UNIV. OF Torexto LIBRARY € v 57 y I u! a ZZ, MSTEN ER GE HANDBUCH DER BIOCHENISCHEN ARBEITSIIETHUDEN. HERAUSGEGEBEN VON ; > b # 5 PROF. DR. EMIL ABDERHALDEN, DIREKTOR DES PHYSIOLOGISCHEN INSTITUTES DER UNIVERSITÄT HALLE A. S, ACHTER BAND. BEARBEITET VON Prof. Dr. Emil Abderhalden, Halle a. S. — Prof. Dr. G. Barger, London — Prof. Dr. Viktor Grafe, Wien — Dr. Rudolf Hanslian, Berlin — Dr. Paul Hirsch, Jena — Dr. Richard Kempf, Berlin- Dahlem — Prof. Dr. August Krosh, Kopenhagen — Reg.-Rat Prof. Dr. E. Küster, Dahiem — Dr. Emil Löwi, Wien — Prof. Dr. R. Metzner, Basel — Prof. Dr. M. Nierenstein, Bristol — Dr. Emil Reiß, Frankfurt a. M. — Dr. P. Rona, Berlin — Priv.-Doz. Dr. R. Siebeck, Heidelberg — Dr. V. Vouk, Zagreb “ (Agram) — Priv.-Doz. Dr. Edgar Zunz, Brüssel. MIT 298 TEXTABBILDUNGEN UND 1 FARBIGEN TAFEL. [2]? | URBAN & SCHWARZENBERG BERLIN WIEN N., FRIEDRICHSTRASSE 105b I, MAXIMILIANSTRASSE 4 1915. Alle Rechte, gleichfalls das Recht der Übersetzung in die russische Sprache ; vorbehalten. AR Vorwort. Wieder geht ein Band der Biochemischen Arbeitsmethoden hinaus! Er umfaßt die verschiedenartigsten Gebiete. Teils sind frühere Mitteilungen ergänzt, teils handelt es sich um ganz neu aufgenommene Forschungsgebiete. Das Handbuch soll zwischen den verschiedensten Gebieten vermitteln und den einzelnen Forscher auf Methoden auf- merksam machen, die für seine spezielle Forschung anwendbar, ihm jedoch vielleicht nicht so vertraut sind, weil sie im Anschluß an ganz andere Fragestellungen zum Ausbau gelangt sind. Manche Forschung bleibt unvollkommen, weil das bearbeitete Problem von zu wenig Seiten aus zur Bearbeitung gekommen ist. Vermag das vorliegende Werk in dieser Richtung Lücken auszufüllen, dann ist eines seiner wesentlichsten Ziele erreicht. Das Werk wird fortgesetzt. Mit dem zehnten Bande wird ein Generalregister über das ganze Handbuch zur Ausgabe gelangen. Allen Herren Mitarbeitern sei für ihre freundliche Unterstützung des Werkes herzlich gedankt. Halle a.d.S., den 15. November 1914. Emil Abderhalden. Inhaltsverzeichnis. Berichtigungen zu Band VI und VII. Mikroskopische Methode zur Bestimmung des Molekulargewichtes. Bearbeitet Be Bärser, London. . 2 Ns. on en. Beschreibung und Beispiele . Indirekte Bestimmung des Gefherpunkten Er dee arllren Deuciee kleinster Mengen von Blut, Harn und Pflanzensaft . Bemerkungen zu der Methode. i Benutzung der Methode bei höherer TerseeanE i Empfindlichkeit der Methode. Vor- und Nachteile . Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen nebst einigen Bemerkungen über die Technik zellphysiologischer Untersuchungen. Bearbeitet von Privatdozent Dr. R. Siebeck, Heidelberg . . .. ... 12— Allgemeine Vorschriften Allgemeine Fehlerquellen Einige technische Vorschriften Die Gewinnung des Materials i Allgemeine Bemerkungen für Versuche an überlebenden Organen . Spezieller Teil . Bestimmung der Oxydationsgeschwindigkeit Erste Methode . - Ausführung eines V RE Fehlerquellen Zweite Methode . Prinzip der Methode . Apparate Ausführung eines inächedi ; Die Berechnung des Ehren hraiiehen. Kontrollversuche . Fehlerquellen Bestimmung der Kohlensäureentwicklung . Prinzip der Methode . . a SE 5% Ausführung eines Versuches . Berechnung des Resultates Seite Ay —11 1 le or er) 43 wo wm mw VD Om 38 Inhaltsverzeichnis. Messung der Gärungsgeschwindigkeit an Hefezellen oder -preß- Seite saft 42 Prinzip der Methode 42 Apparate - = 42 Ausführung eines Versuches 42 Berechnung der Ergebnisse . 43 Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. Bearbeitet von Privatdozent Dr. med. Edgard Zunz, Brüssel 44—83 I. Probemahlzeiten 44 II. Gewinnung des Mareniuhalter 49 III. Feststellung der Gesamtmenge des Masensnkltes 52 IV. Feststellung der abgesonderten Magensaftmenge . 53 V. Physikalisch-chemische Untersuchung des ee 97 VI. Eigentliche chemische Untersuchung des Mageninhaltes 57 1. Qualitative Prüfung auf Säuren 58 a) Nachweis freier Salzsäure 59 b) Nachweis von Milchsäure . 60 c) Nachweis flüchtiger Fettsäuren . 60 d) Nachweis der Buttersäure 61 e) Nachweis der Essigsäure . 61 f) Nachweis saurer Phosphate . 61 2. Quantitative Prüfungen auf Säuren 61 a) Gesamtazidität IR 62 b) Feststellung der Menge ii end : 62 1. Reissnersches Verfahren 63 2. Sjöqvistsches Verfahren 64 c) Bestimmung der freien Salzsäure 65 d) Bestimmung des Salzsäuredefizits > 66 e) Bestimmung der gesamten gebundenen ee ; 66 f) Bestimmung der an Aminogruppen gebundenen Salzsäure 66 9) Jodometrische Methode zur Bestimmung der Säureaktivität nach Sahli-Wezrumba 5 67 h) Quantitative Bestimmnng der Azidität saurer Phosphate 68 i) Quantitative Bestimmung der gesamten organischen Säuren . 69 j) Quantitative Bestimmung der Milchsäure . 2 Ba :. k) Quantitative Bestimmung der Azidität der flüchtigen Hottäuten . 70 3. Prüfung auf enzymatische Eigenschaften 1 a) Pepsinbestimmung . 71 b) Labbestimmung . 76 c) Lipasebestimmung . 77 d) Nachweis von aus den dem Maker: beissen en oder aus den Nährstotfen selbst herrührenden Enzymen 4. Verdauungsgrad der Proteine, der Kohlehydrate und der Fette 1 —] an Inhaltsverzeichnis. viI Seite a) Prüfung des Grades der Proteinverdauung . . » 2». 2.2....78 b) Prüfung des Grades der Kohlehydratverdauung . . . ..... 78 e) Prüfung des Grades. der, Fettspaltung '...... 5 vn su u cu... 78 5. Schätzung des Schleimgehaltes ...... BE, URLS 6. Nachweis der Anwesenheit nur Haken eise im en inhalte vorhandener Stoffe oder Sekrete. .......7 BRD a we ler ser ee) 22:20 009,0 51 BRGalleme nr... nr se EEE En sonen. arten hc 80 BeEinkreas und Beirmsakte. aaa ee el 2 VORTEILEN RE >) | RENTNER E 3,(:7> DENE ee Re ER RE :- 9) Be efelwasterktoif LE MRGaSern. nn .: En ı) Alkaloide, Giykoside on Andere ande Stoffe ee Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. Bearbeitet won Dr. med. Kmil’Reiss, Frankfurt M.. .. 2». sn ...2202%.. 84—119 BEBEretzune der Refraktometer.. .. . ... 2 un net een 85 1. Das Refraktometer nach Abbe mit heizbaren Prismen. . .......8 Breias Milchfettrefraktometer. nach Wollny. . ....-.. 2... ..2...,87 BerEimtanehreiraktometer nach Pulfrich. .. . . . 2... 2... ..90 Bekerkoden der biologischen Anwendung. .. . ..2....n..../2.....9 a ER et I a) Blutserum . . . . EN HEN Haan nase ae) 9 b) iesgenbestiimung eh. RE RT. GRANDE 101 c) Bestimmung des Bihtkarpercheny elinicne a N ee RR LO a rinsnidale el ee a el een... 102 shalklunnigkeite. too. se een ne. Se ein 108 a en en ee ae 108 a a en re. 108 en era een DIS a) Fettbestimmung. . . EEE RE 3 b) Prüfung der blauen Lösung der. Milch. I HIT MOSES 20 TA Bra des; Milchserums . . 2.00 a ee wann. Al BrBersmempmg des; Milehzückers .. . 2... „2. use ern e. . 118 7. Wirkung von Fermenten, Bakterien und Ähnliches ..........116 Bere änwendunssbiete. . „. 2.0. 2... nennen. 119 Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums von Keimpilanzen und des Treibens. Bearbeitet von Prof. Dr. Viktor Grafe, N ee DR SER ARE ae EEE hr ra. 120—164 ee 120 Liehteinfluß . . . . a Sa Er N En 10 N ERRANG jan VII Inhaltsverzeichnis. Seite Befeuchtung des. Keimtbetlest. 7 E.V Re Dre Tee Keimapparaten see A = ee Einfluß des Radiams uf aıe'Keimung ..- 2. „7. „2 an el Verfahren vonxCongdone.„ . u 21. N 2. ee ” HERnernickenn. aNancsie rairre FE oa: 7 HENMO Nacht... ter ae ee er 2 Sn ustoklasa. Si. ER re EV Einfluß der Röntgenstrahlen auf die Kennung) N V en von KR rnicke 139 „ von Giften und Reizmitteln auf die Keimung. . ........140 B „ H- und OH-Ionen’auf die Keimung. > ... ...\.. ve x „ Gasen auf die Keimung . . RAT Erscheinung der ke und Einfluß de Bödenarten?. ne ne VraHleER Intensivdüngung . . . : a Een Einfluß des ektzischen. Stromes nina EI oki eg ET Versuche von .Demström.. 2-1... ..0: vs A ee Gassner. N u ee ee ee ale = u... .böwenherz.7..75 2.2.2 022,0, „ee ee] > „. Thouveminne....2 002 2 a Preibenstund“Wachstumsförderung, ... . a0. Lern ee a ee Verschiedene Arten der Ruhe .. . . ee ee tu: Einfluß der Temperatur auf die Biber Se ae ee RG 2 „ Narkotika nach Johannsen etc. .. . 2... „eo .222 100 Warmwasserbad;nach ;Moltsicch“.; -” .. 2. wen es ne er Rintiußödes: Radınms’ wach Moliscch 7 eur ae 160 Verletzungsmethode von Weber 4:7. Ara. mar. m „u Einstichmethode. von. Jesenko, . . „r.n wur. RER Gesamtanalyse von Pilanzenmaterial. Bearbeitet von Prof. Dr. Viktor Grafe, Wien te I ERETEFRALERNE rl RE ee 165—177 Trocknen und Trockengewichtsbestimmung . . ..... le Pressen und Extrahieren, sowie Einzelbehandlung der Extrakte re Nachtrag zum „Sterilisieren höherer, lebender Pflanzen“. Bearbeitet von Prof. Dr. Viktor Grafe, Wien... N else! Apparate, von J:Gicklhorn 7. ...2..% rear ee Apparat von, W.. Schmidt 27 u. sen 6 Eee ee ee a „ -KPetrl 05 We er ee eu ee Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen in fixier- ten Objekten. Bearbeitet von Prof. Dr. Rudolf Metzner, Basel. . . 185—221 IPSITTL EIG KIT rn Se en I ee . 185 Altmanns Grkarlmehhuden der Fixierung "(einschließlich Sch ads Moydıhkatipn) y. ln as . are Die. lab Methoden der Schleim-Granula- Fieierung EL: a A Schneiden der Präparate und Aufkleben der Schnitte ee Färben der: Präparate... . 7 4 2. E72 VE Darstellung. der’ Kerngranula:. 7 7». So See ee Beispiele”zur' Erläuterung .- ..% % 52% = 2.20 1. See se RA Inhaltsverzeichnis. IX Seite a) Drüsen mit Übergang der Zellgranula, eventuell ganzer Zellen oder Zellteile in das Sekret . . . . . 201 b) Drüsen mit teilweisem Übergang ir dena in ik Sekret and Lösung in diesem . .. 1 e) Drüse mit intrazellulärer Tohanng der Genua 2 er Will) Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. Bearbeitet von Privat- dozent Dr. V. Vouk, Zagreb (Agram) ...... Dr 2 I. Anzucht und Kultur der Pflanzen im Laboratorium . . . .222 1. Die Prüfung des Samenmaterials auf Keimfähigkeit . . . . . . ..223 L Bern Aıskeimen der Samen ..- . «a2 men anna. 208 3. Keimschalen und Keimapparate .. ..... RE N, DDR 4. Die Beschaffenheit des Keimbettes . . . REBEL 5. Die Methoden der Beobachtung des eeleschetums Se Saeder 6. Die Wasserkulturmethode. . . . . . 227 7. Die Verhütung der Einwirkung der endlichen. bosstortumaluht a ae nee AO H. Die Methoden der Messung des Streckungswachstums. . .231 1. Das Freihandmarkieren . . . N RN | 2. Markierungsmethode von Graf v. Luxburg Sa ee a > 3. Markierer von Wiesner. .. . ee ee = 4. Das Teilrädchen von Grisebach uhil von ae a ee II. Die Apparate zur Messung des Längenwachstums . . . . . 234 1. Das Horizontalmikroskop nach Wiesner ...........235 Pre am Bogen nach Sachs . Si... ann +: 2836 3. Die Adjustierung von Registrierapparaten . . » .» 2 2 0 2..2...237 Bene nich Sachs , .» Du mn ae Sauna 2288 Beregeweter nach -Wiosner. . . tie nn en. 29 6. Treppenauxanometer nach Pfeffer . .... 2.2.2 2.2... .241 7. Demonstrationsauxanometer nach Kohl .. .. De NE DA 8. Die photographische Registriermethode nach Kohl ed 9. Das elektrische Auxanometer nach Frost . ..........243 10. Präzisions-Elektroauxanometer nach Bovie. . . . 2.2... ...246 BuzEeMessuang des Diekenwachstums.... --. .-.. ..2.....250 1. Fühlhebel nach Jost .... ae 2. Auxanometer für Drehen nach: C. Geldes een sa Pebllektrsauxanometer nach Frost . . „2-2 u. 200.0. .25l 4. Zuwachsautograph nach Friedrich ....... ee)! Be Messung des Flächenwachstums . . . 2: =... .. : 254 = Das Messen der Länge und Breite. .: . - = . 2.2... . . 254 . Die Millimeterpapiermethode . . . 2... 22... .. er. OHR 3. Die Planimetermethode . . . . . lt) A Tao. % . „255 VI. Die Beobachtung des Wachstums unter verschiedenen Außenbedingungen. ... Rn. 2.205 1. Die Beschreibung des Strahlenfilters akt N el ER 2. Die Vorrichtungen der Kultur der Pflanzen bei verschiedenen a peraturen (Differentialthermostat) . . . . » 22.2.2020. .258 X Inhaltsverzeichnis. - Seite Quantitative Methoden zur Bestimmung von kleinen Gerbstofimengen in Pilanzensäften. Bearbeitet von Prof. Dr. M. Nierenstein, Bristol . 259—260 1: Metnodesyon%Sanadar ar re Se Er R2HO 4 RREsleck er en N ec 200) CH RT A 2 A) (Ca KREMS a a Ne 2 F „ Nierenstein und c w. EpieBl a 3 3021 510) SEE Darstellung von physiologisch wirksamen Aminen, welche durch Entkar- boxylierung aus Aminosäuren hervorgehen. Bearbeitet von Prof. Dr. GeorferBarger, London: -.7. 2, year a ne, 12 aba Darstellung des w-Phenyläthylamins . .... 2.2... 0 en p-Oxyphenyläthylamins; 4. er er. rn ee 5 „. AIndoläthylamuns? u, Sr a 2 Sn DADmMaHnS an: BEE ET a neo 20%) > „ Iminazolyläthy ac Re ern = Die Analyse der seltenen Elemente. Bearbeitet von Dr. phil. Rudolf Hanslian, BE N U NR a a EEE EEE TE BE 269— 300 Qualitative. Analyse... 2. ES Se ve Tee le A ae re 269 A. Die charakteristischen Reaktionen der seltenen Elemente 269 Gaesiumsund- Rubidtums 20. we Vo Bea EC Lithium. 2 Re Se ee or a > Thallium ss se ve ee RE ee a ae RR (0) PIAUNER N TERRA TE a ee Palladium“... 102 10 2 Er IE al IRIhOdrums. 220 so m ee Re TE Br BT Iridıumms on: Are ee Tee a EL UN TEN. 272 Osmium. .- War en De BE, Sr a >29 Ruthenium a0 Pa ee ee ee a EEE . 243 Gold. er a RE Re a Re OEREE Sr, Molybaän ..-..00. 0024 ne gan en bee a Se Selena. her ee A a a RR Se ER EEG RE RT a NET ET DT] Uran En N a ee Indium: Ar ne 2 RE er Po N EEE) Berylliumt ir TR ee 279 Die seltenen Erden FE A RB 0 Muh de I) Gemeinsame Reaktionen der Cerit- undeYttererden ae Iranthanmrrer A Sn NEE EEE ae . 281 Ger! Eon. ee Pe ES N 1 ee 282 ZiykOnIUMm. u... 2 ee er re re Thorium:.. u... 0 ee ee Re Er u Titan N a NN Tantaliı.. iss ee Be Eu 2 Niob sn N ee a a ee 2 Wolttam ven au un a ae Det a 2 Vanadınıya rm see pe a ee ee ES Inhaltsverzeichnis. XI Seite BrGang der'quantitativen Analyse... .. 2... Be 200 1. Veraschung, Lösung und Aufschließung . . . .. 2 2..2.....290 2, Vorprüfung.. »:.. ne ee el 3. Verhalten zu den un eeosrbntien ET a Eee 29 I. Quantitative Analyse ... ee > N RE NIS] Gravimetrische Bestimmung dk Belens. KARTEN N THÄRR DEI TREE. RUZUN: e = Ph ensure FE SE on az, u & BEIGE BILIRN SR an N 000 4 4 SR RT I ee 3 ii a EEE er © Be neteiäche Bestimmungsdes Vitanet 22 299 Gravimetrische e DOW Olrameeme en rin, 2: 220g Feststellung der ester- (bzw. fett) spaltenden Wirkung des Blutes und anderer Körperflüssigkeiten mittelst der „Tropfmethode“. Bearbeitet von Dr. med. Bester Mona, Berlin”. 2. lau. sehn. | Die keimfreie Züchtung von Säugetieren. Bearbeitet von Prof. Dr. med. et med. vet. E. Küster, Regierungsrat am kaiserlichen Gesundheitsamt, Berlin. . . 311 Ergänzungen zyr „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“ (Bd. 1, S. 1—175). Bearbeitet von Dr. phil. Richard Kempf, Berlin-Dahlem . . . . 324 Weitere Nachträge zum sechsten Kapitel („Trennen und Reinigen“): IV. Trennen auf Grund verschiedener Löslichkeit .... . .324 1. Extrahieren von leicht flüchtigen Stoffen aus festen Körpern . . 324 2. Extrahieren von Flüssigkeiten... . . . BAER | Belisinahieren von festen Körpern... . nm. 20.2 .,0. 2.342 4. Umkristallisieren . . . . ; een 5. Aussalzen, fraktioniertes Fällen ind ee Abadration 2 V. Trennen auf Grund verschiedener chemischer Affinität. .386 1. Waschen und Trocknen von Gasen . . . 2.2 2 2 2 2 222.886 2. Entwässern organischer Flüssigkeiten. . . . . a | Nachträge zum siebenten Kapitel („Prüfen auf Reinheit“): I. Schmelzpunkts- und Gefrierpunktsbestimmung . . .. .419 Mealleemeines . 2.2.2. . TTS ah RE nr A 2. Schmelzpunktbestimmungsapparate . . . . 2 2 2 222202... 422 Beeepunktabestimmung vr. En. ne. nenn di Ergänzungen zum achten Kapitel („Arbeiten mit Gasen“): Benennung yon. Gasen „in... 02 euere n,e en . 487 1. Gasentnahme aus Bomben . . . . N 3 li 2. Allgemeine apparative Technik der encklung, se Ad II. Spezielle chemische Methodik der Gasentwicklung. . . .454 III. Das Auffangen und die Aufbewahrung von Gasen. . . . .478 TE en... 478 2. Sperrflüssigkeiten. . . . ee er IV. Über das Abmessen von E für inkiktine Zu Aeke. . 480 x It Inhaltsverzeichnis. Seite Über mit dem Polarisationsapparat kombinierte elektrisch heizbare Vor- richtungen zur Ablesung und Beobachtung des Drehungsvermögens von Flüssigkeiten bei konstanter Temperatur. Bearbeitet von Prof. Dr. med. Emil -Abderhalden, ZHalleva: su 2111 Zen Sie ES Eine Wage, die automatisch Gewichtsab- und -zunahmen registriert. Bearbeitet von Brot, Dr. medermilApderhalden, Hallesa. Se 3 Die Mikroluitanalyse und ihre Anwendungen. Bearbeitet von Prof. Dr. August Kiroch, ‚Kopenbagen.:.... 2,2 2. En ee ee ee ee 1. .Die. Mikrogasänalyse, .-. Wise a es ee ne ee rn Se Genauigkeit „ur: 3% Bo ee En nt ee Eee TI. Die.mikroskopische Gasanalyses. 2 2.2 an nn ei Se Genauigkeit... .. ER Ill. Die Anwendungen der Mikro- And nuikepekifischen, en VE 4A. Die Anwendung zur Analyse kleiner Gasmengen SI B. Bestimmung von Gasspannungen in Flüssigkeiten und Geweben mittelst Mikrotonometrie und Mikrogasanalyse . ........507 Bestimmungen von Total- und Partialspannungen . . . . . .507 Genauigkeit °. 2... TEN Re Fa a er Anwendung auf Spezialfälle EEE ae Abgekürztes Verfahren für Kohlensäure Ber Sanerstoff nn! Über Mikrorespirometrie. Bearbeitet von Prof. Dr. August Krogh, Kopen- hapen '; .... 022.2 2 De ae RES es Mikrorespirationsapparat von Winterstein .-.....2.2..2..2..519 Mikrörespirationsapparat vomKrogh. . . .. .e2 2.2 2. Bereehnung der Sauerstoffaufnahme °. . .. . .r... 2.0 u me Genauigkeit . . . . 2. Bestimmung von en en ee EN RE DI Grenzen der mikrorespirometrischen Methode . . . . 2 2.2.2.2.2..2..526 Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen mittelst gasanalyti- scher Methoden. Bearbeitet von Prof. Dr. August Krogh, Kopenhagen . 529—560 Apparate und allgemeine Methodik... . . . ; De 1. Die Bestimmung der Hignpieaktoisgtelläne: Miktelkteilnng. und Vital- kapazıtät der Lungen... ."..=).- ur.» » Ms ee 2. Die Bestimmung der Residullaft ERRALR: A le RE SE Re 5 des schädlichen Raumes der Bexpientionan ken 2 A. = „ Gasdiffusionskonstanten der Lungen . . ....543 Er: 5 „ Minutenvolumens des Blutstromes . . ... . .550 63 58 der Sauerstoff- und Kohlensäurespannungen des nach den Lungen kommenden venösen Blutes . . . ee a Bedeutung der Kreislaufszeit für die Bee N 5 und 6. . 560 Die „interferometrische Methode“ zum Studium der Abwehrfermente. Bear- beitet .yon Dr. phil. Paul’ Hirsch, Jens . . . . esse ae Einleitung. . . Re ee ee IE R Re SR Piinzipler Methodeil zul Aula aut. (ol. sd Inhaltsverzeichnis. XIII Seite Besiching des, Interferometers.- . - -..-.. : 2. 2 Late en eine . 562 4A. Laboratoriums-Gas- ee ED. . uns. 250 Be Vrashbares Gasinterferometer. . . - - .. 2 2: werner. C. A Plüssiekeilsinterferometer . . ..: -» ©. ca... .568 Gebrauch desifnterferometers.. ..- -. 2... 2 2 2 2 2 202..2.5:565 IH. Die „interferometrische Methode“ zum Studium der Abwehrfermente . . . 567 A. Anforderungen an die Organe. . . . ne eo B. Darstellung der Organe. Bereitung eines er tapräparntes es: > C. Standardisierung der Organpräparate. . . » 2 2 2 22.22.22 ..569 BeraRsiukrune der Untersuchung ! . . Z. 2... 22.202082 .05569 Brerleegnallenrder Methode: » . . » . v2 2» 2. 22.22 ..0.54 Beezmigkeik der Methode : u... 2. 2 Zr. ne cn. dA Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. Bearbeitet von ee Wien . 2... 222 am san... . 573-666 Erster Teil. Die bei biologischen Untersuchungen in Betracht kommenden mathematischen Operationen... . a Ar > Über Beobachtungsfehler und Fehleanssleickung N | Häufigkeitsrechnung, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Kombinatorik 578 Mieten een... ee ann + BR re Melhaden 9 a han en ao:e 589 Balebees sr nen ee na. 59 Zweiter Teil. Spezielle biologische Probleme in mathematischer Betrachtung 605 1. Morphologie und Biomechanik . ....... ee 27,’ 608 2. Bewegung und Wachstum ... ra 2 GE 3. Erscheinungen des oreahnels El Sehkfwechselrorfänge . 621 EEE ;)- ı a en een Dritter Teil. Mathematische Formeln als Ausdrucksmittel biologischer Ge- setzmäßigkeiten . . . ae 1. Von der Tabelle über die inch Drkellunz zur Formel . 642 2. Allgemeines über die Aufstellung empirischer Formeln. . . . . 659 3. Die mathematische Fassung von Hypothesen . . .. .....661 ee ee ea nn „068 BE... ... a Ne nee 4 066 —n Hei Berichtigungen. Band VI, Seite 211. Absatz 3: Bei den erwähnten Phosphinen (Methyl- und Dimethyl- phosphin) handelt es sich nicht um die Phosphorverbindungen, son- dern um die mit denselben Namen belegten Acridinfarbstoffe der Formeln : N N CH | | CH | | le SI ae. a s Nr A, Hi Iohhsphin Dinsthäiphosphih. Literaturzitat *) soll heißen „TZappeiner usw. Deutsches Archiv für klinische Medizin, 1896, S. 369*. Band VI, Seite 309, 9. Zeile von oben, statt 45 + 0'71 soll es heißen : 45x 0:71. Seite 350 in der Tabelle der Reagentien, 8. Zeile von oben, ist zu setzen statt: Salz- säure verdünnt, Salpetersäure verdünnt. Band VII, Seite 444, 19. Zeile von unten, statt: Normalsalzsäure '/,,-Normal salzsäure. ER ET ER 1 j Wr nn I: ERS EBENE | g j ib ER 1y £3 I - ESTER IKB te WERKDEN ee i 4 i ä MITENNRERE ea 17) Re Zn re kan W ae B B n yirldidg I ah ur Eine mikroskopische Methode zur Bestimmung des Molekulargewichtes. Von @. Barger, London. Diese Methode, welche ich vor 9 Jahren!) beschrieben habe, fand ‚anfangs wenig Beachtung; aber gerade in den letzten 2 oder 3 Jahren ist sie mehr und mehr, auch von Biochemikern, mit Erfolg angewandt worden. In der nachfolgenden Beschreibung sind auch die weiteren Er- fahrungen, welche andere und ich selbst damit gemacht haben, berück- sichtigt worden. Die Methode ermöglicht einen genauen Vergleich der Dampfdrucke ‘von Lösungen und beruht darauf, daß) Tropfen, die man abwechselnd zwei Lösungen entnimmt, in einem geschlossenen Kapiliarrohr mittelst eines Okularmikrometers gemessen werden; sind die Dampfdrucke nicht gleich, ‚so findet eine isotherme Destillation statt, welche verursacht, daß die Tropfen mit niederem Dampfdruck sich allmählich auf Kosten der zwi- ‚schen ihnen liegenden Tropfen mit höherem Dampfdruck vergrößern. Durch mehrere Versuche kann man also zwei Lösungen von bekannter Molekular- _ konzentration finden, zwischen welche die Molekularkonzentration der in Frage kommenden Lösung liegt, und falls der Gehalt der letzteren bekannt ist, kann man das unbekannte Molekulargewicht berechnen. Lösungsmittel. Im Laufe der Zeit sind etwa zwei Dutzend ver- schiedene Flüssigkeiten angewandt worden. Diese brauchen weder einen konstanten Gefrierpunkt, noch einen konstanten Siedepunkt zu besitzen (nur müssen die zu vergleichenden Lösungen mit derselben Probe des Lösungs- mittels hergestellt werden). Man kann also z. B. Petroläther, verdünnten Alkohol und Terpentinöl ebenso gut wie reine Flüssigkeiten benutzen und vor allem auch Pyridin; letzteres ist für viele Substanzen ein ausgezeich- netes Lösungsmittel, das aber für Siedepunktsmessungen nur schwierig zu reinigen ist. Das Einfüllen der Röhrchen macht mit unter 50° siedenden Lösungs- mitteln Schwierigkeiten und ist mit ätherischen Lösungen noch eben mög- ) @. Barger, A microscopical method of determining Molecular weights. Journ. Chem. Soc. Vol. 85. pag. 286 (1904); Eine mikroskopische Methode der Molekular- ‚gewichtsbestimmung. Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Bd. 37. S. 1754 (1904). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 1 2 G. Barger. lich. Siedet das Lösungsmittel oberhalb 120°, so müssen die Röhrchen in einem später zu beschreibenden Apparat erwärmt werden; diese Abände- rung gestattet noch die Verwendung von Anilin und Nitrobenzol. Als besonders geeignet lassen sich außer Pyridin Äthylazetat, Alkohol und Wasser empfehlen. In Benzol, Chloroform usw. ist bei hydroxylhaltigen Substanzen wie immer die Möglichkeit von Assoziation zu berück- sichtigen. Als Vergleichssubstanz von bekanntem Molekulargewicht kann man die verschiedensten, nichtflüchtigen Körper benutzen. Benzil, Azo- benzol und &-Naphthol sind in organischen Lösungsmitteln am meisten verwendet worden. Für Wasser ist Rohrzucker oder Borsäure vorzuziehen; im letzten Falle kommt die elektrolytische Dissoziation nicht in Betracht und die Lösungen bleiben steril und sind unbegrenzt haltbar. Die verschiedenen Lösungen stellt man bequem in kleinen 5 bis 10 cm? fassenden Meßzylindern mit eingeschliffenem Stopfen her. Falls für eine Molekulargewichtsbestimmung nur sehr wenig Substanz zur Verfügung steht. sobereitetmanderen Fig.1. Lösung durch Wägung in einem kleinen verschlos- senen heagenzrohr. Die Kapillarröhr- chen fertigt man sich aus einem etwa 12—15 mm weiten, ziemlich dickwan- digen Glasrohre an, das man zu einer etwa meter- langen Kapillare auszieht: diese bricht man nach dem Kratzen mit einer neuen, scharfkantigen Feile in etwa 15 cm lange Stücke. Die lichte Weite der Kapillare soll für organische Lösungsmittel etwa 0'9—1'3 mm be- tragen. Für Wasser nimmt man, dessen größerer Oberflächenspannung entsprechend, S—10 cm lange und 1’5—2 mm weite Röhrchen, bei deren Herstellung besonders auf Reinlichkeit zu achten ist. Das Einfüllen der Tropfen in die Röhrchen erfordert eine ge- wisse Übung, die aber in einer halben Stunde leicht zu erreichen ist. Man hält das Röhrchen zwischen Mittelfinger und Daumen und während man das obere Ende B (Fig. 1) mit dem Zeigefinger hermetisch verschließt, taucht man das untere Ende A in die Lösung der Substanz von bekanntem Molekulargewicht. (Zum bequemen Verschließen müssen die Röhrchen genau quer abgeschnitten sein.) Nun vermindert man den Druck des Zeigefingers auf B und läßt dadurch ein Säulchen von 5—10 mm eintreten. Dann ver- schließt man das obere Ende wieder mit dem Finger, hält das Rohr ge- neigt, so daß A etwas höher steht als B und vermindert den Druck auf B, so daß Luft entweicht und das eingetretene Säulchen in das Rohr hinabgleitet, bis es etwa 2-5 mm von der Eintrittsöffnung entfernt ist. Jetzt verschließt man B wieder (wischt eventuell die Flüssigkeit, welche Eine mikroskopische Methode zur Bestimmung des Molekulargewichtes. 3 dem Ende A äußerlich anhaftet, ab) und berührt dann die Oberfläche der zweiten Lösung (der Substanz, deren Molekulargewicht man bestimmen will) mit diesem Ende A. Dieses Mal entfernt man den Zeigefinger nicht, so dal keine Luft aus dem Rohre entweicht, und nur ein ganz kleiner, bikonkaver Tropfen eintritt. Man hält das Rohr abermals in schiefer Lage und läßt wie vorher die Tropfen 2—3 mm in das Rohr hineingleiten; dann nimmt man ebenso einen kleinen Tropfen aus der ersten Lösung auf, usw. Schließlich läßt man wieder ein Säulchen von 5—10 mm Länge eintreten, und da hierzu die Oberflächenspannung meistens nicht ausreicht, taucht man das Ende A tiefer in die Lösung und regelt durch Vermin- derung des vom Zeigefinger auf B ausgeübten Druckes die einzutretende Flüssigkeitsmenge. Sind alle Tropfen eingefüllt, so läßt man sie jetzt hinabgleiten, bis das letzte Säulchen I cm von der Eintrittsöffnung ent- fernt ist und schmilzt letztere dann in einer möglichst kleinen Flamme zu. Der vordere Teil des Röhrchens wird I—2 cm vor dem zuerst einge- tretenen Säulchen abgeschmolzen. Zur bequemeren Handhabung klebt man die Enden der Röhrchen mittelst „Plastieine* (eine zum Modellieren be- nutzte Massa) oder mittelst dickflüssigen Kanadabalsams auf einen Objekt- träger oder fixiert sie darauf mit Gummibändchen. Die Anordnung ist aus Fig. 1 ersichtlich. Die schwarz gezeichneten Tropfen 7, 3, 5 und 7 haben eine be- kannte Molekularkonzentration; die Tropfen 2, $ und 6 sind der Lösung der Substanz mit unbekanntem Molekulargewicht entnommen. Die Nummern geben die Reihenfolge an, in welcher die Tropfen eingetreten sind. Die Zahl der Tropfen kann eine beliebige sein; da aber beim Einfüllen eine gewisse Mischung stattfindet (siehe unten), so verwendet man am besten keine allzu große Zahl. Messung der Tropfen. Nur die kleinen Tropfen (2—6) werden gemessen; die größeren Säulchen (/ und 7) dienen zum Verschluß und ändern sich meistens unregelmäßig beim Abschmelzen und durch Ver- dampfen in die Endlufträume hinein; damit ihre Konzentration dadurch nicht zu viel beeinflußt wird, sind sie länger gewählt. Zur Messung leet man den Objektträger samt Röhrchen in eine flache Glasschale (am besten in eine quadratische Petrischale, wie sie in der Bakteriologie benutzt wird) und gießt Wasser hinzu, bis die Röhrchen gerade bedeckt sind. Dadurch vermeidet man die Bewegung der Tropfen durch Ausdehnung der Lufträume infolge ungleichförmiger Erwärmung, und zugleich verbessert man die optische Definition. Zwischen der Unter- seite der Schale und dem Objekttisch bringt man einige Tropfen Wasser, um ein gleichmäßiges Gleiten der Schale über den Tisch zu ermöglichen; hierdurch wird ein beweglicher Objekttisch völlig unnötig. Die Wahl des Mikroskopobjektes wird einerseits bestimmt durch den Wunsch nach möglichst genauer Messung, andrerseits muß die Dicke der Tropfen die Skalalänge nicht überschreiten. Falls die Röhren in der oben angegebenen Weise gefüllt werden, kann man sehr gut ein Objektiv von 1* 4 G. Barger. etwa 18 mm Brennweite benutzen (z.B. Leitz Nr.5). Das Okular sei stark, z.B. Leitz Nr. 4. Ein besonderes Mikrometerokular ist nicht nötig; man kann einfach eine Mikrometerplatte auf die Blende legen und letztere ein wenig verschieben, bis die Skala nach dem Einschrauben der oberen Linse scharf zu sehen ist. Die oben angegebene Kombination vergrößert ungefähr 66mal, und falls man ein Zeisssches Mikrometer mit 50 Teilungen benutzt, so hat jede Teilung einen Wert von 17 v». Da man leicht bis auf Zehntel abliest, so bekommt man die jeweilige Dicke eines Tropfens mit einer Genauig- keit von 2—3 v. Die kleinste Dicke der Tropfen muß also kleiner sein als 0:85 mm. Da die Genauigkeit der Messung sehr groß ist, könnte man auch wohl ein etwas schwächeres Objektiv benutzen. | Das Mikroskop wird auf die Achse der Kapillare eingestellt; dann sind die beiden Menisken eines Tropfens sehr scharf definiert. Der Abstand Fig. 2. ORDER: 0 20 30/ 40 50 vnpenfunfsnhunnderu pp lnuefen hun] ZEDEDDDDDDZDEDDDIDD zwischen ihnen ist in der Achse zugleich am kürzesten, was die Einstel- lung sehr erleichtert. Man verschiebt die Petrischale bis der eine Meniskus möglichst mit dem Nullpunkte der Skala übereinstimmt, und falls das Okular mit einiger Freiheit in den Tubus paßt, kann. man die genaue Übereinstimmung am leichtesten durch seitliches Bewegen des Okulars er- reichen. Das Bild unter dem Mikroskop ist aus Fig. 2 ersichtlich. Nach einem Zeitraum, der vom Dampfdruck des Lösungsmittels so- wie vom Konzentrationsunterschied der Lösungen abhängt und von wenigen Minuten bis zu einem Tage wechseln kann, werden die Tropfen wieder gemessen. Alsdann ergibt sich im allgemeinen, daß die Tropfen der einen Lösung dünner, die der anderen dicker geworden sind. Bisweilen nehmen anfangs alle Tropfen ein wenig zu, aber in der einen Serie ist dann die 7/unahme viel kleiner als in der anderen und sie hört bald auf. ‘ Eine mikroskopische Methode zur Bestimmung des Molekulargewichtes. 5 Folgendes Beispiel zeigt die Änderungen von Tropfen, abwechselnd 025 und 0'24 molar, von Harnstoff in 90°/,igem Alkohol. Nummer der Tropfen I | | II | IH IV V vI | Vo | | | | | | | | | Molarkonzentration | 0:24 | 025 | 024 | 025 024 | 025 | 0:24 == | | | Nach O Minuten .:...| — | 360. | 364 | 347 | 384 | 367 | — rn, Be ea 3 | 582: | 68 | — Er en ee areas | 360 | 380 | 300 | — | | | | | ee era. |+12) —-1| #3 means. | In den folgenden Beispielen sind nur die Größenänderungen an- ‚gegeben. I. Bestimmung des Molekulargewichtes von Traubenzucker, wenn das von Rohrzucker — 342 bekannt ist. Traubenzucker in Wasser gelöst, 25°02 g pro Liter in den Tropfen I, III, V, VO, Rohrzuckerlösung in den Tropfen II, IV, VI. | I} | Rohrzucker | Zeit I BU" I Iy | \ VI 0:05 Molar . | 18 Stdn. +230 —97 | +71 | —79 | +71 +548 | se | Zis | +35 |/=51. | +30 |. -+130= | er rel >| 39 | -2 | Ha | 4m] sis a5 45 Zı +5 1 +16 | ehe | 0 line Su Be, - |: 3| +8 0 a N | 020 .., | SR, — 4 | +5 —57 +53 —45 251 | 025 s | 3 ko — 5 +55 —81 +65 — 78 —354 | | Die letzte Spalte zeigt die Summe der Änderungen der fünf Tropfen eines Rohres.) Man findet also, daß die Traubenzuckerlösung zwischen 25:02 014 0:13 und 0:14 Molar ist. Demgemäß ist das Molekulargewicht zwischen - 2502 4 R 13° oder 179—192. Berechnet für C,H,s0, 180. Beim gleichmäßigen Arbeiten kann man bis zu einem gewissen Grade eine Interpolation vornehmen. Mit Hilfe der letzten Spalte findet man für und 1) Der Tropfen Nr. II von 0:13 Molar Rohrzucker hätte kleiner werden sollen; daher ist der Zuwachs bei der Berechnung der letzten Spalte abgezogen worden. 6 G. Barger. die isotonische Konzentration 013 + Er x 001 = 0'137 und für das Molekulargewicht von Traubenzucker den genaueren Wert a —183: II. Bestimmung des Molekulargewichtes von Schwefel in Schwefel- kohlenstoff gelöst, wenn das Molekulargewicht von Triphenylmethan = 244 bekannt ist.!) Zimmertemperatur. Schwefel 43°3 g pro Liter. Triphenylmethan | Zeit II DI | IV | V | Va 0155 Molar . . .|| 14 Min. +4 ii) +6 | 20 +5 Valcn 8 > Se EB —1 +18: 7,20 —2 | Im Durchschnitt ist also 43°3g pro Liter = 0'16 molar und das Molekulargewicht des Schwefels — — 270. (Beckmann fand mit der Siedemethode im Durchschnitt 256.) III. Indirekte Bestimmung des Gefrierpunktes von Harn.?) Zum Ver- - gleich wurden Borsäurelösungen von bekanntem Gefrierpunkt verwendet; die Zeit betrug 24 Stunden. Borsäure H B H B | H | Summa 2070, KB 249: E19 N 66 08 ae ea ee ee 80 Durch Interpolation mit Benutzung der letzten Spalte findet man 80 80 +66 IV. Indirekte Bestimmung des osmotischen Druckes des Zellsaftes von Salicornia ramosissima mittels Kochsalzlösungen nach Halket.°) den Gefrierpunkt des Harns zu — 06° — x 01° = — 066°. !) Journ. Chem. Soc. Vol. 85. pag. 318 (1904). ?) @. Winfield, The comparative osmotie pressure of the blood and of the urine during diuresis caused by Ringer’s fluid. Journ. Physiol. Vol. 45. pag. 184 (1912). ®) Miss A. C. Halket, On various methods for determining osmotie pressures. With a description of the application of Barger’s method of determining molecular weights to the estimation of the osmotie pressure of the cell sap of plants. The New Phytologist. Vol. 12. pag. 164 (1913). el A a ae ı N “: Eine mikroskopische Methode zur Bestimmung des Molekulargewichtes. 7 Salzkonzentration | Na Cl | Saft | Na Cl | Saft | Na Cl IEMOlarL | - +49 —52 +69 — 11 EEE | — +33 —11 +22 — 12 ER EEE | - —11 +10 —19 _ 13 2 en = — 9A +10 — 95 — Der Zellsaft entspricht also einer 1'15 molaren NaÜl-Lösung. Bemerkungen. Die Bedingungen für die Bildung von Tropfen, deren Dicke die Skalalänge nicht übersteigt, lassen sich durch folgende Überlegung klar- stellen. Die kapillare Steighöhe in offenen Röhren ist der Oberflächen- spannung direkt, dem Radius des Rohres umgekehrt proportional. Da die zu messenden Tropfen aber in geschlossenen Röhren eintreten, wirkt die Kompression der Luft dem weiteren Eintritt von Flüssigkeit bald ent- gegen; dieser Druck hängt von der Länge der Kapillare ab. Da die Ober- flächenspannung von Wasser etwa 2—3mal so grol) ist als die der meisten organischen Lösungsmittel, nimmt man für Wasser weite und kurze Röhren (15—2 mm weit, S—10 em lang). für organische Lösungsmittel sind diese Dimensionen dagegen 09—1'3 mm und 15 cm. Wegen der großen Oberflächenspannung vom Wasser benetzt es die Röhren weniger leicht und die Form des Meniskus kann dadurch un- regelmäßig werden; deshalb müssen die Kapillaren für Wasser ganz rein sein. Am besten reinigt man das Glasrohr vor dem Ausziehen mit warmer Chromsäure, Alkohol und Äther. Falls beim Einfüllen die Wassertropfen nicht genügend leicht in das Rohr hinabgleiten, kann man sich auch so helfen, daß man. nachdem ein Tropfen aufgenommen worden ist. den oberen Teil der Kapillare in einer Flamme etwas erwärmt und dann das obere Ende mit dem Finger verschließt: beim Abkühlen wird der Tropfen eingesaugt. Da bei dem Einfüllen jeder Tropfen über einen Teil des Rohres fließt, der von einem Tropfen der anderen Lösung benetzt worden ist, so findet eine Mischung statt, was den Konzentrationsunterschied vermindert. aber ihn nicht aufheben, viel weniger umkehren kann; hierdurch wird zwar die Empfindlichkeit, aber nicht die Zuverlässigkeit der Methode beein- flußt. Um diesen Einfluß so klein wie möglich zu machen, läßt man nur kleine Lufträume zwischen den Tropfen und läßt diese auch nur so weit einfließen, als zum Zuschmelzen der Fintrittsöffnung nötig ist. Bei leicht flüchtigen Lösungsmitteln, z. B. Azeton, empfiehlt es sich, die Kapillaren nicht zuzuschmelzen, sondern sie durch ein Piröpfchen Paraffin- oder Bienenwachs zu verschließen, das man in geschmolzenem Zustande auf- nimmt, besser und einfacher noch ist ein Verschluß durch einen kleinen 8 G. Barger. Pfropfen „Plastizin“, den man herstellt, indem man die Kapillare in ein Stückchen dieses Materiales hineinpreßt. Das Abschmelzen des vorderen, leeren Teiles des Rohres kann immer in genügender Entfernung des zu- erst eingetretenen Säulchens geschehen. Die Fehlerquellen der Methode liegen hauptsächlich in Konzen- trationsänderungen der Lösungen, die vor oder bei dem Einfüllen der Tropfen entstehen. Hat man nur sehr wenig einer Lösung in einer orga- nischen Flüssigkeit, so kann sie bei längerer Arbeitszeit Wasser aus der Luft anziehen oder auch verdampfen. Ihren Gehalt kontrolliert man dann am besten nach beendeter Bestimmung des Molekulargewichtes. Bei sehr flüchtigen Lösungsmitteln kann auch die Verdampfung während des Ein- füllens stören und dies bewirkt z. B. bei Azeton, wenn der aufgenommene Tropfen 15 Sekunden in der Eintrittsöffnung verbleibt, eine Konzen- trationsänderung von etwa 10°/,. Da aber normalerweise der Tropfen nur während einzelner Sekunden der Verdampfung ausgesetzt ist, und die beiden Lösungen bei regelmäßiger Einfüllung gleichartig beeinflußt. werden, so kommt dennoch diese Fehlerquelle beim Azeton wenig, bei den meisten anderen Lösungsmitteln kaum und beim Wasser gar nicht in Betracht. Die gelöste Substanz darf nicht flüchtig sein, was ja auch für ebul- lioskopische Untersuchungen gilt. Aus diesem Grunde findet man z.B. das Molekulargewicht von Phenol in Azeton zu hoch, wenn man es mit einem nichtflüchtigen Körper, wie Salizylsäure, vergleicht. Benutzung der Methode bei höherer Temperatur. Der Gedanke liegt nahe, die wechselseitige Änderung der Tropfen durch Temperatursteigerung zu beschleunigen, und dies ist sehr gut mög- lich; nur müssen die Messungen bei ziemlich konstanter Temperatur an den erwärmten Röhrchen vorgenommen werden, da bei Kühlung das Lösungsmittel sich aus den Lufträumen auf die Wände des Röhrchens niederschlägt und so zu Unregelmäbigkeiten Anlal gibt. Eine Einrichtung, welche die Messung bei erhöhter Temperatur gestattet, läßt sich wie folgt in jedem Laboratorium herstellen. Fig. 3 zeigt den Apparat im Längsschnitt (?/,), Fig. 4 im Quer- schnitt in natürlicher Größe. Ein dünnwandiges Glasrohr von etwa 25 mm Durchmesser wird in zwei Schenkel von 6 und 12 cm Länge gebogen. Die beiden Enden werden mit Gummistopfen verschlossen; bei A fließt heißes Wasser ein, das bei B wegfließt; an diesem Ende taucht auch ein Thermometer ein. Eine kleine Glasplatte C trägt die Kapillaren, die durch zwei Gummibändchen festgehalten werden. Die Platte wird aus einem Objektträger hergestellt und ist gerade so breit, dab die Kapillaren möglichst von der Wand des Beobachtungsrohres entfernt sind, ohne die Schärfe der optischen Messung zu benachteiligen. Bei dem Objektiv Nr. 3 Eine mikroskopische Methode zur Bestimmung des Molekulargewichtes. 9 von Leitz (Brennweite 15 mm) und einem Rohr von 23 mm lichter Weite soll die Glasplatte 16 mm breit sein. Hier könnte man auch wohl ein schwächeres Objektiv benutzen. Die Kapillaren liegen am besten mit ihren Enden auf zwei etwa 1!/, mm dicken Querstreifen aus Glas, die auf die Platte © gekittet sind; in dieser Weise sind die Tropfen ringsum von Wasser umgeben. Die Platte © wird durch eine Spiralfeder aus Kupferdraht D gegen die Wand des Rohres gedrückt, und zwar befindet sich die Spiralfeder an einem Ende, wo sie die Beobachtung nicht stört. Zur bequemeren Hand- habung liest der Apparat in einem passend ausgeschnittenen Holzblock, der entweder an der Unterseite eingefettet ist oder mit Siegellack auf einer Glasplatte befestigt ist, so daß der Apparat leicht über den Mikro- Fig. 3. Fig. 4. TION ZINN FEN RTLNU N NT skoptisch gleitet. Das kochende Wasser fließt aus einem kleinen Wasserbade mit konstantem Niveau zu, welch letzteres von einem viel größeren Wasser- bad mit heißem Wasser gespeist wird. Das Abflußrohr aus Gummi hat eine Klemmschraube zur Regulierung des Wasserstromes. Zur Ausführung einer Bestimmung bringt man die Kapillaren mit den Vergleichslösungen verschiedener Konzentration in den Apparat und leitet Wasser ein, bis die Temperatur auf 70—95° gestiegen ist und inner- halb 1—2° konstant bleibt. Dann führt man die erste Messung aus und wiederholt sie nach 5—15 Minuten. Mit Anilin und Benzaldehyd ist bei 90° für Konzentrationsunterschiede von 2—3°/, Y/s Stunde nötig; Nitro- benzol erfordert mehrere Stunden. Es seien einige Beispiele angeführt. I. Bestimmung des Molekulargewichtes von Diphenylamin 33°8 4 pro Liter mittelst Triphenylmethan in Äthylendibromidlösung. 10 G. Barger. || | Triphenylmethan | | Ah D | T | D z | 0:21.Molar;.. „222 10:50 — 228 | 281 392 | 328 | 407 — 116 —. | 227 | 290 | 388] 336 | 405 | = | Zen Be 50%... | 020 Mar... .| 10sı | - | sı8 | 307 | 388 | 308 "839212 2 | 21277 — 313 | 371 | 383 | 331 | 333 — | | 5 4) +8 | 6 | | 019 More. 10:52 N 295 | 392 | 325°] 415 | 7 = \besben, — | 420 | 292 | 403 | 330 | 420.| — | 491-3 | 41) 4214 | Im Mittel ist die Diphenylaminlösung also 0'195 Molar. Re = N Molekulargewicht von Diphenylamin 105 — 173,. berechnet: Fur BEE, DN169: Il. Bestimmung des Molekulargewichtes von Adrenalin gelöst in Eisessig bei 90° mittelst Benzil.!) 0:'0732 Adrenalin in 2 g Eisessig. | | Summe | | der Diffe- | Benzil || Zeit B A B.:2] 2 SAGE TR B renzen | | | | per 10 Mi- | | | | | | nuten |'093Molar| 7. Min. | —_ 131.47. | 26. yo 021 7 — 1-83 | ea —\ | 0'205 „ || 18 — 1471-31 42|5| 4| — +9 | 0:20 8 — +61. -3 —3 +3 | +1 — ? ' 019 11 = Fa OS ae Im Mittel ist die Adrenalinlösung also 0'2075 Molar. .:. .0°0732 1000 Br Molekulargewicht von Adrenalin u — = 116. 2 02075 Berechnet für C,H,,0,N 183. III. Bestimmung des Molekulargewichtes von Benzidin gelöst in Anilin 36°3 g pro Liter bei 90° mittelst Benzil. Benzil Zeit Bl | Bad Bl Ba Bl Bd Bl | | | ad 020 Molar | 40 Min N Et | a | DOSE, else ee RER Rs 9 — l !) @. Barger and A. J. Ewins, Note on the molecular weight of epinephrine. Proc. Chem. Soc. Vol. 22. pag. 39 (1906). ‘ Eine mikroskopische Methode zur Bestimmung des Molekulargewichtes. 11 Im Mittel ist die Benzidinlösung 02025 Molar. 368 02085 1817: berechnet für Molekulargewicht des Benzidins CeHsN, 184. Empfindlichkeit der Methode. Vor- und Nachteile. Bei Zimmertemperatur braucht das Konzentrationsintervall der Stand- ardlösungen, zwischen welchen die untersuchte Lösung liegt, nicht größer zu sein als 5°/,. In der ursprünglichen Beschreibung der Methode sind etwa 100 Bestimmungen in 11 verschiedenen Lösungsmitteln mit einem Durchschnittsfehler von 6°/, angeführt worden. Im Mittel ist auch 6—7°/, der Fehler bei einer Anzahl Bestimmungen aus der organisch-chemischen Literatur der letzten Jahre. Bei erhöhter Temperatur mit wenig flüch- tigen Lösungsmitteln wird die Genauigkeit gesteigert und die diesbezüg- liche Publikation enthält etwa 30 Bestimmungen, deren Fehler im Mittel 3°/, beträgt. Nach einer neueren Arbeit von Winfield!) ist letztere Fehler- grenze auch bei Zimmertemperatur mit Harn und mit Blut (unter Hirudin- zusatz) zu erreichen. Nach Miss Halket (loc. eit.) kann man in wässeriger Lösung Konzentrationsunterschiede von 0'01 Molar erkennen (z. B. zwischen NaCl von 158 und 159 Molar). Die Genauigkeit der Methode steht also kaum gegen die der Gefrierpunktsmethode zurück. Die möglichst genaue Ermittlung des Mo- lekulargewichtes unter dem Mikroskop erfordert mehr Zeit als eine krvo- skopische Bestimmung, dürfte aber bei den meisten Lösungsmitteln be- quemer als eine ebullioskopische durchzuführen sein. Wenn man nur zwischen multiplen Formeln zu entscheiden hat, führt die mikroskopische Methode besonders rasch zum Ziel. Als Vorteile sind also zu nennen die Anwendbarkeit der verschieden- sten Lösungsmittel und deren Gemische und dann natürlich auch der Umstand, daß schon einige Zentigramme einer Substanz bzw. einzelne Tropfen einer Lösung zu einer Bestimmung ausreichen. Nach Miss Halket kann man z. B. den osmotischen Druck des Zellsaftes eines einzigen Blattes bestimmen, indem man es zwischen den Fingern auspreßt und den Saft direkt in die Röhrchen einfüllt. Die Nachteile liegen in einer gegen die gewöhnlichen Verfahren etwas weiteren Fehlergrenze. Auch „die Anfertigung geeigneter Kapillaren und besonders die Ein- füllung der Tropfen erfordert eine gewisse Übung, dann aber bieten sich - derAnwendung der. . Methode keinerlei Schwierigkeiten“ [S. Loewe, Zur phy- sikalischen Chemie der Lipoide. Biochem. Zeitschr. Bd. 42. S. 212 (1201)]. !) @.Winfield, The comparative osmotie pressure of the blood and of the urine, during diuresis caused by Ringers fluid. Journ. Physiol. Vol. 45. pag. 182 (1912). Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen nebst einigen Bemerkungen über die Technik zellphysiologischer Untersuchungen. Von Dr. R. Siebeck in Heidelberg. Im folgenden Abschnitte sollen einige Methoden beschrieben werden, die sich für zellphysiologische Untersuchungen nicht zuletzt wegen ihrer eroßen Einfachheit und vielseitigen Anwendbarkeit sehr bewährt haben: Zahlreiche Versuchsanordnungen, die für die gleichen oder ähnliche Fragen benützt werden. sind schon in anderen Teilen dieses Handbuches be- sprochen. Es soll daher hier nicht Vollständigkeit erstrebt werden, viel- mehr sollen nur wenige Methoden angeführt werden, die bisher noch nicht im Zusammenhange dargestellt sind. Die Methoden kenne ich zum großen Teile aus den Untersuchungen von ©. Warburg im Laboratorium der hiesigen Klinik, zum Teile auch aus eigener Erfahrung. Da die verschiedenen Anordnungen, die hier beschrieben werden, ge- meinsame Grundlagen haben, schicke ich einige allgemeine Bemerkungen über derartige Untersuchungen sowie über das benutzte Material voraus. Allgemeine Vorschriften. Wenn die chemischen Umsatzgeschwindiekeiten unter verschiedener Beeinflussung untersucht werden sollen, so ist die erste Bedingung die, daß die Vorgänge unbeeinflußt konstant sind. Wenn z. B. die Oxy- dationsgeschwindigkeiten dauernd wesentlich abnehmen, so kann man nicht sicher feststellen, wie eine Beeinflussung wirkt. Es müssen also unter gleichen Bedingungen konstante Verhältnisse gegeben sein. Das führt zu der Regel, daß aus einer Hemmung der Oxydationsgeschwindigkeit meist nur dann auf einen Vorgang von physiologischer Bedeutung geschlossen werden kann, wenn die Hemmung reversibel ist, d. h. wenn unter den ursprünglichen Bedingungen die Vorgänge wieder ebenso verlaufen wie vor ‚der Beeinflussung. In welcher Weise können wir nun die chemischen Umsatzgeschwindig- keiten in Zellen beeinflussen? Wir können einmal die physikalischen Bedingungen ändern, vor allem die Temperatur. Aber wir werden in dieser Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen ete. 13 Richtung nur einen engen Spielraum haben. Vielseitiger ist zweifellos die Beeinflussung durch Chemikalien. Wir ändern das Milieu der Zelle. Wir setzen gewisse Stoffe zu oder entfernen welche. Dieser Weg hat seit den klassischen Arbeiten Claude Bernards zu den wichtigsten Ergebnissen geführt. Wird das Milieu der Zelle geändert, so mul mit Vorsicht die Frage geprüft werden, ob der neue Zustand auch ein Gleichgewichtszustand ist. Wird nicht z. B. der zugesetzte Stoff von der Zelle in solchem Maße aufgenommen, dal) seine Konzentration in der Lösung wesentlich abnimmt, ‘oder wird der Stoff nicht durch von der Zelle ausgeschiedene Stoffe ge- bunden? Gerade wirksame Stoffe werden vielfach von Zellen in großen Mengen .aufgenommen.!) Andrerseits wird eine alkalische Lösung durch die ‚ausgeschiedene Kohlensäure neutralisiert. Dies nur als Beispiel. Die Un- sicherheit durch Aufnahme eines Stoffes läßt sich dadurch vermeiden, dal) die Zellen vor dem Versuche mit einem Überschusse der zu untersuchenden Lösung gewaschen werden. Sollen alkalische Lösungen untersucht werden, so wird man durch Benützung einer größeren Menge der Lösung darauf bedacht sein, daß die während des Versuches ausgeschiedene Kohlensäure die Reaktion nicht merklich ändert. Außerdem ist es zweckmäßig, „Puffer- gemische“ ?) zu verwenden, z. B. eine Mischung von Bikarbonat und Karbonat. oder eine Phosphatmischung. Solche Mischungen können, wie z. B. auch das Blut, erhebliche Mengen Kohlensäure ohne Änderung der H-Ionenkon- zentration binden. Für jede Anordnung hat man zu überlegen, welche Versuchs- dauer, welche Temperatur, welche Menge des Materiales die günstigsten Bedingungen bedeuten. Man kann sich nach folgenden allge- meinen Grundsätzen richten: 1. Die Versuchsdauer soll so weit möglich nicht zu lange sein, weil sonst häufig Verunreinigung durch Bakterien stört. Bei Untersuchungen an Bakterien muß der Vermehrung der Zellen Rechnung getragen werden. Die untere Grenze der Versuchsdauer ist im allgemeinen durch die Ge- nauigkeit der Zeitbestimmung gegeben. Bei Versuchen, die kürzer als eine halbe Stunde dauern, bedeutet ungenauer Beginn oder Abschluß des Versuches leicht einen Fehler. Häufig ist die Wahl der Versuchsdauer durch den zu erwartenden Ausschlag begrenzt. 2. Die Temperatur ist zunächst durch die untersuchte Zellart ge- geben. Im allgemeinen ist die Temperatur so niedrig wie möglich zu wählen, weil die meisten Zellen bei niederen Temperaturen weniger empfind- lich sind. Allerdings muß man bedenken, daß die Reaktionsgeschwindig- keiten in den Zellen mit der Temperatur sehr stark abnehmen, man er- hält also um so kleinere Ausschläge, je niederer die Temperatur. !) Vgl. Warburg und Wiesel, Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 144. S. 465 ff. (1912). ) Zusammenfassende Darstellungen : Lawrence J. Henderson, Ergebn. d. Physiol. von Asher-Spiro, Bd. 8. S. 254 (1909) und Sörensen, ibid. Bd. 12. S. 393 (1912). — An- weisung zur Herstellung solcher Lösungen : Dieses Handbuch. Bd. 3. S. 1337 (Michaelis). 14 R. Siebeck. 3. Die Menge des Materiales ist bei der Untersuchung von über- lebenden Organen gegeben; über die Auswahl der Organe vgl. unten. Von Zellen nimmt man so viel, als man unter den sonst günstigsten Be- dingungen braucht, um einen gut meßbaren Ausschlag zu bekommen. Man muß die Anordnung so einrichten, daß der Ausschlag auf einige Pro- zente genau gemessen werden kann. Der erlaubte Fehler hängt natürlich von der besonderen Aufgabe, von der Größe der Wirkung der experimen- tellen Beeinflussung ab. Es sei hier noch bemerkt. dal) es natürlich wichtig ist, für die ent- sprechenden Versuche stets gleichmäßiges Material zur Verfügung zu haben (vgl. die Ausführungen über die Gewinnung des Materiales). Allgemeine Fehlerquellen. Es sei nun noch auf einige allgemeine Fehlerquellen hinge- wiesen. Ein Fehler kann vor allem durch Verunreinigung mit Bakterien entstehen, die ja im Vergleich zu ihrer Masse sehr große Umsatzge- schwindigkeiten zeigen. Um sich zu versichern, dal das Versuchsergebnis nicht durch Bak- terien beeinflußt ist, führt man folgende Kontrollen aus: 1. Man untersucht die Lösung nach dem Versuche auf den Gehalt an Bakterien, bei Versuchen mit überlebenden Organen zerquetscht man ein Organ in der Lösung und untersucht einen Tropfen des Breies; man untersucht am besten im hängenden Tropfen und ein mit Löfflers Me- thylenblau gefärbtes Trockenpräparat. Diese mikroskopische Untersuchung ist weitaus die beste und sicherste Kontrolle. 2. Bei Untersuchungen an Bakterien prüft man, ob die Kulturen einheitlich geblieben sind oder ob sich Verunreinigungen finden. 3. Man prüft den zeitlichen Verlauf der Umsatzgeschwindigkeiten: die Umsatzgeschwindigkeiten der Bakterien steigen bei Vermehrung der Zellen in charakteristischer Weise an, während die der meisten anderen Zellen, vor allem aller Organzellen, nicht zunehmen. 4. Bei manchen Versuchen kann man die benützte Lösung ohne die sauerstoffverbrauchenden Zellen weiter untersuchen ; sind Keime in störender Menge vorhanden, so zeigt auch die Lösung einen deutlichen Sauerstoff- verbrauch. 5. Man kann z. B. Kaltblüterorgane auf etwa 38° erhitzen, die Oxy- dationsprozesse dieser Organe nehmen dann stark ab; die von Bakterien können zunehmen. Auf diese Weise ist es in den meisten Fällen möglich, störende Ver- unreinigungen mit Bakterien mit Sicherheit auszuschließen. Hat man für eine Anordnung in zahlreichen Fällen den Fehler ausgeschlossen, so braucht man die Kontrollen natürlich nicht bei jedem Versuche zu wiederholen. Schließlich muß man überlegen, ob nicht außerhalb der Zellen in der Lösung Reaktionen stattfinden, bei denen Sauerstoff verschwindet oder Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen etc. 15 Kohlensäure entsteht. Ein Beispiel hat Meyerhof'‘) beschrieben: abgetötete Hefezellen (Azetonhefe) verbrauchen bei Gegenwart von Methylenblau mehr- mal so viel Sauerstoff wie ohne Methylenblau. Das Methylenblau wird in der Zelle reduziert und außerhalb in der Lösung nachträglich oxydiert. Einige technische Vorschriften. Alle Glasgefäße, in denen die notwendigen Lösungen bereitet und aufbewahrt werden, und ebenso alle Gefäße, die bei den Versuchen ge- braucht werden, sind sorgfältig zu reinigen. Man reinigt sie mit einer Lösung von Chromat in konzentrierter Schwefelsäure oder mit heißer konzentrierter Kalilauge, der man etwas Alkohol zusetzt. (Noch besser als Bichromat ist Kaliumpermanganat in Schwefelsäure; die Lösung ist aber explosiv und muß daher sehr vorsichtig gebraucht werden.) Da- nach werden die Gefäße gut mit Wasser, zuletzt mit destilliertem Wasser abgespült. Schließlich trocknet man in einem Trockenschrank; erhitzt man diesen auf 160°, so werden die Gläser zugleich sterilisiert. Äther ist zum Reinigen wie zum Trocknen besser zu vermeiden, da kleinste Mengen Äther jede Gasanalyse erheblich stören. Für die Bereitung der Lösungen ist doppelt destilliertes Wasser zu verwenden. Zur zweiten Destillation wird nur Jenaer Glas benützt, der erste und letzte Teil des Destillates wird verworfen. Von Chemikalien sollen nur reinste Stoffe gebraucht werden, am besten die reinsten Präparate von Kahlbaum, Berlin. Vor allem ist jede Verunreinigung mit Spuren von Metallen peinlich zu vermeiden. Die kleinsten Spuren z.B. von Kupfer schädigen die meisten Zellen. ?) Die Lösungen müssen oft erneuert werden. Es ist zweckmäßig, sich konzentriertere Stammlösungen zu halten, da diese haltbarer sind. Eine Ringerlösung sollte nicht mehr als einige Tage gebraucht werden. Die Gewinnung des Materiales. Gewinnung, Verarbeitung und Messung von Zellen. Es kommen entweder einzellige Organismen oder von komplizierter gebauten Tieren solche Zellen in Betracht, die sich leicht, ohne geschädigt zu werden, isolieren lassen. Von den letzteren sind vor allem die Zellen des Blutes zu nennen, die in letzter Zeit besonders O0. Warburg) zu ausgedehnten Untersuchungen benutzt hat. 1) Meyerhof, Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 149. S. 250 (1912). 2) Locke, Journ. of Physiol. Vol.18 (1895); Herbst, Arch. f. Entwicklungsmech. Bd. 7 (1898). 82) 0. Warburg, Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 59. S. 112 (1909) und folgende Mitteilungen in dieser Zeitschrift, Bd. 69. 70. 71. 76. 79ff. Vgl. auch Ergebn. d. Physiol. von Asher-Spiro, Bd. 13 (erscheint 1913). 16 R. Siebeck. O0.Warburg*) hat an kernlosen roten Blutkörperchen von Kaninchen einen deutlich meßbaren, an kernhaltigen von Vögeln einen sehr viel stärkeren Sauerstoffverbrauch gefunden. Schon vorher hatte Morawitz 2) gezeigt, daß im Blut anämischer Kaninchen Oxydationspro- zesse stattfinden. Aus den weiteren Untersuchungen beider geht hervor, daß junge Erythrozyten, auch wenn sie keinen Kern haben, einen viel lebhafteren Sauerstoffverbrauch zeigen, als reife Formen. Solch junge Zellen, an denen man häufig basophile Körnchen im Plasma findet, treten aber bei anämischen Zuständen vermehrt ins Blut über. Für die Unter- suchungen der Oxydationen empfiehlt es sich daher, anämisches Blut zu benützen: Vogelblut ist besser als Kaninchenblut. Sehr bewährt hat sich Gänseblut. Man geht praktisch so vor: Gänse werden durch wiederholte Aderlässe anämisch gemacht. Man kann einer Gans jeden zweiten Tag erst etwa 80-100 em°, dann etwas weniger, etwa 50—60 cm® Blut nehmen. Diese kleineren Aderlässe können am gleichen Tiere sehr lange wieder- holt werden. Zur Blutentnahme sticht man in die leicht gestaute Flügel- vene, am besten nach einem kleinen Hautschnitt, eine Nadel ein. Das Blut wird in Gläsern mit eingeschliffenem Stopfen, die gut ge- reinigt, getrocknet und sterilisiert sind und in die man ein paar Glas- perlen gegeben hat, aufgefangen und energisch geschüttelt, bis man an dem Auftreten des hellen Gerinnsels erkennt, daß das Blut vollständig defibriniert ist; das dauert meist etwa 20 Minuten. Nun wird das Blut durch Verbandgase filtriert, in Zentrifugengläser gefüllt und gut auszen- trifugiert, mit einer Runneschen elektrischen Zentrifuge (3000 Umdrehungen) etwa 15 Minuten lang. Das Serum wird abpipettiert und durch Ringerlösung ersetzt, darauf schüttelt man die Gläser gut durch, zentrifugiert abermals und hebert die überstehende Lösung ab. Dieses Auswaschen der Blut- körperchen wird dreimal wiederholt, bis das Serum entfernt ist. Die ausge- waschenen roten Blutkörperchen können unmittelbar zum Versuche benützt werden. Um für verschiedene Versuche die gleiche Menge von Zeilen ab- zuteilen, mißt man am besten die gut auszentrifugierten Zellen mit einer graduierten Pipette ab. Es ist sehr wichtig, daß immer nur die Zellen von einer Blutentnahme untereinander verglichen werden können. Die Zellen des gleichen Tieres haben zu verschiedener Zeit, Zellen verschie- dener Tiere überhaupt einen recht verschieden starken Sauerstoffverbrauch. Man führt daher immer eine ganze Versuchsreihe aus: das gleiche Mate- rial in verschiedenem Milieu. Sollen die gleichen Zellen in verschiedenen Lösungen verglichen werden, so wird ‚die erste Lösung sorgfältig durch Zentrifugieren und Abpipettieren entfernt. die Blutkörperchen werden dann wiederholt mit der neuen Lösung ausgewaschen. le: ?) Morawitz und Pratt, Münchener med. Wochenschr. 1908. Nr. 35. — Ferner: Morawitz, Archiv f. experim. Path. u. Pharm. Bd. 60. S. 298 (1909). a u a En u u it u A u un ah BBBHLV TE Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen etc. 17 Als normale Lösung für Blutkörperchen von Warmblütern wird eine 0'9°%/,ige NaCl-Lösung!) oder eine Ringersche Lösung benützt (3g NaÜl: 0:29 KCl; 02 g CaCl, auf 1000 Wasser); die Lösungen werden mit n- NaOH oder auch mit einer isotonischen NaHCO,-Lösung neutralisiert, so daß Phenolphthalein eben eine Spur rosa, Neutralrot gelb gefärbt wird. Auch die anderen Zellen des Blutes können untersucht werden. E. Grafe?) hat nachgewiesen, dab die Leukozyten einen gut mebbaren Sauerstoffverbrauch im leukämischen Blute verursachen. Da der Sauer- stoffverbrauch der anderen in diesem Blute enthaltenen Zellen meist gegen- über dem der Leukozyten nicht in Betracht kommt, kann man die aus- ‚gewaschenen Zellen des Gesamtblutes untersuchen. Es gelingt aber auch, die Leukozyten bei gutem Zentrifugieren getrennt abzupipettieren; sie bilden eine helle Haut, die über den roten Blutkörperchen sitzt. Man kann dann ‚die Leukozyten getrennt mit Ringerlösung auswaschen. Schließlich können die Oxydationsprozesse der Blutplättchen ) ‚untersucht werden. Kaninchenblut, dessen Gerinnung durch Zusatz von Hirudin, Natriummetaphosphat oder Natriumoxalat verhindert ist, zeigt einen 3—5mal so großen Sauerstoffverbrauch als defibriniertes Blut. Wegen der eroßen Empfindlichkeit der Blutplättchen muß das Blut aber sehr vor- sichtig behandelt werden (starkes Schütteln setzt z. B. die Oxydationen schon stark herab). Außer aus dem Blute kann man Lymphozyten auch aus der Thymus gewinnen. Aus dem Organe von Kälbern, das man auf Eis halten muß, kann man die Zellen leicht auspressen und in der gewöhnlichen Weise für die Versuche benützen. Ferner ist Sperma von Fischen ein gutes Untersuchungsobjekt. ‚Jeder Fischer kann das Sperma ausstreichen, in der gleichen Weise, wie das Sperma für künstliche Züchtung gewonnen wird. Das Sperma darf aber nicht mit destilliertem Wasser oder Flußwasser behandelt werden, da darin die Zellen sofort gelähmt werden.*) Man muß es vielmehr in isotonischer NaCl- oder Ringerlösung waschen und untersuchen. Moro5) hat die Oxydationen an Darmepithelien von Kälbern ge- messen. Man gewinnt die Zellen in folgender Weise: Ein Stück des dem 1) Kochsalzlösung ist bei längerer Einwirkung schädlich; vgl. E. Grafe (Warburg), ‚Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 79. S. 421 (1912). 2) E. Grafe, Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 102. S. 406 (1911). 3) Warburg, Münchener med. Wochenschr. 1911. Nr.6. — Onaka, Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 71. 8.193 (1911). — Loeber (unter Morawitz), Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 140. S. 281 (1911). *) Das bekannte Wimmeln der Fischspermatozoen ist offenbar auf osmotische Erscheinungen zurückzuführen; die Zellen werden in Süßwasser nach wenigen Minuten bewegungslos, wäscht man aber mit isotonischen Lösungen, so beobachtet man kein Wimmeln; es tritt erst dann ein, wenn man den osmotischen Druck stark herabsetzt 5) Verhandlungen der Gesellschaft für Kinderheilkunde (1912); nach persönlicher Mitteilung. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 2 18 R. Siebeck. getöteten Tiere entnommenen Darmes wird gut ausgespült und aufge- schnitten. Man streicht dann den Schleim dadurch ab, daß man den Darm zwischen zwei Fingern gleiten läßt und spült mit Kochsalzlösung ab. Von dem gereinigten Darmstück werden die Zellen mit einem Rasiermesser abgestrichen und in Kochsalzlösung oder Ringer aufgeschwemmt. Man zen- trifugiert, hebert ab und wiederholt das Auswaschen. In gleicher Weise können Darmzellen von anderen Tieren gewonnen werden. Außer diesen isolierten Zellen kompliziert gebauter Tiere sind ver- schiedene einzellige Organismen für Untersuchungen zu verwenden, vor allem Bakterien. Bei der Auswahl wird man zunächst solche vor- ziehen, die leicht und sicher zu züchten sind. Ferner ist es natürlich an- genehmer, mit für Menschen nicht pathogenen Bakterien zu arbeiten, da bei den Untersuchungen alle Vorsichtsmaßregeln der Bakteriologen kaum oder jedenfalls nur sehr schwer eingehalten werden können. Schließlich kann man mit den hier mitzuteilenden Methoden nur solche untersuchen, die keine Gase entwickeln oder wo die Gasbildung gegenüber der Atmung nicht in Betracht kommt. In den Untersuchungen von Warburg und Wiesel!), ferner von Meyerhof ?) hat sich vor allem Vibrio Metschni- koff bewährt, aber auch Staphylococeus aureus und Bacillus typhi abdominalis wurden untersucht. Man muß stets frische (10—20stündige) Kulturen benützen. Die Menge des Materiales muß man so ausprobieren, daß man in kurzer Zeit deutliche Ausschläge erhält; länger dauernde Versuche werden wegen der Vermehrung der Zellen ungenau. Wiesel z. B. benutzte 1 cm? einer Suspension, die 1 Öse einer frischen Bouillonkultur pro Kubikzentimeter enthielt. Braucht man dichtere Suspensionen, so empfiehlt sich folgendes Verfahren: Man macht Kulturen auf schräg erstarrten Agarröhrchen, schwemmt die etwa 12 bis 16 Stunden alten Kulturen mit der sterilen Nährlösung ab, füllt von der gut gemischten Suspension je 2cm® in ein Nisslröhrchen und zentrifugiert gut aus. Dann wird die Lösung abpipettiert und die Lösung, in der die Bakterien untersucht werden sollen, bis zu 2 cm3 aufgefüllt. Als Nährlösung für Bakterien ist z. B. eine Kochsalzpeptonlösung zu empfehlen (0°9%/, NaUl; 1°/, Pepton Witte; schwach alkalisch). Weiter wurden von Warburg) die Oxydationsprozesse an Seeigel- eiern gemessen. Man schwemmt die Eier in einer geräumigen Schale auf, läßt sie zu Boden sinken und saugt dann das Wasser ab. Auf diese Weise werden die Eier wiederholt gewaschen und schließlich in der Lösung sus- pendiert, in der sie untersucht werden sollen. Zur Abmessung der Zellen pipettiert man die Suspension; aus den Versuchen von Warburg geht Sylae: >) Sitzungsber. d. Heidelberger Akad. d. Wissensch. Math.-naturw. Kl. B. 1912. S.1 und Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 146. S. 159 (1912). ®) Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 57. S.1 (1908); Bd. 60. S. 443 (1909); Bd. 66. S. 305 (1910). Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen ete. 19 hervor, daß dieses einfache Verfahren den Anforderungen vollständig genügt. Schließlich sind die Hefepilze als Material für die Untersuchung der Gärungsprozesse zu nennen. Man kann Reinkulturen gewöhnlicher Bierhefe benützen. Als Nährlösung nimmt man eine Zuckersalzlösung (5 g Traubenzucker, 29 K;HPO,, 100 em? Wasser), mit der man die Zellen mehrmals wäscht (wie für die Blutkörperchen beschrieben). Die Dichte der Suspension richtet man nach dem gewünschten Ausschlage. Die weitere Anordnung ist bei Besprechung der speziellen Methode be- schrieben. Allgemeine Bemerkungen für Versuche an überlebenden Organen. Das Arbeiten mit überlebenden Organen bringt einige Schwierigkeiten mit sich. Wir müssen die Gewebe, seien es Organe oder Örganstücke, aus ihrem physiologischen Zusammenhange lösen, ihre natürliche Verbindung mit dem ganzen Organismus durch Blut- und Nervenversorgung trennen. Ferner wird meist die Masse der einzelnen Teile größer sein, das erschwert die Beeinflussung der Zellen, wir können unsere Agenzien nicht so leicht und sicher an die Oberfläche der Zellen heranbringen. Schließlich wird _ häufig die Beurteilung dadurch unsicher, daß ein Gemisch verschieden- artiger Zellen vorliegt. Es können hier nur einige allgemeine Anhaltspunkte gegeben wer- den, wie diese Schwierigkeiten möglichst zu vermeiden sind. Die erste Vorschrift ist die, möglichst unverletzte Organe zu be- nützen. Stoffe, die bei der Zerstörung von Zellen frei werden, können lebende Zellen in unberechenbarer Weise beeinflussen. Zerhackte Organe, Organbreie usw. bieten daher unübersehbare Verhältnisse, die nicht ohne weiteres mit denen lebender Zellen verglichen werden können. Man wird vielmehr auf die Auswahl solcher Organe bedacht sein, bei deren Los- trennung sich die Verletzung von Zellen möglichst vermeiden läßt. Man benützt womöglich ganze Organe und sucht bei der Präparation nur Bindegewebe, Gefäße, Nerven etc. zu durchtrennen, die Organzellen aber möglichst zu schonen und auch nicht mit Pinzetten und dergleichen an- zufassen. Um zu prüfen, ob die untersuchten Beeinflussungen reversibel sind, kann man an manchen Organen auch andere Funktionen untersuchen, z.B. an Muskeln sehr bequem die Erregbarkeit. Da viele Zellen typische osmo- tische Eigenschaften haben, die sich beim Absterben rasch ändern, kann man unter Umständen auch diese prüfen, am besten durch wiederholte Wägung in isotonischer und hypotonischer Ringerlösung. !) Für die Erhaltung der meisten Organe ist die wichtigste Bedingung eine genügende Sauerstoffversorgung der Zellen. Diese zu er- 1) Vgl. darüber: Siebeck, Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 148, S.443 (1912). 9% 20 f R. Siebeck. reichen, werden im allgemeinen zwei prinzipiell verschiedene Wege einge- schlagen: Entweder man durchblutet die Organe künstlich oder man läßt sie direkt in einer Nährlösung schwimmen. Da die Methoden der künstlichen Durchblutung in einem anderen Teile dieses Handbuches behandelt werden !), beschränke ich mich auf Angaben, die für die andere Anordnung zu beachten sind. Die Organe müssen möglichst klein sein, denn nur dann kann man damit rechnen, daß alle Zellen gleichmäßig mit Sauerstoff versorgt werden. Diese geschieht ja lediglich durch Diffusion des Sauerstoffes; sind die Zellen durch eine zu dicke Schicht von der gesättigten Lösung ge- trennt, so wird der von ihnen verbrauchte Sauerstoff nicht rasch genug ersetzt. Da die Geschwindigkeit der Diffusion außerdem vom Partiardruck abhängig ist, muß dafür Sorge getragen werden, daß der Sauerstoff- partiardruck in der Nährlösung während des Versuches möglichst wenig sinkt. Sonst leiden die Zellen im Innern des Organes infolge zu langsamer Diffusion an Sauerstoffmangel. Durch diese Verhältnisse kann bei Ver- suchen mit Organen eine Abhängigkeit der Oxydationen in der Zelle vom Sauerstoffpartiardruck vorgetäuscht werden, während es sich tatsächlich um eine Erstickung eines Teiles der Zellen handelt. Außer der Sauerstoffversorgung spielt die Temperatur, bei der die Organe gehalten werden, eine große Rolle Man kann ganz allgemein sagen, daß überlebende Organe um so empfindlicher sind, je höher die Temperatur ist. Schon aus diesem Grunde ist es immer vorteilhaft, über- lebende Organe von Kaltblütern zu benützen. Diese können meist ohne Schaden auf beliebige Temperaturen bis zu 0° abgekühlt werden. Bei 0—4° kann man z.B. Froschmuskeln mehrere Tage aufbewahren, ohne daß die Erregbarkeit merklich abnimmt. Es empfiehlt sich, die Organe außerhalb der eigentlichen Versuchsperioden immer bei solch niederen Temperaturen aufzubewahren und die Versuchstemperatur so nieder zu wählen, als es die besondere Aufgabe erlaubt. Es sind nun noch einige Bemerkungen über die Nährlösungen nötig. Für Froschorgane ist im allgemeinen eine einer 0'7°/,igen NaÜl- Lösung isotonische Ringerlösung (65 g Nall, 029g KÜl, 039g CaCl,, 1000 Wasser) am meisten zu empfehlen. Die Lösung wird mit NaHCo, oder, wenn keine störende CO,-Entwicklung zu befürchten ist, mit na NaOH-Lösung neutralisiert, so daß sie mit Phenolphthalein eben schwach rosa, mit Neutralrot gelbe Farbe gibt. Soll der Einfluß verschiedener Re- aktion geprüft werden, so müssen die Vorschriften über die Herstellung bestimmter H-Ionenkonzentrationen beachtet werden. Obwohl ein „aseptisches“ Vor&ehen meist nicht möglich und auch nicht nötig ist, so empfiehlt es sich doch, die Instrumente auszukochen: !) Vgl. den Abschnitt von Franz Müller im dritten Bande dieses Handbuches. S. 321. Se WEL Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen ete. >] wird dazu Sodalösung benützt, so muß diese durch Übergießen von steriler Kochsalzlösung entfernt werden, da Soda die Gewebe schädigt. Besonders wenn die Versuchstemperatur hoch (z. B. 37°) ist, sollte Fe>- nach Möglichkeit aseptisch gearbeitet werden. Die Präparation soll rasch ausgeführt werden, die Tiere dürfen nur unmittelbar davor getötet werden. Man muß jedes unnötige Berühren der Organe, vor allem mit Metallinstrumenten, vermeiden. Müssen die Organe selbst angefabt werden, so benützt man zweckmäßig Pinzetten aus Glas (siehe Fig. 5). Wo das zu untersuchende Gewebe durchtrennt werden muß, soll dies mit scharfen, gut schneidenden Instrumenten geschehen. Sofort nach beendeter Präparation werden die Organe in Gläschen mit der Nährlösung gebracht. Um verschiedene Versuche miteinander vergleichen zu können, bezieht man die Ergebnisse am einfachsten auf die Gewichtseinheit. Bei Organen, die eine erhebliche und wech- selnde Zwischenflüssigkeit haben, ist es besser, den Trocken- gehalt oder auch den Stickstoff zu bestimmen. Spezieller Teil. Ich beschreibe zuerst die Methoden zur Untersuchung der Oxy- dationsgeschwindigkeiten. Diese giiedern sich einfach in solche zur Bestimmung des Sauerstoffverbrauches und solche zur Bestimmung der Kohlensäurebildung. An diese anschließend beschreibe ich die Messung von Gärungsgeschwindigkeiten, speziell an Hefe. Schließlich wäre noch die Untersuchung der Wärmebildung bei beiden Prozessen zu erwähnen. Da diese Methoden aber erst eine Darstellung gefunden haben, zu der nichts hinzuzufügen ist, sehe ich hier von einer Wieder- holung ab.!) Auch die für Versuche an Zellen, besonders an Seeigeleiern, viel- fach anwendbare Methode der Sauerstoffbestimmung nach Winkler und Schützenberger sind in einem anderen Teile dieses Handbuches beschrieben. :) I. Bestimmung der Oxydationsgeschwindigkeit. Erste Methode. Prinzip der Methode. Die Zellen oder Organe und die Lösung, in der sie schwimmen, werden in einem Röhrchen luftdicht abgeschlossen. Nach dem Versuche wird bestimmt, wieviel Sauerstoff aus der Löung ver- schwunden ist, d.h. wieviel Sauerstoff die vor dem Versuche an der Luft ‘) Vgl. Rubner, Mikrokalorimetrie in Tigerstedts Handbuch der physiolog. Methodik. Bd. 1. Abt. 3. S. 150. (1913). °) In dem Abschnitt über „Biologische Gasanalyse* von Franz Müller. Bd. 3. S. 634. Ferner in dem Artikel von Henze, „Untersuchungen an Seetieren“. Bd. 3. S. 1065. 22 IND R. Siebeck. gesättigte Lösung aufnimmt, wenn sie wieder mit Luft gesättigt wird. Damit in einem kleinen Volumen ein reichlicher Sauerstoffvorrat gegeben ist, suspendiert man in der Lösung kernlose, nicht merklich atmende rote Blut- Fig. 6. Fig. 7. körperchen, die mit Sauerstoff gesättigt sind. Wird der Sauerstoffverbrauch kern- haltiger, roter Blutkörperchen unter- sucht, so dienen diese selbst gleichzeitig als Sauerstoffträger. Apparate. Zum Versuche werden die Zellen oder Organe mit der Nähr- lösung in ein Oxydationsröhrchen gebracht (Fig. 6). Das eine Ende des Röhrchens, dessen Größe nach den Ver- suchsbedingungen gewählt wird, kann durch einen eingeschliffenen Glasstopfen (a) luftdicht verschlossen. werden. Am andern, verjüngten Ende ist ein Glas- hahn (b) angesetzt, der das Röhrchen mit einer etwa 5—7 cm langen, unten spitz auslaufenden Kapillare verbin- det (c). Über die Größe des Röhrchens ve Bali: Zur Analyse wird an ein Bareroft- sches Manometer!) ein Absorptions- gefäß angeschlossen (Fig.7). Das Glas- gefäß (a) wird durch den eingeschliffenen Stopfen (b) verschlossen, der oben in eine nicht zu enge Glaskapillare aus- läuft. Die Glaskapillare muß die gleiche Weite haben, wie das Manometerrohr, an das sie durch einen diekwandigen Gummischlauch (sogenannten Druck- schlauch) fest angeschlossen wird. Die Verbindung wird am sichersten so her- gestellt, daß) man beide Glasrohre ein gutes Stück (etwa 2—3 cm) in den Schlauch dreht, so daß in der Mitte Glas auf Glas kommt: man erkennt das an dem eigentümlichen Knirschen. Dann zieht man das eine Rohr ein klein wenig zurück. Es ist bequem, den Gummischlauch stets am Manometer- rohr zu lassen. Unter Umständen (wenn man stets gleiche Apparate be- ‘) Vgl. dieses Handbuch. Bd.3. S. 685. Ben,“ Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen ete. 23 nützt und wenn keine Beschmutzung vor allem mit Bakterien zu befürchten ist) kann man auch das Oberteil des Absorptionsgefäßes im Schlauche stecken Jassen. Unter diesen Bedingungen kann man auch nach Barcroft das Oberteil an das Manometerrohr anschmelzen. Aichung der Gefäße. Der Inhalt der Gefäße, der bekannt sein _ muß, wird durch Wägung mit destilliertem Wasser von bekannter Tem- peratur (am besten Zimmertemperatur) festgestellt. Das sorgfältig ge- reinigte und getrocknete Oxydationsröhrchen wird halb mit Wasser gefüllt; man läßt ein wenig Wasser durch den Hahn und die Kapillare ablaufen und füllt dann bis zum oberen Rande mit Wasser auf, wobei man das Haftenbleiben von Luftblasen sorgfältig vermeiden muß. Schließ- lich drückt man den Glasstöpsel in den mit Wasser gefüllten Hals ein. Das so vollständig gefüllte Röhrchen wird auf einer gewöhnlichen Wage gewogen. Danach öffnet man den Stopfen und läßt das Wasser durch Hahn und Kapillare langsam abfließen bis oben an die Hahnbohrung. Ist das Gläschen gut gereinigt und läßt man das Wasser langsam abfließen, so bleibt kein störendes, jedenfalls ein ganz konstantes Quantum Wasser an der Wand haften. Nun wird das Röhrchen zurückgewogen. Die Differenz beider Gewichte gibt den Inhalt des verschlossenen Röhrchens bis zur Hahnbohrung, genau das Volumen, das zur Rechnung erforderlich ist. Das Absorptionsgefäß wird gut gereinigt und getrocknet ge- wogen, vollständig (ohne Luftblasen) mit Wasser gefüllt und wieder ge- wogen. Das Füllen geschieht am besten in der Weise, daß man das offene Gefäß bis zum Überlaufen füllt und dann (in einer größeren Schale) unter Wasser den Stopfen aufdrückt. Auf diese Weise läßt sich leicht erreichen. daß das ganze Gefäß, mit Stöpsel und Glaskapillare, vollständig mit Wasser gefüllt ist. Es genügt, die Volumina etwa auf 1—2°/, genau zu bestimmen. Für die Berechnung der Resultate kommt es auf den Gasraum an, der nach Einfüllen der Flüssigkeit aus dem ÖOxydationsröhrchen im Ab- sorptionsgefäße und in dessen Verbindung mit dem Manometer besteht. Daher muß man auch den Inhalt des Manometers vom Niveau der Manometerfüllung an bis zum Schlauchanschluß kennen. Die Aichung ge- schieht durch Auswägen mit Quecksilber. Man kann auch die Gefäße in Verbindung mit dem Manometer aichen. Man muß dann nur durch Auswägen mit Quecksilber bestimmen, welchen Inhalt eine bestimmte Länge des Manometerrohres hat. (Man füllt etwas Hg in das Manometerrohr, mißt die Länge der Säule an der Skala, gielit dann das Hg ohne Verlust auf ein auf der Wage austariertes Schälchen und wiegt es.) Die mit dem Manometer verbundenen Gefäße!) werden wie bei der Analyse in das Wasserbad gehängt, Temperaturausgleich wird ab- gewartet. Bei offenem Manometerhahn wird die Flüssigkeit in dem mit ‘) Die Bestimmung wird genauer, wenn die Gefäße mit (einer gewogenen Menge) Wasser gefüllt sind. 24 R. Siebeck. dem Analysengefäße verbundenen Schenkel auf eine bestimmte Marke ein- gestellt und dann der Hahn geschlossen. Nun stellt man durch Drehen der Schraube am Manometer auf einen Unterdruck ein, auch die Flüssigkeit in dem geschlossenen Schenkel wird sinken. Man kann dann die Volumen- änderung und die entsprechende Druckänderung, die der Gasraum er- leidet, feststellen. (Die Volumenänderung durch Ablesung am geschlossenen Schenkel auf Grund der vorhin besprochenen Aichung, die Druckänderung dadurch, daß man von der Differenz des Standes im freien Schenkel vor und nach der Druckänderung die Differenz des Standes im geschlossenen Schenkel abzieht.) Auf Grund der Gasgesetze läßt sich das Volumen leicht berechnen: Vx:(Vx + V) = (10.000 — p): 10.000 yanz V.(10.000 —p) pP wenn Vx der gesuchte Inhalt des Analysengefäßes, des Verbindungsstückes und der Manometerkapillare bis zur Marke, p die gefundene Druckab- nahme, V die Volumenzunahme und 10.000 der Atmosphärendruck mit der Manometerflüssigkeit gemessen ist. Da V mit der Größenordnung 10.000 multipliziert wird, ist das Resultat nur brauchbar, wenn V genau bestimmt ist. Die Aichung durch eine mit bestimmter Sauerstoffbindung oder -ent- wicklung verlaufende chemische Reaktion im Analysengetäße nach Bareroft hat sich für diese Anordnung nicht bewährt. Zu den Versuchen ist außerdem erforderlich: ein gut regulierter Thermostat, der auf die gewünschte Versuchstemperatur eingestellt ist. In dem Thermostaten dreht sich um ihre horizontale, feste Achse eine Scheibe aus Weißblech, auf der an beiden Enden senkrecht umgebogene Federn zum Halten der Oxydationsröhrchen aufgenietet sind (vgl. Fig. 8). Die Enden der Federn sind durchbohrt; die eine Durchbohrung läßt eben die Spitze der Kapillare des Oxydationsröhrchens durchtreten, die andere paßt an die Spitze von dessen Glasstöpsel. Wie die Oxydationsröhrchen durch die Federn gehalten werden, geht am besten aus der Abbildung hervor. Für die Analyse braucht man ein (praktisch durch ein Gebläse) mischbares Wasserbad von Zimmertemperatur, in das die Mano- meter mit den Absorptionsgefäßen gehängt werden, genau wie bei der (rasanalyse nach Haldane-Barcroft. Schließlich haben sich die auf Fig. 9 und 10 abgebildeten Halter und Stative, deren Anwendung aus der Figur unmittelbar ersichtlich ist, sehr bewährt. Für die Analysen werden folgende Lösungen benützt: le 2 ale BERN. € s : 1. Ammoniaklösung: 125 em3 CO,-freie on NaOH, 125 cm: Wasser, 07g NH,Cl, 159 Saponin, 1cm: 20°/,ige alkohol. Lösung von Phenyl- urethan. Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen etc. 35 2. Die Manometerfüllung (nach Vorschlag von Brodie) 500 cm? - Wasser, 239 NaCl, 5g Natr. choleinic. Merck, etwas Thymol. Die Lösung soll das spezifische Gewicht 1'054 haben, dann übt eine Säule von 10.000 mm den Druck einer Atmosphäre aus. Die Lösung hat Fig. 8. . . BER p a i - den Vorzug, daß sie nicht an der Wand der Kapillare haftet und daß bei - dem spezifischen Gewichte die Berechnung der Resultate vereinfacht ist. 2 Ausführung eines Versuches. 2 4 1. Bereitung der Blutkörperchensuspension. Dienen die Blutkörperchen nur als Sauerstoffträger, so benützt man | Säugetierblut, am besten Rinderblut, das man sich in größerer Menge j d ü E- 26 R. Siebeck. aus einem Schlachthofe beschaffen kann. Bei Versuchen mit atmenden Blutkörperchen wählt man nach dem, was S. 16 gesagt ist, verfährt im übrigen ganz gleich. Das Blut muß sauber entnommen werden. Man läßt es am besten direkt aus einer in ein Blutgefäß eingeführten Kanüle in ein diekwandiges Glas mit eingeschliffenem Glasstopfen, in das man vorher einige Glasperlen gegeben hat, einfließen. Das Blut wird dann 15—20 Mi- nuten lang stark geschüttelt, bis man an dem Auftreten des hellen Gerinn- sels erkennt, daß das Blut vollständig defibriniert ist. Nun filtriert man durch Verbandgaze, füllt das Filtrat in die Gefäße für die Zentrifuge. Fig. 9. Man zentrifugiert, hebert das Serum sorgfältig ab, gießt 0'9%/, NaCl oder ingerlösung auf, schüttelt die Blutkörperchen gut durch und zentrifugiert wieder. Dieses Auswaschen wiederholt man im ganzen 3mal. Man muß das Serum sorgfältig auswaschen, da kleine Spuren Serum die Atmung wesent- lich hemmen können. Schließlich pipettiert man die Blutkörperchen in ein abgemessenes Volumen Ringerlösung, am besten in einen verschließ- baren Erlenmeyerkolben. Die Dicke der Aufschwemmung richtet man nach dem Versuche ein, so daß in jedem Fall genügender Sauerstoffvorrat gewährleistet ist. Meist genügt eine 10°/,ige Suspension. Bei Versuchen mit atmenden Blut- körperchen benützt man konzentriertere Suspensionen. Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen etc. 27 Das Blut läßt sich, solange das Serum nicht ausgewaschen ist, einige Tage auf Eis aufbewahren, je nach der mehr oder weniger „sterilen“ Entnahme; ist das Serum ausgewaschen, so ist es erheblich wenigeı haltbar. Die Blutkörperchensuspension, die für die Versuche als Nährlösung dient, wird nun mit Luft gesättigt bei der Temperatur, bei der der Ver- such ausgeführt werden soll. Zu dem Ende schüttelt man die Suspension in einem Glaskolben, der nur mit einem Wattestopfen verschlossen ist, ın dem für den Versuch eingestellten Thermostaten. Von dem Augenblicke an, in dem die Suspension die Temperatur des Thermostaten angenommen hat (je nach der Menge etwa 10—15 Minuten), muß noch 10 Minuten lang gut geschüttelt werden. Sättigt man die Suspension bei zu niederer Temperatur, so entstehen beim Erwärmen der Lösung im Versuche Gas- 98 R. Siebeck. blasen (Abnahme des Absorptionskoeffizienten bei höherer Temperatur), die leicht Fehler verursachen. Kühlt sich die Flüssigkeit im Versuche ab, so können sich infolge der Kontraktion der Flüssigkeit ebenfalls Gasblasen bilden. 2. Die gesättigte Blutkörperchensuspension wird nun in die Oxy- dationsröhrchen eingefüllt. Man stellt in einem Gestell (vgl. Fig. 9) eine Reihe Röhrchen vor sich auf, pipettiert in diese von der Suspension, von den zu prüfenden Lösungen, von der zu untersuchenden Zellsuspension, oder man gibt das gewogene Organ zu, je nach dem Plane der Unter- suchung. Es läßt sich dabei sehr gut quantitativ arbeiten, man muß nur dafür Sorge tragen, dal» die Röhrchen vollständig (auch der Hahn und der Ausflaß) mit der Lösung angefüllt sind. Zuletzt drückt man den (nicht gefetteten!) Glasstopfen auf und notiert die Zeit, zu der man das Röhrchen auf die Scheibe in den Thermostaten gibt. Arbeitet man nicht mit Organen, so muß man in die Röhrchen vor dem Füllen eine Glasperle geben, da- mit die Zellsuspension genügend gemischt wird. Es ist stets notwendig, ein „Kontrollröhrehen“ anzusetzen, d.h. ein Röhrchen ganz entsprechend mit der Suspension zu füllen, in dem kein Sauerstoffverbrauch durch Zelltätigkeit stattfindet. Untersucht man Blutzellen oder eine Aufschwemmung von Bakterien, so werden die Oxy- dationen mit 0'2cm® einer 1°/‚,igen KCN-Lösung unterdrückt; bei Ver- suchen mit überlebenden Organen setzt man ein Röhrchen ohne Organ an. Man befestigt nun die Röhrchen auf der Scheibe im Thermostaten, läßt sie dauernd rotieren und unterbricht nach der vorgesetzten Zeit. Kann man die Analyse nicht unmittelbar nach dem Versuche ausführen, so legt man die Röhrchen, nachdem man den Ausflußhahn geöffnet hat, auf Eis. (Wenn man den Hahn nicht öffnet, so entstehen bei der Kontraktion der Flüssigkeit leicht Gasblasen.) Auf Eis kann man die Röhrchen einige Stunden liegen lassen; unter gewöhnlichen Bedingungen findet bei 0° in dieser Zeit kein merklicher Sauerstoffverbrauch statt. Ist die Versuchsdauer sehr kurz und untersucht man gleichzeitig eine größere Reihe Proben, so muß man die Röhrchen auch gleich nach dem Ansetzen in Eis legen und dann alle gleichzeitig in den Thermostaten bringen, damit alle genau gleich lange Versuchszeit haben. 3. Die Analyse. Man richtet sich so viele Manometer und Analysengefäße, als man Oxydationsröhrchen im Gebrauche hat. Sollte man aus irgend einem Grunde keinen Kontrollversuch nötig haben, so muß ein weiteres Manometer mit (refäß als Thermobarometer benutzt werden (wie bei der Blutgasanalyse nach Bareroft). Nachdem die am Schliffe gut gefetteten Deckel der Ge- fäße an das Verbindungsstück der Manometer angeschlossen sind (vgl. ° S. 22), stellt man die Gefäße vor sich auf, bequem in dem Stativ, das Fig. 10 abgebildet ist. Man füllt dann aus einer Bürette in jedes ein be- stimmtes Volumen der Ammomiaklösung, je nach Größe der Gefäße. Man mub so viel einfüllen, dab die Lösung in den Gefäßen mindestens eine Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen etc. 29 etwa l1cm hohe Schicht bildet, weil diese Schicht verhüten soll, daß die unterschichtete Lösung aus den Röhrchen aus der Luft Sauerstoff auf- nehme, während der Apparat zum Ausgleich der Temperatur im Wasser hängt. Sind die Analysengefäße so gerichtet, so nimmt man die Oxydations- röhrchen der Reihe nach, öffnet bei geschlossenem Hahn den Stöpsel, führt die Spitze des Ausflusses an den Boden der Analysengefäße, unter die Ammoniaklösung und läßt durch vorsichtiges Öffnen des Hahnes die Lösung ganz langsam aus dem Röhrchen ausfließen. Arbeitet man mit der nötigen Vorsicht, so läßt sich leicht erreichen, daß die Lösungen sich nicht mischen, sondern die Ammoniaklösung ungefärbt über der Blutkörperchen- suspension schwimmt. Nun bringt man die Gefäße, ohne zu schütteln, an die zugehörigen Stopfen, drückt sie so fest ein, daß der Schliff nicht mehr gedreht werden kann. Die Manometer werden dann in das Wasser- bad von Zimmertemperatur gehängt, man läßt den Hahn des Manometers 10—15 Minuten offen, mischt während dieser Zeit das Wasserbad gründ- lich. Die Manometerfüllung in den mit dem Analvysengefäße verbundenen Schenkel wird auf eine bestimmte Marke eingestellt. Ändert sich dann der Stand des Manometers nicht mehr, wenn der Hahn geschlossen wird. so hat sich die Temperatur ausgeglichen. Man schüttelt nun die Gefäße energisch, vermeidet aber dabei die Gefäße mit der Hand anzufassen, um sie nicht zu sehr zu erwärmen, und hängt die Apparate wieder in das Wasserbad. Wenn die Temperatur sich ausgeglichen hat, was sehr rasch der Fall ist, stellt man die Manometer so ein, daß die Mano- meterflüssigkeit in dem mit dem Gefäße verbundenen Schenke! an der gleichen Marke steht, wie zuvor bei offenem Hahn, und liest den Stand im freien Schenkel ab. Dann wird wieder geschüttelt, abgewartet bis zum Temperaturausgleich und wieder abgelesen. Dies wird so lange wiederholt. bis bei heftigem Schütteln keine Druckabnahme mehr erfolgt. Ist das der Fall, so stellt man die Flüssigkeit in dem mit dem Gefäße verbundenen Manometerschenkel genau auf die Marke ein und notiert den Stand im freien Schenkel. Darauf öffnet man den Hahn des Manometers, stellt in dem mit dem Gefäße verbundenen Schenkel wieder auf die Marke ein und liest wieder den Stand im freien Schenkel ab. Die Differenz der beiden Ablesungen gibt die Druckabnahme an, die das Gas in dem Gefäße bei gleichem Volumen erlitten hat, als die Lösung wieder mit Luft gesättigt wurde. 4. Berechnung des Sauerstoffverbrauches. Es ist zu berechnen, wieviel Sauerstoff das Blut, das vor dem Ver- ‘suche mit Luft gesättigt war, aufnimmt, wenn es wieder mit Luft ge- sättigt wird, oder genauer, wieviel Sauerstoff es mehr aufnimmt als das ganz gleich behandelte, in dem aber kein Sauerstoff durch Zellatmung verschwand (in dem entweder kein atmendes Organ sich befand oder in dem die Atmung durch einen narkotischen Stoff unterdrückt war). Die Absorption von Sauerstoff in der Flüssigkeit in dem durch das Manometer 30 R. Siebeck. abgeschlossenen Gefäße bewirkt eine Druckabnahme. Die Kohlensäure wird von der Ammoniaklösung gebunden, das Volumen des Gasraumes ist unver- ändert, man kann also direkt aus der Druckabnahme und dem Volumen des Gasraumes den Sauerstoffverbrauch berechnen: pw Po.(1+ xt) ’ wenn p die Druckabnahme (vgl. unten), v das Volumen des Gasraumes, p. der mit der Manometerflüssigkeit gemessene Atmosphärendruck und t die Temperatur des Wasserbades ist. Durch diese Formel wird der Sauerstoff- verbrauch angegeben, reduziert auf 0° und Atmosphärendruck (10.000 mm Manometerfl. = 760 mm Hg). Da das Volumen des Gasraumes in Kubik- zentimeter angegeben ist, bezieht sich die Zahl für O,-Verbrauch auch auf Kubikzentimeter. Das Volumen des Gasraumes (v) wird folgendermaßen berechnet: Zu dem durch Wägung mit Wasser festgestellten Volumen des Analysen- gefäßes (vgl. S. 23) wird der Inhalt der Kapillare des Manometers vom Verbindungsstück bis zum Stande der Manometerflüssigkeit addiert.) Von dieser Summe wird das Volumen der zugesetzten Flüssigkeit abgezogen: 1. das an der Bürette abgelesene Volumen der Ammoniaklösung; 2. das Volumen der Suspension, die dem bestimmten Inhalte des Oxydations- röhrchens (bis zur Hahnbohrung) entspricht. Die Masse eines zugesetzten Organes muß eventuell von dem Inhalte des Oxydationsröhrchens abge- zogen werden. Die Druckabnahme (p) bedarf einer Korrektur. Die Lösung wird bei der Analyse bei anderer Temperatur gesättigt als vor dem Versuche; die Blutkörperchen werden durch die Ammoniaklösung und das Saponin aufgelöst und das gelöste Hämoglobin bindet nicht die gleiche Gasmenge wie das in den Blutkörperchen gebundene; in dem Analysengefäße wird Kohlensäure (durch die Ammoniaklösung) gebunden. Die Temperatur des Wasserbades oder der Barometerstand können sich während der Analyse ändern. Alle diese Fehler werden durch die genau unter gleichen Be- dingungen vorgenommene Analyse des Kontrollröhrehens ausgeglichen, wenn man von der Druckabnahme, die die Analyse der Versuchsröhrchen ergab, die gleichsinnig abgelesene Druckänderung, die sich bei der Kontrollanalyse ergab, abzieht. (Wenn der Druck bei dieser Analyse ansteigt, so muß er zu der Druckabnahme hinzuaddiert werden.) Die Kontrollanalyse dient so zugleich als Thermobarometer. Benützt man ein besonderes Thermobarometer, so muß man, wenn die Analysengefäße sehr klein sind, bedenken, daß ein Fehler dadurch entstehen kann, dal) nicht der ganze Gasraum die Temperatur des Wasser- bades, sondern die Kapillare des Manometers und ein Teil der Verbindung (soweit er nicht unter Wasser steht) Zimmertemperatur hat. Da ja das O,-Verbrauch = ') Bei der Aichung durch Herstellung eines Unterdruckes erhält man unmittelbar diese Summe. Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen ete. 31 Wasserbad annähernd Zimmertemperatur hat, kommt die Differenz meist nicht in Betracht. Dieser Fehler läßt sich dadurch vermeiden, daß man den Gasraum des Thermobarometers ebenso groß macht wie den des Analysengefäßes. Außerdem empfiehlt es sich, bei kleinen Gefäßen Mano- meter mit engen Kapillaren zu benützen. Bei der Analyse wird Sauerstoff von der Flüssigkeit absorbiert, der Sauerstoffpartiardruck in dem Gefäße muß also abnehmen. Das hat zur Folge, daß die Flüssigkeit etwas weniger Sauerstoff aufnimmt, als bei nor- malem Sauerstoffpartiardruck, also auch als sie vor dem Versuche enthielt. Das Resultat ist demnach etwas zu klein. Da die ganze Druckänderung durch Sauerstoffbindung zustande kommt, nimmt der Sauerstofipartiardruck um die abgelesene Druckabnahme ab. Die Flüssigkeit enthält also Fraıp 10.000 weniger Sauerstoff als vor dem Versuche, wenn F das Volumen der Flüssigkeit, a der Absorptionskoeffizient des Sauerstoffes bei der Temperatur des Wasser- bades ist. (Absorptionskoeffizient gleich dem Gasvolumen, gemessen bei 0° und 760 mm Heg-Druck, das 1cm® der Flüssigkeit bei einer bestimmten Temperatur aufnimmt, wenn der Partiardruck dieses Gases 760 mm ist.) Das Verhältnis der Korrektur zum unkorrigierten Werte ist gleich F.a(ll+et) W 20 «t kann als ein Bruchteil (zirka 373) der Korrektur vernachlässigt werden; da a (bei 20°) = 0:03 ist, erhält man den relativen Wert der Korrektur, wenn man das Verhältnis der Flüssigkeitsmenge zum Gasraume mit 0:03 multipliziert. Z. B.: Bei einer Flüssigkeits- menge von 3cm? und einem Gasraume von 10 cm® beträgt der relative Wert der Korrektur En also etwa 1°/,. In dieser Weise ist die Korrektur zu berechnen; meist kommt sie nicht in Betracht. Die genaue Formel lautet: ; p-v Ws I erauch 29). 10.000 7 10.000 Die Größe der Gefäße ist nach folgenden Gesichtspunkten einzu- richten: je kleiner der Gasraum im Analysengefäße, desto größer ist der Ausschlag bei gleichem Sauerstoffverbrauche. Erwartet man also kleinen Sauerstoffverbrauch, so wird man den Gasraum klein machen. Das er- reicht man dadurch, daß man die Gefäße klein macht, oder dadurch, dal man mehr Flüssigkeit einfüllt (Ammoniaklösung oder Suspension). Dabei muß man aber bedenken, dal) viel Flüssigkeit und wenig Luft ungünstige Bedingungen für die Sättigung der Lösung bilden. Keilförmige Gefäße sind etwas günstiger als die gewöhnlichen, aber auch mit diesen kommt man bald an eine Grenze. Das Oxydationsröhrchen ist so groß zu wählen, daß genügender Sauerstoffvorrat gewährleistet ist, zu großes Volumen ist zu vermeiden, weil dann entweder die Sättigung bei der Analyse erschwert ist oder zu große Analysengefäße notwendig werden. 32 R. Siebeck. Einige Beispiele mögen das erläutern. Für die Untersuchung der Oxydationen an Vogelblutkörperchen sind Oxydationsröhrchen von etwa 10cm: Inhalt, Analysengefäße von etwa 50 cm3 zweckmäßig. (Der Ausschlag hängt dann von der Dichte der Sus- pension und von der Anämisierung ab.) Für Froschorgane sind kleinere Gefäße vorzuziehen, etwa Oxydations- röhrchen von 3—5 cm: und Analysengefäße von 10—13 cm}. Womöglich richtet man die Größe der Gefäße und die Menge des benutzten Materiales so ein, dal» man bei unbeeinflußter Zellfunktion eine Druckabnahme von 100 mm, mindestens 50 mm erhält. Fehlerquellen. Wenn alle besprochenen Vorsichtsmaßregeln genau eingehalten werden, findet man bei Doppelanalysen stets bis auf den Ablesungsfehler übereinstimmende Resultate. Die Ablesung ist bei den neuen Manometern mit Spiegeln sicher auf 1—2 mm genau. Danach ist der relative Fehler zu berechnen. Von unvermeidlichen Fehlern kommt sonst nur noch die Möglich- keit in Betracht, dab die sauerstoffarme Suspension beim Überfüllen in das Analysengefäß oder bei der Analyse während des Temperaturaus- gleiches aus der Luft Sauerstoff aufnimmt. Dal) die unter die Ammoniak- lösung unterschichte Lösung auch in längerer Zeit keine meßbare Menge Sauerstoff aufnimmt, läßt sich dadurch beweisen, daß man von Doppel- analysen die eine gleich nach dem Temperaturausgleich, die andere erst nach einer Stunde oder mehr durch Schütteln sättigt. Man wird sich dann davon überzeugen, daß beide gleich viel Sauerstoff aufnehmen. Daß durch Sauerstoffaufnahme beim Überfüllen der Lösung kein störender Fehler entsteht, ergibt sich schon aus der Erfahrung, daß Doppelanalysen, auch wenn nicht ganz gleich verfahren wird, stets über- einstimmen. Außerdem kann man zur Prüfung folgenden Versuch machen: Man bestimmt die Sauerstoffbindung von ausgepumptem Blute; bei der Berechnung muß natürlich die Absorption von Luft (nach dem Absorp- tionskoeffizienten) berücksichtigt werden. Die Sauerstoffbindung muß der Sauerstoffkapazität entsprechen; da nach neueren Untersuchungen!) diese Sauerstoffkapazität, d.h. die Menge Sauerstoff, die pro 1 g Hämoglobin (oder pro 1 g Eisen) vom Blute bei Sättigung an der Luft gebunden wird, konstant ist, kann man den gefundenen Wert direkt mit dem aus den zitierten Untersuchungen bekannten vergleichen. 1) Butterfield, Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 62. S. 173 (1909); Masing und Siebeck, Archiv £. klin. Med. Bd. 99. S. 130 (1910); Peters, Journ. of Physiol. Vol. 44. p- 131 (1912). Masing und Siebeck sowie auch Peters berechnen, daß mit Sauerstoff vollständig gesättigtes Hämoglobin 2 Atome Sauerstoff auf jedes Atom Eisen gebun- den hat. a Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen ete. 33 Il. Bestimmung der Oxydationsgeschwindigkeit. Zweite Methode. Prinzip der Methode. Während des Versuches wird die Nährlösung dauernd mit Luft ge- sättigt, es wird bestimmt, wieviel Sauerstoff die Lösung aus der Luft auf- nimmt. Das läßt sich leicht dadurch erreichen, daß die Lösung in einem abgeschlossenen Raume ständig geschüttelt wird, während alle entstehende Kohlensäure absorbiert wird. Die Sauerstoffbindung kann dann einfach durch Messung der Druckabnahme in dem Gefäße bestimmt werden. Die Vorzüge dieser Methode bestehen 1. darin, daß es nicht notwendig ist, Blutkörperchen als Sauerstoffträger in der Lösung zu sus- pendieren. Das ist vielfach von Vorteil, z. B. wenn Zellen in Lösungen untersucht werden sollen, die Blutkörperchen schädigen, wenn Blutkörper- chen den Gleichgewichtszustand stören würden, z.B. bei alkalischen Lösun- gen ete., 2. ist es für viele Untersuchungen vorteilhaft, daß man bei dieser Anordnung während des Versuches zu jeder beliebigen Zeit ablesen kann. Dadurch wird eine einfache Kontrolle möglich, ob dauernde, gleichmäßige, stationäre Verhältnisse gegeben sind. Schließlich wird 3. das Überfüllen der sauerstoffarmen Lösung in das Analysengefäß vermieden; bei sehr kleinen Mengen und kleinen Ausschlägen könnte ja bei diesem Überfüllen durch Sauerstoffaufnahme aus der Luft ein Fehler entstehen. Diesen Vorteilen stehen gewisse Schwierigkeiten gegenüber: es muß vor allem geprüft werden, ob die Lösung dauernd mit Luft gesättigt, ob also genügende Sauerstoffversorgung der Zellen sichergestellt ist, und weiter, ob alle entstehende Kohlensäure gebunden wird. O. Warburg führte einige Versuche im physiologischen Institut in Cambridge bei Prof. Barcroft aus. In dem Analysengefäße, das bei der oben beschriebenen Methode benutzt wird, wurde ein kleines Gefäßchen angebracht und mit Normal-NaOH gefüllt. Wurde dann das Gefäß mit einer Suspension kernhaltiger Blutkörperchen versehen, an das Manometer angeschlossen, so wurde beim Schütteln, wie Kontrollen ergaben, alle ent- stehende Kohlensäure gebunden, und aus der Druckabnahme konnte der Sauerstoffverbrauch bestimmt werden. Ich beschreibe nun die Methode in der Anordnung, wie sie sich bei meinen Versuchen an überlebenden Tieren sehr bewährt hat und jeden- falls in weitem Umfange anwendbar ist. ’) Apparate. An das Barcroftsche Manometer wird ein Gefäß angeschlossen von der Form, wie sie Fig. 11 zeigt.2) Das Glasrohr (a), das mit dem Mano- 1) Vgl. Siebeck, Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 148. S. 443 (1912). 2) Die Gefäße werden von Glasbläser Greiner bei €. Desaga in Heidelberg vor- züglich geliefert, fast genau in der gewünschten Größe. Über die Größe s. 8. 38. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 3 54 R. Siebeck. meter, wie S. 22 beschrieben, verbunden wird, ist an seinem unteren Ende aufgetrieben und zu einem auf das Gefäß passenden Stöpsel zugeschliffen (b). Das Gefäß selbst ist kegelförmig; an seinem Boden ist ein kleines, unten geschlossenes Glasröhrchen (c) eingeschmolzen, in das man ein paar nicht ganz bis zum oberen Rande reichende Glaskapillaren setzt. Dieses (läschen dient zur Aufnahme der Lauge, die Kapillaren zur Vergrößerung ihrer Oberfläche. Diese Form der Gefäße ermöglicht sowohl leicht Sätti- gung der Lösung wie Absorption der gebildeten Kohlensäure. Zum Versuche wird über das äußere Ende des Röhrchens (ec) ein Gummischlauch gezogen (a Fig. 15), der im unteren Teile der Länge nach gespalten ist, so daß er gut federt. An diesen Fig. 11. Schlauch schlagen die Federn des Schüttelappa- l rates an (vgl. unten und Fig. 12). | Für manche Untersuchungen erschien es wichtig, während des Versuches, vor allem nach | dem Temperaturausgleich, Reagenzien an die || Zellen heranzubringen. Das ist leicht möglich, | wenn man an einer Seite der Gefäße eine kleine | Ausbuchtung anblasen läßt (Fig. 14), in die man die Reagenzien mit einer feinen Pipette füllt. Im gewünschten Augenblick läßt man die Flüssig- keit durch eine Kippbewegung überfließen. Es ist zweckmäßig, vor dem Übergießen den Schüttel- apparat abzustellen (vgl. unten), damit ein Über- fließen sicher vermieden wird. Die Gefäße werden in der gewöhnlichen Weise durch Wägung mit Wasser oder durch Druckdifferenz geeicht. Die Einrichtung des Thermostaten ist in Fig. 12 abgebildet. Die senkrecht stehende Achse («), die gut zentriert sein muß, wird durch Schnurlauf von einem Motor getrieben. Die Achse wird unten durch ein Lager in einem am Boden des Thermostaten liegenden Bleikreuze, oben durch ein verstellbares, am Thermostatengefäße befestigtes Stativ gehalten. In ihrem unteren Teile trägt die Achse sechs Windflügel (5) zur ener- gischen Mischung des Wassers im Thermostaten, in ihrem oberen Teile ein in der Höhe verstellbares Drahtkreuz (ce). An den Sprossen dieses Kreuzes sind, verstellbar, Spiralfedern befestigt, die nicht zu stark sein sollen, damit sie leichtem Drucke nachgeben. Dieser Apparat dient dazu, die in dem Thermostaten hängenden Gefäße dauernd zu schütteln. Man muß vor dem Versuche ausprobieren, ob die Einrichtung paßt. Man hängt dazu die mit dem Manometer verbundenen Gefäße wie ge- wöhnlich in den Thermostaten. Es ist gut, sie durch Korkstücke zwischen der Wand des Thermostaten und dem Halter der Manometer festzu- > aaa Kb a ne ET el nn a Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen ete. 35 klemmen. Nun befestigt man das Kreuz an der Achse genau in der Höhe der unteren Enden der Gummischläuche unten an den Gefäßen und stellt die Federn so ein, daß sie eben an die Schläuche anschlagen. Meist genügt es, wenn zwei Federn anschlagen. Es ist von ausschlaggeben- der Wichtigkeit, den Anschlag gut auszuprobieren, da davon das Gelingen des Versuches abhängt. Ist der Anschlag zu schwach, so wird zu wenig geschüttelt und die Lösung wird nicht gesättigt. Ist er Fig. 12. 7 D-r E A 2 A is iz ıB IB 8 8 ıe 13 8 | 'B '@ ie i i [ aber zu stark, so kann der Schliff oder die Schlauchverbindung gelockert werden, wodurch ein erheblicher Fehler entsteht, oder es kann auch vor- kommen, daß Lauge in die Lösung überläuft und den Versuch verdirbt. Mit einiger Sorgfalt läßt sich stets leicht das richtige Maß erreichen. Will man das Schütteln abstellen, so hängt man die Apparate etwas höher in den Thermostaten (durch Zwischenschieben eines Holzklotzes zwischen Haken und Thermostatenwand). Der Thermostat muß sehr gut reguliert werden. Um das zu erreichen, muß man vor allem für genügende Rührung im Wasser sorgen. 3* 36 R. Siebeck. Durch die Flügel an der Achse findet eine sehr energische Durch- mischung statt. Im Thermostaten muß stets ein Manometer mit Gefäß als Thermo- barometer angebracht sein. Dieses Gefäß braucht natürlich nicht ge- schüttelt zu werden. Aus den S. 50f. besprochenen Gründen empfiehlt es sich, namentlich wenn die Volumina der benutzten Gefüße klein sind, als Thermobarometer ein Gefäß von annä- herndgleicherGröße wie die anderen zu be- nutzen. Lösungen. Außer der Nährlösung, in der die Zellen unter- sucht werden sollen, Fig. 14. - 1 braueht man eine Tu Natronlauge, dieman in einer gut graduier- ten, unter Kohlesäuren- abschluß stehenden Bürette hält. — Über die Manometerfüllung S. 25. Ausführung eines Versuches. Die (refäße werden gut gereinigt und getrocknet. In das mit ein paar Kapillaren versehene Röhrchen (e) gibt man aus einer Bürette 0°2 cm? der n-NaOH-Lösung und pipettiert dann in das Gefäß 1—2 cm® der Nähr- lösung oder der Zellsuspension, die untersucht werden soll, oder setzt zu- letzt das überlebende Organ zu.!) Die gerichteten Gefäße werden an die mit dem Manometer verbundenen Stöpsel fest angedreht, bis im Schliff keine Drehung mehr möglich ist. Nun werden die Apparate mit offenem Manometerhahn in den Thermostaten gesetzt und an dessen Wand gut befestigt (durch zwischengeklemmte Korkstücke). Man wartet 10—15 Mi- nuten, bis die Temperatur ausgeglichen ist, stellt dann in dem mit dem (sefäbe verbundenen Manometerschenkel die Füllung auf die Marke ein und schließt den Hahn des Manometers. Die Zeit wird notiert. Während dem Verlaufe des Versuches muß man ab und zu kontrollieren, ob die Gefäße genügend und nicht zu stark geschüttelt werden. Man kann nun zu jeder beliebigen Zeit ablesen, indem man im geschlossenen Manometerschenkel auf die Marke einstellt und die Druckdifferenz im freien Schenkel abliest.?2) Man ') Bei Zellsuspensionen empfiehlt es sich, zur besseren Mischung ein paar Glasperlen zuzusetzen. Kleine Organe, die in der Lösung schwimmen, befördern selbst die Mischung. ?®) Es ist besser, zwischen den Ablesungen die Manometerflüssigkeit so ein- zustellen, daß die Druckdifferenz zwischen den Gefäßen und der Luft nicht zu groß ist. ee en , ö w Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen ete. 37 muß natürlich stets gleichzeitig am Thermobarometer ablesen. Die Aus- schläge am Thermobarometer sind bei dieser Methode meist größer, da in der längeren Versuchszeit Temperatur und vor allem Barometerstand sich mehr ändern können als während der kürzeren Dauer der Analysen bei der anderen Methode. Die Berechnung des Sauerstoffverbrauches entspricht genau der bei der oben beschriebenen Methode. i PıV - pP h ; (6 „-Vverbr: Se en Ann );-Verbrauch (1 + xt). 10.000 (+ 10.000 ) wenn v der Gasraum im Gefäße, F die Menge der zugesetzten Lösung, a der Absorptionskoeffizient der Lösung für Sauerstoff, p die Druck- abnahme (abgelesene Druckabnahme minus Ausschlag des 'Thermobaro- meters) ist. F.a.p kann meist vernachlässigt werden. Vgl. S. 31. Kontrollversuche. ') 1. Es muß geprüft werden, ob durch das Anschlagen der Federn nicht eine Volumenänderung des (sasraumes verursacht wird (Lockerung des Stopfens oder der Schlauchverbindung). Man macht einen blinden Ver- such. Bei guter Anordnung ändert sich der Druck in mehreren Stunden nicht merklich. (Thermobarometer!) 2. Wird alle entstehende Kohlensäure gebunden? Man führt folgen- den Versuch aus: In das Röhrchen wird wie gewöhnlich NaOH gegeben, in das Gefäß statt der Nährlösung 2 cm? 9, "Salzsäure, die bei der Thermostatentemperatur mit Luft gesättigt ist. Zudem stellt man in das Gefäß ein kleines U-Röhrchen, in das man ein paar Tropfen einer Na- triumbikarbonatlösung saugt, in der Weise, dal» beide Lösungen zunächst nicht in Berührung miteinander kommen. Die Apparate werden wie ge- wöhnlich in den Thermostaten gehängt, Temperaturausgleich wird abge- wartet. Zur Kontrolle wird der Hahn des Manometers geschlossen und ge- prüft, ob der Druck sich nicht ändert. Dann wirft man durch eine Schüttel- bewegung das U-Röhrchen um, es entwickelt sich dann sofort Kohlensäure, was an dem raschen Druckanstieg erkannt wird. Man kann dann feststellen, ob und in welcher Zeit der Druck zur ursprünglichen Höhe absinkt. Nach meinen Versuchen wird eine einem Überdrucke von etwa 90 mm Wasser entsprechende Kohlensäuremenge in 45 Minuten vollständig gebunden. 3. Ist die Nährlösung im Gefäße stets mit Luft gesättigt? Wie ich auf S. 20 ausgeführt habe, ist genügende Sauerstoffversorgung eine Grund- bedingung der Versuche. Zur Entscheidung führt man ganz entsprechende Versuche mit 1 und mit 2 cm® der Nährlösung aus. Überlebende Organe müssen in beiden gleichen Sauerstoffverbrauch haben. Von Zellsuspensionen !) Vgl. Siebeck, 1. e. S. 507 ff. 33 R. Siebeck. nimmt man verschiedene Mengen und untersucht, ob entsprechende Mengen Sauerstoff verbraucht werden. Findet man in beiden Fällen übereinstim- mende Werte, so kann man schließen, daß kein Fehler durch ungenügende Sättigung entstanden ist. Vor allem ist zur Kontrolle wichtig, daß in länger dauernden Versuchen der Sauerstoffverbrauch gleich bleibt. Ich fand z. B. in einem Versuche mit überlebenden Froschnieren in 12 Stunden keine merkliche Änderung des Sauerstoffverbrauches. Fehlerquellen. Wenn die besprochenen Kontrollen ausgeführt werden, so ist der Fehler bei Doppelbestimmungen nie größer als der Ablesungsfehler. Es käme höchstens noch eine Undichtigkeit des Apparates in Betracht, die hier natürlich noch viel mehr stört, als bei der ersten Methode. Man kann sich leicht von der Diehtigkeit überzeugen, wenn man blinde Versuche über längere Zeit ausdehnt und öfters wiederholt, eventuell auch mit dauerndem Unterdrucke. Es ist wichtig, daß zu Beginn des Versuches die Luft im Gefäße keine Kohlensäure enthält. Durch die langsame Absorption der vorhandenen Kohlensäure kann eine Druckabnahme vorgetäuscht werden. Die Größe der Gefäße ist nach der Aufgabe einzurichten. Für Versuche an Froschnieren und für solche mit Seeigeleiern haben sich Ge- fäße von etwa 13 cm® Inhalt sehr gut bewährt. III. Bestimmung der Kohlensäureentwicklung.') Prinzip der Methode. 1. Um die Kohlensäurebildung in Zellen zu bestimmen, muß man stets die Differenz der am Ende und am Anfang des Versuches in der Zellsuspension enthaltenen Kohlensäuremenge bestimmen, also: (präfor- mierte + gebildete CO,) — (präformierte CO,). Man bestimmt in gleichen Mengen des gleichen Materiales die Kohlensäure, in einer Portion vor dem Versuche, in einer anderen Portion, nachdem die Zellen eine bestimmte Zeit geatmet haben. Es ist nämlich nicht möglich, die Kohiensäureentwick- lung aus der Kohlensäureabgabe zu bestimmen, da diese von all den Momenten abhängig ist, die das Säurebasengleichgewicht bestimmen. 2. Die in der Zellsuspension enthaltene Kohlensäuremenge wird mit Säure angetrieben, in einer bekannten Menge Lauge als Vorlage aufge- fangen und titriert.?) 3. Es muß) peinlich vermieden werden, daß während der Bestimmung Kohlensäure aus der Luft aufgenommen wird. !) Vgl. Warburg, Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 81. S. 202 (1912). ?) Modifikation der früher mitgeteilten Methode: vgl. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 61. S. 261 (1909). — Vgl. auch dieses Handbuch. Bd. 3. S. 613. ce Me ee en re a a Lu u Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen etc. 39 Apparate. Die Anordnung ist aus Fig.15 zu ersehen. Ein diekwandiger Rund- kolben (a) aus Jenaer Glas von 1—1'/, / Inhalt ist mit einem dreifach durch- Fi bohrten Gummistopfen (b) verschlossen. Durch den Stopfen führt ein Glas- t ® rohr bis nahe zum Boden des Gefäßes (ce). Dieses Glasrohr führt außer- halb des Gefäßes zu einem mit Natronkalk gefüllten U-Rohr (e) und weiter (auf der Figur nicht gezeichnet) zu einer mit starker Kalilauge gefüllten Ir, Was chflasche mit ee A = u — _ Waschflasche. Zwischen das U-Rohr und den Rundkolben ist ein Glas- hahn (d) und außerdem eine kleine Glaskugel eingeschaltet. Durch dieses Rohr wird die Luft eingeleitet, Kalilauge und Natronkalk binden alle in _ der zugeleiteten Luft enthaltene Kohlensäure. Der Gummistopfen (b) wird weiter von einem zweiten Glasrohre durchbohrt, das kurz unterhalb des Stopfens endigt und außerhalb des Gefäßes zu einem Fülltrichter mit Hahn führt (f). Das dritte Glasrohr, das den Stopfen durchbohrt und ebenfalls - kurz unterhalb desselben endigt, dient zum Absaugen der Luft (g). Damit keine Spuren von Flüssigkeit mitgerissen werden, ist das Rohr zu einer 40 R. Siebeck. Kugel aufgetrieben (wie die Destillationsrohre für Kjeldahlbestimmung, vgl. Fig. 15). Dieses Rohr, in das ebenfalls ein -Glashahn eingeschaltet ist, führt zu der Vorlage (h). Als Vorlage wird eine Waltersche Flasche aus Quarz!) benützt; die Spirale, durch die die Luft geführt wird, dient zur Vergrößerung der Berührungsfläche Luft : Flüssigkeit. Die Waltersche lasche wird durch ein Stativ in einem Wasserbade gehalten. Durch den doppeltdurchbohrten Gummistopfen, mit dem die Vorlage verschlossen ist, sind die beiden Ausläufe der Pipetten geführt. (Die Pipetten sind auf der Figur nicht mehr abgebildet.) Von der Vorlage führt die Leitung?) weiter zu einer Waschflasche, die mit starker Kalilauge gefüllt ist, und zu dem Aspirator. Statt der Waschflasche kann man auch zweck- mäßig ein U-Rohr nehmen, das so weit mit Kalilauge gefüllt ist, daß die Lauge eben abschließt, d.h. in den beiden Schenkeln steht. Als Aspirator wird eine große, mit Wasser gefüllte Flasche (10 7) benützt, die mit einem doppeitdurchbohrten Gummistopfen verschlossen ist. Das eine Glasrohr, das diesen Stopfen durchbohrt, ist mit dem Apparate verbunden und endet kurz unterhalb des Stopfens. Das andere Glasrohr führt bis zum Boden der Flasche, ist außerhalb der Flasche zweimal rechtwinklig umgebogen und dient als Heber zum Ablassen des Wassers. Zur Regulation des Abflusses. und damit des Luftstromes, der durch den Apparat gesogen wird, ist an den Heber ein Gummischlauch mit Quetschhahn angeschlossen. Für die Bestimmungen werden folgende Lösungen gebraucht: 1. 10°/,ige Phosphorsäure. BEER 100 läßt es unter CO,-Abschluß stehen. Zweckmäßig wird das Barytwasser so n 100 n-BaOH-Lösung; man löst das Baryt in kochendem Wasser und HCl entspricht. hergestellt, daß etwa 1 cm? 15 cm? on n-HCl-Lösung, die in einem Liter 2 cm® 0'3°/,ige alkoholische Phenolphtaleinlösung enthält. Zur Herstellung wird m n-Salzsäure mit aus- gekochtem Wasser auf das 1Ofache verdünnt. Die Salzsäure mul genau sein, das Barytwasser wird auf die Salzsäure eingestellt. Titerstellung: Man muß solche Mengen nehmen, dab der Umschlag etwa bei der gleichen Verdünnung stattfindet, wie bei dem Versuche. Man titriert bei kohlensäurefreiem Luftstrome in der Walterschen Flasche. 3. Ausführung eines Versuches. Vor der Bestimmung wird etwa 10 Minuten lang Luft durch den Apparat gesaugt, um die kohlensäurehaltige Luft auszuspülen. Es genügt, '), Geliefert von The Siliea Ltd., 82 Halton Garden, London. Die Waltersche Flasche muß aus Quarz sein, da Jenaer Glas beim Erwärmen etwas Säure, gewöhnliches Glas etwas Lauge abgibt. ®) In Fig. 15 ist die Leitung vereinfacht aus einem Stücke gezeichnet. Die Walter- sche Flasche wird durch kurze, diekwandige Gummischläuche (Diffusion der CO,) eingeschaltet. u Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen ete. 41 etwa das doppelte Volumen des Apparates durchzusaugen, das Volumen kann an dem aus dem Aspirator ausfließenden Wasser leicht gemessen werden. Dann füllt man aus der Bürette Baryt ein, für Versuche an Blut- körperchen am besten 25 cm? und saugt sehr langsam Luft durch. Durch den Trichter wird in den Rundkolben eine gemessene Menge der Zellen eingefüllt. In der ersten Bestimmung läßt man nun die Zellen eine passende Zeit lang atmen, bei konstanter, bekannter Temperatur, in der zweiten wird die Kohlensäure sofort nach Einfüllen der Zellen bestimmt. Während der Atmung wird durch das Durchleiten der Luft Sauerstoff zugeführt und etwas Kohlensäure in die Vorlage übergeführt. Zur Austreibung der Kohlen- säure aus den Zellen läßt man aus dem Trichter etwa 50 cm Phosphor- säure einfließen!) und fügt etwa 20 cm3 Alkohol hinzu, um das Schäumen zu vermeiden. Die Vorlage wird auf 60° erwärmt. Nun saugt man rascher Luft durch, etwa 150 cm® in der Minute. Bei dieser Anordnung kann man sicher sein, dal bei Kohlensäuremengen von 10—15 mg in einer Stunde alles ausgetrieben und absorbiert ist. Man kühlt die Vorlage ab und titriert mit der gl die den Indikator enthält. Berechnung des Resultates. Wenn in beiden Bestimmungen gleich viel Baryt vorgelegt wird, entspricht die gebildete Kohlensäuremenge der Differenz der in beiden Bestimmungen bis zum Umschlag zugesetzten Salzsäure. FOR 2. E ® e 1 Beispiel: Man legt 25 cm3 BaOH vor, die 275 cm3 IT n-HCl ent- sprechen sollen. Man muß nach der Atmung 20°5 cm® HCl zusetzen, bei der Bestimmung ohne Atmung 23°5 cm3, so ist die gebildete Kohlensäure > 2 3 il gleich 235—205 = 3 cm? TR: Der Fehler bei der Methode ist gleich dem Ablesungsfehler gleich 01 cm3 a:e) = 005 mg CO,. 1mg Kohlensäure kann also etwa auf 5°/, genau bestimmt werden. Anhang: Für einfache, orientierende Versuche kann die Atmungs- kohlensäure durch folgende Anordnung gemessen werden: man setzt zwei Versuche zur Bestimmung der Oxydationsgeschwindigkeit nach der zweiten Methode an, läßt aber in einem davon die Natronlauge zur Absorption der Kohlensäure weg. Die Differenz des Ausschlages in den beiden Ver- suchen entspricht der gebildeten Kohlensäure. Man muß allerdings be- denken, daß die abgegebene Kohlensäure nicht immer der gebildeten gleich ist (je nach den Lösungsbedingungen). !) Nach den Versuchen von Warburg wird die Kohlensäure aus wässerigen Lösungen, auch wenn sie reichlich Eiweiß enthalten, schon bei Zimmertemperatur in relativ kurzer Zeit durch einen ÜO,-freien Luftstrom völlig herausgenommen (War- burg, ]. c.). 42. R. Siebeck. IV. Messung der Gärungsgeschwindigkeit an Hefezellen oder -preßsaft.') Prinzip der Methode. Die bei der Gärung entstehende Kohlensäure wird durch den Über- druck gemessen, der in einem mit einem Manometer abgeschlossenen Ge- fäße entsteht. Der Sauerstoffverlust und die Kohlensäurebildung durch die Oxydationsprozesse können aus folgenden Gründen vernachlässigt werden: 1. Beide gleichen sich sehr annähernd aus, da ungefähr ebensoviel Kohlensäure entsteht, als Sauerstoff verbraucht wird. 2. Die Atmungskohlensäure beträgt überhaupt im ganzen nur !/- der Gärungskohlensäure. 3. Nur die oberflächlichen Partien werden bei den Ver- suchen mit Sauerstoff versorgt. die tieferen leiden unter Sauer- stoffmangel, so dab für diese Oxydationsprozesse überhaupt nicht in Frage kommen. Fig. 16. Apparate. Man benützt ähnliche Gefäße wie die Analysengefäße bei der ersten Methode zur Bestimmung der Oxydationsgeschwin- diekeit, die aber in diesem Falle zweckmäßig in solcher Größe hergestellt werden, daß sie als Zentrifugengläser in die Zentri- fuge passen (vgl. Fig. 16). Diese Gefäße werden wie bei jener Methode an die Barcroftschen Manometer angeschlossen. Die Gefäße haben einen Inhalt von etwa 50 cm?. Ausführung eines Versuches. Eine passende Menge (z.B. 2 cm?) einer Suspension ?) von Hefezellen wird in die Gefäße gebracht, mit der zu untersuchen- den Lösung wird bis zu einem bestimmten Volumen aufgefüllt, dann zentri- fugiert, abgehebert und nochmals ausgewaschen. Das Auswaschen wird dreimal wiederholt.3) Zuletzt wird wieder bis auf die ursprüngliche Menge (2.cm®) abgehebert. Die Gefäße werden nun an die mit den Manometern verbundenen Stöpsel fest angeschlossen (wie bei den anderen Methoden), die Apparate werden dann in einen Thermostaten von etwa 24° gehängt; nach dem Temperaturausgleich werden die Hähne der Manometer geschlossen; man schüttelt nun die Gefäße und läßt die entstandene Druckzunahme durch 1) Vgl. Dorner, Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 81. S. 99 (1912) (unter War- burg). ?) Die Suspension enthält nach Dorner zweckmäßig 1 g Preßhefe in 40 cm®. ») Das Auswaschen ist, wie schon ausgeführt, vor allem dann nötig, wenn die Lösung Bestandteile enthält, die in den Zellen angehäuft werden. Be Ye a en A a Messung der Oxydations- und Gärungsgeschwindigkeit in Zellen etc. 43 Öffnen der Hähne wieder ausgleichen. Man wiederholt das so lange, bis die Druckzunahme beim Schütteln nicht mehr als 1-—-2 Striche ‘beträgt. Nun stellt man die Manometerflüssigkeit im offenen Schenkel auf die Marke O ein, schließt die Hähne und läßt die Apparate eine passende Zeit ruhig im Thermostaten hängen, meist !/,—1 Stunde. Nach dieser Zeit schüttelt man wieder bis zum Druckausgleich, stellt auf die Marke ein und liest ab. | Man muß bei den Versuchen stets zur Kontrolle der Temperatur und des Luftdruckes ein Thermobarometer benützen. Berechnung der Ergebnisse. Die entstandene Kohlensäure wird aus der Druckzunahme berechnet. Die richtige Druckzunahme ergibt sich (in der üblichen Weise) aus der Differenz der abgelesenen Druckzunahme und dem gleichsinnig abgelesenen Ausschlage des Thermobarometers. Die entstandene Kohlensäuremenge beträgt p.v alpin) 10.000. (1 + at) ” 10.000 wenn p die Druckzunahme, v das Volumen in dem die Druckzunahme entstanden ist (Volumen des Gefäßes + Verbindung mit dem Manometer — eingefüllte Flüssigkeit), t die Temperatur, a der Absorptionskoeffizient für Kohlensäure bei der Versuchstemperatur und F das Volumen der Lösung ist. Fehler. Die Methode ist schon bei einem Ausschlage von etwa 100 mm Druckzunahme auf etwa 5°/, genau. Die Versuchszeiten dürfen aber nicht zu lange gewählt werden, weil sonst Vermehrung der Zellen in unberechenbarer Weise das Resultat beeinflußt. BR. 3%. pr.oH —— ist die Korrektur für die absorbierte Kohlensäure. 10.000 ; + Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. Von Edgard Zunz, Brüssel. Die Untersuchung des Mageninhaltes wird entweder in nüchternem Zustande oder einige Zeit nach Einnahme einer Mahlzeit vorgenommen, welche entweder im nüchternen Zustande oder nach künstlicher Entleerung des Magens gegeben wird. Die Zusammensetzung der Mahlzeit und die Zeit, nach welcher der Mageninhalt mittelst der Schlundsonde oder auf andere Weise entnommen wird, wechseln je nach dem Zwecke der Untersuchung. I. Probemahlzeiten. Um möglichst vergleichbare Ergebnisse beim Menschen zu erzielen, hat man verschiedene Probemahlzeiten mit stets gleicher Zusammensetzung vorgeschlagen. Am meisten empfohlen wird das Ewald-Boassche Probefrühstück!t), welches aus 30 bis 50 g Weißbrot oder Zwieback und 400 cm® Wasser oder schwachen Tees (ohne Milch, aber mit etwas Zucker) besteht. Der Mageninhalt wird dann gewöhnlich nach einer Stunde entnommen. L. Georges?) fügt zum Ewald-Boasschen Probefrühstücke 2 weich- gesottene Eier. De Renzi®) verabreicht 2 weichgesottene Eier, 50 g Brot und ein Glas Wasser. Albert Robin*) gibt ein halbes hartgekochtes Ei, 60 g Weißbrot und 200g Wasser bei Zimmertemperatur. Jaworski und Gluzinski°) lassen die Versuchsperson das Weiße von einem bis 2 hartgekochten Eiern und 100 cm? destillierten Wasser bei Zimmertemperatur morgens nüchtern einnehmen. Ritter und Häörsch®) ziehen als Probefrühstück 500 g Milch, ') 0. A. Ewald, Klinik der Verdauungskrankheiten. 3. Auflage. Berlin 1890. — I. Boas, Über einige Fehlerquellen der Mageninhaltsuntersuchung. Berliner klin. Wochenschr. Festschr. für €. A. Ewald. 30. Okt. 1905. S. 7—11. ®) L. Georges, De l’analyse chimique du contenu stomacal. Arch. de med. exper. et d’anat. pathol. T. 2. p. 717—749 (1889). 3) De Renzi, zitiert nach H. Koeitlitz, Contribution ä la physiopathologie de l’estomac. Bruxelles 1908. *) Albert Robin, Les maladies de l’estomae. Paris 1900. p. 33. 5) W. Jaworski und (€. A. Gluzinski, Experimentell-klinische Untersuchungen über den Chemismus und Mechanismus der Verdauungsfunktion des menschlichen Magens im physiologischen und pathologischen Zustande, nebst einer Methode zur klinischen Prüfung der Magenfunktion für diagnostische und therapeutische Zwecke. Zeitschr. f. xlin. Med. Bd. 11. S. 50—98 und 270—293 (1886). 6) Ritter und Hirsch, zitiert nach Albert Robin, loe. eit. Methodik der Mageninbhaltsuntersuchung. 45 2 Eier und Weißbrot vor. Germain See‘) gibt der Versuchsperson 60 bis 100 g Fleisch, 100 9 Weißbrot und ein Glas Wasser. Meunier?) verabreicht der Versuchsperson 60 y Brot, 550 em? Wasser und 30 cm? Ferrisulfatlösung, was 30 mg Eisen entspricht. Rowr und Laboulais®) geben als Probefrühstück 60 g Brot und 400 cm? einer 05 bis 1°/,.,igen Hydrodinatriumphosphatlösung. Als Fettzwiebackfrühstück bezeichnen Strauss und Leva*) eine aus 400 cm Tee (ohne Zucker oder Milch) und 50 9 Zwieback mit kon- stantem Fettgehalte bestehende Probemahlzeit. Der tetthaltige Zwieback?°) wird durch Zusatz einer genau abgewogenen Buttermenge zu einem genau bestimmten Mehlgewichte, stets gleichmäßige Verarbeitung der Brotmasse zu Zwiebacken, Trocknen bei bestimmter Temperatur während ungefähr 1'/, Stunden und sofortige Verpackung in 50 g-Päckchen dargestellt. 50 9 dieses Zwiebackes enthalten durchschnittlich 5—6 g Fett. Als milchsäurefreie Probekost gibt Boas®) der Versuchsperson eine aus einem Eßlöffel Knorrschem Hafermehl und ?/, Liter Wasser be- reiteten Mehlsuppe mit Kochsalzzusatz nach Belieben. Als Probefrühstück verabreicht Godart-Danhieux) in 400 bis 500 cm? Wasser verdünnten Hafergrützenabguß mit oder ohne ein Ei. Statt diesen aus fester Nahrung und Flüssigkeit bestehenden Probe- frühstücken hat man auch Trockenprobefrühstücke für gewisse Zwecke vorgeschlagen. Als Trockenprobefrühstück läßt Sahli?) die Versuchsperson ein trockenes Brötchen einnehmen, Boas®) 5 trockene Albertbiskuits. Andrerseits verabreicht man auch flüssige Probefrüstücke. Dazu benutzen Jaworski und Gluzinski?) 200 bis 300 em® destillierten 1) Germain See, zitiert nach Albert Robin, loc. eit. ?2) L. Meunier, Nouvelle methode permettant l’etude de la motilite et le dosage des @l&ments du suc gastrique. Compt. rend. de la Soc. de Biol. T. 56. p. 18—19 (1904). 3) J. Ch. Roux et Laboulais, Nouvelle methode pour caleuler la rapidite d’eva- cuation de l’estomac. Compt. rend. de la Soc. de Biol. T. 55. p. 1700-7001 (1903). — Sur un proced& permettant d’apprecier la rapidite d’evacuation de l’estomae et l’abondance de la seeretion. Journ. de Physiol. et de Pathol. gener. T. 5. p. 225—240 (1904). — Cramer, Des avantages de l’addition du phosphate disodique au repas d’Epreuve, These .de Geneve (1905). *) H. Strauss und J. Leva, Untersuchungen über die Motilität des menschlichen Magens mittelst des Fettzwiebackfrühstückes. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 65. S. 161—192 (1908). — Ed. Schenck und F. Tecklenburg, Über die Strauss-Levasche Motilitätsprü- fung des Magens mittelst des Fettzwiebackfrühstückes. Münchener med. Wochenschr., Bd. 65. S. 338—340 (1909). 5) I. Boas, Über das Vorkommen von Milchsäure im gesunden und kranken Magen nebst Bemerkungen zur Klinik des Magenkarzinoms. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 25. S. 285—302 (1894). 6) F. Godart-Danhieux, Le röle du ferment salivaire dans la digestion. Ann. de la Soc. roy. des Sc. med. et nat. de Bruxelles. T. 7. fase. 1. p. 1—132 (1898). ?), H. Sahli, Lehrbuch der klinischen Untersuchungsmethoden. 6. Aufl. Bd. 1. 8.635. Leipzig und Wien 1913. 8) I. Boas, Über digestiven Magensaftfluß. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 33. $. 135—138 (1907). °) W. Jaworski und (Ü. A. Gluzinski, loe. eit. 46 Edgard Zunz. Wassers bei Zimmertemperatur, Koettlitz!) 400 cm destillierten Wassers, Talma?) eine genau neutralisierte 3°/,.ige Lösung Liebigschen Fleisch- extraktes in lauwarmem Wasser, Kuyjer‘?) dieselbe Lösung mit Zusatz von 05 bis 1°/, P205 in Gestalt von Hydrodinatriumphosphat (Na?H PO®), Schalij*) eine nach genauer Neutralisation auf einem Salzsäuregehalt von 2°/,, gebrachte Lösung von 10 9 Liebigschen Fleischextraktes in 1/2 Wasser. Mintz®) bereitet als Grundflüssigkeit eine filtrierte, sterilisierte Lösung von 100 9 Liebigschen Fleischextraktes in 500 em? kochenden de- stillierten Wassers. Bei Verdünnung mit, 100 em3 Wasser geben 5 cm? der Grundlösung eine Flüssigkeit, deren Azidität 16—18 Grade (vgl. S. 62) ungefähr entspricht. Man verteilt diese Grundlösung in Reagensröhren, so daß in jeder derselben die für ein Probefrühstück erforderliche Menge enthalten ist, deren Azidität 16 bis 18 Grade entsprechen muß. Diese Reagenzröhren werden mit der Bouillon sterilisiert, so daß man sie im sterilen Zustande bis zur Bereitung des eigentlichen Probefrühstückes auf- bewahren kann. Gleich vor Einnahme des Probefrühstückes werden zum Inhalte einer Reagensröhre 2 g Kochsalz sowie 3 cm3 einer 1Oprozentigen Lösung von Ferrum ammoniacoeitricum gefügt. Durch Zusatz von warmem Wasser bringt man die Gesamtflüssigkeit auf ein Volumen von 475 cm». Die Lösung von Ferrum ammoniacoeitrieum wird unter Zusatz einiger Chloroformtropfen an dunklem Orte aufbewahrt. Die Versuchsperson er- hält 450 em3 des Möntzschen Probefrühstückes. während die übrigen 25 em? zur Konirolltitrierung benutzt werden. Die Ausheberung des Mageninhaltes erfolet nach 25 bis 50 Minuten. Das Leube-Riegelsche Probemittagessen®) besteht aus 400 em? Rindfleischsuppe, 200 4 Beeisteak, 50 g Brot und 200 cm® Wasser. Dieses Probeessen wird der Versuchsperson zur Zeit der Einnahme ihrer Haupt- mahlzeit verabreicht. Der Mageninhalt wird 3 bis 7 Stunden, meistens 31/, bis 4 Stunden nach der Einnahme dieser Probekost ausgehebert. Das Kussmaulsche Probemittagessen?’) besteht aus 250 cm3 Schleimsuppe, 200 g Kartoffelbrei und 200 4 gut zerkleinerten Fleisches. Der Mageninhalt wird 3 Stunden nach dieser Mahlzeit ausgehebert. ') H. Koettlitz, Contribution & la physiopathologie de l’estomac. Bruxelles 1908. >?) S. Talma, Over het onderzoek naar de afscheiding van zoutzuur door den maagwand. Ned. Tijdschr. voor Geneesk. 1895. 2. Deel. B. 416—420. 3) /.H. Kuyjer, Onderzoek der Maagfunktie net phosphaathoudenden Proefbouillon. Ned. Tijdschr. voor Geneesk. 1909. 2. Deel. B. 715—739. 4) F. A. Schalij, Over zoutzuurbepaling van het maagsap. Ned. Tijdschr. voor Geneesk. 1907. 2. Deel. B. 1130— 1140. °) S. Mintz, Zur Frage des Chemismus des Magens. Ein neues Probefrühstück. Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 104. S. 481—511 (1911). 5) W, Leube, Spezielle Diagnose der inneren Krankheiten. 4. Aufl. Bd.1. S. 249. Leipzig 1895. — Riegel, Die Erkrankungen des Magens. 1908. ’) @. Lefmann, Die Funktionsprüfung des Magens nach Probekost. Wies- baden 1911. S. 4. Er SE ul a I Zu I A VER TE ’ Be a U a a 7 a Addie Ki ia 2 a en an u isn. ı Sf To m aa Ba a 2 Zu ad Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 47 Das Boassche Probeabendessen!) hat folgende Zusammensetzung: 100 g Weißbrot, etwas Butter und kaltes Fleisch, 400 em? Tee (ohne Milch, aber mit etwas Zucker). Diese Mahlzeit wird abends verabreicht. Der Mageninhalt wird gewöhnlich nach ungefähr 12 Stunden, früh nüchtern, entnommen. Bourget?) schlägt vor, zur Prüfung der Magensaftabsonderung drei Probeessen nacheinander der Versuchsperson zu verabreichen. Um 8 Uhr morgens erhält diese als Probefrühstück 100 g Brot und 200 cms Milch oder Tee (mit Milch und Zucker); 2 Stunden später wird der Magenin- halt entnommen. Um Mittag nimmt die Versuchsperson als Probemittag- essen 200 cm® Bouillon, 80 g Fleisch und 100 9 Brot oder Mehlspeise; 3 Stunden später wird der Mageninhalt entnommen. Um 7 Uhr abends verabreicht man der Versuchsperson 200 em Suppe oder Tee mit Milch, 2009 mit Milch bereiteten Reises, 100 g Brot, 6 gekochte gedörrte Pflaumen; 1 Stunde vor der gewöhnlichen Frühstückszeit wird am anderen Morgen der Mageninhalt entnommen. Sahli und Seiler) verabreichen ein Mehlsuppenfrühstück, welches auf folgende Weise bereitet wird: In einer eisernen Pfanne oder einer Nickelschale werden 25 g Mehl und 15 g Butter unter sehr sorefältigem Umrühren bei intensiver Hitzeeinwirkung auf offenem Feuer bis zur braunen Färbung eines sehr dunklen Milchkaffees geröstet und nachher unter fort- währendem Umrühren und langsamem Wasserzusatz auf zirka 350 em3 verdünnt. Nun läßt man diese Mischung noch weitere 5 Minuten unter Ersatz des verdampften Wassers kochen und setzt dann etwas Kochsalz hinzu, um eine angenehm schmeckende Mehlsuppe zu erhalten, welche eine gleichmäßige Fettemulsion darstellt. Von dieser Mehlsuppe erhält die Ver- suchsperson morgens nüchtern 300 g; die übrige Suppe dient zur Kontroll- fettbestimmung. Nach 1 Stunde wird der Mageninhalt ausgehebert. Statt des Mehlsuppenfrühstückes verwendet neuerdings Sahli*) eine Eigeibbouillonsuppe. Um sie darzustellen, verrührt man 2: von jeder Eiweißbeimischung sorgfältig geschiedene Eidotter mit zirka einem EB- löffel Wasser in einer Tasse mittelst eines Löffels bis zur Erhaltung einer völlig homogenen Mischung. Darauf wird unter stetigem Umrühren ein Maggi-Bouillon- oder besser ein Teston-Bouillon-Würfel mit 315 em® Wasser in einem Emailpfännchen auf der Spiritus- oder Gasflamme aufgelöst. Im Augenblicke, wo die so hergestellte Bouillon eben zu kochen anfängt, giebt man davon unter Umrühren eine kleine Menge zur Eigelbmischung (zirka !/, der Eigelbmasse), um das Eigelb vorzuwärmen und noch etwas weiter zu verdünnen. Hierauf wird sofort die ganze Eigelbmischung rasch und auf ) I. Boas, Zur Kenntnis der mechanischen Insuffizienz des Magens. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 20. S. 576—578 (1894). 2) L. Bourget, Les maladies de l’estomae et leur traitement. Paris 1907 p- 26. u. ff. 3) H. Sahli, loc. eit. Bd. 1. S. 639 u. ff. *#) H. Sahli, loe. eit. Bd. 1. S. 656 u. ff. AS Edgard Zunz. einmal unter kräftigem Umrühren in die kochende Bouillon gegossen, wo- durch das Kochen aufhört. Nun erwärmt man noch kurze Zeit unter fort- währendem Umrühren weiter, bis ein Aufsteigen von Blasen und das be- ginnende Stoßen der Flüssigkeit aufs neue den Anfang des Kochens ver- rät. Die Suppe wird sofort rasch vom Feuer entfernt, also unter Ver- meidung eines länger dauernden und vollständigen Kochens. Man verab- reicht 300 cm3 der so hergestellten Eigelbbouillonsuppe der Versuchsperson, während die übrige Suppe zur Kontrolliettbestimmung aufbewahrt wird. Die Ausheberung des Mageninhaltes erfolgt 1 Stunde nach Einnahme der Eigelbbouillonsuppe. Schlaepfer‘) bereitet als Probekost eine mit Neutralrot gefärbte Suppe. 400 cm3 Wasser werden mit 30 9 Weizenmehl umgerührt. Nach Zusatz von 49 Kochsalz und von 9 gekochter Butter wird gekocht. Bei Ab- kühlung auf zirka 50° C fügt man 30 cm® (30 9) Eiereiweiß hinzu und nachher noch 9 cm? einer O'5prozentigen Neutralrotlösung. Ein Teil der Suppe dient als Kontrollprobe zur kolorimetrischen Bestimmung des Neu- tralrotgehaltes. Inouye und Muguruma:) verabreichen der Versuchsperson eine Mehl- suppe mit bekanntem Jodkaliumgehalte, von welcher ein Teil als Kontroll- probe aufbewahrt wird. Sahli®) schlägt auch den Ersatz vor der butyro- metrischen Methode (Mehlsuppe oder Eigelbbouillonsuppe) durch einen Jodkaliumzusatz zu einem brei- oder suppenförmigen Probefrühstück. Gegen alle Probemahlzeiten werden wichtige Einwände gemacht. Vor allem hebt man auf diese Weise mehr oder minder vollkommen die Parelorwesche psychische Magensaftabsonderung auf.*) Deshalb hat man auch empfohlen, als Probekost eine sogenannte „Appetitmahlzeit“ >), zu ver- abreichen. Als Appetitmahlzeit bezeichnet man eine durch freie Wahl der Versuchperson, ohne Kenntnis der späteren Ausheberung, genommene Mahl- zeit. Man erzielt zwar mittelst einer solchen Appetitmahlzeit physiologischere Ergebnisse als mittelst der verschiedenen Probefrühstücke oder Probemahl- zeiten, aber die Beurteilung dieser Ergebnisse gestaltet sich äußerst schwierig wegen dem Fehlen von Vergleichsuntersuchungen bei verschiedenen Versuchspersonen für jede dieser „Appetitmahlzeiten“. In fetthaltigen Probemahlzeiten, wie die Sahlische Suppe, setzt das Fett die Magensaft- absonderung mehr oder minder herab. !) Schlaepfer, Eine neue Methode zur Funktionsprüfung des Magens. Münchener med. Wochenschr. Bd. 55. S. 1865 —1869 (1908). 2) Z. Inouye und N. Muguruma, Über eine Methode der Isolierung des reinen Magensaftes aus dem Mageninhalt. Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 14. S. 15— 24 (1908). 3) H. Sahli, loc. eit. S. 658 u. ff. +) K. Grandauer, Der hemmende Einfluß der Psyche auf die Sekretion des menschlichen Magens und seine Bedeutung für die diagnostische Verwertbarkeit des Probefrühstücks. Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 101. S. 302—332 (1911). 5) H. Curschmann, Über die „Appetitmahlzeit* als Probeessen. Verh. d. XXVIH. Kongr. f. inn. Med. Bd. 27. S. 323—332 (1910). Fe Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 49 Nach Würz!) liefert die Kussmaulsche oder Leube-Riegelsche Probe- mahlzeit den stärksten Reiz für die Magensaftabsonderung, dann kommt die Sahlische Suppe und endlich das Ewald-Boassche Probefrühstück. Zur richtigen Beurteilung der Magenwirksamkeit beim Menschen bedarf man Würz zufolge dieser 3 Verfahren; /nouye und Muguruma zufolge ist hin- gegen der Sekretionsreiz der Mehlsuppe viel geringer als der des Kirald- Boasschen Probefrühstücks. II. Gewinnung des Mageninhaltes. Der Mageninhalt wird meistens mittelst der Schlundsonde beim Menschen oder beim lebenden Säugetier gewonnen. Angaben darüber befinden sich schon in diesem Handbuche. Bd. IH. S. 123—127 und Bd. VI. S. 458—-459. Bei der Wahl der Schlundsonde muß man nach E. Schütz) darauf Acht geben, daß das untere ovale Fenster nicht zu entfernt vom Sonden- ende liegt sowie außerdem daß die Entfernung beider Fenster voneinander keine zu erhebliche ist. Der Querdurchmesser der Fenster darf nicht schmäler ais das Sondenlumen sein. Die Fenster dürfen keine scharfen Ränder haben. Das untere Ende der Schlundsonde soll eine fast bis an das untere Fenster reichende Füllung besitzen. Die Fig. 17 ae zeigt den unteren Teil einer sol- chen Schlundsonde. Loening®) schlägt vor eine Schlundsonde mit ovalem Durch- messer, wie die Fig. 18 es zeigt. Diese ovale Schlundsonde wird mit ihrem größeren Durchmesser nach der Breitseite der Speise- röhre, d. h.in der Richtung der Schultern der Versuchsperson, eingeführt. Wegen ihrem ovalen Durchmesser kann man eine Sonde mit größerem Lumen anwenden, was die Gewinnung des Mageninhaltes nach Loening erleichtert. Zur Entleerung des Mageninhaltes bedient man sich beim Menschen meistens des Ewald-Boasschen Expressionsverfahrens. Um den Magenin- halt vollständig zu erhalten, empfiehlt Sahlöi#) die Anwendung einer mit f. Fig. 17. a b ‘) Würz, Eine vergleichende Studie über die Magensekretion nach Riegelscher Probemahlzeit, Ewaldschem Probefrühstück und Sahlischer Suppe. Deutsche med Wochenschr. Bd. 34. S. 1055— 1056 (1908). ?) E. Schütz, Die Methoden der Untersuchung des Magens und ihre diagnostische Verwertung. Berlin und Wien (1911). S. 93. 3) E. Schütz, loc. eit. S. 97. *) H. Sahli, Lehrbuch der klinischen Untersuchungsmethoden. 6. Auflage. Leipzig und Wien (1913) Bd. 1. S. 575—585. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VII. 4 50 Edgard Zunz. mehreren Löchern von ihrem unteren Ende an bis in eine Entfernung von zirka 530 cm davon versehenen Schlundsonde. Die Löcher müssen alle die gleiche Größe besitzen wie die an der Spitze der gewöhnlichen Schlund- sonden befindlichen Öffnungen. Sie müssen in wechselständiger Lage stehen. Die Sahlische Schlundsonde wird zur Entleerung des Magens zuerst so weit eingeführt, daß man annehmen kann, daß der gelochte Abschnitt sich größtenteils im Magen befindet. Man läßt dann in linker Seitenlage die Versuchsperson husten und pressen, wodurch der Mageninhalt durch die Schlundsonde herausgetrieben wird. Sobald kein Mageninhalt mehr ausfließt, läßt man die an den Schultern durch den Untersucher oder dessen Gehilfen gestützte Versuchsperson seinen Oberkörper an der linken Seite des Untersuchungstisches oder -bettes bei linker Seitenlage so weit heraushängen und senken, daß das äußere Sondenende tiefer als die Kardia oder das Epieastrium steht. In dieser Lage liegt nach Sahli sicher Fig. 19. a b : c Ausgangstellung Zwischenstellung Endstellung das eine Sondenfenster ganz nahe der Kardia, welche den tiefsten Punkt des Magens darstellt. Daraus folgt, dab durch die Schwerewirkung das Niveau des Mageninhaltes stets über dieser Öffnnng bleibt, so lange überhaupt der Magen noch etwas enthält. Wie aus dem in der Fig. 19 wiedergegebenen Sahlischen Schema hervorgeht, in welchem der gelochte Teil der Sonde als punktierte, die übrige Sonde als ausgezogene Linie gezeichnet ist, fließt bei der Sahlischen Versuchsanordnung der ganze Mageninhalt leicht aus diesem Organe durch den Einfluß der Schwere und der Auspressung. Falls das Expressionsverfahren nicht zum Ziele führt, kann man sich der Aspiration bedienen, indem man den in der Fig. 20 abgebildeten Fried- liebschen Aspirator'!) an die Schlundsonde ansetzt und durch Zusammen- drücken und Wiederentfaltung desselben den Mageninhalt ansaugt. Der Friedliebsche Aspirator besteht aus einem ovalen Gummiballon, welcher !) K. Friedlieb, Ein einfacher Saugapparat für Magenausspülungen. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 19. S. 1353—1354 (1894). an beiden Enden mit weiten Öffnungen versehen ist, in welche breite Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 51 konische Glasröhren eingefügt sind. Eine dieser Glasröhren wird an die Schlundsonde angesetzt. Die äußere Öffnung der anderen wird während des Zusammendrückens des Gummiballons mit dem Finger zugehalten oder bleibt offen, je nachdem man den Mageninhalt ansaugen oder Luft in die Schlundsonde einblasen will, um eventuell die Sonde verstopfende Speise- reste zu entfernen. Der Friedliebsche Aspirator hat den Vorteil, daß man an der Glasröhre erkennen kann, ob er den Mageninhalt aufsaugt oder nicht. Außerdem kann man, ohne den Gummiballon zu entfernen, den auf- gesaugten Mageninhalt sogleich, durch Zuklemmen des herausragenden Son- denendes und Zusammendrücken des Ballons nach außen, entleeren und die Aspiration nötigenfalls mehr- () mals wiederholen. Fig. 20. Statt des Friedliebschen Aspirators empfiehlt Strauss!) folgende Ein- richtung, welche die nebenstehende Fig. 21 veranschaulicht. An Stelle des gewöhnlichen Glasrohres, welches zwischen Trichterschlauch und Magen- schlauch eingeführt wird, fügt Strauss ein T-Rohr ein, dessen senkrecht stehender Schenkel mit einem Doppeigebläse verbunden wird. Die ver- schiedenen vom T-Rohr ausgehenden Schläuche sind mit besonderen (Fig. 22) Schlauchklemmen versehen, welche je nach dem erforderlichen Zwecke ge- schlossen oder geöffnet werden können. Wenn die Klemmen # (Trichter- schlauch) und »» (Magenschlauch) geöffnet sind und die Klemme b (Gummi- gehläse) geschlossen ist, so entspricht die Strausssche Vorrichtung der %) H. Strauss, Zur Methodik der Mageninhaltsentnahme. Therapeut. Monatsschr. Bd. 9. S. 125—127 (1895). 52 Edgard Zunz. gewöhnlichen Einrichtung zur Magenausspülung. Beim Eintritte einer Ver- stopfung des Magenschlauches bedarf es nur des Schlusses der Klemme #, der Öffnung der Klemmen 5 und m sowie einiger Ballonstöße mit dem Doppelgebläse, um die Verstopfung des Magenschlauches aut dem Wege der Kompression aufzuheben. | 111. Feststellung der Gesamtmenge des Mageninhaltes. Nach Einnahme einer rein flüssigen Probekost wie die Sahlischen Suppenfrüh- stücke kann man mittelst der Sahlischen gelochten Schlundsonde in der angegebenen Weise den Mageninhalt ziemlich leicht vollständig entleeren. Dies ist aber nicht mehr der Fall bei Anwendung brot- oder fleischhaltiger Probemahlzeiten, bei welchen die Son- denfenster durch feste Bröckel häufig verstopft werden. In letzterem Falle bedient man sich des zur annähernden Schätzung des im Augenblicke der Ausheberung im Magen vorhandenen Gesamtinhaltes em- pfohlenen Restverfahrens nach Mathieu und Remond.‘!) Nach der Aus- heberung wird durch die mit einem Glastrichter versehene Schlundsonde eine bekannte Wassermenge 4 (100— 200 em 3) in den Magen gegossen. Durch wieder- holtes Heben und Senken des Trichters sowie leichtes Kneten des Magens wird das Wasser mit den im Magen geblie- benen Rückständen möglichst vermischt. Diese Mischung wird ausgehebert. Man bestimmt die Menge a des durch die Schlundsonde ausgeheberten unverdünnten Mageninhaltes, dessen Ge- samtazidität b (vel. S. 62) und die Ge- samtazidität e des bei der zweiten Ausheberung erhaltenen verdünnten Mageninhaltes. Die Azidität ce des verdünnten Mageninhaltes ist stets ge- ringer als die Azidität b des ursprünglichen unverdünnten Mageninhaltes. Diese beiden Aziditätszahlen b und e stehen im umgekehrten Verhältnisse als die Mengen des unverdünnten und des verdünnten Mageninhaltes. Bezeich- net man als x die nach der ersten Ausheberung im Magen noch vorhan- dene unbekannte Chymusmenge, so entspricht x-+ q der durch die Wasser- menge qg verdünnten Mageninhaltsmenge, welche sich im Augenblicke der ao geöffnet, b geschlossen. 1) 4. Mathieu et Remond, Note sur un moyen de determiner la quantite de liquide eontenu dans l’estomae et la quantite de travail chlorbydropeptique effectue par cet organe. Compt. rend. de la Soe. de Biol. T. 42. p. 591—593 (1890). ul A ad Huce rn en a annimmt. Strauss benutzt folgende Formel x = Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 53 zweiten Ausheberung im Magen befindet. Man erhält also folgende Glei- “= chung: ie —, woraus sich der Wert von x berechnen läßt: x= aa ‚Da die ; im Augenblicke der ersten Ausheberung im Magen vorhandene Ge- samtchymusmenge v der Summe der Menge a des durch die Schlundsonde ausgeheberten unverdünnten Mageninhaltes und der Menge x des dann noch im Magen zurückgebliebenen Chymus entspricht, so ergibt die EREN, Formel Bat, die Gesamtmenge des Mageninhaltes im Augen- blicke der Ausheberung. Wegen der ungenügenden Durchmischung des Spülwassers mit dem Chymus, der fortdauernden Magensaftabsonderung sowie der Möglichkeit vom Eintritte eines Teiles des Mageninhaltes in den Darm oder vom Rückflusse von Darmsekreten (Galle, Pankreassaft, Darmsaft) in den Magen während den zur Ausspülung des Magens vor der zweiten Ausheberung nötigen Manövern ermittelt man mittelst des Mathieu-Remondschen Rest- verfahrens keineswees genau die Gesamtmenge des Mageninhaltes im Augenblicke der Ausheberung einer feste Teile enthaltenden Probekost.!) Strauss?) hat vorgeschlagen, beim Restverfahren das spezifische Ge- wicht statt der Gesamtazidität als Grundlage der Berechnung zu nehmen. Dadurch wird der Einfluß der- während der Ausspülung fortdauernden Magensaftabsonderung auf die Berechnung der Gesamtmenge des Magen- inhaltes vielleicht verringert, jedoch nicht die der anderen soeben be- sprochenen Irrtumsursachen. Zur Berechnung kann man die Mathieu- Remondsche Formel benutzen, indem man b als spezifisches Gewicht des unverdünnten und c das spezifische Gewicht des verdünnten Mageninhaltes vs (a v)sa s—5' ‚woxdie - gesuchte Gesamtmenge des Mageninhaltes bezeichnet, s das spezifische - Gewicht des unverdünnten Mageninhaltes, s’ das spezifische Gewicht des verdünnten Mageninhaltes, » die Menge des ausgeheberten unverdünnten Mageninhaltes, « die in den Magen gegossene Wassermenge. IV. Feststellung der abgesonderten Magensaftmenge. Man kann das Sekretionsvermögen des Magens annähernd ermitteln, indem man eine Probekost wählt, welche eine Berechnung des Anteiles des Magensaftes an der Gesamtmenge des ausgeheberten Mageninhaltes erlaubt. Solche Probemahlzeiten sind das Meuniersche Probefrühstück (S. 45), das Probe- frühstück von Roux und Laboulais (S. 45), das Fettzwiebackfrühstück von Strauss und Leva (8. 45), die Kuyjersche mit Hydrodinatriumphosphat ver- setzte Fleischextraktlösung (S. 46), die Mintzsche mit Ferrum ammoniaco- !) 4. Schüle, Über die Restbestimmung des Mageninhalts nach Mathieu-Remond. - Arch. für Verdauungskraukh. Bd. 14. S. 640—644 (1908). 2) H. Strauss, Zur Methodik der Mageninhaltsentnahme. Therapeut. Monatsh. Bd. 9. S. 125—127 (1895). 54 Edsard Zunz. eitricum versetzte Fleischextraktlösung (S. 46), das Mehlsuppenfrühstück nach Sahli und Seiler (S. 47), die Sahlische Eigelbbouillonsuppe, die mit Neu- tralrot gefärbte Schlaepfersche Mehlsuppe (S. 47), die mit Jodkalium ver- setzte Mehlsuppe nach /nouye und Muguruma (8. 48). Bei allen diesen Verfahren ermittelt man die Gesamtmenge a des Mageninhaltes im Augenblicke der Ausheberung. Dazu benutzt man das Mathieu-Remondsche Restverfahren nach Einnahme der feste Stoffe ent- haltenden Probefrühstücke von Meunier, von Roux und Laboulais, von Strauss und Leva. Nach Einnahme der Auyjerschen Fleischextraktlösung, der Mintzschen Fleischextraktlösung, des Mehlsuppenfrühstückes nach Sahli und Seiler, der Eigelbbouillonsuppe nach Sahli, der Mehlsuppe nach Schlaepfer, der Mehlsuppe nach /nouye und Muguruma wird der Magen- inhalt mittelst der Sahlischen Schlundsonde nach der Sahlischen Versuchs- anordnung (S. 50) ausgehebert und das so erhaltene Flüssigkeitsvolumen als Gesamtmenge des Mageninhaltes a betrachtet. Man stellt den prozen- tigen Eisen-. P?O°-, Fett- oder NaJ-Gehalt der Probekost b einerseits, des ausgeheberten Mageninhaltes e andrerseits fest. Unter der nicht völlig richtigen Voraussetzung. dab im Magen während der Verdauung eine an- nähernd gleiche Mischung der Probekost und des Magensaftes durch den Pförtner abfließt, kann man schließen, wieviel vom gefundenen Volumen des gesamten Mageninhaltes a der eingeführten Probekost und wieviel dem Magensafte entstammt. Dabei werden aber als Magensaft der verschluckte Speichel und die etwaigen vom Darme in den Magen rückgeflossenen Se- krete (Galle, Pankreassaft, Darmsaft) als Magensaft berechnet. Die im Mageninhalte noch vorhandene Probekost d ergibt sich nach der Formel dl... en die Magensaftmenge e nach der Formel e=a—d. Bezeichnet man durch f die prozentige Gesamtazidität des ausge- heberten Mageninhaltes und durch g die prozentige Gesamtazidität des im Mageninhalte vorhandenen Magensaftes, so entspricht letztere Gesamt- azidität g der Formel g= Ss Dabei muß man aber die schon bespro- chenen Irrtumsursachen berücksichtigen. Zur Bestimmung des Eisengehaltes der Probekost und des ausgeheberten Mageninhaltes bedient sich Möntz des Krüssschen Kolorimeters (vel. d. Handb., Bd. I, S. 652) und verfährt auf folgende Weise: 2 cm3 von der als Kontrollflüssigkeit dienenden Bouillonprobe werden mit 10 cm? einer 5°/,igen Salzsäurelösung in einem der beiden Zylinder des Kolorimeters angesäuert. Man ergänzt mit destilliertem Wasser bis zum 20. Teilungsstriche dieses Zylinders und fügt hinzu 5 Tropfen einer 5°/,igen Lösung von Kalium- ferrocyanat. Die nun blau gewordene Flüssigkeit wird mit destilliertem Wasser bis zum 50. Teilungsstriche des Zylinders des Kolorimeters er- gänzt. Je nach der durch die Farbe vermuteten Verdünnung des Probe- frühstückes mit Magensaft gießt man 2 oder 4 cm® des ausgeheberten Mageninhaltes in den anderen Zylinder des Kolorimeters, fügt 10 cm? ..— Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 55 einer 5°/,igen Salzsäurelösung hinzu, ergänzt mit destilliertem Wasser bis zum 20. Teilungsstriche des Zylinders und versetzt mit 5 Tropfen einer 5°/sigen Lösung von Kaliumferrocyanat. Es entsteht dann entweder sofort eine blaue Färbung oder vorher eine grüne. In diesem Falle muß man warten, bis die Blaufärbung der Flüssigkeit erreicht wird. Nun öffnet man den Hahn des Zylinders mit der Bouillonkontrollprobe und läßt aus der- selben die Flüssigkeit so lange ablaufen, bis man in den beiden Zylindern die gleiche Intensität der blauen Farbe erzielt. Falls man dabei einen ge- wissen Unterschied in den Nuancen erhält, welcher die Genauigkeit der Arbeit stört, so gießt man in den Zylinder mit dem Mageninhalte Wasser bis zum Striche hinein, bei welchem in diesem Zylinder eine fast gleich intensive Färbung wie im anderen Zy- linder entsteht. Hierauf gießt man die ausgegossene Flüssigkeit wieder ein und wiederholt die Untersuchung. Statt des Krüssschen Kolorimeters kann man den Dubosegschen anwenden, welcher äußerst leicht einen sehr genauen Vergleich der in der Kontrollbouillonprobe und im ausgeheberten Mageninhalte erzielten Färbun- gen erlaubt. Die P2O5-Bestimmung erfolgt auf üblicher Weise (vgl. d. Handb. Bd. I. S. 480), die KJ-Bestimmung nach dem Freseniusschen Verfahren, die Neutralrot-Bestim- mung auf kolorimetrischem Wege. Zur Fettbestimmung benutzen Strauss und Leva die Wollnysche refraktometrische Methode (vgl. d. Handb. Bd. 5. S. 456), Inouye und Muguruma die So.chletsche Methode, Sahli das Gerbersche azidobutyro- metrische Verfahren (vgl. d. Handb. Bd. V. S. 434), Sahli benutzt dazu eigene Butyrometer (a) mit Aluminium- hülse!) (5), welche nebenstehende Fig. 23 veranschau- licht. Diese Butyrometer haben eine Gesamtlänge von 11’5 cm. Sie sind beiderseitig offen. Ihr weiteres Ende d wird mit einem konischen, mit seinem diekeren Ende a eingeführten Kautschukpfropfen verschlossen. Von der engsten Stelle der trichterförmigen Verengerung bis zu I—2 cm vom breiten Ende faßt jeder Butyrometer 11 cm. Zwischen den Teilstrichen 5 und 005 der am engen Halse des Butyrometers befindlichen Skala faßt der Butyrometer 025 cm®. Jeder Butyrometer wird zur Zentrifugierung in eine zylindrische Aluminiumhülse (Fig. 235) gebracht. Da das Verfahren der Fettbestimmung nach Gerber bei Anwendung der Sahlischen butyrometrischen Methode unter sorgfältigster Beobachtung der durch Sahli angegebenen Kautelen erfolgen muß, werden die Sahkli- schen Vorschriften hier genau wiedergegeben. ?) 1) Zu beziehen von Büchi & Sohn in Bern. 2) H. Sahli, loc. eit. S. 642. 36 Edgard Zunz. In einen Meßzylinder von 10 cm Inhalt gießt man 5 cm? der vorher erwärmten, gut durchgeschüttelten Mehl- oder Eigelbsuppe. Unter Kühlung des Meßzylinders fügt man allmählich 5 cm® konzentrierter Schwefelsäure (vom spezifischen Gewichte 1'820 bis 1'825 bei 15° C) hinzu. Man ver- schließt das weite Ende des Butyrometers mittelst eines mit Talkpulver eingeriebenen leicht konischen Gummipfropfens, den man mit dem dicken Ende einführt. Man’gießt vorsichtig und langsam die Suppe-Schwefelsäure- Mischung in den. Butyrometer durch sein dünnes Ende, indem man darauf achtet, daß sich dabei der enge Teil des Butyrometers durch Capillarität nicht verschließt. Nachdem die gesamte Suppe-Schwefelsäure-Mischung sich im breiten Teil des Butyrometers befindet, läßt man 0:05 cm? Amylalkohol mittelst einer Pipette in den Butyrometer fließen. Nun verschließt man das dünne Ende des Butyrometers mittelst eines Pfropfens, schüttelt kräftig um und läßt die Mischung stehen, bis man den ausgeheberten Mageninhalt in ganz gleicher Weise in einem zweiten Meßzylinder mit Schwefelsäure versetzt und in einen zweiten Butyrometer gebracht hat. Beide Butyrometer werden gleichzeitig 2 Minuten in ein siedendes Wasser- bad eingetaucht und nachher sofort in die Zentrifuge gebracht, so dab das dünne Ende jedes Butyrometers zentralwärts liegt. Für die Zentrifu- ojerung empfiehlt Sahlk den Kautschukpfropfen nur so weit einzuführen, daß die obere Grenze der Flüssigkeit bloß bis etwa zum dünneren Ende des konischen Teiles sieht, weil die Ansammlung des Fettes da am leich- testen vor sich geht. Die Ablesung muß, während die Flüssigkeit noch ganz warm ist, erfolgen. Dazu wird der Kautschukpfropfen durch schraubende Drehung so weit in der Mündung des Butyrometers verschoben, daß das untere Ende der Fettschicht mit ihrem unteren Meniscus auf den Null- punkt der Skala zu liegen kommt. Dabei muß man darauf acht geben, daß das schwarze Klümpehen unlöslicher Substanz (Zellulose usw.), wel- ches sich an der unteren Grenze der Fettschicht ansammelt, im weiten Teile des Butyrometers zurückbleibt, was sich meist leicht bewerkstelligen läßt, indem man das letztere beim Vorschieben des Kautschukpfropfens ganz langsam und vorsichtig, während man das Emporquellen des Fettes beobachtet, aus der wagerechten zur senkrechten Stellung aufrichtet. Das stark lichtbrechende, wenig gefärbte Fett soll sich dann in eine scharfe Linie gegen die dunkler gefärbte, aber auch noch durchsichtige wässerige Flüssigkeit abgrenzen. Gelingt es beim ersten Versuche nicht, die Ab- erenzung des Fettes störende schwarze Klümpchen im weiten Teile des Butyrometers zurückzuhalten, so schraubt man den Pfropfen zurück, so daß die Flüssigkeit in den weiten Teil zurückkehrt, und wiederholt den Versuch. Bei einiger Übung gelingt es stets, das ungelöste Klümpchen zurückzuhalten und dadurch eine ganz scharfe Abgrenzung zwischen Fett und wässeriger Schicht zu erzielen. Die Schwierigkeit, welche für die glatte Einstellung der Fettschicht durch das Zelluloseklümpchen entsteht, wird bei Anwendung der Eigelbsuppe völlig vermieden. Man liest an der gra- duierten Skala, dem oberen Ende der Fettschicht entsprechend, unmittel- ee ee Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 57 bar den Fettgehalt in Gewichtspromillen ab. Wenn man Schwierigkeiten hat, das untere Ende der Fettsäule genau auf den Nullpunkt einzustellen, so kann man sich auch begnügen, beide Enden der Fettsäule überhaupt in den Bereich der Skala einzuschieben und dann die Zahl der zwischen den beiden Enden der Fettsäule liegenden Skalenteile abzulesen. Nach der ersten Ablesung wird die Flüssigkeit mittelst des Pfropfens wieder in den weiten Teil des Butyrometers zurückgeschraubt, nochmals für einige Augen- blicke in das kochende Wasserbad gestellt, zentrifugiert, abgelesen usw., bis man übereinstimmende Werte erhält, was bei richtiger Ausführung schon bei den beiden ersten Zentrifugierungen erzielt wird. Die zum Ver- schluß der Butyrometer dienenden Pfropfen werden in mit etwas Formol versetztem Wasser aufbewahrt, wodurch der Gummi weich und geschmeidig bleibt. Vor jeder Bestimmung prüft man, ob der mit Talkpulver einge- riebene Gummipfropfen, das dicke Ende voran, sich leicht und glatt in den Butyrometer verschieben läßt, denn nur unter diesen Bedingungen gelingt es, die Fettschicht tadellos und ohne plötzliche Erschütterung vor- _ wärts zu schieben, was zur Erzielung genauer Ergebnisse durchaus er- forderlich ist. Trotz allen Vorsichtsmaßregeln führen alle bis jetzt vorgeschlagenen Verfahren zur Feststellung der abgesonderten Magensaftmenge zu mehr oder minder fehlerhaften Ergebnissen und erlauben höchstens eine annähernde Schätzung des Sekretionsvermögens des Magens bei Anwendung stets gleicher Bedingungen durch einen und denselben Beobachter. Nach Bar- duchi!) gibt die Methode von Roux und Leboullais nicht selten falsche Werte infolge von Beimengung von phosphatreichem Sekrete zur Probekost. | V. Physikalisch-ehemische Untersuchung des Mageninhaltes. Man ermittelt auf übliche Weise das spezifische Gewicht, den Gefrier- punkt?), die Oberflächenspannung und die anderen physikalisch-chemischen Eigenschaften des Mageninhaltes. Traube und F. Blumenthal haben das _Traubesche stalagmometrische Verfahren zur Untersuchung des Magenin- haltes benutzt; Angaben darüber befinden sich S. 1364 des Bd. V dieses Handbuches. VI. Eigentliche chemische Untersuchung des Mageninhaltes. Während der Filtration wird ein kleiner Teil der freien Salzsäure durch das Filtrierpapier adsorbiert. Außerdem besitzen die Filter eine besonders starke Adsorbierbarkeit für positive Eiweißionen, eine viel weniger aus- geprägte für negative Eiweißionen und eine sehr geringe für neutrales Protein.?) Deshalb soll man nie den Mageninhalt einer Filtration unter- 2) Fr. Barduchi, Vergleichende Untersuchungen bei Magenkrankheiten mit be- sonderer Berücksichtigung der Methoden zur Prüfung der motorischen Magenfunktionen. Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 17. Ergänz.-Heft. S. 1—56 (1911). ®) H. Strauss, Über den osmotischen Druck menschlicher Mageninhalte und seine Beziehungen zum Kochsalzgehalt. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 57. S. 1—26 (1905). 3) J. Christiansen, Beiträge zum Mechanismus der Magenverdauung. Biochem. Zeitschr. Bd. 47. S. 226—249 (1912). 58 Edgard Zunz. werfen, weil er auf diese Weise Veränderungen in seiner Zusammensetzung erleiden kann. Bei allen Verfahren, welche es erlauben, geht man vom gut durchgeschüttelten und vermischten Mageninhalte aus. Wenn dies nicht zulässig ist (wie z. B. bei der Feststellung des peptischen Vermögens des Mageninhaltes mittelst Edestin oder der Gesamtsalzsäure nach Sjögeist), zen- trifugiert man den Mageninhalt möglichst rasch, was mittelst den Jouan- schen Zentrifugierapparaten mit 7000 Drehungen (oder mehr) pro Minute sehr leicht gelingt und untersucht die vom Bodensatz getrennte klare Flüssigkeitsschicht. In den Fällen, wo man den ausgeheberten Mageninhalt benutzt, muß man ihn manchmal vom oben schwimmenden Schleim mög- lichst befreien, ehe man ihn durchschüttelt, um eine möglichst gleichmäßige Mischung des Mageninhaltes zu erzielen.!) Die chemische Untersuchung des Mageninhaltes faßt folgende Punkte: 1. Nachweis der Anwesenheit freier Salzsäure, Milchsäure, sauerer Phos- phate, flüchtiger Fettsäuren; 2. Feststellung der Gesamtazidität sowie des (Gehaltes an Gesamtsalzsäure, freier und gebundener Salzsäure, Chloriden, sauren Phosphaten, gesamten organischen Säuren und Milchsäure; 3. Fest- stellung der enzymatischen Eigenschaften des Mageninhaltes; 4. Verdau- ungsgrad der im Mageninhalte vorhandenen Proteine, Kohlehydrate und Fette; 5. Schätzung des Schleimgehaltes; 6. Nachweis der Anwesenheit von Blut, Galle, Pankreassaft, Darmsaft, Urobilin, Tryptophan, Indol, Schwefel- wasserstoff, Gasen und anomalen Bestandteilen (Alkaloide usw.). Zurzeit besteht noch keine Einigkeit über die zur quantitativen Be- stimmung der sauren Bestandteile und zur Feststellung der enzymatischen Eigenschaften des Mageninhaltes anzuwendenden Methoden. Gegen die meisten der bei der chemischen Untersuchung des Mageninhaltes benutzten Verfahren kann man überhaupt mehr oder minder wichtige Einwände er- heben, so dab man die Bedeutung mehrerer der weiter unten gemachten Angaben oder beschriebenen Methoden keineswegs überschätzen darf. 1. Qualitative Prüfung auf Säuren. Die sauren Bestandteile des Mageninhaltes sind normalerweise beim Menschen und bei den höheren Säugetieren die Salzsäure und die sauren Phosphate. Der Mageninhalt kann aber außerdem Milchsäure und flüchtige Fettsäuren (Buttersäure, Ameisensäure, Baldriansäure) enthalten. Die Salzsäure des Mageninhaltes bildet mit den Proteinen, den Pro- teosen und den Peptonen der Nahrung salzsaure Verbindungen, welche sehr leicht hydrolytisch aufspaltbar sind. Dieser Teil der Salzsäure wird als „gebundene Salzsäure“ betrachtet, während die als solche im Magen- inhalte vorhandene Salzsäure als „freie Salzsäure“ angesehen wird. Wegen der eben erwähnten leichten Dissoziierbarkeit der Verbindungen zwischen der Salzsäure und den Proteinen oder ihren Spaltungsprodukten ist der Begriff der „freien“ und „gebundenen“ Salzsäure keineswegs völlig ein- wandfrei. ni 1) E. Schütz, loe. eit. S. 113. Sc Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 59 Wie dem auch sei, wird der Mageninhalt auf die Anwesenheit der sogenannten „freien“ Salzsäure, der Milchsäure, der flüchtigen Fettsäuren und der sauren Phosphate geprüft. a) Nachweis freier Salzsäure. Man kann die Anwesenheit freier Salzsäure im Mageninhalte nur mittelst des Günzburgschen oder des Boas- schen Reagens ermitteln. Kongopapier reagiert blau, außer auf freie Salzsäure, manchmal auch auf organische Säuren; die so erzielte leichte blaue Färbung verschwindet aber bei Behandlung mit Äther, während die von der freien Salzsäure her- rührende Färbung dadurch keine Veränderung erleidet. Kongopapier rea- giert aber auch auf salzsaure Peptone, sobald diese eine hinreichende hohe Wasserstoffionenkonzentration aufweisen. Dimethylamidoazobenzol ist auch nach Christiansen!) zu verwerfen. Man wendet am besten das Günzburgsche Reagens an, indem man den Äthylalkohol durch Methylalkohol nach dem Steensmaschen ?) Vor- schlage ersetzt. Das Reagens hat dann folgende Zusammensetzung: Phlorogluzin 2 g, Vanillin 1 9, Methylalkohol 30 g. Um die Reaktion auszuführen, wird mittelst einer Impfnadel ein Tropfen des Reagens auf eine kleine weiße Porzellanschale gebracht und mittelst einer Spiritus- oder Mikrobrennergasflamme vorsichtig getrocknet. In die Mitte des ausgetrockneten hellgelben Fleckes wird mit der ausge- glühten Impfnadel ein Tropfen Mageninhalt gebracht und wieder vorsich- tig erhitzt. Bei der Eintrocknung zeigt sich ein roter Ring oder Flecken, falls freie Salzsäure vorhanden ist, sonst bleibt der Flecken hellgelb. Man darf nach der Eintrocknung nicht mehr weiter erwärmen, da sonst eine. vom verbrannten Zucker des Mageninhaltes herrührende, braune Farbe auftritt. welche die Günzburgsche Reaktion stört. Man muß stets die Steensma-Günzburgsche Lösung mittelst ver- dünnter Salzsäure prüfen, da sie sich, selbst in dunkler Flasche, ziemlich rasch verändert. Sobald das fast farblose Reagens eine braune Färbung zeigt, darf man es nicht mehr benutzen. Statt der Günzburgschen Lösung kann man die Boassche anwenden, welche aus 2 g Rohrzucker, 1 g Resorzin, 100 g 60°/,igen Alkohols besteht. Das Boassche Reagens hält sich etwas besser als das Günzburgsche, hat aber einen etwas wenig empfindlicheren Umschlag als letzteres. Die Günzburgsche Reaktion scheint bei allen kristallinischen Säuren mit mehr als einer Karboxylgruppe positiv zu sein, während keine von den monokarbonischen Fettsäuren positiv reagiert. Sie wird durch Salzsäure. Schwefelsäure, Salpetersäure, Phosphorsäure, Borsäure, Oxalsäure, Apfelsäure. Weinsäure und Zitronensäure gegeben. Milchsäure, Essigsäure, Buttersäure. Bernsteinsäure, Propionsäure, Benzoösäure, Ameisensäure und Phthalsäure 1!) Steensma, Zum Nachweis der freien Salzsäure im Mageninhalt. Biochem. Zeit- schrift. Bd. 8. S. 210— 211 (1908). 2) J. Christiansen, Bestimmung freier Salzsäure im Mageninhalt. Biochem. Zeit- schrift. Bd. 46. S. 24—49 (1912). 60 Edgard Zunz. zeigen hingegen keine positive Reaktion mit dem Günzburgschen Reagens. Nach Christiansen hängt die Günzburgsche Reaktion keineswegs un- mittelbar von der anwesenden Wasserstoffionenkonzentration ab, sondern nur davon, ob diese Wasserstoffionenkonzentration von einer Säure her- rührt, welche imstande ist, beim Eintrocknen eine gewisse hohe Azidität zu erreichen, die der Azidität einer Normalsalzsäure ungefähr entspricht. Jedenfalls zeit im Mageninhalte eine positive Günzburgsche oder 5oassche Reaktion das Vorhandensein freier Salzsäure an. b) Nachweis von Milehsäure. 10 cm3 filtrierten Mageninhaltes wer- den mit 40 cm vollkommen alkoholfreiem Äther in einem Scheidetrichter geschüttelt. Der ätherische Auszug wird vom Äther durch Verdunsten be- freit. Der Rückstand wird in destilliertem Wasser aufgelöst. Diese wässerige Lösung wird tropfenweise zum Uffelmannschen Reagens hinzugefügt. Dieses Reagens wird durch Zusatz von 1 Tropfen Eisenchlorid zu 20 cm® einer wässerigen 1°/,igen Phenollösung gleich vor seiner Benutzung pereitet. Falls die so bereitete Flüssigkeit nicht durchsichtig ist, muß man sie mit destilliertem Wasser etwas verdünnen. Bei Gegenwart von Milchsäure verschwindet allmählich die amethystblaue Färbung der Flüssigkeit, um einer zeisiggelben Platz zu machen. Man kann auch 1 Tropfen Eisenchlorid mittelst 20 cm? destillierten Wassers verdünnen, diese Flüssigkeit in zwei Reagenzgläser gleichen inneren Durchmessers verteilen und nun den einen Teil mit destilliertem Wasser, den anderen mit dem Ätherauszuge des filtrierten Mageninhaltes über- schichten. Bei Milchsäureanwesenheit bildet sich dann an der Berührungs- stelle zwischen Äther und Eisenchloridlösung ein grüngelber Ring. Die Hopkinssche Reaktion ist äußerst empfindlich. Der filtrierte Mageninhalt wird auf dem Wasserbade etwas konzentriert und darauf mit etwas Alkohol in einem Scheidetrichter geschüttelt. Einige Tropfen des Alkoholextraktes werden in eine völlig trockene Reagensröhre gebracht, mit 5 cm3 konzentrierter Schwefelsäure und 3 Tropfen einer gesättigten wässerigen Kupfersulfatlösung versetzt. Nun bringt man die Reagens- röhre 5 Minuten in das siedende Wasserbad. Nach Erkalten werden 2 Tropfen 2°/,.iger alkoholischer Thiophenlösung zur Flüssigkeit ge- setzt. Die Reagenzröhre wird wieder in das siedende Wasserbad gebracht. Nach einigen Minuten entsteht eine kirschrote Färbung bei Milchsäure- anwesenheit. ec) Nachweis flüchtiger Fettsäuren. Beim Vorhandensein relativ erheblicher Mengen flüchtiger Fettsäuren (Buttersäure, Essigsäure, Bal- driansäure) erkennt man sie schon durch ihren charakteristischen Geruch. Meistens muß man sich aber dazu der Leoschen Reaktion bedienen. Man erwärmt 10 cm? unfiltrierten Mageninhaltes in einer Reagenzröhre, an deren freies Ende ein mittelst destillierten Wassers angefeuchteter Lackmus- papierstreifen sich befindet. Die sich verflüchtigenden Fettsäuredämpfe bewirken dann eine rote Färbung des Lackmuspapieres. a ins Su A Du u 4 Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 61 Um die Buttersäure oder die Ameisensäure zu charakterisieren, werden 10 cm® unfiltrierten Mageninhaltes und 30 bis 40 cm® Äther in ‘einen Scheidetrichter gebracht. Nach tüchtigem Umschütteln wird die Ätherschieht entnommen, der Äther durch Verdunstung entfernt und der Rückstand in destilliertem Wasser aufgelöst. d) Nachweis der Buttersäure. 1. Durch Zusatz von einem Chlor- kalziumstücke zur wässerigen Lösung des Ätherrückstandes scheidet sich die Buttersäure in kleinen Öltröpfehen mit charakteristischem Geruche. 2. Durch Zusatz von einem geringen Barytwasserüberschusse zur wässerigen Lösung des Ätherrückstandes und vorsichtiges Abdampfen er- hält man Baryumbutyratkristalle. - 3. Der Zusatz von 4 bis 5 Tropfen Alkohol und 2 bis 3 em® Schwe- felsäure zu 5 bis 6 Tropfen der wässerigen Lösung des Ätherrückstandes bewirkt die sofortige Entstehung eines angenehmen Geruches, welcher dem eines reifen Apfels oder des Ananas ähnelt. e) Nachweis der Essigsäure. 1. Die wässerige Lösung des Äther- rückstandes wird mittelst einer verdünnten Sodalösung genau neutralisiert. Bei Hinzufügung von 1 bis 2 Tropfen einer sehr verdünnten Eisenchlorid- lösung entsteht eine dunkelrote Färbung, welche beim Erwärmen ver- schwindet, während sich ein rotbrauner Niederschlag von basisch-essig- saurem Eisenoxyd bildet. 2. Der Zusatz einiger Tropfen einer Silbernitratlösung zur mit Soda- lösung neutralisierten wässerigen Lösung des Ätherrückstandes ruft die Bildung eines weißen Niederschlages hervor, welcher in siedendem Wasser löslich ist. 3. Beim Erwärmen des Ätherrückstandes mit etwas Schwefelsäure und Alkohol entsteht Essigester, welcher sich durch seinen besonderen ‚angenehmen Geruch aufweisen läßt. f) Nachweis saurer Phosphate. Man verreibteinige Kubikzentimeter des Mageninhaltes mit etwas gepulverten reinen Kalziumkarbonat und prüft dann die Reaktion mit Lackmuspapier. Falls sie sauer ist, so sind nach Leo saure Phosphate im Mageninhalte vorhanden. Wie Barberio!) mit Recht hervorhebt ist das Leosche Verfahren keineswegs zuverlässig. 2. Quantitative Prüfungen auf Säuren. Man muß nacheinander die Gesamtazidität, die Gesamtsalzsäure, die „freie“ Salzsäure oder bei Fehlen der Günzburgschen Reaktion das sogenannte „Salzsäuredefizit“, die sauren Phosphate, die Milchsäure und die organischen Säuren quanti- tatıv feststellen. Bei der Bestimmung der Gesamtsalzsäure und der „gebun- denen“ Salzsäure muß man die festen Chloride und das leicht flüchtige Ammonchlorid berücksichtigen. 1) M. Barberio, Über den Wert der Leoschen Methode für die Bestimmung der Azidität der monometallischen Phosphate im Mageninhalt. Deutsche med. Wochenschr., Bd. 34. S. 104—105 (1908). 62 Edgard Zunz. a) Gesamtazidität. Eigentlich muß man als Azidität des Magen- inhaltes die Konzentration der Wasserstoffionen betrachten, welche man entweder genau mittelst des elektrometrischen Verfahrens der Gasketten (vgl. d. Handb., Bd. V. S. 500—524) oder mittelst der Indikatorenmethode nach dem Vorschlage von Michaelis und Davidsohn (vgl. d. Handb., Bd. V. S. 326—327) ermittelt. Die durch die Titrierungsverfahren erhaltene Gesamtazidität ent- spricht keineswegs der Wasserstoffionenkonzentration des Mageninhaltes, denn die Konzentration der Wasserstoffionen wechselt stetig während der Titrierung.!) Durch den Zusatz von Natronlauge wird das Gleichgewicht der Lösung derart gestört, daß die an Proteine, Proteosen, Peptone, Poly- peptiden, Aminosäuren oder Salze gebundene Salzsäure nach und nach frei wird. Außerdem können Proteosen und Peptone sowohl mit Basen als mit Säuren Salze bilden. ?) Deshalb muß man zu den Aziditätsbestimmungen stets unfiltrierten, gut umgeschüttelten Mageninhalt benutzen und neutrales Lackmuspapier nach Henriques und Sörensen (vgl. d. Handb., Bd. VI., S. 495—496) oder Alizarinrot als Indikator anwenden. Die Titrierung erfolgt mittelst dezinor- maler Natronlauge unter stetigem Umrühren mit einer Spatel des in einer weißen Porzellanschale befindlichen Mageninhaltes. Bei Anwendung des Alizarinrotes hört man mit dem Natronlaugenzusatze auf, sobald eine bleibende rote Färbung erzeugt wird.>) Die Gesamtazidität wird in Titrierungs- oder Aziditätsgrade be- rechnet. Als solche betrachtet man die Anzahl Kubikzentimeter dezinor- maler Natronlauge, weiche man zu 100 cm? Mageninhalt hinzufügen muß, um den die Neutralisation des Magensaftes anzeigenden Umschlag des Indikators hervorzurufen. Die Berechnung der Gesamtazidität in Salzsäure ist unrichtig, denn die (Gresamtazidität hängt noch von anderen Fak- toren ab. b) Feststellung der Menge der Gesamtsalzsäure. Man bedient sich dazu entweder des durch Reissner*) veränderten Lüttke-Martiusschen ') S. P. L. Sörensen, Enzymstudien. Biochem. Zeitschr. Bd. 21. S. 131—304 (1909). °) S. Bugarsky und L. Liebermann, Über das Bindungsvermögen eiweißartiger Körper für Salzsäure, Natriumhydroxyd und Kochsalz. Pflügers Arch. Bd. 72. S. 51—74 (1898). — J. Christiansen, Titrimetrische Untersuchungen über die Pepsinverdauung. Biochem. Zeitschr. Bd. 46. S. 50—70 (1912). ®) J. Volhard, Über das Alkalibindungsvermögen und die Titration der Magen- säfte. Münchener med. Wochenschr. Bd. 50. S. 2129—2131 und 2185—2187 (1903). — 0. Reissner, Zur Methodik der Salzsäurebestimmung im Mageninhalt. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 48. S. 101—119 (1903). — A. Müller, Der Einfluß der Salzsäure auf die Pepsinverdauung. Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 94. S. 27—46 (1908). — A. Döhrn, Bemerkung über Titration von Magensäften. Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 104. Bd. 561—566 (1911). — J. Christiansen, Die Bestimmung der Gesamtsalzsäure im Ma- geninhalt. Biochem. Zeitschr. Bd. 46. S. 82—93 (1912). *) 0. Reissner, Zur Methodik der Salzsäurebestimmung im Mageninhalte. Zeit- schrift f. klin. Med. Bd. 48. S. 101—119 (1903). An N: u ee EEE Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 63 Verfahrens oder des durch Bourget!) und Boas?) veränderten Sjögvist- schen 3) Verfahrens. 1. Reissnersches Verfahren: 1. Bei dieser Methode bestimmt man nacheinander den Chlorgehalt der Salzsäure und der festen Chloride a, den Chlor der festen Chloride b allein, den Gesamtchlor ec. a—b oder d ergibt also den Chlor der Gesamtsalzsäure, c—a oder e den Chlor des Ammonchlorides und der flüchtigen Chlorverbindungen. x) Zu 100 cm? unfiltrierten, gut durchgeschüttelten Mageninhaltes wird die vorher zur Neutralisierung der Gesamtazidität festgestellte Menge dezinormaler Natronlauge zugesetzt, auf dem Wasserbade oder einer As- bestplatte im Platintiegel zur Trockne eingedampft und dann über freier Flamme verkohlt, so lange der Rückstand mit leuchtender Flamme brennt, aber nicht länger. Man muß die nötigen Vörsichtsmaßregeln anwenden, damit die festen Chloride sich beim Glühen nicht verflüchtigen. Deshalb ist die Anwendung des Wislicenusschen Platintiegels für genaue Ver- aschungen sehr empfehlenswert. #) Nach Erkalten des Veraschungsrückstandes wird die Kohle mit etwas destilliertem Wasser angefeuchtet und zerrieben, auf ein Filter gebracht und mit ca. 100 cm? heißen Wassers ausgelaugt. Das Filtrat wird in einem geeichten Meßkolben von 200 cm3 Inhalt aufgefangen, mit 20 cm? dezinormaler Silbernitratlösung (17 pro Liter) versetzt und mit destilliertem Wasser bis zur Eichmarke gefüllt. Nun filtriert man. Zu 100 em? des Fil- trates fügt man einige Tropfen einer konzentrierten Ferrinitratlösung. Diese Flüssigkeit wird tropfenweise unter Umschütteln mit einer dezinormalen Rhodanammoniumlösung (7'694 pro Liter) versetzt, bis eine bleibende gelb- rote oder blutrote Färbung die Überführung des ganzen Silbernitratüber- schusses in Rhodansilber anzeigt. Um den Chlorgehalt der Gesamtsalzsäure und der festen Chloride a zu berechnen, verdoppelt man die verbrauchte Anzahl Kubikzentimeter Rhodanlösung und zieht diese Zahl von den 20 cm3 Silbernitratlösung ab, welche dem Mageninhalte zugefügt wurden. 8) Dieselbe Prozedur wird mit 10 anderen cm® des unfiltrierten, gut durchgeschüttelten Mageninhaltes ohne vorherige Neutralisation mittelst dezinormaler Natronlauge wiederholt. Da die Salzsäure beim Verdampfen sich verflüchtigt, so verbinden sich nur die festen Chloride mit dem Silber. !) Bourget, Nouveau procede pour la recherche et le dosage de l’acide chlor- hydrique dans l’estomac. Arch. de medec. exper. et d’anat. pathol. T.1. p. 844-851 (1889). 2) I. Boas, Beitrag zur Methodik der quantitativen Salzsäurebestimmung des Mageninhaltes. Zentralbl. f. klin. Med. Bd. 12. S. 33—37 (1891). 3) J. Sjögvist, Physiologisch-chemische Beobachtungen über Salzsäure. Skand. Arch. f. Physiol. Bd. 5. S. 278—376 (1895); Bd. 6. S. 255--261 (1895). — Einige Be- werkungen über Salzsäurebestimmungen im Mageninhalte. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 32. S. 451—463 (1897). #) Lassar-Cohn, Arbeitsmethoden für organisch-chemisehe Laboratorien. Hamburg 1909. S. 1234 u. folge. 64 Edgard Zunz. Deshalb genügt es, 10 cm3 dezinormaler Silbernitratlösung anzuwenden. Mittelst der Titration nach Volhard (vgl. dieses Handb., Bd.I, 8.417, 478; Bd. V, S. 291, 292) ermittelt man den Chlorgehalt der festen Chlo- ride b. y) Zur Bestimmung des Gesamtchlorgehaltes ce des Mageninhaltes werden 10 cm des unfiltrierten, gut durchgeschüttelten Mageninhaltes mit 20 em? dezinormaler Silbernitratlösung in einen geeichten Meßkolben von 200 em? Inhalt gebracht, welcher bis zur Marke mit destilliertem Wasser gefüllt wird. Man filtriert, fügt einige Tropfen konzentrierter wässeriger Ferrinitratlösung zu 100 em® des Filtrates und titriert nach Volhard durch tropfenweises Versetzen mit dezinormaler Rhodanammoniumlösung bis zur bleibenden gelbroten Färbung. Die so verbrauchte Anzahl Kubikzentimeter der Rhodanlösung wird verdoppelt und von den 20 cm? Silbernitratlösung abgezogen. Die so erhaltene Zahl zeigt den Gesamtchlorgehalt e des Magen- inhaltes an. Um die Menge der im Mageninhalte vorhandenen Gesamtsalzsäure zu berechnen, zieht man vom in Kubikzentimeter dezinormaler Natron- lauge ausgedrückten Werte a der Summe der Gesamtsalzsäure und der festen Chloride den auf die gleiche Weise ausgedrückten Wert b der festen Chloride ab. Die gefundene Zahl d wird mit 000365 vervielfacht, wo- durch man die absolute Salzsäuremenge in 100 cm3 Mageninhalt oder dessen Prozentsatz an Gesamtsalzsäure erhält. Um die Gesamtsalzsäure in Azi- ditätsgrade auszudrücken, vervielfacht man mit 10 die Zahl d. Der Gesamtchlor, der Chlor der Gesamtsalzsäure, der Chlor der festen Chloride und der Chlor des Ammonchlorides sowie der flüchtigen Chlorverbindungen werden durch Vervielfältigung mit 0'003545 der in Kubikzentimeter dezinormaler Natronlauge ausgedrückten Zahlen ce, d, b und e erhalten. 2. Sjögvistsches Verfahren: 10, 20 oder 30 cm? filtrierten Magen- inhaltes werden in ein Porzellantiegel mit überschüssigem chlorfreien Baryum- karbonat versetzt. Man erwärmt auf gelinde Weise bis zur völligen Ab- dampfung der Flüssigkeit. Dann steigert man allmählich den Wärmegrad bis zur gänzlichen Verkohlung der Masse. Dabei werden das Laktat und alle organischen Baryumsalze zerstört, während der Baryumchlorid hingegen unverändert bleibt. Nach der Veraschung läßt man den Tiegel erkalten. Man löst den Rückstand von den Wänden des Tiegels äußerst vorsichtig ab, pulvert ihn möglichst fein und sammelt ihn auf einem Filter. Dann behandelt man diesen Rückstand mittelst siedenden Wassers bis zur völligen Extraktion des gesamten Chlorbaryums aus der Kohlemasse. Dal) dies erreicht wird, erkennt man am Fehlen jeder Fällung bei Schwefel- säurezusatz zum Filtrate. Man darf diese Kontrollprobe erst nach meh- reren Auswaschungen des Filtrates mit siedendem Wasser anstellen. Das Gesamtfiltrat wird mit einigen Tropfen gesättigter wässeriger Natrium- karbonatlösung versetzt. Der gebildete Baryumkarbonatniederschlag wird auf einem kleinen Filter gesammelt, mit destilliertem Wasser so lange Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 65 gewaschen, bis das Waschwasser keine alkalische Reaktion mit Lackmus- papier mehr gibt. Filter nebst Niederschlag werden dann in ein Becher- glas gespült. Unter stetigem Schütteln, um das Baryumkarbonat in die Flüssigkeit zu verteilen, fügt man allmählich dezinormale Salz- oder ‘Schwefelsäure hinzu bis zur völligen Lösung des Baryumkarbonates bzw. bis zur schwachsauren Reaktion der Flüssigkeit. Durch Kochen wird letz- tere von der Kohlensäure befreit. Dann wird sie mit einigen Tropfen einer 1°/,igen alkoholischen Phenolphtaleinlösung versetzt und mit dezinormaler Natronlauge bis zum rötlichen Umschlage des Indikators zurücktitriert. Die dazu erforderliche Anzahl Kubikzentimeter dezinormaler Natronlauge wird von der Anzahl Kubikzentimeter der zugesetzten dezinormalen Salz- oder Schwefelsäure abgezogen, wodurch man den Wert des Gesamtsäure- gehaltes des Mageninhaltes erhält, welchen man dann in Aziditätsgrade oder in Salzsäure berechnet. Beim Sjögvistschen Verfahren wird der Ammonchlorid zu Baryum- chlorid umgewandelt und also mit der gesamten Salzsäure bestimmt. Zur Vermeidung dieses Fehlers muß man die Menge des Ammonchlorides für sich feststellen und sie von der beim Sjögvistschen Verfahren erhaltenen Zahl abziehen. Dazu wird der meistens sehr geringe Ammoniakgehalt des filtrierten Mageninhaltes nach der Zolinschen Methode festgestellt (vel. ‚dieses Handb., Bd. III, S.765— 767). Die auf 100 em3 Mageninhalt zurück- gebrachte entsprechende Anzahl Kubikzentimeter dezinormaler Natronlauge wird von der Anzahl Kubikzentimeter dezinormaler Säure, welche den nach ‚dem Sjögvistschen Verfahren ermittelten Gesamtsalzsäuregehalt der glei- chen Mageninhaltsmenge entspricht, abgezogen, wodurch man den wirklichen Salzsäuregehalt des Mageninhaltes in Aziditätsgrade erhält, welchen man natürlich auch als Salzsäure berechnen kann. c) Bestimmung der freien Salzsäure. Der Gehalt des Magen- inhaltes an sogenannter „freier“ Salzsäure wird nach dem Mintzschen Verfahren ermittelt, indem man mit dezinormaler Lauge titriert unter Anwendung des Günzburgschen oder Boasschen Reagens auf freie Salz- säure als Indikator. Wie Cohnheim!) und Lefmann?) es mit Recht hervor- heben, bestimmt man eigentlich mit dem Günzburgschen Reagens nicht nur die im Überschusse im Magen befindliche Salzsäure, welche keine Bin- dung mehr mit dem Nahrungseiweiß oder dessen Spaltprodukte eingehen könnte, sondern auch ein Teil der an den Proteinen oder ihren Spaltpro- ‚dukten gebundenen Salzsäure, welche durch Hinzufügung von Natronlauge allmählich wieder frei wird. 10 em® unfiltrierten, gut durchgeschüttelten und vermischten Magen- inhaltes werden mit dezinormaler Natronlauge allmählich versetzt. Von Zeit zu Zeit wird mit einer Impfnadel ein Tropfen des durch Steensma ver- ) 0. Cohnheim, Die Physiologie der Verdauung und Aufsaugung. Nagels Handb. d. Physiol. Bd. 2. 2. Hälfte. S. 544 u. ff. Braunschweig 1907. ?) @. Lefmann, Die Funktionsprüfung des Magens nach Probekost. Wiesbaden sit. 8..23. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. a. 66 Edgard Zunz. änderten Günzburgschen Reagens (oder des Doasschen Reagens) auf eine kleine weiße Porzellanschale gebracht, mittelst einer Spiritus- oder Mikrobrennerglasflamme getrocknet, in die Mitte des ausgetrockneten hell- gelben Fleckes ein Tropfen Mageninhalt mit einer ausgeglühten Impf- nadel gebracht und vorsichtig erhitzt unter sorgfältigster Beobachtung der auf S. 59 beschriebenen Kautelen. Sobald keine rote Färbung mehr bei Anstellung der Steensma-Günzburgschen oder der Boasschen Probe ent- steht, hört man mit dem Zusatze dezinormaler Natronlauge auf. Aus der verbrauchten Anzahl Kubikzentimeter dezinormaler Natronlauge berechnet man die „freie“ Salzsäure entweder in Aziditätsgraden oder als Salz- saure. Man hat vorgeschlagen, die Menge der freien Salzsäure kapillari- metrisch nach Holmgren (vgl. dieses Handb., Bd. VI, S. 104—105) festzu- stellen. Da man aber dabei Kongorot als Indikator benutzt, so erzielt man mittelst dieses Verfahrens zu hohe Zahlen (vgl. diesen Band, S. 59). d) Bestimmung des Salzsäuredefizits. Beim Fehlen freier Salz- säure“, d. h. mittelst des Günzburgschen Reagens nachweisbarer Salz- säure, bestimmt man das sogenannte „Salzsäuredefizit“, d.h. die zur völligen Sättigung der Proteine des Mageninhaltes und deren Spaltungs- produkte erforderliche Salzsäuremenge. 10 cem3 unfiltrierten, durch Umschütteln gut vermischten Magen- inhaltes werden mit dezinormaler Salzsäure allmählich versetzt bis zum Augenblicke, wo eine rote Färbung bei Anstellung der Steensma-Günzburg- schen oder der Boasschen Probe eintritt. Aus der dazu verbrauchten An- zahl Kubikzentimeter dezinormaler Salzsäure berechnet man das Salzsäure- defizit entweder in Aziditätsgraden oder als Salzsäure. e) Bestimmung der gesamten „gebundenen“ Salzsäure. Bei Vorhandensein „freier“ Salzsäure erhält man den Wert der gesamten „gebundenen“ Salzsäure durch Abziehen der „freien“ Salzsäure von der Gesamtsalzsäure. Bei Salzsäuredefizit befindet sich die gesamte Salzsäure im sogenannten „gebundenen“ Zustande und sind also beide Werte ein- ander gleich. f) Bestimmung der an den Aminogruppen gebundenen Salz- säure. Nach Christansen‘) ist, sowohl im filtrierten als im unfiltrier- ten gut durchgemischten Mageninhalte, bei fehlender Milchsäure, der Unterschied zwischen den bei Anwendung von Kongopapier einerseits, vom @ünzburgschen Reagens andrerseits zur Neutralisierung des Mageninhaltes erforderlichen Menge dezinormaler Natronlauge fast immer von derselben Größe wie die mittelst der Sörensenschen Formoltitrierung erhaltene Zahl. Daraus geht hervor, daß wahrscheinlich die Natronlaugemenge, welche zwischen Günzburg- und Kongo-Umschlag dem Mageninhalte zugesetzt wird, zur Abspaltung und Sättigung der an den während der peptischen Ver- !) J. Christiansen, Titrimetrische Untersuchungen über die Pepsinverdauung. Biochem. Zeitschr. Bd. 46. S. 50—70 (1912). Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 67 dauung allmählich neugebildeten Aminogruppen gebundenen Salzsäure ver- braucht wird. Bei der Formoltitrierung verhalten sich nämlich die Pro- teine und deren erste peptische Verdauungsprodukte ungefähr wie Poly- peptide, während die Hydrochloride der freien Aminosäuren, wenigstens die bei der Pankreatin-Erepsinverdauung entstehenden. sich titrimetrisch ungefähr wie reine Aminosäuren verhalten.!) Falls man die Mengen der an den Aminogruppen gebundenen Salz- säure feststellen will, so muß man bei Vorhandensein von Milchsäure oder von flüchtigen Fettsäuren diese erst mittelst Ätherextraktion entfernen. Die Titrierung der „freien“ Salzsäure erfolgt mittelst dezinormaler Natron- lauge und unter Anwendung des Steensma-Günzburgschen oder des boas- schen Reagens in der schon beschriebenen Weise. Ein anderer Teil des Magen- inhaltes wird mit dezinormaler Natronlauge so lange versetzt, bis ein Tropfen des Mageninhaltes einen Kongopapierstreifen nicht mehr blau färbt. Enthält der Mageninhalt eine erhebliche Proteosenmenge, so ist der Umschlag oft undeutlich. Man benutzt dann als Vergleichslösung eine dezi- molekulare Lösung sekundären Natriumzitrates, welche die Farbe des Kongopapiers nicht ändert. Man kann destilliertes Wasser dazu nicht an- wenden, da es das Papier röter färbt, als letzteres am beim Wasserstoff- ionenexponenten 4°6 ungefähr liegenden, also auf der sauren Seite des Neutralpunktes befindlichen Umschlagspunkt ist. Zieht man nun von der bei Anwendung des Kongopapiers verbrauchten Zahl Kubikzentimeter dezi- normaler Natronlauge die der „freien“ Salzsäure entsprechende Zahl Kubik- zentimeter dezinormaler Natronlauge, so erhält man nach Christiansen die an den während der peptischen Verdauung allmählich gebildeten Amino- gruppen gebundene Salzsäuremenge. Man kann sie auch mittelst der Sörensenschen Formoltitrierung ermitteln, indem man die Formol-Phenol- phtaleinmischung dem mittelst Azolitminpapier nach HZenriques und Sörensen neutralisierten, von Ammoniak vorher befreiten Mageninhalte zufügt (vgl. dieses Handb., Bd. VI, S. 268, 275— 277, 494—498).?) g) Jodometrische Methode zur Bestimmung der Säureaktivität nach Sahli-Wezrumba.:) Um die Fehlerquellen der zur Feststellung der Gesamtazidität der „freien“ und der „gebundenen“ Salzsäure angewandten Titrierungsverfahren zu vermeiden, bei welchen man jeden Augenblick eine andere Mischung vor sich hat in welcher die für die Endreaktion ent- scheidende Dissoziation sich fortwährend ändert, haben Sakli und Frl. Wez- 1) J. Christiansen, Titrimetrische Untersuchungen über die Pankreatin-Erepsin- verdauung. Biochem. Zeitschr. Bd. 46. S. 71—81 (1912). 2) E. Zunz, Recherches sur l’azote titrable dans le contenu stomacal par la methode de Sörensen au formol. Beitr. z. Pathol. u. Ther. d. Ernährungsst., Stoffwechsel- u. Verdauungskr. Bd. 2. S. 372—412 (1911). ®) M. Wezrumba, Über eine prinzipiell neue (jodometrische) Methode zur Be- stimmung der Säure des Magensaftes und ihre klinischen Vorteile. Intern. Beitr. z. Pathol. u. Ther. d. Ernährungsstör., Stoffw.- u. Verdauungskr. Bd. 3. S. 53—85 (1911). — H. Sahli, Lehrbuch der klinischen Untersuchungsmethoden. 6. Aufl. Bd. 1. S. 601 u. ff. Leipzig und Wien 1903. 68 Edgard Zunz. rumba ein Verfahren ersonnen, bei welchem man das Produkt einer abge- schlossenen Reaktion mittelst einer durch Dissoziation kaum beeinflußten Methode bestimmt. Diese beruht auf der großen Empfindlichkeit gegen Säuren einer Lösung von 1 Molekül jodsauren Kaliums und 5 Molekülen Jodkaliums. Das aus dieser Mischung durch die Säuren ausgeschiedene Jod wird, indem man Stärke als Indikator anwendet, mit dezinormaler Natriumthiosulfatlösung bis zum Verschwinden der Violettfärbung titriert. Nach Sahli ergibt die jodometrische Azidimetrie eines Mageninhaltes wirk- lich ein Maß für die Säureazidität desselben. Zu 10 cm3 des Mageninhaltes fügt man je 1 cm® einer 48°/,igen Jodkaliumlösung und einer 8°/,igen Lösung jodsauren Kaliums. Durch das freiwerdende Jod färbt sich der Mageninhalt bei nicht zu geringem Säure- gehalt sofort intensiv gelb bzw. braungelb. Man läßt die Mischung 5 Mi- nuten stehen und setzt dann zur Flüssigkeit einige Tropfen einer nach der Berschschen !) Vorschrift hergestellten Stärkelösung, worauf sich die Flüssig- keit intensiv dunkelblau färbt. Um diese Stärkelösung zu bereiten, werden 4 g Stärke, 20 g Zinkchlorid und 100 em Wasser unter Erreichung des verdampfenden Wassers so lange gekocht, bis das Stärkemehl nahezu voll- ständig gelöst ist, dann fügt man noch 29 trockenes Jodzink hinzu, er- gänzt die Flüssigkeit auf 1 / und filtriert sie. Nun läßt man vorsichtig aus einer Bürette, unter fortwährendem Umrühren, dezinormale Natrium- thiosulfatlösung (enthaltend 24 g 850 Na?S?03 +5 H?O, entsprechend 12 g 685 Jod) zufließen. Die Farbe der Flüssigkeit bleibt zunächst unverändert. Sobald die blaue Farbe der Lösung bei weiterem Zusatze der dezinormalen Natriumthiosulfatlösung sich zu verändern anfängt, muß man äußerst vor- sichtig mit dem tropfenweisen Natriumthiosulfatzusatze vorgehen, indem man nach dem Umrühren zuerst abwartet, bis die Farbe konstant bleibt. um erst dann mit dem tropfenweisen Natriumthiosulfatzusatze fortzu- fahren. Die blaue Farbe der Lösung geht zunächst in ein weniger inten- sives Blau über, indem die Flüssigkeit dabei durchsichtiger wird. Dann treten nacheinander eine dunkelviolette, eine heller violette, eine Rosafär- bung. Schließlich wird die Flüssigkeit vollkommen farblos. Manchmal wird nach !/, Minute oder selbst erst nach einigen Minuten die klare Flüssig- keit bläulich bis blau. In diesen Fällen wird vorsichtig dezinormale Na- triumthiosulfatlösung bis zur dauernden Farblosigkeit zur Flüssigkeit ge- fügt. Die zur Wegschaffung des freien Jods angewandte Anzahl Kubik- zentimeter dezinormaler Natriumthiosulfatlösung entspricht der im Magen- inhalte vorhandenen wirksamen Salzsäure. h) Quantitative Bestimmung der Azidität saurer Phosphate. Nach etwaiger Entfernung der organischen Säuren (Milchsäure, flüchtige Fettsäuren) durch Ausschütteln mit Äther wird die Gesamtazidität des unfiltrierten, gut umgeschüttelten Mageninhaltes in Aziditätsgraden fest- gestellt. Von dieser Zahl werden die der Gesamtsalzsäure entsprechenden Y) Bersch, Handbuch der Maßanalyse. Wien und Leipzig 1897. die Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. - 69 Aziditätsgrade abgezogen. Auf diese Weise berechnet man in Aziditäts- graden die den sauren Phosphaten entsprechende Azidität. v. Tabora Y) wendet eine andere Methode an: 10 cm3 filtrierten Magen- inhaltes werden in einen Kolben von 100 em? Inhalt gegossen, mit dezi- normaler Natronlauge und Alizarin als Indikator neutralisiert, mit 40 em3 Magnesiamischung (vgl. Bd. V, S. 813) versetzt und nun 4—5 Minuten kräftig geschüttelt. Nach 24stündlichem Stehen wird der Niederschlag von Magnesiumammoniumphosphat auf einem kleinen aschefreien Filter ge- sammelt, mit ammoniakhaltigem Wasser gewaschen, getrocknet, im Platin- tiegel verbrannt, geglüht, gewogen. Durch Vervielfältigung des gefundenen Gewichtes der pyrophosphorsauren Magnesia (Mg?P2O?) mit 063757 erhält man die Menge des Phosphorpentoxyds P?O>, welche auf KH?PO+ umge- rechnet wird, um den Aziditätsgrad zu ermitteln. i) Quantitative Bestimmung der gesamten organischen Säuren. Die Gesamtazidität des unfiltrierten, gut umgeschüttelten Mageninhaltes wird vor und nach Ausschütteln mit Äther in Aziditätsgraden ermittelt. Der Unterschied zwischen diesen beiden Zahlen ergibt in Aziditätsgraden die den gesamten organischen Säuren entsprechende Azidität. )) Quantitative Bestimmung der Milchsäure. Sie erfolgt nach dem Boasschen Verfahren.) 10—20 cm filtrierten Mageninhaltes werden in einer Porzellanschale auf dem Wasserbade bis zum Sirup eingedampft. Ist freie Salzsäure im Mageninhalte vorhanden, so fügt man vor dem Ein- dampfen einen Überschuß von kohlensaurem Baryt hinzu. Man versetzt den Sirup mit einigen Tropfen Phosphorsäure, vertreibt die Kohlensäure durch Aufkochen, läßt erkalten und behandelt mit 100 cm3 alkoholfreien Äthers. Nach halbstündigem Digerieren wird die klare Ätherschicht abge- gossen, der Äther verjagt, der Rückstand mit 45 cm Wasser aufgenommen, sorgfältig durchgeschüttelt und eventuell filtriert. Diese Flüssigkeit wird mit D cm Schwefelsäure und einer Messerspitze Braunstein in einen Zrlen- meyerschen Kolben gebracht, welcher mittelst eines doppelt durchbohrten Stopfens verschlossen wird. Durch die eine Bohrung führt eine gebogene Glasröhre zum Kühler. Durch die andere Bohrung tritt in den Erlenmeyer- schen Kolben eine zweite, gleichfalls gebogene Glasröhre, welche an ihrem äußeren Ende mit einem kurzen Gummischlauche und einer Klemme ver- sehen ist. Diese Glasröhre dient zur Austreibung durch einen Luftstrom des nach Beendigung der Destillation etwa noch im Kochkolben oder im Kühler befindlichen Aldehyds. Man erwärmt den die Flüssigkeit, die Schwefel- säure und den Braunstein enthaltenden Erlenmeyerschen Kolben und fügt das Destillat in einem hohen, gut verschließbaren Erlenmeyerschen Kolben auf. Die Destillation wird fortgesetzt, bis etwa die */, der im ersten Kol- ben befindlichen Flüssigkeit in den zweiten Erlenmeyerschen Kolben über- 1) v. Tabora, Über die Phosphate des Mageninhaltes. Zeitschr. f. klin. Med. Bd.56. S. 369—379 (1905). 2) I. Boas, Eine neue Methode der qualitativen und quantitativen Milchsäurebe- stimmung im Magensafte. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 19. S. 94)0—943 (1393). 70 Edgard Zunz. gegangen sind. Zum Destillate fügt man 40 cm? einer alkalischen Jod- lösung, welche durch Zusatz gleicher Volumina einer dezinormalen Jod- lösung unter einer 569 Kaliumhydroxyd per Liter Wasser enthaltenden Kalilauge bereitet wird. Nach kräftigem Schütteln läßt man den Kolben einige Minuten verschlossen stehen. Sodann versetzt man das Destillat mit 20 cm3 Salzsäure vom spez. Gew. 1018 und fügt einen Natriumbikarbonat- überschuß hinzu. Nun läßt man in die Flüssigkeit eine dezinormale Na- triumarsenitlösung, welche genau auf die dezinormale Jodlösung eingestellt sein muß, tropfenweise bis zur Entfärbung einfließen, fügt dann etwas lösliche Stärkelösung hinzu und titriert bis zur dauernden Blaufärbung zurück. Zieht man von der dem Destillat zugefügten Anzahl Kubikzenti- meter dezinormaler Jodlösung die verbrauchte Anzahl Kubikzentimeter dezinormaler Natriumarsenitlösung ab, so erhält man die zur Jodoformbildung nötige Jodmenge und indirekt den Aldehyd- bzw. Milchsäuregehalt des Mageninhaltes. 1 cm? dezinormaler Jodlösung entspricht O0 4 005388 Milchsäure, so daß man den Milchsäuregehalt des Mageninhaltes durch Vervielfältigung mittelst dieses Faktors der zur Jodoform- bildung verbrauchten Anzahl Kubikzentimeter dezinormaler Jodlösung erhält. Man kann auch den Milchsäuregehalt des Mageninhaltes in Aziditätsgraden berechnen. Um eine annähernde Schätzung des Milchsäurege- haltes eines Mageninhaltes zu erzielen, verfährt man nach H. Strauss auf folgende Weise: Man benutzt einen neben- bei (Fig. 24) abgebildeten besonderen Schütteltrichter von 30 cm3 Inhalt, welcher mit 2 Marken versehen ist. von denen die eine einer Füllung von 5 cm®, die andere einer solehen von 25 em? entspricht. In diesen Scheidetrichter gießt man zuerst Mageninhalt bis zur Marke 5 und nach- her Äther bis zur Marke 25. Nach tüchtigem Schütteln läßt man die Mischung sich wieder schichten. Dann läßt man die untere wässerige Schicht mittelst des unten be- findlichen Hahnes ablaufen und ersetzt sie, indem man destilliertes Wasser bis zur Marke 25 in den Schütteltrichter gießt. Nun fügt man zur im Schütteltrichter enthaltenen Flüssigkeit 2 Tropfen einer 10°/,igen wässerigen Eisenchloridlösung und schüttelt die Gesamtilüssigkeit tüchtie. Nach Abschichten zeigt die untere wässerige Schicht eine aus- geprägte gelbgrüne Färbung, sobald mehr als 1°/,, Milchsäure im Magen- inhalte vorhanden ist. k) Quantitative Bestimmung der Azidität der flüchtigen Fett- säuren. Der Unterschied zwischen der in Aziditätsgraden ausgedrückten Azidität der gesamten organischen Säuren und der in Aziditätsgraden be- rechneten Azidität der Milchsäure ergibt in Aziditätsgraden die Azidität der flüchtigen Fettsäuren, falls Milchsäure und flüchtige Fettsäuren zusammen im Mageninhalte vorhanden sind. Falls keine Milchsäure im Mageninhalte Fig. 24. Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. za besteht, so entspricht die Azidität der gesamten organischen Säuren der Azidität der flüchtigen Fettsäuren. 3. Prüfung auf enzymatische Eigenschaften. Der Mageninhalt enthält die Enzyme des Magensaftes sowie des mit diesem vermengten Speichels. Außerdem können manchmal in den Nährstoffen selbst (z. B. nach Fütterung mit rohem Getreide beim Pferde) enthaltene Fermente sich im Mageninhalte befinden. Schließlich wandern bisweilen vom Dünndarm stammende Enzyme in den Magen mit der Galle, dem Pankreas- und dem Darmsafte ein. Die Hauptrolle spielen aber fast stets die Fermente des Magensaftes und unter ihnen das Pepsin. Außer der Pepsinwirkung übt der Magensaft noch eine Labwirkung aus und wirkt auf emulgierte Fette. a) Pepsinbestimmung. Bei der Pepsinwirkung mul man die Lösung geronnener Proteine und die Verdauung genüiner flüssiger Proteine als zwei besondere Prozesse betrachten, welche vielleicht keineswegs denselben Gesetzen unterworfen sind.!) Deshalb ist es eigentlich zur Beurteilung des Pepsingehaltes des Mageninhaltes oder besser seines peptischen Vermögens erforderlich, auf beide Eigenschaften zu fahnden. Zur Prüfung der Fähigkeit des Magens geronnene Proteine aufzu- lösen, empfiehlt sich zurzeit, trotz ihren vielen Fehlerquellen°), die Mettsche Methode noch am meisten. Die Herstellung der Mettschen Röhren erfordert eine große Sorgfalt wegen den Ungleichheiten in der Zusammensetzung und der Konsistenz des Eierklares verschiedener Hühnereier und wegen dem Einflusse der Temperatur und den verschiedenen anderen Umständen, bei welchen die Gerinnung des Eierklares vor sich geht. Zur Verhinderung dieser Nachteile hat man mehrere Verfahren zur Herstellung der Mettschen Röhren angegeben. Man rührt sorg- fältig das Eierklar mehrerer Hühnereier zusammen und filtriert durch Gaze. Die so erzielte möglichst gleichmäßige Mischung wird in enge Glasröhren ge- saugt, über deren inneren Durchmesser man sehr verschiedene Angaben ge- macht hat. Meistens nimmt man dazu Röhren von 1—2 mm inneren Durch- messers. Schorlemmer, Cobb und Koettlitz?) geben jedoch den Vorzug Röhren von 21/,—31/;, mm inneren Durchmesser, womit ich ihnen beipflichte. !) E. Abderhalden und E. Steinbeck, Beitrag zur Kenntnis der Wirkung des Pepsins und der Salzsäure. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 68. S. 233—311 (1910). — J. Christiansen, Beiträge zum Mechanismus der Pepsinverdauung. Biochem. Zeitschr. Bd. 47. S. 226—249 (1912). 2) A. Korn, Über Methoden , Pepsin quantitativ zu bestimmen. Inaug.-Dissert Tübingen 1902. — P. Grützner, Ein Beitrag zum Mechanismus der Magenverdauung. Pflügers Archiv. Bd. 106. S. 4653—522 (1905). — E. Zunz, Contribution ä l’etude de l’acti- vation du suc panereatique par les sels. Bull. d. 1. Soc. roy. d. Se. med. et nat. de Bruxelles. T. 64. p. 23-55 (1906). — L. Blum und E. Fuld, Über das Vorkommen eines Anti- pepsins im Magensaft. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 58. S. 505—517 (1906). — T. Brails- ford Robertson, On some chemical properties of casein and their possible relation to the chemical behavior of other protein bodies with especial reference to hydrolysis of caseın by trypsin. Journ. of biol. Chem. Vol. 2. p. 317—383 (1906). ®) R. Schorlemmer, Untersuchungen über die Größe der eiweißverdauenden Kraft des Mageninhaltes Gesunder wie Magen- und Darmkranker unter kritisch-vergleichender 72 Edgard Zunz. Mittelst einer geeigneten Anordnung saugt man langsam und gleich- mäßig die filtrierte Eierklarmischung in 3—3!/, mm breite, 40—-50 cm lange Glasröhren, so daß kein Eierklar in den oberen Teil jeder Röhre (ungefähr 5 cm) dringt. Darauf wird dieses Ende der Glasröhre zuge- schmolzen. Nach Erkalten der Glasröhre wird sie äußerst langsam um- gedreht, damit das Eierklar allmählich in das zugeschmolzene Ende der Röhre fließen kann. Nun läßt man auf Watteunterlage die Glasröhren einige Stunden senkrecht stehen. Die Gasbläschen steigen allmählich. Manchmal muß man zur völligen Entfernung der sichtbaren Gasbläschen die Mettsche Röhre leicht beklopfen. Dann wird das früher unten, nun oben liegende Ende jeder Glasröhre zugeschmolzen. Die beiderseits her- metisch geschlossenen Röhren werden in einen mit auf 40° C ungefähr befindlichem Wasser gefüllten Dampfofen senkrecht gestellt. Die Temperatur des Dampfofens wird allmählich auf 85—90° © gebracht, worauf man das Wasser erkalten läßt. Die Mettschen Röhren werden dann entnommen und bleiben 2—-3 Tage in senkrechter Stellung. Nach dieser Zeitdauer kann man sie in wagrechter Lage aufbewahren. Beide Enden jeder Röhre werden in ge- schmolzenes Paraffin eingetaucht, ‘welches man an der Luft fest werden läßt. Diese Vorsichtsmaßsregel wird deshalb genommen, weil sich manchmal kleine Spalten in den zugeschmolzenen Glasenden im Dampfofen bilden. Auf diese Weise erhält man gewöhnlich Metische Röhren, welche keine sichtbaren Gas- bläschen zeigen, außer in dem im Dampfofen oben gelegenen Ende.!) Christiansen?) hat neuerdings ein ganz anderes Verfahren angegeben, welches eine Standardierung der Mettschen Röhren mittelst verschiedener Temperatureinwirkung während des Gerinnungsprozesses erlaubt. Man füllt einen großen Fisckhessel mit doppeltem Boden mit ca. 102 Wasser, ver- schließt ihn mit einem Deckel und erhitzt das Wasser zum Kochen. So- bald dies beginnt, nimmt man den Kessel vom Feuer ab, entfernt den Deckel und rührt das Wasser gut um. Der spontane Temperaturabfall wird jetzt mittelst eines in Zehntelgraden geteilten Thermometers verfolgt. Ist die Temperatur bis auf auf 85° C gesunken, so werden die mit Eier- klar gefüllten Kapillarröhren auf einmal hineingelegt. Da die Gerinnung augenblicklich eintritt, ist eine vorherige Verschließung der Röhren über- flüssig. Die Röhren bleiben im Wasser bis zur Abkühlung derselben und werden dann an beiden Enden mit Lack verschlossen. Benutzung der Hammerschlag und Mettschen Methoden. Archiv f. Verdauungskrankh. Bd. 8. S. 299—330 und 447—505 (1902) ; Berliner klin. Wochenschr. Bd. 39. S. 1193—1200' (1902). — S. W. Cobb, Contribution to our knowledge of the action of pepsin, with special reference to its quantitative estimation. Amer. Journ. of Physiol. Vol. 13. p. 448—463 (1905). — H. Koettlitz, Notes sur le dosage de la pepsine. Bull. d. 1. Soc. roy. d. Se. med. et nat. de Bruxelles. T. 63. p. 229—254 (1905); T. 64. p. 266—273 (1906). ') E. Zunz, Nouvelles recherches sur les proprietes antiproteolytiques du serum sanguin. Mem. de l’Acad. roy. de med. de Belgique. T. 20. fase. 5 (1909). ?) J. Christiansen, Einige Bemerkungen über die Mettsche Methode nebst Ver- suchen über das Aziditätsoptimum der Pepsinwirkung. Biochem. Zeitschr. Bd. 46. S. 257—287 (1912). Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 73 Um untereinander vergleichbare Ergebnisse mit den Mettschen Röhren zu erzielen, muß man sie nach der Christiansenschen Vorschrift standar- disieren. Zu diesem Zwecke peitscht und filtriert man das Eierklar und saugt etwas von diesem in 11 Röhren von 0'8&—1 mm inneren Durch- messers und ca. 40 cm Höhe ein. Das übrige Eierklar wird bis zum nächsten Tage im Eischrank aufbewahrt. Nun wird das Wasserbad mit einer be- stimmten Wassermenge gefüllt, zum Kochen erwärmt, umgerührt und zur spontanen Abkühlung stehen gelassen. Sobald die Temperatur 90° erreicht, wird das erste Rohr eingetaucht, bei 89° das zweite und so weiter fort, bis alle 11 Röhren auf dem Boden des Wasserbades in bestimmter Ord- nung hingelegt worden sind, so dal man sie nicht verwechseln kann. Nach der Abkühlung werden alle 3 Röhren in derselben Ordnung heraus- genommen. Von jeder werden drei ca. 2cm lange Stückchen abgeschnitten und in je. 11 Fläschchen, auf denen die betreffenden Temperaturen von 90°, 89° usw. bis 80° vermerkt sind, gebracht. In einer 12. Flasche be- finden sich die Standardröhrchen. Alle 12 Flaschen werden vorher mit 10 cm# einer pepsin- und salzsäurehaltigen Lösung versehen, dessen Stärke so gewählt wird, daß nach 24stündigem Verbleiben der Standardröhrchen in den Thermostaten 10—15 mm jeder Eiweißsäule gelöst wird. Nach Verlauf dieser Versuchszeit ermittelt man die Durchschnittszahl der aufgelösten Eiweißsäule in den 3 Röhrchen jeder Flasche. Auf diese Weise stellt man fest, bei welcher Temperatur man die sich den Standardröhrchen am meisten annähernden Röhren erhält. Der Unterschied zwischen den auf- gelösten Eiweißsäulen darf nicht mehr als 0'3 mm zwischen diesen Röhren und den Standardröhrchen betragen. Die Standardierung gelingt nicht immer gleich, so daß man manchmal eine zweite oder selbst eine dritte Prüfung vor der eigentlichen Bereitung der Metischen Röhren anstellen muß. Nach gelungener Standardierung wird das im Eisschrank aufbewahrte Eierklar in einer genügenden Anzahl Röhren gesaugt, welche man im Wasserbade bei einer ca. 1/,° C höheren Temperatur als die ermittelte eintaucht. Man wählt eine höhere Temperatur als die festgestellte, weil beim Eintauchen einer groben Menge von Röhren die Temperatur des Wasserbades etwas herabgesetzt wird. Nierenstein und Schiff!) haben gezeigt, dal im Mageninhalte die Pepsinwirkung hemmende Stoffe (Natriumchlorid, Zucker, Schleim) vor- handen sind. Nach Blum und Fuld?) enthält der Magensaft außerdem ein Antipepsin. Um den Einfluß der Hemmungsstoffe aufzuheben, empfehlen Nierenstein und Schiff den Mageninhalt mit 15 Volumina dezinormaler Salz- säure zu verdünnen. Nach Kaiserling®) wird jedoch dadurch die Einwirkung 1) E. Nierenstein und M. Schiff’, Über die Pepsinbestimmung nach Mett und die Notwendigkeit ihrer Modifikation für klinische Zwecke. Archiv f. Verdauungskrankh. Bd. 8. S. 559—604 (1903); Berliner klin. Wochenschr. Bd. 40. S. 268—271 (1903). ®) L. Blum und E. Fuld, Über das Vorkommen eines Antipepsins im Magensaft. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 58. S. 505—517 (1906). 3) Kaiserling, Die klinische Pepsinbestimmung nach Mett. Berliner klin. Wochen- schrift. Bd. 40. S. 1007—1008 (1903). 74 Edgard Zunz. der Hemmungsstoffe keineswegs stets völlig verhindert. Andererseits wird durch diese Verdünnung die Wirkung geringer Pepsinmengen auf die ge- ronnene Proteinsäule bisweilen in solchem Grade vermindert, dab man das vorhandene Pepsin mittelst des Mettschen Verfahrens Grützner zufolge dann nicht nachweisen kann. Christiansen verdünnt den Mageninhalt im Verhältnisse 1:16 mittelst einer Salzsäure mit 30 als G@ünzburg-Zahl, d.h. von welcher 10 cm® nach Zusatz von genau 3cm? dezinormaler Natronlauge keine Günzburgsche Reaktion auf freie Salzsäure mehr geben. 3 Mettsche Röhren von je 1 cm Länge werden wagrecht auf dem flachen Boden einer gut verschlossenen Flasche mit weitem Halse gelegt, welche ungefähr 10 cm3 Mageninhalt enthält. Bei dieser Versuchsanordnung nimmt aber der Grad der Proteolyse allmählich ab wegen der Anhäufung am Boden des Gefäßes und besonders in den Kapillarglasröhren der Spaltungsprodukte der Proteine, welche sich mit einem Teile der freien Salzsäure verbinden. Zur Erzielung der besten Ergebnisse mit den Mettschen Röhren gießt man in einem Reagenzrohr 10—15 cm: im Verhältnisse 1:16 mittelst Salzsäure mit 30 als Günz- burg-Zahl verdünnten Mageninhaltes und darüber eine Toluolschicht. Nun bindet man 3 oder 4 Mettsche Röhrchen von ca. 2cm Länge zusammen und bringt sie in das Reagenzrohr auf solche Weise, daß ihre oberen Enden sich in der Toluelschiceht befinden und nur ihre unteren Enden der Einwirkung des Mageninhaltes unterworfen sind. Man wählt eine passende Breite der Reagenzröhre, damit die unteren Enden der Mettschen Röhren stets gleich hoch (75 em ungefähr) über dem Boden der gut verschlossenen Reagenzröhren liegen. Die Verdauungsprodukte der aufgelösten Proteine ditfundieren dann leicht aus den Mettschen Röhren. ?) Nach 24stündigem Verbleiben in einem auf einer zwischen 37 und 40° genau eingestellten Temperatur befindlichen Thermostaten ermittelt man die aufgelöste Eiweißlänge jedes Röhrchens (bei der Ohristiansenschen Versuchsanordnung natürlich beiderseits) mittelst der Lupe und einem in 1/,, mm eingeteilten Noniusmillimetermaßstab. Da das Mettsche Verfahren nur relative Werte ergibt, betrachtet man als Ausdruck des Proteolyse- grades des geprüften Mageninhaltes die Durchschnittszahl der Ablesungen der darin befindlichen 5 oder 4 Mettschen Röhren. Bei dem Metischen Verfahren kann man vom unfiltrierten Magen- saft ausgehen: dies ist nicht mehr der Fall für die Verfahren zur Fest- stellung der Verdauung genuiner flüssiger Proteine. Unter diesen eignet sich besonders die Edestinmethode nach Fuld und Levison?) zur Erkennung des Vermögens des Mageninhaltes, genuine !) E. Zunz, Recherches sur l’acetivation du suc panereatique par les sels, 3° Com- munication. Ann. de la Soc. roy. des Se. med. et nat. de Bruxelles. T. 16. fase. 1 (1907). °) E. Fuld und L. A. Levison, Die Pepsinbestimmung mittelst der Edestinprobe. Biochem. Zeitschr. Bd. 6. 8..473—501 (1907). — W. Wolff und Z.v. Tomaszewski, Über Pepsin und Pepsinbestimmung mittelst der Edestinprobe. Berliner klin. Wochenschr. Bd. 45. S. 1051—1056 (1908). Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 15 flüssige Proteine zu verdauen (vgl. d. Handb. Bd. III, S. 18). Die äußerst empfindliche Rieinprobe nach M. Jacoby!) (vgl. d. Handb. Bd. III, S. 18) ist leider weniger empfehlenswert, weil bei dem Jacoby-Solmsschen Verfahren ?) keineswegs das eigentliche Riein durch die Säurepepsinwirkung geklärt wird. sondern nur das durch die Salzsäureeinwirkung aus dem in den Ricin- . präparaten in verschiedener Menge enthaltene Ricinoglobulin entstandene Rican.:) Obgleich das beim Grossschen*) Verfahren benutzte Kasein nach Hammarsten ungefähr stets die gleiche Zusammensetzung besitzt, so ist es doch vorzuziehen, von einem kristallinischen Körper wie Edestin auszu- gehen. Bei dem Edestin-, dem Ricin- oder dem Grossschen Kaseinverfahren muß man auf jede Berechnung des erzielten Ergebnisses in sogenannten Pepsineinheiten verzichten, denn diese Rechnung beruht keineswegs auf einer festen Grundlage und sagt eigentlich nicht mehr über das peptische Vermögen des untersuchten Mageninhaltes als der tatsächliche Befund. Die Jacobysche Ricinprobe wurde schon eingehend besprochen (d. Handb., Bd. III, S. 18). Bei dem Grossschen Verfahren wird 1 g Caseinum purissimum Grübler (nach Hammarsten) in einer Mischung von 1/ destillierten Wassers mit 16 em? einer 25°/,igen Salzsäure mit 1'124 als spezifisches Gewicht auf dem Wasser- bade gelöst. Man gießt je 10cm: auf 39—40° vorgewärmter Flüssigkeit in eine Reihe von Reagenzgläsern, zu welchen man steigende Mengen des untersuchten Mageninhaltes fügt. Nach !/,stündigem Verbleiben im Thermo- staten bei 39—40° setzt man einige Tropfen einer konzentrierten Lösung von essigsaurem Natron zu jedem Reagenzrohre und ermittelt, bei welcher Verdünnung kein unlösliches Kasein mehr ausfällbar ist. Das Kasein ist nämlich durch essigsaures Natron fällbar, die Kaseosen aber nicht. Fuld und Levison benutzten eine 1°/,.ige Edestinlösung, welche durch allmählichen Zusatz einer !/;,. Normalsalzsäure (30 cm? dezinormaler Salzsäure mit 70 cm? destillierten Wassers) zum Edestin, Erhitzung zum Sieden und Filtration erzielt wird. Man kann diese Lösung einige Tage im Eisschranke aufbewahren. Je nach seinem Aziditätsgrad wird der Mageninhalt auf das 10- bis 20fache verdünnt. Man bereitet eine Reihe Reagenzgläser mit verschiedenen Mengen des verdünnten Mageninhaltes (0:1, 0:16, 025, 04, 0:64, 10 cm? z. B.) und fügt rasch 2 cm? der Edestin- lösung hinzu. Außerdem stellt man eine Kontrollröhre mit nur 2cm® Edestinlösung dar. Das durch die Salzsäureeinwirkung aus dem Edestin !) M. Jacoby, Über die Beziehungen der Verdauungswirkung und der Labwirkung Biochem. Zeitschr. Bd. 1. S. 53—74 (1906). ?) E. Solms, Über eine neue Methode der quantitativen Pepsinbestimmung und ihre klinische Verwendung. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 64. S. 159—169 (1907). 3) E. Henrotin, Quelques considerations sur le dosage de la pepsine. Ann. d. 1. Soc roy. d. Se. med. et nat. de Bruxelles. T. 8. fasc. 2 (1909). *) O0. Gross, Die Wirksamkeit des Pepsins und eine einfache Methode ihrer Be- Stimmung. Berliner klin. Wochenschr. Bd. 45. S. 643—646 (1908). 76 Edgard Zunz. entstandene Edestan wird durch NaCl- oder Ammoniakzusatz gefällt, die Verdauungsprodukte des Edestans hingegen nicht. Nach Indemans'!) er- zeugt Kochsalz im Magensafte sogar bei 20maliger Verdünnung noch eine der Edestintrübung zum Verwechseln ähnliche Schichtung. Man läßt die verschiedenen Flüssigkeiten !/; Stunde bei Zimmertemperatur stehen und überschichtet sie dann mit Ammoniak, um die erste Röhre zu ermitteln, . bei welcher keine Trübung mehr entsteht. Vielleicht könnte man genauere Ergebnisse über das peptische Ver- mögen des Mageninhaltes erzielen durch Untersuchung nach einer be- stimmten Zeit einer Mischung saurer Edestinlösung und Mageninhaltes mittelst des durch Kober 2) neuerdings empfohlenen nephelometrischen Verfahrens. Bis jetzt bestehen aber keine bestimmten Angaben über die Anwendung des nephelometrischen Verfahrens auf die Prüfung des pepti- schen Vermögens des Mageninhaltes. b) Labbestimmung. Zur Feststellung der Labwirkung des Magen- inhaltes kann man sich der Milch und CaÜl? bedienen nach dem in diesem Handb., Bd. III, S. 19, beschriebenen Verfahren. Wegen der keineswegs stets gleichen Labfähigkeit der Milch haben Blum und Fuld®) eine Methode ersonnen, bei welcher man von künst- licher Milch nach Fuld ausgeht. 10 g Magermilch-Pulver*) werden mit 100 em® auf 50° C befindlichen destillierten Wassers verrührt, wobei sich das Milchpulver fast völlig auflöst. Man kann den später auftretenden Bodensatz vernachlässigen. Zu 100 cm? dieser Milchlösung fügt man nun 05 cm? einer 20°/,igen CaCl?-Lösung. Man muß die so hergestellte künst- liche Milch sofort nach ihrer Bereitung benutzen. Unter strengster Inne- haltung der Herstellungsbedingungen besitzt das künstliche. Milchpulver nach Fuld stets die gleiche Labfähigkeit. Man bereitet eine Reihe Reagenz- gläser mit 10 em® der Milchmischung und 0'’5 cm® des entweder unver- dünnten oder im Verhältnisse 1:10 bis 1:1000 verdünnten Mageninhaltes sowie eine Kontrollröhre, welche 10 cm® der Milchmischung und 1'5 em? vorher zum Sieden erwärmten unverdünnten Mageninhaltes enthält. Diese verschiedenen Reagenzröhren bleiben 2 Stunden in einem auf 17'5°C be- findlichen Thermostaten und werden dann während 5 Minuten in einen auf 38°C befindlichen Thermostaten gebracht. Die niedrigste Verdünnung !) 1. W. M. Indemans, De onderzoek der maagfunctie met behulp van biearbonas natricus en edestine. Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. 1. Deel. B. 175—190 (1911). ?) P. A. Kober, Nephelometry in the study of proteases and nucleases. Journ. of biol. Chem. Vol. 13. p. 485—498 (1913). °®) L. Blum und E. Fuld, Über eine neue Methode der Labbestimmung und über das Verhalten des menschlichen Magenlabs unter normalen und pathologischen Zustän- den. Berliner klin. Wochenschr. Bd.42. Festnummer für C. A. Ewald, S. 107 —113 (1905). — Die Bestimmung des Fermentgehaltes im menschlichen Mageninhalt. Biochem. Zeit- schrift. Bd. 4. S. 62—64 (1907). *) Da das Ekenbergmilehpulver nicht mehr zu beziehen ist, benutzt jetzt Herr Dr. E. Fuld das Magermilch-Pulver von Gabler-Saliter (aus Obergünsberg im Allgäu). — J. Wohlgemuth, Grundriß der Fermentmethoden, Berlin 1913, S. 164. =. Ep Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 17T ‚des Mageninhaltes, bei welcher eine Gerinnung noch eintritt, gilt als Maß seines labischen Vermögens. Koettlitz!) hat ein anderes Verfahren angegeben, bei welchem das Labvermögen des Mageninhaltes durch die Höhe des gebildeten Gerinnsels geschätzt wird. Man fügt 39 reines, nach Jammarsten bereitetes Grübler- sches Kasein und 20 9 NaCl zu 100 cm® gesättigtem, filtriertem, 1'176 g prom. CaO im Durchschnitt enthaltenden Kalkwasser, schüttelt die Mi- schung mehrmals während 10 Minuten und läßt sie nachher während 24 Stunden stehen; nach dieser Zeit ist das Kasein vollständig aufgelöst. ‚Zu dieser Lösung setzt man 0'6 cm® reiner Phosphorsäure von 1'698 als spezifisches Gewicht sowie 2 Tropfen Toluol und schüttelt tüchtig, um den entstandenen Niederschlag wieder aufzulösen. Man filtriert und erhält auf diese Weise eine leicht saure, durchsichtige, etwas opaleszente, gebrauchs- fähige Flüssigkeit, welche sich in der Kälte während 14 Tagen mindestens ‘ohne nennenswerten Wertverlust aufbewahren läßt, selbst bei täglichem Öffnen des Kolbens. Diese Flüssigkeit verträgt die Zimmertemperatur. Sie trübt sich nicht im Thermostaten bei 39—40° ©, selbst bei Anwesenheit 90/,,iger NaCl-Lösung oder verdünnter Säuren. Dieses Reagens besitzt gegenüber der sonst bei der Labbestimmung benutzten Milch oder Milch- präparaten folgende Vorteile: Leichte Bereitung, gute Beständigkeit, stets gleiche Zusammensetzung, Durchsichtigkeit. Zur Feststellung des Labver- mögens werden 2!/, cm? dieses Reagens und 2!/, cm des zu prüfenden ' Mageninhaltes in ein Reagenzrohr von 8 mm inneren Durchmessers ge- gossen, welches bis zum Gesamtvolumen von 5 em3 in !/,, em3 eingeteilt ist. Nach 24stündigem Verbleiben in einem auf 39—40° C eingestellten Thermostaten wird das Reagenzrohr 4—5mal geschüttelt, um das gebildete Gerinnsel zu dissoziieren und darauf wieder während 24 Stunden in den Thermostaten gebracht. Dann liest man auf der äußeren Graduierung des Reagenzrohres die Höhe des Niederschlages in Kubikzentimetern und deren Bruchteilen ab, welche als Maß des Labvermögens des untersuchten Magen- inhaltes zu betrachten ist. Die verschiedenen beschriebenen Verfahren messen eigentlich nur das relative peptische. und das relative labische Vermögen des Mageninhaltes. ohne sich mit der noch keineswegs völlige gelösten Frage des Bestehens im Magensafte entweder von zwei besonderen Enzymen (Pepsin und Lab- ferment) oder eines einzigen Fermentes mit einer peptischen und einer labischen Wirkung zu beschäftigen. c) Lipasebestimmung. Zur Feststellung des von der Magenlipase her- rührenden Spaltungsvermögens des Mageninhaltes auf emulgierte Fette benutzt man das Volhard-Stadesche Verfahren (vgl. dieses Handb., Bd. III S. 223). d) Nachweis von aus den dem Magensafte beigemengten Sekreten ‚oder aus den Nährstoffen selbst herrührenden Enzymen. Der Nach- ı) H. Koettlitz, Sur une nouvelle methode de dosage du ferment lab. Arch. int. ‚de Physiol. T. 5. p. 140—147 (1907). 78 Edgard Zunz. weis der auf Fette, Kohlehydrate, Proteine oder deren Spaltungsprodukte einwirkenden Enzyme, welche im Mageninhalte vorhanden sind und welche vom Speichel, vom Pankreassafte, vom Darmsafte, von der Galle, vom Magenkrebs oder anderen Geschwülsten, von den Nährstoffen selbst her- rühren, geschieht nach den für diese verschiedenen Fermente beschriebenen besonderen Verfahren (vgl. dieses Handb., Bd. III, S. 16—41; Bd. V, S. 575 bis 583). 4. Verdauungsgrad der Proteine, der Kohlehydrate und der Fette. a) Prüfung des Grades der Proteinverdauung. Um den Grad der Proteinverdauung zu prüfen, bestimmt man entweder die Stick- stoffverteilung zwischen unveränderten (geronnenen oder genuinen) Proteinen, Azidalbumin, Proteosen und den anderen Spaltungsprodukten der Proteine nach dem im Bd. III, S. 230—237 und Bd.VI, S. 501—508 dieses Handb. beschriebenen Verfahren oder den Grad der proteolytischen Spaltung mit- telst der Sörensenschen Formoltitrierung (vgl. dieses Handb., Bd. VI, S. 493—498) oder des van Siykeschen Verfahrens (vgl. dieses Handb., Bd. VI, S. 498—500). b) Prüfung des Grades der Kohlehydratverdauung. Man kann sich dazu der allgemeinen Verfahren zur Isolierung der Abbauprodukte der Verdauung der Kohlehydrate (vgl. dieses Handb., Bd. III, S.216—219) be- dienen oder die Lugolsche Jodjodkaliumlösung in der durch Wohlgemuth beschriebenen Weise anwenden (vgl. dieses Handb., Bd. VI, S. 231— 238). ec) Prüfung des Grades der Fettspaltung. Man kann ihn ent- weder mittelst des schon erwähnten Volhard-Stadeschen Verfahrens (vgl. dieses Handb., Bd. III, S. 223) oder der Traubeschen stalagmometrischen Methode ermitteln (vgl. dieses Handb., Bd. VI, S. 492. ') 5. Schätzung des Schleimgehaltes. Um den Schleimgehalt des Mageninhaltes annähernd zu schätzen, empfiehlt Schütz folgendes Ver- fahren: Nach Entfernung des oben schwimmenden (frem- den) Schleimes läßt man den Mageninhalt in einem koni- schen Gefäße einige Minuten absetzen, gießt die oben be- findliche Flüssigkeit ab und prüft nun den Brei auf seinen Schleimgehalt mittelst des nebenbei (Fig. 25) abgebildeten Schleimfängers. Dieser besteht aus einem etwa 2 mm star- ken Metalldrahte, dessen unteres Ende halbkreisförmig ist. An der Innenseite des Metalldrahtes ist dieser mit # Rauhigkeiten versehen, welche den Zweck haben, die u Schleimteilchen am Abgleiten zu verhindern. Durch Ein- NJ tauchen dieses unteren Endes in den Speisebrei gelingt es, den in Chymus enthaltenen Schleim emporzuheben. Bei reichlichem Schleimgehalte läßt sich der Chymus in großen Konvoluten emporheben, während hingegen bei geringem Schleimgehalte nur Fig. 25. '!) H. Davridsohn, Untersuchungen über das fettspaltende Ferment des Magen- saftes nebst Angaben zur quantitativen Bestimmung desselben. Berliner klin. Wochen- schrift. Bd. 49. S. 1132—1134 (1912). Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 79 spärliche Flöckchen oder Chymusteile am rauhen Ende des Schleimfängers haften bleiben. Die zur Charakterisierung des Schleimes angewandten Reaktionen wurden schon im Bd. II, S. 232 und im Bd. V, S. 339— 341 dieses Hand- buches beschrieben. 6. Nachweis der Anwesenheit nur ausnahmsweise im Magen- inhalte vorhandener Stoffe oder Sekrete. a) Blut. Die sicherste Probe zum Blutnachweise im Mageninhalte ist die kristallographische Jodhämatin- probe nach Strzyzowski.') Auf einen Objektträger werden die schwärzlichsten Teile des Mageninhaltes gebracht und mittelst eines Mikrogasbrenners vor- sichtig getrocknet. Dann wird ein Deckglas über diese getrockneten schwärz- lichen Teile des Mageninhaltes gelegt. Am Rande des Deckglases bringt man 2 Tropfen der frisch bereiteten Strzyzowskischen Lösung, welche rien aus 1 cm? absoluten Alkohols, 1 cm® destillierten Wassers, 1 cm Eisessig und 3 Tropfen Jodwasserstoffsäure von 1:500 als spezifisches Ge- wicht besteht. Diese Flüssigkeit dringt durch Kapillarität zwischen Deckglas und Objektträger. Nun erwärmt man 10—20 Sekunden zum Sieden, indem man die ver- dampfte Flüssigkeit durch neue er- setzt. Nach dem Erkalten beobach- tet man unter dem Mikroskop kleine schwarze prismatische Kristalle von Jodhämatin oder Jodhämin (vgl. nebenstehende Fig. 26). 2. Nach @Geers?) erhitzt man zum Sieden den Mageninhalt mit 10°/,iger Kalilauge und fügt zur vom Bodensatze getrennten Flüssigkeit 1 Tropfen Pyridin sowie 3 Tropfen Schwefelammon. Im oberen Teile dieser Lösung sind dann die Hämochromogenstreifen deutlich bei der spektro- skopischen Untersuchung sichtbar. 3. 10 cm? oder mehr Mageninhalt werden mit 3 cm oder einer ent- sprechend größeren Menge von Eisessig versetzt. Der Mageninhalt wird mehrmals mit alkoholhaltigem Äther in einem Scheidetrichter geschüttelt. Der Ätherextrakt wird vorsichtig durch Abdampfen vom Äther befreit und in destilliertem Wasser gelöst. 1) ©. Strzyzowski, Über ein neues Reagens und dessen Empfindlichkeit für den bristallographischen Blutnachweis. Tberap. Monatsh. Bd. 6. S. 459—462 (1902). ?) J. Geers, Een methode voor de praktyk om speetroscopisch te zoeken naar bloed in maag- en darminhoud. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1911. 2. Deel. B. 1865 bis 1869. 80 Edgard Zunz. Die wässerige Lösung des Ätherextraktes wird mittelst der Weber- schen Guajakprobe, der Aloinprobe und der Adlerschen Benzidinprobe untersucht. #“) Webersche Guajakprobe. Man vermischt gleiche Teile einer frisch bereiteten alkoholischen Guajakharztinktur und von alten ozonhaltigen Terpentinöls. Diese Mischung wird vorsichtig in die wässerige Lösung des Ätherextraktes unterschichtet. Es entsteht allmählich ein blauer Berüh- rungsring bei Blutanwesenheit. 6) Aloinprobe. Zur wässerigen Lösung des Ätherextraktes fügt man zuerst 20—30 Tropfen alter ozonhaltiger Terpentinessenz und dann 10 bis 15 Tropfen einer frisch bereiteten Lösung von 30 eg Aloin in 10 em? 60—70°/,igen Alkohols. Nach 3—5 Minuten erscheint eine ausgeprägte rote Färbung bei Blutanwesenheit. y) Benzidinprobe nach O. und R. Adler. Die nötigenfalls mittelst Essigsäure angesäuerte wässerige Lösung des Ätherextraktes wird mit 2 cm? einer frisch bereiteten konzentrierten alkoholischen Benzidinlösung und 2 cm? der 3°/,igen Wasserstoffsuperoxydlösung versetzt. Bei Blut- anwesenheit entsteht allmählich eine grüne Färbung. Man kann auch 10 Tropfen einer Benzidinlösung mit 20 Tropfen der Wasserstoffsuperoxyd- lösung vermischen und diese Mischung vorsichtig in die wässerige Lösung des Ätherextraktes unterschichten, wodurch ein breiter olivengrüner Be- rührungsring entsteht. b) Galle. Der chemische Nachweis der Galle erfolgt im Mageninhalte wie im Harne (vgl. dieses Handb., Bd. III, S. 850—853). c) Pankreas- und Darmsaft. Der getrennte Nachweis von Pan- kreas- und von Darmsaft im Mageninhalte ist ziemlich schwierig. Am leich- testen gelingt noch der Nachweis des Trypsins. Dazu wird der Magen- inhalt sofort nach der Ausheberung mit Soda leicht alkalisch gemacht, um den zerstörenden Einfluß des Pepsins auf das Trypsin zu verhindern. Man benutzt die Kaseinmethode (vgl. dieses Handb., Bd. III, S. 19) oder die Abspaltung von Tyrosin aus Seidenpepton oder aus Glyzyl-I-Tyrosin nach Abderhalden (vgl. dieses Handb.. Bd. III, S. 20-21) oder die durch Wald- schmidt veränderte Grüätznersche Spritblaufibrinmethode. !) Keines dieser Verfahren erlaubt jedoch zwischen der Wirkung der Tryptase, der Pankreas- ereptase oder der Darmereptase eine sichere Unterscheidung zu machen. Um Pankreassaft beim Menschen im Mageninhalte in ziemlich erheb- licher Menge zu erhalten, wird der Versuchsperson in den leeren Magen bei alkalischer Reaktion ungefähr 100 em3 Olivenöl oder besser 100 em® einer 2°/,igen Lösung von Oleinsäure in Olivenöl mittelst der Schlund- sonde verabreicht. Beim Vorhandensein einer gewissen Säuremenge im Magen trotz des nüchternen Zustandes, muß man vorher den Magen mit Sodalösung ausspülen oder gebrannte Magnesia in dieses Organ einführen, 1) W. Waldschmidt, Über die verschiedenen Methoden, Pepsin und Trypsin quan- titativ zu bestimmen, nebst Beschreibung einer einfachen derartigen Methode. Pflügers Archiv. Bd. 143. S. 189—229 (1911). U EEE Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 81 um die vorhandene Säure zu neutralisieren. Die Versuchsperson muß am vorhergehenden Tage keine Speisen genießen, welche eine stärkere Abson- derung von Magensaft, Pankreassaft oder Galle hervorrufen (fette, saure und überhaupt schwer verdauliche Speisen). Nach der Einnahme des „Öl- probefrühstücks“ bleibt die Versuchsperson ruhig liegen oder sitzen. Die Ausheberung des Mageninhaltes erfolgt ungefähr 2 Stunden seit der Ein- führung des sauren Öles. Der ausgeheberte Mageninhalt wird in einen Standzylinder gegossen. Bald teilt sich die Flüssigkeit in zwei scharf gesonderte Schichten, die obere ölige und die untere wässerige. In dieser letzteren befinden sich die Pankreasfermente. Manchmal muß man das „Ölprobe- frühstück“ mehrmals wiederholen, ehe man bei der Ausheberung Pankreas- saft im Mageninhalte findet.’) d) Urobilin. Bei Urobilinanwesenheit zeigt der Mageninhalt oft eine Rosafärbung. Um das Urobilin nachzuweisen, wird der Mageninhalt mehrmals mit absolutem Alkohol im Scheidetrichter geschüttelt. Falls keine freie Salz- säure vorhanden ist, so versetzt man vorher den Mageninhalt mit etwas Salzsäure. Der saure alkoholische Extrakt wird auf ein geringes Volumen durch vorsichtige Abdampfung auf dem Wasserbade gebracht. Bei weder zu geringem noch zu erheblichem Gehalte an Urobilin, wozu man manch- mal den alkoholischen Extrakt mit Alkohol verdünnen muß, sieht man bei der spektroskopischen Untersuchung den charakteristischen Absorptions- streifen auf der Grenze von Grün und Blau. Der saure alkoholische Extrakt wird dann mit Ammoniak neutrali- siert und mit !/,, Vol. einer 1°/,igen Aufschwemmung von Zinkchlorid in alko- holischem Ammoniak versetzt. Falls eine Trübung entsteht, wird filtriert. Das Filtrat zeigt bei passender Schichtdicke (die eventuelle Verdünnung erfolgt mit Alkohol) den Absorptionsstreifen der Urobilinzinkverbindung auf der Grenze von Grün und Blau zwischen b und F. Bei genügendem Gehalte von Urobilin zeigt die Flüssigkeit die charakteristisch grüne Fluoreszenz. Im allgemeinen werden sowohl die Fluoreszenz als der spektrosko- pische Absorptionsstreifen viel ausgeprägter, wenn man den alkoholischen Extrakt vor dem Zusatz des zinkhaltigen Reagens mit einem oder meh- reren Tropfen einer hellbraunen Jodiokaliumlösung vermischt, wodurch das Urobilinogen in Urobilin verwandelt wird.?) Das Florencesche Reagens, welches aus 50 g Pyridin, 50 g Chloro- form, 50 g Alkohol und 75 g Zinkazetat besteht, erlaubt ziemlich leicht Urobilin, Urobilinogen, Biliverdin (Galle) oder Blutfarbstoff im alkoholischen Mageninhaltsextrakte nachzuweisen. Man fügt das doppelte Volumen des Florenceschen Reagens zum Alkoholextrakte, schüttelt, ohne Emulsion zu 1!) W. Boldyreff, Über die Gewinnung des Pankreassaftes bei Menschen zu dia- gnostischen Zwecken. Pflügers Archiv. Bd. 140. S. 436—462 (1911). ?) B. De Nabias, Recherche rapide de l’urobiline dans les selles. Compt. rend. de la Soe. de Biolog. T. 61. p. 642—644 (1906). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 6 82 Edgard Zunz. bewirken, und läßt nachher stehen. Nach einiger Zeit bilden sich zwei Flüssigkeitsschichten, wovon die untere sogleich eine grüne Fluoreszenz bei Urobilinanwesenheit zeigt, eine allmählich erscheinende Fluoreszenz bei Urobilinogenanwesenheit, eine grüne Färbung und später eine grüne Fluores- zenz bei Biliverdinanwesenheit, eine rote Färbung bei Blutanwesenheit.?) Angaben über die verschiedenen Verfahren zum Urobilinnachweise befinden sich schon in diesem Handbuche, Bd. III, S.355—857 und Bd.V, S.BllB: e) Tryptophan. Man ermittelt die Anwesenheit von Tryptophan im Mageninhalte durch die rote oder violette Färbung, welche beim tropfen- weisen Zusatze von Bromwasser, von ätherchlorigsaurem Natrium, von bromigsaurem Natrium oder von Kalziumchlorid entsteht. ?) f) Indol. Der Mageninhalt wird mit Kupfersulfat versetzt, um den etwaigen Schwefelwasserstoff zu binden. Nach Filtration des Schwefelkupfer- niederschlages wird das Filtrat im Dampfstrom destilliert. Falls Indol im Destillate vorhanden ist, so erkennt man ihn am charakteristischen, zugleich jasmin- und fökalhaltigen Geruche. Die verschiedenen Indolreaktionen wurden schon in diesem Handbuche Bd. III, S.838—840 und Bd.V, S.316 besprochen. Unter diesen Reaktionen sind die folgenden zum Nachweise des Indols im vom Mageninhalte herrührenden Destillate besonders emp- fehlenswert): 1. Rotfärbung bei Zusatz einiger Tropfen Salpetersäure und 0'02°/,iger frischer Kaliumnitritlösung. 2. Reaktion nach Ehrlich und F. Blumenthal: Violettfärbung beim Zusatze des halben Volumens einer 2°/,igen alkoholischen Lösung von Pa- radimethylamidobenzaldehyd und einigen Tropfen 25°/,iger Salzsäure. Bei Zusatz von 2 Tropfen einer frisch bereiteten 1°/,igen Natriumnitritlösung geht die violette Färbung in granatrot über. 3. Reaktion nach Legal und Salkowski: Zusatz von Nitroprussid- natriumlösung bis zur Gelbfärbung. Dann Zusatz einiger Tropfen Natron- lauge. Es entsteht eine violettblaue Färbung, welche beim Ansäuern durch Salzsäure oder Essigsäure in eine reine blaue Färbung übergeht. 4. Zusatz von etwa !/, Volumen 10°/,iger alkoholischer Vanillin- lösung und nachher von ca. !/, Volumen rauchender Salzsäure bewirkt eine orangerote Färbung, welche bei Zusatz von 2 Tropfen einer frischen 1°/,igen Natriumnitritlösung allmählich in eine reine Gelbfärbung übergeht. 1) A. Braunstein, Über Vorkommen und Entstehung von Urobilin im mensch- lichen Magen. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 50. S. 159—166 (1903). ?) H. Malfatti, Beitrag zur Kenntnis der peptischen Verdauung. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 31. S.42—48 (1900). — K.Glaessner, Tryptophanreaktion und Magenkarzinom. Berliner klin. Wochenschr. Bd. 40. S. 599—600 (1903). ®) A. Albu und C©. Neuberg, Über ein Vorkommen von Indol im Mageninhalte bei Karzinom. Biochem. Zeitschr. Bd. 1. S. 541—544 (1906). — H. Strauss, Über das Vorkommen von Indol im menschlichen Mageninhalt. Biochem. Zeitschr. Bd. 3. S. 26 bis 29 (1907). — F. Blumenthal, Nachweis von Indol und Skatol. Biochem. Zeitschr. Bd. 19. S. 521—531 (1909). Methodik der Mageninhaltsuntersuchung. 83 5. Rotfärbung beim Zusatze von einigen Tropfen einer sehr verdünnten Glyoxylsäurelösung und von konzentrierter Schwefelsäure. 6. Rotfärbung beim Zusatze von einigen Formaldehydtropfen und von konzentrierter Schwefelsäure. 7. Das Destillat wird mit Alkohol versetzt. Die alkoholhaltige Indol- lösung färbt kirschrot einen mit rauchender Salzsäure befeuchteten Fichtenspan. F g) Schwefelwasserstoff. Bei Schwefelwasserstoffgegenwart färbt sich ein mit alkalischer Bleizuckerlösung getränktes Filtrierpapier durch den Mageninhalt rasch schwarz. Man kann auch die Anwesenheit des Schwefelwasserstoffes mittelst der Caroschen Methylenblaureaktion nach- weisen !) (vgl. dieses Handb., Bd. III, S. 803 und Bd. VI, S. 304). h) Gase. Man kann im Mageninhalte 002 N, O, H, CH* und noch andere Gase finden. Die analytische Bestimmung dieser verschiedenen Gase erfolgt auf gewöhnliche Weise ?) (vgl. dieses Handb., Bd. V, S. 198— 202; Bd. III, S..498; Bd. V, S. 417—420). i) Alkaloide, Glykoside und andere fremde Stoffe. Der Nach- weis der Anwesenheit dieser verschiedenen abnormen Substanzen erfolgt entweder auf chemischem oder auf pharmakologischem Wege nach den für Charakterisierung jedes besonderen Stoffes gewöhnlich angewandten Verfahren (vgl. dieses Handb., Bd. V, S.1—124 und 675— 814, Bd. VI. S. 108 bis 134). Meistens muß man vorher die untersuchte Substanz mittelst eines entsprechenden Lösungsmittels oder Trennungsverfahren von den an- deren Bestandteilen trennen. t) I. Boas, Über das Vorkommen von Schwefelwasserstoff im Magen. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 18. S. 1110—1112 (1892). °) Fr. Kuhn, Die Gasgärung im Magen des Menschen und ihre praktische Be- deutung. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 18. S. 1107—1109 und 1140—1143 (1892). — @. Hoppe-Seyler, Zur Kenntnis der Magengärung mit besonderer Berücksichtigung der Magengase. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 50. S. 82—100 (1892). Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. Von Emil Reiss, Frankfurt a. M. Inhalt: A. Benutzung der Refraktometer: 1. Das Refraktometer nach Abb mit heizbaren Prismen. 2. Das Milchfettrefraktometer nach Wollny. 3. Das Eintauchrefrakto- meter nach Pulfrich. — B. Methoden der biologischen Anwendung: 1. Blut: «) Blut- serum, b) Fibrinogenbestimmung, c) Bestimmung des Blutkörperchenvolumens. 2. Ex- und Transsudate. 3. Zerebrospinalflüssigkeit. 4. Harn. 5. Mageninhalt. 6. Milch: a) Fett- bestimmung, 5b) Prüfung der blauen Lösung der Milch, c) Prüfung des Milchserums, d) Bestimmung des Milchzuckers. 7. Wirkung von Fermenten, Bakterien und ähnliches. 8. Weitere Anwendungsgebiete. Die physikalischen Grundlagen und die allgemeine Methodik der refraktometrischen Untersuchungen sind bereits im I. Bd. dieses Hand- buches von DBiehringer in ausführlicher und klarer Weise besprochen worden. Bei biologischen Untersuchungen ist man vielfach darauf angewiesen, mit geringen Flüssigkeitsmengen zu arbeiten. Es empfiehlt sich daher nur solche Refraktometer anzuschaffen, welche die Untersuchung an einem ein- zigen Flüssigkeitstropfen ermöglichen. Dieser Forderung entsprechen das Refraktometer nach Abb? mit heizbaren Prismen, das Milchfettrefrakto- meter und das Eintauchrefraktometer nach Pulfrich. Diese Apparate ge- nügen auch bezüglich der Feinheit der Ablesung für die meisten biologi- schen Zwecke. Das Differenzrefraktometer ist noch genauer, bedarf aber größerer Flüssigkeitsmengen zur Untersuchung. Auf einem anderen Prinzip als die bisher genannten Apparate ist das neue Flüssigkeitsinterferometer aufgebaut, dessen Genauigkeit 50—70mal so groß ist wie die des Eintauch- refraktometers. Eine Benutzung dieses Apparates zu besonderen biologischen Zwecken ist sehr wohl möglich, bisher jedoch in der Literatur noch nicht mit- geteilt; es wird daher hier auf die Benutzung dieses neuesten Apparates nicht eingegangen. (Näheres findet man bei F. Löwe, Annalen d. Hydrographie etec., 1912, Heft VI, S. 303 ff. und Marc, Chemiker-Zeitung, 1912, Nr. 58, 8. 537.) Sämtliche genannten Refraktometer werden von der Firma Zeiss in Jena hergestellt. Die genaue Beschreibung der Apparate siehe bei Biehringer (]. €.) und in den Katalogen von Zeiss. Im folgenden sei an Hand von Abbildungen eine Gebrauchsanweisung der drei erstgenannten, für biologische Zwecke zurzeit vorwiegend in Frage kommenden Refraktometer und eine Beschreibung der besonderen biologi- schen Methoden gegeben: ne A Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 85 A. Benutzung der Refraktometer. 1. Das Refraktometer nach Abbe mit heizbaren Prismen. (Fig. 27.) Einige Tropfen der zu untersuchenden Flüssigkeit werden auf das eine der beiden Prismen des Apparates gebracht. Dann werden die Pris- men durch die entsprechende Konstruktion des Apparates aneinanderge- fügt. Der Tropfen befindet sich jetzt in kapillarer Schicht zwischen den beiden Prismen. Durch Drehung des am Fuß des Stativs ange- Fig. 27. brachten Spiegels wird das Licht durch die Prismen so in das Fernrohr geworfen, dab das Ge- sichtsfeld hell erleuchtet ist. Zur Beleuchtung kann Tages- oder künstliches Licht benutzt wer- den. Nun dreht man das Fern- rohr so lange um, bis ein Teil des Gesichtsfeldes hell, der andere dunkel erscheint. Die Grenze zwischen hell und dunkel ist jetzt gewöhnlich noch von einem farbigen Saum begleitet. Man entfernt diesen durch Drehen an einer oberhalb des Objektivs an- gebrachten Schraube (welche 2 Amiciprismen gegeneinander bewegt). Man erzielt durch Ein- stellen des Okulars ein scharfes Bild des Fadenkreuzes und stellt nun durch vorsichtiges Drehen des Fernrohrs die Schatten- grenzlinie genau auf das Fadenkreuz ein. Man muß die erste scharfe Linie als Grenze annehmen und nicht etwa einen ganz geringfügigen ungenau begrenzten Schatten, der zuweilen sichtbar wird. Erhält man keine scharfe Grenzlinie, so muß ein neuer Flüssigkeitstropfen, nach vorheriger Säuberung des Apparates, zwischen die Prismen gebracht wer- den. Ist die Grenzlinie eingestellt, so wartet man, bis der Flüssigkeits- tropfen im Innern der Prismen die gewünschte Temperatur (175°C) an- genommen hat. Man erkennt dieses daran, dab die Schattengrenzlinie sich nicht mehr nach einer bestimmten Richtung dauernd weiter bewegt, son- dern mit geringfügigen Schwankungen nach beiden Seiten einen konstanten Mittelwert einhält. Erst die Ablesungen, die nach Eintritt der Konstanz gemacht werden und die am besten in bestimmten Zeitabschnitten (?/, oder 86 Emil Reiss. 1 Minute) erfolgen, werden zur Berechnung des Mittelwertes benutzt. Die Ablesung des Brechungskoeffizienten erfolgt direkt an einem Sektor, der mit dem Fernrohr fest verbunden ist, während sich das Fernrohr gegen die Prismen drehen läßt. Ein Zeiger, der mit den Prismen fest verbunden ist, gibt an dem Fig. 28. Kreissektor die je- weilige Lage der Prismen und da- mit den Brechungs- index an. Zur Regelung der Temperatur sind die Prismen von einem Metallgehäuse umgeben. durch das man Wasser von 175°C fließen läßt. Zu dem Zweck wird das in Fig. 27 sicht- bare Zu- und Abflub- rohr mit Schläuchen armiert. Der Zufluß- schlauch (D) wird mit einer Heizspirale verbunden, in welcher Leitungswasserdurch einen Bunsenbrenner erwärmt wird (Fi- gur 28). Um den Wasserdruck kon- stant zu erhalten, empfiehlt sich die Einschaltung eines mit Überlauf ver- sehenen Gefäßes (A), das zweckmäßig an einem Laufbrett be- festigt wird, so dab der Wasserdruck auf eine gewünschte Höhe eingestellt werden kann. Das Abflußrohr (E) des Re- fraktometers kann ebenfalls nochmals mit einem Überlaufgefäß (B) verbunden werden, von dem aus das Wasser dann mit entsprechendem Gefälle zum Abfluß gebracht wird. Zweckmäßig ist es auch, die Gaszufuhr durch Ein- schaltung eines Gasdruckregulators konstant zu erhalten. Die Temperatur wird an dem Thermometer abgelesen, das in dem Prismengehäuse des Geiähk B Refraklometer //7 ohne E —I/=F Der 7 Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. =S7 Refraktometers angebracht ist. Die grobe Einstellung der Temperatur wird am besten durch die Größe der Heizflamme, die feine Einstellung durch die Geschwindigkeit des Wasserstromes bewirkt. Letztere kann man durch die verschieden hohe Aufstellung der Gefäße A und B beliebig variieren. 2. Das Milchfettrefraktometer nach Wollny. (Fig. 29.) Das Milchfettrefraktometer unterscheidet sich von dem Butterrefrakto- meter der Firma Zeiss nur durch den Wertbereich der Skala des Bre- chungskoeffizienten. Die Be- nutzung ist ganz ähnlich a wie diejenige des Abbeschen 4 Refraktometers. Die ätheri- sche Fettlösung wird ohne Aus- einanderklappen der Prismen nach Lösung der Schraube F in die trichterförmig erwei- terte Mündung eines engen Kanals (bei X) in Form einiger Tropfen eingegossen, sodann schnell die Schraube 7’ wieder angezogen, so dal die Flüssig- keit sich zwischen beiden Prismen ausbreitet. Zweck- mäßig hat man die zu unter- suchende Flüssigkeit schon vorher in ein Wasserbad ein- gestellt, das annähernd die gewünschte Temperatur hat. Die Erzielung der gewünschten Temperatur erfolgt wie bei dem Abbeschen Refraktometer. Die Ablesung geschieht da- gegen an einer im Fernrohr sichtbaren Skala. Man stellt mit Hilfe einer Mikrometerschraube (@) die Schattengrenzlinie auf einen Teilstrich der Skala genau ein und liest an der Mikrometertrommel die Zehntel ab, die den ganzen Teilen der Skala hinzu- zufügen sind. Die Umrechnung der Skalenteile des Milchfettrefraktometers in den Wert des Brechungskoeffizienten erfolgt mit Hilfe nachstehender Tabelle I der Firma Zeiss, die nach Art einer Logarithmentafel benutzt wird. Alle Untersuchungen, zu denen das Milchfettrefraktometer benutzt wird, können auch mit dem Apparat nach Abb (siehe oben) angestellt werden. Ss Emil Reiss. Tabelle I (nach Naumann).') Milchfettrefraktometer. 4. Dezimale von np |. een N Skalenteile des Milchfiettrefraktometers. 1'327 | — | — | | — |-50 1327 1328 14-9 -4-8| - 47|—4-61—4-5[--4-51 44143142] 4-1] 1328 1329 —+0/—3:9| 3:81 -3:7,—86|-3:5| 874 331-3231) 1329 1'330 3:0 2929| -28| 27-2625) 2423| 22 1330 1331 a oa es 1331 1332 12-11 -1:0—-09—0:8|- 0:7)—0:6\—0.5—0:4 0:8) 1332 1333 021-011 | 1333 | Zehntel Skalen-Teile Ske=le Sks=ll 1333 | 0 | Aare al 3-2 5105 eos 1334 |0| 7 I 8119|)» 11|2|38 )a I 51» | 0 | 1334 1355| ı| 7I|8sl|9 oo laualale|s8 |! | ı | 1335 1336 | 2 | 6 | 2 8) 9 | 0 | “1 [ons | 22 | Bee 13837 | 3 | & 1 7 21 .8| 920.) =1..|°2 |»3 2,32 az 1338| a | | 6] 2| 8s|ı 20 | | 91-37). | 277 138 1339| 5516| 7 |I:8s | ao | sera Hr KEINER EEE EINEN ER 134 7:4 h) 6 7 8 Fr TIEFE TEITENERE TEEN He 1321 8144| 5| 6&|ı 7 | sı 5 [oo er) s)) 87 2 1333]) 83|1|61 718 | 9 | ol | ENssıeansn 13441 19 | 4.1 5 Ken i.87 90.308003 161 a ee rn a oe ae el ne 15 1336 | Ba a ae | 7 Bazar ee 137.45] 3| a5 8 or 8 glg ee ee 1348 | 1a I 3 ld. | 5 | 6 | 2 81.911801 Ser 189 1 21.31 A 5er ea 1590 Il 3 | 2&| 5| 6 10 la | ala] 5] 5 | za [8] 53 | “| | = 7 | 8s| 9|*o|* | | 16 | 1350 is ı7 53) 2| 5 | E |] 708) 96er 1352 |18| 3.4) 5) 6| 71 8 | 90.19 Solar 1.353.119 |’3 1.41 5 |:6.| zo. 9 | =0.| loan 1554 | la a ne | Ziegıgeg)| oo 1355.21 a0 Amos] ne mg] 79 (ae 13561 22 312. |05- 1.60. zo 8. 59. 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Dezimale von Dn np | KEESE Skalenteile des Milchfettrefraktometers. | Zehntel Skalen-Teile | Sk.-T Sk.-T Un KERZE ZT EEE ren Beet) | 5] Eee een 102 |3| a|l5| 6 | 8) sla Ja | ea | u | 51 zZ | 140 1403 |74 | 6 | 8 | 9 Isola || 5 |=6 | = | 7a | 1408 1494 |5 | 9 Jo: | ja |®5 | 6 | 8 | 9 Io || 75 | 1404 Breeze ee ae |1406 || 5) 6| 7 | so | I 2 |“ !=5 | *6 | 78 | 1406 1107 la sı 9 Jolı ||“ |» |=6 | 8 | 9 | 79 | 1407 2208| 851 | oo | 1 | 21 a | 5] 6 I 97 | 0 ee 149 |2 | 3| | 5|I| | s] sa Jo |2 | ss |“ | 2 | 149 1410 |83 | 6| 7|s)o | uje |“ || *6 | = 83] 100 |) oe al 5er 1413 1 86 | 2 | 3 1.5 1.36.07 1%9 |»=0 #1. 1,23: | 864) Acne 143 | | 5| 7 | sı9 Ju |||» | 6 | = |87 | 1483 144 |s8 | 3 | vo |*ı | 3 | 4 [=6 | 7 | 9 |=o |=ı | 88 | 1414 145 lo | 2|ı a|l5| 6 | sI9 |“ | 2 | 3 |» |00 | 1485 1416 |9 | 6 | 7! 9 Jo! | |!» |=7 I=8 |91 | 1416 | 1417 92 | 9 =] =2 =2 =5 =6 =Q =0 =) >) 1) 92 1417 I1as |a | 3s| a|6| 7 | 80 |sı | |“ | 5 9a | 1418 1419| | | s| ol ı 8 |“ |*6 | 7 | 8 |=o || 95 | 1419 1420 || 97) 3 1] 98.) a | 61] 97 8 9 5 er 121 |8 | 5| I sJloJlals I “ls | | | gs | 121 1'422 |100 | 0 1 3 4 5 z 8 #0 |) #1.) #3 100 7 Piz | 1.423 1101 || 4 | °5 | "72 08 | =oı] 1 | #3 || 5 ee 1424 102 | 8 |®o |»ı |®8 |“ |®5 | ®7 | =8 |=o [1 [102 | 1424 1435 102 || 3 | 2 1 6.1 02 1.09 Aosor © 2 E Nee een IzTe | ®» 3. Das Eintauchrefraktometer nach Pulfrich. Dieser Apparat kann in drei verschiedenen Formen benutzt werden: 1. Man kann das aus dem unteren Ende des Apparates heraus- ragende Hauptprisma direkt in die zu untersuchende Flüssigkeit ein- tauchen (Fig. 30 und 31). Man bringt zu diesem Zweck -die Flüssigkeit in ein Becherglas und setzt dieses in ein Gefäß, welches mit Wasser von der gewünschten Temperatur gefüllt ist. Diese Methode ist besonders dann sehr praktisch, wenn eine größere Anzahl von klaren Flüssigkeitsproben, die in beliebiger Menge vorhanden sind und nicht leicht verdunsten, unter- sucht werden soll. Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 91 Tabelle 1. Tabelle der Firma Zeiss für die Umrechnung der Skalenteile des Eintauchrefraktometers in Brechungsindizes n,„ und umgekehrt. \Skalenteill n, = 13 | 35 4086 36 4124 37 4162 IMSE 4199 1.39 4237 40 RT N TREE 38 | | 25 | | 0 5) 4 4313 1: 38 2| 80 2 ı\ 4350 2| 76 3 | 120 A| 4388 3 | 114 4 | 160 4 | 4496 4 | 152 5 | 20:0 | 5 ! 190 6 | 240 3 : 6 | 228 71280 e =. 7266 8 | 32:0 17 1537 s | 304 30837 | 49 4612 10 3126 50 4650| 11 3165 | 51 4687 12 3204 I ©32 4724 13 3242 | 58 4761 14 3281 | 4798 15 3320 | 55 | 48836 16 3358 56 4873 17 3397 57 4910 18 3435 58 4947 19 3474 39 539 | 4984 37 20 3513 1 | 39 1.60 | 501 1|ı 3% 21 3551 211.108 61 5058 Er 22 3590 3 117 I 62 5095 3, 111 23 3628 4156 | & 5132 4| 148 24 3667 5 | 195 64 5169 3 | 18°5 6 | 234 N 5 3705 a 5 5205 iR 26 3743 a u 5242 Se 27 3781 Pe 67 5279 #3 28 3820 68 5316 29 338 | 69 5352 30 3896 | A | 31 3934 71 5425 32 3972 | 72 5461 33 4010 73 5497 34 4048 7 5533 35 086 75 5569 | 99 Emil Reiss. EEE Skalentel| n„=13 |Skalenteil n,=18 75 5569 90 6109 76 5606 91 6145 77 5642 92 6181 78 5678 36 93 6217 35 79 5714 > 94 6252 80 5750 N 95 6287 u 162 5786 2 .Q 96 6323 a ne 2 | 588 u 97 6359 al 83 5858 180 98 6394 1175 5 5894 6,216 99 6429 6 21:0 za = 7 252 7 | 245 55 5930 8 | 288 100 6464 8 | 280 86 5966 9 | 394 101 6500 9 | 315 87 6002 102 6535 88 6038 103 6570 89 6074 104 6605 90 6109 ' 10 6640 Beispiele Ein Methylalkohol zeige den Skalenteil 8°7 an; dieser entspricht dem Brechungsindex np = 133049 + 07 x 38 Einheiten der fünften Dezimale. Aus In \ TInterpolationstäfelchen für 38 entnimmt man 07x38 =26'6; also ist — 133049 + 0:00027 —= 133076. Fig. 30. Die Firma Zeiss liefert ein Gefäß A (s. Fig. 30), welches zur Aufnahme von 10 Be- chergläsern dient. Ab- und Zuflußrohr dieses (refäßes werden mit dem Apparat zur Tempera- turregulierung verbun- den in der gleichen Weise, wie das bei dem Abbeschen Refraktome- ter (S. 86) beschrieben wurde. In dem Eintauch- refraktometer ist eine Skala angebracht, auf welcher die Schatten- erenzlinie erscheint. Sie wird, wie bei dem Milch- fettrefraktometer, mit Hilfe einer Mikrometer- schraube auf den vorher- gehenden Skalenteil ein- gestellt und zu diesem Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 95 die Zehntel, welche die Mikrometerschraube angibt, zugezählt. Die Berech- nung des Brechungskoeffizienten aus der Anzahl der abgelesenen Skalenteile ergibt sich aus vorstehender, von der Firma Zeiss hergestellten Tabelle II (s. S. 91, 92). Zur Entfärbung der Schattengrenzlinie dreht man an der Schraube R (Amieciprismen, Fig. 32). Eine andere Vorrichtung. welche die schnelle Untersuchung einer größeren Anzahl von Flüssigkeitsproben ermöglicht, wird neuerdings in folgender Weise geliefert (Fig. 31): Das Temperierwasser kommt in einen großen Temperiertrog, dessen Benutzung später bei Beschreibung der Untersuchung kapillarer Flüssigkeits- schichten mit Hilfe des Eintauchrefraktometers erfolgen wird. In die- sem Trog befindet sich ein Schirmgestell, in dessen oberen Teil 12 Bechergläser eingesetzt werden können. In die Bechergläser füllt man die Untersuchungspro- ben ein, hängt das Re- fraktometer mit Hilfe eines Halters (Z) in ein Becherglas hinein und kann nach Beendigung jeder Untersuchung so- wie Reinigung und Trocknen des Refrakto- meterprismas durch ein- faches Drehen an dem Schirmgestell eine neue Flüssigkeitsprobe ein- - stellen. In dem Topf befindet sich ein Ein- füllrohr, das unten kreisförmig dem Rand des Topfes folgt und durch zahlreiche kleine Löcher das von oben durch einen Trichter (7) einge- gossene Temperierwasser ausströmen läßt, welches sich auf diese Weise schnell mischt. 2. Eine zweite Gebrauchsart dieses Refraktometers ist für leicht ver- dunstende Flüssigkeiten bestimmt (Fig. 32). Zu diesem Zweck stülpt man ein zylindrisches Metallgehäuse (Bechermantel M) auf das Prismaende des Refraktometers. Indem man nun den Okularteil des Refraktometers nach unten hält, füllt man die zu untersuchende Flüssigkeit ein, stülpt den Becherdeckel (D), der unten eine Glasscheibe trägt, darauf, überzeugt sich. daß die verschiedenen Bajonettverschlüsse gut sitzen und bringt den ganzen 94 Emil Reiss. Apparat in das Gefäß B. Dieses wird an die früher (Fig. 28) geschilderte Temperaturregulierungsvorrichtung angeschlossen. Auch das in Fig. 31 wiedergegebene Temperierbad (aber ohne das Schirmgestell) kann benutzt werden. 3. Die dritte Anwendungsart des Eintauchrefraktometers dient zur Untersuchung kleinerer Flüssigkeitsmengen, ist also speziell für die Unter- suchung von Körperflüssigkeiten geeignet. Ihr Prinzip entspricht wieder demjenigen des Abbeschen Refraktometers. Der Flüssigkeitstropfen wird auf das wagrecht gehaltene Fig. 32. Refraktometerprisma ge- bracht und darauf ein Hilfsprisma geleet. Nun wird der _Bechermantel übergestülpt und der Be- cherdeckel aufgesetzt. Durch eine, von mir vor- geschlagene, geringfügige Abänderung bleibt das Hilfsprisma unverrückbar auf dem Hauptprisma sitzen. Der ganze Apparat wird nun in eine der be- schriebenen Temperiervor- richtungen eingehängt. Als bequemste und für die m MR Ti meisten biologischen | iı) A l) Zwecke ausreichende Vor- — richtung hat sich mir die einfache Benutzung eines großen Wassertroges ohne kontinuierlichen Zufluß er- wiesen (Fig. 33). Die Mög- lichkeit, auf diese Weise eine genügende Tempera- turkonstanz zu erhalten, beruht darauf, daß eine große Flüssigkeitsmasse mit relativ kleiner Oberfläche die Temperatur der Umgebung nur langsam annimmt. Der Wassertrog soll daher möglichst groß sein. Er wird mit einem Filzmantel eingehüllt. Zweckmäßig hat der Trog einen seitlichen Überlauf (U), den man mit einem Gummischlauch und Hahn versehen kann, so daß Ablassen und Nachgießen von Flüssigkeit auf diesem Wege leicht zu bewerkstelligen ist. Man füllt diesen Trog mit gewöhnlichem Leitungswasser und bringt dessen Temperatur durch Zugießen von heißem oder kaltem Wasser unter Umrühren auf die Temperatur von 17:5°C. Vor jeder Ablesung muß nochmals kräftig umgerührt werden. Bei ge- | Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 95 | wöhnlicher Außentemperatur bleibt die Temperatur des Wasserbades ziemlich lange konstant. Schwankungen bis 02° nach oben oder unten brauchen im allgemeinen nicht berücksichtigt zu werden. Weicht die Temperatur stär- Fig. 33. ker von 17'5° C ab, so ist sie durch erneutes Zugießen und eventuell Ab- fließenlassen wieder auf den gewünsch- ten Stand zu bringen. Nur an sehr heißen Tagen ist es zuweilen nötig, zu einem größeren Stück Eis, das man zu dem Wasserbade setzt, seine Zuflucht zu nehmen. In diesem Fall ist besonders häufiges und gründ- liches Rühren erforderlich. Seitlich wird an den Topf ein Halter ange- schraubt, der an seinem unteren, in das Temperierbad (TB) hineinragen- den Ende einen Spiegel (5) trägt. In die Bügel (B und W) dieses Halters wird das Refraktometer ein- gehängt. B. Methoden der biologischen Anwendung. 1. Blut. a) Blutserum.') Blutentnahme: Der zweckmäßigste Ort der Blutentnahme ist beim erwachsenen Menschen die Fingerbeere, eventuell auch das Ohrläpp- chen, beim Kinde die große Zehe. Aus diesen Stellen bekommt man durch Einschnitt mit Skalpell, Impflanzette, Franckescher Nadel oder einem ähn- lichen Instrument ausreichende Mengen Kapillarblutes und kann die Ent- nahme beliebig oft wiederholen. Viel schwieriger ist die Blutentnahme beim Tier. Beim Hund und Kaninchen sind die besten Stellen die Ohrlappen. Doch genügt es meistens nicht, einen seichten Einschnitt zu machen, vielmehr muß man mit einem nicht zu kleinen Scherenschnitt ein Stück des Ohr- läppchens vom Rande her durchtrennen. Wenn auch hierbei nicht ge- nügende Blutmengen produziert werden, kann man versuchen, in die Schleimhaut der Lippen oder des Zahnfleisches einen Schnitt zu machen. Bei noch kleineren Tieren, z.B. bei jungen Hunden, bei Ratten oder Mäusen ist es überhaupt kaum möglich, genügende Mengen Kapillarblutes zu bekommen. Man muß dann Venenblut nehmen (aus der Femoralis oder !) Literatur siehe bei Zeiss, Ergebn. d. inn. Med. u. Kinderbeilk. Bd. X. S. 532 ff. (1913). 96 Emil Reiss. Jugularis) und hat darauf zu achten, daß der Blutentnahme keine längere Stauung vorausgeht, weil das Blut in einer längere Zeit gestauten Vene sich eindickt. Am besten macht man einen kleinen Schnitt mit einem Skalpell in die Vene, die man vorher, wenn nötig, durch Fingerdruck ganz kurz gestaut hat. Natürlich kann man auch mit Hilfe einer Pravaz- spritze etc. Blut aufsaugen, doch ist dann eine nochmalige Umfüllung er- torderlich, was die Genauigkeit der Bestimmung beeinträchtigt. Es ist klar, daß man aus der Vene nicht so häufig Blut entnehmen kann wie aus Kapillargebieten. Zum Aufsammeln des Blutes benutzt man am besten ein U-förmig gebogenes Röhrchen. Die von mir benutzten Röhrchen haben eine Schenkellänge von ca. 12 cm und eine lichte Weite von 2—3 mm. Wenn beide Schenkel des Röhrchens vollständig gefüllt sind, fassen sie zwischen 0'7 und 1'5 cm3 Flüssigkeit. Da man zur Untersuchung die Röhr- chen nur halb füllt, wird für jedes Röhrchen durchschnittlich etwa 0°5 em: Blut benötigt. Dieses U-Röhrchen wird mit der einen Hand annähernd wagrecht gehalten und seine eine Spitze mit dem Blutstropfen in Verbin- dung gebracht. Durch Kapillarität saugt sich das Blut nun in das Röhr- chen hinein. Das Blut soll nicht zu schnell und nicht zu langsam ein- fließen. Man kann die Geschwindigkeit des Einfließens durch geringes Heben oder Senken des Röhrchens verändern. Man achte darauf, daß keine Luftblasen in das Röhrchen gelangen, weil diese die Serumgewinnung er- schweren; ferner achte man darauf, daß das Blut an dem Ort der Ent- nahme nicht stagniert, weil sonst leicht im Röhrchen eine Gerinnung ein- tritt, noch ehe es genügend gefüllt ist. Wenn das Blut der Wunde nicht mehr schnell genug entfließt, genügt meist einiges Reiben mit einem trockenen Mullappen, um die Blutung wieder in Gang zu bringen. (Watte ist zu vermeiden, weil die von ihr zurückbleibenden Fasern die Gerinnung beschleunigen.) Es ist auch erlaubt, einen leichten Druck oder leichtes Streichen in größerer Entfernung von der Wunde auszuüben, also z. B. bei Fingerentnahme am Arm oder auch am Basalglied des Fingers. Da- gegen ist stärkeres Drücken oder Quetschen in nächster Nähe der Wunde unbedingt zu vermeiden, weil ein Auspressen eiweißarmer Flüssigkeit aus der Blutbahn heraus oder in sie hinein die Konzentration des Serums be- einflußt. Man läßt den einen Schenkel des Röhrchens voll Blut laufen, nimmt das Röhrchen dann ab und stellt es etwa 5 Minuten senkrecht auf. Die Zeit der Blutentnahme wählt man möglichst weit entfernt von der letzten Nahrungsaufnahme. Beim erwachsenen Menschen ist also der frühe Morgen (nüchtern) der geeignetste Moment, beim Säugling die Zeit direkt vor der Nahrungszufuhr. Selbstverständlich wird diese Vor- schrift bei bestimmten Fragestellungen Abänderungen erleiden müssen. Da Muskelarbeit die Blutkonzentration beeinflußt (Böhme, Schwenker), sind auch nach dieser Richtung die Versuchsbedingungen gleichmäßig zu wählen. Den erwachsenen Menschen läßt man daher zweckmäßig vor der Blutent- nahme 20 Minuten ruhen. Auch der Schlaf- resp. Wachzustand kann unter Umständen Berücksichtigung verlangen (Veil). Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 97 Serumgewinnung: Die Röhrchen werden solange zentrifugiert, bis eine scharfe Trennung zwischen Serum und Blutkuchen erzielt ist. Bei den üblichen elektrischen Zentrifugen hat man das durchschnittlich nach etwa 10 Minuten erreicht, bei den Wasserzentrifugen dauert es meist zirka 15 Minuten. Wo keine Zentrifuge vorhanden ist, genügt auch ein einfaches Stehenlassen der Röhrchen an kühlem Ort. Nur muß man dann meist mehrere Stunden abwarten und die schließliche Ausbeute an Serum ist nicht so groß wie beim Zentrifugieren; auch ist meist keine so völlige Klarheit des Serums zu erreichen. Man kann die gefüllten Röhrchen vor der Untersuchung einen Tag, eventuell sogar länger, aufbewahren, ohne ‚daß das Resultat dadurch wesentlich beeinflußt wird. Doch empfiehlt es sich, Röhrchen, die man längere Zeit aufbewahren oder transportieren muß, zuzuschmelzen, was sich leicht über jeder Flamme, sogar über der eines Streichholzes, bewerkstelligen läßt. Zur Entleerung des Serums werden beide Schenkel des Röhrchens an der Grenze zwischen Serum und Blutkuchen mit einer Glasfeile leicht ‚angefeilt. Dann wird das Röhrchen mit einem Tuch abgewischt (damit der ‘Glasstaub nicht später auf die Prismen des Refraktometers gelangt). Nun nimmt man den U-förmigen Teil des Röhrchens zwischen die Finger der einen, die beiden Schenkel zwischen die Finger der anderen Hand und bricht beide Schenkel gleichzeitig ab. In diesen hat man nun das gesamte ‚Serum. Um mit Leichtigkeit einen größeren Tropfen Serum auf das Prisma fließen zu lassen, ist es zweckmäßig, vorher das Serum in ein Glasröhr- ‚chen zu vereinigen. Zu dem Zweck bringt man in annähernd wagrechter Haltung die beiden abgebrochenen Enden der Rohrschenkel aneinander und läßt durch Heben des einen Röhrchens das Serum ohne Luftblasen in das andere Röhrchen hinüberfließen. Aus dem Röhrchen läßt man nun 1—2 Tropfen Serum auf das Refraktometerprisma fließen und verfährt weiterhin wie oben beschrieben (S. 85ff. u. 94 ff.). Berechnung: Die am Eintauchrefraktometer abgelesenen Skalenteile Mittelwerte) müssen mit Hilfe von Tabelle II in die Zahl des Brechungsindex umgerechnet werden. Denn 1 Skalenteil entspricht in verschiedenen Höhen der Skala einem verschieden großen Brechungswert. Einen richtigen Ver- gleichswert gibt also nur der ausgerechnete Brechungskoeffizient. Für wissenschaftliche Untersuchungen ist dieser Wert der allein exakte, für praktische, insbesondere klinische Untersuchungen ist es angenehm, einen übersichtlicheren Ausdruck zu besitzen. Strauss und Chajes haben deshalb aus der Refraktion den (approximativen) Gesamtstickstoffgehalt des Serums berechnet. Für noch demonstrabler halte ich die Berechnung des Eiweiß- gehaltes, die natürlich auch nur eine approximative sein kann. Sie beruht darauf, daß das Eiweiß eine relativ hohe Lichtbrechung besitzt, daß der Eiweißgehalt weitaus die größte Menge aller gelösten Substanzen des Serums ausmacht und daß die neben dem Eiweiß vorhandenen lichtbre- chenden Substanzen im Blutserum in relativ konstanter Menge enthalten sind. In Fällen, in denen diese letztere Voraussetzung nicht zutrifft (z.B. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 7 98 Emil Reiss. bei starker Überladung des Blutes mit Harnstoff, Fett, Gallenbestand- teilen ete.), muß von der Umrechnung in den Eiweißwert abgesehen werden. Zur bequemen Umrechnung habe ich mit besonderer Berücksichtigung des Eintauchrefraktometers nachfolgende Tabelle III ausgearbeitet. Tabelle II. Tabelle zur direkten Umrechnung der Skalenteile des Eintauchrefrakto- meters bei 175°C in Eiweißprozente (nach Reiss), Breehungsindizes zu nebenstehenden Skalenteilen Blutserum np für destilliertes Wasser 1'33320 np für die Nichteiweißkörper 0:00277 np für 1%, Eiweiß 0:00172 Skalenteil Eiweiß in Prozent Dior no Eur 1'33896 30 1:74 u — — 0220 134086 39 2:84 u — — 0220 134275 | 40 394 | nn — — 0,218 134463 | 45 503 —u — — — 0'218 134650 | 50 6:12 | — —. 70216 134836 | 55 720 — — — — 0'216 1'35021 60 828 I mal 135205 65 9:35 _ — — 0,212 1:35388 70 1041 Die Tabelle gibt die Eiweißprozente von 5 zu 5 Skalenteilen an. Die zwischenliegenden Skalenteile und deren Bruchteile werden ähnlich wie in den Logarithmentafeln berechnet. Beispiel: Ablesungswerte von zwei Serumproben: 1® 1, 53:99 >. 5600 38 56'09 56:22 D. 5622 6. 5624 Tk. 5620 8. 9022 I: 56°32 9638 5640 56°38 5640 56°38 Zur Berechnung werden die Ablesungen erst dann benutzt, wenn sie keinen Gang mehr zeigen, sondern um einen Mittelwert nur unbeträcht- Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 99 lieh hin und her schwanken. Das ist bei der Probe I der Fall von der 4. Ablesung an, bei der Probe II von der 2. Ablesung an. Demzufolge sind die Mittelwerte aus Probe I 5622, aus Probe II 56°39 und der Mittelwert aus diesen beiden wiederum 5631. Dieser letztere Wert dient zur Um- rechnung in den Eiweißgehalt nach der Tabelle: 55 Skalenteille = 720 °/, Eiweiß Freokalentel > 0216 /,. , 0:3 Skalenteille = 0°0648°/, 2 56°3 Skalenteile = 7°4808°/, Eiweih. Der Eiweißwert wird auf 1 Dezimale abgerundet, da der Berechnung eine größere Genauigkeit nicht zukommt. 56°3 Skalenteile entsprechen also 7:5°/, Eiweiß. Der Wert des Brechungsindex für 563 Skalenteile wird, wenn erforderlich, nach der früher angegebenen Tabelle berechnet. Er beträgt 1'34884. Es ist zu bemerken, daß die Eiweißzahlen, welche die Tabelle III angibt, um etwa 8—10°/, höher liegen als der aus dem koagu- lablen Stickstoff berechnete Eiweißgehalt, also mit diesem nicht unmittelbar vergleichbar sind. Es ist ferner zu bemerken, daß neuerdings von Brailsford Robertson etwas andere Zahlen angegeben worden sind, nämlich 0'00195 für 1%, Gesamteiweiß; für die Summe der Nichteiweißkörper nahm Robertson i M } den Brechungswert einer n Na Cl-Lösung = 0'00157 an. Bestimmung der einzelnen Eiweißkörper des Blutserums. Brailsford Robertson hat die refraktometrische Methode zu einer quantitativen Bestimmung der einzelnen Eiweißkörper des Blutserums ausgebaut. Schon Reiss hatte die Lichtbrechung der einzelnen Eiweißkörper untersucht und Differenzen, besonders zwischen Albumin und Globulin ge- funden. Robertson hat diese Angaben im wesentlichen bestätigt. In der folgenden Tabelle sind die entsprechenden Zahlen beider Autoren, die gut miteinander übereinstimmen, zusammengestellt: Euglobulin Pseudo- | Pseudo- Kristalli- Amorphes (unlösliches globulin globulin siertes Albamın Globulin) I II Albumin ie ar, . .. 0:00230 000224 0:00230 0:00201 0:00183 Brailsford Robertson | 000229 _ — — 0:00177 Die Zahlen der Tabelle entsprechen dem Brechungsanteil von 1°/, Eiweiß in wässeriger Lösung bei 17°5° C. Der Brechungsindex einer 1°/,igen Euglobulinlösung beträgt demnach 0°00230 + 133320, dem Brechungs- index des destillierten Wassers, also 1'33550. Hat man also die verschiedenen Eiweißkörper voneinander getrennt, so kann man auf refraktometrischem mx ( 100 Emil Reiss. Wege ihre Mengenverhältnisse ermitteln. Aobertson‘) beschreibt seine Me- thode folgendermaßen: 1. Ein genau abgemessenes Volumen, gewöhnlich 10 cm®, frischen geschlagenen und zentrifugierten Serums wird mit destilliertem Wasser auf das zehnfache verdünnt. Durch diese Lösung wird Kohlensäure in gutem Tempo (zwei oder drei Blasen pro Sekunde) wenigstens 1 Stunde lang durchgetrieben. Den so erhaltenen Niederschlag läßt man 12—16 Stunden absitzen. Die darüber befindliche Flüssigkeit wird dann vorsichtig dekantiert und in 2 Zentrifugengläschen zu je 50 cm® zentrifugiert, um alle Flöckchen zu Boden zu reißen, die beim Dekantieren mit hinübergeschwemmt worden sind. Inzwischen wird der Glaszylinder, welcher den Niederschlag enthält, mit destilliertem Wasser auf 100 cm? aufgefüllt und der Inhalt kräftig durcheinandergeschüttelt. Die Stammflüssigkeit, in der durch energisches Zentrifugieren in einigen Minuten alle Spuren von Globulin zu Boden ge- rissen sind, wird aus den Zentrifugenröhrchen abgegossen, in deren Kuppe der fest zusammengeballte Niederschlag zurückbleibt. Zu diesem wird jetzt die Suspension des Globulins in destilliertem Wasser zugegossen und der Zylinder mit wenigen Kubikzentimetern destillierten Wassers nachgespült. Nun wird wieder energisch zentrifugiert und man hat nach wenigen Minuten den gesamten Niederschlag als dichten Bodensatz in den Kuppen der Zentrifugiergläser. Die Flüssigkeit wird abgegossen und dem einen der e ST ÄRSTE 2 ne RR £ beiden Zentrifugierröhrchen 1 em® 10 KOH oder NaOH und 2 oder 3 cm? destillierten Wassers zugesetzt. Sobald alles Globulin im ersten Röhrchen gelöst ist, wird sein Inhalt in das zweite Röhrchen übergegossen und sorg- fältig mit 3 oder 4 cm? destillierten Wassers nachgespült. Sobald das Globulin im zweiten Röhrchen völlig gelöst ist, wird sein Inhalt und das nachgespülte Wasser in einen engkalibrierten Meßzylinder übergeführt und mit destilliertem Wasser auf 10 cm® gebracht, d.h. also auf das ursprüng- liche Volumen des Serums, aus dem das Globulin ausgefällt worden war. x m Ne Der Brechungsindex dieser Lösung und der von Too KOH oder NaOH wer- den bei der gleichen Temperatur bestimmt. Der Unterschied zwischen den beiden Werten, dividiert durch 000229, ergibt den Prozentgehalt an un- Jöslichem Globulin im ursprünglichen Serum. 2. Zu einem genau abgemessenen Volumen desselben Serums wird das gleiche Volumen gesättigter Ammoniumsulfatlösung zugesetzt und die so ausgefällten Globuline abfiltriert. Das Filtrat wird gesammelt, mit Wasser auf die Hälfte verdünnt und der Brechungsindex der so erhaltenen Mischung bestimmt. Ferner wird der Brechungsindex einer !/, gesättigten Ammonium- sulfatlösung gemessen. Die Differenz zwischen den beiden Werten wird mit 4 multipliziert und davon 000157 (der Brechungsanteil der Nicht- eiweißkörper des Serums) abgezogen. Der Rest ergibt die Gesamtrefraktion !) Journ. of biological chemistry, Vol. XIII, pag. 325, 1912. Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 101 der Albumine; durch 000177 dividiert, entspricht er dem Prozentgehalt des Serums an Albumin. (000177 ist eigentlich die Zahl für amorphes Albumin. Die gleichzeitige Anwesenheit von kristallisiertem Albumin verursacht jedoch nach Robertson keinen wesentlichen Fehler in der Be- rechnung.) 3. Es wird der Brechungsindex des nativen Serums und derjenige einer n 6 Gesamtrefraktion der Eiweißkörper des Serums. Zieht man hiervon den oben erhaltenen Wert für die Gesamtrefraktion der Albumine ab, so erhält man die Gesamtrefraktion der Globuline. Diese Zahl, durch 0°00229 dividiert. ergibt den Prozentgehalt des Serums an Gesamtglobulin. 4. Die Summe des Prozentgehaltes an Albumin und Gesamtglobulin liefert den prozentualen Eiweißgehalt des Serums. Eventuell kann dieser Wert durch eine Bestimmung des Koagulatstickstoffs des angewandten Serums kontrolliert werden. Die Methode von Brailsford Robertson liefert also folgende prozentualen Werte: Gesamteiweiß, Gesamtglobulin, unlösliches Globulin und Albumin. Na Cl-Lösung bestimmt. Die Differenz der beiden Werte entspricht der b) Fibrinogenbestimmung. Winternitz‘!) hat zur Bestimmung des Fibrinogens den Brechungs- index des Serums mit dem des Plasmas verglichen. Zur Plasmagewinnung wurde das Blut in einer Hirudin enthaltenden Glasdose aufgefangen, schnell gemischt und in ein verschließbares Gefäß umgefüllt. Gleichzeitig wurde eine andere Blutprobe zur Serumgewinnung entnommen. Plasma sowie Serum wurden nun durch Zentrifugieren oder Abstehenlassen gewonnen und re- fraktometrisch untersucht. Aus der Differenz des berechneten Eiweilige- haltes ergibt sich der Wert des Fibrinogens. Winternitz hat diese Unter- suchungen besonders bei Syphilis angestellt. Beispielsweise war der Eiweil- gehalt des Serums 8°92°/,, derjenige des Plasmas 962°/,,. folglich der Gehalt an Fibrinogen 0'70°/,. Das bedeutet eine Vermehrung des Fibri- nogens, denn der normale Gehalt ist etwa 0'46°/,. Die refraktometrisch erhaltenen Differenzen zwischen Plasma und Serum stimmten gut mit den zur Kontrolle angestellten chemischen Fibrinogenuntersuchungen überein. Dennoch ist, wie Winternitz selbst hervorhebt, die Methode keine exakte quantitative Fibrinogenbestimmung. Denn einmal haftet dem Serum ein kleiner Fibrinogenrest an, ferner können bei der Gerinnung auch andere Stoffe als Eiweißkörper in quantitativ verschiedenem Anteil im Blutkuchen zurückbehalten werden und endlich ist es möglich, daß bei der Trennung des Fibrinogens vom übrigen Eiweiß eine andere als rein subtraktive Be- einflussung des Brechungskoeffizienten stattfindet. Bei der Umständlichkeit der chemischen Fibrinogenbestimmung kann die refraktometrische Methode ) Arch. f. Dermatol. u. Syphilis. 51. H. 2 u. 3 (1910). 102 Emil Reiss. jedoch in Fällen, in denen es nur auf approximative Werte ankommt, wohl benutzt werden. c) Bestimmung des Blutkörperehenvolumens. Bence!) hat folgende Methode angegeben: Es sei „S“ die Menge eines beliebigen Serums, „R“ dessen Refrak- tionsindex, „K“ die Menge einer 0'9°/,igen Kochsalzlösung, deren Refrak- tionsindex bei 13°C 1'3342 beträgt, wenn der des Wassers 1'3328 ist. Wird nun „S“ mit „K“ vermengt, so liegt der Refraktionsindex des Ge- misches zwischen 13342 und „R“. Derselbe betrage „R,“. Bence fand nun, daß S (R — 13328) + K (13342 — 13328) =S + KR, — 13328) ist. Sind R, K, R, bekannt, so kann S berechnet werden: «= _ KR, 13342) re RR! ; Wird also 100 Teilen Blut eine bekannte Menge 0'9%/,iger Kochsalz- lösung zugesetzt, so kann die in 100 Teilen Blut enthaltene Serummenge berechnet werden, sobald R und Rx ebenfalls bekannt sind. Der Abzug der Serummenge von der gesamten Blutmenge ergibt das Blutkörperchen- volumen. Das defibrinierte Blut wird in kalibrierten Kapillaren aufgesaugt und ein Teil der Proben mit verschiedenen Mengen 0'9°/,iger Kochsalzlösung ver- setzt. Nach Absetzen des Serums wird das reine Serum und die Verdünnungen, ebenso wie die reine 0'9°/,ige Kochsalzlösung refraktometrisch untersucht und die Werte in obenstehende Gleichung eingesetzt. Durch die Anwen- dung verschiedener Verdünnungen hat man eine bequeme Kontrolle. Bence hat seine Resultate verglichen mit gleichzeitigen Leitfähigkeitsbestimmungen und eine gute Übereinstimmung gefunden. 2. Ex- und Transsudate. Für die Untersuchung seröser Flüssigkeiten ist auch da, wo größere Mengen zur Verfügung stehen, die Untersuchung einer kapillaren Schicht zwischen den beiden Prismen eines Refraktometers der Eintauchmethode vorzuziehen. Denn die serösen Flüssigkeiten sind in dieken Schichten selten so lichtdurchlässig, daß eine scharfe Grenzlinie im Refraktometer entsteht. Für Ex- und Transsudate habe ich 2) nachstehende Tabelle be- rechnet, welche es ermöglicht, den gefundenen Wert in Eiweiß auszu- drücken. ') Zentralbl. f. Physiol. Bd. 19. S. 198 (1906). Ferner in Kordnyi und Richter, Physikal. Chemie und Medizin. Leipzig 1908. S. 24. *) Deutsche Naturforschergesellsch. Breslau 1904. II. Teil. 2. S. 36: Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 103 Tabelle IV. Tabelle zur direkten Umrechnung der Skalenteile des Eintauchrefrakto- meters bei 175° C in Eiweißprozente (nach kReiss). | a a rer Gr SEIEN: TEE BES EBTEEer CN TECH EN EC EEE SIE ESEL PETE: BE en m TETTTT n an TERN Tn CS Ba mn ge mn | Bx-smnidiPranss wd’iate Breehungsindizes zu np für destilliertes Wasser 1'33320 nebenstehenden np für die Nichteiweißkörper 0:00244 Skalenteilen np für 1%, Eiweiß 0:00184 Skalenteil Einweiß in Prozent Se a 133590 | 22 014 | a — — 0'210 133628 | 23 0:35 | ei — — 0210 | 133667 24 0:36 | — — — — 0'210 133705 | 25 0:77 | | —i— — — 0'206 1'33896 30 1:80 | | —_ —_ — es | 134086 | 35 2:83 | _— — — 0'206 134275 40 3:86 —.— — — 0'206 134463 45 4:89 Be — — 0.202 134650 | 50 590 —_ — — — 1212 134836 55 691 a — — 0'202 | 135021 60 1.92 | —,— — — 0'200 | 1'35205 | 65 8:92 | | _ — — 0198 | 1'35338 | 70 sel | Für Ex- und Transsudate gilt in erhöhtem Maße, was schon für die Untersuchung des Blutserums hervorgehoben wurde, daß ein exakter Aus- druck für die physikalische Größe nur der Brechungskoeffizient selbst ist. Die Eiweißberechnung ist bei serösen Flüssigkeiten noch ungenauer als im Blutserum, denn einmal ist das Mischungsverhältnis der verschiedenen Eiweißkörper in Ex- und Transsudaten weniger konstant als im Blutserum. (Der Brechungskoeffizient ist für die verschiedenen Eiweißkörper verschieden groß.) Ferner ist Menge und Verhältnis der anderen Substanzen in Ex- und Transsudaten wechselnder als im Blutserum und endlich ist der Ei- weißgehalt, insbesondere bei reinen Transsudaten, verhältnismäßig gering. so daß er für die Lichtbrechung nicht die ausschlaggebende Rolle spielt wie im Blutserum. Neben den Ergüssen in die Brust- und Bauchhöhle können in analoger Weise untersucht werden: Zystenflüssiekeit, der Inhalt von spontan oder 104 Emil Reiss. durch Vesikantien entstandenen Bläschenbildungen der Haut, Ödemflüssig- keit, Lymphe ete. 3. Zerebrospinalflüssigkeit. Die durch die Lumbalpunktion oder auf anderem Wege entleerte Flüssigkeit kann ebenfalls refraktometrisch untersucht werden. Bei der geringen Menge des Eiweißes ist jedoch eine direkte Umrechnung in den Eiweißgehalt nicht angängig. Ich habe früher versucht, durch Bestimmung der refraktometrischen Differenz vor und nach dem Kochen auch hier eine Eiweißberechnung zu ermöglichen. Bei starkem Eiweißgehalt des Liquor läßt sich das auch annäherungsweise durchführen. Für die geringen Eiweiß- differenzen jedoch, wie sie bei der Diagnose der Tabes oder Paralyse in Betracht kommen, versagt diese Methode. Auch ist die Bestimmung des Brechungsindex vor und nach dem Kochen, wie ich seitdem in zahlreichen Untersuchungen auch für andere Körperflüssigkeiten feststellen Konnte, kein exakter Maßstab für den Eiweißgehalt, weil beim Ausfallen des Ei- weißes noch andere physikalische Änderungen eintreten, die den Brechungs- index beeinflussen. Will man also die Methode für Zerebrospinalflüssigkeit anwenden, so beenüge man sich mit der direkten Untersuchung der frischen Flüssigkeit und der Ausrechnung des Brechungskoeffizienten. 4. Harn. Refraktometrische Untersuchungen des Harns sind angestellt worden von Ellinger !), Strubell?), Grober ®), Malosse*), Regler ®), Utz°), Arena!) sowie von Serkowski und Kraszewski.®) Hierzu ist folgendes zu bemerken: Wenn man sich damit begnügt, den Brechungsindex des Urins als das an- zusehen, was er ist, d.h. als den Ausdruck der Lichtbrechung sämtlicher im Urin gelöster Substanzen, so kann man natürlich auch den Urin re- fraktometrisch untersuchen. Man braucht hier nicht die Tropfenmethode anzuwenden, sondern kann, wenigstens bei klaren Urinen, das Refrakto- meter von Pulfrich direkt in die Flüssigkeit eintauchen. Allenfalls kann man aus der erhaltenen Zahl auch gewisse grobe Annäherungsschlüsse auf die Gesamtkonzentration des Urins machen. Doch liefert uns hierfür das spezifische Gewicht einen bequemeren und etwas richtigeren Ausdruck. Für weitere Rückschlüsse aus der Refraktometrie des Urins fehlen jedoch die Vorbedingungen, die beispielsweise bei der Untersuchung des Blut- serums die Brauchbarkeit der refraktometrischen Methode garantieren. ') Journ. f. prakt. Chem. N.F. Bd. 4. S. 256 (1891). ?:) Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 69. S. 521 (1901). 3) Zentralbl. f. inn. Med. Bd. 21 (1900). *) De quelques constantes physiques de l’urine. These de Montpellier 1902. 5) Internat. Kongr. f. angew. Chem. Sektion VIII. A—B. Rom 1906. S. 167. 6) Pharmaz. Post. Bd. 40. S. 455 (1907). ’) Atti della R. Accademia Medieo-Chirurgica di Napoli. Vol. 64. Nr. 1 (1910). ®) Wiener klin. Wochenschr. Bd. 26. Nr. 24. S. 976 (1913). EEE GuELE.:ERGEEETERE Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 105 Man muß sich vor Augen halten, daß die physikalische Größe der Licht- brechung einer Substanz von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Aller- dings ist die Lichtbrechung im Prinzip eine additive Eigenschaft, d.h. die Lichtbrechung eines Moleküls setzt sich bei gleicher Dichte und glei- cher Temperatur zusammen aus der Summe der Atomrefraktionen. Von dieser Grundregel gibt es jedoch sehr erhebliche Abweichungen, welche in der Hauptsache in den Einflüssen der Konstitution begründet sind. Die gleichen Atome können in verschiedenen Bindungen einen verschiedenen Wert der Lichtbrechung abgeben. Auch bei der Mischung resp. Entmischung ver- schiedener Substanzen können andere als rein additive Funktionen in Kraft treten. Ganz exakte Werte gibt also nur die refraktometrische Untersuchung von Lösungen einer einzigen Substanz. Approximative Be- stimmungen kann man von solchen Flüssigkeiten erhalten, in denen zwar eine Summe von Substanzen gelöst ist, aber nur eine Substanz in variablen Mengen enthalten ist, während die anderen ganz oder nahezu konstant sind. Auch das gilt natürlich nur dann, wenn die in Betracht kommenden Substanzen keine Bindungen eingehen, die den Brechungsindex in spezi- fischer Weise beeinflussen. Im Blutserum sind die Nichteiweißkörper in relativ konstanter Menge enthalten. Der variable Anteil, das Eiweiß, stellt weitaus die größte Masse sämtlicher im Blutserum vorhandener Substanzen dar und hat überdies einen verhältnismäßig hohen Brechungsindex. Diese günstigen Umstände ermöglichen es beim Blutserum, einen Rückschluß auf seinen Konzentrationsgrad oder umgekehrt seinen Wassergehalt und eine annäherungsweise richtige Bestimmung seines Hauptbestandteiles zu machen. Ganz anders liegen die Verhältnisse im Urin. Hier haben wir ein Gemisch von außerordentlich vielen Substanzen, die unter physiologischen wie patho- logischen Verhältnissen in ihrer gegenseitigen Relation starken Schwan- kungen unterworfen sind. Es herrscht hier nicht eine einzige Substanz in ihrer Menge bei weitem vor, sondern mindestens zwei Substanzen, der Harnstoff und das Chlornatrium, bilden die Hauptmasse der festen Stoffe. Außerdem sind noch zahlreiche andere Substanzen in nicht geringer Menge schon normalerweise vorhanden. Hierzu kommt das Neuauftreten größerer Mengen lichtbrechender Substanzen in Krankheitsfällen, z. B. Zucker und Eiweiß. Alle diese Substanzen sind also in außerordentlich wechselnder Menge enthalten und haben ein sehr verschiedenes Lichtbrechungsver- mögen. Es ist vollkommen unmöglich, aus dem Brechungsindex dieses Gre- misches einen Rückschluß auf die Quantität irgend einer bestimmten Sub- stanz zu machen. Ebenso unmöglich ist es, aus dem Brechungsindex ohne Zuhilfenahme weiterer Bestimmungen andere physikalische Größen zu be- rechnen. Alle Formein, die das versuchen, sind eo ipso unrichtig. Solche Formeln sind beispielsweise aufgestellt worden für das spezifische Gewicht, für den Gefrierpunkt, für das Molekulargewicht, ferner für den Trocken- rückstand, den Gehalt an Zucker, Eiweiß, Harnstoff ete. Das spezifische Gewicht der verschiedenen im Urin vorhandenen Substanzen geht mit deren Lichtbrechung keineswegs parallel, wie folgende Tabelle zeigt. 106 Emil Reiss. Tabelle V. Vergleich von Brechungsindex und spezifischem Gewicht wichtiger im Harn vorkommender Substanzen. 1"/,ige Lösung von: Brechungsindex Spezifisches Gewicht Eiweiß . WELT EEE 0:00183—0:00230 | 00025 Uhlornatrıume SE 000175 00072 Chlor 000134 | 00064 Dinatriumphosphat . .... . .| 000071 | 00040 Harnstottg a ee ne 000145 0.0028 Wranbenzuekeräe 0.00142 | 0.0038 | | NB. Die Zahlen dieser Tabelle geben die Erhöhung an, die der Wert des destil- lierten Wassers durch Zusatz von 1°/, der genannten Substanzen erfährt. Noch viel weniger hat die Lichtbrechung mit der Gefrierpunkts- erniedrigung zu tun, denn wir sehen, daß Körper von sehr hohem Mole- kulargewicht, wie Eiweiß, einen hohen Brechungsindex haben, während sie den Gefrierpunkt nicht oder fast nicht beeinflussen. Dieser ist vielmehr fast ausschließlich von der Anzahl der Moleküle resp. Ionen abhängig, während die Lichtbrechung namentlich von der Natur der gelösten Sub- stanzen beeinflußt wird. Diese Überlegungen zeigen, dal alle Formeln, welche mit Hilfe irgend einer Konstanten aus der Lichtbrechung auf die genannten anderen physikalischen Größen schließen wollen, unrichtig sein müssen. Dal trotzdem ein entfernter Parallelismus der verschiedenen Größen im Harne vorkommt, d. h., daß sehr konzentrierte Urine im all- gemeinen einen höheren Brechungsindex, ein größeres spezifisches Gewicht und eine stärkere Gefrierpunktserniedrigung haben als sehr diluierte, ist selbstverständlich. Aber von einer Regelmäßigkeit dieses Verhaltens. welche die Anstellung von Berechnungen erlauben würde, kann keine Rede sein. Alle derartigen Versuche müssen daher als mißglückt bezeichnet werden und es kann an dieser Stelle auf die Wiedergabe der verschiedenen ange- gebenen Formeln verzichtet werden. Etwas anderes ist es, wenn man den Urin vor und nach Entfernung einer bestimmten Substanz refraktometrisch untersucht und aus der Dif- ferenz Schlüsse zieht. So hat Grober !) eine Zucker- und Eiweißbestimmung im Urin ausgeführt. Zur Zuckerbestimmung verfährt er folgendermaßen: In 2 Erlenmeyer- kölbchen werden je 75—100 cm? des filtrierten zuckerhaltigen Urins ge- gossen. Das eine Kölbehen wird mit einem Wattepfropfen ziemlich fest ver- schlossen, das andere mit ca. 1 cm® ausgewaschener Hefe versetzt, mit einem Uhrschälchen bedeckt und beide 24—36 Stunden im Brutschrank aufbewahrt. Nachdem festgestellt ist, daß der vergärte Urin keinen Zucker mehr enthält, werden die beiden Urinproben filtriert und dann refrakto- aln.c: Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 107 metrisch untersucht. Grober fand, daß 1°/, Zucker 2:9 Skalenteile des Eintauchrefraktometers entsprechen. Zur Zuckerbestimmung wird also die Ablesungsdifferenz der beiden Proben durch 29 dividiert. Grober gibt folgende Tabelle an, aus der die Werte direkt abgelesen werden können. Tabelle VI (nach Grober). ) | 1 2 | 3 4 5 6 7 8 9 1er .| 029 | 3-19 | &09 | 8-99 | 11-89 | 14-79 |17°69 | 20:59 | 23:49 | 26:39 2 0:58 | 348 | 638 | 928 | 12-18 | 15-08 | 17-98 | 20:88 | 23:78 | 26:68 3. 0:87 | 3:77 | 6:67 | 957 | 12-47 | 1537 | 18:27 | 2117 | 24-07 | 26:97 4. 1:16 | 406 | 6:96 | 9:86 | 12-76 | 15°66 | 18:56 | 2146 | 24:36 | 27°26 5. 145 | 435 | 725 | 10:15 | 13:05 | 15:95 | 18:85 | 21:75 | 24:65 | 2755 6. 174 | 4:64 | 754 | 10:44 | 13:34 | 16:24 | 19-14 | 22:04 | 24:94 | 27°84 a 2:03 | 493 | 783 | 10:73 | 13:63 | 16-53 |19-43 | 22:33 | 25:23 | 28:13 ge 9-32 | 5:22 | 812 | 1102 | 13-92 | 16-82 | 1972 | 22-62 | 2552 | 2842 9. 261 | 551 | 841 | 11-31 | 1221 | 1711 [20:01 | 2291 | 2581 | 28:71 10. 2-90 | 5:80 | 870 | 11:60 | 14-50 | 17-40 | 20:30 | 23:20 | 26-10 | 29-00 | | Man sucht sich im Quadrate die Zahl, die der Ablesungsdifferenz entspricht und findet senkrecht über der betreffenden Reihe die Prozentzahl, links davon die Promille- zahl. Z. B. 13:63 Ablesungsziffer entspricht 4'7°/, Zucker. ‘ Zur Eiweißbestimmung schlägt Grober vor, 2 Portionen Urin mit der gleichen Menge verdünnter Essigsäure anzusäuren, in dem einen das Eiweiß durch Kochen auszufällen, beide zu filtrieren und refraktometrisch zu untersuchen. Die Differenz der abgelesenen Skalenteile beider Portionen ergibt durch 3 dividiert den Prozentgehalt an Eiweiß. Diese von Grober angegebenen Methoden sind im Prinzip zweifellos richtig und werden häufig auch annähernd stimmende Werte ergeben. Es wird sich nur empfehlen, daß man statt der Skalenteile immer die Zahlen des Brechungsindex der Berechnung zugrunde legt und auch die Werte für Zucker und Eiweiß in den Zahlen des Brechungsindex ausdrückt (vel. Tabelle V). Einige theoretische Einwendungen müssen jedoch auch gegen diese Methode erhoben werden. Bei der Vergärung von Zucker können eine Reihe weiterer Veränderungen eintreten, welche an sich die physika- lische Größe der Lichtbrechung beeinflussen. Sofern diese Veränderungen qualitativ und quantitativ immer die gleichen sind, würden sie keinen Fehler bedingen. Ob das aber der Fall ist, muß dahingestellt bleiben. Beim Ausfällen von Eiweiß werden ebenfalls sowohl chemische als auch beson- ders physikalische Änderungen herbeigeführt. Die letzteren bestehen nament- lich darin, daß das koagulierende Eiweiß noch andere Substanzen mitreißt. Ich habe eine große Anzahl entsprechender Untersuchungen angestellt, in- 108 Emil Reiss. dem ich nach Zusatz sowohl von Essigsäure wie von Kaliumbiphosphat und nachherigem Kochen das Eiweiß möglichst vollständig ausfällte Zur Vermeidung der Verdunstung habe ich die Erhitzung im zugeschmolzenen (slasröhrchen im Wasserbade ausgeführt. Trotz aller Vorsichtsmaßregeln gelang es mir nicht, wirklich gleichmäßige Resultate zu erzielen, was auf die oben angeführten Gründe zurückzuführen sein dürfte. Ich habe daher von dieser Methode Abstand genommen. Im ganzen also muß gesagt werden, daß die bisherigen Untersuchun- gen eine praktische Verwertbarkeit der Refraktometrie des Urins nicht gewährleisten. 5. Mageninhalt. Zur Motilitätsbestimmung des Magens haben Strauss!) sowie Strauss und Leva?) eine Methode ausgearbeitet, die nach einem bestimmten Probe- frühstück die Fettmenge des Magens auf refraktometrischem Wege er- mittelt. Hierzu wird gewöhnlich das Milchfettrefraktometer benutzt, dessen Skala den Brechungsindizes von 133 —1'42 entspricht. Auch das Abbesche Refraktometer mit heizbaren Pris- men kann benutzt werden, doch müßte man sich dann eine besondere Fettabelle berechnen. Die Skala des Eintauchrefraktometers reicht für diese Bestim- mungen nicht aus. Den Gang der Untersuchung be- schreiben Strauss und Leva ungefähr folgender- maben: Der zu Untersuchende erhält auf nüchternen Magen 400 cm? Tee und ein Päckchen Fettzwie- back von 50 g Gewicht. In dieser Menge Fett- zwieback (hergestellt von F. W. Gumbert, Berlin C., Königstraße 22) sind 5°6 g Milchfett enthalten. Nach einer Stunde wird der Magen ausgehebert, und zwar zunächst in der gewöhnlichen Weise (Portion 1), dann wird mit 100 cm® Wasser nachgespült (Portion 2) und schließlich mit 1—3 ! Wasser völlig rein gewaschen (Portion 3). Portion 1 und 2 wird zunächst zur Schich- tung angesetzt und dann filtriert. Der gesamte Filter- rückstand dieser beiden Portionen, sowie der Boden- satz und allenfalls die oberste schaumige Schicht von Portion 3 wird in ein graduiertes verschließbares Sammelglas zusammen- gegossen. Von diesem genau abgemessenen Material werden zwei Proben zur Fettbestimmung nach Wollny entnommen. !) Deutsche Ärztezeitung. H. 4 (1901). ®) Deutsche med. Wochenschr. S. 1171 (1907). — Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 65. S. 161 (1908). Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 109 Für die Ausführung der refraktometrischen Fettbestimmung sind er- forderlich: 1. Milchfettrefraktometer nach Zeiss - Wollny. 2. Mehrere Milchfläschehen oder Milchröhrchen nach Wollny, die ca. 40 cm? fassen (vgl. Fig. 34). 3. Eine 20 cm3 fassende Pipette zur Entnahme des Materials (Strauss und Leva benutzen hierzu eine Kugelpipette. die unten nicht spitz zu- läuft, sondern weit ist, damit alle festeren Bröckelchen des Materials un- gehindert aufgenommen werden können). 4. Eine 4 cm? fassende Pipette für den Äther. 5. Mehrere dünne, an beiden Enden offene, gleichmäßig weite Glas- röhrchen zur Entnahme der Fettätherlösung. 6. Eine Tropfflasche mit Eisessig. 7. Äther (spez. Gew. 0'720), durch Umschütteln mit Wasser zu sättigen (auf !/, 2 Äther etwa 50 cm? Wasser). 8. Eine Kupferkalilösung von folgender Zusammensetzung: 500 em3 50°/,iger Kalilauge. 250 cm? destilliertes Wasser, 250 cm® Glyzerin, 120 g Kupferkarbonat; letzteres ist erst mit dem Glyzerin anzu- reiben. Die Fettbestimmungen gestalten sich nach dem Wollnyschen Ver- fahren, das Strauss und Leva für ihre Zwecke nur wenig abgeändert haben, folgendermaßen: In 2 Milchfläschehen giebt man je 20 cm? des durch Umschütteln gut durchgemischten Materials; dazu kommen 3 Tropfen Eisessig und 1 cm? der Kupferkalilösung. Nachdem man dann die zugestöpselten Fläsch- chen ca. 5 Minuten lang ganz zart durchgeschüttelt hat, fügt man 4 cm3 Äther hinzu, stöpselt rasch wieder zu und schüttelt etwa 5 Minuten lang kräftig durch, und zwar entweder mit der Hand, wobei man die Fläsch- chen, um sie nicht zu sehr zu erwärmen, am besten in ein Tuch einhüllt oder mit Hilfe eines Schüttelapparates. Die Proben werden dann mindestens 5 Minuten lang zentrifugiert. Es bildet sich dabei eine sehr schöne Fett- ätherschicht, die meistens ganz klar und oft grünlich oder gelblich gefärbt ist. Um diese Fettätherlösung auf ihren Brechungsexponenten hin zu prüfen. lockert man den Stopfen des Fläschchens, legt dasselbe behutsam fast ganz vertikal, dann zurück in eine schräge Lage, wodurch sich eine lange Fettätherschicht bildet, und entnimmt mit einem für jeden Versuch reinen Glasröhrchen ein kleines Quantum von der ätherischen Fettlösung, das man durch die kleine Öffnung am Prismengehäuse des festgeschlossenen Refraktometers zwischen die Prismenflächen bringt. Man liest nun durch das Okular des Refraktometers die Skalenteile des Milehrefraktometers ab. wie eingangs (S. 57) besprochen. 110 Emil Reiss. Tabelle VII (nach Wollny). Tabelle für das Milchfettrefraktometer zur direkten Umrechnung der Skalenteile in Milchfettprozente. 20:1 = 251 0:37 301 086 351 1:40 40:1 1:97 2 = 2 0,38 2 087 2 141 2 195 3 — 6) 0:38 3 088 B) 142 3 2:00 4 = 4 0:39 4 0:89 4 143 4 2:01 )) — B) 040 a) 0.90 3) 144 B) 2:02 6 0 6 041 6 0:91 6 146 6 2:03 7 0:01 7 042 7 0:42 7 147 Ü 2:05 8 0:01 fe) 043 fo) 0.93 fo) 1:45 fe) 2:06 I 0:02 I 044 I 0.94 9 149 I 2:07 210 003 26°0 045 310 0:35 360 1:50 410 2:08 1 004 1 046 il 096 1 151 1 2:09 2 0:04 2 047 2 0:97 2 152 2 211 B) 0.05 5) 048 3 0:98 3 153 3 2:12 4 006 4 0.49 4 0:99 4 154 4 2:13 B) 0.07 5) 050 5) 1:00 ) 155 %) 2:15 6 0:08 6 0:51 6 1:02 6 1:57 6 216 7 0:08 7 0:52 ü 103 7 158 n 217 6) 0:09 fe) 0.55 fe) 1:04 fe) 1:59 5 2:19 I 010 3 0:54 9 105 9 1:60 I 2:20 22:0 011 270 055 320 1:06 370 1:61 42:0 2:2] 1 0:12 1 0:36 1 1:07 1 1:62 1 2:22 2 013 2 0:57 2 1:08 2 1:63 2 2:24 3 013 3 0,58 5 1:09 3 1:64 3 2:25 4 014 4 0:59 4 1:10 4 1:65 4 2:26 B) 0:15 5 0:60 > 1 Ö) 1:66 3) 2:28 6 0:16 6 061 6 1:13 6 1:68 6 2:29 7 0:17 Ü 0:62 f 114 {Ü 1:69 Ü 2:30 8 0:17 8 0.63 8 115 fe) 170 8 2:32 I 0:18 9 0:64 3 1:16 I el I 2:33 230 019 280 0:65 330 az 38°0 17 430 2:34 1l 0:20 1 0:66 il 118 1 173 il 2:35 2 021 2 0:67 2 1:19 2 175 2 2:37 6) 0:21 3 0:68 5) 1:20 3 176 3 2:38 4 022 4 0:69 4 1:21 4 a ker 4 2:39 h) 023 5 070 6) 1'22 5) 178 B) 241 6 0:24 6 071 6 124 6 11978) 6 2:42 7 0:25 7 072 2 125 7 1:81 Ü 2:43 3 025 8 0:73 8 1'26 fe) 1:82 8 2:45 9 0:26 I 074 9 1:27 3) 183 9 2:46 240 0:27 290 075 340 128 390 1:84 440 2:47 1 0:28 il 076 1 1:29 1 1'85 il 2:48 2 0:29 2 0:77 2 1:30 2 1:87 2 2:50 3 029 3 0:78 3 131 3 1:88 3 2:51 4 030 4 0:79 4 1'32 4 1:89 4 2:52 5 031 5) 0.80 b) 1:33 5) 190 5) 2:54 6 0:32 6 081 6 135 6 cl 6 2:55 7 033 7 082 7 1:36 7 1:92 7 2:56 fe) 0:34 8 083 8 1:37 fe) 1:94 8 2:37 I 0.35 9 0:84 $) 1:38 I 1'95 I 2:59 250 036 300 085 350 139 400 1'96 450 2:60 u Fett Fett Fett Fett S.-T. 07 Ss.-I 07 S.-T 0/ S.-T 0 Ss.-T 0 /’0 0 0 45 50 60° 5:02 65 DDRWTNNDNDWW eier aller en ur DRIN DDWDHHH SINWASMmU: LSOSANAI AIDA HOZ-IOR WHRrROonRsüponm Solo ER WerKaiut TCH Gy (d%) 1% =) SO ÄIDOP VD m \ \ \ (bt ı Hı di es a en [e») Solo oE Koriisl lu sun KuRl or. ler: HF [or? 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Mit Hilfe der Wollnyschen Tabelle, die vorstehend wiedergegeben wird, kann man dann den Wert in Fettprozente umrechnen, ohne vorher die Zahl des Brechungskoeffizienten aufgesucht zu haben. Die Temperatur soll während der Ablesung genau auf dem Nullpunkt des nach Wollny konstruierten Thermometers am Instrument stehen, was 175° C entspricht. Die Prismenflächen sind nach jeder Ablesung mit Hilfe eines Woll- und dann Leinenläppchens oder mit japanischem Papier sorgfältig zu reinigen. Zur Wiederholung der Ablesung aus demselben Fläschchen ist es notwendig, dasselbe sehr rasch nach der ersten Entnahme der Fett- ätherlösung wieder zu verkorken. Aus jedem Fläschchen sind 2 Ablesungen zu machen. Eine absolute Vorbedingung für ein exaktes Arbeiten mit dem Re- fraktometer ist die genaue Einstellung der Skala des Instrumentes auf den Nullpunkt der Tabelle für den bei der Analyse verwandten wasser- gesättigten Äther. Es kann sich nämlich die Skala des Refraktometers verschoben haben oder der Äther kann verunreinigt sein. Die Prüfung geschieht so, daß man einige Tropfen destillierten Wassers zwischen die Prismenflächen bringt, wonach die Grenzlinie des Schattens mit dem Null- punkt der Skala übereinstimmen muß. Ist dies nicht der Fall, so wird die Stellschraube gelockert und man dreht unter Festhalten der mit Teilstrichen versehenen Trommel so lange das anliegende gekerbte Rädchen herum, bis der Nullpunkt der Skala mit der Grenzline haarscharf zusammenfällt; dann ist die Stellschraube wieder festzudrehen. Der wassergesättigte Äther muß in diesem richtig eingestellten Instrument dann die Zahl 20'6 ergeben, was nach der Tabelle O Fett entspricht. Stimmt dies nicht, so ist der Äther verunreinigt oder unbrauchbar. Die Prozentzahl wird durch entsprechende Einsetzung der gesamten Menge des untersuchten Mageninhaltes in Gramme Fett umgerechnet. Bei normaler Magenmotilität finden sich auf diese Weise nach Strauss und Leva 0'8--2'5 g Fett. Höhere Zahlen sprechen für eine mehr oder weniger starke motorische Störung. Fettwerte unter 0'8 g sind im Sinne einer Hypermotilität zu deuten. Ein Fehler in der Bestimmung kann durch Fettspaltung bedingt werden. Im allgemeinen betragen die hierdurch bedingten Unterschiede nicht mehr als 15°/,. Ausnahmsweise kann auch eine stärkere Fettspaltung vorhanden sein. Alsdann wird der auf re- fraktometrischem Weg erhaltene Wert niedriger, weil bei dem Wollnyschen Verfahren die Fettsäuren verseift werden und infolgedessen der Bestim- mung entgehen. Zur Pepsinbestimmung im Mageninhalt vergleiche das Kapitel: „Wir- kung von Fermenten, Bakterien und ähnliches“ (8. 117). Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 113 6. Milch. Die refraktometrische Milchuntersuchung wird in der Nahrungsmittel- kontrolle zur Erkennung von Fälschungen in größerem Maßstabe ange- wandt. Für die Untersuchung menschlicher Milch scheint das Verfahren noch wenig aufgenommen worden zu sein, obwohl es seiner Schnelligkeit und Exaktheit halber sehr der Berücksichtigung wert ist. Die Methode ist in minutiöser Weise von Wollny ausgebildet, jedoch erst von Bayer und Neumann‘) veröffentlicht worden. Ich halte mich in der nachfolgenden Beschreibung zum Teil wörtlich an die Angaben dieser Autoren. Zu sämt- lichen Bestimmungen in der Milch wird das Milchfettrefraktometer der Firma Zeiss benutzt. a) Fettbestimmung. Die Wollnysche Fettbestimmung in der Milch wurde im wesentlichen von Strauss und Leva für die Fettbestimmung des Mageninhaltes über- nommen. Für die Apparatur kann daher auf die im vorigen Kapitel ge- machten Angaben verwiesen werden. Neben den hier beschriebenen Appa- raten hat Wollny noch ein besonderes Wasserbad mit Einsatz zur Auf- nahme von 50 Milchröhrchen und der Ätherflasche angegeben. Dieses Wasserbad wird mit Hilfe eines Heißluftmotors oder einer Wasserturbine in Bewegung gehalten und durch Zugabe von warmem oder kaltem Wasser auf die Temperatur von 17'5°C gebracht. Es ist wohl nur erforderlich, wenn man eine sehr große Anzahl von Proben zu untersuchen hat. Ebenso kann wohl die Schüttelmaschine, welche 2 Kästen mit Einsätzen für Milch- röhrchen enthält, bei einer geringen Anzahl von Untersuchungen durch die Hand des Experimentators ersetzt werden. Weniger entbehrlich da- gegen ist eine Überlaufpipette zum Abmessen von 20 em? Milch und eine andere zum Abmessen von 4 cm® Äther. Die letztere ist mit einer Kapillare ver- sehen, die das Nachtropfen des Äthers verhindert. Die erforderlichen Re- agenzien sind die gleichen wie bei der Untersuchung des Mageninhaltes nach Strauss und Leva (siehe oben). Das Verfahren gestaltet sich folgendermaßen: Mittelst einer Überlaufpipette werden von der gut durchgemischten Milchprobe 20 em® entnommen und in ein Zentrifugenröhrchen eingelassen. Dieses Röhrchen, dessen Kork mit einer Nummer versehen und festge- bunden sein muß, kommt in das Wasserbad, das bereits auf eine Tem- peratur von 175°C gebracht ist. Die Milch soll selbstverständlich beim Abmessen auch dieselbe oder mindestens Zimmertemperatur haben. Man gibt dann aus einem Tropffläschchen 3 Tropfen Eisessig und ebenfalls mit einer Überlaufpipette, die wieder eine besondere Konstruktion hat, 4 cm® des auf 175° temperierten und mit Wasser gesättigten Äthers, stopft das !) Zeitschr. für Untersuchung der Nahrungs- und Genußmittel. Bd. 13. S. 369 (1907). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIIT. 3 114 Emil Reiss. Röhrchen dann schnell zu und bringt es in den Schüttelkasten, worin es entweder mittelst Hand-, elektrischen oder Wasserturbinenbetriebes 5 Mi- nuten lang geschüttelt wird. Hierauf wird mittelst Eintauch- oder Revolver- pipette (Spezialkonstruktion von Wollny) oder Bürette 1 cm? der Kupfer- kalilauge zugefügt, das Röhrchen dann so lange hin- und hergeneigt, bis eine völlige Lösung der Milch erreicht ist, was in einigen Minuten vor sich geht und auch ohne weiteres zu erkennen ist. Die Probe wird dann 5 Minuten lang zentrifugiert. Das Röhrchen wird nun in das Temperierbad zurückgestellt, einige Zeit darin belassen und dann die abgeschiedene Ätherfettlösung auf ihren Brechungsexponenten hin geprüft. Als Konservierungsmittel für Milchproben, welche refraktometrisch untersucht werden sollen, kann nach Bayer und Neumann eine Lösung von 238 g Kupferbichlorid zu 12 Wasser gelöst angewandt werden (fünf Tropfen auf '/, 7 Milch). Der Brechungsexponent des Milchfettes selbst schwankt zwischen 40 und 46 Skalenteilen. Der hierdurch bedingte Fehler beträgt im äußersten Falle 05 Skalenteile des Refraktometers, die, wie die Milchfettabelle er- eibt, nur einen Fehler von 0'07°/, Fett ausmachen; der Fehler kann in einem + oder — bestehen. 2 In ähnlicher Weise kann man auch in der Sahne eine Fettbestim- mung vornehmen. Man erwärmt frische Magermilch, ermittelt deren Fett- gehalt und stellt auf der Tarierwage eine Verdünnung von 1 Teil der zu untersuchenden Sahne und 9 Teilen Magermilch her. Die Verdünnung mit Magermilch ist erforderlich, weil das Wollnysche Verfahren stets Milch als Untersuchungskörper voraussetzt und eine Mischung von Wasser mit Milchfett wegen der verschiedenen Löslichkeit des Äthers in Wasser und Milch unrichtige Werte ergeben würde. Bei Sahne von unter 30°/, Fett- gehalt ist es nicht nötig, die Verdünnung 1:10 zu nehmen, sondern nur bei fettreicher Sahne, weil der Fettgehalt der Verdünnung möglichst nicht mehr als 4°/, betragen soll. Der jeweilige Fettgehalt der Magermilch ist vom Fettgehalt der Sahne abzuziehen. b) Prüfung der blauen Lösung der Milch. Für die Zwecke der Nahrungsmittelkontrolle bietet die refrakto- metrische Ablesung der blauen unter der Ätherfettschicht sich befinden- den Lösung, welche die fettfreie Trockensubstanz der Milch enthält, eine sehr bequeme Handhabe, um gleichzeitig mit der Bestimmung des Fett- gehaltes auf künstlichen Wasserzusatz schließen zu können. Auch zu biolo- gischen Zwecken kann dieses Verfahren Anwendung finden. Man verfährt dabei in der Weise, daß man ein zur Entnahme der Ätherfettlösung be- WERDE 7 ara, Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 115 stimmtes Röhrchen, welches man an einem Ende mit dem Finger ver- schließt, durch die Ätherfettschicht hindurch in die darunter befindliche blaue Lösung taucht, den Finger lüftet, wobei die blaue Lösung in dem Röhrchen aufsteigt, wieder mit dem Finger verschließt, dann einige Tropfen der blauen Lösung zwischen die Prismen des Refraktometers bringt und an der Skala mit Hilfe der Einstelltrommel den Refraktionswert abliest. Milchproben, deren blaue Lösung einen Refraktionswert unter 20 zeigt. sind als der Wässerung verdächtig zu bezeichnen, weil diese Zahl im all- gemeinen einer fettreichen Trockensubstanz von 8°/, entspricht. e) Prüfung des Milchserums. Als Ausfällungsmittel für das Kasein ist für diese Zwecke besonders das von Riegler‘) empfohlene Asaprol (naphtolsulfonsaures Kalzium) in zitronensaurer Lösung geeignet. Die Zusammensetzung der Lösung für refraktometrische Zwecke ist folgende: Man löst 30 9 Asaprol und 55°8 y kristallisierte Zitronensäure bei Zimmertemperatur in Wasser auf und bringt die Lösung auf 1000 cm®. Diese Lösung gibt im Milchfettrefraktometer die Zahl 8°5. Wenn letztere nicht vollständig erreicht ist, gibt man noch soviel Zitronensäure zu, bis diese Refraktionszahl erreicht ist. Zur Her- stellung des Milchserums mischt man nun gleiche Teile (je 5 cm® Milch und Asaprollösung) in einem Reagenzglase zusammen, schüttelt einmal um und nimmt dann von der sich bald über dem gefällten Kasein bildenden klaren Serumlösung einige Tropfen mit Hilfe eines reinen Röhrchens für die refraktometrische Untersuchung heraus. Um das Absitzen nicht ab- warten zu müssen, kann man auch so vorgehen, daß man ein kleines Wattebäuschehen in das Ende des Röhrchens schiebt und dann die Flüssig- keit durch dieses hindurch saugt. Das Serum wird dadurch klar filtriert. und kann dann sofort in das Refraktometer gebracht werden. Als Grenz- zahl für den Verdacht der Wässerung bei Kuhmilch gilt die Refrakto- meterzahl 80. Für die Untersuchung der menschlichen Milch sind die Normalwerte noch festzulegen. d) Bestimmung des Milchzuckers. 5 em? Milch werden in einem Schüttelfläschchen mit 5 Tropfen einer 4°/,igen Chlorkalziumlösung versetzt, die Fläschchen dann verkorkt und mit Bindfaden zugebunden ins siedende Wasserbad gesetzt, darin 10 Minuten lang erhitzt und dann zum Erkalten ins Temperierbad gebracht. Zur Ab- lesung saugt man einige Tropfen des kalten Serums in ein Glasröhrchen. das an dem eingetauchten Ende behufs Filtration des Serums mit einem Baumwollstöpfehen versehen ist, bringt einige Tropfen der Flüssigkeit zwi- schen die Prismenflächen des Refraktometers und liest wiederum bei 17:50 ‘) Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 37. S. 22 (1898). 116 Emil Reiss. ab. Mit Hilfe nachstehender Tabelle erhält man direkt den Prozentgehalt an Milchzucker: Tabelle VIII (nach Wollny). Tabelle zur direkten Umrechnung der Skalenteile des Milchfett- refraktometers in Milchzuckerprozente. Milch- Milch- Milch- Milch- Milch- Milch- Skalen-| Zucker |Skalen-| Zucker | Skalen- zucker |Spajen-| Zucker |SsxaJen-| Zucker | Skajen- zucker teile | A teile YA teile A teile 0/, teile 0, teile 9, Sal! er al I 2 zeit 382 | 91 4:84 11:1 585 1131 6:86 2 180 2 2:85 2 3:87 2 .| 4:89 2 590 2 691 3 1'85 3 2:91 3) || 8 32.4:95 3 2:99 3 697 4 1590 4 2:96 4 3:98 4 5.00 4 6:00 4 102 5 1:96 5 301 5 4:03 5 5:05 5 6:05 5 107 6 2:01 6 3:06 6 4:08 6 Hall 6 610 6 712 Ü 2:07 7 a 7 4:13 N 5:13 Ü 6:15 A zaalr 3 le 8 316 fo) 4:18 8 520 8 620 8 722 E28 9) 321 9. | 4:23 95925 922625 ser 4:0, 1° 2:232106:02 73262] 78:02|7252821710:02 10523025205 202302 10:0 13 1 2:29 il al 1 4:33 1 5:35 1 635 1 138 2 2:35 2 3:36 2 4:38 2 540 2 640 2 743 3, 240 33:42 3 | 4:44 3 | ac) 3 | 646 3 | 748 4 2:45 4 347 4 449 4 5:50 4 651 4 153 5 2:50 B) 3:52 5 | 4:54 B) 5:99 56:56 5 758 6 2:55 6 357 6 4:59 6 5.60 6 661 6 763 «U 2:60 7 3:62 7 4:64 7 5:69 (7 6:66 m 768 (6) 2:65 8 3:67 8 | 4:69 8 570 8 671 8 Tiere) 9 2:70 9) 372 9 474 9 5:79 9 676 9 778 Sn. || a 9:0 79 en 5:80: [.13:0%| 76'819 15:00 4:32 Was die Genauigkeit dieses Verfahrens gegenüber dem gewichts- analytischen anlangt, so haben die von -Bayer und Neumann mitgeteilten Erfahrungen ergeben, daß die refraktometrische Milchzuckerbestimmung bei Kuhmilch hinreichend genau ist. Bei Milch von anderen Tieren hat das Verfahren jedoch versagt, weil die erhaltenen Sera eiweißhaltig und trüb bleiben. Ob bei der Prüfung menschlicher Milch das Verfahren an- wendbar ist, steht dahin. 7. Wirkung von Fermenten, Bakterien und ähnliches. Obermayer und Pick!) benutzten das Pulfrichsche Refraktometer und gingen in folgender Weise vor: Die zu untersuchenden Flüssigkeiten wurden mit dem betreffenden Ferment versetzt, unter Toluolzusatz in den Brutschrank eingestellt und durch möglichst festen Verschluß sorgfältig vor Verdunstung geschützt. ‘) Hofmeisters Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol. Bd. 7. S. 331 (1906). 4 Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 117 Unmittelbar vor dem Versuche wurde stets eine etwas größere Flüssig- keitsmenge, als zur Bestimmung nötig war, mit einer Pipette unterhalb der Toluolschicht dem Kölbchen entnommen und in einer größeren Eprou- vette durch Luftdurchleitung von dem noch in der Flüssigkeit gelösten Toluol befreit. Das Durchleiten muß möglichst langsam geschehen, um ein Mitreißen von Flüssigkeitsteilchen zu verhindern; zur Verhütung von merklicher Verdunstung läßt man die Luft zuerst durch eine kleine mit destilliertem Wasser gefüllte Waschflasche treten, worin sie sich mit Wasserdampf sättigt. So gelingt es leicht, die etwa 2—3 cm? fassende Flüssigkeit in 5—10 Minuten von Toluol völlig zu befreien. Diese Ent- nahme von Flüssigkeit wurde in entsprechenden Zeiträumen wiederholt. Obermayer und Pick untersuchten auf diese Weise die Wirkung von Emulsin auf Amygdalin und Salizin, von Ptyalin auf Dextrin, die Säure- spaltung des Phloridzins, die Pepsin- und Trypsinwirkung auf Rinder- und Pferdeserum , Eiereiweiß und Eiweißspaltprodukte, die Säurespaltung der Eiweißkörper und die bakterielle Spaltung eiweißhaltiger Nährböden. Die gleichen Autoren !) haben refraktometrisch den Grad der Eiweib- ausfällung bei der Präzipitinwirkung verfolgt. Pepsinbestimmung im Magensaft. Eine refraktometrische Pepsinbestimmung mit besonderer Berück- sichtigung der klinischen Magensaftuntersuchung hat Schorer 2) ausgear- beitet. Seinem Vorgehen liegt die Feststellung von Obermayer und Pick (l. e.) zugrunde, daß durch die Pepsinverdauung einer Eiweißlösung deren Brechungsindex nicht geändert wird, daß also die durch die Pepsinwirkung entstandenen Eiweiljabbauprodukte zusammen den gleichen Brechungsindex haben wie das native Eiweiß. Bestimmt man also den Brechungsindex einer unter Pepsinwirkung stehenden Eiweißlösung, entfernt daraus durch Fällung das noch unverdaute Eiweiß und bestimmt den Brechungsindex der jetzt nur noch Spaltungsprodukte enthaltenden Lösung, so ergibt die Differenz der beiden Brechungsindizes den Wert für das nicht gespaltene Eiweiß. Hieraus läßt sich wieder der Wert des gespaltenen Eiweißes be- rechnen, wenn die Gesamtkonzentration der Lösung an Eiweiß bekannt war. Im einzelnen geht Schorer folgendermaßen vor: 10 g eines reinen, feingepulverten Hühneralbuminpräparates werden langsam und unter stän- digem Umschütteln im 200 em® destillierten Wassers eingebracht, nach ca. 2 Minuten kräftig umgeschüttelt und mehrere Stunden stehen gelassen. Sodann wird die Lösung durch Zusatz von destillierttem Wasser auf das Volumen von 1000 cm? gebracht und refraktometrisch untersucht (Eintauch- refraktometer:). Der abgelesene Wert einer solchen Lösung entspricht ge- wöhnlich 18°5—18°9 Skalenteilen des Eintauchrefraktometers. Ergibt die 1) Ebenda. S. 455. \ ®) Berner Dissertation 1908. ®») Eventuell kann auch das Abbesche Refraktometer benutzt werden. 118 Emil Reiss. Lösung mehr als 18°5 Skalenteile, so setzt man noch weiter destilliertes Wasser zu, bis der Refraktionswert von 185 Skalenteilen erreicht ist. Nach Schorer gibt eine Lösung von 0'5°/, Hühneralbumin am Refrakto- meter den Wert von 17°8—17'9 Skalenteilen. Die Lösung vom Refraktions- wert 18°5 Skalenteilen enthält also 0'62°/, Eiweiß. Man hat nun etwas mehr als 1 / Eiweißlösung, der für eine größere Anzahl von Versuchen ausreicht. Diese Stammlösung wird unter einer Schicht Toluol ohne Um- schütteln aufbewahrt, am besten in einem Gefäß mit Hebervorrichtung, dessen Glasrohr unter die Toluolschicht herabreicht. Von der Eiweilistamm- lösung werden 40 em? genau abgemessen, mit 4 cm? Normalsalzsäure und 01 em? des zu untersuchenden Magensaftes versetzt und durch erneutes Zufließßenlassen von Eiweißstammlösung auf das Volumen von 50 cm? ge- bracht. Die Mischung wird umgeschüttelt und gut verschlossen im Thermo- staten 24 Stunden bei 58—40°C stehen gelassen. Dann werden 10 cm? der Lösung zur refraktometrischen Bestimmung verwandt, weitere 20 cm? werden mit 1-—2 Tropfen einer wässerigen 1°/,igen Lösung von Azo- litmin (Merck) und mit soviel Normal-NaOH versetzt, bis der Umschlag von rot nach blau eintritt. Dem auf diese Weise neutralisierten Gemisch wird 1 Tropfen einer 5°/,igen Lösung von Eisessig zugesetzt, so dab die Flüssigkeit wieder deutlich rot wird und ein Niederschlag von Azidalbumin auftritt. Das so angesäuerte Gemisch wird in einem Reagenzglas oder Erlenmeyerkolben direkt über der Flamme längere Zeit gekocht, bis sich das native Eiweiß in Form eines flockigen Niederschlages vollständig ab- scheidet. Unter Umständen ist es nötig, während des Kochens mit einem Glasstab noch minimale Mengen Eisessiglösung hinzuzufügen. Die Lösung muß während des Kochens dauernd sauer reagieren, was an ihrer Farbe stets zu erkennen ist. Nun wird heiß filtriert, das Filter nach dem Er- kalten mit destilliertem Wasser auf 20 cm? gebracht und refraktometrisch untersucht. Die Differenz des Brechungswertes des ungefällten Verdauungs- gemisches und des Filtrates gibt einen Malistab für die proteolytische Kraft des untersuchten Magensaftes. Beispiel: Refraktionswert desunverdauten Gemisches 20'2 Skalenteile > JEultranessese 3 2 80 2.210: Differenz 1'2 Skalenteile Die Größe dieser Differenz ist der Menge des verdauten Eiweißes umgekehrt proportional. Aus der Menge der ursprünglich verwandten Ei- weiblösung und der nach dem Kochen abgelesenen Differenz kann man die Eiweißmenge berechnen, die nicht verdaut worden ist. Im vorliegenden Beispiel entsprechen 1'2 Skalenteile 108 »»g Eiweil). Für praktische Zwecke ist zu bemerken: Bekommt man nach abgelaufener Versuchszeit Werte von 175—17'8 Skalenteilen. so kann man annehmen, daß nichts oder doch nur ganz minimale Mengen gespalten worden sind und kann sich die Arbeit des Ausfällens ersparen. Für die Differenzbestimmung_ teilt Schorer folgende Werte mit: u | | | { | Die Methodik der refraktometrischen Untersuchung in der Biologie. 119 Careinoma ventrieuli. . Differenz 2:1 Skalenteile Altes Uleus ventrieuli . N 14 (Verdacht auf Karzinom) Karzinom des Ductus eholedochus . . . . " Perniziöse Anämie Uleus ventrieuli N Sr om ” P), Das Verfahren von Schorer ist mit großer Exaktheit ausgearbeitet und dürfte für wissenschaftliche Bestimmungen sehr empfehlenswert sein. Für klinische Zwecke scheint es mir jedoch etwas zu mühsam. Vielleicht könnte man statt der Benutzung einer Eiweißlösung koaguliertes Eiweiß unter entsprechenden Kautelen (gleiche Oberfläche etc.) verwenden, be- stimmte Mengen Magensaft und Salzsäure zusetzen und durch einfache Bestimmung der Erhöhung des Brechungsindex ermitteln, wie viel Eiweib- spaltprodukte in Lösung gegangen sind. 8. Weitere Anwendungsgebiete. Die Refraktometrie ist ferner benutzt worden zur Untersuchung von Mineralwässern (Kionka), von Normallösungen (Grober), von Seewasser etc. Als bequemster Apparat für solche Bestimmungen ist das Eintauchrefrakto- meter von Pulfrich zu empfehlen. Auch das Abbesche Refraktometer kann benutzt werden. Zu besonders feinen derartigen Messungen wird neuerdings das eingangs erwähnte Flüssigkeitsinterferometer verwendet. Besonder- heiten der Methodik sind mit diesen Untersuchungen nicht verbunden, so daß von einer Einzelbeschreibung abgesehen werden kann. Es ist selbst- verständlich, dal) die Refraktion bei zahlreichen weiteren physiologisch- chemischen Untersuchungen benutzt werden kann, wie sie ja auch auf rein chemischem Gebiet, besonders von Brühl, in Anwendung gezogen worden ist und interessante Aufschlüsse über Fragen der chemischen Kon- stitution geliefert hat. In der Nahrungsmittelkontrolle wird ein ausgiebiger Gebrauch von der refraktometrischen Methode gemacht, unter anderem zur Bestim- mung des Fettgehaltes von Milch (siehe oben), ferner von Butter und an- deren Fetten, zur Extrakt- und Alkoholbestimmung im Bier etc. Von einer Beschreibung der entsprechenden Methodik muß an dieser Stelle ab- gesehen werden. Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums von Keimpflanzen und des Treibens. Von Viktor Grafe, Wien. Wenn ein Samen auskeimen soll (Fig. 35), muß zunächst das Reserve- stoffdepot mobilisiert werden, d.h. die Enzyme müssen aus dem Ruhezustand in aktive Form übergeführt, die großen Stoffkomplexe in kleinere, wande- rungsfähige Moleküle verwandelt werden. Aber die mobilisierten Stoffe müssen auch an die entsprechenden Plätze ihrer Verwendung gebracht werden. Gewöhnlich betrach- Be): tet man Keimen und Treiben g einseitig lediglich vom Stand- punkte der Stoffmobilisie- rung aus und übersieht, dab mit dem Vorhandensein des Keimschale nach Molisch im Querschnitt. Die Keimschale ans Stoffes allein noch nichts außen glasiertem Ton besitzt in rr, eine Doppelwand rings- getan ist, sondern daß dieser um, in welcher Wasser steht; aus der Flüssigkeit wird durch den Fließpapierstreifen F fortwährend Wasser angesaugt und erst in zweekmäßileer Weise den auf Filtrierpapier liegenden Samen S zugeführt, so daß R = diese kontinuierlich feucht gehalten sind, ohne doch im verteilt werden muß. Die Wasser zu liegen, wie es doch der Fall wäre, wenn der i 4 innere Raum der Keimschale benetzt würde. Wachstumsvorgänge beste- hen in dem Ineinander- greifen dieser beiden Komplexe, von denen jeder einzelne durch die ver- schiedensten Einflüsse, wie Licht, Temperatur, Feuchtigkeit etc. in spezi- fischer Weise für sich chemisch-physiologisch beeinflußt wird. Von den äußeren Einflüssen auf den Fortgang der Keimung sei zu- nächst der des Lichtes behandelt. Diesbezüglich verhalten sich die Samen verschiedener Pflanzen sehr verschieden, in manchen Fällen befördert Dunkelheit den Keimungsprozeß, so bei den Scheiben- und Randfrüchten von Chrysanthemum viscosum und Chr. coronarium, während bei Pflanzen derselben Gattung, bei Chr. seg. grandiflorum und Chr. myconis, die Dunkelheit verzögernd wirkt, übrigens auffallenderweise auch auf die unter- irdischen Samen von Cardamine chenopodifolia. Oder es erhöht Verdunke- lung nur die Keimungsenergie aller Früchte, setzt aber das Keimprozent herab wie bei Sanvitalia proeumbens und Dim. hybrida, schließlich kann die Dunkelheit auch gewissen Früchten einer Spezies gegenüber indifferent 2 ZFERS 1 # u pe N f 4 Y Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 191 sein, auf andere derselben Spezies dagegen beschleunigend oder verzögernd einwirken, z. B. bei Chardinia xeranthemoides verzögernd auf die Scheiben- früchte, indifferent gegen die Randfrüchte. Andrerseits gibt es wieder Früchte, so die von Ximenesia encelivides etc., welche im Licht und im Dunklen fast in gleicher Weise keimen (Becker). Durch neuere Arbeiten vor allem von Lehmann, Kinzel, Gassner, Baar u.a. ist die früher geltende und namentlich von Nobbe vertretene Anschauung, das Licht beeinflusse den Keimungsprozeß nicht, wider- legt. Schon Ingenhousz stellte Versuche an, welche zeigten, daß) die Keimungs- energie von Senfsamen durch das Licht herabgedrückt wird. Sechzig Senf- samen wurden auf eine mit feuchtem Filtrierpapier überzogene Korkscheibe ausgeleet und teils im vollen Lichte, teils im gedämpften Lichte, teils unter Lichtabschluß gezogen, wobei die belichteten Samen um mehrere Tage in der Keimung zurückgehalten wurden; zu analogen Resultaten ge- langte Sennebier, während nach Saussure die ersten Stadien des Keimungs- prozesses durch das Licht nicht beeinflußt werden sollen, eine Anschauung, die von Nobbe übernommen und bis auf die neuere Zeit herrschend ge- blieben ist. Indessen wissen wir heute, daß ebenso wie bei einer Reihe von Samen durch das Licht die Keimung verzögert oder sogar ganz hint- angehalten werden kann, in anderen Fällen das Licht zur Erzielung der normalen Keimung nicht nur förderlich, sondern sogar notwendig ist. So fand W. Kinzel, daß frischgeerntete, im Keimbette belichtete Samen von Nigella sativa sich nicht allein zu 100°/, keimunfähig erwiesen, sondern sogar in ihrem Endosperm so verändert wurden, daß nachfolgende Ver- dunkelung während langer Zeit keine Keimung hervorrief. Die gleichen Samen keimten aber bei völliger Verdunkelung schon nach 4 Tagen zu 94°/, aus. Kinzel schreibt dem dunkelgelben, in Abwesen- heit des Lichtes entstandenen xanthophyllähnlichen Farbstoffe eine große Rolle als „Attraktionszentrum für wandernde Kohlehydrate* und als Er- nährungsvermittler zu, während die schlechte Entwicklung der Lichtkeime auf das je nach Intensität des Lichtes mehr oder weniger unvollkommene Entstehen dieses Farbstoffes zurückgeführt wird. Umgekehrt entsteht in den „Lichtsamen“ von Poa schon vor dem Aufbrechen der Samen Chloro- phyll, worauf hier das Lichtbedürfnis zurückzuführen sein dürfte. Die ge- nannte Erscheinung bei Nigella bringt die vereinte Wirkung des Lichtes und einer bestimmten Temperatur zustande, indem die belichteten Samen bei 10—15° zwar noch wesentlich langsamer auskeimen als verdunkelte, nämlich in vier Wochen statt in vier Tagen, aber doch nicht in jenem eigenartigen Latenzzustande verharren, der bei 20°C und Lichteinfluß sich einstellt und den Kinzel als „lichthart“ bezeichnet. Solche Samen können ebenso wie hartschalige viele Monate bei 20°C feucht gelagert werden ohne zu keimen. Erst eine vereinte Wirkung von Anstechen und Temperaturerhöhung auf 30° vermag es, solche lichtharte Samen, die schon monatelang feucht gelegen hatten, zu 76°/, zum Keimen zu bringen. Das Versuchsmaterial wurde durch künstliche Beleuchtung unter einem abwärts brennenden Auerbrenner erhalten. 122 Viktor Grafe. Das entgegengesetzte Verhalten zeigen die Lichtsamen von Poa pra- tensis, bei welchen aber ebenso wie bei den Dunkelsamen von Nigella nur ganz frische Samen so exklusiv reagieren, dab die Keimung entweder er- folgt oder gänzlich ausbleibt. Samen von Poa und Selleriesamen keimen im Dunkeln nicht. Frische Poasamen, die am Lichte bei 20° © in zehn Tagen zu 95°/, keimten, tun dies im Dunkeln unter vollkommen gleichen Bedingungen (auf sterilem Filtrierblatt in Petrischalen) bei 20° C ebenso wie Apium graveolens zu 0°/,. Durch abwechselnde Belichtung und Ver- dunkelung läßt sich bei diesen die Durchlaufung ganz beliebiger Keimungs- kurven erzwingen, wobei jedoch als Nebenwirkung bei sehr häufiger und eewaltsamer Unterbrechung der Lichtkeimung die Lebensenergie der Samen so geschwächt wird, daß in der Folge erst bei viel stärkeren Lichtinten- sitäten Keimung erfolgt, nachdem mehrere Monate hindurch währende schwächere Beleuchtung keinen Keimungserfole zeitigte. Allium Cepa-Samen keimen bei 20° im Dunkeln in vier Tagen zu 75°/,, im Licht nur zu 7%/,, Allium ascalonicum in acht Tagen im Verhältnisse 7°/, im Licht zu 95°%/, im Dunkeln. Temperatur und Beleuchtung stehen überhaupt in korrela- tivem Verhältnisse. Bei Nigella arvensis keimen im Sonnenlicht bei 20° C 0°%/,, bei 20—30° keimen 55°/,, im schwachen Licht abwechselnd verdunkelt und selten belichtet 88°/,. Asphodelus ramosus keimt im Dunkeln bei 20° zu 90°/,, im Licht nur zu ca. 35°/,, dagegen auch im Lichte zu 90°%/, bei 14°C. Auch die einzelnen farbigen Lichtanteile stehen zur Temperatur in einem Verhältnisse in bezug auf Retardierung oder Beförderung der Keimung. Das Keimungsoptimum liegt im Violett bei 20°C mit 92%, während dasselbe Violett bei 14° schädigend wirkt, überhaupt scheint bei niedrigerer Temperatur die blaue, bei höherer die rote Hälfte des Spektrums stärker und dauernd zu schädigen, ein Optimum liegt für alle Temperaturen im Gelb, ein gleiches auch hinsichtlich des späteren Wachstums der Keim- linge bei 20°C im Violett. Hellblau retardiert ebenso wie dunkles Rot kräftig bei 20° während beide bei 14° fast keinen Einfluß) üben. Lehmann äußert sich in der Weise, dab er sagt, die durch Licht in der Keimung begünstigten Samen würden durch die Strahlen geringer Brechbarkeit, also Rot bis Gelb gefördert, während für Dunkelsamen Grün bis Violett eünstig ist. Dieser Satz ist aber nicht allgemein, sondern es gibt recht viele Ausnahmen. Ferner ist es eine wichtige Frage, ob das Licht bei der Keimung als strahlende Energie oder durch seine thermische Kraft wirkt. Speziell bei den Gramineensamen hat sich gezeigt, daß intermittierende Temperatur das Licht vollständig ersetzen kann und dal) seine Wirkung hier hauptsächlich den dunkeln Wärmestrahlen zuzuschreiben ist, die leuchtende Spektralhälfte kommt nur durch die Umwandlung der Licht- strahlen in Wärmestrahlen in Betracht, so daß es wahrscheinlich geworden ist, daß Poa und die anderen Gramineensamen nicht unter die Licht- keimer gehören, dagegen fand 7. Baar bei den Samen von Amarantus und Physalis, daß sich hier die hemmende Wirkung des Sonnenlichtes durch Ausschaltung der Wärmestrahlen nicht vermindert. Nebenbei be- Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums etc. 123 merkt sei, daß sich aus den bemerkenswerten Untersuchungen dieses Autors ergeben hat. die Samen mehrerer Amarantus-, Celosta- und Blitum- arten seien lichtscheu, ihre Keimung wird durch Verdunkelung auffallend gefördert. Dieses Resultat ist deshalb besonders interessant, weil in den meisten Fällen das Verbalten der Samen aus verschiedenen Arten einer und derselben Gattung dem Lichte gegenüber unter sonst denselben Be- dingungen ein ganz verschiedenes ist und Baar selbst fand, daß von den dimorphen Samen von Chenopodium album bei einer Temperatur von 10 bis 15°C die mit glänzend schwarzer Hülle vom Lichte in der Keimung begünstigt werden, während die hellgefärbten sich indifferent gegen das Licht verhalten. Außer solchen profusen Fällen ist in der großen Familie der Gesneriaceen durch W. Figdor ein Fall bekannt geworden, wo die Samen aller Arten ausschließlich im Lichte keimen. Die Amarantaceen bilden darin gewissermaßen ihr Gegenstück, die Dunkelkeimung ist bei ihnen so zum Artcharakter geworden wie bei den Gesneriaceen die Licht- keimung. Zur Beurteilung des Einflusses der einzelnen Lichtfarben wurden von Baar flüssige Strah- lenfilter benützt, die ent- sprechenden Flüssigkei- ten in Petrischalen ein- gefüllt, die nach dem Prinzipe der sSenebier- schen Glocken konstruiert S waren, aber vor diesen Baarsches Strahlenfilter für Lichtkeimungsversuche im Quer- en, die N enter zum ankatten dee Diemtne on varzes Lichtintensität bedeutend weniger abzuschwächen als diese (Fig. 36). Während die Keimung der lichtempfindlichen Amarantussamen unter Bedingungen, welche die Licht- empfindlichkeit verstärken (Unterlassen der Vorquellung, niedere Tem- peratur), durch alle Spektralbezirke des Lichtes in gleicher Weise gehemmt wurde, zeigte sich bei den Samen von Physalis Franchetti eine ausge- sprochene Bevorzugung bestimmter Lichtanteile, ein Optimum in Orange und Gelb, eine totale Hemmung bei Grün und ein zweites, aber solideres Optimum bei Blau bis Violett; diese Lichtkeimer folgen also ebensowenig wie die dunkelkeimenden Amarantussamen der Lehmannschen Gesetz- mäßigkeit. Diese Verhältnisse, unter denen der betreffende Samen am Mutter- organismus zur Reife gelangt ist, beeinflussen auch die Keimung, so konnte Atterberg zeigen, dab (Gretreidesamen, welche bei niederer Temperatur ge- reift waren, zeitweise ein niedereres Temperaturoptimum bei der Keimung haben als solche, die unter hohen Temperaturen ihre Reife erlangten. Kinzel erntete Samen von Drosera und Pinguiculapflanzen, die bei 50° 0 erzogen worden waren, welche dem Lichte gegenüber sich ganz anders verhielten als Samen von Pflanzen, die bei niederer Temperatur gehalten worden waren. Lubimenko kam sogar zu dem Satze, daß geradezu die Fig. 36. Br 2? 124 Viktor Grafe. Lichtintensität oder Dunkelheit, in welcher die Samen sich entwickeln, das Maximum ihrer Keimungsenergie bestimmt. Natürlich steht die Keim- kraft auch zum Reifegrad und zur Gesamtentwicklung des Samens in Be- ziehung, aber auch die Keimungstemperatur zeigt zu diesen Momenten ein Verhältnis, indem beispielsweise schlechtgenährte Getreidekörner in hoher Temperatur weniger gut keimen als in niederer. Einen großen Ein- fluß auf die Keimungsvorgänge übt das Lagern der geernteten Samen und die dabei sich vollziehenden Nachreifevorgänge. Durch die Nachreife gewinnen Getreidekörner im Laufe eines Jahres 50°/, an Keimvermögen. Während frische Samen von Poa pratensis im Lichte nicht, ohne Licht dagegen zu 88°/, auskeimen, gleicht sich diese Differenz innerhalb eines Jahres vollkommen aus. Während bei manchen Samen eine kurze Zeit der Nachreife schon diesen Einfluß des Lichtes auslöscht, kommen z. B. Ges- neriaceensamen zu keiner Zeit der Nachreife im Dunkeln zur Keimung; ebenso fand Lehmann, daß Samen von Gloxinia hybrida auch nach 31/, Jahren hart an der Grenze, wo die Keimfähigkeit überhaupt erlischt, ebenfalls nur im Lichte zur Keimung zu bringen waren. Nach Heinricher und Kinzel steht die Lichtempfindlichkeit in gewissem Grade im umgekehrten Ver- hältnisse zum Alter der Samen. Frische „Lichtsamen“ werden besonders stark durch die Dunkelheit geschädigt, frische „Dunkelsamen“ besonders stark durch das Licht. Manche Samen besitzen eine ausgesprochene Ruhe- periode, so die von Amarantus retroflexus, die im Herbst reif werden, aber weder um diese Zeit, noch auch im November und Dezember zum Keimen zu bringen sind, und zwar weder im Licht noch im Dunkeln. Die tuheperiode dieser Samen kann, wie Baar !) gefunden hat, durch Behandeln mit verdünnten Säuren unterbrochen werden, aber diese Ausschaltung der tuheperiode durch verdünnte Salzsäure oder Phosphorsäure gelingt auch nur bei einem Teile der Samen (im Maximum bei 50°/,) und auch nur im Dunkeln. Die Säure wirkt hier als Keimungsreiz, denn auch bei trocken, unter Zimmertemperatur aufbewahrten Samen klinet die Ruheperiode gegen den März zu aus und während im Jänner unter normalen Tem- peraturen im Dunkeln eine Keimung erfolgen kann, läßt sich eine solche bereits im November durch Erhöhung der Temperatur auf 30° GC erzwingen. Der wichtigste der Faktoren, welcher die Lichtempfindlichkeit der Samen beeinflußt, die Temperatur, wurde auch von Baar berücksichtigt. Die ersten eingehenden diesbezüglichen Versuche stammen von Lehmann, welcher zeigen konnte, dab Angaben über einzelne Licht- bzw. Dunkelkeimer un- genau waren, insofern es sich nicht um eine absolute Unfähigkeit handelt, im Lichte oder im Dunkeln zu keimen, sondern daß diese Eigenheit durch die Temperatur sehr wesentlich modifiziert werden oder gar in das Gegen- teil umschlagen kann. „Ohne Angabe wenigstens der ungefähren Temperatur ') H. Baar, Über den Einfluß des Lichtes auf die Samenkeimung und seine Ab- hängigkeit von anderen Faktoren. Sitz.-Ber. d. kais. Akad. d. Wiss., Wien 121 (1912). — Zur Anatomie und Keimungsphysiologie heteromorpher Samen von Chenopodium album und Atriplex nitens, ebendas. 122 (1913). Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 125 haben Lichtkeimungsversuche überhaupt keinen Zweck mehr. Andrerseits können wir aus den immerhin erheblichen Schwankungen der Temperatur im Laboratorium, welche, soweit unsere bisherigen Versuche erkennen lassen, doch keinen modifizierenden Einfluß auf die Lichtkeimung hatten, schließen, daß die Temperaturunterschiede, welche die Lichtempfindlichkeit verändern, immerhin erheblich sein müssen.“ Natürlich kann aber der Lichteinfluß nicht einfach auf Temperaturwirkung zurückgeführt werden und das Licht braucht durch Temperaturen (wie bei Poa) und selbst hohe Temperaturen nicht ersetzt zu sein. Lehmann fand in Phlox Drummondii einen Fall, in welchem Licht und Temperatur in der Weise gleichsinnig wirkten, daß das Licht bei niedriger Temperatur die Keimung schädigte, die erhöhte Temperatur aber auch im Dunkeln die Keimung herabsetzte, während Licht und hohe Temperaturen gemeinsam die Keimung ganz oder fast ganz verhinderten. Aber auch der Ersatz der Lichtwirkung durch Temperaturwechsel, wie er bei Poa ermöglicht wird, scheint viel weiter ver- breitet und ließ) sich beispielsweise auch bei Epilobium hirsutum und Veronica longifolia feststellen. Nach Baar erwies sich bei Amarantussamen die Kei- mungshemmung durch das Licht bei den niedrigen Temperaturen von 5—10° C am größten und auch noch bei 15° beträchtlich, bei 20° dagegen bereits minimal, bei 25—30° keimen die Samen im Licht und im Dunkeln gleich gut, bei 55°C vollzieht sich eine Umstimmung der Lichtempfind- lichkeit, die Zahl der im Lichte auftretenden Keimungen überwog die der verdunkelten Kulturen und bei 90°C keimen dieselben Samen, welche bei 5° nur im Dunkeln keimten, ausschließlich im Lichte. Gassner hat fest- gestellt, daß die Scheinfrüchte der südamerikanischen Graminee Chloris eiliata, deren Keimung durch das Licht günstig beeinflußt wird, im dunkeln Keimbett bei höherer Temperatur gehalten, später auch im Lichte nicht mehr auskeimen, daß aber die Dunkelheit ihren schädlichen Einfluß ver- liert, wenn die Temperatur während des Aufenthaltes im Dunkeln unter dem Keimungsminimum bleibt. Der Apparat, welcher für konstante Tem- peraturen und Tageslichteinfall benützt wurde, bestand in einem großen heizbaren Wasserbehälter, der oben mit einem schräge stehenden Draht- geflecht bedeckt war, auf dem sich in schräger Lage gegen den Horizont die mit reinstem Filtrierpapier ausgekleideten Petrischalen befanden, in denen die Samen zum Keimen ausgelegt waren. Der ganze Apparat war oben durch ein abnehmbares Glasfenster verschließbar, so daß er äußerlich die Form eines Mistbeetkastens hatte. Es ist wichtig, daß man nie mit direktem, sondern stets nur mit zerstreutem Tageslicht (Schattenseite des Laboratoriums) beleuchtet. Dort, wo konstante Lichtquellen angewendet werden, bedient man sich meist des Inkandeszenzlichtes von Nernst oder der Bogenlampe: in beiden Fällen ist darauf Rücksicht zu nehmen, dab die Kerzenstärke der Lichtquellen durch den Gebrauch abnimmt; beim Nernstlicht werden den Intensivbrennern ebenso wie bei der Quarzglas- quecksilberlampe (bei welcher aber die sehr großen Mengen Ozon berück- sichtigt werden müssen, die sich beim Gebrauche entwickeln) empirische 126 Viktor Grafe. Tabellen mit der abfallenden Kurve der Lichtintensitäten beigegeben. Die Wärmewirkung der Lichtquelle wird (natürlich auf Kosten der Intensität) durch Wasserfilter ausgeschaltet. Von großer Wichtigkeit ist Gassners Entdeckung, dab die Samenspelzen bezüglich des Lichtbedürfnisses von Chloris eine entsprechende Rolle spielen, indem nicht entspelzte Körner fast nur im Lichte zum Keimen zu bringen waren, entspelzte aber ebenso im Lichte wie im Dunkeln. Die Samen von Chloris ciliata keimen also an sich auch im Dunkeln, durch die Spelzen werden sie zu obligaten Licht- keimern. Ebenso wie aber die unentspelzten Samen sofort dem Tages- licht ausgesetzt werden müssen, um die Wirkung der Belichtung zu er- fahren, so liefert auch die Entspelzung nur dann maximale Keimprozente, wenn die Samen sofort entspelzt ins dunkle Keimbett gelegt werden und nicht erst einige Zeit unentspelzt im dunkeln Keimbett liegen. Die Spelzen- funktion besteht wahrscheinlich in einer Erschwerung des Sauerstoffzu- trittes zum inneren Korn, denn die Behandlung mit reinem Sauerstoff und Entspelzung haben den gleichen Erfolg. Die an sich auch in Dunkel- heit keimenden entspelzten Körner verwandeln sich bei Erschwerung des Sauerstoffzutrittes in Lichtkeimer. Aber auch ein vorausgehender Aufent- halt der nicht entspelzten Körner im dunkeln Keimbett bei niederen Tem- peraturen (6—10°) machte die ursprünglich auch in Dunkelheit keimenden entspelzten Körner zu Lichtkeimern. Diesen Effekt hat aber nicht eine bestimmte niedere Temperatur, sondern alle Temperaturen unter dem Keimungsoptimum, das heißt der Temperatur des schnellsten Keimungs- verlaufes, hier etwa von 30° abwärts, soweit nicht eine dauernde Schädi- sung der Keimkraft des Samens durch die niedrige Temperatur einge- treten ist. Übrigens keimen entspelzte Körner im Dunkeln und im Licht gleich gut nur dann, wenn sie gut nachgereift sind, dagegen zeigen sich auch die entspelzten Körner durch das Licht in der Keimung befördert, wenn sie ungenügend nachgereift sind. Durch diese Nachreife wird also eine gewisse erhöhte Keimungsenergie hervorgerufen, welche bei entspelzten Körnern, also bei maximalem Sauerstoffzutritt, die Wirkung des Lichtes entbehrlich macht. Wenn demnach entspelzte Körner geringer Nachreife obligate Lichtkeimer sind, so muß man daran denken, daß durch die che- mische Wirkung des Lichtes im Einvernehmen mit den mineralischen Reservestoffen beschleunigter Abbau hochmolekularer Substanzen oder in- aktiver Enzymformen erfolgt, wodurch dann Material für die Prozesse des Keimungsstoffwechsels gegeben ist. Möglicherweise kommt es unter dem Einflusse des Lichtes auch zur Beschleunigung von Synthesen, aber die Unentbehrlichkeit des Sauerstoffes läßt eher auf Vorgänge der Zerspaltung schließen, welche das Licht im hervorragenden Maße zu katalysieren im- stande ist, worüber wir durch die Forschungen von ©. Neuberg orientiert worden sind. Ungenügende Nachreife und ungenügende Temperatur sum- mieren sich in ihren Wirkungen ebenso wie ungenügender Sauerstoffzutritt. Auffallend ist die Verfärbung, welche bestimmte Partien der Samenschalen erfahren, wenn die Keimung aus irgend einem Grunde verzögert ist: diese F Verfärbung, anfangs dunkelbraun, später schwarz, betrifft jenen Teil der Samenschale, welcher den Embryo bedeckt und die längere Zeit im Keim- bett ungekeimt verbliebenen Körner mit dem anscheinend schwarzen Embryo (der aber ebenso wie das Nährgewebe sich niemals schwarz färbt) bieten ein charakteristisches Bild. Dieses auffällige Eintreten von Veränderungen - in der Färbung der Samenschale weist stets auf Anomalien im Keimungs- verlaufe hin. Da die Keimung ein biochemischer Vorgang ist und eine Beschleunigung der Keimung auf einer Beschleunigung der in Rede stehen- den Prozesse beruhen muß, chemische Vorgänge aber bei höherer Tem- - peratur schneller verlaufen, ist es begreiflich, daß eine Steigerung der Keimungsprozente durch das Licht bei gleichzeitiger niederer Temperatur nicht hervorgerufen wird. ja daß sogar niedere Temperatur trotz Licht- - einwirkung eine Hemmung hervorruft. Die Lichtwirkung zum Auslösen der Keimung wird unnötig, die Keimung erfolgt also auch bei Dunkelheit. wenn die Körner statt in destilliertes Wasser in Knopsche Nährlösung oder auf Erde zum Keimen gebracht werden. Die beschriebenen Tatsachen sind von Gassner bei den Körnern von Chloris ceiliata gefunden worden - und eine Verallgemeinerung wäre sicherlich verfrüht, aber es macht den - Eindruck, als ob die keimungsbeeinflussenden Momente, Licht, Temperatur, - Nachreife, Sauerstoff, qualitative Beschaffenheit des Keimbettes, in ihrer _ Wechselwirkung bei jeder Samenkeimung wirksam sind und daß jedenfalls beim Ankeimen in allen Fällen auf diese Momente ein Augenmerk gelenkt werden müßte. Auf die Wichtigkeit des Substrates für die Lichtkeimung - bei Samen hat schon früher E. Lehmann aufmerksam gemacht, welcher zeigen konnte, dal Samen von Ranunculus sceleratus, die auf Filtrierpapier im Dunkeln nicht keimten, unter sonst gleichen Bedingungen auf der Erde oder Knopscher Nährlösung bestimmter Konzentration leicht im Dunkeln zur Keimung gebracht werden konnten. Einen wie großen Einfluß die Wahl des Filtrierpapieres als Keimbett übt, zeigte E. Lehmann an den Samen von Atropa Belladonna, die einmal auf gewöhnlichem (ungereinigtem) Filtrierpapier, das andere Mal auf Filtrierpapier Nr. 400 von Drewerho ff, Dresden, zur Keimung ausgelegt, im ersteren Falle zu 0°/, keimten, im letzteren zu 40°/,. Die Samen des französischen Raygrases zeigen im Keim- bette eroße Neigung zu verschimmeln und zu faulen. M. Heinrich‘) brachte die Samen entspelzt ins Keimbett, wodurch der Keimungsverlauf sehr be- schleunigt wurde, einerseits infolge Wirksamkeit des Sauerstoffes auf die Mobilisierung der Reservestoffe, andrerseits auf die Zerstörung der Bakterien; die das Faulen verursachenden Bakterien sitzen hauptsächlich zwischen den nackten Samen und den ziemlich losen Spelzen. Statt des Filtrier- papieres haben sich übrigens Baumwolläppchen bewährt. Sie haben den Vorteil vor Filtrierpapier, abgesehen von dem etwas größeren Keimungs- ergebnis, sich bequemer handhaben zu lassen, da die Samen beim Be- Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 107 1) M. Heinrich, Über die Erfahrungen bei den Keimprüfungen 1910/11. Landw. Vers.-Stat. Bd. 78. S. 165 (1912). 128 Viktor Grafe. feuchten nicht so leicht zusammengespült werden und beim Abheben der Keimlinge die Wurzeln weniger fest an der Unterlage haften. Einen einfachen Apparat zur quantitativen Befeuchtung des Keim- bettes verdanken wir F. Nobbe?); dient Filtrierpapier als Keimbett und bringt man in eine Porzellanschale von 20 cm Länge, 14cm Breite und 3 cm Höhe je zwei doppelt zusammengefaltete Keimbetten, welche aus je einem Papierstück von 145 cm Breite und 39 cm Länge hergestellt sind, nebst einer doppelten Unterlage und einer gleichgroßen Decke von je 19'5mal 29 cm, so beträgt die gesamte Fläche Papier 4.(565) = 2260 cem?. Ein Quadratmeter Drewerhoffsches Fließpapier Nr. 251 saugt im Durch- schnitte ungefähr 190 em? Wasser auf: auf 2260 cm? entfallen mithin etwa 43 cm3 und mit 60°/, davon, d. i. mit 36 cm? ist das in jeder Schale ver- einigte Fließpapier vor Einbringen der Samen zu benetzen. Das Gewicht der Samen selbst und ihre Aufsaugungskraft ist hierbei nicht berücksichtigt. Dasselbe kann bei kleinen Klee- und Grassamen vernachlässigt werden, denn 200 Kleesamen wiegen 0'3—0'4g und nehmen beim Quellen unge- fähr ihr eigenes Gewicht an Wasser auf. Für größere Samen genügt es, das Gewicht der zuzusetzenden Wassermenge um das Gewicht der Samen zu vermehren. Würde nun die Schale samt ihrem frisch befeuchteten In- halt nach der Beschickung gewogen, so läßt sich der während der Kei- mung eintretende Wasserverlust durch periodische Nachwägungen kon- trollieren und ersetzen. Der Verlust ist in der Decke am größten, weit geringer im Keimbett selbst und der Unterlage, die Samen selbst trocknen am spätesten aus; gewöhnlich genügt also ein Besprengen der Decke mit der erforderlichen Ersatzmenge, aber man wird sich freilich immer überzeugen müssen, ob nicht doch Samen und Unterlage der Befeuchtung bedürfen. Zum quantitativen Nachfüllen des Besprengungswassers bedient man sich einer großen, erhöht aufgestellten, wassergefüllten Flasche, die durch einen Gummischlauch mit einem in Gesichtshöhe befindlichen Meßzylinder ver- bunden ist, aus welchem ein zweiter, in ein fein ausgezogenes Glasröhrchen endigender Gummischlauch die Benetzung vermittelt. Nach jeweiliger Ent- leerung des Meßzylinders wird derselbe durch Öffnen des Quetschhahnes wiedergefüllt, der den Flasche und Maßzylinder verbindenden Schlauch verschließt. Am Ende des unteren, aus dem Maßzylinder führenden Gummi- schlauches, unmittelbar oberhalb des Glasröhrchens, ist eine Glasperle ein- geschoben, welche den Schlauch verschließt und bei einem auf sie ausge- übten Drucke und seitlicher Zerrung des Gummis gleichmäßigeren Aus- fluß verbürgt als ein Quetschhahn (Fig. 37). Einen auf dem Nobbeschen Prinzip fußenden Apparat für Keimkraft- prüfungen hat J. Simon ?) angegeben. Er verwendet als Keimbett ziemlich grobes Fließpapier in den Dimensionen 23x18cm: die Blätter werden ') F. Nobbe, Ein einfacher Apparat zur quantitativen Befeuchtung der Keimbetten bei Samenprüfungen. Landw. Vers.-Stat. Bd. 55. S. 389 (1901). 2) J. Simon, Neue Apparate zum Gebrauche bei Keimkraftprüfungen in der Samenkontrolle. Land. Versuchsstation. Bd. 71. S. 431 (1909). Ba de zZ ee ur ai > u = 4 © Eu 2 a En US nl LE Zn u ie ale "Y Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 129 ein- oder mehreremal zweckmäßig in Briefform gefaltet, wodurch Keim- decken gebildet werden, die nach oben und unten gegen übermäßige Ver- dunstung geschützt sind. Nun bedarf der Samen je nach seiner Eigenart verschiedener Grade von Flüssigkeit, Roggen und Weizen sind etwas trockener zu halten als Gerste und Hafer. Seradella braucht zum Keimen viel Wasser, Poa muß direkt naß liegen usf., aber in den meisten Fällen ist ein Feuchtig- keitsgehalt von 60—65—70°/, im Keimbette der optimale. Beim ersten Anfeuchten geht man wegen der Verdunstung etwas über dieses Maxi- mum hinaus und hält beim nachfolgenden An- feuchten die genannten Grenzen ein. Destilliertes Wasser soll nicht angewendet werden, am besten ist Brunnen- oder Leitungswasser, welches je- doch erst Verwendung finden darf, nachdem es Zimmertemperatur angenommen hat: der Zu- satz kleiner Mengen von Salzen, besonders Kali- nitrat und Kalziumnitrat zum Wasser ist eben- falls zu empfehlen. Auf eine Fließpapiergröße von 23x18 cm stellt sich nach obigen Verhält- nissen die zu gebende Wassermenge auf T'’5 cm3, für 100 9 Quarzsand als Keimbett 173 cm3. Der Simonsche Apparat, welcher zum genauen und wiederholten Abmessen dieser Wassermengen dient, stellt eine Vereinigung mehrerer Meß- büretten verschiedener Teilgrößen vor. Bei den drei letzten fassen die bauchig oder kugelförmig erweiterten jeweils bis zu den rot markierten Teilstrichen die auf den ersteren ebenfalls deut- lich mit roter Schrift angegebenen Wassermen- gen (bei 15°C), welche den zur Befeuchtung von Fließpapier oder Sandkeimmedien benötigten Quantitäten entsprechen. Die erste Bürette dient zum genauen Abmessen kleiner oder größerer Mengen von 5—250 em®. Die vier Büretten können unterhalb des unteren Teilstriches jede _Nobbes Apparat zur quantitativen für sich durch einen eingeschliffenen Glashahn „nesenkänne, b Glawohr. verschlossen werden und stehen durch Gummi- verbindungsstücke mit einem Glasrohre in Verbindung, das 5 Ansätze besitzt und an der einen Seite rechtwinklig nach aufwärts gebogen ist, wodurch der Zufluß aus einem höher stehenden Vorratsgefäß für Wasser vermittelt wird. Ein Glasrohr an diesem Zulaufrohr oder an diesem Wassergefäß bewirkt Zufluß oder Abfluß des Wassers. Ein Ansatz- stück in der Mitte des Glasrohres trägt einen Gummischlauch, der in ein zu feiner Spitze ausgezogenes Glasrohr endigt, das zur Wasserent- Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 8) 150 Viktor Grafe. nahme oder zum Besprengen des Keimmediums dient. Eine vor der Spitzen- mündung liegende Glasperle gestattet auch hier eine Regulierung des Wasserstromes. Die vier Büretten endigen in eine mit Glaskappen bedeckte Spitze. Wenn alle Glashähne geöffnet sind, dringt in alle das Wasser und füllt sie: sind alle Büretten oder die, welche man benützen will (der Über- schuß fließt durch ein seitliches Ansatzrohr ab, so daß die Spitze der jürette gleichzeitigden obersten Fig. 38. Teilstrich repräsentiert), voll- gelaufen, wird der Glashahn des Zuflußrohres geschlossen, der Hahn an der zu benützen- den Bürette geöffnet und durch Druck auf die Glasperle die jeweils benötigte Wassermenge entnommen (Fig. 38). Der Keimapparat (Fig.39) von Rodewald besteht aus einem Zinkblechkasten, in welchem eine Drainage aus Glasröhren liegt; die offenen Enden der Röhrenzweige, die vor der Aus- mündung etwas verengt sind, werden mit Asbest oder Watte lose verschlossen und darauf der ganze Kasten zirka 4 cm hoch mit ausgeglühtem und mit Salzsäure gewaschenem Seesand gleichmäßig angefüllt. Dann ist von der Drainage nur das hoch- gebogene Rohrende zu sehen, das durch einen Kautschuk- schlauch mit der abwärts ge- richteten Glasröhre 7 verbun- den werden kann. Dieser Sand- Simons Apparat zum genauen und wiederholten Ab- messen der zum Besprengen der Samen im Keimbett kasten wird in ein Wasserbad dienenden Wassermengen. aus Zinkblech gestellt, das auf dem Tische A befestigt ist. In dem Wasserbade liegt am Boden eine zirka 21/, cm dicke, mit Alkohol ge- füllte Röhre, deren eines Ende rund zugeschmolzen ist und deren anderes Ende in eine dünne Röhre übergeht, die sich durch einige Biegungen der Gestalt des Wasserbades anpaßt und sich dann in eine Röhre verwandelt, die bei der oberen Biegung sichtbar ist. Der u-förmige Teil der Röhre ist mit Quecksilber, der übrige Teil völlig mit Alkohol ausgefüllt. Die Röhre dient als Thermoregulator, indem das Quecksilber, wenn es sich durch die Ausdehnung des Alkohols verschiebt, den Gaszufluß zum Brenner Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums etc. 131 in bekannter Weise reguliert. Eine Temperaturveränderung des Wasser- bades um einen Grad verschiebt das Quecksilber um zirka einen halben Zentimeter, was eine sehr empfindliche Temperaturregulierung gestattet. Der Sandkasten hat Füße, die so hoch sind, daß die Röhre nicht gedrückt wird. Das zum Heizen verwendete Gas geht bei X über gebrannten Kalk, von dort zum Thermoregulätor und dann durch eine Bohrung im Tisch zum Brenner 5, der aus einem Messingrohr besteht, in welches vier Fig. 39. Keimapparat von Rodewald. (Beschreibung im Text.) Spitzen aus Speckstein mit ' je einer feinen runden Öffnung eingesetzt sind. Über den Flämmchen stehen auf Dreifüßen Messingbleche, die die Wärme verteilen. Der Heizraum des Keimapparates, in dem der Brenner B liest, kann durch die Klappe V verschlossen werden. Durch verschiedene Öffnungen können die Verbrennungsgase entweichen, resp. frische Luft zu- strömen, die Wärme verteilt sich sehr zweckmäßig unter dem Wasserbade. Vor Gebrauch wird der Sand zunächst mit Wasser übergossen, so daß es zirka lem hoch über dem Sand steht. Dann wird die Sandoberfläche mit einem Lineal geebnet und die Drainage durch Ansaugen des Hebers 7 in Tätig- 9* 132 Viktor Grafe. keit gesetzt; das auf dem Sande stehende Wasser fließt ab. Wenn die Oberfäche des Sandes nicht völlig horizontal liegt, so werden die höheren Stellen zuerst aus dem Wasser hervortreten und man kann dann während des Abfließens den Sand völlig horizontal legen. Schließlich stellt man unter den Heber H ein Glasgefäß R mit breiter Mündung, das mit Wasser ge- füllt wird und aus dem sich der Sand durch die Drainage selbsttätig be- feuchtet. Der Feuchtigkeitsgrad des Sandes hängt von der Höhe des Wasserspiegels in $ ab. Steht dieser mit der Oberfläche des Sandes in einer Ebene, so steht auch das Wasser des Sandes in der Oberflächen- ebene. Der Sand saugt aber durch die in ihm wirksamen Kapillarkräfte?) auch dann noch Wasser aus R, wenn die Wasseroberfläche in R sehr be- trächtlich tiefer liegt als die Oberfläche des Sandes; eine Niveaudifferenz von zirka Scm zwischen Sand- und Wasseroberfläche eibt dem Sande gerade den richtigen Feuchtigkeitsgehalt. Der Wasserspiegel sinkt, der Wassermenge entsprechend, die aus dem Sande durch Verdunstung etc. verloren geht, und muß täglich wieder auf die normale Höhe gebracht werden. Auf den Sand, der nach und nach die Temperatur des Wasser- bades annimmt, werden Keimschälchen gestellt und leicht angedrückt. Es sind quadratische poröse Tonschalen in den Dimensionen 5x6.cm und lcm hoch. Sie sollen nach der jedesmaligen Reinigung unter Wasser auf- bewahrt werden, wodurch sie ihre Porosität bewahren; sie lassen sich im Papinschen Topf sehr gut sterilisieren, werden dann mit dem Blechge- stell, auf dem sie in den Autoklaven kommen, herausgehoben und unter Wasser gesetzt. In die herausgenommenen nassen Schälchen werden die Körner geschüttet und mit dem Hornspatel gleichmäßig verteilt. Aufdem Wasserbade des Keimkastens ist ein Deckel F angeschlossen, der mit Zinkblech ausgeschla- gen und mit einer durch Ritt wasserdicht eingelegten Glasplatte verschlossen ist. Bei geschlossenem Deckel kondensiert sich der Wasserdampf, fließt in Tropfen nach hinten und wird durch einen unter dem Deckel vorspringenden Blech- rand dem Wasserbade zugeführt. Am vorderen Ende des Apparates, wo die Glasröhren zum Vorschein kommen, ist der Deckel etwas kürzer als das Wasserbad, dadurch entsteht Platz für die Röhren, die übrigens so gebogen sind, daß sie das Schließen des Deckels nicht verhindern. Das Sandbad wird durch den Deckel völlig bedeckt, aber das Kondenswasser tropft stets in das Wasserbad. Der Deckel muß zum Lüften und zum Ab- trocknen der Proben täglich zwei Stunden geöffnet werden. Mit der Zeit verstopfen sich die Filter der Drainage, worauf diese umgelegt und mit neuen Filtern versehen werden muß. Natürlich hängt die Zeit des Funk- tionierens von der Reinheit des zugeleiteten Wassers ab, in der Regel ist die Funktionsdauer ein halbes Jahr oder länger. In diesem Apparat ist z. B. die Beleuchtung horizontal nebeneinander stehender Schälchen von oben durch die abschließende Glasscheibe leicht möglich, was für Versuche mit licht- !) H. Rodewald, Zur Methodik der Keimprüfungen. Landw. Versuchsstation. Bd. 49. S. 278 (1898). Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 133 keimenden Samen große Vorteile bietet, ferner ist die Temperaturregu- lierung und Durchlüftung des Apparates eine sehr gute. Wie sehr es bei solchen Versuchen notwendig ist, sich einer künstlichen Lichtquelle zu be- dienen (der Inkandeszenzstrumpf einer Grätzinlampe liefert drei Wochen hindurch fast dieselben Lichtstärken, muß aber dann ausgewechselt werden; freilich treten hier die kurzwelligen Strahlen sehr in den Vordergrund — 158 Kerzen in Grün, 63 Kerzen in Rot —, während bei Petroleumlicht die roten dominieren), liefern die Zahlen von Weber, der in der Natur in wenigen Sekunden Änderungen von 100°/, in der Lichtintensität kon- statierte. So herrschten an derselben Stelle um 12 Uhr mittags an auf- einander folgenden Tagen folgende Intensitäten: Beamer ..02 200 HK ee u. ASN0D Be en 00... 3.000 ZeennrenN 4.0... 18.400 & „ Be 2 E02 und die dreijährigen Monatsmittel betrugen: ae er ee, AO HK Bernau rr 2000 a Be 1 It Be TAIS2O:, 5 a a ne - 60,950 san 01.8280. 5 ee 2 1 60U2O ee ee DLIO September . . . . ...38.000 1 Ss 7 OK Ai) Besemiber-i.24.:2 0: 2000143 Beriber ale u and In neuerer Zeit wurden von einer Reihe von Autoren interessante Versuche angestellt, um die Einwirkung von Radium und höntgenstrahlen auf die Keimung und das Wachstum zu studieren. Congdon werwendete die Hälfte der Strahlen eines 8»g metallischen Radiums in Form des Chlorids enthaltenden Glasröhrchens zur Erzeugung von Sekundärstrahlen (Fig. 40), während die andere Hälfte direkt auf den Samen wirken konnte. Das Glasröhrchen war hinreichend dünnwandig, um den größten Teil der &- und y-Strahlen durchzulassen, während die -Strahlen nicht herausdringen konnten. Die Samen waren 1 cm von dem Radiumröhrchen außerhalb des Bleches angebracht und erhielten bloß die direkte primäre Strahlung des Radiums. Dagegen waren die innerhalb des Bleirohres 1 em vom Röhrchen befestigten Samen sowohl der Einwirkung der Primär- strahlen (der schnellen Elektronen) als auch der langsamen Elektronen von seiten der Sekundärstrahlen ausgesetzt, welche beim Anprall der Primär- strahlung an die Innenwand der Bleiröhre ausgelöst wird. Ein Schirm aus 134 Viktor Grafe. Aluminium, Holz und Gummi schützte die Samen außerhalb des Bleirohres vor einer merklichen Einwirkung zerstreuter Strahlung. Messungen der Ionisation an den Punkten, an welchen die beiden Gestelle mit den Samen angebracht waren, zeigten, daß der Effekt innerhalb des Bleirohres wegen der hinzukommenden Sekundärstrahlung um 25°, größer war als außer- halb. Die Samen wurden auf paraffiniertem Seidenpapier alle in der Ent- fernung 1 cm vom Radiumpräparat befestigt. Es wurden stets Samenkörner von mittlerem Durchmesser ge- Fig. 40. wählt und in getrocknetem Zu- stande exponiert. Ein Vergleich 3 der Verzögerung bei Senfsamen und Hirse mit und ohne Samenhülle (11:6. 23150), Tesp. 169 2279 zeigte, daß die Samenhülle die Strah- lung hinlänglich absorbiert, um den Effekt bedeutend herabzumindern, der aber immer in einer beträcht- lichen Verzögerung der Keimung 3 besteht. Ein sehr markanter Un- terschied zeigte sich auch, je nach- Bi Verne dem der Keim des Samenkornes ee ne der Strahlungsquelle zugekehrt oder von ihr durch den vorstehenden Teil des Samens geschützt war. Die prozentuellen Verzögerungen betrugen: Sinapis ohne Hülle: Keim zugekehrt 36°/,, Keim abgewendet 25°/,. Panicum ohne Hülle: Keim zugekehrt 36'8°%/,. Keim abgewendet 28°6°/,. Panicum mit Hülle: Keim zugekehrt 24°6°/,, Keim abgewendet 9'2°%/,. Die Keimungs- verzögerung ist ferner der Größe des Samens verkehrt proportional, dagegen spielt die chemische Beschaffenheit der Reservestoffe scheinbar keine Rolle bei Bestimmung der Samenempfindlichkeit den %-Strahlen gegenüber, wie aus der folgenden Tabelle hervorgeht: Dicke der Durchmesser Stärkegehalt Fettgehalt in Wachstums- in mm nt), om verzögerung Kanlcum ee 0.60 — 45 u Da ohne Samenhülle _ — — — — SE 0:67 — =) 25 310 Papaver,.. .. 0:26 0.005 — 40 550 Ncotlanae® ... 026 0.003 — — 50 Amarantus . . 040 0007 — B= 190 Langsame Elektronen haben eine weitaus größere Wirkung als schnelle Elektronen von gleicher ionisierender Wirkung. !) Körnicke?) verwendete für ') E.D.Congdon, Die Beeinflussung des Wachstums von Samen durch Strahlen. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien. 120. Abt. IIa (1911). ?) M. Körnicke, Die Wirkung der Radiumstrahlen auf die Keimung und das Wachstum. Ber. d. Deutschen bot. Ges. Bd. 22. S. 105 (1904); Weitere Untersuchungen u EEE SEILER ETW Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums etc. 135 seine Versuche 5 und 10 mg in Glasröhrchen verschlossenes Radiumbromid und Samen von Vicia faba, die eben zu keimen begonnen hatten und sich in einem mit feuchtem Sägemehl gefüllten Blumentopf befanden. An jedem Samen war auf der Embryoseite ein Radiumröhrchen (10 mg) angebracht, und zwar so, daß sich das untere Ende, in dem das RaPBr, lag, dicht neben der zunächst weiterwachsenden Wurzelspitze befand. Vier Tage lang dauerte die Bestrahlung der Wurzelspitze, die Wurzeln zeigten Wachstums- hemmung und Schädigung. Ein trockener Samen von Vicia faba war 24 Stunden mit 10 mg RaBr, bestrahlt gewesen, kam dann zwei Tage in Wasser von 26°C und darauf in Sägemehl. Nach einem Tage begann die Wurzel hervorzutreten, blieb aber am zweiten Tage der Keimung auf einer Länge von 20 mm stehen, verfärbte sich bräunlich und am 17. Tage nach diesem Wachstumsstillstande brachen aus dem inzwischen 75 mm lang ge- wordenen Epikotyl Adventivwurzeln hervor, während Hauptwurzel und später auch die Sproßspitzen zu faulen begannen. Ähnliche Ergebnisse zeigten auch Erbsen und Bohnen, selbst wenn die Bestrahlung nur neun Stunden gedauert hatte; ferner wenn die Samen erst mehrere Tage nach erfolgter Bestrahlung des trockenen Samens zum Quellen angesetzt oder im gequollenen Zustande bestrahlt worden waren; Bestrahlung aus einer Entfernung von 4cm schien nicht mehr wirksam, wohl aber aus 2 cm. Besonders resistent erwiesen sich die Samen von Brassica napus, indem hier eine dreitägige Bestrahlung mit 10 mg RaBr, die Keimung und Weiterentwicklung nicht störte, ja gequollen bestrahlte Samen zeigten so- gar eine Beschleunigung in der Keimung. Diese Resistenz zeigte sich auch bei Samen, deren Schale teilweise entfernt war, die Keimlinge der an der entblößten Stelle bestrahlten Samen entwickelten sich so wie die Keim- linge der Samen, welche an nichtentblößten Stellen bestrahlt gewesen . waren. Erst nach 10tägiger Bestrahlung des trockenen Samens erwies sich dieser in der Keimung zurückgehalten und in der Weiterentwicklung ge- hemmt. Höchst wertvoll sind die Versuche, in welchen Molisch die Beein- flussung von Keimpflanzen durch Radiumemanation feststellte. Zur Ein- wirkung der Emanation auf die Pflanzen wurde ein zylindrisches Glasgefäß von ca. 24cm Höhe und 16'5 cm Breite (Fig. 41), oben mit einem Glasdeckel geschlossen, verwendet. Der Deckel war mit Vaselin luftdicht auf das Ge- fäß aufgesetzt und trug einen mit Kautschukpfropf versehenen Hals, der von einem Glasrohr durchsetzt war; dieses führte nach unten in den ‚Kulturraum, gabelte sich oben und war so eingerichtet, daß die mit der Kautschukbirne eingepreßte Luft bei dem einen Gabelast in den Kultur- raum einströmen und durch ein Loch in den anderen Gabelast abstreichen konnte. Durch Kautschukschläuche stand der Kulturraum mit einer Wasch- flasche in Verbindung, die eine wässerige Lösung von RaCl,, im ganzen über die Wirkung von Röntgen- und Radiumstrahlen auf die Pflanze. Ebenda. Bd. 23. -S. 324 (1905). — E. S. London, Das Radium in der Biologie und Medizin. Leipzig 1911. 136 Viktor Grafe. 151 mg RaCl, =11'd mg Ra-Metall enthielt. Durch etwa zwanzigmaliges Zusammendrücken des Ballons wird die gasfürmige Emanation in den Kulturraum getrieben und dann die Hähne des Erzeugungsgefäßes ge- schlossen. Wenn alle 24 Stunden gequirlt und Emanation in den Versuchsraum geleitet wurde, so gelangten in den Versuchsraum ca. 16°/, der Gleich- gewichtsmenge, also 1'84 g Ra-Äquivalent = 1'84 Millieurie Emanation; wenn alle 48 Stunden Emanation durchgeleitet wurde, so traten 30°/, der Gleichgewichtsmenge, d. i. 3°45 Millicurie über. Außer dieser „starken“ Apparatur von Molisch zur Behandlung von Keimpflanzen mit Radiumemanation. Emanation wurde noch eine mittelstarke mit 0°‘0009 Millieurie und eine (alle 24 Stunden in das Versuchsgefäß übergeleitete) „schwache“ mit 0:000124 Millieurie verwendet. Eine Millicurie-Emanation in 12 Luft ent- spricht 24 Millionen Mache-Einheiten. Die Emanation wurde alle 24 oder 48 Stunden erneuert. Für die in dem Luftraum über der Lösung und in den Schlauchverbindungen zurückgebliebene Emanation sind etwa 7°/, ım Abzug zu bringen. Die Emanation übt, wenn in genügender Stärke vor- handen, einen hemmenden Einfluß auf die Entwicklung, die auch bei mittelstarker und schwacher Emanation so weit gehen kann, dab Wachs- tum und Entwicklung sistieren und die Pflanze abstirbt. Bei schwacher Emanation, namentlich wenn die Samen vor der Keimung der Bestrahlung. Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 137 ausgesetzt wurden, zeigte sich jedoch bisweilen eine merkliche Förderung der Entwicklung. Die tiefe Schädigung durch starke Emanation zeigt sich aber nicht unmittelbar nach der Exposition, sondern die Keimlinge er- scheinen nicht besonders geschädigt, jedenfalls lebensfähig, dagegen ist die völlige oder fast völlige Sistierung jeder Entwicklung ein Zeichen, wie hochgradig die Pflanzen beeinflußt sind und nach einiger Zeit erfolgt dann ein rasches, oft plötzliches Absterben. Dieser Stillstand des Wachstums wurde auch mit festen Radiumpräparaten erzielt und als „Radiumstarre* bezeichnet. Bei Phaseolus und Pisum kann man deutlich sehen, daß die Reservestoffe aus den Kotyledonen nicht mobilisiert werden, die Wirkung der Emanation setzt sich als physiologische Nachwirkung kürzere oder längere Zeit auch nach dem Aufhören der Bestrahlung fort. Keimlinge verschiedener Art, gleichgültig ob ihre Samen oder sie selbst der Emanation ausgesetzt waren, bleiben im Wachstum zurück und gehen nach einiger Zeit zugrunde. Aber auch, wenn nach Einwirkung der Emanation noch gutes Wachstum der Keimblätter eintritt, bleibt doch die Endknospe sitzen ebenso wie die Vegetationsspitze der Wurzel: beide entwickeln sich nur langsam weiter. Die Keimlinge lösen ferner ihre Nutation früher auf, strecken also die Spitzen früher gerade als normale, ergrünen langsamer und bilden weniger Anthokyan. Manche, wie Secale cereale und Avena sativa, scheiden an ihrer Spitze eine weiße kristallinische Masse aus. Eine Förderung durch schwache Emanation wurde bei den Keimlingen der Sommerlevkoje (Matthiola incana), Cucurbita Pepo und Helianthus annuus beobachtet, wenn die Emanation auf die Samen und nicht erst auf den Keimling gewirkt hatte. Aber auch die bereits entwickelten Organe der Pflanze werden durch Emanation geschädigt, die Blätter von Aucuba japonica mißfarbig, die von Impatiens Sultani glasig durchscheinend. Robinia pseud- acacia, Caragana? arborescens etc. werfen in der Emanationsluft ihre Blätter viel früher, auch schon im Frühjahr und Sommer ab, als in reiner Luft. Der Vegetationspunkt der Pflanzen wird nicht bloß in der Entwick- lung zurückgehalten, sondern auch anderweitig beeinflußt. !) Die Sprosse von Sedum Sieboldii bilden normalerweise dreigliedrige Blattquirle; Sprosse, die in ganz jungen Entwicklungsstadien drei Tage starker Emanation ausgesetzt wurden, entwickeln von da an keine drei- blättrigen, sondern nur dekussiert stehende Blattpaare. In allen genannten Fällen betrug die Menge des Emanationsgiftes, die schädigend oder tötend einwirkte, etwa 0:0000063 mg, also Quantitäten, welche bei keinem anderen Gifte physiologische Wirkungen ausüben. Ausgedehnte Versuche verdanken wir Sioklasa?) und dessen Mit- arbeitern. Eine Förderung der Entwicklung durch die Wirkung des hadiums 1) Molisch, Über den Einfluß der Radiumemanation auf die höhere Pflanze. Sitzungsber. d. k. Akad. Wien. 121. Abt. I (1912); Über Heliotropismus im Radiumlichte. Ebenda. 120 (1911). 2) Vortrag, gehalten auf der 85. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte, Wien 1913. Herr Hofrat Prof. Stoklasa hatte die Güte, mir das Manuskript seines Vor- 138 Viktor Grafe. kann danach auf zweifache Weise erwirkt werden. Zunächst dadurch, daß die Radiumemanation selbst in schwacher Aktivität ungemein günstig auf die Bakterien wirkt, welche elementaren Stickstoff assimilieren und dadurch die Stickstoffanreicherung des Bodens begünstigt. Bei Durchleiten einer Radiumemanation von 150M.E. ergab sich pro 1 der Nährlösung ein Stickstoffgewinn von 104 mg, ohne Radiumemanation ein solcher von 59 ımg, also ein Gewinn um 76'27°/,. Wo die Radiumemanation eingewirkt hatte, war eine reichere Entwicklung der Nitrifikationsbakterien und aus- giebigere Eiweißsynthese zu beobachten; dies erfolgt auf Kosten der Glukose und der vorhandenen Salpetersäure. Die Radiumemanation fördert dem- gemäß die synthetischen Prozesse und hemmt die Reduktion der Salpeter- säure zu elementarem Stickstoff. Der Einfluß der Radioaktivität auf die Samenkeimung wurde an Samen von Triticum vulg., Hordeum distichum, Vicia faba, Pisum sat., Lu- pinus angustifolius, Trifolium pratense, Pisum arvense, Lens esculenta, Vicia sat., Beta vulg. geprüft. Die Samen wurden in geschlossenen Glas- gefäßen zum Anquellen in radioaktivem Wasser an Ort und Stelle des (uellenursprungs durch 24 Stunden gebracht, so dab für je 100 Samen 50 cm® Wasser mit 15—100 M. E. verwendet wurden. Zur Kontrolle wurden Samen auch in Wasser angequollen, dessen Radioaktivität durch Stägiges offenes Stehenlassen entwichen war, ebenso in destilliertem Wasser. Nach dem Anquellen wurden die Samen in gewöhnliche Keimapparate verteilt und täglich 5—10 cm® von den verschieden stark radioaktiven Wässern zu- gesetzt. Eine schwache Dosierung von Radiumemanation hatte einen gün- stigen Einfluß auf die Keimungsenergie der Samen, wiewohl der Erfolg individuell verschieden ist, doch hemmen 50 M. E. bereits meistens. Natür- liches Quellwasser wirkt energischer als künstlich aus RaÜl, hergestellte Emanation. Im günstigen Fall wird die Keimungsenergie um 70—150°/, erhöht. Ganz besonders lehrreich waren die Wasserkulturversuche mit wachsenden Pflanzen. Die Trockensubstanz derselben wurde nach 46 Vege- tationstagen bestimmt, nachdem die Pflanzen 18 Tage unter dem Ein- flusse von im ganzen 384 M.E. gestanden hatten. In radioaktivem In nieht radio- Wasser Trocken- aktivem Wasser substanz Trockensubstanz Bisumsarvense SH Teils 6873 9 21379 Mieia-daba nee tere 12:83 6009 „ Lupinus angustifolius . . 3193, 1'845 „ Hordeum distichum . . . 9:085 „ 0'906 „ Durch Anwendung von radioaktivem Wasser von 70 M.E. wurde eine um 62—164°/, größere Menge an Pflanzenmasse geerntet. Dagegen üben 300 und 600 M. E.,. die jeden vierten Tag erneuert wurden, schon nach trages noch vor der Veröffentlichung zur Verfügung zu stellen, wofür ich auch an dieser Stelle meinem verbindlichsten Danke Ausdruck verleihen möchte. Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 139 45 Vegetationstagen einen schädlichen Einfluß aus. Auch das Begießen von Topfpflanzen im Glashause mit Wasser von 300 M.E. jeden vierten Tag (bei 5—7 kg Erde) übt nach 50—70 Vegetationstagen schon einen schäd- lichen Einfluß, die Blätter erschienen rotbraun verfärbt, das Chlorophyll im Kollenchym vollständig zersetzt, Plasmolyse in den Zellen; es kommt also hauptsächlich auf die richtige Dosierung der Radiumemanation an, das Wachstum ist bei entsprechend schwacher Aktivität ein rascheres und üppigeres, der Ertrag höher, der Blütenansatz und die Befruchtung finden rascher statt, dagegen kann zu starke Dosierung die Pflanzen in ihrem Wachstum hemmen, ja sie völlig vernichten. Dasselbe gilt für die Versuche, in denen der Vegetationserde Nasturan oder Erzlaugenstücke zugesetzt wurden. (05—4g Nasturan auf 7—18%y Erde steigert den Ernteertrag bedeutend.) Versuche in der Praxis des Großbetriebes mit radioaktivem Quellwasser und radioaktiven, gemahlenen Mineralien als Dünger haben ebenfalls den besten Erfolg gezeitigt. Über die Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Keimung liegen Versuche von Koernicke vor. Gequollene Bohnenkeime wurden in feuchtem Sägemehl zum Keimen gebracht, nach drei Tagen Exemplare mit gleich langen Wurzeln ausgesucht und in einen mit Sägemehl gefüllten Sachs- schen Keimkasten gebracht. Eine der beiden geneigten Glasscheiben wurde durch eine Holzplatte ersetzt; in den Kasten wurden nun, der Holzplatte genähert, zwei Reihen von je sechs Keimlingen gepflanzt, und zwar so, dab die sechs rückwärtigen Exemplare hinter den Räumen sich befanden, welche die sechs vorderen zwischen sich ließen. Durch eine hölzerne (Quer- wand wurde dann der Kasten in zwei Abteilungen mit je sechs Keim- lingen geteilt, der vor der einen Hälfte befindliche Teil der äußeren Holz- platte erhielt eine Bleibedeckung zur Absorption der auf diese Kasten- hälfte wirkenden Röntgenstrahlen. Auf den so vorgerichteten Kasten wirkten nun von der geneisten Holzplatte her die Röntgenstrahlen. Die Bestrahlung wurde so lange fortgesetzt, bis ein neben die Objekte der ersten. d. h. der Röntgenröhre näheren Reihe vorher gebrachter Holz- knechtscher Reagenzkörper das Bestrahlungsmaß von 24 H.-Einheiten und ein in der zweiten Reihe befindlicher die Farbenintensität aufwies, die 20 H.-Einheiten zukommt. | Die Strahlen wirken hemmend auf das Wachstum ein, aber auch hier zeigt sich zunächst keine Schädigung, vielmehr sogar primär eine Wachstumsbeschleunigung und erst nach einiger Zeit zeigt sich Stehen- bleiben des Wachstums als physiologische Nachwirkung; der Zeitpunkt des Eintretens dieser Nachwirkung ist abhängige vom Objekt und seinem physiologischen Zustande im Momente der Bestrahlung. Besonders wider- standsfähig erwiesen sich die Samen von Brassica napus, die bei einer Strahlungsintensität, welche bei Vicia faba sehr schwer gewirkt hatte, noch keine merkliche Hemmung erlitten. Bei genügend schwacher Einwirkung ist die Wachstumshemmung eine vorübergehende, eine Aufhebung der Keimkraft von trockenen wie gequollenen Samen wird selbst nach zwei- 140 Viktor Grafe. maliger Bestrahlung mit über 20 H.-Einheiten nicht erreicht. Wurden die trockenen Samen mit über 20 H.-Einheiten bestrahlt und dann bei 26° C im Wasser zum Quellen gebracht, so zeigte sich bei den Samen von Vicia faba und Brassica napus, besonders auffällig bei den letzteren, eine Wachs- tumsbeschleunigung (von 600 Exemplaren war nach einem Tag schon die Hälfte gekeimt, von den Kontrollsamen nach dieser Zeit erst einer und die Hälfte erst nach drei Tagen), die aber mit der Zeit wieder ausge- glichen wurde. Bei Bestrahlung von vorher gequollenen Samen ergab sich dagegen keine Beschleuni- gung, dagegen nach zwei Tagen ein Stehenbleiben des Wachstums bei Vicia faba, während V. sativa und Brassica napus weiter- wuchsen. !) Sigmund hat eine erobe Reihe von Substan- zen auf ihre Bedeutung für die Keimung unter- sucht, auf die Einzelheiten kann aber hier nicht ein- gegangen werden. Bei der Untersuchung der Giftwir- kung wurden bisher haupt- sächlich die niederen Kon- zentrationen der Gifte un- tersucht, da man annahm, dab höhere Konzentrati- onen derselben natürlich ebenso deletär wirken müßten wie niedere. Die Kurve der Giftwirkungen ist aber keine so einfache: in kleinsten Dosen häufig die Keimung beschleunigend, schädigen die Gifte in steigender Dosierung, resp. hemmen die Keimung bei bestimmter Konzentration vollständig. Behandelt man aber Samen mit noch stärker konzentrierten Giftlösungen, so sieht man die Beeinflussung wieder abnehmen. V. Areichovskij zeigte, daß die stärksten Konzentrationen von desinfizierenden Stoffen für die Samen weniger giftig sind als die schwächeren Lösungen. Die ungequollenen Samen wurden der Einwirkung des Giftes (Formalin, Silbernitrat, Schwefelsäure) durch 1—256 Stunden \ Waschapparat nach Areichovskij. (Beschreibung im Text.) ') M. Koernicke, Über die Wirkung von Röntgen- und Radiumstrahlen auf den pflanzlichen Organismus. Ber. d. bot. Ges. Bd. 22. S. 148 (1904). £ ra EEE DASEIN CE EB u m ir Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums etc. 141 unterworfen, dann in einem besonderen Apparate eine Stunde lang mit ca. 6 / fließenden, sterilisierten Wassers gewaschen und dann zum Keimen ausge- legt. Der Waschapparat (Fig. 42) bestand aus dem gläsernen Waschgefäß A, das aus einem trichterförmigen unteren Teile « und einem Deckel b ge- formt ist. Von a gehen die Röhren d für Zufluß und ce zum Ablaufen des Waschwassers aus. Die Chamberlandkerze e dient zur Sterilisierung des Wassers mittelst Filtration durch Ton, sie wird vom Gefäße / aus mit Wasser beschickt. Der ganze Apparat samt Filterkerze wird vor jeder Waschung im Autoklaven bei 120° sterilisiert und dann das Waschgefäß A in die Saatkamera gestellt. Dauer der BEgossre male 1m lo mungse.n u Einwirkung Ys%yo 1/0 1/,0/o 19/0 2%), 4, 8%, 16%), 32%, 4007, ee- Stunden Eskoeimten Prozente Samen uf özelle il 100 100 100 86-86 73 88092 100 100 De A LOO 86 zal Aral 526, 53060, 1a BR 96-100 A 80) 44 24 -— —- —- . —- 16 8 82 100 SE | 24 _- —_—0-.-.- - 8 100 MORE 29E.720 —_— 0 -- 72 100 Ben 8. = _ —_ — —_ = — 32 08) (De _ = -— - -.-.-.— 46 76 stehen- 1 U No Dee - - 07.0.0 o-0— 8 28 — des Bnbi. 4... — _ u _-_- -. -.-. — 375 — Wasser. Schwefelsäure spez. Gew.184In nn nn in Konzentrationen von /1128S 2 8 4 2 Prozentsatz gekeimter | { ? Hi DT / ) C 3, = > Samen | 011027716, 15,24497 55,04. 55., 92 .100 n ..2n 497 8n 160 32n Allerdings zeigt sich in allen diesen Fällen die Keimung mehr weniger verzögert, die Resistenz gegen Mikroorganismen herabgesetzt. Die Fälle der Nichtkeimung nach einer Aufbewahrung von 128 oder gar 256 Stunden unter Wasser oder Formaldehyd haben nichts mit einer Giftwirkung zu tun, sondern sind auf Mangel an Sauerstoff zurückzuführen, während fließendes, sauerstofffreies Leitungswasser. nach dieser Zeit nicht nur nicht schädigend wirkt, sondern das Kommen beschleunigt. !) Zahlreiche Gifte erhöhen in sehr geringer Menge die Intensität des Keimungsprozesses, wirken als Reizmittel und beeinflussen gewissermaßen katalytisch den Vorgang des Stoffansatzes. Besonders Mangan- und Alu- miniumsalze wirken nach Stoklasa wachstumsfördernd, 1°/, Bleinitrat, 0:01°/, Borsäure in der Nährlösung wurden von Bertrand bzw. Agulhon als günstig erkannt. Bokorny stellte fest, dab 0'01°/, Cs; SO, die Gersten- keimung, 0'05°/, Li, SO, die Erbsen- und Linsenkeimung, Rb, SO, zu 0'2°/, die Keimung von Weizen, Erbse, Linse, Bohne, Kohl fördert; 0:005°/, US» haben denselben Erfolg bei Gerste, 0'01°/, K,UrO, bei Bohne und Linse, 0:0005°/, Hg Cl], bei Kresse, 0'0025°/, CuSO, bei Gerste und 0'005°/, CuSO, 1) V. Arcichovskij, Biochemische Wirkung höchst konzentrierter Lösungen. Bio- chemische Zeitschr. Bd. 50. S. 233 (1913). 143 Viktor Grafe. bei Kresse, 0'0025°/, Phenvihydrazin schon nach zwei Tagen bei Kresse, 0:0025°/, Anilin bei Gerste und Kresse, 0'01°/, Hydroxylaminchlorhydrat bei Gerste, 0'001°/, HF bei Erbse, Linse, Gerste. Der genannte Autor, welcher in neuester Zeit eine große Reihe solcher Versuche unternommen hat!), zog die Samen direkt in der Giftlösung, welche auf Fließpapier gegossen war, und brachte sie hier zum Keimen. Fließendes Wasser ist ein ausgezeichnetes Keimungsmittel für größeren Samen. Eine Glasschale von 10 em Durchmesser wird unter einen dünnen, aber ziemlich kräftigen Wasserstrahl gestellt, der ins Zentrum der Schale gerichtet wird und die Samen gleichmäßig bis zum Rande der Schale zurückstößt, wo sie sich in ununterbrochener Wirbelbewegung be- finden. So geht die Keimung gut vor sich und die Samen sind überdies während relativ langer Zeit vor Fäulnis geschützt, allerdings verbraucht diese Versuchsaufstellung viel Wasser (1507 Wasser täglich für eimen Versuch). Fischer setzt auseinander, daß die gut gereiften Samen vieler Wasser- pflanzen ohne äußeren Ausstoß überhaupt nicht keimen, selbst wenn die Keimungsbedingungen noch so günstig sind. Solche Erfahrungen wurden gemacht mit Sagittaria sagittifolia, Alisma plantago, Potamogeton natans, lucens und peectinatus, Hippuris vulg., Polygonum amphibium, Seirrhus lacustris und maritimus. Wenn aber z. B. Bakterien die Keimflüssigkeit ansäuern, dann keimen diese Samen. Im weiteren Verlaufe zeigte sich, daß die H-Ionen der Säuren und OH-Ionen der Basen kräftige Keimungsreize bilden, und zwar ganz entsprechend dem lonisierungsgrad der betreffenden Lösung. Die Wirkung der H- und OH-Ionen wird durch das Kation bzw. Anion der angewendeten Verbindung mehr oder weniger beeinflußt, wozu noch Temperatur und Dauer der Einwirkung kommen. Wie explosiv Säure auf ruhendes Protoplasma wirkt, zeigt folgende Tabelle: Die Samen wurden mit 10 Mol. HU] bei 20°C behandelt und nach guter Spülung mit Leitungs- wasser bei 25—27° C zum Keimen aufgestellt. 1/, Minute 1 Minute 2 Minuten 4 Minuten 8 Minuten 10 Minuten Zahl der Samen. . . 357 312 331 376 332 400 (Behandl. Gekeimt nach 13 Tagen 63 116 213 10 1 — mit InsProzentene ar 37 oren 27 03 — Säure). Die Reizung durch H- oder OH-Ionen verändert aber auch den Charakter der Keimung: bei ersterer bleiben die Keimlinge etwas länger farblos und auf einer Größe von 2—5 mm stehen, bei H-Reizung wachsen die Keime etwas schneller und ergrünen auch rascher. Läßt man der ersten Ionenbehandlung eine Behandlung mit dem zweiten Ion folgen, so findet wohl gewissermaßen eine Neutralisierung der ersten Behandlung statt, gleichzeitig wird aber auch der zweite Keimungsmodus eingeleitet und setzt sich durch.) Gut studiert ist auch die „oligodynamische“ Wir- ') Th. Bokorny, Über den Einfluß verschiedener Substanzen auf die Keimung der Pflanzensamen. Biochem. Zeitschr. Bd. 50. S. 1 (1913). °) A. Fischer, Wasserstoff- und Hydroxylionen als Keimungsreize. Ber. d. bot. Gesellsch. Bd. 25. S. 108 (1907). et, Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 143 kung (Nägeli) von Metallsalzspuren; so wurde beobachtet, daß Keimwurzeln in Wasser, welches aus Metallapparaten destilliert worden war, nicht weiter wuchsen, wohl aber trat normale Entwicklung ein, wenn das Wasser aus Glas umdestilliert worden war. Barladean (Bern) weist neuerdings ebenfalls auf die Schädlichkeit des Laboratoriumsdestillates für die Pflanzenwurzeln hin und zeigte, daß Wasser, welches aus Glasgefäßen mehrere Male destilliert worden war, offenbar durch die herausgelösten Salze der Alkalien und Erdalkalien einen fördernden Einfluß auf die Wurzelentwieklung übte (Münchener med. Wochenschr. 1913, Nr. 29, pag. 1601). Silber, Blei, Zinn erteilen übrigens dem Wasser keine schäd- liche Wirkung, wohl aber Kupfer; schon 1—2 Zehnmillionstel Kupfer- gehalt soll zur Hemmung des Wachstums ausreichen; das beruht auf dem merkwürdigen Speicherungsvermögen, welches die Pflanzenzellen für die Salze von Schwermetallen zeigen, welches Speicherungsvermögen ja bei einigen (Galmeiveilchen für Zinksalze, Polycarpaea spirostylis enthält Kupfer bis zu 560 mg im Kilo Trockensubstanz und wird in Nordqueensland „copperplant“ genannt, weil aus ihrem Vorkommen auf die Anwesenheit von Kupferablagerungen im Boden geschlossen wird; in neuerer Zeit konnte Molisch bei Wasserpflanzen so intensive Eisen- und Manganspeicherungen nachweisen, daß die betreffenden Pflanzen nicht grün, sondern braun erschienen) Pflanzenarten ganz besonders ausgeprägt ist. Die große Empfindlichkeit der Pflanzen gegen Quecksilberdämpfe wird gewöhnlich viel zu wenig beachtet, man sollte dieses Metall nie zu Ab- schlüssen von Glocken wählen, unter denen Pflanzen vegetieren, ohne min- destens für eine über das Quecksilber gebreitete Flüssigkeitsdecke, am besten Glyzerin, zu sorgen. Ammoniakdampf hemmt bereits in einer Ver- dünnung 1 :24.000 die Keimung von Vicia faba, zu 1:20.000 jene von Phaseolus vulg. und Zea Mais, 1:5000 die von Liliaceenzwiebeln. Decker konnte zeigen, daß die Keimung der Scheibenfrucht von Dimorphotheca pluvialis durch Vorbehandlung mit 03 Mol. HNO, verzögert, die der Rand- früchte ganz gehemmt wurde, dagegen wirkte AÄnopsche Nährlösung be- schleunigend und hob die hemmende Wirkung der Salpetersäure bei den Randfrüchten fast ganz auf; dagegen wirkt bei Atriplex hortensis Vorbe- handlung mit 03 Mol. Salpetersäure keimungsfördernd. Lehmann und Ottenwälder ‘) haben gefunden, dal Salpetersäure bei bestimmter Konzen- tration und geeigneter Temperatur eine Keimung der Samen von Epilo- bium hirsutum und Lythrum salicaria ermöglicht, wo die Keimung ohne Salzsäure, also auf destilliertem Wasser nicht ausgelöst wird. Die optimale Säurekonzentration schwankt mit der Samenart und der Temperatur, sie ist zumeist ziemlich niedrig zwischen 0°00625 und 0:05 Mol. Ob Salzsäure als Keimungsreiz oder als Gift wirkt, hängt, abgesehen von den bereits !) E. Lehmann und A. Ottenwälder, Über katalytische Wirkung des Lichtes bei der Keimung lichtempfindlicher Samen. Zeitschr. f. Bot. Bd. 5. 8. 337 (1913). — F. Leh- mann, Über die Beeinflussung lichtempfindlicher Samen durch die Temperatur. Zeitschr. f. Bot. Bd. 4. S. 465 (1912). 144 Viktor Grafe. erwähnten Umständen, auch sehr von der Versuchspflanze ab, so pflegen CGruciferen und Compositen auch durch minimalste Salzsäuremengen schon getötet zu werden. Baar fand in 0'5—1°/,iger Salzsäure ein Mittel, um die Ruheperiode der Samen von Amarantus retroflexus abzukürzen. Diese Samen werden im Herbst reif, keimen aber erst im nächsten Frühjahr. Mit verdünnter Salzsäure oder Phosphorsäure dagegen behandelt, keimen sie schon im Oktober, aber nur im Dunkeln, im Licht sind sie auch dann nur zu äußerst geringem Prozentsatz zur Keimung zu bringen.!) Ohne Zutritt von Luft oder besser gesagt von Sauerstoff ist keine Keimung möglich. Wenn Samen unter Wasser liegen, so keimen sie haupt- sächlich deshalb nicht, weil sie an Sauerstoffmangel leiden und nur solche Körner. welche etwa obenauf schwimmen, vermögen zu keimen: ebenso- wenig findet eine Keimung bei Samen von Wasserpflanzen in ausgekochtem (luftfreiem) Wasser statt oder aber wenn das Wasser durch eine Ölschichte abgesperrt wird. Das ist auch nicht wunderzunehmen, da ja die Keimung ein Wachstumsprozeß ist, bei welchem große Energiemengen aktiviert werden müssen, die durch intramolekulare Prozesse nicht aufgebracht werden können. Natürlich kann auch in einem indifferenten Gase wie Wasserstoff oder Kohlensäure keine Keimung stattfinden und in eine Glasröhre ein- geschmolzene, gequellte Samen keimen gleichfalls nicht. Wir haben schon davon gesprochen, dal in fließendem Wasser, also bei fortdauernder Sauerstoffzufuhr sehr lebhaft Keimung erfolgt: die Luft- räume des Samengewebes vermögen soviel Sauerstoff einzuschließen, dab die erste Anregung zur Keimung des von der Samenhülle fest einge- schlossenen Samens durch diesen Sauerstoff gegeben wird. Deshalb kann die Keimung verhindert werden, wenn die Samen unter Wasser getaucht und unter der Luftpumpe von Luft befreit werden, wobei die Lufträume durch Wasser erfüllt sind: wenn dann auch das Keimprozent unter Um- ständen keine Beeinträchtigung erfährt. so wird doch die Keimzeit wesent- lich verlängert. In einzelnen Fällen kann aber auch hier eine Beschleuni- eung der Keimung durch das Entfernen der Luft gegeben sein, wie bei der bespelzten Gerste, der Sonnenblume, dem Roggen. Überhaupt kann ein Zuviel an Sauerstoff ebenso die Keimung beeinträchtigen wie ein Zu- wenig. So keimen Bohnen in reinem Sauerstoff nur langsam und erzeugen kränkliche Keimlinge, die ein abnormes Aussehen zeigen, bei Zea Mais, Ervum Lens, Pisum sativum gelangte in Böhms Versuchen die Entwick- lung der Embryonen nicht über die ersten Stadien der Wurzel- und Stengel- bildung hinaus und selbst Gasgemische mit einem hohen Prozentsatz an Sauerstoff wirken schädlich, erst wenn der normale atmosphärische Par- tiärdruck des Sauerstoffes erreicht ist, treten normale Keimungsbedin- gungen ein: in diesem Falle schädigt auch rein dargebotener Sauerstoff nicht. Demnach wird die Keimung sowohl im luftverdünnten Raume als auch bei atmosphärischem Überdruck gehemmt, das Minimum des Luft- 1) H. Baar, ]. c. Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 145 druckes, bei dem Keimung überhaupt noch erfolgt, ist 120 mm Quecksilber für Kresse, 60 mm für Gerste. Praktische Bedeutung hat dieser Umstand bei Keimungsversuchen bezüglich des mehr oder minder tiefen Einbrin- gens der Samen unter die Erde. Werden die Samen zu tief gesteckt und bildet das Keimbett über ihnen eine allzu feste Kruste, so kann die Sauer- stoffzufuhr, besonders in einem festgestampften Boden des Keimgefäßes so gehemmt sein, daß aus diesem Grunde keine Keimung erfolgt. Auch bei der Sauerstoffwirkung sind aber mehrere Momente maßgebend: so fand Becker!) bei den Früchten von Dimorphotheca pluvialis eine ausge- sprochene Förderung der Keimung in Sauerstoff gegenüber jener in Luft, und zwar erschienen die Randfrüchte relativ mehr gefördert als die Scheiben- früchte. Bekanntlich vermögen die Leguminosen infolge ihrer Symbiose mit stickstoffbindenden Bakterien den molekularen Stickstoff der Luft zum Aufbau von Eiweiß auszunützen, man braucht also in ihren Kulturboden gebundenen Stickstoff in Form von Nitraten oder Ammonsalzen nicht hineinzutun, dagegen kommen sie ohne Stickstoffsalze nicht fort. wenn die Bakterien durch heiße Sterilisation des Bodens vernichtet worden waren. Es zeigte sich aber dabei, daß die Sterilisation eines Bodens durch Erhitzen für die Pflanze, welche nachher dahin versetzt ist, auch für eine Nichtleguminose, überhaupt nicht gleichgültig ist. Wie durch längere Kultur derselben Pflanzenart in einem Boden dieser für Pflanzen derselben Art giftig wird, indem diese Pflanzenart in solchen Böden die Erscheinungen der „Bodenmüdigkeit“ zeigt, so entstehen auch beim Sterilisieren der Böden giftige Substanzen, welche dem Gedeihen der Pflanze Eintrag tun. Nach C. Schulze?) scheinen im sterilisierten Boden wachsende Pilanzen im wesentlichen unter dem Einflusse zweier entgegengesetzt wirkender Fak- toren zu stehen. Je nach der allgemeinen Beschaffenheit des Bodens ent- stehen beim Sterilisieren mehr oder weniger schädlich wirkende Zersetzungs- _ produkte, welche die Versuchspflanze je nach dem Grade ihrer individuellen und je nach der durch ihre Art bedingten Empfindlichkeit mehr oder weniger stark beeinflussen. Dem entgegen wirkt der das Wachstum der Pflanze befördernde Einfluß der Nährstoffaufschließung im Boden, insbe- sondere seines unlöslichen, nicht ohne weiteres zugänglichen Stickstoffvor- rates. Je nachdem nun der eine oder andere dieser beiden Faktoren im einzelnen Falle überwiegt, kommt eine Erhöhung oder Verminderung der Ernte an Pflanzensubstanz zustande. Durch eine Kalkgabe läßt sich die Wirkung der Zersetzungsprodukte des Bodens stets ganz oder fast ganz aufheben. Die Bedeutung dieser Tatsache für die Anstellung von Vegeta- ) H. Becker, Über die Keimung verschiedenartiger Früchte und Samen bei der- selben Spezies. Beitr. z. bot. Zentralbl. Bd. 29. S. 21 (1912). ?) C. Schulze, Einige Beobachtungen über die Einwirkungen der Bodensterilisa- tion auf die Entwicklung der Pflanze. Landwirtschaftl. Versuchsstat. Bd. 65. S. 137 (1907). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VII. 10 146 Viktor Grafe. tionsversuchen in durch Hitze sterilisierten Böden liegt auf der Hand, und da sich nicht alle Pflanzenarten gleich empfindlich verhalten, die Not- wendigkeit, bei solchen Versuchen Boden und Pflanze entsprechend aus- zuwählen, damit nicht die fast unvermeidlichen Störungen das Resultat der Versuche verschleiern. Am typischesten treten schädigende Einflüsse der Bodensterilisation beim Senf hervor, auch bei Hafer im Wiesen- boden bleiben die Pflanzen in sterilisiertem Boden wesentlich gegen jene in nichtsterilisiertem Boden gezogenen zurück, überall tritt in mehr oder weniger hohem Maße Gelbwerden der Blätter ein. Haferpflanzen in Acker- boden zeigen dagegen keine Krankheitserscheinungen, aber auch hier bleiben die Pflanzen zurück, wobei es freilich infolge der Bodenaufschließung später zur erheblichen Erhöhung der Produktion an Pflanzensubstanz kommt; bei Hafer in Gartenboden zeigte sich sogar im sterilisierten Boden von vornherein eine Förderung der Pflanzenentwicklung. In den drei unter- suchten Bodenarten entstehen also in ganz verschiedenem Maße Giftstoffe. Beim Senf, der gegen Bodensterilisation ganz besonders empfindlich ist, zeigte sich dieselbe Abstufung. Die Krankheitserscheinungen sind hier sehr intensiv und bestehen im Gelbwerden und Abwerfen der Blätter, aber hier verwischen oft individuelle Differenzen die typische Abstufung in den ein- zelnen Bodenarten. Viel weniger als Senf, aber immer noch sehr empfindlich zeigen sich Erbsen, noch weniger Buchweizen und bei Wiesengräsern erscheint eine Giftwirkung überhaupt nicht. Bei den leidenden Pflanzen ist die Gesamt- ernte immer kleiner, während die Stickstoffaufnahme relativ groß ist in- folge Aufschließung der anorganischen Stickstoffquellen des Bodens durch Erhitzung. Will man eine üppige Entwicklung der Pflanzen hervorrufen, so muß man für Düngung des Bodens, für künstliche Bereicherung der natürlichen Nährstoffquellen sorgen, und zwar sind es außer Stickstoffverbindungen hauptsächlich die Verbindungen von Kali und Phosphor, die dem Boden zugeführt werden. Auf die Methoden und Erfolge der Düngung soll hier, als für das im kleinen angestellte Experiment nicht wesentlich, nicht näher eingegangen werden, wiewohl für zahlreiche pflanzenphysiologische Ver- suche eine Erweiterung der Befunde durch solche an Freilandpflanzen, in natürlicher Umgebung und in größerem Maßstabe gewonnene, notwendig wäre. Es muß diesbezüglich vorläufig auf die sehr ausgedehnte landwirt- schaftliche Literatur hingewiesen werden. Bemerkt sei nur, daß durch S. Strakosch!) die merkwürdigen Beziehungen zwischen Produktion von or- ganischer Substanz durch Assimilation und Entnahme von mineralischen Bodennährstoffen, was dieser Autor mit dem jetzt in der wissenschaft- lichen Terminologie bereits eingebürgerten Ausdruck „assimilatorischer Effekt“ bezeichnet, aufgedeckt wurden, indem bei verschiedenen Pflanzen- ') 8. Strakosch, Das Problem der ungleichen Arbeitsleistung unserer Kulturpflanzen. Berlin 1907. v* FRI _ w rt ne. une Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 147 arten die Erntewerte bei gleichzeitigem Bedarf an Nährsalzen als sehr ungleich erkannt wurden. Über den Wert der verschiedenen Düngemittel im wissenschaftlichen Experiment führen L. und K. Linsbauer!) folgenden instruktiven Versuch an: Auf je 10 2 Wasser lösen wir 10 4 Doppelsuper- phosphat (im wesentlichen ein Gemenge von MeHPO,, Ca(H,PO,), und 2CaSO,), 10 9 KCl und 30 9 NaNO,. Damit begießen wir statt mit ge- wöhnlichem Wasser eine Topfpflanze, deren Erde vorher nicht aus- getrocknet sein darf, sondern eventuell früher mit gewöhnlichem Wasser begossen wird. Sollten auch die Blätter mit dieser Nährlösung besprengt worden sein — was zu vermeiden ist — so werden sie mit Wasser abge- spült. Pelargonien, Fuchsien, Veilchen, Reseden oder Chrysanthemen be- gießt man im Beginne der Entwicklung wöchentlich einmal, später, zur Zeit des lebhaften Treibens, sogar zweimal in der Woche. (Primeln, Zy- klamen, Knollenbegonien behandelt man in der gleichen Lösung, nachdem man sie vorher mit Wasser verdünnt hat, und zwar in der größten Wachs- tumsperiode nur etwa alle 8S—10 Tage.) Wir suchen nun drei möglichst gleich entwickelte Topfpflanzen derselben Art aus und begießen den ersten Topf nur mit gewöhnlichem Wasser, den zweiten mit der obigen Lösung, aus der wir den Chilisalpeter weggelassen haben, endlich den dritten Topf mit der vollständigen Lösung. Bei richtiger Kultur zeigt sich meist. dal) nur bei gleichzeitiger Stickstoffdarbietung die Kaliphosphatdüngung einen, dann allerdings sehr deutlichen Erfolg hat. Was die Einwirkung des elektrischen Stromes auf die Keimung an- belangt, so sind wohl nach dieser Richtung zahlreiche Versuche gemacht worden, ohne daß aber wenigstens in den meisten Fällen die nötige Exakt- heit dabei zur Anwendung kam, vor allem hat man erst in neuester Zeit daran gedacht, die Stärke des verwendeten Stromes zu beachten, wie- wohl Versuche über Elektrokultur schon seit Jahrhunderten angestellt werden. Ferner hat man die Nebenumstände, wie Temperatur, Feuchtigkeit, Substrat ete., niemals in Rechnung gezogen und vor allem der Individualität der Pflanze keine Beachtung geschenkt. Daß aber diese Momente berück- sichtigt werden müssen, beweist schon der Umstand, daß bald eine för- dernde, bald eine schädigende Wirkung des elektrischen Stromes gesehen wurde Man kann die Elektrizität auch in zwei verschiedene Arten auf die Pflanze direkt einwirken lassen: 1. indem man zwei Metallplatten in den Boden versenkt und dieselben mit einer Stromquelle verbindet, dann geht der Strom durch die Erde und wirkt auf die Pflanzen ein, welche sich im elektrischen Felde befinden; 2. indem man den Strom durch die Pflanze selbst gehen läßt. Eine Metallplatte, die mit dem einen Pol einer Stromquelle verbunden ist, wird in die Erde gesenkt und um den Stamm der Versuchspflanze ein Draht gewunden, der mit dem anderen Pol der Stromquelle verbunden ist. Natürlich lassen sich solche Versuche nur an ') L. u. K. Linsbauer, Vorschule der Pflanzenphysiologie. Wien 1911. 10% 148 Viktor Grafe. stärkeren Pflanzen, vornehmlich Holzgewächsen durchführen, 3. indem man die Pflanze der direkten elektrischen Entladung aussetzt, also überhaupt nicht leitend mit der Stromquelle verbindet, sondern etwa ein Netz von Drähten über die Versuchsparzelle spannt und gegen den Erdboden isoliert: der eine Pol einer Elektrisiermaschine wird mit dem Drahtnetz, der andere Pol mit dem Erdboden verbunden. Die Pflanzen dienen bei dieser Ver- suchsanordnung gewissermaßen als Blitzableiter für die Luftelektrizität und durch sie wird vermittelst der dunklen elektrischen Entladung ein Ausströmen der Elektrizität an den Spitzen, z.B. den Grannen des Ge- treides erfolgen, was sich mitunter als St. Elmsfeuer äußert. Diese dritte Art der Beeinflussung ist gleichzeitig die längst geübte und besonders durch Lemström ausgebildet worden. Er spannte über die Pflanzen ein Metalldrahtnetz. das isoliert und mit einer Reihe Messingspitzen versehen war; dieses Netz wurde mit dem positiven Pol einer Holtzschen Influenz- maschine in Verbindung gesetzt, während der negative Pol in die Erde mündete. Diese Maschine wurde mit der Hand oder durch mechanischen, resp. elektrischen Antrieb in Bewegung gesetzt. Die Samen wurden in nach der Südseite des Fensters offenen Pappendeckelgehäusen in Töpfen placiert, in jeden Topf wurde unten ein Zinkstreifen gesteckt, der durch einen Metallfaden mit den Gasrohren des Raumes in Verbindung stand, oberhalb der Töpfe wurden die mit den Spitzen versehenen Netze aus Draht befestigt; in der einen Abteilung ging der Strom von der Luft zur Pflanze, in der anderen umgekehrt, während eine dritte als stromlose Kontrolle diente. Bei Freilandversuchen verwendete Lemström Drahtnetze, deren Drähte 2 mm Durchmesser hatten, an Porzellannäpfen als Isolatoren befestigt waren, während die Drähte in einem gegenseitigen Abstand von 100 em standen und in je 50cm Abstand eine Metallspitze trugen. Das Netz stand wieder in Verbindung mit dem positiven Pol einer vier- scheibigen Influenzmaschine, der negative Pol derselben mit einer kleinen, in den Boden eingelassenen Zinkplatte. Die Maschine war untertags acht Stunden in Tätigkeit. Die Ernte des elektrischen Feldes übertraf die der nicht elektrisierten (Gerste) um 35°5t/,. Es seien einige Zahlen Lemströms angeführt, welche gleichzeitig beweisen, daß die Resultate durchaus nicht für alle Pflanzen gleich günstig sind und daß mitunter auch negative Werte resultieren. Im allgemeinen sind im Wachstum und Ernteergebnis gefördert, und zwar qualitativ und quantitativ und in bezug auf die Rasch- heit der Entwicklung (Erdbeeren gelangen in 24 statt in 56 Tagen zur Reife) die Zerealien, Wurzelgewächse, wie Rübe, Kartoffel ete, manche Leguminosen, Erdbeeren, Laucharten, während in der Entwicklung unbe- einflußt gelassen oder gehemmt werden Erbse, Karotte, Weißkohl, Kohl- rübe, weiße Rübe, Tabak. Namentlich die Getreidearten zeigen in mittleren Boden unter dem Einflusse der Elektrizität einen Vorteil von 40°/, gegen- über den unbehandelten in erstklassigen Böden, aber auch ein Überwiegen von 75°/, ist keine Seltenheit. Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 149 org ae: En { { Perzentuelle Prlanse ee Te Te Pflanzen Pflanzen schiede NVeiBeshübe:: . ‘. . .: 56 31.982 157 43.343 + 1072 Bentontel-eV. 2)... 12268 21.281 990 44.694 + 762 BintesRiüihers 1.9.4. 107 24.600 263 36.551 + 6529 Badieschen‘ ............:26 2.295 57 3.166 + 591 Bastinacar Bat... .. 181 16.205 507 29.067 + 5445 LEE. 2 3. VD 98 10.425 + 4211 2 20 1; 22.207 98 35.722 + 3690 Karottegarse.. ... 20. ..695 27.201 1009 41.435 — 5:2 Bobleibernn.ia es 2.869 16 5.382 — 523 Weikkraut . ..... 13 14.025 15 23.684 — 43:58 NVEIBKOBIES ..... ... 15 14.72 23 2.119 + 18 WeiserhüDe. - . . 91 4.356 163 7.459 + 2:58 Für exakte Laboratoriumsversuche eignet sich etwa folgende Elektro- kulturanlage (Gassner): Die den hochgespannten Strom, mit dem die - Pflanzen bestrahlt werden, erzeugende Influenzmaschine befindet sich in einem staubdichten Glaskasten!) und wird durch einen kleinen Elektro- motor mit konstanter Geschwindigkeit getrieben. Der eine Pol der In- fluenzmaschine ist mit den Versuchspflanzen, resp. mit der Erde, in der sie wurzeln, der andere mit dem über denselben an Glasröhren isoliert aufgehängten Drahtnetz verbunden, das nach unten gerichtete Spitzen zeist. Wie man sich durch Hineinhalten der Hand in die zwischen den Pflanzen und den Spitzen befindliche Luft überzeugen kann, findet ein ständiger Elektrizitätsaustausch zwischen Drahtspitzen und Pflanzen statt. Für Versuche im großen eignen sich Influenzmaschinen nicht, weil sie gegen äußere Einflüsse, namentlich Staub, sehr empfindlich sind und zu funktionieren aufhören. Für solche Zwecke bedient man sich des gewöhn- lichen Wechselstroms. Dieser wird durch Transformatoren zur gewünschten Spannung umgewandelt und der so erhaltene hochgespannte Wechselstrom mittelst sogenannter Gleichrichter in hochgespannten Gleichstrom umge- - formt, so kann man hochgespannte Gleichströme ununterbrochen erzeugen. Oder man kann die atmosphärische Elektrizität auswerten, indem man - durch Ballons oder Drachen nach dem Vorgange von Höstermann-Dahlem und eines von den Ballons zur Erde gehenden Leitungsdrahtes hochge- spannten Strom aus den oberen Luftschichten herunterholt. Gassner ging in der Weise vor, daß er die zu behandelnden Samen in Blumentöpfen - mit gut gemischter Gartenerde möglichst gleichmäßig auslegte und kurz vor dem Auflaufen der Pflanzen mit der elektrischen Behandlung begann. - Hierzu wurden die Töpfe in einzelne durch Glasplatten oder Pappe ge- bildete Zellen gestellt und mit der Erde leitend verbunden. In verschiedenen Abständen (83—60 cm) hingen über den Töpfen an Glasstäben isolierte Nadeln mit der Spitze nach unten; da je nach der Form der Spitze die !) L. Lemström, Experience sur l’influence d’eleetrieitd sur les vögetaux. Helsing- fors 1890. — Derselbe, Elektrokultur (übersetzt von O. Pringsheim). Berlin 1902. 150 Viktor Grafe. in die Luft ausströmende Elektrizität eine verschiedene ist, wurden die sehr gleichmäßigen Grammophonnadeln für diesen Zweck verwendet. Der eine Pol der betreibenden Influenzmaschine wurde mit der Erde, der andere mit den über den Pflanzen aufgehängten Nadeln verbunden. Die elektrische Behandlung (14 Stunden täglich) ließ bei Pisum sativum und Helianthus annuus nach 14 Tagen keinen Unterschied mit der Kontrolle wahrnehmen, dagegen trat bei Gerste eine sichtliche Förderung ein, was sich zunächst im früheren Durchstoßen des ersten Laubblattes durch das Keimblatt zeigte. Die Wachstumsförderung hält auch später an und be- ruht nicht nur in einer Steigerung der Assimilationstätigkeit der Pflanze, denn sie zeigt sich auch im Dunkeln. Gassner stellte fest, daß in den elektrisierten Töpfen bedeutend mehr Wasser verdunstet wurde, rund das Sechsfache als in den Kontrollgefäßen; die Transpiration ist bedeutend höher, und zwar auch rein physikalisch dadurch, daß während der Elektri- sierung ständig ein intensiver Luftstrom unmittelbar an der Oberfläche der Pflanzen vorhanden ist. Eine Steigerung der Transpiration bewirkt aber naturgemäß ein schnelleres Aufsaugen der Nährsalze und wirkt. so- mit als Reiz auf die Wachstumsintensität wie überhaupt auf die physio- logischen Prozesse in der Keimpflanze. Lemström gibt übrigens auch den Rat, während der heißen Mittagsstunde, die elektrische Behandlung zu unterlassen, weil sie dann!) schädlich wirkt (der doppelte Wasserverlust durch starke Besonnung und elektrischen „Wind“ muß zu Schädigungen der Pflanze führen) und teilt mit, daß starke Erntesteigerungen durch elektrische Behandlung sich nie bei gleichzeitiger ausgiebiger Bewässerung erzielen lassen. Wenn man einen elektrischen Strom dureh den Boden leiten und auf diese Weise die Pflanzen beeinflussen will, kann man in den Boden Metall oder Kohleelektroden einsenken, so daß die zu behandelnde Pflanze zwischen die beiden Platten zu liegen kommt: die in den Boden gesteckten Elektroden können auch gleichzeitig zur Stromerzeugung benützt werden, wenn man einerseits eine Zink-, andrerseits eine Kupferplatte wählt und diese durch einen gegen den Boden isolierten Draht oberirdisch verbindet. Der Stromkreis des Kupferzinkpaares wird durch den Draht geschlossen und ein schwacher Strom durchfließt den Boden, welcher aber allerdings so schwach ist, daß er kaum nachgewiesen werden kann; Pflanzen zeigen sich auch durch solche Ströme nicht im geringsten beeinflußt. Sehr an- sehnliche Ströme erzeugt man aber, wenn die Platten nur zur Einführung des Stromes, welcher von einer Dynamomaschine erzeugt wird, im den Boden dienen oder wenn man die Platten einfach mit der Lichtleitung verbindet. Je näher die Elektroden gesteckt werden, je höher die Span- nung ist, desto stärker ist der Strom; gewöhnlich beobachtet man dann, daß sich die Wurzeln dem positiven Pol zu krümmen, weil die dem posi- 1) G@. Gassner, Zur Frage der Elektrokultur. Ber. d. Deutschen bot. Ges. Bd. 25. S.26 (1907). Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 151 tiven Pol, der Eintrittsstelle des Stromes zugewendete Wurzelhälfte ge- schädigt wird, während die dem negativen Pol zugewendete zunächst - weiterwächst und normal bleibt. Sehr wichtig für elektrische Keimungs- versuche ist nach R. Löwenherz die Lage der in den Kulturtöpfen be- findlichen Körner zum Strom. Liegen die Körner rechtwinklig zur Strom- richtung, dann pflegt häufig auch bei Verwendung starker Gleichströme eine schädigende Wirkung auszubleiben, während im Falle die Samen in der Stromrichtung liegen, also der Länge nach vom Strom durchflossen werden, gewöhnlich ein Auflaufen überhaupt unterbleibt. Man kann aber auch in diesem Falle die schädigende Wirkung aufheben, wenn man nicht Gleichstrom verwendet, sondern die Richtung des elektrischen Stromes zweimal in der Minute umkehrt, während ein Wechsel der Richtung 2 bis 3mal innerhalb 24 Stunden nicht genügt. In den Fällen, wo nicht die Licht- leitung zur Verfügung stand, verwendete Löwenherz zwei hintereinander geschaltete Tauchbatterien von je 5 Chromsäureelementen und geringem inneren Widerstand. Die beiden Batterien wurden hintereinander geschaltet, wodurch eine Batterie von 10 Elementen mit einer Klemmenspannung von durchschnittlich 15 Volt erhalten wurde; in die Gläser der Elemente wur- den zunächst nur etwa 100 cm® der Chromlösung getan und, wenn die Klemmenspannung anfing abzunehmen, von Zeit zu Zeit neue Chromsäure aufgefüllt. Waren die Gläser voll, so wurde mit der Pipette etwas von der alten Lösung weggenommen und durch neue Chromsäurelösung ersetzt. Es genügte zweimal täglich je 50 cm® Lösung durch neue zu ersetzen, um die Klemmenspannung der Batterie auf 15 Volt zu erhalten. Nach dem Begießen der Kulturen steigt die Stremstärke bedeutend), ja sie kann gegenüber der bei trockener Erde erzielten den doppelten Wert erreichen. Versuchspflanze war Gerste, die Töpfe waren 22 cm hoch und hatten oben einen inneren Durchmesser von 23cm, als Elektroden wurden ein paar Kohlenplatten in den Topf hineingesteckt, in den Klemmschrauben derselben war ein Stück blanken Kupferdrahtes festgeschraubt, das mit den Leitungsdrähten befestigt war. Obzwar die Stromstärke pro Topf im Maximum nur ungefähr 0'015 Ampere betrug, wurde doch, wenn die Samen, die vom Strom durchflossen waren, in der Stromrichtung lagen. das Auflaufen der Samen verhindert oder erschienen wenigstens die zur Entwicklung gelangten Keimlinge geschädigt. Die Kohlenplatten waren 13 cm lang und steckten ca. 6cm tief in der Erde, die wirksame Elek- trodenfläche war also 13mal 6—= 78cm? groß; bei der Stromstärke von 0015 Ampere pro Topf ist die Stromdichte höchstens 00002 Ampere pro Quadratzentimeter in der Nähe der Elektroden, in der Mitte des Topfes noch etwas geringer: ein Strom von weniger als 00002 Ampere verhindert also mehr minder das Wachstum der Gerste. Den Befund von Löwenherz, daß Wechselstrom genügender Intensität wachstumsfördernde Wirkung aus- 2) R. Löwenherz, Versuche über Elektrokultur. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. Bd.15. S. 137 (1905). En 152 Viktor Grafe. übt, konnte Gassner nicht bestätigen und weist mit Recht darauf hin, daß man beim Durchleiten des Stromes durch die Erde auch dessen Wärmewirkung beachten muß, denn die elektrisierten Töpfe erhitzen sich: bei größeren Stromstärken auf 10—20° über die Temperatur der nicht elektrisierten, es ist aber nicht auf die Rechnung einer günstigen Wir- kung des elektrischen Stromes zu setzen, wenn Gerste bei 25° schneller keimt als bei 10°. Ferner ist, wenigstens bei Verwendung von Metall- elektroden, nicht genügend darauf geachtet worden, daß diese von der feuchten Erde sehr rasch angegriffen werden und daß schon Spuren von Metallverbindungen äußerst schädlich auf das Wurzelwachstum wirken. Dagegen hebt Gassner eine indirekte günstige Wirkung des Stromes her- vor: Wechselströme wirken auf tierische Pflanzenschädlinge des Bodens, z. B. Engerlinge, tötend ein, während sie für die Pflanze indifferent. sind. Es gelingt also die Engerlinge zu töten, ohne die Pflanze zu schädigen. Den Einfluß eines schwachen galvanischen Stromes auf das Wachs- tum studierte auch M. Thouvenin. Er nahın junge Flachskeimlinge, die, in Töpfe versetzt, sich alsbald in ihrem oberen Teil nach abwärts neigten und welkten. Das äußerste Ende des Stengels von zwei solchen Pflanzen wurde mittelst einer Kupferklemme an den Faden eines Zeigerauxanometers- befestigt, das Gewicht, welches den Faden spannte, hielt gleichzeitig den Pflanzenstengel aufrecht. Der Faden des einen Auxanometers bestand in einem geschmeidigen Leitdraht, welcher mit seinem freien Ende an dem einen Pole einer elektrischen Batterie befestigt war. Eine blanke Kupfer- platte wurde in Verbindung mit dem anderen Pole der Batterie, an dem der Pflanze mit dem Leitungsdraht entgegengesetzten Ende in die Erde- gestoßen und ermöglichte so, die Pflanze , sobald der Strom geschlossen war, dem Einflusse eines kontinuierlichen elektrischen Stromes auszusetzen. Daneben befand sich eine Kontrollpflanze unter denselben Bedingungen, aber ohne Stromdurchgang. Es zeigte sich nun, daß jedesmal, wenn nach einigen Stunden der Faden am Ende des Stengels entfernt wurde, die elektrisierte Pflanze künftighin aufrecht blieb, während die nicht elek- trisierte sich bei Abnahme des spannenden Fadens sofort wieder krümmte und das Aussehen behielt wie vor dem Versuche. Während unter normalen Verhältnissen das Aufrichten junger Keimpflanzen in die Vertikale min- destens 8 Tage in Anspruch nimmt, brauchten die jungen Leinpflanzen, sobald der elektrische Strom durch sie hindurch gegangen war, dazu nur einige Stunden, selbst wenn nicht, wie das in der Regel notwendig ist, durch eine Glocke für Erhaltung des feuchten Raumes gesorgt war. Die Dauer des Versuches betrug 17 Stunden. Der Strom floß in der Richtung von der Wurzel zum Stamme, seine Stärke betrug zu Beginn 0'0008223- Mikroampere, bei Beendigung des Versuches 0'00421 Mikroampere. Das- selbe Resultat zeigte sich bei Keimpflanzen von Mercurialis musa, Euphorbia Peplus, dagegen versagte Senecio vulgaris; bei den letzteren war schon nach 3 Stunden das günstige Ergebnis ersichtlich ; bei Mercurialis annua r > @ Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 153 mußte der Strom in der Richtung gegen die Wurzel geleitet werden, um günstig zu wirken, während elektrisierte Pflanze und Kontrollpflanze keinen Unterschied zeigten, wenn der Strom in entgegengesetzter Richtung ging. Natürlich ergab sich auch hier die Frage, ob die Transpiration vielleicht unter dem Einflusse des Stromes verändert sei. Wurden nun aber zwei Pflanzen oder Blätter für sich gewogen, dann die eine (A) elektrisiert, die andere (B) nicht, dann nach einer Stunde gewogen, worauf B elektrisiert wurde und A als Kontrollexemplar verblieb, so zeigte sich, daß die strom- durchflossene Pflanze stets mehr Wasser verloren hatte. Der Autor schließt nun aus diesem Ergebnis, dab durch schwache galvanische Ströme die Endosmose vom Wasser gesteigert werde. so daß trotz vermehrter Tran- spiration noch ein Überschuß von Wasser im Gewebe dessen Turgor ver- mehrt, denn das Eindringen des Wassers findet in erhöhtem Maße statt (vielleicht durch gleichzeitige Reizwirkung des Stromes auf die wasserauf- nehmenden Zellen), als die durch Permeabilitätserhöhung durch den Strom gleichfalls vermehrte Wasserabgabe. Wenn man in Betracht zieht, daß der galvanische Strom auch die Kohlensäureassimilation erhöht, so kann man sagen, dal alle Stoffwechselprozesse, zumindestens die ernährungsphysio- logischen, durch den elektrischen Strom gesteigert werden, worauf das so vielfach konstatierte bessere Gedeihen und die Trockengewichtszunahme elektrisierter Pflanzen bezogen werden kann.!) Treiben und Wachstumsförderung. Wenn auch bekanntlich manche Gewächse, wie Stellaria media, ununterbrochen vegetieren und der Samen, kaum der Frucht entfallen, sofort wieder keimt, und nur die Ungunst der äußeren Verhältnisse den Vegetationsprozeß zurückhält, stellen die meisten Pflanzen, z. B. die Holz- gewächse unseres Klimas, gegen den Herbst zu ihr Wachstum ein, die Blätter der Laubbäume werden abgeworfen und die Pflanzen machen eine sogenannte „Ruheperiode“ durch, d.h. eine Zeit, in welcher sie meistens auch bei Versetzen in die günstigsten Vegetationsbedingungen nicht ohne weiters zum Weitervegetieren zu bewegen sind. Erst bis die Ruheperiode abgeklungen hat, tritt wieder unter normalen Außenbedingungen Weiter- entwicklung ein. So treiben Zweige der Linde, welche Anfang Oktober, unmittelbar nach dem herbstlichen Laubfall abgeschnitten wurden und im Warmhaus in ein Glas Wasser gestellt werden, selbst zu Beginn des März noch nicht aus, die Knospen desselben Zweiges treiben aber auch bei viel niedrigerer Temperatur als sie das Warmhaus bietet, sobald die Ruhe- periode beendigt ist. Eine solche Ruheperiode, welche nicht nur bei ober- irdischen Pflanzenteilen, sondern auch bei Zwiebeln, Knollen, Samen zu beobachten ist, kann nicht als Ruhe im eigentlichen Sinne des Wortes be- !) M. Thouvenin, De l’influence des courants galvaniques faibles sur ’endosmose chez les vegetaux. Revue gen. de botan. T. 19. p. 317 (1907); T. 8. p. 433 (1896) und @G. Pollaeci, Atti Istituto bot. dell’ universitä di Pavia. Vol. 11 (1905). 154 Viktor Grafe. zeichnet werden, wir müssen uns vielmehr vorstellen, daß unterdes tief- gehende chemische Veränderungen in der Pflanze sich vollziehen, aus deren Resultat sich ein Zustand ergibt, aus dem heraus erst die Mobili- sierung geeigneter Baustoffe einerseits und die Möglichkeit der Anlage neuer Teile andrerseits mit Hilfe dieser Stoffe gegeben ist. Es sei hier be- merkt, daß man die Erfolge des Frühtreibens meistens einseitig auf die Mobilisierung des Stoffes, etwa durch Aktivierung glukolytischer oder peptolytischer Enzyme zurückführt, also auf die Zufuhr von Aktionswasser oder höhere Temperatur oder Reize durch Abkühlung, durch Gift ete., während man den Umstand zu wenig berücksichtigt, dab zur Anlage neuer Teile auch die zweckentsprechende Verwendung der mobilisierten Stoffe notwendig ist. Das Sistieren der Vegetation bei Eintritt der kalten Jahreszeit und das „Wiedererwachen“ im Frühling wiederholt sich in unseren Klimaten regelmäßig an den betreffenden Pflanzen und erscheint uns als Vegetationsrhythmus, die Ruhezeit ist aber nicht notwendig auf den Winter beschränkt. sondern kann auch beı vielen Knollen- und Zwiebelgewächsen im Sommer eintreten und der Vegetationsrhythmus fällt namentlich bei den Pflanzen tropischer Gegenden mit dem Wechsel der Trocken- und Regenperioden zusammen. Die Ruheperiode der unterirdischen Pflanzenteile, um zunächst von diesen zu sprechen, kann verschiedene Dauer aufweisen. So keimen manche Kartoffelsorten, wenn sie im Herbst aus der Erde genommen und ins Treibhaus gebracht werden, nicht, sondern erst im Februar, die Samen der Mistel keimen von selbst im Herbst und in den Wintermonaten nicht, wohl aber leicht im April, die Samen der Esche keimen in dem Jahre, in welchem sie entstanden sind und in dem darauffolgenden überhaupt nicht. sondern im erst zweitnächsten Jahre. Die Ruheperiode ist in allen diesen Fällen so fest, dal) sie durch Schaffung günstiger Wachstumsbedingungen, wie sie im Warmhaus ge- geben sind, nicht überwunden werden kann. Diese Art von Ruheperiode nennt Molisch die freiwillige. Eine andere Art der Ruhe ist eine auf- gezwungene, wenn nämlich die Pflanzen durch ungünstige Wachstumsver- hältnisse, z. B. durch Kälte, in der Entwicklung zurückgehalten werden, wenn man beispielsweise Maielöckchenkeimlinge im Winter in einen Kühl- raum bringt und sie hier bis zum nächsten Herbst beläßt: sie treiben nicht, obwohl das unter normalen Verhältnissen im Frühling geschehen wäre. Diese von außen aufgezwungene Ruhe ist eine unfreiwillige. Die Ruheperiode der Kätzchen der Haselnuß oder der Blütenknospen von Forsythia klingt schon Ende Dezember aus. Wenn diese Pflanzen trotzdem sich nach Neujahr im Freien noch nicht entwickeln, so trägt die niedere Außentemperatur daran schuld. Die Ruhe der Pflanzen zeigt ferner zu verschiedenen Zeiten verschiedene Grade der Tiefe. Johannsen unterscheidet drei Phasen der Ruheperiode, nämlich Vorruhe, Mittelruhe und Nachruhe. Nach ihm ist „die ganze Periode der Ausdruck einer Schwingung: ab- nehmende Austreibfähigkeit — gänzliche Ruhe — zunehmende Austreib- fähigkeit“. Beim Flieder z. B. sind die Winterknospen von ihrer ersten r Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums etc. 155 Anlage bis etwa zum Hochsommer gewissermaßen in Vorruhe, dann folgt bis etwa Ende Oktober die Mittelruhe und schließlich die Nachruhe, aus welcher die Knospen Ende Dezember oder anfangs Januar heraustreten, um von da an nur mehr „unfreiwillig“ durch Kälte an der Entwicklung gehindert zu werden. Während bei manchen Zweigen, wie bei Syringa. Forsythia, das Ausklingen der Ruhe sehr bald eintritt, stellt sich dieser Zeitpunkt bei der Linde und Rotbuche relativ spät ein, ja die Ruheperiode kann bei verschiedenen Knospen eines und desselben Zweiges zu ver- schiedenen Zeiten abklingen, so die der männlichen Haselnußkätzchen schon im November, der weiblichen etwas später und der Laubknospen erst im März. Man kann nun durch verschiedene Mittel die Ruheperiode abkürzen. Bei vielen Holzgewächsen können die jungen, noch gar nicht fertig aus- gebildeten Knospen zum vorzeitigen Austreiben veranlaßt werden, wenn man ihre Sprosse: entblättert. Molisch hat solche systematische Entblätte- rungsversuche mit Zweigen von Flieder und Hainbuche angestellt. Von Ende bis Anfang Juli treiben vollends entlaubte Exemplare wieder aus und belauben sich reichlich, wenn auch mit kleineren Blättern, vom halben Juli an aber unterbleibt das Treiben fast ganz, vom 1. August völlig. Werden nur einzelne, 20-100 cm lange Äste entblättert, während die übrige Hauptmenge der Äste belaubt bleibt, so findet, wenn die Ent- laubung Ende Mai durchgeführt wird, ein Wiederaustreiben der inzwischen schon angelegten Winterknospen statt; das Austreiben erfolgt langsamer als bei total entlaubten Exemplaren, aber schon eine teilweise Entblätte- rung um Mitte Juni bewirkt kein oder fast kein Austreiben mehr. Abkürzend auf die Ruheperiode wirkt ferner niedrige Temperatur. Kartoffelknollen, die von Müller-Thurgau unmittelbar nach der Ernte in den Eiskeller gebracht wurden und hier 14 Tage bei einer Temperatur knapp über Null lagerten, sind imstande, sofort auszutreiben, die Zweige verschiedener Pflanzen, die von Howard 7—21 Tage einer Temperatur von 6— 8° ausgesetzt waren, fingen früher zu treiben an, als die Kontroll- zweige; dagegen wirkt nach Molisch ein täglich erfolgender Wechsel zwischen Wärme und Kälte selbst durch mehrere Monate fortgesetzt auf das Austreiben ruhender Knospen nicht nur nicht begünstigend,, sondern häufig schädlich ein. Nach Johannsen werden Sträucher oder Zweige während der Ruheperiode der Einwirkung von Ätherdampf ausgesetzt. Als Ätherisie- rungsraum dienen luftdicht verschlossene Glas- oder Metallgefäbe (Fig. 43 a). Burgerstein verwendet Glaszylinder von 28 dm® Rauminhalt zu Treibver- suchen. Zur Deckung dient dann eine am Rande abgeschliffene und hier mit Talg bestrichene Scheibe aus dickem Glase, die fest angeprelt wird: außerdem wurde über dem Glasdeckel ein Wachstuch in doppelter Lage gebunden und auf dieses zum Beschweren ein Gewicht gelegt. Für Ver- suche in erößerem Maßstab empfehlen sich große, festgefügte Holzplatten, deren Innenwände mit Blech, Stanniol ausgekleidet oder mit Chromleim glasiert sind; auch ein Wasserglasinnenanstrich ist zweckmäßig. In eine 156 Viktor Grafe. Seitenwand des Kastens ist eine Türe eingeschnitten (Fig. 435), die heraus- geschnittene Holzplatte ruht auf einem Falz, der gut eingedichtet ist und wird nach dem Einsetzen des Objektes in den Kasten durch Flügel- schrauben möglichst luftdicht angepreßt. Man kann in die Öffnung auch eine Glasscheibe einkitten, damit die Versuche bei gleichzeitiger Belich- tung ausgeführt werden können. J. Aymard (Montpellier) hat für an der Oberseite zu schließende Ätheri- sierungskasten einen Sandverschluß empfohlen (Fig. 44). In der Mitte der oberen Kastenwand ist ein Loch angebracht, unter dem im Innern des Fig. 43 a. Fig.43b. Abhebbarer Deckel des Johannsenschen Ätherisierungsgefäßes. 77) en Fig. 43c. Ätherisierungskasten nach Johannen und dessen ce 1R5em rn Dimensionen. Die Erde der Blumentöpfe, resp. die Wurzelballen sind dicht mit Sand bedeckt. damit die Ätherdämpfe nur die oberirdischen Organe beeinflussen. Der Äther wird durch denin den Deckel eingelassenen Trichter in ein unter- halb des Deckels hängendes Gefäß eingefüllt. 0cın Kastens das zur Aufnahme des Äthers bestimmte Gefäß hängt. (Die Manipu- lation mit Äther darf wegen der Ex- BEE plosionsgefahr natürlich niemals in der sum Ze Eu a Dimensionen der Johannsenschen Nähe einer Flamme vorgenommen wer- ee den.) Da der Ätherdampf infolge seines größeren spezifischen Gewichtes nach unten sinkt. muß das Äthergefäß stets im oberen Teil des Kastens angebracht sein. Das Loch im Kasten- deckel ist mit einem Stöpsel verschließbar, in die Ätherschale wird ein Stück Watte oder Tuch gelegt, welche die Verdunstung des Äthers be- schleunigen sollen. Nachdem alle Öffnungen des Kastens gut verschlossen, eventuell mit Gips verschmiert sind, wird durch das obere Loch mittelst eines Trichters der Äther eingegossen und das Loch dann verstöpselt. Die Einwirkung des Äthers soll möglichst nur auf die oberirdischen Teile statt- Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 157 finden, deshalb werden die dicht nebeneinander gestellten Töpfe ganz oder mindestens bis zur halben Höhe mit trockenem Sande bedeckt: abgesehen davon, daß der Sand die Wurzeln schützt. verstärkt er noch die Dichtig- keit des Kastens und absorbiert den Ätherüberschuß; er muß aber ganz trocken sein, weil sonst zuviel Äther eingesaugt wird. Beim Ätherisieren von Pflanzen aus Freiland werden die Wurzeln mit Erdballen ganz mit Sand zugedeckt; die Erdballen müssen wohl feucht, aber nicht zu nab sein. Die Zweige können, wenn sie für den Kasten zu hoch sind, auch ge- beugt, doch dürfen die Knospen nicht angestoßen werden. Die Äste der Topfpflanze können auch zusammengebunden sein, um die Knospen beim späteren Herausnehmen aus dem Kasten zu schützen. Die Erde der Töpfe darf nicht zu kalt sein, die Töpfe müssen also vor dem Ätherisieren einen Tag in einem warmen Raum gestanden haben. Der Einfluß des Äther- dampfes ist um so gewaltsamer, je höher die Temperatur gehalten wird. Eine Ätherdosis, welche in 24 Stunden bei 0°C fast keine Wirkung aus- übt, kann in derselben Zeit bei 30°C die Pflanze ernstlich schädigen, die Temperaturintervalle beim Ätherisieren liegen zwischen 14—21°C. am Sandverschluß des Ätherisirrungskastens nach Aymard. besten wirkt eine Mitteltemperatur von 17—19°C, bei 25—50°C wirkt eine kleinere Äthermenge vorteilhaft. Die Dauer der Ätherisierung und die Menge des Narkotikums hängt von der Pflanzenart oder Sorte, von der Phase der Ruheperiode, in welcher das Treiben vorgenommen wird und von der Temperatur ab. Gegen Ende der Ruheperioden zu sind die Pflanzen auch gegen kleine Ätherdosen viel empfindlicher als vorher. Die Ätherdosis') wird am besten nach dem inneren Raum des Kastens be- rechnet; wenn Sand benützt wird, muß man die halbe Höhe der Sand- und Erdschicht (respektive der Sand- und Topfschicht) in Abzug bringen. Wenn also diese Schichte z. B. 14 cm hoch ist, werden von der inneren Höhe des Kastens 7 cm abgezogen. bevor man den Raum berechnet. Die Dosen variieren dann zwischen 30—45 g flüssigen Äthers für einen Hekto- liter Luftraum; die Anzahl der Gramme mit 1'4 multipliziert ergibt die Anzahl der zu verwendenden Kubikzentimeter. Stehen die zu ätherisieren- ) A. Burgerstein, Über die Wirkung anästhesierender Substanzen auf einige Lebenserscheinungen der Pflanzen. Verhandl. d. Zool.-Bot. Gesellsch. Wien. Bd. 56 (1906): so auch das Referat dieses Forschers „Fortschritt in der Technik des Treibens der Pflanzen“ im Progressus rei botanicae. Bd. 4 (1911). 158 Viktor Grafe. den Zweige in Wasser, so ist die große Absorptionsfähigkeit des Wassers gegenüber dem Äther zu berücksichtigen. Das Wasser enthält pro Liter etwa 22mal soviel Äther gelöst, als in der Luft pro Liter verdunstet ist. Will man also z.B. ein 10 ! fassendes Zylinderglas als Ätherisierungsgefäß benützen, so verwendet man 49 Äther, also 04 g pro Liter Luft für trocken zu ätherisierende Zweige. Soll aber Wasser dazu kommen, so muß die Menge Wassers abgemessen und berücksichtigt werden, daß dem Wasser die 22fache Äthermenge zuzusetzen ist, damit das Äthergleichge- wicht Luft-Wasser hergestellt sei. Dem Wasser (es sei ein Liter verwendet) wird also vorher 22mal 04 —= 8'8 g Äther zugesetzt, das Wasser mit dem Äther gut durchgeschüttelt und dann noch überdies für die übrigen 9 I Luftraum des Gefäßes 9mal 04 = 3°6 g flüssigen Äthers genommen, die auf ein Schwämmehen aufgetropft, im Luftraum aufgehängt werden. Bei Zimmertemperatur bedarf im gut geschlossenen Kasten pro 100 7 Luft- raum Syringa im allgemeinen 35—40 g, Azalea mollis desgleichen, Vibur- num Opulus 38—42 9, Tulpen (diese dürfen erst nach Beendigung der Wurzelentwicklung ätherisiertt werden) 20—25 g Äther. Immergrüne Sträucher verlieren beim Ätherisieren ihre Blätter. Nach dem Heraus- nehmen aus dem Ätherkasten müssen die Pflanzen gut begossen und be- spritzt und sofort in einem warmen Raum zum Treiben gebracht werden; ein zu langer Intervall zwischen Ätherisieren und Treiben kann bewirken, daß der durch den Äther bedingte Reizprozeß wieder abklingt. Indessen kann gute Ätherisierung mitunter eine Nachwirkung von einem Monat haben, indem in der Nachruhe narkotisierte Sträucher einen Monat treib- fähig bleiben. In der Mittelruhe ist das Treiben selbst bei Anwendung der stärksten Ätherdosen resultatlos. Um die Verwendung von Wasser zu ver- meiden, die Zweige aber doch feucht zu erhalten, kann man nach Burger- stein die frisch abgeschnittenen Zweige in kleine Bündel binden, das Schnitt- flächenende des Bündels mit feuchtem Moos umhüllen, dieses in Wachs- leinwand einschlagen, dann verbinden und so ins Ätherisiergefäß stellen. Durchschnittlich läßt man den Ätherdampf 48 Stunden einwirken, im An- fang der Nachruhe und in der Vorruhe läßt man 72 Stunden, am Ende der Ruheperiode 24—-30 Stunden einwirken; bisweilen kann man zwei- malige je 48stündige Ätherisierung mit 48stündiger Unterbrechung an- wenden; doch wirkt dieses Verfahren nur bei manchen, wie Platanus orientalis und Staphylea innata (nach Howard), günstig, bei anderen, wie Acer campestre, Tilia grandifolia u. a., ungünstig. Ein 100—140 Stunden dauernder Aufenthalt in der Ätheratmosphäre schädigt die meisten Pflanzen empfindlich, ein 5—6tägiger ausnahmslos. Gewöhnlich fällt bei ätherisieren- den Pflanzen die Farbe der Blüten schwächer aus. Die Ätherwirkung ist eine lokale, so daß man einzelne Zweige der Pflanze, die man vom Äthe- risiertwerden ausschloß, am Frühtreiben verhindern kann, die Knospenent- wicklung der Pflanze wird dann höchst ungleich ausfallen. Beim Treiben von Zwiebeln erzielte Aymard sehr gute Erfolge mit einem Gemisch von 20 y Äther und 5 g Chloroform pro 100 ! Luft, wie überhaupt Chloroform Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 159 dem Äther analog, nur viel stärker wirkt, so dab 6—9 g Chloroform für eine 48stündige Chloroformierung in Betracht kommen, d. i. 4—6 em3. Die Zwiebeln werden in Töpfe gesetzt und in frostfreiem Grunde belassen bis sie angewurzelt sind und Triebe von 15—20 cm Länge gebildet haben und dann erst in den Ätherisierungsraum überführt. Ein weiteres Treibverfahren besteht in der Verwendung des Warm- bades, welches in russischen und deutschen Gärtnereien schon längere Zeit mit Erfolg verwendet wird!); die wissenschaftliche Analyse des Verfahrens verdanken wir Z. Molisch (Fig. 45). Frisch abgeschnittene Zweige der Haselnuß und Forsythia suspensa wurden in Wasser von 30° C untergetaucht und hier 9—-12 Stunden belassen. Nach Ablauf dieser Zeit werden sie aus dem Bade herausgenommen, mit ihrer Basis in mit Wasser gefüllte Gläser ge- Fig. 45. u Er { ÜRRÜRELEN SIDE FAÄUHUELUNLLLCLLRRTLLFCLTTERERTRERS Bassin des Warmwasserbades nach Molisch. A Daraufsicht des Bassins; r = Heizrohr, h= Wasserhahn; B= senkrechter Durchschnitt des mit Wasser gefüllten Bassins. Die Blumentöpfe sind auf Latten gestellt und mit Strohmatten bedeckt, die Pflanzen tauchen nur mit den oberirdischen Teilen in Wasser, Erde und Wurzeln ragen in den Luftraum. stellt und sodann im Warmhaus am Lichte bei einer Temperatur von 15—16°C weiter kultiviert. Nach 8 Tagen zeigen sich die Kätzchen der gebadeten Zweige von 25cm auf 55—T cm verlängert und in voller Blüte, während die nicht gebadeten Kontrollexemplare unverändert sind; auch die Forsythiazweige stehen nach 11 Tagen in voller Blüte, während sich die ungebadeten erst 14 Tage später öffnen. Dieses Verfahren gelingt bei den meisten Holzgewächsen, doch verhalten sich nicht alle gleich, manche wer- den durch das Warmbad schnell und ausgiebig, andere mäßig und noch andere, wie Linde und Rotbuche, gar nicht oder erst gegen Ende der Ruhe- periode beeinflußt. Der Erfolg hängt aber auch von der Dauer und Tem- peratur des Bades und der Tiefe der Ruhe ab; am besten wirkt ein 9—12stündiges Bad, im Herbst und zu Beginn des Winters muß man !) H. Molisch, Das Warmbad als Mittel zum Treiben der Pflanzen. Jena 1909. 