G LASLLESIO 19,1 € | OLNOHOL JO ALISH3AINN LIBRARY FACULTY OF FORESTRY UNIVERSITY OF TORONTO Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from University of Toronto http://www.archive.org/details/handbuchderforstOdendr NER L7 Ber all x vi wi Zul De vo AT, \ ! r “ Handbuch der Forstpolıtik mit besonderer Berücksichtigung der Gesetzgebung und Statistik. Von Dr. Max Endres, 0. ö, Professor an der Universität München. Berlin. Verlag von Julius Springer. 1905. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in Remy - > H 5 \ es i ’ % 7 h N ”„» ä % u’ EB» 14 2 Pu % Fi u: R 5 4 % Sprachen, vorbehalten. ‘ RNe „Ic Vorwort. Noch vor fünf Jahrzehnten hätte ein Handbuch der Forstpolitik kaum den’ dritten Teil des Umfanges beansprucht, der ihm jetzt zugewiesen werden muß, wenn alle forstpolitischen Fragen und Tatsachen nur einigermaßen erschöpfend zur Darstellung kommen sollen. Nicht als ob die Forstwirtschaft im wirtschaftlichen und politischen Leben vordem keine Bedeutung gehabt hätte. In der praktischen Staats- und Finanzpolitik war ihr vom Ausgange des Mittelalters ab mindestens die gleiche Stellung eingeräumt wie in der Gegenwart. Aber die Voraussetzungen für die fortschrittliche Entwicklung der eigentlichen Forstwirtschaftspolitik waren vor dem 19. Jahrhundert noch nicht gegeben. Dieselben wurden erst durch die Beseitigung des Feudalstaates und durch die Verkehrsent- wicklung der Neuzeit geschaffen. Die neue Zeit steckte auch der Waldwirtschaft neue Ziele, die einerseits auf den Ausgleich zwischen den Interessen der Wald- besitzer und der Öffentlichen Wohlfahrtspflege und andererseits auf die Hebung der Waldwirtschaft als nationalen Erwerbszweiges ge- richtet sind. So entstand eine besondere Schutzwaldgesetzgebung als Gegengewicht zur freiheitlicheren Ausgestaltung der Forstpolizei- gesetzgebung, so wurde den Gemeinden eine weitgehende Ein- wirkung auf die Bewirtschaftung ihrer Waldungen zugestanden und so wurde die Existenz des Staatswaldbesitzes nicht nur durch die Verfassungsgesetze, sondern .auch durch den öffentlichen Ausweis seiner Leistungsfähigkeit gesichert. Der Waldzerstückelung sucht man nun soviel als möglich vorzubeugen, und die Fehler früherer Zeiten sollen durch genossenschaftliche Vereinigungen wieder gut gemacht werden. Ein Programmpunkt der Forstpolitik harrt aller- dings in manchen Staaten noch seiner Erledigung, nämlich die Beseitigung der Forstrechte. Die Verhältnisse des international gewordenen Holzhandels, die Verfrachtung des Holzes auf den Eisenbahnen und Wasser- ar IV Vorwort. straßen, die Holzzollpolitik, die Waldbrandversicherung, die Organi- sation des forstlichen Realkredits und die Waldbesteuerung sind wichtige Zweige der Forstpolitik mit ausgesprochen modernem Charakter geworden. Daß ich auf die geschichtliche Entwicklung der Gesetzgebung besonderes Gewicht legte, hoffe ich nicht bereuen zu müssen. Nur im Spiegel der Geschichte läßt sich der jetzige Stand der Forst- gesetzgebung richtig beurteilen. Auf die Aufnahme der Geschichte der Forstrechte mußte ich aber noch in letzter Stunde wegen des großen Umfanges derselben verzichten. Auch die Geschichte und Organisation der älteren Waldgenossenschaften konnte aus dem- selben Grunde nur in gekürzter Form aufgenommen werden. Ein Buch über Forstpolitik darf sich mit der Darstellung der vaterländischen Verhältnisse allein nicht begnügen. Denn gerade die Bestrebungen der außerdeutschen Länder auf forstpolitischem Gebiete bringen erst Licht in die internationale Solidarität der Waldwirtschaft, und jeden deutschen Forstmann muß es mit Genug- tuung erfüllen, daß es vielfach deutsche Vorbilder sind, an welche die ausländische Forstgesetzgebung angeknüpft hat. München, im August 1905. Prof. Dr. Endres. Inhaltsverzeichnis. Erstes Kapitel, Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. BeWolster Ruropası . - . . .. 2 weine nr ae 6 I. Die Waldungen des Deutschen Reichs. ... . ir g 1. Die forststatistischen Erhebungen . . ... 2.2.2200 .. 9 Bekeserkumte Weldläsche ı. . cu ae a sa ale 13 2, Der DR en EEE ER 16 4. Die Größenklassen (Umfang) der forstlichen Betriebe nach dem Stande des-Tahres logos las ea ee ae ee 19 5. Zu- und Abnahme der Forstfläche . . ». . » 2 2 2 2 2 2.. 23 6. Die noch aufforstungsfähige Fläche...» .. 2.2.2... 29 DebhorHolz- und Betziebsarten.: . Dr ee 30 BeNturmnrische: Ühermcht". 2. » Sven 30 TE Spezielle Naehweiane se PH MU . ne 2.2. 0 30 AsnBatıbholz ze lt et en feel ne. er 35 12 Niedekwaldy Tsuen us a: ER EEE EN NL 35 MrEschensehälwakle. 2 A 100 ses 35 NUN ENG sind shernae rer ne OR ORtE WB RENRISR DER PRESSE VEER WEGE 36 ec) Sonstiger Stockausschlag usw. . . :» 2.2.2... 36 3. "Mittalwald -, Su. - 0.8.0.2 TR U TEE DENE ET 36 s:“Plenterwald. im LaubHolz, 72 „A... a er 38 #uHfochwaldkıim. Laubhole as an. was a nee ae 38 DBENCHENIG RE ee ee ee ehe ae 39 Die Buchen) aa A ee ei are Ns 40 OWBITKON GEW N N ee lalest nm 41 IBSuNadelholss.. 74, "Curse en Be et ee ade Zen 41 IE BIoRterwWahlse va en ee re ee 41 VE ee men wen en 42 3. Die Holzarten des Plenter- und Hochwaldes .. .. 43 harGlenere Pk en ee ee Fe a SE Er 43 D)CRicHta a Se a ea al aa ee 43 C). Tann 6, VRR EBENE ce SU anal ara a reihe 44 d) Bärchetn nee ERSTEN TI TSTRRRR 45 SB Die, Altersklassen»... Suse eHala ff ir enter: 45 ASSOBHGHE 403, 16, heat ee See el een SEEN FRE 47 Nr. Inhaltsverzeichnis. Seite ©. Kiel ..::.:.. 2. wen er ee 50 D. Fichte ---- .. .. 2.2 Wem 2 u 2 5l E. Taniie., 2 40.200000 ee 92 F. Iärche 2.2 0 We. ee 52 9. Vorübergehende landwirtschaftliche Benutzung des Waldbodens 52 Zweites Kapitel. Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. EL. Boden „. . » = 4 00er wrne de ar u Je ae Fa 54 1. Die Eigensehaften des Bodens . . . ». 2 2.2 2 n neue 54 2. Die Bodenrente: -. : . »... a. .0 2 00000 0 0 55 A. Die Fruchtbsrkei: des Bodens . . '. 2 „ee 56 B. Die Absatalage .. ... iı.,.tar. ee. 2 ee 60 ©. Die Intensität der Wirtschaft ©. . ..... u Z2Esszs 64 D. Die erhöhte Nachfrage nach Holz infolge Zunahme der Bevölkerung. . . a 66 3. Absoluter und relativer Waldboden De 68 %. Der Bodenwers 5 Zac I u 68 Ir. Kapital... 200 nu 05 en BE ee 74 DL Arbeit. 2.4... 00 a 77 1. Intensität und Art der Arbeit... . . ... „'. „ Aa 77 2. Die Arbeiterfrage-.. - - . 2.0 u 0.2 am m 2 De 80 IV. Die Wirtschaftssysteme (Umtriebszeiten) . .. 2... 2... 85 1. Bodenreinertragswirtschaft und Waldreinertragswirtschaft . . 85 2. Sonstige Systeme - . .-* » run. 2.0 en 92 Drittes Kapitel, Die Holzerträge. I. Die normale Massenerzeugung des Einzelbestandes ... 9 I. Der Holzertrag nach den Wirtschaftsergebnissen der Staatsforste >: 4200 a es WERTE ee 95 1. Die Abnutzungssätze im ganzen . . . 2 ee ne 95 2. Die Erträge nach Holz- und Betriebsarten . ........ 99 8. Der Nutzholzanfall . : >: 0.2.2.2 Walege 100 III. Die Holzproduktion des Deutschen Reichs ........ 104 1: In gan. .%. De a 104 2. Nach Besitearten - . 2. 2 4 0 2 m 2 ee A. Der Gesamtanfall . . ». 2.2.2. 2 en 107 B. Das Nuteholsprosnmt . ..-. 0... 0 dm 109 C. Der Beitrag jeder Besitzkategorie zur Gesamtholzpro- duktion Deutschlands. . . x ., 0.0 „4 ses 110 IV. Mineralkohle und Höols. . 2»! 2. 0a u 0 vu vr 110 Viertes Kapitel, Die Gelderträge. L Begriffe und Übersicht .. .. . 2 As 114 I. Roheinnahmen und Holzpreise. .......x ee } \ 1. Aus-HolsG . ss os ua 0 0 0 0 ua A 119 Inhaltsverzeichnis NEBEN US DON A ee ee a AN ER Ne 12 Die Gssamtamspaben 2 2 We EN ee 24 Dior Verwaltunsckasen . „0. aa Tee 3:0.D1e.-Betriebskostenue ae at N DN te me Desschaß Bomaismahme) . ! 2.2... Sie: V. Die Gelderträge außerdeutscher Binataterkse Fr Be re BOBEENELENENBTOHE Eee BeBBnblande An. a A a TE A SEE ee er Be u Par BeSchwedente ne Ne We eng a EEE ee a. RE NE Br ae Pace Ar RE a N er N IT. III. SE, Fünftes Kapitel, Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Begriff und De ee 2 Mosehichte . z,2.4 au 20 : a N NE U 1# Ältere. gesetzgeberische Akte. : .: : 2 2 u. Ar Frankreich (3.2 222 2% EEE Re ee B. Deutschland und Oltefandih BIBRRENTUEN TER SING Ser ehe van 0 Eu Ebeweirische Ansgnber: 3... PRATER ee De TEN Tan ale Sa 1 ac ip Bas Ga N REN FE B- Von. 12 ab + 2% HN ET, a a A De wiggenschäftische Forschung 7"... . - N. 2... Der Einfluß des Waldes auf die Temperatur der Luft und Te Sr a 9er D erg ee 1. Lufttemperatur ... ..... RE PERBentsTiperebne ee EN EN rn ee > Der Feuchtigkeitsgehalt der Waldluft........2.... . Der Einfluß des Waldes auf die Niederschläge 3 . Der Einfluß des Waldes auf die Hagelbildung. ..... . Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes... 1. Die wasservermehrende und wassererhaltende Wirkung des Waldes 2 sad ans ah ara sr ae Heath - 2. Die wasserabhaltende und a Wirkuse des Waldemar. 52 me en ee RE ee Pr Borhe&Wasserbilanz in 0 422 ee een ea 4. Der Einfluß des Waldes auf den Grundwasserstand und auf deesetuellenme nu Ma ee ee RENNEN, EE 5. Der Einfluß des Waldes auf den Wasserstand der Flüsse 3: Die mechanische Wirkung des Waldes... ........ Die hygienische und ethische Bedeutung des Waldes . . Sechstes Kapitel, Forstpolizeigesetzgebung. Bontsche. Bundesstazten. Pc nr WE are 1. Geschichtliche Entwicklung im allgemeinen ee ROLSEOTÄRUNFEN)N 72 0 ER N 2 vo Seite 127 127 123 131 132 133 133 133 134 135 135 135 135 136 139 139 139 140 141 141 148 153 160 160 166 167 171 180 182 182 183 137 189 193 198 200 203 203 VIII Inhaltsverzeichnis. Seite 2. Bayern 2. A.Bh. ou u. we 0 a a u 2 DEE RE 215 5)-Bis zum Jahre 1805 . . : nis er BR rn: 215 bh) Van 1805-1342. . 2. 2 alt ee 223 c) Von 1842 bis zur. Gegenwart 4 . 2, SE ZZ 229 3. Rheinplele Ss RN an re TE 236 4. Württemberg: ein suaylade ia, ne nl a ET 236 b. Baden‘. un 2 u un Dr en 239 6. Hösaan 0 a ae ee a 242 2. Elsaß-Lothringen . - - 2. 0.00. m 244 8. Preußen „u aa mon. ee 2 245 9. Sachsen. » „u. 2 uk ar 250 10. Bashsen- Weiner 2 402,0 2 er eu Et; 252 11. Braunschweig. . „00 2 00 u u» Ve 252 12. Mecklenburg . . - u 0 wa u. w eu u 253 IL. Außerdeutsche Btaaten u „nn Ts 254 1. Österreich" 2% 2 Sr AR ARD ME Zr 254 2. Ungam. .. aa aa San arte nano 257 8: Schwiz „2. 0000000 258 4, Erankreich -., - ». .....0 iur wien >. 5 A a) Die Zeit bis 1669 . .. . » „ {elek ie 265 b) Die Ordonnance von 1669 .« “U: udıaik SI ce m 266 c) Die Bevolubionszeit . .„ - u... u 1. ln ee 272 d) Die napoleonische Zeit... „ in u Zr zu 274 e) Der Code forestier von 1827 . >... . 2.2. u f) Die Gesetzgebung über Waldrodungen. ....... 280 g) Die Holzlieferung an die Marine . . .. 2.22 2.. 282 9. Baßland . .. 2. 20 au wm meer 283 6. Schweden ... 2 u a a 285 7. Norwegen 00202 ee 286 Siebentes Kapitel, Der Schutzwald und die Gesetzgebung. L.Begritt..% na! eu era Rn ee . 287 II. Feststellung der Schutzwaldeigenschaft.. .... 2. 2... 289 II. Folgen der Bannlegung (Schutzmittel). ... 2... 2... 295 1. Bodungsverböt ', . „ma a ee Te 295 2. Einschränkung der freien Bibi und Nutzung . . 296 8. Beförsterung . » » «00 0 el. u a 298 IV.. Entschüadigungstrage . 022m nV WR 298 1. Die Voraussetzungen für Gewährung einer Entschädigung. . 298 2. Die Aufbringung der Entschädigungskosten . . ». 2... .. 300 V. Enteignung von Schutzwaldungen, Schutzgenossen- schaften, Neuanlage von Schutzwaldungen ....... 303 1. Enteignung &. . . 0 ol 0 0 0m. n me 303 2. Schutzwaldgenossenschaften . » . »...0 0 dm nun. 305 3. Neuanlage von Schutzwaldungen . . ». 2 2.2... 2,0. 000 Inhaltsverzeichnis. IX Seite VI. Die Schutzwaldgesetzgebung in den deutschen Bundes- RER rn a. re ae Ba le 305 1 a a DE EN PR |; WERBEN 1 EA . 312 BONN LEE EN De again er 319 BE ne a a he te 320 NT El EBRTER ARESHEERT OL Pu EEE 320 VO. DieSchutzwaldgesetzgebung der außerdeutschen Staaten 321 LTE ee RE 00° ER RE 153% 1 Di." BE 321 A. Schutzwaldgesetzgebung . . ». - - 2.“ 22.2.0. 321 BeWildbachverbanung) .°,.:..2.0 area ee sr» 325 Bi HrBbanEieshnme ie ee ee le De anne 327 Be I ee a Eee 328 Et ee TE a m 350 re A EN Tee 2 RR Re RE Be DEF ER) OS E UN iR 334 A Beibrtzwalldisosäitse 2. 0 in ae Kind rinnen - 334 B. Befestigung des Gebirgsbodens . . . .». . 2. 2 2... 334 Ras Bisskine dee Dümemes. SR ea galnkte a ae ae 340 D. Aufforstung der Landes de Gascogne . ....... 341 EEE EEE EEE MEERE TREE de, we A. Schutzwaldgesetzgebung - . . ». -. 2. 2... 202... 342 B. Aufforstung der Gebirgsgründe . . ... 2. 2.... 345 BE 3 a a a re er .... 8348 ln, ET a N ee ne 351 EEE A ERNEE EET 392 Sy BE a a We en 352 Achtes Kapitel, Privatwaldwirtschaift. I. Bedeutung und Verteilung der Privatwaldungen ... . 3583 1. Privatwirtschaftliche Bedeutung . .. ». ». 2. 2" er. 353 2. Die mit landwirtschaftlichen Betrieben verbundenen Forste . 356 OL. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privatwaldwirt- BEL IERT 2 Mar OS HEREE RI IRA ee en a ten 361 ra a tan an 361 2 Beidunprverbat. > 502 4... 0 ee ea 363 Sr AUNOFBEGHESEBDDE. 2)... 2 20 men u EWEIENBECHUDHENGERDE 2 ou RIP RB; 373 9. Direkte Wirtschaftsvorschriften . -. . ». 2.220202. 376 a a a a 73 DE 03 PETE Th FT NR Peer 378 7. Sonstige forstpolizeiliche Vorschriften. . . . . 2... 2 2a Er Zeile von. Privatwalliseehn 2, WEUHSTIMT.A En 380 Anhang. Die Bestellung von Forstschutzorganen . ...... 38l III. Die Mittel zur Hebung der Privatwaldwirtschaft . . . . 382 Neuntes Kapitel, Gemeindewaldwirtschaft. I. Geschichtliche Entwicklung des Gemeindewaldeigen- tums als Teil des Gemeindevermögens ..... 4720 PR >. u Markeonossenschaft . = ; . = BIRERERON OT ; 1 2. Ortsgemeinde . ....... IEDLIIERTERDTIE TE N 5 394 II. III. IV. VII. III. LV; Inhaltsverzeichnis. Seite Arten des Gemeindewaldeigentums. ...... ee 1. Waldungen, welche zum Kämmereivermögen gehören . . . 398 2. Waldungen, welche ganz oder teilweise den Charakter eines Allmend&utes haben. . 2 72... 2 2 wu 2 Me 399 A. Baya a. Bh : 2.2: SR 399 DB. Bhomplale ) 2... 2 2 2 8 ws 2 Pi 403 0. Württemberg =... 2 22.2 % We Wo ES 404 DB TI AFP EEE 405 E. Hessen . » 2.2... .0.0 800.0 2.00 MS 406 F. Elsaß-Lothringen „a. Wr PR 407 G. Preußn. 70:00 28 ee FT 407 H. Tirol :; #2: 232 2» MR 408 L Frankreich : 22.0. 82% ne 0 «Me 408 K. Schweie: 7 cs 2. u 20a u 0a » „MC 409 3. Statistik 2 4 ou 0 nam au aa a0 POT 410 Gemeindewaldgesetzgebung ...... "Er STEG 413 1. Geschichtliche Entwicklung in Preußen und Bayern . .. . 413 A. Preußen 2... on an 414 B.Bayaım .. ..0.0..00000 ne 415 2. Die Systeme der Staatsaufsicht. . -. . . 22 2 2m 423 A. Vermögensänfeicht . . ©... .... U, we 425 B. Technische Betriebsaufsicht . ... . . u" 1 2 426 G.2Beisstatne 4 22.202 5 ee 439 Übrige Staatsaufsichtswaldungen . ....... u 2 1. Körperschaftewaldungen . . . 2... 2... 2 aD 451 2. Die bayerischen Lehenswaldungen . ..... 2.2.2.2... 454 Beförsterungsbeiträge nu sl .oedilsl. 2. . » ver 455 . Teilung der Gemeindewaldungen . !). 2. 2 2 co 2... 460 I. Geschiehtliches . 5 ah zudtane ale aim a Te 460 2. Geltende Gesetzgebung . ai. ur sin u.0, a Bee 465 Verkauf vou Gemeindewaldungen . ... na en.» 468 Zehntes Kapitel. Staatswaldwirtschaft. Entstehung des Staatswaldeigentums . ... 22 2... 471 Rechtliche Natur der Staats- und Domänenwaldungen. . 473 Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. ... 2. 2.2... 491 1. Die geltenden Grundsätze . . s x» =» uiemenal 491 2. Die früheren Verkäufen. mel Pe 491 A. Die Gründe im allgemeinen . . .. . 2. 2.2... 491 B. Bayarn.\...:wi:iena)T. nor were nk. ae 496 Q. Preußen: | u “1a 7474 aan ie Eee 502 D. Österreich. . 22.2.2020 2.000 504 E. Frankreich‘ 7.1.1475 sm iuro 2 2 506 Verhältnis der Staatswaldungen zum Gemeindeverband 514 Bedeutung der Staatswaldungen . ..: 22 e 2... 0. 519 1.. Im allgemeinen .. 4 ».1% 1. we er il en DE 519 2. Finanzielle Bedeutung. . . .). ale een een Bu 522 8. Wirtschaftögrundsätze , . „ » vv v2 alle Am 525 Inhaltsverzeichnis. Elftes Kapitel. Waldgenossenschaften. I. Die bestehenden älteren Waldgenossenschaften II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften 1, Z7weck mund. Zielen » SEnRlaus Da nern 2. Die Arten der Waldgenossenschaften . . A. Eigentumsgenossenschaften . . ..... B. Wirtschaftsgenossenschaften Su Entstehung 04 in. ae. 4. Gesetzliche Grundlagen Tu. m erhue er v“ Zwölftes Kapitel. Forstrechte. IL. Begriff und geltendes Recht I. Grunddienstbarkeit und Reallast ....... III. Eintrag in das Grundbuch und Begründung Ne Begulierung . „UFER Be Veawandlanp a. 2 0: 002 206 RT 2. Einschränkung 3. Fixierung a 7°, 177.27 90, 2 art BR BVeReBuE. >22. Basta aulele Anhang. Zuständigkeit ara Verfahren in Bayern V. Übertragbarkeit und Teilbarkeit. BerBlösung .: . ....,: T: ee 2. Provokationsrecht . . . . . . 3. Abfindungsmittel . ..... Zu A. Waldabfindung . .... : B. Landabfindung Se C. Geldabfindung. ... . $ Vo. Bedeutung der Forstrechte In allesmeinen.. = vetna. s : . Holzberechtigungen . . . . . BR EEE NIE Wald weiderechtö}... u... % v8 : Streurechten.,.. 2 u were . Mastrechte . a Te Te Te a a "Rn. arte,“ De de Ne = a En a, en. oe . ar . rom m Dreizehntes Kapitel. Holzhandel und Holzproduktion. I. Übersicht II. Deutsches Reich. 1. Einfuhr und Ausfuhr im ganzen . .... 2. Die Bezugsländer . a 3. Die Zufahrtswege . . mir RE Km), ars a 1m) Dim ur allen Sue Dustin m era wi ar re ae CL N a en: alte, Be haıe ae ar Te eriKe et Zer KiRe La 07 De vr I ee XI Inhaltsverzeichnis. Seite 4. Bearbeitungszustand (Sortimente). . . .. 2 222 20. 623 A. Bohnutehöl Hat ass mai A a a 623 B.:Schnitinutzhölz 2... .:- x 4... 22. 2.1.2 So ee 626 C. Längsachsig beschlagenes Holz usw... . . ...... 629 D: Faßdauben' und Brennhölz ":’. 1. Wr 631 E. Papierholz und Papiermasse. -.. . .. 220... 631 F. Weiches und 'hartes-Hol2z:...,. !. ur. 7 7. Re 636 5.. Die Holssusfuhr. : «minus water A 636 6. Handelsgebräuche im rheinischen und süddeutschen Holz- handel... au ee ee DT 637 A. Rundbolz . 2:22.52 mW I ee 637 B. Schnittware . > 2 2 4a oa mu u u er 638 III. Holzbilanz der außerdeutschen Staaten . . .. 2 22... 639 1. Holzexportstaaten . „a....0.% = » 20.0 2.0 639 A. Österreich-Ungam ... . 0. 0 nu cn er 639 T.'Forststatistik. .. . ee N a &) Österreich . 2 2. 2 PP 639 b) Ungarn 2.2.2 er Ar 642 ce) Bosnien und Herzegowina...» » » 2 2.2... 644 IL. Holzhandel . » ..: .. = 2... ee 644 B. Bußland.. 2... 23 27. 2: ame 649 I. Forstetatistik . - - .. 2 2 ala 649 a) Europäisches Rußland . .. .. 2... a a b) Kaukasus‘; . .: la lm SEE 653 ec) Asistisches Rußland’. ... „1.0. 0 653 d) Holzproduktion . . » x en 0 0 m. 2 SEE 653 It Holzhandel. „>. . #8. 2 28. Der ae 655 IL Die Handelswege. . . . ... . „2 2 2 657 C: Finnland .n. : us ans 661 D. Schweden ...... : #2 2 2 0 0 663 E. Norwegen ». 2.2.0000 00 000 u 668 F. Bumänien . 2 21.2 le arena 672 G. Bulgasin ! . . «2. 200 000 a 672 H. Vereinigte Staaten . .. . 2. 2 WE Wer Er 673 J. Kanada . . .uu-0 0 00.0 2 EI 675 K. Japan . 2 22 200.000 20a WR 676 2. Holsimportstaaten - : - ... u... 1 a MT BEE 677 A. Frankreich Sie wa II FT 677 I. Forstetatistik =. 2.5 SE Se ee 677 IL Holshandel ;.. 4 krarde n 5 679 B. Bahweiz .....: 2. ae 2 ea 680 ©. Belgien N 0 Senn le 682 D. Großbritennien 1. are anauuliE 2 683 E. Dünemark 7... 222. 0 uw 0 0 685 F. Niederlande .. 22.3.2 20 0 a 686 G. Italien®. . 2 22.0.0 0 0.4 a WS IE 686 H. Spanierf!und Portußel . ir. «wel „0 Ver 687 d. Griech land . . 2... 4.2. al in 687 K, Serbien. . . x cn 2 a 0 An De 687 Inhaltsverzeichnis. ML Me. 4 erh e Yaer Vierzehntes Kapitel, Holzzoll. DEN a 1 ee Er a Er Ge Se AmGosehichtliches, wa 3a ce ee 2. Aus dem Zolltarifrecht. 2 ee THE ERW IE: FR ER Ne II. Entwicklung der Holzzollgesetzgebung seit 1879. 1. Der Holzzoll vom Jahre 1879 . ...... 2. Der Holzzoll vom Jahre 1885 .......- 3. Der Holzzoll vom Jahre 1892 ....... 4, Der Holzzoll vom Jahre 1906 . ..... IH. Verzollungsmaßstab . ....:. 2... .. IV. Bedeutung der Holzzölle .......... V. Gründe für und gegen den Holzzoll .... VI. Gestaltung der Holzzölle..........- 1. Bohnutsholz (Bundholz) . . : - . .. 0... 99Schnıttautzholz .. „7.4. 2. 10.42. ee 3. Längsachsig beschlagenes Holz... ... - VII. Zollbegünstigungen und Warenverkehr ... VII. Der Zoll auf Gerbrinde und Quebracho IX. Die Holzzölle außerdeutscher Staaten... . Fünfzehntes Kapitel. Holztransport. BIERRBArtramsport,.... u ln ad een 1 DH BB a Ta 2. Die Einnanmpesitealin Eee #£ EBisenbahntrausport . : . 2. 2.2. neu .. Proedeumme. en Salem ar 2. Die Grundlagen der Tariäierung De ER De Fleet No nee A. Holz des Spezialtarifs T RERETIRE B. Holz des Spezialtarifs U . ...... C. Holz des Spezialtarifs III. . . . . 4. Die Frage der Staffeltarife. . - - » =.» » Sechzehntes Kapitel. Waldbesteuerung. I. Gegenwärtiger Stand ..... II. Forstgrundsteuer . ... 2... ve. 02000 1. Allgemeines . . . ee 2. Der steuerbare En RE ee 3. Der Inhalt der geltenden Grundsteuergesetze Free Hafer ee Der ei NN er Ta ee EEE a EK- et Eee Bi 8. Hirt irn Date ww Na er a a a ee We are . XII Seite XIV Inhaltsverzeichnis. Seite IH. Allgemeine Einkommensteuer . ... ev... ... ee 1. Wesen und Inhalt 2 2 2. 2%... 2.2 Ama Ve 785 2. Das Einkommen aus der Forstwirtschaft . . . . . 2... 786 3. Die Besonderheiten der forstlichen Einkommensteuer . . . 787 A. Trennung von Stammvermögen und Rente. . . . . . 788 B. Die Einkommensteuer beim aussetzenden Betriebe . . 791 IV. Vermögensstouer „nu 0 798 Siebzehntes Kapitel. Forstwirtschaftlicher Realkredit (Beleihung der Waldungen) . . 805 Achtzehntes Kapitel, Waldbrandversicherung ........ 812 Berichtigungen. Seite 204 Zeile 11 von unten lies statt 14. Jahrhundert 17. Jahrhundert. Seite 408 Zeile 21 von unten lies statt Bürgergesetzes Bürgerholzes. Seite 526 Zeile 14 von oben lies „staatswirtschaftlichen Gründen“. Nachtrag zu Seite 484. Herzogtum Gotha. Nach dem G. v. 19. Juli 1905, betr. die Domänenteilung, erhält das Herzoglich Sachsen-Gothaische Ge- samthaus Grundeigentum samt nutzbaren Rechten mit einem jährlichen Reinertrag von 803013 M. (hierunter 718965 M. aus Forsten) als Fidei- kommiß, das Herzogtum Gotha solches mit einem Reinertrag von 691616 M. (hierunter 568588 M. aus Forsten) als Staatsgut. In dem herzoglichen Anteil sind 51621 M. Reinertrag aus den Schmalkalder Forsten enthalten, die bisher in die Gothaische Staatskasse flossen. — Jeder Teil führt künftig die Verwaltung seines Grundbesitzes auf seine Kosten durch eigene Beamte. Die Forstbeamten des Herzogs müssen staatlich geprüft sein. Das herzogliche Haus verzichtet auf jede Zivilliste, Hört es auf zu regieren, dann hat es aus seinem Fideikommißbesitz dem Lande Grund- besitz mit einem Reinertrag von 96000 M. zu übereignen. Abkürzungen. u. d.2. — Allgemeine Forst- und Jagdzeitung. ALR. — Allgemeines Landrecht. BGB. Bürgerliches Gesetzbuch. Danckelmann WG. Danckelmann, Die Ablösung und Regelung der Wald- . grundgerechtigkeiten. Donner = Hagen-Donner, Die forstlichen Verhältnisse Preußens, 3. Aufl. 1894. EG. = Einführungsgesetz. 6, — Forstwissenschaftliches Centralblatt. FG. = Forstgesetz. FO. = Forstordnung. G. = Gesetz. GTO. = Gemeinheitsteilungsordnung. LR. = Landrecht. M.d.d.F. — Mitteilungen des deutschen Forstvereins. MLiH. = Mündener forstliche Hefte. Ö. V. — Österreichische Vierteljahrsschrift für Forstwesen. Schlieckmann = Schlieckmann, Handbuch der Staatsforstverwaltung in Preußen, 3. Aufl. 1900. Schw. Z. f. F. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen. red. FE. — Zeitschrift für das gesamte Forstwesen. 2. #.u; J. — Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen. . N is + Mr ” ” - [3 Bun} - B2 2 on BERGER, SER - a vu ad ea 8 Dr igig Er % EN. : As, {dä ukla3 je % ee E ei Auch Fi st tra Da a2:% siruihtaie Re Pe ern? a. F 20020 ET Fe eis : 3 fautsriries ar ei . Dias Einleitung. Forstpolitik ist die Lehre von der öÖffentrechtlichen und wirt- schaftlichen Stellung des Waldes und der Waldwirtschaft in Staat und Volkswirtschaft.') Als angewandte oder praktische Staatswissenschaft ist die Forst- politik der Inbegriff der Maßnahmen, welche der Staat zur Pflege und Förderung der Waldwirtschaft trifft oder treffen soll. Politik (9 oA teyvn) bedeutet die Kunst des Handelns nach den gegebenen Umständen. Nicht die Festhaltung am Seien- den, sondern die Erstrebung des Seinsollenden ist ihr höchstes und letztes Ziel. Durch die in ihrem innersten Wesen begründete Kritik der bestehenden Zustände wendet sie sich wesentlich der Zukunft zu. Bestehende Zustände des wirtschaftlichen Lebens sind in der Regel nicht plötzlich geworden, sondern sind die Folgeerscheinungen des vordem Gewesenen. Daher hat auch die Forstpolitik den ge- schichtlichen Zusammenhang der gegenwärtigen Verhältnisse der Forstwirtschaft mit den früheren zu ergründen und daraus die Kenntnis von dem Erreichbaren und Unmöglichen zu schöpfen. Bei der Beurteilung der bestehenden forstpolitischen und forst- rechtlichen Verhältnisse darf nicht vergessen werden, daß dieselben in den konstitutionellen Staaten sehr oft auf einem Kompromiß zwischen Staatsgewalt und Volksvertretung beruhen und als Diago- nale der wirkenden politischen Kräfte das zeitlich Erreichbare dar- stellen. Gerade in der Forstpolitik hat man sich vielfach mit dem Gedanken abzufinden, daß das Wünschenswerte dem Erreichbaren weichen muß. Den Ausgangspunkt für forstpolitische Erwägungen bildet das geltende Recht, wenn ein solches einschlägig ist. 1) Vgl. Lehr im Handbuch der Forstwissenschaft, 2. Aufl., IV, 310. — Buchenberger (Agrarwesen und Agrarpolitik I, 49) versteht unter Agrar- politik „den Inbegriff der Grundsätze, von denen der Staat bei der Pflege des landwirtschaftlichen Gewerbes sich leiten läßt“. Endres, Forstpolitik. 1 2 Einleitung. Als Lehrgegenstand und praktische Wissenschaft ist die Forst- politik ein Teil der Volkswirtschaftspolitik oder Volkswirtschafts- pflege. Innerhalb der Forstwissenschaft bildet sie einen selbstän- digen Wissenschaftszweig. Die Wissenschaftszweige, welche in ihrer Gesamtheit die Forstwissen- schaft ausmachen, lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen: 1. Forstliche Produktionslehre. Dahin gehören Waldbau, Forst- benutzung, Forstschutz. Grundlegende Fächer hierfür sind die Naturwissen- schaften. 2. Forstliche Betriebslehre. Dieselbe begreift in sich Forsteinrich- tung (Waldertragsregelung), Holztaxation, Waldwertrechnung und forstliche Statik und die Hilfsfächer Geodäsie und Wegebaukunde (Ingenieurfächer). Grundlegend ist die Mathematik. Die forstliche Produktions- und Betriebslehre kann man auch zusammen als Forstwirtschaftslehre bezeichnen (forstliche Technik), 3. Forstpolitik, Forstverwaltung und Forstrecht. Grundlegende Fächer hierfür sind Nationalökonomie, ökonomische Politik, Finanzwissenschaft, Statistik, die Rechtswissenschaft, Wirtschaftsgeschichte, Forst- und Jagd- geschichte. Forstpolitik und Forstrecht wurden in der früheren Zeit, in welcher sich das Forstbeamtentum in ein unteres, mittleres und höheres gliederte, zur höheren Forstwissenschaft gezählt, weil ihre Kenntnis nur bei den höheren Forstbeamten vorausgesetzt wurde. So wird in dem Organisationsplan für die bayerische Forstschule zu Weihenstephan v. J. 1803 „Forstdirektion“ und „Forsttaxation“ ausdrücklich als „höhere Forstwissenschaft“ bezeichnet, Die Bezeichnung Forstpolitik gehört der neueren Zeit an.) Gleichbedeutend damit oder wenigstens in teilweisem Zusammen- hang damit stehend sind die früheren Benennungen Forstpolizei, Staatsforstwirtschaftslehre, Staatsforstwissenschaft, Forstdirektions- lehre, Forstverwaltungslehre. In den Zeiten der absolutistischen Staatsgewalt, d. h. des Polizeistaates, deckte sich im großen und ganzen der Begriff Polizei mit jenem der ökono- mischen Politik. Die Polizei begriff die gesamte Staatstätigkeit für das all- gemeine Wohl in sich, die sich nicht nur in Verboten und Geboten, sondern in positiven, auf alle Zweige des Wirtschaftslebens sich erstreckenden Anord- nungen äußerte. Da diese Anordnungen sehr oft von kleinlichen, die sittliche Freiheit der Person völlig ausschaltenden Gesichtspunkten getroffen waren und der Vollzug derselben von den selten mit voller Integrität ausgestatteten Beamten in schikanierender Art betätigt wurde, gab es am Ende des 18. Jahrhun- derts kaum eine verhaßtere Institution als die der Polizei in damaligem Sinne. Im modernen Staat („Rechtsstaat“) wird der Begriff Polizei wesentlich enger gefaßt, indem ihr mehr eine negative Aufgabe zugeteilt wird. Sie hat ') Trunk spricht in seinem Forstlehrbuch von 1789 S. 126 von „Forstpolizei oder die politischen Grundsätze des Forstwesens“. Erst rund 100 Jahre später wird der Ausdruck wieder von Helferich in Schönbergs „Handb. der politischen Ökonomie“ 1. Aufl,, 1882, 747 gebraucht, dann 1887 von Lehr im „Handbuch der Forstwissenschaft“. — Pfeil (Grundsätze der Forst- wirtschaft ete. 1822, I, 25) versteht unter „staatswirtschaftlicher Forstkunde die Lehre oder Wissenschaft von der Leitung und Benutzung der Forsten für den allgemeinen Staatszweck“. Einleitung. 3 als „weltliche Vorsehung“ vorbeugend zu wirken gegen die Störungen und Gefährdungen der Lebensgemeinschaft durch egoistische Handlungen seitens einzelner oder durch Naturgewalten („Präventivjustiz* nach R. von Mohl), daher Baupolizei, Straßenpolizei, überhaupt Ortspolizei. Auch der Begriff Forstpolizei wird in der neueren Gesetzgebung in diesem Sinne aufgefaßt, wenn sich auch einzelne Gesetze von der früheren Fassung nicht ganz frei machen konnten. Nach dem bayerischen Forstpolizeigesetzentwurf von 1842 „hat die Forst- ‚polizei im öffentlichen und allgemeinen Interesse die wirtschaftliche Erhaltung und Pflege der Waldungen zu sichern“. Neuere Literatur. Lehr, Forstpolitik im Handbuch der Forstwissenschaft, 1. Aufl., II, Tübingen 1887; 2. Aufl. (durchgesehen von Endres), IV, 1903. — Graner, Forstgesetzgebung und Forstverwaltung, Tübingen 1892. — Schwappach, Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik, Leipzig 1894 (Hand- und Lehrbuch der Staatswissenschaften von Frankenstein). — Helferich, Die Forstwirt- schaft in Schönbergs Handbuch der politischen Ökonomie, 1. Aufl., 1881, 4. Aufl. (von Graner), IV, 1896. — Endres, Art. Forsten im Handwörterbuch der Staatswissenschaften von Conrad etc., 1. Aufl., III, 1892; 2. Aufl., III, 1900. — Huffel, Economie Forestiere, Tome I, Paris (Laveur) 1904. — Ferner R. Weber, Die Aufgaben der Forstwirtschaft im Handbuch der Forstwissenschaft, 1. u. BrAufl., L; Lff. Wald, Forst, Holzung ist ein Grundstück, welches zur Er- zeugung von Holz sowie der mit der Holzzucht verbundenen Neben- nutzungen bestimmt ist. Im Begriff Grundstück liegt das Merkmal, daß die Fläche einen größeren Umfang haben muß. Der Zweck der Holzerzeugung mit wildwachsenden Bäumen ist notwendige Voraussetzung; die Ge- winnung von Holz bildet kein notwendiges Kriterium, weil dieselbe tatsächlich in manchen Waldungen nicht vorgenommen wird oder wenigstens nicht das Wirtschaftsziel bildet (Parkwaldungen, Jagd- gehege, unaufgeschlossene Urwaldungen etc.). Die mit der Holzzucht verbundenen Nebennutzungen gehören zur Schließung des Begriffes Wald, weil ihre Bedeutung in vielen Waldungen auch jetzt noch mit jener der Holzerzeugung mindestens auf gleicher Stufe steht (Streu in bäuerlichen Wäldern, Teer- gewinnung in den nördlichen Wäldern Rußlands und Finnlands) und früher letztere sogar überwog (Mast, Weide, Honiggewinnung, Jagd). Forstwirtschaft ist die auf die Begründung, Pflege und Nutzbarmachung des Waldes gerichtete Tätigkeit. Württembergisches Forstpolizeigesetz von 1879/1902: „Wald (Wald- grund, Forstgrund) im Sinne gegenwärtigen Gesetzes sind alle Grundstücke, welche als zur Gewinnung von Holz, sowie der mit Holzzucht verbundenen Nebennutzungen auf die Dauer bestimmt, von den Forstpolizeibehörden unter die Forsthoheit des Staates (Forstpolizei) gestellt sind.“ (Art, 1.) 1* 4 Einleitung. Im Sinne des braunschweigischen Forststrafgesetzes v. 1. April 1879 sind Forsten alle nicht innerhalb der Ortschaften gelegenen Grundstücke, welche wesentlich zur Holzgewinnung dienen. Anweisung zum preußischen Grundsteuergesetz von 1861: Holzungen „sind Grundstücke, deren hauptsächlichste Benutzung in der Holzzucht besteht“. Brater bezeichnet in seinem Kommentar zum bayerischen Forst- gesetz von 1852 (S.17) in Anlehnung an Cottas Definition als Wald im forstwirtschaftlichen Sinne eine mit wilden Holzarten bestandene und zur Er- ziehung und Gewinnung des Holzes bestimmte Bodenfläche von einer gewissen räumlichen Ausdehnung. Naturwissenschaftlich und im Sinne des gemeinen Sprachgebrauches werde jede größere in der angegebenen Art bewachsene Fläche ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Bestimmung Wald genannt. Für das Minimum des Umfanges, den ein Wald voraussetzt, lasse sich keine Formel aufstellen; hier habe der gesunde Menschenverstand zu entscheiden. Baumgruppen, die isoliert stehen oder am Bachufer, fallen nicht unter den Begriff Wald. Urteil des Reichsgerichts vom 3. Januar 1884 (abgedruckt bei Reger, Entscheidungen, 5. Bd., S. 74): „Zwar verliert ein Wald seine Eigenschaft nicht dadurch, daß er nicht zur Holznutzung bestimmt ist. Denn wenn der Wald auch regelmäßig zum Zwecke der Holznutzung gezogen wird, so lassen sich doch immerhin Wälder denken, in welchen die Holznutzung sogar unter- sagt ist (Schutzwälder)“. Es „bildet nicht schon eine Mehrzahl einzeln stehen- der Waldbäume einen Wald und es setzt vielmehr allerdings der Begriff des Waldes sowohl im natürlichen Wortsinne als namentlich im Sinne des $ 308 des Strafgesetzbuches ... eine umfangreichere, mit Bäumen oder sonstigen Wald- erzeugnissen bewachsene, in sich zusammenhängende Grundfläche voraus. Von welchem Umfange die Grundfläche sein müsse, um einen Wald darstellen zu können, läßt sich nach Rechtsregeln nicht bestimmen... und es gehört darum diese Bestimmung zu tatsächlicher Entscheidung des Gerichtes.“ M. D. Dalloz, Repertoire de l&gislation de doctrine et de jurisprudence, Tome 25, 1849, S.1: For&ts-terrains dont les produits prineipaux consistent en bois de chauffage ou en bois d’euvre. Les terrains dont le produit principal est la recolte des fruits pendants aux branches, prennent le nom de vergers. — In der französischen Gesetzessprache sind die Worte bois und foröts synonym. — Kleine Wälder heißen bosquets, remises oder bouquets de bois. Die Bezeichnungen Wald und Forst werden heutzutage in Wissenschaft und im praktischen Leben als gleichbedeutend ge- braucht. Im nördlichen Deutschland ist vielleicht die Ausdrucks- weise Forst, in Süddeutschland Wald die gebräuchlichere. Das Wort Holz oder Holzung wird in der Regel auf kleinere, im Privat- und Gemeindebesitze befindliche Waldungen angewendet.') Das Wort Forst bedeutete im Mittelalter ein für den König oder die Großen des Landes reserviertes Jagdgebiet. Schon im 7. Jahrhundert, häufiger aber erst vom 8. Jahrhundert ab erklärten die Könige kraft des ihnen zu- stehenden allgemeinen Bannrechtes bestimmte Waldkomplexe öffentlich als !) In der preußischen Gesetzgebung wird die Bezeichnung Holzung ge- braucht: Im Grundsteuergesetz von 186l, im Gemeindewaldgesetz von 1876, im Gesetz über gemeinschaftliche Holzungen von 1881, im schlesischen Wasser- schutzgesetz von 1899. — In der Reichsstatistik ist nur von „Forsten und Holzungen“ die Rede. Einleitung. 5 ihre Jagdbezirke, in denen bei Strafe des Königsbannes von 60 Schillingen (ungefähr 600 Mark) außer ihnen und den hierzu Privilegierten niemand die hohe Jagd und die Fischerei ausüben durfte. Mit der Einforstung (Inforestie- rung) bekundete der König, daß ihm das ausschließliche Verfügungsrecht über den Wald zustehe und ohne seine besondere Einwilligung in demselben weder Rodungen noch Nutzungen vorgenommen werden durften. Die Etymologie des Wortes Forst (forestum, foresta, forestis, foreste) steht nicht fest. Die ge- wöhnliche Ableitung von fera (Wild), foris (außerhalb), foraha (Föhre) usw. be- friedigt nicht. Am zutreffendsten wäre noch die Ableitung von Fürst —= Vor- derster, Vorsteher (silva principalis konform dem ager regius in den Leges Burgundionum). In den Volksgesetzen kommt das Wort Forst nicht vor. „Geforstetes* Holz wurde im 14. Jahrhundert (Büdinger Reichswald) solches genannt, dessen Nutzung reserviert oder verboten war. Äcker und Wiesen, die infolge der Vernachlässigung der Kultur sich. wieder mit Wald bedeckten, wurden, wenn derselbe eine gewisse Höhe erreicht hatte, „forstig“, d.h. sie mußten bewaldet bleiben.!) „Geht der Busch dem Reiter an die Sporen, so ist dem Bauer sein Recht verloren.“ Ein anderes Merkmal war: wenn der Wald so stark ist, daß zwei Ochsen mit einem Joch denselben nicht niederdrücken können (Dreieicher Wildbann 1338). Vom 11. Jahrhundert ab trat in den landesherrlichen Gebieten an die Stelle des Wortes Forst vielfach die Bezeichnung Wildbann (bannus ferinus) oder Bannforst. Unter Bannholz verstand man sowohl junge in Schonung ge- legte Holzflächen (Schwabenspiegel) und Schonwald überhaupt, als auch Privat- wald im Gegensatz zum Gemeinwald (bayerisches Landrecht 1346 und 1616). Die am Rande der Bannforsten (hohen Gehölze) gelegenen Privat- und Markwaldungen hießen die Vorhölzer oder Vorköpfe. Bei den königlichen Waldungen blieb es mit der Einforstung nicht. Bald wurde dieselbe auch auf die Wälder und dazwischen liegenden Ländereien der Markgenossen und Privaten ausgedehnt ohne Rücksicht auf die bisherigen Jagdausübungsrechte. Erst vom Ende des 10. Jahrhunderts ab wurde wieder- holt die Zustimmung der vom Wildbanne betroffenen Grundbesitzer oder etwaiger Jagdberechtigter seitens des Königs eingeholt. Das Recht der Einforstung, d.h. der Errichtung von Wildbannbezirken, wurde vom König auch bald an die Großen als besonderes Privilegium verliehen, so daß in der Hauptperiode der Einforstungen, vom 8. bis 10. Jahrhundert, Wildbannbezirke von ungeheuerer Ausdehnung entstanden. Mit der Ausbildung der Landesherrlichkeit vom 13. Jahrhundert ab ging das Einforstungsrecht als Jagdregal an die Landes- herrn über. Der Ausdruck Bannforst wurde der Regel nach nur noch für die landesherrlichen Jagdreviere beibehalten. Die forstlichen Schriftsteller des 18. Jahrhunderts?) legen dem Worte Forst keine besondere Bedeutung mehr bei und gebrauchen es synonym mit Wald und Holz. .. ) Vgl. die bayer. Landtagsbeschreibung von 1508 bei Krenner, Land- tagshandlungen XVII, 150 ff. ?) Vgl. Stahls Forstmagazin, IV, 1764, 6. — Moser, Forstökonomie, 1757, 86. — Hundeshagen, Methodologie und Grundriß der Forstwissen- schaft, 1819, 1: „Jede mit wilden Holzarten bewachsene Fläche nennt man Wald oder Holzung; in besonderen, für ihre Verwaltung festgesetzten Begren- zungen aber Forste.“ Erstes Kapitel. Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsver- fassung der Wälder. I. Die Wälder Europas. Eine allgemeine Übersicht gibt die nachfolgende Tabelle. Die Wälder Europas. Bewal- r dem Staate Tal Waldfläche pro Ein- dungspro- one 1000 ha Ka wohner ha ei a Deutsches Reich. ... . . 13996 25,9 0,25 33,7 Uekzeich; +. 24.mHle anih 9767 32,5 0,37 7,3 Te er 9024 28,0 0,47 15,2 Bosnien u. Herzegowina . . 2550 50,0 1,62 78,4 Europ. Rußland ...... 187000 37,0 1,85 66,4 BT a ee 20215 63,0 7,50 35,0 TE 19591 47,6 3,81 33,2 BER REN 6818 21,0 3,05 28,5 a RR ER BT 856 20,6 0,26 4,6 Bessikzeich 4... nd ia 9609 18,2 0,25 12,0 ER. „eilt san ri 4176 14,6 0,13 4,0 ne Ve Er 8484 16,9 0,46 84,0 EIER a ee 310 3,0 0,06 8,0 Großbritannien ...... 1229 8,9 0,03 2,2 BY aa Arche Faser a Bd 521 17,7 0,08 4,8 Niederl. 2 .5.2© 3.0: SR 225 7,0 0,04 ? Dies u wit in 241 6,3 0,10 23,8 Tori un a AR 4500 20,0 0,70 ? Bulgasien » v5. 0.5.% {ah 3041 30,0 0,92 29,6 Backs; 44 >25. 100053 7 ee 1546 32,0 0,62 36,6 Rumänien... ... @.. 2547 18,0 0,51 40,0 Griechenlend ....®.. 820 13,0 0,34 80,0 LImzembuig . . ....: :.» 79 30,4 0,33 0,0 .- I. Die Wälder Europas. 7 Die Waldfläche Europas beträgt demnach 307 Mill. ha. Sie nimmt von der Gesamtausdehnung dieses Erdteils 31 °/, oder nicht ganz ein Drittel ein. Die höchsten Bewaldungsprozente (Bewal- dungsziffern) weisen auf: Finnland mit 63°/,, dann Bosnien und Herzegowina und Schweden, die geringsten Portugal mit 3,5 und Großbritannien mit 3,9°/,. Nach Gruppen ergibt sich folgendes Bild. Von der gesamten Landesfläche treffen auf den Wald in den Ländern: 63 °/, Finnland. 50 „ Bosnien u. Herzegowina. 47,6 „ Schweden. 30—39 „ Österreich, Rußland ausschließlich Finnland, Bul- garien, Serbien, Luxemburg. 20—29 „ Deutsches Reich, Ungarn, Norwegen, Schweiz (Türkei). 10—19 „ Frankreich, Italien, Spanien, Belgien, Rumänien, Griechenland. 5—9 „ Niederlande, Dänemark. 3—4 „ Portugal, Großbritannien. Der Waldreichtum nimmt somit vom Norden und Osten Europas gegen Süden und Westen ab. Rußland, Finnland, Schweden und Norwegen umfassen zusammen eine Waldfläche von 234 Mill. ha, das sind 76°/, der Gesamtwaldfläche Europas. Die angeführten Ziffern beruhen zumeist auf den neuesten amtlichen Angaben, sind aber trotzdem nur als allgemeine Anhaltspunkte zu betrachten, da sie einerseits in den meisten Staaten nur durch Schätzung gewonnen sind und andererseits auch Flächen enthalten, die tatsächlich keine Holzbestände tragen, sondern als Weideland, Moor etc. anzusprechen sind. Auch die wirk- lieh unproduktive Fläche, wie Wege und Gewässer, ist mit eingerechnet. Ganz unzuverlässig sind die Angaben für die Türkei und für Spanien. Die ungleiche Verteilung der Waldflächen in den verschie- denen Ländern gab früher Veranlassung zu der Frage, welches Bewaldungsprozent als durchschnittlich normal gelten könne. Als Maßstab nahm man den Holzbedarf eines Landes an und kam so auf ein Bewaldungsprozent') von 20 bis 33. Derartige Feststellungen waren am Platze, solange mangels an Verkehrs- wegen jede Gegend ihren Holzbedarf selbst aufbringen mußte. Aber nicht einmal unter diesen Verhältnissen vollzog sich in den ackerbautreibenden Ländern die Ausscheidung zwischen Wald und Feld in erster Linie von dem Gesichtspunkte der Holzproduktion aus. Ausschlaggebend war vielmehr der Bedarf an Nahrungsmitteln !) Stahls Forstmagazin, 5. Bd., 1764, 53. — Trunk, Forstlehrbuch, 1789, 131. — Leo, Forststatistik, 1874, 7, glaubt die für Deutschland und Öster- reich notwendige Waldfläche auf 10 bis 29°/, feststellen zu sollen. 8 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. für die vorhandene Bevölkerung auf der einen Seite und die Flächen- größe des zur Erzeugung desselben geeigneten Bodens auf der anderen Seite. Der Wald mußte sich mit dem Reste der Landes- fläche begnügen. Die hohen Bewaldungsprozente des europäischen Nordens sind für diese Gegenden normal, weil die Waldwirtschaft die bestmögliche Ausnutzung der Landesfläche gewährt. Eher könnte man den Versuch unternehmen, die Größe der zur Deckung des eigenen Holzbedarfes eines Landes noch notwen- dige Waldfläche aus dem Verhältnis derselben zur Bevölkerungs- dichtigkeit abzuleiten. Dieses Verhältnis weist viel größere Unter- schiede auf wie das Bewaldungsprozent. Es treffen nämlich auf je 100 Einwohner Hektar Wald: 750 Finnland, 381 Schweden, 305 Norwegen, 185 europ. Rußland, 162 Bosnien und Herzegowina, 92 Bulgarien, 62 Serbien, 51 Rumänien, 47 Ungarn, 46 Spanien, 37 Österreich, 34 Griechenland, 33 Luxemburg, 26 Schweiz, 25 Deutsches Reich, 25 Frankreich, 13 Italien, 10 Dänemark, 8 Belgien, 6 Portugal, 4 Niederlande, 3 Großbritannien. Scheidet man die unsichere Ziffer für Spanien aus, so ergibt sich nach dem jetzigen Stand des Holzhandels, daß alle Länder mit 37 und mehr ha Waldfläche pro 100 Einwohner Holzexport- länder?) sind, also mehr Holz erzeugen, als sie selbst verbrauchen können, daß dagegen alle Länder mit 34 ha und weniger Wald- fläche pro 100 Einwohner zu den Holzimportländern zählen. Diese Grenzlinie ergibt sich auch für das Deutsche Reich. Dasselbe be- zieht zurzeit 10 Mill. fm Holz aus dem Ausland (in Rohholz um- gerechnet). Zur Erzeugung dieser Holzmasse wäre eine Waldfläche von 7 Mill. ha über die vorhandenen 14 Mill. ha hinaus nötig. Im ganzen müßte also Deutschland, wenn es seinen Holzbedarf selbst erzeugen wollte, 21 Mill. ha Wald besitzen, d.s. 37,3 ha pro 100 Einwohner. Die Bedeutung der Forsten als nationale Einkommensquelle ist in den einzelnen Ländern Europas eine grundverschiedene. Während Schweden, Norwegen, Finnland und der Norden Rußlands von ihrem Waldreichtum leben, scheidet für England die Wald- wirtschaft als Erwerbszweig nahe vollständig aus. Das Nadelholz ist in den Wäldern Europas stärker verbreitet als das Laubholz. Mehr als die Hälfte der Waldfläche nimmt das Nadelholz ein im Deutschen Reich, Österreich, Schweiz, Rußland, Schweden, Norwegen. Dagegen ist das Laubholz im Übergewicht in Frankreich, Ungarn, Belgien, Niederlande, Dänemark, Rumänien, Bulgarien, Serbien (?). !) Bezüglich Serbiens s. Kapitel „Holzhandel und Holzproduktion“, II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 9 Die Besitzstands- und Holzproduktionsverhältnisse der außer- deutschen Staaten werden im Kapitel „Holzhandel und Holzproduk- tion“ ausführlich dargestellt werden. II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. Siehe Tabelle Seite 10 und 11. 1. Die forststatistischen Erhebungen. Im Deutschen Reiche fanden bisher sechs forststatistische Er- hebungen statt. Die erste, 1878, ermittelte gelegentlich der Erhebung der landwirtschaftlichen Bodenbenutzung nur die Gesamtforstflächen ohne weitere Scheidung. Die zweite, 1882, war ein Stück der mit der Berufszählung vom 5. Juni 1882 verbundenen Aufnahme der landwirtschaftlichen Betriebe. Sie umfaßte nicht das Gesamtforstareal, sondern nur die mit landwirtschaftlichen Betrieben verbundenen Holzflächen und diese letzteren nach Größenklassen. Da die Staats-, Gemeinde-, Stiftungs- und Genossenforste in der Regel, sowie auch oft Privat- forste mit landwirtschaftlichen Betrieben nicht verbunden sind, so bezogen sich die ermittelten Zahlen fast ausschließlich auf den Privatforstbesitz und auch hier nur auf einen Teil desselben. Die dritte Erhebung fand 1883 statt, verknüpft mit jener über landwirtschaftliche Bodenbenutzung. Sie ermittelte die Größe und die Bestandsarten der Forsten sowie deren Verteilung nach dem Besitzstande. Die vierte, 1893, wieder in Verbindung mit der Erhebung über die landwirtschaftliche Bodenbenutzung, sollte nach Bundes- ratsbeschluß sich nur auf die Erhebung der:;Gesamtforstfläche ohne Scheidung nach Bestands- oder Besitzarten beschränken. Hinzu- gefügt war nur die Unterfrage nach der Größe der zum Waldfeld- bau benützten Fläche. Preußen beschloß aber für sich eine Erhebung über die zur Aufforstung geeigneten Flächen, über die Holzarten und den Be- sitzstand mit ganz genauer Ausscheidung. Diesem Vorgehen Preußens folgten alle anderen Bundesstaaten mit Ausnahme von Mecklenburg-Schwerin und Sachsen-Weimar. Bayern beschränkte (Minist.