Fortpflanzungsgeschwindiekeit in letzterem kleiner, so wird er dem Einfallslot genähert, also stärker gebrochen. Ist die Fortpflanzungsgeschwin- diekeit größer, so wird er vom Einfallslot entfernt, d. h. schwächer ge- brochen. Man mißt die Richtung des Strahls durch den Winkel (x), welchen der einfallende Strahl (Einfallswinkel), und den Winkel (£), welchen der gebrochene Strahl mit dem Einfallslote bildet (Brechungswinkel). Es gilt dann das bekannte Snell-Cartesiussche Brechungsgesetz, daß der Sinus des Einfallswinkels zu demjenigen des Brechungswinkels in einem konstanten, von der Größe des Einfallswinkels unabhängigen und nur durch die Be- schaffenheit der beiden Mittel beeinflußten Verhältnis steht: sin z/sin® = n. Man bezeichnet dies Verhältnis n als den Brechungsindex (Brechungskoeffi- zienten oder Brechungsexponenten) des einen Mittels in bezug auf das andere, wobei man als das eine Mittel in der Praxis stets Luft wählt. Für den Über- gang von Luft in Wasser z.B. ist das Verhältnis sin e/sinß = 4/3, in (las 3/2. Beträgt also im ersteren Fall die Sinuslinie, d. h. die Entfer- nung irgend eines Punktes des einfallenden Strahls vom Einfallslot, 4 be- ') Preis 550M. Vgl. Zeitschrift für angewandte Chemie. Jg. 20. S. 561 ff. (1907). ?) Verschiedene dieser Beleuchtungslampen sind bei den Polarisationsapparaten (s. später) abgebildet. Optische Untersuchungsmethoden. 569 liebige Einheiten, so ist sie für die Sinuslinie eines Punktes des gebrochenen Strahls in derselben Entfernung vom Einfallspunkt 3 Einheiten, woraus sich der letztere leicht konstruieren läßt. Schickt man den Strahl in umgekehrter Richtung durch die beiden Mittel, also aus dem stärker brechenden Mittel B ins schwächer brechende Mittel A, aus Wasser oder Glas in Luft, so bleibt das Verhältnis beider Winkel für den ins Mittel A eindringenden Teil des Strahles ungeändert, nur daß jetzt der erst gebrochene zum einfallenden Strahl, der Brechungs- winkel zum Einfallswinkel, und andrerseits der erst einfallende zum ge- brochenen Strahl, der Einfallswinkel zum Brechungswinkel wird und das Brechungsverhältnis den reziproken Wert des ersten darstellt. sin B/sin @ = 1/n, z.B. für Wasser in Luft = 3/4, für Glas in Luft = 2/3. Das Elan ist zunächst in beiden Fällen unahibarane von der Größe des Einfallswinkels. Aber letzterer kann nicht über einen bestimmten Wert hinaus wachsen. Geht der Strahl aus dem schwächer brechenden Mittel A ins stärker brechende Mittel B, z. B. aus Luft in Wasser, so kann der Einfallswinkel « nicht größer werden als 90°, wobei der Strahl streifend an der Wasserfläche hinläuft. Damit hat auch sein Brechungswinkel 5 den größtmöglichen Wert erreicht: es ist dann sin 90° — 1 und sin «/sn B=1/sinß=n, mithin sin$ = 1/n. So ist z.B. für Luft in Glas sin: = ® und sin 2/3 =41°48' 35 der Grenzwinkel der Brechung. In diesem Falle waltet also eine sehr einfache Beziehung zwischen dem Brechungswinkel und dem Brechungsexponenten des Stoffes ob, so daß der letztere aus dem ersteren sich leicht berechnen läßt. Geht der Strahl in umgekehrter Richtung, d. h. aus dem Mittel B ins Mittel A, so kann den vorhin gegebenen Ausführungen zufolge der Ein- fallswinkel 8 nicht größer werden als der Grenzwinkel der Brechung im ersten Falle, also z. B. aus Wasser in Luft nicht größer als 41° 48° 35, weil dann der Winkel des gebrochenen Strahls den höchsten erreich- baren Wert von 90° hat, der letztere also streifend an der Weasser- fläche hinläuft. Läßt man den Strahl unter einem noch größeren Winkel als 41° 48°35° auf die Grenzfläche von B und A auffallen, so dringt er überhaupt nicht mehr ins Mittel A ein, sondern wird am Wasserspiegel vollständig zurückgeworfen; es findet „totale Reflexion“ statt. Der Ein- fallswinkel, bei dem diese einsetzt, heißt der „Grenzwinkel der totalen Re- flexion“; er ist dem „Grenzwinkel der Brechung“ beim umgekehrten Gang des Lichtstrahls gleich, womit auch dieselbe einfache Beziehung zum Bre- chungsexponenten hergestellt ist. In den bisherigen Ausführungen ist vorausgesetzt, daß das eine bre- chende Mittel Luft sei. Bei den im Nachfolgenden beschriebenen Appa- raten wird der Brechungsexponent in der Weise bestimmt, daß man das Brechungsverhältnis zwischen der zu untersuchenden Flüssigkeit und Glas ermittelt. Dadurch gestaltet sich die Berechnung des Brechungskoeffizienten etwas anders. Ist der Brechungskoeffizient des schwächer brechenden Mittels gegen Luft = n, derjenige des stärker brechenden Mittels gegen DTO J. Biehringer. Luft = N, so ist das Brechungsverhältnis beider Mittel beim Übergang des Strahls aus dem schwächer ins stärker brechende Mittel r=N/n, d.h. man erhält den relativen Brechungskoeffizienten beim Übergang des Lichts aus einem Mittel ins andere, wenn man den Brechungskoeffizienten des zweiten Mittels durch den des ersten teilt. Ist z.B. der Brechungsindex von Luft in Wasser = 4/3, von Luft in Glas = 3/2, so ist der Brechungskoeffi- zient von Wasser in Glas =3/2:4/3 = 9/8. Sind also in der Gleichung r—=N/n zwei Werte bekannt, so läßt sich der dritte berechnen. Bei um- eekehrtem Gang des Lichtstrahls gilt analog, wie vorhin, 1/r=n/N, für (las in Wasser also 8/9. Die Bestimmung des Brechungsexponenten eines Stoffes kann natür- lich mit Hilfe aller drei im vorstehenden erörterten Erscheinungen ausgeführt werden, wofür eine ganze Reihe von Instrumenten konstruiert sind. Für praktische Zwecke wird man denjenigen von ihnen den Vorzug geben, welche eine rasch und leicht auszuführende Messung von großer Genauigkeit ermöglichen und außerdem nur kleiner Flüssigkeitsmengen zur Untersuchung bedürfen. Daher haben die komplizierten älteren Spektrometer, wie dasjenige von Meyerstein, bei denen die zu untersuchende Flüssigkeit in ein Hohl- prisma eingefüllt wird, trotz der scharfen Ergebnisse, die sie liefern, ebenso das Totalreflektometer von Kohlrausch nie Verwendung außerhalb des physikalischen Laboratoriums gefunden. Erst die von E. Abbe und von C. Pulfrich gebauten Refraktometer haben durch die Einfachheit ihrer Hand- habung und die Schärfe der damit ausgeführten Bestimmungen die Er- mittlung des Brechungsexponenten zu einem außerordentlich wichtigen analytischen Hilfsmittel erhoben, wie dies am besten schon die amtliche Einführung des Zei/schen Butterrefraktometers durch das Reichsgesetz über Untersuchung der Fette u.del. vom 1. April 1898 beweist. Auch sonst dürfte der Refraktionswert infolge seiner leichten Bestimmbarkeit für die Kennzeichnung und Prüfung der Stoffe und ihrer Lösungen in viel höherem Maße heranzuziehen sein, als es bisher der Fall ist. Der Brechungsexponent der Flüssigkeiten, um die es sich hier allein handelt, ist, abgesehen von der Wellenlänge des angewandten Lichtes, ver- änderlich mit der Temperatur, und zwar in höherem Maße, als selbst das spezifische Gewicht.!) Es muß daher bei jeder Bestimmung des Brech- ungsexponenten eine genaue Temperaturmessung vorgenommen werden, wenn die erhaltenen Ergebnisse wissenschaftlichen Wert haben sollen. Damit scheiden zugleich alle diejenigen Refraktometer aus, welche eine scharfe Temperaturbestimmung nicht zulassen. Von den Refraktometern mit Temperaturregulierung kommen bei der besonderen Art des zu verwenden- den Untersuchungsmaterials, das oft bloß tropfenweise zur Verfügung steht, meistens nur diejenigen in Betracht, welche sehr geringe Mengen von Flüssigkeit erfordern. Es ist dies das Totalrefraktometer von Abbe mit ‘) Eine Temperaturänderung um sehr geringe Bruchteile eines Grades ändert schon den Brechungsindex einer Flüssigkeit um eine Einheit der 5. Dezimale. Optische Untersuchungsmethoden. ayal Heizvorrichtung, das Refraktometer für Chemiker und das Eintauchrefrakto- meter von Pulfrich. Der Abbesche Apparat beruht auf der Messung des oben erwähnten Grenzwinkels der Totalrefraktion, die Pulfrichschen Appa- rate auf der umgekehrten Erscheinung, der Messung des Grenzwinkels der Brechung bei streifendem Eintritt des Lichtstrahls an der Grenze der zu untersuchenden Flüssigkeit und eines Glasprismas; das Eintauchrefrakto- meter kann außerdem durch eine einfache Änderung unmittelbar auch auf Beobachtung der Totalreflexion eingerichtet werden. Die Apparate sind in ihrer Anwendung beschränkter als die Spektrometer, weil ja, wie aus den obigen Ausführungen folgt, der Brechungskoeffizient der zur Untersuchung verwandten Flüssigkeit kleiner sein muß als der des Glasprismas. Das Meßbereich des Abbeschen Refraktometers umfaßt die Brechungskoeffi- zienten np = 1'30 bis 170, des Refraktometers von Pulfrich, je nach den angewandten Prismen die Brechungskoeffizienten 1'353 bis 1'88, des Ein- tauchrefraktometers diejenigen von 1'325 bis 1'367. Aber letzteres über- trifft in bezug auf Einfachheit der Handhabung und Schärfe der Ergeb- nisse die vorgenannten Instrumente weit und ist zudem auch das billigste.) I. Das Refraktometer nach Abbe (Fig. 540). In diesem zuerst von Abbe konstruierten, von Pulfrich verbesserten Instrument wird der Bre- chungsindex mit Hilfe der Totalreflexion bestimmt. Es enthält als wesentlichen Bestandteil zwei in eine geschwärzte Metallfassung eingesetzte, keilförmige, rechtwinklige Glasprismen (A und B der Figur), welche mit ihren Hypotenusenflächen in engem Abstande an einander gelegt sind, so dab zwischen ihnen ein schmaler, zur Aufnahme der zu prüfenden Flüssigkeit bestimmter Raum bleibt. Um diese einzuführen, legt man den oberen Teil des Refraktometers wagrecht nach vorn um, klappt das um ein Scharnier bewegliche obere Prisma auf und reinigt die beiden Hypotenusenflächen mit reinem, altem, weichem Linnen, das mit etwas Wasser oder Weingeist be- feuchtet ist. Dann bringt man einen Tropfen der zu prüfenden Flüssigkeit auf die Fläche, klappt das zweite Prisma wieder zu und richtet den Apparat auf. Das bewegliche Prisma hat nur den Zweck, mit dem unteren, festen Prisma zusammen eine planparallele Glasplatte zu bilden, so daß bei normaler Stellung (Nullstellung) ein mittelst des drehbaren Spiegelchens X von unten durchgesandter, monochromer Lichtstrahl keine Ablenkung erfährt und das Gesichtsfeld des kleinen, zwei- bis dreimal vergrößernden Fern- rohrs F\ welches in der verlängerten Längsachse der Prismenfassung liegt, hell erscheint. Dreht man nun das Doppelprisma samt der Fassung um seine Querachse, so wird der Einfallswinkel des Lichtstrahls geändert, bis !) Ein Verzeichnis der Arbeiten, welche die Anwendung der Refraktometrie für chemische und klinische Zwecke behandeln, hat die Firma Karl Zeiß in Jena zusammen- gestellt. Herrn Dr. Emil Reiß in Frankfurt a. M. und Herrn Professor Dr. Hermann Strauß in Berlin spreche ich für die Freundlichkeit, mit der sie mir über ihre Er- fahrungen auf diesem Gebiete berichteten, auch an dieser Stelle meinen Dank aus, des- gleichen Herrn Dr. Löwe in Jena für seine Mitteilungen über die neuesten Verbesse- rungen an den beschriebenen Apparaten. 572 J. Biehringer. schließlich bei einer bestimmten Neigung der Prismen der Grenzwinkel erreicht ist, mithin an der Grenzfläche des unteren Prismas und der Flüssigkeit totale Reflexion eintritt und das Gesichtsfeld des Fernrohrs verdunkelt wird. Um die hierzu nötige Drehung zu ermitteln, ist das Fernrohr fest mit einem geteilten Kreisabschnitt (Sektor 8), die Prismenfassung bei 5b mit einem nach oben gerich- er teten Arm verbunden, der einen an der Kreisteilung J schleifenden Index trägt (Alhidade). Soll eine Mes- sung ausgeführt werden, so rückt man einige Zeit }) nach dem Einbringen der Flüssigkeit zwischen die Prismen die Alhidade auf den Anfanespunkt der Sektorteilung (1'30), richtet das Beleuchtungsspiegel- chen R so, daß das Ge- sichtsfeld des Fernrohrs gleichmäßig hell erleuchtet ist, stellt das Okular O des Fernrohrs scharf auf das Fadenkreuz ein und dreht nun die Alhidade (und damit die Prismen) vorsichtig so weit um, bis die Totalreflexion an der Flüssigkeitsschicht eintritt und das Gesichtsfeld halb hell, halb dunkel erscheint. Fig. 540. Zur genauen Einstellung dieser Grenzlinie enthält Das Refraktometer nach Abbe mit heizbaren Prismen (etwa 1/, nat. Gr.). das Fernrohr das Faden- Der Spiegel R wirft weißes Licht in den Apparat. Die Sub- kreuz 2 ist sie auf den Stanz befindet sich während der Messung zwischen den heiz- > a k d s ] baren Prismen A und B, die das Heizwasser in der Richtung Kreuzungspun t es letz- DCE durchfließt; das Thermometer ist in der Figur abge- brochen gezeichnet. Mit dem ÖOkulare O des Fernrohrs F be- teren eingerückt, so gibt trachtet man die Grenzlinie, die durch Drehen am Knopfe M a Tai o e ToIs. des Kompensators T farblos gemacht wird. Zur Ablesung des die Teilung auf dem Kreis Brechungsindex an der Sektorteilung $S dient die Lupe L. abschnitt unmittelbar den Brechungsindex an. Verwendet man statt des monochromen Natriumlichtes das Tages- licht, so tritt der Grenzwinkel der totalen Reflexion für die einzelnen Farben des letzteren nacheinander ein: die Grenze im Fernrohr erhält ‘) Dies ist nötig zum Ausgleichen der Temperatur. Optische Untersuchungsmethoden. h ro id © dadurch einen farbigen Saum, dessen Breite abhängt von der Größe der Farbenzerstreuung (Dispersion) des weißen Lichtes durch die brechende Flüssigkeit. Um sie aufzuheben, ist am Fernrohr vor dem Objektiv ein „Farbenkompensator” 7 angebracht. Er besteht aus zwei ganz gleichen, hintereinander geschalteten Amieischen Prismensätzen!) mit gerader Durch- sicht für die D-Linie (Natriumlicht): sie können mittelst der Schraube M in entgegengesetzter Richtung, aber um gleiche Winkel um die Fernrohr- achse gedreht und so in eine, oder vielmehr zwei Stellungen gebracht werden, bei welchen die genannte bei der Totalreflexion auftretende Dis- persion durch die von ihnen erzeugte gleichgrobe, aber entgegengesetzt gerich- tete Dispersion kompensiert wird. Zur Messung der hierzu nötigen Drehung ist der Kompensator mit einer vom Nullpunkt nach rechts und links gehenden Winkelteilung versehen. Führt man die Messung des Brechungskoeffizienten bei weißem Licht aus, so hebt man durch Drehung des Kompensators den entstandenen farbigen Saum auf und erhält num eine scharfe Grenzlinie zwischen Hell und Dunkel, welche man mittelst der Alhidade vollends auf den Schnittpunkt des Fadenkreuzes einstellt. Man liest die Stellung der Alhidade und des Kompensators ab. Durch Rückwärtsdrehen des letzteren über den Nullpunkt hinaus erhält man eine zweite Stellung, bei welcher die Grenzlinie achromatisch erscheint: man stellt die Alhidade wiederum ein und liest ihre Stellung und diejenige des Kompensators ab. Das Mittel aus beiden Sektorablesungen ergibt ohne weiteres den Brechungskoeffi- zienten np der Flüssigkeit fürs mittlere Gelb, dem Natriumlicht (der Linie D des Sonnenspektrums) entsprechend; das Mittel aus den zugehörenden Ab- lesungen an der Kompensatorteilung liefert den Winkel, mittelst dessen die Dispersion der Flüssigkeit, d. h. die Differenz der Brechungskoeffizienten für zwei bestimmte Strahlenarten (Fraunhofersche Linien) aus einer dem Instrumente beigegebenen Tabelle berechnet wird. Um schließlich während des Versuchs eine konstante Temperatur zu erzielen, haben die Prismen je ein doppelwandiges Metallgehäuse. Beide (rehäuseteile sind durch einen Gummischlauch verbunden und mit je einem Schlauchansatz (D und E) versehen, das obere Prisma außerdem mit einem Stutzen für ein einzuschraubendes Thermometer. Durch das Gehäuse läßt man vom unteren Schlauchansatz D aus Wasser von konstanter Temperatur strömen, das man je nach Bedürfnis einem höher stehenden Behälter oder der Wasserleitung unmittelbar entnimmt oder vor dem Einströmen er- wärmt. Man benutzt dazu eine von Pulfrich konstruierte Heizspirale mit Wasserdruckregler, welche in bequemer Weise einen Wasserstrom von kon- - stanter Temperatur und gleichbleibendem Druck erzeugen lässt, oder eine in einem Thermostaten liegende lange, spiral aufgerollte Bleiröhre. Man wartet einige Zeit, bis die zu untersuchende Flüssigkeit die betreffende Temperatur hat, und nimmt dann die Messung vor. Die Prüfung des Instruments auf Richtigkeit und die Ermittlung einer etwa anzubringenden Korrektion geschieht mit Flüssigkeiten von be- ') Vgl. Fig. 543 A. 974 J. Biehringer. kanntem Brechungskoeffizienten, am einfachsten mit destilliertem Wasser, dessen Brechungskoeffizient bei 15°np=1'33339, bei 17°5° (Zimmer- temperatur) = 133320, bei 20°= 133291 ist, oder ebenso bequem durch Messung eines Glasplättchens, das dem Refraktometer beigegeben ist und das seinen Brechungsindex eingraviert trägt. Die Sektorteilung gibt den Brechungskoeffizienten der Flüssigkeit auf drei Dezimalen unmittelbar an; die vierte Dezimale läßt sich durch Ablesung mittelst der Lupe Z auf 1—2 Einheiten abschätzen. Die mit dem Instrumente zu erzielende Genauigkeit des Ergebnisses dürfte demnach für physiologisch-chemische und klinische Zwecke nicht immer genügen. Das Meßbereich umfaßt. wie erwähnt, die Brechungskoeffizienten np = 1'30 bis n» = 170.1!) Besondere nach dem gleichen Prinzip von Karl Zeil gebaute Refrak- tometer sind das zur Untersuchung von Fetten, Ölen bestimmte Butter- retraktometer von Wollny und das Milchfettrefraktometer von demselben zur Ermittlung des Fettgehaltes der Milch. Eine eingehendere Beschrei- bung ist wohl unnötig, zumal jedem Instrument eine Gebrauchsanweisung mitgegeben wird. Diese Bestimmungen können übrigens ebensogut mit dem Abbeschen Refraktometer ausgeführt werden: die an diesem abgelesenen srechungsindizes lassen sich mit Hilfe gedruckter Umrechnungstabellen leicht in Skalenteile des Butter- oder Milchfettrefraktometers umwerten. ll. Das Refraktometer für Chemiker von Pulfrich (Fig. 541). Diesem Instrument liegt nicht die Messung des Grenzwinkels der Totalrefle- xion zugrunde, sondern die indirekte Messung des Grenzwinkels der Brechung bei streifendem Lichteintritt, also der umgekehrte Vorgang, was aber, wie früher gezeigt, schließlich auf dasselbe hinauskommt. Ein von der hohlen Fassung umschlossenes, aus Flintglas hergestelltes, keilfürmiges Prisma, dessen brechender Winkel 90° hat, trägt, auf seiner einen wagrecht, nach oben gerichteten, etwas gewölbten, aber in der Mitte plangeschliffenen Kathetenfläche aufgekittet, einen 20—25 mm breiten, aus einem Stück Glasrohr hergestellten Trog, derart, daß die Kittfläche tiefer liegt als die den Boden des Trogs bildende Prismenfläche. Er wird aus einer Pipette mit ein paar Tropfen der zu unter- suchenden Flüssigkeit beschickt. Die Beleuchtung geschieht durch mono- chromes, mittelst einer Sammellinse konzentriertes Natriumlicht, und zwar in der Art, daß der Lichtstrahl streifend, also unter einem Einfallswinkel von 90°, über Prismen- und Kittfläche hinweg in die Flüssigkeit tritt. Man stellt zu dem Ende am besten Flamme und Linse etwas höher als die Prismenfläche und prüft durch ein vor den Trog gehaltenes Stück Schreibpapier, ob ein reelles Bild der Flamme erscheint. Der Lichtstrahl wird an der Grenze von Flüssigkeit und Glas gebrochen, tritt in letzteres unter einem Winkel ein, welcher gleich ist dem Grenzwinkel der Brechung, und erleidet beim Austritt aus der senkrecht stehenden, zweiten Katheten- '; Der Preis des von Karl Zeiß in Jena gebauten Instruments mit heizbaren Prismen beträgt 400 M., der Heizspirale 61 M., des Wasserdruckreglers 12 M., des Thermometers 360 M. Optische Untersuchungsmethoden. ay(5) fläche des Prismas in die Luft abermals eine Brechung. Der Winkel «, den hier der austretende Strahl mit dem Einfallslote bildet, wird gemessen. Dies- geschieht durch ein auf die Austrittsfläche gerichtetes Fernrohr F Fig. 541. Das Refraktometer nach Pulfrich (etwa 1/, nat. Gr.). Die zu messende Flüssigkeit befindet sich in dem kurzen Glaszylinder zwischen S und L. Dahin wird das Licht eines Natriumbrenners durch die Spiezelvorrichtung N oder das Licht der Geijlerschen H-Röhre Q durch den Kondensor P geworfen. Es gelangt durch Brechung in das Fernrohr F zum Okular E; der Teilkreis mit Nonius ist auf der Rückseite von D angebracht. @ ist die Mikrometer- schraube für Dispersionsmessungen. Beim Gebrauche wird der Erhitzungsapparat S durch Drehen am Knopf Tin die Flüssigkeit eingetaucht; das Heizwasser fließt in der Richtung der Pfeile. mit einem durch Verschieben des Okulars E deutlich sichtbar zu machen- den Fadenkreuz; das Rohr ist gebrochen, so daß die Okularachse stets wagrecht steht und eine für den Beobachter unbequeme Stellung beim Ab- lesen vermieden wird. Das Fernrohr ist an einem um eine wagrechte 576 J. Biehringer. Achse drehbaren Teilkreise D befestigt, der mit einem feststehenden Nonius versehen ist. Ist der Apparat beschiekt und zur Messung fertig, so richtet man zuvörderst das Fernrohr senkrecht zur vertikalen Kathetenfläche des Prismas, am einfachsten mit Hilfe des Gaußschen Okulars!), das an den neueren Instrumenten vorhanden ist. Dann dreht man das Fernrohr zuerst mit der Hand, schließlich mittelst einer Mikrometerschraube so weit, bis die etwas eekrümmte (Grenzlinie zwischen Hell und Dunkel durch den Schnittpunkt des Fadenkreuzes geht. Am Teilkreis liest man dann den Austrittswinkel «@ des Strahls unter Zuhilfenahme des Kreisnonius ?) genau ab und ersieht aus der dem Instrument beigegebenen Tabelle 3) unmittel- bar den Brechnungsindex np der Flüssigkeit für Natriumlicht. Falsches Licht ist bei der Beobachtung sorgfältig auszuschließen. Soll eine zweite Flüssigkeit untersucht werden, so nimmt man das Prisma ab. reinigt es und setzt es wieder ein, wobei es infolge der be- sonderen Konstruktion des Trägers sofort wieder in richtig jJustierter Lage sich befindet. Oder man entleert den Trog vermittelst einer Pipette, spült ihn zweimal mit Wasser oder Äther und dann mittelst der neuen, zu unter- suchenden Flüssigkeit aus oder tupft ihn mittelst reinen weichen Linnens (nicht mit dem fasernden Filtrierpapier) trocken. Muß der Trog wieder aufgekittet werden, so geschieht dies je nach der Art der zu prüfenden Flüssigkeit mittelst arabischen Gummis, Fischleims, Wasserglases, Kanada- balsams: daß das Befestigungsmittel beim Aufsetzen des Trogs nicht vor- quellen darf, ist selbstverständlich, da sonst die Schärfe der Grenzlinie im Fernrohr leidet. Zur genauen Bestimmung der Temperatur der Flüssigkeit ist das Prisma von dem Hohlkörper L umgeben, durch welchen Wasser von kon- stanter Temperatur hindurchfließt, um dann in ein über den Trog befind- ') Es ist dies ein Okular, bei dem man das im Brennpunkte des Objektivs be- findliche Fadenkreuz des Fernrohrs seitlich beleuchten kann. Gemäß den Gesetzen über die Breehung des Lichts in Linsen werden die von der Fadenkreuzebene kommenden Strahlen beim Durchgang durch die Objektivlinse des Fernrohrs parallel gemacht, dann aber von der spiegelnden Fläche des davor liegenden Refraktometerprismas zurückge- worfen und durch die Objektivlinse wieder im Brennpunkt vereinigt, so daß dort ein Bild des Fadenkreuzes entsteht, welches mit dem Fadenkreuz selbst zusammenfällt, wenn die Prismenfläche genau lotrecht zur Fernrohrachse steht. ®), Der Kreis ist in halbe Grade geteilt und ein Kreisstück, welches auf dem Hauptkreis in 29 halbe Teile geteilt ist, auf dem Nonius in 30 Teile geteilt; es ist also jedes Intervall des Nonius um '/,, des Intervalls der Hauptskala, d.h. 1 Minute kleiner. Man liest erst auf der Hauptteilung den Winkel bis auf halbe Grade ab, geht dann auf dem Nonius unter Zuhilfenahme der Lupe weiter bis zu demjenigen Teilstrich, der mit einem Teilstrich der Hauptskala zusammenfällt, und erhält so die hinzukom- menden Minuten. >) Die Tabelle ist unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Lichtstrahl zweimalige Brechung erlitten hat, nach der aus dem Brechungsgesetz abzuleitenden Formel n = | N?—sin? x berechnet, worin N der Brechungsindex des Prismas für Natriumlicht ist. Optische Untersuchungsmethoden. 577 w liches, silbernes Gefäß zu gelangen, einen geschlossenen, doppelwandigen Zylinder S, welcher mittelst Trieb 7 und Zahnrad an der Säule M ver- schoben und in den Trog eingesenkt werden kann. Das Wasser fließt in S durch die innere Röhre zu, durch den äußeren Mantel ab; ein eingestecktes, in Zehntelgrade geteiltes Thermometer zeigt seine Temperatur und damit auch die Temperatur der im Trog zwischen dem Zylinder und dem gleich tem- perierten Prisma befindlichen, dünnen Flüssigkeitsschicht an. Außerdem wird der Trog, umVerluste durch Strahlung zu vermeiden, mit einem Holzstück W umgeben, welches ein Fensterchen als Einlaß für die Lichtstrahlen besitzt. Soll bei höherer Temperatur gearbeitet werden, so sind dieselben Vorrich- tungen wie beim Abbeschen Refraktometer anwendbar. Da das Prisma hier- bei mit erwärmt wird und demgemäß seinen Brechungskoeffizienten ändert, so ist eine kleine Korrektur dafür einzusetzen, welche aus den beigege- benen Tabellen abgelesen wird. . Die Messung ist genau bis auf eine Einheit der 4. Dezimale, also schärfer als beim Apparat von Abbe; die Handhabung ist einfach und be- quem. Die Prüfung des Apparats geschieht, wie früher (S. 574) beschrieben, mit destilliertem Wasser von bekannter Temperatur.) Eine mit dem Refraktometer fest verbundene Spiegeleinrichtung N zur Benutzung des Lichts einer @Geößlerschen Wasserstoffröhre ?) (Q) mit bei e verstellbarem Kondensator P, abwechselnd mit dem Natriumlicht, er- möglicht eine überaus bequeme und genaue Bestimmung der Dispersion, die nur mittelst der Mikrometerschraube @ mit Trommelteilung erfolgt und für Fragen der Konstitution organischer Verbindungen von Bedeutung ist. Das Eintauchrefraktometer von Pulfrich. Die Messung des Grenzwinkels der Brechung kann auch auf folgende Art ausgeführt werden: Man taucht ein keilförmiges, rechtwinkliges Glasprisma in die zu prüfende Flüssigkeit und regelt den Gang des Lichtstrahls so, dab er an der Grenz- fläche beider Mittel, d. h. an der Hypotenusenfläche des Prismas streifend einfällt. Beim Apparate von Pulfrich wird der sich hierbei ergebende Grenz- winkel dadurch bestimmt, dai) der gebrochene Strahl in ein mit dem Prisma unbeweglich verbundenes Fernrohr eintritt, worin sich eine Skala befindet. Im einzelnen ist das Instrument folgendermaßen gebaut. Der Körper des Prismas (Fig. 543, P), welches aus hartem, widerstandsfähigem Glase mit dem Brechungsindex 151 besteht und einen brechenden Winkel von etwa 63° aufweist, ist zylindrisch zugeschliffen, so daß er ans Fern- rohr unmittelbar angeschlossen werden kann, und so montiert, dab nur der Glasteil mit der schräg stehenden, infolge der Abschleifung elliptisch gewordenen Hypotenusenfläche in die zu untersuchende Flüssig- -keit eintaucht. Der Apparat wird damit fast für sämtliche schwach bre- !) Der Preis des Refraktometers ohne Prismen und Erhitzungsapparat ist 475 M., derjenige des Prismas für Flüssigkeiten mit dem Brechungsindex n, = 1'33 bis 1'61 samt Zubehör 50 M. ?) Die besondere Form der Geißlerschen Röhre hat nur den Zweck, eine stärkere Lichtquelle herzustellen. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 37 778 J. Biehringer. chenden Flüssigkeiten, auch Säuren und Laugen, brauchbar. Sie kommen in kleine Bechergläschen, welche behufs genauer Reeulierung der Temperatur in ein Wasserbad eingesenkt werden, dessen Wärmegrad durch ein in Zehntelgrade geteiltes Thermometer bestimmt wird. Dieses Wasserbad ist ein viereckiger Blechkasten (Fie. 542) mit Zu- und Abflußrohr, durch welche Fig. 542. Das Eintauchrefraktometer nach Pulfrich. (Ganze Ansicht.) 1/, nat. Größe. Das an einem Bügel hängende Refraktometer taucht mit seinem unteren Ende, dem Prisma, in eines der mit den Lösungen gefüllten Bechergläser, welche in die verstellbare Querbrücke des mit flie- ßendem, temperiertem Wasser gefüllten Trogs eingesenkt sind. Ein darunter angebrachter langer Spiegel wirft das Licht des hellen Himmels oder einer Lampe durch eine in den Boden eingekittete matte Glasscheibe in die Bechergläser der ersten Reihe. Blickt man von oben ins Okular, so sieht man einen hellen und dunklen Teil und die zur Messung dienende Skala im Gesichtsfelde. Brunnenwasser oder hö- her temperiertes, in der früher (8.575) geschil- derten Weise erhitztes Wasser langsam zu-und abströmt. Für Unter- suchungsreihen sind in dien Kasten Querbrücken mit einer Anzahl Löcher für die Bechergläser ein- gesetzt. Behufs Zu- führung des Lichts, wo- bei man Tages- oder Lampenlicht verwendet, ist unterhalb oder an der Seite des Bades ein in passender Richtung drehbarer Spiegel an- gebracht, welcher das Licht durch eine in den Boden oder in einen Seitenteill des Blechkastens eingefügte matte Glasscheibe ins Wasser wirft und so die Proben beleuchtet. Für Reihenuntersuchungen bei Zimmerwärme hat das Zeißwerk noch ein besonderes Temperier- bad gebaut, das keinen Wasserzufluß erfordert. Über das Wasserbad spannt sich ein Metall- bügel, an welchen das Refraktometer mittelst zweier, unterhalb des Okulars befindlicher Haken H der- art aufgehängt wird, daß das Prisma in die zu untersuchende Flüssigkeit ein- taucht. Man wartet etwa 10 Minuten, bis das Prisma die Temperatur der letzteren angenommen hat, und stellt dann durch geeignete Neigung des Fern- rohrs oder der Bechergläschen, nötigenfalls der beweglichen Querbrücken Optische Untersuchungsmethoden. 579 und des Spiegels derart ein, dal) die Grenzlinie zwischen Hell und Dunkel im Gesichtsfeld erscheint. Da Tageslicht angewendet wird, so muß infolge der Farbenzerstreuung an der Grenzlinie, wie beim Refraktometer von Abbe (S. 575), ein farbiger Saum auftreten. Er wird in ähnlicher Weise, wie dort, aufgehoben durch Einschaltung eines dreiteiligen Amicischen Prismensatzes A, welcher mittelst eines in halber Höhe des Fernrohrs angebrachten geriefelten Rings R um die Rohr- achse gedreht werden kann, bis die Grenze farblos und scharf er- scheint. Die Grenzlinie ist viel schärfer als im Abbeschen KRefraktome- ter, weshalb man zu ihrer Bestimmung auch ein Fernrohr mit stärkerer, zehnmaliger Vergröße- rung anwenden kann, was die Genauigkeit der Messung natürlich sehr erhöht. Letztere geschieht durch eine Skala Sc, wo- rauf das Okular Oc scharf eingestellt werden kann. Sie zeigt eine willkürliche Teilung von—5bis + 105. Fällt die Grenzlinie nicht genau mit einem Skalen- teil zusammen, so erfolgt die weitere Einstellung vermittelst einer im Oku- lar angebrachten Mikro- Fig. 543. meterschraube Z welche Das Eintauchrefraktometer nach Pulfrich. 1/, nat. Größe. = = t z Untersuchung einer Flüssigkeit unter Luftabschluß. bei einer Drehung die Die leicht verdunstende Lösung ist in den Metallbecher M einge- \ . _ schlossen, welcher das Refraktometerprisma enthält. Das vom hellen Skala um einen Skalen Himmel oder einer Lampe kommende Licht fällt auf den Spiegel S, 1 7 1 ‘na tritt durch die mattierte Glasscheibe @ ins Wasserbad B, von da teil verschiebt. Die durch den Deckel D des Bechers in die zu untersuchende Lösung Trommel dieser Schraube und schließlich ins Refraktometer. ist in Zehntel geteilt, welche mithin Zehntel der Skalenteile angeben. Man stellt vor Beginn der Messung die Trommel auf O ein, taucht das Refrakto- meter in die zu untersuchende Flüssigkeit und liest den Skalenwert der Refraktion unmittelbar ab, falls die Grenzlinie im Fernrohr mit einem Skalenteil zusammenfällt. Im anderen Falle dreht man die Trommel, bis die Grenzlinie mit einem Skalenteil zusammenfällt; die an der Trom- mel abgelesenen Zehntel sind dann dem vor der Bewegung der Trommel abgelesenen Skalenteil hinzuzufügen. Mit Hilfe einer beigegebenen Tabelle 37* DSO J. Biehringer. wird dann dieser Wert in den Brechungskoeffizienten umgewandelt. Die Tabelle gibt die Brechungskoeffizienten für die ganzen Skalenteile unmittelbar an; für die Zehntel ist eine kleine Interpolationsrechnung nötig, indem man die Differenz zwischen den Brechungskoeffizienten des abgelesenen und des nächst höheren Skalenteils durch Zehn teilt, mit den abgelesenen Zehnteln multipliziert und dem ersteren Brechungskoeffizienten zufügt. Die Grenzen der Skala entsprechen den Brechungskoeffizienten 132539 bis 1'36640, welche die Grenzen für die Anwendbarkeit des Instru- ments vorstellen. Die Ablesefehler betragen höchstens +01 Skalenteil, was eine Unsicherheit von + 0'000037 = !/, Einheit der 4. Dezimale im Brechungsexponenten ergibt. Der Apparat ist so justiert, daß die Grenz- linie für destilliertes Wasser von Zimmertemperatur (175°), also der Brechungsindex np = 1'33320 beim Skalenteil 15 liegt, was vor der erst- maligen Benutzung nachzuprüfen ist.!) Um die zur Aufhebung der Dispersion nötige Drehung des Kompensators zu messen, ist der dazu dienende, in der Mitte des Fernrohrs angebrachte Ring mit Index und einer Teilung in zehn willkürliche Teile versehen; die Größe der Drehung, die für jede zu untersuchende Flüssigkeit neu ermittelt werden muß, ist im allgemeinen proportional der Dispersion. Das Prisma ist natürlich nach jedem Gebrauche aufs sorgfältigste zu reinigen. Um mittelst des Eintauchrefraktometers auch Flüssigkeiten unter- suchen zu können, welche leicht verdunsten, Feuchtigkeit anziehen oder aus sonstigen Gründen mit der Luft nicht in Berührung kommen sollen, ist ihm ein über das Prisma zu steckender Becher M beigegeben, welcher einen abnehmbaren Deckel D mit Glasfenster besitzt. Man füllt den Becher, nachdem man das Instrument umgekehrt hat, mit der Flüssigkeit fast voll, setzt den Deckel darauf und hängt dann das Ganze, wie früher, ins Temperierbad. Ein Nachteil des Instruments ist die größere Menge Flüssigkeit, welche zur Messung des Brechungsexponenten erforderlich ist. Auch sehr dunkel gefärbte Flüssigkeiten lassen sich damit nicht untersuchen. Eine sehr wichtige Verbesserung ist daher die Zugabe eines „Hilfsprismas“, welches den Apparat ohne weiteres in ein Totalrefraktometer, ähnlich dem Abbeschen, umzuwandeln gestattet, worin der Brechungsexponent durch Beobachtung des Grenzwinkels der Totalreflexion, der ja dem Grenzwinkel der Brechung bei umgekehrtem Gange des Lichtstrahls gleich ist, bestimmt wird. Da für diesen Zweck nur Tropfen der Flüssigkeit nötig sind, so wird dadurch das Anwendungsbereich des Instruments außerordentlich vergrößert. Das „Hilfsprisma“ ist ein loses, keilförmiges Prisma, dessen Hypotenusen- fläche etwas eingesenkt und matt geschliffen ist. Man setzt auf das Instru- ‘) Für die Nacheichung bei anderen Temperaturen enthält die dem Instrument beigelegte Gebrauchsanweisung eine Tabelle über die entsprechenden Werte für Wasser von 10 bis 30°. Außerdem findet man dort eine Vorschrift für die neue Justierung der Skala bei etwa auftretenden Differenzen. 81 (dei Optische Untersuchungsmethoden. ment den vorhin genannten Becher auf, und hält es so, daß die elliptische Hypotenusenfläche des Refraktometerprismas nach oben schaut. Dann bringt man auf die wagrecht gehaltene Hypotenusenfläche des Hilfs- prismas einige Tropfen der zu untersuchenden Flüssigkeit, legt sie in passender Weise auf die Hypotenusenfläche des Refraktometerprismas, wobei die Flüssigkeit den engen Raum zwischen beiden Flächen völlig erfüllen muß und schließt den Becher mit dem Glasdeckel.!) Das Instrument wird, wie früher, ins Temperierbad eingehängt und die Messung vorgenommen. Das Eintauchrefraktometer übertrifft innerhalb der durch seine Kon- struktion bedingten Grenzen die übrigen beschriebenen Refraktometer weit durch die Einfachheit seiner Handhabung, die Vielseitigkeit seiner Anwen- dung und die Schärfe der erhaltenen Ergebnisse. Für physiologisch-chemische und klinische Zwecke kommt vornehmlich auch in Betracht die geringe Menge der zu prüfenden Flüssigkeit beim Arbeiten mit dem Hilfsprisma, die leichte Temperaturregulierung, besonders bei Anwendung des vorhin erwähnten Zeißschen Temperierbades, und die Benutzbarkeit bei gewöhn- licehem Licht. Außerdem ist es von allen Refraktometern das billigste.?) Wie sich aus den obigen Ausführungen ohne weiteres ergibt, ist die Be- stimmung des Refraktionswertes von Flüssigkeiten, Lösungen mit diesem In- strumente nicht zeitraubender oder umständlicher, als etwa eine Temperatur- bestimmung mittelst des Thermometers oder eine Dichtebestimmung mittelst des Aräometers. Da bei wässerigen Lösungen der Refraktionswert des Wassers stets derselbe bleibt, die Änderung der Refraktion vielmehr bloß durch die ver- schiedenen Mengen gelösten Stoffes bewirkt wird und ferner eine einfache Beziehung zwischen Refraktionswert und Gehalt besteht, ähnlich wie zwischen spezifischem Gewicht und Gehalt, so bietet die refraktometrische Untersuchung ein sehr einfaches Mittel, innerhalb der Grenzen des Refrak- tometers den Gehalt der Lösungen bestimmter Stoffe unter Zuhilfenahme von Tabellen oder Kurven 3), welche für den Zweck ausgearbeitet wurden, zu ermitteln. Die Bestimmung hat vor der aräometrischen den Vorteil viel größerer, bis auf Bruchteile eines Promille #) sich erstreckender Genauigkeit. Es ermöglicht ferner das Refraktometer die Prüfung der Stoffe auf Rein- !) E. Reiß hat darauf hingewiesen, daß das Prisma zweckmäßig unverrückbar fest in dem Becher sitzen, nicht, wie früher, lose aufgelegt werden soll. Der Zweck wird jetzt in einfachster Weise durch einen kleinen Korkstopfen erreicht, der sich gegen das Fenster des (abnehmbaren) Deckels andrückt. ®) Es kostet mit einem Meßbereich von n» —= 1'325 bis 1'367 und einer Meß- genauigkeit von ?/, Einheit der 4. Dezimale 250 M., das Hilfsprisma 12 M. Dazu kommt noch die Temperiereinrichtung im Betrage von etwa 90 bis 120 M. 3) Bernhard Wagner, Tabellen zum Eintauchrefraktometer. Sondershausen 1907. Selbstverlag. Preis 20M. Vom Verfasser oder vom Zeißwerk zu beziehen. *) Nach H. Matthes (Zeitschr. f. analytische Chemie. Bd.43, S.82 [1904]) gibt z. B. Salzsäure von 11'949°/, einen Brechungswert von 85 Skalenteilen, während reines Wasser einen solchen von 15 Skalenteilen liefert (S.580), so daß also die Brechungs- werte von Wasser bis zu Salzsäure von 11'949°/, auf 70 Skalenteile = 700 ablesbare Einheiten verteilt sind. 582 J. Biehringer. heit. indem man eine abgewogene Menge zu einem bestimmen Volum löst und mit einer genau ebenso hergestellten Lösung der reinen Substanz vergleicht. Insbesondere ist damit auch eine sehr genaue Kontrolle der Normallösungen (siehe Maßanalyse) möglich, weil die geringsten Verände- rungen sofort durch das Refraktometer angezeigt werden. Ganz in der gleichen Weise lassen sich auch solche Flüssigkeiten untersuchen, welche neben einer Lösung von konstantem Refraktionswert veränderliche Mengen eines zweiten Stoffes enthalten. Hierher gehört nach den Untersuchungen von E. Reiß das Blutserum, welches, optisch betrachtet, als eine Lösung wechselnder Mengen Eiweiß in einer Flüssigkeit mit konstantem oder doch nur sehr wenig schwankendem Brechungskoeffi- zienten aufgefaßit werden kann. Ist der Brechungskoeffizient der entei- weißten Flüssigkeit = n, derjenige des eiweißhaltigen Serums — n‘, so läßt sich aus der Differenz n‘—n der Eiweißgehalt .des Serums mittelst einer Tabelle unmittelbar und genügend genau, d. h. durchschnittlich höchstens mit einem Fehler von 0°2°/, Eiweiß (2:5 bis 4°/, des Wertes) bestimmen. Da die Untersuchung mit wenigen Tropfen Blut ausgeführt wird, so ist die refraktometrische Methode für klinische Zwecke von hoher Bedeutung. Die Untersuchung auf refraktometrischem Wege ist angewandt worden auf das Blutserum von A. Strubell!), E. Reiß?), H. Strauß), K. Martius *), auf den Mageninhalt von H.S’rauß°), auf den Harn von A. Strubell‘), J. A. Grober ®), E. Riegler'), Ellinger 8), auf Trans- und Exsu- 1) 4. Strubell, Über eine neue Methode der Urin- und Blutuntersuchung. Ver- handlungen des XVII. Kongresses für innere Medizin zu Wiesbaden 1900. Deutsches Archiv für klinische Medizin. Bd. 69. S. 521 (1901). 2) Emil Reiß, Eine neue Methode der quantitativen Eiweißbestimmung. Archiv f. experiment. Path. u. Pharmakol. Bd. 51. S. 18 (1904). — Der Brechungskoeffizient der Ei- weißkörper des Blutserums. Hofmeisters Beiträge zur chemischen Physiologie und Patho- logie. Bd. 4. S. 150 (1904) — Klinische Eiweißbestimmungen mit dem Refraktometer. Ver- handlungen der LXXVI. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte zu Bre»lau. 1904. II. S. 35. — Anwendungen der Refraktometrie in der Physiologie und Pathologie des Menschen. Bericht über die XV. Hauptversammlung der Deutschen Bunsengesellschaft für angewandte physikalische Chemie in Wien in der Zeitschrift für Elektrochemie und angewandte physikalische Chemie. Bd. 14. S. 613 (1908). ®, H. Strauß, Demonstration der refraktometrischen Blutuntersuchung. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 2. — H. Strauß und B. Chajes, Refraktometrische Eiweiß- bestimmungen an menschlichem Blutserum und ihre klinische Bedeutung. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 52. Heft 5 und 6 (1904). *) K. Martius, Vergleichende Untersuchungen über den Wassergehalt des Gesamt- blutes und des Blutserums. Folia haematologica. Jg. 3. Nr. 3 (1906). 5) H. Strauß, Über den Brechungsexponenten von Mageninbalten. Deutsche Ärzte- Zeitung. 1901. Heft 4. ®) J. A. Grober, (uantitative Zuckerbestimmung mit dem Eintauchrefraktometer. Zentralbl. f. innere Med. Bd. 21. S. 201 (1900). ?) E. Riegler, Die Refraktometrie des Harns im Dienste der Medizin. Atti del VI Congresso internazionale di chimica applicata (Rom, 26. April bis 3. Mai 1906). 5. Bd. S. 167 (Rom 1907). Bericht in der Zeitschrift für angewandte Chemie. Jg. 19. S. 918 (1906). °) H. 0. G@. Ellinger, Optische Bestimmung der Albuminmenge im Harn. Journ. f. praktische Chemie. 2. Reihe. Bd. 4. S. 256 (1891). Optische Untersuchungsmethoden. 583 date, Zerebrospinalflüssigkeit u. dgl. Für klinische Zwecke kommen besonders Untersuchungen des Blutserums in Betracht. Strauß!) hat neuerdings die refraktometrische Fettbestimmung von -Mageninhalten in den Dienst der klinischen Diagnostik gestellt, @. Schorer?) eine klinische Pepsinbestim- mungsmethode auf refraktometrischem Wege ausgearbeitet. Von Refrakto- metern ist für Serumuntersuchungen das Eintauchrefraktometer allgemein im Gebrauch. Für die Fettbestimmung im Mageninhalt hat Strauß das Wollnysche Milchrefraktometer verwandt, welches nach seinem Vorschlage vom Zeißwerk auch für Serumuntersuchung adaptiert wurde.” ‘) 2. Bestimmung des Drehungsvermögens. Allgemeines. Tritt ein Lichtstrahl in ein doppelbrechendes Mittel, z.B. einen Kalkspatkristall in einer anderen Richtung als derjenigen der Hauptachse ein, so wird er bekanntlich doppelt gebrochen, d.h. in zwei Strahlen zerlegt, welche in verschiedener Richtung durch den Kristall hindurchgehen. Beide Strahlen sind polarisiert, d.h. in beiden finden die Transversalschwingungen der Ätherteilchen nicht mehr wie zuvor in allen möglichen Ebenen, sondern bloß noch in einer Ebene statt. Beide Ebenen liegen senkrecht zueinander; die zwei Strahlen sind demnach senkrecht zueinander polarisiert. Auf diesem Wege läßt sich also in sehr einfacher Weise ein polarisierter Lichtstrahl gewinnen, falls man den einen von beiden Strahlen beseitigt. Zu dem Zwecke werden die Endflächen des Kalkspatkristalls in geeigneter Weise angeschliffen, der Kristall dann in einer bestimmten diagonalen Richtung auseinander gesägt und mit Kanada- balsam wieder zusammengekittet; man erreicht es so, daß die beiden Strahlen unter größerem Winkel divergieren und der eine polarisierte Strahl ungebrochen hindurchgeht,. während der andere so schief auf die Kanada- balsamschicht auffällt, daß er total reflektiert und in der schwarzen Fassung des Prismas verschluckt wird. Dieser höchst wichtige Apparat, welcher nur Licht in einer ganz bestimmten, im Kristall festliegenden Schwingungsrichtung durchläßt, wird nach seinem Erfinder als Nicolsches Prisma bezeichnet. Trifft der in ihm polarisierte Lichtstrahl ein zweites Nicolsches Prisma, so wird er durch dieses ungehindert hindurchgehen, wenn seine Schwingungsrichtung mit derjenigen des zweiten Prismas übereinstimmt, beide Prismen also in „Parallelstellung“ sich befinden. Dreht !) H. Strauß und J. Leva, Über eine neue Form der Motilitätsprüfung des Magens. Deutsche med. Wochenschr. 1907. Nr. 29. : ?) Gerhard Schorer, Über refraktometrische Pepsinbestimmungen. Dissertation. Bern 1908. ») H. Strauß, Demonstration der refraktometrischen Blutuntersuchung. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr.2. — H. Strauß und B. Chajes, Refraktometrische Eiweiß- bestimmungen am menschlichen Blutserum und ihre klinische Bedeutung. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 52. Heft 5 und 6 (1904). *) K. Martius, Vergleichende Untersuchungen über den Wassergehalt des Gesamt- blutes nnd des Blutserums. Folia haematologica. Jg. 3. Nr. 3 (1906). A84 J. Biehringer. man aber das zweite Prisma, indem man zugleich durchsieht, um die Richtung des Strahls, so beobachtet man, daß die Helligkeit abnimmt, bis bei einer Drehung um 90®, bei „gekreuzter Stellung“ der Prismen, wo beide Schwingungsrichtungen aufeinander senkrecht stehen, völlige Ver- dunkelung eintritt. Bei weiterem Drehen wird das Gesichtsfeld heller, bei 180°, d.h. wieder bei Parallelstellung, ganz hell, während bei 270° abermals Auslöschung stattfindet. Das erste Prisma, worin der polarisierte Strahl er- zeurt wird, führt den Namen Polarisator, das andere, mit dem er untersucht (die Lage seiner Schwingungsebene festgestellt) wird. den Namen Analysator. Diese Anordnung ermöglicht es, Stoffe, welche man zwischen beide Prismen bringt, auf ihr Verhalten im polarisierten Licht zu untersuchen. Dabei zeigt sich, daß gewisse kristallisierte feste Körper, sowie eine Reihe flüssiger oder gelöster organischer Stoffe, welche man, in Glasröhren einge- schlossen, zwischen die Prismen bringt, die Eigenschaft besitzen, die Ebene des polarisierten Lichtstrahls zu drehen. Hat man eine monochrome Licht- quelle, wie Natriumlicht, und bringt die Prismen in gekreuzte Stellung, so erscheint das Gesichtsfeld des Okularnicols dunkel. Schaltet man einen von jenen Stoffen ein, so wird das Gesichtsfeld wieder hell, der Analysator muß nach rechts oder links um einen bestimmten Winkel, den „Drehungswinkel des Stoffes“, gedreht werden, damit wiederum Dunkelheit eintritt. Man bezeichnet solche Stoffe, welche diese Eigenschaft besitzen, als optisch aktiv und unter- scheidet nach der Drehungsrichtung rechtsdrehende (dextrogyre) und linksdre- hende (lävogyre) Stoffe, je nachdem der Analysator rechts herum, d.h. in der Richtung des Uhrzeigers, oder links herum gedreht werden muß, damit der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt wird.) Rechtsdrehung wird durch Vorsetzen des Buchstabens d vor den Namen des Stoffes, Linksdre- hung durch I gekennzeichnet, der Drehungswinkel im ersten Fall mit posi- tivem, im letzteren Fall mit negativem Vorzeichen versehen, z. B. d-Kampfer — + 44220, |-Kampfer = —44'22°.2) Wendet man statt des Natriumlichtes zu- sammengesetztesLicht, Tageslicht, an, so werden die Schwingungsebenen der ein- zelnen Strahlengattungen verschieden stark gedreht und demzufolge bei verschie- denen Stellungen des Analysators ausgelöscht; das Gesichtsfeld erscheint dann farbig, indem ein bestimmter Lichtstrahl völlig, die benachbarten teilweise aus- gelöscht werden und die übrig bleibenden Strahlen sich jeweils zu einer Misch- farbe ergänzen. Man bezeichnet diese Erscheinung als Rotationsdispersion. Die Polarisationserscheinungen in Kristallen) kommen hier nicht in Betracht. Die Eigenschaft, im flüssigen, gelösten oder dampfförmigen Zustand ‘) Man rechnet hierbei also vom Beobachter aus, wodurch sich diese eigent- lich verkehrte Bezeichnungsweise erklärt. ?) In der Zuckergruppe, wo die Drehungsrichtung der zu einer und derselben Verbindungsreihe gehörenden Stoffe öfters wechselt, werden der besseren Übersicht halber nach Emil Fischer alle zu einer solchen genetischen Reihe gehörenden Verbindungen mit dem Drehbuchstaben der zugehörenden Aldohexose versehen, unbekümmert darum, welche Drehung ihnen selbst eigen ist (vgl. Ber. d. Deutsch. chem. Ges., Jg.40, S. 105, 1907). 3) Sehr häufig benutzt man bei präparativen Arbeiten das Verhalten der dar- gestellten Stoffe im polarisierten Lichte, um zu entscheiden, ob sie eine kristallinische Optische Untersuchungsmethoden. 585 die Ebene des polarisierten Lichtstrahls zu drehen, ist nur bei organi- schen Stoffen!) gefunden worden, wie Pflanzensäuren, gewissen Gärungs- produkten, Zuckerarten, ätherischen Ölen, Kampfern, Alkaloiden, Eiweib- stoffen u. dgl. m.; ihre Zahl wurde von P. Walden Ende 1904 auf über 900 berechnet. Das Drehungsvermögen ist hier, wie schon Biot 1817 nach- wies, im Bau der chemischen Molekeln selbst begründet. Nach J. H. van’t Hof und Le Bel enthalten sie bekanntlich mindestens ein asymme- trisches, d.h. ein mit vier verschiedenen Elementen oder Radikalen ver- bundenes Kohlenstoffatom; auch optisch aktive Verbindungen, welche ein ebensolches fünfwertiges Stickstoffatom oder vierwertiges Schwefelatom u. a. enthalten, sind dargestellt. Viele von ihnen kommen in einer rechtsdrehenden und einer ebenso stark linksdrehenden Modifikation und andrerseits in einer durch Vereinigung gleicher Mengen beider „optischer Antipoden“ entste- henden inaktiven, physikalisch-polymeren [d + 1]-Modifikation vor, welche sich durch geeignete Mittel in die beiden aktiven Modifikationen spalten läßt und nach der typischen Verbindung dieser Art, der aus d- und l-Wein- säure bestehenden Traubensäure (Acidum racemicum), als „razemische Ver- bindungen“ bezeichnet werden. Bei synthetischen Versuchen wird meist die razemische Form erhalten, indem beide entgegengesetzt drehenden Modifikationen in gleicher Menge sich bilden und sich zur inaktiven Modi- fikation vereinigen; in vielen Fällen ist deren Spaltung möglich gewesen. Bei Stoffen, welche, wie die Weinsäure, zwei asymmetrische Kohlenstoff- atome enthalten, kommt außer den genannten drei Formen noch eine vierte vor, eine zweite inaktive, aber nicht spaltbare Modifikation, welche dadurch entsteht, daß die eine Hälfte der Molekel die durch die andere bewirkte Drehung aufhebt. 