160 Viktor Grafe. länger baden als im Winter oder gar gegen Ausklingen der Ruhe, so ge- nügen im Winter bei Corylus schon 6 oder nur 5 Stunden und endlich kann das Bad sogar hemmend wirken. Dasselbe gilt für die Temperatur des Bades, die noch wirksame Minimaltemperatur ist 25°C, die Maximal- grenze 40°C. Auch hier ist der Einfluß ein ganz lokaler. Zur Durchfüh- rung des Warmbades benützt man am besten zementierte durch Dampf- röhren heizbare Behälter, in welche, nachdem sie auf die gewünschte Temperatur gebracht sind, die zu treibenden Topfpflanzen, nachdem sie genügend begossen wurden, so hineingehängt werden, daß die Krone ganz unter Wasser taucht und der Blumentopf mit den Wurzelballen in die Luft ragt. Zur Konstanterhaltung der Temperatur wird der Behäkter mit schlechten Wärmeleitern umgeben. Die Wurzeln dürfen nicht mituntergetaucht wer- den, weil sie in der Regel viel empfindlicher gegen höhere Temperaturen sind als die resistenten oberirdischen Teile. Nach dem Bade kann man die Pflanzen sofort ins Warmhaus zum Treiben aufstellen, aber auch hier pflegt die Reizwirkung des Bades mehrere Wochen latent erhalten zu bleiben. Von großer Bedeutung ist die Vorkultur; so kann die Dauer des Bades bei Syringa um so kürzer, seine Temperatur um so niedriger sein, je länger die Pflanzen vorher in der Kälte verweilt hatten. In seinem Buche!) gibt Molisch die Resultate von Treibversuchen. Einen ähnlichen Erfolg gestattet auch die Verwendung von Wasserdämpfen zu erzielen, dagegen läßt sich das Warmbad in den meisten Fällen durch ein ent- sprechendes Luftbad nicht ersetzen, es ist also nicht die Wärme allein, sondern der Komplex von Umständen beim Warmbad: Erschwerung der Atmung unter Wasser, vielstündige Berührung mit dem warmen Wasser, Aufnahme von Wasser und dadurch hervorgerufene Quellung von Zellwänden und ge- wissen Zellinhaltsstoffen im Einvernehmen mit der höheren Temperatur, welche den Treiberfolg bewirken. Ein weiteres Mittel, die Pflanzen zu treiben, ist, sie vorher niederer Temperatur auszusetzen. Man beläßt die betreffenden Pflanzen durch eine Woche in einem Raume, dessen Temperatur zwischen 3—5° C schwankt. Einige Stunden vor dem Herausnehmen wird die Temperatur, um das Auftauen zu begünstigen, gesteigert. Solche gekühlte Ptlanzen lassen sich bei niedrigerer Temperatur und besser treiben als die nicht behandelten. Auch Kombinationen von Frost und Ätherisieren wurden mit Erfolg ver- sucht. Dagegen hat eine dreiwöchentliche Frostwirkung keinen günstigeren Effekt als eine einwöchentliche. Außer durch Frost kann man die Ruhe- periode auch durch langsames Austrocknen in einem warmen trockenen Raume abkürzen und die so behandelten Pflanzen oder ruhenden Organe zum schnelleren Austreiben veranlassen. Molisch studierte den Einfluß des Radiums auf das Frühtreiben von Pflanzen wie Winterknospen von Syringa. Aesculus Hippocotanum u.a. Es wurden dreierlei Radiumpräparate verwendet. ein solches enthielt FIRE. Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 161 464 mg reines Radiumchlorid, ein anderes 295 mg. Diese beiden waren in Glasröhrchen eingeschlossen, so daß nur die %- und y-Strahlen zur Ein- wirkung gelangten, während das dritte Präparat in einem Lackscheibchen bestand, in dem das Radiumpräparat gleichmäßig ohne Glasbedeckung verteilt lag, so daß hier die x-Strahlen zur Wirkung kamen, welche einen Sättigungsstrom von 123°5 elektrostatischen Einheiten lieferten. Die Knospen der zusammengebundenen Zweige lagen in einer Ebene nebeneinander und ‘ wurden dem Röhrchen direkt so aufgelegt, daß das Röhrchen in die Rinne zu liegen kam, welche durch die parallel stehenden Knospenpaare gebildet war. Nach der ca. 24 Stunden dauernden Bestrahlung wurden die Zweige direkt ins Warmhaus zum Austreiben im Lichte gebracht. Der Ein- fluß der Bestrahlung macht sich im Vorherbst nicht geltend, wohl aber zu einer Zeit, wo die Ruhe nicht mehr allzu fest ist; die Bestrahlung darf nicht zu kurz, aber auch nicht zu lang (nicht über 48 Stunden) dauern. Auch die Emanation hebt in einem gewissen Stadium der Ruhe (Dezember) die Wachstumshemmung auf und veranlaßt ein frühzeitiges Austreiben, doch hört ihr Einfluß auf, sowie die Ruheperiode ausklingt und kann in den entgegengesetzten umschlagen, das Wachstum also hemmen. Diese Förderung des Treibens durch Radiumpräparate und durch Emanation auf treibende Pflanzen ist um so merkwürdiger, als ebenso starke Präparate auf Keimpfilanzen gewöhnlich ganz anders wirken. Wiewohl Falta und Schwarz einen intensiv fördernden Einfluß auf das Wachstum von Haferkeimlingen beobachtet hatten, die täglich erneuerter Emanation von 31.000—270.000 Macheeinheiten ausgesetzt waren, konnte Molisch im Gegensatz zu diesen Autoren bei keiner Konzentration einen günstigen Einfluß auf Wachstum und Entwicklung weder bei Hafer noch bei anderen Pflanzen heobachten, vielmehr war bei allen Pflanzen eine Schädigung wahrzunehmen, die sich entweder unmittelbar nach der Be- strahlung oder kurze Zeit darnach durch gehemmtes Wachstum oder durch Absterben äußerte. Durch Emanation wird ferner das Abwerfen des Laubes in hohem Grade gefördert, selbst im Frühling, also zu einer Zeit, wo normalerweise vom Laubfall keine Rede ist; die Emanation wirkt hier wie Lichtabschluß oder Unterdrückung der Transpiration als Reiz auf die Anlage und die Ausbildung der Trennungsschichte, veranlaßt also ganz lokal Gewebe zum Wachstum.?) Von F. Weber stammt die Verletzungsmethode: Bei dieser ist die Tatsache, daß es sich beim Treiben um lokalisierte Wirkung handelt, bis ins Extrem verfolgt, denn da es nicht der Pflanzenorganismus als Ganzes ist, welcher bei der Treiberei Veränderungen erfährt, sondern nur die jeweils am Pflanzenkörper gereizten Partien, ging F. Weber von dem Gedanken aus, daß es genügen müßte, auch die einzelnen, in der Winter- 1) H. Molisch, Über den Einfluß der Radiumemanation auf die höhere Pflanze. _ Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien. Bd. 121 (1912); Über das Treiben von Pflanzen mittelst Radium. Ebenda. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VII. 11 162 Viktor Grafe. ruhe verharrenden Knospen für sich allein zu reizen, um sie zur Ent- wicklung anzuregen. An der Basis der zu behandelnden Knospe, dort, wo sich die Narbe des abgefallenen Blattes befindet, in dessen Achsel die Knospe zur An- lage kommt, wird in dieselbe mit der Nadel der zu Injektionen in der Medizin gebräuchlichen Pravazschen Spritze ein Stich versetzt und 15 em3 Wasser, welche sich in der Spritze befinden, der Wunde injiziert. Ist die Knospe ziemlich groß, dann kann die Nadel horizontal durch die Mitte der Basis gestochen werden, ist sie aber sehr schmal, so würde die Spitze der Nadel an der anderen Seite der Knospe wieder nach außen dringen und das Wasser könnte nicht in die Knospe gelangen; in diesem Falle ist es zweckmäßig, die Nadel ein wenig schräg nach aufwärts zu richten; da die feine Nadelspitze sehr leicht durch Gewebeteile verstopft wird, empfiehlt es sich, vorher mit einer feinen Nadel den Einstich auszuführen und in diesen Stichkanal erst die Nadel der Spritze einzubringen. In allen Fällen macht sich durch den Turgor der Knospenzelle ein mehr oder weniger starker Widerstand gegen das Einpressen der Flüssigkeit fühlbar, der z. B. bei Acer platanoides oft fast unüberwindlich, bei Syringa vulgaris und Tilia platyphyllos relativ gering ist. Beim raschen Einpressen spritzt das Wasser an der Spitze der Knospe, dort, wo die Deckschuppen zusammen- neigen, in feinem Strahle kräftig hervor und man darf sich dadurch, daß die eingepreßte Flüssigkeit ein leichtes Auseinanderweichen der Deckblätter bedingt, nicht täuschen lassen und annehmen, daß unmittelbar nach der Injektion sich bereits ein Entwicklungserfolg geltend macht. Es wurde ge- wöhnliches Leitungswasser verwendet und festgestellt, daß ein Teil der eingepreßten Flüssigkeit tatsächlich von der Knospe aufgenommen wurde mit dem Erfolg, daß so behandelte Knospen von Syringa vulg. und Tilia platyphyllos in der Phase der Nachruhe zum Frühtreiben gebracht wer- den konnten und den unbehandelten Knospen um durchschnittlich drei Wochen in der Entwicklung vorauseilten. Für die Knospen von Tilia wurde festgestellt, daß die Verletzung durch den Stich allein ohne nachfolgendes Einpressen von Wasser den Frühtreiberfolg mit sich bringt, daß also die Verletzung an sich die Mobilisierung der Reserven bewirkt und dadurch in eine Parallele mit der Entblätterung zu stellen ist. Dagegen bleibt die bloße Verletzung durch Stich ohne Einpressen von Wasser bei Acer pla- tanoides unwirksam, es dürfte also neben der Verletzung auch dem ein- gepreßten Wasser eine gewisse Rolle zukommen und es dürfte sich hier ebenso wie beim Warmbad eben nicht um einen einzigen verursachenden Faktor, sondern um einen ganzen Komplex von Faktoren handeln. Nach Bos wirkt auch der galvanische Strom auf die Abkürzung der Ruheperiode hin. F. Jesenko verwendet als Mittel zum Frühtreiben die Injektion ver- schiedener Flüssigkeiten wie verdünnten Alkohol, Äther, Säuren etc. in die Knospen. Die Zweige werden in die betreffenden Lösungen entweder ein- gelegt oder mit denselben injiziert. Die Injektion geschieht an der Schnittfläche mit Hilfe eines zur Einpressung von Flüssigkeiten in abgeschnittene Sprosse Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung, des Wachstums ete. 163 eigens von Jesenko!) konstruierten Luftkessels (Fig. 46). Mit der Handluft- pumpe wurde bei geschlossenen Hähnen der Druck im Kessel auf eine Atmosphäre gebracht, die mit dem Kessel in Verbindung stehenden Glas- röhren wurden mit der Lösung von Alkohol oder Äther, bzw. Wasser ge- füllt, an ihr freies Ende mittelst eines kurzen Vakuumschlauches der zu injizierende Zweig angesetzt und mit Drahtklemmen befestigt — Lutft- blasen, die sich zwischen Zweigende und Flüssigkeit einschieben, werden durch Klopfen an dem Glasrohr herausgetrieben. Nun öffnet man die Hähne, worauf die komprimierte Luft die Lösungen unter konstantem Druck von Fig. 46. einer Atmosphäre in die Zweige hinein- treibt. Durch Abbrechen der Terminalknospe wurde ein rasches Durchdringen der Zweige mit den Lösungen. (Alkohol wurde in den | 1 Konzentrationen 20°%,, 10%, 5%, 1%: 01°/,, Äther in den Konzentrationen 10°/,, 5, 1%,, 0°1%/,, 0:001°/, verwendet). er- reicht. Nach der Injektion wurden die Zweige mit dem unteren Ende in Wasser- gläser gestellt und in ein lichtes Warm- haus gebracht. Zur Zeit der Ruhe, wenn die Entwicklungsprozesse in den Knospen erst eingeleitet werden, ist die Wirkung der Lösungen eine günstige und beschleunigt die Knospenentfaltungen, während dadurch die Knospenentwicklung verzögert oder ganz unterbunden wird, wenn die Knospen be- reits aus der Ruhe getreten sind. Bessere Wirkung als die Injektion hat das Baden der betreffenden 20—30 cm langen Zweige, die zu 6—10 Stück zu einem Bündel zu- sammengebunden werden, in den betref- 4 fenden Lösungen, schon deshalb, weil so gleichzeitig eine größere Anzahl Knospen Amer itssinkeiten in die Kmcapen. denselben Bedingungen ausgesetzt werden ee: kann. Salzsäure und Schwefelsäure wurden dabei in Verdünnungen von 0:5°/,—5°/, verwendet. Die Zweigbündel wur- den mit dem apikalen Ende nach abwärts in die Lösungen getaucht (während die Temperatur des Bades konstant auf 12—14°C gehalten wurde), so daß ein kurzes Stück des basalen Endes und die Schnittfläche !) F. Weber, Über die Abkürzung der Ruheperiode der Holzgewächse durch Ver- letzung der Knospen ete. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien. Bd. 120 (1911). — F' Je- senko, Einige neue Verfahren, die Ruheperiode von Holzgewächsen abzukürzen. Ber. d. Deutschen bot. Ges. Bd. 29. S. 273 (1911); Bd. 30. S. 81 (1912). 11% 164 Viktor Grafe. Methodik der Beschleunigung der Samenkeimung ete. aus dem Bade hervorragten; die Lösung konnte demnach nicht im Holz- körper aufsteigen, sondern nur von außen her in die Knospen eindringen. Die Dauer des Bades variierte zwischen 3 und 12 Stunden. Nach dem Bade wurden die Zweigbündel mit der Basis in Wasser gestellt und ins Warmhaus gebracht. Es zeigte sich auch hier wieder eine günstige Wir- kung anorganischer und organischer Säuren (Weinsäure) während der tiefen Ruhe in bezug auf Frühentwicklung, während am Ausgange der Ruheperiode nur ganz verdünnte Lösungen die Entwicklung beschleunigen, stärkere aber schaden. Eine höher konzentrierte Alkohol- oder Säurelösung, kürzere Zeit angewendet, wirkt bis zu einem gewissen Grade ähnlich wie eine schwache bei längerer Dauer der Einwirkung. (esamtanalyse von Pflanzenmaterial. Von Viktor Grafe, Wien. Daß alle im Organismus sich abspielenden Vorgänge miteinander in Zusammenhang stehen und voneinander abhängen, ist eine noch immer nicht genug gewürdigte Tatsache. Das Gesetz der Korrelation beherrscht auch den vielzelligen Pflanzenorganismus in weitestgehendem Maße, so dab alle sich im Stoffwechsel vollziehenden Prozesse, entstehenden Stoffe in innigster Wechselbeziehung stehen. Seit Liebigs „Gesetz des Minimum“ wissen wir, daß das Erntegewicht der Pflanze abhängig ist von dem in kleinster Menge vorhandenen Mineralstoff, dal also, wenn einer von den notwendigen Aschenstoffen im Substrat in zu geringer Menge vorhanden ist, ein Überschuß anderer diesen Mangel nicht aufwiegt. sondern auch der Überschuß der anderen nur im Verhältnis des in kleinster Menge ge- gebenen ausgewertet werden kann. Aber das Gesetz des Minimums bezieht sich nieht nur auf die Mineralstoffe, sondern es besteht ebenso eine Kor- relation zwischen diesen und den anderen Nährstofiquellen und wieder eine Korrelation dieser untereinander. Ein Minus oder ein Überschuß an Kohlensäure, an Licht, an Wärme, an Feuchtigkeit wirkt wieder bestim- mend auf die Mineralstoffaufnahme ein und jede Veränderung irgend eines dieser Faktoren wird wieder den Einiluß aller anderen bestimmenden Fak- toren auf den Pflanzenorganismus verändern, was sich in einem verän- derten Kurs der Stoffwechselprozesse wird äußern müssen. Vielfach wird noch heute die Praxis geübt, das Resultat eines Stoffwechselversuches ein- fach an der Veränderung der Form und an den Erfolgen des Wachstums zu messen; daß dies nur ein sehr abgeleitetes Resultat der gegebenen Veränderung anzeigen wird, liegt auf der Hand. Aber selbst die chemische Analyse darf nicht einseitig durchgeführt werden: angenommen wir wollten die Erfolge des Kalkmangels in der Nährlösung studieren, so darf man sich nicht nur damit begnügen, das Zurückbleiben im Wachstum der ein- zelnen Pflanzenorgane zu messen und auch nicht, die Aufnahme und Aus- scheidung der anderen Komponenten der Nährlösung zu studieren, sondern man wird stets auf eine Gesamtanalyse des Versuchsmaterials hinarbeiten müssen. Speziell bezüglich des Kalkmangels wissen wir heute, daß durch ihn Leitung und höhere Kondensation der Kohlehydrate beeinträchtigt 166 Viktor Grafe. wird, daß eine vollkommene Kondensation des Formaldehyd als des Zwi- schenproduktes der Kohlensäureassimilation unterbleibt, dieser sich somit in Substanz anhäuft und giftig wirkt‘), aber auch eine weitere Verfolgung der entstehenden oder nicht entstehenden Substanzen müßte vielfach zu interessanten Aufschlüssen führen. Wir wissen, dab gasförmiger Formal- dehyd, der grünen Pflanze vom Luftvolumen aus dargeboten, als Nährstoff aufgenommen wird und das Wachstum der Pflanze beschleunigt.?) In Ana- logie mit anderen Versuchen sollte man nun schließen, dal) hier eine be- sonders große Produktion von Stärke stattfindet. Die Untersuchung hat gezeigt, daß im Gegenteil die Stärkebildung fast ganz unterbleibt, dal) da- für aber ein Übermaß an Zucker bei Phaseolus vulgaris gebildet wird. Ebenso wie gewisse unserer Frühlingspflanzen keine Stärke ausbilden, ge- wissermaßen also das bei der Assimilation entstehende Kohlehydrat nicht magazinieren, sondern direkt den Verbrauchsstätten zuführen, worauf ihr lebhafteres Wachstum zurückzuführen ist, so wird auch Phaseolus vulg. — und darauf ist offenbar das schnellere Wachstum unter den Versuchsbe- dingungen zurückzuführen — durch Formaldehyddarbietung zur „Zucker- pflanze“. Es hat sich ferner .gezeigt, daß durch Formaldehyd die syntheti- sierenden Enzyme in ihrer Arbeit gehemmt, die abbauenden aber geför- dert werden. In einer anderen Untersuchung wurde im Laufe der Gresamt- analyse das Verhalten der Proteine, der Aminosäuren, der Fettkomponenten, der Enzyme, der Kohlehydrate etc. untersucht, wenn die Pflanze in durch Azetylen verunreinigter Luft gezogen wurde); wieder in anderen Unter- suchungen konnten gegenseitige physiologische Beziehungen von Eiweiß, Inulin, Fett und Mineralstoffen beim Austreiben festgestellt werden), es zeigte sich ferner, als die Untersuchung der Assimilate nicht nur auf Stärke beschränkt, sondern auch auf andere Substanzen ausgedehnt wurde, daß die Annahme, welche bis auf den heutigen Tag gilt, die im Lichte gebildete Stärke werde in der Nacht aus dem Blatte abgeleitet. nicht unein- geschränkt richtig ist. Die Untersuchung wurde früher immer nur mit der Jodprobe durchgeführt, und da ergab sich in der Tat, daß die Stärke am Morgen größtenteils verschwunden war. Prüft man aber den Zuckergehalt des Blattes, so zeigt sich, daß er ungleich größer ist als bei Tage, in der 1) V. Grafe und L. v. Portheim, Untersuchungen über die Rolle des Kalkes in der Pflanze. Sitzungsber. d. kaiserl. Akad. d. Wiss. Wien. Bd. 115 (1906). ®), V.Grafe und L.v. Portheim, Örientierende Untersuchungen über die Einwir- kung von gasförmigem Formaldehyd auf die grüne Pflanze. Öst. bot. Zeitschr. 1909. — V. Grafe und E. Vieser, Untersuchungen über das Verhalten grüner Pflanzen zu gas- förmigem Formaldehyd. Ber. d. d. bot. Ges. Bd. 27. S. 431 (1909). — V. Grafe, ebendas. Ba.29. S.19 (1911). — Derselbe, Die biochemische Seite der Kohlensäure-Assimilation durch die grüne Pflanze. Biochem. Zeitschr. Bd. 32. S. 114 (1911). 3) Y. Grafe und ©. Richter, Über den Einfluß der Narkotika auf die chemische Zusammensetzung von Pflanzen. Sitzungsber. d. kaiserl. Akad. d. Wiss. Wien. Bd. 120 (1911). #) Y. Grafe und V. Vouk, Untersuchungen über den Inulinstoffwechsel bei Cicho- rium Intybus (Zichorie). Biochem. Zeitschr. Bd. 43. S. 424; Bd. 47. S.320 (1912). Gesamtanalyse von Pflanzenmaterial. 167 Nacht hat also im wesentlichen nur eine Hydrolyse der Stärke in redu- zierenden Zucker stattgefunden. Die Ableitung durch den Blattstiel geht aber Tag und Nacht vor sich, ja sogar am Lichte in höherem Maß- (Tröndle hat gezeigt, daß die Permeabilität der Plasmahaut durch das Licht beeinflußt wird), nur daß eben bei Nacht mangels Licht natürlich keine gleichzeitige Erzeugung von Stärke stattfindet. !) Eine Gesamtanalyse oder wenigstens eine auf breiterer Basis durch- geführte Analyse des Versuchsmaterials dürfte in den meisten Fällen zu- verlässigere Ergebnisse liefern und von Einseitigkeit freihälten, die im an- deren Falle kaum zu vermeiden ist. Im folgenden sollen die allgemeinen Grundsätze dargelegt werden, nach welchen das Pflanzenmaterial behandelt wird, um eine Übersicht über die enthaltenen Bestandteile zu bieten, während bezüglich der näheren und besonders der quantitativen Ermitt- lung der einzelnen Stoffgruppen auf die einschlägigen Abschnitte in den vorausgegangenen Bänden dieses Werkes verwiesen sei. Eine Portion des Versuchsmateriales wird zunächst zur Trockenge- wichtsbestimmung benützt, um für die spätere Berechnung eine Basis zu haben. Die Entnahme der Pflanze gestaltet sich leicht, wenn sie in Wasser- kultur gezogen worden war, schwieriger, wenn es sich um in Erde ge- wachsene Pflanzen handelt. Am besten nimmt man dann die Pflanze samt der Erde, in der sie wurzelt, heraus und spült die Erde durch sanftes Bespülen an der Wasserleitung ab; man vermeidet so den Übelstand, daß - die zarteren Wurzelpartien weggerissen werden, was beim Herausziehen aus der Erde unfehlbar geschieht. Will man einzelne Pflanzenteile getrennt untersuchen, so schneidet man dieselben mit einer scharfen Schere, nicht mit dem Messer ab. Nicht leicht ist es, Wurzeln mit zahlreichen Wurzel- haaren, wenn man die Pflanzen auf Filtrierpapier hat ankeimen lassen, vom Substrate, mit dem sie förmlich verfilzt sind, loszulösen. In diesem Falle wählt man entweder ein anderes Substrat, wie Kieselsäure-(Quarz-) 'böden, oder man nimmt das Filtrierpapier samt der Pflanzendecke und _ trocknet im Trockenschrank bei üblicher Temperatur: Das getrocknete _ Papier läßt sich dann in der Regel leicht abziehen: kommt es darauf an, das ganze Pflanzenmaterial zu verwenden, so kann man Fehler durch Ver- _ wendung reinen, aschenfreien Filtrierpapiers und Abwägen des verwendeten Stückes vermeiden. Sehr gute Dienste leistet das Einwerfen des Materials in starken Alkohol oder ein Gemisch von Alkohol-Äther. Dadurch genießt man den Vorteil, Enzymprozesse, welche sich sonst bei gelinder Erwär- mung leicht noch eine Zeitlang vollziehen, sofort unterbunden zu haben, und auch einer Veränderung von leicht zersetzlicher Pflanzensubstanz, die häufig bei noch so mäßiger Trocknung eintritt, vorzubeugen. Man erwärmt _ am besten vorher die Flüssigkeit auf 40—50°. Die herausgenommenen _ Pflanzenteile können entweder dann im Trockenschrank bei einer 80° nicht überschreitenden Temperatur zu Ende getrocknet werden oder sie 1) V.Grafe und V. Vouk, Untersuchungen über den Inulinstoffwechsel bei Cicho- rium Intybus (Ziehorie). Biochem. Zeitschr., Bd. 56, S. 249. 7 sind, wenn man die Übertragung in Alkohol-Äther von einem Gefäß ins andere mehrfach wiederholt hat, häufig an der Luft respektive im Ex- sikkator oder bei geringer Erwärmung im Vakuumtrockenschrank zur völligen Trockene zu bringen. Trocknet man im gewöhnlichen, etwa mit Wasser oder Kochsalzlösung (zwischen Doppelwänden) geheizten Trocken- schrank, so darf die Temperatur niemals 110° C übersteigen und die Sub- stanz in der Glas- oder Porzellanschale niemals der Heizplatte unmittelbar aufliegen, sondern stets im Luftbade erhitzt werden. Zweckmäßig ist es, das Material vor dem Trocknen nicht zu zerkleinern und die Substanz in dünner Schichte auf eng- oder weitmaschiges Nickeldrahtnetz zum Trocknen auszulegen, weil bei Glas- oder Porzeliangefäßen sehr leicht ein Anbacken der Substanz an die Gefäßwände stattfindet und ein vollkommenes Ablösen vielfach unmöglich wird. Bei sehr kohlehydratreichen oder bei fetthaltigen Pflanzenteilen ist aber auch eine Erwärmung auf über 100° C tunlichst zu vermeiden: Kohlehydrate karamelisieren bei dieser Temperatur, was sich schon durch den Geruch kundgibt, ungesättigte Fettsäuren werden oxy- diert, wenn man nicht im Strome eines indifferenten Gases trocknet. Man muß also hier mit der Temperatur stark zurückhalten oder bei gewöhn- licher oder wenig erhöhter Temperatur im Vakuumexsikkator trocknen, wobei aber wieder die Gefahr fortlaufender Enzymwirkung gegeben ist. Hier wird sich die „nasse“ Trocknung empfehlen. Auf alle Fälle wird man die Enzymwirkung auszuschließen trachten, wo es sich um Gewinnung von wässerigen Extrakten bei niedriger Tem- peratur handelt, man darf aber niemals vergessen, daß durch das Ein- werfen in Alkohol-Äther Substanzen in Lösung gehen, die man weder bei der Beurteilung des Trockengewichtes noch bei jener der wässerigen Ex- trakte vernachlässigen darf. Man muß sich überhaupt vor Augen halten, daß eine stundenlange Extraktion gewöhnlich ganz unnötig ist, besonders wenn man es sich zur Regel macht, das Pflanzenmaterial nach dem Trocknen weitgehend zu zerkleinern, also fein zu zerhacken oder staubfein zu mahlen. Für die nachfolgende Extraktion mit Alkohol oder Äther emp- fiehlt sich vielfach das Trocknen durch Vermischen der zerkleinerten Sub- stanz mit gebranntem, gepulvertem Gips oder mit entwässertem Natrium- sulfat, welche das Materialwasser abbinden. Bei der Behandlung sehr leicht zersetzlicher Substanzen wie des Anthocyans aus Blütenblättern habe ich mit dieser Methode befriedigende Erfolge zu verzeichnen gehabt. Die beim Trocknen fast immer, selbst bei geringfüsiger Erwärmung eintretende Braun- oder Schwarzfärbung der Pflanzenteile deutet durchaus nicht not- wendig auf bedeutende konstitutive Veränderungen hin, sondern tritt in- folge der Aktivierung von Atmungspigmenten meist auch beim Liegen an der Luft bei jeder Temperatur ein. Da häufig die Extrakte aus solchen braungefärbten Pflanzenteilen dunkel gefärbt sind, diese dunklen Farben aber meist bei den nachfolgenden Bestimmungen, besonders der Kohle- hydrate, auf maßanalytischem Wege störend wirken, vielfach auch durch Fällen mit Bleiazetat oder dergleichen nicht zu entfernen sind, das Durch- 168 Viktor Grafe. Gesamtanalyse von Pflanzenmaterial. 169 filtrieren durch ein Entfärbungsmittel, wie Spodium, Kieselgur oder der- gleichen unkontrollierbare Verluste mit sich bringt, ist es gut, in die Säfte bis zur Entfärbung oder Hellfärbung einen langsamen Strom von Schwefel- dioxyd durchzuleiten. Bei der Herstellung von Extrakten aus Pflanzenteilen, die leicht hydrolysierbare Kohlehydrate oder dergleichen enthalten, muß immer auf die in Pflanzensäften enthaltenen Säuren Rücksicht genommen werden, deren Wirksamkeit aber schon durch Hinzufügen einer Messer- spitze voll gepulverten Kalziumkarbonats zur extrahierenden Flüssigkeit paralysiert werden kann. Abgetötete Pflanzen werden zweckmäßig sofort weiterverarbeitet; ist es aber notwendig, sie in frischem Zustande, etwa über Nacht, stehen zu lassen, so schützt man sich vor Invasion von Pilzen und Bakterien, indem man sie unter eine gut schließende Glocke stellt und ein Schälchen mit Toluol daneben stellt; Chloroform oder Äther ist weniger zu empfehlen, aber auch im Toluoldampf vollziehen sich enzyma- tische Prozesse, so daß man auch in diesem Falle besser tut, sofort in Alkohol einzulegen. Ein sehr gutes Konservierungsmittel ist tiefe Tempe- ratur, wenn sie sehr niedrig ist, Enzymvorgeänge können aber auch hier nicht unterbunden werden. Behufs Herstellung von Preßsäften müssen die Pflanzenteile zunächst weitgehend zerkleinert werden, sei es, dal) man sie am Hackbrett zerstückelt, wobei aber natürlich Saft verloren geht, oder in der glasierten Porzellan- oder Achatreibschale für sich oder unter Zu- satz von Glaspulver oder Quarzsand verreibt. Verwendet man Glaspulver, so hat man darauf Rücksicht zu nehmen, dal dieses stets Alkali an den Saft abgibt, daß man also dann weder die ursprüngliche Reaktion des Saftes gegen Indikatoren noch auch den Aschengehalt desselben fehlerlos bestimmen kann. Das zerkleinerte Pflanzenmaterial wird in ein Koliertuch oder einen Leinwandbeutel eingeschlagen und dann unter der Presse unter öfterem Umlegen des Materials ausgepreßt. Zweckmäßig bedient man sich, wie das Cavara bei seinen ausgedehnten Untersuchungen zur Bestimmung des os- motischen Druckes bei Pflanzensäften getan hat, der Porzellanpressen, aber auch solche mit Zink- oder Nickelbiet smd anwendbar; der Preßsaft wird entweder direkt verwendet oder auf die übliche Weise durch Filtrieren oder Zusätze geklärt. Will man auf Lebendgewicht beziehen, so prefit man das Pflanzen- material sorgfältig zwischen Filtrierpapier ab und bringt dann zur Wä- gung. Solche Reduktionen können natürlich immer nur Vergleichswerte und auch diese nur zwischen Pflanzen der gleichen Art geben, nicht aber etwa zwischen fleischigen und schmächtigen Blättern, zwischen Xerophyten und Hygrophyten etc. Burgerstein wählte, um diese Unterschiede augen- fällig zu zeigen, zur Vergleichsbestimmung der Transpirationsgrößen ein- mal eine gesunde Topfpflanze der dünnblätterigen Hydrangea hortensis und eine solche der fleischig-blätterigen Opuntia eylindrica. Das am Ver- suchsende bestimmte Lebendgewicht der Hydrangeablätter betrug 12.3109, das des Opuntiastammes 97°665 g; die Oberfläche der Hydrangeablätter 170 Viktor Grafe. betrug 4960 em?, die der Opuntia 260°8 cm?. Es ergab sich als absolute Transpirationsgröße Hydrangea 3240 g, Opuntia O'5l g. Dagegen betrug die Transpiration pro 100 g Gewicht bei Hydrangea 26320 g H,O, bei Opuntia 052 g H,O: pro 100 em? Oberfläche betrug die Transpiration 654 9 H,O bei Hydrangea, 0'209 H,O bei Opuntia. Die Transpiration der Hydrangea war somit bei Reduktion auf gleiche Fläche 32'7mal, bei Reduktion auf gleiches Frischgewicht 506mal größer als die der Opuntia. Will man bei Blättern auf gleiche Oberfläche beziehen, so kann das Blatt auf ein sog. Millimeterpapier oder auf eine mit Quadrateinteilung versehene matte Glastafel aufgelegt, der Blattumriß abgezeichnet und das Flächen- maß des Blattes ausgezählt werden. Oder das Blatt wird auf photographi- sches Kopierpapier aufgeleet, der Papierblattumriß ausgeschnitten, ge- wogen und die Fläche unter Zugrundelegung des spezifischen Gewichtes des Papiers berechnet. Soll die Oberfläche von Knollen, Rhizomen, Früchten ermittelt werden, so kann das in der Weise geschehen, daß) man das be- treffende Objekt ganz mit Stanniolstreifen bedeckt, die mittelst feiner Stecknadeln fixiert werden. Nach Abnahme des Stanniols wird aus seinem Gewichte nach Maßgabe des spezifischen Gewichtes die gesuchte Ober- fläche leicht bestimmt. Bei lufttrockenen Pflanzenteilen, wie ruhenden Samen, bestimmt man das Lebendgewicht nach dem Zermahlen und Stehenlassen im Exsikkator über Schwefelsäure bis zur Gewichtskonstanz. Die gebräuchlichsten Extraktionsmittel sind Wasser, Alkohol, Azeton, Äther: bei der Extraktion von Farbstoffen leisten oft die basischen Ex- traktionsmittel, wie Pyridin, Anilin ete., Gutes. Da man diese Flüssigkeiten in verschiedenen Konzentrationen zur Verwendung bringt, ist es notwen- die, über eine bequeme Methode zur beliebigen Verdünnung zu verfügen: die einfachste Methode, um aus einer Stammlösung von bestimmtem Ge- halte Verdünnungen herzustellen. gibt folgende von E. Löwi mitgeteilte Regel): Man gieße in einen Meßzylinder soviel Kubikzentimeter der Stamm- lösung, als die Verdünnung Prozente (entweder Prozente des Gewichtes von dem zu !ösenden Körper in 100 cm3 Lösung oder bei Flüssigkeiten die Anzahl Kubikzentimeter der unverdünnten Flüssigkeit in 100 cm3 der ver- dünnten Flüssigkeit) des gelösten Stoffes enthalten soll, und fülle mit dem Verdünnungsmittel auf soviel Kubikzentimeter auf, als die Stammlösung Prozente enthielt. Wenn man also z. B. aus einer 10°/,igen Lösung eine 3°/,ige herstellen will, so nimmt man 3 cm: der Stammlösung und füllt mit dem Lösungsmittel auf 10 cm? auf. Um aus 96°/,igem Alkohol einen 60°/,igen zu machen, nimmt man von jenem 60 cm: und füllt mit Wasser auf 96 cm? auf. Um aus der käuflichen konzentrierten Salpetersäure von ‘) E.Löwi, Eine Methode zur leichten und schnellen Herstellung von Verdün- nungen aus Stammlösungen. Zeitschr. f. wiss. Mikrosk. u. f. mikrosk. Technik. Bd. 29. S. 545 (1912). Gesamtanalyse von Pflanzenmaterial. 171 spezifischem Gewicht 1'414, die 68 Gewichtsprozente HNO, enthält. eine solche von 5 Gewichtsprozenten HNO, zu machen, wird man von dieser Dem: mit 68cm3 Wasser verdünnen usf. Will man eine weingeistige Flüssigkeit eindampfen, um sie dann mit Wasser aufzunehmen, so achte man darauf, den Alkohol völlig zu entfernen, da sonst leicht in Alkohol lösliche, in Wasser aber unlösliche Stoffe in die wässerige Lösung übergehen und diese so trüben können, daß durch Filtration keine Klärung erzielt werden kann, die man aber manchmal durch Hinzufügen von etwas Äther herbeiführt. Ähnlich verfährt man, wenn man aus alkoholischen Chlorophyllauszügen die gelben Be- gleitfarbstoffe des Chlorophylis durch Petroläther ausschüttelt; eine häufig an der Grenze beider Flüssigkeiten auftretende Emulsionszone beseitigt man durch Zutropfen von Wasser. Überhaupt mache man es sich zur Regel. bei sukzessiver Extraktion mit verschiedenen Lösungsmitteln das vorher- gegangene möglichst restlos zu entfernen. Ehe man mit der systematischen Untersuchung beginnt, führt man zweckmäßig einige Vorproben aus, um von vornherein über die An- oder - Abwesenheit gewisser Pflanzenbestandteile orientiert zu sein.') Man extra- - hiert 5—10 g der zerkleinerten Substanz mit Wasser im Wasserbad und prüft den filtrierten wässerigen Auszug nach dem Erkalten 1. auf seine Reaktion, wobei man d:s Vorhandensein von freier Säure oder von sauren Salzen erkennt. Es ist zweckmäßig, auch den filtrierten Preßsaft auf _ seine Reaktion gegen verschiedene Indikatoren zu prüfen, da beim Kochen immerhin Abspaltungen und Veränderungen eintreten können; 2. mit Eisen- ‚chlorid, eine auftretende Färbung (gewöhnlich Blau- oder Grünfärbung) zeigt das Vorhandensein von Inhaltskörpern mit phenolischem Hydroxyl an, gewöhnlich Gerbstoffe; 3. mit basischem Bleiazetat, welches Gerbstofte, Proteine, Pflanzenschleime zur Ausfällung bringt. Im Filtrat kann Blei- essig noch einen Niederschlag erzeugen, der bisweilen im Überschuß des Fällungsmittels löslich ist; 4. mit frisch bereiteter (nicht frisch be- reitete erhitzte Fehlingsche Lösung gibt auch ohne Gegenwart reduzieren- der Substanzen bei Zufügung sauerer Flüssigkeiten Bildung von Kupfer- oxydul) Fehlingscher Lösung, deren Reduktion die Gegenwart von redu- - zierenden Substanzen (man darf aber nicht sofort auf Zuckerarten schließen) anzeigt; tritt die Abscheidung von Kupferoxydul erst nach Erwärmen der Flüssigkeit mit verdünnter Säure und darauf erfolgter Neutralisation ein, so waren Glykoside oder ein Disaccharid vorhanden. Eine Prüfung auf Glykoside, Bitterstoffe, Alkaloide wird durch das Verfahren von Stas-Otto ermöglicht. 25—50 g der Substanz werden mit der 2—5fachen Menge _ Alkohol, dem man soviel Weinsäure zugefügt hat, daß die Flüssigkeit schwach sauer ist, am Rückflußkühler !/, Stunde erhitzt; die Flüssigkeit ) Bei phytochemischen Untersuchungen bediene ich mich schon seit Jahren mit Vorteil der Vorschriften, die in dem Buche von L. Rosenthaler, „Grundzüge der chemi- schen Pflanzenuntersuchung“, Berlin 1904, niedergelegt sind. Diese Vorschriften sind auch den folgenden Ausführungen zugrunde gelegt. 7 muß nach dem Kochen noch sauer sein, widrigenfalls das Kochen unter Zufügung einer neuen Menge Säure wiederholt wird. Nach dem Erkalten filtriert man und verjagt man den Alkohol, nimmt den Rückstand unter Erwärmen mit wenig, dann mit etwas mehr Wasser auf und filtriert nach dem Erkalten. Um ein blankes Filtrat zu erhalten, muß man mitunter von neuem zur Trockene eindampfen, mit Alkohol aufnehmen und die Opera- tion wiederholen. Das klare wässerige Filtrat schüttelt man mit Äther mehrmals aus und vermeidet dabei Emulsionierung durch Zutropfen von Alkohol oder leichtes Erwärmen. Die erste beim Ausschütteln erhaltene Flüssigkeit A,, welche meist stark gefärbt ist, während die folgende 4, weniger gefärbt zu sein pflegt, bewahrt man für sich auf, die wässerige ausgeschüttelte Flüssigkeit macht man mit Natronlauge stark alkalisch und schüttelt wieder mehrmals mit Äther aus (B). Zuletzt vertreibt man aus der wässerigen Flüssigkeit durch Erwärmen den Äther, neutralisiert mit Salzsäure und macht mit Ammoniak wieder alkalisch und schüttelt mit Amylalkohol aus (C). Von allen drei (resp. vier) Extrakten destilliert man die Extraktionsmittel bis auf ca. 5 cm? ab, gießt diese auf ein Uhr- glas und läßt bis zur Trockene verdunsten resp. am Wasserbad ver- dampfen. Der Rückstand von A wird mit Wasser aufgenommen und auf seine Reduktionsfähigkeit gegen Fehlingsche Lösung geprüft. Tritt Re- duktion ein, so kann es sich um reduzierenden Zucker, ein Glykosid oder um bestimmte Bitterstoffe handeln. Einen Teil des trockenen Rkückstandes sucht man in Petroläther oder absolutem Äther zu lösen, um den redu- zierenden Zucker auszuschließen. Tritt nun mit dem Rückstand dieser Auflösung wieder Reduktion der Fehlingschen Lösung ein, so stellt man einige der für Kohlehydrate charakteristischen Farbenreaktionen damit an. Die Molischsche Reaktion mit z-Naphtol und Schwefelsäure bleibt nur bei wenigen Glykosiden aus; man erhitzt ferner den Rückstand mit Salz- säure und versucht aus der Flüssigkeit (unbekümmert um ein eventuell entstehendes festes Spaltungsprodukt) mit Phenylhydrazinchlorhydrat-Na- triumazetat ein Osazon darzustellen: gelingt dies nicht, so ist kein Gly- kosid vorhanden. Wurde Fehlings Lösung anfangs nicht reduziert, so wie- derholt man die Reaktion nach Hydrolyse mit Salzsäure und schließt bei positivem Ausfall auf ein Glvkosid oder Disaccharid, welches letztere man wieder durch Auflösen des Rückstandes in absolutem Äther ausschließen kann. Um Glykoside, Rohrzucker und reduzierenden Zucker nebeneinander nachzuweisen, kann man aber das Untersuchungsobjekt auch mit Kochen- dem Alkohol extrahieren, diesen unter Zusatz von Kalziumkarbonat ein- dampfen und den Rückstand nach Dourguelot zum Teil in 10 cm® gesät- tigter Thymollösung, zum Teil in einer ebensolchen Lösung auflösen, der frisches Invertin zugefügt worden war. Nach drei Tagen prüft man beide Flüssigkeiten im Polarisationsrohr und bestimmt den Gehalt an reduzie- render Substanz durch Kochen mit alkalischer Kupferlösung. Die mit In- vertin behandelte Probe zeigt bei Gegenwart von Rohrzucker eine Ände- rung der spezifischen Drehung und eine Zunahme der reduzierenden Sub- 172 Viktor Grafe. Gesamtanalyse von Pflanzenmaterial. 173 stanz. Aus beiden Größen läßt sich die Menge des Rohrzuckers berechnen. Eine solche Probe wird nach drei Tagen gekocht. um das Invertin un- wirksam zu machen, und nun nach dem Erkalten Emulsin zugesetzt: nach einigen Tagen wird wieder im Polarisationsapparat geprüft, eine weitere Veränderung der spezifischen Drehung und Zunahme der reduzierenden Substanz zeigt die Anwesenheit eines Glykosids an. B und € werden mit den gebräuchlichen Alkaloidreagenzien geprüft, indem man den Rückstand in sehr verdünnter Essigsäure klar löst und je einen Tropfen dieser Lö- sung und des Alkaloidreagens auf ein Kobaltglas bringt. Mit Hilfe eines Glasstabes bringt man beide Tropfen zur Berührung und beobachtet, ob dabei eine Trübung eintritt. Freilich muß es sich bei solchen Fällungen nicht durchaus um ein Alkaloid handeln, sondern es geben auch Glykoside bei Gegenwart von Gerbstoffen Trübung, andrerseits liefern auch Betain und Cholin mit den Alkaloidreagentien Niederschläge. Betain ist durch ein schwer lösliches Golddoppelsalz charakterisiert, gibt mit rotem Blutlaugen- salz und Ferrichlorid Blaufärbung und reagiert nicht alkalisch, sondern neutral. Cholin reagiert alkalisch, gibt aber in alkoholischer Lösung mit alkoholischer Sublimatlösung einen Niederschlag. Cholin und Betain ent- wickeln mit Kalilauge Trimethylamin und einige Tropfen ihrer Lösung, am Objektträger eingedampft, geben auf Zufließen einer starken Jodkali- lösung Kristalle, die man, sofort unter dem Mikroskop betrachtet, wachsen und wieder verschwinden sieht. Die Bleimethode kommt dann zur Anwendung, wenn die Vorprü- fung mit Bleisalzen positiv ausgefallen war. Der filtrierte wässerige Ex- trakt des Untersuchungsmaterials wird kochend heiß mit Bleiazetatlösung gefällt. Der die Filterporen rasch verstopfende Niederschlag wird abdekan- tiert nnd gewaschen, bis das Waschwasser nicht mehr sauer reagiert, das klare Filtrat samt Waschwässern mit Bleiessig gefällt. Man erhält also zwei Niederschläge A und B und eine Flüssigkeit B, die getrennt unter- sucht werden. Man versucht A in kaltem oder kochendem Alkohol zu lösen und befreit die Lösung Aa (ob sich etwas gelöst hat, erkennt man daran, daß einige Tropfen der alkoholischen Flüssigkeit, im Uhrglase verdampft, einen Rückstand hinterlassen) durch Schwefelwasserstoff oder besser durch Natriumsulfat vom Blei, konzentriert das Filtrat und läßt es im Vakuum über Schwefelsäure eindunsten. Den in Alkohol unlöslichen Teil von A übergießt man mit verdünnter Essigsäure und prüft durch Zusatz von Bleiessig, ob sich etwas gelöst hat, in welchem Falle ein Niederschlag ent- - steht; diesen, A%, wäscht man aus, suspendiert ihn im Wasser und ent- bleit ihn, das eingedampfte Filtrat wird im Vakuum ebenfalls eindunsten gelassen, ebenso wie die in Alkohol oder Essigsäure etwa ungelöst geblie- benen Teile von 4. Den Niederschlag B behandelt man ebenso wie 4 mit Alkohol (nicht aber mit Essigsäure). Die Flüssigkeit B wird entbleit und nun in drei Teile geteilt: 1. Wird mit Soda bis zur noch eben vorwalten- den sauren Reaktion versetzt und nach der Methode von Stas-Otto weiter- behandelt. 2. Wird konzentriert und im Vakuum über Schwefelsäure ein- 174 Viktor Grafe. dunsten gelassen. Scheiden sich Kristalle ab, so filtriert man ab, dampft die Mutterlauge ein, trennt wieder von den Kristallen und bringt schließ- lich zur Trockene. Den Trockenrückstand nimmt man mit Alkohol auf und fällt mit Äther, man isoliert auf diese Weise einen in Alkohol unlöslichen, einen in Ätheralkohol unlöslichen und einen darin löslichen Bestandteil. 3. Wird vor dem Eindampfen mit Soda neutralisiert und im übrigen so behandelt wie 2. Das Schwefelblei, welches beim Entbleien mit Schwefel- wasserstoff entstanden ist, reißt allerlei färbende und trübende Bestand- teile mit, zu deren Untersuchung man den Schwefelbleiniederschlag suk- zessive mit kochendem Wasser, kochendem Alkohol und Ammoniak extra- hiert und durch Abdampfen der Flüssigkeiten ermittelt, ob etwas in Lö- sung gegangen ist. Zuletzt oxydiert man den Schwefelbleirückstand mit Wasserstoffsuperoxyd und kocht das gebildete Bleisulfat mit Wasser und dann mit Alkohol aus. Man erhält auf diese Weise eine Reihe von amorphen Substanzen und kristallinischen Rückständen, die man nun näher zu bestimmen hat. Dafür wird schon die Fraktion, in der sie gefunden wurden, gewisse An- haltspunkte liefern. So können in Niederschlag A Glykoside, Pflanzen- schleime, organische Säuren, Gerbstoffe, in Niederschlag und Flüssigkeit B auber Zuckerarten basische Bestandteile enthalten sein. Ein sehr verwendbares Trennungsverfahren beruht auf dem Prinzip der fraktionierten Fällung und Lösung. Man stellt zunächst mit einem kleinen Teil der Substanz fest, in wieviel Teilen des Lösungsmittels er sich vollständig auflöst. Dann behandelt man ihn fünfmal mit dem fünften oder zehnmal mit dem zehnten Teil der zur vollständigen Lösung erfor- derlichen Flüssigkeitsmenge und prüft die Eigenschaften (Schmelzpunkt, Zusammensetzung) der beim Abdampfen des Lösungsmittels jeder Lösung erhaltenen Substanz. Ganz ebenso geht man bei der Fällung vor. Nach- dem man ermittelt hat, wieviel Fällungsmittel notwendig wäre, um den gesamten in Lösung gehaltenen Körper niederzuschlagen, fällt man mit fünfmal (oder zehnmal) je den fünften (oder zehnten) Teil dieser Menge, filtriert jedesmal ab und analysiert die betreffende Fraktion. Bestand der Körper nun aus mehreren verschiedenen Anteilen, so erzielt man schließ- lich eine Trennung beider Anteile. Ebenso wie man von vornherein durch Veraschung prüft, wieviel von dem zu analysierenden Pflanzenmaterial organisch und wieviel unorganisch ist, indem man also den Betrag der Gesamtasche feststellt, so prüft man auch jeden erhaltenen organischen Körper auf ein eventuelles Vorhanden- sein von Aschenbestandteilen, indem man nachsieht, ob beim Erhitzen auf dem Platinblech etwas zurückbleibt oder nicht. Von Mineralstoffen, die der Substanz beigemengt (nicht konstitutiv mit ihr verbunden) sind, kann man sie durch fraktionierte Lösung oder Fällung, wenn der Stoff wasserlöslich und dialysierend ist, durch Dialyse befreien, wobei man den Vorgang durch Zusatz einer Spur freier Säure erleichtert. Handelt es sich um ein Salz oder sonst eine Verbindung mit mineralischen Elementen, so kann man u 2 Gesamtanalyse von Pflanzenmaterial. 5 durch Zusatz von genau ermittelten Mengen Säure den organischen Körper oft in Freiheit setzen und dann durch Äther ausschütteln, wie das mit dem kristallisierten Anthocyan möglich ist, das aus Pelargoniumblüten als Kalisalz isoliert wurde.) In der isolierten organischen Substanz stellt man dann durch die Lassaignesche Probe (Erhitzen mit Natrium, Zusatz von Eisenvitriol und Eisenchlorid zur filtrierten Flüssigkeit, Erwärmen und Ansäuern mit Salzsäure, wobei Berlinerblau bei Anwesenheit von stick- stoffhaltigen organischen Substanzen) das Vorhandensein oder Fehlen von Stickstoff fest. Bisweilen, z. B. im Gummienzym, läßt sich der Stickstoff. welcher in Form eines Pyrrolkernes hier vorliegt, auf diese Art nicht nach- weisen. Tschirch schlägt vor, mit Ätzkali zu erhitzen und zu prüfen, ob die entwickelten Dämpfe einen mit Salzsäure getränkten Fichtenspan röten (Pyrrolreaktion), oder die Substanz im Verbrennungsrohr zu erhitzen, wobei man ihr nur Kupferoxyd, keine Kupferspirale vorlegt:; ihr Stickstoff wird in Stickoxyde übergeführt, die in der vorgelegten Lauge des Kali- apparates die Nitratreaktion geben. Durch Erhitzen mit Natrium entsteht aus organisch gebundenem Schwefel Natriumsulfid, das sich an dem schwarzen Fleck erkennen läßt, den es, befeuchtet, auf einem blanken Sil- berblech erzeugt. Durch Erhitzen mit rauchender Salpetersäure oder mit Ätzkali und Salpeter kann man den Schwefel zu Schwefelsäure, den Phos- phor zu Phosphorsäure oxydieren und jene mit Baryumchlorid als Baryum- sulfat, diese mit Magnesiamixtur oder molybdänsaurem Ammon erkennen. Ferner nimmt man eine systematische Extraktion des zerkleinerten Pflanzenmaterials mit Petroläther, Äther (oder Chloroform), absolutem Al- kohol, Wasser, sehr verdünnter Salzsäure und 5°/,iger Natronlauge vor, behandelt jeden Extrakt für sich und sorgt erstens dafür, daß die Ex- traktion jeweils eine vollständige ist, d.h. man extrahiert so lange, bis einige Tropfen des Extraktionsmittels, auf der Uhrschale verdampft, keinen Rückstand hinterlassen. Man kann auch, um zu sehen, ob durch das heiße Lösungsmittel keine Veränderung bewirkt wurde, parallel kalt extra- hieren. 1. Extraktionsmittel: Petroläther, frisch destilliert. In diesen gehen über Fette, Öle, Wachse, Phosphatide, ätherisches Öl, Glykoside, Harze und manche in freier Form vorliegende (was aber in der Pflanze äußerst selten realisiert ist) Alkaloide. Die Alkaloide können durch Ausschütteln des petrol- ätherischen Auszugs mit säurehaltigem Wasser entzogen werden; dieses gibt dann, wieder alkalisch gemacht, das Alkaloid an neuen Petroläther beim Ausschütteln ab; auch wasserlösliche Glykoside wurden dem Petrol- äther auf diese Weise entzogen, wie überhaupt alle in Petroläther und Wasser gleichzeitig löslichen Stoffe. Von dem eventuell mit Wasser ausge- schüttelten petrolätherischen Auszug treibt man im Wasserbad den Petrol- äther ab und nimmt den Rückstand mit siedendem 90°/,igen Alkohol auf, 1) Y. Grafe, Studien über das Anthocyan. II. Sitzungsber. d. kaiserl. Akad. d. Wiss. Wien. Bd. 120 (1911). 176 Viktor Grafe. in dem sich bis auf die Hauptmasse der Fette und Öle alle noch vorhan- denen Stoffe lösen. Um auch die sich lösenden geringen Anteile von Fetten zu beseitigen, verdampft man und nimmt mit verdünntem Alkohol, mit Äther, Benzol u. dgl. auf, wobei die Fettanteile zurückbleiben. Mit Äther kann man gewöhnlich das Harz und Glykosid ausscheiden: ist das jedoch nicht möglich, so dampft man wieder ein und behandelt den Rückstand mit Äther, Methylalkohol, Benzol u. del, um eine Trennung der noch vor- handenen Körper zu erzielen. Mit Wasserdämpfen kann man das ätheri- sche Öl übertreiben, nachdem man sich vorher von der An- oder Abwe- senheit eines Glykosids überzeugt hat, da dieses durch die Wasserdämpfe teilweise zersetzt werden kann. Durch Aufnehmen mit Kalilauge kann man das Harz vom Glykosid trennen oder den Rückstand mit Alkohol auf- nehmen und fraktioniert mit Wasser fällen. 2. Extraktionsmittel: Absoluter Äther. Dieser kann andere Glykoside, Alkaloide und Harze, ferner Farbstoffe, organische Säuren und indifferente Stoffe aufnehmen. Nach Verdunsten des Äthers überzeugt man sich durch die Spezialreaktionen, ob Glykoside oder Alkaloide anwesend sind, und be- handelt den Rückstand der Reihe nach mit Wasser (die wässerige Lösung wird mit Eisenchlorid geprüft), sehr verdünnter Säure, Alkohol und Schwe- felkohlenstoff, Harze fällt man aus der alkoholischen Lösung mit Wasser. 3. Extraktionsmittel: Kochender absoluter Alkohol. Salze, Saponine und Zucker, die man durch einen Rückstand beim Veraschen auf dem Platinblech, durch das Schäumen des Extraktes, resp. durch das Verhalten gegen Fehlings Lösung erkennt. Der Alkohol wird abdestilliert, von sich abscheidenden Teilen abfiltriert und die restliche Flüssigkeit mit Äther gefällt. Den Niederschlag löst man nach dem Abfiltrieren in Wasser auf und prüft auf Gerbstoffe, Alkaloide, Saponine, Zucker. In Wasser lösen sich nicht die als Phlobaphene bezeichneten Zersetzungsprodukte der Gerb- stoffe auf, die in Alkalien löslich sind und aus der Lösung durch Säure gefällt werden. Die Lösung in alkoholischem Äther konzentriert man und trennt die enthaltenen Substanzen wie Alkaloide, Giykoside etc. nach der Bleimethode. 4. Extraktionsmittel: Kaltes destilliertes Wasser. Dieses löst die Hauptmasse der Zuckerarten, Salze, Gummi, Schleime, Eiweißstoffe und enthält eventuell auch noch Bitterstoffe und Glykoside. Das Vorhandensein von Eiweiß) erkennt man mittelst der bekannten Farbenreaktionen. Man versetzt dann die wässerigen Extrakte mit dem gleichen Volumen Alkohol zur Ausfällung von Schleim, Eiweiß, wobei auch Salze mitgerissen werden. Man löst den Niederschlag in Wasser und trennt die Salze durch Dialyse von Eiweiß und Schleim. Ersteres wird durch Koagulieren beim Zusatz von Essigsäure oder durch Aussalzen von Schleim abgetrennt. Da die Pro- teine durch Bleiazetat, die Schleime häufig erst durch Bleiessig gefällt werden, kann man auch die Bleimethode einschlagen. Extrahiert man das ursprüngliche Material mit kochendem Wasser, so verkleistert die Stärke, schwerlösliche Schleime, Inulin, Hemizellulosen, Glykogen, Dextrine gehen Gesamtanalyse von Pflanzenmaterial. 177 in Lösung, bei leicht hydrolysierbaren Polysacchariden, wie Inulin. Galak- tan, Araban ete. tritt teilweise Spaltung ein. Aus dem wässerigen Extrakt können diese Stoffe wieder durch Fällung mit genügend Alkohol amorph oder kristallinisch (Inulin) gewonnen werden. 5. Extraktionsmittel: Kalte, sehr verdünnte Säure, mit der das Ma- terial mehrtägig geschüttelt wird. Es löst sich der Rest der Alkaloide, ferner schwerlösliche, organisch-saure Salze, wie oxalsaurer oder weinsaurer Kalk, Eiweißstoffe etc., die man aussalzen kann (mit Ammonsulfat). Er- wärmen mit verdünnter Säure bringt die Oxyzellulosen in Lösung, während Zellulose und Lignin zurückbleiben. Um die beiden letzteren zu trennen (das Lignin erkennt man an der Kirschrotfärbung mit Phlorogluzin-Salz- säure oder Goldgelbfärbung mit Anilinsulfat), behandelt man mit Kupfer- oxydammoniak, das nur die Zellulose löst; aus der Lösung fällt man die- selbe durch Salzsäure aus. Durch Behandlung des Rückstandes mit einem Gemisch von chlorsaurem Kali, Salpetersäure oder durch Sulfitlauge (in eine Aufschwemmung von 50 g CaCO, in 1500 g H,O wird so lange SO, eingeleitet, bis alles gelöst ist) wird das Lignin gelöst, während die Zellu- lose zurückbleibt: allerdings greift das erstere Reagens die Zellulose eben- falls beträchtlich an. während durch das letztere auch das Lienin nicht vollständig gelöst wird. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 12 Nachtrag zum „Sterilisieren höherer lebender Pflanzen“. Von V. Grafe (Wien). Trotz aller Vorsichtsmaßregeln inbezug auf Sterilerhalten der Keim- pflanzen ist es bis jetzt noch nicht gelungen, eine absolut sterile Aufzucht zu ermöglichen. Einen wesentlichen Fortschritt nach dieser Richtung be- deutet der folgende, von J. Gicklhorn') konstruierte Apparat), welcher auf der Beobachtung basiert, daß vor allem der sterilen Entwicklung des Wurzel- systems höchste Bedeutung zukommt, während die sich später entfaltenden oberirdischen Organe der Keimpflanze wohl zunächst einen sterilen Luftraum brauchen, aber später inbezug auf absoluten Abschluß vor der Außenluft keiner strengen Sorgfalt bedürfen, da eine Infektion in vorgeschritteneren a une Keimungsstadien nicht mehr vorzu- WW, = Wattabausch. P = Pergamentpapier. kommen pflegt. Die Methodik schließt gefüßes. sich an die bakteriologischen Impfver- fahren an. Als Kulturgefäß wird eine ungefähr 5000 em? fassende weithalsige Flasche benützt, über die einmal im Kreise herum eine ungefähr 4 Finger breite Lage Watte (Fig. 47) gewickelt wird. Die Watte ragt über die Mündung der Flasche noch etwa zwei Finger breit hinüber. Der Wattestreifen wird an seinem herausragenden Ende mit den Fingern erfaßt und leicht in die Mündung der Flasche deren Rand angedrückt. Über diese Watte wird ein mäßig feuchtes 1) Herr J. Gieklhorn, Assistent am pflanzenphysiologischen Institute der Universität Wien, welcher auch diesmal wieder die Bilder für meine Beiträge gezeichnet hat, ge- stattete mir in liebenswürdiger Weise seinen Apparat hier zu beschreiben, bevor derselbe andernorts publiziert wird. ?) Alle hier und in meinen früheren Beiträgen dargestellten Apparate sind nach Angabe bei der Firma Rud. Siebert, Wien, IX., Garnisongasse, konstruiert oder nach- konstruiert worden und dort zu beziehen. Nachtrag zum „Sterilisieren höherer lebender Pflanzen“. 179 Pergamentpapier locker darüber gespannt und mit einem in die Mündung der Flasche passenden Glas- oder Holzstopfen ungefähr 3 Finger tief hineingedrückt. Der überragende Teil des Papieres wird über die Watte geglättet und mit einem Kautschukband locker festgehalten. Über das so montierte Kulturgefäß wird ein passender Zylinder gesetzt (Fig. 48), für dessen Einpassung auf die beginnende Wölbung der Flasche noch ein einfacher Wattestreifen zwischen Zylinder und Flaschenhals gewunden wird, welcher Wattestreifen den Zylinder festklemmt. Bevor man das Festklemmen vor- nimmt, kommt in die durch den Stöpsel bewirkte Vertiefung ein lockerer, die Vertiefung ganz ausfüllen- der Wattepfropf. Watte und Pergamentpapier wirdmittelst eines Trichters durchbohrt und durch den Trichter die Kulturflüssigkeit eingefüllt. DieseVersuchsanordnung wür- de sich zur Lösung eines in- teressanten Problems eignen, nämlich ob und in welchem Grade die höhere Pflanze im- stande ist, die Bestandteile ihrer Nährlösung, also die Ionen Kt, Cat, Mgt, Fet einerseits, NO,-, PO, -, SO, - andrerseits in organischer Verbindung, also in wenig oder nicht dissoziierter Form aufzunehmen und zu verwer- ten. Dann wird der Aufsatz- Fig. 48. Bere Oberer Teil des Kulturgefäßes von Gicklhorn, vollkommen zylinder, dessen oberes Ende montiert. A=Zylinderraum, für kurze Zeit den Kulturraum bildend. mit einem Glasboden ver- s— Wattestopfen. Ke= Keimling. P= Pergament. Ka = Kaut- = e £ schukband. W, =innerer Wattepfropf. W, = äußerer Watte- schlossen ist (man VerW endet : G = Hals des Glasgefäßes. . pfropf. W,=lockere Wattelage. am besten ein umgekehrtes, nicht gerandeltes Becherglas) und der ein seitliches, schief angesetztes Zu- fuhrrohr trägt, mittelst des Watteringes fest aufgesetzt und der ganze so adjustierte Apparat in den Sterilisator gestellt. Ein birnenförmiges Gefäß (Fig. 49) mit breiter Mündung, an dessen Verschmälerung unten ein diekwandiger, mit Klemmschraube versehener Gummischlauch angebracht ist, wird oben mit einem passenden, doppelt durchbohrten Pfropfen verschlossen. Die eine Bohrung trägt ein engeres, mit sterilisierter Watte verschlossenes, die andere ein so weites Glasrohr, daß z. B. Erbsen bequem durchfallen können. Dieses breite Glasrohr trägt einen Kautschukschlauch, der unmittelbar über dem Rohrende einen Quetschhahn angesetzt hat. Das andere Ende des etwa einen !/, m langen Schlauches ist über ein erweitertes Glasrohr gezogen (unmittelbar vorher 12* 180 V. Grafe. ist wieder ein Quetschhahn vorgesehen), dessen schmälerer Teil in der Bohrung eines Stöpsels sitzt, mit dem ein wassergefüllter Erlenmeyer- kolben verschlossen ist. Die ganze Apparatur wird heiß sterilisiert, der Stöpsel des birnenförmigen Behälters danach einen Moment abgehoben Sterilisationsapparat nach J. Gicklhorn. S), 5 = Stative. S=birnenförmiges Sterilisiergefäß. H,, Hz, H,— Quetsch- hähne. K = Erlenmeyerkolben mit sterilisiertem Wasser, daneben punktiert das Überführen der vollkommen sterilisierten, gequollenen Samen in den Schlauch. Sa = Samen. r = Ring zum Fixieren des Schlauches. r, = Glasröhre zum Ein- lassen der Luft, abgeschlossen durch einen kleinen Wattebausch. r3 = weites Rohr zum Durchtritt der Samen. r, — Ausmündungsrohr des Sterilisiergefäßes. und die Samen ein- geschüttet und mit einer Ipromilli- gen DBromlösung bedeckt, der Stöp- sel wieder einge- setzt und nun wiederholt ge- schüttelt, so dab Samen und das breite Rohr samt dem Stück Kaut- schukschlauch bis zum (@uetschhahn gründlich desinfi- ziert werden; das Bromwasser wird nun unten aus der jirne abgelassen und aus dem Kol- ben unter ent- sprechendem Öff- nen der Quetsch- hähne das sterili- sierte Wasser in die Birne einge- führt und die Samen zwei- bis dreimal damit ge- schüttelt, so dab das Bromwasser vollständig ausge- waschen wird. Zu- letzt wird der ganze Rest des Wassers aus dem Kolben in die Birne eingelassen und die Samen darin zur Quellung gebracht. Darauf wird die Birne umgekehrt und unter Öffnen des der Birne benachbarten und Verschluß des dem Erlenmeyerkolben benachbarten Quetschhahnes die Samen durch sanftes Schütteln in den weiten Kautschukschlauch gebracht, so daß sie nun in diesen sterilisierten Behälter wie in einer „Geldkatze” F Nachtrag zum „Sterilisieren höherer lebender Pflanzen“. 181 ruhen. Eine mit Filtrierpapier ausgekleidete Petrischale wird in der ge- wöhnlichen Weise sterilisiert, auf einen Tisch gestellt, und nachdem die nunmehr nicht mehr sterilen Enden des Gummischlauches jenseits der Quetschhähne in heißes Wasser gesteckt und so wieder steril geworden sind, die Samen in die sterilisierte Petrischale ausgeschüttet, wo sie also steril ankeimen. Dann wird der Keimapparat und die Petrischale neben- einander auf den Tisch zur Seite einer Flamme gestellt, die Samen mittelst einer langarmigen abgeflammten Pinzette mit breiten Schuhen gefaßt, zwischen welchen der Samen bequem ruht. Inzwischen ist wie beim bak- teriologischen Arbeiten der Wattebausch aus dem seitlichen Ansatzrohr des Zylinders herausgezogen worden, der Samen wird mit der Pinzette ein- geführt und in den Wattebausch der Flaschenmündung eingedrückt, so daß er genau in das vorher für das Durchführen des Trichters in die Watte und das Pergamentpapier gebohrte Loch zu liegen kommt. Die Watte des Ansatzrohres wird abgeflammt und wieder hineingesteckt. Der Samen ist also völlig steril hineingebracht, die Möglichkeit der Infektion ist nicht größer als beim gewöhnlichen bakteriologischen Arbeiten. Nachdem der Samen Wurzel und etwa 2 cm hoch seinen Stengel ausgetrieben hat, wird durch den seitlichen Ansatz eine steril vorrätig gehaltene Mischung von Vaselin, Paraffin und Wachs einfließen gelassen, die nicht härter ist, als daß in ihr das Wachstum der Keimpflanze leicht vor sich gehen kann, und beim Einfließen nicht heißer, als dal sie gerade dünnflüssig ist. Die Mischung durchtränkt Watte und Pergament vollkommen, so daß eine spätere Infektion der Nährlösung von oben ausgeschlossen ist. Nachdem die Pflanze noch etwas größer geworden ist, wird der Aufsatzzylinder ab- genommen, der Wattering, der ihn abgedichtet hatte, entfernt und der Keimling entwickelt sich im freien Luftraum und mit vollkommen steril gehaltenem Wurzelsystem und Nährlösung. Es ist klar, daß nur mit Hilfe der- artiger minutiöser Versuchsanstellungen Stoffwechselfragen mit organischer Lösung, Wurzelausscheidungsfragen u. dgl. einwandfrei zu lösen sind. Zur sterilen Kultur von aus Samen stammenden Weinreben hat L. Petri!) einen Apparat konstruiert. Zunächst wurden die Samen in einem geeigneten Gefäß mittelst Durchleitens eines Stromes von 1°/,iger Sublimat- lösung durch 2—3 Minuten desinfiziert, dann mit sterilem Wasser nach- gewaschen und dasselbe Wasser zum Anquellen der Samen benützt. Der Apparat besteht aus einem mit dreibohrigem Kautschukpfropfen und einem mit Hahn 7’ versehenen Glastrichter. Der zylindrische Teil des Trichters ist unten durch das Sieb r aus Tüll oder Porzellan geschlossen, über welchem die zu sterilisierenden Weinbeerkerne » sich befinden. Der Trichter ist an dem Absaugekolben b durch einen Kautschukstöpsel befestigt, der seitliche Ansatz des Kolbens ist durch sterilisierte Watte verschlossen. Die beiden seitlichen Röhren des oberen Pfropfens des Trichters befinden sich in Ver- bindung mit den beiden Flaschen A und B, welche die Sublimatlösung, respektive das sterilisierte Wasser enthalten. Die beiden Flaschen sind 1) L. Petri, Nodositätenbildung auf der Rebwurzel durch die Reblaus in sterili- siertem Mittel. Zentralblatt f. Bakter. II, Bd. 24, S. 146 (1909). 182 V. Grafe. mit einem zweiten Rohre versehen, damit Luft durch das Filter P ziehen kann. Das mittlere Rohr des Trichterpfropfens ist in Ver- bindung mit zwei Schwefelsäure enthaltenden Kolben. Der Dreiweghahn 7 verbindet abwechselnd die beiden Kolben mit dem Trichter. Wenn man einen Strom Sublimatlösung in den Trichter einlassen will, setzt man das tohr eines Aspirators an das Rohr a des linken Kolbens, indem man die Hähne und 7 geschlossen hält und den 2. und T 3 öffnet. Die Wirkung des Aspirators soll aufhören sobald der Trichter ganz voll ist. Dann schließt man den Hahn 2 und öffnet T und 73 (des rechten Kolbens). In dieser Weise wird das Sublimat abgezogen; dann muß man, um mit Wasser nachzuwaschen, den Hahn 7 schließen und den T und 73 öffnen (beim linken Kolben). Dann läßt man den Aspirator wirken. Das Wasser wird 4--Dmal gewechselt und die Samen dann zirka 9 Tage bei einer Fig. 50. Waschapparat nach Petri. Beschreibung im Text. Temperatur von 20--22° C unter Wasser gehalten. Für manche Samen ist zweimaliges Desinfizieren notwendig, weil sich sonst doch ein Pilz- myzel bilden kann, das den Embryo zerstört. Dagegen werden die er- wachsenden jungen Pflänzchen nicht mehr angegriffen. Die Keimfähigkeit leidet unter der Desinfektion gar nicht, selbst wenn sie vier Minuten gedauert haben sollte. Die Glasröhren, in welche die desinfizierten Samen eingesät werden, zeigt Fig. 51. Die Bohrung. welche die beiden weitesten Teile des Rohres verbindet, zeigt entsprechende Verengerung, einen Durchmesser von höchstens 3 mm, so daß es unmöglich ist, den Samen s durchzuziehen. Der Samen wird vielmehr, wenn er ausgesät werden soll, in den oberen Teil @ des Rohres hineingeworfen, indem man die Deckung aus Watte c ein wenig hochhebt. In den unteren Teil 5 wird ein wenig mit Bruchstücken von Granit vermengter Sand gelegt, damit die untere Schichte sehr porös wird und die Ausbreitung der Wurzeln ermögliche. Ein wenig Glaswolle verhin- Nachtrag zum „Sterilisieren höherer lebender Pflanzen“. 183 dert das Durchfallen von Erde durch das den Pfropfen » durchziehende Rohr, das zum Abgießen des Wassers dient: dieses Rohr wird durch das Glas- stäbehen » mit dem dazugehörigen Kautschuktubus geschlossen. Der mit Erde gefüllte Teil 5 ist mit einem kurzen seitlichen Rohre versehen, welches sich in Verbindung mit dem durch den Stopfen o geschlossenen Glasrohre e befindet. Die Erde sowie die Granitbruchstücke in dem Glasrohr mit Ausnahme der Teile aus Kautschuk werden im Trockenschrank bei 130° C eine Stunde lang sterilisiert. Die Abziehungsröhren mit dem dazugehörigen Deckel und die Röhrchen e mit dem Kautschuktubus wer- den im Dampftopf sterilisiert. Diese Teile werden dann dem Apparat angefügt, die Erde mit einem Strom sterilisierten Wassers begossen, welcher, durch das Rohr e ziehend, durch das untere Rohr schließlich abläuft, wobei der Wattebausch das Mitgleiten von Erdstückchen verhindert. Darauf werden die Kulturapparate von neuem sterilisiert, indem man sie durch 20 Minuten feuchter Wärme von 105° Ü aussetzt. In den oberen Teil des Apparates «a wird dann ein Kern getan und durch ein geeignetes Reagenzglas sofort ein wenig _ feinen sterilisierten Sandes darauf gegossen, sowie eine un- gefähr 34mm dicke Schichte von Specksteinpulver r. In- dem der Sand die nasse Erde des Teiles 5 des Apparates berührt, feuchtet er sich durch Kapillarität nach und nach an, während die Specksteinpulverschichte trocken bleibt; sie läßt daher den zur Keimung des Samens notwendigen Sauerstoff durch. Gleichzeitig dient diese Schichte als ein Filter für die Luft, gleichsam wie ein Wattepfropfen, in- dem sie das Durchdringen der in der Luft vorhandenen „,sönrchen nach Pair; Keime verhindert. In den Entwicklungsapparaten kann zum Einfüllen der steri- Er N E R lisierten Rebensamen. man ferner dem Wurzelsystem die nötige Luft zuführen, Beschreibung im Text. indem man einen Luftstrom durch das Rohr e in das untere ziehen läßt oder indem man dieses letztere ganz einfach offen stehen läßt: dann muß man aber das untere Ende des Apparates in ein langes sterilisiertes Reagenzglas einführen, nachdem das Stäbchen n ent- fernt worden ist. | W. Schmidt hat ein Verfahren ausgearbeitet, das den Vorzug der Einfachheit hat, aber freilich nur bei kleineren Samen Erfolg bieten dürfte. Als Kulturgefäße dienen Gasglühlichtzylinder, die mit dem einen Ende in Bechergläser gestellt wurden, wo sie mit einem Wattering festgehalten wer- den. In die Röhre sowohl wie in das Becherglas war zuver gut ausgeglühter Sand gegossen worden, in beliebiger Höhe, je nach den zu verwendenden Pflanzen und der Weite der Röhren. Auf die Sandschicht, die die Röhre außen im Becherglase umgibt, wird so viel Knopsche Nährlösung gegossen, bis in dem Zylinder die ganze Sandsäule schwach durchgefeuchtet ist. Der Zylinder wird oben mit einem Wattebausch verschlossen und nunmehr das ganze im Dampftopf dreimal je Y/, Stunde sterilisiert. Um nun das Aus- 184 V.Grafe. Nachtrag zum „Sterilisieren höherer lebender Pflanzen“. trocknen zu verhindern, andrerseits die mögliche Infektion bei Lüften der Zylinderbedeckung zu vermeiden, wird die untere Öffnung des Zylinders mit einer Zelloidinschichte verschlossen, durch die die Nährlösung durch- diffundiert, wenn der Zylinder in die Lösung gestellt wird, während die Pilzkeime zurückgehalten werden. Um die Zelloidinplatte in dem Zylinder anzubringen, stellt man diesen zweckmäßig mit dem zu verschlielenden Ende auf Quecksilber, gießt zirka 3—4 mm hoch Zelloidin in das Rohr und läßt das Alkohol-Äthergemisch abdunsten. In bezug auf späteres Sterilisieren ist zu bemerken, daß das Fig.,52. fertig montierte Kulturgefäß mit trockenem ausgeglühtem Sande in den Dampftopf zu bringen ist, nicht schon das mit Knopscher Nährlösung vorher befeuchtete.!) Es gelang auf diese Art, speziell Rübenpflanzen vollkommen steril aufzu- ziehen. Eine andere Methode besteht in der Verwendung von 2°/,igem sterilen Agar zur Anzucht höherer Pflanzen in weitlumigen Reagenzröhren. Der Agar wird gut gekocht und heiß zweimal durch Filtrierpapier und Watte mittelst der Wasserstrahlpumpe filtriert. Das Filtrat wird in weite Glasschalen gegossen, nach dem Erstarren über die zirka 2cm starke Schichte destilliertes Wasser fließen gelassen und das Ganze sich selbst überlassen. Nach einigen Tagen wird das Wasser, das einen leichten Fäulnisgeruch ange- nommen hat, abgegossen, durch frisches Wasser ersetzt usf. Nach etwa zwei Wochen wird der Agar neu aufgekocht, mit 20°/,iger Knopscher Nährlösung versetzt und in große Reagenzrohre (20 mm innere Weite) in 3—4 cm hoher Schichte gefüllt. Die Röhren werden dreimal je !/; Stunde im Dampftopf sterilisiert, der Agar muß dann so durch- spparat von Schmidt. sichtig sein, daß man Druckschrift durch ihn hindurch + Wattebausch. b = Reagenzrohr (Gas- lesen kann. Ungeschälte Rübensamen keimen allerdings in _ glühlichtzylinder). solchem Substrate schlecht, geschälte schon etwas besser ; da- se Deehergiäa: e£ . - & & > e, f = Sandschichte. her wurden später junge, in Erdkästen im Freien herange- g=Zelloidinschicht. zogene Rübenpflänzchen gewissermaßen als Stecklinge ver- wendet, indem die Wurzeln abgeschnitten und das Hypokotyl mit der Pinzette in die Agarmasse eingeschoben wurde. Die Rübenpflänzchen waren zuvor in stark strömendem Leitungswasser, dann in destilliertem Wasser, schlieb- lich in sterilem Wasser gewaschen worden. Die Wurzel wurde mit in Alko- hol sterilisiertem Messer entfernt und schnell mit steriler Pinzette in das bereitgehaltene Röhrchen eingeführt. Die Pflänzchen trieben in wenigen Tagen kräftige Wurzeln, welche bald die ganze Kuppe des Reagenzrohres durchzogen hatten. Der Blattapparat war üppig grün, Pilze traten selbst nach Wochen nicht auf. Aber Hauptbedingung ist, daß der Blattapparat in die Lage versetzt wird, kräftig zu assimilieren. !) W. Schmidt, Zur Methodik von Infektionsversuchen von höheren Pflanzen. Zentralblatt f. Bakt. Il, Bd. 25, S. 426 (1910). Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zell- sranulationen in fixierten Objekten. Von R. Metzner, Basel. Dem Wunsche des Herrn Herausgebers zufolge sollen nachstehend die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen in fixierten Objekten beschrieben werden; die „vitalen“ Färbungen sind ausgeschlossen und kommen in einem besonderen Kapitel zur Behandlung. Andrerseits müssen aber im folgenden diejenigen Verfahrungsweisen, die zur Beob- achtung überlebender Zellen bzw. Zellstrukturen geeignet sind, in Kürze zur Darstellung gelangen, da eine Kontrolle der Fixationsbilder an Hand des frischen Objektes erfolgen sollte, soweit immer möglich. Die Schwie- rigkeiten sind hier allerdings oft nicht geringe, zuweilen sogar für ein und dasselbe Objekt unüberwindliche; doch kann man durch Heran- ziehung ähnlicher, besser bearbeitbarer Gebilde dieser Schwierigkeiten wenigstens teilweise Herr werden. Es erübrigt sich an dieser Stelle näher auf Details einzugehen, da jeweils solche Hinweise bei Besprechung der einzelnen Methoden gegeben werden sollen. Sehr beachtenswerte Dar- legungen über die mikroskopische Beobachtung überlebender Objekte und die dabei zu beachtenden Vorsichtsmaßregeln hat Hardy!) gegeben; an gleicher Stelle finden sich auch des Autors ausführliche Angaben über die Wirkung gewisser, viel gebrauchter Reagenzien auf kolloidale Flüssig- keiten und auf tierische Zellen (vgl. hierüber unten). Infolge der Beschränkung meiner Aufgabe auf die Darstellung der Methoden zur Granulafärbung in Drüsen bzw. in epithelialen Gebilden fallen die grundlegenden Untersuchungen Ehrlichs, welche ja zum ersten Male die Bedeutung der Zellgranula für den Stoffwechsel der Zellen auf- zeigten, hier außer Betracht und ich beginne mit den Altmannschen Gra- nulamethoden. In ihre Darstellung sollen eingeflochten werden die von mir selbst und von anderen Autoren angegebenen Modifikationen und Ver- besserungen. Fixierung. An erster Stelle ist zu nennen die Fixierung in der Osmium-Rali- bichromatmischung, gewöhnlich Altmanns Gemisch genannt, da dieses Rea- ') Hardy, Journ. of Physiol. Vol. 24. p. 158 ff. (1899). 186 R. Metzner. gens ein für den vorliegenden Zweck fast universelles Hilfsmittel darstellt, insofern es gestattet, „Granula“ in fast sämtlichen Zellen zur Darstellung zu bringen. Das neutrale Gemisch wird hergestellt aus gleichen Teilen einer 21/,0/,igen Lösung von Kalibichromat und einer 2°/,igen Lösung von Osmium- tetroxid (OsO,), gemeiniglich Osmiumsäure genannt. Die zu fixierenden Organstückchen müssen „lebendfrisch“ eingelegt werden und es dürfen nur kleinste Stücke bzw. nur dünne Platten zur Verwendung kommen. da die Osmiumsäure bekanntermaßen sehr wenig tief eindringt. Wohl zu beachten ist, daß nur frische Lösungen verwendet werden; auch soll das Volumen der Mischung etwa das 30—40fache des Volumens des verwendeten Organstückchens betragen. Die Fixation ist nach 24stün- digem Verweilen in der Mischung vollendet, d.h. nach Ablauf dieser Zeit können die Stücke in Wasser gespült werden, ohne daß eine Quellung der (ranula zu befürchten wäre. Längeres Verweilen — bis 48 Stunden — schadet nicht, dagegen gilt die Angabe einer folgenden Spülung in Wasser nicht ganz ausnahmslos, insofern gewisse Organe unter solcher Nachbe- handlung eine Quellung bzw. Zerstörung der Granula zeigen. An erster Stelle sind hier die Granula der Schleimdrüsen zu nennen und es soll bei der Besprechung der zu ihrer Fixation geeigneten Methoden näher auf diese Verhältnisse eingegangen werden. Die Spülung wird in fließendem Wasser vorgenommen: je nach der Größe der Organstückchen genügen dazu 12—24 Stunden, doch sind für allerkleinste Partikel 6 Stunden voll- auf ausreichend. Hierauf werden die Stückchen in destilliertem Wasser mehrmals hin und her geschwenkt und im erneuerten Aqua destill. meh- rere Stunden belassen. Die Entwässerung kann sofort mit 95°%/,igem Al- kohol beginnen. doch fängt man aus Sparsamkeitsrücksichten mit schon einmal gebrauchtem, also etwas stärker wasserhaltigem Alkohol an, wechselt jenach der Größe der Stücke 2— mal in Intervallen von !/,; 3 Stunden und führt darauf die Präparate in Alcoh. absol. über; in diesem sollen sie auch je nach Größe nur 15 Minuten bis 1!/, Stunden verbleiben. Bei der Festsetzung der zur Entwässerung einzuhaltenden Zeit muß man vor allem Rücksicht nehmen auf die Beschaffenheit des fixierten Organstückes; konnte man bei der Präparation die bindegewebigen Teile nicht genügend ent- fernen oder ist die Verwendung von mit reichlichem Bindegewebe durch- setzten Organteilen überhaupt nicht zu umgehen, so ist das Entwässern auf die kürzeste, noch eben ausreichende Zeit zu beschränken. Denn nach Paraffineinbettung wird alles Bindegewebe hart und schlecht schneidbar, und nur die möglichste Abkürzung der Prozeduren der Entwässerung und Aufhellung kann hier ein wenig Besserung schaffen. Andrerseits läßt sich die Paraffineinbettung nicht umgehen, weil sie allein erlaubt, Schnitte von genügender Feinheit herzustellen, um bei guter Granulafärbung noch klare 3ilder zu erhalten. Diese Beschränkung in der Wahl des Einbettungs- mittels bildet einen nicht zu leugnenden Übelstand dieser Granulamethoden, denn er führt notwendigerweise auch zu einer Beschränkung in der Aus- ME dä rllı „DE Am la Zuma ya Ba altull En Al En et Din an u di na Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen etc. 18 =] wahl der untersuchbaren Objekte, ganz abgesehen von den noch zu er- wähnenden Beschränkungen in der Anwendbarkeit der Granulamethoden an und für sich. Die Aufhellung der entwässerten Stücke bzw. ihre Durchtränkung mit einer für Alkohol sowohl als für Paraffin in jedem Verhältnis misch- baren Flüssigkeit kann entweder mit Xylol oder Zedernöl geschehen. Die Schneidfähiekeit ist manchmal etwas besser nach Behandlung mit Zedernöl: auf jeden Fall aber ist für beide Verfahren schnelles Arbeiten vonnöten, will man nicht spröde, für die Herstellung dünnster Schnitte unbrauchbare Präparate erhalten. Es empfiehlt sich daher, das Aufhellungsmittel lieber mehrmals zu wechseln und die Stückchen nur kurze Zeit im Xylol oder Zedernöl zu belassen. Meist wird ein Aufenthalt von 2 Stunden genügen, mit zwei- maligem Wechsel; für kleinste Organpartikel ist die Aufhellung schon nach ı/, Stunde vollendet. Zur Einbettung in Paraffin werden die in Zedernöl aufgehellten Präparate mit Petroläther abgespült, für 10—15 Minuten in ein Schälchen derselben Flüssigkeit verbracht und darauf in eine Mischung von Paraffin (45—50°C Schmelzpunkt) und Petroläther aa. Die Xylol- präparate kommen dementsprechend in eine Paraffinxylolmischung:; die Schälchen mit diesen Mischungen kann man mit Vorteil auf den Thermo- staten stellen. der zur Einbettung dient. In diesem Falle macht man die Mischungen am besten so, daß man in ein mit dem Aufhellungsmittel be- schicktes Schälchen so viel Paraffin einträgt. als eben noch gelöst werden kann. Nach 1—2 Stunden — bei kleinsten Stücken nach 15—20 Minuten — überträgt man die Präparate in die offenen, aber sorgfältig vor Staub geschützten Näpfchen des Thermostaten mit Paraffin von 45° C Schmelz- punkt; je nach Größe kommen dieselben 2—4 Stunden später für Y/, Stunde in Paraffin von 56—58°C Schmelzpunkt und werden dann in gleiches Paraffin eingebettet. Die Einbettung nehme ich heute noch nach der bei Altmann geübten Weise vor: Kleine flache, den Petrischalen ähnliche Glas- schälchen, am oberen Rande mit etwas größerem Durchmesser als am Boden, werden mit einer Spur Glyzerin ausgerieben, darauf mit geschmol- zenem Paraffin so weit als möglich gefüllt und nun gewartet, bis auf leichtes Anblasen am Rande ein schmalster Erstarrungsstreifen erscheint. Jetzt trägt man rasch, doch unter Vermeidung von Luftblasen, die Prä- parate in das Schälchen ein; es empfiehlt sich, nur wenige zu nehmen, zumal bei geringer Übung, da sonst das Anhängen von Luftblasen kaum zu vermeiden und auch die Übersicht infolge Erstarrens des Paraffins er- schwert wird. Immerhin kann man mit einer heißen Nadel etwa anhän- sende Luftblasen ohne Schwierigkeit entfernen. Es ist selbstverständlich, daß man diese Manipulationen so rasch als irgend möglich ausführen mub. Sobald sich eine dünne Schicht erstarrten Paraffins an der Oberfläche ge- bildet hat, welche ein Hantieren mit dem Schälchen gestattet, überträgt man es in ein größeres Becken mit kaltem Wasser: hier läßt man es schwimmen, bis das Glasschälchen sich vom Paraffinscheibehen loslöst und niedersinkt. 188 R. Metzner. Eine Modifikation der Altmannschen Osmiumkalibichromatmethode hat Schridde!) angegeben; sie umgeht die direkte OsO,-Fixierung und ge- stattet infolge davon das Einlegen größerer Stücke (bis 1 cm Seitenlänge). Die „lebendfrischen“ Präparate kommen in ein auf 35°C erwärmtes Ge- misch von 1 Vol. 40°/,iges Formaldehyd (sogenanntes konzentriertes For- mol), 9 Vol. Müllerscher Lösung für 24 Stunden, werden dann 1—2 Tage in reiner Müllerscher Flüssigkeit nachgehärtet und dann, wie folgt. ge- beizt. Man zerschneidet nach 24stündiger Wässerung im fließenden Strome die Objekte in ca. 2 mm dicke Scheiben, legt sie 6 Stunden lang in de- stilliertes Wasser und bringt sie dann für 24 Stunden in eine 1°,,ige OsO,-Lösung bei Lichtabschluß; es folgt dann wieder eine Spülung in fließendem Wasser für 12 Stunden und Nachhärtung in steigendem Alkohol und schließlich Alkoholchloroform sowie Chloroform. Bis hierher sollen die Präparate im Dunkeln bleiben. Die Einbettung erfolgt — durch Chloro- formparaffin hindurch — in Paraffin von 58° Schmelzpunkt. Nach Schriddes Angaben hat sich die Methode auch für Blut- und Gewebsausstrichpräpa- rate (Ehrlichs Verfahren) bewährt. Die Fixation in Formol-Müller soll hier 12 Stunden, die Nachhärtung in Müller 12 Stunden und die Osmiumbeizung 30—60 Minuten dauern. Nach meinen eigenen, allerdings nicht sehr um- fangreichen Erfahrungen ist die Altmannsche Methode in der Ausführung des Erfinders vorzuziehen, da die Erhaltung der Granulastrukturen hier- mit eine bessere ist; es ist dies verständlich, wenn man die Eigenschaft des Formols, Eiweißstoffe, wenn auch unvollständig, primär zu fällen. im Auge behält. Es steht somit dem Osmiumtetroxyd nach, das ja den Unter- suchungen von Bethe und Mönckeberg?) zufolge Eiweililösungen bei ge- nügend langer Einwirkung derart verändert, daß dieselben vermittelst Alkohol entwässert werden können, ohne jetzt die der primären Alkohol- fixierung eigentümliche Fällung zu erleiden. Man muß diesen Untersuchun- gen gemäß annehmen, daß die Protoplasmaeinschlüsse (Granula z. B.). aus Eiweibstoffen und verwandten Körpern bestehend, durch längere — 24stün- dige — Einwirkung von OsO, der nachfolgenden Entwässerung gegenüber besser ihre Form konservieren werden, als nach primärer Alkoholfixierung oder nach Fixierung mit primär fällenden Reagenzien. (Über das Schnei- den und Färben der Präparate siehe unten.) Wienun die direkte Vergleichung frischer, überlebender Präparate lehrt, werden durch das vorstehend angegebene Verfahren tatsächlich die granu- lären Protoplasmaeinschlüsse der meisten Zellen konserviert, für einige derselben bedarf es jedoch gewisser Modifikationen, um gute oder wenig- stens leidliche Resultate zu erzielen. Hier sind an erster Stelle die Granula der Schleim- und der Schleimspeicheldrüsen zu nennen. J. P. Langley?) !) Schridde, Merkel-Bonnets Anat. Hefte. H. 35/86 (1905). ?) Bethe und Mönckeberg, Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 54 (1899). 3) J. P. Langley, Proc. R. Soc. V01.40. p. 342 (1886) u. Journ. of Physiol. Vol. 10. p- 423 (1889). EI SEELEN EEE LEERE EEE RENNENS NEBEN CUP. ES TERN, ET Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen etc. 189 beobachtete, daß Osmiumlösungen von 0'5—2°/, die Granula der Schleim- drüsen schwellen machten; die Körner wurden dabei immer undeutlicher und bei Vorhandensein von Osmiumlösung im Überschuß verschwanden sie, indem sie in Lösung gingen. Zugleich entstand durch dieses Schwellen der Granula ein feines Netzwerk, das „charakteristische* Schleimdrüsen- netzwerk der Autoren. Das gleiche Netzwerk erhält man in Präparaten von Schleimspeicheldrüsen nach Fixation in Altmanns OsV,-Kalibichromat- gemisch, wie ein Blick auf Taf. 23 der „Elementarorganismen* zeigt; die Schleimzellen der dort abgebildeten Gl. submaxillaris weisen ein leeres Maschenwerk auf, dagegen sind die Granula der „Halbmonde“ einiger- maßen erhalten. Es wird später noch im Zusammenhange auf diese Dinge zurückzukommen sein. Von der Überlegung ausgehend, daß der Wasser- gehalt der Osmiumlösungen auf die Granula der Schleimdrüsen zerstörend wirke, arbeitete Langley mit Erfolg das nachstehende Verfahren zu ihrer Konservierung aus. Kleinste Stücke der zu fixierenden Drüse werden in Osmiumdampf aufgehängt, zum mindestens 12 Stunden lang, doch schadet längeres Verweilen nicht, ist im Gegenteil für die Fixierung der Granula förderlich. Für die Nachbehandlung gibt Langley an: Abwaschen der Stücke in Wasser für wenige Minuten, 30°/,iger und 50°/,iger Alkohol je 15 Mi- nuten. 75°/,iger und 95°/,iger Alkohol je !/, Stunde, darauf 1-—-2 Stunden in Alcoh. absol., 1/,—1 Stunde in Benzol und dann Einbetten in hartes Paraffin. Ich habe die Methode auch, wie selbstverständlich, mit Xylol- oder Zedernölaufhellung bewährt gefunden, so daß ein Abgehen von ge- wohnten Verfassungsweisen nicht nötig: dagegen ist unbedingt festzu- halten an einem kürzesten Abspülen in Wasser und Nichtüberschreiten der Verweildauer in 30°/,igem und 50°/,igem Alkohol. Denn die Schleim- eranula sind auch nach langer Osmiumfixierung noch etwas quellbar in Wasser bzw. dünnem Alkohol: dies gilt, um es hier vorauszunehmen, auch für die in Osmiumkochsalzlösungen fixierten Schleimdrüsen (Färbung siehe später). Eine der Langleyschen verwandte Methode habe ich!) angegeben, die sich, mit geringen Modifikationen in bezug auf ClNa-Konzentration, auch auf andere Drüsen anwenden läßt. Die quellende Wirkung der wässe- rigen Osmiumlösungen vermied ich, indem ich das OsO, in 2—3°/,igen CINa-Lösungen auflöste; in den meisten Fällen ist eine 2°/,ige ClNa-Lösung verwendbar und sie ist einer 3°/,igen als Solvens entschieden vorzuziehen, da sie die unvermeidliche Deformation der noch nicht fixierten Gewebe durch Wasserentziehung in geringerem Grade bewirkt. Es sei gleich hier bemerkt, daß diese Deformierung sich vor allem in dem Sichtbarwerden interzellulärer Lücken geltend macht, die von Protoplasmabrücken durch- setzt werden; weiterhin in der Verbreiterung der interazinären bzw. interal- veolären Gewebspartien, zumal bei Drüsen von neugeborenen Tieren oder von Föten, gerade Objekten, die sich wegen der guten Fixierbarkeit der Granula und wegen der großen Übersichtlichkeit ihrer Texturverhältnisse 1) Vgl. Nagels Handb. d. Physiol. II. Bd. 2. S. 903 (1906/07). 190 R. Metzner. ganz besonders zu Drüsenstudien eignen.!) Der Gang der Methode ist folgender: Die kleinsten, lebendfrischen Stücke kommen für 24 Stunden in eine Mischung von 3 Vol. 5°/,siger OsO,-Lösung (bereitet mit 2°/,iger eventuell 3°/siger ClNa-Lösung) und 1 Vol. kaltgesättigter wässeriger Kali- bichromatlösung. Darauf werden sie in fließender 2°/,iger ClNa-Lösung gespült, da auch hier die unter dem Mikroskop vorgenommene Unter- suchung dünnster Schnitte mir gezeigt hat, daß die Granula so fixierter Schleimdrüsen bei längerer Wassereinwirkung sich verändern und andrer- seits ein nur kurzes Abspülen mit Wasser die Färbbarkeit nach mancher Richtung hin beeinträchtigt. Die Spülung soll je nach der Größe der Stücke — an und für sich kommen ja nur kleinste Partikel bzw. für Übersichts- präparate nur dünne Platten in Betracht — 2—4 Stunden dauern; darauf überträgt man die Objekte in 90°/,igen Alkohol und wechselt diesen so lange, bis der letztverwendete mit Silbernitrat keine Cl-Reaktion mehr zeigt. Selbstverständlich kann man bei diesem Wechsel mit der Alkohol- konzentration zugleich steigen. Nur ist darauf zu achten, daß die Alkohol- behandlung nicht länger als 3—4, höchstens 5 Stunden dauere, da sonst die Präparate zu hart werden; man tut daher gut, Stücke, die für eine rasche Salzauslaugung zu groß erscheinen, vor dem Einbringen in den Alkohol mit scharfem Rasiermesser zu zerschneiden. Die Einbettung er- folet dann wie oben. Nebenbei sei erwähnt, daß die Fixierung in ClNa-Osmiummischungen nicht nur für den speziellen Fall der Darstellung von Granulastrukturen in Schleimdrüsen brauchbar ist, sondern daß sie auch sonst in mancher Hinsicht schöne Präparate liefert. Vor einer Reihe von Jahren ?2) habe ich zur Darstellung des granulären Aufbaues der Chromatinschleifen bei der Kernteilung, zum Studium der feineren Strukturdetails bei Flagellaten, die folgende Methode angegeben, welche aber auch in schönster Weise unter anderen die elastischen Fasern mit Fuchsinfärbung (siehe unten) — even- tuell noch mit Kontrastfärbung der glatten Muskeln, drüsiger Elemente etc. durch Toluidinblau — in prachtvoller Weise darstellt; so z.B. an Gefäßen, an letzteren, zumal an Lymphgefäßen, auch die Klappen mit ihrem Über- zug von Endothel. Die Präparate (z.B. für Kernstrukturen: Hoden von Salamandra macul.) kommen lebendfrisch in eine Mischung von 7 Vol. 5°/,iger OsO,-Lösung (mit 1!/,°/,iger ClNa-Lösung bereitet) und 1 Vol. gesättigter Kalibichromatlösung; zu 12 cm® Mischung werden 4—9 guttae rauchender Salpetersäure gefügt und die Organstückehen 15— 20 Minuten darin belassen. Für 24 Stunden kommen sie dann in die gleiche Osmium- kalibichromatmischung ohne Säurezusatz; Wässern in fließendem Wasser, destilliertem Wasser, steigender Alkohol und Einbettung wie oben. !) Siehe darüber meine Mitteilungen in Nagels Handb. d. Physiol. II. Bd. 2. (1906/07); Verhandl. d. Naturf. Gesellsch. Basel. 20. H. 1 (1908). 2) Siehe Arch. f. (Anat. u.) Phys. (1894) und Zeitschr. f. wissenschaftl. Zool. Bd. 70 (1901). Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen ete. 191 Schneiden der Präparate und Aufkleben der Schnitte. Die meist in außerordentlicher Dichte in das Zellprotoplasma einge- lagerten Granula, ihre mit den unten zu schildernden Methoden bewirkte intensive Färbung — der sich eventuell noch eine Tingierung des inter- granulären Plasmas anschließt — machen eine Zerlegung der Organstücke in allerdünnste Schnitte unbedingt notwendig, will anders man sich nicht der Vorteile begeben, welche in der Färbbarkeit fast des gesamten Zell- inhaltes durch diese Fixationsmethoden gegeben sind. Die Herstellung solcher, nicht über 25, am besten nur 1'/;—2». dicker Schnitte er- fordert Übung und, soweit lückenlose Serien so dünner Schnitte in Be- tracht kommen, auch viel Geduld. Denn mit den heutigen technischen Hilfsmitteln ist es ausgeschlossen, zur Herstellung solcher Serien die „Bänderschneidmethoden“ anzuwenden; man ist durchaus darauf ange- wiesen, Schnitt für Schnitt einzeln vom Messer abzuheben und der Reihe nach auf den Objektträger aufzulegen. Was nın — um auf einzelnes ein- zutreten — die Schnittdicke anlangt, so mul) man von vornherein darauf verzichten, dieselbe „genau“ anzugeben. Denn auch die bestgearbeiteten Mikrotome lassen eine Spielbreite von 1/,—?/,v. zu, die Ursachen dafür können hier nicht aufgezählt werden. Es sei nur an die Notwendigkeit einer wenn auch allerdünnsten Schicht eines Schmiermittels, an die un- starre, elastische Beschaffenheit des Paraffins erinnert. Wer geübt ist, be- merkt leicht, dal) die Schnitte ungleich dick werden, wenn man jedesmal die Zahnscheibe des Mikrotoms beispielsweise für 2. dreht und daß die Dickendifferenz im gewählten Beispiel sich um 1/;—3/, u. bewegt, also relativ sehr bedeutend ist. Es wechseln immer dünnere mit diekeren Schnitten in großer Regelmäßigkeit ab. In dieser Tatsache liegt auch die Möglichkeit einer, wenigstens annähernden Korrektur. Hat man sich für ein bestimmtes Organ, für eine bestimmte Paraffinsorte und für eine ge- wisse Zimmertemperatur — die überhaupt nie über 16—17° Ü betragen sollte — mit Hilfe einiger Probeschnitte von dem Umfang des Dicken- fehlers ein Bild gemacht, so kann man unschwer die jedesmalige Drehung an der Scheibe um so viel kleiner oder größer machen, dal) eine annähernde Gleichmäßigkeit erreicht wird. Dieser Kunstgriff wird in seiner Ausführung erleichtert durch eine, vor die Hauptscheibe vorgeschaltete kleinere Scheibe mit einer Teilung in Bruchteile eines Mikron. Die Achse dieser kleineren Scheibe trägt einen Triebkranz von 20 Zähnen gegen die 200 Zähne der Hauptscheibe; jede Umdrehung der ersteren rückt also die letztere um 1/0 ihres Umfanges vor. oder, da jeder Teilstrich der kleinen Scheibe bei den Schanzeschen Mikrotomen, an denen Altmann seinerzeit diese Vorrichtung anbringen ließ), 1 Mikron entspricht, so kann man bei ge- eigneten Objekten Schnittdicken von !/;, Mikron noch recht gut in an- ') Siehe die Abbildung eines solchen Schanzeschen Mikrotoms in Altmanns Ele- mentarorganismen. S.25. Fig. 2. 192 R. Metzner. nähernd gleichmäbßiger Weise erzielen. Aber selbst unter Anwendung dieses Kunstgriffes und bei größter Übung wird man niemals die Dicke eines Schnittes bis auf !/, eines Mikrons genau angeben können ; wo es nötig wird — wie bei Angaben über die Größe von Zellen oder Zellbestand- teilen —, aus Serienschnitten Größenverhältnisse zu berechnen, tut man immer gut, sich nur auf die Angabe der Gesamtdicke aller in Betracht kommenden Schnitte zu beschränken und daraus den Größenwert annähernd zu berechnen. Ich habe mich von jeher darauf beschränkt, meine Serien dünnster Schnitte zu bezeichnen: ... Schnitte = ... Mikren. — Das Aufkleben geschieht am besten mittelst 40°/,igem Alkohol; läßt man mit feinem Pinsel die Flüssigkeit in mittelgroßem Tropfen unter die einzelnen Schnitte laufen, so wird man bald bemerken. daß dieselben sich dabei auch vorzüglich strecken; allerdings so rasch und mit relativ so großer Kraft, dal bei Schnitten von 1!/;, u an abwärts sehr leicht Zer- reißung eintritt. Übung läßt aber auch bei solchen dünnsten, gar nicht selten benötigten Schnitten, durch vorsichtiges Zufließenlassen kleinster Tropfen des 40°/,igen Alkohols eine zufriedenstellende Streckung erreichen. Da nun zum Strecken der Schnitte für jeden derselben eine gewisse Menge von Alkohol auf den Objektträger gebracht werden muß, die sich nach und nach ansammelt, und da man weiterhin gegen ein dadurch hervor- gerufenes „Schwimmen“ der so leicht zerreißlichen Schnitte nur vorsichtig mit feinsten Pinseln ankämpfen kann, so empfiehlt es sich, die Zahl der auf einen Objektträger montierten Schnitte nicht zu groß zu nehmen; 25—30 kann man noch gut, 40—50 schon recht schwer bewältigen. Nach vollendeter Streckung wischt man vorsichtig den überschüssigen Alkohol um das Feld der Schnitte herum ab und bringt den Objektträger in einen auf 45° C gehaltenen Thermostaten, wo sie verbleiben, bis sie gut ange- trocknet sind. Dies ist nach 36-48 Stunden der Fall, und zwar auch für Färbungen, bei denen zwischen dem Aufgeben von Wasser und Alkohol gewechselt wird: immerhin ist es ratsam, den Aufenthalt im Thermostaten zu verlängern, wenn bei der Färbung dieser Wechsel der Behandlung mit wässerigen und alkoholischen Flüssigkeiten mehrmals wiederholt wird. Es ist ohne weiteres klar, daß trotz langdauerndem Antrocknen doch die Schnitte von solchen Präparaten wegschwimmen werden, die in Xylol, in Alkohol und in Wasser lösliche Substanzen enthalten ; auch Schnitte mit viel osmiertem Fett haften sehr schlecht. Für solche Fälle, zumal die letzt- erwähnten, erreicht man ein besseres Haften mit folgender, von Altmann ausgearbeiteter Methode. Die Objektträger werden mit Traumaticin (die käufliche Lösung im Verhältnis 1:25 mit Chloroform verdünnt) über- gossen, abgetropft und lufttrocken gemacht. Nach guter Trocknung er- hitzt man sie über der Bunsenflamme, bis der nach einiger Zeit auf- tretende angenehme Geruch deutlich wahrnehmbar wird. Die auf solche Weise mit einer dünnen Kautschukschicht überzogenen Objektträger können lange in brauchbarem Zustande aufbewahrt werden. Zum Aufkleben von ’araffinschnitten auf ihnen bedient man sich folgender Lösung: 2 g Schiebß- Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen ete. 193 baumwolle werden in 50 cm? Azeton gelöst: 5 cm® der Lösung mit 20 cm3 Alcohol. absol. verdünnt. Die mit dieser Flüssigkeit angepinselten Schnitte preßt man mit Fließpapier unter starkem Drucke an; sie halten dann meist alle Manipulationen des Färbens etc. aus. Da sie dabei aber nicht gestreckt werden, so entsteht die oft gar nicht oder nur unter großem Mühaufwand zu bewältigende Aufgabe, schon beim Schneiden für ein mög- lichst glattes Abkommen der Schnitte vom Messer zu sorgen. Ein Strecken der Schnitte mit Hilfe von warmem Wasser auf mit Eiweißelyzerin über- zogenem Öbjektträger, wie es Schridde empfohlen hat (l. e. 05, a), ist für lückenlose Serien allerdünnster Schnitte etwas riskant; es reißt zu leicht bei mehrmaligem Übertragen einer oder der andere ein. Zur Untersuchung der in so mancher Hinsicht interessanten, an den Granulis sich vollziehenden Fettumsetzungen sind die in Altmanns Gemisch fixierten Präparate ohne weitere Färbung ete. zu brauchen, sei es, daß man die Sekretionsvorgänge an den Hauttalgdrüsen (Anal- und Präputial- drüsen, Bürzeldrüsen) studieren oder die von mir (l. ce. 1890) beschriebenen Fetteinlagerungen im Unterhautfettgewebe neugeborener Katzen und Hunde verfolgen will. Die aufgeklebten Schnitte werden so rasch als möglich durch Xylol vom Paraffin befreit, dieses durch Paraff. liquidum verdrängt. der Überschuß des letzteren sorgfältig abgewischt und ein Deckglas darauf gelegt. Umrandet man dieses mit Schellackfirnis, so kann man die Prä- parate beliebig lange unverändert aufbewahren. Der gegenüber Kanada- balsam oder Dammar etwas niedrigere Brechungsindex des Paraff. liquid. vermindert allerdings etwas die Möglichkeit, allerfeinste Details zu erkennen, doch wird dieser Nachteil reichlich aufgewogen durch den Vorteil, daß das Paraff. liquid. auch die empfindlichsten Osmiumschwärzungen — soweit sie nach der Einbettung sich in den Präparaten noch vorfinden —, kon- serviert. Allerdings ist dies für Fettsubstanzen in den ersten Stadien der Assimilation, vor allem für Fettlezithingemische nicht der Fall; hier muß man die Untersuchung des Präparats nach dem Auswaschen vornehmen, und zwar entweder an Zupfpräparaten oder an Gefrierschnitten, die man in Glyzerin untersucht. Einige nähere Angaben folgen unten an Hand von Beispielen. Färben. Für die Färbung der Zelleib- oder Protoplasmagranula kommt als universelle Methode die Altmannsche Anilin-Säurefuchsin-Pikrinfärbung in Betracht. Die Schnitte werden durch Übergießen des Objektträgers mit Xylol vom Paraffin befreit, das Xylol mittelst 95°/,igem Alkohol verdrängt, letzterer rasch so weit abgewischt, daß er nur noch über den Schnitten in dünner Schicht steht und nun über dieses Feld die Farblösung in hoher Schicht übergegossen. Die zur Färbung benützte Anilinwasser-Säurefuchsin- lösung bereitet man wie folgt: 209g Säurefuchsin !) werden in 100.cm® !) Bei der Wahl des Säurefuchsins achte man auf ein „gelbstichiges“ Präparat, d.h. ein solches, das beim Zusatz von Alkali (NaOH) zu einer mäßig konzentrierten Lösung Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 13 194 R. Metzner. einer kaltgesättigten und filtrierten Lösung von Anilin. puriss. eingetragen und nach öfterem Umschütteln filtriert. (Die Farblösung ist ziemlich halt- bar, jedoch nicht unbegrenzt.) Der Objektträger wird nun über einem Mikrobrenner langsam erwärmt, bis er sich auf dem Daumenballen „hand- warm“ anfühlt und die Farblösung dampfit. Man läßt nun langsam er- kalten, kann aber, falls eine besonders intensive Färbung erwünscht ist oder falls man das Präparat als ein schwer färbbares kennt, das Erwärmen wiederholen bzw. den Objektträger mit der erhitzten Farblösung für einige Zeit in den Thermostaten bringen. Von dem erkalteten Objektträger wischt man die Farblösung um das Präparatfeld herum sorgfältig ab, vor allem etwa angetrocknete Farbstoffränder und beginnt jetzt die Differen- zierung mit Pikrinalkohol. Nach meinen Erfahrungen !) ist es vorteilhaft, zwei Konzentrationen von diesem Reagenz vorrätig zu halten: Lösung I: zu 1 Vol. gesättigter Pikrinsäurelösung (in Alcoh. absolut.) fügt man 4 Vol. 20°/,igen Alkohol; Lösung Il: zu 1 Vol. gesättigter alkoholischer Pikrin- säurelösung fügt man 7 Vol. 20°/,igen Alkohol. Mit der Lösung I spült man den Rest des Farbstoffes vom Objektträger herunter, gießt dann neue Lösung auf und beobachtet unter stetem Hin- und Herschwenken die Schnitte, bis diese einen gelblich-roten Farbenton zeigen. Dann ist gemeiniglich die Reaktion beendet, d. h. alle färbbaren Granula des Zellprotoplasmas sind rot gefärbt, die „reifen“ Sekretgranula sind farb- los oder, wie die Kerne und das Bindegewebe, gelbgrau; das inter- granuläre Netz, die basalen und perinukleären Protoplasmapartien zeigen ebenfalls den Fuchsinton. Nun wird rasch die Pikrinsäurelösung mit Al- kohol abgespült und ein paarmal mit Alkohol nachgewaschen, ehe man Xylol darauf bringt; die Präparate werden dadurch entschieden haltbarer. Jetzt wird mit Alcoh. absol. und dann sofort mit Xylol übergossen, wobei eine unvollständige Entwässerung sich durch weiße, wolkige Trübung so- fort dokumentiert. Das Übergießen mit Alkohol ist dann zu wiederholen. Man schließt zweckmäßig in Xyloldammar ein. Das vorstehend geschilderte Differenzierungsverfahren gibt im Sommer oder im gut geheizten Zimmer vorzügliche Resultate, und zwar in wenigen Minuten, ein Erwärmen des Objektträgers ist unter diesen Umständen unnötig; wohl aber bei niedriger Zimmertemperatur. Am besten nimmt man das Erwärmen im Thermo- staten oder auf der Platte des Paraffinofens vor. Um sich vor zu weit- gehender Differenzierung zu schützen — was namentlich bei mangelnder Übung leicht geschieht —, benütze man hierzu die Lösung II und kon- trolliere das Fortschreiten des Vorganges unter dem Mikroskop. Zu dem Ende nimmt man von Zeit zu Zeit den Öbjektträger vom Ofen, spült, wie oben, mit 95°/,igem und mit absolutem Alkohol ab, gibt Xylol nebst Deckglas darauf und sieht nach, ob obiges Bild erreicht ist. Liegen jedoch durch einen gelben Ton in Farblosigkeit übergeht; die „blaustichigen“ Präparate geben weniger schöne Färbungen. Ein von Dahl & Cie. in Barmen bezogenes Präparat gab und gibt mir bis dato sehr gute Resultate (s. a. Metzner, 1. ce. oben). !) Siehe Metzner, Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 70. S. 301 (1901). Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen ete. 195 die Granula noch nicht isoliert und finden sich noch diffuse rote Farb- flecken, so wiederholt man die Differenzierung, und zwar wiederum mit Lösung II, zumal wenn nur noch geringe Unterschiede zu beseitigen sind. Im letzteren Falle tut man gut, die Restdifferenzierung ohne Erwärmen auszuführen. Wurde oben erwähnt, dab die „reifen“ Sekretgranula in grauem Tone, alle fuchsinophilen Granula dagegen rot erscheinen, so ist hier schon kurz auf Differenzen der Farbnuance hinzuweisen, die vor allem in den Schleimspeicheldrüsen und in den Übergangsstadien solcher in Eiweißdrüsen auftreten (s. u.); desgleichen auf Nuancierungen der Gra- nula von Hellrot durch Purpurtöne bis zu Schwarzrot, wie sie Schridde mit der von ihm angegebenen und oben beschriebenen Modifikation der Altmannschen Osmiumkalibichromatfixation und Färbung erhalten hat. Diese Nuancierungen sollen nach des Autors Beschreibung vornehmlich in Blutausstrichpräparaten deutlich hervortreten und sich auch auf den Kern erstrecken. Die Details der hauptsächlich für die pathologische Histologie be- deutsamen Färbungsnuancen müssen bei Schridde selbst nachgesehen werden, hier sei nur angeführt, daß nach des Autors Angaben „die Körner der Belegzellen violettrot, die der Hauptzellen rotbraun, die der eosino- philen Zellen schwarzrot, die der Plasmazellen ziegelrot, die der neutro- philen Leukozyten bräunlichrot erscheinen, während die Körnelungen der Mastzellen kein Rot aufweisen, sondern einen grauschwarzen Ton besitzen“ (1. e. S. 700). Es wäre dazu noch zu bemerken, daß auch die fuchsinophilen Granulationen der Zellen, wie sie Altmanns Verfahren dargestellt, nicht überall ganz gleiche Farbnuance besitzen, jedoch kommt eine so weit- gehende Farbabstufung wie bei Schriddes Methode nie vor. Die Färbung der Schleimzellengranula läßt sich weder nach Osmium- dampffixierung noch nach der mit Os-ClNa-Mischung durch Säurefuchsin in befriedigender Weise ausführen; Hardy und Langley verwendeten da- zu mit Erfolg Methylenblau: die „reifen“, zur Ausstoßung bestimmten Granula färben sich damit metachromatisch violett bis blauviolett. die noch nicht vollreifen Schleimkörner in einem satten Opakblau; die kleinen Körnchen in den basalen Zellpartien erhalten einen grünblauen Ton, in- des das intergranuläre und basale Protoplasma rein grün gefärbt wird. Reine Eiweißgranula nehmen mit dieser und der unten zu schildernden Färbung niemals einen blauen oder bläulichen Ton an, sondern erscheinen graugrün oder grüngelb. Letzteren Farbton nimmt auch das interazinäre bzw. interalveoläre Gewebe an. Ich selbst!) erhielt sehr haltbare Präparate von großer Schönheit und gut differenzierter Färbung der verschiedenen Zellbestandteile ver- mittelst Toluidinblau mit vorgängiger Beizung durch Eisenalaun; die meta- chromatischen Töne sind von gleicher Art wie bei der Methylenblaufärbung, dabei gegen Alkohol resistent und gestatten somit auch das Aufhellen und 1. e. 13* 196 R. Metzner. Einschließen der Präparate in Balsam. Die sehr dünnen Schnitte von Schleimdrüsen — wie oben beschrieben mit OsClNa-Kalibichromat- mischungen fixiert — werden mit Xylol vom Paraffin befreit, das Xylol durch Alkohol entfernt und nach Übergießen mit sehr verdünntem Alkohol, mit wässeriger Eisenalaunlösung 45 Minuten — eventuell auch länger, im Notfall bis zu 2 Tagen — gebeizt, darauf mit Wasser abgespült und dann der Objektträger mit einer dünnen oder mäßig konzentrierten Lösung von Toluidinblau überschichtet. Man differenziert nach 10—20 Minuten mit 50°/,igem Alkohol, bis keine Farbwolken mehr abgehen, entwässert rasch mit alcoh. absol., hellt mit Xylol auf und montiert in Xyloldammar oder Ka- nadabalsam. Muß man beim Färben von Serien befürchten, daß durch Auflösen von Präparatteilen im Wasser einzelne Schnitte fortschwimmen, oder hat man Präparate unter der Hand, deren Granula noch etwas quellbar in Wasser sind, so kann mit Vorteil eine 24—48stündige alkoholische Eisenalaunbeize und nachfolgende Färbung in alkoholischer Toluidinblaulösung angewendet werden. Wenn oben erwähnt wurde, daß die Eisenalaun-Toluidinblaufärbung die gleichen metachromatischen Abtönungen gibt, wie die Methylenblau- färbung, so ist doch immer zu bedenken, daß die obige Schilderung genau genommen nur gilt für die Untersuchung in der verdünnten Farblösung; durch die Entwässerung, Aufhellung und den Balsameinschluß geht der rein violette Ton in ein Blau mit leichtem Violettstich über. Ein weiterer Vorteil der von mir angegebenen Schleimdrüsen- (in- klusive Becherzellen-) Fixierung liegt auch in der Möglichkeit, verschie- dene Färbungen an solchen Präparaten vornehmen zu können. Das inter- granuläre Protoplasma solcher Präparate färbt sich sehr gut mit Säurefuchsin-Pikrin oder mit Eisenalaun-Hämatoxylin nach M. Heidenhain. Ein weiterer Vorzug dieser Fixationsmethode ist zu erblicken in der Mög- lichkeit, auch andere Objekte. als Schleimzellen, damit zu fixieren und Granula- bzw. Protoplasmafärbungen der verschiedensten Art daran vorzu- nehmen. Die von mir entdeckte!) Umwandlung der Katzenparotis aus einem von der Anlage an bis zur Geburt als Schleimdrüse charakterisierten Organ durch ein Stadium einer aus Schleimzellen und serösen Zellen ge- mischten Drüse hindurch in eine reine Eiweißdrüse (hie und da mit ein- gesprengten Schleimazinis versehen) läßt sich sowohl an den fötalen als an den post partum gewonnenen Drüschen nach 2°/,iger UlNa0sO,- Fixierung auf allen Stufen dieser in ca. 2 Monaten beendeten Umwandlung verfolgen. Man studiert sie am besten vermittelst Serienreihen von je 15—20 Schnitten (a 21/,—2"/, v. im Mittel), die man abwechselnd mit Eisenalaun-Toluidinblau und mit Säurefuchsin-Pikrinalkohol färbt. Sehr hübsch ist auch am gleichen Objekt der Einfluß einer Wasserspülung auf die Schleimgranula mit Osmium fixierter Organe zu studieren. Denn von den Umwandlungsstadien der Schleimzelien liefern auch Präparate nach Altmann-Fixation noch leidliche Bilder, wenn man sie in 2°/,iger ClNa- ') 1. ec. Nagels Handb. u. Verh. d. Nat. Ges. Basel. 20 (1908). Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen etc. 197 Lösung spült; nach Wasserspülung jedoch sind sie unbrauchbar. Sehr gut verwendbar ist die OsO,CINa-Methode auch zu farbiger Darstellung „reifer“ Sekretgranula in serösen Drüsen, die ja, wie oben dargelegt, mit Altmanns Fuchsinfärbung bei guter Differenzierung die Farbe nicht festhalten. Man bedient sich dazu in 1?/,°/,iger ClNa Os O,-Kalibichromat mit HNO,-Zusatz fixierter Präparate und färbt dünnste Schnitte davon mit der mir von E. Knoche!) angegebenen, nach Analogie der van Gieson- schen ausgebildeten Methode: I. Safranin nach Flemming 12—24 Stunden: H. Abspülen in Wasser; III. für kurze Zeit Überschichten mit 96°/,igem Alkohol und darnach IV. mit einer Mischung von a) absolutem Alkohol 10 em}, b) gesättigter, alkoholischer Pikrinsäurelösung gutt. 15 —25. c) wässeriger Methylenblaulösung gutt. 4—8:; damit färben 20 Sekunden bis 1!/, Mi- nuten (Lösung vor dem Färben filtrieren!); V. kurz 96°/,iger und dann absoluter Alkohol; VI. Xylol und Einschließen in Dammar oder Kanada- balsam. Mit dieser Methode erscheinen z.B. in Schnitten der tätigen Katzenparotis die Granula sämtlich rot gefärbt, die intergranuläre Sub- stanz im gelben Pikrinton, dazwischen aber allerfeinste blaugraue Linien. Daß diese zarten Linien intrazellulärem Sekret entsprechen, erhellt aus dem in gleichem Farbentone erscheinenden Sekret der Gänge, dessen Zu- sammenhang mit den intrazellulären Massen man rückwärts verfolgend deutlich erkennt, zumal wenn man gute lückenlose Serien untersucht. ?) zu ss Men a A EIWRER Darstellung der Kerngranula. Es ist im höchsten Grade zu bedauern, daß Altmann die von ihm ausgearbeiteten Methoden zur Darstellung der granulären Struktur des Zellkerns nur bruckstückweise veröffentlicht hat. Denn die in seinem Hauptwerk, den „Elementarorganismen“, veröffentlichten Bilder (z. B. Taf. VL: Rote Blutkörperchen von Proteus anguineus, Fig. 3 und 4), welche vollkommen naturgetreue Darstellungen der Präparate darstellen, sind von so großer Schönheit und erinnern so frappant an das, was man in den Kernen überlebender Zellen günstiger pflanzlicher und tierischer Objekte i sehen kann, daß man es nur bedauern muß, die Vorschriften des Autors nicht vollkommen zu besitzen. An erster Stelle ist zu nennen die Methode des Gefrierenlassens der » Organe oder Organstücke und des Trocknens derselben unterhalb der j kritischen Temperatur. An erster Stelle deshalb, weil sie eine universelle ist, insofern in den mit ihr gewonnenen Präparaten sowohl die Granula des Zelleibes als die des Zellkerns zur Darstellung gebracht werden können. Als „kritische Temperatur“ bezeichnet Altmann denjenigen Kälte- grad, der auch im Verlaufe des Trocknens, also auch beim Steigen der Konzentration der im Präparat vorhandenen Lösungen, ein Auftauen und damit ein Zusammenbacken und Schwinden der Stücke nicht zuläßt. Nach he ki !) Siehe Metzner, Nagels Handb. Il. Bd. 2. S. 916. °) S.a. u. und Nagels Handb. Taf. Il. Fig. 3. 198 R. Metzner. Altmanns Erfahrungen muß man zu dem Ende die Temperatur auf zirka — 25° bis — 30°C konstant erhalten, was selbst bei kleinsten Organ- stückchen 50—60 Stunden dauert. Das Trocknen der durch Umhüllung mit einer Kältemischung rasch zum Gefrieren gebrachter Präparate ge- schieht über Schwefelsäure im Vakuum. Sind die Stücke vollkommen trocken, so werden sie ebenfalls im Vakuum mit geschmolzenem Paraffin durchtränkt und sind jetzt schnittfähig. Altmann hat es als eine große Schwierigkeit dieser Methode bezeichnet, die Konstanz der tiefen Tempera- turen mehrere Tage hindurch ohne Unterbrechung zu überwachen. In einer eben erschienenen kleinen Schrift hat Kossel!) einen Apparat zur Herstellung von Trockenpräparaten tierischer Organe beschrieben, der wohl mit Vorteil für unsere Zwecke zu verwenden ist, da er zur Erreichung des gleichen Zieles konstruiert wurde, nämlich gefrorene tierische Organ- stücke ohne Auftauen zu entwässern. Auf eine dahingehende Anfrage hat Herr Kossel mir freundlichst mitgeteilt, daß er die Erreichung des von Altmann Geforderten mit dem neuen Apparat für möglich halte. In An- betracht der großen Hoffnungen, die Altmann in die Gefriermethode ge- setzt, Hoffnungen, deren Berechtigung man nach dem, was der Erfinder damit erreichte, als nicht unberechtigt bezeichnen muß, wäre die Weiter- ausbildung dieser Methode neuer Anstrengungen wert. Es ist zu hoffen, dab Kossel zu weiterer Vervollkommung seines Apparates gelangen wird. Vermittelst der Gefriermethode und nachfolgender Cyaninfärbung hat Altmann z. B. die feine Granulierung des Zelleibes sowohl als des Kerns in den Blutkörperchen von Proteus anguineus?) dargestellt und viele andere Objekte damit bearbeitet, ohne jedoch nähere Angaben zu machen. So fehlt auch eine Vorschrift über die Vorbehandlung der Schnitte für ob- genannte Cyanintinktion. Die weiteren von Altmann ausprobierten Me- thoden, nach welchen nur die Granula, bzw. das intergranuläre Netz des Kerns zur Darstellung gelangen, sind ebenfalls vom Autor nur lückenhaft mitgeteilt worden; wenn ich sie dennoch hier wiedergebe, so geschieht dies in der Hoffnung, einer oder der andere an diesen Dingen Interessierte möchte Versuche zur Ausfüllung dieser Lücken unternehmen. Die Resultate der einen dieser Methoden sind wiedergegeben auf Taf. VI, Fig. 1 und 2 sowie auf Taf. XXXII, Fig. 1—15 der „Elementar- organismen“, woselbst sowohl die granuläre Struktur des ruhenden Kerns als auch an den mitotischen Figuren die Zusammensetzung der Chromatin- schleifen aus Granulis vorzüglich zur Darstellung kommen. Die Organe (z. B. fötales Kleinhirn) fixierte Altmann in wässeriger Osmiumlösung, bei der Weiterbehandlung ging er von der Annahme aus, dal) die Behandlung osmierter Präparate, welche reduziertes Osmium bzw. dessen niedere Oxy- dationsstufen enthalten, mit oxydierenden Agenzien eine Oxydation zu Überosmiumsäure herbeiführen und somit die nachträgliche Enfernung des die Färbung beeinträchtigenden Osmiums gestatte. Von Flemming, als auch 1) Kossel, Zeitschr. f. physiol. Chemie. 84. S. 354 u. ff. (1913). 2) 1. ec. oben. | Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen ete. 199 von Heidenhain u. a. sind derartige Reagenzien —- wie ozonisiertes Terpentin, Chromsäure ete. — angegeben worden; Altmann benützte Gold- chlorid dazu in 2°/,iger Lösung. Die Berechtigung obiger Annahme soll hier nicht weiter diskutiert, sondern nur auf den Artikel „Osmiumtetroxyd‘“ 4. Bethes in der Enzyklopädie der mikroskopischen Technik, 2. Aufl, 1910, S. 329 u. ff. verwiesen werden ; denn mündliche Mitteilungen Altmanns an den Referenten sowohl als Andeutungen in seinen Publikationen lassen vermuten, daß die Manipulationen der Wiederoxydation sowohl als die des Färbens (mit Cyanin) viel verwickelter verliefen als angegeben ist. Etwas genauer sind Altmanns Angaben über die Darstellung des intergranulären Netzes im Zellkern, jedoch auch nicht vollständig. Die kleinen, lebendfrischen Organ- stückchen werden in einer 21/,°/,igen Lösung von molybdänsaurem Ammo- niak mit einem Zusatze von !/,°/, freier Chromsäure fixiert. Nach 24 Stunden überträgt man die Präparate direkt in Alkohol, und zwar in verdünnten (70—80°/,), da absoluter Alkohol einen sehr feinen weißen Niederschlag mit Ammon. molybd. gibt. Darauf steigend bis zu Alcoh. absol. und soll die Nachfixierung in Alkohol eine mehrtägige sein. Hierauf werden die Stücke durch Xylol-Alkohol, Xylol, Xylol-Paraffin geführt und in Paraffin eingebettet. Da die Struktur der Kerne in solchen Präparaten eine außer- ordentlich dichte ist, so müssen allerdünnste Schnitte — bis Inu und darunter — angefertigt werden, um eine Auflösung zu ermöglichen. Nach Altmanns Angabe erfolgt die Färbung mit Gentiana oder Hämatoxylin gemäß der Technik der gebräuchlichen Kerntinktionen; er fügt aber hin- zu, daß die Darstellung einmal nur an gewissen Objekten gelingt (z. B. Niere von Salamandra macul.), daß ferner je nach den verschiedenen Or- ganen oder je nach dem physiologischen Zustande des gleichen Organs die Chromsäurezusätze zu modifizieren sind, und endlich, daß andere Farbstoffe, als Gentiana oder Hämatoxylin deutlichere Bilder liefern; dabei müßten mehrere solcher Farbstoffe nacheinander einwirken oder sie seien durch Jod, Anilin und andere Reagenzien zu beeinflussen. Nähere An- gaben fehlen jedoch.!) Die von mir (1894 und 1902) angegebene Methode zur Darstellung des granulären Aufbaues des Kernes der Spermatozyten von Salamandra maculata teilt mit den eben geschilderten den Nachteil, daß sie sich nur für gewisse Objekte eignet. Die Hoden kommen lebendfrisch in die oben erwähnte Lösung von OsO, in 11/,°/siger NaCl-Lösung mit Zusatz von Kali bichrom. und HNO, (alles Nähere s. oben). Das von Her- mann?) erwähnte Durchstechen der frischen Hoden mit Nadeln behufs leichterer Durchdringung ist zu empfehlen, da ein Zerschneiden aus den vom gleichen Autor dargelegten Gründen auch hier sich verbietet. Die Nachfixierung in dem genannten Gemisch ohne Salpetersäurezusatz ist mindestens auf 36—48 Stunden auszudehnen, dann kann die Auswässerung in fließendem Wasser ohne Nachteil gründlich (24 Stunden) geschehen. ') Vgl. Altmann, Über Konstrukturen und Netzstrukturen. Archiv f. Anat. (u. Phys.) (1892). ?) Hermann, Archiv f. mikr. Anat. 34 (1891). 200 R. Metzner. Man entwässert dann in steigendem Alkohol, führt die Stücke durch Xylol- Alkohol, Xylol, Xylol-Paraffin und bettet in Paraffin von 57—58° Schmelzpunkt ein. Beim Schneiden muß man so weit als möglich mit der Schnittdicke heruntergehen, um die sehr dicht gelagerten Granula der Chromatinschleifen, der Gegenpolkegel, der Doppelkegel des Zwischen- körpers etc. erkennen zu können. Es ist mir seinerzeit gerade an diesem Objekt gelungen, eine lückenlose Serie von 130 Schnitten auf 110. zu schneiden; es ist eines der günstigsten für diese subtile Technik. Die Färbung geschieht gemäß der Altmannschen Vorschrift mit Anilinsäure- fuchsin und nachfolgender Differenzierung durch Pikrinalkohol. Es er- scheinen im roten Farbton nicht nur alle granulären Elemente der an der Mitose beteiligten Kernelemente, sondern auch die Polkörperchen und die Spindelfibrillen. In dieser Hinsicht besitzt sie einen Vorzug vor der Alt- mannschen Methode mit Cyaninfärbung, wie ein Vergleich der Fig. 1-15 auf Taf. NXXIII von Altmanns Flementarorganismen mit meinen Ab- bildungen (94, Taf. IV und V) ergibt. Recht gute Bilder erhält man mit dieser Methode auch von Mitosen kleinerer Zellen bzw. Kerne, als der Spermatozyten, z. B. von Epithelien des Säugerdarms, jedoch ist sie hier den gebräuchlichen Methoden nicht überlegen, insofern sie die granuläre Struktur der Chromatinschleifen auch nicht deutlich zur Anschauung bringt und namentlich versagt sie hier für die Bilder des ruhenden Kerns, d. h. sie gibt hier auch nicht mehr und nicht weniger wie andere Fixa- tions- und Färbungsverfahren. Immerhin erscheinen mit ihr die Spindel- fibrillen scharf gefärbt, was z. B. bei den nach Flemmings oder Hermanns Verfahren hergestellten Präparaten nicht der Fall ist. Beispiele zur Erläuterung. Anschließend an vorstehende Darstellung der von Altmann und mir ausgearbeiteten Methoden zur Färbung der Granula gewisser Zellarten empfiehlt es sich vielleicht, an Hand einiger Beispieie das mit diesen Methoden Erreichbare vorzuführen. Damit sei gemeint, dasjenige aufzu- zeigen, was dieselben in Übereinstimmung mit dem am lebenden oder überlebenden Objekt beobachtbaren erkennen lassen. Es ist jedoch auch hier zu betonen, — worauf ja häufig und von verschiedenen Seiten auf- merksam gemacht wurde —, dal) am lebenden Objekte von vornherein nicht alles, was an geformten Elementen darin enthalten, nun auch unter dem Mikroskope sichtbar ist. Denn selbstverständlich können nur solche (rebilde, deren Substanz einen anderen Brechungsindex besitzt, als das umgebende Medium, im Gesichtsfelde erscheinen. Finden sich im fixierten und gefärbten Präparate Gebilde, welche im überlebenden nicht sichtbar waren, so kann demzufolge der Vorwurf „Kunstprodukt“ noch nicht ohne weiteres erhoben werden. Nicht selten treten anfänglich nicht sichtbare Zellbestandteile, z. B. Granula, im Laufe der Beobachtung im überlebenden Präparate durch Konzentrationsänderungen u. a. hervor; die Gleichmäßig- keit der bei öfterer Wiederholung der gleichen Versuche sich darbietenden Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zelleranulationen ete. 201 Erscheinungen und der sichtbar werdenden Gebilde, sowie ihre Überein- stimmung mit den im fixierten und eventuell noch gefärbten Präparat geben bis zu einer gewissen Grenze die Gewähr, präformierte Zellbestand- teile vor sich zu haben. Beweisend sind hier vor allem die Beobachtungen von Noll!) an der Tränendrüse der Katze. Ließ Noll zu dem über- lebenden Präparat Wasser fließen, so wurden die Granula der Zellen immer undeutlicher und verschwanden schließlich. Zufluß von 2°/, NaCl-Lösung ließ die Körner wieder scharf hervortreten, und diese Veränderungen konnten in mehrfacher Wiederholung hervorgerufen werden. Die Beob- achtung bietet nicht nur einen Anhalt für die Annahme, das mehr oder weniger matte Aussehen von Zellgranulis sei auf verschiedenen Wasser- gehalt zurückzuführen, sondern sie zeigt zur Evidenz, dal) Körnchen, Fäden oder andere Gebilde, welche auf Zusatz hypertonischer Salzlösung zu Drüsenpräparaten auftre- ten, nicht notwendig durch a, Fällung etc. hervorge- bracht, sondern durch Än- derung dieses Brechungs- index sichtbar gemacht wurden. Vor allem — wenn auch mit Kritik — sind hier die „vitalen“ Fär- bungen zu benützen, die an anderer Stelle dieses Handbuches ausführlich zur Präputialdrüse der Maus. p Q (Os O,-Kalibichr.-Gemisch nach Altmann, s. Elem.-Org., Darstellung gelangen. D0- \ 2. Aufi., 1894, pag. 109, Fig. 105). weit die Wahl der Unter- suchungsflüssigkeit (Lösungen indifferenter Salze in verschiedener Konzen- tration) zweckentsprechende Hilfe leisten kann, werden die entsprechenden Vorschriften hier gegeben. Es sollen nun vornehmlich „sekretorische* Pro- zesse als Paradigmata gewählt werden. a) Drüsen mit Übergang der Zellgranula, eventuell ganzer Zellen oder Zellteile in das Sekret. Wie schon Altmann in der,ersten Auflage seines Hauptwerkes ausgeführt, sind die Talgdrüsen bei passender Wahl des Objektes hierzu besonders ge- eignet, da sie nach Fixation mit seinem Gemisch eine ganze Reihe interessanter Vorgänge ohne weiteres, d.h. ohne weitere Färbung zur Anschauung bringen. Die Anal- und Präputialdrüsen kleiner Nager bieten besonders günstige Ver- hältnisse für solche Untersuchungen, da sie bei ihrer Kleinheit in toto gut zu fixieren sind und somit sehr anschauliche Übersichtsbilder der Gesamtvorgänge in der Drüse, teils unter starker Vergrößerung äußerst klare Detailbilder der Vorgänge in den Zellen bieten (vgl. z. B. beistehende Abbildung, welche nach einem Präparat der Präputialdrüse einer Maus gezeichnet wurde). 1!) Noll, Arch. f. mikr. Anat. Bd. 58. S. 487 u. f. (1901). 202 R. Metzner. Die analen Talgdrüsen des Meerschweinchens oder die Inguinaldrüsen des Kaninchens lassen unter den genannten Umständen alle Stufen der Bil- dung des schmierig-fettigen Sekrets unter Verbrauch von Granulis er- kennen: von dem Auftreten kleinster, mit einem Osmiummantel umhüllter Granula in den an der Peripherie der Drüse gelegenen Zellen, über das Stadium schwarzer Vollkörner in den mehr binnenwärts befindlichen Zellen bis zu dem Verschmelzen der Granula zur tiefschwarzen Masse des Sekretes in den weiten und kurzen Gängen, welche zum sackfürmigen Ausführungsgang führen. Da jedoch an den mit Altmanns Gemisch her- gestellten Präparaten die Vorgänge der Abstoßung ganzer Zellen und des Nachschubs neugebildeter Zellelemente nicht deutlich hervortreten, so ist es nötig, zur Ergänzung noch Präparate zu untersuchen, die nach einer der gebräuchlichen Kernfärbungsmethoden hergestellt sind; man wird mit Vorteil solche verwenden, deren Fixierung es ermöglicht, Fettfärbungen (mit Alkana oder Sudan III) am Gefrierschnitt vorzunehmen. Das Nähere findet man bei Margar. Stern.‘) Durch die kombinierte Untersuchung solcher Präparate kann unschwer konstatiert werden, daß in die Drüsen- zellen an der Peripherie der Drüse die Assimilation von Fett mit Hilfe der Granula beginne, daß dabei zugleich eine Verdrängung dieser Zellen in der Richtung des Ausführungsganges durch lebhafte Neubildung in den am weitesten peripher gelegenen Teilen stattfindet. Im Verlauf des Vor- rückens vollzieht sich die weitere Fettassimilation bzw. Umbildung zum spezifischen Sekretfett an den Granulis und mit ihr beginnt die Degene- ration der assimilierenden Zelle: diese geht dann mit in das Sekret über. Was uns an dieser Stelle vor allem interessiert und was an den Altmann- Präparaten mit Sicherheit festzustellen ist, das ist die Bildung eines spezifischen Sekrets mit Hilfe der Zellgranula und den Übergang derselben in das Sekret: im Verlaufe dieses Überganges werden die Granula un- kenntlich in dem schmierigen Sekret, das aus ihnen sich formt. In ähn- licher Weise vollziehen sich die Vorgänge in der Bürzeldrüse der Vögel (Taube, Ente und Gans liefern besonders instruktive Objekte: vgl. hierzu Margar. Stern ]. e. und die Untersuchungen von Röhmann ?), die Hardersche Drüse (hier sind die vom Hamster, vom Meerschweinchen und vom Ka- ninchen sehr gut brauchbar) mit ihren verschiedenen Abteilungen u. a. m. Alle die genannten Drüsen bieten den Vorteil, daß man von ihnen leicht (mit Hilfe des Gefriermikrotoms oder durch Zerzupfen in 0°9°/,iger ClNa- Lösung) überlebende Präparate anfertigen kann, die aufs deutlichste die sranuläre Struktur der Zellen zeigen, ebenso die starke Lichtbrechung der Granula, welche durchaus den Colostrum- und den Milchkügelchen gleichen. Die Gl. Harderi unterscheidet sich aber von den vorgenannten Drüsen dadurch, dal mit der Sekretbildung nicht auch ganze Zellen degenerieren und ausgestoßen werden, sondern daß nur die dem Lumen zugekehrten Zellpartien in der sekretgefüllten Drüse kuppenartig vorgewölbt, mit ihrem 1) Margar. Stern, Arch. f. mikr. Anat. Bd. 66 (1905). ?) Röhmann, Hofmeisters Beitr. z. chem. Phys. u. Path. Bd. 5 (1904). Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen ete. 203 Inhalt von Granulis sich ablösen. Als eine weitere Kategorie von Drüsen — wenn man eine Einteilung vornehmen wollte gemäß der Beteiligung von Zellbestandteilen am Sekretionsvorgang — wären diejenigen zu be- trachten, bei denen nur allein noch die Granula in das Sekret übergehen. Hierfür bieten die verschiedenen Hautdrüsen der Amphibien, die Speichel- drüsen von Reptilien, vor allem der Schlangen, ausgezeichnete Studien- objekte dar; doch sei bemerkt, daß sie durch die Fixierung und Entwäs- serung recht spröde und schwierig schneidbar werden. Von den erstge- nannten liefert die sog. „Parotis“ von Salamandra macul. — ein Haut- drüsenpaket hinter der Augen gelegen —, dann die Kloakendrüsen der Tritonen, von den letzteren die Ober- und Unterkieferdrüse sowie die Augendrüse der Ringelnatter die instruktivsten Bilder. Die Granula der Drüsenzellen sind in vorzüglicher Weise konservierbar, sowohl in den Zellen und Ausführungsgängen als auch im Sekret; daß sie in letzteres über- gehen, beweist am besten die frische Untersuchung des Sekrets der Sala- mander-„Parotis“. Denn die milchweiße Farbe desselben beruht ja auf seinem (Gehalt einer großen Menge stark lichtbrechender und, wie ich seinerzeit auffand, doppeltbrechender Granula. Nebenbei sei bemerkt, daß an und für sich schon das Bild des frischen Sekrets zwischen den ge- kreuzten Nikols ein außerordentlich fesselndes ist: die Granula erscheinen als Sphärokristallee und zwar von den größten, im Drüsenpräparat vor- nehmlich in den peripheren, dem Lumen zugewendeten Zellpartien liegen- den Körnern bis herab zu den kleinen Granulis; ob allerdings die aller- kleinsten, eben noch sichtbaren Körnchen doppeltbrechend sind, läßt sich schwer entscheiden. Die gleichen Sphärokristalle sieht man in Gefrier- schnitten der frischen Drüse, und es scheint mir gerade dieser Befund ein guter Beweis zu sein für die Annahme, es seien eben die in den Zellen sichtbaren Granula, welche man im Sekret wiederfindet und nicht Körner anderer Provenienz (aus dem die Zellen einbettenden Syneytium (Drasch) oder aus den Kernen (Physalix), wie von manchen Autoren behauptet wird. Bei den Speicheldrüsen der Schlangen sieht man die kleineren und größeren Ausführungsgänge ebenfalls mit Granulis dicht erfüllt und wir dürfen wohl in Analogie mit dem an der Molchparotis Beobachteten schließen, daß diese Körner aus den Zellen der Drüsenendstücke stammen. Aber auch der direkte Vergleich der im Ausführungsgange liegenden (ranula mit den in den Sekretionszellen befindlichen liefern an guten Altmannpräparaten einen augenfälligen Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme: Größe und Farbton sind von so weitgehender Übereinstimmung, dab ein Zweifel gar nicht direkt aufkommt. Man vergleiche hierfür die Abbildungen in Altmanns Elementarorganismen, 2. Aufl, Tafeln XXI und XXIII: dieselben zeigen auch, daß das über den Farbton Gesagte für die mit S.-Fuchsin gefärbten Präparate sowohl vor als nach der Differenzierung durch Pikrinalkohol gilt. Gegenüber der Salamanderparotis tritt aber nun hier insofern ein Unterschied zutage, als die Granula mit ihrem Vor- rücken im Ausführungsgange eine Auflösung erfahren, denn das Sekret, 204 R. Metzner. welches z. B. bei der Augendrüse sowohl zur Anfeuchtung des Konjunktival- sackes als auch zur Erleichterung des Schlingaktes dient, indem es durch den Tränenrachenkanal in den Schlund gelangt, enthält keine Granula mehr in nennenswerter Menge. Altmann beobachtete auch den Auflösungs- prozel der Körner in den Ausführungsgängen: dieselben „verlieren ihr charakteristisches Aussehen und werden bis zur Unkenntlichkeit verkleinert“. Die Ausführungsgänge selbst tragen eine Auskleidung von hohen Zellen, die alle charakteristischen Merkmale von Schleimzellen aufweisen; ihr Sekret mischt sich dem der eigentlichen Drüsenacini bei. Es ist für die Beurteilung der Reife solcher Drüsengranula von großer Bedeutung. Es sei nebenbei bemerkt, daß Zellen von ähnlicher Beschaffenheit wie die letzterwähnten sich im Eileiter des Frosches in sehr schöner Aus- bildung finden; sie sind dicht mit großen Granulis gefüllt, die in Be- rührung mit Wasser sofort quellen und platzen bzw. in fädige Schleim- massen sich verwandeln. Dem entspricht, daß diese Muzin- resp. Muzigen- eranula sich an Altmann-Präparaten mit S.-Fuchsin nicht tingieren bzw. auf Pikrindifferenzierung den roten Farbton verlieren. In ganz gleicher Weise verhalten sich die Granula der Zellen in den Ausführungsgängen der obgenannten Schlangendrüsen. (Vgl. auch die Figuren auf Tafel XXI XXIL XXII und XXVI der Elementarorganismen.) b) Drüsen mit teilweisem Übergang der Granula in das Sekret und Lösung in diesem. Bieten uns also die zuletzt geschilderten Drüsen Beispiele von Se- kretionsvorgängen mit einem Übergehen der Granula in die Lumina der Endstücke und der Ausführungsgänge, sowie mit späterer Lösung der Körner im Sekret, so liefern die Schleim- und Schleimspeicheldrüsen der Kaltblüter sowohl als der Warmblüter ein reiches Material zum Studium von Sekretionserscheinungen, bei denen die in den Zellen beobachtbaren Granula wohl auch noch ungelöst die Zelle verlassen, aber doch sogleich oder binnen kurzem verschwinden, so daß in der Regel im Sekret keine Körner mehr angetroffen werden. Daß die Zellgranula der Becherzellen — die ja den Typus der einzelligen Schleimdrüse darstellen — das eben geschilderte Verhalten zeigen, ist von F. E. Schulze, von Merk u.a. am lebenden Präparat gezeigt worden (Barteln des Schlammpeitzgers und Dottersack von Forellenembryonen, frische Diekdarmschleimhaut der Säuger): ich verweise hierfür auf meine Darstellung in Nagels Handbuch, I. S. 916 ff. Die Becherzelle zeigt aber auch im fixierten Präparat diese \or- gänge, falls man das Objekt (Diekdarmschleimhaut von Katze oder Ka- ninchen) in einer der obgenannten OsClNa-Mischungen fixiert und mit Toluidinblau oder mit S.-Fuchsin nach Vorschrift färbt. Bei letztgenannter Färbung erscheinen die Becherzellen in der Mehrzahl fast vollkommen mit graugelben Körnern erfüllt, nur an der Basis, unterhalb des ebenfalls graugelben Kernes, liegt eine dichte, rote Protoplasmamasse, von der feine rote Stränge zwischen die Granula hinaufziehen, um die letzteren das inter- | | | 2 Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen ete. 205 granuläre Netz- oder Wabenwerk bildend. Im Präparat mit Toluidinblau- färbung erscheinen die oberen, gegen die Mündung ins Darmlumen ge- legenen Granula violett, die gegen den Kern zu gelegenen blau, die basalen blaugrün tingiert; die basale Protoplasmamasse, sowie das intergranuläre Netz zeigen rein grünen Farbton. Zwischen den so beschaffenen Bechern finden sich andere, die eine geringere Granulafüllung und dem entsprechend einen bedeutenderen Gehalt an grünem Protoplasma aufweisen, in das kleinste und mittlere blaugrüne Granula eingebettet sind. Hie und da trifft man Zellen an, deren Becheröffnung ein wenig zwischen den Darm- epithelien versenkt liegt und unter diesen finden sich nicht selten solche, aus deren Öffnung Granula hervorquellen (vgl. meine Abbildungen im Nagels Handbuch. Tafel II. Fig. 4a u. 4b). In anderen Fällen bemerkt man über der Becheröffnung fädige, blauviolette Massen, d. h. den aus den Granulis hervorgegangenen Schleim. Manchmal sind auch die oberen, gegen die Öffnung liegenden Granula schon zu einer fädigen Masse ver- quollen. Die in Rede stehenden Vorgänge lassen sich also an diesen ein- zelligen Drüsen recht gut verfolgen, zugleich treten aber auch, wie die vorstehende Schilderung zeigt, die Erscheinungen des Granulaersatzes durch Neubildung im basalen Protoplasma an ihnen zutage. Einiges von dem eben Geschilderten — vor allem die hellen Schleimgranula — sieht man auch an frischen Präparaten -- feinsten Rasiermesser- oder Gefrier- mikrotomschnitten — in einer Spur Ringerlösung untersucht. Unter den mehrzelligen, also den eigentlichen Drüsen wählt man am besten die Buceal- oder Labial- und Palataldrüsen von Hund oder Katze zum Studium der Absonderungsvorgänge aus, da diese Drüsen nur Schleim, kein Ferment liefern; die Einheitlichkeit der Zellauskleidung in den End- stücken ist daher von vornherein zu erwarten und auch wohl allseitig an- erkannt. Das gleiche gilt von der Gl. orbitalis dieser Tiere. Am günstigsten wiederum sind die Drüsen neugeborener Hündchen und Kätzchen, oder von älteren Katzenföten, die ja nach meinen Untersuchungen !) schon zur Sekretion befähigt sind. Untersucht man Ruhestadien dieser Drüsen, so findet man an OsClNa-Präparaten mit Toluidinblaufärbung die Zellen der Endstücke zum größten Teile mit Granulis gefüllt und an der Basis eine homogene grüne Protoplasmamasse. In ihr erkennt man mit guten Im- mersionslinsen in mehr oder weniger großer Anzahl Körnchen von ver- schiedener Größe, die sich nur durch eine ganz geringe Differenz ihrer Färbung — etwas dunkler oder auch eine Spur bläulicher — von dem Grün des Protoplasmas abheben. Oftmals ist aber auch nichts von solchen Körnern zu erkennen. Die über dem basalen Plasma liegenden, den gröliten Teil der Zellen ausfüllenden Granula zeigen, von der Basis gegen das Lumen des Alveolus zu fortschreitend, eine opakblaue Farbe, die dann in ein Blauviolett übergeht, wobei zugleich ein Abblassen des Farbtons und eine Vergrößerung des Granulum (Quellung) sich geltend macht. Dal) diese Vergrößerung mit einer Änderung des Aggregatzustandes einhergeht, er- 1) Verh. Nat. Ges. Basel. Bd. 20 (1908). 206 R. Metzner. kennt man am deutlichsten auch an der viel schlechteren Fixierung der Körner: dieselben sind teilweise zerrissen, mit Nachbarkörnern verklumpt. Im Lumen des Alveolus finden sich vereinzelte, blaßblau gefärbte Schleimfäden. Wählt man nun zur Untersuchung nicht eine ruhende, d. h. eine von einem Tiere nach vorgängigem 24stündigem Hungern entnommene Drüse, sondern ein Präparat vom tätigen Organ, wie man es z. B. erhält vom neugeborenen Kätzchen, das man direkt nach dem Saugen tötet, so erhält man ein durchaus anderes Bild (vgl. die beistehende Figur, die nach der farbigen Abbildung Fig. 1 auf Tafel II meiner Darstellung in Nagels Handbuch, II, 2 photographiert ist). Die Zellen der Alveolen zeigen eine etwas geringere Füllung mit Granulis, dem entsprechend nimmt die basale Protoplasmazone etwas mehr Raum ein. Die Granula sind von ganz ein- heitlichem Aussehen, und zwar alle Fig. 54 a. Fig. 54b. Sehnitt durch einen Alveolus der Gl. buecalis einer einmonatlichen Katze, welche nach langem Saugen an einer Milchflasche getötet wurde. (Eisenalaun-Toluidinblaufärbung.) opakblau gefärbt im Toluidinpräparat; G1. orbitalis von eintägigem Kätzchen, dessen 1 1 N 1 _ Magen prall mit Milch gefüllt war. Unten die blauvioletten 2 Körner sind ver drei Alveolen mit Schleimzellen ausgekleidt, schwunden und die Lumina der Alve- im Lumen fädiger Schleim. Oben Stück des zugehörigen Ausführungsganges; im Epithl Olen und der Ausführungsgänge sind desselben eine einzelne Schleimzelle. . . (Färbung mit Eisenalaun-Toluidinblau; die Mt graublauen und blauen Schleim- a ee uebisuy fäden erfüllt, zwischen denen aber noch mehr oder wenig er erhaltene Granula liegen. An manchen Stellen sieht man solche blaue Granula aus den Zellen austreten zum Zeichen, daß der Sekretionsvorgang im Moment der Fixation noch im Gange war. Dies beweist, daß für diesen Vorgang nicht nur die „reifsten“ im obersten Zellteil gelegenen Sekretkörner verwendet werden; einen weiteren Beweis liefern Befunde tätiger Drüsen, bei denen die Gra- nulafüllung noch viel geringer, die basale Protoplasmazone um vieles breiter angetroffen wird, als in dem vorstehend gezeichneten Präparat. Solche Befunde kann man mit Sicherheit erwarten bei Drüsen nach sehr lange anhaltender Tätigkeit; die Zellen solcher Präparate weisen dann nur noch ut za ee Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen etc. 207 einen schmalen Saum von blauen Granulis auf. Ich muß für das Nähere auf die Arbeiten von Langley!) und von anderen Autoren verweisen; er- wähnen will ich hier, daß man Bilder so anhaltender Drüsentätigkeit nicht etwa nur durch Pilokarpingaben, wie Langley an der Parotis des Kaninchens, erzielen kann, sondern sie auch durch andauernde physiologische Tätig- keit erhält, wie ich an Kätzchen zeigte, die ich anhaltend an einer Saug- flasche mit enger Bohrung des Saughütchens trinken ließ (vel. Korre- spondenzblatt für Schweizer Ärzte 1907). Langley hatte Bilder so extremer Granulaverarmung ebenfalls er- halten an den Ösophagusdrüsen von Fröschen vermittelst Schwammfütte- rung, also durch eine sehr protrahierte Reizung, die vielleicht als eine nicht mehr ganz physiologische angesehen werden kann. In den Zellen solcher anhaltend tätiger Drüsen sieht man dann unter dem Saume blauer Sekret- granula in großer Menge die blaugrünen und grünen Körner des Nach- schubes, die letzteren klein und basal sowie in der perinukleären Zone . .. Ri zur} ae an Fig. 55 a. Fig. 555. Fig. 55.c. Fig.155a, b, ce geben die gleiche Stelle in drei aufeinanderfolgenden Schnitten einer Serie von der Gl. retrolingualis einer trächtigen Katze, welche 16 Tage lang Atropin erhielt. (Eisenalaun-Toluidinblaufärbung. Über die Bedeutung der verschieden schattierten Zellbestand- teile ete. s. Legende zu Fig. 54). gelagert, die ersteren größer und den Anschluß vermittelnd an den Rest der unverbrauchten Sekretgranula. Was immer auch für Stadien der Tätig- keit man wählt unter diesen Schleimdrüsen, stets wird man vereinzelte Granula neben Schleimfäden im Lumen finden, es werden also auf jeden Fall nicht alle Granula vor der Ausstoßung gelöst. In letzter Zeit?) konnte ich an den Schleimspeicheldrüsen von ausgewachsenen Katzen mit chro- nischer Atropinvergiftung — bei denen es in gewissen Stadien dieser Vergiftung zu einer Art paralytischer Sekretion kommt — in ungewöhn- lich klarer Ausprägung den Vorgang der Granulaausstoßung aus den Zellen beobachten. Durchsucht man Serienschnitte von der Gl. retrolingualis sol- cher Katzen, so findet man einen Teil der Alveolarzellen zu etwa ®/, oder fast ganz mit opakblauen Granulis gefüllt, andere Zellen weisen eine ge- 1) Siehe die Literatur bei Metzner, Nagels Handbuch. II. 2. S. 930 u. ff. 2) Vgl. die Verhandl. d. Gesellsch. Deutscher Naturf. u. Ärzte. Münster i. W. 1912. Abt. I. 208 R. Metzner. ringere Füllung auf und hie und da stößt man auf eine völlig leere Zelle. Diese letzteren sind dann sehr schmal, zumal im oberen Teil, wo sie, von den granulagefüllten Nachbarzellen fast ganz überlagert, das Lumen des Alveolus nicht mehr zu erreichen scheinen. Bei genauer Durchmusterung entdeckt man direkte Entleerungsstadien: aus einer im oberen Teil schon fast völlig zusammengefallenen Zelle quillt eine blaugraue oder opakblaue Wolke hervor, in der man aber noch distinkte Granula erkennt. Hier scheint die Quellung bzw. Verflüssigung der Granula erst ein wenig später nach der Ausstoßung zu erfolgen, als gewöhnlich. Dem entspricht, daß das Sekret der Drüse noch etwas dickflüssiger ist als in der Norm. Die im Moment der Entleerung fixierte, stark aus der Zelle herausquellende Sekret- wolke ist häufig gegen das Lumen des Alveolus zu breit, gegen die Zelle hin verschmälert. Die Nachbarzellen, noch granulagefüllt und in vollem Turgor, haben im Moment der Entleerung sogleich von beiden Seiten den oberen Teil der entleerten Zelle bzw. den unteren Teil der Sekretwolke zusammen- gedrückt. Diese Bilder sind sehr lehrreich, sie zeigen einmal deutlich den Modus der Sekretion. zum anderen liefern sie den Beweis, dal) die vom Lumen abgedrängten, keine oder nur vereinzelte Sekretgranula enthalten- den Zellen richtig als Stadien einer eben stattgehabten Entleerung ge- deutet wurden. Es kann nicht auffallen, daß erhebliche Verschiedenheiten im Aus- sehen solcher, im Moment der Sekretausstoßung fixierter Zellen zur Be- obachtung gelangen. Je nach der Lage der sich entleerenden Zellen zu Nachbarzellen wird sich ihre Form verschieden darstellen: befand sich eine solche Zelle auf einer gegen das Lumen vorgebuchteten Stelle, so wird sie nach der Entleerung nicht so stark oder kaum von den Nachbarzellen überlagert; die verschiedene Lage wird auch die Form der ausgestoßenen. Sekretwolke beeinflussen und in der Tat bekommt man sehr wechselnde 3jilder derselben zu Gesicht. Häufig sieht man in solchen Präparaten auch Zellen, deren sekretgefüllter Innenteil kuppenartig gegen das Lumen des Alveolus hervorragt; man hat es hier wohl mit Stadien kurz vor der Aus- stoßung des Inhaltes zu tun. Beachtenswert ist, dal) weder an diesen noch überhaupt an den Zellen der Endstücke eine das Protoplasma gegen den Alveolarraum abschließende Membran zu erkennen ist. Der eben geschilderte Vorgang ist nicht nur an Drüsen nach Atropin- vergiftung zu sehen, er kommt auch an den Drüsen bei ihrer physiologi- schen Tätigkeit, wenigstens in einigen Fällen zur Beobachtung. So in den schon erwähnten Labial-, Buccal- und Palataldrüsen. Zur Kontrolle des an fixierten Präparaten Gesehenen ist selbstver- ständlich immer die Beobachtung des überlebenden Objektes heran- zuziehen. Die Untersuchung geschieht am besten so, daß) feinste Rasier- messerschnitte oder Zupfpräparate aus kleinsten Partikeln der Organe (Gl. orbitalis, Gl. retrolingual. etc.) unter Lupenkontrolle in schonender Weise hergestellt und mit einer Spur Ringerlösung unter das Deckglas gebracht werden, das mit kleinsten Paraffinfüßchen versehen ist, um den Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen ete. 209 deformierenden Druck auf ein Minimum zu beschränken. Man findet dann an ruhenden Drüsen der eben genannten Art die Lumina der Alveolen eng, die auskleidenden Zellen mit stark lichtbrechenden Granulis gefüllt, die auf Zusatz von Alkali (z. B. NaOH/16 N) in kurzer Zeit blaß werden und ganz verschwinden, wobei zarte Schlieren (Schleimstreifen) auftreten. Besonders schön ist die letztere Erscheinung an der Gl. retrolingualis des Igels zu beobachten. Gewinnt man nun solche Präparate von tätigen Drüsen, so fällt vor allem die Weite der Alveolen und der Speichelgänge auf, sowie ein sehr verschiedenes Aussehen der Drüsenzellen. Einige dieser Zellen entbehren teilweise oder fast ganz der großen Sekretgranula, dagegen enthalten sie kleinere, noch stärker lichtbrechende, daher als dunkle, kleinste Pünktchen erscheinende Körner, zumal in der perinukleären Zone; daneben sieht man aber — unter Anwendung bester Ölimmersionslinsen — auch zarte fädige Gebilde im basalen Protoplasma (vgl. beistehende nn: u Fig. 56a u. b). Diese Fäden sind besonders deutlich BEN H an ganz leeren Zellen; we 3 solchen gänzlich der grö- beren Körner entbehrenden BER Zellen begegnet man auch N nicht selten. Nicht nuran N‘ der Retrolingualis, sondern Dee Retroling. (Subling. monostom.) auch an der Gl. submaxil- Retroling. (Subling. monostom.) eines neugeborenen Hündchens. ]ayjs sind diese Faden- nach kurzer Reizung der Chorda. Bei a fast ganz mit Granulis ge- Zwei Zellen mit Körnchen nach füllte Schleimzelle, daneben zwei gehilde zu erkennen, und der Spitze zu. Der übrige Teil nicht sekrethaltige Zellen mit 2 der Zellen enthält Protoplasma Men) Protoplasma.. (Frisches ZWAT besonders gut an der mit fädigen Bildungen. (Präparat Präparat in 00 Pros CN Submaxillarisneugeborener ee Kell, Arch} lhnan,u) Poser. Kätzchen; nach meinen in NEN nis Au Nagels Handbuch der Phy- siologie kurz beschriebenen Erfahrungen verschafft man sich bequem von solchen Tierchen tätige Drüsen durch Narkotisierung mit Chloralhydrat. Auf 0:4—0°5 y dieses Narkotikum, per rectum appliziert, tritt bei neugeborenen Tieren neben tiefem Schlafe eine enorme Gefäßerweiterung, gefolgt von starkem Speichelfluß, ein; entnimmt man in diesem Zustande Präparate der Submaxillaris, so kann man auf Zellen mit den geschilderten Fadengebilden rechnen (vgl. auch Fig. 157, p. 945 in Nagels Hdb. II, 2). Es soll nun auf diese Fäden sowie auf die in ruhenden als in tätigen Drüsen so häufigen Fetttröpfehen näher eingegangen werden. Was man aber weiterhin in frischen Präparaten von tätigen Drüsen häufig antrifft, sind gequollene, blasse Granula im Lumen des Alveolus (vgl. auch Fig. 158, p.946 in Nagels Hdb., II, 2), die dort über den Zellen liegen und sich oft kaum von der glashellen Sekretflüssigkeit abheben. Auch die kegelförmig in das Lumen hineinragenden, im oberen Teile ganz mit sehr großen, sich gegen- seitig abplattenden Granulis erfüllten Zellen bekommt man im frischen Präparat zu Gesicht, welche — wie die Granula im Lumen — oben im Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 14 210 R. Metzner. fixierten Objekt beschrieben und als Stadien kurz vor der Entleerung der Zelle gedeutet wurden (vgl. beistehende Fig. 57). ec) Drüsen mit intrazellulärer Lösung der Granula. Zeigten uns die angeführten Beispiele eine Reihe von Drüsentypen mit mehr oder minder deutlichem Übergang der Granula in das Sekret, so beobachten wir an den serösen oder Eiweißdrüsen ein durchaus an- deres Verhalten. Da die Glandula parotis als Prototyp dieser Drüsen gelten kann, so sollen die an ruhenden und an tätigen Eiweißdrüsen sich ab- spielenden Vorgänge an Hand des im überlebenden und in fixierten Parotis- präparaten Beobachtbaren geschildert, doch auch das Pankreas zum Ver- gleich mit herangezogen werden. Soweit Unterschiede zwischen ruhender und tätiger Drüse mit mittel- starken Vergrößerungen erkennbar sind, hat Zangley dieselben am lebenden Objekt, der Ohrspeicheldrüse des Kanin- a chens, beobachtet. Er vermochte das dünne, gut durchscheinende Verbindungs- stück zwischem oberem und unterem Lappen der Parotis bei vollständig er- haltenem Kreislaufe unter das Mikro- skop zu bringen, indem er die genannten Lappen nach Unterbindung ihrer Gefäß- ....00..0000 = äste loslöste, mit Nadeln auf Gutze De irerung Färbung nat Toinrdinben) DPerchastückchen feststeckte, mit ihnen In vorstehender Zeichnung entsprechen: ganz 208 er das sie verbindende Drüsen- dunkle Granula den blauvioletten, mäßig dunkle den blauen und helle den grünen oder grünlich- Jäppchen vom Kopfe ab und brachte es blauen Granulis des Präparates. Ringe an der NK : = e Zellbasis = Fetttröpfehen. (Hom. Imm. Vgr.500.) auf den Objekttisch. Dieses Läppchen enthält mehrere durchscheinende Azini, deren Zellen — falls das Präparat von einem Hungertier stammte — eine dichte Erfüllung mit feinen Granulis zeigten. Reizung des Halssympathikus bewirkte eine so starke Verengerung der Arteriolen, daß der Kapillarstrom gänzlich stockte; hatte dann die Reizung einige Zeit angehalten, so war eine Aufhellung der Drüsenzellen von der Basis her zu konstatieren, und zwar infolge einer Abnahme der Granulafüllung. Das Gleiche wurde erzielt durch Fütterung des Tieres oder durch Injektion von Pilckarpin eventuell kombiniert mit Sympathikusreizung. Die letztgenannte Methode bildet den Vorteil, die Abnahme der Gra- nulafüllung bis zum Extrem treiben zu können; Langley vermochte durch 11/,stündige Sympathikusreizung — wobei er 1'6 cm? Speichel aus dem Duct. Stenon. erhielt — die Zellen der Azini fast vollständig granulafrei zu machen, nämlich bis auf einen schmalen Saum, der sich sowohl an der inneren, dem Lumen des Azinus zugekehrten Zellseite, als auch den Seiten- flächen der Zellen entlang hinzieht. Mit der protrahierten Reizung wurden aber auch die Zellgerenzen deutlicher, zumal gegen das Lumen zu: die Lumina selbst wurden gut erkennbar und setzten sich eine Strecke weit E r ‚1 L Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen etc. >11 zwischen die Zellen hinein fort; diese wurden dann an den inneren Rän- dern etwas auseinandergedrängt (Sichtbarwerden von Sekretkapillaren). Die Zellen selbst verkleinerten sich dabei, was ja Heidenhain schon kon- statierte.!) Die erwähnte Integrität des Kreislaufes läßt wohl den Schluß auf annähernd normale Ernährungsverhältnisse des untersuchten Drüsen- läppchens und dementsprechend die Auffassung der beobachteten Zellver- änderungen als dem normalen Geschehen entsprechend, berechtigt er- scheinen. Die im vorhergehenden geschilderten und im folgenden zu be- schreibenden Beobachtungen am überlebenden Präparat gewinnen daher, soweit sie eben Gleichartiges aufzeigen, erheblich an Gewicht. Von Bedeutung ist auch die Beobachtung Zangleys, dab die Tätig- keitsveränderungen der Parotiszellen bei erwachsenen Kaninchen 1— 2 Stun- den nach der Nahrungsaufnahme in gleicher Weise zu sehen sind, wie bei künstlicher Reizung. Für das Studium der Ruhezellen sind auch hier, wie üblich, Hungertiere zu verwenden, jedoch ist darauf zu achten, daß nicht Tiere nach allzulanger Karenz zur Verwendung kommen. Langley?) machte nämlich die in mancher Beziehung merkwürdige Beobachtung, daß die Granula der Parotiszellen des Kaninchens bei länger andauerndem Hunger ebenfalls aufgebraucht werden.) Hinsichtlich der Bedeutung dieser Beobachtungen sei nur kurz hin- gewiesen auf die zahlreichen Befunde von Verminderung der Fermentaus- beute (Pepsin) aus der Schleimhaut von Hungermägen*) sowie auf die ebenfalls von Grützner ) an den Magendrüsen gemachte und von Grober®) bestätigte Entdeckung der Rückresorption von Ferment. Die gleichen Veränderungen der Drüsenzellen konnte Langley?) kon- statieren an Isolations-(Zupf-)Präparaten der Parotis von Kaninchen, Katze, Hund und Ratte; als bemerkenswert sei hier nur die von ihm an der Hundeparotis gemachte Entdeckung angeführt, daß Sympathikusreizung auch Granulaschwund sowie Bildung der hellen Basalzone bewirkte, indes die von Heidenhain gemachte Beobachtung, daß Sympathikusreizung keinen oder nur geringe Spuren von Speichel aus der Parotis liefert. vielfache Bestätigung erfahren hat. Ich selbst habe die gleiche Beobachtung an Katzen mehrfach gemacht: Reizung des Halssympathikus ließ in den meisten Fällen keine Spur von Speichel aus einer im Duct. Stenonianus befindlichen Kanüle hervortreten. Daß aber der aus obigen Beobachtungen über Granulaschwund in den Parotiszellen nach Sympathikusreizung gezo- ) Vgl. Langley, Proc. R.S. 29. Nr. 198 (1879) u. Journ. of Physiol. 2. p. 261 u. ff. (1879/80). ?) Langley, ]. e. 3) Über weitere Bestätigungen dieses Verhaltens der Granula bzw. über die Hunger- verkleinerung von Drüsenzellen durch Noll! und Sokoloff, R. und A. Monti u.a. vgl. Metzner, Nagels Handb. II. Bd. 2. S. 963. #) Grützner, Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 13 (1876). ®) Grützner, ebenda. Bd. 20 (1879). 6) Grober, Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 83 (1905). ?) Langley, ]. e. 14* 212 R. Metzner. gene Schluß, die Parotis erhalte auch bei der Katze sekretorische Nerven- fasern vom thoraco-lumbalen System, zutreffend ist, zeigten mir die Rei- zungsversuche an Katzen im Zustande chronischer Atropinvergiftung. Wie ich im einer vorläufigen Mitteilung!) darlegte und wie an anderer Stelle genauer besprochen werden soll, erfahren Katzen unter längerer Atropin- behandlung eine Erregbarkeitssteigerung des Zentralnervensystems, die sich unter anderen in bedeutender Erleichterung der Erzielung reflektorischen Speichelflusses manifestiert. Bei solchen Tieren gelingt es schon durch schwache faradische Reizung des Halssympathikus, eine deutliche Absonde- rung von Speichel aus dem Parotisgang zu erhalten. Fig. 58a. Alveolen der Gl. parotis einer Katze nach 20stündigem Hunger. Frisches Präparat mit Spur Ringer. Homog. Imm. Vergr. 600 (gez. von H. Kirchner). Die Erkennung feinster Details ist am beschriebenen lebenden Ob- jekte nicht möglich, man muß dafür zur Untersuchung des überlebenden Präparates schreiten. Es ist bei der Beobachtung solcher Zupf- oder Schnitzelpräparate zu bedenken, dab Zusatz z. B. von Speichel die Granula zum Teil auflöst bei längerer Untersuchungsdauer, ohne Zusatz halten die Präparate sich länger unverändert. Die mikroskopische Untersuchung dünnster Rasiermesserschnitzel der frischen Parotis (Katze) geschieht daher am besten ohne Zusatzflüssigkeit oder wenigstens nur mit einer Spur Ringerlösung: die Drüse des Hunger- tieres zeigt dann mit guter Immersionslinse eine ziemlich gleichmäßige 1) Verhandl. d. Gesellsch. Deutscher Naturf. u. Ärzte, Münster i. W. 1913. Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgrauulationen ete. 213 Erfüllung aller Azinuszellen mit großen, stark lichtbrechenden Granulis, zwischen denen aber hie und da kleine, noch stärker lichtbrechende Körn- chen verstreut liegen. Große und kleine Körner sind eingebettet in eine spärliche homogene Masse, das intergranuläre Protoplasma. Zusatz von OsO,-Lösung zum Präparat bewirkt in vielen Zellen ein Dunkelwerden basal gelegener Granula; Langley hat wohl zuerst diese Beobachtung ge- macht bzw. zuerst das Auftreten von Fetttropfen in Drüsenzellen fest- gestellt. Zellgrenzen sind meist ebensowenig sichtbar wie ein Lumen im Zen- trum des Alveolus, dagegen wird man die Zellkerne nicht vermissen, falls nur der Schnitt dünn genug ist. Die beistehende Zeichnung gibt eine ziemlich getreue Abbildung eines solchen Präparates Fig. 580. (Fig. 58 a). | (Gewinnt man ein solches Schnitzelpräparat von einer tätigen Drüse — etwa nach längerer Reizung des Nerv. aurieulo-temporalis oder nach Applikation einer mäßigen Dosis Pilokarpin — so bietet sich ein deutlich verändertes Bild (Fig. 585). Die stark lichtbreehenden, großen Gra- nula sind stark vermindert an Zahl, dagegen findet man eine große Zahl von kleineren Körnern, deren Brechung ge- ringer und deren Aussehen daher matter IST. Je nach Alveolus und Speichelrohrstück von einer Katze nach = = Hay Injektion von-0'035 g Pilokarpin. dem Tätigkeitsgrade wechselt Frisches Präparat mit Spur Ringer. Homog. Imm. das Bild und man kann nach Vergr. 500 (gez. von H. Kirchner). intensiver Reizung die groben Granula bis auf wenige verschwunden, die Zellen der Azini fast ganz von den kleineren Körnern erfüllt sehen. Jedoch tritt ein fundamentaler Unter- schied gegenüber dem Ruhepräparat hervor: Die Erfüllung der Zellen mit Körnern ist eine viel weniger dichte, die zwischen den Granulis befind- liche, homogen erscheinende Masse ist deutlich vermehrt. Ein zentrales Lumen ist gut erkennbar, von ihm aus, wenn auch nicht immer in ununterbrochenem Zusammenhange, erstrecken sich mehr oder weniger verzweigte Lücken oder Kanäle in und zwischen die Zellen hinein. Lumen sowohl als Kanäle sind von homogener Flüssigkeit erfüllt. Die Zellkerne treten noch deutlicher hervor als im Ruhepräparat. Hat man Gelegenheit, Präparate der Parotis neugeborener oder wenigstens ganz junger Kätzchen zu untersuchen, deren Azini noch sehr 214 R. Metzner. klein sind!) und daher auch in sehr dünnen Schnitten noch große Teile eines Azinus mit der Mikrometerschraube nach der Tiefe zu durchmustern gestatten, so erhält man von der tätigen Drüse ein sehr instruktives Bild des mit dem Lumen zusammenhängenden Systems von inter- bzw. peri- zellulären Sekretkapillaren sowie der intrazellulären Sekretstraßen, welche ja zum Teil ebenfalls mit dem Lumen in Verbindung stehen, wie sich aus den Schnittbildern fixierter Drüsen ergibt (siehe unten). L. Michaelis?) konnte an der Mäuseparotis im überlebenden Präparate in gleicher Weise den Effekt der Reizung auf das mikroskopische Bild feststellen: nach einer mäßigen Pilokarpingabe nimmt zuerst die Zahl der stark lichtbrechenden Körner ab, es treten Sekrettropfen von unregelmäßiger Gestalt in den Zellen hervor und als Ersatz für die eroßen Granula erscheinen kleinere und schwächer lichtbrechende Körnchen. Michaelis erwähnt ausdrücklich, dab die Unterschiede im Aussehen der ruhenden und der gereizten Drüse so deutlich waren, daß es zu ihrer Erkennung der postmortalen (= supra- vitalen von Arnold) Färbung, welche der Autor mit Erfolg zur Erkennung weiterer Details verwandte, nicht bedurfte. Ich selbst konnte an einem dreitägigen Kätzchen, dessen Parotis nach längerem Saugen des Tieres an der Milchflasche entnommen war. am über- lebenden, ungefärbten Präparat in dem basalen, körnerfreien Plasma feinste Fäden erkennen, also Gebilde, welche von Altmann an fixierten und ge- färbten Präparaten der tätigen Parotis immer beobachtet wurden (siehe unten). Es ist aber zu beachten, daß) nach meinen Untersuchungen (vgl. oben) die Parotis des jungen Kätzchens eine Schleimdrüse ist; an solchen Drüsen sind im tätigen Zustande die Fäden am überlebenden Präparat schon mehrfach beobachtet worden, so z. B. von Noll an der Sublingualis des neugeborenen Hündchens. An der Parotis der erwachsenen Katze konnte ich mit Sicherheit die Fäden nicht feststellen, obwohl mir Andeu- tungen von solchen vorhanden schienen; dagegen sind sie an anderen serösen Drüsen auch im frischen Präparat gesehen worden, so vor allem am Pankreas, desgleichen von Drasch an der lebenden, mit erhaltenem Kreislauf untersuchten Nickhautdrüse des Frosches. Mit supravitaler Fär- bung treten die Fäden sehr deutlich zutage: Michaelis hat sie in seinen oben erwähnten Untersuchungen an der Mäuseparotis eingehend studiert; doch ist hier nicht der Ort für eine eingehende Darstellung seiner Re- sultate, da die vermittelst der vitalen und supravitalen Färbungsmethoden gewonnenen Einblicke in den Drüsenmechanismus in einem besonderen Abschnitt dieses Werkes behandelt werden. Nur soviel sei erwähnt, dab das Auftreten solcher Fadengebilde stets im Zusammenhange mit der Tätig- keit der Drüsen bzw. mit dem bei der Tätigkeit zu beobachtenden Er- ') An dieser Stelle ist bei der Schilderung der Vorgänge in den Drüsen neuge- borener oder sehr jugendlicher Tiere die geringere Füllung der Drüsenzellen mit Gra- nulis bzw. das Vorhandensein einer basalen granulafreien Zone, auch im Ruhepräparat, nicht besonders erwähnt worden. ?) L. Michaelis, Arch. f. mikr. Anat. Bd. 55. S. 588 (1900). u Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen etc. 315 scheinen von kleineren Körpern (Nachschub) beobachtet wurde (siehe auch unten). Sehr eingehend wurden die Veränderungen der Ohrspeicheldrüse bei der Tätigkeit studiert durch Altmann an Präparaten, hergestellt nach Fixation mit dem Os O,-Kalibichromatgemisch durch Fuchsinpikrinfärbung; bei ihrer Schilderung wird auch noch auf schon oben behandelte Objekte, vor allem auf die Natterdrüsen zurückzugreifen sein. Das Altmann-Präparat der Ruheparotis (Katze) zeigt, ähnlich wie die Augendrüse der Ringel- natter, die Azini vollständig erfüllt von graugelben Körnern, zwischen denen sich wabenförmig das rot gefärbte intergranuläre Protoplasma hin- zieht; an der Zellbasis und um den daselbst liegenden ungefärbten, nur im Pikrinton erscheinenden Kern ist dieses Protoplasma in etwas größerer Mächtigkeit vorhanden. Durch geeig- nete Pikrindifferenzierung — eventuell unter Zuhilfenahme der Wärme (s. frü- her) — läßt sich bei den Natterdrüsen das intergranuläre, basale und peri- nukleäre Plasma in Züge allerfeinster Körnchen auflösen, und zwar gilt dies sowohl von dem Protoplasma der Zellen in den eigentlichen Drüsenstücken als in den Ausführungen. An dem inter- granulären Plasma der Katzen- und Hundeparotis gelingt dies vorläufig noch nicht, doch scheint mir Altmanns N Ansicht plausibel, daß dies nur Mangel Die Granula sind im Originale graugelb, die Intergranularsubstanz rot, ebenso ist letztere der Methode ist, daß auch hier solche gefärbt in Fig. 595, c, d, jedoch haben hier auch die Granula den gleichen Fuchsinton. Körnchen vorhanden sein werden. Kuhebild, bzw. Erholungsbild 36 Stunden nach Andrerseits bin ich überzeugt, daß das "us dtmann, Elem- One) intergranuläre Plasma keineswegs nur aus solchen Körnchen besteht, sondern daß diese eingebettet liegen in das — innerhalb gewisser Grenzen — homogene Protoplasma und nur Abscheidungen desselben sind. Das Erholungsbild kann für das Ruhebild stehen; Unterschiede individueller Natur treten in beiden auf in bezug auf die mehr oder weniger starke Entwicklung der intergranulären Substanz. Siehe auch hierfür und für das Folgende die Taf. NXIV—XXVI sowie für die Natterdrüsen Taf. XXIII des Altmannschen Hauptwerkes. Wie oben erwähnt, erkennt man im frischen Präparat die Speichel- röhren der Ohrspeicheldrüse an der Auskleidung mit Reihengranulazellen, wobei auf die geringere Größe und das mattere Aussehen dieser Körner, die sich also chemisch von den reifen Sekretgranulis unterscheiden, hin- gewiesen wurde. Dem entspricht nun, daß im Fuchsinpikrinpräparat der Ruheparotis diese Reihengranula den roten Fuchsinton zeigen, dadurch fallen die Speichelröhren auch sofort in dem graugelben Ton der Präparate Fig.59.a. 216 R. Metzner. auf. Zum Unterschiede von den Natterdrüsen findet man im Lumen der Ausführungsgänge (Speichelröhren) keine (Granula, dieselben werden ent- weder in den Azinuszellen selbst oder sofort nach ihrem Austreten in die Speichelröhren gelöst (s. auch unten). Um nun Drüsen in verschiedenen Stadien der Tätigkeit zu erhalten, injiziert man Katzen, nach 24stündigem Hungern, gleiche Dosen (z. B. je 50 ıng) von salzsaurem Pilo- karpin und tötet die Tiere nach 1, 2, 3. 6. 9, 24 und 36 Stunden, oder entnimmt ihnen nach den gleichen Intervallen die Drüsenstücke in Chloro- formnarkose. Es sei gleich anfänglich bemerkt, dal) in allen Stadien bis 16—24 Stunden nach der Applikation des Giftes eine erhebliche Ver- kleinerung der Drüsenacini zutage tritt; den höchsten Grad erreicht sie in der 2.—4. Stunde und erst nach 24—36 Stunden kann man wieder auf das Ruhebild rechnen. Im Rig:59b. einzelnen spielen sich die Vor- gänge wie folgt ab: 1 Stunde p-. I. findet man Zellen und Azini wenig verkleinert. alle graugelben Granula ver- senwunden und an ihrer Stelle erfüllen die Zellen rote Körner (Fuchsinton) von sehr wech- selnder Größe, die aber nie das Kaliber der Ruhegranula erreichen. Zwischen den Kör- nern befindet sich in größerer oder geringerer Mächtiekeit eine homogene Substanz von 1 Stunde nach Pilokarpin, entsprichtauch dem Erholungs- blaßem oder gesättigterem stadium 9 Stunden nach der Injektion von Pilokarpin. RAN s (Teil von Fig. 2, Taf. XXIV aus Altmann, 1. e.) Pikrinton, in welche zahl- reiche rote Fäden und aller- feinste rote Körnchen eingestreut sind; am reichlichsten ist diese Substanz an der Basis der Zellen, bzw. in der perinukleären Zone anzutreffen. Hie und da bemerkt man helle Lücken in den Azinis. 2 Stunden p. 1. findet man Zellen und Azini noch mehr verkleinert. den Gehalt an roten Körnern viel geringer, dagegen die Zahl der Fäden kaum vermindert; helle Lücken trifft man in großer Anzahl, doch ist dieser Befund keines- wegs konstant. Als das Maximum der Erschöpfung sieht Altmann das Stadium der Drüse 36 Stunden p. I. an: die roten Körner sind eher zahl- reicher als vorher, aber nur in kleinem oder kleinstem Kaliber vertreten, rote Fäden findet man nur bei genauer Durchmusterung der Präparate; die hellen Lücken sind auch weniger zahlreich. 6 Stunden p. I. trifft man etwa die gleichen Bilder, wie nach 2 Stunden, indem sowohl die roten Körner als die Zellen und Azini wieder an Volumen zugenommen haben, desgleichen finden sich wieder Fäden vor. Daß hier ein Regenerations- stadium der Drüse vorliegt, ergibt sich nicht nur aus dem Bilde selbst, Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen ete. 217 sondern auch aus den in gleichem Sinne fortschreitenden Befunden der noch später getöteten Tiere; Altmann gibt die Darstellung der Verhält- nisse 9 Stunden p. I., die in bezug auf Größe der Zellen und Azini, Zahl und Kaliber der Körner, sowie Ausbildung der Fäden dem Stadium 1 Stunde p. I. entsprechen. Je nach der Individualität der Tiere kehrt die Drüse nach 24—36 Stunden zum Ruhestadium zurück. Die Deutung, welche Altmann den Bildern dieser einzelnen Stadien gibt, ist folgende: I. Stadium (1 Stunde p. I.). Die graugelben Körner sind in das Sekret übergegangen und die roten durch Nachwuchs vom intakten Protoplasma an ihre Stelle getreten, ohne jedoch bei der Rapidität des Fig.59 c. Fig. 59.d. 2 Stunden nach Pilokarpin, entspricht auch dem 3 Stunden nach Pilokarpin. Erschöpfungs- Erholungsstadium 6 Stunden nach der Injektion stadium. | a FOL Pilokarpin. (Teil von Fig.2, Taf. XXV aus Alt- (Teil von Fig.1, Taf. XXV aus Altmann, 1. ec.) mann, 1. ce.) Vergiftungsprozesses völlig zu reifen Sekretkörnern sich ausbilden zu können; sie sind deshalb nicht von so gleichmäßiger Größe, wie die Sekretkörner der Ruhedrüse und haben ihre spezifische Fuchsinreaktion noch nicht verloren. An Stelle der in der Ruhe undefinierbaren roten Intergranulärsubstanz sind Fädchen und kleine Körnchen getreten, welche hier, wie auch sonst, für den Nachwuchs neuer Sekretkörner zu sorgen haben. Der Gang scheint so zu sein, daß, wenn nicht immer, so doch häufig sich aus den primären Granulis des intakten Protoplasmas zu- nächst Fäden bilden, diese durch Zerfall kleine Körner geben, welche durch Wachstum und Assimilation sich zu Sekretkörnern umwandeln Der Zweck der vegetativen (zum Unterschied von den persistierenden ani- malen Nerven- und Muskelfibrillen nennt Altmann diese nicht persistierenden 218 R. Metzner. Fäden „vegetative“) Fäden ist augenscheinlich der, die Erzeugung einer größeren Zahl neuer Granula in kürzerer Zeit zu begünstigen ..... Erschöpft sich die Drüse durch die Reizung des Giftes mehr und mehr, so sieht man die Regenerationskraft des Organs mehr und mehr zu- sammensinken (Stadium II, 2 Stunden p.I.; die völlige Erschöpfung: Stadium II, 3 Stunden p.1I.). Mit der Erholung wechseln die Bilder in umgekehrter Reihenfolge, bis schließlich aus den fuchsinophilen Körnern die nicht fuchsinophilen, daher durch Pikrindifferenzierung graugelb werdenden Sekretkörner der Ruhedrüse hervorgehen. Die hellen Lücken, welche in unregelmäßiger Weise in den Stadien lebhafter Sekretion in den Zellen hervortreten,. entstehen nach Altmann durch Stauungen des Sekretes: er erhielt sie in großer Anzahl, wenn er vor der Pilokarpin- injektion den Duct. Stenonianus De. unterband. Altmann gibt noch an, dal die Katze (sowohl für die Parotis, als auch für die Sub- maxillaris und das Pankreas) mit wunderbarer Exaktheit auf Pilo- karpin reagiert — die Frage, ob aber die hier beschriebenen Pro- zesse auch für die physiologische Tätigkeit der Drüse gelten, oder ob sie vielleicht nur abnorme, gleichsam pathologische Vor- gänge darstellen, erwägt er an diesem Orte nicht. Dazu ist nun einmal zu bemerken, daß ich ähnliche Bilder der Parotis — Gl. parotis einer erwachsenen Katze (tätige Drüse) (modifizierte van Gieson-Färbung) nach Metzner. r p FE Nagels Hdb., II, 2. Taf. II, Fig. 2. Teilweise photo- u u auch dem Gr ade nach vn graphische Reproduktion. S= Speichelrohr mit Schalt- schieden — erhielt bei Katzen stick, das mit Sekret gefüllt ist; letzteres setzt sich : B n - rückwärts in den Acinus und in die Zellen fort. nach einer reichlichen Fleisch- mahlzeit (Katzen kauen bekannt- lich gröbere und nicht weichgekochte Fleischstücke recht ordentlich, im (regensatz zu den. alles ungekaut hinabschlingenden Hunden). Weiterhin ist, wie oben beschrieben, an unserer, wie an vielen anderen Drüsen, in vivo bei physiologischer Tätigkeit (vgl. auch unten Altmanns Untersuchungen an den (reschlechtsdrüsen von Triton zur Brunstzeit) Schwund der Sekretkörner, der Nachschub kleinerer Körner, das Auftreten von Fäden, zumal im basalen, granulafreien oder granulaarmen Protoplasma ja oft gesehen worden. An- knüpfend an meine Beobachtung nach starker Fleischmahlzeit möchte ich aber hervorheben, daß ich in diesem Präparat — welches in OsO, ClNa mit Zusatz von Kalibichromat und einer Spur Salpetersäure fixiert und dessen Schnitte mit der von Knoche modifizierten van Giesonschen Methode gefärbt waren (s. früher die Methodik) — einiges erkennen konnte, was die Alt- mann-Präparate nicht zeigen, nämlich das in besonderer Färbung hervor- Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen etc. 219 tretende Sekret (vgl. dazu die beistehende Fig. 60). Man findet in diesem Präparat kontinuierliche Sekretstraßen von dem Lumen der Schaltstücke (Anfangsstücke der Speichelröhren) bis in die Azinuszellen hinein (grauer Farbton). Dort zieht sich das Sekret in allerfeinsten Linien zwischen die Granula bzw. die sie umgebende Protoplasmamasse hinein; zumeist aber imponiert es als Tropfen und Tröpfchen, auf dem Schnittbilde meist intra- zellulär liegend; aber an manchen Stellen erhält man den Eindruck bei Gebrauch der Mikrometerschraube, als ob das Sekret perizelluläre Kanäle (Sekretkapillaren) fülle. Diese Präparate lehren nun mit aller Deutlichkeit, daß eine intrazelluläre Lösung der Granula bei der Sekretion statthat und sie deuten weiter darauf hin, daß wohl in den breiten Protoplasmamassen zwischen den fuchsinophilen Körnern der Altmann-Präparate — welche hier im Safraninton erscheinen — auch Sekret, durch Imbibition, ent- halten ist; es gibt also die Altmannsche Methode nicht eine volle Differen- zierung der im Plasma auf andere Art und Weise darstellbaren Gebilde. Andrerseits treten mit der modifizierten van Gieson-Färbung die Fäden nicht oder nur unvollkommen hervor. Was nun die Deutung der in der tätigen Parotis auftretenden kleinen und kleinsten Körner sowie der Fadengebilde betrifft, so ist vor allem daran zu erinnern, dal) wir die gleiche Erscheinung in allen darauf unter- suchten Drüsenzellen wiederfinden. Es wurden Andeutungen schon oben gegeben bei den Gl. orbitalis, retrolingualis (subling. monostomatica), Submaxillaris, zum Teil nach eigenen Beobachtungen frischer Präparate, zum Teil nach denen anderer Autoren; diese werden ergänzt durch das, was an Leber, Darmepithel, Pankreas, Speicheldrüsen, Milchdrüse, Eileiter- drüse u. a. vermittelst fixierter und gefärbter Präparate sowohl, als am lebenden und überlebenden Objekt studiert wurde. Es seien hier aus Altmanns Hauptwerk noch genannt die Taf. XXVIL und XXIX (Gl. submaxillaris der Katze), weiterhin Taf. XX und XXI (Bauchdrüse von Triton taeniatus, siehe auch unten) und Taf. XXX (Pan- kreas der Katze) sowie die zugehörigen Textabschnitte S. 107 u. ff. Was die Körnchen verschiedenen Kalibers als Vorstufen der Sekret- granula betrifft, so möchte ich den von mir und anderen oft beobachteten Umstand anführen, daß die kleinsten Körnchen im basalen Plasma auf- tauchen und daß mit dem Vorrücken nach dem Lumen zu das Kaliber und auch die Zahl derselben wächst bei den Drüsen, die einen Übergang der Granula in das Sekret oder wenigstens in das Lumen der Endstücke zeigen (vgl. die Schleimdrüsen) oder bei denen — wie z. B. beim Pankreas — nur die dem Lumen zunächst gelegene Körnerreihe gelöst wird. Gerade beim Pankreas ist von Kühne und Lea!) der Nachschub mehr basal gelegener Körnchen zum Ersatz der in Lösung gegangenen, am freien Rande gelegenen Zymogenkörner in vivo mit aller Deutlich- keit gesehen worden. Dort, wo die Lösung der Granula sich nicht nur in '!) Kühne und Lea, Untersuch. a. d. Physiol. Instit. Heidelberg. II (1882). 2920 R. Metzner. au einem am Lumen gelegenen Saume vollzieht, sondern im erößten Teile der Zelle an vielen Granulis zugleich Platz greift — was mir für die Parotis zuzutreffen scheint —, da wird auch eine Anordnung nach der Größe in der Richtung Basis-Lumen fehlen und werden die Körnchen ver- schiedensten Kalibers durcheinander liegen. Doch habe ich auch hier (bei der Parotis) oft die perinukleäre Zone bevorzugt gesehen als Ansammlungs- ort der kleinsten Körnchen. Weiter möchte ich anführen für die Ent- wicklung der großen Granula aus den kleinen Körnern die Änderung der mikroskopischen Reaktion, die mit dem Wachstum einhergeht. Wie schon früher erwähnt, kann man die kleinsten, basal gelegenen Körnchen in den Zellen der Schleim- oder Schleimspeicheldrüsen oft kaum erkennen. da ihre Farbe fast genau die des homogenen Protoplasmas (grün bis grüngelb) ist; mit ihrer Vergrößerung und Verlagerung geeen das Lumen zu nehmen die Körner einen grünlichblauen, dann blaugrünen, weiter opakblauen Ton an, bis sie in dem Blauviolett der reifen Granula in den obersten Zellteilen erscheinen. Was nun die Fadengebilde als Muttersubstanz oder als Inter- mediärstadium der fuchsinophilen Körner anlangt, so ist einmal zu be- tonen, daß das, was früher (Pflüger, Heidenhain) als Fäden- oder Stäbchen- formationen in den Zellen der Niere, der Speichelröhren etc. beschrieben wurde, neuerdings als Körnerreihen — eventuell mit verbindenden feinen Fäden — erkannt wurde. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß noch manche der nicht gestreckt, sondern gekrümmt oder verschlungen auftretenden Fäden in Körnchenzüge aufgelöst werden mögen. Andrerseits sehen wir z.B. beim Pankreas mit der Abnahme der Zymogenkörner bei der Tätig- keit der Drüse, wie die Plasmakörnchen so auch die Fadengebilde — welche hier ebenfalls in vivo beobachtet wurden — zahlreicher werden. Mouret‘!), der die kleinen Körnchen und Fäden im Pankreas des Frosches ebenfalls wenig zahlreich in der mit Zymogenkörnern gefüllten Drüse fand, dagegen sie sich vermehren sah in den Zellen, deren Zymogenkörner- (Granula-) Gehalt sich verringert hatte, stellt sich auf Altmanns Stand- punkt: er faßt kleinste Körnchen und Fäden unter dem Namen „präzy- mogene Substanz“ zusammen: die fädige präzymogene Substanz ver- wandelt sich in feine Körnchen, die sich im Protoplasma verbreiten, dort wachsen und reifen, um wahre Zymogenkörner zu werden. Daß der Zerfall von Fäden in Körnerreihen im überlebenden Prä- parat gesehen wurde, beweist an sich natürlich nichts — es kann dies ebensogut eine Absterbeerscheinung sein und ist auch von den Autoren vielfach als solche gedeutet worden. Aber sie bleibt beachtenswert im Zu- sammenhange mit dem obigen. Um neben Mouret, der ja auch an fixiertem Material seine Unter- suchungen anstellte, noch ein weiteres Beispiel aus dem Hauptwerke von Altmann, des Begründers dieser Anschauungen, anzuführen, so sei auf ‘) Mouret, C. r. Soe. Biol. T. 46. p. 733—34 (1894) und T. 47. p. 35—36 (1895). A ET DLERDBDL N Die wichtigsten Methoden zur Darstellung von Zellgranulationen etc. 31 dessen Beobachtungen an den Geschlechtsdrüsen, speziell an der Bauch- drüse von Triton taeniatus hingewiesen (vgl. Element. Organ. S. 134 u. ff. sowie Taf. XX und XXI. Wir sehen hier in prägnanter Weise eine Zu- nahme der Fadengebilde parallel gehen mit der Abnahme der Sekret- granula zur Brunstzeit, die ja für diese Drüsen eine Zeit äußerst ge- steigerter Tätigkeit ist. Daß hier die verschiedenen Bilder verschiedene funktionelle Zustände der Drüse darstellen, ergibt sich — wie Altmann wohl mit Sicherheit schließt — aus den Umständen ihrer Gewinnung. Denn während wir zur Brunstzeit vom gleichen Tier annähernd gleiche Bilder erhalten, sind dieselben bei verschiedenen Tieren so verschieden, daß wir, ausgehend von Zellen, die prall gefüllt, mit reifen Sekretkörnern, kaum eine Spur basalen Plasmas zeigen, alle Übergänge finden des Wachsens der basalen Zone und ihrer Erfüllung mit zahlreichen fuchsino- philen Fäden bis zum völligen Schwund der Sekretgranula oder wenigstens bis zur Beschränkung ihres Vorkommens auf einen schmalen, das Lumen begrenzenden Saum. In solchen fast oder gänzlich granulafreien Zellen finden sich dann zwischen den fuchsinophilen Fäden allerkleinste Körnchen gleicher Reaktion eingestreut. Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. Von V. Vouk, Zagreb (Agram). I. Anzucht und Kultur der Pflanzen im Laboratorium. Beim Studium verschiedener Wachstumsvorgänge wird der Physiologe wohl in den meisten Fällen seine Versuchspflanzen selbst im Laboratorium zur Entwicklung bringen, da er auch die Ernährungsbedingungen, unter denen die Pflanze steht, keinesfalls außer acht lassen darf. Wo ein Versuchs- garten oder ein größeres dementsprechend eingerichtetes Laboratorium vorhanden ist, wird der Experimentator die Arbeit der Anzucht und Kultur der Versuchspflanzen am zweckmäßigsten dem erfahrenen gärtnerisch ge- schulten Gehilfen überlassen, doch wo ein solcher nicht bei der Hand ist, muß auch der Experimentator selbst die nötigen Methoden und Handgriffe kennen, um seine Objekte normal zur Entwicklung zu bringen. !) Mit Vorliebe werden zu Wachstumsversuchen die Keimlinge ver- schiedener Pflanzen benützt, und zwar gibt es eine Reihe von Pflanzen- keimlingen, welche sich in jeder Richtung hin für die erwähnten Zwecke als besonders geeignet gezeigt haben und die in den botanischen Labora- torien als „Versuchskaninchen“ gelten. Von diesen sind zu nennen: Bohne, verschiedene Arten, z.B. Phaseolus vulgaris, Ph. multiflorus; Erbse, Pisum sativum; Wolfsbohne oder Lupine, Lupinus albus; Feuerbohne, Vicia faba; Kürbis, Cueurbita pepo; Weizen, Triticum, verschiedene Sorten: (Gerste, Hordeum vulgare: Mais, Zea, Mais; Senf, Sinapis alba; Rettig, Raphanus sativus: Sonnenblume, Helianthus annuus:; Rizinus, Riecinus communis: usw. Bei der Benützung der verschiedenen Getreidearten und Kulturlegu- minosen (Bohnen, Erbsen usw.) ist stets notwendig, die Kulturvarietät bzw. die Rasse im Versuchsprotokoll zu notieren, da die Unterschiede bezüglich der Wachstumsverhältnisse oft bei einer Art recht beträchtlich sind. Man experimentiert in der neuesten Zeit sogar auch mit „reinen Linien“. Außer- !) Zu diesem Zwecke ist auch das Buch von P. Esser, „Das Pflanzenmaterial für den botanischen Unterricht“, I. Teil, „Anzucht, Vermehrung und Kultur der Pflanzen“ zu empfehlen. Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 223 dem soll bei solchen Experimenten auch die Bezugsquelle wie auch das Alter des Samenmaterials erwähnt sein. Die Prüfung des Samenmaterials auf Keimfähigkeit. Es ist wichtig, daß das zu Versuchen benützte Samenmaterial gut keimfähig ist; daher ist es auch notwendig, daß der Experimentator die Samen auf die Keimfähiekeit prüft. Dem Physiologen genügt zu diesem Zwecke die ein- fachste Art und Weise der Prüfung auf Keimfähigkeit, denn ihm handelt es sich nicht darum, den Wert des Samens zu bestimmen, sondern die Keimfähiekeit kennen zu lernen, die man sogar in einigen Fällen im Ver- suchsprotokoll notieren soll. Selbstverständlich werden zu Versuchen gesunde, nicht eingetrocknete und geschrumpfte Samen genommen. Der Same muß zunächst einquellen, wovon die Grassamen ausgenommen sind. Die @Quellungsdauer variiert zwischen 6—12 Stunden je nach der Dickwandiekeit der Samenschale, wobei beachtet werden muß, daß die Samen nicht mit allzu hoher Wasser- schicht übergossen werden. Am zweckmäßigsten nimmt man dazu flache Glasschalen und übergießt die Samen mit einer 1—2 cm hohen Wasser- schichte. Nach der Quellung kommen die Samen in ein passendes Keim- bett. Als Keimbett werden Glasschalen mit Sand, Erde, Sägespäne oder Fließpapier und Flanelllappen benützt. Es sind auch von verschiedenen Autoren für diese Zwecke eigene Keimapparate konstruiert worden (siehe C. 0. Harz: Landwirtschaftliche Samenkunde, 1885 oder F. Nobbe: Hand- buch der Samenkunde. Berlin 1876), doch für unsere physiologischen Ver- suchszwecke genügen bloß flache Glasschalen, belegt mit Sand oder Filtrier- papier, oder das letztere allein. Man legt einfach die Samen zwischen be- feuchtetes Filtrierpapier (Schleicher & Schäll Nr. 597 u. 598) und stellt sie auf einen auf 18—22°Ü temperierten Ort. Es werden in der Regel 100 oder 200 Samen ausgelegt und die Keimung wird täglich beobachtet. Die Notizen über den Verlauf der Keimung können nach folgendem Muster (Harz ]. ec. S. 300) gemacht werden. Keimversuch mit Weizen (Sorte....) den 5. April 1913, 9 Uhr früh, 100 Stück einge- quollene Samen ausgelegt. | 1 Ei = ä 18° 2 un 15 _ 18° 3 = 48 — U Ri a 2] — | 17: 5 ih A = 18° 6 — 1 5 7 — — 1 S 8 _ = 5 17—19° 9 = = 1 | Lin 912, | 224 V. Vouk. Die Samen sind daher 91°/, keimfähig und die mittlere Keimzeit beträgt demnach 3°26 Tage. Es kommt sehr selten vor, dal 100°/, Samen keimfähig ist, es genügt aber 90°/, Keimfähigkeit. Es sind nämlich fast immer mitunter auch „taube“ (ohne Embryonen) Samen, die überhaupt nicht keimfähig sind. Um die Temperatur während des Keimversuches konstant zu halten stellt man die Keimbette in einen Thermostaten, die in jedem Labotatorium vorhanden sind. Es ist zweckmäßig, wenn ein solcher Thermostat eine Doppeltür hat. Die innere Tür soll nämlich eine Glastür sein, denn bei gewissen Samen ist zur Keimung auch Licht notwendig. Wenn man jahrelang mit gleichem Samenmaterial gleicher Provenienz experimentieren will, so empfiehlt es sich, auch die Samen gut aufbewahrt zu halten. A. Meyer empfiehlt zu diesem Zwecke das Aufbewahren über Chlorkalzium.’) Nach Meyers Versuchen keimten die über Chlorkalzium aufbewahrten Samen von Medicago sativa noch nach 11 Jahren mit 850/,, gegen 88'3°%/, im ersten Jahre. Weniger günstig waren seine Ver- suche mit fettreichen Samen. So keimten auf dieselbe Art getrocknete Samen von Brassica oleracea nach 11 Jahren nur mit 548°), gegen 98°/, im ersten Jahre. Das Auskeimen der Samen. Nach der gründlichen Prüfung des fu, H Samenmaterials werden Hr u en Eier Die Keimschale nach Molisch. die Samen zur Keimung gebracht. Es sind in ver- schiedenen Laboratorien verschiedene Methoden üblich, sogar auch ver- schiedene Keimapparate, wie oben erwähnt, konstruiert worden, doch wer- den uns in allen Fällen die einfachsten Methoden genügen. Es sind zunächst die Keimschalen zu erwähnen, von welchen die zweckmäßigsten die Keimschalen nach Wiener Typus sind, wie sie seit Jahren von Wiesner und Molisch im Wiener pflanzenphysiologischen Institute in Ver- wendung stehen. Diese Keimschalen (Fig. 61 und 62) sind aus Ton angefertigt und nur von außen glasiert. Der Durchmesser beträgt 30, 40 oder 50 cm. Speziell ist für gewisse Fälle der zweite Typus von Molisch 2) zu empfehlen, da in diesem die Feuchtigkeit reguliert wird. Diese Keimschale enthält in einer Entfernung vom äußeren hand (8cm) einen aus nichtglasiertem Ton angefertigten Ring, so dat) nur die innere Schale als Keimbett benützt wird und der äußere Ring nur das Wasser enthält, das entweder mittelst Streifen von Filtrierpapier mit dem Keimbett verbunden ist. oder wenn, !) Adolf Meyer, Über das Konservieren des Keimvermögens. (Journal f. Landwirt- schaft. 54. 1906.) ?) H. Molisch, Ein neuer Blumentopf. Öst. bot. Zeitschr. 1878. Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 295 wie erwähnt, der Ring unglasiert, ist auch dies überflüssig, da das Wasser durch den porösen Ton langsam diffundiert und die Feuchtigkeit konstant gehalten wird. Ähnliche Keimschalen benützt auch Ganong') in der Form des sog. Germinators. In die aus porösem Ton gemachte Tonschale werden auf Filtrierpapier die Samen ausgesetzt, .die Schale wird mit einer gleichen | anderen Schale zugedeckt und dann wieder in eine zweite größere Ton- schale hineingestellt, die eine Schichte von Wasser enthält und wieder mit einer zweiten Tonschale zugedeckt wird (Fig. 63). Die konstante Feuchtig- _ keit wird bei dieser Vorrichtung auf die gleiche Art gehalten, wie bei der Keimschale von Molisch. Für gewisse physiologische Versuche ist die . konstante Feuchtigkeit während der Keimung von großer Bedeutung. In j solchem Falle kann man den von Grevillius konstruierten Keimapparat 4 H zur Erhaltung konstanter Feuchtigkeit?) benützen. Als Keimbett dient eine Zinkblechschale, die auf einem Wagebalken ruht. Über dem Keimbett befindet sich ein zentrisch aufgestelltes Gefäß aus Glas oder Fig. 63. Fig. 64. Germinator (Keimapparat) nach Ganong. aus Metall, das als Wasserreservoir dient. In der Mitte des Bodens des Wasserbehälters befindet sich eine konische Öffnung, die durch einen kegel- förmigen, nach unten herausragenden Stöpsel dicht verschlossen wird. Unter dieser Öffnung ist in der Mitte des Keimbettes auf einer kurzen - Blechsäule eine kleine Blechplatte befestigt und über diese sind Streifen von Fließpapier nach allen Seiten verteilt (Fig. 64). Wenn das Keimbett schon eine bestimmte Feuchtigkeit besitzt, wird die Wage mittelst des verschiebbaren Gewichtes in Gleichgewicht gesetzt und der Behälter in solche Höhe eingestellt, daß der Kegel die Oberfläche des Keimbettes bzw. der Blechplatte mit Fließpapier leicht berührt. Wenn das Wasser verdunstet, wird sich der Wagearm mit dem Keimbett heben und durch Andrücken des Kegels den Wasserbehälter ein wenig öffnen. Das Wasser fließt nun über die Blechplatte und verteilt mittelst Filtrierpapierstreifen gleichmäßig ') F. W. Ganong, A laboratory course in plant physiology. See. Ed. New York. Henry Holt and Company. 1908. p. 210. ?) A. J. Grevillius, Keimapparat zur Erhaltung konstanter Feuchtigkeit im Keim- bette während einer beliebig langen Zeit. Beih. z. Bot. Zentralbl. XII. 1902. S. 289— 292. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 15 226 V.Vouk. die Feuchtigkeit. Wie das ursprüngliche Wasser ersetzt wird, so stellt sich die Wage wieder in Gleichgewicht und der Wasserbehälter schließt sich. So wird das verdunstete Wasser automatisch ersetzt und die Feuchtigkeit des Keimbettes wird auf diese Weise auf einem konstanten Niveau ge- halten. !) Die Beschaffenheit von Sägespänen. Außer gewöhnlichem weißen Filtrierpapier werden als Keimbett sehr oft auch Sägespäne benützt. Es ist nicht ganz gleichgültig, was für Sägespäne dazu benützt werden. Kiefer- späne allein oder Beimengungen mit Kieferspänen sind wegen dem Harz- gehalt, auch Späne von stark gerbstoffhaltigem Holz wie z. B. von Eichen sind nicht zu brauchen. Zu empfehlen sind Pappel- und Buchenspäne. Es ist auch die Qualität der Sägespäne zu berücksichtigen. Grobe, aus feinem herausgerissenen Spreißel bestehende Späne verwunden leicht, zu fein geriebene wieder backen leicht zusammen. Am besten sind die mittel- feinen Sägespäne, die man durch längeres Reiben im feuchten Zustande zwischen den Händen zur Erzielung eines homogenen Keimbettes zweck- mäßig präpariert hat. Wenn Erde als Keimbett verwendet wird, so benützt man am zweckmäßigsten schwarze, humusreiche Gartenerde, wie sie bei Kultur von Gewächshauspflanzen gebraucht wird. Die Erde soll womöglich homogen gerieben sein und darf nicht in der Keimschale oder im Blumentopf ein- gestampft werden, sondern in diese nur locker gefüllt sein. Selbstverständ- lich muß man für genügende gleichmäßige Feuchtigkeit der Erde sorgen. Die Methoden der Beobachtung des Wurzelwachstums. Zunächst ist die allgemein gebräuchliche Methode der Kultur der Wurzeln im feuchten Raume anzuführen. An den geschliffenen Stöpsel eines hohen Glaszylinders werden Korkscheiben befestigt. Die kleinen im Wasser gereinigten Keimlinge mit höchstens 1 cm langen Wurzeln werden mit ver- nickelten Stecknadeln in einem kleinen feuchten Wattabausch gehüllt fixiert, so daß die Wurzel gerade nach abwärts wachsen kann. Am Boden des Gefäßes befindet sich eine 1—2cm hohe Wasserschichte. Im auf diese Weise hergestellten feuchten Raume wachsen die Wurzeln normal und sind auch der direkten Beobachtung zugänglich. Zur Beobachtung des Wurzelwachstums in Erde oder in feuchten Sägespänen verwendet man am besten den sogenannten Sachsschen Keimkasten, wie ihn die Fig. 65 darstellt. Das Gestell dieses Kastens besteht aus starkem Zinkblech. Die Wände sind etwa 10° gegen den Ho- rizont geneigt und bestehen aus Glasplatten. Der Boden des Kastens, die beiden schmalen Seitenwände sowie der Deckel sind auch aus Zinkblech hergestellt, aber mit zahlreichen Löchern versehen, um den Luftwechsel in der einzufüllenden Erde zu begünstigen. Die Größe des Kastens kann !) Der Apparat in dieser Konstruktion ist von der Firma Max Kaehler & E. Martini, Berlin W., Wilhelmstraße 50, angefertigt worden. Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 227 verschieden sein. Der Kasten wird mit leichter, humöser Gartenerde oder mit Sägespänen gefüllt und die Keimlinge werden so eingesetzt, dab die | Hauptwurzel der Glaswand anliegt. Da die Wurzel infolge Schwere senk- _ recht wächst und die Glaswände schief gestellt sind, so legt sie sich an die geneigte Glaswand und bleibt sichtbar. Das Wachstum der Wurzel kann man nun genau beobachten. Für kleine, zarte Wurzeln, wie die von Sinapis, Brassica, Lepidium, Linum, Panicum usw. empfiehlt E. @. Pringsheim die sogenannte Lösch- papiermethode.!) Man bringt einfach die nicht eingequollenen Samen auf feuchtes Filtrierpapier, das an einer Glasplatte adhäriert. Bald nach- Fig. 66. eu TE» _ u u ED Sachsscher Keimkasten. dem die Samen ausgekeimt sind, ver- ankern sie sich mittelst Wurzelhaaren fest an das Substrat. Beste Dienste leistet das von Schleicher & Schüll fabrizierte schwarze Filtrierpapier oder verschiedene schwarze, gewebte Stoffe. Das gewöhnliche graue Herbar-Filtrier- papier muß man vorher gründlich aus- waschen, und zwar so lange, bis es nicht mehr das Wasser bräunlich färbt. Die Wasserkultur. Was die weitere Kultur der Keimlinge anbe- langt, so verwendet man Methoden, die eben für bestimmte Zwecke ge- eignet sind. Die Methoden der Sand- und Wasserkultur sind am gebräuch- lichsten. Diesbezüglich verweise ich auf die ausführliche Beschreibung dieser Methoden von E. G. Pringsheim im V. Band dieser Arbeitsmethoden.?) Ich möchte hier nur einige Vervollständigungen der Wasserkulturmethoden be- schreiben. Außer den von Pringsheim beschriebenen gewöhnlichen und den Pfefferschen Kulturgefäßen wird oft zweckmäßig die Organtinmethode Wasserkulturgefäß mit Organtin. 1) E. G. Pringsheim, Die Kultur auf Löschpapier als physiologisches Hilfsmittel. Zeitschr. £. biolog. Tech. u. Meth. (1912). 2) E. G. Pringsheim, Methodisches zur Biochemie der Pflanzen. Handb. d. bio- chemischen Arbeitsmethoden von Abderhalden (1912). 15* 398 u V. Vouk. verwendet. Die breiten, sogenannten Einsiedegläser werden einfach mit weitmaschigem Organtin überspannt und die jungen Keimlinge werden in die Maschen des Netzes eingesetzt (Fig. 66). Wichtig ist es, daß das Or- Fig. 67. Wasserkulturgefäß nach Ganong. 1 Fig. 68. [ Wasserkulturgefäß nach Gregoire. santin zuvor im warmen, säuerlichen Wasser gut gewaschen wird. Diese Methode wird beson- ders für kleine Pflanzen verwendet, da man in ein solches Gefäß auch 10—20 Pflänzchen ein- setzen kann. Ganong*) beschreibt eine andere Art von Wasserkulturgefäßen, die er als zweckmäßig be- tunden hat. Er nimmt zu diesem Zweck größere Gefäße in der Form, wie sie Fig. 67 zeigt. Der Deckel des Gefäßes besteht aus hartem Paraffin, das durch eine Beimischung von Lampenruß ge- schwärzt ist. Der Deckel wird eigens für das Gefäß in einer Papierform gegossen und soll un- gefähr 5 mm dick sein und einen vorspringenden Rand haben. Die Löcher werden mit heißem Eisen gebohrt, und zwar genau in der Größe der Keimlinge. Für die weitere Adjustierung, wie z. B. Einhüllen der Gefäße in schwarzes Papier, gelten die allgemeinen Regeln der Wasserkultur. Eine neue Konstruktion von Wasserkultur- sefäßen, die in der landwirtschaftlichen Station in Gembloux allgemein verwendet werden, be- schreibt Gregoire.?2) Es sind zylindrische Glas- sefäße von 1! Inhalt und einer Höhe von etwa 50 cm, deren unterer Teil mit schwarzem Lack bestrichen ist, um die Einwirkung des Lichtes auf das Wurzelsystem auszuschalten. Die Pflanze wird zwischen 4 undurchsichtigen Gläsern be- festigt, die zwei zu zwei senkrecht übereinander- eestellt sind. Die beiden oberen Platten sind mit 2 Stahlfedern befestigt, welche am Rand des Ge- fäßes mit einem Eisendraht fixiert sind. Ein Ende des Drahtes ist nach aufwärts gebogen und dient als Schutzpfahl für die Pflanze. Je nach der Größe beziehungsweise Dicke der Pflanze kann man die Glasplatten auseinander schieben. Zum Ersetzen des verdampften Wassers und zur Durchlüftung der Nährlösung dient die folgende Vorrichtung (Fig. 68): Zwei Platten, eine obere !) Ganong, Plant Physiology, 1. e. p. 117. 2) Ach. Gregoire, Nouveau dispositif pour la fixation des plantes dans les eultures dans Feau et pour la conduite des eultures. Annuaire de la Station agronomique de l’etat ä Gembloux. Station de Chimie et de Physique agricoles. Bruxelles, p. 49 a 53 (1912). © Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 229 und eine untere, sind so ausgeschnitten, dal sie zwischen sich und der Gefäß- wand ein Dreieck freilassen. In dieser Öffnung steckt nun eine Glasröhre, welche bis zum Boden des Gefäßes reicht. Das Dreieck und die Öffnung wer- den mit einer paraffinierten Korkplatte zugedeckt; selbstverständlich geht die Röhre auch durch diese Korkplatte. Die Röhre ist mit einem Gefäß ver- bunden, das in einer entsprechenden Höhe über dem Wasserkulturgefäß aufgestellt wird und welches auch das zu ersetzende destillierte Wasser enthält. Die beiden Gefäße sind mit einem Gummischlauch verbunden, in welchem bei der Röhre ein T-Rohr eingesetzt ist, an dessen horizontalem Arm die Luft in das Wasserkulturgefäß eingetrieben werden kann. Im landwirtschaftlichen Institut von Gembloux werden solche Kulturen im Freien unter einem Schuppen mit Dach und Vorhang aus einem Jutestoff aufgestellt. Das Jutetuch läßt nur wenig Sonnenlicht hindurch und gibt einen genügenden Schutz gegen Regen und Wind. Die gebräuchlichsten Nährlösungen für Wasserkulturen sind die folgenden }): 1. Die Knopsche Nährlösung. 1:00 9 (CaNO, ),, 22547 R6l, 025 „ MgSO,, #23, KH,PO,, 100000 „ dest. Wasser und Spuren von Eisen (eimige Tropfen ver- dünnter Eisenchloridlösung). 2. Die Sachssche Nährlösung. 1000 g dest. Wasser, 10, KNO,, 05, CaSO,, 05, MgSO,, 05 „ Ca, (PO,)»; Spuren von Eisen (wie oben). 3. Die Pfeffersche Nährlösung. 1000 g dest. Wasser, 13 >,,:C3.(N0;);; 033, KINO; 033% KB,P6,, 033 „ MgSO,, 016, KCl. Auf 7 beziehungsweise 3 2 3—6 Tropfen einer konz. Lösung Fe, Cl,. !) Die Kritik der hier erwähnten Nährlösungen siehe bei: W. Benecke, Die von der Cronesche Nährlösung. Zeitschr. f. Botanik. Bd. 1 (1909). 330 V. Vouk. 4. Die von der Cronesche Nährlösung. 1000 g dest. Wasser, 027 IENO,;, 05 „CaSO, + aq., 05 „ MeSO, + aq., BORN EENT0:, 025 „ Fe, (PO,), + a4. Die Verhütungder Einwirkung der schäd- lichen Laboratoriums- luft auf Keimpflanzen. Welche bedeutenden Schä- digungen die gasförmigen Verunreinigungen (Leucht- gas, Azetylen, CO, usw.) der Laboratoriumsluft auf die Pflanzen ausüben, ha- ben in einer Anzahl von Abhandlungen Molisch, ©. Richter und Neljubow u. a. ausführlich dargestellt. Die moderne pflanzenphysiolo- gische Methodik muß da- her unbedingt für die Aus- schaltung der schäd- lichen Laboratoriums- luft sorgen. Zur Ilustra- tion des Gesagten bringe ich hier eine Photographie (Fig. 69) von einem Ver- such, der uns die weit- gehende Schädigung der verunreinigten Laborato- a a en riumsluft zeigen soll. Rechts sind die normal gewach- senen Bohnen und links die gleichen Pflanzen erwachsen in einer mit Leuchtgas verunreinigten Atmosphäre. Die Keimlinge sind um die Hälfte kleiner und sind bereits infolge starken Turgors bereits geplatzt. Es besteht heute kein Zweifel mehr, daß wir uns bei unseren Experimenten vor der schädlichen Laboratoriumsluft hüten sollen. Die erste und wichtigste Regel soll für jeden Experimentator sein: die Samen und Keimlinge in einer reinen, von jeglichen Verunreinigungen freien Luft zur Entwicklung zu bringen. Zu diesem Zweck soll zunächst im Experimentierraum selbst für eine genügende Durchlüftung gesorgt sein, außerdem soll auch die Gasleitung Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 231 in einem solchen Raum vermieden werden und auch das chemische Zimmer des Laboratoriums soll vom Experimentierraum entfernt gelegen sein. Weiters ist zu empfehlen, die Keimlinge unter mit Wasser abgesperrten Glasglocken, die mit reiner Gewächshausluft gefüllt sind, zu halten. Wenn man den dunstgesättigten Raum vermeiden will, kann man statt mit Wasser die reine Luft mit Paraffinöl absperren (Hocke!). Es muß aber auch für tägliche Durchlüftung der Kulturen gesorgt werden: überhaupt soll man alle Maßregeln zur Vermeidung der Einwirkung der schädlichen Laboratoriumsluft treffen. I. Die Methoden der Messung des Streckungswachstums. Alle im Wachstum sich befindenden Pflanzenorgane strecken sich nicht gleichmäßig, ihr Wachstum zeigt die sogenannte große Wachstums- periode. Zur Messung dieses ungleichmäßigen Streckungswachstums benützen wir verschiedene Methoden, welche darin bestehen, daß auf den zu messen- den Organen in gleichen Abständen schwarze Striche aufgetragen wer- den (Fig. 70). Das Freihandmarkieren geschieht mit Hilfe eines feinen Marderpinsels und der besten chi- nesischen Tusche. Bei Stengeln kann man auch den Farbstoff eines Patentkissenstempels benützen, da sich Hocke (l.e.) durch Vergleichs- versuche mit Tusche von der Un- schädlichkeit desselben überzeugt hat. Für dünne Wurzeln ist nur reine Tusche zu verwenden. Diese hat nur den Nachteil, daß sie schon bei schwacher Feuchtigkeit des Organes leicht verfließt. Um dies Markierte Wurzel der Lupine und ihr Streckungs- zu vermeiden, soll man die Organe wachstum (nach Pfeffer, Pflanzenphysiologie, II). zuerst mit einem weichen Leinen- tuch oder noch besser mit Filtrierpapier abtrocknen. Man taucht dann den Pinsel in die Tusche, streift ihn erst auf Fließpapier und bringt nun die Marken gewöhnlich in einer Entfernung von 1 oder 2 mm auf das ent- sprechende Organ an. Die genaue Einteilung der Marken kann man durch das Anlegen eines Papiermillimeters besorgen. Beim Markieren der Wurzel verfuhr Sachs in folgender Weise: PAIR TEBNLEENEE , UERENUEE EEE EU UA yet = ') F. Hocke, Wachstumsmaxima von Keimlingsstengeln und Laboratoriumsluft. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien. Bd. 121 (1912). DER) V. Vouk. „Eine ca. 2 cm dicke Korkplatte, an deren linkem Rand mittelst einer runden Feile verschieden große Kerben eingefeilt worden sind: von jeder derselben gehen auf der Oberfläche des Korkes einige mit dünner, runder Feile hergestellte Rinnen nach verschiedenen Richtungen aus. Man probiert nun. in welche Kerbe sich der Samen mit einiger Reibung so einschieben kann, daß er festhält und seine Wurzel zugleich in eine der Rinnen zu liegen kommt. Neben die Wurzel legt man die Millimeterteilung derartig hin, daß man die mit dem Pinsel aufzutragenden Striche als Verlänge- rungen der Teilstriche des Maßstabes ziehen kann.“ Beim Markieren der Stengei und der dickeren Wurzeln empfiehlt Detmer folgende Methode: Die Untersuchungsobjekte legt man auf eine horizontal gerichtete Kork- platte (bei Benützung von Topfpflanzen müssen die Blumentöpfe horizontal gelegt und die Korkplatte in die richtige Höhenlage gerückt werden), auf deren einer Längshälfte eine zweite Korkplatte befestigt ist, welche un- gefähr die Dicke des zu beobachtenden Pflanzenteils besitzt. Dieser letztere wird gegen den Rand der oberen Korkplatte gelegt und unter Benützung eines Maf)stabes, der auf dieser Platte ruht, mit Marken versehen. Markierungsmethode von Grafv. Lurburg. Diese Methode be- nützte Grafv. Luxburg bei seinen Untersuchungen !) über den Wachstums- verlauf bei der geotropischen Bewegung, und sie bewährte sich bei der Markierung etwas stärkerer Keimwurzeln, wie z. B. von Bohnen und Lu- pinen. Die ganze Vorrichtung kann man sich jederzeit selbst aus einfachen Hilfsmitteln auf dem Arbeitstische zusammenstellen. Unter dem Äusziehtubus eines alten, mit Zahn und Trieb beweglichen Mikroskopstativs wird das eine Ende eines Fadens befestigt. während das andere Ende über einen Horizontalmaßstab herabhängt und entsprechend, um Spannung zu halten, belastet ist. Der Maßstab hat eine !/, mm-Tei- lung und ist parallel der rechten Kante des Arbeitstisches an unverrück- baren Stativen festgeklemmt. Der Faden selbst soll fein und fest sein, und auf demselben wird in einer Entfernung von 5—15 cm vom Tubus ein feines, entfettetes und in Tusche getränktes Menschenhaar befestigt. Der Faden läßt sich mittelst Zahnrades in vertikaler und auf dem Maßstab in horizontaler Richtung verschieben. Bei der Benützung dieser Vorrichtung wird der Tubus vom Maßstab in 1m Entfernung (gemessen am Faden) aufgestellt. Mit Millimeterpapier mißt man am Faden genau vom Tubus (wo O0 des Maßstabes angelegt wird) 100 mm. Beim 100. Millimeter wird mit einer gekrümmten Nadel, die am Stativ befestigt ist, der Punkt genau fixiert, d.h. es wird die krumme Spitze in einer Entfernung über diesen Punkt genau eingestellt. Der Faden ist auf diese Weise im Verhältnis 1:10 eingeteilt. Nun wird die zu markierende Wurzel an einem weiteren Stativ befestigt, und zwar mit der Organachse parallel zum Maßstab. Der 1) Graf v. Luxburg, Untersuchungen über den Wachstumsverlauf bei der geo- tropistischen Bewegung. Jahrb. f. wissenschaftl. Botanik. Bd. 12. H. 3 (1905). Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 233 Vegetationspunkt wird genau unter die Nadelspitze eingestellt, sodann wird diese entfernt und die Markierung kann erfolgen. Durch sukzessives Heben und Senken des Fadens, d.h. durch Verlegen des Fadenendes auf dem Maßstab um je 10 mm, wird die Wurzel in 1 mm-Teile markiert. Nach jeder Hebung ist es zweckmäßig, mit einem feinen Pinsel das Haar mit der Tusche frisch zu befeuchten. Auf diese Weise ist es leicht möglich, die Marken im Abstand von !/, oder !/, mm zu setzen. Die Vorbereitungen erfordern, wenn das Mikroskopstativ einmal ausgemessenen Stand beibe- hält, etwa 1-2 Minuten, und die Markierung selbst geht nicht langsamer vonstatten wie bei freihändigen Arbeiten. Es ist die Hauptsache, wie aus der Zeichnung ersichtlich ist (Fig. 71), daß das Verhältnis ER on! 1 ae nn Ton 10 gewährt bleibt, was ohne Rücksicht auf die Winkel, welche Fadenrichtung und Maßstab einschließen, stets zu erreichen ist, wenn a!b!||nb und ab — be gemacht wird. Markierer von Wiesner.!) Ein Korkpfropf von etwa 2cm Durch- messer und je nach Bedarf verschiedener Länge, wird, nachdem in den- selben ein tiefer, 90° breiter und bis zur Achse reichender Einschnitt ge- macht wurde, mit einem Roßhaar so umwunden, daß die Windungen 1 mm weit voneinander entfernt liegen. Die Korkoberfläche kann mit Schellack überzogen werden, wobei berücksich- tigt werden muß, daß die Fäden ge- spannt bleiben. Die Fäden werden mit der Druckerschwärze geschwärzt und nachdem das zu messende Pflanzenorgan, z. B. ein Stengel, auf eine weiche Unterlage (Tuch, Wolle u. dgl.) gelegt worden ist. auf diesen leicht angelehnt und der Maßstab wird auf diese Weise abgedruckt. Zur Ablesung der Marken nach dem Versuch benützte Wiesner den sogenannten Federzirkel (Schraubenzirkel), welcher bei einiger Vorsicht ohne jede Schädigung der Pflanzenteile angewendet werden konnte. Bei Anwendung der Schrauben lassen sich die Stahlspitzen solcher Schrauben um 0'01 mm verschieben. Die Zirkelspitzen dürfen selbstverständlich nicht senkrecht auf die Pflanzenorgane aufgesetzt werden, da diese leicht ver- letzt werden. Der Abstand der Zirkelspitzen wird sodann auf einem in O1 mm geteilten Mikrometer gemessen. 1) J. Wiesner unter Mitwirkung von R.v. Wettstein, Untersuchungen über die Wachstumsgesetze der Pflanzenorgane. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Wien. Bd. 88 (1883). > el AT en DAT ET EP LEI LE I... 234 V. Vouk. Das Teilrädchen von Grisebach.!) Diese von Grisebach Aux- anometer genannte Markiervorrichtung besteht aus einer Metallplatte von sS—-15 mm im Durchmesser, an deren Rand in bestimmten Entfernungen (von 1 und 0'75 mm Durchmesser) leicht abgeschliffene Zähnchen sich be- finden. Das Rädchen bewegt sich leicht um eine Achse und ist mit einem Handgriff versehen, mit dem es an das Pflanzenorgan geführt wird. Wiesner verbesserte dieses Rädchen insoweit, daß er den Übelstand der unsicheren Führung des Räd- chens auf dem Pflanzenorgan beseitigte. An der Seite des Handgriffes wird ein schwach federndes, längliches Metall- plättchen angebracht, welches senkrecht zur Fläche des Rädchens abgeplattet und ge- gen die Zähne zu etwas kon- kav gebogen ist. Mit Hilfe dieses Rädchens kann man (Bias Phyeilorr. 1n08). die Markierung leicht und sicher ausführen. Als Farb- masse empfiehlt Wiesner die feinste Druckerschwärze, welche auf einer Kautschukwalze aufgestrichen ist. Der Markierer von Ganong ist eigentlich das beschriebene Teil- rädchen, nur der Rand besteht aus gekreuzten Linien von 2 mm weitem Abstand (Fig. 72). Für Blätter dient ein anderer Markierer, bei welchem das Rad durch eine runde, in 2 mm-Quadrate geteilte Scheibe ersetzt ist, die gegen das Blatt gedrückt werden kann. Fig. 72. III. Die Apparate zur Messung des Längenwachstums. Die Apparate, welche zur Messung der Pflanzenorgane dienen, sind auf verschiedenen Prinzipien aufgebaut. Entweder wird das Wachstum mittelst eines Mikroskops direkt beobachtet oder es wird vergrößert mit- telst Hebelvorrichtung oder auch mittelst verschiedener anderer Vorrich- tungen angezeigt. Im letzten Falle ist wieder entweder die direkte Ab- lesung des vergrößerten Wachstums erforderlich oder wird dieses durch entsprechende Vorrichtungen selbst registriert. Heute sind allgemein diese selbstregistrierenden Auxanometer verschiedener Konstruktion in Verwendung. Es gibt mitunter auch sehr feine, präzise Instrumente, so daß zum Gebrauch diese allein zu empfehlen wären, doch für gewisse Untersuchungen werden wohl auch die weniger präzisen Instrumente ge- nügen und außerdem auch die Mittel der Laboratorien einfachere, billigere Instrumente verlangen, so daß ich hier eine größere Anzahl von Auxano- metern zur Auswahl beschreiben möchte. !) Grisebach, Beobachtungen über das Wachstum der Vegetationsorgane in be- zug auf Systematik. Arch. f. Naturgesch. IX. Jahrg. Bd. 1. Berlin 1843. Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 235 Das Horizontalmikroskop nach Wiesner.) Solche Horizontalmi- kroskope sind von verschiedenen Autoren (Sachs ?), Pfeffer ?) konstruiert worden. Ich bringe hier die Beschreibung eines solchen von ©. Reichert in Wien nach Angaben von J. Wiesner ausgeführten Horizontalmikroskops, wie es in der Fig. 73 dargestellt ist. Auf einem vertikalen Stativ ist eine mit Zahn und Trieb versehene Mikroskopröhre befestigt. Mit Zahn und Trieb 7 läßt sich der Tubus in vertikaler und mit 7 in horizontaler Richtung verschieben. Die Säule am Fuß hat eine Länge von 120 mm und beim völligen Auszug 190 mm; der Spielraum der Höhenmessung ist 60 mm. Auf der Rückseite der Säule ist ein in un Millimeter geteilter Maßstab fixiert, während der übrige Körper der Säule von einem beweglichen Mantel umgeben ist. In diesem Mantel ist ein Nonius eingetragen, welcher sich beim Bewegen des Mantels längs des fixen Malistabes bewegt. Nach einer späteren Konstruk- tion ist der Nonius fix und der Maß- stab beweglich. Der Tubus läßt sich auch um eine vertikale Achse horizontal bewegen und wird durch die Schraube « in entsprechender Stellung fixiert. Als Objektiv dient das Reichertsche System la und dazu Mikrometerokular 2 mit verstellbarer Augenlinse. Bei 160 mm Tubuslänge und mittlerer Sehweite hat man eine mehr als 20malige Vergröße- rung bei einer Fokaldistanz von mehr Horizontalmikroskop nach Wiesner. als 30 mm. Nachdem das Mikroskop auf einen bestimmten Punkt eines Objekts scharf eingestellt ist, wird bei der Verschiebung dieses Punktes in die Höhe auch der Tubus in vertikaler Richtung hinaufgeschraubt, bis eben der Punkt auf den Fixpunkt im Mikroskop eingestellt ist. Wenn man am Beginn und am Schlusse des Versuches am Nonius die Ablesung macht, so ist der Höhenunterschied ermittelt. Präziser läßt sich die Höhendiffe- renz ermitteln, wenn man am Beginn und am Schlusse des Versuches am Millimeter abliest. Es läßt sich eine Höhendifferenz von beiläufig 0'06 mm direkt ablesen und von 0'053 mm bequem abschätzen. Das Horizontalmikroskop wird besonders zur Messung des Wachs- tums zarter und rasch wachsender Organe benützt. Ein Sporangienträger 1) J. Wiesner, Zeitschr. f. wissensch. Mikroskopie. Bd. 10. Jahrg. 1893. S. 147. ?) J. Sachs, Arbeiten d. botan. Instituts zu Würzburg. Bd. 2. S. 135. >) W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie. Bd.2. S. 85. 236 V. Vouk. von Phycomyces läßt sich z. B. mit keinem Auxanometer verbinden, daher bleibt zur Beobachtung einzig und allein die Methode der Messung mit- telst Horizontalmikroskops. Es empfiehlt sich, zu diesem Zwecke das Ho- rizontalmikroskop samt der Pflanze auf einen hölzernen starken Dreifub zu stellen, der eine vertikal verschiebbare Tischplatte besitzt. Das Okular des Horizontalmikroskops wird in die Augenhöhe gebracht. Es ist zweck- mäßig, die Sporangienträger zur Ausschließung der einseitigen Wirkung des Lichtes auf einen horizontal sich drehenden Klinostaten zu stellen. Zeiger am Bogen nach Sachs!) ist der einfachste Apparat zur Messung der Zuwachsbewegungen, und wenn er auch den Übelstand hat, daß der Beobachter zu ganz Fig. 74 bestimmten Zeiten den ® EB er Zuwachs kontrolliert. Ga \ hi was natürlich in der Nacht erschwert ist. so kann er doch bei Man- gel anderer teurer Ap- parate für demonstrie- rende Untersuchungen und besonders für De- monstrationszwecke be- nützt werden. Der an der Pflanze a (Fig. 74) befestigte Faden cf läuft über die Rolle d und ist an einem Stift befestigt, der bei g in einer zweiten Rolle eines Radius dieser Rolle ist ein aus einem festen. geraden Stroh- halm bestehender Zei- ger Z an ihr befestigt, dessen Spitze an der Gradteilung des Bogens mn hinläuft. Das Drehungsmoment des Zeigers wird durch das kleine Ge- wicht i äquilibriert, das die Rolle in entgegengesetzter Richtung zu drehen sucht, und zwar mit einem Überschuß von Kraft, durch den der Faden ef gespannt wird. Verlängert sich nun das Internodium unterhalb des Häk- chens 5, so sinkt das Gewicht 2 und es wickelt sich ein gleiches Stück des Fadens cf an der Rolle g auf, wobei der Zeiger am Bogen steigt. Ist nun die Zeigerspitze 1Omal so lang als der Radius der Rolle, so wird die- selbe einen lOmal so großen Weg am Bogen durchlaufen, als der Zuwachs des Internodiums beträgt. Da es indessen meist nicht darauf ankommt, Zeiger am Bogen nach Sachs (Lehrbuch d. Bot., 1874). ') J. Sachs, Lehrbuch der Botanik. 1870. II. Aufl. S. 632. zn a ei Se Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 237 LD die absoluten Größen der Zuwachse, sondern nur ihre Verhältniszahlen in verschiedenen Zeiten zu kennen, so genügt es, die Bewegungen der Zeiger- spitze einfach in Bogengraden abzulesen und diese zu vergleichen. Einige weiter zu beschreibende Auxanometer (Sachs, Wiesner, Pfeffer) haben den: besonderen Vorteil, daß sie die Zuwachsbewegungen automatisch selbst registrieren — man nennt auch deshalb diese Apparate „selbst- registrierende Auxanometer“. Die Registrierung geschieht mittelst einer berußten Trommel, die sich mit Hilfe eines Uhrwerkes in Drehung be- findet. Es kann die Trommel statt mit der beruliten Fläche auch mit einer weißen Papierfläche belegt sein, an der eine besondere Schreibfeder mit der Tinte befestigt ist. Die Adjustierung der Trommel erfordert einige Maßregeln, die ich hier zunächst besprechen möchte. Die Adjustierung der Registriertrommel nach Langen- dorff.!) Die Breite des Papierstreifens soll so groß sein wie die Breite der Trommel, die Länge soll aber etwas größer sein als der Trommelum- fang. Es ist zweckmäßig solche in entsprechender Größe herausgeschnittenen Papierstreifen in größerer Anzahl vorrätig zu haben. Wenn diese Streifen noch dazu schon vorher an einem Ende etwa 5 mm breit gummiert sind, so ist das Kleben des Papiers an der Trommel sehr einfach. Das Papier soll der Trommel fest und straff anliegen. Bei der Aufstellung der Schreib- spitze muß man darauf achten, daß diese bei der Drehung der Trommel nicht gegen die „Nahtstelle“ geleitet wird, weil dies hinderlich wäre, sie soll von der Duplikatur des Mantels über die Nahtstelle hinübergleiten. Es gibt auch bestimmte Vorrichtungen an der Trommel, durch welche das Kleben des Papiers überflüssig geworden ist. Bei Wiesnerschem Auxano- meter, bei welchem sich die Trommel exzentrisch bewegt, ist an der Naht- stelle ein Messingstäbcehen in die Trommel eingeführt, das wie eine Feder den Papierstreifen festhält. Da sich die Trommel exzentrisch bewegt, stört diese Feder bei richtiger Einstellung die Schreibspitze nicht. Die Papier- sorte darf nicht zu dünn und nicht zu dick sein, man benützt am besten weißes Glanzpapier (Kreidepapier) von etwa 0'07 mm Dicke. Bei Berußung des Papiers benützt man am besten einen Petro- leumflachbrenner oder eine Terpentinlampe. Das Anrußen geschieht in der Weise, daß man die Trommel mit der Hand in weiten Spiraltouren über die Flamme dreht. Hürthle hat eine Berußungsvorrichtung konstruiert, welche darin besteht, daß der Rauch einer Lampe gegen die Trommel zerstäubt wird. Die Fig. 75 zeigt diese Vorrichtung. Der aus Glimmer gefertigte Schornstein 5 wird auf eine rußende Flamme aufgesetzt und der Rauch wird durch die horizontale Röhre mittelst eines Gummigebläses zerstäubt. In dieser Weise gelingt es, den Ruß in feiner Verteilung gleich- mäßig auf die Trommeloberfläche aufzutragen. Die Berußung soll nach den Erfahrungen von Langendorf doch so kräftig sein, dab sie zu einer dunklen, gleichmäßigen Schwärzung der Trommel führt. 1) 0. Langendorff, Physiologische Graphik. Leipzig und Wien 1891. [80] © Rn V. Vouk. Nach dem Versuche öffnet man die „Naht“ und fixiert die auf der berußten Oberfläche gewonnenen Aufzeichnungen, indem man das Papier Hürthles Rußzerstäuber Fig. 76. Farbschreiber (aus Langendorff, (aus Langendorff, Physiolog. Graphik). Physiol. Graphik). durch eine alkoholische Schellacklösung durchzieht. Nach Langendorf kommen auf 10 Teile gebleichten Schellack 100 Teile 90°/,iger Alkohol. Fig. 77. Auxanometer nach Sachs ( Vorles. über Pflanzenphysiologie, 2. Aufl.). Nach der Auflösung, die am zweck- mäßigsten auf dem Wasserbad ge- schieht. filtriert man die Flüssigkeit durch Leinwand und setzt eventuell etwas venezianisches Terpentin hinzu, wodurch der trockene Überzug weni- ger brüchig wird. Dann wird die auf diese Weise präparierte Aufzeichnung getrocknet. Diese ganzen umständlichen Vor- richtungen zur Berußung, Fixierung und Aufbewahrung der Aufzeichnungen können, wie im Anfang gesagt, durch einen Farbschreiber (Fig.76), der mit Methylviolett gefüllt auf einer weißen Papierfläche schreibt, ersetzt werden. Diese Farbschreibfeder hat aber doch einen unangenehmen Nachteil, dab) sie leicht verstopft und nicht mehr schreibt. Sie muß jedenfalls nach jedem Versuche sorgfältig gereinigt werden. Auxanometer nach Sachs!) ist im Grunde genommen ein „Zeiger am Bogen“, dessen Zeiger mit der Spitze auf einer berußten Trommel schreibt. Die Trommel ist auf einem Uhrwerk, dessen Drehungszeit sich mit dem Pendel regulieren läßt, aufgesetzt (Fig. 77). !) J. Sachs, Über den Einfluß der Lufttemperatur und des Tageslichtes auf die stündlichen und täglichen Änderungen des Längenwachstums. Arb. d. bot. Inst. Würz- burg. Bd. 2 (1872). Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 239 Auf dem Stativ E, das sich heben und senken läßt, ist ein horizon- taler Balken befestigt, der in einer Achse die Rolle 5 trägt. Die Rolle ist aus festem, hartem Holz oder noch besser aus Hartgummi gemacht und sie bewegt sich in ihrem Lager leicht. Im ganzen Umfang der Rolle ist eine Rinne eingedreht, in welcher der Faden a hängt. Der Faden ist einer- seits an der Pflanze befestigt, andrerseits mit dem Gewichte g gespannt. Im Radius der Rolle ist der Zeiger c befestigt, der eine Metallspitze trägt. Der Zylinder B wird durch das Uhrwerk gedreht, das auf einem Tische befestigt ist. Sachs benützte eine Pendeluhr, da er mittelst Pendel leicht den Gang der Uhr variieren konnte. Der Zylinder ist exzentrisch aufge- stellt und die Achse des Zylinders ist von der Rotationsachse etwa 1 cm entfernt. Durch diese Einrichtung wird erzielt, daß der Zeiger nur während einer kurzen Zeit die berußte Fläche d berührt. Wenn der Zeiger 60 cm lang ist und der Rollenradius 5 em beträgt, so ist die Vergrößerung eine 12fache. Die Vergrößerung ist uns also im Quotienten der Zeigerlänge und des Rollenradius gegeben. Den Radius muß man, um Fehler zu ver- meiden, genau bestimmen, d.h. vom Zentrum der Rolle bis zum tiefsten Teile der Rinne und noch die Hälfte der Dicke des Fadens. Die Ver- größerung kann man auf folgende Weise auch direkt bestimmen: Statt des Blumentopfes mit der Pflanze stellt man unter die Rolle einen schweren Ständer, der einen kleinen Schraubstock trägt; in diesen spannt man einen Millimeterstab, an welchem der Faden befestigt ist. Nachdem die Zeigerspitze an das berußte Papier des Zylinders angelegt und zur Ruhe gekommen ist, hebt man den Millimeterstab im geöffneten Schraubstock genau um I cm und schraubt ihn fest. Dasselbe Verfahren wiederholt man an verschiedenen Stellen des berußten Papiers mehrfach, so ist die mittlere Länge des so erhaltenen Bogens n cm. Teilt man nun den Bogen mittelst eines Zirkels in 10 gleiche Teile, so entspricht jeder einem Millimeter des Maßstabes usw. und man kann den so geteilten Bogen dazu benützen, auf dem schwarzen fixierten Papier die Zuwachse unmittelbar in Millimetern abzulesen. Um die Fehler zu vermeiden, ist es vor allem wichtig, daß die Rolle gut gedreht und zentriert ist. Außerdem muß auch die Dehnbarkeit und die Hygroskopizität des Fadens berücksichtigt werden. Man benützt am zweckmäßigsten einen festen Seidenfaden, der vorher auf die erwähnten Eigenschaften geprüft wurde. Die Fehler in der Aufzeichnung können auch durch die Zusammenziehung und Ausdehnung der Erde entstehen, sogar können diese Fehler mitunter sehr groß sein. Daher muß die Erde samt der Pflanze auch nach wiederholtem Begießen unbeweglich bleiben. Zum Versuche sollen Pflan- zen verwendet werden, die eine längere Zeit in demselben Blumentopf ge- wachsen sind, bei denen schon ein Gleichgewichtszustand der Erde hergestellt ist. Die Vorsichtsmaßregeln gelten auch für alle Auxanometerversuche. Auxanometer nach Wiesner.!) Auf einem massiven Stativ 5 (Fig. 78) befinden sich zwei Messingbalken b und b‘ in horizontaler Lage !) Wiesner, Über eine neue Konstruktion des selbstregistrierenden Auxanometers Flora (1876). 240 VeRvioulk befestigt. Auf dem oberen Balken 5b ist in einem Lager eine aus Hart- kautschuk hergestellte Rolle eingesetzt, an der noch eine kleinere Rolle befestigt ist. Die beiden konzentrisch laufenden Rollen haben im ganzen Umfange eine rinnenförmige Vertiefung, welche zur Führung eines Fadens dient. Über die kleine Rolle läuft ein Faden eventuell auch doppelt auf- gerollt, welcher mit einem Ende an die Pflanze (P) befestigt ist und das zweite Ende trägt Fig. 78. ein zur Spannung dienendes Gewicht y. Über die große Rolle läuft im Halbkreis der zweite Faden, der auf einem Ende das Gewicht g, und auf dem anderen den Schreibzeiger trägt. Der Faden geht zur sicheren Führung auf beiden Seiten durch kleine Löcher in dem oberen Balken durch. Das wie Doppel-T- Träger gestaltete Zeigergewicht läuft in dem Geleise von zwei fest gespannten Metallfäden oder -stä- ben, die an den bei- den Balken (b, b‘) pa- rallel befestigt sind. Mitdem unteren Teile ; des Zeigergewichtes (Z) ist ein Schreib- zeiger verbunden. Der Zeiger ist 10 cm lang Auxanometer nach Wiesner. und hat entweder eine Platinspitze, die senkrecht auf die berußte Fläche des Zylinders (C) auffällt oder eine früher beschriebene Schreibfeder. Der Zylinder ist auf einem Uhrwerk exzentrisch aufgestellt und dreht sich innerhalb einer Stunde genau einmal um. Der reelle Halbmesser der kleinen Rolle beträgt 1’5 cm, der der großen Rolle 12 cm. Da nun beim Aufwärtswachsen der Pflanze die große Rolle proportional der Höhenzunahme der Pflanze sich bewegt, so ist ersicht- lich, daß dieses Auxanometer eine Smalige Vergrößerung gibt. Diese läßt sich natürlich noch erheblich steigern. Die Spanngewichte von 7—10 g {1 Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 241 genügen vollständig, doch muß g‘ = Z sein, um das Gleichgewicht zu er- halten, so daß auf der Pflanze bloß g lastet. Der Zeiger markiert je nach einer Stunde den vergrößerten Zuwachs durch einen horizontalen Strich (Fig. 79). Will man statt stündlicher halb- oder viertelstündige Aufzeichnungen erhalten, so braucht man nur einen Zylinder mit elliptischer oder abge- rundet kreuzförmiger Basis, die na- türlich nicht exzentrisch rotieren darf, sondern um seine eigene Achse sich bewegen muß, verwenden. Fig.79. Fig. 80. n 12 Nacht 1 ——— fe Der Verlauf der Aufzeichnungen auf der Trommel des Treppenauxanometer nach Pfeffer Auxanometers während eines Tages (nach Sachs). (Pflanzenphysiologie, II). Treppenauxanometer nach Pfeffer!) (Fig. 80). Dieser Auxano- meter ist nach dem Prinzipe von Baranetzki angefertigt worden und unter- scheidet sich von dem Wiesnerschen dadurch, dal) der Zeiger am berußten ') W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie (1897). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 16 63 242 V. Vouk. Zylinder eine Art von Treppenkurve zeichnet, indem der Zylinder je nach der Stellung des auslösenden Uhrwerkes jede !/,. !/.. 1 oder 2 Stunden eine Drehung macht. Die so markierten Strecken geben dann den realen Zuwachs im Verhältnis der Rolle » zur Rolle » vergrößert an. Außer diesem Apparat benutzte Pfeffer auch einen anderen, dessen Zylinder eine Um- drehung in 24 Stunden ausführt und bei welchem die Wachstumskurve direkt auf Koordina- tenpapier geschrie- ben wird. In diesem Falle wird die Kurve mit einer Schreib- feder und Glyzerin- Anilinblautinte ge- schrieben. Demonstrati- onsauxanometer nach Kohl!) (Fig. 81). Dieser Apparat : beruht im wesent- ' lichen auf dem Prin- zipe des Wiesner- schen Auxanometers mit dem Unterschied, daß der Zeiger sich in horizontaler Linie bewegt und mittelst eines Projektionsap- parates auf dem Schirme projiziert wird Im Ausschnitt A des Brettchens B in der Fig. 81 ist eine Glasskala @ ein- gesetzt, die man in 234 eineroptischen Werk- Projektionsauxanometer nach Kohl (I, II, III), photographische = . Registriermethode nach Kohl (IV, V). stätte anfertigen lassen kann. An den Enden des Brettchens sind zwei Nutenrollen angebracht, von denen die eine (n) einfach, die andere (n,, ns) aber zusammengesetzt ist, d. h. aus zwei miteinander fest verbundenen Rollen besteht. deren Durch- messer in einem einfachen Verhältnis zueinander steht. Auf einem Fig. 81. a ') F.@.Kohl, Ein neuer Apparat zur Demonstration von Wachstum und Plasmo- lyseerscheinungen. Ein photographisches Auxanometer. Ber. d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd.20. S.208—212 (1902). Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 243 Punkte (Fig.81 //) der größeren Rolle (n,, n;) ist ein feiner Draht /f be- festigt und läuft in horizontaler Linie über die einfache Rolle ». wo er dann mit dem Gewichte @ in Spannung gehalten wird. Über die kleinere Rolle (n,, ns) geht ein Faden F*F‘, der an einem Ende mit dem Pflanzen- organ verbunden ist und an dem anderen mit dem Gewichte @ gespannt wird. An dem Draht FF ist ein kleiner Zeiger befestigt, „der so gebogen ist (Fig.81 Z27), daß er mit der Spitze, sich der Glasscheibe anlegend, auf derselben hingleitet, wenn der ihn tragende Faden durch die vom Ver- suchsobjekt veranlaßte Drehung der Doppelrolle eine Bewegung macht“. Anliegend an das Brettchen B hinter der Glasskala @ ist ein Rohran- satz R angebracht, den man unmittelbar über die Beleuchtungslinsen eines Projektionsapparates schiebt. Das Brettchen B ist mit der Verlän- gerung V auf einem Stativ S befestigt und läßt sich verschieben, d.h. beliebig hoch aufstellen. Das Skioptikon projiziert die Skala scharf an dem Schirme und vergrößert die Bewegung stark. Wenn z.B. das Verhältnis der Rollen »,, %, 1:6 ist und das Versuchsobjekt in einer Stunde 1 mm hoch wächst, so kann der Zeiger am Schirme über 24 cm gleiten, daher in 5 Minuten über 2cm, was immerhin vor dem Publikum demonstriert werden kann. Hat die Glasskala nämlich 2 mm Teilung, so erscheinen die Teilstriche auf dem Schirme 8 cm (Vergrößerung 40), daher 6 x 40 = 240 mm. Kohl hat auch eine recht einfache photographische Registrier- methode erfunden, welche man zu jedem Auxanometer verwenden kann (Fig.811V). Eine Trommel 7, die vom Uhrwerk U gedreht wird, ist mit Zelluloid- film oder noch zweckmäßiger mit Bromsilberpapier überzogen und in einem lichtdichten Kasten K eingeschlossen. Auf einer Seite des Kastens befindet sich ein Spalt, über welchen in einem Geleise ein Schieber 85 aus Aluminiumblech oder Hartgummi leicht gleiten kann. Der Schieber hat in der Mitte ein kleines Loch, etwa 1mm Durchmesser breit, vor welchem ein kleines elektrisches Glühlämpchen (Z) befestigt ist. Dicht an dem Schieber bewegt sich das lichtempfindliche Papier (Fig.81 IV). Der Schieber hängt anstatt des Spanngewichtes an dem Faden eines beliebigen Auxanometers, kann sogar noch, wenn notwendig, mit einem Gewicht beschwert sein. Die Anfangseinstellung wird immer so gewählt, daß das Loch eben unter dem oberen Rande der Trommel steht. Bei der Streckung der Versuchspflanze senkt sich der Schieber und photographiert an der lichtempfindlichen Schicht die Wachstumskurve. Der elektrische Auxanometer von Frost!) (Fig. 82, 83, 84). Dieser Auxanometer ist viel genauer und präziser, als alle die bisher be- schriebenen, da es sogar die Zunahme des Wachstums von !/,, eines Milli- meters verzeichnet. Dieser Auxanometer besteht im ganzen aus 3 Teilen, einem Auxanometer, Batterie und Chronographen. Die Verzeichnung ge- schieht mittelst Stromunterbrechung. 1) W. D. Frost, On a new electrie Auxanometer and continuous recorder. Minne- sota Bot. Studies. Bull. Nr. 9. Part. IV (1894). 16* >44 V. Vouk. Der eigentliche Auxanometer ist ein kleiner aus Aluminium herge- stellter Apparat, der auf einer beweglichen Achse auf einem Stativ be- testigt ist. Dieser Apparat besteht aus mehreren gezähnten Rädern, die auf einer Achse befestigt sind und von denen das größte etwa 5 cm im Durch- messer und etwa 144 Zähne hat. Über irgend einen von diesen geht über eine Rinne ein silberner Faden, der mit einem Ende an der Pflanze und an dem anderen mit einem Spanngewicht verbunden ist. Ein Haken paßt ge- nau in die Zähne der Räder und ist mit einer Platinspitze versehen, welche beim Herausspringen des Hakens infolge der Drehung des Rades mittelst einer Hebelvorrichtung in eine Schale mit Quecksilber hineintaucht. Der eine Pol der Batterie ist mit Quecksilber verbunden und der andere Fig. 82. Elektroauxanometer nach Frost mit Batterie und Chronometer. mit dem Haken. Die Länge der Zeit, welche der Strom geschlossen bleibt, läßt sich mit einer Schraube regulieren. Wenn nämlich die Pflanze in die Länge wächst, so wird sich bei einem bestimmten minimalen Zuwachs das Rad um einen Zahn weiter bewegen. In demselben Momente springt der Haken aus der Vertiefung des Zahnes und durch die gleichzeitige Berührung der Platinspitze mit Quecksilber wird der Strom geschlossen. Wenn das kleinste Rad benützt wird, so werden bei einem Zuwachs von einem Millimeter 46 Aufzeich- nungen gemacht, d.h. es wird mit diesem Apparat !/,, Teil eines Milli- meters aufgezeichnet. Das größte Rad zeigt das Wachstum von Y/, Milli- meter an. Leider ist aus der Photographie des Apparates in der Original- arbeit die genaue Konstruktion nicht deutlich sichtbar, doch kann der Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 245 Apparat bei Anwendung des hier beschriebenen Prinzipes von jedem Mecha- niker leicht konstruiert werden. Der Aufzeichner oder das Chronometer besteht aus zwei Walzen (Fig. 84), von denen die eine direkt mit einem Uhrwerk in Verbindung steht. Die Uhr ist in einem Messinggehäuse geschlossen, sie hat eine starke Feder und bleibt acht Tage lang im Gang. Auf der Walze, die mit der Uhr in Verbindung steht, ist der Papierstreifen zum Aufzeichnen auf- gewickelt. Die seitliche Platte der Walze trägt ein Zifferblatt mit dem fest- stehenden Zeiger. Der Pa- pierstreifen geht von dieser Walze auf die andere ganz gleiche Walze, wo er bei der Drehung aufgewickelt wird. Der Papierstreifen ist etwa?/,Zoll(1Zoll=2'5cm) breit und so lang, daß er 4 bis 8 Tage laufen kann. Auf der Oberfläche des Papiers sind Querlinien verzeichnet, welche den Streifen in Stundenzeit- räume teilen und die auch der Reihe nach numeriert sind. Selbstverständlich be- geht man da einen kleinen Fehler, da das Papier um die Walze gewunden wird und der Durchmesser der Walze dabei minimal zu- nimmt, doch wenn das Pa- pier sehr dünn ist, so ist auch der Fehler sehr klein. Nach 8 Tagen beträgt die Differenz etwa 6 mm. Der Zeitmarkierer besteht aus einer Messingfeder, die an der Spitze einen Farbschreiber trägt, welcher Anilintinte hinreichend für 8 Tage ent- hält und der mit dem Anker eines Elektromagneten verbunden ist. Wenn der Strom offen ist, so preßt die Schreibfeder an einer Seite des Papier- streifens und verzeichnet eine kontinuierliche Linie, sowie aber der Strom durch das Eintauchen der Platinspitze des Auxanometers geschlossen wird, so verzeichnet die Feder eine senkrecht zum Papierstreifen laufende Linie. Da der Streifen in Stunden, eventuell auch in Minuten eingeteilt ist, so bekommt man auf diese Weise genaue Aufzeichnungen der Wachstumsschnelligkeit. Fig. 83 Auxanometer nach Frost. 246 V.Vouk. Das elektrische Auxanometer hat den großen Vorteil, daß der Auxa- nometer selbst ganz separiert vom registrierenden Teil des Apparates auf- gestellt werden kann. Das Auxanometer kann im Gewächshaus, oder auch, wenn es geschützt wird, im Freien aufgestellt sein, hingegen kann man die Beobachtungen auf dem Arbeitstisch im Laboratorium machen. Durch diesen Apparat kann man sich von der schädlichen Laboratoriumsluft gänzlich unabhängig machen. Mit diesem Auxanometer kann man auch die Beobachtungen über (das Diekenwachstum der Pflanzenorgane machen, wovon im späteren Kapitel die Rede sein wird. Präzisions-Elektroauxanometer von Bovie.!) Dieser Apparat ist auch auf dem Prinzip des Öffnens und Schließens des Stromes auf- Fig. 84. Der Aufzeichner (Chromograpb) des Wachstums nach Frost. gebaut — er hat auch den grolßen Vorteil, daß das Auxanometer und der Chronograph voneinander aufgestellt werden können. Außerdem hat Dovie den gewöhnlichen Seidenfaden durch einen Metallfaden ersetzt und auf diese Weise den unangenehmen Einfluß der Feuchtigkeit und Temperatur ausgeschaltet. Der Apparat, dessen Skizze und Abbildungen, für deren Über- lassung ich Herrn Prof. Bovrie in Cambridge herzlichst danke, hier vor- liegen (Fig. 55, 86, 87, 88), arbeitet noch genauer und präziser als der Frostsche. | Die Pflanze (Fig. 86) wird mit einem sog. Invar-Draht („Invar“ ist eine Legierung von Nickel und Stahl) «a mit der Feder 5 verbunden, ) W. T. Bovie, A preeision auxanometer. Botanical Gazette. 53. Nr. 6 (1912). Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 247 und zwar nur so, daß eine Spannung hergestellt wird, wobei aber die Pflanze durch den Zug gar nicht angegriffen wird. Die Feder steht in einer mini- malen Entfernung von der Spitze c‘ des Blockes ce, welche ebenso wie | auch die Spannung des Drahtes « von einer Schraube, die in der Skizze Pi} nicht sichtbar ist, reguliert werden kann. Die Berührung der Feder mit | der Spitze ce‘ schließt den elektrischen Strom, welcher den Elektromagneten d umfließt, wodurch der Hebel e in die Höhe gezogen wird. Durch die Hebung des Hebels e wird \ das Uhrwerk f‘, das mit der BeuzoR. Fig. 85. CHRONOGRAPH BATTERIE Die Skizze zum Präzisionselektroauxanometer Auxanometervorrichtung des elektrischen Präzisionsauxanometers nach Bowie. nach Bovie. (Original-Photographie von Prof. Bovie.) Schraube / in Verbindung steht, ausgelöst. Die Schraube / dreht sich dadurch um einen kleinen Betrag, wodurch auch der Block e um denselben kleinen Be- trag gehoben wird. Dadurch wird aber der kleine Abstand der Feder von der Spitze c‘ wieder hergestellt. Der Strom ist nun wieder offen, der Hem- 4 mungshebel sinkt wieder zurück und das Uhrwerk bleibt auch stehen. Der | Strom wird also automatisch geöffnet und geschlossen. Aus der Anzahl der Umdrehungen der Räder des Uhrwerkes kann auch die Drehung der Schraube / berechnet werden. Wenn 20 Zähne des Bon —— nn EEE 248 V. Vouk. Rades in Hemmung sind, so macht die Schraube '/,, von einer Um- drehung und wenn die Höhe der Schraube 05 mm ist, so stellt jede Auf- Fig. 37. Der Chronograph nach Bovie mit drei Schreibvorriehtungen von drei zugleich arbeitenden Auxano- metern. (Originalphotographie von Prof. Bovie.) Fig. 88. Gesamtansicht des Präzisionsauxanometers von Bovie mit der elektrischen Glocke und mit einer Glühlampe adjustiert für Demonstrationszwecke. (Original von Prof. Bovie.) zeichnung 25 p. vor. Die Schraube muß sehr genau und präzise sein, und sie soll sich auch in ihrem Lager leicht drehen. Der Block „e“ ist natür- lich mit der Schraube nicht fest verbunden. Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 249 Als Chronographen zu diesem Apparat kann man Typen verschiedener Konstruktion (siehe Langendorf 1. c.) verwenden. Bovie benützte eine Trommel, die in 6 Stun- den eine Umdrehung macht und die einen solehen Diameter hatte, daß 1 mm an der Trom- mel einer Minute in Zeit entspricht. Die Trommel ist so lang, daß Aufzeich- nungen von 6 Auxano- metern zu gleicher Zeit aufgenommen wurden, und zwar eine ganze Woche lang. | Für Vorlesungsver- suche kann man eine Glocke oder eine Glühlam- pe einschalten (Fig. 58), so daß bei jeder Aufzeich- nung ein Zeichen mit der Glocke oder mit dem Licht gegeben wird. Der Apparat arbeitet so prä- zise, daß in einem Ver- suche von Bovie ein Blütenstiel der Hyazinthe in einer Minute 1—2 Auf- zeichnungen machte. Ein Helianthus-Keimling gab sogar jede 18 Sekunden eine Aufzeichnung. Prof. Boviehatsein „Präzisions- auxanometer“ noch ver- bessert und empfindlicher gemacht, so daß es in dieser Form (Fig. 89) auch das Wachstum von 1 Mikron anzeigt. !) Es gibt noch einige Konstruktionen von Au- xanometern — ich er- Fig. 89. Die neue Form vom elektrischen Auxanometer nach Bowie. (Original von Prof. Bovie.) !) Der Apparat wurde von der L. E. Knott Apparatus Company (Boston, Mass., U. S. A., Harcourt-Street) hergestellt und kann auch von der Firma bezogen werden. 250 V. Vouk. wähne das von Golden und Arthur‘), von Lloyd?) und von Schouten ?) — welche alle mehr oder weniger auf den hier beschriebenen Prinzipien auf- gebaut sind und die sich von den beschriebenen Auxanometern kaum wenig unterscheiden. Eine Konstruktion verdient noch Beachtung — der auf optischem Prinzipe aufgebaute Orescograph von Ch. J. Bose. *) Mit diesem Instru- mente werden aber nicht die direkten Zuwachse gemessen, sondern nur die Geschwindigkeiten des Wachstums, d. h. die Beschleunigung oder Verzöge- rung des normalen Wachstums. IV. Die Messung des Dickenwachstums. Zur Messung der Dicke verschiedener Pflanzenorgane kann man auch die einfachsten Winkelapparate) benützen. Einen ähnlichen Apparat kon- struierte auch Jost bei seinen Untersuchungen über Be das sekundäre Dickenwachstum der Bäume. ®) Fühlhebel nach Jost (Fig. 90) gibt eine ungefähr sechsfache Vergrößerung an. Die kürzeren Schenkel des Fühlhebels sind aus 8 mn langen und 15 mm dicken Drähten (D) hergestellt, die parallel zur Achse (A) des Instrumentes, also senkrecht zu seiner Flächenausdehnung verlaufen. Die Schenkel umfassen den Winkel von 60° und daher ist die Skala in 60° eingeteilt. Ein Zehntelgrad der Skala entspricht einer absoluten Größe des Objektes von 0.027, doch genügt, die Messungen in Zehntelgraden auszudrücken, da es ja hauptsächlich nur auf A relative Größen ankommt. Ein Objekt von 1 mm Fühlhebel nach Jost. Durchmesser ist z. B. 37°5 Einheiten (= Zehntel- grade) dick. Der Zweig wird an der zu messenden Stelle mit roter Marke bezeichnet. Der Fühlhebel wird mit seiner Ebene unter 45° zur Längsachse des Zweiges geneigt, unter dem leichten Drucke der Feder F' angelegt, so dal die Marke (M) am Zweig (Z) und die Achse des Instrumentes in einer geraden Linie (a), die den Winkel zwischen den beiden Schenkeln halbiert, liegen. !) Golden and Arthur, Botanical Gazette. 22 (1896). °) F. E. Lloyd, A new and cheap form of auxanometer. Torreya. III. p. 97 bis 100 (1903). ») L. Schouten, Ein neuer und ein modifizierter Apparat zu pflanzlichen Demon- strationsversuchen. Ein einfaches selbstregistrierendes Auxanometer. Flora. Bd. 67. S. 116 (1907). *) Ch. J. Bose, Plant Response as a means of physiological investigation. Long- mans, Green and Co. New York and Bombay 1906. °) Johannsen, Die Elemente der Erblichkeitslehre. S. 12 (1909). %) Jost, Beobachtungen über das sekundäre Diekenwachstum der Bäume. Ber. d. Deutsch. bot. Ges. (1892). Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 251 Auxanometer für Diekenwachstum nach C. Golden!) (Fig.91) hat folgende Konstruktion: Der Glasarm ist an einem Stativ an einem leichten Draht aufgehängt. Dieser Glasarm liegt am breiten Ende in einer Messinggabel zwischen zwei Stahlstiften leicht befestigt, daß er sich drehen kann. Der Hebel wird durch ein entsprechendes Gewicht am kürzeren Ende im Gleichgewicht gehalten. Dicht hinter der Gabel, welche die Stahlspitzen trägt, ist am Apparat eine Gabel angebracht, zwischen die der zu prü- fende Stamm gestellt wird, während der Kontakt-mit dem Glasarm auf der anderen Seite durch einen leichten federnden Draht vermittelt wird. Der Apparat registriert das Wachstum mit 40facher Vergrößerung. Die Registrierung geschieht mittelst des gespitzten Endes des langen Glas- armes, das die geschwärzten Glasstäbe berührt, die durch ein Uhrwerk in Bewegung gehalten werden. Auxanometer für Diekenwachstum nach Golden. Das im vorigen Kapitel beschriebene Elektroauxanometer von Frost kann auch zu Dickenwachstum benützt werden. Zu diesem Zwecke wird aber zunächst der Faden an einem fixen Punkte der Auxanometerachse befestigt, dann um den ganzen Um- fang des zu messenden Pflanzenorgans gewickelt, schließlich über die Rinne des Zahnrades gestellt und mit einem Gewicht am freien Ende in Span- nung gehalten. Sobald das Pflanzenorgan in die Dicke wächst, windet sich der Faden ab und zieht das Gewicht, wobei das Rad in Bewegung kommt und den elektrischen Strom schließt. Zuwachsautograph von Friedrich?) ist ein Apparat, der zur automatischen Messung des Holzzuwachses dient, kann aber für alle dicke Pflanzenorgane benützt werden. Mit dem erwähnten Apparat hat Friedrich speziell den Einfluß der Witterung auf dem Baumzuwachs ®) genau unter- !) Catharine Golden, An auxanometer for the registration of growth of stems in thiekness. Botanical Gazette. XIX. Nr. 3 (1894). 2) J. Friedrich, Zuwachsautograph. Zentralblatt für das gesamte Forstwesen. Wien 1905. 3) J. Friedrich, Einfluß der Witterung auf den Baumzuwachs. Wien. W.Frick. 1897. 252 V. Vouk. sucht. Der Apparat ist kompliziert gebaut und deshalb folgen wir genau der Beschreibung des Autors: Das Messingstück A (Fig. 92), welches mittelst der Schraubenöffnungen a und a‘ an dem Baumstamm befestigt werden kann, hat auf der einen Seite einen Arm und trägt die beiden Eisenzylinder B und B‘, welche an ihrem vorderen Ende das zweite Achsen- lager für die Welle C tragen; das andere Achsenlager ist unmittelbar auf Fig. 92. 7a Kulm Zuwachsautograph nach Friedrich. A angebracht. Die Eisenzylinder C und ©’ tragen die Scheibe D, welche mit einer Teilung versehen ist, und zwar derartig, daß die horizontale Bewegung des ebenfalls später zu beschreibenden Gewichtes U einem be- stimmten Werte dieser Kreisteilung entspricht. An der Welle © ist ledig- lich durch Friktion der Zeiger E befestigt; mit Friktion deshalb, um die Einstellung des Zeigers auf einen bestimmten Teilstrich bewerkstelligen zu können. Die Welle © trägt ferner den Klemmring F, an welchem der Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. - ID 5) federnde Metallstreifen @ und die Schreibfeder H hängt, welche durch die Schraube J mehr oder weniger an die Trommel X gedrückt werden kann. Der Klemmring F läßt sich durch die Klemmschraube Z fixieren. Das Messingstück A trägt an dem Arm N die Trommel X, welche ein Uhr- und Triebwerk enthält und auf ihrer Mantelfläche mit einem Papierstreifen bespannt ist. Das Triebwerk läuft durch 7—8 Tage und braucht der Papierstreifen nur nach Ablauf einer jeden Woche ausge- wechselt zu werden. Auf dem Papierstreifen sind die Tage und Stunden vorgedruckt und ist für die Bewegung des Zeigers eine Millimeterteilung vorgesehen. Es würde allerdings möglich sein, die Teilung entsprechend den Werten der Scheibe D anzuordnen, allein ich ziehe die Millimeter- teilung vor, um die Papierstreifen, welche zweckmäßig in größerer Auf- lage anzufertigen sind, für verschiedene Instrumente benützen zu können und weil es sich hier weniger um den genauen ziffermäßigen Wert der Bewegung, welcher ja auf der Scheibe D abgelesen werden kann, handelt, als vielmehr um die graphische Darstellung des Zuwachsverlaufes. Das Messingstück A trägt weiters die Vorrichtung ©. Dieselbe hat den Zweck, als Befestigung des Stahlbandes P zu dienen, um einerseits den Überschuß desselben mittelst der Kurbel R aufrollen, andrerseits das Band beim Fortschreiten des Zuwachses abrollen zu können; die Details dieser Anordnung sind am Instrumente ohne weiters verständlich. Das Stahlband P darf nicht federn, aber auch nicht deformiert sein. Der richtige Grad des Glühens des Stahlbandes ist von besonderer Wichtigkeit. Das Stahlband P wird, auf labilen Gleitrollen ruhend, um den Baum gelegt und gelangt zur fixen Rolle $, wird sodann durch einen Haken mit Öse L aus der bisher vertikalen Lage seiner Breiten- ausdehnung in eine horizontale gebracht, sodann über die Welle ©, dieselbe halb umfassend, geleitet, und schließlich über die fixe Gleitrolle 7’ geführt und mit dem Gewichte U beschwert. Die Schwere dieses Gewichtes richtet sich nach der Anzahl der verwendeten Gleitrollen, also nach der zu über- windenden Reibung und schwankt zwischen 1 bis 2 kg. Beim Montieren des Zuwachsautographen empfiehlt sich folgender Vorgang: Zunächst wird der Apparat mittelst der Schrauben « und a’ an den Baum fest angeschraubt. Sodann werden die Gleitrollen in der Höhe der Rolle O derartig um den Baum verteilt, daß das später darüber zu führende Stahlband den Baum nicht direkt berührt. Auf die Anbringung der Gleit- rollen in der richtigen Höhe muß große Sorgfalt verwendet werden. Es ist praktisch, die Gleitrollen, welche zwar durch einen vorhandenen Stahldorn eine mäßige Befestigung an der Baumrinde gestatten, mittelst eines Fadens an einer in die Rinde leicht einzuschiebenden Stecknadel aufzuhängen. Sodann wird die Sperrvorrichtung bei 0 geöffnet, das Stahlband über die Gleitrollen gelegt, bis hinter die fixe Gleitrolle S geführt, dann bei 5 in das Stahlband P eingehängt. Selbstverständlich muß gleichzeitig ein Gehilfe das Stahlband P über die Gleitrolle 7 geführt und um die 954 V. Vouk. Welle © geschlungen haben und die Öse dieses Bandes bei b bereithalten. Während dieses Vorganges soll der Klemmring F' gelüftet sein, die Schreib- feder H die Trommel X nicht berühren. Das richtige Funktionieren des Zuwachsautographen wird man daran erkennen, daß der Zeiger E einen Ausschlag nach vorwärts ergibt, wenn man das Stahlband bei O mäßig gegen den Baum drückt und in seine frühere Stellung zurückkehrt, wenn dieser Druck aufhört. Trifft dies zu, dann ist das Triebwerk aufzuziehen, die Trommel mit Papier zu bespannen, die Schreibfeder mit der Tinte zu füllen und dieselbe in die richtige Berührung mit dem Papier zu bringen. Ein zu starkes Ausdrücken der Schreibfeder an das Papier kann die Empfindlichkeit des Apparates beeinträchtigen. Nun wird die Trommel so gedreht, daß die Schreibfeder auf die richtige Zeit (Tag und Stunde) ein- gestellt ist, und wird dieselbe dann mittelst Z an die Welle © festge- klemmt. Anfangs wolle man die Schreibfeder auch so einstellen, daß sie in der Mitte der Trommel zu schreiben vermag. Es wird nämlich mitunter der Fall eintreten, daß die Gleitrollen sich etwas in die Rinde eindrücken und deshalb eine rückwärtsgehende Bewegung des Zeigers eintritt. Nach kurzer Zeit wird jedoch der Apparat richtig notieren. Es ist zweckmäßig, den Apparat mit einem Schutzhäuschen zu umgeben und in dasselbe in- sektenvertreibende Stoffe zu legen. !) Friedrich konstruierte auch solche Vorrichtungen, welche gestatten, die Veränderungen des Baumzuwachses auch mittelst elektrischen Kabels und Quecksilberunterbrechers zu übertragen, wodurch die Schreibvorrichtung auch im Laboratorium aufgestellt werden kann, was für gewisse Fälle von wesentlichem Vorteil ist. Die elektrische Übertragung kann in verschiedener Weise wie auch beim gewöhnlichen Auxanometer konstruiert werden. Der Zuwachsautograph ist ein sehr empfindlicher Apparat. Friedrich spannte zwischen den Kluppenarmen zur Probe einen Eisenstab ein und wie der Stab erhitzt wurde, so notierte der Apparat die Ausdehnung des Eisens sofort. V. Die Messung des Flächenwachstums. Für die Messung des Flächenwachstums sind bisher noch keine be- sonderen Methoden ausgearbeitet worden, wenigstens keine besonderen Apparate. Das Wachstum der flächenförmigen Pflanzenorgane, in erster Linie der Blätter, kann man nur durch direktes Messen verfolgen. In vielen Fällen wird bei der Beobachtung des Wachstums der Blätter das einfache Messen der Länge und Breite wohl genügen. Von Zeit zu Zeit mißt man einfach mit einem Millimeterstabe die Länge und die jreite. Diese Methode ist wohl für die Beobachtung des täglichen Wachstums kaum zu brauchen, da sie einerseits viel zu ungenau ist und andrerseits auch zu umständlich. Viel genauer ist wohl die Millimeterpapiermethode. Man legt das zu untersuchende Blatt auf ein Millimeterpapier und zeichnet mit dem Bleistift den Blattumrib ab. Jetzt !) Der Apparat wird von der Firma Neuhöfer d: Sohn, Wien, IV., Hartmanngasse, angefertigt. Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 255 summiert man einfach die ganzen Millimeterquadrate der gezeichneten Blatt- fläche und zählt noch die Hälfte der nicht ganz bedeckten Randquadrate der Fläche dazu. Sehr genau kann man die Blattfläche bestimmen mittelst der Planimetermethode. In der Technik werden zur Flächenberechnung an Katasterkarten usw. sehr präzise, verschiedenartig konstruierte Planimeter benützt. In jedem Lehrbuche der Geodäsie findet man solche Apparate von verschiedenem Typus beschrieben. Zur Berechnung der Blattfläche erwies sich das Polarplanimeter-System Amslert) (Fig. 95) wegen Einfachheit der Handhabung als sehr praktisch. Die Beschreibung dieses Planimeters ist hier überflüssig, da man eine solche bei der Anschaffung des Apparates von der Firma mitbekommt. Nach der Umfahrung der zu berechnenden Blatthälfte liest man auf einer Laufrolle direkt die Flächen- größe in Quadratzentimetern ab. Da auf der Rolle auch ein !/,, Nonius an- gebracht ist, so gestattet dieser die Ablesung von !/,oo. Rollenumdrehung. Die Berechnung der Fläche ist daher äußerst genau. Man kann aber ebensogut jedes beliebige Planimetersystem verwenden. Damit die Blattfläche genau umschrieben wird, ist es zweckmäßig, sie mit einer Glasplatte zu bedecken und dann erst mit dem Fahrstifte zu umfahren. Polarplanimeter (System Amsler) von Neuhöfer & Sohn (Wien). Wenn aber das Blatt an der Pflanze bleiben soll, so kann man sich zur Messung durch Anlegen des beliebigen photographischen Kopierpapieres an das Blatt die photographischen Abdrücke des zu messenden Blattes her- stellen, deren Fläche man dann nach der Fixierung mittelst Polarplani- meters genau bestimmen kann. VI. Die Beobachtung des Wachstums unter verschiedenen Außen- bedingungen. Von Wachstum beeinflussenden Außenbedingungen kommen in der ersten Linie Licht und Temperatur in Betracht. Es ist sogar unum- gänglich notwendig, bei jedem Versuche zum Studium des Wachstums die Licht- und Temperaturverhältnisse zu berücksichtigen. Zur Messung des ) Von Neuhöfer d: Sohn, k.u. k. Hofmechaniker und Optiker, Wien, I., Kohlmarkt 8. [3 ID 56 V. Vouk. Tageslichtes sind verschiedene aktinometrische Methoden ausgearbeitet worden, wie sie im VI. Band dieser Arbeitsmethoden beschrieben sind.?) Es wären hier nur noch die Vorrichtungen zum Studium des Wachstums im verschiedenfarbigen Lichte zu beschreiben. Zu diesem Zwecke benützt man als Lichtfilter entweder verschiedene färbige Gläser oder auch verschiedenfärbige Flüssigkeiten.2) Die letzteren werden in doppelwan dige sogenannte Senedbiersche Glocken (Fig. 94) gefüllt. Unter diesen Glocken werden dann die Pflanzen aufgestellt. Färbige (Glasplatten sind weniger brauchbar und daher wird man wohl für physio- logische Zwecke die flüssigen Strahlenfilter vorziehen. Nagel?) hat eine Reihe von Farblösungen hergestellt. die ein mehr oder weniger mono- chromatisches Licht von möglichst großer Lichtstärke durchlassen. Er hat auf diese das ganze Spektrum zerlegt und wir können uns mit Hilfe dieser flüssigen Filter das zerlegte Spektrum herstellen. Für Rot verwendet Nagel die roten Überfanggläser oder Rubingläser. Reines Rot liefert aber Lithionkarmin- lösung in 1 mm dicker Schichte. Die Verdünnungen müssen spektroskopisch geprüft werden. Orange bekommt man durch Mischung von wässe- riger Safraninlösung mit Kupferazetat, welches rot ab- sorbiert. Man bereitet eine nicht ganz gesättigte Lösung von Kupferazetat. setzt ein Paar Tropfen Essigsäure dazu „orevandis , und dann tropfenweise soviel starke Safraninlösung, bis das Spektroskop das reine Gelb ausgelöscht zeigt. (Gelb bekommt man durch tropfenweises Zusetzen einer gesättigten wässerigen Lösung von Orange G (Grübler) zu einer gesättigten sauren Kupferazetatlösung. Grüngelb und Gelbgrün gibt Kupferazetat mit Kaliumbichromat. Kupferazetatkristalle werden in einer mit Essigsäure gesäuerten gesättigten Lösung von Kaliumbichromat im Überschuß warm gelöst. Nach dem Er- kalten filtriert man die Lösung. Statt Kaliumbichromat kann man auch Pikrinsäure verwenden. (Grün gibt Kupferazetat aufgelöst in einer nichtgesättigten Lösung von Pikrinsäure. Nach Zusatz von einigen Tropfen einer schwach alkalischen Fluoreszeinlösung wird der blaugrüne Anteil des Spektrums entfernt. Blaugrün und Cyanblau geben Methylgrün und Jodgrün in dünnen Lösungen gemischt mit Kupferazetat. Blau und Violett gibt Kuprammoniumsulfat. Durch Mischung von Kuprammoniumsulfat mit einer dünnen Kaliumpermanganatlösung erhält man reines Violett. Fig. 94. biologische Zwecke. ®) Ich möchte hier auch auf Zelluloidfilter von Wratten aufmerksam machen (Wratten Light Filters, Wratten & Waniwright, Croydon England, 1913). >) W. A. Nagel, Über flüssige Strahlenfilter. Biol. Zentralbl. Bd. 18. S. 649 (1898). Bi. Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. 257 Genaue Lösungsverhältnisse sind hier überflüssig, da man die Lösungen ohnehin für jede Dicke der Schicht spektroskopisch prüfen muß. In der Fig. 95 ist von solchen Strahlenfiltern das ganze Spektrum her- gestellt. Was den zweiten wichtigen das Wachstum bedingenden Faktor — die Temperatur — anlangt, so ist es wohl bei jedem Experimente I- Rubinglas. IH. Lithionkarmin verdünnt. III. Kupferacetat mit Safranin. IV. Kupferacetat mit Orange. V. Kupferacetat mit Kaliumbichromat. VI. Kupferacetat mit Pikrinsäure. Cuprammoniumsulfat mit Kalium- wur. chromat und Fluorescein. VIIL. Cuprammoniumsulfat mit Kalium- chromat. IX. Methylgrün mit Kupferacetat. 1. Methylgrün mit Kupferacetat. 2. Kaliumpermanganat. Methylgrün mit Kupferacetat und ZI. Gentianaviolett. XII. Cuprammoniumsulfat. Spektra verschiedener Absorptionsflüssigkeiten. zu wünschen, daß die Temperatur während des Versuches möglich an- nähernd konstant gehalten wird. Die gewöhnlichen Zimmertemperaturen von 18— 22°C sind für das Wachstum wohl die günstigsten. Die Temperatur soll immer mittelst eines Thermometrographen während des ganzen Ver- suches notiert werden. Handelt es sich um ganz konstante übernormale Temperaturen, so benützt man zu diesem Zwecke die Thermostaten, wie sie heutzutage in allen physiologischen Laboratorien in verschiedener Ausführung vorhanden sind. Es gibt sogar im Handel (Paul Altmann, Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VII. 17 258 V. Vouk. Methodisches zur Physiologie des Pflanzenwachstums. Berlin; Lautenschläger, Berlin) auch Thermostaten für gleichzeitige Auf- stellung der Versuche unter verschiedenen Temperaturen. Man kann sich aber im Laboratorium selbst nach Angaben von Ganong einen solchen Differentialthermostaten in einfacher Weise herstellen. In der Fig. 96 ist die Skizze eines solchen Apparates dargestellt. Auf einem Kupfertrog sind etwa 10 zerlegbare Glaskammern eingerichtet. Auf der einen Seite des Kupfertroges befindet sich ein Kupferkessel mit Wasser, das mit einer (rasflamme erwärmt wird, und auf der anderen Seite des 'T'hermostaten befindet sich ein ebensolcher Kupferkessel mit eisgekühltem Wasser. Auf diese Weise erhält man in den Kammern verschiedene Temperaturen. Differential-Thermostat. (Aus Ganong, Plant. Physiologie.) Heutzutage baut man sogar für physiologische Versuche große ge- räumige Kammern (die biologische Versuchsanstalt in Wien)'), in welchen mit großen Maschinen. aber auch mit großem Kostenaufwand bestimmte Temperaturen (von — 5° bis 45°) konstant gehalten werden. In solchen Kammern kann man gleichzeitig mit vielen Pflanzen im Lichte experimen- tieren, sie werden auch so geräumig gebaut, dab man auch mit größeren 3jäumchen operieren könnte. Bei allen Wachstumsversuchen darf man nicht auf Feuchtigkeits- verhältnisse vergessen. Man soll sogar bei jedem Experimente für mög- lichst konstante Feuchtigkeit sorgen und während des Versuches regelmäßig Psychrometeraufzeichnungen machen. Was die abnormalen Außenbedingungen (Ausschließung von CO,, partiärer Luftdruck usw.) anlangt, so erfordert ein jeder Versuch eine je nach der Pflanze und sonstigen Verhältnissen dementsprechende spezielle Vorrichtung. ') H. Przibram, Die biologische Versuchsanstalt in Wien. Zeitschr. f. biologische Technik und Methodik. 1912. ee Quantitative Methoden zur Bestimmung von kleinen Gerbstoffmengen in Pflanzensäften. Von M, Nierenstein, Bristol. Bei pflanzen-physiologischen Untersuchungen handelt es sich oft um die Bestimmung von sehr kleinen Gerbstoffmengen, wobei folgende spezielle Methoden zur Verwendung kommen: 1. Methode von Sanio.!) Sie beruht auf der Annahme, daß der Gerbstoff mit Kaliumbichromat eine in Wasser unlösliche Verbindung bildet. Zu diesem Zweck legt man die zu untersuchenden Pflanzenteile s—10 Tage lang in eine Kaliumbichromatlösung von der Verdünnung 1:20. Kutscher?) unterscheidet 8 Skalen der Färbung des Niederschlages und schätzt so den Gerbstoffgehalt. Kraus:), der nach dieser Methode gearbeitet hat, äußert sich bezüglich derselben : „In einzelnen Fällen, wo es nicht anders geht, mag das Verfahren als ein qui pro quo angewendet werden; eine ernst zu nehmende quantitative Methode ist es natürlich nicht.“ Dennoch wird diese Methode botanischerseits noch immer angewandt! Erwähnt sei, dal auch Gallussäure mit Kaliumbichromat einen Niederschlag gibt.*) Ähnlich verhalten sich auch einige Alkaloide und andere Stoffe. >) 2. Methode von Fleck.) Die gerbstoffhaltigen Flüssigkeiten werden mit neutralem essigsauren Kupfer (2—3°/,ige Lösung) bis zu ganz schwachem Aufwallen erhitzt, wobei sich das gebsaure Kupfer als schöner, flockiger, rot- oder lederbrauner Niederschlag niedersetzt: dieser läßt sich mit warmem Wasser auswaschen und mit dem Filter verbrannt als CuO bestimmen. 19 CuO = 1'306 g Gerbstoff. Sonnenschein”), der Fehlingsche Lösung verwendet, findet 19 CuO — 041269 Tannin. ') Sanio, Einige Bemerkungen über den Gerbstoff und seine Verbreitung bei den Holzpflanzen. Botan. Ztg. 1883. S.17, — Vgl. auch E. Wagner, Über das Vor- kommen und die Verbreitung des Gerbstoffes bei Crassulaceen. Diss. Göttingen 1887. ®) F. Kutscher, Über die Verwendung der Gerbsäure im Stoffwechsel der Pflanze. Flora. Bd. 66. S. 33 (1883). — Vgl. auch Büttner, Über Gerbsäurereaktionen in der lebenden Pflanzenzelle. Diss. Erlangen 1890. ») @. Kraus, Grundlinien zu einer Physiologie des Gerbstoffes. Leipzig 1889. S. 67. *) J.v. Schröder, Beitrag zur Kenntnis der Frühjahrsperioden des Ahorns. Jahrb. d. wissensch. Botanik. Bd. 7. S. 261 (1868). — E. Drabble und M. Nierenstein, On the role of phenoles, thannie acids and oxybenzoie acids in cork-formation. Biochem. Journ. Vol. 2. p. 96 (1907). °) J. Dekker, De Looistoffen. Bd. 1. S. 199 (1906). 6) H. Fleck, Zur volumetrischen Bestimmung der Gerbsäure. Deutsche Gerber- zeitung. Bd. 3. S. 14 (1860). ?) A. Sonnenschein, Paraguy-Tee. Jahrb. f. Pharmazie. 1868. S. 150. — Der- selbe, Zur volumetrischen Bestimmung des Tannins. Dinglers Polytech. Journ. Bd. 256. S. 555 (1885). 17 260 M. Nierenstein. Quant. Methoden z. Bestimmung v. Gerbstoffmengen ete. 3. Methode von Jean.!) Diese beruht auf dem Vergleich zwischen den mit Eisenchlorid versetzten Lösungen und denjenigen von bekanntem Tanningehalt. Nach Naumann?) eignen sich Ferrum citricum ammoniatum und Ferrum citrieum oxydatum, das mit Ammoniak schwach abgedampft wird, besser als Ferrum sesquichloratum, sulforicum und Sulforicum oxydatum. Für Deckglasbeobachtungen verwendet Büttner :) folgende Kon- zentrationen: 1:500, 1:1000, 1:1500 und 1:2000. 4. Methode von @. Kraus.*) Für seine klassischen Untersuchungen über die Physiologie des Gerbstoffes verwendet Kraus die Löwenthalsche Me- thode5), ohne aber die „Nichtgerbstoffe“ zu berücksichtigen, d.h. er titriert direkt, ohne eine zweite Titration der mit Hautpulver entgerbten Lösung auszuführen. Die so erhaltenen Resultate sind also ganz relativ. Die Chamälonlösung ist so gestellt, daß 1 em? derselben 2 mg Tannin entspricht.s) 5. Methode von Nierenstein und Ü. W. Spiers.') Diese beruht auf direkter Titration des Pflanzensaftes mit Permanganat und darauf- folgender Titration der mit Kasein nach Nierenstein und Körner®) ent- eerbten Lösung. Die Differenz gibt den absoluten Gerbstoffgehalt. Die Lösungen werden wie folgt gestellt: a) Indigolösung. 5g im Liter. b) Permanganatlösung. Auf Ammoniumoxalat eingestellt 1y Am- moniumoxalat — 0'4648 9 Gallusgerbsäure. c) Fettfreies Kasein. Ausführung der Analyse: 5cm? der zu untersuchenden Lösung (verdünnter Pflanzensaft) werden mit 750 cm: verdünnt und mit 20 em> Indigo versetzt und hierauf wie bei der Löwenthalschen Methode in flacher Eindampfschale titriert. Hierauf werden 50 cm® der Lösung zweimal je 15 Minuten mit je 19 „fettfreiem“ Kasein geschüttelt, filtriert und 5 cm: wie oben mit Permanganat titriert. Die so erhaltenen Werte sind zwischen 0'04—0'52°/, Gerb- stoff zuverlässig. ') Jean, Wertbestimmung der Gerbstoffe auf kolorimetrischer Grundlage. Archiv d. Pharmazie. Bd. 214. S. 992 (1885). — Vgl. auch Durier, Dosage volumetrique du tannin. L’Union pharmac. T. 24. p. 548 (1884) und Hinsolale, Kolorimetrische Gerbstoff- bestimmung. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 30. S. 365 (1891). ®) O0. Naumann, Über den Gerbstoff der Pilze. Diss. Erlangen 1895. >) R. Büttner, Über Gerbsäurereaktionen in der lebenden Pflanzenzelle. Diss. Erlangen 1890. *) G@. Kraus, Grundlinien zu einer Physiologie des Gerbstoffes. Leipzig 1889. 5) Vgl. dieses Handb., Bd. 6. S. 177 (1912). 6%) Vgl. auch O0. Naumann, ]. ce. S. 16. ?) Nierenstein und Spiers, noch nicht veröffentlicht. ®) Vgl. dieses Handb., Bd. 6. S. 176 und Fußnote 2 auf S. 178 (Nierenstein und Thompson). Darstellung von physiologisch wirksamen Aminen, welche durch Entkarboxylierung aus Aminosäuren hervorgehen. Von @. Barger, London. Durch Abspaltung von Kohlendioxyd entstehen aus den indifferenten Aminosäuren Basen, von welchen einige wegen ihrer physiologischen Wirk- samkeit gerade in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit auf sich ge- lenkt haben. Die Wirkung des Isoamylamins, des Phenyläthylamins und des p-Oxyphenyläthylamins wurde entdeckt in einer Untersuchung von Barger und Walpole!) über faules Fleisch und im %-Iminazolyläthylamin erkannten Barger und Dale?) einen sehr wirksamen Bestandteil des Mutter- korns. Im folgenden sind hauptsächlich diejenigen Methoden beschrieben. welche sich im Laboratorium am besten zur Darstellung kleinerer Mengen der pharmakologisch wichtigsten Amine eignen. Die chemischen Methoden sind naturgemäß in den einzelnen Fällen verschieden; allgemeines über die bakterielle Entkarboxylierung findet sich in dem Abschnitt über das Iminazolyläthylamin. Darstellung des »o-Phenyläthylamins, G,H,,N. Die Base entsteht aus Phenylalanin durch Erhitzen und durch Fäulnis, wird aber am besten durch Reduktion des Benzyleyanids gewonnen. Die beste Ausbeute (53°4°%/, der Theorie) wurde von Wohl und Berthold?) er- halten nach folgendem Verfahren: In einer auf einem Baboblech in einem ?/,2 fassenden Rundkolben zum Sieden erhitzten Lösung von 50 cm? Benzyleyanid in 350 cm? absolutem Alkohol wurden 409 Natrium (die theoretisch nötige Menge) durch das Kühlrohr des sehr langen Rückfluß- kühlers sehr schnell, in 15 Minuten, zugegeben. Nach einer weiteren Stunde war alles Natrium in Lösung. Jetzt wurden, während das Gemisch noch warm war, 150 em’ Wasser zugesetzt und der Alkohol auf dem Wasserbade abdestilliert. Der wässerige alkalische Rückstand wurde mit Wasserdampf destilliert und das Übergegangene (3 /) nach dem Ansäuern mit 9 cm? konzentrierter Schwefelsäure (D = 1'84) auf dem Dampfbade zur Trockne verdampft. Die Menge des so gewonnenen schwefelsauren Phenyläthylamins betrug 39:1 9. Darstellung des p-Oxyphenyläthylamins, (,H,,ON. !) @. Barger und @. S. Walpole, Isolation of the pressor prineiples of putrid meat. Journ. Physiol. Vol. 38. p. 343 (1909). 2) @. Barger und H. H. Dale, 4-3-Aminoethylglyoxaline (3-Iminazolylethylamine) and the other active prineiples of Ergot. Journ. Chem. Soc. Vol. 97. p. 2592 (1910). 3) A. Wohl und E. Berthold, Über die Darstellung der aromatischen Alkohole und ihrer Azetate. Ber. d. Deutschen Chem. Ges. Bd. 43. S. 2183 (1910). 262 G. Barger. A. Aus Tyrosin. Kleine Mengen kann man sehr leicht aus Tyrosin durch Erhitzen darstellen, wie es Schmitt und Nasse!) schon vor fast 50 Jahren getan haben. Nach Ehrlich und Pistschimuka°’) erhitzt man Tyrosin in Portionen von je 19 in starkwandigen Reagenzgläsern in einem Bade aus Woodschem Metall unter einem Druck von 12—25 mm langsam bis auf 270° Das sich im oberen Teil des Reagenz- glases bildende, fast weiße Sublimat wird nach beendetem Erhitzen mit verdünnter Salzsäure herausgelöst, die salzsaure Lösung nach Klärung mit Tierkohle verdampft und der Rückstand aus Wasser oder Alkohol umkristallisiert. Man erhält so reines p-Oxy- phenyläthylaminhydrochlorid in einer Ausbeute von 50°, der Theorie. Die Reinigung als freie Base ist unten beschrieben. B. Durch Synthese.3) Von den verschiedenen direkten Synthesen des p-Oxyphenyläthylamins dürfte die älteste, von Darger*), wohl die ein- fachste sein. Sie beruht auf der Reduktion des p-Oxybenzyleyanids, welch letzteres leicht nach Pschorr, Wolfes und Buckow) durch Nitrieren. Reduzieren und Diazotieren aus Benzyleyanid zu gewinnen ist. In 5 4 p-Oxybenzyleyanid, gelöst in wenig absolutem Alkohol, gibt man allmählich 7—10g Natrium in kleinen Stücken. Man erhält die Lösung im Sieden und fügt von Zeit zu Zeit gerade so viel Alkohol hinzu, als zur Lösung von ausgeschiedenem Natrium- alkoholat ausreicht. Ist alles Natrium in Lösung, so wird mit Salzsäure neutralisiert und das Gemisch zur Trockne eingedampft. Der Rückstand (hauptsächlich Kochsalz) wird mit absolutem Alkohol ausgezogen. Aus der alkoholischen Lösung kann man ent- weder das Chlorid des p-Oxyphenyläthylamins durch Zusatz von Äther fällen, oder daraus zur weiteren Reinigung die freie Base darstellen. Im letzten Falle verdampft man die alkoholische Löung des Chlorids nach Zusatz von Natriumkarbonat auf dem Wasser- bade unter vermindertem Druck, trocknet den Rückstand durch abermaliges Abdampfen mit Alkohol und zieht ihn dann so lange mit neuen Portionen siedendes Xylol aus, bis beim Erkalten die freie Base nicht mehr auskristallisiert. Durch Vakuumdestillation (Siedep. 161—163° bei 2 mm; 175—181° bei 8 mm) bekommt man die Verbindung sehr leicht ganz rein und weiß. Die Ausbeute beträgt 50°, des angewandten p-Oxybenzyl- eyanids. Andere Synthesen des p-Oxyphenyläthylamins beruhen auf der Dar- stellung seines Methyläthers aus Anisaldehyd, am besten nach dem Ver- fahren von Rosenmund.°) Die Methode von Barger und Walpole zur Isolierung von p-OxY- phenyläthylamin aus Fäulnisgemischen wurde schon im Bd. II, S. 1035 dieses Handbuches von Ackermann beschrieben. Die übliche Methode zur Abscheidung von Basen mittelst Phosphorwolframsäure ist dazu weniger !) R. Schmitt und O. Nasse, Beitrag zur Kenntnis des Tyrosins. Liebigs Ann. Bd. 133. S. 211 (1865). ?) F. Ehrlich und P. Pistschimuka, Überführung von Aminen in Alkohole durch Hefe- und Schimmelpilze. Ber. d. Deutschen Chem. Gesellseh. Bd. 45. S. 1008 (1912). ®) Synthetisches p-Oxyphenyläthylamin ist bei der Firma Burroughs, Wel- come d Co. in London unter dem Namen „Tyramine“ käuflich. *) G. Barger, Isolation and synthesis of p-Hydroxyphenylethylamine, an active principle of ergot, soluble in water. Journ. Chem. Soc. Vol. 95. p. 1123 (1909). 5) R. Pschorr, 0. Wolfes und W. Buckow, Synthetische Versuche in der Phenan- threnreihe; Synthese von (1) und (3) Methoxyphenanthren. Ber. d. Deutschen Chem. Gesellsch. Bd. 33. S. 162 (1900). 6) K. W. Rosenmund, Über $-Oxyphenyläthylamin. Ber. d. Deutschen Chem. Ge- sellsch. Bd. 42. S. 4778 (1909). Darstellung von physiologisch wirksamen Aminen etc. 263 geeignet. Obgleich Fäulnisgemische kein gutes Ausgangsmaterial zur Dar- stellung des p-Oxyphenyläthylamins bilden, kann man die Base ziemlich leicht nach dem Prinzip der Barger- Walpoleschen Methode mittelst Amyl- alkohol aus entfettetem Emmentaler oder Gruyerekäse gewinnen. Nach einem ähnlichen Verfahren hat neuerdings Henze!) das Gift aus den Speicheldrüsen der Cephalopoden als p-Oxyphenyläthylamin identifiziert. Darstellung des Indoläthylamins (3-8-Aminoäthylindols), O0 His N,. 4A. Aus Tryptophan. Die Darstellung dieser Base aus Tryptophan gelingt nicht auf chemischem Wege. Durch Fäulnis hat Laidlaw:) sie ein- mal erhalten, aber mehrere andere Versuche schlugen fehl. 0:5 g Tryptophan wurde gelöst in 250 cm? eines Gemisches aus 29 Wittepepton, 89 Glukose, eine Spur Natriumphosphat, eine Spur Magnesiumsulfat, 5g Kreide und 17 Leitungswasser. Die Lösung wurde geimpft mit einer Kultur aus faulem Pankreas. welche sich als fähig erwiesen hatte, Histidin und Tyrosin zu entkarboxylieren. Nach 14 Tagen bei 37° wurde die Lösung mit Kohle gekocht, auf 100 cm? eingeengt und mit wässeriger Pikrinsäure in Überschuß versetzt. Beim Erkalten schied sich das sehr wenig lösliche orangerote Pikrat des Indoläthylamins kristallinisch aus; es wurde aus Alkohol und dann aus wässerigem Azeton umkristallisiert. Ausbeute 0'14 g. B. Durch Synthese. Die sicherste Methode zur Darstellung des Indoläthylamins und die einzige, welche für größere Mengen in Betracht kommt, ist die Synthese nach Ewins®) aus dem Azetal des y-Aminobutyral- dehyds. Letztere Verbindung ist nach Wohl, Schäfer und Thiele*) ziemlich leicht aus Glyzerin darstellbar und wird nach Brabant°) gereinigt. 4g des Azetals, 2:69 Phenylhydrazin und 3'649 wasserfreies Chlorzink werden 3 Stunden lang in einem offenen Gefäß auf 180° erhitzt. Man löst das Reaktionsprodukt in verdünnter Essigsäure, schüttelt die Lösung mit Äther aus und entfernt das Zink mit Schwefelwasserstoff. Das Filtrat vom Schwefelzink wird im Vakuum auf 10 cm? ein- geengt; nach dem Erkalten scheidet sich dann das Chlorid des Indoläthylamins kristalli- nisch aus. Es wird aus 95°/,igem Alkohol durch vorsichtigen Zusatz von Äther um- kristallisiert und stellt dünne Prismen dar, die bei 246° schmelzen und bei 18° in etwa 12 Teilen Wasser löslich sind. Ausbeute 40—45°/, der Theorie. Die freie Base erhält man als bald kristallisierendes Öl durch Zusatz von überschüssiger Natronlauge zu der wässerigen Lösung des Chlorids. Aus Benzol-Alkohol umkristallisiert, bildet sie lange, bei 145—146° schmelzende Nadeln. Darstellung des Agmatins (Guanidinobutylamins), C,H,,N.. Darstellung aus Heringsperma nach Kossel.®) 4kg Heringsperma wird mit 800 cm? Wasser, enthaltend 40 cm®? konzentrierte Schwefelsäure 10 Stunden lang im !) M. Henze, $-Oxyphenyläthylamin, das Speicheldrüsengift der Cephalopoden. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 87. S. 51 (1913). ?) P. P. Laidlaw, The physiologieal action of indolethylamine. Bio-chemical Journ. Vol. 6. p. 150 (1911). 3) A. J. Ewins, The synthesis of 3--Aminoethylindole. Journ. Chem. Soc. Vol. 99. p: 270 (1911). *) A. Wohl, K. Schäfer und A. Thiele, Über y-Amidobutyraldehyd und das Pyrro- lidin. Ber. d. Deutschen Chem. Gesellsch. Bd. 38. S. 4157 (1905). °) V. Brabant, Über das Homologe des Muskarins in der (,-Reihe. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 86. S. 208 (1913). 6) A. Kossel, Über das Agmatin. Zeitschr. physiol. Chem. Bd. 66. S. 257 (1910). 264 G. Barger. Autoklaven bei 4 Atm. Druck erhitzt. Die Lösung wird filtriert und im Filtrat werden die Alloxurbasen mit Quecksilbersulfat gefällt. Das abgenutschte Filtrat wird mit soviel Quecksilbernitrat versetzt, bis mit Natriumkarbonat bei einer Tüpfelprobe gelbes Oxyd fällt und dann mit Baryt gesättigt. Der Niederschlag wird abgesaugt, möglichst sorg- fältig ausgewaschen und bei Gegenwart von etwas Schwefelsäure mit Schwefelwasser- stoff zersetzt. Die Schwefelsäure wird mit Baryt entfernt und die mit Salpetersäure an- gesäuerte Lösung, wie oben angegeben, mit Silbernitrat und Baryt behandelt. Die Argin- infraktion, mit Pikrinsäure gefällt, gibt zuerst einen amorphen Niederschlag und bei weiterem Zusatz von Pikrinsäurelösung Kristallaggregate des Agmatinpikrats. Das Agmatinsulfat kristallisiert durch Zusatz von warmem Methylalkohol zu der konzentrierten heißen wässerigen Lösung. Synthese nach Kossel.!) Eine wässerige Lösung von 1°9 g Putreszin und 1y Cyanamid wurde 17 Tage lang bei Zimmertemperatur aufbewahrt. Das Agmatin wurde dann mit Silbernitrat und Baryt abgeschieden nach dem Verfahren, das in Bd. I, S.502 dieses Handbuches für Arginin angegeben wurde. Ausbeute 0'4g des kreidigen Asmatinkarbonats. Ebenfalls nach dem Silbernitrat-Barytverfahren haben Engeland und Kutscher?) das Agmatin aus Mutterkorn gewonnen. Darstellung des 5-Iminazolyläthylamins, C, H,N;. Es kommen hauptsächlich drei Darstellungsmethoden in Betracht: aus Histidin durch Erhitzen mit Säuren, aus Histidin durch bakteriellen Abbau und die Synthese. Die erste Methode ist die bequemste und sicherste für kleine Mengen, die letzte ist für große Mengen vorzuziehen. Die zweite Methode soll etwas eingehender beschrieben werden, weil sie das am besten untersuchte Beispiel einer bakteriellen Entkarboxylierung darstellt und die erhaltenen Resultate wohl auch auf andere Aminosäuren anwendbar sein dürften. Das Iminazolyläthylamin reinigt man schließlich immer als Pikrat. Das Dipikrat bildet tiefgelbe rhombische Tafeln, welche in heißem Wasser schwer löslich sind und bei etwa 230—239° schmelzen. Durch Lösen in verdünnter Salzsäure und Ausschütteln mit Äther wird es in das Dichlorid umgewandelt, das aus heißem Äthylalkohol gut kristallisiert und bei 240° schmilzt. Das Chlorid ist in kaltem Äthylalkohol wenig löslich, leicht da- gegen in Methylalkohol. A. Aus Histidin durch Säuren. Erhitzt man Histidin allein oder mit Kalk, so wird das Iminazolyläthylamin nur spurenweise gebildet: da- gegen läßt sich nach Eiwins und Pyman°®) eine Ausbeute von etwa 20%, erreichen, wenn man Histidin unter bestimmten Bedingungen mit Säuren erhitzt. Die Ausbeute steht zwar gegen die besten Resultate des bakte- riellen Abbaues zurück. aber die Säuremethode ist einfacher und mehr zuverlässig. !) A. Kossel, Synthese des Agmatins. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 68. S. 170 (1910). ?) R. Engeland und Fr. Kutscher, Über eine zweite wirksame Sekalebase. Zentral- blatt f. Physiol. Bd. 24. S. 479 (1910). ®) 4..J. Ewins und F. L. Pyman, Experiments on the formation of 4(or5)- 5-Aminoethylglyoxaline from histidine. Journ. Chem. Soc. Vol. 99. p. 339 (1911). Darstellung von physiologisch wirksamen Aminen etc. 265 2g Histidinmonochlorid werden in einem neuen Bombenrohr (aus „Robax“ oder einem ähnlichen Glase) mit 4cm?® 20°/,iger wässeriger Schwefelsäure 3 Stunden auf 265—270° erhitzt (Thermometer im Schutzmantel). Zu der dunkelbraunen Reaktions- flüssigkeit gibt man nach dem Erkalten Sodalösung, solange noch ein Niederschlag entsteht. Dieser wird abfiltriert und das Filtrat wird neutralisiert und auf 15 cm? ein- gedampft. Man gibt dann 15 Pikrinsäure in heißgesättigter wässeriger Lösung hinzu, filtriert eine geringe Menge eines schmierigen Niederschlages ab und läßt erkalten. Das Monopikrat des Iminazolyläthylamins scheidet sich kristallinisch ab und wird aus Wasser umkristallisiert. Etwas gekrümmte gelbe Nadeln. F. P. 233—234°. Aus- beute 085 g. B. Durch bakteriellen Abbau von Histidin. Dieser wurde zuerst von Ackermann‘) durchgeführt. 49 g Histidinchlorhydrat in 42 Wasser mit 109g Pepton-Witte, 20 4 Trauben- zucker, einige Tropfen Magnesiumsulfat und Natriumphosphat, sowie einem Überschuß von Kalziumkarbonat wurden 52 Tage bei 35° faulen gelassen. Als Impfmaterial diente eine Flocke eines frisch zerhackten Rinderpankreas, das 24 Stunden mit wenig stark verdünnter Sodalösung im Brutschrank gestanden hatte. Nach beendeter Fäulnis wurde vom überschüssigen Kalziumkarbonat abfiltriert, das Filtrat bei schwach phosphorsaurer Reaktion auf ungefähr einen Liter eingeengt und nun dem Verfahren von Kutscher respektive Kutscher und Ackermann unterzogen (dieses Handbuch, Bd. II, S. 1044 und 1066). Dabei wurde das $-Iminazolyläthylamin als Silberverbindung im Silberniederschlag II gefällt; letzterer wurde abfiltriert und durch Salzsäure vom Silber befreit. Die Basen wurden dann abermals mit Phosphorwolfram- säure gefällt und durch Zersetzen mit Baryt in der üblichen Weise in eine Lösung der Karbonate übergeführt. Nach dem Einengen zum dünnen Sirup wurde mit alko- holischer Pikrinsäurelösung gefällt. Ausbeute des Dipikrats des Iminazolyläthylamins 538g; das Filtrat vom Silberniederschlag II lieferte noch 7'8g, insgesamt 6129 = etwa 42°, der Theorie. Öfters verläuft die Reaktion weniger gut. Die Versuchsbedingungen zur Erzielung einer guten Ausbeute sind von Berthelot und Bertrand?) und besonders von Mellanby und Twort:) festgestellt worden. Die französischen und die englischen Autoren haben aus Fäzes einen Bazillus isoliert, der im hohen Grade imstande ist, Histidin zu entkarboxylieren. Das Prinzip der Iso- lierung war in den beiden Untersuchungen dasselbe: wiederholtes Über- impfen der Mischkultur in eine Histidinnährlösung und nach genügender Anreicherung des in Frage kommenden Organismus, Impfung auf Agar- Agar. Ob die Bazillen der beiden Untersuchungen identisch sind, ist zweifelhaft, jedenfalls existiert eine ganze Reihe von Spaltpilzen, die zur Entkarboxylierung befähigt sind. Berthelot und Bertrand benutzten eine Methode, die zuerst von Berthelot auf Tyrosin angewandt worden war. Die Lösung enthielt pro Liter 0'75—2°0 g Tyrosin oder Histidin, 02g K,SO,, 029g MgSO,, 05g K,HPO,, 025g KNO, und 0'02g Cal],. !) D. Ackermann, Über den bakteriellen Abbau des Histidins. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 65. S. 504 (1910). 2) A. Berthelot und D. M. Bertrand, Recherches sur la flore intestinale. Isolement d’un mierobe capable de produire de la $-imidazolylethylamine aux depens de l’histidine. Compt. rend. T. 154. p. 1643 (1912). — Dieselben, Sur quelques proprietes biochi- miques du Bacillus aminophilus intestinalis. Ibid. T. 154. p. 1826 (1912). 8) E. Mellanby und F. W. Twort, On the presence of $-imidazolylethylamine in the intestinal wall; with a method of isolating a bacillus from the alimentary canal, which converts histidin into this substance. Journ. Physiol. Vol. 45. p. 53 (1912). 266 G. Barger. Nach mehreren Kulturen in diesem Medium wurde auf Agar geimpft. Der Bacillus aminophilus intestinalis dieser Autoren ähnelt B.pneumoniae und B.lactis aerogenes und greift Zuckerarten leicht an. Er ist proteolytisch, aber nicht pepto- Iytisch. Er wächst auch ohne Aminosäuren in Lösungen, die pro Liter 29 K, HPO,, 19 MgSO,, Spuren von Ca Cl, und ein stickstoffhaltiges Salz enthalten, wie Kaliumnitrat, Ammoniumsulfat oder Nitrat; er wächst auch gut auf Ammoniumsuceinat. Gibt man Histidin als einzige Stickstoffquelle, so wird das anfangs gebildete Iminazolyläthylamin schließlich wieder zerstört, ebenso wie 5-Oxyphenyläthylamin, Kreatin, Hordenin usw. Mellanby und Twort impften Peptonbouillon, enthaltend 1°/, Histidin, in Röhren mit Fäzes. Nach einer anaeroben Züchtung von 5—7 Tagen bei 37° wurde in eine neue Röhre übergeimpft una nach Wiederholung dieses Verfahrens wurde mit der letzten Mischkultur eine peptonfreie Lösung folgender Zusammensetzung infiziert: Wasser 100 9, Ammoniumtartrat 19, Dikaliumphosphat 0'1 g, Magnesiumsulfat 002 9, Kalzium- ehlorid 001 g, Histidin 19. Durch Plattenkultur auf Agar-Agar isolierten sie einen kleinen Gram-negativen Bazillus der Typhus-Coli-Gruppe, der Histidin sehr leicht ent- karboxyliert. Wie Mellanby und Twort hervorheben, verläuft die Abspaltung von Kohlendioxyd aus Histidin recht glatt, wenn man in Reagenzröhren arbeitet; sie ist aber meistens sehr träge und unvollständig bei Anwendung erößerer Flüssigkeitsmengen. Daher raten diese Forscher beim Arbeiten im größeren Maßstab die Histidinlösung mit entsprechend großen Mengen einer kräftig wachsenden Kultur zu infizieren. Die Kultur erhält man am besten auf Glyzerin-agar: sie soll nicht älter sein als 24 Stunden. Man spült sie mittelst wenig physiologischer Salzlösung vom Nährboden ab und infiziert die Histidinlösung mittelst einer sterilen Pipette. Die Histidinlösung soll nicht stärker als 0'1°/, sein: am einfachsten löst man das Histidin in Ringerscher Lösung und benutzt für jeden Liter die Kulturen aus zwei Agarröhren. Die beste Inkubationszeit ist eine Woche. Herr Dr. R. A. O'Brien hat mir gütigst mitgeteilt, daß er etwa 30 verschiedene Arten von Darmbakterien auf ihre Fähigkeit geprüft hat, Histidin zu entkarboxylieren, und etwa ein Drittel in dieser Hinsicht mehr oder weniger wirksam gefunden hat. Darunter waren drei Rassen der B. coli-Gruppe imstande, Histidin fast quantitativ in das ent- sprechende Amin umzuwandeln. Daher ist wohl nicht anzunehmen, dab diese Wirkung auf Histidin und auf andere Aminosäuren, auf eine einzige Spezies beschränkt ist. Mellanby und Twort und auch O'Brien ermittelten die Menge des ‚gebildeten Amins auf physiologischem Wege durch seine Wirkung auf den überlebenden Meerschweinchenuterus, nach Dale und Zaidlaw.!) Will man das gebildete Iminazolyläthylamin rein darstellen, so kann man das oben beschriebene Verfahren von Ackermann benutzen, daß aber. besonders wenn die Nährlösungen peptonfrei sind, sich sehr vereinfachen läßt. Die Trennung des Amins von Histidin ist sehr leicht, da das Dipikrat der ersten Base viel weniger löslich ist, als das gleichzeitig entstehende Histidinmonopikrat. Man muß nur zuerst anorganische Salze entfernen, ') A. H. Dale und P. P. Laidlaw, A method of standardising pituitary (infundi- bular) extraets. Journ. of Pharmacol. and exper. Therapeuties. Vol. 4. p. 75 (1912). id Darstellung von physiologisch wirksamen Aminen ete. 267 eventuell durch Fällen des Histidins und des Amins dureh Silbernitrat und Baryt. Synthese des &-Iminazolyläthylamins. Das Iminazolyläthylamin wurde zum ersten Male dargestellt von Windaus und Vogt!) durch Abbau der Iminazolylpropionsäure über das Azid nach Ourtius; diese Säure ist sowohl aus Histidin als auch synthetisch darstellbar, aber dennoch ist die Synthese von Windaus und Vogt weniger geeignet für die Darstellung größerer Mengen von Iminazolyläthylamin. Dies geschieht am besten nach der direkten Synthese von Pyman?), welche ausgeht vom Diaminoazeton (I). CH, NH, . HCl CH.NH CH.NH | N 'Q IS Y co >. Ä nen | I | We ZEN ren CH, NH, . HCl | | CH, . NH, CH, OH I II IH re CH.NH CH.NH CH.NH Nr N | Nr Ä Pa — | Pi, en a N © N GA EN | | | CHR ICH: N, CH,.CN CH, Cl VI V IV Nach Gabriels Imidazolsynthese bekommt man mit Kaliumrhodanid das 2-Thiolaminomethylelyoxalin (II) und daraus durch Salpetersäure das Oxymethylelyoxalin (II). Letzteres wird nacheinander in das Chlormethyl- elyoxalin (IV) und das Cyanmethylelyoxalin (V) verwandelt, und schließlich erhält man daraus das Aminoäthylelyoxalin (= Iminazolyläthylamin) (VI) durch Reduktion. Synthese des Iminazolyläthylamins nach Pyman. Diese Synthese sei hier beschrieben wegen ihrer allgemeinen Be- deutung für die Darstellung von Histidinderivaten. 504 Diaminoazetondichlorid [aus Zitronensäure über Azetondikarbonsäure und Diisonitrosoazeton nach Kalischer, Ber., Bd. 28, S. 1519 (1895) dargestellt] gibt man zu einer heißen Lösung von 309g Rhodankalium in 50 cm? Wasser und erhitzt das.-Gemisch auf dem Dampfbade. Es entsteht anfangs eine klare Lösung, aus welcher sich aber 1) A. Windaus und W. Vogt, Synthese des Imidazolyläthylamins. Ber. d. Deutschen Chem. Gesellsch. Bd. 40. S. 3691 (1907). ?) F.L. Pyman, A new Synthesis of 4 (or 5-) ß-aminoethylglyoxaline, one of the active prineiples of Ergot. Journ. Chem. Soc. Vol. 99. p. 668 (1911). — Nach diesem Verfahren gewonnenes Iminazolyläthylamin ist unter dem Namen „Ergamine“ bei Bur- roughs, Welcome d: Co. in London käuflich. 268 G. Barger. Darstellung von physiologisch wirksamen Aminen ete. später Kristalle abscheiden. Nach 1'/, Stunden kühlt man, filtriert die Kristalle ab, kocht sie mit 75cm” Wasser, wodurch fast alles in Lösung geht, filtriert vom Unge- lösten ab und mischt das Filtrat mit einer Lösung von 21g trockenem Kaliumkarbonat in 75cm? Wasser. Man engt etwas ein und läßt dann das 2-Thiolaminomethylglyoxalin (etwa 82 9, F.-P. = 188°) auskristallisieren. Die Mutterlauge dieser Kristallisation wird mit der Mutterlauge der ersten Kristallisation gemischt und im Vakuum zur Trockne eingedampft. Den Rückstand extrahiert man mit Alkohol, verdampft diesen, verdünnt das zurückbleibende dunkle Öl mit wenig Wasser und bekommt so noch eine bedeutende Menge von Thiolaminoglyoxalin (etwa 179g; zusammen also 261g oder 64°/, der Theorie). Man gibt allmählich, während 20 Minuten, 15 9 Thiolaminoglyoxalin zu 300 cm? 10°/,iger Salpetersäure, welche im gelinden Sieden gehalten wird. Man kocht noch 10 Minuten länger, neutralisiert dann mit Natronlauge und gibt eine Lösung von 26°6 9 Pikrinsäure in 600 cm? siedendem Wasser hinzu. Beim Kühlen scheidet sich das Pikrat des Oxymethylglyoxalins aus; man kann es aus Wasser umkristallisieren und bekommt nach dem Eineugen der Mutterlauge insgesamt eine Ausbeute von etwa 74°/, der Theorie. Man führt letzteres Pikrat durch Schütteln mit Salzsäure und Äther in das Chlorid über und gibt von letzterem 36°5g in kleinen Portionen zu 57 g Phosphor- pentachlorid, welches sich in einem Rundkolben befindet. Man schüttelt tüchtig durch, gibt 50 cm® Chloroform hinzu, um ein gutes Mischen zu erzeugen, und destilliert dann auf dem Wasserbade, schließlich im Vakuum, das Chloroform und das Phosphoroxy- chlorid ab. Der Rückstand, aus etwa 50 cm” heißem Alkohol kristallisiert, gibt das Chlorid des Chloromethylglyoxalins. F.-P. 140—142°, in einer Ausbeute von 35'894 — 86/, der Theorie. Die Lösung von 304 dieses Chlorids in 135 cm? absolutem Alkohol gibt man tropfenweise zu 90 y Cyankalium in 100 cm? Wasser, welches bei 0° andauernd gerührt wird. Man filtriert das gebildete Chlorkalium ab, wäscht mit Alkohol nach und mischt das Filtrat mit 180 cm? einer 10° ,igen Sodalösung. Nach dem Eindampfen im Vakuum zieht man den Rückstand mit heißem Essigäther aus, verdampft dieses Lösungsmittel und löst das zurückbleibende dunkle Öl in wenig warmes Wasser. Es kristallisiert dann etwa 75 g des reinen Uyanomethylglyoxalins aus. Durch Einengen der Mutterlauge und Überführung in die sauren Oxalate kann man in ziemlich mühsamer Weise noch weitere Mengen des Oyanmethylglyoxalins von einem Nebenprodukt (Nitril der z$- bis Glyoxalin- propionsäure) trennen und so die Ausbeute an Oyanomethylglyoxalin auf etwa 50°/, der Theorie steigern. Zu 109g von Üyanomethylelyoxalin, gelöst in 50cm’? absolutem Alkohol, gibt man im Laufe von einigen Minuten 25 g Natrium in Stücken. Während das Gemisch mit einer kleinen Flamme erhitzt wird, fügt man nach und nach etwa 200 cm? abso- luten Alkohol in Portionen von einigen Kubikzentimetern hinzu, bis nach 1'/, Stunde fast alles Natrium gelöst ist. Man bringt dann durch Zugabe von etwas Wasser die letzten Natrinmreste in Lösung und säuert mit 120 cm? konzentrierter Salzsäure an. Das Kochsalz wird abfiltriert und mit Alkohol gewaschen; das Filtrat wird stark ein- geengt, mit 100 cm? kalt gesättigter Sodalösung versetzt und im Vakuum zur Trockne eingedampft. Der Rückstand wird mit Alkohol ausgezogen und der Auszug auf 50 cm? konzentriert. Beim Erkalten scheidet sich dann das Natriumsalz der Iminazolylessig- säure in einer Menge von etwa 4°6g aus. Die Mutterlauge dieses Nebenproduktes wird verdampft und den Rückstand, in wenig Wasser gelöst, gibt man zu einer kochenden Lösung von 309 Pikrinsäure in 12 Wasser. Es scheidet sich dann das Dipikrat des Iminazolyläthylamins kristallinisch aus, das durch Umkristallisieren aus Wasser gereinigt wird; Ausbeute 146 g. Die Analyse der seltenen Elemente. Von Rudolf Hanslian, Berlin. I. Qualitative Analyse. A. Die charakteristischen Reaktionen der seltenen Elemente. Gruppe der Alkalien. Caesium und Rubidium. Die Verbindungen dieser Elemente zeigen eine große Ähnlichkeit mit denen des Kaliums. Ihre Ionen sind gleichfalls einwertig, farblos und geben wie die des Kaliums mit Platinchlorwasserstoffsäure oder Weinsäure kristallinische Niederschläge. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Flammenfärbung violett, durch Kobaltglas rosa. Durch das Spektro- skop betrachtet, treten bei Caesium zwei blaue Linien in der Nähe der Strontiumlinie, bei Rubidium zwei blaue Linien im Ultraviolett auf (vgl. Spektraltafel S. 296). b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Platinchlorwasserstoffsäure H,PtCl, fällt gelbes, kristalli- nisches Caesium- resp. Rubidiumplatinchlorid. 2. Weinsäure erzeugt einen weißen, kristallinischen Niederschlag. Beide Reaktionen erfolgen nur in konzentrierter Lösung sofort, durch Schütteln wird das Entstehen der Niederschläge beschleunigt. Lithium. Lithium bildet nur einwertige, farblose Ionen. a) Reaktionen auf trockenem Wege, Flammenfärbung karminrot, im Spektroskop tritt eine glänzende rote Linie auf.!) b) Reaktionen auf nassem Wege. Natriumphosphat (Na,HPO,) fällt aus konzentrierten Lösungen Lithiumphosphat (Li, PO,), löslich in viel Wasser. ') Vgl. die Spektraltafel in Bd. V, 2, S. 1054. 270 Rudolf Hanslian. Salzsäuregruppe. Zu den Elementen, deren Ionen mit Salzsäure Niederschläge geben, gehören außer dem an dieser Stelle beschriebenen Thallium das Wolfram, Niob, Tantal und Molybdän. Da diese letzteren jedoch im Überschuß der Säure teilweise löslich sind und demzufolge noch in anderen Gruppen auftreten, wird auf ihre Eigenschaften daselbst näher eingegangen werden. Thallium. Das Thallium bildet einwertige, farblose Thalloionen und dreiwertige, schwach gelbgefärbte Thalliionen. Das beständigere ist das Thalloion. Es kann nur durch sehr kräftige Oxydationsmittel in das Thalliion überführt werden. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Flammenfärbung intensiv smaragdgrün. Im Spektrum tritt nur eine grüne Linie auf (vgl. Spektraltafel S. 296). b) Reaktionen auf nassem Wege. Es werden hier nur die Reaktionen der beständigeren Thalloionen berücksichtigt. 1. Schwefelwasserstoff fällt aus schwach saurer, nicht aber aus stark saurer Lösung schwarzes Thallosulfid, unlöslich in Schwefelammon. Aus neutraler Lösung erfolgt die Abscheidung nur unvollständig, durch Zusatz eines Acetats wird sie vervollständigt. Jodkalium fällt beim tropfenweisen Zusatz gelbes Thallojodid T1J. 2. Salzsäure fällt weißes Thallochlorid TICl, löslich in Natrium- thiosulfat. 3. Platinchlorwasserstoffsäure fällt gelbes, kristallinisches Thallo- chlorplatinat T], Pt C],. 4. Kaliumchromat fällt gelbes Thallochromat. Schwefelwasserstoffgruppe. Platin. Platin ist seinen Verbindungen zwei- und vierwertig. Wichtig ist die Eigenschaft der Platinkationen, mit Halogenen komplexe Anionen zu bilden. Von diesen haben die zweiwertigen komplexen Anionen die Zusammen- setzung Pt Cl, (Chlorplatinition), die vierwertigen die Zusammensetzung PtCl, (Chlorplatination). Die letzteren sind die beständigeren und dem- gemäß die wichtigeren. a) heaktionen auf trockenem Wege. Alle Platinverbindungen geben, mit Soda auf der Kohle erhitzt, graues schwammiges Metall, das durch Reiben mit dem Pistill im Achat- mörser grauweißen Metallelanz annimmt. Es ist unschmelzbar und unlös- lich in Mineralsäuren, löslich in Königswasser. El 124 Die Analyse der seltenen Elemente. 971 b) Reaktionen auf nassem Wege. «) des Platinkations. 1. Schwefelwasserstoff fällt aus saurer Lösung in der Kälte langsam, rascher in der Wärme dunkelbraunes Platinsulfid Pt S,, löslich in Ammondisulfid (NH,),S, und in Königswasser. 2. Kaliumchlorid fällt aus konzentrierten Lösungen gelbes, kri- stallinisches K, (PtC],). %) des komplexen Platinanions. (Chlorplatinations, Chlorplatinsäure). l. Schwefelwasserstoff gibt erst nach längerer Zeit eine schwarze Fällung von PtS.. 2. Alkalijodid erzeugt eine intensiv dunkelrote Färbung. 3. Kalium- und Ammoniumsalze geben kristallinische gelbe Nieder- schläge. Palladium. Das Palladium zeigt zwei- und vierwertige Ionen. Nur die ersteren (Palladoionen) haben infolge ihrer Beständigkeit analytisches Interesse. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Durch Glühen werden alle Palladiumverbindungen unter Abscheidung von Metall zerstört, das, in Salzsäure oder besser in Königswasser gelöst, leicht durch nachstehende Reaktionen auf nassem Wege erkannt werden kann. b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Schwefelwasserstoff fällt aus saurer Lösung schwarzes Pallado- sulfid, unlöslich in Ammonsulfid, löslich in Salzsäure und Salpetersäure (Unterschied vom Platin). 2. Jodkalium gibt schon mit sehr geringen Mengen Palladosalzen schwarzes Palladojodid PdJ, (sehr empfindlich), im Überschuß des Fällungs- mittels mit brauner Farbe löslich. 3. Quecksilberceyanid fällt gelblichweißes Palladoeyanid Pd (CN),, löslich in Kaliumeyanid und in Ammoniak. Rhodium. Das beständigste Ion des Rhodiums ist das dreiwertige. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Alle Rhodiumverbindungen werden durch Erhitzen mit Soda auf Kohle vor dem Lötrohr zu Metall reduziert, das unlöslich in Königswasser, aufschließbar durch Schmelzen mit Kaliumpyrosulfat ist. Sowohl aurch dieses Verhalten, wie auch durch nachstehende Reaktionen ist es leicht zu identifizieren. 975 Rudolf Hanslian. b) Reaktionen auf nassem Wege. I. Schwefelwasserstoff fällt beim Erwärmen aus saurer Lösung braunes Rhodiumsulfid, unlöslich in Schwefelammon. 2. Kaliumnitrit erzeugt einen orangegelben Niederschlag von Kaliumrhodiumnitrit. 3. Alkalihydroxyde K(OH) oder Na(OH) bewirken langsam eine gelbe Fällung. Fügt man vorher etwas Alkohol hinzu, so erhält man eine schwarzbraune Fällung. Iridium. Iridium ist in seinen Verbindungen zwei-, drei- und vierwertig. Gleich dem Platin bildet es mit Halogenen komplexe Anionen. Das wichtigste komplexe Ion ist das Iridichlorion. Dasselbe wird durch Reduktionsmittel, wie Schwefelwasserstoff, zu Iridochlorion reduziert. (Unterschied von der Platin-Chlorwasserstoffsäure.) Reduktionsmittel bewirken leicht eine Grün- färbung der Lösung. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Auf der Kohle mit Soda reduziert, erhält man graues, sprödes Metall, unlöslich in Königswasser (Unterschied von Platin). b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Schwefelwasserstoff reduziert in saurer Lösung Iridiionen zu Iridoionen und fällt diese als braunes Trisulfid Ir, S,, löslich in Am- moniumsulfid. 2. Kaliumsalze geben mit Iridichlorionen kristallinische, gelbbraune Niederschläge, dunkler als die analogen Chlorplatinate; Ammoniumsalze fällen dunkelrotes Ammonium-Iridichlorid. 3. Kocht man die Lösung eines Iridichlorions einige Zeit mit über- schüssigem Kaliumnitrit, so wird sie gelb und scheidet bald einen Teil des Iridiums als gelblichweißen, in Säure unlöslichen Niederschlag ab (sehr charakteristisch). Osmium. Das Osmium tritt in seine Ionen 2-, 5-, 4-, 6- und Swertig auf. Die für den Analytiker wichtigen Verbindungen leiten sich von der höchsten bekannten Sauerstoffverbindung, dem Osmiumtetroxyd (Überosmiumsäure) 0s0, ab. Die UÜberosmiumsäure ist charakterisiert durch ihre große Flüchtigkeit und ihren stechenden Geruch. Bereits beim Erhitzen der wässerigen Lösung der Säure oder ihrer Salze verflüchtigt sie sich. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Alle Osmiumverhindungen liefern beim Glühen im Wasserstoffstrome metallisches Osmium, in kompaktem Zustande unlöslich in allen Säuren, fein zerteilt, löslich in rauchender Salpetersäure. b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Schwefelwasserstoff in saurer Lösung fällt braunschwarzes Osmiumsulfid, unlöslich in Schwefelammon. ,‚ So -o 5 [ Die Analyse der seltenen Elemente. : 2. Alkalilauge, Ammoniak und Alkalikarbonat fällen nach längerer Einwirkung rotbraunes Osmiumhydroxyd. 3. Indigo wird durch Überosmiumsäure entfärbt. Ferrosulfat fällt schwarzes Osmiumdioxyd. Zinnchlorür erzeugt eine braune Fällung, löslich in Salzsäure zu einer braunen Flüssigkeit. Erhitzt man die Lösung des Chlorides mit Gerbsäure oder Alkohol, nach Zusatz von Salzsäure, so färbt sie sich dunkelblau. Es findet eine Reduktion zur zweiwertigen Stufe, Osmiumdichlorid (Os Cl), statt. Ameisensaures Natrium und metallisches Zinn reduzieren dagegen direkt zu Metall. 4. Destilliert man die Lösung des Kaliumosmiumchlorids unter Zusatz von verdünnter Salpetersäure aus einer kleinen Retorte in eine Vorlage von Natronlauge, so färbt sich letztere gelb: nach Ansäuren tritt ein stechender, an Chlor erinnernder Geruch von Osmiumtetroxyd auf (Unter- schied von Ruthenium). Ruthenium. Ruthenium steht in Hinsicht auf seine Wertigkeiten dem Osmium sehr nahe. Das der Überosmiumsäure analoge Rutheniumtetroxyd ist ebenfalls leicht flüchtig und besitzt einen stechenden Geruch. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Durch Erhitzen mit Natriumchlorid im Chlorstrome bei schwacher Glühhitze entsteht wasserlösliches Kaliumruthenchlorid. Die schwarzgrüne Schmelze löst sich in Wasser mit orangegelber Farbe. b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Schwefelwasserstoff erzeugt in saurer Lösung zuerst Keine Fällung, erst nach einiger Zeit färbt sich die Lösung lasurblau, zugleich wird ein brauner Niederschlag von unbestimmter Zusammensetzung, der in Salpetersäure löslich ist, abgeschieden (sehr empfindlich und charak- teristisch). Auch Ammonsulfid (NH,),S fällt braunschwarzes Sulfid. 2. Alkalilaugen fällen schwarzes Ruthenhydroxyd. 3. Kaliumnitrit bewirkt eine orangegelbe Färbung der Lösung, auf Zusatz einiger Tropfen Ammonsulfid wird die Farbe dunkelrot. 4. Kaliumrhodanid eibt mit Rutheniumverbindungen, bei Ab- wesenheit anderer Platinmetalle, allmählich eine rote bis purpurrote und beim Erhitzen violette Färbung (sehr charakteristisch). 5. Durch Destillation von verdünnten Lösungen nach Zusatz von verdünnter Salpetersäure entsteht kein Ruthentetroxyd (Unterschied von Osmium). Gold. Das Gold ist in seinen Verbindungen ein- und dreiwertig. Die ersteren sind im gelösten Zustande sehr unbeständig. Für die Erkennung des Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 18 274 Rudolf Hanslian. (oldes kommen daher nur die Eigenschaften der dreiwertigen Verbindungen in Betracht. Das Goldchlorid Au Cl, verbindet sich mit Chlorwasserstoff- säure zur Aurichlorwasserstoffsäure AuCl,H, die mit Kationen schön kri- stallisierende Salze bildet. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Auf Kohle vor dem Lötrohr erhält man ein geschmolzenes, gelbes Metallkorn ohne Beschlag, löslich in Königswasser. Die Lösung wird ein- gedampft, und der Rückstand mit Wasser aufgenommen. Derselbe gibt alsdann mit Zinnchlorür die nachstehend beschriebene Goldpurpurreaktion. b) Reaktionen auf nassem Wege. l. Schwefelwasserstoff fällt aus saurer Lösung in der Kälte schwarzes Goldsulfid, in der Hitze braunes metallisches Gold. 2. Ammoniak fällt schmutziggelbes Knallgold von der Zusammen- setzung AuN,H,.3H,0, das im trockenen Zustande durch Schlag oder Erwärmen explodiert. 2. Oxalsäure fällt alles Gold in der Kälte, schneller in der Wärme als braunes Pulver (Unterschied von Platin). Das fein zerteilte Gold erscheint im auffallenden Lichte braun, im durchfallenden blau. 4. Zinnchlorür erzeugt je nach der Konzentration der angewandten Lösung einen Niederschlag von rosa bis purpurroter Farbe, den sogenannten Goldpurpur. Derselbe besteht aus einem Gemenge von kolloidalem Gold und kolloidaler Zinnsäure. 5. Wasserstoffsuperoxyd fällt in alkalischer Lösung sofort alles Gold braun aus (sehr empfindlich). Molybdän. Es kommen hier nur diejenigen Verbindungen in Betracht, welche sich vom Molybdäntrioxyd Mo 0, ableiten. Das Trioxyd ist die beständigste Sauer- stoffverbindung, löslich in Säuren und in Alkalien. Das entsprechende Hydrat H,MoO, erhält man beim Ansäuren einer Molybdatlösung. Die Molybdänsäure bildet mit vielen anderen Säuren (Arsensäure, Phosphor- säure) komplexe Ionen. a) Reaktionen auf trockenem Wege. 1. Alkalimolybdate mit oder ohne Sodazusatz geben auf der Kohle vor dem Lötrohr graues Metall mit weißem Beschlage. 2. Molybdäntrioxyd, im Porzellantiegel erhitzt, sublimiert und gibt schön ausgebildete, weiße Kristalle, welche, mit einem Tropfen konzen- trierter Schwefelsäure auf weißem Porzellan verdampft, beim Erkalten eine intensive Blaufärbung zeigen. 3. Die Boraxperle aller Molybdänverbindungen ist in der Oxydations- flamme in der Hitze gelb, in der Kälte farblos, in der Reduktionsflamme dunkelbraun. Die Analyse der seltenen Elemente. 275 4. Die charakteristischere Phosphorsalzperle ist als Reduktions- perle in der Kälte grasgrün bis bläulichgrün, als Oxydationsperle farblos. b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Schwefelwasserstoff fällt aus saurer Lösung, unter vorüber- gehender Blaufärbung der Flüssigkeit, goldgelbes bis braunes Sulfid, löslich in Ammonsulfid. Zur völligen Ausfällung muß die mit Schwefelwasserstoff gesättigte Flüssigkeit in Druckflaschen erhitzt werden. 2. Erhitzt man Spuren einer Molybdänverbindung mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure in einer weißen Porzellanschale, so färbt sich die erstarrende Masse beim Erkalten prächtig blau. 3. Alkalirhodanid!) in konzentrierter (20—25°/,) Lösung gibt schon mit Spuren von Alkalimolybdaten, nach dem Ansäuren mit Schwefel- säure, Gelbfärbung. Beim Erhitzen entsteht eine rotgelbe Färbung, welche beim Schütteln mit. Äther in denseiben übergeht (sehr empfindlich). 4. Alkalimolybdate geben in stark salpetersaurer Lösung bei An- wesenheitvon Ammoniumionen mit Phosphaten wieauch mit Arseniaten charakteristisch gelbe Fällungen. Selen. Das Selen ist ein dem Schwefel analoges Element. Es existiert in zwei allotropen Modifikationen. Die in Schwefelkohlenstoff lösliche Mo- difikation erhält man leicht auf Zusatz von Wasser zu konzentrierter Schwefelsäure, in der metallisches Selen gelöst ist, als rotes Pulver. Beim Erhitzen auf 97° geht das rote, amorphe Selen in die schwarze Modifika- tion über. Das Selen verbrennt an der Luft mit bläulicher Flamme unter charakteristischem Geruch nach faulem Rettig zu Selendioxyd SeO,, einem weißen kristallinischen Körper. Sehr giftig ist der dem Schwefelwasserstoff entsprechende Selenwasserstoff H, Se. Infolge des analogen Verhaltens des Selens zum Schwefel läßt sich in vielen organischen Verbindungen an Stelle des Schwefels Selen substituieren, wiederum existieren aber auch in anderer Richtung weitgehende Verschiedenheiten zwischen diesen bei- den Elementen, beispielsweise bei den Halogenverbindungen. Das Selen bildet ein Oxyd SeO,, das Selenigsäurenhydrid, und zwei Säuren, die selenige Säure H,SeO, und die Selensäure H, Se (),. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Freies Selen färbt die nicht leuchtende Flamme des Bunsenbrenners kornblumenblau, Selenverbindungen müssen vorher am Asbestfaden in der oberen Reduktionsflamme zu Selen reduziert werden, wonach gleichfalls Blaufärbung sich zeigt. 1) Diese Reaktion beruht auf der Wirksamkeit des 5wertigen Molybdäns. Die Rhodanwasserstoffsäure reduziert an und für sich das 6wertige Molybdän zum Öwertigen, eines besonderen Reduktionsmittels bedarf es nach neueren Beobachtungen daher nicht. Rosenhain und Koss, Zeitschr. f. anorg. Chemie. Bd. 49. S. 143 (1911). 18* 276 Rudolf Hanslian. b) Reaktionen auf nassem Wege. «) Freies Selen. 1. Fein zerriebenes, metallisches Selen oder amorphes Selen ist in heißer konzentrierter Schwefelsäure mit grüner Farbe löslich, beim Verdünnen der Lösung mit Wasser wird rotes, amorphes Selen gefällt. (Unterschied von Tellur.) 2. Violette Auflösungen von Jod in Schwefelkohlenstoff oder Tetrachlorkohlenstoff erleiden beim Schütteln mit Selen einen Farben- umschlag in Braunrot.!) (Unterschied von Tellur.) 6) Selenige Säure l. Um Spuren freier seleniger Säure nachzuweisen, empfehlen Meyer und Jannek:) zu einem Kubikzentimeter der zu untersuchenden Lösung ein Kristallkörnchen (etwa O1 g) Natriumhydrosulfit hinzuzufügen. wodurch sofort eine Reduktion der selenigen Säure zu der intensiv rot- gefärbten kolloidalen Form erfolgt. Liegt die selenige Säure als Selenit vor. so erhält man die gleiche Reaktion nach Ansäuren mit Salzsäure. Mit Hilfe dieser Reaktion sollen sich noch 0'0006°/, SeO, einwandfrei nachweisen lassen. und Selenite. 2. Überschichtet man konzentrierte Schwefelsäure, welche Spuren seleniger Säure enthält, mit reinem Petroleum, so tritt sofort an der Berührungsstelle ein schwarzbrauner Ring auf, der sich beim Stehenlassen zu einer schwarzen Schicht auswächst.®) Konzentrierte Schwefelsäure gibt mit reinem Petroleum erst nach einiger Zeit eine schwache Braunfärbung. 3. Schwefelwasserstoff in saurer Lösung fällt ein hellgelbes Ge- misch von Selen und Schwefel, löslich in Ammonsulfid. 4. Reduktionsmittel (Schwefeldioxyd, Zinnchlorür, Hydrazin- sulfat, Hydroxylaminchlorhydrat®) reduzieren die selenige Säure in salzsaurer Lösung zu rotem Selen. das beim Erhitzen der Lösung schwarz wird. 5. Baryumchlorid fällt in neutralen Selenitlösungen weißes Baryum- selenit BaSe O,. löslich in verdünnten Säuren. 6. Kupfersulfat erzeugt eine grünblaue, kristallinische Fällung (Unterschied von Selensäure). y) Selensäure 1. Freie Selensäure (kleines Kristall) färbt eine Lösung von Chole- sterin in völlig wasserfreiem Chloroform (1:100) an der Berührungs- fläche sofort violett. beim Schütteln nimmt die ganze Lösung eine violette !) E. Beckmann und R. Hanslian, Zeitschr. f. anorg. Chemie. Bd. 63. S.63 (1910). *) Zeitschr. f. analytische Chemie. Bd. 52. S. 534 (1913). 3?) E. Schulz, Chemikerzeitung, Bd. 35. S. 1129 (1911). *) Jannasch und Müller, Berl. Ber. Bd. 31. S. 2393 (1898). Die Analyse der seltenen Elemente. 31 Färbung an. Durch Erwärmen erfolgt Farbenumschlag in Grün und schließlich in Schmutziggrau.!) und Seleniate. 2. Schwefelwasserstoff erzeugt keine Fällung, kocht man jedoch vorher die Lösung mit Salzsäure, so wird die Selensäure zu seleniger Säure reduziert, worauf ein zitronengelbes Gemisch von Selen und Schwefel ausfällt. 3. Baryumchlorid erzeugt eine weiße Fällung von Baryumseleniat, unlöslich in verdünnten Säuren. 4. Kupfersulfat erzeugt keine Fällung. 5. Reduktionsmittel (Hydrazinsulfat, Hydroxylaminchlorhydrat) wirken wie auf Selenite, dagegen reduziert Schwefeldioxyd Selensäure nicht. Tellur. Das Tellur schließt sich hinsichtlich seiner chemischen Eigenschaften unmittelbar dem Selen und Schwefel an. Durch Schmelzen mit Cyankalium bei Luftabschluß wird Tellur in Kaliumtellurid K, Te verwandelt, das sich in Wasser mit kirschroter Farbe löst. Durch Einleiten von Luft in diese Lösung wird amorphes Tellur als schwarzes Pulver wieder abgeschieden. (Unter- schied von Selen.) Der dem Schwefelwasserstoff und Selenwasserstoff ent- sprechende Tellurwasserstoff H, Te ist außerordentlich giftig. Tellur bildet zwei Oxyde, das Tellurdioxyd oder Tellurigsäureanhydrit TeO, und das Tellurtrioxyd oder Tellursäureanhydrit Te0,. Die entsprechenden Säuren heißen tellurige Säuren und Tellursäure, ihre Salze Tellurite und Tellurate. Nur die Tellurite und Tellurate der Alkalien lösen sich in Wasser. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Freies Tellur färbt die nichtleuchtende Flamme des Bunsenbrenners blaugrün, Tellurverbindungen sind vorher in der oberen Reduktionsflamme zu erhitzen. Man kann das verbrennende Tellur auf der äußeren Boden- fläche eines durch Wasser kaltgehaltenen Reagensglases als schwarzen Anflug auffangen und in wenig konzentrierter Schwefelsäure lösen, welche dadurch rot gefärbt wird. b) Reaktionen auf nassem Wege. x) Freies Tellur. 1. Fein zerriebenes, metallisches oder amorphes Tellur ist in Kon- zentrierter heißer Schwefelsäure mit karminroter Farbe löslich, auf Wasserzusatz scheidet sich schwarzes Tellur ab (Unterschied von Selen). 2. Violette Auflösungen von Jod in Schwefelkohlenstoff erleiden beim Schütteln mit Tellur einen Farbenumschlag in Smaragdgrün ?) (Unter- schied von Selen). 1) R. Hanslian und A. Binz, nach zurzeit noch unveröffentlichten Versuchen. ?) R. Hanslian, Diss. Leipzig 1910. Rudolf Hanslian. ID —] [0 0) 5) Tellurige Säure und Tellurite. 1. Schwefelwasserstoff fällt aus saurer Lösung braunes Sulfid von der ungefähren Zusammensetzung Te S,, leicht löslich in Schwefelammon. 2. Reduktionsmittel (wie Schwefeldioxyd, Zinnchlorür und Zink) fällen aus schwach saurer Lösung schwarzes Tellur. y) Tellursäure und Tellurate. 1. Schwefelwasserstoff und andere Reduktionsmittel (Hydrazin- sulfat, Hydroxylaminchlorhydrat) wirken in der Wärme wie bei Telluriten, dagegen reduziert Schwefeldioxyd Tellursäure nicht. 2. Bleisalze fällen sehr schwer lösliches Bleitellurat. Ammoniakgruppe. Uran. Von den verschiedenen Verbindungen des Urans interessieren uns analytisch nur die der vierten Wertigkeitsstufe, die Uranosalze, und die der sechsten, die Uranylsalze, welche sich vom Urandioxyd oder Uranyl UO, ableiten. Die Uranosalze sind sehr unbeständig und gehen an der Luft rasch in Uranylsalze über. Die Uranylverbindungen sind sämtlich gefärbt, gelb oder gelbgrün. Während sie im Wasser nur teil- weise löslich sind, lösen sie sich glatt in Mineralsäuren. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Alle Uranverbindungen färben die Phosphorsalzperle in der Reduktions- flamme grün, in der Oxydationsflamme gelb. Die Boraxperle zeigt gleiche Färbungen. b) Reaktionen auf nassem Wege. Es finden hier nur die Reaktionen der beständigen Uranylverbindungen Berücksichtigung. 1. Kalium- und Natriumhydroxyd fällen gelbes Alkaliuranat (K; (Na,) U, O,), unlöslich im Alkaliüberschuß, löslich unter Bildung von komplexen Salzen in Ammoniumkarbonat. Ammoniak verhält sich analog, bei Anwesenheit genügender Men- gen Alkalikarbonat erfolgt die Fällung nicht. 2. Schwefelammon fällt braunes Uranylsulfid UO,S, löslich in Ammonkarbonat. Bei Gegenwart von Ammonkarbonat erfolgt daher keine Fällung. 3. Ferrozyankalium fällt rotbraunes Uranylsalz (sehr empfindlich). Durch Kalilauge wird der braunrote Niederschlag gelb unter Bildung von Kaliumuranat. Indium. Das Indium kommt nur in Verbindung mit Zink in der Natur vor. Die Trennung erfolgt durch verdünnte Säuren, in denen das Zink gelöst wird, Die Analyse der seltenen Elemente. 279 während in den Rückständen eine Anreicherung des seltenen Elementes statt- findet. Der Gesamtrückstand wird schließlich in Salpetersäure aufgenommen. Aus der Lösung wird das Indium mit Natriumhydrosulfit kochend gefällt. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Indium färbt die Bunsenflamme blauviolett. Im Spektroskop erblickt man eine blaue und eine violette Linie. (Vgl. Spektraltafel S. 296.) b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Ammoniak fällt weißes Indiumhydroxyd In(OH),, das in Kalilauge löslich ist. 2. Natriumhydrosulfit fällt beim Kochen basisches Indiumsulfit In; (SO;); + In O0, + 8H, 0. Beryllium. Beryllium tritt in seinen Verbindungen nur zweiwertig auf. Es bildet sowohl Kationen wie Anionen. Die zweiwertigen Berylliumverbindungen besitzen große Ähnlichkeit mit denen des dreiwertigen Aluminiums. Das Berylliumoxyd BeO ist weiß, in Säuren leicht löslich. a) Reaktionen auf trockenem Wege sind beim Beryllium nicht charakteristisch. b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Ammoniak fällt weißes Berylliumhydroxyd Be(OH),, dem Aussehen nach dem Aluminiumhydroxyd ähnlich, löslich in Salzsäure. 2. Kaliumhydroxyd fällt weißes. gallertartiges Berylliumhydroxyd, im Überschuß des Fällungsmittels als Kaliumberylliat Be(OK), löslich. 3. Ammoniumkarbonat fällt weißes Berylliumkarbonat, leicht löslich im Überschuß des Fällungsmittels, durch Kochen wiederum als basisches Karbonat abgeschieden. (Unterschied von Aluminium.) 4. Zur Trennung des Berylliumhydroxyds vom Aluminiumhydroxyd bedient man sich des unterschiedlichen Verhaltens der Hydroxyde in Äthylamin!) (Aluminiumhydroxyd ist im Überschuß löslich, Beryllium- hydroxyd nicht) oder des umgekehrten Vorgangs in zehnprozentiger Natriumhydrokarbonatlösung 2) (Berylliumhydroxyd wird gelöst, Alu- miniumhydroxyd nicht). 5. Kaliumsulfat gibt mit Berylliumsulfat eine schön kristallisierte Doppelverbindung, löslich in konzentrierter Kaliumsulfatlösung. Die seltenen Erden. Unter der Bezeichnung der „seltenen Erden“ faßt man die Oxyde der nachstehenden 18 Elemente zusammen: !) €. Renz, Ber. d. Deutschen Chem. Ges. Bd. 36. S. 2753 (1903). ?) Parson, Journ. of the Amer. Chem. Soc. Bd. 28. S. 1590 (1906). 280 Rudolf Hanslian. Seandinmk NEE II USE Gadolinium 72 Er Ir BEE Yıttrıum ASPIRE TR Terbium@eme WR I] Zr konmmı. WS el ARZT Dysprosiumo 0.0 222 2.. D% Lanthan Aa Era Holmiumsd au (8, 2. 210 Gern woke Erbium% ee... sadse 10a Praeseodym 4... 4.8: eb Tinlium oa 345 namla Neodym. „2 Reed Ntterbiuun 2.0 a Samarium I. Kar eReesın Tutettumr REN en Buropiumn Re Thorium TERr AA GERFETh Die Elemente sind in dieser Reihenfolge mit steigendem Atomgewicht geordnet. Scandium beginnt die Reihe mit der Größe 441, Thorium be- schließt sie mit 232°4. Mit Ausnahme von Zirkonium und Thorium sind sämtliche Elemente in ihren Verbindungen dreiwertig, ihre Oxyde zeigen demnach die Formel R,O,. Ger bildet zwei Oxyde, das dreiwertige 0, OÖ, und das vierwertige Ce0,. Zirkonium und Thorium treten dagegen nur vierwertig auf und besitzen daher nur Oxyde nach dem Typus RO,. In ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften ähneln sich sämtliche Vertreter der seltenen Erden in hohem Maße untereinander. Mit nur wenigen Ausnahmen findet man bei sämtlichen Elementen über- haupt keine prinzipiellen Unterschiede, sondern meist nur geringe Ver- schiedenheiten der Affinitäten und Löslichkeiten der analogen Verbin- dungen. Diese Ähnlichkeit hat ihren Grund in dem Zusammenvorkommen in der Natur. Die Mineralien, aus denen die seltenen Erden isoliert werden. enthalten niemals einzelne Vertreter, sondern stets ganze Gruppen dieser Elemente. Man hat von diesem Gesichtspunkte aus eine Einteilung der seltenen Erden nach dem natürlichen System eingeführt und unterscheidet demzufolge zwischen Ceriterden nach dem Mineral Cerit und Yttererden nach dem Mineral Ytterit oder Gadolinith. Außer diesen beiden Haupt- ‚gruppen kennt man noch Untergruppen der Yttererden, die Terbin-, Erbin- und Ytterbinerden. Die Gruppierung ist demnach folgende: Elemente der ÜÖeriterden: Lanthan, ler, Praeseodym, Neodym, Samarium Elemente der Yttererden. Scandium, Yttrium. | Europium, Terbinerden | Gadolinium, Terbium. Die Analyse der seltenen Elemente. 281 Dysprosium, Holmium, Erbium, Thulium. [| Ytterbium, | Lutetium: Erbinerden Ytterbinerden Der Name „Erden“ weist auf die nahe Verwandtschaft dieser Ele- mente mit den Erdalkalien Calcium, Baryum, Strontium und Magnesium hin. Sie sind mit Ausnahme von Zirkon- und Thorerde relativ starke Basen und bilden auch mit schwachen Säuren, wie Kohlensäure, neutrale Salze. Aus Ammonsalzen setzen sie Ammoniak in Freiheit, selbst von schwachen Säuren werden sie leicht gelöst. Von ihren Salzen sind die Nitrate und Haloide — mit Ausnahme der Fluoride — sowohl in Wasser wie auch in Alkohol leicht löslich. Gemeinsame Reaktionen der Üerit- und Yttererden. 1. Ammoniak und Natronlauge fällen die seltenen Erden auch bei Anwesenheit von Ammonsalzen völlig als Hydroxyde, im Überschuß des Fällungsmittels nicht löslich. 2. Wasserstoffsuperoxyd fällt bei Zusatz von Alkalilauge sämt- liche Erden als gelatinöse Peroxydhydrate. Thorium und Zirkonium werden auch aus neutraler und schwach saurer Lösung gefällt. 3. Schwefelammon fällt wie Ammoniak die Hydroxyde, Schwefel- wasserstoff in saurer Lösung ist ohne Einwirkung. 4. Fluorwasserstoff oder Fluoride fällen die seltenen Erden sowohl aus neutraler wie saurer Lösung als Fluoride aus. (Wichtig zur Trennung von anderen Elementen.) 5. Oxalsäure fällt auch aus stark mineralsaurer Lösung die ent- sprechenden Oxalate vollständig. Mit Ausnahme des Zirkoniumoxalats sind die Oxalate sämtlicher seltenen Erden in Wasser, in Säuren, sowie auch im Überschuß des Fällungsmittels selbst schwer löslich. Die Oxalsäure ist demnach das wichtigste Gruppenreagens auf seltene Erden. Lanthan. Das Lanthan bildet nur ein Oxyd von der Zusammensetzung La, O;. das sich auch nach starkem Glühen leicht in Säuren zu einem farblosen Salze löst. Lanthansulfat ist nur in eiskaltem Wasser löslich. Erwärmt man eine so gesättigte Lösung auf etwa 30°, so erfolgt eine reichliche Salzaus- scheidung (Unterschied von Üer). Die Reinheit desOxyds erkennt man an der völlig weißen Farbe, durch Didymbeimengungen erscheint es fleischfarben. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Lanthansalze geben kein Absorptionsspektrum. 282 Rudolf Hanslian. b) Reaktionen auf nassem Wege. Versetzt man eine verdünnte essigsaure Lösung von Lanthansalzen in der Kälte mit Ammoniak, so erhält man ein schleimiges, schlecht filtrierbares Hydroxyd. Bestreut man den ausgewaschenen Niederschlag mit etwas festem Jod. so entsteht eine die ganze Masse allmählich durchziehende Blaufärbung, äußerlich der Jodstärke ähnelnd (spezifische Reaktion des Lanthans). Ver. Das Cer ist in den Cerosalzen dreiwertig, in den Cerisalzen vier- wertig. Die ersteren sind weiß, die letzteren orangerot. In neutralen oder sauren Lösungen ist das Ceroion beständiger, in alkalischen das Üeriion. Zur Prüfung auf Reinheit des Cers ist charakteristisch, daß ein durch langes Glühen aus Ceroxalat oder Cernitrat erhaltener Gerdioxyd grauweiß bis gelblichweiß, aber nicht rötlichweiß sein mul. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Die Oxydationsperlen des Phosphatsalzes wie des Borax sind in der Hitze rotgelb, in der Kälte blaßgelb gefärbt. Die Reduktionsperle ist farblos. b) Reaktionen auf nassem Wege. l. Cerosalze gehen beim Kochen der Lösung mit Salpetersäure und Bleisuperoxyd in Cerisalze über, was sich durch Gelbfärbung der Flüssigkeit zu erkennen gibt. (Unterschied von Lanthan und Didym.) 2. Fügt man zu einer neutralen oder schwach sauren Lösung eines Cersalzes Ammonacetatlösung und Wasserstoffsuperoxyd und erwärmt das Ganze auf etwa 50° so scheidet sich ein brauner Niederschlag von Gerperoxydacetat ab. Durch Ammoniakzusatz kann die Abscheidung voll- ständiger gemacht werden. (Sehr empfindlich und charakteristisch.) ?) 3. Mit Kaliumsulfat geben Cerosalze ein schwer lösliches Doppel- salz von der Zusammensetzung K, Ce (SO,);. 4. Mit stark ammoniakalischen Silbersalzlösungen geben Cero- salze beim schwachen Erwärmen aus konzentrierten Lösungen einen tief- schwarzen Niederschlag, in sehr verdünnten Lösungen entsteht nur eine braunschwarze Färbung. Die Reaktion beruht auf einer Adsorptionsver- bindung von Silberoxydul und Cerihydroxyd.?) Zirkonium. Das Zirkonium bildet nur Verbindungen vom vierwertigen Typus. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Zirkonoxyd ZrO, ist unschmelzbar in der Knallgasflamme (Unter- schied von den übrigen Erden) und leuchtet daher sehr stark. !, Hartley, Journ. Chem. Soc. Bd. 41. S. 202 (1882). 2) Biltz und Zimmermann, Berl: Ber. Bd. 40. S. 4980 (1907). Die Analyse der seltenen Elemente. 283 b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Bei tropfenweisem Zusatz von Oxalsäure- oder Ammonoxalat- lösung entsteht an der Einfallstelle eine weiße Fällung, die beim Umrühren wieder verschwindet. Die Löslichkeit des Oxalats in überschüssiger Oxal- säure unterscheidet das Zirkonium von sämtlichen anderen seltenen Erden. da sowohl die Oxalate der Cerit- und Yttererden wie auch das des Tho- riums in überschüssiger Oxalsäure nahezu unlöslich sind. 2. Fluorwasserstoffsäure erzeugt keine Fällung. Die Löslichkeit des Zirkonfluorids in überschüssiger Flußsäure und Alkalifluoriden ist in gleichem Male außerordentlich charakteristisch und dient zur Unter- scheidung von Ceriterden, Yttererden und Thorium, deren Fluoride im Überschuß des Fällungsmittels unlöslich sind. 3. Kurkumapapier, mit der salzsauren Lösung eines Zirkonsalzes befeuchtet und im Wasserbade getrocknet, färbt sich orangerot. 4. Zur eindeutigen Identifizierung des Zirkons verfährt man nach Ruer!) folgendermaßen: Das mittels Ammoniak gefälite Hydroxyd wird möglichst vom Filter abgetrennt und in Salzsäure gelöst. Sehr geringe Mengen Hydroxyd löst man mit verdünnter Salzsäure direkt auf dem Filter. Die Lösung muß jedoch dann nochmals filtriert werden, da Zirkon- chlorid und heiße Salzsäure Filtrierpapier lösen. Die salzsaure Lösung wird im Wasserbade fast zur Trockene verdampft, und der Rückstand mit möglichst wenig Wasser aufgenommen. Nach dem Erkalten wird tropfenweise konzentrierte Salzsäure hinzugesetzt, wodurch bei Anwesenheit von Zirkon einreichlicher Niederschlag von ZirkonoxychloridZr OC],.SH, O entsteht. Man bringt das Salz durch Erwärmen wieder in Lösung und läßt erkalten. Nach einiger Zeit kristallisieren die feinen, seidenglänzenden Nadeln des Oxychlorids aus. Bei etwaigen Zweifeln sind Parallelversuche mit einem Zirkonsalz anzustellen. Thorium. Das Thorium ist in seinen Verbindungen vierwertig. Die Reaktionen des Thoriumions zeigen große Ähnlichkeiten mit denen des Zirkoniums und Yttriums. Es werden nachstehend nur die für Thorium allein charak- teristischen Nachweise angeführt, über die gemeinsamen Reaktionen ver- gleiche die nachstehende Übersichtstabelle. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Keine. b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Hat man die gesamte Gruppe der seltenen Erden aus saurer Lösung mit Oxalsäure, wobei Zirkonium als Zirkoniumoxalsäure in Lösung geht, gefällt, so kann man durch Extrahieren des Niederschlags mit ge- sättigter Ammonoxalatlösung das Thoriumoxalat herauslösen. Es geht 1) Zeitschr. f. anorg. Chemie. Bd. 46. S. 456 (1905). Rudolf Hanslian. 284 Vergleichende Übersicht der wichtigsten Reaktionen der Cerit- und Yttererden, sowie des Zirkoniums und Thoriums.') ? N Cer Cer Ceriterden j Be swertig 4wertig außer (er Skandium fällt Hydroxyd, welchessich un- Amm 0- ter Gelbfärbung fällt gelbes fällt Hydroxyd | fällt Hydrozyd niak an der Luft zu Hydroxyd \ . , Natrium- acetat thiosulfat Natrium- 4wertigem Üer oxydiert fällt nicht fällt basisches Acetat fällt nicht fällt basisches Acetat fällt nicht füllt Hydroxyd fällt nicht Fluor- wasser- stoff- säure fällt Fluorid, unlöslich in Alkalifluorid fällt Fluorid, unlöslich in Alkalifluorid fällt basisches Thiosulfat fällt Fluorid, löslich in Alkali- fluorid, schwer löslich in Säuren Yttererden außer Skandium Zirkonium 'Thorium fällt Hydroxyd fällt nicht fällt nieht fällt Fluorid, unlöslich in Alkalitluorid fällt Hydroxyd fällt Hydroxyd fällt Hydroxyd fällt Flaorid, leicht löslich in Alkalifluorid Jod- säure Oxal- Aure fällt Jodat, leicht löslich in Salpetersäure fällt Jodat, schwer löslich in Salpetersäure fällt Jodat, leicht löslich in Salpetersäure fällt Oxalat, in Säuren und in Ammonoxalat schwer löslich wird reduziert zu Bwertigem Ger Wasser- stoff- super- oxyd mit Ammoniak Fällung von braunem Per- oxydhydrat wird zu 3werti- gem Ger redu- ziert und gibt dann mit Ammo- niak gleiche Re- aktion wie Zwertiges ler in neutraler und saurer Lösung In keine Fällung fällt Jodat, löslich in Salpetersäure fällt Oxalat, in Säuren schwer löslich, in Ammonoxalat leicht löslich in neutraler und saurer Lösung Xu keine Fällung fällt Jodat, leicht löslich in Salpetersäure wie 3wertiges Ger a m nu ne fällt Jodat, bei Überschuß von Jod- iure schwer löslich i.Salpetersäure fällt Oxalat, un- löslich in Was- ser, löslich in Oxalsäure, Am- monoxalat und Mineralsäuren fällt Fluorid,un- | fällt Oxalat, in fällt Hydroxyd fällt basisch Acetat fällt basisches Thiosulfat löslich in Alkali- fluorid, schwer löslich in Säuren Säuren sehr schwer löslich, inAmmonoxalat leicht löslich in neutraler und saurer Lösung keine Fällung Enke, Stuttgart 1912. Das Werk ist zum Spezialstudium auf diesem Gebiete warm zu empfehlen. aus Sulfat- und Nitratlösung Fällung erst auf Zusatz von Ammoniak Füllung des Per- oxydhydrats in neutraler und schwach saurer Lösung ') Mit teilweiser Benutzung der Tabellen in Meyer und Hauser, „Analysen der seltenen Erden und der Erdsäuren“. Verlag Ferdinand eu Die Analyse der seltenen Elemente. 285 hierbei ein Teil der Yttererden mit in Lösung. Säuert man alsdann mit Salzsäure an, so fällt Thoriumoxalat, wenn es nicht in zu kleinen Mengen vorhanden war, aus. 2. Versetzt man eine neutrale oder schwachsaure Thoriumlösung mit 10°/, Wasserstoffsuperoxyd bei etwa 60°, so scheidet sich ein durchsichtiger, gelatinöser Niederschlag von Thoriumhydrogenoxydat, löslich in Mineralsäuren, ab (sehr charakteristisch). 3. Aus neutraler Lösung wird alles Thorium durch eine Lösung von stickstoffwasserstoffsaurem Kalium (Kaliumnitrid) in der Siede- hitze gefällt. Titan. Von den verschiedenen Wertigkeitsstufen des Titans interessiert uns hier nur die vierwertige, deren Salze sich vom Titanoxyd TiO, ableiten. Dieses wichtigste Oxyd hat amphoteren Charakter und neigt zur Bildung kolloidaler Lösungen. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Die Phosphorsalzperle ist in der Oxydationsflamme farblos, in der Reduktionsflamme in der Wärme gelb, in der Kälte violett. Zusatz von Eisensalzen erzeugt eine blutrote Färbung. b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Versetzt man eine schwefelsaure oder salzsaure Lösung von Titan- säure mit Wasserstoffsuperoxyd, so färbt sie sich orangerot, bei An- wesenheit geringer Titanmengen hellgelb. Fluorwasserstoff verhindert die Reaktion, Vanadinsäure gibt mit Wasserstoffsuperoxyd eine ähnliche Färbung. 2. Durch Reduktionsmittel (Zink mit Salzsäure oder Schwefel- säure) werden titansaure Lösungen intensiv violett gefärbt. 3. Ein außerordentlich charakteristischer und empfindlicher Titan- nachweis wird durch das Natriumsalz der Chromotropsäure (1,8 Di- oxynaphthalin — 2, 4 Disulfosäure) bewirkt. Salzsaure und schwefelsaure Titan- säurelösungen geben mit diesem Reagens, bei Abwesenheit freier Salpeter- säure, eine intensiv blutrote Färbung. (Wichtigste Erkennungsreaktion.) Tantal. Das Tantal bildet gleich dem anschließend besprochenen Niob ein Oxyd von der Formel R,OÖ, mit ausgesprochen saurem Charakter. Die Verbindungen des Tantals zeigen mit denen des Niobs so große Ähnlich- keiten, daß die Trennung und Unterscheidung der beiden Elemente ziem- liche Schwierigkeiten bietet. Aus diesem Grunde soll hier in erster Linie auf die wichtigsten Reaktionsunterschiede eingegangen werden. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Die Phosphorsalzperle ist sowohl in der Oxydations- als auch in der Reduktionsflamme farblos. Ferrosalze bewirken keine blutrote Färbung. (Unterschied von Titan und Niob.) 286 Rudolf Hanslian. b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Konzentrierte Schwefelsäure löst frisch gefällte Tantalsäure beim Erwärmen auf, beim Verdünnen mit Wasser fällt bereits in der Kälte die Tantalsäure wieder aus. (Unterschied von Niobsäure.) 2. Versetzt man eine konzentrierte Lösung von Tantalsäure in Flußsäure mit Kaliumfluorid, so scheiden sich nach einiger Zeit rhom- bische Nadeln von Kaliumtantalfluorid 2KF.TaF, ab, beim Erhitzen der Lösung fällt ein basisches Salz von der Zusammensetzung 2K, TaF, . Ta, O,. Das entsprechende Fluorid des Niobs ist erheblich leichter löslich, infolge- dessen kann durch diese Reaktion Tantal vom Niob getrennt werden. 3. Galläpfeltinktur (Tinctura Gallarum D. A. B. 5 Merck) erzeugt in saurer Lösung eine hellbraune Fällung. Niob. Von den drei bekannten Oxyden des Niobs ist das saure Niobpentoxyd Nb, O, oder die Niobsäure das wichtigste. Die Niobsäure zeigt ziemlich kom- plizierte Löslichkeitsverhältnisse, in geglühtem Zustande ist sie, wie die Tantalsäure, in Mineralsäuren unlöslich. Die Aufschließung der geglühten Niobsäuren erfolgt am besten mit Kaliumpyrosulfat, die Schmelze löst sich in kaltem Wasser glatt, beim Erhitzen der Lösung scheidet sich jedoch die Niobsäure wiederum aus. Über Lösungsmittel frisch gefällter Tantal- und Niobsäure vgl. S.292. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Die Phosphorsalzperle wird durch Niobverbindungen in der Reduktions- tlamme blau bis violett gefärbt, bei Anwesenheit von Eisensalzen erscheint sie blutrot (Unterschied von Tantal). In der Oxydationsflamme bleibt die Perle farblos. b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Heiße konzentrierte Schwefelsäure löst Niobpentoxyd. Die Lösung bleibt beim vorsichtigen Verdünnen mit kaltem Wasser klar (Unter- schied von Tantal). Erst beim Kochen der verdünnten Lösung scheidet sich der größte Teil der Niobsäure wiederum ab. 2. Eine Lösung von Niobsäure und Kaliumfluorid in Fluorwasser- stoffsäure bleibt nach dem Verdünnen mit Wasser auch beim Kochen klar (Unterschied von Tantal). 3. Galläpfeltinktur erzeugt in saurer Lösung eine orangerote Fällung. 4. Ein Gemisch von Ammoniak und Ammonsulfid zu gleichen Teilen fällt aus schwefelsaurer Lösung das Niob als grünen Niederschlag, Ammoniak allein fällt einen weißen Niederschlag. Die Analyse der seltenen Elemente. 28 Vergleichende Übersicht der wichtigsten Reaktionen der Titan-, Tantal- und Niobsäure.!) | GER ac Er Bear EEE PRPT DE E DaE E SE T HU m NIE mim a a 2 a Reagenzien | Titansäure Tantalsäure Niobsäure Alkali- und Kar- bonatschmelze I Bisulfat- schmelze Säuren Flußsäure + | Schwefelsäure | Natronlauge Konzentrierte Schwefelsäure Schwefelsäure + Wasserstoff- peroxyd Chlorwasser- stoffsäure Fluorwasser- stoffsäure 1. Geglühte Oxyde. Metatitanate; in Wasser unlöslich Aufschluß. Wasser fällt nach längerem Kochen vollständig, in der Kälte teilweise lösen nicht Meta- oder Hexa- tantalate, Natrium- hexatantalat in Na- triumkarbonat schwer löslich Aufschluß. Wasser fällt beim Kochen vollständig lösen nicht löst löst 2. Frisch gefällte Hydroxyde. unlöslich unlöslich unlöslich leicht löslich löst unter Gelb- färbung löst unvollständig löst leicht Ammoniak | Kalilauge und teilweise löslich in heißer Säure bis auf geringe Spuren löslich, beim: Ver- dünnen mit Wasser ausfällbar löst farblos löst unvollständig löst leieht Meta- oder Hexa- niobate; in Wasser löslich Aufschluß. Wasser fällt beim Kochen vollständig lösen nicht löst unlöslich teilweise löslich in heißer Säure bis auf geringe Spuren löslich, beim Ver- dünnen mit Wasser entsteht eine klare Lösung, die erst durch Kochen aus- fällbar ist löst farblos löst unvollständig löst leicht t) Mit teilweiser Benutzung der Tabellen von Meyer und Hauser, „Die Analyse der seltenen Erden und der Erdsäuren“. 288 Rudolf Hanslian. Schwefelammongruppe. Wolfram. Die beständigste und demnach wichtigere Wertigkeitsstufe des Wolf- rams ist das Wolframtrioxyd oder die Wolframsäure von der Zusammen- setzung Wo0,. Die Verbindungen, welche sich vom Wolframdioxyd W00, ableiten, spielen in analytischer Beziehung nur eine untergeordnete Rolle. Das Dioxyd ist ein braunes, das Trioxyd ein kanariengelbes Pulver, letz- teres verändert seine Farbe beim starken Glühen im Gebläse in Grün. Das Wolframtrioxyd kann man unmittelbar durch Glühen von fein zerriebenem, metallischem Wolframpulver an der Luft (besser in der Sauerstoffatmo- sphäre bei 600°) erhalten. Es ist ein Säureanhydrid und demzufolge in Alkalilaugen und in konzentriertem Ammoniak löslich. Am vorteilhaf- testen erfolgt sein Aufschluß durch Schmelzen mit Natrium- karbonat: beim Lösen der Schmelze in Wasser geht es als Natrium- wolframat Na,Wo0, völlig in Lösung. Die Wolframsäuren von der Zusammensetzung H,Wo0, und H,W00, zeigen amphotere Eigenschaften. Jedoch ist die Säurenatur bei ihnen stärker ausgeprägt als der Basencharakter. Durch Kochen mit Salzsäure werden sie nahezu quantitativ gefällt. Außer den Salzen dieser beiden Säuren exi- stieren noch die sogenannten Metawolframate, die durch einen Mindergehalt an Wasser charakterisiert sind. Sie entstehen beim Kochen der Lösungen der Wolframate mit Wolframtrioxyd und zeigen gegen Säuren eine größere Beständigkeit als jene. Aus ihren Lösungen scheidet sich erst nach län- gerem Kochen mit Salzsäure Wolframsäure ab. Die Wolframsäuren neigen in hohem Maße zur Bildung von kom- plexen Säuren, bemerkenswert in dieser Richtung sind die Silikowolfram- säuren und die auch für den Biochemiker wichtigen Phosphorwolframsäuren. Die quantitative Bestimmung des Wolframs ist demzufolge bei Anwesen- heit von Kieselsäure oder Phosphorsäure mit Schwierigkeiten verbunden. Eine weitere Erschwerung der Wolframbestimmungen beruht auf der Nei- gung der Wolframsäure, kolloidale Lösungen zu bilden. Zum Auswaschen von Wolframniederschlägen muß man daher stets angesäuertes Wasser verwenden. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Metallisches Wolframpulver wird bereits beim Erhitzen auf einem Platinblech in der Bunsenflamme gelb (Bildung von Wo00,). Die Phosphorsalzperle ist in der Oxydationsflamme farblos, in der Reduktionsflamme blau. Bei Anwesenheit von Eisensalzen wird sie braunrot. b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Schwefelwasserstoff gibt in saurer Lösung keine Fällung. 2. Schwefelammon erzeugt keine Fällung, säuert man aber nach Zusatz von Schwefelammon die Wolframatlösung an, so fällt hellbraunes Wolframtrisulfit WoS;. u NIEDER Die Analyse der seltenen Elemente. 289 3. Salzsäure (sowie auch andere Mineralsäuren) fällen beim Kochen aus den Lösungen der Wolframate sofort gelbes Wolframtrioxyd. aus Metawolframatlösungen erfolgt die Fällung erst nach längerem Kochen. 4. Zinnchlorür gibt mit Wolframatlösungen eine gelbliche Fällung, die beim Erwärmen unter Zusatz von Salz- oder Schwefelsäure blau wird. Die gleiche Erscheinung wird auch durch andere Reduktionsmittel, wie Zink oder Zinn plus Säure, bewirkt. 5. Merkuronitrat fällt aus neutralen Wolframatlösungen weißes Merkurowolframat. 6. Der empfindlichste Nachweis von Wolfram wird durch Jod- kalium und Merkuronitrat bewirkt. Versetzt man nach Kafka!) eine neutrale, auf Wolfram zu prüfende Lösung mit einem Tropfen einer gesättigten Merkuronitratlösung, hierauf mit 1—1!/, em konzentrierter Salzsäure und einem Überschuß von Jodkalium und schüttelt sofort bis zur Lösung des gebildeten grünen Merkurojodids um, so zeigt sich bei Anwesenheit von Spuren einer Wolframverbindung eine blaue Färbung der Flüssigkeit. Konzentrierte Wolframatlösungen geben einen im Überschuß von konzentrierter Salzsäure löslichen, blauen Niederschlag. Durch diese Reaktion können noch 0'2 mg Natriumwolframat deutlich nach- gewiesen werden. Bei längerem Stehen erfolgt Ausscheidung von Jod, wo- durch das blaue Oxyd wiederum oxydiert wird und sich die Flüssigkeit gelb färbt. Eine gleichzeitige Anwesenheit von Molybdän kann man durch nach- trägliches Hinzufügen einiger Tropfen konzentrierter Kaliumrhodanidlösung nachweisen. Im gegebenen Fall tritt selbst in den verdünntesten Lösungen eine mit Äther ausschüttelbare, orange Färbung auf, in konzentrierter Lösung ist die Farbe kirschrot. Vanadin. Das Vanadin zeigt in seinen Verbindungsverhältnissen große Ähn- lichkeiten mit denen des Phosphors und Arsens. Wie der Stickstoff bildet es fünf Oxyde, von denen die drei ersten Basenanhydride, die beiden letzteren typische Säureanhydride sind: BEIN EO:,. VO, VOL NOL. Das wichtigste ist das Vanadinpentoxyd V,0,, da man diese Wer- tigkeitsstufe in der Regel bei der Aufschließung vanadinhaltiger Stoffe erhält. Das Vanadinpentoxyd hat je nach der Herstellungsweise eine braune bis rote Farbe. In Wasser ist es sehr wenig löslich, leicht dagegen in Basen wie auch in Säuren. Das Vanadintetroxyd V,O, ist ein blaues Pulver, das sich in konzentrierten Mineralsäuren unter Bildung von intensiv blau- gefärbten Divanadylsalzen löst. Diese Divanadylverbindungen entstehen 1) Zeitschr. f. analytische Chemie. Bd. 51. S.482 (1912). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIIL, 19 290 Rudolf Hanslian. elatt durch Reduktion der höheren Wertigkeitsstufe und dienen wegen ihrer schönen blauen Farbe zum charakteristischen Nachweis des Vanadins. Ähnlich der Phosphorsäure kennt man auch von der Vanadinsäure Ortho-, Meta-, Pyro- und Poly-Verbindungen. Am beständigsten sind die Metavanadate. In neutraler Lösung bleibt das Metavanadation unver- ändert erhalten, bei Alkalizusatz geht es in das farblose Pyro- (V, O,) und durch Säure in das orangefärbige Poly-ion (V,O,,) über. a) Reaktionen auf trockenem Wege. Die Phosphorsalzperle sieht in der Oxydationsflamme bräunlich- gelb, in der Reduktionstlamme grasgrün aus. Die Boraxperle wird in der Oxydationsflamme bei schwacher Sättigung farblos, bei starker Sättigung gelb, in der Reduktionsflamme grasgrün. b) Reaktionen auf nassem Wege. 1. Schwefelwasserstoff fällt in saurer Lösung kein Sulfid, sondern reduziert zu gefärbten Divanadylsalzen. 2. Schwefelammon bildet mit Vanadinverbindung kirschrotes Sulfo- vanadat, beim Ansäuern fällt braunes Vanadinsulfid V; S; 5* 3. Ammoniumchlorid (in konzentrierter Lösung oder direkt als Pulver) fällt langsam weibes, kristallinisches Ammoniummetavanadat. 4. Reduktionsmittel (Zink, schweflige Säure) färben saure Vanadat- lösungen blau, dann grün und schließlich violett. 5. Wasserstoffsuperoxyd ruft in neutraler oder schwach saurer Vanadatlösung eine charakteristisch rotbraune Farbe hervor, die bei wei- terem Zusatz des Reagens wieder verschwindet. B. Gang der qualitativen Analyse. 1. Veraschung, Lösung und Aufschließung. Dem Nachweis anorganischer Stoffe bei (Gegenwart von organischen Bestandteilen hat eine Veraschung der letzteren vorauszugehen. Diese kann entweder auf trockenem!) oder auf feuchtem?) Wege ausgeführt werden. In den Fällen, in welchen die Natur des zu ermittelnden, seltenen Elements nicht von vornherein bekannt ist, wird man der letzteren Methode den Vorzug geben müssen, da Elemente wie Selen und Tellur bei der trockenen Veraschung restlos verbrennen. Handelt es sich dagegen um Nachweis eines bekannten, nicht flüchtigen Elements, so ist die Ver- aschung auf trockenem Wege meist vorzuziehen. Die trockene Veraschung hat den Vorzug, daß man mit der erhal- tenen Asche direkt Vorprüfungen auf trockenem Wege ausführen kann. Man prüft ihr Verhalten in der Bunsenflamme, in der Phosphorsalzperle, im Spektroskop und auf der Kohle mit und ohne Sodazusatz. Der auf der ‘) Bd, 3.377;.Bd. 5. 3, 1049, )Bd.1. ( S. 386; Bd. 6. S. 376. Die Analyse der seltenen Elemente. 29] Kohle vor dem Lötrohr verbleibende Rückstand wird in der im vorher- gehenden Abschnitt bei der Einzelbesprechung der Elemente angegebenen Weise einer weiteren Untersuchung unterzogen. Erst dann beginnt man mit der Lösung und Aufschließung der Asche. Zu diesem Zwecke prüft man zunächst eine kleine Menge der feinzerriebenen Analysensubstanz auf ihre Lösbarkeit in heißer, konzentrierter Schwefelsäure. Findet eine teilweise oder völlige Lösung statt, so verdünnt man nach dem Erkalten vorsichtig mit Wasser und beobachtet, ob bereits in der Kälte oder beim Kochen Fällung eintritt. (Tantal und Niob.) Zugleich prüft man das Verhalten kleiner Sub- stanzmengen in anderen Mineralsäuren: in Salzsäure, in Salpetersäure (Gelb- färbung in beiden Säuren durch Wolfram), in Fluorwasserstoffsäure (Lösung der Erdsäuren, die seltenen Erden bleiben als unlösliche Fluoride zurück). Die verdünnte schwefelsaure, klare Lösung wird auf ihr Verhalten den Gruppenreagenzien gegenüber geprüft. Der in Säuren unlösliche oder durch Verdünnen der schwefelsauren Lösung wiederum gefällte Rückstand wird im Platintiegel mit der drei- bis vierfachen Sodamenge (Natr. carb. siec. puriss. Merck oder Kahlbaum) geschmolzen und etwa 20 Minuten lang durch ein volles Gebläse im Schmelzfluß gehalten. Nach völligem Erkalten löst man die Schmelze im Wasser, filtriert gegebenen Falls von dem unlöslichen Rückstand ab und prüft die Lösung mittels der Gruppenreagenzien. Der auch durch wiederholtes Schmelzen mit Soda unlösliche Rück- stand wird mit der fünf- bis sechsfachen Menge wasserfreien Natrium- bisulfats gemischt und im Platintiegel langsam bei aufgelegtem Deckel erhitzt. Die Temperatur steigert man allmählich bis zur Rotglut und erhält die Schmelze etwa 20 Minuten lang im Fluß. Es empfiehlt sich, zum Ersatz der ständig entweichenden Schwefelsäure den Tiegel nebst Inhalt von Zeit zu Zeit erkalten zu lassen, und darnach einige Tropfen kon- zentrierter Schwefelsäure hinzuzugeben. Die erkaltete Schmelze wird im Wasser aufgenommen, etwa vorhandene Niob- und Tantalsäure scheiden sich hierbei ab. Zur Lösung derselben bedient man sich eines Gemisches von 10°/, Schwefelsäure und 3°/, Wasserstoffsuperoxyd!) oder einer Auf- lösung von Mannit in Kalilauge. ?) Bei der feuchten Veraschung hat man nach vorschriftsmäßiger Aus- führung ?) eine Aschenlösung in konzentrierter Schwefelsäure. Man verdünnt mit Wasser, kocht bis zur völligen Zersetzung der Nitrosylschwefelsäure und behandelt Lösung und Rückstand nun in gleicher, oben angegebener Weise. 2. Vorprüfung. a) Beim Erhitzen im Glühröhrchen. Es färben sich: Niobsäure und Tantalsäure gelb, 1) Weiß und Landecker, Zeitschr. f. anorg. Chemie. Bd. 64. S. 65 (1909). ?) Hauser, Zeitschr. f. anorg. Chemie. Bd. 60. S. 231 (1909). DRBd=TS: 3586; Bd. 6. 3. 376. 19% 292 Rudolf Hanslian. Titansäure gelblichweiß bis bräunlich. Selen und Selenverbindungen geben ein schwarzrotes Subli- mat. Im schiefliegenden Rohr erhitzt macht sich ein Geruch nach faulem Rettig bemerkbar. Tellur verbrennt im offenen Rohr unter Bildung von dickem, weißem Nebel. b) Bei der Prüfung auf Kohle vor dem Lötrohr. Es geben: (reschmolzene Metallkörner: (sold gelbes, duktiles Korn ohne Beschlag. Thallium weißes, duktiles Korn mit gelbem Beschlag. f Flammenbasis Indium weißes, duktiles Korn mit weißem Beschlag. Unschmelzbare Metallmassen: Wolfram und Molvbdän sowie die Gruppe der Platinmetalle. Weiße Schmelzmassen: Titansäure und Niobsäure, durch Kobaltnitratlösung grünlich gefärbt. Tantalsäure, durch Kobaltnitratlösung fleischrot gefärbt. Weißen Beschlag ohne Korn: Tellur. Heparreaktion auf Silber: Selen und Tellur. Die Analyse der seltenen Elemente. 293 Beim Behandeln mit Salzsäure: Charakteristischen Geruch nach Selen resp. Tellurwasserstoff. c) Bei der Prüfung der Flammenfärbung. Die nichtleuchtende Bunsenflamme wird gefärbt: violett durch Rubidium- und Caesiumsalze, durch das Kobaltglas betrachtet rosa karminrot durch Lithiumsalze intensiv grün durch Thalliumsalze blaugrün durch verbrennendes freies Tellur kornblumenblau durch verbrennendes freies Selen blauviolett durch Indiumsalze zeisiggrün durch Molybdänverbindungen. d) Bei der Prüfung in der Phosphorsalzperle. Die Phosphorsalzperle wird gefärbt durch Oxydati 1 Element | Reduktionsperle in der Kälte | esse in der Hitze | in der Kälte Molybdän grasgrün bis bläulichgrün farblos farblos blau, bei Gegenwart von il Eisen bräunlichrot farblos Earblos Uran gelb gelbgrün Nich blau oder violett, bei Ge- genwart von Eisen blutrot farhlos eahlo: 3 B 4 gelb bis Vanadin | braunrot braungelb nn violett, bei Gegenwart von { als Titan ia heumarot farblos farblos Cer farblos rotgelb blaßgelb amethystrot mit violettem Didym Schimmer, bei Gegenwart farblos farblos r, 0) 5. von Eisen blutrot 3. Verhalten zu den Gruppenreagenzien. 1. Gruppe. (Salzsäurefällung.) Neutrale oder saure Lösungen versetzt man mit einigen Tropfen verdünnter Chlorwasserstoffsäure. Es können hier fallen: Thallium als weißes, käsiges Thallochlorid (TaCl). Wolfram als weiße Wolframsäure, beim Kochen gelb werdend, Tantal und Molybdän als weiße Säuren. Während der größte Teil der Wolframsäure ungelöst zurückbleibt, sind die Niederschläge von Tantal und Molybdän im Überschuß der Säure löslich. 294 Rudolf Hanslian. Trennung der ersten Gruppe. Der auf dem Filter gut mit salzsäurehaltigem Wasser ausgewaschene Niederschlag wird mit heißem Wasser ausgezogen. Wolfram bleibt zurück, Thallium und eventuell vorhandenes Blei gehen in Lösung. Das Wolfram identifiziert man durch die auf S.290 angegebenen Reaktionen. Das Filtrat enet man unter Zusatz von verdünnter Schwefelsäure ein. Hierbei wird das Blei als Bleisulfat gefällt, Thallium gibt beim tropfenweisen Zusatz von Jodkalium (vgl. S.270) einen gelben Niederschlag. 2. Gruppe. (Schwefelwasserstoffällung in saurer Lösung.) Das saure Filtrat des Niederschlags der ersten Gruppe oder die Flüssigkeit, in der Salzsäure keinen Niederschlag hervorgerufen hat, sättigt man mit Schwefelwasserstoffgas. Es können fallen: Palladium als schwarzes Sulfür (Pd S) Rhodium als braunes Sulfid Ruthenium als brauner Niederschlag von unbestimmter | in Schwefel- Zusammensetzung. Die Flüssigkeit färbt sich zuerst | ammon unlöslich lasurblau Osmium als braunes Osmiumdisulfid (rold als schwarzbraunes Sulfür (Au, S) oder Sulfid (Au; S;) Platin als schwarzbraunes Sulfid (Pt S,) Molybdän als braunes Sulfid (MoS,). Die Flüssigkeit färbt sich zuerst mit wenig H,S blau in Schwefel- Selen als hellgelbes Gemisch von Selen und Schwefel, { ammon löslich beim Erwärmen rotgelb werdend Tellur als braunes Sulfid etwa TeS, Iridium als braunes Trisulfid Ir, S: Blaufärbungen können außerdem auch bei Gegenwart von Wolfram und Vanadin auftreten. Trennung der zweiten Gruppe. Die Trennung der Platinmetalle gehört mit zu den schwierigsten Aufgaben der analytischen Chemie. Eine Wiedergabe der Methoden an dieser Stelle würde den Rahmen biochemischer Arbeitsmethoden über- schreiten. Es möge hier der Hinweis genügen, daß ein einwandfreies Trennungsverfahren der Platinmetalle von M. Mylius und R. Dietz m den Berliner Berichten!) angegeben ist. Ähnlich verhält es sich mit den übrigen seltenen Elementen der zweiten Gruppe Gold, Molybdän, Selen und Tellur. Auch ihre Trennung bietet Schwierigkeiten. Für den Biochemiker wird jedoch nur in den sel- tensten Fällen der Nachweis dieser Elemente nebeneinander in Frage 1) Bd. 31. S. 3187 (1898). a Die Analyse der seltenen Elemente. 295 kommen. Es wird sich meistens für ihn nur um die Ermittlung des einen oder des anderen Elementes handeln, die er dann unmittelbar mit den im vorhergehenden Abschnitt angegebenen Identitätsreaktionen bewirken kann. Für besondere Fälle wird auf die von A. A. Noges und W. ©. Bray!) aus- gearbeiteten Trennungsmethoden hingewiesen. 3. Gruppe. (Ammoniakfällung.) Aus dem Filtrat der zweiten Gruppe oder aus der mit Schwefel- wasserstoff gesättigten Lösung verjagt man durch Kochen völlig den Schwefelwasserstoff (Prüfung mit Bleiacetatpapier), oxydiert mit einigen Tropfen Perhydrol, versetzt mit Chlorammonium und Ammoniak in nicht zu großem Überschuß und kocht. Hier werden gefällt: Uran als gelbes Ammoniumuranat Beryllium als weißes Hydroxyd | in Kalilauge | in Ammon- Indium als weißes Hydroxyd löslich karbonat Zirkonium als weißes Hydroxyd | in Kalilauge löslich Thorium als weißes Hydroxyd |) unlöslich Sämtliche Elemente der Gerit- und Yttererden teilweise als Hy- droxyde, teilweise als basische Salze. Titan als weißes Säureanhydrid. Tantal als weißes Säureanhydrid oder saures Ammonsalz. Niob als weißes Säureanhydrid oder saures Ammonsalz. Trennung der dritten Gruppe. Der Nachweis der durch Ammoniak ausfällbaren seltenen Elemente nebeneinander kann in den meisten Fällen an Hand der Vergleichstabellen sowie der spezifischen Reaktionen der einzelnen Elemente (vgl. S.281—287) geführt werden. Ausführliche Trennungsmethoden sind von Noyes und Bray?) ausgearbeitet worden, auf deren Originalveröffentlichungen hin- gewiesen wird. Eine Anzahl bewährter Verfahren zur Trennung der seltenen Erden und Erdsäuren ist in Meyer und Hauser, „Die Analyse der seltenen Erden und Erdsäuren“ aufgeführt. 4. Gruppe. (Schwefelammonfällung..) Zu dem Filtrat der dritten Gruppe oder zu der Chlorammon und Ammoniak enthaltenden Flüssigkeit gibt man farbloses oder schwach gelbes Schwefelammon und erwärmt. Es fallen: Thallium als schwarzes Sulfür Tl; S. ') Journal of the Amer. Chem. Soc. Vol. 29. p. 138 (1907). ”) 4. A. Noyes, A System of qualitative Analysis including nearly all the metallie Elements. Technology Quarterly. Vol. 16. p. 93 (1903); Vol. 17. p. 214 (1904). — 4. A. Noyes und W. €. Bray, Journ. Ann. Chem. Soc. Vol. 29. p. 29 (1907). 296 Rudolf Hanslian. Man filtriert ab und versetzt das Filtrat mit Salzsäure. Es werden gefällt: Wolfram als braunes Sulfid WoS;. Vanadin als braunes Pentasulfid und eventuell noch vorhandenes Molybdän als braunes Sulfid MoS;. Trennung der vierten Gruppe. Die Trennung der seltenen Elemente der vierten Gruppe ist ver- hältnismäßig einfach. Thallium wird bereits in der ersten Gruppe durch Salzsäure völlig, Wolfram zum gröleren Teil abgeschieden. Die Wolfram- fällung kann durch wiederholtes Eindampfen mit konzentrierter Salpeter- säure (vgl. S. 300) quantitativ bewirkt werden. Molybdän wird aus saurer Lösung — am vorteilhaftesten aus schwefelsaurer Lösung — durch Schwefelwasserstoff quantitativ gefällt, wenn man die mit Schwefelwasser- stoffgas gesättigte Flüssigkeit in einer Druckflasche im Wasserbade erhitzt (vel. S. 298), das abgeschiedene Molybdänsulfid abfiltriert und diese Ope- ration zweimal wiederholt. Man löst den gut ausgewaschenen Niederschlag in Schwefelammon oder in einer Kaliumbisulfatschmelze und weist das Molybdän durch die auf S. 274 angegebenen Reaktionen nach. Im Filtrat prüft man nach Entfernung des Schwefelwasserstoffs auf Vanadin nach S. 289. 5. Gruppe. (Ammoniumkarbonatfällung.) Keine Fällung. 6. Gruppe. (Rest.) Hier können sich finden: Lithium, Caesium, Rubidium. Trennung der sechsten Gruppe. Die Trennung dieser drei seltenen Elemente kann durch den Um- stand bewirkt werden, daß Lithiumchlorid in absolutem Alkohol oder besser in einem Gemisch von Alkohol und Äther löslich ist, die Chloride der anderen Kationen nicht. Da sich außer diesen drei Elementen in der sechsten Gruppe stets kleinere oder grölere Natrium- und eventuell Kaliummengen befinden, führt man die Trennung am vorteilhaftesten folgendermaßen aus: Man verdampft die Lösung der Chloride fast zur Trockne, verreibt mit 90°/,igem Alkohol und filtriert. Die alkoholische Lösung nimmt alles Li- thium, Rubidium und Caesium auf, hält aber auch bei Anwesenheit größerer Natrium- oder Kaliummengen einen Teil der letzteren in Lösung. In diesem Falle wiederholt man den Vorgang und verdampft die nunmehr erhaltene alkoholische Lösung zur Trockne. Der Rückstand wird mit konzentrierter Salzsäure behandelt, wiederum verdampft, schwach geglüht und nach dem Erkalten mit einem Gemisch von Alkohol und Äther mittels Glasstabes verrieben. Man filtriert rasch durch ein Filter, das man zweckmäßig Rudolf Hanslian, Die Analyse E. Abderhaldens Handbuch, VIII. Bd. der seltenen Elemente. Tafel. Rubidium Thallium | | | Indium Verlag von Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien. Druck von Die Analyse der seltenen Elemente. 297 vorher mit Ätheralkohol angefeuchtet hat, und dampft das Filtrat auf dem Wasserbade zur Trockne. Der Rückstand färbt bei Anwesenheit von Li- thium die nicht leuchtende Flamme des Bunsenbrenners karminrot. Zu- eleich prüft man das Verhalten des Rückstandes im Spektralapparat (Spektrum des Lithiums vgl. Bd. V/2. S. 1054). Der nach der Behandlung mit Ätheralkohol verbleibende Rückstand wird spektroskopisch auf Caesium und Rubidium geprüft. Die sehr charak- teristischen Spektren dieser Elemente sind aus der nebenstehenden Spektral- tafel ersichtlich. II. Quantitative Analyse. Gravimetrische Bestimmung des Selens. Selen wie auch Tellur werden durch Einleiten von Schwefeldioxydgas in schwach salzsaurer Lösung quantitativ gefällt. Es kann auf diese Weise eine Trennung dieser beiden Elemente von den Metallen der zweiten Gruppe bewirkt werden. Anwesenheit von Salpetersäure und Schwefelsäure verhin- dern die vollständige Fällung. Jannasch und Müller‘) haben gezeigt, dal sowohl selenige Säure wie auch Selensäure durch Hydrazinsulfat?) in schwach salzsaurer Lösung glatt zu Selen reduziert werden. Die Brauchbarkeit dieser Methode zur quantitativen Bestimmung ist durch Beckmann und Hanslian ?) bestätigt worden. Man erhitzt die selenit- oder seleniathaltige Lösung auf dem Wasser- bade unter Hinzufügung von verdünnter Salzsäure und fällt mit Hydrazin- sulfatlösung im geringen Überschuß. Das Ganze läßt man 20—30 Minuten — ohne jedoch zu kochen und unter möglichster Vermeidung des Ein- dampfens — auf dem Wasserbade bei etwa 60° stehen und filtriert durch einen Goochtiegel ab. Von der völligen Ausfällung kann man sich durch Zusatz von etwas Hydrazinsulfat zum Filtrat überzeugen. Nach Aus- waschen des Niederschlags mit Wasser und absolutem Alkohol trocknet man bei 110° im Thermostaten bis zum konstanten Gewicht. Gravimetrische Bestimmung des Tellurs. Bei der gravimetrischen Bestimmung des Tellurs muß man darauf achten, daß die Lösung nicht zu viel freie Salzsäure enthält. Nach Tread- well*t) wird eine Lösung von telluriger Säure in 200 cm® Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1'175 durch Schwefeldioxyd in der Kälte nicht gefällt. Verdünnt man aber diese Lösung mit dem gleichen Volumen Wasser und leitet Schwefeldioxyd bei Siedehitze ein, so fällt das Tellur quantitativ aus. !) Berl. Ber. Bd. 31. S. 2393 (1898). 2?) J. Meyer empfiehlt Hydrazinhydrat, vgl. Zeitschr. analyt. Chemie. Bd. 53. S. 145 (1914). 3) Zeitschr. f. physikal. Chemie. Bd. 70. S. 1 (1909). *) Lehrbuch der analytischen Chemie. Bd. 2. S. 207. Rudolf Hanslian. N Ne) So Durch Schwefeldioxyd wird nur die Tellurmenge, welche in Form von telluriger Säure vorhanden ist. gefällt. Das Tellur zeigt in diesem Falle ein dem Selen völlig analoges Verhalten. Durch Hydrazinsulfat läßt sich auch die Tellursäure zu Tellur reduzieren.‘) Das abgeschiedene schwarze Tellur wird auf einem Goochtiegel gesammelt. mit Wasser bis zum Ver- schwinden der Chlorreaktion ausgewaschen und hierauf einige Male mit absolutem Alkohol abgesaugt. Man trocknet bei 105° im Thermostaten und wiegt. Die geringe Oxydation des T&llurs beim Trocknen beeinträchtigt das Analysenresultat nicht. Gravimetrische Bestimmung des Molybdäns. Molybdänverbindungen werden aus saurer Lösung unter gewöhnlichen Bedingungen nicht quantitativ gefällt. Um dies zu erreichen, muß man erstensin schwefelsaurer Lösung arbeiten und zweitens die mit Schwefelwasser- stoffgas gesättigte Molybdänlösung unter Druck erhitzen. Beim Einhalten dieser Bedingungen wird alles Molybdän als Molybdänsulfid abgeschieden. Man verfährt folgendermaßen: In einer Druckflasche, die möglichst bis zum Rande mit der Analysenflüssigkeit gefüllt ist, sättigt man vor- sichtig die mit Schwefelsäure versetzte Molybdänlösung mit Schwefelwasser- stoff in der Kälte. Die Flasche wird verschlossen und im Wasserbade bis zum völligen Absetzen des goldgelben Niederschlags erhitzt. Man filtriert durch einen Goochtiegel, leitet in das Filtrat wiederum Schwefelwasserstoff, erhitzt unter Druck und wiederholt diese Operationen, bis keine Abscheidung mehr erfolgt. Die auf dem Goochtiegel gesammelten Sulfidniederschläge wäscht man zunächst mit schwefelsäurehaltigem Wasser und schließlich mit Alkohol bis zum Verschwinden der Schwefelsäurereaktion im Filtrate aus. Tiegel mit Inhalt wird im Thermostaten bei 100° getrocknet, alsdann mit einem kleinen Uhrglase bedeckt und in einen nicht zu großen Nickel- tiegel gestellt. Man erhitzt nun sorgfältig den letzteren über der Spar- flamme eines Bunsenbrenners, wobei unter schwacher Glüherscheinung das Molybdäntrisulfid zu Molybdäntrioxyd verbrennt. Sobald der Geruch von Schwefeldioxyd verschwunden ist, entfernt man das Uhrglas und erhitzt bei offenem Tiegel in der Weise weiter, dab der Boden des Nickeltiegels in schwaches Glühen gerät. Man wägt als Mo0,. Gravimetrische Bestimmung des Urans. Man fällt das Uran aus seinen Lösungen in der Hitze mit Ammoniak als Ammoniumuranat. Der Niederschlag wird auf ein quantitatives Filter gebracht, mit ammoniakhaltigem Wasser ausgewaschen und getrocknet. Man trennt den Niederschlag vom Filter, verascht letzteres in einem gewogenen Platintiegel und oibt alsdann die Hauptmenge des Niederschlages hinzu. Das Ammoniumuranat läßt sich nun in zweierlei Weise bestimmen, entweder durch Überführung in das Oxyd U0,.2U0, = U,0,. welches 1) Jannasch und Müller, a. a. 0. i | nn De UST a Se Die Analyse der seltenen Elemente. 999 man als Uranat des Uranoxyduls auffassen kann, oder durch eine weitere Überführung in das Oxydul UO,. In beiden Fällen kommt man zu rich- tigen Resultaten. Die erstere Verbindung entsteht, wenn man den Nieder- schlag im Platintiegel an der Luft oder besser im Sauerstoffstrome stark glüht, die Oxydulform erhält man durch weiteres Glühen des schmutzig- grünen Uranoxyduluranats über dem Teclubrenner oder vor dem Gebläse im Wasserstoffstrom bis zum konstanten Gewicht als braunes Pulver. Gravimetrische, Bestimmung des Zirkoniums. Die quantitative Bestimmung des Zirkoniums ist bei Abwesenheit von Thorium außerordentlich einfach. Man kocht die salz- oder salpeter- saure Zirkonlösung mit einem geringen Überschuß von konzentrierter Natriumthiosulfatlösung. Das Zirkonium wird dabei völlig als Hydroxyd gefällt. Etwa vorhandene dreiwertige Erden sowie auch Eisen bleiben in Lösung, dagegen würde Thorium in gleicher Weise ausgefällt werden. Den Niederschlag bringt man auf ein quantitatives Filter, wäscht sorg- fältig mit heißem Wasser aus, glüht bis zur Konstanz und wägt als Zr O,. Kolorimetrische Bestimmung des Titans. Mit Wasserstoffsuperoxyd geben die geringsten Mengen Titan in saurer Lösung eine Gelbfärbung. So färbt sich nach Weller!) 1 cm einer stark schwefelsauren Titansäurelösung durch einige Tropfen Wasserstoff- superoxyd noch bei einem Gehalt von 0'1 mg Titansäure sehr deutlich hellgelb. Es zeigen nur wenige andere Substanzen, beispielsweise Eisen, Chrom, Vanadin und Molybdän, in saurer Lösung ein ähnliches Verhalten. Sie dürfen daher bei dieser Bestimmung nicht vorhanden sein. Zur Ausführung der kolorimetrischen Methode bedient man sich Vergleichslösungen, welche in einem Kubikzentimeter 0'002 9, 0'001 g. 00005 g usw. bis 0'00005 g Titansäure enthalten. Dieselben stellt man aus abgewogenen Mengen reinen Titanfluorkaliums, welches man mit viel Schwefelsäure im Tiegel zersetzt hat, dar. Nach Zusatz von Wasserstoff- superoxyd wird die Lösung auf ein bestimmtes Volumen gebracht: durch Verdünnen derselben erhält man die Vergleichslösungen. Die hellgelben Farbentöne sind zum Vergleich am besten geeignet. Schwefelsäure und Wasserstoffsuperoxyd in ziemlich großem Überschuß beeinflussen die Genauigkeit der Bestimmung nicht, von Schwefelsäure ist sogar ein reichlicher Überschuß zum Gelingen der Reaktion erforderlich. Dagegen wirkt die Anwesenheit von Fluorwasserstoff und auch von Phosphorsäure auf die Intensität der Gelbfärbung schwächend ein. Gravimetrische Bestimmung des Wolfirams. In einer genügend großen Porzellanschale versetzt man die nach Möglichkeit eingeengte Wolframatlösung mit dem gleichen Volumen ‘) Weller, Ber. d. Deutschen chem. Ges. Bd. 15. S. 2593 (1882). 300 Rudolf Hanslian. Die Analyse der seltenen Elemente. konzentrierter Salpetersäure (spez. Gew. 12) und erhitzt bis zur deut- lichen Gelbfärbung der abgeschiedenen Wolframsäure zum Sieden. Die überstehende Flüssigkeit wird durch ein quantitatives Filter gegossen, und der Niederschlag in der Porzellanschale dreimal durch Dekantieren mit einem (remisch von gleichen Teilen Salpetersäure und Wasser ausgewa- schen. Man bringt den Niederschlag auf das Filter und wäscht mit der verdünnten Salpetersäure so lange aus, bis einige Tropfen des Filtrats beim Verdampfen auf dem Platinblech keinen wägbaren Rückstand hinter- lassen. Zur Entfernung der Salpetersäure wäscht man schließlich zweimal mit einer neutralen, 5°/,igen Ammoniumnitratlösung nach. Das Filtrat nebst Waschwasser dampft man in einer kleinen Porzellanschale ein, fügt wenig Ammoniak hinzu und verdampft wiederum zur Trockne. Den zweiten vüickstand löst man in sehr wenig Wasser, fügt ein gleiches Volumen kon- zentrierter Salpetersäure hinzu, kocht und filtriert durch ein zweites kleineres Filter. Man wäscht den Niederschlag in gleicher Weise mit ver- dünnter Salpetersäure und darauf mit Ammoniumnitratlösung aus. Die Niederschläge werden getrocknet, die Filter getrennt an der Platinspirale verascht, und die Gesamtmenge in einem offenen Platintiegel über dem Teelubrenner bis zur Konstanz geglüht. Der Rückstand soll eine rein gelbe Farbe aufweisen, durch stärkeres Glühen wird er grünlich. An Stelle von Salpetersäure zur Abscheidung der Wolframsäure aus Wolframatlösung kann man sich auch konzentrierter Schwefelsäure be- dienen. Die auf diese Weise erzielten Analysenwerte sollen nach Treadıivell einwandfrei sein. Man verfährt alsdann folgendermaßen: Das Wolframat wird in einer gerade ausreichenden Menge Wasser in der Wärme gelöst. Man fügt — am vorteilhaftesten in einer großen Platinschale — vorsichtig 5 cem3 konzentrierter Schwefelsäure hinzu, erhitzt unter bestän- digem Umrühren mit einem Platinspatel bis zum Auftreten der dicken Schwefelsäuredämpfe und gibt alsdann einige Tropfen konzentrierter Sal- petersäure hinzu. Darauf läßt man erkalten. Nun verdünnt man mit der dreifachen Menge Wasser, filtriert durch einen Goochtiegel oder besser Neubauer-Platintiegel und wäscht mit verdünnter Schwefelsäure (1 Teil Schwefelsäure + 4 Teile Wasser) aus, bis einige Tropfen des Filtrats beim Verdampfen auf dem Platinblech keinen Rückstand hinterlassen. Zur Ent- fernung der Schwefelsäure wäscht man zwei- bis dreimal mit absolutem Alkohol nach. Den Rückstand behandelt man in obiger Weise. Feststellung der ester(bzw. fett)spaltenden Wirkung des Blutes und anderer Körperflüssigkeiten mittelst der „Tropfmethode‘. Von P. Rona, Berlin. Die „Tropfmethode“ zur Feststellung der esterspaltenden Wirkung des Blutes und anderer Flüssigkeiten beruht auf folgendem Prinzip.!) Die Ester, namentlich die hier in Betracht kommenden Glyzerinester, gehören zu den stark „oberflächenaktiven“ Körpern, d. h. sie erniedrigen die Oberflächen- spannung des Wassers ganz bedeutend. Die Spaltprodukte, das Glyzerin und die entstandenen Na-Salze der niederen Fettsäuren sind hingegen fast ohne Einfluß auf die Oberflächenspannung des Wassers. Lassen wir also eine Flüssigkeit (z. B. Blut), die das den Ester spaltende Ferment enthält, auf eine wässerige Lösung eines Glyzerinesters einwirken, so können wir im Verlaufe der Spaltung eine Änderung der Oberflächen- spannung feststellen: je mehr die Menge der Spaltprodukte zunimmt, desto geringer wird die Erniedrigung der Oberflächenspannung, um zum Schluß (fast) den Wert der Oberflächenspannung des reinen Wassers zu erreichen. Am bequemsten kann nun diese Oberflächenspannung gemessen werden, indem man nach J. Traube die Tropfen zählt, die beim Entleeren eines gewissen Volumens der Flüssigkeit aus einer Kapillarröhre gebildet werden.?) Als Kapillare kann man die von Traube konstruierten Stalagmo- meter benutzen. Bei Untersuchung der fermentativen Spaltung ist indes die relative langsame Ausflußzeit bei dem Traubeschen Stalagmometer äußerst störend, so daß es vorteilhafter ist, nach Rona und Michaelis eine einfache, nicht gebogene, kapillar zulaufende Röhre (Fig. 99), die in der Mitte eine kugelförmige Ausbauchung hat, zu benutzen. An der Röhre sind, !) P. Rona und L. Michaelis, Über Ester- und Fettspaltung im Blute und im Serum. Biochem. Zeitschr. Bd. 31. S. 343 (1911). — P. Rona, Über Esterspaltung in den Geweben. Ebenda. Bd. 32. S.482 (1911). ?) Auf die Theorie dieses Vorganges gehen wir hier nicht ein, da diese von J. Traube bereits so weit nötig in diesem Werke behandelt worden ist. Vgl. Arbeits- methoden. Bd. 5. S. 1357 (1912). In seiner Arbeit ist auch die sonstige, vielseitige bio- logische Anwendung der stalagmometrischen Methode erörtert. In diesem Beitrag ist nur die Bestimmung der Fettspaltung behandelt. 302 P. Rona. oberhalb und unterhalb der Ausbauchung Marken angebracht), und man zählt die Tropfen, die beim Ausfließen des von den Marken eingeschlossenen Volumens der Flüssigkeit gebildet werden. Die Ausflußzeit bei diesen Pipetten beträgt etwa 60 Sekunden. Bei Verminderung der Oberflächen- spannung wird die Tropfenzahl größer; bei Rückgang der Erniedrigung ist sie geringer. Man hat somit in der Zahl der Tropfen ein relatives Maß der Oberflächenspannung. Für Wasser haben die käuflichen Tropf- pipetten?) eine Tropfenzahl von 90—100. Jede einzelne Pipette muß für den als Substrat angewandten Ester besonders „geeicht“ werden (s. u.). Der einfache Apparat bezweckt nur vergleichbare Zahlen für die Ober- Fig. 98. flächenspannung verschiedener Flüssigkeiten oder derselben Flüssigkeit während des fermentativen Prozesses zu gewinnen und ist hierfür vortrefflich geeignet. Was die Zählung der Tropfen anlangt, so können diese, da deren Zahl während der Ausflußzeit (ca. 1 Minute) 200 kaum überschreitet, meist sich nur um etwa 150 bewegt, bequem notiert werden, etwa so, dab man bei der Zählung nach jedem zehnten Tropfen einen Strich auf ein vorgelegtes Papier macht. Bei vielen Messungen wird natürlich eine me- chanische Registrierung von Nutzen sein, und da kann man entweder den '‘) in der Figur sind die Marken versehentlich weggeblieben. ?) Sie werden von den Vereinigten Fabriken für Laboratorien geliefert. Feststellung der ester(bzw. fett)spaltenden Wirkung des Blutes etc. 303 Tropfenzählautomat mit elektrischem Kontakt nach Traube (Firma Ger- hardt) benutzen oder die von Abderhalden und Lampe angegebene Vor- richtung), bei welcher die Tropfen auf einen Hebel auffallen. Dieser zeichnet die beim jedesmaligen Auftropfen erfolgenden Aufschläge auf einer rotierenden Trommel auf. — (Siehe Fig. 100. ce ist ein Strohhalm, g ein doppelt rechtwinklig gebogenes Glasröhrchen, Ah ein mit Paraffin über- zogenes Deckglas.) — Zur Registrierung der Tropfen ist auch folgendes Verfahren recht praktisch. Ein Holzbrett wird mit Linoleum bespannt, das durch parallele mit Blaustift gezeichnete Linien in gleichmäßige Quadrate von etwa 1!/; cm Seitenlänge geteilt wird. Während des Tropfens wird das Brett in langesamem, gleichmäßigem Tempo unter der Kapillare weg- gezogen, so dab in jedes Quadrat Fig. 100. ein Tropfen zu lie- gen kommt. Zum Schlusse liegen sämtliche Tropfen auf der Linoleum- fläche und ihre Zahl kann mit einem Blick fest- gestellt werden. (Vgl. Fig. 98.) Bei den mei- sten Untersuchun- gen wird eine ge- naue Berücksich- tigung der Tem- peratur nicht nö- tig sein, da selbst Unterschiede von mehreren (4—5) Celsiusgraden nur eine Änderung von etwa einem Tropfen bewirkt. Bei genauen quan- titativen Untersuchungen, z. B. bei fermentkinetischen Studien, wird man jedoch bei genau bestimmter, gleichmäßiger Temperatur arbeiten. Zu diesem Zwecke kann man entweder die in der Fig. 100 näher illu- strierte Anordnung von Abderhalden und Lampe anwenden, oder man be- dient sich nach Michaelis und Rona der in der Fig. 101 abgezeichneten einfachen Vorrichtung, die in einem Wasserbade aus Glas angebracht werden kann, und eine bequeme Zählung der Tropfen gestattet. Sämtliche Flüssigkeiten müssen vor ihrem Zusammenbringen im Wasserbad vorge- !) E. Abderhalden und A. Lampe, Versuche über das Fettspaltungsvermögen des Blutes etc. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 78 (1912). — Vgl. auch E. Abderhalden, Physiolog. Praktikum. 8.168. Fig. 136. Berlin 1912. 304 P. Rona. wärmt werden. Zur Regulierung der Temperatur dient am besten ein Quecksilber-Thermoregulator. (In der Zeichnung nicht angegeben.) Natürlich muß für eine tadellose Reinheit der Kapillare gesorgt werden. Am besten hebt man sie, wenn nicht benutzt, in einem Bichromat-Schwefel- Fig. 101. -_—. ws ;.” din | ® : Beer ae nn arena s ; } säuregemisch auf. Vor dem Gebrauch wird gründlich mit destilliertem Wasser gereinigt, durch Ausschwenken und Durchsaugen von Luft mittelst der Luftpumpe von anhaftendem Tropfen Wasser befreit, dann saugt man, am besten, indem man die Kapillare an die Luftpumpe mittelst eines Gummi- schlauches anschließt, wiederholt einige Tropfen der zu untersuchenden Feststellung der ester(bzw. fett)spaltenden Wirkung des Blutes ete. 305 Flüssigkeit auf und schwenkt damit die Kapillare aus. Dann erst kann die Kapillare mit der zu untersuchenden Flüssigkeit gefüllt werden. Am bequemsten geschieht dies mit der Luftpumpe. Sorgt man dafür, daß die Spitze der Kapillare während des Saugens in die Flüssigkeit taucht und _ erst aus der Flüssigkeit genommen wird, wenn der Anschluß an die Luft- - pumpe aufgehoben ist, so vermeidet man sicher ein eventuelles Eindringen von Luftblasen in die Kapillare. Die Kapillare muß sich stets in vollkommen vertikaler Stellung ‚während des Tropfens befinden. Man muß auch darauf achten, daß der aus der Kapillare austretende Tropfen diese allseitig gleichmäßig gut benutzt. Als Substrat für die Untersuchung auf Esterase (bzw. Lipase) ist Tributyrin am häufigsten benutzt und ihre Anwendung zu dem vorliegenden Zweck am eingehendsten geprüft worden. Von diesem Ester bereitet man die gesättigte wässerige Lösung, indem man eine bestimmte Menge Wasser mit überschüssigem Tributyrin versetzt und längere Zeit (etwa 1— 2 Stunden) ‚nicht zu heftig im Schüttelapparat schüttelt. Da das Tributyrin in Wasser nur äußerst schwer löslich ist, genügen schon wenige Tropfen, z.B. 10 auf 1000 cm® Wasser, um einen hinreichenden Überschuß an Tributyrin zu erzielen. Am besten benutzt man Mischungen, die 12—24 Stunden ge- standen haben; Mischungen, die mehr als 2-3 Tage alt sind, sollen nicht angewendet werden. Die Emulsion wird nun durch ein mit Wasser -befeuchtetes Filter filtriert (die ersten Teile des Filtrates werden ver- worfen) und das klare Filtrat in einen (100—200 cm fassenden) Tropf- trichter gefüllt. Eventuell durch das Filter gegangene kleine Estertropfen sammeln sich an der Oberfläche der Flüssigkeit an; bei der Entnahme der Flüssigkeit durch das lange Trichterrohr kann eine von ungelösten Esterteilchen freie Lösung erhalten werden. Diese gesättigte wässerige Tributyrinlösung kann nun als Substrat für die Esterspaltung dienen. Mit dieser Lösung wird die jeweilig benutzte __ Tropfpipette in der Weise geeicht, daß man zunächst die Tropfenzahl dieser gesättigten wässerigen Tributyrinlösung mit der Tropfpipette bei _ einer bestimmten Temperatur (meist ca. 18°) bestimmt. Dann stellt man Mischungen aus 90cm? der Esterlösung mit 10cm3 destilliertem Wasser, weiterhin 80, 70, 60, 50 usw. cm3 der Esterlösung mit bzw. 20, 30, 40, 50 usw. cm? destilliertem Wasser her und bestimmt für jede dieser Lösungen die _ Tropfenzahl mit derselben Pipette bei derselben Temperatur. Trägt man die erhaltenen Werte in ein Koordinatensystem, in welchem die Abszisse die Konzentration der Lösung an Tributyrin angibt, wobei mit 100 die gesättigte wässerige Lösung bezeichnet wird, während die Ordinate die _ Tropfenzahl der angehörigen Tributyrinlösung (bei der betreffenden Tem- ‚peratur) angibt, so erhält man eine Kurve von der nebenstehenden Form (Fig. 102), aus welcher für jede Tropfenzahl der prozentische Tributyringehalt (auf die gesättigte wässerige Lösung bezogen) festgestellt werden kann. ’ Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VII. 20 8 [ 306 P. Rona. So erhält man bei Benutzung irgend einer Pipette allgemein gültige und vergleichbare Werte. Bevor man zu der Tributyrinlösung das Ferment (bzw. die auf das Ferment zu prüfende Flüssigkeit) hinzufügt, muß man die Lösung mit einem passenden „Regulatorgemisch“ versetzen. Hierdurch erreicht man, daß man der Lösung eine ganz bestimmte (die optimale oder, falls dies aus besonderen Gründen nötig sein sollte, eine andere gewünschte) Reak- tion erteilt, ferner auch, daß die Reaktion während des ganzen Verlaufes der Spaltung konstant bleibt. Bei der Blut- und Pankreaslipase mit einem Optimum der Wirksamkeit von ca. pı =8——-8'’5 wird man, um die Spaltung günstig zu gestalten, ein Phosphatgemisch aus einem Teil primärem Phosphat zu 8—10 Teilen sekundärem Phosphat (jedes !/, molar!) zu- Fig. 102. 150 140 7 130 Bi 120 S N S A110 & 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100% ——>-%Tributyrin fügen in einer Stärke, daß das Gemisch in bezug auf Phosphat !/.—"/so molar wird. Die Menge der Fermentlösung ist, wenn möglich, so zu be- messen, daß die Esterspaltung in 1—2 Stunden 70—80°/, der ursprüng- lichen Tributyrinmenge betrage. Als Beispiel für den Verlauf einer solchen fermentativen Esterspaltung diene folgender Versuch.?) Bei diesem wurden 30cm} gesättigte wässerige !) Zur Darstellung des '/, m. primären Phosphats versetzt man 100cm® 1 molare (3fach normale) Phosphorsäure mit 100cm? n-NaOH und 100 cm? destilliertem Wasser; zur Darstellung des '/, m. sekundären Phosphats werden 100cm® 1 molar Phosphorsäure mit 200 cm? n-NaOH versetzt. (Vgl. Michaelis, Arbeitsmethoden. Bd. 3. S. 1337.) ®) P. Rona und Z. Bien, Zur Kenntnis der Esterase des Blutes. V. Biochem. Zeitschr. Bd. 59. S. 100 (1914). Feststellung der ester(bzw. fett)spaltenden Wirkung des Blutes ete. 307 Tributyrinlösung mit 5 cm® Phosphatgemisch von verschiedener Zusammen- setzung, dann mit 1cm® 10fach verdünntem Blutserum von Kaninchen versetzt. Die Tabelle zeigt gleichzeitig den Einfluß der H-Ionenkonzentra- tion auf die Schnelligkeit der Spaltung. 8] PH ropfenzahl Vorhandenes E Tributyrin in °, R lat isch nen nach Minuten egulatorgemis \ 2 elektrometrisch - gemessen 0112| 24 |48| 0 | 12. | 24 | 48 1 prim. Phosph. : 10 sek. Phosph. 13. 10-8 790 [146/138!130/118 100) 85 66 40 1 prim. Phosph. : 1 sek. Phosph. \1'9.10-7 | 672 |1461140|1341123[100) 89| 75, 50 5 prim. Phosph. : 1 sek. Phosph. Mn .10-7 | 608 [1461141/1361127 “ 91) 80) 58 Kontrollversuch mit auf- | sekochtem Serum: | | 1 prim. Phosph. : 10 sek. Phosph. | 10.10-8| 8:00 146/146 146 1461100 100,100 100 | 1 prim. Phosph. : 100 sek. Phosph. 11:40 .10-8) 7°85 1146/1291120 5 prim. Phosph.: 1sek. Phosph. |7'13.10-7) 614 [1461341128 50 prim. Phosph.: 1 sek. Phosph. '4:50.10-#| 535 Kontrollversuch mit auf- | gekochtem Serum: | | 1 prim. Phosph. : 200 sek. Phosph. '9°20.10—°; 8:04 pas 226 1261100 100 100,100) 113|100| 63) 45) 31 1181100! 76) 62| 40 14611371133l127|100| 77| 73| 58 | | | 10 sek. Phosph. : 15°/,,-Na0H |1:50.10-8| 7:87 [146113011161 — |100| 66| 36 — 7 Sekundäres Phosphat 170.108) 776 114611301116] — [100) 66) 36| — 5 prim. Phosph. : 2:5 sek. Phosph. | 3:55 . 10-7\ 6°45 |146/136/126116]100) 80| 57 36 6 prim. Phosph. : 1'0 sek. Phosph. |1'20 . 10-6) 592 |1461391132|119]100] 86) 70) 42 6 prim. Phosph. : 1'0 sek. Phosph. 2:30. 10-6) 5:65 [14611391132[120[100| 86) 70] 44 10 prim. Phosph. : 07 sek. Phosph. |310. 10-6) 553 [146/14011341123]100] 89| 75| 51 10 prim. Phosph. : 0'1 sek. Phosph. 140.105) 485 [146/114311391132]100) 95] 86| 70 Primäres Phosph. 2:59.10—5| 4:59 1146/144|142|138[100) 97| 93| 85 Kontrollversuch mit auf- gekochtem Serum: | 10 sek. Phosph. :1'5"/,,- NaOH 11'29.10-8| 793 [146 146 146/145[1001100| 100 98| Bei stärker alkalischer Reaktion, etwa von pr = 8°4 an, ist schon während der Beobachtungsdauer der Fermentspaltung (bei 18°) eine deutliche „Al- kalispaltung“ des Tributyrins zu beobachten. Um den Umfang dieser Spal- tung festzustellen, müssen bei der entsprechenden Reaktion Kontrollver- suche mit aufgekochtem bzw. mit FNa versetztem Blut bzw. Serum an- gesetzt werden. Die quantitative Untersuchung auf die Lipase erfolgt, indem man den zeitlichen Verlauf der Spaltung bei bekannter konstanter H-Ionen- konzentration und konstanter Temperatur genau verfolgt, ferner mit dem Verlauf bei optimalen Bedingungen vergleicht. Ein Beispiel hierfür findet sich in der Arbeit von P. Rona!) und von P. Rona und J. Ebsen.?) !) P. Rona, Zur Kenntnis der Esterspaltung im Blute. Biochem. Zeitschr. Bd. 33. 8.413 (1911). 2) P. Rona und J. Ebsen, Ebenda. Bd. 39. S. 21 (1912). 20* 308 P. Rona. Für die Magenlipase hat Davwidsohn gefunden, daß sie bei einer viel stärker sauren Reaktion ihre optimale Wirksamkeit entfaltet, als die Darm- und die Blutlipase. Da die Untersuchung der Magenlipase für kli- nische Zwecke häufiger ausgeführt werden muß, gibt Davidsohn!) genaue Vorschriften, die hier im wesentlichen wiedergegeben werden sollen. bei der Herstellung der wässerigen Tributyrinlösung fügt Davidsohn den passenden Regulator (für die erwünschte Ionenkonzentration von zirka 0'3.10) von vornherein hinzu, nach dem folgenden Rezept: 470 em® '/; m. prim. Natriumphosphat, 30 em '/, m. sekund. Natriumphosphat, 700 cm? dest. Wasser und ca. 10 Tropfen Tributyrin. Die Tropfpipette wird nun mit dieser Mischung geeicht, indem als Verdünnungsflüssigkeit eine saure Phosphatlösung von der obigen Zusammensetzung benützt wird. Diese Emulsion ist vor dem Gebrauch zu filtrieren. — Der zu untersuchende Magensaft wird folgendermaßen behandelt: 60 cm® dieser Tributyrinlösung werden in einem Kolben mit 1'0 resp. 0'5 cm® des eventuell mit Wasser zu verdünnenden Magensaftes versetzt, in ein Wasserbad von 185° + 0'5 gebracht und innerhalb 2 Stunden 2—3mal die Tropfenzahl bestimmt. Als Anfangswert gilt der jedesmal zu ermittelnde Tropfenwert der Tributyrin- lösung; es ist zweckmäßig, die erste Zählung erst nach 45 Minuten vor- zunehmen. Der Versuch ist gut brauchbar, wenn der in den 2 Stunden er- folgte Umsatz an Tributyrin nicht viel weniger und vor allem nicht mehr als 75°/, beträgt. Ist die Spaltung zu schnell, so muß der Magensaft zweifach und mehr verdünnt werden. Bei der Berechnung des Fermentgehaltes im Magensaft ist wie folgt zu verfahren. Das bekannte Standardferment, von dem 1'0 cm: auf 60 cm® Tributyrinlösung innerhalb 60 Minuten 80°/, des Tributyringehaltes der gesättigten Lösung (bei 185°) zu spalten vermag. habe den Wert 100. Hat das Standardferment die Zeit T und 0'5cm® eines dreifach ver- dünnten Magensaftes mit dem Fermentgehalt x die Zeit ? für den gleichen Umsatz erfordert, so gilt die Gleichung 100:x=t:T oder =. 100. Für jeden festgestellten Umsatzwert wird x berechnet und der Durchschnittswert verwendet. Beispiel: 0'5 cm: eines dreifach verdünnten Magensaftes habe in 45 Min. (=t) 32°/, Tributyrin gespalten » 90 » 54%), „ „ A208 EI ‘) H. Davidsohn, Zeitschr. f. Kinderheilkunde. Bd. 9. S. 470 (1913). Beitrag zur Magenverdauung des Säuglings. Vgl. auch Davidsohn, Biochem. Zeitschr. Bd. 45. S. 284 (1912) und Bd. 49. S. 249 (1913). Feststellung der ester(bzw. fett)spaltenden Wirkung des Blutes ete. 309 Aus einer vorherigen Bestimmung folgt für das Ferment 100, daß 32°/, Tributyrin in 19 Min. (= T) gespalten werden 540), R 2) -.o 5 62°), 4 el n ” „ daher ist X, = — X 100 = 222 Um nun den Fermentgehalt in 10 cm® des unverdünnten Saftes zu erhalten, muß x noch mit 6 multipliziert werden, da 0'5 cm: eines dreifach verdünnten Saftes verwendet worden ist. Der Saft hat also einen Lipasegehalt von 133°8. Zur Untersuchung des lipolytischen Fermentes aus Magen- und Duodenalsaft müssen gleichzeitig zwei Tributyrinlösungen angesetzt werden, eine leicht alkalische, entsprechend dem Optimum der Pankreaslipase und die oben beschriebene leicht sauere. Für die Herstellung des alkalischen Substrates gibt Davidsohn folgende Vorschrift: 20 cm® „Glykokollösung* (diese enthält im Liter 751 y Glykokoll und 585 y reines Natriumchlorid), 50 cm® Y/;n NaOH, 50 cm? dest. Wasser und ca. 3 Tropfen Tributyrin. Es ergab sich nun aus dem Versuch, daß die Pankreaslipase immer im alkalischen Medium stärker spaltet, die Magenlipase im saueren. Davidsohn hat auch geprüft, eine wie geringe Menge beigemengten Duodenalsaftes sich mit dieser Methode erkennen läßt. Dabei hat sich gezeigt, dab bei Verwendung eines Gemisches von 0'1 Duodenalsaft und 99 Magensaft sich noch eine deutliche Begünstigung der Spaltung in der alkalischen Lösung zeigt, während bei einem Gemisch von 0'05 mit 995 desselben Saftes ein leichtes Zurückbleiben der Spaltung in der saueren Lösung erst nach 2 Stunden zu beobachten ist. Es hat sich also hier eine Beimengung von 1°0°/, Duodenalsaft noch deutlich feststellen lassen. Andere klinische Anwendungen der Tropfmethode findet man in den Arbeiten von Bauer, Samelsohn, Caro.') Die Vorteile der Methode sind folgende: Wegen der äußerst geringen Löslichkeit des Tributyrins ist die angewandte Substratmenge minimal, so 1) J. Bauer, Über das fettspaltende Ferment des Blutserums bei krankhaften Zu- ständen. Wiener klin. Wochenschr. Bd. 25. S. 1376 (1912). — Samelsohn, Über Fett- spaltung im Säuglingsblut. Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd.4 (1912). — Caro, Fettspaltende Fermente im menschlichen Blutserum, ihre Abhängigkeit von krankhaften Zuständen. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 78. S. 286 (1913). 310 P.Rona. Feststellung der ester(bzw. fett)spaltenden Wirkung des Blutes ete. dab schon die Wirksamkeit außerordentlich geringer Fermentmengen auf- gedeckt werden kann. Bereits mit O'1 cm® Blut von Kaninchen in 60 cm® (resamtflüssigkeit erzielt man z. B. bedeutende Umsätze. Da das Ferment- Substratgemisch während der Untersuchung nicht verbraucht und in keiner Weise verändert wird, können die aufgefangenen Tropfen zur weiteren Untersuchung verwendet werden, so daß man zur Not die ganze Unter- suchung in einigen Kubikzentimetern Gesamtilüssigkeit ausführen kann. Jede einzelne Untersuchung nimmt nur etwa eine Minute Zeit in Anspruch. Da die Feststellung der Esterspaltung nicht auf einer Titration der freien Säure beruht, ist man in der Lage, den Prozeß der Hydrolyse bei einem bekannten, während des ganzen Verlaufs konstanten H-Ionengehalt ab- laufen zu lassen, wodurch erst ein genaues Studium des Vorganges er- möglicht wird. ö Die keimfreie Züchtung von Säugetieren. R Von E. Küster, Dahlem. j Die Erkenntnis des krankmachenden Einflusses, welchen einzelne Bakterienarten auf den Organismus von Mensch und Tier auszuüben ver- Ä mögen, war die naheliegende Veranlassung, daß die medizinische Bakterio- logie sich fast ausschließlich dem Studium dieser pathogenen Keime zu- wandte, während die Erforschung nichtpathogener, harmloser, sapro- H phytischer oder auch nützlicher Spaltpilze der botanischen, bzw. techno- I) logischen Bakteriologie überlassen blieb. Der Umstand, daß fast stets ın den offenen Körperhöhlen höherer Tiere (in Mund, Nase, Darm, Genital- f apparat, Hautdrüsen, Konjunktivalsack) und ebenso in der umgebenden Außenwelt: im Erdboden, in der Luft, im Wasser und in der natürlichen Nahrung große Massen von Bakterien immer nachweisbar waren, wurde meist im allgemeinsymbiotischen Sinne gedeutet, ohne dal) man über Nutzen oder Schaden dieser Symbionten sich weiter Rechenschaft zu geben bestrebt war. Insbesondere konnte bei Versuchen, welche die Verdauungs- vorgänge im Darmkanal des Menschen und der höheren Tiere klarstellen sollten, soweit sie im Tierkörper selbst durchgeführt wurden, die Tätig- keit der Darmbakterien als unbekannt nicht in Rechnung gesetzt werden, und wurden die Versuche im Reagenzglas vorgenommen, so schaltete man zwar lebende Bakterien, aber nicht Bakterienenzyme durch Zusatz wachs- tumshemmender Mittel aus, weil sonst das ganze Resultat dem Zufall preisgegeben war. So kommt es, daß die Ergebnisse aller Stoffwechsel- versuche — soweit sie nicht mit reinem Drüsensekret ausgeführt wurden — entweder durch die Lebenstätigkeit von Bakterien selbst oder durch ihre Stoffwechselprodukte (Enzyme) in unberechenbarer Weise beeinflußt sind und uns über den wirklichen Stoffwechsel im Tierkörper, d.h. wie weit er von dem tierischen Organismus als solchem, wie weit er von seinen Darmbakterien betätigt wird, keinen Aufschluß geben können. An Theorien über die Bedeutung der Darmbakterien hat es natür- lich nicht gefehlt. Die Tatsache, daß im Dünndarm höherer Tiere, also an einer Darmstelle, an der sich lebhafte und wichtige Verdauungsvor- gänge abspielen, nur wenige Keime gefunden werden. wurde gegen den Wert der bakteriellen Verdauung gedeutet, die gewaltigen Bakterienmassen, die im Pansen der Wiederkäuer ständig vorhanden sind und der Bakterien- reichtum des Diekdarms, dem zufolge die normalen Fäzes in der Haupt- 312 E. Küster. sache aus Bakterienleibern bestehen, wurde für die Wichtigkeit der Darm- bakterien angeführt. Erst in den letzten Jahrzehnten suchte man die Wirkungsweise der Darmbakterien wissenschaftlich klarzustellen. Nutall und Thierfelder konnten Meerschweinchen 13 Tage keimfrei ohne sichtbare Krankheitserscheinungen erhalten und glaubten eine Gewichtszunahme während des keimfreien Lebens konstatieren zu können. Schottelius hielt keimfrei erbrütete Hühnchen bis zu 50 Tagen am Leben und sah sie unter ständigem Gewichtsverlust, trotz guter Nahrungsaufnahme langsam zugrunde gehen: in gleicher Weise erbrütete Hühnchen blieben unter den gleichen Lebensbedingungen am Leben, wenn sie von Anfang an natürlich oder später künstlich mit Darmbakterien infiziert wurden. Mme. Metchnikoff und ebenso Moro ver- suchten vergeblich, keimfrei erbrütete Froschlarven am Leben zu erhalten, diese starben vielmehr ohne Ausnahme, während infizierte Kontrolltiere am Leben blieben. In den Experimenten Kianizins verendeten sogar er- wachsene Tiere, Hunde, Kaninchen, Meerschweinchen, sobald sie längere Zeit unter keimfreie Lebensbedingungen (bz. Raum, Luft, Futter, Wasser) gebracht wurden und zeigten erhebliche Stoffwechselstörungen. In den letzten Jahren konnten hingegen einige Autoren wieder von günstigen Resultaten berichten: G@uyenot züchtete sterile Fliegen in mehreren Gene- rationen: Cohendy hielt sterile Hühnchen 45 Tage unter Gewichtszunahme am Leben; Wollman erzielte keimfreie Froschlarven und Fliegen für längere Zeit: endlich konnte der Verfasser keimfreie Ziegen bis zu 35 Tagen züchten und bei normaler Gewichtszunahme keinerlei Krankheitserschei- nungen nachweisen. Nicht unerwähnt darf bleiben, dal) Metehnikoff und seine Schüler den Standpunkt vertreten, dal die Darmbakterien einen lebensverkürzenden Einfluß) ausüben und daher nach Möglichkeit zu unter- drücken sind: Veranlassung dazu gaben ihnen besonders Untersuchungen über den Keimgehalt normaler Tiere, Verdauungsversuche bei keimarmen Tieren und der Nachweis toxischer Stoffwechselprodukte normaler Darmbakterien; außerdem glaubten sie Beziehungen zwischen Keimreichtum des Darmes, Länge des Diekdarms, Dauer des Verweilens der Ingesta im Darmkanal einer- seits und durchschnittlich erreichtem Lebensalter andrerseits aufstellen zu können. Mag man diese Experimente und Erhebungen auch noch in ver- schiedenem Sinne deuten, mag man den Darmbakterien einen Nutzen oder Schaden tür den normalen Ablauf der Lebensfunktionen zusprechen, eins ist sicher: wir dürfen sie nicht mehr als zwecklose Symbionten auffassen; wir dürfen der Biologie der Darmbakterien nicht mehr interesselos gegenüber- stehen, denn die oben erwähnten Experimente und alle unsere Erfahrungen über die Stoffwechselleistungen von Bakterien zwingen uns angesichts der groben Bakterienmengen in unserem Darmkanal zu der Annahme, daß die Darmbakterien wesentliche Umsetzungen hervorbringen. Die wissenschaftliche Erforschung der Wirkung von Darmbakterien setzt zwei Hauptforderungen voraus: die Gewinnung keimfreier Tiere und die Aufzucht keimfreier Tiere. Die keimfreie Züchtung von Säugetieren. 313 Die Erfüllung der ersteren Forderung bietet die geringeren Schwierig- keiten. Das Ei höherer Tiere ist, von belanglosen Zufälligkeiten abgesehen, in seinem Inneren bakterienfrei. Auf seinem Weg durch den Eileiter werden die Eier größtenteils von Spaltpilzen verunreinigt, aber diese Keime sitzen entweder auf der äußeren Hülle oder in den äußeren Eihüllen und lassen sich mechanisch durch desinfektorische Maßnahmen entfernen. Nach Schottelius genügt für Hühnereier wiederholtes energisches Abbürsten mit 1°/, Sublimatlösung:; bei Froschlaich schälte Mme. Metchnikoff die äußere Gallerthülle mit sterilen Nadeln ab und desinfizierte dann mit 1°/, Bor- säurelösung; Guyenot machte Fleischfliegeneier steril, indem er sie zur leichteren Handhabung in sterile Glaswolle einpackte und in dieser der Ein- wirkung von 1°/, Borsäurelösung einige Minuten lang aussetzte. Der Embryo lebendgebärender Tiere ist bei geschlossenen Eihäuten unter normalen Bedingungen stets keimfrei gefunden worden; die Ge- winnung von keimfreien höheren Tieren, im speziellen von Säugetieren ist damit eine im wesentlichen chirurgische Frage. Es gilt möglichst am Ende der Schwangerschaft und unter absoluter Asepsis die Sectio caesarea auszu- führen, wenn man ein keimfreies Jungtier erhalten will. Die zweifellos vorhandenen technischen Schwierigkeiten bei der Ge- winnung keimfreier Tiere können an die Anforderungen, welche die Auf- zucht keimfreier Tiere an die Arbeitskraft des Experimentators stellt, nicht im entferntesten heranreichen. Dort ist die ganze Arbeit in höchstens einer Stunde erledigt und die Vorbereitungen sind verhältnismäßig geringe, hier gilt es mit der peinlichsten Sorgfalt über Wochen hinaus standzu- halten, da ein einziger Fehler alle gehabte Mühe zu nichte machen kann: man muß die allgemeinen Anforderungen an Tierzucht mit den besonderen der Keimfreiheit in Aufzuchtraum, Atmungsluft und Nahrung stets ver- einen. Apparate und Technik früherer Autoren hier ausführlich wiederzu- geben, dürfte sich erübrigen, da alle so wesentliche Mängel in der einen oder anderen Beziehung aufweisen, dal damit die folgenden Hauptforde- rungen der keimfreien Züchtung nicht erfüllt werden können. Diese sind: 1. Das Tier muß in einem keimfreien Raume untergebracht sein, der allen Anforderungen der Hygiene bz. Luft, Licht, Größe und Tempe- ratur entspricht. 2. Es muß auf unbegrenzte Zeit mit keimfreier Nahrung versorgt werden können. 3. Man muß an dem keimfreien Tier jederzeit Impfungen, Operationen, Stoffwechselversuche wie an einem freilebenden Tier vornehmen können. Da für diese verschiedenartigen Zwecke die früheren Apparate, wie gesagt, nicht genügen, so bringe ich im folgenden nur die eigene Aus- führung, wobei ich ausdrücklich bemerken will, daß ich mir natürlich die Vorarbeiten früherer Autoren auf diesem Gebiet wo irgend möglich zu- nutze gemacht habe. 314 E. Küster. Der Aufzuchtapparat (cf. Fig. 103) wurde aus schwerem T- und Winkel- eisen, starkem Eisenblech und Glas aufgebaut. Eine verhältnismäßig große Fig. 103. me er en Be 7.7 12 De NE DE U u aiunse Schematische Darstellung der Gesamteinrichtung zur Aufzucht keimfreier Tiere. Wandstärke mußte gewählt werden, weil sonst zu leicht bei den höheren Wärmegraden, denen der Aufzuchtraum zwecks Entkeimung ausgesetzt Die keimfreie Züchtung von Säugetieren. 315 wird, Verziehungen und damit Undichtigekeiten hätten auftreten können. Die Größe der Bodenfläche betrug 60:120 cm, war also so gewählt, dal) man an der Mitte der Seitenwand stehend. jede Stelle des Bodens mit ausgestrecktem Arm bequem erreichen könnte. Die Höhe vom Fußboden gemessen betrug ebenfalls 120 cm, also reichlich viel für alle in Betracht kommenden Versuchstiere. Der Inhalt des Raumes berechnet sich darnach auf 3864 Raumliter, so daß dem darin gehaltenen Tiere genügend Atmungs- luft zur Verfügung steht, auch wenn für einige Zeit aus irgend welchen Gründen (Versagen der Luftpumpe, Reparatur oder Auswechslung an der Luftleitung) die Luftzufuhr unterbrochen würde. Die beiden Seitenwände bestehen bis auf je zwei runde Öffnungen aus Glas in T-Eisenrahmen; sie sollen dem Innenraum eine genügende Belichtung sichern. Die beiderseitig ausgesparten Öffnungen G@ @ dienen als Einfaßöffnungen: sie stehen um Brustweite voneinander ab und sind so hoch vom Boden entfernt, dab man mit nach vorne ausgestreckten Armen bis zur Schulter einfassen kann. Der Abstand von dem Boden des Versuchsraumes beträgt 15 cm. In diese Öffnungen sind keimdicht durch Klemmringe bis zur Schulter reichende weite Gummihandschuhe eingelassen; man kann also jederzeit nach Eingehen in die Handschuhe im Innern des Versuchsraumes hantieren und sich dabei durch eine zweite Person, die das andere Handschuhpaar benützt, assistieren lassen. Die Decke des Aufzuchtraumes besteht durch- weg aus Eisenblech und trägt in drei Ecken Glühbirnen zur Beleuchtung. An Stelle der vierten Birne ist ein Schraubkontakt eingeschaltet, von dem eine Schnur bis zum Boden herabhängt, welche die Kraft für einen elek- trischen Kochapparat liefert. Dieser dient dazu, die Nahrung zu wärmen und auch gelegentlich für die Herstellung von warmem Wasser zu Operationen, Reinigungszwecken etc. Auf der Decke steht eine Gasuhr, durch welche alle aus dem Kasten ausströmende Atmungsluft hindurch- gehen muß. Die beiden Stirnflächen des Aufzuchtapparates sind ebenfalls aus Eisenblech gearbeitet. Die hintere ist von zwei Öffnungen durchbohrt. Die untere dient zur Einführung der Atmungsluft, an der oberen ist ein mit Wasser gefülltes Manometer angeschlossen, um ständig den Innen- druck des Versuchsraumes kontrollieren zu können. An der vorderen Stirn- wand befindet sich oben eine Öffnung für den Luftaustritt. von der ein mit Hahn verschließbares Metallrohr zum Gasometer hinführt. In passender Arbeitshöhe ist in den unteren Teil der gleichen Wand der eigentliche Eingang zu dem Tierraum V angebracht. Derselbe besteht aus einem soliden Autoklaven mit zwei Eingangstüren. Die eine A öffnet sich nach außen. die zweite / nach dem Innern. Jede kann durch sechs Flügelschrauben und Gummidichtung keimdicht verschlossen werden. Die Heizung des Autoklaven erfolgt auf elektrischem Wege durch eine im Innern aufgestellte Heizplatte, deren Zuleitungsdraht die Wand durchsetzt und in dieser durch eine Asbeststopfbüchse abgedichtet ist. Die Heizplatte muß besonders wasserdicht gearbeitet sein, damit nicht durch die im Autoklaven beim Sterilisieren entstehenden Dämpfe die Heizspiralen zerstört werden. "316 E. Küster. Der Boden hat einen Belag aus drei leicht herausnehmbaren Latten- rosten. Die einzelnen Holzstäbe stehen 2 mm voneinander ab und sind nach unten scharf keilförmig verjüngt. Durch diese besondere Form der Stäbe wird erreicht, daß jede Masse, die durch den Zwischenspalt nach unten durchdringt, glatt abläuft und nicht hängen bleiben und eintrocknen kann. Der äußere Boden ist ein abschraubbarer Eisenblechtrichter mit weiter Ausflußöffnung. Das Ausflußrohr ragt tief in ein mit Paraffinöl gefülltes Trichtergefäß p hinein, welches auf einem Dreifuß untergestellt und mit einem Abflußhahn versehen ist. Die Fäzes der Versuchstiere bleiben fast vollständig auf dem Latten- rost zurück und werden jeweils, sobald sie bemerkt werden, in kleine (rlasfläschehen mit Korkverschluß gesammelt. Der Harn fließt durch den Trichter ab und sammelt sich vermöge seines höheren spezifischen Ge- wichtes unter dem Paraffinöl an: aus diesem wird er zweimal täglich ab- gelassen. Will man aus irgend einem Grunde die Berührung des Harnes mit dem Paraffinöl vermeiden, so fällt es, wenigstens bei dem von mir benützten Versuchstiere (Ziege), nicht schwer, den Harn direkt in einem (Gefäß aufzufangen, da der Harnabsatz regelmäßig sofort nach der Fütterung zu erfolgen pilegt. Das Auffangen der Hauptharnmenge unter Öl hat einen besonderen Zweck: man muß auf jede Weise zu vermeiden suchen, dab im Innern des Versuchsraumes die Feuchtigkeit der Luft einen höheren Grad erreicht, weil sonst gar leicht Kondenswasserbildung auftritt, wo- durch das Haarkleid der Tiere durchfeuchtet wird. Wahrscheinlich bedingt ein solches Feuchtwerden großen Wärmeverlust. jedenfalls stellt es, wie die Erfahrung lehrt, eine Gefahr für das Leben der Versuchstiere dar. Diese Beobachtung stimmt mit der Erfahrung bei der Aufzucht von Jung- tieren im Freien überein: Kälte, Hitze, Durst und Hunger werden viel besser vertragen als eine gründliche Durchnässung. Fängt man den Harn ständig unter Paraffinöl auf, so ist natürlich eine Verdunstung ausgeschlossen, und außerdem bekommt man ein zuverlässiges Maß bei der Bestimmung der täglichen Harnmenge. Um eine Zertrümmerung der Fensterscheiben bei unruhigen Ver- suchstieren zu verhüten, sind alle Scheiben von innen her durch vor- gesetztes verzinktes Drahtgeflecht gesichert (cf. Fig. 104). Alle Instrumente, die im Innern gebraucht werden, sind in Blechbüchsen untergebracht, die auf einer Etagere (in der Figur nicht sichtbar) aufgestellt werden. Eine besondere Aufmerksamkeit erfordert die ständige Versorgung der Versuchstiere mit keimfreier Luft und Wärme. Kleinere Luftmengen lassen sich sehr leicht, schon durch ein steriles dichtes Wattepolster, ent- keimen:; will man aber größere Luftmassen, in unserem Falle 1—1!/, cm? pro Stunde, wochenlang keimfrei machen, so muß man kompliziertere Vor- richtungen wählen, ein steriles Wattepolster wird schon in wenigen Tagen von Luftkeimen durchsetzt. Um der Hygiene der Tierhaltung zu genügen, mußte aber die Luft nicht nur keimfrei, sondern gleichzeitig auch möglichst trocken, kohlensäurearm und mit gleichmäßiger Wärme geliefert werden. Die keimfreie Züchtung von Säugetieren. 317 Nach vielen Fehlschlägen hat sich mir folgende Anordnung als zweckmäßig erwiesen: Fig. 104. Photographie eines keimfreien fünf Wochen alten Ziegenlammes im Aufzuchtraum Die Luft wird in einer Kolbenluftpumpe Pp mittelst eines halb- pferdigen Motors in einem von dem Versuchsraum (wegen des ständigen 318 E. Kasten: Geräusches) möglichst entfernten Nebenraum in Bewegung gesetzt. Motor und Pumpe müssen ohne Unterbrechung mindestens 6 Wochen in Tätig- keit sein können. Diese Anforderung wird gewöhnlich selbst von Fachleuten unterschätzt; fast alle im Gebrauch befindlichen Motore und Pumpen leisten nur stundenweise Arbeit und zwischendurch sind immer wieder Pausen eingeschoben, in denen die Maschine verkühlen und in denen kleinere Reparaturen, Schmieren, Reinigen usw. vorgenommen werden können; alle Pausen fallen im Versuch weg und man sieht mit Ver- wunderung, wie sonst brauchbare Maschinen dabei versagen. Als Pumpe wählte ich wegen ihrer Leistungsfähigkeit und soliden Bauart die Kom- pressionspumpe einer Ammoniakeismaschine. Diese ist imstande, pro Stunde 10 cm? bei einem Gegendruck bis zu 20 Atm. zu fördern. Die Druck- leistung benötigte ich, um die beträchtlichen Reibungen zu überwinden, die in den Wattepolstern gegeben sind, welche die Atmungsluft an ver- schiedenen Stellen passieren muß; die Menge bis zu 10 cm? war erforderlich während der Einführung des Versuchstieres, wie ich unten noch aus- führen werde. Der Eintritt der Luft in das Pumpensystem erfolgt durch ein großes Wattefilter $, welches zwischen zwei Drahtgittern in dem Einsaugtrichter angebracht ist. Hier werden gröbere Staubpartikelchen zurückbehalten. Die Luft passiert dann die Pumpe und gelangt durch ein möglichst lang zu wählendes Steigrohr zum Luftkessel W, in dem sie mit einem Rohr bis zum Boden herabgeleitet wird und unmittelbar über ihm erst zum Aus- strömen gelangt. Der Austritt der Luft aus dem Kessel erfolgt durch ein mit Manometer (x) versehenes Rohr, welches an einem Tubus des Kessel- deckels angeschraubt ist. Das lange Steigrohr und die besondere Art der Durchführung im Kessel sind zweckmäßig, weil die Luftpumpe gut in Öl gehalten werden muß und die Preßluft infolgedessen Ölstaub mit sich führt, dem so zum Absetzen Gelegenheit gegeben wird. Der Kessel dient als Luftreservoir und gleichzeitig der Druckeinstellung; diese wird durch ein Sicherheitsventil D betätigt. Während des Versuches hielt ich dieses Ventil gewöhnlich auf einem Druck von einer halben Atmosphäre, nur bei der Einführung des Tieres (ef. unten) mußte es auf höheren Druck einge- stellt werden. Nach dem Luftkessel durchläuft die Luft das Gasometer U und ge- langt jetzt zur Sterilisationsvorrichtung. Diese besteht zunächst aus einem 50 cm langen und 5 cm im Durchmesser haltenden dicht gestopften Watte- polster F'; dann muß die Luft durch das mit konzentrierter Schwefelsäure halb gefüllte Gefäß 7 hindurch. Da am Boden des Gefäßes eine fein- löcherige Siebplatte eingelassen ist, so kann die Luft nur in kleinsten Bläschen durch die Schwefelsäure hindurch. Sie gibt hierbei beträchtliche Mengen organischer Substanzen und den größten Teil ihrer Feuchtigkeit ab, wie aus der Zunahme der Schwefelsäuremenge und Bräunung derselben bald zu erkennen ist. Obwohl an dem Schwefelsäuregefäß eine Schäum- kugel angebracht ist, läßt sich doch nicht vermeiden, daß Schwefelsäure- Die keimfreie Züchtung von Säugetieren. 319 teilchen mitgerissen werden. Um diese zurückzuhalten, ist in den weiteren Weg der Luft ein Auffangegefäß X, ein 30 cm langes und 5 em dickes Wattepolster F\ eine U-förmig gebogene, mit Stangen von Kali causticum beschickte Röhre M und ein zweites Auffangegefäß N eingeschaltet. Von N gelangt die Luft zur elektrischen Heizung A, ihre Heizspirale befindet sich im Innern einer keimdicht geschlossenen Kupferröhre mit äußerer Asbestisolierung. An einem Thermometer O0 kann man die von der Luft erreichte Temperatur ablesen. Die Kraft zur Heizung liefert die Stark- stromleitung; ein Widerstand 7 gestattet die Regulierung. Die elektrische Erwärmung erfüllt einen doppelten Zweck: sie soll für sich allen zur Sterilisation der Luft ausreichen. Ich habe deswegen die Erhitzung stets auf mindestens 160° getrieben; sie soll aber auch die Luft auf eine ge- eignete Temperatur zur Erwärmung des Versuchsraumes bringen, die natürlich 20°C nicht viel übersteigen darf. Beide Forderungen lassen sich scheinbar nicht gut miteinander vereinigen, und doch geht es sehr wohl, wenn man berücksichtigt, daß die Luft nur ein geringes Wärmefassungs- vermögen besitzt und der Überschuß an Wärme, den sie im Heizkörper aufnimmt, bei entsprechender Länge der Leitung R und Variation der diese umgebenden Asbestisolierung sehr wohl beliebig herabgesetzt werden kann. Durch R$ gelangt die Luft in den Tierraum, durchströmt diesen schräg von unten nach oben und verläßt ihn bei #. Die Atmungsluft wird auf ihrem Wege zweimal gemessen; dieses ist notwendig, um aus der Differenz der beiden Uhren sofort eine Undichtigkeit an der Leitung oder an dem Versuchsraum erkennen zu können. Ich schreibe den sterilen Wattefiltern nur eine geringe Bedeutung für die Entkeimung der Luft zu, sie sollen nur gröbere Partikel Staub, Öl und Schwefelsäuredampf zurück- halten und dadurch das Schwefelsäuregefäß und ebenso die elektrische Heizanlage nach Möglichkeit vor Verunreinigung schützen. Die Kali causticum-Stangen sollen allenfalls noch mitgerissene Schwefelsäure neutrali- sieren und auch den Kohlensäuregehalt der Luft verringern. Die Schwefel- säurewaschung und ebenso die elektrische Erhitzung genügen jede für sich allein, die Luft sicher zu entkeimen. Die Luft im Innern des Apparates muß während des Versuches ständig einen Überdruck von 10—15 cm Wasserhöhe aufweisen. Dieser Überdruck ist sehr wichtig für die Erhaltung der Sterilität während des Versuches. Es ist auch bei der sorgfältigsten Ausführung des Apparatebaues nicht zu vermeiden, daß bei der sich über Wochen erstreckenden Versuchsdauer irgendwo eine kleine Undichtigkeit auftritt. Stellt sich eine solche ein, so strömt an dieser Stelle bei innerem Überdruck ständig Luft nach außen und ein Eindringen von Luft und von Luftkeimen erscheint ausgeschlossen; dazu wird jede Undichtigkeit bald erkannt und kann entsprechend behoben werden. Bei dem inneren Luft- überdruck läßt sich natürlich nicht vermeiden, dal dieser auch auf den keimdicht eingelassenen Handschuhen lastet; der absolute Druck ist ja nun auf den Quadratzentimeter gering (109), aber die Handschuhe besitzen infolge ihrer Länge und Weite eine Oberfläche von ungefähr !/, m2. Die Qq 6} 320 E. Küster. Handschuhe würden also eine starke Dehnung erfahren, welche das Gummi nicht lange zu ertragen vermag; auch würde das Einfassen in die Hand- schuhe dadurch sehr erschwert. Um diesem Übelstand vorzubeugen, habe ich in dem Innern des Kastens (siehe Fig. 102 links unten) von oben herab- klappbare luftdicht schließende Türen anbringen lassen, die den Handschuh außer Gebrauch vor der Einwirkung des Luftdruckes schützen und auch gleichzeitig verhüten, daß das Versuchstier die Handschuhe benagt. Die Luftmenge, welche dem Innenraum in der Zeiteinheit als Atmungsluft zugeführt wird, dürfte dem Physiologen reichlich groß er- scheinen, nichtsdestoweniger ist sie empfehlenswert; denn einmal werden die Atmungsbedingungen für das Tier dadurch zweifellos günstiger, und zweitens wirkt die große Luftmenge stark austrocknend; man kann diese Trockenwirkung besonders deutlich daran erkennen, daß ein Handtuch, das man etwa zum Aufwischen von Bodenfeuchtigkeit benutzt hat und das dann in den Kasten aufgehangen wurde, innerhalb einer halben Stunde getrocknet ist. Trockenheit der Luft ist aber, wie schon oben erwähnt, für das Wohlbefinden des Tieres, das übrigens ja im wesentlichen mit Flüssigkeit ernährt wird und darum unter der Trockenheit der Luft nicht leidet, von der größten Bedeutung; wahrscheinlich begünstigt sie direkt die Nahrungsaufnahme. Die Trockenheit der Luft ist auch ein wichtiges Moment für die Erhaltung der Sterilität im Versuchsraum. Sollte durch einen unglücklichen Zufall irgend ein Keim in das Innere gelangen, so kann er nur dann den Versuch stören, wenn er dazu noch ins Innere des Tieres kommt und dort Vermehrungsbedingungen findet, denn außer- halb des letzteren ist alles trocken und ein Wachstum ausgeschlossen. Da die Ausrützung der Luftleitung von F bis N während des Versuches wiederholt einer Erneuerung bedarf, die Luftzufuhr aber natürlich nur kurze Zeit unterbrochen werden kann, so ist sie in diesem Teil neben- einander doppelt ausgeführt. Die Sterilität des Versuchsraumes ist endlich auch dadurch unterstützt, daß er mit einer keimtödenden Farbe (Vitralin von Rosenzweig und Baumann, Cassel) gestrichen ist. Diese Farbe ist sehr haltbar und entwickelt eine beachtenswerte desinfizierbare Wirkung gegen aufkommende Keime. Vorbereitung des Aufzuchtraumes. Der in allen Teilen auf Diehtigkeit und gutes Funktionieren geprüfte Aufzuchtraum muß zur Ent- keimung so weit auseinander genommen werden, daß er gut zugänglich ist. Die gesamte Innenfläche, Wände, Decke, Fußbodenbelag, Auffang- trichter und Autoklav werden mit Wasser und Seife und darauf mit 1°/,.iger Sublimatlösung gründlich ausgewaschen. Darauf wird die äußere Autoklaventür geschlossen, ebenso alle Rohrleitungen und auf einer Blech- pfanne im Innern eine reichliche Menge kristallinischen Schwefels (mit Spiritus benetzt) verbrannt. Am folgenden Tage wird, nach Entfernung der Pfanne, von dem Bodenstutzen aus mit einem Berolina-Apparat eine auf die 10fache Raumgröße berechnete Formalinisierung durchgeführt, und während diese im Gange ist, für eine halbe Stunde alle Rohrverbindungen La ea Die keimfreie Züchtung von Säugetieren. D) oO he j nach dem Aufzuchtraum geöffnet, damit auch die Aus- und Eingänge gründlich desinfiziert werden. Unter der Einwirkung der Formalindämpfe bleibt dann der Innenraum bis zum zweiten Tage stehen. Mittlerweile werden die Luftsterilisiereinrichtungen entsprechend dem Material ver- schiedenartig sterilisiert: Watte und Glasteile und die elektrische Heizvorrich- tung trocknen bei 150°, Gummischläuche und Gummipfropfen durch Einlegen in 1°/,igen Sublimatalkohol. Am dritten Tage bindet man die Formalin- dämpfe durch Einleiten von Ammoniak, setzt das sterilisierte und mit entkeimtem Paraffinum liquidum gefüllte Harnauffanggefäß unter, schließt unter großer Vorsicht die Luftsterilisationsvorrichtungen zusammen, montiert die zweite Gasuhr und das Wassermanometer © und setzt nunmehr die Luftpumpe in Gang. Um eine vollständige Trocknung des Innenraumes und Beseitigung des von der Sterilisierung verbliebenen üblen Geruches im Innern zu erreichen, muß man wenigstens drei Tage lang Luft durch den Apparat pumpen. Während dieser Zeit prüft man auch bakteriologisch auf Keimfreiheit, indem man im Innern auf den Bodenbelag an verschiedenen Stellen Petrischalen offen mit Agar und Bouillon aufstellt. Treten auf diesen Nährböden Bakterien auf, so muß die gesamte Sterilisation wiederholt und dabei eventuelle Fehlerquellen ausgeschaltet werden. Vorbereitung des Operationsraumes und des Operations- tieres. Die Operation muß unmittelbar vor dem Aufzuchtapparat ausge- führt werden, damit das Junge auf kürzestem Wege durch den Vorraum- autoklaven in das Innere befördert werden kann. Für die Operation sind wenigstens 5 Personen erforderlich: ein Operateur, ein Assistent, der auch die bereitliegenden Instrumente reicht, ein Narkotiseur, eine Person, die in die Handschuhe eingeht und das Junge von innen her in Empfang nimmt, eine fünfte zur Bedienung des Apparates. Mit der Anzahl der Personen im Laboratorium, in dem der Apparat Aufstellung gefunden hat, steiet natürlich die Gefahr der Luftinfektion, welche in unserem Falle voll- ständig ausgeschaltet werden muß, erheblich. Ich habe diese auf folgende Weise zu paralysieren gesucht und diese Absicht auch erreicht. Das ganze Labo- ratorium wird gründlich formalinisiert, Boden, Wände und Einrichtung mit 2°/,iger Lysollösung abgewaschen; der Operationstisch — ich benütze dazu den Tisch zur Kälbervakzinierung — wird an den Vorraum V, der wie erwähnt, den Zugang zum Inneren darstellt, herangeschoben und mit Verbandgaze darüber ein Zelt aufgebaut, in welches die Vorraumtür hinein- ragt. In dem Gazezelt steht der Tisch, der Operateur, der Assistent und die Instrumententische. Der Kopf des zu operierenden Muttertieres ragt durch einen Schlitz an der freien Stirnwand des Operationszeltes in den Haupt- raum, so daß also der Narkotiseur außerhalb des Zeltes sitzt. Das Tier wird am Tage vor der Operation mit 2°/,iger warmer Lysollösung am ganzen Körper gereinigt, das Operationsfeld geschoren und rasiert. Bis zur Operation ist die Operationsstelle mit einem desinfizierenden Verbande bedeckt; ich benützte dazu den Boluspastenverband nach ZLier- mann. Unmittelbar vor der Operation wird die ganze Körperwaschung Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 2] 332 E. Küster. wiederholt. Die Operation erfolgt nach chirurgischen Grundsätzen. Sobald das Peritoneum eröffnet ist, wird das Innere des Operationszeltes unter Spray von Wasserstoffsuperoxyd gesetzt und hiermit fortgefahren. bis das Junge in den Tierraum eingebracht ist. Während der Einführung des Jungen wird die Luftpumpe auf ihre Höchstleistung eingestellt, damit für die kurze Zeit, in der beide Vorraumtüren gleichzeitig geöffnet sein müssen, ein reichlicher Luftstrom von innen nach außen dringt und Außen- luft mit in ihr etwa enthaltenen Keimen nicht eindringen kann. Sobald das Junge in den Tierraum gereicht und dort in Empfang genommen worden ist, wird der Vorraum verschraubt und nun die Operation des Mutter- tieres, die bis dahin zur Erzielung eines möglichst lebensfrischen Jung- tieres aufs äußerste beschleunigt wurde, in Ruhe zu Ende geführt. Das Muttertier verträgt den Eingriff sehr gut, die Milchsekretion setzt zur natürlichen Zeit ein, die Ergiebigkeit ist normal. Das Junge wird gleich nach der Geburt mit sterilen Handtüchern trocken gerieben und erhält nach 6 Stunden die erste Nahrung. Diese nimmt es gewöhnlich willig aus der Saugflasche. Die Milchnahrung wird auf 35° vorgewärmt. Die Einführung der sterilen Nahrung und die Entfernung von In- strumenten und Materialien aus dem Innenraum muß jeweils durch den Vorraum erfolgen. Die Technik ist sehr einfach und aus dem früher Ge- sagten ohne weiteres verständlich. Da das Beschicken des Vorraumes, das Sterilisieren und Wiedererkalten des Inhaltes immer mehrere Stunden in Anspruch nimmt, so kann man pro Tag gut nur einmal ein- und aus- führen und muß sich daher im voraus das Nötige genau überlegen, wenn anders man nicht bezüglich Fütterung usw. in Schwierigkeiten geraten will. Nicht vergessen möchte ich hervorzuheben. dal die Bedienung des Apparates unerwartet große Anforderungen an Arbeitsleistung und Aus- dauer stellt. Als ich bei den ersten Untersuchern auf diesem Gebiete, Nutall und Thierfelder, las, daß sie Versuche wegen Erschöpfung der Arbeitskraft hätten aufgeben müssen, erschien mir dieses zunächst ver- wunderlich ; jetzt, nachdem ich mich selbst damit befasse, ist es mir sehr wohl verständlich. Die ersten 8—10 Tage muß Tag und Nacht eine Wache bei dem Apparat sein. Dies ist erforderlich, um alles erst in den erwünschten gleichmäßigen Gang zu bringen. Die Fütterung muß bei den immerhin lebensschwachen Kaiserschnittieren bei Tage alle 3 Stunden erfolgen, nachts kann man von 12—6 Uhr eine Pause eintreten lassen. Die Fäzes müssen sofort nach dem Absatz entfernt werden, weil bei der Unruhe des Tieres ein quantitatives Aufsammeln sonst unmöglich ist und ebenso die Reinhaltung des Innenraumes ausgeschlossen erscheint. Es ist daher eine Hilfskraft zur Bedienung vollständig in Anspruch genommen und für alle komplizierteren Maßnahmen noch eine Assistenz erforderlich. Berücksichtigt man dazu noch, daß die Versuche sich über längere Zeit, mindestens 5 Wochen, erstrecken müssen und leicht durch einen unglücklichen Zufall der Erfolg der gesamten Arbeit vernichtet werden kann, so darf man wohl sagen, daß viel Lust und Liebe zur Sache und ein gutes Maß Zähig- Die keimfreie Züchtung von Säugetieren. 323 ui _ keit vorhanden sein müssen, um Erfolge zu erzielen. Sind diese aber vor- handen, so arbeitet man sich sehr rasch ein und wird durch die Freude am Gelingen reichlich belohnt. Botanik, Landwirtschaft und Technologie haben durch ihre Forschungen über nützliche und schädliche apathogene Spaltpilze praktisch außerordentlich wichtige Ergebnisse gezeitigt und ihre Fortschritte in zielbewußter Weise entwickelt; es ist wünschenswert, daß endlich auch die medizinischen Wissenschaften, Bakteriologie, physiolo- gische Chemie, Diätetik und Therapie aus dem Studium der normalen Bakterienflora im Organismus, besonders der Darmflora, zweifellos zu er- wartenden Vorteil ziehen: die Möglichkeit der exakten Forschung in dieser Richtung ist durch die Züchtung keimfreier Tiere gegeben. Ergänzungen zur „Allgemeinen ehemischen Laboratoriumstechnik“. (Bd. I, S. 1—-175.) 2. Hältte. ') Von Riehard Kempf, Berlin-Dahlem. Weitere Nachträge zum sechsten Kapitel („Trennen und Reinigen“). IV. Trennen auf Grund verschiedener Löslichkeit. (Vel. Bd. I, S. 175— 197.) 1. Extrahieren von leicht flüchtigen Stoffen aus festen Körpern. Die hierher gehörigen Trennungsmethoden spielen hauptsächlich bei der Gewinnung ätherischer Öle aus vegetabilischen Stoffen eine wichtige tolle und sind daher bereits an anderer Stelle eingehend geschildert worden (vgl. dieses Handb., Bd. II, S. 994 ff.). Diese „pneumatischen“ Me- thoden gründen sich auf den verhältnismäßig hohen Dampfdruck mancher ätherischer Öle, namentlich der pflanzlichen Riechstoffe. Als Absorptions- mittel für die abdunstenden Dämpfe dienen entweder feste Körper (z. B. Fett) oder Flüssigkeiten (z. B. Äther). In der Riechstoffindustrie werden diese Verfahren unter der Bezeichnung „Enfleurage“ zur Gewinnung zarter 3lumendüfte angewendet. ?) 2. Extrahieren von Flüssigkeiten. (Vgl. Bd. I, S. 175—181.) Handelt es sich um die Extraktion nicht flüchtiger Stoffe aus einer Lösung, die sich — nötigenfalls im Vakuum — unzersetzt ein- dampfen läßt, so ist es häufig vorteilhafter, die Lösung zunächst zur Trockene zu dampfen und den Rückstand — eventuell mit Sand und wasser- freiem Natriumsulfat innig verrieben — im Soxhlet (siehe unten, S. 344ff.) zu extrahieren. ?) !) Die erste Hälfte der Ergänzungen, das erste bis sechste Kapitel, III. Ab- schnitt einschließlich umfassend, befindet sich in diesem Handb. Bd. VI, S. 626—770. ?) Siehe z. B.: A. Hesse, Verfahren zur Gewinnung von Riechstoffen aus Pflanzen- teilen durch Maceration oder Enfleurage, D. R.-P. 266.376; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 644 (1913). ») Vgl. z.B.: A. Belle, Neue Methode zur Bestimmung der Milchsäure. Bull. Soc. chim. [4], T.13, p. 565 (1913); Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 27, Ref. S.16 (1914). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 3>5 a) Ausschütteln im Scheidetrichter (vgl. S. 175—178). a) Lösungsmittel. Als Extraktionsmittel verwendet man bekanntlich meistens leicht flüchtige Flüssigkeiten, wie z. B. Äther, und erhält dann das Extraktions- gut im Rückstand beim Abdestillieren der Lösung. In manchen Fällen je- doch, wenn es sich um die Gewinnung sehr leicht flüchtiger Stoffe, z. B. ätherischer Öle, handelt. empfiehlt es sich, umgekehrt zu verfahren: man wendet ein sehr schwer flüchtiges Lösungsmittel an, z. B. Olivenöl, und erhält dann bei der folgenden Aufarbeitung der Lösung den gesuchten Körper im Vorlauf des Destillates, während das Solvens quantitativ im Fraktionierkolben zurückbleibt (vgl. darüber dieses Handb., Bd. II, S. 991). Der springende Punkt bei der Wahl des Extraktionsmittels ist eben nur, dal dieses einen wesentlich anderen — höheren oder niedrigeren — Dampf- druck aufweist als der zu extrahierende Stoff. An Stelle von Äther ist ferner für manche Extraktionen, z. B. von Lezithin aus Eigelb, häufig ein Gemisch von Alkohol und Äther vorzu- ziehen. !) Jedoch ist hierbei zu beachten, daß Alkohol auf starke organische Säuren veresternd (vgl. Bd. IV, S. 1457) und auf manche Phenole ver- äthernd (vgl. Bd. IV, S. 1332) wirken kann. Die Eigenschaft des Äthers, Salz- und Salpetersäure zu lösen, ist bei Extraktionen mit Äther stets im Auge zu behalten. Die geringen Mengen, die von diesen Säuren mit in den ätherischen Auszug übergehen, können gelegentlich beim Eindampfen sehr nachteilig auf das Extrakt wirken. Über eine lockere Verbindung zwischen Äther und Salpetersäure siehe weiter unten (S. 361). In der Technik benutzt man häufig statt des Äthers den billigeren Petroläther als Ausschüttelungsmittel. Bei der Milchfettbestimmung nach Gottlieb-Röse wird zum Ausschütteln des Fettes eine Mischung von Äther und Petroläther angewendet. ?) Um Holzmasse von ihren harzigen Bestandteilen zu befreien, extrahiert man nach Bashlin®) am besten mit einem Gemisch aus Terpentin und Benzin in der Wärme. An Stelle des leicht entzündlichen Benzins verwendet man häufig besser, wie es z. B. in der Üeresinindustrie geschieht*), das nicht feuer- gefährliche Trichlor-äthylen (genannt „Tri“) und an Stelle des ebenfalls ziemlich leicht entzündlichen Benzols, Toluols oder del. Tetrachlor- ') Siehe z.B. R. Cohn, Über das Vorkommen von Lezithin im Wein. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 985 (1913). ?) Vgl.z.B.: E. Rieter, Neuer Apparat zur Milchfettbestimmung nach Gottlieb- Röse, Chem.-Zeitg. Bd. 30, 531 (1906). ») W. M. Bashlin, Extraktion von Harzen und anderen Nebenprodukten aus Holz. V. St. Amer. Pat.; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 523 (1913). *) B. Lach, Über den Stand der Ceresinindustrie. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 573 (1913). 826 Richard Kempf. kohlenstoff (genannt „Tetra“).!) Auch in der Industrie der Fettextraktion werden wohl in dem Kampf der gechlorten Kohlenwasserstoffe mit dem von alters her gebrauchten Benzin die ersteren siegreich bleiben. ?) Über heftige Explosionen des Destillationsrückstandes bei Extraktionen mit Äther ist auch wieder neuerdings berichtet worden. ?) Als Lösungsmittel für Indigo zur quantitativen Extraktion von Roh- indigo im Soxhlet dient Chinolin®) (Schueldersche Extraktionsmethode). Im übrigen ist eine Zusammenstellung der gebräuchlichsten orga- nischen Lösungsmittel und ihrer Eigenschaften im folgenden Kapitel („Um- kristallisieren“) gegeben (vel. dieses Handb., Bd. I, S. 187 ff. und unten, S. 358ff.). — PB) Scheidetrichter (Schütteltrichter). Eine außerordentlich große Anzahl neuer Vorschläge betrifft die Form und konstruktive Ausgestaltung des Scheidetrichters. Von mehreren Seiten zugleich: von Schütte) Buop: und Parker) wurde eine flache Form des Schüttel- raumes vorgeschlagen. Die Scheideflasche nach Schütte zeigt die nebenste- hende Abbildung (Fig. 105). Scheideflasche nach Schütte. Während der Extraktion wird der Apparat in horizontaler Richtung, also liegend, eventuell mit Hilfe einer maschinell schwach bewegten Platte, leise geschüttelt und nur zum Ablassen des Inhalts senkrecht gestellt. Da sich die Flüssigkeiten an einer etwa lOmal größeren Grenzfläche als in einem gewöhnlichen Kugelscheidetrichter gleichen Fassungsvermögens gegen- seitig berühren, vollzieht sich die Extraktion auf dem Wege der Diffusion sehr viel rascher als sonst, und es erübrigt sich ein heftiges Durcheinander- schütteln der Schichten. Infolgedessen wird jede Emulsions- und Schaum- bildung vermieden. Der Apparat eignet sich daher vorzüglich zur Extraktion solcher Flüssigkeiten, die beim Ausschütteln in den gewöhnlichen Scheide- 1) Siehe z. B.: Margosches, Tetrachlorkohlenstoff als Lösungs- und Extraktions- mittel. Stuttgart (Enke) 1905. — M. J. M. Bouffort, Anwendung von Tetrachlorkohlen- stoff für die Behandlung von Kautschuk. Franz. Pat. Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 211 (1913). 2) Vgl.: @. Hefter, Fortschritte der Öl- und Fettindustrie im Jahre 1909. Chem.- Zeitg. Bd. 34, S. 837 (1910). 3) Siehe z. B.: W. Kleemann, Über Ätherexplosionen. Chem.-Zeitg. Bd. 26, S. 385 (1912). — @. Kaßner, Beitrag zur Kenntnis des Äthers. Arch. d. Pharm. Bd. 250, S. 436 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 566 (1912). 4) R. Clauser, Über Neuerungen in der Indigoanalyse. Österr. Chemiker-Zeitg. Bd. 2, S. 521 (1899); Chem. Zentralbl. 1899, Bd. II, S. 978. 5) Schütte, Die Scheideflasche als Ersatz des Kugelscheidetrichters. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 332 (1911). 6) €. E. Parker, Ein neuer Scheidetrichter. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 35, p: 295 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 353 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik*“. 327 trichtern stark zur Emulsionsbildung neigen, z.B. zum Ausschütteln von Bier, Wein usw. zwecks Nachweises von Salizylsäure und Benzoösäure, kann aber natürlich auch in allen anderen Fällen, wo starkes Schütteln angängig ist, gebraucht werden. In einem quantitativen Probeversuch wurden 50 em® Bier, dem 25 mg Salizylsäure zugesetzt war, zweimal mit je 50 cm® Chloroform 2 Stunden hindurch extrahiert. Unter Vermeidung jeglichen Schüttelns wurde lediglich durch Verschieben der Flasche auf der Unterlage von Zeit zu Zeit eine Verschiebung der Flüssigkeitsschichten gegeneinander be- wirkt. Die quantitative Bestimmung der Salizylsäure in den Chloroform- extrakten ergab die Anwesenheit von 246 mg. Hiermit ist bewiesen, daß mit Hilfe des Apparates quantitative Extraktionen auch ohne heftiges Schütteln in begrenzter Zeit möglich sind. Demselben Zweck: Vermeidung von Emulsionsbildung dient der von Meeker!) angegebene Extraktionsapparat. Das Flüssigkeitsgemisch. befindet sich in einem zylindrischen Scheidetrichter. Ein Rührer taucht bis in die unterste Flüssigkeitsschicht und ein in entgegengesetzter Richtung sich bewegender Rührer in die obere Flüssigkeit. Durch einen Motor werden die Rührer betrieben. Wie Versuche beim Ausschütteln von Hydrastin, Hyoseyamin, Sanguinarin, Strychnin usw. ergaben, wird auf diese Weise nicht nur die Emulsionsbildung verhindert, sondern die Extraktion ist auch vollständiger als bei den bisherigen Anordnungen. Es genügt in der Regel 10 Minuten langes Rühren bei einer Geschwindigkeit von 100 Um- drehungen in der Minute. Ebenfalls einen abgeflachten Scheidetrichter, den man auf dem Arbeitsplatz hinlegen und auch auf dem Wasserbade erwärmen kann. schlug Spaeth?) vor. In dem Ablalihahn dieser Vorrichtung: befindet sich ferner eine Höhlung, die — etwa 0'5 cm fassend — mit dem Schüttel- raum kommuniziert und zur Aufnahme etwa abgeschiedener Sedimente dient. Dreht man den Hahn, so wird der Inhalt der Vertiefung von dem des Schüttelraumes abgeschlossen und kann so von dem übrigen Lösungs- gemisch leicht getrennt werden. — Der hahnlose Scheidekolben von Wieder) verträgt ebenfalls Erhitzung. Um nach dem Ablassen der unteren Flüssigkeit die obere ebenfalls unten ablassen zu können, ohne sie mit den im Hahnrohr verbleibenden Resten der schwereren Flüssigkeit zu verunreinigen, wurden von Spaeth*) und von Reik >) Scheidetrichter mit doppelt durchbohrtem Hahn und getrennten Ablaßröhren vorgeschlagen. !) @. H. Meeker, Verhütung von Emulsionen bei Extraktion mit nicht mischbaren Lösungsmitteln. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1190 (1912). ?) E. Spaeth, Über einen neuen Apparat zum Abscheiden von Trübungen und zum Ausschütteln von Flüssigkeiten. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 26, S. 304 (1913). 3) R. Wieder, Petroleum. Bd. 8, S. 1450 (1913). *) E. Spaeth, Scheidetrichter für forensisch-chemische und andere Zwecke. Zeit- schrift f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm. 1898, S. 96; Chem. Zentralbl. 1898, I, S. 761. 5) R. Reik, Scheidetrichter für forensisch-chemische und andere Zwecke. Ebenda 1898, S. 400; Chem. Zentralbl. 1898, II, S. 243. 328 Richard Kempf. Ist eine Lösung öfters hintereinander auszuschütteln, so empfiehlt es sich — namentlich bei quantitativen Extraktionen —, in einem Stativ zwei Schütteltrichter derart übereinander anzubringen, dal der Stiel des oberen Trichters in den Hals des unteren hineinragt.!) Man schüttelt zunächst wie gewöhnlich in dem oberen Scheidetrichter aus, läßt dann die extrahierte untere Schicht direkt in den zweiten Trichter ab und schüttelt nun in diesem mit frischem Extrak- tionsmittel aus. Inzwischen hat man den ersten Trichter entleert und in dem Stativ unten angebracht, so dab Fig.107 a. Fig. 107. Fig. 106. Sehütteltrichter MR Schü i > a - R Sehütteltriehter nach Rothe nach Posner. Schütteltrichter nach Rothe (altes Modell). en s die zweimal ausgeschüttelte Flüssigkeit nun wieder in ihn zurückgelangt, worauf nach der dritten Ausschüttelung das Spiel von neuem beginnt. Man erspart auf diese Weise ein Gefäß zum Auffangen der abgelassenen unteren Schicht und das lästige, eventuell mit Verlusten verknüpfte Um- gießen aus diesem Gefäß in den Scheidetrichter zurück. Denselben Zweck verfolgen eine Reihe von Konstruktionen, bei denen ein Paar miteinander verbundener Extraktionsräume einmal unter sich kommunizieren können, dann aber auch jeder für sich nach außen zu entleeren ist. Derartige Schütteltrichter sind u.a. von Schütze?), ') Vgl. z.B.: A. A. Blair, The Chemical Analysis of iron. 7. Aufl. 1908, S. 210; auf S. 191 ist hier auch der praktische Carnotsche Scheidetrichter geschildert. ?) Rob. Schütze, Scheide- und Ausschüttelapparat. Chem.-Ztg. Bd.11, S. 1059 (1887); Chem. Zentralbl. 1887, S. 1365. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 329 Posner !) (Fig. 106), Rothe?) (Fig. 107 und 107«a), König®) und Schowalter *) (Fig. 108) angegeben worden. Der von Bolland;) vorgeschlagene Scheidetrichter (Fig. 109) erlaubt, die obere Flüssigkeitsschicht aus jeder Höhe des Trichters zu erneuern, ohne vorher die untere Schicht ablassen zu müssen. Ähnliche Apparate Fig. 108. Fig. 109. Fig. 110. Sehütteltrichter Scheidetrichter nach Bolland. Scheidevorrichtung nach ch Schowalter Jacobson und Dinsmore. hatten schon vorher Atkinson®), sowie Jacobson und Dinsmore') (Fig. 110) angegeben. Bezüglich einer Reihe anderer Scheidevorrichtungen sei auf die Origi- nalliteratur verwiesen. ®) — !) Th. Posner, Schütteltrichter mit Reserveraum für mehrfache Ausschüttelungen einer Flüssigkeitsmenge. Chem.-Zeitg. Bd. 22, S. 868 (1898). ?) Erstmalig abgebildet in der Denkschrift zur Eröffnung des Kgl. Materialprü- fungsamtes von A. Martens und M. Guth. Berlin (Jul. Springer) 1904, S. 55. — Vgl. auch Eug. Deiß und H. Leysaht, Über die Trennung von Eisen und Vanadin nach dem Äther- verfahren. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 869 (1911). — ©. Bauer und E. Deiß, Probenahme und Analyse von Eisen und Stahl. Berlin (Jul. Springer) 1912, S. 142. 3) H. König, Doppelscheidetrichter für Ätherausschüttelung. Stahl und Eisen. Bd. 30, S. 460 (1910). *) E. Schowalter, Scheidetrichter für quantitative Ausschüttelungen. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1180 (1911). 5) A. Bolland, Über einen neuen Scheidetrichter. Chem.-Ztg., Bd. 35. S. 373 (1911). 6) H. M. Atkinson, Ein neuer Scheidetrichter. Chem. News, Vol. 102, p. 308 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 65 (1911). ?) C. A. Jacobson und S. €. Dinsmore , Scheidevorriehtung. Amer. Chem. Journ. Vol. 44, p. 84 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34. Rep. S. 401 (1910). 8) Siehe z.B. Georg W. A. Kahlbaum, Neuer Scheidetrichter, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 32, S. 509 (1899). — J. Blount, Scheidetrichter. V. St. Amer. Pat.; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 345 (1913). 350 Richard Kempf. y) Theoretisches. Von der Theorie des Extraktionsvorganges mögen einige Punkte, die praktisch wissenswert sind, hier erörtert werden. Die Gesetze, die für die Verdampfung eines in Lösung befindlichen Stoffes, d. h. für die Ver- teilung eines Stoffes zwischen einer gasförmigen und flüssigen Phase bestehen, lassen sich ohne weiteres auch auf die Verteilung eines Stoffes zwischen zwei flüssigen Phasen übertragen. Hieraus folgt z. B., daß der soge- nannte Teilungskoeffizient, d. h. das Verhältnis der räumlichen Konzen- trationen eines Stoffes zwischen zwei Lösungsmitteln, bei gegebener Temperatur nach Eintritt des Gleichgewichtszustandes konstant ist, voraus- gesetzt, dab der gelöste Stoff in beiden Lösungsmitteln das gleiche Mole- kulargewicht besitzt. Der Stoff verteilt sich in den beiden Lösungsmitteln stets im Verhältnisse der maximalen Löslichkeiten. Sind mehrere gelöste Substanzen vorhanden, so verteilt sich jede Molekülgattung so, als ob die anderen nicht da wären (Gesetze von Berthelot!) und Nernst2). So verteilt sich z. B. eine gegebene Menge Bernsteinsäure zwischen Wasser und Äther stets derart, daß die Konzentration der Säure im Wasser etwa Dmal größer ist als in Äther, ganz gleich, wieviel Bernsteinsäure vorhanden ist und wie groß die Volumina der beiden Lösungsmittel sind. Der Teilungskoeffizient beträgt also in diesem Falle 5, und bei Anwendung gleicher Mengen Äther und Wasser befindet sich stets 5mal so viel der Säure im Wasser als im Äther. in diesem letzteren also !/, oder 167 %, der im Wasser gelöst gewesenen Gesamtmenge der Säure. Infolgedessen kann man leicht berechnen, wie oft man eine gegebene Bernsteinsäurelösung mit einer bestimmten Menge Äther ausschütteln muß, um die Säure praktisch quantitativ auszuziehen. Hat man z. B. 109g Bernsteinsäure in einem Liter Wasser gelöst und schüttelt man jedesmal mit 200 cm3 Äther aus, so erhält man 2 10 i beim 1. Ausschütteln: ——- = 033 9 = (2) R = h 9:67 } b A 3 = 2 " : —— —= 0'329, im ganzen 065g = 65%, | S © DI) : F = En 9:35 N ‚[&& 3. N ’—— —=0319 „ x 09 7 = 36%, 2 6) 3% 5) [z ß 3 di [2 .- _ 9:04 z 4. = 030,0 " 126 » 625 VI ; I / ust., ') Berthelot und Jungfleisch, Sur les lois, qui president au partage d’un corps entre deux solvants. Ann. Chim. Phys. [4], T. 26, p. 346 und 408 (1872). °) W. Nernst, Verteilung eines Stoffes zwischen zwei Lösungsmitteln und zwischen Lösungsmittel und Dampfraum. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 8, S. 110 (1891). — Eine Zusammenstellung der Literatur über den Verteilungssatz findet sich bei: N. Dhar und A. K. Datta, Verteilung eines Elektrolyten zwischen Wasser und einem zweiten Lösungsmittel. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 19, S. 583 (1913). N ze Z- me! Ergänzungen zur „Allgemeinen ebemischen Laboratoriumstechnik*“. 331 d.h. in jedem Arbeitsgang wird immer nur 3'35°/, der jedesmal noch im Wasser vorhandenen Bernsteinsäure extrahiert. Ein auch nur ange- nähert erschöpfendes Ausschütteln der Bernsteinsäure ist also auf diese Weise überaus mühselig, fast unmöglich. Man muß in solchen Fällen ent- weder einen selbsttätig wirkenden Extraktionsapparat benutzen (siehe darüber das nächste Kapitel) oder aber bei jedem Ausschütteln ein größeres Volumen Äther anwenden. Schüttelt man z. B. die obige Bernsteinsäurelösung jedes- mal mit einem Liter Äther aus, so erhält man ER. ) 10 ei ide beim 1. Ausschütteln: er 167 9 HT ro 2. = ; Tr Teen 1:39 g, im ganzen 306 9 = 30°6°/, | Sg 6:94 IE Ba ara. 6; 3 Tran — 1109. „ .. 4229 = 4220|, Sr . 