-Entschl. 22. Juni 1893) die Ermittlung auf den Umfang der forststatistischen Erhebungen von 1883. Daher sind hier die Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandverfassung der Wälder. 10 F' 9 I Ki vg erg 619 Tel L8L 0'889 6.08 697 88 41 TI 368 0'64 g'78 eg, +9 e'ı8 9'848 N 79 688 804 @I4SIOJJEATIA 04810J -UASSOUAH) - a @IS10J -sdunyng | © Sn © » u 948107 -Apurwusan) r'og|e‘0o [996901 |283F 028 10°0 166882 \60TIT s'ıglg‘o I1Fsogr |e981 9’8elo‘o Issgıer [9183 »sE 00 FIsIas |8I gor 00 90808 1088 &6l 0'0 |FIsF98 |84 g'se|o‘o [830168 |80F s'gg|1‘o |L9ECSZT|STO0Z 0L8 80188 GLelr ErLET 76886 °08 IS08I v8L F6l 009 &78% LS 1 0108 L6110GP 667 98% 81616 048.10F -UOssou -9 018.107 -JBapld @s107sfroyug OISIOJUOLY | -SIERIS N -SIERIS 98,6 101068 6888 ISLFTI 6857 180858 6888 |TESTI 6861 17698 LLOT [681588 IeIF 999% 088L 168801 18797 |9GG208 089 186161 1918 |810088 83421 1886818 850% 180488 81608 |LELIF gesT [869681 8679 109967 08911 |FFFI6 768 (08811 8199 88094 GIF IL 288091 c9GET 166186 gslE |6FPHE 184123°H ve 018107 -gpuromezr) "INS 99669 660001 680.08 80686 EIT61L LOPPIl 970%9 898 561 LEI SER GHr6IsT LEI INS 8656 866. 09% 6698 LIZTZI 98181 198981 817861 L68 868 686 688 088 888 883% 955917 651 LEFS SrErr & 97980111699 855 3] 067 61 018.10] -s[TOJUB -s}B218 pun -SIELIS 01810J -UOIM u977J91) ZunI9Y[0Aag ı9p Jdoy uap my zoıq | eNoH '821639083 gLelLaszıe g'ggl011 283 L'FEI866 8F7 T'LE|7938<88 0'6E1LH8 18% ETEIEFL IEE 0'08|920 308 G'zelegg 9972 178686 88 608/066 F£8 4'681999 329 082083998 3111864099 1'9 |gIE981 3181789088 8'82868 19T I g'6TIFegeLE 9'02|C21619 FEEIS99 IEET LIB8P9 FSG FLIsLHHR9 LE FEI0L38 = <« Bi 5 &5| o7sı04 © 9 8 ı9p S| oyarız 8 |-Jwmeseg je) 7 Ju® 0977914 OyoP][FJSsı0oJFmESEN 19p uoA * wogeaypg ° + uoyueapIoguf] uoyueregIm usyuelntsgO " zrejgdıego m * + u1sÄBqdopoLN er . 'zag-3oy u1s[[fozueyoy} “ - paspuroug nesseN-uosso] - uofensoM a9AouueH ERORTOED -ZtasoTyog " + uosypeg usısoTyag " uosoT uISULUIOT Zınquepueig usemeıdyso A . . BAR. u u ursP1oy ueyosInaq sop uodunpIeM Iap puwszyIseg pun oggQ.Ig E 11 II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. c'9F 108 688 0'001 gt 8 Ir 09 91 618 v’el e'ge el +18 011 Er q » % ‘8 r08 L’E% 178 807 g'28 638 vr 097 19T 618 | ST ur |9 FE 89 |g'6« ro SL 601 ve 8 00 ee 100 rt |00 g'Iz|8'39 zırieır g'zLjs‘o 18 va br v8 1 901 6L ea 96 2.98 1’SP|6°91 PL varaat3 0'9 |8'cr g'ge El vor gr L'LE 0'99 ci 0'27 13 +860549| 1417981 286581 9972399 896181004 881 0988099, FTE 908 STO TIG 89988 909 8 809 0 ‚eV 000F1 076117 6'238 1896 31 9'88 [0389 — |sF84 68881 1'389 883 8 317 0'pE E28 81 vs |G9TOL e'tel2eg91 1‘0 [668 8% 1886 gIrre 7A 2 00 |BT2IE 2'e 196066 112 082 82 c't 1802981 T‘ı |0r8 903 00 ler89L1 co 13 r196 998 rr6 084 856 094 816 1281 6I6 TI 919 cr68L 138 Hl 87001 8166015 »84 081% 907 961 etl q 1398 I 9z0L 051 8086 7097 scH8 LLIL v98L 694 80876 9591 9664 8887 rad at G99 85 046 98 908886 G6T8LI 00185 LsLy9Y8Y 9P80797 — — 060 8935888 64F F| 508 28% 648 581 6601 0866 9511 ri 1% 08861 0FI 80885 EGL78 8189 6%0F77 988.08 GFL55 LL0lF 68647 61766 1867 84096 9IE181 098821 180 080 130 0 95.0 00°0 000 00 80 910 230 970 710 v0 gg0 sro 950 sro 170 +30 LT'0 190 950 68'0 180 080 830 600 G1'08|986 318 81 »1'°31868 80681 a8'ealL289g6€1 68'021698 66 EI g'0EISE86EF 87 |Ls2T 80 |8F 1'g1l880F g’1E887 88 80816689 B'LEIS6L IE g’agiggzlı 388106157 6Er0gE Ir 0811293 19296419 1708192968 1128068 127688 801 TOEIELF60L HOT IPES9 313 00329 8'02|88086 0'8110#298% 3181600078 L'L8|962. 198 g'0g|STF009 g'azlorg #88 ‚urtogl SUUO ı 8181 8881 6681 yproy FOyds}ndq Rees ae gesiH BE - ZınqueH ae ROTLORET, a ee a a TESTS NE DAN a nn, EIBtHaaeN, 9.0. + gddrrg-Zamqumeyos orurT aoaodunl gnoy » orurz asp mod FOPTEeM gpegspopnq-Sanqzienuyos - uoSneySTEpuUog-FIngzIemUos yeyuv I: ae we) KT a . . Tygog-Fangog-uesypeg - Smquoypy-uosydes - uodururop-UosyU0eS Sromyosuneıg - JinqueplO zyrpoayg-Sumquej70oW en \ re Aue ar. VE A DIE ern Tor Tr Va! “+ geuo AA -UOSU0eS a a, a uossoH -uopegq - + gaeoquagmM » uosy98g “0 Dr we ag ee ae . 12 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. Kronforsten nicht besonders ausgeschieden, erscheinen vielmehr unter „Staatsforsten“. Ebenso fehlen die aufforstungsfähigen Flächen. Die fünfte Erhebung, 1895, war wieder ein Stück der Be- rufszählung vom 14. Juni 1895. Sie erstreckte sich auf die mit den landwirtschaftlichen Betrieben verbundenen Forstflächen, ab- gestuft nach Größenklassen, und über die 1882er Erhebung hinaus auch auf die rein forstwirtschaftlichen, nicht mit Landwirtschaft verbundenen Betriebe. Letztere wurden aber besonders behandelt. Der forstliche Teil dieser Erhebungen ist als mißglückt zu betrachten und daher nur mit Vorsicht zu benützen. Die sechste Erhebung fand am 1. Juni 1900 statt. Nach Bundesratsbeschluß vom 7. Juli 1892 sollten die Ermittlungen der landwirtschaftlichen Bodenbenutzung, mit welcher auch die forst- lichen Erhebungen Hand in Hand gehen, im Jahre 1893 und von da ab von zehn zu zehn Jahren stattfinden. Diese Bestimmung ist jedoch, um für die bevorstehende Neuregelung der handelspoli- tischen Auslandsbeziehungen möglichst neues Material zur Ver- fügung zu haben, durch Beschluß vom 17. März 1900 dahin ab- geändert worden, daß die nächste Aufnahme der deutschen Forsten im Sommer 1900 stattfinden solle. Dieselbe steht auf dem Boden der 1893er Erhebung, geht darüber aber noch hinaus durch die Ermittelung der Altersklassen und der Holz-, Eichenrinden- und Weidenrutenerträge des letztverflossenen Wirtschaftsjahres, ferner dureh die Scheidung der Genossenforste in deutschrechtliche und neuere und der Privatforste in Fideikommiß- und andere Privat- forste. Vergleichsfähige Zahlen liegen nun vor: a) für die Gesamtfläche der deutschen Forsten aus den Jah- ren 1878, 1883, 1893 und 1900, b) für die Verteilung dieser Fläche nach Eigentümern, Be- triebs- und Holzarten aus den Jahren 1883, 1893 und 1900. €) Über die Alters- und Ertragsverhältnisse sind nur die An- gaben der 1900er Statistik bekannt. d) Die Spezialerhebungen von 1882 und 1895 sind eine Sache für sich. Die Ergebnisse der Erhebungen sind dargestellt in der „Statistik des Deutschen Reichs“ (Berlin, Puttkammer u. Mühlbrecht) für 1878: 1. Reihe, Bd. 43, S. 1ff. und in dem Atlas der Bodenkultur, Über- sicht 1 und Karte 15, für 1882: 8. Monatsheft von 1834 und ausführlicher in der „Landwirtschaft- lichen Betriebsstatistik nach der allgemeinen Berufszählung vom 5. Juni 1882“, neue Folge Bd. 5, für 1883: Monatshefte 1884, Heft VIII, Übersicht 1 und 2, II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 13 für 1893: Vierteljahrshefte 1894, 4. Heft (auch als Sonderabdruck: Anbau-, Forst- und Erntestatistik für das Jahr 1893, Berlin 1894), für 1895: Neue Folge Bd. 112 „Die Landwirtschaft im Deutschen Reich“ 1898, für 1900: Vierteljahrhefte, Ergänzungsheft zu 1903, II, mit dem Titel: „Die Forsten und Holzungen im Deutschen Reich nach den Erhebungen des Jahres 1900, Berlin 1903“. 2. Die gesamte Waldfläche. Die in der Reichsstatistik ausgewiesenen Flächen beziehen sich auf die sog. Holzbodenfläche, d.h. die Fläche, welche zur Holz- zucht bestimmt ist. Die Gesamtwaldfläche begreift auch jene Flächen in sich, welche, ohne daß sie zur Holzzucht dienen, vom Walde gleichsam organisch eingeschlossen oder demselben angegliedert sind. Praktische Bedeutung kommt der Gesamtwaldfläche eigent- lich nur bei dem Staatswaldbesitz zu. Da aber keine Übereinstimmung in der Ausscheidung von Holzboden und Nichtholzboden zwischen den verschiedenen Staatsforstverwaltungen herrscht, ist es nötig, die Praxis der größeren Verwaltungen hier anzugeben. Preußen. Die Gesamtwaldfläche, Gesamtforstfläche des Staates ist jenes Domäneneigentum, welches von der Staatsforstverwaltung verwaltet wird. Sie zerfällt: a) in die Holzbodenfläche, welche die zur Holzzucht bestimmten Flächen einschließlich der in den Holzbeständen vorhandenen Schneißen, Ge- stelle, Wege, kleinere Wasserläufe bis zu 8 m Breite umfaßt, „weil durch den stärkeren Zuwachs der Randbäume eine Ausgleichung erfolgt“; b) in die nicht zur Holzzucht bestimmte Fläche, Nichtholzboden, und zwar a) ertragsfähige: Gärten, Äcker, Wiesen, Weiden, Torfflächen, Steinbrüche; zum Teil verpachtet; f) ertragslose: Hofraum und Baustelle der Gebäude, unbenutzbare Moore und Brücher, Seen, Teiche, Flüsse, Bäche, sowie Schneißen, Gestelle, Wege, Straßen von 8 m Breite und darüber.) Im Jahre 1899 war das Verhältnis folgendes: Gesamtfläche 2799216 ha; hiervon a) Holzbodenfläche 2511545 ha = 89,7°),, b) Nichtholzbodenfläche 287671 ha = 10,3°/, und zwar a) ertragsfähig 171921 ha = 6,2°/,, P) nicht ertragsfähig 115750 ha — 4,1°/,. Bayern. Die im Besitze des Forstärars befindliche gesamte Staatswald- fläche zerfällt in a) die produktive Fläche, welche zur Holzzucht geeignet oder bestimmt ist (— Holzboden), b) die improduktive Fläche, welche zur Holzzucht nicht geeignet oder nicht bestimmt ist; dahin gehören Straßen, Gewässer, Viehtriften, Alplichtungen, Felsen, Dienstgründe. Im Jahre 1902 betrug die rechnerische Staatswaldfläche 937288 ha; hier- von waren produktiv 826427 ha — 88,2°/,, improduktiv 110861 ha = 11,8°/,. Sachsen. Von der Gesamtfläche betrug die Fläche des Holzbodens 1884/93 96,1°/,, des Nichtholzbodens 3,9°],. Württemberg. Die Gesamtwaldfläche zerfällt in:?) a) Holzgrund, d.i. das in Verwaltung der Forstämter stehende forst- wirtschaftlich benützte Staatsgrundeigentum einschließlich der zu dem- t) Donner 146 ff. 2) Forststatistische Mitteilungen, Vorbemerkungen. 14 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. selben gehörigen Wege, Gewässer, Ödungen. — Diese letzteren bilden den „nicht ertragsfähigen Holzgrund“, die übrige Fläche den „ertrags- fähigen.“ Die ertragsfähige Holzgrundfläche ist also gleichbedeutend mit dem, was anderwärts „Holzbodenfläche“ genannt wird. b) Nebengrund ist das von den Forstämtern verwaltete nicht forst- wirtschaftlich benützte Staatsgrundeigentum (Wiesen, Äcker, Torfmoore), ein- schließlich der zu demselben gehörigen Wege, Gewässer. Es betrug 1900 die Gesamtfläche 195 352 ha; davon waren a) Holzgrund: a) ertragsfähig (Holzboden) 186032 ha — 95,2°/,, nicht ertragsfähig 5125 ha — 2,6°),, b) Nebengrund 4195 ha = 2,2°|,. Baden, Die Gesamtwaldfläche, welche zum domänenärarischen Grund- eigentum gehört, war 1902 94487 ha. Hiervon waren der Holzerzeugung gewidmet 92967 ha — 98,4°/,, sonst als Wald katastriert 1010 ha = 1,1°/,, er- tragslos, nicht katastriert 5l1l ha = 0,5°/,. Die gesamte Forstfläche betrug im Jahre 1900 13995 868,5 ha oder 25,89 °/, der Gesamtfläche des Deutschen Reiches zu 54064785 ha. Unter den Einzelstaaten sind am stärksten bewaldet das Fürsten- tum Schwarzburg-Rudolstadt mit 43,93°/, und das Herzogtum Sachsen - Meiningen mit 42,08°/,, am geringsten die Stadtstaaten Hamburg mit 0,19°/, und Bremen mit 4,30°/,. Diesen folgen auf- wärts das Großherzogtum Oldenburg mit 10,63°/,, Lübeck mit 13,67 °/, und das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin mit 17,99 °/,. Von den größeren Staaten hat Preußen mit 23,72°/, die ge- ringste Bewaldung; dann folgen Sachsen mit 25,81, Elsaß-Lothringen mit 30,31, Württemberg mit 30,78, Hessen mit 31,17, Bayern mit 32,51 und Baden mit 37,65 °/,. Die Staaten Preußen mit 8270134 ha Wald und Bayern mit 2466 553 ha umfassen von der Waldfläche des Deutschen Reiches bzw. 59,1 und 17,6°/,, zusammen also 76,7 °/,; Sachsen, Württem- berg, Baden und Elsaß - Lothringen zusammen mit 1992582 ha 14,2°/,, alle übrigen Staaten somit nur 9,1 °/,. Im Hinblick auf die verschiedene Größe der Einzelstaaten gibt das Bewaldungsprozent derselben selbstverständlich kein richtiges Bild von der Verteilung der Forstfläche. Um ein solches zu ge- winnen, müssen die Forstflächen der einzelnen Landesteile ver- glichen werden. Innerhalb Preußens hat die Provinz Schleswig-Holstein die ge- ringste Bewaldungsziffer (6,65°/, ), Hessen-Nassau die größte (39,67 °/,). In Bayern stehen sich gegenüber die Reg.-Bez. Schwaben (23,47) und Pfalz (39,03); in Sachsen die Kreishauptmannschaften Leipzig (12,58) und Zwickau (40,02); in Württemberg der Donaukreis (24,94) und der Schwarzwaldkreis (39,89); in Baden die Landeskommissär- bezirke Mannheim (33,26) und Karlsruhe (41,75); in Hessen die Provinzen Rheinhessen (4,62) und Starkenburg (41,87); im Groß- II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 15 herzogtum Oldenburg das Herzogtum Oldenburg (7,91) und das Fürstentum Birkenfeld (41,50 °/,). Auch in absoluten Zahlen gibt die Betrachtung der Forst- flächen nach Landesteilen erst eine richtige Vorstellung von der Bedeutung der Forstwirtschaft in den einzelnen Gebieten. Der Reg.-Bez. Oberbayern allein hat bedeutend mehr Wald wie das ganze Königreich Sachsen oder Elsaß-Lothringen und nicht viel weniger als Baden. Ober- und Niederbayern zusammen haben eine bedeutend größere Waldfläche als Württemberg. — Die Pro- vinzen Brandenburg und Schlesien besitzen zusammen einen größeren Wald als das ganze Königreich Bayern. Den Waldbesitz von Württemberg oder Baden übertreffen je für sich die Provinz Öst- preußen, Pommern, Hannover, Hessen-Nassau und Rheinland. Von den Reg:-Bez. Potsdam und Frankfurt a. O. hat jeder für sich eine größere Waldfläche als Württemberg. In geographischer Beziehung ist bemerkenswert, daß alle an die Nord- und Ostsee grenzenden Landesteile und Staaten gering bewaldet sind. Die Provinz Hannover, das Herzogtum Oldenburg, der Staat Hamburg, Schleswig-Holstein, das oldenburgische Fürsten- tum Lübeck, der Staat Lübeck, die beiden Mecklenburg, die Pro- vinzen Pommern, Westpreußen und Ostpreußen bilden einen von der Westgrenze bis zur Ostgrenze des Deutschen Reiches reichen- den nördlichsten Gürtel, dessen Bewaldungsprozent unter 22, also beträchtlich unter dem Reichsdurchschnitt liegt. Die Waldfläche nimmt prozentisch vom Norden gegen den Süden zu. Das ganze Süddeutschland und Südwestdeutschland weisen eine Bewaldungsziffer von über 30°/, auf. Gleichsam als eine waldarme Insel innerhalb dieses großen Gebietes ragt nur die Pro- vinz Rheinhessen mit 4,6°/, heraus. Unter 30°/, und zum Teil unter dem Reichsdurchschnitt von 25,9°/, stehen nur der baye- rische Reg.-Bez. Schwaben und der württembergische Neckar- und Donaukreis. In Mitteldeutschland tritt das Gebiet des Thüringerwaldes her- vor, dem Sachsen-Meiningen, Schwarzburg-Rudolstadt usw. ihr hohes Bewaldungsprozent verdanken; ebenso wie Braunschweig dem Harz. Alle bergigen Gebiete treten durch stärkere Bewaldung hervor. Die auf den Kopf der Bevölkerung in den Einzelstaaten treffende Waldfläche findet sich in der nachfolgenden Zusammenstellung. Unter den größeren Staaten steht Bayern mit 0,40 ha weit voran. Da Bayern Holzausfuhrland ist, bestätigt sich auch hier die zurzeit hervortretende statistische Tatsache, daß Staaten, welche über 0,37 ha Wald pro Kopf der Einwohner aufweisen (s. $. 8), mehr Holz erzeugen als sie selber verbrauchen können. Mit dem Wachsen 16 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. der Bevölkerungsziffer nimmt natürlich die auf den Einwohner ent- fallende Waldfläche ab. Waldfläche pro Kopf der Bevölkerung in Hektar. 1878') 1883?) 1893?) 1900 Preußen tatziıs.k Sal „10,30 0,29 0,26 0,24 Bayönsi'saru‘ial Knaiz 20,47 0,46 0,43 0,40 Baahsen 2.07: ulm 7 0A 0,13 0,10 0,09 Württemberg . . . . 0,34 0,30 0,29 0,28 Baden.) acer 0,34 0,33 0,30 Besser 7? srl 5 ers, 0,25 0,23 0,21 Elsaß-Lothringen. . . 0,28 0,28 0,27 0,26 Deutsches Reich . . . 0,31 0,30 0,27 0,25 3. Der Besitzstand. Von der Gesamtwaldfläche treffen auf a) Kronforste © . : 2.0.0. ,.07 2657302 ha Fu Staatsforste . . - .. ...+4430089 ea Staatsanteilforste . - . . . 29793 „= 02, zusammen 4 717184 ha— 33,7 |, b) Gemeindeforste . . . . . 2258090 ha=16,1°/, Stiftungsforste. . . . ... 211015 „='1B52 Genosenforstte . -. .... . 306 214 „—u225 hiervon deutschrechtl. Waldgenossenschafen 265797 „— 19 „ neuere u 40417 „022 zusammen 2775319 ha 19,8], e) Privatforste . . . ...... 6503365 ha—46,5 9), hiervon Fideikommißforste . . . . . 1446664 „—=104 „ andere Privaiforsie . . . . 50667071 „04 Im ganzen 13 995 868 ha— 100°), Der Umfang der Kronforste (d. s. die landesherrlichen Kron- fideikommiß-, Schatull- und Privatforste) ist in den einzelnen Staaten zunächst bedingt durch die vermögensrechtlichen Ausein- andersetzungen, welche bei Bildung der modernen Staaten zwischen den Landesherren und dem Staate stattgefunden haben. Hierüber wird bei den „Staatswaldungen‘‘ das Nähere erörtert werden. !) Bevölkerungsziffer 1880; ®) desgl. 1885; ®) desgl. 1895. II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 17 Die Staatsforste, d. h. die fiskalischen Domanial- und Ka- meralforste sind hinsichtlich ihres Anteils an dem Gesamtforst- areal ebenfalls von diesen staatsrechtlichen Verhältnissen abhängig. Prozentisch betrachtet trifft die größte Staatsforstfläche auf Braun- schweig mit 73,5°/,. Von den süddeutschen Staaten hat Baden die geringste prozentische Fläche mit 16,9 °/,. Die Staatsanteilforste sind Forste, die im gemeinschaft- lichen Besitz des Fiskus und anderer Besitzer (meist Gemeinden und Stiftungen) sind. Die Entstehung dieses Besitzes ist in der Regel auf markgenossenschaftliche und Forstrechtsverhältnisse zu- rückzuführen. Die Fläche wird im Laufe der Zeit immer kleiner, weil beide Eigentümer auf die Lösung dieses gemeinschaftlichen Besitzverhältnisses bedacht sind. Sie betrug 1883: 40989 ha, 1893: 47560 ha, 1900: 29793 ha. Folgende Staaten teilen sich in diese Fläche (1900): Preußen 1135 (davon in Westfalen 1114), Bayern 8729 (in der Pfalz 8253), Württemberg 65, Hessen 3561, Sachsen -Weimar 133, Oldenburg 14, Sachsen - Koburg - Gotha 228, Elsaß-Lothringen 15 929 ha. Der gegenwärtige Besitzstand der Gemeindeforste in den einzelnen Staaten steht im Zusammenhang mit der geschichtlichen Ausgestaltung der Markwaldungen, mit den Gemeinheitsteilungen und den Forstrechtsablösungen. Im westlichen und südwestlichen Deutschland, wo der markgenossenschaftliche Besitz am stärksten ausgebildet war und wo später durch den Einfluß der französischen Gesetzgebung den Bestrebungen auf Verteilung der Gemeinde- waldungen wirksam entgegengetreten wurde, hat der Gemeinde- waldbesitz seine größte Ausdehnung. Obenan unter allen deutschen Staaten steht Baden mit 45,1 es dann folgen Elsaß-Lothringen 44,7, Hessen 36,2, Württemberg 29,7, Sachsen-Meiningen 23,4, Waldeck 21,5, Sachsen-Weimar 15,3 usw. In Preußen treffen auf den Ge- meindewaldbesitz nur 13,3°/,. Während die sieben östlichen Pro- vinzen hinter diesem Durchschnitt teilweise sehr weit zurückbleiben (Posen 2,1 °/,), übersteigen die westlichen Provinzen denselben um ein Bedeutendes: Hessen - Nassau hat 34,2, Rheinland 39,5, dann Hohenzollern 49,3. In Bayern beträgt der Landesdurchschnitt 12,5 °/,. Weit unter diesem stehen die altbayerischen Landesteile, die Reg.- Bez. Oberbayern mit 2,2, Niederbayern 0,8 und Oberpfalz 2,4, dann noch Oberfranken mit 4,6°/,. In Altbayern wurden die Ge- meindewaldungen zu Anfang des 19. Jahrhunderts auf Wunsch der Regierung aufgeteilt. Etwas über dem Durchschnitt stehen Mittel- franken und Schwaben. Den dreifachen Satz des Durchschnittes weisen die westlich gelegenen Kreise Unterfranken (36,7 °/,) und die Pfalz (36,8 °/,) auf. Endres, Forstpolitik. 3 18 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. Zu den Gemeindeforsten wären auch zu rechnen die sogenannten Pro- vinzialforsten, welche durch Aufforstung von Ödländereien auf Rechnung der Provinzen in Preußen entstehen. In Hannover bestanden 1396 bereits 4747 ha, in Schleswig-Holstein 2132 ha. In Bayern besitzen einzelne Kreisgemeinden Waldungen als Zubehör der Kreisirrenanstalten. Zu den Stiftungsforsten zählen die Forste der Kirchen und Schulen, Kirchen- und Schulgemeinden, der Klöster, der mil- den und Wohltätigkeitsanstalten usw. Forstpolitisch stehen sie mit den Gemeindewaldungen auf einer Stufe. Sie sind nahezu gleich- mäßig über alle Staaten verteilt. Der prozentische Anteil an der Gesamtforstfläche ist äußerst gering. Unter den Begriff der Genossenforste fallen alle Waldüngen, die Genossenschaften mit körperschaftlicher Verfassung gehören. Das Nähere siehe unter Waldgenossenschaften. Die Privatforste umfassen die Forste der Privaten mit Ein- schluß der Standesherren, im freien und gebundenen Besitz; ins- besonders die fideikommissarischen Privatforste, auch die bäuer- lichen Lehensforste und die im Erbfall an den Mannesstamm ge- bundenen Forste.. Von den Fideikommißforsten, die von der Privatforstfläche 1446664 ha, d. s. 10,4°/, der deutschen Wald- fläche, einnehmen, wird später die Rede sein. Die Verteilung der Privatforste einschließlich der Fideikommiß- forste auf, die Staaten und Landesteile ist eine höchst ungleiche. Innerhalb Preußens mit 50,8°/, bewegen sich die Prozentanteile zwischen 15,2 (Hessen-Nassau) und 76,5 (Schlesien); in Bayern mit 50,9°/, zwischen 78,7 (Niederbayern) und 13,1 (Pfalz). Der be- deutende Privatwaldbesitz in den altbayerischen Gebietsteilen ist zurückzuführen auf die Teilung der Gemeindewaldungen, auf die Ablösung von Forstrechten in den Staatswaldungen durch Wald- abfindung und auf den Verkauf von Staatswaldungen, — lauter Vorgänge aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts. Nach Staaten geordnet, weist den größten Prozentsatz — ab- gesehen von den freien Reichsstädten — Reuß ä. L. mit 57,9°/, auf; dann folgen Bayern 50,9, Preußen 50,8, Oldenburg 50,4, Sachsen 46,0, Sachsen-Altenburg 45,3, Lippe 41,8, Reuß j. L. 41,6, Mecklenburg-Schwerin 40,2, Schwarzburg-Rudolstadt 38,3, Württem- berg 34,4, Sachsen-Weimar 34,1, Baden 32,9, Hessen 32,8, Sachsen- Meiningen 24,5, Mecklenburg - Strelitz 23,7, Anhalt 21,4, Elsaß- Lothringen 20,1, Sachsen-Koburg-Gotha 17,0, Waldeck 13,7, Schwarzburg-Sondershausen 12,3, Braunschweig 8,5, Schaumburg- Lippe 6,0. | Im allgemeinen zeigt sich das Vorherrschen des Privatwald- besitzes üherall da, wo der Gemeindewaldbesitz zurücktritt. II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 19 4. Die Größenklassen (Umfang) der forstlichen Betriebe nach dem Stande des Jahres 1895. Mit der Berufszählung vom 14. Juni 1895 war auch eine Er- hebung über die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe verbunden, und zwar hinsichtlich der letzteren in der Weise, daß nicht nur die mit landwirtschaftlichen Betrieben verbundenen Forstbetriebe, sondern auch die reinen Forstbetriebe ermittelt wurden. Als ein Betrieb galt die von einem oder mehreren Mitgliedern einer Haushaltung bewirtschaftete Fläche gleichviel welchen Um- fanges. Über Forste, welehe von Beamten verwaltet werden, hatte der oberste die Verwaltung nach einem Betriebsplane führende Be- amte die Nachweisung zu machen, für Staatsforste z. B. der Ober- förster. Leider war die Frage, was unter einem forstlichen Betrieb zu verstehen sei, in den Fragebogen so unklar gefaßt, daß die Be- antwortung derselben höchst ungleichheitlich und unzuverlässig wurde. In diesem Sinne ist auch das vorliegende Material zu beurteilen. Das Kaiserliche Statistische Amt gibt daher selbst zu, daß „es trotz der umfassendsten Nacherhebungen nicht gelungen ist, im Jahre 1895 alles Forst- land zur Anschreibung zu bringen. In vielen Fällen hatten nämlich Ober- förstereien, Gemeindeverwaltungen und größere Gutsbezirke die Aufstellung von Landwirtschaftskarten für reine Forstbetriebe ganz unterlassen in der irr- tümlichen Annahme, nur für gemischte Betriebe das Holzland nachweisen zu sollen, oder sie hatten unvollständige nur auf Teile des Reviers bezügliche Angaben gemacht. Für Privatbesitzungen waren namentlich dann Nachweise über Forstflächen unterblieben, wenn die Acker- und Wiesenländereien ver- pachtet waren, die Waldwirtschaft dagegen in den Händen der Besitzer sich befand. Im Weg der Nacherhebungen konnte zwar eine Reihe derartiger Irr- tümer berichtigt und ergänzt werden — so wurden für Elsaß-Lothringen allein 420 Forstbetriebe mit 68000 ha Gesamtfläche, für Preußen 3000 Forstbetriebe mit 1,3 Mill. ha bei der Revision neu ermittelt —, aber eine erschöpfende Er- gänzung der gewünschten Nachweise ließ sich natürlich durch bloße Rück- fragen nicht herbeiführen.“ !) .Das Ergebnis dieser 1895er Erhebung ist folgendes: A. Deutsches Reich. a) Einschließlich der Staats- und Kronforste. Die Anzahl der forstlichen Betriebe beträgt 953874 mit einer im Jahre 1895 ermittelten Fläche von 13725930 ha (1900 dagegen 13995869 ha). i) Statistik des Deutschen Reichs. Neue Folge, Bd. 112, Die Landwirt- schaft im Deutschen Reich, Berlin 1898, S. 52* f. In diesem Werke ist das gesamte statistische Material enthalten. 9* 920 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. Hiervon treffen auf die Größenklasse unter 10 ha 89,86°/, aller Betr. mit11,85°/, d.Gesamtforstfläche 10—100 ” 8,65 „ ” ” ” 14,17 „9 ” 100—1000 ” 1,23 „ „ ” ” 24,93 „9 ” 1000 uw. ’mieir „ "020, , a e 100°), 100°), Eine detailliertere Ausscheidung gibt folgende Übersicht. Die forstlichen Betriebe am 14. Juni 1895. Hi Größenklassen nn ind Near Br erh äche aats- u. der forstlichen 5 ADsei: Mr Btaste- 1. age: u Kron- j lichen Kron- ; & Betriebe EREERR, triebe forstbetr. Betriebe Z 1000 ha 1000 ha ahl unter 1 ha 407 202 42,69 4 158 1,15 1—2 ha 163 467 17,14 3 223 1,62 0.310 2—10 ha 286 495 30,03 12 1 246 9,08 ’ 10—20 ha '| 51886 5,44 16 684 4,99 20—100 ha 30 645 3,21 85 1 260 9,18 4,8 100—200 ha 5 387 0,56 103 760 5,58. 15 200—500 ha 4531 0,48 208 1401 10,21 71 500—1000 ha 1812 0,19 278 1 262 9,19 211 1000—2000 ha 1180 0,13 584 1 692 12,32 871 2000—5000 ha 967 0,10 704 3 000 21,86 2209 5000 u. mehr ha 302 0,03 218 2041 14,87 1360 Zusammen | 953 874 | 100 | 2215 | 13 726 100 | 4741 Die Durchschnittsgröße eines forstlichen Betriebes im Deutschen Reiche beträgt 14,4 ha und in der Größenklasse unter 10 ha 1,9, von 10—100 ha 23,6, von 100—1000 ha 291,8, von 1000 u. mehr ha 2694,3 ha. b) Ausschließlich der Staats- und Kronforste. Scheidet man die Staats- und Kronforste aus, dann ergibt sich ein wesentlich anderes Bild. Da dieselben nur 2215 Betriebe um- fassen mit einer Fläche von 4741422 ha, so verbleiben für alle anderen Besitzkategorien 951659 Betriebe mit einer Waldfläche von 8984508 ha. Von diesen treffen auf die Größenklasse unter 10 ha 857145 Betriebe = 90,0°/, mit 1626017 ha—18,1°/, 10—100 „ 82430 „ = 87, „ 1939266 „—21,6, 100—1000, 11141 „ = 12, „ 3125252 „—348, 1000 u. mehr „ 43 ,„ = 01, „ 2293973 „ —25,5, 100°), 100°], II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 2 Die Durchschnittsgröße eines Betriebes beläuft sich im Deutschen Reiche auf nur 9,4ha und in der Größenklasse unter 10 ha auf 1,9 ha, von 10—100 ha 23,6, von 100—1000 ha 281, von 1000 und mehr ha auf 2430 ha. B. Die forstlichen Betriebe in den einzelnen Staaten und Landes- teilen ausschließlich der Staats- und Kronforste. Aus der für vorliegenden Zweck besonders berechneten Tabelle (S. 22) ergeben sich für die größeren Staaten folgende Daten. Von den forstlichen Betrieben des Deutschen Reiches treffen auf Preußen. . . . 42,8°/, mit 62,7°/, der betreffenden Forstfläche Bayern Bauet e 120,0 „ ” 15,9 „ ” ” „ Packen. . . . 3,9 »» 2,3 ” ” ” ” Msktembers . . 76, „ 4,5: :, „ ” Baden . . . . 4,9 ” ” 4,9 „ „ „ ” Hessen . ö . ° 1,5 ” ”„ 1,9 „ „ „ }) Elsaß-Lothringen . 41, „ 30, n Die Durchschnittsgröße eines forstlichen Betriebes beträgt in Preußen 13,8, Bayern 5,1, Sachsen 5,5, Württemberg 5,5, Baden 9,5 (rührt vom großen Gemeindewaldbesitz her), Hessen 12,4, Elsaß- Lothringen 6,8 ha. In Preußen wird diese Ziffer vom privaten Großgrundbesitz, in Baden, Hessen und Elsaß-Lothringen vom Ge- meindewaldbesitz beeinflußt. Die Parzellierung des Waldbesitzes ist in Süddeutschland und Sachsen bedeutend stärker als in Preußen. Es fallen von der Ge- samtfläche unter die Betriebe unter 10 ha 1000 ha u. mehr 13 Preußen 3)... '.&...13,5°% 32,4°], SLBsyere .t. %.°. 309% 8,9 „ BrBaeksen.. 2.00.3685, 98 ,„ „ Württemberg . . 225, 22,2 „ BEER N er EL G 77:6”, In Baden wiegt wegen der ausgedehnten Gemeindewaldungen die Besitzgröße von 100—1000 ha vor. In den östlichen Provinzen Preußens herrscht der Großwald- besitz vor, in den westlichen der Kleinwaldbesitz, ausgenommen Hessen-Nassau. Die Durchschnittsgröße eines forstlichen Betriebes beträgt in der Provinz Pommern 31,7, Westpreußen 26,5, Posen 26,1, Schlesien 22,8, Brandenburg 18,7, Hessen-Nassau 18,5, Ost- preußen 15,4,'Sachsen 12,6, Westfalen 10,9, Hannover 9,8, Schleswig- Holstein 8,4, Rheinland 6,2 ha. Im Rheinland haben von 111351 22 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. Zahl und Größe der forstlichen Betriebe mit Ausschluß der Staats- und Kronforste, berechnet auf Grund der Er- gebnisse der landwirtschaftlichen Betriebszählung vom Jahre 1895. Hiervon treffen auf | „ Von der Forstfläche | 8 die Größenklasse 3 kommen auf die 22 Staaten Anzahl von be 2 Größenklasse von 2E de [| 4] und Eu 10 | 100 | 1000 | 5, 5 10 | 100 | 100 | && lichen junter| bis | bis | und | 2 3 [unter] bis | bis | und a3 Landesteile Betriebe [10 ha] 100 |1000 |mehr| &3 |10ha| 100 |1000 |mehr | 5& ha | ha | ha 8 ha | ha | ha |R %o %o | °% %o %o % | % % ha Freuden... 02% 407 175 87,]10,9 1,6 0,18 15635] 13,5,19,9/34,2|32,4 | 13,8 Ostpreußen . . . . | 17458] 79,6/17,9] 2,4 0,13 | 268] 16,1/25,039,5119,4 | 15,4 Westpreußen . . .| 8921| 75,8|20,2| 3,5 |0,43 | 236] 7,2/21,6135,2/36,0 | 26,5 Brandenburg . . . | 47 752] 77,9120,1) 1,7 /0,29] 891| 12,5'24,1/29,5/33,9 | 18,7 Pommern . .,: . - 13 093] 79,9|13,6| 6,1 |0,40 | 415] 6,0112,5159,3122,2 1 31,7 BOB 15 175] 84,411,7| 3,5 |0,44| 396] 7,1111,4141,1/40,4 | 26,1 Schlesien ... - . 43 625] 88,1) 9,3| 2,3 |0,36 | 994] 8,410,3)32,1/49,2 | 22,8 Bachseun“ 1, > 27 540| 83,5114,9| 1,5 |0,16 | 348] 14,7/27,8134,5123,0 | 12,6 Schleswig-Holstein . | 10 570| 90,6| 8,4| 1,0 10,06] 89] 23,6/22,5)36,0117,9| 8,4 Hännovet „VB 40 382] 85,713,2| 1,1 /0,07 | 396] 20,0133,3129,5117,2 | 9,8 Westfalen. ... . 47 268| 85,2 114,0) 0,7 0,07 | 513 21,8137,6/18,2]22,4 | 10,9 Hessen-Nassau. . .| 19626] 88,5| 7,3| 4,0 |0,21] 364] 7,2114,0/54,1/24,7 | 18,5 Rheinland . . . .|111351] 96,2| 3,2] 0,6 |0,05 | 686] 22,9113,3/25,1/38,7] 6,2 Hohenzollern . . .| 4414| 95,5 3,0) 1,3 /0,16] 39] 12,8110,3148,728,2] 8,8 BON Orn 0%. 280 868] 91,0| 8,6| 0,4 0,02 |1426| 36,9131,1123,1) 8,9] 5,1 Oberbayern . . . . | 49397] 87,9111,8| 0,3 |0,02| 272] 34,643,7116,2| 5,5] 5,5 Niederbayern . . . | 44 874 85,5114,3| 0,2 /0,01] 241]44,4143,211,2|) 1,2] 5,4 Pfale;,. ar ann tsek 19 898] 97,8| 1,5) 0,7 |0,02| 67119,4117,9158,2| 4,5] 3,4 Oberpfalz . . .. - 38 434] 86,613,2| 0,2 0,03 | 213] 38,0/39,9114,1| 8,0] 5,5 Oberfranken. . . . | 33 071| 93,5| 6,2) 0,3| — | 137] 56,225,618,2] — | 4,1 Mittelfranken . . . | 33526] 92,8) 6,9) 0,3 /0,02] 1651 46,7126,7.18,8| 7,8] 4,9 Unterfranken . . . | 31683] 96,6) 2,4 0,9 10,07 | 191] 14,110,5142,4133,0| 6,0 Schwaben . ... . 30 985] 94,8| 4,51 0,6 0,03] 142] 34,5118,3137,3| 9,9] 4,6 Buchsen... BB a 37 307] 93,3| 6,1) 0,6 0,03] 205] 36,1/21,9/32,2] 9,8] 5,5 Württemberg . . . . | 71855] 95,8] 3,3! 0,8 0,07] 393] 22,515,8139,522,2] 5, Baldn“ 2.5 Burke 46 772] 91,1) 7,01 1,8 0,08] 443] 11,7/20,1)50,6117,6| 9,5 a VE WR 13 910] 92,7| 5,2] 2,0 10,15] 173] 6,9112,7145,7134,7 | 12,4 Mecklenburg-Schwerin | 4392] 78,8115,1| 5,7 /0,84|] 125] 5,620,2/46,0/28,2 | 28,5 Sachsen-Weimar . . .| 9419| 94,0| 5,2! 0,7 0,01] 44] 34,1/25,0/38,6] 2,3] 4,7 Mecklenburg-Strelitz . 781] 86,8| 7,7) 5,0 /0,51| 18] 5,6111,1/50,0/33,3 | 23,0 Oldenburg. ... . . 83591 91,4| 8,110,5 | — 35 | 37,1142,9/20,01| — | 4,2 Braunschweig . . . .| 2432] 84,0112,713,3| — 30] 16,733,3/50,0) — [12,3 Sachsen-Meiningen. .| 7711]90,8| 7,5 1,6 10,02] 58] 19,0/25,9)51,7| 3,4] 7,5 Elsaß-Lothringen . .| 38934] 96,2) 2,2] 1,5 /0,10| 266] 7,1/13,9/61,7117,3| 6,8 Übrige Staaten . . .| 21741 — | — | — | — | 1585| — | — | — I1—- I — Deutsches Reich . . [951659] — | — | — | — [8985] 18,1/21,634,835,5] 9,4 II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 23 Betrieben 107091 oder 96,2°/, eine Fläche unter 10 ha. Die Zahl der Betriebe mit über 1000 ha beträgt in Rheinland nur 66, die- selben verfügen aber über eine Fläche von 266000 ha (= 38,7 °/,). In Bayern weicht die durchschnittliche Größe eines Betriebes in den einzelnen Regierungsbezirken von jener für das ganze Land von 5,1 ha nicht wesentlich ab. Die geringste Ziffer weist die Pfalz mit 3,4 ha, die höchste Unterfranken mit 6,0 ha (Gemeinde- waldbesitz!) auf. Mit Ausnahme von Unterfranken und von der Pfalz, wo der Gemeindewaldbesitz mit einer Flächengröße zwischen 100 und 1000 ha vorwiegt, ist in Bayern der Kleinwaldbesitz bei weitem vorherrschend. 5. Zu- und Abnahme der Forstfläche. Man begegnet vielfach der Meinung, daß die Waldfläche des heutigen Deutschen Reiches im Verlauf der letzten hundert Jahre infolge einer Zunahme der Abholzungen immer kleiner geworden sei und daß wir uns überhaupt gegenwärtig in einer forstlich schlechteren Zeit befinden als vor hundert und mehr Jahren. Diese Auffassung ist durch nichts begründet und verfehlt. Wie groß die Waldfläche in Deutschland in dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts und vor dieser Zeit war, darüber sind wir ebensowenig unterrichtet wie über den Waldstand der einzelnen Staaten. Die Vermessung der Waldungen wurde erst durch die Katastrierung des Grundbesitzes zum Zwecke der Grundsteuer- veranlagung eingeleitet, ein Unternehmen, welches in den meisten Staaten erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts seinen Ab- schluß fand. Etwas rascher ging die Flächenfestsetzung für die Staatswaldungen vor sich, weil man dieselbe für die nach den na- poleonischen Kriegen mit Energie betriebenen Forsteinrichtungs- arbeiten brauchte.') Sicher ist, daß in den ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts in einzelnen Gegenden Deutschlands viele Waldrodungen vorge- nommen wurden. Die Umstände, welche dieselben veranlaßten, waren aber so gelagert, daß es sich mehr um eine Vielheit von Einzelfällen als um eine große Gesamtfläche handeln konnte. Die treibenden Kräfte für die Rodung waren die auf eine rasche Be- 1) Behlen und Laurop, Handbuch der Forst- und Jagdgesetzgebung in Baiern I. Bd., 1831, S.81: „Ein großer Teil der Staatsforsten ist vermessen und die Taxation der wichtigsten Forsten vollendet. Wo dies nicht der Fall ist, benutzt man das Gutachten der mit den Forstbezirken genau bekannten Forstbeamten sowohl über den Flächenraum als über das Alter und den wechselseitigen Materialertrag der Bestände.“ 94 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. völkerungsvermehrung und eine Vergrößerung der Anbaufläche ge- richtete volkswirtschaftliche Bewegung. Die Mittel zur Durchfüh- rung dieser Bestrebungen boten die ebenfalls in den Anschauungen und Tendenzen der damaligen Zeit begründeten Gemeindewald- teilungen, Staatswaldverkäufe und Forstrechtsablösungen durch Waldabfindungen. Die auf diesen Wegen den kleinen bäuerlichen Grundbesitzern ausgelieferten Waldungen wurden meistens gerodet und sollten auch nach den Wünschen der Staatsregierungen gerodet werden. So war es in Bayern, in Preußen (Landeskulturedikt 1811) und auch in vielen andern Staaten. Diesen Rodungen stehen aber die vielen Aufforstungen der neueren Zeit gegenüber. Der preußische Staat allein legte von 1883—1902 73113 ha neue Forstkulturen an. Viel wesentlicher ist aber noch die Tatsache, daß der Wald von heute ohne Ansehung der Besitzkategorie sich in einem viel besseren Zustande befindet als jener vor hundert Jahren. Die aus dieser Zeit stammenden Nachweise über die Ertragsverhältnisse und das einstimmige Urteil der forstlichen Schriftsteller jener Zeit lassen darüber keinen Zweifel aufkommen (s. 3. Kap., II). Bei Vergleichung der bei den verschiedenen statistischen Er- hebungen angeschriebenen Waldflächen muß man im Auge be- halten, daß keine Bodenkulturstatistik den Anspruch auf absolute Richtigkeit hat. Abgesehen davon, daß die Auffassung über den Besitzcharakter verschiedener Besitzarten (Gemeinde-, Stiftungs-, Genossenwald usw.) bei der Ausfüllung der Fragebogen oft wechselt und abgesehen von gröblichen Nachlässigkeiten seitens der An- schreiborgane, ist auch der oft vorhandene Widerspruch zwischen den Grundkatastern und der wirklichen Benutzart eines Grundstücks die Ursache statistischer Unstimmigkeiten. Die gesamte Forstfläche des Deutschen Reiches betrug 1868?) 13 473 366 ha 1878 13872926 „| 135472 ha 1883 13908398 „J 1893 13956827 „pt 48429 „” 1900 13995868 „5 + 39041 „ Die Zunahme ist also eine stetige und beträgt von 1878—1893 122942 ha. Diese Ziffer setzt sich zusammen aus einer Zunahme von 236853 ha und aus einer Abnahme von 113911 ha in den verschiedenen Verwaltungsbezirken. ‘) Nach Leo, Forststatistik. II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 2 Die Gesamtfläche betrug nach der Reichsstatistik Hektar: Jahr Preußen | Bayern |Sachsen Kir Baden | Hessen E an =® 1878... .| 812452112501948|415162| 599515 |553296 | 239989 | 443864 1883. . . . | 8153947|2504732|409120| 599976 | 552766 |240694| 443845 1893. . . . 1 8192505|2508088|387729| 599853 |566159|240706| 442998 1900. . . . | 8270134|2466553 | 384540 | 600415 |567795|240009| 439832 Eine ständige Abnahme weisen seit 1878 auf: ha iR ha “1, Ostpreußen . . 27948 = 2,77 S.-Altenburg . . 1227 3,30 Posen . . „. . 12924 —=2,21 Schaumburg-Lippe 848 = 1,09 Hessen-Nassau . 6331 =1,01 Elsaß-Lothringen . 4032 = 0,91 Kgr. Sachsen . . 30622 = 7,38 Insgesamt, aber unter Schwankungen, haben seit 1878 ihre Forstfläche vermindert: ha %o ha lo Schlesien .. . . 11386=0,1 Schwarzb.-Rudolst. 1399— 3,27 Bayern v. d. Rh. 37477 ==1,65°- Reußä.Ll. . . . 278 2,41 Braunschweig . 222 040 ., Iımpe„ 0... 0. BB2— 1.71 8.-Koburg-Gotha 348=0,58 Bremen . . . . 367—=88,39 Eine Zunahme der Waldfläche zeigen alle übrigen Gebiete seit 1878. Dieselbe beträgt für ha Sn ha yR Preußen . . . 145613==1,79 Schwarzb.-Sonderh. 1066= 4,17 Württemberg . 900=0,15 Waldeck. . . . 296= 0,70 Ben 0,1449 —262 Reuß,.dii . .„ „,351= 114 Oldenburg . . 12535 —22,5 Lübeck . . . . 263 6,89 S.-Meiningen . 894—=0,87 Hamburg . . . 848= 90,3 Rat. ..... '19581= 3,50 Von besonderem Interesse ist die Bewegung der Forst- flächen bei den verschiedenen Besitzarten; dieselben können nur bis 1883 verfolgt werden. Änderungen des Besitzstandes er- folgen durch Wechsel der Besitzer (Kauf, Tausch), Ausstockungen und Neuaufforstungen. a) Kron-, Staats- und Staatsanteilforste. Deren Fläche betrug Be EN sach Fi N, ABANBAE Be + 76339 11170428 ha. 1800. 9. 2... 4412185 26 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. Die Zunahme ist mithin eine stetige und beträgt von 1883 bis 1900 3,75°/,. Hiervon treffen auf Preußen . „ . 261702 ha Baden’. 7. ! SW pr Bachsen -. 7620 „ Oldenburg -. -.- True Württemberg . . 407 „ Elsaß-Lothringen . . 3300 „ usw. In den alten Provinzen Preußens hat sich die staatliche Holzbodenfläche von 1830—1867 um 120714 ha vermindert, hauptsächlich infolge der Flächen- abtretungen für Forstrechtsablösungen (Donner I, 147). Eine Abnahme der Staatswaldfläche usw. hat außerin Reußä.L. und in den beiden Lippe statistisch in Bayern stattgefunden. Es wurden angeschrieben 1883 859258, 1893 872262, 1900 837136 ha. Die Abnahme um 35126ha gegen 1893 und um 22122ha gegen 1883 bezieht sich nur auf die produktive Fläche und wird amt- lich damit erklärt, daß bei den periodischen Waldstandsrevisionen, namentlich bei jenen im Hochgebirge, grundsätzlich eine strengere Ausscheidung des zum Holzwuchs nicht geeigneten oder nicht be- stimmten Geländes (improduktive Fläche) vorgenommen wurde.) In Wirklichkeit hat in Bayern keine Abnahme, sondern eine Zunahme der Waldfläche stattgefunden, wenn man die gesamte, produktive und impro- duktive, Staatswaldfläche in Betracht zieht. Nach den „Mitteilungen aus der Staatsforstverwaltung Bayerns“ betrug die forstärarialische Staatswaldfläche ha: ale Gesamt- produktive improduktive fläche Fläche Fläche TEBB Zr 930 400 835 280 95 120 INTERN 931 504 834 972 96 532 18887. 2% 932 140 836 042 96 098 1898 u 95 934 220 836 078 98 142 OIB.. >. 936 164 831 194 104 970 I), ee 936 331 829 414 106 917 Bar. Sry 936 511 829 121 107 390 BUBE 2’ Een 937 288 826 427 110 861 Von den Staatswaldungen liegen 18607 ha (1902) im Herzogtum Salzburg (kgl. bayr. Forstämter Saalachthal, Unkenthal, Leogangthal), deren Verwaltung nach der Salinenkonvention vom 23. Oktober 1829 der bayerischen Regierung allein zusteht (sog. Salforste). Ferner sind in der Staatswaldfläche 8676 ha mit der Hälfte dieser Fläche enthalten als Anteilforste, weil der Ertrag der- selben je zur Hälfte dem Staatsärar und den Miteigentümern zufällt. Nicht enthalten sind in obigen Ziffern 5321 ha sonstige königliche Wal- dungen, deren Erträge nicht in Forstbudget, sondern in dem Budget jener Verwaltungen, denen sie angehören (Militär-, Remontedepot-, Gestüts-, Bau-, Salinen-, Berg-, Eisenbahnärar) verrechnet werden. Dieselben sind offenbar in der Reichsstatistik auch den Staatswaldungen zugezählt. 1) Mitteilungen aus der Staatsforstverwaltung Bayerns; herausg. v. kgl. Staatsministerium d. Finanzen 2. H. 1901, S.V, 4 f. II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 7 Für die früheren Zeiten liegen folgende Angaben über die Staatswaldfläche vor, die sich auf das Gesamtareal beziehen: 1804 367604 ha (nach Hazzi),!) 1825 853294 ha (Rudhart), 1844 898296 ha (Forstverwaltung Bayerns 1844), 1861 914739 ha (desgl. 1861). In Sachsen stieg die Holzbodenfläche der Staatsforsten un- unterbrochen von 143261 ka im Dezennium 1817/26 auf 166808 ha im Dezennium 1884/93.?) In Württemberg betrug die Staatswaldfläche 1819 191755 ha, 1834 180317 ha. Von da ab stieg sie fortwährend.?) b) Gemeinde- und Stiftungsforste. Beide Kategorien müssen deswegen hier zusammengefaßt wer- den, weil bei den früheren Erhebungen offenbar manche unter der Verwaltung der Gemeinden stehende, aber einem bestimmten Stif- tungszwecke gewidmete Forste bei den Gemeindeforsten ange- schrieben wurden.‘) Von 1883—1900 hat sich die Fläche der Gemeindeforste um 148077 ha = 7,01°/, und die Fläche der Stiftungsforste um 25028 ha —= 13,4°/,, die Fläche beider um 173105 ha = 7,50°|, vergrößert. Die Zunahme betrug in Gemeinde- Stiftungs- forste forste Freuben. .'.... , 1236588 9527 ha Bayern... , .7, 10 6913 „ SBaebsen, Kor... » . 4462 1660 „ Württemberg . . . 3732 20 „ Baden! uf, 2“, 6736 5934 „ usw. Im rechtsrheinischen Bayern haben von 1883—1900 die Gemeindeforste um 4880 ha abgenommen, in der Pfalz um 4891 ha zugenommen. Diese sta- tistischen Ergebnisse sind jedenfalls nicht richtig. Offenbar wurde entweder bei der einen oder bei der anderen Erhebung der Unterschied zwischen Ge- meinde- und Stiftungsforsten nicht streng beachtet. Letztere haben im rechts- rheinischen Bayern um 7726ha zugenommen, in der Pfalz um 813ha abge- nommen! !) Die statistischen Angaben Hazzis über die Bewaldungsverhältnisse Bayerns erklärt Grünberger („Einige Ansichten von dem Forstwesen in Bayern, 1805“) als willkürliche Annahme. 2, Tharander forstl. Jahrbuch 1897. 3) Forststatist. Mitt. 4) In Preußen wird eine Anzahl von Stiftungsforsten, welche unter Staats- verwaltung stehen, unter den Staatsforsten aufgeführt. Donner L,5. 98 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. Abnahme in meist geringem Maße ist bei der einen oder anderen Besitzkategorie zu verzeichnen in Sachsen-Weimar, Braun- schweig (G. 2954 ha), Hessen usw. ec) Genossenforste. Dieselben sind um 38543ha seit 1883 zurückgegangen, offen- bar aber nur infolge verschiedener Auffassung bei den statistischen Anschreibungen. d) Privatforste. Deren Fläche betrug 1883 - . ... . W720984 15 222 0onsanah I BAM) _zuzoıpma 1900 6503365 Bei Bere der Veränderungen der Privatwaldfläche ist zu beachten, daß eine Abnahme wohl in den meisten Fällen, aber nicht immer auf Rodung zurückzuführen ist. Dieselbe kann auch durch den Übergang von Privatwaldungen auf einen anderen Besitzstand, insbesonders durch Verkauf an den Staat veranlaßt sein. Auch die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, daß Genossenforste im Jahre 1883 als Privatforste angeschrieben wurden, die 1893 und 1900 wieder zu den Genossenforsten gezählt wurden. Eine Abnahme weisen seit 1883 auf: Preußen . . . . . mit 181054ha= 4,13%, Bachsen, Kor. . . .. „...8321081 „—ilTazE Daden - „ec he 3160 „= 1,66 „ Hessen . . er 2460 „= 3,03 „ Mecklenburg- Strelitz the 4267 „=22,40 „ Braunsehweig . "ri 9 1096 „=10,51 „ 8.-Meiningen :. . 9. 0 2838 „—=10,00 „ S.-Altenburg . . 5 1218 „= 6,9 „ Schwarzburg- Rudolstadt r 968 „= 4,76 „ Raub 3: Ti Ph Re 708 „— 5,17 „ Elsaß-Lothringen . . „ 7042 „= 7,37 „ In den übrigen Staaten hat sich die Privatwaldfläche ver- mehrt. Von den preußischen Provinzen weisen seit 1883 eine ständige Abnahme der Privatforstfläche auf: ha un ha %, Ostpreußen . . 32942—=13,10 Posen. . °. . 35694 =8,86 Westpreußen . 43323—18,41 Hessen-Nassau . 10572 = 9,87 Brandenburg . 45765= 6,02 Rheinland . . 10372 = 3,12 Pommern . . 4747 = 1,32 II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 29 Insgesamt, aber mit Schwankungen, haben ihre Forstfläche vermindert: Schlesien, #5. 