2) Struktur besitzen, weil sie dann farbig erscheinen müssen. Geht nämlich ein im Polari- sator polarisierter weißer Lichtstrahl durch dünne Blättchen eines doppelt brechenden Körpers, welche Eigenschaft alle Kristalle mit Ausnahme derjenigen des regulären Kristallsystems besitzen, so wird er nochmals in zwei senkrecht zueinander polarisierte, parallele Strahlen zerlegt, welche den Kristall mit ungleicher Geschwindigkeit dureh- laufen und so in verschiedenen Phasen an den Analysator gelangen. Werden ihre Schwingungsebenen in diesem wieder auf eine bestimmte Ebene reduziert, so inter- ferieren sie infolge der Phasenverschiebung miteinander und rufen Farbenerscheinungen hervor, welche sich mit der Drehung des Analysators ändern. Man bezeichnet diese Erscheinung als ehromatische Polarisation. Die dazu notwendigen beiden Nieo/schen Prismen lassen sich an jedem Mikroskope anbringen, der Polarisator am Objekttisch in der für das Einsetzen der Blende bestimmten Vorrichtung, der Analysator im Okular. ') Über das Verhalten der organischen Stoffe im polarisierten Lichte siehe: H. Landolt, Das optische Drehungsvermögen organischer Substanzen und dessen prak- tische Anwendungen. 2. Aufl. (Braunschweig 1898. Friedr. Vieweg & Sohn.) 655 8. 2) Über das asymmetrische Kohlenstoffatom vgl.: J. H. van’t Hoff, Die Lagerung der Atome im Raume. 2. Aufl. (Braunschweig 1894. Friedr. Vieweg & Sohn.) 14785. — A. Hantsch, Grundriß der Stereochemie. (Breslau 1893. E. Trewendt.) 144 S. — L. Mamlock, Stereochemie, die Lehre von der räumlichen Anordnung der Atome im Molekül. (Leip- zig 1907. B. G. Teubner.) 1528. — A. W. Stewart, Stereochemistry. (London 1907. Longmans, Green & Co.) 583$S. In deutscher Bearbeitung von Dr. K. Löffler. (Berlin 1908. Julius Springer.) 479 S. mit 87 Textfiguren u. a. m. 86 J. Biehringer. Die Größe der Drehung der Polarisationsebene ist in erster Linie abhängig von dem Gehalte der durchstrahlten Schicht an wirksamer Substanz. Doch ist der Drehungswinkel des gelösten Stoffes nicht immer pro- portional der Konzentration, sondern kann mit zunehmender Konzentration in verschiedenem Verhältnis wachsen oder auch abnehmen, ja, wie bei wässerigen Lösungen von Linksäpfelsäure, selbst bis auf O zurückgehen, worauf sich bei weiter steigender Konzentration die Drehrichtung umkehrt. In solchen Fällen eilt der Drehungswinkel nur für die betreffende, gegebenenfalls anzumerkende Konzentration. Man hat dann eine Reihe von Lösungen verschiedener Konzentration zu untersuchen und die Ergebnisse in einer Kurve darzustellen, oder eine Formel aus ihnen abzuleiten bzw. entweder durch Extrapolation die Drehung der reinen Substanz, oder umgekehrt ihre Drehung bei unend- licher Verdünnung zu berechnen. Bei Lösungen kann auch die Natur des indifferenten und inaktiven Lösungsmittels in sehr verschiedener Weise das Drehvermögen des aktiven Stoffes beeinflussen, so daß in den äußersten Fällen die Drehung selbst in verschiedener Richtung erfolgt. So zeigt Rechtsweinsäure in Wasser, Alkohol, einem Gemisch von Alkohol-Benzol 1:1 und von Alkohol-Monochlorbenzol 1:1 gelöst, bei einer Konzentration von 5 g in 100 em? Lösung, nach R. Pribram bei 20° eine spezifische Drehung!) von bzw. + 144°, + 379%, — 411°, — 8'09°.2) Man darf also nicht die Beobach- tungen, welche bei einer Lösung gemacht wurden, ohne weiteres auf die Lösung in einem anderen Lösungsmittel übertragen. In gleicher Weise können auch andere, in der Lösung etwa vorhandene optisch indifferente Stoffe (Lösungsgenossen), Basen, Säuren, Salze wirken. So wird die Drehung aktiver Verbindungen mit alkoholischen Hydroxylgruppen, der Weinsäure, Äpfelsäure, Mandelsäure usw., sehr gesteigert durch Zusatz von Borsäure, von Boraten, Wolframaten, Molybdaten der Alkalien, alkalischer Uranyl- nitratlösung infolge Bildung komplexer Verbindungen. Man macht von diesem Einfluß der Lösungsgenossen Gebrauch, um die Aktivität schwach drehender Verbindungen oder Lösungen nachzuweisen und zu messen. Ein weiterer Faktor ist die Zeit, namentlich bei einer Reihe von Zuckerarten, insofern frisch bereitete Lösungen beim längeren Stehen eine Änderung der Drehung zeigen, die allmählich einen konstanten Endpunkt erreicht (Mutarotation). Bei kurzem Aufkochen oder Zugabe von Ammo- niak. bzw. Lösen des Zuckers in O'1°/‚,igem Ammoniakwasser erhält man sofort den Endwert. Man gibt in solchen Fällen meist die konstant blei- benden Endwerte der Drehung als diejenigen des Stoffes an und bezeichnet die Zeitwirkung, bei der eine Abnahme erfolgt, als „Mehrdrehung“ (Multi- rotation®), weil die Substanz erst stärker dreht, den seltenen umgekehrten Fall einer Zunahme mit der Zeit als „Wenigerdrehung“ (Halbrotation).*) 1) Siehe S. 588. 2) Ber. d. d. chem. Ges. Jg. 22. S. 6 (1889). >, Die ältere Bezeichnung „Birotation*“ von Dubrunfaut ist bloß für Trauben- zucker richtig, dessen Endwert (526°) die Hälfte des Anfangswertes (105°) vorstellt. *) Diese Änderungen des Drehvermögens sind auf chemische Umwandlungen oder Umlagerungen zurückzuführen; vgl. z. B. C. Tanret, Compt. rend. T. 120. p. 1060 (1895); Optische Untersuchungsmethoden. 587 Außerdem aber ist die Größe der Drehung von einer ganzen Reihe äußerer Umstände abhängig, welche behufs Erlangung vergleichbarer Werte insgesamt in irgend einer Weise ausgeschaltet werden müssen. Sehr starken Einfluß üben aus die Wellenlänge des Lichts und die Temperatur der zu untersuchenden Flüssigkeit. Was ersteren Umstand anbelangt, so erfahren Strahlen von geringerer Wellenlänge und stärkerer Brechbarkeit eine größere Ablenkung, als solche von größerer Wellenlänge und schwächerer Brechbarkeit, so daß also die Drehung für violettes Licht am stärksten, für rotes Licht am kleinsten ist (Rotationsdispersion). Man beobachtet deswegen bei monochromem Natriumlicht!) (entsprechend der Fraunhoferschen Linie D des Sonnenspektrums). Verwendet man Lampen- oder Tageslicht, so würde dem Punkt, bei dem das Natriumlicht ausge- löscht wird, derjenige Punkt entsprechen, bei dem das mittlere Gelb ver- schwindet und seine Komplementärfarbe Rotviolett („teinte sensible“) auf- tritt. Da deren Farbenton aber je nach der Lichtquelle etwas wechselt, so wird die Bestimmung des Drehungswinkels unsicher. Die Temperatur beeinflußt, abgesehen davon, daß sie die Dichte der Flüssigkeit ändert, auch die Drehung selbst meist stark. Häufig nimmt diese mit steigender Temperatur ab, selten zu; ja sie kann im ersteren Falle bis auf 0 zurück- gehen und bei weiterer Erwärmung in die entgegengesetzte Richtung um- schlagen. Es muß daher die Temperatur genau bestimmt und angemerkt werden. Als Normaltemperatur nimmt man gemeiniglich 20° an.?) Da ferner die Drehung sich proportional der Länge der durchstrahlten Schicht ändert, so reduziert man diese auf eine bestimmte Dicke, und zwar auf einen Dezimeter, weil die sonst übliche Einheit, der Zentimeter, bei dem meist ziemlich geringen Drehungsvermögen der Flüssigkeiten zu kleine Werte ergeben würde, d. h. man dividiert den Drehungswinkel x durch die Länge 1 der drehenden Schicht, gemessen in Dezimetern. Der Wert x/l ist dann für die betreffende Konzentration konstant. Soll die optische Aktivität eines Stoffes bestimmt werden, so ist zu- erst festzustellen, ob er rechts- oder linksdrehend ist. Dies ergibt sich nicht ohne weiteres daraus, daß man den Analysator auf dunkel stellt, die drehende Substanz oder Lösung zwischen beide Nicols bringt und nun den Analysator dreht, bis sein hell gewordenes Gesichtsfeld wieder dunkel erscheint, weil, wie S. 584 gezeigt, es zwei um 180° verschiedene Stellungen der Nieols gibt, bei denen völlige Auslöschung eintritt. Eine Lösung, die z.B. Auslöschung bei einer Drehung des Analysators um 20° nach rechts T.122. p. 86 (1896). — €. S. Hudson, Zeitschr. f. physik. Chemie. Bd. 4. S. 487 (1903); Bd. 50. S. 273 (1905). — C.L. ge. ebenda. Bd.52. S.97 (1905); dazu Ü. Tanret, Bd. 53. S.692 (1905). — J. H. van’t Hoff, Die Lagerung der Atome im Raume. 2. Aufl. (Braunschweig 1894). S.110. — P. Walden, s. u. S. 372 usf. ') Über Herstellung des Natriumlichts siehe S. 567. ?, Eine zusammenfassende Darstellung der bei der Drehung der Polarisationsebene in Betracht kommenden Verhältnisse hat P. Walden in einem vor der Deutschen chemi- schen Gesellschaft gehaltenen Vortrage „Über das Drehungsvermögen optisch aktiver Körper“ gegeben. [Ber. Jg. 38. S. 345 (1905) mit zahlreichen Hinweisen auf die Literatur. ] HS J. Biehringer. bewirkt, wird auch Auslöschung bei einer Drehung des Prismas um 180 — 20 = 160° nach links hervorrufen, so daß die in der Lösung vor- handene aktive Verbindung schwächer rechts- oder stark linksdrehend sein kann. Verdünnt man aber nun die Lösung aufs doppelte Volum und bringt sie dann in die Polarisationsröhre, oder verwendet man die ursprüngliche Lösung in einer nur halb so langen Polarisationsröhre, so muß der Ab- lenkungswinkel, der nach S.586 der Konzentration oder dem Gehalt an drehenden Molekeln proportional ist, halb so groß sein. Die Drehungs- richtung, bei welcher dies zutrifft, ist dann diejenige des aktiven Stoffes. Würde z.B. in dem gedachten Fall der Analysator nunmehr 10° nach rechts und 180 — 10 = 170° nach links gedreht werden müssen, bis das Gesichtsfeld dunkel ist, so ist die Verbindung offenbar rechtsdrehend und besitzt ein Drehvermögen von + 20°. In weitaus den meisten Fällen hat der Ablenkungswinkel den kleineren von den beiden, bei der Messung sich ergebenden Werten (vgl. auch S. 594). Spezifisches Drehungsvermögen. Um die optische Aktivität zur Kennzeichnung der Stoffe verwenden zu können, hat Biot 1835 bestimmte Einheiten gewählt: er berechnet aus den beobachteten Werten die Drehung, welche eintreten würde, wenn 19 des aktiven Stoffs in 1 cm? enthalten wäre und das Licht eine 1 dn lange Schicht dieser Flüssigkeit zu durch- laufen hätte. Ist x der beobachtete Drehungswinkel bei Natriumlicht und t°, welchen eine Flüssigkeitssäule von 1 Dezimeter Länge zeigt, so ist ihr Drehungs- vermögen — z/l. Sind dann weiter in 1cm3 der Flüssigkeit q Gramm aktiver Substanz erhalten, so würde die Drehung, welche 19 der letzteren in 1 cm hervorrufen würde, oder das spezifische Drehungsvermögen [x] für Natriumlicht sein: x Teen Ist die drehende Flüssigkeit selbst der aktive Stoff, so ist q gleich ihrem spezifischen Gewichte d und wir haben 4 0,4 IR [x ]o = Rt Ist sie hingegen die Lösung eines aktiven Stoffes in einer indiffe- renten Flüssigkeit, so wird die entsprechende Formel etwas verschieden ausfallen, je nachdem der Gehalt der Lösung in Prozenten (Gewichtsmenge aktiver Substanz in 100 9 Lösung) oder nach der Konzentration (Gewichts- menge aktiver Substanz in 100 cm? Lösung s. S. 452) gegeben ist. Sind in 1004 Lösung vom spezifischen Gewichte d = 100/d Kubik- zentimetern p Gramm Substanz enthalten, so ist die Menge q der letzteren in 1 cm? gemäß der Proportion 100/d:p=1:q, woraus q=p.d/100. Setzt man diesen Wert in Gleichung I ein, so ergibt sich das spezifische Drehungsvermögen: 7%. 100 a ep Optische Untersuchungsmethoden. 589 Sind in 100 em® Lösung e Gramm Substanz enthalten, so ist die Menge q aktiver Substanz in 1 cm® = c/100, welche, in I eingesetzt, ergibt 5 „100 IV. [bb = — Beispiel: 15'000 g Kristallzucker geben, in Wasser gelöst und auf 100 cm? auf- gefüllt, in einer Röhre von 2dm Länge bei 20° eine Winkelablenkung von 19'95°. Das spezifische Brechungsvermögen des Rohrzuckers ist dann BI Bun - — — 66:50. Löst man Gleichung IV nach ec auf, so ist 2.100 [x]o -1 Kennt man also das spezifische Drehungsvermögen eines Stoffes, welcher in einer Lösung enthalten ist, und bestimmt man den Drehungs- winkel der letzteren und die Länge der drehenden Schicht, so läßt sich daraus die in i00 cm: Lösung enthaltene Menge aktiver Substanz berechnen (quantitative Analyse durch Polarisation). Ve Beispiel: Bei Untersuchung einer Rohrzuckerlösung wurde in einem 2 dm langen Beobachtungsrohr bei 20° eine Ablenkung von 15° beobachtet. Da das spezifische Dre- hungsvermögen reinen Rohrzuckers [x] — 66°5° beträgt, so ergibt sich der Gehalt der obigen Lösung zu 15.100 76652 Soll der gefundene Gehalt in Gewichtsprozenten ausgedrückt werden, so ist noch das spezifische Gewicht d der Lösung zu ermitteln, und wir erhalten aus Gleichung III durch Auflösen nach p %. 100 x. 100 d % II e DENE N EN Io o: ) el pP RR! oder auch, da a c ist (Gleichung V), p 1 Hat also obige Rohrzuckerlösung ein spezifisches Gewicht von 1'044, so ist ihr Prozentgehalt p = 11'3/1'044 = 10°8°/,. Bei diesen Berechnungen ist von der Annahme ausgegangen, dal) das Drehungsvermögen der optisch aktiven Stoffe in ihren Lösungen konstant sei, daß also bei der Lösung und Verdünnung die drehenden Molekeln bloß auseinander rückten, ohne daß ihr Drehvermögen irgendwie geändert würde. Das ist, wie schon S.586 erwähnt, nur angenähert der Fall; tatsächlich ist das Drehvermögen mit der Konzentration etwas veränderlich, so daß dem Werte für [x]n» noch Korrektionsglieder hinzugefügt werden müssen. Um diesen Verhältnissen auch für praktische Zwecke Rechnung zu tragen, wurden für einzelne Stoffe Tabellen entworfen, welche die zusammengehörenden Werte von [x|o und p oder c angeben. Das spezifische Drehungsvermögen [«], in seiner Abhängigkeit von der Konzen- tration ist für folgende Stoffe genau bestimmt'): —13,92.m100Fem?: ') Nach H. Landolts Werk: „Über das optische Drehungsvermögen organischer Substanzen“ (2. Aufl. S. 419 ff.) zusammengestellt; s. a. ders., Ber. d. D. chem. Ges. Jg. 21, S. 191 (1888). 590 J. Biehringer. Rohrzucker, Saecharose (,,H,,0,, = + 66°5° für Lösungen, welche unter 30 9 in 100 cm’ enthalten. Es wird durch Änderungen der Konzentration und Temperatur nur wenig beeinflußt. Sind sehr zuckerreiche Lösungen zu untersuchen, oder handelt es sich um die größtmögliche Genauigkeit, so gilt die von Landolt aus den Beobachtungen von Tollens und Nasini berechnete Formel [2], = 66435 + 000870 e — 0'000235 e? (für e = 0 bis 65,9). Milchzucker, Laktose Ü,,H,,O,, - H,O = + 52°53°, anfangs mit starker Mehrdrehung. Die Zahl gilt nach M. Schmoeger für Lösungen mit einem Gehalt bis 36°, bei 20°. Der Einfluß der Temperatur ist unter 20° größer als über 20°. In der Nähe von 20° sinkt der Wert [&]p für 1°C um etwa 0°075°. Maltose C,,H,,0,, . H,HO—-+ 1375°, anfangs mit Wenigerdrehung. Die spezi- fische Drehung wird nach E. Meißl mit steigendem Prozentgehalt p an wasserfreier Maltose und zunehmender Temperatur t kleiner und läßt sich durch die Formel aus- drücken [x]o = 140'375 — 0:01837 p — 0'095 t. Traubenzucker (d-Glukose) C,H,, 0, = + 52°80° für Lösungen bis zu einem Gehalt von 15°, ohne merklichen Fehler (anfangs mit starker Mehrdrehung). Das Drehvermögen nimmt indessen mit steigender Konzentration nicht unerheblich zu. Der Prozentgehalt konzentrierterer Lösungen (15—50°/,) berechnet sich nach Landolt aus der Formel p = 0'948 « — 0'0032 2’, worin & den Drehungswinkel im 2 dm-Rohr bedeutet. Tollens hat für die Abhängigkeit der spezifischen Rotation vom Prozentgehalt p die Formel aufgestellt: [x] — 52:50 + 0:0188p + 0:000517 p?. d-Galaktose C,H, , O,, ist stark rechtsdrehend mit Mehrdrehung. Die Veränderung der spezifischen Rotation mit dem Prozentgehalt p (für 5—35°/,) und der Temperatur (10—30°) wird nach E. Meißl ausgedrückt durch die Formel [&]h, — 83'883 + 0:0785 p — 0°209t. Kampfer C,,H,,. Die spezifische Rotation in Abhängigkeit von der Konzentration € in Benzollösung wird nach F. Foerster durch folgende Formel dargestellt: [«]) = 39755 + 0:17254 c. Cocain C,,.H,,O,N. Die Abhängigkeit der spezifischen Rotation vom Prozent- gehalt p gibt für die freie Base in Chloroformlösung folgende von ©. Antrick abgeleitete Formel [2]? - — 16:412 + 000585 p. Für Lösungen bis zu einem Gehalt von 30°/, kann bei 20° [z]» im Mittel = 1632 gesetzt werden. Für das Chlorhydrat, C,,H,,0,N.HÜl, gelöst in einer Mischung von 60 Gewtlen. absoluten Alkohols und 90 Gewtlen. Wasser, gilt bei einer Konzentration von 0—25 die Formel: [e]) = — 67982 + 01583 e; die Änderung ist also sehr beträchtlich. Nikotin (,,H,,N,: [x], = —166°39°.') Die Konzentration ce einer alkoholischen Nikotinlösung läßt sich nach der Formel berechnen: e = 0'704 «/l — 0'000525 (a/l)?, wenn « der Ablesungswinkel und l die Länge des Polarisationsrohrs ist. Sie ist gültig für 20° und einen Gehalt von 10—90°/, (Landolt). Die Polarisationsapparate: Die Instrumente, welche zur Messung des Drehwinkels optisch aktiver Stoffe dienen, zerfallen in die eigentlichen Polarimeter für wissenschaftliche Untersuchungen und die ausschließlich zur Bestimmung zuckerhaltiger Lösungen verwandten Saccharimeter. Ihr Grundgedanke ist bereits S. 584 auseinandergesetzt; doch sind für die Unter- suchung und Messung aktiver Stoffe außer dem polarisierenden und analy- sierenden Nicolschen Prisma noch eine Anzahl Nebenteile nötig, welche an der 1) 4. Pictet und A. Rotschy, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Jg. 37, 8. 1233 (1904). Optische Untersuchungsmethoden. 591 schematischen Darstellung des später eingehender zu beschreibenden Zippich- schen Polarimeters erläutert werden mögen (Fig. 544, vel. Fig. 551, 552). Die von einer Lichtquelle, meist Natriumlicht, kommenden Strahlen treten durch eine Blende und die Sammellinse €, durch die sie parallel gemacht werden, in den Apparat ein und werden im Polarisator N, linear polarisiert (die Bedeutung des kleinen dem Zippichschen Apparat eigentümlichen Nicols N, wird bei diesem besprochen werden). Die Polarisatorvorrichtung ist durch die Polarisatorblende O abgeschlossen. Dann folgt ein längerer Zwischenraum zur Einschaltung der Polarisationsröhre, welche beim Nach- eichen des Apparats leer bleibt oder mit destilliertem Wasser, bei der eigentlichen Messung mit der zu prüfenden Flüssigkeit gefüllt wird. Ihr schließt sich, mit einer Blende, der Analysatorblende A beginnend, die Analysiervorrichtung an, bestehend aus dem analysierenden Nicol N; und -einem Galileischen, besser Keplerschen Fernrohr OB mit verschieb- barem, je nach dem Auge des Beobachters einzustellendem Okulare. Die ganze Analysiervorrichtung ist bei den eigentlichen Polarimetern um die Längsachse drehbar und mit einer Vorrichtung zum Messen Fig. 544. Schema des Polarisationsapparates von Lippich. der Drehung verbunden. Es ist selbstverständlich, daß sämtliche Teile des Apparates genau zentriert sein, d. h. daß ihre Achsen mit der optischen Achse und derjenigen des Apparates zusammenfallen müssen. Als Lichtquelle benutzt man zumeist Natriumlicht, Seine Erzeugung ist schon S. 567 beschrieben. Bei kleinem Drehungswinkel und bei An- wendung von Apparaten, welche, wie das Halbschattenpolarimeter von Mitscherlich (5.598), nur bis auf 0'1° genau zu messen erlauben, kann die Beleuchtungslampe ohne besondere Vorsichtsmaßregeln verwendet werden. Bei größeren Drehungswinkeln, wo die Rotationsdispersion bereits störend hervortritt, oder bei Meßapparaten, welche, wie das Halbschattenpolari- meter von Lippich (S. 599), noch !/,oo-Grade ablesen lassen, muß das Licht der Beleuchtungslampe von den schwachen grünen, blauen, violetten Strahlen des Bunsenbrenners, die es enthält, erst durch ein Strahlenfilter befreit werden. Man fügt zu dem Ende hinter der Blende, welche der Beleuchtungslampe zugekehrt ist, eine dünne, aus einem Kaliumbichromat- kristall geschliffene und zwischen zwei Glastafeln eingeschlossene Platte ein oder die in ein passendes Gefäß gefüllte Lösung des Salzes von solcher Schichtdicke und Konzentration, daß) das Gesichtsfeld des Fernrohrs noch genügend hell bleibt. 592 J. Biehringer. Für sehr starke Drehungen und sehr genaue Apparate hat Lippich ein besonderes Strahlenfilter angegeben. Es besteht aus zwei Zellen mit planparallelen Wänden, einer 10 cm langen größeren Kammer, welche mit einer 6° ,igen, filtrierten Lösung von rotem chromsaurem Kalium gefüllt wird, und einer kleinen, 1’5 cm langen Zelle, welche man mit einer durch luftdichten Verschluß vor Oxydation zu schützenden Lösung von Urano- sulfat U(SO,),!) beschickt. Das Kaliumbichromat absorbiert die blauen und grünen Strahlen: die tiefgrüne Uranlösung erzeugt einen breiten, kräf- tigen Absorptionsstreifen in Rot bis nahe an die Natriumlinie heran. Es bleibt also nur ein schmaler Streit des Spektrums mit der Natriumlinie übrig. Richtiger wirkt ein zwischen Beleuchtungslampe und Polarimeter eingeschaltetes geradsichtiges Spektroskop; es besitzt einen Spalt für das eintretende Natriumlicht und einen zweiten Spalt für das austretende Licht, der nur das Licht der D-Linie durchläßt, alles übrige Licht ab- blendet. ?) Die Lichtquelle muß möglichst gleichmäßig und hell brennen. Zu diesem Zwecke wird der das Kochsalz tragende Platinring u. dgl. in der Höhe verstellt, bis die hellste Stelle der Flamme so zum Schlitze des auf- gesetzten Schornsteins steht, daß die ausgesandten Strahlen voll und zen- trisch die Linse © (Fig. 544) treffen. Der Abstand der Lampe von dem Apparat ist so zu wählen, dab die Linse © in der Ebene der Analysator- blende A ein scharfes Bild der Flamme entwirft. Mit Hilfe eines Blättchens weißen Papiers, welches man an diese Stelle hinhält, kann man sich leicht davon überzeugen, ob es der Fall ist. Um bei der Messung fremdes Licht möglichst auszuschließen, arbeitet man im ganz oder teilweise verdunkelten Zimmer. Zur Ablesung usw. be- nutzt man, wenn nötig, am besten eine kleine Taschenglühlampe. Die einzelnen Polarimeter unterscheiden sich im Grunde nur durch die Art und Weise, wie der Drehungswinkel auch bei schwacher Drehung sichtbar gemacht und gemessen wird. Am genauesten geschieht dies mit Hilfe der Halbschattenappa- rate, bei welchen der Analysator nicht auf den schwer zu ermittelnden !) Für die Herstellung dieser Uranosulfatlösung gibt Landolt in seinem Werke „Das optische Drehungsvermögen organischer Substanzen“ (2. Aufl., 8. 263) folgende Vorschrift: In einer verschließbaren Flasche löst man 5 g reinstes Uranylsulfat (Ura- nium sulfuricum purissimum) in 100 cm? Wasser und setzt zur gelben Lösung 2 g reines Zink in Pulverform. Sodann gibt man 3 cm? konzentrierte Schwefelsäure in drei Anteilen hinzu, wobei man jedesmal wartet, bis die Reaktion nahezu vorüber ist; die Flasche bleibt hierbei verschlossen. Man läßt dann die verschlossene Flasche etwa sechs Stunden stehen, filtriert die Flüssigkeit und füllt sie sofort in die Kammer, derart, daß nur eine möglichst kleine Luftblase bleibt. Nach eintägigem Stehen ist die Lösung brauchbar und hält sich nun 1—2 Monate lang unverändert. Die oben angegebenen Gewichte und Volume müssen bis auf '/,,, ihres Betrages genau innegehalten werden. :), Die Firma Franz Schmidt und Haensch, Werkstätten für Präzisionsmechanik und Optik in Berlin (S 42, Prinzessinnenstraße 16), liefert das Lichtfilter nach Lippich in Fassung auf Stativ zum Preise von 60 M., das Spektroskop zum Preise von 450 M. Optische Untersuchungsmethoden. 593 Punkt völliger Dunkelheit, sondern auf gleichmäßige geringe Helligkeit (Beschattung) des Gesichtsfeldes eingestellt wird, weil unter diesen Um- ständen kleine Unterschiede noch erkennbar sind. Diese Beschattung wird in der Weise hergestellt, daß man durch einen besonderen, unsymmetrischen Bau des Polarisators (was bei den ein- zelnen, später zu beschreibenden Apparaten auf verschiedenem Wege er- reicht wird) statt eines linear polarisierten Lichtstrahls, deren zwei, ol und or (Fig. 545—547), erzeugt, deren Schwingungsebenen unter einem kleinen Winkel = gegeneinander geneigt sind. Von ihnen erleuchtet jeder eine Hälfte des Gesichtsfeldes. Treffen nun diese beiden Liehtbündel auf den Analysator N,, so wird man beim Drehen des letzteren nie gänzliche, sondern bloß halbseitige Verdunkelung erzielen können. Denn da Auslöschung nur dann stattfindet, wenn die im Analysator festgelegte Schwingungsrichtung senkrecht zu der- jenigen des vom Polarisator kommenden Lichtstrahls steht, so wird man beim Drehen des Analysators eine Stellung oa finden, bei der dies für die linke (Fig.545) und eine, von der ersteren nur wenig verschiedene zweite Stellung, bei der dies für die rechte Hälfte (Fig. 547) des Gesichtsfeldes zutrifft. Dreht man den Analysator langsam aus der ersten Stellung in die zweite, so wird die bisher dunkle Hälfte 7 sich aufhellen, die bisher helle Hälfte 2 sich schnell verdunken, bis bei einer bestimmten Stellung des Analysators beide Hälften gleich hell erscheinen und eine hellgraugelbliche, gleichmäßig beschattete Fläche darstellen (Fig.546). Diese „Halbschatten- oder Gleichschattenstellung“ dient als Nullpunkt bei der Messung. Die Ermittlung des Nullpunktes eines Halbschattenpolarimeters ist in folgender Weise auszuführen: Man legt zuerst in den Apparat eine sorg- fältig gereinigte, leere oder mit destilliertem Wasser gefüllte Polarisations- röhre ein (5.607) und richtet dann das Fernrohr genau auf die Trennungslinie beider Hälften des Gesichtsfeldes, so daß diese bei verschiedener Hellig- keit scharf sich voneinander absetzen. Man stellt dann von beiden Seiten her auf gleiche Helligkeit des Gesichtsfeldes ein, liest jedesmal die zuge- hörige Stellung am Teilkreis mit Hilfe des Nonius ab und nimmt das Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 38 594 J. Biehringer. Mittel. Gewöhnlich wird dies in der Art ausgeführt, daß man den Analy- sator zu beiden Seiten des Nullpunktes rasch um immer kleinere Winkel hin und herdreht, wobei als rein subjektive Erscheinung ein senkrechter Schattenstreif über das Gesichtsfeld huscht. Man fixiert den Augenblick, wo der Schatten gerade durch die mittlere Trennungslinie des Gesichts- feldes sich bewegt. und zwar indem man mehrmals von der einen und von der anderen Seite ausgeht und das Mittel nimmt. Ganz die gleichen Erscheinungen der Beschattung und halbseitigen Verdunkelung des Gesichtsfeldes, wie sie vorhin beschrieben wurden, kehren bei Drehung des Analysators um 180° wieder, wo seine Schwingungsrich- tune genau in dieselbe Lage zu den Schwingungsrichtungen beider polarl- sierter Strahlen kommt (S. 584), so daß alle Halbschattenapparate zwei Nullpunkte haben, welche um 180° voneinander entfernt sind. Man dreht also zur Kontrolle der ersten Bestimmung den Analysator um 180° und nimmt in derselben Weise, wie oben, die Einstellung des Nullpunktes vor. Ist alles richtig justiert, so müssen beide Nullpunkte gerade um 180° aus- einander liegen. Fällt der Nullpunkt der Teilung nicht mit der Gleichschattenstellung zusammen, so nimmt man das arithmetische Mittel aus mehreren Ab- lesungen und zieht dies bei der nachfolgenden Messung in Rechnung. Oder man korrigiert den Nullpunkt durch Drehen des Analysators nach rechts oder links mittelst zweier Regulierschrauben A (Fig. 551). Soll nun eine aktive Flüssigkeit auf ihr Drehungsvermögen geprüft werden, so ist zunächst zu entscheiden, ob sie rechts- oder linksdrehend ist. Zu dem Ende bringt man am einfachsten erst ins Polarimeter eine Lösung von bekannter Drehrichtung und sieht zu, in welchem Felde die Aufhellung erfolgt. Tritt dann beim Einlegen des zu untersuchenden Stoffes Aufhellung im gleichen Felde ein, so hat er dieselbe Drehrichtung, im anderen Falle die entgegengesetzte. Man füllt nun die Polarisationsröhre, deren Einrichtung am Schlusse dieses Kapitels beschrieben werden wird, mit der zu prüfenden Flüssigkeit von bekannter Temperatur (vgl. S. 587). Da die Lösung das Licht stärker bricht, als die mit Luft oder reinem Wasser gefüllte Röhre, so mub zu- nächst das Okular des Fernrohres wieder scharf eingestellt werden. Ist die Lösung aktiv, so dreht sie die Schwingungsebene beider, unter dem Winkel & gegeneinander schwingender, polarisierter Strahlen um denselben Betrag, wodurch der eine der Auslöschung genähert, der andere davon entfernt wird. Dies bewirkt, daß die beiden Hälften des Gesichtsfeldes ungleich hell werden, wobei infolge der schwachen Gesamthelligkeit auch schon kleine Unterschiede deutlich hervortreten. Man muß den Analysator um den gleichen Winkel nachdrehen (vgl. S. 584), bis das Gesichtsfeld wiederum gleichmäßig beschattet ist und liest ihn an einem Teilkreis mit Hilfe des Kreisnonius ab. Dann dreht man den Analysator um 180° und bestimmt nochmals den Betrag der Drehung. Stimmt dieser mit dem erstgefundenen nicht ganz überein, so nimmt man das arithmetische Mittel aus beiden m Optische Untersuchungsmethoden. 595 und erhält so, gegebenenfalls nach Abzug des bei Einstellung des Null- punktes erhaltenen Mittelwerts, den Drehungswinkel des Stoffes. Die doppelte Messung der Drehung von beiden Nullpunkten aus hat den Zweck, die Ablesungsfehler zu verkleinern und etwaige Ungenauig- keiten der Teilung und Zentrierung des Teilkreises möglichst auszuschalten. Die Fehler der Einstellung und Messung werden um so geringer, je kleiner der Halbschattenwinkel = ist, den die beiden Schwingungsebenen einschließen. Doch darf man damit nicht unter eine gewisse Grenze gehen, weil sonst das Gesichtsfeld bei der Nullstellung zu dunkel wird und kleine Helligkeitsunterschiede beider Hälften nicht mehr wahrnehmen läßt. Man arbeite also mit starker Lichtquelle und womöglich mit klaren, hellen Lö- sungen. Sind letztere zu dunkel, so vergrößere man durch eine schwache Drehung des Polarisators vermittelst eines an ihm angebrachten Hebels (h, Fie.551,552) den Halbschattenwinkel = etwas, aber nicht mehr, als daß eben eine scharfe Einstellung noch möglich ist; sonst leidet die Genauig- keit der Messung. Da sich mit dem Halbschattenwinkel auch die Gleich- schattenstellung ändert, so nehme man erst jetzt die Bestimmung des Nullpunktes vor, lege dann die zu prüfende Lösung ein und ermittele zum Schluß noch- mals den Nullpunkt, um sich zu vergewissern, daß er während der ganzen Zeit nicht ver- schoben worden ist. Die Messung des Drehungswinkels ge- schieht an einem Teilkreis mit Kreisnonius Fig. 548. in verschiedener Weise. In einem Falle, so bei dem nachher genauer zu beschreibenden Apparate nach Mitscherlich (Fig.550), steht der erstere (7) fest, während die Hülse, die den Analysator umschließt, mittelst eines Hebels ce um ihre Längsachse sich drehen läßt. Mit ihr fest verbunden ist eine Alhidade, welche einen an der Kreisteilung schleifen- den Nonius sowie eine Lupe zum Ablesen und häufig noch einen Beleuchtungs- spiegel trägt, um das Licht der Beobachtungslampe auf den Nonius zu werfen. Oder es sind, wie in der Fig. 550, zwei solche um 180° voneinander ent- fernte Alhidaden mit je einem Nonius vorhanden, wodurch gleich eine zweimalige Ablesung des Drehungswinkels (vgl. v. Seite) ermöglicht wird. Ist der Apparat so justiert, daß bei der Gleichschattenstellung der Nullpunkt des Teilkreises und Nonius aufeinander fallen, so wird nach Einschaltung des aktiven Stoffes der Hebel des Analysators um einen bestimmten Betrag gedreht werden müssen, bis wieder Gleichschatten vorhanden ist. Die Art der Ablesung an dem gleichzeitig am Teilkreise entlang bewegten Kreisnonius, welche, wie erwähnt, vermittelst einer Lupe ausgeführt wird, möge das nachfolgende Beispiel (Fig. 548) erläutern. Der Teilkreis ist in ganze Grade geteilt, der Kreisnonius so eingerichtet, daß neun Grade des Haupt- kreises auf ihm in zehn gleiche Teile geteilt sind, jeder Teil des Kreisnonius mithin um '/,, kleiner ist als ein Teil der „Hauptskala“; er gestattet also die Ablesung von Zehntelgraden. Da eine rechts- und eine linksseitige Ablesung vorkommen kann, je nachdem der zu untersuchende Stoff rechts- oder linksdrehend ist, so ist jeder Nonius doppelt, d.h. vom Nullpunkte aus nach beiden Seiten hin geteilt. In der Figur 548 liegt der Nullstrich des Nonius zwischen dem zweiten und dritten Grade rechts vom 38* 596 J. Biehringer. Nullpunkt der Kreisteilung. Der Stoff ist also rechtsdrehend und die rechte Noniusseite bei der Bestimmung des Drehungswinkels heranzuziehen. Die Zahl der Teilstriche des Hauptkreises, an welchen der Nullpunkt des Nonius vorübergegangen ist, ergibt die ganzen Grade; die Anzahl der hinzuzufügenden Zehntelgrade findet man, wenn man, auf der rechten Hälfte des Nonius entlang gehend, denjenigen Teilstrich ermittelt, welcher mit einem Teilstrich der Hauptskala zusammenfällt. Da dies der achte Teilstrich ist, so ergibt sich der abzulesende Winkel zu 28° oder 2948‘. Im anderen Falle, so bei den später zu beschreibenden Apparaten von Lippieh (Fig. 551) und Landolt (Fig.552), ist der Teilkreis zusammen mit dem Analysator drehbar, während zwei Kreisnonien (n) zu beiden Seiten des Teilkreises (AK und £) festliegen.!) Die zur Ablesung dienenden Lupen sind drehbar. ‚Je nachdem der aktive Stoff die Ebene des polarisier- ten Lichts rechts oder links dreht, kommt für die Messung der Drehung der entsprechende Nonius in Betracht. Angenommen, daß Gleichschattenstel- lung vorhanden ist, wenn der Nullpunkt der Haupt- teilung und des betreffenden Nonius zusammen- fallen. so wird nach Einschaltung des aktiven Stoffes der Analysator samt dem Teilkreis am Nonius vor- bei um einen gewissen Winkel zu drehen sein, bis wieder Gleichschattenstellung herrscht. In der beigefügten Figur 549 sind je 24 Teile der Hauptskala auf dem Nonius in 25 Teile geteilt, jeder Teil Fig. 549. des Nonius also '/,,. kleiner als ein Teil der Hauptskala. Da die Teilstriche der Hauptskala Viertelgrade vorstellen, so gestattet der Nonius Hundertstelgrade abzulesen. Im abgebildeten Fall ist der Teilkreis rechts herum, im Sinne des Uhrzeigers, gedreht worden, wobei der Nullstrich des Nonius zwischen 13'/, und 13°,’ zu liegen kam. Die zuzuzählenden Hundertstelgrade betragen 16, weil der sechzehnte Teilstrich des Nonius mit einem Strich der Hauptskala zusam- menfällt. Der abgelesene Winkel ist also 135 +0116 = + 13'66° = + 13° 39° 36“. Stimmt bei der Ermittelung des Nullpunktes dieser nicht genau mit der Gleichschattenstellung überein, so ist, falls dies vorher nicht geregelt wurde, die entsprechende Korrektur bei der nachfolgenden Bestimmung des Drehungsvermögens anzubringen. Die einzelnen Halbschattenapparate unterscheiden sich vornehmlich bloß durch die Art, wie die beiden unter kleinem Winkel gegeneinander schwingenden polarisierten Strahlenbündel?) erzeugt werden. !) Diese Anordnung ist vorzuziehen, weil die Ablesung des Drehungswinkels immer an derselben Stelle vorgenommen werden kann, während bei Anwendung beweg- licher Nonien bald an dieser, bald an jener Stelle des Teilkreises abgelesen werden muß, was für den Beobachter bedeutend unbequemer ist. ?) Es liegt außerhalb des Planes dieses Werkes, eine genaue Darlegung der optischen Verhältnisse der verschiedenen, obigem Zwecke dienenden Polarisationsvor- richtungen zu geben. Es sei in dieser Hinsicht verwiesen auf das schon genannte Werk H. Landolts „Das optische Drehungsvermögen organischer Substanzen“ und die größeren physikalischen Hand- und Lehrbücher, wie Mäller-Pouillets Lehrbuch der Physik. 9. Aufl. 1897. Bd.2. Abt.1. S.1167; O.D.Chwolson, Lehrbuch der Physik, übersetzt von H. Pflaum. Bd. 2. S. 1022 (Braunschweig. Friedrich Vieweg & Sohn. 1904) u. a. L Optische Untersuchungsmethoden. 597 Halbschattenpolarimeter nach Jellett und nach Cornu. In den älteren Apparaten von J. H. Jellett (1560) und A. Cornu (1870) geschieht dies durch eine besondere Form des- polarisierenden Nicolschen Prismas. Man schneidet es erst der Länge nach in geeigneter Weise entzwei und setzt die beiden Halbnicols unter einem kleinen Winkel, indem man z. B. beim einen die Schnittfläche etwas abschleift, wieder zusammen. Die damit ausgestatteten Halbschattenapparate sind für einfaches und zusammen- gesetztes Licht brauchbar, haben aber den Nachteil, daß der Halbschatten- winkel nicht verändert werden kann. Halbschattenpolarimeter nach Laurent. In dem Polarimeter nach Leon Laurent (1877) werden die beiden gegeneinander schwingen- den Strahlen dadurch hervorgebracht, daß die eine Hälfte des vom Po- larisator kommenden Lichtes ihre Schwingungsrichtung beibehält, die andere vermittelst einer Berekristallplatte um einen kleinen Winkel ® gedreht wird. Dazu dient die Laurentsche Platte, eine Glasscheibe, deren rechte oder linke Hälfte, z. B. Hälfte 1 der Fig. 545—547, durch eine dünne, viereckige, parallel zur kristallographischen Hauptachse (optischen Achse) geschliffene Quarzplatte bedeckt ist. Auf sie fällt das vom Polarisator kommende Licht senkrecht auf. Die Schwingungen des letzteren werden nur dann ungeändert von der (Quarzplatte durchgelassen, wenn sie senk- recht oder parallel zur optischen Achse, d. h. der Trennungslinie von Quarz und Glas erfolgen, wenn also die Schwingungsebene des Polarisators senk- recht oder parallel zu dieser Trennungslinie steht. Ist die Schwingungs- ebene des Polarisators gegen sie um einen Winkel geneigt, z. B. in der Richtung or der Fig. 545, so tritt in der Quarzplatte eine Zerlegung des ankommenden Strahls in eine senkrecht und eine parallel der Achse (Tren- nungslinie) schwingende Komponente ein, welche beide sich im Quarz mit verschiedener Geschwindigkeit fortpflanzen. Die Folge davon muß sein, daß beide Komponenten beim Austritt aus der Platte eine Phasendifferenz aufweisen, welche von der Dicke der Platte und der Wellenlänge des ein- fallenden Lichts!) abhängt. Die Dicke ist nun so gewählt, dab die Phasen- differenz eine halbe Wellenlänge bei Natriumlicht?) beträgt. Die Resul- tierende aus den beiden Schwingungen muß mithin beim Austritt aus der Platte eine andere Richtung haben, wie beim Eintritt; sie bildet unter den gewählten Bedingungen mit der Trennungslinie denselben Winkel wie die Schwingungsebene des ankommenden Strahls, nur daß dieser Winkel auf der anderen Seite der Trennungslinie liegt. Es ergibt sich so das in der oberen Fig. 545 dargestellte Bild, worin etwa ol den durch die Quarzplatte, die auf Hälfte 1 liegend gedacht wurde, gedrehten Strahl, or den durch die Glashälfte 2 unverändert hindurchgegangenen Strahl darstellt. Das Gesichts- feld besteht mithin aus zwei Teilen, in denen die Schwingungsrichtungen !) Nur in dem einen Fall, daß die Phasenverschiebung eine halbe Wellenlänge oder ein ungerades Vielfache davon beträgt, ist der austretende Strahl geradlinig polarisiert. ?2) Aus diesem Grunde ist das Polarimeter nur für Natriumlicht zu verwenden. 598 J. Biehringer. der polarisierten Strahlen symmetrisch zu der die Mitte durchziehenden Grenzlinie der Quarzplatte stehen. Die mit den Zaurentschen Halbschattenapparaten gefundenen Winkel- werte sind höchstens bis auf 0'2°/, genau, mithin nicht sehr scharf. Doch genügen sie in all den Fällen, wo es sich nicht um weitgehende (renauig- keit der Messung handelt. Die Instrumente zeichnen sich durch ihren einfachen Bau und den dadurch bedingten relativ niedrigen Preis aus. Das Halbschattenpolarimeter nach Mitscherlich der Firma Franz Schmidt & Haensch (Fig. 550), das am häufigsten zur Bestimmung Fig. 550. Halbschattenpolarimeter nach Mitscherlich von Franz Schmidt & Haensch. Auf einem Stativ ruht eine eiserne Schiene mit der oben offenen Einlegerinne R zur Aufnahme der Polarisationsröhre. Am linken Ende der Schiene, vor der Kochsalz- lampe, befindet sich die Polarisationseinricehtung P, bestehend aus dem Polarisator und einer feststehenden Zaurentschen Platte mit dem Halbschattenwinkel Bl anderen Ende der Schiene der Analysator 4 mit dem Fernrohr F. Letztere beide zu- sammen sind mittelst des Hebels e vor dem feststehenden Teilkreis T um ihre Längs- achse zu drehen. Der Kreis hat einen Durchmesser von 10 cm? und ist in ganze Grade geteilt. Mit der Analysiervorrichtung sind zwei um 180° voneinander abstehende Alhi- daden fest verbunden, welche an ihren Enden je einen an der Kreisteilung schleifenden Nonius besitzen und unmittelbar eine zweimalige Ablesung des Drehungswinkels bis auf Zehntelgrade gestatten (s. S.595). Als Natriumlampe dient ein Bunsenbrenner mit Platinring und Schornstein. ') ') Der Apparat wird in der abgebildeten Form von der Firma Franz Schmidt & Haensch zum Preise von 130 M. gebaut. Die zugehörende Gasnatriumlampe kostet 30M. Dazu wird für Harnuntersuchung je eine 1894 und 947 mm lange Polarisations- röhre geliefert, letztere für dunkle Harne. Diese Längen sind so bestimmt, daß einer Drehung um 2° oder im zweiten Fall um 1° ein Gehalt von 19 Traubenzucker in Optische Untersuchungsmethoden. 599 des Traubenzuckers im Harn angewandt wird, ist ein solcher mit Laurent- scher Platte ausgerüsteter Apparat. Der Polarisator ist hier nicht drehbar. Es ist so justiert, dal gleiche Beschattung des Gesichtsfeldes eintritt, wenn die Nullpunkte der Kreisteilung und des Nonius zusammenfallen. Man muß diesen Punkt öfters unter Einlegen einer leeren Polarisations- röhre nachprüfen und eine etwaige Abweichung anmerken, um sie bei der Untersuchung einer aktiven Lösung u. del. je nach der Drehrichtung der letzteren als positiv oder negativ mit in Rechnung setzen zu können. Die Handhabung des Apparates ergibt sich aus der Erläuterung zur Figur und den vorausgehenden Erörterungen. Halbschattenpolarimeter nach Lippich. Um beide Hälften des Gesichtsfeldes mit polarisiertem Lichte von verschiedener Schwingungs- richtung zu versehen, hat F. Lippieh folgende Einrichtung getroffen. Der Polarisator N, (Fig. 544), ein gewöhnliches Nicolsches Prisma, ist in seiner Längsachse mittelst eines Hebels % (Fig. 551) um einen kleinen Winkel zu drehen; der letztere wird auf einer Teilung, welche etwa 20° umfaßt, abgelesen. Hinter dem Polarisator liegt ein zweites Nicolsches Prisma N, (Fig. 544), welches halb so groß ist und nur die Hälfte des Gesichtsfeldes bedeckt. Es ist unbeweglich und so angeordnet, daß seine scharfe Kante genau senkrecht zur Längsachse des Instruments steht und in der Mitte des Gesichtsfeldes als feiner Strich zum Vorschein kommt, welcher bei genauer Einstellung fast verschwindet. Die Hälfte der vom Polarisator kommenden Lichtstrahlen muß durch dieses Prisma hindurchgehen. Stehen nun beide Nicolsche Prismen so, daß ihre Schwingungsebenen parallel sind, so werden beide Hälften des Gesichtsfeldes beim Drehen des Analy- sators N, (Fig. 544) zugleich verdunkelt oder erhellt. Dreht man den Polarisator dann um einen kleinen Winkel, wodurch die Schwingungsebenen der polarisierten Lichtstrahlen in beiden Hälften des Gesichtsfeldes gegen- einander um den Winkel = geneigt werden, so verlöscht beim Drehen des Analysators erst die eine (Fie. 545), dann die andere Hälfte des Gesichts- feldes (Fig. 547), während zwischen beiden Stellungen der Halbschatten auftritt. Lippich erhöht die Genauigkeit der Einstellung noch dadurch, dab er hinter dem Polarisator statt eines Halbprismas deren zwei einsetzt und so ein dreiteiliges Gesichtsfeld erhält, dessen mittlerer Teil nur Strahlen vom Polarisator empfängt, während das Licht der beiden Seitenfelder durch je eines der Halbnicols gegangen ist. Drehbar ist der Polarisator und eines 100 em? Flüssigkeit entspricht. Für Traubenzucker ist die spezifische Drehung [&]p = 528°. Bedeutet e die Konzentration der Lösung, d.h. die Anzahl Gramm Traubenzucker in 100 em? Lösung, so ist nach Gleichung V, S. 589 100 & 100 «& % Ze 2533:1: a: Ist die Länge der Röhre = 1894 mm — 1'894 dm, so wird e =, bei einer Länge der Röhre von 947 mm = 0'947 dm hingegen e = 2a. c 600 J. Biehringer. der kleinen Prismen. Dreht man letzteres so weit, daß seine Schwingungs- ebene derjenigen des anderen kleinen Niecols parallel steht, so erhält man zwei gleich helle Seitenfelder, welche das Mittelfeld einschließen (Drittel- Fig.551. Einfaches Halbschattenpolarimeter nach Lippich der Firma Franz Schmidt & Haensch (vgl. Fig. 544). Die verschließbare Einlegerinne, welche auf dem Stativ fest montiert ist, trägt auf ihrer linken, der Kochsalzflamme zugekehrten Seite die Polarisationsvorrichtung P, bestehend aus dem Polarisator und dem dahinter liegenden kleineren Nicolschen Prisma zur Erzeugung des Halbschattenwinkels. Der Polarisator ist mittelst des Hebels A zu drehen; der Drehungswinkel wird an einer kleinen Teilung abgelesen. In der abschraub- baren Röhre S vor dem Polarisator befindet sich das Strahlenfilter, eine kurze mit einer Lösung von doppeltchromsaurem Kalium gefüllte, herausnehmbare Glasröhre und die Sammellinse. Am anderen Ende der Rinne liegt der Analysator im Rohrstück A und das Fernrohr F', beide fest verbunden mit dem in Viertelgrade geteilten Teilkreise K. Die ganze Analysiervorrichtung wird durch die Triebschraube 7’ gedreht. Die Ablesung geschieht mit Hilfe zweier feststehender Nonien », n durch die drehbaren Lupen [, I auf Hundertstelgrade (s. S. 596). Die neueren Apparate sind statt auf ein Säulenstativ auf ein schweres Bockstativ montiert; sie werden dadurch standfester und sind weniger einer Verschiebung der einzelnen Teile aus ihrer axialen Lagerung ausgesetzt.?) ') Das Instrument wird von der Firma Franz Schmidt & Haensch mit zweiteiligem Polarisator in zwei Größen angefertigt, je nach der Länge der Polarisationsröhre. Ein Apparat für Beobachtungsröhren von 220 mm größter Länge kostet 420 M., ein Apparat für Röhren von 400 mm größter Länge 480 M., mit dreiteiligem Polarisator je 100M. mehr. Auf einem Bockstativ kostet das Polarimeter mit dreiteiligem Polarisator für Röhren bis zu 220 mm Länge 600M., bis zu 400 mm Länge 660 M., bis zu 600 mm Länge 720 M. Optische Untersuchungsmethoden. 601 schattenapparat). Die Einstellung ist ganz dieselbe wie beim Halb- schattenapparat. Peters erzielt den gleichen Effekt, indem er an den Po- larisator ein sehr schmales, scharfkantiges Prisma genau vor der Mitte anfügt. Das Polarimeter von Lippieh ist für einfaches und zusammenge- setztes Licht benutzbar: meist wird aber bei Natriumlicht beobachtet. Die Lampe ist im einer Entfernung von etwa 30 cm aufzustellen (siehe S. 591). Bei stärker drehenden Stoffen (etwa von einem Drehungswinkel von 5° an), wo die Rotationsdispersion stören würde, ist nur Natriumlieht zu nehmen, das durch ein Strahlenfilter zu reinigen ist (S. 592). Durch dieses Filter wird, wie bereits erwähnt, die Helligkeit des Gesichtsfeldes verrin- gert, so daß der Halbschattenwinkel z, allerdings auf Kosten der Genauig- keit der Messung (vgl. S. 595), größer zu wählen ist; gleiches gilt für dunkle Lösungen. Die Einstellung und die Messung des Drehungswinkels eines aktiven Stoffes geschieht in der früher beschriebenen Weise. Die mit dem abgebildeten Apparate der Firma Franz Schmidt & Haensch zu erhaltenden Ergebnisse sind bis auf 0'015° genau. Das Instru- ment ist daher für wissenschaftliche Zwecke sehr geeignet. Halbschattenpolarimeter nach A. Landolt. Das Lippichsche Po- larimeter ist von HF. Landolt derart umgestaltet worden, daß die Flüssig- keiten nicht in Röhren eingeschlossen zu werden brauchen, sondern in be- liebig geformten Gefäßen untersucht werden können, welche statt der Polarisationsröhre zwischen Polarisator und Analysator eingesetzt werden (siehe Fig. 552). Diese Modifikation des Apparates ermöglicht es ferner, bei Anwendung von Polarisationsröhren diese in einen viereckigen Kasten @ (Fig.552) ein- zuziehen, welcher mit Wasser u. del. gefüllt werden kann und so einesteils eine genaue Bestimmung der Temperatur, anderenteils die Untersuchung bei höheren oder tieferen Wärmegraden gestattet. Die Polarisations- röhre trägt daher einen senkrechten Rohrstutzen, welcher eine Ausdehnung der Flüssigkeit ermöglicht. Erhitzt wird der Kasten durch einen unter- gestellten Brenner, wobei man durch Schirme die anderen Teile des Apparates möglichst vor Erwärmung schützt. Soll die Polarisation bei sehr niedriger Temperatur beobachtet werden, so beschickt man den Kasten mit einer Kältemischung. Da sich dann die Deckplatten an den Enden der Beob- achtungsröhren leicht beschlagen, so steckt man über sie Glaszylinder, bringt in den so entstehenden Raum etwas entwässertes Chlorcaleium und schließt ihn dann durch Deckplatten ab. Die sonstige Handhabung des Apparates ist die übliche. Die Messung des Drehwinkels geschieht auf 001°. Die übrigen Polarimeter, von denen hier nur der Apparat von Robiquet mit der Soleilschen Quarzdoppelplatte und das Polaristrobometer von H. Wild erwähnt seien, werden heute nicht mehr oder nur in sehr be- schränktem Umfange verwandt, so dal auf ihre Beschreibung wohl ver- zichtet werden kann. 502 J. Biehringer. Polarisationsapparat nach Landolt zur Untersuchung von Flüssigkeiten in Röhren oder in beliebig geformten Gefäßen und bei bestimmter Temperatur. !) Ein mit dreiteiligem Polarisator versehener Lippichscher Polarisationsapparat, dessen einzelne Teile dieselbe Bezeichnung tragen, wie in Fig. 551, ist an einer seitlich stehenden (in der Figur etwas sichtbaren) Hauptschiene befestigt, welche mit einem 3ockgestell fest verbunden ist. Zwischen Polarisator und Analysator kann eine Rinne zum Einlegen der Polarisationsröhre eingeschoben werden. An der Hauptschiene hängen ferner zwei Stäbe; sie tragen zwei dreikantige, wagrechte Schienen e,c, die durch die Schraube y in der Höhe verstellbar sind. Auf diesen Schienen liegt die Messingplatte 7, worauf der Glastrog mit der zu untersuchenden Flüssigkeit kommt. Soll die Prüfung bei bestimmter Temperatur vorgenommen werden, so setzt man auf die Platte 7’ den viereckisgen Messinekasten G. Durch diesen Kasten, welcher außen mit Asbest ver- kleidet ist, geht eine innen vergoldete, beiderseits durch Glasplatten und Überwurfs- schrauben verschließbare Röhre zur Aufnahme der zu prüfenden Flüssigkeit. Der ab- nehmbare Deckel trägt drei Rohrstutzen für ein Thermometer, ein einzusetzendes Rühr- werk behufs gleichmäßiger Durchmischung der Heizflüssigkeit und ein an der Polari- sationsröhre angebrachtes Ansatzrohr. Auf den darunter befindlichen verstellbaren Tisch kommt die Heizflamme zu stehen. Der Analysator kann nebst dem Teilkreis ? und dem Fernrohr F durch den Hebel g gedreht werden, wodurch die grobe Einstellung ') Das von Franz Schmidt & Haensch gebaute Instrument mit dreiteiligem Polari- sator kostet für Beobachtungsröhren von 220 mm größter Länge 63250 M., für solche bis zu 440 mm Länge 71875 M., mit zweiteiligem Polarisator je 100M. weniger, der Erhitzungsapparat samt Thermometer bis 100° für erstes 55°50 M., für letzteres 86:50 M. Optische Untersuchungsmethoden. 