978 . > Is > = -QO | © 4. n A, —:0:96,9,.3 7055518: = 980,4], > usf., d. h. in jedem Arbeitsgang gehen 16°7°/, der jedesmal noch im Wasser vorhandenen Bernsteinsäure in den Äther. Während man nach 4maligem Ausschüttein mit je 200 .cm3 Äther erst 1'269 Bernsteinsäure = 12'6°/, der Gesamtmenge extrahiert hat, befinden sich bei der zuletzt beschrie- benen Arbeitsweise nach 4maligem Ausschütteln bereits 518g = 51'8°), der gesamten Säure im ätherischen Extrakt. Aus diesem Beispiel erhellt zugleich auch, daß mit einer gegebenen Menge des organischen Lösungsmittels ein vollkommeneres Ausschütteln erreicht wird, wenn man mit vielen kleinen Portionen von ihm öfters schüttelt, als mit wenigen größeren Teilmengen seltener. Erzielt man doch in obigen Beispielen mit der Ö5fachen AÄthermenge (41:800 cm3) einen nur etwa 4mal größeren Effekt (518 9:1'26 9). Ferner läßt sich aus dem gegebenen Beispiel ohne weiteres die Tatsache ableiten, daß ein absolut erschöpfendes Ausschütteln theoretisch über- haupt unmöglich ist. Trägt man in einem Schaubild die ausgeschüttelten Gesamtmengen als Ordinaten, die Zahl der Ausschüttelungen als Abszissen ein, so erhält man Kurven, die sich asymptotisch dem theoretischen Werte nähern, ihn aber nie erreichen: Ist im Falle der Bernsteinsäure die Konzentration der Säure im Wasser noch so gering, im Äther ist sie stets 5mal geringer. Kennt man den Teilungskoeffizienten (k) einer Substanz zwischen Wasser und einem organischen Lösungsmittel, von welchem man die Menge m angewendet habe, kennt man ferner die Menge der gelösten Substanz (x,), und beträgt die Menge der wässerigen Lösung |, so kann man die Substanzmenge, die.nach n Ausschüttelungen in der wässerigen Lösung zurückbleibt, nach der folgenden Gleichung berechnen: 3532 Richard Kempf. ERERREAHNS N n=xım+tk.l, Nach Herz und Rathmann!) ist der einfache Verteilungssatz aller- dings häufig nicht erfüllt. Es ist dann die Bildung von polymerisierten Molekeln oder von Verbindungen zwischen gelöstem Stoff und organischem Lösungsmittel anzunehmen.:) Mit dieser Annahme läßt sich auch die Tatsache ungezwungen er- klären, daß der Extraktionsvorgang häufig vollkommen zum Stillstand kommt, sobald eine untere Grenze der Verdünnung erreicht ist. So extra- hiert nach Sisley®) z.B. Toluol keine Spur Pikrinsäure mebr aus wässerigen Lösungen, wenn deren Konzentration auf 1:100.000 gesunken ist, — obwohl Pikrinsäure in Toluol achtmal löslicher ist als in Wasser. Als Beispiele, die den Verteilungssatz illustrieren und die mit der theo- retischen Forderung praktisch genügend übereinstimmen, seien von analy- tischen Befunden die folgenden erwähnt. Bei der quantitativen Bestimmung des Quercetins in Wein durch Extraktion mit Äther, wobei jedesmal die doppelte Menge Äther angewendet wurde, ergab nach ». Fellenberg*) die 1. Ausschüttelung: 87°/, des gesamten gelben Farbstoffes, 3 2 11.107 b} _. .. - ’o .. N „ „ (berechnet: 11'3%/, —= 87°/, des verbliebenen Restes), is: a : 20/, des gesamten gelben Farbstoftes (berechnet: 1:7°/, = 87°/, des verbliebenen Restes). Weniger gut im Einklang mit den Forderungen der Theorie stehen schein- bar die Versuchsergebnisse, die bei der quantitativen Extraktion der Gerb- und Gallussäure aus Eisengallustinten erhalten wurden.°) Beim Aus- schütteln einer Mischung von 10 cm® Tinte und 10 cm: Salzsäure (d = 1'1) mit je 50 cm: Essigester nach den neuen Grundsätzen für amtliche Tinten- prüfung in Preußen ®) ergab ‘) W. Herz und W. Rathmann, Anwendungen des Verteilungssatzes. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 19, S. 552 (1913). °) Vgl. auch: P. Sisley: Augenblicklicher Stand unserer Kenntnisse über die Theorie der Färbung. Chem.-Zeitg. Bd.37, S.1358 (1913). — Siehe aber auch: @. vr. Georgievies, Über das Wesen des Vorganges, welcher bei der Verteilung eines Stoffes zwischen zwei flüssigen Lösungsmitteln stattfindet. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 84, S. 353 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. Il, S.1355. — XNilratan Dhar, Ver- bindung des gelösten Körpers und des Lösungsmittels in der Lösung. Zeitschr. f. Elek- trochemie, Bd. 20, S. 69 (1914). 2) P. Sisley, ]. e. *) Th. v. Fellenberg, (Quercetinbestimmung in Wein. Mitteilungen aus dem Ge- biete der Lebensmitteluntersuchung und Hygiene. Bd. 4, S. 6 (1913). °) R. Kempf, Untersuchungen über Eisengallustinten; 12. Mitt,.: Selbsttätige Vor- richtung zum Ausziehen von Eisengallustinten mit Essigester. „Mitteilungen aus dem Kgl. Materialprüfungsamt zu Berlin-Lichterfelde“, Bd. 31, S. 451 (1913). °) Vgl.: F. W. Hinrichsen, Die neuen Grundsätze für amtliche Tintenprüfung. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 265 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 333 die 1. Ausschüttelung: 05529 = 78'9°/, des Ganzen 2: e 7 BERUF Hd. e FRH2TE 30 aid 5 2, 1.0) SP er Kerle: Be: 370 Bub: ORTEN 040), EZ ganzen: 0700 4 = 100°0°/, Die Unstimmigkeiten beruhen wahrscheinlich darauf, daß in Tinten stets ein Gemisch von Gerbstoffen (z. B. Tannin und Gallussäure) vor- liest, und daß sich auch der den Tinten zugesetzte organische Farbstoff ein wenig in Essigester auflöst. Auch kommt wohl noch hinzu, daß im Verlaufe der Extraktion eine teilweise Hydrolyse der Gerbstoffe durch die anwesende Säure eintritt. Immerhin geht aus den obigen Zahlen her- vor, daß bereits durch die ersten beiden Ausschüttelungen fast der ge- samte Gerbstoff (mehr als °/,, des Ganzen) extrahiert wird. Ein ganz be- sonders sorgfältiges Arbeiten erfordert daher die erste Portion Extrakt, von der kein Tropfen verloren gehen darf, wenn nicht merkliche Fehler entstehen sollen. Endlich wird öfters die folgende Überlegung praktisch wichtig sein. Soll die Menge eines gelösten Stoffes mit Hilfe des Ausschüttelungsver- fahrens quantitativ bestimmt werden, und ist der Teilungskoeffizient be- kannt, so erübrigt sich in vielen Fällen eine erschöpfende Extraktion. Es genügt vielmehr eine einzige Ausschüttelung und die Bestimmung der in das Extraktionsmittel übergegangenen Menge der betreffenden Substanz, um unter Berücksichtigung des Mengenverhältnisses der beiden Lösungs- mittel und auf Grund des Berthelotschen Gesetzes die Gesamtmenge der zu bestimmenden Substanz rechnerisch ermitteln zu können. — Die Verteilungskoeffizienten für einige Stoffe zwischen halogenhaltigen Lösungsmitteln und Wasser haben Herz und Rathmann‘) bestimmt. Ver- suche über die Verteilung eines Elektrolyten zwischen Wasser und einem zweiten Lösungsmittel haben Dhar und Datta®) angestellt. Über die Ver- teilung von Thymol zwischen Wasser und Ölen bei verschiedenen Tem- peraturen berichtete Seidell. >) Sisley*) stellte fest, daß das Gesetz der Teilungskoeffizienten sich auch auf die Extraktion von Säurefarbstoffen durch Seide anwenden läßt. Welche wertvollen Dienste die Extraktion als Trennungsmethode ge- legentlich zu leisten vermag, erhellt namentlich aus den erfolgreichen Ver- 1) W. Herz und W. Rathmann, Anwendungen des Verteilungssatzes. Zeitschr. f. irochem. Bd. 19, S. 552 (1913). ®) N. Dhar und A. K. Datta, Verteilung eines Elektrolyten zwischen Wasser und einem zweiten Lösungsmittel. Zlschr f. Elektrochem. Bd. 19, S. 583 (1913). 3) A. Seidell, Löslichkeit und Verteilungskoeffizient des Thymols. Cbem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1190 (1912). #) P. Sisley, Augenblicklicher Stand unserer Kenntnisse über die Theorie der Fär- bung. Chem.-Zeitg. Bd. 37, 8.1358 (1913). 334 Richard Kempf. suchen Kurt H. Meyers‘), die Enol- und Ketoform des Azetessigesters durch Ausschütteln voneinander zu scheiden. Der Azetessigester besteht im Gleichgewicht zu etwa 7°/, aus der Enol- und zu etwa 93°/, aus der Keto- torm.?) Auf Grund von Versuchen und physikalisch-chemischen Betrach- tungen gelang es nun, durch Ausschütteln des Gleichgewichts-Azetessig- esters mit Hexan oder Petroläther bei 0° das Keton fast ganz frei von Enol zu erhalten. Bereits nach 3maligem Ausschütteln des Azetessigesters mit dem doppelten Volumen gekühlten Hexans hinterbleibt die Ketoform fast rein (98:5°/,ig). Manchmal gelingt es, zwei miteinander mischbare Flüssigkeiten da- durch voneinander zu trennen, daß man einen dritten Stoff, der nur in der einen Flüssigkeit löslich ist, hinzusetzt, bis sich die andere Flüssigkeit abscheidet. Man trennt dann die Schichten im Scheidetrichter. So lassen sich z.B. die Alkohole aus wässeriger Lösung durch Zusatz von Pottasche ab- scheiden, und zwar in einem Alkoholgemisch die höheren Alkohole gemäß ihrer schwereren Löslichkeit früher als die niedrigeren. Hierauf gründet sich ein Anreicherungsverfahren von Methylalkohol zum Zwecke seines Nachweises. °) Dem Kaliumkarbonat ähnlich in der Wirkung und ihm oft vorzuziehen ist Kaliumfluorid*) (siehe auch unten, S. 386, unter „Aussalzen“). Auch bei der quantitativen Trennung von Chlorophyli a (C,; H;s 0, N,Mg) und Chlorophyll b (C,; H,, O0, N,Mg), dieser beiden Komponenten des natürlichen Chlorophylis, hat ihre etwas ungleiche Verteilung zwischen mehreren miteinander nicht mischbaren Lösungsmitteln vorzügliche Dienste geleistet.) — Über das Haften fester Partikel an der Grenzfläche zweier Flüssig- keiten liegen Angaben von Ho/mann®) vor. Feine Pulver bleiben nach dem Schütteln mit zwei nicht völlig mischbaren Flüssigkeiten öfters quan- titativ an deren Grenzfläche sitzen : eine Folge der gleichzeitigen Benetzung der festen Substanz durch beide Flüssigkeiten. Ferner hat Reinders’) die ') Kurt H. Meyer, Über Keto-Enol-Tautomerie. Liebigs Annal. d. Phys. u. Chem. Bd. 380, S. 212 (1911); vgl. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 270 (1912). °) K. H. Meyer, l. ec. — K. H. Meyer und P. Kappelmeier, Über die Tautomerie des Azetessigesters. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 44, S. 2718 (1911). — Vgl. auch: L. Knorr, Desmotropie beim Azetessigester. Ebenda. Bd. 44, S. 1138 (1911). ®) Th. v. Fellenberg, Bestimmung und Nachweis von Methylalkohol. Mitteilungen aus dem Gebiete der Lebensmitteluntersuchung und Hygiene. Bd. 4, S. 141 (1913). ") @. B. Frankforter und F. €. Frary, Gleichgewichte in Systemen, die Alkohole, Wasser und Salze enthalten, mit einer neuen Methode der Alkoholanalyse. Journ. of physical. Chem. Vol. 17, p. 402 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 422. °) Vgl.: R. Willstätter und A. Stoll, Untersuchungen über Chlorophyll. Berlin (Jul. Springer) 1913. — R. Willstätter, Über Chlorophyll. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 26, S. 507 (1913). °) F. B. Hofmann, Versuche über Benetzung und über das Haften fester Partikel an der Grenze zweier Flüssigkeiten. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd..83, S. 385 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 641. ) W. Reinders, Die Verteilung eines suspendierten Stoffes auf zwei Flüssigkeits- phasen und ihre praktische Bedeutung. Chemisch Weekblad. Bd. 10, S. 700 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1098. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik*“. 33 [eo] | Verteilung eines suspendierten Stoffes auf zwei Flüssigkeitsphasen eingehend untersucht. Diese Verhältnisse haben eine große praktische Bedeutung, weil auf ihnen eine Trennungsmethode fester Stoffe gegründet werden kann, und weil u. a. die Waschwirkung der Seife darauf beruht. Untersuchungen von Georgievies!) über die Verteilung von Ameisen- säure, Essigsäure und Buttersäure zwischen Wasser und Benzol haben er- geben, daß die übliche Auffassung des Vorganges, welcher sich bei der Verteilung eines Stoffes zwischen zwei flüssigen Lösungsmitteln abspielt, nicht in allen Fällen zutreffend sein kann. Vielmehr ist die Analogie mit der Adsorption so weitgehend, daß die Gleichheit dieser zwei Vorgänge im wesentlichen sehr wahrscheinlich ist. Das Studium der anormalen Ver- teilung von Stoffen zwischen Wasser und einem Kohlenwasserstoff (vel. oben) dürfte hierüber entscheiden. Oft ist es zweckdienlich, namentlich bei quantitativen Versuchen, das erhaltene Extrakt vor dem Eindampfen gleich erst zu waschen, Schüttelt man z. B. bei der Tintenanalyse die Gerb- und Gallussäure aus der angesäuerten Eisengallustinte mittelst Essigester aus, so geht stets auch etwas Eisenoxydsalz in den Ester über.) Um die Essigesterlösung von dieser das Analysenergebnis beeinträchtigenden Verunreinigung zu be- freien, schüttelt man sie vor dem Eindampfen mehrere Male mit einer wässerigen halbgesättigten Chlorkaliumlösung aus, die das Eisensalz vollständig, nicht aber in wägbarer Menge die Gerb- und Gallussäure herauswäscht. ?) Liegt in einem Extrakt ein Gemisch saurer, basischer und neutraler Stoffe vor, so kann man oft durch folgeweises Schütteln der Lösung mit verdünnter Lauge und Säure eine Trennung der einzelnen Bestandteile bewirken. b) Selbsttätige Extraktion von Flüssigkeiten (vgl. S. 178— 181). Es sind zwei prinzipiell verschiedene Klassen von selbsttätig wirkenden Extraktionsapparaten zu unterscheiden, je nachdem die Vorrichtung für organische Lösungsmittel berechnet ist, die spezifisch leichter sind als die auszuziehende Lösung, oder spezifisch schwerer. Entsprechend dem Um- stande, daß man weitaus am häufigsten Lösungsmittel anwendet, die spezifisch leichter als Wasser sind (Äther, Essigester, Benzol, Benzin usw.), ist die große Mehrzahl der vorgeschlagenen Extraktionsapparate für spe- 1) @. v. Georgievies, Studien über Absorption in Lösungen. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1212 (1913). — Derselbe, Über das Wesen des Vorganges, welcher bei der Ver- teilung eines Stoffes zwischen zwei flüssigen Lösungsmitteln stattfindet. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 84, 5.353 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1355 und 1914, Bd. I, S. 600. ?) Vgl.: F. W. Hinrichsen, Die Untersuchung von Eisengallustinten. Stuttgart (F. Enke) 1909, S. 71. ») F. W. Hinrichsen, Untersuchungen über Eisengallustinten IV. Über die Be- stimmung von Gerb- und Gallussäure bei Gegenwart von Eisensalzen. Mitteilungen aus dem Kgl. Materialprüfungsamt zu Berlin-Lichterfelde. Bd. 24, S. 287 (1906). 336 Richard Kempf. zifisch leichtere Lösungsmittel konstruiert. Von spezifisch schwereren Flüssigkeiten sind eigentlich nur Schwefelkohlenstoff und die halogen- haltigen Lösungsmittel (Chloroform , Tetrachlorkohlenstoff und die ge- chlorten Äthylene und Äthane) als Extraktionsmittel üblich. (Näheres über die am häufigsten gebrauchten organischen Lösungsmittel siehe unten, S. 358ff., unter „Umkristallisieren“.) 7») Selbsttätige Extraktionsapparate für spezifisch leichtere Lösungs- mittel. Alle Apparate, die dem in der Überschrift genannten Zweck dienen, sind im Prinzip genau gleich. In einem Kölbcehen wird das organische Lösungsmittel zum Sieden erhitzt, die Dämpfe gelangen durch einen längeren Verbindungsweg in einen oben befindlichen Kühler, werden hier kondensiert und tropfen nun in ein Trichterrohr, das in dem mit dem Extraktionsgut beschickten (refäß steht. Hier steigen die Tröpfchen infolge ihres geringeren spezifischen Gewichtes durch die Lösung hindurch nach oben, sättigen sich auf ihrem Wege mit dem zu extrahierenden Stoff, sammeln sich über der Lösung an und gelangen endlich durch ein Überlaufrohr in das Destillationskölbcehen zurück, um unter Hinterlassung der aufgenommenen Substanz den Rundweg von neuem anzutreten. Dieses feststehende Kon- struktionsprinzip ist wohl zum erstenmal deutlich in dem schon beschrie- benen Apparat von Schwarz verkörpert (vgl. Bd. 1, S. 178, Fig. 352). Ver- schieden ist in den zahllosen ähnlichen Apparaten nur die Anordnung der einzelnen Teile und die Ausbildung des Details. Um eine schnelle, ausgiebige Extraktion zu erzielen, muß natürlich dafür gesorgt werden, daß das Extraktionsmittel die Lösung möglichst innig durchdringt und sich das Gleichgewicht des gelösten Stoffes in seiner Verteilung zwischen den beiden Flüssigkeiten möglichst momentan ein- stellt. Zur Erreichung dieses Zweckes sind eine ganze Reihe von Vor- schlägen gemacht worden. In der von Kempf!) angegebenen Konstruktion (Fig. 111) ist das Trichterrohr unten brausenförmig ausgebildet oder mit einer Flachglasspirale umgeben, an der entlang die Tröpfchen empor- steigen müssen. Außerdem ist das Gefäß für die zu extrahierende Lösung sehr lang und schmal gewählt, damit die Flüssigkeitssäule möglichst hoch sej. Man tut ferner gut, das Lösungsmittel möglichst lebhaft sieden zu lassen; die gewaltsam aufsteigenden Tröpfchen besorgen dann selbst wirksam eine Durchmischung der Flüssigkeiten. In den Apparaten von Friedrichs?) ist entweder das Trichterrohr (Fig. 112) oder das Gefäß (Fig. 115) mit schraubenförmigen Rillen versehen. ') R. Kempf, Über selbsttätige Extraktion wässeriger Flüssigkeiten durch spezifisch leichtere organische Lösungsmittel. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 1365 (1910). °) F. Friedrichs, Ein neuer Extraktionsapparat. Zeitschr. f. analyt. Chemie. Bd. 50, S. 756 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 625 (1911). — Vgl. auch: Derselbe, Ein neuer Apparat zum Extrahieren von Flüssigkeiten. Journ. Amer..Chem. Soc. ‚Vol. 34, p. 285 (1912) und Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 25, S. 158 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 389 (1912). Fig. 111. ( u ERBEN af) ES u - it \W NE] El EEREARMNRN s E e ————— nenn ae N\ SEEN h Vi N Wi \Wal N N va A UT TREEN T=Z (An IS u N YA iR Apparat zur Extraktion von Lösungen nach Kempf (1. Modell). Bd. 35, Rep. S. 397 (1911). Chem.-Zeitg. Bd. 37, 1381 (1913). Fig. 112. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 337 Der Apparat von Koolmann!) erlaubt ein Rühren durch Einblasen eines Gasstromes (Fig. 114), durch den die zu extrahierende Flüssigkeit dauernd bewegt wird. Mechanische Rührung ist in dem schon beschriebenen (Bd.1, S.181, Fig.359) und neuerdings wesentlich verbesserten ?) Apparat von Zelmanowitz vorge- sehen (Fig. 115), ebenso in der von Eimbden und Lind °) vorgeschlagenen sehr wirk- samen Konstruktion, bei der das Trichterrohr selbst rotiert (Fig. 116), und ferner in dem Perforations- apparat von Kreis.*) Einige Apparate zur Extraktion von Lösungen nach Friedrichs. 1) F. C. ten Doornkaat Koolmann, Zeitschr. Spir.-Ind. 1911, S. 367; Chem.-Zeitg. ?) Extraktionsapparat nach Zelmanowitz, vereinfacht und verbessert von Tolmaez, 3) Vgl.: G. Embden und F. Kraus, Über Milchsäurebildung in der künstlich durch- strömten Leber. Biochem. Zeitschr. Bd. 45, S. 7 und 32 (1912); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. II, S. 1832. — Siehe auch dieses Handbuch, Bd.3 (2), S. 930—932 und Fig. 271 u. 272. #) H.Kreis, Modifikation eines Perforationsapparates. Chem.-Zeitg. Bd. 38, S. 76 (1914). — Siehe auch: E. Reichmann, Zuschrift an die Redaktion, ebenda, S. 259. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 22 538 Richard Kempf. Konstruktionen bieten dem Flüssigkeitsgemisch mit Hilfe eines Spiral- rohres einen langen Weg dar, so z. B. der Perforator von Partheil und Rose‘), ferner ein zweiter Apparat von Koolmann?) und der Apparat von Berl.) Diese letzte — etwas komplizierte — Vorrichtung weicht auch insofern von dem oben geschilderten Typus ab, als nicht das flüssige organische Lösungsmittel, son- dern sein Dampf, und zwar mit Fig.115. einem indifferenten Gase ge- mischt, in der wässerigen Lö- sung aufsteigt. Fig. 114. AITNN> KANKLANDÄRLAN LA T Eins ya Apparat zur Extraktion von Lösungen Apparat zur Extraktion von Lösungen nach nach Koolmann. Zelmanowitz, verbessert von Tolmacz. !) A. Partheil und J. A. Rose, Eine direkte gewichtsanalytische Bestimmung der Borsäure. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 34, S. 3611 (1902). — Dieselben, Die direkte gewichtsanalytische Bestimmung der Borsäure in Nahrungsmitteln. Zeitschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm. Bd.5, S.1049 (1912); vgl. auch : Joh. Pinnow, Zur Bestimmung des Hydrochinons. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd.50, S.155 (1911). — Derselbe, Über die gemeinsame Oxydation von. Hydrochinon und Sulfit durch Luftsauerstoff. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 19, S.263 (1913). — Th. Roettgen, Über freie und gebundene Milch- säure in Trauben- und Obstwein. Zeitschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm. Bd. 26, S. 648 (1913); Chem. Zentralbl. 1914, Bd. I, S. 489. ale. >) E. Berl, Über Laboratoriumsapparate. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 429 (1910). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 339 Alle bisher beschriebenen Apparate, mag nun der Destillationskolben seitlich angeordnet sein (Prinzip des Apparates von Äutscher und Steudel') oder unterhalb des Extraktionsraumes (Prinzip des Apparates von Schwarz?) und van Rijn®), haben die Eigenheit, daß die Lösung während der Extraktion mehr oder minder stark — meistens bis nahe zum Siedepunkt des angewendeten organischen Lösungsmittels — erwärmt wird. Leicht zersetzliche Substanzen können daher mit derartigen Apparaten nicht Fig.116. Apparat zur Extraktion von Lösungen nach Embden und Lind. automatisch extrahiert werden. Ebenso bedenklich ist es, in solchen Apparaten mit leicht zersetzlichen Lösungsmitteln, z. B. mit Essigester bei Gegenwart von Mineralsäuren, zu extrahieren. Will man z. B. aus Eisen- gallustinten nach dem Ansäuern mit Salzsäure den Gerbstoff mittelst Essigesters ausziehen, so tritt schon bei wenig erhöhter Temperatur sehr rasch eine Hydrolyse des Esters in Alkohol und Essigsäure ein und der Alkohol löst sofort auch den Tintenfarbstoff auf, mit dem das Extrakt daher stark verunreinigt wird. Außerdem erfolgt bereits nach wenigen Minuten !) Vgl. dieses Handbuch. Bd. 1, S. 181. ?) Vgl. dieses Handbuch. Bd. 1, S. 178, Fig. 352. ®) Siehe dieses Handbuch. Bd. 1, S. 179, Fig. 353. 540 Richard Kempf. eine Vermischung der Schichten, da der Alkohol sowohl mit Wasser wie mit Essigester in allen Verhältnissen mischbar ist. Diesen Übelständen hilft ein ebenfalls von Kempf!) vorgeschlagener Apparat, bei dem der Extraktionsraum mit einem Kühlmantel umgeben ist, wirksam ab (Fig. 117). Das spiralig gewundene Trichterrohr ist unten am Ende pilzförmig aus- gebildet und brausenförmig mit äußerst feinen Löchern versehen. Nötigenfalls kann man durch Schaffung von Minderdruck den Siedepunkt des Lösungsmittels noch wesentlich erniedrigen und so die Gefahr einer Überhitzung der Substanz beseitigen. Fig. 117. Man braucht nur das Innenrohr des Kühlers, das oben olivenförmig gestaltet ist, durch einen Druck- schlauch mit einer Luftpumpe zu verbinden. Nur ist hierbei zu beachten, daß der Druck nicht so weit erniedrigt werden darf, Fig.118. dab der Siedepunkt des Lö- sungsmittels der Tempera- tur des Kühlwassers nahe kommt. Denn dann bleibt die Kondensation der Dämpfe unzureichend und ein großer Teil von ihnen wird von der Pumpe abgesaugt. Die von Foerster ?), Ku- magawa und Suto®), Fiske*), Bacon und Dunbar®), Yo- der®) vorgeschlagenen Ex- 1) R. Kempf, Ein Appa- rat zur selbsttätigen Extraktion wärmeempfindlicher Lösungen, Chem.-Zeitg. Bd.37, S.774 (1913). — Siehe ferner: Derselbe, Untersuchungen über Eisengallus- Apparat zur Extraktion wärme- tinten. 12. Mitt. Selbsttätige Vor- empfindlicher Lösungen Universal-Extraktionsapparat richtung zum Ausziehen von ur De Eisengallustinten mit Essigester. Mitteilungen aus dem Kgl. Materialprüfungsamt. Bd. 31, 5.451 (1913). 2) 0. Foerster, Zur Extraktion von Flüssigkeiten. Chem.-Zeitg. Bd. 22, S. 421 (1898) ; Chem. Zentralbl. 1898, Bd. I, S. 244. 3) M. Kumagawa und K. Suto, Über die Bestimmung des Fettgehaltes tierischer Flüssigkeiten nach Pflüger-Dormeyer. Hofmeisters Beitr. z. chem. Physiol. u. Path. Bd. 4, S. 185 (1904). R #) A. H. Fiske, Apparat zur Extraktion von Flüssigkeiten mit Äther. Amer. Chem. Journ. Vol. 41, p. 510 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 389 (1909). 5) R. F. Bacon und P. B. Dunbar, Neue chem. Apparate. 1. Apparat für fort- laufende Extraktion von Flüssigkeiten mit nichtmischbaren Lösungsmitteln, die leichter sind als Wasser. U. S. Dept. Agric., Bur. Chem., Cire. 80 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 17 (1912). 6) P. A. Yoder, Bemerkungen zur Bestimmung der Säuren im Rohrzuckersaft. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 3, p. 640 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 12 (1912). NINAANANAANRDRRÄNN a bieten. die Originalarbeiten verwiesen. Lösungsmitteln (vgl. unten S. 368 ff.), dienen, beruhen fast alle auf dem Prinzip des Überlaufhebers der Florentiner Flaschen (vgl. Bd. VI, S. 746, Fig. 309), das u.a. auch bei dem bekannten von Lothar Meyer angegebenen Apparat zur Reini- gung von Quecksilber mittelst ver- dünnter Salpetersäure (vgl. Bd. VI, S. 753, Fig. 318) Anwendung ge- funden hat. Eine derartige Extraktions- vorrichtung für spezifisch schwerere organische Lösungsmittel, z. B. zum Auslaugen eines wässerigen Drogen- extraktes mit Chloroform, schlug u.a. Berlin®) vor (Fig. 119). Man beschickt den Kolben a zunächst soweit mit Chloroform, bis die Mün- dung des Rohres d eben unter den Flüssigkeitsspiegel taucht, und füllt dann die zu extrahierende wässerige Lösung ein, bis durch ihren Druck das Chloroform bis e emporgestiegen ist. Im Kölbehen g wird Chloroform zum Sieden erhitzt. Die Dämpfe steigen durch /, e, c, b in den Kühler A empor, werden hier ver- dichtet, tropfen durch die auszu- Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 341 traktionsapparate seien hier nur erwähnt, da sie nichts prinzipiell Neues Bezüglich des interessanten Extraktionsapparates von Pellizza!), so- wie des „Universal-Extraktionsapparates“ von Hahn?) (Fig. 118) sei auf ß) Selbsttätige E.xtraktionsapparate für spezifisch schwerere Lösungs- mittel. Die Apparate, die zur automatischen Extraktion wässeriger Lösungen mit spezifisch schwereren Lösungsmitteln, z. B. mit den halogenhaltigen Fig. 119. Apparat zur Extraktion von Flüssigkeiten nach Berlin. laugende Flüssigkeit hindurch, sammeln sich am Boden des Gefäbßes « an 1) A. Pellizza, Apparat zur kontinuierlichen Extraktion von Lösungen. Chem.-Zeitg. Bd. 28, S. 186 (1904). 2) Hahn, Universal-Extraktionsapparat. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 880 (1913). 5) Er. Berlin, Vorrichtung zum Auslaugen von Flüssigkeiten mit spezifisch schwereren Lösungsmitteln. D. R.-P. 251.459; Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 568 (1912). 342 Richard Kempf. und verdrängen dabei durch das Rohr d, ce die ihnen gleiche Menge Chloro- form, das dann von c an auf der Sohle des Rohres c, e, f fortwährend nach g zurückfließt, um hier von neuem zu verdampfen. Da eine Durch- mischung der Flüssigkeiten im Kölbcehen auf mechanische Art nicht vor- gesehen ist, dürfte ein Konstruktionsfehler an diesem Apparat die Form des Gefäßes a sein, das lang und schmal hätte gewählt werden müssen, um eine genügend innige Berührung zwischen den beiden Flüssigkeiten herbei- zuführen. Prinzipiell unterscheidet sich die Vorrichtung übrigens in keiner Weise von dem schon beschriebenen Extraktionsapparat nach Winter (vgl. Bd. I, S. 180 und Fig. 355, S. 179). Eine anscheinend recht praktische Versuchsanordnung zur quanti- tativen Trennung des Nitroglycerins von nitrosubstituierten Beimen- gungen schlug Ayde!) vor. Die Methode beruht auf der selbsttätigen Extraktion des in 70°/,iger Essigsäure gelösten Gemisches mittelst Schwefelkohlenstoff, der die höheren und aromatischen Nitroverbin- dungen löst, nicht aber das Nitroglycerin. 3. Extrahieren von festen Körpern. a) Mazerieren und Digerieren (vgl. S. 151—182). Um die Mazeration fester Stoffe, welche die Lösungsflüssiekeit schlecht aufsaugen, zu beschleunigen, gab Bruns?) eine Preßvorrichtung an, die in der Handhabung äußerst bequem und von starker Wirkung ist. Mit Hilfe der Wasserleitung wird in dem Apparate ein Druck von 1—2 Atm. hergestellt und die Substanz in Sand, Stroh oder dgl. als Zwischenmaterial eingebettet. Bereits durch eine zweimalige Abpressung ist das Material meistens genügend erschöpft. Auch bei der Extraktion von Fetten und Ölen wird vielfach mit Vorteil unter Anwendung stärkerer Drucke gear- beitet.°) Es ist aber klar, daß die Mazeration unter Druck bei manchen Substanzen, deren Poren leicht zusammengepreßt werden, auch schädlich wirken kann*), ja, daß in manchen Fällen die Schaffung eines Minder- drucks weit nützlicher ist. So empfiehlt es sich z. B. bei der Entfettung von Knochen, Leimleder und ähnlichen Stoffen, mittelst flüchtiger Lösungsmittel zunächst die Luft aus dem Extraktionsgut durch Schaffung 1) A. L. Hyde, Die quantitative Trennung des Nitroglycerins von nitrosubstituierten Verbindungen. Journ. Americ. Chem. Soc. Vol. 35, p. 1173 (1912) ; Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1519. ®) W. Bruns, Die Gewinnung dickflüssiger Extrakte durch Druck. Chem.-Zeitg. Bd. 24, S. 683 und 845 (1905). — L.Kroeber, Über die Extraktion unter Druck. Pharm. Zentralhalle. Bd. 51, S. 41 und 153 (1910); Chem. Zentralbl. 1910, Bd. I, S. 855 und 1543. — W. Bruns, Fortschritte im Extraktionsverfahren. Pharm. Zentralhalle. Bd. 51, S. 150 (1910); Chem. Zentralbl. 1910, Bd.I, S. 1543. 3) W. M. Booth, Die Extraktion der Fette und Öle vom kommerziellen Stand- punkt. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 99 (1910). *) Vgl.: J. Herzog, Die Gewinnung dickflüssiger Extrakte durch Druck. Chem.- Zeitg. Bd. 24, S. 804 und 888 (1905). — Derselbe, Über die Zweckmäßigkeit von Perkolation oder Mazeration zur Herstellung von Tinkturen. Ber. d. Deutsch. Pharm. Ges. Bd. 16, S. 359 (1906); Chem. Zentralbl. 1907, Bd. I, S. 367. ee EEE, ara RED DNA EN = a a En Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 343 eines Vakuums vollständig herauszusaugen, die Poren des Materials sich mit dem Dampf des Lösungsmittels füllen zu lassen und erst dann Druck anzuwenden. Auf diese Weise wird das Extraktionsgut durch und durch mit dem flüssigen Lösungsmittel benetzt, wodurch die Fettextraktion in hohem Maße beschleunigt und erschöpfend gestaltet wird.!) Beim Mazerieren oder Digerieren zusammenbackender Massen ist es häufig sehr nützlich, das Material durch Zusatz eines starren unlöslichen Körpers aufzulockern. Bei der Herstellung von Opiumtinktur empfiehlt es sich z. B., eine dem Opium gleiche Menge reinen Sandes beizumischen. Das Opium setzt sich dann nicht so fest zu Boden und wird daher besser ausgezogen.?) Zur Gewinnung einer gehaltreichen Myrrhentinktur genügt dagegen eine 3tägige Mazerationsdauer mit 96°/,igem Weingeist, ohne daß der Zusatz eines indifferenten Stoffes nötig wäre.) Zur Extraktion der Blattfarbstoffe aus getrockneten Blättern über- gießt man nach Willstätter*) in einer geräumigen, innen rauhen Reib- schale von etwa 25cm Durchmesser 409g Blätter mit 50 cm: 40°/,igem Azeton und zerreibt rasch unter Zusatz von 1009 Quarzsand. Einen Apparat zum Auslaugen in der Wärme schlug Astruc5) vor. Die Vorrichtung soll hauptsächlich pharmazeutischen Zwecken, speziell dem Auslaugen von Pflanzenpulvern mit heißem Wasser, dienen. Der Apparat, der vor einem gewöhnlichen Soxhlet den Vorzug der Billiekeit hat, gewährt die Möglichkeit, größere Massen auf einmal zu extrahieren. Nach Herzog®) besitzen die durch Perkolation hergestellten Tink- turen einen hohen und bleibenden Mehrgehalt an Extraktstoffen gegenüber den durch Mazeration gewonnenen Auszügen. Über den Einfluß der Konzentration des Alkohols auf den Gehalt einiger Tinkturen an Alkaloiden und Extraktstoffen teilte Liedtke?) einige’ praktische Erfahrungen mit. Um ein Gemisch durch Extraktion trennen zu können, ist es ge- legentlich angebracht, zunächst eine chemische Umwandlung der Bestand- 1) ©. v. Girsewald, Extraktion von Knochen, Leimleder und ähnlichen Materialien Br flüchtigen En nesmitteln im Vakuum. D. R.-P. 243.243. Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 218 (1912). 2) A. Korndörffer, Opiumtinktur. Apoth.-Zeitg. Bd. 27, S. 764 (1912); Chem.- Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 568 (1912). ®) ©. J. Reichardt, Myrrhenauszüge. Pharm.-Zeitg. Bd. 57, S. 678 (1912); Chem.- Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 568 (1912). #) Vel.: R. Willstätter und A. Stoll, Untersuchungen über Chlorophyll, Me- thoden und Ergebnisse. Berlin (Jul. Springer) 1913, S. 100. 5) A. Astruc, Die Auslaugung in der Wärme. Journ. Pharm. Chim. (7), T.1, p. 49 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 77 (1910). 6) J. Herzog, Über die Zweckmäßigkeit von Perkolation oder Mazeration zur Herstellung von Tinkturen. Ber. Deutsch. Pharm. Ges. Bd. 16, S. 359 -(1906); Chem. Zentralbl. 1907, Bd. I, S. 367. ?) W. Liedtke, Über die Eiekang des Alkoholgehaltes auf en Gehalt an Alkaloiden und Extraktivstoffen einiger Tinkturen. Pharm. Zeitg. Bd. 28, S. 727 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1329. 344 Richard Kempf. teile des Gemisches vorzunehmen. So erzielte z. B. Tanret!) eine ange- näherte Trennung eines Zuckergemisches in hydrolysierbare Zucker und Monosen, indem er die Zucker zunächst in ihre Hydrazone verwandelte und diese dann mit Essigester auszog. In diesem Lösungsmittel sind die hydrolysierbaren Zucker (Laktose und Maltose) wenig, die Monosen da- gegen leicht löslich. b) Selbsttätige Extraktion von festen Körpern (vgl. S. 182—185). Bei sämtlichen automatischen Extraktionsapparaten, die bisher vor- geschlagen worden sind, wird das Lösungsmittel dadurch immer wieder über das Extraktionsgut emporge- hoben und gleichzeitig von dem bereits gelösten Material befreit, daß es verdampft wird. Die Appa- rate sind ferner alle ohne Ausnahme so konstruiert, daß die Dämpfe in einem über dem Extraktionsgut an- gebrachten Rückflußkühler konden- siert werden, auf das Extraktionsgut herab- und durch dasselbe hindurch- tropfen und dann wieder in die Destillationsblase zurückgelangen. BEN een Am einfachsten wird dieses fester Körper nach Prinzip verwirklicht, wenn man ein Kochgefäß mit dem Lösungsmittel beschickt, einen Rückflußkühler aufsetzt und unter ‘dessen inneren Rohr die Extraktionshülse mit dem zu extrahierenden Material aufhängt. Mit den ein- fachsten Hilfsmitteln läßt sich ein solcher Apparat um! in der Weise improvisieren, wie es Fig. 120 zeigt?) Apparat zur Extraktion fester (vgl. auch Bd. I, S. 183, Fig. 363). Man läßt zweck- ar Meyer mäßig zuerst die mit der Substanz beschickte Hülse bis in die siedende Flüssigkeit hineintauchen und hängt sie erst später, wenn die Extraktion nahezu vollendet ist, im Dampfraum auf. Fast ebenso einfach ist der ältere von Gräfe?) vorgeschlagene Apparat, den Holde und Meyerheim*) etwas eleganter gestalteten (Fig. 121). Ein unter der Hülse aufgehängtes Glasschälchen ermöglicht gelegentliche Probenahmen zwecks Fig. 121, !) C. Tanret, Über die Extraktion der reduzierenden Zucker (Monosen). Bull. Soc. Chim. de Paris. [3]. T. 27, p. 392 (1902); Chem. Zentralbl. 1902, Bd. I, S. 1321. ?) W. Clacher, Ein handlicher Fettextraktionsapparat. The Analyst. Vol. 35, p. 349 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 497; vgl. auch W. Knight, The Analyst. Vol. 8, p- 65 (1883). 3) E. Gräfe, Braunkohle. 1904, S. 242; vgl.: L. Ubbelohle, Chemie, Analyse, Ge- winnung der Öle, Fette und Wachse. Leipzig (S. Hirzel) 1908, Bd. 1, S. 19. *) D. Holde und @. Meyerheim, Zur Bestimmung der in Alkohol-Äther unlöslichen Pechstoffe dunkler Mineralzylinderöle. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 369 (1911); vgl.: D. Holde, ne AR re ERDE RE # Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 345 Feststellung des Endpunktes der Extraktion. Hängt man nach beendigter Extraktion ein genügend großes Bechergläschen oder Glaseimerchen unter dem Kühler auf, so kann man auf diese einfache Weise gleich das Lösungs- mittel vom Extrakt abdestillieren.!) Für Versuche im größeren Maßstabe gab Jacobson?) einen auf demselben Prinzip beruhenden Apparat mit einer etwa 1m langen Extraktionshülse (Glasrohr mit durchlochter Porzellan- platte) an. Auf die ganz ähnlichen Apparate von Cary-Curr®) (Goochtiegel als Extraktionshülse), Kalusky*), Beadle und Stevens®) erübrigt es sich einzugehen, da sie prinzipiell nichts Neues bieten. Erwähnt sei nur noch der von Gerber‘) angegebene Apparat (Fig. 122). Der Extraktionsraum ist hier wesentlich weiter als bei den übrigen Apparaten, und zwar trichterförmig gestaltet, so daß ohne weiteres gewöhnliche Rundfilter eingesetzt werden können. Der Apparat kann also zum bequemen automatischen Auswaschen von Niederschlägen direkt auf dem Filter dienen (vgl. über derartige Vorrichtungen im übrigen Bd.I, S. 108 ff. und Bd. VI, S. 722#f.). Einen ganz Ähnlichen Apparat schlug Drechsel?) vor. Ein Nachteil der Bauart aller dieser Apparate be- steht darin, daß das Zu- und Abtropfen des Lösungs- mittels in ungefähr gleichem Tempo erfolgen muß. Ist die Extraktionshülse so wenig durchlässig, daß das Lösungs- mittel rascher hineintropft, als es durch das Extraktions- gut und die Filterporen der Hülse hindurchzusickern ver- mag, so fließt ein Teil der Flüssigkeit oben aus der Hülse | „parat zur Extraktion heraus, und es ist, wenn man das Extraktionsgut nicht fpster Körper und zum mit einer Packung von Watte, Asbest, Glaswolles), Silber- en 8 dem sand oder dgl. bedeckt und sie womöglich durch eine Fig. 122. Untersuchung der Kohlenwasserstofföle und Fette, sowie der ihnen verwandten Stoffe. 4. Aufl. 1913 (Berlin, Jul. Springer), S. 43. 1) Nach Graftiau; vgl.: L. L. de Koninck, Über einen neuen Extraktionsapparat. Chem.-Zeitg. Bd. 19, S. 1657 (1895). — J. ©. Berntrop, Über die Bestimmung des Fett- gehaltes von Weizenbrot ... .. . Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 15, S. 122 (1902). 2) A. Jacobson, Ein verbesserter Extraktionsapparat. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 33, p. 2051 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 134 (1912). >) H. J. Cary-Curr, Extraktionsapparat für Versicherungslaboratorien. Journ. of Ind. and Engin. Chem. Vol. 4, p. 535 (1912); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. I, S. 1889. 4) Louise Kalusky, Ein einfacher Extraktionsapparat. Zeitschr. f. Unters. der Nahr.- und Genußm. Bd. 24, S. 623 (1912). 5) Cl. Beadle und H. P. Stevens, Ein einfacher, vollständig aus Glas bestehender Extraktionsapparat. The Analyst. Vol. 38, p. 143 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I, S. 1745. 6) N. Gerber, Neuer Apparat zur Fettbestimmung der Milch und Beiträge zur Chemie derselben. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 9, S. 656 (1876). ?) E. Drechsel, Ein Extraktionsapparat. Journ. f. prakt. Chem. (2), Bd. 15, S. 350 (1877). 8) Siehe z.B.: R. Clauser, Über Neuerungen in der Indigoanalyse. Österr. Chem.- Zeitg. Bd. 2, S. 521 (1899); Chem. Zentralbl. 1899, Bd. II, S. 978. 546 Richard Kempf. Spiralfeder sichert!), die Gefahr gegeben, daß etwas von dem auszuziehen- den Material in die Destillierblase mit hinuntergerissen wird. Erfolgt um- gekehrt der Ablauf der Flüssigkeit aus der Hülse rascher als der Zulauf frischen Destillates, so besteht die Gefahr, daß sich das Lösungsmittel, da es beständig auf ein und dieselbe Stelle des Materiales tropft, in diesem einen Kanal wäscht. Hierdurch ist die Möglichkeit nahegerückt, daß die Ex- traktion ungenügend ausfällt und jedenfalls überflüssig viel Zeit beansprucht. Der zuletzt genannte Übelstand ist in den Apparaten vermieden, bei denen die Flüssigkeitsentleerung der Hülse nicht kontinuierlich, son- dern periodisch erfolgt. Dieser Arbeitsgang wird automatisch dadurch erreicht, daß an der gläsernen Extraktionshülse ein Überlaufheber (wie bei den Soxhlets) angebracht wird. Derartige Konstruktionen wurden z.B. von De Koninck ?) (Fig. 123), J. €. Berntrop®), Landsiedl*), Kumagawa und Suto>) (Fig. 124) und später fast gleichzeitig u. A. von Quäncke®), Ford?) (Fig. 125), Mae Nider ®), Jacoby?) und Lehmann !°) vorgeschlagen. !!) Diese Art Extraktionsapparate unterscheidet sich eigentlich nur insofern von den ge- wöhnlichen Soxhletapparaten, als sie weniger leicht zerbrechlich und etwa zer- brochene Teile leichter auswechselbar sind, und ferner dadurch, dal) die Fxtrak- tion bei höherer Temperatur, nämlich nahe dem Siedepunkte des ange- wandten Lösungsmittels, vor sich geht und daher oft rascher zum Ziele führt. Eine weitere Verbesserung der oben geschilderten primitiven Art von selbsttätigen Extraktionsapparaten gab Doeters van Leeuwen?) an. Er schlug ') P. E.F. Perredes, Eine einfache Modifikation des Extraktionsapparates von Dunstan und Short. Pharm. Journ. [4], Bd. 30, S. 106 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 121 (1910). °) L. L. De Koninck, Über einen neuen Extraktionsapparat. Chem.-Zeitg. Bd. 19, S. 1657 (189). °) J.C. Berntrop, Über die Bestimmung des Fettgehaltes von Weizenbrot und die Beantwortung der Frage, ob dasselbe mit Milch, mit Wasser oder unter Hinzu- ziehung eines anderen Fettes als Milchfett gebacken ist. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 15, S. 122 (1902). *) A. Landsiedl, Neue Extraktionsapparate. Chem.-Zeitg. Bd. 26, S. 275 (1902). °) M. Kumagawa und K. Suto, Ein neues Verfahren zur quantitativen Bestimmung des Fettes und der unverseifbaren Substanzen im tierischen Material nebst der Kritik einiger gebräuchlichen Methoden. Biochem. Zeitschr. Bd. 8, S. 212 (1908); Chem. Zentral- blatt. 1908, Bd. I, S. 1494. °) @. A. Quwincke, Ein neuer Extraktionsapparat. Zeitschr. f. Unters. der Nahr.- und Genußm. Bd. 22, S. 171 (ag): ‘) Th. B. Ford, Ein erprobter Extraktionsapparat. Journ. Amer. Chem. Soc. V 01.34, p- 552 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. $. 349 (1912). °) @. M. Mae Nider, Ein modifizierter Extraktionsapparat. Journ. of Ind. and Engin. Chem. Vol. 5, p. 150 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I, S. 1561. °) J. Jacoby, Neuer Extraktionsapparat. Gummi-Zeitg. Bd. 27, 8. 1870 (1913). "%) Vgl.: H. Kantorowiez, Über Erdölund Erdwachs. Chem.-Zeitg. Bd.37,8.1565 (1913). '') Siehe auch den zur Kautschuk-Extraktion vorgeschlagenen sehr praktischen Apparat. The India-Rubber Journal. Bd. 47, Heft 4, S.16 (1914); Gummi-Zeitg. Bd.28, S. 954 (1914). ") J. Docters van Leemven, Ein verbesserter Extraktionsapparat. Chem.-Zeitg. Bd. 31, S. 350 (1907). © Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 347 vor, unter der Hülse ein pfeifenkopfartiges gebogenes, mit Hahn versehenes Rohr derart anzubringen, daß man das abtropfende Extrakt außen auffangen kann. Auf diese Weise ist erstens jederzeit ohne weiteren Umbau der Apparatur eine bequeme Probenahme möglich, und zweitens ein bequemes Abdestillieren des Lösungsmittels nach beendigter Extraktion. Fig.125. Fig. 126. Fig.123. Apparat zur Extrak- tion fester Körper Apparat zur Extraktion fester nach Ford. Stoffe nach Sanders. Eben dieses selbe doppelte Ziel auch bei den gewöhnlichen Soxhlet- apparaten zu erreichen, bezweckten eine große Reihe Vorschläge von an- deren Seiten, nämlich von sStein!), Sanders?) (Fig. 126), Silberrad®), Taurke*), Schmid5) (Fig. 127) und Apparat zur Extrak- Wo.der.6) Man kann das Ableitungs- Apparat zur Extraktion tion fester Körper i Fe fester Körper nach De nach Kumagemao- rohr für das hinaufdestillierte Lösungs- Koninck. Suto. 2 s mittel entweder am Boden des zylin- 1) H. Stein, Extraktions- und Destillationsrohr. Chem.-Zeitg. Bd. 33, S. 1115 (1909). 2) J. Me C. Sanders, Verbesserte Form eines Extraktionsapparates. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 1194 (1910). 3) O. Silberrad, Verbesserter Soxhletapparat. Chem. News. Vol. 104, p. 54 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 501 (1911). 4) F. Taurke, Kombinierter Extraktions- und Abdestillierapparat. CUhem.-Zeitg. Bd. 36, S. 214 und 355 (1912). 5) H. Schmid, Verbesserter Soshletscher Extraktionsaufsatz. Chem.-Zeitg. Bd. 36, 8. 1249 (1912) 6) Werder, Über eine Abänderung am Soswhletschen Extraktionsapparat. Chem.- Zeitg. Bd. 36, S. 879 (1912). 548 Richard Kempf. drischen Gefäßes, in dem sich die Hülse befindet, anbringen (Methode von Stein, Sanders, Silberrad, Schmid) oder im Heberrohr (Methode von Taurke, Werder). Die erstere Bauart dürfte der zweiten vorzuziehen sein, weil sie ein vollständigeres Abdestillieren des Lösungsmittels gestattet und auch wohl weniger zerbrechlich ist. Ebenfalls ein bequemes Abdestillieren Fig. 127. Fig. 128. Einsatzrohr für Soxhlets beim Extrahieren pulverförmiger Materialien nach Kardos und Schiller. des Lösungsmittels nach beendigter Extraktion, nicht aber eine bequeme Probenahme während des Betriebes ge- statten die Apparate, die Bloom!) und v.d. Heide?) (vgl. Bd. VI, S. 745, Fig. 306) vorschlugen. Um bei der Extraktion leicht zu- sammenbackender Pulver (gepulverte Farbwurzel, fein gemahlener Lein- samen, Kakaopulver oder dgl.) im Soxhlet ein unvollständiges Eindringen des Lösungsmittels in das Material zu ver- hüten, empfahlen Kardos und Schiller?), ein siebartig durchlöchertes und mit Apparat zur Extraktion fester Körper nach Schmid. einem dicht anliegenden Überzug aus Koliertuch versehenes Trichterrohr in das Extraktionsgut axial zur Hülse einzuführen (Fig. 128). Oft erreicht man denselben Zweck auch so, daß man . einfach das auszuziehende Material mit Knochenkohle, grobkörnigem, ausgeglühtem Sand), Glas- ') D. Bloom, Kühler für Extraktionsapparate. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 2, p- 103 (1903); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 217 (1910). ?) R.v. d. Heide, Verbesserter Rapidkühler und Extraktionsapparat. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 531 (1911). ») M. Kardos u. W. Schiller, Verbesserte Methode zur Extraktion pulverförmiger Materialien. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 920 (1913). *) Vel.z. B.: R. Clauser, Über Neuerungen in der Indigoanalyse. Österr. Chem.- Zeitg. Bd. 2, S. 521 (1899); Chem. Zentralbl. 1899, Bd. II, S. 978. — D. Holde, Unter- DE EEE 1 A .. _ nn" En EA ET N UF „JE 1 BR Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 349 wolle oder dgl. vermengt und dadurch eine lockere poröse Struktur her- beiführt (vgl. oben). Bull und Gregg:) empfahlen zur Behebung desselben Übelstandes, nicht Extraktionshülsen aus Filtrierpapier, sondern solche mit Wänden aus geleimtem Papier zu benutzen, und Möllinger?) machte den Vorschlag, um die Fettextraktion im Soshletschen Apparat intensiver zu gestalten, die gewöhnlichen Hülsen mit Einlage vor dem Gebrauch derart in eine Gelatinelösung zu tauchen, daß sie damit bis etwa 2cm vom Boden im- prägniert werden. Dies wird nach dem Trocknen wiederholt. Man erzielt so eine fast völlige Ätherdichtigkeit. Es empfiehlt sich dabei, das Heber- rohr im Soxhletapparat so zu verkürzen, daß die Abheberung eintritt, sobald die Extraktionsflüssigkeit die Höhe des Extraktionsgutes erreicht hat. Die vorbehandelten Hülsen sind so dauerhaft, dal) sie monatelang selbst täglichen Gebrauch gut aushalten. Im Handel befinden sich auch Extraktionshülsen aus gereinigtem Bauxit, dem sogenannten Alundum?) (vgl. Bd. VI, S. 639). Die Masse, die aus der Tonerde unter Beigabe von keramischen Bindemitteln her- gestellt wird, ist für Gase und Flüssigkeiten durchlässig, und infolge ihrer Festigkeit und Feuerbeständigkeit können die Hülsen leicht gereinigt und wieder benutzt werden. Bei der Extraktion von rohem oder vulkanisiertem Kautschuk mit Azeton im Soxhlet zwecks quantitativer Bestimmung der Harzmenge findet oft ein Zusammenkleben des fein - geschnittenen Analysenmaterials in der Soxhlethülse statt, wodurch der Extraktionsvorgang behindert wird. Um diesem Übelstand abzuhelfen, ist es ratsam, die Kautschukteilchen dünn geschichtet, so daß sie sich möglichst wenig berühren, auf einem Streifen Verbandgaze auszubreiten, das Ganze zusammenzuwickeln und die so er- haltene Rolle lose in die Soxhlethülse zu stellen. Bei Analysen in der Öl- und Gummiindustrie ist es oft erforderlich, das Extrakt sogleich im Anschluß an die Extraktion am Rückflußkühler zu kochen, um es zu azetylieren oder zu verseifen. Man wendet in solchen Fällen entweder eine nach Art des Gräfeapparates (siehe oben, Fig. 121, S.344) gebaute Kon- struktion an und hängt nach beendigter Extraktion einfach die Extraktions- hülse ab, oder man benutzt nach dem Vorschlage von Klopstock*) einen suchung der Kohlenwasserstofföle und Fette, sowie der ihnen verwandten Stoffe. Berlin (Jul. Springer), 4. Aufl. 1913, S. 43. 1) H. Bull und H. Gregg, Kann die Intensität der Fettextraktion im Soshletschen Apparat erhöht werden? Tidsskrift for Kemi, Farmaci og Terapi. Kristiania 1912, S. 321; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 133 (1913). 2) J. Möllinger, Erhöhung der Intensität im Soshletschen Apparat. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 443 (1913). 3) P. A. Boeck, Bemerkungen über eine neue Art eines Extraktionsgefäßes. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 4, p. 303 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 353 (1912). *) H. Klopstock, Neuerung am Extraktionsapparat nach Soshlet. Chem.-Zeitg. Bd. 37, 991 (1913); vgl. auch: Verein. Fabriken f. Laboratoriumsbedarf, Zuschrift an die Redakt. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1290 (1913). 350 Richard Kempf. gewöhnlichen Soxhletapparat, dessen Schliffe oben (zwischen Kühler und Extraktionsgefäß) und unten (zwischen Extraktions- und Siedegefäß) genau gleich groß sind (Fig. 129). So kann man nach Schluß der Extraktion den Kühler ohne weiteres direkt auf den Kolben setzen und das Extrakt am Rückflußkühler kochen. Zur Vermeidung von Kork- oder Kautschukstopfen, sowie eines Schliffes bei Extraktionsapparaten kann man die von Knorr (Fig. 150), von De Fig.129. Fig.130. Stehkolben mit Queck- silberrinne nach Knorr. Fig.131. Praktische Anordnung von Soxhlet- Apparaten bei Reihenextraktionen nach Mödlinger. 5 Koninck (vel. Fig. 123 oben Erlenmeyer-Kolben mit S. 347) und von Sy 1) (Fig. 131) Apparat zur Extrak- € { tion fester Körper Quecksilberrinne nach angegebenen Glaskolben mit nach Klopstock. Sy. I R Quecksilberrinne anwenden. Von Frank?) und Shurawlew®) wurden praktische Wärmeschutz- mäntel für Extraktionsapparate angegeben, von Möllinger*) eine prak- tische Anordnung des Kühlwasserzu- und -abflusses bei Massenbetrieb von Soxhlets (Fig. 132). '!) A. P. Sy, Quecksilberverschluß bei Fettextraktionsapparaten und neue Kolben- form. Journ. Ind. and Eng. Chem. 1909, p. 314; Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 305 (1909). — Vgl. auch: €. K. Franeis, Eine neue Form eines Extraktionsapparates. Journ. of Ind. and Engin. Chem. Vol. 3, p. 673 (1911); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. I, S. 186. ?®) L. Frank, Wärmeschutzmantel für Extraktionsapparate. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 360 (1911). ®) B. Shurawlew, Apparat zum Extrahieren bei hohen Temperaturen. Journ. Russ. Phys.-chem. Ges. Bd. 43, S. 1189 (1911); Chem. 1912, Bd. I, S. 187. #) J. Möllinger, Kühlerbatterie für Soxhlet- und ähnliche Destillationsapparate. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1171 (1912). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 551 Bezüglich der Extraktionsapparate von Record!), Auld und Pickles?), Rözsenyi®), Wilson*), Prager°), Roberts‘), Walter und Goodrich’) sei auf die Originalarbeiten verwiesen. Geschichtlich ist zur Entwicklung der Fettextraktion zu bemerken, daß gegenwärtig die Tendenz auf die Verwendung höherer Tempera- turen und stärkerer Drucke gerichtet ist.®) Über den Betrieb von Extraktionsapparaten mit elektrischer Glüh- lampenheizung nach Thörner-v. d. Heide siehe Bd. 1,S.62 und Fig. 128, S. 64, ferner Bd. VI, S. 745, Fig. 306. Zur Dichtung von Korken an Extraktionsapparaten kann man eine starke Zuckerlösung benutzen. Zucker löst sich nicht in den organischen Lösungsmitteln (Äther, Petroläther oder dgl.), läßt sich leicht wieder ab- waschen, macht den Kork nicht spröde und brüchig und trocknet nicht unter Rissigwerden ein. — Aus der Korksubstanz selbst isolierten Scurti und Tommasi°) einige in Äther lösliche Fettsäuren. Auf die neuen von R. Willstätter geschaffenen Methoden der Ex- traktion, wie sie sich in der Chlorophylichemie so glänzend bewährt haben, näher einzugehen, würde hier zu weit führen. Es sei auf die Öriginalarbeiten verwiesen. 1°) 4. Umkristallisieren (vgl. Bd. IL, S. 185—197). Es sei zunächst daran erinnert, daß die Umkristallisation als Reini- gungsmethode in manchen Fällen völlig versagt. So können bekanntlich 1) Fr. Record, Ein Apparat für gleichzeitige Extraktion und Filtration. Chem. News. Vol. 97, p. 280 (1908); Chem.-Zeitg. Bd. 32, Rep. S. 441 (1908). 2) S. M. J. Auld und S. S. Pickles, Extraktionsapparat für Pflanzenprodukte usw. Chem. News. Vol. 99, p. 242 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 305 (1909). 3) J. Rözsenyi, Ein modifizierter Extraktionsapparat. Vegyöszeti Lapok Budapest 1911, Nr. 1; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 93 (1911). #) L. P. Wilson, Extraktionsapparat. Journ. Soc. Chem. Ind. Vol. 31, p. 97 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 353 (1912). 5) A. Prager, Extraktionsapparat. Zeitschr. öffentl. Chem. Bd. 15, S. 396 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 593 (1909). 6) N. Roberts, Extraktionsapparat. Amer. Chem. Journ. Vol. 43, p. 418 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 377 (1910). ?) H.L. Walter und Chs. E. Goodrich, Fettextraktionsapparat. V. St. Amer. Patent; Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 193 (1912). 8) W. M. Booth, Die Extraktion der Fette und Öle vom kommerziellen Stand- punkte. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 99 (1910). 9) F. Scurti und @. Tommasi, Über die Bildung des Fettes im Kork und die Fellonsäure von Kügler. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 907 (1913). — Vgl. auch: J. Herzog, Über Äther pro narcosi. Apoth.-Zeitg. Bd. 29, S.68 (1914); Chem.-Zentralbl. 1914 Bd.I, S. 806. — K. Feist, Dasselbe, ebenda Bd. 25, S. 104 (1910); Chem.-Zentralbl. 1910, Bd. 1, S. 1166. 10) Eine Übersicht über diese Arbeiten und eine Zusammenstellung der Literatur gab E. W. Mayer. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1341, 1354 und 1364 (1911). — Vgl. auch: R. Willstätter, Über Chlorophyll. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1131 (1913). — R. Willstätter und A. Stoll, Untersuchungen über Chlorophyll. Berlin (Jul. Springer) 1913. 352 Richard Kempf. Stoffe, welche Mischkristalle bilden, sehr schwer oder unter Umständen gar nicht durch Umkristallisieren voneinander getrennt werden.!) Der nach mehrfachem Umkristallisieren konstant bleibende und scharfe Schmelz- punkt eines derartigen Gemisches ist dann ein trügerisches Zeichen dafür, daß eine reine und einheitliche Substanz vorliege. So haben z.B. Aminosäuren und Polypeptide die unerwünschte Eigenschaft, Misch- kristalle zu bilden und sich gegenseitig in ihrer Löslichkeit zu beeinflussen. Produkte, die mit allen Vorsichtsmaßregeln isoliert waren und sicher ein- heitlich erschienen, entpuppten sich oft als Mischungen von Aminosäuren und Polypeptiden. ?) Ferner stellte Wegscheider®) folgendes fest: „Wenn zwei Isomere bei allen Temperaturen die Regel von Carnelly und Thomsen über das konstante Löslichkeitsverhältnis*) genau befolgen, und wenn das Verhältnis der Löslichkeiten gleich ist der Zusammensetzung des eutektischen Ge- misches, so geben ihre Gemische beim Umkristallisieren neben anderen Fraktionen, die bestenfalls den einen der beiden Stoffe rein liefern können, ein Gemisch von scharfem Schmelzpunkte, welches beim Um- kristallisieren höchstens mit Hilfe von Übersättigungserscheinungen (Impfen mit dem einen Isomeren) oder mechanisch (Schlämmen oder Aus- lesen) getrennt werden kann.“ Auch ist von Guye gezeigt worden, daß es z. B. unmöglich ist, Kaliumchlorat von Kaliumchlorid zu trennen, so häufig auch das Gemisch umkristallisiert wird, wegen des Bestehens einer festen Lösung.5) Beim Umkristallisieren gehärteter Fette kommt es nach Normann und Hugel®) leicht vor, dal» molekulare Gemische konstanter Zusammensetzung aus- kristallisieren und der Schmelzpunkt sich scheinbar nicht mehr ändert. In solchen Fällen ist es oft zweckmäßig, das Lösungsmittel zu wechseln. Während z. B. der Schmelzpunkt eines gehärteten Fettes nach sechsmaligem Umkristallisieren aus Alkohol konstant bei 63° lag, stieg er durch noch- maliges Umkristallisieren aus Azeton sofort auf 76°. Im übrigen sei bezüglich dieses Themas auf die Lehrbücher der physikalischen Chemie verwiesen (vgl. auch weiter unten, S. 419). 1) Vgl. z.B.: W.Ostwald, Lehrb. d. allg. Chem. 2. Aufl. 1906 (Leipzig), Bd. II (3), 8. 153. °) E. Abderhalden, Der gegenwärtige Stand der Eiweißchemie und ihre weitere Entwicklung. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1156 (1913). ®) Rud. Wegscheider, Eine Fehlerquelle bei der Charakterisierung chemischer Individuen. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 80, S. 509 (1912). *) Carnelley und Thomsen, Jahresber. f. Chem. 1888, S. 253; vgl. auch: W. Ost- wald, Lehrb. d. allg. Chem. 2. Aufl. (Leipzig 1891), Bd. I, S. 1067. °) Vgl.: R. Whytlaw-Gray und W. Ramsay, Das Atomgewicht des Radiums. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 80, S. 261 (1912). — Siehe auch: J. Guareschi, Eine neue Fehlerquelle bei Atomgewichtsbestimmungen. Atti della R. Accad. Scienze Turin. Bd. 48; Chem.-Zeitg. Bd. 38, Rep. S. 173 (1914). 6) W. Normann und E. Hugel, Zur Analyse gehärteter Öle. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 815 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 353 Glänzende Erfolge hat die Umkristallisation als Trennungs- und Reinigungsmethode u. a. bei Forschungen auf dem Gebiete der seltenen Erden gezeitigt.!) Oft gelangt man erst durch eine große Reihe fraktionierter Um- kristallisationen zum Ziele. So trennten Dennis und Bennett?) die Pikrate der seltenen Erden in 263 Kristallisationen, und Thorpe®) führte zwecks Trennung von Radium- und Baryumchlorid nach dem von Frau Curie vor- geschlagenen Verfahren nicht weniger als 9400 Umkristallisierungen (aus Salzsäure) aus, gegen Ende in Quarzgefäßen arbeitend. Die fraktionierte Kristallisation von Radium-Baryumgemischen leidet unter dem Übelstande, daß stets alle Fraktionen bis zu einem gewissen Grade radiumhaltig sind, weshalb sich die Substanz auf eine großße Anzahl Fraktionen verteilt.) Am reichsten an aktiven Stoffen sind die Kopffraktionen. Eine Trennung von Radium und Mesothorium ist auf diesem Wege bisher nicht gelungen. Unterwirft man aber bei der Aufarbeitung radioaktiver Gemische von einem gewissen Konzentrationsgrade ab an Stelle der verhältnismäßig leicht lös- lichen Chloride und Bromide andere ungleich schwerer lösliche Salze der aktiven Substanzen oder deren Gemenge mit Baryumsalz der frak- tionierten Kristallisation, so gelingt es, in den Kopffraktionen das Meso- thorium anzureichern, während das Radium hauptsächlich in der Mutter- lauge verbleibt. Als brauchbar für dieses Verfahren erwiesen sich insbe- sondere die Bromate, Pikrate und Ferrocyanide.5) — Aus der Theorie der Allotropie leitete Smits®) die folgenden, bei Umkristallisationen praktisch wichtigen Folgerungen ab. Nach dem Ostwaldschen Gesetz der Umwandlungsstufen scheidet sich bei plötzlicher Fällung eines allotropen Stoffes aus einer Lösung diejenige Modifikation ab, welche mit dem innerlichen Gleichgewicht in der Lösung übereinstimmt. Liegt dieses Gleichgewicht stark an der Seite derjenigen Pseudokomponente, welche in der metastabilen Modifikation vor- herrscht, so wird sich der gefällte feste Stoff in die metastabile Form umwandeln und in dieser ausfallen. Liegen die verschiedenen Modifikationen !) Vgl.z.B.: R. J. Meyer, Die neueste Entwicklung unserer Kenntnisse von den seltenen Erden. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 634 (1911); vgl.: Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 604 (1911). ®) M. Dennis und W. Bennett, Fraktionierte Kristallisation der Pikrate der seltenen Erden. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 34, p. 7 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36. Rep. S. 149 (1912). ®) R. Whytlaw-Gray und W. Ramsay, 1. c. S. 259. *) E. Ebler, Über Neuerungen in der Technologie des Radiums und der Uran- erze. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1189 (1913). °) Kunheim & Co., Anreicherung und Trennung von Radium und Mesothorium zugleich enthaltenden radioaktiven Substanzen. D. R.-P. 264.901; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 549 (1913). i 6) A. Smits, Das Gesetz der Umwandlungsstufen Ostwalds im Lichte der Theorie der Allotropie. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 84, S. 385 (1913); Chem.-Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1723. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VII. 23 354 Richard Kempf. eines Stoffes bezüglich ihrer Zusammensetzung weit auseinander, dann wird sich aus der unterkühlten Flüssigkeit diejenige Modifikation zuerst spontan abscheiden, deren Zusammensetzung derjenigen der Flüssigkeit am nächsten liegt. Bei freiwilliger Kristallisation einer übersättigten Lö- sung eines allotropen Stoffes wird das Auftreten der metastabilen oder stabilen Modifikation ausschließlich von dem innerlichen Gleichgewicht in der Lösung bestimmt. Im Auge zu behalten ist bei Umkristallisationen, namentlich von Ana- Iysensubstanzen, stets die Möglichkeit, dal) das Lösungsmittel in molekularer Bindung mit der Substanz mitauskristallisiert. Außer Wasser („Kristall- wasser“) scheinen eine große Zahl organischer Lösungsmittel zu solchen Ver- bindungen befähigt zu sein, z. B. Alkohol, Benzol, Nitrobenzol!), Pyri- din?), Chloroform.?) Im allgemeinen entweicht das mitkristallisierte Lösungsmittel beim Erhitzen, besonders leicht im Vakuum. Um solche Molekularverbindungen rechtzeitig zu ermitteln und nicht falsche Ana- lysenresultate zu erhalten, ist es ratsam, stets die lufttrockene Substanz zu wägen und auf etwaige Gewichtsverluste bei ihrem Verweilen im Vakuumexsikkator oder Luftbade zu achten. Die genaue Feststellung des Gewichtsverhältnisses zwischen Substanz und mitauskristallisiertem Lösungsmittel bietet außerdem gelegentlich die Möglichkeit, das Molekulargewicht einer Verbindung zu bestimmen. Lösungsmittel und Substanz müssen ja dem Gewicht nach im Verhältnis ganzer Molekulargewichte stehen. Untersuchungen über den Einfluß des Kristallwassergehalts auf die teaktionsfähigkeit fester Körper veröffentlichte Biltris.*) Bei der Anwendung des Kristallisationsprozesses auf Flüssigkeiten ist zu unterscheiden: 1. Ausfrierenlassen (Umkristallisieren ohne besonderes Lösungs- mittel), 2. die eigentliche Umkristallisation (unter Zusatz eines Lö- sungsmittels). Nach der ersten Methode kann z. B. reines destilliertes Wasser), !) Siehe z. B.: F. Sachs und R. Kempf, Über den 2, 4-Dinitrobenzaldehyd (II. Mit- teilung). Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 35, S. 2710 (1902). ?) Vgl.: R. Behrend, Zur Kenntnis der ß-Glukose. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 377, S. 220 (1910). 3) Siehe z. B.: R. Anschütz, Über die Darstellung von reinem Chloroform mittelst Salizylid-Chloroform. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 25, S. 3512 (1892). — Derselbe, Über Salizylidbildung. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 273, S. 77 (1893). *) A. N. H. Biltris, Reaktionen zwischen festen Körpern und der Einfluß von Kristallwasser. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1415 (1913). 5) Vgl. z. B.: Tw. Kablukow, A. Solomonow und A. Galine, Über Druck und Zu- sammensetzung der Dämpfe von Lösungen in wässerigem Äthylalkohol. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 46, S. 401 (1903). Ben u: Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 355 sowie reines 100°/,iges Wasserstoffsuperoxyd!) und reines Brom?) her- gestellt werden. Ferner wird industriell reines p-Nitrotoluol aus dem gewöhnlichen technischen Nitrotoluol, das etwa 38°/, p-, 60°/, o- und 2°/, m-Nitro- toluol enthält, durch Abkühlung des Gemisches unter 0° und Absaugen des ausgeschiedenen Bestandteiles auf gekühlter Filterplatte dargestellt. >) Ähnliches gilt für die Gemische der drei isomeren Toluidine und Xylole.3) Auch Benzol®), Phenylhydrazin5), Eisessig‘), Chloro- form’), Ligroin®) und viele andere organische Flüssigkeiten werden zweckmäßig durch Ausfrierenlassen gereinigt. Selbst Gase können nach der Verflüssigung durch Ausfrierenlassen gereinigt werden, z. B. ist Argon bei —189'6° fraktioniert kristallisiert worden.) Die zweite Methode: Umkristallisieren von erstarrten Flüssigkeiten aus organischen Lösungsmitteln ist oft bequemer als die erste Arbeitsweise und daher z.B. beim Phenylhydrazin vorzuziehen.!°) Be- sonders wertvolle Dienste leistete diese Methode bei der Isolierung der Ketoform des Azetessigesters, die sich bei der Temperatur einer Äther-Kohlendioxydmischung (etwa —78°) in den meisten organischen Lösungsmitteln als schwer löslich erwies. !') a) Allgemeine Methodik der Umkristallisation (vgl. S. 186—187). Von Kunz-Krause!?) wurden Uhrgläser mit Ausguß (Fig. 133), so- wie mit konzentrischer und radiärer Zonenteilung (Fig. 134) angegeben, 1) H. Ahrle, Synthese und Formel der Caroschen Säure (Monosulfopersäure). Journ. f. prakt. Chem. [2], Bd. 79, S. 129 (1909); Chem. Zentralbl. 1909, Bd. I, S. 1381. — J. D’Ans und W. Friederich, Synthese der Caroschen Säure und der Überschwefel- säure. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 1880 (1910). — Dieselben, Über Derivate des Hydroperoxyds. Zeitschr. f. anorg. Chem. Bd. 73, S. 326 (1912). 2) Vel.z.B.: W. Herz und W. Rathmann, Die Addition von Brom an chlorierte Athylenkohlenwasserstoffe. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 46, S. 2588 (1913). >) H. W. Fischer, Über das Gefrieren von Gemischen der isomeren Xylole, Nitro- toluole und Toluidine. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 16, S. 161 (1910). #) Vgl. z.B.: A. W. Hofmann, Reindarstellung des Benzols. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bu. 4, S. 163 (1871). >) Emil Fischer, Schmelzpunkt des Phenylhydrazins und einiger Osazone. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 41, S. 73 (1908). 6) Vgl.: Rüdorf’, Über die Bestimmung des Eisessigs. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 3, S. 392 (1870). ?) Nach R. Pictet; vgl.: V.v. Richters Chemie der Kohlenstoffverbindungen oder organische Chemie. 11. Aufl. Bonn (F. Cohen) 1909, Bd. I, S. 274. ®) J. Schmidlin und M. Huber, Dinaphtyl-methan und Naphtofluoren. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 2831 (1910). ®) Franz Fischer und V. Froboese, Über die fraktionierte Kristallisation und das Atomgewicht des Argons. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 44, S. 97 (1911). 10) Emil Fischer, 1. c. S. 74. 11) L. Knorr, Studien über Tautomerie. IV. Mitt.: L. Knorr, O. Rothe und H. Aver- beck, Desmotropie beim Azetessigester. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 44, S. 1139 (1911). 12) H. Kunz-Krause, Über Uhrgläser mit Ausguß und mit konzentrischer und radiärer Zonenteilung für mikrochemische Reaktionen. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 207 (1912). 23: 356 Richard Kempf. die sich u. a. bei Umkristallisierungen im kleinen Maßstabe zum bequemen Abgießen der Mutterlauge gut eignen. Von Kersten‘) wurden Bechergläser, Abdampf- und Kristallisier- schalen vorgeschlagen, deren Rand gegenüber der Schnauze einen zweiten Ausguß oder einige Einkerbungen Bee: trägt (Fig.135). Auf diese Weise == => erhält der zum quantitativen SE Filtrieren notwendige Glasstab Uhrgläser mit Ausguß- eine Sichere Auflagestelle. a az Bei der experimentellen Prüfung der Frage, ob jede der drei isomeren Allo- oder Isozimtsäuren in niedrig siedender Ligroinlösung beständig sei, oder ob beim Umkristallisieren von zweien der drei Modifikationen stets eine Umwandlung in die bei Fig. 134. Uhrgläser mit Ausguß und mit konzentrischer und radiärer Zo- nenteilung nach Kunz-Krause. 42° schmelzende Säure eintrete, kam es nach van’t Hoff vor allem auf genügenden Ausschluß Bechergläser mit Auflagerinne für den Glasstab.nach Kersten. von Kristallkeimen der einzelnen Modifikationen beim Umkristallisieren an. Zumal bei Anwendung der Filtration können bei so niedrig siedendem Lösungsmittel durch das Verdunsten leicht Kristallkeime über den Filter- rand auch jenseits des Filters Impfungen hervorrufen, die den wahren ') M. Kersten, Analysenbechergläser und Abdampfschalen mit Auflage für den Glasstab. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 898 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 357 Sachverhalt vollkommen verschleiern. Eine praktische Arbeitsweise, nach der man in solchen Fällen verfahren kann, gaben Liebermann und Truck- säß) an. Geringe Verunreinigungen können den Kristallhabitus auffällig stark verändern?) (vgl. auch weiter unten, S. 566). Die Kenntnis dieser Tatsache ist oft praktisch sehr wichtig. In einer interessanten Abhandlung stellten z.B. Riüber und Goldschmidt) fest, daß die Anwesenheit von etwa 0°3°/, - o-Nitrozimtsäure in Zimtsäure genügt, um den Kristallhabitus der letzteren so. wesentlich zu verändern, daß die Gegenwart einer neuen isomeren Zimtsäure vorgetäuscht wird. Auch Monochlorzimtsäure übt eine ähnliche _ Wirkung aus. Diese besteht darin, daß die Wachstumsgeschwindigkeit senkrecht auf eine bestimmte Fläche enorm verringert wird. Als Beispiele für die schon erwähnte chemische Reinigungsmethode (vgl. Bd. I, S. 187): Überführung der zu reinigenden Substanz zunächst in eine andere chemische Verbindung, aus der das Ausgangsmaterial wie- der leicht zurückgewinnbar ist, seien die folgenden Arbeiten erwähnt: Trennung der ortsisomeren Nitrobenzoösäuren durch fraktionierte Kristallisation ihrer Baryumsalze®), fraktionierte Fällung von Fett- säuregemischen mittelst Bleiazetats und Abscheidung der freien Fettsäuren aus den Salzen mittelst Salzsäure’) und Trennung der isomeren Chlorbenzoösäuren über ihre Hydroxylaminsalze.®) Die %-Strahlen des Radiums scheinen in manchen Fällen eine _ deutliche Beschleunigung der Kristallisationsgeschwindigkeit hervorzurufen, 2. B. bei der Kristallisation geschmolzenen unterkühlten Schwefels. Röntgen- strahlen üben dagegen keine Wirkung aus, wahrscheinlich auch y-Strahlen nicht.) 1) C. Liebermann und H. Trucksäß, Neue Umwandlungsfälle von Allo- und Iso- _ zimtsäure. Ber. d. Deutsch. Chem. Ges. Bd. 43, S. 413 (1910). { 2) Siehe z.B.: R. Marc und W. Wenk, Über die Kristallisation aus wässerigen Lösungen. III. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 68, S. 104 (1909). — Vgl. ferner: P. Sem- jatschenski, Studien über die Kristallogenesis. I. Der Einfluß einer fremden Substanz auf die Kristallform. Die Kristallisation der Alaune. N. Jahrbuch f. Mineralogie. 1912, Bd.II, S.2 u. 3; Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I, S.9 u. 10. j ®) C. N. Rüber und V. M. Goldschmidt, Über den Unterschied von Storaxzimt- säure und synthetischer Zimtsäure. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 461 (1910). — Vgl. auch: Emil Erlenmeyer und @. Hilgendorff, Zur Zimtsäurefrage. Ebenda. Bd. 43, 8. 955 (1910). 4) Feter Grieß, Über die Bildung der Metanitrobenzoösäure beim Nitrieren der Benzo&säure. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 166, S. 131 (1873). ®) H. Kreis und E. Roth, Versuche über die fraktionierte Fällung von Fettsäure- gemischen. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 58 (1913). ®) W. Gluud und R. Kempf, Eine neue Methode der Darstellung von m-Chlor- - benzo&säure und die Untersuchung ihres Hydroxylaminsalzes. Journ. of the Chem. Soe. of London. Vol. 103, p. 1530 (1913). ?) L. Frischauer, Über einen Einfluß des Radiums auf die Kristallisations- - geschwindigkeit. Compt. rend. de l’Acad. des sciences. T. 148, p. 1251 (1909) und Le Radium. T. 6, p. 161 (1909); Chem. Zentralbl. 1909, Bd. I, S. 330. 358 Richard Kempf. Durch Radiumbestrahlung gelang es ferner Doelter!), eine Anzahl kolloider Substanzen in die kristalloide Phase überzuführen. Da im allge- meinen kolloide Substanzen als labile Modifikationen die Tendenz haben, sich in kristalloide Körper als die stabile (oder metastabile) Phase umzu- wandeln, diese Umwandlung aber häufig unendlich langsam verläuft, so liegt hier ebenfalls eine Kristallisationsbeschleunigung vor. Kolloides Selen, Eisentrisulfid, Bleisulfid und andere Stoffe lassen sich, einige Tage den Radiumstrahlen ausgesetzt, in die kristalline Phase überführen.?) — Von einer besonderen „Kristallisationskraft“ kann man nach Druhns und Mecklenburg?) nicht sprechen. b) Lösungsmittel (vgl. S. 187—195). Cohen*) stellte fest, daß die Löslichkeit von Kadmiumsulfat in Wasser bei 25° zunimmt, wenn man den Druck von 1 Atm. auf mehrere Hundert Atmosphären erhöht. Umgekehrt verhält sich Zinksulfat, dessen Löslichkeit bei Erhöhung des Druckes abnimmt. An Mischungen von Lösungsmitteln sind u. a. die folgenden. mit Erfolg angewendet worden: Pyridin + Toluol >), Azeton + Benzol oder Essigester + Ligroin®), Äther + Petroläther, Äthyl- und Methylalkohol + Chloroform ’?). Über die elektrische Erregbarkeit von feuergefährlichen Lösungs- mitteln haben Richter (Azeton®), Benzin®), Dolezalek‘°) (Benzol, Äther), Russig“:) (Benzol, Äther) Arbeiten veröffentlicht. Nach Richter?) ist es ') ©. Doelter, Das Radium und die Farben, Einwirkung des Radiums und der ultravioletten Strahlen auf organische und anorganische Stoffe, sowie auf Mineralien. Dresden (Th. Steinkopff) 1910. ?) Vgl.: Leitmeier, Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 16, S. 786 (1910). >) W. Bruhns u. W. Mecklenburg, Über die sogenannte „Kristallisationskraft*. Jahresber. d. Niedersächs. geolog. Ver. zu Hannover. Bd. 6, S.92 (1913); Chem. Zentral- blatt 1914. Bd. 1, S. 67. *) E. Cohen, Der Einfluß des Druckes (bis 1000 Atmosphären) auf die Löslich- keit. Zeitschr. f. Elektrochemie. Bd. 15, S. 600 (1909). 5) €. Neuberg, Reduktion von Aminosäuren zu Aminoaldehyden. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 41, S. 962 (1908). 6) L..J. Simon, Über die Oxalessigsäure. Compt. rend. de l’Acad. des sciences. T. 137, p. 855 (1903); Chem. Zentralbl. 1904, Bd. I, S. 85. ?) @. L. Schaefer, Lösungsmittel für Alkaloide und Alkaloidsalze. Amer. Journ. Pharm. Vol. 85, p. 439 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1828. ®) M. Richter, Ist Azeton eine elektrisch erregbare Flüssigkeit? Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1375 (1911). ®) M. M. Richter, Über die elektrische Erregbarkeit des Benzins. Chem. Ind. Bd. 35, S. 833 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 107 (1913). 10) F. Dolezalek, Ein weiteres Gutachten über die elektrische Erregung von. Flüssigkeiten. Chem. Ind. Bd. 36, S. 33 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 179 (1913). 11) F. Russig, Über elektrische Erregung von Flüssigkeiten. Chem. Ind. Bd. 36, S. 62 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. 8. 179 (1913). | B k s i E A Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik*“. 359 belanglos, daß die elektrisch erregbaren Flüssigkeiten Benzin, Äther, Schwefel- kohlenstoff usw. beim Erden der mit ihnen in Berührung befindlichen Metall- teile eine unwesentlich höhere Spannung annehmen: nicht die Flüssig- keitselektrizität, sondern die Metallelektrizität ist gefährlich. Selbst bis auf 5000 Volt geladenes Benzin gibt beim Berühren mit der Hand keine sichtbaren Funkenstrecken. Die bisherigen Brände verliefen in der Tat stets so, daß beim Berühren des Metalles. nicht des Benzins, die Ent- flammung eintrat. Von Arbeiten über neue zum Umkristallisieren angewendete oder dazu geeignete Lösungsmittel seien die folgenden erwähnt: Azetyl- chlorid (als Umkristallisationsmittel für Hippurylchlorid!), Formamid?), Amylazetat®), Aluminiumbromid (Lösungsmittel z. B. für p-Dibrom- benzol und Dimethylpyron). Indanthren löst sich in allen bekannten, auch den höchstsiedenden Lösungsmitteln ganz außerordentlich schwer, kristalli- siert aber aus kochendem Chinolin in prächtigen, kupferglänzenden Nadeln.°) Indigo wird leicht von siedendem Naphtalin gelöst‘) (vgl. ferner oben, S. 326, unter „Extrahieren von festen Körpern“). Nach Hesse’) sind die Alkyl- und Arylester der Phtalsäure, sowie deren Gemische gute Lösungsmittel für die verschiedenartigsten Stoffe, z.B. für fette und ätherische Öle, Riechstoffe u. dgl., insbesondere aber für Harze. Über die geeignetsten Lösungsmittel für Alkaloide und Alkaloid- salze berichtete Schaefer.®) x) Äther. Bei Umkristallisationen aus ätherischer Lösung wird gelegentlich die folgende Methode gute Dienste leisten können. Man stellt zunächst eine alkoholisch-ätherische Lösung der Substanz her und bringt dann diese Lösung durch vorsichtiges Herausschütteln des Alkohols mit Wasser in 1) Emil Fischer, Synthese von Polypeptiden. IX. Chloride der Aminosäuren und ihrer Azylderivate. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 38, S. 613 (1905). ®) P. Walden, Über Formamid als wasserähnliches Lösungsmittel. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 374 (1911). ®) F. Koelsch, Gesundheitsschädigungen durch Amylazetat. Kunststoffe 1912, S. 477. *) W. A. Isbekoff und W. A. Plotnikof, Aluminiumbromid als Lösungsmittel. Journ. Russ. Phys. chem. Ges. Bd. 43, S. 18 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. 8. 277 (1911). 5) Vgl.z.B.: R. Bohn, Über die Fortschritte auf dem Gebiete der Küpenfarb- stoffe. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 999 (1910). 6) R. Clauser, Über Neuerungen in der Indigoanalyse. Österr. Chem.-Zeitg. Bd. 2 S. 521 (1899); Chem. Zentralbl. 1899, Bd. II, S. 978. ”) A. Hesse, Benutzung von Alkyl- und Arylestern der Phtalsäure oder von Ge- mischen solcher Ester als Lösungsmittel. D. R.-P. 227.667; Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. 8. 596 (1910). ®) @. L. Schaefer, Lösungsmittel für Alkaloide und Alkaloidsalze. Amer. Journ. Pharm. Vol. 85, p. 439 (1913); Chem. Zentralbl. 1913. Bd. II, S. 1828. 360 Richard Kempf. den Zustand der Ubersättigung, bis das Einsetzen der Kristallisation er- reicht ist. Auf diesem Wege glückte die Darstellung der kristallisierten Cholsäure!) und ferner des kristallisierten Bufotalins°), jenes in den Hautdrüsen der Kröten aufgefundenen Giftstoffes.3) Eine ausführliche Besprechung der Methoden zur Prüfung und Reinigung von Äther veröffentlichten Baskerville und Hamor*), und zwar wurden u. a. behandelt: Die Bestimmung und die Entfernung von Wasser und Alkohol in Äther, die Zersetzung des Äthers beim Aufbewahren in Blechkannen und die Bestimmung von Vinylalkohol in Äther, Prüfung auf die Anwesenheit von Superoxyden, Azeton und Formaldehyd in Äther, Vorschriften für die Untersuchung von Äther für medizinische und für chemische Zwecke. Auch Frerichs®) besprach die Methoden der Prüfung von Äther und erläuterte im einzelnen genauer die Siedepunktsbestimmung und den Nachweis von Azeton in Äther. Eine Methode, den käuflichen Äther zum Zwecke der Gewinnung von Narkoseäther zu reinigen, gab Guerin®) an: Man schüttelt den käut- lichen Äther so oft je '/,; Stunde lang mit 3 Vol.-%/, des sauren Merkuri- sulfatreagenses von Deniges durch, bis nur noch ein weißer oder gar kein Niederschlag mehr entsteht, dekantiert darauf den Äther, filtriert ihn und bringt ihn mit einem großen Überschuß von getrocknetem, gelöschtem Kalk und pulverisiertem Chlorkalzium auf längere Zeit in Berührung, wobei man häufig umschüttelt. Schließlich wird der Äther abfiltriert und destilliert. Man sollte Äther (ebenso Azeton und vielleicht auch Benzol; siehe weiter unten) im Laboratorium stets in dunklen Flaschen oder an lichtgeschützten Orten aufbewahren. Genaue Messungen der Löslichkeit von Äther in Wasser wurden von Osaka?) durch Bestimmung des Brechungsvermögens ausgeführt: Temperatur: 0° 50 LOB ET20NFZF N Lösliehkeit:: 13:14 211.18 9557 82271086416 75537 ') H. Wieland u. F. .J. Weil, Untersuchungen über die Cholsäure. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 80, S. 287 (1912); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. II, S. 1286. ?) H. Wieland u. F.J. Weil, Über das Krötengift. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 46, S. 3316 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 678 (1913). 3) Vgl. dieses Handb. Bd. H, S. 848. *) Ch. Baskerville und W. A. Hamor, Die Chemie der Anästhetika. I. Äthyl- äther. Journ. of Ind. and Engin. Chem. Vol. 3, p. 301 und 378 (1911). — Vgl. auch: Dieselben, Die Untersuchung von Äthyläther. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 669 (1910). 5) @. Frerichs, Die Prüfung des Äthers. Apoth.-Zeitg. Bd. 28, S. 628 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1255. 6) @. Guerin, Reinigungsverfahren des käuflichen Äthers zum Zwecke der Ge- winnung von Narkoseäther. Journ. Pharm. et Chim. [7], T. 6, p. 212 (1912); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. II, S. 1575. ?) Y. Osaka, Die Löslichkeit von Äther in Wasser. Chem.-Zeitg. Bd. 33, S. 623 (1909). — Vgl. auch: Derselbe, Bestimmung der Löslichkeit einer gegebenen Substanz mit Hilfe des Pulfrichschen Refraktometers. Mem. Coll. Eng. Kyoto. Bd. 1, S. 290 (1909); Chem. Zentralbl. 1909, Bd. II, S. 93. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 361 Umgekehrt den Wassergehalt in Äther kann man nach Dan Tyrer!) sehr genau in der Weise ermitteln, daß man die Löslichkeit von Kad- miumjodid in dem betreffenden Äther feststellt: Diese Substanz ist in völlig trockenem Äther praktisch unlöslich. Bei Zusatz von 0:1°/, Wasser zu trockenem Äther nimmt die Löslichkeit um etwa 0'64 Einheiten zu. Mit Salpetersäure geht Äther eine unbeständige Molekularverbindung von der Formel: (C,H,),0.HNO, ein. Hierauf ist beim Ausäthern salpeter- säurehaltiger Lösungen zu achten. Man erhält in solchen Fällen nach Cohen und Gateclif?) nach dem Entwässern und Entfernen des Äthers auf dem Wasserbade geringe Mengen einer gelben Flüssigkeit, die sich beim stärkeren Erhitzen oder auch freiwillig nach kurzer Zeit unter kleinen Explosionen und Entwicklung nitroser Dämpfe zersetzt. Zum Trocknen ätherischer Lösungen darf man sich nach Beob- achtungen v. Brauns nicht des Phosphorpentoxyds bedienen, da dann leicht phosphorhaltige Schmieren (Metaphosphorsäureester) entstehen. 3) Beim Filtrieren ätherischer Lösungen beobachtet man häufig am Rande des Filters, wo die Verdunstung des Äthers besonders rasch erfolgt und die Verdunstungskälte daher besonders groß ist, die Bildung eines kristal- linischen (nur unter —3°5° beständigen) Anfluges. Es besteht dieser nach Tanret*) aus einer Molekularverbindung von Äther (1 Mol.) und Wasser (2 Mol.): 0, H,0+2H;0. Daß der gewöhnliche Äther infolge beim Stenen gebildeter Verun- reinigungen kräftig oxydierend wirken kann, geht u.a. daraus hervor, daß Indigolösung ziemlich rasch entfärbt wird, wenn man sie in einem Extraktionsapparat für Flüssigkeiten (vgl. oben, S. 335ff.) mit Äther be- handelt®). Daß ein derartiger — wahrscheinlich peroxydhaltiger — Äther zu heftigen Explosionen Anlaß zu geben vermag, sei hier nochmals hervorgehoben) (vgl. auch oben, 8. 326). Bewahrt man Äther in Flaschen auf, die mit Korkstopfen ver- schlossen sind, so entzieht der Äther der Korksubstanz in kurzer Zeit Stoffe, die mit Kalilauge eine Gelbfärbung geben.”) 1) Dan Tyrer, Methode zur genauen Bestimmung von Spuren von Wasser im Äther. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 768 (1911). ?) J. B. Cohen und J. Gatechf, Die basischen Eigenschaften des Sauerstoffes; Verbindungen der Äther mit Salpetersäure. Proceedings Chem. Soc. Vol. 20, p. 194 (1904); Chem. Zentralbl. 1905, Bd. I, S. 231. ®) K. Langheld, Über Metaphosphorsäure-äthylester und dessen Anwendung in der organischen Chemie. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 1858 (1910). *) C. Tanret, Über ein Hydrat des Äthers. Compt. rend. de l’Acad. des sciences de Paris. T. 86, p. 765 (1878) und Bull. de la Soc. chim. de Paris. [2], T. 30, p. 505 (1878); Chem. Zentralbl. 1878, S. 338. °) Bisher noch nicht veröffentlicht. 6) Vgl. auch z. B.: @. Kassner, Beitrag zur Kenntnis des Äthers. Arch. Pharm. Bd. 250, S. 436 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 566 (1912). ?) J. Herzog, Über Äther pro narcosi. Apoth.-Zeitg. Bd. 29, S. 68 (1914); Chem. Zentralbl. 1914, Bd. I, S. 806. — Vgl. auch: K. Feist, dasselbe, ebenda. Bd. 25, S.104 (1910); Chem. Zentralbl. 1910, Bd. I, S. 1166. — F. Scurti u. @. Tommasi, Über die 362 Richard Kempf. 6) Azeton. Azeton löst die meisten öligen, harzigen Schmieren und eignet sich daher oft vorzüglich dazu, Kristalle von anhängender Schmiere zu befreien. Nach den lichtchemischen Untersuchungen von Ciamician und Silber!) zerfällt Azeton bei der Autoxydation im Licht hydrolytisch in Ameisen- säure und Essigsäure: CH, .CO.CH,;, — > CH, .COOH + H.COOH. Die Autoxydation im Licht, d.h. die durch Licht bewirkte Aufnahme von freiem Sauerstoff, führt mithin in diesem Fall, wie auch sonst vielfach, zu denselben Produkten, die rein chemisch nur durch Anwendung starker Oxydationsmittel, wie Chromsäure und Kaliumpermanganat, zu erzielen sind. Auch nach Batik?) wird Azeton durch Belichtung mit Sonnenstrahlen sehr rasch zersetzt. Schon eine Bestrahlung von 3 Minuten Dauer genügt, um reinem Azeton die Eigenschaft zu verleihen, Permanganatlösung fast sofort zu entfärben. Bei direkter Sonnenbestrahlung schützen auch farbige Flaschen nicht vor Zersetzung. Von der englischen Regierung wird von reinem Azeton gefordert, daß 100 cm® beim Versetzen mit 1 cm? 1°/,iger Permanganatlösung die charakteristische Rotfärbung mindestens !/, Stunde (bei 15°5°) behalten. Ein neues Reinigungsverfahren für Azeton schlugen Shipsey und Werner®) vor: Beim Abkühlen einer Lösung von Natriumjodid in Azeton auf — 8° kristallisiert eine Verbindung NaJ.3C,H,O aus, die beim Er- hitzen reines Azeton abgibt. Auf diese Weise erhält man ein ebenso reines Azeton, wie aus dessen Bisulfitverbindung. Bezüglich eines billigen Azetonersatzes, der aus zusammengesetzten Estern zu bestehen scheint und bei 51-—-75° siedet, sei auf die Literatur verwiesen. *) y) Butanon (Methyläthylketon). Dieses nächste Homologe des Azetons zeichnet sich durch ein sehr grobes Lösungsvermögen für Mineralöldestillate aus und erwies sich u.a. Bildung des Fettes im Kork und die Fellonsäure von Kügler. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 907 (1913). 1) @. Ciamieian und P. Silber, Chemische Wirkungen des Lichtes. V. Mitt. Atti R. Accad. dei Lincei Roma. [5], Vol. 12, I, p. 235 und Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 36, S. 1582 (1903); Chem. Zentralbl. 1903, Bd. I, S. 1398. — G@G. Ciamician, Dasselbe, Chem.-Zeitg. Bd.30, S. 418 (1906). — @. Ciamieian und P. Silber, Chem. Lichtwirkungen, 11. Mitt., Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 40, S. 2415 (1907). — Dieselben, Über Autoxydation einiger Ketone im Lichte. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1236 (1913) und Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 26, S. 541 (1913). — Dieselben, Chemische Lichtwir- kungen. XXVII. Autooxydationen. V. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 46, S. 3077 (1913). °) Batik, Über die schädliche Einwirkung der Sonnenstrahlen auf Azeton. Chem.- Zeitg. Bd. 34. S. 735 (1910). — Vgl. auch: R. Gebhard, Photochemische Reaktionen bei der täglichen Laboratoriumsarbeit. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 1269 (1910). ®) K. Shipsey und E. A. Werner, Die Reinigung des Azetons mit Hilfe von Natriumjodid. Journ. Chem. Soc. London. Vol. 103, p. 1255 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1132 und Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 738 und 1274 (1913). *) Vgl.: ©. Piest, Ein Azetonersatz. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 299 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 363 für die Ausscheidung von Asphalt aus dunklen Mineralölen als sehr vor- teilhaft.) 8) Athylalkohol. Um Äthylalkohol von Aldehyd zu befreien, verfährt man nach Plücker?2) am einfachsten so, daß man den Alkohol mit 6—7°/, Ätzkali versetzt, darauf 8—10 Stunden am Rückflußkühler im Sieden erhält und schließlich destilliert. Alkoholische Kalilauge, die mit einem so gereinigten Alkohol hergestellt wird, zeigt selbst noch nach einem Jahre nur einen schwach gelben Stich, gleichgültig, ob man das Alkali in der Kälte oder in der Wärme gelöst hatte. Zum Entwässern von Äthylalkohol eignet sich nach demselben Verfasser am besten das von Winkler empfohlene metal- lische Kalzium (in geraspeltem Zustand).®) 12 des gewöhnlichen abso- luten Alkohols wird mit 20 9 Kalzium mehrere Stunden lang am Rückfluß- kühler erwärmt und dann destilliert. Man erhält so gewöhnlich einen 99-9°/,igen Alkohol. Nach Lenz*) wird Weingeist durch Stehenlassen mit Silbernitrat und Lauge und darauffolgende Destillation aldehydfrei gemacht. Einen Destillationsapparat zur Gewinnung absoluten Alkohols be- schrieb Me Kee.5) Um Alkohol auf Wassergehalt zu prüfen, kann man ihn auf Kal- ziumkarbid gießen (vgl. auch unten, S. 417); wasserhaltiger Alkohol ent- wickelt Azetylen, wasserfreier greift es in der Kälte nicht an.®) Man kann auf diese Weise aus gewöhnlichem Spiritus absoluten Alkohol ge- winnen, der jedoch einen schwer entfernbaren Geschmack und Geruch nach organischen Schwefelverbindungen besitzt.) Auf der Bläuung von wasser- freiem Kupfersulfat durch wasserhaltigen Alkohol beruht ein älterer, nicht sehr scharfer Nachweis von Wasser in Alkohol. $) 1) F. Schwarz, Verfahren zur Bestimmung des Asphaltgehaltes von Mineralölen, Erdölpechen u. dgl. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1417 (1911). ®) W. Plücker, Die Darstellung reinen Äthylalkohols. Zeitschr. f. Unters. der Nahr.- und Genußmittel. Bd. 17, S. 454 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 425 (1909). >) Bezugsquelle z. B.: E. Merck in Darmstadt. *) W. Lenz, Mikrochemische Reagenzien. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 52, S.90 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 89 (1913). — Vgl. auch: F. Emich, Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1502 (1913). 5) R. Me Kee, Ein Destillationsapparat zur Gewinnung absoluten Alkohols. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 4, p. 46 (1912). 6) P. Yvon, Über die Anwendung des Kalziumkarbids zur Darstellung von absolutem Alkohol. Compt. rend. de l’Acad. des sciences. T. 125, p. 1181 (1897); Chem. Zentralbl. 1898, Bd. 1, S. 319. ?) E. Ostermayer, Zur Darstellung von absolutem Alkobol mittelst Kalzium- karbid. Pharm.-Zeitg. Bd. 43, S. 99 (1898); Chem. Zentralbl. 1898, Bd.I, 8.658. — Siehe aber auch: D. Vitali, Über die Anwendung von Kalziumkarbid zur Darstellung von absolutem Alkohol und zum Nachweis von Wasser in Alkohol, Äther, Chloro- form etc. Boll. Chim, Farm. Bd. 37, S. 257 (1898); Chem. Zentralbl. 1898, Bd. I, S. 1225. 8) Vgl. z. B.: V. Meyer u. P. Jacobson, Lehrbuch der organischen Chemie. 2. Aufl. Bd. 1, 1. Teil, S. 230, Leipzig, Veit & Co. (1907). 364 Richard Kempf. Eine neue Methode zur Bestimmung von Wasser in Alkohol auf (Grund der Löslichkeitskurve von Kaliumtluorid in Alkohol-Wassermischungen gaben ferner Frankforter und Frary!) an (vgl. S. 334, 386 u. 418). Über den Nachweis und die quantitative Bestimmung von Methyl- alkohol in Äthylalkohol sind eine stattliche Reihe von Arbeiten er- schienen ?), namentlich seitdem dieses Thema durch die Massenvergiftungen in einem Berliner Asyl für Obdachlose um die Jahreswende 1911/12 aktuell geworden ist (vgl. auch unten S. 373). Fällt eine in Wasser gelöste Substanz auf Alkoholzusatz amorph aus, so empfiehlt es sich, folgenden Kunstgriff anzuwenden, um das Material in Form von Kristallen zur Abscheidung zu bringen. Man über- schiehtet vorsichtig die Lösung mit Alkohol und läßt das Ganze an einem erschütterungsfreien Orte stehen. In dem Maße, wie der Alkohol in die wässerige Lösung hineindiffundiert, wird sich die Substanz ganz langsam und darum oft in schönen großen Kristallen an der Trennungs- fläche der Schichten ausscheiden. — Bezüglich der Desinfektionskraft von wässerigem Alkohol sei hier folgendes eingeschaltet: Nach beyer?) erwies sich 70°/,iger Alkohol am stärksten desinfizierend, und zwar 30mal stärker als 60°/,iger und über 40mal stärker als 80°/,iger Alkohol. Konzentrationen jenseits 60 und 80°/, zeigten sich überhaupt wirkungsios, und absoluter Alkohol wirkte bei Fernhaltung jeder Feuchtigkeit sogar konservierend auf Bakterien. Eau ') @. B. Frankforter und F.C. Frary, Gleichgewicht in Systemen, die Alkohole, Wasser und Salze enthalten, mit einer neuen Methode der Alkoholanalyse. Journ. of Physical. Chem. Vol. 17, p. 402 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 421. — Über weitere Methoden des Wassernachweises in Alkohol siehe: D. Mendelejew, Über die Verbindungen des Alkohols mit Wasser, Poggendorffs Annal. d. Physik u. Chem. Bd. 138, S. 246 (1869). — Ad. Claus, Zur Kenntnis des Anthrachinons. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 10, S. 927, Fußnote 1 (1877). — L. Crismer, Über das flüssige Paraffin; seine Anwendung als Reagens auf das Wasser des Alkohols, des Äthers und Chloro- forms; seine Anwendung zur Darstellung der Bromwasserstoff- und Jodwasserstoffsäure und der Jodalkyle. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 17, S. 650 (1884). — Derselbe, Physikalische Konstanten, kritische Lösungstemperatur und osmotischer Druck. Bull. de association belge des Chimistes. T.16, p. 83 (1902); Chem. Zentralbl. 1902, Bd. II, 8.3. — Th. Evans u. W.C. Fetsch, Magnesiumamalgam als Reduktionsmittel. Journ. Americ. Chem. Soe. Vol. 26, p. 1158 (1904); Chem. Zentralbl. 1904, Bd. I, S. 1383. ?) Siehe z. B.: A. Vorisek, Nachweis von Methylalkohol in Äthylalkohol. Journ. Soc. Chem. Ind. Vol. 28, p. 823 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 489 (1909). — KR. Schmiedel, Nachweis des Methylalkohols. Pharm. Zentralh. Bd. 54, S. 709 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. 8. 525 (1913). — P. Szeberenyi, Zur quantitativen Bestim- mung von Methyl- und Äthylalkohol in Gemischen beider Alkohole. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 757 (1913). — B. Wagner und E. Evers, Nachweis von Methylalkohol mit dem Re- fraktometer. Zeitschr. f. Unters. der Nahr.- und Genußmittel. Bd. 26, S. 310 (1913). — H. Oldekop, Der Holzgeist als Branntweinvergällungsmittel. Zeitschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm. Bd. 26, S. 129 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 38, Rep. S. 157 (1914). — Siehe auch: H. Bauer, Analytische Chemie des Methylalkohols. Stuttgart (F. Enke) 1913. °) Alfr. Beyer, In welcher Konzentration tötet wässeriger Alkohol allein oder in Verbindung mit anderen desinfizierenden Mitteln Entzündungs- und Eiterungserreger am schnellsten ab? Zeitschr. f. Hyg. Bd. 70, S. 225 (1911). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 365 de Cologne ist stärker bakterizid als Alkohol von entsprechender Ver- - dünnung. Nach Frey!) beruht die bakterientötende Optimumwirkung gerade von 70°/,igem Alkohol darauf, daß nur mittlere Konzentrationen von Alkohol trockenes Eiweiß im Sinne der Koagulation verändern, so daß es nach der Vorbehandlung im Wasser nicht aufquillt und sich löst. Das Maximum dieser koagulierenden Wirkung liegt zwischen 60 und 70%/,.— Die Reaktionsgeschwindigkeit der Einwirkung von Chlorwasserstoff- säure auf Alkohol in Wasser-Alkoholgemischen untersuchte Kelpi.?) e) Benzol. Zur quantitativen Bestimmung von Schwefelkohlenstoff in Benzol gab Weiß) eine einfache Methode an. Sie beruht auf der Überführung des Schwefelkohlenstoffes mittelst einer gesättigten alkoholischen Kalilauge in xanthogensaures Kalium und Oxydation dieses Salzes mit Hilfe von Bromwasser in stark alkalischer Lösung zu Kaliumsulfat, das in der übli- chen Weise als Baryumsulfat gewogen wird: eu nn Ma So, Einen Apparat zur Bestimmung des Gesamtschwefels in Handels- benzol empfahl Schenk.*) Beim Stehen im Licht bilden sich sowohl in Benzol wie Xylol Super- oxyde, Phenol u. dgl.’) Man bewahre daher auch diese Lösungsmittel vor Licht geschützt auf. Benzoldämpfe wirken giftig. ®) 1) E. Frey, Warum wirkt gerade 70°/,iger Alkohol so stark bakterizid? Deutsche med. Wochenschr. Bd. 38, S. 1633 (1912): Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 75 (1913). — ‘Siehe ferner: $. Tijmstra, Warum hat die bakterizide Wirkung des Alkohols den höchsten Intensitätsgrad erreicht bei einer Konzentration von 70°/,? Folia Microbiolo- giea. Holländ. Beitr. z. ges. Mikrobiologie. Bd. 2, S.1 (1913); Chem. Zentralbl. 1914, Bd. I, S. 486. 2) S. Kilpi, Einwirkung von Chlorwasserstoffsäure auf Alkohol. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 86, S. 427 (1914); Chem. Zentralbl. 1914, Bd. I, S. 955. 3) J. M. Weiß, Bestimmung von Schwefelkohlenstoff in Benzol. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 1, p. 604 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 489 (1909). *) K. Schenk, Neuer Apparat zur Bestimmung des Gesamtschwefels im Handels- benzol. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 27, Aufsatzteil S. 152 (1914). 5) Vgl. z.B.: K. Gebhard, Photochemische Reaktionen bei der taelioken Labora- toriumsarbeit. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 1269 (1910). — Siehe auch: W. D. Bancroft, Die photochemische Oxydation von Benzol. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 25, 5. 2460 (1912). 6) Siehe u. a.: Curschmann, Die gewerblichen Vergiftungen mit Benzol und seinen Derivaten und dessen Frühdiagnose. D. Vierteljahrsschr. öff. Ges.-Pfl. 1911, S. 225; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 590 (1911). — K. B. Lehmann, Exp. Studien über den Einfluß techn. und hyg. wichtiger Gase und Dämpfe auf den Organismus. XXIV—XXIX. Die Kohlenwasserstoffe: Benzol, Toluol, Xylol, Leichtbenzin und Schwerbenzin. Archiv f. Hyg. Bd. 75, S. 1 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 466 (1912). — Beisele, Beitrag zur Kasuistik der Benzoldampfvergiftung. Münchener med. Wochenschr. 1912, S. 2286; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 145 (1913). — Über einen Todesfall infolge Ein- atmens von Benzoldämpfen siehe z. B.: Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 120 (1913). 366 Richard Kempf. Nach Selling‘) ist Benzol ein mächtiges Leukotoxin, das nicht nur die Leukozyten zerstört, sondern auch die hämatopoetischen (blutbildenden) Organe (Knochenmark) angreift. — Die Alkalimetalle wirken auf Benzol um so leichter ein, je größer ihre Oxydierbarkeit ist. Caesium reagiert mit Benzol wahrscheinlich unter 3ildung von Caesiumphenyl (C,H,.Cs), das sich in Gegenwart von Wasser in Diphenyl und Cäsiumhydrat zersetzt. ?) Über die Löslichkeit von Wasser in Benzol liegen genaue Angaben von Groschuff®) vor. Über das Trocknen von Benzol siehe unten den Ab- schnitt: „Entwässern organischer Flüssigkeiten“ (S. 412 und 418). Ü) Wasser. Einige Farbstoffe vermindern die Geschwindigkeit der Kristallisation aus wässerigen Lösungen sehr stark, ja können sie praktisch vollständig hemmen. Gleichzeitig üben solche Farbstoffe einen deutlichen Einfluß auf den Habitus der aus ihren Lösungen gezogenen Kristalle aus.*) — Leicht zersetzliche Säureamide werden am besten aus Wasser, dem etwas Ammoniak zugesetzt ist, umkristallisiert. >) 7) Ameisensäure. Ameisensäure — in konzentrierter Form oder auch etwa 95°/,ig — ist als Lösungsmittel bei Umkristallisationen nach Aschan®) ebensogut an- wendbar wie Eisessig, zeigt aber, als einfacher zusammengesetzter orga- nischer Körper vom Wassertypus, in vielen Fällen ein größeres Lösungs- vermögen als Eisessig. Als weitere Vorteile der Ameisensäure kommen hinzu ihre größere Flüchtigkeit im Wasserbade und bei gewöhnlicher Tem- peratur, sowie ihre Fähigkeit, gut ausgebildete, nicht selten große Kristalle zu erzeugen. Allerdings stört manchmal ihre Eigenheit, neben ihrem Säure- zugleich Aldehydcharakter zu haben. Gelegentlich können infolgedessen Reduktionen und Kondensationen Platz greifen. Im allgemeinen ist diese (refahr aber nicht groß, sodaß Ameisensäure als Lösungsmittel empfohlen werden kann, besonders da die 95°/,ige Säure jetzt zu einem Preise zu !) Selling, Benzol als Leukotoxin. Zieglers Beitr. path. Anat. Bd.51 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 199 (1912). ®) L. Hackspill, Die Wirkung von Alkalimetallen auf Benzole. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1214 (1912). ®) E. Groschuff, Über die Löslichkeit von Wasser in Benzol, Petroleum, Paraffin- öl. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 348 (1911). *) R. Mare und W. Wenk, Über die Kristallisation aus wässerigen Lösungen. III. Zeitschr. f. pbysik. Chem. Bd. 68, S. 104 (1909). 5) Siehe z. B.: Emil Fischer, Über einige Derivate des Glykokolls, Alanins und Leuzins. Ber. d. Deutsch. Chem. Ges. Bd. 35, S. 1102 (1902). 6) O0. Aschan, Die Ameisensäure als Lösungsmittei. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1117 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 367 haben ist, der etwa die Hälfte des Eisessigs beträgt. Aschan gibt eine große Reihe von Umkristallisationsbeispielen organischer Substanzen an.!) %) Petroläther. & Nach Fachini und Dorta?) lassen sich die festen Fettsäuren von den flüssigen fast quantitativ mit Hilfe von Petroläther vom Siedepunkt 30—50° trennen, wenn man bei der Temperatur eines Gemisches vom festen Kohlendioxyd und Alkohol arbeitet. Flüssige und ungesättigte Fett- säuren sind in Petroläther fast in jedem Verhältnis löslich, während sich Palmitin-, Stearin- und Arachinsäure fast gar nicht, Laurin- und Myristin- säure nur wenig bei gewöhnlicher Temperatur lösen. Bei niederen Tempe- raturen (— 18 bis — 45°) scheiden sich die zuletzt genannten Säuren fast vollständig aus. ı) Benzin. Über die elektrische Erregebarkeit flüssigen Benzins siehe oben (S. 358). Benzindampf-Luftgemisch explodiert nur dann, wenn 24—4'9 Vol.’,, Benzindampf vorhanden sind. Da 1 ! Benzin beim Verdampfen 250 7 Ben- zindampf bildet, so genügt bereits das Verdampfen von ca. Y,n,—'/, 7 Ben- zin (= 25—50 ! Benzindampf) pro Kubikmeter Raum, um Explosions- gefahr herbeizuführen. °) Über die Explosionsbereiche anderer brennbarer Lösungsmittel (und Gase) siehe die Literatur. ®) Über Selbstentzündungen von Benzin berichtete Lach.5) x) Schwefelkohlenstoff. Beim Einatmen von Schwefelkohlenstoffdämpfen zeigen sich oft schon nach wenigen Tagen psychische Störungen: leichte Erregbarkeit zu Zorn oder Neigung zur Rührung, Niedergeschlagenheit und Wechsel der Stimmung. Der Schwefelkohlenstoffrausch ist dem Alkoholrausch sehr ähnlich.®) Zum Trocknen von Schwefelkohlenstoff kann Phosphorpentoxyd dienen. ”) !) OÖ. Aschan, Die Ameisensäure als Lösungsmittel. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1117 (1913). 2) S. Fachini und @. Dorta, Zur Kenntnis der Fettsäuren. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 324 (1910). ®) Vgl. im übrigen: L. Schmitz, Die flüssigen Brennstoffe, Berlin (Jul. Springer) 1912. #) Z.B.: H. Bunte, Über explosive Gasgemenge. Journ. f. Gasbeleuchtung und Wasserversorgg. Bd. 44, S. 835 (1901). °) B. Lach, Die Zeresinfabrikation, Halle a.S. (W. Knapp). 1911, S. 131. 6) Möller, Geisteskrankheit infolge von Schwefelkohlenstoffvergiftung. Zeitschrift f. Medizinalbeamte. Bd. 24, S.297 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 349 (1911). °) Vgl. z.B.: A. Stock, Zur Kenntnis der Schwefelphosphorverbindungen. 6. Mit- teilung: Über das Tetraphosphorheptasulfid, P,S,. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 415 (1910). 368 Richard Kempf. )) Chlorhaltige Lösungsmittel.*) Von chlorhaltigen flüssigen Verbindungen kommen als Lösungsmittel hauptsächlich die folgenden in Betracht: aus der Paraffinreihe: Chloro- form, Tetrachlorkohlenstoff (genannt Tetra), symmetrisches Tetrachloräthan (C,H, C1,), Pentachloräthan (C;HC],); aus der Olefinreihe: symmetri- sches Dichloräthylen (C,H, Cl), Trichloräthylen (C, HCl,; genannt Tri), Perchloräthylen (GC, Cl,). Zu beachten ist die allen diesen Lösungsmitteln gemeinsame unan- genehme Eigenschaft, sich verhältnismäßig leicht unter Salzsäureabspal- tung zu zersetzen.?) Ferner wirken ihre Dämpfe sämtlich eiftig beim Einatmen. Bei weitem am wenigsten giftig wirkt unter gewissen gleichartigen Bedingungen Tetrachlorkohlenstoff. Setzt man dessen Giftwirkung = 1, so ergibt sich die in der unten folgenden Tabelle zusammengestellte Reihe der relativen Giftigkeit >): Es sind die Methan- und Äthylenderivate harmloser als die Äthan- derivate, und in den einzelnen Reihen nimmt jedesmal die Giftigkeit mit steigendem Chlorgehalt ab. Praktisch brauchen alle genannten Körper keine ernsten Bedenken bezüglich Herstellung und Anwendung hervor- zurufen, wenn in gut schließenden Apparaten oder — bei offenen (Gefäßen — unter gut ziehenden Abzügen gearbeitet wird. *) Über die wichtigsten physikalischen Konstanten dieser chlorhaltigen Lösungsmittel: Dichten, Ausdehnungskoeffizienten, Dampfdrucke, Ver- dampfungswärmen 5), spezifische Wärmen und Schmelzpunkte 6) sowie Lösungsvermögen’) haben Herz und kathmann genauere Angaben ver- öffentlicht, die hier zusammengestellt seien: ') Vgl. dieses Handb. Bd. I, S. 188 u. 194 und die dort angegebene Literatur, ferner: Konsortium für elektrochem. Industrie, Nürnberg, Synthesen aus Azetylen und Chlor. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1053 (1911). — L. Gowing-Scopes, Die Eigenschaften einiger chlorierter Kohlenwasserstoffe und ihre Verwendung in der chemischen Analyse. The Analyst. Vol. 39, p. 4 (1914); Chem. Zentralbl. 1914, Bd. I, S. 815 u. Chem.-Zeitg. Bd. 38, S. 117 (1914). ?) Siehe z.B.: O. Nieodemus, Die pyrogenetische Zersetzung von s-Tetrachloräthan und Trichloräthylen. Journ. f. prakt. Chem. [2], Bd. 83, S.312 (1911); Chem. Zentralbl. 1911, Bd. 1, S. 1682. — Ferner: B. Lach, Die Zeresinfabrikation. Halle a. S. (W. Knapp), 1911, 8. 133 u. 135. — L. Gowing-Scopes, ]. c. ®) K. B. Lehmann, Experimentelle Studien über den Einfluß technisch und hygie- nisch wichtiger Gase und Dämpfe auf den Organismus. XIX— XXIII: Die gechlorten Kohlenwasserstoffe der Fettreihe nebst Betrachtungen über die einphasische und zwei- phasische Giftigkeit ätherischer Körper. Arch. Hyg. Bd. 74, S.1 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 449 (1911). *) Vgl. im übrigen: K. B. Lehmann, ]. ce. °) W. Herzund W. Rathmann, Physikalische Konstanten einiger als Lösungsmittel wichtiger chlorierter Kohlenwasserstoffe I. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1417 (1912). 6) Dieselben, Dasselbe. Ibidem. Bd. 37, S. 621 (1913). ‘) Dieselben, Löslichkeiten in chlorierten aliphatischen Kohlenwasserstoffen. Zeitschr. f. Elektrochemie. Bd. 19, S. 887 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 369 Spez. Gew. Löslich- Relative |bei 15°, bezo- punkt |Schmelz- keitvon Giftigkeit |genauf Was- Hans! Salizyl- ser von 4° C säure Formel Tetrachlorkohlenstoff.. | CC], | 10 1.601 | z0| —23 | 0:30') Tetrachloräthylen . . | CCL=CCI, 1:6 1.624 | 1190| —ı9 | 080 Trichloräthylen - . . | CHÜI=CC], 17 1466 | sro| —3 | 1-10 Diehlor- (Cis-form . 1 L 1.265 48:8 _ _— äthylen Fee! „al an 1 | 2 Ckloroform . . . . .|CHC], 2:2 1.496 6190| —63 | 1:57 Pentachloräthan . . . | CHC],.CCl, 62 1.685 | 1590| —22 | 0:77 Tetrachloräthan . . .\| CHCI.CHÜL, 91 | 1.602 | 1450| —36 | 1:51 Zur Frage einer rationellen Nomenklatur auf diesem Gebiete äußerte sich Margosches. ?) Angepriesen werden diese chlorhaltigen Lösungsmittel als vollwertiger Ersatz namentlich für Äther, Schwefelkohlenstoff, Benzin und Ben- zol. Ihr Hauptvorzug vor diesen altbewährten Lösungsmitteln liegt beson- ders darin, daß keine oder höchstens nur ganz geringfügige Feuers- und Explosionsgefahr besteht. xx) Chloroform. Chloroform ist leicht zersetzlich, besonders im Licht. Bei Anwesenheit einer genügenden Menge Sauerstoff wird Chloroform in Kohlendioxyd, Wasser und Chlor zerlegt, bei ungenügender Sauerstoffmenge entstehen Salzsäure und Phosgen. Alkoholzusatz erhöht die Haltbarkeit von Chloro- form, weshalb das sogenannte Narkosechloroform stets alkoholhaltig ist. 3) Enz*) prüfte die üblichen Reinheitsprüfungen von Chloroform ein- gehend nach. Nach diesen Untersuchungen gibt es im Handel Chloroform- sorten, die als Verunreinigungen Chloralalkoholat und verwandte Chloral- verbindungen enthalten. Reines Chloroform ist ohne Einwirkung auf !/,,n- Lauge, während chloralhaltige Präparate reichlich Lauge verbrauchen, die durch Resttitration bestimmt werden kann. Zum Nachweis organischer Verbindungen aldehydartiger Natur im Chloroform leistet das Nessler- sche Reagens ausgezeichnete Dienste: Reine Sorten geben zunächst keine ') Millimol Salizylsäure in 10 cm? Lösung. ?) B. M. Margosches, Über Kohlenwasserstoff- und Kohlenstoffchloride I. Chem.- Zeitung. Bd. 37, S. 509 (1913). ®») Vgl. im übrigen: Stadlmayr, Über das Narkosechloroform. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 560 (1910). — Siehe auch: N. Schoorl und L. M.van den Berg, Die Zersetzung von Chloro- form unter dem Einfluß von Licht und Luft. Pharmaceutisch Weekblad. Bd. 42, S. 877 (1905); Chem. Zentralbl. 1905, Bd. I, S. 1623. *) K. Enz, Chloroform. Apoth.-Zeitg. Bd. 28, S. 672 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. H, S. 1172. — Vgl. auch: Budde, Zur Prüfung des Chloroforms zu Betäubungen. Apoth.-Zeitg. Bd. 28, S. 709 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1341. — K. Enz, Zur Prüfung von Chloroform, ebenda S. 776; Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1522. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIIL. 24 370 Richard Kempf. teaktion, während unreine Präparate sofort eine rotbraune, rasch ins Grünschwarze übergehende Ausscheidung bewirken. Schüttelt man 20 cm3 Chloroform mit 10 cm? Wasser und hebt so- fort 5em® Wasser ab, so darf dieses nach dem Deutschen Arzneibuch Lackmuspapier nicht röten und, wenn es vorsichtig über eine verdünnte Silbernitratlösung geschichtet wird, keine Trübung hervorrufen (Nachweis von Salzsäure). Beim Schütteln von Chloroform mit Jodzinkstärkelösung darf weder diese gebläut, noch das Chloroform gefärbt werden (Nachweis von Chlor). Mit Chloroform getränktes bestes Filtrierpapier darf nach dem Verdunsten des Chloroforms nicht riechen. Schüttelt man 20 em3 Chloro- form und 15 cm3 konzentrierte Schwefelsäure in einem mit Schwefelsäure sespülten Reagenzrohr, so darf sich die Schwefelsäure innerhalb einer Stunde nicht färben (Nachweis organischer Verunreinigungen).') Die Mischbarkeitsgrenze von Chloroform und Alkohol bestimmte Enz. ?) Ein neues Verfahren für die Alkoholbestimmung in Chloroform gab Budde:°) an. Zur Reinigung des Chloroforms empfahl er eine Destillation im Kohlendioxydstrom. BB) Tetrachlorkohlenstoff *) („Tetra“). N Über das Lösungsvermögen des technischen Kohlenstofftetrachlorids (997°/,ig) für die wichtigsten technischen Rohstoffe, wie Harze, Kopale, Bitumen, Erdwachs, Paraffin, ätherische und fette Öle, Wachse usw. haben Baskerville und Riederer >) eingehende Versuche angestellt. — Die Anwen- dung von Chlorkohlenstoff in der Toxikologie als Ausschüttelungsmittel für Alkaloide, z. B. für Strychnin und Atropin. empfahl Gori.°) Ferner be- währt sich nach Seibriger ?) das Lösungsmittel bei der Kaltextraktion der Hopfenbitterstoffe. !) Vgl. im übrigen: Deutsches Arzneibuch. 5. Ausgabe, Berlin (R. v. Deckers Verlag) 1910, S. 118. 2) K. Enz, Über die Mischbarkeit von Chloroform und Weingeist. Pharm.-Zeitg. Bd. 58, S. 528 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1789. 3) Th. Budde, Über Chloroform, seine Prüfung und Reinigung, sowie sein Ver- halten zu offenen Flammen. Veröff. Milit.-Sanitätsw. 1913, S. 113; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 567 (1913). #4) Siehe auch z. B. die Monographie: B.M. Margosches, Der Tetrachlorkohlen- stoff unter besonderer Berücksichtigung seiner Verwendung als Lösungs- und Extraktions- mittel in der Industrie der Fette und verwandter Gebiete. Stuttgart (Ferd. Enke) 1905. 5) Ch. Baskerville und H. S. Riederer, Die Chloride des Kohlenstoffs als Lösungs- mittel, I. Kohlenstofftetrachlorid. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol.4, p. 645 (1912); Chem.- Zeitung. Bd. 37, Rep. S. 49 (1913). 6) @. Gori, Über den Gebrauch von Kohlenstofftetrachlorid in der Toxikologie. Boll. Chim. Pharm. Vol. 52, p. 463 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. H, S. 720. ?) R. Seibriger, Analysengang der Bitterstoffbestimmung durch Kaltextraktion mit Tetrachlorkohlenstoff. Wochenschr. f. Brauerei. Bd. 30, S. 610 (1913); Chem. Zentralbl. 1914, Bd. I, S. 302. — 0. Neumann, Die neue Hopfenanalyse. Ohem.-Zeitg. Ba. 37, S. 1317 (1913). ee Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 371 3) Unter der Einwirkung von Wasserdampf — namentlich bei Gegen- wart von Eisen oder Kupfer — zersetzt sich Kohlenstofftetrachlorid. und es wird Salzsäure in großen Mengen abgespalten !): CC, +2 H,O CO, + 4HCl. Diese Salzsäure kann natürlich außerordentlich störend sowohl bei Umkristallisationen wie bei Extraktionen wirken. Nach Pichon und Truchelut ?2) kann diese dem Tetrachlorkohlenstoff anhaftende Unannehmlichkeit, unter Umständen Salzsäure abzuspalten und infolge seiner Verunreinigung durch Schwefel Metalle anzugreifen, da- durch behoben werden, daß man Terpentin oder verwandte Stoffe zusetzt. Zum Nachweise von Kohlenstoffbisulfid (Schwefelkohlenstoff) im Kohlenstofftetrachlorid empfahl Radeliffe:) die etwas modifizierte Gastine- sche Methode. ' yy) Sym. Dichloräthylen (CHCI=CHC)). In 100 9 Wasser von 25° löst sich das Dichloräthylen in einer Menge von 0'7 g. Auch in Alkohol, Azeton, Benzol, Toluol u. dgl. sind die Halogen- äthylene löslich. Diese Lösungen können zu Desinfektionszwecken dienen. *) Als Extraktionsmittel bewährt sich das Dichloräthylen u. a. bei der quantitativen Bestimmung von Salizylsäure in Getränken (Wein, Bier oder dgl.).’) 86) Trichloräthylen („Tri“) (CHCI=CC),). Trichloräthylen ist ein gutes Lösungsmittel für Fett und eignet sich demgemäß in der analytischen Chemie zur Bestimmung von Fett in ge- trockneter Milch®), zur quantitativen Entölung von Ölfarben (neben Chloro- form, Tetrachloräthan, Perchloräthylen und Pentachloräthan)?), sowie zur 1) Siehe z. B.: B. Lach, Die Zeresinfabrikation. Halle a. S. (W. Knapp) 1911, 8.133. 2) H. Pichon und Th. Truchelut, Methode und Mittel für Verwendung von Kohlen- stoffehloriden, um Benzol, Alkohol, Äther unentzündbar zu machen, sowie Herstellung von Harzlösungen und anderer wertvoller Produkte. Engl. Pat.; Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 596 (1910). 3») L. @. Radeliffe, Die Prüfung von Kohlenstofftetrachlorid. Journ. Soc. Chem. Ind. Vol.28, p.229 (1909); Chem.-Ztg. Bd. 33, Rep. S. 257 (1909). *) F. Hoffmann-La Roche d Co., Desinfektionsmittel, D. R.-P. 263.332; Chem. Zen- tralblatt. 1913, Bd. I. S. 1187. 5) L. Stoecklin, Schnellmethode zum Nachweis von Salizylsäure. Annal. des Falsi- fieations. T. 5, p. 220 (1912); Zeitschr. f. Unters. der Nahr.- und Genußmittel. Bd. 26, 8. 315 (1913). 6) L. Gowing-Scopes, Über den Gebrauch von Trichloräthylen in der analytischen Chemie. The Analyst. Vol.35, p. 238 (1910); Zeitschr. f. angew. Chem. Bd.24, S. 899 (1911) und Chem.-Zeitg. Bd. 34. Rep. S. 409 (1910). D.P. Ross van Lennep und J. D. Ruys, Bestimmung des Fettgehaltes der Milch mit Trichloräthylen. Cbem. Weekblad. Bd. 9, S. 654 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S.409 (1913). ”) J. F. Sacher, Zur analytischen Entölung von Ölfarben. Farbenzeitg., Bd. 16, S. 2683 (1911); Chem. Zentralbl. 1911, Bd. HI, S. 1068. — Vgl. auch: Derselbe: Tri- chloräthylen als analytisches Extraktionsmittel. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1204 (1911). 24: 3I2 Richard Kempf. Fettbestimmung in Futtermitteln.!) Für den letzteren Gebrauchszweck hat Trichloräthylen große Vorzüge vor dem sonst angewandten Äther, der in diesem Falle vollkommen frei von Alkohol und Wasser sein muß, was eine umständliche und kostspielige Vorreinigung erfordert. Auch bei der Knochen- extraktion empfiehlt sich nach Lach?) — statt des feuergefährlichen Ben- zins — Trichloräthylen, da dieses rascher arbeitet, explosionssicher ist und ein reineres, helleres Fett liefert. Durch Destillation mit direktem Dampf läßt sich das Trichloräthylen schnell und vollständig von den extrahierten Stoffen entfernen und infolge seines hohen spezifischen Gewichtes (1°43) leicht vom Wasser trennen. ?) se) Tetrachloräthan (Azetylentetrachlorid) (COl,—CCh,). Tetrachloräthan (und ebenso Anisol, siehe unten, S. 374) bewährte sich nach Friedländer*) als Extraktionsmittel ausgezeichnet bei der Ge- winnung des Farbstoffes aus dem Drüsenmaterial der Purpurschnecke (an- tiker Purpur). Die Extraktion wird in einer Soxhlethülse vorgenommen. u.) Methylalkohol.°) Nach Lobry de Bruyn nähert sich der Methylalkohol als Lösungs- mittel bald seinem niederen Homologen, dem Wasser, bald dem höheren, dem Äthylalkohol. Aber nicht immer nimmt er eine Zwischenstelle ein. Viele organische Körper, welche in Wasser nicht oder wenig löslich sind (ferner auch HCl, SO,, HgCl,, HgJ,), lösen sich in Methylalkohol besser als in Äthylalkohol. ®) Bei der Bereitung mancher Extrakte (z. B. von Belladonna und Nueis vomicae) besitzt Methylalkohol ein höheres Lösungsvermögen als Äthvl- alkohol.”) Bei Verwendung hochprozentigen Methylalkohols ist im allge- meinen die Auflösungsgeschwindigkeit geringer, aber die Auszüge sind an Alkaloiden reicher.) !) R. Neumann, Fettbestimmung in Futtermitteln mittelst Trichloräthylen. Chem.- Zeitg. Bd. 35, S.1025 (1911). ®) B. Lach, Über moderne Knochenextraktion. Seifensieder-Zeitg. Bd. 38, S. 394 und 421 (1911): Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 411 (1911). ®) D. P. Ross van Lennep, Trichloräthylen, ein gefahrloses Lösungsmittel als Er- satz des Benzins. Seifensieder-Zeitg. Bd. 40, S.369 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 421 (1913). *) P. Friedländer, Zur Kenntnis des Farbstoffs des antiken Purpurs aus Murex brandaris. Wiener Monatshefte f. Chem. Bd.28, S. 994 (1907). °) Siehe auch: H. Bauer, Analytische Chemie des Methylalkohols. Stuttgart (F. Enke) 1913. 6) €. A. Lobry de Bruyn, Methyl- und Äthylalkohol als Lösungsmittel. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 26, S. 274 (1893). — Vgl. auch: W.E.S. Turner und C. €. Bis- set, Die Löslichkeit von Alkalihaloiden im Methyl-, Äthyl-, Propyl- und Isoamyl-alkohol. Journ. Chem. Soc. London, Vol. 103, p. 1904 (1913); Chem. Zentralbl., 1914, Bd.I, S. 333. ?) Batta, Über den Gebrauch von Methylalkohol statt Äthylalkohol bei der Be- reitung pharmazeutischer Extrakte. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1429 (1911). - Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 373 Beim Stehen an der Luft wird Methylalkohol im Sonnenlicht teilweise zu Formaldehyd!) oxydiert. Auf der leichten Oxydierbarkeit des Methylalkohols zu Formaldehyd und weiter zu Ameisensäure beruhen auch wahrscheinlich, wenigstens zum Teil, die toxischen Eigenschaften dieses Alkohols.?2) Nach Kroeber’°) ist die Giftigkeit des Methylalkohols möglicherweise auf eine Verunreinigung des Präparates durch Dimethylsulfat zurückzuführen, da der Alkohol mancherorts in erheblichen Mengen längere Zeit hindurch ohne Schädigung getrunken wurde. Treten schwere Schädigungen des Organismus durch den Genuß bereits geringer Mengen des Methylalkohols auf, so kann 'sogar schon das verdunstende Präparat die Augen schwer schädigen. ‘) Die Litera- tur über die giftigen Wirkungen dieses Alkohols ist namentlich seit den nach dem Genuß von methylalkoholhaltigem Schnaps eingetretenen Massen- vereiftungen (über 100) in einem Berliner Asyl für Obdachlose>) überaus stark angeschwollen ®) (vgl. oben S.364). Über die Möglichkeit einer Verunreinigung von Methylalkohol durch Chloroform siehe Friedrichs. ?) v) Toluol. Zum Reinigen von Toluol, das als Lösungsmittel für Umkristalli- sationen dienen soll, empfahl schon Stenhouse ®) Schütteln mit Schwefelsäure. !) H. D. Gibbs, Die Einwirkung des Sonnenlichtes auf Methylalkohol. Philippine Journ. Science. Vol.7, p. 57 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 275 (1913). 2) E. Harnack, Über die Giftigkeit des Methylalkohols. Deutsche med. Wochen- schrift. Bd. 38, S. 358 (1912); Chem.-Zeitg. Bd.36, Rep. S.478 (1912). — J. Kröl, Über das Wesen der Methylalkoholvergiftung. Arch. exper. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 72, S. 444 (1913) ; Chem.-Zeitg. Bd. 38, Rep. S.3 (1914). 3) L. Kroeber, Zur Frage der Giftigkeit des Methylalkohols. Pharm. Zentralh. Bd. 53, S. 825 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 593 (1912). — Derselbe, Zur Frage der Giftigkeit des Methylalkohols, Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1597 (1913). *) P. Spehr, Über die toxischen Eigenschaften des Methylalkohols. Baltische Pharm. Monatsh. Bd.2, S.400 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 177 (1910). — Vgl. auch: R. Müller, Über die Methylalkoholvergiftung. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 23, S.351 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 177 (1910). 5) Siehe z. B.: Die Massenvergiftungen von Asylisten in Berlin. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 71 (1912). 6) Vgl. u. A.: L. Bürger, Über Methylalkoholvergiftung. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S.524 (1912). — A. Langgard, Die Giftigkeit des Methyl- und Äthylalkohols. Berliner klin. Wochenschr. Bd.49, S. 1704 (1912); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. II, S. 1382. — Th. v. Fellenberg, Bestimmung und Nachweis von Methylalkohol. Mitteilungen aus dem Gebiete der Lebensm.-Unters. u. Hyg. Bd.4, S. 141 (1913). — J. Kröl, Über das Wesen der Methylalkoholvergiftung. Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmak. Bd. 72, S.444 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1161. ?) F. Friedrichs, Methylalkohol und seine Verunreinigungen. Chem.-Zeitg. Bd. 32, S.890 (1908). 8) Vgl.: C. Graebe, Über Chloranil. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 263, S. 24 (1891). 374 Richard Kempf. Im Licht bei Gegenwart von Sauerstoff und Wasser geht Toluol durch Autoxydation in Benzaldehyd, Benzoösäure und Ameisensäure über. !) Ahn- lich verhalten sich die drei isomeren Xylole. !) &) Anisol. Bei Anwendung von Anisol zur Extraktion des Purpurfarbstoffes aus verschiedenen Schnecken (Murex- und Purpura-Arten) genügten 100 9 für 500 Schnecken (vgl. oben S. 372). Schon während des Extrahierens scheidet sich der Farbstoff allmählich aus dem siedenden Anisol aus. Er wird nach dem Erkalten filtriert und nochmals aus viel siedendem Nitrobenzol um- kristallisiert. o) Nitrobenzol. Ein akuter Fall von Nitrobenzolvergiftung zeigte vor allem Leuko- zytose durch Zerfall der roten Blutkörperchen; eine chronische Vergiftung ähnelte der perniziösen Anämie unter starker Verringerung der Zahl der weißen Blutzellen. ?) r) Anilin. Über die Einwirkung von Luft und Licht auf Anilin hat Gibbs 3) ge- nauere Untersuchungen angestellt. Wurde Anilin in Gegenwart oder in Abwesenheit von Feuchtigkeit und unter häufigem Schütteln mit Luft dem Sonnenlicht ausgesetzt, so färbte es sich rasch gelb und schließlich dunkel- rot, und es ließen sich in dem Produkt 2°5-Dianilinochinon, 2'5-Dianilino- chinonanil, Azophenin und Azobenzol nachweisen; die Färbung des Anilins im Lichte beruht demnach auf Oxydation. 0) Einige seltener gebrauchte Lösungsmittel. Chloranil (Tetrachlorchinon) kristallisiert aus heißem, konzentriertem Königswasser in glänzenden goldgelben Blättchen, die selbst gegen das kochende Säuregemisch beständig sind.) In ähnlicher Weise kann Mellith- säure (Benzolhexakarbonsäure) aus starker Salpetersäure umkristalli- siert werden. 5) ') @. Ciamieian und P. Silber, Chemische Liehtwirkungen. XXII. Autooxydationen I. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 45, S. 38 (1912). °) Massini, Über Nitrobenzolvergiftung. Blutbefund und Verhalten des Herzens bei derselben. Deutsch. Arch. f. klin. Med. (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 125 (1912). Vgl. ferner: J. R. Spinner, Nitrobenzol als Gift im Gewerbe und zu verbrecherischen Zwecken. Pharm. Zentralh. Bd. 54, S. 871 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1162. ») H. D. Gibbs, Die Verbindungen, welche die rote Färbung des Anilins verur- sachen. I. Einfluß von Sauerstoff und Ozon und Einfluß des Lichtes bei Gegenwart von Sauerstoff. The Philippine Journ. of Seiences, Vol. 5; Chem. Zentralbl. 1910, Bd. II, S. 558. *) Vel.: R. Kempf und H. Moehrke, Verfahren zur Darstellung von trichlorchinon- freiem Chloranil (Tetrachlor-p-benzochinon), D. R.-P. 256.034; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 142 (1913) und Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I, S. 758. °) Hans Meyer, Über Mellithsäure. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1191 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 375 Der Vollständigkeit halber sei angeführt, daß auch geschmolzene anorganische Salze als Lösungsmittel für Umkristallisationen anwend- bar sind. So kristallisiert z. B. nach Cooper und Fuller‘) Baryumsulfat aus geschmolzenem Natriumsulfat oder Barvumchlorid bei 1150° in Kri- stallen von 5 mm Länge. Ebenso ist Magnesiumchlorid, das bei 708° zu einer leichtbeweglichen Flüssigkeit schmilzt, ein ausgezeichnetes Mittel, anorganische Oxyde und Salze schön kristallisiert zu erhalten. ?) c) Entfärben und Klären von Flüssigkeiten (vel. S. 195—197). #) Kohle als Entfärbungsmittel. Das eigentümliche Vermögen fein verteilter Kohle, gefärbte Flüssig- keiten zu entfärben, hat wiederum viele Forscher zu eingehenden, zum Teil auch praktisch sehr wichtigen Untersuchungen angeregt. Zunächst sei nachgetragen, dab bereits A. W. Hofmann?) die oxy- dative Wirkung von Tierkohle auf manche Substanzen (alkoholische Lö- sung von Leukanilin) erkannt und beschrieben hat. Über chemische Wir- kungen der mechanischen Absorption durch Tierkohle berichtete ferner Traube.*) Nach Freundlich und Losev:) erfolgt die Verteilung der Farb- stoffe: Kristallviolett, Kristallponceau, Neufuchsin und Patentblau zwischen Kohle bzw. Wolle, Seide und Baumwolle einerseits, einer wässerigen Lö- sung andrerseits nach genau den gleichen Gesetzen. Bei basischen Farb- stoffen tritt durch die Kohle — ebenso wie durch die Fasern — oft eine Spaltung des Farbsalzes in Base und Säure auf; die Säure bleibt quanti- tativ als solche in Lösung, die Base wird adsorbiert. Möglicherweise wer- den amorphe Polymerisationsprodukte der Farbbase adsorbiert und bilden mit der Kohle bzw. den Fasern Kolloidkomplexe. ®) Nach Ritzel”) nimmt Kohle (gereinigte Blutkohle) auch Uran X aus Urannitratlösungen auf, und zwar zunächst sehr schnell, dann lang- 1) H. C. Cooper und T. S. Fuller, Umkristallisieren von Baryumsulfat. Chem.- Zeitg., Bd. 35, Rep. S. 417 (1911). — Societe pour Vutilisation de l’air et de ses deri- ves, Reinigung von Baryumsulfat, Franz. Pat.; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 180 (1911). — (. Cooper, S. Fuller und A. Klein, Künstliche Kristallisation von Baryumsulfat. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 33, p. 845 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 485 (1911). — Vgl. auch: J. Johnston und L. H. Adams, Chem.-Zeitg. Bd. 36, 8. 762 (1912). 2) K. A. Hofmann und K. Höschele, Das Magnesiumchlorid als Mineralisator, mit einem Beitrag zur Spektrochemie der seltenen Erden. Ber. d. Deutsch. Chem. Ges. Bd. 47, 8.238 (1914). 3) A. W. Hofmann, Vorlesungsversuche. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 7, S. 530 (1874). #) J. Traube, Theorie der Osmose und Narkose. Pflügers Arch. Bd. 105, S. 541 (1904); Chem. Zentralbl. 1905, Bd. TI, S. 32. 5) H. Freundlich und @. Losev, Über die Adsorption der Farbstoffe durch Kohle und Fasern. (Ein Beitrag zur Theorie des Färbens.) Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 59, S. 284 (1907). 6) Siehe im übrigen: H. Freundlich und @. Loser, 1. c. — Vgl. ferner: Michaelıs, Dynamik der Oberflächen. Dresden (Steinkopff) 1909, S. 72. ”\ A. Ritzel, Über die Aufnahme des Uran X durch Kohle. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 67, S. 724 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 650 (1909). 376 Richard Kempf. samer. Nach ungefähr 10 Tagen ist ein Gleichgewicht erreicht. Die Zeit- kurve und der endliche Gleichgewichtszustand lassen sich erklären durch die Annahme, daß das Uran X zunächst von der Kohle adsorbiert wird und dann später noch in sie hineindiffundiert, d. h. absorbiert wird. Aus Urannitratlösungen, denen nur wenig Thoriumsulfat zugesetzt worden war, wird das Ur X merkwürdigerweise überhaupt nicht adsorbiert. Eine Erklärung für dieses auffallende Versuchsergebnis gab Soddy.!) Versuche kRitzels über die Verteilung des Ur X zwischen Kohle und einer Lösung, die kein Uran enthält, ergaben unter anderem, daß sich bei Gegenwart von Salz-, Salpeter- oder Schwefelsäure das Gleichgewicht sehr rasch, schon nach wenigen Stunden, einstellt. — Das Verhalten von Tierkohle gegen- über Radium D wurde von Herchfinkel 2) untersucht. Knochenkohle, Holzkohle, Koks und Retortengraphit vermögen ferner nach Brussow®) Gold aus wässerigen Goldchloridlösungen zu adsorbieren, und zwar wurde die Adsorption beobachtet beim Schütteln der Kohle mit der Lösung des Goldsalzes, beim Filtrieren der Goldlösung durch die Kohle und bei einfachem Einsenken der Kohle in die Goldsalzlösung. Frisch be- reitete Holzkohle vermag Gold auch aus Cyanidlösungen niederzuschlagen. *) Im allgemeinen werden anorganische Salze von Blutkohle um so stärker adsorbiert, je edler das Kation ist. Einige Schwermetallsalze wer- den stärker als Leichtmetallsalze adsorbiert; Sublimat ganz ausnehmend stark (30mal stärker als Zinkchlorid). >) Bei der Adsorption von Kaliumbichromat durch Kohle (und eben- so durch gewachsene Tonerde) tritt zum Teil eine Umwandlung in Chro- mat ein.) '!) F. Soddy, Trans. Vol. 99, p. 72 (1911); vgl. O. Hahn, Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 18, S. 775 (1912). ®) H. Herchfinkel, Über das Radioblei. Le Radium. T.7, p. 198 (1910); Chem. Zentralbl. 1910, Bd. II, S. 1030. >) S. Brussow, Die Adsorption des Goldes durch Kohle aus den wässerigen Lö- sungen seiner Verbindungen. Zeitschr. f. Chem. u. Industrie der Kolloide, Bd.5, S. 137 (1909); Chem. Zentralbl. 1909, Bd. II, S. 1207. #) Vgl. z. B.: M. Green, Die Wirkung von Holzkohle auf goldhaltige Cyanidlösun- gen. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1374 (1913). 5) H. Morawitz, Über Adsorption und Kolloidfällung. Kolloidehem. Beihefte, Bd. 1, S. 301 (1910); Chem. Zentralbl. 1910, Bd. IH, S. 358. — Vgl. auch: H. Lachs und L. Michaelis, Über die Adsorption der Neutralsalze. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S.10..9317.01911). 6) N. Ishizaka, Über die Beziehungen zwischen Kolloidfällung und Adsorption und über die Fällungsgeschwindigkeit. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 83, S. 97 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I, S. 2080. — Siehe ferner: T. Oryng, Über die Adsorption in Lösungen und die dabei vorkommenden chemischen Vorgänge. Blutkohleadsorption in wässerigen Lösungen von K,Cr, O0, und K, CrO,. Kolloid-Zeitschr. Bd. 13, S.9 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. If, S. 1451. — Derselbe, Über negative Adsorption. Kolloid- Zeitschr. Bd. 13, S. 14 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S.1451. — Vgl. auch: K. Estrup, Einige Adsorptionsversuche. Oversigt over det kgl. danske Vidensk. Selsk. Forhandl. (1912), S. 127; Chem. Zentralbl. 1912, Bd. II, S. 2007. — Derselbe, Über ne- gative Adsorptionsisothermen. Zeitschr. f. Chem. u. Industr. d. Kolloide. Bd. 11, S.8 (1912); Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 377 Kaliumpermanganat wird nach Oryng) von Blutkohle stark ab- sorbiert. Dabei wird das Salz hydrolytisch gespalten. Mn O, wird stärker als K absorbiert. Zusatz von Säuren beschleunigen die chemische Reaktion zwischen Mn O, und der Kohle oder deren organischen Verunreinigungen und begünstigen die Adsorption. Die Adsorption von Essigsäure durch Blutkohle läßt sich nach Reychler ?) mittelst der chemischen Mechanik erklären. Von demselben Forscher wurde das Adsorptionsvermögen der Blutkohle gegenüber vielen anderen organischen Säuren untersucht. °) Die Adsorption von Agglutinin oder Trypsin durch Tierkohle erreicht in 4 Stunden bei Zimmertemperatur noch kein Gleichgewicht; die Adsorption von Schwefelsäure durch Tierkohle noch nicht in 24 Stunden. ®) Nach Knecht zeigt Tierkohle eine um so geringere Affinität für saure Farbstoffe, je weniger Stickstoff sie enthält°), dagegen spielt der Stickstoffgehalt bei der Absorption von basischen Farbstoffen keine Rolle. ®) Tierkohle scheint stets etwa 5—7°/, Stickstoff, Holzkohle dagegen keine Spur davon zu enthalten. Tierkohle enthält außerdem etwa !/,°/, Schwefel. >) Nach demselben Verfasser ist das Entfärbungsvermögen der Tierkohle den organischen, bei Rotglühhitze beständigen Stoffen zuzuschreiben, und ganz reine Kohle besitzt eine Absorptionsfähigkeit weder für basische noch für saure Farbstoffe. ®) Nach Untersuchungen von anderer Seite”) bestehen dagegen keine Beziehungen zwischen dem Stickstoffgehalt einer Kohle und ihrem Adsorp- tionsvermögen. In Übereinstimmung mit diesem Befund zeigt sich denn auch, daß das Adsorptionsvermögen einer Kohle nicht geändert wird, wenn Chem. Zentralbl. 1912, Bd. II, S.2008). — Derselbe, Einige Studien zur qualitativen Elektrolytadsorption. Kolloid-Zeitschr. Bd. 14, S.8 (1914). t) Tadeusz Oryng, Blutkohleadsorption und chemische Reaktionen in wässerigen Lösungen von KMn O,. Zeitschr. f. Chem. u. Industrie d. Kolloide. Bd. 11, S. 169 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I, S. 12. 2) A. Reychler, Über Adsorption. Chem. Zentralbl. 1910, Bd. 1, S. 321. — Vgl. auch: K. Estrup und E. Buch Andersen, Einige Adsorptionsversuche mit variierendem Dispersitätsgrade des Adsorbens. Zeitschr. f. Chem. u. Industr. d. Kolloide, Bd. 10, S. 161 (1912) ; Chem. Zentralbl. 1912, Bd. I, S. 1951. 3) A. Reychler, Die chemische Mechanik und der kolloidale Zustand. Journ. de Chim. physique. T.7, p. 497 (1910); Chem. Zentralbl. 1910, Bd. I, S. 788, #) @. Dreyer und J. Sholto C. Douglas, Die Reaktionsgeschwindigkeit bei der „Absorption“ spezifischer Agglutinine durch Bakterien und bei der „Adsorption“ von Agglutininen, Trypsin und Schwefelsäure durch Tierkohle. Proc. Royal Soc. London. Serie B, Vol. 82, p. 168 (1910); Chem. Zentralbl. 1910, Bd. I, S. 1269. 5) E. Knecht, Die entfärbende Wirkung der Tierkohle. Chem.-Zeitg. Bd. 31, S. 435 (1907). 6) E. Knecht, Die entfärbende Wirkung verschiedener Arten Kohle. Chem.-Zeitg. Bd. 33, S. 623 (1909). ?) L. Pelet-Jolivet und C. Mazzoli, Die entfärbenden Eigenschaften verschiedener Varietäten amorpher Kohle. Bull. Soc. Chim. de France. [4] T.5, p. 1011 (1910); Chem. Zentralbl. 1910, Bd. I, S. 3. 378 Richard Kempf. diese mit heißen konzentrierten Säuren (Salzsäure, Schwefelsäure) und Laugen oder mit Natriumnitrit und Salzsäure behandelt wird. Durch Tierkohle werden ferner, je nach ihrer Menge und Feinheit, größere oder kleinere Mengen Harnsäure und anderer oxydierbarer Purinderivate zurückgehalten }), ferner Essigsäure?) usw. (vgl. oben). Die Untersuchung von 9 Proben verschiedener zur Entfärbung von Wein dienender Kohlearten ergab bei 6 das Vorhandensein von 00002 bis 0'022°/, Arsen. Da auf 1 hl Wein nur höchstens 1 kg dieser Entfär- bungsmittel angewendet werden, so ist nicht zu befürchten, daß diese ge- ringen Mengen bei der quantitativen Bestimmung von Arsen in Wein irreführen und Trugschlüsse veranlassen.?) Über das Entfärben von Wein mittelst Tierkohle berichtete auch v. Fellenberg.*) /ur Entfernung anhaftenden Jods aus organischen Substanzen be- nutzte schon A. W. Hofmann’) die Tierkohle. Die klärende Wirkung der Tierkohle beim Raffinieren von Rohr- zucker suchte Clark®) aufzuklären. Die Entfärbungskraft der Tierkohle hängt mehr oder weniger von der Natur der im rohen Zucker vorhan- denen Verunreinigungen ab. Behandlung der Tierkohle mit verdünnter Salzsäure, wodurch etwa vorhandener Kalk und Phosphorpentoxyd gelöst werden, verstärkte das Entfärbungsvermögen der Tierkohle ganz erheb- lich. Aus gebrauchter Entfärbungskohle läßt sich durch heißes Wasser fast die ganze Menge der aufgenommenen organischen Salze u. dgl. entfernen: die Kohle erhält dadurch eine fast so große Reaktionskraft wie frisch gebrannte oder „wiederbelebte“ Kohle. Um Phenylendiaminlösung, die sich beim Aufbewahren durch die Einwirkung von Licht und Luft rötlich gefärbt hat, wieder vollständig farblos zu machen, braucht man sie nur mit ausgeglühter Tierkohle zu kochen. ?) !) H. Caron, Zur Titration der Harnsäure mit Jod. Ann. Chim. analyt. T. 17, p. 123 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 339 (1912). ®) K. Estrup und E. Buch Andersen, Einige Adsorptionsversuche mit variieren- dem Dispersitätsgrade des Adsorbens. Zeitschr. f. Chem. u. Industr. d. Kolloide. Bd. 10, S. 161 (1912); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. 1], S. 1951. ®) A. Bruno und P. Turquand d’Anzay, Vorhandensein von Arsenik in verschie- denen zur Entfärbung von Wein dienenden Kohlenarten. Ann. d. Falsifieatıons. T. 2, p. 404 (1909): Chem. Zentralbl. 1910, Bd. I, S. 1303. #) Th. vr. Fellenberg, Die Bestimmung der Bromabsorption des Weines. Mitt. a. d. Gebiete der Lebensmittelunters. u. Hygiene. Bd. 4, S. 40 (1913). 5) A.W. Hofmann, Beiträge zur Kenntnis der flüchtigen organischen Basen. Liebigs Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 67, S. 66 (1848). 6) W. B. Clark, Die Einwirkung von Tierkohle auf Rohrzuckerlösungen. Journ. Soe. Chem. Ind. Vol. 32. p. 262 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I, S. 1796 und Chem.- Zeitung. Bd. 37, Rep. S. 374 (1913). °) Krauch, Prüfung der chemischen Reagenzien auf Reinheit. 1905, S. 200; vgl. J. A. Siemssen, Reaktion auf Goldsalze mit m-Phenylendiamin. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 931 (1912). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 379 Über die Gewinnung einer aktiven, stark absorbierenden Kohle, die sich zur Klärung von Sielwässern und zur Desodorierung von Flüssigkeiten und Gasen eignet, berichtete v. Kruszewski!), ferner Lotz.?) Nach einem neueren Verfahren (D. R.-P.) können Flüssigkeiten durch die Einwirkung sauerstotfhaltiger Gase (z.B. von Preßluft) bei Gegenwart fein verteilter aktiver Kohle in sehr wirksamer Weise entfärbt und geklärt werden. Diese Reinigungsmethode bewährt sich z.B. bei trüben Abwässern, eisenhaltigen Grundwässern, seifenhaltigen Lösungen, trüben Weinen, pektinhaltigen Fruchtsäften, Molken usw. :), sowie bei flüssigen Kohlenwasserstoffen, die aber zweckmäßig mit Alkalilauge vorbehandelt werden. *) Der eigentliche Träger der entfärbenden Kraft ist hier der Sauer- stoff, und die Kohle wirkt hauptsächlich nur als Katalysator. Es ist dies prinzipiell das gleiche Verfahren, wie man es schon längst zur Reinigung von Quecksilber benutzt: man leitet einen Luftstrom durch das Metall 5) und schüttelt es dann eine Zeitlang mit Holzkohlenpulver durch, das reich- lich Sauerstoff absorbiert hat.%) Auch hier ist der Reinigungsprozeß nicht physikalischer, sondern in erster Linie chemischer Natur. Bereits benutzte Entfärbungskohle wird wiederbelebt durch Extraktion mit Säuren oder del. und darauffolgendes Erhitzen in Gegenwart von Chlor unter Luftabschluß. ?) 5) Andere Entfürbungsmittel. Neben der Tierkohle, diesem Klär- und Entfärbungsmittel par excellence, wurden wiederum eine ganze Reihe anderer feinverteilter Stoffe für Rei- nigungszwecke empfohlen. Zur Reinigung roher Rübenzuckerlösungen wurde „Eponit“ als ein sehr wirksames Entfärbungsmittel gerühmt: es stellt wahrscheinlich nur eine sehr reine Pflanzenkohle dar. Bei der üblichen Entfärbung gewöhnlicher Raffinerie-Klären erzielt man mit Eponit die 1) Joh. v. Kruszewski, Herstellung einer aktiven Kohle von großer Absorptions- kraft, D. R.-P. 267.346; Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 697 (1913). ?) Ar. Lotz, Herstellung von Entfärbungskohle. D. R.-P. 248.571; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S.444 (1912). — Derselbe, Herstellung eines Entfärbungspulvers aus Braunkohle. D. R.-P. 250.741; ebenda S. 550. 3) Richter und Richter, Klären von wässerigen oder vorwiegend wässerigen Flüssigkeiten. D. R.-P. 254.295; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S.5 (1913). — Vgl. auch: Dieselben, Erhöhung der Wirksamkeit von fein verteilter aktiver Kohle. D.R.-P. 250.399; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 522 (1912). #) Richter und Richter, Reinigen von flüssigen Kohlenwasserstoffen. D. R.-P. 255.536; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 49 (1913). 5) Nach Berzelius; vgl.: Maumene. Chem.-Zeitg. Bd. 12, S. 808 (1888) und C’rafts, Ebenda. S. 741. 6) W. R. Forbes, Reinigung von Quecksilber. Chem. News. Vol. 106, p. 74 (1912); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. II, S. 1097. ?) ©. Molenda und J. Wunsch, Behandeln von Holzkohle. Engl. Pat.; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 556 (1913). 380 Richard Kempf. gleiche Wirkung, wie mit der Tfachen Menge der sonst angewandten Knochenkohle (1 Minute Einwirkung bei 80° unter Umrühren). !) Nach Neumann?) gelingt es, Kohlenwasserstoffe oder ihre Gemische dadurch zu reinigen, daß man sie mit der wässerigen Lösung oder Sus- pension eines Teerfarbstoffs, z.B. einer O'1°/,igen Lösung von salz- saurem Rosanilin, durchschüttelt. Kieselgur empfahl speziell zur Beseitigung von Essigtrübungen Wüstenfeld.°2) Man verrührt die Kieselgur kurze Zeit mit dem Essig (1%g auf 1007) und läßt das Gemisch auf das Filter fließen, das dann ohne weiteres auch neue Mengen Flüssigkeit klar filtriert. Auch zum Klären von Fettlösungen ist gut gereinigte und ausgeglühte Kieselgur geeignet. *) Eine ausgedehnte Anwendung findet ferner Fullererde°) zur Raffi- nation von Erdölen, namentlich in Amerika. Die Öle werden einfach durch die vorher geröstete und dann wieder gekühlte Fullererde (oder auch durch Knochenkohle) filtriert, und zwar — je nach der Konsistenz der Öle — bei 20-—50° und darüber. Die gebrauchte Erde wird durch Auspressen, Dämpfen oder Extraktion mit Benzin und nochmaligem Rösten regeneriert. Auch zur Entfernung von Bakterien aus Wasser ist Fullererde (in ähn- licher Weise wie Holzkohle) außerordentlich gut geeignet. $) Ebenfalls zur Entfärbung von Mineralölen bewährt sich die in Japan heimische Kam baraerde.’) In feingeschlämmtem Zustande zeigt dieser Stoff, der übrigens einen ausgesprochen sauren Charakter hat, ein aus- gezeichnetes Aufnahmevermögen für Farbstoffe, namentlich beim Erhitzen auf 100—150°. 1) Strohmer, Das Entfärbungsmittel Eponit. Österr.-ungar. Zeitschr. f. Zucker- industrie. Bd. 39, S. 687 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 575 (1910). ®) H. Neumann, Reinigung von Kohlenwasserstoffen oder ibren Gemischen. D. R.-P. 266.034; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 614 (1913). >) H. Wüstenfeld, Filtration trüber Essige mit Kieselgur. Deutsche Essigindustrie. 1911, S. 230; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 439 (1911). — Siehe auch: A. Jolles, Über den Nachweis geringer Eiweißmengen in Bakterienharnen. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd.29, S. 408 (1890). *) R. Peters, Die Filtrier- und Extraktionsröhre. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 27, Aufsatzteil S. 64 (1914). 5) Vgl.: D. Holde, Eindrücke vom VIII. Intern. Kongreß für angew. Chemie in New-York und von einzelnen Industriegebieten der Verein. Staaten von Amerika. Chem.- Zeitg. Bd. 37, S. 86, 87 und 131 (1913). — ER. Hoffmann, Die von Teilnehmern des VIH. Internat. Kongresses für angew. Chemie in New-York im Anschlusse an denselben ausgeführte Studienreise durch die Vereinigten Staaten. Ebenda. S. 1310. — J. Midaleton, Erzeugung, Vorkommen und Verwendung von Fullererde. Min. and. Eng. World. Vol. 39, p- 117 (1913). — Vgl. auch: Ch. C. Ruprecht, Reinigung von Fullererde und ähnlichen Produkten. V. St. Amer. Pat.; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 444 (1912). 6) Vgl.: M. P. Cram und H. D. Evans, Wasserreinigung durch Absorption. Journ. of Ind. and Engin. Chem. Vol. 6, p. 166 (1914); Chem. Zentralbl. 1914, Bä.I, S. 1121. ) K. Kobayashi, Kambaraerde. Journ. of Ind. and Engin. Chem. Vol. 4, p. 891 (1912); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I, S. 1073. E re NE Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 381 Über eine titrimetrische Methode, die Brauchbarkeit von Mineralgelen für die Entfärbung von Mineralölen quantitativ zu bestimmen, berichtete Pyhälä.') Zum Klären von Abwässern empfahl Rohland?) Kolloidtone. Diese Reinigungsmethode („Kolloidtonreinigungsverfahren“) beruht darauf, dab gewisse Tone kolloide Stoffe gleichsam im latenten Stadium im luft- trockenen Zustande enthalten und diese in Berührung mit Wasser, einer Lösung oder einem Abwasser erzeugen. Diese Kolloidstoffe adsorbieren im besonderen alle kompliziert zusammengesetzten anorganischen und orga- nischen Farbstoffe, alle kolloidgelösten Stoffe, wie Kohlenhydrate, Protein- stoffe, ferner Kohlenwasserstoffe C„ H,n und C,„ Hsn_,. Maschinenöle, Fette, üble Gerüche usw. Tone, die sich in ihrer Zusammensetzung mehr den Kaolinen oder dem Lehm und den Letten nähern, eignen sich weniger zu diesem Verfahren. Wo es erforderlich ist, kann ein Zusatz von Hydroxylionen angewandt werden. °) In der Ceresinindustrie finden ebenfalls Silikate: das Frankonit und das überaus wirksame Tonsil als Entfärbungsmittel Anwendung.*) Diese Stoffe bleichen Ceresin in unvergleichlich viel besserer Weise als schwarzes Ent- färbungspulver und sind dabei um mehr als die Hälfte billiger im Preise. Erst halb raffiniertes Ceresin wird durch Zusatz von z. B. 3—5°/, Tonsil in weiße Ware übergeführt. Während sonst Magnesiumhydrosilikate vor dem Gebrauch ausgeglüht werden müssen, ist dies beim Tonsil nicht notwendig, im Gegenteil schädlich, da es seiner Hauptmenge nach aus dem wirksamen Kieselsäurehydrat besteht, das durch Ausglühen in ein un- 1) E. Pyhälä, Zur Beurteilung der Entfärbungskraft einiger als Entfärber ange- wandter Mineralgele. Zeitschr. f. Chem. u. Ind. d. Kolloide. Bd. 10, S. 80 (1912); Chem.- Zeitg. Bd. 36, S. 345 (1912). 2) P. Rohland, Das Kolloidtonreinigungsverfahren für die Abwässer der Brauereien. Wochenschr. f. Brauerei. Bd. 30, S. 152 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I, S. 2006. — Derselbe, Das Kolloidtonreinigungsverfahren für Abwässer. Uhem.-Zeitg. Bd. 37, S. 754 (1913). — Derselbe, Die Bedeutung kolloider Tone für die Entfärbung und Reinigung industrieller Abwässer. Chem.-Zeitg. Bd. 37. S. 826 (1913). — Derselbe, Das Kolloid- tonreinigungsverfahren für die Abwässer der Zuckerfabriken. Zeitschr. f. Zuckerind. Böhmen. Bd. 37, S.471 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 721. — Derselbe, Das Kolloidtonreinigungsverfahren für die Abwässer der Färbereien. Färber-Zeitg. Bd. 24, S. 234 (1913); Chem.-Zeitg. Bd.37, Rep. S.594 (1913). — Derselbe, Das Kolloidton- reinigungsverfahren für die Abwässer der Milchzucker-, Margarinefabriken und Molkereien. Milchwirtschaftl. Zentralbl. Bd.42, S.569 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd.1I, S.1779. — Siehe aber auch: H. Polz, Das Kolloidtonreinigungsverfahren für Färbereiabwässer. Färber-Zeitg. Bd.24, S.395 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S.1900 und: Der- selbe, Ein Schlußwort zum Kolloidtonreinigungsverfahren. Ebenda. S. 485; Chem. Zen- tralbl. 1914, Bd. I, S. 501. 3) Vgl. auch: K. Andrlik, Über die Reinigung der Zuckerfabrikabwässer mit Kalk, resp. mit Humin und Kalk. Zeitschr. f. Zuckerind. Böhmen. Bd. 37, S. 475 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 721. #) Vgl. B. Lach, Über den Stand der Ceresinindustrie. Chem.-Zeitg. Bd. 37, 5. 573 (1913). — Siehe auch: B. Lach, Die Ceresinfabrikation. Halle a. S. (W. Knapp). 1911, 3. 150—157. 382 Richard Kempf. wirksames Kieselsäureanhydrid umgewandelt werden würde. In der Paraffin- fabrikation sind die schwarzen Entfärbungspulver, die sogenannten Blut- laugensalzrückstände, durch Magnesiumhydrosilikate bereits vollständig ver- drängt.!) — Auch zum Bleichen von vegetabilischen und anderen Ölen (Palmöl, Hanföl usw.) bewährte sich Tonsil.?) Zum Klären von Genußmitteln, z.B. von Bier und Wein, ist kolloidale Kieselsäure wegen ihrer Geschmacklosigkeit und ihrer Unan- greifbarkeit durch schwache Säuren besonders geeignet.®) Man verwendet die Kieselsäure als Klärmittel entweder direkt in dialysierten Lösungen oder man erzeugt sie in kolloidaler Form in der zu klärenden Flüssigkeit, indem man Lösungen löslicher Silikate in entsprechender Weise zersetzt. Bei Bier und Wein braucht man keine anderen Substanzen als die Silikate selbst einzuführen, da der Gehalt dieser Flüssigkeiten an Milch-, Wein-, Äpfel- und Bernsteinsäure zur Ausscheidung der Kieselsäure genügt. Zweck- mäßiger ist jedoch der Zusatz von dialysierter kolloidaler Kieselsäurelösung, weil man so die Einführung eines Fremdkörpers, der von der Flüssigkeit zurückgehalten werden könnte, vermeidet. Über die entfärbende Wirkung von Baryumkarbonat, z.B. auf Kaffee, berichtete Mare. *) Die trüben wässerigen Auszüge von Kirschen ließen sich leicht durch Gelatine) klären. — Die Möglichkeit, trübe Flüssigkeiten dadurch zu klären, daß man in ihnen durch Zusatz von Reagenzien quantitativ verlaufende Fällungen vor- nimmt, wurde bereits erwähnt (Bd.I, S. 197). Z. B. reißt Schwefelblei bei seiner Ausfällung manche Verunreinigungen, namentlich Farbstoffe, mit sich.®) Ähnlich verhält sich auch ausfallendes Baryumphosphat.’) Um z.B. bei der Bestimmung der löslichen Kohlenhydrate in Kinder- ') Vgl. B. Lach, Über den Stand der Ceresinindustrie. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 573 (1913). — Siehe auch: B. Lach, Die Ceresinfabrikation. Halle a. S. (W. Knapp). 1911, Ss. 150— 157. °) F. Fritz, Über Bleichung mit Tonsil. Seifensieder-Zeitg. Bd. 40, S. 962 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 38, Rep. S. 110 (1914). °») F.P. Stiebel, Anorganische Kolloide als Klärmittel. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1307 (1912). — Vgl. ferner: R. Marcus, Verfahren zum Reinigen, Klären und Entfärben von Flüssigkeiten und Gasen. D. R.-P. 268.057; Zeitschr. f. angew. Chem. Bd.27, Ref.-Teil. S.57 (1914) und Chem.-Zeitg. Bd. 38, Rep. S.8 (1914). *) R. Mare, Die Wechselbeziehungen zwischen Kolloiden und kristallinen Stoffen einerseits, Kristalloiden und amorphen Stoffen andrerseits, sowie einige Vorlesungsver- suche zur Demonstration. Kolloid-Zeitschr. Bd.13, S.281 (1913); Chem. Zentralblatt. 1914, Bd. I, S. 839. °) @. Masoni, Versuche über die Extraktion des Farbstoffes aus der Kirsche und Untersuchungen über seine Eigenschaften. Staz. sperim. agrar. ital. Vol. 45, p. 885 (1912); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I. S. 546. °) Siehe z. B.: P. A. Levene und W. A. Jacobs, Über die Hexosen aus der d-Ri- bose. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 3142 (1910). ") Th. v. Fellenberg, Die Bestimmung der lösliehen Kohlehydrate und des Rohr- zackers in Kindermehlen, Back- und Konditorwaren. Mitteil. a. d. Geb. d. Lebensmittel- untersuchung und Hygiene. Bd. 3, S. 329 (1912). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik. 383 mehlen, Backwaren oder dgl. ein absolut klares Filtrat zu erhalten, kann man nach v». Fellenberg*) den folgenden einfachen Weg einschlagen. Man versetzt die trübe wässerige Lösung oder Aufschwemmung des Kindermehls mit Phosphorsäure, fügt einen Tropfen Phenolphtalein und Barytwasser bis zum Umschlag der Farbe hinzu und macht wieder eben sauer. Man erhält so einen flockigen Niederschlag von Tribaryum- phosphat,' von welchem sehr leicht abfiltriert werden kann. Alle in Sus- pension befindlichen Teile, wie Fett, werden mit niedergerissen und das Eiweiß wird fast vollständig ausgefällt. Die wässerige Aufschlemmung nimmt man am besten bei 50° vor, einer Temperatur, bei der die Stärke noeh nicht quillt. — Zur Verhinderung des Umhüllens von Klärmitteln durch Gasbläschen, die das rasche Absetzen des Klärmaterials verhindern, wird die zu klärende Flüssigkeit nach einem von Hagenmüller 2) angegebenen Verfahren in schnell aufeinander folgende Schwingungen versetzt, die durch Kombination einer in das Gefäß eingehängten Schallkugel und einer mit dieser im Ton übereinstimmenden Sirene erzeugt werden. Bei Anwendung einer stärkeren Sirene ist eine Schallkugel nicht erforderlich. 3) Auch die Fähigkeit des elektrischen Stromes, Suspensionen in wässe- riger Lösung niederzuschlagen, kann zur Klärung von Flüssigkeiten aus- genutzt werden und wird z. B. bei der Reinigung von Abwässern bereits im großen angewendet.*®) y) Entfärbung auf chemischem Wege. Rein chemisch können Entfärbungen je nach der Natur der Verun- reinigung durch reduzierende oder oxydierende Agenzien herbeige- führt werden. Von den oxydierend wirkenden Entfärbungsmitteln sei nur das unter dem Namen „Lucidol“ in den Handel gebrachte Benzoylsuperoxyd erwähnt. Das weiße und geruchlose, in Wasser unlösliche Pulver löst sich in Ölen bei 70—80° völlig klar auf und zerfällt bei höherer Temperatur in Benzoösäure bzw. dessen Anhydrid und aktiven Sauerstoff. Das Prä- !) Th. v. Fellenberg, Die Bestimmung der löslichen Kohlehydrate und des Rohr- zuckers in Kindermehlen, Back- und Konditorwaren. Mitteil. a. d. Geb. d. Lebensmittel- untersuchung und Hygiene. Bd. 3, S. 329 (1912). ?) E. Hagenmüller, Niederschlagen des Klärmittels in zu klärenden Flüssigkeiten. D. R.-P. 231.271; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep- S. 158 (1911). 3) E. Hagenmüller, Vorrichtung zum Niederschlagen der Fremdstoffe in zu klären- den Flüssigkeiten. D. R.-P. 234.370; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 286 (1911). #) Vgl. z.B.: Über das Cottrellsche Verfahren. Niederschlagen feiner Stoffteil- chen durch elektrischen Strom. Tonindustrie-Zeitg. Bd. 37, S. 1245 (1913). — 4. Müntz und H. Gaudechon, Beitrag zum Studium der Tone. Chem.-Zeitg. Bd. 38, 5. 85 (1914). — W. Wiebelitz und H. Genssen, Kesselwasserreinigung. Franz. Pat. 455.968; Chem.-Zeitg. Bd. 38, Rep. 8.35 (1914). 584 Richard Kempf. parat dient hauptsächlich zum Bleichen von Fetten und Ölen, wozu meistens 0'1 bis höchstens 0'2°/, Lucidol ausreichen.') Als Reduktionsmittel lassen sich z. B. Zinkstaub, Aluminiumamalgam., Natriumhydrosulfit (Na, S,;0,) usw. verwenden. Aluminiumamalgam, d.h. einfach ein durch Eintauchen in eine Queck- silberchloridlösung aktiviertes Aluminium, bewährte sich bei der Entfär- bung organischer Flüssigkeiten ?2) und speziell von Alkaloidextrakten.?) Taucht man aktiviertes Aluminium z.B. in alkoholische Lösungen, in denen man organische Stoffe mazeriertt — z. B. Eingeweide zur Untersuchung auf Gifte —, so klären sich die Lösungen außerordentlich gut unter Ab- scheidung aller Fettstoffe und der Kolloide, die sie gewöhnlich stark ver- schmutzen. So konnten Stryehnin und Morphin in Eingeweiden, selbst wenn die Menge der Alkaloide nur 00015 g auf 100g betrug, nach Be- handeln mit aktiviertem Aluminium mit Hilfe der Reaktionen von Ogier bequem und sicher nachgewiesen werden. ?) Auch Gerbstoffextrakte (Tanninlaugen oder del.) können durch Reduktionsmittel, z. B. durch Natriumhydrosulfit, aber auch durch Oxyda- tionsmittel entfärbt werden.*) Ferner werden die Karamelfarbstoffe von Natriumhydrosulfit sowohl in saurer wie in alkalischer Lösung mehr oder weniger aufgehellt. Hydrosulfit erweist sich hier der schwefligen Säure weit überlegen. Durch viel frische Knochenkohle wird Karamel völlig ab- sorbiert:; die Entfärbung geht weit schneller und mit bedeutend geringerem Verbrauch an Kohle vor sich, wenn die Lösungen vorher mit Hydrosulfit gebleicht werden.’) Zur Klärung und Entfärbung von Zuckerlösungen empfahl Deschamps®) Kalziumhydrosulfit. Dagegen bietet das Natriumhydrosulfit nach Bonis”) bei Nahrungs- mitteln praktisch nur geringe Vorteile gegenüber der Anwendung von Alkalibisulfiten. Alle zur Entfärbung mit Hydrosulfit behandelten Nah- 1) K. Lüdecke, Fett- und Ölbleichmittel „Lueidol“. Seifensieder-Zeitg. Bd. 35, S.1024 (1908); Chem. Zentralbl. 1908, Bd. II, S.1301. — Vgl. auch: L. Vanino und A. Schinner, Über das Benzoperoxyd als schwefelverdrängendes Mittel. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd.47, S. 699 (1914). 2) A. D. Devos, Reinigen und Entfärben von organischen Flüssigkeiten. Franz. Pat.; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 107 (1913). >) E. Kohn-Abrest, Wirkung von aktiviertem Aluminium auf Alkaloidextrakte und seine Verwendung in der Toxikologie. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 185 (1913). #) Vgl.: @. Powarnin, Praktische Fragen aus der Chemie der Gerbstoffe. Colle- gium 1912, S. 105; Unem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 115 (1913). 5) 4. Herzfeld und Schneider, Über die Bleichwirkung von Hydrosulfit auf Kara- mel und auf die beim Erhitzen von Rohrzucker entstehenden intermediären Farbstoffe. Zeitschr. d. Ver. Deutscher Zuckerindustr. 1907, S. 1088; Chem. Zentralbl. 1908, Bd. I, S. 421. 6) L. Descamps, Über die Wirkung von Hydrosulfiten in unreinen Zuckerlösungen. Bull. de l’Assoc. des Chim. de Suer. et Dist. T.31. p.46 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd-4r.5. 1710: ?) 4. Bonis, Über Natriumhydrosulfit. Seine Anwendung zur Entfärbung in Nahrungsmitteln (Wein, Melasse ete.) Annal. des Falsifications. T.5, p. 369 (1912); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. II, S. 1486. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 385 rungsmittel (Zucker, Melasse, Wein, Teig) enthalten stets Thionsäure- derivate, namentlich Tetrathionate oder Tetrathionsäure. Von anderer Seite,!) wurde dann allerdings der Nachweis geführt. daß sich bei rationeller Anwendung von Natriumhydrosulfit als Entfär- bungsmittel in der Hauptsache Natriumbisulfit bildet, und daß Thio- sulfat höchstens in zu vernachlässigenden Spuren auftritt. Über Erfahrungen mit Neubergs Klärmittel bei der Zucker- analyse berichtete Claassen ?), über die Verwendung von trockenem ba- sischen Bleiazetat zum Klären von Zuckersäften Klapka®); den Einfluß der verschiedensten Klärmittel auf das Aussehen des Weins erörterte Dupont.*) — 5. Aussalzen, fraktioniertes Fällen und fraktionierte Absorption. (Vgl. Bd. I, S. 197—198.) Die Methoden zur Enteiweißung von eiweißhaltigen physiologischen Flüssigkeiten, z. B. von Blutserum, Harn, Milch n. del., sind an anderer Stelle eingehend beschrieben worden (dieses Handb., Bd. I, S. 686-698, Bd. II, S. 375). Zum Enteiweißen können nach Rona u.a. kolloidales Eisenhydroxyd oder Mastixlösung dienen. In eine verwandte Reihe von Vorgängen fällt die von Ebler5) aus- gearbeitete Methode der „fraktionierten Adsorption“, die zur An- reicherung des Radiums im Radium-baryumchlorid wertvolle Dienste leistet. Man verwendet zu diesem speziellen Zweck am besten kolloidales Mangan- superoxydhydrat.°) Die praktische Ausführung derartiger Adsorptionen mit Braunsteingel kann entweder in der Weise erfolgen, daß man frischge- fällten Braunstein mit anzureichernden Lösungen des Radiums und Ba- !) Badische Anilin- und Sodafabrik, Über Natriumhydrosulfit. Annal. des Fal- sifications. T. 5, p. 579 (1912); Zeitschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußmittel, Bd. 26, S. 301 (1913) und Chem. Zentralbl. 1913, Bd.I, S. 643. ?) O. Claassen, Neubergs Klärmittel bei der Zuckeranalyse. Zentralbl. f. Zucker- industrie. Bd. 20, S. 917 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. $. 217 (1912). ®) B.A. Klapka, Über die Verwendung des trockenen basischen Bleiazetats zum Klären von Zuckersäften in Laboratorien. Zeitschr. f. Zuckerind. Böhmens. Bd. 38, S. 22 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1706. *) E. Dupont, Weinbehandlung mit schwefliger Säure. Annal. des Falsifications. T.5, p. 198 (1912); Zeitschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußmittel, Bd. 26, S. 301 (1913). 5) E. Ebler, Über die Adsorption radioaktiver Substanzen durch Kolloide. (Me- thoden zur Anreicherung und Isolierung radioaktiver Substanzen.) Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1094 (1911). — E. Ebler und M. Fellner, Über die Anreicherung und Isolierung radio- aktiver Substanzen durch „fraktionierte Adsorption“. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 44. 8. 2332 (1911). — Dieselben: Über die Adsorption radioaktiver Substanzen durch Kolloide. Zeitschr. f. anorg. Chem. Bd. 73, S.1 (1911). 6) E. Ebler, Verfahren zur Darstellung, Isolierung und Anreicherung von Ra- dium und anderen radioaktiven Stoffen. D. R.-P. 243.736; Chem. Zentralbl 1912, Bd.1, 8. 760. — Derselbe, D. R.-P.-Anm. E. 18.715 IV/12m, Zusatz zu D. R.-P. 243.736. — E. Ebler und W. Bender, Über die „fraktionierte Adsorption“ und „fraktionierte Des- adsorption“ von Radium-Baryumsalzen an kolloidalem Mangansuperoxydhydrat. Zeitschr. f. anorg. Chem. Bd. 84, S.77 (1913). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 25 386 Richard Kempf. ryums schüttelt oder umrührt, oder dadurch, daß man aus Permanganat- lösungen mit geeigneten Reduktionsmitteln, wofür sich besonders das Manganchlorür als zweckmäßig erwiesen hat, in Gegenwart der Radium- 3aryumlösung den Braunstein ausfällt. Das niedergefallene oder mit der tadium-Baryumlösung geschüttelte Mangansuperoxydhydrat enthält dann relativ mehr Radium als Baryum im Vergleich mit dem Ausgangsmate- rial. Durch passende Wahl der Braunsteinmenge läßt es sich leicht er- reichen. daß das gesamte Radium ausgeschieden wird, während ein großer Teil des Baryum gelöst bleibt. Aus den Absorptionsverbindungen des Man- gansuperoxydhydrats mit Radium und Baryum läßt sich in einfachster Weise — durch Auflösen in Salzsäure und Fällen der Lösung mit Salz- säuregas — wieder reines Radium-Baryumchlorid zurückgewinnen. !) Diese Methode der fraktionierten Adsorption kann voraussichtlich eanz allgemein wertvolle Dienste leisten, wenn es sich darum handelt, kleinste Mengen eines Stoffes von großen Mengen eines ihm sehr ähnlichen Stoffes zu trennen. — Alkohole lassen sich aus wässeriger Lösung durch Zusatz von. Ka- liumkarbonat oder Kaliumfluorid 2) aussalzen, und zwar scheiden sich die höheren Alkohole gemäß ihrer schwereren Löslichkeit früher ab, als die niedrigeren. Hierauf gründete v. Fellenberg®) ein Verfahren, in Alkoholge- mischen Methylalkohol zum Zwecke seines Nachweises anzureichern (vgl. oben, S. 33 V. Trennen auf Grund verschiedener chemischer Affinität. (Vgl. Bd. I, S. 198—206.) 1. Waschen und Trocknen von Gasen. (Vgl. Bd. I, S. 198— 201.) Zunächst sei daran erinnert, daß die chemische Reaktionsfähigkeit von Gasen oft stark beeinträchtigt wird, wenn man sie von jeder Spur Feuchtigkeit befreit. Namentlich für Oxydationsprozesse scheint die An- wesenheit von Wasserdampf, wenn auch nur in minimalen Mengen, eine eonditio sine qua non zu sein. Völlig trockener Wasserstoff brennt z. B. nicht in völlig trockenem Sauerstoff. Mit reinem und absolut trockenem Knallgas gefüllte Röhren können auf Rotglut erhitzt werden, ohne daß eine Vereinigung der beiden Gase eintritt; bei Einführung einer kleinen Menge Wasser in die trockenen töhren erfolgt sofort Explosion. Werden die beiden Gase durch mehr- !) Vgl. im übrigen: E. Ebler, Über Neuerungen in der Technologie des Radiums und der Uranerze. Ohem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1190 (1913). 2) @. B. Frankforter und F.C. Frary, Gleichgewichte in Systemen, die Alkohole, Wasser und Salze enthalten, mit einer neuen Methode der Alkoholanalyse. Journ. of Physical Chem. Vol. 17, p. 402 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 422. 3) Th. v. Fellenberg, Bestimmung und Nachweis von Methylalkohol. Mitt. a. d. Gebiete d. Lebensmittelunters. u. Hygiene. Bd. 4, S. 141 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 387 tägige Berührung mit Phosphorpentoxyd nur zum Teil getrocknet, so ver- binden sie sich zwar, jedoch nur langsam, ohne Explosion ; durch 10 Mi- nuten langes Erhitzen über dem Bunsenbrenner konnte nur die Vereinigung eines Drittels des Volumens bewirkt werden. ') Ebenso erlischt eine Kohlenoxydflamme in völlig trockener Luft. 2) Ferner bildet absolut trockener Sauerstoff mit Baryumoxyd keine Spur Baryumsuperoxyd, während schon 0'001 g Feuchtigkeit im Liter Sauerstoff ausreicht, um bei 500—600° reines, 100°/,iges Baryumsuperoxyd entstehen zu lassen.) Man muß Wasser als einen kräftigen positiven Katalysator für den Ablauf solcher Prozesse bezeichnen, und es liegt nahe, als Reak- tionszwischenprodukt vielleicht Wasserstoffsuperoxyd anzunehmen. *) Bei der Verbrennung von Kohle entsteht nach Rhead und Wheeler) zuerst ein „physiko-chemischer Komplex“, dessen unter Bildung von Kohlenmon- und -dioxyd erfolgender Zerfall durch Feuchtigkeit beschleunigt wird. Hilpert®) empfahl feuchten Sauerstoff für analytische Zwecke, z. B. für die Kohlenstoffbestimmung in Eisen und Stahl, ferner für die Ele- mentaranalyse schwer verbrennlicher, insonderheit stickstoffhaltiger organi- scher Substanzen. — Für das Waschen und Trocknen, kurz für die Reinigung von Gasen, kommen drei prinzipiell verschiedene Methoden in Betracht, die hier der Einheitlichkeit halber im Zusammenhange erörtert werden sollen: a) die Reinigung auf mechanischem Wege, BAn!., a „ physikalischem N, x „ ehemischem a) Die mechanische Gasreinigung. ‘) Um Gase von mitgeführten, suspendierten Stoffteilchen, Flüssigkeits- nebel oder dgl. zu befreien, kann man sie filtrieren, indem man sie z. B. ı) H.B. Baker, Die Vereinigung von Wasserstoff und Sauerstoff. Proceed. Chem. Soe. Vol. 18, p. 40 (1902); Chem. Zentralbl. 1902, Bd. I, S. 741. 2) Moritz Traube, Über die Mitwirkung des Wassers bei der Verbrennung des Kohlenoxyds und das Auftreten von Wasserstoffhyperoxyd bei dieser Verbrennung. Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Bd. 18, S. 1890 (1885). — Vgl. ferner: Th. F. E. Rhead und R. V. Wheeler, Der Vorgang der Verbrennung der Kohle: Der Einfluß des Trock- nens des Sauerstoffes. Journ. Chem. Soc. London, Vol. 103, p. 1210 (1913); Chem. Zen- tralblatt. 1913, Bd. II, S. 1114. 3) Vgl.z.B.: C. Engler, Molekülverbindungen als Primärstufen chemischer Re- aktionen. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1269 (1912). — Siehe ferner: €. Engler und J. Weiss- berg, Kritische Studien über die Vorgänge der Autoxydation. Braunschweig (Friedr. Vie- weg & Sohn) 1904, S. 138 ff. *) Siehe darüber: C. Engler und J. Weissberg, ]. e. 5) Th. F. E. Rhead und R.V. Wheeler, Die Art der Verbrennung von Kohle; Wirkung der Trocknung des Sauerstoffes. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1274 (1913). 6) S. Hilpert, Notiz über die Kohlenstoffbestimmung durch Verbrennung mit 1 feuchtem Sauerstoff. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 46, S. 949 (1913). ?) Vgl. auch z. B.: W. W. Strong, Die Theorie der Entfernung suspendierter Stoffe aus Gasen. Journ. of Ind. and Engin. Chem. Vol.5, p. 858 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1832. l 25* E: 388 Richard Kempf. durch eine lange, mit Glaswolle, Watte, Asbestfasern oder del. gefüllte töhre leitet. Der überaus feine und leichte Säurenebel. der z. B. bei der Wasserstoffentwicklung aus einem Metall und einer Säure von dem ent- weichenden Gase aus dem Reaktionsgemisch mitgerissen wird, wird am besten auf diese Weise abgefangen. Ferner werden so auch etwa vor- handene Ionen vernichtet.!) Oft genügt auch schon einfach die Einschaltung einer leeren Wasch- oder Saugflasche in die Waschapparatur, um ein Gas roh vorzureinigen. Auch auf nassem Wege: mittelst Durchleitens durch eine mit Flüssig- keit gefüllte Waschflasche können Gase mechanisch von mitgerissenen Verunreinigungen befreit werden, ferner durch Wassereinspritzung in den Gasstrom. ?) Auch durch mehrere dem Gasstrom entgegengestellte Prall- flächen, die Wirbelbildung veranlassen, wird eine weitgehende mechanische Reinigung bewirkt. 3) b) Die physikalische Gasreinigung. Hierher gehört die Reinigung von Gasen durch Wärmeentzie- hung. durch Elektrizität oder Magnetismus und durch Erzeugung von Temperatur- und Druckänderungen im steten Wechsel z. B. mit Hilfe von Schallwellen. x) Gasreinigung durch Wärmeentziehung. Die Reinigung, speziell die Trocknung von Gasen durch Abkühlung auf so niedrige Temperatur, dab der eine Gasbestandteil. z. B. Wasser- dampf, in einer Vorlage allein kondensiert wird, ist eine oft sehr emp- fehlenswerte Methode, die sowohl im wissenschaftlichen Laboratorium wie in der Technik schon glänzende Erfolge gezeitigt hat. Wird z.B. die in Hochöfen eingeblasene Luft durch starke Abküh- lung von fast aller Feuchtigkeit befreit, so wird nicht nur eine namhafte Ersparnis an Brennmaterial, sondern sogar eine bessere Ausbeute an Roh- eisen erzielt. Hierzu sind allerdings Kältemaschinen notwendig, die in der Sekunde etwa 41/, kg Eis herzustellen vermögen. *) — Ferner empfiehlt sich !) Vel.z.B.: E. H. Riesenfeld, Stille elektrische Entladungen in Gasen bei Atmo- sphärendruck. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 725 (1911). ®) Vgl.z.B.: A. Müller, Ausscheiden fester Bestandteile aus Abgasen. D. R.-P. 231.550; Chem.-Zeitg. Bd. 35. Rep. S. 194 (1911). — O.Nagel, Waschen und Absor- bieren von Gasen mit Hilfe von Flüssigkeitsstrahlen. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 25, S. 2111 (1912). — W.L. Thomas, Rauchreinigungsvorrichtung. D. R.-P. 263.904; Chem.- Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 568 (1913). >) ©. Heine, Vorrichtung zum Abscheiden von Verunreinigungen aus Gasen. D. R.-P. 230.182; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 84 (1911). — Siehe ferner auch: Chr. Steg, Vorrichtung zur Abscheidung von festen Verunreinigungen aus Gasen oder Dämpfen, insbesondere aus dem Brasen der Brikettfabriken. D. R.-P. 268.443; Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 27, Ref.-Teil S. 57 (1914). — A. Müller, Trockener Staubfänger. D. R.-P. 265.638; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 635 (1913). %) R.C. A. Banfield, Anwendung künstlicher Kälte in Hüttenwerken. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 1120 (1910). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 389 das Verfahren zum Trocknen von Luft, die verflüssigt werden soll.!) Auch in der Industrie des Steinkohlenteers wurde diese Methode angewandt, und zwar zur Abscheidung des Benzols und seiner Homologen gemäß ihren Taupunkten aus den Gasen der Kokereien. ?; Nach Hempel ®) ist das Trocknen von Gasen durch Kälte das wirkungsvollste Verfahren. Bei diesem Ab- scheiden von Dämpfen und Gasen ist es ein allgemeines Prinzip, dal) die Abkühlung langsam ausgeführt werde, da bei schneller Abkühlung oft Nebel entstehen, die sich nur schwer verdichten lassen. Bei schwer koerziblen Mischungen von Gasen handelt es sich ent- weder um totale Verflüssigung und darauffolgende Trennung durch teil- weise Verdampfung und Rektifikation oder aber um die Abscheidung der weniger flüchtigen Bestandteile durch teilweise Kondensation. Das be- kannteste Beispiel ersterer Art ist die Gewinnung von Sauerstoff und Stickstoff aus verflüssigter atmosphärischer Luft. Ein wichtiges Beispiel partieller Kondensation bildet die Gewinnung von Wasserstoff aus wasserstoffhaltigen Gasgemischen sowie die Abscheidung von Schwefelver- bindungen und anderen Substanzen aus Gasgemischen, in denen nur der Wasserstoff unverflüssigt bleibt. *) Um Wasserstoff völlig zu trocknen, benützte Nernst >) eine in sich zurückkehrende, also nach dem Gegenstromprinzip arbeitende Kupferspi- rale, die in ein Vakuumgefäß eintauchte, das ein wenig festes Kohlen- dioxyd enthielt. Um das kondensierte Wasser abzulassen, befindet sich am untersten Ende des Kupferrohres eine kleine Schraube. Auch von beigemengtem Arsenwasserstoff kann Wasserstoff durch Abkühlung mittelst flüssiger Luft völlig befreit werden. Bereits bei — 110° ist die Reinigung nahezu vollständig, absolut sicher ist sie bei — 130°. 6) Ferner ist Salzsäuregas nach Moissan?) durch Abkühlung leicht völlig trocken und rein zu erhalten. Man läßt das Gas durch Waschflaschen streichen, die auf — 50° abgekühlt sind. Das so vorgetrocknete Gas wird dann durch starke Abkühlung mit flüssiger Luft in den festen Aggregat- zustand übergeführt und das Gefäß luftleer gepumpt. Läßt man nun die 1) @. Claude, Über das Trocknen der zu verflüssigenden Luft auf kaltem Wege. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1224 (1913) und Compt. rend. de l’Acad. des science. T. 157, p- 466 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II. S. 1549. 2) Chr. Heinzerling, D.R.-P. 66.644 (1891) und Engl. Pat. 12.390 (1892); vgl.: G. Lunge und H. Köhler, Die Industrie des Steinkohlenteers. 5. Aufl. Braunschweig (Friedr. Vieweg & Sohn) 1912, Bd. I, S. 164. ®) W. Hempel, Allgemeine Gesichtspunkte der chemischen Technik. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 631 (1912). *) C.v. Linde, Rückblicke und Vorblicke auf die Entwicklung der Kältetechnik. Chem.-Zeitg. Bd. 34. S. 1119 (1910). >) W.Nernst, Über einen Apparat zur Verflüssigung von Wasserstoff. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 737 (1911). 6) Ch. Renard, Über dieReinigungdesindustriellen Wasserstoffes durch Kälte. Compt. rend. de l’Acad. des scienc. T. 136, p. 1317 (1903); Chem. Zentralbl. 1903, Bd. II, S. 158. ?) Vgl.: A. F. Holleman, Lehrbuch der anorganischen Chemie. 5. Aufl. Leipzig (Veit & Co.) 1907, S. 39. 390 Richard Kempf. Masse auf höhere Temperatur steigen, so schmilzt sie, verdampft und liefert ein völlig reines Gas. Die Arbeitsweise der totalen Kondensation und darauffolgenden Tren- nung durch fraktioniertes Absiedenlassen dient unter anderem zur Dar- stellung von Kohlensuboxyd (C, ©) nach Diels. !) Auch für gasanalytische Zwecke bewährt sich gelegentlich die Methode. Ihr Vorzug bei dieser Anwendung besteht darin, daß die gas- förmigen Bestandteile als unveränderte Substanzen aus der Analyse her- vorgehen und einzeln auf Reinheit geprüft werden können, und daß ihre Summe dem verwendeten Volumen entsprechen muß. ?) Diese „Kondensationsanalyse“ wurde namentlich von Ledeau und Damiens?) praktisch ausgebaut. In manchen Fällen, z. B. zur Reinigung von Äthylen, ist eine be- sondere Abkühlung unnötig, es genügt, das unreine Gas zu komprimieren, um die Beimengungen zur Kondensation und damit zur Abscheidung zu veranlassen *), eventuell unter Vermittlung von Kohle.) £) Gasreinigung durch Elektrizität oder Magnetismus. Hochgespannte Elektrizität hat die Fähigkeit, beim Durchgang durch (rase oder Dämpfe, die feine Stoffteilchen suspendiert enthalten, diese !) OÖ. Diels und B. Wolf, Über das Kohlensuboxyd. I. Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Bd. 39, S. 692 (1906). ?®) E. Erdmann und H. Stoltzenberg, Gasanalyse durch Kondensation. Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Bd. 43, S. 1702 (1910). — Vgl. auch: ©. Hauser und H. Herz- feld, Zum Nachweis des Methans. I. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 45, S. 3516 (1912). 3) P. Lebeau und A. Damiens, Über eine Methode zur Analyse der Gemische von Wasserstoff und gesättigten gasförmigen Kohlenwasserstoffen, Wasserstoff, Methan, Äthan und Propan. Compt. rend. de l’Acad. des seiences. T. 156, p. 144 (1913). — Die- selben: Über eine Methode zur Analyse der Gemische von Wasserstoff und gesättigten gasförmigen Kohlenwasserstoffen: Komplexe Gemische. Ebenda. T. 156, p. 325 (1913). — Dieselben: Über die Bestimmung der Azetylen- und Äthylenkohlenwasserstoffe in den Gemischen gasförmiger Kohlenwasserstoffe. Ebenda. T. 156, p. 557 (1913). — Dieselben: Über die Zusammensetzung des Leuchtgases. Ebenda. T. 156, p. 797 (1913). — Die- selben: Über die Zusammensetzung der bei der Einwirkung von Wasser auf die Ura- nium- und Thoriumkarbide entstehenden Gasgemische. Ebenda. T. 156, p. 1987 (1913). — A. Damiens, Untersuchung der Einwirkung des Wassers auf die Karbide der seltenen Erden. Ebenda. T. 157, p. 214 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd.I, S. 841, 1061, 1229, 1638, 2001 und 1913, Bd. II, S.454, 462, 661 und 1120. — Vgl. auch: Über die Unter- suchung kohlenwasserstoffhaltiger Gasgemische durch Anwendung tiefer Temperaturen. Journ. f. Gasbeleuchtg. u. Wasserversorgung. Bd. 56, S. 1034 (1913). — Ferner: E. Czako, Über die Entwicklung der Leuchtgasanalyse und die Anwendung von tiefen Tempera- turen bei der Untersuchung von Leuchtgas. Ebenda. Bd. 56, S. 1172 (1913); Chem. Zen- tralbl. 1914, Bd.I, S. 432. *) Elektrochem. Werke, G.m.b.H., Berlin, Verfahren zur Reinigung von Äthylen für katalytische Reaktionen, insbesondere zur Herstellung von Äthan. D. R.-P. 266.519; Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 26, Ref.-Teil S. 726 (1913). 5) Joh. Behrens, Trennung von Gas-, Dampf- oder Dampfgasgemischen unter Ver- mittlung von Kohle (Holzkohle, Blutkohle) oder einem anderen absorbierenden Stoff. D. R.-P. 251.693; Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 594 (1912). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 391 niederzuschlagen.’) Man kann sowohl Gleichstrom wie Wechselstrom an- wenden. Handelt es sich um die Reinigung großer Gasmengen, die sich rasch bewegen, so eignet sich besser Gleichstrom. Man verbindet eine Nadelspitze mit dem einen Pol eines hochgespannten Gleichstroms, eine der Nadel gegenüberstehende Platte mit dem anderen Pol und läßt zwischen beiden Elektroden, die in einem Kanal angeordnet werden, den zu reini- genden Gasstrom hindurchströmen: Das Gas samt den darin suspen- dierten Stoffteilchen wird auf diese Weise mit der gleichen Elektrizität wie die Nadelspitze geladen, die Stoffteilchen werden von der entgegen- gesetzt geladenen Platte angezogen und bewegen sich zu ihr hin mit einer Geschwindigkeit, die proportional ihrer Ladung und der Spannungsdifferenz zwischen Spitze und Platte ist. Die Wirkungsweise des Wechselstroms ist etwas verschieden von der des Gleichstroms. Sie besteht darin, daß die suspendierten Teilchen zusammengeballt und dadurch — infolge ihrer größeren Schwere — zum raschen Niedersetzen gebracht werden. Demgemäß eignet sich der Wechselstrom hauptsächlich in den Fällen, wo es sich um die Reinigung von nahezu ruhenden Gasmassen handelt, bei denen eine einfache Agglomerierung der suspendierten Teilchen in größere Aggregate ausreichend ist, ihre Abscheidung zu bewirken. Man kann nach dieser Methode sowohl feste Körper (Rauch) als auch Flüssigkeitsteilchen (Nebel) aus Gasen entfernen. Für Laboratoriumsver- suche genügen als Elektroden auf der einen Seite feine Nähnadeln oder Drahtborsten, auf der anderen Seite kann jede glatte leitende Fläche als Elektrode dienen. In der Technik bewährten sich als Entladungselektroden am besten Metalldrähte, die mit Baumwolle, Asbest oder Glimmer versehen waren: die feinen Fäden der Gewebe bzw. die dünnen Schuppenränder des Mine- rals lieferten vorzüglich wirkende Entladungsspitzen, auch in stark saurer Atmosphäre. Das Verfahren wurde schon 1824 von Hochfeld vorgeschlagen ?), und zwar um gewöhnlichen Rauch zu unterdrücken. Zu einer im großen Mab- stabe praktisch brauchbaren Methode wurde es aber erst seit 1907 von Cottrell ausgebaut?) (Cottrellsches Verfahren). 1) Vel.z.B.: K. Pietrusky, Das Cottrellsche Verfahren, feine Stoffteilchen mittelst des elektrischen Stromes niederzuschlagen. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 25, S. 2107 (1912). — R. Hoffmann, Die von Teilnehmern des VIII. Intern. Kongr. f. angew. Chem. in New-York im Anschlusse an denselben ausgeführte Studienreise durch die Vereinigten Staaten. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1119 (1913). 2), Eine historische Zusammenstellung der Bearbeiter des Verfahrens findet sich bei R. Hoffmann, ]. e. >) F. G. Cottrell, Trennung schwebender Teilchen gasförmiger Körper mittelst hochgespannter Elektrizität. D. R.-P 230.570; Chem.-Zeitg. Bd. 35. Rep. S. 84 (1911). — Derselbe, Die Fällung suspendierter Teilchen durch Elektrizität. Journ. of Ind. and Engin. Chem. Vol. 3, p. 542 (1911); Chem. Zentralbl. 1911, Bd. HI, S. 1969. — Siehe auch: K. Pietrusky, Das Cottrellsche Verfahren, feine Stoffteilchen mittelst des elektrischen Stromes niederzuschlagen. Zeitschrift für angew. Chemie. Bd. 25, 8.2107 (1912). — 392 Richard Kempf. Nach Püning!) benutzt man als eine Elektrode nicht Metallspitzen, sondern dünne elektrisierte Wasserstrahlen, die aus etwa nadelstich- großen Löchern sprühen. — Zum Reinigen von Gasströmen, die magnetische Stoffteilchen mit sich führen, wird das Gas zwischen starken Magneten hindurchgeleitet und auf diese Weise von seinen Verunreinigungen befreit.2) — Nach Claude?) kann man Neon aus Gasgemischen isolieren. wenn man bei vermindertem Druck elektrische Entladungen zwischen Kohlen- oder Metallelektroden durch das Gemisch hindurchgehen läßt. Stickstoff, Sauerstoff und Helium werden bedeutend rascher als Neon absorbiert, so daß dieses nach genügend langer Einwirkung allein, bzw. mit etwa vor- handenem Wasserstoff oder Argon zurückbleibt. (Vgl. auch unten, S. 411.) y) Gasreinigung durch Erzeugung von periodischen Temperatur- und Druckänderungen. Zur Beseitigung von Kondensationsnebeln aus Gasen kann man das (semenge wiederholt erwärmen und abkühlen‘) oder auch wechselnden Drucken aussetzen.®) Beide Methoden werden in einfachster Weise gleich- zeitig angewendet, wenn man in der Nebelatmosphäre einen geeigneten Ton erzeugt, der ja bekanntlich Druck- und Temperaturschwankungen in der Zeitfolge seiner Schwingungen bedingt. So kann man z. B. durch eine nach Art der „chemischen Harmonika“ konstruierte Vorrichtung mittelst einer brennenden Flamme in einem Teile der Rohrleitung einen passenden Ton erzeugen.5) — Auf die Tatsache, daß Elektronen — z.B. durch Radiumstrahlen ionisierte Luft — in unterkühlten Dämpfen die Zentren von Flüssigkeits- keimen werden und dadurch Nebelbildungen veranlassen können, selbst wenn der Dampf sich noch gar nicht in gesättigtem Zustand befindet, sei W. W.Strong, Die elektrische Fällung in Gas suspendierter Stoffe. Journ. Franklin. Inst. Vol. 174, p.239 (1912); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. II, S. 1800. — Vgl. ferner: Über das Cottrellsche Verfahren, Niederschlagen feiner Steffteilchen durch elektrischen Strom. Tonindustrie-Ztg. Bd. 37, S.1245 (1913). — Neuere Ergebnisse der Staubaus- fällung mit Cottrells elektrostatischem System. Eng. and Min. Journ. Vol. 96, p. 247 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S.563 (1913). ‘) H. Püning, Verfahren zur elektrischen Reinigung staub- oder nebelhaltiger Luft und Gase unter Verwendung sprühender Elektroden. D. R.-P. 262.882; Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 727 und Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S.495 (1913). ?) Siehe z. B.: Georgius, Sozialtechnik. Bd. 10, S. 113 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 194 (1911). ?) @. Claude, Trennung des Neons aus den Gasgemischen. Franz. Pat. 456.694; Chem.-Zeitg. Bd. 38, Rep. S.39 (1914). *) J. Ephraim, Verfahren zur Beseitigung von Kondensationsnebeln. D.R.-P. 163.370; Chem. Zentralbl. 1905, Bd. U, S. 1205. °) Wi. Ostwald, Verfahren zur Beseitigung und Kondensation von Nebeln in der chemischen Technik. D. R.-P. 195.080; Chem. Zentralbl. 1908, Bd. I, S. 1104. e Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 393 hier nur hingewiesen, da diese physikalischen Erscheinungen noch keine praktische Anwendung gefunden haben. !) c) Die chemische Gasreinigung. x) Arten der Reinigung. Man kann Gase chemisch entweder auf trockenem oder auf nassem Wege reinigen. #4) Chemische Gasreinigung auf trockenem Wege. Die Reinigung bei gewöhnlicher Temperatur (Trocknung mittelst Chlorkalziumröhren, Absorption von Kohlendioxyd in Türmen, die mit Kalk beschickt sind u. dgl.) bietet laboratoriumstechnisch keine Schwierigkeiten. Bisweilen muß jedoch bei höheren Temperaturen gearbeitet werden, z.B. in der Elementaranalyse, wenn Stickoxyde durch eine glühende Spirale aus Kupferdrahtnetz, Halogene durch zusammengerolltes heißes Silberblech usw. zurückgehalten werden sollen (vgl. Bd. I, S.309u.311). Um Argon von Wasserstoff und Kohlenoxyd vollständig zu befreien, muß das Gas wiederholt durch eine Eisenröhre über glühendes Kupfer- oxyd und dann über festes Kalihydrat, konzentrierte Schwefelsäure und Phosphorpentoxyd geleitet werden. Eine Apparatur, die das Gas selbsttätig zu einem Kreislauf zwingt, und die auch sonst zur Gewinnung reiner Gase anwendbar ist, gaben Fischer und Hähnel?), ferner Skossarewski und Germann?) an. Um Sauerstoff von Wasserstoff und kohlenstoffhaltigen Gasen zu befreien, leitet man das Gas nach Berthelot*) am besten durch eine dicke, rotglühende Röhre aus Kupfer. Auf dieselbe Weise kann auch Wasser- stoff von Arsenwasserstoff, dassich in der Glühhitze in Arsen und Wasser- stoff zersetzt, befreit werden. 5) 38) Chemische Gasreinigung auf nassem Wege. Die Reinigung von Gasen auf nassem Wege ist die am häufigsten angewendete Methode, um Gasgemische chemisch in ihre Komponenten zu zerlegen — sowohl für analytische Zwecke als auch rein präparativ zwecks ‘) Siehe im übrigen z. B.: J. J. Thomson, Die Entladung der Elektrizität durch Gase. Leipzig (Barth) 1900, S.7. — Joh. Stark, Die Elektrizität in Gasen. Leipzig (Barth) 1902, S. 382. ?) Franz Fischer und O. Hähnel, Über die Reindarstellung von Argon und Stick- stoff. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 1436 (1910). °) M. Skossarewski und F. Germann, Anorduung zur selbsttätigen Zirkulation eines Gases in einem geschlossenen Kreis. Journ. de Chim. physique. T.11, p. 584 (1913); Chem. Zentralbl. 1914, Bd. I, S.1. *) Berthelot, Über die Verunreinigungen des komprimierten Sauerstoffs und deren Rolle bei den mit Hilfe der kalorimetrischen Bombe ausgeführten Verbrennungen. Compt. rend. de l’Acad. des sciences. T. 135, p. 821 (1902); Chem. Zentralbl. 1903, Bd. I, S.55. °) Vgl. z. B.: Über das Bleilöten mit Wasserstoff. Die Darstellung und Reinigung des letzteren. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 2, S. 204 (1895— 1896). 394 Richard Kempf. Gewinnung reiner Gase. Man schüttelt das Gas mit dem gelösten Absorbens oder leitet es in möglichst feinen Bläschen durch die Lösung hindurch, wobei man für eine möglichst lange und innige Berührung zwischen Gas und Flüssigkeit sorgt. ß) Absorptionsgefäße für Gase. Von diesen Apparaten sind sowohl für die trockene wie für die nasse chemische Gasreinigung eine so überaus große Zahl Neuheiten vorge- schlagen worden, daß hier nur IR ZN: eine verhältnismäßig kleine Zahl besonders praktisch erscheinen- der Vorrichtungen beschrieben werden kann. Bei der Gasreinigung auf nassem Wege ist stets zu be- denken, ob die Möglichkeit vor- liegt, daß die Waschflüssigkeit Luftwaschaufsatz nach Göckel. aus irgend einem Grunde zurück- steigen und dadurch Schaden mel anrichten kann.!) Gegebenen- falls sind von vornherein Gegen- maßregeln zu ergreifen. ?) 7%) Gaswaschaufsätze. Um die Luft des toten kaumes in Büretten, Titrierappa- raten, Standflaschen und del. vor ihrem Zutritt zu dem Material von ihren schädlichen Bestand- teilen (Sauerstoff, Kohlendioxyd, Feuchtigkeit) zu befreien, kann a a an den von Göckel *) ADSeor Luftwaschaufsatz nach Göckel in vorrichtung nach Spang. benenLuftwaschaufsatz(Fig.156) Verbindung mit einer Titriervor- benutzen. Man beschickt ihn je ‚ nach dem Verwendungszweck mit alkalischer Pyrogallollösung oder Lauge. Seine doppelte Verwendung an einem Titrierapparat zeigt Fig. 137. Die zum Aufhängen bestimmte Wasch- und Trockenvorrichtung nach Spang (Fig. 135) kann zum Waschen eines Gases gleichzeitig durch ein flüssiges und festes Reinigungsmittel dienen. Das Gas durchstreicht z. B. [ALL USUIERTTIERNRILIG KLIET KLLLTRIHET TAU DS Ei 2) ‘) Über das Zurücksteigen von Flüssigkeit aus Waschflaschen oder dgl. infolge der raschen Diffusion mancher Gase, namentlich von Kohlendioxyd, durch Kaut- schukschläuche siehe z. B. dieses Handbuch. Bd. VI, S. 650—651. ?) Siehe z.B.: H. Fischer, Eine Abänderung des Schulteschen Schwefelbestim- mungsapparates für Roheisen und Stahl. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1223 (1913). ») H. Göckel, Luftwaschaufsatz für Büretten, Titrierapparate, Standflaschen usw. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 279 (1911). a EEE en Zn m Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 395 zuerst konzentrierte Schwefelsäure, die sich in dem unteren birnförmigen Teil des Apparates befindet, und wandert dann durch einen einge- schmolzenen und mit Glaswolle bedeckten Siebboden in die obere zylin- drische Kammer, die z. B. mit Phosphorpentoxyd beschickt ist.!) 96) Waschflaschen für Gase. Die Neukonstruktionen dieser Apparate sind besonders zahlreich. Eine einfache, dabei billige und sehr wirksame Gaswaschflasche kann man sich mit Hilfe der von Müller?) angegebenen Absorptionsglocke aus Fig.139. Fig. 141. Waschflaschenaufsatz nach Michel. einer gewöhnlichen Pul- verflasche leicht selbst herstellen (Fig. 139). Durch die am Rande der Glocke angebrach- ten acht keilförmigen Schlitze durchströmt das Gas in langsamem Tempo und in kleinen Bläschen die Wasch- al flüssigkeit, so daß eine sehr innige Berührung Schilling. gkeit, ab eine sehr innige Be ung zwischen Gas und Flüssigkeit herbeigeführt wird.3) Waschflaschen, die man durch eine einfache Drehung des einge- schliffenen Kopfteils gegen die Außenluft verschließen kann, gab Gutt- mann*) und ferner Artmann?) an (Fig. 140). In derartigen Waschflaschen ist erstens die Waschflüssigkeit bei Nichtgebrauch vor den Einwirkungen der Atmosphäre geschützt (z. B. konzentrierte Schwefelsäure vor dem An- Waschflasche nach Artmann. 1) Wasch- und Trockenvorrichtung zum Aufhängen nach Spang. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 843 (1912). 2) Eug. R.E. Müller, Absorptionsglocke für die Schwefelbestimmung. Stahl und Eisen. Bd. 32, S. 494 (1912). 3) H. Schilling, Über eine selbstkonstruierbare Intensiv-Gaswaschflasche. Chem.- Zeitg. Bd. 36, S. 739 (1912). #) O0. Guttmann, Zuschrift a. d. Redaktion. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 93 (1910). 5) P. Artmann, Eine neue Waschflasche. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 50 (1910). 396 Richard Kempf. ziehen von Wasserdampf, Laugen vor der Aufnahme von Kohlendioxyd, sauerstoffzehrende Flüssigkeiten vor der Absorption von Sauerstoff), und zweitens spart man in der Apparatur einen Regulierhahn für den Gas- strom. Die Waschflasche ist der von Raikow angegebenen sehr ähnlich (vel. Bd. I, S. 200, Fig. 378). Ebenfalls einen Abschluß des Innenraumes der Waschflasche von der äußeren Luft und eine Regulierung des Gas- stromes gestattet in einfacher Weise der Waschflaschenaufsatz, den Michel‘) vorschlug (Fig. 141). Man braucht den Aufsatz im Gummi- oder gut paraffinierten Korkstopfen nur nach oben oder unten zu schieben, um die Gaseintrittsöffnung A zu verdecken oder wieder frei zu legen. Die Sicherheitswaschflasche nach Mauthner ?) (Fig. 142) zeichnet sich dadurch aus, dab sie weder einen Schliff besitzt noch irgend eine Fig. 142. Fig.143. Fig.144. Sieherheitswaschflasche nach Mauthner. Kork- oder Kautschuk- verbindung erfordert, und daß ihr Zuleitungs- rohr frei drehbar ist. Die Waschflüssigkeit wird bis etwas über die Mün- dung des weiteren, aus dem oberen Teil herabreichenden Rohres eingefüllt. Bei Verstopfung der Leitung steigt die Flüssigkeit in die obere Kammer, so daß das Gas durch das weitere Rohr entweichen kann. Bei zu rascher Absorption dringt um- gekehrt auf demselben Wege Luft ein. Eine prinzipiell ganz ähnliche Waschflasche gab Happe:) an (Fig. 143). Der Innenraum dieser Flasche steht aber dauernd mit der Außenluft Waschflasche nach Happe. Waschflasche nach Hahn. ') F. Michel, Aufsatz für Gaswaschflaschen, Spritzflaschen usw. mit Abschluß- vorrichtung. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 72 (1911). ?) J. Mauthner, Sicherheits-Waschflasche. Chem.-Zeitg. Bd. 33, S 412 (1909). ®) G. Happe, Zuverlässig arbeitende Sicherheitswaschflasche. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 656 (1911). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 397 durch das enge Mittelrohr in Verbindung. sobald der Gasstrom unter- brochen ist. Denn in diesem Fall findet ein Niveauausgleich zwischen der Flüssigkeit in der Flasche und in dem weiten Zuleitungsrohr statt, die untere Öffnung des bis dahin durch die Waschflüssigkeit abgesperrten Sicherheitsrohres wird freigelegt und hierdurch der Innenraum der Flasche unter Atmosphärendruck gesetzt. Besonders wirksam sind die Waschflaschen, die das Gas wie in der Winklerschen Absorptionsschlange (siehe Fig. 160, S. 402) durch eine Düse unten in ein Spiralrohr eintreten lassen. Infolge der saugenden Wirkung des strömenden Gases wird die Waschflüssigkeit in derartigen Apparaten in steter Zirkulation erhalten. Außer der bereits erwähnten Waschflasche nach Walter (vgl. Bd. I, S. 200, Fig. 377) beruhen die von Fig. 145. Fig. 146. Waschflasche nach Friedrichs (1. Modell). Woaschflaschen nach Friedrichs (2. Modell). Raikow‘), sowie von Gahl?) angegebenen Apparate auf diesem Prinzip. Neuerdings schlug wiederum Hahn:) eine derartige Waschflasche vor (Fig. 144). Auch in der Waschflasche nach Friedrichs *) (Fig. 145) ist das Gas- einleitungsrohr oberhalb der Endöffnung mit einer Düse versehen, die bei fließendem Gasstrom eine Saugwirkung auf die Waschflüssigkeit ausübt und diese daher gut durchmischt. In einer anderen Waschflasche desselben !) P.N. Raikow, Über einige Laboratoriumsapparate. 1. Verbesserte Wasch- und Absorptionsflasche. Chem.-Zeitg. Bd. 18, S. 1996 (1894). ?) R.Gahl, Studien zur Theorie der Dampfdrucke. Zeitschr. f. physik. Chemie. Bd. 33, S. 178 (1900). ») C. Hahn, Verbesserte Gaswasch- und Absorptionsflasche. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 26, S. 448 (1913). *) Gaswaschflasche mit verbesserter Zuleitungsröhre nach Friedrichs. Chem.-Zeitg. Bd. 35, 8. 323 (1911). 398 Richard Kempf. Verfassers!) ist entweder das Zuleitungsrohr oder das äußere Gefäß schraubenförmig ausgebildet (Fig. 146). Die Gasblasen müssen infolge- dessen durch einen etwa 125 cm langen spiralförmigen Kanal gleiten und gelangen hier in innige Berührung mit der Waschflüssigkeit. Eine Waschflasche, die in ihrem unteren Teil zur Erzeugung mög- lichst feiner (Gasbläschen zwei siebartig durchlöcherte, herausnehmbare Platten enthält, wurde von AH. Adämmer angegeben ?) (Fig. 147). Eine ähnliche Wirkung wird in der von Michel ®) vorgeschlagenen Waschflasche durch eine Einschnürung des zylindrischen Gefäßes und eine Glasperlen- Fig. 148. = —— Fig. 149. Waschtlasche nach Adämmer. Schwefelsäuretrocken- Trockenturmsystem nach Pfeiffer. turm nach Back. packung erzielt. Auf die Gaswaschflaschen von Borck*), Suchier°) u. A., die nichts prinzipiell Neues bieten, sei hier nur hingewiesen. !) Fr. Friedrichs, Neue Gaswaschflaschen. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 50, S.175 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 65 (1911). — Siehe auch z. B.: L. M. Dennis und W.J. O’Brien, Die Bestimmung des Phosphors im technischen Azetylen. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 7, p. 834 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 147 (1913). ?) Vgl.: Th. Grzeschik, Einige neue Laboratoriumsapparate. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 949 (1910). ®) F. Michel, Waschflasche mit geteilter Flüssigkeitsschicht. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 1228 (1910). *) H. Borck, Eine neue Gaswaschflasche. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 39 (1910). — Derselbe, Eine verbesserte Gaswaschflasche. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1252 (1911). 5) Suchier, Sicherheitsgaswaschflasche. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 26, S. 736 (1913); Chem. Zentralbl. 1914, Bd. I, S. 209. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 399 Über eine praktische Art der Reihenschaltung von Waschflaschen und eine handliche Montage von Waschflaschen an Kippschen Apparaten berichtete Reckleben.') m Trockentürme. Der von Pfeiffer?) angegebene Doppelturm (Fig. 148) dient zum schnellen und intensiven Trocknen größerer Gasmengen durch konzen- trierte Schwefelsäure. Er besteht aus einem großen und ziemlich weiten Trockenturm nach Fresenius (vgl. Bd. I, S. 201 und Fig. 382, S. 200), auf dessen Halsschliff ein zweiter Turm von genau derselben Form und Größe umgekehrt stehend und luftdicht aufgesetzt ist. Der gesamte Hohlraum Fig. 150. Fig.151. Fig. 132. Troekenturm nach Spang Trockenturm mit 4 Etagen (Modell mit 2 Etagen). nach Spang. ist mit großen Glasperlen ausgefüllt. In den Apparat wird durch den unteren Tubus konzen- trierte Schwefelsäure bis zur halben Höhe des erweiterten Teils gegossen. Dreht man den Apparat um, so rieselt die Schwefelsäure durch den mit Glaskugeln ge- füllten Raum hindurch nach unten, wo sie sich sammelt. In diesem Zu- stand ist der Apparat gebrauchsfertig. Man verwendet etwas lange Kaut- schukschläuche und kann dann auch während des Betriebes den Turm von Zeit zu Zeit umdrehen, und dadurch die Glasperlen von frischem mit der Waschflüssigkeit benetzen. Das Absorbens wird auf diese Weise gründlich ausgenutzt. Eine naheliegende sinnreiche Modifikation dieser Vorrichtung gab Bach) an (Fig. 149). Die Handhabung des Apparates erhellt ohne weiteres Trockenturm nach Hase. ) H.Reckleben, Einfache Vorrichtung zur handlichen Benutzung einer Reihe von Waschflaschen. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 279 (1911). ?) Umkehrbare Schwefelsäuretürme nach Prof. Dr. Pfeiffer, zum Austrocknen größerer Gasmengen. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 142 (1910). %) H. Bach, Ein Schwefelsäuretrockenturm. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S.267 (1910). 400 Richard Kempf. aus der Zeichnung. Ist der im der Einschnürung befindliche Hahn ge- öffnet, so durchstreicht das Gas die feuchten Glaskugeln und wird ge- ‚ waschen, wird er für kurze Zeit geschlossen, so wird die Waschflüssigkeit durch das seitliche Rohr emporgedrückt und berieselt die Glaskugeln von frischem. Vorausgesetzt ist hierbei nur, dab das Gas unter genügendem Druck steht. Trockentürme (und ebenso Gaswaschaufsätze) mit mehreren senkrecht übereinander angeordneten Absorptionskammern sind in Anlehnung an einen von Fiumi!) angegebenen Demonstrationsapparat, der die Einwirkung von Schwefelwasserstoffgas auf Salzlösungen veranschaulicht, von verschiedenen Seiten vorgeschlagen worden, so u.a. von Ulrich?) (siehe auch weiter Fig. 153. Fig. 155. Fig. 156. Chlorkalzium- rohr nach Schilling. Chlorkalziumrohr nach Chlorkalziumrohr mit axialer Trockenturm nach Woytacek. R. Müller. Scheidewand nach Kob. unten, S. 440, dessen Gasentwicklungsapparat), Hase) (Fig. 150) und Spang*) (Fig. 151 u. 152). Man beschickt z. B. den untersten Raum mit Schwefel- säure und die obere Kammer mit Chlorkalzium oder Phosphorpentoxyd. In dem zuletzt abgebildeten Apparat sind die zwei unteren Kammern für flüssige, die zwei oberen für feste Absorptionsmittel bestimmt. Ein ähnliches Trockensystem schlug auch Woytacek®) vor (Fig. 153). !) G. Fiumi, Apparat zum Demonstrieren der Einwirkung des Schwefelwasser- stoffgases auf die verschiedenen Metallsalze. Chem.-Zeitg. Bd. 22, S. 376 (1898). ®) Wasch- und Trockenapparat für Gase nach Ulrich. Chem.-Zeitg. Bd. 25, S. 1062 (1901). ®) R. Hase, Zuschrift an die Redaktion. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S.31 (1913). *) Gasreinigungs- und Trockentürme nach Spang, Chem.-Zeitg. Bd.36, S. 1202 (SS) RZEIEST. 3.51 (193): 5) ©. Woytacek, Ein neues Trockensystem. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 316 (1912). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik “. 401 9%) Chlorkalziumröhren. Die U-förmige Gestalt der üblichen Chlorkalziumröhren hat den Nach- teil, daß diese an der gebogenen Stelle überaus leicht zerbrechlich sind. Diesem Übelstand abzuhelfen bezwecken eine große Zahl Vorschläge. Am einfachsten ist es, einen Glassteg oben zwischen den Schenkeln des U-Rohres anzubringen!) (Fig. 154) oder die beiden Schenkel bis nahe zur Berührung aneinanderzuführen ?) (Fig. 155). Noch praktischer, weil bruchsicherer und leichter zu reinigen, er- scheinen U-Röhren, deren Schenkel ihrer ganzen Länge nach miteinander verschmolzen sind 3) (Fig. 156). Der Absorptionsraum dieser Apparate bildet also nur eine einzige Röhre, die axial durch eine gläserne Scheidewand in zwei Hälften geteilt ist. Fig. 157. Fig.158. Fig.159. R > U-Rohr mit Flachglasspiralen - Chlorkalziumrohr nach Hart- Chlorkalziumrohr nach nach Fleissner. mann (1. Modell). Hartmann (2. Modell). Um in Chlorkalziumröhren die Schichtlänge des Absorptionsmittels und dadurch die Waschwirkung zu vergrößern, gibt man ihnen nach Hargue*) drei Schenkel, zwischen denen man zweckmäßig zur Erhöhung der Bruchfestigkeit ebenfalls gläserne Brücken anbringt. Auch kann man bei Anwendung flüssiger Absorptionsmittel die gewöhnlichen U-Röhren zur Vergrößerung der wirksamen Oberfläche mit Glasperlen füllen und in !) Siehe z. B.: O. Schilling, Verbessertes Trockenröhrchen. Chem.-Zeitg. Bd. 30, S. 1146 (1906). — Vgl. ferner: J. Wetzel, Dieses Handbuch, Bd. I, S.298 und Fig. 435, 8.299. — W. H. Me Intire, Neues Trockenröhrehen. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 33, p-450 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 161 (1911). J.S. Me Hargue, Ein neuer Absorptionsapparat. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol.3, p. 112 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. 8.161 (1911). ?) Rich. Müller, Neue und praktische Form des Chlorkalziumrohres in U-Form. Chem.-Zeitg. Bd. 34. S. 649 (1910). 3) Chr. Kob & Co., Neue Absorptions- und Trockenröhren. Chem.-Zeitg. Bd. 26, S. 1109 (1902). *) J. $. Me Hargue, ]. e. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 26 402 Richard Kempf. die Schenkel außerdem Flachglasspiralen einsetzen, die das Gas zwingen, einen langen Weg durch die Flüssigkeit zurückzulegen.!) (Fig. 157.) An Stelle von U-förmig gebogenen Röhren sind vielfach stehende kleine Trockentürmehen in Gebrauch, die sich wegen ihrer handlichen und stabilen Form sehr empfehlen. Man kann sie beim Wägen auf die Wage- schale stellen, spart also einen Aufhängedraht oder dgl. Die Chlorkalzium- röhren nach Hartmann?) (Fig. 158 u. 159) können durch Drehen des ein- geschliiffenen Kopfteils mit einem Handgriff geschlossen werden. Ganz Fig. 160. Fig. 16]. Absorptionsvorlage nach Pettenkofer (Pettenkofersche Röhre). Absorptionsschlange ach Ol. Winkler. & . an . 5 en ähnliche Chlorkalziumtürmcehen, ebenfalls durch Drehen Fig. 162. des Stopfens verschließbar, sind auch von anderer Seite vorgeschlagen worden. ?) se) Absorptionsvorlagen für Gase. Von den vielen Hundert Abarten von Absorp- tionsvorlagen, die meistens speziellen analytischen /wecken angepaßt sind, seien hier nur einige wenige von allgemeinerer Anwendbarkeit beschrieben. WinklersAbsorptionsschlange®) (Fig. 160), die Nachfolgerin der Pettenkoferschen Röhre) (Fig. 161) unddes Peligotschen Rohres) (Fig. 162), besteht aus einem auf drei angeschmolzenen Glas- füßen ruhenden, spiralförmig ansteigenden Glasrohr, das oben in einer Kugel mit Gasableitungsrohr endigt, und in das unten eine Düse für den Gaseintritt ein- geschmolzen ist. Das Gas bewegt sich in Gestalt einer fortlaufenden Reihe kleiner Blasen, einer Perlen- schnur ähnlich, längs der Windung des Schlangen- rohres empor und gelangt erst nach verhältnismäßig langer Zeit zum Austritt. ') H. Fleissner, U-Röhre mit Flachglasspiralen. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S.698 (1913). ?) P. Hartmann, Neue Chlorkalziumröhrchen. Chem.-Zeitg. Bd. 36, 5. 23 (1912). — Derselbe, Umänderung an Chlorkalziumröhrchen. Chem.-Zeitg. Bd. 37, 5. 234 (1913). 3) Neues Natron-Kalkröhrchen. Chem.-Zeitg. Bd. 37, 5.535 (1913). *) Cl. Winkler, Absorptionsapparat für die Elementaranalyse. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 21, S. 545 (1882). j 5) Vgl.z.B.: W. Hempel, Gasanalytische Methoden. Braunschweig (Friedr. Vie- weg & Sohn) 1890, 2. Aufl. S. 82. 6) Siehe z. B.: (©. R. Fresenius, Anleitung zur quantitativen chemischen Analyse. Braunschweig (F. Vieweg & Sohn). 6. Aufl., Bd. I, S. 66, 70 ff. (1896) und Bd. I, S. 224 (1898). — Ferner: W. Hempel, 1. ce. S. 83. Absorptionsvorlage nach Peligot. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 403 Der Apparat wurde von Kyll!) verbessert (Fig. 163): die Vorrichtung erhielt durch Einschaltung eines Erlenmeyerkölbchens ein größeres Fas- sungsvermögen und eine niedrigere, stabilere Form, wodurch zugleich die Druckhöhe der Flüssigkeit vermindert wurde. Durch eine sehr energische Waschwirkung zeichnet sich die Lunge- sche Zehnkugelröhre?) (Fig. 164) aus. Sie ist ferner leicht zu entleeren, Fig. 163. Fig. 164. Absorptionsvorlage nach a Kyll. Absorptionsvorlage nach Lunge (Lunges Zehnkugelrohr). so daß ihr Flüssigkeitsinhalt bequem für gewichts- oder maßanalytische Bestimmungen benützt werden kann. Weniger leicht zerbrechlich und dabei für die meisten Zwecke aus- reichend wirksam sind die von Volhard®) angegebenen Vorlagen (Fig. 165 und 166), die eine Umänderung des älteren Will- Varrentrappschen Appa- rates) (Fig. 167) darstellen. Den Volhardschen Vorlagen gab dann Fre- Fig. 165. Fig. 166. Fig. 167. Fig. 168. lin all m! en 7 Absorptionsvorlage nach Absorptionsvorlage nach Absorptionsvorlagen nach Volhard. Will-Varrentrapp. Fresenius. senius 5) eine etwas abgeänderte Form (Fig. 168). Ähnlich ist auch die recht praktische Vorlage nach Stock ®) (Fig. 169). !) Th. Kyll, Absorptionsapparat. Chem.-Zeitg. Bd. 18, S. 1006 (1894). 2) @. Lunge, Einige Verbesserungen der analytischen Methoden für die Schwefel- säure- und Sodafabrikation. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 3, S. 567 (1890). >) J. Volhard, Apparat zur Absorption des Ammoniaks. Liebigs Annal. d. Chem. u, Pharm. Bd. 176, S. 282 (1875). #) Vel.: ©. R. Fresenius, Anleitung zur quantitativen chemischen Analyse. Braun- schweig (F. Vieweg & Sohn) 1896. 6. Aufl., Bd. II, S. 66. 5) H. Fresenius, Notiz. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 14, S. 332 (1875). . 6) Siehe z.B.: A. Stock und A. Stähler, Praktikum der quantitativen anorgani- schen Analyse. Berlin (Jul. Springer) 1909, S. 53, Fig. 23. 26* 404 Richard Kempt. Eine sehr wirksame Absorptionsvorlage, die eine Kombination der Volhardschen Vorlage mit der Winklerschen Absorptionsspirale darstellt, schlug Wölbling!) vor (Fig. 170). Eine eingeschmolzene Düse am Anfangs- punkt der Spirale sorgt für kleine Gasblasen und die Spirale für lange Berührung des Gases mit der Absorptionsflüssigkeit, von der nur eine geringe Menge notwendig ist. Die Vorlage ist genügend stabil und ihre quantitative Entleerung ist schnell und einfach zu bewerkstelligen. Eine Modifikation der Winklerschen Ab- sorptionsschlange gab ferner Berl?) an (Fig. 171). Das durch die Düse J eintretende Gas übt eine Injektorwirkung auf die Waschflüssigkeit aus und reißt sie durch die Spiralwindungen mit empor, so dal sich die Absorptionsflüssigkeit = — in einem ständigen Kreislauf befindet. Am Fuße Absorptionsvorlage nach Stocs, des Apparates ist ein Dreiweghahn angebracht, der dazu dient, im Anfang den Gasstrom allein Fig. 169. Fig. 170. Absorptionsvorlage nach Wölbling. Gekuppelte Absorptionsvorlagen nach Wölbling. durch die Düse zu leiten, und der ferner erlaubt, die Waschflüssigkeit bequem zu entleeren. 1) H. Wölbling, Eine neue Absorptionsvorlage. Chem.-Zeitg. Bd. 33, S. 499 (1909). ?) E. Berl, Über Laboratoriumsapparate. Ü. Modifizierte Winklersche Absorp- tionsschlange. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 429 (1910). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 405 Auf einige neuere Absorptionsapparate für Ammoniak!) und für Kohlen- dioxyd?) sei hier nur hingewiesen. y) Absorptionsmittel für Gase und Dämpfe. (Vgl. S. 201.) xx) Absorptionsmäittel für Wasserdampf. Nach Baxter und Warren?) liefert das allgemein zum Trocknen von Gasen verwendete Phosphorpentoxyd in Berührung mit Chlor- und Bromwasserstoffgas flüchtige, phosphorhaltige Produkte. Als die geeignetsten Trockenmittel für Bromwasserstofigas erschienen geschmolzene Metallbromide. Die in 1 / Luft bei 25° zurückbleibende Feuchtigkeit betrug bei Verwen- dung von Kalziumbromid 0'0002 9, Zinkbromid 00011 9, Zinkehlorid 0'0008 9, Kalziumchlorid 0'0021 9, Schwefel- säure 0.000003 g. Dagegen eignet sich nach Lambris*) zur Wasser- bestimmung in den bei der Destillation von Brennstoffen auftretenden flüchtigen Produkten Phosphorpentoxyd am besten. Es ist dies das einzige Absorptionsmittel, das von den Kohlenwasserstoffen und anderen Destillationsprodukten nicht verändert wird und sich zur Verjagung der fest- gehaltenen Stoffe bis über 200° erhitzen läßt, ohne dab schon Wasser abgegeben wird. Außer Wasser werden auch Ammoniak. Pyridin und Phenol vom Phosphorpent- oxyd gebunden. — Auch wasserfreies Kupfer-, Zink- oder Magne- -_ siumsulfat kann zum Trocknen von Gasen dienen?) in nn 1) Siehe z.B.: H. Lickfett, Absorptionsvorlage speziell bei Stickstoffbestimmungen für Ammoniakdestillationen. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 26, S. 688 (1913); Chem. Zen- tralbl. 1914, Bd. I, S.2. — A. Rzehulka, Die technische Untersuchung der Steinkohlen im Kokereibetriebe mit Nebenproduktengewinnung. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1569 (1913). 2) Siehe: E. W. Gaither, Ein neuer Apparat zur Bestimmung der Kohlensäure. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 4, p. 611 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 689 (1912). — W. R. Forbes, Ein einfacher Kohlensäureabsorptionsapparat. Chem. News. Vol. 106, p. 225 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 89 (1913). — W. A. Koenig, Ein neues Absorptionsgefäß für Kohlensäure. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 4, p. 844 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 133 (1913). — Siehe ferner die Zusammenstellung von A. Gutbier. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S.308 (1914) und: A. Seidell, Eine einfache Form eines Absorptionsgefäßes. Journ. Americ. Chem. Soc. Vol. 35, p. 1888 (1913); Chem. Zentralbl. 1914, Bd. I, S. 441. ®) @G. P. Baxter und R. D. Warren, Der Wirkungswert von Kalziumbromid, Zink- bromid und Zinkcehlorid als Trocknungsmittel. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 33, p. 340 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 185 (1911). %) G.Lambris, Wasserbestimmung in den bei der Destillation von Brennstoffen auftretenden flüchtigen Produkten. Zeitschr. f. anorg. Chem. Bd. 81, S. 24 (1913); Chem.- Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 598 (1913). 5) F. W. Harbord, Verfahren zum Trocknen von Gebläseluft für Hochöfen mittelst wasseranziehender Salze. D. R.-P. 203.087; Chem. Zentralbl. 1908, Bd. II, S. 1755. 406 Richard Kempf. Ein vorzügliches Trocknungsmittel für Gase ist nach Johnson !) ferner Aluminiumoxyd (vgl. unten S. 417). Vergleichende Versuche, einen bei Zimmertemperatur mit Wasserdampf gesättigten Luftstrom sowohl durch Phosphorpentoxyd als auch durch Aluminiumoxyd zu trocknen, er- gaben, daß in der Zeit, in welcher das Phosphorpentoxyd keine wägbare Menge Wasser absorbiert hatte, das Aluminiumoxyd um 18°/, seines Ge- wichtes schwerer geworden war. Gebrauchtes Aluminiumoxyd kann durch Erhitzen leicht regeneriert werden: Man kann das Absorptionsrohr unbe- erenzte Zeit benützen, wenn man es von Zeit zu Zeit unter Durchleiten von trockener Luft mit rußender Flamme erhitzt. Zum Trocknen von Luft ist nach Wulf?) in manchen Fällen Kalzium- karbid gut geeignet (vgl. auch unter „Entwässern organischer Flüssig- keiten“, S. 417). Während frisches Natrium nur zuerst gut trocknet und bald unwirksamer wird, weil sich das Metall mit einer feuchten Schicht Natriumhydroxyd überzieht, behält Kalziumkarbid seine Wirksamkeit un- verändert bei, weil die verbrauchte Substanz in Form eines trockenen Pulvers abfällt. Natürlich ist das Karbid nur dann als Trockenmittel zu gebrauchen, wenn das entstehende Azetylen nicht stört. Handelt es sich um die Gewinnung völlig reiner Gase und wendet man gekörntes Chlorkalzium zum Trocknen der Gase an, so ist zu beachten, daß dieses Material äußerst hartnäckig Luftspuren zurückhält. Diese lassen sich durch einfaches Durchspülen des Trockenrohrs mit dem betreffenden Gase, das man rein zu erhalten wünscht, kaum entfernen. Es empfiehlt sich in solchen Fällen, das mit dem Trockenmittel beschickte Rohr mehrfach gut zu evakuieren und jedesmal wieder mit dem Gase frisch zu füllen, ehe man weiter arbeitet.?) Verwendet man konzentrierte Schwefelsäure zum Trocknen eines luftverdünnten Raumes, so ist zu beachten, daß Schwefelsäure im Vakuum selbst bei gewöhnlicher Temperatur etwas flüchtig ist.*) 88) Absorptionsmittel für Wasserstoff. Zur Absorption von Wasserstoff aus Gasgemischen kann nach Hempel5) metallisches Palladium (Palladiumschwamm, Palladiumasbest)®) dienen. Dem festen Metall weit vorzuziehen ist aber nach Paal und Hart- ') @. Johnson, Aluminiumoxyd als trocknendes Agens. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 34, p. 911 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 589 (1912). >) Th. Wulf, Kalziumkarbid als Trockenmittel bei elektrostatischen Arbeiten. Physik. Zeitschr. Bd. 10, S. 926 (1909); Chem. Zentralbl. 1910, Bd. I, S. 137. >) Vgl.: A. Thiel und E. Caspar, Über die Temperatur von Kältebädern mit festem Kohlendioxyd. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 86, S. 268 (1914). 4) H.C. Gore, Notiz über die Flüchtigkeit der Schwefelsäure beim Vakuumtrocknen. Journ. of Biol. Chem. Vol. 15, p. 259 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1367. 5) W. Hempel, Gasanalytische Methoden, 3. Aufl. 1900, Braunschweig (Friedr. Vieweg & Sohn), S. 162 ff. 6) Methode nach A. Winkler; Literaturzusammenstellung bei A. Gutbier, Analyt. Chemie der Metalloide. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 985 (1910). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 407 mann!) eine kolloidale Lösung von Palladium, hergestellt mit protalbin- saurem Natrium als Schutzkolloid nach dem Verfahren von Paal und Amberger?), und zwar bei Gegenwart von gelöstem Natriumpikrat, das von Wasserstoffgas bei Gegenwart von Palladiumsol rasch und quantitativ in das Salz des 2,4, 6-Triaminophenols übergeführt wird): (NO,),.,H,.0H +9H, = (NH,),.C,H,.0H + 6H, O Hiernach verbraucht 19 Pikrinsäure 834 cm® Wasserstoff zur vollstän- digen Reduktion. Da das Palladium hierbei nur die Rolle eines Wasserstoffüber- trägers spielt, genügt eine verhältnismäßig geringe Menge von ihm, große Mengen Wasserstoff zu absorbieren, sofern nur genügend Pikrat zugegen ist. Hiermit liegt das erste flüssige Absorptionsmittel für Wasserstoff vor.) Bei der Anwendung des Mittels zur Entfernung von Wasserstoff aus Gasgemischen ist zu beachten, daß etwa im Gasgemenge vorhandener Sauerstoff bei Gegenwart von Palladium und Wasserstoff in Wasser übergeht und etwa anwesende ungesättigte Kohlenwasserstoffe hydrogenisiert werden. Kohlenoxyd bewirkt eine Verzögerung der Wasser- stoffabsorption, ohne diese sonst zu stören. Wie diese Gase, so sind auch Schwefelwasserstoff, sowie Phosphor- und Arsenwasserstoff als Kontaktgifte vor der Wasserstoffabsorption am besten zu entfernen. Das Paal-Hartmannsche Verfahren hat besonders auch in der Gasanalyse eine hervorragende Bedeutung erlangt.