9022741147052 —1,237°|, Schleswig-Holstein . . 2441 „—=3,W17 „ Weskiaten 2.72 29 Sera 6002 „187 „ Eine Zunahme weisen auf: Sachsen (Prov.) . . . 13102ha=4,69°|, . Hannovers... Nr. gab, 8,70 , Hohenzollern . . . . 1584 „9,49 „ In Bayern beträgt die Zunahme 5008ha. Diese Ziffer ist indessen im Hinblick auf die weit auseinandergehenden Ergebnisse der Erhebungen von 1883, 18935 und 1900 eine sehr unsichere. Die aus der folgenden Tabelle hervorgehenden Schwankungen bewegen sich in solchen Widersprüchen, daß die Richtigkeit der Zahlen bezweifelt werden muß. Unleugbar tritt auch hier die verschiedene Auffassung des Begriffes Genossenforste im Jahre 1900 gegenüber den früheren Erhebungen hervor. Im Jahre 1900 wurden zweifellos viele früher als Genossenforste angesprochene Waldungen zu den Privat- forsten geworfen. Aber auch die wechselseitige Verschiebung zwischen Ge- nossen- und Gemeindeforsten ist sehr wahrscheinlich. Privat- und Genossenforste in Bayern in Hektar. Privatforste Genossenforste Reg.-Bez. 1888 | 1893 | 1900 1883 | 1893 | 1900 Oberbayern .... . 294 876| 282158| 291028] 8783| 7490 403 Niederbayern . . . .| 262752| 260844| 264814| 2231| 1302 58 Oberpialz ... .. . 224 008| 225101 | 221814| 1919| 1712 182 Oberfranken... . . 128246 | 128359| 131899] 3858) 4453 | 2316 Mittelfranken . . . .| 125693| 125357 | 130241| 3669| 4395 | 1365 Unterfranken . . . .| 77737| 75607! 78299| 15025|12543 | 11109 Schwaben... ... 106434) 104125) 106966| 8546| 9084 | 4232 ne ..1 30614! 29877! 30306] 3971| 3100 350 Bm... | 1250 359 | 1 231 428 | 1255 367 | 48 003 | 44 078 | 20 015 6. Die noch aufforstungsfähige Fläche. Gelegentlich der statistischen Erhebungen 1900 wurde auch das zur Aufforstung geeignete Land (geringe Weiden, Ödland) ermittelt und auf 633303 ha —= 4,5°/, der jetzigen gesamten Forstfläche be- ziffert. Davon liegen allein 544954 ha in Preußen, durch deren Auf- forstung das Waldareal dieses Staates um 6,6°/, vermehrt würde. Im Jahre 1893 ergab sich ohne Bayern, Mecklenburg- Schwerin und Sachsen-Weimar eine aufforstungsfähige Fläche von 676946 ha. 30 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. Aufforstungsfähige Flächen im Jahre 1900. a ta und Öd- und Unland |ssrmen Staat auffor- Gem m To TEE EEE TER TS —— überhaupt ce überhaupt Br fähig ha ha %, ha ha %, ha Preußen . . . . [1448081229433 | 15,8 |1595 388 | 315 521 | 19,7 | 544 954 Bayemı nu % 213 774| 11013| 5,2 1877001 6130| 3,3 17 143 Sachsen . . . . 8461 437| 5,2 3 543 118| 3,3 355 Württemberg . . 46416 | 23917| 51,5 302631 3410| 11,3 | 27327 2 47 301 2676| 5,7 a 311 94| 0,5 2770 Deutsches Reich . | 1 911 574 | 232489 | 14,8 |2 102490 | 350 814 | 16,7 |] 633 303 Ferner wurde die aufforstungsfähige Fläche im ganzen fest- gestellt für: Hessen 762, Mecklenburg-Schwerin 1527, Sachsen- Weimar 1557, Oldenburg 23705, Braunschweig 1805, Waldeck 1630, Lippe 2001, Elsaß-Lothringen 2969 ha usw. Es unterliegt keinem Zweifel, daß innerhalb des Deutschen Reiches viele hunderttausend Hektar ertraglose Flächen durch Auf- forstungen in Kultur gebracht werden können. Mit Energie geht in dieser Richtung der preußische Staat vor. Von 1867—1892 er- warb derselbe 134633 ha Waldödland für 22,42 Mill. M. (pro ha 167 M. einschließlich Holz) zum Zwecke der Aufforstung. Von 1883—1902 wurden auf 73113 ha neue Forstkulturen ausgeführt, also im Jahre durchschnittlich auf 3656 ha. Am 1. Oktober 1903 befanden sich noch 36481 ha unaufgeforstete Ödländereien im Be- sitze der Forstverwaltung.') 7. Die Holz- und Betriebsarten.?) (Siehe Tabelle S. 32.) I. Summarische Übersicht. Die Wälder des Deutschen Reiches sind zu 32,5°/, mit Laub- holz und zu 67,5°/, mit Nadelholz bestockt. Noch im Jahre 1883 nahm das Laubholz 34,5 °/,, das Nadel- 1) Z. f. F. u. J. 1904, 392; 1895, 249. — Vgl. auch Grieb, Das europäi- sche Ödland, seine Bedeutung und Kultur. Frankfurt 1898. ®2) Die Ausscheidung der Betriebs- und Holzarten erfolgte in der Reichs- statistik vou 1900 nach folgenden Rubriken: A. Laubholz. 1. Niederwald. a) Eichenschälwald. b) Weidenheger. ec) Sonstiger Stockausschlag ohne oder mit sehr wenigen Oberbäumen. — 2. Mittelwald. — 3. Plenterwald. a) Eichen. b) Birken, Erlen, Aspen. c) Buchen II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 25 holz 65,5°/, der Gesamtwaldfläche ein. In absoluter Zahl betrug die Fläche des Laubholzes Nadelholzes ha ha 1383... 2.0.9: 2802580 9105818 2893 1271 +.) + 4567210 9283120 2010.58. 38.12 .39424800 9451069 Seit 1883 hat sich mithin die Laubholzfläche um 257780 ha vermindert, die Nadelholzfläche um 345251 ha vergrößert. Die Gesamtmehrung der Waldfläche von 1883—1900 beträgt 87470ha. Diese Ziffer gibt mit jener, um welche die Laubholzfläche zurückgegangen ist, genau den Zuwachs der Nadelholzfläche an (87470 + 257780 — 345250 ha), so daß also nicht bloß die ab- gehende Laubholzfläche, sondern auch der Zugang an Waldfläche überhaupt zugunsten des Nadelholzes bestockt worden ist. Die Verminderung der Laubholzfläche vollzieht sich nach der Statistik seit 1883 vollständig gleichmäßig über das ganze Reich hin und am intensivsten im westlichen Laubholzgebiet. Eine Aus- nahme hiervon macht nur Bayern r. d. Rh. (Laubholzzunahme von 1883—1900 29665 ha, Nadelholzabnahme 67768ha). Es ist aber mit Sicherheit anzunehmen, daß dieses Plus an Laubholz nicht auf eine tatsächliche Vermehrung desselben zurückzuführen ist, sondern auf eine Verschiedenheit der statistischen Beurteilung bei Ein- schätzung der Mischbestände in den Erhebungsjahren. Das Vordringen des Nadelholzes auf Kosten des Laub- holzes ist eine Erscheinung, die sich schon auf hundert und mehr Jahre zurück verfolgen läßt. Die Gründe hierfür sind teils tech- nischer, teils finanzieller Natur: a) Das Nadelholz ist weniger anspruchsvoll an den Standort als das Laubholz. Infolgedessen eroberte es sich alle jene Laub- holzflächen, die durch eine exzessive Streu- und Weidenutzung laubholzmüde geworden sind. b) Die Verjüngung der am meisten verbreiteten Laubholzart, der Rotbuche, kann zweckmäßig nur auf natürlichem Wege er- und sonstiges Laubholz. — 4. Hochwald. a) Eichen. b) Birken, Erlen, Aspen. c) Buchen und sonstiges Laubholz. B. Nadelholz. 1. Plenterwald. a) Kiefern. b) Lärchen. c) Fichten. d) Tannen. — 2. Hochwald. a) Kiefern. b) Lärchen. c) Fichten. d) Tannen. Gemischte Bestände sind der herrschenden Holzart zugerechnet. Im Jahre 1893 wurden in Preußen für Laubholz und Nadelholz die „gemischten“ Bestände besonders ausgeschieden. Infolgedessen sind die Zahlen von 1893 und 1900 nicht streng vergleichbar. Nadelholz Laubholz Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. Gesamtwaldfläche im Jahre 1900. Staaten Verteilung der Betriebs- und Holzarten in Prozenten der 52 aHmormmtmnanosadkt ac m HAaAHSHWOoOnosoHa m a us [= 1m oo S oa uueL soococooosoosooooo = wonsnn® u I I Ze a X -3 AHSOHAHAITRRSERARO AMAMZBERLRTLFN WASRANRSTRR TAN uoyyor - DNDOm TI > a mXananmrnotHnsnon © = SOSSAIRNMIITARNATS AIMISFHARAHS AHAMAMAHMOSMTATAOS man uoaydapT O09505995995995595. 9 5,1995 9099 S9S399 989 8 95958 595 N GSOOTOAORHIINMMAORO ANANAT UM OABSOTUTEHRHHT DD ujorM er TRANS TRWOHO-MTD OS DOMINA O SOmHomanr- mm HH ma DORT Team NAHM N HA EA DOnH m HH SS DOTSAAHNANAUNAIN N LH nn ZART AISNS u pIeay2oH oO TOR ADNOoHır an KHın no | | | | oo Vs moooauei ©& | | DS ODOSSP-F-ORNVKANM NN CD © + SHOES HN m D&D I RDAT-NOSHTAMMANMOıNn O0 a Snacoannm ,oson pramumg | our Se Suacaa Ida = 3 wi HRrSLrHEAAEDDTES HRNAMLTAAHASO DATSHASTAAT am man ydneqaoqn S SSH NS AHSH 2 DAN SSAUHHn Ders sn m Sıs SEES DOOR m DOOR HH Door 3 ao HARTEN AR a TITTEN TON SE SE BAUDO [51 [53 atom on mw an Nam OoOom X ige >= ZORITLAIFR TIRTOETnEend Aatanmatmn m mr SISSHSAAITIAHAE NATLAOTETIR MATT RSsan Ran PIEAIOJUOLT ar) Soma NSS Mn&m m - © TMMToomMı4womno — SONKKAHANSAATITIS SKATSHITRA HIMATKAMMTER Saman PIEAPNIN a Too Hmnsh mom re Dr Rrmmonom 019 NSONNMESTES in an co -— -— a MTONAUAMTITRRDROSONONnN SOON OS NMıno NOOROSOSNOWSAH Oo on Be AR ee An MS A SS A DEN I SR N AR NEN TE RE TR SS TA ES AD Bei preszopon | A Rau ion Wonsarigcns ee er a ar a et er a re Sa Tag Sa Nr pe Dal A RN re ydurgasqn SsseirsaigissenN Änrshcscsenh cswennschake dan ae we, AO + aa man Tina mim m me IE EZ IT ZT ee i able ak Fan a EI 0 ee ne Ne ae ae a 1 EA re ee x © ‘© „di = ea ee, Mr er Se PR en 1 LER Er 2 See au i L [7 Er : Kr > ATS. er dby. a a ® Fu) Be =g& = an a DEI I > I = = sv o__\ & ‚nag = 2 DS bo u = =) - {2} © BH0vomoädydan D on Aal rer ao .285 BITEB-RCA 0 ‚Bareadean GE u SS rg ass Aa "mM ooZ Aa HBSTGTASSOS Br wE so e 588 BEESSASS „oSTSsdhre S „Bar MARS a © BeEzENounosE93 80 uRoBSsohEnR ao aaaABoH 3 u EEE EEE EB EFEEFEI ER © oO r >] © oe SBPARAMAÄZHPHEH PHOoBOoöospdäk 323828337838 5 A ee) DPAHAFRKRORUE RA gen vom Jahre 1893, da jene vom r das rechtsrheinische Bayern nicht nach Kreisen veröffentlicht ?) Außerdem 1,9 °/, gemischtes Nadelholz, nur für Preußen ausgewiesen. !) Nach den forststatistischen Erhebun Jahre 1900 fü wurden. II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 33 In den übrigen Staaten beträgt das Laubholz Nadelholz %o 16 Sachsen-Altenburg . . -. . . 14,3 85,7 Sachsen-Koburg-Gotha . . . 23,6 76,4 Anka. 97,# IR ER TER 71,5 Schwarzburg- an: Pike: 3 Se 58,3 Schwarzburg-Rudolstadt . . . 16,7 83,3 Rack I N. ML, 6958 30,2 a N N 97,5 SE plan DH Dane ra re RR 3.9 96,1 te NE RIBLE 21,5 Ippe+r.: . Nee. Re 22,1 (Fortsetzung von S. 31.) folgen. Dadurch hängt die Verjüngung von dem Eintritt ergiebiger Samenjahre ab, die aber nur periodisch wiederkehren und oft lange Zeit ganz ausbleiben. Schon deswegen verliert die Buche im Kulturwald immer mehr von ihrem Besitzstand. — Die künstliche Verjüngung des Laubholzes ist kostspieliger wie die des Nadelholzes. ce) Das Nadelholz läßt sich durch Saat und Pflanzung leicht künstlich verjüngen und zwar jedes Jahr nach Bedürfnis. Soweit von der natürlichen Verjüngung, namentlich bei der Weißtanne, Gebrauch gemacht wird, ist dieselbe wegen der günstigeren Ver- teilung der Samenjahre und der Beweglichkeit der geflügelten Samen erfolgreicher als beim Laubholz. — Die Ausbesserung von Lücken in den Laubholzverjüngungen erfolgt fast ausschließlich mit Nadelholz. Außerdem wirken noch eine Reihe von anderen waldbaulichen Ursachen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, fördernd auf die Verbreitung des Nadelholzes. d) Nadelholz gibt mehr Nutzholz als das Laubholz. Diese Tat- sache als solche, dann der kürzere Produktionszeitraum, die größere Massenproduktion, die höheren Durchforstungserträge und endlich die leichte und billige Verjüngung machen die Nadelholzzucht rentabler als die Laubholzzucht. Darin liegt das stärkste Kom- pelle für die Begünstigung des Nadelholzes. Die mittleren und kleineren Privatwaldbesitzer schätzen außerdem das Nadelholz noch besonders hoch, weil es bessere Streu (namentlich die Kiefer) und viele für den landwirtschaftlichen Betrieb nötige schwache Nutz- holzsortimente liefert und weil es in jedem Alter verwertbar ist. Vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus ist die weitere Aus- breitung des Nadelholzes nicht ungünstig zu beurteilen, weil Endres, Forstpolitik, 3 34 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. dadurch nicht bloß höhere inländische Werte geschaffen werden, sondern auch die Holzeinfuhr aus dem Auslande, die zu 93°], aus Nadelholz besteht, etwas zurückgedrängt werden kann. Für den Massenverbrauch wird Nadelholz stets die erste Stelle ein- nehmen. Innerhalb eines jeden Besitzstandes verteilt sich die Laub- holz- und die Nadelholzfläche wie folgt: Laubholzfläche Nadelholzfläche ha | Eis ha | %, Kron-, Staats- und Staatsanteil- | 13.2: 7 IE BEER 1: 0 1 291 755 27,4 3 425 430 72,6 Gemeindeforste . . . .». . - 1 144 587 50,7 1113 504 49,3 Stiftungs- und Genossenforste 275 050 53,2 242 179 46,8 Pravatloreie sw ee 1 833 408 28,2 4 669 956 71,8 Zusammen. . . .| 4544800 | 32,5 | 9 451 069 4 67,5 Die größte Verbreitung hat mithin das Laubholz im Gemeinde-, Stiftungs- und Genossenwald, von dem es über die Hälfte einnimmt. Dies hängt damit zusammen, daß die Mehrzahl der Waldungen dieser Besitzkategorie sich im westlichen Deutschland befindet, wo das Laubholz überhaupt seine stärkste Verbreitung hat. Der Laubholz- anteil in den Staats- und Privatforsten bleibt hinter den Durch- schnittsziffern erheblich zurück. Eine Abgleichung der Holzartenveränderung nach dem Besitzstand gegen- über den früheren statistischen Erhebungen ist nicht möglich, weil bei letz- teren in dieser Richtung keine Nachweisungen vorliegen. Die Verteilung der Holzarten in den Staatsforsten und Staats- anteilforsten war 1900 in Prozenten der gesamten Staatswaldfläche: Laub- | darunter | Nadel- darunter Staat holz Eichen- holz!) hochwald Kiefern | Fichten | Tannen | Lärchen ErOBmE '0.0,.1,.900% 25,1 5,7 74,9 61,8 | 13,0 0,1 ı 0,0 Bayata your. 5% 22,6 2,9 77,4 28,7 | 46,1 2,5 | 0,1 Bachsen.. ln iin 0a 3,8 0,8 96,7 19,9 | 76,3 0,4 | 0,0 Württemberg Pe Be; 1% 3,0 69,3 10,1 | 44,3 | 14,7 | 0,3 En ET 2 40,1 2,3 59,9 15,2 | 30,3 | 14,4 | 0,0 Hossen:\ii si ik 69,1 13,3 30,9 24,1 6,7 0,0 | 0,1 Braunschweig . . . .| 54,7 5,8 45,3 5,7 | 39,6 0,0 | 0,0 Eisaß-Lothringen 61,9 20,6 38,1 18,0 3,2 | 16.9 | 0,0 Deutsches Reich. . .| 26,7 5,2 73,3 | 46,6 | 24,6 2,0 | 0,05 Er - - *) Plenterwald und Hochwald zusammengenommen, II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 35 Die Verteilung der Holz- und Betriebsarten nach Staaten und Landesteilen ergibt folgendes Bild. Denkt man sich entlang der östlichen Grenze von Württem- berg von Süden gegen Norden eine gerade Linie gezogen, — die ungefähr zusammentrifft mit dem 28. Meridian östlich von Ferro oder auch mit dem 10. östlich von Greenwich — dann kann der westlich davon gelegene Teil des Deutschen Reiches als Laubholz- gebiet, der östlich gelegene als Nadelholzgebiet bezeichnet werden. Die Hälfte und mehr der Gesamtwaldfläche ist mit Laubholz bestockt in: Baden, Elsaß-Lothringen, Rheinpfalz, Regierungsbezirk Unterfranken, Hessen; Prov. Rheinland, Hessen-Nassau, Westfalen, Schleswig-Holstein; Oldenburg, Braunschweig, Waldeck, beide Lippe. Zwischen 32,5 und 50°, (/;,—!J,) beträgt die Laubholz- bestockung in Württemberg, Hohenzollern, Sachsen-Weimar, Schwarz- burg-Sondershausen, Hannover, beiden Mecklenburg. II. Spezielle Nachweisungen. A. Laubholz. 1. Niederwald. Derselbe umfaßt den Eichenschälwald, die Weidenheger und den sonstigen Stockausschlag ohne oder mit sehr wenigen Oberbäumen. Der Niederwald ist ein Ausschlagwald. Bei seiner Nutzung wird die ganze oberirdische Holz- masse gewonnen, der neue Bestand entsteht durch die Ausschläge der stehen- bleibenden Stöcke (Stocklohden) oder durch die Wurzelbrut', wobei das Feh- lende immer wieder durch Pflanzung ergänzt wird. Der Abtrieb erfolgt in kürzeren Zeiträumen als beim Hochwaldbetrieb, je nach Holzart und Wirt- schaftszweck alle 10—30 Jahre. Der Hauptrepräsentant der Niederwaldwirt- schaft ist der Eichenschälwald (Gerberrinde). Die Fläche des Niederwaldes betrug 1900: 947680 ha — 6,8°/, der Gesamt- waldfläche, 1893: 844645 ha = 6,0°/, der Gesamtwaldfläche, 1883: 912020 ha —= 6,5°), der Gesamtwaldfläche. a) Eichenschälwald. - Im Deutschen Reiche betrug die Fläche desselben 1900: 446 537 ha— 3,2°], der Gesamtforstfläche, 1893: 445156 ha — 3,2°|, der Gesamtforstfläche, 1883: 433000 ha — 3,1°/, der Gesamtforstfläche. Die infolge des Rückganges der Rindenpreise vermutete und von den Schälwaldbesitzern gleichsam angedrohte Aufgabe der Schälwaldzucht ist mithin allgemein nicht eingetreten. Von der Schälwaldfläche des Jahres 1900 treffen auf die Forsten von Staat und Krone ..... 5,1%], Genossenschaften . . . . » 13,2%, Bememden ... 2... 0.0. 36,2 „ Brigatenyans ara 44,3 „ BEaDSEn |... nd one 1.25 Von der Gesamtfläche entfielen auf 1900 1893 aanlenyehuu,s ‘ N ae Re 329881 ha 323124 ha Bıarvon Bhemland '...'. 20100 .Nal nn 3% 204323 „ 201180 „ MMastislen ch. 0408 er 66197 „ 56184 „ Hossen-Nassau . . 2. 2a. 35230 „ 33759 „ 3* 36 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. 1900 1893 Schlesien 5 niet sis. 13749 ha 16034 ha Sachsen. 0a ars 3296 „ 4669 „ Hörinoyat: eu sin“ 2620 „ 3481 „ Po EEE, 2001 „ 3252 „ Pomiitiera). NAME 2 N 891 „ 2243 „ Bayaruiniy u Ente 48959 „ 54488 „ davon. Plale u. uns edle nel a ji 22787 „ 23712 „ RE er ? n 22167 „ Württemberg . . .... - ag Are”, 2922 „ Dollen EN ANT RAR DENN 21786 „ 23941 „ Hessen u ost. wlelurindik rBtl 21728 „ 22821 „ Bldenbarg „A nun: -Naskeiacde 9288 „ 64356 „ Elsaß-Lothringen. .. ....., 8049 „ 6187 „ Alle übrigen Staaten und Landesteile haben weniger als 1000 ha; kleine Flächen finden sich fast überall. b) Weidenheger. Gesamtfläche 35709 ha (1893: 42444 ha, 1883: 44357 ha); davon [in Preußen 19920 ha (Westpreußen 6222 ha, Schlesien 4120 ha, Rheinland 2596, ha, Sachsen 2129 ha, Brandenburg 1285 ha etc.), Bayern 7684 ha (r.d. Rh. 7556_ha), Baden 2048 ha, Hessen 1466 ha, Elsaß-Lothringen 2995 ha. Der Gesamtertrag an Weidenruten betrug im Wirtschaftsjahr 1899/1900 101438 fm & 6 Doppelzentner. Hiervon entfielen 73,8°/, auf Privatwaldungen (davon 18,8%), auf Fideikommisse), 12,2°/, auf Gemeinde- und Stiftungswal- dungen, 12,8°/, auf Staats- und Kronforste und 1,2°/, auf Genossenforste. ec) Sonstiger Stockausschlag ohne oder mit sehr wenigen Ober- bäumen. Die Gesamtfläche von 465434 ha verteilt sich ziemlich gleichmäßig über das ganze Reich. Im Privatbesitz sind hiervon 340529 ha = 73,2°],. 2. Mittelwald. Der Mittelwald entsteht aus dem Niederwald dadurch, daß bei der jedesmaligen Nutzung des letzteren immer einzelne Stämme zum Weiter- wachsen stehen bleiben. Er besteht demnach aus zwei Teilen: aus dem als Niederwald behandelten Unterholz und dem hochwaldartig erwachsenden, meh- rere Altersklassen umfassenden Oberholz (Laßreitel, Oberständer), welches der Regel nach aus Kernwüchsen besteht. Er nimmt somit zwischen Nieder- und Hochwald eine „vermittelnde“ Stellung ein. Bedingung ist eine so lichte Ver- teilung des Oberholzes, daß das Unterholz unter dem Schatten desselben noch gedeihen kann. Die neuere waldbauliche Richtung geht darauf aus, den Mittelwald hochwaldartig zu behandeln, indem geschlossene Gruppen oder Horste von nutzholztüchtigen Holzarten an Stelle des Einzelüberhaltes und der gleichmäßigen Verteilung treten. Der Mittelwaldbetrieb hat an Ausdehnung im 19. Jahrhundert wesent- lich abgenommen. Er war ehedem beliebt wegen seines reichen Mast- und Weideertrages, seiner beinahe kostenlosen Wiederverjüngung und seiner gün- stigen Eigenschaften für die Wildhege. Durch die Kultur der Kartoffel, Ein- führung der Stallfütterung und Zurückdrängung des Jagdinteresses sind die Gründe für seine Erhaltung größtenteils schon in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts hinfällig geworden. Den letzten Todesstoß erlitt der Mittelwald II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 37 aber dann durch die Entwertung des Brennholzes seit der Entwicklung des modernen Verkehrs. Denn wegen der freiständigen Erziehung der Bäume liefert er weniger Nutzholz als der Hochwald, seine Bedeutung liegt eben in der Brennholzproduktion. Daher ist der Mittelwald eine unrentable Betriebs- art geworden, die den Vergleich mit der Hochwaldwirtschaft nicht mehr aus- halten kann. Ungeachtet dessen hat der Mittelwald seine Existenzberech- tigung noch in zwei Fällen beibehalten, nämlich einmal in den Überschwem- mungsgebieten der Flüsse, weil hier die sich langsam entwickelnden Kulturen des Hochwaldes durch die Überschwemmungen oft zugrunde gehen. Dann wird die Mittelwaldform noch beim Gemeindewaldbesitz gerne gewählt, weil sie auch bei geringer Ausdehnung des Waldes wegen des kurzen Umtriebes noch eine jährliche Nutzung gestattet, das jährliche „Bürgerholz“ und vielerlei Holzsortimente gewährt, unter Umständen Grasnutzung liefert, geringe Pflege und wenig Kulturkosten erfordert. Die ausgedehnteste Mittelwaldwirtschaft hat gegenwärtig noch Frankreich. Im allgemeinen kann man drei Arten von Mittelwaldungen unterscheiden: 1. den Auenmittelwald im Überschwemmungsgebiet der Flüsse, der eigent- lichen Heimat des Mittelwaldes; in demselben finden sich sämtliche ein- heimische Laubholzarten vor, mit Ausnahme der Rotbuche; 2. den Eichenmittelwald, in welchem die Eiche die ausschließliche oder wenigstens hauptsächlichste Oberholzbestockung bildet (Unterfranken, nörd- licher Teil von Württemberg und Baden, Lothringen); 3. den Buchenmittelwald, in welchem die Rotbuche als Oberholz und Unterholz dominiert und die übrigen Holzarten fast ganz zurücktreten. Diese schlechteste und unrentabelste Mittelwaldart findet sich noch in einigen Ge- meindewaldungen in Württemberg, Baden. Die gesamte Mittelwaldfläche betrug: 1900. . 699677 ha= 5,0°/, der Gesamtwaldfläche u. En der Laubholzfläche 1893. . 762293 ha—=55, „ a Pe B . 1883. . 897415 ha=6, 5 a, > ‚18, fi, Dis Abnahme der Mittelwaldfläche ih rund 200 000° ha er 1883 De 1900 hängt mit der nun überall, namentlich aber in den Staatswaldungen, zum Prinzip erhobenen Überführung des Mittelwaldes in Hochwald zusammen. Die stärkste relative Ausdehnung hat gegenwärtig der Mittelwald noch in Elsaß-Lothringen (22,8°/, der Gesamtwaldfläche), was auf die frühere fran- zösische Wirtschaftsweise, die für die Laubholzwirtschaft vorzugsweise die Mittelwaldform wählte, zurückzuführen ist. Nächst Elsaß-Lothringen steht Unterfranken mit 17,7°/,, dann folgen Württemberg mit 12,7°/,, Baden mit 10,1°/,, Sachsen-Meiningen mit 10,4°/,, Sachsen-Weimar mit 9,3°/,, Schwaben mit 8,3%,, Braunschweig mit 8,1°/,, Anhalt mit 7,3°/,, endlich Rheinpfalz, Mittelfranken, Provinz Sachsen, Schleswig-Holstein, Hannover, Westfalen, Rheinland, Mecklenberg-Strelitz, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Koburg-Gotha mit 4—6°/,. In absoluten Zahlen beträgt die Mittelwaldfläche Hektare in: Preußen 212768, Bayern 186983, Elsaß-Lothringen 100406, Württemberg 75989, Baden 57532, Königreich Sachsen 13268, Sachsen-Meiningen 10751, Braunschweig 8927, Sachsen-Weimar 8687, Mecklenburg-Schwerin 6509, Anhalt 4212 usw. Dem Besitzstand nach kommt die größte relative Mittelwaldfläche auf die Gemeindeforste (11,2°/, der Gemeindewaldfläche) und auf die deutsch- rechtlichen Genossenforste (12,1°/,), die kleinste auf die Staatsforste mit 1°/,. In absoluten Zahlen beträgt der Mittelwaldbesitz: a) des Staates in Bayern 21066, Preußen 5928, Braunschweig 3293, Baden 2890, Sachsen-Weimar 2461, Württemberg 1275 ha usw.; 38 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. b) der Gemeinden in Bayern 76405, Elsaß-Lothringen 62876, Württem- berg 41789, Baden 40779, Preußen 30954, S.-Meiningen 5813, S.-Weimar 3329 ha usw.; c) der Genossenschaften in Preußen 16593, Bayern 7566, Braunschweig 4070, Württemberg 3089, S.-Meiningen 1303, S.-Koburg-Gotha 1248 usw.; d) der Privaten in Preußen 158905, Bayern 81605, Elsaß-Lothringen 37529, Württemberg 29797, Baden 13166, Kgr. Sachsen 11018, Mecklenburg-Schwerin 6242, S.-Meiningen 3320 ha usw. 3. Plenterwald im Laubholz. Der Plenter- oder Femelwald ist die natürlichste und ursprünglichste Waldform. Urwald ist Plenterwald. Das Wort Plentern hängt zusammen mit blenden, d.h. verdunkeln (die Blender wegnehmen oder die verdunkelnden Bäume). Das im gleichen Sinne gebrauchte Wort Femeln ist auf femella (Weibchen) zurückzuführen und der Hanfzucht entlehnt, bei welcher man die rascher reifende männliche Pflanze, die man früher, weil kleiner und zarter, für die weibliche hielt und als femella bezeichnete, auszieht oder ausfemelt. Im Plenterwalde stehen auf derselben Fläche Bäume jeden Alters, von der einjährigen Pflanze bis zum haubaren Baum in bunter Anordnung durch ein- ander. Die Nutzung oder der Abtrieb des Holzes erfolgt stammweise, indem immer die jeweils hiebsbedürftigen oder haubaren Stämme einzeln zwischen den stehenbleibenden herausgezogen werden. Der praktische Waldbau ist zu- frieden, wenn im Plenterwald nur eine größere Anzahl verschiedener Alters- klassen vorhanden ist. Er regeneriert sich seinem Wesen nach aus dem natürlichen Samenabfall, beim Laubholz auch durch Stockausschlag. Der Plenterwald wurde im Jahre 1900 zum ersten Male statistisch aus- geschieden. Ein dringendes Bedürfnis läßt sich hierfür nicht geltend machen. Reine Laubholzplenterwaldungen existieren als Nutzwaldungen wahrscheinlich überhaupt nirgends. In den Fällen, in welchen von solchen gesprochen werden kann, handelt es sich um parkartig bewirtschaftete Holzflächen und um Jagd- gehege. Die als Nutzwaldungen bewirtschafteten Laubholzplenterwaldungen stellen wohl mit wenigen Ausnahmen unregelmäßig bewirtschaftete Mittel- waldformen vor und sind meistens mit Nadelhölzern gemischt; sie sind haupt- sächlich im bäuerlichen Parzellenbesitz. Die Gesamtfläche beträgt 325492 ha, d. s. 2,30), der Gesamtwaldfläche; hiervon sind im Besitze von Staat und Krone. . . . 17929 ha Fideikommissen . . . . 22493 ha Gemeinden u. Stiftungen 21548 „ anderen Privaten . . . 248746 „ Genossenschaften. . . . 14776 Die Gesamtfläche beträgt in Preußen 248798 (Westfalen 57975, Rhein- land 29551, Pommern 27360, Hannover 23568, Provinz Sachsen 21897, Ost- preußen 21792 usw.), Bayern 28646, Württemberg 113383 ha. Auf die Eiche entfallen 16,30/,, auf Birken, Erlen, Aspen 28,2°/,, auf Buchen und sonstiges Laubholz 55,5°/, der Plenterwaldlaubholzfläche. 4. Hochwald im Laubholz. Die Bäume des Hochwaldes entstehen aus Samen und sind sog. Kern- wüchse, im Gegensatz zu den Bäumen des Nieder- und Mittelwaldes, die, so- weit das Unterholz in Betracht kommt, durch Ausschläge aus Stöcken und Wurzeln entstehen. Ausschlagwald ist immer Laubholz, Hochwald dagegen Laubholz oder Nadelholz. Zum Hochwald zählt übrigens sinngemäß auch der Plenterwald. Im folgenden ist letzterer jedoch nicht inbegriffen. II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 39 Die Laubholzhochwaldwirtschaft ist infolge der im allgemeinen hohen Umtriebszeiten und der dadurch bedingten Aufspeicherung eines großen Vor- ratskapitales eine kapitalintensive und teuere Wirtschaft mit geringer Ren- tabilität. Infolgedessen eignet sie sich nur für den Betrieb des Staates, reicherer Gemeinden, Stiftungen und Privaten. Diese Tatsache kommt auch in den folgenden Ziffern über den Besitzstand zum Ausdruck. Die Gesamtfläche ist 2571952 ha, d. s. 18,4°/, der Gesamtwaldfläche; hiervon sind im Besitze von ha ur ha ° {) Staat u. Krone 1157035 — 45,0 Fideikommissen 280 211 = 10,9 Gemeinden u. Stiftgn. 676160 = 26,3 anderen Privaten 371555 — 14,4 Genossenschaften 86991 — 3,4 Die Statistik scheidet drei Holzartengruppen aus: a) Eichen. Fläche 532395 ha. Rechnet man hierzu die Eichenfläche des Plenter- waldes zu 53134 ha, dann repräsentiert die Gesamtfläche von 585529 ha 4,2 %/, der deutschen Waldfläche und 12,9°/, der Laubholzfläche. Dazu kämen noch die Eichen des Mittelwaldes, für die keine Angaben vorliegen. Nehmen wir die Hälfte der Mittelwaldfläche als mit Eichen bestockt an, dann ergibt sich für das Deutsche Reich eine Eichenfläche von rund 935000 ha, d.h. 6,70], des deutschen Waldes und 20,6°/, der Laubholzfläche. Auch im Eichen- schälwald und im übrigen Niederwald befinden sich vielfach Eichenoberholz- stämme, die aber hier unberücksichtigt bleiben müssen. Der Eichenhochwald verteilt sich dem Besitzstande nach wie folgt: ha %o ha 27; Staat u. Krone 253177 = 47,6 Fideikommisse 53697 — 10,1 Gemeinden u. Stiftgn. 124644 — 23,4 andere Private 90002 — 16,9 Genossenschaften 10875 — 2,0 Die Fläche der Eichen im Hochwald- und Plenterbetrieb betrug 1900: 585529, 1893: 501415, 1883: 486913 ha. Diese Zahlen sind zwar nicht ohne weiteres vergleichbar, weil im Jahre 1893 in Preußen auch „gemischte Laub- waldungen“ ausgeschieden worden waren, berechtigen aber immerhin zu der Schlußfolgerung, daß die Eichenzucht in der Zunahme begriffen ist. Nach Staaten geordnet beträgt die Eichenhochwaldfläche: In Preußen 361617 ha. Hiervon treffen auf Rheinland 75405, West- falen 58911, Hessen-Nassau 51440, Hannover 42391, Provinz Sachsen 29517, Brandenburg 21980, Pommern 21911, Posen 19622, Schlesien 16488, Ost- preußen 9271, Westpreußen 7921, Schleswig-Holstein 6705, Hohenzollern 56 ha. Es sind in Händen von Staat u. Krone 149609 = 41,3 Fideikommissen 47253 —=13,1 Gemeinden u. Stiftgn. 80689 — 22,3 anderen Privaten 74096 = 20,5 Genossenschaften 9970= 2,8 Von der Fideikommißfläche liegen 13082 ha in Westfalen, von der ande- ren Privatwaldfläche 30300 ha in Westfalen, 10196 in Hannover, 8188 im Rheinland und 6775 in Posen. In Bayern beträgt die Eichenhochwaldfläche 33391 ha, wovon 14404 ha in der Pfalz. Über die übrigen Regierungsbezirke liegen keine Nachweise vor; mehr Eichen als auf die Pfalz treffen (nach der Statistik 1893) auf Unter- franken. Rechnet man die Fläche des Plenterwaldes und die Hälfte des 40 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. Mittelwaldes zur Hochwaldfläche, dann ergibt sich für ganz Bayern eine Eichenfläche von rund 130000 ha, d. s. 5,3°/, der Gesamtwaldfläche und 21,50], der Laubholzfläche. Es sind von der Hochwaldfläche im Besitze von Staat u. Krone 24265 ha—= 72,7%), Fideikommissen 1834 ha=5,59], Gemeinden u. Stiftgn. 5144 „—=154,„ anderen Privaten 2081 „—=6,2 „ Genossenschaften 67 „= 02, Sachsen hat nur 2022 ha Eichenhochwald; hiervon gehören 1309 ha dem Staate. Württemberg besitzt 11625 ha Hochwald, 444 ha Plenterwald; hierzu die Hälfte Mittelwald gibt rund 50000 ha Eichenwald. Von der Hochwald- fläche treffen 6144 ha auf den Besitz des Staates, 4661 ha auf den der Ge- meinden und Stiftungen. Baden hat 11922 ha Hochwald, 74 ha Plenterwald; hierzu !/, der Mittel- waldfläche (die Mittelwaldungen des Rheintales enthalten sehr wenig Eichen) gibt rund 27000 ha Eichenwald. Von der Hochwaldfläche treffen 2399 ha auf den Staat, 8172 ha auf die Gemeinden und Stiftungen. Elsaß-Lothringen besitzt 49396 ha Hochwald, keinen Plenterwald; hierzu !/;, des Mittelwaldes macht rund 83000 ha Eichenwald (Hochwald: Staat 31421 ha, 15369 ha Gemeinden etec.). Hessen 18426 ha Hochwald; hiervon 9492 dem Staat und der Krone, 6955 den Gemeinden und Stiftungen. Oldenburg 11577 ha, Mecklenburg-Schwerin 9426, Bra unsetseui 5170, Anhalt 4503, beide Lippe 6832. b) Buchen und „sonstiges Laubholz“. Letzteres nimmt eine so geringe Fläche im Hochwald ein, daß die statistischen Zahlen sich praktisch nur auf die Buchen beziehen, um so mehr, als der Mittelwald einerseits und die Birken, Erlen und Aspen — dann die Eichen andererseits besonders genannt sind. Die Hochwaldfläche ist 1827217 ha, d. s. 13,1°/, des deutschen Waldes und 40,2°/, des Laubholzwaldes. Rechnet man hierzu den Anteil der Buche am Plenterwald mit 180428 ha und vielleicht '/, des Mittelwaldes, dann ergibt sich eine gesamte Buchenfläche von rund 2150000 ha, d.s. 15°/, des deutschen Waldes und 47°/, der Laubholzfläche. Die Buche kommt, wenn man die Staaten und größeren Landesteile in Betracht zieht, überall vor im Deutschen Reiche. Sie ist, abgesehen vom Auenmittelwalde, eine stete Begleiterin des übrigen Laubholzes und hat wie dieses ihr eigentliches Verbreitungsgebiet im westlichen Deutschland. Der Buchenhochwald nimmt von der Gesamtwaldfläche ein: 0,5—5°/, in den Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Posen, Schlesien, Königreich Sachsen; 5,1—10°/, in Pommern, Provinz Sachsen, im rechtsrheinischen Bayern, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Koburg-Gotha; 10,1—20°/, in Hannover, Westfalen, Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz, Sachsen-Weimar, Oldenburg; 20,1—30°/, in Rheinland, Pfalz, Württemberg, Baden, Schwarzburg- Sondershausen, Elsaß-Lothringen; 30,1—40°/, in Schleswig-Holstein, Hohenzollern, Hessen; 40,1—50°/, in Hessen-Nassau, Braunschweig; 50,1—60°/, in Lippe und Waldeck. II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 41 In absoluten Zahlen treffen auf den Buchenhochwald in: ha if ha %o der ges. Waldfl. der ges. Waldfl. Preußen . . 912709 = 11,0 1 3,2121) DER 95 282 — 39,7 Bayern. . . 221978—= 9,0 Braunschweig . . 48209 — 44,2 Württemberg 1245383 — 20,8 Elsaß-Lothringen 108244 — 24,6 Baden . . . 163262 = 28,7 Be Die Fläche der Buchen im Hochwald- und Plenterbetrieb betrug 1900: 2067 645, 1893: 2032620, 1883: 2043132 ha. Streng vergleichbar sind diese Zahlen ieloch nicht wegen der früheren Ausscheidung von Mischbeständen. Der Besitzstand ist folgender: ha es ha %o Staat u. Krone 809 932 — 44,3 Fideikommisse 203571 —11,1 Gemeinden u. Stiftgn. 533181 — 29,2 andere Private 206372 = 11,3 Genossenschaften 74161= 4,1 Von der Buchenhochwaldfläche treffen mithin nahezu drei Viertel auf die Staats-, Gemeinde- und Stiftungswaldungen. In den Staats- und Staatsanteilforsten der großen und mittleren Staaten nimmt der Buchenhochwald folgende Prozentsätze von der gesamten Staatswaldfläche ein: in Hessen (einschließlich Kronforste) 46,9, Braunschweig 43,2, Elsaß-Lothringen 39,2, Sachsen -Weimar 32,3, Baden 31,9, Oldenburg 28,6, Württemberg 26,3, Bayern 15,6, Preußen 14,1, Sachsen 1,9, im Deutschen Reich 16,8. Hierbei sind die im Plenter- und Mittelwald vorkommenden Buchen nicht berücksichtigt. c) Birken, Erlen, Aspen. Hochwaldfläche 212340 ha; hiervon Preußen 164023 ha (Ostpreußen 55650, Brandenburg 23172, Pommern 19029, Posen 16768, Schlesien 11610), Bayern 21640, Sachsen 1446, Württemberg 2811, Baden 2381, Mecklenburg- Schwerin 7450, Elsaß-Lothringen 6561. — Plenterwald 91930 ha; hiervon Preußen 83557, Kgr. Sachsen 3264, Mecklenburg-Schwerin 2617. B. Nadelholz. 1. Plenterwald. Der Nadelholzplenterwald ist die gegebene, wenn auch nicht ausschließ- liche Betriebsform der Gebirgsforste in den höheren Lagen und an den sehr steilen Hängen und häufig auch des kleinen bäuerlichen Waldbesitzes, Die Gesamtfläche in Deutschland beträgt 1043802 ha, d. s. 7,4°/, der Gesamtwaldfläche und 11°/, der Nadelholzfläche. Bei den früheren statistischen Erhebungen fand eine Ausscheidung nicht statt. Es sind hiervon im Besitze von Staat u. Krone 61055 ha—5,8%/), Fideikommissen 43886 ha= 4,2, Gemeinden u.Stiftgn. 85156 „—=8,2 „ anderen Privaten 840619 „—=805 „ Genossenschaften 13086 „=1,3 Ali FU Von der Fläche des Plenterwaldes treffen auf Preußen 705363 ha—= 67,5, (davon Brandenburg 129969, Ostpreußen 115743, Schlesien 93857), Bayern 197055 ha— 19,0°%/, (hiervon Pfalz 434), Sachsen 38411 ha—3,7°/,, Württem- berg 32834 ha— 3,1°/,, Baden 18245 ha— 1,7°/,, Sachsen-Meiningen 18664 ha —=1,8°/),. In den übrigen Staaten betragen die Flächen unter 5000 ha. 42 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. Es besitzen der Staat die Privaten in Prouden ev nee see 16621 ha 610062 ha n DRSEED a 37302 „ 154168 „ „ ‚BOcbacH, ee en 696 „ 34879 „ n - Würtiembang Wim. ae aa 1594 „ 30829 „ se BRBBE I en e e 1001 „ 11946 „ Der Anteil der Holzarten am Plenterwald ist folgender: Kiefer Lärche Fichte Tanne lo °o °o °o a N 82,6 0,4 16,3 0,7 N ER ENGE — _ 80,8 19,2 Bachafn, „ur; jaja iegte. 56,0 0,3 43,1 0,6 Württemberg .... . 20,4 0,0 30,0 49,6 2 DR a 6,0 _ 33,4 60,6 Sachsen-Meiningen . . . 59,5 2,8 37,5 0,0 Deutsches Reich. . . . 61,3 0,3 31,3 21 2. Hochwald. Derselbe umfaßt 8407267 ha— 60,1°/, der Gesamtwaldfläche und 89,0%], der Nadelholzfläche. Es befinden sich hiervon im Besitze von ha °%% -ha 0, Staat u. Krone 3364375 — 40,0 Fideikommisen 989338 —= 11,8 Gemeinden u. Stiftgn. 1174287 — 14,0 anderen Privaten 2796114 = 33,2 Genossenschaften 83155 —= 1,0 Von der Gesamtfläche treffen auf Preußen 5007235 ha = 59,6°], Baden 263961 ha—3,1°], Bayern 1663592 „—=198 „ Elsaß-Lothringen 143443 „=1,7, Sachsen 302679 „— 36 „ d.übrigen Staaten 689866 „8,2 ,„ Württemberg 336491 „= 40, Auf die Staats- und Staatsanteil-Forste treffen in: °o 0 ha d. Staatsf. ha d. Staatsf. Preußen 1901058 — 74,3 Baden 56528 — 58,8 Bayern 609294 — 74,1 Elsaß-Lothr. 58111 — 38,2 Sachsen 167441 = %,3 Dtsch. Reich 3207019 = 71,9 Württemberg 128415 — 68,4 Der Anteil der Holzarten am Nadelholzhochwald ist folgender: Kiefer Lärche Fichte Tanne 0 0 {) 0 lo lo lo lo Prouden 7 N ir 83,3 0,1 16,3 0,3 Beyan's. an ae 44,4 0,2 50,6 4,8 Bechsen ı si 30,9 0,1 68,5 0,4 Württemberg .... . 13,4 0,1 68,3 18,2 Baden no ui aan. 24,6 0,2 52,8 22,4 Deutsches Reich. . . . 66,6 0,2 29,6 3,6 II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 43 8. Die Holzarten des Plenter- und Hochwaldes. a) Kiefer (Föhre). Sie nimmt 6243497 ha vom deutschen Walde ein oder 44,6°/, und ist damit weitaus die vorherrschende unter allen Holzarten. Ihr Hauptgebiet sind die sieben östlichen Provinzen Preußens; sowohl gegen den Süden wie gegen den Westen hin tritt sie immer mehr zurück, Die Anspruchslosigkeit an die Bodengüte, die leichte und billige Verjüngung auf künstlichem Wege, ihr rascher Wuchs in der Jugend, die leichte Verwendbarkeit auch schwacher Stämme als Grubenholz usw. und der ergiebige, zur Streu vorzüglich verwend- bare Nadelabfall sichern ihr eine weitere Verbreitung auch in der Zukunft. Im Jahre 1893 betrug die Kiefernfläche 5841494 ha=41,8°/, und im Jahre 1883 5925604 ha —= 42,6°|,. Die Kiefer ist die Holzart des kleinen Waldbesitzers. Ausschließlich der Fideikommißforste sind im Privatbesitz 2570727 ha Kiefernwaldungen, d. s. 18,4°%/, der Gesamtwaldfläche, 27,2°/, der. Nadelholzfläche, 41,20/, der Kiefern- fläche, 50,80%), der Privatwaldungen ausschließlich Fideikommisse, 70,6°/, der privaten Nadelholzforste ausschließlich Fideikommisse. Diese Prozentsätze werden im Privatwaldbesitz von keiner andern Holzart auch nur annähernd erreicht. Nächst den Privatwaldungen ist die Kiefer am meisten verbreitet in den deutschen Staatsforsten, indem 46,2°/, des Areals derselben mit der Kiefer bestockt sind. Dieser hohe Prozentsatz wird durch die preußischen Staats- forste verursacht, von deren Gesamtfläche die Kiefer allein einschließlich Plenterwald 61,3°/, einnimmt. Es beträgt die Kiefernfläche in den Staats- forsten einschließlich Anteilforste in %), der außerdem im Staatsforste Plenterwald ha ha Brealan 2... .0, all 61,3 12 906 Bayern '. ....01.4.:.5°.240028 28,8 - Sachsen ... .\» - 834282 19,7 348 Württemberg ..... 17718 9,4 1178 Baden 2.4. a 14538 15,2 u Hessen (m. Kronf.) . . 17174 24,1 58 Mecklenburg-Schwerin 64441 64,8 29 Mecklenburg-Strelitz . 29158 71,0 — Elsaß-Lothringen . . . 27479 18,0 — Deutsches Reich . . . 2061187 46,2 14 535 b) Fichte (Rottanne). Mit derselben sind 2817576 ha des deutschen Waldes bestockt oder 20,1°/,. Sie nimmt damit die zweite Stelle in der Verbreitung der Holzarten ein. Ihr Hauptgebiet ist das südliche Bayern und Württemberg, dann das Königreich Sachsen mit den angrenzenden Landesgebieten. In Westpreußen, Brandenburg, Pommern und Posen, dann in den beiden Mecklenburg erreicht ihr Vorkommen nicht über 2,5°/, der Gesamtwaldfläche, außerdem in der Pfalz ebenfalls nur 2,2°/,, in Elsaß-Lothringen 2,3°/,. Die Fichte ist in Mitteleuropa die rentabelste aller Holzarten; dieser Vorzug ist bedingt durch ihre hohe Massenproduktion, ihr leichtes, sehr gut verarbeitbares, weißes Holz, ihre gute Schaftform und vielseitige Verwendbar- keit. Vom Christbaum bis zu den stärksten Stämmen ist der Fichtenbaum ein gesuchter Handelsartikel. 44 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. Sie will frischen humosen Boden und meidet die trockene Luft. Da sie keine Pfahlwurzel besitzt, wird sie leicht vom Wind geworfen; auch die ihr von Insekten drohenden Gefahren (Nonne!) sind groß. Die künstliche Ver- jüngung ist leicht, die natürliche an geeigneten Orten nicht gerade schwierig. In den Privatwaldungen, ausschließlich Fideikommisse, nimmt die Fichte 897781 ha = 17,7], dieser Besitzkategorie ein. Der prozentische Anteil nach dem Besitzstande schwankt hier überhaupt viel weniger als bei der Kiefer und bewegt sich zwischen 12,6°/, (Genosseniorste) und 24,4°/, (Staats- und Kronforste). In den Staatsforsten einschließlich der Anteilforste ist die Fichte mit folgenden Flächen vertreten: 0), der außerdem im Staats-- Plenterwald ha forste ha ERUHIERE na: 2 ar 329429 12,9 3727 BaREEE ae an 349 768 41,9 35395 BARBEENL 0= 17.5 um reihe 132475 76,1 348 Württemberg . . .. 82775 44,0 351 Baden. ©3200... % 28754 29,9 336 Hessen (m. Kronf.) . . 4776 6,7 _ Sachsen-Weimar . . . 10817 24,5 — Braunschweig . .... 31513 39,2 305 Sachsen-Meiningen . . 30293 68,7 —_ Deutsches Reich . . . 1055484 23,7 41954 c) Tanne (Weißtanne). Dieselbe stockt auf 373053 ha=2,7°/, des deutschen Waldes. Ihre Ver- breitung ist auf ganz bestimmte Gebirgsgebiete begrenzt. Sie ist die natürliche Holzart der Vogesen und des Schwarzwaldes und tritt hauptsächlich neben der Fichte im Frankenwald, im bayerischen Wald und in minderem Grade auch in den bayerischen Alpen als herrschende Holzart hervor. Prozentisch steht daher Elsaß-Lothringen mit 19,2°/, der Gesamtfläche = 84472 ha obenan; dann folgen Württemberg mit 12,9°/, = 77227 ha, Baden mit 12,4%, — 70171 ha und Bayern mit 4,8°/, = 117709 ha. In absoluter Ziffer hat somit Bayern die größte Tannenfläche. Die ge- nannten vier Staaten besitzen zusammen 349579 ha, d. s. 93,7%), der Tannen- fläche Deutschlands. Alle übrigen Staaten kommen praktisch für die Tanne gar nicht mehr in Betracht. Ganz Preußen besitzt nur 17949 ha= 0,2%, der Gesamtwaldfläche, wovon auf Schlesien (Riesengebirge) 4550, auf Hohenzollern 3650 ha entfallen. Was den Besitzstand anlangt, so befinden sich von der Tannenfläche 24,4°/, im Eigentum des Staates, 29,2°/, in dem der Gemeinden und 43,1°/, in jenem der Privaten. In den Staatsforsten einschließlich Anteilforsten ist die Tanne vertreten mit: 0/, der außerdem im Staatsforste Plenterwald ha ha Preußens, ZU EE 1201 = 7 Basen 22: 2 0% . .. 18863 2,3 1908 Bachsn ı; 2 Ei. 6ll _ —_ Württemberg . . .. . 27402 14,6 65 Bein ..; ®: a 53 011) 13,7 665 Elsaß-Lothringen . . . 25648 16,8 Deutsches Reich . . . 87874 2,0 2668 II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 45 Die Tanne ist die Holzart des mittleren Berglandes, beansprucht sehr guten humushaltigen, frischen Boden, ist sehr schattenertragend und wald- baulich zäh, hält sich bis in das hohe Alter dicht geschlossen, wird von Insekten fast gar nicht heimgesucht, leidet aber viel durch den Tannenkrebs, hat eine der Fichte mindestens gleiche Massenproduktion, dagegen ein spezi- fisch schwereres, weniger spaltbares, in der Farbe dunkleres Holz als die Fichte und darum einen um 10—20°/, geringeren Verkaufswert als diese. Keine Holzart eignet sich für den plenterweisen Betrieb so sehr wie die Tanne; daher wird sie auch in den Gegenden ihres Vorkommens von den bäuerlichen Waldbesitzern gern gepflegt (namentlich im Frankenwald). d) Lärche. Dieselbe wurde vom Hochgebirge, wo ihre eigentliche Heimat ist, am Ende des 17. Jahrhunderts gleichsam als ausländische Holzart in das Flach- land gebracht. Der erste Waldbauschriftsteller, v. Carlowitz, empfiehlt ihren Anbau 1713 auf das Wärmste. In Deutschland werde sie „hin und wieder angetroffen, sonderlich im Nürnberger Reichswald Sebaldi bei Maltershof“, auch in Schlesien. Im Jahre 1730 wurde sie im Harz (Blankenburg), 1746 im Solling, 1753 um Erfurt gesät und gepflanzt. Und es ist bezeichnend, daß der erste Artikel der ersten forstlichen Zeitschrift (Stahls Forstmagazin 1763) eine Monographie über die Lärche ist. Ihr Anbau wurde seit dieser Zeit so eifrig betrieben, daß, wäre sie überall gediehen, heute mindestens ein Viertel des deutschen Waldes aus Lärchen bestünde. Statt dessen haben wir im ganzen nur 16942 ha, d. s. etwas über 0,1°/, aller Forste (Preußen 9916 ha, davon Schlesien 3463; Bayern 3066 ha). Die Lärchenzucht im geschlossenen Wirtschaftswald des Flachlandes, wie überhaupt unterhalb der Hochgebirgszone, ist heute noch ein ungelöstes forstliches Problem. Hier ist nicht der Ort, darauf näher einzugehen. Sie fordert als die lichthungrigste aller Holzarten direktes Licht für alle Teile ihrer Krone und einen ständigen Luftwechsel. In der dumpfen Luft des geschlossenen Bestandes in der Ebene findet sie diese ihre Lebenselemente eben nicht. Guter frischer Boden ist ihr weiteres Verlangen. Als eine in der frühesten Jugend sehr raschwüchsige Holzart täuscht ihr meist sehr freudiges Gedeihen in den ersten Jahren nach der Begründung über ihr späteres Fiasko hinweg. Es wird wenige Bestände geben, in denen nach der Begründung einst nicht Lärchen waren und wären sie auch nur als Lücken- büßer in die Kulturen gebracht worden. Namentlich der .Privatwaldbesitz läßt sich und ließ sich von der Jugendschönheit und Raschwüchsigkeit blenden. Von der ganzen Lärchenfläche treffen 67°/, auf die Privatwälder einschließlich Fideikommisse. Das Mißlingen der Lärchenzucht im großen ist sehr bedauerlich, weil sie das dauerhafteste Nadelholz liefert und in schöner Ware sehr gute Preise erzielt. 8. Die Altersklassen. Die Statistik von 1900 machte zum ersten Male den Versuch, für die einzelnen Holzarten im Hochwaldbetrieb das Altersklassen- verhältnis festzustellen. Bei Beurteilung der Ergebnisse ist zu be- rücksichtigen, daß die verschiedenen Holzarten auch in verschie- denen Umtriebszeiten bewirtschaftet werden und hinsichtlich der Genauigkeit, daß die Altersklassen in den Privatforsten, für die 46 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. nirgends im Deutschen Reich die Aufstellung eines Wirtschafts- planes vorgeschrieben ist, — wenigstens soweit die kleineren in Be- tracht kommen, nur auf ungefährer Schätzung beruhen können. Nach der Tabelle ergibt sich folgendes. Die Altersklassen des Hochwaldes in den deutschen Forsten im Jahre 1900. über 100/81—100|] 61—80 | 41—60 |21—40 | bis 20 | Räum- = Jahre alt loben Staat vor 1800|1800/20 |1820/40 |1840/60 |1860/80 |1880/1900 begründet Tausend Hektar | | | BETZ 1. Eiche Preußen \-welr » 65,6 36,0 45,2 59,9 69,1 81,3 8,6 Beyan num 8,7 83,7 4,4 4,7 7,4 4,2 2,5 Württemberg. . . 1,0 1,8 2,6 2,0 1,8 2,4 0,0 Baar AZ AIMEN 2,3 2,0 2,5 37 1,8 27 0,0 Bossen"t47,.R,.3.4 3,9 2,9 2,7 2,9 2,7 3,2 0,0 Elsaß-Lothringen . 