603 erfolgt; die feine Einstellung geschieht nach Anziehen der Klemme A durch eine gegen diese gerichtete Mikrometerschraube, Zur Beleuchtung dient die Landoltsche Natriumlampe Z, ein Muenckescher Brenner mit Schornstein; in diesen sind vier Kerben eingeschnitten, welche zwei Niekeldrähte tragen, um die mit Kochsalz getränktes Nickeldrahtnetz gewickelt ist (S. 568), oder drei Kerben, welche einen großen, ovalen, mit Kochsalz gefüllten Platinring tragen. Über dem Ganzen befindet sich ein viereckiger Kasten aus Eisenblech mit einer Öffnung an der Vorderseite, vor der sich ein mit drei verschieden weiten Löchern versehener Messingschieber bewegen läßt. Saccharimeter. Diese Instrumente!), welche für gewöhnliches Licht eingerichtet sind, dienen ausschließlich zur Bestimmung des Zuckergehaltes von Lösungen, wozu selbstverständlich die vorhin beschriebenen Polarimeter ebensogut verwendet werden können. Auch auf diesem Gebiete haben heute die Halbschattenapparate die älteren mit Soleilscher Doppelplatte ausgerüsteten „Farbenapparate“ fast völlig verdrängt. Die Anordnung der einzelnen Teile ist die übliche, wie es der abee- bildete, von der Firma Franz Schmidt & Haensch gebaute. Apparat (Fige.553) zeigt. Um den Halbschatten zu erzeugen, dient als Polarisator ein langes, aus zwei Prismen nach Jellett (S. 597) zusammengesetztes Zwillingsnicol, dessen durch Vereinigung beider Hälften entstehende Fuge in der Mitte des Gesichtsfeldes als feiner Streif erscheint. Ebensogut läßt sich der zwei- teilige Polarisator von Zippich verwenden; für Instrumente mit dreiteiligem Gesichtsfelde kommt ausschließlich der dreiteilige Polarisator des letzteren in Betracht. Während bei den gewöhnlichen Halbschattenpolarimetern die Drehung der Polarisationsebene durch Nachdrehen des Analysators bestimmt wird, ist bei den Saccharimetern die Einrichtung so getroffen, dal beide Nicols mit. parallel gerichteten Schwingungsebenen feststehen und die Drehung der Zuckerlösung mit Hilfe einer Quarzplatte von veränderlicher Dicke gemessen wird, deren Drehung derjenigen der aktiven Flüssigkeit gerade entgegengesetzt ist und sie aufhebt. Es ist dies die 1848 von N. Soleil konstruierte Quarzkeilkompensation (Rotationskompensator), welche von der bekannten Tatsache ausgeht, dab der Bergkristall in einer rechts- und einer linksdrehenden Form vorkommt (welche oft schon äußerlich durch die Lage bestimmter Kombinationsflächen erkennbar ist). Sein Drehvermögen ist ziem- lich stark, insofern eine 1 mm dicke Platte bei 20° die Polarisationsebene des Natriumlichts um + 21'72° dreht, und wächst außerdem mit der Dicke der Platte. Durch Aneinanderfügen entgegengesetzt drehender Platten läßt sich - also die Wirkung, welche sie auf den polarisierten Lichtstrahl ausüben, je nach ihrer Dicke teilweise oder ganz aufheben. Andrerseits kann man auch ') Über Saecharimeter vel. außer den früher bei den Halbschattenpolarimetern angeführten Werken noch: R. Frühling, Anleitung zur Untersuchung der für die Zucker- industrie in Betracht kommenden Rohmaterialien, Produkte, Nebenprodukte und Hilfs- substanzen. 6. Aufl. (Braunschweig 1903. Friedr. Vieweg & Sohn.) S. 17—54. 904 J. Biehringer. Fig. 553. Halbschattensaecharimeter mit Lippichschem Polarisator und doppelter Keil- kompensation von Franz Schmidt & Haensch. Das von der Lampe kommende weiße Licht tritt zuerst in das mit einem Licht- schirm versehene Röhrenstück B ein, das ein Strahlenfilter und eine Sammellinse enthält, und wird in dem in P befindlichen Lippichschen Polarisator polarisiert. Es durchlauft dann die mit der aktiven Flüssigkeit gefüllte Polarisationsröhre, welche in der mit aufklappbarcm Deckel versehenen Rinne R liegt. In der Trommel @ befindet sich der zur Messung der Drehung dienende, hier doppelte Quarzkeilkompensator, dessen bewerliche Keile mit Hilfe des Triebs A verschoben werden können. Die an die Trommel sich anschließende Röhre F enthält den feststehenden Analysator, dessen Sehwingungsebene derjenigen des Polarisators parallel gerichtet ist, und ein Fernrohr, während das Mikroskop M auf die mit den Quarzkeilen verbundene Teilung eingestellt wird.) ', Der Preis obigen Instruments auf Bockstativ mit neuer Beleuchtungs- und Ablesevorriehtung, welche den Vorteil hat, die Teilung in starker Vergrößerung voll- kommen gleichmäßig und hell erscheinen zu lassen, und mit Schutzkappe für die Keil- kompensation beträgt einschließlich des überzusetzenden Glaskastens für 200 mm lange Polarisationsröhren 725 M.. für 400 mm lange Röhren 775 M., für 600 mm lange Röhren 850 M. Auf Säulenstativ montiert, kostet der Apparat (vgl. Fig. 551) je 50 M. weniger, ohne Schutzkappe je 36 M. weniger. Jedem Apparat sind mehrere Polarisa- tionsröhren von Glas beigegeben, dem ersten Instrumente je eine Röhre von 200 und 100 mm, dem zweiten je eine von 400, 200, 100 mm, dem dritten außerdem eine solche von 600 mm. Der Betrag der Drehung wächst mit der Länge der polarisierenden Schicht, ist also bei doppelter Länge zweimal, bei dreifacher Länge dreimal so groß, was für die Untersuchung zuckerarmer Lösungen wichtig ist. Die Beleuchtungslampe, ein Auerbrenner, dazu ein Abblendungszylinder mit Mattscheibe und Glimmerzylinder kostet 24 M. Optische Untersuchungsmethoden. 605 durch eine solche Verbindung entgegengesetzt drehender Platten die Drehung kompensieren, welche ein polarisierter Lichtstrahl beim Durchgang durch eine aktive Lösung erfahren hat: nur muß diese Quarzkombination, wenn sie für verschieden stark drehende Lösungen gebraucht werden soll, eine veränderliche Dicke besitzen, was im Soleilschen Kompensator auf folgende Weise erreicht wird. Die aus der Polarisationsröhre austretenden Strahlen gehen zunächst durch eine senkrecht zur optischen Achse geschnittene planparallele, feststehende Quarzplatte Q von beliebiger Dicke und Dreh- richtung, z. B. Rechtsdrehung. Vor ihr liegen zwei keilförmig zugeschnittene, verschieden lange Quarzplatten N, und N, mit gleichen Keilwinkeln, deren Drehrichtung derjenigen der ersten Platte entgegengesetzt, in unserem Falle also nach links gerichtet ist. Wir können sie uns so entstanden denken, dal) eine ebenfalls senkrecht zur optischen Achse geschnittene, linksdrehende Quarzplatte diagonal durchschnitten und die eine Hälfte nach beiden Seiten stark verlängert ist. Die äußeren Flächen beider Keile liegen planparallel. Der kleinere Keil N, ist fest, der große N, aber längs der Diagonalfläche gegen ihn verschiebbar, so daß beide Keile zusammen eine Quarzplatte N, + Ns bilden, deren äußere Flächen senkrecht zur optischen Achse liegen, deren Dicke aber variabel ist. In einer bestimmten Stellung ist ihre Gesamtdicke derjenigen der vorgelagerten einfachen Platte 0 genau gleich; dann heben sich die entgegengesetzt gerichteten Drehungen beider auf, so daß der Kompensator gleichsam ausgeschaltet ist. Dieser Punkt, bei dem im Halbschattensaccharimeter also nur die Wirkung des zwei- teiligen Polarisators hervortritt, ist durch die gleiche Beschattung beider Hälften des Gesichtsfeldes gekennzeichnet; er entspricht dem Nullpunkt. Verschiebtt man nun den großen Keil N, derart, daß die Dicke der Platte N, + N, größer wird, so wird die Linksdrehung im Kompensator entsprechend überwiegen und dadurch die Rechtsdrehung eines aktiven Stoffes aufgehoben werden können, und umgekehrt. Bringt man demnach, wenn die Vorrichtung auf den Nullpunkt eingestellt ist, einen aktiven Stoff ins Polarimeter, z. B. eine rechtsdrehende Zuckerlösung, so wird die Drehung nach rechts vermehrt, wodurch die beiden Hälften des Gesichtsfeldes ungleich hell erscheinen. Um wieder gleiche Beschattung herzustellen, muß die Dicke der Platte N, + N, durch Verschiebung von N, entsprechend vermehrt werden. Bei der doppelten Quarzkeilkompensation von Schmidt & Haensch ist sowohl die rechts- wie die linksdrehende Platte durch je zwei Quarz- keile ersetzt, so daß also beide Platten eine veränderliche Dicke besitzen. wodurch man rechts und links gerichtete Drehungen kompensieren kann. Um die genannte Verschiebung messen zu können, ist der große bewegliche Quarzteil (N,;) in einen Messingrahmen gefaßt; letzterer trägt eine Skala und außerdem eine-Zahnstange, in welche der gezahnte, durch den Knopf A (Fig.555) zu drehende Trieb eingreift. Der nicht verschieb- bare kleine Quarzkeil (N,) trägt einen der erwähnten Skala anliegenden Nonius. Letzterer ist, um eine rechts- und linksseitige Ablesung zu er- möglichen, doppelt, mit dem Nullpunkt in der Mitte, und so eingerichtet, 606 J. Biehringer. daß neun Teile der Hanptskala auf ihm in zehn Teile geteilt sind, jeder Teil des Nonius also um ein Zehntel kleiner ist als ein Teil der Skala. Steht das Saccharimeter auf Halbschatten, so fällt der Nullpunkt des Nonius mit dem Nullpunkt der Skala zusammen. Sollte dies nicht der Fall sein, so ist der Nonius zu verschieben, bis dies eintritt, indem man u — == AIREIRRTTIAN u m u ‚ HLNLENRTTERTAFRTTERTUEIRET m | —ı | L] N 5 ER ee I Inn Halbschattensaecharimeter mit Lippichschem Polarisator und einfacher Quarz- keilkompensation in einer Schutzkappe von Franz Schmidt & Haensch. Die Einrichtung des Instruments ist im allgemeinen die nämliche, wie in Fig. 553. Das mit einer Lösung von doppeltchromsaurem Kalium gefüllte abschraubbare Licht- filter liegt bei @, die Triebschraube für die Keilkompensation bei T". Die Beleuchtung geschieht wie oben, oder bei dem abgebildeten Apparate mit- telst eines in Y befindlichen elektrischen Glühlämpchens für 6 Volt Spannung, das entweder an die Stromleitung unter Anwendung des entsprechenden Vorschaltwider- stands oder an drei Akkumulatoren A angeschlossen wird. S (auf der rechten Seite der Figur) ist ein Stromschlüssel. Der Spiegel S über der Glühlampe und die Linse 4 dienen zur Beleuchtung der in @ befindlichen Skala, welche mit der Lupe L abgelesen wird. ') ') Der Apparat mit neuer Ablesevorrichtung in Mahagonikasten kostet für 200 mm lange Polarisationsröhren 475 M., für 400 mm lange Röhren 525 M., für 600 mm lange Röhren 600 M., auf einem Bockstativ montiert 50 M. mehr, ohne Schutzkappe je 36 M. weniger. Dem Instrumente werden die gleichen Polarisationsröhren beigegeben wie dem vorigen. Die Beleuchtungsglühlampe kostet mit Zubehör 75 M., die drei Akku- mulatoren für 100 Brennstunden in gemeinsamem Holzkasten 70 M. x Optische Untersuchungsmethoden. 607 den an der Fassung vorhandenen, vierkantigen Stift mit Hilfe eines bei- gegebenen Schraubenkopfes etwas dreht; oder man setzt bei den folgenden Ablesungen die entsprechende Korrektur in Rechnung. Wird der beweg- liche Quarzkeil verschoben, so wird die auf ihm befestigte Skala am Nonius entlang geführt. Dann geben die vor dem Nullpunkt des Nonius liegenden Teilstriche die ganzen Grade, der erste nach der betreffenden Drehrichtung liegende Strich des Nonius, welcher mit einem Strich der Hauptskala zu- sammenfällt, die Zehntelgrade. Die Skala ist nach dem Vorgange von Ventzke rein empirisch. Wenn man 26.000 g Rohrzucker in Wasser löst, bei 20° auf 100 cm3 verdünnt und in einer 2 dm langen Röhre polarisiert, so gibt der in Graden abgelesene Wert unmittelbar den Gehalt an Zucker in Gewichts- prozenten an, bei reinem Zucker also 100° — 100°/,.:) 1° Ventzke entspricht 026 y Zucker und 100° Ventzke 5466 Kreisgraden (für Strahl D bei 20°). 2) Geben z. B. 26 g eines Rohzuckers einen Polarisationswert von 925°, so zeigen diese an 92°5.0'26=2405 g Rohrzucker oder nach der Proportion 26:24:05 =100:x, woraus x—= 92'5°/,- Auch die Glukose kann auf diesem Wege bestimmt werden, da nach Hoppe-Seyler ihre Rotationsdispersion nahe mit derjenigen des Quarzes übereinstimmt. 1° Ventzke entspricht nach Landolt für Traubenzucker 03448 + 0'0008 Kreisgraden. Rechnet man also die am Saccharimeter be- obachteten Grade in Kreisgrade um, so läßt sich der Gehalt einer Lösung an Glukose in der früher (S. 599, Anm.) geschilderten Weise berechnen, wo- bei man als spezifisches Drehungsvermögen für Lösungen bei einem Gehalt von 15°/, ohne merklichen Fehler [x] = 52'8 setzen kann. Es ist dann die Konzentration e= 1'894. x/l, oder, wenn man die abgelesenen Grade Ventzke mit ® bezeichnet, € =1'894.9.034481. Die Polarisationsröhren. Die zu untersuchenden, optisch aktiven Flüssigkeiten werden in Röhren eingeschlossen, welche gewöhnlich genau 2dm oder auch 1 dm lang sind. Sie werden aus diekwandigem Glase herge- stellt oder aus einem Messingrohr, welches innen matt vergoldet ist. Ihre Enden sind eben und genau senkrecht zur Achse abgeschliffen und tragen eine Metallfassung mit äußerem Gewinde. Sie werden durch planparallele Spiegelglasplatten (Deckgläser) verschlossen, welche mit Hilfe von Überfang- schrauben unter Zwischenlegen von nicht zu dünnen, weichen Gummiringen aufzusetzen sind. Die Schrauben müssen dicht schließen, dürfen aber nicht stark angezogen werden, weil bekanntlich das Glas durch starken Druck doppelbrechend wird und so die Genauigkeit der Messung beeinflußt. Diesen Übelstand vermeiden die Beobachtungsröhren mit ZLandoltschem Verschluß, bei denen die Deckplatten nicht durch aufschraubbare, sondern durch auf- schiebbare, federnde Deckel befestigt werden. Da übrigens die Glasplatten in- folge innerer Spannungen auch ohne Pressung auf die Ebene des polarisierten '!) Nach den Beschlüssen der internationalen Kommission für einheitliche Metho- den der Zuckeruntersuchung (s. Frühling a. a. 0. S. 30 £.). ?) O0. Schönrock, Zur Bestimmung des Hundertpunkts der Ventzkeschen Skala von Saccharimetern (Mitteilung aus der physikalisch-technischen Reichsanstalt) in: Zeitschr. des Vereins der deutschen Zuckerindustrie. 54. Bd., 579. Heft, S. 521. 6OS J. Biehringer. Lichtes wirken können, so empfiehlt es sich, erst die Drehung der in den Apparat leer eingelegten, verschlossenen oder mit destilliertem Wasser ge- füllten Röhrezu ermitteln und dann die zu polarisierende Flüssigkeit einzufüllen. Soll die Röhre gefüllt werden, so nimmt man beide Endkappen ab und reinigt jene, indem man mittelst eines Holzstabes !) einen ‚Watte- oder Linnenbausch durchschiebt. Dann schließt man das eine Ende durch das ebenfalls gereinigte Deckglas und die Verschlußkappe, kehrt die Röhre um und füllt sie mit der zu untersuchenden Flüssigkeit, so daß diese sich in ganz flacher Kuppe über den Rand erhebt. Man schiebt jetzt die zweite, eben- falls gereinigte Platte von der Seite herüber, wodurch die überstehende Flüssigkeit abgestreift wird und keine Luftblase hineinkommt, schraubt die zweite Verschlußkappe auf und wischt das Ganze außen säuberlich ab. Da diese Füllung nicht immer nach Wunsch gelingt, so ist die der Firma Fig. 555. Patent-Beobachtungsröhre von Schmidt und Haensch. Franz Schmidt & Haensch geschützte „Patent-Beobachtungsröhre“ (Fig. 555) vorzuziehen, welche an einem Ende eine Erweiterung besitzt. Man füllt sie am engen Ende mit der Flüssigkeit, so daß diese eben den Rand nicht völlig erreicht, verschließt sie dann mit Deckglas und Kappe und dreht sie um, wobei die eingeschlossene Luft als kleine Blase « sich m der Er- weiterung sammelt, ohne die nachfolgende Beobachtung zu stören. Nach beendeter Messung nimmt man die Röhre auseinander, reinigt die einzelnen Teile mit weichem, altem Linnen und trocknet sie sorgfältig. Soll gleich eine neue Bestimmung vorgenommen werden, so genügt es auch, sie mit der Fig. 556. Durchflußröhre nach Pellet-M. Müller. zu untersuchenden Flüssigkeit auszuspülen. Ist eine sehr große Zahl von Bestimmungen in kurzer Zeit auszuführen, so bedient man sich bei wässe- rigen Lösungen einer „Durchflußröhre“ nach Pellet-M. Müller (Fig.556) mit zwei kleinen Rohrstutzen an den Enden, welche mit Gummischläuchen ver- sehen werden und dazu dienen, die Flüssigkeit nach dem Polarisieren ab- zuziehen und durch eine andere, mit der man erst durchspült, zu ersetzen. !) Metall- oder Glasstäbe sind bei Glasröhren zu vermeiden, weil infolge der Spannung, die in ihnen durch ungleiche Abkühlung herrscht, schon eine kaum sichtbare Verletzung der inneren Wandung genügt, sie nach kürzerer oder längerer Zeit zum Springen zu veranlassen. M. Müller hat daher Porzellanröhren vorgeschlagen. Optische Untersuchungsmethoden.. 609 Da das Drehvermögen einer Lösung durch die Temperatur in hohem Maße beeinflußt wird (S. 587), so ist die letztere während der Beobachtung unverändert zu halten. Zu dem Ende wird die Polarisationsröhre eingekittet in einen etwas kürzeren Mantel aus Messing, welcher die Schraubengewinde für die Verschlußikappen und zwei Stutzen nach Art eines Ziebigschen Kühlers trägt (Fig. 557). Man läßt durch ihn Wasser von konstanter Temperatur aus der Wasserleitung oder einem höher gestellten Vorratsgefäß laufen, oder auch Wasser, das vorher durch eine in einen Thermostaten gelegte Heizschlange gegangen ist (S.575). Zum Füllen der Polarisationsröhre, die, schon mit dem Kappenverschluß versehen, eingelegt wird, dient ein durch den Mantel hindurchtretender, trichterförmiger Aufsatz. Er wird während der Beobachtung durch einen Stopfen verschlossen, worin ein in die Flüssigkeit eintauchendes, in Zehntelgrade geteiltes Thermometer steckt, dessen unteres Ende gerade sichtbar sein soll. wenn man durch die Röhre hindurchschaut. Zum Entweichen der Luft hat der Stopfen eine feine Längskerbe an der Seite oder eine zweite Durchbohrung für ein Kapillarröhrchen, das dicht unter ihm endet. Die Entleerung der Röhre wird in der üblichen Weise vorgenommen. Die besondere, dem ZLandoltschen Halbschattenpolarimeter beigegebene Einrichtung zur Erzielung konstanter | i Polarisationsröhre für konstante Temperatur. Temperaturen ist schon bei diesem (8. 601) besprochen. Es versteht sich von selber, dal) bei der Bestimmung der spezifischen Drehung (S. 588) die sämtlichen, in der Formel vorkommenden Werte für ein und dieselbe Tem- peratur, gewöhnlich für 20°, bestimmt oder, wenn angängig, mit Hilfe des Ausdehnungskoeffizienten berechnet werden müssen. 3. Die Untersuchung der Lichtabsorption. I. Spektroskopie. Trifft ein Lichtstrahl auf einen durchsichtigen, farblosen Körper, so wird er teilweise reflektiert, während ein anderer Teil in den Körper eindringt. Der letztere durchsetzt teilweise den Körper und erfährt bei schrägem Eintritt eine Ablenkung aus seiner ursprünglichen Richtung, eine Brechung; ein anderer Teil wird unter Erwärmung des Körpers ab- sorbiert, so daß der austretende Strahl schwächer ist als der eintretende. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 39 610 J. Biehringer. Körper, welche uns farbig erscheinen, haben außerdem die Eigenschaft, von den verschiedenen Strahlengattungen, aus welchen sich das weiße Licht zusammensetzt, einzelne zu absorbieren und zurückzuhalten, andere aber durchzulassen und demgemäß eine Farbe zu zeigen, welche durch Mischung der übrig bleibenden Strahlen entsteht (auswählende oder selektive Absorp- tion!). Selbstverständlich können diese Körper bloß solche Farben auf- weisen, welche im auffallenden Licht vorhanden sind, weswegen sie auch nur im weißen Licht, das unzählige viele Strahlengattungen enthält, ihre natürliche Farbe besitzen. Um die Veränderungen, welche einzelne Teile des weißen Lichtes beim Durchgange durch ein gefärbtes Mittel erfahren, zu untersuchen, zerlegt man das Licht mit Hilfe der zerstreuenden Kraft eines Glasprismas und erzeugt so sein Spektrum. Weiles, von einem festen, glühenden Körper auseesandtes Licht?) liefert ein kontinuierliches Spektrum. Bringt man in den Weg dieses Lichtes ein gefärbtes durchsichtiges Mittel, so beobachtet man an Stelle der fehlenden Lichtarten bei festen und flüssigen Stoffen bald breitere, bald schmälere, dunkle, an den Rändern verwaschene Stellen (Ab- sorptionsstreifen), während bei Gasen und Dämpfen fast ausschließlich scharfe Absorptionslinien auftreten. Sie variieren in der Lage und Be- schaffenheit außerordentlich stark je nach der chemischen und physikali- schen Beschaffenheit der betreffenden Stoffe und bilden ein außerordent- lich wichtiges und wertvolles Merkmal zu ihrer Kennzeichnung. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich ohne weiteres, daß die Farbe eines farbigen Körpers und die Farbe derjenigen Teile des weißen Lichtes, welche von ihm absorbiert und in seinem Spektrum durch dunkle Zwischenräume gekennzeichnet werden, sich zu Weiß ergänzen müssen, daß also die Farbe des Körpers und die ursprüngliche Farbe der fehlen- den Teile seines Spektrums einander komplementär sind. Daher liegen im allgemeinen die Absorptionsstreifen von roten Lösungen im grünen, von '!) Auch die uns farblos erscheinenden Stoffe sind in hinreichend dicken Schichten gefärbt, so daß also bei diesen ebenfalls Teile des durchtretenden Lichtes absorbiert werden. Wasser erscheint dann bekanntlich blau. Die hydroxylhaltigen organischen Verbindungen, Alkohole, Fettsäuren, nähern sich in ihrer Färbung um so mehr der- jenigen des Wassers, je kürzer ihre Kohlenstoffkette ist, während sich bei längerer Kette die Färbung nach gelb verschiebt. Methyl-, Äthylalkohol sind grünlichblau, Amylalkohol grünlichgelb, ferner Ameisen- und Essigsäure bläulichgrün, Buttersäure sanz goldgelb. Das dreiwertige Glyzerin ist blau. Hydroxylfreie Verbindungen zeigen eine gelbe Färbung. Die Ester, wie Äthyl-, Amylacetat, sind grünlichgelb, Aceton, Äthyläther goldgelb. Bei Alkoholen und Säuren wird also mit steigendem Kohlenstoff- gehalt die blaue Farbe der Hydroxylgruppe immer mehr durch die gelbe Farbe der Kohlenstoffkette verdrängt. [W. Spring, Bulletins de ’Academie royale de Belgique. 3. Reihe. Bd. 31. S.246 (1896); Bd.32, S.43 (1896); Bd. 33. S.165 (1897).] Auch die Luft hält Teile des weißen Lichtes zurück, wie dies das Auftreten gewisser Absorptions- linien im roten Teil des Sonnenspektrums (Fraunhofersche Linien A, B) andeutet. :) Eine für die hier in Betracht kommenden Untersuchungen sehr brauchbare kleine, in der Höhe verstellbare Auerlampe bringt die Firma Franz Schmidt & Haensch in Berlin (S 42, Prinzessinnenstraße 16) in den Handel (Preis 24 M.). Optische Untersuchungsmethoden. 611 gelben Lösungen im violetten, von grünen Lösungen im roten, von blauen Lösungen im orangegelben Teil des Spektrums usw. (sewöhnlich läßt man das weiße Lieht erst durch das absorbierende Mittel treten und zerlegt es dann in sein Spektrum. Man kann aber auch zuerst das Spektrum des weißen Lichtes entwerfen und dieses nachher durch das absorbierende Mittel betrachten, d.h. seiner absorbierenden Wir- kung unterwerfen. Spektroskope. Die Zerlegung des weißen Lichtes in seine farbigen Bestandteile geschieht meist auf Grund ihrer verschiedenen Brechbarkeit beim Durchgang durch ein Prisma (Refraktionsspektrum); dabei werden aber, abgesehen von der durch Absorption im Glas hervorgerufenen Schwä- chung, die einzelnen Teile des Spektrums nicht gleichmäßig entwickelt, in- sofern die langwelligen Strahlen gegen das Rot weniger auseinander ge- zogen sind, als die kurzwelligen gegen das Violett hin. Von diesem Übelstand frei sind die Gitterspektren, diejenigen Spektren, welche durch Beugung an einem Gitter entstehen, d.h. einer mit feinen parallelen Streifen ver- sehenen Glasplatte oder polierten Metallplatte, da sie nur von dem Unter- schied in den Wellenlängen der einzelnen Lichtstrahlen abhängig sind. Die Prismenspektroskope, welche hier ausschließlich in Betracht kommen, weichen in ihrer Bauart, je nach dem Zwecke, dem sie dienen, sehr voneinander ab. Die von @. Kirchhoff und R. Bunsen herrührende gebräuch- lichste Form ist die folgende (Fig.588): Das von einer weißen Lichtquelle kommende Licht tritt in ein unbeweglich auf dem Gestell befestigtes Rohr, SE: Kirchhoff und Bunsen. Einfaches Spektroskop nac Einfaches Spektroskop nach Kirchhoff und Bunsen. Das Spektroskop trägt auf einem Stativ ein gleichseitiges Flintglasprisma, rechts davon das Spaltrohr (Kollimator), dessen Spalt durch eine Triebschraube verengert oder erweitert werden kann, links das Keplersche Fernrohr, das zwischen zwei kleinen Anschlagsehrauben nach rechts oder links gedreht werden kann, und das nach hinten gerichtete Skalenrohr; durch eine übergestülpte Kapsel aus Pappe, welche drei Öffnungen gegen die drei Rohre besitzt, wird das Prisma vor falschem Licht und Staub geschützt.') ‘) Preis des von der Firma Franz Schmidt & Haensch angefertigten Instrumentes samt Zubehör 17650 M. 39* 612 J. Biehringer. das Spaltrohr oder den Kollimator. Letzterer ist gegen die Flamme zu durch einen feinen lotrechten Spalt!) geschlossen, welcher vermittelst einer Mikro- meterschraube der Breite nach verstellbar ist. Je schmäler der Spalt gemacht wird, um so schärfer und reiner wird das Spektrum, weil sich dann die einzelnen Strahlenbündel nicht in dem Maße überdecken, zugleich aber auch lichtschwächer; es muß) daher die Weite des Spaltes der Lichtquelle ent- sprechend gewählt werden. Am entgegengesetzten Ende trägt das Spaltrohr eine achromatische Sammellinse (Objektiv), in deren Brennpunkt der Spalt liegt. Die durch diesen eintretenden Lichtstrahlen werden also durch die Sammellinse parallel gemacht, so daß sie sich verhalten, wie wenn sie von einem in unendlicher Entfernung liegenden Spalt kämen. Sie fallen parallel auf die Oberfläche eines Flintglasprismas, dessen brechende Flächen einen großen Winkel (60°) miteinander bilden.2) In diesem werden sie je nach ihrer Wellenlänge verschieden stark gebrochen und in eine Reihe einfar- biger Strahlenbündel zerlegt (zerstreut), welche bei Austritt aus dem Prisma nochmals gebrochen werden. Diese verschieden gerichteten und verschieden gefärbten Strahlenbündel gelangen dann in das auf unendlich eingestellte astronomische (Keplersche) Fernrohr, dessen Objektiv in seinem Brenn- punkt jedes einzelne Bündel zu einem Bilde des Spaltes vereinigt. Indem sich diese so entstehenden, unzähligen Spaltbilder in ununterbrochener Reihe aneinander legen, entsteht ein kontinuierliches Spektrum, welches durch das als Lupe dienende Okular des Fernrohres betrachtet wird. Das Fernrohr ist in wagrechter Richtung um die Achse des Instrumentes drehbar, wo- durch bei großer Ausdehnung des Spektrums eine Einstellung auf die ver- schiedenen Stellen des letzteren ermöglicht wird. Um die Lage der einzelnen Teile des Spektrums bestimmen und wiederfinden zu können, ist noch ein drittes, dem Kollimator ähnliches Rohr vorhanden, welches wie das Fernrohr um die lotrechte Achse des Instruments gedreht werden kann.) Dieses „Skalenrohr“ trägt an seinem äußeren Ende statt des Spaltes eine kleine wagrechte, willkürliche Skala, das etwa 15mal verkleinerte, photographische Negativbild einer Millimeterskala, dessen Striche und Ziffern demnach weiß auf schwarzem Grunde erscheinen. Es wird durch eine vorgesetzte Lampen- oder Kerzenflamme erleuchtet, und zwar nicht stärker, als eben nötig ist. Am anderen Ende hat dieses Skalenrohr eine achromatische Sammellinse (Objektiv), in deren Brennpunkt die Skala liegt, so daß die von letzterer ausgehenden Strahlen durch die Linse parallel ') Vom Spalte müssen etwa anhängende Staubteilchen mittelst eines Pinsels ab- gewischt werden, weil sie, wenn jener sehr eng ist, dunkle wagrechte Querlinien im Spektrum hervorrufen können. 2) Statt eines Flintglasprismas werden, um stärkere Farbenzerstreuung und dem- gemäß ein weiter auseinander gezogenes Spektrum zu erzielen, deren zwei und mehr angewendet, auch das von Rutherford konstruierte Compoundprisma, welches aus einem sehr stark dispergierenden Flintglasprisma besteht, dem beiderseits je ein kleines Kronglasprisma angekittet ist. ®) Bei kleineren Instrumenten sind oft schon die drei Rohre in der richtigen Lage und Auszugslänge fest mit dem Fuße verbunden. Optische Untersuchungsmethoden. 613 gemacht werden. Das Skalenrohr wird so gestellt, daß die aus ihm tretenden parallelen Strahlen von der Fläche des Prismas, welche dem Fernrohr zugekehrt ist, auf die Linse des letzteren reflektiert und von dieser, wie das Spektrum, im Brennpunkte zu einem scharfen Bild vereinigt werden. Man sieht also durchs Okular gleichzeitig Spektrum und Skala, so dab jede Stelle des ersteren durch ihre Lage zu einem Teilstrich der letzteren bezeichnet werden kann.!) Fig. 559. Großes Spektroskop nach Kirchhoff und Bunsen. Die äußere Anordnung der drei Rohre ist dieselbe wie in Fig.558. Das Prisma, häufig ein Rutherfordsches Compoundprisma, liegt in einer innen geschwärzten Messingkapsel. Spaltrohr, Fernrohr und Skalenrohr sind lichtdicht an die Kapsel angeschlossen. Das Fernrohr kann mittelst der Mikrometerschraube m seitlich bewegt werden, nachdem man die Klemme ÄK fest angezogen hat. Man ist so imstande, jeden einzelnen Punkt des Spektrums in die Mitte des Fadenkreuzes im Fernrohr zu bringen, und durch Drehen der Mikrometerschraube, deren Trommel mit einer Teilung versehen ist, den Abstand zweier Punkte des Spektrums zu messen. Diese Art der Ablesung empfiehlt sich für die großen Apparate, wo die gespiegelte Skala keine genügend scharfen Ergebnisse liefert. Das nach hinten stehende Skalenrohr enthält eine Skala zur schnellen, unge- fähren Orientierung. Die Skala wird auf Wunsch zur unmittelbaren Ablesung von Wellenlängen („Wellenlängenskala“) eingerichtet.?) Alle Teile des Instruments sind im Innern geschwärzt, um etwa ein- dringendes falsches Licht zu absorbieren. Das Prisma ist aus demselben Grunde mit einer geschwärzten Kappe bedeckt, welche drei Öffnungen für die drei Rohre hat. !) Bei manchen Instrumenten fehlt das Skalenrohr. Dann befindet sich im Okular des Fernrohrs ein Fadenkreuz, welches mit den einzelnen Stellen des Spektrums durch Drehen des Fernrohrs zur Deckung gebracht wird. Die jeweilige Stellung des letzteren kann an einem Teilkreis oder einer geteilten Mikrometerschraube abgelesen werden, welche z. B. Fig. 559 zeigt. ?:) Preis mit Zubehör bei derselben Firma 365 M. 614 J. Biehringer. Die Justierung des Apparates, bei dem ein Dunkelzimmer nicht nötig ist. hat meistens in folgender Weise zu geschehen. Man stellt zuerst das Fernrohr auf unendlich, d.h. auf ein fernes Objekt ein, indem man es aus der Fassung nimmt, das Okular gegebenenfalls so stellt, daß man das Fadenkreuz genau sieht, dann das Fernrohr auf einen fernen, gut vom Fig. 560. Spektroskop mit Vergleichsprisma, zur Untersuchung eines Absorptionsspektrums hergerichtet. Das Prisma ist mit einer Schutzkappe (€ aus Messingblech bedeckt, welche gegen die drei Rohre entsprechende Öffnungen hat. Das Spaltrohr A und das Skalenrohr 5 sind lichtdicht in einer der Messingkappe äußerlich anliegenden Wand befestigt; das Fernrohr (links) ist außerdem mittelst der Triebschraube 7 seitlich verschiebbar. Am Spalt des Kollimators liegt, ihn teilweise verdeckend, ein Reflexionsprisma (,Vergleichsprisma*“). Etwas seitlich vor dem Spalt steht auf einem verschiebbaren Gestell A der Trog mit der Flüssigkeit, deren Absorptionsspektrum beobachtet werden soll. In gerader Linie vor dem Spalt kommt die weißes Licht liefernde Lampe zu stehen. Ein Teil der von ihr ausgesandten Strahlen tritt direkt durch den oberen freien Teil des Spalts in den Kollimator; ein anderer Teil geht erst durch die absorbierende Flüssigkeit und wird dann durch den kleinen, seitlich am Spalt angebrachten drehbaren Spiegel aufs Vergleichsprisma und von diesem in den Spalt geworfen. Die beiden Strahlenbündel gehen untereinander durchs Spaltrohr zum Prisma, werden in verschiedenen Teilen des letzteren gebrochen und zerstreut und liefern somit zwei Spektren übereinander. Durch die Beobachtungslampe wird zugleich mittelst des Spiegels B die Skala des Skalenrohrs beleuchtet. !) Hintergrund sich abhebenden (Gegenstand, einen Baum, Blitzableiter, Kirch- turmknopf u. dgl., richtet und das Okular samt dem Fadenkreuz gegen das Objektiv verschiebt, bis der Gegenstand scharf sichtbar ist.:) Man '‘) Preis des Instruments (von Franz Schmidt & Haensch) 21750M (mit allem Zubehör). ?) Bei stärkerer Vergrößerung nehme man die Einstellung nicht durch das ver- zerrend wirkende Fensterglas vor. Optische Untersuchungsmethoden. 615 merkt sich diese Stellung am besten auf dem Rohre an. Dann setzt man es wieder an seinen Ort und nimmt das Prisma weg. Man entzündet vor dem mäßig geöffneten Spalt des Kollimators eine Flamme, dreht das Fernrohr, bis es dem Kollimator genau gegenübersteht, zieht den letzteren so weit aus, daß man den Spalt im Fernrohr scharf begrenzt sieht und neigt ihn etwas mit Hilfe unten am Träger angebrachter Schrauben, bis ein quer über die Mitte des Spaltes gezogener, feiner Faden in der Mitte des Gesichts- feldes liegt, gegebenenfalls mit der Mitte des Fadenkreuzes zusammenfällt. Nun bringt man das Prisma wieder an seine Stelle, befestigt es und bedeckt es, um fremdes Licht abzuhalten, mit der oben erwähnten Kappe. Dann verschiebt man das Fernrohr, bis das Spektrum deutlich zu sehen ist. Um endlich auch das Bild der Skala ins Fernrohr zu bekommen, stellt man nicht zu nahe hinter das Skalenrohr eine kleine Beleuchtungsflamme, dreht das letztere zur Seite und reguliert die Flamme so, daß ihr Bild von der dem Fernrohr zugekehrten Prismenfläche in dieses reflektiert wird. Dann dreht man das Skalenrohr wieder zwischen Lampe und Prisma und ver- schiebt den die Skala enthaltenden Teil, bis die letztere scharf im Fernrohr zu sehen ist. Durch Heben oder Senken des Skalenrohrs mittelst einer unterhalb am Träger angebrachten Schraube stellt man dann die Skala in die Mitte des Gesichtsfeldes ein und bringt sie, indem man den die Skala enthaltenden Teil des Skalenrohrs um seine Achse dreht, in eine wagrechte Lage.!) Die meisten Spektroskope sind gleich dem von Bunsen und Kirchhoff benutzten so eingerichtet, daß die Natriumlinie, d.h. die Linie einer Koch- salzflamme oder die Linie D des Sonnenspektrums, auf den Teilstrich 50 fällt. Bei andern Apparaten liegt dieser Punkt beim Teilstrich 100 oder auch 0. Apparate, welche mit den entsprechenden Vorrichtungen ausgestattet sind, die Ablenkungswinkel der einzelnen Strahlen durch das Prisma zu messen, sind die schon früher genannten (S. 570) Spektrometer; sie dienen daher auch zur Bestimmung der Brechungskoeffizienten. Will man die Spektren zweier Stoffe vergleichen, z. B. darauf, ob die Linien, die sie zeigen, miteinander zusammenfallen, so hat man erst das eine, dann das andere Spektrum zu erzeugen, und mit Hilfe der Skala oder auf spektrometrischem Wege auszumessen. Viel einfacher und genauer geschieht dies nach Bunsen und Kirchhoff dadurch, dal) man beide Spektren gleichzeitig beobachtet. Man bedeckt zu dem Zwecke den senkrechten Spalt des Spektralapparates zum Teil, etwa in der unteren Hälfte, durch ein ') Bei dem abgebildeten Apparate der Firma Franz Schmidt & Haensch kann und darf das Fernrohr nicht abgenommen werden; die Einstellung auf unendlich ist hier bereits unter Benutzung geeigneter Hilfsmittel ausgeführt. Das Kollimatorrohr ist bei gänzlich hineingeschobenem Spalt genau auf unendlich eingestellt. Die Einstellung der anderen Rohre (Skalen- und Fernrohr) geschieht so, daß sowohl die Linien des Spektrums, etwa die zur Eichung benutzte D-Linie (Natriumlinie), als auch die Skala gleichzeitig scharf hervortreten. 616 J. Biehringer. Fig. 561. Einfaches geradsichtiges Taschenspektroskop nach Browning. Das äußere Spaltrohr trägt am Ende einen durch Drehen des Ringes B verstell- baren Spalt, welcher durch die Kappe A vor Staub geschützt wird. In ihm ist das verschiebbare Rohr € eingesetzt, welches eine achromatische Linse, den Amieischen Prismensatz und eine mit einem Glasplättchen geschlossene Okularöffnung hat (vgl. dazu Fig. 563). Um eine Drehung des Prismensatzes gegen den Spalt beim Gebrauch zu ver- meiden, ist am inneren Rohr ein kleiner Zapfen angebracht, der sich in einem Längs- schlitz des äußeren Rohrs bewegt. ') Geradsichtiges Taschenspektroskop mit Vergleichsprisma zur Erzeugung zweier Spektren. Der Apparat unterscheidet sich von dem im Fig. 561 abgebildeten Instrument durch ein den Spalt zur Hälfte bedeckendes, von der Seite zu beleuchtendes Vergleichs- prisma V und einen drehbaren Winkelspiegel?). S ist die aufzusetzende Kappe. Fi Fuoe- EREESE DEN Senne Io_, 5 - v4 fv Fig. 563. Darstellung der Einrichtung und des Strahlengangs beim geradsichtigen Taschen- spektroskop mit Vergleichsprisma. Die von der Lichtquelle 2 kommenden Strahlen werden von dem die Hälfte des Spaltes ce bedeckenden Vergleichsprisma V seitlich abgelenkt und treten nur durch die andere Hälfte des Spaltes ein. Die von der Lichtquelle 1 stammenden Strahlen werden durch den Spiegel 5 auf das Vergleichsprisma geworfen und von diesem in die von ihm bedeckte Spalthälfte reflektiert. Beide Strahlen durchlaufen die Sammellinse d und werden im Amieischen Prismensatz e in ihren Spektren zerlegt. ') Preis des von der Firma Franz Schmidt & Haensch hergestellten Instruments 27 M. (mit Futteral). ”) Preis 39 M. (in einem Schutzkasten). Optische Untersuchungsmethoden. 617 keilförmiges, rechtwinkliges Glasprisma, ein sogenanntes Vergleichsprisma (Fig. 560). Dieses Prisma wird das Licht, das von einer direkt vor dem Spalt stehenden Lichtquelle ausgeht, durch Spiegelung seitlich ablenken, so daß letztere nur durch die obere unbedeckte Hälfte des Spalts Licht ins Spaltrohr senden kann. Stellt man eine zweite Lichtquelle seitlich vom Spalt auf, so werden bei richtiger Lage dieser letzteren diejenigen Strahlen, die auf die ihr zugekehrte Kathetenfläche des Vergleichsprismas fallen, durch sie hindurchgehen, aber an der Hypotenusenfläche total reflektiert und durch den Spalt in den Kollimator geworfen werden.!) Man sieht dann im Fern- rohr die Spektren beider Flammen übereinander, und zwar das Spektrum der seitlich stehenden Lichtquelle oberhalb der andern, weil das Keplersche Fernrohr ein umgekehrtes Bild des Gegenstandes gibt. Soll nur ein Spektrum erzeugt werden, so dreht man das Reflexionsprisma einfach zur Seite, wo- durch der Spalt freigelegt wird. Auch zur Vergleichung eines Absorptionsspektrums mit dem unver- änderten Spektrum kann der Apparat benutzt werden, indem man vor den Spalt eine Lichtquelle bringt, den Spiegel so stellt, daß er das Licht der letzteren aufs Vergleichsprisma wirft, und gerade vor den Spalt des Spektro- skopes die in einem kleinen Gefäße, Reagenzrohr u. dgl. befindliche ab- sorbierende Flüssigkeit stellt. Das durch den unbedeckten Teil des Spaltes gehende Lichtbündel erzeugt das Absorptionsspektrum, das durch Spiegel und Vergleichsprisma eintretende Lichtbündel das normale Spektrum ober- oder unterhalb, je nach der Lage des Vergleichsprismas auf dem Spalte. Spektroskope mit gerader Durchsicht. Bei den bisher betrach- teten Spektroskopen bilden infolge der durchs Prisma hervorgerufenen Ablenkung Spalt- und Fernrohr einen Winkel miteinander; die Visierlinie ist mithin gebrochen. Sie haben daher den Nachteil, etwas unhandlich zu sein und eine zeitraubende Einstellung zu erfordern; außerdem büßen die Spektren durch die Vergrößerung vermittelst des Fernrohrokulars an Licht- stärke ein. Diese Unbequemlichkeiten vermeiden die Spektroskope mit gerader Durchsicht. Sie enthalten anstatt eines einzigen Prismas eine passend zusammengesetzte Kombination von 3 bis 5, abwechselnd aus Flint- und Kronglas bestehenden Prismen, einen „Amieischen Prismensatz“, welcher eine Zerlegung des weißen Lichts ohne Ablenkung bewirkt und so eine gerade Visierlinie ermöglicht. In ihrer einfachsten Form, als „Taschenspek- troskop“, können sie allerdings bloß zur Betrachtung des Spektrums einer Lichtquelle verwandt werden. Das Browningsche Taschenspektroskop z.B. (Fie. 561) besteht aus einem weiteren, mit unbeweglichem oder beweglichem ‚Spalt versehenen Spaltrohr, worin ein zweites engeres Rohr in einer Führung verschoben werden kann. Die vom Spalte kommenden Strahlen gehen durch eine achromatische Sammellinse mit kurzer Brennweite und werden durch den dahinter liegenden Amieischen Prismensatz zu einem lichtstarken Spektrum ausgebreitet, das man durch eine Öffnung am Ende des Rohrs ') Vgl. dazu den ähnlichen Weg des Strahls 1 und 2 in Fig. 563. 618 J. Biehringer. unmittelbar, oder auch bei manchen Apparaten vergrößert durch ein damit verbundenes Fernrohr beschaut. Man verschiebt Spalt- und Prismenrohr eegeneinander, bis das Spektrum scharf erscheint. Eine weitere Ausbildung hat das Instrument von H. W. Vogel erfahren dadurch, daß er vor die eine Hälfte des Spaltes das oben geschilderte Vergleichsprisma (V, Fig. 562, 563) brachte, dem das Licht durch eine seitlich befindliche Öffnung zugeführt wird. Dazu kommt noch ein kleiner, seitlicher, um die Achse des Spektroskops drehbarer Winkelspiegel. Sollen die Spektren zweier Lichtquellen ver- elichen werden, so schaltet man den Spiegel durch Drehen nach unten aus und stellt die eine Lichtquelle unmittelbar vor den Spalt, die andere vor die zum Vergleichsprisma führende Öffnung, wie dies oben erläutert wurde (Fig. 563). Fig. 564. Taschenspektroskop mit Skala. Taschenspektroskop mit Spektroskoprohr F und Skala in dem Rohr H, welche durch eine kleine Glühlampe, deren Stromzuführung sichtbar ist, beleuchtet wird. Die scharfe Einstellung von Spektrum und Skala für das Auge des Beobachters ge- schieht durch die mit sechs verschieden starken Linsen ausgerüstete, excentrische Revolverscheibe. Für eine genaue Messung der einzelnen Teile des Spektrums ist das Spektroskop noch mit einem Skalenrohr # (Fig. 564) verbunden worden, das eine durchsichtige Skala auf dunklem Grunde enthält. Die zu unter- suchende, vor dem Spalt stehende Lichtquelle dient zugleich zur Beleuch- tung der Skala, falls sie hell genug ist: sonst ist besondere Beleuchtung nötig.!) Die von der Skala ausgehenden Strahlen werden durch eine ge- eignete, hier nicht näher zu erörternde Zwischenschaltung von Linsen und Prismen ins Spektroskoprohr F geleitet und schließlich an der freien hinteren Fläche des Amieischen Prismensatzes reflektiert, so daß das Bild der Skala mit dem Spektrum zusammenfällt. Die scharfe Einstellung auf beide zugleich erfolgt durch Vorschalten einer exzentrischen Scheibe mit sechs verschieden starken Linsen, welche nacheinander durch Drehen der ') S. E. Beckmann, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 36. Jahrg. S. 1984 (1903). Optische Untersuchungsmethoden. 619 Scheibe vor die Okularöffnung gebracht werden; man wählt sich diejenige aus, bei welcher Spalt und Skala zugleich deutlich zu sehen sind. Reduktion der Skalenteile auf Wellenlängen. Die Zahlen, welche man bei der Messung der einzelnen Teile eines Spektrums an der Skala des Spektroskops abliest, gelten bloß für das betreffende Instrument oder vielmehr sein Prisma. Um vergleichbare, davon unabhängige Werte zu er- langen, bezieht man sie am einfachsten auf die Wellenlängen der einzelnen Lichtstrahlen, welche in Milliontel Millimetern (vu.) ausgedrückt werden. Man eicht zunächst die Skala mit Hilfe einer Anzahl von Linien von bekannter Wellenlänge %, indem man ihre Lage auf der Skala genau ermittelt und daraus eine Kurve konstruiert, aus welcher man dann die einem bestimmten Skalenteil entsprechende Wellenlänge durch Interpolation erhält. Dazu lassen sich die Fraunhoferschen Linien des Sonnenspektrums verwenden oder die von gewissen glühenden Metalldämpfen (Metallsalzen) ausgesandten Lichtstrahlen, welche nach ihrer Zerlegung durch ein Prisma ein durch scharf bestimmte, farbige Linien ausgezeichnetes Emissionsspektrum liefern. Man bringt die an die geschlossene Öse eines Platindrahts angeschmolzenen Salze an den Saum der Flamme des Bunsenbrenners, und zwar ziemlich weit unterhalb des Spaltes, so daß die glühende, feste Masse kein konti- nuierliches Spektrum erzeugt. Für lichtschwache Linien ist der Spalt weiter zu machen. Wird das Spektrum eines Stoffes bei längerer Erhitzung schwächer, indem schwer flüchtige Oxyde entstehen, so feuchtet man die Perle mit etwas Salzsäure an. Auch die Bunsenflamme an sich gibt eine Anzahl schwacher grüner, blauer, violetter Linien, von denen man sich die stärksten zuvor anmerken muß; sie treten am meisten im unteren Teile der Flamme hervor. Die Natriumlinie wird, da der Staub kochsalzhaltig ist, fast immer zu sehen sein. Werden Gase, wie Wasserstoff, Helium, beim Eichen der Skala herangezogen, so verwendet man die käuflichen, mit dem verdünnten Gase gefüllten Geißlerschen (Plückerschen) Röhren, am besten die H-förmigen !), und läßt den elektrischen Funken eines Induktoriums durch sie hindurchschlagen, wobei sie in dem ihnen eigentümlichen Lichte erglühen. Die zum Eichen einer Spektroskopskala nötigen Daten finden sich in den folgenden Tabellen verzeichnet. Man benutzt entweder die in der ersten Tabelle angegebenen Fraunhoferschen Linien des Sonnenspektrums oder die in der zweiten Tabelle aufgeführten charakteristischen Linien einer An- zahl von Salzen in Verbindung mit den Linien des Wasserstoffspektrums, oder endlich das Spektrum des Heliums allein, das eine genügende Zahl “ausnehmend klarer und scharfer, über das ganze sichtbare Gebiet sich ver- teilender Linien enthält. In der Tabelle der Heliumlinien ist zugleich ihre relative Stärke durch Vergleichszahlen gekennzeichnet. 1) S. die Abb. Q in Fig. 541. N) J. Biehringer. ' I. Wellenlängen (%) der Spektrallinien I. Wellenlängen (%) der Fraunhoferschen | einiger Salze und des Wasserstoffs. Linien des Sonnenspektrums in tu. KC1 rote Linie Ka . .... 768 um B (im Hochrot), en net: 686°7 um. blaue Linie Kß..... 405 un. © (zwischen Rot und Orange). 656 yuy. LiCl rote Linie Lie ..... 671 un. D (zwischen Orange und Gelb) 5893 u NaCl gelbe Lwie ....... 5893 pa E (im Gelbgrün)........ 527 un TI ECLiprüne Linie... ‚a 535 un. F (zwischen Grün und Blau). 486 au. SrCl, blaue Linie Srö. .... 461 pp @ (zwischen Dunkelblau und Hr: rote EiniesHeaa Zee 656 un. Nolatb)irtn get 2 431 un blaugrüne Linie H5 .. 486 um H (gegen Ende des Violetts). 397 an. blauviolette Linie Hy. 4ötun violette Linie Hö.... 410 pm. I l III. Wellenlängen (A) der Linien des Heliumspektrums und Vergleichszahlen für die Intensität. Rote schwächere Linie. .. 707 un (5) Rote stärkere Linie .... 668 (6) | Linie im äußeren Violett. 439 un. (3) Gelbe Linie [D, |. .. .».. 588 vu. (10) Linien im äußersten Violett 414 u (2) Sehr schwache grüne Linie 505 uu (2) 412 un. (3) Starke grüne Linie... .. 502 un. (6) 403 u. (5) Starke blaugrüne Linie... 492 uu (4) 397 au. (4) Starke blaue Linie..... 471 uu (3) 389 ap. (10) Vıolette sinier. er „ee 447 vu. (6) Auf Koordinatenpapier trägt man auf die Abszisse als Abteilungen die Skalenteile auf, auf die Ordinaten die Wellenlängen von 5 zu D pp, wobei man aus praktischen Gründen am besten mit %=400 anfängt. Man bringt nun die einzelnen Salze in die Flamme, bestimmt die Lage der obigen, von ihnen erzeugten Linien auf der Skala, trägt die abgelesenen Skalenteile als Abszissen ein und errichtet in den betreffenden Punkten Lote, deren Längen den zugehörenden Wellenlängen entsprechen. So wäre z. B. bei der Kochsalzflamme in dem Punkte 50 der Abszissenachse (8. 615) eine Ordinate von 589—400 = 189 p.u. zu errichten, oder, da nach der Voraussetzung ein Teil der Ordinate=5uu. ist, in einer Höhe von 189/5=37T8 Einheiten. Die so für die einzelnen Linien erhaltenen Punkte verbindet man durch eine Kurve, deren Verlauf um so besser festgelegt ist, je größer die Zahl der Linien ist, die zu ihrer Konstruktion dienten. Aus ihr läßt sich dann die zu einem beliebigen Skalenteil gehörende Wellenlänge ohne weiteres entnehmen. Soll das Spektrum irgend eines Stoffes untersucht werden, so liest man die Lage der einzelnen Linien usw. mit Hilfe der Skala ab und ermittelt dann die zugehörenden Wellenlängen aus der Kurve. Es ist selbstverständlich scharf darauf zu achten, daß die Skala keine Ver- schiebung erfährt. Statt die Spektren unmittelbar zu beobachten, empfiehlt es sich sehr, sie zuerst zu photographieren und die Messungen an den Photogrammen vorzunehmen. Der Spektrograph. Die photographischen Spektralapparate, von H. W. Vogel kurzweg als Spektrographen bezeichnet, ermöglichen eine Optische Untersuchungsmethoden. 621 photographische Aufnahme der Spektren. Die Vorzüge, welche die zuerst von Lockyer verwandten Photogramme der Spektren vor der unmittelbaren Beobachtung haben, sind sehr groß. Abgesehen davon, dal) die Länge des sichtbaren Spektrums nach der Seite des Ultravioletts sehr vergrößert wird, erhält man auf diesem Wege in kürzester Zeit ein vollkommen ge- treues, von subjektiven Augentäuschungen freies Bild, welches außerdem jederzeit zur Verfügung steht und eine genaue Messung, sowie eine be- queme, unmittelbare Vergleichung mit anderen Spektren erlaubt. Man kann außerdem auch auf diese Weise sehr lichtschwache Spektren oder sehr lichtschwache Teile eines Spektrums, die sich sonst der Beobachtung völlig entziehen würden, durch genügend lange Expositionsdauer sichtbar machen und weiter auch sehr lichtschwache und sehr lichtstarke Spektren mit- einander vergleichen, wenn man für jene eine lange, für letztere eine ganz kurze Expositionszeit wählt. Störend ist nur die wechselnde Empfindlich- keit der photographischen Platten für die einzelnen Farben, wodurch die Intensität innerhalb der einzelnen Teile des Spektrums in unrichtiger Weise wiedergegeben wird. Bei den gewöhnlichen Trockenplatten heet das Maximum der Empfindlichkeit im Violett oder Indigoblau, während sie von Grün an sehr stark abnimmt. Diesem Mangel kann durch Zusatz geringer Mengen von Farbstoffen (Sensibilisatoren) abgeholfen werden, wodurch die Platten für Grün, Gelb und Rot empfindlich werden. Es sind eine ganze Anzahl derartiger Marken im Handel zu haben.!) Die Spektrographen sind Spektroskope, welche mit einer photographi- schen Kamera verbunden sind. So besteht H.W.Vogels kleiner Spektrograph aus einem Browningschen Taschenspektroskop, welches statt des Objektivs in eine photographische Kamera eingesetzt ist. Das Spektroskop von Kirchhoff und Bunsen läßt sich in einen Spektrographen umwandeln, indem man das Fernrohr abnimmt und durch eine photographische Kamera ersetzt. Man wird für letztere ein Objektiv von großer Brennweite wählen, weil das Spektrum um so ausgedehnter wird, je größer bei gleicher Öffnung die Brennweite ist. Die photographische Platte ist m den Brennpunkt zu bringen. Man stellt die Kamera und den Spalt des Spaltrohres so ein, daß auf der, am besten etwas eingeölten Mattscheibe der ersteren ein scharfes Bild des Spektrums sichtbar ist und vertauscht hierauf die Mattscheibe mit der Kassette. Um die Aufnahme mehrerer Spektren auf derselben Platte zu ermöglichen, liegt in der Kamera vor der Kassette eine Blende '!) Für das Photographieren von Spektren kommen in erster Linie „panchro- matische“ Platten in Betracht, d.h. Platten, welche annähernd für alle Teile des Spektrums empfindlich sind. Als solche seien u. a. genannt die Perchromoplatten von Perutz in München, die Platten von Wratten & Wainrisht in London (Vertrieb in Deutschland durch die neue photographische Gesellschaft in Berlin-Steglitz). Will man sich die Platten selbst sensibilisieren, so kann man dazu z. B. das Isocol der Farben- fabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. in Elberfeld, das Pinacyanol der Höchster Farbwerke (vgl. darüber F. Stenger in der Zeitschr. f. Reproduktionstechnik. 