>) Von festen Absorptionsmitteln kommen außer dem bereits erwähnten metallischen Palladium vor allem Silberoxyd und Kupferoxyd in Betracht. Silberoxyd absorbiert Wasserstoff bereits in der Kälte. Bei 100° verläuft die Reaktion rasch und quantitativ und kann dazu dienen, Wasserstoff aus anderen Gasen, z. B. aus einem gesättigten Kohlenwasser- stoff und sogar aus freiem Sauerstoff abzuscheiden.®) 1) C. Paal und W. Hartmann, Die gasvolumetrische Bestimmung des Wasserstoffs durch katalytische Absorption. Ber. d.. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 243 (1910); Chem.- Zeitg. Bd. 34, S. 105 (1910). 2) ©. Paal und C. Amberger, Über kolloidale Metalle der Platingruppe. I. u. I. Ber. d. Deutsch. Chem. Ges. Bd. 37, S. 132 (1904) und Bd. 38, S. 1401 (1905). >) Vgl. auch: ©. Paal und W. Hartmann, Über katalytische Wirkungen kolloidaler Metalle der Platingruppe. VIII. Die stufenweise Reduktion der Phenylpropiolsäure. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 42, S. 3930 (1909). *) Das gebrauchsfertige kolloidale Palladium wird nach der Methode von Paal und Amberger von der Chem. Fabr. Kalle & Co., Biebrich a. Rh., hergestellt, ebenso die mit Pikrat versetzte Mischung, die man nur in Wasser zu lösen und auf 100 cm? zu bringen hat, um sie gebrauchsfertig in Händen zu haben; vgl.: O. Brunck, Die gas- volumetrische Bestimmung des Wasserstoffs. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 1313 u. 1331 (1910). 5) 0. Brunck, 1. c. — Siehe auch: A. Gutbier, Fortschritte auf dem Gebiete der analytischen Chemie der Metalloide im II. Halbjahr 1910; Chem.-Zeitg. Bd. 35. S. 229 (1911). 6) A. Colson, Über die volumetrische Bestimmung des Wasserstoffs und über die chemischen Spannungen. Chem.-Zeitg. Bd. 24, S. 147 (1900). — Vgl. auch: V. Nesmjelow, Beitrag zur Frage einer gleichzeitigen Bestimmung von Kohlenoxyd, Wasserstoff und Methan durch Anwendung fraktionierter Verbrennung. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 48, S. 232 (1909). 408 Richard Kempf. Bezüglich erhitzten Kupferoxyds!) sowie metallischen Natriums®) als Absorbentien für Wasserstoff sei auf die Literatur verwiesen. yy) Absorptionsmittel für Sauerstoff. An Stelle von alkalischer Pyrogallollösung, die bekanntlich unter Um- ständen geringe Mengen Kohlenoxyd abgibt:), kann nach von der Pfordten*) eine Chromchlorürlösung zur Absorption von Sauerstoff dienen. Diese Lösung ist das einzige Absorptionsmittel, das gestattet, den Sauerstoff aus Schwefelwasserstoffgas heraus zu absorbieren.ö) Jedoch ist zu be- achten, daß sich Chromchlorür bei Gegenwart von Salzsäure allmählich unter Wasserstoffentwicklung zersetzt.‘) Auch eine alkalische Lösung von Natriumhydrosulfit (Na, 0,) ist zur Sauerstoffbindung ausgezeichnet geeignet”), wie namentlich die Untersuchungen von Franzen®) ergeben haben. Nach Dennstedt und Hassler°) ist eine Lösung von Kupferchlorür in Salzsäure, in die hinein man metallisches Kupfer in Form von Draht- netzrollen stellt, ein sehr wirksames Absorptionsmittel für Sauerstoff. Die ı) Ed. Jäger, Über eine volumetrische Bestimmung von Wasserstoff, Methan und Stiekstoff in Gasgemischen durch frakt. Verbrennung mit Kupferoxyd. Journ. f. Gasbel. Bd. 4, S. 764 (1898); Chem. Zentralbl. 1899, Bd. I, S.59. — Derselbe, Apparat zur volumetrischen Bestimmung von Wasserstoff, Methan und Stickstoff in Gasgemischen. Chem. Zentralbl. 1899, Bd. I, S. 636. — Siehe ferner A. Gautier, Grenzen der Verbrenn- barkeit des Wasserstoffs und der kohlenstoffhaltigen Gase durch rotglühendes Kupfer- oxyd, wenn sie mit einem großen Volumen Luft verdünnt sind. Comptes rendus de l’Acad des sciences de Paris. T. 130, p. 1353 (1900); Chem. Zentralbl. 1900, Bd. II. S.15. — @.v. Knorre, Über die Analyse des Leuchtgases und ähnlich zusammenge- setzter Gasgemische, insbesondere über die Stickstoffbestimmung im Leuchtgase. Chem.- Zeitg. Bd. 33, S. 717 (1909). — V. Nesmjelow, ]. ce. ®) H. Moissan, Darstellung und Eigenschaften des Natriumhydrürs. Comptes rendus de l’Acad. des sciences de Paris. T. 134, p. 71 (1902); Chem. Zentralbl. 1902, Bd. I, S.397. — Vgl. auch: M.W. Travers, Experimentelle Untersuchung von Gasen. Braunschweig (F. Vieweg & Sohn) 1905, S. 41. ®) Siehe darüber z. B.: Cl. Winkler, Lehrbuch der techn. Gasanalyse. Freiberg (Engelhardtsche Buchhandlg.), 2. Aufl., 1892, S. 74. *) O. von der Pfordten, Neues Absorptionsmittel für Sauerstoff. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 228, S. 112 (1885). — Vgl. auch: Derselbe, Untersuchungen über das Titan, ebenda Bd. 234, S. 257 (1886). 5) Vgl.: W. Hempel, Gasanalytische Methoden. 3. Aufl., 1900, Braunschweig (F. Vieweg & Sohn), S. 138. 6) P. Jannasch und Vikt. Meyer, Über die Bestimmung des Kohlenstoff-, Wasser- stoff- und Stickstoffgehaltes organ. Verbindungen durch eine und dieselbe Verbrennung. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 233, S. 379 (1886). ‘) Vgl. z.B.: Jul. Meyer, Zur Kenntnis der hydroschwefligen Säure. Zeitschr. f. anorg. Chem. Bd. 34, S. 51 (1903). °) H. Franzen, Über die Verwendung des Natriumhydrosulfits in der Gasanalyse. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 39, S. 2069 (1906). — Siehe auch: Derselbe, Zur Analyse hochprozentiger Gase. Zeitschr. f. anorg. Chem. Bd. 57, S. 397 (1908). °®) M. Dennstedt und F. Hassler, Die gleichzeitige Bestimmung des Stickstoffs mit Kohlenstoff, Wasserstoff usw. in organischen Verbindungen nach der Methode der vereinfachten Elementaranalyse. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 4, S. 2780 (1908). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 409 Absorption ist genügend schnell, und das dabei gebildete Kupferchlorid setzt sich mit dem metallischen Kupfer sehr rasch wieder zu Chlorür um. Die Gegenwart einer geringen Menge Schwefelsäure vergrößert an- scheinend die Geschwindigkeit der Sauerstoffabsorption. Die Flüssigkeit bleibt brauchbar, solange noch Kupfer vorhanden ist, wenn man nur ab und zu einen Teil der Flüssigkeit durch Salzsäure ersetzt. Ammoniaka- lische Kupferchlorürlösung gibt leicht etwas Stickstoff ab.!) Zu beachten ist bei diesen kupferhaltigen Absorptionsflüssigkeiten, daß sie auch Kohlen- oxyd (siehe unten, S. 410) zu binden vermögen. Ein sehr bequemes Absorbens für Sauerstoff ist gelber Phosphor in Form von Stengelchen, unter Anwendung von destilliertem Wasser als Sperrflüssigkeit.?) Jedoch wird die Reaktionsfähigkeit des Phosphors durch die Gegenwart von geringsten Mengen Äthylen und anderen Kohlenwasser- stoffen, von ätherischen Ölen, Alkohol und anderen organischen Stoffen, sowie von Spuren Ammoniak verhindert. :) Ein Nachteil des Absorptionsmittels besteht ferner darin. daß sich Phosphor in reinem Sauerstoff unter gewöhnlichen Umständen nicht ohne weiteres oxydiert. Nach Centnerszwer*) wendet man daher besser eine 1-—-1!/,°/,ige Lösung von Phosphor in gereinigtem Ricinusöl an. Dieses Öl besitzt außer seinem ausgesprochenen Lösungsvermögen gegenüber Phosphor auch noch den Vorteil, daß es dessen Oxydationsprodukte auflöst, so daß die Lösungen auch bei längerem Gebrauch klar bleiben. Man kann mit der Phosphorlösung Sauerstoff auch im Gemenge mit kohlenwasserstoff- haltigen Gasgemischen quantitativ binden. In diesem Falle erwärmt man das Öl am besten etwas. Zu erwähnen ist endlich als Absorptionsmittel für Sauerstoff glühendes Kupfer, das man am besten — wie in der Elementaranalyse üblich — in Form von Drahtnetz anwendet.) Bezüglich der quantitativen Bindung von Sauerstoff in Gasgemischen mittelst einer alkalischen Ferrosulfat-Brenzkatechinlösung sei auf die Öriginalarbeit verwiesen.*) Über die rasche Absorption von in Wasser gelöstem Sauerstoff durch Natriumsulfit in Gegenwart geringster Spuren eines Kupfersalzes siehe unten (S. 479). ) M. Dennstedt und F. Hassler, Die gleichzeitige Bestimmung des Stickstoffs mit Kohlenstoff, Wasserstoff usw. in organischen Verbindungen nach der Methode der vereinfachten Elementaranalyse. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 4, S. 2780 (1908). ?) Siehe z. B.: Gasanalysator nach Gebhardt. Chem.-Zeitg. Bd. 31, S. 283 (1907). °) Graham, (uarterly-Journ. of Science. Vol. 11, p. 83 (1829). — Vgl. im übrigen die gasanalytischen Lehrbücher. #) M. Centnerszwer, Über den Gebrauch der Phosphorlösungen in der Gasanalyse. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 494 (1910). °) Siehe z. B.: E. Tiede und E. Domcke, Zur Frage des aktiven Stickstoffs II. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 47, S. 420 (1914). ©) K. Binder und R. F. Weinland, Über eine neue scharfe Reaktion auf elemen- taren Sauerstoff. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 46, S. 255 (1913). 410 Richard Kempf. 06) Absorptionsmittel für Stickstoff. Zur Bindung von Stickstoff kann erhitztes Kalziumkarbid dienen.!) Ein Karbid mit 10°/, Chlorkalziumzusatz ist schon bei 800° ein rasch wirkendes Absorptionsmittel für Stickstoff. Es kann, da es auch den Luft- sauerstoff bindet, zur Darstellung von Argon aus der Luft dienen.?) ge) Absorptionsmittel für Kohlenoxyd. Das gewöhnliche Absorptionsmittel für Kohlenoxyd besteht, wie bereits erwähnt, in einer salzsauren oder ammoniakalischen Kupferchlorür- lösung.) Jedoch bindet erhitztes Kalziumkarbid ebenfalls dieses Gas.*) Wegen seiner verhältnismäßig niedrigen kritischen Temperatur (190°) läßt sich Kohlenoxyd durch Kondensation nur von Wasser- stoff (krit. Temp.: —252°) gut trennen (vgl. oben, S. 388 — 390). SI) Absorptionsmittel zur Reinigung von Edelgasen. Zur Reindarstellung von Argon aus der Luft erwies sich Kalzium- karbid mit einem Zusatz von 10°/, Chlorkalzium bei zirka 800° als gut geeignet (vgl. oben). Nach @ehlhof 5) absorbieren auch die Alkalimetalle bei der Glimm- entladung die meisten gasförmigen Beimengungen der Edelgase, z. B. Luft, Leuchtgas, Kohlenoxyd. Kalium absorbiert bei der Glimmentladung bereits bei einer Temperatur von 200°, Natrium erst bei 300°. Auch Stickstoff und Wasserstoff kann auf diesem Wege gereinigt werden. In ähnlicher Weise kann man nach Stark*) auch reines Argon ge- winnen. Fügt man zu dem Gemisch von Argon, Sauerstoff und Stickstoff Quecksilberdampf und läßt das Gasgemenge von einem Glimmstrom durchfließen, so aktiviert dieser sowohi den Sauerstoff wie den Stickstoff. Es setzt sich auf der Glaswand Quecksilberoxyd und Quecksilbernitrid ab und Argon bleibt rein im Rohr zurück. ') Siehe z. B.: @. Bredig, Über Kalkstickstoff. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 13, S. 69 (1907); Chem. Zentralbl. 1907, Bd. II, S. 1095. ?) Franz Fischer, Über die Darstellung von Argon aus Luft mit Kalziumkarbid. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 40, S. 1110 (1907) und Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 13, S. 107 (190%). — F. Fischer und O. Ringe, Die Darstellung von Argon aus Luft mit Kalziumkarbid. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 41, S. 2017 (1908). — F. Fischer und ©. Hähnel, Über die Reindarstellung von Argon und Stickstoff. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 1435 (1910). ®) Siehe im übrigen z. B.: E. Czakö, Bemerkungen über die Leuchtgasanalyse mit der Bunte-Bürette, besonders über die Bestimmung des Kohlenoxydes. Journ. f. Gasbel. u. Wasservers. Bd. 57, S. 169 (1914). — Zu beachten ist, daß die Lösungen des Kupferchlorürs auch Acetylen und Äthylen absorbieren; vel. W. Hempel, 1. e. S. 186. 4) Vgl. z. B.: €. Graebe, Über die Darstellung von Ballongas. Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. 8.143 (1911). — Nass, Über Ballonfüllease. Ebenda. Bd. 35, S. 166 (1911). °) Gehlhoff, Eine einfache Methode zur Reindarstellung von Edelgasen, Stickstoff und Wasserstoff. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 340 (1911). 6) J. Stark, Ein einfaches Verfahren zur Darstellung von Argon. Physikal. Zeitschr. Bd. 14, S. 497 (1913). un Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik*“. 411 Über die Isolierung von Neon aus Gasgemischen mit Hilfe elektrischer Entladungen zwischen Kohle- oder Metallelektroden nach Claude siehe oben (8. 392). Nach Ebler!) absorbiert kolloidales, trockenes Kieselsäurehydrat (von der ungefähren Zusammensetzung 4 SiO,.3 H,O) in reichlichem Maße Radiumemanation. 2. Entwässern organischer Flüssigkeiten. (Vgl. Bd. I, S. 202—206.) a) Allgemeines. (Vgl. S. 202—203.) Beim Entwässern organischer Flüssigkeiten muß man zwischen sus- pendiertem und gelöstem Wasser unterscheiden. Das erstere gibt sich meist an einer opaleszierenden oder milchigen Trübung der organischen Flüssigkeit zu erkennen. Um diese suspendierten Wassertröpfchen zu ent- fernen, genügen häufig mechanische oder physikalische Reimigungs- methoden. In Rohölen, Gasteeren usw. liegen häufig Emulsionen von Petroleum oder dgl: mit Wasser, Salz und Schmutz vor. Infolge der starken Ober- flächenspannung der suspendierten Teilchen der schweren Öle läßt sich das Wasser aus diesen Emulsionen durch bloßes Erwärmen nur sehr schwer abscheiden. Nach Dittersdorf?) gelingt es nun, diese Oberflächenspannung durch mechanische Einwirkung scharfgekörnter Materialien, z. B. scharfen Sand, feinen Glassplittern, Eisenspänen oder del., aufzuheben, so dal) die suspendierten Ölkügelchen zusammenfließen und Öl und Wasser sich von- einander trennen. Man mischt entweder die erwärmte Emulsion mit den scharfkörnigen Materialien mittelst Luftgebläse oder mechanischem Rühr- werk oder bewirkt die Mischung in erwärmten Filtern, die mit den Ma- terialien gefüllt werden. Nach den Untersuchungen von Meunier und Maury?®) über Emul- sionen von Fetten und Ölen mit Wasser und wässerigen Lösungen nimmt die Stabilität der Emulsionen bei gleicher Temperatur zu, wenn die Ober- flächenspannung zwischen dem Öl und den Emulsionsteilchen abnimmt. Zusätze von Mineralsalzen, Alkalien, Säuren setzen die Oberflächenspan- nung zwischen Öl und Wasser herab und begünstigen daher die Bildung 1) E. Ebler, Herstellung von Radium-Emanations-Präparaten. D.R.-P. 270.705; Chem.-Zeitg. Bd. 38, Rep. S. 158 (1914). 2) L. Dittersdorf, Verfahren zur Abscheidung von Wasser aus Rohöl, Rohöl- destillaten, Teeren, Gasteeren oder dgl. D. R.-P. 257.194; Kolloid-Zeitschr. Bd. 13, S. 227 (1913). 3) L. Meunier und Maury, Die Emulsion der Fette. Ledermarkt; Collegium. 1910, S. 277; Chem. Zentralbl. 1910, Bd. II, S. 1416. — Vgl. auch: L. Meunier, Der- zeitiger Stand unserer Kenntnisse über die Emulsionen. Ledermarkt; Collegium. 1910, S. 222; Chem. Zentralblatt. 1910, Bd. II, S. 358. 412 Richard Kempf. von Emulsionen. Nach Breda!) ist es auch durch Anlegung einer elek- trischen Potentialdifferenz möglich, Ölemulsionen zu zerstören und das Öl zu größeren schlammigen Flocken zusammentreten zu lassen. Zu den Emulsionen lassen sich auch die Nebelin feuchten organischen Flüssigkeiten rechnen. Aus Benzol setzt sich der Feuchtigkeitsnebel sehr bald ab, beim Petroleum dauert der Vorgang merklich länger, und beim Paraffinöl sowie beim Transformatorenöl setzt sich der Nebel auch im Verlaufe von Monaten nicht vollständig ab.?) Durch Zentrifugieren dürfte sich hier häufig Abhilfe schaffen lassen. Nach Ssussanof) kann man das in Erdölen suspendierte Wasser durch Zusatz von Benzin zur Abscheidung bringen. Man läßt bei Zimmertemperatur oder unter Erwärmung auf 70° ruhig absetzen. Zentri- fugieren beschleunigt den Vorgang. Manche Sorten Naphtha leisten aber allen Versuchen, sie auf diese Weise zu entwässern, hartnäckigen Widerstand. Geringe Mengen wasserhaltiges Chloroform können durch Einführen von Filtrierpapierstreifen, die mit Wasser schwach angefeuchtet sind, leicht und schnell getrocknet werden. Die Papierfaser saugt das vorhan- dene Wasser bis auf einen Rest von etwa 05°, auf. Auch in Chloroform gelöstes Jod kann nach diesem „Eintauchverfahren“ entfernt werden. Man feuchtet Filtrierpapier mit einer Lösung von 2 g Jodkalium in 10 cm3 Wasser schwach an und taucht es wiederholt in die Chloroformlösung, bis diese völlig entfärbt ist. *) Über das Trocknen von Benzol liegen sich widersprechende Angaben vor. Nach Groschuf) kann man Benzol leicht mit Hilfe von Natrium (siehe unten S. 418) völlig trocknen, nach Goldschmidt *) bereitet es da- gegen große Schwierigkeiten, ein völlig wasserfreies Präparat zu erhalten: es gelang dies nur mittelst Durchleitens eines völlig trockenen Luftstromes durch das Benzol, bis sein Gefrierpunkt einen Maximalwert erreicht hatte. Die Verluste waren bei diesem Verfahren natürlich beträchtlich. Durch Destillation ließ sich der geringe Wassergehalt, der sich fast immer vorfindet, nicht entfernen, auch nicht mit konzentrierter Schwefelsäure. Durch Zusatz von Phosphorpentoxyd wird zwar alles Wasser gebunden, ') H. Breda, Dampfwasserentölung durch Elektrolyse. Elektrochem. Zeitschr. Bd. 18, S. 157 (1911); Chem. Zentralbl. 1911, Bd. II, S. 1969. ?) E. Groschuff, Über die Löslichkeit von Wasser in Benzol, Petroleum, Paraffin- öl. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 354 (1911). °) J. Ssussanoff, Abscheidung des in Erdölen suspendierten Wassers. Nephtanoje Djelo. 1910, Nr. 22; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 85 (1911). *) ©. L. Jackson und A. H. Fiske, Verfahren zum Reinigen und Trocknen orga- nischer Flüssigkeiten. Amer. Chem. Journ. Vol. 44, p. 438 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 30 (1911). 5) E. Groschuf, Über die Löslichkeit von Wasser in Benzol, Petroleum, Paraffin- öl. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 348 (1911). 6) H. Goldschmidt, Über den Nitrierungsprozeß. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 642 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 413 aber beim Abdestillieren nimmt das entwässerte Benzol wieder Wasser aus der Luft auf. Häufig gelingt es, organische Flüssigkeiten dadurch von ihrem Wassergehalt zu befreien, daß man sie mit indifferenten, wasserunlöslichen Lösungsmitteln, die spezifisch leichter als Wasser sind und höher sieden als dieses, wie Xylol, Petroleum, Amylazetat, versetzt und dann die Mi- schung der Destillation unterwirft.!) Man kann sogar auf diese Weise den Wassergehalt sowohl fester wie flüssiger Stoffe quantitativ bestimmen, indem man das übergegangene Gemisch von Wasser und organischer Flüssig- keit in einem graduierten Gefäß auffängt und das Wasservolumen mißt.?) So kann man z.B. den Wassergehalt von Getreide, Malz, Hopfen, Biertrebern, Gerste, Mehl, Stärke), Butter 3), Honig‘), Eiereiweiß, Leinsamenmehl, Säge- spänen 5), Käse °), Gemüse”), Brennstoffen ®) usw. bestimmen. Besonders gute Dienste leistet das Verfahren bei der Wasserbestimmung in Flüssig- keiten oder leicht schmelzbaren Körpern. Für diese Zwecke hat zu- erst Mareusson?) eine praktische Methode ausgearbeitet. Die Versuchs- anordnung, wie sie zur Untersuchung von Ölen, Fetten, Seifen und Harzen anwendbar ist, stellt Fig. 172 dar. Man erhitzt 20—100 g Fett mit 100 cm? Xylol unter Zusatz einiger Bimssteinstückchen in einem Ölbade und fängt das durch einen kurzen Kühler verdichtete Destillat in einem 100 cm fassenden, nach unten sich verengenden und in !/,, cm3 geteilten Meßzylinder (Fig. 173) auf. Die Fett- menge ist so zu bemessen, dal das Volumen des Wassers höchstens 10 cm? und mindestens einige Zehntel Kubikzentimeter beträgt. Man destilliert das angewandte Xylol fast vollständig ab und spült etwa im Kühlrohr be- findliche Wassertröpfehen mit etwas Xylol nach. Den das Destillat ent- haltenden Meßzylinder stellt man bis zur klaren Trennung der Xylol- und 1) Vgl. über diese Methode auch dieses Handbuch, Bd. VI, S. 735. 2) J. F. Hoffmann, Über die neueren Wasserbestimmungsverfahren mit Hilfe der Destillation. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 21, S. 2095 (1908). Hier findet sich auch eine Literaturzusammenstellung über dieses Gebiet. 3) Nach Sjollema (1904); vgl.: C. Aschmann und J. P. Arend, Direkte Bestim- mung des Wassers in Butter und anderen Fetten. Chem.-Zeitg. Bd. 30, S. 953 (1906). #) U. Fabris, Über die Bestimmung des Wassers in Honig. Zeitschr. f. Unters. d. Nahr.- und Genußmittel. Bd. 22, S. 353 (1911). 5) S. S. Stadtler, Die Bestimmung von Feuchtigkeit durch Destillation. Journ. of Ind. and Engin. Chem. Vol. 2, p. 66 (1910); Chem. Zentralbl. 1910, Bd. II, S. 38. 6) S. S. Stadtler, 1. c. — C. Mai und E. Rheinberger, Die Wasserbestimmung im Käse. Zeitschr. f. Unters. der Nahr.- und Genußmittel. Bd. 24, S. 125 (1912). ?) St. v. Haydin, Über die Bestimmung des Wassergehaltes von Gemüsen mit F. Hoffmanns Wasserbestimmungsapparat. Zeitschr. f. Unters. der Nahr.- u. Genußmittel. Bd. 25, S. 158 (1913). 8) P. Schläpfer, Die Wasserbestimmung in festen und flüssigen Brennstoffen durch Destillation mit Xylol. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 27, Aufsatzteil S. 52 (1914). 9) J. Marcusson, Bestimmung des Wasser- und Säuregehaltes von Schmierfetten (konsistenten Fetten). Mitteil. aus dem Kgl. Materialprüfungsamt zu Berlin-Lichterfelde. Bd. 22, S.48 (1904). — Derselbe, Die Bestimmung des Wassergehaltes von Ölen, Fetten, Seifen, Harzen usw. Ebenda. Bd. 23, S. 58 (1905). 414 Richard Kempf. Wasserschicht in warmes Wasser und stößt die an den Wandungen haf- tenden Wasserbläschen nach unten. Die Ablesung erfolgt nach Einstellen in Wasser von 15°. 1) Das Verfahren ist besonders dann am Platze, wenn in einer Probe außer Wasser noch flüchtige oder beim Erhitzen veränderliche Stoffe, z. B. flichtige Fettsäuren, ätherische Öle, Benzin usw., zugegen sind, ferner bei Gemischen von Ölen mit Seifen, die das Wasser bei dem üblichen Fig. 172. Fig.173. E SE. E ei nocecMm, BD DLD Gehe lnulnlund Graduierte Röhre für den Apparat zur Wasserbestimmung nach Marcusson. Verfahren (mehrmaliges Ab- dampfen mit absolutem Alko- hol) hartnäckig zurückhalten. Michel?) empfahl für Gyr = = derartige Wasserbestimmun- Apparat zur Wasserbestimmung in festen Körpern und gen die Anwendung eines Ge- Flüssigkeiten nach Marcusson. L misches von Toluol und Xylol und führte damit Versuchsbeispiele an Honig, Butter und Milch aus. Die Arbeitsweise und die Berechnung samt den anzubringenden Kor- rekturen beschrieb Michel eingehend. Die Resultate wurden gewichtsana- Iytisch kontrolliert; als Fehlergrenzen ergaben sich etwa + 0'2°/,. Über die Trocknung von Alkohol nach dieser Methode siehe die Literatur:) (vgl. auch dieses Handbuch, Bd. VI, S. 736). 1) Vgl.: J. Marcusson, Laboratoriumsbuch für die Industrie der Öle und Fette. Halle (W. Knapp) 1911, S. 44. ?) F. Michel, Zur direkten Wasserbestimmung in Nahrungsmitteln und Gebrauchs- gegenständen durch Destillation. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 353 (1913). 3) Vgl.z. B.: @. Charanne, Über eine Anwendung der Youngschen Methode zur Darstellung des absoluten Alkohols. Bull. Soc. Chim. Belgique. T.27, p.205 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. 11, S. 1376. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 415 b) Einige Trockenmittel für Flüssigkeiten. (Vgl. S. 203—206.) «) Natriumsulfat. Nach v. Siebenrock !) trocknet das viel empfohlene wasserfreie Na- triumsulfat feuchten Äther nur sehr unvollkommen. Zum Trocknen von ÖOrganbrei, wässerigen tierischen oder pflanzlichen Flüssigkeiten verführt man nach Njegovan ?) zweckmäßig folgendermaßen. Man erwärmt das Material in einer Reibschale auf etwa 40°, setzt bei dieser Temperatur nach und nach unter beständigem Umrühren wasser- freies Natriumsulfat (für je 19 Wasser etwa 0'794 Na,SO,) hinzu, stellt dann die Schale in kaltes Wasser und rührt weiter. Unterhalb 33°, dem Umwandlungspunkt von Natriumsulfat in Glaubersalz (Na;,SO, + 10 H,O), wird die Masse fest. Das entstandene Pulver trocknet man in dünnen Schichten im Vakuumexsikkator über Schwefelsäure (für je 100g H,O etwa 300 cm® H,SO,) und extrahiert dann das Material, das nur noch aus der Trockensubstanz des Versuchskörpers und wasserfreiem Natriumsulfat besteht, mit den gewöhnlichen wasserfreien Lösungsmitteln. B) Kupfersulfat. Das wasserfreie Salz ist wegen seiner Bläuung bei der Wasserauf- nahme ein guter, wenn auch nicht sehr scharfer Indikator für geringe Mengen von Feuchtigkeit in organischen Lösungsmitteln, z. B. in Alkohol (siehe oben S. 363), Benzol usw. Dagegen färbt es sich in feuchtem Paraffinöl nicht merklich, in Petroleum erst nach einigen Tagen kaum erkennbar. 3) Auch zum Entwässern von Ameisensäure und Essigsäure kann wasserfreies Kupfersulfat dienen. Man trägt z. B. 100 kg des Salzes unter Rühren allmählich in etwa 300 kg 80°/,iger Ameisensäure ein, läßt die Mischung erkalten und absetzen und behandelt die Säure, die bereits eine Konzentrationszunahme von 10—12°/, zeigt, nochmals mit der erforder- lichen Menge Kupfersulfat in gleicher Weise. Die Destillation der vom Kupfersulfat getrennten Säure liefert ein fast wasserfreies Produkt. Das zurückbleibende Salz wird kalziniert and wieder verwendet. ®) 1) E.v. Siebenrock, Über das Trocknen von feuchtem Äther. Chem.-Zeitg. Bd. 33, S. 1213 (1909). 2) V. Njegovan, Verbessertes Verfahren zum Trocknen von wässerigen, tierischen und pflanzlichen Flüssigkeiten, Organbrei usw. mit wasserfreiem Natriumsulfat. Biochem. Zeitschr. Bd. 43, S. 203 (1912); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. II, S. 1468. 3) E. Groschuff, Über die Löslichkeit von Wasser in Benzol, Petroleum, Paraffin- öl. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17. S. 348 (1911). #) Chem. Fabrik Griesheim-Elektron, Frankfurt a.M., Konzentrieren von Ameisen- säure oder Essigsäure durch Behandlung mit wasserbindenden Salzen. D. R.-P. 230.171; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 79 (1911). 416 Richard Kempf. y) Kalziumchlorid. Wie bereits erwähnt, geht Kalziumchlorid mit vielen Alkoholen Verbindungen ein. Mit Methylalkohol bildet es z.B. die Verbindung Ca(], . 4 CH, . OH.) Beim Trocknen alkaliempfindlicher Stoffe, z.B. von Wasserstoff- persulfid, mittelst gekörnten Chlorkalziums empfiehlt es sich, zunächst einige Zeit trockenes Salzsäuregas über das Trockenmittel zu leiten, ehe man es verwendet. ?) Zum Trocknen von Transformatorenöl eignet sich Chlorkalzium besser als metallisches Natrium?) (vgl. unten, S. 418). 9) Kalziumbromid. Zum Trocknen von Brom*), sowie bromhaltigen oder Brom leicht abgebenden Substanzen >) wendet man zweckmäßig an Stelle des Chlorids das Bromid des Kalziums an. e) Kalziumozyd. Um Alkohol nach der Methode von Mendelejew®) rasch völlig zu ent- wässern. kocht man ihn zweckmäßig mit Kalk. So wurde z. B. bei der Dar- stellung von Cholesteryl-äthyläther absoluter Alkohol erst 24 Stunden mit groben Stücken frisch aus Marmor hergestellten Kalks gekocht und dann nach zweitägigem Stehen und Zusatz von frischen Kalkstücken unter sorg- fältigem Abschluß der Luftfeuchtigkeit destilliert. ”) Ö) Baryumozyd. Als Entwässerungsmittel für Hydrazin empfahlen Hale und Shet- terly°; neben Baryumhydroxyd und Natriumhydroxyd ganz besonders Baryumoxyd. ') R. Kane, Beiträge zur Geschichte des Holzgeistes und seiner Verbindungen. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 19, S. 168 (1836). ?) J. Bloch und F. Höhn, Über Wasserstoffpersulfid. I. Geschichte und rohes Wasserstoffpersulfid. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 41, S. 1967 (1908). ») Tobey, The Electrieian. Vol. 66, p. 492 (1911). *) Siehe z.B.: R. Kempf, Halogengruppe. Handbuch der Methoden der organi- schen Chemie von Th. Weyl, Leipzig (G. Thieme) 1911. Bd. II, S. 1085. °) Vgl. z.B.: H. Rupe und S. Kessler, Der Einfluß negativer Gruppen auf die Bildung der Semikarbazone. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 42, S. 4716 (1909). ©) D. Mendelejew, Über die Verbindungen des Alkohols mit Wasser. Poggendorffs Annal. d. Physik u. Chem. Bd. 138, S. 246 (1869). ”) O0. Diels und P. Blumberg, Über eine Methode zur Darstellung von Chole- sterinäthern. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 44, S. 2849 (1911). °) ©. F. Hale und F. F. Shetterly, Apparat zur Darstellung von wasserfreiem Hy- drazin. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 33, p. 1071 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 429 (1911). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 417 7) Kalziumkarbid. Grob gepulvertes Kalziumkarbid kann zum Trocknen von Alkohol dienen.!) Es entwickelt unter Bildung von Kalziumhydrat mit feuchtem Alkohol eine dem Wassergehalt äquivalente Menge Azetylen. Die geringen Mengen Azetylen, die im Alkohol gelöst bleiben, können durch Schütteln mit wasserfreiem Kupfersulfat und nochmaliges Destillieren entfernt werden. ?) An der Bildung von Gasblasen auf Zusatz von Kalziumkarbid ist zu er- kennen, ob ein Alkohol wasserfrei ist (vgl. oben, S. 363. ferner S. 406). %) Kalihydrat. Nach Lockemann ®) läßt sich Pyridin am besten in der Weise völlig vom Wasser befreien, daß man es, wie Naumann) und Walden 5) vorge- schlagen haben, nach längerem Stehen über festem Ätzkali unter Aus- schluß der Luftfeuchtigkeit destilliert und in einem Exsikkator neben Phosphorpentoxyd aufbewahrt. ı) Aluminiumoayd. Nach Johnson ®) ist Aluminiumoxyd, wie es durch Erhitzen des Hydr- oxydes bei niedriger Temperatur erhalten wird, ein gutes Trocknungsmittel (vgl. oben, S.406). Es geht in Berührung mit Wasser unter Wärmeent- wicklung in sein Hydrat über: AO, +H,0 7 ” 2A10 (OH). Kalziumbromid, Zinkbromid und Zinkchlorid, sowie konzentrierte Schwefel- säure stehen in ihrer trocknenden Wirkung dem Aluminiumoxyd weit nach. !) P. Yvon, Über die Anwendung des Kalziumkarbids zur Darstellung von absolutem Alkohol. Compt. rend. de l’Acad. des sciences. T. 125, p. 1181 (1897); Chem. Zentralbl. 1898, Bd. I, S. 319. — Siehe auch: J. Masson, Die Einwirkung von Kristallwasser auf Kalziumkarbid. Journ. Chem. Soc. London. Vol. 97, p. 851 (1910); Chem. Zentralbl. 1910. Bd. II, S.138. — Derselbe, Die Benutzung von Kalziumkarbid zur Bestimmung von Feuchtigkeit. Chem. News. Vol. 103, p. 37 (1911); Chem. Zentralbl. 1911, Bd. I, S.588. — Irvine, Die Verwendung von Kalziumkarbid zur Feuchtigkeitsbestimmung. Chem. News. Vo1.103, p.37 (1911); Chem.-Zeitg. Bd.35, Rep. S. 93 (1911). — A. Korff-Petersen, Die Verwendung von Kalziumkarbid zur Bestimmung der Mörtelfeuchtigkeit. Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankheiten. Bd. 75, S. 236 (1913); Chem. Zentralbl. 1914, Bd. I, S. 71. ?) Vgl. aber auch: E. Ostermayer, Zur Darstellung von absolutem Alkohol mittelst Kalziumkarbids. Pharm.-Zeitg. Bd.43, S.99 (1898); Chem. Zentralbl. 1898, Bd. I, S.658. — Ferner: D. Vitali, Über die Anwendung von Kalziumkarbid zur Darstellung von abso- lutem Alkohol und zum Nachweis von Wasser in Alkohol, Äther, Chloroform ete. Boll. chim. Farm. Vol. 37, p. 257 (1898); Chem. Zentralbl. 1898, Bd. I, S. 1225. ®) G. Lockemann, Über eine Darstellungsmethode für «a-benzoylierte Phenyl- hydrazine. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 2224 (1910). *) A. Naumann, Reaktionen von Salzen in nichtwässerigen Lösungen. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 37, S. 4609 (1905). 5) P. Walden und M. Centnerszwer, Über die Molekulargrößen einiger Salze in Pyridin. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 55, S. 321 (1906). 6) @. Johnson, Aluminiumoxyd als troeknendes Agens. Journ. Amer. Chem. Soe. Vol. 34, p. 911 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 589 (1912). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VII. 97 418 Richard Kempf. x) Schwefelnatrium. Wasserfreies Schwefelnatrium kann zur Herstellung von absolutem Alkohol dienen: es wirkt auf Alkohol nicht ein, entwässert rasch und voll- ständig und kann durch einfaches Erhitzen regeneriert werden. !) %) Kaliumfluorid. Nach Frankforter und Frary?) ist Fluorkalium oft ein besseres Trockenmittel für Flüssigkeiten als Pottasche, da der Dampfdruck seiner gesättigten Lösung geringer ist, als der einer gesättigten Pottaschelösung. Auch wegen seiner größeren Löslichkeit in organischen Flüssigkeiten ist das wasserfreie Kaliumfluorid der Pottasche als wasserentziehendes Mittel gelegentlich vorzuziehen (vgl. S. 334, 364 u. 386). ».) Natrium und Kalium. Zum Trocknen von Benzol wirkt nach Groschuf?) unter den ge- bräuchlichen Trockenmitteln Natrium am besten; sobald die Wasserstoff- entwicklung aufgehört hat, bewirken selbst frische Natriumflächen auch bei erhöhter Temperatur in der Regel keine weitere Gasentwicklung mehr (vgl. oben, S. 412). Dagegen ist Natrium zum Trocknen von Petroleum?) und ebenso von Transformatorenöl®) wenig geeignet. An Wasser gesättigtes Petroleum, das etwa S Tage ruhig über Natriumstücken gestanden hatte, enthielt noch soviel Wasser, dal bei der Destillation der erste Vorlauf sehr merk- lich getrübt wurde. Diese Reaktionsträgheit des Natriums (und ebenso des Kaliums), die in erster Linie durch die auf den Schnittflächen der Metalle gebildete Oxydhaut und die im Vergleich zum Benzol größere Viskosität der Flüssigkeiten veranlaßt wird, läßt sich in sehr einfacher Weise be- seitigen, indem man bei erhöhter Temperatur arbeitet und oxydfreies, geschmolzenes Alkalimetall verwendet: Beim Schütteln, besser noch beim Destillieren des Öls werden die etwa gebildeten Oxydhäute immer wieder von dem flüssigen Metall losgerissen. Der Destillationsapparat darf mit der Außenluft nur durch ein Chlorkalziumrohr kommunizieren, alle Glas- teile müssen vorher durch Erhitzen von ihrer Wasserhaut befreit werden. v) Kalium- Natrium. Für die Trocknung von Petroleum und Paraffinöl eignet sich eine bei Zimmertemperatur flüssige Legierung von Kalium und Natrium ebenso gut, wie geschmolzenes Natrium, vielleicht noch besser als dieses 3) (siehe oben). Die Legierung wird aus etwa drei Teilen Kalium und einem Teil '!) Chem. Fabrik Griesheim-Elektron, Herstellung von absolutem Äthylalkohol. D. R.-P. Nr. 236.591; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 435 (1911). ?) @. B. Frankforter und F.C. Frary, Gleichgewicht in Systemen, die Alkohole, Wasser und Salze enthalten, mit einer neuen Methode der Alkoholanalyse. Journ. of Physical Chem. Vol. 17, p. 402 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 421. >) E. Groschuff, Über die Löslichkeit von Wasser in Benzol, Petroleum, Paraffinöl. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 348 (1911). #) Tobey, The Electriceian. Vol. 66, p. 492 (1911). en NE ER N We SE mW en 2 1 2 a Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik*“. 419 Natrium unter Petroleum zusammengeschmolzen, unter Benzol aufbewahrt und für die Destillation mit einer Pipette entnommen. £) Schwefelsäure. Auch durch Schütteln mit konzentrierter Schwefelsäure und Abheben im Scheidetrichter werden manche Flüssigkeiten, z. B. Äther), Brom ?) oder dgl., entwässert. Nach Scheffer?) erhält man einen völlig trockenen Äther, wenn man das reine käufliche Produkt zuerst zweimal mit kon- zentrierter Schwefelsäure schüttelt, dann über Natriumsulfat und zuletzt über Natrium trocknet und destilliert. Die vom Äther abgelassene Schwefel- säureschicht enthält stets reichlich gelösten Äther. Durch Versetzen mit demselben Volumen Wasser kann er zum großen Teil wieder abgeschieden werden, ist nun aber natürlich nicht als rein zu betrachten. Nachträge zum siebenten Kapitel. Prüfen auf Reinheit. (Vgl. Bd. I, S. 206—215.) I. Schmelzpunkts- und Gefrierpunktsbestimmung. (Vgl. Bd. I, S. 206—-214.) 1. Allgemeines (vgl. S. 206—208). Wie bereits erwähnt (vgl. oben, S. 552), trifft die Regel, daß eine Substanz rein ist, wenn sich ihr Schmelzpunkt nach wiederholter Vornahme eines Reinigungsprozesses nicht mehr ändert, durchaus nicht immer zu. Z. B. bleibt der Schmelzpunkt mancher aus Fetten abgeschiedener Säuregemische konstant, so oft man sie auch umkristallisiert. In diesem Falle lösen sich die Säuren gegenseitig auf und bilden homogene Mischungen, die der Ausscheidung und Reindarstellung der einzelnen Säuren ganz außerordentliche Schwierigkeiten entgegensetzen.*) Ist das Verhältnis der Löslichkeiten zweier Komponenten eines Gemisches in einem Lösungsmittel gleich der Zusammensetzung des eutektischen Gemisches dieser beiden Kom- ponenten, so erhält man beim Umkristallisieren aus diesem Lösungsmittel stets ein Gemisch der beiden Stoffe mit konstantem Schmelzpunkt. 5) !) Nach Ullmann, Travaux pratiques de Chimie organique; vgl. z.B. Th. v. Fellen- berg, Bestimmung und Nachweis von Methylalkohol. Mitteilungen aus dem Gebiete der Lebensmitteluntersuchung u. Hygiene. Bd. 4, S. 128 (1913). — Siehe ferner dieses Hand- buch. Bd. I, S. 189. ?) Vgl. z.B.: R. Kempf, Halogengruppe. 1. e. (Fußnote 4, S. 416.) ®) F.E.C. Scheffer, Das System Äther-Wasser. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 84, 8.729 (1913). *) Vgl.: J. Volhard, Justus v. Liebig. Leipzig (J. A. Barth) 1909, Bd. I, S. 168. °) R. Wegscheider, Eine Fehlerquelle bei der Charakterisierung chemischer In- dividuen. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 80, S. 509 (1912); Beibl. Annal. d. Physik. Bd. 37, S. 345 (1913). — Vgl. auch: R. Wegscheider und N. L. Müller, Untersuchungen über die Veresterung unsymmetrischer zwei- und mehrbasischer Säuren. XXVII. Über die Nitro- hemipinestersäuren. Wiener Monatshefte f. Chemie. Bd. 33, S. 899 (1912). — Siehe ferner: 27% 420 Richard Kempf. Manche Substanzen zeigen zwei Schmelzpunkte. Diese Erscheinung beruht entweder auf einer physikalischen oder einer chemischen Verände- rung der Substanz bei der Schmelztemperatur. Schmilzt ein Körper zu- nächst zu einer trüben Schmelze und tritt das Klarwerden erst bei höherer Temperatur ein, so verwandelt sich die Verbindung gewöhnlich in eine höher schmelzende isotrope Form. Die Substanz befindet sich dann zwischen dem Schmelzpunkt und dem Klärpunkt in der kristallinisch- flüssigen Phase. Auf die Erscheinung des doppelten Schmelzpunkts bei Fettsäure- glyzeriden!) sei hier nur hingewiesen, ebenso auf eine von Stoltzenberg?) angegebene Methode zur Schmelzpunktsbestimmung kristallinisch-flüs- siger Körper. Über die Sinterpunktskurve als ein einfaches Mittel zum Nach- weis chemischer Verbindungen zweier Komponenten hat Stock 3) eingehende Versuche veröffentlicht. Über die Abhängigkeit des Schmelzpunktes von der Korn- größe (vgl. Bd. I, S. 13) ist folgendes nachzutragen. Über den Einfluß des Dispersitätsgrades eines Kristalles auf seine Schmelztemperatur haben u. A. Ostwald*), Pawlow®), Küster), Goldstein’), v. Weimarn®), Doelter?), J. J van Laar, Die Schmelz- oder Erstarrungskurven bei binären Systemen, wenn die feste Phase ein Gemisch (amorphe feste Lösung oder Mischkristalle) der beiden Kom- ponenten ist. Zeitschr. f. physik. Chemie. Bd. 63, S. 216 u. 257 (1908). 1) A. Grün und P. Schacht, Zur Synthese der Fette. I. Mitteil.: Symmetrische Glyzeride. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 40, S. 1778 (1907). — A. Grün, Über die Konsistenz- und Schmelzpunktsanomalien der Fette. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 45, S. 3691 (1912). 2) H. Stoltzenberg, Zur Schmelzpunktsbestimmung kristallinisch-flüssiger Körper. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 77, S. 73 (1911). 3) A. Stock, Die Sinterpunktskurve, ein einfaches Mittel zum Nachweis chemischer Verbindungen zweier Komponenten. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 42, S. 2059 (1909). — Derselbe, Zur Kenntnis der Schwefelphosphorverbindungen. 4. Mitteil.: Über die Existenz des Phosphordisulfides PS, (P, S,). Ebenda. Bd. 42, S. 2062 (1909). *) Wi. Ostiwald, Bildung und Umwandlung fester Körper. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 22, S. 289 (1897). 5) P. Pawlow, Über die Abhängigkeit des Schmelzpunktes von der Oberflächen- energie eines festen Körpers. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 65, S. 1 (1908). — Derselbe, Über die Abhängigkeit des Schmelzpunktes von der Oberflächenenergie eines festen Körpers. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 65, S. 545 (1909). — Derselbe, Über den Ein- fluß der Oberfläche einer festen Phase auf die latente Wärme und die Temperatur des Schmelzens. Zeitschr. f. Chem. u. Ind. der Kolloide. Bd. 7, S. 37 (1910). — Derselbe, Über die Schmelztemperatur der Körner des Salols. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 74, S. 562 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 535 (1910]. — Vgl. auch: Derselbe, Über den Dampfdruck der Körner einer festen Substanz. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 68, S.316 (1910). 6) F. W. Küster, Lehrbuch der allg., physik. u. theor. Chemie. Berlin 1909, S. 189. ?) Goldstein, Ber. d. Russ. chem. Ges. Bd. 24, S. 64 (1891). 3) P.P.». Weimarn, Zur Frage der Untersuchungsmethoden kapillarchemischer Probleme. Zeitschr. f. Chem. u. Ind. der Kolloide. Bd. 8, S. 133 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, tep. 8.241 (1911). °») €. Doelter, Allgemeines über Gleichgewichte in Silikatschmelzen. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 797 (1911). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 41 Leitmeier !) eingehende Untersuchungen veröffentlicht. Die hierdurch fest- gestellte, auf die verschiedene Oberflächenenergie beruhende Tatsache, daß) ein und dieselbe Substanz in äußerst feiner Zerteilung meistens bedeutend niedriger schmilzt, als in etwas gröberem Korn ?), bedeutet praktisch bei der üblichen Art der Schmelzpunktsbestimmung organischer Stoffe im Kapillarröhrchen wohl kaum eine Fehlerquelle. Denn in diesem Falle, wo das Material kompakt im engen Röhrchen zusammenliegt, wird das frühere Zusammensintern des eventuell vorhandenen feinsten Staubes nicht be- merkbar sein. Dagegen ist der Korngröße zweifellos Rechnung zu tragen, wenn es sich um besondere — z. B. unter dem Mikroskop oder auf einer Quecksilberoberfläche ausgeführte — Schmelzpunktsbestimmungen handelt, wo die einzelnen Substanzteilchen gesondert beobachtet werden. Ferner sind diese Verhältnisse in der Mineralchemie von großer praktischer Wichtigkeit: Bei Silikaten können die Unterschiede des Schmelzpunkts 100, ja sogar 200° betragen, je nachdem man sie in Form grober Kristalle oder feiner Pulver untersucht. Schmelzpunktsbestimmungen dürfen daher bei Mineralien nur mit feinstem Pulver ausgeführt werden, wie man ja auch Löslichkeitsbestimmungen nur mit fein zerteilten Stoffen ausführt. :) Auf die Abhängigkeit des Schmelzpunktes vom Druck soll hier nicht näher eingegangen werden, da diese Verhältnisse für die gewöhn- lichen Schmelzpunktsbestimmungsmethoden praktisch ohne Wichtigkeit sind. *) Auch bezüglich der flüssigen Kristalle sei auf die Literatur ver- wiesen. 5) !) H. Leitmeier, Zur Kenntnis der Schmelzpunkte von Silikaten. Der Einfluß der Korngröße auf den Schmelzpunkt. Bestimmung des Schmelzpunktes einiger Silikate durch längeres Erhitzen. Zeitschr. f. anorg. Chem. Bd. 81, S. 209 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1453. 2) Der Schmelzpunkt wird definiert als der Schnittpunkt der Dampfdruck- kurven der festen und der flüssigen Phase. Da nun der Dampfdruck eines Systems mit größerer Oberfläche im allgemeinen größer sein muß, als eines Systems mit kleinerer Oberfläche, so folgt daraus, daß der Schmelzpunkt eines feinen Pulvers im allgemeinen niedriger sein muß als der gröberer Körner; vgl. H. Leitmeier, ]. e. ®) C. Doelter, ]. c. *) Vgl.darüberz.B.: A. Heydweiller, Über Schmelzpunkterhöhung durch Druck und den kontinuierlichen Übergang vom festen zum flüssigen Aggregatzustand. Wiede- manns Annal. d. Physik. Bd. 64, S. 725 (1898); Chem. Zentralbl. 1898, Bd. I, S. 1011. — G. Tammann, Über die Grenzen des festen Zustandes. II. Ebenda. Bd. 66. S. 473 (1898); Chem. Zentralbl. 1899, Bd. I, S.5. — @. A. Hulett, Schmelzpunkterhöhung durch Druck. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd.28, S. 662 (1899). — @. Tammann, Kristallisieren und Schmelzen. Ein Beitrag zur Lehre der Änderungen des Aggregatzustandes. Leipzig (J. A. Barth) 1903. — F. Körber, Schmelzkurven stabiler und instabiler Kristallformen. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 82, S.45 (1913). 5) Siehe: 0. Lehmann, Flüssige Kristalle, sowie Plastizität von Kristallen im all- gemeinen. Molekulare Umlagerungen und Aggregatzustandsänderungen. Leipzig (W. Engel- mann) 1904. — R. Schenck, Kristallinische Flüssigkeiten und flüssige Kristalle. Leipzig (W. Engelmann) 1905. — ©. Lehmann, Flüssige Kristalle und die Theorien des Lebens. Vortrag. Leipzig (J. A. Barth) 1906. 422 Richard Kempf. Gelegentlich läßt sich der Schmelzpunkt einer Substanz nach der thermischen Methode bestimmen, d.h. durch Beobachtung der Wärme- absorption, die im Augenblick des Schmelzens eintritt (latente Schmelz- wärme).) — Beim Zuschmelzen der Kapillarröhrchen für die gewöhnliche Art der Schmelzpunktsbestimmung ist darauf zu achten, daß keine Feuchtigkeit aus den Flammengasen in das Innere des Röhrchens hineingelangt. Man schmilzt es am zweckmäßigsten, indem man es in der Mitte erhitzt, durch Ausziehen zu, nicht durch direktes Erhitzen des offenen Endes in der Flamme. Ehe man das mit einer unbekannten Substanz beschickte Kapillar- röhrchen im Flüssigkeitsbade erhitzt, ist es ratsam, sich darüber zu ver- gewissern, ob das Material nicht etwa explosiv ist. Es ist vorgekommen, daß das Schmelzpunktsröhrchen unter Detonation der Substanz aus dem Bade herausgeschleudert, die Heizflüssigkeit (z. B. heiße Schwefelsäure) umhergespritzt und sogar der Heizbecher glatt durchschlagen wurde.?) — Bezüglich der Möglichkeit, durch die Bestimmung des Gefrierpunktes mancher Handelsflüssigkeiten, wie Milch, Essigsäure, einen sicheren An- halt über deren Zusammensetzung zu gewinnen, sei auf die Literatur ver- wiesen), ebenso auf die Beziehungen zwischen Schmelzpunkt und chemi- scher Konstitution. *) 2. Schmelzpunktbestimmungsapparate. (Vel. S. 208— 214.) a) Apparate für allgemeine Zwecke. Nach dem Deutschen Arzneibuch°) wendet man zweckmäßig bei allen Stoffen, außer bei Fetten und fettähnlichem Material, den folgenden Appa- rat, der dem von @Gräbe vorgeschlagenen sehr ähnlich ist (vgl. Bd. I, Fig. 388, S. 211), für Schmelzpunktbestimmungen an. Man setzt ein Pro- bierrohr von etwa 15 mm Weite und 30 cm Länge in einen Rundkolben ein, dessen Hals etwa 3 cm weit und etwa 20 cm lang ist, und dessen Kugel einen Rauminhalt von etwa SO—100 cm? hat. Die Kugel beschickt man mit so viel Schwefelsäure, dal) diese nach dem Einbringen des Pro- 1!) Siehe z. B.: C. Doelter, 1. c. S. 796. *) Siehe z. B.: Eng. Bamberger, Über Cazeneures Diphenylcarbodiazon und das Di- phenylearbazon. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 4, S. 3749. Fußnote 1 (1911). °®) Vgl.: A. Silvermann, Die Erniedrigung des Gefrierpunktes von Essig als Kon- trolle seiner Zusammensetzung. Chem.-Zeitg. Bd. 35. S.43 (1911). — A. Lam, Gefrier- punktsbestimmung der Milch. Chem. Weckblad. Bd. 11, S. 84 (1914). — M. €. Dekhuyzen, Dasselbe. Ebenda, S. 91: Chem. Zentralbl. 1914, Bd.I. S. 1118. *) Siehe z.B.: S. Smiles, Chemische Konstitution und physikalische Eigenschaften. Übersetzt von P. Krassa, bearbeitet und herausgegeben von ©. Herzog, Dresden und Leipzig (Th. Steinkopf) 1914, S. 177ff. °) Deutsches Arzneibuch. 5. Ausgabe. Berlin (R. v. Deckers Verlag) 1910, S.XXX. — Vgl. auch: M. Claasz, Die Prüfungsmethoden des Deutschen Arzneibuches. Leipzig (0. Spamer) 1913, S. 6. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik*“. 423 bierrohres etwa zwei Drittel des Halses ausfüllt; das Probierrohr beschickt man ebenfalls mit Schwefelsäure, und zwar mit einer etwa 5 cm hohen Schicht. Von der Substanz wird in der üblichen Weise in ein Kapillar- röhrchen von höchstens 1 mm lichter Weite soviel eingefüllt, daß sich nach dem Zusammenrütteln eine auf dem Boden des Röhrchens 2 bis höchstens 3 mm hoch stehende Schicht bildet. Das Doppelbad wird ohne Verwendung eines Drahtnetzes erwärmt und die Temperatur von 10° unterhalb des zu erwartenden Schmelz- punktes ab so langsam gesteigert, daß zur Tem- peraturerhöhung um 1° mindestens !/, Minute erforderlich ist. Die Temperatur, bei der die undurchsichtige Sub- stanz durchsichtig wird und zu durchsichtigen Tröpfchen zusammen- fließt, istalsder Schmelz- punkt anzusehen. Einen sorgfältig durchkonstruierten Schmelzpunktbestim- mungsapparatgabLand- siedl!) an (Fig. 174). Die Vorrichtung ge- stattet, ebenso wie die Apparate von Roth, Houben u. A.. die direkte Ablesung des korri- gierten Schmelzpunk- tes. Die Badflüssigkeit ist durch ein Chlorkal- ziumrohr vor der Feuch- tigkeit der Außenluft geschützt. Zur Einfüh- rung und zum Fest- halten der Kapillarröhr- chen, die eine oben trichterfömig erweiterte Mündung haben, dient eine ungefähr 4 mm weite Glasröhre, die knapp an dem Thermometer anliegt. oben aus dem Kolbenhals herausragt und unten, wo sie etwas abgeschrägt und bis auf eine Öffnung von etwa 2 mm Weite zugeschmolzen ist, bis an die Thermometerkugel reicht. Man läßt das Kapillarröhrchen von oben her Schmelzpunktbestimmungsapparat nach Landsiedl. ) 4. Landsiedl, Zur Schmelzpunktbestimmung. Chem.-Zeitg. Bd. 29, S. 765 (1905). 494 Richard Kempf. durch die Glasröhre hineingleiten. Es bleibt mit seinem oberen erweiterten Ende darinnen hängen und zwar infolge der schrägen Stellung der Öffnung in einer zu der Thermometerkugel geneigten Lage. Die richtige Einstellung erfolgt weiterhin durch Verschieben und Drehen des Glasrohrs. Die Ein- richtung hat den großen Vorteil, daß man in bequemster Weise die Sub- stanz in das passend vorgeheizte Bad einzubringen vermag, eine Mög- lichkeit, die besonders bei zersetzlichem Material praktisch sehr wichtig ist. /weckmäßig sind auch Schmelzpunktkolben, die außer dem langen, zur Aufnahme des Thermometers bestimmten Halse oben noch zwei kurze Fig.175. Fig. 176. um | || | al ET ee Schmelzpunktbestimmungsapparat nach Holleman, Hartogs und van der Linden. Tuben tragen, durch die man die Kapillarröhrchen mit der Substanz so einführt, dab sie sich mit ihrem I unteren Ende an der Quecksilberkugel Schmelzpunktbestimmungsapparat nach Anthes.. des Thermometers schräg anlehnen.!) Eine Kombination eines derartigen Apparates mit dem Thieleschen Schmelzpunktskolben (vgl. Bd. I, S. 212) empfahl Anthes®) (Fig. 175). Als sicherer Stützpunkt für die Schmelzpunkts- röhrchen ist hier noch ein neben dem Thermometer angebrachter und unten zum Ring gebogener, die Thermometerkugel konzentrisch umgebender Glasstab angebracht. Denselben Apparat gaben schon früher Apitzsch und Schulze?) an. ‘) Vgl. hierzu: M. Busch, Zuschrift a. d. Redakt. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S.337 (1912). °) E. Anthes, Schmelzpunktbestimmungsapparat. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1375 (1911). — M. Busch, ]. e. ®) Vgl.: H. Apitzsch, Zuschrift a..d. Redakt. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 71 (1912). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 425 Zur schnellen und genauen Bestimmung der Erstarrungspunkte der drei isomeren Nitraniline, sowie ihrer Mischungen erwies sich ein Apparat als sehr geeignet, der nach dem Vorbild des Olbergschen Schmelzpunkt- apparats (vgl. Bd. I, S. 212, Fig. 589) konstruiert wurde (Fig. 176). Mit Hilfe dieser Vorrichtung betrugen die Fehler bei der Bestimmung der Er- starrungspunkte nur etwa 0'1—0'2°, und auf Grund der so erhaltenen Schmelzkurven konnte die Zusammensetzung von (semengen der drei Nitrani- line quantitativ bestimmt werden.!) — Etwas umständlich zwar, aber im Interesse einer zuverlässigen Schmelzpunktbestimmung unbedingt zu empfehlen ist die Durchmischung der Badflüssigkeit mit Hilfe eines mechani- schen Rührers, den man entweder mit der Hand oder mit einem kleinen Motor betreibt. Einen praktischen Schmelzpunktbestimmungs- apparat für Handbetrieb gab Matton?) an (Fig. 177). Die Kolbeneinrichtung mit dem doppelten Flüssigkeitsbade ähnelt dem Gräbe- schen Apparat, jedoch schließt das Einsatz- rohr die Kugel des Kolbens gegen den Hals hin ab, und zum Druckausgleich für die erwärmte Luft, sowie als Abzugskanal für die bei hoher Temperatur etwa auftretenden Schwefelsäuredämpfe dient ein besonderes, enges Seitenrohr, durch das auch zugleich die Führung des Rührers hindurchgeht. Ein Vorzug des Apparates besteht darin, daß bei hoher Temperatur die Schwefelsäuredämpfe nicht die Ablesung des Thermometers er- schweren können, und daß die Schwefelsäure, die ja mit der Außenluft nur durch einen ganz engen und langen Kanal in Verbindung —— steht, nicht leicht Wasser anzieht. Die Vor- Sehmelzpunktbeimmnngsapparat richtung bewährt sich daher namentlich auch für Schmelzpunktsbestimmungen an hochschmelzenden Substanzen; mit Schwefelsäure beschickt. ist sie bis über 300° brauchbar. Auch der von Seidell 3) beschriebene Schmelzpunktbestimmungsappa- rat, eine Verbesserung des von Menge +) angegebenen Apparates, bürgt für 1) A. F. Holleman, J. C. Hartogs und T. ran der Linden, (Juantitative Unter- suchungen über die Nitrierung des Anilins. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 44, S.705 (1911). 2) K. Matton, Neuer Schmelzpunktbestimmungsapparat. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd.23, S. 557 (1910). ®) A. Seidell, Praktische Verbesserung eines Schmelzpunktbestimmungsapparates. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 33, p. 83 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 165 (1911). *) G. A. Menge, Studien über Schmelzpunktbestimmungen. Treasure Department Publ. Health and Marine-Hosp. Serv. U. St. Hygienie Laboratory, Bull. Nr. 70. Washing- ton, Oktober 1910; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 145 (1911). 426 Richard Kempf. zuverlässige Resultate. Die Durchmischung der Badflüssigkeit besorgt hier ein von einer Wasserturbine mittelst eines exzentrischen Rades betrie- bener Rührer, dessen unteres, ringförmig gebogenes Ende, wie der Rühr- stab in dem Apparat von Matton, eine vertikal hin- und hergehende Be- wegung ausführt. Eine ähnliche Rührvorrichtung, die wenig Raum beansprucht und recht praktisch zu sein scheint, gab Böiesenberger !) an (Fig. 178). Der Rühr- antrieb besteht, wie in der Abbildung ersichtlich, aus einem zu seiner Achse unter einem bestimmten Winkel geneigten Kreisring, der, durch die Turbine in drehende Bewegung gesetzt, mit seinem vertikal auf- und nieder- Schmelzpunktbestimmungsapparat nach Stoltzenberg. ee ae steigenden Rand den Rührer betätigt. Dessen Hubhöhe ist abhängig von dem Neigungswinkel des Ringes: je schiefer man diesen eingestellt hat, um so höher wird der Rührer bei jeder Umdrehung emporgehoben. Eine eigenartige Rührmethode, die das Prinzip der Winklerschen Absorptionsschlange (vgl. oben, S. 402) benützt, gab Stoltzenberg:) für Schmelzpunktkolben an (Fig. 179). Die Heizflüssigkeit wird durch Gas- blasen in Kreislauf versetzt, die durch das mittelste enge Rohr unten in !) Vgl.: Warmbrunn, Quilitz & Co., Neues Rührwerk nach Biesenberger. Im Laboratorium. Bd. 2, S. 295 (1913). °) H. Stoltzenberg, Schmelzpunktbestimmungsapparat. (Auch zu benutzen zur Lös- lichkeitsbestimmung kleiner Substanzmengen.) Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Bd. 42, S. 4322 (1909). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 427 die Heizschlange eintreten und stets eine gewisse Flüssigkeitsmenge vor sich hertreiben. Durch das obere schräg abfallende Verbindungsrohr strömt die Flüssigkeit wieder in das Beobachtungsrohr zurück, während die Gas- blasen in der mit Blasenstecher versehenen kugelförmigen Erweiterung platzen. Als treibendes Gas verwendet man am besten Kohlendioxyd aus einem Äöppschen Apparat unter Zwischenschaltung einer Schwefel- säure-Waschflasche. Über einen ähnlichen Apparat zur Bestimmung der Erstarrungspunkte von Flüssigkeiten siehe unten (8.430 u. Fig. 181, 5.429). Löwes elektrische Methode der Schmelzpunktbestimmung (vgl. Bd. I, S. 215) wurde von Fabinyi :) weiter ausgebaut und zur Bestimmung des Molekulargewichtes organischer Verbindungen angewendet. — Einen Apparat, der gestattet, genaue Schmelzpunktbestimmungen mit sehr geringen Substanzmengen unter dem Mikroskop auszuführen, gab Weber:) an (Fig. 180). Der aus einem kompakten Aluminiumblock bestehende Heizmikroskopiertisch ermöglicht, mi- kroskopische Präparate, z. B. winzige Kriställchen, bis auf 250° zu erhitzen und sie dabei gleichzeitig mit 60- bis 100facher Vergrößerung zu beobachten. Die Größenverhältnisse und dieLage der vier Thermometer sind so gewählt, daß der Mittelwert der Temperaturen der des Präparates entspricht. Eine wasser- durchflossene Kühlvorrichtung schützt das Objektiv vor zu großer Hitze, und eine Asbestunterlage sowie eine Glas- platte halten die Wärme von dem Heizbarer Mikroskopiertisch nach Weber. unteren Teile des Mikroskops ab. Bei dem von Oram :) vorgeschlagenen Heizmikroskop geschieht die Heizung auf elektrischem Wege. Von einem gewöhnlichen Mikroskop mit hundertfacher Vergrößerung wird das Diaphragma entfernt und unter dem Tisch ein 24cm langes Messingrohr von 3'1 cm Durchmesser mittelst Klammern befestigt. Außen wird dieses als kleiner Ofen dienende Rohr mit einem elektrischen Widerstandsdraht +) umwickelt, der zur Isolation mit Bakelite imprägniert ist. Man erreicht so beispielsweise mit einem Strom von 0'6 Ampere Temperaturen von 64°, mit 0°95 Ampere 153°, ‘ !) F. R. Fabinyi, Apparat zur Bestimmung des Schmelzpunktes und des Mole- kulargewichtes organischer Verbindungen. Chem.-Zeitg. Bd. 35. S. 1099 (1911). 2) H. Weber, Heizbarer Mikroskopiertisch für Erwärmung bis 250°. Deutsche med. Wochenschr. 1912, S. 167. 5) P. Cram, Bestimmung von Schmelzpunkten mit Hilfe des Mikroskops. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 34, p. 954 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 589 (1912). #) Niekelin, Manganin, Constantan, Niekel-Chrom („Hoskins Widerstandsdraht“) oder dgl.; vgl. dieses Handb. Bd. I, S.54 und Bd. VI, S. 691. 428 Richard Kempf. mit 1'25 Ampere über 200° usf. Bezüglich der Versuchsanordnung im ein- zelnen sei auf die Originalarbeit verwiesen. Das von Burgess!) angegebene Heizmikroskop ist durch Einbau einer Glühlampe zugleich als Zolborn-Kurlbaum-Pyrometer ausgestaltet. Auf einem elektrisch erhitzten Platinband werden die Substanzen zum Schmelzen ge- bracht. Mit der Vorrichtung ist es möglich, an Material von wenigen Hundertstel Milligrammen den Schmelzpunkt auf 1—2° genau zu bestimmen. Ebenfalls elektrische Heizung empfahl Pratt?) als sehr zweckmäßig bei Benützung eines .J. Thieleschen Schmelzpunktapparates (vgl. Bd. I, S.212). Man umwickelt den untersten Teil des seitlichen Armes mit feinem Man- sanin- oder Nickelchromdraht, bekleidet den ganzen Seitenarm mit Asbest und reguliert den elektrischen Strom mit Hilfe eines Vorschaltwiderstandes. Man erzielt so einen außerordentlich gleichmäßigen Temperaturanstieg. b) Apparate für extrem hohe oder niedrige Temperaturen. +) Schmelzpunktbestimmung bei sehr hohen Temperaturen. Ein Schmelzpunktbestimmungsapparat für hohe Temperaturen, der sich leicht und billig beschaffen läßt, gab Schwinger ?) an. Als Heizquelle dient ein Bunsenbrenner, auf dessen Brennerrohr mittelst eines soge- nannten „Auerlicht-Sparbrenners“ ein Lampenzylinder aus Jenaer Glas an- gebracht wird. In den Zylinder, der ein außerordentlich leicht regulierbares Luftbad darstellt, wird ein 18—20 cm langes, nicht allzu dünnwandiges veagenzrohr eingesenkt und mit einem geschmolzenen äquimolekularen Gemisch von Kali- und Natronsalpeter (Schmp. = etwa 220°) bis zu pas- sender Höhe beschickt. Wird die Salpeterschicht so hoch gewählt, daß sich der Quecksilberfaden eines abgekürzten Thermometers ganz darin be- findet, so erhält man ohne weiteres korrigierte Schmelzpunkte. Tempera- turen von 550° sind in dem Salpeterbad leicht zu erreichen. Als eine andere einfache Methode zur Bestimmung hoher Schmelz- punkte empfahl Havas *), gewöhnliches Weichlot in einem Porzellan- oder Nickeltiegel zu schmelzen, eine Probe der Substanz auf die Metallober- fläche zu legen und das Bad allmählich so hoch zu erhitzen, bis die Sub- stanz schmilzt. Während Quecksilber als Badfüllung oberhalb 180—200° nicht mehr brauchbar ist, läßt sich Weichlot bequem bis 450° benützen. Von noch allgemeinerer Anwendbarkeit dürfte für diese Zwecke das be- reits bei 71° schmelzende Woodsche Metall sein (vgl. Bd. 1, S.78u. 215). ') @. K. Burgess, Ein Mikropyrometer. Physik. Zeitschr. Bd.14, S. 158 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 38, Rep. S. 33 (1914). °) D.S. Pratt, Ein neuer Schmelzpunktbestimmungsapparat. Journ. of Ind. and Engin. Chem. Vol. 4, p. 47 (1912); Chem.-Zeitge. Bd. 36, Rep. S. 193 (1912) und Chem. Zentralbl. 1912, Bd. TI, S. 1349. ?) E. Schwinger, Ein Schmelzpunktbestimmungsapparat für hohe Temperaturen. Wiener Monatsh. f. Chem. Bd. 34, S. 977 (1913). *) E. Havas, Eine einfache Schmelzpunktbestimmungsmethode für hochschmel- zende Substanzen. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1438 (1912). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 429 Eine etwas abgeänderte Form des 7. Thieleschen Kupferklotzes (vgl. Bd. I, S. 213) empfahl Derlin.) Der Kupferklotz ist um etwa 1!/, cm ge- kürzt, um das Bad auch für tieferliegende Temperaturgrade abgekürzter Thermometer verwendbar zu machen. Ferner ist eine verstellbare Lauf- schiene für den Brenner und eine Führung für die mit Schornstein ver- sehene Flamme vorgesehen. Ähnlich dem Bloc Maquenne und dem Thieleschen Kupferklotz ist eine Vorrichtung, die Bjerregaard?) zur Bestimmung des Schmelzpunktes von unscharf schmelzenden Substanzen, z. BD. von Asphalt und den Petroleumdestilla- tionsrückständen, vorschlug. Fig.181. Über das Heizmikroskop Doelters für höhere Temperaturen berichtete eingehend Kittl.>) —n nach d I a ß) Schmelzpunktbestimmung bei sehr tiefen 7 demkKipp’schen ö EEE Apparat. Temperaturen. | il Bequeme Apparate, die gestatten, extrem i niedrige Schmelzpunkte, also z. B. die Er- M starrungspunkte von Flüssigkeiten, zu be- stimmen, sind vergleichsweise selten vorge- schlagen worden. Zur Bestimmung von Schmelz- punkten, die nicht allzu tief unter 0° liegen, benützt man zweckmäßig die üblichen Apparate, mit denen man zwecks Molekulargewichtsbe- stimmung die Gefrierpunktserniedrigung von Lösungen mißt, z. B. den Beckmannschen Gefrier- punktbestimmungsapparat (vgl. Bd. I. S. 501). Man braucht nur an die Stelle des Beckmann- schen ein genaues gewöhnliches Thermometer "retaunem nie tina» esapparat zu Setzen und das äußere (Gefäß mit einem passenden Kühlmittel (vgl. darüber Bd. 1, S. 47) zu beschicken, um den Apparat für die Bestimmung niedriger Schmelz- punkte verwerten zu können. IE = gu! N 0, IN —ı z BT t) L. Derlin, Schmelz- und Siedepunkt. Apoth.-Zeitg. Bd. 25, 8.433 (1910); Chem. Zentralbl. 1910, Bd. II, S. 277. °) A. P. Bjerregaard, Ein Apparat zur Bestimmung des Schmelzpunktes von Sub- stanzen, die unscharf schmelzen. Journ. of Ind. and Engin. Chem. Vol.5, p. 938 (1913); Chem. Zentralbl. 1914, Bd.1, S.1. ») E. Kittl, Einiges über Untersuchungsmethoden bei höheren Temperaturen und das Heizmikroskop. Österr. Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen. Bd. 61, S. 745 (1913); Chem. Zentralbl. 1914, Bd.I, S.513. — Am Schluß dieser Arbeit findet sich eine Zu- sammenstellung der Literatur über Heizmikroskope. 450 Richard Kempf. Handelt es sich um so niedrige Schmelzpunkte, dal es der zuerst von Kraft‘) vorgeschlagenen Anwendung verflüssigter Gase als Kühlmittel bedarf, so versagt diese Apparatur. Man kann dann eine von Stoltzen- berg?) angegebene Vorrichtung (vgl. auch oben, S. 426) benützen (Fig. 181). Die Badflüssigkeit — Pentan oder eine andere sehr tief erstarrende Flüs- sigkeit — wird mit Hilfe eines unten durch eine Düse in den Apparat eintretenden Wasserstoffstromes in dauernder Zirkulation gehalten und durch Einsenken der Spirale in ein Kühlmittel langsam bis zu passender Tiefe abgekühlt. Zur Bestimmung von Schmelzpunkten bis zu — 60° ge- nügt eine Kohlendioxyd-Äthermischung, für tiefere Schmelzpunkte benützt man flüssige Luft. Die Substanz wird, wie üblich, in ein Kapillarröhrchen eingebr’acht und dieses am Thermometer befestigt. ec) Apparatur für Schmelzpunktbestimmungen spezieller Art. +) Bestimmung des Schmelzpunktes von Fetten. Zur Bestimmung des Schmelzpunktes der Fette und fettähnlicher Stoffe) wird nach dem Deutschen Arzneibuch +) das geschmolzene Fett in ein an beiden Enden offenes, dünnwandiges, U-förmig gebogenes Glas- röhrchen von 1/;—1 mm lichter Weite aufgesaugt, so daß die Fettschicht in beiden Schenkeln gleich hoch steht. Man läßt dann das mit dem Fett beschickte Glasröhrehen 2 Stunden lang auf Eis oder 24 Stunden lang bei 10° liegen, um das Fett völlig zum Erstarren zu bringen, befestigt es an einem geeigneten Thermometer derart, daß sich das Fettsäulchen in gleicher Höhe mit der Thermometerkugel befindet, bringt das Ganze in ein etwa 53cm weites, mit gleichen Teilen Glyzerin und Wasser beschicktes heagenzrohr und erwärmt allmählich. Die Temperatur, bei der das Fett- säulchen vollkommen klar und durchsichtig geworden ist, wird als der Schmelzpunkt angesehen. Eine elektrische Schmelzpunktbestimmung für Fette schlug ». Lieber- mann?) vor. In eine U-Röhre bringt man zunächst etwas Quecksilber und ') F. Krafft, Über neunzehn höhere Normalparaffine Un H,;n +2 und ein ein- faches Volumgesetz für den tropfbar flüssigen Zustand. I. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Bd. 15, S. 1694 (1882). °) H. Stoltzenberg, Die Schmelzpunktbestimmung bei tiefen Temperaturen als Kennzeichen für die Reinheit und den Nachweis von leicht zersetzlichen Körpern und Gasen. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 66 (1910). °) Vgl. darüber z.B.: J. Marcusson, Fette, fette Öle und Wachse, sowie techni- sche Umwandlungsprodukte der Ole, Fette und Wachse. Handbuch „Das Materialprü- fungswesen“ von F. W. Hinrichsen. Stuttgart (F. Enke) 1913, 8. 418. — @. Lunge und E. Berl, Chemisch-technische Untersuchungsmethoden. Bd. III, S. 649 u. 662, 6. Aufl., 1911, Berlin (Jul. Springer). *) Deutsches Arzneibuch, 5. Ausgabe. Berlin (R. v. Deckers Verlag) 1910, S.XXXI. — Vgl. auch: M. Claasz, Die Prüfungsmethoden des Deutschen Arzneibuches. Leipzig (0. Spamer) 1913, S. 7/8. 9) L.v. Liebermann, Apparat zur Bestimmung des Schmelzpunktes von Fetten. Zeitschr. f. Unters. der Nahrungs- und Genußmittel. Bd. 22, S. 294 (1911); Chem.-Zeitg., Bd. 35, Rep. S. 603 (1911). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 431 dann in den einen Schenkel das geschmolzene Fett und läßt es erstarren. Darauf führt man in beide Schenkel je einen Pol eines Stromkreises, der mit einem elektrischen Läutewerk verbunden ist, in Form von Platin- drähten ein, und zwar so, daß der eine Draht im Fett kurz oberhalb der Quecksilberschicht endigt, der andere in das Quecksilber eintaucht. Auf das erstarrte Fett gibt man noch etwas Quecksilber und erwärmt das U- Röhrchen in einem Flüssigkeitsbad in der üblichen Weise. Beim Schmelzen des Fettes fällt das oben befindliche Quecksilber durch das Fett hindurch, schließt dadurch den Stromkreis, und die Klingel ertönt. Die jetzt abge- lesene Temperatur bezeichnet den Beginn des Schmelzens, das dann bald eintretende Temperaturmaximum, das sich einige Zeit hält, den höchsten Schmelzpunkt. Bezüglich anderer Methoden der Bestimmung des Schmelzpunktes von Fetten sei auf die Literatur verwiesen), ebenso bezüglich der Bedeu- tung der Schmelzpunktsdifferenz in der Fettanalyse.?) 5) Bestimmung des Schmelzpunktes von Gelatinegallerten und des Erweichungspunktes von Pech. Eine zuverlässige Methode zur Schmelzpunktbestimmung von Gela- tinegallerten bekannten Gehaltes arbeitete Herold®) aus, der die fol- sende Versuchsanordnung als die zweckmäßigste und zuverlässigste empfahl. Man beschickt ein unten geschlossenes Glasrohr, das mit etwa 1 mm Spielraum über den unteren Teil eines in 0'1° geteilten Thermometers paßt, mit der flüssigen Gallerte, läßt diese erstarren, befestigt das Ther- mometer samt anhängendem Glasrohr in einem Reagenzglase als Luftbad und hängt das Ganze mit dem unteren Teil in warmes Wasser. Der Tem- peraturanstieg betrage in der Minute etwa 1°. Als Schmelzpunkt wird die Temperatur angesehen, bei der die Kohäsion der Gallerte aufhört und in- folgedessen das mit der Gallerte gefüllte Glasrohr anfängt zu sinken. Die Angaben sind zuverlässig bei Gallerten von 5—26°/, Gehalt. Es ist zweck- mäßig, nicht ein unten zugeschmolzenes, sondern nur provisorisch mittelst Glasperle, Quecksilber und einem Stückchen Gummischlauch verschlossenes !) Siehe z.B.: H. W. Mahr, Bestimmung des Schmelzpunktes von technischem Fett mit Hilfe des Viskosimeters des New-Yorker Städtischen Gesundheitsamtes. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol.5, p.674 (1913); Chem.-Zeitg. Bd.37, Rep. S.642 (1913). — R. Meldrum, Erstarrungs- und Schmelzpunkte von Mischungen von Stearin- und Ölsäure. Chem. News. Vol. 108, p. 199 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 2108. — Der- selbe, Schmelzpunktsbestimmung nach der Kugelthermometermethode. Ebenda S. 223; Chem. Zentralbl. 1914, Bd. I, S. 493. 2) Vgl. z. B.: A. Bömer, Beiträge zur Kenntnis der Glyzeride der Fette und Öle. VIH. Weitere Anwendungen der Schmelzpunktsdifferenz in der Fettanalyse. Zeitschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm. Bd. 27, S. 153 (1914). 3) J. Herold jun., Die Bewertung der Gelatine durch Schmelzpunktbestimmungen von Gallerten bekannten Gehaltes. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 203 (1910). — Derselbe, Zur Analyse der Gelatine. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 93 (1911). 432 Richard Kempf. (Hlasröhrchen als Aufnahmegefäß für die Gallerte zu verwenden und den Verschluß vor dem Einhängen des Thermometers in das Luftbad zu ent- fernen. Dadurch wird erreicht, daß der Boden des Gläschens frei von (Gallerte ist und der äußere Luftdruck nicht das Absinken des Röhrchens verhindern kann. Einen derartigen Apparat stellt Fig. 182 dar. — Zur Bestimmung des Erweichungspunktes von Pech wendet man — in ähnlicher Weise, wie bei der elektrischen Schmelzpunktbestimmung für Fette nach v. Liebermann (siehe oben) — ein Glas- röhrchen an, in das man das geschmolzene und Fig. 182. dann wieder zum Erstarren gebrachte Pech und darüber etwas Quecksilber einfüllt. Das Ganze wird in einem doppelten Flüssiekeitsbade in der üblichen Weise erhitzt, so daß die Temperatur in der Minute ungefähr um 1° steigt. Die Tempe- ratur, bei der das Quecksilber die Pechschicht durehbricht, gilt als Erweichungspunkt des Pechs. !) Die von French?) vorgeschlagene Methode der Bestimmung des Schmelzpunktes von Pechen sei hier nur erwähnt. y) Bestimmung des Erweichungspunktes von Silikatgläsern. Zur Ermittlung der Erweichungspunkte von Silikatgläsern haben Deck ‚und Stegmüller >) eine elegante Arbeitsmethode angegeben. Diese beruht darauf, daß lose zusammengehäufte Glas- schmeizpunktbestimmung von körner im Augenblick des Zusammenfließens plötz- Gelatine nachif/eronz, lich den elektrischen Strom leiten, ein Vorgang, der durch ein eingeschaltetes Mebinstrument scharf zu beobachten ist. Das zu kleinen Körnern zerstoßene Glas befindet sich in einem Porzellantiegel, der in einen kleinen, mit Asbestplatten gut verschlossenen elektrischen Tiegelofen nach Heräus (vgl. Bd.1, S. 71) eingesetzt ist. In die lockere (Glasmasse sind zwei dicke Metalldrähte als Elektroden sowie ein durch ein Marquardtrohr geschütztes Thermoelement eingeführt. Man erhält mit dieser Apparatur bei verschiedenen Gläsern als Vergleichstemperatur diejenige, bei welcher der gleiche Grad von Zähigkeit besteht. Gläser (starre Flüssig- ') Siehe: M. Klinger, Bestimmung des Erweichungspunktes von Pech. Chem.- Zeitg. Bd. 38, S.63 (1914). — V. Abeles, Dasselbe. Ebenda S. 249. °) H.F. French, Eine neue Methode zur Bestimmung des Schmelzpunktes von Pechen. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 3, p. 907 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. 8.173 (1912). >) K. Beck, Über ein Verfahren zur Bestimmung der Erweichungspunkte von Silikatgläsern. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 848 (1911) und Chem.-Ztg. Bd. 35, S. 613 (1911). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 433 keiten) besitzen keinen eigentlichen Schmelzpunkt, sondern werden beim Erhitzen allmählich weich und schließlich flüssig.) Fig. 184. d) Thermometer für Schmelzpunktbestimmungen. In manchen Fällen, z. B. bei der Bestimmung des Schmelzpunktes von Paraffinen, kann die Form des Queck- silbergefäßes der benützten Thermo- Fig. 183. meter das Messungsergebnis beein- flussen. Um vergleichbare Resultate zu erzielen. wurde vorgeschlagen, für die Schmelzpunktbestimmung nach Pohl ausschließlich Thermometer mit kugelförmigem Quecksilbergefäh zu verwenden. ?) Von mehreren Seiten wurden Vorschläge gemacht, die bezwecken, das Anlegen und Befestigen der Schmelz- punktröhrchen am Quecksilberthermo- meter einfacher und sicherer zu ge- stalten, als dies bisher der Fall war. Bredt?) schlug ein Thermometer vor, dessen Schaft oberhalb der Kugel etwas aufgeblasen ist und an dieser Stelle vier Glasrinnen trägt, in die man die Kapillarröhrchen einbettet (Fig. 183). Das Haften der Röhrchen ertolgt in Flüssigkeitsbädern (konzentrierte Schwefelsäure oder Paraffin) durch Adhäsion, im Luftbade durch Um- wicklung mit einem dünnen Platin- ee draht. Weyl*); gab ein Thermometer apparat nach Brett. an, das oberhalb der Kugel mit einem Wulst versehen ist und auf diesem !) Vgl. über die Schmelzpunkte von amorphen Körpern im allgemeinen und von Silikaten im besonderen auch ferner: W. Nernst, C. Doelter, G. Tammann, A. Stock, Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 799—800 (1911). — E. Dittler, ebenda. Bd. 18. S. 281 (1912). — ee Be ebenda. Bd. 18, 8.282. (1912). — Vol. ferner: Über die Be nn ann Tan. stimmung der Schmelztemperatur von Silikaten. Keram. Rundschau. Bd. 21, S. 327 (1913); Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 27, Rep. S.19 (1914). ?) A. Halla, Zur Pohlschen Methode der Schmelzpunktbestimmung. Österr. Chem.- Zeitg. Bd. 13, 8.29 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 121 (1910). — Vgl. auch: R. Meldrum, ]. e. ®) J. Bredt, ‘Thermometer zur Schmelzpunktbestimmung. Chem.-Zeite. Bd. 34. S. 221 (1910). I ee *) Th. Weyl, Einfacher Apparat zur Bestimmung des Schmelzpunktes. Chem.- Zeitg. Bd. 34, S. 488 (1910). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. a ur engere 8 454 Richard Kempf. eine gläserne Hülse mit Ösen zur Aufnahme der Schmelzpunktsröhrchen trägt (Fig. 134). Die von Kühn!) vorgeschlagenen Thermometer tragen neben der gewöhnlichen Skala, die voraussetzt, daß sich der Quecksilberfaden ganz auf der zu messenden Temperatur befindet, eine zweite Korrekturteilung für verschiedene Eintauchtiefen des Quecksilberfadens. Derartige Thermo- meter gestatten also den korrigierten Schmelzpunkt direkt abzulesen, ohne daß eine Umrechnung wegen des herausragenden Fadens notwendig wäre. Natürlich hat solche Korrekturskala für bestimmte Eintauchtiefen nur für eine ganz bestimmte Apparatur und eine ganz bestimmte Temperatur des Arbeitsraums Gültigkeit. — Sehr zweckmäßig scheint der von Wheeler?) angegebene Satz von 7 Quecksilberthermometern (mit einem Meßbereich von je 50°) für die Schmelzpunktbestimmung zu sein. Die einzelnen Thermometer sind 20 cm lang, so dal) man sie bequem in den gewöhnlichen, langhalsigen Schmelz- punktkolben befestigen kann, haben aber nur eine 35 mm lange Skala, so daß der Quecksilberfaden stets fast ganz in das Bad eintaucht. Die Kugeln der Thermometer sind ziemlich klein. Über ihnen befindet sich eine Ein- schnürung zur bequemeren Befestigung der Kapillarröhrchen. II. Siedepunktsbestimmung. (Vgl. Bd. I, S. 214—215.) 1. Allgemeines. Man kann den Dampfdruck einer Substanz entweder nach der dyna- mischen oder nach der statischen Methode bestimmen. Im ersteren Falle mißt man den Siedepunkt bei einem bestimmten Luftdruck, im anderen Falle den Druck der Substanz bei einer bestimmten Tempe- ratur. Es ist klar, daß man nach beiden Verfahren die zu verschiedenen Drucken gehörenden Siedepunkte erhält. Der größeren Einfachheit halber wendet man für die Siedepunktsbestimmungen meistens die dynamische Methode an. Bei genauen Siedepunktsbestimmungen unter vermindertem Druck ist es notwendig, die Ausdehnung des Quecksilberbehälters durch den im Innern des Thermometers herrschenden Überdruck zu berück- sichtigen. ?) ') A. Kühn, Korrekturteilung für verschiedene Eintauchtiefen an Quecksilber- thermometern. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 373 (1911). ?) A. S. Wheeler, Neue Thermometer für Schmelzpunktbestimmungen. Journ. Amer. Chem. Soe. Vol. 34, p.1189 (1912); Zeitschr. f. Unters. der Nahr.- und Genußmittel. Bd. 26, S. 152 (1913) und Chem. Zentralbl. 1912, Bd. II, S. 1597. 3) 4. Smith und A. W.C. Menzies, Ein allgemeiner thermometrischer Fehler bei der Bestimmung von Siedepunkten unter vermindertem Druck. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 32, p. 905 (1910); Chem.-Zeitge. Bd. 34, Rep. S. 477 (1910). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 435 Bezüglich der Vermeidung von Druckdifferenzen bei Siedepunkts- bestimmungen zwischen dem Ort des Thermometers und des Manometers sei auf die Literatur verwiesen. !) Nach Krafft und Lohmann?) läßt sich der Einfluß der Schwere auf die Siedetemperatur direkt messen. Siedeversuche, die in verschiedenen Breitegraden angestellt wurden, ergaben, daß die Einwirkung der Schwer- kraft unter Umständen eine mehrere Zehntelgrade ausmachende Differenz in den Beobachtungen veranlassen kann. Bezüglich der Beziehungen zwischen Siedepunkten und chemischer Zusammensetzung‘) stellte Karl) fest, daß Monobromderivate organischer Verbindungen einen um etwa 24° höheren Siedepunkt besitzen als die entsprechenden Chlorverbindungen, und daß diese Differenz bei Dihalogen- körpern das Doppelte, bei Trihalogenkörpern das Dreifache beträgt. Auf Grund gewisser Regelmäßigkeiten, die sich bei der Beobachtung der Siedepunkte organischer Basen unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Molekularvolumens ergaben, zeigte Wolffenstein >), daß die Basizität des Stickstoffs eine direkte Größe dieser Verhältnisse vorstellt, und dab man infolgedessen daraus einen Rückschluß auf die Stärke der Basizität stickstoffhaltiger Substanzen machen kann. Die experimentellen Unter- suchungen betrafen Glieder der Piperidinreihe, so daß die Versuche für die Alkaloidehemie eine besondere Bedeutung haben. — Die Fadenkorrektion bei der Bestimmung des Siedepunktes von Mineralölen in gläsernen Englerkolben erreicht ganz außerordentlich hohe Beträge: abgelesene Siedetemperaturen von 60—320° müssen um 0'8—18°8° korrigiert werden. Bei den für zolltechnische Prüfungen vorgeschriebenen Metallkolben betrugen dagegen die notwendigen Korrekturen bei den ent- sprechenden Siedetemperaturen nur 0'2—11'9°%. Diese erheblichen Unter- schiede in den Korrekturbeträgen sind offenbar auf die bessere Wärme- leitung des Metallkolbens zurückzuführen. ®) !) Siehe z. B.: €. v. Rechenberg-Ch. J. Hansen, Über eine wenig beachtete Fehler- quelle bei Siedepunktsbestimmungen unter vermindertem Druck. Journ. f. prakt. Chem. (2), Bd. 79, S.475 und Bd. 80, S. 449 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 429 und 649 (1909). °) F.Krafft und D. Lohmann, Das Sieden als Überwindung der Schwere und die Siedepunktsbestimmung unter gewöhnlichem Druck. Journ. f. prakt. Chem. (2), Bd. 80, S. 469 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S.649 (1909). — Vgl. auch: F. Krajft, Das Sieden als Überwindung der Schwere und die Vakuumdestillation. Journ. f. prakt. Chem. (2), Bd. 80, S. 242 (1909). ®) Vgl. darüber z. B.: S. Smiles, Chemische Konstitution und physikalische Eigenschaften. Übersetzt von P. Krassa, bearbeitet und herausgegeben von 0. Herzog, Dresden u. Leipzig (Th. Steinkopf), 1914, S. 203 ff. *) J.C. Earl, Beziehungen zwischen Siedepunkten. Chem. News. Vol. 100, p. 245 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 649 (1909). °) R. Wolffenstein, Über den Zusammenhang zwischen der chemischen Konstitution und den Siedepunkten. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 26, Aufsatzteil S. 545 (1913). 6) H. F. Wiebe, Berücksichtigung der Fadenkorrektion bei der Temperaturbe- stimmung in den Mineralöl-Siedeapparaten. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1306 (1912). 28% 456 Richard Kempf. Bei der Bestimmung des Siedepunktes von Gemischen. z.B. von Rohpetroleum, ist im Auge zu behalten, dal) die Temperatur der siedenden Flüssigkeit wesentlich höher sein kann, als die der abziehenden Dämpfe. Die Temperatur der siedenden Flüssigkeit zeigt naturgemäß) um so weniger die Temperatur der abdestillierenden und als kondensierte Flüssigkeit bei der Destillationsanalyse gemessenen Dämpfe an, je mehr hochsiedende Kohlenwasserstoffe, wie z. B. im Leuchtpetroleum und noch mehr im Roh- petroleum, mit leichter siedenden gemischt sind. Die Tempera turdifferenzen können 60° und darüber betragen und sind bei Anwendung eines Metall- kolbens wesentlich niedriger als bei Anwendung eines Glaskolbens, weil Siedepunktbestimmungs- apparat nach Kablıkom, Solomonow und Gealine. in dem Halse des letzteren infolge der geringeren Wärmeleitfähigkeit des Glases eine bessere Dephlegmation der aufsteigenden Dämpfe stattfindet.') 2. Apparate zur Siedepunkt- J} bestimmung. Am einfachsten und zuverlässig- sten bestimmt man den Siedepunkt einer Flüssigkeit durch Destillation am absteigenden Kühler. Stehen jedoch nur geringe Substanzmengen zur Ver- fügung, so wird man besser am Rück- flußkühler zum Sieden erhitzen. Hier- bei ist es notwendig. um zu verhin- dern, dal das Thermometer (sowie die Kolbenwandung und der aufsteigende Dampf) durch das herabtropfende Kondensat beständig wieder abgekühlt wird. den Rückflußkühler seitlich auf dem Kolben aufzusetzen und die kondensierte Flüssigkeit durch ein besonderes Rohr direkt in den Kolben zurück- zuleiten. Man kann dazu die von Kablukow, Solomonow und Galine?) (Fig. 185) oder die ganz ähnliche, von Besson?®) angegebene Vorrichtung (Fig. 186) benutzen. Zur genauen Bestimmung des Siedepunktes können natürlich auch die üblichen Apparate verwertet werden, die bei der Molekulargewichts- Fig. 186. — Preraeı Ne 2F ) NS ——SSS u \ Siedepunktbestim- mungsapparat nach Besson. bestimmung zur Messung der Siedepunktserhöhung von Lösungen dienen, !) H.F. Wiebe, \.c. — D.Holde, Beziehungen zwischen den Temperaturen der Dämpfe und der siedenden Flüssigkeit bei Kohlenwasserstoffgemischen. Ohem.-Zeitg. Bd. 37, S. 414 (1913). ?) Iw. Kablukoır, A. Solomonow und A. Galine, Über Druck und Zusammensetzung der Dämpfe von Lösungen in wässerigem Äthylalkobol. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 46, S. 401 (1903). ®) A. A. besson, Apparat zur Bestimmung des Siedepunktes. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1035 u. 1255 (1913); vgl. auch: R. Kempf, ebenda. S. 1255. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 437 und die z. B. von Deckmann bis ins Kleinste eingehend durchkonstruiert . worden sind (vgl. Bd. I, S. 506 ff. und Fig. 527, S. 505). — Die Zuverlässigkeit der Resultate derartiger Siedepunktbestimmungen hängt mit in erster Linie davon ab, daß Überhitzung und Siedever- zug vermieden wird (vgl. über die Mittel hierzu: Bd.I, S. 507 u. Bd. VI, S. 756— 758). Zur Bestimmung des Siedepunktes kleinster Flüssigkeitsmengen kann man nach Smith und Menzies !) folgendermaßen verfahren. Man füllt kleine Mengen (0'03—0'1 g) der Substanz in ein Glaskügelchen, wie es in der Elementaranalyse zur Verbrennung von Flüssigkeiten benutzt wird, biegt den kapillaren Hals um 180° herum, befestigt es mit der Öffnung nach unten mittelst Platindrahtes an einem Thermometer, hängt das Ganze in eine passende Badflüssigkeit und verfährt wie bei der üblichen Art der Schmelzpunktbestimmung. Beim Erhitzen entweicht zuerst die in dem Röhrchen eingeschlossene Luft; ist die Siedetemperatur erreicht, so be- einnt sofort eine gleichmäßige Entwicklung von Dampfblasen. In ganz ähnlicher Weise kann man auch den Siedepunkt kleinster Substanzmengen bei Minder- oder Überdruck bestimmen. ?) Ergänzungen zum achten Kapitel: Arbeiten mit Gasen. (Vgl. Bd. I, S. 215— 282.) I. Die Gewinnung von Gasen. (Vgl. Bd. 1, S. 215— 229.) l. Gasentnahme aus Bomben.°) (Vgl. S.215— 220.) a) Allgemeines. (Vgl. S.215— 218.) Über die Herstellung und Prüfung von Stahlbomben für flüssiges 1) A. Smith und A. W.C. Menzies, Untersuchungen über Dampfdruck: I. Neue Methode zur Bestimmung des Siedepunktes kleinster Mengen Flüssigkeiten und nicht schmelzender fester Stoffe unter gleichmäßigen Bedingungen. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 32, p. 897 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 477 (1910). ?) A. Smith und A. W.C. Menzies, Untersuchungen über Dampfdruck: Eine ein- fache dynamische Methode zur Bestimmung von Dampfdrucken und Siedepunkten bei bestimmten Drucken, anwendbar für flüssige und feste Stoffe. Journ. Amer. Chem. Soe. Vol. 32, p. 907 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 477 (1910). ») Literatur über verdichtete und verflüssigte Gase: E. Luhmann, Die Industrie der verdichteten und verflüssigten Gase. Wien und Leipzig (A. Hartleben) 1904. — H. Teichmann, Komprimierte und verflüssigte Gase. Monographien über che- misch-techn. Fabrikationsmethoden. Bd. XIV. Halle a. S. (W. Knapp) 1908. — E. Urban, Laboratoriumsbuch für die Industrie der verflüssigten und komprimierten Gase. Ebenda. 1909. — E. Berl, Verflüssigte und komprimierte Gase. Chemisch-technische Unter- suchungsmethoden von @. Lunge und E. Berl, Berlin (Jul. Springer). 6. Aufl. 1910, Bd. 1. S. 633—651. — M. Schall, Verdichtete und verflüssigte Gase. 140. Bd. der Bibliothek der gesamten Technik. Hannover (M. Jaenecke) 1912; vel. aber: R. W. Hilgenstock, Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1474 (1912). 458 Richard Kempf. Kohlendioxyd!) und Ammoniak?) liegen eingehende Mitteilungen amerika- nischer Forscher vor, worauf hier nur verwiesen sei. Über Explosionen von Stickstoff-5), Sauerstoff-*) und Wasser- stoffbomben5) wurde wiederum berichtet (vgl. im übrigen weiter unten, bei den betreffenden Gasen). Zu den Konstanten verflüssigter Gase sind noch die folgenden Ver- dampfungswärmen nachzutragen: Jodwasserstof 1. Ur EWR an RBB RR Schwefelwasserstoff (bei — 61372) . . . 13198 „ 9 Bromwasserstoff (bei — 69689) . . . . 4868 „ 9 Chlorwasserstoff (bei — 84299) . . . . 9875 „ 9 Wasserstoff > EA INES er, 2 RR RR b) Ventile und Imhaltsmesser. (Vgl. S.218—220.) Nach Murmann®) wird das Reduzierventil an Kohlendioxydflaschen dadurch entbehrlich, daß man das Ansatzrohr mittelst einer Schicht fest- gestampften Papiers verstopft. Man erzielt so einen gleichmäßigen, ruhigen (rasstrom. An Stelle des Ventils nach Le Rossignol (vel. Bd.1I, S. 218) empfiehlt es sich, das von Körchenbauer?) konstruierte Feinregulierventil zu be- 1) J. C. Minor, Herstellung und Prüfung von Kohlensäurezylindern. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 377 (1912). ®) F.W.Frerichs, Herstellung und Prüfung von Zylindern für wasserfreies Am- moniak. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 378 (1912). 5) Vgl. z. B.: Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 179 (1913). *) Siehe z.B.: H. Rasch, Die Zündungen durch verdichteten Sauerstoff und die Explosionsgefahr des Stickoxyduls. Weimar (C. Steinert) 1904. — @. Claude, Über die Unglücksfälle beim Arbeiten mit komprimiertem Sauerstoff und eine Versuchsanordnung, um sie zu vermeiden. Comptes rendus de l’Acad. des sciences. T. 145. p. 357 (1907); Chem. Zentralbl. 1907, Bd. HI, S. 1273. — L. Lucas, Explosionsgefahren von kompri- miertem Sauerstoff und Wasserstoff. Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S.505 (1909). — Rasch, Zur Frage der Explosionsgefahren von verdichtetem Sauerstoff und Wasserstoff. Chem.- Zeitg. Bd. 34, Rep. S.83 (1910). — W. Bramkamp, Einiges über die Unfallgefahr von komprimiertem Sauerstoff und Wasserstoff. Die Chem. Industrie. Bd. 35, S. 536 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 666 (1912). — K. Bauer, Die Selbstentzündung der Redu- zierventile für verdichteten Sauerstoff. Werkstatt-Technik. Bd. 7. S. 485 (1913): Die Natur- wissenschaften. Bd.1, S. 920 (1913). 5) Vgl. z. B.: Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 207 (1913). — Explodierender Wasserstoff. Zeitschr. ges. Kohlens.-Ind. Bd. 19, S. 977 (1913): Chem.-Zeitg. Bd. 38, Rep. S. 144 (1914). 6) T. Estreicher und Al. Schnerr, Über die Verdampfungswärme einiger verflüssig- ter Gase. Chem.-Zeitg. Bd. 34. S. 994 (1910). ) Vgl.: A. F. Holleman, Lehrbuch der anorgan. Chemie. Leipzig (Veit & Co.). 5. Aufl. 1907, S. 16. ®) E. Murmann, Kurze Bemerkungen aus der Laboratoriumspraxis. Österreichische Chem.-Zeitg. Bd.15, S.20 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36. Rep. S. 165 (1912). ®) Vgl.: L. Stuckert und M. Enderli, Eine Bombe mit Rührwerk für hohe Drucke und Temperaturen und ein neues Hochdruckreduzierventil. Zeitschr. für Elektrochem. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik*. 439 nutzen. Ein Herausfliegen des Stifts, wie es bei ungeschickter Handhabung des Rossignol-Ventils manchmal vorkommt, ist bei diesem neuen Ventil ausgeschlossen, ebenso ein Abdrehen der Ventilspindel. Das Ventil ver- meidet ferner die Stopfbüchse, so daß auch diese Quelle von Undichtig- keit in Wegfall kommt. Zwei durch eine Schraube zwischen Ventilgehäuse und Spindel gequetschte Vulkanfiberscheibchen besorgen die Abdichtung. Vor allem ist auch Rillenbildung im Ventilsitz, die z. B. bei dem Rossignol- Ventil zu Undichtigekeiten führen kann, bei der neuen Konstruktion aus- geschlossen, da Spindel und Ventilkegel aus zwei getrennten Stücken be- stehen und der Kegel deshalb beim Öffnen und Schließen des Ventils nicht mitgedreht wird: Eine seitliche Führung verhindert jede Drehung des Kegels, so daß dieser stets auf die gleiche Stelle des Gehäuses zu sitzen kommt. Ventilsitz und Ventikegel besitzen verschiedene Neigungswinkel. so daß die Dichtung theoretisch auf einer Linie stattfindet. Wie bereits erwähnt (Bd. I, S. 220), bildet bei den gewöhnlichen Re- duzierventilen die plötzliche Kompression des Sauerstoffes in der Ventil- kammer beim Öffnen des Hahnes und die dadurch bedingte Erhitzung der Hartgummidichtung oder anderer organischer Stoffe (Öl, Leder), die Feuer fangen können, eine gewisse Explosionsgefahr. Ein neues Reduzierventil des Drägerwerks in Lübeck versucht, diese Gefahr auszuschließen. ') Das erhitzte Gas, das bei den bisherigen Konstruktionen an der der Sauerstoff- bombe zugekehrten Fläche des Hartgummis zusammengedrängt wurde, wird bei dem neuen Ventil in eine Kammer geleitet, in der die Hitze des komprimierten Gases ganz unschädlich ist und von der Metallmasse bald abgeleitet wird. Auch bei ruckweisem Öffnen des Ventils sollen daher Ex- plosionen nicht eintreten können. 2. Allgemeine apparative Technik der Gasentwicklung. (Vgl. Bd. I, S. 220—229.) a) Gasentwicklung durch die Einwirkung von Flüssigkeiten auf feste Körper. (Vgl. S. 221—227.) x) Debraysche Apparate. (Vgl. S. 222-225.) Das Wesen der Debrayschen Apparate besteht im Prinzip darin, dal) der Höhenunterschied der Gefäße für das feste und das flüssige Material bequem zu verändern ist, dergestalt. daß man in weiten Bd. 19, S.572 (1913). — Dieselben: Eine Bombe mit Rührwerk zur Messung der Re- aktionsgeschwindigkeit im heterogenen System bei hohen Drucken und ein neues Hoch- druckreduzierventil. Chem.-Zeitg. Bd. 37. S. 1288 (1913). — Vgl. ferner: @. Bredig und S. R. Carter, Katalytische Synthese der Ameisensäure unter Druck. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 47, S. 544 (1914). t) Vgl.: K. Bauer, Die Selbstentzündung der Reduzierventile für verdichteten Sauerstoff. Werkstatt-Technik. Bd. 7. S. 485 (1913); Die Naturwissenschaften. Bd. 1, 8. 920 (1913). 440 Riehard Kempf. Grenzen die Möglichkeit hat, dem festen Material seine Lage sowohl weit oberhalb als auch unterhalb des Spiegels der Reaktionstflüssigkeit zu geben. Der bereits erwähnte Apparat von Stritar !) (Fig. 187) ist typisch für diese Kategorie von (sasentwicklungsapparaten. Auf dem Umkippungsprinzip des v. Faboschen Apparates (vgl. Bd. I, S. 224, Fig. 402) beruht ein leicht zusammenstellbarer Gasentwicklungs- apparat, den Hodges?) vorschlug (Fig. 188). Die Vorrichtung besteht aus zwei gewöhnlichen, aber diekwandigen Erlenmeyerkolben, die mittelst T-Stück und Gummistopfen miteinander verbunden sind. Das obere Gefäß ent- hält eine paraffingetränkte, durchlöcherte Holz- oder Korkscheibe, auf der das feste, gasentwickelnde Material, z. B. Schwefeleisen, ruht. Der untere Erlenmeyerkolben wird mit der Säure beschickt. Dem Joakimschen Appa- rate (vgl. Bd. I, S.224, Fig. 403) sehr ähnliche, aber vor diesem keinerlei Vorzüge bietende Vor- richtungen schlugen Weinschenk?) und ferner Southerden *) vor. Fig. 188. 5) Döbereiner-Mohrsche Apparate (vgl. S. 225—226). ee Das gemeinsame Merkmal "arten, ® dieser Art von Gasentwicklungs- apparaten ist darin zu sehen, daß der Behälter des gaserzeugenden festenMaterials direkt in das Säuregefäß eintaucht. Der Niveau- unterschied zwischen festem und flüssigem Mate- rial ist auch hier meist variabel. a Einen derartigen Apparat — in Verbindung mit zwei vertikal übereinander angeordneten Waschaufsätzen (vgl. oben, S. 400) — gab z. B. auch Ulrich°) an (Fig. 189) und ferner Braun.) Eine ähnliche Konstruktion empfahl neuerdings wiederum Steinkopf *) tür Azetylenentwicklung. Das Kalziumkarbid wird in einem vertikal ver- stellbaren Drahtkörbehen untergebracht (Fig. 190). ‘) M. J. Stritar, Neue Laboratoriumsapparate. Chem.-Zeitg. Bd. 33, S. 264 (1904). *) E. R. Hodges, Ein einfacher Schwefelwasserstoffgas-Entwicklungsapparat. Chem. News. Vol. 104. p. 189 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 645 (1911). °) 4. Weinschenk, Einfache Form eines Gasentwicklungsgefäßes. Chem.-Zeitg. Bd. 29, S. 766 (1905); Chem. Zentralbl. 1905, Bd. II, S. 802. *) F. Southerden, Gasgenerator. Chem. News. Vol. 107, p. 86 (1913); Chem. Zen- tralblatt. 1913. Bd. I, S. 1377. °) Ulrich, Neue Laboratoriumsapparate. Gasentwicklungsapparat mit übereinander geschalteten Trocken- bzw. Absorptionsgefäßen. Chem.-Zeitg. Bd. 28, S.598 (1904). °) M. Braun, Eine neue Gasentwicklungsflasche. Chem.-Zeitg. Bd. 38, S. 320 (1914). ‘) W. Steinkopf, Azetylenentwicklungsapparat. Chem.-Zeitg. Bd. 33, S. 969 (1909). ä Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 441 Als Aufnahmegefäß für das feste Material schlug Serger !) wiederum von neuem einen Lampenzylinder, Vernon:) einen Trockenturm nach Fresenius vor (Fig. 191). Ähnlich ist auch die von Oppler°) angegebene, den Kippschen Apparaten angenäherte Konstruktion, die sich leicht mit den gewöhnlichen Hilfsmitteln des Laboratoriums zusammenstellen läßt (Fig. 192). Einen Döbereiner-Mohrschen Gasentwicklungsapparat in so großen Abmessungen, daß er 5 / Flüssigkeit und mehrere Kilogramm feste Sub- Fig. 189. Fig.190. Fig. 191. Gasentwicklungsapparat nach Vernon. stanz zu fassen vermag, gab Shedden*) an. Einen ähnlichen, gut durchkon- struierten Apparatschlugen ferner Brodtmann und Gasentwicklungsapparat Acetylenentwicklungsapparat € Er nach Ulrich. nach Steinkopf. Rodeu ald>) Vor. y) Kippsche Apparate (vel. S. 226—227). Sogenannte „verbesserte“ Kippsche Apparate tauchen von Zeit zu Zeit immer wieder auf. Die von Gutmann ®) vorgeschlagenen Verbesse- ') A. Serger, Ein einfacher Gaserzeugungsapparat. Pharm.-Zeitg. Bd. 56. S. 807 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 537 (1911). °) F. T.Vernon, Ein einfacher Schwefelwasserstoffentwicklungsapparat. Chem. News. Vol. 104, p. 256 (1911); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. I, S. 309. °») B. Oppler, Billiger Ersatz des Kippschen Apparates. Chem.-Ztg. Bd.36. 8.96 (1912). *) F. Shedden, Ein einfacher Gaserzeuger. Journ. Soc. Chem. Ind. Vol. 32, p. 3 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 337 (1913). 5) Brodtmann und Rodewald, Ein neuer Gasentwicklungsapparat zur dauernden Entnahme auch größerer Gasmengen. Chem.-Zeitg. Bd. 38, S. 187 (1914). 6) L. Gutmann, Verbesserter Kippscher Apparat. Zeitschr. f.angew. Chem. Bd. 23, S. 728 (1910). 442 Richard Kempf. rungen führen die Komplikation herbei, dal) zwei weitere Glashähne nötig sind und der Hahn am Gasableitungsrohr als Dreiweghahn ausgebildet werden mub. Durch Einfachheit zeichnet sich dagegen der Vorschlag von Michel !) aus. Der Schliffteil des Trichterrohres ist hier zu einem Hahnstopfen umge- wandelt, so daß der Apparat im übrigen vollkommen ohne Hähne und Schliffe ist (Fig. 193). Die von Me Dermott?) angegebene Modifikation des KAüöppschen Apparates hat den Vorzug der leichten Zugänglichkeit der inneren Teile. Fig. 192. Fig.193. Fig. 194. Gasentwicklungsapparat nach Kipp-Me. Dermott. Der untere Teil der | Vorrichtung besteht aus einem mit Einschnürung =% A versehenen Standzylin- a der, der mit dem oberen | SS Teil mittelst Schliffes mein. Einschnürung des Stand- zylinders ruht ein ringförmiger Behälter aus Porzellan oder Blei mit sieb- artig durchlöchertem Boden zur Aufnahme der gasbildenden Substanz (Fig. 194). Bei dem von Preuss®) angegebenen Kippschen Apparat ist in die Einfüllöffnung der Mittelkugel ein hohler Hahnstopfen. dessen Inneres zugleich als kleine Waschflasche ausgebildet ist, drehbar eingeschliffen (Fig. 195). Einen ebenfalls auf dem Prinzip des Kippschen Apparates beruhen- den, mit zahlreichen Hähnen und Schliffen versehenen Gasentwicklungs- ‘) F. Michel, Ein neuer Gasentwicklungsapparat. Chem.-Zeitg. Bd. 35, 8. 52 (1911). °®) F. A. Me Dermott, Neue Modifikation des Aippschen Apparates. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 1, p. 811 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 49 (1910). °) @. Preuss, Gasentwicklungsapparat. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1131 (1911). ee ee Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik*. 445 apparat empfahl Bormann.!) Auf seine komplizierte Konstruktion sei hier nicht näher eingegangen. Die in Aippschen und ähnlichen Apparaten entwickelten Gase sind stets etwas lufthaltig, weil die oberste Kugel mit der Atmosphäre in Ver- bindung steht und sich die Säure daher mit den Luftgasen sättigt. Han- delt es sich also darum, in Kippschen Apparaten luftfreie Gase, z. B. reinen Wasserstoff?) oder reines Kohlendioxyd?), zu entwickeln, so muß man die Säure auskochen und sie nach dem Einfüllen gegen die Atmosphäre absperren, indem man die Luft aus der obersten Kugel durch das be- treffende Gas verdrängt und dieses nach Bedarf ergänzt. Man erreicht dies am einfachsten in der Weise, daß man die oberste Kugel mit einem zweiten Kippschen Apparat, der das gleiche Gas entwickelt, dauernd in Verbindung hält. ) Um den Druck des aus einem Kippschen 2 Apparat entweichenden Gases zu erhöhen, kann man AB) auf den Tubus des Trichterrohres mittelst luftdicht 2 schließenden und eventuell festgeschnürten Stopfens Ar ein langes Steigrohr aufsetzen, das in die Säure eintaucht und am besten — zur Erhöhung der Sta- bilität — bis in den Trichterstiel hinab reicht. Die Niveaudifferenz zwischen dem Flüssigkeitsspiegel im Steigrohr und im untersten Raum des Kippschen Apparates ist ein Maß für den erzeugten Gasdruck: jedes Meter Flüssigkeitssäule entspricht ungefähr 1/0 Atmosphäre Druck. Soll das Gas eine Reihe hinter- einander geschalteter Waschflaschen passieren, so addieren sich deren hydrostatische Flüssigkeitsdrucke. Die Flüssigkeitssäule im Apparat muß daher im all- wieinngs int mach gemeinen größer sein als die Summe der einzelnen Säulen in den Waschflaschen, besonders dann, wenn die Waschflüssigkeiten spezifisch viel schwerer sind als die Säure im Apparat. Soll das entwickelte Gas unter einem höheren Druck entströmen, als dem Druck von etwa !/—”/ı Atmosphäre entspricht, so wird die ge- schilderte Einrichtung zu sperrig und unhandlich. Man verfährt dann ein- facher so, daß man gasdicht eine mit Quecksilber gefüllte Weltersche Sicherheitsröhre (vgl. Bd. I, S. 221 und Fig. 407, S. 227) aufsetzt oder ein zweimal rechtwinkelig gebogenes Rohr, das in einen hohen, schmalen, mit Quecksilber gefüllten Standzylinder eintaucht. Bei der letzteren Anordnung ist der Druck durch Heben und Senken des Standzylinders in weiten !) K. Bormann, Neuer Gasentwicklungsapparat. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 52, S. 641 (1912). 2) Vgl.z.B.: M. W. Travers, Experimentelle Untersuchung von Gasen. Deutsch von T. Estreicher, Braunschweig (F. Viewege & Sohn) 1905, S. 41. 8) Siehe z.B.: A. Thiel und E. Caspar, Über die Temperatur von Kältebädern . mit festem Kohlendioxyd. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 86, S. 269 (1914). 444 Richard Kempf. Grenzen bequem regulierbar. Eine (Quecksilbersäule von 7'6 cm Höhe ent- spricht einem Druck von Y,, Atmosphäre; die Sperrsäule kann bei gleicher Druckwirkung 13’6mal niedriger sein als bei Anwendung von Wasser. — Zum bequemen Entleeren von Kippschen Apparaten empfahl Fried- mann!) ein Röhrensystem, das mittelst eines einfach durckbohrten Stop- fens auf den Apparat luftdicht aufgesetzt wird. Seine Handhabung ist ohne weiteres aus der Abbildung (Fig. 196) verständlich. Eine ähnliche Vor- richtung beschrieb Lockemann.?2) Wendet man Aöppsche Apparate mit einem Tubus am untersten Gefäß an, so erreicht man denselben Zweck Fig. 197. ji) Entleerungsröhre für Kippsche Apparate nach Friedmann. einfacher und bequemer durch Ein- setzen eines heberartig gebogenen Gasentwicklungsapparat nach Urbasch. Hahnrohres in diesen Tubus. Eine praktische Apparatur zur Entwicklung größerer Mengen Schwefelwasserstoffgas nach dem Prinzip des Kippschen Apparates schlug Urbasch®) vor (Fig. 197). Die Vorrichtung bezweckt insbesondere auch die ständige Bereitstellung von gesättigtem Schwefelwasserstoffwasser ohne I ') 4. Friedmann, Röhre zum Leeren des Kippschen Apparates. Chem.-Zeitg. Bd. 37. S. 929 (1913). °) @. Lockemann, Entleerungsvorrichtung für den Kippschen Apparat. Chem.- Zeite. Bd. 38, S. 222 (1914). °) St. Urbasch, Neuer Schwefelwasserstoffapparat. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 1040 (1910). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 445 Geruchsbelästigung. Prinzipiell gleich ist die von Purrmann und Verbeek !) angegebene Vorrichtung, die als Laboratoriums-Zentralapparat speziell für die Entwicklung von Kohlendioxyd konstruiert worden ist (Fig. 198). 8) Finkener- Apparate. Diese Kategorie von Gasentwicklungsapparaten ist dadurch gekenn- zeichnet, daß die Flüssigkeit von der äußeren Atmosphäre abge- schlossen ist und nur durch einen künstlich erzeugten Gas- überdruck zu dem gasentwickelnden festen Material gelangt. Fig. 198. Gasentwicklungsapparat nach Purrmann und Verbeek. Steht die Flüssigkeit unter gewöhnlichem Luftdruck, so befindet sie sich mit ihrer ganzen Masse unterhalb des festen Materials. Die Finkener-Apparate haben vor den Kippschen Apparaten den Vorzug langandauernder Wirkung und größerer Sparsamkeit während des Betriebes, da die Säure vollkommen ausgenützt wird. Man kann nach einem Vorschlage Wolfs?) jeden Kippschen Apparat mühelos so abändern, daß er nach dem Finkenerschen Prinzip wirkt: Man 1) C. Purrmann und P. Verbeek, Ein praktisch bewährter Laboratoriumsapparat zur Entwicklung von Kohlendioxydgas. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 927 (1911). 2) H. Wolf, Über eine Modifikation des Aippschen Apparates. Chem.-Zeitg. Bd. 18, S. 486 (1894). 446 Richard Kempf. sprengt das lange Stielrohr der oberen Kugel etwa 2—3 Finger breit über der Einschnürung zwischen dem mittleren und unteren Gefäß ab und füllt in diese beiden (refäße so viel Säure ein, daß das verkürzte Rohr etwa > em in sie eintaucht. In die oberste Kugel bringt man eine mehrfach durchlochte Gummischeibe, beschickt sie mit dem festen Entwicklungs- material und verschließt sie mit einem Gummistopfen, durch den ein kurzes Hahnrohr führt. In den Tubus der mittleren Kugel setzt man einen doppelt durchbohrten Gummistopfen ein und bringt in ihm ein kurzes Fig. 199. Gasentwicklungsapparat nach Wo/f (System des Finkener-Apparates). Glasrohr mit Hahn und ein kleines Druckmanometer an (Fig. 199). Zur Einleitung der Gasentwicklung öffnet man beide Hähne und bläst in das untere Hahnrohr hinein, bis die im Stielrohr aufsteigende Säure mit der Füllung der obersten Kugel in Berührung gekommen und eine kräftige (rasentwicklung eingetreten ist. Alsdann schließt man beide Hähne, und der Apparat wirkt selbsttätig weiter in derselben Weise wie ein Kipp- scher Apparat. Den ursprünglichen Finkener-Apparat zeigt Fig. 200. Nach einem Vor- schlage Rothes!) ist es zweckmäßig, den Trichterstiel bis nahe zum Boden hinabreichen zu lassen und in das Rohr dicht unterhalb der Stelle, wo es in die Gasentwicklungsapparat nach Finkener. ‘) Privatmitteilung von Herrn Prof. Dr. J. Rothe. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 447 Flüssigkeit eintaucht, ein seitliches Loch einzubohren. Es dringt dann zu dem festen Material stets frische Säure, während sich die verbrauchte, spe- zifisch schwerere Säure unten im Gefäß ansammelt. Alle Verbindungen sind durch Glasschliffe hergestellt, welche durch Glasrohrfedern untereinander verbunden sind. Kautschuk oder del. ist gänz- lich vermieden. Auch die direkt am Apparat montierten drei Waschflaschen sind durch Glasschliffe und vielfach gebogene, dünne, federnde Glasröhren miteinander verbunden, und sämtliche Glasschliffe werden durch kräftige Spiralfedern sicher in ihrer Lage erhalten. Trotz seiner scheinbar erheb- lichen Kompliziertheit bewährt sich der Apparat, kunstgerecht hergerichtet und beschickt, ganz ausgezeichnet zur Gewinnung völlig reiner Gase, be- sonders ganz luftfreien Wasserstoffs. Man verfährt in diesem Falle zweckmäßig folgendermaßen.!) Die erste Waschflasche beschickt man mit Kalilauge (1 Teil KOH + 2 Teile H,O), die zweite mit Natriumhydrosulfitlösung?) (vgl. oben S. 408) und die dritte mit einer konzentrierten Lösung von Phosphorsäure®) vom spe- zifischen Gewicht 1'75—1'80.t) Den Gasüberdruck erzeugt man einfach so, daß man eine bestimmte Menge Zink in das untere (refäb hineingibt und alle Hähne schließt. Der sich entwickelnde Wasserstoff komprimiert die Luft, und mit einem Mano- meter überwacht man den entstehenden Druck. Spült man die Luft mit dem so entwickelten Wasserstoff vollständig aus allen Teilen des Apparates, indem man das Gasgemisch wiederholt absaugt und neue Mengen Wasser- stoff sich entwickeln läßt, so erhält man leicht ein so vollkommen reines, luftfreies Gas, wie es mit anderen Gasentwicklungsapparaten, bei denen die Säure immer wieder Luft aus der Atmosphäre aufnimmt, ohne be- sondere Vorkehrungen (vgl. oben, S. 443) nicht möglich ist. Für den allgemeinen Laboratoriumsgebrauch haben sich die folgenden Abmessungen der einzelnen Teile eines Finkener-Apparates gut bewährt: Inhalt des Säuregefäßes: 5 /, Inhalt der Kugel (einschließlich Hals): gegen 1 2 und über 3%g Stangenzink fassend. Man beschickt das Säuregefäß mit 3'8 1 verdünnter Salzsäure (3 Vol. Salzsäure 1’12 und 2 Vol. Wasser) und fügt zur Verdrängung der Luft 65 g Zink (in Form einer Stange) hinzu, sowie zur dauernden Freihaltung der Säure von Sauerstoff einige Kupferdrehspäne. Unmittelbar nachdem der Apparat in dieser Weise gefüllt ist, eva- kuiert man die Luft aus dem Säuregefäß und aus der Birne unter Zwischen- schaltung eines Manometers bis auf etwa 2 cm Quecksilberdruck. Ist der Druck infolge der Wasserstoffentwicklung allmählich wieder auf 1 Atmo- ‘) Privatmitteilung von Herrn Prof. Dr. J. Rothe. °) Vgl. darüber z. B.: J. Meyer, Zur Kenntnis der hydroschwefligen Säure. Zeit- schrift f. anorg. Chem. Bd. 34, S.52 (1903). °) Die Anwendung von konzentrierter Schwefelsäure als Trockenmittel ist nicht angängig, da diese durch den Wasserstoff zum Teil zu Schwefeldioxyd reduziert wird. *) Man dampft die käufliche Phosphorsäurelösung in einer Porzellanschale (nicht Platinschale!) bis zu dieser Konzentration ein. 448 Richard Kempf. sphäre gestiegen. so evakuiert man von neuem usf., bis man sicher sein kann, alle Luft aus der Apparatur verdrängt zu haben. Am Schluß beträgt dann der Gasüberdruck 11 em Quecksilber = etwa 15 m Wasserdruck. Die in die Kugel eingebrachte Zinkmenge (3:12 kg) genügt für 5malige Er- neuerung der Säure und liefert etwa 1000 2! Gas. — Nach dem Prinzip des Finkenerschen Apparates ist auch der von Wartha angegebene einfache Gasentwicklungsapparat konstruiert. !) Eine Kombination der Apparate von Kipp und Finkener empfahl Marek.) <) Apparate zur Gasentwicklung nach dem Tropfsystem. (Vgl. Bd. I, 3.250... 251.) Das unterscheidende Merkmal dieser Art Gasentwicklungsapparate besteht darin, daß sich die gesamte Arbeitsflüssigkeit oberhalb des festen Materials befindet. Beim Betriebe tropft und sickert sie langsam durch eine lange Schicht der festen Substanz hindurch und verläßt endlich ‘ den Apparat unten in verbrauchtem Zustande meist in Gestalt einer Salzlösung. Derartige Apparate eignen sich in erster Linie für größere Laboratorien als Gasentwickler für den allgemeinen Gebrauch. speziell zur Ent- wicklung von Schwefelwasserstoff aus Schwefel- eisen und Säure (vgl. die Apparate von Ostiwald und Küster, Bd. I, S.251, Fig. 413). Eine besonders einfache Konstruktion nach diesem Prinzip für kleine Versuche gab Hinds>) an (Fig. 201). Die verbrauchte Säure fließt durch den Überlaufheber selbsttätig ab. Von Giwiggner*) wurde ein ähnlicher Appa- rat speziell für die Entwicklung von Salzsäure- gas aus Chlorammonun and oz Schwefelsäure konstruiert (Fig. 202). Durch Drehen des etwa 200 em? fassenden Tropftrichters im Schliff kann der Ausfluß der Säure auf immer neue Stellen des Salmiaks geleitet werden. Für Gasentwicklungen in größerem Maßstabe eignet sich der von Wartha°) empfohlene Apparat (Fig. 203). Man benützt die beiden unteren Fig. 201. ‘) Vgl. im übrigen: V. Wartha, Zwei neue Gasentwicklungsapparate. Ber. der Deutsch. chem. Ges. Bd.5, S.561 (1872). °) J. Marek, Ein modifizierter Bormanzscher Gasentwicklungsapparat. Zeitschrift f. analyt. Chem. Bd. 52, S. 419 (1913). ®) J.J. D. Hinds, Ein einfacher Schwefelwasserstoffapparat. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol.33, p. 354 (1911); Chem.-Zeite. Bd. 35. Rep. S. 161 (1911). *) A. Gwiggner, Apparat zur Entwicklung von trockenem Salzsäuregas. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 13, S. 1308 (1900). °) Y. Wariha, ]. e. Wal nn Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 449 Kugeln eines Kippschen Apparates, setzt oben einen Scheidetriehter auf und verbindet dessen Luftraum durch ein Rohr mit der untersten Kugel. Überschüssig oder nachträglich bei bereits geschlossenem Entnahmehahn ent- wickeltes Gas drückt einen Teil der Säure durch dieses seitliche Rohr in den Scheidetrichter zurück und sammelt sich in der untersten Kugel, die also ge- rade so wie beim Kippschen Apparat die Funktion eines Gasometers erfüllt. Von mehreren Seiten wurde mit Erfolg versucht, den Apparat nach Ost- wald-Küster ins Handliche, Transpor- table zu übertragen, so z.B. von Teelu !) (Fig. 204), Me Coy?) (Fie. 205) und von Sklepinski°) (Fig. 206). Der Apparat Fig. 203. Gasentwieklungsapparat nach Giwiggner. Gasentwicklungsapparat nach Wartha. von Sklepinski ist der Tecluschen Konstruktion sehr ähnlich, zeigt aber gegen diese einige Unterschiede, die ohne Frage ebensoviele Vorzüge bedeuten. Zunächst wird die Säure besser — d.h. sicherer vollständig ausgenützt, da man sie erst abläßt, wenn sie gar kein Gas mehr entwickelt. !) N. Teclu, Zur Frage der kontinuierlich wirkenden Gasentwickler. Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 33, S. 441 (1894). — Vgl.auch: N. Teelu, Zuschrift an die Redaktion. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1127 (1912) und R. Kempf, ebenda. S. 1280. 2) H. MeCoy, Ein verbesserter tragbarer Gasentwicklungsapparat. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 37, S. 2536 (1904). 3) A. M. Sklepinski, Eine Modifikation des Östwaldschen Schwefelwasserstoff- Apparates. Chem.-Zeitg. Bd.36, S. 884 (1912). — R. Hase, A.M.Sklepinski, N. Teclu, Zu- schriften an die Redaktion. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1127 (1912). — R. Kempf, Zuschrift an die Redaktion. Chem.-Zeitg. Bd. 36. S. 1280 (1912). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 29 450 Richard Kempf. Im Teelu-Apparat rinnt sie dagegen ohne weiteres durch die Schicht des Materials hindurch. Ist also diese Schicht niedrig geworden oder hat sich ein Kanal gebildet, so fließt die Säure nicht vollkommen ausgenutzt ab. Auch daß im Teelu-Apparat die Gasentwicklungsbirne direkt mit dem toten Luftraum des zweitobersten Gefäßes kommuniziert, damit ein Druck auf die zufließende Säure ausgeübt werde, ist — namentlich für Wasser- stoffentwicklung — ein Nachteil, den der andere Apparat nicht aufweist. Um den Druck des austretenden Gases in dem Apparat von Sklepinskt zu erhöhen, braucht man nur ein Steigrohr von passender Länge auf die Fig. 204. = Gasentwicklungsapparat nach Gasentwieklungsapparat Teclu. Gasentwicklungsapparat nach Me Coy. nach Sklepinski. oberste Kugel luftdicht aufzusetzen und es mit Säure zu füllen (vel. oben, S. 443). Eine praktische Apparatur zur Entwicklung größerer Mengen Schwefel- wasserstoff nach dem Tropfsystem beschrieb Gwiggner !) (Fig. 207). Das aus den Fällungsgefäßßen entweichende überschüssige Gas wird hier in einem wasserberieselten, 70 cm langen, mit Glasperlen gefüllten, oben mit einem Winkelrohrstutzen als Abzug in den Kamin versehenen Glasrohr ‘) A. Gwiggner, Apparat zur Entwicklung größerer Mengen von Schwefelwasser- stoffgas und teilweisen Gewinnung des Gases aus den Abgasen der Fällungen. Österr. Chem.-Zeitg. Bd. 14, S. 141 (1911) und Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 891 (1911). mr Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik*“. 451 Fig. 207. fÄPPARAT zur ERZEUGUNG arösserer MENGEN von & SCHWEFELWASSERSTOFFGAS MIT VORRICHTUNG ZUR GEWINNUNG DES SCHWEFEL- WASSERSTOFFES AUS DEM ÄBGASE von A. GwWIGGNER E: H Ins FREIE MIT GLASPERLENFÜLLUNG H,S GAsvERTEILUNGSROHR wir Hat [ Pressıuft N 5 Er EntwickLunssser Ass ı mir Gummisınuns I ©. SIEBPLATTE r H,S WAscHFLAascHE mıt BunsemventiL Aerauısäure Fell, sauer Gasentwicklungsapparat nach Gwiggner. 452 Richard Kempf. für die Gewinnung von stets gebrauchsfertigem Sch wefelwasserstoff- wasser nutzbar gemacht. Eine dem Ostwald-Küsterschen Apparat außerordentlich ähnliche Vor- richtung zur Entwicklung von Gasen in größerem Maßstabe, z.B. von Wasserstoff, schlug ferner Naundorf!) vor. () Apparate zur Gasentwicklung nach der Einwurfmethode. (Vgl. Bd. 1, S. 273.) Alle bisher in diesem Abschnitt beschriebenen Gasentwicklungsapparate haben die gemeinsame Funktionsweise, daß während des Betriebes das feste Material an seiner Stelle bleibt und die Flüssigkeit zu ihm hin- wandert. sei es von unten her infolge eines Flüssigkeits- oder Gasdrucks, sei es von oben her hinabfallend gemäß der Schwerkraft. In manchen Fällen ist es nun vorteilhafter, umgekehrt zu verfahren und die feste Substanz in die ruhende Flüssigkeit einzutragen. Diese „Einwurfmethode“ ist namentlich bei der Entwicklung von Azetvlen aus Kalziumkarbid am Platze, da sich grobe Stücke Karbid bei der Reaktion mit Wasser leicht mit einer Schicht Kalkhydrat überziehen, welche die weitere Einwirkung des Wassers hindert. Ferner eignen sich die gewöhnlichen Gasentwicklungsapparate, z. B. ein Kippscher Apparat, auch deshalb nicht zur Entwicklung von Azetylen, weil diese Apparate durch die große Reaktionswärme leicht zum Springen gebracht werden. Diese Gefahr ist bei den Einwurfapparaten in- folge des großen Überschusses an Wasser nicht vorhanden. ?) Eine besonders einfache Konstruktion eines derartigen Apparates stammt von Küspert®) (Fig. 208). Der Boden der Flasche ist kegelförmig nach innen eingestülpt, damit das Karbid von dem Einwurfrohr weggeleitet und das Entweichen von Gasblasen aus diesem vermieden wird. Das etwa 2cm weite Rohr funktioniert bei entsprechender Länge (etwa 40 cm) zu- gleich als Sicherheitsrohr. Man läßt sein unteres Ende nur wenig in das Wasser eintauchen; bei verhindertem Gasabfluß steigt dann das Wasser darin empor, und der Gasüberschuß entweicht schließlich, ohne daß Luft von außen eindringt. Der Einwurfapparat von Kühnlenz +) (Fig. 209) besteht aus einer dreihalsigen Woulffschen Flasche mit einem Ablaßhahn am Boden. Eigen- artig ist der weitgebohrte Hahn am mittleren Kopftubus: er ist in jeder Stellung geschlossen; indem man seine weite Höhlung ganz mit Karbid anfüllt und ihn dann um 180° dreht, trägt man unter Luftabschluß und 1) A. Naundorf, Gasentwicklungsapparat. Stahl und Eisen. Bd. 29, S. 1445 (1909). 2) Vgl.: H. Biltz, Dijodazetylen und Tetrajodäthylen. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 30, S. 1207 (1897). ») F. Küspert, Einwurfapparat zur Azetylendarstellung. Chem. Zentralbl. 1905, Bd. I, S. 1683. 4) F. A. Kühnlenz, Gasentwickler mit Materialzuführung unter Luftabschluß, ins- besondere für Azetylen. Chem.-Zeitg. Bd. 22, S. 603 (1898). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 453 ohne Gasverlust neues Material in den Apparat ein, ohne die Gasentwick- lung unterbrechen zu müssen. Man beschickt die Flasche etwa bis zur Hälfte mit Kochsalzlösung. Den Kalkschlamm läßt man von Zeit zu Zeit durch den Bodentubus ab. Sehr praktisch ist auch der von Etard !) angegebene Einwurfapparat (Fig. 210), der speziell für die Darstellung von Jodwasserstoff (siehe unten, S. 470) konstruiert worden ist. In dem großen, 2—5 / fassenden Rundkolben befindet sich eine reichliche Menge roter Phosphor und Wasser, in dem kleinen Rundkolben das gepulverte Jod (ca. 1 kg). Indem man das letztere Gefäß in die punktiert gezeichnete Stellung em- pordreht und es nötigenfalls leise klopft, kann man be- liebige Mengen Jod in das Reaktionsgemisch eintragen, ohne dal Luft in die Apparatur gelangt. Fig. 208. Fig. 209. Apparat zur Entwicklung von Jodwasserstoffgas nach KEtard nach Kispert (Einwurf- Gasentwicklungsapparat nach Kühnlenz (Gasentwicklungsapparat nach methode). - (Einwurfsystem). dem Einwurfsystem). Gasentwicklungsapparat b) Gasentwicklung durch die Einwirkung von Flüssigkeiten auf Flüssigkeiten. (Vel. S. 227—229.) Zur Gewinnung ganz reinen Kohlendioxyds entwickelten Thiel und Caspar?) das Gas durch Vermischen einer wässerigen Kaliumkarbonat- lösung mit Salzsäure. Beide Lösungen, die 7’8-norm. waren und somit eine nahezu gesättigte Chlorkaliumlösung ergaben, wurden vor dem Einfüllen in die mit Bodentubus versehenen Vorratstlaschen ausgekocht und in diesen unter Kohlendioxyd, das von einem Kippschen Apparat oder auch von einer Bombe mit Reduzierventil geliefert wurde, aufbewahrt. Zur Ent- wicklung von Kohlendioxyd wurden die beiden Flüssigkeiten durch Hahn- 1) A. Etard, Darstellung der Jodwasserstoffsäure. Bull. Soc. chim. de Paris. T. 49. p. 742 (1888); Chem. Zentralbl. 1888, S. 820. 2) A. Thiel und E. Caspar, Über. die Temperatur von Kältebädern mit festem Kohlendioxyd. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 86, S. 268 (1914). 454 Richard Kempf. röhrehen gleichzeitig in eine doppelhalsige und mit Bodentubus versehene Woulfsche Flasche geleitet. II. Spezielle chemische Methodik der Gasentwicklung. (Vgl. Bd. I, S. 230— 271.) a) Die Darstellung gasförmiger Elemente. (Vgl. Bd. I, $. 230—250.) +) Wasserstoff. ‘) Vel. S. 230— 234.) Der käufliche komprimierte Wasserstoff enthält stets noch etwas Stick- stoff und Sauerstoff. Caro und Schück?) gaben als Zusammensetzung elektrolytisch hergestellten und in Stahlflaschen auf 150-170 Atmosphären komprimierten Wasserstoffes zweier verschiedener Firmen die folgenden Durchschnittswerte an: Wasserstoff der Firma A: 985%, H; 123%, N; 02750 e se Br 01%), BE: 109], O0 ZEN Er Um Sich vor Explosionen von Bombenwasserstoff infolge beigemengter Luft) (vergl. S.438) zu sichern, empfahl Zelarge +), vor der Druckprobenahme des Gases aus der Bombe seine Dichte zu messen. Im Handel vorkommen- der Wasserstoff, der über 0'170 ky wiegt, ist wegen Verdachts starker Luftbeimischung zurückzuweisen; besonders elektrolytisch gewonnener Wasser- stoff mit mehr als 4°/, Sauerstoff (Dichte etwa 0'143) ist zu verwerfen. Die Explosionsgrenzen von Wasserstoffgemischen bestimmte Perman 5) von neuem. Von den zahlreichen neueren Methoden der Wasserstoffgewinnung seien die folgenden kurz erwähnt. Elementares Silizium, das jetzt wohlfeil im Handel ist (etwa 70 Pig. pro Kilogramm), löst sich nach den Beobachtungen von Moissan und Siemens®) beim Erhitzen in einer wässerigen Lösung von Ätzkali unter Entwicklung von Wasserstoff. Die Reaktion verläuft theoretisch nach der folgenden Gleichung: +2 NaOH + H,O = Na, SiO, + 2H,, 1) Siehe auch z. B.: A. Sander, Neuere Verfahren zur Wasserstoffgewinnung. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 25, S. 2401 (1912). °) N. Caro und B. Schück, Untersuchungen über die Veränderung von Wasser- stoff in Gasballons. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 405 (1911). 3) Siehe z. B.: Explodierender Wasserstoff. Zeitschr. f. ges. Kohlens.-Ind. Bd. 19, S. 977 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 38, Rep. S. 144 (1914). *) Lelarge, Über die Explosionsursache einer Bombe mit einem Luft-Wasserstoff- Gemisch. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 41 (1913). — Vgl. auch: Compt. rend. del’Acad. des sciences. T. 155, p. 914 (1912); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I, S. 77. °) E. P. Perman, Journ. Gaslighting 1911, p-25; vel.: Th. Rosenthal, Die Braun- kohlenteerindustrie in A Jahren 1910—1912. Ober Zeig Bd. 37. 8.1594 (193): ) H. Moissan und F. Siemens, Einwirkung von Silizium auf Wasser unterhalb 100°. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 37, S. 2395 (1904). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 455 jedoch wird mehr Wasserstoff frei, als der Bildung des Salzes Na, Si O, entspricht. Besonders glatt verläuft die Reaktion bei Gegenwart von Ätz- kalk.!) Zur Entwicklung von Wasserstoff im größeren Maßstabe erhitzt man z.B. 24 kg Ätznatron und 30 kg Wasser und trägt darauf allmählich unter Umrühren eine innige Mischung von 225 kg Silizium und 400 kg Kalkhydrat ein. Nach Jaubert?) eignen sich auch Ferrosilizium und andere Ferro- legierungen, z. B. des Aluminiums, Mangans und Kalziums, zur Entwicklung von Wasserstoff. Diese Legierungen reagieren bei hoher Temperatur mit Wasserdampf nach der folgenden Gleichung: 3FeSi, + 40H,0 =Fe,0, + 18810, + 40 H.. Auch auf trockenem Wege kann man mit Hilfe von Silizium- legierungen Wasserstoff darstellen. Im Handel befindet sich ein eben- falls von Jaubert:) erfundenes Präparat „Hydrogenit“*), das aus einem trockenen Gemisch von gepulvertem Natronkalk und Ferrosilizium be- steht. Die Masse, die das Aussehen eines feinen grauen Sandes hat, ist entzündbar und gibt, während sie abbrennt, den gesamten in ihr ent- haltenen Wasserstoff ab, gemäß der folgenden Gleichung: Si+ Ca (OH), 2Na0H = (a0, Na, SiO, + 2H.. Aus 1%g Hydrogenit erhält man 270—370 ! Wasserstoff. Eine 50 %y Hydrogenit enthaltende Büchse brennt in 10 Minuten ab, indem sich die Masse wie Zunder in Asche verwandelt und gleichzeitig 16 m’ Wasser- stoff entweichen. Nach der Deutschen Patentschrift gibt man dem Reaktions- gemisch am besten die folgende Zusammensetzung 5): Herrosiliziuum (90-95, SD) - - - .... 25009 Ätznatron, gepulvert Re 6000 „. Kalchydrat, gepulvert. .: : . . . . .. 2000, Die Gewinnung von Wasserstoff durch Erhitzen eines Gemisches von Kalziumhydrid und leicht Wasser abgebenden Stoffen (z. B. dem natür- !) Konsortium für elektrochem. Industrie, Nürnberg. Erzeugung von Wasserstoff durch Einwirkenlassen von Alkalilauge auf Silizium. D. R.-P. Nr. 216.768; Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 646 (1909). — Dieselben, Entwicklung von Wasserstoffgas aus Silizium und Ätzalkalilösung. D. R.-P. Nr. 241.669; Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. 8. 106 (1912). — Vgl. auch: W. O. Herrmann, Die Fortschritte der Elektrochemie in den letzten 6 Jahren. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 750 (1913). ?®) G. F. Jaubert, Erzeugung von Wasserstoff. Engl. Pat. 5005/1912; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 528 (1913). ®) @G. F. Jaubert, Verfahren und Apparat zur Gewinnung von Wasserstoff auf trockenem Wege und durch Verbrennung. Franz. Pat. 422.296; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 249 (1911). *) Nicht zu verwechseln mit dem bereits erwähnten, von Mauricheau-Beaupre an- gegebenen Präparat gleichen Namens, das in der Hauptsache aus Aluminiumpulver (neben Zyankalium und Quecksilberchlorid) besteht. Vgl. dieses Handb. Bd. I, S. 234. — Siehe ferner: Chemische Fabrik Griesheim-Elektron. Verbesserte Methode zur Gewinnung von reinem Wasserstoff. Engl. Pat. 3188; Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 195 (1910). 5) Vgl.: A. Sander, Die Wasserstoffgewinnung auf trockenem Wege. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1273 (1911). 456 Richard Kempf. lichen Gips !), sowie die Darstellung des Gases aus Eisen und Wasser- dampf ?) sei hier nur erwähnt. Auch bezüglich zahlreicher anderer Me- thoden der Wasserstoffdarstellung sei auf die Originalliteratur verwiesen, da die meisten Verfahren nur technisches Interesse besitzen. >) Entwickelt man Wasserstoff elektrolytisch, so enthält er gewöhn- lich als Beimengung etwas Sauerstoff, der durch Diffusion oder Konvektion von der anderen Elektrode hinüber in den Kathodenraum gelangt ist. Um dies zu vermeiden, schlug Gaede*) ein U-förmiges Elektrolvsiergefäß mit drei Elektroden vor. Die dritte Elektrode befindet sich in dem einen Schenkel im unteren Ende und ist mit der im anderen Ende des Schenkels befindlichen Elektrode durch einen Widerstand verbunden. Wird an diesen beiden Elektroden Wasserstoff entwickelt, so spült der an der dritten Elektrode gebildete Wasserstoff den durch die Lösung diffundierenden Sauerstoff aus und verhindert also seinen Zutritt zur anderen Kathode. Nach Curie und Debierne®) erhält man vollkommen reinen Wasserstoff, wenn man das mit den gewöhnlichen Hilfsmitteln gereinigte und getrocknete Gas noch durch ein im elektrischen Ofen sehr hoch er- hitztes Platinrohr leitet. Ohne diese Maßregel greift der Wasserstoff Radiumamalgam und Radium an. Einen Wasserstoffentwickler für den Arsennachweis nach der Methode von Marsh gaben Jadin und Astruc®) an. Man erhält nach diesem Ver- fahren — ebenso wie mit Hilfe des Finkener-Apparates (siehe oben, S. 445) oder eines Kippschen Apparates, dessen Säure sich unter einer Schutz- atmosphäre von Wasserstoff befindet (siehe oben, S. 443) — einen reinen, vollkommen luftfreien Wasserstoff. Bezüglich des von Collins) konstruierten praktischen Apparates zur Wasserstoffentwieklung unter konstantem Druck sei auf die Original- abhandlung verwiesen. — ') M. Bamberger, Fr. Böck und Fr. Wanz, Entwicklung von Sauerstoff oder Wasserstoff aus Alkalisuperoxyden oder Kalziumhydrid. D. R.-P. 218.257; Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 105 (1910). °) Internat. Wasserstoff-Akt.-Ges. Frankfurt a. M. Gewinnung von Wasserstoff. Franz. Pat. 405.200; Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 59 (1910). — Dieselbe, Darstellung von Wasserstoff. D. R.-P. 220.889; Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 195 (1910). ®) Siehe z.B.: (©. Graebe, Über die Darstellung von Ballongas. Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 143 (1911). — Nass, Über Ballonfüllgase. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 166 (1911). — 4. Sander, ]. ce. — Derselbe, Neuere Verfahren zur Wasserstoffgewinnung. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 657 (1912). *) W. Gaede, Die äußere Reibung der Gase. Annal. d. Physik. [4], Bd. 41, S. 289 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 333. °) Frau P. Curie und A. Debierne, Über das metallische Radium. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 969 (1910). 6) F. Jadin und A. Astruc, Wasserstoffentwickler zum Arsennachweis nach der Methode von Marsh. Journ. Pharm. Chim. [7], T. 5, p. 233 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 289 (1912). ”) 8. H. Collins, Ein Apparat zur Wasserstoffentwicklung unter konstantem Druck mit Wasserverschluß. Chem. News. Vol. 105. p. 217 (1912); Chem. Zentralblatt. 1912, Bd. II, S. 222. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 457 Ein überaus scharfes Verfahren für den qualitativen Nachweis von Wasserstoff gab Zenghelis‘) an. Die Methode gründet sich auf die Okklusion von Wasserstoff durch Palladium und die unter Blaufärbung er- folgende Reduzierbarkeit einer Natriummolybdatlösung durch das mit dem Gas beladene Metall. Selbst 000001 4 Wasserstoff ruft noch eine erkenn- bare Hellblaufärbung der Versuchsflüssigkeit hervor. Genaue Bestimmungen der Löslichkeit von Wasserstoff in Platin liegen von Sieverts und Jurisch ?) vor. Über das Paal-Hartmannsche Verfahren zur gasvolumetrischen Bestimmung des Wasserstoffes durch katalytische Absorption siehe oben in dem Abschnitt: „Absorptionsmittel“ S. 406. 5) Sauerstoff. (Vgl. 8. 234—239.) Die Reinheit flüssigen Sauerstoffes läßt sich mit Hilfe des Aräo- meters ermitteln.®) Reiner, flüssiger Sauerstoff hat beim Siedepunkt (— 182:5°) das spezifische Gewicht 1'124 *) (Wasser = 1). Technischer Sauerstoff ist oft sehr unrein. Nach Stevenson und Bas- kerville5) enthalten manche Handelssorten, die als rein verkauft werden, nur 935—99:7°/, Sauerstoff. Der Wassergehalt schwankte zwischen 0'15 bis 5°0°/,; der Höchstgehalt an Kohlendioxyd betrug O'11%/,; 0:14%/, Wasserstoff sowie etwas Stickstoff wurden im elektrolytisch ge- wonnenen Sauerstoff gefunden. Morey®) stellte fest, daß aus flüssiger Luft gewonnener Sauer- stoff, der von der „Linde-Gesellschaft“ geliefert worden war, 96'9°/, Sauer- stoff, 2:8%, Argon und 0'3°/, Stickstoff enthielt. Der große Argongehalt läßt sich nach Claude”) darauf zurückführen, daß die Flüchtigkeit des Arsons der des Sauerstoffes näherkommt als der des Stickstoffes. 1) ©. Zenghelis, Eine empfindliche Reaktion auf Wasserstoff. Zeitschr. f. analyt. Chem., Bd. 49, S. 729 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 629 (1910). — Vgl. auch: A. Gutbier, Fortschritte auf dem Gebiete der analytischen Chemie der Metalloide im zweiten Halbjahr 1910. Chem. Zeitg. Bd. 35, S. 229 (1911). 2) 4A. Sieverts und E. Jurisch, Platin, Rhodium und Wasserstoff. Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Bd. 45, S. 221 (1912). 3) Vgl.: H. Erdmann, Über die technische Verwendbarkeit des flüssigen Sauer- stoffes. Chem.-Zeitg. Bd. 33, S. 1316 (1909). *) J. Dewar, Dichten von festem Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff. Proc. Royal Soe. London. Vol. 73, p. 251 (1904); Chem. Zentralbl. 1904, Bd. I, S. 1320. 5) R. Stevenson und Ch. Baskerville, Untersuchung von technischem Sauerstoff. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 464 (1911). — Vgl. auch: Dieselben, Die Chemie der An- ästhetika. II. Prüfung von Handelssauerstoff. Journ. of Ind. and Engin. Chem. Vol. 3, p- 471 (1911); Chem. Zentralbl. 1911, Bd. II, S. 1492. 6) W. Morey, Das Vorkommen von Argon in aus flüssiger Luft hergestelltem käuflichen Sauerstoff. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 34, p. 491 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 390 (1912). ?) @. Claude, Über die Darstellung des Argons. Compt. rend. de l’Academie des sciences. T. 151. p. 752 (1910); Chem. Zentralbl. 1911, Bd. TI, S. 6. 458 Richard Kempf. Verwendet man den komprimierten Sauerstoff des Handels für die Elementaranalyse, so ist auf jeden Fall eine Prüfung des Gases durch einen blinden Versuch geraten. Man wird hierbei häufig eine nicht unbe- trächtliche Gewichtszunahme des Kaliapparates feststellen können. Bei Drucken unter 1 mm @uecksilberdruck wird nach Dewar !) flüs- siger Sauerstoff infolge der großen Verdunstungskälte fest, bei 115 mm entsteht nach 20 Minuten eine durchsichtige Gallerte. Eine Erstarrungs- punktbestimmung ergab 54° abs. Temperatur. — Wie schon Natterer 2) festgestellt hatte, kann beim Verdichten von Sauerstoff organische Substanz, z. B. das geölte Ventilleder der Kompres- sionsmaschine, Feuer fangen.?) (Vgl. im übrigen oben S.438 u. 439.) Um die bereits erwähnte Sauerstoffentwicklung aus Kaliumchlorat, das beim Erhitzen auf 350—-370° Sauerstoff abgibt, ruhig und gleich- mäßig zu gestalten, setzt man meist Braunstein, am besten auch noch Kochsalz zu. Nach Neumark) mischt man zweckmäßig 2 Teile Chlorat mit 2 Teilen Kochsalz und 3 Teilen Eisenoxyd oder 12 Teile Chlorat mit 6 Teilen Salz und 1 Teil Mangandioxyd. Der entwickelte Sauerstoff wird mit Wasser und Natronlauge gewaschen. Am bequemsten zur Sauerstoffentwicklung dürften die Methoden sein, die vom Natriumsuperoxyd als Sauerstoffquelle ausgehen. Eine Reihe derartiger Verfahren sind bereits erwähnt worden (vgl. Bd. I, S. 237— 239). Um das pulverförmige Natriumsuperoxyd von dem in ihm enthaltenen und seine Wirksamkeit herabsetzenden Kohlendioxyd zu befreien und es gleich- zeitig in eine für die Sauerstoffentwicklung geeignetere Form 5) zu bringen, unterwirft man es der Heizwirkung des elektrischen Stromes. Man stei- gert die Hitze nur so hoch, daß alles Kohlendioxyd, aber noch kein Sauer- stoff entweicht. Die geschmolzene Masse wird in Brikettformen ausge- gossen und kommt unter dem Namen Oxon in den Handel.) Eine besonders ruhige Gasentwicklung erhält man, wenn man das Natriumsuperoxyd nicht direkt mit Wasser zusammenbringt, sondern mit festen Substanzen, die beim Erhitzen chemisch oder physikalisch gebun- ') J. Dewar, Die Darstellung festen Sauerstoffes durch Verdampfung des flüssigen. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 113 (1912). *) J. Natterer, Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Wien. Bd. 6, S. 569 (1851) und Bd. 21, S. 201 (1854). ®) Siehe z. B.: W. Bramkamp, Einiges über die Unfallgefahr von komprimiertem Sauerstoff und Wasserstoff. Die chem. Industrie. Bd. 35, S. 536 (1912) u. Bayer. Ind.- u. Gewerbeblatt 1913, S.511; Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 666 (1912). — A. B., Zur Kenntnis der Unfallgefahr bei komprimiertem Sauerstoff. Österr. Chem.-Zeitg. Bd. 16, S. 54 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 179 (1913). *) A. S. Neumark, Die Herstellung von Sauerstoff an der Verbrauchsstelle. Me- tall and Chem. Eng. Vol. 9, p. 641 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 94 (1912). °) Vgl.: H. Foersterling und H. Philipp, Verfahren zur Herstellung eines bei Be- rührung mit einer Flüssigkeit, wie Wasser, in ruhiger Weise Sauerstoff entwickelnden Präparates aus Alkalisuperoxyd. D. R.-P. 193.560; Chem. Zentralbl. 1908, Bd.I, S. 907. 6) D. E. Parker, Behandlung von Natriumsuperoxyd. V. St. Amer.-Pat. 935.542; Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 562 (1909). ar LE % Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik*“. 459 denes Wasser abgeben, z. B. mit Gips, Natriumbikarbonat, Natronkalk oder Borsäure!), und das Gemisch dann schwach erwärmt. Das Verfahren unterscheidet sich im Prinzipe offenbar nicht im mindesten von demjenigen, das bereits früher Turner angab (vel. Bd. 1, S. 238). Wohl auf Grund der von Kempf und Oehler?) aufgefundenen Reak- tion zwischen Ammoniumpersulfat und Natriumsuperoxyd empfahl Helbig:) zur Gewinnung von Sauerstoff unter anderem ein Gemisch von Kaliumpersulfat und Natriumsuperoxyd. Die Reaktion des trockenen Gemenges kann durch Anzünden mit einem Streichholz oder durch Auf- träufeln von etwas Wasser in Gang gesetzt werden und pflanzt sich dann von selbst durch die ganze Masse fort. Sie verläuft nach der folgenden Gleichung: BIO EN O, = NA 80, FR, 80; + 0, — Sauerstoff entsteht auch bei der Einwirkung von Wasserstoff- superoxyd auf geelühte Permanganate, z.B. des Kaliums, Natriums und Baryums. Am besten verwendet man ein Gemisch aller drei Perman- ganate, wobei das Kaliumsalz im Überschuß sein muß. +} — Eine Vorrichtung, die selbsttätig den Sauerstoffgehalt der Luft an- zeigt, gab Calafat y Leon5) an: Die zu prüfende Luft läßt man eine Pla- tinschwammlampe durchstreichen, die sie, mit Methylalkoholdämpfen ge- sättigt, zum mehr oder minder heftigen Glühen bringt. Die durch ein Pyro- ‚meter gemessene Verbrennungstemperatur ist ein Maß für den Sauerstoff- gehalt der Luft. — Ein außerordentlich scharfes Verfahren zum Nachweis elementaren Sauerstoffs arbeiteten Binder und Weinland*®) aus. — Carlson') stellte eine aus den Prinzipien der Thermodynamik abge- leitete Formel auf, welche gestattet, die Löslichkeit von Luftsauer- stoff in Wasser für verschiedene Temperaturen und Drucke zu berechnen. Über Absorptionsmittel für Sauerstoff siehe oben (S. 408). ') M. Bamberger, Fr. Böck und Fr. Wanz, Entwicklung von Sauerstoff oder Wasserstoff aus Alkalisuperoxyden oder Kalziumhydrid. D. R.-P. 218.257; Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 105 (1910). 2) R. Kempf und Ed. Oehler, Über eine Reaktion zwischen Ammoniumpersulfat und Natriumsuperoxyd. Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Bd. 41, S. 2576 (1908). 3) D. Helbig, Darstellung von Sauerstoff aus Gemischen von Salzen der Über- schwefelsäure, besonders Persulfaten des Kaliums und Natriums mit Oxyden oder Super- oxyden, besonders der Alkali- und Erdalkalimetalle oder mit den Hydraten dieser Stoffe. D. R.-P. 244.839; Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 216 (1912). #) A. Gutensohn, Erzeugung von Sauerstoff. Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 525 1913). 5) J. Calafat y Leon, Vorrichtung zum Anzeigen des Sauerstoffgehaltes der Luft. Franz. Pat. 454.109; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 631 (1913). 6) K. Binder und R.F. Weinland, Über eine neue scharfe Reaktion auf elemen- taren Sauerstoff. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 46, S. 255 (1913). 7) T.Carlson, Über die Löslichkeit des Luftsauerstoffes in Wasser. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 26, S. 713 (1913). 460 Richard Kempf. y) Ozon. (Vgl. S. 239 — 244.) Nicht nur durch Zufuhr von elektrischer Energie oder von Wärme kann Sauerstoff in Ozon umgewandelt werden, sondern auch durch Bestrahlung mit ultraviolettem Licht.!) Diese Umwandlung von Sauerstoff in Ozon durch die kurzwellige strahlende Energie ist ebenfalls eine umkehrbare Reaktion, und zwar leitete Warburg?) auf thermody- namischem Wege ab, daß bei der Gleichgewichtskonzentration, die der Temperatur der auffallenden Strahlung entspricht, der photochemische Prozeß zum Stillstand kommen muß. Bei der thermischen Ozonisierung des Sauerstoffes ist das Gleichgewicht bei 4000° mit 22 Volumprozent erreicht. Die Ozonisierung des Sauerstoffes durch Bestrahlung geht bis zu einer Ozonkonzentration von etwa 2 Volumprozent, von da ab wirkt die Bestrahlung wieder zersetzend. Van Aubel®) stellte ebenfalls fest, daß bei der Bestrahlung von Luft sowie destilliertem Wasser, Olivenöl und Handelspetroleum mit dem Licht einer Quecksilberdampf-Quarzlampe Ozon entsteht. +) — Größere Mengen hochprozentigen Ozons erzeugt man sowohl im La- boratorium wie in der Technik am zweckmäßigsten auf elektrischem Wege, und zwar mit Hilfe Siemensscher oder Berthelotscher Ozon- röhren.’) Nach Warburg, Harries®) u. A. arbeitet man am rationellsten unter folgenden Bedingungen. Man wendet einen Wechselstrom von hoher Frequenz und einer nicht zu hohen Spannung an. Bewährt hat sich z.B. ein Wechselstrom mit 100 Perioden in der Sekunde und einer Span- nung von 7400 Volt.”) Bei Anwendung von reinem Sauerstoff und eines ') Siehe z. B.: H. Henriet und M. Bonyssy, Über den Ursprung des atmosphäri- schen Ozons und über die Gründe der Schwankungen der Kohlensäure der Luft. Compt. rend. de l’Acad. des sciences, T. 146, p. 977 (1908); Chem. Zentralbl. 1908, Bd. II, S. 93. 2) E. Warburg, Zur thermodynamischen Behandlung photochemischer Wirkungen. Chem.-Zeitg. Bd. 33, S. 1324 (1909). 3) E.v. Aubel, Über die Erzeugung von Ozon unter dem Einflusse des ultravio- letten Lichtes. Chem.-Zeitg. Bd. 33, S. 1324 (1909) und Bd. 34, S. 107 (1910). — \gl. auch: R. D. Small, Ozon. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 1272 (1910). #) Siehe aber auch: €. Harries, Über Bildung des Ozons. Zeitschr. f. Elektro- chemie. Bd. 17, S. 629 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 586 (1911). 5) Die sog. Berthelotschen Ozonröhren rühren in Wirklichkeit von H. Kolbe her; vgl.: O0. Hauser und H.Herzfeld, Zum Nachweis des Methans. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 45, S. 3515 (1912). SIE Le °) Untersuchungen über die gesetzmäßigen Beziehungen zwischen Ozonausbeute und der angewendeten Elektrizitätsstärke und -menge veröffentlichte Gray: A. W. Gray, Ozonisierung durch stille elektrische Entladung in dem Siemensschen Ozonapparat. Sitzungsber. d. kgl. preußischen Akad. d. Wissensch. Berlin 1903, S. 1016; Chem. Zen- tralblatt. 1904. Bd. I, S. 9. — Derselbe, Ozonisierung des Sauerstoffes bei der stillen elektrischen Entladung. Ann. d. Phys. [4], Bd. 13, S. 477 (1904); Chem. Zentralbl. 1904, Bd. IL, S. 783. — Siehe ferner: E. Warburg und @. Leithäuser, 7. Leistungsmessungen an Ozonröhren. 8. Über die Darstellung des Ozons aus Sauerstoff und atmosphärischer Luft durch Ozonröhren. Ann. d. Phys. [4], Bd. 28, S. 1 (1908): Chem. Zentralbl. 1909, Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 461 Zehnröhrenapparates von Siemens & Halske erhält man dann eine durch- schnittliche Ausbeute von etwa 18°/, Ozon. Die Temperatur muß möglichst niedrig gehalten werden. Warburg‘) erhielt nach dem Vorgange von Bri- ner und Durand:), die sogar bei der Temperatur der flüssigen Luft Sauerstoff direkt in flüssiges Ozon überführten, die höheren Ozonkon- zentrationen mit Hilfe Siemensscher Röhren bei — 79°. Für die gewöhn- liche Laboratoriumspraxis ist aber die Anwendung einer besonderen Küh- lung im allgemeinen nicht notwendig, in besonderen Fällen, z. B. bei Dauer- versuchen, genügt jedenfalls einfache Wasserkühlung vollkommen. Nach Ladenburg kommt es ferner für die Ausbeute an Ozon sehr auf die Strömungsgeschwindigkeit des Sauerstoffes an.®) Harries fand, daß bei nebeneinander geschalteten Röhren seines Apparates das Optimum bei einer Geschwindigkeit von 60 Liter/Stunde, bei hinterein- ander geschalteten Röh- ren bei 8°6 Liter/Stunde ur liegt. Bei längerem Ge- brauch des gläsernen Ozonapparates stieg merkwürdigerweise die Ausbeute an Ozon. Nach v. Wartenberg und Mair *), die den Ein- fluß des Druckes auf die Ozonbildung untersuch- ten, hat in dem Druck- intervall von 0'25 bis 5 Atmosphären sowohl die Ozonkonzentration wie die Ozonausbeute (in Milligramm Ozon pro Wattsekunde) ein sehr ausge- prägtes Maximum bei 05—1 Atmosphäre unter sonst ähnlichen Verhältnissen, Beobachtungen von Ladenburg jun. und Harries scheinen darauf hin- zudeuten, daß in dem aus reinem Sauerstoff erzeugten Ozon noch eine zweite Sauerstoffmodifikation, vielleicht O,, vorhanden ist. ?) — Ozonapparat nach v. Liebermann. Bd. I, S. 719. — @. Lechner, Über den Einfluß der Unterbrechungszahl und der Strom- form auf die Ozonbildung. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 414 (1911). 1) Vgl.: Die Tätigkeit der Physikalisch-technischen Reichsanstalt im Jahre 1912. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 19, S. 595 (1913). 2) E. Briner und E. Durand, Ozonbildung durch Einwirkung dunkler elektri- scher Entladungen bei tiefen Temperaturen. Compt. rend. de l’Acad. des seiences. T. 145, S. 1272 (1908); Chem. Zentralbl. 1908, Bd. I, S. 594. 3) Vgl. auch: €. Harries, Über die Einwirkung des Ozons auf organische Ver- bindungen. Liebigs Annal. d. Chem. Bd. 374, S. 309 ff. (1910). #) H.v. Wartenberg und L. Mair, Über Ozonbildung bei verschiedenen Drucken. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 19, S. 879 (1911). 5) C. Harries, l.c. — Vgl. aber auch: A. Kailan, Über Bildung des Özons. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 966 (1911). — €. Harries, Zur Kenntnis der Be- standteile des Ozons. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 45, S. 936 (1912). 462 Richard Kempf. Praktische Versuchsanordnungen und Laboratoriumsapparate zur be- quemen Özonerzeugung wurden von vielen Seiten vorgeschlagen. Eine be- sonders einfache Vorrichtung gab v. Liebermann!) an (Fig. 211). Mittelst eines -durchbohrten Korkstopfens befestigt man in dem einen Schenkel eines U-Rohres ein starkwandiges Reagenzglas, in das ein an einem Pla- tindraht angeschweißtes Stück Platinblech ?2) eingeführt worden ist, ver- schließt den anderen Schenkel des U-Rohres mit einem Korkstopfen, hängt das Ganze in ein starkwandiges Glasgefäß (Batterieglas) und füllt dieses sowie das Reagenzrohr mit verdünnter Schwefelsäure vom spezifischen Ge- wicht 14—1°5. Die Glasröhren für die Gaszu- und -ableitung werden an die seitlichen Stutzen der U-förmigen Röhre mit Hilfe längerer, durch- bohrter Korkstopfen angefügt. Sämtliche Korkstopfen werden zweckmäßig vorber mit Paraffin ausgekocht. Die übrige Einrichtung erhellt aus der Abbildung. Um bei Anwendung Berthelotscher Röhren Entladungen direkt von der inneren Stromzuleitung zur äußeren zu verhüten, kann man die Schwefelsäure innen und außen mit einer isolierenden Paraffinölschicht überdecken. Sicherer gelangt man aber zu einer vollkommenen Isola- tion, wenn man die äußeren Glasröhren verlängert und die so entstan- denen Manschetten mit vorher durch Erhitzen entwässertem Paraffinöl füllt. >) Eine anscheinend recht praktische Versuchseinrichtung für allgemeine Laboratoriumsarbeiten mit Ozon gab Brach*) an. Der Apparat erlaubt gleichzeitiges Ozonisieren in mehreren, parallel oder auch hintereinander geschalteten Arbeitsgefäßen, die mit Hilfe von Quecksilberverschlüssen leicht montiert und demontiert werden können. Als Leitungsrohr für Ozon empfiehlt derselbe Verfasser wachsumsponnenen Seidenschlauch (Nelatonsche Magensonde) oder verzinnte, biegsame Stahlrohre. Der Sauer- stoff wird zunächst in drei Waschflaschen, von denen die beiden ersten konzentrierte Schwefelsäure enthalten, während die letzte mit Phos- phorpentoxyd beschickt ist, peinlich getrocknet. Das entweichende Sauer- stoff-Ozongemisch wird durch einen mit stückigem Natriumbikarbonat gefüllten Turm geleitet, wodurch es von etwa entstandenen Stickoxyden gereinigt wird. Einen elektrischen Ozonapparat mit bequem kühlbaren, hohlen Elektroden gab Steynis?) an. — !) L.v. Liebermann, Einfache Laboratoriumseinrichtung zur Erzeugung eines kontinuierlichen Stromes ozonisierter Luft. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 734 (1911). ?) Auch kupferne Elektroden sind anwendbar. >) E. H. Riesenfeld, Stille elektrische Entladungen in Gasen bei Atmosphären- druck. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 726 (1911). *) H. Brach, Apparate zum Arbeiten mit Ozon und zu seiner quantitativen Be- stimmung. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1325 (1912). 5) J. Steynis, Elektrischer Ozonapparat mit kühlbaren hohlen Elektroden. D. R.-P. 217.308. Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. 8.85 (1910). Ei Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 463 Ausführliche. praktisch wichtige Mitteilungen über das Arbeiten mit Ozon und über seine Einwirkung auf organische Verbindungen machte Harries.!) — Eine neue einfache Darstellungsweise von Ozon auf chemischem Wege schlug Malaguin?) vor. Man übergießt 20 g Ammoniumpersulfat mit 15 9 reiner Salpetersäure, erwärmt auf 70° und wäscht das sich ent- wickelnde Gasgemisch mit verdünnter Lauge. Man gewinnt so ein etwa H 3—4°/siges Ozon. Die Umsetzung erfolgt z. T. nach der Gleichung: 5 @ERR 2,0: 7 > HNO, = (NH,,SO, +H,SO, #N, + 2 0,. ä Die Möglichkeit, durch Elektrolyse von Schwefelsäure ein hoch- E: prozentiges Ozon zu erhalten, ist bereits erwähnt worden:®) (vel. Bd. I, S. 243). Nach Archibald und v. Wartenberg*) kann die Ozonausbeute bei diesem Verfahren durch Überlagerung von Wechselstrom erheblich } _ erhöht werden. — . Bezüglich der Eigenschaften von Ozon sei von neueren Beobachtungen folgendes nachgetragen: Nach Manchot>) ist Ozon in reinem Zustande ein neutral reagieren- des Gas, das in konzentriertem Zustande eine azurblaue Farbe besitzt. Verflüssigt zeigt es eine blauschwarze Farbe und siedet bei — 119°.6) Das spezifische Gewicht des Gases ermittelte Ladenburg?) zu 147. Bezüglich der quantitativen Bestimmung von Ozon sei auf die Originalliteratur verwiesen.°) — ar: !) C. Harries, Über die Einwirkung des Ozons auf organische Verbindungen. Liebigs Annal. d. Chem. Bd. 374. S. 288ff. (1910). 2) P. Malaquin, Eine neue Darstellungsweise des Ozons auf chemischem Wege. Journ. Pharm. Chim. [7], T.3, p.329 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S.337 (1911). ®) Siehe ferner: Franz Fischer und L. bendixsohn, Über die Ozonbildung an rotierenden Anoden. Zeitschr. f. anorg. Chem. Bd. 61, S.13 (1909). — Dieselben, Über die Ozonbildung an ruhenden Strichanoden. Ebenda. S. 153 (1909). *) H. v. Wartenberg, Über Ozonbildung durch Wechselstromelektrolyse, nach Ver- suchen von E. H. Archibald. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 812 (1911). 5) W.Manchot, Notiz über Bildung von Stickoxyden im ÖOzonisator. Ber. der Deutsch. chem. Ges. Bd. 41, S. 471 (1908). — Siehe auch: W. Manchot und W. Kamp- schulte, Über die sauren Eigenschaften des Ozons. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 40, S.4989 (1907). 6) L. Troost, Über die Siedetemperatur des flüssigen Ozons. Compt. rend. de l’Acad. des sciences de Paris. T. 126, p. 1751 (1898); Chem. Zentralbl. 1898, Bd. II, S. 254. ?) A. Ladenburg, Über das Ozon. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 31, S. 2508 (1898). — Derselbe, Über Dichte und Molekulargewicht des Ozons. Ber. d. Deutschen chem. Ges. Bd. 31, S. 2830 (1898) und ebenda. Bd. 32, 5.221 (1899). — Vgl. auch: Der- selbe, Eine neue Methode zur Molekulargewichtsbestimmung des Ozons. Ebenda. Bd. 34, S. 631 (1901). — Derselbe, Über die Dichtigkeit des Ozons. Ebenda. Bd. 34, 5.1834 (1901). 8) Siehe z.B.: @. Lechner, Über die Bestimmung des Ozons mittelst alkalischer Jodkaliumlösung. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S.412 (1911). — H. Brach, Apparate zum Arbeiten mit Ozon und zu seiner quantitativen Bestimmung. Chem.-Zeitg. Bd. 36. S. 1325 (1912). — V. Rothmund und A. Burgstalier, Über die Bestimmung von Ozon und Wasserstoffsuperoxyd. Wiener Monatsh. f. Chem. Bd. 34, S. 693 (1913). — R. Fresenius, Bericht über die Fortschritte der analyt. Chem. Bd. 53, S.41 (1914); hier findet sich eine ausführliche Literaturzusammenstellung. 464 Richard Kempf. Ozon löst sich wenig in Wasser. Nach Moufang!) löst 1! Wasser bei 2° etwa 2 mg Ozon, bei 28° nur noch ca. 1'5 mg. Ein geringer Säurezusatz erhöht die Löslichkeit nicht unwesentlich, entgegengesetzt wirkt Alkali- hydroxyd oder -karbonat. Die Löslichkeit von Ozon in Wasser ist eine Funktion von Temperatur, Druck und vor allem der chemischen Natur des Wassers. Ziemlich erheblich löst sich Ozon u. a. in gereinigtem Paraldehyd: 100 Vol. Paraldehyd absorbieren etwa 320 Vol. Ozon. Die Lösung ist ohne Ozonverlust wochenlang haltbar und kann zum bequemen Dosieren von Ozon für chemische Reaktionen dienen. ?) Leitet man ozonhaltiges Gas durch Natronlauge, so findet eine Zer- setzung des Ozons bis zu 3 oder 4°/, statt.3) Schaltet man dann noch dahinter eine Flasche mit konzentrierter Schwefelsäure, so tritt eine abermalige Verminderung des Titers um 2—3°/, ein. Auch wenn man ganz trockenes Ozon (gewonnen aus Sauerstoff, der über Phosphorpentoxyd geleitet wurde) durch konzentrierte Schwefelsäure schickt, wird immer etwas Ozon zerstört, und zwar bis über 1°/,. Benutzt man dagegen nicht so peinlich getrocknetes Ozon (gewonnen aus Sauerstoff, der nur durch Wasser oder konzentrierte Schwefelsäure geleitet wurde), so bleibt merkwürdigerweise der Titer unverändert.) — Hochprozentiger ozonisierter Sauerstoff zersetzt sich gelegentlich frei- willig unter heftiger Explosion.5) Namentlich beim Arbeiten mit etwas stärkerem Ozon (von etwa 50 Vol.’/, an) ist die größte Vorsicht am Platze. Nach Erdmann®) ist aber nur das gasförmige, nicht das verflüssigte Ozon zu Explosionen geneigt. — Die Frage, ob Ozon zur Luftreinigung brauchbar sei, wird ganz verschieden beantwortet. Von der ausgedehnten Literatur über diesen Gegen- stand seien hier nur einige wenige Arbeiten angeführt. Nach Konrich?) hat das Ozon auf Bakterien in trockenem Zustande keinerlei keimtötende Eigenschaften. Einzelne riechende Stoffe, z. B. Schwefelwasserstoff, können zwar durch Ozon verbrannt werden, aber !) Ed. Moufang, Über die Löslichkeit von Ozon in Wasser. Wochenschr. für Brauerei. Bd. 28, S.434 (1911); Chem. Zentralbl. 1911, Bd. II, S. 1674. °) S. Fraser, Fixieren von Ozon in Flüssigkeiten und anderen Körpern. D. R.-P. 216.093. Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 650 (1909). ®) Vgl.: W. Manchot, Über die Bildung von Stickoxyden im Ozonisator. Ber. der Deutsch. chem. Ges. Bd. 41, S. 471 (1908). *) C. Harries, Über das Verhalten von Ozon gegen konzentrierte Schwefelsäure. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd.18, S. 129 (1912). — Vgl. auch: Derselbe, Über Bildung des Ozons. Ebenda. Bd. 17, S. 631 (1911) und R. Luther, ebenda, S. 633. 5) Siehe z. B.: Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 337 (1902). °) H. Erdmann, Einige neue Vorlesungsversuche. Ber.d.Deutsch. chem. Ges. Bd. 37, 5.4739 (1904). ‘) Konrich, Zur Verwendung des Ozons in der Lüftung. Chem.-Zeitg. Bd. 36, 5.1360 (1912). — Derselbe, Zuschrift an die Redaktion. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 385 und 604 (1913). — Siehe auch: Lee, Über physiologische Fragen der Lüftung. Chem.- Zeitg. Bd. 38, S. 161 (1914). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 465 auch dazu sind so große Ozonmengen nötig, wie sie in der Praxis gar nicht benutzt werden können, weil die Luft dadurch vollkommen irrespi- rabel würde. Die Wirkung beruht demnach nur in seiner parfümieren- den, geruchsüberdeckenden Leistung. Aber auch diese Wirkung ist hygienisch nicht einwandfrei, weil Ozon bekanntlich die Schleimhäute an- greift und daher zu den giftigen Gasen zu rechnen ist. — Etwas weniger schroff ablehnend äußerte sich Czaplewski!) in dieser Angelegenheit. In trockenem Zustande werden Bakterien von Ozon zwar nicht zerstört, wohl aber in feuchtem Zustand. Aus technischen Betrieben liegen zum Teil gute Erfahrungen vor.?) Die wichtigsten Hoffnungen, die man an das Ozon knüpfte, daß es nämlich Gerüche werde beseitigen können, sind allerdings nur in geringem Mabe erfüllt worden.) — Entschiedene Lobredner für das Ozon als Luftreinigungsmittel sind dagegen u. A. Gärttner*), Hill und Flack>), Schmitz°), Kupfer’), Erlwein.°) — Bedenklich in hygienischer Beziehung ist aber auf jeden Fall der Umstand, daß bei der Ozonisierung von Luft auch Stickoxyde auftreten können°), die ohne Frage gesund- heitsschädlich wirken (vgl. unten, S. 472). Ozon läßt sich durch den Geruch schon bei Anwesenheit von 1 Teil in 10 Millionen Teilen Luft erkennen. !°) Bei der künstlichen Ozonisierung sol man sich bezüglich der Dosierung nach den Erfahrungen Erlweins möglichst an die Verhältnisse der Natur halten. Dem entsprechend sollten einem Kubikmeter Luft nur etwa O'1 mg Ozon zugesetzt werden. !!) — Als Hahnschmiere beim Arbeiten mit Ozon in gläsernen Apparaten em- pfiehlt sich die Anwendung von Metaphosphorsäure. Man erhält diese sehr einfach so, daß man das Hahnküken in pulverförmiges Phosphorpentoxyd ein- taucht und die hängengebliebenen Teilchen an der Luft zerfließen läßt. !?) 2) Czaplewski, Verwendung des Ozons bei der Lüftung. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S.978 (1913). 2) Siehe z.B.: L. v. Vetter und Ed. Moufang, Das Ozon in der Brauerei. Wochen- schrift f. Brauerei. Bd. 28, S. 377 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35. Rep. S. 563 (1911). 3) Vgl. darüber auch: L. Schwarz und @G. Münchmeyer, Weitere experimentelle Untersuchungen über Luftozonisierung. Zeitschr. f. Hyg. u. Infekt.-Krankh. Bd. 75, S. s1 (1913); Chem. Zentralbl. 1914, Bd.I, S. 56. #) Gärttner, Die Reinigung der Luft mit Ozon. Sozialtechnik. Bd. 8, S. 166 (1909); Chem.-Zeitg. Bd.33, Rep. S. 357 (1909). 5) L. Hill und M. Flack, Der Einfluß des Ozons in der Ventilation. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 513 (1912). 6) E.Schmitz, Zuschrift an die Redaktion. Chem.-Zeitg. Bd.37,S.384 und 604 (1913). ?) L. A.v. Kupffer, Verwendung des Ozons bei der Lüftung. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S.978 (1913). ®) @g. Erliwein, Über Luftozonisierung. Techn. Rundschau. 1913, S. 131. ®) Vgl.: W. Manchot, Über die Bildung von Stickoxyden im Ozonisator. Ber. der Deutsch. chem. Ges. Bd. 41, S. 471 (1908). 10) Small, ]. ce. 11) Ozaplewski, ]. e. 12) Siehe: M. W. Travers, Experimentelle Untersuchung von Gasen. Deutsch von T. Estreicher, Braunschweig (F. Vieweg & Sohn) 1905, S. 24. — Vgl.: Franz Fischer und K. Massenez, Über die Darstellung von Ozon durch Elektrolyse. Zeitschr. f. anorg. Chem, Bd. 52, S. 209 (1907). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 30 4656 Richard Kempf. 5) Stickstoff. (Vgl. S. 244— 246.) Zur Darstellung von Stickstoff im Kippschen Apparat kann man diesen mit Chlorkalk, der in Würfel gepreßt ist, und wässerigem Am- moniak beschicken. !) Eine praktische Versuchsanordnung zur bequemen Gewinnung größerer Mengen flüssigen und festen Stickstoffs gab Deschauer ?) an. — Über die Explosion von vier mit komprimiertem Stickstoff gefüllten Stahlflaschen wurde neuerdings berichtet. ®) (Vgl. oben, S. 438.) Über die Darstellung völlig reinen Stickstoffs (und Argons) veröffent- lichten Fischer und Hähnel*) ausführliche Angaben. Eine neue, sich durch größere Reaktionsfähigkeit auszeichnende Modi- fikation des Stickstoffs glaubt u. A. Strutt>) aufgefunden zu haben. Sie wird durch elektrische Entladungen aus dem gewöhnlichen Stickstoff dargestellt. 2) Chlor. (Vgl. S. 246—250.) Die Graebesche Methode der Chlorgewinnung aus Salzsäure und Permanganatkristallen (vgl. Bd. I, S. 249) ist nach Lewis und Wedekind $) sehr empfehlenswert. Man erhält mit Hilfe der Versuchsanordnung der Verfasser einen konstanten Chlorstrom ohne jede Unterbrechung in jeder 1) @. Neumann, Journ. f. prakt. Chem. [2], Bd. 37, S.342 (1888). — Vgl. auch: E.H. Riesenfeld, Stille elektrische Entladungen in Gasen bei Atmosphärendruck. Zeit- schrift f. Elektrochem. Bd. 17, S. 725 (1911). °) A. Deschauer, Apparate zur bequemen Darstellung größerer Mengen flüssigen und festen Stickstoffs in der Vorlesung. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 73 (1913). ®) Vgl.: Chem.-Zeitg. Bd.37, S.179 (1913). — Siehe auch: Gg. Erliein, Herstellung und Verwendung von Ozon. Leipzig (H. A. L. Degener) 1912. *) Franz Fischer und O. Hähnel, Über die Reindarstellung von Argon und Stick- stoff. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 1435 (1910). °) R..J. Strutt, Eine chemisch-aktive Modifikation des Stickstoffs, die durch die elektrische Entladung entsteht. Proc. Royal Soc. London. Serie A. Vol. 85, p. 219 (1911); Chem. Zentralbl. 1911, Bd. Il, S.346. — F. Comte, Über die chemisch-aktive Modifika- tion des Stiekstoffs. Physik. Zeitschr. Bd. 14, S. 74 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I, S. 994. — E. Tiede, Aktiver Stickstoff. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 46, S. 340 (1913). — R.J. Strutt, Über die chemisch-aktive Modifikation des Stickstoffs. Physik. Zeitschr. Bd. 14, S. 215 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. I, S. 1570. — R.J. Strutt, Eine aktive Modifikation des Stickstoffs, die durch die elektrische Entladung erzeugt wird. V. Proc. Royal Soe. London. Serie A, Vol. 88, p. 539 (1913); Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 931. — E. Tiede und E. Domcke, Zur Frage des aktiven Stiekstoffs. III. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 47, S.420 (1914). — Siehe auch: A. Koenig und E. Elöd, Zur Frage der Stickstoffoxydation bei elektrischen Entladungen. II.: Über die Aktivierung von Stickstoff und Sauerstoff im Gleiehstrom-Glimmbogen. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 47, S. 516 (1914); hier findet sich auch eine Zusammenstellung der neueren Literatur über aktiven Stickstoff. — H.B. Baker und R..J. Strutt, Über die aktive Modifikation des Stiekstoffs. Ebenda, S. 801. °) 8. J. Lewis und E. Wedekind, Die Reinheit des aus Kaliumpermanganat und Salzsäure dargestellten Chlors. Zeitschr. f. anorgan. Chem. Bd. 22, S. 580 (1909); Chem.- Zeitg. Bd. 33, S. 262 (1909). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik*“. 467 gewünschten Geschwindigkeit. Das Gas erwies sich als völlig frei von irgend welchen nachweisbaren Mengen fremder Gase (Chlorperoxyd C1O,, Chlormonoxyd Cl, O, Sauerstoff usw.). Die Reaktion tritt unmittelbar beim Zusammentreffen der Reagenzien ein. Zur Absorption von Chlor aus chlorhaltigen Gasgemischen kann man diese durch flüssige, wasserfreie und keinen Wasserstoff enthaltende an- organische Chloride oder Oxychloride, am besten durch wasserfreies Zinntetrachlorid, leiten. Erhitzt man die so erhaltene Flüssigkeit —- am besten unter gleichzeitiger Druckverminderung —, so entweicht das ab- sorbierte Chlor wieder in reinem Zustande. ') Ein anderes Verfahren betrifft die Gewinnung reinen, trockenen Chlors aus dem festen Chlorhydrat, das aus feuchten, chlorhaltigen Gas- gemischen durch starke Abkühlung gewonnen wird. ?) b) Die Darstellung anorganischer gasförmiger Verbindungen. (Vgl. Bd. I, S. 250— 267.) x) Schwefelwasserstoff. (Vel. S. 250—253.) Daß Schwefelwasserstoff nicht verflüssigt im Handel ist, hat an- scheinend allein darin seinen Grund, daß es nicht möglich ist, ein ge- eignetes Metall zu finden, um daraus Röhren und hauptsächlich Ventile herzustellen, welche dem zerstörenden Einflusse des Schwefelwasserstoffs einen genügenden Widerstand zu leisten imstande wären. Guß- und Schmiedeeisen, Stahl, Bronzen usw. werden zerfressen, und die Ventile büßen in wenigen Tagen ihre Dichtung ein.?) — Über wertvolle praktische Erfahrungen mit dem Zentral-Schwefel- wasserstoffapparat nach Küster (vgl. Bd. 1, S. 250 u. Fig. 413, S. 251) be- richtete Stock.*) Auch Campbell>) beschrieb eine größere Schwefelwasser- stoffanlage, die sich für den Laboratoriumsgebrauch gut bewährt hat, ferner Urbasch (vgl. oben, S. 444 u. Fig. 197). Über die zahllosen verschiedenen Gasentwicklungsapparate, die spe- ziell für die Darstellung von Schwefelwasserstoffgas konstruiert worden sind, siehe im übrigen oben S. 439ft. !) Th. Goldschmidt, Abscheidung des Chlors aus chlorhaltigen Gasgemischen. D. R.-P. 206.104; Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 73 (1909). 2) E. A. Sperry, Entwässerung von feuchtem Chlor. V. St. Amer. Pat. 905.602; Chem.-Zeitg. Bd.33, Rep. S.10 (1909). 3) Siehe: P. Bourcet, Zur Frage der Verwendung von flüssigem Schwefelwasser- stoff in Laboratorien. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 423 (1912). — Vgl. auch: J. Melbauer, ebenda. S. 150 und M. Ragg, ebenda. S. 201. #) 4. Stock, Über die Leitungsanlagen in chemischen Instituten. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 1329 (1911). 5) E. D. Campbell, Die Verteilung des Schwefelwasserstoffs in einem großen Laboratorium und die Verwendung von Aluminiumhähnen. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 33, p. 947 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 437 (1911). 30* A468 Richard Kempf. 5) Schwefeldio@yd (schweflige Säure). (Vgl. S. 253 — 254.) Über Elektrolysen in flüssigem Schwefeldioxyd berichteten Bagster und Steele‘), Versuche über die Absorption von gasförmiger schwefliger Säure durch Kautschuk und durch Blutkohle veröffentlichte Reychler.?) x) Chlorwasserstoff. (Vgl. S. 254—256.) Einen neuen Apparat zur Entwicklung von trockenem Salzsäuregas im Laboratorium gab Dowzard:) an. Das Gas wird nach der gewöhn- lichen Methode aus konzentrierter Salzsäure und konzentrierter Schwefel- säure dargestellt, aber derart, daß — umgekehrt wie sonst — die Salz- säure tropfenweise in überschüssige Schwefelsäure gelangt. Konzentrierte käufliche Salzsäure fließt aus einer Vorratsflasche durch ein Rohr mit einer unten fein ausgezogenen Spitze in eine zur Hälfte mit konzentrierter Schwefelsäure gefüllte Entwicklungsflasche, die sich unterhalb des Salz- säurevorrats befindet. Die Spitze des Verbindungsrohres taucht bis auf den Grund der Schwefelsäure. Das sich entwickelnde Gas entweicht daher bereits ziemlich gut vorgetrocknet. In angeschlossenen Waschflaschen mit konzentrierter Schwefelsäure wird es völlig getrocknet. Über die Gewinnung völlig reinen und trockenen Chlorwasserstoffs nach Moissan siehe oben (S. 389). — Wie bereits erwähnt (vgl. oben S. 405). ist Phosphorpentoxyd zum Trocknen von Chlorwasserstoff (und ebenso von Bromwasserstoff) nicht geeignet, da es in Berührung mit diesen Gasen flüchtige, phos- phorhaltige Produkte liefert.*) Chlorzink ist hier als Trocknungsmittel vorzuziehen. Wasser von 0° absorbiert bei 760 mm Druck 5051 Volumen Chlor- wasserstoffgas. Auch in Äthylalkohol, Methylalkohol, Eisessig, Äther, Benzol, Hexan, Xylol ist das Gas löslich. Nach Pierre 5) löst 1 Volumen Alkohol (d = 0'836) 327 Volumina Chlor- wasserstoffgas bei 17°, dehnt sich-dabei auf 1'324 Volumen aus und zeigt dann die Dichte 1'005. Eine gesättigte Lösung von Chlorwasserstoff in ') L. S. Bagster und B. D. Steele, Elektrolyse in flüssigem Schwefeldioxyd. Chem. News. Vol. 105, p. 157 (1912); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. I, S. 1953. ?) A. Reychler, Über die Absorption von Kohlensäure und von Schwefelsäuregas dureh Kautschuk und durch Blutkohle. Journ. de Chim. physique. T. 8, p. 617 (1910); Chem. Zentralbl. 1911, Bd. I, S. 599. ®) E. Dowzard, Ein Entwicklungsapparat für Salzsäuregas für den Laboratoriums- gebrauch. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 4, p. 452 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 429 (1912). *) @. P. Baxter und R. D. Warren, Der Wirkungswert von Kalziambromid, Zink- bromid und Zinkchlorid als Trocknungsmittel. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 33, p. 340 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 185 (1911). °) Pierre, Annal. Chim. Phys. [3], T. 31, p. 135 (1851); Jahresber. 1851, S. 504. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik*. 469 Alkohol enthält 39:06°/, HCl bei 10°%.1) In ätherischer Lösung verliert Chlorwasserstoff seine Eigenschaften und entwickelt aus Marmor kein Kohlendioxyd, mit Natrium und Magnesium keinen Wasserstoff.?) Die Ab- sorption von gasförmigem Chlorwasserstoff in wasserfreiem Äther und die Löslichkeit von Äther in wässeriger Salzsäure wurde von Schuncke :) be- stimmt. Hiernach enthält ein Gramm einer Lösung von Chlorwasserstoff- gas in reinem Äther bei: — I + 04° + 148° + 30° 03751 03541 02780 0:1947 g HÜI. Benzol löst bei 18° etwa 2 Gew.-°/, Chlorwasserstoff; diese Lösung hat kein elektrisches Leitvermögen. Die Dampfdrucke des Chlorwasserstoffs bei verschiedenen Tempera- turen bestimmten Cardoso und Germann.*) Verdichtet bildet Chlorwasser- stoff eine farblose Flüssiekeit von der Dichte 0'908 bei 0°5) und dem Siedepunkt —82°9°. 6) Fester Chlorwasserstoff schmilzt bei —111'3°. 7) 9) Bromwasserstoff. (Vgl. S. 256— 258.) Zur Darstellung von wässeriger Bromwasserstoffsäure trägt man in Wasser, das von Brom unterschichtet ist, allmählich und in kleinen Mengen ein Sulfid, Polysulfid oder Sulfhydrat der Erdalkalien derart ein, daß eine Temperaturerhöhung vermieden wird.°) Hierdurch wird eine hydrolytische Spaltung der Sulfide verhindert und das Brom bleibt stets im Überschuß vorhanden. Die gebildete Bromwasserstoffsäure löst sich in dem Reaktionsgemisch, aus dem man durch Destillation oder Filtration des entstandenen Sulfats eine reine Säure gewinnen kann. — Nach Gray und Ramsay’) erhält man reines Bromwasserstofigas, wenn man Wasserstoff durch Brom strömen, die gemischten Gase durch 1) J. C. Cain, Mitteilung über die Einwirkung von Chlorwasserstoff auf Äthyl- alkohol. Chem. News. Vol. 73, p. 82 (1897); Jahresber. 1897, S. 1185. 2) Vgl.: Gmelin-Krauts Handbuch der anorg. Chemie. 7. Aufl., Heidelberg 1909, Bd. 1,, S. 84. 3) J. Schuncke, Über die Löslichkeit des Äthyloxydes in Wasser und wässeriger Salz- säure. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd.14, S.331 (1894); Chem. Zentralbl. 1894, Bd. II, S. 197. %) E.Cardoso und A. F.O.Germann, Dampfdrucke des Chlorwasserstoffs. Journ. de Chim. physique. T.11, p. 632 (1913); Chem. Zentralbl. 1914, Bd.1, S. 14. 5) @. Ansdell, Proc. Royal Soc. of London. Vol. 30, p. 117 (1880); Jahresber. 1880, S. 265. 6) Me Intosh und B. D. Steele, Verflüssigte Wasserstoffverbindungen des Phosphors, des Schwefels und der Halogene als leitende Lösungsmittel. Proc. Roy. Soe. of London. Vol. 73, p. 450 (1904); Chem. Zentralbl. 1904, Bd. II, S. 398. ?) A. Ladenburg und C. Krügel, Über die Messung tiefer Temperaturen. 1I. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 33, S. 637 (1900). $) Gewerkschaft „Einigkeit“. Darstellung von Bromwasserstoffsäure. D. R.-P. 233.840; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S. 229 (1911). 9) R. Whytlaw-Gray und W. Ramsay, Das Atomgewicht des Radiums. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 80, S. 263 (1912). 470 Richard Kempf. eine rotglühende, mit Asbest beschickte Quarzröhre hindurchstreichen und dann über eine Säule von Phosphorpentoxyd wandern läßt. Einen sehr be- quemen Apparat für diese synthetische Darstellungsweise des Gases gaben Claisen und Eisleb!) an. Bezüglich der Trocknung von Bromwasserstoffgas siehe auch oben Ss. 405 u. 8. 468. &) Jodwasserstoff. (Vel. S. 258 — 260.) Nach Beckmann?) erhält man bequem einen Strom von reinem Jod- wasserstoff, wenn man diesen zunächst aus Phosphortrijodid darstellt, ihn in Wasser bei 0° bis zur Sättigung einleitet und die an der Luft rauchende Lösung dann erwärmt. Zum Trocknen des entweichenden Gases verwendet man zweckmäßig Kalziumjodid: Chlorkalzium ist in diesem Falle nicht brauchbar, da es Salzsäure abgibt. Nach Bodenstein und Vietor Meyer °) sind aber so gewonnenem Jod- wasserstoff stets Spuren von Phosphorverbindungen beigemenet. Reinen Jodwasserstoff erhält man nur durch Überleiten von reinem Wasserstoff und Joddämpfen über erhitztem Platinasbest. Der reine Jodwasserstoff läßt sich, wenn er nicht mit Kautschuk, Kork oder dgl. in Berührung kommt, zu einer schwach amethystfarbigen Flüssigkeit verdichten, die bei — 357° siedet und bei — 51° erstarrt. ?) Über einen Apparat zur Entwicklung von Jodwasserstoff, siehe oben (S. 453, Fig. 210). (©) Ammoniak. (Vgl. S. 261— 263.) 3equeme Prüfungsmethoden für das flüssige Ammoniak des Handels hat Richardson +) ausgearbeitet. Man bestimmt den Verdunstungsrückstand, der auf 100 cm? Ammoniak höchstens O'1 cm? betragen soll, und die beige- mengten Gase, die nach den Analysen von Richardson aus Luft mit einem etwas geringeren Sauerstoffgehalt, als der atmosphärischen Luft entspricht. und kleinen Mengen von Wasserstoff bestehen. Ferner enthält das käuf- liche Ammoniak wohl stets etwas Kohlendioxyd chemisch gebunden. Der Siedepunkt flüssigen Ammoniaks unter Atmosphärendruck liegt bei — 53°, der Schmelzpunkt der festen Verbindung bei — 777%. 5) !) L. Claisen und O. Eisleb, Über die Umlagerung von Phenolallyläthern in die isomeren Allylphenole. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 401. S.28 (1913). °) E. Beckmann, Ebullioskopische Bestimmungen bei tiefen Temperaturen, —35'7° bis —82°9°. Zeitschr. f. anorg. Chem. Bd. 74, S. 297 (1911); Chem. Zentralbl. 1912, Bd. I, S. 1881. ®) M. Bodenstein und Vietor Meyer, Über die Zersetzung des Jodwasserstoffgases in der Hitze. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 26, S. 1148 (1893). *) W. D. Richardson, Prüfung des flüssigen Ammoniaks des Handels. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 2, p. 97 (1910); Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 198 (1910). °) Vgl.: F. Haber und R. Le Rossignol, Über die technische Darstellung von Ammoniak aus den Elementen. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 19, S. 55 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 471 Flüssiges Ammoniak scheint das einzige Lösungsmittel für Natrium- amid zu sein. !) n) Stickoxydul (Lachgas)?): N,0. (Vgl. S. 263— 265.) Eine neue bequeme Methode zur Darstellung von Stickoxydul gab Quartaroli?) an. Man erwärmt hiernach 20—25 cm® Ameisensäure mit 05g Natriumnitrat gelinde und leitet das sich entwickelnde Gas durch eine 20°/,ige, auf 40° erwärmte Kaliumhydroxydlösung. Wenn die Reaktion schwächer wird, fügt man eine neue Menge Kaliumnitrat hinzu, und fährt damit fort, bis die Gasentwicklung aufhört. Der Prozeß, der quantitativ nach der folgenden Gleichung verläuft: 2KNO, + 6H.CO0OH = N;0 + 4C0, +5H;0 + 2H.COOK, kann auch zur Bestimmung von Nitraten in Trinkwässern, Dünge- mitteln oder dgl. dienen. %) Stickoxyd: NO. (Vgl. S. 265.) Über die physikalischen Konstanten des Stickoxyds bei tiefen Tem- peraturen berichtete Adwentowski.*) Die kritische Temperatur beträgt — 929°, der kritische Druck 646 Atm., der Siedepunkt liegt bei — 150'2°, der Schmelzpunkt bei — 160°6°. In flüssigem Zustande ist Stickoxyd in dicken Schichten hellblau, in dünnen farblos. Die hellblaue Farbe rührt wahrscheinlich von Spuren Stickstofftrioxyd (N, 0,) her. Bei niedriger Temperatur ist eine Polymerisation des Stickoxyds wahrscheinlich. ı) Stickstofftrioeyd (gasförmige salpetrige Säure, „nitrose Dämpfe“): N; O;. (Vgl. S. 266— 267.) Die gasförmige salpetrige Säure, wie man sie zum Diazotieren or- ganischer Verbindungen braucht, kann man auch aus einer Mischung von Stärkemehl und Salpetersäure darstellen.) — !) Vgl. dieses Handbuch. Bd. IV, S. 1144. ?) Literatur z.B.: H. Rasch, Die Zündungen durch verdichteten Sauerstoff und die Explosionsgefahr des Stickoxyduls. Weimar (C. Steinert) 1904. ®) A. Quartaroli, Neue Methode zur Darstellung von Stickoxydul und ihre An- wendung zur Bestimmung der Nitrate. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 353 (1911) und Gazz. chim. ital. Vol. 41 [IT], p. 53 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 2 (1912). *) K. Adwentowski, Über das Verhalten des Stickoxyds bei niederen Tempera- turen. Anz. d. Akad. d. Wiss. in Krakau 1909, S. 742; Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 93 (1910). 5) Vgl. z. B.: A. Strecker, Über die künstliche Bildung der Milchsäure und einen neuen, dem Glykokoll homologen Körper. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 75, 8.42 (1850). 472 Richard Kempf. Über die große Giftigkeit nitroser Gase wurde vielfach berichtet. !) Die niederen Stickoxyde stellen ein um so tückischeres Gift dar, als bei ihrer Einatmung keine besonderen momentanen Beschwerden, wie es bei Chlor, Schwefeldioxyd oder dgl. stets der Fall ist, einzutreten pflegen. Die oft tödlich verlaufenden Symptome treten meist erst mehrere Stunden nach dem Einatmen der Gase auf. Es ist darum beim Arbeiten mit diesen Stickstoffoxyden ganz besondere Vorsicht geboten. Als Gegenmittel gegen die Schädigung durch nitrose Dämpfe ist so- wohl subkutane Chlorkalziumzufuhr, als auch die Anwendung von Chloro- form ungeeignet.) Letzteres kann sogar unter Umständen schädlich wirken.?) Dagegen sind Sauerstoffinhalationen *), nötigenfalls auch Aderlässe 5) oft von Erfolg gekrönt. c) Die Darstellung kohlenstoffhaltiger gasförmiger Verbindungen. (Vgl. Bd. I, S. 267— 275.) +) Kohlenoxyd. (Vgl. S. 267 — 268.) Nach Wade und Panting®) erhält man fast reines Kohlenoxyd in theoretischer Ausbeute, wenn man konzentrierte Schwefelsäure auf 98/,iges, stückiges Cyankalium tropfen läßt. (Läßt man verdünnte Schwefelsäure auf Cyankalium einwirken, so entweicht fast reine Blau- säure; vgl. unten, S. 477.) Infolge seiner Geruchlosigkeit ist Kohlenoxyd das gefährlichste aller giftigen Gase, das schon viele Opfer gefordert hat.”) Es ist daher auch beim Arbeiten mit diesem Gase, das ein heftiges Blutgift darstellt, die größte Vor- sicht am Platze. !) Siehe z. B.: T. Gigli, Vergiftung durch nitrose Gase. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 1136 (1910). — KRisel, Tödliche Vergiftung durch Einatmen untersalpetrigsaurer Gase. Ver. ger. Med. Bd. 41, S: 29 (1911) und Zeitschr. Med.-Beamte 1911, S. 388; Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. 8.609 (1911). — Schubert, Über Nitrosevergiftung. Zeitschr. Med.-Beamte 1911, Nr. 15 und Gewerbehyg. u. Gewerbekrankh. 1911, S. 12; Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S.26 (1912). 2) K. B. Lehmann und L. Diem, Experimentelle Studien über die Wirkung tech- nisch und hygienisch wichtiger Gase und Dämpfe auf den Menschen. XXX. Die Sal- petersäure. Arch. Hyg. Bd.77, 8.311 u. 323 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 344 (1913). 3) F. Curschmann, Ist Chloroform ein geeignetes Gegenmittel nach Einatmung nitroser Gase? Deutsche med. Wochenschr. Bd. 37, S. 1025 (1911); Chem.-Zeitg. Bd. 35, Rep. S.579 (1911). *) Vgl. z. B.: Chem.-Zeitg. Bd. 36, Rep. S. 26 (1912). °) F. Curschmann, ]. e. 6) J. Wade und L. ©. Panting, Darstellung von wasserfreiem Uyanwasserstoff und Kohlenoxyd. Proceedings Chem. Soc. 1897/1898, p.49 und Journ. Chem. Soe. London. Vo01.73, p. 255 (1898); Chem. Zentralbl. 1898, Bd. I, S. 826. ") Vgl.z. B.: A. Neuburger, Zur Geschichte der Kohlenoxydgasvergiftungen. Chem.- Zeitg. Bd. 37, S. 1178 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 473 5) Kohlendioxyd. (Vgl. S. 268— 270.) Infolge der Verwendung nahtlos gezogener Stahlflaschen an Stelle von geschweißten schmiedeeisernen Flaschen als Behälter für flüssiges Kohlendioxyd sank das Gewicht der Flaschen, die für den Transport von 10 kg Kohlendioxyd nötig sind, von 42 kg auf 25 kg und der Preis von 66 Mk. auf 14 Mk.!) — Praktische Maßregeln zur Gewinnung ganz reinen Kohlendioxyds aus einem Kippschen Apparate teilte Pregl?) mit. Um ein luftfreies Gas zu erhalten, wie es für manche analytische Zwecke, z. B. für die Stickstoffbe- stimmung nach Dumas, notwendig ist, muß man vor allem dafür sorgen, daß die zur Kohlensäureentwicklung aus Marmor dienende verdünnte Salzsäure von der in ihr stets gelösten Luft befreit wird. Man erreicht eine Entlüftung der Salzsäure in einfachster Weise dadurch, daß man durch das Trichterrohr des Kippschen Apparates ein haselnußgroßes Marmor- stück in die unterste Kugel hineinfallen läßt. Durch das reichlich ent- wickelte Kohlendioxyd wird die Luft aus der Salzsäure verdrängt. — Um zu verhindern, daß die Säure wieder Luft aus der Atmosphäre aufnimmt, muß man den toten Raum der obersten Kugel des Kippschen Apparates dauernd mit Kohlendioxyd gefüllt halten (vgl. oben, S. 443). Zur Bestimmung des Luftgehaltes des flüssigen Kohlendioxyds empfahl Wentzki3) eine bequeme Vorrichtung. Einen bewährten Laboratoriums-Zentralapparat zur Entwicklung großer Mengen Kohlendioxyd gaben Purrmann und Verbeek*) an (vgl. auch oben, S. 445 und Fig. 198). y) Athylen: CH, : CH,. (Vel. 8. 270.) Zur Darstellung reinen Äthylens kann man nach Mailhe>) Alkohol- dämpfe bei 360° über Tonerde leiten: CH, . CH, OH = CH,:CH, + H,0. Oberhalb der angegebenen Temperatur zersetzt sich das Äthylen, unterhalb derselben bildet sich Äther in merklichen Mengen. ®) ‘) H. Baum, Die wirtschaftliche Bedeutung und die Handelstechnik der Kohlen- säureindustrie. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 361 (1911). ?) Vgl.: F. Pregl, Die quantitative Mikroelementaranalyse organischer Substanzen. Dieses Handbuch. Bd. V,, S. 1333. °) 0. Wentzki, Apparat zur Bestimmung des Luftgehaltes der flüssigen Kohlen- säure. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 26, Aufsatzteil 8.376 (1913). *) €. Purrmann und P. Verbeek, Ein praktisch bewährter Laboratoriumsapparat zur Entwicklung von Kohlendioxydgas. Chem.-Zeitg. Bd. 35, S. 927 (1911). °) Vgl.: P. Sabatier und A. Mailhe, Einwirkung der Metalloxyde auf die primären Alkohole (nicht reduzierbare Oxyde). Compt. rend. de l’Acad. des sciences. T. 147, p. 106 (1908); Chem. Zentralbl. 1908, Bd. II. S. 675. 6) Vgl.: ©. Sprent, Die technische Darstellung des Äthans. Chem.-Zeitg. Bd. 37, 3.642 (1913). 474 Richard Kempf. 8) Azetylen!): CH! CH. (Vel. 8.271275) Zur Entwicklung von Azetylen aus Kalziumkarbid im Laboratorium eignen sich am besten die Einwurfapparate (vel. oben, S. 452). Jedoch dürfte auch die von Steinkopf angegebene Vorrichtung (siehe oben, S. 440 und Fig. 190) brauchbar sein. Wendet man an Stelle von Wasser eine bei 20° gesättigte Salzlösung an, so läßt sich nach Dennis und O’Brien?) ein ruhiger Strom von Azetylen auch im Kippschen Apparat entwickeln. Komprimiertes Azetylen ist, wie bereits erwähnt, explosiv, nicht da- gegen das in Azeton gelöste oder von porösen Massen aufgenommene Azetylen. Die Entdeckung, daß Azeton die Eigenschaft besitzt, große Mengen des Gases zu lösen, stammt von Claude und Hess. 3) Zur gefahr- losen Aufspeicherung von komprimiertem Azetylen kann die Azetonlösung nicht dienen, weil sich die Flüssigkeit während des Verbrauches des Aze- tylens oder durch Abkühlung zusammenzieht und dann oberhalb des Flüs- sigkeitsspiegels ein mit explosivem Azetvlengas erfüllter Raum entsteht. Das Verdienst, mit Hilfe der porösen Masse „Aga“ durch ein umständ- liches, sorgfältig ausgearbeitetes Verfahren einen praktisch brauchbaren Azetylenakkumulator geschaffen zu haben, gebührt Dalen. *) Bezüglich einiger anderer poröser Massen, die zur Aufspeicherung von Azetylen dienen können, sei auf die Literatur verwiesen.) Die Löslichkeit von Azetylen in Azeton und Azeton-Wassergemischen bestimmten Kremann und v. Höhnel $) Hiernach lösen sich in einem Liter wasserfreien Azetons bei 0° 37'289 und bei 18° 21°0 g Azetylen. Bei Wasserzusatz nimmt die Löslichkeit von Azetylen in Azeton zuerst rasch, später (von 50 Volumprozent Wasser an) nur noch langsam bis zu dem Wert für reines Wasser ab. In diesem '!) Literatur: N. Caro, A. Ludiig und J. H. Vogel, Handbuch des Azetylens. Braunschweig (Friedr. Vieweg & Sohn) 1904. — J.H. Vogel, Das Azetylen, seine Eigen- schaften, seine Herstellung und Verwendung. Leipzig (Otto Spamer) 1911. ?) L. M. Dennis und W. J. O'Brien, Die Bestimmung des Phosphors im technischen Azetylen. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol.7, p. 834 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 37, 8.147 (1913). — Vgl. dagegen: H. Biltz, Dijodazetylen und Tetrajodazetylen. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 30, S.1207 (1897). °») @. Claude und A. Hess, Über eine neue Aufspeicherungsmethode für Azetylen. Compt. rend. de l’Acad. des sciences. T. 124, p. 626 (1897); Chem. Zentralbl. 1897, Bd. I, S. 800. *) Vgl. P. Klason: Gustav Dalen, Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1453 (1912). °) Siehe z. B.: Actiebolaget Gasakkumulator, Aufspeicherung von Azetylen in mit einer porösen Masse gefüllten Behältern. D. R.-P. 211.279: Chem.-Zeitg. Bd. 33, Rep. S. 399 (1909). — E. Dalen, Poröse Masse zur Aufspeicherung von in Azeton gelöstem Azetylen. Schwed. Pat. 34.285; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 385 (1913). — Soc. Champy Freres, Poröse Stoffe für Behälter explosiver Gase. Franz. Pat. 453.353; Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 568 (1913). 6) R. Kremann und H.v. Höhnel, Über die Löslichkeit von Azetylen in Azeton und Azeton-Wassergemischen. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 848 (1913) und Chem. Zentralbl. 1913, Bd. II, S. 1169. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 475 lösen sich pro Liter bei 18° 0'123 g Azetylen. Nach Olaude und Hess (l. e.) löst Azeton bei gewöhnlichem Druck und bei 15° das 25fache seines Vo- lumens an Azetylen, bei 12 Atmosphären etwa das 300fache. Eine bequeme Methode zur quantitativen Bestimmung des Phos- phors im technischen Azetylen gaben Dennis und O'Brien!) an. Delepine ?2) untersuchte die Entflammbarkeit eines Gemisches von Azetylen mit etwa 30°/, Luft und stellte fest, daß sich ein derartiges Ge- misch bei einem Druck von 1'!/, Atm. nicht entzündet, wenn ein Induk- tionsfunke von 2 mm Länge hindurchgeleitet wird (vgl. im übrigen die Originalabhandlung). Auch über die kleinste Azetylenmenge, die in einem - geschlossenen Raume eine Explosion veranlassen kann, liegen Untersuchungen von verschiedenen Forschern vor.?) Die Empfindlichkeit der Reaktion zwischen Azetylen und ammonia- kalischer Kupferlösung untersuchten Scheiber und Reckleben.*) Sie stellten fest, daß man aus ammoniakalischer, mit Hydroxylamin reduzierter Kupfer- lösung das Kupfer durch Azetylen noch in folgenden Verdünnungen ab- scheiden kann: 1:100.000, wenn die Lösung keine organischen Salze enthält, 1: 200.000, wenn größere Mengen Ammoniumazetat oder Ammonium- tartrat vorhanden sind. Die Fällungen werden allerdings bei den Grenzkonzentrationen im allgemeinen erst nach langer Zeit sichtbar. <) Cyan (Oxalsäurenitril): (CN)»: Zur Darstellung von Cyan >) erhitzt man getrocknetes und fein zer- riebenes Cyanquecksilber in einer Retorte oder Röhre aus schwer schmelzbarem Glas zum schwachen Glühen und fängt das entweichende Gas über Quecksilber auf. Der nach Thomsen ®) mit einer großen nega- tiven Wärmetönung verlaufende Prozeß vollzieht sich nach der folgenden Gleichung: Hg (CN), —> Hg + (CN), [— 19.000 cal.]. Als Nebenprodukt der Reaktion bildet sich schwarzes, nicht flüch- tiges Paracyan: (CN),, ein Vorgang, der mit einer positiven Wärme- tönung verbunden ist und die Hauptreaktion daher unterstützt. 1) L. M. Dennis und W. J. O’Brien, Die Bestimmung des Phosphors im techni- schen Azetylen. Journ. Ind. Eng. Chem. Vol. 7, p. 834 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. 8.147 (1913). 2) M. Delepine, Über die Entflammbarkeit von mit 30°, Luft gemischtem Aze- tylen. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1214 (1912). 3) Siehe: Kleinste Azetylenmenge, die in einem geschlossenen Raume eine Ex- plosion verursachen kann. Journ. f. Gasbeleuchtg. Bd. 57, 5.65 (1914). #) J. Scheiber und H. Reckleben, Beiträge zur Kenntnis der Konstitution des Kupferazetylürs. Ber. d. Deutschen chem: Gesellsch. Bd. 44, S. 223 (1911). 5) Nach Gay-Lussae, Annal. d. Physik von Gilbert. Bd. 53, S. 144 (1814): vg J. Jacob Berzelius, Lehrbuch der Chemie, übersetzt von F. Wöhler, Lı, S. 293 (182 6) Thomsen, Thermochemische Untersuchungen. Bd. 4, 5.390. les 5): 476 Richard Kempf. Mischt man dem Quecksilbereyanid Sublimat bei, so erfolgt die Uyanentwicklung schon bei schwachem Erwärmen.!) Der Prozeß ver- läuft dann unter Wärmebindung nach der folgenden Gleichung: Hg (CN), + HgCl, = (CN), + Hg, Cl. Auf nassem Wege kann man nach Jacguemin?) Cyan aus Cyan- kalium auf folgende Weise darstellen. Man gießt die konzentrierte wässe- rige Lösung von einem Teil Kaliumeyanid in eine Lösung von 2 Teilen Kupfervitriel in 4 Teilen Wasser und erhitzt schließlich. Es entweicht Cyan nach der folgenden Gleichung: 4KCN + 2CuS0, = 2K,S0, + Cw (CN), + (CN). Aus dem gefällten Kupfereyanür kann man noch weitere Mengen Cyan gewinnen: Man filtriert es ab, wäscht es aus und zerlegt es durch wenig überschüssige Eisenchloridlösung vom spezifischen Gewicht 1’26 oder durch Erwärmen mit einem Gemisch von Braunstein und Essigsäure. Dem Uyan ist etwas Kohlendioxyd beigemengt, wenn das Uyankalium nicht ganz rein war. Zur Reinigung des Cyans von beigemengtem Cyanwasserstoff läßt man das (Gras über Watte streichen, die mit Silberlösung befeuchtet 15) — Über einen sehr empfindlichen qualitativen Nachweis des Cyans berichtete Kunz-Krause*) und über die quantitative Bestim- mung des Gases liegen eingehende Angaben von Wallis) vor. Bei gewöhnlicher Temperatur stellt Cyan ein farbloses Gas dar, das eigentümlich stechend riecht und mit pfirsichblütroter Flamme brennt. Kühlt man das Gas bei Atmosphärendruck auf — 207° ab oder kompri- miert man es bei 15° auf 3'3 Atmosphären, so verdichtet es sich zu einer wasserhellen, leicht beweglichen Flüssigkeit von der Dichte 0:866 (bei 17:2°) und dem Erstarrungspunkt — 344°. Wasser löst ungefähr das 4'/,fache seines Volumens an Cyan bei gewöhnlicher Temperatur auf, Alkohol 2:3 und Äther 5 Volumina. Die Lö- sungen sind sehr unbeständig und färben sich beim Aufbewahren dunkel unter Abscheidung dunkler Flocken von Azulinsäure. In wässeriger Lösung findet außerdem partielle Verseifung und Bildung anderer C- und N-hal- tiger Substanzen statt. !) Berzelius’ Jahresber. Bd. 24, S. 84. °) @. Jacquemin, Darstellung von Cyan auf nassem Wege. Compt. rend. de l’Acad. des seiences. T. 100, p. 1005 (1885) und Annal. de Cbim. et de Phys. [6], T. 6, p. 140 (1885); Chem. Zentralbl. 1885, S. 437. °) Vgl.: Th. Wallis, Über die Synthese des Cyans und Cyanwasserstoffes aus den Elementen. Liebigs Annal. d. Chem. Bd. 345, S. 362 (1906). *) H. Kunz-Krause, Über das Vorkommen und den Nachweis von freiem Cyan im Leuchtgas. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 14, S. 652 (1901). 5) Th. Wallis, ]. e. Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 477 Cyan ist ein sehr heftiges Gift von ähnlicher physiologischer Wirkung wie Uyanwasserstoff.!) C) Oyanwasserstoff (Ameisensäurenitril, Blausäure): HCN. Wünscht man Cyanwasserstoff mit organischen Verbindungen in Re- aktion zu bringen, so genügt es häufig, zu dem Reaktionsgemisch ein Cyanid und dann eine entsprechende Menge Salzsäure zu fügen. Auf diese Weise kann man z. B. mit der naszierenden Blausäure das Mandelsäure- nitril aus Benzaldehyd darstellen ?): C,H,.CHO + HCN = C,H,.CHOH.cN. Zur bequemen Gewinnung nahezu wasserfreien ÜCvanwasserstoffes läßt man nach Wade und Panting:) eine gut gekühlte Mischung gleicher Volumina konzentrierter Schwefelsäure und Wasser auf 98°/,iges, stückiges Cyankalium tropfen. Es entweicht reiner, nur durch Spuren von Feuch- tigkeit verunreinigter Uyanwasserstoff in fast theoretischer Ausbeute. (Gießt man dagegen bei gewöhnlicher Temperatur unverdünnte Schwefelsäure auf Kaliumeyanid, so erhält man, ebenfalls in theoretischer Ausbeute, fast reines Kohlenoxyd: vgl. oben S. 472.) Die gebräuchlichste Darstellungsmethode von Uyanwasserstoff war bisher die folgende. *) Man übergießt 3 Teile grob gepulvertes gelbes Blut- laugensalz in einem Kolben mit einem Gemenge von 2 Teilen konzen- trierter Schwefelsäure und 4—6 Teilen Wasser nd destilliert das Gemisch am absteigenden Kühler, bis der Kolbeninhalt einzutrocknen beginnt. Die entweichenden Dämpfe leitet man in ein mit gesättigter Chlorkalzium- lösung gefülltes, gut mit Kältemischung gekühltes Gefäß. Die wasserfreie Blausäure scheidet sich dann über der Lösung als oben schwimmende Schicht ab. — Cyanwasserstoff ist bei gewöhnlicher Temperatur eine klare, farb- lose Flüssigkeit von betäubendem, bittermandelölartigem Geruch. Ihre Dichte beträgt bei 18° 06969, ihr Siedepunkt liegt unter Atmosphären- druck bei 26°5°, ihr Erstarrungspunkt bei — 15°. 5) Blausäure ist eines der heftigsten Gifte, die bekannt sind. Für Menschen beträgt die tödliche Dosis im allgemeinen 005g. Nach Gre- !) Siehe z. B.: J. L. Burckhardt, Experimentelle Studien über den Einfluß tech- nisch wichtiger Gase und Dämpfe auf den Organismus. XXXIV. Zur Kenntnis des Cyan- gases (Dieyan). Arch. Hyg. Bd.79, S.1 (1913). 2) A. Spiegel, Synthese der Tropasäure aus Azetophenon. Ber. d. Deutschen chem. Gesellsch. Bd. 14, S. 239 (1881). — Vgl. auch: L. Gattermann, Die Praxis des orga- nischen Chemikers. 9. Aufl. 1909, Leipzig (Veit & Co.), S. 273. 3) J. Wade und L. €. Panting, Darstellung von wasserfreiem Cyanwasserstoff und Kohlenoxyd. Proceed. Chem. Soc. 1897/98, p. 49 und Journ. Chem. Soe. London. Vel. 73, p- 255 (1898); Chem. Zentralbl. 1898, Bd. 1, S. 826. #) Vgl. z.B.: L. Wöhler, Notiz über die Bereitung der wasserfreien Blausäure. Liebigs Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 73, S. 218 (1850). 5) Gay-Lussac, Annal. chim. phys. T. 95, p. 136 (1815). 478 Richard Kempf. hant‘) reicht etwa Yjooo00 des Blutgewichtes an Uyanwasserstoff aus, um einen Hund zu töten. — Einen sehr praktischen Apparat zur gefahrlosen Darstellung, Aufbe- wahrung und Abmessung wasserfreier Blausäure unter Luftabschluß be- schrieb Steinkopf?) (vgl. im übrigen dieses Handbuch, Bd. VI, S. 668 bis 669 und Fig. 216 daselbst). Beim Aufbewahren von Cyanwasserstoff ist vor allem auch dafür zu sorgen, dab die Luftfeuchtigkeit keinen Zu- tritt hat, da diese — hauptsächlich infolge partieller Verseifung — be- sonders schädlich auf die Haltbarkeit der Blausäure einwirkt. IlI. Das Auffangen und die Aufbewahrung von Gasen. (Vgl. Bd. I, S. 276— 282.) l. Gasometer. (Vgl. S. 276—278.) Im Handel befinden sich sogenannte Sauerstoffblasen, d.h. Gummi- beutel, die mit Schlauch und Absperrhahn versehen sind (Fig. 212). Nach Grossmann) benutzt man diese Gummibeutel oft zweck- mäßig an Stelle eines gläsernen oder metallenen Gasome- ters, namentlich für Gase, die mit Metall oder einer Sperr- flüssigkeit nicht in Berührung Fig. 213. kommen sollen. Durch Zu- sammendrücken bzw. Auf- —Tz rollen lassen sich diese Beutel völlig luftleer machen, so dab man das einzufüllende Gas rein erhält. Ist der Beutel ge- füllt, so kann man die Stärke 2 des auszusendenden Gas- \ stroms durch stärkeres oder \+ gelinderes Zusammendrücken \N beliebig regulieren.) Ein be- !) N. Grehant, Physiologi- sche Untersuchungen über Üyan- wasserstoff. Compt. rend. Soc. de Biol. 1889, p. 573; Chem. Zentral- blatt. 1890, Bd. I, S. 404. ?) W. Steinkopf, Apparat Sr alR ar = zum Aufbewahren und Abmessen sammler („Sauerstoff- Überlaufverhinderung bei Gasometern .,,- - . blase‘). i Fan Wistenfeld, giftiger, hygroskopischer oder tief- siedender Flüssigkeiten. Chem.- Zeitg. Bd. 34, S. 1319 (1910). 3) F. Grossmann, Gummiwaren im Fabriklaboratorium. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 446 (1912). 4) Vgl. z.B.: M. Dennstedt und F. Hassler, Die gleichzeitige Bestimmung des Stick- stoffs mit Kohlenstoff, Wasserstoff usw. in organischen Verbindungen nach der Methode der vereinfachten Elementaranalyse. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 41, S. 2781 (1908). a ar Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 479 sonderer Vorzug dieser Art Gasometer ist ihre bequeme Transportierbar- keit. Von der Industrie werden die Gasblasen in den Größen von 3 bis 302 Inhalt mit Abstufungen von 2—5 ! geliefert. Auch mit einer Schutzhülle von braunem Segeltuch sind sie käuflich. Ein Nachteil dieser Sammelgefäße!) besteht darin, dab fast alle Gase mehr oder weniger rasch durch Kautschukwandungen diffundieren (vgl. dieses Handb. Bd. VI, S. 650 —653). Um bei Gebrauch eines der gewöhnlichen Laboratoriumsgasometer das obere Wasserreservoir dauernd mit Wasser gefüllt zu erhalten, ohne ein Überlaufen befürchten zu müssen, kann man die von Wüstenfeld ?) empfohlene Einrichtung treffen (Fig. 213). Man verbindet das untere Ende des Glasrohres « mit der Wasserleitung, das untere Ende des Glasrohrs b mit dem Ausguß, hängt den Apparat in das Wassergefäß hinein und läbt beständig einen mäßig starken Wasserstrom durch ihn hindurchtließen. In dem oben offenen Ansatzstück des Systems tritt dann eine Saugwir- kung auf, die genügt, etwaiges aus dem Rohr e im Überschuß zufließendes Wasser von Zeit zu Zeit abzuhebern. Einen „Sicherheitsgasometer“, der nur eine bestimmte — vorher einstellbare — Gasmenge abgibt, beschrieb Fässer. °) 2. Sperrflüssigkeiten. (Vel. 8: 278281.) Verwendet man Wasser als Sperrflüssigkeit, so ist es gelegentlich wichtig zu beachten, dal mit Luft in Berührung gewesenes Wasser stets neben Stickstoff etwas Kohlendioxyd und vor allem nicht unerhebliche Mengen Sauerstoff gelöst enthält, der selbst durch Kochen nicht leicht vollständig ausgetrieben werden kann. In einem Liter destillierten Wassers sind bei Zimmertemperatur etwa 94 mg Sauerstoff gelöst.*) Ebenso sauer- stoffreich — eher etwas weniger — pflegt Leitungswasser zu sein. Um Wasser von seinem Sauerstoffgehalt zu befreien, kann man ihm Manganchlorür und Natronlauge 5) oder Natriumsulfit und eine Spur Kupfer- vitriol zusetzen. Die Reaktion zwischen Natriumsulfit und dem in reinem Wasser gelösten Sauerstoff, die bei gewöhnlicher Temperatur überaus träge verläuft, wird nämlich durch die allergeringsten Spuren eines Kupferions außerordentlich stark beschleunigt. Es genügt, daß das Wasser durch einen 1) Siehe auch z. B.: (1. Winkler, Lehrbuch der techn. Gasanalyse. 3. Aufl. 1901, Leipzig (A. Felix), S. 23. 2) H. Wüstenfeld, Vorrichtung zur Vermeidung des Überlaufens offener, mit Wasser gespeister Behälter. Chem.-Zeitg. Bd. 33, S. 412 (1909). 3) Visser, Der Sicherheitsgasmesser der Pro-Gas-Maatschappy im Haag. Chem.- Zeitg. Bd. 38, S. 213 (1914). #) Siehe z. B.: T. Carlson, Über die Löslichkeit des Luftsauerstoffs in Wasser. Zeitschr. f. angew. Chem. Bd. 26, S. 713 (1913); Chem.-Zeitg. Bd. 38, Rep. S. 126 (1914). 5) Vgl. das Verfahren zur Sauerstoffbestimmung in Wasser nach Winkler: siehe z.B.: H. Klut, Untersuchung des Wassers an Ort und Stelle, 2. Aufl., 1911, Berlin (Jul. Springer), S. 79. 480 Riebard Kempf. Messinghahn gelaufen ist, um eine merkliche katalysatorische Reaktions- beschleunigung durch das in Lösung gegangene Kupfer herbeizuführen. !) — Als Sperrflüssigkeit für Ozon kann man konzentrierte Schwefel- säure?), Paraffinöl?) oder mit Ozon gesättigtes destilliertes Wasser) benutzen. Paraffinöl ist wegen seiner großen Viskosität allerdings etwas unbequem. Eine neue Methode zum Auffangen von Gasen unter Quecksilber aus der Quecksilberluftpumpe beschrieb Keyes. ®) Als Sperrflüssigkeit bei der volumetrischen Bestimmung des in Wasser gelösten Sauerstoffs eignet sich Vaselinöl.>) Bei der Untersuchung der Gase, die bei der Zersetzung von Natrium- äthyl durch Wärme entstehen, benutzte Schorigin‘®) als Sperrflüssiekeit Wasser, das im Liter etwa 350 g Chlornatrium und etwa 100 9 Kalium- hydroxyd gelöst enthielt. IV. Über das Abmessen von Gasen für präparative Zwecke. (Vgl. Bd. I, S. 281— 282.) Der Rotamesser von Küppers') (Fig. 214) besteht im wesentlichen aus einem sich nach oben konisch erweiternden Glasrohr, das mit einer Stunden/Liter-Skala versehen ist und einen Schwebekörper eigenartiger Konstruktion (Fig. 215) enthält. Ein von unten in das Meßrohr einströ- mendes Gas hebt den mit steilgewindeförmigen Einkerbungen versehenen Schwebekörper auf eine bestimmte Höhe und versetzt ihn gleichzeitig in schnelle Rotation um seine Vertikalachse, so daß er völlig reibungslos im xohre schwebt. Aus der Höhenlage des Schwebekörpers im Rohr läßt sich sofort an der Skala die Menge des pro Stunde hindurchstreichenden Gases ablesen oder berechnen. ') A. Titoff, Negative Katalyse im homogenen System. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 45, S.641 (1903); Chem. Zentralbl. 1904, Bd.I, S. 142. Siehe ferner: E. Abel, Über den Kupfergehalt in destilliertem Wasser. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd.19, S. 477 (1913). — Joh. Pinnow, Über die gemeinsame Oxydation von Hydrochinon und Sulfit durch Luftsauerstoff. Ebenda, S. 262, ?) Vgl.: R. Luther, Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17. S. 633 (1911). — Siehe aber auch: €. Harries, Über das Verhalten von Ozon gegen konzentrierte Schwefelsäure. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 18, S. 129 (1912). °) H. Brach, Apparate zum Arbeiten mit Ozon und zu seiner quantitativen Be- stimmung. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1326 (1912). *) F. @. Keyes, Verbesserte Methode zum Auffangen von Gasen aus der Queck- silberluftpumpe. Journ. Amer. Chem. Soc. Vol. 31, p. 1271 (1909); Chem.-Zeitg. Bd. 34, Rep. S. 49 (1910). °) Vgl.: R. Maucha, Kritische Betrachtungen über ein neues Verfahren zur Be- stimmung des in Wasser gelösten Sauerstoffs. Chem.-Zeitg. Bd. 34. S.186 (1910). °) P. Schorigin, Über die Natriumalkyle und über ihre Reaktion mit den Äthern. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. Bd. 43, S. 1933 (1910). ‘) Der Rotamesser wurde K. Küppers patentiert und von Rau wissenschaftlich durchgearbeitet; vgl.: Neuer Gasmesser. Chem.-Zeitg. Bd. 34, S. 725 (1910). — Vgl. auch: Rotamesser, System Ä. Küppers von den Rotawerken Aachen. Journ. f. Gasbeleuchtg. Bd. 53, S.351 (1910). Pi ET EEE Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Lab oratoriumstechnik“. 481 Da also der Rotamesser immer nur die Strömungsgeschwindig- keit eines Gases angibt, muß man zur Bestimmung der absoluten Menge eines durch den Apparat gegangenen Gases stets auch die Zeit feststellen. Zum Messen von Gasen, deren Strömungsgeschwindigkeit rasch wechselt, ist die Vorrichtung daher nicht zu gebrauchen. In solchen Fällen muß man eine Gasuhr anwenden (vgl. Bd. I, S. 282 u. Fig. 419, S. 281). Fig. 214. Fig. 215. ii BELEI eher “ | I IM "er Bes ILL. Rotamesser. (Apparat zur Bestimmung der Strö- - mungsgeschwindigkeit von Gasen.) Schwimmer des Rotamessers. Die Fehlergrenze beträgt beim Rotamesser noch nicht 1°/,. gleich- viel ob kleine oder große Gasmengen hindurchgehen. Im Handel befinden sich Rotamesser in Größen von Y/,, 2 bis 10 Millionen Litern stündlichem Höchstdurchlaß. Der Apparat hat sich auch in der Laboratoriumspraxis bereits aus- gezeichnet bewährt, so z.B. bei der Özondarstellung zur Bestimmung der durch den Ozonisator stündlich strömenden Luft- oder Sauerstoff- Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VII. 31 482 Richard Kempf. menge.!) Für diese Zwecke und ähnliche Laboratoriumsarbeiten dürfte ein Rotamesser mit einem maximalen Durchlaß von etwa 20 / pro Stunde genü- gend groß sein.?2) Auch zur Abmessung von Sauerstoff und Wasserstoff zwecks rationeller Erzeugung einer Knallgasgebläseflamme sind die Rota- messer gut geeignet (Fig. 216). — Mehrere Vorzüge vor dem Rotamesser hat der „Capomesser“ von Ubbelohde und Hofsäß?) (Fig. 217). Der Apparat besteht für gewöhnlich aus fünf Kapillaren von verschiedener Weite und besonderer Form, die mittelst Hähnen jede für sich allein in den Gasstrom eingeschaltet werden können. Ein Manometer zeigt das Druckgefälle des Gases zwischen den beiden Enden der jeweils ange- wandten Kapillare an. Man schaltet bei den Messungen eine Kapillare von solcher Weite Fig. 216. on o o D 9 ° x Du + w o a o w u o w o o lt lussshusrilicı lusubundirrel Y w o D o © Wasserstoff ne Em. 9 an a un o Lrrrslurusli Capomesser. Anwendung zweier Rotamesser zur Erzeugung einer (Apparat zur Bestimmung der Strömungs- Knallgasflamme. geschwindigkeit von Gasen.) ') Vgl. z.B.: €. Harries, Über die Einwirkung des Ozons auf organische Ver- bindungen. Liebigs Annal. d. Chem. Bd. 374, S. 311 (1910). — Derselbe, Über Bildung des Ozons. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 17, S. 632 (1911). — Derselbe, Über das Ver- halten von Ozon gegen konzentrierte Schwefelsäure. Ebenda. Bd.18, S. 129 (1912). — H. Brach, Apparate zum Arbeiten mit Ozon und zu seiner quantitativen Bestimmung. Chem.-Zeitg. Bd. 36, S. 1325 (1912). ?) €. Harries, ]. e. (Liebigs Annal.) 3) L. Ubbelohde und M. Hofsäß, Ein neuer Gasmesser „Capomesser“* und ein Zähigkeitsmesser für Gase. Journ. f. Gasbel. Bd. 55, S. 557 (1912); Chem.-Zeitg. Bd. 37, Rep. S. 79 (1913). — Dieselben, Ein Momentgasmesser „Capomesser* und ein Zähig- keitsmesser für Gase. Zeitschr. f. Elektrochem. Bd. 19, S. 32 (1913). Ergänzungen zur „Allgemeinen chemischen Laboratoriumstechnik“. 483 ein, dal man einen gut ablesbaren Ausschlag am Manometer erhält, und erreicht auf diese Weise, daß die Genauigkeit der Gasmessung für geringen Gasverbrauch ebenso groß ist wie für starken. Die durchgehende Gas- menge hängt nur von der am Manometer abgelesenen Druckdifferenz ab. Der Apparat wird für Luft geeicht. Wird der Gasmesser für andere Gase ver- wandt, so wird zunächst die Zähigkeit des Gases gegenüber Luft be- stimmt und daraus die einmalige Korrektur für die auf Luftverbrauch bezügliche Tabelle berechnet. Der Gasdurchgang ist umgekehrt proportional der Zähigkeit der Gase. — Bezüglich der Differentialmanometer von Verbeek !) zur Messung der Strömungsgeschwindigkeiten von Gasen und Gasgemischen sei auf die Originalarbeit verwiesen. — ') P. Verbeek, Über die Messung des Über- und Unterdruckes (Zuges) und der Geschwindigkeit von Gasen und Gasgemischen. Chem.-Zeitg. Bd. 37, S. 1338 u. 1361 (1913). 31* Über mit dem Polarisationsapparat kombinierte elek- trisch heizbare Vorrichtungen zur Ablesung und Be- obachtung des Drehungsvermögens von Flüssigkeiten bei konstanter Temperatur. Von Emil Abderhalden, Halle a. S. Bei der Anwendung der sogenannten optischen Methode läßt man eine Fermente enthaltende Lösung bei 37° auf ein optisch-aktives Substrat oder auf einen Razemkörper einwirken, Das Gemisch wird im Polarisations- rohr im Brutschrank aufbewahrt und nur zur Ablesung des Drehungsvermögens daraus entfernt. Um zu verhindern, dal) während der Dauer der Feststel- lung der Drehung der Lösung diese sich stark abkühlt, habe ich Polari- sationsrohre mit einem Wassermantel konstruieren lassen. Es läßt sich je- doch auch durch diesen Wärmeschutz nicht vermeiden. daß bei im Ablesen wenig Geübten infolge der langen Dauer der Ablesung eine starke Abküh- lung des Rohres nebst Inhalt zustande kommt. Ich habe mich deshalb mit der Firma Schmidt d& Haensch in Berlin in Verbindung gesetzt und mit ihr eine Heizvorrichtung konstruiert, die sich ohne weiteres an jedem großen Polarisationsapparat dieser Firma befestigen läbt. Fig 218 zeigt den am Polarisationsapparat angebrachten Heizapparat. Die erwähnte Heizvorrichtung besteht aus einem elektrisch heizbaren Metallgefäß A (Fig. 219 u. 220), das sich mit einem mit Bajonettverschluß versehenen Deckel dicht abschließen läßt. Der Deckel enthält eine Öffnung zur Durchführung und Befestigung eines Thermometers 7. Ferner besitzt er eine größere, durch einen besonderen Deckel D verschließbare Öffnung. Durch diese kann man, ohne den großen Deckel abzunehmen, Polarisations- rohre in den geheizten Raum bringen oder solche daraus entfernen. In Fig.219 sind der besseren Übersichtlichkeit wegen diese Öffnung D und die Öffnung für den Thermometer 7 vertauscht. Es ist vorteilhafter, den Haupt- deckel so auf den Apparat aufzusetzen, daß die große Öffnung sich über demjenigen Polarisationsrohr befindet, das sich in der zur Ablesung der Drehung richtigen Stellung befindet (Rohr R, in Fig. 219). Man kann in diesem Falle das soeben eingesetzte Rohr sofort beobachten oder, falls sich z. B. Trübungen zeigen, das Rohr ohne weiteres aus dem Raum entfernen, um nachzusehen, worauf die Trübung beruht. Die Einrichtung der elektrischen Heizung erfordert keine besondere Beschreibung. Sie ergibt sich aus den Fig. 219 u. 220. Der eingeschaltete Widerstand W gestattet eine genaue Regulation und Abstufung der Tem- Elektrisch heizbare Vorrichtungen zu polarimetrischen Untersuchungen ete. 485 peratur. Im Inneren des Raumes sind sechs kleine Schlitten $ angebracht. Sie dienen zur Aufnahme der Polarisationsrohre. Die Schlitten ruhen auf einer drehbaren Scheibe Sch. Die Achse der Scheibe trägt einen aus dem . großen Deckel in der Mitte herausragenden Knopf X, der zum Drehen der Scheibe bei geschlossenem Raum dient. Er enthält auf seiner oberen Seite Zahlen (1—6), die den Nummern entsprechen, die die Polarisationsrohre tragen. Hat man die gewünschte Temperatur hergestellt, dann beschickt man nun, ohne den großen Deckel abzunehmen, die einzelnen Schlitten mit den Fig. 218. zu beobachtenden Polarisationsrohren. Zu diesem Zwecke nimmt man den kleinen Deckel ab und setzt durch die Öffnung dasjenige Rohr in den Schlitten, das die der Stellung des oben erwähnten Knopfes entsprechende Nummer trägt — in Fig. 219 Nr. 4. Nun zieht man den Stift # — vgl. Fig. 219 u. 220 — nach außen und dreht den Knopf und damit die Scheibe mit den Schlitten um eine Nummer weiter und setzt wieder das der Stel- lung entsprechende Rohr ein. Hat die Scheibe die richtige Stellung erreicht, dann schnappt der mit einer Feder versehene Stift in eine Vertiefung der Scheibe ein. Dadurch wird erreicht, daß das einzelne Rohr immer mit seiner AS6 Emil Abderhalden. Achse ganz genau in die Achse des Polarisationsapparates resp. des Rohres (R, in Fig. 219) zu liegen kommt, durch das man beobachtet. Hat man die zu beobachtenden Rohre alle eingelegt, dann verschließt man den Deckel und beginnt nun in der gewohnten Weise mit der Be- stimmung des Drehvermögens der Lösung jenes Rohres, das sich im Ge- sichtsfeld befindet. Man notiert sich den abgelesenen Winkel und sieht dann am Knopf der Achse der Scheibe nach, welches Rohr eingestellt war. Nun zieht man den Stift F nach außen, dreht die Scheibe mittelst des Knopfes etwas, läßt den Stift wieder los und dreht nun so lange, bis W Widerstand. R, und R, Polarisationsrohre. 7’ Thermometer. D Kleiner Deckel. A Ge- heizter Raum. F Stift. K Knopf zum Drehen der Achse der Scheibe Sch, auf dem die Schlitten S sich befinden. © Rohr, durch das man beobachtet. der Stift einschnappt. Es ist dies das Zeichen, daß das zweite Rohr richtig eingestellt ist. So beobachtet man ein Rohr nach dem anderen. Be- merkt sei noch, daß die Scheibe beliebig rechts und links herum gedreht werden kann. Die leeren Rohre bewahrt man bis zum Gebrauch am besten im geheizten Raum auf, damit die beim Versuch eingefüllte Lösung mög- lichst rasch die Temperatur annimmt, bei der man beobachten will. Bei Verwendung der beschriebenen Einrichtung zu Untersuchungen über Fermentwirkungen ist die folgende Vorsicht notwendig. Es kann der Fall eintreten, daß sich eine Drehungsänderung bemerkbar macht, ohne dab eine Fermentwirkung vorliegt. Es kann z. B. optisch-aktives Substrat aus- fallen. Die Fällung kann zu Boden sinken und so der Beobachtung entgehen. # Elektrisch heizbare Vorrichtungen zu polarimetrischen Untersuchungen ete. 487 Man schützt sich vor Täuschungen dieser Art dadurch, daß man nach beendetem Versuch oder auch während desselben das Polarisationsrohr rasch aus dem geheizten Raum entfernt und es umkippt und dann sofort wieder die Drehung bestimmt. Waren Fällungen eingetreten, dann verraten sie sich, beim Versuche die Drehung zu bestimmen. Vorläufig können sechs Rohre untergebracht werden. Sie sind 25cm lang und haben einen Inhalt von 2 cm:. Selbstverständlich kann man auch Einsätze für längere Rohre haben. Fig. 220. A Geheizter Raum. Ra a Schraube zum Befestigen des heizbaren Apparates am Polarisations- apparate B. D Kleiner Deckel. T Thermometer. R, und R, Polarisationsrohre. S Schlitten. Sch Scheibe. F Stift. H Achse. Wir beabsichtigen die Vorrichtung nicht nur zu Versuchen bei 37° zu benutzen, sondern auch Beobachtungen bei anderen Temperaturen anzustellen. Es läßt sich jede Temperatur mit großer Präzision einstellen und erhalten. Da es vorläufig noch nicht gelungen ist, die Temperatur im gesamten Raum des Heizapparates an allen Punkten gleichzuhalten, ist es not- wendig, ihn für jede Temperatur, die die Flüssigkeit im Polarisationsrohre haben soll, zu aichen. Es wird festgestellt, welche Temperatur das in be- 488 Emil Abderhalden. Elektrisch heizbare Vorrichtungen etc. stimmter Stellung angebrachte Thermometer anzeigen muß, damit der In- halt der Rohre die gewünschte Temperatur anzeigt. Steht der Polarisations- apparat nicht in einem Raume, der vor jeder Temperaturschwankung ge- schützt ist, dann muß der Heizapparat noch besonders isoliert werden, z. B. mittelst Asbest. Fig. 221. HeizKörper Will man mehr als sechs Rohre beobachten und vor allem längere Polarisationsrohre benutzen, dann ist die senkrechte Anordnung der kleinen Schlitten, in denen diese ruhen, zu empfehlen. Am einfachsten wird eine An- ordnung gewählt, die bei der russischen Schaukel in Anwendung gebracht ist. Fig. 221 zeigt diese Konstruktion. Sie ist ohne weitere Erklärung ver- ständlich. Vorläufig macht die gleichmäßige Erwärmung des Raumes, in dem die Polarisationsrohre sich befinden, noch Schwierigkeiten. Doch’ werden sich diese beheben lassen. Eine Wage, die automatisch Gewichtsab- und -zu- nahmen registriert. Von Emil Abderhalden, Halle a. S. Es existieren schon eine Reihe von Wagen mit Einrichtungen, mit Hilfe derer Gewichtsschwankungen registriert worden sind. Sie sind alle für Dauerversuche und vor allem für exakte Untersuchungen ungeeignet. Die folgende von Herın Wilhelm H. F. Kuhlmann auf meine Anregung konstruierte Wage dürfte allen Anforderungen, die an einen automatisch Gewichtszu- und -abnahmen registrierenden Apparat dieser Art gestellt Vorderansicht der Gewichtszu- und -abnahmen automatisch registrierenden Wage. werden können, genügen.!) Die im folgenden geschilderte Wage ist seit über einem Jahre im physiologischen Institute zu Halle ununterbrochen im Betriebe. Sie ist vorläufig zu Stoffwechselversuchen bei Fischen und Axoloteln und namentlich zu Studien auf dem Gebiete der Pflanzenphysio- logie verwendet worden. Sie wird in noch größerem Maßstab konstruiert und zu exakteren Versuchen in einen luftdichten Kasten eingebaut, so daß die Gase und ferner der Wasserdampfgehalt der ein- und austretenden Luft genau festgestellt werden können. Das Prinzip, nach dem die Wage arbeitet, sei an der Hand eines Versuches an einer Blumenknolle geschildert (vgl. hierzu Fig. 222), die auf ‘) Eine Wage, die in ähnlicher Weise, jedoch mit anderen Hilfsmitteln aus- schließlich Gewichtszu- oder -abnahmen registriert, hatte Herr Kuhlmann bereits kon- struiert. Vgl. Der Mechaniker. Nr. 13. 1910. 