6,0 6,9 8,6 8,6 10,3 8,9 0,3 DeutschesReich. . 97,7 58,9 72,4 83,5 | 100,5 109,1 10,2 2. Buche Preußen ı % . «111087 168,2 | 185,2 | 1681| 130,1 89,3 7,4 ET A 55,7 39,0 45,9 29,1 25,6 25,9 0,9 Württemberg. . . 6,3 20,5 31,0 26,8 20,0 19,7 0,0 Bideh u su u 19,7 27,2 32,6 32,6 28,7 22,3 0,0 EN 19,4 19,3 18,1 14,8 12,2 11,2 0,3 Elsaß-Lothringen . 12,4 15,1 20,0 19,5 22,8 16,3 1,2 Deutsches Reich. . | 317,1 329,2 | 375,0 | 326,4 | 263,0 204,6 11,8 3. Kiefer Fiwedben '. „1iru.% 313,7 | 322,9 | 494,2 | 839,8 | 998,4 | 1030,4 | 174,4 Bayard ale 45,4 82,0 | 1223| 141,3 | 160,6 165,5 21,5 Bachsen . «..% . 1,3 4,3 14,9 27,2 24,4 17,0 4,7 Württemberg. . 5,83 3,5 5,7 7,9 10,2 11,6 0,9 BE N 3,3 5,4 11,1 17,1 15,4 12,4 0,2 0 Re 1,9 6,7 18,6 20,4 17,5 16,1 0,6 Mecklenb.-Schwerin 5,5 9,1 18,4 29,5 35,6 34,8 5,8 Elsaß-Lothringen . 1,8 4,7 6,8 17 13,4 10,4 0,5 Deutsches Reich. . | 390,0 | 453,5 | 720,5 | 1143,9 | 1327,38 | 1353,3 | 214,0 4. Fichte Proußes , , 242, 21,3 50,8 96,5 | 162,5 | 228,9 228,5 25,3 Bayarı’ WOW 98,5 100,8 | 133,4 | 143,8 | 182,8 157,5 25,6 Baphsen' ualg, up 5,0 10,6 27,6 45,4 51,0 60,0 7,8 Württemberg. . . 10,3 22,5 29,8 42,5 58,2 64,7 1,7 EN 16,0 15,6 22,0 27,3 26,7 29,3 2,5 Bien), ab. lo 0,07 0,5 2,3 4,3 4,1 6,1 0,2 Elsaß-Lothringen . 0,1 0,3 0,5 2,1 4,0 4,9 0,4 Deutsches Reich. .| 161,1 219,5 | 350,0 | 476,4 | 607,1 607,1 71,0 II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 47 über 100|81—100| 61—80 | 41—60 |21—40 | bis 20 | Räum- Jahre alt Flsßen Staat vor 1800|1800/20 |1820/40 |1840/60 |1860/80 |1880/1900 begründet Tausend Hektar | | | | | 5. Tanne Zemuben ... ,.» 0,8 22 1,8 2,1 2,7 3,2 0,3 Bayamı ... .'.. 12,7 11,2 11,6 10,1 17,8 14,0 2,3 Württemberg. . . It 10,3 10,4 8,3 8,3 11,5 0,5 Be. 2. 12,4 9,4 10,7 10,4 8,8 7,4 0,0 Elsaß-Lothringen . 22,0 14,0 13,2 9,7 10,6 9,9 2,8 Deutsches Reich, . 60,2 47,3 48,3 41,1 49,1 46,7 6,0 6. Lärche Bene» 0,0 0,4 1,0 1,9 12 1,8 _ Ban...) 0,0 0,1 0,5 0,6 0,6 1,0 — Deutsches Reich. . 0,15 0,65 2,1 3,4 3,0 3,1 — A. Eiche. Um marktfähiges Eichennutzholz zu erziehen, ist eine Umtriebszeit von mindestens 150 Jahren erforderlich. Nur wenn die Gewinnung von Grubenholz allein das Wirtschaftsziel bildet, kann eine weit niedrigere Umtriebszeit eingehalten werden. Rechnet man der einfachen Rechnung halber mit einer Um- triebszeit von 160 Jahren, dann ergeben sich 8 Altersklassen von je 20 Jahren. Auf die über 100jährigen Bestände sollen somit ?/, der Fläche, auf die jüngeren °/, treffen. Die bestockte Eichen- hochwaldfläche beträgt ohne Blößen und Räumden 532100 ha; hiervon '/,=66510 ha. Normal müßten also die über 100jährigen Bestände 199530 ha, die jüngeren 332550 ha einnehmen. Tat- sächlich ist aber die Fläche der ersteren nur 97700 ha, die der letzteren 424400 ha. Daraus folgt, daß die alten nutzungsfähigen Eichenbestände eine um rund 100000 ha zu geringe Fläche auf- weisen und die Abnutzung in den nächsten Jahrzehnten eine ge- ringere sein wird und muß, als dem Zuwachs der gesamten Eichen- fläche entspricht. Die wenigsten Eichenbestände wurden im Zeitraum 1800 bis 1820 (58900 ha) begründet. Von da ab wurde der Eichennachzucht steigende Aufmerksamkeit gewidmet und von 1880—1900 der Höhepunkt mit einer Fläche von 109100 ha erreicht. Der Rück- gang der Eichennachzucht in den ersten Dezennien des 19. Jahr- hunderts ist einmal auf die finanzielle Not infolge der Kriege und der politischen Wirren zurückzuführen, dann auf die unrichtige Behandlung der Eiche bei Begründung der Mischbestände („Man 48 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. hat die lichtbegierige Eiche herausgedunkelt“ sagt Burckhardt), auf die Vernachlässigung der Eichennachzucht zugunsten des Anbaues raschwüchsiger Holzarten und an vielen Orten auf die Verschlech- terung der Eichenböden durch Streu- und Weidenutzung. Es kann nicht verwundern, daß die Alteichenbestände sich hauptsächlich im Besitze des Staates und der Gemeinden befinden, da der Private sich auf diese teuere Wirtschaft nur in besonders gelagerten Fällen einlassen kann. Es treffen von der mit über 100jährigen Eichen bestockten Fläche auf die Forste der Staaten und Krone . . . . 61,4°), der Gemeinden und Stiftungen . . 18,6 „ der Genossenschaften . .... „... LS der; Fideikommisse ;. .; Wt. u 8,6 „ der anderen Privaten . . . .. 9,9 ” Von den größeren Staatsforstverwaltungen hat sich in dem Zeitraum von 1880—1900 namentlich die preußische auf die Nach- zucht der Eiche verlegt, und zwar in allen Provinzen mit Aus- nahme von Pommern. Das Nähere gibt nachstehende Übersicht. Eichen-Altersklassen in den Staatsforsten. über 100 |81—100| 61—80 | 41—60 | 21—40 | bis 20 Staat Jahre alt Hektar ErBUDEN:S 4% 00, Me 35 219 | 14544 | 17511 | 19286 | 22254 | 32298 Bayern“. at 6 817 2 921 3 283 3376 | 4923 2519 Württemberg . . . . 731 835 868 931 941 1227 Baden}. car. 601 330 319 343 244 342 Elsaß-Lothringen . . 3 462 4123 3818 4 294 5801 5 492 Deutsches Reich . . . | 52357 | 25189 | 28531 | 31556 | 37275 | 44870 B. Buche. Während bei der Eiche die jüngsten Altersklassen überwiegen, liegen die Verhältnisse bei der Buche umgekehrt. In allen größeren Staaten erreichte die Buchennachzucht von 1820 bis 1840 ihren Höhepunkt. Diese Periode bildet überhaupt den Ab- schluß der seit Jahrhunderten als Ziel der Forstwirtschaft geltenden Brennholzproduktion. Da die Buche das beste Brennholz liefert, suchte man dem infolge der Zunahme der Bevölkerung und des beginnenden Aufschwunges der Gewerbe gestiegenen Bedürfnis nach Brennholz eben durch die Vergrößerung der Buchenfläche Rechnung zu tragen. Dazu kam, daß die Verjüngung von Buchen- waldungen auf natürlichem Wege als der Gipfel des forstlichen Könnens betrachtet und von einzelnen geradezu als Sport be- trieben wurde. II, Die Waldungen des Deutschen Reichs. 49 Wie dann von den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts ab die Mineralkohle das Brennholz immer mehr verdrängte und die Nach- frage nach Nutzholz immer stärker wurde, mußte die Buche das Feld räumen. Setzt man die Buchenverjüngungsfläche im Zeit- raum 1820/40—=100, dann betrug diejenige in den folgenden Perioden: 1820/40 1840/60 1860/80 1880/1900 für das Deutsche Reich . . 100 87 70 55 Eu Breuben)' 21059200 91 70 47 Bu BEyerBl N) ao Arne 100 63 56 57 für Württemberg . .. 1%... ..::100 86 65 64 EN, 10T wWLOO 100 88 68 In 'ganz besonderem Maße kommt die Verringerung der Buchenverjüngungsfläche in den Staatsforsten zum Ausdruck. Es umfassen die Buchen-Altersklassen in den Staatsforsten: über 100 |81—100| 61—80 | 41—60 | 21—40 | bis 20 Jahre alt Staat vor 1800 | 1800/20 | 1820/40 | 1840/60 | 1860/80 | 1880/1900 begründet Tausend Hektar 2.12 86,9 72,9 63,6 57,6 43,2 30,2 ee 44,8 21,5 25,0 14,2 11,8 12,8 Württemberg . ... . 4,9 10,2 11,0 9,6 6,7 6,7 a 6,2 6,1 5,9 5,9 3,9 3,0 Hessen (mit Kronrf.) . 10,1 6,7 5,2 Er! 3,9 3,1 Deutsches Reich . . . 176,1 141,3 | 145,7 | 116,9 93,1 75,6 Allerdings darf man bei Beurteilung dieser Zahlen nicht ver- gessen, daß die Größe der Verjüngungsfläche einer Holzart inner- halb der von letzterer eingenommenen Gesamtfläche von der Größe der Nutzung während des gleichen Zeitraumes abhängig ist. Bleibt die jährliche oder periodische Nutzung hinter dem Zuwachs zurück, dann erhöht sich das Abtriebsalter und die praktische Folge davon ist, daß die jährliche Hiebsfläche immer kleiner wird. Ebenso wirkt natürlich eine geflissentliche Erhöhung der Umtriebs- zeit. Nun war gerade die Zeit von 1820/40 ungefähr diejenige, in der man sich mit der Zurückhaltung der Nutzungssätze in den Staatswaldungen und mit dem Hinaufschrauben der Umtriebszeit nicht genug tun konnte. Inwieweit diese Verhältnisse hier mit- Endres, Forstpolitik. 4 50 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. spielen, entzieht sich jetzt der allgemeinen ziffermäßigen Beur- teilung. Die Umtriebszeit der Buche in den Staats- und Gemeinde- forsten beträgt 100—120 Jahre. Den größten Prozentsatz an über 80jährigen Buchen weisen die Staats- und Kronforste auf mit 43 /,; dann kommen die Gemeinde- und Stiftungsforste mit 31°/,, wäh- rend die Privatforste ausschließlich Fideikommisse nur 23 °/, ausweisen. C. Kiefer. Die durchschnittlichen Abtriebsalter der Kiefern sind sehr verschieden. Für die Erzeugung von Grubenholz genügt eine 40—60jährige Umtriebszeit; Kiefernbauholz kann im 80 bis 100jährigen Umtrieb erzogen werden, Kiefernstarkholz nicht vor 120 Jahren. In den Privatforsten einschließlich Fideikommisse treffen auf die Altersklassen 1000 ha: über 100 Jahre 65,6 41—60 Jahre 545,7 81—100 „ 145,4 21—40 „ 746,3 61—80 . „ 295,9 bis20 !„ Tee Daraus wird man u. a. auch schließen dürfen, daß in den Privatwaldungen die 60jährige Umtriebszeit die gemeinübliche ist und daß andererseits über 80 Jahre selten hinausgegangen wird. In den Staatswaldungen liegen die Umtriebszeiten höher; die Verteilung der Altersklassen ist folgende: über 100 |831—100| 61—80 | 41—60 | 21—40 | bis 20 Jahre alt Staat vor 1800 | 1800/20 | 1820/40 | 1840/60 | 1860/80 | 1880/1900 begründet Tausend Hektar u 2 242,3 185,9 | 213,2 | 304,0 | 277,2 299,9 A 29,2 33,6 40,9 42,9 38,8 43,2 Babchsen. sin. wer 1,0 2,7 8,0 10,3 7,0 4,5 Württemberg . .. . 3,0 1,3 1,6 2,9 4,1 4,5 21 ER IRE 1,8 1,4 2,3 2,9 3,4 2,5 Mecklenburg-Schwerin 2,3 4,6 8,7 14,7 17,8 14,8 Mecklenburg-Strelitz . 6,4 4,3 5,1 4,8 4,1 4,2 Deutsches Reich . . . 288,8 239,5 | 291,6 | 404,0 | 372,6 392,1 - - = - Das Überwiegen der jüngeren Altersklassen bei allen Besitz- kategorien ist ein weiterer zahlenmäßiger Beweis für das stete Vordringen der Kiefer. Dabei ist allerdings auch in Erwägung zu ziehen, daß Kiefer, Fichte und Lärche diejenigen Holzarten II. Die Waldungen des Deutschen Reichs. 51 sind, die bei der Neuaufforstung bisher unbewaldeter Flächen fast allein in Betracht kommen. D. Fichte. In guten Absatzlagen ist für die Fichte die 80jährige Umtriebszeit die rentabelste. Für die Gewinnung von Papierholz und auch von Grubenholz genügen viel kürzere Um- triebszeiten. Über 100jährige Umtriebszeiten lassen sich nur für die Waldungen in höheren Lagen finanziell rechtfertigen. Alte Be- stände leiden in der Regel unter Fäulnis. In den Privatwaldungen einschließlich Fideikommisse sind die Altersklassen mit folgenden Flächen in 1000 ha vertreten: über 100 Jahre 35,9 41—60 Jahre 180,2 81—100 „83,5 21—40 „ 252,7 61—80 1 ai bis 20 „ 259,8 In den Staatswaldungen ergibt sich folgendes Altersklassen- verhältnis: über 100 |81—100| 61—80 | 41—60 | 21—40 | bis 20 Jahre alt Staat vor 1800 | 1800/20 | 1820/40 | 1840/60 | 1860/80 | 1880/1900 begründet Tausend Hektar Beulen... . 12,6 25,8 48,2 67,3 89,9 75,6 ee lt ad 69,9 41,9 56,3 98,9 63,0 52,3 2 ER 4,2 8,2 19,4 29,4 30,2 37,0 Württemberg . . . . 6,2 8,7 9,2 14,0 22,5 21,8 Be ie. ; 4,3 3,6 9,3 5,0 4,7 5,1 Deutsches Reich . . . 105,2 100,4 | 163,4 | 201,6 | 236,8 220,1 E. Tanne. Deren Altersklassenverhältnis wird durch ihren Gebirgsstandort beeinflußt, der eine ungünstigere Absatzlage zur Folge hat, und zum Teil durch die natürliche Verjüngung mit sehr langen Verjüngungszeiträumen. Daher überwiegen in den Staats- und Gemeindewaldungen noch die über 100jährigen Bestände. Die Tannenwaldungen in den Vogesen waren beim Übergang an die deutsche Verwaltung fast ganz unaufgeschlossen. Die alten Be- stände würden hier noch stärker vertreten sein, wenn sie nicht in den letzten Dezennien durch Windbruch stark dezimiert worden wären. Nach den Besitzarten ausgeschieden ergibt sich nachstehendes Altersklassenverhältnis: 4* 52 Größe, Verteilung, Besitzstand und Bestandsverfassung der Wälder. über 100 |81—100| 61—80 | 41—60 | 21—40 | bis 20 Staat Jahre alt Tausend Hektar | | | 1. Staatsforste Bayern ie; „Auörlsın 81 1,9 2,0 1,7 2,8 2,1 Württemberg . . . . 6,8 4,4 3,6 3,2 4,0 5,2 Baer Zr tes 3,3 2,5 2,2 4,7 1,8 1,6 Elsaß-Lothringen . . 8,0 3,2 3,6 3,0 3,0 3,2 Deutsches Reich. . . 26,7 12,7 11,8 9,7 12,0 12,5 2. Gemeindeforste Württemberg ... . 3,9 3,9 4,0 2,6 2,3 4,2 Eine 7,9 4,9 5,7 4,4 3,9 3,0 Elsaß-Lothringen . . 12,6 9,0 7,5 4,7 5,9 4,8 Deutsches Reich. . . 24,9 18,5 18,0 12,4 11,8 12,6 3. Privatforste se 4,0 9,0 9,3 8,0 14,5 11,5 Württemberg . . . . 0,9 1,5 2,4 2,3 1,8 1,4 Bader were 0,7 1,8 2,6 4,0 3,3 2,5 Elsaß-Lothringen . . 1,3 27 2,0 2,0 2,0 1,8 Deutsches Reich . . 7,4 15,2 17,6 18,2 24,4 20,3 F. Lärche. Hier interessiert das schon $. 45 begründete Verhältnis, daß die bestandene Fläche mit zunehmendem Alter immer kleiner wird. Im ganzen Deutschen Reiche sind nur 149 ha über 100jährige Lärchen vorhanden, davon 66 ha in den Staats- forsten, 16 ha in den Gemeindeforsten und 58 ha in den Privat- forsten. Von den bis 20jährigen Beständen mit der Gesamtfläche von 3749 ha treffen auf den Privatwald allein 2500 ha. 9. Vorübergehende landwirtschaftliche Benutzung des Waldbodens. Im Jahre 1833 wurden 18981 ha, 1893 21468ha, 1900 9861 ha Waldboden vorübergehend landwirtschaftlich benutzt. Danach wäre also ein wesentlicher Rückgang zu verzeichnen. Im Jahre 1900 verteilte sich die ganze Anbaufläche auf Preußen mit 5620 ha (Ost- preußen 1015, Posen 819, Westfalen 804, Brandenburg 700, West- preußen 565, Pommern 403 usw.), Bayern 891 ha (Niederbayern 380, Unterfranken 123, Oberpfalz 109, Schwaben 95, Oberbayern 89 usw.), Sachsen 186, Württemberg 851, Baden 1037, Hessen 159 usw. Man unterscheidet zwei Systeme. Der Waldfeldbetrieb ist eine Ver- bindung des Hochwaldes mit Fruchtbau. Nach dem Abtriebe des Holzes wird die Fläche 2—4 Jahre landwirtschaftlich (Kartoffel, Roggen, Hafer, Buchweizen) benutzt und dann wieder forstlich kultiviert, oder man kultiviert schon während der landwirtschaftlichen Nutzung reihenweise und benutzt nur die Zwischen- II. Die Waldungen des Deutschen Reichs, 53 räume landwirtschaftlich. Das beim Abtriebe des Holzes anfallende Reisig und der Bodenüberzug wird oft auf der Fläche verbrannt (Röderwaldbetrieb). Der Hackwaldbetrieb (Haubergswirtschaft) ist eine Verbindung des Feldbaues mit Niederwald, speziell mit Eichenschälwald. Nach dem alle 15 bis 18 Jahre erfolgenden Abtriebe wird die Fläche zwischen den Ausschlagstöcken mit der Hacke oder dem Pfluge umgebrochen und gleichzeitig die durch das Verbrennen des Reisigs und Unkrauts gewonnene Asche in den Boden gebracht. Im Herbste wird die Fläche mit Winterkorn oder Haidekorn eingesät und dieser Fruchtbau zwei, seltener mehr Jahre getrieben; manchmal tritt Weide an seine Stelle (Kreis Siegen, Odenwald, Schwarzwald). Hierher gehört auch die Birkenbrandwirtschaft im bayerischen Walde, welche den Boden durch Holzzucht, Streunutzung, Weide und Ackerbau bis zum Ruin desselben ausnutzt. Die Vorteile der vorübergehenden landwirtschaftlichen Be- nutzung des Waldbodens bestehen darin, daß hierdurch die land- wirtschaftliche Anbaufläche überhaupt vergrößert und Leuten, welche nur wenig oder gar kein Fruchtland besitzen, die Möglichkeit ge- boten wird, einen Teil ihrer notwendigen Nahrungsmittel selbst zu erzeugen. In Gegenden mit viel Wald und ärmeren Böden spielte früher dieser gelegentliche landwirtschaftliche Betrieb auf Ver- jüngungsflächen im Walde eine große Rolle, indem namentlich die besitzlose Arbeiterbevölkerung in Staats- und Gemeindewaldungen gegen eine mäßige Vergütung an den Waldbesitzer die Bearbei- tung und den Anbau dieser Flächen übernahm unter Ausnützung der freien Arbeitszeit. Gerade der letztere Gesichtspunkt hat aber in neuerer Zeit an Bedeutung verloren, da bei den gesteigerten Arbeitslöhnen und dem Sinken der Getreide- und Kartoffelpreise die Verdingung der Arbeitskraft an fremde Gewerbsbetriebe für den kleinen Mann lohnender ist als die Verwendung derselben im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb. Während früher ganze Wald- gebiete, besonders in Westdeutschland, auf dem Wege der Wald- feldbauwirtschaft verjüngt wurden, finden sich heute nur in wenigen Gegenden Leute, die selbst ohne Entgelt an den Waldbesitzer die mühevolle Arbeit der Zurichtung des Waldbodens für eine nur wenige Jahre dauernde landwirtschaftliche Benutzung unternehmen mögen.!) — Der Waldwirtschaft bringt der vorübergehende Frucht- bau eine Entlastung des Kulturkostenaufwandes und den Vorteil einer tiefgehenden, überaus nützlichen Bodenlockerung. Unerläß- liche Voraussetzung ist aber ein noch kräftiger forstlicher Boden; armen Waldböden nimmt der Fruchtbau auf Kosten des nach- folgenden Bestandes zu viel Nährstoffe weg. 1) Das gilt auch für die westfälischen Hauberge. Vgl. Z. £. F. u. J. 1905, 104. Zweites Kapitel. Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. I. Boden. 1. Die Eigenschaften des Bodens. Der Boden kommt für die Forstwirtschaft in Betracht als räumliche Unterlage, Standort, sowie als Träger unentbehrlicher Nährstoffe und das Pflanzenleben bedingender Naturkräfte. Diese Eigenschaften sind ursprünglich, unersetzbar durch Kapital und Arbeit und zum Teil auch unvergänglich. Daher ist der Boden ein selbständiger Faktor der Produktion, ein Naturfaktor, derin diesem Sinne keine Kapitaleigenschaft besitzt. Gerade beim forst- lichen Boden ist dieses Charakteristikum scharf ausgeprägt. Während dem landwirtschaftlichen Kulturboden Arbeits- und Ka- pitalaufwendungen zugeführt wurden und werden, die zu einem untrennbaren Bestandteil desselben geworden sind und die ur- sprüngliche Fruchtbarkeit nach einer bestimmten Richtung hin korrigieren, trifft dies beim forstlichen Boden mit verschwindenden Ausnahmen nicht zu. Wer also den Boden in seiner Eigenschaft als Produktionsmittel und als Wirtschaftsobjekt mit Rücksicht auf die durch menschliche Tätigkeit und Leistung an demselben vor- genommenen Änderungen als Kapital betrachtet, muß mindestens den forstlichen Boden hiervon ausnehmen. Dieser ist Naturfaktor und seit Jahrtausenden in seiner Ursprünglichkeit erhalten. Es wurde ihm durch den Menschen nicht nur nichts gegeben, sondern im Gegenteil, man hat ihm vielfach seine natürliche Mitgift, die vegetabilische Bodendecke, durch Streunutzung genommen. Privatwirtschaftlich und als Erwerbsmittel für den Besitzer stellt natürlich auch der forstliche Boden einen Kapitalwert mit Tauschwerteigenschaft dar. In seiner Eigenschaft als Naturfaktor und zum Unterschied vom Kapital hat der Boden noch besondere wirtschaftliche Eigen- tümlichkeiten. I. Boden. 55 a) Er hat einen Monopolcharakter, weil er nur in beschränkter räumlicher Ausdehnung vorhanden ist und nicht vermehrt werden kann. Er ist somit für die Menschheit im allgemeinen wie für jedes auf staatlicher Grundlage seufgebaute, als Einheit zu be- trachtende volkswirtschaftliche Gebiet eine gegebene unverrück- bare Größe, mit deren technisch möglicher Leistungsfähigkeit sich die Volkswirtschaft wie der Einzelne abfinden muß. In den kul- tivierten Ländern ist auch die Verteilung des Bodens auf Land- wirtschaft und Forstwirtschaft so ausgeglichen, daß eine Ver- schiebung des jetzigen Besitzstandes zugunsten der einen Boden- wirtschaft nur auf Kosten der anderen und unter wirtschaftlichen Verlusten erfolgen kann. Von der Fläche des Deutschen Reiches zu 54 Millionen Hektar stehen 35Millionen Hektar in landwirtschaftlicher und 14Millionen Hektar in forstlicher Benützung. Weder die einenoch die andere Fläche istzur Deckung des Bedarfes des deutschen Volkes an landwirtschaftlichen und forstlichen Produkten hinreichend. Eine Vermehrung der Waldfläche durch Aufforstung landwirtschaft- licher Gründe im großen Maßstabe würde die Erzeugung landwirt- schaftlicher Früchte verringern, die Holzerzeugung aber auf die Dauer trotzdem nicht auf das volle Bedarfsmaß steigern. Sie wäre zudem wirtschaftlich von Nachteil, weil die forstliche Rente geringer ist als die landwirtschaftliche. b) Der Boden ist ferner räumlich gebunden, unbeweglich und nicht übertragbar. Ein mineralisch kräftiger Gebirgsboden würde, in das milde Klima der Rheinebene versetzt, unverhältnis- mäßig höhere Erträge liefern, und der arme Sandboden unserer Kieferngebiete würde für Bauplätze in der Nähe großer Städte Millionen wert sein. Der Holzboden des bayerischen Waldes würde das Drei- und Mehrfache einbringen, wenn man ihn mit seiner Holzbestockung in das holzbedürftige rheinische Industriegebiet verpflanzen könnte. Aber der Boden muß gebaut werden, wo er ist und wie er ist. 2. Die Bodenrente. Die Grund- oder Bodenrente ist die Nutzung oder der Rein- ertrag, welchen der Boden seinem Eigentümer abwirft. Der Rein- ertrag ergibt sich, wenn sämtliche für die Nutzbarmachung des Bodens aufgewendeten Kosten von dem Rohertrag in Abzug ge- bracht sind. Die Bodenrente bildet das Einkommen des Grund- besitzers, wenn auf dem Boden keine Schulden lasten. Sie ist keine von vornweg gegebene Größe, sondern der Rest, der übrig- bleibt, wenn die auf die Produktion verwendeten Kapitalien, deren 56 ! Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. Abnutzungs- und Nutzungspreis, sowie die Arbeitskosten aus dem Rohertrag bestritten worden sind (Monopolpreis nach A. Smith!). Sowohl die Entstehung wie die Bewegung der forstlichen Bodenrente ist zwar auf die gleichen Ursachen zurückzuführen wie die der landwirtschaftlichen Bodenrente, doch ergeben sich für die forstliche Bodenrente dadurch Besonderheiten, daß der Waldboden den ersten Ansiedlern nicht wie der landwirtschaftliche erst infolge von Kapital- und Arbeitsaufwendungen einen Ertrag lieferte, sondern daß der Waldbestand bereits als fertiges Gut vorhanden war, ferner dadurch, daß ein großer Teil der Waldungen sich im Öffentlichen Eigentum befindet und für diese nicht bloß privatwirtschaftliche, sondern auch volkswirtschaftliche Interessen zur Geltung kommen. Für die Höhe der Bodenrente sind folgende Momente maßgebend: A. Die Fruchtbarkeit des Bodens. Dieselbe ist sowohl eine Folge seiner chemischen Zusammen- setzung und seiner physikalischen Eigenschaften als insbesonders seines Standortes. Dieser letztere begreift in sich die Summa aller Einwirkungen, welche Licht, Luft, Feuchtigkeit und Wärme auf den Pflanzenwuchs des gegebenen Bodens ausüben. Je nach der geo- graphischen Lage, der Höhenlage, der Neigung und Exposition sind die genannten Standortsfaktoren (Klima) in verschiedenem Grade wirksam. Theoretisch gilt, wenn man zunächst von allen anderen Fak- toren absieht, der Satz, daß ein Boden, der durch seinen Ertrag die Kosten der Bestellung nicht mehr einbringt, nicht bebaut wird. Die unterste Stufe der wirtschaftlichen Fruchtbarkeit bildet jener Boden, dessen Ertrag die Produktionskosten gerade noch deckt. Seine Grundrente ist gleich Null. In dem gleichen Verhältnis, als die übrigen Böden sich nach ihrer Ergiebigkeit über den uner- giebigsten erheben, wächst auch ihre Bodenrente. Die Differenz der bei gleichem Produktionsaufwande und bei gleicher Absatzlage erzielbaren Erträge verschiedener Grundstücke ist mithin die Ursache der Bodenrentenbildung (Grundrentengesetz Ricardo’s). Dieses zunächst aus den landwirtschaftlichen Verhältnissen ab- geleitete Gesetz ist in der Forstwirtschaft weniger scharf ausgeprägt und durch die Eigenartigkeit derselben vielfach verwischt. Es darf als selbstverständlich angenommen werden, daß die ersten Ansiedler sich zum Anbau von Feldfrüchten den wirtschaftlich fruchtbarsten Boden heraussuchten. Der weniger fruchtbare wurde erst dann in Kultur genommen, als die Früchte des fruchtbarsten zum Unterhalt *) Über die Quellen des Volkswohlstandes, übers. von Asher 1861, I 140. I. Boden. 57 der größer gewordenen Bevölkerung nicht mehr ausreichten. Der Bedarf an Holz wurde aber sicher nicht dem fruchtbarsten Holz- boden entnommen, sondern dem am bequemsten gelegenen. Eben- so wird es mit der Weide und Mastnutzung gewesen sein. Die auf den Faktor Fruchtbarkeit zurückzuführende Bodenrentenbildung begann in der Forstwirtschaft viel später wie in der Landwirtschaft, nämlich erst von dem Zeitpunkt ab, in welchem die Waldfläche auf ein zum Bedarf an Waldprodukten normales Verhältnis gebracht worden war. Kein Gut hat an sich einen Wert, sondern erst dann, wenn es dem Menschen zur Bedürfnisbefriedigung unentbehrlich wird oder geeignet erscheint und nicht in beliebiger Menge frei zur Verfügung steht. Die landwirtschaftlichen Früchte mußten durch Kapital- und Arbeitsaufwendungen dem Boden abgerungen werden, die Waldprodukte waren fertig bereits vorhanden. Als aber der durch Rodung auf eine bestimmte Fläche zurückgedrängte Wald im Verhältnis zum Bedarf der vermehrten Bevölkerung ein relativ seltenes Gut geworden war, gewann auch der fruchtbare Boden gegenüber dem unfruchtbareren einen wirtschaftlichen Vor- sprung. Dieser Prozeß vollzog sich in Deutschland erst vom 14. Jahr- hundert ab. Die untere wirtschaftliche Grenze für die Anbaufähigkeit eines Bodens, die in der Landwirtschaft dann gegeben ist, wenn der Ertrag gerade noch die Erzeugungskosten deckt, wird in der Forst- wirtschaft vielfach überschritten. Wir haben tatsächlich in Europa weite Waldgebiete, deren Boden bei richtig durchgeführter Rech- nung den Produktionsaufwand nicht mehr einbringt und trotzdem weiter zur Waldkultur verwendet wird. Der Grund für letztere Erscheinung ist, soweit die finanzielle Seite in Betracht kommt, darin zu suchen, daß im Gegensatz zu allen anderen menschlichen Erwerbsbetrieben beim forstlichen Betrieb nicht derjenige, der eine bestimmte Fläche ansät oder anpflanzt, auch die Ernte bezieht, sondern erst der Besitznachfolger in der dritten und vierten Gene- ration. Die Bestände, die wir in der Gegenwart nutzen, wurden vor 80 und mehr Jahren begründet; was die Begründung und Unterhaltung dieser Bestände in der zurückliegenden Zeit gekostet hat, wird von dem jetzigen Nutznießer nicht in Anschlag gebracht. Er ist auch wirtschaftlich in der Lage,- die abgenutzte Fläche wieder aufzuforsten, weil ihm das von mehreren Generationen angesammelte und aufgesparte Betriebskapital als erntereife Frucht in den Schoß gefallen ist. Da seit Menschengedenken jede Generation das erntet, was sie nicht gesät hat, wird infolge dieser Schiebungen keine Generation der Verluste gewahr, die tatsächlich mit der Bewirt- schaftung solcher unterwertiger Bodenflächen verknüpft sind. Vom y 2: Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. rechnerischen Standpunkt aus ist dieser Vorgang nicht korrekt, wohl aber menschlich begreiflich. Die Fortbewirtschaftung solcher Böden ist außerdem noch aus anderen Gründen gerechtfertigt und geboten, weil selbst die ärmlichste Waldbestockung volkswirtschaft- lich von größerem Nutzen ist als eine öde Sandwüste. Auf eine nähere Begründung dieses Satzes kann hier verzichtet werden. Bei dem eben Erörterten hatten wir zunächst nur die zurzeit schon mit Wald bestockten, keine Bodenrente abwerfenden Wald- böden im Auge. Was die Neuaufforstung von geringen, bisher brach gelegenen oder nur eine geringe Weidenutzung liefernden Böden anlangt, so ist der Umstand technischer Natur in Betracht zu ziehen, daß ein Boden von auch noch so geringer Fruchtbarkeit, wenn er bisher bereits mit Holzbeständen bestockt war, viel leichter wieder zu kultivieren ist als ein Boden der erstgenannten Art. Vor der Neuaufforstung derselben schreckt daher der Private zurück, weil er im Sinne des Ricardo’schen Gesetzes dabei seine Rechnung nicht findet. Aber von seiten des Staates und kapitalkräftiger Kommunalverbände werden kostspielige Kulturen dieser Art gerade in neuerer Zeit aus volkswirtschaftlichen Erwägungen in größerem Maßstabe vorgenommen. Die untersten Grenzen der noch notwendigen natürlichen Fruchtbarkeit fallen in Land- und Forstwirtschaft nicht zusammen; die Ansprüche der Waldbäume an die chemischen, physikalischen und standortlichen (klimatischen) Verhältnisse des Bodens sind vielmehr, wenn man die anspruchsvolleren, sog. edlen Laubhölzer ausschließt, viel geringer als die der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen. Forst- wirtschaft kann daher auch ohne finanziellen Verlust noch auf Böden getrieben werden, auf denen ein landwirtschaftlicher Betrieb nieht mehr möglich ist. Nach Rudolf Weber!) bedarf ein Kartoffelfeld zu einer mittleren Ernte an Phosphorsäure 3mal mehr als l1ha Buchenwald, 5mal mehr als Il ha Fichtenwald und 9mal mehr als 1 ha Kiefernwald zur jährlichen Produktion; der Kalibedarf eines Kartoffelfeldes ist 9-, 13- und 17mal größer als der des bzw. Buchen-, Fichten- und Kiefernbestandes. An mineralischen Nährstoffen überhaupt werden verbraucht zur jährlichen Holz- und Blatterzeugung durch den Buchenbestand pro Hektar 219 kg, Fichtenbestand 165 kg, Kiefernbestand 61 kg, dagegen durch eine mittlere Ernte von Weizen 174 kg, Kartoffel 265 kg, Wiesengras 299 kg und Klee 319 kg. Der Stickstoff?) wird dem Boden nicht durch Gesteine, sondern durch die atmosphärischen Niederschläge, durch Assimilation des freien atmospäri- !) Die Aufgaben der Forstwirtschaft im Handbuch der Forstwissenschaft, 2. Aufl. 1903, 1 73ff. — Vgl. auch Ebermayer, Die gesamte Lehre der Waldstreu, Berlin 1876, und dessen zusammenfassenden Artikel in der Forstl.- naturw. Zeitschr. 1893, 220 ff. ?) Über den gegenwärtigen Stand der Stickstoffrage vgl. den Vortrag I. Boden. 59 schen Stickstoffes mit Hilfe der Wurzelknöllchen (Leguminosen) und Bindung desselben durch im Boden lebende Bakterien, sowie durch Düngung mit stick- stoffhaltigen Stoffen geliefert. Durch die atmosphärischen Niederschläge empfängt der Boden pro Hektar jährlich rund 12kg Stickstoff. Der jährliche Bedarf an Stickstoff beträgt nach Schröder und Ebermayer pro Hektar für den Buchenhochwald 55 kg, Tannenwald 41 kg, Fichtenwald 38 kg und Kiefernwald 34kg, dagegen für mittlere Erträge eines Kartoffelfeldes 61 kg, Weizenfeldes 62 kg, Roggenfeldes 52kg und Gerstenfeldes 43kg. Zur Blatt- erzeugung braucht der Wald 4—-5mal mehr Stickstoff als zur Holzproduktion. Die durch die Niederschläge in den Boden gelangenden Stickstoffmengen von 12kg reichen zwar zur Holzproduktion aus, nicht aber zur Blattproduktion. Diesen Fehlbetrag deckt der Wald selbst durch den in den abfallenden Blättern und Nadeln aufgespeicherten Stickstoff. Nimmt man jene durch Streunutzung weg, so wird der Stickstoffvorrat des Bodens erschöpft und die Produktion gemindert oder ganz unmöglich. Da auch von den mineralischen Aschen- bestandteilen nur der kleinste Teil zur Holzbildung, der weitaus überwiegende zur Blattbildung verwendet wird, so folgt hieraus, daß durch den forstlichen Betrieb der Boden kaum erschöpft wird, wenn die Streu dem Boden verbleibt, und daß künstliche Düngung nicht notwendig ist (außer in Saat- und Pflanz- kämpen). Durch die tiefgehenden Wurzeln holen die Bäume die Nährstoffe auch aus den unteren Bodenschichten und führen sie durch den Blattabfall den oberen zu, ein Austausch, den die Landwirtschaft nur durch künstliche Bodenbearbeitung erreichen kann. — Naturwissenschaftlich hochinteressant ist auch der zuerst von J. v. Liebig erbrachte und von Ebermayer und R. Weber ziffermäßig begründete Nach- weis, daß alle Holzarten auf den für sie geeigneten Standorten jährlich nahezu die gleiche Gewichtsmenge Trockensubstanz erzeugen und die Verschiedenheit im Ertrage nach Kubikmetern der Masse auf gleichen Standorten zwischen den einzelnen Holzarten hauptsächlich von den Unterschieden der spezifischen Gewichte herrühren.?) Der Unterschied zwischen der geringsten und besten Boden- qualität hat in der ‘Forstwirtschaft einen viel engeren Spielraum als in der Landwirtschaft, weil in den Kulturländern der Wald im allgemeinen auf jene Böden zurückgedrängt worden ist, die land- wirtschaftlich nicht mehr anbaufähig sind. Boden allererster Qua- lität steht der Forstwirtschaft eigentlich nur noch in den Über- schwemmungsgebieten der Flußniederungen in beschränkter Aus- dehnung zur Verfügung. Wenn man beim forstlichen Boden fünf Standortsbonitäten unterscheidet, so trifft im Durchschnitt der größte Teil auf die dritte Bonität. In den sächsischen Staatsforsten treffen z.B. von der Gesamtfläche auf die Standortsbonität I 5°/,, II 33°/,, III 50°/,, Bes, V 1°). Der Forstwirtschaft sind fast ausschließlich jene Gebirgs- lagen zugewiesen, die wegen der durch die Höhenlage bedingten von Prof. Koch-Göttingen auf der 74. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte 1902. ) R. Weber a.a.O., 77 ff. Bu. Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. kurzen Vegetationszeit landwirtschaftlich nicht mehr benutzt werden können. Nach einer im allgemeinen zutreffenden Ausscheidung Bern- hardts!) gehören von der Gesamtfläche des Deutschen Reiches an: dem süddeutschen Gebirgs- und Bergland 30°/,, dem mitteldeutschen Berg- und Hügellande 28°/,, dem nordostdeutschen Binnenflach- land 10°/,, dem norddeutschen Berg- und Binnenflachland 15°/,, dem norddeutschen seenahen Flachland 17°/,. In Preußen gehören von der Gesamtwaldfläche 49,7°/, der Ebene, 25,7°/, dem Hügellande und 24,6°/, dem Gebirge an. Die Grenze des Baumwuchses steigt bis zu 1070 m im Harze, bis 1190 m in Schlesien.?) Von den bayerischen Staatsforsten liegen ca. 187000 ha im Hochgebirge und im hohen Vorgebirge; davon in Oberbayern allein 152000 ha (produktive Fläche), d.s. 18°/, der gesamten Staats- waldfläche.”) In Österreich?) stocken von den Staats- und Fondsforsten in einer Meereshöhe von 1—300 m 2,6°/,, 300—600 m (Mittel- gebirge) 14,1°/,, 600—1000 m 27,7°/,, 1000—1600 m 42,4°/,, über 1600 m 13,2°/,; | in Ungarn’) von sämtlichen Wäldern bis 200m 15°/,, 200 bis 600 m 28°/,, über 600 m 57°],. In Frankreich‘) liegen von der Gesamtwaldfläche in einer Höhe von 1—400 m 60,14°/,, 400—800 m 18,99°/,, 800—1600 m 19,46°/,, über 1600 m 1,41°/,. B. Die Absatzlage. Das Holz gehört zu den Massengütern, die im Verhältnis zu ihrem Volumen und Gewicht einen geringen Wert besitzen. Je höher die Kosten für den Transport des Holzes vom Orte der Er- zeugung bis zum Orte des Verbrauches sind, um so niedriger stellen sich die Holzpreise im Walde. Da die Höhe der Bodenrente unter sonst gleichen Umständen vom Preise der Bodenprodukte abhängt, ist die Lage des Waldes in bezug auf die Absatzmöglichkeit ein überaus wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Faktor der Bodenrentenbildung. 1) Forststatistik Deutschlands 1872, 67. ®) Donner I, 7, ®) Die Forstverwaltung Bayerns 1861, 21. — Die Landwirtschaft im Regierungsbezirk Oberbayern 1898, 195. *) Die Staats- und Fondsforste 1900. ®) Bedö 1896, I. ©) Huffel 401. — von Seckendorff, Forstl. Verhältnisse 5. I. Boden. 61 Nach den von Heinrich von Thünen aufgestellten Grundsätzen wird ein Boden — landwirtschaftlich — nicht mehr bebaut, wenn die Produktionskosten und die Transportkosten für die Bodenpro- dukte zum Markt durch den Produktenpreis nicht wieder ersetzt werden. Derjenige Boden, welcher durch seinen Ertrag beide Aus- gabeposten gerade noch ersetzt, bildet die unterste Stufe der noch anbauwürdigen Flächen. Dieses Gesetz trifft in der Forstwirtschaft zu, wenn die Neu- aufforstung einer bisher nicht mit Wald bestockten, sehr abge- legenen Fläche von rein privatwirtschaftlichen Erwägungen ab- hängig gemacht wird. Dieser Fall ist aber sehr selten, da solche Neuaufforstungen fast nur vom Staate und größeren Kommunalver- bänden betätigt werden, die nicht danach fragen, ob das in ferner Zukunft zum Verkaufe gelangende Holz auch den Transportkosten entsprechende Preise erzielen wird, sondern aus staatswirtschaft- liehen Gründen die Aufwendungen zunächst & fonds perdu leisten. Bei den bereits vorhandenen Waldungen tritt dieses Gesetz aus denselben Gründen nicht in die Erscheinung, die schon oben erwähnt wurden. Der Holzbestand ist bereits vorhanden; was ge- nutzt wird, ist das von früheren Generationen Ersparte. Ist es wegen der schlechten Absatzlage nicht möglich, alles Holz zu ver- kaufen, dann werden eben die wertvollsten Nutzholzstücke ver- wertet, der Rest verfault im Walde, Von einer Wirtschaft kann man in diesem Falle natürlich nicht mehr sprechen, sondern nur von der Aufzehrung und Zugutemachung eines vorhandenen Ge- brauchsvorrates nach Maßgabe der gegebenen Verhältnisse. Die Nutzung erfolgt meist durch Plenterung, die Verjüngung auf na- türlichem Wege, vielleicht auch nebenbei künstlich auf Kosten des Erlöses für das verkaufte Holz. Sind die Waldkomplexe — und nur solche kommen wirklich hier in Frage — so ungünstig ge- legen, daß die Kapitalkraft des Besitzers nicht ausreicht, um die- selben durch Anlage von Wegen, Triftstraßen usw. aufzuschließen, dann wartet er, bis ein großer Unternehmer kommt, der dieser Aufgabe sich unterzieht. Beispiele hierfür haben wir aus neuester Zeit in Rußland, Rumänien, Bosnien usw. Deswegen also, weil die Transportkosten zu hoch sind, um den Holzanfall ganz oder teilweise verwerten zu können, ver- schwindet ein vorhandener Wald nicht von der Bildfläche. Er hat aber auch keine werbende Eigenschaft nach den Gesetzen der Wirtschaftlichkeit, keine Beziehung zum konsumierenden Menschen, er ist ein ruhendes Gut wie das Kohlenlager, das noch unbebaut in der Erde liegt. Soweit überhaupt ein Betrieb stattfindet, ist er extensivster Natur, BR Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. Ein Mittel, entlegene Waldungen ertragsfähiger zu machen, liegt in der Erziehung besonders wertvoller Holzarten und Holz- sortimente. Denn je hochwertiger ein Gut ist, um so größere Transportkosten erträgt es. Unter der Voraussetzung, daß Boden und Klima die hiefür notwendigen Eigenschaften aufweisen, empfiehlt es sich z. B. für den Staat, hier Eichenzucht zu treiben und inner- halb vernünftiger Grenzen auch Starkholzzucht von Nadelhölzern. Was die Absatzlage im allgemeinen betrifft, so ist auch nach dieser Richtung die Forstwirtschaft schlechter gestellt wie die Landwirtschaft. Erstere hat ausgedehnte Bodenflächen in Be- nutzung, welche weit abliegen von den holzkonsumierenden Industrie- zentren und mit denselben oft nur mangelhaft durch Verkehrs- mittel verbunden sind. In diesen Fällen werden günstige Eigen- schaften des Bodens in bezug auf Fruchtbarkeit durch die Ungunst der Lage ganz oder nahezu aufgehoben. Der Bau von Eisenbahnen und der Ausbau der Wasserstraßen hat zwar den Wald dem Markte näher gebracht, allein in dem Grade wie bei den land- wirtschaftlichen Produkten hat die moderne Verkehrsentwickelung auf die Holzpreise nicht ausgleichend gewirkt. Einen interessanten Beleg hierfür bildet die Bewegung der Holzpreise in den Staatsforsten. In Preußen war das Verhältnis der Durchschnittspreise zwischen dem Regierungsbezirke mit den jeweiligen niedrigsten und höchsten Preisen folgendes: niedrigster höchster Holzpreis pro Festmeter Verhältnis M. M. LBBB. ar a he 10,73 100::453 ÄSED = 20 2. 12,36 100: 594 180. ie ER 10,61 100: 379 18T... ae 13,53 100: 329 1880». ginn, ak 11,34 100 : 301 1890 .. „un. 10,44 100 : 222 1 921° 7 EEE 5 9,86 100 : 226 1899 ...,.0...0, 08 11,88 100:182 ROW °-. 2, 12,60 100::174 BOE 12.0.4420 27 Sa 12,30 100:172 1608... . 88 9,59 100 :148 1803... „.., @..B,88 10,45 100 :153 Dagegen war das Verhältnis zwischen dem niedersten und höchsten Durchschnittspreis für Roggen!) an den preußischen Fruchtmärkten: !) Die Ziffern für 1831 und 1891—92 nach Donner II, 19, 17, für 1899 und 1902 nach den Durchschnittspreisen von Berlin, Breslau, Danzig, Königs- berg, Frankfurt a.M. in V. z. St. d. D. R. 1903 I, 16. I. Boden. 63 1856 . . . 100:134 1899 9% nr 16052 1831 . . . 100:136 1902 . . . 100:106 1891/92 . . . 100:116 Im einzelnen ergeben sich für die preußischen Staatsforste folgende Verhältnisse: Niedrigster| Höchster Niedrigster| Höchster Jahr Preis Hr Preis a . M. | M. M. M. | | | | 1. Stämme von über 0,5 bis mit 1,0fm Inhalt f pro Festmeter Eichennutzholz Nadelnutzholz RT Re 5,18 17,47 100 : 337 3,23 11,00 100 : 341 Tahze te. 8,41 25,88 100 : 308 9,82 17,47 100 : 300 ste 13,06 33,80 100 : 258 7,50 16,76 100 : 223 eyes. . 11,26 31,84 100 : 283 7,10 14,70 100 : 207 1899 u. 2. - 13,63 30,96 100 : 227 9,61 17,96 100 : 187 Rune... . 13,50 33,59 100 : 248 10,15 19,82 100 : 195 190258... 13,53 | 39,14 100 : 223 8,03 17,28 100 :215 2. Brennholz pro Raummeter Buchenscheite Nadelholzscheite Mes... 1,23 4,79 100 : 390 0,93 3,08 100 : 331 BB 2,22 7,85 100 : 354 87 5,12 100 : 289 as: . ... 3,10 8,50 100 : 274 2,50 6,00 100 : 240 233le. ... . . 2,64 7,35 100 : 279 2,03 6,08 100 : 300 Baggran!. 2; 2,58 6,55 100 : 254 2,02 5,81 100 : 288 KI00 4442, ; 2,80 6,91 100 : 247 1,95 6,03 100 : 309 193027... . 2,07 6,54 100 : 316 2,19 4,85 100 : 222 Die Jahresdurchschnittspreise waren a) für Roggen an den deutschen Fruchtmärkten:') 1898 1899 1900 19011898 1899 1900 1901 Mark pro Tonne Verhältniszahlen Norddeutschland. . . 147 142 139 133 | 100 100 100 100 Süddeutschland . . . 12 155 153 148/110 110 110 111 b) für Holz (Gesamtmasse) in den Staatsforsten: 1898 1899 1900 1901|18938 1899 1900 1901 Mark pro Festmeter Verhältniszahlen rorleritı .sials s;% 80 87 94 88| 100 100 100 100 en rin “ 9,1 96 10,0 102| 114 111 106 116 \ IDEE Dose ar ieirante 11,7 120 125 124| 146 138 133 141 Elsaß-Lothringen . . 114 117 12,0 1186| 142 134 128 132 1) Vierteljahrshefte 1902, I, 36. 6° Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. In den bayerischen Staatsforsten verhielten sich die niedersten und höchsten Preise nach Regierungsbezirken um das Jahr 1860 beim Buchenscheitholz wie 100 : 1860, beim Föhrenscheitholz wie 100:1500, Fichtenscheitholz 100:1250, Nadelnutzholz 100 : 4800 und wenn man die besonderen Preise der Kiefern im Bamberger Hauptsmoor mit heranzieht, wie 100 : 12000.') Im Jahre 1902 war das Verhältnis nach den Regierungsbe- zirken zwischen niederstem und höchstem Preis beim Nutzholz 100 :169, beim Brennholz 100:153, bei der Gesamtholzmasse 100 : 135. Nach den Durchschnittspreisen von 1799—1820 war das- Verhältnis?) in Bayern beim Brennholz 100 : 1600, bei Weizen 100:200, Roggen 100: 170, Gerste 100: 180. Im bayerischen Wald (an der böhmischen Grenze) und im Spessart kann heute noch das Brennholz nur schwierig abgesetzt werden. Nach der „Forstverwaltung Bayerns 1861“ waren im bayerischen Walde noch 300- bis 400 jährige Fichten und Tannen als Überreste des Urwaldes vorhanden. C. Die Intensität der Wirtschaft. Eine Wirtschaft ist intensiv, wenn viele, wertvolle und sehr ergiebige Produktionsmittelzur Anwendung kommen (kapitalintensiv, arbeitsintensiv), extensiv, wenn das Umgekehrte der Fall ist (ka- pitalextensiv, arbeitsextensiv). Wenn wir zunächst den landwirtschaftlichen Betrieb betrachten, steht fest, daß die Leistungsfähigkeit bestimmter Bodenklassen durch vermehrten Kapital- und Arbeitsaufwand wesentlich erhöht werden kann. Es sind aber nicht alle Böden, deren Produktivität sich durch solche intensivere Bestellung steigern läßt, sondern nur die an sich fruchtbareren. In demselben Maße, als eine Bodenklasse auf intensivere Bestellung mehr reagiert als die andere, wird die Bodenrente der ersteren gehoben. Die Steigerung des Ertrages hat aber bald ihre Grenzen, indem sie nicht proportional der Ver- mehrung des Kapital- und Arbeitsaufwandes erfolgt, sondern in einem hinter dem Grade dieses Aufwandes zurückbleibenden Maße. Daher sprieht man von einem Gesetz desabnehmenden Boden- ertrages (Brentano). Erhält man bei Aufwendung eines Kapital- und Arbeitsaufwandes von 60 M. einen Rohertrag von 100 M. so verbleiben 40 M. als Reinertrag. Steigert man nun den Auf- wand auf das Doppelte, nämlich auf 120 Mk., dann steigt nicht auch der Rohertrag auf das Doppelte seines bisherigen Betrages, sondern vielleicht nur auf 170 M. Der Reinertrag ist also nur ‘) Forstverwaltung 1861, 473. ?) Rudhart, Über den Zustand des Königreichs Bayern 1825 I, 118. I. Boden. 65 von 40 auf 170—120 = 50 M. gestiegen und nicht auch auf das Doppelte. Wäre der Rohertrag nur auf 160 gestiegen, dann hätte der Besitzer von der intensiveren Bestellung gar keinen Nutzen mehr und wäre er nur. auf 150 gestiegen, sogar einen Ver- lust. Mit der Steigerung des Rohertrages ist es natürlich nicht getan, sondern das Ziel der Wirtschaft ist auf die Erreichung eines größeren Reinertrages gerichtet. Der Erfolg der intensiveren Wirtschaft ist aber auch eine Funktion der Absatzlage bzw. der Preise der Bodenprodukte. Je höher die Preise am Erzeugungsort sind, um so begründeter wird die Wahrscheinlichkeit, daß die größere Intensität auch zu höheren Reinerträgen führt. Beim landwirtschaftlichen Boden besteht der intensivere Betrieb in ergiebigerer Düngung (Phosphate usw.), gründ- licherer und öfterer Bearbeitung des Bodens und in den sog. Me- liorationen (Drainagen, Nivellierungen, Bewässerungen usw.). Da- durch wird auch es möglich, höherwertige Produkte zu erzeugen (Tabak, Zuckerrüben z. B.) und innerhalb der Vegetationsperiode mehr Ernten zu erzielen (Fruchtwechselwirtschaft, freie Wirtschaft). In der Forstwirtschaft bewegen sich die Möglichkeiten dieser Art zeitlich und räumlich in engen Grenzen und ihre Wirkungen kommen auch nicht so unmittelbar zum Ausdruck wie in der Land- wirtschaft. Wenn man von dem Betrieb der Saat- und Pflanz- gärten absieht, so können als Fälle, in welchen das Gesetz der In- tensität Anwendung findet, angeführt werden: 1. Die künstliche Wiederkultur der abgeholzten Flächen mit stärkeren Pflanzen (sog. verschulten), die gründliche Bearbeitung des Bodens zu diesem Zwecke, die Beigabe von guter oder ge- düngter Erde. Diese Maßnahmen sind relativ kostspielig, bewirken aber in der Regel, daß innerhalb kurzer Zeit der junge Bestand in Wuchs und Schluß kommt und durch seinen Zuwachs die Mehr- kosten wieder ausgleicht. Aber auch hier zeigt sich das gleiche Gesetz wie in der Landwirtschaft: auf fruchtbaren Böden ist der Erfolg dieser Kulturmethode ein viel nachhaltigerer und ausgie- bigerer wie auf schlechten Böden. 