8. Jg. [1906], Heft 3 bis 5) u. a. verwenden. 62? J. Biehringer. Spektralapparat von Kirchhoff und Bunsen (Fig.559) mit photographischer Ein- richtung. Das Spaltrohr mit verstellbarem Spalt und zur Seite geschlagenem Vergleichs- prisma steht rechts von dem in eine Metallkapsel eingeschlossenen Prisma. Das auf einem Schlitten S montierte Fernrohr F'ist abgenommen und durch die photographische Kamera ersetzt. welche ebenfalls auf einen Schlitten aufgesetzt ist und mit Hilfe des Knopfes K befestigt wird. Der unter dem Spaltrohr befindliche massive Zylinder hält sie im Gleichgewicht. Das Blech B dient zur lichtdichten Verbindung zwischen Kamera bzw. Fernrohr und Prismenraum. An der photographischen Kamera ist die zur Einstellung des Spektrums dienende Mattscheibe sichtbar, welche dann durch die Kassette ersetzt wird. Sie kann mittelst einer Triebschraube K, etwas schräg gestellt werden, um dadurch den fehlenden Achromatismus des Objektivs unschädlich zu machen. Die zugehörende Kassette ist für Platten von 9X 12cm Fläche eingerichtet; vor der Platte befindet sich eine Blende mit Schlitz. Die Kassette kann von oben nach unten verschoben werden und ermöglicht so die Aufnahme einer größeren Zahl von Spektren auf einer Platte. X, dient zur Scharfstellung des Spektrographen. Links neben dem Apparat steht ein zweites beige- gebenes Okular.!) mit einem schmalen, wagrechten, rechteckigen Ausschnitt, welcher das Licht nur auf einen Teil der Platte gelangen läßt. Dadurch, daß man die Kassette hinter der Blende nach oben verschiebt, können immer neue Stücke der Platte der Lichtwirkung des Spektrums ausgesetzt und so eine Anzahl von Spektren in einer Reihe übereinander photographiert werden. ') Preis des Apparates von Kirchhof und Bunsen bei der Firma Franz Schmidt & Haensch 376 M., der zugehörenden Einrichtung für die photographische Aufnahme mit zwei Kassetten für Platten von der Größe 9x 12cm 250M. Optische Untersuchungsmethoden. 625 Die Linien des Spektrums erscheinen auf dem Photogramm nicht gerade, sondern mehr oder weniger gekrümmt, und zwar mit der konkaven Seite dem violetten Ende zugewandt. Das Ausmessen der Linien geschieht unter dem Mikroskope. Man benutzt hierzu das Okularmikrometer: oder man ver- schiebt das Photogramm auf dem Objekttisch mittelst einer mit Teilung ver- sehenen Mikrometerschraube unter Anwendung eines Okulars mit Fadenkreuz. Art der Absorptionsspektren. Die infolge der auswählenden Absorption gefärbter Flüssigkeiten (5.610) entstehenden Absorptionsspektren werden in der Weise erhalten. daß man zwischen die weile, ein kontinuierliches Spektrum erzeugende Lichtquelle, Himmelslicht, elektrisches Licht, eine Auerlampe (S. 610), und den Spalt des Spektroskops die auf ihr Absorptions- vermögen zu prüfende Flüssigkeit in einem passenden, durchsichtigen Gefäße einschaltet, einem Trog mit parallelen Wänden (vgl. Fig. 560), einem Reasenzrohr, welches so aufzustellen ist, dab die Strahlen mitten hindurch in den Spalt treten, und dann zusieht, welche Lichtarten in dem entstehenden Spektrum vorkommen und welche infolge der Absorption fehlen. Sehr erleichtert wird dies, wenn man am Spalt des Spektroskops ein Reflexions- prisma (Fig. 560) anbringt und so zwei Spektren übereinander entwirft, das unveränderte und das infolge der Absorption veränderte Spektrum der Lichtquelle. Man unterscheidet vier Arten von Absorptionsspektren. Bei solchen mit einseitiger Absorption fehlt ein zusammenhängender Teil von einem, gewöhnlich dem violetten Ende an, vollständig: bei Spektren mit zwei- seitiger Absorption ist dies an beiden Seiten der Fall, so dal) bloß der mittlere Teil übrig bleibt. Die dritte Gruppe, die Bandenspektren, zeigt schmälere oder breitere, an den Rändern mehr oder minder ver- schwommene Schatten (Banden), welche an einer bestimmten Stelle des Spektrums beginnen, bis zu einem schärfer oder schwächer ausgeprägten Maximum der Dunkelheit wachsen und sodann wiederum abnehmen. Dieses Dunkelheitsmaximum kann in der Mitte des Streifens liegen (symmetrische Absorptionsstreifen) oder mehr oder minder weit nach dem einen Ende, d.i. nach der Richtung der längeren oder kürzeren Wellen, verschoben sein (unsymmetrische Absorptionsstreifen). Die Absorptionsbanden können einzeln oder zu mehreren in einem Spektrum sich finden. Häufig gesellt sich hierzu noch ein- oder zweiseitige Absorption, die sich aber hier, wie auch in den beiden erstgenannten Fällen, vielfach bloß als Bande darstellt, welche in den für das Auge unsichtbaren Teil des Spektrums, ins Ultraviolett oder Infrarot, hineinreicht. Bei den Linienspektren, die vornehmlich glühen- -den Gasen und Dämpfen eigentümlich sind, sehen wir das Spektrum durch- zogen von einzelnen schwarzen Linien, so dab nur einzelne bestimmte Strahlen absorbiert werden, also scharf ausgeprägte Absorptionsmaxima vorhanden sind. Einfluß äußerer Bedingungen auf die Beschaffenheit der Ab- sorptionsspektren. In dieser Hinsicht sind von Bedeutung das Lösungs- mittel, die Konzentration und Schichtdicke, endlich die Temperatur. 624 J. Biehringer. Was den Einfluß der Lösungsmittel anlangt, von denen naturgemäß hier nur diejenigen in Betracht kommen, welche sich gegen die gelösten Stoffe indifferent verhalten, so ist zu bemerken, daß auch diese je nach ihrer Natur auf die Lage der Banden, teilweise sogar auf ihre Zahl ver- ändernd einwirken, weswegen sie auch bei spektroskopischen Beobachtungen stets angegeben werden müssen. Die von A. Kundt 1877 aufgestellte Regel, dab die Absorptionsstreifen um so weiter nach Rot, d.h. nach der Seite der längeren Lichtwellen verschoben werden, je stärker das Brechungs- und Dispersionsvermögen des Lösungsmittels ist, trifft in vielen Fällen nicht zu, wie dies schon H. W. Vogel!) u. a. nachwiesen, besonders aber J. For- minek, der sie nur bei 53°/, der von ihm untersuchten 910 Farbstoffe bestätigt fand, während bei den anderen das Gegenteil statthatte oder keine, bzw. nur eine sehr geringe Einwirkung hervortrat.?) Stoffe, welche sich in verschiedenen, chemisch unwirksamen Lösungsmitteln mit anderer Farbe lösen, zeigen selbstverständlich auch verschiedene Absorptionsspektren. Von wesentlicher Bedeutung für das Aussehen der Absorptionsspektren, die Breite und Stärke der Bänder ist die optische Dicke, d. h. die Dicke der durchstrahlten Schicht und die Konzentration der absorbierenden Lö- sung. Der Verlust, welchen das Licht beim Eindringen in ein absorbieren- des Mittel erleidet, nimmt zu mit dem Wege, den es darin zurückzulegen hat, also mit der Schichtdicke. Den Einfluß der letzteren beobachtet man nach Gladstone in keilförmigen Gefäßen, wobei man nach J. Landauers Vorschlag am besten die Hohlprismen verwendet, welche bei der Untersuchung von Flammenfärbungen benutzt werden; es ist auf diese Weise möglich, die Ände- rung der Absorption bei verschiedener Schichtdicke durch bloßes Verschieben des Prismas zu beobachten. Ferner ist nach dem Gesetze von A. Beer (1852) die Liehtabsorption einer farbigen Lösung proportional dem Gehalte an ab- sorbierendem Stoff, und zwar sowohl bei einfarbigem, wie bei zusammen- gesetztem Licht. Es wird also das Absorptionsvermögen eines Stoffes sich nicht ändern. wenn man seine Lösung mit dem Lösungsmittel weiter ver- dünnt. R. Bunsen und H. Roscoe wiesen nach, daß Zunahme der Schicht- dicke und der Konzentration im gleichen Sinne wirken. Danach sollte die Liehtauslöschung einer gegebenen Menge eines absorbierenden Stoffes dieselbe sein. wenn man sie in konzentrierter Lösung bei geringer Schicht- dicke oder in verdünnter Lösung bei größerer Schichtdicke untersucht. Doch ist dies nur angenähert der Fall; die Spektren sind zwar im allge- meinen einander gleich, können aber doch größere oder kleinere Abwei- chungen zeigen. so daß also die Konzentration entschiedenen Einfluß übt. Andrerseits aber folgt daraus, daß bei der Kennzeichnung und Messung der Absorptionsspektren stets Angaben über die Konzentration und Schicht- ") H. W.Vogel, Monatsberichte der Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem Jahre 1878, S. 427 (Berlin 1879). 2?) J. Formänek und E. Grandmougin, Untersuchung und Nachweis organischer Farbstoffe auf spektroskopischem Wege. 2. Aufl. 1. Teil. S.20 (Berlin 1908. Julius Springer). Optische Untersuchungsmethoden. 623 dieke beigefügt werden müssen. Ferner ist zu beachten, daß man bei Unter- suchung eines Absorptionsspektrums nicht bloß die Schichtdicke, sondern auch die Konzentration variiere und Lösungen verschiedener Konzentration bei gleicher Schichtdicke beobachte. Im allgemeinen werden die Absorptionsbanden mit steigender op- tischer Dicke, d.h. bei Vergrößerung der Schichtdicke und der Konzentration, breiter und dicker, ohne ihre Lage zu ändern: Strahlen, welche vorher noch durchgelassen worden sind, werden nun absorbiert, und zwar unter Um- ständen auf beiden Seiten des Dunkelheitsmaximums in ungleicher Stärke, so dal die Streifen anscheinend ihren Ort verändern. Aber das Dunkel- heitsmaximum selbst behält seine Lage, auch bei verschiedener Konzen- tration der Lösung stets bei. Es ist dies der Grund, weshalb man auch zur Kennzeichnung von Absorptionsbanden nicht die Grenzen, sondern den Ort des Maximums der Absorption, ausgedrückt in Wellenlängen, angibt. Bei zunehmender Konzentration können ferner infolge gesteigerter Ab- sorption gesonderte Streifen sich vereinigen oder neue Streifen auftreten an Stellen, wo bei geringerer optischer Dicke nur schwache oder vielleicht überhaupt keine merkbare Auslöschung stattfand, so daß) dadurch anscheinend der ganze Charakter des Spektrums verändert wird. Mit wachsender Ver- dünnung treten diese Erscheinungen in umgekehrter Reihenfolge ein: den Streifen, der dabei zuletzt verschwindet, bezeichnet man als Hauptstreifen, die übrigen, vorher verschwindenden als Nebenstreifen. Auf der Tatsache, daß mit wachsender Schichtdicke oder Konzentra- tion farbige Strahlen, die vorher noch durchgelassen wurden, verschwinden können, beruht die oft zu beobachtende Änderung des Farbentons einer Lösung mit wachsender optischer Dicke. So erscheint eine alkoholische Chlorophyllösung in dünner Schicht grün, in hinreichend dicker Schicht tiefrot. Die spektralanalytische Untersuchung zeigt, daß im ersteren Falle bloß Teile der roten und grünen Strahlen des weißen Lichts durchgehen, und daß bei zunehmender Dicke die grünen Strahlen stärker ausgelöscht werden als die roten. Einfluß der Temperatur. Erhöhung oder Erniedrigung der Tempe- ratur kann die spektralanalytischen Beobachtungen aus zweierlei Gründen be- einflussen. Sie wirkt einmal auf die einzelnen Teile des Instruments selbst. auf die Prismen, deren Brechungsvermögen mit zunehmender Temperatur wächst, so dal eine Verschiebung der Absorptionserscheinungen nach dem violetten Ende, und zwar gegen dieses hin in immer höherem Grade, ein- tritt. Nach G. und H. Krüß darf daher die Temperatur, wenn exakte - Beobachtungen ausgeführt werden sollen, höchstens um +- 3° von derjenigen abweichen, bei welcher das Instrument geeicht wurde. Zweitens übt die Temperatur stets Einfluß auf die Absorptionsfähigkeit der Lösungen, auch dann, wenn beim Erwärmen eine äußerliche Farbenänderung nicht hervor- tritt. Es wird die Intensität der Absorptionsstreifen geändert und eine Verschiebung der letzteren bewirkt, so dal) zwischen dem Absorptions- vermögen warmer und kalter Lösungen beträchtliche Unterschiede bestehen Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 40 626 J. Biehringer. können. Große Änderungen der Spektren mit der Temperatur werden im allgemeinen auf Umwandlungen der Molekeln des gelösten Stoffes zurück- zuführen sein, was sich äußerlich oft schon dadurch kundeibt, daß Ände- rungen im Farbenton der Lösungen eintreten, welche bei der Abkühlung langsam oder überhaupt nicht mehr zurückgehen. In den Fällen, wo chemische Änderungen nicht anzunehmen sind, werden die Lösungen bei Temperatur- steieerung häufig undurehsichtiger und zeigen eine Verschiebung der Farbe nach der roten Seite des Spektrums, indem die Absorption in der Richtung der längeren Wellen fortschreitet. Doch bedürfen alle diese Verhältnisse noch sehr der Klärung.!) Jedenfalls aber ergibt sich daraus die Notwen- diekeit, dal) man die Beobachtungen immer ungefähr bei derselben Tempe- ratur (Zimmertemperatur) ausführe, welche anzugeben ist. Darstellung der Absorptionsspektren. Die vollkommenste Art wäre diejenige in natürlichen Farben und der relativen Helligkeit ihrer einzelnen Teile, ein Verfahren, wovon man aus naheliegenden Gründen meist absehen wird. Gibt man sie durch eine Zeichnung wieder, so stellt man die Absorptionslinien durch stärker oder schwächer ausgezogene Linien, die Absorptionsbanden je nach ihrer Dunkelheit durch stärker oder schwächer schraffierte Streifen dar; zur Orientierung zeichnet man darunter das Sonnenspektrum mit den Fraunhoferschen Linien, genau unter den gleichen Umständen beobachtet, oder eine Skala mit den Wellenlängen, auf welche man die willkürliche Skala des Spektroskops reduziert hat. Die bloße Angabe der Farben genügt durchaus nicht. Eine graphische Darstellung der Spektren hat Bunsen eingeführt. Die einzelnen Absorptionsbanden setzen an einer Stelle des Spektrums mehr oder minder scharf ein, nehmen bis zu einem Maximum der Dunkelheit zu und dann wieder ab. Sie lassen sich also in Form einer Kurve darstellen, deren Abszissen die Länge des Absorptionsstreifens angeben, deren Ordinaten der Stärke der Absorption proportional sind, also durch ihre Höhe die relative Dunkelheit an der betreffenden Stelle versinnlichen. Die letztere wird einfach mittelst des Auges geschätzt. Man erhält so für ein Spektrum je nach der Zahl der Absorptionsbanden einen oder mehrere Kurvenzüge von berg- oder bergzugähnlicher Gestalt, welche uns rasch darüber unter- richten, wie und wo die Absorption oder Auslöschung des Lichts in dem Spektrum statthat und wo die stärksten Absorptionen eintreten. Auch hier muß man dem „Spektrogramm“ eine einfache Darstellung des Sonnen- spektrums mit den Fraunhoferschen Linien beifügen oder auf der Abszisse die Wellenlängen auftragen. Soll das Absorptionsspektrum in seiner Abhängiekeit von der Schicht- dicke oder Konzentration graphisch dargestellt werden, so zeichnet man die einzelnen Kurven übereinander auf dieselbe Abszissenachse und merkt bei jeder Kurve die entsprechende Konzentration oder Schichtdicke an. ‘) Vgl. H. Kayser, Handbuch der Spektroskopie. 3. Bd. (Leipzig 1905. S. Hirzel.) 5. 94 ff. — @. Krüß und H. Krüß, Kolorimetrie und quantitative Spektralanalyse in ihrer Anwendung in der Chemie. (Hamburg und Leipzig 1891. L. Voß.) S. 271ff. (H. Bremer.) Optische Untersuchungsmethoden. 627 Eine andere Art der Wiedergabe, welche die allmähliche Änderung des Absorptionsspektrums bei wachsender Konzentration oder Schichtdicke zur Anschauung bringt, rührt von J. Müller her. In ein Koordinaten- netz trägt man nach abwärts als Ordinaten die Schichtdicken, z. B. in Millimetern, oder die Konzentrationen (1, !/,, '/, usw.) ein und als Abszissen die Wellenlängen. Man beobachtet nun die Absorptionsspektren bei ab- nehmender optischer Dicke und trägt die Schattengrenze der einzelnen Streifen auf der zur entsprechenden Ordinate gehörenden Abszisse auf. (Genauer ist es, mit Hartley die einzelnen Spektren photographisch bei der gleichen Expositionsdauer aufzunehmen, welche man so wählt, daß der Hauptstreifen bei der größten Verdünnung oder geringsten Schichtdicke eben noch zum Vorschein kommt. Man mißt dann auf dem Negativ die Ränder der nicht geschwärzten Teile aus und trägt diese Werte ins Koordinatennetz ein. Verbindet man die gefundenen Punkte durch eine Kurve, so erhält man als Spektrogramm ein Bild des Absorptionsbereichs des betreffenden Stoffs in seiner Abhängigkeit von der Schichtdicke oder der Konzentration, welches außerdem auch die Gestalt des Absorptions- spektrums für die zwischenliegenden Werte unmittelbar ablesen läßt. Bei Absorptionsbanden mit verwaschenen Grenzen, welche schwer zu bestimmen sind, können allerdings ganz scharfe Ergebnisse nicht erwartet werden. Quantitative Analyse mitHilfe der Spektralanalyse (Spektro- kolorimetrie und Spektrophotometrie). Die Grundlage zur quanti- tativen Bestimmung des Gehaltes von gefärbten Lösungen vermittelst der Spektralanalyse ist von K. Vierordt geschaffen worden. Sie beruht darauf, daß man vor die eine Hälfte des Spaltes vom Spektralapparat die zu unter- suchende Lösung bringt und so zwei Spektren übereinander erzeugt, ein normales, der Lichtquelle unmittelbar entstammendes, und ein durch die Absorption der Lösung stellenweise verschieden stark geschwächtes Spektrum. Man vergleicht nun die Lichtintensität eines bestimmten Ortes in beiden Spektren, indem man auf meßbare Art und Weise die Lichtstärke im nor- malen Spektrum abschwächt, bis sie mit dem betreffenden Absorptions- streifen des zweiten Spektrums gleiche Helligkeit aufweist. Aus dem ee- messenen Verlust, welchen der Lichtstrahl beim Durchgange durch die absorbierende Flüssigkeit erfährt, ermittelt man dann die Konzentration der letzteren auf Grund des Schlusses, daß um so mehr Licht von einer Flüssigkeit absorbiert werden muß, je größer die Menge des absorbieren- den Stoffes ist. Zu dem Ende ist zuvor die Beziehung zwischen der Absorptionsfähig- - keit einer Lösung und ihrer Konzentration festzustellen. Geht ein homo- genes Lichtbündel durch eine absorbierende Flüssigkeit hindurch, so wird der Lichtverlust um so größer, die Intensität des austretenden Lichtes mit- hin um so kleiner sein, je länger der Weg ist, den der Strahl in dem ab- sorbierenden Mittel zurückzulegen hat, d. h. je größer die Schichtdicke ist. Wir denken uns die absorbierende Flüssigkeit in eine Reihe hinterein- ander liegender, gleich dicker, paralleler Schichten zerlegt. Wenn nun ein 40* 628 J. Biehringer. Lichtstrahl, dessen Intensität = 1 gesetzt werde, in die erste Schicht eindrinet und beim Durchgang durch sie infolge der Absorption auf den n-ten Teil seiner Stärke vermindert wird, so dringt er in die zweite Schicht mit der Intensität I/n ein und verliert dort wieder 1/n, so daß seine Stärke jetzt nur noch 1/n. 1/n = 1/n? beträgt. Beim Durchgang durch die dritte Schicht wird sie ebenso auf 1/n®, beim Durchgang durch die d-te Schicht oder, was das gleiche ist, durch eine Schichtdicke = d auf 1/n? redu- ziert. Bezeichnen wir die Intensität des austretenden Lichtes mit J, so gilt Die durch eine lichtabsorbierende Flüssigkeit hindurchgehende Licht- menge nimmt also nicht proportional der wachsenden Schichtdicke ab, sondern in geometrischer Progression, wenn die Schichtdicke in arithmeti- scher Progression steigt. Diese Beziehung eilt nur für homogenes Licht: bei zusammengesetztem Lichte ist die Absorption der einzelnen Farben ungleich. so daß die Abnahme der Gesamtintensität beim Durchgang durch verschieden dieke Schichten nieht gleichmäßig erfolgt. In derselben Weise, wie die Vermehrung der Schichtdicke bei gleich- bleibender Konzentration der Lösung, wirkt bei gleichbleibender Schicht- dieke die Erhöhung der Konzentration des absorbierenden Stoffes in der zu untersuchenden Flüssigkeit !). Gesetzt, es wird die Intensität eines homo- genen Lichtstrahles, welche wieder = 1 sei, beim Durchgang durch eine l cm dieke Schicht von der Konzentration = 1 auf den n-ten Teil verrin- eert, so ist. wenn wir die Intensität des austretenden Lichtstrahles mit i bezeichnen, 3. 1=4/n. Bei der doppelten Konzentration wird sie auf 1/n.1/n = 1/n?, bei der dreifachen Konzentration auf 1/n3, bei der c-fachen Konzentration auf 1/n® vermindert; wir haben wieder, wenn wir die Intensität des austreten- den Lichtstrahles = J setzen, nz Logarithmieren wir diese Gleichung, so ist log J = log 1 — ce log n, woraus man mit Rücksicht darauf, daß log 1 = 0 ist, durch Auflösen nach c erhält — log J Iy: = ——— logn Aus Gleichung II folgt andrerseits n = 1/i, demnach log n = log 1 —log i, woraus V. lgn= —.logi. ') Unter Konzentration sei hier die Gewichtsmenge gelösten Stoffes in Grammen verstanden, welche in 1cm® Lösung enthalten ist. Optische Untersuchungsmethoden. 629 Setzt man diesen Wert in Gleichung IV ein, so ergibt sich u er — log i Messen wir also die Intensität eines Lichtstrahles von bekannter Stärke nach dem Durchgang durch die Flüssigkeit von der Konzentration 1 und andrerseits von der unbekannten Konzentration ec, so läßt sich die Konzentration der letzteren nach Formel VI ermitteln. Man kann dabei statt von einer Lösung mit der Konzentration = 1 auch von einer solchen mit der beliebigen, aber bekannten Konzentration e‘ ausgehen. Ist die Intensität des durch sie hindurchgegangenen Lichtes = J‘, so gilt wie oben Te — log i Dividiert man Gleichung VI durch Gleichung VII. so ist R © Zn ee else hun! Ba zer ae eeE pa 2 or T DER: une d. h. die Konzentrationen zweier Lösungen desselben Stoffes verhalten sich wie die negativen Logarithmen der Helligekeiten, welche von dem durch- gegangenen Lichte ursprünglich gleicher Intensität übrig bleiben, wenn die Schiehtdieken gleich sind. Zur Vereinfachung der Berechnung haben Bunsen und Roscoe nun einen weiteren Begriff eingeführt, den Extinktionskoeffizienten. Um ein bestimmtes Maß für die Abnahme der Intensität bei verschiedenen Lösungen zu haben, gehen sie von einer Schichtdicke aus, welche die ge- messene Intensität des einfallenden Lichtes, die gleich 1 gesetzt wird, gerade auf den zehnten Teil verringert. Je konzentrierter eine Lösung ist, um so kleiner wird die dazu nötige Schichtdicke sein müssen, so dal) der reziproke Wert der letzteren ein Maß abgibt für die Absorptionsfähigkeit der Lösung. Diesen reziproken Wert der Schichtdicke d nennen Bunsen und Roscoe den Extinktionskoeffizienten e. Es ist also dann e=1/d. Nun ist früher für die Intensität des austretenden Lichtes bei der Schichtdicke d der Ausdruck der Gleichung I abgeleitet worden: J=1/n4. Daraus folgt n!=1/J oder, weil J='!/,, der anfänglichen Intensität sein soll, n?=10. Durch Logarithmieren erhält man d.logn=1 und daraus ken 1/d=e. Diese Gleichung mit Gleichung V verbunden, ergibt X. e&=—logi, d. h. der Extinktionskoeffizient ist gleich dem negativen Logarithmus der Helligkeit, welche von dem durch die Lösung gegangenen Lichte noch übrig geblieben ist. 630 J. Biehringer. Setzt man demeemäß in Gleichung VIII — log J=:, und — lg J' =:‘, so gilt die Proportion oder durch Vertauschen der Mittelglieder e BHFAGE AL, onhe —n Die Konzentration und der Extinktionskoeffizient sind mithin einander proportional und der Quotient aus der Konzentration durch den Extinktions- koeffizienten ist eine Konstante, welche bei derselben Lichtart nur abhängt von der Natur des absorbierenden Stoffes. Diese Konstante wurde von K.Vierordt Absorptionsverhältnis (A) genannt. Hat man die Konstante A durch Untersuchung einer Lösung von bekannter Konzentration oder besser als Mittelwert aus der Untersuchung mehrerer Lösungen von bekannter Konzentration für einen bestimmten Bezirk des Spektrums ermittelt, so läßt sich durch Bestimmung des Ex- tinktionskoeffizienten e‘ einer Lösung des Stoffes von unbekannter Kon- zentration c‘ die letztere berechnen aus der Gleichung } : c IE ZN woraus 6! = A..e Beispiel: A. Vierordt untersuchte eine Reihe von Chromalaunlösungen und fand z. B., daß eine Lösung, welche in 1 cm® 0'07176 g Chromalaun enthielt, in einer Schicht von lcm Dicke die Lichtstärke einer Spektralregion zwischen den Fraunhoferschen Linien D und E auf 0'050 verringerte, wenn diese vor dem Durchgang durch die Lösung — 1 gesetzt wurde. Es ist demnach der Extinktionskoeffizient <= —logi = —log 0:05 = — (069897 —2) = 2—0:69897 — 130103, so daß man also den Extinktionskoeffizienten erhält, wenn man den Logarithmus des Dezimalbruchs der übrig bleibenden Lichtstärke aufschlägt und die so erhaltene Mantisse des Logarithmus von seiner Kennziffer abzieht. (E 0:07176 — — — -—— — (005515. Das Mi = 130103 0:05515. Das Mittel Das Absorptionsverhältnis ergäbe sich dann zu A = aus vier untersuchten Lösungen war A = 005457. Für eine Lösung, deren Konzentration e‘ bestimmt werden soll, wurde die Lieht- stärke des durchgegangenen Lichts zu 0'228 der ursprünglichen gefunden, demnach ist der Extinktionskoeffizient ® = —log 0'228 — —(0'35793—1) = 0'64207 und die Konzen- tration ec’ — A.’ — 0:05457 . 0'64207 — 0:03504 in 1 cm?, oder 3504 9 in 100 cm’ Lösung. Die wirkliche Konzentration war 3588 g. Auch die Zusammensetzung eines aus zwei absorbierenden Bestand- teilen bestehenden Gemisches, z. B. der Gehalt des Blutes an Oxyhämo- globin und Hämoglobin, kann auf spektralphotometrischem Wege bestimmt werden, wenn man die Stärke der Lichtabsorption in zwei Bezirken des Spektrums bestimmt, auf welche beide Bestandteile in verschiedenem Grade schwächend wirken. Bedingung ist, daß das Absorptionsverhältnis beider für den betreffenden Bezirk des Spektrums bekannt ist. Es sei x die unbekannte Konzentration des einen, y diejenige des anderen färbenden Bestandteils. Ferner sei in der einen Spektralregion Optische Untersuchungsmethoden. 631 das bekannte Absorptionsverhältnis für den Stoff x = A,, für den Stoff v= A,, der gemessene Extinktionskoeffizient des Gemisches = E. In der anderen Spektralregion sei für den Stoff x das Absorptions- verhältnis — W,, für den Stoff y das Absorptionsverhältnis = W,, der ge- messene Extinktionskoeffizient des Gemisches — ©. Da die Extinktionskoeffizienten der Mischung in beiden Spektral- bezirken gleich sind der Summe der Koeffizienten beider Bestandteile und andrerseits, wie aus Gleichung XII folgt, der Extinktionskoeffizient jedes Bestandteils gleich ist dem Quotienten aus der Konzentration durch das Absorptionsverhältnis, < —= c/A, so ergibt sich für die Werte E und & unter Einsetzung der entsprechenden Buchstaben x \ ee er A Berechnet man aus diesen Gleichungen in bekannter Weise die Un- bekannten x und y, so bekommt man (EU, EA) A, N, A, U, — A, W, _ EAı CH) AU 4a ve A, Us ii: A, A, Beispiel: X. Vierordt bestimmte den Gehalt einer Mischung von übermangansaurem und rotem chromsaurem Kalium aus folgenden Beobachtungen. In dem Spektralbezirk zwischen den Fraunhoferschen Linien E und F wurde das Absorptionsverhältnis gefunden für KMnO, (x) zu A, = 000010455, für K,Cr,O, (y) zu A, — 001404. / . In dem Spektralbezirk zwischen den Linien F und G@ waren die Werte für KMnO, 4, =0:0002401, für K,Cr,O, U, = 0'001514. Der Extinktionskoeffizient der Mischung war im ersten Falle E=034679. im zweiten Falle € = 0°53018. Setzt man diese Werte in die Gleichungen für x und y ein, so erhält man für x 0'00003179 mg KMnO, im Kubikzentimeter (angewandt 0°00003125 mg), für y = 0000602 mg K,Cr,O, (angewandt 0000625 mg) oder für 100 cm? Lösung den 100fachen Betrag. Spektrophotometrie. Die Bestimmung der Schwächung, welche das Licht einer Lichtquelle beim Durchgang durch eine farbige Lösung erfährt, geschieht in der Weise, dal man ein Spektrum von dem un- veränderten Licht und dicht darunter ein zweites Spektrum von dem durch die Absorption in der Flüssigkeit geschwächten Lichte entwirft, und dann in einem hierfür geeigneten Bezirk beider Spektren das stärkere Licht des unveränderten Spektrums in genau zu messender Weise so weit schwächt, bis es dem schwächeren Licht des Absorptionsspektrums gleich ist. Damit sind die Daten für die Berechnung des Extinktionskoeffizienten der farbigen Lösung gegeben. 652 J. Biehringer. Da die zu untersuchende Flüssigkeit in ein Glasgefäß eingefüllt werden muß, so wird ein Lichtverlust durch Reflexion an den Glaswänden entstehen, worunter die Schärfe des Ergebnisses leidet. Um dieses zu vermeiden, untersucht man zwei verschieden dicke Schichten der Flüssigkeit. \Man verwendet einen kleinen Glastrog mit planparallelen Wänden, dessen innere Weite zu 11mm gewählt wird. In diesen Trog bringt man ein massives Parallelepiped aus Flintglas, das eine Dicke von 10 mm und eine eben geschliffene, obere Fläche besitzt, den „Schulzschen Körper“, und füllt dann die zu untersuchende Flüssigkeit ein. Hat der Trog eine Weite von Ilmm, der Schulzsche Körper eine Dicke von 10 mm, so wird das einfallende Licht im unteren Teile der Zelle eine Flüssigkeitsschicht von l mm, im oberen eine solche von 11 mm durchstrahlen, so daß also die bei der früher gegebenen Ableitung der Formel des Extinktionskoeffizienten vorausgesetzte Schichtdicke der zu untersuchenden Flüssiekeit von 1 cm vorhanden ist (S. 635). Die Spektrophotometer zerfallen je nach der Art, wie diese Messung der Liehtschwächung erfolgt, in zwei Gruppen, den Vierordtschen Spektral- apparat mit Doppelspalt auf der einen Seite, und die Apparate, welche die Lichtschwächung mit Hilfe der bekannten Eigenschaften des polarisierten Lichtstrahls ermitteln. auf der anderen Seite. 1. Die Doppelspaltmethode von K. Vierordt. Vierordt ersetzt den gewöhnlichen Spalt des Spektralapparates durch einen „Doppelspalt“. Die eine Backe ist fest, die andere Backe in zwei Hälften, in eine obere und untere, zerschnitten. von welchen jede für sich mittelst einer mit geteilter Trommel versehenen Mikrometerschraube in genau zu messender Weise verstellt werden kann. Da die Helligkeit eines Spektrums unter sonst gleichen Verhältnissen proportional der Breite des Spaltes ist, so wird man, wenn man beide Hälften des Spaltes gleich weit macht, im Fernrohr des Spektroskops zwei obereinander liegende, gleich helle Spektren der Lichtquelle erhalten. Verengert man die eine, z. B. die obere Spalt- hälfte vermittelst der Mikrometerschraube, so wird, weil das Fernrohr ein Keplersches ist, das untere Spektrum lichtschwächer erscheinen. Die Intensitäten beider Spektren verhalten sich dann wie die Spaltbreiten. Diesem Verfahren muß der Einwand gemacht werden, daß durch Änderung der Spaltbreite nicht bloß die Lichtstärke, sondern auch die Reinheit der einzelnen Teile des Spektrums leidet, weil sich bei breiterem Spalt die einzelnen Farbenbezirke mehr übereinander lagern, als bei engerem Spalt. Korrespondierende Teile beider Spektren zeigen infolgedessen einen etwas verschiedenen Farbenton, welcher einen, wenn auch häufig nur ge- ringen Fehler bei der Messung im Gefolge hat. Der letztere läßt sich heben, wenn man nach H. Krüß auch die linke Spaltbacke in zwei Hälften teilt. so daß eine bilaterale Verschiebung jedes gegenüber liegenden Schneidenpaares und damit die Verbreiterung der betreffenden Spalthälfte durch Drehen einer und derselben Mikrometerschraube symmetrisch zur Mittellinie stattfindet. Optische Untersuchungsmethoden. 633 Man stellt zunächst beide Hälften des Spaltes auf gleiche Helligkeit ein. Als Lichtquelle benutzt man dabei eine kleine Auerlampe, setzt auf sie einen undurchsichtigen Zylinder mit kleiner Lichtöffnung und macht die austretenden Strahlen durch eine Sammellinse parallel. Dann setzt man vor den Spalt den in der oben geschilderten Weise beschickten Trog mit der zu prüfenden Flüssigkeit derart, dal die Oberfläche des Schulzschen Würfels in einer Horizontalebene mit der Trennungslinie beider Spalt- hälften liegt, und beleuchtet den Trog durch die Lampe. Das Licht der letzteren wird beim Durchtritt durch den oberen Teil des Troges in seiner Intensität stärker geschwächt werden und demgemäß ein lichtschwächeres Spektrum erzeugen als das Licht, das durch den unteren Teil des Troges geht, wo der Glaskörper liegt, und daher eine um 1cm kürzere Flüssigkeitsschicht durchläuft.) Um gleiche Helligkeit der beiden übereinander stehenden Spektren für einen bestimmten Bezirk des Spektrums herzustellen. muß der untere Spalt verengert werden. Man wählt für die Untersuchung einen schmalen Bereich des Spektrums von möglichst gleichmäßiger Helligkeit aus: bei Apparaten mit symmetrisch beweglichen Spaltbacken genügt es, einen Absorptionsbereich zu nehmen ?), worin die Helligkeit vom Dunkelheits- maximum symmetrisch und langsam nach beiden Seiten hin abfällt. Ferner blendet man den rechts und links von dieser Stelle gelegenen Teil des Spektrums, der bei der Messung sehr stören würde, durch einen im Okular- teile des Fernrohres eingesetzten „Vierordtschen Okularspalt“, einen un- durchsichtigen Schieber mit Schlitz oder besser zwei seitliche, bewegliche Schieber, ab. Das Verhältnis beider Spaltbreiten gibt ein Mab für die lichtschwä- chende Kraft der Lösung in der betreffenden Spektralfarbe. Sind z. B. die Trommeln der Mikrometerschrauben für das obere und untere Spaltbacken- paar, deren Nullstellung mit der völligen Schließung des Spaltes zusammen- fallen muß, so eingerichtet, daß eine Umdrehung der Schraube 100 Skalen- teilen entspricht, hat man ferner die Weite des Spaltes zuerst so ') Um den Unterschied in der Helligkeit beider Spektren genau messen zu können, müssen diese scharf voneinander abgegrenzt sein. Würde man den Schulzschen Körper weglassen und den Trog, der dann natürlich nur 1 cm weit sein dürfte, mit der zu prüfenden Flüssigkeit so füllen, daß ihr Spiegel sich genau in der Höhe der Trennungs- linie beider Spalte befände, so würden die beiden entstehenden Spektren durch die Wirkung des Flüssigkeitsmeniskus nicht scharf genug voneinander abgesetzt sein. Noch schärfer, als durch den Schulzschen Körper, wird die Grenzlinie beider Spektren, wenn man zwischen den Trog und Doppelspalt einen mit zwei planparallelen Flächenpaaren versehenen Flintglaskörper, den beim Hüfnerschen Spektralphotometer eingehender zu besprechenden Hüfner-Albrechtschen Rhombus, einschaltet, welcher so orientiert wird, daß seine Kante an der Grenze beider Spalthälften liegt und die beiden, die Spektren liefernden Lichtbündel in der Ebene des Spaltes sich berühren (vgl. S. 637 und Fig. 567). ®, Bei diesen Messungen ist, wie auch bei den später zu beschreibenden Me- thoden, bei denen immer nur ein bestimmter Streif des Spektrums zur Beobachtung benutzt wird, die früher (S. 625) erwähnte Änderung der Absorptionsfähigkeit durch die Temperatur ganz besonders zu berücksichtigen. 634 J. Biehringer. gewählt, dal) sie gerade 100 Skalenteilen gleich ist, und muß man nach /wischenschalten des Troges mit der Flüssigkeit die untere Mikrometer- schraube auf Teilstrich 40 drehen, um in einem bestimmten Teile beider Spektren gleiche Helligkeit zu erhalten, so läßt die absorbierende Lösung nur 40°, des eingedrungenen Lichtes hindurch; die Lichtstärke des aus- tretenden Lichtes J ist also = 0'4, wenn man, wie in den vorausgehenden Erörterungen gefordert wurde, die Stärke des eintretenden Lichtes = 1 setzt. Der negative Logarithmus dieser Zahl ist dann nach Gleichung X (S. 629) der Extinktionskoeffizient = und der Quotient aus dem bekannten Prozentgehalt der Lösung durch den Extinktionskoeffizienten das Absorp- tionsverhältnis A (siehe S. 630). Bei dieser Messung ist der Liehtverlust durch die Reflexion am Schulz- schen Würfel und die Absorption des Lösungsmittels nicht berücksich- tigt. Man schaltet ihn aus, wenn man vorher das Absorptionsgefäß, mit dem reinen Lösungsmittel gefüllt, vor den Spalt bringt, die Trommelteilung der unteren Spalthälfte auf 100 (oder 200) stellt und dann die Weite des oberen Spaltes ändert, bis beide Spektren gleiche Helligkeit besitzen. Die betreffende Stellung des oberen Spaltes wird dann einfach gleich 100 (oder 200) gesetzt. Hierauf füllt man die absorbierende Lösung ein und stellt durch Verengerung des unteren Spaltes auf gleiche Lichtstärke ein. Die Methode Vierordts ist, wie sich aus diesen Erörterungen ergibt, sehr einfach und mit Hilfe jedes Spektralapparates ausführbar, wenn man ihn mit dem Doppelspalt, womöglich in der Krüßschen Form, und der Okularblende versieht. Zur Beobachtung nehme man, wie schon erwähnt, einen möglichst schmalen Bereich des Spektrums, also eine möglichst geringe Breite des Okularspaltes. Für sehr stark absorbierende Flüssigkeiten, bei deren Unter- suchung die Unterschiede in der Breite beider Hälften des Spaltes groß ausfallen würden. bringt Vierordt eines oder mehrere Rauchgläser, deren lichtschwächende Kraft vorher für den betreffenden Spektralbezirk be- stimmt ist, vor die freie Spalthälfte und vermindert erst dann die Breite der letzteren. 2. Die Polarisationsphotometer. Bei einer zweiten Gruppe von Spektrophotometern wird die Lichtschwächung, welche eine farbige Lösung in einzelnen Bezirken des Spektrums erzeugt, auf polarimetrischem Wege bestimmt. Die Verwendung des NMicolschen Prismas zur Messung von Licht- stärken beruht auf folgenden Tatsachen. Dringt ein polarisierter,. also nur in einer Ebene schwingender Lichtstrahl in ein solches Prima ein. so wird er, wie dies schon früher (S. 583) erläutert wurde, ungeschwächt hindurch- zehen, wenn die im Prisma festgelegte Schwingungsebene derjenigen des eintretenden Strahls parallel ist; er wird ausgelöscht werden, wenn seine Schwingungsebene zu der im Prisma festgelegten senkrecht steht. In irgend einer zwischen beiden liegenden Stellung des Nicolschen Prismas findet die Auslöschung nur teilweise statt. Bezeichnet man die Intensität Optische Untersuchungsmethoden. 135 des bei Parallelstellung der Schwingungsebenen ins Prisma ein- und hin- durchtretenden Lichts mit J,. die Intensität des Lichtes nach Drehung des Prismas um einen Winkel x mit J, so ändert sich nach Zöllner die Inten- sität proportional dem Quadrate des Cosinus vom Drehungswinkel. Es eilt also: J= J, c08?2, und wenn J, =1 gesetzt wird, N =x6os2n: Diese Spektrophotometer haben den Nachteil, dal infolge der Verluste, welche durch die Polarisation der Strahlen entstehen, die zu erhaltenden Spektren geringere Helligkeit aufweisen. Das Spektrophotometer von P. Glan (1877) wird heute nicht mehr benützt, sondern nur dasjenige von Hüfner und der zuerst von König an- gegebene, von Martens und Grünbaum vervollkommnete Apparat. Das Spektrophotometer nach @. Hüfner. In diesem 1877 von Hüfner beschriebenen, später etwas abgeänderten Apparat (Fig. 566 und 567) wird nur das eine der zu vergleichenden Spektren, und zwar das Ver- gleichsspektrum, durch polarisiertes, das andere, das Spektrum der absor- bierenden Flüssigkeit, durch gewöhnliches Licht erzeugt. Dazu ist vor dem Spalte des Kollimatorrohres eine besondere Vorrichtung angebracht. Von dem in das Instrument aus einer Lichtquelle einfallenden Licht- bündel geht nämlich die untere Hälfte »’ (Fig.567) durch ein kleines Nico/sches Prisma d, worin sie polarisiert wird, während die obere Hälfte » über das Prisma wegläuft. Man erhält damit ein Lichtbündel, dessen oberer Teil aus gewöhnlichem Licht, dessen unterer Teil aus polarisiertem, aber da- durch stark geschwächtem Licht besteht. Diese ungleiche Helligkeit mui) aufgehoben werden, wenn man die zwei Lichtstrahlen zur Untersuchung der Absorptionsfähigkeit einer farbigen Lösung verwenden will. Es geschieht dies dadurch, daß in den Weg des oberen, hellen Anteils ein beweglicher Kompensationskeil e aus schwachem Rauchelase eingeschaltet ist, welcher solange verschoben wird, bis der obigen Forderung genügt ist. Da selbst- verständlich die einzelnen Farben des Spektrums durch das Rauchglas in verschiedenem Grade verschluckt werden, so stellt man auf gleiche Hellig- keit nur in dem Spektralbezirk ein, worin später die Absorption gemessen werden soll, indem man mit Hilfe des im Fernrohr angebrachten Vierordt- schen Okularschiebers (S. 633) die übrigen Teile des Spektrums abblendet. Man bringt nun zwischen die Lichtquelle und das Spektrophotometer den früher (S. 632) beschriebenen Glastrog a,a mit dem Schulzschen Körper b. . gefüllt mit der zu untersuchenden Lösung, in solcher Höhe an, dal) der- jenige Teil »‘ des Lichtbündels, welcher durch den unteren Teil mit dem Schulzschen Körper geht, durch das oben erwähnte, kleine Nico/sche Prisma d polarisiert wird, während der nur die Lösung e durchstrahlende Teil » des Lichtbündels über das Prisma weg in den Kollimator eindringt, also nicht polarisiert wird. Die Dicke der Flüssigkeitsschicht, die er durchläuft, ist nach den früheren Ausführungen um 1cm größer als beim unteren Strahl. 636 J. Biehringer. Fig. 566. Spektralphotometer nach Fiüfner. Die optische Bank @ trägt rechts die auf dem verschiebbaren Stativ S befind- liehe Beleuchtungslampe Z, links das Spektralphotometer, dazwischen auf dem ver- schiebbaren und in der Höhe verstellbaren Stativ s den Absorptionstrog C bzw. a, a!) mit dem Schulzschen Körper b. Das Spektrophotometer zeigt hinter dem Kollimatorrohr A ein dureh Schrauben festgehaltenes und verstellbares Kästchen, worin sich die in Fig. 567 be- sonders gezeichnete optische Einriehtung zur Erzeugung der beiden zu vergleichenden Lichtbündel befindet. Das durch den unteren Teil des Trogs a, a mit dem Schulzschen Körper b kommende Licht »‘ tritt in das im Rohr N befindliche Nieolsche Prisma d, das die überstehende Flüssigkeit e im Troge durchsetzende Licht » über das Prisma weg unmittelbar ins Kästehen ein. Beide Strahlen sind natürlich vor dem Einschalten der absorbierenden Lösung durch einen, in den Gang des oberen Strahls eingesetzten Rauch- slaskeil e,. der mittelst einer oben am Kästchen befindlichen Schraube zu verschieben ist, auf gleiche Helligkeit zu bringen. Sie durchlaufen dann den Hüfner-Albrechtschen Rhombus f. dessen vordere, wagrechte Kante den dieht dahinter liegenden Spalt g des Kollimators in eine obere und eine untere Hälfte teilt und zugleich den oberen Strahl nach unten, den unteren Strahl nach oben ablenkt, so daß beide vertauscht, aber dieht untereinander in den symmetrisch verstellbaren Spalt des Kollimators A ein- treten. Sie werden durch die im Brennpunkte des Spaltes liegende Sammellinse parallel gemacht und dann in dem unter der Kapsel befindlichen Spektroskopprisma zu zwei einander sich berührenden Spektren ausgebreitet, welche durch das Fernrohr beob- achtet werden. Letzteres besitzt hinter dem Okular bei © einen durch die Schraube verschiebbaren Wierordtschen Okularspalt und im hinteren, gegen das Spektroskopprisma gerichteten Teile ein als Analysator wirkendes Nicolsches Prisma, welches samt dem Fernrohrobjektiv um die Längsachse des Instruments zu drehen ist. Dazu dienen die beiden Handgriffe MM mit zwei an dem Teilkreis A schleifenden Nonien. Man stellt auf gleiche Helligkeit in demselben Bezirke beider Spektren ein und liest den Drehungs- winkel am Teilkreis bis auf '/,, Grad ab. Die dicht vor dem Teilkreise X sichtbare Schraube dient zum Einstellen, die hinter dem Kreis liegende Schraube zur seitlichen Verschiebung des Fernrohrs. B ist ein Skalenrohr. ‘) Die kleinen Buchstaben beziehen sich auf die Fig. 567. Optische Untersuchungsmethoden. (er) os — Strahlengang im Spektrophotometer von Hiüfner. Behufs scharfer Vergleichung müssen die Spektren, welche die beiden Liehtbündel bei ihrer Zerlegung durch das Prisma des Spektroskops geben, einander dicht anliegen, aber scharf abgegrenzt sein. Dafür dient der „Hüfner-Albrechtsche Rhombus“ /, ein Flintglaskörper von rautenför- migem Querschnitt mit je zwei planparallelen Flächenpaaren. Er befindet sich dieht hinter der oben beschriebenen Polarisiervorrichtung in solcher Lage, daß seine spitzwinklig zulaufenden Kanten waerecht stehen, die hintere der beiden h fast in der Ebene g des Kollimatorspaltes liest und ihn zerade halbiert. In diesem Rhombus wird das untere, polarisierte Strahlen- bündel nach oben, das obere, gewöhnliche Strahlenbündel nach unten ab- gelenkt derart, daß sie an der, dem Spalt zugekehrten Kante dicht neben einander austreten, die Kante also die Grenze zwischen ihnen beiden bildet. Sie dringen so unmittelbar im den verstellbaren Spalt des Kollimators ein, durchlaufen diesen und werden dann durch das Prisma des Spektroskops zu zwei Spektren ausgebreitet, welche im Beobachtungsfernrohr genau über- einander stehen. Das letztere enthält, wie erwähnt, einen Vierordtschen Okularspalt, mit dessen Hilfe man einen zum Vergleich geeigneten, kleinen Bezirk in beiden Spektren abgrenzen kann, und ein Nicolsches Prisma als Analysator. Dieses Prisma ist mit dem Fernrohrobjektiv in eine um die Längsachse drehbare Hülse eingefügt, welche durch zwei Hebel ge- dreht werden kann. Zur Messung des Drehungswinkels x sind beide Hebel mit je einem Nonius versehen, der an einem senkrecht stehen- den, geteilten Kreis schleift. Die Kreisteilung besitzt rechts und links einen Nullpunkt und ermöglicht eine Ablesung von 0'1°. Das Gesichtsfeld erscheint am hellsten, wenn die Nullpunkte des Nonius und der Kreis- teilung zusammenfallen. !) Von den beiden im Fernrohr übereinander sichtbaren Spektren be- steht das dunklere Absorptionsspektrum aus nicht polarisiertem Licht, das hellere Vergleichsspektrum aus polarisiertem Licht. Betrachtet man beide durch das Fernrohr und dreht dabei das Nicolsche Prisma um seine Achse, so wird das Absorptionsspektrum immer gleich hell bleiben, das Vergleichs- spektrum am hellsten sein, wenn die Schwingungsebene des Nicolschen ') Der von der Firma A. Krüß in Hamburg gebaute Apparat kostet mit Beob- achtungslampe, Absorptionstrog und Stativ für letztern 650 M. 638 J. Biehrineer. Prismas mit derjenigen des polarisierten Lichtstrahls zusammenfällt, und auseelöscht werden, wenn beide Schwingungsebenen zueinander senkrecht stehen. Es mul) also eine Zwischenstellung des analysierenden Nicolschen Prismas geben, in welcher beide Spektren eleich hell erscheinen. Ist Jo die Intensität des Lichtes, welches durch das Nieolsche Prisma bei Parallel- stellung der Schwingungsebenen des Lichtstrahles und des Prismas hindurch- gegangen ist, J die Intensität des nicht polarisierten Lichtes, auf eine be- stimmte Stelle der beiden Spektren bezogen, und ist eine Drehung des Nieolschen Prismas um den Winkel x notwendige, um in beiden Spektral- bezirken gleiche Helligkeit zu bekommen, so gilt, wie S 635 gezeigt, für eine 1 cm dicke Schicht der absorbierenden Flüssigkeit J = J,. €0s?z, und wenn Ju, =1 gesetzt wird, etc Der Extinktionskoeffizient ist nach S. 629 gleich dem negativen Loga- rithmus dieses Wertes: = — log J = —2.10g cos x. Fand z. B. Hüfner bei der Untersuchung einer Lösung von Blutfarbstoff den Winkel, um den das Nicolsche Prisma aus seiner Nullstellung gedreht werden mußte, damit gleiche Helligkeit in beiden Spektralbezirken vorhanden war, zu 64'36° = 64° 215‘, so ist der Extinktionskoeffizient = — 2.log cos 64° 215° — — (0'2724570—1) = 072754. Spektrophotometer von A. König und F. F. Martens (Fig. 568). Die beiden zur Untersuchung dienenden Spektren werden hier in der Weise erzeugt, daß der wagrechte Spalt durch Blenden in zwei bilateral verstell- bare Hälften geteilt ist, welche mithin nebeneinander stehen. Vor ihm wird der 21mm innere Länge besitzende Trog mit dem Schulzschen Körper, gefüllt mit der zu prüfenden Flüssigkeit, derart aufgestellt, dab vor die eine, z. B. die rechte Spalthälfte der den Schulzschen Körper ent- haltende Teil, vor die andere, z. B. die linke Spalthälfte der nur von der Flüssigkeit erfüllte Teil des Troges zu stehen kommt. Die innere Länge des Troges ist 21 mm, des Glaskörpers 20 mm; infolgedessen tritt das von der Lichtquelle kommende Licht in die rechte Spalthälfte fast un- geschwächt ein, da es nur eine 1 mm dicke Flüssigkeitsschicht durch- läuft, in die linke Spalthälfte hingegen, nachdem es die um 20 mm dickere Flüssiekeitsschicht durchstrahlt hat und durch die Absorption in ihr ge- schwächt ist. Die beiden miteinander zu vergleichenden Strahlenbündel eelangen in den Kollimator K, um dort durch eine achromatische Sammel- linse, in deren Brennpunkt der Spalt liegt, parallel gemacht zu werden und dann in das Flintglasprisma des Spektroskops, worin sie spektral zer- lest werden. Die brechende Kante dieses Prismas steht hier nicht, wie zewöhnlich, lotrecht, sondern wagrecht, so dab die durchgehenden Strahlen nicht, wie sonst, seitlich, sondern nach oben abgelenkt und in das schräg nach oben gerichtete Beobachtungsrohr gerichtet werden.) Dieses enthält ') Diese Art der Anordnung bietet den Vorteil, daß der ganze Apparat viel handlicher und für die Untersuchung bequemer wird, weil man ins Beobachtungsrohr schräg nach unten schaut. Optische Untersuchungsmethoden. 639 Spektralphotometer von König und Martens. Vor dem wagrechten Doppelspalt, der durch die darüber befindliche Mikrometer- schraube S bilateral verstellbar ist, befindet sich der Trog mit der Absorptionsflüssigkeit und dem Schulzschen Glaskörper, welcher vor die eine Spalthälfte zu liegen kommt. Das Licht gelangt in den Kollimator X und dann in das. in der Trommel befindliche Dis- persionsprisma. Das Beobachtungsrohr R ist mittelst der Mikrometerschraube M um die Achse d zu drehen, wodurch man Licht von verschiedener Wellenlänge ins Ge- sichtsfeld des Okulars bringen kann. Das Beobachtungsrohr enthält das Wollaston- sche Prisma, das Zwillingsprisma und das analysierende Nicolsche Prisma, das zusammen mit dem Teilkreis @ gedreht wird. Die Stellung des letzteren wird dureh die drehbare Lupe Z abgelesen. Um das Auge des Beschauers vor dem Lichte der Beleuchtungslampe zu schützen, ist über das obere Ende des Beobachtungsrohres ein Lichtschirm gesteckt, an dessen Unterseite man zweckmäßig eine kleine Glühlampe zur Ablesung des Teil- kreises anbringt. Ein zweites beigegebenes Okular O0 dient nach Abnahme des Teil- kreises und des Nicolschen Prismas zum Justieren des Apparates. ') zunächst ein Wollastonsches Prisma aus Kalkspat 2), welches jeden der beiden eintretenden Strahlen in zwei senkrecht aufeinander polarisierte Strahlen spaltet, so daß nun vier Spaltbilder entstehen, wovon zwei senkrecht, zwei wagrecht polarisiertes Licht enthalten. Diese vier Strahlen werden weiter durch ein Zwillingsprisma geleitet. Letzteres besteht aus ‘) Preis des von der Firma Franz Schmidt & Haensch gebauten Photometers 500M. °) Das Wollastonsche Prisma zerlegt einen durchgehenden Lichtstrahl, wie der ursprüngliche Kalkspatkristall, in zwei senkrecht aufeinander polarisierte Strahlen, nur daß diese weiter voneinander abgelenkt werden. 