490 Emil Abderhalden. der Wagschale liegend, zu treiben beginnt. Auf die leere Wagschale gibt man so viele Gewichte unter Benutzung eines Reiters, bis beide Wag- schalen ganz im Gleichgewicht sind, d. h. bis der Zeiger der Wage in Gleichgewichtslage um den Nullpunkt schwingt. Diese Einstellung wird erst vorgenommen, nachdem die Knolle einige Zeit im Gehäuse der Wage auf den Schalen gestanden hat. Bei der Einstellung wird genau so ver- fahren, wie bei jeder analytischen Wage. Der Balken der Wage trägt in der Verlängerung der Mittelschneide einen Planspiegel, dessen Fläche sich durch eine Blende vergrößern und verkleinern läßt. Dieser Spiegel, der von einem Gehäuse umgeben ist, steht in Ruhelage der Wage ganz senkrecht. Nachdem man die Wage eingestellt hat. wird sie arretiert. Dann wird eine in etwa 2 Entfernung befind- liche, auf einem Stativ befestigte Glühlampe (Fig. 222 a) zum Leuchten ge- bracht. Diese wirft durch ein Fernrohr Strahlen auf den erwähnten Spiegel und dieser reflektiert sie auf sehr lichtempfindliches Papier. das auf einer Trommel aufgespannt ist. Diese dreht sich mittelst eines Uhrwerkes und legt in der Zeiteinheit einen genau bekannten Weg zurück. Nur ein Teil der reflektierten Strahlen gelangt auf das Papier der Trommel. Es ist nämlich eine Blende in den Weg der Strahlen eingeschaltet, die nur einen ganz feinen Spalt besitzt. Das durch diesen fallende Strahlenbündel zeichnet auf dem photographischen Papier einen feinen Punkt. Würde die Wage in Ruhelage verharren, dann würde eine horizontale Linie verzeichnet. Sofort, nachdem die Glühlampe eingeschaltet ist, wird die Arretierung der Wage gelöst, und zwar jetzt mittelst eines Uhrwerkes. Dieses bewirkt, daß die mit ihm durch ein Zahnrad in Verbindung stehende Arretierungs- welle soweit gedreht wird, daß die drei Exzenter, auf denen die Arre- tierungsvorrichtungen für die beiden Schalen und den Querbalken ruhen, den tiefsten Stand erreichen. Eine weitere Drehung wird durch eine Hemmunesvorrichtung verhindert. Nun schweben die beiden Schalen mit ihrer Last frei. Jede Veränderung der Gleichgewichtslage wird durch das erwähnte Strahlenbündel verzeichnet. Handelt es sich um Versuche, bei denen die Gewichtsveränderungen sehr rasch erfolgen, dann ist es ratsam, zuerst die Arretierung durch das Uhrwerk zu beseitigen und rasch zu be- obachten, ob die Wage gut einsteht und dann erst die Glühlampe einzu- schalten. Wir wollen annehmen, daß die Knolle an Gewicht verliere. Sie soll sich auf der linken Schale befinden. Infolge dieser Gewichtsabnahme sinkt die rechte Schale immer tiefer. Der Wagbalken nimmt eine schiefe Stellung ein. Der Spiegel muß, da er mit dem Wagbalken fest verbunden ist, jeder Stellungsänderung desselben folgen. Das Strahlenbündel wird jetzt nicht mehr horizontal verlaufen, sondern der „Lichthebel“ wandert immer weiter nach oben. Sobald genau 1.deg Verlust eingetreten ist, ereignet sich folgendes. Am einen Ende des Wagbalkens ist ein kleiner Querbalken frei schwebend angebracht. Dieser trägt an den freien Enden ganz kurze senk- rechte Stäbchen. Ist 1 dey Gewichtsverlust eingetreten, dann berühren diese nd Eine Wage, die automatisch Gewichtsab- und -zunahmen registriert. 491 senkrechten Stäbchen gleichzeitig zwei Kontakte. Dadurch kommt es zur Schließung eines bisher unterbrochenen Stromes. Die Kontakte stehen in Verbindung mit einem Relais (System Siemens & Halske) und dieses mit einem Akkumulator. Durch das Schließen des Stromes kommt es zum Umlegen des Relais. In diesem Augenblicke wird ein Elektromagnet be- Seitenansicht der Gewichtszu- und -abnahmen automatisch registrierenden Wage. tätigt, der einen gegenüberliegenden Anker anzieht. In der Fig.223 erkennt man diese im Wagegehäuse liegende Einrichtung. Man sieht ferner über dem Elektromagneten eine geschlitzte Säule. Diese ist mit 1 deg-Gewichts- stücken gefüllt. Diese bestehen aus Aluminiumplättchen. Von der Basis, auf der die Säule ruht, führt eine schräggestellte Bahn nach abwärts. Sie 492 Emil Abderhalden. verzweigt sich in zwei getrennte Bahnen. Jede führt nach einem Becherchen, von denen je eines auf jeder Seite der Wage an einem der Träger der Schalen befestigt ist. In unserem Beispiel muß das verloren gegangene Dezigramm links ersetzt werden, d.h. es muß 1 deg in das linke Becherchen geworfen werden. Der erwähnte Elektromagnet hat durch das Anziehen des Ankers bewirkt, daß am Ende der erwähnten schrägen Bahn eine Klappe aufgestellt wird. Diese gibt dem fallenden Gewichte die Richtung an. Unmittelbar mit der Betätigung des erwähnten Elektromagneten ist ein zweiter Elektromagnet mit Strom versehen worden. Er zieht auch einen Anker an. Dadurch wird die eingangs erwähnte Hemmung des Uhrwerks aufgehoben. Das Uhrwerk dreht die Arretierungswelle. Die Wage wird arretiert. In diesem Momente fällt das Dezigrammgewicht in die ent- sprechende Schale. Eine kleine, durch das Uhrwerk vorwärts getriebene Leiste hat das unterste Gewicht der Säule auf die schiefe Bahn gestoßen. Die Arretierung ist nur eine momentane. Die Welle dreht sich weiter. Die Arretierung hat bewirkt, daß der Kontakt der senkrechten Stäbchen aufgehoben worden ist. Infolgedessen wird der Strom unter- brochen und die beiden Elektromagnete ziehen die entsprechenden Anker nicht mehr an. Die Arretierungswelle wird wieder in dem Momente durch die oben erwähnte Hemmung festgehalten, in dem die Exzenter ihre tiefste Stellung erreicht haben. Die Wage schwebt wieder frei in Gleichgewichts- lage und wieder beginnt der gleiche Vorgang, wie er oben geschildert wurde, falls die Knolle wieder an Gewicht verliert. Jedesmal wird auf dem lichtempfindlichen Papier eine Kurve aufgezeichnet und jedesmal, wenn 1 deg verloren gegangen ist, wird die Wage auf den Nullpunkt zurück- geführt. Wir können für jeden Zeitpunkt genau ablesen, wie groß der Ver- lust war. Es kann auf 1 mg genau abgelesen werden. Nimmt die Knolle dagegen an Gewicht zu, dann sinkt in unserem Beispiel die linke Schale immer tiefer. Der Lichthebel schreibt nunmehr eine nach abwärts gerichtete Kurve. Sobald die Zunahme 1 deg beträgt, so wird jetzt der obere Kontakt durch die senkrechten Stäbchen des am Ende des Wagbalkens aufgehängten, reiterartigen Querbalkens berührt. Diesmal wird ein anderes Relais betätigt und bewirkt, daß derjenige Elektromagnet mit Strom versehen wird, der jenen Anker anzieht, der die Hemmung für das Uhrwerk beseitigt. Am Ende der schiefen Bahn, auf der die Gewichte in die Becherchen rollen, wird diesmal keine Klappe aufgestellt. Infolgedessen fällt nunmehr das Gewicht in das rechte Becherchen. Im übrigen funktioniert die Wage in derselben Weise, wie es oben ge- schildert worden ist. Die Trommel hat eine Umlaufzeit von 144 Stunden. Das Auswechseln des photographischen Papieres und das Neueinstellen des Versuches nehmen höchstens 5 Minuten in Anspruch. Der Versuch kann dann sofort weiter fortgeführt werden. Sollten noch geringere Unterbrechungen erforderlich sein, so ließen sich diese durch eine zweite Trommel auf ein Minimum reduzieren. Eine Wage, die automatisch Gewichtsab- und -zunahmen registriert. 493 Die mit dieser Wage erhaltenen Resultate können direkt kontrolliert werden. Es muß die Zahl der Kurven natürlich mit der Zahl der gefallenen Dezigrammstücke übereinstimmen. Ferner muß sich nach Fortnahme der Gewichte aus den Bechern der Gewichtsunterschied auf beiden Seiten mittelst der entsprechenden Gewichte ausgleichen lassen. Endlich notiert man sich ganz genau die Zeitpunkte, in denen man eine Auslösung be- obachtet hat. Man wird immer während des Tages ab und zu einmal das Zustandekommen eines Kontaktes beobachten. Der Zeitpunkt muß mit dem Aufhören bzw. dem Beginn der entsprechenden Kurve ganz genau über- einstimmen. Derartige Kontrollen sind unerläßlich. Ferner muß man von Zeit zu Zeit sich davon überzeugen, daß der Kontakt wirklich in dem Momente zustande kommt, in dem 1 deg Verlust oder Zunahme eingetreten ist. Übrigens zeigt die Kurve ganz von selbst jede Störung an. Selbstver- ständlich muß ferner nach dem Aufwerfen des Gewichtes und erfolgter Be- seitigung der Arretierung die Wage genau um den Nullpunkt schwingen bzw. auf diesem stehen. Ich habe bis jetzt außer Versuchen mit Fischen und Axolotln solche mit Zwiebelpflanzen ausgeführt und z. B. über 1000 Stunden die Entfaltung der Blüten der Herbstzeitlose und von Arum beobachtet. Es war inter- essant zu beobachten, wie zunächst die Zwiebel ganz regelmäßig an (Ge- wicht verlor. Erst, wenn die Blütenstiele sich mehr und mehr entwickelten und die Oberfläche der ganzen Pflanze mehr und mehr zunahm, erfolgte ein rascherer Gewichtsverlust. Die Färbung der Blüten und das Ergrünen der Blätter bedingte eine erhebliche Verlangsamung der (rewichtsabnahme. Interessanterweise fand kein erheblicher Gewichtsverlust statt, als einzelne Blüten ziemlich rasch verwelkten. Offenbar stieg die Flüssigkeit in die Zwiebel zurück. Bei Arum zeigte sich regelmäßig während der Periode der fast plötzlichen Entfaltung der Blüte eine Gewichtszunahme. Es ist klar, daß nur sehr lange Beobachtungszeiten zu einwandfreien Resultaten führen können. Jedes einzelne Resultat muß durch weitere Ver- suche nachgeprüft werden. Man muß zu ergründen suchen, worauf be- stimmte Gewichtsschwankungen zurückzuführen sind. Beim Versuch mit dem Axolotl ist z. B. festzustellen, ob die Bewegungen, das Luftholen, die Ausscheidung der Stoffwechselendprodukte usw. Einfluß auf die Gewichts- veränderungen haben. | Der große Vorzug der hiermitgeteilten Art derBeobachtung liegt in der ununterbrochenen Gewichtsregistrierung. Es kann der Beobachtung nichts verloren gehen. Täuschungen sind ausgeschlossen oder sie lassen sich jedenfalls durch Kontrollversuche ausmerzen. Ich habe die Absicht, noch mancherlei Probleme mit der geschilderten Wage in Angriff zu nehmen. Vor allem interessiert mich der Verlauf der Gewichtskurve nach verschiedenartiger Ernährung und unter verschiedenen Bedingungen. Sobald sich die Versuche auf Warmblüter übertragen lassen, wird die Zahl der Fragestellungen eine sehr große. Vorläufig stören noch die Bewegungen der Warmblüter. Die Bewegungen der Wassertiere sind } | i ! j F % 494 Emil Abderhalden. Eine Wage, d. automat. Gewichtsab- u. -zunahmen ete. ohne jeden Einfluß auf die Wage, dagegen bewirken hüpfende und springende Tiere Schwingungen, die sehr stören. Es sind Versuche im Gange, um den Einfluß der Eigenbewegungen der Tiere auszuschließen. Die Wage kann natürlich stark vergrößert werden, so daß auch Versuche am Menschen möglich sind. Von Interesse wird es sein, winterschlafende Tiere zu beobachten oder z. B. den Verpuppungsprozeb von Schmetterlingen und die Periode vor und während des Ausschlüpfens der Schmetterlinge zu verfolgen. Vor allem bietet die Pflanzenwelt eine Fülle von Problemen. Endlich beabsichtigte ich, physikalisch-chemische Probleme mit der Wage zu lösen. Die Mikroluftanalyse und ihre Anwendungen. Von August Krogh, Kopenhagen. Das Prinzip der mikrogasanalytischen Technik beruht auf der wohlbekannten Tatsache, dab kleine Luftblasen in einer Flüssigkeit sich ungefähr so wie etwa halbflüssige Fetttropfen verhalten und sehr leicht z. B. von Gefäß zu Gefäl überführt werden können. Die Handhabung ge- staltet sich daher als von der gewöhnlichen gasanalytischen Technik grund- sätzlich verschieden. Wie sich die gewöhnliche Luftanalyse bei Verkleine- rung der Menge unter etwa 10 cm® immer schwieriger und mit weniger Genauigkeit durchführen läßt und mit Mengen unter 1 cm® kaum mehr möglich ist, hat die Mikromethode eine obere Grenze bei der Luftmenge, welche nicht mehr als ungeteilte Luftblase gehandhabt werden kann. Die mikroanalvtische Methode ist dann wiederum verschieden, je nachdem man eine Luftblase von 20 bis 1 mm® oder eine solche von 1 bis 0'01 mm? zu analysieren hat. Im ersten Falle mißt man die Luftmenge in einer eingeteilten Kapillarröhre von entsprechendem Durchmesser (0°5 bis 02 mm), im zweiten aber wird die Luftblase als Kugel betrachtet und unter dem Mikroskope direkt gemessen. Die letztere Form der Analyse nenne ich mikroskopische Gasanalyse. Die erstere wird einfach Mikro- analyse genannt. I. Die Mikrogasanalyse.') Der Apparat?) (Fig. 224) besteht aus einer in Millimeter geteilten Kapil- larröhre, gewöhnlich von 0'25 mm lichter Weite. Für einige, unten zu be- sprechende Zwecke kann es nützlich sein, eine etwas weitere Röhre zu be- nützen. Über O5 mm Weite hinauszugehen ist jedoch nicht ratsam, weil das nur Schwierigkeiten bei den Manipulationen bereitet und die Genauig- keit nicht fördert. Röhren unter 0'2 mm können zwar benutzt werden, beanspruchen aber die Gesichtsschärfe sehr stark. Die beiden Enden sowie auch der seitliche Ansatz 5 sind zu kleinen Trichtern erweitert. Der obere Trichter 2 bleibt aber verschlossen und dient nur zur Reinigung des Ap- parates. In den dritten Trichter ist eine Schraubenmutter mit Schraube aus Hartgummi eingefügt. Der ganze Apparat ist vollständig mit Wasser 1) Krogh, On Micro-Analysis of Gases. Skand. Arch. Physiol. Vol. 20, p. 279 (1908). ®) Von F. C. Jakob, Hauserplads, Kopenhagen, hergestellt. 496 August Krogh. gefüllt. Die graduierte Röhre ist mit einem Wassermantel umgeben, in er welchem auch ein Thermometer angebracht ist. Der Mantel wird nicht ganz mit Wasser gefüllt. Mittelst der eingeschlossenen Luft kann dann das Wasser durchgemischt werden. Umden Apparatgebrauchs- fertig zu machen wird er zuerst oben geöffnet und die Schraube herausgenommen. Durch die Schraubenöffnung wird dann der Triehter 5 mit Wasser gefüllt und die mit Schweineschmalz gut eingefettete Schraube wie- der eingesetzt. Jetzt wird der Analysenapparat zweckmäßigmit der Reinigungstlasche (Fig. 225) und diese mit einer Wasserstrahl- pumpe verbunden. Man füllt ihn ganz mit Wasser und verschließt für einen Augenblick die obere Öffnung mit dem Finger, um sich zu vergewissern, daß die Schrauben- mutter und Schraube vollkommen dicht eingesetzt sind. Wenn die graduierte Röhre gereinigt werden soll, wird die Schraube etwas zurückgedreht und da- durch die Zweigröhre # mit Luft gefüllt, um das Eindringen der Reinigungsflüssigkeit in den Trich- ter 3 zu verhindern. Frisch hergestellte und daher noch heiße 25°/,ige Schwefelsäure oder Kaliumbi- chromat in 25°/,iger Schwefelsäure wird dann in den oberen Trichter hineingefüllt und durchgesaugt. Nachher wird mit Wasser nachgespült, und schließ- lich der ganze Apparat mit Wasser gefüllt, aus der Reinigungsflasche herausgenommen und oben ver- schlossen. Um den Apparat zu prüfen wird eine ziemlich große Luftblase mittelst Pipette in den unteren Triehter 7 hineingebracht und ungefähr 100 mın in die Röhre hinaufgezogen. Der Apparat wird dann umgedreht (7 nach oben). Die Luftblase bricht an dem Röhreneingang ab und steigt empor. Wenn not- wendig wird Wasser nachgefüllt. Beim Prüfen über- zeugt man sich zuerst, dal) die Luftblase durch die Die Mikroluftanalyse und ihre Anwendungen. 497 Schraube leicht beweglich ist, dab sie sofort still steht, wenn nicht gedreht wird, daß sie, selbst bei ziemlich schneller Bewegung nicht in zwei oder mehrere getrennte Luftsäulen aufgelöst wird. In den Trichter gebracht muß die Luftblase ganz rund sein und nicht an das Glas haften. Zuletzt wird mit- telst Lupe nachgesehen, daß nirgendswo Wassertropfen an die Röhrenwand innerhalb der Luftsäule haften bleiben, wenn letztere hin und zurück bewegt wird. Die Bewegung der Luftsäule in der Kapillarröhre darf bei dieser Probe sowie bei Analysen nicht zu geschwind sein. Sonst wird auch in der reinsten Röhre eine Wasserschicht an der Wand hängen bleiben und die Resultate fälschen. Eine Geschwindigkeit von etwa 5mm pro Sekunde ist passend gefunden. Besteht der Apparat diese Proben nicht, muß wiederholt gereinigt werden. Es kann zuweilen notwendig sein, Kaliumbichromat in siedender 25°/,iger Schwefelsäure zu benutzen, und es geht auch an, besonders in den 05 mm-Röhren einen dünnen Nickeldraht hindurch zu schieben. Alka- lien dürfen auf keinen Fall für die Reinigung verwendet werden. Für den Gebrauch montiert man den Apparat auf ein Stativ, so daß der Röhrenhalter mit dem Apparat sich um eine horizontale Achse drehen kann. Am bequemsten ist es, wenn er in jeder Lage ungefähr in Gleichgewicht ist. Das Analyseverfahren wird eingeübt, indem man eine große Blase aus atmosphärischer Luft mit der Saugpipette (Fig. 226, 2) in den Trichter einführt. Eine passende Länge derselben wird in die gradu- ierte Röhre hineingesaugt und der Rest abgebrochen. Das untere Ende der Luftsäule wird dann bei vertikaler Stellung des Apparates ungefähr auf O gebracht und die Länge abgelesen. Zum Ablesen benützt man zweck- mäßig eine Lupe, die in einem kleinen rechteckigen Holzklotz montiert ist (Fig. 224, 2). Der Klotz wird an das Glas angelegt und so beim Visieren der Parallaxefehler vermieden. Bei dieser sowie bei allen folgenden Ablesungen wird auch das Thermometer auf 01° abgelesen und der Stand notiert. Nach der Ablesung wird die Kohlensäureabsorption vorbereitet. Der Appa- rat wird mit dem Trichter schräg nach oben gedreht (Fig. 227). Die Luft- säule wird bis dicht vor dem Trichter hervorgeschoben und jetzt das Wasser so vollständig wie möglich mittelst Saugpipette aus dem Trichter entfernt. Dies ist notwendig, weil die Absorptionsflüssiekeiten mit Wasser vermengt mit Luft übersättigt werden und beim Abgeben von dieser Luft während der Absorption zu groben Täuschungen Veranlassung geben könnten. Mittelst Pipette wird jetzt der Trichter mit 10°/,iger Kali- oder Natronlauge gefüllt. Der Apparat wird nach der Stellung (Fig. 228) herum- gedreht und die Luftblase langsam nach unten geschraubt. Es ist sehr wichtig, daß sie nie aus der graduierten Röhre kommt. Gerät etwas von den alkalischen Absorptionsflüssigkeiten in die Röhre hinter der Luftblase, ist die Analyse verloren und der Apparat muß gereinigt werden. Um alles zu absorbieren wird die Luftsäule ein paar Mal etwa 5 mm hin und her geschraubt. Die ganze Absorption dauert höchstens eine halbe Minute. Die Luftblase wird dann zurückgeschraubt. und wenn das untere Ende Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VII. 32 498 August Krogh. eben in die Kapillare hineingekommen ist, wird der Trichter mittelst der Spülpipette 7 mit eben angesäuertem Wasser ausgespült. Der Apparat wird un dann vertikal gedreht, die ET U) ER Luftblase wieder auf O ge- bracht und Länge und Tem- S peratur abgelesen. N 2 Die Sauerstoffabsorp- tion wird genau wie die Kohlensäureabsorption be- werkstelligt. Nur verwendet man statt 10°/,iger Lauge eine Lösung von Pyrogallol in konzentrierter Kalilauge (100g Kalihy- drat Nr. 2, nicht mit Alkohol gereinigt, auf 60cm? Wasser). Am bequemsten wird die: konzentrierte Kalilauge vorrätig gehalten. Man gibt dann !/,—1g Pyrogalloll — es kommt auf die Menge nicht sehr an — in die kleine Flasche, füllt mit Kalilauge auf, verschließt und schüttelt um, bis alles auf-- gelöst ist. In dem Fläschchen ist die Lö- \ sung bei Luftabschluß unbegrenzt haltbar. ,, Die Berechnung der Analysen ist sehr einfach und geschieht am leichtesten mit- telst eines Rechenschiebers. Der Barometer- stand ändert sich nie merklich während der‘ wenigen Minuten (ca. 5), die eine Analyse dauert. Wenn sich die Temperatur geän- dert hat, werden die entsprechenden Ab- lesungen mit 0'1°/, für 0'2° Temperatur-- differenz korrigiert. Gewöhnlich ändert sich Fr PC 62 Fig. 226. die Temperatur entweder gar nicht oder doch so wenig, daß die Änderung, unberücksichtigt bleiben kann. Die Mikroluftanalyse und ihre Anwendungen. 499 Beispiel: Analyse von atmosphärischer Luft Erste Ablesung Nach CO,-Absorption Nach O,-Absorption Oben 934 931 739 Unten 02 05 0:0 932 954 139 Tp. 17.30 17-60 17.80 Korrigiert 93°25 13°8 CO, = — 0:05 mm = 0°/,. O, = 1945 mm = 20°9°/,. Die erreichbare Genauigkeit ist abhängig 1. von der Sauberkeit der Kapillarröhre. Dieselbe muß, wie gesagt, immer ganz rein sein, wenn man zuverlässige Analysenresultate zu erreichen wünscht. Es empfiehlt sich nach dem Gebrauch eine kleine Luftblase (10—20 mm) hineinzunehmen, Fig. 227. Fig. 228. dann den Trichter mit Bichromatlösung zu füllen und die Lösung hinter der Luftblase emporzusaugen. Die Luftblase soll es verhindern, dal die saure Lösung ganz nach oben diffundiert und z.B. in die Trichter 2 und 3 hineingelangt.. 2. Wenn der Apparat rein ist und die Vorschriften genau befolgt werden, hängt die Genauigkeit mit Bezug auf Sauerstoff und Stickstoff nur von der Ablesungsgenauigkeit ab, und wenn man (Grasblasen von etwa 100 mm Länge analysiert, kann man eine Genauigkeit von + 0'1°/, er- reichen. Wenn das zu analysierende Gas Kohlensäure enthält, werden die Fehler, besonders im kleinsten Apparate, oft größer: + 0'2°/,. Falls Gas genug vorhanden ist, wird es dann vorteilhaft, die weitere Kapillare von 05 mm Durchmesser zu benutzen. Als Genauigkeitsbeispiel gebe ich die folgenden kleinen Reihen von Analysen an 4 verschiedenen (rasgemischen. | 32* 500 August Krogh. Atm. Luft 0,-%, 0,-% C0,-% [0,-% 20:95 22:05 04 10-1 2105 22:05 06 36 211 2185 07 3:8 20:95 219 05 10°0 0:55 Mittel 2101 21'96 055 ISDN In der gewöhnlichen Gasanalyse benutzt man Kontrollanalysen von (rasmischungen von bekannter Zusammensetzung (in der Regel atm. Luft), um etwaige Fehler an dem Apparate zu entdecken. Wenn der Apparat in Ordnung ist, ist es nicht leicht. ernstliche Fehler bei der Analyse zu be- gehen, ohne es zu bemerken. Bei der Mikroanalyse liegt die Sache ganz anders. Kontrollanalysen sind zwecklos, weil der Apparat nicht leicht solcher Weise in Unordnung sein kann, dal) er konstant falsche Resultate gibt. Dagegen kann man sehr leicht, ohne es zu bemerken, bei der einzelnen Analyse einen Fehler begehen, welcher das Resultat fälscht. Wenn z. B. ein Staubpartikelchen mit den Reagenzien oder dem Spülwasser in den Apparat gelangt und an dem Meniskus haften bleibt, wird das leicht zu einer groben Entstellung führen. Ferner geschieht es zuweilen, besonders wenn Blut oder andere organische Flüssigkeiten im Apparate sind, dal) sich eine kleine Gasblase vom oberen Ende der Luftsäule loslöst und em- porsteigt, ohne dab man es bemerkt. Wenn es irgend möglich ist, sollte man daher immer Doppelanalysen machen, und nur wenn diese genügend übereinstimmen, das Resultat als gesichert betrachten. Des ist um so mehr zu empfehlen, weil die einzelne Analyse ja nur sehr kurze Zeit be- ansprucht. II. Die mikroskopische Gasanalyse.') Für diese Analyse sind erforderlich: 1. Ein Mikroskop mit schwachen Vergrößerungen (Objektivbrenn- weiten 2°—1/, — 50 — 12mm) und mit Okularschraubenmikrometer ver- sehen. Die gewöhnlichen Okularmikrometer sind nicht anwendbar, aber man kann sich ohne das Mikrometer behelfen, wenn man mittelst Zeichen- apparats das Bild der zu analysierenden Luftblase auf eine Papierfläche projiziert und hier mittelst Zirkel den Diameter ausmißt. 2. Ein Analysentrog aus Metall oder Glas bis 10 mm hoch und ungefähr von den Dimensionen eines englischen Objektträgers. Wenn der Trog aus Metall hergestellt ist, wird im Boden ein Loch gebohrt und ein Objektträger mittelst Paraffin (70° Schmelzpunkt) über den Boden ge- kittet. Zum Trog gehört ferner eine Brücke aus zwei gleichen Messing- klötzchen und einem darüber gekitteten schmalen Glasstreifen. !) A. Krogh, Methods of Microscopical Gas Analysis. Skand. Arch. Physiol. Vo1.25. p. 188 (1911). — A. Krogh, Composition of Air in Tracheal System of Inseets. Ibid. Vol. 29. p. 29 (1913). Die Mikroluftanalyse und ihre Anwendungen. 501 3. Eine Einrichtung zur mechanischen Hervorführung der Reagenzien- pipetten (Fig. 228).!) 4. Reagenzienpipetten aus Glas stellt man sich am bequemsten selbst her. Eine passende Glasröhre von 5 mm Dicke wird in der Flamme aus- gezogen bis zu einer Dicke von ungefähr 1 mm. In gewisser Höhe über einer kleinen Flamme, die man ausprobieren muß, gelingt es dann sehr leicht, die ausgezogene Kapillare weiter auszuziehen und beliebig zu biegen. Am oberen Ende werden die Pipetten mit Ebonitschrauben versehen, die man bequem mittelst dickwandigem Gummischlauch aufsetzt. 5. Als Reagenzien verwendet man zum Füllen des Troges Glyzerin. 200 cm? werden mit 1 Tropfen Normalsalzsäure angesäuert und gut mit Luft durchgeschüttelt. Ferner hält man vorrätig Kalilauge, dessen spezi- fisches Gewicht ein wenig kleiner als das des Glyzerins ist (25 Gewichts- prozent). Die Absorptionsflüssigkeit für Kohlensäure wird durch Vermischen von 1 cm: dieser Kalilauge und 9 cm: Glyzerin hergestellt und wird z. B. mit Rosolsäure stark rot gefärbt. Um die Absorptionsflüssigkeit für Sauer- stoff herzustellen, wird in eine kleine Flasche (20 cm?) zuerst 0'2 g Pyro- sallol gebracht, dann 2 cm® der Kalilauge und schließlich wird beinahe mit Glyzerin aufgefüllt. Das Ganze wird umgeschüttelt, gekühlt und dann nach Lüftung des Stopfens wieder geschüttelt, um die Flüssigkeit mit Stickstoff vollständig zu sättigen. Zuletzt wird Paraffinöl in 3—5 mm Schicht über die Absorptionsflüssigkeit gegossen, um weitere Absorption von Luftsauerstoff zu verhüten. In die Absorptionspipette für Sauerstoff wird immer ein wenig Paraffinöl mit aufgesaugt, und die Pipette wird auswendig nach der Füllung mit Fließpapier sorgfältig abgewischt, damit kein Öl in den Analysentrog gelangt. Es ist von Wichtigkeit, daß die Pyro- gallollösung nicht durch frühzeitige Sauerstoffabsorption zu dunkel wird, da man dann den Gang der Absorption unter dem Mikroskop nicht mit genügender Sicherheit verfolgen kann. Die Analyse geschieht in folgender Weise: Das Mikroskop muß auf einen genau horizontalen Tisch aufgestellt werden. Die Absorptionspipetten werden beschickt und am bequemsten in Glasflaschen bis zu dem Gebrauch aufgehängt. Der Trog wird mit angesäuertem Glyzerin gefüllt, bis zur Höhe der:Glasbrücke, und auf den Mikroskoptisch gestellt. Die Gasblase, z.B. aus dem Bein eines Insekts, wird jetzt eingeführt und schnell in den Fokus gebracht und so eingestellt, daß man den Rand ganz scharf sieht. Am besten benutzt man eine so starke Vergrößerung, daß der Diameter der Luftblase 1/,—!/, des Gesichtsfeldes ausmacht. Man mißt jetzt mittelst des Mikrometers den Diameter so genau wie möglich und versichert sich durch wiederholtes Einstellen, daß die Gasblase sich nicht bewegt. Wenn das der Fall sein sollte, ist die Brückenunterfläche nicht wagrecht und die Aufstellung muß korrigiert werden. !) Kann mit dem Analysentrog aus Metall von der Werkstätte des Laboratoriums Ny Vestergade, Kopenhagen, geliefert werden. 502 August Krogh. Nach der Messung führt man die Kalipipette vorsichtig hinein, bis die Mündung dicht unterhalb der Luftblase zu Jiegen kommt und setzt ein wenig Kaliglyzerin hinzu (Fig. 229). An der Farbe sieht man, dal) die Absorp- tionsflüssigkeit wirklich in Berührung mit der Luftblase kommt. Nach der Absorption, welche ungefähr eine Minute beansprucht, mißt man aufs neue den Diameter der Luftblase und setzt dann die Sauerstoffabsorptions- flüssigkeit hinzu. Hier sieht man, falls Sauerstoff zugegen ist, die Absorp- tion sich vollziehen, indem eine dunkelbraune Zone sich um die Luftblase nach und nach entwickelt. Wenn diese Zone wieder zu erblassen beeinnt, ist die Reaktion zu Ende, und man kann zum dritten Male messen. Alle Messungen werden ohne Veränderung der Vertikaleinstellung des Mikro- skops durchgeführt. Die Volumina sind mit den dritten Potenzen der ab- "7 990 Fig. 229. gelesenen Diameter proportional. Am bequemsten benutzt man einen Rechenschieber mit spezieller dritter Potenzskala. Auf jeden Fall werden zuerst die dritten Potenzen der abgelesenen Diameter bestimmt, und erst danach die CO,- und O,-Prozente auf gewöhnlicher Weise ausgerechnet. Nach einer Analyse muß natürlich der Trog sorgfältig gereinigt werden. Beispiel. Analyse von atmosphärischer Luft. Nm .nechtsen REIFE RAR 11:67 IR SE Tanks 4-45 4:67 4:64 DR—IF 02 TOO 691 D=n347 544 231 Differenz CO 0268 Prozent CO5=0:9, 0... 19:09, N, = UI Die Genauigkeit der mikroskopischen Analyse ist natürlich nicht sehr groß. Man kann die Messungen mit einer Genauigkeit von ca. 0'3°/, machen. Da (1 +.a)?, wenn a klein ist, mit großer Annäherung gleich 1 + 3a gesetzt werden kann, entspricht dies einer Genauigkeit von zirka Die Mikroluftanalyse und ihre Anwendungen. 503 1°/, in den Volummessungen. Wenn man atmosphärische Luft analysiert, läßt sich diese Genauigkeit auch tatsächlich erreichen. Eine Reihe von solchen Analysen haben einen durchschnittlichen Stickstoffprozent von 791 angezeigt und der mittlere Fehler der einzelnen Analyse betrug + 1'3°)o- Wenn aber die Zusammensetzung der kleinen (rasblase von der der Atmo- sphäre abweicht, muß ein Diffusionsaustausch zwischen der Blase und dem Glyzerin stattfinden und größere Fehler entstehen. Diese Fehler sind aber bei der Anwendung einer Flüssigkeit wie Glyzerin auf ein Minimum herab- gedrückt. Wenn man statt Glyzerin Wasser anwenden würde, würden die analytischen Resultate ganz illusorisch werden. Die Fehler betreffen be- sonders die Kohlensäure, während die Sauerstoffresultate auch bei sehr ab- weichender Zusammensetzung der Gasblase recht brauchbare werden können. Die Analysen von bekannten Luftgemischen werden folgendermaßen bewerkstelligt. Das Gemisch wird in einer Gassammelröhre über Queck- Fig. 230. silber hergestellt und nötigenfalls umgeschüttelt. Ein Mikrogasometer macht man sich aus einer diekwandigen Glaskapillare mit höchstens !/, mm lichte Weite. An einem Ende wird eine gewöhnliche Glasröhre angeschmolzen und darin eine Hartgummischraubenmutter mit Schraube eingekittet. Das Ganze wird mit Quecksilber gefüllt und jetzt die Kapillare möglichst fein ausgezogen. Die lichte Weite der Spitze darf 0:01 mm nicht übersteigen. Aus dem Gasrezipienten wird Luft in langsamem Strom ausgetrieben. Das Mikrogasometer wird bis in die Spitze mit Quecksilber gefüllt, wie in der Fig. 230 gezeigt, angebracht und die Schraube zurückgedreht. Wenn es ge- nügend gefüllt ist, preßt man langsam Luft aus und zieht es dabei zurück. Es wird für einen Augenblick mit der Spitze in Glyzerin getaucht und wird dadurch verschlossen. Aus diesem Gasometer kann man dann kleine Luftblasen für Analysen unter der Brücke hervorpressen. 904 August Krogh. Eine Reihe von Analysen von bekannten Kohlensäuregemischen haben folgendes ergeben: CO,-Prozent Mittel zugegen gefunden gefunden Korrektion 504 39 35 165) 396 29:0 318 30 10 178 145, 148, 154, 149 15 5 ek, Se 3 25 33 T4 7 2 15 6 6 E3) 4:9 St 4 1 Aus diesen Resultaten läßt sich eine Korrektion ermitteln, welche in Fig. 231 graphisch wiedergegeben ist, und die man zu den direkt gefun- denen Kohlensäureprozenten hinzuaddieren muß. Es versteht sich von selbst, dal diese Korrektion nur Gültigkeit haben kann, wenn die Luft- Fig. 231. 25 30 35% gefunden blase nicht vor der Analyse umherbewegt worden ist, und man die Analyse mit normaler Schnelligkeit nach Hineinbringen der Luftblase macht. Die Korrektion hängt wahrscheinlich auch von der Größe der Luftblase ab. Analysen von Sauerstoffgemischen haben ergeben, daß man bei sol- chen mit S0—90°%/, 0, 2—3°/, zu wenig findet. Bei gewöhnlichen in der Natur vorkommenden Gasgemischen kann daher die Korrektion vernach- lässigt werden. III. Die Anwendungen der Mikro- und mikroskopischen Gas- analysen. Die Analysenmethoden für ganz kleine Luftmengen können für zwei sehr verschiedene Zwecke benutzt werden. Erstens um die Zusammensetzung von Luft, welche nur in kleinen Mengen zu haben ist, zu ermitteln und zweitens um die Spannung von in Flüssigkeiten gelösten Gasen zu be- stimmen. Zn Die Mikroluftanalyse und ihre Anwendungen. 505 A. Die erste Anwendung erfordert deshalb eine gewisse Vorsicht, weil die Zusammensetzung von kleinen Luftblasen sehr leicht durch Dif- fusion verändert wird, und zwar besonders mit Bezug auf die Kohlen- säure. Man soll daher die Gasblasen so wenig und so kurz wie möglich in Berührung mit fremden Flüssigkeiten lassen. Man soll eine so große Gasblase wie möglich nehmen und dann von dieser eine passende Menge in die Kapillarröhre hineinziehen und für die Analyse verwenden. Wenn das geht, bringt man die Gasblase direkt in den Trichter des Mikroapparates hinein und saugt sie sofort langsam in die Röhre hinauf. Gewöhnlich läßt man den Trichter des Apparates in einem Trog oder Schale tauchen und macht hier die Luftblase direkt unter dem Trichter frei. Schale und Trichter können entweder mit Wasser oder aber mit Glyzerin gefüllt sein. Die Sauerstoffwerte können schon über Wasser, wenn man einiger- maßen schnell arbeitet, und eine nicht allzu kleine Luftblase zur Unter- suchung bekommt, vollkommen richtig werden, selbst wenn die Zusammen- setzung stark von der Atmosphäre abweicht. Ich habe z. B. für Bomben- stickstoff mit 0:'0°%/, CO, und 0'48°/, O, gefunden 0%, CO, und 05%, O;. Wenn man kohlensäurehaltige Gasblasen über Wasser analysiert, muß man genau darauf achten, dal) keine Spur Alkali zugegen ist. Man spült daher mit angesäuertem Wasser und macht am besten die Luftblase bei eben saurer Reaktion frei. Trotzdem bekommt man immer zu niedrige Werte. Ich habe z.B. in 4 Analysen von 5 mm? Blasen aus Luft mit 5:9%/, CO, 54, 53, 49, 4°9%/, CO, gefunden. Dabei hatte ich die ersten Luftblasen sehr groß (30 mm: oder mehr) genommen, die beiden letzten kleiner. Weit bessere Resultate bekommt man, wenn man die für die Analyse bestimmte Luftblase über Glyzerin aufsammelt. Zu diesem Zweck wird der Trichter nach Ausspülung mit angesäuertem Wasser vollständig entleert, wie es für die Einfüllung von Absorptionsflüssigkeit geschieht. Glyzerin wird dann eingefüllt, der Apparat wird sofort gedreht und der Trichter dabei in einen passenden Trog mit Glyzerin eingetaucht. Mit der Schraube wird ein wenig Wasser aus der graduierten Röhre gepreßt, welches sich als kleine Kuppe über das Glyzerin lagert. Die Luftblase wird jetzt ein- geführt und in die Röhre gezogen und nachher wird dann das Glyzerin genau wie die Absorptionsflüssigkeit ausgespült. Drei Analysen von Aus- atmungsluft mit 5°72°/, CO, haben auf diese Weise analysiert 5°6, 9° und 5°6°/, CO, ergeben. Die Mikroanalyse ist unter anderem für die Untersuchung von Schwimmblasengasen von kleinen Fischen (Stichlinge), für die Tracheen- gase von größeren Insekten, für die Luftmengen, die von tauchenden In- sekten mitgeführt werden usw. verwendet worden. Für die Anwendung im Freien, für Untersuchungen über die Luft- zusammensetzung in den Schlupfwinkeln allerlei Tiere haben wir den Analysenapparat als portables Instrument in einem leicht tragbaren und 506 August Krogh. mit den nötigen Hilfsmitteln ausgestatteten Kasten montiert.!) Der Kasten kann einem Stativ angeschraubt werden (Fig. 232). Die mikroskopische Analyse wird angewendet, wenn nur noch 1 mm® oder weniger Gas zur Verfügung steht. Ich habe sie z.B. zur Unter- Fig. 232. suchung der Gase in den trachealen Schwimmblasen von einer Mücken- larve (Corethra) angewendet.°) Dieses Tier (Fig. 233) ist in Teichen häufig Fig. 233. und vermag sich mittelst der Schwimmblasen genau mit dem Wasser in Gleichgewicht zu setzen. Jedoch findet keine Gassekretion statt, wie in ‘) Kann von der Werkstätte des Laboratoriums Ny Vestergade, Kopenhagen, ge- liefert werden. ®) On the Hydrostatic Mechanism of the Corethra Larva. Skand. Arch. Physiol. Vol. 25. p. 183 (1911). Die Mikroluftanalyse und ihre Anwendungen. 507 der Schwimmblase von Fischen, sondern die Gasspannungen in den Blasen gleichen sich mit der Umgebung vermittelst Diffusion ziemlich schnell aus. Wenn z.B. eine Larve in Wasser mit 52°/, O, gesetzt war, fand ich nach einiger Zeit in den Schwimmblasen 48°/, O,. Die Gase gelangen so zur Untersuchung, daß man eine Schwimmblase herausnimmt und mittelst Pinzette unter der Analysenbrücke zerdrückt. Man bekommt nur 001 bis 0'02 mm: Gas. Die methodische Anwendbarkeit dieser Schwimmblasen wird unten S. 517 näher erörtert. Ferner ist die mikroskopische Analyse an den gewöhnlichen Tracheen der Insekten angewendet worden, und zwar an den Tracheen der Beine.!) Man faßt das ganze Bein nahe am Körper mittelst Pinzette an, drückt es stark zusammen und reißt es ab. Es wird sogleich in den Analysen- trog gebracht. Die Tibia wird mit einer Schere durchschnitten und eine Luftblase mittelst Pinzette herausgepreßt. Eine ähnliche Methode könnte man gewiß auch, um die Tracheenluft von Pflanzen zur Analyse zu be- kommen, benutzen. Die Möglichkeiten der Analysen von sehr kleinen Gasmengen sind na- türlich mit den gegebenen Andeutungen lange nicht erschöpft, und es wird sich unzweifelhaft mit der Ausdehnung des Verfahrens auf neue Gebiete das Bedürfnis nach passenden Modifikationen geltend machen. Solche werden sich wahrscheinlich meistens leicht nach den obigen Beispielen ausarbeiten lassen. B. Bestimmung von Gasspannungen in Flüssigkeiten und Geweben mittelst Mikrotonometrie und Mikrogasanalyse.?) Die Spannung eines in einer Flüssigkeit gelösten Gases ist gleich seinem Partialdruck in einem Gasgemisch, das sich in Diffusionsgleichge- wicht mit der Flüssigkeit befindet. Die Totalspannung der in einer Flüssig- keit aufgelösten Gase ist selbstverständlich gleich der Summe der Par- tialspannungen und die Zusammensetzung eines Gasgemisches kann nur dann den Partialspannungen in einer Flüssigkeit entsprechen, wenn der Totaldruck des Gemisches richtig auf die Totalspannung eingestellt ist. Man bestimmt die Spannung, indem man den Diffusionsausgleich zwischen einer kleinen Gasblase und einer verhältnismäßig großen Menge Flüssig- keit bewerkstelligt. Die erste Aufgabe ist hierbei die Einstellung des Total- druckes, die zweite die Ermittlung der Partialspannungen durch Analyse der Gasblase. Da die Gasspannungen in Flüssigkeiten von der Temperatur abhängig sind, muß der Diffusionsausgleich bei bestimmter und konstant gehaltener Temperatur stattfinden. Die Gasspannungen in Flüssigkeiten werden zuweilen in Prozenten des Atmosphärendruckes, zuweilen in Millimeter Quecksilber angegeben. Um Verwechslungen, speziell mit Volumprozenten, vorzubeugen, ist es rat- sam, Gasspannungen in Millimeter Quecksilber anzugeben. 1) A. Krogh, On the Composition of the Air in the Tracheal System of some Insects. Skand. Arch. Physiol. Vol. 29. p. 29 (1913). 2) A. Krogh, Some New Methods for the Tonometrie Determination of Gas Tensions in Fluids. Skand. Arch. Physiol. Vol. 20. p. 259 (1908). 508 August Krogh. Die Einstellung des Totaldruckes erfolgt, indem man das Volumen der Gasblase von Zeit zu Zeit während des Diffusionsausgleiches mißt. Findet man dabei, daß sich das Volumen fortwährend vermindert, ist der Totaldruck in der Gasblase zu hoch und muß vermindert werden. Steigt das Volumen an, ist der Druck umgekehrt zu niedrig und muß erhöht werden, bis sich das Volumen bei beliebig lange fortgesetztem Diffusions- austausch nicht mehr ändert. Die in Fig. 234 gezeigte Aufstellung ist für die Bestimmung von Blutgasspannungen benutzt worden und mit geringen 14 Fig. 234. Modifikationen, die unten näher zu besprechen sind, kann sie auch für andere Flüssigkeiten zur Anwendung kommen. Das Blut strömt aus einer Arterie oder Vene durch den Schlauch 5 in das Tonometer 7, 2, 3, bestehend aus dem Mikroanalyseapparat 3 und dem eigentlichen Tono- meter, das auf Fie. 235 und 236 separat dargestellt ist. Das Blut kommt durch die sehr enge Öffnung der Röhre 7 in das Tonometer hinein. Dank der exzentrischen Stellung dieser Röhre wird der Blutstrom die (rasblase 2 ein wenig nach unten drücken und in Rotation, gewöhnlich auch in Oszillation versetzen. Das Blut fließt dann durch die Röhre 7 ab und wird im eingeteilten Gefäße 70 gesammelt. Dieses Gefäß steht mit dem Manometer 72, dem Druckregulationsapparat 15 und durch 75 mit einer kleinen, für schwache Saugung eingestellten Wasserstrahlpumpe (oder anderem Luftverdünnungsapparat) in Verbindung. Die atmosphärische Luft hat durch die Röhre 174 Zutritt, und der Druck kann durch Auf- Die Mikroluftanalyse und ihre Anwendungen. 509 und Niederschieben dieser Röhre beliebig unter dem Atmosphärendruck eingestellt werden. Nach bisherigen Erfahrungen ist die Totalspannung der gelösten Gase im kreisenden Blute immer etwas niedriger als der atmo- sphärische Druck. Der ganze Apparat wird vor dem Versuche mit ausge- kochter isotonischer Salzlösung gefüllt und man überzeugt sich, daß außer der tonometrischen Blase von 3—5 mm: keine Luft sich in dem Apparate befindet. Man stellt den Druck ungefähr auf den zu erwartenden ein und läßt das Blut ca. 3 Minuten zufließen, indem man nötigenfalls mittelst des Schraubenquetschhahns 5 den Strom regelt. Nach 3 SRSEn Minuten wird der Blutstrom abgestellt und die Luft- blase in die Kapillare eingezogen und gemessen. Die Luftblase wird sogleich wieder heruntergebracht und dann erst das Blut zugelassen. Öffnet man zu früh für den Blutstrom, wird die Luftblase in mehrere kleine Blasen 'geteilt, die nicht wieder vereinigt Fig. 236. werden können. Nach einer Minute wird eine neue Messung vorgenommen. Hat sich dann die Länge nicht (oder jedenfalls nicht über 1 mm) geändert, ist der Druck richtig auf die Totalspannung eingestellt. Hat sich die Länge vergrößert, ist der Druck zu niedrig und vice versa. Man verändert dann den Druck, liest die Länge wieder ab, treibt die Blase nach unten und läßt wiederum Blut eine Minute zufließen, und so fort, bis man eine kon- stante Länge erhält. Jedenfalls muß die Blutdurchströmung mindestens insgesamt 5 Minuten dauern. * 510 August Kroghn. Wenn die Totalspannung solcherweise bestimmt worden ist, wird bei abgestelltem Blutstrom die Klemme 17 geöffnet, um Atmosphärendruck im Apparate herzustellen, und dann das Tonometer aus dem Wasser ge- hoben, bis die Röhre 7 sich in Klemme & bringen läßt. In dieser Höhe ist das Tonometer ein wenig unter der Mündung von der Röhre 2 (Fig. 236), und wenn man jetzt den Mikroanalysenapparat abnimmt, wird das Blut zurückfließen und das Schlauchstück des Tonometers füllen. Man kann dann sogleich den nächsten Analysenapparat einsetzen und eine neue Be- stimmung machen, während die erste Luftblase analysiert wird. Beispiel: Tonometrie von venösem Blut bei 37°. Wasserdampftension 47 mm. Barometer 756 mm. Nach 3 Minuten Manometer — 30 mm, Länge der Blase 660 mm 4 ei r —30 „ 4 R a —50 „ x n Pl 0: 522 > 5 h —50 „ 5 3 > 034 —65 „ e & „646 6 5 R —65 „ 5 3; „. 653 7 —65 ,„ 5 ns DA Totalspannung der gelösten Gase nach dieser Bestimmung 156 — 60 — 47 = 649 mm. Die Analyse der Gasblase gibt: CO, = 63°, = #1%, N, =:89:6%,: Die Gasspannungen sind somit: CO, — 0'063.649 = 41 mm, 0; =0041.649= 271 N, = 0'896 . 649 = 581 Die Genauigkeit der Spannungsbestimmung hängt teils von der Totalspannungsbestimmung, teils von der Gasanalyse ab. Die mögliche Ge- nauigkeit der Analysen ist oben erörtert worden. Sie beträgt + 0'1%/, = + 08mm für den Sauerstoff und Stickstoff + 02%, = + 15mm für die Kohlensäure. Die Totalspannung kann sehr genau (bis auf + 11mm) be- stimmt werden, wenn sie wenigstens 10 Minuten hindurch wirklich kon- stant ist. Das ist jedoch zumeist mit Bezug auf organische Flüssig- keiten nicht der Fall, und eine Genauigkeit von +5 oder + Tmm muß gewöhnlich als befriedigend angesehen werden. Diese Genauigkeit ist er- reicht, wenn sich die Länge einer Gasblase von 3—5 mm> = 60— 100 mm nicht mehr als 1 mm pro Minute ändert. Die Wirkung eines Fehlers in der Totalspannungsbestimmung ist für jedes einzelne Gas eine verschiedene. Diese Verschiedenheiten sind für die Anwendungen der tonometrischen Betrachtungsweise und Methode sehr wichtig, und es ist daher notwendig, etwas ausführlicher darauf einzugehen. Wenn der Totaldruck in der Gasblase höher als die Totalspannung der gelösten Gase in der Flüssigkeit ist, wird immerfort Gas von der - Zu ZZ En Ze u nm Die Mikroluftanalyse und ihre Anwendungen. 51T Blase zu der Flüssigkeit abgegeben, und der Partialdruck von jedem Gas in der Blase muß höher als die entsprechende Partialspannung in der Flüssigkeit sein. Wenn nun alle Gase mit derselben Geschwindigkeit diffundierten, müßte der Fehler für jedes Gas seinem Partialdruck propor- tional sein. Beispiel: Wasser mit atmosphärischer Luft gesättigt (Totalspannung 760 mm) in Berührung mit einer Gasblase aus atmosphärischer Luft bei einem Druck von 800 mm. 0) N Partialspannung . . . . . 1594 mm 6006 mm Zusammensetzung der Gasblase 20'96°/, 79:04°%/, Baalmck ». -. -» .. . ....1678 mm. 6322 mm EL Er ee 84 316 BE on raue. . 5'26 5:26 Dieses Beispiel entspricht aber den tatsächlichen Verhältnissen nicht. Die Diffusionsgeschwindigkeiten der verschiedenen Gase sind durchaus verschieden, und es bewirkt dieses, daß, wenn der Totaldruck nicht richtig eingestellt ist, ändert sich die Zusammensetzung der Luftblase derart, daß der Fehler für das am schnellsten diffundierende Gas der geringste wird. Im oben besprochenen Beispiel hat man in der Tat folgendes gefunden: Ö, N, Partialspannung. . . . . . 1594 mm 600°'6 mm, Zusammensetzung der Gasblase 20°6°/, 79:40), Partialdruck -. . . . . . .. 1648 mm 6352 mm 2.102. 54 346 2.2 NE ee 344 576 Für die Kohlensäure ist die Diffusionsgeschwindigkeit so groß, dab sich der Partialdruck praktisch richtig einstellt, selbst wenn der Total- druck mit sehr großem Fehler eingestellt ist. Es wurden z. B. zwei Bestimmungen von der ÜO,-Spannung von Wasser gemacht, welches mit ungefähr 10°/, CO, bei atmosphärischem Druck gesättigt war. Die eine Bestimmung bei atmosphärischem Druck ergab 9-87%/, CO, = 74 mm (Mittel aus 4 Einzelbestimmungen). Die andere wurde bei einem Minusdruck von 120 mm Hg ausgeführt, und man fand 11'47°/, CO, = 723 mm (3 Bestimmungen). Der Fehler ist somit nur 177 mm und kommt den Fehlergrenzen der Analyse sehr nahe. Es folgt aus den obigen Betrachtungen und Beispielen, daß eine genaue Stickstoffspannungsbestimmung eine sehr genaue Einstellung des Totaldruckes erfordert. Wenn man die Forderung aufstellt, dal der Fehler, welcher von der Einstellung des Totaldruckes herrührt, den mittleren Analysenfehler nicht überschreiten darf, findet man, daß eine genaue Stickstoffbestimmung in gewöhnlichen Flüssigkeiten mit ungefähr 600 mm Stickstoffspannung eine bis auf 1 mm genaue Totaldruckeinstellung erfordert. 512 August Krogh. Für den Sauerstoff gilt folgende Tabelle: Sauerstoffspannung Zuläßliche Abweichung des Druckes der Flüssigkeit von der Totalspannung 300 mm 3 mm 200%; D 1008 10 DO 20 23% 40 10% 100 Hi 200 Bei den praktisch vorkommenden Kohlensäurespannungen , O— 75 mm (10°/,), sind Fehler in der Totaldruckeinstellung bis 100 mm bedeutungs- los, und selbst größere Fehler bedingen nur kleine Abweichungen. Die Anwendung der tonometrischen Methodik auf Spezialfälle. Oben wurde als Beispiel die Tonometrie von lebendem arteriellem oder venösem Blut erörtert. Diese Aufgabe ist eine der schwierigsten, die man überhaupt mit dem Mikrotonometer in Angriff nehmen kann. und damit sie gelingt, müssen verschiedene Kautelen beachtet werden. 1. Die Koagulation muß durch reichlichen Hirudinzusatz verhindert werden. Man kann entweder 80 »»g Hirudin pro Kilogramm Tier benützen oder, was weit billiger und bei der wechselnden Güte der Hirudinpräparate auch sicherer ist, sich selbst den Blutegelextrakt nach den Angaben von Abel!) herstellen. 2. Alle Glasteile und besonders natürlich der Mikroanalysenapparat müssen sehr sorgfältig gereinigt und mit Blutegelextrakt in ausgekochter Salzlösung gefüllt werden. Auch die Kautschukschläuche müssen inwendig ganz rein sein. 3. In den Analvsenapparat werden zwei Luftblasen gebracht. Die obere kleinere (von 1—2 cm Länge) wird in der graduierten Röhre be- halten und verhindert, dal das Blut im der Kapillare mit Salzlösung ver- mischt wird, was immer zum Anhaften der Blutkörperchen an die Kapillar- wand führt. Die tonometrische Gasblase wird so klein gewählt, als es mit einer hinreichenden Analysengenauigkeit vereinbar ist, weil dann das Gleichgewicht am schnellsten erreicht wird. Es empfiehlt sich absolut nicht mit großen Gasblasen in weiten Röhren zu arbeiten. ') Journ. of Pharmacology and exp. Therapeuties. Vol. 5. p. 302 (1914). Die Köpfe von 200 Blutegeln werden zerrieben und mit 150 cm? Wasser unter Thymolzusatz 24 Stunden bei 0° extrahiert. Der Extrakt wird dann unter Druck abfiltriert oder abgepreßt und wird mit so viel Wasser gewaschen, daß man 150 cm® Filtrat bekommt. Das Filtrat wird auf 82—85° geheizt und mit Essigsäure zur Ausfällung der Proteine eben angesäuert. Es wird heiß filtriert und dann mit Natriumbikarbonat neutralisiert. Man kann dieselben 200 Köpfe noch zweimal extrahieren. Der erste Extrakt wird gewöhnlich ca. 0'9g Hirudin enthalten, der zweite ungefähr 0'5 g. Der Extrakt ist bei niedriger Temperatur und ausreichend mit Thymol versetzt sehr lange haltbar. 4 40 u 2 AD Die Mikroluftanalyse und ihre Anwendungen. 513 4. Man muß vor allem schnell arbeiten und den Blutstrom so wenig und so kurz wie möglich unterbrechen, weil die Unterbrechungen koagu- lationsbefördernd wirken. Der Totaldruck muß daher im voraus so nahe wie möglich eingestellt werden, und man muß sich über die kleinste er- forderliche Genauigkeit bei der Totaldruckeinstellung orientieren. 5. Die Öffnung der Einströmungsröhre (Fig. 235, Z) wird am besten sehr eng, etwa 0'2—0'5 mm je nach der zur Verfügung stehenden Blut- menge und der vorhandenen Druckdifferenz gewählt. Diese Öffnung wird folgendermaßen hergestellt: Eine Glasröhre von 1—1'5 mm liehter Weite und 2—2°5 mm Dicke wird etwas ausgezogen und abgeschnitten (Fig. 237, 7). Die Öffnung wird dann in der Flamme vorsichtig eingeengt, und wenn sie die gewünschte Weite erreicht hat (2), mittelst Schleifsteines oder feiner Feile abgeschliffen, bis die Öffnung nur ein Loch in der dünnen Glaswand darstellt (3). Wenn sich dann ein Koagel neben die Öffnung setzen Fig. 237. sollte, kann man es leicht durch schnelles Zusammenpressen des Kaut- schukschlauches 5 (Fig. 234) entfernen. 6. Unmittelbar nach der Tono- metrie muß die Analyse erfolgen. Das Blut unter der Luftblase wird mit 1°/,iger Salzlösung sorgfältig ausge- spült. Danach wird die Länge der Luft- 1 2 3 blase gemessen und die Analyse dann in gewöhnlicher Weise fortgesetzt. Man muß aber auch bei der Analyse schnell arbeiten und dabei genau aufpassen, dal) nicht ganz kleine Blasen (gewöhnlich 0:3—0'6 mm) sich von dem oberen Ende der Luftsäule loslösen. Wenn dies geschieht, kann man zuweilen noch die Analyse retten, indem man das Volumen der kleinen Blasen schätzt und zu den Ablesungen hinzuaddiert. Die Genauigkeit wird natürlich dadurch vermindert. !) Die für Blut beschriebene Technik kann mit unwesentlichen Modifi- kationen auch für andere strömende Flüssigkeiten benutzt werden, wenn sie nur in Mengen von 2 cm3 pro Minute erhalten werden können. Wenn die Totalspannung der gelösten Gase-nicht zu sehr vom Atmosphärendruck abweicht, empfiehlt es sich oft, den Druck-in der Gasblase nur dadurch zu regulieren, daß man die Ausströmungsöffnung längs einer Zentimeter- skala hebt oder senkt (Fig. 238). Von nicht strömenden oder zu langsam strömenden Flüssigkeiten muß ein genügendes Quantum aufgesammelt werden. Dies kann über Quecksilber geschehen. Es ist aber meistens weit bequemer, eine der modernen, ganz aus Glas hergestellten Spritzen zu be- nützen. Wenn man den Totaldruck nicht im voraus ziemlich genau kennt, 1) Für tonometrische Versuche mit dem Blut größerer Tiere und speziell für ge- naue Bestimmungen von CO,-Spannungen ist, wie ich glaube, eine makrotonometrische Methode der Mikromethode vorzuziehen. Brodie hat neuerdings ein ausgezeichnetes In- strument für solche Versuche konstruiert. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 33 514 August Krogh. kommt man schwerlich mit weniger als 20—30 cm® Flüssigkeit aus. Wenn eine große Menge Flüssigkeit (100 cm® oder mehr) vorhanden ist, kann man die Tonometrie einfach aus einem engen Zylinder vornehmen, indem man mittelst Hebers aus den untersten Flüssigkeitsschichten schöpft. In einigen Fällen kann man eine vereinfachte Technik benützen, bei der auf der Totalspannungsbestimmung verzichtet wird und die (unvoll- ständige) Ausgleichung der Partialspannung bei Atmosphärendruck statt- findet. Diese Vereinfachung ist zulässig 1. mit Bezug auf die Kohlensäure, deren Partialdruck sich, wie oben gezeigt, ungefähr richtig einstellt, unab- hängig von dem Totaldruck und 2. mit Bezug auf den Sauerstoff, wenn der Partialdruck dieses Gases in der Flüssigkeit sehr niedrig ist, weil dann der absolute Fehler unbedeutend wird. Die Flüssigkeit wird in einen passenden Behälter gesammelt, welcher entweder eine der oben erwähnten Spritzen sein kann, oder, wenn eine ge- nügende Menge Flüssigkeit zur Durch- spülung vorhanden ist, ein Glasgefäß von nebenstehend abgebildeter Form, und am besten mit einem Thermo- meter als Stopfen (Fig. 239 und 240). Für Kohlensäure kann man sich, dank der großen Löslichkeit der Kohlen- säure, mit einer sehr kleinen Flüssig- keitsmenge begnügen. 1 cm? Wasser, bei gewöhnlicher Temperatur mit 10%, 00, gesättigt (74mm Spannung), ent- hält ungefähr 100 mm® CO,. Wird eine UO,-freie Gasblase von 5 mm: hier eingebracht, braucht sie nur 0'5 mm® CO,, um die richtige Tension anzu- nehmen. 995 mm# bleiben in der Flüs- sigkeit zurück und die Spannung wird nur von 74 bis auf 73°6 mm absinken, was natürlich belanglos ist. Für Sauerstoffbestimmungen sind größere Flüssigkeitsmengen erforderlich, und es ist sehr oft von Nutzen, Gasblasen mit einem annähernd richtigen Sauerstoffprozent einzuführen. Wenn z. B. 5 mm® atmosphärischer Luft in 10 cm® O,-freie Flüssigkeit eingeführt wer- den, muß die Flüssigkeit ungefähr 1 mm: Sauerstoff aus der Gasblase absorbieren. Wenn der Absorptionskoeffizient 003 beträgt, wird 1 mm® die O,-Spannung von O bis auf 25mm steigern. Das Sauerstoffprozent der Blase wird nur bis auf 0'3°/, absinken können. Man kann folg- lich das Tonometer für Sauerstoffbestimmungen nicht gern kleiner als Die Mikroluftanalyse und ihre Anwendungen. 515 10 cm® machen, und wenn möglich, ist es vorteilhaft, es etwas größer zu wählen. Die Gasblase wird am besten mittelst des Mikroanalysenapparats ein- geführt.!) Eine passende Blase wird in der graduierten Röhre auf ge- wöhnliche Weise hergestellt und für O,-Bestimmungen in einer Ö,-armen Flüssigkeit zweckmäßig zu Stickstoff reduziert. Der Trichter wird dann entleert und mit der zu analysierenden Flüssigkeit aus dem Tonometer gefüllt. Der Analysenappa- rat wird schräg nach unten .. gedreht, die Luftblase in den Trichter gebracht. Die Spitze des Tonometers wird dann bis an die Luftblase hineingeführt und dieselbe vorsichtig eingesaugt. Der Spannungsausgleich wird durch Schütteln oder me- chanisch bewerkstelligte Rotation besorgt (Fig. 239). Die Ausgleichung von CO, -Spannungen dauert nur 1 bis höchstens 2 Mi- nuten. Für den Sauerstoff muß man, besonders wenn nicht von vornherein Stick- stoff eingeführt worden ist, bedeutend länger schütteln. Beispiel: In 25 cm? luftgesättigtes Wasser bei 15° wurde ins Tonometer eine Stickstoffhblase einge- führt und 5 Minuten ge- schüttelt. Die Analyse zeigte dann 19'0°/, O, an. Eine neu eingeführte Stick- stoffblase hatte nach 10 Minuten 21'0°/, ©, (15°5°) und eine danach ein- geführte Blase aus atmosphärischer Luft ebenfalls nach 10 Minuten 20°7°/, 0:50):2) 1) Für die Kohlensäure ist ein spezielles kleines Tonometer konstruiert worden (Fig. 240). Das als Stopfen dienende Thermometer trägt unten ein ganz kleines, nach unten offenes Schälchen, das bei der Einführung von Flüssigkeit automatisch eine passende Gasblase zurückhält. Dieser Apparat wird von F. (€. Jacob, Hauserplads, Kopen- hagen, hergestellt. 2) Die Differenz zwischen den beiden letzten Bestimmungen entspricht der Tem- peraturdifferenz. 33* 516 August Krogh. Das Tonometer muß natürlich die ganze Zeit am unteren Ende offen bleiben. Sonst kann sich der Druck im Innern sehr stark ändern, was wiederum auf die Zusammensetzung der Gasblase einen bedeutenden Ein- fluß haben kann. Diese Vorsichtsmaßregel ist nicht von allen Seiten bei den mikrotonometrischen Bestimmungen beachtet worden. welches wahr- scheinlich zu groben Fehlern Veranlassung gegeben hat. Wenn Körpertlüssigkeiten analysiert werden, ist es natürlich not- wendig, die Ausgleichung bei Körpertemperatur vorzunehmen. und wenn genaue Kohlensäurespannungsbestimmungen gewünscht sind, muß die Temperatur die ganze Zeit, bis sich die Luftblase in der graduierten \öhre des Analysenapparates befindet, einigermaßen konstant gehalten werden. Das Schütteln geschieht dann entweder in einem Thermostaten- raum, was natürlich das Genaueste ist, oder in passender Höhe über einem Gasapparat, dessen Flamme man auf ein dichtes Drahtnetz wirken läßt, um einen möglichst breiten heißen Luftstrom zu erhalten. Durch diesen letzteren sehr einfachen Kunstgriff kann man für kurze Zeit leicht eine genügend konstante Temperatur herstellen (Fig. 239). Nach erfolgtem Ausgleich wird die Gasblase in den Analysenapparat überführt. Der Trichter wird entleert und mit Flüssigkeit aus dem Tono- meter gefüllt, dann der Apparat umgedreht und die Gasblase eingeführt (Fig. 240). Auch diese Manipulationen können in gewisser Höhe über ein geheiztes Drahtnetz ausgeführt werden. Die Mikroluftanalyse und ihre Anwendungen. 517 In überaus kleinen Flüssigkeitsmengen (bis 0'02 cm?) oder direkt in Geweben kann man noch annähernde Spannungsbestimmungen machen, indem man die Tracheenblasen (004—0'02 mm®) von Corethralarven (siehe oben S. 506) an der Stelle freier Gasblasen benutzt. Die Ausgleichung er- folgt ziemlich langsam, aber man hat dann andrerseits den Vorteil, daß man nach erfolgter Ausgleichung die Blasen mittelst Pinzette herausfischen, in den Analysentrog überführen und dort zerdrücken kann, ohne inzwischen eine merkliche Änderung der Zusammensetzung befürchten zu müssen. Diese Methode ist bis jetzt kaum versucht worden. Es scheint aber, daß sie für gewisse Fragestellungen wichtige Aufschlüsse wird geben können. Bei allen Gasspannungsbestimmungen in organischen Flüssigkeiten ist es von der allergrößten Wichtigkeit, um sich vor groben Täuschungen zu schützen, daß man untersucht, ob und inwieweit sich die Gasspan- nungen während des Versuches ändern. In vielen organischen Flüssig- keiten finden Prozesse statt, die eine Sauerstoffzehrung und bisweilen auch eine tonometrisch nachweisbare CO,-Spannungszunahme bewirken. Bei der direkten Tonometrie von strömenden Flüssigkeiten kann man in der Regel die Leitungen nach dem Tonometer so kurz und eng wählen, daß die Passage nur wenige Sekunden dauert und in solchen Fällen liegt keine Gefahr vor, daß sich die Gasspannungen irgendwie merklich ändern können, wie ich es auch durch direkte Versuche gefunden habe.!) Wenn man aber die Spannungsbestimmung an einer herausgenommenen Flüssig- keitsprobe macht, ist immer nach eventueller Sauerstoffzehrung zu forschen. Die Untersuchung wird mittels des abgekürzten tonometrischen Ver- fahrens durchgeführt, indem man nach beendetem Diffusionsausgleich eine neue Gasblase in das Tonometer einführt und so die Bestimmung ein bis mehrere Male wiederholt. Ich gebe als Beispiel eine solche Untersuchung von unter aseptischen Kautelen gelassenem, menschlichem Harn wieder. Anderthalb Stunden nach letzter Harnentleerung wurde 75 cm3 durch ein Tonometer von 25 cm? ge- lassen. Eine Luftblase mit 95°/, N, und 5°/, O, wurde eingeführt und das Tonometer 10 Min. rotiert. Gefundene Zusammensetzung CO, 9 0%/,, 0: 3°0%/,- 30 Min. später wurde wieder eine Luftblase mit 6°/, O, eingeführt und nach weiteren 15 Min. analysiert: CO, = 9'0°/,, 0, = 0'7°/,. Eine dritte Blase (aus Stickstoff) wurde sogleich eingeführt und 25 Min. belassen. Diese zeigte CO, = 104°/,, 0, =0'1°/,. Eine starke Sauerstoffzehrung wurde somit nachgewiesen, und es wäre nicht berechtigt anzunehmen, daß die erste Analyse die Gasspannungen des Harns, wie es aus der Niere strömt, richtig wiedergab. Wahrscheinlich war da die Sauerstoffspannung eine höhere. Nachdem eine sehr starke Diurese durch den Genul) von 1 Liter Wasser hervorgebracht worden war, fand ich: 11 Uhr 21 Min. Harn 200 em®, 11 Uhr 31 Min. Harn 100 cm® durch das Tonometer gelassen. 1) A. Krogh, On the Oxygen Metabolism of the Blood. Skand. Arch. Physiol. Vol. 23. p. 193 (1910). 518 August Krogh. Die Mikroluftanalyse etc. Tonometrie Tp. 9. 0,-%, 11'32—11'45 385° 65 30) 1150 —12:06 O0 60 51 1:24— 147 DNS 65 4.6 Hier wurde nur eine sehr geringe Sauerstoffzehrung beobachtet, und man darf schließen, daß die ersten Werte nicht entstellt sind. Wie oben auseinandergesetzt, bedürfen aber die Sauerstoffresultate einer Korrektur, weil die Totalspannung nicht richtig eingestellt war. Die Totalspannung war ungefähr 80°/, N,, 5°/, ©: und 6°%/, CO, = 91°, des atmosphärischen Druckes. Sie war somit ungefähr 60 mm niedriger als der Totaldruck. Nach der Tabelle Seite 510 würde ein Einstellungstehler von 30 mm bei 35 mm O,-Spannung (5°/,) einen Fehler von 0'1°/, bewirken. Der Fehler ist somit =0'2°/, und der Sauerstoffdruck 50 —02 = 480/, oder in mm (T50—46) . 0048 = 534 mm. Über Mikrorespirometrie. Von August Krogh, Kopenhagen. Während Respirationsapparate für größere Tiere nach dem Regnault- schen Prinzip ziemlich kompliziert sind und sein müssen, wenn eine be- friedigende Genauigkeit erreicht werden soll, können sie für ganz kleine Organismen oder Organe außerordentlich vereinfacht werden, ohne an Ge- nauigkeit einzubüßen. Solche Mikrorespirometer sind zuerst von Thunberg '; 2) beschrieben worden, dann von Winterstein:) und Widmark*) und spätestens wieder von Wänterstein®) weiter modifiziert. Diese Apparate sind im wesentlichen in diesem Handbuch schon besprochen. ®) Die letzte Wintersteinsche Modifikation ist in Fig. 241 gezeigt. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dal die bei der Sauerstoffabsorption entstehenden Druckänderungen durch Verschieben des (Quecksilbers in der in Kubik- millimeter eingeteilten Kapillare wieder kompensiert werden und so das verschwundene Luftquantum direkt ablesbar ist und nicht erst durch Rechnung ermittelt werden braucht. Dieser Vorteil ist jedoch nicht be- sonders groß, weil das Volumen doch jedesmal auf 0° und 760 mm redu- ziert werden muß. Die beschriebenen Mikrorespirometer gestatten, mit Ausnahme des großen Thunbergschen, das schon ziemlich teuer und kompliziert ist. nur die genaue Bestimmung von überaus kleinen Luftmengen, warum gewöhnlich nur kurze Versuche möglich sind. Mit dem letzten Wöintersteinschen Apparat kann 2. B. nur bis 50 mm: mit einer Genauigkeit von 0:1 mm? abgelesen werden. Für beliebig langdauernde und zugleich sehr genaue Versuche habe ich ein sehr einfaches und billiges Mikrorespirometer konstruiert, das eigent- lich nur eine leichte Modifikation des Barcroftschen Apparates für Blutgas- bestimmungen darstellt. !) Thunberg, Ein Mikrorespirometer. Skand. Arch. Physiol. Bd. 17. S. 74 (1905). ?) Thunberg, Eine einfache Anordnung, um die Sauerstoffzehrung kleinerer Organismen oder Organe zu demonstrieren. Zentralbl. f. Physiol. Bd. 19. S. 308 (1905). 3) Winterstein, Über den Mechanismus der Gewebsatmung. Zeitschr. f. allgem. Physiol. Bd. 6. S. 315 (1907). *) Widmark, Über die Handhabung des Thunberg-Wintersteinschen Mikrorespiro- meters. Skand. Arch. Physiol. Bd. 24. S. 321 (1911). 5) Winterstein, Ein Apparat zur Mikroblutgasanalyse und Mikrorespirometrie. Bioch. Zeitschr. Bd. 46. S. 440 (1912). 6) Dieses Handbuch. Bd. III. S. 454—460. 520 August Krogh. Mein Apparat) besteht aus einem mit Millimeterskala versehenen kapil- lären Manometer (Fig. 242). Die beiden Schenkel der Manometerröhre sind oben mit dickwandigen Kautschukschläuchen versehen und können mittelst ein und desselben Schraubenquetschhahns verschlossen werden. Nach hinten ist jeder Manometerschenkel mit einer Zweigröhre versehen, und hierdurch wird es mittelst Kautschukschlauches mit dem Tierbehälter — respektive Kontrollbehälter — in Verbindung gesetzt. Das Manometer ist zum Aufhängen an der Wand von Wasserbädern (Aquarien) eingerichtet. Die Tierbehälter können gewechselt werden und man kann für jedes Tier, an dem man Be- Stimmungen zu machen wünscht, einen entsprechenden Behälter finden oder Fig. 241. | EEE TEEEe EBEN" I PTR TER EFFFNPEFTTEFFEH A| | ) >> PR N einrichten (Fig. 245). Für die meisten Zwecke ausreichend und überall billig in verschiedenen Größen zu haben, sind Freudenreichs Kolben, wie sie für Bakterienkulturen verwendet werden. Man sucht sich zwei Behälter von möglichst gleichen Volumen aus. Beide werden mit der gleichen Menge — je nach Größe 1 bis mehrere Kubikzentimeter — 2°/,iger Natronlauge be- schickt, und in den einen wird das Versuchstier eingebracht. In den meisten Fällen kann man das Tier, in einem kleinen Säckchen aus Seidengaze ein- geschlossen, aufhängen (Fig 242). Die Behälter werden sorgfältig verschlossen, ') Von F. C. Jacob, Hauserplads, Kopenhagen, hergestellt. a h = re 5 A PO Über Mikrorespirometrie. 521 an den beiden Schenkeln des Manometers aufgehängt und soweit belastet, daß sie ins Wasser hinuntersinken. Nachdem die beiden Behälter in Wasser bei konstanter Temperatur gebracht worden sind, wartet man wenigstens eine Viertelstunde, bevor man den Apparat verschließt, damit Temperaturgleichgewicht eintreten kann. Sowohl während dieser Vorperiode wie auch während der Versuche selbst muß das Bad sehr sorgfältig durchmischt wer- den, so daß die beiden Behälter stets genau die- selbe Temperatur haben. Selbst eine ganz kleine Temperaturdifferenz kann, wie eine Berechnung zeigt, große Fehler bedingen. Nachdem das Mano- meter verschlossen ist, liest man zu bestimmter Zeit den Stand ab und wieder- holt die Ablesung in pas- senden Zeitintervallen. Jede Ablesung (die erste ausge- nommen) gibt mit der zu- gehörigen Zeitdifferenz di- vidiert eine Bestimmung der Sauerstoffabsorption. Bei konstantem Gaswechsel ist die Druckänderung, pro Minute oder Stunde berechnet, jedenfalls nach der ersten Stunde abso- lut konstant, wie die unten gegebenen Beispiele zeigen werden. Die Berechnung der Sauerstoffabsorption er- folgt am bequemsten nach der von mir früher gegebenen Formelt): Das Volumen des Tierbehälters mit zugehörigem Manometerschenkel sei A, das des Kompensationsbehälters C, der ursprüngliche Druck sei P, die abgelesene Druckdifferenz d mm, der Druck von 1 mm Manometerflüssiekeit p und die Volumenabnahme Fig. 242. !) Skand. Arch. Physiol. Bd.18. S. 382 (1906). 52 August Krogh. von A, die von dem Emporsteigen der Manometerflüssigkeit in der zu- 2 > 3 s d 1 gehörigen Röhre verursacht wird, si a=—.v, wo v das Volumen von 2 1m der Manometerröhre ist. Es sei ferner t„ die Temperatur des Bades, t; die Lufttemperatur und fr die zugehörige Wasserdampftension. Man hat dann die verschwundene Sauerstoffmenge 213 P— fr 273 A+C 273," eo Sue oe Die Volumina A und Ü werden durch Auswiegen mit Wasser be- stimmt und Korrekturen für die Volumina der Natronlauge, des Tieres usw. werden angebracht. p wird aus dem spezifischen Gewicht der Manometer- flüssigkeit berechnet, v durch Kalibrierung der Manometerröhre mit Queck- silber ein für allemal bestimmt. Es leuchtet ein, dab die Größe Ap leicht mit sehr großer Genauigkeit bestimmt werden kann. Die Größe v bietet darum gewisse Schwierigkeiten, weil die Manometerröhren nie ganz kalibrisch sind, und es ist ferner unbe- quem, den Anfangsdruck und die Lufttemperatur jedesmal ablesen und in die Rechnung einführen zu müssen. Es ist daher außerordentlich vorteilhaft, wie Barcroft auch angegeben hat, die Manometerröhren eng zu wählen. In sehr engen Röhren kann man aber nur leichtbewegliche Flüssig- keiten anwenden, und ich bin daher zur Anwendung von reinstem käuf- lichen Petroleum in Röhren von 04 bis höchstens 05 mm Durchmesser übergegangen. v ist dann = 0'126 bis höchstens 0:199 mm?, 1 mm Petroleum entspricht 0'0000740 Atmosphären Druck, und wenn ich z. B. einen Behälter von 40 cm? anwende, habe ich Ap= 40.103. 740.105 — 2:96 mm®. Es leuchtet ein, dal) die verschiedenen Korrekturen, die auf v anzubringen sind, nur einen sehr kleinen Einfluß haben können. Ich reduziere daher v ein für allemal von gewöhnlicher Temperatur und mittlerem Barometer- stand (17° und 755 mm) auf 0° und 760 mm, und das reduzierte Volumen wird mit dem direkt bestimmten auf jeden Manometer eingeschrieben. Wenn die zwei Behälter A und C nicht mehr als 10°/, verschieden sind, was gewöhnlich sehr leicht zu erreichen ist, wird auch die Korrektur A+t 20 gierte Volumen des Tierbehälters in Kubikmillimeter ausgedrückt, mit A007 belanglos, und der Gaswert von 1 nm wird einfach durch das korri- 273 "2731, der Manometerröhre. Bei den genauesten Versuchen, die bei verschiedenen Temperaturen angestellt werden, muß man natürlich den Korrekturen auf v Rechnung tragen und es kann ferner notwendig sein, noch die thermische Ausdehnung und daraus folgende Änderung des spezifischen Gewichts der Manometer- flüssigkeit zu berücksichtigen in solchen Fällen, wenn auch diese größeren Temperaturschwankungen ausgesetzt sind. Dies geschieht am besten da- multipliziert + das reduzierte Volumen von 1 mm Über Mikrorespirometrie. 5923 durch, daß man die gesamte Länge der Flüssigkeitssäulen in den Mano- meterschenkeln unter den verschiedenen Bedingungen abliest und notiert und dann das gefundene Längenverhältnis als Reduktionsfaktor benutzt. Als vollständiges Versuchsbeispiel gebe ich folgenden Versuch an einer Mehlwurmpuppe im Ruhestadium. Gewicht 0'173 g. Volumen A = 4095 cm? Volumen C = 49:98 cm? Volumen des Manometerschenkels + 012 +012 Volumen der Natronlauge . . . —200 _ | — 2:00 Volumen des Tierbodens . . . —0'25 Volumen des Tieres . . . — 0:17 Volumen A eier 38:65 cm? C korrigiert 48:10 cm? v= 0'149 mm’, v auf 0° und 760 mm reduziert = 0'136 mm?° —_— —i0:136., San - — 0123 mm®. Ap = 3865.10°.740.10-° = 2:86 mm®. Gesamtlänge der Flüssigkeitssäulen im Manometer bei 17° 2182 + 60 = 2782 mm. Um 2 Uhr wurde der Apparat aus 15° in ein Wasserbad von 282° gebracht. Die Länge der Flüssigkeitssäulen wurde als 218°9 + 60 = 2739 mm gemessen und der Sauerstoffwert eines Millimeters wird demnach 213 2782 (286. 3012 + 0'123) 97189 7 Der Respirationsversuch wurde um 2 Uhr 20 Minuten begonnen und die folgenden Ablesungen wurden gemacht: Manometerablesungen 2713 mm®. Zeit A C Total- Diff. Diff. differenz nn. ,. 1lli 107'8 10 10 Ir. 1121 106°8 20 08 08 er 1129 10607 7 3°6 56 59 Beil 1001 1) 05 05 Ber 51190 99:6 161 2 3°6 BEN... 1223 960 230 07 0:9 Be. '. 1230 951 246 10°5 110 Bin... . .. 1358 841 461 06 07 112 N 834 474 09 07 1 5 827 490 524 August Krogh. Wenn man die Änderung während verschiedener Zeitintervallen be- rechnet, findet man: Druckänderung Zeit Dauer mm pro Abweichung Minuten mm Minute en 222 2 RE EN RD 36 072 229 DDr 2220020 15301 0504 228-2547... ..726 12°5 04S1 2591-3102 Sl 19 0'416 — 14 2:94 aD ld 85 0447 +59 310 ABER 255 231 0420 — (0:05 321534. 027 Zeaunr2 155 228 0'415 — 17 Im Mittel für die Periode von 2:52 bis 408, während welcher der Gaswechsel praktisch konstant gefunden ist, hat man pro Minute 0'422 mm Druckänderung und die Sauerstoffabsorption ist daher 0'422 .2:715 = — 1'146 mm3 pro Minute oder 595 em3 pro Kilogramm und Stunde. Um 4 Uhr 20 Minuten wurde der Apparat geöffnet und in ein Wasserbad von 22'6° gebracht. Die Länge der Flüssigkeitssäulen wurde um 5 Uhr als 218°3+60 mm gemessen. Der Apparat wurde verschlossen und die folgenden Bestimmungen gemacht: Druckänderung Zeit N Millimeter Millimeter an S pro Minute 5:07—5'13 5 12 024 —5 5:07 --5'38 31 74 0'239 —5 510— 541 Bi) s0 0258 +24 513--5'44 Sl 79 0'255 + 12 5°41—6:09 28 0) 0'250 — 08 5.-44—6'12 28 70 0:250 — 08 6°09— 7:06 57 146 0:256 +12 612— 7:09 a 146 0,256 + 12 5:07—1709 193 307 0232 Sauerstoffabsorption pro Minute daher 0'698 mm?, pro Kilogramm und Stunde 239 cm®. Es geht aus den beiden kleinen Tabellen hervor: 1. Daß die einzelnen Ablesungen auf ungefähr 05 mm genau sind. 2. Daß in den ersten 40—50 Minuten nach Temperaturwechsel scheinbar Stoffwechselschwankungen vorkommen, daß aber danach der Gas- wechsel der Puppen außerordentlich konstant ist und schon in kurzen Perioden mit großer Genauigkeit bestimmt werden kann. Am bequemsten orientiert man sich über die Konstanz des Stoff- wechsels, wenn man die abgelesenen Druckdifferenzen auf Millimeter- Über Mikrorespirometrie. 525 papier einträgt mit den Zeitdifferenzen in Minuten als Abszissen. Fig. 243 zeigt ein Beispiel von gleichzeitigen Bestimmungen an drei Puppen bei drei verschiedenen Temperaturen. Wenn man eine gerade Linie durch die Punkte ziehen kann, ist der Stoffwechsel konstant, und man kann seine Größe in Millimeter pro 60 oder 100 Minuten direkt ablesen. In Fig. 243 Fig. 243. sind Ablesungen jede Minute gleich nach der Übertragung von allen drei Apparaten im selben Wasserbad vorgenommen. Während der ersten 50 Mi- nuten ist der Stoffwechsel nicht konstant, aber von ungefähr 2 Uhr an werden die Punktreihen gerade Linien. Fig. 244. Bestimmungen von respiratorischen Quotienten. Die Me- thode, wie bisher beschrieben, gibt nur über den Sauerstoffverbrauch des Versuchstieres Auskunft. Man kann aber auch den respiratorischen Quo- tienten bestimmen. Es würde am nächsten liegen, dies so zu machen, daß man eine genau abgemessene, beinahe CO,-freie Laugenquantität in beiden Behältern benutzte und dann nach Beendigung der Sauerstoffbestimmung 926 August Krogh. das Tier entfernte, ein Schälchen mit überschüssiger Säure hineinstellte, die aufgenommene CO,-Menge frei machte und direkt am Manometer be- stimmte. Solche Versuche sind ausgeführt worden, aber die Fehlerquellen sind zu groß, um das Erlangen von befriedigenden Resultaten zu erlauben. Ich habe daher einen anderen Weg eingeschlagen, welcher auch früher von Thunberg angegeben ist. Ich beschicke die beiden Behälter eines Apparates nur mit einem Tropfen Wasser. Die Kohlensäure wird dann nicht absor- biert und die Bewegung der Manometerflüssigkeit zeigt die Differenz zwi- schen Sauerstoffabsorption und Kohlensäureproduktion an. Wenn man dann nachher einen gewöhnlichen Versuch mit demselben Tiere macht, kann man den Quotienten berechnen. Beispiel. Tenebriopuppe. Gewicht 0:13 g: 19 Stunden 0,—00, . . . . . 0'207 mm3 pro Minute 5 £ EEE Daraus UOz. 0. 0.2 Dot er 5 tespiratorischer Quotient . . . 0738 Tenebriopuppe. Gewicht 0:15 g: 4 Stunden O0, .: . . . .2.2 220982 mm: pro Minute 5 x 0,00. 0530 Daraus», = rear, 2 0 Respiratorischer Quotient . . . 0664 Wenn die Bestimmung eine genaue sein soll, ist es notwendig, daß der Stoffwechsel des Tieres in beiden Perioden genau derselbe ist. Man tut daher am besten, den Versuch gleichzeitig mit zwei Tieren zu machen in zwei Apparaten, von welchen der eine mit Wasser, der andere mit Natron beschickt bleibt. Nach dem ersten Versuch werden dann die Tiere einfach vertauscht. Die Grenzen der mikrorespirometrischen Methode. Man könnte glauben, daß es vorteilhaft sein würde, kleinere Behälter im Verhältnis zu den Tieren zu benutzen, um größere Manometerausschläge zu erzielen. Dem ist aber nicht so. Erstens würde man dabei Ap kleiner im Verhältnis zu v machen, was nicht vorteilhaft ist, zumal Ap genau bestimmbar, v da- gegen immer mit schwer umgänglichen Fehlern behaftet ist. Zweitens würde dabei die Laugenoberfläche vermindert. Meiner Erfahrung nach sollte man nie eine geringere Größe als 20 cm® pro O1 g Tier anwenden. Andrerseits kann man aber mit Behältern von 20 cm? noch genaue Be- stimmungen an viel kleineren Organismen erhalten. Ich habe z. B. sehr gute Resultate in Versuchen mit Insekteneiern von 5 mg Gesamtgewicht gehabt, an welchen ich die Sauerstoffabsorption in 4—10stündigen Perioden bis an die Ausschlüpfung verfolgen konnte. Über Mikrorespirometrie. 527 Bei großen Behältern macht sich der Mangel an Durchmischung der Luft und der Lauge als störender Fehler bemerkbar und ferner wird es schwieriger, beide Behälter bei genau derselben konstanten Temperatur zu halten. Ich habe gefunden, daß man nicht über 200 em® und somit nicht über 1 g Tiergewicht hinausgehen sollte. Die Behälter wähle man immer dünnwandig und von möglichst runder Form, um die Temperatur- konstanz und die Gasdiffusion im Innern zu fördern. Fig. 245 zeigt einige Tierbehälter, die ich benutzt und als zweckmäßig befunden habe. Nr. 1 ist für Durchspülung und Füllung mit einer, von der gewöhnlichen ab- weichenden Atmosphäre eingerichtet. 3 und 6 sind mit einspringenden Glasknöpfen versehen, auf welche ein durchlöcherter Zwischenboden ein- gelegt werden kann. Bestimmungen bei wechselnder Intensität der Kohlensäure- produktion. In Apparaten dieser Art ist natürlich das CO,-Prozent im Tier- behälter nie gleich 0, sondern es muß eine gewisse Größe haben, damit Gleich- gewicht zwischen Produktion und Absorption bestehen kann. Bei wech- selnder Intensität der Kohlensäureproduktion muß sich die CO,-Menge im Tierbehälter ändern, und dies muß zu Fehlern Veranlassung geben, beson- ders wenn das CO,-Prozent ein hohes ist, weil bei den Sauerstoffabsorp- tionsmessungen davon ausgegangen wird, daß die Kohlensäuremenge kon- stant bleibt. Sinkt z. B. die CO,-Menge während einer Stunde von 20 bis 10 mm®, wird man in derselben Zeit eine 10 mm? zu hohe O,-Absorption ablesen. Ich habe daher an einem Apparat mit 40 cm3-Behältern (Fig. 245, Nr. 3) die Geschwindigkeit der Kohlensäureabsorption bei verschiedenen CO,-Mengen gemessen. Der Apparat wurde wie gewöhnlich in ein Wasser- bad aufgehängt, und nachdem Temperaturkonstanz eingetreten war, wurde etwas CO,-haltige Luft in den einen Behälter eingeführt und nach erfolgter Druckausgleichung der Apparat verschlossen. Das Manometer fing nun an 528 August Krogh. Über Mikrorespirometrie. sich zu bewegen, und jede Minute wurde der Stand notiert, bis er kon- stant wurde, und die Kohlensäureabsorption somit beendet war. Aus den Resultaten hat sich die folgende kleine Tabelle ableiten lassen: CO, im Apparat CO, absorbiert Hr mm? pro Minute mm? 01 40 14 005 20 B) 002 fe) 2 O1 4 0:9 0005 2 05 Die CO,-Produktion wird nur selten 2 mm® pro Minute übersteigen und das CO,-Prozent ist daher immer niedriger als in der freien Atmo- sphäre. Die Schwankungen, die selbst bei starken Schwankungen des Stoff- wechsels (50°/,) entstehen können, sind praktisch bedeutungslos, da sie in Versuchen von 1 Stunde Dauer höchstens ein Paar Prozent Fehler auf den stündlichen Sauerstoffverbrauch bewirken können. Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen mittelst gasanalytischer Methoden. Von August Krogh, Kopenhagen. Die folgenden Bestimmungen lassen sich mit derselben Apparatur und nahezu derselben Methodik unter Anwendung verschiedener Gase an den Lungen lebender Menschen ausführen: . Bestimmung von Exspirationsstellung und Vitalkapazität. Bestimmung der Residualluft. Bestimmung des „schädlichen Raumes“ der Respirationswege. . Bestimmung des Gasdiffusionskonstanten der Lungen. . Bestimmung des Minutenvolumens des Blutstroms. . Bestimmung der Sauerstoff- und Kohlensäurespannungen des nach den Lungen kommenden venösen Blutes. Die Volumenbestimmungen haben teils selbständiges Interesse, teils sind sie für die übrigen Bestimmungen notwendig. Dies eilt speziell für die Bestimmungen der Mittelstellung und der Residualluft. Für alle Bestimmungen benutzt man reeistrierende Spirometer (Fig. 246), welche den Aöroplethysmographen nachgeahmt sind und außer- ordentlich präzis arbeiten. Das Spirometer besteht aus einem aus Aluminium gegossenen Untergestell, welches mit einer Wasserrinne versehen ist, und einer Glocke (Sp@G!) aus paraffinierttem Aluminiumblech, die sich auf zwei Stahlspitzen drehend in dem Wasser auf und nieder bewegen kann. Die Glocke ist zur Stirnschreibung auf einer in konstantem Abstand sich befindenden Kymographientrommel (Tr) eingerichtet. Eine einfache Trommel mit Uhrwerk gehört zu dem Apparat und ist auf dem Stativ fest ange- bracht. Jedem Spirometer wird ein in Liter und Unterabteilungen ge- teilter Maßstab mitgegeben, welcher der genauen Ausmessung der Kurven dient. Beim Gebrauch läßt man immer zuerst die Spirometerelocke in ihrer tiefsten Stellung eine Nullinie auf der Trommel zeichnen. Mittelst dieser werden bei der Ausmessung die Kurven orientiert. Außerdem trägt das Spirometer eine feste Skala, welche die direkte Ablesung der Volumina in Liter gestattet. Zu dem vollständigen Apparat gehört ferner eine Uhr (Z), welche Hundertstelminuten direkt auf die Trommel schreibt. Im Boden des Spirometers ist eine Vertiefung. welche zwei Schraubenflügel beherbergt (siehe Fig. 255). Diese können durch ein Uhrwerk betätigt werden und be- Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 34 Supomwe 530 August Krogh. wirken dann in ein paar Sekunden eine vollkommene Mischung der Gase im Spirometer. Diese Mischvorrichtung ist sehr wesentlich, wenn es sich dar- um handelt, unmittelbar nach Einatmung in das Spirometer eine genaue Durchschnittsprobe zu erhalten. Das Spirometer ist ferner mit vier Röhren- ansätzen versehen. Eine weite und möglichst kurze dient zum Ein- und Ausatmen und wird mit dem unten zu beschreibenden Hahn verbunden. Eine andere ist ungefähr 3 mm weit und dient zur Einleitung von Gasen, wenn bestimmte Mischungen im Spirometer hergestellt werden sollen. Zwei kleine und enge Röhrchen endlich dienen zur Entnahme von Luftproben aus dem Spirometer. Die Spirometer werden in zwei Größen hergestellt. Das größere milt bis 72. Der Maßstab ist in !/,. 2 eingeteilt und 10 cm® können noch ge- Fig. 246. schätzt werden. Das kleinere mißt bis 15/7 und ist in !/,, Z eingeteilt, 3 em> können noch geschätzt werden. Das kleinere dient ausschließlich für Bestimmungen des schädlichen Raumes, das größere für alle übrigen Be- stimmungen. Die Spirometer müssen genau horizontal aufgestellt und die Rinne bis zum Rande mit Wasser gefüllt werden. Der Dreiwegehahn (Fig. 247) ist aus Metall mit 22 mm-Röhrenansätzen hergestellt und gestattet die Verbindung zwischen Mundstück und Spiro- meter oder zwischen Mundstück und äußerer Luft. Wenn der Handgriff vertikal steht, ist der Hahn verschlossen. Zwei enge Röhrchen (a und 5) ermöglichen die Entnahme von Luftproben entweder vom Mundstück aus Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen etc. 531 (a) oder aber nach Verschließung des Hahnes aus der Leitung zwischen Hahn und Spirometer (b). Es ist gewöhnlich nicht möglich, die Gassammel- röhren direkt an den Hahn oder das Spirometer anzuschließen. Die Ver- bindung wird dann durch sehr enge Blei- Fig. 247. röhren (lichte Weite 1), mm), deren schädli- cher Raum vernachläs- sigt werden kann, her- . gestellt (Fig. 246, B). Die Gassammel- röhren (Fig.248) sind permanent mit Niveau- gefäßen mit Quecksil- j ber verbunden und zu } zwei oder vier auf Sta- % tiven montiert. Die Größe richtet sich nach der Menge Gas, welche zu einer Analyse erforderlich ist. Wir machen bei- j nahe alle Analysen mit 10 cm® Gas und benutzen dafür Röhren von 15 bis " 20cm? Inhalt. Für den größeren Analysenapparat sind 21 c23 erforderlich, R und man verwendet dann Gassammelröhren { von ca. 30 cm®. Für einige Zwecke ist es not- 2er, wendig, die Proben momentan nehmen zu können. Dies geschieht dann in evakuierten Röhren (5). Der Verbindungsschlauch dieser Röhren mit dem Niveaugefäß ist diekwandig und mit einem Schraubenquetschhahn ver- sehen. Wenn die Röhre und der Hahn ganz ü mit Quecksilber gefüllt ist, wird die Niveau- E kugel in ihre unterste Stellung gebracht und mit einer Wasserstrahlpumpe verbunden. Die : Röhre wird in wenigen Sekunden evakuiert und | der. Quetschhahn dann verschlossen. Das Va- kuum hält sich, wenn der Schlauch gut ist, tagelang. Im folgenden wird vielfach von Be- stimmungen während Muskelarbeit von be- stimmter Größe die Rede sein. Für solche Bestimmungen benutzt man bequem Fahrrad- ergometer, deren mehrere Modelle von Zuntz, Benedict, Krogh und Martin konstruiert wor- den sind. In Kroghs Modell wird eine elektromaenetische Bremsvorrichtung, die ohne irgendwelche mechanische Friktion arbeitet, mit einer sehr genauen Wägung des Bremseffekts und also der Arbeit verbunden. Bei Variationen der 34* 532 August Krogh. Geschwindigkeit variiert gewöhnlich die Arbeit pro Umdrehung ein wenig. Die Wage schlägt aus und der Bremsstrom muß reguliert werden, bis sie wieder in Gleichgewicht kommt. In der neuesten Form des Apparates wird * diese Regulation automatisch bewerkstelligt. Mus- | kelarbeit von einer beliebigen Größe, bis 3000 Kilo- | grammeter pro Minute, kann auf diesem Apparat geleistet und gemessen werden.!) N Die gewöhnliche gasanalytische Technik wird im folgenden als bekannt vorausgesetzt.?) Ich habe die Haldane- schen Apparate und Me- thoden als die gleich- zeitig bequemsten und für die mei- sten Zwecke jn a il gen auesten IE Br. und empfehle, als für alle vor- IN kommenden li Analysen ge- nügend Hal- danesLabora- toriumsapparat (Fig. 249), dessen Gasbürette 21 cm? faßt, von welchen 6 cm in 0'Ol em® geteilt sind. Für die Analysen von Sauer- stoff, Kohlensäure, Wasserstoff und Stick- oxydul gewährt der kleinere tragbare Appa- rat (Fig.250) für „general air analysis“, dessen Bürette nur 10 cm> faßt und von 7 bis 10 in 001 cm® geteilt ist, eine vollkommen befriedigende Genauigkeit. und dieAnalysen können damit in etwas kürzerer Zeit ge- macht werden. & Für die Stickoxydulanalysen, welche man in Blutstrombestimmungen zu machen hat, ist eine Abänderung an dem kleinen Apparat wünschenswert, um die ———— Fig. 249. nnultEIRRRANTERRTEUNDANTED u rn . ne en ge | Fi ee == | Im 5 m re en or Tr 2 nee Ems oa ann ran ern Pereenar a !) Die sämtlichen im Vorhergehenden beschriebene Apparate, das heißt registrie- rende Spirometer mit Kymographion, Drei- und Vierwegehähne, Hundertstelminuten schreibende Uhren, Gassammelröhren auf Stativ, !/, mm Bleiröhre für Probeentnahme und Fahrradergometern können von der Werkstätte des zoophysiologischen Laborato- riums, Ny Vestergade, Kopenhagen, geliefert werden. °) Franz Müller, Biologische Gasanalyse. Dieses Handbuch. Bd. III. Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen ete. 533 Zusetzung von Wasserstoff während der Analyse bequemer zu gestalten und für die Kohlenoxydanalysen, die bei Gelegenheit der Gasdiffusions- bestimmungen zu machen sind, ist die etwas größere Genauigkeit, die man mit dem größeren Apparat erreichen kann, von wesentlicher Bedeutung. !) Eine sehr eingehende Beschreibung der Apparate und des Analysenver- fahrens, die auch alle wesentlichen technischen Details berücksichtigt, findet man in Haldanes Buch.) Hier muß nur noch das Überführen von Gasproben in den Analysen- apparat kurz beschrieben werden. Das Überführen geschieht. indem man die Zr I | = ! ep engen Verbindungen (Bleiröhre) mittelst einiger Kubikzentimeter der Probe auswäscht. Zu diesem Zweck bringt man einen Dreiwegehahn über die Gasbürette an (Fig. 251). Das Niveaugefäß des Analysenapparates wird so ‘) Die Haldaneschen Analysenapparate werden von Siebe, Gorman d: Co., 187 Westminster Bridge Road. London S. E., hergestellt. Ähnliche Apparate, die ich aber nicht persönlich kenne, werden auch von Bleckmann d: Burger, Auguststr. 3a, Berlin N. 24, geliefert. ®) Methods of Air Analysis. London 1912. 554 August Krogh. hoch gestellt, daß sich das Quecksilber in der Bürette dicht unter dem Hahn befindet. Die Verbindung mit der Gassammelröhre wird hergestellt und man läßt ca. 2 cm? in die Bürette hinüberströmen. Durch Drehen des oberen Hahnes wird diese Menge wieder nach der Atmosphäre ausgetrieben, wobei man einen Finger bei a anbringt, um die Ausströmung zu regulieren und zu verhindern, daß das Quecksilber in Schwingungen gerät. Die Ausspülung mit 2 cm? aus der Probe wird 5mal wiederholt und dann die Probe eingetrieben. Es entsteht dabei in der Gasbügette ein Überdruck. Um diesen zu be- seitigen, verschließt man den Hahn der Gassammelröhre, ehe noch die Bürette gefüllt ist, und senkt dann das Niveaugefäß weiter, bis der atmosphärische Druck erreicht ist. Bei den im Folgenden erwähnten Volummessungen an den Lungen und Luftwegen werden die Volumina aus Volumänderungen der Luft im Spiro- meter berechnet. In den Lungen befindet sich aber die Luft bei 37° und ist überdies bei dieser Temperatur mit Wasserdampf gesättigt. Die wahren Lungenvolumina sind deshalb entsprechend größer, und sie werden am einfachsten gefunden, indem man mit Hilfe der folgenden kleinen Tabelle (nach Haldane) die direkt berechneten Volumina zuerst auf 0° reduziert und dann auf 37° hinführt. Ist eine Bestimmung z. B. bei 17° und 750 mm Druck gemacht, wird das gefundene Volumen mit 91'11 multipliziert und mit 8144 dividiert. Für die meisten uns interessierenden Bestimmungen kann man aber die Reduktionen ganz entbehren und die Volumina, wie sie abgelesen sind, benützen, vorausgeseztt, daß sie alle bei gewöhnlicher Zimmertemperatur zwischen etwa 15° und 20° gemacht worden sind. Tabelle für die Reduktion von feucht gemessenen Gasvolumina auf 0° 760 mm Druck und Trockenheit (nach Haldane). 740 745 750 155 760 7165 770 775 780 Grad MEN SlSzmRestwerr 10 :92:77 9339 9404 94:66 95:30 95:93 9657 9721 97:84 11 9236 92:98 93:63 9425 94:89 95:52 96:16 9679 97-42 12 91:95 9255 9318 9380 9444 95:07 9570 96:33 96:96 13. 9154 92:17 9280 9341 9405 94:68 95:31 95:94 96:37 14 91:13 9176 92:33 93:00 93:62 9426 9488 95:51 96:13 15 . 90:71 91:34 9196 9257 9320 93:82 9444 95:08 95:70 16 9029 90:92 9154 9215 9278 9340 9401 94:64 95:26 17 8987: 9050 91.11. 9172 92:35 92:97 9358 9421 9483 18 89:45 90:03 90:68 91:30 9192 92:54 93:15 9371 94:39 19 s9:02 89:64 9025 90:86 9148 92:09 9271 93:32 93:94 20 8859 8921 8981 9041 9104 9165 9226 92:88 93:50 21 8818 88:86 8940 90:01 90:62 91:23 91:84 92:45 93:07 22 8771 8832 8890 8953 90:14 9075 91:36 91:97 92:60 23 8726 8787 8847 8903 8969 90:29 90:90 9151 92:13 24 86:61 8743 88:01 88362 8923 98:83 90:44 91:04 91:65 25 86'355 8696 87:57 8817 8879 89:38 89:98 9057 91:17 37 80:26 80:87 8144 : 82:00 82:62 83:20 8375: . 84:34 8490 Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen ete. 535 1. Die Bestimmung der Exspirationsstellung, Mittelstellung und Vitalkapazität der Lungen. Das große Spirometer wird mit 3—4 ! atmosphärischer Luft gefüllt und wie in Fig. 246 gezeigt aufgestellt. Die Versuchsperson wird mit Mund- stück und Nasenklemme ausgerüstet und atmet einige Minuten lang durch den Hahn nach außen. Am Schluß einer normalen Exspiration wird dann der Hahn nach dem Spirometer umgedreht — am besten, ohne daß die Versuchsperson es bemerkt — und ein paar Atemzüge bei langsamer Trommeldrehung registriert. Dann wird eine möglichst tiefe Einatmung mit folgender möglichst tiefen Ausatmung befohlen und gleich nach diesen der Versuch beendet. Ehe man einen neuen Versuch machen kann, muß das Spirometer mit frischer Luft ausgespült werden. Die Volumina werden an der Kurve Fig. 251. ausgemessen (Fig. 252). Unter Exspirationsstellung bzw. Mittel- stellung versteht man das totale Luftquantum, welches bei diesen Stellungen in den Lungen vorhanden ist. Zu den direkt abgelesenen Vo- lumina muß man daher das Volumen der Residualluft addieren. Unter normaler Mittelstellung (Bohr) ver- steht man die Menge Luft, welche durchschnitt- lich während normaler Respiration in den Lungen vorhanden ist. Die Mittelstellung wird gewöhnlich als Mittel zwischen Inspirations- und Exspirationsstellung berechnet. Diese Rech- nungsweise gibt in den meisten Fällen etwas zu hohe Werte, da man länger in der Ex- spirations- wie in der Inspirationsstellung verharrt. Die eigentliche Normalstellung der Lun- gen ist die Exspirationsstellung, bei welcher alle Respirationsmuskeln erschlafft sind. Beispiel: Im Spirometer bei normaler Exspirationsstellung : Exspirationsstellung 3) ® e R . Inspirationsstellung 288 / e & tiefster 4 1:17 2 5 i 5 3 Exspirationsstellung 494 / Daraus Vitalkapazität 4:94—1'17 all Reserveluft 4-94—3°55 a; 139 2 + Residualluft Tal = + Residualluft l 355—2°88 Mittelstellung1'39 + ae zer e “ August Krogh. io) & (or) Die Genauigkeit der Bestimmungen wird dadurch beeinträchtigt, dal eine Versuchsperson, die nicht an der Mundstückatmung gewöhnt ist, zunächst nicht natürlich atmet. Nach einigen Minuten werden doch in der Regel die Unregelmäßigkeiten so klein, daß sie für die hier erwähnten Bestimmungen bedeutungslos erscheinen. Den Gang der Atmung erkennt man leicht, wenn man an der freien Öffnung des Hahns z. B. eine Pflaum- feder aufhängt, die von dem Luftstrom bewegt werden kann. Viele Versuchspersonen atmen nicht gern so tief wie möglich ein und aus, und bestimmte Aufforderungen sind notwendig, um dies zu erreichen. Die Lungenvolumina sind von der Körperstellung abhängig und müssen somit für jede besondere Stellung, mit der man zu arbeiten wünscht, bestimmt werden. 2. Die Bestimmung der Residualluft. Das Volumen der hResidualluft wird durch Vermischen mit einem bekannten Quantum Wasserstoff und Analyse des Gemisches bestimmt. Für diese Bestimmung muß zuerst die „Resi- Fig. 252. dualluft“ des großen Spirometers bestimmt wer- den, das heißt das Luftquantum, welches es noch enthält, wenn die Glocke ihre tiefste Stellung einnimmt. Die Bestimmung der Residualluft des Spirometers ist der Residualbestimmung an einer Person ganz analog. Man überzeugt sich zuerst, dal) das Wasser- niveau genau das richtige ist. Danach wird ein Stopfen in den weiten Röhrenansatz eingesetzt. Es hat sich als unzweekmäßig erwiesen, das Vo- lumen von Röhren zusammen mit dem des Spiro- meters-zu bestimmen. Bei einer mittleren Stel- lung der Glocke wird ca. 1/, 2 Wasserstoff zu- geführt und der Inhalt des Spirometers durch- mischt.!) Durch ein aufgelegtes Gewicht wird die Glocke zum Sinken gebracht, indem die Durchmischung fortgesetzt wird und die Luft durch die Gaszuleitungsröhre entweicht. Wenn die Glocke sich dem Boden nähert, wird eine Gasprobe in einen der beschriebenen Rezipienten genommen, und in dem Augenklick, wo die Glocke den Boden berührt, wird die Zuleitungsröhre verschlossen. Man entfernt jetzt das Gewicht von der Glocke und bringt ein entsprechendes Gewicht an der Gegengewichtstange an. Die Gaszuleitungsröhre wird wieder geöffnet, und man läßt ca. !/, bis 12 Luft einströmen, verschließt wiederum und nimmt das Gewicht weg. !) Wasserstoff kann man auf Stahlflaschen haben. Wenn man nicht große Quanti- täten braucht, ist es jedoch billiger und bequemer, das Gas mittelst Kippapparates aus Zink und Salzsäure zu entwickeln. Das Gas wird gereinigt, indem man es durch eine starke alkalische Lösung von Kaliumpermanganat streichen läßt. Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen ete. 5317 Das Volumen muß an der Trommel registriert und sehr sorgfältig aus- gemessen werden. Die Durchmischung wird die ganze Zeit fortgesetzt, und man nimmt schließlich eine Probe für die Analyse. Die beiden Proben werden auf Wasserstoff durch Verbrennen analysiert. Wir beginnen immer die Verbrennung bei so niedriger Temperatur der Platinspirale, daß wir Explosionen vollständig verhüten. Wir glauben, dal) dies von Wichtigkeit, sowohl für die Genauigkeit der Analysen wie für die Sicherheit des Apparates, ist. ?/, der nach der Verbrennung gefundenen Kontraktion ist Wasserstoff, !/, Sauerstoff. Es ist aber einfacher, für diese Bestimmungen mit der ganzen Kontraktion zu rechnen. Wenn man über einen geaichten Glasballon von entsprechendem Volumen (am bequemsten 1) verfügt, ist es einfacher und genauer, diesen für die Bestimmung zu benutzen (Fig. 253). Man setzt dann den bekannten Luftinhalt des Ballons zu dem Spirometer und bedarf nicht der Meßskala. Beispiel: Analyse von Probe I . . . . . Kontraktion 25°37°/ = x “ZW nach Einfüllen von 11 Luft . F & 830, x.2537=(1-+x)7835 x (2537 — 783) = 1783. Daraus x = 0'446 / + Vol. des Stopfens in der Röhre 0'006 / Residualluft des Spirometers 452 cm?. Wiederholte Bestimmungen der Fig. 253. Residualluft des großen Spirometers dürfen ca. 20cm voneinander abweichen. Für Bestimmungen der Residual- luft von Menschen verbindet man auf gewöhnliche Weise das Spirometer mit dem Hahn und dem Mundstück. Der Verbindungsschlauch wird möglichst kurz bemessen. Die Röhrenleitungen vom Spirometer bis zum Hahn werden mit Wasser ausgemessen und die Volumina zur Residualluft des Spirometers addiert. Das Spirometer wird mit 2—4/ (je nach Größe der Vitalkapazität) 10—15°/, Wasserstoff gefüllt, der In- halt gut durchgemischt, etwas davon durch den Hahn ausgetrieben und eine Probe aus dem Spirometer unmittelbar vor dem Versuch entnommen. Die Ver- suchsperson atmet durch den Hahn nach der Atmosphäre so tief wie möglich aus. Danach wird der Hahn gedreht, und sie macht 4 tiefe Atemzüge aus und in das Spirometer und endet wie zuvor mit einer möglichst tiefen Ausatmung (Fig. 254). 538 August Krogh. Beispiel: Tp. 16°, Bar. 755 mm. Residualbestimmung an Frau M. Im®Spirometer WE I 28 + Residualluft des Spirometers 04527 Probe I: Kontraktion . . 22:330/ + Schlauchverbindung . . . 00892 Probe II: ke „10 40 Summe . a I Differenz . . 49205 22.393.399 (& 3a 4923.39 4 x = —— = 09581 X 1741 0'958 Davon in Mundstück und Hahn . . 00221 Residualluft der Versuchsperson . 0'936. 2 A gals L Wirkliches Volumen 096, = 1:057. An Stelle der Residualluft kann man natürlich auch direkt das Volumen der Lungen bei Exspirationsstellung bestimmen und dann zweck- mäßig diese Bestimmung mit der unter 1 Be beschriebenen kombinieren. Dieses Verfahren ist jedoch mit Bezug auf die meisten Ver- 2 3.35 suchspersonen weniger genäu. w Fehlerquellen und Genauigkeit. || Die Bestimmung der Residualluft ist — be- | | sonders an ungeübten Versuchspersonen — | nicht eine sehr genaue, weil die Stellung nicht mit genügender Sicherheit reproduziert werden kann. Man muß durchschnittlich mit etwa 100 cm® Unsicherheit rechnen, aber an geübten kann man eine weit bessere Über- einstimmung erzielen. Die letzte Ausatmung ist beinahe immer weniger tief als die erste. Dies ist teils ein Ermüdungsphänomen, teils hängt es davon ab, dab sich die totale eingeschlossene Luftmenge durch Absorption von Sauerstoff und Wasserstoff, die von der Ausscheidung von CO, nicht vollständig gedeckt wird, etwas vermindert hat. Die Absorption von Wasserstoff bewirkt einen Fehler, welcher die Residualluft zu groß erscheinen läßt, die Absorption von Sauerstoff dagegen einen solchen, der sie zu klein macht. Der Ein- fluß der beiden Fehler kann, wenn der Versuch in weniger als einer halben Minute durchgeführt wird, in Vergleich mit den reellen Schwankungen, die man findet, vernachlässigt werden. Das Volumen der Residualluft ist von der Körperstellung abhängig. 3ei Muskelarbeit nimmt es gewöhnlich etwas zu. Von der Residualluft subtrahiert man für viele Zwecke das Volumen des „schädlichen Raumes“ der Luftwege und bekommt so die „alveoläre tesidualluft“. Die Bestimmung des schädlichen Raumes wird unten be- Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen etc. 539 sprochen. Für Diffusions- und Blutstrommessungen kann man aber in der Regel die direkte Bestimmung entbehren und sich damit begnügen, den schädlichen Raum zu schätzen. Die Schätzung geschieht nach einer von Lindhard aufgestellten Formel.!) Man mißt die Körperlänge des Individuums in sitzender Stellung vom Gesäß bis zum Kieferwinkel und hat dann für Männer für Weiber Berenee . ...'. ...:68 + Dem 66 -£ nem schädlicher Raum (37°, feucht) 140 # Tn em? 115 + nem? 3. Die Bestimmung des schädlichen Raumes der Respirationswege. Das Prinzip dieser von Siebeck?) angegebenen Bestimmung besteht darin, daß nach einer Einatmung von Wasserstoff die Luftwege sich mit diesem Gas füllen, während der Anteil, welcher in die Alveolen gerät, sich mit der Alveolarluft vollständig vermischt. Erfolgt jetzt eine Aus- atmung und bestimmt man sowohl die totale ausgeatmete Wasserstoff- menge wie das Wasserstoffprozent in der Alveolenluft, welche zuletzt aus- geatmet wird, kann man aus diesen Daten den schädlichen Raum be- rechnen. Die folgende Aufstellung hat sich als zweckmäßig für diese Bestim- mung erwiesen (Fig. 255). °) 1 ist eine Glasglocke von ca. S00 cm? und in 100 cm? grob einge- teilt. Durch die Röhre links kann sie mit reinem Wasserstoff gefüllt werden. Man spült zu wiederholten Malen mit Wasserstoff aus, so dab auch die Röhre 2 bis zum Hahn gefüllt wird. Gewöhnlich werden zuletzt ca. 500 cm? eingefüllt und die Glocke dann unter Wasser versenkt. Eine Art Ventil (Gummiball oder Korkplatte) kann die obere Öffnung ver- schließen. Der Schlauch 2 von ca. 12 mm lichter Weite führt nach dem - Vierwegehahn 2, 3, 4, 5, welcher ähnlich wie der oben beschriebene Drei- 2) Proc. Physiol. Soc., Juni 1914: Journ. of Physiol. 48. 2) Skand. Arch. Physiol. Bd. 25. S. 87 (1911). 3) Krogh and Lindhard, The Volume of the „Dead Space“ in Breathing Journ. of Physiol. Vol. 47. p. 30 (1913). 540 August Krogh. weeehahn gebaut, aber nur mit Röhren von 12 mm versehen ist. Der Hand- griff ist mit einer Einschnappfeder ausgestattet, so daß die verschiedenen Stellungen geschwind und genau eingestellt werden können. Der für das Mund- stück bestimmte Ansatz ist mit einem Röhrchen für Probeentnahme versehen. Die Versuchsperson atmet durch 5 und Z aus der Atmosphäre. Nach einer Exspiration wird der Hahn bis 2 gedreht und der Wasserstoff wird inspiriert. Es ist vorzuziehen, wenn die Versuchsperson selbst den Hahn im richtigen Moment dreht, und man muß sicher sein, daß keine Exspira- tionsbewegung nach 7 ausgeführt wird. Sogleich nach der Inspiration wird der Hahn weiter bis 3 gedreht und 600—800 cm in das kleine Spirometer exspiriert. In diesem befinden sich im voraus etwa 400 cm? Luft, mit welcher Menge die Exspirationsluft vermischt wird.!) Die Ex- spiration wird an der langsam rotierenden Trommel registriert. Viele Leute sind geneigt, am Anfang der Exspiration noch eine ganz kleine In- spirationsbewegung zu machen. Eine solche Inspiration verdirbt den Ver- such, und es ist daher wichtig, daß sie sogleich aus der Kurve verraten wird. Wenn die gewünschte Menge exspiriert ist, und während die Ex- spiration seitens der Versuchsperson noch fortgesetzt wird, wird der Hahn geschlossen und eine Alveolarluftprobe in die, am besten evakuierte Röhre 6 genommen. Der Inhalt des Spirometers und Verbindungsschlauchs wird schnell durchmischt, indem der Schlauch mit den Händen abwechselnd zu- sammengeprebt und losgelassen wird, während die Schraubenflügel rotieren, und man nimmt aus dem Spirometer eine zweite Probe. Die beiden Proben werden auf Wasserstoff analysiert. Man rechnet auch hier nicht mit dem Wasserstoffprozent, sondern mit der Kontraktion und setzt dann den inspirierten Wasserstoff zu 150°, Kontraktion statt 100°/, H, oder, da er nie ganz rein ist, zu 149'5°/, statt 99:7%/,. Die Residualluft des Spirometers sowie das Volumen der Leitung 3—7 muß natürlich ein für allemal bestimmt sein. Die Berechnung des schädlichen Raumes geschieht nach folgender Formel: E sei das Volumen der Exspiration, aus der Spirometerkurve ab- gelesen, A. ist das Kontraktionsprozent der Exspirationsluft, Ah; dasjenige der Inspirationsluft und }, das der Alveolarluft. S ist der schädliche Raum. Wir haben dann die totale ausgeatmete Wasserstoffmenge Zh. gleich der Summe der Mengen, welche aus dem schädlichen Raume respektive den Alveolen gekommen ist, oder Eh, = Sh; — (E—S)h,, woraus S(h —h,) = Eh, — Eh, „_Eh,—Eh, Ve RESET Eh, ist die totale ausgeatmete Wasserstoffmenge und folglich gleich der Menge, welche sich im Spirometer nach Abschluß des Versuches be- ( !) Wenn man zu wenig Luft im Spirometer hat, bekommt man leicht ein für die Analyse zu hohes Wasserstoffprozent. Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen ete. 541 findet. Diese Menge berechnet man aus der Analyse von Probe II durch Multiplikation mit der totalen, im Spirometer vorhandenen Luftmenge. Beispiel: Im Spirometer am Anfang . . 0'400 1 amannde... "08517 Volumen der Exspiration.. . 0'451/ Probe I 25'87°/, Kontraktion Residualluft und schädl. Raum des Spirometers . . . . . 02087 Probe I 25'58°/, Abgelesene Luftmenee. . . . 08511 Totale Menge . . 1'059 7 Sh.— 1059 %X 25:58 = 2710 2 04517 x 2587 —= 1165 Differenz . . 1545| Daraus der schädl. Raum S = 125 cm? h; — h, = 1495 — 2587 = 1236| im Mundstück und Hahn . . 28 cms Persönlicher schädl. Raum . 97 cms. Fehlerquellen und Genauigkeit. Die theoretische Voraussetzung dieser Methode — daß die Alveolarluft sogleich nach der Inspiration ein völlig einheitliches Gemisch darstellt — hat sich bei der von Lindhard und Krogh angestellten eingehenden Prüfung als nicht stichhaltig erwiesen. Nach einer Inspiration von 057 H, fanden wir z. B. in einer Alveolarluftprobe nach 17 Exspiration 14'0°/, H, und nach einem weiteren Liter nur noch 13°0°/,. Eine Berechnung zeigt aber, daß, wenn sowohl die Inspiration wie die Exspiration möglichst klein gemacht werden, der Einfluß von Fehlern dieser Größen- ordnung nur wenige Kubikzentimeter auf dem schädlichen Raum ausmachen wird. In- und Exspirationen werden daher so klein gewählt, daß man eben noch sicher sein kann, daß der schädliche Raum jedesmal vollständig ausgespült wird. Dazu genügen, wie Lindhard und Krogh gefunden haben, In- und Ex- spirationen von 3- bis 6mal das Volumen des schädlichen Raumes. Die untere dieser Grenzen darf nicht überschritten werden. Wenn man über die obere hinausgeht, verlieren die Bestimmungen anfangs nur wenig an Zuverlässig- keit, aber bei größeren Respirationen werden die Werte ganz unsicher. Als Genauigkeitsbeispiel gebe ich die folgende kleine Reihe von Bestim- mungen an A.K. Inspiration Exspiration Schädl. Raum IH, I em? 05 07 154 05 065 131 05 10 150 05 10 150 05 1laal 150 0:5 085 146 075 08 156 05 0:6 136 0.75 0:65 125 06 0:8 132 0°6 0:8 136 Strenge Muskelarbeit 06 08 148 ni $ 542 August Krogh. Das Mittel dieser Bestimmungen ist 145 #3 cm? und der mittlere Fehler »—= + 11cm®. Das wahre Volumen (37°) wird 143. a 159 em®. Lindhard und Krogh haben ferner gezeigt, daß, wenn man den schädlichen Raum z. B. mit einer Glasröhre von bekanntem Volumen ver- mehrt, man auch tatsächlich das hinzugefügte Volumen in den Bestim- mungen wiederfindet. Lindhard hat neuerdings gefunden, daß die Mundstellung einen be- deutenden Einfluß auf die Bestimmungen des schädlichen Raumes ausübt. Das Volumen des Mundes ist ja sehr variabel, und wenn die Stellung der Kiefer nicht beachtet wird, kann man leicht Variationen im schädlichen Raume bis 30 cm® oder mehr bei ein und derselben Versuchsperson vor- finden. Beispiel: J. L. bei kleinem Mund 105 cm®, bei großem Mund 137 cm®. Andrerseits kann, wenn die Mundstellung genau kontrolliert wird, eine noch etwas bessere Übereinstimmung der Werte erzielt werden als die oben angezeigte. Es steht zu erwarten, dal) auch der jeweilige Zustand der Broncho- motoren einen Einfluß auf die Größe des schädlichen Raumes ausüben kann. Ein solcher Einfluß ist jedoch bisher nicht experimentell erwiesen und eine merkliche oder gar enorme Erweiterung bei Muskelarbeit, wie sie Zaldane und Douglas!) glaubten festgestellt zu haben, findet jedenfalls nicht statt. Die Bestimmungen des schädlichen Raumes werden besonders dafür angewendet, um die mittlere Zusammensetzung der Alveolarluft aus Ana- Iysen der Exspirationsluft und Messungen der Respirationstiefe berechnen zu können.?) Dies geschieht nach der von Dohr aufgestellten Formel NZ ES?’ in welcher # das Exspirationsvolumen, S der schädliche Raum, e, © und « die prozentige Menge eines Gases respektive in der Exspirationsluft. In- spirationsluft und Alveolarluft ist. Bei sehr tiefen Respirationen, wie z. B. während Muskelarbeit, wer- den Fehler mit Bezug auf S nur von geringem Einfluß sein, und man kann sich mit einer Schätzung begnügen, bei gewöhnlichen Respirationen zwischen 12 und etwa 400cm® muß S genau bestimmt werden, um zuverlässige Werte für x zu erhalten, und bei ganz kleinen Respirationen genügt auch die genauest mögliche Bestimmung von S nicht mehr, und man ist auf direkten Analysen der Alveolarluft ad modum Haldane?®) hingewiesen. ‘) Journ. of Physiol. Vol. 45. p. 235 (1912). ?) Krogh and Lindhard, On the average composition of the alveolar air. Journ. of Physiol. Vol. 47. p. 431 (1914). ®) Haldane and Priestley, Journ. of Physiol. Vol. 33. p. 240 (1905). Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen etc. 543 4. Die Bestimmung des Gasdiffusionskonstanten der Lungen. Die Gasdiffusion könnte man berechnen, wenn man die Lungenober- fläche, die durchschnittliche Dicke der Alveolarwand und den spezifischen Diffusionskonstant der Wand kannte. Diese Größen sind aber sämtlich unbekannt und zurzeit einer, wenn auch bloß annähernden Bestimmung, unzugänglich. Man muß daher die Diffusion direkt in den Lungen messen. Man verfährt dabei so, daß man ein Gas, welches durch die Alveolarwand diffundieren kann, in die Lungen bringt und untersucht, wieviel davon in gemessener Zeit aus den Alveolen in das Blut diffundiert. Um einen Dif- fusionskonstant hieraus zu berechnen, ist es aber notwendig, außerdem die mittlere Spannung des Gases sowohl in den Alveolen wie im Blute während des Versuches zu kennen. Nur dann kann man die mittlere Spannungsdifferenz und dadurch die Menge Gas, welche pro Millimeter Druckdifferenz in der Zeiteinheit diffundiert, berechnen. Die allermeisten Gase diffundieren so schnell und sind im Blute so schwer löslich, daß das Blut schon lange, ehe es aus den Lungen gekommen ist, damit praktisch gesättigt wird. Man kann dann die mittlere Spannung eines solchen Gases während der Passage nicht bestimmen, und es ist für Diffusionsversuche völlig unbrauchbar. Das einzige Gas, welches sich für Diffusionsbestimmungen verwenden läßt, ist das Kohlenoxyd, weil es vom Hämoglobin sehr fest gebunden wird. Wenn man nur kleine Mengen in das Blut diffundieren läßt, kann man, ohne einen nennenswerten Fehler zu begehen, damit rechnen, daß seine Spannung im Blute während der Passage nicht merklich über Null steigt. Der volle Druck des Kohlenoxyds in den Alveolen ist somit als Spannungsdifferenz verfügbar und es kommt nur darauf an, den mittleren Druck und die verschwundene Menge zu be- stimmen. Für die Bestimmung verwendet man das große Spirometer (7) mit Dreiwegehahn, Verbindungsschlauch, der wenigstens 50 cm lang und von 150 cm® Volumen sein muß, Mundstück und Nasenklemme, Gassammel- röhren für 25 bis 30 cm®, die mittelst einer Gabelröhre zu zwei mit der Röhre 5 des Hahnes verbunden werden (Fig. 246), und den größeren Haldane- schen Analysenapparat. Die Methodik der CO-Diffusionsbestimmungen ist von Marie Krogh ausgearbeitet und auf die verschiedenen möglichen Fehlerquellen hin näher untersucht worden. Sie wird demnächst über die Resultate der Bestim- mungen an einer Anzahl verschiedener Personen berichten. Hier werden die Ergebnisse nur, soweit sie methodisch von Bedeutung sind, berücksichtigt. Die Bestimmungen werden folgendermaßen ausgeführt. Im Spiro- meter wird eine CO-Mischung von ungefähr 1°/, hergestellt. Das Kohlen- oxyd stellt man sich aus Ameisensäure (1 Teil) und konzentrierter Schwefel- säure (2 Teile) her. Es wird mit 20°/, KOH gewaschen und am besten in einem kleinen Gasometer, das man aus einer Woul/ffschen Flasche und einem Hahntrichter herstellt, aufbewahrt. Man gießt in den Trichter jedes- 544 August Krogh. mal soviel Wasser, wie man Kohlenoxyd braucht und treibt es dadurch in das Spirometer hinüber. Nach der Vermischuug wird auch der Schlauch bis zum Dreiwegehahn durch Austreibung von !/; Z mit der CO-Mischung gefüllt. Die Versuchsperson atmet zunächst eine kurze Zeit durch Mund- stück und Hahn aus der Atmosphäre. Nachdem die Trommel und die Zeitschreibung in Gang gesetzt sind, macht sie auf gegebenen Befehl eine Ausatmung bis zur Residualluft. Der Hahn wird dann gedreht und sie macht eine tiefe Einatmung aus dem Spirometer. Nach ein paar Sekunden wird wieder ausgeatmet, und zwar wenigstens soviel, daß man sicher sein kann, dal der Schlauch bis zum Spirometer mit Alveolarluft gefüllt ist.!) Der Hahn wird dann geschlossen und durch die Röhre 5) am Hahn wird aus der Leitung eine Probe der Alveolenluft genommen. Nach etwa 0'1 Minute wird der Hahn wieder nach dem Spirometer geöffnet und eine erneute tiefe Ausatmung gemacht. Unmittelbar nachher wird der Hahn nach außen gedreht, eine zweite Alveolarluftprobe aus der Leitung ge- nommen und die Trommel zum Stillstand gebracht. Die Kohlenoxydanalysen müssen mit großer Sorgfalt gemacht werden, wejl die absoluten Mengen von Kohlenoxyd sehr gering sind und die Fehler daher einen sehr großen Einfluß auf das Resultat ausüben können. Man absorbiert daher zuerst die Kohlensäure und bestimmt danach so- wohl die Kontraktion nach Verbrennung, wie auch durch Absorption die gebildete UO,-Menge. Die letztere soll genau das Doppelte der Kontraktion betragen. Wenn das nicht der Fall ist, sind entweder noch andere brenn- bare Gase im Gemisch vorhanden, oder der Apparat ist nicht ganz rein. Wenn die Kontraktions- und CO,-Werte gut stimmen, benutzt man die Summe beider. Wenn kleine Abweichungen zwischen den beiden Zahlen vorhanden sind, und besonders wenn die CO,-Werte etwas mehr als doppelt so groß wie die Kontraktionswerte sind, gibt man nach der Erfahrung von M. Krogh den Kontraktionszahlen den Vorzug. In der Berechnung ist es ganz gleichgültig, ob man die Kohlenoxydzahlen selbst oder beliebig andere, damit proportionale Werte benutzt.?) In vielen Fällen ist es vorteil- haft, wenn auch nicht notwendig, den Sauerstoff zu bestimmen. Zu dem direkt durch Absorption gefundenen Sauerstoffwerte muß man dann noch den bei der CO-Verbrennung verbrauchten Sauerstoff hinzuaddieren. t) Die für bestimmte Fälle günstigste Größe der Ausatmung wird unten näher be- sprochen. ?) Im hiesigen Laboratorium sind die CO-Analysen mittelst eines speziell dafür eingerichteten sehr genauen Analysenapparates, der noch die Bestimmung von 0'001°/, gestattet, ausgeführt worden. Dieser Apparat, dessen Bürette 35 cm® faßt, von welchen 8°/, in 0:01°/, geteilt sind, ist nach dem Pettersonschen Prinzip eingerichtet, weil das Haldanesche Kalimanometer für die gewünschte Genauigkeit nicht empfindlich genug ist. Die große Genauigkeit hat sich für das Fahnden auf Fehlerquellen, sowohl bei der Analyse wie in der Bestimmung als Ganzes, als sehr nützlich erwiesen. Sie ist aber schwer zu erreichen und, wenn die hier gegebenen Vorschriften genau befolgt werden, nicht für die Bestimmungen absolut notwendig. Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen etc. 545 Die Berechnung der Diffusion wird am besten an der Hand eines Beispiels erörtert. Die erhaltene Kurve (Fig. 256) wird folgendermaßen ausgemessen. Man mißt in Litern den vertikalen Abstand zwischen den Linien 437 und 190. Dieser Abstand entspricht dem Luftvolumen, welches mit der Residualluft in den Lungen während des Versuches einge- schlossen war. Tp. = 16°, Barometer 747 mm. ale . Er 2471 Bueslare Residuallut - . . . 2... 2... 1931 Eingeschlossene Luftmenge . . . . . ....3701 Man zeichnet die vertikalen Linien a und b so, daß sie die Aus- atmungskurven in einem vertikalen Abstand von den horizontalen Kurven- strecken von ungefähr 150 em schneiden. Die- Fig. 256. ser Abstand entspricht 437 dem gewöhnlichen schädlichen Raum. Wenn man über eine Bestimmungdesschäd- lichen Raumes der be- treffenden Person ver- fügt, benützt man na- türlich diese, vermehrt mit dem schädlichen Raum des Mundstückes und Hahns. Die bei- ee eh: den Linien entsprechen a 5 den Zeitpunkten, wann die Luftproben die Lungenalveolen verließen. Ihr Abstand in Minuten ist die Dauer des Versuches. Die beiden Analysen ergaben I 1I Be rn. 22. 025%, 0140%, ers. ,0490/, 02750, Same... ...0..0:135%, 0415%, Die Menge CO, welche zu jeder Zeit aus den Alveolen in das Blut diffundiert. ist der gleichzeitigen CO-Konzentration Ü proportional und man hat daher die Differentialeleichung a ee oder mit der Anfangskonzentration 0'735 und der Endkonzentration 0'415 nach t=0'082 Minuten. Ds log C,—log C, we 0,866 — 0'618 t log e 0'082 x 04343 Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VII. 5 = 698. 546 August Krogh. Nach dieser Formel entspricht % der Menge CO in Kubikzentimetern, welche pro Minute und pro Kubikzentimeter Lungenvolumen in das Blut diffundieren würde, wenn die Lungen mit reinem CO gefüllt wären und die CO-Spannung des Blutes konstant auf O gehalten werden könnte. Aus k berechnet man dann weiter den Diffusionskonstant D als die Menge CO, welche durch die Lungen als Ganzes pro Minute und pro Millimeter Druckdifferenz diffundieren kann. Man findet in welcher Formel V das Luftvolumen in den Lungen, in Kubikzentimetern ausgedrückt, P den Druck in Millimetern Hg bedeutet. Der Druck ist gleich dem jeweiligen Barometerstand — der Wasserdampftension, welche bei 37° in den Lungen zu 47 mm gesetzt werden kann. Um jetzt D in Kubikzentimetern bei 0° und 760 mm ausgedrückt zu bekommen, muß natürlich V auf 0° und 760 mm reduziert werden. Wenn man der äußersten rechnerischen Genauigkeit zustrebt, müssen selbstverständlich alle diese Reduktionen ausgeführt werden. Da aber die Volumenbestimmungen immer auf wenigstens 1°/, unsicher sind, und da der Barometerstand als Korrektionsfaktor sowohl in V wie in P eingeht, kann man bei gewöhnlicher Temperatur und unter der Voraussetzung, daß die Residualluft nicht bei sehr abweichendem Barometerstand be- stimmt worden ist, die direkt abgelesenen Volumina unreduziert benutzen und nur mit einem, vom Druck unabhängigen und mit der Temperatur nur wenig variierenden Faktor (R) multiplizieren. Man hat z. B. bei 16° und 740 mm Druck V V1xX 0'9029 SEN ne SEEN, P 693 on und bei 16° und 770 mm Druck V 7 -940 e z 2 Mer Val V1.% 0'00130 1% 125 Der Reduktionsfaktor R variiert folgendermaßen mit der Temperatur: 14% 00031 16° 0:00130 182 0:00129 200 000128 Im oben angeführten Beispiel hat man somit den Diffusionskonstant für Kohlenoxyd D =VisKkRıs = 3700.6'98.0:00130 = 331. Die Diffusionsgeschwindigkeiten verschiedener Gase in einer Flüssig- keit sind mit den Absorptionskoeffizienten proportional und mit den Qua- dratwurzeln der Molekulargewichte umgekehrt proportional. Man kann nun infolge Untersuchungen von Cushny!) annehmen, daß die Scheide- !) Journ. of Physiol. Vol. 40. p. 26 (1910). Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen ete. 547 wände zwischen Blut und Lungenluft sich in ihren Absorptionsverhältnissen ungefähr wie Wasser verhalten und somit die Absorptionskoeffizienten für Gase in Wasser benutzen. Man findet dann für die physiologisch wichtigen Gase Sauerstoff, Kohlensäure, Stickstoff, Stickoxydul ‚und Wasserstoff: 0568 Vz _ - 00184 Ya 4 VoR a = N; 00184 30 00242 V28 U n— Cümpar=r 1 == 00184 /52 00122 V28 (U ITSETE A TjERSS 0:0184 28 DE 00166 | 23 0.0184 V2 Fehlerquellen und Genauigkeit. Die Genauigkeit der Diffusions- bestimmungen hängt von der Analysengenauigkeit, der Bestimmung der Versuchsdauer und den Volumbestimmungen ab. 1. Die Analysen können mittelst des größeren Haldaneschen Apparats mit einer Genauigkeit von £0'005°/, durchgeführt werden, wenn man mit sehr großer Sorgfalt arbeitet. Wenn man in der ersten Probe etwa 0:5%/, CO hat und in der zweiten etwa 0'2°/,, können Fehler von 0°01°/, auf beide Analysen, aber in entgegengesetzter Richtung, höchstens eine Abweichung von 7°/, mit Bezug auf D herbeiführen. 2. Die Dauer kann gewöhnlich leicht bis auf 1°/, genau bestimmt werden. 3. Die Genauigkeit der Volumbestimmung ist, wie oben angeführt, gewöhnlich 100 cm? oder 2—3°/,. Wenn der schädliche Raum nicht be- stimmt, sondern geschätzt ist, kann dadurch noch ein Fehler von 1°/, herbeigeführt werden. 4. Es ist eine Voraussetzung für die Berechnung, dab die CO-Span- nung im Blute während des Versuches keine melibare Größe erreicht. Eine Überschlagrechnung zeigt, dal) dies tatsächlich zutrifft. Rechnen wir z.B. mit einem CO-Prozent am Anfang von 0'5 und am Schlusse von 02 und mit einem Lungenvolumen von 3/, sind während des Versuches von Fi 180) (BU) =) Q — = Q —-D; 246 Deo, Dy, =D — 066 Deo, Dx,o = Deo = Deo: 0'1 m Dauer _ .3000 = 9cm? CO aufgenommen worden. Das durchschnitt- liche Minutenvolumen ist 4/ und die OO-Kapazität 180 cm® pro Liter. Die Sättigung wird somit — 12'5%/,. Nach der Kurve von Douglas, 180x 04 Haldane and Haldane!) entspricht dies einer CO-Spannung von O'01°/, einer Atmosphäre. Die mittlere CO-Spannung im Blute während des Versuches ist dann 0'005°/,, während die mittlere Spannung in den Al- veolen ungefähr 0'35°/, beträgt. Die Spannungsdifferenz ist somit als 0'345 statt 035 in Rechnung zu bringen und man findet den Diffusions- ') Journ. of Physiol. Bd. 44. S. 278 (1912). 30 548 August Krogh. konstant etwa 1°/, zu niedrige. Wenn mehrere Versuche nacheinander an derselben Person gemacht werden, wird sich das CO im Blute anhäufen und etwas größere Fehler können entstehen. 2—3 Versuche können jedoch immer mit der hier beschriebenen Technik unmittelbar nacheinander folgen, ohne einen merklichen Fehler zu bedingen. Der kombinierte Einfluß der verschiedenen Fehler bewirkt, daß die mittlere Abweichung der einzelnen Bestimmungen einer Reihe an derselben Person während der Ruhe angestellten Versuche ca. 5°/, betragen wird. !) Dies gilt, wenn sämtliche Versuche auf das mittlere Lungenvolumen re- duziert sind. Wie unten näher erörtert wird, ist nämlich der Diffusions- konstant von dem Lungenvolumen in gesetzmäßiger Weise abhängig. Der Einfluß des Lungenvolumens auf den Diffusions- konstant. Die Berechnung des Diffusionskonstantes bei Mittel- stellung der Lungen. Die Größe des Diffusionskonstantes ist von dem jeweiligen Lungenvolumen abhängige. Wenn die Alveolen als dehnbare Kugel betrachtet werden dürfen, muß die Oberfläche dem Quadrat der dritten Wurzel des Volumens proportional sein. Ferner wird die Dicke der dehnbaren Wand umgekehrt proportional der Oberfläche sein. Die Diffusionsgeschwindigkeit ist proportional der Oberfläche und umgekehrt proportional der Dicke, und man hat somit unter der genannten Voraus- setzung, daß D der vierten Potenz der dritten Wurzel des Volumens proportional sein mub, Es hat sich aber herausgestellt, daß diese theoretische Ableitung den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht. M. Krogh hat z. B. die folgende typische Reihe von Werten an einer Versuchsperson bei verschiedenen Volumina der eingeschlossenen Luft erhalten: Alv. Lungenvolumen Versuch in Liter k D 1 1:92 11:80 30% 2 2:14 10:75 326 3 2:32 9:95 3123 4 Da 8:70 32:6 5 348 6:65 308 6 3:63 6:30 322 7 371 625 318 8 3:88 670 360 B) 447 660 40:9 10 4:63 5.65 38:2 In den Bestimmungen mit eingeschlossenen Luftmengen über 3°4 ist k innerhalb der Fehlergrenzen konstant und D somit mit V proportional. Bei Mengen unter 3°4 ! wächst k dagegen schnell an, und D wird ungefähr konstant und somit vom Volumen unabhängig. Dieses Verhalten ist mit !) In den Versuchen von M. Krogh ist die mittlere Abweichung, der größeren Analyseugenauigkeit entsprechend, ca. 3°,. f t l Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen ete. 549 Formänderungen der Alveolen verknüpft.!) Bei größerem Luftinhalt sind die Alveolen mehr oder weniger kugelig und die Wände sind glatt. Volum- änderungen finden ohne oder nur mit geringen Formänderungen statt durch Dehnung der Wände. Von einem bestimmten Volumen ab, welches mit der natürlichen Mittelstellung sehr nahe zusammenzufallen scheint, verhalten sich aber die Alveolen bei fortgesetzter Verminderung des Vo- lumens ganz anders. Die Wände ziehen sich nicht mehr zusammen, sondern legen sich in Falten. Die Oberfläche und somit D hält sich dann konstant, während sich das Volumen vermindert. Hieraus ergibt sich die Regel von der Reduktion des Diffusions- konstantes auf die normale Mittelstellung. Wenn man eine Bestimmung bei kleinem Lungenvolumen macht, bestimmt man k und \V und der da- durch gefundene Diffusionskonstant ist mit dem bei der Mittelstellung gleich. Macht man dagegen eine Bestimmung bei größerem Volumen der eingeschlossenen Luftmenge, bestimmt man nur k und findet D durch Multiplikation von k mit dem aus speziellen Bestimmungen bekannten Volumen bei der Mittelstellung Vyı. In Versuchen an Personen, die nicht an Atmung an Apparaten ge- übt sind, ist die letztere Methode die leichteste und zugleich die genaueste, da man eine genaue Mittelstellungesbestimmung ziemlich leicht erhalten kann, und es dann nicht darauf ankommt, dal» die Versuchsperson im Diffusionsversuche selbst genau bis zur Residualluft ausatmet. Die Wirkung von Kreislaufänderungen auf die Lungendiffusion. Wenn die Durchmischung des Blutes in den Lungenkapillaren eine augenblickliche und vollkommene wäre und der Diffusionsweg somit nur der Dicke der Scheidewand entspräche, müßte der Diftusionskonstant un- abhängig vom Blutstrom sein. Es ist aber einleuchtend, daß das nicht der Fall sein kann, daß vielmehr auch innerhalb des Blutes in den Lungen- kapillaren ein Spannungsabfall von der vorderen bis zur hinteren Kapillar- wand vorhanden sein muß. Es fragt sich nur, wie groß dieser Spannungs- abfall ist, und wie er mit Variationen im Blutstrom sich ändert. Wenn verhältnismäßig kleine Änderungen des Blutstromes meßbare Änderungen des Diffusionskonstantes herbeiführen könnten, würde der Wert der Diffusionsbestimmungen sehr beeinträchtigt werden, und es wäre notwendig, sie jedesmal mit Blutstrombestimmungen zu kombinieren. Direkte Versuche haben nun gezeigt, daß kleinere Blutstromänderungen, wie sie etwa in der Ruhe vorkommen, keine außerhalb der Fehlergrenzen gehenden Änderungen der Lungendiffusion herbeiführen. Bei sehr starker Vermehrung des Blut- stroms, wie sie während anstrengender Muskelarbeit stattfindet, steigt aber der Diffusionskonstant deutlich an. ') Cloetta, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 66. S. 436—442 (1911). 550 August Krogh. Beispiel: Diffusionskonstant Minutenvolumen [0/6] cm? l Ruhe: 8 AU BREITE 22 4-5 Arbeit (1000 kg-m pro Minute) 441 456 20 Die Bestimmungen während Muskelarbeit werden genau wie in der Ruhe ausgeführt. Nur macht man sowohl die Vorperiode wie die Versuchs- periode so kurz wie möglich (Versuchsperiode von 0°06 m) und benutzt daher eine evakuierte Gassammelröhre für die erste Probe. 5. Die Bestimmung des Minutenvolumens des Blutstroms. Wenn das Blut in den Lungen mit irgend einem fremden Gas in Berührung kommt und sich mit diesem während der Passage vollständig sättigen kann, wird die in gewisser Zeit verschwundene (Grasmenge ein Mab für den Blutstrom. Die Bestimmung ist der Diffusionsbestimmung ganz analog, nur das angewandte Gas ist verschieden. Hier muß man ein (as benutzen, das nicht mit dem Blute eine chemische Verbindung eingeht, aber zu gleicher Zeit leicht löslich ist und mit so großer Schnelligkeit diffundiert, dal) man sicher sein kann, daß das Blut. wenn es die Lungen verläßt, im vollständigen Diffusionsgleichgewicht mit der Alveolenluft steht. Ein solches Gas ist das Stickoxydul, welches zuerst von Zuntz, Müller und Markoff für Blutstrombestimmungen angewendet wurde. Das Stickoxydul ist im Blute ziemlich leicht löslich!) und geht mit den Blutbestandteilen keine chemische Verbindung ein, so daß nur die physikalisch lösliche Menge aufgenommen wird. Das Gas ist im Handel auf kleinen Stahlflaschen zu haben und läßt sich übrigens auch sehr leicht rein darstellen.2) Die Analyse scheint zwar in vielen Fällen große Schwierigkeiten bereitet zu haben, ist aber trotzdem bei richtigem Vor- gehen leicht und mit vollkommen genügender Genauigkeit durchzuführen. Die Bestimmung gestaltet sich in Ruheversuchen folgendermaßen. 3) Die Aufstellung ist genau wie für die Diffusionsversuche Fig. 246. Man mischt im Spirometer 27 Luft mit 12 N,0. Die Versuchsperson atmet wie in den übrigen Bestimmungen zunächst durch das Mundstück und den Hahn nach außen. In Versuchen dieser Art und speziell in solchen, die das Erlangen von Ruhewerten bezwecken, ist es notwendig, daß die Ver- suchsperson mindestens 15 Minuten in der gewünschten Stellung verharrt. Erst dann hat sich die Zirkulation den Verhältnissen vollkommen ange- ') Man hat bisher nach Bestimmungen von Siebeck an Rinderblut [Skand. Arch. Physiol. Vol. 21. p. 368 (1909)] mit einem Absorptionskoeffizient von 0'43 gerechnet. Sehr gut übereinstimmende Messungen, die Zindhard und Krogh eben an Menschenblut gemacht haben, zeigten aber, daß die richtige Zahl 0.405 + 0:005 ist. ?) Zur Darstellung benutzt man Ammoniumnitrat, welches einfach in einem Kolben erhitzt wird. Das Gas wird durch 2—3 vorgeschaltete Waschflaschen mit Ferrosulfat- lösung gereinigt. ®) Krogh and Lindhard, Skand. Arch. Physiol. Vol. 27. p. 100 (1912). Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen ete. 551 paßt und man kann konstante Resultate bekommen. Einige Minuten vor dem Versuch läßt man dann Mundstück und Nasenklemme anbringen. Nach einer gewöhnlichen Ausat- mung wird dann der Hahn gedreht, und die Versuchsperson macht während einer Vorperiode von ca. 0'1—0'15 Mi- nuten 3 mäßig tiefe (27) In- und Ex- spirationen (Fig. 257). Die Vorperiode hat den Zweck, eine gleichmäßige Gas- mischung in den Lungen herzustellen und gleichzeitig das Lungengewebe mit N,O zu sättigen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß durch diese Form der Vorperiode die Zirkulation am wenigsten gestört wird, während die Gasmischung in den Alveolen eine vollkommene wird. Nach der letzten Exspiration wird der Hahn geschlossen und dann eine Alve- olarluftprobe in oben geschilderter Weise aus der Leitung genommen. Nach einer Versuchsperiode von ca. 0'2 Minu- « ten wird in das Spirometer schnell bis zur Residualluft ausgeatmet und wieder eine Probe genommen. Während der Versuchsperiode soll die Lungen- stellung der Versuchsperson der nor- malen Exspirationsstellung möglichst gleichkommen und die Respirations- muskeln ganz erschlafft sein, so dab der Druck in den Lungen dem atmo- Be sphärischen gleichkommt. In Versuchen, die mit Muskel- arbeit verknüpft sind, fügt man zum (Gemisch im Spirometer noch 02—0'3 / O,. Man begnügt sich mit 2 tiefen Re- spirationen während der Vorperiode und macht die Versuchsperiode ent- sprechend kürzer. Bei angestrengter Muskelarbeit kommt man noch mit einer Versuchsperiode von 0'06 Minuten aus, weil der Kreislauf enorm gestei- gert ist. Man mul) natürlich in diesem Falle die erste Probe in eine evakuierte Röhre nehmen. Die Analysen werden durch Verbrennung des Stickoxyduls mit Wasser- stoff nach Absorption der Kohlensäure und des Sauerstoffs gemacht. 350 0258 m Fig. 25 NEST EEE TE EN NE NEN EEE ENT: en re Sy DIN 552 August Krogh. Wasserstoff wird in einem ganz kleinen Gasentwicklungsapparat aus reinstem Zink und Salzsäure bereitet und mit Wasser gewaschen, um die mitgerissene Lösung zu beseitigen. Die Säure ist, wie in Fig. 258 ge- zeigt, gegen den Luftsauerstoff vollkommen geschützt und bevor man den Apparat in Gebrauch nimmt, spült man es gut mit Wasserstoff aus. Der Wasserstoffapparat ist mit dem Hahn (V Fig. 249) des großen Haldaneschen Analvysenapparates dauernd in Verbindung. Benutzt man den kleineren Appa- rat, muß noch ein Dreiwegehahn in die Verbrennungspipette eingesetzt werden. Man nimmt für die Analyse zweckmäßig nur 95 (respektive 20) cm® Luft. Für die Kohlensäureabsorption benutzt man in diesen Analysen statt gewöhnlicher 10°/,iger Lauge kon- Fig. 258. zentrierte Kalilauge, um die Ab- sorption von N,O auf ein Mini- mum herabzudrücken. Die Sauer- stoffabsorptionsflüssigkeit ist die gewöhnliche (konzentrierte Kali- lauge mit Pyrogallol. Nachdem man CO, und 0, vollständig ab- sorbiert hat, setzt man durch den Hahn soviel Wasserstoff zu der Analyse, dal die Gasbürette un- gefähr gefüllt ist.') Man liest dann das Volumen aufs neue ab und verbrennt das Stiekoxydul, indem man zuerst nur schwach glüht, um eine Explosion zu vermeiden, und dann, wenn das meiste schon verbrannt ist, die Spirale beinahe bis zur Weißglut erhitzt. Es ist im Zuntzschen La- boratorium gefunden worden, dal Verbrennungen mittelst glühender Platinspirale von einer Spur Chlor- wasserstoff stark beschleunigt werden und es wird daher empfohlen, die Verbrennungspipette mit ganz verdünnter Salzsäure zu reinigen und feucht zu benutzen. Unsere Erfahrungen gehen darauf hinaus, daß die Verbren- nung schnell und vollständig erfolgt, wenn nur ein Überschuß) an Wasser- stoff und keine Spur Sauerstoff zugegen ist. Man muß daher den Sauerstoff aus der Analyse sehr sorgfältig absorbieren und ganz sicher sein, dal) man mit dem Wasserstoff keinen Sauerstoff hineinbringt. N x =; 4 4 | !) Wenn der Apparat mehrere Tage nicht benutzt worden ist, spült man, bevor man die Analyse beginnt, die Verbindungen zwischen diesem Hahn und der Bürette mit Wasserstoff aus. Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen etc. 553 Stickoxydul und Wasserstoff vereinigen sich nach der Formel NO+B,=H0O0+N I VoksD Vol RO TR VoL Die Kontraktion nach der Verbrennung ist somit gleich der vor- handenen Stickoxydulmenge. Beispiel der Analysen: Probe I Probe II Baimenzerpenommen - » -» ... 2.2.2.2 .9804 9:357 Brbaätsorption von CO: . » . 2. 2.2.2..8824 8690 H R I LE Er AIG 1573 ee von d, 2... 2. 9853 9323 erieennune von NO . . ....... 8867 8491 Die Berechnung des Minutenvolumens. Beispiel: Versuchsperson J. J. Bar. 746 mm, Tp. 18°5°. Dauer der Versuchsperiode 0'162 Min. Volumen im Spirometer am Schluß . . . 2. ....2..4727 N ‘ r während des Versuche 180 / R in den Lungen 9 a a 22 + alveoläre Residualluft 120 2 4121 Die obigen Analysen haben ergeben: Differenz. Probe I Probe II I korr. I korr. —UI C0,-% 5:16 13 — = DE, 1424 1194 1466 22120, N,0-°/, 10:60 8:89 10:91 2:02, N ) . 9. 9 T+f | Rn IS Arl= -°/o 70:00 72:04 Mittel N,O 3199 Man findet immer, daß das Stickstoffprozent während des Versuches ansteigt. Dies rührt zum Teil davon her, dal) eine kleine Menge Stick- stoff aus dem Blut frei gemacht wird, weil die Stickstoffspannung des Gemisches niedriger ist als die des Blutes. Die auf diese Weise hervor- gebrachte Steigerung ist jedoch, wie eine Berechnung zeigt!), so klein, daß sie vernachlässigt werden kann. Zum gröliten Teil rührt die Steige- rung davon her, daß sich die eingeschlossene Luftmenge während des Ver- suches vermindert hat, indem mehr 0; + N,O absorbiert worden ist, als CO, freigemacht wurde. Wenn man jetzt die verschwundene Menge N,;0 eintach aus den beobachteten Prozenten und dem oben gegebenen Volumen berechnen wollte, würde man einen Fehler begehen, indem das anfängliche !) Skand. Arch. Physiol. Vol. 27. p. 107 (1912). 554 August Krogh. Volumen tatsächlich größer gewesen ist. Eine Korrektur wird am ein- fachsten bewerkstelligt, indem man die anfänglichen Prozente von O, und N,O unter Voraussetzung einer unveränderten Stickstoffmenge korrigiert, 7o>- das heißt im gegebenen Falle mit multipliziert. Die so korrigierten Prozente sind in obiger Tabelle angeführt, sowie auch die Differenzen zwischen diesen und den schließlichen Werten. Wir haben somit die während des Versuches verschwundene N,0- Menge 412.0'0202 = 00834 7 und die verschwundene 0, - Menge 412200272 0412128 Die mittlere N,O-Spannung während des Versuches war 975°/, und die Blutmenge, welche bei dieser Spannung 834 cm? N,0 absorbieren 00834 könnte, somit —————— = 2:08 !. Dieses Volumen hat während 0'405 x 0.0975 0:162 Minuten durch die Lungen passiert und pro Minute findet man 2:10 also ei Blutstr on —— —= 1301. also einen Blutstrom von —65 Diese Zahl muß aber korrigiert werden, weil sowohl das Luftvolumen in den Lungen auf 0° und 760 mm, wie auch der H, O-Druck auf Prozent von 760 mm reduziert werden sollten. Die beiden Korrektionen heben aber beinahe einander gegenseitig auf (wie oben S. 546 näher erörtert wurde), und es bleibt nur eine winzige Korrektion, die folgenderweise von der Temperatur abhängt: bei Bye . 232220,21500 I ee SO ar u DOEITEREN 1. 0 Das Minutenvolumen wird somit im gegebenen Beispiel M=13%0. 0'977 = 1271 gefunden: Die ganze Berechnung wird folgendermaßen aufgestellt: ne 412 x 0:0202 x 0977 _ 1971 "70405 x0095x0162 und mittelst Rechenstabs erledigt. Die aufgenommene Sauerstoffmenge wird auf ähnliche Weise pro Minute berechnet und auf 0° und 760 mm nach der Tabelle S. 534 reduziert ei a 0.0272 x 0:899 een 0'162 Aus dem Sauerstoffverbrauch pro Minute während des Versuches und dem Minutenvolumen des Blutes berechnet man die Ausnützung des Sauer- stoffes, das heißt das Volumen O,, welches pro Liter Blut aufgenommen wird, oder was dasselbe ist, die Menge O,, welche pro Liter Blut an den Geweben abgegeben worden ist. Die absolute Ausnützung ist somit im vor- liegenden Beispiel Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen ete. 555 0'625 a A 7377 00501 7. Um die prozentische Ausnützung zu berechnen, muß man noch die Sauerstoffkapazität des Blutes der Versuchsperson kennen. Diese wird am einfachsten mittelst eines auf Sauerstoff geaichten Hämoglobinometers be- stimmt. Ist die Sauerstoffkapazität im gegebenen Beispiel 18°6 cm? OÖ, pro 100 cm® Blut, hat man den Ausnützungskoeffizient 22.0050] 0'186 Der Ausnützungskoeffizient für normale ruhende Menschen schwankt um 0'3 und variiert gewöhnlich sehr wenig. Die Sauerstoffaufnahme während des Versuches ist beinahe immer der Norm gegenüber gesteigert. Indem man davon ausgeht, daß diese Steigerung einer entsprechenden Steigerung des Kreislaufes proportional ist, welche von den Versuchsbedingungen herbeigeführt wird, reduziert man das direkt gefundene Minutenvolumen auf das normale Minutenvolumen durch Division mit der gefundenen Sauerstoffaufnahme und Multiplikation mit der normalen Sauerstoffaufnahme, die man in einem Respirationsver- suche bestimmt hat. Im gegebenen Beispiel war die normale Sauerstoffaufnahme nur 350 625 — 0'269 oder 26°9°/,. 03307, und das Minutenvolumen wird also auf 127 — 671 reduziert. Fehlerquellen und Genauigkeit. 1. Die Analysen von Gasmischungen mit Stickoxydul sind gewöhnlich bis auf 0'05°/, genau. Die Analysenfehler bedingen Fehler, die maximal 5°/, auf dem Blutstrom ausmachen können. 2. Der Absorptionskoeffizient des Blutes für N,O kann jetzt als bis auf 1°/, richtig angesehen werden. Die älteren Versuche, die mit dem Absorptionskoeffizient 043 ausgerechnet sind, bedürfen einer entsprechenden Korrektur. 3. Die durchschnittliche N, O-Spannung während des Versuches wird einfach als das Mittel zwischen Anfangs- und Endspannung berechnet. Dies ist nicht streng richtig, da die Spannung nicht geradlinig, sondern nach einer logarithmischen Kurve absinkt. Spezielle Berechnungen haben aber gezeigt, daß der dadurch begangene Fehler nur 1°/, erreichen kann. Die benutzte Rechenmethode ist einfacher als die logarithmische, welche in- folge der Kontraktion des Gasvolumens sehr schwer durchführbar ist. 4. Die Bestimmung des Gasvolumens in den Lungen ist gewöhnlich bis auf 100 cm? (ca. 3°/,) genau. In Versuchen mit ungeübten Versuchs- personen können die Fehler jedoch größer sein und wahrscheinlich 200 em? erreichen. 5. Die Zeitbestimmung ist beinahe immer bis auf 1°/, richtig. August Krogh. ö1) SU (or) 6. Auf der berechneten Kontraktion des Gasvolumens während des Versuches können nur sehr kleine Fehler, welche von Ausscheidung von ein wenig Stickstoff und von Fehlern der Gasanalyse herrühren, vor- handen sein. Die unter 4.—6. erwähnten Fehler machen sich in gleicher Weise auf dem Minutenvolumen und auf der Sauerstoffaufnahme geltend. Bei der Reduktion werden sie daher praktisch vollständig eliminiert (Lindhard), aber es fragt sich, ob die Reduktion selbst berechtigt ist oder ob man eventuell dabei neue Fehler einführt. 7. Die Reduktion des Kreislaufes auf Normalstoffwechsel. Die Steigerung der Sauerstoffaufnahme während des Versuches kann von zwei verschiedenen Ursachen herrühren, die gleichzeitig oder jede für sich wirksam sein können. Erstens kann der Blutstrom während des Ver- suches einfach beschleunigt sein. Dies bedingt natürlich eine Vermehrung der Sauerstoffaufnahme, und wenn wir es mit einer einfachen Vermehrung der venösen Blutzufuhr ohne Änderung des venösen Sauerstoffprozentes zu tun haben, ist die Steigerung des Blutstroms der Steigerung der Sauer- stoffaufnahme proportional und die oben beschriebene Reduktion ist be- rechtigt. Zweitens ist es aber auch möglich, daß sich die Zusammensetzung des venösen Blutes bei der Steigerung des Blutstroms ändert, daß z. B. bei einer tiefen diaphragmatischen Einatmung verhältnismäßig mehr Ab- dominalblut den Lungen zugeführt wird, und daß dieses Blut sehr arm an Sauerstoff ist. In diesem Falle kann keine Proportionalität zwischen Sauer- stoffaufnahme während des Versuches und Blutstrom bestehen. Lindhard hat diese sehr wichtigen Verhältnisse einer näheren Unter- suchung unterworfen und wird seine Resultate sehr bald veröffentlichen. Die folgenden methodisch wichtigen Angaben und Beispiele hat er mir zur Verfügung gestellt. Die Steigerung des Gaswechsels und Blutstroms während des Ver- suches ist im wesentlichen von der Respiration während der Vorperiode bedingt.!) Sind Atemzüge von 2/2 ohne Anstrengung zu machen, kann die Steigerung sehr klein sein, sind sie aber anstrengend, wird die Steigerung immer groß. Bei verschieden großen Respirationen von natürlichem Typus wird die Ausnützung kaum beeinflußt, das heißt, die Zusammensetzung des Venenblutes hat sich trotz der Steigerung nicht verändert. Verändert man ') Die Kreislaufsänderungen während des Versuches rühren in der Hauptsache von den respiratorisch bedingten Druckänderungen in dem venösen Reservoir her [siehe Krogh und Lindhard, Bioch. Zeitschr. Bd. 59. S. 260—280 (1914)], können aber auch zum Teil psychisch bedingt sein. Sie sind im ersten Versuche mit einer Person gewöhn- lich sehr groß und werden dann allmählich kleiner. An geschulten Versuchspersonen mit genügend großer Vitalkapazität, um von den Respirationen der Vorperiode nicht angestrengt zu werden, beobachtet man in der Regel nur ganz kleine Steigerungen. Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen ete. 557 aber willkürlich den Respirationstypus, findet man, daß eine rein thora- kale Respiration eine abnorm kleine, eine rein abdominale dagegen eine abnorm hohe Ausnützung während des Kreislaufsversuches bedingt, wie z. B. Minuten- Sauerstoff- Aus- volumen aufnahme nützung I cm? cm? Thorakale Respiration . . . .6%9 272 395 Abdominale Respiration . . . 465 271 58:5 Wenn man während der Versuchsperiode nicht die Respirations- muskeln erschlafft, sondern entweder eine Saugung oder aber einen Druck in den Lungen herrschen läßt. können auch dadurch Schwankungen in der Zusammensetzung des zuströmenden Venenblutes hervorgebracht werden, wie z.B. M S A M l em? cm? reduziert Bene... 6 300 43 55 ai. D°6 218 3) 62 Saugung . 79 367 465 52 Druck. 6:05 215 35:5 68 Wenn man aber die oben angegebenen Vorsichtsmaßregeln beachtet, hat es sich herausgestellt, daß Reihen von Bestimmungen an derselben Versuchsperson, in welchen die direkt gefundenen Zahlen für den Blut- strom sehr stark voneinander abweichen, nach der Reduktion gut über- einstimmende Werte liefern, wie z. B. die folgenden Versuche an Frau M. O,proMin. M Datum es Be A Resp.-Ver- redu- such ziert 3./X. 835 324 39 154 44 Aula. 5....'7°25 279 385 184 44 BR ı:.,6°7 269 40 199 42 2 62 232 375 187 455 27./XL.. 69 262 38 172 45 Mittel. . 44 + 0°06 = Orl39rT — 90);- 8. Endlich ist noch ein Fehler zu erwähnen, der sehr schwer zu schätzen ist, nämlich der mögliche Verlust an Stickoxydul zu anderen Ge- weben und speziell zu dem Lungengewebe selbst. Man kann nicht daran zweifeln, daß das Lungengewebe etwas Stickoxydul aufnehmen muß, und man kann nicht wissen, inwieweit es sich mit dem Gase sättigt, und ob es vielleicht noch das Gas weiter nach anderen Geweben abgibt. Wir nehmen an, daß sich das Lungengewebe während der Vorperiode ungefähr mit N,O sättiet, und daß es dann während der Versuchsperiode nichts absorbiert und auch nichts abgibt. Da die N,O-Spannung in den Alveolen während des Versuches sinkt, wäre es theoretisch wohl möglich, dal) das 558 August Krogh. Lungengewebe zuerst N,0 absorbierte und dann zum Schluß etwas davon wieder zurückdiffundieren ließe. Unsere Kontrollversuche haben gezeigt, dal) Variationen in der Länge der Vorperiode zwischen 5 und 20 Sekunden keinen meßbaren Einfluß auf die Blutstrommessungen ausüben, was ent- schieden dafür spricht, daß sich das Gewebe sehr schnell praktisch voll- ständig sättigt. Andrerseits haben Versuche an toten Hunden gezeigt, dab während 15—20 Sekunden eine Zurückdiffusion von N, OÖ in die Alveolen nicht stattfindet, wenn man die Lungen bei einer Spannung von etwa 15°/, sättigt und dann die Alveolenluft bis auf 13°/, verdünnt. Wir glauben daher, daß der Fehler, welcher von Absorption oder Abgabe von N, 0 seitens des Lungengewebes herrührt, jedenfalls klein sein muß. 6. Die Bestimmung der Sauerstoff- und Kohlensäurespannungen des nach den Lungen kommenden venösen Blutes. Wenn man Luft in den Lungen behält, wird die Sauerstoffmenge abnehmen und die Kohlensäuremenge zunehmen, und wenn man lange genug fortsetzen konnte, wird schließlich ein ungefähres Gleichgewicht mit dem venösen Blute eintreten. Eine solche Ausgleichung läßt sich, wie Fridericia gefunden hat, mit Bezug auf die Kohlensäure ziemlich leicht und schnell erreichen. Mit dem Sauerstoff geht es aber nicht, weil die Ausgleichung nur langsam vor sich geht, und Friderieia hat dann mit Benutzung der hier gebräuchlichen Apparatur eine Methode für die Be- stimmung der Spannung beider Gase im Venenblute ausgearbeitet.) Die folgende Darstellung stützt sich auf seine Versuche, die übrigens noch nicht ganz zum Abschluß) gebracht worden sind. Die Aufstellung ist genau die gleiche, wie sie für Diffusions- und Kreislaufsversuche benutzt wird (Fig. 246). Man füllt das große Spirometer und die Leitung mit Stickstoff aus einer Bombe?), fügt dazu unter Durch- mischen etwa 6—7°/, CO, und unter Umständen auch noch ein wenig atmosphärischer Luft. Die Versuchsperson atmet zur Residualluft aus und dann aus dem Spirometer so tief wie möglich ein. Danach wird am besten bis zur gewöhnlichen Exspirationsstellung ausgeatmet und eine Probe der Alveolarluft auf gewöhnlicher Weise aus der Leitung genommen. Nach einer Versuchsperiode, die man nicht länger macht, als es die Ver- suchsperson bequem aushalten kann, wird dann wieder ausgeatmet und die zweite Probe genommen. Die Versuchskurve und die Zeit wird wie ge- wöhnlich registriert (Fig. 256). Man findet z. B. !) Eine im Prinzip ähnliche, aber technisch sehr unvollkommene Methode für die Bestimmung der Venenblutspannung ist von Plesch angegeben worden. Hämodynamische Studien. Berlin 1909. ?) Es ist für diese Versuche notwendig, daß der Bombenstickstoff wenigstens bis auf 99°/, rein ist. Funktionsuntersuchungen an den Lungen des Menschen ete. 559 Barometerstand 775 mn, Versuchsdauer O'15 m, Volumen der ein- geschlossenen Luftmenge 32 1. Biphemik., 0. 1. 602,005 3442,70 Bann. 280. 20. .467105.0035.5832 0% Diitenenzert at. 2.0 20 150, Muwchsehnitte = 2.2 1. one DIDAU, O; Während des Versuches hat das Blut 3200 .0'0039 = 12'5 cm? O0, an die Luft abgegeben. Aus der O,-Dissoziationskurve des Blutes und dem Minutenvolumen, welches in solchen Versuchen zu ca. 7! gesetzt werden darf, läßt sich berechnen, daß das Blut bei einer O,-Spannung von ungefähr 6°/, (40 bis 45 mm) pro Minute und 1°/, (7’6 mm) Spannungsdifferenz ungefähr 180 cm? O, abgeben oder absorbieren wird.!) Die 125 cm? O,, welche in 0:15 Mi- nuten abgegeben sind, erfordern daher eine mittlere Spannungsdiffe- renz von 12:5 er — () r0 F ne Die Spannung des Venenblutes muß somit 5:64 + 045 = 6'1°/, sein, und eine vollkommene Ausgleichung hat nicht während des Versuches er- folgen können. Die Grundlagen dieser Berechnung sind nicht sehr genau und die Berechnungsweise selbst nicht streng richtig. Die möglichen Fehler auf der Spannungsbestimmung können doch 0'1°/, kaum übersteigen. Die Spannung wird auf Millimeter umgerechnet durch Multiplikation mit (755 —47). Man hat 0'061. 708 = 43 mm. Wenn das Sauerstoffprozent während des Versuches sich nicht über 0'7°/, pro Minute geändert hat, kann man, ohne einen merklichen Fehler zu begehen, damit rechnen, daß die zweite Probe die O,-Spannung des venösen Blutes richtig wiedergibt. Für die Kohlensäure ist es zurzeit unmöglich, eine Berechnung an- zustellen, wenn eine so große Änderung eingetreten ist, daß man nicht annehmen darf, daß die zweite Probe die Spannung richtig wiedergibt. Es ist daher für beide Gase von Wichtigkeit, daß man von vornherein ungefähr auf die richtige Spannung einstellt, und es ist ferner vorteilhaft, den Versuch möglichst lange auszudehnen. In der folgenden Reihe von Bestimmungen sind die Gasmischungen für diesen Zweck besonders glücklich gewählt und die Resultate zeigen daher die reellen Schwan- kungen in den Gasspannungen des Venenblutes während der drei Stun- den an. ') Den Diffusionsuntersuchungen zufolge kann diese Menge auch durch Diffusion unter den gegebenen Bedingungen die Alveolarwand passieren. Pro Millimeter Druck- differenz findet man, daß 23 cm? O, passieren müssen, während der mittlere Diffusions- konstant für Sauerstoff 35 beträgt. 560 Angust Krogh. Funktionsuntersuchungen an d. Lungen d. Menschen etc. ae O, aufg. Mittl £ ee a ee a ea dauer Luft- SE SR MLLUNER, : I II I II suches differenz (O3 0, CO, 0, m menge En 0, 0%, %, mm mm 2?0° 0197 30 676° 16:990 57108 75:83 39 0 THIS? 240 0184 315 6535 640 578 565 +41 041277,64 560 455 40 30 0184 29 660: 649 548 547 0 (0) 65 547 46 39 430 0214 27 GANZE ED 27 OT Sad een 3 450° ° 0267 30 6:15 762925727 556: +5 041077623 Se 395 520 0265 30 63 617 591 599 —-24 005 615 600 44 42:5 Bedeutung der Kreislaufszeit für die Bestimmungen 4, 5 und 6. In den Bestimmungen des Diffusionskonstantes, des Minutenvolumens und der (Gasspannungen des Venenblutes ist es eine notwendige Bedin- gung, daß der Versuch (inklusive Vorperiode) innerhalb eines Kreislaufs durchgeführt wird. Die normale Kreislaufsdauer während der Ruhe kann nach den Bestimmungen auf ca. 1 Minute veranschlagt werden, man muß aber damit rechnen. daß, wie gezeigt, die Versuchsbedingungen den Kreis- lauf etwas beschleunigen, und ferner, daß ein Teil des Blutes sicher schneller nach den Lungen zurückkehrt. Man kann die maximale Beschleunigung auf 100°/, veranschlagen (Kreislaufszeit 05 Minuten) und die Bestim- mungen dürfen daher nicht über 0'3 bis höchstens 04 Minuten dauern. Während Muskelarbeit ist es immer, und zwar besonders mit Rück- sicht auf die enorme Steigerung der Blutstromgeschwindigkeit angezeigt, die Versuche in kürzester Zeit durchzuführen. Die Kreislaufszeit kann bis auf 0'2 Minuten herabgehen und eine Bestimmung darf dann im ganzen höchstens 0°15 Minuten in Anspruch nehmen. Die „interferometrische Methode“ zum Studium der Abwehrfermente. Von Paul Hirsch, Jena. Zum Nachweis der Abwehrfermente standen bisher in der Haupt- sache zwei Methoden zur Verfügung, das von Adderhalden angegebene Dialysierverfahren und die von dem gleichen Autor eingeführte „optische Methode“. Vor kurzem beschrieb P. Hirsch!) eine genaue quantitative Me- thode zur Verfolgung der Abwehrfermente beziehungsweise der Intensität ihrer Wirkung. Diese Methode gründet sich auf folgende Überlegung. Läßt man z.B. das Serum einer Schwangeren auf Plazentagewebe einwirken, so wird letzteres zu Peptonen abgebaut, die sich, da Peptone lösliche Körper sind, in dem Serum lösen. Nimmt man einmal Serum allein. zum anderen Serum, das längere Zeit auf Plazentagewebe eingewirkt hat, so sind zwischen beiden Unterschiede in der Konzentration vorhanden, die man mit Hilfe des Interferometers quantitativ bestimmen kann. Nach den Gesetzen der Fermentwirkung bestehen Beziehungen zwischen Menge des Fermentes, Menge des Substrates, Dauer der Ein- wirkung und Fermentwirkung. Auf die Quantität des Fermentes kann bei gleicher Einwirkungsdauer, gleichbleibender Menge des Substrates und gleicher Konzentration des Systems aus der Fermentwirkung, in unserem speziellen Falle aus der Menge der gebildeten Peptone, geschlossen werden. Die Einhaltung der gleichen Einwirkungsdauer und der gleichbleibenden Konzentration bietet keine Schwierigkeiten, es wird einfach immer die gleiche Menge Serum benutzt und die Einwirkungsdauer stets auf genau 24 Stunden bemessen. Größere technische Schwierigkeiten verursachte schon die Anwendung der gleichen Menge des Substrates, vor allen Dingen in gleichbleibender und gleichmäßiger Form. Es mußten haltbare, pulver- förmige Organtrockenpräparate dargestellt werden. *) P. Hirsch, Fermentstudien: I, Bestimmung von Fermentwirkungen mit Hilfe des Interferometers. I. Mitteilung. Die Anwendung der „interferometrischen Methode“ zum Studium der Abwehrfermente. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 91. S. 440—449 (1914). — Derselbe, Eine neue Methode zum Nachweis der Abwehrfermente. Zu- gleich zweite Mitteilung zur Frage ihrer Spezifität. Deutsche med. Wochenschr. 1914. Nr. 31. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 36 562 Paul Hirsch. Ehe auf die eigentliche Methode eingegangen sei, soll erst das Prinzip und die Einrichtung des Interferometers beschrieben werden. Einrichtung des Interferometers. Die Einrichtung des Interferometers (des sogenannten Flüssigkeits- interferometers) wird am leichtesten verständlich sein, wenn man sich zu- nächst mit dem Prinzip des Rayleighschen Interferometers!) (dem soge- nannten langen Interferometer) vertraut macht?) (Fig. 259). Ein aus einem Kollimator austretendes Lichtbüschel geht durch zwei parallele Spaltblenden hindurch in ein Fernrohr und erzeugt eine Fraun- hofersche Beugungserscheinung; dieselbe besteht aus einem weißen Bilde des Kollimatorspaltes, in dem das sogenannte Maximum nullter Ordnung und symmetrisch dazu angeordnete Beugungserscheinungen, Beugungsspektren, Fig. 259. Laboratoriums-Gas-Interferometer im Auf- und Grundriß (etwa !/,, natürl. Größe). Das aus dem Kollimator K7 ausgetretene parallelstrahlige Büschel geht zum Teil durch die Kammern L, G und die Kompensatorplatten P!, Pg, zum Teil über den Kammern hin durch die Hilfsplatte H in das Fernrohr F, das mit einem Zylinderokular Ok ausgerüstet ist. Tr ist die 100teilige Trommel der Mikrometerschraube des Kompensators. @ bezeich- net die Gaskammer, die mit der Luftkammer L zusammengelötet ist. Pg ist die feste Platte des Kompensators. Die Doppelblende ist auf das Objektivende des Fernrohres aufgeschoben. Die Zylinderachse steht parallel der Längsrichtung des Spaltes und der Doppelblende. auftreten, die durch sehr schmale Minimastreifen getrennt sind. Setzt man zwischen Kollimator und Fernrohr eine Doppelkammer, so verändert sich die Erscheinung nicht, wenn beide Kammern mit gleicher Substanz gefüllt sind. Sind die Substanzen verschieden, d. h. hat die eine Substanz eine andere Lichtbrechung als die zweite, so ist die optische Weglänge in beiden Kammern verschieden. Die Interferenzerscheinung ist gegen ihre bisherige Lage verschoben. Die Hauptsache an diesem Interferometer ist eine Einrichtung, durch die es gelingt, eine Interferenzerscheinung, und zwar eine unveränderliche, Normalinterferenzerscheinung, unabhängig von !) F. Haber und F. Löwe, Ein Interferometer für Chemiker nach Rayleigschem Prinzip. Zeitschr. f. angew. Chemie. Bd. 23. S. 1393—1398 (1910). ?) Die Bildstöcke wurden in dankenswerter Weise von der Firma (€. Zeiss, Jena, zur Verfügung gestellt, zum Teil besonders angefertigt. Die „interferometrische Methode“ zum Studium der Abwehrfermente. 563 der durch verschiedene Lichtbrechungen erzeugten verschobenen Interferenz- erscheinung sichtbar zu machen, also ein unveränderliches Vergleichs- spektrum. Es stellt hierdurch das unveränderliche System eine ideale Null- marke dar. Durch Drehen der Schraube eines Kompensators kann man leicht die zwei oben erwähnten schwarzen Streifen, die das Maximum nullter Ordnung (das Weiße) begrenzen, in dem oberen und unteren Bilde genau auf Koinzidenz einstellen. Durch Ablesen der hierzu notwendig ge- wesenen Trommelumdrehung kann man die Unterschiede in dem Licht- brechungsvermögen der beiden verglichenen Substanzen feststellen. Das eben beschriebene Interferometer ist speziell für Gasunter- suchungen gebaut. Aus ihm entstand durch Anwendung des Prinzips der Autokollimation das tragbare Gasinterferometer.!) Abgesehen davon, daß die Gaskammer desselben im Gegensatz zu der 1m langen Kammer des „langen Interferometers“ in der Regel nur 10cm lang ist, weicht es von diesem insofern ab, als Kollimator und Fernrohr zu einem einzigen Teile vereinigt sind, dessen Objektiv die Strahlen auf dem Hinwege zum Spiegel parallel und auf dem Rückwege wieder konvergent macht. In der Brenn- ebene des Objektivs sind nebeneinander der sehr fein verstellbare Spalt und das Zylinderokular angeordnet. Durch das Zylinderokular, sämtliche Inter- ferometertypen sind mit einem solchen versehen, wird der durch hohe Vergrößerung verursachte Übelstand der geringen Helligkeit des Bildes in eleganter Weise überwunden. Ein Zylinderokular vergrößert nur in der Richtung senkrecht zu seiner Achse, wirkt aber in Ebenen, die durch die Achse gehen, wie ein Fenster. Vermöge dieser Trennung durch diese letztere Eigenschaft werden die beiden Streifensysteme auf das vorteil- hafteste getrennt. Die Gaskammern. ebenso die Kompensatorplatten werden zweimal von den Lichtstrahlen durchsetzt. Die beugende Doppelblende ist in oder dicht an die Spiegelebene gelegt. In direkter Anlehnung an dieses tragbare Gasinterferometer wurde nun von Löwe?) das Flüssigkeitsinterferometer ) konstruiert (Fig. 260, 261, 262). Zur Aufnahme der beiden zu untersuchenden respektive zu vergleichenden Flüssigkeiten dienen Kammern, welche zwecks Temperaturausgleichs in einem Temperierbade angeordnet sind. *) Die zu beobachtenden Erscheinungen ') F. Löwe, Ein tragbares Interferometer für Flüssigkeiten und Gase. Zeitschr. f. Instrumentenk. Bd. 30. S. 321—329 (1910). — Derselbe, Ein neues Interferometer für Gase und Flüssigkeiten. Physik. Zeitschr. Bd. 11. S. 1047—1051 (1910). 2) F. Löwe, ]. c. ; °) Die beschriebenen Interferometer werden von der Firma €. Zeiss-Jena herge- stellt. Ein Wasserinterferometer mit einer auswechselbaren Wasserkammer kostet M. 625.—. Zur Ausrüstung gehören: 1 Akkumulator zu 4 Volt, in Holzbehälter, mit Kabel und Steckkontakt M. 35.—, ein Gestell M. 10.—, 6 Reserveosramlämpchen M. 10:50 sowie ein Thermometer 0—50° in !/,,° geteilt M. 16.—. Die Gesamtkosten für die einfachste Ausrüstung belaufen sich also auf M. 696.50. Für jede weitere Kammer werden M. 75.— berechnet. *) Das Wasserinterferometer kann auf Wunsch auch mit einer Gaskammer ver- sehen werden, so daß es eine Kombination von Gas- und Flüssigkeitsinferometer dar- stellt. Die Kosten einer Gaskammer einschließlich des Anpassens belaufen sich auf 36* 564 Paul Hirsch. sind die gleichen wie bei dem eingehender beschriebenen Interferometer von Rayleigh. Sind die beiden Hälften der Doppelkammer mit Flüssigkeiten gleicher Konzentration gefüllt, so zeigen beide Interferenzfiguren das gleiche Aussehen (Nullage), enthält jedoch die eine Kammer eine Flüssig- keit von größerer Konzentration, so wird hierdurch ein Unterschied in der sogenannten optischen Weglänge bedingt und demzufolge sind beide Interferenzbilder verschieden. Wenn man nun durch langsame Drehungen der einen Kompensatorplatte mit Hilfe einer mit Teilung versehenen Fig. 260. HER Gesamtansicht des Flüssigkeits-Interferometers in Gebrauchslage. A der Akkumulator. K Schutzkappe. V Verschlußdeckel. WK Wasser-(Flüssigkeits-)Kammer. Z Klammer zum Herausnehmen des Akkumula- tors aus dem Holzkasten. Mikrometerschraube den Unterschied der optischen Weglänge wieder aus- gleicht, so nehmen allmählich beide Interferenzbilder wieder gleiche Lage ein. Das Messen mit dem Kompensator stellt also eine Nullmethode dar, dieerfahrungsgemäß bei den verschiedensten Beobachtern zu gleichmäßigen und genauen Resultaten führt, jeder subjek- tive Beobachtungsfehler aber ausgeschaltet wird. M. 100.—. (Wegen Benutzung des Gasinterferometers zu medizinischen Fragestellungen vgl. M. Hahn und It. Heim, Die Bestimmung der Kohlensäurespannung in der Alveo- larluft mittelst des Interferometers. Berliner klin. Wochenschr. 1913. Nr. 5.) a Die „interferometrische Methode“ zum Studium der Abwehrfermente. 565 Die Kammern sind so konstruiert, daß sie auf das bequemste ge- füllt und vor allen Dingen gereinigt werden können (Fig. 265). Sie werden für gewöhnlich in Karnmerlängen von 5, 10, 20, 40 und 50 mm geliefert. Gebrauch des Interferometers. Was die Untersuchung mit dem Interferometer im allgemeinen (auf die spezielle Untersuchungstechnik bei serologischen Arbeiten wird weiter unten eingegangen) anbetrifft, so wird nach Feststellung des Nullpunktes mit gleichartigen Flüssigkeiten, z. B. destilliertem Wasser, in beiden Hälften der Doppelkammer, die eine der beiden Kammerhälften ausgehebert und sorgfältig mit Filtrierpapier ausgetrocknet. Die letzten Spuren von Feuchtig- keit werden durch ein über ein Holzstäbchen gewickeltes Wattebäuschehen entfernt. Durch nochmaliges Nachreiben mit einem frischen Wattebäuschchen entfernt man etwaige Wattefäserchen, die an Fig. 261. den Glasplatten der Kam- Se mer haften geblieben sein sollten. Es sei hier darauf hingewiesen, daß ein Be- feuchten der Kammern mit Alkohol, Toluol oder ähnlichen harzlösenden Sub- stanzen wegen des Kittes, mit dem die Glasfenster der Kammern befestigt sind, ängstlich vermieden werden muß. Nun wird die auf diese Weise ge- reinigte Kammerhälfte mit ER. j Der „Kopf“ des Flüssigkeitsinterferometers. K F die Beleuch- der zu untersuchenden tungseinrichtung. Ok das Okkular. MT die Meßtrommel. Flüssigkeit gefüllt. Es ist nun notwendig, mit der eigentlichen Messung, d.h. mit dem Einstellen der beiden Beugungserscheinungen auf Koinzidenz, so lange zu warten, bis die Temperatur zwischen den gefüllten Kammern und dem Tem- perierbad ausgeglichen ist. Dieser Vorgang dauert, wenn die Lösungen bereits einige Zeit in dem Beobachtungsraum aufbewahrt waren, nur wenige Minuten, da der Temperaturausgleich durch die vergoldeten Kammern sehr rasch vor sich geht. Man kann den Temperaturausgleich sehr leicht verfolgen. Ist er noch nicht beendet, so sind die Streifen des veränderlichen Systems entweder krumm (Fig. 264), oder sie verlaufen schräg zu denen des unveränderten Interferenzbildes. Es darf also mit der Messung erst dann begonnen werden, wenn das Interferenzbild sein nor- males Aussehen wieder angenommen hat, was im allgemeinen in 2 bis 3 Minuten eingetreten sein dürfte. 566 Paul Hirsch. Es empfiehlt sich, die Temperatur des Temperierwassers unter der- jenigen des Beobachtungsraumes zu halten, damit nicht durch Konden- sation von Wassertröpfehen an den Glasdeckeln der Kammern Meßfehler entstehen. Die einzige Schwierigkeit, mit der vor allem der ungeübte Beob- achter zu kämpfen hat, liegt darin, dab es hauptsächlich bei Messungen Fig. 262. Schematische Zeichnung des Flüssigkeits-Interferometers im Auf- und Grundriß. B Beleuchtungsapparat, enthaltend ein Osramlämpcehen und ein Linsensystem. Das auf den Spiegel S nahezu senkrecht auffallende Licht wird zurückgeworfen und durch das Objektiv des Fernrohres zu einem Interferenzbild vereinigt. Das Bild liegt dicht neben dem sehr fein einstellbaren Spalt am Okular Ok und wird durch die Zylinderlinse des- selben betrachtet. Die Lichtstrahlen der parallelen Strablenbüschel müssen auf ihrem Wege von und zu dem Spiegel S durch die Platten P, und P, des Kompensators X, ferner durch die planparallelen Platten des lemperierbades Tr, die Temperierflüssigkeit und durch die planparallelen Glasplatten der auswechselbaren Flüssigkeitskammer W und durch die darin enthaltenen Flüssigkeiten. Die untere Hälfte des Strahlenbüschels er- zeugt das Vergleichsinterferenzfigurensystem. In der Nullage der Streifensysteme nimmt die Trommel M des Kompensators mit dem Umdrehungszähler Z ebenfalls die Nullage ein. Th Tubus für ein Thermometer. von sehr verschieden konzentrierten Flüssigkeiten, besonders bei kolloidalen Lösungen, sehr schwer ist, auf das richtige Streifensystem einzustellen. Bei reinem Wasser oder niedrigen Konzentrationen ist das übereinander gehörende Streifenpaar vollständig identisch. Die Streifen sind vollständig schwarz und höchstens an den beiden Aubenseiten von leichten blauen Säumen begrenzt. Die benachbarten Streifensysteme, der Abstand eines Streifensystems beträgt etwa 20 Trommelteile, sind, wenn sie mit der Die „interferometrische Methode“ zum Studium der Abwehrfermente. 567 Nullage in Koinzidenz gebracht werden, anders gesäumt, der blaue Außen- saum ist verschwunden; an seine Stelle ist ein roter Innensaum getreten. In dem schweren Erkennen der zugehörigen Streifenpaare liegt, allerdings fast nur bei Messungen über ein größeres Intervall, für den Ungeübten die Möglichkeit eines Meßfehlers, dessen Größe allerdings eine sehr be- schränkte ist. Es gibt jedoch ein recht einfaches Mittel, um sich zu über- zeugen, ob das richtige Streifensystem eingestellt ist. Wenn man das Auge vor dem Okular hin und her bewegt, so bleibt das richtige Streifen- paar unverändert, während sich bei einem falschen die bunten Streifen- ränder auseinanderziehen und dadurch der Unterschied gegen das untere, Fig. 263. Ansicht einer Wasser- resp. Flüssigkeits- kammer. Gegen Verdunstung ist die Flüssig- keit durch einen Glasdeckel D geschützt. feststehende System noch auffälliger wird. Bei etwas Übung hat jedoch der Untersucher mit diesen Schwierigkeiten nicht mehr zu rechnen. Die „interferometrische Methode“ zum Studium der Abwehr- fermente. Anforderungen an die Organe. Wie bereits eingangs erwähnt, benötigt man zur quantitativen Ver- folgung der Wirkung der Abwehrfermente stets gleiche Mengen des Sub- strates.. An die Substrate müssen sehr große Anforderungen gestellt werden. Man muß von einem brauchbaren Organpräparat verlangen, dab es erstens trocken, zweitens vollständig frei von löslichen Bestandteilen und vor allen Dingen haltbar ist. Die erste Bedingung, daß die Präparate trocken sein müssen, ist deshalb notwendig, da die geringste Feuchtigkeit eine Verdünnung des Serums verursacht, die im Interferometer nachweisbar ist und dadurch zu entgegengesetzten Ausschlägen führt. Als Kriterium zur zweiten Anforderung wird die Ninhydrinprobe benutzt. Es muß von einem Präparat verlangt werden, dal 5 cm® Koch- wasser mit 2cm® einer 1°/,igen Ninhydrinlösung keine Farbreaktion mehr geben, daß das Kochwasser bei der Untersuchung im Interferometer gegen destilliertes Wasser als Vergleichsflüssigkeit keine Verschiebung der Inter- ferenzfiguren zeigt, und schließlich daß O5 g an 5 cm® physiologischer 568 Paul Hirsch. Kochsalzlösung bei 24stündigem Aufenthalt im Brutschrank keine inter- ferometrisch nachweisbaren Produkte abgeben. Die Organpulver, welche diesen Anforderungen entsprechen, werden in Mengen, die zu je einem Versuche benutzt werden sollen, auf der ana- Iytischen Wage abgewogen und in Glasröhrchen aus alkalifreiem Jenaer Glas steril aufbewahrt. Darstellung der Organe. Bereitung eines Plazentapräparates.!) Schon gleich nach Bekanntwerden der Abderhalden-Reaktion ver- suchten verschiedene Autoren Trockenpräparate einzuführen. Der erste, der mit Trockenorganen arbeitete, war Lindig?), der nach den noch nicht verschärften Bedingungen ausgekochte große Plazentastückchen im Trocken- schrank trocknete und dann im Mörser pulverisierte. In ähnlicher Weise, nur aseptischer, verfuhr King.3) Diese Versuche kranken einmal an der Tatsache, daß ihnen die nicht verschärften Prüfungsbedingungen auf Ab- wesenheit von löslichen, die Ninhydrinreaktion gebenden Produkte zugrunde liegen, vor allen Dingen jedoch daran, daß die ausgekochten Plazenta- stückchen nachträglich zerkleinert und dann nicht mehr ausgekocht wurden. Zur Darstellung eines brauchbaren und haltbaren Organpräparates, z. B. eines Plazentapräparates, verfährt man wie folgt. Die Plazenta wird auf das sorgfältigste entblutet. Man zerkleinert dieselbe dann mittelst einer Fleischhackmaschine und entfettet die nochmals gut ausgewaschene Pla- zenta im Extraktionsapparat durch Tetrachlorkohlenstoff und Azeton. Hierauf wird der Plazentabrei mit Wasser gekocht. Es empfiehlt sich, diesen Prozeß etwa 5mal zu wiederholen. Nun muß die Plazenta fein zer- mahlen werden. Wir bedienen uns dazu einer Porzellanmühle mit Motor- betrieb, die ein Naßmahlen gestattet. Um ein Faulen des Organes beim Mahlen zu vermeiden, mahlt man unter fortgesetzter Zufuhr von Toluol- wasser. Der äußerst feine Plazentabrei wird unter Toluol aufgefangen. Ist der Mahlprozel) beendet, so wird der Plazentabrei scharf abzentrifugiert. Diese so erhaltene, äußerst fein verteilte Plazenta wird dann weiter ausgekocht. Das Auskochen einer so fein verteilten Plazenta erfordert nun einige Kunstgriffe. Ein Auskochen in gewöhnlicher Weise ist wegen des starken Schäumens und des damit verbundenen Substanzverlustes sowie wegen des Festbrennens von Plazentateilchen an den Wandungen des Gefäßes ‘) Die Darstellungsweise des Plazentatrockenpräparates läßt sich auf andere Or- gane nicht übertragen. Jedes Organ erfordert eine besondere Zubereitung. Es soll hier nur die Anwendung des Interferometers an einem Beispiel: Diagnose der Schwanger- schaft, gezeigt werden. Wegen der Darstellung der sonstigen Organe verweise ich auf die in Vorbereitung befindlichen weiteren Mitteilungen. ?) P. Lindig, Über Serumfermentwirkungen bei Schwangeren und Tumorkranken. Münchener med. Wochenschr. 1913. Nr. 6. °) V.L. King, Über trockenes Plazentapulver und seine Anwendung bei dem Abderhaldenschen Dialysierverfahren bezüglich der Diagnose der Schwangerschaft. Mün- chener med. Wockenschr. 1913. Nr. 22. Die „interferometrische Methode“ zum Studium der Abwehrfermente. 569 unausführbar. Es gelingt das Auskochen jedoch sehr leicht, wenn man in die Aufschwemmung des Plazentabreies in möglichst wenig Wasser strö- menden, eventuell sogar überhitzten Wasserdampf leitet. Als Dampfent- wickler benutzen wir einen Kulischschen Dampfentwickler, der das gleich- zeitige Auskochen mehrerer Organproben gestattet. Das Auskochen wird so oft wiederholt, bis 5cm® Kochwasser mit-2cm® Ninhydrinlösung keine Farbreaktion mehr geben. Ebenso darf das Kochwasser bei Benutzung von destilliertem Wasser als Vergleichsflüssigkeit bei der Untersuchung im Interferometer keine Verschiebung der Interferenzfiguren zeigen. Die je- weilige Kochdauer soll 5 Minuten betragen. Ist das Plazentapulver ge- nügend ausgekocht, so wird das Wasser entfernt und Azeton zur Ent- wässerung zugegeben. Die Entwässerung geht sehr rasch vor sich. Es wird nun auf einen gehärteten Filter rasch abgesaugt, das Plazentapulver einige Male mit Azeton nachgewaschen, lufttrocken gesaugt und dann sofort in größere Röhren aus alkalifreiem Jenaer Glas eingeschmolzen. Diese werden dann sofort in einem Kochschen Dampftopf sterilisiert. Ehe das Organpulver nun in der zu jedem Versuche nötigen Menge abgewogen und in entsprechende Röhren eingeschmolzen wird, muß es nochmals, auch biologisch auf spezifischen Abbau geprüft werden. Hat die definitive Prüfung die Brauchbarkeit des Präparates ergeben. so wird es in Mengen von 005—0'1g auf der analytischen Wage ab- gewogen, in kleine Ampullen aus Jenaer Glas eingeschmolzen und an drei aufeinander folgenden Tagen je !/, Stunde im Dampftopf sterilisiert. Standardisierung der Organpräparate. Ist nun z. B. die Operationsnummer eines dargestellten Plazenta- präparates verbraucht und muß man ein neues Plazentapräparat darstellen, so muß dieses auf das alte Plazentapräparat eingestellt werden, wenn man die mit dem neuen Präparat erhaltenen Werte mit denen des ersten Präparates vergleichen will. Man verfährt in einem derartigen Falle wie folet: Man nimmt je eine gleiche Menge des ersten sowie des neuen Präparates und setzt Versuche mit dem gleichen Serum an. Angenommen, das erste Präparat zeitigte einen 1500 Trommelteilen entsprechenden Abbau. Das neue Präparat möge einen 1200 Trommelteilen entsprechenden Abbau zeigen. Man müßte nun entweder von dem neuen Präparat die 1'25fache Menge der bei dem Einstellungsversuch angewandten Menge nehmen, oder einfacher, man multipliziert die bei Anwendung des neuen Plazenta- präparates erhaltene Trommelteiledifferenz mit 1'25, dem Wertigkeits- faktor des neuen Plazentapräparates in bezug auf das erste, gewissermaßen als Standardpräparat dienende Plazentapulver. Ausführung der Untersuchung. Zur Ausführung einer Untersuchung auf Abwehrfermente nach der „interferometrischen Methode“ verfährt man folgendermaßen: 570 Paul Hirsch. Von zwei sorgfältig mit Gummistopfen verschließbaren sterilen Zen- trifugiergläschen !) wird das eine mit Serum, das andere mit Serum + einer abgewogenen Menge Substrat (man soll im allgemeinen etwa 005 bis 0'1 g anwenden) beschickt. (Ist die Abbaumöglickkeit von verschiedenen Organen zu prüfen, so müssen selbstverständlich entsprechend viele Zen- trifugiergläschen genommen -werden.) Beide Röhrchen werden genau 24 Stunden bei Brutschranktemperatur aufgehoben, nach Ablauf dieser Zeit zentrifugiert und dann die beiden klaren Sera interferometrisch untersucht. Zu diesem Zwecke wird die eine Kammerhälfte einer Doppel- kammer (es empfiehlt sich die Benutzung der 5 mm-Kammer wegen des geringen Inhalts) mit dem Serum, das auf das Substrat eingewirkt hatte, die andere Hälfte mit dem als Vergleichsflüssigkeit dienenden unbehandelten Serum beschickt. Die Kammer wird in das Interferometer so eingesetzt, dal das höher konzentrierte Serum, es kann dies gegebenenfalls nur das Serum sein, welches auf das Substrat eingewirkt hatte, sich auf der Seite des verstellbaren Kompensators oder mit anderen Worten auf der Seite der Meßtrommel befindet. Es sollen hier an dieser Stelle einige Bemerkungen über den Einfluß der Temperatur auf das Resultat der Messungen gemacht werden. Man kann geneigt sein, annehmen zu müssen, daß das Resultat der interfero- metrischen Messungen in ähnlicher Weise von der Temperatur abhängig sei wie das Drehungsvermögen bei der polarimetrischen Messung, man also zu genauen Messungen eine Temperatur von 375° einhalten müsse. Es ist dies jedoch bei Differenzmessungen, wie sie bei der „interfero- metrischen Methode“ zur Verfolgung von Abwehrfermentwirkungen aus- geführt werden, nicht der Fall. Es haben ausgeführte Versuche ergeben, daß die Differenz in Trommelteilen, d.h. die Anzahl der Trommelteile, die durch das wegen der Verschiebung der Interferenzfiguren bedingte Drehen der Kompensatorschraube als Ausschlag abgelesen wurden, inner- halb weiter Temperaturunterschiede die gleiche ist. Es ist an sich ohne jeden Einfluß bei dem Resultat der Messungen, ob diese bei einer Tem- peratur von 10° oder 40% ausgeführt werden. Allerdings gilt diese Tatsache nur bei Differenzmessungen von gleichartigen Substanzen wie in unserem Falle von Serum. Sind die zu vergleichenden Substanzen heterogen, so spielen die Temperatureinflüsse auf das Resultat der Messungen eine ziemlich bedeutende Rolle. Man kann wohl sagen, daß die Unabhängigkeit von der Temperatur ein nicht zu unterschätzender Vorteil der „interfero- metrischen Methode“ ist. Nur die Einwirkung des Serums auf das Sub- strat ist an die Temperatur von 37°’5° gebunden. Hat die Doppelkammer die Temperatur des Temperierbades ange- nommen, so führt man die Messung aus. Nach jeder Messung muß die Kammer auf das sorgfältigste gereinigt und getrocknet werden (vgl. oben). !) Zentrifugiergläser in brauchbarer Form und Größe liefert Erich Koellner, Glas- technische Anstalt, Jena. Die „interferometrische Methode“ zum Studium der Abwehrfermente. Dyal Bei Benutzung von Serum empfiehlt es sich, die Kammer nach Entfernen desselben zuerst mit physiologischer Kochsalzlösung und dann erst mit destilliertem Wasser auszuspülen. Man entleert die Kammer am besten mittelst einer 5 cm®-Pipette mit Gummibirne. Fehlerquellen der Methode. Abgesehen von den Fehlerquellen, die auch bei dem Dialysierver- fahren in Frage kommen können — der Gehalt des Serums an zuviel dialysablen, die Ninhydrinreaktion gebenden Stoffen spielt hier gar keine Rolle —, sind bei der „interferometrischen Methode“ besonders folgende Punkte zu beachten, welche zu falschen Schlüssen führen können. Es ist nötig, daß das zur Anstellung der Versuche benutzte Serum nicht nur allein von einer Blutentnahme, sondern auch aus einer Serum- menge stammt. Es haben ausgeführte Versuche ergeben, daß Serum, welches im Laufe einer Blutentnahme innerhalb weniger Sekunden in ver- schiedenen sterilen Gefäßen aufgefangen wurde, verschieden hohe Kon- zentration (bis zu 150 Trommelteiledifferenz) besitzt. Um die hierdurch bedingte Trommelteiledifferenz auszuschließen, muß entweder das zu be- nutzende Serum von einer Serumprobe stammen oder man muß vor Anstellung der Versuche die einzelnen Serumproben einer Blutentnahme mischen. Ferner können durch mangelhaften Verschluß der Zentrifugengläser, in denen die Bebrütung des Substrates vorgenommen wird, infolge von Verdunstung Konzentrationsunterschiede entstehen. Es ist deshalb ein voll- kommen dichter Verschluß unbedingt erforderlich. Sollte sich während der Bebrütung viel Kondenswasser in den Röhren gebildet haben, so schüttelt man vor dem Zentrifugieren diese gut um. Man kann sich durch einen einfachen Versuch davon überzeugen, daß hierdurch diese Möglichkeit eines Fehlers vollständig ausgeschaltet ist. Man lasse in einem gut verschlossenen Röhrchen irgend eine Salzlösung solange im Brutschrank stehen, bis sich Kondenswasser an den Wandungen abgeschieden hat. Hat man zwei der- artige Proben angesetzt, so kann man sich durch interferometrische Unter- suchung von der Richtigkeit obiger Ausführung überzeugen. Genauigkeit der Methode. Die Genauigkeit der „interferometrischen Methode“ ist eine äußerst grobe. Man kann diese in sehr einfacher Weise auf folgende Art demon- strieren. Es wurden 0'1 g Plazentapepton „Höchst“ in 20 cm® Wasser gelöst. Von dieser 0'5°/,igen Stammlösung wurden 0°05- und 0:005°/,ige Lösungen hergestellt. Diese Lösungen wurden mit destilliertem Wasser als Ver- gleichsflüssigkeit interferometrisch untersucht. Nachstehende Tabelle gibt die Resultate an: 572 Paul Hirsch. Die „interferometrische Methode“ zum Studium ete. Temperatur des Temperierbades 18:7 20 mm-Kammer 5 mm-Kammer (N ass 1203 326 DER EN ER 00 32 OD re 1 3 Die Zahlen bedeuten die Anzahl der Trommelteile, die durch das wegen der Verschiebung der Interferenzfiguren bedingte Drehen der Kompensatorschranbe als Ausschlag abgelesen wurden (Trommelteile- Differenz). Ordnet man die Zahlen graphisch in einem Koordinatensystem an, so verläuft die Kurve, abgesehen von einem kleinen Meßfehler von drei Trommelteilen, sowohl für die 20 mm- als auch für die 5 mm-Kammer in einer geraden Linie. Man kann diese Kurve gewissermaßen als Eichkurve benutzen, da sie uns für jede Anzahl von Trommel- teilen die dazu gehörige Peptonenkonzentration, mithin also auch bei Einwirkung von Serum von Schwangeren auf Plazenta die durch die Tätigkeit der Abwehrfermente gebildete Menge von Peptonen angibt. '!) Man kann die Genauigkeit der Methode auch noch in anderer Weise darstellen. Es lassen sich bei Benutzung der 20 mm-Kammer Konzentrations- änderungen von 0'001°/,, bei Benutzung der 5 mm-Kammer von 0'005°/, feststellen. Der Inhalt der 20 mm-Kammer beträgt 2 cm®, es lassen sich also 0:00002 9 = 0:02 mg Pepton feststellen. Da der Inhalt der 5 mm-Kammer 05 cm3 beträgt, lassen sich also bei ihrer Benutzung 00001 y=0O'1 mg Pepton feststellen. !) Die Firma Carl Zeiss-Jena justiert auf Wunsch die Interferometer in der Art, daß die angegebenen Eichwerte direkt benutzt werden können. Es ist dann eine Neu- eiechung unnötig. Mathematische Methoden in den biologischen Wissen- schaften. Von Emil Löwi, Wien. ERSTER TEIL. Die bei biologischen Untersuchungen in Betracht kommenden mathematischen Operationen. Durch die Einführung der Zahl in die Beschreibung von Zuständen oder Vorgängen der belebten Natur gelingt es häufig, diese einer mathe- matischen Behandlung ebenso zugänglich zu machen wie physikalische oder chemische. Das notwendige Zahlenmaterial gewinnt man meist auf dem Wege der Messung, in manchen Fällen auch auf dem der Zählung. Um den Ausdruck des Naturgesetzes zu finden, ist es notwendig, die Er- gebnisse verschiedener bei der Untersuchung des Vorganges oder Zustandes vorgenommener Messungen oder Zählungen in geeigneter Weise zueinander in Beziehung zu bringen. Das geschieht dadurch, daß man unter genauester Berücksichtigung der Umstände, unter denen die Untersuchung erfolgte, die gewonnenen Zahlen in zweckmäßiger Weise anordnet (Bildung von Tabellen). Gelingt es, aus dem geordneten Zahlenmaterial einen gesetz- mäßigen Zusammenhang zwischen dem Größer- und Kleinerwerden der Zahlen bei gewissen Veränderungen der Umstände, unter denen der Vor- gang erfolgte, zu erkennen, so sucht man dieses Abhängigkeitsverhältnis durch eine Formel auszudrücken, und diese ist, wenn ihre Richtigkeit durch weitere Versuche bewiesen ist, der Ausdruck des Naturgesetzes. Eine besondere, sich durch Übersichtlichkeit und Anschaulichkeit auszeich- nende Form, in die man das Ergebnis der Untersuchung kleiden kann, bildet die graphische Darstellung, eine Abart derselben die durch den untersuchten Vorgang mit Hilfe geeigneter Instrumente selbst bewirkte Registrierung, welche zu ersterer insofern einen gewissen (regensatz bildet, als sie nicht vom Zahlenmaterial ausgeht, sondern umgekehrt durch Aus- messung der automatisch entstandenen Aufzeichnungen ein zur Aufstellung von Formeln mehr oder weniger geeignetes Zahlenmaterial liefert. Einige Zweige der Mathematik, wie die Kombinatorik oder die syn- thetische (projektive oder neuere) Geometrie, betrachten die Gebilde, mit 574 Emil Löwi. denen sie sich beschäftigen, ohne ihnen irgend einen Zahlencharakter bei- zulegen, bloß insoferne, als sie die Beziehungen untersuchen, die zwischen ihnen infolge der verschiedenen möglichen Gruppierungen oder ihrer ver- schiedenen räumlichen Lage zueinander herrschen. Auch von derartigen Methoden wird bei der Lösung mancher biologischer Probleme Gebrauch gemacht. | Vorliegende Skizze gibt in ihrem ersten Teil eine Übersicht über die bei der Auswertung von Beobachtungsresultaten zu verwendenden ma- thematischen Methoden in elementarer Darstellung. Die beiden anderen Teile beschäftigen sich damit, den Weg zu zeigen, auf dem auf verschie- denen Gebieten der Biologie (im weitesten Sinne) das durch Beobachtung gewonnene Material so verwertet werden kann, daß das Ergebnis der Untersuchung nicht in Form einer mehr oder weniger genauen, immer aber etwas langwierigen Beschreibung, sondern in der exakten Form der Wiedergabe durch die Ausdrucksmittel der Mathematik ge- geben wird. Über Beobachtungsfehler und Fehlerausgleichung. Führt man eine Messung irgendwelcher Art, sei es eine Längen- oder eine Gewichtsbestimmung, eine Temperatur- oder Luftdruckablesung, eine Bestimmung mit einem Winkelmeßinstrument, oder sonst irgend eine Größenermittlung anderer Art aus, so findet man, wenn man mit dem- selben möglichst fehlerfreien Instrument und mit möglichster Sorgfalt dieselbe Messung an demselben Objekt wiederholt, daß die beiden Ergeb- nisse trotzdem nicht vollkommen miteinander übereinstimmen. Eine weitere mehrfache Wiederholung derselben Messung unter genau gleichen Um- ständen liefert wieder voneinander etwas abweichende Werte. Da weder am Objekte noch am Instrumente sich etwas geändert hat, sind bei der Messung ohne Zweifel irgend welche Fehler unterlaufen. Es handelt sich um unvermeidliche Beobachtungsfehler. Die Ursache ihres Auf- tretens kann unter den oben gemachten Voraussetzungen nur in der Un- vollkommenheit der menschlichen Natur und in der Ungenauigkeit, mit der bis zu einem gewissen Grade selbst das beste Meßverfahren behaftet ist, begründet sein.!) Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dal) einzelne Beobachtungswerte „zufällig“ miteinander vollkommen übereinstimmen. Von den mehr oder weniger zahlreichen Beobachtungswerten sind not- wendigerweise die einen größer, die andern kleiner als der in der Regel der direkten Erkenntnis verschlossene wahre Wert, die einen stehen ihm 1, „Grobe“ Fehler, wie sie etwa einem Irrtum des Beobachters bei der Ablesung oder ungenügender Sorgfalt entspringen, oder durch äußere störende Einflüsse verur- sacht werden können, sowie „systematische“ Fehler, wie sie einer zu geringen, für den angestrebten Zweck nicht ausreichenden Genauigkeit des Instrumentes, oder einer un- richtigen Aufstellung desselben, welche die Beobachtungswerte größer oder kleiner er- scheinen läßt, als sie wirklich sind, können nicht den Gegenstand einer besonderen Er- örterung bilden, da man sie vermeiden kann. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 575 näher, die anderen ferner, und zwar sind kleine Fehler wahrscheinlicher!) als große.?) Als Ergebnis der Messung gibt man den „wahrscheinlichsten“ Wert oder „Mittelwert“ an. Dieser wird, wenn alle Beobachtungen unter genau gleichen Umständen ausgeführt wurden, also als gleich genau an- gesehen werden können, durch das arithmetische Mittel aller beobachteten Werte dargestellt. Hat man bei n-maliger Ausführung derselben Messung +bk+..+, n { die Summe aller /-Werte schreibt man einfach Z/ oder nach Gauß [1]. die Werte /,,/;..../„ gefunden, so ist der Mittelwert L—= 1]? : also = . Da die Beobachtungswerte / teils größer, teils kleiner sind als der endgültige Mittelwert L, so rechnet man die Fehler » entsprechend positiv oder negativ; die algebraische Summe aller Fehler einer Beob- achtungsreihe ist [v]=0, meist nicht genau, sondern annähernd, also vielleicht besser zu schreiben [vo] “0, und zwar um so eher, je größer die Zahl der Einzelbeobachtungen war. Ein erhebliches Abweichen von 0 deutet auf grobe Fehler hin. Um die Genauigkeit der Messung beurteilen zu können, wird man zu ermitteln trachten, wie groß der Fehler ist, der im Durchschnitt oder im Mittel auf die Einzelbeobachtung kommt, und wie weit der als Endergebnis berechnete Mittelwert sich vom wahren Werte der Beobachtungen entfernen dürfte. Addiert man die absoluten Werte der Fehler » — sie seien mit jo] bezeichnet — und dividiert die Summe durch die Anzahl der Beob- achtungen, so erhält man den „durchschnittlichen Fehler“ einer Beob- achtung d= [ei welcher aber kein richtiges Bild von der Zuverlässigkeit der Messung gibt, da bei seiner Ermittlung die einzelnen Fehler ohne Rücksicht auf ihre Größe gleichen Einfluß haben. In der Tat aber wird das Resultat durch größere Fehler in höherem Grade ungünstig beeinflußt als durch kleinere, und man bestimmt deshalb lieber den „mittleren Fehler“, bei dessen Berechnung man nicht die einzelnen Fehler addiert, sondern deren Quadrate, und ihnen somit einen mit ihrer Größe progressiv ‘) Es kann nicht Aufgabe dieser kurzen Anleitung sein, die Richtigkeit der an- geführten Sätze und Formeln zu beweisen. Hierüber sind die einschlägigen Spezialwerke einzusehen, von denen einige im Literaturverzeichnisse (S. 670) angegeben sind und auf die notwendigenfalls verwiesen wird. ?) Siehe z. B. Weitbrecht [78] (S. 33—40). ®) Die numerische Berechnung dieses Ausdruckes kann man sich dadurch er- leichtern, daß man nicht die /-Werte selbst addiert, sondern einen Näherungswert N annimmt, der ungefähr in der Mitte in annähernd gleicher Entfernung von den ex- tremsten /-Werten liegt, und unter Beachtung der Vorzeichen die Differenzen v addiert, welche N auf die einzelnen /-Werte ergänzen; durch Vereinigung der algebra- ischen Summe der v-Werte, durch die Anzahl der Beobachtungen dividiert, mit dem Näherungswert erhält man dann den Mittelwert entsprechend der Formel L= N + — (vel. S. 601). 16 Emil Löwıi. Br! wachsenden Einfluß verleiht. Die Formel für das Quadrat des mittleren o Oi Wa Rn / 2 Fehlers m ist m? = ee) somit ist m = + [® | a el Val u | Die Genauigkeit des Mittelwertes Z beurteilt man nach der Größe seines gleichzeitig anzugebenden mittleren Fehlers M,, dessen Quadrat man aus dem mittleren Fehler der Einzelbeobachtungen durch die Di- m? vision durch die Anzahl der Beobachtungen erhält: M/’= — somit Ist eine Messungsreihe mehrmals ausgeführt worden, von demselben oder von verschiedenen Beobachtern, und liegt von jeder Reihe ein Mittel (L', L's, L', .... L‘s) vor, so wird man als Endresultat einen aus der Vereinigung der einzelnen Mittel hervorgegangenen Wert angeben; dieser IL] kann aber nicht einfach das arithmetische Mittel =— sein: man muß 5 vielmehr berücksichtigen, daß Reihen, die aus einer größeren Anzahl von Einzelbeobachtungen bestehen, dem wahren Werte näher kommen als kürzere; das „Gewicht“ einer Reihe ist proportional der Anzahl von Einzelbeobachtungen, aus denen sie besteht; man wird also, um das Ge- wicht zu berücksichtigen, jedes Mittel mit der Anzahl »,, ns, %3 ....Nn der Beobachtungen, aus denen es zusammengesetzt worden ist, multipli- zieren und durch die Gesamtzahl aller Beobachtungen (Summe aller n) dividieren. Der endgiltige Mittelwert Z wird dann durch die Formel aus- } ne a [rl Die bisher besprochenen Methoden, die sich mit der Ausgleichung direkter Beobachtungen beschäftigen, finden auch Anwendung, wo es sich nicht um wiederholte Messungen derselben Größe, sondern um zahlenmäßige Feststellungen an demselben Merkmale verschiedener gleichartiger Individuen handelt, worüber später in der Kollektivmaßlehre berichtet werden soll. Hier mag noch erwähnt werden, daß man auf die- selbe Weise bei der Zählung von in einem flüssigen Medium suspendierten mikroskopischen Objekten (Mikroorganismen, isolierten Gewebszellen) mittelst einer Zählkammer vorgehen kann, falls eine höhere Genauigkeit als bei ') Man würde im Nenner » erwarten; dann wäre die Formel aber nur zutreffend, wenn der wahre Wert bekannt und die Fehler die Abweichungen », der einzelnen > Beobachtungswerte vom wahren Werte wären; dann wäre m®— _“”. Berechnet man n aber die Fehler als Abweichungen der Einzelbeobachtungen vom Mittelwert, welcher selbst wieder gegenüber dem unbekannten wahren Werte eine gewisse Abweichung auf- weist, dann ist, wie man leicht ableiten kann (siehe z. B. Weitbrecht, S. 24—27), die Quadratsumme kleiner, [v*] < [v,?];, und man muß auch den Nenner verkleinern ; die Verminderung gerade um die Einheit hat sich als allen Anforderungen entsprechend erwiesen. (Ableitung siehe z. B. ]l. e., ferner daselbst S. 36.) Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 577 der zu praktischen Zwecken vorgenommenen Blutkörperchenzählung er- wünscht ist.?) Seltener wird bei biologischen Arbeiten der Fall eintreten, daß nicht die beobachtete Größe selbst, sondern eine andere, aus ihr abzuleitende. das Ziel der Untersuchung bildet und von den unvermeidlichen Beob- achtungsfehlern befreit werden soll (Ausgleichung vermittelnder Beob- achtungen), kaum jemals der Fall. daß mehrere Größen durch die Beob- achtung bestimmt werden sollen, die infolge eines Naturgesetzes in irgend- einem Abhängigkeitsverhältnis voneinander stehen (Ausgleichung bedingter Beobachtungen), so daß infolge der Beobachtungsfehler selbst ihre aus wiederholten Bestimmungen berechneten Mittelwerte die Gleichung, welche ihr Abhängigkeitsverhältnis darstellt, nicht voll befriedigen, sondern erst nach einer gewissen Korrektur.?) Um so häufiger dagegen hat man Veranlassung, bei dem Versuch, aus beobachtbarem Zahlenmaterial ein Gesetz abzuleiten, zwar nicht die gefundenen Größen wiederholt zu bestimmen und zu korri- gieren, sondern für andere, in der angenommenen Formel vorkommende, nicht direkt beobachtbare, sondern zu berechnende Größen einen möglichst genau genügenden Wert zu finden, wobei man ebenfalls nach den für die Ausgleichung vermittelnder Beobachtungen geltenden Gesetzen vorgeht. :) Eine Eigentümlichkeit der Naturgesetze ausdrückenden Formeln besteht nämlich darin, daß es sich oft um variable, voneinander abhängige Beobachtungsgrößen handelt, so daß bei der Ausgleichungsrechnung nicht die bei wiederholter Messung erhaltenen Werte derselben Größe, sondern die für die Variablen unter verschiedenen Umständen erhaltenen spe- ziellen Werte beim Einsetzen in die Formel diese nicht ganz erfüllen. Das Ziel der Rechnung ist dann nicht, die mit Fehlern behafteten speziellen Beobachtungsgrößen zu korrigieren, sondern die von ihnen nicht abhängigen, in der Formel vorkommenden, für den untersuchten Vorgang charakteristischen Konstanten mit möglichster Annäherung an ihren wahren Wert zu berechnen. Meist wird bei biologischen Untersuchungen ) Beschreibung zahlreicher alter und neuer Zählkammerkonstruktionen, mit kritischer Besprechung und mit Berechnungen bei Bürker |8]; siehe insbesondere S. 23—28. ?) Wie z.B. die drei Winkel eines Dreiecks, deren nach mehrfacher Bestimmung gefundene Mittelwerte noch einer weiteren Ausgleichung bedürfen, da sie auch die Be- dingung, einander zu 360° zu ergänzen, genau erfüllen müssen. 3) Die Ableitung der für die Ausführung der genannten Ausgleichungsmethoden notwendigen Formeln ist nicht so sehr schwierig als vielmehr langwierig; es sei deshalb von einer Besprechung, die in Kürze nicht möglich ist, abgesehen und auf die ein- schlägige Literatur verwiesen. Die spezielle Berechnung der aufgestellten Formeln er- folgt nach den gewöhnlichen Regeln der Arithmetik ; wegen des Aufwandes an numerischen Operationen — einige Beispiele geben wir im dritten Teile, S. 642ff. — ist sie oft sehr zeitraubend und beschwerlich, zumal es sich meist um sehr vielzifferige Zahlen handelt. Die Gefahr, daß Irrtümer durch Verrechnen unterlaufen, ist eine nicht geringe; ver- kleinert wird sie durch den Gebrauch von Rechentafeln — etwa der C’relleschen [90] —, da hiedurch Zeit und Mühe erspart wird und die Ermüdung durch die Rechenarbeit weniger groß ist. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 37 578 Emil Löwi. dies nicht mit derselben Exaktheit möglich sein wie bei physikalischen oder chemischen; denn die beobachteten Zahlen (die Variablen) sind nicht nur, wie es bei dieser Rechnung angenommen werden muß, nicht fehler- frei, sie unterliegen vielmehr noch anderen Störungen als die für die Ab- leitung empirischer Formeln der Physik und Chemie benützten Zahlen: die Organismen reagieren weniger gleichmäßig auf bestimmte Abänderungen der Versuchsbedingungen als anorganische Versuchsobjekte — infolge ihrer Variationsbreite — und lassen die Erreichung des gewünschten Punktes der zu bestimmenden Größe, etwa ein bestimmtes Wachstumsstadium, weniger exakt erkennen, als anorganisches Material entsprechende Punkte, etwa die Erreichung eines bestimmten Teilstriches der Skala eines Meb- instrumentes, oder einer bestimmten Konzentration. Zur Ableitung der Formeln sind daher um so mehr solche Wertepaare zu verwenden, bei denen die abhängige Variable als Mittel der Beobachtungswerte wiederholter Versuche berechnet wurde. Literatur: Eine kurze Darstellung der Ausgleichungsreehnung bietet Weitbrecht [78], eine erschöpfendere, nicht allzu schwierige, mit Beispielen aus der Astronomie, Geodäsie und Physik Czuber [80], S. 246—343 (Lit.!). Die größeren Lehrbücher der Ausgleichungsrechnung haben vorwiegend geodätische Zwecke im Auge. — Vgl. auch die mit Beispielen aus der Physik und Chemie versehene kurze Anleitung im Abschnitte über „Fehlerrechnung“ bei Nernst-Schönflies [73]. Betreffs der Fehlerrechnung bei der Ausmessung von Kurven siehe das auf S.589, Zeile 4ff. über Poirot Gesagte. — Die Berechnung von Konstanten behandelt aus- führlich Szeinhauser [84]. Häufigkeitsrechnung, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Kombi- natorik. Ist eine Anzahl U von irgendwelchen Größen (Objekten, Eigen- schaften, Vorgängen, ...... ) vorhanden, von denen einige, a, sich vor den übrigen durch den Besitz (oder Mangel) eines besonderen Merkmals A 5 r a 2 [A 5 5 an: = auszeichnen, so nennt man das Verhältnis U die relative Häufigkeit H der besonders unterschiedenen Größen. Eine andere Gruppe, von der An- zahl 5, deren Mitglieder durch ein anderes Merkmal, B, von den übrigen verschieden sind, hätte die relative Häufigkeit T und so ließe sich durch Betrachtung anderer Merkmale, welche ce, bzw. d, e..... n Gliedern der vorhandenen Größen zukommen, die relative Häufigkeit der zu jeder Gruppe (& d e N E > Trmw. T bestimmen. Gelangen Objekte derselben Art wiederholt zur Beobachtung und hat man jedesmal ihre Zabel U, en e U, sowie die absolute Häufigkeit «a,, a, 43, RAR a, der durch das Merkmal A vor den übrigen ausgezeichneten (Gliedern festgestellt, so werden die relativen Häufigkeiten H,, H,, H,, ..... H, jedesmal verschieden ausfallen. Sie können sehr stark vonein- ander abweichen, die Unterschiede können aber auch so geringfügig sein, gehörigen Glieder als Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 579 daß die H-Werte bloß innerhalb ziemlich enger Grenzen schwanken, so daß man sie, ohne von der Wahrheit wesentlich abzuweichen, als gleich — oder nahezu gleich ("v) — ansehen kann: HH» H, w,H,w ..... so.H;; in dieser Gleichheit wird man, falls man sie genügend oft beobachtet hat, den Ausdruck einer Gesetzmäßigkeit erblicken, so sehr, daß man für ein neuerliches Auftreten der Objekte in einer Zahl U für das Merkmal A eine mit den früheren gefundenen H-Werten übereinstimmende relative Häufigkeit erwarten darf. Man nennt diese Zahl H, die man durch zahl- reiche Beobachtungen festgestellt hat und die wahrscheinlich auch bei weiteren Beobachtungen sich einstellen wird, die Wahrscheinlichkeit (a posteriori) für das Auftreten der mit dem Merkmal A versehenen Ob- jekte: W(A)=H. Sie stellt das Zahlenverhältnis der durch das charakte- ristische Merkmal kenntlichen zur Gesamtzahl der beobachteten Objekte dar. Von den beiden Grenzfällen OÖ und 1 (von den U-Gliedern der Reihe hat keines, bzw. haben alle das charakteristische Merkmal) abgesehen ist H immer ein echter Bruch. Um die relativen Häufigkeiten von Größen, die verschiedenen Beobachtungsreihen angehören, leicht vergleichbar zu machen, ist es zweckmäßig, die Brüche umzuformen, so daß alle denselben Nenner haben, und zwar wählt man hierfür 100; man berechnet somit das Prozentverhältnis: «:U=p:100, gibt also den Bruch in der Form — an, oder, was dasselbe ist, p°/,. — Unter den weißen Blutzellen des gesunden erwachsenen Menschen finden sich unter normalen Umständen 25°/, Lympho- zyten; somit wird bei der Zählung, unter Voraussetzung gleichmäßiger Verteilung, jede vierte weiße Blutzelle — natürlich bloß durchschnittlich — sich als Lymphozyt erweisen, oder die Wahrscheinlichkeit, auf einen Lymphozyten zu treffen, ist !/,. Wodurch dieses Verhältnis bedingt ist, ist nicht bekannt, es ist deshalb auch nicht berechenbar, sondern bloß auf dem Wege oftmaliger Zählungen zu ermitteln. In anderen Fällen da- gegen lassen auf Grund gewisser Voraussetzungen in der Natur vor- kommende Zahlenverhältnisse sich berechnen. Bei der Kreuzung eines pflanzlichen oder tierischen Individuums mit einem einer anderen Rasse angehörenden können die Eigenschaften der Eltern in verschiedener Weise auf die Nachkommen übergehen. Bezeichnet man den vererbbaren Merkmal- komplex des einen Elters mit AA, den des anderen Elters mit aa, so wird man zweckmäßig die Chromosomenmasse der reifen Fortpflanzungszelle nach der Reduktionsteilung mit A, bzw. mit a bezeichnen. Bei der Be- fruchtung wird durch die Kernverschmelzung die volle Chromosomenzahl wieder hergestellt; die Individuen der entstehenden Generation F, besitzen den Merkmalkomplex Aa. Paaren nun F,-Individuen untereinander, so werden die Deszendenten (F,-Generation) untereinander verschieden sein, da die halbe Kernmasse jedes Elters A oder a sein und jeder dieser beiden Teile bei der Befruchtung sich mit einem gleichen oder ungleichen Anteil vereinigen kann; es sind somit die Möglichkeiten AA, aA, Aa, aa vorhanden (Variationen zweier Elemente der 2. Klasse mit Wiederholung). 37* 580 Emil Löwi. Da die Merkmalkomplexe aA und Aa sich nicht voneinander unterscheiden, ist in der F,-Generation das Auftreten des Merkmalkomplexes Aa doppelt so oft zu erwarten, als jenes von AA oder von aa; die drei möglichen Typen werden im Verhältnis 1:2:1 vertreten sein. Diese zur Erklärung zahlreicher tatsächlich beobachteter Zahlenverhältnisse geschaffene Ableitung (Mendelsches Gesetz) !) hat ihre Richtigkeit dadurch bewiesen, daß es mit ihrer Hilfe gelingt, für die Deszendenz die relative Häufigkeit der verschie- denen Typen voraus zu berechnen. Ist der Komplex AA durch das Vor- handensein eines besonderen Merkmals (z. B. schwarzer Farbe) ausgezeichnet, das dem Komplex aa fehlt (die Tiere sind weiß), so werden alle Nach- kommen in der F,-Generation das Merkmal besitzen (da in ihrer Erbmasse Aa das Merkmal, also im angenommenen Falle die schwarze Farbe, vor- handen ist).2) Von den Individuen der F,-Generation werden drei Teile das Merkmal besitzen (AA, aA, Aa). Während also die Kinder alle dem einen der Eltern gleichen, gleichen von den Enkeln ®/, dem einen Großb- elter (der durch das Merkmal ausgezeichnet ist, D), '/, dem anderen (dem das Merkmal fehlt, R). Die Wahrscheinlichkeit (a priori), unter den Enkeln D-Individuen zu finden, ist W(D)=:/,; die Wahrscheinlich- keit für das Auftreten von R-Individuen aber ist W(R)= '/,.?) Bei der Kreuzung eines Mitgliedes der F,-Generation, Aa, mit einem des charakte- ristischen Merkmals entbehrenden der Elterngeneration, aa, bestehen für die Deszendenten die Möglichkeiten Aa, aa, Aa, aa; somit D:R=1:1, und tatsächlich ergeben derartige Kreuzungsversuche gleich viel D- und R-Individuen. ®) Die berechneten Zahlenwerte finden sich in der Natur meist nicht genau, sondern nur bis zu einem gewissen Grade angenähert. So fauden sich (nach Bateson®) bei einer Kreuzung von Hühnern, die einer dunkeln und einer hellen Rasse angehörten, in der F,-Generation 549 helle und 176 dunkle, was einem Verhältnis von 31:1 entspricht. Derartige geringe Abweichungen sind unvermeidlichen Beobachtungsfehlern vergleichbar und sprechen nicht gegen die Richtigkeit einer Theorie. Die Übereinstimmung der beobachteten mit den berechneten Werten ist um so größer, je größer die Beobachtungsreihen sind — wenn die Voraussetzungen, auf die sich die Berechnung stützt, richtig sind; andernfalls erkennt man eben daran, dal) die Ergebnisse der Beobachtungen in ganz bestimmter Weise von der Berechnung abweichen, daß Voraussetzungen gemacht wurden, die den Tatsachen nicht entsprechen. !) Literatur bei Przibram [44], S. 111. ?) Von anderen, in der Natur ebenfalls vorkommenden Möglichkeiten sehen wir hier ab. ®) Über die Bedeutung von D und R siehe die einschlägige Literatur, z. B. Przibram ]. c. *) Weitere Berechnungen und Literatur siehe Przibram [46, III], V. Kapitel und [45], VI. Vortrag. 5) Zit. nach Przibram [44] (Morphologie), S. 112. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 581 Zu definieren ist die Wahrscheinlichkeit (a priori) eines Ereignisses !) E als das Verhältnis der Zahl a der dem Ereignis E günstigen Fälle zur Gesamtzahl U der überhaupt möglichen gleichberechtigten Fälle, die ein- ander ausschließen und voneinander unabhängig sind.?) Gleichberechtigt sind Fälle, die die gleiche Möglichkeit des Eintreffens haben. In dem oben gegebenen Beispiel, wo es sich um die drei beobachtbaren Fälle AA, aa und Aa handelt, wäre man geneigt, für jeden von ihnen die Wahrschein- lichkeit !/, anzunehmen, wenn man außer acht ließe, daß der Fall Aa die doppelte Möglichkeit des Eintreffens habe als jeder der beiden anderen Fälle, da er auch in der ganz gleich erscheinenden Form aA vorkommt. Zur Ermittlung der Anzahl der in Betracht kommenden Fälle bedarf man oft der Regeln der Kombinationslehre. 3) Besteht das Ereignis E darin, dal) mehrere Ereignisse E,, E,...... gleichzeitig eintreffen müssen, um E zu geben, so ist W (E)= W (E,)- W(E,) - At... (Produktregel, nach Bruns) (E, und E, stehen zueinander im Verhältnisse des Sowohl — als auch, nach Stumpf ®); findet aber das Ereignis E statt, wenn E‘ eintrifft, aber auch beim Eintreffen Bu Ben EB ‘....., dann ist W(E) = WE) HTW(EN) + W(E)+..... (Sum- menregel, nach Bruns) (Entweder-oder-Regel, nach Stumpf *). — Der Fruchtknoten von Fı F: nn: ut = en ae F, Längsschnitt durch ein Fach vor, die sich durch ihre Symmetrieverhält- ges Aesculusfruchtknotens: F, nisse voneinander unterscheiden (Löwi [29]). Längsschnitt durch ein anderes Beachtet man, daß durch die verschiedene In- Feb, dessen Bau zu dem des : er : F & 5 ersteren symmetrisch ist. (Nach sertionsmöglichkeit der beiden übereinander Löwi [29], Fig. 4.) stehenden Samenanlagen jedes Faches zwei Fachtypen F, und F, (Fig. 265) auftreten können, und der normale Frucht- knoten aus drei Fächern besteht, so ist die Wahrscheinlichkeit W für das Auf- treten eines bestimmten Bautypus, unter der Annahme, daß die beiden Fach- typen gleichberechtigt sind, somit die Wahrscheinlichkeit von je Y/, haben: kam 1 nie 8 sowohl das erste, als auch das zweite, als auch das dritte Fach die für diesen charakteristische Gestalt haben (Produktregel). Beachtet man ferner, daß durch das Zusammentreten lauter gleicher Fächer ein regelmäßigerer Bau der Frucht zustande kommt als durch das Zusammentreten ungleicher Fächer, und fragt nach der Wahrscheinlichkeit W, des regelmäßigeren und Fig. 265. es muß nämlich, um einen bestimmten Typus zu geben, !) Der Terminus „Ereignis“ ganz allgemein gebraucht, auch wenn es sich um das Vorhandensein oder Fehlen einer Eigenschaft, eines Vorganges, einer körperlichen Differenzierung, ........ handelt. 2) Diese Definition folgt den Ausführungen Bruns’ ([79], $ 8). 3) Beispiele aus der Vererbungslehre siehe die in Anm.*) auf S. 580 zit. Literatur. #) Mitgeteilt von Meissner |77). 582 Emil Löwi. der Wahrscheinlichkeit W, des weniger regelmäßigen Bauplanes, so erhält man, da erstere entweder nur aus F,- oder nur aus F,-Fächern bestehen al kann, die Wahrscheinlichkeit W = r3 4 ai n (Summenregel), für letztere, da F, und F,, oder kürzer geschrieben 1 und 2, zu den aus je drei Ele- menten bestehenden Variationen 112, 121, 211, oder 122, 212, 221 zu- sammentreten können (die ebenfalls möglichen Variationen 111 und 222, da den regelmäßigeren Bauplan bildend und deshalb dem vorigen Falle angehörend, hier nicht mitgerechnet), W, = m: Das durch Rechnung Ä gefundene Gesetz besagt, daß bei einer genügend großen Anzahl von Früchten die relative Häufigkeit des regelmäßigeren Typus 2’ die des weniger 62] me DER, > SE 5 regelmäßigen 7 (oder 0'25, bzw. 0'75) betragen werde. Bei der Aus- zählung der vorhandenen 235 Früchte fanden sich 52 vom regelmäßigeren, 180 vom weniger regelmäßigen Typus, was den berechneten relativen Häufigkeiten mit ziemlicher Annäherung (0'22, bzw. 078) entspricht. Graphische Methoden. Die graphischen Methoden gehen meist darauf zurück, daß die lückenlose Aufeinanderfolge von Zuständen, welche in ihrer Gesamtheit einen Vorgang bilden, durch eine größere oder geringere Anzahl von Punkten- einer Ebene versinnbildlicht wird. Die Lage eines Punktes in einer Ebene wird eindeutig bestimmt durch Angabe seines Abstandes von zwei einander schneidenden Geraden dieser Ebene, welche bei rechtwinkligem Schnitt die Achsen eines rechtwinkligen Koordinatensystems bilden. Vom Schnittpunkt der beiden Achsen, dem Koordinatenanfangspunkt oder Ur- sprung der Koordination an, wird die Richtung jeder Achse nach der einen Seite positiv, nach der anderen negativ aufgefaßt, und zwar gilt für die quer verlaufende, Abszissen- oder X-Achse die rechte Seite, für die in der Zeichenebene von unten nach oben ziehende Ordinaten- oder Y-Achse die obere Seite als die positive. Der zwischen den positiven Richtungen der beiden Achsen liegende Quadrant wird als der I. bezeichnet, den II., III. und IV. pflegt man so anzuordnen, daß ein in der Ebene der Achsen liegender, in ihrem Ursprung drehbarer Zeiger sich entgegen- gesetzt der Uhrzeigerbewegung drehen müßte, um sie ihrer Ziffernbezeich- nung entsprechend zu durchwandern. Diesen Festsetzungen haftet etwas Willkürliches an — man könnte ebensogut das Gegenteil bestimmen —., da sie aber, auch in Geometrie und Physik, die häufigsten sind, empfiehlt sich im Interesse der Einheitlichkeit der Darstellung ihre allgemeine An- nahme. Meist genügt die alleinige Verwendung des I. Quadranten. Ein Vorgang, z. B. das Längerwerden eines Metallstabes mit steigender Temperatur, läßt sich auf Veränderungen mehrerer Reihen beobachtbarer Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 583 Werte zurückführen. Im vorliegenden Falle kommen zwei derartiger Reihen in Betracht: die Reihe der verschiedenen Temperaturen und die Reihe der verschiedenen Längen. Jedem der einen Reihe angehörigen Wert ent- spricht ein ganz bestimmter Wert der anderen, oder, wie man sich aus- zudrücken pflegt: es handelt sich um zwei Größen, von denen jede ver- schiedene Werte annehmen kann, also um zwei variable Größen. Die Unter- suchung erfolgt auf die Weise, daß der Experimentator die eine der beiden variablen Größen — die unabhängige Variable — nacheinander ver- schiedene Werte annehmen läßt und den sich jedesmal einstellenden Wert der anderen Variablen — der abhängigen Variablen — ermittelt. Jedes Wertepaar stellt einen bestimmten Zustand des untersuchten Vorganges dar und kann zur Konstruktion eines Punktes der graphischen Darstellung benützt werden: die beiden Werte sind die Abszisse und Ordinate des Punktes, d.h. seine Abstände von der Abszissen- bzw. Ordinatenachse (= die Koordinaten des Punktes). Um sie ins Koordinatensystem ein- tragen zu können. wird eine willkürlich gewählte kleine Strecke als Ein- heit angenommen, z.B. die Länge eines Millimeters, und als gleich- bedeutend mit der Einheit — oder einem Vielfachen oder Maß derselben — der Variablen angesehen. In dem oben angenommenen Beispiel würde 1 mm auf der Temperaturachse einem Grad entsprechen; auf der Längen- achse müßte, wegen der geringen Längenzunahme des Objektes), 1 mm als Vertreter einer Länge von 0'1 oder O'01 mm angenommen werden. Zum bequemen Auftragen der die Werte der Variablen wiedergebenden Strecken verwendet man zweckmäßig das im Handel erhältliche Millimeter- papier (quadriertes Papier mit Millimetereinteilung).?) Durch Konstruktion von Punkten aus möglichst vielen Wertepaaren erhält man das unter- brochen gezeichnete Bild einer Kurve. Meist vereinigt man die Punkte durch Verbindung jedes von ihnen mit dem folgenden durch eine Gerade zu einem zusammenhängenden Linienzuge.?2) — Ebenso wie die Beobach- tung einzelner Zustände desselben Objektes können auch zahlenmäßig aus- drückbare Unterschiede einer Eigenschaft bei verschiedenen gleichartigen Individuen in Abhängigkeit von den die Unterschiede bewirkenden Faktoren Gegenstand der graphischen Darstellung sein. 1) Z.B. ein Kupferstab, der bei 0° 1» lang ist, nimmt bei Erwärmung auf 100° C um 171 mm zu. ?) Gelegentlich sind größere Quadrate erwünscht; dann lassen sich verschiedene ebenfalls käufliche Papiersorten mit Quadraten von 2, 3 oder 5 mm Seitenlänge ver- wenden. 3) Auf welche der beiden Achsen die unabhängige, auf welche die abhängige Variable aufgetragen wird, ist im allgemeinen gleichgültig, ebenso die Länge der als Einheit zu wählenden Strecke, die selbst für beide Achsen verschieden sein darf, aus- genommen in dem Falle, daß man an der graphischen Darstellung Messungen vornehmen will. Eine Veränderung des Maßstabes für die Darstellung der Beobachtungswerte, im obigen Beispiel etwa 1 mm entsprechend (wir wollen = schreiben) 5° und 1 mm = 0'005 mm, würde an dem allgemeinen Charakter der entstehenden Kurve nichts ändern, sie wäre bloß nach der Richtung der einen oder der anderen Achse mehr auseinandergezogen oder zusammengeschoben. 584 Emil Löwi. Bei Vorgängen, die sich in Zeit und Raum abspielen, benützt man gewöhnlich die Abszissen- als Zeitachse und die Ordinaten- als Raum- achse (siehe z. B. die Wachstumskurve S. 613). Ausnahmsweise wird in be- sonderen Fällen die Raumachse nach abwärts gelegt (wenn mit dem unter- suchten Objekt eine räumliche Vorstellung der Richtung nach abwärts verknüpft ist, siehe z. B. Fig. 276 und Fig. 284). Kommen entgegen- gesetzte Richtungen in Betracht, so sind beide Seiten der Raumachse, also I. und IV. Quadrant zu verwenden (z. B. beim Übergang positiver Tropismen und Taxien in negative — oder umgekehrt — mit der Zeit- dauer oder der Intensitätssteigerung von Reizen). In derselben Weise sind Aufnahme und Abgabe einer chemischen Substanz, Zunahme oder Abnahme des Grades einer Eigenschaft in Abhängigkeit von dem Faktor, dessen Wirkung man untersucht, zu beiden Seiten einer Achse darzustellen. Kommen mehr als zwei Variable in Betracht, dann wird der Versuch in mehrere Reihen zerlegt, von denen jede die gegenseitige Abhängigkeit von nur zwei Faktoren, unter Konstanthaltung der übrigen, berück- sichtigt!), so daß die Abhängigkeitsgesetze im gewöhnlichen zweiachsigen Koordinatensystem darstellbar sind.?) Das direkt aus den Beobachtungsresultaten gewonnene, vorerst ge- wöhnlich in Tabellenform niedergelegte Zahlenmaterial gibt in graphischer Darstellung nur selten das Bild einer richtig gezeichneten Kurve, aus der man ohneweiters eine Formel ableiten könnte, sondern meist eine mit mannigfachen Unregelmäßigkeiten behaftete gebrochene Linie, deren Ge- samtverlauf allerdings oft so ist, daß eine gewisse Übereinstimmung mit einem bestimmten Gebilde der Geometrie nicht zu verkennen ist. Bei wiederholter Ausführung desselben Versuches erhält man Kurven, die in den Details voneinander abweichen. Man kann deshalb eine graphische Ausgleichung vornehmen, indem man zwischen die durch die Beob- achtung festgelegten Punkte einen Linienzug legt. der einer durch eine einfache Formel der analytischen (reometrie ausdrückbaren Kurve von be- stimmten Eigenschaften möglichst nahekommt, und zu deren beiden Seiten sich die aus den Beobachtungswerten konstruierten Punkte als unvermeid- liche Beobachtungsfehler gruppieren. Die exakteste Form des Naturgesetzes ist gefunden, wenn die der angenommenen ausgeglichenen Kurve ent- sprechende Formel Wertepaare für die beiden Variablen zu berechnen er- möglicht, welche mit den beobachteten — bei vorheriger Berechnung den noch zu beobachtenden — innerhalb der Grenzen der Beobachtungsfehler übereinstimmen. Hierzu ist die Kenntnis der speziellen Werte der Kon- !) Siehe Anm. 1 auf S. 663. *) Graphische Darstellungen im räumlichen (dreiachsigen) Koordinatensystem sind möglich, werden aber selten ausgeführt; die Zeichnung des räumlichen Gebildes ist ziemlich schwierig. Das Abhängigkeitsgesetz der drei Variablen wird dann durch eine Fläche ausgedrückt. So hat ©. Fischer die Drehungsmomente von Muskeln — ihre Größen sind von zwei Winkelgrößen abhängig — durch „Momentflächen“ darge- stellt; hierüber siehe Fischer [12], S. 236 ff. und [14] Tafel IV; auch bei R. Fick [11], S. 322—326 (Literaturangaben S. 320). Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 385 stanten notwendig, welche, da für die Variablen durch Beobachtung beliebig viele Werte festgestellt werden können, überbestimmt und daher nach den Gesetzen der Ausgleichungsrechnung zu berechnen sind. Meist begnügt man sich damit, aus den Beobachtungswerten die Kurve zu kon- struieren, da die Ableitung einer genauen Formel meist sehr schwierig ist. Wenn für das Abhängigkeitsgesetz der beiden Variablen voneinander eine einfache mathematische Formel von genügender Genauigkeit über- haupt sich nicht auffinden läßt, dann bleibt die Kurve selbst das beste Mittel zur Erkenntnis der Art des Zusammenhanges der beiden. Andrer- seits ist es aber auch möglich, für jede beliebige Kurve innerhalb gewisser Grenzen eine annähernd entsprechende Formel aufzustellen, und auch den Grad der Annäherung willkürlich zu bestimmen: je genauer aber die Formel die Kurvenpunkte wiedergibt, desto komplizierter wird sie. Während zum Zwecke der graphischen Darstellung vereinzelte Punkte der das Naturgesetz ausdrückenden Kurve in größerer oder kleinerer Zahl durch die Beobachtung festgestellt werden, erhält man durch Anwendung der Selbstregistrierung eine stetige Linie. Die Selbst- registrierungsmethoden sind besonders zur Darstellung von Vorgängen mit sehr schnellen Veränderungen geeignet. Die Zeiteinheiten werden durch einen eigenen Zeitschreiber (Uhrwerk, schwingende Stimmgabel) auf die Abszissenachse aufgetragen, oder ihre Zahl wird, vollkommen gleichmäßige Bewegung der Schreibfläche mit bekannter Geschwindigkeit vorausgesetzt, nachträglich durch Messungen der Abszissenlängen bestimmt. Die variablen Endpunkte der Ordinaten werden durch die Spuren markiert, welche bewegte Massen, die durch in geeigneter Weise wirkende Über- tragungen — durch Hebelwirkungen, eine in Röhren auf und ab schwankende Quecksilbersäule mit Schwimmer, Luftübertragung — aus ihrer Ruhelage gebracht werden, auf der Schreibfläche zurücklassen. Die Trägheit dieser Massen beeinflußt die Schreibung, besonders bei sehr schnellen Schwankungen der Kurvenwerte: kleine, dem untersuchten Vor- gang eigentümliche Schwankungen werden dadurch verdeckt, daß die Schreibvorrichtung ihnen nicht genügend schnell folgen kann: durch Verwendung eines „immateriellen“ Hebels — Reflexion eines Lichtstrahles durch einen Registrierspiegel auf eine lichtempfindliche Schreibfläche (photo- graphische Registrierung) — wird das Trägheitsmoment der in Betracht kommenden Massen wesentlich verkleinert und das Kurvenbild den Ver- hältnissen der Wirklichkeit mehr entsprechend. Während durch die graphische Darstellung die verschiedenartig- sten Abhängigkeitsverhältnisse ausgedrückt werden können, ist die Selbst- registrierung auf die Darstellung der Veränderungen einer an einem und demselben Organismus zu messenden variablen Größe mit der Zeit beschränkt. Die schnellen Schwankungen der Ordinaten erfolgen aus inneren Gründen, eine Abänderung der Versuchsbedingungen hat zwar ein etwas anderes Kurvenbild, aber von ähnlicher Kompliziertheit zur Folge; es ist nicht möglich, die Kurve mit einem durch eine bestimmte Formel 586 Emil Löwi. der analytischen Geometrie ausdrückbaren Gebilde zu vergleichen. Man denke an die verschiedenen Gestalten, die eine Muskelkontraktionskurve annehmen kann, oder an die Mannigfaitigkeit der Pulskurve unter ver- schiedenen physiologischen und besonders pathologischen Verhältnissen. Dagegen gibt z. B. das bei Erzielung gleicher Wirkungen herrschende Ab- hängigkeitsgesetz zwischen Reizintensität und Reizdauer (Genaueres siehe II. Teil, S. 630) eine Kurve, die ohneweiters als gleichseitige Hyperbel er- kennbar ist. Einen Weg, auch für die kompliziertesten Kurven Formeln aufzustellen, bietet, sofern es sich um periodische Funktionen handelt, die Zerlegung in Komponenten, in Teilwellen, aus deren Zusammenwirken sie entstanden gedacht werden können: die Zurückführung periodischer auf die einfachste (Sinus- oder Kosinus-) Funktion mit Hilfe der Fourierschen Reihe. Berechnungen dieser a Art hat Araky |3] unter anderem an der Pulskurve ausgeführt; auf dieselbe Weise berechnete er auch die Kurve einer einzelnen Muskelkontraktion, indem er sieim ganzen als eine Periode auffaßt. Bei periodischen Kur- y ven wird man sich oft %q ©, dafür interessieren, was ES man als mittleren Wert Der Mittelwert Z aller Ordinaten zwischen x. und x, der Ordinate (d.h. als mitt- läßt sich als die Höhe eines über der Strecke za x ]eren Wert der periodisch als Grundlinie errichteten Rechteckes (z.NN'x») auf- _ Be En fassen, das der Fläche gleich ist, die von der einen schwankenden Größe, um Periode (MPQM‘) der Kurve, ihrer ersten und letzten deren Untersuchung essich Ordinate (xaM und x;,M‘) und dem zwischen den handelt) zu betrachten beiden letzteren liegenden Stück der Abszissenachse B (Ca x) begrenzt wird. habe. Ohne Zweifel das arithmetische Mittel aller zwischen Anfangs- und Endpunkt der Periode vorhandenen Ordinaten, nach UF n z.B. der Periode MM‘ (Fig. 266), eine Fläche dar (x, MPQM’., — F'), während der Zahl », die man als Gesamtheit der Fußpunkte aller Ordinaten be- trachten kann, der Strecke x, x, = g entspricht. Das gesuchte Mittel ist X: der bekannten Formel L = nun stellt die Gesamtheit aller Ordinaten, BA) ge DR: also L= — ). die Größe der Fläche F findet man mechanisch am besten durch Ausmessung mit dem Planimeter. ?) x Jf(x)dx X: t) Stellt eine Integration dar: 1=f(x), und L= rn. nach letzterer 7 xh —Kz Formel kann die Größe der Fläche auf rechnerischem Wege gefunden werden, wenn die Formel der Kurve 1= f(x) bekannt ist. 2) Siehe ferner die im Abschnitte über Morphologie auf S. 607 f. angegebenen Methoden. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 587 In der Pflanzenphysiologie findet die Selbstregistrierung wenig An- wendung. bisher nur in einigen Fällen von langsam fortschreitenden und deshalb besonders lang zu beobachtenden Vorgängen. So wurden, um das Längenwachstum von Pflanzen zu verfolgen, Auxanometer konstruiert. Das älteste, von Wiesner [69] angegebene, schreibt die Endpunkte der durch exzentrische Rotation eines vertikal stehenden Zylinders in gleichen Zeit- intervallen gemessenen Ördinaten auf die Mantelfläche, während andere, wie das Pfeffersche [41]!), ähnlich den Kymographien gebaut sind und Kurven schreiben. Außer den besprochenen Methoden der graphischen - Darstellung. welche alle auf das rechtwinklige Koordinatensystem zurückgehen, wären noch andere, etwa solche im Polarkoordinatensystem möglich und manchmal zweckmäßig, sie scheinen aber bisher bei biologischen Untersuchungen noch keine Anwendung gefunden zu haben.?) Wie die Abhängigkeit einer Naturerscheinung von verschiedenen Faktoren. so läßt sich auch der Zusammenhang zwischen verschiedenen Graden einer Eigenschaft und der Anzahl, in der jeder zur Beobachtung kam, graphisch darstellen, worüber in der Kollektivmaßlehre berichtet werden soll. Zu erwähnen wäre noch, daß auch die relative Häufigkeit in sehr anschaulicher Weise dargestellt werden kann, nämlich als Sektor eines Kreises im Verhältnis zu dessen Gesamtfläche, die der Anzahl der untersuchten Größen, U (s. S. 578), entspricht (Fig. 267). Die Größe des zu konstruierenden Zentriwinkels des Sektors findet man durch einfache Mul- tiplikation der relativen Häufigkeit mit 360°. Denn da die Gesamtkreis- fläche, also der Zentriwinkel von 360°, die Zahl 7’ darstellen soll, entspricht +7 der Einheit und Xa — somit 360H, der Zahl a. Liegt die re- lative Häufigkeit in Form einer Prozentzahl vor + —H il .); so ist der Wert des Zentriwinkels 206 360° = 36. p°. Literatur. Zusammenfassende Darstellung: Langendorf [26]. (Umfaßt die graphischen [einschließlich der optischen] Registriermethoden; Beschreibung der Vorrichtungen zur Zeit- und Signalschreibung, samt den speziellen Anwendungen in der Physiologie; mit einem kurzen, elementar gehaltenen Abschnitt über die Ausmessung von Kurven.) Über graphische Registrierung: Frank [15]. (Kritische Beschreibung der Hebel benützenden Instrumente und, auf Grund der in früheren Arbeiten nieder- gelegten Untersuchungen des Verfassers, eingehende Behandlung der Theorie.) — Der- ») Der Schreiber wird zweckmäßig an dem sich nach aufwärts bewegenden Ende der über die Rolle laufenden Schnur angebracht, da man so eine aufsteigende Kurve erhält, was man beim Wachstum als natürlich empfindet, während die Anbringung des Schreibers auf der anderen Seite eine absteigende Kurve erzeugt, die einen etwas verwirrenden Eindruck macht. 2) Über die Verwendung derartiger Darstellungsmethoden in der Physik siehe F. Auerbach, Die graphische Darstellung („Die Naturwissenschaften“. 1913. S. 139 £E. und S. 159 ff.). As @ BR 12%T DESE ——— m dis 20J. 20-40J. 40T60J. 60 "804. ÜbersaJ. FE . D . .. . . r* . . . Ss Relative Häufigkeit einiger Todesursachen während eines Jahres in Wien') und ihre Beziehung za verschiedenen Lebensaltern. = Ls Lebensschwäche der Neugeborenen (einschließlich angeborener Mißbildungen). = E Epidemische?) Krankheiten. T Tuberkulöse Erkrankungen. G Geschwülste. As Altersschwäche. (Die Fläche des ganzen Kreises entspricht der Gesamtmortalität des betreffenden Lebensalters.) Die fünf Diagramme zeigen das Mortalitätsmaximum für epidemische Krankheiten vor dem 20. Jahre, für Tuberkulose zwischen 20 und 40 Jahren, für Geschwülste zwischen 40 und 80 Jahren. ') Berechnet nach dem Zahlenmaterial des Statistischen Jahrbuches der Stadt Wien für das Jahr 1910, 8. 88 ff. °) Der Begriff ist im Jahrbuch nicht ganz richtig begrenzt ; einfachheitshalber wurden bei der Ausführung vorliegender Berechnungen die gegebenen Zahlen unverändert beibehalten. so 2 en) f € strierinstrumente, welehe Manometer oder i o oO S. 1—122. (Bau und Theorie der Re selbe [16], benützen.) o Le] Luftübertragun Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 589 Über Apparate zur zwei- und dreidimensionalen Registrierung‘): siehe Wirth [71], S. 457—461. Über photographische Registrierung: Garten [21]. Über Ausmessung und Berechnung von Kurven: Poirot [42], S. 155 ff. (allerdings mit Rücksicht auf die spezielle Anwendung in der Phonetik geschrieben, aber auch sonst sehr viel Wissenswertes, für andere Untersuchungen Verwendbares bietend, u. a. einen Abschnitt über die Fehlerrechnung bei der Kurvenausmessung S. 168—177). Geometrische Methoden. Bei der Analyse morphologischer Verhältnisse kommt es gelegentlich vor, daß der Untersucher genötigt ist, mit geometrischen Begriffen zu operieren. Eine zusammenfassende Darstellung ist noch nicht versucht worden, vielleicht auch noch nicht möglich, und so mögen auch hier bloß einige diese Richtung erläuternde Beispiele aus verschiedenen Teilen des Arbeitsgebietes vorgeführt oder kurz angedeutet werden. Ist in einer Ebene (Fig. 268) ein Punkt O und ein von ihm aus- gehender Strahl OX gegeben (Polarkoordinatensystem), so läßt sich die Lage jedes Punktes P der Ebene durch seinen Abstand PO vom Punkte O (dem Pol) und er durch den Winkel XOP bestimmen. Die Be- zeichnung X XOP ist ohne weitere Fest- setzung nicht immer eindeutig, was man, wenn der Punkt P durch Drehung der Strecke OP in der Ebene um O die Lage P‘ einnimmt, leicht einsieht: XOP‘ würde den %£ © bezeichnen, während hier der erhabene &£ x‘ in Betracht kommt; man setzt also fest, daß die Winkelbezeichnung für die Drehrichtung im positiven Sinne (= ent- Der Drehungssinn von Winkeln. gegengesetzt der Uhrzeigerdrehung) gilt. Dann ist XXOP‘ = x‘, während der im entgegengesetzten Drehungssinne entstanden gedachte X » als X (— XOP‘) bezeichnet werden müßte (oder als X P’OX, wenn die Drehung des Strahles P‘’O im positiven Sinne ge- meint ist). Manche Gebilde der organischen Natur, welche schraubenähnliche Gestalt haben, wie die Schalen vieler Schnecken, die Ranken der Pflanzen, können in zwei Formen vorkommen, die sich durch die Richtung der Windung unterscheiden. Bei der Beschreibung geben die Untersucher in verschiedener Weise an, was sie als links und was sie als rechts gewunden ansehen, so daß bei exakter Ausdrucksweise ein Mißverständnis nicht zu befürchten ist, wenn auch manche Autoren das als links bezeichnen, was von anderen rechts genannt wird und umgekehrt?); doch erscheint es 1) Die Bewegung in jeder Dimension wird als eigene ebene Kurve registriert. 2) Über die Schwierigkeiten der Terminologie siehe z.B. R. Fick [11], S. 21. oder van Iterson [22], S. 16, $ 7. 590 Emil Löwi. unzweckmäßig, Termini für bilaterale Lageverhältnisse auf solche, die durch Drehung entstanden gedacht werden können, zu übertragen. Ver- wendet man aber die Bezeichnungen der positiven und negativen Drehung oder Windung, welche man ohne Schwierigkeit von dem oben gegebenen Schema aus auch auf den Raum ausdehnen kann, so bleibt man im Ein- klang mit den geometrischen Vorstellungen und es ist keine besondere Festsetzung über die Art der Richtungsbestimmung zu treffen als allen- Fig. 269. (Schraubige Blattstellung, Drehungssinn positiv. D — (Für eine spiegelbildlich gleiche Figur ist D= — —) AA’ zylindrisch gedachte Pflanzenachse, SS’ die die Blattansätze verbindende Schraubenlinie. Denkt man sich den Zylinder über eine Ebene gerollt (gegen XX‘), so kann man sich vorstellen, daß die Schraubenlinie hierbei abgerollt wird, so daß sie eine Gerade mit den den Blattansätzen entsprechenden, gleich weit entfernten Punkten 0, 1‘, 2, 3‘, 4, 5° bildet. Diesen entsprechen auf der Geraden a,, die durch Abrollung des Umfanges des Querschnittes pp’ entsteht, die Projek- tionspunkte «a, bis a,. Während der Abrollung von 0 bis 5° (= von a, bis a,) hat der Zylinder zwei ganze Umdrehungen ausgeführt: 2U, zwischen jedem 7 B 5 al Blattansatze und dem nächsten den fünften Teil dieser Größe: =. also DO NIE 2 a Va: 360°. In den Querschnittsebenen 99° und gg‘ ist dieser Win- 5 kel zwischen den Blättern 5 und 7 eingezeichnet. falls die eine, bei unbefangener Betrachtung sich beinahe von selbst er- gebende, dal der als wandernd gedachte Punkt auf der Schraubenlinie nach aufwärts (auf einer Spirale, also einem ebenen Gebilde — etwa einem Blütenköpfehen mit spiralig angeordneten Einzelblüten — vom Zentrum gegen die Peripherie) fortschreitend zu denken ist. In der Blattstellungs- lehre kommt bei schraubiger Blattanordnung (Fig. 269) die Bestimmung des oben mit x oder » bezeichneten Winkels in Betracht, ausgedrückt durch einen Bruch, der im Nenner die Anzahl der Blätter hat, welche der auf Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 591 der Schraubenlinie aufwärts steigende Punkt passiert, wenn er von einem (als O bezeichneten) Blatte zum nächsten, genau über dem Ausgangsblatte stehendem Blatte m (in der Figur ist es 5) gelangt, während der Zähler die Anzahl n (in der Figur 2) der hierzu notwendigen ganzen Umkreisungen up n 2 5 SE der Achse angibt. Die Zahl Baker als Divergenz D bezeichnet, ist immer ein echter Bruch; durch das Vorzeichen wird die Richtung der Schrauben- windung angegeben. Denkt man sich die die Pflanzenachse (AA) um- ziehende Schraubenlinie mit den Blattansätzen auf eine Querschnittsebene (QQ°) projiziert, so stellt sie sich als Kreislinie dar, die in gleichen Ab- ständen die Projektionen der Blattansätze trägt. Werden diese durch Radien mit dem Mittelpunkt des Kreises verbunden, so schließen je zwei Radien, die zwei auf der Schraubenlinie einander benachbarten (unmittelbar aufeinander folgenden) Blattansätzen angehören, den Divergenz->£ D ein, dessen Größe in Winkelgraden man durch Multiplikation der Zahl + —mit 360° erhält: #D= + — 3600. (Näheres siehe Figurenerklärung.) » CT Die Gelenkmechanik stellt, um ein Wort A. Ficks [94] zu gebrauchen, „die Geometrie der Gelenkbewegungen“ dar. Die Form vieler Gelenkflächen läßt sich geometrisch erklären, wenn man sie sich durch Rotation einer Kurve | um eine feste Achse entstanden denkt. Wie ein um seinen | Durchmesser rotierender Halbkreis eine Kugel erzeugt, so / se ergibt sich durch Rotation eines Kreissegmentes (Fig.270a) \ 7/7 um eine zu seiner größten Sehne parallele Achse, der es | seine konvexe Seite zuwendet, ein charakteristischer Körper, putsteh naeleines die „Kreisrolle“ (Fig.2705), die als Gelenkelement häufig Rotationskörpers. vorkommt, und auf ähnliche Weise lassen sich auch andere Gelenkformen erklären. Von derartigen Vorstellungen ausgehend entwickelt in außerodentlich anschaulicher Weise R. Fick [11] die Lehre vom Bau der Gelenke und geht dann auf die verschiedenen möglichen Bewegungsformen und deren Untersuchung am natürlichen Material über. Bei niederen Tieren finden sich häufig Skelettbildungen in Gestalt sehr regelmäßiger Kalk- oder Kieselkörperchen. Ein Versuch, einige dieser Formen geometrisch zu erklären, rührt von F. E. Schulze?) her. Lagern sich mehrere kugelförmige Gebilde aneinander und scheiden in die Spalten zwischen sich eine skelettbildende Substanz ab, so muß diese die Form annehmen, die durch Größe und Zahl der Kugeln bedingt ist, also etwa Fig. 270. ı) Ein mit Blattstellungsfrage zusammenhängendes Problem in vollkommen geo- metrischer Betrachtungsweise behandelt J. Wiesners Untersuchung über die Lage der Riefen [66], worin auch auf den Gegensatz der beiden möglichen Drehriehtungen (mit eigener Bezeichnungsweise) Bedacht genommen wird. — Bloß von geomet rischen Voraussetzungen ausgehend behandelt die ganze Blattstellungslehre van Iterson [22]. ?) Zit. nach Verworn [63], 8. 591. 592 Emil Lö wi. bei vier gleich großen, einander berührenden Kugeln, die so angeordnet sind, daß ihre Mittelpunkte die Ecken eines Tetraeders bilden, die Gestalt der bekannten, bei Spongien vorkommenden Vierstrahler. Dreyer!) erklärt die Sache etwas anders: Wenn sich in einer schaumigen Masse mehrere Blasen aneinander lagern, so verschieben sich ihre Scheidewände so lange, bis die Oberfläche der Blasen die kleinstmögliche ist: wo mehrere Wände . * e - . darz RR ea — Durch die beiden Punkte P, und P, gehende Schar von Kreisen nebst ortho- gonal zu ihr liegenden Kreisen. u un - -—— IE em - Be \ \ --+--. x --4-. SR Tas; Sea N ze en > " „ Fu \ Fe \l/ er SER N , \ lm me \ N GE — 1 Au es EN - s N =: v4 IL SS N > X , CL S2 x BIS z \ \ \ H I er h N x N £ Se ER x x \ / IE ’ 77 x n i H le De = . \ } 1 ! f 5 H Fe { a j 0 ı 1 N + ———n 5 zu Summer en \ | i \ N ER 1 ä \ 1177 4 \ r ) \ ! \ 5 \ ‘ N N ‘ N ER ES R 0 ER I GL _- SR / 5 A ae en SI ee ! [ ı 8 o" . 8 Li \ i \ 1 \ Ü \ . ı N r ı [| q [ # [ L aneinander stoßen, entstehen Kanten, in denen sich langgestreckte Stacheln bilden können. Das Wesen der Strahlungserscheinungen bei der Karyokinese läßt sich dem Verständnis durch die geometrische Betrachtung näher bringen: Konstruiert man durch zwei feste Punkte P, und P, eine Kreisschar 1) Zit. nach Przibram [46, IV], S. 26 ff. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 595 (K, K', K“, K“....xKr) (Fig. 271), so erkennt man in der Mitte der Zeichnung (in der Figur stark ausgezogen) Kernspindel und Polstrah- lungen. Konstruiertt man nun noch eine orthogonale!) Kreisschar Ben: ...... Or) hinzu, so ergibt sich das bekannte Bild, das in der Physik zur Erläuterung der Kraftlinien (K, K‘,.... Kr») und Niveauflächen (0, ©‘, .... 0») des elektrischen oder magnetischen Feldes entworfen wird.?2) Die magnetischen Kraftlinien kann man bekanntlich dadurch sichtbar machen, daß man einen Stabmagneten mit einem Karton bedeckt, auf welchen man unter leichten Erschütterungen Eisenfeilspäne streut. Die Anwendung auf die Vorgänge bei der Zellteilung ist klar: zwischen den beiden Punkten P, und P, herrscht gegenüber der Umgebung irgendeine Differenz, wahrscheinlich osmotischer Natur, welche im Begriffe steht, sich auszugleichen, und dabei sichtbar werdende Strömungen erzeugt. Durch Verbindung aller Punkte gleichen osmotischen Gefälles würde man die orthogonalen Kreise O0, Fig. 272. O0‘, ..... 0" (mit immer größer werdendem Radius) (= Niveaulinien) erhalten, deren letzter, O®, sein Zentrum im co hat. Seinen sichtbaren Ausdruck kann a er in einer Äquatorialplatte finden.) — Die Er- scheinungen lassen sich durch Herstellung des os- | motischen Gefälles an nichtbelebtem Material nach- ahmen (Ledue [27]). — Gegen den Vergleich der Zellteilungsfiguren mit den Zuständen im magne- a’ tischen oder elektrischen Feld wurde eingewendet, daß es sich im letzteren Falle um zwei ungleiche Pole handle. Es läßt sich aber durch Konstruktion Zwei nebeneinander lie- ee. Bu : . gende Pole miteinander von Kraftlinien, wie sie etwa aus einem einzelnen „ieht beeinflussend ge- Magnetpol austreten, zeigen, dal durch zwei der- dachten Kraftlinien. artige nebeneinander befindliche Figuren ähnliche Spindeln zustande kommen; durch drei entstehen die bekannten Triaster- figuren (tripolare Mitosen), wie sie bei manchen Kernteilungen (beson- ders in Geschwülsten) vorkommen und auch bei abnormer Befruchtung durch zwei Spermakerne beobachtet wurden. Sind a und a‘ (Fig. 272) zwei gleiche Pole, z.B. Stellen, die gegenüber der Umgebung eine höhere Konzentration oder eine höhere Temperatur haben*), dann sind die von ihnen ausgehenden Strahlen die Kraftlinien, deren zwischen beiden Polen gelegener Teil als Strahlungsspindel erscheint und gleich weit von beiden !) d.h. die Kreise der ersteren unter rechtem Winkel schneidende. ?) Siehe z.B. Berliner [91], S. 369 und 454 ff. ®) Im Raume spielen sich die besprochenen Vorgänge in Form von Kugelober- flächen ab, deren Schnitte mit der Zeichenebene Kreise bilden; die Äquatorialplatte, eine Ebene, stellt sich als Gerade (in Fig. 271, gg‘) dar. #) Mit Eisenfeilspänen und den gleichen Polen zweier oder dreier Stabmagnete dürfte man den Versuch nicht ausführen, da infolge der abstoßenden Wirkung der Pole aufeinander zwischen ihnen keine Spindel, sondern ein leeres Feld zustande käme (siehe bei Przibram [46, I.] die Figuren 3 und 4 auf Tafel V). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 38 594 Emil Löwi. entfernt eine Äquatorialplatte ausbilden kann. Die Niveaulinien wären die um jeden Pol als Mittelpunkt beschriebenen konzentrischen Kreise. !) Wie Kreisscharen, so lassen sich auch andere Kurvenscharen ?) nebst ihren orthogonalen Trajektorien?) zur Klärung mancher biologischer Pro- bleme heranziehen. .J. Sachs machte darauf aufmerksam, daß die Bildung der Zellwände in jüngsten Pflanzenteilen nach zwei Richtungen vor sich gehe, parallel zur Organoberfläche — diese Wandrichtung nannte er periklin —, und senkrecht auf diese — antiklin. Auf dem Längsschnitte durch eine Vegetationsspitze bildet die Gesamtheit der Periklinen eine Schar konfokaler Kegelschnittslinien, für die die Antiklinen die ortho- gonalen Trajektorien darstellen: das erkennt man besonders leicht dann, wenn man nach dem Bilde des mikroskopischen Längs- schnittes eine schematische Zeich- nung des Zellwandverlaufes ent- wirft, indem man die Knickun- gen, unter denen oft Zellwände, die dem Verlauf eines bestimmten Kurvenzuges entsprechen, an- einander schließen, ausgleicht. Fig. 273. klinen ebenfalls eine thoden , Geometrische Konstruktion zweier konfokaler, einander rechtwinklig schneidender Parabel- scharen. Fokus: Schnittpunkt der Geraden XX” und YY‘. Die Parameter (p) aller Kurven sind auf der Geraden XX’ als Entfernung des Fokus vom jeweiligen Schnittpunkte des einen Kurven- astes mit XX’ in der Figur direkt ableshar (der Wert ist jeder Kurve beigesetzt). — Die nach aufwärts gerichteten Kurven sind nun soweit ausgezogen, als sie innerhalb der äußer- sten der gezeichneten, nach abwärts gerichteten Parabeln zu liegen kommen, wodurch die große Ähnlichkeit mit dem Längsschnitte eines Vege- tationskegels einer Blütenpflanze hervortritt. Sachs [56] führte geometrische Konstruktionen verschiedener konfokaler Kurvenscharen aus, die den oben erwähnten Bedingun- gen entsprachen (vel. Fig. 275), und wies die Ähnlichkeit mit wirklich in der Natur vorkom- menden Bildungen nach.?) Das (Gesetz gilt für verschiedenartige Kurven. Bei parabolischem Umriß des Längsschnittes eines Vegetationskegels bilden die Peri- klinen (und die Umrißlinie) eine Schar konfokaler Parabeln, die Anti- solche, orthogonal sind. Zur Erklärung der Spongiosa-Architektur ähnlicher Weg eingeschlagen. Der erste, deren Angehörige zu denen der ersteren der Knochen wurde ein der sich mit dieser Frage be- 1) Lit. bei Verworn [63] (S. 570 ff.); siehe auch Przibram [46, I], S. 293—34. ?) Siehe Anmerkung 2 auf S. 663. 3) Die zitierte Abhandlung enthält noch andere Beispiele geometrischer Me- desgleichen eine andere Abhandlung desselben Verfassers über Zellenwachs- tum [57]; vel. ferner über die Ablenkung der Markstrahlen bei Schwendener [61], S. 107—112. ee ie Deu Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 595 schäftigte, Hermann Meyer !), entwarf schematische Zeichnungen des Ver- laufes der Knochenbälkchen und erkannte, daß letztere zwei Systeme von einander kreuzenden Kurvenzügen bilden, für deren Verlauf er mecha- nische Ursachen verantwortlich machte; als er durch einen Mathematiker in eine Umrißzeichnung des oberen Femurendes „die in Betracht kommen- den graphisch-statischen Zug- und Druckkurven“ (Fick 1. e.), die soge- nannten Spannungstrajektorien, einzeichnen ließ, stimmten diese tatsäch- lich mit den vorher entworfenen schematischen Zeichnungen überein. Es handelt sich um zwei einander in der Achse des Knochens rechtwinklig schneidende Kurvenscharen. °) Im Anschluß an die Besprechung geometrischer Methoden wollen wir in Kürze noch einige jener Fälle erwähnen, in denen die zeichnerische Darstellung in der Ebene nicht ausreicht, um über schwierige morpho- logische oder mechanische Verhältnisse befriedigenden Aufschluß zu geben, und die daher Veranlassung zur Konstruktion von Modellen boten. Um die Wirkungen, welche benachbarte Anlagen von Ausgliederungen von Pflanzen- achsen aufeinander ausüben, und welche die Lageverhältnisse der ausge- bildeten Organe bestimmen, kennen zu lernen, hat man Kegel oder Zylinder benützt, deren Mantelflächen mit Kugeln in bestimmter Anordnung besetzt waren: Kugelsäulen.®) Zur Untersuchung, wie die Form der Gelenke die möglichen ‚Bewegungsarten bedingt, sind von R. Fick*) hölzerne Modelle ver- wendet worden. Zur genauen Analyse der Bewegungen, welche windende Pflanzen ausführen, bildete Schwendener (siehe [61] 8.97) die einzelnen Stadien mit dünnen Bleiröhren nach, so daß er nach Beendigung des zu unter- suchenden Vorganges die einzelnen Stadien in einer Weise überblicken konnte, wie es durch bloß gezeichnete Abbilder niemals möglich gewesen wäre. Weniger erfolgreich waren die Versuche, die Zellteilungsvorgänge durch Modelle zu erklären. 5) Kollektivmaßlehre. °) Bei der unerschöpflichen Mannigfaltigkeit der Formen der organischen Natur, welche die Veranlassung bot, die Systeme des Pflanzen- und Tier- reiches mit ihren Klassen und Ordnungen, Gattungen und Arten in immer 1) Siehe R. Fick [11], S. 9 ff. 2) Vgl. die kurzen Ausführungen Disses in der Skelettlehre (S. 21—24) von Barde- lebens Handbuch der Anatomie (I. Bd. 1. Abt.); Literaturangaben daselbst S. 29. 3) Über deren Bedeutung wird von van Iterson ausführlich berichtet ([22] S. 77 bis 94). — Dieser Autor gibt an anderer Stelle (S. 259) eine plastische Masse an, die ihm bei der Herstellung von Modellen gute Dienste geleistet hat. *) Siehe [11] S. 261f.; Modelle anderer Art S. 306, ferner S. 234 ff.; über die Verwendbarkeit von Gipsabdrücken und Abgüssen der Gelenkflächen siehe S. 11 ff. °) Siehe Anm.'!) auf S. 594. 6) Grundlegendes Werk: Fechner [81]. Ausführliche, streng wissenschaftliche, von der Theorie ausgehende Darstellung: Bruns [79] („erste lehrbuchmäßige Darstellung der allgemeinen Kollektivmaßlehre“). Knappere, an Beispielen erläuterte klare Darstel- lung: Czuber [80], S. 344—384. 38* 596 Emil Löwi. kleinere Unterabteilungen zu zerlegen, gelingt es selbst unter Individuen, die durch die Gemeinsamkeit aller Merkmale sich als Angehörige der- selben engsten Unterabteilung erweisen, kaum jemals, zwei einander vollkommen gleiche Exemplare aufzufinden. Die Gleichheit desselben Merk- mals bei verschiedenen Individuen besteht nur bis zu einem gewissen, allerdings bei Angehörigen derselben niedersten systematischen Einheit oft sehr hohem Grade. Zahlenmäßigen Bestimmungen zur Charakterisierung der Art (Unterart, Rasse) haftet deshalb immer noch etwas Individuelles an. Denn die bloße Angabe des arithmetischen Mittels, wenn auch durch Untersuchung noch so vieler Individuen festgestellt, belehrt nicht darüber, ob irgend ein Wert besonders häufig, ein anderer besonders selten oder gar nicht vorkommt, sondern erregt den Eindruck, als ob die verschiedenen Werte bei einer ungefähr gleich großen Anzahl von Individuen gefunden worden wären. Nun kann aber gerade in der Bevorzugung oder Meidung gewisser Werte oder Wertgruppen eine Gesetzmäßigkeit liegen. Es ist deshalb notwendig, nicht einfach die Mittelwerte zu bestimmen, sondern die Beobachtungsreihen in einer zur Aufdeckung von Gesetzmäßigkeiten geeigneten Weise zu verarbeiten. Die hierbei geübten Methoden, welche man als statistische zu bezeichnen pflegt, wurden zuerst von Fechner in zusammenhängender Darstellung zu einem Lehrgebäude unter dem Namen „Kollektivrmaßlehre“ vereinigt, ein Name, der allgemein angenommen wurde, während man die Bezeichnung „Statistik“ gewöhnlich auf die zahlen- mäßige Verarbeitung von Beobachtungen oder Ermittlungen über Massen- erscheinungen der menschlichen Gesellschaft beschränkt. Diese Einschränkung des Begriffes erscheint, wenn sie auch sehr verbreitet ist, nicht gerechtfertigt, und es spricht nichts dagegen, den Namen Statistik (im weiteren Sinn) für jedes Problem der Kollektivmaßlehre zu verwenden. Eine Anzahl von gleichartigen Individuen (oder Vorgängen, oder sonstigen Einzelgrößen ), welche ein gemeinsames Merkmal besitzen, be- züglich dessen sie verglichen werden können, bilden einen Kollektivgegen- stand (K.-G.) oder eine Kollektivreihe. Die Anzahl der untersuchten Einzel- größen, der „Glieder“ („Exemplare“), bezeichnet man als „Umfang“ des K.-G., das betrachtete Merkmal als „ordnendes Merkmal“ oder, falls es zahlenmäßig ausgedrückt wird, als „Argument“. Kann letzteres innerhalb gewisser Grenzen („Extremwerte“) jeden beliebigen Wert annehmen, wie es bei Messungen der Fall ist, so ist der K.-G. ein stetiger, können aber die Zahlenwerte — und das findet bei Zählungen statt — nicht jeden beliebigen Wert, sondern nur den ganzer, positiver Zahlen annehmen, dann ist der K.-G. unstetig. Manche Merkmale, wie etwa die Farbe, lassen sich nicht ohneweiters zahlenmäßig ausdrücken, sie gehören aber doch einem stetigen K.-G. an, da sie in entsprechender Anordnung, wie die Reihe der natürlichen Zahlen mit Hilfe der Dezimalzahlen, durch ihre ') Zum Beispiel auch die bei häufiger Vornahme derselben Messung auftretenden Beobachtungsfehler, oder meteorologische Erscheinungen, oder psychische Phänomene. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 597 „Nuancen“ lückenlos ineinander übergehen. In anderen Fällen, wenn man z. B. Menschen bezüglich ihrer geistigen Befähigung miteinander vergleichen will, besteht zwar auch eine ähnliche Nuancierung, sie ist aber weniger augenfällig und man muß, um die verschiedenen Grade quantitativ anordnen zu können, ihnen schätzungsweise nach gewissen Grundsätzen Zahlen- bezeichnungen zuteilen. Zu erwähnen wäre noch das Vorkommen von ordnenden Merkmalen, die nicht durch quantitative Unterschiede gebildet werden, sondern durch solche der verschiedenen Anordnung von Teilen im Raume, oder verschie- dener morphologischer Ausbildung, so daß ihnen der Zahlencharakter vollkommen mangelt, und auch auf keine indirekte Weise beigelegt werden kann, wie etwa Verzweigungstypen von Blutgefäß- stämmen, Lagebeziehungen, die sich bloß durch ihre Symmetrieverhältnisse unterscheiden, die pri- mären Sexualcharaktere u. dgl. Derartige Kollektiv- gegenstände, deren Gliedern man nicht ohneweiteres Argumentwerte beilegen kann, lassen sich durch eine später zu beschreibende Umformung (siehe S. 600) ebenso behandeln wie alle übrigen. Die Verarbeitung einer Beobachtungs- oder Untersuchungsreihe beginnt mit der Aufstellung der Urliste. In dieser sind die Argumentwerte in der Reihenfolge, in der sie gefunden wurden, ver- zeichnet (Tabelle I, Kolonne I und II); ihr pflegt keine besondere Bedeutung zuzukommen, weshalb sie von den Autoren meist nicht mitgeteilt wird. Aus ihr wird die primäre Verteilungstafel gebildet, indem man die Argumente (x) nach ihrer Größe ordnet, jeden Wert aber nur einmal aufschreibt und die Anzahl (y) der Exemplare, bei denen er vertreten ist (Wert der „Verteilungsfunktion“), bei- fügt, was bei unstetigem K.-G. ohne weiteres ge- lingt, bei stetigem aber eine um so längere und unübersichtlichere Tabelle gibt, je kleiner man die Einheit, nach der das Argument gemessen wird, annimmt, je kleiner somit die Anzahl — sie kann auch OÖ sein — der auf jeden Argumentwert ent- fallenden Individuenzahl ist. Man wird deshalb die Einteilung nicht nach den kleinsten meßbaren Panol I TR + SIE), IV a RE 2 er re 7 Se er nn £ F Se hi (6 £ F I) 16 Zn W ION ya, a re, en a a - alas De ryal? sehr a ne 2 as 1.213.012 = 18 16 - F IaWAacL ee W a0 Ze 212 Da rt RUE PEERTENON 4 W 25 14 = W I = = 2 a a Se De 28 14 E= F Sg ar 1 w Or Sa 22 Mn sea = 7 SS De nr Erg Erg hi 35 al — 22 12 Tab. I. Urliste. Tab. I—1V. Durchmesser des mittleren Leitbündels der Fruchtschuppe von Pinus moutana. (Kolumne I und II der Tab. I entnommen aus M.Serke, Vergleichend ana- tomische Untersuchung einer interglazialen Konifere. Öst. bot. Zeitschr. 1909. ') Einheiten vornehmen, sondern nach höheren, auf welche man dann die Bruchteile der gewählten !) Längeneinheit der Kolumne II ist das Intervall des verwendeten Okularmikro- meters, da Verfasser für seine Zwecke mit relativen Maßangaben ausreicht. 598 Emil Löwi. Einheit abrundet, also etwa bei einer Messung in Zentimetern die Bruch- teile, wenn sie kleiner als !/;, cm sind, wegläßt, wenn sie größer sind, auf ein Ganzes ergänzt: als xcm lang gelten dann alle Individuen, deren in E 1 1. ß Zentimetern angegebene Länge zwischen % 5 undz+ = liegt. Die Zahlen _ x = werden als Wechselpunkte bezeichnet, die Zahlen x, welche alle 3 1 ger 2 zwischen in und +75 liegenden Werte vertreten, als abgerundete Argumente. Auf diese Weise hat man zum Zwecke der weiteren Verar- beitung die stetige Kollektivreihe auf die Form einer unstetigen gebracht. Die primäre Verteilungstafel besteht aus zwei Kolumnen: die erste enthält alle x-Werte, von denen jeder von dem unmittelbar vor und nach ihm stehenden um dieselbe Differenz verschieden ist, die zweite die je- weilige Anzahl (y) aller Individuen, deren Argumente von den den be- treffenden z-Werten vorhergehenden und nachfolgenden Wechselpunkten eingeschlossen werden (siehe Tabelle II). Bei y-Werten, die genau auf Tab. I Tab. Ha Tab. IIb Tab. IIe | | | | x Yy vy v Yy- lv] v yo? | 10 2 et 8 —34 68 11:56, 8253412 | 11 7 —® a! — 24 168 12162 .94:32 12 6 2 12 —14 84 1-96, 776 | 13 5 — Zr —04 20 0:16 0:80 | 14 5) 0 0 +06 30 036 1:80 | 15 1 ap 1 +16 16 2:56.22:56 16 4 +2 S +26 104 676 2704 | 1er 4 8 12 +36 144 12:96 5184 18 1 74 4 | +46 46 2116 21:16 PER 6 (y-\ell= 680 [m] 20440 +25 by=—21 Tab. II. Primäre Verteilungstafel. Wechselpunkte sind 10!/,, 11/,, 12%/,,.. . - Tab. IIa. Berechnung des Argumentdurchschnittes M (mit Benützung des vor- läufig angenommenen Mittelwertes N —= 14). [vr] — 21 Tab. IIb und e. Berechnung der durchschnittlichen Abweichung va und der mittleren Abweichung (Streuung) vm aus den Abweichungen » der jeweiligen Argumentwerte vom Argumentdurchschnitt. edler [v] 35 ya "204.40 Fer En I 7 aha einen Wechselpunkt fallen, ist es gleichgültig, ob man sie dem vorher- gehenden oder dem nachfolgenden z-Werte zuteilt, nur muß man konse- dl UN m lo 2 U essen u Auer Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 599 quent sein und es innerhalb derselben Untersuchungsreihe immer nach derselben Richtung tun. Aus der Tabelle zu erkennen, welchem Argument- werte die größte, welchem die kleinste Gliederanzahl zukommt, wo bei den stets steigenden x-Werten die y-Werte ebenfalls steigen und wo sie fallen und was für eine Gesetzmäßigkeit darin sich etwa ausprägt, ist etwas schwierig. Mit einem Blicke dagegen wird die Verteilung der y-Werte übersehbar durch die graphische Darstellung: die abgerundeten Argumente werden als Abszissen (x) aufgetragen und in deren in gleichen Intervallen aufeinanderfolgenden Endpunkten Normale errichtet, auf welchen, von der Abszissenachse an, die jeweils entsprechenden absoluten Häufigkeiten der Exemplare — die Werte der Verteilungsfunktion, die Ordinaten (Y) eingezeichnet werden. Durch Verbindung der Ordinatenendpunkte erhält man die Häufigkeits- oder Verteilungskurve. Hat man die Wechselpunkte zu nahe beisammen gewählt, dann wird die Tabelle unübersichtlich lang und die Verteilungskurve wird durch stärkere Unregelmäßigkeiten sowie durch das häufigere Vorkommen von leeren Argumenten — Werten, die unter den untersuchten Exemplaren nicht vertreten waren, also z-Werte, deren zugehörige y=0 sind — in einer die Gesetzmäßigkeit verschleiernden Weise entstellt. In diesem Falle ersetzt man die primäre durch die reduzierte Verteilungstafel: die aufeinanderfolgenden Argumentwerte werden paarweise durch Bildung des arithmetischen Mittels und die dazugehörigen Exemplaranzahlen durch Summierung zusammengefaßt. An Stelle der Werte &,, &3, X3, --- -- - en in Yn der primären Verteilungstafel treten die neuen en Va = I ; abgerundeten Argumente ee a re. und die absoluten Häufigkeiten y, + 9%), (Y3 + Yı), -- - -- (siehe Tabelle III). — Die durch Tab. III ur y' Tab. III. Reduzierte Verteilungstafel. 1 x, y'‘: Die neuen abgerundeten Argumente und ihre 128 11 absoluten Häufigkeiten. 14, 6 Wechselpunkte sind: 9'/,, 11'/,, 13%/,, - . . . ; gegen- 167, 8 über der Tab. II ist jeder zweite Wechselpunkt „ein- 1: | fach ausgelöscht“ (Bruns). ') die Wechselpunkte getrennten Teilstrecken der primären Verteilungstafel lassen sich gegebenenfalls anstatt paarweise auch in Gruppen zu 3, 4, ge n Teilstrecken zusammenlegen, wobei n eine ziemlich große Zahl sein kann; hierbei ist die Wahl der Wechselpunkte freigestellt, da man bei der Zusammenlegung einer größeren Anzahl von Teilstrecken an be- liebiger Stelle damit beginnen kann. Bruns empfiehlt (S 2138), die Wechsel- punkte so anzulegen, daß der dem unteren Extrem unmittelbar vorher- 1) Der vorgelegte K.-G. bedarf wegen der Kleinheit seines Ausbreitungsgebietes der Aufstellung einer reduzierten Verteilungstafel nieht; nur deshalb, weil seine Urliste bekannt war, wurde er auch hierfür als Beispiel beibehalten. 600 Emil Löwi. gehende von diesem ebenso weit entfernt ist als der unmittelbar auf das obere folgende von diesem. Eine andere Methode zur Darstellung des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen den Argumentwerten und den Häufigkeiten der Exemplare ist das Summenverfahren. In seiner einfachsten Form erhält man die Summen- Tab. IV i x 3Y Tab. IV. Summentafel. ı i 1 5 In der mit Yy bezeichneten Kolumne steht bei jedem o 1 3 on Argument x; die Summe aller y-Werte, die zu den 14 55 Argumenten %,, %, - . . . %&; gehören. Der dem 15 36 oberen Extrem von x entsprechende y-Summenwert 16 30 ist infolgedessen gleich dem Umfang des K.-G. 17 34 18 35 tafel aus der Verteilungstafel durch Addition jedes Argumentes zur Summe eo) aller vorhergehenden: den Argumentwerten &,, &%, 43, ..... X, ordnet man die Summenwerte y,, Yı +Y, YıtY +Y, ---- „NM Ht---.. + Ya zu (siehe Tabelle IV). Aus einer vorgelegten Summentafel läßt sich leicht = 1 die Verteilungstafel herstellen, indem von jedem Summenwert &y der vor- 1 i—1 hergehende £y subtrahiert wird, da man dadurch den dem Argument z; 1 entsprechenden Häufigkeitswert y; erhält. 3ei Kollektivreihen, deren Glieder sich durch ordnende Merkmale ohne Zahlencharakter unterscheiden, begnügt man sich oft mit der bloßen Angabe der relativen Häufigkeit, in der die einzelnen Exemplartypen unter der Gesamtzahl der untersuchten Individuen vertreten waren. Man kann aber auch über die Verteilung der Typen Aufschluß erhalten, wenn man die Urliste in gleich große Gruppen teilt und die Anzahl der in jeder derselben vorkommenden Individuen eines bestimmten Typus als Argument eines unstetigen K.-G. ansieht, dessen Glieder durch die Gruppen gebildet werden. Sei z. B. die Verteilung der Geburten männlicher Indi- viduen zu ermitteln, so würde man die Gesamtzahl der beobachteten Ge- burten in Gruppen etwa zu je 100 einteilen. Als Argument ist dann jede ganze Zahl zwischen O und 100 (die beiden genannten Werte eingeschlossen) möglich, und man würde bei jedem der x-Werte 0, 1, 2,..... 99, 100 als y-Wert zu notieren haben, wie viel Hundertergruppen die genannte Anzahl männlicher Individuen aufwiesen. Von den zahlreichen Elementen oder Bestimmungsstücken, die Fechner zur Charakterisierung eines K.-G. annahm, wie Umfang und Extremwerte, ist am wichtigsten der Argumentdurchschnitt. Man berechnet ihn als Mittel (M) der Argumentwerte (=) unter Berücksichtung des durch die jeweilige Exemplaranzahl (y) gegebenen Gewichts. Es wird also die Summe Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 601 der Produkte aus jedem x mit dem zugehörigen y durch den Umfang der Reihe (U = |y]) dividiert: M = & 1 | ; zur Erleichterung der Rechnung kann man das auf S. 575, Anm. 3), Skene Verfahren der Wahl eines vorläu- figen annähernden Mittelw ertes (N) benützen und aus den Abweichungen (v) der einzelnen Häufigkeitszahlen (y) das Mittel > vl} | bilden. Der Argu- mentdurchschnitt ist dann: M=N + in een siehe Tabelle IIa). Ent- sprechend der bei der Fehlerausgleichung geübten Bestimmung des durch- schnittlichen und des mittleren Fehlers läßt sich die durchschnittliche und die mittlere Abweichung (v, und »,„) der Argumentwerte vom Argument- E al nndıo.. VARzaı Iyv®] (siehe Tabelle IIb 1%] AN und c). Die mittlere Abweichung, nach Bruns Streuung genannt, bildet ein Maß für die Ausbreitung des K.-G. — Die vorgeführte elementare Be- rechnung des Argumentdurchschnittes und besonders der Streuung ist bei Reihen von größerem Umfang langwierig und mühsam. Bruns hat Formeln abgeleitet, mit deren Hilfe sich die Rechnungen bequemer und, da auf das Summenverfahren zurückgehend, mit vorwiegender Anwendung von Additionsprozessen ausführen lassen. Von den übrigen Bestimmungsstücken eines Kollektivgegenstandes sind noch der Zentralwert und der dichteste Wert von Interesse. Der dichteste Wert (oder das Dichtigkeitsmittel) ist am leichtesten aus der Verteilungskurve ablesbar: es ist der Argumentwert, dem der größte Ördinatenwert zukommt. Der Zentralwert ist aus der Summentafel (oder der Summenkurve) zu entnehmen, er ist jener Argumentwert, für den die Summenfunktion gleich dem halben Umfang des Kollektivgegenstandes ist: die Anzahl der vor ihm liegenden Glieder ist gleich der der ihm nach- folgenden.) Schwanken die Argumentwerte innerhalb sehr weiter Grenzen, so daß das Intervall der Wechselpunkte, welches man doch immer viel kleiner als die kleinsten Argumentwerte wählt, im Gebiete der höheren Argument- werte im Verhältnis zu deren Größe so klein ist, daß daselbst in jedem Intervall nur ganz unbedeutende Zuwächse zustande kommen, dann ist der vorgelegte K.-G. der gewöhnlichen (nach Fechner „arithmetischen“) Behandlung unzugänglich. Denn in der Region der höheren Werte würde die primäre Verteilungstafel eine Reduktion verlangen, welche man aber nicht in entsprechender Weise vornehmen kann, da bei einer Zusammen- durchschnitt bestimmen: v, = !) In unserem Beispiel ist u dichteste Wert = 11 (siehe Tabelle II); der = Zentralwert liegt bei 13, da-—— = = 175 ist, und dieser Wert der Summenfunktion zwischen den u Werten 15 und 20 der Summentafel (siehe Tabelle IV) liest, zu deren 1 letzterem der Argumentwert 13 gehört. 602 Emil Löwi. legung von genügend vielen Teilstrecken die Wechselpunkte nun so weit voneinander entfernt wären, daß ihre Intervalle größer wären als die x-Werte der unteren Teile der primären Tafel. Für derartige Fälle schlug Fechner die „logarithmische“* Behandlung vor: als Argumente sollen nicht die abgerundeten Mabßzahlen des ordnenden Merkmals selbst, sondern ihre Logarithmen dienen. Sind z. B. die beiden Extreme des K.-G. 15 und 550, so läßt sich keine Größe als Wechselpunktintervall wählen, welche eine in allen Teilen befriedigende Tabelle ergäbe: denn notwendigerweise sind den hochwertigen Teilen der Tabelle entsprechende Intervalle so groß, daß bei ihrer Anwendung auch auf das Gebiet der niederen Argumente Schwankungen von einigen Einheiten, welche aber daselbst, wegen der Kleinheit der Argumente, bedeutungsvoll sein können, vollkommen unkennt- lich werden. Führt man aber an Stelle der gefundenen Maßzahlen der Exemplare deren Logarithmen als neue Argumente ein (siehe Tabelle V), Tab. V Tab. V. Anfang und Ende einer Tafel der Loga- rithmen von Argumenten, die sich über ein | | großes Gebiet ausbreiten. Kee log x x log« Teilstreekenlänge: 0'0001 15: 1-1761 i e ET 117605, 117615, 16 1204 | .- : . ., 274035, 274045 175271, 23048 710%: - Mitteder äußersten Wechselpunkte der Reihe: - a | 548 27388 2-740 549 2:7396 = a 195823: 550 27404 - 4 | | Entfernung derselben von jedem der beiden | | äußersten W echselpunkte 078220. (Beilsktnn der logarithmischen Tafel siehe folgende Tabelle.) Tab. VI Tab. VI. Tafel der äquidistanten lo- - garithmischen Wechselpunkte; Teilstrek- | kenlänge durch Reduktion der Tab. V log a’ Ze. log x‘ 3 | auf 0°03 gebracht (also je 300 der ur- 114825 14:07 2 } sprünglichen Teilstrecken zusammenge- 1178253 15-08 f £ | faßt); von der Mitte der ursprünglichen 120823 1615 | Er äußersten Wechselpunkte, 195825, sind . 123835 1731 2-67823 4767 | 27 Teilstrecken ä 0'03 (also Gesamtlänge ! 2708235 5108 | 081) nach beiden Seiten notwendig, um 27385 5473 | die ursprünglichen Extreme eben zu über- 2.768235 3865 schreiten (1'95825 — 0:81 = 114825 und 195825 + 081 = 276825). Nach der Kolumne der x‘, deren In- tervalle nun nicht gleich sind, wird die Verteilungstafel angefertigt, indem aus der Ur- liste die Anzahl der in das Intervall je zweier aufeinanderfolgender x‘-Werte fallenden Exemplare bestimmt sind. so entsprechen den logarithmischen äquidistanten Wechselpunkten Numeri, deren Distanzen nicht gleich bleiben. sondern mit dem Werte der Loga- rithmen steigen (siehe Tabelle VI).!) — Eine ähnliche Methode schlug R.v. Lendenfeld vor |28], die er zum Unterschiede von der gewöhn- lichen, der „absoluten“, die „relative“ nannte. Indem er von der Voraus- !) Einwendungen Methode siehe Bruns $ gegen diese „auf den ersten Anblick sehr plausibel“ aussehende 2) BR e 1 Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 603 setzung ausging, daß bei der Ausbreitung der Argumentwerte über ein sehr großes Gebiet sich nur dann eine richtige Anschauung von der Ver- teilung gewinnen lasse, wenn das Verhältnis je zweier aufeinander folgender abgerundeter Argumentwerte in allen Teilen der Verteilungs- tafel dasselbe ist, ließ er sie — oder vielmehr die Wechselpunkte — in geo- metrischer Progression steigen (a®, al, a®,..... a®), während sie bei der absoluten Methode eine arithmetische Progression bilden.t) Be- sonders zweckmäßig ist es, wenn jeder Wechselpunkt den vorhergehenden um 10°/, übertrifft, weshalb v. Lendenfeld als Basis der geometrischen Progression 1’I empfahl, bei welcher Zahl die genannte Forderung erfüllt ist.?2) In graphischer Darstellung sind die aufeinanderfolgenden Argument- werte in gleichen Abständen aufzutragen und mit der Bezeichnung des Intervalls, das sie jeweils vertreten, zu versehen: Wi 11a Not. Lat Wars 1-9 +2 Wars bis bis bis jet a 112 +3 lansarı- Wa, Wn+ı ,.... äquidistante Wechselpunkte.) Die Ähnlichkeit zwischen dieser Methode und der Feehnerschen liegt auf der Hand: Fechner ordnet die Argumente der Urliste arithmetisch. logarithmiert sie hernach und setzt in der Reihe der Logarithmen durch entsprechende Wahl des Intervalles die äquidistanten Wechselpunkte fest. muß aber zu jedem Wechselpunktlogarithmus den Numerus aufsuchen und nun zwischen diese neuen Wechselpunkte das Material der Urliste ein- ordnen.?) Ist der unterste logarithmische Wechselpunkt m, das Wechsel- punktintervall x, so ist die Reihe der Wechselpunkte m, m +x, m-+ 2%. Mar... ..: und die dazugehörigen Numeri 10”, ]0m +=, 1]0m+%, Bee... ; den äquidistant, also in einer arithmetischen Reihe fort- schreitenden Wechselpunkten entsprechen somit Numeri, die in geo- metrischer Reihe steigen, und nach diesen wird die Verteilungstafel an- gelegt. Lendenfeld dagegen hat die wirklich durch Messung erhobenen Längen in einer geometrischen Reihe angeordnet, indem er Potenzen von ea Wechselpunkte annimmt: 1°, 1P +! 17, +?..... ; die Potenz- exponenten bilden auch hier eine arithmetische Reihe, und würde man logarithmieren, so erhielte man die Reihe use it. (nl) os 141, m + PD) log 11,...... ') Vgl. die ersten Kolumnen der Tabellen II, III, VI: arithmetische Progres- sionen, deren unmittelbar aufeinanderfolgende Glieder um 1, bzw. 2 und 0'03 ver- schieden sind. 1 — c 10 =a. ®) Zweckmäßig wird hierbei (Bruns) zuerst die Summentafel (aus der sich ja durch Subtraktion jedes Ordinatenwertes vom vorhergehenden die primäre Verteilungs- tafel ergibt) aufgestellt, indem man für jeden der neuen Wechselpunkte in der Urliste abzählt, wie viel Exemplare vor ihm vorkommen n ”) Denn aus der Forderung an + 5 =an+1folgt Ilar = 10an +1 und 604 Emil Löwi. ganz analog den Wechselpunktlogarithmen Fechners: mlog 10, (m +) log 10, (m + 2x) log 10, einer Reihe, die wegen log 10 — 1 mit der auf voriger Seite, Zeile 11 v. u., gegebenen identisch ist. Während die Urliste gewöhnlich keine Bedeutung hat und bloß das Material zur Aufstellung der primären Verteilungstafel liefert, läßt sich in Fällen, in denen die Exemplare in der Reihenfolge, in der sie zur Beob- achtung kamen, durch eine zeitliche oder räumliche Beziehung verknüpft sind, erkennen, ob die Schwankungen der Argumentwerte in der Urliste rein zufällig sind oder von der zeitlichen oder räumlichen Lage beeinflußt werden. Fechner bezeichnet zu diesem Zwecke jedes Exemplar, je nach- dem ob seine Maßzahl ober- oder unterhalb des Argumentdurchschnittes liegt, mit + bzw. — und untersucht in der Reihenfolge, in der die Exem- plare zur Beobachtung kamen, wie oft gleiche Vorzeichen und wie oft un- gleiche unmittelbar aufeinander folgen: bei annähernd gleich viel Zeichen- folgen (F) und Zeichenwechseln (W) ist die Anordnung der Individuen als rein zufällig anzusehen, andernfalls besteht eine gewisse Gesetzmäßigkeit. In unserer Tabelle I ist in Kolonne III und IV die besprochene Operation durchgeführt, die Anzahl der Zeichenwechsel und -folgen ist durchaus nicht gleich, obwohl man glauben könnte, daß die Objekte in zufälliger An- ordnung gemessen wurden. Bedenkt man aber, daß die Fruchtschuppen jedes Zapfens zueinander in einer gesetzmäßigen räumlichen Beziehung — Orientierung zu Basis und Spitze des Zapfens — stehen, welche nicht ohne Einfluß auf ihre Größenverhältnisse sein dürfte, und daß der Unter- sucher bei der Messung der demselben Zapfen angehörigen Fruchtschuppen unwillkürlich im großen und ganzen wohl iu einer der natürlichen Anord- nung entsprechenden Reihenfolge vorging — Verfasser gibt darüber, weil für seine Zwecke gleichgültig, nichts an —, so ist es klar, daß die Urliste außer den unregelmäßigen, zufälligen, auch gesetzmäßige Schwan- kungen enthält, durch welche die Ungleichheit der Wechsel und Folgen bedingt ist. Ein Beispiel für die Beeinflussung der Argumentschwankungen Tab. VII 6) M — oO M= Tab. VII. Anzahl der Todes- | 26°8 238 fälle an akuter Bronchitis wäh- T 32 + 238 + rend der einzelnen Monate II 42 + 31 un (I— XII) eines Jahres in Wien.') II u #E 41% i IV 4 Pre See Die Tabelle besteht aus a Aus zwei Urlisten, in denen die ein- VI 93. = Se zelnen Monate die Glieder, die VII Be = Anzahl der männlichen, bzw. VII 15 r 17: we weiblichen Todesfälle die Argu- IX 10.0 10, mente bildet. X 3° — 16 XI 393 + 3 + ') Statist. Jahrbuch d. Stadt XI 21 - -— a = Wien f. d. Jahr 1910, 8. 84. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 605 durch die zeitliche Anordnung gibt Tabelle VII: die Zeichenfolgen sind viel zahlreicher als die Wechsel und bilden zwei Gruppen, da die Argu- mente vom I.—V. Monat über, vom VI.—X. unter dem Durchschnitte liegen (vgl. die Kurven zur Tabelle VII, Fig. 274); die Deutung ist einfach: es handelt sich um die Mortalität an einer akuten Infektionskrankheit: die hoben Argumentwerte, d. h. die zahlreicheren Todesfälle kommen in der rauhen Jahreszeit vor. Die Schädlichkeit, die zur Erkrankung führt, wirkt auf beide Geschlechter in gleicher Weise ein (vgl. den über- en einstimmenden Verlauf beider Kurven). Das mathematische Ziel der Kollektivmaßlehre liegt darin, sich nicht mit der Angabe der Mittelwerte, Abweichungen, Ex- tremwerte u. dgl. zu begnügen, sondern die Abhängigkeit deı y-Werte von den x-Werten, wie sie sich in der Verteilungs-und der Summenkurve ausprägt, durch eine Formel — allgemein aus- BB. NG K,.K MM. gedrückt y—= f(x) — wiederzu- geben. Wie diese Funktion be- Graphische Darstellung zur Tabelle VII. schaffen ist — Fechner dachte ursprünglich an dasselbe Abhängigkeitsgesetz, nach dem die Beobachtungs- fehler nach dem Gau/schen Fehlergesetz verteilt sind — müßte für jeden K.-G. nach Aufstellung zahlreicher Reihen festgestellt werden und die Richtig- keit der angenommenen Formel durch Übereinstimmung vorher berechneter y-Werte mit den zugehörigen x&-Werten — innerhalb der Grenzen der (unaus- geglichene Zufälligkeiten darstellenden) unvermeidlichen Abweichungen — mit den empirisch gefundenen Resultaten bewiesen werden. Genaue Regeln für die Ausführung derartiger Berechnungen und Tabellen zur Erleichterung hat Bruns angegeben. Unausgeglichene Zufälligkeiten treten im allgemeinen umso störender auf, je geringer der Umfang eines K.-G. ist. Trotzdem ist es gelungen, auch für kleine Reihen Formeln aufzustellen, welche sehr gut mit den Ergebnissen der Wirklichkeit übereinstimmen (Bortkewitsch |82]). ZWEITER TEIL. Spezielle biologische Probleme in mathematischer Betrachtung. 1. Morphologie und Biomechanik. Zur zahlenmäßigen Bestimmung der Gestalt von Organismen und ihrer Teile sind Längenmessungen, meist nach mehreren Dimensionen, er- 606 Emil Löwi. forderlich, mittelst Meßbandes (wofür bei kleinen Organismen ein Streifen Millimeterpapier verwendet werden kann), Maßstabes oder Meßzirkels. An deren Stelle tritt bei mikroskopischen Objekten das Okularmikrometer. Da die absoluten Werte der Teilungsintervalle des letzteren für jedes Vergrößerungssystem besonders festgestellt werden müssen, kann es manchmal zweckmäßig sein, den wiederholt benützten !) Weg einzuschlagen, die Objekte mittelst des Adbeschen Zeichenapparates zu skizzieren und mit einem unter denselben Verhältnissen durch Zeichnung der Einteilung des Objektmikrometers hergestellten Maßstabes, dessen Intervalle von Y/, 0, mm man auf der vergrößerten Zeichnung leicht weiter einteilen kann — bei genügend starker Vergrößerung bis auf solche, die 1 u. entsprechen — direkt auszumessen; hierbei müssen die Objektträger die Dicke des Objekt- mikrometers haben. Genauer und, besonders wenn zahlreiche Messungen unmittelbar hintereinander vorgenommen werden sollen, vorteilhaft ist die mikrophotographische Aufnahme der Objekte und unter denselben Um- ständen des Objektmikrometers und die Ausmessung der Negative.2) Ein anderes Verfahren zur sehr genauen Ausführung zahlreicher aufeinander folgender Messungen mikroskopischer Objekte besteht in der Ausmessung der in geeigneter Weise durch Mikroprojektion auf einem Schirm ent- worfenen auberordentlieh stark vergrößerten Bilder (R. v. Lendenfeld [28]). Die Dicke mikroskopischer Objekte läßt sich durch die Mikro- meterschraube bestimmen. indem man auf die obere und dann auf die untere Fläche des Objektes einstellt.2) Die Kenntnis der Maße des Ob- jektes nach den drei Dimensionen des Raumes ermöglicht die annähernde, mehr oder weniger genaue Bestimmung des Volumens, falls es sich um einen Körper handelt, der in genügendem Grade einem bestimmten geo- metrischen Gebilde gleicht. Das Volumen von Paramaecien wurde von H. Rautmann |52] unter der Annahme, daß sie die Form von Rotations- ellipsoiden mit der großen Halbachse a und den beiden kleinen Halb- PR AaDET h EB F achsen b haben, nach der Formel Yes bestimmt. Bei Organismen mit wesentlich verschiedenen Maßen nach allen drei Dimensionen könnte man 4aber ——— anwenden. Genauere .) Resultate als die direkte Messung ergibt, wenn man über genügendes, von fremden Bestandteilen freies Material verfügt, die Volumbestimmung mittelst des Hämatokriten ®): Die in einem genau graduierten Röhrchen bis zur Konstanz des Volumens zentrifugierten Organismen werden gezählt, indem man sie in einer nicht zu großen Menge Wasser durch Aufschütteln gleich- die Formel des dreiachsigen Ellipsoides V = ') Zuerst ist wohl von Schwendener [59] für derartige Zwecke das Zeichen- prisma angewendet worden. ?) Siehe Kaiserlings Artikel „Mikrometer und Mikrometrie“ in der Enzyklopädie der mikroskopischen Technik (2. Aufl., Urban & Schwarzenberg, 1910). 3) Siehe Kaiserling, 1. ec. 8. 121. *) Genaue Besprechung des Instrumentes bei Koeppe [24], S. 35ff. | | i | | | | | | Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 607 mäßig verteilt, so daß eine schwach getrübte Suspension, deren Volumen man genau abliest, entsteht, von der mit einer genauen Pipette ein kleines Volumen, z. B. !/, cm®, auf einen Objektträger gebracht und die Zahl der Zellen unter dem Mikroskope direkt bestimmt wird. Zur Erleichterung der Zählung bedeckt man den Tropfen mit einem zweiten Objektträger, der eine beliebige, wenn auch etwas unregelmäßige Quadrateinteilung trägt („improvisierte Blutkörperchen-Zählvorrichtung“ nach Pütter [50], 8. 12). Da man aus der gefundenen Zahl n die Anzahl N, die in der Suspension vorhanden war, leicht findet und das Gesamtvolumen der Organismen (Zentrifugier-Bodensatz), das man als [v] bezeichnen kann, gleich dem Produkte aus der Größe v und der Anzahl N der Individuen, also N-v [v] N: Diese Methode gibt nur dann das absolute Volumen der Körperchen genau an, wenn jedes allseitig an die Nachbarn anschließt, während in der Tat zwischen ihnen kleine, von Flüssigkeit erfüllte Lücken übrig bleiben ; die Gesamtmasse nimmt einen größeren Raum des Meßröhrchens ein, als der Summe der Teilvolumina entspricht (vgl. bei Köppe 1. e. S. 38). Die Bestimmung der Oberfläche bietet keine Schwierigkeit, wenn es sich um ein Gebilde handelt, das mit genügender Annäherung einem nach den Formeln der Stereometrie berechenbaren Körper vergleichbar ist. Für die Ausmessung der Oberfläche stark gegliederter Körper, wie des mensch- lichen, gibt K. Meeh |35] einige Methoden an, von denen er folgende für die beste hält: die ganze Körperoberfläche wird durch Auftragen von Farbstoffstrichen in möglichst geradlinig begrenzte Bezirke eingeteilt und deren Umrisse auf transparentes Papier durchgepaust, auf welchem nun durch weiteres Einteilen der Figuren in lauter Dreiecke eine direkte Aus- messung und Berechnung der letzteren und durch Summierung der Flä- cheninhalte der Betrag der Gesamtoberfläche erhalten wird. Zwischen Oberfläche und Kubikinhalt verschiedener Menschen — und ebenso ver- schiedener Individuen anderer gleichartiger Organismen (wie auch ver- schiedener einander geometrisch ähnlicher Körper überhaupt) — besteht die 3 3 ‘ Beziehung YO: YO‘ = YV: YV“ oder 0:0'= V*s: V*%, woraus m nn. also die Konstanz des Verhältnisses von Oberfläche zu Volumen folgt. In entsprechender Weise ist auch das Verhältnis der Oberfläche zum Gewichte ist, ergibt sich für das Volumen des einzelnen Exemplars: v= p konstant: 2 —k und O=k:p”. Als Wert der Konstante wurde für den Menschen k ® 12:3 (genauer 123123) gefunden. Wird OÖ in Kubikzenti- metern und p in Grammen ausgedrückt, so ergibt sich für einen 60 kg schweren Menschen: 0 = 12:3123 x 60000% = 12:3123 x 15326 = 18870 cm*. Um den Flächeninhalt einer unregelmäßig begrenzten ebenen Figur, z. B. eines Organdurchschnittes, zu bestimmen, ist es am besten, den Umriß auf Papier zu zeichnen und dieses längs der gezeichneten Linie auszuschneiden. Ein quadratisches (oder rechteckiges) Stück desselben Papiers von der durch direkte Messung der Seite leicht berechenbaren 608 Emil Löwi. Fläche G dient als Maß. Denn da die Höhe der ausgeschnittenen Papier- körper, d. h. die Dicke des Papieres, bei beiden gleich ist, verhalten sich die Volumina, somit auch die Gewichte P‘ und P wie die Grundflächen G‘ und G, und es ist nur notwendig, beide Papiere abzuwägen, um nach der Proportion G:G‘—=P:P‘ die Größe der unbekannten Fläche zu finden: SE dep: 5 : x — . Bei mikroskopischen Objekten erhält man eine vergrößerte Umrißzeichnung nach Schiwendeners Verfahren und hat die berechnete Zahl G‘ noch durch die Vergrößerungszahl zu dividieren. Da die bei der Wägung auftretenden unvermeidlichen Beobachtungsfehler das Ergebnis weniger beeinflussen, wenn es sich um größere Gewichte handelt, haben R. Fick und Grohmann‘) die Figuren auf gleichmäßig dicke Bleiplatten aufgeklebt und letztere ausgeschnitten und gewogen. Die Papierschablonen stellten sie auf die Weise her, daß sie die Querschnittflächen — es han- delte sich um gehärtete, mit dem Rasiermesser senkrecht zur Faserrichtung geschnittene Muskeln — etwas mit Stempelfarbe befeuchteten und auf das Papier abdrückten. Ist für den beabsichtigten Zweck nicht die Fläche des ganzen Querschnittes, sondern nur die gewisser Teile von Interesse, so kann man alles nicht Gewünschte aus der Papierzeichnung ausschneiden und bloß den Rest zur Wägung verwenden, ein Verfahren, das H. Ambronn [1] (8. 521) anwendete, als er an Querschnitten von Pflanzenachsen bloß die von den mechanischen Elementen eingenommene Fläche bestimmen wollte: er schnitt aus der Zeichnung die Zelllumina aus, so daß ein Gerüst übrig blieb, das bloß aus den Zellwandungen bestand. Ohne Wage läßt sich die von einer Umrißlinie eingeschlossene Fläche, besonders wenn sie nicht zu klein ist, mit ziemlicher Annäherung durch Zeichnung auf Millimeterpapier bestimmen: man zählt einfach die eingeschlossenen Quadrate (ä 1 mm?), wobei man die von der Grenzlinie abgeschnittenen Bruchteile, die größer als !/, (Quadrat sind, für voll nimmt, kleinere aber ungezählt läßt. Zur Erzielung größerer Genauigkeit ist oft die Ausmessung mittelst Planimeters erwünscht. So untersuchte z. B. Drasch ?2) die Bewegungserscheinungen an den Drüsen in der Nickhaut des Frosches, indem er an den mittelst des oben be- schriebenen Zeichenverfahrens angefertigten Bildern des optischen Quer- schnittes der Drüsen die äußere Peripherie sowie den Umfang des Lumens bestimmte, welche beide unter dem Einfluß verschieden gear- teter und an verschiedenen Stellen angreifender elektrischer Reize unab- hängig voneinander verschiedene Größen annehmen. Die jeweilige Differenz zwischen der vom äußeren und der vom inneren Umfang eingeschlossenen Fläche gab den Gesamtquerschnitt des Zellbelages an. Die Größe und oft auch die Form des Querschnittes eines Gebildes sind von Bedeutung für die Festigkeitsverhältnisse. Belastet man einen 1) Siehe Fick [11], S. 295. 2) Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1899 (zit. nach Nagels Handb. d. Physiol. d. Men- schen. Bd. 2. S. 927 f.). Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 609 stab- oder bandförmigen Körper, der an dem einen Ende an einem ge- nügend festen Stativ in geeigneter Weise festgeklemmt ist und vertikal herabhängt, am anderen Ende, wo er eine möglichst leichte Wagschale trägt, durch allmähliches Auflegen von Gewichtsstücken, so wird endlich eine ganz kleine Vermehrung des bereits wirkenden Gesamtgewichtes P die Zerreißung herbeiführen. Unter sonst gleichen Umständen wird P um so größer sein, je größer der Querschnitt q des Körpers vor Anwendung des Zuges war. Man wird also die zur Zerreißung führende Kraft auf die Flächeneinheit beziehen, um vergleichbare Resultate zu erhalten. Das Maß für die Zugfestigkeit (Modul der Zugfestigkeit, Festigkeitsmodul) K; ist das Verhältnis der größten Gewichtsmenge Pax, die vor dem Zerreißen eben noch getragen wird (in kg), zum Querschnitt q (in mm?) des Körpers, K,= sr Zugfestigkeit von Pflanzenstengen oder Blättern, wobei er q nach der S.606 und 608 erwähnten Methode bestimmte. Zur Untersuchung der Festigkeitsverhältnisse dicker Oberhäute schnitt er aus ihnen genügend lange und nicht zu breite Riemen aus, an denen dann die Belastungsversuche vor- genommen wurden. Auf dieselbe Weise ging Triepel [62] bei der Unter- suchung des „gelben Bindegewebes“ (elastischen Gewebes) vor, indem er aus dem Nackenbande des Rindes mit einem Doppelmesser Streifen aus- schnitt, die er zum Versuch verwendete; den Querschnitt fand er durch Berechnung aus dem bereits bekannten spezifischen Gewichte s und der bei jedem Versuch bestimmten Länge I des Versuchsobjektes und seinem . Schwendener |59] benützte diese Methode zur Bestimmung der Gewichte p; da das Volumen v = ist, andrerseits aber auch durch ql ausge- drückt wird, ergibt sich für q aus der Formel ql = — der Wert en Denselben Vorgang befolgte Schwendener, wenn die Ermittlung von q durch Messungen auf Schwierigkeiten stieß, wie bei den dünnen Ringquerschnitten von Halmen. — Wird an das herabhängende noch nicht belastete Organ ein Maßstab angelegt, so kann man bei steigender Belastung die fortschreitende Verlängerung verfolgen. Wenn ein Körper von der Länge | (mm) und dem Querschnitt q (mm?) bei der Belastung P (kg)!) um die Strecke % (mm) verlängert wird, so lassen sich seine elastischen Eigenschaften durch fol- gende Beziehungen der genannten vier Größen zueinander charakterisieren : Das Verhältnis der Belastung zum Querschnitt (also die auf die Flächen- einheit wirkende Belastung) as die (Zug)spannung, und das Verhält- q nis der Gesamtverlängerung zur Länge (also die auf die Längeneinheit 2 1 entfallende Verlängerung) Sr Man könnte denken, > und x seien pro- 1) P darf nicht so groß sein, daß nach Aufhören der Belastung die Verlängerung zum Teil bestehen bleibt (— die Elastizitätsgrenze darf nicht überschritten werden). Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmetboden. VIII. 39 portional (Hookesches Gesetz); das ist aber nur bei vollkommen homogenen und isotropen Körpern der Fall, also kaum jemals bei Körpern der orga- nischen Natur. Für die elastischen Eigenschaften der letzteren sind der treffendste Ausdruck die aus den verschiedenen s- und den entsprechen- den «-Werten konstruierten Dehnungskurven; diese haben keine Ähnlich- keit mit bestimmten Kurven der Geometrie und sind nicht durch einfache Formeln wiederzugeben. Das Verhältnis —, bei Körpern, die nicht dem 04 Hookeschen Gesetz folgen, für jede Belastung verschieden, bildet den Elastizitätsmodul (oder Dehnungsmodul) E; bei Ersetzung von s und > A : 2 0 Era | durch die ursprünglich genannten vier Größen ist BE — In ähnlicher Weise geht die Untersuchung der Druckfestigkeit vor sich. Bei der Beanspruchung eines Körpers auf Biegung kommt aber auch die Form des Querschnittes in Betracht. Die zur Verwendung gelangenden Formeln und ihre Ableitung, sowie zahlreiche Beispiele über die Prüfung der Festig- keitsverhältnisse pflanzlicher und tierischer Organe besprechen Schwendener [59] u. [61, (S. 1—28)] und Triepel [62]. 2. Bewegung und Wachstum. Der einfachste Bewegungesvorgang, die gleichförmige Bewegung eines Punktes auf gerader Bahn, wird durch die Gleichung s= ct bestimmt, wobei e (die Geschwindigkeit) den in der Zeiteinheit, s den in der Zeit t zurückgelegten Weg bedeutet. Freibewegliche Organismen pflegen sehr unregelmäßige Bahnen zu beschreiben. Um eine geradlinige Be- wegung bei Paramaecien zu erzielen, verwendete Nagai [38] die Gal- vanotaxis. Die Tiere wurden mittelst Kapillare in einen kleinen, auf einen Objektträger aufmontierten Glastrog gebracht, an dessen aus porösem Ton bestehenden Schmalseiten die Pinsel der unpolarisierbaren Elektroden angelegt wurden und an dessen einen Längswand eine Papiermillimeter- skala angebracht war. Beobachtet wurde mit der Lupe und das Tier nach Durchschwimmung der gewählten Länge durch Stromwendung zur Umkehr veranlaßt. Die Zeit wurde durch Zählung der Ausschläge eines Metronoms gemessen. Ein Paramaecium brauchte zur Passierung der Strecke von 5 mm (bei einer Stromstärke von 0:18 Milliampere und einer Temperatur von 15—18°) gewöhnlich 8 Metronomschläge a !/, sec.; die Schwimmgeschwindigkeit wäre somit =—= r = 1m, Zur Br höhung der Genauigkeit wurde das arithmetische Mittel einer größeren Anzahl von hintereinander vorgenommenen Beobachtungen bestimmt. So ergab sich, daß ein Paramaecium durchschnittlich die Zeit von 77 Metro- nomschlägen brauchte, um 5 mm zurückzulegen. Chemische Veränderungen des Mediums hatten andere Schwimmgeschwindigkeiten zur Folge: Ent- hielt das Wasser 0'005°/, Alkohol, so war bloß die Zeit von 6'8 Metronom- bie 6 FEB rn EC WERE DBEREERUE BE ln Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 611 schlägen zur Durchwanderung derselben Strecke erforderlich, die Ge- schwindigkeit war also größer geworden, der geringe Alkoholzusatz hatte erregend gewirkt; das Verhältnis der Geschwindigkeiten in schwach alkohol- hältigem und in reinem Wasser, Can und Cw, wird durch die Proportion dargestellt: Gase: Cw = MER: De oder Gr :Cw = tw e CAlk, woraus für tax tw den angegebenen Spezialfall der Wert folet: = — = = = 1413, ist .der Ww auf diese Weise erhaltene Wert bei Anstellung des Versuches mit anderen Konzentrationen von Alkohol oder einem anderen Stoffe N kleiner als 1, also -. so läßt sich daraus auf eine lähmende Wirkung des Medi- w ums auf Paramaecium schließen. Auf ähnliche Weise kann man die Geschwindigkeit von Flüssigkeiten, die in mikroskopischen Bahnen strömen, bestimmen: bei der Untersuchung der Blutströmung in den Kapillaren (in der Schwimmhaut von Fröschen, in der Lunge von Fröschen oder Molchen) beobachtet man, wie es schon oft ausgeführt wurde!), wie lang ein Blutkörperchen braucht, um von einem Punkt zum andern, dessen Entfernung mikroskopisch meßbar ist, zu gelangen. Ebenso bestimmte V. Vouk |64] die Geschwindigkeit der Plasmaströmung in Myxomyceten-Plasmodien, indem er in einer unter das Mikroskop gestellten Schalenkultur einen möglichst geraden Plasmastrang in die Richtung der Okularmikrometerteilung einstellte und die Geschwin- digkeit der Flüssigkeitsströmung dadurch beurteilte, daß er eines der in der fließenden Masse vorhandenen festen Körperchen ins Auge faßte und die Zeit, die es zum Passieren einer gewissen Anzahl von Intervallen brauchte, mit der Stoppuhr (Sekundenchronometer) feststellte; nach Um- rechnung der Teilung auf Millimeter ergab sich die Geschwindigkeit nach DER Au ChE a AS der Formel = in ”” sc. Nun ist die Geschwindigkeit nicht konstant, was zum Teil mit dem Rhythmus der Bewegung zusammenhängt: das Proto- plasma strömt eine gewisse Zeit (P), während welcher die Geschwindigkeit allmählich bis zu einem Maximum zu- und dann wieder abnimmt, nach der einen Richtung, dann unter ähnlichen Geschwindigkeitsänderungen eine — gewöhnlich etwas kürzere — Zeit (R) nach der entgegengesetzten ; die Bewegung ist eine ungleichförmig beschleunigte, bzw. verzögerte; für die Geschwindigkeit v ergeben sich daher für oft hintereinander an dem- selben Strome wiederholte Messungen während desselben einmaligen Hin- und Herströmens („Rhythmusdauer“ T) verschiedene Werte, aus denen Vouk |65] als Endergebnis das arithmetische Mittel berechnet. Erhöhung der Temperatur hatte Erhöhung der Geschwindigkeit zur Folge. Bezüglich der Richtung der Bewegung ergab sich die Gesetzmäßigkeit, dad P+R bei demselben Plasmodium eine konstante Größe ist, die oben erwähnte ') Lit. siehe Frank [16], S. 260. 39* 612 Emil Löwi. Rhythmusdauer, alsoP + R=T. Bezeichnet man den während der Zeit P zurückgelegten Weg mit A» und den in entgegengesetzter Richtung zu- rückgelegten Weg während der Zeit R mit Ar, so ergibt Apr — Ar die Ent- fernung eines Punktes der Plasmamasse am Ende der Zeit T von dessen Lage zu Anfang von T. Ergibt die Differenz eine negative Zahl, ist also Ar>Ap. so ist jetzt die Bewegungsrichtung des Plasma der ursprünglichen entgegengesetzt. Den vom Plasma während einer Rhythmusdauer zurück- gelegten Weg, den wir durch A= Apr + |Ar| ausdrücken wollen, der direkt schwer bestimmbar ist. schon wegen seiner Länge, die viel größer als der Durchmesser des mikroskopischen Gesichtsfeldes ist, findet Vouk [65] annähernd auf folgende indirekte Weise: er faßt das während des einmaligen Hin- und Herströmens (Zeit T) aus einer größeren Anzahl von Geschwindigkeitswerten v gewonnene Mittel G als Geschwindigkeit einer gleichförmigen Bewegung auf und wendet zur annähernden Bestimmung des unbekannten Weges A, analog der Formel s= ct, die Formel AG) an. Bewegungen, die infolge eines äußeren Anlasses erfolgen, werden unten im Ab- schnitte über die Reizbarkeit besprochen. In naher Beziehung zur Bewegung steht das Wachstum insofern, als es in einem Auseinanderrücken (oder auch, bei regressiven Wachs- tumsvorgängen, Zusammenrücken) der materiellen Punkte des wach- senden Organes besteht. Die Entfernung des einen von zwei betrachteten Punkten gegenüber dem anderen als ruhend gedachten verändert sich mit der Zeit; die Differenz der Entfernungen zu Anfang und zu Ende der Beobachtungszeit stellt also den zurückgelegten Weg, den Zuwachs dar, dessen auf die Zeiteinheit entfallender Teil der Geschwindigkeit entspricht und als Wachstumsgeschwindigkeit bezeichnet wird. Die Massenzu- nahme eines Organismus geht meist nicht nach allen Richtungen des Raumes in gleicher Weise vor sich, sondern eine — die Längsrichtung — pflegt den anderen gegenüber bedeutend begünstigt zu sein, weshalb man sich häufig mit der Untersuchung des Längenwachstums begnügt. Meist sind die Zuwächse, die während gleicher Zeiträume erfolgen, nicht gleich. Infolgedessen ist die Wachstumsgeschwindigkeit e während der Beobach- tungszeit T, während welcher das Objekt von der Länge ], zur Länge |], heranwächst, nur als mittlere Wachstumsgeschwindigkeit aufzufassen; sie wird durch die Formel ausgedrückt e = _- la intervallen von der Dauer der Zeiteinheit t erfolgen aber verschieden große Zuwächse; diese, als Differenz der Länge l;_, zu Anfang und |; zu Ende eines beliebigen Zeitintervalles t; ausgedrückt, geben die fortwährend veränderliche Wachstumsgeschwindigkeit an: v=1;— 1; ı: hat man größere . In den einzelnen Zeit- !) Zu beachten ist also, daß in dieser Formel A nicht die Länge des Plasma- fadens darstellt, sondern die des von jedem Teileben während des einmaligen Hin- und Zurückströmens zurückgelegten Weges. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 613 Zeitintervalle x gewählt, während welcher die Länge von | auf l‘ zunahm, 4 e | Bet No In einzelnen Stadien der Entwicklung eines Organismus können gleichen Zeiträumen gleiche oder annähernd gleiche Zuwächse ent- sprechen, wie es in der in Fig. 275 dargestellten Kurve zwischen den Tabelle VIIL?!) _ Alter in Tagen?) Länge in Millimeter Fig. 275.°) 8 3 9 7 10 9 11 11 14 13 m 15 20 17 23 19 27 20 32 22 40 { 30 Wachstum des Larvenstadiums von Rana fusca (Grasfrosch) vom Tage des Ausschlüpfens bis zur Entwicklung der Hinterbeine. Alle Längenangaben sind als Durchschnitte der Messungen von 10 Tieren gewonnen. (Zu Tabelle VII.) Mtllimeler Punkten 11 und 23 der Abszissenachse der Fall ist. Dort entsprechen den je drei Tage umfassenden Intervallen 11, 14, 17, 20, 23 Zuwächse von je 2mm, so daß die Länge von 11 auf 13, 15, 17 und 19 steigt; die Zuwächse sind den Zeiten proportional. Der graphische Ausdruck der Proportionalität ist die Gerade. Bezeichnet man die Längenzunahmen (siehe Fig.) mit y“—y‘, y’“—y“,.... und die entsprechenden Zeiten mit xx‘, xx“, ...., so ist die (konstant bleibende) Geschwindigkeit y"—y' 7. eu u . , eine Formel, in der man die Gleichung der Geraden erkennt. Der konstante Quotient®) ist im vorliegenden Fall ®/,, d.h. die Geschwindigkeit pro Tag ist ?/; mm. Die übrigen Teile der Kurve sind in verschiedener Weise gekrümmt und lassen sich nicht durch eine einfache Formel ausdrücken. Während zwei im Raume sich bewegende Punkte in bezug auf ihre Geschwindigkeit ohneweiters miteinander verglichen werden können, gibt der analoge Vorgang bei Wachstumsvorgängen nicht immer ein richtiges t) Bruchstück einer Wachstumstabelle aus Przibram [46, IV | (aus den zu Tafel VII gehörigen Tabellen). ?) Vom Anfauge der Embryonalentwicklung an gerechnet. 5) Als y, y‘, y“ sind in der Figur irrtümlicherweise die Punkte 13, 15, 17 statt 11, 13, 15 bezeichnet. *) Dieser wird einfach durch & ausgedrückt, wenn der Beginn der Zeit und der x Anfangspunkt der Bewegung als Nullpunkt gelten (die Gerade beginnt dann im Koor- dinatenanfangspunkt). 614 Fig. 276. Zeitachse, Smm —I2h x A SCH za SL EH N IX SSSNCanzzsabe EIN N BANSNaE® Bunnuna EEE Dr Hi = 7/7271 ERENGE BEBEBENDNG BE! LIKIN BBns| TREE aunuzsesugsnugmunn (sauna GBEERBEHEEBERBENBBRE HaBEHEHNeN Hain Graphische Darstellung des Wachstums der Wurzel eines Keimlings von Vieia Faba. (Nach einer Tabelle) in Detmer, Das kleine pflanzenphysiologische Prak- tikum, Jena 1905, S. 193.) Auf die 12mm lange Wurzel wurden, '/,mm von der Spitze beginnend, Tusch- marken in Entfernungen von je lmm aufgetragen und die Länge der Wurzel auf diese Weise in 9 gleiche Zonen ge- teilt. (Von der Basis gegen die Spitze mit den Ziffern I bis IX bezeichnet.) Die 9 Weachstumskurven zeigen die Zu- wächse, die jede der 9 Zonen in Zeit- räumen von je 12 Stunden (insgesamt 4 Tagen) erfährt. Emil Löwi. Bild von den tatsächlichen Verhält- nissen. Denn ein infolge Wachstums vorrückender Punkt bewegt sich nicht bloß mit seiner eigenen Geschwindig- keit, sondern außerdem auch mit der der vor ihm liegenden Punkte. Trägt man auf einen wachsenden Pflanzen- teil in gleichen Abständen künstliche Marken (Tuschstriche) auf, so ändern sich allmählich die Entfernungen der Marken voneinander: es läßt sich für jede dieser Marken eine eigene Kurve des Vorrückens konstruieren (Fig.276). Die letzte, der Spitze zunächst liegende Marke hat eine Kurve K,, welche wegen ihrer bedeutenden Flachheit eine ge- wisse Ähnlichkeit mit einer Geraden hat — die Geschwindigkeit bleibt nicht ganz konstant, sondern nimmt allmäh- lich‘ etwas zu — und welche, wenn man von der unbedeutenden Entfernung (!/; mm), die noch bis zur Spitze fehlt, absieht, die Wachstumskurve des ganzen Organs ist. Trägt man aber die Länge der IX. Zone in den ein- zelnen Zeitintervallen gesondert in ein Koordinatensystem ein (Fig. 277), dann erhält man eine stark gekrümmte Kurve; aus dieser ersieht man sofort, dal) die Wachstumsgeschwindigkeit der IX. Zone allein anfangs sehr gering ist und später sehr schnell zunimmt, und daß die Flachheit der gekrümmten Kurve dadurch zustande kommt, dab !) Die Zahlen des Originals in etwas veränderter (übersichtlicherer) Anordnung sind folgende: Zeitintervalle a 12 Stunden. 0) 1 2 3 I 1 1 il 1. 11 1 1 1 1 =, 000 1 1-5 15 1'5 © IV 1 2 2 2 = V 1 2:3 5) 5) = VI 1 2:5 45 5) N VI il 19 45 be) VIII 1 15 2:5 55 IX il 1 15 2 4 b) 6 Z 8 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 15 15 15 15 15 2 2 2 2 2 3 B) B) 3 3 5) 5) B) B) B) 9 h) 9 I 9 12 19 25°5 28 29 35 4 m 145 24 - Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 615 die ersten Zonen anfangs schnell und später langsam wachsen, während die letzten Zonen sich umgekehrt verhalten (vgl. Kurve K,, welche als K‘, in Fig. 277 nochmals gesondert auf eine Abszissenachse bezogen — also nicht wie K, auf die vorhergehende Kurve — eingezeichnet ist), und dab die einem proportionalen Wachstum nahekommende Flachheit der IX. Zone nicht dieser selbst eigentümlich ist, sondern einem Zusammenwirken der ver- schiedenen Geschwindigkeiten der 9 Zonen entspringt. Wenn es auf einen Vergleich zwischen verschiedenen Organen oder Individuen ankommt, ist es deshalb häufig zweckmäßig, als Maß der Geschwindigkeit nicht den absoluten Zuwachs in einem bestimmten Zeitintervalle anzugeben, sondern den Zuwachs im Verhältnis zur Anfangslänge, und zwar in Prozenten der letzteren ausgedrückt. Bei der Beschreibung des Diekenwachstums schlägt man insofern einen etwas anderen Weg ein, als man bei der Beobachtung von zwei Fig. 277. Fig. 278. Hi BBPSAGHBERRTSEIEE H H EHFH H Dr] [1] EICH [11 | Ft (Erklärung s. Text.) Wachstumskurve der IX. Zone allein ».,ı. a f Eve robend angenom- Punkten P und P‘, welche etwa an dem menem Grenzpunkt gegen die VIII. Zone. kreisfürmigen Querschnitte eines kon- Zum Vergleich ist auch die Wachstums- zentrisch gebauten zylindrischen Organs, kurve der VII. Zone (K_), ebenfalls bei : : E 2 B fixiert gedachtem Anfangspunkt einge- z. B. einer Pflanzenachse, diametral tragen. gegenüber liegen (Fig. 278), nicht gut einen der beiden, gegenüber dem anderen als beweglich gedachten, als ruhend betrachten kann: man fallt viel- mehr beide als gegenüber dem ruhenden Mittelpunkte im Raume fort- schreitend auf. Zur Bestimmung der Wachstumsgeschwindigkeit wird man zwar mit dem Instrumente die Durchmesser 2r zu Anfang und 2R zu Ende der Beobachtungszeit t ermitteln, die Rechnung aber mit den Halbmessern, deren Differenz den zurückgelegten Weg bildet, ausführen. R—r t An den Schalen von Foraminiferen, die aus einer größeren Anzahl von spiralig angeordneten Kammern bestehen, die alle einander in geo- metrischem Sinne ähnlich sind, während ihre Größe mit dem Verlaufe der Spirale steigt, wurde die Beobachtung gemacht, daß das Verhältnis der Längen je zweier aufeinanderfolgender Kammern und desgleichen das Verhältnis der Breiten eine konstante Zahl ist. Aus zahlreichen Messungen Als Wachstumsgeschwindigkeit ergibt sich somit e = 616 Emil Löwi. ergab sich als Durchschnitt für diesen „Koeffizienten der Kammerprogression* 1:26, das ist die dritte Wurzel aus 2 (Przibram [47]; auch [46] S. 79). Da man annimmt, daß jede Kammer von der gesamten Plasmamasse der Zelle gebildet wird, so muß deren Volumen von Kammer zu Kammer sich ver- doppeln. Denn wenn das Volumen v z. B. eines prismatischen Körpers mit den Kantenlängen A, B und C (also v= ABC) sich verdoppelt, so ist das neue Volumen V=2v=2ABC, was bei gleichmäßiger Massenzunahme nach allen drei Dimensionen (so daß die Gestalt des Körpers ähnlich 3 3 3 bleibt) nur nach der Formel AY2.BY2.C 2 möglich ist. Bei größeren Tieren (Mantiden), bei denen (Gewichtsbestimmungen möglich waren, fanden H. Przibram und F. Megusar [48], daß von Häutung zu Häutung das Gewicht des Tieres sowohl als der abgeworfenen Haut sich verdoppelte, 3 während die Länge annähernd auf das Produkt der früheren mit /2 zu- nahm. Wie Längen-, so können auch Gewichtsangaben zur Konstruktion von Wachstumskurven verwendet werden. Als Wachstumsgeschwindigkeit gilt dann die Gewichtszunahme in der Zeiteinheit; sie kann entweder absolut oder als Prozentzahl des in der vorhergegangenen Zeiteinheit erreichten Gewichtes angegeben werden. Als Zeiteinheit empfiehlt H. Friedenthal [18] bei physiologischen Untersuchungen bloß die Sekunde und allenfalls noch den Tag zu verwenden, letzteren aber ebenfalls in Sekunden, deren Anzahl in Potenzen von 10 auszudrücken ist, umgerechnet. Ein Tag (86.400 Sekunden) wäre als 864 x 10” * sec. zu bezeichnen. Entsprechend sind die Gewichte bloß in Grammen, und zwar wieder in Potenzen von 10 anzugeben; 1 mg wäre also durch 1 x 10° zu geben. Durch diese Ver- wendung des CGS-Systems wäre nach Friedenthal der Vergleich zwischen den Wachstumsvorgängen bei verschiedenen Organismen erleichtert. Von den zahlreichen möglichen Bewegungsvorgängen haben wir oben nur den einfachsten Fall, die Bewegung eines Punktes auf gerader Bahn betrachtet, und dieser noch eine weitere Beschränkung auferlegt. die gleichbleibende Geschwindigkeit, wo aber letztere Bedingung nicht erfüllt war. einen annähernden Wert aus dem Mittel mehrerer Geschwindig- keitswerte zu berechnen gesucht oder es bei der graphischen Darstellung bewenden lassen. Ändert sich die Geschwindigkeit mit der Zeit, aber so, daß sie in gleichen Zeitintervallen um denselben Betrag (Beschleunigung) zu- oder abnimmt (gleichförmig beschleunigte beziehungsweise verzögerte Bewegung), dann läßt sich ebenfalls noch eine einfache Bewegungsgleichung aufstellen, wie eine solche die Physik für die Bewegung beim freien Fall gt? i a i ZA: ; ee) oder beim Wurf mit der Geschwindigkeit ce nach aufwärts (oder ot? — > abwärts) (s=ctF >) lehrt; hierbei ist der Geschwindigkeitszuwachs pro Zeiteinheit, die Beschleunigung &, durch die fortdauernde Einwirkung der u en EEE GBR BNENE 2 7 ee UT I Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 617 Erdschwerkraft bedingt, während die dauernde Einwirkung irgendeiner Kraft bei anderen Bewegungen eine Beschleunigung von anderer Größe her- vorrufen würde. Derartige Fälle kommen auch in der organischen Natur vor; wir werden später (S. 633) sehen, dal für das Reizwachstum einer Pflanze sich eine Formel aufstellen ließ, die der Formel s=-c+t = vollkommen analog gebaut ist. Die Geschwindigkeit einer nicht gleich- förmigen Bewegung ändert sich fortwährend und kann nicht als der in der Zeiteinheit zurückgelegte Weg definiert werden; denn das als Einheit angenommene Zeitintervall, gewöhnlich die Sekunde, ist noch immer ge- nügend groß, um weiter in noch kleinere Einheiten geteilt zu werden, deren jeder wieder verschieden große zurückgelegte Wegstrecken ent- sprechen; die Geschwindigkeit (v) ist also auch in jedem möglichst kleinen Zeitteilchen eine andere, und zwar ist ihre einzig richtige für alle Be- wegungsformen zutreffende Erklärung: Das Verhältnis des in einem unendlich kleinen ee Zeitteilchen (dt) zurückgelegten Wegstückes ns Während (ds) (Fig. 279) zu ersterem: v = dt die ganz ähnlich gebaute Formel ce = - (Ver- „& - hältnis Weg zur Zeit) nur die Berechnung der konstanten Geschwindigkeit aus der Weg- formel s=ct ermöglicht, ist der Ausdruck | d u h ; s a Ar (Differentialquotient des Weges nach der . Zestachse Zeit) der Schlüssel, um mit Hilfe der Regeln der Differentialrechnung aus jeder beliebigen den zurückgelegten Weg als Funktion der Zeit darstellenden Formel die als solche nicht in ihr enthaltene variable Geschwindigkeit zu berechnen. Wegachse gt? DRYLE „IR Aus der Formel s= ct + ”—- würde man — bei Verzicht auf die in den ele- 2 mentaren Lehrbüchern der Physik gegebene leicht verständliche, aber schwer- fällige Ableitung — erhalten: v= z —T Yen — .2t=c+gt. Auf ähn- liche Weise ergibt sich aus der Geschwindigkeitsformel die Beschleuni- gung (wenn negativ: Verzögerung), das ist die einem kleinsten Zeitteilchen entsprechende Geschwindigkeitsänderung, wenn abermals der Differen- tialquotient (= 2. Differentialquotient) gebildet wird: aus der Formel dv n=+8 (oder als zweite Ab- v=c-+sgt folgt für die Beschleunigung a ix e 2s leitung der Formel s=ct + — geschrieben: Tr: Erfolgt die Bewegung eines Punktes nicht auf gerader Bahn, so läßt sie sich nicht durch eine bloß 2 Variable enthaltende Formel ausdrücken; denn — 618 Emil Löwi. bei einer in einer Ebene liegenden krummen Bahn sind bereits 2 Variable erforderlich, um die Form der Bahn zu bestimmen. Ein Abbild der Bahn, etwa eine Spur, die der Punkt während seiner Bewegung zurückgelassen haben könnte, in ein rechtwinkeliges Koordinatensystem eingetragen, er- gibt eine Kurve, die Bahnkurve, deren Punkte alle durch 2 Koordinaten bestimmt sind, welche beide Weestrecken bedeuten, und zwar nach zwei aufeinander senkrechten Richtungen verlaufende; die Zeit läßt sich da- durch darstellen, daß man auf der Bahnkurve selbst einzelne Punkte be- sonders hervorhebt und mit der entsprechenden Zeitbezeichnung versieht, oder daß man bei der Konstruktion der Bahnkurve des sich bewegenden Punktes durch Projektion auf eine zur Ebene seiner Bewegung parallele Ebene diese in gegebenen gleichen Zeitintervallen vornimmt. Errichtet man nun in der Ebene der Bahnkurve ein beliebig ge- legenes rechtwinkeliges Koordinaten- system (Fig. 280, CX. CY)'), so läßt sich die Bewegung als Resultierende zweier Bewegüngen auffassen. Trägt man die Ordinaten y der aufeinander folgenden Punkte der Bahnkurve in einem neuen rechtwinkeligen Koordinatensystem auf Projektionskurve von Zea Mays nach die Raumachse auf, während die Zeit- Fritsche”), Vergr. 10. Die Spitze der wachsenden Keimpflanze von Zea Achse entsprechend den angenommenen wurde von obenher 4'/, Stunden lang Zeitintervallen geteilt wird (Fig. 281), der = ER TEER EDDIE so erhält man durch die bekannte Kon- talebene. in kleinen Zeitinterval- Struktion eine Kurve, die das Abhängig- len, meist 7'/, Minuten, ihre jewei- -keitseesetz des in der Y-Richtune zu- lige Lage auf einer Zeichenebene re + Sr (bei 10facher Vergrößerung) fixiert. Tückgelegten Weges von der erforderlich Die Originalkurve®) wurde für vor- gewesenen Zeit ausdrückt, eine „Weg- liegende Zwecke in das Koordina- kurve“. Durch dasselbe Verfahren mit tensystem mit den Achsen EX und d E i CY eingetragen. den Abszissen x der Bahnkurve erhält j man eine zweite Wegkurve, die für die X-Richtung. Nun kann man die Geschwindigkeit der Bewegung durch 2 Diffe- rentialquotienten, entsprechend den beiden Wegkurven, angeben: = und - Zur vollständigen Bestimmung der Bewegung eines Punktes im Raume muß man sie in drei zueinander senkrechten Richtungen be- Fig. 280. imm = 0Ymım uB BB BB! BB [11 E11 B AN ana /mıin zZ ne !) Hier handelt es sich zwar nicht um die Bewegung in einer Ebene, doch stellt die Figur nicht die Bahnkurve des bewegten Punktes selbst, sondern die seiner Pro- jektion auf eine Horizontalebene dar. °) Dissert. Leipzig 1899. 3) Kopiert aus Jost L., Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. Jena, Gustav Fischer, 1904, S. 652, Fig. 163. = Mathematische Methoden in deu biologischen Wissenschaften. 619 trachten, es ist also ein dreiachsiges Koordinatensystem und die Zerlegung der Bahnkurve in drei Wegkurven notwendig. Zur Konstruktion der letzteren sind bloß zwei aufeinander senkrecht stehende Koordinatenebenen erforderlich. In dem oben besprochenen Falle würde man noch eine Vertikal- ebene verwenden und auch auf diese die jeweilige Lage der sich bewegenden Pflan- zenspitze projizieren, die Entfernung z von einer be- liebig angenommenen hori- zontalliegenden Raumachse dieser Ebene mit einem Horizontalmikroskop bei derselben Vergrößerung messen und mit der gleich groß wie früher angenom- menen Einheit zur Kon- struktion der Wegkurve auftragen. Durch die beiden früher genannten Diffe- rentialquotienten und durch y : FE wäre dann die Ge- Fig. 281. DIEmm HEHE Hi Raumachse Tmm 1202220, 03,137. en 2 5 Zeifachse, Imm = Smin Die beiden Wegkurven der in der Horizontalebene wandernden Projektion der Pflanzenspitze der vorigen Figur. Als Abszissen wurden die den einzelnen Punk- ten von Fig. 280 beigesetzten Zeitangaben aufgetragen, wo sie fehlten, wurde angenommen, daß die unbe- zeichneten Punkte das Zeitintervall zwischen dem unmittelbar vorhergehenden und dem nachfolgenden bezeichneten Punkte in gleiche Teile teilten. Als Ordinaten dienten die Verschiebungen des Punktes längs der Achse CX, beziehungsweise CY: ee ee Bewegung in der X-Richtung, o—0—-0--o Bewegung in der Y-Richtung. m ) schwindigkeit nach allen Richtungen des Raumes vollständig bestimmt. Auf diese Methode läßt sich die Lösung eines der schwierigsten Bewegungsprobleme der Physiologie zurückführen, die !) Aus den zwei Raumkoordinaten und den Zeitangaben der Fig. 15 (Bahnkurve) läßt sich folgende Tabelle zusammenstellen, aus der man leichter als durch direkte Ablesung von der Bahnkurve die beiden Wegkurven konstruieren kann: = Y t >= y t 30 32); 145 h 5 31, 50 h 28%), 30°), 152%. 6 6 4 26% 298), 2 4), 10 410 24°] 27°], 2 6 12 420 23 25 915 7a: 15 430 22 23 222, 7 20°), 440 193), 18'/, 230 Su 24° 450 17 13:= 937, 10 291, > 16 1123/, 245 13 264, 510 14 9 >50 15 342], 520 12 7 55 18!/, 24°), 530 4177. 5°, 3 19 21? 545 8), 4 310 2127, 20°], 6 %ls 2’; 320 23 20! 65 4°], 1 330 24! 18 610 2°], 24, 340 ie 173], 630 620 Emil Löwi. Untersuchung der Bewegung im Raume, die der Gesamtschwerpunkt des menschlichen Körpers beim Gehen ausführt, mittelst der von W. Braune und O. Fischer ausgearbeiteten Methode.) Das mit schwarzem Trikot be- kleidete, in einem verdunkelten Saale schreitende Versuchsindividuum trug längs der einzelnen Körperabschnitte und auf dem Kopfe kapillare Geißler- röhren -— nähere Beschreibung kann hier nicht gegeben werden —, die durch einen mittelst einer großen Stimmgabel in Intervallen von 0'0383 Se- kunden unterbrochenen Strom intermittierend zum Aufleuchten gebracht wurden, und wurde gleichzeitig von vier photographischen Apparaten ?) aufgenommen. Die Lage des Schwerpunktes der einzelnen Körperabschnitte war durch einen um die Geißlerröhre gezogenen Ring von schwarzem Asphaltlack angedeutet, der auf der Platte als Unterbrechung der leuch- tenden Linie erschien. Ein Doppelschritt bestand aus 26 in Zeitintervallen von Je 0'038 sec. aufeinanderfolgenden Phasen, nach deren Aufnahme auf dieselben Negative, bei unveränderter Stellung der Apparate, je ein auf der betreffenden optischen Achse senkrecht stehendes Koordinatennetz photographiert wurde. Die Koordinaten des Gesamtschwerpunktes wurden für jede Phase aus den Koordinaten der Einzelschwerpunkte bestimmt, wobei infolge der Zentralprojektion, in der die vom Objektiv gelieferten Bilder gegeben sind, noch eine Umrechnüng mittelst besonderer Formeln nötig war, um die wirklichen räumlichen Koordinaten zu erhalten. Zum Schlusse wurden die Koordinaten des Gesamtschwerpunktes bezüglich der Horizontal-, Frontal- und Sagittalebene bestimmt und durch die den ein- zelnen Phasen entsprechenden Punkte jeder Ebene?) Wegkurven !) gelegt. Da die Ableitung einer genügend genauen Formel für die drei Wegkurven, aus deren ersten und zweiten Differentialquotienten man die Geschwindigkeit und Beschleunigung für jede Zeit berechnen könnte, außerordentlich schwierig: ist 5), wurde die Aufgabe graphisch ®) gelöst: die trigonometrische Tangente des Winkels, den die in einem Punkte an die Kurve gezogene Kurventangente mit der Abszissenachse bildet, entspricht dem Differential- quotienten der Kurvengleichung für diesen Punkt. Aus den 26 den ein- zelnen Phasen entsprechenden Tangenslängen und den dazugehörigen ') Außer den Originalabhandlungen „Der Gang des Menschen“ I und II [6 und 13] s. die Beschreibung der Methode in Fischers „Methodik der speziellen Bewegungs- lehre“ [12] S. 230—297. (Die zitierte Stelle ist auch in desselben Verfassers Medizini- scher Physik [93] S. 454—475 abgedruckt.) ?) Zwei rechts und links von der Gangrichtung mit den optischen Achsen senk- recht auf diese, die beiden anderen rechts und links von vorn, ihre beiden optischen Achsen unter 30° die Gangrichtung schneidend; gemeinsamer Schnittpunkt der vier op- tischen Achsen in der Gangrichtung. ») Die Konstruktion wurde in sehr großem Maßstabe ausgeführt: die drei recht- winkeligen räumlichen Koordinaten wurden in natürlicher Größe als Ordinaten aufge- tragen, und 1 see = 1 dm als Abszisse. *) S. auch Frschers Med. Physik [93] S. 51—59 (Abbildungen der Kurven). 5) Vgl. S. 627 Aum.') 6) Hierüber s. auch Fischers Med. Physik. S. 62—75. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 621 Zeiten wurden die „Geschwindigkeitskurven* konstruiert.!) Auf dieselbe Weise ergaben sich aus den Geschwindigkeitskurven „Beschleunigungs- kurven“. Bei dem großen Maßstab der Zeichnungen ließ sich für jede Zeit der spezielle Wert der Geschwindigkeit und Beschleunigung leicht ablesen. Im Gegensatz zu den Bewegungen, bei denen das Fortschreiten eines Punktes — oder eines Körpers, dessen ganze Masse man sich in einem Punkte konzentriert denkt — im Raume beobachtet wird, den Trans- lationsbewegungen, kann ein Körper ohne seine gleichzeitige Fortbe- wegung im Raume auch insoferne in Bewegung sein, als seine Punkte alle im Verhältnis zu einem als ruhend angenommenen Punkte ihre Lage im Raume ändern: Rotationsbewegung.?) Zu diesen gehören die Bewegungen der Extremitäten und ihrer Teile um die Gelenke. Mit der Untersuchung dieser Verhältnisse hat sich besonders ©. Fischer be- schäftiet und seine Erfahrungen in zahlreichen Abhandlungen niederge- legt. ?) 3. Erscheinungen des Energiewechsels und Stoifwechselvorgänge. Jede Leistung der lebenden Substanz, mag sie sich als was immer für eine Energieform äußern, geht in letzter Linie auf einen chemischen Umsatz zurück. Wird ein Muskel durch ein äußeres Agens veranlaßbt, Arbeit zu leisten, so ist letztere bedeutend größer, als der zugeführten Energie entsprechen würde: der äußere Anlal) hat bloß als „Auslösung“ gewirkt, während die zutage tretende mechanische Energie aus dem Umsatz einer äquivalenten Menge chemischer Energie stammt. Wie sehr die Auslösung von der Leistung quantitativ übertroffen wird, zeigt folgender Versuch #): Läßt man auf den auf einer festen Unterlage ruhenden Nerven eines Nervmuskelpräparates (Gastrocenemius vom Frosch) ein Gewicht von 0485 g aus einer Höhe von 10'1 mm herabfallen, so kann der sich nun kontrahierende Muskel ein Gewicht von 485g 38 mm hoch heben. Die geleistete Arbeit beträgt 48°5 x 38 — 1843 gmm — außerdem wird noch Wärme gebildet —, während bloß 0485 x 101 = 49 gmm die Kontraktion veranlaßten. Die Beziehung zwischen mechanischer Arbeit und Stoffver- brauch wurden von M. Camis |9]) durch Versuche am überlebenden Herzmuskel festgestellt. Ein Kaninchenherz wurde in einem modifizierten Langendorfschen Apparat>) durch die Kranzgefäße mit dextrosehaltiger Ringerlösung gespeist und hob bei seinen Kontraktionen, ohne Blut zu 1) Über berechnete Geschwindigkeiten und aus diesen konstruierte Geschwindig- keitskurven s. das S. 627 angegebene Beispiel. 2) Zusammenfassende elementare Darstellung der physiologischen Bewegungslehre in ©. Fischers Med. Physik. 3) S. Lit.-Verz. von Fischer [12]; s. ferner Fischer [14]. #) Tigerstedt, Lehrb. d. Physiologie (Leipzig 1905). I. S. 59. 5) Über die Originalmethode Langendorffs siehe Frank [16], S. 156 ff. 622 Emil Löwi. fördern, einen Registrierhebel OA, mit einem Gewicht P (Fig. 282). Die vom Herzen bei jeder Kontraktion geleistete Arbeit A besteht aus der Hebung des Gewichtes P vom Punkte P, bis P,, des Hebelgewichtes p von B, bis B, und seines eigenen Gewichtes Pr, das man sich aus mehreren sozusagen etagenförmig übereinander angeordneten zusammen- hängenden Teilgewichten vorstellen kann, auf verschieden lange Strecken, Fig. 282. oO (Nach Camis, durch Schematisierung vereinfacht, Buchstabenbezeichnung abgeändert.) O Drehpunkt des Hebels 0A. 0A, Lage desemporgehobenen Hebels. P Vom Herzen zu hebendes Gewicht. B, und B, Schwerpunkt des Hebels. P, und P, Angriffspunkt der Last P. Wegen der Kleinheit des X A, OA, lassen sich, ohne einen wesentlichen Fehler zu begehen, bei der Berech- nung die Bogen A,A,, B,P, und P,P, als von A,, B, und P, auf A, O gefällte Normale ansehen, so daß man nach Ausmessung der jeweiligen Höhe H=4A,4, auf der gezeich- neten Kurve die Länge der Strecke P,P,=h, um welche die Herz- spitze und das Gewicht P, sowie der Strecke B,B, =‘, um welche das Hebelgewicht gehoben wurde, be- rechnen kann: HEWEH—- EIER DEPIG die um so kleiner sind, je näher der betreffende (ein Teilgewicht bildende) Herzabschnitt dem Aufhängepunkt des Herzens liegt, also zwischen OÖ und der Länge der Strecke P, P,; = h liegen; man nimmt deshalb das Mittel N es ist also A=P-h+ Pan + p-h war die Anzahl der während der Beob- achtungszeit t vorgekommenen Kon- traktionen n;, so war die hierbei ge- leistete Arbeit OR A=[(P+ EL + ph‘]-n.. Zur Bestimmung des chemischen Äqui- valents dieser Arbeitsleistung wurde der Zuckergehalt der während des Versuches durch den Herzmuskel gegangenen Speiseflüssigkeit bestimmt: es ergab sich gegenüber dem Gehalt einer gleich groben nicht zum Versuche verwendeten Menge Flüssigkeit ein Fehlbetrag an Dextrose, D;, und diese Größe ist das gesuchte chemische Äquivalent. Die Gewichte in Grammen und die Hub- höhen in Zentimetern ausgedrückt, ergibt die Arbeit A: in Zentimetergrammen. Die Größe - gibt die auf die Arbeits- nn 7 einheitentfallende Menge Betriebsstoffan. Infolge mechanischer Leistungen der Muskeln entstehen in ihnen gewisse Stoffwechselprodukte; schon vor langer Zeit, als die Ursache der Ermüdung nachgewiesen !), wurden sie zuerst von W. Weichardt?) zu- nächst aus ermüdeten Muskeln, dann auch aus den Ausscheidungen des Körpers und endlich auf chemischem Wege direkt aus Eiweiß hergestellt. !) Siehe Verworn [63], S. 500—502 (Lit.!). 2) Über Ermüdungsstoffe. Stuttgart, F. Enke, 1900. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 623 Aus der Menge der Zerfallsprodukte bei einem gewissen geleisteten Arbeitsquantum könnte man in ähnlicher Weise, wie es bei der Auf- nahme des für eine gewisse Arbeit notwendigen Stoffquantums geschehen ist, eine Äquivalenzgleichung ableiten, doch stehen der Bestimmung der quantitativen Beziehung zwischen dem Grade der Muskelleistung und der Menge der gebildeten Ermüdungsstoffe außerordentliche Schwierigkeiten gegenüber. Die im Körper der Organismen aufgespeicherte Energie, auf deren Kosten alle Lebensäußerungen vor sich gehen, stammt aus verschiedenen Energiequellen der Außenwelt, vorwiegend wieder aus chemischer, dann aber auch aus thermischer und optischer Energie. Letztere spielt die größte Rolle bei der Zerlegung der Kohlensäure und Verwendung des frei werdenden Kohlenstoffes zur Synthese der einfachsten organischen Verbindungen in der grünen Pflanze unter dem Einfluß des Sonnenlichtes. Für die Produktion von Stärke im .Blatte von Nerium berechnet Pfeffer‘), daß auf den Quadratmeter Blattfläche pro sec. eine Menge von 0'000535 g Stärke ent- fällt. Die Verbrennungswärme von 1g Stärke wird mit 4100 Kalorien?) angegeben. Die unter den besagten Verhältnissen aufgewendete Energie ist daher mit 0:000535 x 4100 kal. äquivalent, hat also den Wert von 22 kal. Zuführung von thermischer Energie hat eine Erhöhung der Intensität der meisten Lebensvorgänge zur Folge, und zwar gewöhnlich nach dem- selben Gesetze, das van ’t Hof für die Zunahme der Geschwindigkeit chemischer Reaktionen bei Temperaturerhöhung nachgewiesen hatte °): einer Steigerung der Temperatur von t° C auf t-+ 10° entspricht eine Zunahme der Geschwindigkeit auf das Zwei- bis Dreifache; die neue Geschwindig- keit kt ı 10 ist 2-- 3mal so groß als die frühere k+, so daß der Quotient _kterno 3 Kae kt Zahl ist, 2 > saat auf Zitronenscheiben bei verschiedenen Tem- a” 9-5 peraturen bis zur Keimung benötigt wird [67]: 35 2:25 die Schwierigkeit bestand darin, daß der Autor e 2 damals nicht über Vorrichtungen zum Konstant- 7 172 halten der verschiedenen Temperaturen verfügte 11 10 und annähernd konstante Temperaturen von ver- = > schiedener Höhe dadurch erzielte, daß) er die Ver- 22 025 suche in Räumlichkeiten aufstellte, die von einem > > geheizten Raume — es war im Winter — ver- 35 04 schieden weit entfernt waren. Die tiefsten Tem- 38 055 peraturen erhielt er durch Aufstellen der Kultur- Eu 0% gefäße im Freien sowie Eingraben eines Teils derselben im Schnee; den geringen Schwankun- gen der Temperatur in jedem Raume wurde durch Angabe des Mittels aus den Ablesungen zu verschiedenen Zeiten Rechnung getragen. Bei den einzelnen Temperaturen wurden die in Tabelle XII zusammengestellten Zeiten (in Tagen) gefunden. Dem Steigen der Temperatur entspricht ein Fallen der Zeitdauer, eroßenteils ziemlich regelmäßig, erst gegen Ende der Tabelle treten einige kleine Störungen auf: der jähe Abfall von 075 auf 025 und nach diesem wieder der an- scheinend zu hohe Anstieg auf 05 und 0'7, dem noch einige Schwankun- gen folgen. Zur Konstruktion der Kurve wird man Temperaturgrade (T) und Tage (d) nicht durch dieselbe Strecke geben, da die in Betracht kom- menden Maßszahlen der ersteren zwischen den Extremen 1'5 und 425, die der letzteren zwischen den viel kleineren Extremen 0'25 und 5'8 einge- schlossen sind — man erhielte sonst eine zu sehr zusammengeschobene Kurve, die in manchen ähnlichen Fällen vielleicht nicht richtig erkennbar wäre —, man wird vielmehr die Maßzahlen beider Variabler auf dieselbe Größenordnung bringen, im vorliegenden Falle durch Multiplikation der Zeitwerte mit 10, so daß die Konstruktion sowie auch die folgende Be- rechnung mit Zehnteltagen D ausgeführt wird, deren Extreme nun 25 und 58 sind. Die graphische Darstellung (Fig. 294) läßt die oben erwähnten Schwankungen deutlich als zufällige Abweichungen erkennen; sie stören den Gesamtverlauf der Kurve nicht sonderlich, diese ist vielmehr leicht als gleichseitige Hyperbel erkennbar. Da die Gleichung einer solchen xy=k ist, werden wir mit gleichzeitiger Benützung der bei vorigem Beispiel ge- gewonnenen Erfahrung nicht etwa bloß TD=k als Gleichung des gesuch- ten Abhängigkeitsverhältnisses annehmen, sondern die T- und D-Werte 650 Emil Löwi. um je eine Konstante a und b vermehren oder vermindern?): über das Vorzeichen der speziellen Werte von a und b läßt sich von vornherein nichts aussagen, wir wer- den einfach (T'+)D+b)=k nl) Fig. 294. schreiben (vgl. das auf S. 648 über die Vorzei- chen der Parabelkonstan- ten Gesagte). Durch Ausführung der Multiplikation geht die Gleichung in TD+aD+br+ab=k 112) über, und bei Ersetzung des nur aus Konstanten Zehnteltage D) bestehenden Ausdruckes N BEER, k—ab durch eine neue Die zur Sporenkeimung (näheres s. Text) nötige Zeit in Abhängigkeit von der Temperatur. Die beobachte- Konstante ce in ten Werte als Punkte, die durch eine gebrochene Temperaturgrade nach Celsius) = DE Linie miteinander verbunden sind, die berechneten TD-+-aD +br=e 119). Werte der ausgeglichenen Kurve durch Ringelchen : { H : dargestellt. Die Abszissen der 18 Beobachtungspunkte Aus dieser Glei- sind die zehnfachen Werte von Spalte 2 in TabelleXI; chung lassen sich durch die Abszissen des 2. bis 18. berechneten Punktes (der das bei der Bildung der 1. wurde wegen seiner weiten Entfernung nicht ge- a Eu zeichnet) finden sich in der 4. Spalte der Tabelle XIN. Gleichungen 4), 5), 6) (5.645) angewendete Ver- fahren?) die 3 allgemeinen Normalgleichungen aufstellen: [TD:]+a[D®]+b[rD]=e[D] 14) [7?D] + aD] + b[r:] =e[r] 11D) [TD|J+ alD| + bir] =Ne 116) '!) Auf die Notwendigkeit der Annahme mindestens der einen Konstanten a hätte schon die Überlegung geführt, daß r von einem ganz willkürlichen Punkte, dem Gefrierpunkt des Wassers, aus gerechnet wird. Bei Annahme eines anderen Nullpunktes hätte die Abszissenachse des Beobachtungskoordinatensystems eine andere Lage und infolge dessen a einen anderen Wert; so wäre bei Verwendung der Fahrenheit-Skala oder des absoluten Nullpunktes die Abszissenachse um 32 bzw. 273 Einheiten tiefer anzu- legen und a wäre entsprechend größer. — Es ist natürlich auch denkbar, daß bei einem Problem der Wert der einen oder auch der beider Konstanten sich als Null erweist. °) Bei Steinhauser [84] (S. 111ff.) werden andere Lösungsmethoden vorgeführt; für die Zulässigkeit der hier geübten Methode, welche keine wesentliche Schwierigkeit bietet — wir werden sie noch an einem zweiten Beispiel erläutern —, spricht das sehr befriedigende Ergebnis der Berechnungen. (Man vergleiche, wie in Fig. 294 die be- rechneten Punkte der ausgeglichenen Kurve so zwischen die Beobachtungspunkte fallen, wie ein zum Zwecke graphischer Ausgleichung aus freier Hand gelegter Kurven- zug fallen müßte.) Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 651 Die Berechnung der Klammerausdrücke aus den Zahlen der Ta- belle XII — die Zahlen der 2. Spalte immer mit ihrem zehnfachen Wert genommen! — führt auf die 3 speziellen Normalgleichungen 29.977125 + 958625 a+ 217275 b= 296 5e ır!) 48.387875 + 217275 a-+ 8989 b==30hre 118) 217275 + 2965 a-+ 306 bl 119), deren Auflösung die speziellen Werte von a, b, ce, nämlich — 11295, — 3°87905, 3615933 ergibt; aus der letzten Zahl erhält man, da c=k-—-.ab ist, durch Ver- mehrung um das Produkt der beiden ersten die Konstante k = 4054072. Die untersuchte Gesetzmäßigkeit wird durch die Formel ausgedrückt (a und b auf 2, k auf 3 Dezimalstellen abgerundet und D durch 10d er- setzt, um dieselben Einheiten, wie in der Beobachtungstabelle, auch in der Formel zu haben): (T— 1:13) (104— 3'88) = 40:541 10). Die Auflösung nach 10d ergibt die zur Erprobung des Gesetzes zu verwendende Formel 40'541 * nach der die Tabelle XIII berechnet ist. Aus ihren beiden letzten Spalten ist Tabelle XII. 40541 N — ll 0 D!) 10 d beobachtet u = d berechnet 15 0:37 10957 11345 11'35 58 2 0:87 46:59 50:47 5:05 5° 25 1:37 29:59: 3347 335 3 3 1:87 21'673 2556 2:56 2:5 35 2:37 17'106 20:99 2:10 2:25 4 287 14'126 15:01 180 2 5) 3:87 10475 1436 144 15 7 5:87 6906 10:79 1:08 12 11 9:87 410: 739 080 1 14 12:87 315 703 070 075 17 15'87 2594 643 0:64 075 22 20:87 1'942 582 0:58 025 26 24:87 1'630 ad 0:55 05 32 30:87 1'313 519 0:52 07 35 3387 1'1% 9:08 0:51 04 38 3687 10% 4:98 0:50 055 40 3887 1'043 4:92 0:49 07 42°5 41:37 0979 4:86 0:49 0:3 ') Die um 3'88 vermehrten Werte der vorhergehenden Spalte. 652 Emil Löwi. zu ersehen, daß die berechneten Werte der abhängigen Variablen mit den beobachteten befriedigend — mit Rücksicht auf die oben erwähnten tech- nischen Schwierigkeiten Kann man sagen sehr gut — übereinstimmen, mit alleiniger Ausnahme des ersten (11'355 berechnet gegen 5'8 beobachtet); ob diese Ausnahme ein Zufall ist, der bei wiederholter Ausführung des Versuches sich ausgleichen würde, oder eine Gesetzmäßigkeit, ist aus dem vorliegenden Zahlenmaterial nicht zu entscheiden. Wollen wir vorläufig letzteres annehmen, dann würden wir T=2 als unteren Grenzwert in die Formel einsetzen und diese folgendermaßen schreiben: 425 (T— 1:13) (104— 3:88) — 40541. Das Längenwachstum von Pflanzenachsen wird bekanntlich durch Licht gehemmt, und zwar um so mehr, je intensiver das Licht ist. Die von J. Wiesner abgeleitete Methode der Lichtmessung ermöglicht es, die Be- ziehungen zwischen Lichtstärke und Längenwachstum zahlenmäßig zu unter- suchen. Tabelle XIV gibt eine von Wiesners Versuchsreihen wieder, aus Tabelle XIV.ı) der wir die Formel des herrschenden Abhän- N De gigkeitsgesetzes ‚ableiten wollen. Wie bei vorigem ıchtstäarke Fe . . . . r des Länge dr Beispiel werden wir auch hier den Werten der Standortes Hypokotyle - PL: R B R N E (mm) einen Variablen — hier ist es die unabhängige ! 1: — durch Bildung von Vielfachen eine andere DR 3:5 Größenordnung verleihen: anstatt von der Licht- - 68 stärke o—=1 werden wir von der Lichtstärke &> ® = 100p = 100 10 156 : en 14 : = 1 2 ausgehen (Tab. XV, Spalte 1). Die unter Verwen- 30 28°0 , Serse x dung der neuen Werte konstruierte Kurve ist eine 100 505 fast vollkommen störungsfreie Hyperbel. Nach Auf- 1 | Cm 55:2 stellung der Formel 1 2000 642 (P+m) (L+n)=k nl) —, 652 gehen wir nach derselben Methode wie bei vorigem N ee: Beispiele vor, ersetzen den Ausdruck k—mn durch 0.) 90 die neue Konstante e und bilden die 3 allge- meinen Normalgleichungen [IPL]+[P]Jn+[ L]m=Ne 2) [PL?] + [PL]n + [| L? ]m = [Le 119) [P®L] — [P?]n _ [PL|m == [PJe nt), aus welcher (s. Tab. XV) die 3 speziellen Normalgleichungen 806172 =. 18952771 -2 356.12 m = 9% 11D) 10.2715109 + 806171 n-+ 19.361453 m =5561c 116) 29.922:42793 + 13.2371252n + 806°171m = 18352 c ı) '!) Abhängigkeit des Längenwachstums des Hypokotyls von Lepidium sativum von der Lichtstärke nach Wiesner [70], S. 235ff. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 653 Tabelle XV. ® RT 3 p L? DL DL: 100 15 150 10.000 2:25 15.000 225 50 35 1% 2.500 12:25 8.750 612° 25 68 170 625 4624 4.250 1.156 10 156 156 100 24336 1.560 2.433°6 333) 280 93333 111111 78400 Sl1l1lll 2.613:3333 1 505 50,5 10 2550:25 50:5 2.550°25 1 ee 1 0:01 3047°04 0.552 304704 0055 62 321 00025 412164 016050 206:0820 004 652 2608 00016 425104 010432 1700416 00 656 0000 00000 4303-36 0:00000 0:0000 18952 3561 806171 13.2371252 19.361743 29.922:42793 10.2715109 [®] [L] [PL] [°] (L?) [PL] [PL°] folgen. durch deren Auflösung sich zunächst für n. m, C die Werte 040272191, 3'11785294, 19927622 ergeben und hernach für k=c+ mn der Wert 20053185 folgt. Schreibt man nun noch 100 o für P, so erhält das Gesetz die Form (1000 + 3:12) (L + 0°40) = 20053 1118) 20053 Su re I oder L 1009 + 312 040 IH ) Die aus letzterer Formel berechneten 10 L-Werte sind Tabelle XVI. 75.32707,7149. 307 4832:6179,.029, 631, 639 gegenüber den] an I. 79] FR:£ >) . «Fr AR:I ER ..) DF»£ EIN 6 Eesachteten | 19.2052..68,. 156, 280.503, 332, 642,652, 65:6, die Abweichungen | a ee ersterer von letzteren | 0:0, 01, 01, 707, + IV 230 167, 13, 21, —17. Die Übereinstimmung ist sehr befriedigend (bloß der 7. Wert zeigt eine erheblichere Abweichung) und tritt besonders in der graphischen Dar- stellung hervor: die beiden Kurven fallen beinahe zusammen. Nun wollen wir noch einen Blick auf ein oben (S. 637 f.) bereits berührtes Problem werfen, das sich mit der Vitalresistenz von Mikro- organismen gegen chemische Schädigungen von verschiedener Intensität bei verschieden langer Einwirkungsdauer beschäftigt. In der a. a. 0. er- wähnten Abhandlung von Th. Paul und P. Krönig wird in einer Tabelle von 5 Spalten die Anzahl der Milzbrandsporen angegeben, welche in einer Aufschwemmung von bekanntem Gehalt bei Einwirkung von wässeriger HgCl,-Lösung, die in 5 verschiedenen Konzentrationen, immer bei der- selben Temperatur. zum Versuche verwendet wurde, nach Zeiträumen von verschieden langer Dauer noch am Leben geblieben waren. Trägt man !) Bei Berechnung der entsprechenden Werte der anderen Spalten wurde nicht von diesem periodischen Dezimalbruch, sondern, wegen der größeren Genauigkeit, von 100 30 Qusgegangen, was auch einfacher ist. 654 Emil Löwi. für jede Konzentration verschiedene Zeitpunkte der Einwirkung auf die eine, die jeweilig ermittelte Anzahl überlebender Sporen auf die andere Achse eines rechtwinkligen Koordinatensystems auf, so erhält man eine Schar von 5 gleichseitigen Hyperbeln, welche bezüglich der Zeitachse um so mehr vom Ursprung wegrücken, je geringer die Konzentration ist, während sie bezüglich der zweiten Achse die gleiche Lage zu haben scheinen. Die Anzahl der überlebenden Sporen mit v, die entsprechenden Zeiten mit t bezeichnet, wäre die Formel der Hyperbeln (v+a) (t+b)=k, wobei a wahrscheinlich für alle Konzentrationen gleich ist, b mit fallender Kon- zentration steigt. Würde man dieselbe Konzentration bei Aufschwemmungen von verschiedenem Sporengehalt prüfen, dann würde b immer gleich bleiben, a aber mit dem Sporengehalt steigen. und was endlich die dritte Konstante Fig. 295. Hyperbelscharen der Formel Y . @&+m)y+n)=k. Die speziellen Werte der 3 | Konstanten (in Millimetern) N sind für die 6 Fälle der Figur: mn k 0 0 9 15 00280 1: 07.0120 200 40 12920210210 40 % X. anbelangt, so kann kein Zweifel bestehen, daß diese charakteristisch ; ist einerseits für die Art des untersuchten Organismus, andrerseits für die Natur des angewendeten chemischen Mittels. In graphischer Darstellung bestimmen a und b die Lage der Hyperbeln (bezüglich jeder der beiden Beobachtungskoordinatenachsen), k ihre Gestalt (vgl. die Konstruktionen der Fig. 295). Jedes als gleichseitige Hyperbel darstellbare Gesetz ist also der Aus- druck der verkehrten Proportionalität, es ist nur zu beachten, daß zur Er- zielung der konstanten Produkte jede Variable nicht von dem gewöhnlich an- genommenen Nullpunkte ihres Maßsystems aus gemessen werden darf, sondern von einem anderen, jedesmal erst zu ermittelnden, der für den untersuchten Vorgang bei Konstanthaltung aller Faktoren (außer den beiden in Frage stehenden Variablen), die geeignet wären, den Vorgang zu beeinflussen, charakteristisch ist. Berücksichtigt man aber außer den beiden Variablen noch eine dritte — im zuletzt besprochenen Beispiel außer der Sporenan- re a ne ee ee a a a 5 sul Be u ae Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 655 zahl und der Einwirkungsdauer die Konzentration der HgQL,-Lösung —, für deren verschiedene Werte das Abhängigkeitsgesetz der beiden ersten Variablen festgestellt wird, so erhält man für jeden Wert der dritten Variablen dasselbe Gesetz der beiden ersten, aber mit verschiedenen speziellen Werten der Konstanten, und die Beziehung aller drei Variablen zueinander wird durch eine Kurvenschar ausgedrückt. Bei räumlicher Anordnung der Kurven längs einer dritten (im Ursprung der beiden ersten auf diesen senkrecht stehenden) Koordinatenachse in Entfernungen von- einander, die den jeweiligen Werten der dritten Variablen entsprechen, läßt sich eine Fläche durch sie legen, deren jeder Punkt durch seine 3 Koordinaten zueinander ge- hörige Werte der 3 Variablen bestimmt. Bei Kurven, aus deren Verlauf man nicht mit Sicherheit auf eine bestimmte Formel schließen kann, ist es notwendig, die Versuchswertepaare so auszuwählen, daß die Werte der unabhäneigen Variablen eine Reihe von bestimmten Eigenschaften bilden, worauf geprüft werden muß, ob die entsprechenden Werte der abhängigen ebenfalls eine Gesetzmäßigkeit er- kennen lassen. Ist letztere gefunden, dann lassen sich aus den beiden Reihen die Formeln der einander entsprechenden Glieder aufstellen, aus denen die Formel der Kurve berechenbar ist (s. Anm. 6, S.664). Oder man kann aus der Schnelligkeit des Ansteigens der einen Variablen im Verhältnis zur anderen einen Schluß auf die Eigenschaften der Kurve ziehen, wie es bei folgendem Beispiel der Fall ist. Kurzdauernde, schnell aufeinander folgende Lichteindrücke von gegebener Intensität unterscheidet das menschliche Auge endlich nicht mehr als geson- derte Reize; es nimmt vielmehr, wenn der Wechsel hell—dunkel ge- nügend schnell erfolgt, einen kontinuierlichen Lichteindruck wahr. Als Ver- schmelzungsfrequenz pro Sekunde (=die zum Aufhören des Flimmerns, also zum Entstehen des kontinuierlichen Lichteindruckes notwendige Frequenz, bei gleicher Dauer der hellen und der dunklen Phase) fand Baader für 5 verschiedene Lichtstärken (x), deren schwächste mit der Ver- schmelzungsfrequenz 18°96 als 1 bezeichnet wurde, die in Tabelle XVII) angegebenen Zahlen (y). Die Kurve steigt anfangs steil an (fast parallel zur Ördinatenachse), biegt aber dann um und wird sehr Tabelle XVII. flach (fast parallel zur Abszissenachse). Die Betrachtung 3 y der Tabellenwerte zeigt ein unverhältnismäßig schnelles 1 18:96 Ansteigen der x gegenüber dem nur mäßigen Ansteigen is der y, so dab man vermuten kann, daß in der Formel 193 41.31 Potenzen der ersteren eine Rolle spielen. Es soll nun eine 1800 5024 Gleichung zwischen einer Potenz von x, x?, und irgendeiner nicht näher bekannten Funktion von y gesucht werden, und aus ihr der Potenzexponent p und noch andere etwa vorhandene Kon- stante berechnet werden. Zur Bestimmung von p wird logarithmiert wer- den müssen, so daß hernach in der Gleichung statt x? p log x vorkommt. ') Nach Kries, Die Gesichtsempfindungen, in Bd. III (8.252) von Nagels Hdbch. d. Physiol. d. Menschen. 656 Emil Löwi. Über die andere, y enthaltende Seite der Gleichung kann noch nichts aus- gesagt werden. Wir wollen versuchen, ob vielleicht log x zu log y in einer einfachen gesetzmäbigen Beziehung steht. In graphischer Darstellung er- geben die Logarithmen der 5 Versuchswertepaare (Tabelle XVIII) fünf Punkte, die mit ganz geringfügigen Abwei- chungen dem Verlauf Fig. 296. FFFFFFFEFEFI Bassuass Tabelle XVII. X=)hbg x ı Yekgiy 0:00000 127784 060206 138703 125527 146480 2:28556 1:61606 325527 170105 BEu8 EHHFFFFeH HH Graphische Darstellung der (auf 2 Dezimalstellen abgerun- . , deten) Versuchswertepaarlogarithmen der Tabelle XVIH, nn Geraden folgen mit der Ausgleichungsgeraden. (Fig. 296). Aus dem vorliegenden kleinen Zahlenmaterial läßt sich nicht entnehmen, ob die Abweichungen von der Geraden die Folge einer Gesetzmäßigkeit oder die Folge von Versuchs- fehlern sind; wir wollen letzteres und damit als Abhängigkeitsverhältnis der Logarithmen die Formel der Geraden annehmen, womit wir, wie der Erfolg der Rechnung zeigt, tatsächlich der Wahrheit mindestens sehr nahe gekommen sind. Für logx und log y die neuen Variablen X und Y ge- setzt wäre also die Formel V=ALEBR vl). Unterwerfen wir diese Gleichung dem bei den früheren Beispielen angewendeten Ausgleichungsverfahren!), so wären die 2 allgemeinen Nor- malgleichungen [YJ= NA +BiX] v2) [XYJ= A[X] + BIX*] Be aufzustellen, aus denen durch Berechnung der Summenausdrücke die spe- ziellen Normalgleichungen 745678 = 5 A+ 739816 B ıv4) 119120565969 = 739816 A + 17758746305 B ıvd) hervorgehen, welche für die beiden Konstanten die Werte A = 1'300485 B = 0128399 ergeben. Ersetzt man nun in Gleichung ıyl) die Variablen durch die ur- sprünglichen logarithmischen Ausdrücke, die Konstanten durch ihre spe- ziellen Werte, so geht die Formel in log y = 1'300485 + 0'128999 log x ıv6) 1) Einwendungen dagegen s. folgende Seite. —— Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 657 über. Aus dieser lassen sich die Logarithmen vollständig entfernen, wenn man 1300485 als Logarithmus eines erst zu suchenden Numerus auffaßt: da 1300485 der Logarithmus von 199745 ist, läßt sich Gleichung ıv6) auch in der Form log y=log 19'9745 + 0:128999 log x iv?) schreiben, welche, bei gleichzeitiger Kürzung der Dezimalstellen, in Gleichung weiIIgixn» ıvd) umformbar ist. Es soll nun gleich geprüft werden, ob letztere tatsächlich der richtige mathematische Ausdruck des herrschenden Gesetzes ist. Zu- vor sei aber noch auf die Möglichkeit einer weiteren Abänderung hinge- wiesen: Durch eine kleine Abrundung jeder der beiden Konstanten kann man der Formel eine handlichere Gestalt verleihen, ohne mit dieser Will- kürlichkeit einen großen Fehler zu begehen. Durch die geringfügige Vermeh- rung des Koeffizienten um 0:03 erhält man eine ganze Zahl, 20, durch die Verminderung des Potenzexponenten um 0'004 eine als gemeinen Bruch aufschreibbare Zahl, De so daß die Formel bei gleichzeitiger Er- setzung des Potenzexponenten < durch den Wurzelexponenten 3 die Ge- 8 stalt y=2%0)x ıv9) erhält. Wie gut die Gleichung auch in dieser!), nicht bloß in der ersteren Form das Gesetz wiedergibt, ist aus Tabelle XIX zu ersehen. Wenn wir die letzte Aufgabe ganz Tabelle XIX. nach Analogie der früheren gelöst und hierbei auch ganz gute Resultate erzielt haben, so os Ba er ist die angewendete Methode in diesem Falle y 19-97 18-96 20:00 vom mathematischen Standpunkte aus doch y. 93-88 94-38 23-78 nicht ganz einwandfrei: durch die Normal- y, 28:99 29-84 28-87 gleichungen wurden ja nicht die den Beob- y, 39:37 41°31 38:61 achtungsgrößen selbst, sondern die ihren: Js 52:52 50:24 51:04 Logarithmen am besten genügenden spe- ziellen Werte der Konstanten ermittelt. Un: letztere aber so zu bestimmen, daß die Beobachtungswerte selbst ausgeglichen wer- den, müßte man hier, wie in vielen anderen Fällen, auf die relativ einfache Berechnun« mittelst Normalgleichungen verzichten und dafür eine Methode anwenden, welche vorerst Näherungswerte bestimmt und diese allmählich verbessert. Über die Ausführung solcher Berechnungen siehe Szeinhauser [84], S. 154—178. Obwohl in unseren Beispielen nur je eine Versuchsreihe die Grund- lage der Berechnung bildete, war die herrschende Gesetzmäßigkeit mit ge- ‘) Sie ist als Approximationsformel gedacht, um auf den ersten Blick einen leicht faßbaren, der Wahrheit ganz nahe kommenden Begriff von der Art des Abhängigkeits- verhältnisses der beiden Variablen zu geben, nicht etwa, um aus ihr tatsächlich Werte zu berechnen. Abderhalden, Handbuch der 5iochemischen Arbeitsmethoden. VIIL. 42 658 Emil Löwi. nügender Schärfe zu erkennen und die berechneten speziellen Werte der Konstanten sind, wenn sie auch nicht beanspruchen dürfen, als voll- kommen genau zu gelten, immerhin recht gute Annäherungen an die das jeweilige Gesetz besser erfüllenden Werte, die bei Verwendung eines reich- licheren Beobachtungsmaterials zum Vorschein kommen würden. Zur Er- mittlung der letzteren müßte man nämlich mit einer größeren Anzahl von unter ganz gleichen Umständen zustande gekommenen Versuchsreihen ar- beiten; die den gleichen Werten der unabhängigen Variablen entsprechen- den Werte der abhängigen würden in den einzelnen Versuchsreihen nicht ganz übereinstimmen und erst ihre Mittelwerte würden zur Berechnung zu verwenden sein. Auf diese Weise würde man endlich über eine Reihe von Wertepaaren verfügen, die bereits unter Verwendung eines Ausgleichungs- verfahrens gebildet worden sind und die infolgedessen auch eine Kurve liefern, die weniger mit auffälligen Unregelmäßigkeiten behaftet wäre. Die speziellen Werte der Konstanten wären um so genauer zu erwarten — ihrem Idealwerte um so näher kommend —, aus je mehr Einzelwerten die Mittel aufgebaut worden sind. Bei der besonderen Beschwerlichkeit der Arbeit, die nach der Auf- stellung der allgemeinen Normalgleichungen beginnt, ist der Wunsch nach Erleichterungen naheliegend. Auf den Vorteil, den die Verwendung von Rechentafeln bietet, haben wir bereits hingewiesen (S. 577, Anm.®). Ferner wird man bestrebt sein, die zu lösenden Gleichungen auf eine möglichst einfache Form zu bringen. Bei der Berechnung der Produkte und Poten- zen, welche man zur Ermittlung der Summenausdrücke der Normal- gleichungen benötigt, darf aber durchaus keine Abkürzung der De- zimalstellen vorgenommen werden. Bei der Auflösung der speziellen Normalgleichungen sind Kürzungen in beschränktem Male zulässig, doch müssen bei den Divisionen oft sehr viele Dezimalstellen entwickelt werden, wobei man sich nach der Anzanl der im Endresultat gewünschten Stellen zu richten hat. Bei der Aufstellung der allgemeinen Normalgleichun- gen kann man gelegentlich durch Zusammenziehung von Konstanten Ver- einfachungen erzielen. Keinesfalls dürfen aber Veränderungen an den Variablen in der Weise vorgenommen werden, daß man einen beide Variable enthaltenden Ausdruck als neue Variable einführt, da die Be- rechnung sonst zu anderen Resultaten führen würde. Man darf also durchaus nicht etwa in der Formel y=ax- bx? das etwas schwer- fällige Rechnen mit dem Quadrate dadurch erleichtern wollen, dal) man $ ne y v zunächst durch x dividiert, = +bx, und nach Ersetzung von a £ 2 durch die neue Variable z nach der bequemeren Formel z= a + bx rechnet. Will man die mittlere Abweichung M, der berechneten und der be- obachteten Werte angeben, so verfährt man ähnlich wie bei der Angabe des mittleren Fehlers bei der Ausgleichung direkter Beobachtungen (siehe S. 575£.), nur benützt man zur Division der Summe der Quadrate der Einzel- abweichungen nicht die um 1 verminderte Anzahl N der Einzelbeobachtun- ah a re Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 659 gen, sondern die um die Anzahl x der Konstanten (= Anzahl der Nor- [0] N—ı dann ihren Zweck vollkommen erfüllen, wenn das Zahlenmaterial nach den eingangs S.658 dargelegten Grundsätzen gewonnen wurde. Andernfalls würde nämlich jede zufällige Abweichung, deren Betrag einigermaßen er- heblich ist, die Größe der mittleren Abweichung sehr bedeutend beein- flussen und das Resultat der Berechnung ungünstiger erscheinen lassen, als es wirklich ist. So zeigt unser drittes Beispiel (S. 652 £.) eine sehr gute Übereinstimmung zwischen Rechnung und Beobachtung (vgl. die Ab- weichungen S. 655, Z. 14 v. u.), als mittlere Abweichung würde man aber trotzdem einen ziemlich hohen Betrag erhalten: 6670 7 Ber Be g93—_ +}% = 2/7 =1353 310, wegen der einzigen nicht geringfügigen Abweichung von 6”, die der 7. Punkt hat, deren Quadrat 4489 allein viel größer (mehr als doppelt so groß) ist als die Summe der Quadrate aller übrigen Abweichun- gen, 2181. malgleichungen) verminderte: M, = V . Diese Angabe kann aber nur 2. Allgemeines über die Aufstellung empirischer Formeln. Von dem ganzen einer gegebenen Gleichung entsprechenden Kurven- zug kommt für das untersuchte Abhängigkeitsverhältnis nur ein beider- seits begrenztes Stück in Betracht, da die unabhängige Variable, wenn sie einen Wert annimmt, der über einen ganz bestimmten Maximal- oder Minimalwert hinausgeht, Verhältnisse schafft, unter denen der zu unter- suchende Vorgang überhaupt nicht stattfindet. Handelt es sich z. B. um die Untersuchung der Abhängigkeit eines Lebensvorganges von der Tem- peratur, so wird selbstverständlich bei einer gewissen zu hohen Tempera- tur sich kein Kurvenpunkt mehr bestimmen lassen, da das Leben über- haupt nicht möglich ist; aber auch die nächst tieferen Temperaturen, die das Leben zwar nicht sofort vernichten, können es bereits derartig schä- digen, daß der Vorgang, da an einem zugrunde gehenden Organismus beobachtet, als nicht mehr unter denselben Verhältnissen sich abspielend betrachtet werden darf, und wenn die dem oberen Temperaturextrem sehr nahe liegenden Temperaturen für die abhängige Variable Werte ergeben, die das für die tieferen Temperaturen ermittelte Gesetz nicht mehr er- füllen, so ist das eben auf die geänderten Verhältnisse zurückzuführen. Daraus folgt also der Schluß: Werte, die den Extremen, außerhalb derer der Vorgang unmöglich ist, zu nahe liegen, können von der ausgegliche- nen Kurve stark abweichen (oder weniger richtig ausgedrückt: folgen nicht mehr dem Gesetz). Eine andere Möglichkeit ist die, daß der Vor- gang früher unmöglich wird, als die Lebensgrenze erreicht ist; dann wird mit der Annäherung der unabhängigen Variablen an ihr Extrem der Wert 42* 660 Emil Löwi. der abhängigen Variablen immer kleiner, bis letztere einen Wert erreicht, den der Beobachter als Null zu bezeichnen genötigt ist, da er das Ablaufen des zu untersuchenden Vorganges nicht mehr nachweisen kann: dabei kann man sich aber noch immer vorstellen, daß die abhängige nicht wirklich O0 geworden ist (die Kurve also die Achse der abhängigen Va- riablen nicht schneidet), sondern bloß minimale und noch immer kleiner werdende Werte annimmt (die Kurve würde sich dann asymptotisch der Achse nähern). Das durch die Beobachtungspunkte gelegte Kurvenstück ist manches Mal zu kurz und zu wenig charakteristisch gekrümmt, um als Bestandteil einer bestimmten Kurve erkannt zu werden. Aber auch dann läßt sich eine mehr oder weniger genügende Formel aufstellen. Hat man N Punkte durch Beobachtung festgestellt, so gibt jede beliebige wie immer gebaute Gleichung zwischen den beiden Variablen, die gerade N Kon- stante (in allgemeinen Zahlen) besitzt, durch Berechnung der speziellen Werte der Kon- stanten eine Formel, die alle zur Berechnung verwendeten Beobachtungspunkte genau wiedergibt. Denn da es sich um N Gleichungen (aus den N Beobachtungswertepaaren) mit N Unbekannten (den N Konstanten) handelte, war die Aufgabe bestimmt und deshalb ohne Ausgleichungsverfahren lösbar, die Formel darf aber deshalb nicht darauf Anspruch erheben, als der richtige Ausdruck eines Naturgesetzes betrachtet zu werden. Man wird vielmehr, falls es nicht gelingt, auf irgend eine Weise zur Annahme eines bestimmten Gesetzes zu ‘gelangen, als Ersatz für dasselbe, wenn man überhaupt eine Formel aufstellen will, eine möglichst einfache und dabei der Beobachtungskurve trotzdem möglichst gut genügende aufsuchen. Man wird also bei N Beobachtungswertepaaren eine Formel annehmen, die weniger als N Konstante besitzt, deren spezielle Werte durch Ausgleichungsrechnung festzustellen sind. Die einfachste geeignete Formel ist das Polynom y=a+tbx+ex’+dx?+ext..... Für einen sehr schwach gekrümmten Kurvenbogen wird man bereits mit den beiden ersten Gliedern, y=a+ bx, der Gleichung einer Geraden, auskommen; die durch die Ausgleichungsrechnung ermittelten speziellen Werte für a und b ergeben von den vielen bei graphischer Ausgleichung als Ersatz für den Bogen möglichen Geraden diejenige, welche den Beobachtungswerten am besten genügt. Findet man ein zu starkes Abweichen der Geraden von der Beobachtungskurve, dann wird man die Formel durch eine andere mit mehr Konstanten ersetzen: y=a+bx- cx’. Je mehr Beobachtungswerte vorliegen, desto leichter ist es möglich, daß auch diese Formel nicht genügt; in diesem Falle kann man die Aufnahme einer weiteren Konstanten (y=&a+ bx-+ cx?+ dx?) versuchen, und so könnte man theoretisch, wenn die Formel mit 4 Konstanten auch noch nicht zu genügen scheint, noch ein fünftesGlied annehmen — die Berechnung würde sich dana immer schwerfälliger gestalten und man hätte eigentlich nicht viel gewonnen; denn das genannte Polynom ist ja nur ein Notbehelf, den man als Ersatz für das nicht bekannte wirkliche Gesetz verwendet. Durch die Ver- mehrung der Glieder müssen ja die berechneten Werte den beobachteten besser ent- sprechen, ohne daß man deshalb behaupten dürfte, dem Gesetze näher gekommen zu sein. So nützlich die Formel für manche technische Zwecke sein mag, um etwa für rein praktische Arbeiten aus einer ausreichenden Anzahl beobachteter Werte durch Be- rechnung andere, von bestimmten Eigenschaften, vielleicht für eine tabellarische Zu- sammenstellung, berechnen zu können, so sehr wird man sie bei biologischen Unter- suchungen zu vermeiden und dafür lieber dem wirklichen Gesetz auf die Spur zu kommen trachten. Andrerseits läßt die Formel aber auch bei der Verbesserung einer aufgefundenen, die bestehende Gesetzmäßigkeit tatsächlich bereits ausdrückende, aber noch nieht ganz befriedigende Formel verwenden. Es handelt sich z. B. um zwei Größen, die offenkundig zueinander in einer Art umgekehrter Proportionalität stehen, die sich zwar durchaus nicht durch xy=k, aber mit ziemlicher, wenn auch noch nicht genü- gender Genauigkeit durch (x— m) (y—n)=k geben läßt. Bei Umformung der Glei- kr r “ & Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 661 k +n kann man den Ausdruck ansehen, die bei Vermehrung der Glieder — zur Erzielung größerer Genauigkeit, vgl. vorige Seite, Z.21v.u.—als 2., 3.,..... Potenz einzuführen und mit Koeffizienten k,, k,, ... . . als neuen Konstanten zu versehen sein werden: k k a 1 2 y=n+ + SE (x—m) (—m) chung auf y= E : als abhängige Variable oder y=n+k,X+k,X?’+.... Ebenso könnte man, wenn etwa die Formel y = a + blogx ein beobachtetes Gesetz nicht genügend genau wiedergibt, versuchen, durch die Formel y=a+blogx-+ c log’x eine bessere Übereinstimmung zu erzielen. Ableitungen und spezielle Berechnungen siehe bei Steinhauser. 3. Die mathematische Fassung von Hypothesen. Oft läßt sich über den Ablauf eines Vorganges auf Grund gewisser Überlegungen oder durch Analogie mit anderen Vorgängen eine Formel aufstellen, welche zwar nicht geeignet ist, unmittelbar durch die Beob- achtungsresultate auf ihre Richtigkeit geprüft zu werden, wohl aber nach einer gewissen Umformung: die Formel gibt die Beziehungen zweier den Vorgang charakterisierenden Beobachtungsgrößen als Differentialgleichung wieder. Da ein Vorgang als eine Reihe von stetig ineinander übergehen- den Zuständen gedacht werden kann, läßt sich von der Geschwindig- keit, mit der diese Veränderung jeweils vor sich geht, sprechen, und im Sinne dieser übertragenen Bedeutung des Geschwindigkeitsbegriffes kann man außer der Geschwindigkeit bewegter Massen etwa eine Auf- lösungsgeschwindigkeit annehmen, oder eine Abkühlungsgeschwindigkeit, Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit, Reaktionsgeschwindigkeit u. del. Kann man nun die Geschwindigkeit — als Differentialquotient ausgedrückt —, auf Grund einer irgendwie berechtigten Annahme, einer gewissen Be- ziehung zweier beobachtbarer Größen gleichsetzen und integriert diese Differentialgleichung, so erhält man eine Formel, aus welcher man durch Einsetzung spezieller Werte der Beobachtungsgrößen unmittelbar ihre und damit auch der gemachten Annahme Richtigkeit, bzw. bei Nichterfüllung der Gleichung durch die Beobachtungswerte die Unrichtigkeit der gemach- ten Annahme erkennen kann. Madsen und Jürgensen !) beobachteten, daß eine Ziege, der sie 40 cm? einer Choleravibrionenkultur injiziert hatten und täglich etwas Blut aus der Jugularvene entnahmen, ein Serum lieferte, dessen agglutinierende Kraft (q) in den ersten Tagen bis zu einem Maximum (am 8. Tag) an- stieg, dann aber erst rasch und allmählich immer langsamer abfiel. Madsen nahm an, daß der Abfall annähernd nach dem für die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion geltenden Gesetze erfolge: die Geschwindigkeit wäre zu jeder Zeit (t) der bestehenden Konzentration (durch die agglutinie- rende Kraft ausgedrückt) proportional; die Formel enthält dann eine Potenz von q (der Wert des Potenzexponenten n muß erst durch Rech- 1) Zit. nach Arrhenius [4], S. 3—6. 662 Emil Löwi. a d nung bestimmt werden) und einen Proportionalitätsfaktor k, also —_ kn: dt Durch Integrieren erhält man nach der Umformung Eu — = Kon g® das "KGrAE IK 5 1 er 1 1 t (1—n)—C-k(1—n). Für k (1—n) und —Ck (l—n) lassen sich die r Rz 2 l neuen Konstanten K und K‘ einführen, wodurch die Formel auf wos t-K+K‘ vereinfacht wird. Die Versuche haben ein genügendes Überein- stimmen der Formel mit den Beobachtungswerten ergeben. Für n fand sich im angeführten Versuch mit der Ziege 35, bei anderen Versuchen andere Werte; für den Zerfall von Antikörpern im menschlichen Körper fand Madsen häufig n=2. — Die Beeinflussung der Toxine durch ihre Antitoxine oder manche andere Stoffe, sowie die Abschwächung der Toxine mit der Zeit oder mit der Temperatur geht, wie bereits in zahlreichen speziellen Fällen nachgewiesen wurde!), nach den für chemische Reaktionen geltenden, auf das Massenwirkungsgesetz von Guldberg und Waage zu- rückführbaren Gesetzen vor sich. :) Auf Grund gewisser Voraussetzungen können für komplizierte Vor- gänge, die zur Durchführung numerischer Berechnungen noch nicht ge- nügend bekannt sind, Formeln aufgestellt werden, die sie dem Verständnis näher bringen. In solcher Weise hat 0. Weiss®) die Frage beantwortet, wieso es möglich ist, dal durch die Flimmerbewegung einzelliger Orga- nismen, die nach zwei entgegengesetzten Richtungen erfolet, nur nach einer Richtung ein Effekt (nämlich die Vorwärtsbewegung des eigenen Körpers oder auch anderer in genügender Nähe befindlicher Körperchen) zustande kommt. Zur Vereinfachung der Aufgabe wurden folgende An- nahmen gemacht: 1. Die Bewegung finde im Wasser statt. 2. Die Bewegung jedes Wimpernhaares erfolge in einer Ebene. 3. Das Haar sei gerade und zylindrisch. 4. Jede halbe Schwingung gehe mit konstanter Geschwindigkeit vor sich. Ist p der Druck, den ein mittlerer Punkt der Zilie auf das Wasser ausübt, und ist dieser proportional dem Quadrate der Geschwindigkeit, dann besteht die Formel zu Recht p= kv? (wobei k eine Konstante ist); bei einer halben Schwingung von der Amplitude s ist die Energie E=ps=kv:.s, und wenn die Amplitude im der Zeit t durchlaufen wird, dann ist der Effekt ') Eine Zusammenstellung liefert Arrhenius [4]. ?) Genauere Angaben hierüber sowie Rechenbeispiele finden sich (unter Guldberg, Waage, Massenwirkungsgesetz, mono- oder unimolekulare und bimolekulare Reaktionen) in den zitierten Lehrbüchern der Differentialreehnung [73—76], sowie bei Höber, Physikal. Chemie d. Zelle (Leipzig, Engelmann). °) „Die Flimmerbewegung.“ IV. Bd. von Nagels Hdbch. d. Physiol. d. Menschen. S. 678. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 663 N—--—_ — ky2.v—kv:. Der Nutzeffekt wäre sonach proportional der 3. Potenz der Geschwindigkeit, d. h. die Fortbewegung geht in der Rich- tung vor sich, in der das Schlagen schneller erfolgt. Anmerkungen. 1. (Zu S. 584.) Ein Schema für eine derartige Untersuchung wäre etwa folgendes: Es sei die Abhängigkeit eines Wachstumsprozesses von den Temperatur- und Lichtver- hältnissen zu untersuchen ; es kommen also 4 Variable in Betracht: Zeit, Tem- peratur und Licht als unabhängige, die vom Experimentator richt direkt beeinfluß- bare Volum- oder Massenzunahme, an der das Wachstum beurteilt wird, als abhängige Variable. Bei willkürlichen Abänderungen einer der drei ersten Variablen, bei Konstant- haltung der beiden übrigen, ergeben sich folgende Versuchsreihen: 1. Bestimmung der innerhalb verschieden langer Zeiträume bei gleichbleibender Temperatur und gleich- bleibendem Licht sich einstellenden Wachstumsgröße. 2. Bestimmung der innerhalb einer gegebenen Zeit und unter denselben Lichtverhältnissen bei verschiedenen Tempe- raturen sich einstellenden Wachstumsgröße. 3. Bestimmung der innerhalb einer gegebenen Zeit und bei derselben Temperatur unter verschiedenen Lichtverhältnissen sich ein- stellenden Wachstumsgröße. Jede Versuchsreihe läßt sich weiter in mehrere Unterreihen zerlegen, da die Konstanthaltung der zwei Faktoren in verschiedenen Höhen der bei ihnen möglichen Werte erfolgen kann. 2. (Zu S. 594.) Eine Kurvenschar wird von allen Kurven gebildet, die durch die- selbe Gleichung gegeben werden und sich nur durch die speziellen Werte der Konstanten voneinander unterscheiden. Wenn von zwei Kurvenscharen jede Kurve der einen von jeder der anderen rechtwinklig geschnitten wird, so nennt man die Kurven jeder Schar die orthogonalen Trajektorien der Kurven der andern. Die beiden Scharen können von gleichartigen Kurven gebildet werden (z. B. 2 Scharen konfokaler Parabeln) oder von ungleichartigen (z. B. eine Schar konfokaler Ellipsen und eine Schar bezüglich derselben zwei Brennpunkte konfokaler Hyperbeln). 3. (Zu S. 632.) Daß h=at-+ bt? tatsächlich die Gleichung einer Parabel ist, läßt sich folgendermaßen nachweisen: Die Scheitelgleichung einer Parabel, d. h. die Gleichung einer Parabel, deren Scheitel im Koordinatenanfangspunkt liegt und deren Achse mit der positiven Richtung der Abszissenachse zusammenfällt, ist y? = 2px (die Konstante p, der Parameter, ist bekanntlich die Entfernung des Brennpunktes von der Leitlinie der Parabel); für vorliegende Parabel wäre die Gleichung in bezug auf ein neues vom Parabel- scheitel S aus als Ursprung errichtetes Koordinatensystem (Fig. 297, S. 664), da die Achse der Parabel mit der positiven Seite der H-Achse zusammenfällt, durch die Gleichung T?’=2pH gegeben, wobei T und H die Koordinaten jedes Punktes der Parabel in diesem neuen Koordinatensystem bedeuten. Mit Hilfe der Koordinaten des Punktes S im alten System, n und m (n ist eine negative Zahl, IV. Quadrant!), läßt sich jeder T- und H-Wert durch einen entsprechenden t- und h-Wert dadurch geben, daß man von letzterem m bzw. n subtrahiert: T=t—m H=h+n, so daß die Formel T?= 2pH in (t— m)’—=2p(h-+n) übergeht. Aus letzterer erhält 2 man t—2tm+m?=2ph+2pn und Be, —t bog es ist sonach 1 m m? ; : rk — —I und — — =a. Der Ausdruck ——n muß gleich O sein, was bei einer durch 2p P 2p den Ursprung gehenden Parabel tatsächlich der Fall ist; man braucht bloß die Koor- dinaten des Punktes O, also h=0 und t=0 in die Formel einzusetzen, um dies zu erkennen. Dasselbe Resultat erhält man auch bei Verwendung der Koordinaten des 664 Emil Löwi. zweiten Punktes, dessen h=0 ist, des Punktes B; dessen t-Wert ist 2m (siehe Figur); für bh und t die Werte O und 2m in die Formel eingesetzt, gibt die Gleichung 2 2 0=(2m)? en — 2m: 2 + = _ n). aus welcher ebenfalls : —a = Ofolst. 4. (Zu 8. 635.) Nimmt man nach Josts (l. c.) Vorgang etwa die Reaktionszeit als Maß für die heliotropische Wirkung und trägt ihre Werte als Ordinaten auf, dann er- hebt sich nach Erreichung des zweiten Nullpunktes Fig. 297. (siehe Figur 298) die Kurve wieder; denn die dann zum zweiten Male zunehmende Reaktionszeit ist a7 wieder eine positive Größe. j 5. (ZuS.647.) Das Minimum läßt sich auch leicht berechnen, wenn bloß Gleichung 3) oder 10) gegeben ist. Gleichung 3) nach P differentiiert und die Ablei- tung = 0 gesetzt (Maximum- oder Minimumbedingung) ergibt: ’—=b+2cP =0, worauP = — n folgt, ein Wert, der tatsächlich mit n identisch ist (siehe S. 646); dieser P-Wert in die ursprüngliche Glei- chung 3) eingesetzt ergibt für S das Maximum oder Minimum, im vorliegenden Falle Minimum (was auch ohne Kenntnis der aus Fig. 293 (S.644) ersichtlichen Verhältnisse aus der Gleichung allein zu entnehmen ist, da die zweite Ableitung positiv ist: S’ = 2e): Fig. 298.2) we N X- und Y-Achse: Koordinatensystem der Beobachtungswerte (7 und Ah). Passhir Nebiahive T- und H-Achse: Transformiertes or Bad Koordinatensystem, Achsen denen des ursprünglichen parallel, Ursprung im Scheitelpunkt Sder zu untersuchen- den Parabel; durch Drehung letzterer samt den Achsen in der Ebene im Punkte S um — 90°!) erhält man die Parabel in der bei der Aufstellung der Scheitelgleichung gewöhnlich ge- wählten Lage. Reaktionszeilen — Lichtintensitalen — | Se 10 2 Sue Seeger 2 3) b b2 b2 pe b? Smlaa Bu an Far Bea in vollständiger Übereinstimmung mit dem auf S. 646 auf ganz andere Weise ermittelten Werte von m. 6. (Zu S. 655.) Zweckmäßig ist es, gleich bei der Anstellung der Versuche der unabhängigen Variablen nicht willkürliche Werte zu erteilen, sondern solche, die in ihrer Aufeinanderfolge einer bestimmten Gesetzmäßigkeit genügen, z. B. eine arithmeti- sche oder geometrische Reihe bilden, oder den Versuch mit so zahlreichen Werten aus- ') In der Figur sinnbildlich durch Umlegung der Bezeichnung 7 und H ausge- drückt; man braucht bloß die Figur so zu drehen, daß die beiden Buchstaben aufrecht stehen, um die vollständige Analogie der Formel 7’ —=2p»pH mit der gewöhnlichen Fassung y?’ = 2p.r einzusehen. ”) Nach Jost ]. c. Fig. 146, S. 572, etwas vereinfacht. Be 0 Dh U DU nn lad = Sn a DH en ee Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 665 zuführen, daß man aus ihnen die der gewünschten Gesetzmäßigkeit entsprechenden aus- wählen kann.!) Wir wollen hier den Fall betrachten, daß die unabhängige Variable nach einer arithmetischen Reihe steigt, und die entsprechenden Werte der abhängigen sich als geometrische Reihe erweisen.?) Ist das 1. Glied der beiden Reihen x und y, dann wären, wenn die Differenz der arithmetischen Reihe mit a, der Quotient der geometrischen mit q bezeichnet wird, die folgenden Glieder: Glied, 2. x+ 4 yq 3 x+2a yq? 4 u x+3a yq?® n. x+(n—1)a yqn-1 (n+1l). x+na yga Die letzte Zeile der Tabelle enthält das (n + 1)te Glied, also X\ı+1=x-+na Yn+ı1ı=yg%; für n folgt aus der ersten Gleichung n= = — und aus der zweiten jr n= = Te Da das erste Glied x und y konstante Größen sind — sie seien mit &£ und n bezeichnet —, das (n + 1l)te aber als Vertreter jedes beliebi- gen Gliedes einfach durch x und y gegeben werden kann, gehen die beiden Formeln = logy— log log q a(logy— logr) hervorgeht. Durch Umformung und Zusammenziehung der konstanten Ausdrücke erhält man: ; z x DE undn= über, aus deren Vereinigung (x — &)logq= eg, (log y — log) 4 —— logq x—:=Alogy—Alog t—Alogn=B x=Alogy + B (Logarithmische Kurve). Eine weitere Umformung ist folgendermaßen möglich: B=logb A=%°) x=alogy+logb 1 =by |) !) Es gelingt nicht immer, den Versuch unter solchen Bedingungen auszu- führen, daß gerade die Werte der Unabhängigen, die man zur Herstellung der ge- wünschten Reihe braucht, herrschen. Dann wird man durch Interpolation die fehlenden Glieder der Reihe ergänzen. Zum vorläufigen Überblick genügen annähernde Werte, die man oft aus der Kurve der Beobachtungswerte ablesen kann. 2) Der noch einfachere Fall zweier arithmetischer Reihen bedarf keiner wei- teren Erläuterung, da er die Proportionalität bedeutet, in graphischer Darstellung die Gerade. ») Diese Substitution wird nur aus äußeren Gründen vorgenommen, um das For- melbild gleichmäßiger zu gestalten. *) Ist y die Abhängige, dann sind die Konstanten in anderer Weise zusammen- zuziehen. Behält man den Ableitungsweg bis Gleichung x=Alugy-+ B bei, so würde man dann schreiben: 666 Emil Löwi. Bilden beide Variable geometrische Reihen, mit den Quotienten p und q, so wäre die Formel eines beliebigen Gliedes, bei anologer Bezeichnung wie früher, x—=:p» < E und y=nq:%; durch Elimination von n entsteht die Gleichung u = > logy — logn log q chungen von der Form loeex=A-+Blogy oder loegy=A- Blogx (Potenzkurve) (wir wollen, obwohl die Konstanten in den beiden Formeln verschiedene spezielle Werte haben, einfachheitshalber dieselbe Bezeichnung wählen), die sich in Gleichun- gen von der Form x=ayb oder y=axb verwandeln lassen. In ähnlicher Weise würde man auch bei anderen Reihen vorgehen. ; durch Umformung und Konstantenzusammenziehung erhält man Glei- Literatur. Weit entfernt, Vollständigkeit anzustreben, führt dieses Verzeichnis vorwiegend solche Originalabhandlungen und zusammenfassende Darstellungen an, welche zur Er- läuterung der behandelten Fragen besonders geeignet sind; diejenigen von ihnen, welche unter anderem als Quellen zur Aufsuchung weiterer Literatur in hervorragender Weise in Betracht kommen, sind durch den Zusatz (Lit.!) bervorgehoben. Arbeiten, die bloß wegen vereinzelter spezieller Angaben erwähnt und bereits in Fußnoten zitiert wurden, sind hier nicht nochmals genannt. — Mathematische Lehr- und Nachschlagsbücher nebst einigen physikalischen Werken sind am Schlusse des Verzeichnisses zusammengestellt. 7 (beziehungsweise i) vor dem Titel eines Werkes bedeutet, daß dieses (beziehungsweise einzelne Stellen desselben) eine gewisse Vertrautheit mit höherer Mathematik voraussetzt, * daß es zur Untersuchung spezieller Fragen der Biologie (im weitesten Sinn) sich vorwiegend mathematischer Methoden bedient. (Die mit ° bezeichneten Arbeiten waren mir im Original nicht zugänglich.) 1. Ambronn H., Über die Entwicklungsgeschichte und die mechanischen Eigenschaften des Kollenchyms. Jahrb. f. wissensch. Bot., Bd. XII, 1879—1881, S. 473ff. . Ammon O., Der Abänderungsspielraum. Ein Beitrag zur Theorie der natürlichen Auslese. Sonderabdruck aus der Naturwissensch. Wochenschr. Berlin, F. Dümmler, 1896. (Ref. in Biol. Zentralbl., 17. Bd. 1897, S. 311—314.) 3. #7 Araky S., Beiträge zur harmonischen Kurvenanalyse. Zeitschr. f. allg. Physiol., VII, 1908, S. 405—421. 4. Arrhenius S., Immunochemie. Leipzig, Akad. Verlag, 1907. 5. Bach H., Über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit von an äußeren Faktoren. Pringsheims Jahrb. f. wissensch. Bot., Bd. 44, S. 57—123, 1907. (Lit.!) (Zahlreiche Tabellen und Kurven.) 6. Braune W. und Fischer O., Der Gang des Menschen. 1. Teil: Versuche am unbe- lasteten und belasteten Menschen. Abh. d. math.-phys. Klasse d. kgl. Sächs. Ges. d. Wissensch., Bd. XXI, Nr. IV, 189. . ° Buchner, Longard und Riedlin, Zentralbl. f. Bakteriol.. 1. Abt., Bd. II, S.1. (Zit. nach Heim, Lehrb. d. Bakteriol., Stuttgart, Enke 1911, S. 170; daselbst etwas Lit.!) 8. Bürker, K., Zählung und Differenzierung der körperlichen Elemente des Blutes. Tigerstedts Handb. d. physiol. Methodik, Bd. II, Abt. 5 (Lit.!). 9. Camis Mario, Sul eonsumo di idrati di carbonio nel cuore isolato funzionante. Zeitschr. f. alle. Physiol., VIII, 1908, S. 371ff. iv 1 X B 1 B N sy=7 7, woraus bei Ersetzung von re durch x und — SW durch $& die je) [=] =} _ l Formel logy=2x+ wird, die sich noch in y— 10@x +3 umformen läßt. $ En 10. 11. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 667 * Duncker @., Korrelationsstudien an den Strahlzahlen einiger Flossen von Acerina cernua L. Biol. Centralbl., Bd. XVII, 1897, S. 785ff, u. S15ff. Fick Rudolf, Handbuch der Anatomie und Mechanik der Gelenke unter Berück- siehtigung der bewegenden Muskeln. II. Teil: Allg. Gelenk- und Muskelmechanik (im II. Bd. von Bardelebens Handb. d. Anat. d. Menschen). Jena 1910. (Lit.!) (Sehr ausführliche, elementar gehaltene Darstellung mit plastisch wirkenden, stereometrischen Figuren.) . Fischer Otto, Methodik der speziellen Bewegungslehre. Tigerstedts Handb. d. physiol. Meth., Bd. II, Abt. 3, $. 120—316 (Lit.!9). . — —, Der Gang des Menschen. II. Teil: Die Bewegung des Gesamtschwerpunktes etc. Abh. d. math.-phys. Klasse d. kgl. sächs. Ges. d. Wissensch., Bd. XXV, Nr. 1, 1899. . — —, Theoretische Grundlagen für eine Mechanik der lebenden Körper (Lit.!). Teubners Verlag (TS. XXII). . rt Frank O., Kymographion, Schreibhebel, Registrierspiegel, Prinzipien der Regi- strierung. Tigerstedts Handb. d. physiol. Methodik, Bd. I, Abt. 4, S. 1—50 (Lit.!). — —, Hämodynamik. Ebenda, Bd. II, Abt. 4 (Lit.!). .v. Frey M., Allgemeine Muskelmechanik. Ebenda. Bd. II, Abt. 3 (Lit.!). . Friedenthal H., Das Wachstum des Körpergewichtes des Menschen und anderer Säugetiere in verschiedenen Lebensaltern. Zeitschr. f. allgem. Physiol., 1909, IX, 487. (Bringt Berechnungen über die extra- und intrauterine Wachstumsgeschwin- digkeit.) . Fröschel P., Untersuchungen über die heliotropische Präsentationszeit. I. Mitteilung. Sitzungsbericht d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien, math.-nat. Klasse, Bd. CXVIL, Abt. I, 1908. . — —, Untersuchungen über die helivtropische Präsentationszeit. II. Mitteilung. Eben- da, Bd. CXVIIH, Abt. I, 1909 (Lit.)). . Garten S., Die photographische Registrierung. Tigerstedts Handb. d. physiol. Metho- dik, Bd. I, Abt. 1, 8. 65—124 (Lit.)). . # van Iterson jun. G., Mathematische und mikroskopisch-anatomische Studien über Blattstellungen. Nebst Betrachtungen über den Schalenbau der Miliolinen. Jena 1907. . Jensen P., Die Länge des ruhenden Muskels als Temperaturfunktion. Zeitschr. f. allg. Physiol., VII, 1908, S. 291— 342. . Koeppe W., Physikalische Chemie in der Medizin. Wien 1900. . Krönig B. und Paul Th., Die chemischen Grundlagen der Lehre von der Giftwir- kung und Desinfektion. Zeitschr. f. Hygiene und Infektionskrankheiten, Bd. XXV, 1897, S. 1—112. . Langendorff O., Physiologische Graphik, 1891. . Ledue St., Das Leben in seinem physikalisch-chemischen Zusammenhang. Übers. v. Gradewitz. Halle 1912. . v. Lendenfeld R., Bemerkungen über die technische Ausführung und biologische Ver- wertung mikroskopischer Messungen. Zeitschr. f. wissensch. Mikroskopie, Bd. XX VIII (Jahrg. 1911), S. 27—34. . #* Löwi Emil, Die räumlichen Verhältnisse im Fruchtknoten und in der Frucht von Aesceulus in mathematischer Behandlung. Österr. bot. Zeitschr., LXIII, Jahrg. 1913, S. 356— 370. 30. #® Ludwig F., Über Variationskurven und Variationsflächen der Pflanzen. Bot. Zen- tralblatt, Bd. LXIV (Jahrg. 16, 1895, IV. Quartal), S. 1, 33, 69, 97. 31. #*— —, Weiteres über Fibonaceikurven. Bot. Zentralbl., Bd. LXVIII (Jahrg. 17, 1896, S. 1—8.) 32.#— —, Die Variabilität der Lebewesen und das Gaufßsche Fehlergesetz. Zeitschr. f. Mathematik und Physik, Bd. 43, 1898 (Lät.!). 33. * Maillefer A., Etude sur le Geotropisme. Bulletin de la Soeiete Vaudoise des Sciences Naturelles 5e S. Vol. XLV, 1909, p. 277—312. !) Chronologisch geordnetes vollständiges Verzeichnis. 668 Emil Löwi. . # Maillefer A., Etude sur la Reaction geotropique. Ebenda, Vol. XLVI, 1910, p. 235 bis 254. 415-432. 5. Meeh K., Oberflächenmessungen des menschlichen Körpers. Zeitschr. f. Biol., Bd. 15, 1879, S. 425. . + Moens, Isebree A., Die Pulskurve. Leiden 1878. . ° Moisescu N., Kleine Mitteilung über die Anwendung des horizontalen Mikroskops zur Bestimmung der Reaktionszeit. Ber. d. Deutsch. bot. Ges.. Jahrg. 23, 1905, S. 364 ff. . Nagai H., Der Einfluß verschiedener Narkotika, Gase und Salze auf die Schwimm- geschwindigkeit von Paramaecium. Zeitschr. f. allg. Pysiol., Bd. VI, 1906, S.195—212. . Paul Th., Entwurf zur einheitlichen Wertbestimmuug chemischer Desinfektionsmittel. (Sonderabdr. aus der Zeitschr. f. angewandte Chemie, 1901, Heft 14 u. 15.) Berlin, Julius Springer, 1901. .#® Perriraz J., Etude biologique et biometrique sur Nareissus angustifolius eurtis. Bulletin de la Societe Vaudoise des Sciences naturelles, Vol. XLV, Nr. 165, 1909, pag. 153 — 176. . Pfeffer W., Bezugsquelle und Preis einiger Apparate. Bot. Zeitschr., 45, 1887, S. 27 bis 31. (Kurze Notizen unter anderem über einige Registrierapparate.) 2. x Poirot J., Die Phonetik. Tigerstedts Handb. d. physiol. Methodik, Bd. III, Abt. 6 (Lit. !). . Polowzow Warwara, Untersuchungen über Reizbewegungen im Pflanzenreich. Jena 1909. . Przibram H., Einleitung in die experimentelle Morphologie der Tiere, 1904. . — —, Anwendung elementarer Mathematik auf biologische Probleme. Leipzig, Engelmann, 1908 (Lit.!). 3. — —, Experimentalzoologie. I. Embryogenese, III. Pbylogenese, IV. Vitalität. . — —, Die Kammerprogression der Foraminiferen als Parallele zur Häutungspro- gression der Mantiden. Arch. f. Entwicklungsmechanik (eingeg. 8. XII. 1912), 1913. . Przibram H. und Megusar F., Wachstumsmessungen am Sphodromantis bioculata, 1. Länge und Massen. Arch. f. Entwicklungsmechanik, 1913. . Pütter A., Der Stoffwechsel des Blutegels. I. Teil. Zeitschr. f. allgem. Physiol., Bd. VI, 1907, S. 217— 286. . — —, Methoden zur Erforschung der Protisten. Tigerstedts Handb. d. physiol. Methodik, Bd. I, Abt. 2, 1908, S. 1—68. 51. * — —, Die Ernährung der Fische. Zeitschr. f. allg. Physiol., 1909, S. 147. (Enthält zahlreiche Tabellen über Stoff- und Energieumsatz.) . ’Rautmann H., Der Einfluß der Temperatur auf das Größenverhältnis des Proto- plasmakörpers zum Kern etc. Arch. f. Zellforschung, Bd. III, S. 44—80. . *Renner O., Beiträge zur Physik der Transpiration. Flora, Bd. 100 (1910), H. 10, S. 451 —547. 54. Richards H., Über Beeinflussung durch chemische Reize. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 30, 1897. . Rubner M., Die Kalorimetrie. Tigerstedts Handb. d. physiol. Methodik, I. Bd., Abt. 3, S. 150ff. (Lit.!). . Sachs J.‘), Über die Anordnung der Zellen in jüngsten Pflanzenteilen. Arb. d. bot. Inst. Würzburg, Bd. II, 1882 (H. 1, 1878). . — —, Über Zellenanordnung und Wachstum. Ebenda, Bd. II. 1882 (H. 2, 1879). . Schreiber O., Über die physiologischen Bedingungen der endogenen Sporenbildung bei Bacillus anthraeis, subtilis und tumescens. Zentralbl. f. Bakt. ete., Abt. 1, Bd. XX, 1896, S. 353 ff. und 429 ff. . *Schwendener S., Das mechanische Prinzip im anatomischen Bau der Monocotylen. Leipzig 1874. !) Die beiden angeführten Abhandlungen finden sich auch in: „Gesammelte Ab- handlungen über Pflanzenphysiologie* von Julius Sachs, Leipzig, Engelmann 1893 (S. 1067—1125 und S. 1126— 1149). 5 EN. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 669 60. Schwendener S., Zur Theoried. Blattstelluugen. Sitzungsber. d.kgl. preuß. Akad. d. Wiss., 1883, 1I. Halbbd. 61. — —, Vorlesungen über mechanische Probleme der Botanik. Herausg. v. Holter- mann, Leipzig 1909. 62. Triepel H., Einführung in die physikalische Anatomie (Lit.!). Wiesbaden, J. F. Berg- mann, 1902. (Behandelt die Elastizitäts- und Festigkeitsverhältnisse der mensch- lichen Gewebe und Organe [146 S.]. Vorangestellt ist ein kurzer elementar ge- haltener [70 S.] Abriß der allgemeinen Elastizitäts- und Festigkeitslehre.) 63. Verworn M., Allgemeine Physiologie. (Zitate n. d. 4. Aufl. 1903 gegeben.) 64. Vouk V., Untersuchungen über die Bewegung der Plasmodien. I. Teil. Die Rhythmik der Protoplasmaströmung. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-nat. Kl., Bd. 119, 1910, S. 858—876. 65. — —, Untersuchungen über die Bewegung der Plasmodien. 11. Teil. Studien über die Protaplasmaströmung. Denkschr. d. math.-nat. Kl. d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien, Bd. LXXXVIIH, 1912, S. 653—692. 66. * Wiesner J., Untersuchungen über die charakteristischen Riefen an den Achsen- organen der Pflanzen. Sitzungsber. d. math.-nat. Kl. d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien, XXXVIM. Bd., 1859, S. 704—718. 67. — —, Untersuchungen über den Einfluß der Temperatur auf die Entwicklung von Penieillium glaucum. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien, 1873, Bd. LXVII, Abt. 1. 68. # — —, Über rationale und irrationale Divergenzen. Flora, 1875, Nr. 8 u. 9. 69. — —, Über eine neue Konstruktion des selbstregistrierenden Auxanometers Flora 59, (1876), S.467 ff. (Bespricht unter anderem Fehlerquellen einer älteren Kon- struktion, denen der neue Apparat nicht unterworfen ist, „da derselbe alle Zu- wachse nicht in einem Kreisbogen, sondern in einer zum Zuwachs parallelen, also vertikalen Linie verzeichnet ...“) 70. — —, Der Lichtgenuß der Pflanzen. Leipzig, Engelmann, 1907. 71. + Wirth W., Psychophysik. Tigerstedts Handb. d. physiol. Methodik, Bd. III, Abt. 5 (Lit.!). 72. Zehl B., Über die Beeinflussung der Giftwirkung durch die Temperatur ete. Zeitschr. f. allgem. Physiol., Bd. VIII, 1908, S. 140—190. Mathematische Literatur. I. Infinitesimalreehnung. Obwohl sehr viele biologische Probleme sich mit den Mitteln der elementaren Mathematik verfolgen lassen, bedienen sich immer mehr Autoren der höheren Mathe- matik, in der richtigen Überzeugung, daß sie auf diesem Wege leichter ans Ziel, manch- mal aber auch weiter kommen. Die Kenntnis wenigstens der Grundzüge der Infinitesi- malrechnung wird also immer unentbehrlicher.‘) Somit erscheint es, obwohl unsere !) Es werden bereits seit geraumer Zeit Stimmen laut, welche vorschlagen, den Mathematikunterricht in der Mittelschule in der Richtung zu reformieren, daß, bei mög- lichst frühzeitiger Einführung des Funktionsbegriffes, endlich auch, auf vorwiegend geometrische Anschauungen gestützt, die einfachsten Sätze der Differential- und Integral- rechnung durchgenommen werden. Wie berechtigt diese Forderung ist, werden am besten diejenigen fühlen, welche während ihres Fachstudiums oder vielmehr meist erst nach Beendigung desselben das Bedürfnis nach weiterer mathematischer Ausbildung empfinden und die sich nun erst auf mehr oder weniger mühsame Weise in die Elemente der ihnen not- wendigen höheren mathematischen Disziplinen einzuarbeiten genötigt sind. Einige Worte nebst Literaturangaben über die erwähnten Reformvorschläge finden sich bei Voss [89], S. 115—117; den ersten und, wie mir scheint, glänzend gelungenen Versuch, sie in die Praxis umzusetzen, bildet das Lehrbuch von Behrendsen und Götting [85], welches seiner ganzen Anlage nach von den herkömmlichen Mittelschullehrbüchern so weit abweicht, daß es selbst dem, der im Prinzip darin nichts Neues findet, sehr viel Interessantes bietet. 670 Emil Löwi. Skizze fast ausschließlich elementare Methoden berücksichtigt, zweckmäßig, an dieser Stelle einige einschlägige Werke zu erwähnen‘): 73. Nernst W. und Schönflies A., Einführung in die mathematische Behandlung der Naturwissenschaften. (Lehrbuch der Differential- und Integralrechnung, mit Bei- spielen aus der Chemie und Physik. Enthält eine analytisch-geometrische Ein- leitung und eine auch die Elementarmathematik umfassende Formelsammlung mit kurzen Abschnitten über Permutationen, Wahrscheinlichkeitsrechnung.) 74. Burckhardt H., Vorlesungen über die Elemente der Differential- und Integralrech- nung und ihre Anwendung zur Beschreibung von Naturerscheinungen. Teub- ners Verlag, 1907. (Angenehm geschriebenes, von vereinzelten Unklarheiten ab- gesehen leicht verständliches Buch. Mit einigen Beispielen aus der Physik und Chemie. Enthält auch einiges über Interpolation.) . Michaelis L., Einführung in die Mathematik für Biologen und Chemiker. Berlin, Springer 1912. (Speziell für Biologen bestimmtes Lehrbuch der Differential- und Integralrechnung, welches nach einem die Hauptpunkte der Elementarmathematik rekapitulierenden Abschnitte auf dem Wege der analytischen Geometrie allmäh- lich in sein eigentliches Gebiet einführt. Enthält eine kurze Erläuterung der Fourierschen Reihe”) Sehr handliches Werk, von mäßigem Umfang [250 S.], leicht lesbar, mit Beispielen und vielen Figuren.) 76. Salpeter J., Einführung in die höhere Mathematik für Naturforscher und Ärzte. Jena, Fischer, 1913. (Mit zahlreichen Figuren versehenes Lehrbuch, mit Bei- spielen aus verschiedenen Gebieten der organischen und anorganischen Natur- wissenschaften.) (Siehe ferner [85]). —1 ot II. Wahrscheinlichkeitsreehnung und ihre Weiterbildung. 77. Meissner O., Wahrscheinlichkeitsrechnung nebst Anwendungen. Mathematische Biblio- thek 4. Teubners Verlag, 1912. (Allgemein verständliche erste Einführung in die Wahrscheinlichkeitsrechnung, Ausgleichungsrechnung und Kollektivmaßlehre, 64 5.) 78. i Weitbrecht Wilh., Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate. I. Teil. Ableitung der grundlegenden Sätze und Formeln, Sammlung Göschen, Nr. 302. (Kurzgefaßte Darstellung des Gesamtgebietes der Ausgleichungsrechnung.) (Der I. Teil enthält Beispiele aus der Geodäsie.) 79. 7 Pruns H., Wahrscheinlichkeitsrechnung und Kollektivmaßlehre. Teubners Ver- lag, 1906. 80. 7 Czuber E., Wahrscheinlichkeitsrechnung und ihre Anwendung etc. Bd. I. Wahr- scheinlichkeitstheorie. Fehlerausgleichung. Kollektivmaßlehre. Teubners Verlag, 1908. 81. i Fechner G. Th., Kollektivmaßlehre. Im Auftrag der königlich sächsischen Gesell- schaft der Wissenschaften herausgegeben von @ottl. Friedr. Lipps. Leipzig, Engel- mann, 1897. 82. Tv. Bortkewitsch L., Das Gesetz der kleinen Zahlen. Teubners Verlag, 1898. 83. Exner F. M., Über die Korrelationsmethode. Jena, Gustav Fischer, 1913. (Sonderabdr. a. d. Naturw. Wochenschr.) 84. 7 Steinhauser A., Die Lehre von der Aufstellung empirischer Formeln mit Hilfe der Methode der kleinsten Quadrate für Mathematiker, Physiker, Techniker. ‘) Es ist von einigem Interesse, zu beachten, wie die vier im folgenden in der Reihenfolge ihres Erscheinens angeführten Werke ihre Aufgabe auffassen. Die beiden ersten sprechen zwar in ihren Untertiteln von „Naturwissenschaften* und „Naturer- scheinungen“, berücksichtigen aber bloß die anorganische Natur, während das dritte sich an einen vorwiegend, das vierte an einen ausschließlich biologischen Leserkreis wendet. °) Eine für Nicht-Mathematiker bestimmte Anleitung zur Kurvenanalyse nach Fourierschen Reihen hat Poirot ([42] S. 155—224) geliefert. Mathematische Methoden in den biologischen Wissenschaften. 671 Teubners Verlag, 1889. (Möglichst elementar gehaltenes, von vereinzelten stili- stischen Härten abgesehen leicht lesbares Buch, das auf alle in Betracht kom- menden Fragen erschöpfend Auskunft gibt, so daß es als Anleitung für die Be- rechnung von Formeln aus Beobachtungsresultaten sehr verwendbar ist.) Ein die Kombinatorik, Wahrscheinlichkeitsrechnung, Ausgleichungsrechnung und Kollektirmaßlehre umfassendes Werk, das die Mitte zwischen den elementaren Ein- führungen und den ausführlichen Lehrbüchern hielte und besonders die Anwendung der genannten Disziplinen in den biologischen Wissenschaften berücksichtigte, von etwa dem Umfange und der Art der Darstellung wie die unter I genannten Bücher, gibt es nicht. III. Elementarmathematik und anderes. 85. Behrendsen O. und Götting E., Lehrbuch der Mathematik nach modernen Grund- sätzen. Teubners Verlag. (Unterstufe [2. Aufl.] und Oberstufe in zwei Ausgaben; Ausgabe B ist die reichhaltigere.) (Für den Mittelschulunterricht bestimmtes Lehrbuch der Elementarmathematik, welches den „Funktionsbegriff und alles, was damit zusammenhängt, also graphische Darstellung, geometrische Methoden, Differential- und Integralrechnung mit dem übrigen Lehrstoff von Anfang an verquickt und verschmülzt“.‘) Behandelt [Oberstufe] auch die Trigonometrie und analytische Geometrie, sowie in einem eigenen Abschnitte [92 S.] die Elemente der Differential- und Integralrechnung, ferner die Elemente der neueren Geometrie. Stellt sich ganz auf den Anfang des Anfängers, übertrifft jedoch nicht nur durch die hierdurch bedingte Art der Darstellung, sondern auch durch die Fülle des behandelten Stofes die anderen, ebenfalls die Reformvorschläge [siehe S. 669, Anm. ')] berücksichtigenden, in den letzten Jahren erschienenen Lehrbücher und ist als Nachschlagbuch über Fragen der Elementarmathematik — in etwas wei- terem Sinne gefaßt, als bisher im Mittelschulunterricht gebräuchlich — außer- ordentlich empfehlenswert.) Ähnliche Ziele verfolgen die beiden folgenden Werke, welche ihr Gebiet aber im Verhältnis zum vorhergehenden insofern einschränken, als sie einige der in jenem be- handelten Gebiete überhaupt unberücksichtigt lassen oder sie nur andeutungsweise streifen, dafür aber in manchen Einzelheiten wieder über jenes hinausreichen (z. B. [86] durch sehr eingehende und interessante Behandlung der Lehre von den Gleichungen) und überhaupt, wenn auch nichts voraussetzend, für Leser berechnet sind, welche die erste Grundlage der Mathematik bereits einmal kennen gelernt haben. 86. Borel E., Elemente der Mathematik. Deutsche Ausgabe von Paul Stäckel. I. Bd.: Aritkmetik und Algebra, II. Bd.: Geometrie. Teubners Verlag, 1908/1909. (Zu- nächst ebenfalls für den Mittelschuluntericht, aber für den Lehrer bestimmtes Werk, das auch als Nachschlagbuch für den Nichtmathematiker‘) gedacht ist, der sich etwa zur Einführung in die höhere Mathematik eine geeignete Grund- lage schaffen will. Leitet infolgedessen bis hart an die Schwelle der Infinitesimal- rechnung, ohne deren Gebiet selbst zu betreten. Der zweite Band enthält Plani- metrie und Stereometrie in eigenartiger Anordnung und Behandlung. [Trigono- metrie und analytische Geometrie werden nicht berücksichtigt.] In beiden Bän- den zahlreiche Beispiele, deren Lösungen als gesonderte Heftchen kürzlich er- schienen sind.) 87. Tannery J., Elemente der Mathematik. Deutsche Ausgabe von Klaess, Teubners Verlag, 1909. (Sehr knapp gefaßtes®) Lehrbuch, das die Grundbegriffe voraussetzend und kurz rekapitulierend auf vorwiegend geometrischem Wege [analytische Geo- 1) Aus dem Vorwort zur 1. Auflage. °) Als solches sich auch durch den Besitz eines genau gearbeiteten alphabeti- schen Sachregisters — fehlt leider bei den beiden anderen Lehrbüchern — erweisend. ®) 319 Seiten Text, nebst einem 20 Seiten umfassenden geschichtlichen Anhang von Paul Tannery. 672 Emil Löwi. Mathematische Methoden ete. metrie, Kurvenkonstruktion] bis in die Elemente der Integralrechnung und der Lehre von den Grenzwerten einführt, ohne auf deren Methoden selbst einzugehen.) 88. Sporer B., Niedere Analysis. Sammlung Göschen, Nr. 53. (Enthält unter anderm eine kurze Darstellung der Kombinationslehre, einiges über Reihen, sowie eine elementar gehaltene Anleitung zur Ausführung von Interpolationen.*)) 89. Voss A., Über das Wesen der Mathematik. 2. Aufl., 1913, Teubner (Lit.!). (Enthält nichts, was mit unseren Ausführungen irgendwie zusammenhinge, gewährt aber dem Nichtmathematiker so viel Einblicke in weniger bekannte Gebiete der Mathe- matik, daß, abgesehen von dem geradezu ästhetischen Genusse, den die Lektüre des Buches bietet, vielleicht mancher Leser irgendwelche Anregungen empfangen würde, die einmal für die organischen Naturwissenschaften Bedeutung haben könnten.) 90. Crelle A. L., Rechentafeln. Neue Ausgabe besorgt von O. Seeliger, Berlin, G. Rei- mer, 1914. Physikalische Lehr- und Nachschlagsbücher. Experimentalphysik in elementarer Darstellung: 91. Berliner A., Lehrbuch der Experimentalphysik in elementarer Darstellung. Gustav Fischer, 1911. (Fassung sehr einfach und ausführlich, weshalb das Buch etwas umfangreich [772 Seiten Text] ist.) 92. Lecher E., Lehrbuch der Physik für Mediziner und Biologen. Teubner 1912. (Bei knapper Fassung [457 Seiten Text] reichhaltiges, leicht verständliches Lehrbuch, das überall auf die praktischen Anwendungen der vorgetragenen Lehren in den biologischen Wissenschaften [besonders in der Medizin] hinweist.) R Eine Ergänzung der Physik-Lehrbücher, weil die von jenen nicht behandelten, für den Mediziner (und, wie hinzugesetzt werden darf, wohl auch manchen Biologen anderer Richtung) wichtigen Gebiete vorführend, bildet: 93. Fischer O., Medizinische Physik. Leipzig, Hirzel 1913. (Sehr ausführliche und um- fangreiche [1120 S.] elementare Darstellung der Bewegungslehre und Muskel- mechanik”), der Akustik des Gehörorgans und der Sprechwerkzeuge sowie der Optik des Auges und einiger oft angewendeter Instrumente.) Will ein moderner Ersatz für folgendes ältere Werk sein: 94. Fick A., Die medizinische Physik. Vieweg, Braunschweig 1885 (3. Aufl.; die 1. Aufl. war 1856 erschienen). Einen kurzen Abriß der Elastizitäts- und Festigkeitslehre bietet: 95. * Hauber W., Festigkeitslehre. Samml. Göschen, 288 (Lit.!). (S. auch Triepel [62], S. 1—78.) Zur Ausführung physikalischer Messungen bietet die beste Anleitung: 96. # Kohlrausch F., Lehrbuch der praktischen Physik. Teubners Verlag. (Lit.!), oder das kleinere, elementar gefaßte, im selben Verlag erschienene Werk desselben Ver- fassers: 97. — —, Kleiner Leitfaden der praktischen Physik. ‘) Ausführliche Werke über die genannten Materien: Netto E., Lehrbuch der Kombinatorik. Teubner, 1901. — Kunge C., Theorie und Praxis der Reihen. Sammlung Schubert, Bd. XIV. — Seliwanoff D., Lehrbuch der Differenzenrechnung. Teubner, 1904. 2) Vgl. auch [14]. v n— Register. Die beigedruckten Ziffern bedeuten die Seitenzahlen. A. Abmessen von Gasen 480. Absorptionen durch Tierkohle 375. Absorptionsgefäße für Gase 394 Absorptionsglocke nachMüller 39. Absorptionsmittel für Gase 393#., 405. — für Kohlenoxyd 410. — für Sauerstoff 408. — für Stickstoff 410. — für Wasserdampf 405. — für Wasserstoff 406. — zur Reinigung von Edel- gasen 410. Absorptionsschlange nach Winkler 397, 402. Absorptionsvorlagen 402. Abwehrfermente, „interfero- metrische Methode“ zum Studium der 561. Abweichung, durchschnitt- liche 601. — mittlere 601, 658f. Abweichungen zwischen be- obachteten und berech- neten Werten 644, 647, 653, 658. Adlersche Benzidinprobe zum Blutnachweis im Magen- inhalte 80. Adsorption 335. Adsorptionsvermögen der Fil- ter für Eiweißionen 57. — der Filter für freie Salz- säure 66. Agglutinin, Adsorption von — durch Tierkohle 377. Agmatin, Darstellung 263. Albertbiskuits (als Trocken- probefrühstück) 45. Albumin,refrakt. Bestimmung 100. Alizarinrot 72. Alkalibisulfite als Entfär- bungsmittel 384. Alkaliwirkung auf frische ° Schleimgranula 208. Alkaloide, Lösungsmittel für 359. Alkohol, Trocknen von 414. Aloinprobe zum Blutnachweis im Mageninhalte 80. Altmann’s neutrales O0sO,- Kaliumbichromatgemisch (Fixierung) 186. — neutrales OsO,-Kalium- bichromatgemisch, Modi- fikation nach Sehridde 188. — Kernfixierung 199. Aluminiumanalysen als Ent- färbungsmittel 384. Aluminiumbromid als Lö- sungsmittel 359. Aluminiumoxyd als Trocken- mittel 417. Alundum, Extraktionshülsen aus — 349. Ameisensäure als Lösungs- mittel 366. Ameisensäurenitril 477. Amieiprismen 85, 93. Aminogruppen (an den) ge- bundene Salzsäure 66. Aminosäuren 62. Ammoniak 470. Amylazetat als Lösungs- mittel 359. Anforderungen an Örgan- präparate zur interfero- metrischen Methode 567. Anilin als Lösungsmittel 374 Anisol als Lösungsmittel 374. Ansaugung des Mageninhaltes 50. Antipepsin 73. Appetitmahlzeit 48. Argon 355. — Reinigung 393. Argument 596. Argumentdurchschnitt 600f. Argumente, abgerundete 598. — leere 599. Argumentschwankungen, Un- terscheidung zufälliger und gesetzmäßiger 604. Aschenanalyse der seltenen Elemente 290. Aspiratiin zur Gewinnung des Mageninhaltes 50. Aspirator (Friedliebscher) 50. Äther als Lösungsmittel 359. Ätherersatz 369. Ätherisierung 155. Äthylalkohol 334, 352, 354, 358, 363 ff. Äthylen, Darstellung 473. — Reinigung 3%. Atmung, Untersuchung der — an Zellen und überle- benden Organen 21#f., 33H. Atropinvergiftung, chronische in ihrer Wirkung auf Schleim und Drüsen 207, auf seröse Drüsen 212. — Aufhellen der Präparate 187. — Aufkleben der Schnitte 192. Aufzuchtapparat für keim- freie Tiere 314, 317. Aufzuchtraum, Vorbereitung des — für keimfreie Tier- haltung 320. Ausfrierenlassen 354. Ausführung der Untersuchung mittels der interferome- trischen Methode 569. Ausgleichung, graphisched84. — von Beobachtungsfehlern HT. Ausgleichungsrechnung (Bei- spiele) 630, 633, 644 ff, 652f., 6ö6f. Ausheberung des Mageninhal- tes 52. Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VII. 43 674 Auslaugen von festen Kör- pern 342#. Aussalzen 334, 385. Ausschütteln im Scheide- trichter 325. Ausspülung des Magens 52. Automatische Wage 489. Auxanometer 587. — nach Trost 243. — nach Bovie 246. — für Diekenwachstum nach Golden 251. — nach Sachs 238. — nach Wiesner 239. — nach Pfeffer 241. — nach Kohl 242. Azetessigester, Isolierung der Ketoform 355. — Trennung der Enol- und Ketoform 334. Azeton 343, 349, 352, 358, 362. Azetylehlorid als Lösungs- mittel 359. Azetylen, Darstellung 452, 474. Azetylenakkumulator 474. Azidität des Magensaftes 61. Aziditätsgrade 62. B. Bacillus aminophilus intesti- nalis 266. Bahn (Form der — einer Be- wegung) 612. — gerade 616. — krumme 618. Bahnkurve 618. Bakterien, biologische Ver- suche an 18. Bakterien, refrakt. Untersu- chung ihrer Wirkung 116. Baldriansäure 60. Baryumchlorid als Lösungs- mittel 375. Baryumkarbonat als Entfär- bungsmittel 382. Baryumoxyd als Trockenmit- tel 416. Baryumphosphat als Klär- mittel 382. Bauxit 349. Bechergläser nach Kersten 356. Becherzellen 204. Beckmannscher Gefrierpunkt- bestimmungsapparat 429. Bedingungsgleichungen 645. Register. Benzidinreagens nach O. und R. Adler zur Blutbestim- mung im Mageninhalte 80. Benzin 325, 367. Benzinersatz 369. Benzol 354, 355, 358, 365. — Abscheidung aus Gasge- mischen 389. — Trocknen von 412, 418. Benzolersatz 369. Benzoylsuperoxyd als Entfär- bungsmittel 383. Beobachtungsfehler (unver- meidliche) 574. — Abweichungen zwischen berechneten und beobach- teten Werten als solche aufzufassen 644. — bei graphischen Darstel- lungen 584. — ihr Analogon bei Wahr- scheinlichkeitsproblemen 580. Berschsche Stärkelösung 68. Berthelotsche Ozonröhre 460. Berthelotsches Gesetz 330. Beryllium, Reaktionen 279. Beschleunigung 616f., 633. — graphische Bestimmung 620. — graphische Kurve 621. Bewegung 610. — im Raume 619—621. — gleiehförmige 610. — ungleichförmige 611, 616 f., 626. Bier, Ausschütteln von 327. — refrakt. Untersuchung 119. Blattfarbstoffe, Extraktion der 343. Blattstellungslehre (Berech- nungen) 590 f., 640 £. Blausäure 477. Bleiazetat, basisches, als Klärmittel 385. Bleimethode 173. Bloc Maquenne 429. Blam-Fuldsches Verfahren der Labbestimmung im Mageninhalte 76. Blutplättchen, biologische Versuche an 17. Blutegelextraktion nach Abel 519, Blutentnahme, zur Refrakto- metrie 9. Blutgasspannung, Bestim- mung an Venenblut in den Lungen 558. Blutgasspannungen, Bestim- mung von 508, 512. Blut, indirekte Bestimmung des Gefrierpunktes klein- ster Mengen 6. Blutkörperchenvolumen, re- frakt. Bestimmung 102. Blutkohle 375. Blutlipase 307. Blutnachweis im Magen- inhalte 79. Blut, Refraktometrie des 958. ü Blutserum, Refraktometrie des 95 ff. Blutzellen, Gewinnung und Verarbeitung für biologi- sche Versuche 15 ft. Boassche Mehlsuppe 45. — milchsäurefreie Probekost 45. — Probeabendessen 47. — Reagens zum Nachweis freier Salzsäure im Ma- geninhalte 59, 65. — Verfahren zur quantita- tiven Milchsäurebestim- mung im Mageninhalte 69. Bodenmüdigkeit 145. Böden, verschiedene, in ihrem Einfluß auf die Keimung 146. Bomben 437. Bourgetsche Probemahlzeiten 47. Braunsteingel 385. Brom 355. Bromwasserstoff, Darstellung 469. Brot als Probefrühstück 45. Brunstzeit, Drüsen zur 221. Buccaldrüsen 205, 206. Bufotalin 359. Bürzeldrüse 202. Butanon als Lösungsmittel 362. Butter, refrakt. Untersuchung 119: Butterrefraktometer 87. Buttersäure-Nachweis im Ma- geninhalte 61. Butyrometer nach Sahli zur Fettbestimmung im Ma- geninhalte 53. G Capomesser 482. Caseinverfahren zur Pepsin- bestimmung im Magen- ınhalte 75. Fr ee yor®- Pa 9 0 ee a Mr ui | | j un Caesium, Reaktionen 269. — Spektrum 296. Cer, Reaktionen 282. Ceriterden, gemeinsame Re- aktionen mit Ytterden 281. Chinolin 326, 359. Chlor, Darstellung usw. 466. Chlorbenzoesäuren, Trennung 397. Chlorgehalt des Ammonchlo- rides und der tlüchtigen Chloride im Mageninhalte — der festen Chloride im Mageninhalte 63. — (gesamter) des Magen- inhaltes 64. — der Salzsäure im Magen- inhalte 64. Chlorhydrat 467. Chloride, quantitative Be- stimmung im Magenin- halte 63. Chlorkalziumröhren 401. Chloroform 341, 354, 355, 358, 369. — Reinigen von 412. Chlorophyll 334. Chlorwasserstoff, Darstellung 468. — Löslichkeit in. Alkohol, Äther, Benzol 469. Chlorzink als Trockenmittel 468. Cholesterin als Reageus auf Selensäure 276. Cholsäure 360. Christiansches Verfabren zur Standardisierung derMett- schen Röhren 72. Cottrellsches Gasreinigungs- verfahren 391. Cyan, Darstellung 475. Cyaninfärbung der Kerngra- nula 198. Cyanquecksilber 475. Cyanwasserstoff, Darstellung 477. D. Darmbakterien,ihre Bereitung 311, 312. Darmepithelien, Verarbeitung zu biologischen Versuchen di, Darmsaft, Nachweis im Ma- geninhalte 80. Darstellung, graphische, s. graphische Darstellung. Register. Darstellung von Organpräpa- raten zur interferometri- schen Methode 568. Debraysche Gasentwicklungs- apparate 439. De Renzisches Probefrühstück 44. Desinfektionskraft von Alko- hol 364. Desodorierung von Flüssig- keiten 379. Destilliertes Wasser, Giftwir- kung bei der Keimung 143. Dichloräthylen, syn., als Lö- sungsmittel 371. Dicehtester Wert 601. Dichtigkeitsmittel 601. Diehtung von Korken 351. Differentialmanometer 483. Differentialquotient 617, 633, 661 Difierenzrefraktometer 84. Digerieren 342. Dimethylamidoazobenzol 59. Döbereiner-Mohrsche Gasent- wicklungsapparate 440. Druckluft, Gewinnung und Sterilisation 318, 319. E. Edestinverfahren zur Pep- sinbestimmung im Magen- inhalte 74. Eier als Probefrühstück 44. Eigelbbouillonsuppe nach Sahli 47. Einbetten der Präparate 187. Einstichverfahren 163. Eintauchrefraktometer 90. Einwurfmethode, Apparate zur Gasentwicklung nach der 452. Eisengehalt der Probekost: kolorimetrische Bestim- wung 54. Eisenhydroxyd, kolloidales 385. Eisessig 355. Eiweißbestimmung, refrakt. — im Blutserum 98. — in Ex- und Transsuda- ten 103. — im Harn 107. Eiweißionen, Verhalten bei der Filtration 57. Eiweißkörper, einzelne des Blutserums, refrakt. Be- stimmung 99. 675 Elastizität 6091. Elektrische Methode der Schmelzpunktsbestim- mung 427. Elektrischer Strom, Einfluß auf die Keimung 147. Elektronen als Zentren von Flüssigkeitskeimen 392. Elektrokultur 148. Emanation, Einfluß auf die Keimung 135. Emulsionen, Zerstörung von 211. Emulsionsbildung 327. Energie, chemische 621, 624. — mechanische 621. — optische 623. — thermische 623f. — -verbrauch. Beziehung zu Gewicht und Oberfläche des Körpers 625. — — bei Lokomotion des eigenen Körpers 624, 625. — — beim organischen Wachstum („Entwick- lungsarbeit“) 625. Enfleurage 324. Enteiweißung 385. Entfärben von Flüssigkeiten 375. Entfärbung von Flüssigkeiten aufchemischem Wege 383. Entfärbungsmittel 375 f. EntfettungvonKnochen, Leim- leder 342. Entleerung des Mageninhaltes 49. Entölung von Ölfarben 371. Entwässern organischer Flüs- sigkeiten 411. Entwässerung der Präparate 186. Entwieklungsarbeit 625. Enzymatische Eigenschaften des Mageninhaltes, Fest- stellung 71. Eponit 379. Erdsäuren, Lösung 292. Erweichungspunkte 431, 432. Erythrocyten, biologische Ver- suche an 16. Essigester 333, 335, 339, 358. Essigsäure, Adsorption von — durch Tierkohle 378. Esterspaltung, Bestimmung d. — nach Rona u. Michaelis mittelst der Tropfmethode 301. Eutektisches Gemisch 352. Ewald-Boassches Expressions- verfahren zur Entleerung des Mageninhaltes 49. 43* 676 Ewald-Boassches Probefrüh- stück 44. Explosion von Stickstoffbom- ben 466. Explosionsgrenzen von Aze- tylen 475. Explosionsgrenzen von Wasser- stoff 454. Expressionsverfahren nach Ewald-Boas zur Entlee- rung des Mageninhaltes 49. Exspirationsstellung der Lun- gen, Bestimmung 535. Exsudate, refrakt. Untersu- ebung 102. Extrahieren 170. — von festen Körpern 342 ff. — von flüchtigen Körpern 324. — von Flüssigkeiten 324 ff. Extraktion, Theorie der 330. — von festen Körpern 342 ff. — von Flüssigkeiten, selbst- tätige 335. — leicht zusammenbackender Pulver 348. — selbsttätige, von festen Körpern 344 ff. Extraktionsapparate 327. — selbsttätige 335 ff. — — für spez.leichtere Lö- sungsmittel 336. — — für spez. schwerere Lösungsmittel 341 ff. — für wärmeempfindliche Lö- sungen 340. Extraktionsmittel 325. Extremwerte (beim physiolo- gischen Versuch) 6471f., 632. — (in der Kollektivmaßlehre) 996. Fr. Fäden in Zellen 209, 214. Fadenkorrektion bei d. Siede- punktsbestimmung 435. Fehler (s. auch unter „Ab- weichung“ und unter „Be- obachtungsfehler“), abso- lute Werte der 575. — durehschnittlicher 575. — mittlerer 575f. — Quadrate der 575. Fehlerausgleichung 574. Fehlerausgleichungsgesetz (Gaußsches) 605. Fehlerausgleichungsreehnung beider Kurvenausmessung 589. Register. Fehlerquellen der interfero- metrischen Methode 571. Fermente, refrakt. Untersu- chungihrer Wirkung 116. Ferrisulfatlösung nach Meu- nier 45. Ferrosilizium zur Wasserstoff- entwicklung 455. Festigkeit 609. Fett, refrakt. Bestimmung im Mageninhalt 108#t. — in der Milch 113. — in der Sahne 114. Fettbestimmung 371, 372. — nach Sahli im Magen- inhalte 55. Fette, Schmelzpunkt 419, 422, 430. — Spaltungsgrad im Magen- inhalte 78. Fettextraktion 342, 349, 351. Fettsäuregemische, _fraktio- nierte Fällung 357. Fettsäuren, Nachweis im Mageninhalte 60. Fettumsetzungen 193. Fettzwiebelfrühstück 45. Feuergefährlichkeit organi- scher Lösungsmittel 358. Fibrinogen, refrakt. Bestim- mung 101. Filtrieren ätherischer Lösun- gen 361. Finkenersche Gasentwick- lungsapparate 445. Fixierung, Allgemeines 185, 186. Flächeninhalt, Bestimmung desselben bei unregel- mäßig begrenzten ebenen Figuren 607. Flächenwachstum 255. Flammenfärbung durch sel- tene Elemente 292. Fleisch als Probemahlzeit 45. Fleischextrakt als Probemahl- zeit 46. Fliegen, keimfreie Züchtung 3 Fliegeneier, keimfreie Ge- winnung 313. Flimmerbewegung 662. Florencesches Reagens zum Urobilinnachweis im Ma- geninhalte 81. Florentinerflaschen 341. Flüchtige Fettsäuren, Nach- weis im Mageninhalte 60. Flüssige Kristalle 421. Flüssiges Probefrühstück nach Jaworski und Glu- zinski 45. Flüssiges Probefrühstück nach Kuyjer 46. — — nach Koettlitz 46, — — nach Mintz 46. — — nach Schalij 46. — — nach Talma 46. Flüssigkeitsinterferometer 84. — Einrichtung des 563. — Gebrauch des 565. Formamid als Lösungsmittel 359. Formeln, Ableitung empiri- scher (s. auch unter „Aus- gleichungsrechnung“) 659. Formoltitrierung nach Sö- rensen 66, 78. Fouriersche Reihe 586. Fraktionierte Absorption 385. Fraktioniertes Fällen 385. Frankonit 381. Freihandmarkieren 231. Frescenius’ Vorlage 403. Friedliebscher Aspirator 50. Froschlarven, keimfreie Züch- tung 312. — keimfreie Gewinnung313. Fühlhebel nach Jost 250. Fuld-Levisonsches Edestin- verfahren zur Pepsin- bestimmung im Magen- inhalte 74. Fullererde 380. Fütterung keimfreier Tiere 322. G. Galläpfeltinktur als Reagens auf Erdsäure 286, 288. Galle, Nachweis im Magen- inhalte 80. Gärungsgeschwindigkeit, Mes- sung der 42. Gasanalyse, Mikromethode 49. — Mikroskopische Methode 500. Gasdiffusion durch Menschen- lungen, Bestimmung 543. Gase, Arbeiten mit 347. — als Keimungsförderer 144. — Nachweisim Mageninhalte Gasentnahme aus Bomben 437. Gasentwicklung 439 ff. — durch Einwirkung von Flüssigkeiten auf feste Körper 439 ff. — durch Einwirkung von Flüssigkeiten auf Flüssig- keiten 453. Gasentwicklungsapparate nach dem Tropfsystem 448. — nach der Einwurfs- methode 452. Gasometer 478. Gasreinigung, chemische 393 8. — durch Elektrizität oder Magnetismus 390. — durch Erzeugung von periodischen Temperatur- und Druckänderungen 392. — durch Wärmeentziehung 388. — mechanische 337. — physikalische 388. Gassammelröhren 531. Gasuhr 481. Gaswaschaufsätze 394. Gaswaschflaschen 395 ft. Gebrauch des Interfero- meters 565. Geerssche Probe zum Blut- nachweis im Mageninhalte 9. Gefäßerweiterung, Wirkung auf Drüsen 209. Gefriermethode nach Altmann 198. — nach Kossel 198. Gefrierpunkt, indirekte Be- stimmung kleinster Men- gen von Blut, Harn, Zell- saft usw. 6. Gefrierpunktsbestimmung 419f. Gefrierpunktserniedrigung und Brechungsindex 106. Gelatine als Klärmittel 382. Gelatinegallerten, Schmelz- punkt 431. Gelenkmechanik 591. Generationsdauer (bei Mikro- organismen) 638. Gerade, als graphischer Aus- druck der Proportionalität 613. — Gleichung der 613, 556, 660. Gerbstoffextrakte, Entfärbung von 384. Gerb- und Gallussäure, Be- stimmung in Tinten 332, 339. Gesamtazidität des Magen- inhaltes 62. Gesamtchlor des Mageninhal- tes 64. Gesamtmenge des Magen- inhaltes 52. Register. Gesamtsalzsäure des Magen- inhaltes 62. Geschlechtsdrüsen von Am- phibien 221. Gesehwindigkeit 610 ft., 661. — chemischer Reaktionen (Massenwirkungsgesetz) 661. — chemischer Reaktionen (van 't Hoffsches Gesetz) 623. — der Reaktion auf einen Reiz 634. — des Wachstums612—615. — graphische Bestimmung der 620. — nicht konstante 611, 617. Geschwindigkeitskurve 621, 627. Gesetz des Minimums 165. Gewicht einer Reihe 576, 600 Gewichtszunahme beim Wachstum 616. Gewinnung des Mageninhaltes Gifte, Einwirkung auf die Keimung 140. Giftwirkung 624, 634 f., 636, 637. Glaskolben mit Quecksilber- rinne 350. Globulin, refrakt. Bestimmung 100. Godart-Danhienx sches Probe- frühstück 45. Gold, Reaktionen 273. Goldpurpur 274. Gräfe-Apparat 344. Granulaersatz bzw. Neubil- dung 209. — intrazelluläre Verände- rungen der 205, 206. Graphische Ausgleichung 584. — Darstellung im rechtwink- ligen Koordinatensystem 583, 643f., 648 fl., 653, 654, 656. — — im Polarkoordinaten- system 587° — — der relativen Häufig- keit 5871. — — in der Statistik (Kol- lektivmaßlehre) 599. — Methoden 582. Großsches Kaseinverfahren zur Pepsinbestimmung im Mageninhalte 75. Guldberg und Waage, Gesetz von 662. Günzburg-Steensmasches Re- agens zum Nachweis 677 der freien Salzsäure im Mageninhalte 59, 65. El. Hafergrützenabguß als Probe- mahlzeit 45. Hafermehl als Probemahlzeit 45. Hahnschmiere beim Arbeiten mit Ozon 465. Halogenhaltige Lösungsmittel 336, 368. Hardersche Drüse 202. Harn, indirekte Bestimmung des Gefrierpunktes kleinster Mengen 6. — refrakt. Untersuchung 104. Harnsäure, Adsorption von — durch Tierkohle 378. Häufigkeit, relative 578, 579. — — graphische Darstellung derselben 587 f. Häufigkeitskurve 599. Häufigkeitsrechnung 578. Hautdrüsen der Amphibien 203. Hefe, biologische Versuche an 19. — Messung der Gärungsge- schwindigkeit 42 f. Heidenhain, M., Eisenalaun- Hämatoxylin-Färbung 196. Heizapparat, kombiniert mit Polarisationsapparat 484 ff. Heizmikroskope 427, 429. Heizung mit elektr. Glüh- lampen 351. Heliotropismus 629, 634 f. Hemmungsstoffe der Pepsin- wirkung im Mageninhalte 79. Hexan 334. H- und ÖH-ionen als Kei- mungsmittel 142. Histidin, bakterieller Abbau 265. Holzkohle 376. Hopfenbitterstofte , tion der 370. Hopkinssche Reaktion zum Milchsäurenachweis im Mageninhalte 60. Horizontalmikroskop 235. Hühnchen, keimfreie Züch- tung durch Schottelius und Cohendy 312. Extrak- 678 Hühnereier, Entkeimung von 313. Hydrodinatriumphosphat, An- wendung nach Roux und Labarlais bei Probemahl- zeit 45. Hydrogenit 455. Hydrosulfite als Entfärbungs- mittel 384. Hyperbel, gleichseitige 586, 630, 638, 649, 652, 654. — -schar 654. E Iminazolyläthylamin, Darstel- lung 264. — Synthesen 267. Indium, Reaktionen 278. — Spektrum 296. Indoläthylamin, Darstellung 263. Indolnachweis im. Magenin- halte 82. Induktionszeit 629, 634. Inhaltsmesser an Stahlbom- ben 438. Inouye-Mugurumasche Probe- kost 48. Integrieren 586, 662. Intensivdüngung 147. Interferometer, Einrichtung der 562. — Gebrauch des 569. Interferometrische Methode zum Studium der. Ab- wehrfermente 566. — Ausführung der 569. — Fehlerquellen der 571. — Genauigkeit der 571. — Organe für die 567. — Prinzip der 561. Iridium-Reaktionen 272. Alk Jacoby-Solmsches Rieinver- fahren zur Pepsinbestim- mung im Mageninhalte 75. Jaworski-Gluzinskisches flüssiges Probefrühstück 45. — — Probefrühstück 44. Jodhäminkristalle zum Blut- nachweise nach Strzyz- kowsky 79. Jodkalium, Anwendung bei Probekost 48. Jodometrische Methode naeh Sahli-Wezrumba zur Fest- stellung der Säureakti- vität des Magensaftes 67. Register. Jodwasserstoff, Darstellung 453, 470. K. Kalihydrat als Trockenmittel 417. Kalium als Trockenmittel 418 Kaliumchlorat zur Sauerstoft- gewinnung 458. Kaliumfluorid 334, 386. — als Trockenmittel 418. Kaliumkarbonat 334, 386. Kaliumnatrium als Trocken- mittel 418. Kaliumpersulfat zur Sauer- stofidarstellung 459. Kalorie 624, 625. Kalziumbromid als Trocken- mittel 416. Kalziumehlorid als Trocken- mittel 416. Kalziumhydrid zur Wasser- stoffentwicklung 455. Kalziumhydrosulfit als Ent- färbungsmittel 384. Kalziumkarbid 363. — als Trockenmittel 363, 406, 417. Kalziumoxyd als Trocken- mittel 416. Kambaraerde 380. Kapillarimetrische Bestim- mung der freien Salzsäure im Mageninhalte 66. Karyokinese 592. Kautschuk, Extraktion 349. Keimapparate 130 fi., 225. Keimbett, Befeuchtung des- selben 128. — Einfluß auf die Samen- keimung 127. Keimfähigkeit der Samen 223. Keimkasten nach Sachs 226. Keimkraftprüfung 128. Keimschale 120. — nach Wiener Typus und nach Molisch 224. Kerngranula 197 ft. Kieselgur als Klärmittel 380. Kieselsäure als Klärmittel 382. Kieselsäurehydrat als Ab- sorptionsmittel für Gase 411. Kippsche Gasentwicklungs- apparate 441. Klären von Flüssigkeiten 375. Klärpunkt 420. Knochen, Entfettung von 342. | Knochen, Extraktion von 372. Knochenkohle 376, 384. Knoches Modifikation der van Giesonscehen Färbung 197, 218/219: Knorrsches Hafermehl als Probekost 45. Kohle als Entfärbungsmittel aa Kohlendioxyd, von reinem 453, 473. — Entwieklung im großen Maßstabe 473. Kohlenoxyd, Darstellung 472. Kohlensäurebildung, Bestim- mung. der —anZellen und überlebenden Organen 38, 41f. Kohlensäure, Darstellung 473. Kohlensuboxyd 390. Koks 376. Kollektivgegenstand 59. — logarithmische Behand- lung 602. | — relative Methode 602. Kollektivmaßlehre 596, 640. Kolloidtone als Reinigungs- mittel für Flüssigkeiten 3831. Kolorimetrische Bestimmung des Eisengehaltes der Probekost 54. Kombinatorik 578. Kondensationsanalyse 390. Kongopapier 59, 66. Königswasser als Lösungs- mittel 374. Konstante 577, 630, 631, 636. Konstanten, Berechnung von 644ft., 650. Koordinatensystem, recht- winkliges (s. auch unter „GraphischeDarstellung‘“) 582. — dreiachsiges (räumliches) 518f. — zur Analyse der Bahn- kurve 618. — zur Konstruktion der Weg- kurven 618f. Kork 351. — Extraktion durch Äther 361. Korngröße, Abhängigkeit des Schmelzpunktes von der 420. Korrelationsmethode 642. Koettlitzsches tlüssiges Probe- frühstück 46. — Verfahren zur Labbe- stimmung im Magenin- halte 77. Darstellung a een nn ei ie ee Kreisschar 593. Kristallalkohol 354. Kristallchloroform 354. Kristallhabitus 357. Kristallinisch-Hüssige Sub- stanzen 420. Kristallisationsbeschleuni- gung 357, 358. Kristallnitrobenzol 354. Kristallpyridin 354. Kristallwassr 354. Berystalle 2. 8. Kristall. . . Kupfersulfat als Troeken- mittel 415. Kurve 584. — ausgeglichene 584. — periodische (Mittelwert der abhängigen Variablen) 86. — der Muskelzuckung 626 ff. Kurvenschar 593f:., 654f., 663. Kussmaulsches Probemittag- essen 46. Kuyjersches flüssiges Probe- frühstück 46. L. Labbestimmung im Magen- inhalte 76. — nach Blum und Fuld 76. — nach Koettlitz 77. Labialdrüsen 205, 206. Laboratoriums-Gas-Interfero- meter 562. Laboratoriumsluft, ihre Ein- wirkung auf die Pflanze 230. Laboratoriumstechnik 324 ff. Lachgas, Darstellung 471. Längenwachstum, Beziehung desselben zur Volum- und Gewichtszunahme 616. Lanthan, Reaktionen 282. Leimleder, Entfettung v. 342. Leosche Reaktion zum Nach- weis flüchtiger Fettsäuren im Mageninhalte 60. Leube-Riegelsches Probemit- tagessen 46. Leukoeyten, biologische Ver- suche 17. Lezithin, Gewinnung aus Ei- gelb 325. Licht, Einfluß auf d. Keimung 120 f., lichtharte Samen 12T. Ligroin 355, 358. “ Lipasebestimmung im Magen- inhalt 77. Register. Lithium, Reaktionen 269. — Trennung von Caesium u. Rubidium 296. Loeningsche Schlundsonde 49. Logarithmische Behandlung eines Kollektivgegenstan- des 602. Lösungsmittel 325, 358 ff. Lueidol 383. Luft, Gerinnung keimfreier 316. Luftreinigung durch Ozon 464. Luftsauerstoff, Löslichkeit von — in Wasser 459. Lungen, Funktionsuntersu- chungen an 513, 529. Lungesche Zahnkugelröhre 403. M. Magen, Sekretionsvermögen bB. Mageninhalt, Ansaugung 50. — Aspiration 50. — Ausheberung 52. — Baldriansäure 60. — Blutnachweis 79. — Buttersäurenachweis 61. — chemische Untersuchung Hi: — Chlorgehalt der festen Chloride 63. — Chlorgehalt der Salzsäure 64. — Chlorgehalt des Ammon- chlorides und der flüch- tigen Chloride 64. — Darmsaftnachweis 80. — Eisengehalt d. Probekost (kolorimetrische Bestim- mung) 54. — Enzymatische Eigenschaf- ten 61. — Essigsäurenachweis 61. — Expression 49. — Fettgehalt der Probekost (Bestimmung nach Sahli) 533 — freie Salzsäure 50, 59, 65. — Gallenachweis 80. — Gase 80. — gebundene Salzsäure 58, 66. — Gesamtazidität 62. — Gesamtehlor 64. — Gesamtmenge 52. — Gesamtsalzsäure 62. — Gewinnung 49, — Indolnachweis 82. — Labbestimmung 76. 679 Mageninhalt, Methodik d. Un- tersuchung 44. — Milchsäurenachweis 60. — Nachweis anomaler Be- standteile 83. — Nachweis flüchtiger Fett- säuren 60. — Nachweis freier Salzsäure 59. — Nachweis saurer Phos- phate 61. — Pankreassaftnachweis 80. — Pepsinbestimmung 71. — Physikalisch - chemische Untersuchung 57. —- Quantitative Bestimmung der Chloride 63. — Quantitative Bestimmung der freien Salzsäure 65. — Quantitative Bestimmung der gebundenen Salzsäure 66. — Quantitative Bestimmung der Gesamtazidität 62. — Quantitative Bestimmung der gesamten organischen Säuren 69. — Quantitative Bestimmung der Gesamtsalzsäure 62. — Quantitative Bestimmung der Milehsäure 39. — Qualitative Prüfung auf Säuren 58. — Quantitative Bestimmung der Azidität der flüchtigen Fettsäuren 70. — (uantitative Bestimmung der Azidität der sauren Phosphate 68. — refrakt. Untersuchung 108#., 117 #8. — Schwefelwasserstoffnach- weis 83. — Salzsäuredefizit 66. — saure Bestandteile 58. — Schleimgehalt (Schätzung) 78. — Spaltungsgrad der Fette 78. — Tryptophannachweis 82. — Urobilinnachweis 81. — Verdauungsgrad der Fette 78. — Verdauungsgrad der Kohlehydrate 78. — Verdauungsgrad der Pro- teine 78. Magenlipase 308. Magensaft, Feststellung der abgesonderten Menge 53. Magnesiumchlorid als Lösungsmittel 375. 680 Magnesiumhydrosilikate als Entfärbungsmittel 381, 382. Mangansuperoxydhydrat, kol- loidales 385. Markierer von Ganong 234. — von Wiesner 233. Markierungsmethode von Graf v. Luxburg 232. Massenwirkungsgesetz 662. Mathieu-Reinardsches Rest- verfahren zur Feststellung der Gesamtmenge des Mageninhaltes 52. Maximum s. Extremwerte. Mazerieren 342. Meerschweinchen, Züchtung 312. Mehlsuppe nach Boas als Probekost 45. — nach Inouye und Mugu- ruma als Probekost 48. — nach Sahli und Seiler als Probekost 47. — nach Schlaepfer als Probe- kost 43. Mehlsuppenfrühstück nach Sahli und Seiler 47. Mendelsches Gesetz 580. Merkmal, ordnendes 596. — — ohne Zahlencharakter 597, 600. Messung mikroskopischer Körper 606. Methode von Fleck 259. Methode von Jean 260. Methode von Kraus 260. Methode von Nierenstein und Spiers 260. — von Sanio 259. Methylalkohol 334, 358, 364, 312. — Nachweis im Äthylalko- hol 334, 386. Methylketon als Lösungsmit- tel 362. Mettsche Methode zur Bestim- mung des peptischen Ver- mögens des Mageninhaltes zaB — Röhren, Standardierung nach Christiensen 72. Meuniersches Probefrüh- stück 45. Milch, Anwendung als Probe- mahlzeit 44. — refrakt. Untersuchung 113. — refrakt. Fettbestimmmung 113. — refrakt. Prüfung der blauen Lösung 114. keimfreie Register. Milch, refrakt. Prüfung des Milchserums 115. — refrakt. Bestimmung des Milchzuckers 115. Milchfettbestimmung Gottlieb-Röüse 325. Milchfettrefraktometer 87. Milchsäure, Nachweis im Ma- geninhalte 60. — quantitative Bestimmung im Mageninhalte 69. Milchsäurefreie Probekost nach Boas 45. Milchzucker, refrakt. Bestim- mung 115. Mineralgele als 3831. Mineralwässer, refrakt. Un- tersuchung 119. Minimum s. Extremwerte. Mintzsches flüssiges Probe- frühstück 46. — Verfahren zur quantita- tiven Bestimmung der freien SalzsäureimMagen- inhalte 65. Minutenvolumen des Blut- stroms, Bestimmung 550. Mikrogasometer 513. Mikroluftanalyse 495. — Anwendungen 504. — Tragbarer Apparat 506. Mikrorespirometrie 519. nach Klärmittel Mikroskopische Gasanalyse 500. — — Anwendungen 507, 577. Mikrotonometrie 507. — abgekürztes Verfahren 514. — an Blut 508, 512. — an Harn 517. — von Kohlensäure 515. Mischkristalle, Bildung von 352. Mittel. arithmetisches 575, 576. Mittelstellung der Lungen, Bestimmung 535. Mittelwert 575, 576. — Berechnung desselben 575, 601. — der abhängigen Variablen bei periodisch schwanken- den Größen 586. Mittelwerte, ihre Verwerdung bei Beobachtungsreihen 647, 649, 6571. Modelle zur Untersuchung morphologischer und me- chanischer Probleme 59, 626. Molekulargewicht, Mikrosko- pische Bestimmung mit kleinsten Mengen Substanz nach Barger 1. Molybdän-Chromsäure-Ver- fahren nach Altmann 199. Molybdän, Gravimetrische Be- stimmung 298. — Reaktionen 274. Motilität des Magens, refrakt, Untersuchung 108#. D Muskelkontraktionskurve 586, 626 ff. Muzin- bzw. Muzigengranula s. Schleimgranula. Myrrhentinktur, Herstellung von 343. N. Näherungswert (bei der Be- rechnung des Mittelwertes 575 Anm. °) Nahrungsmittelkontrolle, An- wendung der Refrakto- metrie in der 119. Naphthalin als Lösungsmittel 359. Narkoseäther 360. Natrium als Trockenmittel 418. Natriumhydrosulfit als Ent- färbungsmittel 384. Natriumsulfat als Lösungs- mittel 375. — als Trockenmittel 415. Natriumsuperoxyd zur Sauer- stoffdarstellung 458. Nebelbildung 392. Negativ, s. positiv. Neon, Isolierung aus Gasge- mischen 392, 411. Nephelometrisches Verfahren der Pepsinbestimmung nach Kober 76. Nervenreizung, Veränderun- gen von Drüsen nach 210— 212. Nesslersches Reagens 369. Netz, intergranuläres der Kerne 199, — des Zellprotoplasmas 205. Neubergs Klärmittel 385. Neutralrot, Anwendung nach Schlaepfer bei Probekost 48. Niekhaut-Drüse des Frosches 214. Niob, Reaktionen 286. Nitrobenzoesäuren, Reinigung 3971. Nitrobenzol 354, 374. Nitroglycerin 342. Nitrose Dämpfe 471. Nitrotoluol 355. Normalgleiehungen 645, 650, 652, 696. Normallösungen, refrakt. Un- tersuchung 119. O. Oberfläche, Bestimmung der- selben bei stark geglie- derten Organismen 607. Ölprobefrühstück 80. Oesophealdrüsen vom Frosch 207. Olivenöl als mittel 325. Operation, keimfreie 321. Extraktions- Operationsraum, keimfreier 321. Opiumtinktur, Herstellung von 343. Optimum 643, 647. Optische Methode 484 ft. Orbitaldrüse 205, 206. Ordnendes Merkmal, s. Merk- mal. Organe zur interferometri- schen Methode. — Anforderung an die 567. — Darstellung von 568. — Standardisierung der 569. Organische Säuren, quantita- tive Bestimmung im Ma- geninhalte 69. Orthogonal 593, 594. Osmium-Reaktionen 272. Osmotischer Druck. Indirekte Bestimmung mit kleinsten Mengen von Pflanzensaft usw. 6. Ostwaldsches Gesetz der Um- wandlungsstufen 353. Oxalsäurenitril, Darstellung Oxon 458. Oxydationsgeschwindigkeit, Bestimmung der, 1. Me- thode 21 ft. — Bestimmung der, 2. Me- thode 33 ff. Oxyphenyläthylamin, Dar- stellung 262. Ozon, Darstellung usw. 460 ff. Ozonapparate 460 ff. P. Palataldrüsen 205. Palladium, Reaktionen 271. Pankreas, 219, 220. Register. Parabel 594, 632f., 643. Parabelschar 594. Parotis des Kaninchens 210, 211. — der Katze 196, 197, 211 bis 219. — der Maus 214. — tätige, Färbung der 197. „Parotis“, sog. von Salam. maceul., s. Hautdrüsen der Ampbibien. Pech, Schmelzpunkt 431. Peligotsches Rohr 402. Pepsin, refrakt. Bestimmung im Magensaft 117#. Pepsinbestimmung im Magen- inhalte 71. Pepsineinbeiten 75. Peptisches Vermögen des Ma- geninhaltes 71. Peptone 58, 62. Perforationsapparate 335 ff. Perforator von Partheil und Rose 338. Petroläther 325, 334, 358, 367. Petroleum als Reagens auf selenige Säure 276. Pettenkofersche Röhre 402. Pflanzenkohle 379. Phenyläthylamin, Darstellung 261. Phenylhydrazin 355. Phosphate (saure), Feststel- lung im Mageninhalte 61, 63. Phosphorbestimmung im Aze- tylen 475. Phosphorpentoxyd als Trok- kenmittel 468. Phospborsalzperlen der sel- tenen Elemente 293. Physikaliseh-chemischeUnter- suchungdes Mageninhaltes 57. Planimeter 586, 608. Platin, Reaktionen 270. — Trennung von anderen Elementen 294. Plazentapräparat, Darstellung eines — zur interfero- metrischen Methode 568. Pneumatisches Extrahieren 324. Polarisationsapparat, kombi- niert mit Heizapparat 484 ff. Polarkoordinatensystem 589. Polarplanimeter, System Ams- ler 255. Polypeptide 62. Positiv (negativ) als Rich- tungsbezeichnung bei 681 Schraubenlinien und Spi- ralen .590. Positiv gewunden 589. Positive Richtung der Koordi- . natenachsen 582. Positiver Drehungssinn von Winkeln 589. Postmortale = supravitale Zellen 19. Präputialdrüsen 201. Präsentationszeit 629, 630, 631, 634, 635. Preßvorriehtung beim Maze- rieren 342. Probeabendessen nach Boas 47. — nach Bourget 47. Probefrühstück nach Boas (trockenes) 45. — nach Bourget 47. — nach Ewald-Boas 44. — nach Georges 44. — nach Godart-Darhieux 45. — nach Inouye und Mugu- ruma 48. — nach Jaworski und Glu- zinski 44. — nach Jaworski und Glu- zinski (flüssiges) 46. — nach Kuyjer (flüssiges) 46. — nach Koettlitz (Hüssiges) 46. — nach Meunier 45. — nach Mintz (flüssiges) 46. — nach Roux und Labou- lais 45. — nach De Renzi 44. — nach Ritter und Hirsch 44. — nach Robin 44. — nach Sahli (Eigelbbouil- lon) 47. — nach Sahli (jodkalium- haltiges) 48. — nach Sahli (trockenes) 45. — nach Sahli und Seiler (Mehlsuppe) 47. — nach Schalij (flüssiges) 46. — nach Schaepfer 48. — nach See 45. — nach Strauß und Leva 45. — nach Talma (flüssiges) 46. Probekost, milchsäurefreie nach Boas 45. Probemahlzeiten 44. Probemittagessen nach Bour- get 47. Abderhalden, Haädbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. VIII. 44. 682 Probemittagessen nach Kuss- maul 46. — nach Leube-Riegel 46. Proportionalität, graphische Darstellung der 613. — verkehrte 629f., 654. Proteine 58, 62. — Verdauungsgrad im Ma- geninhalte 78. Proteosen 58, 62. Protoplasma, basales 205. — intergranuläres s. Netz. Prüfen auf Reinheit 419. Pulskurve 586. Purinderivate, Adsorption von — durch Tierkohle 378. Purpurschnecke, der 372, 374. Pyridin 354, 358. Extraktion Q. Quadranten (im rechtwink- ligen Koordinatensystem) 582, 584, 632. Quadrate, Methode der klein- sten — 645. (uercetin, Bestimmung in Wein 332. R. Radium, Einfluß auf die Keimung 133. — — — das Treiben 160. — Kristallisationsbeschleu- nigung durch — 357. — Reinigung 385. Radiumchlorid, Umkristalli- sation 353. Raffinieren von Rohrzucker 378. Raumachse 584. — nach abwärts gelegt'584. Reaktionsgeschwindigkeit 623, 634. — Bestimmung der — in Zellen 12 ff. Reaktionszeit 631, 634, 636. Reduktionsmittel als Ent- färbungsmittel 384. Refraktometer nach Abbe 5. — nach Pulfrieh 90. — nach Wollny 87. Reihe, Gewicht einer — 576, 600. Reihen 665 £. Reinigen 324 ff. — von Gasen 386 ft. Reißnersches Verfahren zur Feststellung der Menge Register. der Gesamtsalzsäure im Mageninhalt 63. Reize (erregende und läh- mende Wirkung)611, 634. Reizdauer 586. Reizintensität 586, 629. Residualluft, Bestimmung der 536. Respirationsapparat, Mikro- 519 Restverfahren nach Mathieu und Reimond zur Fest- stellung der Gesamtmenge des Mageninhaltes 52. Retortengraphit 376. Retrolingual-Drüse 207, 208, 209, 210. Rieinverfahren nach Jacoby- Solms zur Pepsinbestim- mungim Mageninhalte 75. Riechstoffe, Gewinnung von 324. Ritter-Hirschsches Probefrüh- stück 44. Rhodium, Reaktionen 271. Robinsches (Albert) Probe- frühstück 44. Röntgenstrahlen, Einfluß auf die Keimung 139. Rossignol-Ventil 438. Rotamesser 480. Roux-Laboulaissches frühstück 45. Rubidium, Reaktionen 269. — Spektrum 296. „Ruhende“ und „tätige“ Drüsen 206 ff. Ruheperiode 154. Rühren (bei Schmelzpunkts- bestimmungen) 425. Ruthenium-Reaktionen Probe- 273. S. Sahlische butyrometrische Me- thode 55. — Eigelbbouillonsuppe 47. — Schlundsonde 50. Sahlischer Butyrometer 55. Sahlisches jodkaliumhaltiges Probefrühstück 48 — Trockenprobefrühstück 45. Sahli-Seilersches Mehlsuppen- frühstück 47. Sahli-Wezrumbasche jodome- trische Methode zur Fest- stellung der Säureaktivi- tät des Magensaftes 67. Sahne, refraktometr. Fettbe- stimmung in 114. Salpetersäure als Lösungs- mittel 374. Salpetrige Säure, gasförmige 471. Salzsäure, Anwendung nach Schalij bei Probekost 46. — Defizitim Mageninhalte66. — Feststellungderim Magen- inhalte an den Amino- gruppen gebundenen 66. — Feststellung der freien (im Mageninhalte) 65. — Feststellung der gebun- denen (i. Mageninhalte)66. — Feststellung der gesamten (im Mageninhalte) 62. — Nachweis freier (im Mageninhalte) 59. Sauerstoff, Darstellung 457 — Löslichkeit im Wasser 479. — Reinigung 393. Sauerstoffblasen 478. Sauerstoffverbrauch von Fetten s. Oxydationsge- schwindigkeit. Säureaktivität des Magenin- haltes, Feststellung nach Sahli-Wezrumba 67. Säurefuchsin-Färbung nach Altmann 193. — nach Schridde 194. Schädlicher Raum der Luft- wege, Bestimmung 539. Sehalijsches flüssiges Probe- frühstück 46. Scheidekolben 327. Scheidetrichter 326 ff. Scheidevorrichtungen 326 ff. Schlaepfersche Probekost 48, Schleimfänger 78. Schleimgehalt des Magenin- haltes, Schätzung 78. Schleimgranula-Färbung nach Langley 195. — nach Metzner 196, 204. Schleimgranula-Fixierung nach Langley 189. — nach Metzner 189. Schleimzellen im Eileiter des Frosches und in den Aus- führungsgängen der Spei- cheldrüsen von Schlangen 204. Schlundsonden 49. Sehlundsonde n. Loening 49. — nach Sahli 50. Schmelzpunkt v. Fetten 419. — Konstanz des 352. Schmelzpunktsbestimmung 419 Mr. — bei sehr tiefen Tempera- turen 429. — bei sehr hohen Tempera- turen 428. } | Schmelzpunktbestimmungs- apparate 422 ff. Schnittdieke 191. Schueldersche Extraktions- methode 326. Sehütteltriehter 326 ff. Söeesches (Germain) Probe- frühstück 45. Seewasser, refrakt. Untersu- chung 119. Sekretausstoßung aus Zellen 207. Sekretfärbung, s. Knoche. Sekretionsreiz der Probemahl- zeiten 49. Sekretionsvermögend. Magens 53. Selen, granimetrische Bestim- mung 297. — Reaktionen 275. Selbstregistrierung 585, 587, 626. Seltene Elemente, Analyse 269. Seltene Erden, Reaktionen 231. — — Übersicht 280. — — Umkristallisation 353. Serumgewinnung zur refrakt. Untersuchung 97. Sicherheitsgasometer 479. Sicherheitswaschflaschen für Gase 395. Siedepunktsbestimmung 434. Siedepunktbestimmungsappa- rate 436. Siedepunktsregelmäßigkeiten 435. Siedeverzug, Vermeidung von 437. Siemenssche Özonröhre 460. Silikatgläser, Erweichungs- punkt 432. Silizium zur Wasserstoffent- wieklung 454. Sinterpunkt 420. Sjöquistsches Verfahren zur Feststellung der Menge der Gesamtsalzsäure im Mageninhalte 611. Sörensensches Formoltitrie- rungsverfahren 66, 78. Soxhletapparate 346 ft. Soxhlethülsen 349. Speicheldrüsen der Reptilien 203. Spektra verschiedener Ab- sorptionsflüssigkeiten 2n1. Spektraltafel der seltenen Elemente 296. Register. Spermatocyten - Kerngranula n. Metzner 199, 200. Spermazellen von Fischen, Gewinnung und Verar- beitung 17. Sperrflüssigkeiten beim Ar- beiten mit Gasen 479. Spezifisches Gewicht und Brechungsindex 106. Sphärokristalle 203. Spirometer, registrierende 529. Sporen (von Bakterien, Pilzen) 636, 637, 643, 649, 653. Standardierung der Mettschen Röhren n. Christiansen 12. — der Örganpräparate zur interferometrischen Me- thode 569. Stärkelösung nach Bersch 68. Statistik 596. Stauung, Bilder von Sekret- stauung 218. Sterilkultur 178. Stickoxyd 471. Stiekoxydul, Absorptionskoef- fizient im Blut 555ft. — Analyse 552. — Darstellung 471. Stiekstoff, Darstellung 466. Stickstotfoxyd 431. Stocksche Vorlage 403. Strahlenfilter nach Baar 123. Straußsche Einrichtung zur Gewinnung des Magen- inhaltes 51. Strauß-Levasches Fettzwie- backfrühstück 45. Straußsches Verfahren zur Feststellung der Gesamt- menge des Mageninhaltes 53. — Verfahren zur Schätzung desMilchsäuregehaltes des Mageninhaltes 70. Streckungswachstum, die Methoden der Messung 231. Streuung 601. Strömungsgeschwindigkeit, Bestimmung der — von Gasen 481. Strzyzowskisches Jodhämin- verfahren zum Blutnach- weis 79. Sublingual-Drüse des Hünd- chens 214. Summenfunktion 601. Summentafel 600. Summenverfahren 600. 683 T: v. Taborasches Verfahren zur quantitativen Bestimmung der Azidität saurer Phos- phate im Mageninhalte 69. Talgdrüsen 201. Talmasches flüssige Probe- frühstück 46. Tanninlaugen, Entfärbung von 384. Tantal, Reaktionen 286. Tee, Anwendung als Probe- mahlzeit 44. Teilrädchen von Grisebach 234. Teilungsgesetz von Berthelot- Nernst 330. Teilungskoöffizient 330. Tellur, Gravimetrische Be- stimmungen 297. — Reaktionen 277. Temperaturregulierung (für Refraktometrie) 86, 93, 94. Terpentin 325, 371. Tetrachloräthan als Lösungs- mittel 372. Tetrachlorkohlenstoff 325, 327 3L0R U Thallium, Reaktionen 270, -— Spektrum 296. — Trennung von anderen Elementen 293. Thermometer zur Schmelz- punktsbestimmung 433. Thermostat 257. Thionsäurederivate in Nah- rungsmitteln 385. Thorium, Reaktionen 285. Thymol, Verteilung zwischen Wasser und Wein 333. Thymuszellen, Verarbeitung zu biologischen Versuchen 1 Tierkohle 375. Tinkturen, _ Bereitung von 343. Tintenanalyse 332, 335, 339. Titan, Kolorimetrische Be- stimmung 299. — Reaktionen 285. Titrierungsgrade 62. Toluol 358, 373. Tonsil 381, 382. Tragbares Gasinterferometer 563. Trajektorien 594. Tränendrüse, Granula der — 201. Transsudate, refrakt. Unter- suchung 102. 44* 684 Treibverfahren 153. Trennen auf Grund verschie- dener chemischer Affi- nität 386. — auf Grund verschiedener Löslichkeit 324 ff. Triehloräthylen 325, 371. Troekenmittel für Flüssig- keiten 415 fi. Trockenprobefrühstück nach Boas 45. — nach Sahli 45. Trockenröhren 401. Trockentürme 399. Trocknen ätherischer Lösun- gen 361. — von Gasen 386 ff. — von Pflanzenmaterial 167. Trocknungsmittel für Gase 403. Tropfmethode 301. Trypsin, Adsorption von — durch Tierkohle 377. Tryptophan, Nachweis im Mageninhalte 82. 02 Überhitzung bei der Siede- punktsbestimmung 437. Überlebende Organe, Allge- meine Vorschriften für Versuche an 19. — — Versuche an 19. Uffelmannsches Reagens zum Milehsäurenachweis 60. Uhrzläser nach Kunz-Krause 355, 356. Umkristallisieren 351 #. Umwandlungsstufen, Gesetz der 353. Universal-Extraktionsapparat 341. Uran, Gravimetrische Bestim- mung 298. — Reaktionen 278. Urliste 597. Urobilin, Nachweis im Magen- inhalte 81. U-Röhren 401. Ur-x 376. W. Wachstum 612. — Geschwindigkeit 612 bis 615. — — Messung durch die Ge- wichtszunahme 616. Register. Wachstumskurven 613—615. Wage, automatische registrie- rende 489, Wahrscheinlichkeit, a poste- riori 579. — a priori 580, 581. Wahrscheinlichkeitsrechnung 578. Wahrscheinlichster Wert 575. Wärmeabsorption, Bestim- mung des Schmelzpunktes aus der 422. Wärmeschutzmantel für Ex- traktionsapparate 350. Warmwasserbad 159. Waschen von Gasen 386 ff. Waschflaschen für Gase 39H H. Wasser als Lösungsmittel 366. — Anwendung als Probekost 46. — Reindarstellung 354. Wasserbestimmung durch De- stillation 413. Wasserkultur, Die Methoden v. Ganong u. Gregoire 228. Wässern der Präparate 186. Wasserstoff, Darstellung von 454. — Löslichkeit in 457. — Nachweis von 457. — quantitative Bestimmung 457. Wasserstoffionenkonzentra- tion 59, 60. Wasserstoffsuperoxyd 355. — zur Sauerstoffdarstellung 459. Webersche Guajakprobe zum Blutnachweis im Magen- inbalte 80. Wechselpunkte 598. Wegkurve 618. Wein, Ausschütteln von B2H. — Entfärbung von 378. — Klären von 385. Wertepaare 578, 583, 658. Will-Varrentrappsche Vorlage 403. Winklers Absorptionsschlange 397, 402. Wolfram, Grayimetrische Be- stimmung 299. — Reaktionen 288. Wurzelwachstum 226. Platin —— He I—— r Yttererden, Gemeinsame Re- aktionen mit Ceriterden 281. 2. Zählung mikroskopiseher Ob- jekte 576. Zeiger am Bogen nach Sachs 236. - Zeitachse 584. Zellen, lebende (bei erhaltenem Kreislauf), Langleys Me- thode an der Kaninchen- parotis 210, 211. — — Kühne und Lea am Kaninchenpankreas 219. — überlebende der Sala- manderparotis 203. — — von Becherzellen 204, 203. — — von Oesophagusdrüsen 207. — — von 208, 209. — — von serösen Drüsen 211, 214. - Zellsaft, indirekte Bestim- mung des osmotischen Druckes mit kleinsten Mengen von Pflanzensaft6. Zentralwert 601. Zerebrospinalflüssigkeit, re- frakt. Untersuchung 104. Ziegen, keimfreie Züchtung von 312. Zirkonium, Gravimetrische Bestimmung 299. — Reaktionen 283. Züchtung erwachsener Tiere in keimfreien Lebensbe- dingungen 313. — keimfreie, Hauptforderun- gen derselben 313. Zuckerbestimmung, refrakt., im Harn 106. — in der Milch 115. Zuckergemisch, Trennung 344. Zuckersäfte, Klären von 385. Zufällige Schwankungen, Un- terscheidung von gesetz- mäßigen 604. Zuwachsautograph von Fried- rich 251. Zwieback, Anwendung als Probekost 44. Schleimdrüsen Druck von Gottlieb Gistel & Cie.. Wien, IIH.. Münzgasse 6. Ir * ” I , 4 ” « b . m j j R t ; Abderhalden, Emil Handbuch der biochemis chen Arbeitsmethoden PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET 0 UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY nn DEE un: AN hy [2 3 ®; + r I 2 2 ind Se Ahr re wo . Di Kur got a a ee 677 “ P h gt r » u f en wre Beer ”i \ v DE + ' Aut j ET N nn area, " IR Teheran te nn tm x r 7 d nt wir Me en ne e een Ro en mr ten rn me dann mann en a er