2. Der Unterbau von Kiefernbeständen mit Buchen bedeutet intensivere Wirtschaft. Der größere Reinertrag ergibt sich durch gesteigerten Zuwachs der Kiefern. Dieser erfolgt aber nur auf besseren Kiefernböden, auf schlechteren wirkt der Unterbau nicht mehr. 3. Ähnlich liegen die Verhältnisse gegenüber dem zweihiebigen Hochwald und dem Überhaltbetrieb. Diese größere Kapitalinten- sität rentiert nur auf den besseren Böden, auf den schlechteren dagegen nicht. Endres, Forstpolitik. 5 66 i Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. 4. Die Anlage von Fahrstraßen, Waldeisenbahnen!) und sonstigen Transportanstalten wirkt erhöhend auf die Waldpreise des Holzes. Je größer das Waldgebiet ist, welches dadurch erschlossen wird, und je größer und wertvoller die Holzmassen sind, die dadurch transportfähig gemacht werden können, je höher die Holzpreise in der betreffenden Gegend an sich sind, um so mehr wird die Boden- rente durch diesen Kapitalaufwand gesteigert werden. Ob die in neuester Zeit unternommenen Versuche, die künst- liche Düngung im Walde, auch in älteren Beständen, durchzuführen (Phosphorsäure-, Kali-, Kalk-, Salpeterdüngung), Erfolg haben werden, ist vorerst noch eine offene Frage.”) Der intensivere Betrieb in der Landwirtschaft ist insofern immer aktiver Natur, als die erhöhten Aufwendungen an Ka- pital und Arbeit in direkter Form gemacht werden. Die Forst- wirtschaft kann ihren Betrieb auch dadurch kapitalintensiver ge- stalten, daß sie die Ernte der Holzbestände über das absolut not- wendige Abtriebsalter nöch hinausschiebt. Je höher die Umtriebs- zeiten sind, um so kapitalintensiver wird die Wirtschaft, weil der stockende Holzvorrat mit der Zunahme der Umtriebszeit größer wird. Da aber der Zuwachs der Bestände in den höheren Altern sinkt, ist aus diesen und anderen Gründen diese Form der Inten- sität in der Regel nicht zugleich auch rentabel. Und noch eine weitere Eigentümlichkeit hat die Forstwirtschaft. Hohe Preise der landwirtschaftlichen Produkte ermöglichen eine intensivere Bewirtschaftung und den Bezug einer höheren Boden- rente. In der Forstwirtschaft steigt die Bodenrente ebenfalls mit den Holzpreisen, aber außerdem wird der Waldbesitzer auch direkt reicher an Kapital, seine Wirtschaft wird kapitalintensiver, weil mit dem Steigen der Holzpreise auch sofort der Wert des Holz- vorTates steigt. D. Die erhöhte Nachfrage nach Holz infolge Zunahme der Bevölkerung. Die absolute Höhe der Bodenrente wird unter sonst gleichen Umständen bestimmt durch den Preis der Bodenprodukte. Dieser letztere ist eine Funktion der Nachfrage oder des Bedarfes. Das Steigen der Produktenpreise hat nicht nur zur Folge, daß die be- reits angebauten landwirtschaftlichen Grundstücke einen höheren Reinertrag abwerfen, sondern daß auch Böden, die bisher vermöge ') Vgl. Pilz, Die Waldbahnen in Elsaß-Lothringen. Z. f. F.u.J. 1900, 319. ®) Vgl. Bericht über 2. Hauptvers. d. Deutschen Forstvereins zu Regens- burg 1901, Berlin 1902, 87 ff. I. Boden. 67 ihrer Fruchtbarkeit und Lage nicht bebauungswürdig waren, nun in Kultur genommen werden können, weil eben durch die erhöhten Produktenpreise die Kosten der Bestellung und des Transportes der Früchte zum Markte wieder eingebracht werden.) In der Forstwirtschaft vollzieht sich bei steigenden Holzpreisen ein paralleler Vorgang. Zunächst spornen hohe Holzpreise zu Neu- aufforstungen an. Dann aber werden entlegene Waldgebiete, deren Holz bisher wegen der hohen Transportkosten nicht auf den großen Markt gebracht werden konnte, durch Verkehrswege aller Art auf- geschlossen und erwerbsfähig gemacht. Der Waldboden wird nun- mehr rentenfähig und kann nach den Gesetzen der Wirtschaftlich- keit ausgenutzt werden. Auf dieser Tatsache beruht der Aufschwung der Forstwirt- schaft seit den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts und speziell das Steigen der Reineinnahmen der Staatsforste, die zum großen Teil abseits der großen Industrieorte in großen Komplexen und darum in dünn bevölkerten Gegenden liegen. Wäre die Bevölkerungsziffer in Deutschland nicht gestiegen und hätte die Industrie nicht eine riesenhafte Entwickelung zu verzeichnen, dann wäre eine Nach- frage nach den aufgestapelten Holzvorräten schon deswegen nicht entstanden, weil der Bau von Eisenbahnen auf die Hauptlinien be- schränkt geblieben wäre. Das Steigen der Holzpreise machte aber auch die Anlage von Eisenbahnen in entfernten Waldgegenden mög- lich, wie denn die Rentabilität solcher Bahnlinien hauptsächlich auf dem Holztransport beruht. Allerdings stehen wir in dieser Rich- tung erst am Anfang der Dinge. Und inwieweit hier die Zollpolitik und die Eisenbahntarifpolitik mit eingreift, wird in den betreffenden Abschnitten zu erörtern sein. Auf dem Steigen der Holzpreise infolge vermehrten Bedarfes seitens der Industrieländer fußt auch die Beantwortung der oft auf- geworfenen Frage, ob es möglich sein wird, Europa auch in Zu- kunft mit Holz zu versorgen. In demselben Verhältnis als die Holzpreise steigen, können die umfangreichen Waldgebiete des russischen Reiches und des östlichen Europa wie nicht minder die des westlichen Amerika in den Weltholzhandel eingeschlossen werden, so daß eine Holznot mindestens auf viele Generationen hinaus nicht zu befürchten ist (s. Holzhandel). Und endlich beruht auf der gesteigerten Nachfrage infolge zu- nehmender Bevölkerung die stetige Steigerung der Bodenwerte. 1) Über das Steigen der Grundrente vom 9.—12. Jahrhundert infolge Zu- wachses der Bevölkerung siehe Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben I, 1509. 5* 68 Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. 3. Absoluter und relativer Waldboden.') Je nach der Benutzungsfähigkeit des Bodens werden gewöhn- lich folgende Unterschiede gemacht: Absoluter (unbedingter) Waldboden ist soleher Boden, welcher wegen seiner geringen Fruchtbarkeit, bedingt durch chemische, physikalische oder klimatische Verhältnisse, oder wegen seiner ungünstigen geographischen Lage oder wegen seiner steilen Abdachung nur zur forstlichen Benutzung geeignet ist. Konkur- rierend kann höchstens noch die Weidewirtschaft auftreten. Die Erzielung einer Bodenrente ist keine wesentliche Voraussetzung für den Begriff des absoluten Waldbodens. Relativer Waldboden ist solcher Boden, der mit Erfolg sowohl forstlich wie landwirtschaftlich benutzt werden kann. Ob die eine oder andere Benutzungsart die höhere Bodenrente gewährt, kann nur von Fall zu Fall festgestellt werden. Doch wird implicite unterstellt, daß die forstliche Rente der landwirtschaftlichen nicht sehr beträchtlich nachsteht. Wenn Waldungen dauernd die Eigenschaft von Schutzwaldungen haben, stocken sie unabhängig von Fruchtbarkeit und Lage insofern auf ab- solutem Waldboden, als der Boden einer anderen Kultur nicht zugeführt werden kann. Nach der „Forstverwaltung Bayerns 1861“ (S. 45) stocken von allen Waldungen Bayerns drei Viertel auf absolutem Waldboden. Von der Gesamtwaldfläche Ungarns?) sind 5,3°/), Schutzwälder, 1,2%], stocken auf Flugsand, 75,2°/, auf sonstigem absoluten Waldboden, zusammen also 81,7°/,; auf relativem Waldboden stocken 18,30/,. 4. Der Bodenwert. Der Boden ist ein Produktionsfaktor, dessen Größe nicht beliebig vermehrt werden kann. Die Nutzung, welche er seinem !) Den Unterschied zwischen absolutem und relativem Waldboden macht begrifflich schon H. v. Carlowitz, Sylvieultura oeconomica 1713, S. 100; ferner Hundeshagen, Enzyklopädie 1821, $ 767. Nach Hundeshagen ist unbedingter Waldboden i. e. $S. jeder für die Feldkultur untaugliche Boden, i. w. S. jedes für die Gesundheitserhaltung der Länder notwendigs Waldstück; bedingter Waldboden ist jede zur Feldkultur fähige und für gewisse Zeiten und Verhältnisse zu unseren Bedürfnissen noch notwen- dige Waldfläche. — Pfeil (Grundsätze der Forstwirtschaft ete. 1822 I, 243) spricht von einem natürlichen Holzboden, d.i. solcher, welcher entweder überhaupt bloß zur Holzerzeugung geeignet ist, indem keine anderen Gewächse auf ihm gedeihen, oder auch durch die Benutzung zur Holzerzeugung den höchsten Ertrag gewährt. Ihm steht der natürliche Getreideboden gegenüber. Die Ausdrücke bedingter und unbedingter Waldboden gebraucht Pfeil in Beziehung auf die zur Befriedigung des Holzbedarfes noch notwendige Waldfläche, ®) Bedö I, 29. I. Boden. 69 Besitzer abwirft, ist der Überschuß des Ertrages über die auf- gewendeten Kosten — der Reinertrag, die Grund- oder Bodenrente. Dieselbe ist nicht eine im voraus bestimmbare Größe, sondern ergibt sich erst als Folge der Bewirtschaftung. Daher bestimmt sich der Preis des Bodens nicht nach seinen Produktions- kosten, sondern nach seiner Ertragsfähigkeit. Den Maß- stab für dieselbe bildet der Reinertrag des Bodens. Kapitalisiert man diesen, so erhält man den Bodenertragswert. In der Land- wirtschaft ist nicht der Reinertrag eines einzelnen Jahres maß- gebend, sondern der durchschnittliche Reinertrag mehrerer Jahre und der Fruchtarten, welche abwechselnd innerhalb der Umlaufs- zeit auf dem Boden gebaut werden und aus technischen Gründen gebaut werden müssen. In der Forstwirtschaft fällt der jährliche Wechsel der Holz- und Betriebsart weg. Dieselbe ist ein gegebener Faktor, der die Höhe des Reinertrages mindestens auf die Dauer der Umtriebszeit hin bestimmt. Ist der Holzbestand einmal be- gründet, dann ist dem Waldbesitzer außer den auf die Pflege des- selben gerichteten technischen Maßnahmen (Durchforstung) jede Möglichkeit genommen, auf den Bodenreinertrag einzuwirken. Und der Regel nach wird er den einmal vorhandenen Bestand weiterwachsen lassen, auch wenn dessen Begründung mit der gewählten Holzart oder Bestandsform sich als verfehlt erwiesen hat. Die Forstwirtschaft ist in dieser Richtung äußerst schwer- fällig gegenüber der von Jahr zu Jahr beweglichen Landwirt- schaft. Jede Holz- und Betriebsart und innerhalb dieser jede Umtriebszeit bringt einen andern Bodenreinertrag hervor, folglich entspricht, theoretisch wenigstens, jedem dieser gegebenen Ver- hältnisse ein anderer Bodenertragswert. Welcher ist nun der maßgebende? Derjenige Bodenwert, der sich auf den Reinertrag aufbaut, welchen die auf dem bestimmten Boden forsttechnisch mögliche, wenn auch zurzeit nicht vorhandene rentabelste Holz- und Betriebsart bei Einhaltung der günstigsten Umtriebszeit abwirft bzw. abwerfen könnte. Der Bodenertragswert bildet den Minimalpreis des Bodens zunächst innerhalb seiner bisherigen Benutzungsart. Ist ein Boden für mehrere verschiedene Verwendungsweisen geeignet, dann bildet der höchstmögliche Bodenertragswert den Minimalpreis. Wenn der gleiche Boden bei forstlicher Benutzung 600 M., bei landwirtschaftlicher 2000 M. und bei der Verwendung als Bauplatz 100000 M. wert ist, dann gilt natürlich, wenn der beliebigen Ver- wendung keine gesetzlichen oder polizeilichen Hindernisse im Wege stehen, der letztere Ertragswert als Minimalpreis. Für den absoluten Waldboden kommt als bodenwirtschaft- 70 ’ Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. licher Wert nur der forstliche Bodenertragswert in Betracht und auch für den relativen Waldboden ist der forstliche Ertragswert so lange ausschlaggebend, als die Forstwirtschaft tatsächlich auf ihm betrieben und an eine Aufgabe derselben zugunsten der Landwirtschaft oder anderweitiger Verwendung ernstlich nicht ge- dacht werden kann. Wenn der Käufer den Boden zu dem Preise des Ertrags- wertes erwirbt, dann verzinst sich das erlegte Kapital zu dem der Kapitalisierung des Reinertrages zugrunde gelegten Zinsfuß, solange die für die Feststellung des Reinertrages maßgebenden Voraus- setzungen (Holzpreise ete.) die gleichen bleiben. Der Ertragswert bildet in diesem Falle zugleich den Verkaufswert, Der Verkaufswert oder Verkehrswert eines Bodens deckt sich aber nicht immer mit dem Ertragswert. Dieser letztere bildet eben nur die untere Grenze des Preises. Beim landwirtschaftlichen Boden kann es sogar als Regel gelten, daß der Verkaufswert höher ist als der Ertragswert, eine Erscheinung, die die Haupt- ursache der Überschuldung vieler landwirtschaftlicher Betriebe und der gegenwärtigen Agrarkrisis ist. Die Gründe, daß der landwirtschaftliche Boden zu einem über seinen Ertragswert hinausgehenden Preis gekauft wird, sind mannig- facher Art: a) Es ist ein von Generation zu Generation sich forterbender Fehler vieler Land- und Forstwirte, daß sie nicht richtig rechnen können und wollen. Einige gute Ernte- und Preisjahre rufen einen ungezügelten Optimismus hervor, der in wirtschaftlichen Hochmut ausartet und beim An- und Verkauf von Grundstücken jede objektive Erwägung ausschaltet. Gehen die Konjunkturen zurück, dann ruft man nach Staatshilfe, übermäßigen Schutz- zöllen etc. b) Besonders hoch werden die kleinen, parzellierten land- wirtschaftlichen Grundstücke von kleinen Leuten angekauft, weil für diese der Kauf nicht den Zweck einer rentierenden Kapitals- anlage hat, sondern der Schaffung von Arbeitsgelegenheit. Indem der kleine Bauer, Taglöhner, Handwerker die Verwendung seiner eigenen Arbeitskraft und namentlich die seiner Familienangehörigen nicht entsprechend bewertet, bringt ihm das Grundstück selbst bei höherem Ankaufspreis immerhin noch soviel ein, daß er darin einen Teil seines Lebensunterhaltes findet. Tatsächlich lehnt sich in diesen Fällen der Kaufpreis mehr dem kapitalisierten Rohertrag als dem kapitalisierten Reinertrag an. Der Taglöhner und Hand- werker sucht mit solchem Grundbesitz auch nur sein Arbeits- einkommen aus fremden Diensten oder aus seinem Gewerbe zu I. Boden. 1 ergänzen, die sonst brachliegende Arbeitskraft seiner Angehörigen auszunützen und eine fundierte Einkommensquelle sich zu schaffen. Erhält er dazu noch eine Allmendnutzung, dann ist sein Nahrungs- stand auf eine sichere Basis gestellt. Je dichter die Bevölkerung und je ausgedehnter der Groß- grundbesitz in der betreffenden Gegend ist, um so höher stellt sich dieser Überpreis. c) In dem höheren Verkaufswert des Bodens wird auch die Sicherheit einer Kapitalanlage gerade in der Bodenwirtschaft mitbezahlt.e.. Zugunsten dieses Momentes verzichtet der Käufer lieber auf eine höhere Verzinsung seines Anlagekapitals. d) Ein weiterer Bestimmungsgrund ist die Hoffnung auf das Steigen der Bodenrente infolge des Steigens der Produktenpreise mit zunehmender Bevölkerung und andererseits infolge des sinkenden Zinsfußes. e) Endlich sind auch Gründe sozialer Natur ausschlaggebend. Kapitalkräftige Leute kaufen oft in einer Gegend alle Gründe, die überhaupt verkäuflich sind, um jeden Preis zusammen, um als Gutsherrn auftreten zu können und aller mit dieser Eigen- schaft verbundenen sozialen und politischen Vorteile teilhaftig zu werden. In den bäuerlichen Kreisen bewirkt der Bauernstolz ähnliche Er- scheinungen. Um die Ehren und den Einfluß eines „großen Bauern“ zu ge- winnen, kaufen oft Leute, die von Haus aus nicht einmal sehr vermögend sind, planlos Gründe um einen weit über den Ertragswert stehenden Preis zusammen, wobei nicht selten außerdem die Erwägung mitbestimmend ist, „daß man die Preise, die der Nachbar bietet, auch anzulegen vermöge“.') In Gegenden mit Hopfen- und Tabakbau bewirken schon einige gute Preisjahre für diese Produkte das Steigen der Bodenwerte. In der Forstwirtschaft kommt der Unterschied zwischen dem Verkaufswert und dem Ertragswert des Bodens weniger scharf zum Ausdruck wie in der Landwirtschaft. Zunächst ist dies auf den Umstand zurückzuführen, daß Verkäufe von Waldböden, unbestockt und bestockt, viel seltener sind als Verkäufe von landwirtschaft- lichen Gründen. Es gibt viele große Gebiete, in denen namhafte Besitz- veränderungen an Waldeigentum überhaupt seit vielen Jahrzehnten nicht zu verzeichnen sind. Dies findet seine Erklärung zunächst schon aus der forstlichen Statistik. Wir haben im Deutschen Reich 35 Mill. Hektar landwirtschaftlich benützten Boden und nur 14 Mill. Hektar forstlich benützten. Von dieser Fläche sind 7,5 Mill. Hektar im Eigentum von Krone, Staat, Gemeinden, Stiftungen und Genossen- schaften, Besitzer, die an eine Verringerung ihres Besitzstandes überhaupt nicht denken. Von den 6,5 Mill. Hektar Privatwaldungen 1) Buchenberger, Agrarpolitik II, 56. 723 Die Produktionsfaktoren ' der Waldwirtschaft. sind 1,45 Mill. Hektar als Fideikommißforste ebenfalls in fester Hand. Somit kämen für Waldverkäufe überhaupt nur die 5,06 Mill. Hektar Privatwaldungen in Frage. Nun kommt in Betracht, daß der kleine Mann, der kleine Bauer sowohl wie der Taglöhner und Handwerker, als Käufer von Waldungen vollständig ausscheidet. Dazu fehlt ihm das nötige Kapital und vor allem bietet ihm die Waldwirtschaft keine aus- giebige Arbeitsgelegenheit. Wer Wald besitzen kann, zählt immer schon zu der wohlhabenderen Bevölkerungsklasse.. Innerhalb dieser finden Besitzverschiebungen an Wald überwiegend bei Erb- auseinandersetzungen statt. Da der wertvollste Teil des Waldes der Holzvorrat ist, — man kann ihn zu vier Fünftel des Waldwertes annehmen, — tritt bei Verkäufen der Bodenwert überhaupt in den Hintergrund. Ja, die Fälle sind sogar nicht selten, daß beim Vorhandensein wertvollerer Holzvorräte auf die besondere Veranschlagung des Bodenwertes verzichtet wird. Auch bei Waldwertrechnungen, die fachlich aus- gebildete Forstwirte vornehmen, werden oft Fehler so ungeheuer- licher Art begangen, daß diesen gegenüber der Betrag des rich- tigen Bodenwertes gar nicht mehr in die Wagschale fällt. Jeder Waldboden verliert am Verkaufswert, wenn er un- bestockt verkauft wird. Denn der Käufer rechnet zunächst mit der Tatsache, daß ihm aus der Wiederkultur des Bodens noch Kosten erwachsen und diese sowohl wie die Rente des Boden- wertes ihm persönlich in Einkommensform nicht wieder ersetzt werden. Diese Erwägungen sind auch nach dem Grundsatz, primum est vivere, nicht ganz unbegründet, wenn auch ökonomisch un- richtig gedacht. Da Waldverkäufe in großem Maßstabe sehr selten vorkommen, fehlen für die Bestimmung des Bodenverkaufswertes meistens jeg- liche Anhaltspunkte. Dazu kommt, daß gerade bei umfangreichen Besitzveränderungen am Waldeigentum der Affektionswert eine bedeutende Rolle spielt, um so mehr, als der Waldkäufer eigent- lich immer eine zahlungsfähige Person, sei es physische oder juristische, ist und sein muß. Eine objektive Bewertung des Waldbodens ist daher in den meisten Fällen nur auf Grund des nachgewiesenen Ertrags- vermögens möglich, d. h. der Ertragswert bildet öfter wie in der Landwirtschaft die Grundlage des Verkaufspreises. Jedenfalls trifft die gegenüber dem landwirtschaftlichen Boden geltende Regel, daß der Verkaufswert über dem Ertragswert steht, in der Forstwirtschaft nicht zu. Im Gegenteil stehen die Verkaufswerte, wenn im Einzelfall nieht Gründe affektioneller Natur mitbestimmend I. Boden. 73 sind, meistens unter dem Ertragswerte und ganz besonders beim absoluten Waldboden. Aus den vorausgehenden Erörterungen über die Bodenrente folgt schon, daß die forstlichen Bodenwerte viel niedriger stehen als die landwirtschaftlichen. Bodenwerte über 1000 M. pro Hektar sind schon etwas sehr Seltenes. Dieselben ergeben sich nur für Fichtenböden bester Bonität und günstigster Absatzlage und für Auenböden unter ausnahmsweisen Verhältnissen. Als mittlere Bodenwerte sind 300—600 M. pro Hektar anzunehmen. In den elf Forstbezirken, in welche die sächsischen Staatsforste ein- geteilt sind, bewegen sich die Bodenertragswerte bei einem Kapitalisierungs- zinsfuß von 3°/, zwischen 169 und 486 M. (Jahr 1894).t) In der sog. Kassubei in den Regierungsbezirken Danzig und Köslin ist abgeholzter Waldboden um 42 M. verkäuflich.?) Der preußische Staat kaufte von '1867—81 38329 ha, 1884—87 25000 ha Wald; der Preis für den Hektar Waldboden betrug durchschnittlich bzw. 140 und 218 M.?) — In Han- nover wurden anfangs der 1890er Jahre bezahlt für 1 ha Waldboden 273 und 130 M., Heideland 80—160 M., geringes Ackerland 1200—1600 M.%) In Ober- und Niederbayern kann man abgeholzte Waldböden um 90—150 M. pro Hektar kaufen. Die Überlegenheit der Landwirtschaft über die Forstwirtschaft weisen auch die Grundsteuereinschätzungen nach. Im Königreich Preußen beträgt der Grundsteuerreinertrag für das Hektar Wald 1,83 bis 12,50 M., im Mittel 4,95 M., für das Hektar Ackerland 8,10 bis 39,61 M., im Mittel 18,25 M. In Württemberg?) treffen nach dem Grundsteuerkataster vom 1. April 1837 auf 1 ha Grundsteuerkapital für sämtliche Grundstücke des Landes: bei Waldungen 25,69 M., Äcker und Wechselfelder 64,13, Wiesen 69,52, Wein- berge 147,43, Gärten und Länder 111,62, Baumgüter 109,01, Hopfengärten 130,60, Weiden 7,44, Torffelder 35,14, Haus-, Arbeitsplätze, Steinbrüche 56,07, Betriebs- fläche der Eisenbahnen, Hüttenwerke und Salinen 87,93. Im Großherzogtum Baden waren die Verkaufspreise und Pachterträge nach den Statistischen Jahrbüchern :®) Erlös pro Hektar Mark Pacht pro Hektar Acker Gärten Wiese Reben Wald | Acker Wiese 1880 1867 4381 2204 3957 805 92 110 1885 1893 6365 2368 4426 740 89 108 1890 2036 5156 2326 3792 878 85 102 1895 2491 8624 2777 4048 1116 86 104 Beim Wald sind die bestockten und unbestockten Flächen nicht aus- geschieden. 2) Tharandter forstl. Jahrb. 13894, 154. 2) Donner, 3. Aufl. I, 146. 3) Donner, 2. Aufl. 1883, I, 123, 4) 2.f. F. u. J. 1895, 5. Heft. 5) Schanz, Finanzarchiv 1895, 691. ©) Hier nach Conrad, Handw. d. Staatsw. 2. A. I, 112. 74 Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. II. Kapital (auch Waldkapital). Die in der Forstwirtschaft angelegten Kapitalien sind der Holzvorrat, die Kommunikations- und Transportmittel (Wegeanlagen, Flößerei- und Triftanstalten) sowie die Gebäude (Dienstwohnun- gen usw.). Die Werkzeuge, Geräte, Instrumente und Maschinen stellen einen höchst unbedeutenden Kapitalwert dar. Die Ausgaben für Verwaltung und Betrieb (Besoldungen, Arbeiterlöhne, Kultur- kosten, Steuern usw ), welche in der Waldwertrechnung oft in Kapitalform erscheinen, sind laufende Rechnungsgrößen, die aus dem Rohertrag bestritten werden. Weitaus das wichtigste Kapital ist der Holzvorrat,') der, weil in seinen einzelnen Teilen noch werdendes Produkt, zu den umlaufenden, aber lange Zeit in der Wirtschaft gebundenen Ka- pitalien zu rechnen ist. In einem Wald, der im jährlichen Betriebe bewirtschaftet wird, beträgt der Wert des Holzvorrates drei Viertel bis sieben Achtel, im Mittel vier Fünftel des gesamten Wald- wertes. Durch das Vorhandensein des Holzvorrates ist die Forst- wirtschaft sehr Kkapitalintensiv und ungleich kapitalne EHE wie die Landwirtschaft. Die Größe des zum jährlichen Betriebe notwendigen Holz- vorrates ist auf der gegebenen Fläche einmal bedingt durch die Holz- und Betriebsart und dann innerhalb dieser gegebenen Ver- hältnisse durch die Umtriebszeit. Je höher dieselbe ist, um so größer muß auch der Holzvorrat sein. Die Kapitalintensität wächst also mit der Umtriebszeit. Die kapitalextensivste Form ist der Niederwald. Um Anhaltspunkte zu gewinnen für die Höhe der Kapital- werte (Holzvorrat und Boden), mit welchen die Waldwirtschaft arbeitet, kann man von folgenden Erwägungen ausgehen. In dem Jahrfünft 1895/99 warfen die Staatswaldungen von Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Braunschweig und Elsaß-Lothringen mit einer Gesamtfläche von 4,08 Mill. ha eine durch- schnittliche Reineinnahme von 18,9 Mark, also rund 19 Mark pro ha ab. Legt man diesen Betrag für alle deutschen Waldungen mit 14 Mill. ha Fläche zugrunde, dann ergibt sich eine jährliche Reinein- nahme von 266 Mill. Mark. Trotzdem die Korporations- und Privat- waldungen einen geringeren Massenertrag liefern als die Staats- waldungen, darf die Reineinnahme der letzteren ohne weiteres, ja !) Bezüglich der Frage, ob der Holzvorrat umlaufendes oder fixes Kapital ist, vgl. mein Lehrbuch der Waldwertrechnung S. 10f. und meine Dissertation im Tharandter forstl, Jahrbuch 1884. II. Kapital (auch Waldkapital). 75 mindestens, für die nicht staatlichen Waldungen unterstellt werden, weil dieselben günstigere Absatzverhältnisse haben (die großen Staatswaldkomplexe sind oft sehr entlegen und dünn bevölkert), kaufmännischer ausgenutzt und vor allem viel billiger verwaltet werden. Die einzige direkte Ausgabe, die der Private mehr hat als der Staat, betrifft die Staatssteuer, die der Staat von seinen Waldungen nicht einzieht. Bei Zugrundelegung eines Zinsfußes von 3°/, entspricht der Reineinnahme von 266 Mill. Mark ein Wald- kapitalwert von 8870 Mill. Mark, wovon treffen auf die Kronforste . .. 2.0.0. ..159 Mill. Mark e,Btaatsforste N or... un lNemsiamıav 2830, ;, 5 an „u.Gemeindeforste .; --1,44%7».,7 1428. 1, , » „ Stiftungs- und Genossenforste 328 „ r Br rriwasforsie 251. .ou,.term. En, N Sa. 8870 Mill. Mark. Als Durchschnittswert ergeben sich rund 630 Mark pro ha. Rechnet man /, des Waldwertes auf den Bodenwert, so beläuft sich für das Deutsche Reich der Wert des Bodens auf 1774 Mill. Mark, des Holzvorrates auf 7096 Mill. Mark und pro ha der Boden- wert auf 127 M., der Holzwert auf 507 M. Vergleichsgrößen: Der Goldvorrat der Welt wird auf 16 Milliarden Mark geschätzt, wovon etwas mehr als der vierte Teil als Geld umläuft. Im Deutschen Reich waren 1902 geprägt 3855 Mill. Mark Gold, 608 Mill. Mark Silber. Der Verkaufswert des Viehstandes des Deutschen Reiches (ausschl. Federvieh und Bienen) betrug in Millionen Mark 1883 1892 1900 Im Ganzert are OT 6380 7698 hiervon treffen auf rd it. tra 1882 2352 iEindviehr .. 1.122.J1.10.! 28074 3547 4182 Sehweme-. ...:.".. 477 685 914 2. RN A 307 218 195 Die Staatsschulden der deutschen Bundesstaaten bezifferten sich ums Jahr 1901 auf 11293 Mill. Mark, wovon 11246 Mill. Mark als fundiert gelten. Zur Verzinsung, Tilgung und Verwaltung der letzteren sind jährlich 461 Mill. Mark zu verausgaben. Die vollspurigen RBeichs- und Staatseisenbahnen repräsentierten 1901 ein Anlagekapital von 13131 Mill. Mark, Unter Zugrundelegung eines Kapitalisierungszinsfußes von 3°/, und der Reineinnahme in dem Zeitraum 1895/99 berechnen sich für die Staatsforste folgende Waldkapitalwerte: 76 | Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. pro Hektar Fundierte Staats- Mill. Mark Holzbodenfläche schuld 1903 Mark Mill. Mark Preuben' ". "Same 435 6720 Bayert?'" 2. SE AROUND 690 1461 Sachsen . . . 274 1580 980 Württemberg . 269 1440 495 Baden Tone #3 | 1360 373 Braunschweig . 72 895 57 Elsaß-Lothringen 133 875 — Der Wert der Staatswaldungen ist mit der angegebenen Summe jedenfalls zu niedrig veranschlagt, weil die Abnutzungssätze der- selben hinter dem Ertragsvermögen zurückbleiben und außerdem in denselben noch bedeutende Vorratsüberschüsse vorhanden sind. Bayern. Rudhart!) berechnete 1825 den Wert aller bayerischen Waldungen nach dem Steuermittelwert vom Jahre 1819/20 (60 Gulden pro Tagwerk Wald) auf 657 Mill. Mark, d. s. pro Hektar 300 Mark. In der „Forstverwaltung Bayerns 1861“ wird bei einem Zinsfuß von 3°], der Wert berechnet: für die Staatswaldungen auf 231, für die übrigen Wal- dungen auf 588, für. alle Waldungen auf 819 Mill. Mark, d. s. pro Hektar 318 Mark. In dem Statistischen Jahrbuch für Bayern?) wird der Wert der Gemeinde- waldungen für 1901 auf 175 Mill. Mark angegeben, d. s. pro Hektar 568 M. Für angekaufte Waldungen wurden vom Staate bezahlt pro Hektar: ?) 1844/61 335 M., 1862/67 449, 1868/73 272, 1874/79 377, 1880/85 390, 1886/91 442 Mark. Für die Staatswaldungen Sachsens wurde 1894 in den elf Forstbezirken Waldwerte von 1152 bis 2329 M. festgestellt.*) In Baden beträgt nach den im Jahre 1904 beendeten neuen Steuer- einschätzungen der Steuerwert sämtlicher Waldungen 563 Mill. Mark, d. s. pro Hektar 991 M. Hiervon treffen auf das Domänenärar und die Zivilliste 105 Mill. Mark, d. s. pro Hektar 1006 M., auf die übrigen Waldungen 458 Mill. Mark, d. s. pro Hektar 990 M. In Hessen) wurde von der obersten Forstbehörde für Steuerzwecke der Vermögenswert aller Waldungen 1895 ermittelt. Die Domanialwaldungen gaben 1889/90—1893/94 brutto 44,40 M. pro Hektar, netto 22,79 M.; bei p= 30/, gibt dies pro Hektar 760 M. und für 218273 ha Domänen-, Staats-, Ge- meinde- und Stiftungswaldungen und Privatwaldungen 1.Kl. im ganzen 165,9Mill. Mark; hierzu für Privatwaldungen 2. Kl. pro Hektar die Hälfte = 380 M., gibt für 26492 ha 10,1 Mill. Mark, im ganzen mithin 176 Mill. Mark. Die Regierung Frankreichs schätzte den Wert der Staatswaldungen 1879 auf 1226 Mill. Franks, d. s. 900 M. pro Hektar, 1891 auf 1264 Mill. Franks, d. s. 950 M. pro Hektar. Der Wert aller Waldungen Norwegens wird zu 712 Mill. Kronen ä& ı) Über den Zustand des Königreichs Bayern 1825. ®2) Jahrgang 1903, 217. 3) Statist. Jahrb. 1894. *) Tharandter forstl. Jahrb. 1894, 154. 5) Schanz, Finanzarchiv 1897, 837. III. Arbeit. 77 1,125 M. angegeben, d. s. pro Hektar 105 Kronen — 118M. Der Wert aller Äcker und Wiesen wird auf 589 Mill. Kronen veranschlagt.!) In Belgien?) wurden erlöst für den Verkauf von Staatswaldungen: 1814/30 37756 ha, pro Hektar 594 M.; 1830/80 15489 ha, pro Hektar 1297 M. Der Wert von 148 Mill. Hektar Domänenwaldungen des europäischen Rußlands,°) d. i. jene Fläche, die zurzeit in Abnutzung steht, berechnet sich bei einer Reineinnahme von 33 Kopeken pro Hektar und einem Zinsfuß von 3°/, auf 1628 Mill. Rubel, d. s. 11 Rubel= 23,4 M. pro Hektar, IIL. Arbeit. 1. Intensität und Art der Arbeit. Die Forstwirtschaft ist arbeitsextensiv. Dies gilt sowohl für die Verwaltung wie für die Lohnarbeit. Ein technisch gebildeter Beamter kann mit wenigem Unterpersonal einen Waldkomplex von 3000—4000 Hektar, bei sehr extensiver und einfacher Wirtschaft (Hochgebirge, Kiefernreviere) von noch viel größerer Ausdehnung (bis ca. 10000 Hektar in Preußen) bewirtschaften, ein Verhältnis, welches im landwirtschaftlichen Betrieb unmöglich ist. Für den Verbrauch an Lohnarbeit gibt die Arbeiterversiche- rungsstatistik gute Anhaltspunkte. Dividiert man die Summe aller auf einen Betrieb entfallenden Arbeitstage durch die Zahl der Arbeitstage eines Arbeitsjahres, welche man mit 300 annehmen kann, dann erhält man als Quotient die Zahl der während des Arbeitsjahres vollbeschäftigten Arbeiter. Dividiert man weiter mit dieser Zahl in die betreffende Waldfläche, dann ergibt sich die Hektarzahl, welche einen Arbeiter während des ganzen Jahres voll beschäftigen. Auf diesem Wege findet man nun, daß in den größeren Staatsforstverwaltungen auf einen vollbeschäftigten Arbeiter 50—70 Hektar treffen. Diese Ziffer ist aber nur eine Vergleichs- größe, weil tatsächlich nur wenige Arbeiter durch ununterbrochene Arbeit im Walde ihren vollen Jahresunterhalt finden. In der Land- wirtschaft rechnet man 2—7 Hektar für die Arbeitsausnützung eines Arbeiters während eines Jahres. In den preußischen Staatsforsten wurden 1902 1592383 versicherte Ar- beiter an 10506941 Arbeitstagen beschäftigt. Diese letzteren entsprechen, das Jahr zu 300 Arbeitstagen gerechnet, 10506941 :300 — 35023 Vollarbeitern. Bei einer Waldfläche von 2558000 ha treffen somit auf einen Vollarbeiter 1) Nach Mührwold 189. 2) Bulletin de la Societe Centrale Forestiere 1894. %) Roudzky in Kovalevsky, La Russie & la fin du 19. siecle, Paris 1900, 282. 78 Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. 2558000 : 35023 = 73 ha.” In gleicher Weise berechnen sich für die Jahre 1901 65, 1899 71, 1897 73, 1895 70 ha. In den bayerischen Staatsforsten wurden 1898 41983 Arbeiter an 4410000 Arbeitstagen beschäftigt. Das ergibt 14700 vollbeschäftigte Jahres- arbeiter. Bei einer Waldfläche von 831000 ha treffen somit auf einen Voll- arbeiter 57 ha. Für die badischen Domänenwaldungen zu rund 96000 ha berechnen sich bei 540000 Arbeitstagen (1896) 1800 Vollarbeiter und auf einen der- selben 53 ha. In den braunschweigischen staatlichen Kammer- und Klosterforsten mit 82000 ha wurden von 1899—1901 durchschnittlich jährlich 4190 Arbeiter an 451560 Arbeitstagen beschäftigt. Das sind 451560 : 300 = 1505 Vollarbeiter; auf einen derselben treffen somit 54 ha. Nach der Berufsstatistik des Deutschen Reiches von 1895 waren in der Forstwirtschaft im Hauptberuf beschäftigt 4509 selbständige Erwerbstätige (Oberförster und höheres Beamtenpersonal), 17442 sonstige Verwaltungs- und Aufsichtspersonen (Förster etc.), 89975 Arbeiter 111 926 Erwerbstätige im ganzen, d.s. 0,6°/, aller Erwerbstätigen. Aber auch von diesen hatten 53215 noch einen Nebenberuf. Mit Einschluß der Angehörigen und häuslichen Dienstboten ernährte die forstliche Arbeit im ganzen 352566 Personen, d.s. 0,7°/, aller Einwohner, darunter 175196 weibliche, Mit diesen Ziffern sind natürlich die aus der Forstwirtschaft Arbeitsverdienst ziehenden Personen nicht erschöpft, da die Gewerbs- leute und Tagelöhner, welche nur kurze Zeit im Walde arbeiten, nach ihrer Hauptberufsart den andern Berufsarten zugezählt sind. Nach derselben Statistik beträgt die Zahl der im Nebenberuf forst- lich Erwerbstätigen 47410. Nach der Statistik des Reichsversicherungsamtes über die Unfallversicherung betrug die Zahl der in den staatlichen Forst- betrieben längere Zeit in Beschäftigung stehenden Angestellten und Arbeiter im Jahre 1899 228847 ausschließlich der Kulturarbeiter. Auf einen im Hauptberufe Erwerbstätigen treffen danach in der Forstwirtschaft 125 ha. Die Landwirtschaft (ausschließlich Gärtnerei) weist dagegen 8045441 Erwerbstätige im Hauptberufe auf, d.s. 42,5°/, aller Erwerbstätigen, und ernährt im ganzen 17815187 Personen, d.s. 34,4°/, aller Einwohner. Im landwirtschaftlichen Nebenberuf sind außerdem 3593349 Erwerbstätige beschäftigt. Auf einen im Haupt- beruf Erwerbstätigen treffen in der Landwirtschaft 4,3 ha. III. Arbeit. 79 Vom volkswirtschaftlichen Standpunkte züs sind auch die un- gleich höheren Arbeitsmengen in Anschlag zu bringen, die die Verarbeitung des Holzes für den Handel und die Herstellung der Holzwaren aller Art (die Holzindustrie überhaupt) absorbiert. Nach der Statistik von 1895 waren in der Berufsgruppe „Holz- und Schnitzstoffe* 647019 Erwerbstätige im Hauptberufe beschäftigt, 717012 im Haupt- und Nebenberuf. Mit Einschluß der Angehörigen und häuslichen Dienstboten ernährt dieser Beruf 1688592 Personen. Darunter sind nicht enthalten die 135863 Erwerbstätigen in der Papierindustrie, von der im ganzen 306547 Personen ernährt werden. Die größten Arbeitsmengen erfordert im forstlichen Betrieb die Gewinnung und der Transport des Holzes, weniger der Kultur- betrieb und der Wegebau. Das Maß der Arbeit, dessen die Forst- wirtschaft im Einzelfalle bedarf, ist verschieden je nach den ein- zelnen Betriebsarten. Mit Rücksicht auf die Materialnutzung ist am arbeitsintensivsten der Eichenschälwald und der Mittelwald, arbeitsextensiv der Hochwaldbetrieb mit langen Umtriebszeiten, hin- sichtlich des Kulturbetriebes ist das Verhältnis umgekehrt. Natür- liche Verjüngung im Hochwald macht den Betrieb arbeitsintensiver auch deswegen, weil das Ausrücken des Holzes aus den Schlägen schwieriger ist. Die Arbeit der Holzfäller ist schwer, einmal an sich und dann mit Rücksicht auf die Jahreszeit ihrer Betätigung. Sie fällt in die Winterszeit, wird oft durch ungünstige Witterung unterbrochen, die Arbeitsstelle wechselt sehr oft und liegt oft weitab vom Wohn- ort des Arbeiters. Daher bleibt viel Zeit auf dem Wege. Im Gebirge wird zwar das Holz im Sommer genutzt, im Winter aber erst von den Bergen heruntergeschafft, eine beschwerliche und ge- fährliche Arbeit. Die Zahl der beim Betriebe eingetretenen Todesfälle betrug in der preußischen Staatsforstverwaltung bei einer Arbeiterzahl von 148000 bis 159000: 1895 69, 1896 45, 1897 61, 1899 32, 1901 32, 1902 37. Die Gesamt- zahl der Betriebsunfälle betrug 1895 1647, 1897 1557, 1901 1835, 1902 1952. In der bayerischen Staatsforstverwaltung betrug die Zahl der Getö- teten bei einer Arbeiterzahl von 33000 bis 46000 von 1890—1901 bzw. 19, 18, 23, 22, 26, 24, 23, 18, 17, 10, 21, 21, und die Zahl der Betriebsunfälle 145—279. Die Arbeit im Walde dauert für die große Mehrzahl der Arbeiter nur wenige Wochen (sog. halbständige Arbeiter). Sie ist aber trotz- dem volkswirtschaftlich von großer Bedeutung, weil sie, wenigstens soweit die Holznutzung in Betracht kommt, auf den Winter fällt, zu welcher Zeit gerade die Arbeiterklassen, aus welcher sich die forstlichen Arbeiter rekrutieren, nämlich die landwirtschaftlichen Kleinunternehmer und die auf die Sommerarbeit angewiesenen Ge- 80 Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. werbsleute (Zimmerleute, Maurer usw.) sonst keine Lohnarbeit finden können. Bei den leichten Kulturarbeiten im Frühjahr sowie im Forst- gartenbetriebe finden viele weibliche Arbeitskräfte Beschäftigung. Da der Forstarbeiter während des Jahres der Regel nach nicht ständig von dem Waldbesitzer beschäftigt wird, besteht zwischen beiden auch nicht jenes patriarchalische Verhältnis, welches in der Landwirtschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer herrscht; namentlich fällt dort die Hausgemeinschaft weg. Ständige Beschäftigung Kann auch in einem großen Forst- betriebe nur einem kleinen Teil von Arbeitern garantiert und zu- gewiesen werden. Aber auch dieser kleine Teil ist für den Wald- besitzer von großem Nutzen als Führer und Erzieher der unständigen Arbeiter und als Hüter der Interessen des Waldbesitzers. In Elsaß-Lothringen sind in manchen Oberförstereien ständige Waldwegearbeiter mit 800—900 Mark Jahresgehalt angestellt. Die Akkordarbeit (Stücklohn) überwiegt die Taglohnarbeit (Zeitlohn). Die Holznutzung wird fast ausschließlich im Akkord- wege vorgenommen. Im allgemeinen kann man nicht sagen, daß es sich im Forst- betriebe um besonders qualifizierte, schwer zu erlernende Arbeits- leistungen handelt. Aber eine durch längere Beschäftigung er- worbene Routine kommt natürlich auch hier dem ständigen Arbeiter gegenüber dem gelegentlichen Saisonarbeiter zustatten. Ein stän- diger Arbeiterstamm trägt daher viel zur Vereinfachung und Sicher- heit der Betriebsleitung bei. Gegenüber der Landwirtschaft ist die Forstwirtschaft dadurch im Nachteil, daß die Ersetzung der menschlichen Arbeit durch Maschinenarbeit praktisch so gut wie ausgeschlossen ist. Nur beim Holztransport im bergigen Gelände und bei großen Massenanfällen in der Ebene rentieren sich kostspielige Bringungsanstalten, auch beim Kulturbetrieb können maschinelle Vorrichtungen mit Nutzen verwendet werden. Aber auch hier bleibt für die Verwendung der menschlichen Arbeit noch ein großes Feld übrig. 2. Die Arbeiterfrage. Die Löhne der forstlichen Arbeiter müssen den gegenwärtigen Lebensansprüchen angepaßt sein, wenn der Arbeiter die Waldarbeit nicht meiden soll. Während in einzelnen Gebieten der Waldbesitzer bei der Festsetzung der Arbeiterlöhne mit der Konkurrenz der Industrie und der Gewerbe zu rechnen hat und unter dem Gesetz von Angebot und Nachfrage steht, tritt er in andern Gebieten, namentlich in den den Verkehrs- und Industriemittelpunkten ent- III. Arbeit. 81 legeneren eigentlichen Waldgegenden als einziger oder wenigstens vorwiegender Arbeitgeber auf. In diesem letzteren Falle ist der Arbeiter in bezug auf seinen Einfluß bei der Lohnfestsetzung der schwächere Teil. Um so mehr sollte sich aber der Waldbesitzer seiner moralischen Verantwortung bewußt-sein, um nicht seine Monopolstellung zu einer unbilligen Drückung der Arbeitslöhne einer armen Waldbevölkerung gegenüber auszunützen. Dem Grundsatz, daß der Staat als forstlicher Arbeitgeber die Löhne nieder halten müsse, damit die Landwirtschaft in der betreffenden Gegend mit den Löhnen nicht hinaufgehen müsse, ist eine Berechtigung nicht zuzuerkennen. Soweit sich an der Hand der statistischen Nachweise über die finanziellen Ergebnisse der Staatsforsten übersehen läßt, sind in den verflossenen drei Dezennien die Arbeiterlöhne nicht im gleichen Maße in die Höhe gegangen wie die Holzpreise. Es sind von 1868—1899 gestiegen die Holzpreise die Hauerlöhne m»Preubenium ....:. ,..52%7 137, in>Bayem ım ,. .'. 4 89, Gr, in Württemberg um . . 45 „ 319, Näheres ergibt sich aus der folgenden Zusammenstellung. Die durchschnittlichen Holzzurichtungskosten und Holz- preise in den Staatsforsten von: Preußen Bayern Württemberg Baden SAN EN Teen re M. M. M. M. M. M. M. M. zw... .ı. 0,89 5,15 0,74 4,30 1,31 10,61 — 8,68 2320... . ..T 0,95 9,99 1,03 6,32 1,67 | 11,24 1,75 9,79 Be... 0,96 6,87 1,01 7,62 1,44 | 12,24 1,72 9,75 Be ,er. 01,00 8,01 1,20 8,62 1,53 | 14,68 1,92 | 11,74 Bann i.., 1.02 8,73 1,19 9,09 1,56 | 15,40 1,93 | 12,00 Ba... — 9,40 1,27 9,54 1,59 | 15,47 1,99 | 12,48 BR 2.0.00; — 8,80 1,25 | 9,70 1,64 | 15,91 2,01 | 12,37 Die Zahlen der genannten Staaten sind genau genommen nicht direkt vergleichbar, weil sich die Werbungskosten für Preußen und Bayern auf das Derb-, Reis- und Stockholz beziehen, die württembergischen und die badischen nur auf Derb- und Reisholz, die württembergischen enthalten außerdem noch die Werbungskosten für Nebennutzungen. Die durchschnittlichen Holzpreise Endres, Forstpolitik. 6 82 Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. beziehen sich für Württemberg nur auf das Derbholz, für die anderen Staaten auf die Gesamtholzmasse. Ferner ist zu berücksichtigen, daß der Wert der Naturalbezüge der Ar- beiter in diesen Zahlen nicht mit zum Ausdruck kommt, falls solche gewährt werden. Hauerlöhne für Nadelstammholz und Brennholz, sowie die mittleren Tagelöhne in den Staatsforsten von Württemberg und Baden. nl Baden Ass 7 Baden re Baden er r ker Nadel- Jahr Nadelstammholz h "18°, | Scheit- | Mittlerer Tagelohn art und E F pro Festmeter rem holz zur Hiebszeit pro Ster aba Pfennige | 1880/34... . 88 | 77 109 76 —_ 189 1885/89... . 88 | 71 111 74 _ 186 I3WNBE 2% 91 74 117 77 = 199 1804/97 228.01 92 76 121 78 177 207 TBBB. SE 93 82 123 82 180 224 1899 u. N 94 83 125 8l 184 229 2000... 2 96 87 125 84 189 229 ER - 98 90 130 88 198 242 N A 101 92 133 86 202 240 Nach den Erhebungen von Kahl und Lindenberg belief sich 1901 der Gesamtdurchschnitt der Tagelöhne im Forstbetriebe im Norden und Osten Deutschlands auf knapp 2 M., im Süden und Westen auf 2,40 M. Löhne unter 2 M. finden sich fast ausschließlich in Ost- und Westpreußen, Pommern, Brandenburg und Schlesien; bei ungünstigeren Hauungen verdienen tüchtige Waldarbeiter wöchentlich nur 4—6 M., im günstigsten Falle das Doppelte und durchschnittlich rund 1 M. pro Tag! In Hannover, Westfalen, auch Thüringen gehen die Löhne bis 3,50 M., in Sachsen, Hessen-Darmstadt, Baden, Elsaß-Lothringen und einigen Teilen der Pfalz bis auf 4 M.!) Ein Mangel an Arbeitskräften?) macht sich auch in der Forst- wirtschaft an vielen Orten, namentlich im Gebiete der Industrie- !) Bericht über 2. Hauptvers. des Deutschen Forstvereins zu Regensburg 1901, S. 72 u. 52. ®) Das Folgende ist zum Teil wörtlich den Referaten der Herren Geh, Kammerrat Lindenberg-Braunschweig und Forstrat Kahl-Kolmar, gehalten auf der 2. Hauptversammlung des Deutschen Forstvereins zu Regensburg im Jahre 1901, entnommen. Vgl. Bericht usw. Berlin 1902, S. 33 ff. — Ferner zu vgl. die Verhandlungen des Schlesischen Forstvereins und des Elsaß-Lothrin- gischen Forstvereins vom Jahre 1901, dann die der deutschen Forstmänner- versammlung zu Koburg 1882, Aachen 1837, Stettin 1892. III. Arbeit. 83 zentren, in der Nähe der großen Städte und der Seehäfen geltend. Auch in Gegenden des bäuerlichen Hofsystems, wie überhaupt im Gebiete der mehr großbäuerlichen Wirtschaft, fehlt es an forst- lichen Arbeitskräften (z. B. bayerisches Allgäu). Arbeitermangel hat empfindliche Betriebsstörungen im Gefolge. Derselbe ist aber in der Forstwirtschaft immerhin weniger fühlbar wie in der Land- wirtschaft, weil die Forstwirtschaft überhaupt weniger Arbeits- kräfte nötig hat, die Holznutzung im Notfalle während des ganzen Jahres vorgenommen werden kann, regelmäßig aber mit Ausnahme der Gebirgswaldungen in den Winter fällt, in welcher Jahreszeit viele Arbeitskräfte frei werden. Besonders mißlich ist der Arbeiter- mangel im Frühjahr in der Zeit der Kulturen, weil gerade da die Landwirtschaft alle verfügbaren Arbeitskräfte in Anspruch nimmt. Aus dem gleichen Grunde sind auch oft im Sommer für die in dieser Jahreszeit meist auszuführenden Reinigungs- und Durch- forstungshiebe nur schwer Arbeitskräfte zu gewinnen. Unter den Mitteln zur Beseitigung des Arbeitermangels steht in erster Linie die Gewährung von ausreichenden Löhnen. Es ist nicht zu bezweifeln, daß in dieser Richtung manche Waldbesitzer sich einer über das billige Maß hinausgehenden Zurückhaltung be- fleißigen. Auch einzelne Staatsforstverwaltungen und Organe der- selben sind von diesem Vorwurfe nicht freizusprechen. Je nach Örtlichkeit, Zeitumständen und Gelegenheit sind zur Gewinnung der nötigen Arbeitskräfte auch folgende Maßnahmen in Betracht zu ziehen: a) Die Ausdehnung der Krankenversicherung auch auf die forst- lichen Arbeiter in den Staaten, wo dies bisher nicht geschehen ist. b) Die Unterstützung der Arbeiter in außerordentlichen Not- fällen und Gewährung außergesetzlicher Alters- und Invaliden- unterstützungen an ständige Waldarbeiter nach längerer Dienstzeit und Unterstützungen an deren Hinterbliebene. e) Erbauung von geräumigen, gesunden Unterkunftshütten im Walde. Auch transportable Bretterhäuser und Zelte bilden eine zweckmäßige Aushilfe. Zur unbedingten Notwendigkeit wird die Errichtung solcher Unterkunftsräume im Walde, wenn Arbeiter aus fremden und weitab gelegenen Gegenden eingestellt werden müssen. In den braunschweigischen Staatsforsten sind Waldarbeiter-Logierhäuser mit getrennten Räumen zum Schlafen und Trocknen der Kleider errichtet, ebenso in den staatlichen Forsten einiger preußischer Bezirke (Hildesheim, Trier), dann im Frankfurter Stadtwald. Allgemein existieren solche Block- häuser im bayerischen Gebirge. Im badischen Domänenwald Hagenschieß bei Pforzheim wurden von 1892—1901 drei Holzhauerhäuser für je 20—25 Mann mit einem Kostenauf« 6* 84 Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. wand von 2200—4500 M. errichtet; auch in der lothringischen Oberförsterei Moyeuyre bci Diedenhofen ein massives Steinhaus, d) Zuweisung von Naturalnutzungen an Brennholz, Gräserei, Streu und Weide und Zuteilung von Pachtgrundstücken. Diese von den Arbeitern hochgeschätzten, für den Waldbesitzer meist wertlosen Naturalbezüge wurden in neuerer Zeit von vielen Staats- forstverwaltungen zu Unrecht und zu ihrem eigenen Nachteil ab- geschafft. e) Beschaffung von Arbeiterwohnhäusern. Hierbei können ver- schiedene Wege eingeschlagen werden. «) Erbauung auf Kosten der Waldeigentümer und mietweise Überlassung an die Forstarbeiter zugleich mit etwas Pachtland (höchstens 1'/, ha). Dieses System ist zwar das kostspieligste für den Waldbesitzer, aber immerhin das empfehlenswerteste, weil der- selbe Herr über sein Eigentum und über seine Arbeiter bleibt. Auch die Erwerbung kleinerer verkäuflich gewordener Anwesen durch den Waldbesitzer und die Vermietung und Verpachtung an die Waldarbeiter kommen hier in Betracht. f) Gewährung von Bauprämien oder von geringverzinslichen und amortisationspflichtigen Darlehen an ständige oder auch halb- ständige Forstarbeiter. Die Einräumung von forstfiskalischem Bau- grund wird zwar die Arbeiter zum Bau von Wohnhäusern aneifern, aber es ergeben sich für den Waldeigentümer Schwierigkeiten, wenn der Hausbesitzer oder sein Nachfolger im Besitze auf die Mitarbeit im Walde verzichtet. Auf alle Fälle sollte sich der Waldbesitzer für diesen Fall das Ankaufsrecht bzw. Vorkaufsrecht des Hauses sichern oder von vornherein den Baugrund nur im Erbbaurecht einräumen. In vielen Waldgebirgen wurden in den vergangenen Jahrhunderten von den Landesherren eigene Waldarbeiterkolonien im Walde gegründet. Allge- mein bekannt ist z. B. das Walddorf Herrenwies im badischen Schwarzwalde, Um die dortigen Tannenwaldungen nutzbar zu machen, wurde um die Mitte des 18. Jahrhunderts die Holzhauerei und Verflößung des Holzes auf der Murg auf 25 Jahre an Ansiedler vergeben. Dieselben erhielten bis zu 1'/, ha Rode- land und das Recht der Errichtung eines Wohnhauses gegen Grundzins, Dieses Verhältnis besteht heute noch. Die Besitzer der Zinsgüter dürfen ihr Nutzungsrecht veräußern und mit Hypotheken belasten. Gelangen solche Zinsgüter infolge Verschuldung zur Veräußerung, dann kauft sie der Fiskus und verpachtet sie an Waldarbeiter. Zurzeit wohnen in der Kolonie 5 Forst- warte, 6 Wegewarte und 70 Holzhauer (Kahl S. 69). Förmliche Neuansiedelungen von Waldarbeitern wurden auch in neuerer Zeit versucht. Im sächsischen Voigtlande mißglückte der Versuch, böhmische Arbeiter- familien im Walde seßhaft zu machen, weil diese den Religionsunterschied störend empfanden und über zu teuere Lebenshaltung klagten. Bessere Er- folge sind in den königlich sächsischen Revieren Breitenbrunn, Oberwiesen- IV. Die Wirtschaftssysteme (Umtriebszeiten). 