640 J. Biehringer. zwei keilförmigen, rechtwinkligen Prismen, welche so miteinander ver- kittet sind, daß sie ein einziges dachförmiges Prisma bilden, dessen schiefe Flächen gegen das Wollastonsche Prisma gerichtet sind: die Kante, in der beide Prismen zusammenstoßen, steht vertikal und senkrecht zur Rohr- achse. In diesem Zwillingsprisma werden die vier Strahlenbündel, aber ohne Änderung ihrer Schwingungsrichtung, noch einmal in je zwei Strahlenbündel zerlegt, so dal im ganzen acht Strahlenbündel, vier lotrecht und vier wag- recht schwingende, vorhanden sind, welche acht Spektren erzeugen. Von (diesen Strahlenbündeln werden die zwei zentral liegenden, entgegengesetzt schwingenden Bündel, von denen der eine infolge der besonderen Konstruk- tion der brechenden Mittel von der rechten Spalthälfte kommt und durch die links liegende Hälfte des Zwillingsprismas gegangen ist, der andere von der linken Spalthälfte her eintritt und die rechte Hälfte des Zwillings- prismas passiert hat, durch Einfügung eines Okularspaltes herausge- schnitten. Ein von dieser Stelle aus gegen das Zwillingsprisma blickendes Auge wird infolgedessen die rechte und linke Hälfte des Gesichtsfeldes durch Licht von verschiedener Schwingungsrichtung erhellt, und zwar, weil dieses Licht je von einer Spalthälfte stammt, also ungleich dicke Flüssig- keitsschichten durchlaufen hat, verschieden hell sehen. Schaltet man zwi- schen den Okularspalt und das Auge ein XNicolsches Prisma ein, so er- scheint bei einer bestimmten Stellung dieses die eine Hälfte des Gesichts- feldes, bei einer Drehung um 90° die andere dunkel; bei einer zwischen beiden liegenden Stellung, welche an einem Teilkreis abzulesen ist, werden beide Hälften gleich hell erscheinen: ihre Trennungslinie wird verschwin- den. Aus dem abgelesenen Drehungswinkel x. den man von der Stellung des Nicols aus zählt, bei welcher die rechte Hälfte dunkel erscheint, läbt sich dann das Schwächungsverhältnis berechnen nach der Formel J/J=tg?z, und wenn J,=1 gesetzt wird, J=tg?x. Der Extinktionskoeffizient ist gleich dem negativen Logarithmus dieses Werts, wenn bei der Schichtdicke = Icm, und gleich dem halben Wert des Logarithmus, wenn bei der Schichtdicke = 2cm beobachtet wurde. Um die Messungen mit Licht von verschiedener Wellenlänge aus- führen zu können, ist das Beobachtungsrohr um eine wagrechte Achse drehbar: die Einstellung auf die verschiedenen Spektralbezirke geschieht mit Hilfe einer unter dem Fernrohre angebrachten Mikrometerschraube M. Die Handhabung des Instrumentes und die Ablesung ist infolge der beson- deren Konstruktion sehr bequem. Eine weitere Verbesserung hat die Beleuchtungsvorrichtung durch F. F. Martens erfahren. Eine größere Lichtquelle kann in ihren einzelnen Teilen leicht Änderungen der Helligkeit zeigen, wodurch natürlich die Ein- stellung beider Hälften des Gesichtsfeldes auf gleiche Helligkeit, die jeder Messung einer Absorption vorangehen muß, und die Messung der letzteren selbst in Mitleidenschaft gezogen wird. Es ist daher nötig, denselben Bezirk der Lichtquelle zur Beleuchtung beider Spalthälften zu verwenden. Dies geschieht durch Einschalten eines Beleuchtungsspaltes und einer Kombination Optische Untersuchungsmethoden. 641 von drei Linsen, welche auf beiden Spalthälften des Photometers zwei reelle Bilder des Beleuchtungsspaltes erzeugt. Ein Nachteil, der ferner allen bisher besprochenen Photometern eigen ist, besteht in der geringen Dicke der absorbierenden Schicht, welche bei sehr verdünnten Lösungen für eine Messung überhaupt nicht hinreichen kann. F. F. Martens und F. Grünbaum nehmen daher die Untersuchung in Röhren vor, welche ähnlich den Polarimeterröhren (S. 607) durch zwei planparallele Spiegelglasplatten geschlossen sind und in einer Länge von 21) bis 25cm angewandt werden, durch Einschieben massiver, planparallel abgeschliffener Glaszylinder aber auch die Untersuchung bei lcm Schichtdicke und darunter (O1 cm) ermöglichen. Am Spektralphotometer sind zu dem Ende zwischen die Be- leuchtungsvorrichtung und den Doppelspalt zwei Rinnen ein- gefügt, in welche diese Röhren eingelegt werden können, Fig. 569. Spektralphotometer mit großer Beleuchtungseinrichtung von Schmidt & Haensch. Das Spektralphotometer hat den gleichen Bau wie das in Fig. 568 abgebildete In- strument. Am Stativ 7’ ist die Beleuchtungsvorrichtung durch Schrauben befestigt. Die von der Lichtquelle kommenden Strahlen treten durch den mit einer Mattscheibe be- deckten Beleuchtungsspalt S, ein und durchlaufen die Röhre R; an deren Ende ZL befindet sich die aus drei Linsen bestehende Kombination, welche unter Mitwirkung der beiden im Schutzgehäuse ? liegenden Reflexionsprismen zwei reelle Bilder des Beleuch- tungsspaltes auf den beiden Hälften des Photometerspaltes 5, erzeugen. In die beiden Rinnen A werden die Röhren mit der zu untersuchenden Lösung und dem reinen Lösungsmittel eingelegt. Die Beleuchtungsvorrichtung ist auf der Schiene D verschieb- bar, so daß bei verschiedenen Längen der absorbierenden Schicht stets zwei scharfe Bilder des Beleuchtungsspaltes auf dem Photometerspalt entstehen. in die eine die Röhre mit der absorbierenden Flüssigkeit, in die zweite eine wöhre mit dem reinen Lösungsmittel und gegebenenfalls dem gleichlangen (Glaszylinder, um Reflexions- und Absorptionsverluste gleich zu machen. Die beiden die Röhren durchlaufenden Lichtstrahlen werden in diesem Falle durch zwei vor dem Doppelspalt liegende Reflexionsprismen unter doppelter Reflexion so geleitet, daß sie auf die Spalthälften treffen. Es empfiehlt sich, nach geschehener Messung die Röhren zu vertauschen und ') Diese Grenze ist durch die anzubringenden Schraubengewinde gesetzt. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 41 64? J. Biehringer. eine zweite Messung vorzunehmen. Der nach der Gleichung auf 8.640 eefundene Wert des Extinktionskoeffizienten ist auf 1 cm Schichtlänge zu reduzieren, d. h. durch die Rohrlänge, in Zentimetern ausgedrückt, zu teilen.t) Für stark absorbierende Flüssiekeiten, wie Blutlösungen, ist von der Firma Franz Schmidt & Haensch eine kleinere Beleuchtungsvorrichtung konstruiert worden, welche Schichtdieken bis zu einigen Zentimetern Dicke zu untersuchen gestattet. Man bringt dann die absorbierende Flüssigkeit in einen Trog mit Schulzschem Glaskörper, der einmal vor die eine, dann vor die andere Hälfte des Photometerspaltes gelegt wird.?) Bei Anwendung von weißem Licht treten in all den Fällen, wo die Absorptionskurve rasch ansteigt oder stark gekrümmt ist, Schwierigkeiten auf, wenn man auf gleiche Helligkeit einzustellen sucht; desgleichen ist der Wert des Extinktionskoeffizienten abhängig von der Spaltbreite. Sie fallen weg, wenn man zur Beleuchtung des Photometers homogenes einfarbiges Licht benutzt (vgl. S. 567). Das Instrument von König mit den Verbesserungen von Martens und Grünbaum, welches, wie das erstgenannte, von der Firma Franz Schmidt & Haensch gebaut wird, nimmt heute unter den Spektrophotometern für Untersuchung der Absorption wohl den ersten Platz ein. II. Kolorimetrie. Wie schon im vorigen Kapitel gezeigt wurde, ist die Fähigkeit ge- färbter Stoffe, bestimmte Teile des weißen Lichtes zu absorbieren, abhängig von ihrer Natur und andrerseits von der Konzentration und Schichtdicke der zur Untersuchung kommenden Lösung. Nach dem Gesetze von Beer (S. 624) ist die Lichtabsorption einer farbigen Lösung proportional dem Gehalte an absorbierendem Stoff, d.h. dem (rehalt an lichtabsorbierenden Molekeln. Es wird also die Licht- absorption und damit die Färbung einer Flüssigkeit um so stärker sein, je größer ihre Konzentration ist; beide sind einander direkt proportional. Be- zeichnet man das Lichtabsorptionsvermögen zweier Lösungen mit a und a‘, die zugehörenden Konzentrationen mit € und ec‘, so gilt demgemäß die Proportion ea = eich Lösungen, welche gleich stark gefärbt sind, müssen mithin gleichviel färben- den Stoff enthalten. Andrerseits wird in zwei Lösungen desselben Stoffes, welche gleich stark gefärbt sind, aber verschiedene Schichtendicke (Flüssigkeitshöhe) haben, das Absorptionsvermögen um so größer sein, je kleiner die Schicht- dieke ist, welche nötig ist, dieselbe Färbung zu erzeugen. Das Absorptions- vermögen ist also umgekehrt proportional der Schichtdicke. Bezeichnet ') Preis der großen Beleuchbtungsvorrichtung 180 M., des Röhrenpaars je nach der Länge (2 bis 25cm) 23 bis 30 M., der in die 2cm-Röhre einzuschiebenden zwei Glas- zylinder von 1'0 und 19cm Länge 20M. ?) Preis der kleinen Beleuchtungsvorrichtung samt Trog und Schulzschem Körper 60 M. Optische Untersuchungsmethoden. 643 man das erstere für zwei Lösungen wieder mit a und a‘, die zugehörenden Schichtdicken (Flüssigkeitshöhen) mit h und h‘, so gilt die Proportion Ir as nn: Aus I und II folgt Hirerce = 28 d. h. die Konzentrationen sind umgekehrt proportional der Höhe der Flüssig- keitsschichten, welche vom Lichte durchstrahlt werden. Hat also z. B. die Schicht einer Flüssigkeit von der bekannten Konzentration ce eine Höhe = h, und verändert man die Höhe h‘ einer zweiten Lösung desselben Stoffes von unbekannter Konzentration e‘ so lange, bis ihre Färbung mit derjenigen der ersten Lösung übereinstimmt, so läßt sich die Konzentration ce‘ der zweiten Flüssigkeit berechnen nach der Formel si, er Wir haben dadurch ein Mittel, auf optischem Wege den Gehalt einer gefärbten Lösung aus der Stärke ihrer Färbung zu bestimmen, indem wir sie mit Lösungen desselben Stoffes vergleichen, deren Gehalt genau bekannt ist. Das Verfahren kann an sich angewendet werden bei allen löslichen gefärbten Stoffen, sowie bei allen Verbindungen, welche mit gewissen Rea- genzien gefärbte Reaktionsprodukte liefern, wie bei Eisenoxydverbindungen, = mit Rhodankalium oder gelbem Blutlaugensalz, bei Ammoniak, das mit Veslers Reagenz unter Bildung einer gefärbten Verbindung reagiert usf. en Brauchbarkeit erfährt nur dadurch eine Einschränkung, daß die Be- stimmungen mit verdünnten Lösungen ausgeführt werden müssen; denn es scheiden damit alle solche Stoffe und Reaktionsprodukte aus, welche bei der Verdünnung Änderungen im Bau ihrer Molekeln erfahren, wodurch die Färbung beeinflußt wird. Die quantitative Analyse von Lösungen auf kolorimetrischem Wege hat den Vorteil, daß sie leicht und rasch durchzuführen ist und sehr scharfe Ergebnisse liefert. Sie stellt außerdem eine höchst wertvolle Ergänzung der übrigen Methoden zur quantitativen Analyse in solchen Fällen dar, wo es sich um die Ermittlung sehr geringer Mengen handelt oder eine Be- stimmung der gefärbten Stoffe auf anderem Wege nicht angängig ist. Kolorimetrische Analysen können in verschiedener Art und Weise ausgeführt werden. Die älteren Methoden, welche keine kostspieligen In- strumente erfordern, liefern Näherungswerte; wirklich scharfe Ergebnisse erhält man nur mit Hilfe der Kolorimeter. Da indessen auch die ersteren - heute noch aus dem angegebenen Grunde vielfach Anwendung finden, so dürfen sie nicht völlig übergangen werden. Einleitend sei bemerkt, daß alle bei einer kolorimetrischen Analyse benutzten Lösungen völlig klar sein und angenähert gleiche Temperatur besitzen müssen, weil durch Erhöhung der letzteren die Absorptionsfähig- keit und damit die Färbung der Lösungen mehr oder minder stark ver- ändert werden kann (vgl. S. 625). 41% 644 J. Biehringer. Ältere Methoden. Wie bereits vorhin erwähnt wurde, müssen zwei Lösungen eines färbenden Stoffes, welche bei gleicher Schichtdicke (Flüssig- keitshöhe) gleiche Färbung aufweisen, gleichviel gelöste Substanz ent- halten. Soll also der Gehalt einer Lösung bestimmt werden, so stellt man sich eine Anzahl Lösungen des Stoffes von bekanntem Gehalte behufs Ver- gleichung her. Man löst eine abgewogene Menge des letzteren zu einem bestimmten Volumen und gibt von dieser Lösung in eine Anzahl graduierter, gleich hoher und weiter Röhren oder Zylinder von gleicher Wandstärke etwa lem®, 2 cm® usf., füllt mit Wasser z. B. auf 100 cm® auf und rührt um. Diese Lösungen vergleicht man nun mit der zu prüfenden Lösung, von der man 100 em3 in einen ebensolehen Zylinder eingefüllt hat, indem man bei gleicher Beleuch- tung von oben schräg durch die ganzen Flüssigkeitsschichten in den jeweils nebeneinander gestellten Zylindern !) gegen ein untergelegtes weißes Stück Papier schaut. Liegt die Färbung der Probe zwischen zweien der Vergleichs- lösungen, so stellt man sich eine Reihe Zwischenlösungen her, bis man schließ- lich eine Lösung findet, deren Farbenton mit demjenigen der unbekannten Lösung übereinstimmt. Der Gehalt beider an dem färbenden Bestandteil ist dann derselbe. Das Verfahren ist dadurch, dab man eine mehr oder minder große Anzahl von Vergleichslösungen herstellen muß, umständlich und zeitraubend. Einfacher sind die Methoden, welche sich auf den vorhin abgeleiteten Satz stützen: Bei zwei verschieden konzentrierten Lösungen, welche gleich stark gefärbt erscheinen, sind die Konzentrationen umgekehrt proportional den Flüssigkeitshöhen. Hierbei ist nur eine Vergleichslösung notwendig. Man stellt eine Vergleichsflüssigkeit her durch Lösen einer genau abgewogenen Menge des Stoffes in dem betreffenden Lösungsmittel zu einem bestimmten Volum, füllt gleiche Volume dieser und der Lösung von unbekanntem Gehalte in zwei gleich weite und gleich graduierte Zylinder und verdünnt dann die stärker gefärbte Lösung so weit, bis beide Lösungen, in der oben angegebenen Weise betrachtet, genau gleiche Färbung auf- weisen. Aus dem bekannten Gehalt der Vergleichslösung und den Flüssigkeits- höhen läßt sich dann der Gehalt der anderen Lösung nach der oben gegebenen Formel berechnen. Auf diese Weise wird z. B. nach V. Eggertz der gebundene Kohlenstoff im Eisen ermittelt, der die Eigenschaft hat, sich in Salpetersäure mit dunkelbrauner Farbe zu lösen; die Vergleichs- flüssigkeit wird aus einer abgewogenen Menge Stahl mit bekanntem Kohlenstoffgehalt hergestellt. Das gleiche Prinzip liegt der Bestimmung des Blutfarbstoffs im Blute nach F. Hoppe-Seyler zugrunde, wobei die Vergleichsflüssigkeit durch Lösen einer abgewogenen Menge kristallisierten Oxyhämoglobins in kohlenoxydhaltigem Wasser bereitet wird.?) ‘) Man stelle die Vergleichslösung abwechselnd rechts und links von der zu prüfenden Lösung. ?) In solchen Fällen, wo die Herstellung einer Vergleichslösung mit Schwierigkeiten verknüpft ist, kann man sich für angenäherte Bestimmungen auch eine Skala verschieden abgetönter Papiere der betreffenden Farbe anfertigen, welche man durch Vergleich mit Lösungen von bekanntem Gehalt eicht. Sie müssen natürlich vor Licht geschützt auf- bewahrt werden. Optische Untersuchungsmethoden. 645 Ein anderes Verfahren hat 1876 O. Hehner vorgeschlagen, indem er die zu prüfende Lösung und die Vergleichslösung in zwei gleich weite und eleich eraduierte Zylinder mit Abflußhahn am Boden bis zur selben Höhe einfüllt (Fig. 570) und die dunkler gefärbte Flüssigkeit abzapft, bis in beiden Zylindern gleiche Färbung beim schrägen Durchsehen von oben vorhanden ist. Um nicht gegebenenfalls zu ungleiche Flüssigkeitshöhen mit- einander vergleichen zu müssen, ist es gut, die Vergleichslösung von solcher Konzentration zu bereiten, daß ihre Färbung nicht zu stark von derjenigen der anderen Lösung abweicht. Kolorimeter. Die bisher betrachteten Arten Ines der Vergleichung leiden an dem großen Übelstande, daß man die beiden Lösungen nacheinander be- trachten muß, wodurch man kleine Unterschiede im Farbenton leicht übersieht. Eine genaue Vergleichung ist erst dann möglich, wenn die beiden Objekte | gleichzeitig und unmittelbar nebeneinander beo- bachtet werden können. Dies wird dadurch erreicht, daß man die Lichtstrahlen, welche durch beide Lösungen hindurchgegangen sind, durch Reflexion an Spiegeln oder in Prismen nebeneinander in das (Gresichtsfeld einer Lupe bringt. Die hierzu dienen- Fig. 570. den Instrumente heißen Kolorimeter. Das Kolorimeter von €. H. Wolff (1880). Es besteht (Fig.571 und 572) aus zwei der eben genannten graduierten Zylinder A und 5 mit Ab- laßhahn am Boden. Sie müssen genau gleiche lichte Weite und dabei einen ziemlich großen Durchmesser haben, damit der Flüssigkeitsmeniskus nicht stört. Als Boden ist eine planparallele Glasplatte mit Hilfe einer Messing- fassung angesetzt. Die Kalibrierung beginnt vom Boden aus und mul) an beiden Zylindern genau in derselben Weise durchgeführt sein, so daß gleiche Teilstriche auch in gleichem Abstand vom Boden sich befinden. Sie werden nebeneinander auf einen Messingtisch mit zwei Löchern gestellt, worunter sich ein verstellbarer, breiter Spiegel C befindet; er reflektiert das auftreffende, natürliche oder künstliche Licht (Auerlicht), in die Zylinder, welche die beiden Lösungen, die zu untersuchende und die Vergleichsflüssigkeit, aufnehmen sollen. Senkrecht über jedem Zylinder befindet sich, in die Metallfassung ein- gelassen, ein unter einem Winkel von 45° nach außen geneigter Spiegel. Die aus beiden Flüssigkeiten kommenden Strahlen werden durch diese Spiegel auf ein mittleres Spiegelpaar reflektiert, zwei unter einem rechten Winkel gegen- einander gestellte Spiegel, welche die Lichtstrahlen schließlich nach oben in die Lupe E werfen. Das Gesichtsfeld der letzteren ist also in beiden Hälften durch Strahlen beleuchtet, welche durch die entsprechenden Flüssigkeitssäulen gegangen sind; der Rand der unter 90° zusammengesetzten, mittleren Spiegel erscheint als scharfe Trennungslinie zwischen beiden. Statt der zwei Paar Spiegel können auch in den Apparat zwei Reflexionsprismen D eingesetzt werden, an deren Wänden dann die zweimalige Reflexion stattfindet. I 105 oO EIETERETETELEEDILIL DEN lol IIIIEEERTEIDERLEDTERREEERRERLEREREERETERLERTRERTIIRRERDI IEDILIERLERLEREEDEELLDEEDNN Bi: 646 J. Biehringer. Die beiden Hälften des (resichtsfeldes der Lupe müssen vor dem Einfüllen der Lösungen genau auf gleiche Helligkeit durch Verstellen des Spiegels oder nötigenfalls Verschieben des ganzen Instruments eingestellt werden. Hierauf füllt man die zu untersuchende und die aus einer ab- gewogenen Menge des färbenden Stoffs hergestellte Vergleichslösung, welche man am besten etwas schwächer konzentriert (gefärbt) bereitet, in beide I ' ru | ' l Ten | ee | Eee Kese Fig. 571. Fig. 572. Kolorimeter nach Wolff. Gang der Strahlen im Kolorimeter nach Wolff. Die zu untersuchende farbige Lösung und die mit Hilfe einer genau abgewo- genen Menge des betreffenden Stoffes hergestellte Vergleichslösung, welche etwas schwächer gefärbt sein soll, werden in die beiden, aus dem Gestell herauszunehmenden Zylinder bis zur gleichen Höhe eingefüllt. Schaut man nach Wiedereinsetzen der Zylinder durch die Lupe, so erscheinen die zwei Hälften des Gesichtsfeldes ungleich hell, worauf man die stärker gefärbte Lösung ablaufen läßt, bis beide Hälften gleiche Helligkeit besitzen. Das vor den Zylindern angebrachte Schutzblech dient zur Abhal- tung falschen Lichtes. Zylinder bis zum selben Teilstrich (etwa 100) ein. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dal beide ganz klar sein und wenigstens annähernd dieselbe Temperatur besitzen müssen. Die beiden Hälften des Gesichtsfeldes werden nun ungleich hell erscheinen. Man läßt die konzentriertere Lösung so lange ablaufen, bis wieder gleiche Helligkeit vorhanden ist. Mißt man jetzt die beiden Flüssigkeitshöhen, so läßt sich, da der Gehalt der Vergleichslösung an färbendem Stoff bekannt ist, der unbekannte Gehalt der anderen Optische Untersuchungsmethoden. 64T Lösung nach der in der Einleitung entwickelten Formel in sehr einfacher Weise berechnen. Die Rechnung wird noch kürzer, wenn man die Analyse so durchführt, daß die Höhe der Vergleichslösung — 100 bleibt.') (renauer noch, als durch einfaches Abzapfen der dunkleren Lösung, wird die Einstellung, wenn man nach £! @. Donnan an den Hahn oder einen statt seiner angebrachten Rohrstutzen einen Gummischlauch ansetzt, der andrerseits mit einem Trichter oder einem birnförmigen Glasgefäß ver- bunden ist. Man verstellt das letztere bei geöffnetem Zufluß so lange, bis im Gresichtsfeld Farbengleichheit vorhanden ist, schließt dann den über den Schlauch gezogenen Quetschhahn und liest ab (vgl. Fig.573 u. 574). Ein bei der Messung zu beobachtender Umstand ist der, dab, wie schon früher auseinandergesetzt wurde (S. 624), die Lichtabsorption bei konzentrierter Lösung in geringer Schichtdicke einerseits und bei ver- dünnter Lösung und großer Schichtdicke andrerseits nur angenähert gleich ist, der Farbenton mithin in beiden Fällen etwas verschieden sein kann. Außerdem absorbiert nicht bloß der gelöste farbige Stoff, sondern auch das Lösungsmittel selber, allerdings in geringem Grade, Licht. Infolge- dessen wird, wenn die Höhenunterschiede beider Flüssigkeitssäulen sehr grol) sind, eine Ungenauigkeit entstehen. Man vermeidet sie, indem man der Vergleichslösung eine solche Konzentration gibt, daß ihre Färbung derjenigen der zu untersuchenden Lösung schon ziemlich nahe kommt. Oder man verfährt nach @. und H. Krüß in der Weise, daß man nach dem Abzapfen der konzentrierteren Lösung sich die Flüssigkeitshöhe an- merkt, dann mit dem reinen Lösungsmittel wieder auf das ursprüngliche Volum verdünnt und zusieht, ob die Farbengleichheit in beiden Hälften des Gesichtsfeldes bestehen bleibt. Ist dies nicht der Fall, muß zu dem Ende noch etwas Flüssigkeit abgelassen werden, so ist die erstgewonnene Zahl demgemäß zu berichtigen. Mußte z. B. die Flüssigkeit zuerst vom Teilstrich 100 bis zum Teilstrich 20 abgezapft werden, damit Farben- gleichheit auftrat, und war nach dem Wiederauffüllen auf 100 die Lösung nochmals bis zum Teilstrich 98 abzulassen, so war die erste Einstellung um 2°/, zu hoch und muß nach der Proportion 100:2= 20:x, woraus x—04, auf 196 festgesetzt werden. Kolorimeter von F.@. Donnan (1896). Die scharfe Einstellung beider Hälften des Gesichtsfeldes auf gleiche Helligkeit wird durch die in der Mitte vorhandene Trennungslinie erschwert. Dies vermeidet der Apparat von Donnan (Fig.573, 574). Hier sind über beiden, die zu vergleichenden Flüssigkeiten enthaltenden Zylindern zwei unter 45° geneigte Spiegel ange- bracht, welche nicht wie beim W’o/ffschen Kolorimeter gegeneinander geneigt sind, sondern parallel stehen. Beim vorderen Spiegel ist in der Mitte die Silberbelegung in Form einer Ellipse entfernt. Ein durch das seitlich am Instrumente angebrachte Beobachtungsrohr blickendes Auge empfängt durch denjenigen Teil des Spiegels, der noch die Belegung besitzt, Licht, !) Preis des in dem optischen Institut von A. Krüß in Hamburg gebauten Appa- rates 100 M. 648 J. Biehringer. welches durch die erste Flüssigkeitssäule gegangen ist; durch den mitt- leren, durchsichtigen Teil des Spiegels erhält es dagegen Licht, welches vom hinteren Spiegel kommt, mithin die zweite Flüssigkeits- säule durchsetzt hat. Es sieht also im Okular einen von Strahlen aus der zweiten Flüssigkeit er- leuchteten Kreis, welcher sich von dem, durch die Strahlen aus der Fig. 573. Kolorimeter nach Donnan-Köhler. Gang der Strahlen im Kolorimeter nach Donnan. Die beiden Glaszylinder b und b‘ stehen auf einem Tischehen über zwei Löchern, durch welche Licht von den verstellbaren, aus Matt- oder Milchglas bestehenden Be- leuehtungsspiegeln e fällt. Sie werden durch die federnden Bügel d festgehalten und können durch Drehen des Tischehens miteinander vertauscht werden. !) Zu diesem Zwecke ist das Tischehen mit dem, um das Stativ drehbaren Mittelrohr fest verbunden, welches durch Drehen der Schraube a’ gelöst oder festgemacht werden kann. Die Triebsehraube a, welche auf eine Zahnstange wirkt, dient dazu, das Tischehen mit den Zylindern beim Drehen zu senken und dann wieder in die optische Einrichtung bei 9 lichtdieht einzuschieben. Die Zylinder tragen am unteren Ende zwei Stutzen ? und k, von denen der eine durch einen kurzen Gummischlauch mit Quetschhahn geschlossen, der andere durch einen längeren, einen Quetschhahn tragenden Gummischlauch mit dem Niveaugefäß 7 verbunden wird, das am Gestell » verschoben werden kann. Die Zylinder sind ferner von einer Schutzhülle umschlossen; an ihr können durch Drehen des inges c zwei einander gegenüberliegende, senkrechte Schlitze zur Deckung gebracht werden, wobei zugleich die bis 170 mm gehende Teilung auf den Zylindern sichtbar wird. In den oberen, mit einem Deckel verschlossenen Kasten sind hintereinander die beiden Spiegel f, f eingesetzt, welche mittelst Schrauben gestellt werden können und das durch die Zylinder gegangene Licht ins Beobachtungsrohr h reflektieren. Die Be- schickung der beiden Zylinder geschieht wie beim Wolffschen Kolorimeter, das Ab- lassen der stärker gefärbten Lösung durch Senken des Niveaugefäßes !. Man stellt auf gleiche Helligkeit des Gesichtsfeldes ein, schließt den über den Gummischlauch gezogenen (Juetschhahn und liest ab. Dann vertauscht man beide Zylinder durch Drehen des Tischehens, läßt den vorderen nochmals etwas ab, bis wieder Gleichheit des Gesichtsfeldes vorhanden ist, liest ab und nimmt das Mittel aus beiden Werten. ') Dadurch ist es möglich, Beobachtungsfehler und Ungleichheiten der optischen Einrichtung auszuschalten. Optische Untersuchungsmethoden. 649 ersten Flüssigkeit erleuchteten Grund abhebt. Beide Teile werden ver- schieden hell sein. Man läßt nun die dunklere Lösung ablaufen, bis beide Teile gleich hell erscheinen und die Grenze verschwindet. Da die aus dem hinteren Gefäße kommenden Lichtstrahlen infolge des längeren Weges und der Reflexion bei dem Durchgange durch den vorderen Spiegel einen Licht- verlust erleiden, so ist eine empirische Korrektion einzusetzen. Sind beide Gefäße zum Ablassen eingerichtet, so füllt man sie mit derselben Lösung bis zum Teilstrich 100 und zapft aus dem vorderen Zylinder soviel ab, bis gleiche Helligkeit vorhanden ist. Die dann bleibende Flüssigkeitshöhe ist der Flüssigkeitshöhe 100 im hinteren Zylinder gleichzusetzen. Die Art der Berechnung ist die frühere. Bei dem abgebildeten Kolorimeter von Don- nan!) mit vertauschbaren Zylindern, von denen nur einer abgelassen werden kann, füllt man den vorderen Zylinder 5 mit der Vergleichs- lösung, den hinteren Zylinder 5’ mit der zu untersuchenden, etwas dunkler gefärbten, konzentrierteren Lösung und läßt hierauf durch Senken des Niveaugefäßes letztere abfließen, bis das ganze Gesichtsfeld des Beob- achtungsrohres gleichförmig hell ist. Da aber das Licht, das aus b‘ kommt. durch die Reflexion am vorderen Spiegel geschwächt wird, so erscheint das gesamte Gesichtsfeld bereits gleich hell, wenn die Flüssigkeit im hin- teren Zylinder noch zu hoch steht. Man liest ab und vertauscht dann die beiden Zylinder durch Drehen des Tischchens, auf dem sie stehen. Schaut man nun ins Beobachtungsrohr, so wird diejenige Fläche des Gesichts- feldes, welche durch Licht aus dem jetzt vorderen, die Probeflüssigkeit enthaltenden Zylinder erleuchtet wird, dunkler erscheinen als der zentrale, durch Licht aus der hinteren Vergleichsflüssigkeit beleuchtete Teil. Man läßt die vordere Flüssigkeit abermals durch Senken des Niveaugefäßes ab. bis völlige Gleichheit des gesamten Gesichtsfeldes vorhanden ist. Da aber jetzt der durch die hinten stehende Vereleichsflüssigkeit gegangene Licht- strahl geschwächt ist, so wird man aus dem vorderen Zylinder zu viel Flüssigkeit ablassen müssen, damit gleiche Helligkeit beider Teile des Ge- sichtsfeldes vorhanden ist. Man liest wieder ab und legt das Mittel aus beiden Ablesungen der Rechnung zugrunde. Tauchkolorimeter mit Lummer-Brodhunschem Würfel von Fritz Köhler (Fig. 575 und 576). Bei diesem Kolorimeter, bei dem die Ver- wendung des Lummer-Brodhunschen Würfels für die Einstellung auf gleiche Helligkeit eine andere Anordnung der einzelnen Teile erfordert, befindet sich die zu untersuchende Flüssigkeit im Troge f, während für die Ver- gleichsflüssigkeit das Duboscgsche Prinzip der Tauchröhre gewählt wurde. In das Gefäß e taucht eine Röhre d ein, welche unten durch eine plan- parallele Glasplatte verschlossen ist und mittelst einer, auf eine Zahnstange wirkenden Triebschraube längs einer Teilung gehoben oder gesenkt werden kann. Gefäß und Tauchröhre werden mit der Vergleichsflüssigkeit gefüllt. !) Preis des in der beschriebenen Form vom Universitätsmechaniker Fritz Köhler in Leipzig gebauten Apparates (D. R.-G.-M.) 145 M., des Stativs 15 M. 620 J. Biehringer. deren Höhe durch Emporschieben der Tauchröhre bis auf 60 mm Schicht- dieke zu verändern ist. Das von dem Milchglasprisma a am Fuße des Apparates reflektierte Tages- oder Lampenlicht wird einerseits durch die Vergleichsflüssigkeit, andrerseits mittelst des Reflexionsprismas g durch die zu untersuchende Flüssigkeit geleitet. Beide Strahlenbündel fallen auf ver- schiedene Seiten des Lummer-Brodhunschen Würfels ce. Dieser Würfel be- steht aus zwei rechtwinkeligen Glasprismen, deren Hypotenusenflächen nur im zentralen Teil durch Kanadabalsam verkittet, rings um diese herum aber durch eine dünne Luftschicht ge- trennt sind. Gelangt nun das von f Fig. 576. Tauchkolorimeter mit Lummer-Brodhumschem Strahlengang in dem nebenstehenden Würfel von Fritz Köhler. Tauchkolorimeter. Die Vergleichsflüssigkeit befindet sich in dem Gefäße e und Zylinder d; ihre Höhe kann durch Verschieben des letzteren mittelst einer Triebschraube, welche in eine Zahn- stange eingreift, verändert und auf dem am Stativ angebrachten Maßstabe abgelesen werden. Die zu untersuchende Lösung wird in den Trog f gefüllt. Der Spiegel « wirft das Licht unmittelbar in die Flüssigkeit in e, d und mittelst des Reflexionsprismas g in den Trog. Im Fernrohr b erscheint dann der mittlere Teil des Gesichtsfeldes durch Strahlen erleuchtet, die vom Troge f kommen, die Umgebung durch Strahlen, welche die Vergleichsflüssigkeit in e, d durchlaufen haben. Durch Veränderung der Höhe letzterer stellt man dann auf gleiche Helligkeit des Gesichtsfeldes ein. kommende Strahlenbündel, welches das obere Prisma durchstrahlt, an die Grenzschicht beider Prismen, so geht derjenige Teil, der auf die zentrale Balsamschicht trifft. geradlinig durch diese hindurch und gelangt im mittleren Teil des Gesichtsfeldes der Lupe 5 zur Beobachtung, während die Strahlen, welche den aus Luft bestehenden Teil der Grenzschicht treffen, nach oben reflektiert und vernichtet werden. In ähnlicher Weise wird von dem aus d kommenden und durch die untere Fläche des Würfels eintretenden Strahlen- bündel der die zentrale Balsamschicht treffende Teil geradlinig nach oben weitergehen und vernichtet werden, während der auf die umgebende Luft- Optische Untersuchungsmethoden. 651 schicht fallende Anteil nach der Seite reflektiert wird und so in das Be- obachtungsrohr gelangt. Das Gesichtsfeld des letzteren zeigt mithin ein zentrales Feld, dessen Licht die zu untersuchende Flüssigkeit durchlaufen hat, umgeben von einem Feld, dessen Licht aus der Vergleichsflüssigkeit kommt. Man stellt durch Verschieben der Tauchröhre auf gleiche Helligkeit beider Felder, d. h. auf Verschwinden der Grenzlinie zwischen beiden, ein und liest die Höhe der Vergleichsflüssigkeit an dem Maßstabe, längs dessen der den Tauchzylinder tragende Halter bewegt wird, ab. Die Schichtdicke der untersuchten Flüssigkeit erhält man durch Messen der inneren Länge des Trogs. Die Berechnung ist die bekannte.!) Die Genauigkeit der auf kolorimetrischem Wege erhaltenen Ergeb- nisse ist verschieden je nach der Farbe und Lichtdurchlässigkeit der zu untersuchenden Lösungen. Auch das Auge des Beobachters spielt dabei eine Rolle; es darf nicht durch zu lange fortgesetzte Beobachtungen er- müdet sein und nicht durch anderweitiges Licht beeinflußt werden, wes- halb man dieses, auch das Licht der Beobachtungslampe, möglichst fern- halten muß. Ein weiteres Mittel, die Empfindlichkeit der Einstellung und damit die Schärfe der Ergebnisse zu erhöhen, besteht darin, dal man vor dem Auge ein passend gefärbtes Strahlenfilter, eine Glasplatte oder eine Platte aus Gelatine, einschaltet, welches mit der Farbe der Flüssigkeit eine geeig- nete Mischfarbe gibt; es treten dann bei ungleicher Helligkeit auch Farben- unterschiede in beiden Hälften des Gesichtsfeldes auf, welche vom Auge leichter wahrgenommen werden, als bloße Helligkeitsunterschiede. Hat man 7. B. bei einer blauen Flüssigkeit einen gelben Schirm eingeschaltet, so daß ein neutrales Grün entsteht, so wird, wenn die blaue Flüssigkeit zu niedrig wird, der Farbenton mehr gelbgrün, wenn sie zu hoch ist, mehr blaugrün erscheinen ?) u. dgl. m. In besonderen Fällen, wo die Herstellung einer Vergleichslösung mit Schwierigkeiten verbunden ist, kann man sich auch in der Weise helfen, !) Preis des von Fritz Köhler in Leipzig gebauten Apparates 175 M., der Auer- lampe 20 M. ?2) Für die Herstellung dieser farbigen Gelatineschirme geben W. Ostwald und R. Luther in ihrem „Hand- und Hilfsbuch zur Ausführung physiko-chemischer Mes- sungen“ (2. Aufl., Leipzig 1902, S. 248) folgende Vorschrift: Man läßt farblose Gelatine einige Stunden in kaltem Wasser quellen, gießt das überschüssige Wasser ab, schmilzt im Wasserbade und setzt einen wasserlöslichen Farbstoff zu, der für die betreffende, kolorimetrisch zu untersuchende Flüssigkeit sich besonders eignet. Dann werden Spiegelglasplatten mit einer Lösung von Wachs in Äther abgerieben, wagrecht hin- gelegt und mit der gefärbten Gelatine, der man vorteilhaft etwas Glyzerin zusetzt, 1—2 mm hoch bedeckt. Nach dem Trocknen, das mehrere Tage dauern kann, werden die Platten von der Unterlage abgezogen und auf kleine Rahmen von Pappe oder Zinkblech gespannt, die man auf das Okular des Kolorimeters legt. Oder man überzieht kleine Glasplatten mit einem Kollodiumhäutchen, das mit dem in Alkohol gelösten Farbstoff gefärbt ist, natürlich aber auf der Glasplatte sitzen bleiben muß. 652 J. Biehringer. daß man an Stelle der letzteren eine Anzahl aufeinander zu legender, schwach in der betreffenden Farbe angefärbter Glasscheiben anwendet, welche man vorher numeriert, und, indem man sie nach und nach aufeinanderlegt, durch Vergleich mit Lösungen von bekanntem Gehalte eicht. Auf einem ähnlichen Prinzip beruht das Hämometer von E. ». Fleischl zur quantitativen Bestimmung des Oxyhämoglobins (1885) ; hierbei wird unter dem einen Flüssiekeitsbehälter, der mit destilliertem Wasser gefüllt ist, ein langer Keil aus Rubinglas verschoben, bis die Färbung mit der- jenigen des verdünnten Blutes, das sich im anderen Flüssigkeitsbehälter befindet, übereinstimmt und der Gehalt an Oxyhämoglobin an einer Skala unmittelbar abgelesen. Die Zuverlässigkeit der auf beiderlei Art erhaltenen Ergebnisse wird selbstverständlich davon abhängen, daß das verwandte Glas bei einer bestimmten Dicke und die Lösung des zu bestimmenden Stoffes bei einer bestimmten Konzentration einander in dem Farbenton völlig gleich sind, was indessen niemals genau zutreffen wird. Das Polarisationskolorimeter von @. und H. Krüß. Auf einem ganz anderen Grundgedanken, wie die bisherigen Instrumente, wo auf gleiche Helligkeit durch Änderung der Flüssigkeitshöhen eingestellt wurde, beruht das Krüßsche Kolorimeter, welches bei ungeänderten Flüssigkeits- höhen den Unterschied in der Helligkeit beider Flüssigkeiten auf polari- metrischem Wege ausgleicht. Das Instrument (Fig. 577 und 578) sieht äußerlich dem Wolfschen Kolorimeter sehr ähnlich und zeigt auch die beiden graduierten Zylinder A und 5 mit einem Hahn in der Nähe des Bodens. Beide stehen auf einem Tischehen über zwei Löchern, durch die von unten her das von einer matten Glasscheibe € reflektierte Licht fällt. Ein Spiegel aus gewöhnlichem Glase darf nicht angewandt werden, weil durch die Spiegelung bereits Polarisation eintreten würde. Die weitere Aufgabe besteht nun darin, das durch die beiden gleich hohen Flüssiekeitssäulen hindurchstrahlende Licht in polarisiertes zu verwandeln, in einem Fall den ordentlichen, im anderen Fall den außerordentlichen polarisierten Strahl abzublenden, die beiden übrig bleibenden, entgegengesetzt polarisierten Strahlen neben- einander zu bringen und der Analyse durch ein XNicolsches Prisma zu unterwerfen. Dieses Ziel wird in folgender Weise erreicht. Über der einen Flüssigkeitssäule in A befindet sich ein würfelförmiges Prisma D nach Glan, ein nach dem bekannten Prinzipe des Nicolschen Prismas angefertigtes Kalkspatprisma, bei dem aus praktischen Gründen die diagonalen Tren- nungsflächen ed nicht, wie beim Nieolschen Prisma, durch eine Schicht von kanadabalsam, sondern durch eine dünne Luftschicht getrennt sind. In dieses Prisma tritt durch eine darunter befindliche Blende » von dem Lichte, das aus der Flüssigkeit in A kommt, bloß ein schmales Lichtbündel ein und wird im Prisma in zwei senkrecht zueinander schwingende, polarisierte Strah- len, einen ordentlichen und einen außerordentlichen Strahl, zerlegt. Von ihnen wird der ordentliche Strahl an der Trennungsschicht beider Prismenhälften Optische Untersuchungsmethoden. 653 Fig. 577. Fig. 578. Polarisationskolorimeter Gang der Strahlen im Polarisationskolorimeter nach Krüß. nach Krüß. Die Beschiekung des Apparates mit der zu untersuchenden Lösung und der etwas schwächeren Vergleichslösung ist dieselbe wie beim Wolffschen Kolorimeter. Hin- gegen ist die optische Einrichtung so getroffen, daß die durch beide Flüssigkeitssäulen hindurchgehenden Strahlen, wie im Texte ausführlich erläutert ist, in polarisiertes Licht von entgegengesetzter Schwingungsrichtung verwandelt werden, welche nebenein- ander ins Beobachtungsrohr gelangen. Beide Gesichtshälften des letzteren erscheinen verschieden hell. Durch Drehen des Nicolschen Prismas N werden sie auf gleiche Helligkeit gebracht. total reflektiert, so dab nur der außerordentliche Strahl x das Prisma gerad- linig durchsetzt und nach oben ins Beobachtungsrohr weitergeht. Über der zweiten Flüssigkeitssäule in B ist ein halbes rechtwinkliges Kalkspatprisma & von gleichem Winkel, ein sogenanntes Dovesches Prisma, angebracht, dessen Hypotenusenfläche fe der diagonalen Trennungsfläche des @Glanschen Pris- mas parallel liegt. Von den aus der Flüssigkeit B kommenden Strahlen wird auch hier durch eine Blende m ein schmales Bündel herausgeschnitten, das im Doveschen Prisma ebenfalls in einen ordentlichen und außerordentlichen Strahl zerleet wird. Der letztere geht senkrecht nach oben durch und wird absor- biert; der ordentliche Strahl 8 hingegen wird an der Hypotenusenfläche derartig reflektiert, daß er in das daneben befindliche Glansche Prisma ein- 654 J. Biehringer. dringt und in diesem an der diagonalen Trennungsfläche cd nach oben reflek- tiert wird. In der über dem letzteren Prisma befindlichen Beobachtungsröhre läuft also ein außerordentlicher Strahl «x von dem Licht, das die erste Flüssig- keitssäule A durchstrahlt hat, und ein ordentlicher Strahl 8 von dem Licht, das durch die zweite Flüssigkeitssäule B gegangen ist, nebeneinander, so dab das Gesichtsfeld des Okulars in seinen beiden Teilen von zwei entgegen- gesetzt schwingenden Strahlen beleuchtet ist. Schaltet man nun in den Gang der beiden ein um seine Achse drehbares Nico/sches Prisma N ein, dessen Drehung an einem Teilkreis abgelesen werden kann, so wird bei einer bestimmten Stellung des letzteren der ordentliche Strahl 5 verlöschen, d. h. bei jener Stellung, wo sich die Schwingungsebenen des Strahls und des Prismas kreuzen, bei einer um 90° davon verschiedenen Stellung aus demselben Grund der außerordentliche Strahl «. Zwischen beiden muß es eine Stellung des Nicols geben, bei der beide Hälften des Gesichtsfeldes gleich hell erscheinen. Ist der dazu nötige Drehungswinkel des Nicolschen Prismas =z, so gilt C r „= K.tg?, worin e die gesuchte Konzentration, ce‘ die bekannte Konzentration der Vergleichslösung und K eine Konstante vorstellt, welche durch Absorption und Reflexion des Lichts in den optischen Mitteln des Instrumentes ent- steht: denn es ist klar, daß der eine Strahl infolge der zweimaligen Reflexion in den Prismen einen größeren Lichtverlust erleiden muß, als der andere, welcher durch das Glansche Prisma geraden Weges durchgeht. Man be- stimmt diese Absorptionskonstante, indem man in beide Zylinder dieselbe Lösung bis zu gleicher Höhe h einfüllt, das NMicolsche Prisma auf die Mittel- stellung von 45° einstellt, wobei gleiche Helligkeit in beiden Strahlen des (resichtsfeldes eintreten müßte, wenn beide optisch gleiche Intensität be- säßen, und nun aus dem einen Zylinder Flüssigkeit abzapft, bis diese Gleichheit tatsächlich vorhanden ist. Sind dann die beiden Flüssigkeitshöhen h und h‘, so gilt K=h/h‘, Polarisationskolorimeter mit Quarzplatte von @. und H. Krüß. Dieses Instrument, welches wieder mit verschiedenen Flüssigkeitshöhen arbeitet, unterscheidet sich von dem im vorhergehenden besprochenen Pola- risationskolorimeter dadurch, daß unterhalb des Nicolschen Prismas in den Gang der beiden Strahlen eine Quarzplatte, ähnlich der Soleilschen Doppelplatte in den älteren Polarimetern, eingeschaltet ist. Sie besteht zur Hälfte aus rechts-, zur Hälfte aus linksdrehendem Berekristall?); beide drehen die Schwingungsebene eines polarisierten Lichtstrahls um denselben jetrag, aber in entgegengesetzter Richtung, und zwar seine einzelnen Be- standteile in verschiedenem Maße. Das Gesichtsfeld erscheint deswegen bei keiner Stellung des analysierenden Nicols vollständig dunkel, sondern stets farbig, indem die einzelnen Farben der Reihe nach ausgelöscht werden 1) Vgl. $. 508. Optische Untersuchungsmethoden. 655 und die übrigbleibenden sich zur Komplementärfarbe ergänzen. Je nach der Dicke, die man der Platte gibt, kann man es erreichen, daß in ihr eine bestimmte Farbe um 90° je nach rechts und links gedreht wird, so dal dann beide Hälften der Platte bei den Hauptstellungen des analysie- renden XNieolschen Prismas die gleiche Farbe zeigen. In dieser Platte, welche wie die Soleilsche Platte eine Dicke von 375mm hat, wird ein be- stimmtes Gelb um 90° gedreht. Schaltet man nun eine solche Platte in das nicht gefüllte Polarisa- tionskolorimeter ein, so daß ihre Fuge den ordentlichen (x) und außer- ordentlichen ($) Strahl halbiert, der Strahl «x sowohl wie Strahl % also zur Hälfte durch die rechts-, zur Hälfte durch die linksdrehende Quarz- platte geht, so zeigt das Gesichtsfeld des Beobachtungsrohres vier Felder statt zweier, von denen bei einer bestimmten Stellung des Nicolschen Prismas je zwei kreuzweis stehende Felder dieselbe Helligkeit und dieselbe Farbe besitzen.') Bei Anwendung von weißem Lichte und der obigen !) Die Wirkungsweise der optischen Einrichtung des Polarisationskolorimeters ergibt sich aus folgender Betrachtung. Vor Einsetzen der Quarzplatte erfolgen die Schwingungen der beiden polarisierten Strablen «x und 6 in getrennten Feldern, etwa rechts und links von CD (Fig. 579) in zwei senkrecht aufeinander stehenden Richtungen, etwa der Richtung OA und CD. Schiebt man dann die Doppelquarzplatte ein, so daß ihre Fuge z. B. parallel zur Schwingungsebene des Strahles «, also in AOB liegt, so ee ßB® N %, & —— II 2 A B A & —— a & Fig. 579. Fig. 580. Drehung der beiden entgegengesetzt polarisierten Strahlen « und $ in der rechts- drehenden oberen Hälfte und der linksdrehenden unteren Hälfte der Doppelquarzplatte, die beide in der Fuge AOB zusammenstoßen. muß sowohl das Strahlenbündel « wie das Strahlenbündel 5 zur Hälfte durch den rechts-, zur Hälfte durch den linksdrehenden Teil der Platte hindurchgehen. Das Gesichtsfeld besteht jetzt aus vier Feldern, deren jedes von Strahlen anderer Schwingungsrichtung durchsetzt wird. Die Schwingungsrichtung der einen Hälfte des Strahlenbündels « wird nämlich von der Fuge weg im Sinne des Uhrzeigers nach rechts (x,), die andere Hälfte nach links (x) gedreht, so daß Strahlen gleicher Farbe von x, und «, symmetrisch zur Fuge ihre Schwingungen ausführen. Ganz ebenso zerfällt das Strahlenbündel 8 in zwei Teile; denkt man sich auf der der Plattenfuge parallel laufenden Linie OB ein Lot parallel zu CD errichtet, so entspricht jedem Strahl des von diesem Lote aus nach 656 J. Biehringer. (uarzdicke erscheint das eine Paar in gleicher blauer, das andere Paar in gleicher gelber Farbe. Beim Gebrauch des Instrumentes bringt man erst, ohne die Zylinder zu füllen, das Nicolsche Prisma in die eben besprochene Lage, so dab die Färbung der diametral gegenüberliegenden Flächen gleich wird. Füllt man nun die beiden Zylinder des Instrumentes mit den beiden ver- schieden stark gefärbten Lösungen, der zu untersuchenden Lösung und der Vergleichslösung, so ändert sich infolge der verschieden starken Ab- sorption des Lichtes nicht nur die Helligkeit, sondern auch die Färbung der krenuzweis stehenden Felder in verschiedener Weise. Diese Färbungen sind ganz andere, wie diejenigen der zu untersuchenden Lösung. Denn sie hängen ab von dem Absorptionsspektrum, d. h. der Farbe der Strahlen, die von der Flüssigkeit hindurchgelassen werden; diese erfahren weiter in der (Juarzplatte eine Drehung und werden vom XNicolschen Prisma je nach ihrer Schwingungsrichtung teilweise durchegelassen, teilweise ausgelöscht. Läßt man jetzt die dunkler gefärbte Lösung ablaufen, so tritt, wenn die rechts gedrehten Bündels £, ein gleichfarbiger, ebensoweit von diesem Lote nach links gedrehter Strahl $, des Bündels $. Die vier Quadranten werden also von den Strahlen x, 8, &. £, durchsetzt, und zwar die beiden Felder, welche der rechtsdrehenden Seite der (Juarzplatte entsprechen, von den Strahlen «, und %,, die beiden, welche der links- drehenden Hälfte der Quarzplatte entsprechen, von den Strahlen x, und ß,. Da ferner sowohl die von «, und «, als die von ß, und ß, durchsetzten Felder zusammenstoßen müssen, so folgt daraus, daß «, und £, und andrerseits «, und ß, durch einander dia- metral gegenüberliegende Felder hindurchgehen, wie dies Fig. 579 andeutet. Betrachtet man nun diese Felder durch ein analysierendes Nicolsches Prisma, so werden sie im allgemeinen verschieden gefärbt erscheinen, weil die Schwingungs- richtungen der sie durchsetzenden, einander entsprechenden Strahlen mit der im Nicol festgelegten Schwingungsebene verschiedene Winkel einschließen, mithin in ihnen je- weils verschiedene Strahlen ausgelöscht werden und die übrig bleibenden sich zu einer anderen Mischfarbe vereinigen. Sollen nun der oben gestellten Forderung gemäß zwei kreuzweise gegenüberliegende Felder gleichgefärbt erscheinen, so muß die im Nicol- schen Prisma festgelegte Schwingungsebene gleiche Winkel mit den Schwingungs- richtungen in den entsprechenden Feldern bilden. Um nun die Winkel, welche die Schwingungsrichtungen der vier Strahlen «,, ß%,, &, ß in den vier Quadranten ein- schließen, leichter zu erkennen, trage man die Strahlen als Gerade durch O ein. Man lege (Fig. 580) durch O zwei Linien, welehe symmetrisch und unter gleichen Winkeln gegen AB geneigt sind und die Schwingungsrichtungen von x, und «, für eine bestimmte Farbe des Bündels « vorstellen; ferner lege man zwei Gerade durch O0, welche sym- metrisch zu CD und gegen diese unter den gleichen Winkeln geneigt sind, wie die vorigen gegen AB und die Schwingungsrichtungen £, und ß, für gleichfarbige Strahlen des Bündels & versinnlichen. Dann sieht man unmittelbar, daß die im Nicolschen Prisma festgelegte Schwingungsebene NN gleiche Winkel mit den Strahlen «, und ß, einerseits, und =, und $, andrerseits einschließt, wenn sie die Winkel AOC oder BOC halbiert, also um 45° gegen AB und CD geneigt ist. Dasselbe gilt für alle anderen Strahlen. Dreht man also die im XNieolschen Prisma festgelegte Schwingungsebene in diese Rich- tung, so müssen tatsächlich zwei einander diametral gegenüberliegende Felder unter sich gleichgefärbt erscheinen, weil in diesem Falle gleiche Strahlen in beiden zur Aus- löschung kommen. Die Färbung von z, und £, ist dabei eine andere als diejenige von und £,, weil hier der Winkel der Strahlen mit der im Nicolschen Prisma festen Schwingungsebene ein anderer ist. - Optische Untersuchungsmethoden. 657 Konzentration in den zwei verschieden hohen Flüssigkeitsschichten gleich geworden ist, in den beiden kreuzweis gestellten Feldern nicht bloß gleiche Helligkeit, sondern auch dieselbe, natürlich von Fall zu Fall wechselnde Farbe auf.!) Während bei dem früher beschriebenen Kolorimeter von Wolff nur bei gleicher Helligkeit beobachtet wird, erfolgt hier die Einstellung außerdem auf dieselbe Farbe; dadurch aber können noch Konzentra- tionsunterschiede leicht erkannt und gemessen werden, welche bei jenem kaum bemerkbar sind.!) Das Polarisationskolorimeter ermöglicht mithin eine viel schärfere Bestimmung von Konzentrationen als das Kolorimeter von Wolff. Die Berechnung ist die gleiche. Beispiel: Die kolorimetrische Bestimmung einer Lösung von Nickelsulfat wurde in folgender Weise ausgeführt. Während die Vergleichslösung, welche im Kubikzenti- meter 0'025 g Salz enthielt, in einem Zylinder auf dem Teilstrich 100 stehen blieb, mußte die zu untersuchende Lösung im anderen Zylinder auf den Teilstrich 50'1 abgelassen werden, damit in je zwei kreuzweis gelegenen Feldern die gleiche Farbe (Fleischrot und Violettrot) und Helligkeit auftrat. Ist ce die Konzentration der Vergleichslösung, h ihre Höhe und andrerseits c‘ die Konzentration und h‘ die Höhe der zu prüfenden Lösung, so gilt (8.643) e' = 100 h = —_. (095 In. C.n 0025. 501 0:0499. 1cm® der untersuchten Lösung enthielt also nach der Analyse 0'0499 g Nickel- sulfat, in Wirklichkeit 0'0500 g. !) Preis des Apparats, welcher von der Firma A. Krüß in Hamburg gebaut wird, 190M. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 42 Kalorimetrische Verbrennung. Von P. Hari und 8t. Weiser. A. Allgemeines. (P. Hari.) Der Energieumsatz im Tierkörper besteht hauptsächlich in der Um- wandlung der chemischen Energie der Nährstoffe. Er kann auf zweierlei Weise festgestellt werden: durch direkte Kalorimetrie, die einen komplizierten Apparat und umständliche Technik zur Voraussetzung hat, und in Verbin- dung mit Stoffwechselversuchen durch die weit einfachere indirekte Kalorimetrie. Bei letzterer wird die Menge der chemischen Energie in den Einnahmen mit derjenigen in den Ausgaben verglichen: der Unter- schied entspricht der im Organismus verwerteten chemischen Energie. Ist außerdem der Kohlenstoff- und Stickstoffumsatz bekannt, so läßt sich weiterhin berechnen, welcher Anteil der verwerteten Energie in Wärme oder in mechanische Arbeit umgewandelt wurde, und welcher Anteil even- tuell als chemische Energie, in Form von organischen Verbindungen (Ei- weiß, Fett, Kohlehydrate) zum Ansatz gebracht wurde. Die Menge der chemischen Energie in den Einnahmen und Ausgaben läßt sich seit der Vervollkommnung der Methoden auch ohne besonders komplizierte Vorkehrungen oder schwierige Berechnungen mit einer großen, für biochemische Untersuchungen hinreichenden Exaktheit durchführen. Und zwar beruht das Prinzip der Bestimmung auf der Tatsache, daß die chemische Energie am leichtesten und vollständigsten in Wärme umge- wandelt werden kann, so daß bei vollständiger Verbrennung die entstan- dene Wärme als sicheres und genaues Mal) der vorhanden gewesenen chemischen Energie gilt. Es kommt vor allem darauf an, die Verbrennung mörlichst vollständig unter solchen Versuchsbedingungen auszuführen, dab die entstandene Wärmemenge genau gemessen werden kann. Abgesehen von einer Reihe von Verbrennungsmethoden, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, kommt heute wohl nur noch die Methode von Berthelot in Betracht. Wir beschränken uns im folgenden ausschließ- lich auf die Beschreibung dieser Methode, was um so mehr berechtigt ist, als zu biologischen Zwecken eine andere kaum angewendet wird. Kalorimetrische Verbrennung. 659 I. Das Prinzip der kalorimetrischen Verbrennung nach Berthelot. Das Prinzip ist das folgende: Die in eine geeignete Form gebrachte Substanz wird in einer mit komprimiertem Sauerstoff gefüllten Bombe durch eine entsprechende Vorrichtung (Kurzschließen eines elektrischen Stromes) angezündet und zum fast momentanen Verbrennen gebracht. Durch die entstandene Wärme wird die Bombe sowie auch das Wasser, in dem sich die Bombe im Kalorimetergefäß befindet, erwärmt. Kennt man die Wärmemenge, die notwendig ist, um die Temperatur der Bombe im Kalorimetergefäß um 1° zu erhöhen („Wasserwert der Bombe“), und ist die Menge des Wassers im Kalorimetergefäß bekannt, so läßt sich — bei entsprechender Berücksichtigung der Umgebungstem- peratur — die Menge der bei der Verbrennung entstandenen Wärme berechnen. II. Die zur kalorimetrischen Verbrennung nötigen Einrichtungen und Apparate.) 1. Der Kalorimeterraum. Die kalorimetrischen Verbrennungen werden am zweckmäßigsten in einem Zimmer ausgeführt, das keinen großen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist und soweit als möglich auf einer ständigen Temperatur von ca. 20°C erhalten werden kann. Keinesfalls darf das Kalorimeter von Sonnenstrahlen, von strahlender Ofenwärme oder von kalter Straßenluft direkt getroffen werden. Auch soll der Kalorimeterraum zu gar keinem anderen Zwecke verwendet werden. 2. Das Kalorimeter (Fig. 581) hat folgende Bestandteile: a) Den Behälter. Dieser ist nach Art eines großen, unten ver- schlossenen Hohlzylinders gebaut, ist ca. 46cm hoch, hat eine lichte Weite von 25em und eine Wanddicke von 15em. Diese Wand trägt außen eine Schutzhülle A aus dickem Filz und besteht eigentlich aus zwei ineinander ge- schachtelten Hohlzylindern. Durch aus Kupferblech angefertigte Scheidewände werden zwei Hohlräume von ringförmigem Querschnitt voneinander getrennt, deren äußerer, B, mit Wasser, der innere, C, mit Luft angefüllt ist. Der Wasser- raum Bist oben durch zwei kleine, kreisrunde Öffnungen zugänglich, die zur Aufnahme von Thermometern dienen; D ist eine kreuzförmige Unterlage aus einem Wärmeisolator (z. B. Vulcan-Fiber) und hat eine entsprechende Ver- tiefung zur Aufnahme des Kalorimetergefäßes P; durch die Unterlage D soll dieses auch nach unten durch eine Luftschicht isoliert sein. Zum oberen Abschluß des Hohlraumes dient ein kreisrunder, in zwei Hälften ge- schnittener Deckel aus einem Wärmeisolator; beide Hälften tragen an den einander zugekehrten Rändern je drei Ausschnitte, die. wenn der Deckel !) In der nun folgenden Beschreibung halten wir uns genau an die von uns im pathologischen Institut der Universität sowie in der tierphysiologischen Versuchsstation benutzten Apparate, die teils von Hugershoff in Leipzig und von Peters in Berlin bezogen wurden, teils nach Angabe des Herrn Prof. Tangl! vom Mechaniker Junkuntz in Budapest gebaut wurden. Letztere weisen manche Verbesserung auf. 42* 660 P. Häri und St. Weiser. ADD LADE LLEIGE LED ELÄLLLD DD LID I GBRDLB IDG GA DB D BEE ATEM BE Fig. 581. aufgesetzt wird, Löcher zum Durchtritt von Thermometer, Rührerstange und Stromgabel bilden. Kalorimetrische Verbrennung. 661 b) E ist ein Gerüst, das auf dem Behälter aufgebaut ist, und ein Triebwerk F trägt, das von einem ca. !/,„-pferdekräftigen Motor ange- trieben, die Rührvorriehtung bedient. T ist der Rührer, der beim Gebrauche mittelst einer Schraube bei H befestigt wird. Er hat vielfach durchbohrte Blätter, eigentlich kreisförmig über die Kante gebogene Streifen, deren jeder einzelne aber keinen vollen Kreis umschließt, sondern vorne eine Lücke für das senkrecht hängende Thermometer frei läßt. c) Am Gerüst E ist auch die Vorrichtung zum Fixieren und Ablesen des Thermometers angebracht; K ist ein Rahmen, der flügel- artig um eine senkrechte Achse beweglich ist und am freien Rand eine Lupe trägt. Diese ist ihrerseits auf Zahnstangen horizontal und vertikal verschieblich, um jede Annäherung an den zu beobachtenden Quecksilber- faden des Thermometers zu gestatten und den aus der Parallaxe hervor- gehenden Fehler zu vermeiden. R ist eine Klammer am beweglichen Arm Z und dient zum Auf- hängen des Thermometers; eine Glühlampe kleinster Dimension, die ober- halb der Lupe befestigt ist, wirft bei niedergedrücktem Taster N einen schmalen Lichtkegel auf den Quecksilberfaden. d) Pist das Kalorimetergefäß, das zur Aufnahme des Kalori- meterwassers dient; es ist ein 27 cm hoher, dünnwandiger Nickelzylinder von 15 cm lichter Weite und einem Gewicht von ca. 700 g. In der Mitte seines Bodens ist ein ca. 2 cm hoher Metallring 5 angelötet, der zur Aut- nahme der Bombe dient; zwei innerhalb des Ringes kreuzförmig ange- brachte niedere Leisten verhindern, dal die Bombe dem Boden des Ge- fäßes direkt aufliegt. e) Vorrichtung zur Stromzuführung. M ist eine Gabel, gebildet durch zwei dieke Kupferdrähte, die, voneinander isoliert, durch einen doppelt durchbohrten Ebonitstab treten; sie sind oben durch zwei zufüh- rende Kabel mit der Stromquelle verbunden und enden unten, winkelig abgebogen, in je einen Hohlstift, so daß die Gabel bequem über die her- ausragenden Pole der Bombe (siehe weiter unten) geschoben werden kann. Der elektrische Strom wird einer beliebigen Batterie oder der Straßen- leitung entnommen. Im letzteren Falle ist es zweckmäßig, entweder einen entsprechenden Lampenwiderstand oder folgende von Durig') vorgeschlagene Einrichtung zu benutzen: Je nachdem die Stromspannung der Straßen- leitung 110 resp. 220 Volt beträgt, werden 25 resp. 50m 0'8 mm starken Nickelindrahtes spiralig aufgewunden und an einem Holzrahmen zwischen zwei Klemmschrauben befestigt. Die Zündungsleitung zweigt mit dem einen Pol direkt von der einen Klemmschraube ab, den zweiten Pol klemmt man in solchem Abstand von dieser an dem Widerstandsdraht ein, daß beim Einschalten des Hauptstromes der Zünddraht in der Zünder- 1!) A. Durig, Kleine Mitteilungen zur biochemischen Versuchsmethodik. Bioche- mische Zeitschr. Bd. IV. S. 65—77 (1907). 66? P. Häri und St. Weiser. leitung eben plötzlich durchbrennt. (Über Zünddraht siehe weiter unten unter Nr. 4.) Die Stromschließung erfolgt durch Niederdrücken des Tasters O. Eine Abzweigung der Leitung führt zur kleinen, oberhalb der Lupe befindlichen Glühlampe; der Schließung dieses Stromzweiges dient der Taster N. 3. Thermometer. Es werden in '!/, „Grade geteilte, genau geeichte Thermometer verwendet; am besten ist es, sich der Deckmannschen Thermometer mit einem Skalenbereich von ca. 5°C zu bedienen und die Eichung durch die Physikalisch-technische Reichsanstalt (Charlottenburg bei Berlin) besorgen zu lassen. Jäger und Steinwehr‘!) bedienen sich zur genauen Bestimmung des Temperaturganges in der Vor- und Nachperiode (siehe weiter unten) so- eenannter Platinthermometer. 4. Die kalorimetrische Bombe (Fig. 582) hat einen Fassungsraum von ca. 230 cm? und ein Gewicht von ca. 25 kg. (Die Firma Hugershoff in Leipzig konstruiert auch kleinere Bomben von einem Gewichte von 1 kg und einem Fassungsraum von 60 em3; zu dieser Bombe gehört auch ein entsprechend kleineres Kalorimetergefäß.) Die Bombe ist aus Gußstahl ge- dreht und entweder an der inneren Oberfläche mit einer aus Email bestehen- den Schutzschichte überzogen oder aber mit einem Einsatz aus Platin oder aus Kupfer versehen und im letzteren Falle an der inneren Ober- fläche vergoldet. Die Bestandteile der Bombe sind die folgenden: A ist der Tiegel oder Rezipient mit der schützenden Schichte B; C ist der Bronze- deckel, der an der unteren Fläche mit dem schützenden Platinblech D beleet ist. Der Deckel ist mit dem Bleiring X versehen, welcher einen hermetischen Verschluß der Bombe ermöglicht. E und F sind die Ventile, die dem Einfüllen des Sauerstoffes resp. dem Entleeren der Gase dienen. Sie sind bei W durch Asbest gedichtet und mit den Platiniridiumspitzen U und U versehen, die sich nicht leicht abwetzen und auch den Säuredämpfen widerstehen. Der Sauerstoff tritt bei geöffnetem Ventile X durch die Öffnung @ und Platinrohr / ein; nach vollzogener Verbrennung treten die Gase bei eeöffnetem Ventil F durch die Öffnung H aus. K ist ein Platinstab, der von unten in M eingeschraubt ist; M wird oben von der Schraube P auf- genommen, die oben in den Stift 5 endet. KM PS ist die eine Elektrode, die in ihrem Verlaufe durch den Deckel von diesem (durch das Glimmer- blättchen N, durch die Ebonithülse Q@ und durch den Elfenbeinring V) vollständig isoliert ist: / und $‘ bilden (durch den Körper des Deckels, durch die Schraube 7‘ und durch das Ventil E miteinander leitend ver- bunden) die andere Elektrode. Zwischen beiden ist der dünne Platindraht Y ausgespannt, an welchem ein Baumwollfaden Z befestigt ist. ') W. Jäger und H.v. Steinwehr, Erhöhung der kalorimetrischen Meßgenauigkeit durch Anwendung von Platinthermometern. Verhandlg. d. Deutschen physik. Gesellsch. Jg. 5. Nr. 20 (1903). 665 Kalorimetrische Verbrennung. NURN SAN DIN IN 0) g———S—S—SÜ7]|LK1(((494M LA IS in III zz | INN, \ N N N N NN N N‘ \ x _ N Fig.582. 664 P. Häri und St. Weiser. An Stelle des Platindrahtes und des Zündfadens kann auch feiner Eisendraht (Blumendraht) verwendet werden, der, spiralig aufgewunden, zwischen X und / so befestigt wird, daß er mit der nach unten konvexen Krümmung die zu verbrennende Pastille berührt. Das untere Ende von K ist zu einem Ring geformt, in dem das Platinschälchen Z ruht: dieses nimmt die zu verbrennende Pastille auf. Die ursprüngliche Berthelotsche') Bombe hatte einen starken Platineinsatz, wozu sehr viel Platin nötig war; der Deckel wurde durch eine Überwurfsschraube niederge- halten. In die Bombe führte bloß eine Bohrung; zwei Elektroden, die den Deckel durch- setzten (davon eine aber vom Deckel isoliert war), dienten zur Stromführung. Hempel?) konstruierte eine wesentlich kleinere Bombe, in der bei einem Druck von 12—15 Atmosphären verbrannt wurde; sie hatte weder einen Platineinsatz, noch war sie ursprünglich innen emailliert. Mahler*) ersetzte den teueren Platineinsatz durch Emaillieren der Innenfläche; er vereinigte Deekel und Überwurfsschraube zu einem Stück; von ihm stammt auch der zur Dichtung des Verschlusses dienende Bleiring. Kröker®) ließ durch Peters in Berlin die Verstärkungsleiste am Deckel anbringen; desgleichen eine zweite in den Bombenhohlraum führende Bohrung mit dem angesetzten langen Platinrohr; ferner die seitlichen, am Deckel mündenden Abzweigungen der Boh- rungen, die mit Hilfe des langen Platinrohres zum Durchsaugen von Luft und dadurch zur Bestimmung des während der Verbrennung gebildeten Wassers dienen sollten. Schließ- lich brachte er auch die Platiniridiumspitzen an den Ventilen an. Von Langbein*) rührt der Platinbelag an der unteren Deckenfläche her. 5. Vorrichtung zum Schließen und Öffnen der Bombe. In Fig.583 ist eine Spannvorrichtung im vertikalen (4) und im horizontalen (B) Durchschnitt abgebildet, durch welche die Bombe fixiert wird, um mit dem Schlüssel (C) geschlossen oder geöffnet werden zu können. 6. Der Sauerstoffüllapparat. Seine Konstruktion, die aus Fig. 584 leicht ersichtlich ist, gestattet eine vollständige Ausnutzung der käuflichen Sauerstoffzylinder, indem bei nahender Erschöpfung des einen Sauerstoff- zylinders, wenn also der Druck von 25 Atmosphären nicht mehr zu er- langen ist, die Bombe erst aus diesem Zylinder auf den geringeren, dann aus dem anderen vollen Zylinder auf 25 Atmosphären gefüllt wird. 7. Die Pastillenpresse. Da die zu verbrennende Substanz — in Pulverform angezündet — unfehlbar zum großen Teil unverbrannt zer- stieben würde, müssen aus ihr Pastillen gepreßt werden. Dies geschieht ") Berthelot, Methode pour mesurer la chaleur de combustion des gaz par deto- nation. Ann. de chim. et de phys. Serie V. T. 23. p. 160 (1881). Ferner: Berthelot et Vieille, Nouvelle methode pour mesurer la chaleur de combustion du charbon et des compos@s organiques. Ann. de chim. et de phys. Serie VI. T. 6. p. 546 (1885). Ferner: Berthelot et Vieille, Sur les chaleurs de combustion et de formation des carbures d’hy- drogene solides. Ann. de chim. et de phys. Serie VI. T. 10. p. 433 (1887). Ferner: Ber- theolot et Recoura, Sur la mesure des chaleurs de combustion. Ann. de chim. et de phys. Serie VI. T. 13. p. 289 (1888). ?) Nach H. Langbein (siehe Note 4). ®) Konrad Kröker, Zur kalorimetrischen Heizwertbestimmung. Zeitschr. f. angew. Chemie. S. 111 (1901). #) H. Langbein, Chemische und kalorimetrische Untersuchung von Brennstoffen. Zeitschr. f. angew. Chemie. S. 1227 ff. (1900). je) le) Kalorimetrische Verbrennung. Fig. 583. 6656 P. Häri und St. Weiser, mit Hilfe einer Pastillenpresse. Eine vielfach gebräuchliche Form derselben ist in Fig.585 abgebildet. (Die Substanz wird im Zylinder 4 zwischen den Scheibchen B zur Pastille geformt.) III. Ausführung der Verbrennung. 1. Vorbereitung der Substanz. Es kann sich um feste Sub- stanzen, homogene Flüssigkeiten, Lösungen und Emulsionen handeln. Die Fig. 584. Vorbereitung von Flüssigkeiten ete. s. w. unten auf 8. 681 u.ff. Aus festen Substanzen werden mit Hilfe der in Fig. 585 abgebildeten Presse Pastillen von solchem Gewichte gepreßt, daß durch ihre Verbrennung die Tempe- ratur von ca. 2000 9 Wasser um 1'5—2° © erhöht werde. Kalorimetrische Verbrennung. 667 2. Einstellen des Thermometers. Werden Beckmannsche Thermo- meter verwendet, so wird mit Hilfe des oberen (Quecksilberreservoirs die untere Quecksilbermenge so bemessen, daß das obere Ende des Queck- silberfadens vor dem Verbrennen nicht unter- und nach dem Verbrennen nicht oberhalb des Skalenbereichs zu stehen kommt. 53. Beschickunz der Bombe. Es wird zunächst mittelst einer Pi- pette 1 cm? destillierten Wassers auf den Boden der Bombe gebracht, um die - bei der Verbrennung in der hochgespannten Sauerstoffatmosphäre aus dem beigemengten Stickstoff entstandenen Oxyde zu binden, deren Bildungs- wärme bei der Berechnung des Versuches nicht vernachlässigt werden darf. Da diese Verbindungen sich in Wasser leicht zu Salpetersäure lösen und in dieser Form auch leicht quantitativ zu bestimmen sind, ist es eben zweckmäßig, jene Verbrennungsprodukte als Salpetersäure gelöst zu er- halten, deren Bilduneswärme bekannt ist. 668 P. Häri und St. Weiser. Andrerseits wird durch diesen Wasserzusatz die Atmosphäre in der Bombe von vornherein mit Wasserdampf gesättigt, wodurch man vermeiden kann. daß durch Verdampfung eines Teiles des bei der Verbrennung ent- stehenden Wassers eine gewisse, nicht zu vernachlässigende Wärmemenge gebunden wird. Sodann wird ein 0'05—0'10 mm starker Platindraht zwischen X und / (Fig.582) ausgespannt und der Baumwollfaden von bekanntem Verbrennungs- wert um dessen Mitte geknüpft. Das Platinschälchen wird in den Ring Z gehängt, das untere freie Ende des Baumwollfadens auf dem Boden des Schälchens flach ausgearbeitet und nun die Pastille mittelst einer Pinzette flach auf das ausgebreitete Fadenende aufgelegt. Den Platindraht kann man in der Regel nur einmal verwenden, da er bei seiner Dünne fast momentan durchzuschmelzen pflegt; dies ist aber ein Vorteil, auf den Langbein!) bereits hingewiesen hat, indem durch die ebenso momentane Öffnung des Stromes die aus der Erhitzung des Drahtes resultierende Wärme vollständig vernachlässigt werden kann. 4. Schließen der Bombe. Der Schraubengang am oberen Rand des Bombentiegels wird mit einer dünnen Schichte Vaselin schlüpfrig gemacht (wobei aber keine Spur davon in das Bombenlumen gelangen darf), und der Tiegel verschlossen. Dies könnte am einfachsten durch Herumdrehen des Deckels gegen den fixierten Tiegel erreicht werden: da aber hierbei Schälchen. Faden und Pastille selbstverständlich mitherumgedreht würden, könnte es allzu leicht geschehen, dab die auf dem Fadenende aufliegende Pastille abgleitet: infolgedessen der Faden vom glühend gewordenen Platin- draht wohl Flamme fängt, die abgeglittene Pastille jedoch nicht anzünden kann. Darum ist es von Vorteil, mit der einen Hand den Deckel zu fixieren und mit der anderen den Tiegel von unten entgegenzuschrauben. Schließlich wird die Bombe mittelst der Spannvorrichtung fixiert und der Deckel mit Hilfe des Schlüssels vollends angezogen. 5. Füllen der Bombe mit Sauerstoff. Das freie Ende der von der Füllvorrichtung abgehenden Messingröhre H (Fig.584) wird an die Ein- strömöffnung @ des Bombendeckels (Fig.582) geschraubt und erst das Ventil der Einströmöffnung, dann der am Kopf des Sauerstoffbehälters X (Fig.584) befindliche Verschluß I durch vorsichtiges Drehen soweit geöffnet, dab der Zeieer des an der Füllvorrichtung angebrachten Manometers € — das demselben Innendruck wie die Bombe ausgesetzt ist —, alimählich an- steigend schließlich den Druck von 25 Atmosphären anzeige. Da das dem Sauerstoffeintritt dienende Rohr J der Bombe (Fig. 2) nicht allzu weit vom Grund des Bombentiegels endet, kann bei zu starker Öffnung des Ver- schlusses am Sauerstoffbehälter durch den mit allzu großer Wucht ein- strömenden Sauerstoff das eingegossene Wasser emporgeschleudert werden, wodurch Zündfaden oder Pastille benetzt werden können, die letztere daher nicht entzündet wird. Sobald der Druck von 25 Atmosphären erreicht ist, t) Langbein, 1. c. Kalorimetrische Verbrennung. 669 wird zunächst das Bombenventil, sodann der Verschluß am Sauerstoff- behälter zugedreht, die Verbindung zwischen Einfüllrohr und Bombe gelöst und die zum Schutz der Einströmmündung dienende Schraube angebracht. Der Sauerstoff darf wohl von Stickstoff, jedoch nicht von Wasserstoff verun- reinigt sein. Treadwell') hat gefunden, daß der auf elektrolytischem Wege hergestellte Sauerstoff bis zu 5°/, Wasserstoff enthält; der von Elkan (Berlin) bezogene hingegen davon immer frei ist. Auch uns ist zuweilen stark H-haltiger Sauerstoff untergekommen; den von den Österr.-ungar. Sauerstoffwerken (Wien) bezogenen haben wir aber immer H-frei gefunden. Den käuflich bezogenen Sauerstoff prüft man auf seine Reinheit durch Verbren- nung von Pastillen aus einer Substanz mit genau bekanntem Verbrennungswert. 6. Vorbereitung des Kalorimeterwassers. Die so beschickte Bombe kommt in das Kalorimetergefäß, das eine genau gewogene Menge entsprechend temperierten destillierten Wassers enthält. das so bemessen sein muß, daß die Bombe noch von einer dünnen Schichte Wasser bedeckt sei, die beiden Stifte S und S° aber aus dem Wasser soweit herausragen, daß man sie bequem mit den Fingern fassen kann, ohne in das Wasser zu greifen. Bei der von Richards?) empfohlenen adiabatischen Verbrennung wird in einem das Kalorimetergefäß umgebenden Mantelraum durch Ver- mischen von Schwefelsäure und Natronlauge annähernd dieselbe Temperatur- erhöhung bewirkt, wie im Kalorimeterwasser durch die Verbrennung der Substanz; daher auch während der Verbrennung kein Wärmeaustausch zwischen Kalorimeterwasser und Umgebung erfolgen wird. Bei der gewöhnlichen, oben beschriebenen Versuchseinrichtung gelang es aber infolge des bedeutenden Temperaturunterschiedes, der während und nach der eigentlichen Verbrennung zwischen Kalorimeterwasser und seiner Umgebung besteht, auch bei bester Isolation nicht, einen Wärmeverlust des Kalorimeterwassers zu verhüten. Dieser ließe sich durch Herabsetzen jenes Temperaturunterschiedes, und zwar durch Verbrennung kleinerer Pastillen verringern: was aber darum nicht angängig ist, da ja, um die Bedeutung unvermeidlicher kleiner Versuchsfehler herabzusetzen, eine Temperaturerhöhung von 1’5—2'0° C direkt erforderlich ist. Wohl wird aber jener Temperaturunterschied durch eine vorangehende ca. 1°C be- tragende Unterkühlung verringert und dadurch erreicht, daß vor der Ver- brennung eine geringe Wärmeaufnahme stattfindet, während und nach der Verbrennung jedoch bloß eine ebenso geringe Wärmeabgabe, da ja die Temperatur des vorher abgekühlten Wassers durch die stattgehabte Ver- brennung nur wenig über die Temperatur der Umgebung gebracht worden ist. 1) F. P. Treadwell, Kurzes Lehrbuch der analytischen Chemie. 2. Aufl. Bd. 2. S.284 (1903). 2) Theodore W. Richards, Lawrence J. Henderson und George S. Forbes, Über die Elimination von thermometrischer Nachwirkung und zufälligen Wärmeverlusten in der Kalorimetrie. Zeitschr. f. physikal. Chemie. Bad. 52. S. 551 (1905). Ferner: Theodore W. Richards, Lawrence J. Henderson und Harry L. Frevert, Über die adiabatische Be-- stimmung der Verbrennungswärmen organischer Substanzen, Zeitschr. f. physikal. Chemie. Bd. 59. S. 532 (1907). 670 P. Häri und St. Weiser. Das Kalorimetergefäß, in das die Bombe mittelst freier Hand oder mittelst eines Hakens versenkt wurde, wird nun in den Behälter unterge- bracht, der Rkührer so über die Bombe geschoben, daß die durch seine Blätter freigelassene vertikale Rinne nach vorne — gegen den Beobachter — ge- richtet sei und an das Triebwerk geschraubt; sodann wird die den elektri- schen Strom zuführende Gabel mit beiden Zinken über die Bombenpole geschoben und das Thermometer so eingesetzt, dal es — oben von der Klammer festgehalten — in den erwähnten rinnenförmigen Raum von allen Seiten frei zu hängen kommt, ohne die Bombe oder das Kalorimeter- gefäß zu berühren oder vom Rührer geschleift zu werden. Der Quecksilber- körper des Thermometers soll ungefähr in halber Höhe der Wassersäule zu liegen kommen. Jetzt wird der Behälter auch von oben geschlossen und der den Rührer bewegende Motor in Gang gesetzt, wobei die Hubzahl des Rührers am zweckmäßigsten 50 pro Minute betragen soll. Sobald man erwarten darf, daß das ganze Wasser gut durchgemischt ist und auch die Bombe dessen Temperatur angenommen hat — was in der Regel nach 5 Minuten bereits der Fall ist —, kann man an den eigent- lichen Versuch herangehen. Die Verbrennung. Da aus der der Verbrennung folgenden Tem- peraturerhöhung auf die gebildete Wärmemenge gefolgert wird, das Kalori- meterwasser aber zufolge der erwähnten Unterkühlung nicht nur aus der eben verbrennenden Pastille, sondern auch aus der Umgebung Wärme auf- nimmt, muß die Menge der auf letzterem Wege aufgenommenen Wärme bestimmt werden. Sie läßt sich berechnen, wenn der Gang der Temperatur- veränderung vor und nach dem Ablauf der Verbrennung ermittelt wird; zu diesem Behufe wird in einer sogenannten Vorperiode der Stand des (Juecksilberfadens von Minute zu Minute, am besten unter Verwendung einer Minutenuhr !), genau notiert, wobei die Adhäsion des Quecksilbers jedesmal durch leises Klopfen überwunden wird. Diese Vorperiode ist erst beendet, wenn die Temperaturveränderung durch wenigstens 4 Minuten hindurch gleichmäßig gewesen, d.h. der Unterschied zwischen je zwei Ab- lesungen derselbe geblieben ist. Es soll nicht mehr als 2—3 Tausendstel- grade betragen. Im Augenblick der letzten Ablesung der Vorperiode schließt man den Zündstrom, indem man auf den Taster O drückt und weiterhin ebenso, wie in der Vorperiode, das Thermometer von Minute zu Minute abliest. In der ersten Minute steigt das Quecksilber so rasch, daß man höchstens die Hundertstelgrade ablesen kann; am Ende der zweiten Minute lassen sich auch die Tausendstelgrade beobachten. Sobald der Quecksilberfaden wieder zu sinken beginnt, ist diese sogenannte Hauptperiode beendigt. Nun hat man in einer Nachperiode die Temperaturveränderung durch weiteres Ablesen von Minute zu Minute so lange zu verfolgen, bis ‘) Zu beziehen von Fr. Krumm, Wien, VII. Kalorimetrische Verbrennung. 671 man sich überzeugt hat, daß die Temperaturveränderung wieder eine gleichmäßige geworden ist. Dies ist gewöhnlich 4—5 Minuten nach dem Ende der Hauptperiode der Fall. Am zweckmäßigsten schreibt man die Ablesungen jeder Periode in je eine vertikale Kolumne, wie im folgenden Beispiel. Temperaturablesungen (an einem Beckmann-Thermometer) der Vorperiode: | der Hauptperiode: am Beginn der 1. Minute. 0'487 | am Ende der 5. Minute .. 170 am lüngerder -1..Minute '.. 0489|, „ı we,un6. ur 2.2168 EI OR RO AI I 22 3ER |. „ee et 4. = =.0:495 der Nachperiode: am Ende der 9. Minute ..... 2'183 BR ee 2'182 13: et 2:180 12. . The Me ES ERETER TERN NL ee 42 2174 Zuweilen ist die Verbrennungswärme gerade hinreichend, um das ab- gekühlte Wasser auf die Temperatur der Umgebung zu bringen. In diesem Falle wird das Quecksilber in der Nachperiode Minuten hindurch auf der- selben Höhe verharren. Ein anderes Mal kann es durch eine stärkere Unter- kühlung oder, wenn aus technischen Gründen nur wenig Substanz ver- brannt werden konnte, dazu kommen, daß die Temperatur des Wassers auch in der Nachperiode noch weiter ansteigt. Als erste Ablesung der Nachperiode tragen wir in diesem Falle diejenige Ziffer in eine neue Kolonne vor, von der angefangen der Anstieg nur mehr in ganz geringem Ausmaße stattfindet. 8. Beendigung des Versuches. Nach beendeter Nachperiode wird der Motor zum Stehen gebracht und, um die Gradwertkorrektion (siehe weiter unten) an der Thermometerablesung (falls ein Deckmannsches Thermometer verwendet wurde) anbringen zu können, die Temperatur des Kalorimeterwassers mit 1° Ü Genauigkeit gemessen, das Thermometer herausgenommen und versorgt, die stromzuleitende Gabel von der Bombe gelöst, der Rührer herausgenommen und die Bombe aus dem Wasser ge- hoben. Nach Abnahme der Schraube an der Ausströmöffnung wird das Ventil geöffnet, der Bombendeckel zunächst mit dem Schlüssel gelockert, sodann mit freier Hand abgeschraubt und die aus dem mitverbrannten Stickstoff entstandene, im hinzugefügten Wasser gelöste Salpetersäure vom Boden und von der ganzen Innenfläche der Bombe in ein Becherglas gespült und durch Titration quantitativ bestimmt. 57? P. Häri und St. Weiser. IV. Berechnung einer kalorimetrischen Verbrennung. Um aus der Temperaturerhöhung des Kalorimeterwassers die durch die Verbrennung entstandene Wärme berechnen zu können, muß zunächst die wirkliche, d. h. ausschließlich durch die Verbrennung erzeugte Tempe- raturerhöhung aus den Thermometerablesungen berechnet werden. Die abgelesenen Temperaturveränderungen sind 1. die Folge der Temperaturdifferenz zwischen Kalorimeterwasser und seiner Umgebung, 2. der Wärmeerzeugeung durch die Verbrennung selber. Den auf 1. entfallenden Anteil der Temperaturveränderung berechnet man mit Hilfe der Regnault-Pfaundlerschen Formel'), die, durch das so- genannte Stohmannsche Korrektionsglied ergänzt, am zweckmäßigsten in folgender Form angewendet wird: v—v’ f4 do +®V%n %—Vo WS \ 1 en Er N 2 ln nr) nv wobei v — mittlerer Temperaturanstieg während eines Intervalles (Minute) der Vorperiode, v‘ — dasselbe in der Nachperiode, - — die mittlere Temperatur in der Vorperiode, -' — die mittlere Temperatur in der Nachperiode, », bis dn — die Ablesungen in der Hauptperiode, o — die letzte Ablesung der Vorperiode, n — die Zahl der Intervalle (Minuten) der Hauptperiode. Die ursprüngliche von Pfaundler mitgeteilte Korrektion lautet: un meter ur). Dies ist die Formel, die auch von Louguinine?), Pfaundler?), in Müller- Pouillets Lehrbuch, Fischer und Wrede*) und von C'hwolson°) angeführt wird und auch seinerzeit von Berthelot?) befürwortet wurde. In dieser Formel ist v = mittlerer Temperaturabfall während eines Intervalles (Minute) der Vorperiode, v‘— dasselbe in der Nachperiode. 1) Leopold Pfaundler, Über die Wärmekapazität verschiedener Bodenarten ete. Poggendorfs Annalen. Bd. 129 (der ganzen Folge Bd. 205). S. 114 ff. (1866). Dasselbe französisch: Chaleur speeifique des differentes especes de terres ete. Ann. de chim. et de phys. Serie IV. Bd. 11. S. 261 ff. (1867). 2) W. Louguinine, Beschreibung der Hauptmethoden, welche bei der Bestimmung der Verbrennungswärme üblich sind. Berlin 1897. S.28. Insbesondere auch ausführliche Beschreibung der älteren kalorimetrischen Verbrennungsmethoden. >) Müller-Pouillets Lehrbuch der Physik und Meteorologie. 9. Aufl. von Leopold Pfaundler. Bd. 2. Abtlg. II. S. 334 (1898). *) Emil Fischer und Franz Wrede, Über die Verbrennungswärme einiger orga- nischer Verbindungen. Sitzungsber. d. kgl. preußischen Akad. d. Wiss. Sitz. d. physikal.- math. Klasse vom 14. April 1904. XX. 5) 0. D. Chwolson, Lehrbuch der Physik. Übersetzt von E. Berg. Bd.3. S.204 (1905). 6) Berthelot, Recherches calorimetriques sur l’&tat des corps dans les dissolutions. Ann. de chim. et de phys. Serie IV. Bd. 29. S. 179 (1873). Kalorimetrische Verbrennung. 673 Da wir das Kalorimeterwasser aus den erwähnten Gründen unter die Temperatur der Umgebung zu kühlen pflegen, v somit immer negativ wäre, ist es zweckmäßiger, wenn v = mittlerer Temperaturanstieg etc. in der Vorperiode, v‘— dasselbe in der Nachperiode, wodurch die Formel folgende Form annimmt: ve ( sr dottn u ne) an. Pl T \n—1 2 ie Da ferner Stohmann!) gefunden hat, daß „wegen des nicht gleichförmigen Temperaturverlaufes die mittlere Temperatur der ersten Minute etwas höher liegt als das arithmetische Mittel zu Anfang und zu Ende derselben“, u. zw. um etwa ı, des Temperaturanstieges vom Beginn bis zum Schluß der ersten Minute, schob er er "nach ihm benannte Korrektionsglied in obige Summe ein, so, daß dann die ganze Korrek- tion lautet: v—v’ = FB: & EIs+- a0 _— =: ar) Any n—1 Obzwar, wie Stohmann selbst bemerkt, die hierdurch herbeigeführte Korrektions- änderung nur selten den Wert von 0'002° C erreicht, sagen doch Jaeger und Stein- wehr?): „Es ist natürlich unzulässig, dieses für einen speziellen Fall bestimmte Kor- rektionsglied allgemein anzuwenden. ...“ Anmerkung: Stohmann stellt die letzte Ablesung der Vorperiode, die oben als #o bezeichnet ist, als %, noch einmal als erstes Glied in die Hauptperiode ein. Dann muß die obige Formel, da die Zahl der Intervalle nun nicht n, sondern n—1 ist, lauten: —v’ (2 ton, dd, S - (z++ 2 E= Ss — @-1)+)— a1) jedoch nicht, wie Stohmann und nach ihm Vaubel?), Strigel*) und Fries’) schreiben: vv’ (1 Ytdn, 4 \ 7— | 2+ + 2 + 2 2) — n-1)v. FB R hr B) 9 ) a, © f ae = : ann es darum nicht heißen, weil ja hier die Summe der mittleren 1 Temperaturen in .: Intervallen (Minuten) der Hauptperiode gemeint ist, d.h. +, , +4, ®n—2+ Wn— %n-ı+% % sn urnttı. a an a. % + % 27 .- "++... + han. Das Glied %, kann also keinesfalls zweimal figurieren, wie dies bei Stohmann der Fall ist. Andrerseits dürfte nicht nr abgezogen werden, wie Stohmann es tut, sondern bloß (n—1)t. Nur weil #, in der Regel nur um ein Geringes größer ist als r und jenes unrichtigerweise hinzu addiert, dieses subtrahiert wird, ist das Endergebnis, das nach Stohmann erhalten wird, nur wenig vom Richtigen verschieden; dieser Unterschied !) F. Stohmann, Kalorimetrische Untersuchungen. 16. Abhandlung. Über die Me- thode der Verbrennung etc. Journ. f. prakt. Chemie. N. F. Bd. 39. S. 522 (1889). 2) W. Jäger und H.v. Steinwehr, Beitrag zur kalorimetrischen Messung von Ver- brennungswärme. Zeitschr. f. physikal. Chemie. Bd. 53. S. 161 (1905). ®) Wilhelm Vaubel, Die physikalischen und chemischen Methoden der quantita- tiven Bestimmung organischer Verbindungen. Bd. 1. S. 528 (1902). *) 4A. Strigel in Carl Oppenheimers Handbuch der Biochemie der Menschen und der Tiere. Bd. 1. S. 22 (1908). 5) J. August Fries, Investigations in the use of the bomb calorimeter. Washing- ton 1907. p. 8. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. 43 674 P. Häri und St. Weiser. wird dadurch noch wesentlich verringert, daß eine Multiplikation mit dem Quotienten vv’ . : ; 3 . Fr — — erfolgt, der immer einen wahren Bruch mit kleinem Zähler (mehrere Tausendstel) und großem Nenner (ein bis zwei Ganze) darstellt. Identisch sind die beiden Formeln nur, wenn in der Vorperiode überhaupt keine Temperaturveränderung stattgefunden hat, daher : == +, Da die Stohhmannsche Formel aus Pfaundlers graphischer Darstellung nicht abgeleitet werden kann, zudem auch weder eine Vereinfachung bedeutet, noch eine Rechnungs- erleichterung bietet, liert keine Veranlassung und keine Berechtigung zu ihrer Verwen- dung vor. Diese Korrektion (At) kann ein positives oder ein negatives Vor- zeichen haben, und es ist wünschenswert, dab sie nur wenige Tausendstel- grade, jedenfalls weniger als 0'010° betrage:; hohe Werte werden erhalten, wenn zu stark unterkühlt oder eine zu große Pastille verbrannt wurde. Um den Betrag dieser Korrektion muß die Temperaturerhöhung in der Hauptperiode, d. i. die Differenz zwischen », und %,, je nach deren Vor- zeichen vergrößert oder verringert werden. Vorher müssen aber noch, um den Wert von 9, — d, berechnen zu können, an den Thermometerablesungen die üblichen Korrektionen, u. zw. am bequemsten auf Grund der von der Physikalisch-technischen Reichs- anstalt (Charlottenburg bei Berlin) besorgten Überprüfung vorgenommen werden. Das sind z) die Kaliberkorrektion, durch die den nicht zu vermeidenden Ungleichheiten im Kaliber der Kapillare Rechnung getragen wird; %) die Gradwertkorrektion (Ostwald-Luther, Grützmacher‘), die durch das dem Temperaturanstieg nicht ganz proportionale Verhalten jedes Quecksilberthermometers notwendig wird. Bei Verwendung eines metastatischen (z. B. Beckmannschen) Thermometers ist in der Gradwert- korrektion auch diejenige enthalten, die durch die bei verschiedenen Tem- peraturen verschiedene Quecksilberfüllung erforderlich wird. Also ist die wahre durch die Verbrennung erzeugte Tempe- raturerhöhung T=%, (korrig.) —d , (korrig.) + At. Um aus dieser Temperaturerhöhung die produzierte Wärmemenge berechnen zu können, mub 1. die Menge des im Kalorimetergefäß befindlichen Wassers, 2. der sog. Wasserwert der Bombe bekannt sein, der (wie auf S. 677 ff., Kap. VI beschrieben ist) mittelst einer besonderen kalorimetrischen Verbrennung bestimmt werden muß. Die durch die Verbrennung erzeugte Wärme erhöht nämlich nicht nur die Temperatur des Kalorimeterwassers, sondern auch die Kalorimeterbestandteile (Bombe, Rührer, Gefäß ete.), die mit dem Wasser in Berührung kommen und die gleiche Temperatur mit dem Wasser haben. Es muß also die Wärmemenge bekannt sein, die !) W. Ostwald und R. Luther, Hand- und Hilfsbuch zur Ausführung physiko- chemischer Messungen. II. Aufl. 1902. S.291. Ferner: Fr. Grützmacher, Über Thermo- meter mit variabler Quecksilberfüllung. Zeitschrift für Instrumentenkunde. Bd. 16. S. 171ff. (1896) und Nachtrag zu obiger Verhandlung. Ibidem. S. 200 ff. Kalorimetrische Verbrennung. 675 zu dieser Temperaturerhöhung nötig ist; sie wird durch den sog. Wasserwert ausgedrückt. Den Wasserwert gibt diejenige Wasser- menge an, die durch dieselbe Wärmemenge die gleiche Tempe- raturveränderung erleidet, wie die angeführten Bestandteile des Kalorimeters. Ist W das Kalorimeterwasser, Wb der Wasserwert der Bombe, so ist (W + Wb) T die bei der Verbrennung entstandene Wärme. Doch entspricht diese Wärme nicht ausschließlich der Verbrennungs- wärme der untersuchten Substanz; denn ein Teil derselben entsteht a) durch Verbrennung des Zündfadens (Baumwolle oder Eisendraht), b) durch die eingangs bereits erwähnte Bildung von Salpetersäure aus einem Teil des den komprimierten Sauerstoff beigemengten Stickstoffs. Um diese beiden Werte muß die oben gefundene Wärmemenge W reduziert werden. a) Hat man Eisendraht verwendet, so rechnet man pro 1g Eisen 1615 Kalorien!) (nach Berthelot?) 1650); hat man Baumwollfäden ver- wendet, so wird deren vorher ermittelter Verbrennungswert angesetzt. Die Verbrennungswärme von Baumwoll-Zündfäden wird folgendermaßen bestimmt: Aus einem der Länge und dem Gewicht nach genau bestimmten Bündel von gleich langen und dicken, abgezählten Baumwollfäden werden etwa 075g schwere Pastillen gepreßt und kalorimetrisch verbrannt. Aus dem Ergebnis der Verbrennung läßt sich leicht berechnen, wie groß die Verbrennungswärme eines Fadens von der erforderlichen Länge ist; sodann wird das Bündel in Stücke von dieser Länge geschnitten und aufbewahrt. b) Da die Bildungswärme der in Wasser gelösten Salpetersäure (= Verbrennungswärme des Stickstoffs zu gelöster Salpetersäure) nach Berthelot?) pro 1 9 Salpetersäure 227 gr-Kalorien, pro 1 Grammolekül, also 14'3 kg-Kalorien beträgt, so haben wir nur die am Ende des Versuches herausgespülte Flüssigkeit unter Verwendung eines Fe a nicht reagierenden Indikators (z.B. Kongo) mit einer Normale am besten 1) Laug oe zu titrieren, um die Menge der Salpetersäure und hieraus die . ihrem Entstehen frei gewordene Wärmemenge berechnen zu können. BT. n Da jedes 1 cm® der bei der Titration z. B. verwendeten 70 Fauge E .,"Gra lekü 2 die Anwesenheit — mot in der Salpetersäure anzeigt, so entspricht an auch jedes 1 cm3 der 1 n ——-Lauge on 0 000" :g9-Kalorien = 1 '4gr-Kalorien. Die An- zahl verbrauchter Kubikzentimeter der Lauge multipliziert mit 1'4 ist die aus verbranntem Stickstoff herrührende W ärmemenge. Oder aber man verwendet zur Titration, -Lauge, d. h. solche, die 2:857 g Natronlauge oder 4000 g !) Landolt-Börnstein, Physikal.-chemische Tabellen. III. Aufl. S. 440 unter Nr, 38. ?) Berthelot, Praktische Anleitung zur Ausführung thermochemischer Messungen. Übersetzt von @. Siebert, Leipzig 1893. S. 84. 43* 676 P. Häri und St. Weiser. Kalilauge im Liter gelöst enthält; jedes verbrauchte Kubikzentimeter dieser Lauge entspricht einer gr-Kalorie. Wenn die aus verbranntem Stickstoff ent- standene Wärmemenge mit St, die aus dem verbrannten Zündfaden ent- standene Wärmemenge mit Z bezeichnet wird, so ist die wahre Verbren- nungeswärme (V) der Substanz in Kalorien: V=(W+ Wb) Tor. — (St +2). Was die Genauigkeit der Verbrennungen anbelangt, so läßt sich bei der Verbrennung von Pastillen, die aus einer homogenen Substanz gepreßt sind, eine Genauigkeit von 0'1—0'2°/, erreichen, bei der Ver- brennung von nichthomogenen Körpern (Pulvergemischen) aber eine solche von 02—0'5%/,. V. Beispiel einer kalorimetrischen Verbrennung. Zu verbrennende Substanz: Getrocknetes Hühnereiweib. Gewicht der Pastlle . . . . re a Gewicht des Kalorimeterwassers (Ww) Bee. Wasserwert der Bombe ete.(Wb). 77.9.0. sr ER 342 „ Zimmertemperatur . . . 21006 Temperatur des Kalorimeterwassers nach der Verbrennung. 2095 Temperaturablesungen an einem Deckmannschen Thermometer : Vorperiode Hauptperiode Nachperiode Zeit Grade Zeit Grade Zeit Grade 10° 2’—3°406 10° 7’ 4-41 10°11’ #712 10° 3’— 3'408 10° 8° 4697 10912’ 2741 10° 4’—3°410 10° 9°. 4'712 10° 13° 4710 10° 5°—3°412 10°10° 4713 10°14° 4709 10°6° 3414 10°15° 4708 Hieraus v = 0'002 v’ = —0001 — — az este n.=4 el v— v’ = 0005 =’ — r = 1'300 Dz== 13 3640 nv = 0'008 de 40035 9, —%, 7 ” om =044107 1 zZ 3 = 138190 n—1 Kalorimetrische Verbrennung. 677 Beyer E + Yu %—% Bi Bi) Daher ist een 5 + 9 cd N - 435 — 0008 = 0°010 — 0:008 = + 0002° C. 1'300 Nach dem Prüfungsschein der Physikalisch-technischen Reichsanstalt beträgt die Kaliberkorrektion dieses Thermometers —0'0006 für die abge- lesene Skalenstelle 3414 und O für Skalenstelle 4713. Nach dieser ersten Kor- rektion beträgt daher die Temperatursteigerung 4713 — 34134 = 1'2996° C. Der Gradwert der Teilung beträgt bei einer Temperatur von 21° © pro 1° des Thermometeranstieges 1'009° C; der wahre Wert des oben berechneten Thermometeranstieges ist daher 12996 x 1'009 = 1'3113° C. Hierzu kommt die oben berechnete Korrektion von +0'002 für den Wärmeaustausch (At); daher die wirkliche Temperaturerhöhung = 1'3133° © beträgt. Die pro- duzierte Wärmemenge (W+ Wb) T ist also (2358 + 342) 13133 =3545°8 cal. Davon sind in Abzug zu bringen: a) für den verbrannten Baumwollfaden . . . . 16°8 cal. b) für verbrannten Stickstoff, da bei der Titration RE n ER SD cm 10 auge verbraucht wurden, 85 x 14 = 11:9 cal Aus der Verbrennung der Pastille entstanden also ee ae 19). ie tn ne ee Da die Pastille 0:8957 g wog, beträgt die gesuchte, auf 1 9 der Substanz bezogene Verbrennungswärme . 39266 cal. VI. Bestimmung des Wasserwertes. Aus Kapitel V ist ersichtlich, daß der Wasserwert des Kalorimeters die Grundlage der Berechnung bildet: daher muß, um zuverlässige Werte zu erhalten, vor allem der Wasserwert des Kalorimeters auf das Genaueste bestimmt werden. Zunächst läßt sich der Wasserwert aus dem Gewichte jedes einzelnen. an der Wärmeaufnahme beteiligten Bestandteiles der Bombe, des Kalori- metergefäßes etc. und deren spezifischen Wärmen berechnen. Weit einfacher ist es aber, die Bombe und dadurch auch das Kalorimeter- wasser mit einer gemessenen Wärmemenge zu erwärmen und die Temperatur- erhöhung zu beobachten. In exakter Weise geschieht dies auf Jäger und Stein- wehrs!) Vorschlag mittelst des elektrischen Stromes, der während einer genau festgestellten Zeitdauer durch einen um die Bombe gewickelten Konstantanstreifen läuft und ihn erwärmt; aus der Stärke, Spannung und Zeitdauer des Stromes sowie aus dem vorher genau festgestellten Wider- stand des Konstantanstreifens wird die auf diese Weise zugeführte Wärme- menge berechnet. Leichter und einfacher ist es, den Wasserwert in der Weise zu bestimmen, daß man genau gewogene Mengen solcher chemisch ') W. Jäger und H. v. Steinwehr, Bestimmung des Wasserwertes eines Berthelot- schen Kalorimeters in elektrischen Einheiten. Verhandl. d. deutschen physik. Gesellsch. Ba. 5, S. 50 (1903). 67 P. Häri und St. Weiser. n reiner Substanzen verbrennt, deren Verbrennungswärme genau bekannt ist. Die genauesten sind die von Fischer und Wrede!) mit einer nach ‚Jäger und Steinwehr geeichten Bombe erhaltenen Werte, von denen einige nachstehend mitgeteilt sind, und zwar von solchen Substanzen, die man in zweckmäßiger Weise zur Eichung des Kalorimeters verwenden kann: Verbrennungswert pro 19 Naphtalin.) „#2. 5 Alu Eee Ehe al: Benzoesäure.., wre et Bohrzucker:.r ;. 1%; RE EB, Aus diesen Substanzen müssen _Pastillen gepreßt und die Verbrennung in allen Einzelheiten so ausgeführt werden. wie dies S. 666—671 be- schrieben wurde. Die Berechnung des Wasserwertes (Wb) gestaltet sich wie folgt: Wenn V = die Verbrennungswärme der Pastille, W = Kalorimeterwasser, Wb = der gesuchte Wasserwert, T = die korrig. Temperaturerhöhung, St = Verbrennungswärme des Stickstoffes, Z = Verbrennungswärme des Zündfadens. so ist, wie wir S. 676 gesehen haben, V= (W + Wb) T — (St + Z), hier- 1 S %% r tw N “3 VII. Beispiel einer Wasserwertbestimmung. Zu verbrennende Substanz: durch Sublimation gereinigtes Naphtalin. Gewicht der Pastille: 04440 g. (sewicht des Kalorimeterwassers (W): 2400 g. Zimmertemperatur. . . er A 19016 Temperatur des Kalorime ‚terwassers nach der Y erbrennung ER LIe. Die Berechnung ergab für At ... al, VIERTE Für d9, — vd, korrigiert nach Kaliber- und Gradwert ..v EO7 0A Die wahre Temperatursteigerung betrug daher. . . . 157210 „ Diese Temperatursteigerung wurde verursacht a) durch die Verbrennung der Pastille. Da 1g Naph- talin verbrannt 9667°8 Kalorien liefert, so lieferten 0AAAO gi mE re leiin MAee )) durch die Verbrennung des: le las : 16°8 c) durch die Verbrennung von Stickstoff: da bei der Mi a an Titration des Bombenspülwassers 1 cm3 10 Lauge verbraucht wurde, sind auf dieser Weise entstanden 1 KIA a nen ‚EA 14 Die Summe der Verbrennungswärmen ee daher . . 43107 cal ') E. Fischer und F. Wrede, ]. c. siehe Nr. 12. Kalorimetrische Verbrennung. 679 Davon entfallen auf die Erwärmung des Kalorimeter wassers SAUNEMEBT2E = DE N Bea Also wurden zur Erhöhung der Temperatur der Kalbe: i- meterbestandteile (Bombe, Gefäß ete.) um 15721? © verwendet 4310 7—37730 =. . . Sale Um ihre Temperatur um 1°C zu Srhohen, ed demnach BED — |: He ee 342°0 Der Wert von 542 Kalorien ist die Eichzahl des Kalorimeters oder der Wasserwert, so genannt, weil diese Zahl, wie S. 675 bereits erwähnt war, auch die Wassermenge angibt, die durch dieselbe Wärmemenge die gleiche Temperaturveränderung erleidet, wie die angeführten Bestandteile des Kalorimeters. Zweckmäßig ist es, die Wassermenge so zu wählen, daß W-+-Wb eine runde Zahl ergeben (s. S. 676: 2358 + 342 = 2700). Um sich die Mühe des häufigen Gewichtauflegens zu ersparen, ist es von Vor- teil, das mit der ermittelten Menge Wassers beschickte Kalorimetergefäiß mit einem Gegengewicht (z. B. Schrotkörner in einem Pulverglas mit eingeschliffenem Glasstopfen) auszutarieren: auf diesem Gegengewicht aber das Gewicht des Kalorimetergefäßes so- wohl wie das des eingefüllten Wassers gesondert zu notieren. Die Wägungen müssen auf O1 g genau sein. B. Spezielles. (St. Weiser.) I. Verbrennung fester Substanzen. Diese werden im der Regel als Pastillen verbrannt, wozu aber die meisten vorbereitet werden müssen. Dies besteht darin, dal) man feuchte Substanzen zunächst auf dem Wasserbade oder noch besser im Vakuum bei ca. 60° C trocknet, dann 12—24 Stunden lang, nur vor Staub geschützt, bei Zimmertemperatur stehen läßt und in diesem lufttrockenen Zustand wägt, nun erst grob zerkleinert, dann in einem Mörser oder in einer Mühle pulverisiert. Das meistens durchaus inhomogene Pulver wird innig vermischt und schließlich daraus Pastillen gepreßt. Diese werden gewogen aufbewahrt. Es gibt fettreiche Substanten, z. B. Eidotter oder fettreiche Samen, die bei einigermaßen starkem Pressen flüssiges Fett austreten lassen, das bei seinem hohen Verbrennungswert unberechenbare Versuchsfehler be- dingen würde; aus solchen Substanzen dürfen nur lockere Pastillen bei ganz geringem Druck gepreßt werden. Es soll zuweilen der Verbrennungswert von Substanzen bestimmt werden, die in der oben beschriebenen Weise sich nicht entzünden. Man bedeckt in diesem Falle die Pastille mit einer genau abgewogenen Hilfs- pastille aus leicht entzündlichem Material von bekanntem Verbrennungs- wert (Kampfer, Naphtalin) und sichert sich auf diese Weise ein glattes Mitverbrennen der zu bestimmenden Substanz. Selbstverständlich muß der Verbrennungswert der Hilfspastille vom Endresultat abgezogen werden. 680 P. Häri und St. Weiser. Zu den schwer verbrennlichen Substanzen gehören namentlich Sub- stanzen, denen viel anorganische Salze beigemengt sind, doch muß bemerkt werden, dal einer von uns (Hdri!) Eiweißpulver, dem 25°/, Kochsalz bei- gemengt war, ohne Hilfspastille stets glatt verbrennen sah. In biochemischen Arbeiten handelt es sich meist um die Verbrennung folgender fester Körper: a) Futter- oder Nahrungsmittel. b) Exkrete (Kot) oder Abfälle (Haare). c) In speziellen Fällen auch Organe oder Organteile oder ganze Pflanzen- oder Tierleiber. a) Futter- oder Nahrungsmittel. 1. Fleisch. Vom rohen oder gekochten und in der Regel zur Ver- fütterung bereits in der Fleischmühle zerkleinerten Fleische werden zirka 100 g abgewogen, am Wasserbad oder im Vakuum getrocknet, nach 24 Stunden in lufttrockenem Zustande wieder gewogen und pul- verisiert. Die aus dem Pulver gepreßten Pastillen sollen 0'70—0'80g schwer sein. ?) 2. Fette werden in geschmolzenem Zustande in das Verbrennungs- schälchen gefüllt und darin erstarren gelassen. Bei seinem hohen Verbren- nungswert soll nicht mehr als O'5g Fett verbrannt werden. 3. Von Brotarten werden ca.50g abgewogen, getrocknet, lufttrocken wieder gewogen und gemahlen. Man befreit das Mehl durch ein feines Sieb von groben Bröckelchen, die dann noch einmal vermahlen und mit der Hauptmasse vereinigt werden. Käufliches „Hundebrot“ ist hinlänglich trocken, um ohne weiteres pulverisiert werden zu können. Aus dem Brot- mehlpulver werden 0'8—1'0g schwere Pastillen gepreßt. 4. Von Stroh- oder Heuarten werden zunächst 1—2%g grob zer- kleinert, in einer Porzellanschale gewogen, sodann im Vakuum getrocknet, 24 Stunden lang im Zimmer stehen gelassen, wieder gewogen und pulveri- siert. Das Pulver wird durch ein 1mm-Sieb von Bruchstücken, von Blatt- stielen, Blattrippen etc. getrennt; diese werden noch einmal vermahlen und mit dem Hauptanteil vereinigt, sodann aus dem Pulver ca. 19 schwere Pastillen gepreßt. 9. Reife Körner und Samen sowie deren Präparate können ohne weitere Trocknung vermahlen werden; aus ihrem Pulver werden je nach dem Fettreichtum 0°6—1°0 g schwere Pastillen gepreßt. Aus fettreichen Samen, ferner Ölkuchen ete. dürfen Pastillen nur bei ganz gelindem Druck gepreßt werden. ') Paul Häri, Über die Wärmetönung der Pepsinverdauung des Eiweißes. Pflü- gers Archiv. Bd. 121. S. 459. ®) Das gilt für den Fall, daß die S. 662 beschriebene große Bombe und ca. 2kyg Kalorimeterwasser verwendet werden. Kalorimetrische Verbrennung. 681 b) Kot, Haare. 1. Kot. Von dem in Stoffwechselversuchen in der gewohnten Weise quantitativ gesammelten Kot wird ein aliquoter Teil genau gewogen, ge- trocknet, im lufttrockenen Zustand wieder gewogen und pulverisiert. Nun ist aber das Eintrocknen von Kot der meisten Tiere erfahrungsgemäb (Kellner‘) mit einem Verlust an N (größtenteils in Form von Ammoniak), damit auch mit einem Verlust energiehaltigen Materials verbunden: er ist sehr gering beim Hammel, etwas größer beim Ochsen und recht bedeutend bei allen anderen darauf untersuchten Säugetieren. (Näheres hierüber bei Zaitschek.?2) Um diesen Stickstoff- und Energieverlust möglichst zu ver- hüten, kann dem Kot je nach dessen Menge 10— 20cm? einer 10°/,igen Lösung von Weinsäure bis zurentschieden sauren Reaktion zugesetzt werden. Das Eintrocknen geschieht erst auf dem Wasserbad, dann im Vakuum- trockenschrank. Da aber auch der Zusatz von Weinsäure den Stickstoff- und damit den Energieverlust nicht vollständig verhüten kann, muß, der Stickstoffverlust durch vergleichende Stickstoffbestimmungen im frischen und im einge- trockneten Kot festgestellt werden und der aus der Verbrennung der Kot- pastille berechnete Verbrennungswert pro 19 des Stickstoff- (hauptsächlich Ammoniak-) Verlustes um 6°5 Kalorien vergrößert und pro 19 der zuge- führten Weinsäure um 1'866 Kalorien verringert werden. Die Kotpastillen sollen 0'8—1'0g schwer sein. 2. Aus ausgefallenen Haaren, die vom Boden des Stoffwechselkäfigs ‚gesammelt werden, preßt man ohne jede weitere Vorbereitung 070—0'80g schwere Pastillen. c) Organe, Organteile etc. Bei der Verschiedenartiekeit der Gewebe, aus denen Organe und ganze Tierleiber aufgebaut sind, muß ganz besonders auf exakte Mischung des aus der getrockneten Substanz hergestellten Pulvers geachtet werden. Wegen des hohen Fettgehaltes gewisser Organteile (z. B. Eidotter) muß das Pressen von Pastillen sehr vorsichtig vorgenommen werden. Beim Ein- trocknen von Flüssigkeiten (z. B. Bakterienaufschwemmungen, Verdauungs- ‚gemischen) muß auf das Entweichen von organischen, also energiehaltigen Verbindungen geachtet werden. II. Verbrennung von Flüssigkeiten. a) Brennbare Flüssigkeiten können einfach ins Platinschälchen ge- gossen und so verbrannt werden; sollten sie sehr flüchtig sein, könnte die 1) O0. Kellner, Untersuchungen über den Stoff- und Energieumsatz volljähriger Ochsen bei Erhaltungsfutter. Landwirtschaftl. Versuchsstat. Bd. 47. 3.288 (1896). Ferner: Untersuchungen über den Nahrungs- und Energiegehalt volljähriger gemästeter Ochsen. Landwirtschaftl. Versuchsstat. Bd. 50. S. 256 (1898). 2) Zaitschek, Zur Methodik der Bestimmung des Stickstoff- und Eiweißgehaltes der Fäzes. Pflügers Archiv. Bd. 98. S. 595ff. (1903). 68? P. Häri und St. Weiser. von Longuinine‘) empfohlene Methode versucht werden. Die Flüssigkeit wird in ein enges zylindrisches Platingefäß gegossen, in dessen Lumen ein Asbestdocht hineinragt: die durch einen feinen Platindraht vermittelte Ver- brennung erfolgt glatt, wenn auch etwas langsamer. b) von wässerigen Lösungen kommt in erster Linie der Harn in Betracht, dessen Energiegehalt einen nicht unbeträchtlichen Bruchteil der aus dem Tierkörper ausgeführten Energie ausmacht. Zur Verbrennung muß der Harn vorher eingetrocknet werden; da es aber in der Regel nicht möglich ist, den Harn ganz frisch aufzuarbeiten, - mul) er bis dahin vor Zersetzung bewahrt werden. Dies geschieht am besten mit Toluol oder einem größeren Thymolkriställchen. Ein Zusatz von ge- pulvertem Thymol ist zu vermeiden, da es geschehen kann, dab dieses dem Harn beigemengt bleibt, sich beim Eindampfen nicht völlig verflüchtigt und dann mit dem Harn mitverbrannt wird. Die früher geübte Methode, eine größere Harnmenge einzudampfen und einen aliquoten Teil des festen Rückstandes zu verbrennen, wird heute kaum mehr verwendet. Man dampft von konzentriertem Harn 10 cm®, von dünnerem Harn 15— 20 cm®, von Kinder- oder Vegetarianerharn 30—50 em? ein und verbrennt. Zaitschek?) empfiehlt, statt der großen Bombe die S. 662 erwähnte kleinere Bombe zu verwenden, wobei 5 cm? normalen Menschen- oder Tier- harns genügen, um eine entsprechende Temperaturerhöhung zu erzielen. Das Eindampfen des Harns kann x) im Verbrennungsschälchen selbst oder aber 5) auf den Kellmerschen Zelluloseblöckchen geschehen. ad x) Am besten wäre es, die genannte Harnmenge im Verbrennungs- schälchen auf einmal einzudampfen; da dies aber bei dem geringen Fassungs- raum (5 cm?) des Schälchens nicht möglich ist, muß das Eindampfen portions- weise erfolgen. Dies kann man um so eher tun, da es, wie Zaitschek?) gefunden hat, hinsichtlich des sofort zu besprechenden Stickstoffverlustes gleich ist. ob dieselbe Harnmenge auf einmal oder im mehreren Portionen eingedampft wird; der Stickstoffverlust wird nämlich nur in sehr ge- ringem Grade dadurch gesteigert, daß bereits eingetrockneter Harn bei der neuerlichen Zugabe von Harn wieder gelöst und dann wieder einge- dampft usw. wird. ad &) Beim Kellnerschen ®) Verfahren, das ursprünglich für sehr salz- reiche und darum schlecht verbrennende Ochsenharne angegeben war, werden kleine Zelluloseblöckchen (von Schleicher und Schüll eigens hierzu angefertigt) vorher bei 102° U getrocknet und gewogen. Nun füllt man den Harn in Tropfgläschen, wägt dasselbe, stellt die Blöckchen in je eine Porzellanschale und tropft vom Harn so viel auf die Blöckchen, als diese aufnehmen, ohne daß der Boden der Schale benetzt würde. Die nassen ') Longuinine, ]. ec. S. 74. °) A. Zaitschek, Zur Bestimmung des Energiegehaltes im Harn. Pflügers Archiv. Bd. 121. 5.550 (1908). ”) O0. Kellner, ]. ec. Bd. 47. S. 296. Kalorimetrische Verbrennung. 683 Blöckehen trocknet man bei 60°C, womöglich im Vakuum, und wiederholt das Auftropfen und Eintrocknen so lange, bis die gewünschte Harnmenge in das Blöckchen gebracht ist. Bei der Berechnung der Resultate werden für die Verbrennungswärme von 19 Zellulose 4206 .. 4 cal. in Rechnung gesetzt. Eine besondere Berücksichtigung verdient der Umstand, daß beim Eindampfen des Harns Zersetzungen stattfinden, wobei ein Energieverlust eintritt. Als Maß dieser Zersetzung wird allgemein der Stickstoffverlust betrachtet, der beim Eindampfen beobachtet wird. Der diesem Stickstoff- verlust entsprechende Energieverlust wird von verschiedenen Autoren auf verschiedene Weise berechnet. Nach Rubner!) stammt der beim Eindampfen verloren gegangene Stickstoff aus zersetztem Harnstoff; daher Rubner, dem Energiegehalt von 1 9 Harnstoff entsprechend, als Korrektion für 1 9 verlorenen Stickstoffs 5407 gr-Kal. berechnet, die der tatsächlich gefundenen Wärmemenge hinzu- gerechnet werden müssen. Nach Krummacher?) ist die Quelle des Energie- verlustes das im Harn enthaltene Ammoniak: dementsprechend setzt Krummacher als Korrektion für 1 9 verlorenen Stickstoffs 65 kg-Kal. in rechnung. Frentzel3) hält die Größe des Energieverlustes proportional dem Stickstoffverlust und berechnet die Korrektion aus der Menge des Er . CNN. Kal. verlorenen Stickstoffs mittelst der kalorischen @Quotienten N: L Die Bestimmung des Stickstoffverlustes erfolgt so, daß man vom Harn genau dieselbe Menge und genau unter den Umständen, wie dies als Vorbereitung für die Verbrennung geschah, eindampft, im Trockenrückstand den Stick- stoff bestimmt und dieses Ergebnis mit dem der ursprünglichen Stickstoff- bestimmung in frischem Harn vergleicht. Nach Zarkas und Korbuly*) ist es für das Endergebnis gleich, ob man die Korrektion nach Rubner oder nach Krummacher vornimmt; die Frentzelsche Korrektion dürfte für viele Kal. N Die Erfahrungen über die beiden erwähnten Methoden des Eintrock- nens sind verschieden. Nach K. Farkas und M. Korbuly soll das Ein- trocknen im Vakuum, bei Zimmertemperatur, ohne Zelluloseblöckehen und ohne irgend welchen Zusatz erfolgen. A. Steyrer®) empfiehlt hingegen die Fälle mit hohem -Wert zu hoch gegritfen sein. !) Max Rubner, Kalorimetrische Untersuchungen. Zeitschrift f. Biolog. Bd. 21. (N. F. Bd. 3.) S. 292 (1885). ; ?) Otto Krummacher, Beiträge zur Frage nach dem Nährwert des Leims. Zeit- schrift f. Biolog. Bd. 42. (N. F. Bd. 24.) S. 246 (1901). 3) Johannes Frentzelund Nasupro Toriyama, Verbrennungswärme und physiologischer Nutzeffekt der Nährstoffe. II. Mitteilung. Arch. f. Anat. und Physiolog. 1901: 8. 499. 4) Koloman Farkas und Michael Korbuly, Kritisch-experimentelle Studien über Kalorimetrie des Harnes. Pflügers Archiv. Bd. 104. S. 564 (1909). 5) A. Steyrer, Über den Stoff- und Energieumsatz bei Fieber, Myxödem und Morbus Basedowii. Zeitschr. f. exper. Pathol. und Ther. Bd. 4. 5.730 (1907). 684 P. Häri und St. Weiser. Kellnerschen Zelluloseblöckchen und trocknet sie m einem von ihm kon- struierten Apparat bei 36— 39° C mit durchstreichender verdünnter Luft ein. Wir trocknen, so wie es der eine (Weiser) von uns im Laboratorium des Prof. Durig gesehen hat, in einem, mit konzentrierter Schwefelsäure beschickten, evakuierbaren Exsikkator, in den wir neben das Platinschäl- chen mit dem Harn ein Uhrglas mit etwas Äther hineinstellen. Nach der Evakuation ist der ganze Hohlraum des Exsikkators mit Ätherdämpfen gefüllt: wenn diese von der Schwefelsäure absorbiert werden, entsteht ein Vakuum von nur wenigen Millimetern @Quecksilberdruck, das durch ein mit Hz beschichtetes Manometer kontrolliert werden kann. Beim Eintrocknen des Harns achte man darauf, daß die ganze Harn- trockensubstanz möglichst am Boden des Verbrennungsschälchens sich be- finde: es ist zweckmäßig, die an der Wand des Schälchens haftende, angetrocknete Masse mit einigen Tropfen lauwarmen Wassers auf den Boden zu spülen und noch einmal einzudampfen. Durch dieses Verfahren verhütet man zweckmäßig ein unvollkommenes Verbrennen des eingetrock- neten Harnes. Sollten bei der Verbrennung unverbrannte Kohlenteilchen zurückzeblieben sein. so kann die Verbrennung noch gerettet werden, falls die Menge jener nicht zu groß ist. Um sie zu bestimmen, löst man den Verbrennungsrückstand in warmer, verdünnter Salzsäure; filtriert die Lösung durch einen mit Asbest beschickten, im Muffelofen geglühten und dann gewogenen Goochschen Tiegel, wäscht mit destilliertem Wasser, trocknet bei 105°C und wägt: dann glüht man durch 2—3 Stunden im Muffelofen und wägt wieder. Der Gewichtsverlust ergibt die Menge der Kohle, deren Wärmewert dann der vorher erhaltenen Verbrennungswärme hinzu- addiert wird. c) Bei der Verbrennung von Milch muß man besonders darauf bedacht sein, sie vor der Entnahme der Probe — 5cm? dürften in der Regel ge- nügen — gut durchzumischen. Bei Außerachtlassen dieses Umstandes können grobe Fehler entstehen. In der Regel bildet sich beim Eindampfen eine papierdünne, unten hohle Kruste, die brückenartig den ganzen Hohl- raum des Schälchens überspannt; ein anderer Teil des Trockenrückstandes bedeckt dessen Boden. Es ist nicht nötig, die beiden Teile etwa durch Eindrücken der Kruste zu vereinigen; man durchsticht diese mit einem Platindraht und führt den Baumwollfaden durch die hierbei entstandene Öffnung auf den Grund des Schälchens: wenn der Faden entflammt, entzündet er sowohl die obere Kruste, wie den am Boden befindlichen Rückstand. Stehen nur geringe Mengen von Milch, z.B. 1—2 cm?, zur Verfügung, dürfte sich auch hier die oben erwähnte kleine Bombe eigenen. * x *% Zum Schlusse noch einige Worte über das Gebiet, auf welchem die kalorimetrischen Verbrennungen in der Biochemie bisher angewendet wurden. Am häufigsten dienen sie, wie schon eingangs erwähnt war, als in- direkte Kalorimetrie zur Feststellung der Energiebilanz der Stoffwechsel- Kalorimetrische Verbrennung. 685 vorgänge (hauptsächlich von Rubner und O. Kellner eingeführt), die sie nur dann vollständig zu ermitteln gestatten, wenn gleichzeitig der Stick- stoff- und Kohlenstoff- und wenn möglich auch der Wasserumsatz bestimmt werden. | Kalorimetrisch werden in solchen Versuchen alle Einnahmen sowie Kot und Harn untersucht, wobei auch stets der Umstand in Betracht gezogen werden muß, daß energiehaltige gasförmige Stoffwechselprodukte (Methan bei den Pflanzenfressern) mit der ausgeatmeten Luft ausgeschieden werden können. Auch spezielle Fragen der Energiebilanz lassen sieh durch kalorime- trische Verbrennungen entscheiden; so kann man z.B. die Menge der chemischen Energie bestimmen, die während der embrvonalen Entwicklung im Ei verbraucht wird, wenn man den Energiegehalt unbebrüteter und bebrüteter Eier vergleicht (Tang!!). Ebenso läßt sich der Verbrauch von chemischer Energie in Bakterienkulturen feststellen (Tangl?). Dasselbe Prinzip wurde auch bei der Bestimmung der Wärmetönung verschiedener Enzymreaktionen angewendet, d.h. zur Ermittlung jener Menge von chemi- scher Energie, die bei den Fermentprozessen in Wärme umgewandelt wird (v. Lengyel?), Hari*). 1) F. Tangl, Beiträge zur Energetik der Ontogenese. I. Mitteilung. Die Entwick- lungsarbeit im Vogelei. Pflügers Archiv. Bd. 93. S. 327 (1903). 2) F. Tangl, Beiträge zur Energetik der Ontogenese. II. Mitteilung. Über den Verbrauch an chemischer Energie ete. Pflügers Archiv. Bd. 98. S. 475 (1903). 3) R.r. Lengyel, Einige Versuche über die Wärmetönung der Pepsinverdauung des Eiweißes. Pflügers Archiv. Bd. 115. S.7 (1906). *) Paul Häri, Über die Wärmetönung der Trypsinverdauung des Eiweißes. Pflügers Archiv. Bd. 115. S. 11 (1906). Ferner: Über die Wärmetönung der Pepsinverdauung des Eiweißes. Pflügers Archiv. Bd. 121. S. 459 (1908). Methoden zur Enteiweibung von eiweibhaltigen Flüssigkeiten. Von P. Rona. Die Enteiweißung eiweißhaltiger Flüssigkeiten ist bei physiologischen Arbeiten eine der häufigst ausgeführten Manipulationen. Die Abscheidung von Eiweiß wird natürlich immer dann vorgenommen werden, wenn man über die Menge und Natur der in den zu untersuchenden Flüssigkeiten gelösten Eiweilikörper Aufschluß erhalten will. Sehr wichtig ist ferner eine vollständige Abscheidung der Eiweißkörper dann, wenn man auf eventuelle, den Eiweilikörpern näher oder ferner stehende Eiweißderivate in der Flüssigkeit fahndet. Da diese Eiweillabkömmlinge die allgemeinen Eiweiß- reaktionen noch mehr oder weniger geben, andrerseits ihre Isolierung oft wegen der geringen Mengen, in denen sie im besten Falle in den Körper- flüssigkeiten vorkommen, nicht möglich ist, so ist man vielfach darauf angewiesen, ihre (Gegenwart aus allgemeinen Reaktionen, die auch die Eiweißkörper geben, zu erschließen. Der positive Ausfall der Reaktion ist daher nur bei sicherer Abwesenheit der Eiweißkörper verwertbar. Eine voll- ständige Entfernung von Eiweiß aus einer Lösung ist schließlich dann er- forderlich, wenn die (Gregenwart der Eiweißsubstanzen gewisse Reaktionen stört, die zur Bestimmung anderer Substanzen, wie z. B. Zucker, ausgeführt werden müssen. Zur Entfernung der Eiweißkörper aus einer Lösung können natür- lich sämtliche Methoden angewendet werden, die zu ihrer Abscheidung führen. Je nachdem man jedoch mit der Enteiweißung bestimmte Ziele verfolgt, ergibt sich eine große Mannigfaltigkeit der Verfahren. Da durch die verschiedenen Methoden meist neben der Ausscheidung von Eiweiß noch andere Körper mitgefällt werden, außerdem die Flüssigkeit in ihrer Zusammensetzung, Reaktion usw. eine Veränderung erleidet, die dem gewünschten Zweck förderlich oder hinderlich sein kann, muß von Fall zu Fall geprüft werden, welche Methode gerade am besten entspricht. Es wäre kaum durchführbar, alle überhaupt möglichen Wege zur Enteiweißung an- zuführen: im folgenden sei nur versucht, außer einigen allgemeinen Ge- sichtspunkten die am häufigsten angewandten zu erwähnen. Die allgemeinste Verwendung findet die Koagulation der Eiweiß- körper in der Siedehitze. Dabei muß man auf schwach saure Reaktion und Anwesenheit von Salzen (falls solche nicht in genügender Menge in der Flüssigkeit vorhanden sind) achten. Die Reaktion darf nur schwach Methoden zur Enteiweißung von eiweißhaltigen Flüssigkeiten. 687 sauer sein; bei dem geringsten Überschuß von Säure bildet sich lösliches Acidalbumin, und die Abscheidung des Eiweibes wird unvollständig. Gegen- wart von Salzen befördert die Fällung. da das denaturierte Eiweiß durch das Elektrolyt gefällt wird.!) Man arbeitet daher nach Cohnheim?) am besten so, daß man zu der zu koagulierenden Flüssigkeit Chlornatrium oder ein anderes Neutralsalz zusetzt; dann kann ruhig ein Überschuß von Essigsäure zugesetzt werden. Die Gefahr einer tiefgehenden Ver- änderung der Eiweißikörper während des kurzen Kochens in der schwach sauren Lösung soll nicht vorhanden sein. So gut verwendbar die Methode zur Enteiweißung von Organflüssigkeiten, eiweißhaltigem Harn und ähn- lichem ist, so versagt sie bei der Enteiweißung des Blutes sehr oft. Man verfährt dabei so, dad man das mit 2—-5°/,iger Kochsalzlösung zehn- bis zwölffach verdünnte Blut bei schwach essigsaurer Reaktion unter lebhaftem Umrühren aufkocht, oder man gießt das Blut in dünnem Strahl in die ent- sprechende Menge siedende, schwach essigsaure Kochsalzlösung. Da die Eiweißkörper einen Teil der Säure binden, muß durch weiteres Hinzufügen von Essigsäure die schwach saure Reaktion aufrecht erhalten werden. Sehr große Mengen der eiweißhaltigen Flüssigkeit können in kürzester Zeit aufgekocht werden, wenn mittelst eines Bleirohrs überhitzter Wasser- dampf durch die Flüssigkeit geleitet wird. Von den Fällungsmitteln, die bei der Entfernung des Eiweißes angewendet werden, ist zunächst der Alkohol zu nennen. So hat, um ein Beispiel anzuführen, J. @. Otto) das direkt aus der Ader kommende Blut, um es für die nachträgliche Zuckerbestimmung vorzubereiten, in einem großen Überschuß von absolutem Alkohol aufgefangen. Die Eiweiß- körper werden dabei nicht sofort denaturiert, sondern behalten einige Zeit ihre Löslichkeit im Wasser. $. B. Schryver*) kocht das vorher mit dem gleichen Gewicht wasserfreien Natriumsulfats getrocknete Serum eine halbe Stunde mit absolutem Alkohol am Rückflußkühler. Der Alkohol wird dann dekantiert, das zurückgebliebene Pulver mit 300400 cm3 Wasser auf dem Wasserbad erwärmt. Das Na, SO, und die nicht koagulierten Eiweißkörper gehen in Lösung. Viel benutzte Fällungsmittel sind die Schwermetallsalze: Queck- silberchlorid, Eisenchlorid, Eisenacetat, Kupfersulfat, Kupferacetat, Blei- acetat, Zinkacetat, Uranylacetat u. a. m. — Auf einige häufig angewandte Methoden, die auf der fällenden Eigenschaft dieser Stoffe beruhen, werden wir unten zurückkommen, hier mögen nur einige Vorschriften bei den ') Vgl. hierzu 0. Cohnheim, Chemie der Eiweißkörper. 2. Aufl. S. 130 (1904) und P. Rona, Allgemeine Chemie der Eiweißkörper im Handbuch der Biochemie von (€. Oppen- heimer. Bd.1. S. 244 (1908). °) O0. Cohnheim, Die Umwandlung des Eiweißes durch die Darmwand. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 33. S. 451 (1901). ®) Jac. @. Otto, Über den Gehalt des Blutes an Zucker und reduzierenden Sub- stanzen unter verschiedenen Umständen. Pflügers Archiv. Bd. 34. S. 393 (1885). *) €. B. Schryver, Studies in the chemical dynamies of animal nutrition. The Biochemical Journal. Vol. 1. p. 123 (1906). BR P. Rona. Arbeiten mit denselben, die von H. Schjerning!) ausgearbeitet sind, zur alleemeinen Orientierung ihren Platz finden, obgleich keineswegs nur diese Bedingungen zum Ziele führen. Die Ausführung der Fällungen muß in sauer reagierender Lösung eeschehen: eine neutral reagierende Eiweißlösung muß man zuerst mit der Säure des Fällungsmittels neutralisieren. Die Eiweißlösung muß ge- nügend (auf etwa 05°, Eiweißgehalt) verdünnt werden; sie muß auch bei der Fällung mit Zinnchlorür, Bleiacetat, Ferriacetat genügende Mengen von Elektrolyten enthalten. Für die einzelnen Fällungen wäre folgendes zu beachten. Fällung mit Bleiacetat. (Die Bleiacetatlösung enthält ca. 10%/, normales Bleiacetat und 10—12 Tropfen 45°/,ige Essigsäure pro Liter.) Zu 25 cem® Proteinlösung wird eine passende Menge (für Eieralbumin ca. 0'2 cm°®, für Milch 4—5 cm?) Bleiacetat zugesetzt. Von diesem muß soviel zugefügt werden, daß der Niederschlag sich sammelt und das klare Filtrat noch Blei enthält. Ein größerer Überschuß an Bleiacetat ist jedoch zu vermeiden, da sonst ein Teil des Niederschlages wieder aufgelöst wird. Nach dem Zusatz von Bleiacetat (bei aschearmem Eiweiß ist ein vor- heriger Zusatz von Natriumphosphatlösung nötig) wird aufgekocht, filtriert und mit kaltem Wasser gewaschen. Der Bleiniederschlag ist in der Fällungs- flüssigkeit etwas löslich. Fällung mit Mereurichlorid. (5°/,ige Lösung.) In 25 cm3 Protein- lösung werden ca. 5 cem3 Quecksilberchloridlösung gesetzt. Die Mischung wird mehrere Stunden (4—20) bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Der Nieder- schlag wird dann auf einem Filter gesammelt und mit einer kalten, ca. 05°), haltigen Mercurichloridlösung ausgewaschen. Beim Abdestillieren mit Kjeldahl ist auf die Mereuriamidverbindungen Rücksicht zu nehmen. Mercurinitrat, das von @. Patein?) zum Klärungsmittel bei der polarimetrischen Unter- suchung des Harns vorgeschlagen wurde, entfernt gleichzeitig die Eiweiß- körper, wie auch Peptone und Gallenfarbstoffe (gleichwie Bleiacetat: nicht 5-Oxybuttersäure und Homogentisinsäure). Behufs Fällung bereitet man die Mercurinitratlösung auf folgende Weise: In eine geräumige Porzellanschale werden 160 cm? konzentrierter HNO, (sp. Gew. 1'39) und in kleinen Portionen ') H. Schjerning, Methode zur quantitativen Bestimmung der verschiedenen Protein- individuen in Bierwürze und anderen Proteinlösungen. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 37. S.413 (1898). Beiträge zur Chemie der Proteinfällungen. Ebenda. Bd. 36. S. 643 (1898). Bd. 37. S. 73 (1908). Einige kritische Untersuchungen über die quantitativen Fällungs- verhältnisse verschiedener Proteinfällungsmittel. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd.39. S. 545 (1900). Vgl. auch B. Laszezynsky, Über das Vorkommen eines peptonisierenden Enzyms im Malz und Versuche zur Trennung der stickstoffhaltigen Bestandteile im Malz, Würze und Bier. Zeitschr. f. d. ges. Brauw. Bd. 22. S. 123, 140 (1899). ®) @. Patein und E. Dufau, Die Bestimmung des Zuckers im Harn von Diabe- tikern. Journ. Pharm. Chim. (6.) Vol.10. p. 433; Chem. Zentralblatt. 1900. I. S. 69. (Vgl. auch Compt. rend. de l’Acad. des sciences. T. 128. p. 375. 1899.) Siehe auch die Arbeit von A. C, Andersen, Über die Bangsche Methode der Zuckerbestimmung und ihre Ver- wendung zur Harnzuckerbestimmung. Biochem. Zeitschr. Bd. 15. S.76 (1908). Methoden zur Enteiweißung von eiweißhaltigen Flüssigkeiten. 689 220 9 rotes Quecksilberoxyd unter lebhaftem Umrühren zugesetzt, dann das Ganze langsam zum Kochen erhitzt. Wenn alles gelöst ist, wird die Lösung abgekühlt, mit 60 em? 5°/,iger Natronlauge versetzt, bis zu einem Liter mit Wasser aufgefüllt, filtriert und die Lösung in einer braunen Flasche aufbewahrt. Von dieser Lösung werden mit 25 cm® 50 cm® Harn gefällt, darauf Natronlauge zugesetzt, bis die Reaktion auf Lackmus neutral reagiert. Fällung mit Ferriacetat. In einem geräumigen Becherglas werden 40 cm? der verdünnten Essigsäure und 50—100 cm3 destilliertes Wasser abgemessen und hierin 0'8 4 lamelliertes Ferriacetat gelöst. Nach der Lösung läßt man unter Umrühren aufkochen, hierauf gibt man 20 cm? der Eiweißlösung hinzu, läßt wieder aufkochen, filtriert sogleich und wäscht 3—4mal mit siedendem Wasser aus. Das Filtrat muß klar und nicht durch übrig gebliebenes Eisenoxydsalz gefärbt sein. Ist dies (bei asche- armen Eiweißlösungen) nicht der Fall, so muß man unmittelbar nach dem Zusatz der Eiweißlösung und Aufkochenlassen der Flüssigkeit unter un- unterbrochenem Umrühren und Kochen 15—25 cm® Natriumphosphatlösung zusetzen und wie vorher behandeln. Fällung mit Uranacetat. (10°/,ige Lösung.) Zu 25 cm? Eiweiß- lösung gibt man 20—25 em3 Uranacetatlösung. Die Mischung wird unter Um- rühren zum Kochen erwärmt, einige Stunden lang oder bis zum folgenden Tag an einer dunklen Stelle bei gewöhnlicher Temperatur stehen gelassen, filtriert und mit einer kalten 1—2°/,igen Uranacetatlösung gewaschen.!) Fällung mit Magnesiumsulfat. Zu 20 cm® Eiweißlösung werden 5—6 Tropfen 45°/,iger Essigsäure gesetzt. die Mischung bei 30—36° in einem Wasserbad gehalten, hierzu unter Umrühren 18—20 g pulverisiertes, reines MgSO, (MgSO, + TH,O) gegeben und unter wiederholtem Umrühren !/, bis 1 Stunde bei dieser Temperatur stehen gelassen. Dann wird filtriert und das Filtrat mit einer kalten gesättigten Lösung von Magnesiumsulfat, die 4—5 g 45°/,iger Essigsäure pro Liter enthält, ausgewaschen. Die Fällung mit dem Stutzerschen Reagenz?) (Kupfersulfat wird in wässeriger Lösung mit Ätznatron gefällt und nach vollständigem Aus- waschen des Alkalis aus dem Kupferhydroxyd dieses unter einer Lösung von 10°/, Glyzerin enthaltendem Wasser aufgehoben) besteht im wesent- !) N. Kowalewsky, Essigsaures Uranoxyd, ein Reagenz auf Albuminstoffe. Zeitschr. f. anal. Chem. Bd. 24. S.551 (1885). M. Jacoby, Über das Aldehyde oxydierende Ferment der Leber und Nebenniere. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 30. 5.135 (1900). 2) A. Stutzer, Untersuchungen über die quantitative Bestimmung des Protein- stiekstoffs und die Trennung der Proteinstoffe von anderen in Pflanzen vorkommenden Stickstoffverbindungen. Journ. f. Landwirtschaft. Bd. 28. S. 103 (1881) und Untersuchungen über die Verdaulichkeit und die quantitative Bestimmung der Eiweißstoffe. Journ. f. Landwirtschaft. Bd. 29. S. 473 (1881). Nach Ritthausen (Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 17. S. 241) werden zur Enteiweißung der Milch 25 cm? derselben mit 400 cm® Wasser ver- dünnt, mit 10cm? Fehlingscher Cuprisulfatlösung und 6'5—7'5cm? einer Kali- oder Natronlauge versetzt, die 1429 KOH oder 10'2g NaOH im Liter enthält. Die Flüssig- keit muß nach Absetzen des Niederschlages ganz schwach sauer oder neutral, nicht aber alkalisch reagieren. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden, I. 44 HM P. Rona. lichen darin, daß man 19 durch 1 nm Sieb geriebene Pflanzensubstanz mit 100 em® Wasser übergießt, bis zum Sieden erhitzt und, nachdem die Flüssigkeit halb erkaltet ist, mit etwas (0'3—0'4g) Cu(OH), versetzt. Ist die mit dem Cuprihydroxvd versetzte Flüssigkeit kalt geworden, so filtriert man sie durch ein stickstofffreies Filter und bestimmt den Stickstoffgehalt des mit Wasser gewaschenen Niederschlages nach KAjeldahl. Bei der Fällung der Albumosen mit Zinksulfat fügt man vorteilhaft zu 100 cm® der Eiweißlösung 2 cm H, SO, (1 Vol. konz. H,SO,,4 Vol. Wasser). Die angesäuerte Lösung wird in der Kälte mit feingepulvertem Zinksulfat gesättigt, das Gemisch 24 Stunden stehen gelassen. !) Sehr häufig werden die sog. Alkaloidreagenzien, Gerbsäure, Phosphorwolframsäure, Phosphormolybdänsäure, ferner Jodjodwasserstof- säure, ‚Jodwismut-, Jodkadmium-, Jodquecksilberjodwasserstoffsäure, dann Ferrocyanwasserstoffsäure, Trichloressigsäure, Pikrinsäure, Asaprol, zur Ent- eiweißung benutzt. Bei der Fällung mit Gerbsäure wird die Eiweißlösung zuerst mit ein wenig MgSO, versetzt, mit Essigsäure angesäuert und dann mit einer geringen Menge — ein größerer Überschuß ist zu vermeiden — 10°/,iger Gerbsäurelösung versetzt. Cathcart und Leathes?) verfahren in Anlehnung an Hedin bei der Enteiweißbung des Blutes mittelst Gerbsäure auf die Weise, dal sie zu 20 cm® Blut 25 em’ einer 20°%/,igen Gerbsäure- lösung, die zugleich 5°/, Essigsäure enthält, hinzufügen; man läßt die Mischung 24 Stunden in einer geschlossenen Flasche stehen. Die „Albu- mosen“ werden von Gerbsäure alle gefällt, der Gerbsäureniederschlag der „Protalbumose“ ist jedoch im Überschuß löslich. In konzentrierter Lösung von Pepton erzeugt Gerbsäure eine in Essigsäure lösliche Fällung.?) — Bei der Bestimmung des Gesamteiweißgehaltes der Milch werden nach Sebelien*) 5—-10 cm® Milch mit mindestens 9 Vol. Wasser verdünnt, mit etwas Kochsalzlösung versetzt und in der Kälte mit Almenscher Gerbsäure- lösung (49 Gerbsäure in 8 cm? 25°/,iger Essigsäure gelöst und 190 cm? 40-—50°/,igen Alkohols hinzugefügt) im Überschuß (ca. 1!/,fach der Misch- menge) gefällt. 1) 4. Bömer, Zinksulfat als Fällungsmittel für Albumosen. Zeitschr. f. anal. Chem. Bd. 34. S. 562 (1895). — K. Baumann und A. Bömer, Über die Fällung von Albu- mosen mit Zinksulfat. Zeitschr. Unters. Nahrungs- u. Genußmittel. Bd.1. S. 106 (1898). Vgl. auch E. Zunz, Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 27. S. 219 (1899). 2) E. P. Catheart und J. B. Leathes, On the absorption of proteins from the intestine. Journ. of Physiol. Vol. 33. S. 462 (1906). Hedin, Journ. of Physiol. Vol. 30. p. 155 (1903) und Vol. 32. p. 468 (1905). ®) Vgl. ©. Cohnheim, Chemie der Eiweißkörper. 2. Aufl. 1904. S. 86. #) ‚J. Sebelien, Studien über die analytische Bestimmung der Eiweißkörper mit be- sonderer Rücksicht auf die Milch. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 13. S. 135 (1889). Vgl. auch die Arbeiten von Ritthausen, Journ. f. prakt. Chem. N. F. Bd. 15. 5.329. 1877. I]. Munk, Zur quantitativen Bestimmung der Eiweiß- und Extraktivstoffe in der Kuh- und Frauenmilch. Virchows Archiv. Bd. 134. S. 501 (1893). A. Schloßmann, Über die Eiweißstoffe der Milch und die Methoden ihrer Trennung. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 22. S. 197 (1896). Methoden zur Enteiweißung von eiweißhaltigen Flüssigkeiten. 691 Die Fällung mit Phosphorwolframsäure (d—10°/,ige Lösung) erfolgt in Gegenwart von 2:5—5°/, Salz- oder Schwefelsäure. Monoaminosäuren werden erst aus verhältnismäßig konzentrierten Lösungen durch Phosphor- wolframsäure gefällt.) Über die Löslichkeit der phosphorwolframsauren Niederschläge von Amiden in heißem Wasser siehe A. Stutzer.?) Peptone, Diaminosäuren werden ebenfalls gefällt; die Niederschläge sind im Über- schuß des Lösungsmittels teilweise löslich. Spezielle Angaben haben bei der Verschiedenheit der benutzten Phosphorwolframsäuren wenig Wert. Von den allgemein gebräuchlichen Methoden zur Entfernung des Eiweißes seien die folgenden angeführt. Devoto®) versetzt 100 cm? der eiweißhaltigen Flüssigkeit mit &0g kristallisiertem Ammonsulfat, bringt das Salz in der Wärme in Lösung, dann wird die Flüssigkeit 30—40 Minuten dem Dampf siedenden Wassers ausgesetzt, worauf die Koagulation, die von der Reaktion der Lösung un- abhängig ist, vollendet ist. Läßt man die Flüssigkeit noch länger, bis zwei Stunden, im Dampf verweilen, so wird das Koagulum dichter, das Filtrieren und Auswaschen leichter. Das eiweißfreie Filtrat kann auf Peptone untersucht werden. (Vgl. auch „Peptonnachweis im Harn“.) Sal- kowski+) entfernt das Eiweiß aus dem Harn, indem er 100 cm? Harn mit 209 gepulvertem Kochsalz, darauf mit dem doppelten Volumen einer Mischung von 7 Volumen gesättigter Kochsalzlösung und 1 Volumen 30°/,1ger Essigsäure versetzt, wiederholt stark schüttelt und 15—20 Minuten filtriert. Nach einer Angabe von Hofmeister?) wird die eiweißhaltige Lösung zunächst durch Kochen bei schwach saurer Reaktion von der Hauptmenge des Eiweißes befreit, darauf das Filtrat mit Bleihydrat versetzt. einige Minuten im Kochen erhalten und wieder filtriert. Die so erhaltene Flüssig- keit, durch Einleiten von Schwefelwasserstoff, von gelöstem Blei, durch Aufkochen von überschüssigem H,S befreit, erweist sich als eiweißfrei. Enthält die ursprüngliche Lösung schwefelsaure oder phosphorsaure Salze in großer Menge,:so empfiehlt es sich, vor dem Kochen mit Bleihydrat einige Tropfen Bleizuckerlösung zuzusetzen. Nach dem Verfahren von Schmidt- Mühlheim und Hojmeister °) werden die Eiweißkörper mit essigsaurem Eisen gefällt. Der verdünnten 1) P. A. Levene und W. Beatty, Über die Fällbarkeit der Aminosäuren durch Phosphorwolframsäure. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 47. S. 149 (1906). 2) A. Stutzer, Zur Analyse der in Handelspeptonen vorhandenen stickstoffhalti gen Bestandteile. Zeitschr. f. anal. Chem. Bd. 31. S. 501 (1892). Vgl. auch E. Mallet, Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 38. S. 730 (1899). 3) L. Deroto, Über den Nachweis des Peptons und eine neue Art der quantitativen Eiweißbestimmung. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15. S. 465 (1891). 4) E. Salkowski, Über ein Verfahren zur völligen Abscheidung von Eiweiß ohne Erhitzen. Zentralbl. f. med. Wiss. 1880. S. 690. 5) Fr. Hofmeister, Über ein Verfahren zur völligen Abscheidung des Eiweißes aus tierischen Flüssigkeiten. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd.2. S. 288 (1878). Ferner: Zur Lehre vom Pepton. Ebenda. Bd. 4. S. 252 (1880). 6) A. Schmidt-Mühlheim, Beitrag zur Kenntnis des Peptons und seiner physio- logischen Bedeutung. Arch. f. Anat. u. Phys. 1879. 5.39; 1880. S. 33. — P. Müller, Zur 44* 692 P. Rona. Blutflüssigkeit werden einige Kubikzentimeter konzentriertes essigsaures Natrium und konzentrierte Eisenchloridlösunge bis zur bleibenden roten Farbe zugesetzt. dann kohlensaures Natrium bis zur schwach sauren Re- aktion aufzekocht und filtriert. Die gesamten Filtrate werden noch einmal erwärmt, einige Tropfen der Eisenchloridlösung zugefügt, wieder filtriert. Seegen führt die Methode so aus, daß er 50 cm® Blut mit der acht- bis zehnfachen Menge Wasser verdünnt, die Flüssigkeit bis zur beginnenden Dampfbildung erwärmt, dann 4—5 cm® konzentrierte Eisenchloridlösung (00 g auf 500 cm® Wasser) und 15 cm® Natriumacetatlösung (130 9 auf 500 em® Wasser) und so viel kohlensaures Natrium unter Umrühren zu- fügt, bis ein sehr empfindliches blaues Lackmuspapier eine eben nur mini- male Reaktion anzeigt. Dann wird aufgekocht, filtriert, der Rückstand sorgfältig ausgepreßt und gewaschen. Die von Seegen‘!) angegebene Methode besteht darin, daß eine Blut- portion (50 cm?) in einer Porzellanschale mit der acht- bis zehnfachen Menge destillierten Wassers verdünnt und dann soviel Essigsäure (ca. 5 cm® konzentrierte Essigsäure) hinzugegeben wird, bis Lackmuspapier sehr grell gerötet wird. Darauf wird die Flüssigkeit zum Kochen erhitzt oder min- destens bis die Blutfarbe ganz verschwunden ist und die Flüssigkeit tief dunkel, nahezu schwarz ist. Nun wird kohlensaures Natrium (9—10 em? einer 20°/,igen Lösung) zu der Flüssigkeit gefügt, und zwar so lange, bis die ganze Flüssigkeit infolge des gebildeten Koagulums milchkaffee- braun ist. Wenn diese Farbe auftritt, so ist die Ausscheidung von Eiweiß beendet. Nach Bernard?) wird zu einer gewogenen, in einem Porzellanschäl- chen befindlichen Blutmenge die gleiche Gewichtsmenge Glaubersalz ge- geben und das Schälchen erhitzt, wobei sich eine schwarze krümelige Masse bildet. Das Filtrat davon ist klar und frei von Eiweill. F. Röhmann ?) ver- wendet beim Enteiweißen ebenfalls Glaubersalz. In einem graduierten Misch- zylinder von 50 em® Inhalt werden ca. 15 cm® kaltgesättigter Glaubersalz- lösung abgemessen, der Zylinder mit der Salzlösung gewogen und in ihm das Blut (etwa 35 cm?) aufgefangen, der Zylinder wieder gewogen, das jlut + Na, SO,-Gemisch (50 em?) in eine emaillierte Eisenschale gegossen und mit 150 cm Wasser verdünnt. Zu dieser Flüssigkeit fügt man sehr verdünnte Essigsäure (u. zw. auf 50 cm® des Gemisches 8—10 cm? der auf das 2Öfache mit destilliertem Wasser verdünnten offizinellen Essigsäure). Das Gemisch wird unter stetem Umrühren auf einem stark kochenden Wasserbade erhitzt, bis eine vollkommene, feinflockige Gerinnung eintritt. Trennung der Albumosen von den Peptonen. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 26. S. 48 (1898—1899). — Fr. Hofmeister, ]. e. 1) J. Seegen, Über eine neue Methode der Blutenteiweißung zum Behufe der Zuckerbestimmung. Zentralbl. f. Phys. Bd. 6. S. 604 (1893). ®, Zit. nach Seegen. ®) Fr. Röhmann, Über die Bestimmung des Zuckers im Blut. Zentralbl. f. Phys. Bd. 4. S. 12 (1891). x Methoden zur Enteiweißung von eiweißhaltigen Flüssigkeiten. 695 Sehr viel angewendet wird auch das Verfahren von Fr. Schenck.*‘) Zu einem abgemessenen Quantum Blut oder Serum (50cm°) mit dem gleichen Volumen Wasser vermischt, wird soviel Salzsäure und Sublimat (etwa die doppelte Menge 2°/,iger HCl und die doppelte Menge 5°/,iger Sublimatlösung) gesetzt, bis weiterer Zusatz das Filtrat nicht mehr trübt, alsdann die ganze Flüssigkeit zu einem bestimmten Volumen aufgefüllt. Aus dem Filtrate wird das Quecksilber nach mehrstündigem (höchstens 24stündigem) Stehen?) durch Durchleiten von Schwefelwasserstoff entfernt. das Filtrat nach Entfernung des Schwefelwasserstoffs durch einen Luftstrom wieder filtriert, sein Volumen festgestellt und im Vakuum bei schwach saurer Reaktion eingeengt. Die Methoden von Seegen, Röhmann, Schenck wurden hauptsächlich als Vorbereitung zur Zuckerbestimmung in der enteiweißten Flüssigkeit benutzt. Vortreffliche Dienste in dieser Richtung leistet auch das Ver- fahren von Abeles.3) Erforderlich dazu ist eine Lösung von Zinkacetat in absolutem Alkohol, wozu ein dem zu untersuchenden Blute gleiches Vo- lumen an absolutem Alkohol und 5°/, vom Gewichte des Blutes an Zink- acetat verwendet werden, das ist 0'05 g Zinkacetat auf 19 Blut. Die trübe Flüssigkeit wird als solche verwendet. Bei 90—95°/,igem Alkohol ist entsprechend mehr zu nehmen; ein Plus von Alkohol schadet nicht. Will man das Blut des lebenden Tieres in möglichst unverändertem Zu- stande untersuchen, so bringt man die Lösung vom Zinkacetat in ein kleines Becherglas, in welchem ein für allemal ausgewertet worden ist, bis zu welcher Höhe ein Gemenge des verwendeten Alkoholvolums mit 50 cm® Wasser reicht, wägt dasselbe, läßt das Blut aus der Arterie oder Vene des Tieres bis zur markierten Höhe einfließen und wägt wieder. Ist mehr als 50 cm3 abgenommen worden, so kann man nachträglich die noch erforderliche alkoholische Zinklösung zufließen lassen. Die Koagula müssen durch wiederholtes Waschen mit 90—95°/,igem Alkohol und Auspressen gründlich extrahiert werden. Zu diesem Zwecke wird die Mischung umgerührt, die gleichmäßig schwarz gewordene Masse durch ein mit Alkohol ange- feuchtetes Faltenfilter filtriert. Man wäscht mit 90—95°/,igem Alkohol nach, bringt den Rückstand auf ein mit Alkohol angefeuchtetes Stück Leinwand und preßt mit der Handpresse scharf aus. Der Preßrückstand wird, so gut es geht, aus dem Papier geschält, in einer Schale mit dem Pistill zerdrückt, mit Alkohol zu einem feinen Schlamm zerrieben und auf ein neues Faltenfilter gebracht. Auch das abgelöste Papier wird mit den daran haftenden Resten des Koagulums mit Alkohol zerrieben, dieses sowie das durch das Auspressen gewonnene gleichfalls aufs Filter gebracht, nach- !) Fr. Schenck, Über die Zuckerbestimmung im Blute. Pflügers Archiv. Bd. 47. S. 621 (1890). Vgl. auch Pflügers Archiv. Bd. 55. S.203 (1894). ®) Vgl. E. Liefmann und R. Stern, Glykämie und Glykosurie. Biochem. Zeitschr. Bd. 1. S. 299 (1906). 3) M. Abeles, Über ein Verfahren zum Enteiweißen des Blutes für die Zucker- bestimmung. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 15. S. 494 (1891). 694 PiIRIOmaR eewaschen, die Masse nochmals ausgepreßt, die abrinnende Flüssiekeit, wenn nötige, filtriert, mit den früheren Filtraten vereinigt. Die gesamten, gewöhnlich etwas trüben Flüssigkeiten enthalten über- schüssiees Zink, das man mit kohlensaurem Natrium ausfällt. Man ver- wendet davon eine Lösung 1:5 und setzt unter Umrühren so lange zu, bis die Reaktion deutlich alkalisch geworden ist. Das ausfallende kohlensaure Zink sowie das überschüssige herausfallende kohlensaure Natrium klären die Lösung. Das Filtrat, das bei 50 cm® Blut gewöhnlich 250, höchstens 300 em® beträgt, wird mit Essigsäure schwach angesäuert, auf 20—30 cm? eingedampft, wobei sich zum Schluß etwas Unlösliches ausscheidet. Man spült die Flüssigkeit in einen Maßzylinder, setzt neuerdings 3—4 Tropfen einer konzentrierten wässerigen Lösung von Zinkacetat oder Chlorzink zu und versetzt mit kohlensaurem Natrium bis zum Eintritt der alkalischen Reaktion. Sodann füllt man bis auf das ursprüngliche Volumen auf und filtriert durch ein trockenes Filter; das Filtrat kann sofort zum Titrieren verwendet werden. Bei der Enteiweißung des Harns zur nachfolgenden Untersuchung auf Albumosen bedienten sich Morawitz und Dietschy!) folgenden Ver- fahrens. 500 cm® mit saurem phosphorsaurem Kalium schwach angesäuerter Urin werden mit dem doppelten Volumen 96°/,igem Alkohol im Wasser- bade. 5 bis 6 Stunden, bei einer Temperatur von 80—-90° erhitzt. Nach dem Erkalten wird filtriert, das Filtrat bei 50—60° auf etwa 300 cm3 eingeengt. dann nach Hinzufügen von wenig verdünnter Schwefelsäure (2 cm® auf 100 cm® Urin) mit Zinksulfat in Substanz gesättigt. Es wird filtriert, der Niederschlag zur Entfernung des Urobilins 24 Stunden mit absoluten Alkohol extrahiert. — Die Methode kann auch für Blut angewendet werden. >50 em3 Blut werden in ea. 52 auf 80° erhitzter physiologischer Kochsalz- lösung, die mit etwas Kaliumphosphat schwach angesäuert war, in dünnem Strahl unter energischem Rühren aufgefangen, das Filtrat bei 50 bis 60° auf ca. 1 Zeingeengt und wie der Harn mit Alkohol und Zinksulfat weiter behandelt. Ähnlich verfahren @. Embden und F. Knoop?) bei der Unter- suchung der Darmschleimhaut auf Albumosen. Die gründlichst gereinigten Darmstücke werden in eine gemessene Menge am Rückflußkühler siedender 1°/,iger Lösung von primärem Kaliumphosphat geworfen und in dieser zunächst 10 Minuten lang im Sieden erhalten. Nachdem die Flüssigkeit halbwegs abgekühlt ist, wird das koagulierte Darmstück herausgenommen, in einer Reibschale mit der Schere und mit dem Pistill möglichst zer- kleinert. unter Vermeidung jedes Verlustes in die Flüssigkeit zurückgebracht und in dieser nochmals 20 Minuten zum Sieden erhitzt. Nach dem Abkühlen wird das Volumen der den Darm enthaltenden Flüssigkeit genau gemessen 1) Morawitz und Dietschy, Über Albumosurie, nebst Bemerkungen über das Vorkommen der Albumosen im Blute. Arch. f. exper. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 54. S. 88. 1906. 2, @. Embden und F.Knoop, Über das Verhalten der Albumosen in der Darm- wand und über das Vorkommen von Albumosen im Blute. Hofmeisters Beiträge. Bd.3. S. 120 (1903). Methoden zur Enteiweißung von eiweißhaltigen Flüssigkeiten. 69% und nach mehr-, bis 24stündigem Stehen ein aliquoter, gemessener Teil mit dem halben Volumen gesättigter Zinksulfatlösung, der auf 100 Teile 04 Teile konzentrierte Schwefelsäure hinzugefügt worden sind, versetzt. Hierbei werden der Koagulation entgangene Globulinreste, wie auch etwaige Reste anderer fällbarer Eiweilikörper entfernt.!) Bei der Prüfung des jlutserums auf Albumosen verfuhren Hohlweg und Meyer?) so, dab sie 50 em3 blutfarbstofffreies Serum mit 50 cm3 einer Mischung von gleichen Teilen 1°/,iger Essigsäure und 5°/,iger Monokaliumphosphatlösung ver- setzten und nach Verdünnung mit 300 cm® Wasser und Zusatz von 400 cm3 gesättigter Kochsalzlösung durch Kochen koagulierten. Die Flüssigkeit blieb nach der Koagulation einen Tag stehen. Baglioni®) benutzte bei seinen Untersuchungen über die Zusammen- setzung der Körperflüssigkeiten der Seetiere zur Enteiweißung das Asaprol. Die Asaprollösung wurde nach den Angaben von Riedel*) bereitet (10 Asaprol + 100 em? Wasser + 10 cm3 konzentrierte Salzsäure); wenige Tropfen genügten, um alle Eiweißkörper der untersuchten Flüssigkeit zu fällen; Albumosen und Peptone werden mitgefällt. Eine Reihe von Methoden zur Entfernung der Eiweißkörper aus ihren Lösungen, die von Michaelis und Rona?) eingeführt worden sind, beruht auf der Eigenschaft der Proteine, als kolloidale Körper durch andere Kolloide bwz. Suspensionen durch Adsorption gebunden und mitgerissen zu werden. Dieser Prozeß vollzieht sich bei gewöhnlicher Temperatur, wodurch das lästige und oft nicht indifferente Erhitzen der Eiweiblösung wegfällt, und da das Eiweiß mit dem zugefügten Adsorbens zusammen ausfällt, so ist die schließlich erhaltene eiweißfreie Flüssigkeit von fremden Zutaten, bis auf ganz geringe Mengen von Elektrolyten, frei. Die Eiweißkörper können ihrem amphoteren Charakter gemäß sowohl von anodischen wie von kathodischen Kolloiden bzw. Suspensionen gefällt werden. Bei der Enteiweißung mit Kaolin®) werden 50 cm® Blutplasma oder Blutserum mit der 12—15fachen Menge Wasser verdünnt, mit Essigsäure schwach angesäuert (etwa so weit, bis die anfänglich entstehende Trübung sich wieder aufzuhellen beginnt). Zu der Flüssigkeit, deren Volumen genau festgestellt wird, fügt man dann auf je 100 cm® Flüssigkeit 20—25 9 Kaolin !) Vgl. K. Glaessner, Hofmeisters Beiträge. Bd.1. S.328 (1901). Über die Um- wandlung der Albumosen durch die Magenschleimhaut; und ©. Cohnheim, Die Umwand- lung des Eiweiß durch die Darmwand. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 35. S. 451 (1901). ®) H. Hohlweg und H. Meyer, Quantitative Untersuchung über den Reststickstoff des Blutes. Hofmeisters Beiträge. Bd. 11. S. 381 (1908). 3) 5. Baglioni, Einige Daten zur Kenntnis der quantitativen Zusammensetzung verschiedener Körperflüssigkeiten von Seetieren. Hofmeisters Beiträge. Bd. 9. S. 50 (1907). *) F. Riegel, Asaprol, ein Reagens auf Eiweiß, Albumosen, Peptone, Pepsin. Wiener klin. Wochenschr. Bd.7. S. 981 (1894). 5) Weitere Beiträge zur Methodik der Enteiweißung. Bioch. Zeitschr. Bd. 5. S. 365 (1907). %) L. Michaelis und P. Rona, Untersuchungen über den Blutzucker. I. Bioch. Zeitschr. Bd. 7. S. 329. II. Ebenda. Bd. 8. S.’356 (1908). 696 P. Rona. in kleinen Portionen unter stetem tüchtigem Umschütteln hinzu. Nach Hinzu- fügen der gesamten Kaolinmenge ist das Enteiweißsen vollendet und es kann alsbald abgenutscht werden. Die Flüssigkeit filtriert leicht und ist völlig klar. Spuren von Kaolin, die eventuell anfänglich durchgehen könnten, werden entweder durch Zurückgießen der ersten Filtrate oder erst nach dem Einengen des Filtrats durch nochmaliges Filtrieren entfernt. Man nutscht so weit wie möglich ab, notiert das Volumen des Filtrates genau (es beträgt gewöhnlich *, der (resamtflüssigkeit), engt es bei schwach saurer Reaktion bis zum nötigen Volumen auf dem Wasserbade oder im Vakuum ein, um die Zuckerbestimmung ausführen zu können. — Bei der Ent- eiweißung mit dem elektropositiven kolloidalen Eisenhydroxyd!) (Ferrum oxydat. dialysat.. Liquor ferri oxydati dialysat. — Der Liquor ferri oxy- chlorati, Pharm. Germ. ist nicht oder erst, nachdem man die Flüssigkeit bis zur Chlorfreiheit der Dialyse unterworfen hat. anwendbar) werden 50 em3 Blutserum oder Plasma auf das 12—14fache mit destilliertem Wasser verdünnt, das Volumen der Gesamtflüssigkeit genau notiert und ohne Änderung der Reaktion und ohne Hinzufügen irgend eines Salzes 40 cm? Ferrum oxvd. dial. tropfenweise, unter lebhaftem Umschütteln hinzugefügt. Damit ist das Enteiweißen vollendet. Man filtriert durch ein Falten- filter. Das wasserklare eiweiß- und eisenfreie Filtrat, dessen Volumen wieder genau festgestellt werden muß, wird schwach mit Essigsäure an- gesäuert und kann im Vakuum oder auf dem Wasserbad auf wenige (4—6) Kubikzentimeter eingeengt werden, ohne daß die Flüssigkeit sich dunkler färben würde; die Lösung ist daher zum Polarisieren vortrefflich geeignet. Im Gegensatz zum Kaolin kann das kolloidale Eisenhydroxyd auch auf das Gesamtblut direkt angewendet werden. 30—40 9 Blut werden auf 1! mit destilliertem Wasser verdünnt und unter Umschütteln mit der Eisenlösung versetzt. Auf je 19 Hundeblut kommen 3—4cm>, auf je 19 Kaninchen- blut 25—3 cm® der Eisenlösung; ein Überschuß innerhalb gewisser Grenzen ist an sich unschädlich. Man kann auch vorteilhaft so verfahren, daß man das Blut zehnfach mit Wasser verdünnt, den Rest des Wassers zur Ver- dünnung der Eisenlösung benutzt und mit der verdünnten Eisenlösung enteiweißt. Die Blut-Eisenmischung bleibt nun unter häufigem Umschütteln 10—15 Minuten stehen; während dieser Zeit erfolgt bereits eine reichliche flockige Ausscheidung der Eiweiß-Eisenverbindung. Jetzt setztman 19Mg SO, fein gepulvert oder in Lösung auf einmal hinzu und schüttelt kräftig 1—2 Mi- nuten lang. Damit ist die Enteiweißung vollendet. Ist sie gut gelungen, so erfolgt die totale Ausscheidung schnell, und die darüber stehende klare, farblose Flüssigkeit ist zur Filtration fertig. Aber auch in Fällen, in welchen die mehr oder weniger ausgesprochene Färbung des Filtrates eine unvoll- ständige Fällung des Hämoglobins anzeigt, kann nachträglich zu jeder Zeit ') P. Rona und L. Michaelis, ]. e. Bioch. Zeitschr. Bd.7. S. 329 (1908). — B. Oppler und P. Rona, Untersuchungen. III. Ebenda. Bd. 13. S. 121 (1908). — L. Michaelis und P. Rona, Untersuchungen. IV. Ebenda. Bd. 14. S. 476 (1908). Methoden zur Enteiweißung von eiweißhaltigen Flüssigkeiten. 697 eine Korrektur stattfinden mit sehr kleinen Mengen — einige Tropfen bis mehrere Kubikzentimeter — der Eisenlösung. Ein weiterer Elektrolytzusatz ist unnötig und auch nicht vorteilhaft, da er beim nachfolgenden starken Einengen stören könnte. Als Elektrolyt wählt man bei der Methode am besten ein Sulfat, da die zweiwertigen Änionen gegen das kathodische Eisen- hydroxyd viel wirksamer sind als die einwertigen. Man kann zwischen dem Sulfat des Mg, Zn, Na, K, Cu wählen; im allgemeinen wäre wegen der großen Löslichkeit des Magnesiumsalzes dieses vorzuziehen, da es das Ein- engen der eiweißfreien Lösung auf ein sehr kleines Volumen ermöglicht. Bei nachträglicher Vergärung der Flüssigkeit oder bei einigen Zuckerbestim- mungen mittelst Reduktion wirkt das Mg sehr störend, und hier wird man sich des K-, oder Na-, oder des leicht entfernbaren Zinksalzes oder Kupfer- salzes (am besten in Lösung) bedienen. Sowohl bei der Kaolin- wie bei der Eisenmethode wird ein großer Teil der Albumosen in irreversibler Weise mitgerissen, Zucker hingegen in keiner Konzentration. Diese Methoden werden also bei der Vorbereitung der betreffenden Flüssigkeiten (auch im Harn, in Milch, in aufgelösten Blutkörpern) für die nachträgliche Zucker- bestimmung angewendet. Die Enteiweißung mittelst Mastix!) gestaltet sich folgendermaßen. 50 cm® Serum werden unverdünnt mit 500 em? Mastixlösung (10°/,ige klare alkoholische Mastixlösung mit der doppelten Menge Wasser durch plötzliches Zusammengießen verdünnt) versetzt und mit Essigsäure (20 cm? einer 10°/,igen Lösung) schwach angesäuert. Nach etwa halbstündigem Warten fügt man wieder dieselbe Menge Mastixlösung portionsweise hinzu, säuert wieder mit 20—30 cm3 10°/,iger Essigsäure an und gibt in Portionen 20—30 em: 10°/,iger Mg&SO,-Lösung hinzu, bis eine deutliche Flockung eintritt. Nach kurzer Zeit, eventuell nach Digerieren im lauwarmen Wasser- bade, ist die Flüssigkeit leicht und klar filtrierbar und frei von Eiweih. Gesamtblut wird durch diese zweimalige Fraktionierung gewöhnlich noch nicht ganz enteiweißt. Es ist nötig, noch ein drittes Mal die gleiche Menge Mastix in Portionen und zum Schluß zur Erzielung einer guten Flockun® noch einmal nach Bedarf MgSO, zuzugeben. Auch hier wie bei der Kaolin- und der Eisenmethode wird der Niederschlag nicht ausgewaschen, sondern die Menge des erhältlichen Filtrates abgemessen und eventuell daran vorge- nommene quantitative Bestimmungen auf die Gesamtmenge umgerechnet. Das Filtrat ist frei von Eiweiß, hingegen gehen Albumosen zum Teil, und zwar unter gewöhnlichen Verhältnissen zum größeren Teil (?