85 thal und Plauen zu verzeichnen. Ursprünglich hat der Fiskus seinen Arbeitern Baugelder von ca. 2400 M. zu 3!/,°/, verzinslich und zu 2!/,/, amortisierbar vorgeschossen. Solche Häuser sind aber trotz dem ausbedungenen Vorkauis- rechte manchmal bald in andere Hände gelangt, daher wurden im Jahre 1900 zwei geräumige Zweifamilienhäuser auf Staatskosten zu je 15000 M. erbaut und an Waldarbeiter vermietet. Der Mietzins deckt jedoch nur die Unter- haltungskosten (Kahl S. 70). Auf herzoglich braunschweigischen Domänen wurden seit 1890 einstöckige Häuser für 2 oder 4 Familien mit 240 Arbeiterwohnungen gebaut; der Kosten- aufwand stellt sich auf 3500—4000 M. für jede Wohnung. Neuerdings für Forstarbeiter errichtete Wohnungen haben wegen hoher Transportkosten für die Baumaterialien und besserer Ausstattung bis 7000 M. gekostet (Linden- berg S. 50). In einigen herrschaftlichen Privatwaldungen im Beg.-Bez. Düsseldorf werden Haus und Ländereien an Waldarbeiter vermietet. In der königl. preußischen Oberförsterei Hiesfeld (Reg.-Bez. Düsseldorf) wurden den Kolonisten 1500 M. Darlehen zu 3°/, Zins und 1°/, Amortisation gegeben und 2 ha Rodeland gegen mäßigen Pacht zugewiesen. In ganz Preußen gibt es zurzeit mindestens 300 Waldarbeiterwohnhäuser für 600 Familien, in Bayern 240 Häuser. f) Der Eintritt der Forstarbeiter in die Darlehenskassenvereine, Konsumvereine wird wohl am besten ihrer privaten Initiative zu überlassen sein. Aber immerhin kann der Waldbesitzer durch entsprechende Beratung und Vermittlung die Arbeiterschaft an sich ziehen. IV. Die Wirtschaftssysteme (Umtriebszeiten). Die erschöpfende dogmatische Darstellung der Wirtschaftssysteme ist Aufgabe der Waldwertrechnung und forstlichen Statik.') Im Rahmen dieses Handbuches kann dieselbe schon deswegen nicht er- folgen, weil der hierzu notwendige mathematische Apparat nicht verfügbar ist. In den folgenden Erörterungen können und sollen daher nur die leitenden Gesichtspunkte zusammengestellt werden. 1. Bodenreinertragswirtschaft und Waldreinertragswirtschaft. Geht man von einer !im jährlichen nachhaltigen Nutzungsbe- trieb stehenden sog. normalen Betriebsklasse aus, d. i. eine Wald- fläche, auf der alle Altersstufen, von der einjährigen bis zur u-jährigen (u—=Umtriebszeit), mit gleichen Flächenanteilen bei gleicher Bodenqualität vertreten sind und für welche ein jährlich gleichgroßer Nutzungssatz (Etat) festgelegt ist, dann repräsentieren der Bodenwert und der Wert des vorhandenen (normalen) Holzvor- !) Vgl. Endres, Lehrbuch der Waldwertrechnung und Forststatik. Berlin 1895. 86 Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. rates das Waldkapital. Beide Wertobjekte sind selbständige Ein- kommensquellen des Waldbesitzers.. Um den Betrag des Holz- vorratskapitals ist dieser auch reicher als der Besitzer einer land- wirtschaftlich benutzten Bodenfläche, welche die gleiche Ausdeh- nung und Qualität hat wie der Boden der forstlichen Betriebsklasse. In dem um die laufenden baren Betriebskosten (Kultur- und Ver- waltungskosten) entlasteten Geldbetrag, d.i. die Waldrente oder der Waldreinertrag, welchen der Waldbesitzer jährlich aus dem Walde bezieht, sind die beiden Einkommensarten Bodenrente und Holzkapitalzins enthalten, ohne daß man sofort erkennen kann, wie- viel hiervon auf den einen oder anderen Einkommenszweig trifft. a) Die sog. Waldreinertragswirtschaft stellt nun grund- sätzlich darüber keine Untersuchung an, sondern nimmt das jähr- liche Einkommen aus dem Walde als Ganzes und richtet den Be- trieb, d. h. die Umtriebszeit, so ein, daß die jährliche Bareinnahme des Waldbesitzers das Maximum des Erreichbaren darstellt, ohne Rücksicht darauf, ob dadurch das Boden- und Holzvorratskapital voll oder nur teilweise verzinst wird. Sie nutzt daher die Bestände in dem Zeitpunkt, für welchen sich nach arithmetischem Durch- schnitt der höchste jährliche Geldertrag für die Flächeneinheit (Hektar) berechnet, abzüglich der jährlichen laufenden Ausgaben für Verwaltung und Kultur. Zinsen und Zinseszinsen für Einnahmen und Ausgaben, die zu verschiedenen Zeiten fällig werden, bringt die Waldreinertragswirtschaft grundsätzlich nicht in Anrechnung, da sie nur mit arithmetischen Durchschnittsbeträgen operiert. Die sich bei dem System der Waldreinertragswirtschaft er- gebenden Umtriebszeiten bewegen sich der Regel nach zwischen 120 und 160 Jahren und auch noch darüber. Die Bodenreinertragswirtschaft erhält aus der im jähr- lichen Nachhaltsbetrieb bewirtschafteten Betriebsklasse ebenfalls einen Waldreinertrag. Sie nimmt denselben aber nicht unbesehen hin und ist nicht damit zufrieden, daß dieser Waldreinertrag an sich ein absolutes Maximum ist, sondern sie untersucht, ob die in dem Waldreinertrag enthaltene Bodenrente ein Maximum dar- stellt. Sie geht von dem Grundsatze aus, daß der ökonomische Effekt einer Bodenwirtschaft nur in der Höhe der Bodenrente oder des Bodenreinertrages zum richtigen und meßbaren Ausdruck kommt und erstrebt demnach vom Waldboden die größte Rente. Zu die- sem Behufe wird der Bodenertragswert mit einem bestimmten Wirtschaftszinsfuß für verschiedene Umtriebszeiten berechnet und der wirkliche Umtrieb auf jenes Jahr (Jahrzehnt) verlegt, für welches sich der höchste Bodenertragswert ergibt. Diese Umtriebs- zeit heißt auch die finanzielle. Die Bodenreinertragswirtschaft IV. Die Wirtschaftssysteme (Umtriebszeiten). 87 rechnet mit Zinseszinsen, indem sie die zu verschiedenen Zeiten fällig werdenden Einnahmen und Ausgaben auf die Gegenwart diskontiert. Die Umtriebszeiten der Bodenreinertragswirtschaft sind kürzer als die der Waldreinertragswirtschaft. Unter normalen Wald- und Absatzverhältnissen berechnen sich mit einem Wirtschaftszinsfuß von 3°/, für die Nadelholzbestände Umtriebe von 70—90 Jahren, mit 2°), werden dieselben um 10—25 Jahre höher. Für die ge- ringwüchsigen Bestände ist die Umtriebszeit höher wie für die gut- wüchsigen. b) Indem die Bodenreinertragswirtschaft den Umtrieb auf jenes Bestandsalter verlegt, in welchem der Bodenertragswert seinen Höchstbetrag erreicht, erzielt sie zugleich den Vorteil, daß die jähr- liche Waldrente die volle Verzinsung des Boden- und Holzvorrats- kapitals auf Grund des der Rechnung unterstellten d. h. gefor- derten Wirtschaftszinsfußes darstellt. Die Größe des Holzvorrats- kapitales steht bei der Bodenreinertragswirtschaft in einem finan- ziellen Gleichgewichtsverhältnis zu der jährlich anfallenden Wald- rente. Die Bodenreinertragswirtschaft duldet grundsätzlich keinen Bestand im Walde, dessen Wertszuwachs dauernd kleiner ist als die zu seiner Erzeugung aufzuwendenden Kosten oder mit anderen Worten, sie nutzt jeden Bestand, wenn er den Produktionsaufwand nicht mehr voll verzinst. Anders bei der Waldreinertragswirtschaft. Um ihr Ziel, die jährliche Waldrente auf dem absoluten höchstmöglichen Satz zu halten, erreichen zu können, gelangt sie zu sehr hohen Umtriebs- zeiten und zur Aufstapelung eines durch die hohe Umtriebszeit be- dingten sehr großen Holzvorrates. Ein großer Teil desselben, be- stehend aus den ältesten Beständen, welche das finanzielle Abtriebs- alter bereits überschritten haben, ist bis zu einem gewissen Grade ein totes Kapital, weil dieselben nicht mehr so viel jährlichen Wert- zuwachs anlegen, daß dadurch der Produktionsaufwand voll ver- zinst wird. Diese „faulen Gesellen“, wie sie Preßler nannte, drücken durch ihre finanzielle Unterbilanz das durchschnittliche Verzinsungsprozent des ganzen Waldes unter jenen Wirtschaftszins- fuß wesentlich herab, den der Waldbesitzer je nach Lage der Ver- hältnisse sich erwirtschaften könnte. Die Waldreinertragswirtschaft hat mehr Holzkapital im Walde angehäuft als die Bodenreinertragswirtschaft und hat aus dem Walde selbst auch höhere jährliche Einnahmen als diese. Aber diese höheren jährlichen Einnahmen genügen nicht, um das große Holzvorratskapital voll zu verzinsen. Wenn die volle Verzinsung vorhanden sein sollte, müßte die Waldrente noch viel höher sein 88 Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. als sie tatsächlich ist. Eine Steigerung der Waldrente über das durch Einhaltung der Umtriebszeit der Waldreinertragswirtschaft gegebene Maß hinaus ist aber eine technische und wirtschaftliche Unmöglichkeit. Die Bodenreinertragswirtschaft erzielt kleinere jährliche Ein- nahmen aus dem gegebenen Walde als die Waldreinertragswirt- schaft. Sie hat aber auch weniger Holzkapital nötig und eben ge- rade nur so viel, als nach Maßgabe der geforderten Verzinsung der jährlichen Waldrente entspricht. Das Verhältnis zwischen beiden Systemen kann man sich durch folgen- den Vergleich klar machen. Ein Kapitalist kauft sich einen Bauplatz um 20000 M. und baut darauf ein zweistöckiges Haus um 80000 M. Durch Ver- mietung des Hauses erzielt er eine jährliche reine Einnahme von 4000 M., welche der von ihm geforderten Verzinsung von 4°/, entspricht. Von der Einnahme treffen 800 M. auf das Bauplatzkapital und 3200 M. auf das Ge- bäudekapital (Bodenreinertragswirtschaft). Er entschließt sich nun, ein neues drittes Stockwerk aufzubauen mit einem Kostenaufwand von 30000 M. Der Gesamtwert des vergrößerten Hauses ist somit 130000 M. Die Vermietung des dritten Stockwerkes bringt ihm aber nicht, wie er gehofft hatte, 1200 M. jährliche Miete, sondern nur 600 M., so daß er im ganzen 4000 + 600 = 4600 M. jährliche reine Rente erzielt und damit eine Verzinsung seines Anlage- kapitals von nur (4600 : 130000) 100 — 3,54 °/, anstatt 4 /,. Dieses dritte Stock- werk entspricht dem Teil des Holzvorrates der Wealdreinertragswirtschaft, welcher durch die auf diesen Teil treffende Einnahme nicht mehr voll ver- zinst wird. Das zweistöckige Haus gewährt jährlich nur 4000 M. Einnahme, aber die verlangte 4°/, Verzinsung des Anlagekapitals von 100000 M. (Boden- reinertragswirtschaft), das dreistöckige Haus 4600 M. jährliche Einnahme, aber nur eine Verzinsung von 3,54°/, des Anlagekapitals von 130000 M. (Wald- reinertragswirtschaft). ce) Geht der Waldbesitzer von der höheren Umtriebszeit der Waldreinertragswirtschaft auf die niedrigere der Bodenreinertrags- wirtschaft herab, so kann er alle sich schlecht verzinsenden Be- stände nutzen, d. h. diesen Teil des Holzvorratskapitales aus dem Walde herausziehen. Kauft er sich um den Betrag des so flüssig gemachten Holzvorratskapitales einen neuen Wald oder legt er denselben sonst vollverzinslich an, dann erzielt er eine höhere Ge- samteinnahme durch die Bodenreinertragswirtschaft wie durch die Waldreinertragswirtschaft. — Die Nutzung des Vorratsüberschusses kann natürlich schon aus technischen Gründen nicht plötzlich, son- dern nur allmählich erfolgen. d) Die Erwirtschaftung der höchsten Bodenrente und die damit Hand in Hand gehende volle Verzinsung des gesamten Produktions- kapitales bildet den Inhalt der Bodenreinertragswirtschaft. Daß diese Grundsätze in der heutigen Geld- und Kreditwirtschaft vom privat- und volkswirtschaftlichen Standpunkte aus die allein rich- tigen sind, kann niemand mehr ernstlich bestreiten. Sie sollten IV. Die Wirtschaftssysteme (Umtriebszeiten). 89 daher die allgemeine Grundlage und den Zielpunkt eines jeden forstlichen Betriebes bilden und nur dann modifiziert werden, wenn zwingende Gründe hierfür sprechen. Solche sind dann von selbst gegeben, wenn der Wald dem Verkehr nicht aufgeschlossen, mit Berechtigungen überlastet, durch Schutzwaldgesetze der gewinn- bringendsten Ausnutzung entzogen ist, aus ästhetischen oder sonstigen Gründen (Jagd) parkartig bewirtschaftet werden soll usw. Diese erwerbsunfähigen Waldungen werden immer nur in rein okku- patorischer Form bewirtschaftet werden können. e) Man hat gegen die Bodenreinertragswirtschaft den Einwand erhoben, daß die zu ihrer Durchführung notwendigen Rechnungs- grundlagen mit genügender Sicherheit nicht festgelegt werden könnten. Falls dieser Einwand berechtigt wäre, trifft er die Wald- reinertragswirtschaft im gleichen Grade wie die Bodenreinertrags- wirtschaft. Denn die Rechnungsgrößen sind für beide Systeme dieselben. In einem geordneten Forstbetriebe mit genauer Buch- führung ergeben sich übrigens die Rechnungsgrundlagen ganz von selbst. Einen Hauptangriffspunkt bildet für die Gegner der Boden- reinertragstheorie die Frage nach der Höhe des Zinsfußes. Hoher Zinsfuß gibt kleine Bodenwerte und kurze Umtriebszeiten, niederer Zinsfuß hohe Bodenwerte und lange Umtriebszeiten. Die Wahl des Zinsfußes ist daher für die Gestaltung der Wirtschaft von ein- schneidender Bedeutung. Der nächstliegende Gedanke wäre, den Wirtschaftszinsfuß aus den finanziellen Ergebnissen der Forstwirt- schaft selbst abzuleiten. Dies ist aber nicht tunlich, weil der Wirt- schaftserfolg nicht bloß von den die Rentabilität eines bestimmten Waldes bedingenden äußeren Verhältnissen abhängig ist, sondern vor allem von der persönlichen Initiative des Waldbesitzers. Ferner kommt der Umstand in Betracht, daß sich beim Waldbesitz kein sog. gemeiner Wert (Verkehrswert) herausgebildet hat, der die Grundlage für die Berechnung des Wirtschaftszinsfußes bilden könnte. Diese Tatsache kommt auch in den modernen Vermögens- steuergesetzen zum Ausdruck. Der Waldwert läßt sich fast aus- schließlich nur als Ertragswert auf Grund eines vorausgenommenen Zinsfußes bestimmen. Daraus folgt, daß man den forstlichen Zins- fuß lediglich durch Abstraktion aus den Gesamtverhältnissen der Forstwirtschaft ableiten kann. Auf diesem Wege gelangt man zu dem Resultat, daß sich in größeren Betrieben ein höheres Verzin- sungsprozent als 3°/, nicht erreichen läßt. In der sächsischen Staatsforstwirtschaft wird jährlich die Verzinsung des gesamten Waldkapitals auf Grund der jährlichen Reineinnahme berechnet. Selbst in dieser hochentwickelten und unter den denkbar günstigsten wu ° Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. Verhältnissen arbeitenden Forstwirtschaft erreichte das durchschnitt- liche Verzinsungsprozent noch niemals den vom Einzelbestand ge- forderten Zinsfuß von 3 °/, (1864/73 2,59 °/,, 1874/83 2,57, 1884/93 2,44, 1895 2,28, 1900 2,68, 1901 2,31, 1902 2,10. Man kann daher sagen, daß der forstliche Zinsfuß sich in den Grenzen von 2—3°/, bewegt. Wer Waldwirtschaft treiben will, muß sich damit abfinden. Ein Wirtschaftszinsfuß von 2 °/, gestattet forsttechnisch die größte Beweglichkeit und ist allen technischen und handels- politischen Anforderungen gewachsen. Einfach deswegen nicht zu rechnen, weil der Zinsfuß wirt- schaftlich nicht fixiert werden kann, ist in der heutigen Kredit- wirtschaft ein unhaltbarer Standpunkt. Jede Wirtschaft, auch der Industriebetrieb, muß mit den Schwankungen des Zinsfußes rechnen; ganz rein läßt sich derselbe überhaupt nicht darstellen, da Affek- tionswerte, Assekuranzprämien usw. denselben immer beeinflussen. Die Waldwirtschaft kann und muß mit einem niederen Zinsfuß als dem landesüblichen rechnen, weil der Wald eine sehr sichere Ka- pitalanlage bildet, der Wert der Waldprodukte stets steigt, nament- lich innerhalb der langen Verzinsungszeiträume, und das Geld mit steigender Kultur immer billiger wird. Außerdem kommt noch in Betracht, daß während der langen Verzinsungszeiträume Kapital- werte von der Höhe der Waldkapitalien auch bei sonstiger ver- zinslicher Anlage in Wertpapieren, Industrien usw. stets Verluste an Kapitalteilen und Zinsen erleiden. — Die Festsetzung der nu- merischen Größe des forstlichen Wirtschaftszinsfußes innerhalb der möglichen Grenzen ist lediglich ein Willensakt des Waldbesitzers. f) Die grundlegenden Ideen der Bodenreinertragswirtschaft wurden schon von Hundeshagen, König und Pfeil ausgesprochen. Gestalt und Form erhielten sie aber erst durch den Professor an der Forstakademie Tharandt, M. R. Preßler, der im Jahre 1858 durch seine kleine, aber inhaltsreiche Schrift: „Der rationelle Wald- wirt und sein Waldbau des höchsten Ertrages“ sowie durch seine folgenden ‚Schriften das System der Bodenreinertragswirtschaft auf die Tagesordnung der forstlichliterarischen Verhandlungen brachte, Die Zeit war hierfür reif. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts war der Zustand der meisten Waldungen, auch der Staatswaldungen, ein sehr schlechter. Als dann von den 20er Jahren ab ordentliche Wirtschaftspläne aufgestellt wurden, war es naheliegend, die Ab- nutzungssätze möglichst niedrig zu greifen, um möglichst bald zu einer normalen Bestockung zu kommen. Außerdem aber war man sich über die wirklichen Massenzuwachsleistungen des Waldes noch völlig im unklaren. Über diese Unsicherheit half man sich eben- falls durch eine sehr vorsichtige, konservative Wirtschaft, d. h. IV. Die Wirtschaftssysteme (Umtriebszeiten). 91 durch eine geringe Abnutzung hinweg. Ferner kam hinzu, daß das Ziel der Wirtschaft an sich auf die Erziehung von Starkholz und hohe Umtriebszeiten gerichtet war. Durch die bessere Kultur und Pflege der Waldungen hob sich die Massenproduktion sehr bald und die Folge war, daß die an sich hohen Abtriebszeiten sich von selbst immer noch mehr verlängerten. Denn wenn man weniger nutzt als zuwächst, geht die Abtriebszeit in die Höhe. In den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts waren Umtriebe von 150 Jahren und darüber in den staatlichen Nadelholz- und Buchenrevieren nahezu Regel. Gegen dieses sinnlose Übermaß zogen Preßler und die vielen bedeutenden Männer, die ihm bald folgten, mit Erfolg zu Feld. Die Folge ist, daß zurzeit auch jene Staatsforstverwal- tungen, die prinzipiell das System der Bodenreinertragswirtschaft für die Staatsforsten für nicht geeignet halten, derselben doch tat- sächlich näher stehen als sie glauben. Denn die jetzigen Umtriebs- zeiten neigen viel mehr der Bodenreinertragswirtschaft als der Waldreinertragswirtschaft zu, soweit sie ohnehin mit ersterer nicht schon ganz übereinstimmen. Die Bezeichnung Waldreinertragswirt- schaft bedeutet heutzutage mehr ein Schlagwort als ein System. Denn nicht eine einzige Staatsforstverwaltung berechnet die Um- triebszeiten derselben und legt sie der Wirtschaft wirklich zu- grunde. Hohe Umtriebszeiten bringen nicht bloß dadurch direkte finan- zielle Verluste, daß der Wertszuwachs der alten, ausnahmsweise noch normal bestockten Bestände die Zinsen des Produktionskapi- tales nicht mehr aufwiegt, sondern vorwiegend auch dadurch, daß alte Bestände einen großen Wertsentgang durch Fäulnis, Gipfel- dürre, Sturm usw. erleiden und nur schwer künstlich und natürlich zu verjüngen sind. Volkswirtschaftlich kommt in Betracht, daß die durchschnitt- liche Massenproduktion bei hohen Umtriebszeiten viel geringer ist als bei niedrigeren. Unter Zugrundelegung der Kiefernertragstafel von Weise ergibt sich z. B. für normale Kiefernbestände III. Bo- nität für den 90jährigen Bestand ein Durchschnittszuwachs (Haupt- bestand) von 4,12 fm pro Jahr und Hektar, für den 120jährigen ein solcher von 3,50 fm. Das heißt: In einem 1000 ha großen normalen Kiefernwald können (unter Außerachtlassung der Durch- forstungserträge) bei 90jährigem Umtrieb jährlich 4120 fm, bei 120jährigem nur 3500 fm genutzt werden. Der Ausfall an Holz- masse beträgt also bei der 120jährigen Umtriebszeit jährlich 620 fm—15 °|,. Wenn man erwägt, daß das Deutsche Reich im Jahre 1904 10 Mill. Festmeter Nutzholz für 211 Mill. Mark aus dem Auslande 92 Die Produktionsfaktoren der Waldwirtschaft. mehr eingeführt hat, so kommt es einer Verschwendung des Na- tionalvermögens gleich, wenn Umtriebszeiten gewählt werden, die nicht nur in finanzieller Beziehung, sondern auch in bezug auf die Holzmassenproduktion eine Unterbilanz aufweisen. Die hohen Umtriebszeiten des Nadelholzes haben sich auch dadurch überlebt, daß das sehr starke Holz in größeren Massen nur sehr schwer und nur um relativ niedrige Preise absetzbar ist. Die Bodenreinertragswirtschaft ist seit 1867 in den sächsischen Staatsforsten durchgeführt und hat hier, begünstigt durch vorzüg- liche Absatzverhältnisse und durch das Vorherrschen der renta- belsten Holzart, der Fichte, sehr befriedigende Resultate aufzu- weisen. Auch für die österreichischen Staatsforste wurde sie in neuerer Zeit zum Wirtschaftsprinzip erhoben. In größere Privat- forste hat sie, namentlich in Preußen, schon längst Eingang ge- funden. 2. Sonstige Systeme. Die übrigen in der Literatur noch angeführten Wirtschaftssysteme haben gegenwärtig kaum mehr als historisches Interesse. Die auf Erzeugung der größten Masse gerichtete Wirtschaft nutzt den Bestand in dem Zeitpunkt, in welchem der jährliche Durchschnittszuwachs sein Maximum erreicht — Um- triebszeit des größten Massenertrages. Solange die Ertragsverhält-‘ nisse der einzelnen Holzarten noch nicht wissenschaftlich festgestellt waren, vermutete man den Eintritt dieses Zeitpunktes erst im sehr hohen Bestands- alter und glaubte somit die größte Holzmasse auf gegebener Fläche durch hohe Umtriebszeiten zu erzielen. Die neueren Ertragstafeln dagegen konsta- tierten, daß die Kulmination des durchschnittlichen Zuwachses um so früher eintritt, je besser der Standort ist, und zwar auf den besten Bonitäten so früh, daß die darauf fußenden Umtriebszeiten oft noch niedriger werden als die sog. finanziellen, mit hohem Zinsfuß berechneten. Der Grundsatz, auf kleinster Fläche möglichst viel Holzmasse zu erzeugen ohne Rücksicht auf Geldwert und Produktionskosten, hatte noch zu jenen Zeiten eine gewisse Berechtigung, in welcher die Brennholzzucht gleichwertig mit der Nutzholzerzeugung ge- schätzt wurde. In der heutigen Geld- und Kreditwirtschaft ist dagegen nicht der Massenzuwachs, sondern die Größe des Wertszuwachses des Bestandes im Vergleich zu dessen Kosten der maßgebende wirtschaftliche Faktor und die Umtriebszeit des größten Massenertrages ein unzeitgemäßes, auch von nieman- dem mehr ernstlich angestrebtes Wirtschaftsideal. Durch die sog. physische oder physikalische Umtriebszeit soll das „reifste* Holz genützt werden, ein Begriff, der sich physiologisch nicht fest- stellen läßt, die sog. technische Umtriebszeit war auf den Plenterwald be- rechnet. ig Drittes Kapitel. Die Holzerträge. I. Die normale Massenerzeugung des Einzel- bestandes. Der Holzertrag der einzelnen Bestände ist für den gleichen Zeitraum verschieden nach der Holzart und der Fruchtbarkeit des Bodens. Gewöhnlich wird letztere nach fünf Abstufungen, — DBonitäten, Bonitätsklassen oder Standortsgüten genannt, qualifiziert und zwar in der Weise, daß der ersten „Bonität die für die betreffende Holzart möglichen höchsten Zuwachsleistungen an Masse und Höhe zukommen, der fünften die geringsten. Diese fünfte Bonitätsklasse bildet zugleich die Grenze zwischen Waldboden und solchen Standorten, welche einen „Wald“ nicht mehr zu tragen vermögen, sondern nur einzelne Sträucher und Bäume mit krüppelhaftem Wuchs. Da aber der Anspruch der einzelnen Holzarten an die Güte des Standorts ein sehr ver- schiedener ist, so folgt daraus, daß der Maßstab für die Bonitätsabstufungen für jede Holzart ein anderer sein muß; ein Kiefernboden erster Bonität ist z.B. in den seltensten Fällen auch Fichten- oder Tannenboden derselben Bo- nität, sondern für diese anspruchsvolleren Holzarten vielleicht nur Boden zweiter Standortsgüte. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die größere oder geringere Fruchtbarkeit des Bodens in ursächlichem Zusammenhang steht mit der Intensität des Höhenwuchses der Bäume, und deshalb bilden die Baum- höhen den besten „Bonitätsweiser*. Über den Zuwachsgang eines Bestandes geben die Ertragstafeln Auf- schluß. Dieselben sind tabellarische Übersichten, in welchen unter der Vor- aussetzung normaler Entwicklung und Bestockung für die verschiedenen Alter desselben Bestandes die Masse, der Zuwachs und die massebildenden Faktoren pro Hektar niedergelegt sind. Sie sind also eigentliche Bestands- ' biographieen und werden für jede Holzart und innerhalb derselben für jede Bonität besonders aufgestellt, unter Umständen auch mit Ausscheidung von Wuchsgebieten. Das zur Aufstellung solcher Tafeln nötige Grundlagenmaterial wird auf Probeflächen erhoben, die in geschlossenen und normal bestockten Beständen angelegt werden. Da diese normalen Verhältnisse im eigentlichen Wirtschafts- walde sich fast nie vorfinden, so müssen die in den Ertragstafeln enthaltenen Angaben für den praktischen Gebrauch auf die lokalen Ertragssätze reduziert werden. 94 Die Holzerträge. Der Massenertrag der einzelnen Holzarten ist ein sehr verschiedener. Nehmen wir ein Bestandsalter von 100 Jahren an, dann ist in diesem Zeit- punkt der gesamte Holzgehalt (Derb- und Reisholz) pro Hektar bei der Bonität I II III 37 Y Festmeter Kiefer (nach Weise) . . . 660 514 404 320 250 Fichte (nach Lorey) . . .1153 91 739 569 400 Tanne (nach Lorey) . . . 1234 1007 789 604 — Buche (nach Baur) . . . 745 625 489 371 249 Dividiertt man diese Erträge durch 100, dann erhält man den durch- schnittlich jährlichen Haubarkeits- oder Abtriebsertrag (Abnutzungssatz) für die 100jährige Umtriebszeit pro Hektar. Nicht inbegriffen sind die Erträge, welche der Bestand vor dem 100. Jahre durch die Vornahme von Durchforstungshieben geliefert hat (Durchforstungs- erträge, Zwischennutzungen). Dieselben sind sehr beträchtlich und machen bis zu 50°/, und mehr von der Masse des Abtriebsertrages (Hauptnutzung) aus. Von den angegebenen Gesamtholzmassen treffen auf das Reisholz folgende Prozente: Bonität 1 II III ER V Raster Ku. FA 8 10 14 _ — Buchtas te a NE 9 10 11 16 20 Darnet in... Sur + 13 14 16 — Buche ou nu a mE 515 15 15 15 12 Aus der vorigen Tabelle ist ersichtlich, daß die Tanne und Fichte an Massenproduktion das meiste leisten; dann folgt die Buche, die aber viel Reisholz aufweist, und die geringste Massenerzeugung hat die Kiefer. Man unterscheidet: a) In Bezug auf die Baumteile., l. Derbholz ist die oberirdische Holzmasse über 7 em Durchmesser einschließlich der Rinde gemessen, mit Ausschluß des bei der Fällung am Stocke bleibenden Schaftholzes. 2. Nicht-Derbholz ist die übrige Holzmasse, welche zerfällt in: a) Reisig: Die oberirdische Holzmasse bis einschließlich 7 em Durchmesser aufwärts. f) Stockholz: die unterirdische Holzmasse und der bei der Fällung daranbleibende Teil des Schaftes. b) In bezug auf die Gebrauchsart. l. Bau- und Nutzholz (Nutzholz überhaupt). 2. Brennholz. Die Rechnungseinheit für Holz bildet in der Wirtschaftsstatistik der Kubikmeter fester Holzmasse oder der Festmeter (fm). Das Brennholz wird im Walde entweder in Schichtmaße — Raummeter—Stere; früher Klafter — gesetzt oder nach Wellenhunderten veranschlagt. Ein Raummeter Scheit- und Prügelholz hat durchschnittlich 0,7 fm feste Holzmasse, ein Raummeter Stock- holz 0,45 {fm und 1 Hundert Wellen 2 fm, II. Der Holzertrag nach den Wirtschaftsergebnissen der Staatsforste. 95 U. Der Holzertrag nach den Wirtschaftsergeb- nissen der Staatsforste. 1. Die Abnutzungssätze im ganzen. Die Abnutzungssätze in den Staatsforsten bilden zurzeit immer den verlässigsten Anhaltspunkt für die Beurteilung des Ertrags- vermögens des Waldes, weil in den Staatsforstverwaltungen die Sortimentenausscheidung sowie die Verbuchung mit größter Genauig- keit erfolgt und die Abnutzung sich im Rahmen der Nachhaltig- keit des Betriebes vollzieht. Die Kontinuität des Holzanfalles wird durch die in jedem größeren Forstbetrieb sich von Zeit zu Zeit einstellenden Kalami- täten (Windbruch, Schneedruck, Eisdruck, Insekten) gestört. Die- selben kommen aber, wenn sie nicht eine unverhältnismäßige Aus- dehnung haben, in der statistischen Durchschnittsrechnung nur wenig zum Ausdruck, da Mehranfälle in dem einen Gebiet durch Minder- fällungen in anderen Gebieten oder auch in den folgenden Jahren womöglich wieder ausgeglichen werden. In den großen Staatsforst- verwaltungen sind derartige Ausgleichungen selbstverständlich eher möglich als in den kleineren. Größere Kalamitäten in den Staatsforsten traten ein: Preußen. 1853—57 Nonnenfraß in Ostpreußen. — 1857—62 Borken- käferfraß in Ostpreußen. — 1862—65 Kiefernspannerfraß in Pommern mit nachfolgendem Borkenkäferfraß. — 1865/66 Kiefernspinnerfraß in Sachsen. — 1866/67 Forleulenfraß in Ost- und Westpreußen. — 1868/69 Windbruch in Brandenburg, Schlesien (nachfolgend Borkenkäfer), Sachsen, Hessen-Nassau. — 1867—71 Kiefernspinnerfraß in Pommern. — 1872 und 1874 Sturmflut in Pom- mern. — 1876 Windbruch in Sachsen. — 1881 Windbruch in Westpreußen. — 1880—83 Spannerfraß in Pommern. — 1883/84 Schneebruch im Harz. — 1889 Windbruch in Schlesien. — 1894 (Februar) Windbruch in Ostpreußen, West- preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Sachsen, Schleswig-Holstein, Han- nover. — 1890—93 Nonnen- und Kiefernspinnerfraß in Schlesien, Hannover, Westfalen. — 1902 (Ende) Windbruch in Ost- und Westpreußen. — 1903 (April) Windbruch in den östlichen Provinzen, namentlich in Schlesien, Bayern. 1868—70 Schnee- und Windbruch im ganzen Königreich, namentlich aber in Niederbayern und Oberfranken (1868 Frankenwald). — 1872—74 Borkenkäferkalamität, namentlich im bayerischen Wald (Nieder- bayern). — 1891—93 Nonnenfraß im südlichen Bayern, namentlich bei München. — 1894—96 Kiefernspannerkalamität in Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, namentlich im Nürnberger Reichswald.') Sachsen. Am 7. Dez. 1863 wurden 500000 fm vom Winde geworfen, dazu kam noch Schneebruch. ı) Mitt. aus d. Staatsforstverwaltg. Bayerns. 2. H. 1901, S. V. — Im Ebersberger Forst (Forstämter Anzing und Ebersberg) fielen allein infolge des Nonnenfraßes 1890—97 2377000 Ster Holz an gegen ein Soll von 400000 Ster. 96 Die Holzerträge. Württemberg. Am 5. Okt. 1852 und 26. Okt. 1870 war großer Wind- bruchschaden, im Dezember 1886 großer Schnee- und Eisdruckschaden. Baden. Im Oktober 1870 war Windbruch, 1875 Wind- und Schnee- bruch, im Dezember 1886 Schneedruck, im Januar 1899 und im Januar 1901 und namentlich am 1, Febr, 1902 Windbruch. Die Abnutzungssätze pro Hektar in deutschen Staats forsten nach Festmetern. Preußen] Bayern |Sachsen ie Baden oe Behr Jahrgänge I I 1, 1 1, 1 2 1 I5.7. Ve g3AA|S8 A= 122 |A@ [85 | A |5&A=| FA |A= TEE |A= 1817/26 — | — | | — 1,23[23,837]| — | — I— | — | — | — I— | E 1827/29 — | — 1 | — | 1360| — | — | — — | 1-|— 1830/34 . . |2,0011,75] — | — [4,48/2,915 — | 2,84 _ _ 1835/39 . . [1,7611,51] — | — 14,1512,65| — [12,901 — | — | — | — I—|— 1840/44 . . |1,8011,45| — | — 13,99]2,56| — | 3,761 — — | — | — I—-|— 1845/49 1,8911,50| — | — 14,2312,73| — 13,9 I — | — | — | — I—-|— 1850/54 1,9211,52]| — | — 14,803,19]| — | 3,891 — | — | — | — I—|— 1855/59 2,33|1,90 — 14,9513,35| — 14,151 — | — | — | — I— | — 1860/64 2,50[2,00| — | — 15,03|3,54]5,20 | 4,05 14,4013,52]| — | — I— | — 1865/69 2,6812,01| — | — 16,03/4,56] 5,04 | 4,03 14,35/3,41] 1872,74 _—|i— 1870/74 . . 13,05/2,20[5,21/4,35[6,06|4,26| 5,30 4,91 14,61/3,59| 3,68 | 2,87 | — | — 1875/79 . . 18,32/2,33]4,27|3,58]6,30/4,5615,12| 4,15 14,52/3,51] 4,09 | 3,02] — | — 1850/84 3,45 12,56]4,0713,4616,62/4,89]5,44 | 4,40 14,53/3,52] 4,07 | 3,07] — | — 1885/89 3,7112,81|4,40|3,8016,44/4,89] 5,87 | 4,79 15,4714,40| 4,24 | 3,29] — | — 1890/94 3,96/3,11/5,00/4,40|6,4514,96| 5,79 | 4,73 15,33|4,19] 4,64 | 3,82] — | — 1895/99 3,782,9515,25|4,6416,2714,9615,92| 4,86 [6,05 4,94] 4,33 | 3,62 ] 5,5 | 4,4 1900 3,82/3,05|4,90/4,30]6,29|4,99] 6,09 | 5,07 6,42|5,20| 4,28 | 3,59 1 5,7 | 4,5 1901 4,1113,2814,97 4,3416,40 5,0616,42 | 5,28 |6,4815,35] 4,05 | 3,36 | 5,7 | 4,6 1902 4,27/3,43]4,91)4,31]6,60 5,10[6,58 | 5,51 |7,80|6,56] 5,05 | 4,30 | 5,5 | 4,3 1903 ua Kaapı Kaet Pa ae ren Se, 5,00 14,34 | — | — Bemerkungen zur vorstehenden Tabelle Die Abnutzungssätze beziehen sich auf die Holzbodenfläche (produktive Fläche), in Württemberg jedoch bis 1879 und in Baden bis auf die Gegenwart auf die Gesamtwald- fläche. Da in Baden die ertraglose Fläche nur 1,6°/, der Gesamtwaldfläche beträgt, so ist die Unterstellung der letzteren anstatt der Holzbodenfläche praktisch belanglos. In Württemberg beziehen sich von 1880 ab die Zahlen auf den „ertragsfähigen Holzgrund“ — Holzbodenfläche. Unter der Gesamtmasse ist in Preußen, Bayern, Sachsen, Elsaß-Lothringen u. Braunschweig auch das Stockholz enthalten, in Württemberg u. Baden nicht. Bayern. Die Abnutzungssätze von 1819 bis 1867 betrugen in den damals sechsjährigen Finanzperioden pro Hektar der produktiven Fläche: Gesamtmasse Derbholz Gesamtmasse Derbholz einsch].Stock- im einschl.Stock- im holz fm holz fm 1819/25 2,81 2,36 1849/55 . . 3,82 3,14 1825/31. . 3,49 3,00 1855/61. . 4,14 3,33 1831/37 3,68 3,10 1861/67. . 4,02 3,33 1837/43 . . 4,04 3,35 19087 07 4,25 3,38 1843/49 . . 3,74 3,09 18697), 4,46 3,59 II. Der Holzertrag nach den Wirtschaftsergebnissen der Staatsforste.e. 97 Sachsen.!) In anderer Gruppierung betrug die Abnutzung auf 1 ha Holzboden: Gesamtmasse einschl. ausschl. Derbholz Nutzholz Stockholz im fm im 18172126 23... 428 3,37 2,87 0,49 1827/36... ... 435 3,46 2,79 0,71 1837/46... . 4,00 3,23 2,59 0,79 1847/53... . 4,56 3,76 3,01 1,07 1854/63... . 5,01 4,18 3,44 1,66 1864/73... . 9,85 5,18 4,28 2,66 187485 ...... 6,48 9,98 4,72 3,97 - 1884/98... . 6,43 6,03 4,88 3,86 1894/1901 . . . 6,35 6,03 — — Der in Tabelle auf Seite 96 verzeichnete wirkliche Holzanfall für das Hektar der Holzbodenfläche (bestockten oder produktiven Fläche) bietet nach zwei Richtungen hin Interesse. a) Zunächst ist hervorzuheben der bedeutende Unterschied zwischen den Massenerträgen der preußischen Staatsforste einer- seits und der süddeutschen und der sächsischen anderseits. Die Ursache hierfür liegt in der Verschiedenheit der Boden- und Klima- verhältnisse und in der dadurch bedingten Holzartenverteilung. In den preußischen Staatsforsten wiegt der ärmere Sandboden vor und deshalb die einen geringeren Massenertrag liefernde Kiefern- bestockung. In Süddeutschland fehlen zwar diese geringeren Sand- böden auch nicht, aber sie treten doch in den Hintergrund gegen die mineralisch kräftigeren Böden des mittleren Berglandes und der Vorberge des eigentlichen Gebirges. Dazu kommt die größere Niederschlagsmenge Süddeutschlands und namentlich der bergigen Waldgebiete gegenüber der geringen der norddeutschen Tiefebene. Genügende Feuchtigkeit ist ein wuchsfördernder Faktor, der auch den Mangel an mineralischen Nährstoffen des Bodens vielfach auf- zuwiegen vermag. Während in den preußischen Staatsforsten die Kiefer 62°/, der Fläche einnimmt und Fichte und Tanne zusammen nur 13°/,, bestockt die ertragsreiche, aber in bezug auf Boden und Feuchtigkeit auch anspruchsvollere Fichte und Tanne von der Staats- waldfläche in Bayern 49°/,, Sachsen 77, Württemberg 59, Baden 45, Braunschweig 40 und die Kiefer in Bayern 29°/,, Sachsen 20, Württemberg 10, Baden 15, Braunschweig 6. Der verhältnismäßig geringere Massenertrag der Elsaß-Lothringer Staatsforste ist auf das Überwiegen des Laubholzes zurückzuführen. b) Von weiterem Interesse ist die Tatsache, daß die Holz- erträge in allen Staatsforsten seit den dreißiger Jahren des 19. Jahr- 1) Tharandter forstl. Jahrb. 47. Bd. 1897, S. 17. Endres, Forstpolitik, { 98 Die Holzerträge. hunderts sehr bedeutend, nahezu oder ganz auf das Doppelte ge- stiegen sind. Darin allein liegt schon der beste Gegenbeweis gegen die Richtigkeit der von einzelnen Forstschriftstellern aufgestellten Behauptung, daß der Wald von heute infolge Nachlassens der Bodenkraft schlechtere Wuchsverhältnisse habe als vor 100 und mehr Jahren. Im einzelnen ist das Steigen der Holzerträge durch folgende Umstände zu erklären: c) Die in allen deutschen Staaten nun seit einem Jahrhundert mit zäher Energie durchgeführte systematische Pflege der Forst- wirtschaft im Verein mit der Herausbildung der Forstwissenschaft und des forstlichen Unterrichtes, sowie unterstützt durch zweck- entsprechende Einrichtung des Forstverwaltungsdienstes hat ihre reichen Früchte getragen. Man hat aus den Fehlern, Mißerfolgen und der Systemlosigkeit der früheren Generationen im Laufe der Zeit gelernt, man hat mit der ungefügigen Waldesnatur gerungen und die Taktik, sie zu bezwingen, nun festgelegt. Waldbilder, wie sie von den Forstschriftstellern des 18. Jahrhunderts geschildert werden, existieren heute nicht mehr. Als Marksteine für den Fort- schritt der Waldwirtschaft sind zu verzeichnen: die Aufgabe der Plenterwirtschaft, an ihrer Statt Einführung der Kahlschlagwirt- schaft und die Hand in Hand damit gehende Ausbildung und Ver- besserung der Kulturmethoden oder die systematische Durchbildung der künstlichen Verjüngung, ferner die Einführung eines früher nicht gekannten Durchforstungsbetriebes, wodurch nicht nur der Wuchs der Bestände gefördert, sondern auch das schwache Holz zur Nutzung gebracht wird. ß) Durch die Ablösung der Holz-, Streu-, Weiderechte sowie der sonstigen Nebennutzungsrechte — wenigstens in den meisten Staaten — hat sich das Ertragsvermögen des Waldes wesentlich gehoben; ebenso durch die Herabminderung des Wildstandes. y) Man glaubte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts durch Ein- haltung möglichst hoher Umtriebszeiten auch die größte durch- schnittlich-jährliche Holzmenge auf der gegebenen Fläche zu er- ziehen. Um den für hohe Umtriebszeiten notwendigen Holzvorrat zu gewinnen, mußte man daher die Abnutzungssätze an sich nieder- halten. Dazu kam aber noch, daß man aus Ängstlichkeit und Unkenntnis der wirklichen Leistungsfähigkeit eines gut gepflegten Waldes die Etatssätze unverhältnismäßig gering annahm (vgl. S. 70). Auch die Überführung des Mittelwaldes in Hochwald gab an vielen Orten Veranlassung zur Ansammlung größerer Holzvorräte, weil man gerade hier mit der Nutzung sehr zurückbhielt. ö) In den von den allgemeinen Verkehrswegen abgelegenen Waldungen konnte man früher wegen der Unverkäuflichkeit des II. Der Holzertrag nach den Wirtschaftsergebnissen der Staatsforste. 99 Holzes, namentlich der schwächeren Sortimente, nicht jenes Holz- quantum nutzen, welches der Leistungsfähigkeit des Waldes ent- sprach. Es gab Waldgebiete, in denen mindestens ebensoviel Holz jährlich verfaulte als zur Nutzung gebracht werden konnte. Übrigens ist zu berücksichtigen, daß infolge des ungünstigen Abschlusses der Staatsbudgets viele Staaten in den letzten Jahren mit dem Holzeinschlag in die Höhe gingen. Derbholz und Reisholz. Die Holzerträge wurden in der Tabelle nach Gesamtmasse und Derbholz ausgewiesen. Letzteres bildet weitaus die sicherere Größe, weil es genau vermessen bzw. in Raummeter aufgesetzt wird. Das in der Gesamtmasse auch enthaltene Reisholz läßt sich schon der Menge nach schwieriger feststellen. In einigen Gebieten wird es in Wellen aufgearbeitet (eine Welle hat 1m Länge und 1m Umfang), in anderen aber unaufgearbeitet nach Wellen nur abgeschätzt, wobei natürlich die Auffassungen der Schätzenden weit auseinandergehen. Während das Reisholz in holzärmeren Gegenden als Brennholz sehr hohe Preise er- zielt (3—10 M. pro Festmeter) und ebenso an vielen Orten das Nadel- holzreisig als Deckmaterial für Gärtner oder als Streumaterial, ist es wieder in anderen Gegenden oft kaum verwertbar. In diesem Falle wird natürlich auch auf die Verbuchung nur wenig Wert gelegt. In dem Zeitraum 1890/99 betrug das Reisholzprozent von der Gesamtmasse in Preußen 22°/,, Bayern 12, Sachsen 22, Württem- berg 18, Baden 20, Elsaß-Lothringen 17, Braunschweig (1895/99) 20. 2. Die Erträge nach Holz- und Betriebsarten. Die durchschnittliche Derbholzmassenleistung des Nadelholzes ist größer als die des Laubholzes. Dieser Satz wird durch die Wirtschaftsergebnisse bestätigt. In der württembergischen Forststatistik sind die Erträge der Staatsforste auch nach Laubholzgebiet und Nadelholzgebiet ausgeschieden. Danach ergibt sich folgendes Resultat: Laubholzgebiet | Nadelholzgebiet Jahr | yo ars | Derbholz Reisholz | Ges2m%- | nerbholz| Beisholz masse | masse fm im %, fm | fm % 1861—70 . — 2,9 — = — 1874—76 . 4,2 2,9 3l 6,5 3,8 11 2°. 4,26 2,85 33 5,99 9,24 13 Zn... 5,14 3,78 27 6,50 5,64 13 2... 5,09 3,76 26 6,07 3,24 15 Be. 0%.» 5,45 4,21 23 6,47 5,56 14 . 5,59 4,26 24 6,90 5,87 15 -] * 100 } Die Holzerträge. In den badischen Domänenwaldungen lieferten die Bestände a) der Buchen und des sonstigen Laubholzes rein oder mit Nadelholz- beimischung bis zu 33°/, an Derbholz 1892/96 4,10 fm, 1897/1901 4,72 fm, b) Fichten und Tannen rein oder mit bis 33°/, Laubholz- beimischung 1892/96 4,55 fm, 1897/1901 5,68 fm. Das Reisholz- prozent betrug 1892/1901 im Laubholzhochwald 22—28°/,, bei Fichten und Tannen 10—14°|,. Eine Ausnahme ergibt sich nur gegenüber schlechteren Kiefern- beständen, deren Derbholzleistung unter jener des Laubholzes stehen kann. Die Erträge des Mittel- und Niederwaldes sind ge- ringer als die des Hochwaldes. In Baden (Domänenwaldungen) lieferte der Hochwald 1892/96 5,63, 1897/1901 6,46 fm, der Mittel- und Niederwald bzw. 3,90 und 4,65 fm Gesamtmasse. Die Erträge des Mittel- und Niederwaldes werden noch weiter beeinträchtigt durch das hohe Reisholzprozent. In Baden betrug dasselbe in den angegebenen Zeiträumen 49 und 44°/, (beim Hochwald dagegen 16°/,), in den bayerischen Staatswaldungen von 1897 bis 1901 42—45°/,, in den bayerischen Gemeindewaldungen 1892/97 51°/,, in den württembergischen Körperschaftswaldungen 1896/1900 44°],. Es besteht also nahezu die Hälfte des Holzertrages der Mittel- und Niederwaldungen aus Reisholz. 3. Der Nutzholzanfall. Der finanzielle Erfolg der Waldwirtschaft ist in erster Linie von der Größe der Nutzholzausbeute abhängig. Die Umwälzung auf dem Gebiete des Verkehrs, des Handels und der Industrie machte sich in der mitteleuropäischen Forstwirtschaft von dem Zeitraum 1860—1865 an geltend. Vom Jahre 1864 ab konnte in Deutschland der verstärkten Nachfrage nach Nutzholz durch die inländische Produktion nicht mehr genügt werden und seit diesem Jahre wird dauernd mehr Nutzholz eingeführt als ausgeführt. Um dieselbe Zeit setzte auch der schon seit der Mitte des Jahrhunderts merklich hervortretende Rückgang des Brennholzverbrauches infolge der immer mehr zunehmenden Verwendung der Mineralkohle in verstärktem Maße ein. Durch diese beiden epochemachenden Tat- sachen sah sich die Forstwirtschaft vor andere Ziele gestellt wie bisher: die Brennholzzucht wurde verlassen und die Nutzholzzucht zum Programm erhoben. Deutlich kam dieser neue Gesichtspunkt in der Verminderung der Buchennachzucht zum praktischen Aus- druck und andererseits in der verstärkten Kultur des Nadelholzes. Wie groß:die Tragweite dieser von der Forstwirtschaft neu zu be- schreitenden Bahn war, kann daraus entnommen werden, daß noch II. Der Holzertrag nach den Wirtschaftsergebnissen der Staatsforste. 101 im Jahre 1859 in dem „Lehrbuch der Forstpolizei von Hundes- hagen“') der forstpolitische Grundsatz aufgestellt wird, ein Staat habe weit weniger Gewinn von der Nutzholz- als von der Brenn- holzzucht und man stehe sich sehr im Lichte, über den zu 25°/, angenommenen Bedarf hinaus die Nutzholzerzeugung, diese teuerste Holzerziehung, auszudehnen; eine Einschränkung der Nutzholz- erzeugung könne als merklicher finanzieller Gewinn betrachtet werden. Im Laufe der Zeit kamen dann der Fortwirtschaft noch eine Reihe von wirtschaftlichen Erscheinungen zugute, die eine Steigerung der Nutzholzausbeute möglich machten. Dahin gehört die Zunahme der Bautätigkeit in den Städten von den 70er Jahren ab — der Nutzholzkonsum des platten Landes ist nicht nur ziemlich stetig, sondern auch verhältnismäßig sehr gering —, vielleicht auch die Wirkung der Holzzölle, der weitere Ausbau des Verkehrsnetzes und ganz besonders der seit anfangs der 80er Jahre riesig ge- stiegene Verbrauch von schwachen, vordem nur als Brennholz ver- wertbaren Nadelhölzern durch die Zellulose- und Holzstoffindustrie und den Bergwerksbetrieb (Grubenholz). Die finanzielle Bedeutung der Verwertung des Holzes als Nutz- holz liegt darin, daß dieses teuerer bezahlt wird als das Brennholz und indirekt darin, daß durch die gesteigerte Nutzholzverwertung der Brennholzanfall geringer und deshalb ebenfalls im Preise in die Höhe getrieben wird. Die Zunahme des Nutzholzprozentes ist nur dann von finanziellem Einfluß, wenn der Unterschied in den Preisen der schwächeren Nutzhölzer und des Brennholzes ein merklich verschiedener ist. Dies ist in der Regel der Fall, es gibt aber in einzelnen Gegenden und zu gewissen Zeiten davon auch Aus- nahmezustände. Endlich ist die Höhe des Nutzholzprozentes auch bedingt von der Art der Verbuchung des verwerteten Holzes in der Forstrechnung. Von den Holzkäufern werden oft einzelne unter dem Titel Brennholz erworbene Holzstücke für Nutzholzzwecke ver- wendet und umgekehrt wird auch mancher Teil von Langnutzholz (Enden) von dem Käufer zu Brennholz verschnitten. Aus der Tabelle S. 102 ist ersichtlich, daß das Derbnutzholz- prozent — dieses ist gegenüber dem Nutzholzprozent von der Gesamtmasse die zuverlässigere Größe in den Staatsforsten — die Höhe von 50 ganz oder nahezu erreicht und vielfach überschritten hat. Diejenigen Staaten, in denen das Nadelholz und namentlich die Fichte vorherrscht, weisen ein höheres Nutzholzprozent auf als die Staaten mit viel Laubholz. Obenan steht das fichtenreiche 1) 4. Auflage von Klauprecht, S. 313. 102 Die Holzerträge. Der Nutzholzanfall in deutschen Staatsforsten nach Pro- zenten des Gesamtholzanfalles und des Derbholzanfalles. Preußen Bayern Sachsen ns Baden Le schwei ‘j ahr von von von von von von von 3e- |Derb- Ge- |Derb- Derb- Ge- |Derb- samt- masse! holz | masse! holz | holz DErBnON masse) holz "mai Lage, 183803 Sa ea | ee BR ee = 1835—39....| -— 2]| — —| — — —1— u _ 1840—4...1 —-' 3531| —- ' —- | — — —|ı— — — 1855—49. ...| — 31 — |! — | — — —|ı— _ —— 1850—54...1 — 2561| — !18 38 — — | 25 —_ — 1855—59. . .| — | 27 I 13 | 19 | 46 25 — | 24 u = 186064. . .| — | 293 17 | 23 | 54 36 25 | 31 _ _- 1865—69. . .| — |! 30 | 21 | 27 | 62 38 24 | 31 _ u 1870—74. . .]| — | 29 | 31 | 37 64 44 30 | 5 36 _ 1875—79. . .| — | 29 | 31 | 37 | 68 41 31 | 38 32 _ 1880—84 — 1341| 32 | 3383| 76 45 3l | 39 34 — 1885—89 831 | 41 | 38 |43 | 80 48 31 | 38 33 — in RE 1 A 3 36 | 47 | 40 | 46 | 80 54 34 | 42 40 = BB ehe 36 | 46 | 50 | 55 79 Sl 32 | 39 38 — Bar: oe 36 | 46 | 50 | 55 79 54 32 | 39 54 2; EB 86 | 47 | 37 |43 | 78 52 32 | 39 39 —_ TBB a6 2W8 44 | 53 | 40 | 46 | 78 52 33 | 40 38 — BUS ut a 41 | 51 | 42 | 48 | 79 bp} 37 | 44 41 32 BEE. 40 | 50 | 45 | 50 | 79 52. | 40 | 47 42 54 2 A 43 | 54 | 46 | 51 80 54 41 | 49 43 55 BREI. sr 45 | 56 | 44 150 | 81 56 40 | 47 47 53 NE BA 47 1601| 45 | 51 8l 97 40 | 48 47 50 BERG u 2 48 |60| 45 | 52 | 82 58 40 | 47 44 52 Br... 297 48 | 59 | 42 | 48 | 80 57 38 | 46 39 50 BB yet. 45 | 55 | 43 | 49 | 79 58 42 | 50 47 50 Be ; 0 ee a De En DE nn — | — 52 —_ Bayern. Das Nutzholzprozent betrug: von der vom von der vom Gesamtmasse Derbholz Gesamtmasse Derbholz 1819—25. . . 13 15 1843—49. . . 13 16 1825—31. . . 12 14 1849—55. . . 14 17 1831—37. . . 14 16 1855—61l1. . . 16 19 1837—43.. .13 16 1861—67. . . 21 25 Sachsen. Das Nutzholz betrug vom Derbholz: 1817—26. . .. 17% 1854—63 . . . 489), 1827—36. . . 25 „ 1864—73. . . 62 „ 1837—46... 31, 1874—83... 71, 1847—53 . . . 36 „ 1854—93...79,, Hessen. In den zum großherzogl. Familieneigentum gehörenden Wal- dungen betrug von dem Gesamtholzanfall das Nutzholzprozent: 184054... 71 1895... . 21,0 1881: AR 1898... 23,9 1881. 0. . . 14,3 1902... . 22,8 II. Der Holzertrag nach den Wirtschaftsergebnissen der Staatsforste. 103 Sachsen mit rund 80°/,, dann kommt Preußen mit 60°/,, Württem- berg mit nahezu 60°/,, Bayern und Braunschweig mit 50°/,, Baden und Elsaß-Lothringen mit nahezu 50°/,. Mit Ausnahme Bayerns werden die übrigen Staaten nahezu an der oberen Grenze der möglichen Nutzholzausbeute ange- langt sein. Das geometrische durchschnittliche Nutzholzprozent vom Derb- holz betrug für die Staaten Preußen, Bayern, Sachsen, Württem- berg, Baden und Braunschweig im Jahre 1900 59. Der Einfluß der Holz- und Betriebsart auf die Höhe des Nutzholzprozentes ist folgender: a) Die größte Nutzholzausbeute liefern die Nadelhölzer. In erster Linie steht die Fichte (70—80°/,), dann folgt die Tanne (60—70°/,) und zuletzt die Kiefer (50—60°|,). Bei der Eiche kann man ein Nutzholzprozent von 50 annehmen, bei der Buche von 10—20 (im Hochwaldbetrieb). Daraus erhellt, daß jene Waldgebiete, die viel Laubholz haben, niemals ein so hohes Nutzholzprozent erreichen wie die Waldgebiete, in denen das Nadelholz überwiegt. In den württembergischen Staatsforsten betrug das Derbnutzholz- prozent bei: sonstigem Laub- Nadelholz Eichen holz (hauptsäch- lich Buchen) Be... 636 44,1 4,5 1885589... 68,6 46,7 5,3 1890—94 695 51,1 6,7 1895—99 71,9 53,6 8,5 1" EN 75,9 56,7 9,3 u... 75,8 55,4 7,8 In den badischen Domänenwaldungen war das Nutzholzprozent von der Gesamtmasse bei: Fichten und Tannen Buchen und sonstigem rein oder mit Laubholz rein oder mit Laubholzbeimischung Nadelholzbeimischung bis zu 33%), bis zu 33°), 182—%.... 52 16 1897—1901. . . 59 17 BE a9 3a Narıe 61 17 In den braunschweigischen Staatsforsten usw. trafen 1901 vom Derb- holz auf das Laubholz 19°/,, auf das Nadelholz 83°/, Nutzholz. Auf 100 {m Derbholz entfielen ferner beim Laubholz 34,5fm und beim Nadelholz 5,3 fm Reiserholz. In den französischen Staatsforsten fielen 1892 (amtliche Erhebung) im Nadelholzgebiet 67 °/,, im Laubholzgebiet 26°/, Nutzholz an, in den Korpo- rationswaldungen bzw. 75 und 14°/,. 104 Die Holzerträge. b) Von den Betriebsarten liefert der Hochwald (einschließlich Plenterwald) mehr Nutzholz als der Mittel- und Niederwald. Im Mittelwald sind 25°/, schon die oberste Grenze. In den badischen Domänenwaldungen fielen von der Gesamtmasse Nutzholz an: im Mittel- und im Hochwald Niederwald 1892—%6 . . . . 36%, 18%, 1897—1901. . . 41 „ 19 „ 1902, are wu 43 „ 16% In den bayerischen Staatswaldungen lieferte der Mittel- und Nieder- wald im Zeitraum 1897—1901 16,3°/, Nutzholz vom Gesamtholzanfall, in den Gemeinde-, Stiftungs- und Körperschaftswaldungen im Zeitraum 1892—97 10,7%],. In den württembergischen Körperschaftswaldungen warf der Mittel- wald 1896—1900 20 °/, Nutzholz von der Gesamtnutzung ab. III. Die Holzproduktion des Deutschen Reichs. 1. Im ganzen. Gelegentlich der forststatistischen Erhebungen des Jahres 1900 wurde auch der Versuch gemacht, den Holzertrag aller deutschen Forste während des letzten abgeschlossenen Wirtschaftsjahres zu ermitteln. Der Zeitraum des Wirtschaftsjahres (entweder Kalender- jahr 1899 oder 1. April 1898 bis 31. März 1899 usw.) sollte sich auf die tatsächliche Abgrenzung desselben beziehen. Anzugeben war der der betreffenden Fläche entnommene oder durch Schätzung festgestellte jährliche Gesamtholzertrag. Die so erhobenen Ziffern sind allerdings nicht auf durchaus gleichwertigen Grundlagen auf- gebaut, weil die Anschreibungsjahre durcheinander laufen und bei der mangelnden Buchführung zahlreicher Waldbesitzer und den ungeregelten Nutzungsverhältnissen der Gemeinde- und Genossen- forste vielfach nur Schätzungen möglich waren.') Die ermittelten Holzerträge sind in der nebenstehenden Tabelle zusammengestellt. Danach betrug im Wirtschaftsjahr 1899—1900 die Holznutzung des Deutschen Reiches: Nutzholz . . . 20017896 fm = 41,4°/,und pro Hektar”) 1,43 fm Brennholz . . . 17850646 „ —869, „m. m Summa Derbholz . 37868542 fm = 78,3°/,und pro Hektar 2,70 fm Stock- u. Reisholz 10472305 „ —=21,7, 5 n 0,75 „ Gesamtmasse . . 48340847 fm— 100°/, und pro Hektar 3,45 fm !) Vierteljahrshefte z. St. d. D. R.; Erg.-Bd. 1903, II S. 3, 34. ®) Holzbodenfläche, wie sie bei den gleichen statistischen Erhebungen unter der Bezeichnung Gesamtfläche gefunden wurde. III. Die Holzproduktion des Deutschen Reichs. 105 Der Ertrag der Gesamtforste des Deutschen Reichs im Wirtschaftsjahr 1899/1900. Derb Zu- Stock Kate Pe Bean | 16 sammen | Bolzik: mar | Pro Staaten holz Si 5: holz |, | Derb- | PFO | Reis- |Hek- erb Derb- Kols Hek Yals tar holz holz tar 1000 fm 1000 fm 1000 fm fm 1000 fm | fm TeaBsn.......-;. 9661 | 53,5 | 8394| 46,5 | 18055 | 2,18 | 6 3770,77 1 a De 4335 | 53,0 | 3852| 47,0 8187 | 3,32 484 | 0,20 Baebeen ı. 2... 1043 | 75,1 346 | 24,9 1389 | 3,61 467 | 1,20 Württemberg... .| 1274| 55,1 1040 | 44,9 2314 | 3,85 609 | 1,01 Ban... .. 1130| 48,0 | 1225| 52,0 2355 | 4,15 635 | 1,11 0 292 | 35,7 525 | 64,3 817 | 3,40 381 | 1,59 Mecklenb.-Schwerin 268 | 33,2 540 | 66,8 808 | 3,41 183 | 0,77 S.-Weimar . . . . 165 | 55,8 131| 44,2 296 | 3,18 106 | 1,13 Mecklenb.-Strelitz . 67 | 40,8 97 | 59,2 164 | 2,64 21 | 0,34 Oldenburg . . . . 41 54,7 34 | 45,3 75 | 1,10 41 | 0,60 Braunschweig .. 206 | 49,2 213 | 50,8 419 | 3,84 139 | 1,27 S.-Meiningen . . - 195 | 57,3 145 | 42,7 340 | 3,27 122 | 1,18 S.-Altenburg . . . 90 | 67,7 43 | 32,3 133 | 3,70 50 | 1,40 S.-Koburg-Gotha . 103 | 55,4 83 | 44,6 186 | 3,12 69 | 1,15 Beh... . .. 88 | 52,7 79| 47,3 167 | 2,89 61 | 1,05 Schwarzb.-Sondersh. 48 | 58,5 34 | 41,5 82 | 38, ‚07 16 | 0,62 Schwarzb.-Rudolst. 74 | 67,3 36 | 32,7 110 2, 66 34 | 0,84 Waldeck... . . 29 | 33,7 57 | 66,3 86 2,01 46 | 1,08 al... ... 23 | 74,2 8| 25,8 31 | 2,76 13 | 1,12 ei l... 98| 82,4 21| 17,6 119 | 3,82 56 | 1,78 Schaumburg- Lippe 14 | 63,6 8) 36,4 22 | 3,19 131,91 Be, ; ....;. 33 | 36,7 57| 63,3 90 | 2, ‚69 28 | 0,83 Lübeck, Bremen u. Hamburg Par 4| 26,7 11| 73,3 15 | 2,53 13 | 2,16 Elsaß- -Lothringen . 735 | 45,8 869 | 54,2 1604 | 3,65 507 | 1,16 Deutsches Reich . | 20018| 52,9 | 17851| 47,1 | 37869 | 2,70 | 10472 0, 75 Das Nutzholzprozent vom Derbholz berechnet sich auf 52,9. Der schon oben bei den Staatsforsten hervorgehobene Unter- schied zwischen der Holzproduktion Preußens und der mittel- und süddeutschen Staaten tritt auch hier hervor. Ordnet man die Staaten mit über 100000 ha Waldfläche nach der Derbholzerzeugung pro Hektar, so ergibt sich nachstehende Reihenfolge: fm fm nn ni ET ERBEN SFR RN SEE Württemberg . . . 3,85 REN t- Braunschweig . . . 3,84 Pine, + ea tan a Elsaß-Lothringen . . 3,65 rechtsrh. Bayern . . 3,33 Sachsen . . . RR Sachsen-Meiningen . 3,27 Mecklenb. oe 3,41 EREUBER oo. er ah 106 . Die Holzerträge. In bezug auf die Nutzholzproduktion ist dagegen die Reihenfolge eine andere: Sachsen 75°/,, $8.-Meiningen 57, Württem- berg 55, Preußen 54, Bayern 53, Braunschweig 49, Baden 48, Elsaß-Lothringen 46, Hessen 36, Mecklenburg-Schwerin 33. Während Preußen 59,1°/, der Waldfläche des Deutschen Reichs besitzt, liefert es zur gesamten Derbholzproduktion nur 47,6°/,, also weniger als die Hälfte und zur Nutzholzproduktion 48,3°/,, ebenfalls weniger als die Hälfte. Die Staaten Bayern, Württemberg, Baden, Elsaß-Lothringen, Hessen und Sachsen, welche zusammen 33,5°/, der deutschen Wald- fläche besitzen, erzeugen 44°/, des Derbholzanfalles und ebenfalls 44°/, der Nutzholzproduktion des Deutschen Reichs. a) In Hagen-Donner, Die forstlichen Verhältnisse Preußeus (3. Aufl. U, S.8), wurde 1894 die gesamte jährliche Holzerzeugung Preußens auf 3,29 fm pro Hektar angegeben. Nach meiner früheren Schätzung waren die Gesamt- leistungen aller Waldungen Bayerns, Sachsens, Württembergs, Badens und Elsaß-Lothringens auf 4 fm, diejenigen aller übrigen noch nicht genannten Staaten auf 3,8 im pro Hektar zu veranschlagen. Unter diesen Voraussetzungen berechnete ich eine jährliche Gesamtholzerzeugung Deutschlands von 50 Mill. Festnieter oder 3,54 fm pro Hektar. Das Nutzholzprozent nahm ich nach Maßgabe der Nutzholzprozente in den Staatsforsten zu 33°, an, woraus ein Nutzholzanfall von 16,5 Mill. Festmeter resultiert.!) b) Der Holzvorrat aller Waldungen des Deutschen Reichs be- rechnet sich (nach der sog. österreichischen Kameraltaxe) bei Annahme einer durchschnittlichen Umtriebszeit von 80 Jahren auf 3 - 48340847 = 1934 Mill. Festmeter, In Erwägung, daß sich bei Annahme einer 80 jährigen Umtriebs- zeit für die Staatswaldungen noch bedeutende Überschüsse an Holzvorrat er- geben, wird man, trotzdem die „Kameraltaxe“ zu hohe Resultate gibt, den Holzvorrat auf 2 Milliarden Festmeter veranschlagen können, d. h. pro Hektar rund 140 im. Der Holzvorrat der sächsischen Staatsforste wurde 1884—93 zu 187 im pro Hektar Holzboden ermittelt, jener der badischen Do- mänenwaldungen für 1883 zu 234im (nämlich Hochwald 244, Mittelwald 131, Niederwald 52, Faschinenwald 53 fm). c) Die jährlich aus der Obstbaumzucht anfallende Holz- nutzung läßt sich wie folgt veranschlagen. Im Jahre 1900 wurden im Deutschen Reiche gezählt: 52,3 Mill. Stück Äpfelbäume, 25,1 Birnbäume, 69,4 Pflaumen- (Zwetschgen-) Bäume, 21,5 Kirschbäume. Nimmt man die Holzmasse eines Kernobstbaumes (Äpfel und Birnen) zu lfm, die eines Steinobstbaumes (Pflaumen und Kirschen) zu 0,4im an, dann repräsentieren alle Obstbäume eine Holzmasse von 114 Mill. Festmeter. Unterstellt man ferner eine Um- triebszeit von 50 Jahren, so kommt jährlich !/,, der Holzmasse oder 2%, zur Abnutzung. Dies ergibt einen jährlichen Holzanfall aus der Obstbaumzucht von 2,3 Mill. Festmeter, welche Masse der jährlichen Holzproduktion einer Waldfläche von 667000 ha entspricht. ) Vgl. Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 2. Aufl., III. Bd. 1900, 1141. III. Die Holzproduktion des Deutschen Reichs, 107 Mit der jährlichen Holznutzung von 3,45 fm pro Hektar er- reicht das Deutsche Reich die höchste Holzproduktion unter allen Staaten Europas (s. Kapitel Holzhandel und Holzproduktion). 2. Nach Besitzarten. A. Der Gesamtanfall. . Die allgemein bekannte Tatsache, daß die Staatsforste einen größeren Holzertrag liefern als die Gemeindeforste und diese wieder mehr wie die Privatforste, wurde auch durch die statistischen Er- hebungen von 1900 bestätigt, wie folgende Tabelle ausweist. Massenertrag der Forste pro Hektar nach Besitz- arten im Wirtschaftsjahr 1899/1900 nach der Statistik des Deutschen Reichs von 1900. Derbholz Stock- Gesamtmasse F und > Anfall hiervon Reisholz Anfall | hiervon pro Nutz- | Br F pro pro Nut Scheit Stuck: EE holz holz ‚| ‚eklar | Bekter holz Prügel Reisholz im %o % fm im %o % %o Kronforste . . . .| 3,32 | 52,0 | 48,0 1,18 4,50 | 38,4 | 35,4 | 26,2 Staats- und Staats- anteilforste. . .| 3,44 | 57,1 | 42,9 0,70 4,14 | 47,4 | 35,7 | 16,9 Gemeindeforste . . | 2,67 | 43,8 | 56,2 1,09 3,76 | 31,1 | 40,0 | 28,9 Stiftungsforste . . | 3,33 | 51,2 | 48,8 0,94 4,27 | 39,9 | 38,1 | 22,0 Genossenforste . . | 2,06 | 35,3-| 64,2 1,09 3,15 | 23,4 | 42,0 | 34,6 Privatforste . . .| 2,20 | 53,1 | 46,9 0,62 2,82 | 41,3 | 36,6 | 22,1 und zwar: Fideikommißforste 3,04 | 55,9 | 44,1 0,76 3,80 | 44,7 | 35,3 | 20,0 andere Privatforste | 1,96 | 51,8 | 48,2 0,59 2,55 | 39,9 | 37,1 | 23,0 Die Staatsforste werden besser gepflegt und konservativer bewirtschaftet als die übrigen Forste, wenn man vom Großgrund- besitz absieht. In den meisten Staatsforsten finden sich auch über- schüssige Holzvorräte vor, die auf die Etatsbemessung rückwirken. Die Gemeindewaldwirtschaft hat aus früheren Zeiten her in der Regel — abgesehen von reicheren Stadtgemeinden — nichts mehr aufzuzehren. Denn keine Waldbesitzkategorie war noch im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts in so schlechtem Zustande wie die Gemeindewälder. Besserung wurde erst herbeigeführt durch die geltende Gemeindewaldgesetzgebung und durch den besseren Vollzug derselben durch die staatlichen Organe. Trotzdem muß man auch heute noch mit dem Umstande rechnen, daß die Gemeinde- mitglieder aus dem Gemeindewald lieber Nutzen ziehen als für 108 Die Holzerträge. denselben Opfer bringen. Der geringere Ertrag der Gemeindeforste ist auch außerdem auf den großen Anteil des Laubholzes (51°/,) und speziell des Mittelwaldes zurückzuführen (Südwestdeutschland). Daher fallen auch von dem Gesamtertrag 29°/, auf das Reis- und Stockholz, in den Staatsforsten dagegen nur 17°/,. In Württemberg sind von der Gesamtfläche der Körperschaftswal- dungen zu 191333 ha (1896—1900) 75,8 °/, Hochwald, 23,5 °/, Mittelwald, 0,7 °/, Niederwald; in Baden von der Gesamtfläche zu 269966 ha (1901) 83°), Hochwald, 17°], Mittel- und Niederwald; in Elsaß-Lothringen von der Gesamtfläche der Gemeinde- und Stif- tungswaldungen zu 198920 ha (1900) 62,0%), Hochwald, 31,6°), Mittelwald, 6,4 °/, Niederwald. Die Stiftungsforste weisen einen höheren Derbmassenertrag wie die Gemeindeforste und sogar einen höheren Gesamtertrag wie die Staatsforste auf. Dies mag zum Teil auf einen zufällig günstigeren Standort dieser Besitzkategorie zurückzuführen sein, andererseits aber auf den Umstand, daß die meisten Stiftungen mit Waldbesitz finanziell gut situiert und deren Verpflichtungen auf eine bestimmte jährliche Summe begrenzt sind. Dazu kommt, daß der Staat auf die Stiftungswaldungen mehr einwirken kann und von jeher mehr eingewirkt hat als auf die Gemeindewaldungen, bei deren Bewirtschaftung meist auch politische Rücksichten und die persönlichen finanziellen Interessen der jeweiligen Nutznießer mitspielen. Die Genossenforste stehen bezüglich des Derbholzertrages noch unter dem Durchschnitt der Privatforste, hinsichtlich des Ge- samtertrages über diesem. Das Reisholzprozent erreicht in den Genossenforsten die hohe Ziffer von 35. Dies erklärt sich aus dem großen Anteil der Nieder- und Mittelwaldfläche (Eichenschälwald der Haubergsgenossenschaften) wie der Laubholzfläche überhaupt. Von der Gesamtfläche der Genossenforste zu 306214 ha entfallen auf: Eichenschälwald . ... . 19,3%, Laubholzhochwald'. . .. 28,4%, Sonstiger Niederwald. . 46 „ Laubholz überhaupt . 68,6 „ Mittelwald ...... 115 „ Nadelhols ;ı u, ul 31,4 „ Laubholzplenterwald .. 48 „ Die Privatforste liefern durchschnittlich 2,20 fm Derbholz und 2,82 fm Gesamtmasse. Diese Beträge werden aber nur erreicht durch die Zurechnung der Fideikommißforste, die, wie überhaupt der Großwaldbesitz, konservativ bewirtschaftet werden. Mit Aus- schluß dieser kommt die Privatwaldwirtschaft nur auf einen Derb- holzertrag von 1,96 fm und einen Gesamtertrag von 2,55 fm. Das ist etwas mehr als die Hälfte des durchschnittlichen Staatswald- ertrages. III. Die Holzproduktion des Deutschen Reichs. 109 In den einzelnen Staaten liegt es mit den Massenerträgen der ein- zelnen Besitzkategorien ähnlich wie mit der Gesamtproduktion der einzelnen Besitzkategorien im Reiche. Wenn wir uns auf den Derbholzanfall be- schränken, so betrug derselbe nach den Erhebungen von 1900: Gemeinde- Staatsforste forste?) Privatforste Staat pro Nutz- pro Nutz- pro Nutz- Hektar | holz | Hektar| holz | Hektar | holz im % fm Un fm 2; ee 2,95 98,9 1,96 43,3 1,80 92,4 2 3,93 983,0 2,72 43,2 3,03 95,3 Baer ...22. 4,83 80,7 2,95 70,8 2,51 60,6 Württemberg . . . . . 9,03 56,8 3,41 50,6 3,09 32,3 er 9,22 47,8 4,18 44,1 9,44 54,3 Elsaß-Lothringen. . . . 3,81 99,8 3,62 40,9 3,62 40,6 Deutsches Reich . . . . 3,44 57,1 2,67 43,8 2,20 85,1 In den bayerischen Gemeinde-, Stiftungs- und Körperschaftswaldungen wurden genutzt 1868—73 2,11, 1874—79 2,63, 1880—85 2,09, 1886—91 2,26, 1892—97 2,33 fm (Mitt. d. Staatsforstverw. 1901). In den badischen Gemeinde- und Körperschaftswaldungen betrug die geschlagene Masse 1885—89 4,89, 1890—94 4,92, 1895—99 5,29, 1900 5,12, 1901 5,76 {m (Windbruch). In den württembergischen Körperschaftswaldungen betrug die Ge- samtnutzung 1896—1900 4,74 fm. B. Das Nutzholzprozent. Weniger als die absoluten Massenerträge differieren die Nutz- holzprozente der einzelnen Besitzarten. Die Abweichungen als solche erklären sich aus dem eben Vorgetragenen und eben wieder in der Hauptsache aus der Verteilung von Laubholz und Nadelholz. Daß die Privatwaldwirtschaft ausschließlich der Fideikommisse das relativ hohe Nutzholzprozent von 52 aus dem Derbholz und von 40 aus der Gesamtmasse erreicht, ist darauf zurückzuführen, daß der bäuerliche Besitzer Sortimente als Nutzhölzer für seinen eigenen Betrieb verwendet, die auf dem Markte keine gängige Ware mehr sind, und andererseits auch die kleinsten Mengen Nutzholzes an die Gewerbsleute seiner nächsten Umgebung losschlägt. Ferner ist das Überwiegen des Nadelholzes in den Privatforsten (72°/,) in Betracht zu ziehen. 1) Ohne Stiftungsiorste. 110 Die Holzerträge. C. Der Beitrag jeder Besitzkategorie zur Gesamtholzproduktion Deutschlands. Mit welchen Holzmengen jede Besitzkategorie sich an der ge- samten Holzproduktion des Deutschen Reiches beteiligt (1900), weist die folgende Tabelle nach. Summa Stock- und | Anteil Nutzholz | Brennholz Derbhölz Beisholz an der Gesamt- Ar Pre Pic 455] wald- 1000 |2,5%] 100 |2.53%] 1000 2.58%] 1000 [94% JHäche fm |s2s| fm Ss2al fm |SSEI im 15558 a3« B>2« B==< BhE<« %, Kron-, Staats- und | | | Anteilforste. . . | 9198| 45,9] 6996 39,2] 16 194 42,38] 3430| 32,8] 33,7 Gemeinde- und Stif- tungsforste . . . | 2997|15,0| 3730| 20,9] 6727| 17,7] 2652| 25,3] 17,6 Genossenforste . . 2261| L1 406 2,3 632] 1,7 3331 3,2 2,2 Privatforsste . . r| 7596 38,0 | 6 719 37,6j 14 315) 37,31 4057| 38,7] 46,5 Deutsches Reich. „|20018| 100| 17 851| 1003769] 100| 10472) 100] 100 Daraus ergibt sich, daß die Staatsforste, obwohl sie nur 33,7°/, der Gesamtfläche einnehmen, 43°/, des Derbholzes und 46°/, des Nutzholzes liefern, die Privatforste einschließlich der Fideikommisse bei einem Flächenprozent von 46,5 nur je 38°/, des Derbholzes und des Nutzholzes. Wenn man daraus für die Zollpolitik einen Schluß ziehen will, so wäre es der, daß die Staaten als Fiskus an den Nutzholzzöllen stärker interessiert sind als die Privatwaldbesitzer. IV. Mineralkohle und Holz. Die Förderung der Stein- und Braunkohlen ist im Deutschen Reiche von 16,73 Mill. Tonnen (t) im Jahre 1860 auf 153,02 Mill. Tonnen im Jahre 1901 gestiegen. Einfuhr und Ausfuhr halten sich 1901 ungefähr im Gleichgewicht; der inländische Verbrauch betrug 152,14 Mill. Tonnen. i Nimmt man an, daß eine Tonne Steinkohle die Brennkraft von 3,5 fm gut getrockneten Nadelholzes hat und eine Tonne Braun- kohle die von 2 fm, so entspricht die Gewinnung des Jahres 1901 an Steinkohle in der Höhe von 108,54 Mill. Tonnen einer Nadel- holzmenge von 380 Mill. Festmeter, an Braunkohle in der Höhe- von 44,48 Mill. Tonnen einer Nadelholzmenge von 89 Mill. Fest- meter. IV. Mineralkohle und Holz. 111 Zur jährlichen Erzeugung dieser Holzmassen von zusammen 469 Mill. Festmeter wäre bei einem durchschnittlichen Abnutzungs- satz von 3,45 fm eine Nadelholzfläche von 136 Mill. Hektar nötig, d.i. der 10fache Betrag der Gesamtwaldfläche Deutschlands und der 2'/,fache Betrag der Flächenausdehnung des Deutschen Reiches. Vorausgesetzt ist natürlich, daß der gesamte Holzanfall dieser 136 Mill. Hektar als Brennholz verwendet würde. In den wichtigsten Erzeugungsländern Europas betrug die Mineralkohlengewinnung im Jahre 1901 rund 470 Mill. Tonnen. Nimmt man an, daß 1 Tonne Stein- und Braunkohle (gemischt) den Brennwert von 3 fm Nadelholz hat, dann entspricht diese Kohlen- menge 1410 Mill. Festmeter Nadelholz. Zur Erzeugung derselben wäre eine Nadelholzwaldfläche von 408 Mill. Hektar erforderlich, d. i. vier Zehntel der Gesamtfläche Europas. Rechnet man die schon vorhandene Waldfläche von 300 Mill. Hektar hinzu, so müßte die Waldfläche Europas 708 Mill. Hektar betragen oder 72°/, der Ge- samtfläche, wenn die gegenwärtige Brennholzproduktion und die der Mineralkohlenproduktion entsprechende Brennholzmasse erzeugt werden sollte. Der Heizwert eines Festmeters lufttrockenen Brennholzes mit einem Wassergehalt von 15°), entspricht dem Heizwerte folgender Gewichtsmengen fossiler Brennstoffe: Fichte Tanne Kiefer Buche Kilogramm nn EEE De EN 430 450 500 680 Gewöhnliche Braunkohle . . . . . 450 470 320 710 Älteste Braunkohle (Glanzkohle) . . 325 340 375 510 Fette Steinkohle. . . . . 2.2... 2830 290 325 440 Magere Steinkohle. . . ..... 250 260 290 395 LEN EL Er ee 225 235 260 355 Wird der Raummeter (Stere) zugrunde gelegt, dann sind vorstehende Zahlen bei Scheitholz mit 0,70, bei Prügelholz mit 0,65 zu multiplizieren. — Vorstehende Werte sind berechnet auf Grund der Kalorienwerte in Schwack- höfer, Heizwert der Kohlen, 2. Aufl. Wien 1901 und unter Zugrundelegung folgender Holzgewichte pro Festmeter: Fichte 450, Tanne 470, Kiefer 520, Buche 710 kg. Die Surrogierung des Nutzholzes durch Eisen und Stein und die des Brennholzes durch die Mineralkohle seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist eine feststehende Tatsache. Trotzdem ist der Holzverbrauch in Deutschland nicht gesunken, sondern gestiegen. Er betrug 1872 ungefähr 46 Mill. Festmeter, 1896 55, 1898 57, 112. Die Holzerträge. 1904 59 Mill. Festmeter. Dieses Mehr wurde zum Teil im Inlande aufgebracht durch Erhöhung der Abnutzungssätze, hauptsächlich in den Staats- und Gemeindewaldungen, der Rest wird durch erhöhte Einfuhr gedeckt. Eine Verschiebung hat aber zwischen dem Ver- brauch von Nutzholz und von Brennholz stattgefunden. Während der Nutzholzverbrauch pro Kopf der Bevölkerung gestiegen ist, ist der Brennholzverbrauch gesunken. Dieses Sinken ist aber nicht in demselben Verhältnis erfolgt wie das Steigen des Mineralkohlen- verbrauchs. Es betrug nämlich pro Kopf der Bevölkerung des deutschen Zollgebietes der jährliche Verbrauch von: Nutzholz Brennholz re Jahr West Ver- Fest- Ver- Ver- 7 hältnis- BR: hältnis- | Tonnen | hältnis- zahl zahl zahl 1872—75 ... 0,37 100 0,77 100 1,06 100 1876-80 ;>;;,, 0,35 95 0,73 95 1,17 110 1881—85 0,35 95 0,71 92 1,45 136 1886—90 0,38 103 0,68 . 88 1,69 159 1891—95 0,40 108 0,64 83 1,94 183 ISIBWECH.T 3 28 0,41 111 0,63 82 2,15 203 1 1) ee 0,46 124 0,51 66 2,67 251 2902... 77%, 0,44 119 0,50 65 2:97 242 - - Der gesteigerte Verbrauch an Mineralkohle ist in erster Linie auf den Bedarf der Industrie zurückzuführen. Für den Hausbrand der ländlichen Bevölkerung ist auch gegenwärtig noch das Holz das hauptsächlichste Brennmaterial, während in den Städten der häusliche Verbrauch des Holzes durch die Steinkohle seit den 60er Jahren auf ein Drittel bis ein Viertel reduziert wurde. Interessant ist in dieser Beziehung der statistische Ausweis über den Brenn- materialienverbrauch in Berlin und Paris. Derselbe betrug pro Kopf der Bevölkerung: Brennholz Torf } Holzkohle Mineralkohle Jahr Berlin | Paris Berlin Paris Berlin | Paris Festmeter Stere hl Tonnen OR a 1.25 = = ar Bi BB, Zen — 0,91 _ 3,10 — 0,11 IUBD“. " EReR — 0,90 _ 3,00 _ 0,12 ED nid w 0,76 nr 3,15 ei 0.15 TREE E 0.65 ne 3.11 ehe 0,20 112 N ef — 0,53 — 2,84 — 0,29 0Bb WA, —_ 0,53 _ 3,03 — 0,39 BB ar. 0,75 041 | 0,67 3.01 0,868 | 0,386 IV. Mineralkohle und Holz. 113 Brennholz Torf | Holzkohle Mineralkohle Jahr Berlin | Paris Berlin Paris Berlin Paris Festmeter Stere hl Tonnen LEE 0,78 0,34 0,63 2,89 0,81 0,40 BR, , 0,55 0,33 0,41 2,82 0,87 0,44 Beuleer. . ..; 0,52 0,33 0,45 2,21 1,08 0,30 Bay: ® .; 0,58 0,29 0,39 2,56 1,14 0,40 Stil) Bee 0,51 0,30 0,15 2,40 1,12 0,48 Basar 25. 0,23 0,24 0,03 2,19 1,13 0,43 IRB, . 0,23 0,24 0,03 1,93 1,32 0,54 Em... 0,20 0,18 0,03 1,69 1,39 0,55 BESBrEN — 0,15 — 1,30 — 0,50 Bali... — 0,14 — 0,97 — 0,61 In Wien war der durchschnittliche jährliche Holzverbrauch im Jahr- zehnt 1848—57 720000, 1858—67 656000, 1868—77 429000, 1878—87 247000, 1888—97 137000 Raummeter.!) 1) Öst. V. 1898, 365. Endres, Forstpolitik. 3 Viertes Kapitel. Die Gelderträge. I. Begriffe und Übersicht. Sichere, dem großen Betriebe entnommene Zahlen liefern zu- nächst nur die Staatsforstwirtschaften. Doch ist zu hoffen, daß in Zukunft sich auch über die Erträge der größeren Privatforste ge- nauere Anhaltspunkte ergeben, wenn die Bestrebungen des Deutschen Forstvereins bezüglich der statistischen Erhebungen über diese Besitzart von Erfolg gekrönt sein werden. Aus der jährlichen Roheinnahme (Rohertrag, Bruttoertrag) werden die auf die Verwaltung und den Betrieb entfallenden Aus- gaben oder die Wirtschaftskosten bestritten. Die Differenz bildet den Einnahme-Überschuß oder die Reineinnahme (Aktivrest). Dieselbe ist gleichwertig mit dem Betrag, welcher im Staatshaushalt jährlich bar an die Staatskasse abgeliefert und in den Staatsbudgets als Aktivrest vorgetragen wird. Vielfach wird dieser Überschuß auch Reinertrag genannt, eine Bezeichnung, die nicht korrekt ist und daher besser vermieden werden sollte. Es ist zu unterscheiden zwischen Waldreinertrag (Waldrente) und Bodenreinertrag (Bodenrente). Der Waldreinertrag, dessen Begriff der Regel nach einen jährlichen Nachhaltsbetrieb voraussetzt, besteht in der Differenz der jährlichen Einnahmen und Ausgaben, welche aus der Bewirt- schaftung der gegebenen Waldfläche fällig werden. Er stellt das Einkommen des Waldbesitzers aus seinem in der Waldwirtschaft festgelegten Boden- und Holzvorratskapital vor, also die Zinsen dieser beiden Produktionsfaktoren. Unter den Einnahmen und Aus- gaben der Staatsforstbetriebe finden sich aber auch oft Positionen, welche Kapitalverschiebungen sind, wie z. B. die auf Waldankäufe und -Verkäufe treffenden Summen, Abfindungskapitalien für ein- gelöste Forstrechte usw., oder die mit der fiskalischen Waldwirt- u u ae A na a 2m a A A a re An I. Begriffe und Übersicht. 115 schaft in keinem bzw. nur sehr losem Zusammenhange stehen, wie die Ausgaben für Handhabung der Forstpolizei und für die Bewirt- schaftung der Korporationswaldungen durch die Staatsforstbeamten, für Unterrichtswesen. Andererseits werden oft Ausgaben, welche in der Forstrechnung eigentlich erscheinen müßten, auf andere Fonds abgewälzt, wie die Pensionen der Staatsforstbeamten, oft auch Kapitalien für Ankäufe, Forstrechtsablösungen. Im Sinne der wissenschaftlichen Rentabilitätsrechnung ist unter Reinertrag nur der Bodenreinertrag oder die Bodenrente zu ver- stehen. Denn von den beiden Einkommensarten des Waldbesitzers ist nur die Bodenrente ursprüngliches Einkommen, der Zins des Holzvorratskapitales insofern nur ein ausbedungenes, als der Holz- vorrat ein erspartes, durch den Abtrieb aller Bestände jederzeit flüssig zu machendes Vermögen des Waldbesitzers bildet, dessen Zinsen ihm in dem jährlichen oder periodischen Geldertrag des Waldes zurückerstattet werden. Der Betrag, der aus der Staatswaldwirtschaft jährlich zur Staats- kasse fließt, deckt sich daher begrifflich weder mit dem Wald- reinertrag noch mit dem Bodenreinertrag. Er kommt allerdings dem ersteren weit näher als dem letzteren, ist aber trotzdem eine Größe für sich, die man am zutreffendsten mit Überschuß oder Reineinnahme bezeichnet. Es ist auch durchaus unzulässig, die nur von den laufenden jährlichen Barausgaben entlastete Einnahme, wie sie eben aus der Staatshaushaltsrechnung hervorgeht, oder auch den wirklichen Wald- reinertrag in Parallele zu stellen mit dem Reinertrag des land- wirtschaftlich benutzten Bodens. Dieser letztere ist nur mit dem forstlichen Bodenreinertrag, d.h. der Rente des forstlichen Boden- ertragswertes vergleichbar. Denn der Waldbesitzer ist immer um den Wert des Holzvorrates reicher als der Landwirt mit Boden von gleichem Flächenmaß und gleicher Qualität. Auf den Irrtum, der in der Gleichstellung von Waldreinertrag bzw. Budgetertrag und landwirtschaftlichem Bodenreinertrag liegt, ist auch der falsche Glaube zurückzuführen, daß in gegenwärtiger Zeit der gleiche Boden bei forstlicher Benutzung höhere Erträge liefere als bei landwirt- schaftlicher Benutzung. In einzelnen Fällen mag dies zutreffen, in der Mehrzahl der Fälle aber ist ein rationell geleiteter land- wirtschaftlicher Betrieb selbst bei niederen Getreidepreisen usw. rentabler als der forstliche. Einen ungefähren Anhaltspunkt hier- für bieten die finanziellen Erträge der Staatsforsten, wenn man bei Beurteilung derselben im Auge behält, daß der Staat teurer wirt- schaftet als der Private. Setzt man das Verhältnis zwischen Bodenkapital und Holz- 8*+ fläche folgender deutscher Staatsforste. Roheinnahmen, Ausgaben und Einnahmeüberschüsse in Mark für das Hektar der Gesamt- 182° Die Gelderträge. 80 gnyos onrevorostn|namono« |ı Z ach | I\udsssca-:t reıs E De! x = Hannonon | m noocuoo 2 oqedsny I ISSoSHHaslfigon fe] rm. | m mm : ourgeu Na RER oenaooan A| moon Biene gnyas ee 5 -ıq{) Ra RR Be IE Ma RO Rp FRE: | | & = 7 nno, ez a5 | equäsny 1 Da Da A a KR RE I a As BeNDN EI er (ET A RR Fuda auyeu wenn Se Fe III III IESE s | gnyas ononleo+nam- o san III III Isa | Ss » 8 „saalamn 6 5 h onmalmonnarm - 3 | oqeisny III II IESES | Sr ai & rmr---|I|m m mm au Suryru | | | | | Hirn J aa om - Zey08 ARTEHIFELRE 2 gnyos TS MmanNKmeoaJannmo a a0 za seraärsrsgzeg sanmın ai & y LET EN Bes “ 8 | oqss IT IROE BrSBE Fe} Bösn . » rs one ARE SIEHE 5 > awyeu ann moon m B | -mayoy II II III IST | ESS = gnyos OH nonHoon ln mom 52 s sascdarTduıs ec: =} 2 2 Joqll Hmm | nam ın ©” 7 ARNO HAaHmen | mama a, 3 aqeäsuy Doooooosotm-n Innos Ss 8 mm rm a z owyeu rmonaaannmandu | moram un -utayoy SSR SHLNSE ILS HERLTD & 5 TArmmmm wand Io yo m ars gnyos ee ei! u r 294] | | | | | | | | Se ee a 5 ma omoor 152 > oqedsny II IP I II IS] Sag aT E & g> - mm ii awugeu | | | | | | | Sonn au o | recz SEIERLER ä gmyos SBAHanrmaa Im mono o -2egL a EEE Pe & ei N : um & Sonmar-amn Jwoo-ın Och E aquäsny I Jsss#s#wolileshe x - En g SUR ER. et A auyeu AOAFAANANASNOSO IAHomnn In I © ao -mouoy | | |\SswWwsQn sooao-m zZ 5 - mm mm m aa a 4% araxyayasayal..... - Er: NnamnHtn no m | BEBRBEREMHE IN. | 2 >onoO»O0#O0n0on Joman« N) Sg MIA FHFRNOSIELrLen [5 00 00 00 G6 O0 CD 00 OO CO 00 GO | Go 00 60 Go 00 en) rn m |Trmr, m, mm _ ee Ve. I. Begriffe und Übersicht. 117 a JenwcH SS Iwascoo aan Im Jana sen aa aa 27,0 2 2 2 ESNTEer Sana aaa 50,2 23,2 8 9 7 enancn I|monoao noaoa la Inoomau HM-oaxy | a Hoc ats SI e##4o Saar namnmmmm | © + I mHonıd ın veoran Ja Juammoo onomna eo loan m | a mon mının 0 & sver- nm OoO-o«a - rXarKcXe.cXes) si e-shs-# arme m wi mm mac 1 [eX Eon Een Has Kon] ei en Bes Bes Een! nos Jean nan »owanr | Jeonr-on Ia Jlonur Muucoo |" soono SHanan + oa — 0 Hm aauacan ajaaıma aasuacaı Ja | uaauan Ja | san HH oarnn Is Jomaonn Ja Inn Jo | sorno | m | numo Sr 800 Ss |oson © > Haasoıns us WOAMmOS - Sat 00 Sonn I |annnom Im | THF | | Fr FS5S5 IR 1 3353 ana tom | + moon nn | sasronn I | OO wrı = | Mn no aının es Iso oo Dr soo om alın _ [oe oe} amaaa a jgaawaaca alaonnmnn Im Ina | = Ben mHnno | m nom O2 ION aA Jana |m | mn Arreios la I oswoııh | | Ss ee | aauaca a jaaaaca a Jaaaaaı Ja |Jaannmn | # Acam »oQnrn Is |a+ttmrao Io Jnomn-n In Joanmoan Im Im m SOoO=o0%&0 Is |mTwor-x I|al os I | arm En rer) SIEH IS IS In IS R 00 IS |SSr er | CS Ze | somno [0 >) T1mooe J|AaA | nnomn x ımnnnm SO I rmx S-üsr | = |SurS- | S | SS | Iris | | Ss | aauaacı ajasann Ja Ion Im I nam ksn I AI DS rat |o |nananm Ja Joncon |a moon Im | mu aaadaa a |Jsaoon || | oSwwwos | = | Won | aa | So awadaı a jaaaacn a I saaaa a | aıadaa a |aası oenar-t | Jenna IH nenn m a |wrnoeo |a | one Son > HToomıs ei Sawmal & nr n-o© & | Sao EEE De aBTnuTnETeRTe} Yo) NouToWYaKleiTe) Ne) SOoOorm =) > 00 HrOomn m IT Ja I mn on m a jrmoa- u re | souo« Ila | «os | + -sSzsa |a | -s-osr Ie= | a AFFE | FH | Hr HYHE LI FH I DEF I FH I EHE II a HH -onae In [oem IS | Hmmoann Jo | ana |a | moo St -- | | - - - a a | wos Is | soon = |S-- aaaaıca [os | aaaacası au aaa au aaa au nen an nrersoo|j| + Jomronak | + | wanmm a |matno Im [ua Sm ın “ nm Oo => Sun Einker) D> rs DD + nm ın BS80090 |S |SS5S5 or | S | SS 655 | So |orer- en > Jörn Enno | m | sconaw | HA Joonoa | | AH | m Jason S-s-ias |- | «wos | + I ewosc- | Ss | seo | SS | u | Hmmm, b Hmmm -i mm - aaa au aaa s»pvor | m | m wn& almwonm Jo Jsonrma la | man onaman In Iso | H I smauseo I Iso | | os hm BE u Bi un BR zu Bi u — Ru Bun BR zn Bi un Bi zu! — m-imm-i ui m NH mm ni Ana SOHRISO I HI DOSAN Joa [AHA NISO Id Jam n ITS | aan SHE |s Ice | | sous Is Io | 5 | Sr | auaaa Ja | wmaaaın aloannmnn IA | An aA FE wood [na | woaaoarm Je Joanna Joa I mr mon Im I moon Sshoschls I she | Ss I Sana | | Se | ur | he ui Rn BE BE BE Ei — Run Be Bi zum Bi u BR zu} — Ru Bi u BE u | Smnoam | Jako-n | u Joconaa |m Jotnmn |a Jo Sr | | |a | se area, ur | hu 6 nun Bi un Bi u Fb zu | ui Re ae Bi un m Bi u | Ke Re zu Bi zu DE ze Bi u = Rn BE ze BE zn Bi un Bi zu | ui Rn BR BE nn ee Tamara Fed T Ian d I A TAT RI RAUS. soh-a - Ja Is | sSswoxwo IS |sorarm = | s#ser | aaaaıda Ja | aaaaca Ja | maaaaca Ja [| saman Ja I mn eo) & 7 = SERBEIS I23538 |2 |2HR2828 |S | 282528 | |Ssza22 ana IR IA IE I San AR IS ISoS5SS oma I Iwan I Ina IE IA II ARRAH Rz BO u BE on BE -— Rn un Ei u Bi u Bi zu} —_— Re Bi u BE zu DE nn 9 uf Kun BR zu BE zum BR zu BR m } ei Run Di un Di u Bi nn 3 - 118 - Die Gelderträge. vorratskapital auf 1:4 fest, dann treffen von dem Einnahmeüber- schuß pro Hektar ein Fünftel auf die Bodenrente, vier Fünftel auf den Zins des Holzvorrates, — wobei man natürlich voraussetzen muß, daß der Überschuß vom wirklichen Waldreinertrag nicht wesentlich abweicht. Für den Zeitraum 1895/99 gestaltete sich nun dieses Verhältnis für die Staatsforste in folgender Weise: hiervon treffen auf Überschuß Bodenrente Vorratszins Mark pro Hektar a en He. STAR 1 Pe 2,6 10,5 Basen 2 2.225! she 4,1 16,6 BEHOBEN 2... Dr er ei 9,4 37,8 Württemberg . .. . . 43,0 8,6 34,4 a 8,2 32,8 Elsaß-Lothringen . . . 26,2 5,2 21,0 Braunschweig . . . . 27,0 5,4 21,6 Beim aussetzenden Betrieb wird die Täuschung von der hohen Rentabilität der Waldwirtschaft durch die vielfach angewendete unrichtige Durchschnittsrechnung noch verschärft. Liefert ein Be- stand z. B. im 80jährigen Alter 5000 M. Abtriebsertrag, so ist der 5000 0,03 — 1,039° — 1 5000-0,1037-0,03==15,56 M. Die Differenz von 62,50 — 15,56 — 46,94 M. ist der Zins eines Holzvorratskapitals, welches beim aus- setzenden Betriebe gar nicht vorhanden ist. Die Roheinnahmen, Ausgaben und Überschüsse verschiedener deutscher Staatsforste sind in der Tabelle auf S. 116 nachgewiesen, und zwar für das Hektar der Gesamtwaldfläche. Die Unterstel- lung der letzteren und nicht der Holzbodenfläche, welche für den Holzertrag maßgebend ist, ist deswegen geboten, weil auch die zur Holzzucht nicht benützte Fläche Einnahmen abwerfen kann (Jagderträge, Nebennutzungen) und Ausgaben (oft auch Steuer, Verbauungen usw.) verursacht. Nur in Elsaß-Lothringen ist ‚die ertragsfähige Fläche zugrunde gelegt. Nach den in der „vergleichenden Übersicht“ der Beiträge zur Forststatistik von Elsaß-Lothringen angegebenen Zahlen betrug dieselbe im Jahre 1903 144150 ha, die Gesamtfläche 145456 ha. Der Unterschied von 1306 ha=0,99/, kommt in den Durchschnittsziffern kaum zum Ausdruck. Die Einnahmen und Ausgaben beziehen sich auf das Rechnungsjahr (Etatsjahr). Dasselbe läuft entsprechend dem Rechnungsjahr für den Haushalt des Deutschen Reiches in Preußen, Württemberg, Hessen, Braun- schweig, Elsaß-Lothringen vom 1. April bis 31. März. Da hier drei Quartale auf das erste Kalenderjahr treffen, wurde dieses für die Anschreibung des Rechnungsjahres in einer Jahreszahl gewählt, wie es nunmehr auch im Reiche, Preußen usw. geschieht. In den beiden Mecklenburg, Sachsen-Koburg- 000 jährliche Ertrag nicht = 62,5 M., sondern II. Roheinnahmen und Holzpreise. 119 Gotha und Anhalt beginnt das Rechnungsjahr mit dem 1. Juli, in allen übrigen Bundesstaaten, also auch in Bayern und Baden, mit dem 1. Januar. In Bayern erschien das erste Finanzgesetz am 22. Juni 1819. Die Finanzperioden waren sechsjährig und liefen vom 1. Oktober (1819 anfangend) bis zum 30. September. Von 1868 ab wurde der Anfang des Rechnungsjahres auf den 1. Januar verlegt und die Dauer der Finanzperiode auf zwei Jahre festgesetzt. Die IX. Finanzperiode umfaßt die Zeit vom 1. Oktober 1867 bis 31. Dezember 1869, die X. Finanzperiode die Kalenderjahre 1870 und 1871 usw. Bis zum Jahre 1868 war das Budget ein Nettobudget, von da ab sind auch die Verwaltungsausgaben aufgenommen. Pro Hektar der Gesamtwaldfläche betrug in Bayern: Rohein- Aus- Über- Rohein- Aus- Über- nahme gabe schuß nahme gabe schuß M. M. M. M. M. M. 1796—1801. . E= —_ 1,15 1849—55. . 14,6 7,2 7,4 1819—25... 77 3,6 4,1 1855—61. . 20,1 &B: IES 1825—31... 895 3,9 4,6 1861—67. . 24,1 99 142 1831—37... 11 4,6 6,5 1868... 0. Zul 104 -"IE1 1837—43... 148 5,6 9,2 1869... 215 7218, 210%4 > 314 1843—49... 147 6,7 8,0 IH. Roheinnahmen und Holzpreise. Die Roheinnahme bildet für die Beurteilung der Ertragsfähig- keit der Waldwirtschaft in den verschiedenen Gebieten und Zeiten insofern einen sichereren Maßstab als die Reineinnahme, weil die Verreehnung der Ausgaben in den einzelnen Staatsforstverwaltungen nicht ganz nach den gleichen Grundsätzen erfolgt. 1. Aus Holz. Der weitaus größte Teil aller Einnahmen entfällt auf die Holz- nutzung und hiervon wieder der größere Teil in den Staaten mit überwiegendem Nadelholz auf das Nutzholz. Wie aus der Tabelle S. 116 ersichtlich ist, gehen die Roh- einnahmen aus den Staatsforsten weit auseinander. Die Roheinnahme ist ein Produkt des Holzmassenertrages und des Holzpreises, wenn man die weniger einflußreichen Nebennutzungen außer acht läßt. Die Verschiedenheit der Holzerträge in den verschiedenen Staaten wurde schon früher ($. 97) erörtert. Was die Holzpreise anbelangt, so ist zu konstatieren, daß dieselben um so höher sind, je näher die Waldungen dem Rheine liegen. Nur Sachsen, welches für sich ein eigenes Holzabsatzgebiet ist, macht hiervon eine Ausnahme, bis zu einem gewissen Grade auch Schlesien. Württemberg und Baden haben ihre hohen Einnahmen der guten Absatzlage zu ver- Die Gelderträge. Die Durchschnittspreise für Holz im ganzen in den Staats- forsten pro Festmeter in Mark. 120 uaduraqjor] eaaal+| mama mn ornrmamiein Era nean sJ|uamaljl+tI|wmroo.nn a BB Ban ESS pn BE E22 BZ Er 3 15 2227 5 I sus] mmmi- mm nn |"|mmmmmm »omronaolmjunmıan| Man an an 00 | om Haan aaa nina oma mm oa aks uopeq EN Re Keen ES Brent Er EnK=X—R- Ss SO SnISsIwI wm ocococsalÄA-Al al Tun mm Ij|mimmm En un Bun BE nu mn lieimmmm m zjoqqxad nweomSomr|In [ou IRor- Ss | Hr Sao Ama ten m ame mar omn a 3 so-soclsisiciihsi aaa] alas ln | wer | wann er uasuous nme -I|AÄlÄänänlilalmmnmnlsiIm m ma mm mn ls I mm m m m m m Is lm m m -mmm—m—m newvor [m [nSSH| HS ROSA TSSganra sn gang nr ges [a2 ro sjaTegın uroÄug EEE EC RTSY SERe oNe 0 I Se eo Sa Se dl Bl Ba aa a Sa a En A PEERZUET Ion] w FRSOSn Sonnael| or A-[e|vrsa|s|saa naar] as ner 2r|l [arm Sorten uogueLg sownannalslisor-m-lslsnonlslon now ol2 12 | 0O0 9000| 2 |2o0r- IS Jan mW [000020202020 [mm | m | [mm | [| mn [| m | m — — — 17 m ui 2) > + > [- [8 [> je») er er s) Or-@o@nOo- am Hın Dep nz oKer) Smaumnzın od lo omnuax Inn RO mMam SOOOrLm Doro Do ro oo 00 00 O0 CO aD 00 O0 AIR n erXerKe;) RROOooOoS 8 00 00 00 00 00 00 OO AOIAICOAISIC ADD AISIAO ICAO AI AI I SIR a) “nm m lSlm m mn Ir | mm mim ie Im m m m m m nn I 2 Im Im m, m m m m nn I 2 I mm I SI Tem m m [e >) [6 0) [e') & 6") {ee} - _ - - - _ uodurıyyor] | -güsIz 1er EI EIN IT EI EHT RR TIEF ar ges FE SOSP-IAPISIUMSAFIEI II AAO uopugt a u a DE DIEBE S NEE FR REST EIS u En zjoyq.aect Hoomralas In mamma lammanr[SsITeoamas[n[sosnona2 [2 [| neo nm sok tim mom uosud8 sooo Isisosorrelsi oo Isla no lwu Im mn ooso—-lsi-auanin q Ss Rn BE zn BE BE u ns Ku RE — nonoalsIinnsrwonnnIalowolın uıosug a I a a u Be De u Da Ba a BD u BE es a ee a a a EEE rc 2 EEE rn Dr 62 25 naannoln Jo- mom IJawon an ansamojlaltatosoanjnainoanonaualalmeon| m uognaLg Sana In IS rer re ae EEE ET EEE EST Er me | in | u | | | un | a | | u m | m unse + = + & 1 cı 1 Or) Or + + 17 2) 2) Hu San 1m CD I= 00 Smamnx+ | nel ade oKer) OoOmamın SOMOO—a | en Han R>| OrBarKarKerker) an cn on cn m HEHE ST aD a ad a aD a un am an a CD «DO “OD NRT=E7-) 8 DD OO I | 0 00 00 00 00 | am | 00 00 00 00 0 | © | 00 0 0 00 00 | ars | 00 00 00 00 00 00 | © | 00 00 00 00 00 00 00 | «DO | 00 00 00 | © ler) Da u Bi u Ei zn Bi nu | or) "mm | 121mm I Htim mm mem I Hmm m m ma m JS I mm m m m mn m Tamm m ID ao [es ee) je >) o a .) -_ Du m) nl - _ _ II. Roheinnahmen und Holzpreise. 121 Die Durchschnittspreise beziehen sich für Preußen und Bayern auf die Gesamtholzmasse mit Einschluß des Stockholzes, für Baden auf die gesamte oberirdische Holzmasse, also ausschließlich des Stockholzes, für Sachsen nur auf das Derbholz. Als Preise sind zugrunde gelegt für Preußen die Preise der verwerteten Gesamtholzmasse, für Bayern der volle Geldwert der ver- werteten Holzmasse, indem auch das auf Berechtigung, Staatsdienst und um akkordierte Preise abgegebene Holz mit dem vollen Taxwert eingesetzt ist, für Baden die erzielten Gesamtpreise, für Sachsen desgleichen. Die Werbungskosten sind nirgends abgezogen. Der höchste durchschnittliche Nutzholzpreis ergab sich 1902 in den preußischen Staatsforsten für den Regierungsbezirk Trier mit 14,92 M., in den bayerischen Staatsforsten für den Regierungsbezirk Unterfranken mit 22,94 M. (Spessarteichen!); der niederste für Bromberg mit 9,89 und Ober- bayern mit 13,51 M. Den höchsten Durchschnittspreis für die Gesamtmasse lieferte in Preußen der Regierungsbezirk Trier mit 9,59 M., in Bayern Schwaben mit 11,41; den niedersten Köslin mit 6,51 M. und Oberpfalz mit 9,25 M. danken. In Preußen drücken die niederen Holzpreise des Ostens, in Bayern die Gebirgsforste einschließlich des bayerischen Waldes und die Forstberechtigungen die Roheinnahmen herab. Die für die gesamte Holzmasse sich berechnenden Durchschnitts- preise (Gesamterlös dividiert durch Gesamtholzmasse) sind in Ta- belle S. 120 dargestellt. Die Durchschnittspreise der Gesamtholzmasse sind außer von der Marktkonjunktur überhaupt von dem Massenverhältnis der jährlich zur Nutzung gelangenden Holzarten, von der Nutzholz- ausbeute, den örtlichen Absatzlagen usw. abhängig. Die Preisbewegung gibt folgendes Bild: 1. Ein besonderer Preisaufschwung fand in Süddeutschland im Jahre 1837 statt. Derselbe setzte sich dann in ganz Deutschland in den 40er Jahren in geringem Maße fort, wurde aber durch die politischen Ereignisse des Jahres 1848 und 1849 unterbrochen, namentlich in Süddeutschland. 