/,) in das Filtrat.2) Um die im Niederschlag zurückgehaltenen Albumosen wiederzu- ') L. Michaelis und P. Rona, Eine Methode zur Entfernung von Kolloiden aus ihren Lösungen, insbesondere zur Enteiweißung des Blutserums. Bioch. Zeitschr. Bd. 2. S.219 (1907). — Ferner P. Rona und L. Michaelis, Weitere Beiträge zur Methode der Enteiweißung. Ebenda. Bd. 5. S. 365 (1907). ?) P. Rona und L. Michaelis, Beitrag zur Frage nach der kolloidalen Natur der Albumosenlösungen. Bioch. Zeitschr. Bd.3. S.109 (1907). Ferner L. Michaelis und P. Rona, Über die Löslichkeitsverhältnisse von Albumosen und Fermenten etc. Ebenda. Bd. 4. 698 P.Rona: Methoden zur Enteiweißung von eiweißhaltigen Flüssigkeiten. gewinnen, verführt man folgendermaßen: Der Niederschlag wird auf einem Tonteller getrocknet und im Sorhletschen Apparat mit Äther gründlichst, mindestens 5—6 Stunden lang, unter mehrmaligem Wechseln des Äthers, extrahiert. Der abdestillierte Äther darf keinen Mastixrückstand mehr hinterlassen. Dann wird der Extraktionsrückstand wiederholt, bis das Wasch- wasser keine Biuretreaktion mehr gibt, mit Wasser gekocht, wobei die Albumosen in Lösung gehen. Natürlich lassen sich die verschiedenen Methoden mannigfaltig kom- binieren. So kann man bei der Mastixmethode so verfahren, daß man die Hauptmenge des Eiweißes zuerst durch Alkohol entfernt, nach Wegjagen des Alkohols den Rückstand mit lauwarmem Wasser digeriert und erst dann unter starkem Umrühren zu der wässerigen Lösung eine verdünnte Mastix- emulsion (z. B. aus 10°/,igem, absolut alkoholischem Mastix und 500 em? Wasser bereitet) hinzufügt. Bei Untersuchung größerer Flüssigkeitsmengen ist die vorherige Entfernung der Hauptmenge des Eiweißes mittelst Alkohol oder durch Hitzekoagulation nicht zu umgehen. — Bang!) kombiniert die Enteiweißung mittelst Alkohol und die Kaolinmethode wie folgt: Ein Zentri- fugierröhrchen von ca. 200 cm? Inhalt wird mit 100 cm? Alkohol beschickt und reeworen. Nach dem Zusatz von etwa 30—50 cm? Blut direkt aus der Ader wird wieder gewogen. Man zerteilt die Blutkoagula fein mit dem Glasstabe, spült diesen mit ca. 50 cm® Alkohol ab und zentrifugiert eine Stunde. Diese Flüssiekeit wird von dem Rückstand, der fest an dem Röhrchen haftet, abgegossen und das Residuum wieder mit Alkohol zerrührt und zentrifugiert (?/, Stunde). Die Flüssigkeit wird abgegossen, der Rückstand zum dritten Male mit 50 cm® Alkohol zerrührt und zentrifugiert ('/, Stunde). Die ver- einigten Flüssigkeiten werden auf dem Wasserbade bis ca. 10 cm® konzentriert, in einen Meßzylinder überführt und auf 30—50 cm? ergänzt. Man setzt 2— 59 Kaolin am besten portionenweise hinzu, schüttelt durch und filtriert. — Auch bei der Eisenmethode ist es gelegentlich von Vorteil, das ein- geengte Filtrat vor dem Polarisieren mit ganz geringen Mengen (wenige Dezieramm) Kaolin durchzuschütteln und nochmals zu filtrieren. S.11 (1907). Vgl. auch E. Zunz, Contribution ä l’etude des proteoses. Arch. intern. de Phys. T.5. p. 245 (1907). ') J. Bang, Über die Bestimmung des Blutzuckers. Biochı. Zeitschr. Bd.7. S. 325 (1908). . XI Nachträge und Berichtigungen. In der Tabelle S. 320 und 321: Gewicht (g) eines Kubikzentimeters Stickstoff in Milli- grammen ist zu lesen statt: T. 700, 702, 704, 706 usw. bis 778 T. 710, 712, 714, 716 usw. bis 788. S. 351. Zeile 10 von oben: 150—200 g statt 150—200°. S. 360. In der Figur 491, S. 360 ist der im Kolben befindliche Schenkel des Abzugsrohres irrtümlich zu lang gezeichnet. Wie aus dem Text ersichtlich, ragt er nur wenig in den Kolben. S.500. Zeile 8 lies: 185x10+° bis 189x107? statt 185 X 10+* bis 189 x 10 +*. S.500. Zeile i4 von oben lies: LIKE een au 1991X (273) — 18.500. In dem Folgenden lese man stets 1850 statt 18.500 sowie 1890 statt 18.900 Seite 500, Zeile 16; Seite 502, Zeile 7 von oben. S. 504. Zeile 1 von unten lies: 1:991 statt 19991. S.505. Zeile 2 von oben lies: K = 510'0 statt K = 5100. Derselbe Fehler findet sich S.505, Zeile 4 von oben; 8.506, Zeile 24 von oben; $S.508, Zeile 4 von oben. S.517. Zeile 21 von oben lies: 10333 x 10 Y° gem statt 1'0333 x 10 +* gem. 20T: 20 T’ B w statt =” ebenso drei S.518. Zeile 13 von oben lies: 1850 statt 18.500, lies: Zeilen weiter unten, auch S.519, Zeile 1 und 3. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. I. b S. 518. Gefrierkonstanten lies: K — 1850 statt 18.500 K = 23610 statt 26.100 — 5000 „50.000 „= 5100 „ 5.100 — 3900 „ 39.000 " - 7500 „ 75.000 » — 7000 „70.000 30400 „30400 32200 „ 32.200 I I S.521. Zeile 2 von unten lies: Berechnung von Konzentrationsketten statt Bereitung von Konzentrationsketten. Zu S.583. In letzter Zeit ist das Eintauchrefraktometer auch bei der Bestimmung der Stärke in Cerealien (nach vorausgegangener Verzuckerung) benutzt worden. (L. M. Lalin, Zeitschr. f. d. ges. Brauwesen. 32. Jg. 1909. Nr.20. S. 231.) Zu S.585. Von J. H.van’t Hoffs „Lagerung der Atome im Raume“ ist 1908 die dritte Auflage erschienen. S. 693. Zeile 8 von oben: Nach mehrstündigem (etwa 6-, höchstens 24stündigem) Stehen der Gesamtflüssigkeit ..... statt nach mehrstündigem Stehen durch ... REN! Register. Die beigedruckten Ziffern bedeuten die Seitenzahlen. A. Abheben 112, 113. Abhebepipette 116. Abmessen von Gasen für präparative Zwecke 281. | Absorption, auswählende, ge- | färbter Flüssigkeiten 610. Absorptionsapparate für Koh- lensäure 299, 300, 301. — für Wasser. Füllen der- selben 298, 299, 300. Absorptionskoeffizient der Gase 453. Absorptionsmittel 202. Absorptionsspektren 610, ihre | Arten 623, Einflußäußerer | Bedingungen auf sie 623, der optischen Dicke 624, . der Temperatur 625, ihre - graphische Darstellung 626 f. Absorptionsverhältnis Vierordt 630. Abwägen und Abmessen 17. Acagin 275. Acetessigester 206. Aceton 190, 194. — als Gefriermittel 43. — als Lösungsmittel 187, 189, 271, 272. Acetonylaceton 158. Acetylen 48, 53, 202, 215, 217, 230, 270—274, 278 bis 280. Acetylenkupfer 278. Acetylentetrabromid zur Be- stimmung des spezifischen Gewichts fester Stoffe 449. Acetylentetrachlorid 188. Achatmörser 14. Adeps lanae anhydrieus, Ph./G.1V. 153. nach Äther 85, 140, 189, 190, 191, 193, 204, 205, 206, 270, 278. — als Extraktionsmittel 175, 176, 1704,:178,.149, 180, 185. — als Gefriermittel 43, 47, 145, 174. — als Lösungsmittel 11, 12, 55, 72, 164, 167, 185, 187. Ätherextraktionsapparate 154. Äthylacetat 271. Äthylat 271. Äthylbenzoat 188, 204. Äthylehlorid 47, 215, 217. Äthylen 140, 202, 217, 230, 270, 279. Äthylenbromid 203, 270. Äthylhyperoxyd 176. Ätzkali 9, 166, 203, 262. Ätznatron 9, 166. Aktivität, optische 584. Aldehyde 176. Alizarin 174. Alkalibestimmung, quantita- tive 410, 413. Alkalieu, qualitativer Nach- weis 391. Alkalilauge 202. Alkalimetrie 464 ff. Alkaloidreagenzien (Eiweiß- fällung) 690. Alkohol 72, 88, 175, 176, 189—193, 204, 205, 270, 273. — als Extraktionsmittel 277. — als Gefriermittel 43. — als Lösungsmittel 12, 164, 185, 187, 194, 262, 263. — (Eiweißfällung) 687. Allihnbrenner 8. Allylalkohol 188. Aluminium 205. — qualitativer Nachweis 399. — quantitative Bestimmung in Asche 409. Aluminiumamalgam 205, 234. Aluminiumblech 58. Aluminiumbronze 88. Aluminiumgeräte 10. Aluminiumkarbid 274. Aluminiumoxyd 205. Ameisensäure 158, 174, 188, 267, 268. Amieischer Prismensatz 573, 579, 616, 617, 618. Ammoniak 81, 82, 140, 167,188, 2072027215: 217, 218, 229, 230, 245, 216, 261, 262, 263, 266, 274, 279 — flüssiges 44. Ammoniumbichromat 185. Ammoniumchlorid 245, 264. Ammoniumnitrat 44, 264. Ammoniumnitrit 245. Ammoniumoxalat 264. Ammoniumphosphat 264. Ammoniumsulfat 177, 197, 245, 264. Amylalkohol 177, 187, 194. Analyse, qualitative, der Asche 390. Analysen, Berechnung 431 f. Analysenproben, Aufbewah- rung der 377. — Auswahl der 372. Analytische Wagen 18. Anilin 61, 77, 101, 158, Ye s1877 266: Anilinviolett 190. Anisol 61. b* XVl Anorganische Substanzen, qualitativer Nachweis in organischen Verbindun- gen 294. Ansatzstück nach Schimmel 30. Anthracen 174. Antimon 202. Antimonpentasulfid 11. Antimontrisulfid 252. Antipyrin 14. Apparate für Gaskettenmes- sung 9, 556. Aräometer 444 f. Arbeiten mit Gasen 215. Argon 244. Arsen 8, 221, 231—233. — qualitativer Nachweis 392. — quantitative Bestimmung 425. Arsenapparat nach Locke- mann 394. Arsennachweis nach Locke- mann 393. — nach Marsh 392. Arsentribromid 258. Arsentrijodid 231. Arsentrioxyd 231, 265, 266. — Verwendung in der Jodo- metrie 474, 475. Arsenwasserstoff 202, 230, 231, 233, 251, 252, 274. Asbest 97, 104, 130, 229. Asbestfilter 183. Asbestluftbäder nach Jung- hahn 57. Asbestpapier 56. Asbestpappe 58. Asbestpulver 154. Asbestringe 88. Asbeststopfen 12. Asche, Herstellung 377. Aschegehalt 378. Aschenanalyse 372. — quantitative 401. Aschenbestimmung, elemen- taranalytische nach Denn- stedt 337. Atomgewichte der Elemente 429. Aufbewahrung von Stoffen zur Analyse 377. Auffangen und die Auf- bewahrung von Gasen 276. Aussalzen 177. Ausschüttlungsflüssigkeiten 177: Autoklaven 87. Autolysator nach Dr. Ubber 182. Azidimetrie 464 ff. Register. Azobenzol 188. Azotometer nach Schifl-Gat- termann 318. Babobleche 57. Badfüllungen 78. Barium, qualitativer Nach- weis 391. Bariumchlorid 197. Bariumkarbonat 197, 203. Bariumnitrat 264. Bariumsulfat 21, 98, 106. Bariumsuperoxyd 236. Barytfilter 95, 196. Basenbindungsvermögen 9, 550. Baumwollfäden zur kalori- metrischen Verbrennung 675. Benzin 85. Benzochinon, p- 158. Benzo&@säure, Verbrennungs- wärme der 678. Benzol 100, 167, 191—193, 258, 261, 278. — als Heizflüssigkeit 72. — als Lösungsmittel 11, 175, Ikrore akaftie — kryst. 191. Benzonitril 204. Benzoylchlorid 21. Benzylehlorid 282. Berechnung der kalorimetri- schen Verbrennung 672ff. Bergkristall 20. — geschmolzener, siehe(Juarz- glas. Berkefeldfilter 106. Berthelots Ozonröhren ;239, | 240. Beuteln 17. Bildungswärme der Salpeter- säure 675. Bimsstein 202. Bimssteinstücke 166. Birotation 586. Blasenzähler 301. Blausäure 82. Blei 78. — qualitativer 397. Bleiacetat 187, 197, 202. — basisch 187. — (Eiweißfällung) 688. Bleichromat 275. Bleiglätte 155. Bleikarbonat 197. Bleiplatte 241. Nachweis Bleiringe 88. Bleirohr 251. Bleisuperoxyd 202. — für die Elementaranalyse nach Dennstedt 325. Bloe Maquenne 213. Blut, ultramikroskopische Un- tersuchung von 5, 289. Blutkohle 195. Blutlaugensalz, gelbes 267. Bologneser Tränen 4. Bolometer 93. Bombe 662. — Wasserwert der 659, 675. — — Bestimmung der 677 ff. Bombenöfen 81. Bombenröhren 81, 86. Bombenschüttelofen 85. Borosilikatglas 4, 89. Braunstein 222, 229, 236, 237, 247, 248. Brechungsexponent, Defini- tion 568; Abhängigkeit von der Temperatur 570. Brechungsverhältnis, Bestim- mung 5, 568 ff. Brenneraufsätze 51, 52. Brom 9, 21, 81, 1542202 250, 256—258, 270. — qualitativer Nachweis in organischen Verbindun- gen 293, 294. — quantitative Bestimmung 428. Brombestimmung, elementar- analytische nach Denn- stedt 336. Bromkalium 256, 257. Bromnaphtalin, «- 101. Bromoform zur Bestimmung des spez. Gewichts fester Stoffe 450. Bromschwefel 258. Bromwasser 274. Brom wasserstoff 81,202, 217, 230, 256 — 260. Bromwasserstoffsäure 400. Bronze 218. Brot, Stickstoffbestimmung 349. Brückenwalze nach Kohl- rausch 487. Brutschränke 58, 63. Brutzimmer 64. Bürette nach W. Flemming 29: Büretten 22, 461; für ver- änderliche Lösungen 462; Nacheichen, Ablesung 462. Büretten mit automatischer Nullpunkteinstellung 25. Bunsenbrenner 47. — mehrflammige 50. — nach Allihn 8. Bunsen-Geißlerscher Apparat 423. Butterrefraktometer 570, 574. C. Caleium 202, 205, 234, 274. — qualitativer Nachweis 390. — quantitative Bestimmung 406, 412, 413. Caleiumbromid 257. Caleiumchlorid 44, 77, 166, 177, 193, 201, 203—205, 244, 248, 256, 262, 265, 268, 275, 280. -Caleiumhydroxyd 273. Caleiumhydrür 234. Caleiumkarbid 271, 273, 274. | Caleiumnitrat 266. Caleiumoxyd 203, 204, 262, 273, 22. Caleiumplumbat 236. Caleiumsulfhydrat 252. Caleiumsulfid 252. Caleiumsultit 253. Carborundum 21. Carnallit 254, 255. | Caseinlösung, ultramikrosko- pische Untersuchung 288. Cellulose 94. — Verbrennungswärme der 683. Celluloseblöckchen , sche 682. Chatterton-Compound 12, 154. Chinaldin 188. Chinin 170. Chinolin 188, 204. Kellner- 202, | Chlor 9, 82, 19, 215—217, 220, 230, 246-250, 256, 261, 265, 278--280, 282. maßanalytische Bestim- | mung im freien Zustande 476; in Salzen 477, 479; | im Harn 478, 480. qualitativer Nachweis in organischen Verbindungen 293, 294. quantitative Bestimmung | 417. Chlorammonium 262, 264. Chlorbestimmung, elementar- analytische, nach Denn- stedt 336. | Chlorcaleiumammoniak 230, | 262. Register. Chlorcaleiumrohr 200. Chlorcaleiumturm 223. Chlorhydrat 248. Chlorkalk 232, 237, 238, 247 —249, 274, 275. Chloroform 12, 21, 60, 167, 275, RE 812193,198: Chloroxyd 247, 249. Chlorsilber 104. Chlorstickstoff 275. Chlorwasserstoff 202, 2 230, 254, 2557223: Chlorwasserstoffsäure 400. Chlorzink 197, 205, 210, 262. | Chlorzinkammoniak 230, 262. Chlorzinkschmelze 10. Chromchlorid 233. Chromgelatine 12, 154, 185. Chromsäurelösung 275. Chrysen 174. Claisenkolben 123, 151. Cocain, Drehungsvermögen 5. Cochenilletinktur 356. Collodium 12, 154 Compensationsverfahren nach Poggendorff 553. Concentrationsketten 551. Constantan 54. Copaivaöl 258, 260. Cumol 59, 61, 101. Cyankalium 8. ) er = 2. Dämpfapparat nach 492, 536, 538. Dampfbäder 72. Dampftopf 102. Abegg Dampftriehter 100. Davysche Sicherheitslampe | 37230. | Dekantieren 112. Densimeter 444. Destillation 122. — trockene 10. Destillieren bei vermindertem Druck 131. — mit Alkohol oder Äther- | dampf 158. | — mit überhitztem Wasser- | dampf 157. Dewar-Gefäße 41. Diacetbernsteinsäureester 158. Dialyse 108. Diamantmörser 14. Diamantstift 21. Dichloräthan 188. XV Diehloräthylen 194. Diehtungsmittel 12, 153. Digerieren 181. Diketopiperazine 170. Diphenylamin 61, 78. Dissoziationskonstante Wassers 532, 534. Dolomit 269. Doppelspaltmethode von Vier- ordt 632f. Doppelwandige Pipetten nach Hüttner 23. Drehungsvermögen, optisches, Bestimmung 583 ff.; Ein- fluß der Konzentration 586; äußerer Umstände 56H. — spezifisches 588. Druckerhöher 136. Druckflaschen 80. — nach Lintner 80. Druckregler 137. Druckregulator 136. Drumondsches Kalklicht 53. Durchbeuteln 17. Dynamit 272. des E. Eichungsvorschriften für Meß- geräte 26. Eindampfen 159. Einschlußröhren 81. Einschlußthermometer 88. Eintauchrefraktometer von Pulfrich 571, 577 £. Eis 44. Eisen 8, 93, 229, 230, 246, 251. — maßanalytische Bestim- mung 469, 471, 476. — qualitativer Nachweis 399. — quantitative Bestimmung 411, 413. — Verbrennungswärme des 675. Eisenchlorid 256. Eisendraht zur kalorimetri- schen Verbrennung 664. Eisenhydroxyd, kolloidales (Enteiweißung) 696. Eisen-Konstantan 92. Eisenoxyd 8. Eisenschalen 10. Eisensulfat 202, 265. Eisessig 100, 187, 189, 192, 194. Eiskochsalzmischung 145. Eismühlen 45. Eisschränke 63. XVIu Eistrichter 99. . Eiweiß, ultramikroskopische Untersuchung von Lösun- gen 5, 288, 289. Eiweißhaltige Flüssigkeiten, Enteiweißung von 687 f. Eiweißkörper, Fällung durch Alkohol 687. — — durch Schwermetall- salze 687. — — mit Bleiacetat 688. — — mit Ferriacetat 689. — — mit Magnesiumsulfat 689. — —- mit Mereurichlorid688. — —- mit Mercurinitrat 688. — — mit Uranacetat 689. — Koagulation in der Siede- hitze 686. Eiweißsol 509. Elektrisatoren 527 f. Elektrische Öfen 69, 70, 71, 211. Elektrische Thermometer 91. Elektromotor 28. Elementaranalyse 290. — Ausführung der Ver- brennung 303, 304, 305. — flüssiger Körper 306, 307, 308. — flüssiger, leicht flüchtiger Körper 307, 308. — Kohlenwasserstoffbestim- mung, Bereitung der Analysen 315. — — im Bajonettrohr 312, 313. — — halogenhaltiger stanzen 311. — — phospborhaltiger Sub- stanzen 312. — — schwefelhaltiger Sub- stanzen 311. — — stickstoffhaltiger Kör- per 309, 310. — — von Substanzen mit Sub- anorganischen Bestand- teilen 312. — Modifikationen der Me- thode 303. — nach Carrasco-Plancher durch elektrische Er- hitzung 313, 314, 315. — nach Dennstedt 329. — Verbrennung im offenen Rohr ZT. — Vorbereitung der Substanz zur Analyse 29. — Vorbereitungen zu Ana- lysen 297. Elementaranalye von hoch- brisanten Körpern 311. Register. Elemente, Atomgewichte 429. Emaillegefäße aus Eisen 10. Energie - Gaswasch- und Trockenflasche nach Paul Fuchs 201. Energiekühler 123. Ente, Natronkalkapparatnach Dennstedt 329. Enteiweißung nach Otto 687. — nach Schryver 687. — nach Devoto 691. — nach Salkowski 691. — nach Hofmeister 691. — nach 691. — nach — nach — nach Seegen 692. Bernard 692. Röhmann 692. — nach Schenck 693. — nach Abeles 694. — nach Morawitz u. Dietschy 694. — nach Baglioni 69. — nach Michaelis und Rona 695. — von eiweißhaltigen Flüs- sigkeiten 687 ff. Entladungen, elektrische 523. Erdalkalien, qualitativer Nachweis 390. — quantitative Bestimmung 405. Erhitzen unter Druck 80. Erlenmeyerkolben 186. — nach W. v. Bolton 114. Erythrosin, Indikator 464. Essigester 72, 177, 187. Essigsäure 196. Excelsiorkühler Vigreux 128. Excelsiormühlen 14. Experimentiergasmesser 282. Explosionsofen nach (. Ull- mann 85. Exsikkator 164. — heizbar 168. Extinktionskoeffizient 629. Extrahieren 175. Extraktion, selbstätige 178. | von Henri Schmidt-Mühlheim | F. Fadenthermometer 211. | Färbebecher aus Hartglas 4. Färbung von Flüssigkeiten, | welche in dünner Schicht | ungefärbt erscheinen 610. | Faltenfilter 95. Feinregulierventil nach R. le | Rossignol 218. Ferriacetat 689. Fettbestimmung 16. Filter, gehärtete 95, 103. — schwarze 9. Filterkerze 106. Filterkonus 97. Filterplatten 103. Filtrat 95. Filtrieren 94. Filtrierröhren 97. Filtrierspirale 95. Filtrierstutzen 33. Finkenerscher Apparat 222. Finkenertürme 57, 379. Flache Meßgefäße 26. Flammenprobe bei Aschen- analyse 391. Fleisch, Stickstoffbestimmung 349. Fletscherbrenner 51, 156. Fließpapier 94. Flintsteine 16. Flüssige Luft 41, 81, 231, 244. Flüssigkeiten, kalorimetrische Verbrennung von 681#f. Flüssigkeitsbäder 77. Flüssigkeitsthermometer 88. Fluorescein 177, 190. Fluorwasserstof, Nachweis 401. — quantitative Bestimmung 427. Flußsäure 5. Flußsäuretropfflaschen 22. Formaldehyd 524. Formalin bei Filtrationen 552. Formeln, physikalisch-chemi- sche 517. Fraktionieraufsätze 125. Fraktionierkolben 122, Fraktionierte Extraktion 177. — Wasserdampfdestillation 197: Fraktioniertes Sieben 17. Fraunhofersche Linien des Sonnenspektrums, Wellen- längen 619, 620. Frentzelsche Korrektion 683. Füllapparat, Sauerstoff- 664. Funkenentladung 523. Funkeninduktor 151. Funkentöter 487. Furfurol 19. (Eiweißfällung) G. Galaktose, d-, Drehungsver- mögen 590. Gasanalyse 198. Gasbehälter nach Mario Betty 277. Gasbrenner für eine und drei Flammen nach F. Stolle 50. Gase, Arbeiten mit 215. Gasentbindungsflasche 221. Gasentwicklung 220, 221. — durch Einwirkung von Flüssigkeiten auf Flüssig- keiten 227. — dureh Erhitzen flüssiger oder fester Körper 229. — spezielle cliemische Me- thodik der 230. Gasentwicklungsapparatnach Debray 222. — nach I. Ivakim 224. Gasketten 552. Gaskocher 51. Gasometer 276 —278, 281. — nach Pepy 276. Gasthermometer 88, 91. Gasuhren 282. Gasvolume, Berechnung 435. — — mit Berücksichtigung der Feuchtigkeit 436. Gaswaschaufsatz 199. Gebläse 137. Gebläseofen nach Fletscher 69. Gefrierkonstante 500. Gefrierpunktsbestimmungen 498. Gelatine 185. Gelatinelösung 12, 154. Gerbsäure (Eiweißfällung ) 6. Gerbsäurelösung nach Almen (Eiweißfällung) 690. Gesamtmineralstoffgehalt (Be- stimmung) 382. Gesetz der paaren Atomzahl 435. — von Beer über die Licht- absorption in farbigen Lö- sungen 624, 642. — vonBoyle-Gay-Lussac435. — von Boyle-Mariotte 435, 452. — von Dalton 453. — von Gay-Lussae über die Wärmeausdehnung der Gase 435. — von W. Henry 452. Gewichtsbestimmung 17. Gewichtssätze 19. Gibbssche Phasenregel 217. Giftheber 115. Gips 12, 154, 169, 248, 253, 262, 269. Glas, Angreifbarkeit458, 463. Register. Glaskügelehen zur Verbren- nung flüssiger Körper. Füllen derselben 306, 307. — — Herstellung derselben 306. > Glaspulver 97. Glastinte 21. Glastrichter 9. Glaswolle 97. Gleichungen, chemische 430. Glimmentladung 523. Glockengaosmeter 277. Glühasche, quantitative Auf- arbeitung 404. Glykogen, ultramikroskopi- sche Untersuchung von Lösungen 5, 288. Glykolaldehyd 524. Glyzerin 77, 145, 155, 188, | 203, 208, 234, 252, 269. Gold 7. Goldlösung, kolloidale 286. Goldschwefel 11. Goldsol 510. Goochtiegel 97, 103, 183, 408. Gradwertkorrektion des Ther- mometers 674. Grammvolum der gasigen Stoffe 438. — der flüssigen Stoffe 439. Graphit 10, 154. Graphitgrus 79. Graphitstaub 56. Gravimetrische Bestimmung des Caleiums 413. Grubengas 215, 217, 274. Gummikappe für Mörser 14. Gummilösung 12, 154. Gummischläuche mit Hanf- einlage 11. Gummiwaren 10. Gußeisen 88, 158. Gußeisenspäne 79. Guttapercha 12, 154. — -Flaschen 12. H. Haare, kalorimetrische Ver- brennung der 681. Hämatokrit 516. Hämatolyse 515. Hämatoxylin, Indikator 465. Hämometer von E. v. Fleischl 652. Hahnfett 153. Hakentrichter 96. Halbrotation 586. Halbschattenpolarimeter 5928. — nach Cornu 597. I I XIX Halbschattenpolarimeter nach Jellett 597. — nach Landolt 596, 601f. — nach Laurent 597. — nach Lippich 591, 599 fi. — nach Mitscherlich 393998 Hammeltalg 153. Handmühlen 14. Handwagen 17. Harn, kalorimetrische brennung des 682#. — Konservierung 351, 602. — Korrektion des Energie- verlustes beim Eintrock- nen des 683. — maßanalytische Bestim- mung der Chloride 478, 480. — — der Phosphorsäure 480. — Stiekstoffbestimmung nach Kjeldahl 340. Harnsäure 3. Hartglas 4. Hartglasbecher 33. Hartporzellanmahlwerk 15. Heber 114. Heberbarometer 147. Heißluftmotore 30, 86. Heißwassertriehter 100. Heizen 39. Heizflüssigkeiten für Luft- bäder ete. 60. — für Vakuumtrockenapparat 297. Heizkörbehen nach Lieber- mann 58. Heizkränze 51. Heizofen nach A. Stähler 58. Heizquellen 47. — Übersicht über 55. Heizschrank für Scheidetrich- ter 176. Helium 41, 88, 90. Heliumspektrum, Wellenlän- gen 619, 620. Heptan 192. Heratol 275. Herstellung einer Asche 377. Hexan 193. Hippursäure 181. Hitzesammler 57. Hochvakuumdestillations- kolben nach Gaede 174. Holzkohle 272. Holztöpfe 10. Hüfner-Albrechtscher Rhom- bus in der Spektrophoto- metrie 633, 636, 637. Hydrogenit 233— 234. Hydrolith 233— 234. 596, 591, Ver- XX Hydrolysengrad, Bestimmung | durch Indikatoren 559. Hydrolysenkonstanten 539, ' 541. Hydroxylamin 190. Hydroxylaminchlorhydrat 265. T: Impfen bei Gefrierpunktsbe- stimmungen 502. Indigo 170, 174. Indikatoren 536. — bei der Kjeldahlmethode 359. — der Alkali- metrie 464. Indikatorentabellen 540-547. Indikatorentheorie von ÖOst- wald 561. Induktorien 225 ff., 486, 487. Infusorienerde 106. Inhaltsmesser 218. Ionenprodukt des 532, 534. Iridiumgefäße 9. Iridiumgehalt des Platins 7. Iridium-Iridiumruthenium 92, Iridiumrohr 54. und Azidi- Wassers J. Jenaer Geräteglas 4, 172. — Thermometerglas 4, 59, 89: Jenaglas 117. Joakimscher 225. Jod 9, 171, 231, 251, 252, 259, 260. qualitativer Nachweis in organischen Verbindungen 293, 29. quantitative Bestimmung 428. Jodäthyl 203. 16, Apparat 224, Jodbestimmung, elementar- analytische nach Denn- stedt 336. Jodealeium 260. Jodeosin, Indikator 464, 549, 991. Jodkalium 195, 231. Jodlösung 269. — zur Maßanalyse, lung 472#. Jodmethyl 22. Jodometrie 472 ff. Herstel- | Register. - Jodphosphonium 259. Jodphosphor 259. Jodwasserstoff 202, 217, 230, 231, 252, 257—259, 279, 280. — Nachweis 401. Jodwasserstoffsäure 82, Joulesche Wärme 54. 260. K,. Kaliapparat, Füllen desselben | 300. nach nach nach 300. nach nach Classen 299. de Koninck 299. Geißler-Wetzel 299, Liebig 299. Mitscherlich 299. nach Türk 299. — nach Winkler 299. Kaltapıdreie 299. Kaliberkorrektion desT'hermo- meters 674. Kaliglas 81. Kalikalkglas 3. Kalilauge, s. Kaliumhydrat. Kalisalpeter, s. Kaliumnitrat. Kalium 189. — qualitativer Nachweis 391. Kaliumbichromat, s. Kalium- dichromat. — maßanalytische Bestim- mung 476. Kaliumbikarbonat 204. Kaliumchlorat 229, 236, 237, 249. Kaliumchlorid 197, 280. Kaliumehromat 245. Kaliumeyanid 8. Kaliumdichromat (-biechro- mat) 5, 236, 245 —247, 249, 250. Kaliumdichromatlösung, schwefelsaure 202. Kaliumbydrat 145, 190, 192, 193, 204, 231—233, 244, 249, 262, 265, 267, 274, 280. Kaliumkarbonat 190, 204, 269. Kaliumkarbonatlösung 77. Kalium-Natrium 88, 90, 189, 206. Kaliumnitrat 78, 209, 238, 264. Kaliumpermanganat 190,196, 202, 231, 237, 238, 246, 247, 249, 250, 269, 282. — Herstellung einer Normal- lösung 467 ft. 203, Kaliumsulfat 210. Kalk 190, 191, 195, 201, 204, 273. — gebrannter 262. — maßanalytische Bestim- mung 471. Kalkspat 269. Kalkstein 269. Kalorimeter 659f. Kalorimetergefäß 661. Kalorimeterraum 659. Kalorimeterrührer 661. Kalorimeterwasser 669. Kalorimetrische Bombe, s. Bombe. Verbrennung 658f. — adiabatische 669. — Ausführung der 666 ff. — Baumwollfäden zur 675. — Berechnung der 672#. — Eisendraht zur 664. — unverbrannte Kohle bei der 684. — Verbrennung von fe- sten Substanzen 679. — Verbrennung von Flüs- sigkeiten 681 ff. — von Haaren 681. von Harn 682 ff. von Kot 681. von Milch 684. von Nahrungsmitteln 680. — von salzreichen Sub- stanzen 680. Kampfer, Drehungsvermögen 590. Kaolin 155. — (Enteiweißung) 695. Kapillarpipette, graduierte23. Kapselpumpe nach Gaede 140, 144. Karlsbader Patentkitt 155. Katalysatoren bei der Kjel- dahlbestimmung 352. Kautschuk 10, 202. Kellnersche Celluloseblöck- chen 682. Kieselgur 197, 272, 275. Kieselsäure 155. — Nachweis 401. Kippscher Apparat 222, 225, 226, 228, 229, 234, 236, 237, 238, 269. Kitte 12. Kjeldahl, Methode zur N-Be- stimmung 340 ft. Kjeldahlaufsatz 124. Kjeldahlmethode, Anwendung bei salpetersäurehaltigen Düngemitteln 357. Kjeldahlmethode, Grenzen ihrer Anwendbarkeit 356. Klären von Flüssigkeiten 106. Kleinsche Lösung zur Be- stimmung des spezifischen Gewichts fester Stoffe 450. Knallgasflamme 53. Knallquecksilber 16. Knochenasche, Darstellung nach Gabriel 389. Kochsalz, s. Natriumchlorid. Kochscher Dampftopf 102. Koffein 174. Kohle 232. — unverbrannte (bei kalori- metrischer Verbrennung) 684. Kohlendioxyd 11, 55, 59, 89, 140, 202, 230, 249, 279, 280, 282. — festes 43, 269. Kohlenoxychlorid 215. 215, 217, 220, 221, 232, 236, 244, 247, 145, 167, 172, 174, | 250, 263, 267—271, | Kohlenoxyd 55, 202, 217, | 230, 264, 267—269, 274, | 279. Kohlensäure, Nachweis 400. | — quantitative Bestimmung in Glühaschen 423. Kohlensäurespaltung 524. Kohlenstoff 8, 271. — Bestimmung auf nassem Wege 359. — — im Harn 358. — qualitative Prüfung in | festen organischen Verbin- dungen 291. flüssigen organischen Ver- bindungen 291. — in gasförmigen orga- nischen Verbindungen 291. organischen Verbindungen 295. Kohlenwasserstoffe 202. Kolbenluftpumpe 137. Kolliertücher 97. Kolloide (Enteiweißung) 695. Kolorimeter von Wolff645; von Donnan647; verbessert von Köhler 648, 649: Tauch- kolorimeter mit Lummer- Brodhunschem Würfel von Köhler 649 f.; Strahlen- filter 651; Polarisations- kolorimeter von Krüß 652 fi.; mit Quarzplatte 654 ff. qualitativer Nachweis in | quantitativer Nachweis in | Register. Kolorimetrie 642. — mit Indikatoren 563. Kompensationsmethode 555. Kondensatoren 489. Kongorot 356. Konservieren des Harns 682. Konstanten, physikalisch-che- mische 517. — verschiedener Gase 217. Kontaktpotential 554. Kontaktstern 32. Konzentrationsketten 553. Kork 12. Korkensterilisierapparat 13. Korngröße 13, 106. Korrektion für den Energie- | verlust beim Eintrocknen | des Harns 683. Korrektionsformel von Reg- nault-Pfaundler 672. Korrektionsglied, Stohmann- sches 673. Kot, kalorimetrische Verbren- nung von 681. — Konservierung 350. — Stiekstoffbestimmung 349. | — Troeknen des 350. Kotanalyse 377. Kraftfeld, chemische Wirkung | des magnetischen — 533. Kreide 269. Krummachersche Korrektion 683. Kryptol 54, 71. Kühlen (und Heizen) 39#. Kühler 126. — für flüssige Luft 129. Kühlmittel, Übersicht der — 47. Kugelkühler nach Soxhlet 130. Kugelmühlen 15. Kupfer 87, 202, 213, 235, 246, 272. — qualitativer 397. Nachweis — quantitative Bestimmung 426. Kupferblech 58, 265. Kupferchlorür 268. Kupferchlorürlösung, ammoni- akalische 202. — saure 202. Kupfergefäße 9. Kupferoxyd 202. Kupferröhren 86, 91, 231. | Kupferrohr 100, 157. Kupferschicht 56. Kupferspäne 244. Kupferspirale, Reduktion der- | selben 309. Kupfersulfat 202, 233. Laboratoriumspresse 112. Lachgas 263. Lackmoid-Malachitgrün 356. Lackmus, Indikator 464. Lackmuslösung 355. Lanolin, wasserfreies 153. Lehm 56. Leim 185. Leinsamenmehl 154. Leitfähigkeitsmessung mit Indikatoren 563—564. Leitfähigkeitswasser 492. Leuchtbrenner 50. Leuchtgas 47, 215. — komprimiert 215. Leuchtgasgebläse 52. Lichtabsorption in farbigen Lösungen, Abhängigkeit von der Menge des absor- bierenden Stoffes 624, 642. Lichtquellen für optische Untersuchungen 567. Liebigsche Kühler 127. Ligroin 197, 206. — alsExtraktionsmittel 177. — als Lösungsmittel 187. Lippichsches Strahlentilter für Polarisationsapparate 592. Litergewicht der gasförmigen Stoffe 438. Lithium 202. — qualitativer 391. Löslichkeit, ihre Angabe 451; von Gasen in Flüssigkeiten 452f.; Bestimmung 45äft.; Nachweis von festen Stoffen in Flüssigkeiten 455; Be- stimmung 456. Löslichkeitskoeffizient der Gase 453. Lösungen, spez. Gewicht445; Herstellung von Lösungen mit bestimmtem Prozent- gehalt 445; aus Lösungen von anderer Konzentra- tion 446 f. von Gasen keiten 452 fi. Lösungsdruck 13. Lösungsmittel 187. Logarithmentafeln 430. Luft, komprimierte 215. Luftbad für Vakuumsublima- tionen 173. — nach Lothar Meyer 59. Luftbäder 58. Luftkühler 60, 127. Luteol 356. in Flüssig- AN M. Mamesia 10. Magnesit 269. Magnesium 202. — qualitativerNachweis390. — quantitative Bestimmung 407. Magnesiumchlorid 252. Maenesiumoxyd 238. Magnesiumpyrophosphat 8. Magnesiumsulfat 203. — (Eiweißfällung) 689. Maleinsäure 158. Maltose, Drehungsvermögen 59. Mangan, qualitativer Nach- weis 399. — quantitative Bestimmung 409. Mangandioxydhydrat 248. Manganin 54. Manganoxydoxydul 237. Mangansuperoxyd 202. Mannesmannröhren 88, 215. Mariottesche Flasche 74, 110, 225. Marmor 269. Marquardtsche Masse 69. Marshsche Probe (Arsen) 393. Marshscher Apparat 231, 252. Mastix (Enteiweißung) 697. Materialien chemischer Ge- räte 3. Mazerieren 181. Mehrdrehung, optische 586. Mensuren, konische 23. Mereurichlorid(Eiweißfällung) 688. Mereurinitrat (Eiweißfällung) 688. Messing 87, 213. Meßbrücken 487. Meßgefäße, flache 26. — Prüfung 459f.; Reinigung 463. Meßkolben 22. Meßpipetten, s. Pipetten. Meßzylinder 22, 278, 281. — konische 23. Metallbäder 78. Metallkühler 60. Metallretorten 158. Metall-Thermoregulator 68. Metallyakuummeter 169. Methan 215, 217, 274. — komprimiert 215. Methyläthylketon 180. Methylal 271. Methylalkohol 194. — als Heizflüssigkeit 60. Register. Methylalkohol als mittel 187, 262. Methylbromid 215, 217. Methylehlorid 215, 217. Methyldiphenylamin 188. Methylenjodid zur Bestim- mung des spez. Gewichts fester Stoffe 449. Methylorange 356. — Indikator 464. Methylrot, Indikator 465. Mikrobrenner 49, 59. Mikropipette, hygienische, nach W. Weichardt 24. — nach G. Gabritschewsky 23. Mikrowage 21. Milch, kalorimetrische Ver- brennung der 684. — Stickstoffbestimmung 349. — ultramikroskopische Unter- suchung der 287. Lösungs- Milchfettrefraktometer 574: für Serumuntersuchung 583. Milchgerinnung, Ultramikro- skopie der 288. Milchglasskala 88. Milehsäure 185. Milchzucker, Drehungsvermö- gen 590. Minderdruckdestillation 132. Mineralmühle 14. Minutenuhr 670. Mischdraht 310. Mischen 26, 27. Mischnahrung, Herstellung 375. Mischröhrehen 313. Mörser 14. Mohrsche Wage 442 f. — Apparate 222, 225, 229. Moissanscher Ofen 10. Molekularformel, ihre Fest- stellung 433 f. Molekulargewicht 430; der gasigen Stoffe 437; ihr Molvolum 438. Molekulargewichtsbestim- mung durch Indikatoren 566. — durch Titration 550. Molvolum 438. Morphin 170, 174. Motore 28. Muffelofen 69. — elektrischer 71. Mühlen 14. Multirotation 586. Mutarotation 586. Muthmannscher Ofen 71. | N. Nahrungsmittel, kalorimetri- sche Verbrennung der 680. Naphtalin 61, 78, 171, 188, 195. — Verbrennungswärme 678. Naßmühle 15. Natrium 189, 262. — qualitativer Nach weis 391. Natriumacetat 197. Natriumamalgambereitung14. Natriumbisulfat 269. Natriumbisulfitlauge 223,253. Natriumchlorat 249. Natriumehlorid 44, 77, 177, 247, 248, 254—273, 280. des 205, 206, 261, Natriumdichromat _(-bichro- mat) 5. Natriumkarbonat 77, 197, 238, 269. Natriumnitrat 264. Natriumnitrit 245, 265, 266. Natriumpresse 205. Natriumsulfat 196, 197, 203, 238, 2} Natriumsulfid 252. Natriumsultit 257. Natriumsuperoxyd 237, 238. Natriumthiosulfat 475, Ver- wendung in der Jodome- trie 474. Natronglas, doppelt gekühltes 81 77, 78, 209, Natronkalk 166, 192, 202, 243, 262. — für die Elementaranalyse nach Dennstedt 329. Natronkalkglas 3. Natronkalkröhren 301. Natronlauge 189, 205, 249, 270, 274. — Herstellung einer Normal- lösung 466. Neefscher Hammer 239. Nernststift 244. Neumanns Methode zur Ver- aschung 386, 412 ff. Neusilber-Eisen 92. Neutralsalze, Einfluß auf Indi- katoren 540. Nickel 170, 233. Nickeleisen 92. Nickelgefäbße 9. Nickelin 54, 218, 241. Niekelkarbonyl 9. Nickelkohlenoxyd 9. Nickelstahl 89. Nicolsches Prisma 583. Nicotin, Drehungsvermögen 590. Nitroallyl 158. Nitrobenzol 101, 158, 164, 169,187. 138.21957203. Nitroglycerin 272. Nitrometer 278, 281. Nitrophenol, o-, 156. — p-, 156. Nitropropylen 158. Nitroprussidnatrium 194. Nitrotoluol 191. Nitrozellulose 98. Normalflüssigkeiten für Wi- derstandsmessungen 496. Normallauge (Bereitung) 534, 535. Normallösungen der Maßana- lyse, Definition 465, 468. — für Titrationen 534. — — Herstellung 536. Normalnatronlauge, Herstel- lung 466. Normalsalzsäure, Herstellung 469. Normalstufen für Indikatoren- messung des H + Ionen- gehaltes 559. — für Reaktionsmessungen 562. Normalthermometer 210. Nullpunkt von Thermometern 501. Nutschfilter 105. oO. Öfen 68. OKT. Ölbad 86. Ölluftpumpen 138, 170. Oktan 192. Ökularspalt nach Vierordt 633. Osmotische Druckmessung 513. Oxalsäure 267. Oxydimetrie mittelst Kalium- permanganat 467 ft. Oxydimetrische Bestimmung | des Caleiums 412. Oxylith 238. Ozon. 1, 215,2230: 241 —244, 279. ÖOzonapparate 154. Ozonide 11. ÖOzonisator nach T. Jannasch 241, 242. Ozonisatoren 527 fi. ÖOzonventilatorr nach Franz Fischer 244. 239, Register. P. Palladiumasbest 233. Palladiumehlorür als Indi- kator bei der Elementar- analyse 330. Papierfilter 94. Papiermachetöpfe 10. Papierpülpe 98. Papinscher Topf 88, 262. Paraffin 12, 78, 188, 195, 206, 208, 209, 232, 258, 280. Paraffinöl 35, 167. Paraffinum liqguidum 258. Parakautschuk 10. Pastillenpresse 664. Pentachloräthan 188. Pentan 88, 91, 193. Perchloräthylen 188, 194. Petroläther 88, 90, 193, 205. — als Extraktionsmittel 177. — als Gefriermittel 43. — als Lösungsmittel 187. Petroleum 77, 84. Petroleumlampe 63. Petrolhexane 193. Petrolpentane 193. Pfaundler-Regnaultsche Kor- rektionsformel 672. Phenacetin 14. Phenol 101, 188. — maßanalytische Bestim- mung 476. Phenolhydrazin 190, 193, 204, 209. Phenolphtalein, Indikator464. Phenylsenföl 203. Phillipsbecher 186. Phosgen 215— 217, 220. Phosphatlösungen für Nor- malstufen 563, 564. Phosphoniumjodid 259. Phosphor 8, 9, 202, 232, 256260. — qualitativer Nachweis in organischen Verbindun- gen 293. — gelber 202, 259. Phosphorbronze 87, 88. Phosphorige Säure 259, 260. Phosphorpentachlorid 282. Phosphorpentasulfid 159. Phosphorpentoxyd 108, 166, 201, 205, 236, 256, 257, 260, 266, 269, 275. Phosphorsäure 5, 259, 260, 270. — Nachweis 400. — maßanalytische Bestim- mung durch Uranlösung 480. XAIH Phosphorsäure, quantitative Bestimmung 419. — sirupöse 153. Phosphorwasserstoff 202, 259, 274. Phosphorwolframsäure (Ei- weißfällung) 691. Photographie der Spektren 620 ff. Piezon 516. Pipecolin, «- 158. Pipetten 22, 23, 114, 116. — doppelwandige 23. — Handhabung, Nach- eichung 460. — mit automatischer punkteinstellung 25. Pistill 14. Plasmolyse 515. Plaum®93,.37,21:172 2089213: — Angreifbarkeit des 8. Platinchlorid 221, 232. Platindraht 241. Platineigenschaften 8, 9. Platinelektroden 233, 243. Platinfolie 54, 69. Platingefäße 7. Platin-Goochtiegel nach Neu- bauer 97. Platinierungsflüssigkeit 491, 537: Platiniridium 91. Platinkonus 103. Platin-Platinrhodium 92. Platinquarz 325. Platinschwamm 97, 260. Platin-Silber-Legierungz 9. Platinsol 509. Platinthermometer 662. Platintiegel 71. — Glühen 8. Polarisationsapparate 590 ff. Polarisationsphotometer 34H. Polarisationsröhren 607. Porzellan 6, 103, 117, 229. Porzellanmarken 7. Porzellanmörser 14. Porzellanschalen nach Knöfler 7. Porzellanschifichen , sol. Pottasche 177. Präzisionsrheostaten 488. Präzisionswagen 18. Presse, hydraulische 112. — Pastillen- 664. Propylalkohol 60. Prüfen auf Reinheit 206. Pukallfilter 106, 108. Pulvern 13. — explosiver Substanzen 16. Null- poröse AXIV Puratylen 275. Pyknometer 439 1f., 448. ' Pyridin 188, 195, 261. Pyrogallussaures Alkali 202. Pyrometer nach Le Chatelier 92. — optisches, nach H. Wan- ner 93. Q. Qualitative Analyse einer Asche 390. (uantitative Aschenanalyse 401. Quarzglas 5. Quarzglasthermometer 89. Quarzglas-Widerstandsther- mometer nach W. E. Heräus 92. Quarzkolben 212. Quecksilber 10, 88, 89, 90, 141, 142,.148, 154, 213, 228, 233,. 277, 278. — qualitativer Nachweis397, 398. — quantitative Bestimmung 426. Quecksilberchlorid 205, 274, 273: (uecksilberdestillations- apparat nach Wetzel 142. (uecksilberdichtung 35. Quecksilbergasometer 277. (uecksilberlampe nach (oo- per-Hewit 4, 5. Quecksilberluftpumpe 170, 174. — rotierende, nach W. Gaede 144. (Qnecksilberoxyd 229. (Juecksilbersicherheitsrohr 262. (Quecksilbersulfid 11, 183. (Quecksilberverschlüsse 154, 178, 240. (uecksilberwanne 287. (uetschhahnbürette 26. 141, 15% Radiumemanation 3. Reaktion einer Flüssigkeit 934. Reaktionsgeschwindigkeit 40. Reaktionsversehiebung 550. Reduzierventil 219. Refraktometer von Abbe 570, S71f., 577. — von Pulfrich 571, 574ft. Refraktometrie 568 ff. Register. Regel, R.G.T. 40. Regnault-Pfaundlersche Kor- rektionsformel 672. Reinigung von Meßgeräten 26. Resistenz gegen Reaktions- verschiebung 548. Retorte nach ter Meer 229. Retorten 124. Rheostat nach Engelmann 486. Rhodanammon, Verwendung in der Maßanalyse 478 fi. Rindertalg 153. Rohpetroleum 78. Rohrbachsche Lösung zur Bestimmung des spez. Ge- wichts fester Stoffe 450. Rohrzucker 273. — Drehungsvermögen 590. — Verbrennungswärme 678. Roses Metall 78. Rosolsäure 356. Rotaxunterbreeher 526. Rubinglas 168. Rubnersche Korrektion 683. Rüböl 77. Rückflußkühler 129. Rückschlagventile 134. Rühren 31. Rührer 31. Rutherfordsches Prisma 612, 613. nach Göckel S. Saccharimeter 603, mit Quarz- keilkompensation von Schmidt& Haensch 603 ft. | Saccharin 170, Salmiak 167, 254, 264. Salol 14. Salpeter 209. Salpetersäure 12, 55, 98, 188, 192, 237, 245 —247, 265, 266. — Bildungswärme der 675. Salpetrige Säure 230, 245, 266. maßanalytische Be- stimmung 471. Salpetrigsäureanhydrid 266. Salzreiche Substanzen, kalo- rimetrische Verbrennung der 680. Salzsäure 81, 98, 104, 188, 190, 192, 194, 204, 221, 227, 230—232, 237, 247 bis 251, 254—256, 262, 269, 282. des Salzsäure, Herstellung einer Normallösung 465. Sand 257. Sandbäder 10. Säurebindungsvermögen 550. Säuregemischveraschung 386, 412 8. Säuren 176. Sauerstoff 202, 215, 217 bis 220, 229, 230, 232— 245, 249, 257, 264, 274, 279. — Nachweis in organischen Verbindungen 291. Sauerstolfentwieklungsappa- rat nach R. Muencke 229, Sauerstofl-Füllapparat 664. Sauerstofigebläse 53. Sauerstoffzuleitung, doppelte, bei der Elementaranalyse 327. Saugfilter 102. Saugkolben 102. Schamotte 10. Scheidetrichter 115. Schellbachscher Streifen 535. Schießbaumwolle 271. Schießöfen 72, 78, 81, 83. — kontrollierbarer 83. — mit Schüttelwerk 85. Schießröhren 81. Schlämmkreide 115, 154. Schlämmzylinder nach Knop ılalay Schleudertrommel 116, Schmelze 27. Schmelzpunkt 13. Schmelzpunktsbestimmung 13, 14, 206, 208, 214. Schmiedeeisen 87. Schmirgel 115. Schnee 44. Schnellfilter 95. Sehüttelapparat 36. — nach Karsten 36. Schüttelgefäß mit Innenküh- lung und Gasableitung nach R. Kempf 38. Schütteln 36. Schüttelzylinder 278. Schulzscher Körper in der Spektrophotometrie 632, 633, 634, 635, 638, 642. Schwefel 8, 9, 11, 78, 194, 232. — qualitativer Nachweis in organischen Verbindungen 293. Schwefelantimon 252. Schwefelarsen 251. Schwefelbestimmung, elemen- taranalytische, nach Denn- stedt 335. v Schwefelblei 197. Schwefelealeium 252. Schwefeldioxyd 81, 166, 188, 196, 202,-215, 217, 228, 230, 243, 253, 254, 256, 258, 261, 267, 269, 279, 288. Schwefeleisen 250—252. Schwefelkohlenstoff 11, 12, 167, 4.70. 183, 187, 190, 191, 193, 202. Schwefelnatrium 252. Schwefelsäure 5, 12, 44. 55, 77, 98, 108, 154—156, 166, 178, 181, 188— 190, 192, 194, 201, 203—205, 208, 209, 211, 227—228, 230— 233, 236, 237, 241, 243, 246— 248,253 — 256, 259, 265, 267— 270, 274, ZEN — quantitative Bestimmung 422. — Nachweis 400. — rauchende 202. Schwefelwasserstoff' 187, 197, 202, 217,230, 232. 250 bis 252, 257, 269, 273, 279. Schwefelwasserstoffapparat nach Ostwald und Küster 222: Schweflige Säure 253, 257, 270. Schweinchen, chemisches 331. Schwerinetalle, Nachweis in Asche 392. — qualitativer Nachweis 392. Schwermetallsalze (Eiweiß- fällung) 687. Seesand 79. Segerkegel 93. Segerscher Kegel 93. Seidefilter 98. Sensibilisatoren für panchro- matische, photographische Platten 621. Sicherheitsröhre nach Th. Posner 221. Sieherheitsröhren 221. Sieben 16. Siedebleche nach v. Babo 57. Siedepunktsbestimmung 206, 214, 504. Siegeilack 12, 154. Siemens Ozonisator 239. Silber, weis 398. Silbergefäße 9. Silbernitrat 478, Verwendung in der Maßanalyse 477. Silberperoxyd 158. Silicaglas 6. quantitativer Nach- | | | | Register. Silikatglas 3. Silizium 195. Siliziumtetratluorid 5, 21. Siliziumwasserstoff 274. Silizylphosphat 5. Simonunterbrecher 525. Soda 56, 252. Sonnenspektrum, Wellenlän- gen der Fraunhoferschen Linien 619, 620. Spektralanalyse bei Aschen- analyse 391. — quantitative 627 ı. Spektralphotometrische Ana- lyse 627 fi. Spektralpyrometer 93. Spektrogramm, seine AÄnfer- | tigung 626. Spektrographen 620 ff. Spektrometer 570, 615. Spektrophotometer von Glan 635; von Hüfner 635 ft; von König und Martens 638 f£.; von Martens und Grünbaum 641 ff. Spektrophotometrie 631 ff. Spektroskop von Bunsen und Kirchhoff 611 £. — mit Vergleichsprisma 614, 615 f.; mit Einrichtung zum Photographieren der Spektren 620 f. Spektroskope mit gerader Durchsicht 616, 617; mit Vergleichsprisma616,618; mit Skalenrohr von Schmidt & Haensch 618. Spektroskopie 609. — Skala der Spektroskope 615; ihre Reduktion auf Wellenlängen 619 £. Sperrflüssigkeiten 276, 278. | Spezifisches Gewicht der ga- | sigen Stoffe 437; der flüs- | sigen Stoffe, Bestimmung | 439; der Lösungen 445; der starren Körper, Be- stimmung 448; mittelst der Schwebemethode 449. Volum der gasigen Stoffe | 438; der flüssigen Stoffe | 439. Spirituslampe 50. Spritzflasche 22. Stabthermometer 88. Stärkelösung, Herstellung für Jjodometrische Bestimmun- gen 475. Standardlösungen ketten 553. Stanniol 13. Steinöl 12. für Gas- XXV Stempel, Natronkalkapparat nach Dennstedt 329. Stickoxyd 202. 217, 230, 246, 265, 266, 279. Stickoxydul 215, 217, 230, 263— 265, 268, 279, 280. Stiekoxydul-Bomben 220. Stickstoff 89, 202, 215, 217, 245, 218, 230, 233, 236, 237, 244, 245, 265, 274, 279, 280. Bestimmung nach Kjel- dahl 340 ft. qualitativer Nachweis in Diazoverbindungen 293. — in organischen Ver- bindungen 291, 292. in schwefelhaltigen organischen Substanzen 292. Verbrennungswärme 675. Stickstofibestimmung nach Dumas, Berechnung der Analyse 320, 321, 322. nach Kjeldahl 340 ff. — Entwicklung reiner Kohlensäure 317. — in organinischen Sub- stanzen 316— 322. nach Will- Varrentrap in organischen Substanzen 323. vereinfachte 338. Stickstoffpentoxyd 266. Stickstofftetroxyd 266. Stickstofitrioxyd 217, 265, 266, 279. Stille Entladung 523. Stöchiometrische Rechnungen 430 fi. Stohmannsches Korrektions- glied 673. Strontium, qualitativer Nach- weis 391. Stutzers Reagens (Eiweißfäl- lung) 689. Sublimationsspannung 13. Sublimieren 170. Sulfoschmelze 10. Superoxyde 177. des 230, I Tafelwagen 17. Talkum 98, 197. Tarierbecher 21. Tarierwagen 17. Tauchelektrode 490. Technik der Gasentwicklung 220. XXVI Teelubrenner 48. Telephone 488. Temperaturkoeffizient von Lö- | sungen 498. Temperaturmessung 88. Tension des Äthers 82. — des Chloroforms 82. — des Wassers 82. ter Meersche Retorte 159. Terpentinöl 12, 188. Tetrachloräthan 188, 194. Tetrachlorkohlenstoff 188, 194. Thein 174. Theobromin 174. Thermitverfahren nach Gold- schmidt 53. Thermoelemente 88, 92. Thermometer 88. — Gradwertkorrektion des 674. — Kaliberkorrektion 674. — zur kalorimetrischen Ver- brennung 662. — Platin 662. Thermometerkorrektion 210. Thermoregulator 65. — elektrischer 68. Thermostaten 62, 493. des Thouletsche Lösung zur Be- | stimmung des spez. Ge- wichts fester Stoffe 450. Thüringer Glas 3, 89. Tiegelofen 69. — elektrischer 71. Tiegeltroekner nach Victor Mever 60. Tierkohle 98, 195, 196, 106. Tischlerleim 185. Titration 534. Töplerpumpe 141. Toluidin 4. Toluol 88, 90, 158, 164, 191, 192, 194, 258, 282. — als Extraktionsmittel 177. | — alsHeizflüssigkeit59—61, — als Lösungsmittel 187. Ton 56, 197. Tonerde 197. Totalrefraktometer von Abbe b7if, 377. Transmission 29. Transmutation 3. Traubenzucker, Drehungsver- mögen 590. — polarimetrische Bestim- mung 607. Trennungsmethoden 94. Trichloräthylen 188, 19. Trichter, gerippte 9. Register. Trichter, mit abgesprengtem Rohr 9. Y Trichterreagiergläser 96. Trichterzentrifuge nach Th. W. Richards 117. Trockenapparate 298. Trockene Bäder 79. — Destillation 158. Trockenmittel für Exsikkato- ren 167. Trockenmühle 15. Trockenschränke 58, 166. Trockensubstanzbestimmung (Aschenanalyse) 374. Trockenturm 201. — nach Fresenius 232, 262. Trocknen von Substanzen 296, 297. Tropfflaschen 21, 22. Tropftrichter 116. — nach E. Pollak- 228. — nach Thiele 228. Tyrosin 208. U. Überführung von Kolloiden 9124 - Uhr, Minuten- 670. Ultrafiltration 98, 108, 510. Ultramikroskope 283— 286. — Anwendung 286—289. Ultraviolettes Licht 4. Umkristallisieren 185. Universalstativ für verein- fachte Elementaranalyse 328. Unterbrecher 525 fi. Uranacetat (Eiweißfällung) 689. Uranpecherz 21. Uviolglas 4. V. Vakuum des Kathodenlichts 132. Vakuumdestillation 131. Vakuum-Exsikkator 164. Vakuumschläuche 11. Vakuumtrockenapparat 297. Vakuumtrockenschrank 169. Vaseline 11. Ventile 218. — für Stahlflaschen 216. Veraschung 378, 379. 123, Veraschungsschalen 378. Verbindungsstück für Gummi- schläuche il. Verbrennung, s. kalorimetri- sche Verbrennung. Verbrennungsgestell Dennstedt 326. Verbrennungsofen nach An- schütz 301. — nach Erlenmeyer 301. — nach Fuehs 301. — nach Glaser 301. — nach Heraeus, elektrischer 301, 302, 303. — nach Kekul& 301. — nach Volhard 301. Verbrennungsschiffehen 296. — mit Abteilungen 297, 310. Verbrennungswärme der Ben- zoesäure 678. — der Cellulose 683. — des Eisens 675. — des Naphtalins 678. — des Rohrzuckers 678. — des Stickstofis 675. Vierordtsche Doppelspalt- methode in der Spektro- photometrie 632 fi. - — Ökularspalt 633, 637. Volhardsche Öfen 84. Vollpipetten, s. Pipetten. Voltasche Kette 232. Volumbestimmung 21. Volumgewicht 437. Vorlagen 131. nach Ww. Wachs, weißes 153. Wägeröhrehen 296. Wagen (Tafelwagen, Tarier- wagen, analytische Wa- gen) 17. Warmwasserapparate 45. Warmwassertriehter 100. Wasser, Gewicht eines Kubik- zentimeters bei steigender Temperatur 441. — Jonengehalt 532. — maßanalytische Bestim- mung der organischen Bei- mengungen 471. Wasserbäder 72. Wasserbad für konstante Tem- peraturen 75. Wasserbadkanone 81, 83. Wasserdampfdestillation 155. Wasserglas 155, 185. % Wasserstoff 8, 53, 88, 171, 196, 201,:202, 215, 217, 218, 220, 221, 230, 231, 234— 236, 251, 257, 260, 262, 271, 274, 279,.280. elektrolytisch 233. für Gasketten 555. für Gaskettenmessung 558. qualitativer Nachweis in organischen Verbindungen 291. quantitativer Nachweis in organischen Verbindungen 29. Wasserstoffspektrum, Wellen- längen 619, 620. Wasserstofisuperoxyd 176, 236, 237. Wasserstrahlgebläse 137. Wasserstrahlpumpe 102, lm — nach Geißler 134. — nach Wetzel 134. Wasserturbine 30, 119. | Register. Wasserwert der kalorimetri- schen Bombe 659, 675. — Bestimmung des 677. Wehneltunterbrecher 241, 526. Weinholdscher Zylinder 41, | 261. \ Weltersche Röhren 221. | — Sicherheitsröhre 228, 229. Wenigerdrehung, optische 586. Wheatstonesche Brücke 485. Widerstände, elektrische 488. Widerstandsgefäße 490. Widerstandsmessungen 88, 496. Woodsches Metall 78, 213. Woulffsche Flasche 199, 221, 252, 276. x. Xanthogensaures Kalium 191. | Xylol 206. XXVO Xylol als Heizflüssigkeit 59, 61. — als Lösungsmittel 187, 192. 2. Zellulose 94. Zement 272. Zentrifugen 112, 116. — aus Nickelstahl 121. — nach Th. W. Richards und A. Stähler 117. Zerkleinern 13. Zerkleinerungsmaschine für tierische Stoffe 16. Zink 156, 195. 230—233. — schwarzes 233. Zinkehlorid 197, 205, 210. Zinkehloridlösung 77. Zinksulfat (Eiweißfällung) 690. Zinn 78. Zinnober 11, 174. Zinnschlange 158. Zweiweghahnbürette 25. Druck von Gottlieb Gistel & Cie. in Wien. Da, SLR i AN ar 2 \ } % N 4 N Ro D, h % u A u Bu Re N ja N N I Dan I Di va oil \ " “ Id, IN N EN EN Aw um: ” u du N Rey ie Mer ANTLEN N ji m HN 15 3 j F Kult u Y [ An ’ 1 Lo. Sun r 5 43.X U f a fr OSHRUN US if Ku), Mi Au Kr N RER AR ANENUIN r. x j R Ne ! 1% ERBE Un A) g 3 BINDING LIST APR 15 1943 QH Abderhalden, Emil 4 Handbuch der biochemischen A3 Arbeitsmethoden Bd.l ‚BioMed PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY ES RETEE e r Ar & De a ee N NEUEN DE SEE EN N en 27 ee Je er ze de? 7= - En re ee ee = en N a Zn nn a nn nt .- ne - en mann = a a en Le ne es Satans | ee == |. en Se Z een rec . u ee See De —— - nn - entre —— ee TEE - w.. n. nr a eg —— == =E7 . RE PSEPEEF En ——— > == N au - a “ = . = > - r .. > “ je ” 2 > = | au Zee > | -. - x En | — = = ee en z . “ un +. = = -—— - Te a rs “ .. +. ne 2 er z r .—. - re .. 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