2. Von 1850—1865 stiegen die Holzpreise, von 1850—55 wenig, von 1856—62 stärker, von 1863—65 am stärksten. (In den 50er Jahren Befestigung der innerpolitischen Verhältnisse, in den 60er Jahren Aufschwung der Industrie, Eisenbahnbauten.) 3. Von 1866—1870 fielen die Holzpreise. Eine kleine Auf- wärtsbewegung ist im Jahre 1868 gegenüber den beiden Vorjahren zu verzeichnen (Krieg von 1866, Abschaffung der Nutzholzzölle vom 1. Juli 1865 ab). 4. Im Jahre 1871 ist da und dort bereits wieder ein Anziehen der Preise bemerkbar. 5. Von 1872—1875 schnellten die Holzpreise rapid auf eine bis dahin nicht gekannte Höhe empor. In Preußen begann die 139”. Die Gelderträge. Steigerung erst vom Jahre 1873 ab, in Bayern hielten sich die Preise auch noch im Jahre 1876 (Gründerzeit). 6. Von 1876—1887 sanken die Preise, von 1876—81 stark (1876—78 Krisisjahre). Die kleine Aufwärtsbewegung im Jahre 1878 war veranlaßt durch die Einführung des Holzzolles im Jahre 1879. Von 1882—85 zogen die Preise kaum etwas an (1885 Erhöhung des Holzzolles) und sanken im Jahre 1886 etwas, 1887 (Kriegs- gefahr gegenüber Frankreich) plötzlich auf einen Tiefstand, den sie seitdem nicht wieder erreicht haben. 7. Von 1888—1901 stiegen die Preise, am stärksten von 1897 bis 1900; in letzterem Jahre erreichten sie den höchsten bisher zu ver- zeichnenden Stand (Sommer 1901 Krisis; s. unter Holzhandel). Setzt man die in den preußischen und bayerischen Staatsforsten in dem Zeitraum 1861—-70 erzielten durchschnittlichen Holzpreise einerseits und die auf den gleichen Zeitraum bezogenen durch- schnittlichen Roggenpreise andererseits —=100, so ergibt sich fol- gende Zusammenstellung, aus der hervorgeht, daß das Sinken oder Stagnieren der Getreidepreise auf die Holzpreise nicht nur keinen Einfluß geübt hat, sondern daß letztere in Preußen bis 1903 um 55°/,, in Bayern bis 1902 um 68°/, gestiegen sind. Die Bewegung der Holz- und Roggenpreise. Preußen Bayern Jahr # 2 a 85,|% a 2 2 5% E gs | EL 42 E12 482 83el 3. ses | =4 [sg5:: =3 | Sei | 53 EEE 3 se = IS S 28 5 ei S 2 = NS S 28 er S N Am 4 2 = = M. M. M M. 1861—70. . . .| 155 | 100 5,62 100 | 146 | 100 5,88 | 100 181—75....1 179 | 115 6,4 114 | 192 | 132 7,1 121 1876—80. .. .| 166 | 107 6,0 107 | 176 | 121 28 131 1881—85 . 160 | 103 6,1 109 1 171.1 293 7,1 121 1886—90 143 92 6,4 114 | 154 | 105 7,5 127 VON arriaii:fen 205 | 132 7,0 125 | 204 | 140 7,9 134 Iayan zn. 176 | 114 6,8 121 | 173 | 118 8,0 136 12, Ra ee a 128 83 6,6 118 | 140 96 7,8 132 IB8h. aus. 118 76 6,5 116 | 121 83 8,0 136 1805; tn al 121 783 6,5 116 | 129 88 8,3 141 1UUD:, re 120 77 6,7 120 146 100 8,0 136 1807, VW AR, 124 80 7,4 132 | 151 | 108 8,4 142 N 147 95 8,0 143 | 167 | 114 9,1 154 BOB, ya ae 142 92 8,7 155 | 156 | 107 9,6 163 ae 139 90 9,4 167 | 154 | 105 10,0 170 BR 133 86 8,8 157 | 150 | 103 10,2 173 BU ie keta dh 144 93 7,8 139 | 147 | 101 9,9 168 2 er 132 85 8,7 155 —_— —_ _ | II. Roheinnahmen und Holzpreise. 123 Die Roggenpreise für Preußen bis 1898 nach Conrad im Handw. d. “ Staatsw. 2. Aufl. I, 114, IV, 324, von 1899 ab nach den Viertelj. zur Stat. d. Deutschen Reichs 1902, I, 36; für Bayern nach dem Statist. Jahrb. 1903, 72. Die weiteren Tabellen ($. 124 u. 125) geben Aufschluß über die Bewegung der Nutzholz- und Brennholzpreise. Das Nutzholzwertprozent ist höher als das Nutzholz- massenprozent. Von dem Gesamterlös aus Holz betrug der prozentische Anteil des Nutzholzes und des Brennholzes in den Staatsforsten von Preußen Bayern Baden Jahr Nutz- | Brenn- | Nutz- | Brenn- | Nutz- | Brenn- holz holz holz holz holz holz RR Rs) Dan a a RR" 1870—74 — 56,5 43,5 _ — 1875—79 — — 55,1 44,9 — — 1880—84 — — 97,3 42,7 47,4 52,6 1885—89 56,4 43,6 62,9 37,1 47,7 52,3 1890—94 63,3 36,7 66,8 33,2 48,2 51,8 1895—99 68,3 31,7 70,5 29,5 59,1 40,9 12 A 73,2 26,8 72,2 27,8 60,6 39,4 al ee 11,1 28,9 66,9 33,1 94,9 45,1 ST Er 69,1 30,9 65,8 34,2 60,6 39,4 1903 . 77,2 22,8 _ — — — = 2. Aus Nebennutzungen. Im Sinne der Wirtschaftsstatistik versteht man unter Neben- nutzungen alle aus dem Walde und aus der ihm zugewiesenen Fläche anfallenden Nutzungen, welche nicht Holznutzung sind. Zu den Nebennutzungserträgen zählen die Erträge aus der Streu- und Weidenutzung, aus Steinbrüchen und Erdgewinnung, aus Mast, aus Harznutzung, Samen- und Grasgewinnung, Torfnutzung (wenn hier- für nicht besonders Rechnung gelegt wird), Forstwiesen usw. Be- züglich einzelner Ertragsarten weicht aber die Rechnungsführung in den einzelnen Staaten voneinander ab. In Bayern wird z.B. die Eichenschälrinde usw. („Borken und Lohe“) zu den Neben- nutzungen gerechnet. Die Jagderträge werden in der Regel besonders aufgeführt. Die Nebennutzungserträge der Staatsforste können nicht direkt übertragen werden auf die Privatwaldwirtschaft, weil die Staatsforst- verwaltungen diese Nutzungen mehr einschränken als die Privaten und auch nicht immer den höchstmöglichen Erlös aus denselben ziehen wollen und können. In dem Trockenjahr 1893 stiegen wegen - - n oo Ir | Iron AH OıN _ v L G 0 I & & I r r r 2 In oS80 I = - InB'eEieKi-KieBinZin Sur - - - nm on dor mmoan Die Gelderträge. v9 | gel vs ve |68l 2° a; g'S NETT &9 14 AN v ‘9 — | ‘ ! Ze: «9 v a Mr v9 8 a &L z — | — [or | est | 89 a — | EL RE IE & | 001 "9681 — 1.7 +8 DL IRRE BO FE] > 0 - SB = 160] [Zr Re Frl "681 — as= DOES ER | Ss " 1681 Ba a ee TLSITI .. D8BL Ivs [or eH v 88 87 e g°8 87 | gL ‚A 8 LF | a c gg er vr ge N ayef en "SL 0181 uodurıygor] UOSULINIOrT -gEsH uogneug -(9381078YB0BI8) aoyowysog ord osjordzjoyuuaıg pun -zjoyzyun 'V II. Roheinnahmen und Holzpreise. 125 Zu A. Die Zahlen beziehen sich auf die durchschnittlichen Verwertungs- preise pro Festmeter, ohne Abzug der Werbungskosten, in Bayern auf die Ver- steigerungserlöse. Baden in dieser Tabelle nur das Scheit- und Prügelholz. — Die Umrechnung des Brennholzpreises wurde für Bayern nach dem Verhältnis 1 Raummeter — (0,7 fm vorgenommen. Das Brennholz umfaßt Derb-, Reis- und Stockholz, für B. Holzsortimentenpreise in Preußen und Württemberg. Preußen Württemberg Nutzholz Brennscheite Nutzholz en. und rügel Jahr ae Ela or 3 1, 8 |+ erreretarene et ste aba ade are | SE DE Ra I pro pro pro pro Festmeter Raummeter Festmeter Baummeter M. M. M. M. M M. M M. M. M. M. 1855—59. .I — — = — | — | — [187113 4,8 | 2,8 186064. .| — — — — — 1 — | — 124,6 | 15,1 6,3 | 4,0 1865—69. .| — — — _ — | | — [233,0 | 12,9 6,7 | 3,9 VE — — _ — | — | — [12,3 | 11,8 7,5 | 3,5 Bl 2... _ — — — | — 22,6 | 11,3 ‚6 i Sans: u — — _ — — | — | — [26,9 | 11,1 6,4 | 3,5 Be... — — — _— — | — | — [ 32,1 | 14,5 83 | 4,6 1872... .10 — — — — —ı— | — [29,9 | 17,3 8,4 | 5,4 Le — — — — | — | — [23,5 | 18,3 98 | 6,1 1340... — _ — _ — | — | — [29,0 | 15,1] 10,7 | 5,7 Bee. — — — — — | | — [238,3 | 14,0 8,9 | 4,4 STE ee — — — | — | — [278 | 14,6 — | Bann — — — _ — 1 | — [244 | 121 — | Ba N — — — — Ze 25,5 | 12,5 —|ı— Basen, 5 — — — — — | — | — | 3,6 | 12,7 6,1 | 3,6 1882. . kb — — — —: — | | — [| 23,2 | 12,5 5,9 | 3,9 1883... .1195|125|114| 92] 45 | 2,9 | 3,2 I 24,7 | 13,1 6,0 | 4,0 1834... .]193|121|/11,1| 93] 48 | 3,3 | 3,4 | 25,9 | 12,8 6,2 | 4,3 1885... .[188 | 11,5 | 10,7 92148 | 31 | 3,7 | 25,7 | 13,3 6,2 42 1886... .1180|1111|120| 9,31 47 | 3,1 | 3,5 I 25,6 | 13,2 6,5 | 4,2 1887. 2. .1179 | 11,2 | 12,0 | 9,21 4,6 | 3,0. | 3,1 I 24,2 | 12,3 6,0 | 3,4 1888... .1186|118|133| 95] 45 | 2,9 | 3,2 | 28,3 | 13,8 6,1 | 3,6 1889. . . .120,3 | 11,3 | 14,2 | 10,2 4,6 | 2,7 | 3,4 | 28,3 | 14,9 6,3 | 4,0 1890. . . .1 20,4 | 11,9 | 14,1 | 10,6 | 4,7 | 2,9 | 3,6 | 31,9 | 15,5 6,3 | 4,5 1891... .][20,5|11,0 | 14,1| 9,91 5,0 | 3,2 | 3,9 | 32,9 | 13,9 6,7 | 4,8 1892... .][20,1 | 11,4 | 12,5 | 10,1 | 5,0 | 3,0 | 3,6 | 35,5 | 14,6 7,3 | 5,8 12 DE 18,9 | 11,4 | 12,1| 9,9] 48 | 2,8 | 3,3 | 35,6 | 15,0 7,4 | 5,4 1894... .[183!11,1|11,5| 871 4.6 | 2,6 | 3,0 I 35,9 | 16,2 6,9 | 5,1 1895... .1192|112|)129| 9,5] 4,9 | 2,9 | 3,0 | 33,8 | 16,6 7,5 | 9,9 1596, .- ; 19,2 | 11,7 | 13,9 | 10,1 | 5,0 | 3,0 | 3,1 | 34,2 | 17,0 7,2 | 5,6 1897... .] 20,5 | 12,6 | 15,3 | 10,9 | 5,1 | 3,1 | 3,5 | 35,0 | 18,3 6,8 | 5,6 1898... .120,8 | 13,0 | 15,6 | 11,9 | 5,0 | 3,1 | 4,0 | 36,2 | 19,3 6,8 | 5,6 1899. . . .] 21,2 | 12,4 | 16,2 | 11,9 | 5,1 | 3,2 | 4,5 | 38,4 | 20,4 7,0 | 5,6 5900:.:::0-, 22,0 | 12,5 | 16,2 | 14,0 | 5,6 | 3,4 | 5,0 | 36,4 | 19,8 7,8 | 6,1 1901... .1[19,1|125 |13,8 | 12,3 | 5,9 | 3,6 | 4,6 | 36,3 | 19,0 9,2 | 6,8 19027... .. 19,8 | 12,0 | 13,7 | 11,2] 5,2 | 3,3 | 3,7 _ — —_— | — - Er - 126 Die Gelderträge. Zu B. Für Preußen beziehen sich die Nutzholzpreise der einzelnen Holzarten auf Sortimente von über 0,5 bis mit 1 fm Inhalt. In den preußi- schen Staatsforsten betrug 1902 der durchschnittliche Verwertungspreis von Nutzholz (über 0,5 bis mit 1 fm Inhalt) pro Festmeter: Fichte im Regierungsbezirk Königsberg 8,65, Gumbinnen 10,22, Bres- lau 13,21, Liegnitz 12,22, Oppeln 9,48, Erfurt 15,10, Hildesheim 17,49, Lüne- burg 14,98, Münster und Minden 16,75, Arnsberg 15,42, Kassel 16,45, Wies- baden 13,58, Koblenz 11,86, Trier 12,14, Aachen 14,57 M. Kiefer im Regierungsbezirk Königsberg 9,84, Gumbinnen 8,24, Danzig 11,49, Marienwerder 9,63, Potsdam 13,00, Frankfurt 10,37, Stettin 12,38, Kös- lin 10,83, Posen 11,91, Bromberg 9,26, Breslau 13,46, Oppeln 12,55, Magde- burg 11,96, Merseburg 12,46, Hannover 17,06, Lüneburg 14,19, Kassel 14,02 M, In den übrigen Regierungsbezirken kamen nur geringe Mengen zum Einschlag. (Fortsetzung von S. 123.) vermehrter Streuabgabe, Weide- und Grasnutzung die Erträge auf das Doppelte der normalen Erträge. Ein detaillierter Nachweis über die Nebennutzungserträge kann wegen der Verschiedengestaltigkeit derselben im Rahmen dieses Buches nicht ge- bracht werden. Die nachfolgenden summarischen Angaben beziehen sich auf die Staatsforste und sind Roherträge. Preußen. Die Nebennutzungsroherträge ausschließlich jener aus Jagd, größeren Torfstichen, größeren Wiesenanlagen, größeren Baumschulen usw. betrugen pro Hektar Gesamtfläche 1850—54 0,64, 1860—64 0,54, 1880—84 1,59, 1895 1,50, 1899 1,62, 1900 1,79, 1901 1,99, 1902 1,91 M. und von der Roh- einnahme von 1849—99 zwischen 5 und 9°/,, 1900—02 5,6°/,. Bayern. Ausschließlich des Erlöses für Borken und Eichenrinde sowie für Jagd und einschließlich der Torfnutzung betrugen die Nebennutzungs- erträge: 1825/31 1843/49 1861/67 1870/74 1895/99 1900 1901 1902 pro Hektar M. 0,32 0,46 0,77 0,63 0,99 1,03 1,20 1,69 0, der Roheinnahme 3,8 3,1 3,2 2,1 2,5 24 28 3,9 Sachsen. Einschließlich der Jagderträge und verschiedener anderer Einnahmen betrugen die Nebennutzungserträge: 1817/26 1854/63 1884/93 1895 1902 pro Hektar M.. . -. . 1,08 1,27 1,80 2,65 2,63 °/, der Roheinnahme . . 6,2 3,6 2,7 3,9 3,9 Württemberg. Ausschließlich Jagd und einschließlich des Torfertrages betrugen die Nebennutzungserträge: 1855/59 1885/89 1895/99 1901 1902 pro Hektar M...... 0,69 1,95 155 1,88 2,31 0), der Roheinnahme . . 1,9 3,7 2,3 23 3,0 Baden. Ausschließlich Jagd: 1880/84 1885/89 1895/99 1901 1902 pro Hektar MM. , 2% \ 1,28 2,65 2,00 2,72 2,77 0/, der Roheinnahme . . 2,8 5,0 2,8 33 81 Elsaß-Lothringen, Einschließlich Jagd: 1880/84 1885/89 1895/99 1900 1901 1902 1903 pro HektarM...... 1,05 1,08 1,10 1,23 1,37 1,46 1,42 °/, der Roheinnahme . . 2,7 2,9 2,2 IR Zn 5 En in III. Ausgaben. 127 Jagd. Die Jagd in den Staatsforsten wird teils in Regie betrieben, teils verpachtet an Forstbeamte und andere Personen. Die im Nachstehenden nachgewiesenen Jagderträge der Staatsforstverwaltungen sind die Roherträge pro Hektar der Gesamtfläche. Diesen stehen aber auch bedeutende Ausgaben gegenüber (für zugepachtete Schutzjagden, Schußgelder, Jagdkarten, Wild- fütterung, Treiberlöhne usw.). In Bayern!) betrugen dieselben 1880—84 45°|,, 1895 —99 23°/,, 1901—02 33°/, der Roheinnahme. Es betrugen die Roherträge in Mark aus der Jagd pro Hektar Gesamt- waldfläche in den Staatsforsten von: Württem- Jahr Preußen Bayern berg Baden 1850—54. .. 0,04 0,05 — — 1860—64. ... 0,07 0,08 0,05 — 1870—74... 01 0,12 0,06 — 18850—834... 0,13 0,16 0,15 0,29 1890—94... 0,13 0,22 0,35 0,40 1895—99... 0,13 0,24 0,39 0,51 1:1 — 0,26 0,48 0,53 11 Be _ 0,28 0,47 0,51 ET Der Be = 0,28 — 0,51 III. Ausgaben. Die Ausgaben oder Wirtschaftskosten, auch Verwaltungskosten im weiteren Sinne genannt, gliedern sich in die Verwaltungs- kosten i.e.S., das sind die Aufwendungen für den Unterhalt der Beamten und Bediensteten aller Grade (Personalaufwand), und in die Betriebskosten (Arbeiterlöhne, Holzwerbungskosten, Wege- bau- und Kulturkosten, dann Steuern, Kosten der Arbeiterversiche- rung usw.). Die Verwaltungskosten sind innerhalb kürzerer Zeiträume ziem- lich stetig, die Betriebskosten dagegen steigen und fallen mit der Intensität des Betriebes. 1. Die Gesamtausgaben. Die Höhe der Gesamtausgaben für das Hektar der Gesamt- waldfläche der größeren Staatsforstbetriebe weist große Unterschiede auf. In dem Jahrfünft 1895—99 folgen sich der Reihe nach Preußen mit 14,5, Bayern mit 18,9, Braunschweig mit 23,2, Elsaß- Lothringen mit 24,9, Württemberg mit 25,1, Sachsen mit 27,5, 1) In Bayern waren 1898 497360 ha in Regie verwaltet, 409190 ha ver- pachtet; hiervon 265834 ha an Forstbeamte. Die Reineinnahme aus den Regiejagden betrug 11 Pig. pro Hektar, aus den verpachteten im rechts- rheinischen Bayern 22 Pig., in der Pfalz 82 Pfg. 128 Die Gelderträge. Baden mit 30,7 M. Diese Reihenfolge gilt auch für die früheren Zeiträume, nur hatte vor 1890 Württemberg höhere Gesamtausgaben als Sachsen. In Prozenten der Roheinnahmen betrugen die Ausgaben in: Württem- Elsaß- Braun- Jahr Preußen| Bayern |Sachsen berg Baden Lothringen [schweig 1830—34.. . 43 — 45 — —_ — 36 1835—39 . . . 4 — 46 -- —_ — 39 1340—4... 46 E= 45 — — 46 1845—49 . . . 92 — 43 — — —_ 49 1850—54. . . 45 — 37 — 52 — 52 1855—59.. . . Be: 43 35 42 41 —_ 54 1860—64. . . 32 39 29 36 36 —_ öl 1865—69 . . . 44 45 283 42 36 — 47 1870—74. . . 47 41 29 38 34 _ 46 1875 —79. . . 54 50 35 42 40 48 Sl 1880—84.. . BR) 54 34 48 49 54 59 1885—89 . . . 54 50 33 44 47 5 53 1890—94.. . 51 53 37 42 45 33 53 1895 —99 . . . 33 48 37 37 43 49 46 IN 43 46 37 34 41 48 48 ul an 46 47 41 34 41 59 54 BMEHES- 48 46 42 39 43 66 54 1.) = PN = — — — _ 64 — Im allgemeinen kann man sagen, daß die Ausgaben nahezu die Hälfte, teilweise auch mehr als die Hälfte des Rohertrages in Anspruch nehmen. Das Verhältnis der Ausgaben zu den Einnahmen wird auch als „Betriebskoeffizient“ bezeichnet. Setzt man die Ausgaben des Zeitraumes 1860—64 gleich 100 (s. Tabelle $S. 116), so waren dieselben im Zeitraum 1895—99 in Preußen 345, Sachsen 237, Bayern 203, Baden 191, Braunschweig 193, Württemberg 142. Diese Steigerung der Ausgaben war in allen Staaten höher als die Steigerung der Roheinnahmen. 2. Die Verwaltungskosten. Die Höhe der Verwaltungskosten hängt von einer Reihe von Umständen ab, die in den einzelnen Bundesstaaten sehr verschieden- artig gelagert sind. Als solche kommen folgende in Betracht: 1. Die Beteiligung der Forstbeamten bei der Handhabung der Forstpolizei über alle Waldungen, namentlich über die Privat- waldungen, und ferner bei der Bewirtschaftung der Gemeinde- und Stiftungswaldungen. Danach richtet sich auch die Territorial- organisation der äußeren Behörden und die Organisation des höheren Dienstes. In dieser Richtung besteht ein grundlegender Unter- III. Ausgaben. 129 schied zwischen den süddeutschen Staaten einerseits und Preußen und Sachsen andererseits (vgl. Privat- und Gemeindewaldwirtschaft). Für die Polizeiaufsicht erhält der Staat von den Waldbesitzern überhaupt nichts und die Beförsterungsbeiträge der Gemeinden und Stiftungen decken in der Regel nicht den wirklichen Aufwand. In Baden fließt die Beförsterungssteuer (1902 133594 M.) in die Steuer- kasse, nicht in die Forstkasse. Von dem Verwaltungsaufwand für die Forst- polizei- und Domänenverwaltung werden schätzungsweise zwei Drittel, von dem Aufwand der Zentralverwaltung zwei Fünftel zu Lasten der Forst- domänenverwaltung geschrieben, der Rest als verausgabt für die Forstpolizei- verwaltung und die Bewirtschaftung der Gemeindewaldungen betrachtet. In der württembergischen Forststatistik sind die Beförsterungs- und Schutzkostenbeiträge der Körperschaften bei den Einnahmen nicht vorgetragen, sondern bei den Ausgaben bereits in Abzug gebracht. In Bayern erscheinen die Besoldungsbeiträge der Gemeinden usw. unter den Roheinnahmen (1902 127000 M.). 2. Die Organisation der Zentralverwaltung. Da in derselben außer den Forstbeamten auch andere Beamte (Justitiare, Finanz- beamte usw.) mitwirken (Forstrechte, Besitzverschiebungen, Ver- markungen usw.), so müßte eigentlich ein Teil des Besoldungs- aufwandes dieser Beamten in die Forstrechnung aufgenommen werden; ebenso liegt die Frage bezüglich der Vorstände dieser Zentralstellen, wenn sie nicht Berufsforstleute sind. Aber auch in der äußeren Verwaltung wirken manchmal Be- amte anderer Ressorts mit, ohne daß ein entsprechender Besoldungs- teil für dieselben in der Forstrechnung vorgetragen wird. In Bayern obliegt z. B. den Baubeamten die Aufsicht über die forstlichen Dienstgebäude. 3. Die territoriale Organisation der Lokalverwaltung und die Besoldungsverhältnisse der Beamten überhaupt. 4. Die Organisation des Forstschutzdienstes (Preußen, Bayern, Elsaß-Lothringen — Förster mit systematischer Vorbildung; Württem- berg, Baden — Waldhüter, Forstwarte, Forstwächter usw. ohne eigent- liche Berufsbildung und mit viel geringerer Besoldung). 5. Die Verrechnung der Pensionen. Dieselben werden in der Regel aus dem allgemeinen staatlichen Pensionsfonds bestritten und erscheinen dann überhaupt nicht in der Forstrechnung (in Bayern 1900 1403000 M.). 6. Die Kosten für den forstlichen Unterricht und das Versuchs- wesen werden in einigen Staaten aus der Forstkasse bestritten _ (Preußen), in anderen Staaten nur teilweise (Bayern, Baden). Aus dem Vorgetragenen erhellt, daß mit den Verwaltungskosten der amtlichen Wirtschaftsstatistik in den einzelnen Staaten nicht alle Kosten dieser Art tatsächlich erschöpft sind. Trotzdem die Endres, Forstpolitik. 9 130 Die Gelderträge. absoluten Summen, die auf diese Weise in der Forstrechnung nicht aufgeführt werden, nicht unbedeutend sind, ist der auf das Hektar der Gesamtfläche entfallende Betrag doch von keinem erheblichen Einfluß auf die Reineinnahmen pro Hektar. Statistische Angaben über die Höhe der Verwaltungskosten sind wertlos, wenn nicht mitgeteilt ist, auf welche Ausgabeposten sich dieselben beziehen. Insbesondere aber sind die Ziffern zu Vergleichen zwischen den verschiedenen Staatsforstverwaltungen nur mit Vorsicht zu gebrauchen. In Preußen betrugen die Ausgaben für Besoldungen ein- schließlich der Kosten für Gelderhebung und für Unterstützungen, für Dienstaufwands- und Mietsentschädigungen, für Unterhaltung und Neubau von Gebäuden und ausschließlich der Ausgaben für den Unterricht pro Hektar 0/, der pro Hektar 0], der M. Roheinnahme M. Roheinnahme 1650: 4, 1,83 22,0 1880 ... 22,9 1809 2,04 21,4 1885 . .. A478 21,0 TECH \; 2,33 22,1 1890 °. - 728% 21,0 1863 7% 2,49 15,9 1895 .-. 2 oe 23,6 Far nen. 3,35 20,2 1899 . 7... 000 20,6 BIS" 2.8 4,72 20,9 Der Personalaufwand für die Lokalverwaltung (Oberförster, Förster usw.) war 1900 4,73, 1901 4,84, 1902 4,85 M, Hiervon treffen 35°/, auf das Verwaltungspersonal und 65°/, auf das Forst- schutzpersonal, In Bayern betrugen die Verwaltungskosten für die gleichen Ausgabetitel einschließlich der Umzugsgebühren und ausschließlich des forstlichen Unterrichts von 1880—1901 mit Weglassung der Nonnenjahre 25—18°/, der Roheinnahme und 6,0—7,85 M. pro Hektar. — Auf die Lokalverwaltung trafen 1901 5,60 M. pro Hektar. In Sachsen war der Verwaltungsaufwand einschließlich Forst- schutz (Besoldungen, andere persönliche und verschiedene sächliche Ausgaben, sowie Bau- und Dienstaufwand) pro Hektar 0/, der pro Hektar 0], der M. Roheinnahme M. Roheinnahme 1817—26. . 3,86 22 1854—63 . . 4,96 16 1827—36. . 4,04 22 1864—73. . 5,53 11 1837—46. . 4,51 22 1874—83 . . 7,79 12 1847—b3. . 4,79 19 1884—93 . . 9,34 14 Auf die Lokalverwaltung trafen 1900 11,7, 1901 12,0, 1902 10,7 M. III. Ausgaben. 131 In Württemberg sind als Aufwand für das Verwaltungs- und Schutzpersonal mit Ausschluß des Aufwandes für die Forstdirektion und des Anteiles an dem Aufwand der Kameralämter sowie nach Abzug der Beförsterungs- und Schutzkostenbeiträge der Gemeinden verbucht: pro Hektar 0], der pro Hektar 0/, der M Roheinnahme M. Roheinnahme 1880—84. . 6,58 14 1895—99. . 6,98 10 1885—89 . . 6,65 13 Fa0lin 3. 4.222 g 1890—94 . . 6,98 12 35210. MD NEE PR: 72 6: 10 Der Aufwand für die Lokalverwaltung war 1900 8,4, 1901 9,5, 1902 9,02 M. Hiervon treffen 61°/, auf das Verwaltungspersonal und 39°/, auf das Forstschutzpersonal (vgl. Preußen!). In Elsaß-Lothringen betrugen die persönlichen Ausgaben mit Ausschluß des Aufwandes für Dienstgebäude und für die oberste Zentralbehörde von 1880—1902 mit sehr geringen Schwankungen 7—8M. der Gesamtfläche, d.s. von 1880—89 20°/,, von 1890 bis 1900 15°/,, 1901 12°/, und 1902 11,5°/, der Roheinnahme. 3. Die Betriebskosten. Die Betriebskosten bilden den größeren Teil der Gesamtaus- gabe. Von den verschiedenen Arten der Betriebskosten nehmen hauptsächlich die Werbungskosten für Holz einschließlich der Kosten für das Holzrücken unser Interesse in Anspruch. Dieselben betrugen in den Staatsforstbetrieben folgende Prozente vom Roh- ertrag (Roheinnahme) und vom Holzerlös: Preußen Bayern Sachsen a Baden erg Be or ern vom vom vom vom vom vom vom vom vom | vom Roh- | Holz- | Roh- | Holz- | Roh- | Holz- | Roh- | Holz- | Roh- | Holz- ertrag | erlös | ertrag | erlös | ertrag | erlös ertrag | erlös |ertrag | erlös | %o % %o %o °%o lo %o %o bo %o el eat | — Brno ps nee ee ee | — 1868... ... 13,7 | 154] 124 | 142| — — 148 | 1531 — | — Bea 13 a | — 139) 1a | —-! — Bea a5 al — | 140 | 1z7 | 184 (irs 18a 1890... .| 12,8 | 14,0. | 12,0 | 12,8 | 12,6 | 12,6 | 13,8 | 14,3 [17,4 | 182 1895... .[136 | 149 | 134 | 14,5 | 13,1 | 132 | 12,8 | 13,1 | 16,0 | 16,7 200. ....13104 11101125 | 1841113 | 1217 115 | 11,9 | 15,6 | 16,1 22.161 ir 12] 1221| 12,5 [16h | 16,7 1902... .1 13,6 | 14,6 | 14,6 | 14,9 | 15,3 | 15,8 | 14,2 | 14,8 [ 17,6 | 18,3 | Der Aufwand für Forstkulturen und für Wegebau in den verschiedenen Staatsforstverwaltungen ist nicht vergleichbar, weil 9* 132 Die Gelderträge. zu den Forstkulturen oft auch die sonstigen Forstverbesserungen, in Preußen auch die Kosten für die Holzabfuhrwege gerechnet werden und bei den Wegebauausgaben die Kosten für die eigent- lichen Waldwege und für die durch den Wald ziehenden öffent- lichen Wege nicht immer getrennt sind. Hervorzuheben ist der hohe Aufwand der sächsischen, württem- bergischen und badischen Staatsforstverwaltungen für den Wegebau gegenüber Preußen und Bayern. IV. Überschuß (Reineinnahme). Die Höhe der Reineinnahme ist abhängig von der Größe der Roh- einnahme und der Ausgaben. Bei Beurteilung derselben müssen natür- lich die verschiedenartig gelagerten forstlichen und volkswirtschaft- lichen Verhältnisse in Berücksichtigung gezogen werden. Aus der Tabelle S. 116 geht hervor, daß die Reineinnahmen durchschnittlich eine steigende Tendenz haben. In den meisten Staaten sind sie aber nicht in demselben Verhältnisse gestiegen wie die Roheinnahmen, weil die Ausgaben prozentisch noch stärker gewachsen sind. Die geringste Reineinnahme pro Hektar hat Preußen mit 16,6 M, (1902); dann folgen mit ungefähr gleichen Beträgen Bayern, Braun- schweig und Elsaß-Lothringen mit rund 24 M.; die höchsten Rein- einnahmen weisen Sachsen, Württemberg und Baden auf mit 44—50M. Verhältnis der Roheinnahmen, Ausgaben und Über- schüsse seit dem Zeitraum 1860—64 (= 100) in den Staats- forsten von: Württem Braun- Preußen Bayern Sachsen Baden berg schweig Jahr [57,7 Tsalasl. „Izalsel, [raläsı, sales Pre > ; a - ca " 3222 52]25»25°]881225°j28»2153[25 »2]59]88|#3]5° 3:2 5213813 853188 [2 Ss8lsela 8828882 8285822 888 g5|* > 212 A|= >22 5|* Pal: Palsn|* Pal2z a 1860—64 | 100 100|100[100|100 100[100|100' 1005100 100) 100]100|100|100[100/100| 100 1865—69 | 1201162113] 95/1110) 85[1221116/124| 921108| 83]100/1011100[115|1041125 1870—74 | 145/212,127[123,130 120[139|1371139]119/127\114|1191112)122[138/122/153 1875—79 | 160/269) 123[124|158|102]148/1791135[115/135|104|1221137|1141153/153)153 1880—84 | 16212741122[106/147, 8011581841147] 961128] 78[1011137| 81[137/157/115 1885—89 | 178295 1138[119/153) 99]165'190]156[106 131) 92[117/155) 951159/165/154 1890—94 | 201/317|164[147/200| 1131169 2151501191138 109[129|163111051821189175 1895—99 | 212)345| 168[166/203| 142|186 237|165[|138|142) 136[159|191/141[214/193|237 1900 | 2643481253]181/212]161[207|265| 1841156 148 161]181/207167]217/203|232 1901 |265/376|238[181/218158[193/273|161|168/161|171|186/2211167]226/236|216 I 1902 | 24713671213]184'218/162[187273 1153]155|165|150]199/242]175[221/228/214 V. Die Gelderträge außerdeutscher Staatsforste. 133 V. Die Gelderträge außerdeutscher Staatsforste. 1. Österreich. Die Staatsforste werfen eine ungemein geringe Reineinnahme ab. Dies ist zurückzuführen zum Teil auf die starke Belastung mit Servituten, hauptsächlich aber auf die ungünstige Lage der Waldungen. Der größte Teil derselben liegt in den höheren Regionen des Hochgebirges und in den entlegeneren Ge- bieten der Karpathen. Von allen Staats- und Fondsforsten liegen 55,6°/, in über 1000 m Meereshöhe. Dadurch wird wegen der Transportschwierigkeiten der Absatz und die Ausnutzung des Holzes (kein Langholz, nur Blochholz) sehr erschwert, der Kulturaufwand sehr hoch usw. Die Einnahmen und Ausgaben betrugen (einschließlich der land- wirtschaftlichen Domänen, die aber nur sehr geringe Ausdehnung haben) in Millionen Gulden') Ein- Aus- Über- Ein- Aus- Über- nahmen gaben schuß nahmen gaben schuß 1887 3,914 3,156 0,758 1893 4,494 3,842 0,652 1888 4,002 3,013 0,989 1894 4,380 3,708 0,672 1889 3,912 3,101 0,811 1895 4,811 4,026 0,785 1890 3,805 3,163 0,641 1896 5,459 4,240 1,219 1891 4,417 3,803 0,614 1897 5,451 4,263 1,187 1892 4,263 3,752 0,511 2. Frankreich. Im Gegensatz zu den steigenden Einnahmen der deutschen Staatsforstwirtschaften steht der Rückgang in den Roherträgen der französischen Staatsforste. Als Ursachen werden angegeben der gesteigerte Verbrauch der Mineralkohle an Stelle des Brennholzes (Kaminfeuer!), die landwirtschaftliche Krisis und die Einführung der Goldwährung. Die Hauptursache scheint uns aber in dem Überwiegen der wenig Nutzholz liefernden Mittel- und Niederwaldwirtschaft zu liegen, wie überhaupt in dem Überwiegen des Laubholzes. Die jährliche Roheinnahme aus den Staatsforsten?) betrug pr. Hektar pr. Hektar Millionen d.Gesamt- Millionen d.Gesamt- Frances fläche Francs fläche Francs Frances Br .; ..30,25 29,6 1860—64 . .„ 41,07 37,9 1845—49 . . 34,47 33,7 1865—69 . . 39,14 35,9 1850-54 . . 32,82 30,0 1870—74 . . 34,69 34,9 1855—59 . . 37,26 34,1 1875—79 . . 35,24 35,7 1) Bericht über die Tätigkeit des k. k. Ackerbauministeriums 1895, 1899. 2) Annuaire des eaux et foröts. 134 Die Gelderträge. pr Hektar pr. Hektar Millionen d.Gesamt- Millionen d.Gesamt- Frances fläche Frances fläche Francs Frances 1880—84 . . 29,62 29,6 1900..7., su ee 28,8 1885—89° . . 25,26 23,6. -1901..i0J! oh Bin 29,6 1890—94 . . 27,26 25,0: 1902. / „la 30,3 1895—99 . . 30,20 26,9 Von der Roheinnahme entfielen auf die Nebennutzungen (d.h. nicht auf die Holznutzung) 1895—99 16°/,, 1900 21°/,, 1901 21°], 1902 21°/,. Die Ausgaben waren im Budget veranschlagt 1900 auf 13,98 Mil- lionen Fres. — 42°/, der Roheinnahme, 1902 13,91 = 40°,, 1903 13,99 43°/,, 1904 14,07 — 40°/|,. In den Forsten Algiers sind die Ausgaben höher als die Einnahmen. Die Einnahmen waren im Budget veranschlagt 1902 1,95, 1903 2,39, 1904 2,35 Mill. Frances, die Ausgaben auf 3,06, 2,97, 3,03. 3. Rußland. Die Einnahme aus den russischen Kronforsten (einschließlich Sibirien und Zentralasien) hat in den letzten 20 Jahren eine namhafte Steigerung erfahren. Es betrug die Roheinnahme in Millionen Rubel (a 2,16 M.): 1874 9,711, 1875 10,270, 1876 9,960, 1877 10,042, 1878 11,618, 1879 13,530, 1880 14,667, 1881 14,492, 1882 14,573, 1883 13,028 und Ein- Aus- Über- Ein- Aus- Über- nahme gabe schuß nahme gabe schuß Mill. Rubel Mill. Rubel 1885 13,525 5,494 8,031 1894 26,442 6,890 19,552 1886 13,700 5,484 8,216 1895 29,405 7,351 22,053 1887 14,112 5,596 8,516 1896 34,321 7,688 26,633 1888 15,932 5,565 10,367 1897 38,544 7,965 30,579 1889 18,607 5,796 12,811 1898 42,288 8315 33,973 1890 18,232 6,093 12,139 1899 49,103 8,853 40,250 1891 17,581 6,240 11,341 1900 56,200 10,602 45,599 1892 19,400 6,309 13,091 1901 57,180 10,506 46,674 1893 22,444 6,500 15,944 Die Ausgaben betrugen von der Roheinnahme von 1885—96 Prozente: 41, 40, 40, 35, 31, 33, 35, 33, 29, 26, 25, 23, von 1897—1901 21, 20, 18, 19, 18. Auf die Deßjätine (1,0925 ha) der in regelmäßiger Abnutzung stehenden Domänenwaldungen (1901 22681000 Deßjätinen) kam im Jahre 1901 eine Roheinnahme von 25 Kopeken, d. s. pro Hektar 0,50 M. In den nordischen Gouvernements liefert das Hektar 0,12 M. Roheinnahme. Zur Roheinnahme liefert die Holznutzung 95°/,. V. Die Gelderträge außerdeutscher Staatsforste. 135 Die Ziffern sind entnommen: 1874—83 Schanz, Finanzarchiv 1886, II, 200, 654; 1885—96 Bulletin russe de statistique financiere 1898, 366, Deutsches Handelsarchiv 1897, II, 733; 1897—1900 Bulletin etc. 1901, 485, — die hier für 1837—96 angegebenen Ziffern sind um ca. 0,5 Mill. kleiner als die in der Tabelle mitgeteilten; Guse, Z. f. F. u. J. 1904, 134. 4. Finnland. Beineinnahme aus den Staatswaldungen in Mill. finn. Mark (& 0,80 deutsche Mark): 1875 1,037, 1882 0,813, 1888 1,155, 1890 1,591, .1892 1,463, 1894 1,348. 5. Schweden. Einnahme aus den Staatsforsten in Mill. Kronen (ä 1,125 M.) 1870 0,313, 1880 1,324, 1890 3,150, 1898 7,554, 1899 7,049. 6. Dänemark.!) Staatsforste 18386 52000 ha, 1899 57481 ha — 24°], aller Waldungen. - Rein- Einnahme Ausgabe ee Mark pro Hektar Gesamtfläche 1866—75. . . . 33,7 15,7 18,0 1876—85.... 31,7 13,2 13,5 1886—87. .. . 21,6 17,8 3,8 1888—92.. . . 19,3 15,5 4,9 0) 15893—97 . B 20,3 16,5 3,8 Der Rückgang der Reineinnahme ist auf Ödlandsankäufe und Haide- aufforstungen zurückzuführen. 7. Japan. Die Staatseinkünfte aus den Waldungen betrugen in 1000 Yen (ä 2,0929 M.) Be. a... ; 1287 1901... 2848 Baar, 2.0. 8024811897330 21977 102°. 12750 1893.15 1'210 Eh 1903: 02955 1894 .... 844 1899... ..1930...1904 .. ..2974 kaum. . „11352900... ......2271 ı) 2.2. F. u. J. 1900, 434 (Gyldenfeldt).. — Ferner vgl. Schanz, Finanz- archiv 1886, 625. Fünftes Kapitel. Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. I. Begriff und Voraussetzungen. Unter den Wohlfahrtswirkungen des Waldes begreift man den Einfluß, welchen der Wald auf Klima, Wasserwirtschaft und Boden- kultur, auf Abwendung der mit meteorischen Katastrophen ver- bundenen Gefahren und nach der hygienischen und ethischen Seite hin auf das Wohlbefinden der Menschen ausübt.') Es steht mithin die Frage zur Erörterung, welche Rolle der Wald im Haushalt der Natur spielt. Klima ist nach Hann die Gesamtheit der meteorologischen Erscheinungen, welche den mittleren Zustand der Atmosphäre an irgend einer Stelle der Erdoberfläche kennzeichnen. Was wir Witterung nennen, ist nur eine Phase, ein einzelner Akt aus der Aufeinanderfolge der meteorologischen Erscheinungen, deren voller, Jahr für Jahr mehr oder minder gleichartiger Ablauf das Klima eines Ortes bildet. Das Klima ist die Gesamtheit der Witterungen eines längeren oder kürzeren Zeitabschnittes, wie sie durch- schnittlich zu dieser Zeit des Jahres einzutreten pflegen.?) 1) Eine wenn auch nicht erschöpfende Übersicht der Literatur über die Wohlfahrtswirkungen der Wälder ist in den folgenden Schriften gegeben. F. Frhr. von Löffelholz-Colberg, kgl. bayerischer Oberförster, Die Bedeutung und Wichtigkeit des Waldes usw. Leipzig 1872; eine ungemein fleißige, aber nicht erschöpfende, zum Teil kritiklose und meistens nur auf Bezensionen der aufgeführten Arbeiten sich stützende Zusammenstellung der Literatur. — E. Brückner, Klimaschwankungen seit 1700. Wien u. Olmütz, Hölzel 1890, eine epochemachende Arbeit. — D. Milne Home im Journal Scot. Meteor. Soc. New Ser. IV 1870, 35ff. — Whitney, Climatic Changes of later Geological Times. Memoirs of the Museum of Comperative Zoology at Harvard College. Cambridge 1882. — Auch Günther, Handb. der Geo- physik, 2. A, 2. Bd. 1899, 284 ff. ?) Hann, Handbuch der Klimatologie. Stuttgart 1897, I. Bd. — Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1901, 1. I. Begriff und Voraussetzungen. 137 Die wichtigsten klimatischen Faktoren (meteorologischen Ele- mente) sind die Temperatur und die Feuchtigkeit (Niederschlag); dann kommen Luftdruck, Wind, Licht, Bewölkung, Luftbeschaffenheit. Die Erörterung der Frage, welchen Einfluß der Wald auf das Klima und den Wasserstand der Flüsse habe, geht geschichtlich weit zurück. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts suchte man sie nur auf dem Wege des historischen Vergleiches zu lösen, indem man aus den tatsächlichen oder vermeintlichen Änderungen der Bewaldungs- ziffer einzelner Gebiete und den gleichzeitig oder später beobach- teten Veränderungen des Kulturzustandes oder aus dem Eintreten nachteiliger Elementarereignisse auf die Einwirkung des Waldes schließen wollte. Diese auch heute noch verfolgte Richtung hat etwas Verlockendes an sich, weil sie an Tatsachen anknüpft, die sich vor aller Augen abspielen und deshalb in der öffentlichen Meinung volle Beweiskraft erhalten. Dagegen fällt ihr die unge- mein schwierige Aufgabe zu, Ursachen und Folgen zu trennen, die Übertreibungen in den Schlüssen und die in dem subjektiven Emp- finden begründeten Irrtümer auszuschalten. Bekanntlich können sich die „ältesten Leute“ niemals erinnern, daß die Hitze und der Frost, der Regen und die Trocknis, der überstandene Sturmwind und das Hagelwetter jemals in so hohem Maße sich bemerkbar machte wie gerade diesmal, obwohl tatsächlich Erscheinungen des- selben Grades schon wiederholt beobachtet werden konnten. Sehr geneigt ist auch die Öffentliche Meinung, eine „zuneh- mende Entwaldung“ als feststehende Tatsache hinzunehmen und in derselben den Ausgangspunkt aller widrigen Naturereignisse zu erblicken. Demgegenüber ist hier nochmals hervorzuheben, daß der Umfang der Waldfläche in Deutschland mindestens während der letzten fünfzig Jahre nicht abgenommen, sondern zugenommen hat und daß insbesondere die Verfassung des Waldes heutzutage eine viel bessere und soweit die Wohlfahrtswirkungen in Betracht kom- men, auch eine viel zweckentsprechendere ist als vor hundert Jahren (vgl. S. 23, 98). Von größter Bedeutung für die Beurteilung der vorliegenden Frage ist der Nachweis Brückners,') daß die Klimaschwan- kungen, bestehend in Schwankungen der Temperatur, des Luft- drucks und des Regenfalls, sich seit dem Jahre 1000 gleich- zeitig auf der ganzen Erde in einer mittleren Perioden- länge von 35 Jahren vollziehen. Dabei ist die Temperatur dasjenige Element, von dem alle übrigen mehr oder weniger ab- 1) Brückner 272. 138 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. hängen; die Schwankungen derselben sind so gut wie allen Ländern gemeinsam. Nach Brückner!) wechseln auf den Landflächen der Erde trockne und feuchte Perioden miteinander ab. Feuchte Perioden waren von 1691 —1715, 1736—55, 1771-80, 1806—25, 1841—55, 1871-85; dagegen Trocken- perioden von 1716—35, 1756—70, 1781—1805, 1826—40, 1856—70. Maxima des Regenfalles waren um 1815, 1846—50, 1876—80; Minima 1831—35, 1561—65. Die Regenperioden sind verursacht durch eine Milderung aller Luftdruckdifferenzen nach Ort und Zeit, die Trockenperioden durch eine Steigerung derselben. In gleicher Weise ergeben sich in den verschiedenen Erdteilen identische Schwankungen der Temperatur. Kälteperioden waren von 1731—45, 1756—90, 1806—20, 1836—50, 1871—85. Wärmeperioden waren von 1746—55, 1791—1805, 1821—35, 1851—70. Im großen und ganzen fallen die kühlen Perioden mit den feuchten zeitlich zusammen. Für den Nachweis der Temperaturschwankungen dienten Brückner die Thermometerbeobachtungen bis 1731 zurück, außerdem die Schwankungen des Termins der Weinernte, der Eisverhältnisse der russischen Ströme und der Häufigkeit kalter Winter, die sich in Mitteleuropa bis zum Jahre 1000 zurückverfolgen lassen. Brückner führt ferner den Nachweis, daß seit dem Jahre 1790 die literarischen Abhandlungen über die Klimafrage die tatsäch- lichen Verhältnisse genau widerspiegeln. In jeder Trockenperiode und besonders gegen das Ende derselben und im Anfang der fol- genden feuchten Periode erheben sich zahlreiche Stimmen für ein Trocknerwerden des Klimas, die im Verlauf der feuchten Periode und am Schlusse derselben wieder verstummen. Dafür treten dann Autoren auf, welche für ein Feuchterwerden des Klimas plädieren. „In die Trockenperiode fallen fast alle Nachweise, daß Entwaldung den Regenfall mindert und in die feuchten, daß Bewaldung ihn mehrt.“ „Allein noch mehr, entsprechend den Klimaschwankungen vollziehen sich vollkommene Wandlungen in den Ansichten über den Waldeinfluß. In den 30er und ebenso in den 60er und anfangs der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts heißt es allgemein, daß die Entwaldung den Wasserstand der Flüsse erniedrige, in den 50er Jahren aber wird die Ansicht vertreten, daß gerade die Entwaldung den Wasserstand erhöhe. Am krassesten vollzog sich ein soleher Umschwung auf dem Boden Australiens. So allgemein man vor 20 Jahren (Brückner schreibt 1890) am Schluß der letzten Trockenperiode der Entwaldung die Schuld an der zunehmenden Dürre zuschrieb, so allgemein äußerte man in den 80er Jahren die Ansicht, das Klima Australiens sei gerade durch die Entwaldung feuchter geworden. Schutz dem Walde hieß die Parole früher; nieder mit dem Walde lautet sie heute.“?) 1) a.a. 0. 192, 218, 236, 272. — 9) Brückner 289. II. Geschichte. 139 II. Geschichte. 1. Ältere gesetzgeberische Akte. A. Frankreich. Die Priorität, die Schutzwirkungen des Waldes für den Gebirgsboden durch eine ununterbrochene Gesetz- gebung zum Ausdruck gebracht zu haben, gebührt zweifellos Frankreich. In der Provence wurden im 16. Jahrhundert die meisten Wal- dungen durch Raubwirtschaft, Feuer und Weidenutzung (Ziegen) vernichtet, die Rhone-Überschwemmungen verursachten furchtbare Verheerungen. Die Stände der Grafschaft baten daher schon 1549 den König um Maßregeln gegen die Entwaldung und die Vornahme von Holzhieben. Diese Bitte mußte noch dreimal wiederholt werden, bis 1565 der Statthalter die „Entwaldung der Berge“ verbot. Trotz mehrfacher Wiederholung wurde das Verbot offenbar nicht be- achtet, weil die Stände immer wieder Vorstellungen erhoben ') Im Jahre 1605 verlangten die Stände von dem Parlament Ab- hilfe gegen die Verwüstung der Wälder auf den Abhängen der Berge hauptsächlich deswegen, „weil die gute Erde an den unten liegenden Stellen durch das Wasser weggewaschen und weggeführt werde“. Daraufhin wurde 1606 die Verwüstung und Rodung der Wälder verboten und den Gemeinden und Privaten aufgetragen, die auf den Abhängen der Berge befindlichen, durch die.Rodung entstandenen Ödflächen mit Eichen anzusäen und sie wieder zu Wald zu machen.?) Im Jahre 1635 wurden auf die Verwüstung und Rodung der Gebirgswaldungen die schwersten Strafen gelegt (Geldstrafe, Prügel- strafe, zeitliche und ewige Verbannung), weil dadurch das Flach- land schwer geschädigt werde.) Von großem Erfolg waren diese Verordnungen trotzdem nicht gekrönt. Im Jahre 1696 schilderte ein Beamter die trostlosen Verhältnisse: „Die Berge in der Provence sind zum größten Teil abrasiert, ertraglos. Und die Täler! Einige sind trocken und dürr, andere sind von den Überschwemmungen der Flüsse und Wildbäche heimgesucht, und alle leiden unter dem unsteten und gefährlichen Klima.“ (Allard 175.) Im Jahre 1702 und 1703 wurde in den Basses-Alpes das Kulturland von 50 Städten und Dörfern von Wildbächen fortgeschwemmt. Diese Vorgänge wiederholten sich im 18. Jahrh, öfter, ebenso wie die Rhoneüberschwemmungen selbst. Dazu traten noch verheerende Waldbrände. Im Jahre 1706 beklagte die Regierung, daß man Wälder von fünf bis sechs Meilen im Umkreis angezündet habe. (Allard 43.) 1) Allard, Les for&ts et le r&gime forestier en Provence. 1901, 172f. 2) Allard 41f. — °) Allard 172. 140 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Eine Verordnung vom 31. Mai 1763 verbietet die Ausstockung aller Sträucher und Bäume, welche geeignet sind, den Boden fest- zuhalten und dessen Einsturz oder Wegschwemmung durch die Niederschlagswasser zu verhindern, jede Rodung für landwirtschaft- liche Zwecke, die Getreideansaat in den durch Feuer zerstörten Wäldern und die Beweidung derselben in den ersten 10 Jahren. Abhänge, ob bewaldet oder nicht, dürfen niemals urbar gemacht werden.') Diese Verordnung wurde aber schon durch eine königliche Verfügung für die ganze Monarchie vom 10. August 1766 wesent- lich abgeschwächt, indem unter dem Drucke von Mißjahren zur Urbarmachung aller unkultivierten Gründe durch Steuererleich- terung aufgemuntert wurde. Die eindringlichsten Klagen und Vor- stellungen über den Zustand der Gebirgswaldungen, namentlich der Alpen, kehrten auch in der nachfolgenden Zeit (1771, 1776) wieder.?) Die weitere Entwicklung der französischen Schutzwaldgesetz- gebung wird später noch besprochen werden. Hier sei nur noch erwähnt, daß durch das Gesetz vom 6./23. Aug. 1790 jene Staats- waldungen von dem Verkauf ausgeschlossen wurden, welche not- wendig waren zur Erhaltung der Ufer der Ströme, Wildbäche und Flüsse. B. Deutschland und Österreich. Auch hier sind einige obrigkeitliche Anordnungen zu verzeichnen, welche auf die Wohl- fahrtswirkungen des Waldes Bezug haben. Im Inntal wurde im 15. Jahrhundert die Holzfällung in einem Waldbezirk verboten, „damit der Kirche und den Nachbarn von dem Bach kein Schaden widerfahre“.?) Die bayerische FO. 1616 schreibt vor, daß das Gebüsch (Poschach) am Rande der Flußufer belassen werde, damit das Wasser dieselben nicht wegreißen könne.t) In einem Tiroler Weistum von 1640 wird die Holznutzung in der Nähe der Landstraßen und besonders an den Gräben ver- boten, damit die „Lähn“ nicht in Bewegung geraten (Öst. W. VI, 460), in einem Weistum von 1701 wird das Holzschlagen „in den eingelegten Waldungen, so zur Beschützung der Häuser, Güter und Wege dienen“ untersagt (Öst. W. III, 195). In Kärnten darf, 1745, in den „gebirgigen abhängenden Gräben“ das Holz auf ein- 1) Allard 43. — ?) Derselbe 176. ®) Österreichische Weistümer III, 26, bei Schwappach, Handbuch der Forst- und Jagdgeschichte 1886, 181. *) Art. 59: „So soll man auch das Poschach auf etlich Klafter nahend an den Gestaden der Wasser nicht weghauen.“ In der FO, 1568 fehlt diese Stelle. II. Geschichte. 141 mal nicht zu stark ausgehauen werden, damit bei heftigem Regen das Erdreich nicht weggeschwemmt wird und die Flüsse mit dem- selben nicht ausgefüllt werden (nach Schwappach a. a. O. 492). In der braunschweigischen Forstordnung von 1665 wird die Bindung des Flugsandes durch Waldanpflanzung befohlen: „Weil der Sand hin und wieder einbricht und Äcker, Wiesen und an etlichen Orten einen großen Teil der Feldmarken belegt und verdirbt, so sollen alle Städte, Flecken und Dörfer den Sand ... bepflanzen und dazu eigene Eichen- und Buchenheister, Ellern, Tannen, Aspen, Birken, Weiden, Dorne und anderes, was sie haben, gebrauchen, damit also der Sand beizeiten gedämpft... werde.“ Ohne Verzug, in schwierigen Fällen höchstens drei Jahre Zeit. 2. Literarische Angaben. A. Vor 1825. Theophrast erzählt, wie Seneca berichtet, der Hämus sei durch Entwaldung wasserreicher geworden.') Der Spanier Fernando Colon (gest. 1539) berichtet aus der Lebensbeschreibung eines Admirals, daß dieser den dichten Regen auf der Insel Jamaika der guten Bewaldung dortselbst zuschrieb; auf Madeira, den kanarischen und azorischen Inseln sei dagegen wegen der Abholzungen der Regen seltener.”) Buffon faßte in seinem 1759 geschriebenen M&moire sur le retablissement et la conservation des forets seine Ansicht in dem Satz zusammen: „Je mehr ein Land entwaldet ist, um so wasser- ärmer wird es.“?) Im Jahre 1755 behandelte der Pfarrer P. Högström, Mitglied der schwedischen Akademie der Wissenschaften, vor dieser Körper- schaft die Frage, warum der Frost in einigen Gegenden Norrlands dem Getreide mehr Schaden zufüge als in anderen Gegenden. Er führte dabei aus, daß nach allgemeiner Annahme der Laubholz- wald die Frostgefahr erhöhe, weil mit dem Erscheinen der Blätter auch die Kälte bringenden Nebel sich einstellten. Andererseits wäre aber der Nadelholzwald eine vorzügliche Schutzwehr gegen den Frost, namentlich wenn derselbe die Felder gegen die Sumpf- gegenden schützen kann, von welchen der Frost herkommt. Wenn der Nadelwald aber die Sonne und den Luftzug abhält, muß er gerodet werden. Die Rodung des Waldes ist daher in der einen !) Seneca, Quaestiones naturales III, 11 (nach Brückner 25). 2) Weber im Handb. d. Forstwissenschaft 2. A., I. 22 nach Alex. von Humboldts ‚Kosmos II, 322. — von Löffelholz, 2. — Fernando Colon war ein unehelicher Sohn des Entdeckers von Amerika Christoph Kolumbus, begleitete diesen auf seiner vierten Reise und ward sein Geschichtschreiber. 3) Histoire de l’Academie royale de France 1739. 142 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Gegend vorteilhaft, in der anderen mit anderen Verhältnissen schädlich.?) In der deutschen forstlichen Literatur ist von einem Einfluß des Waldes auf die Niederschlagsmenge zum ersten Male im „All- gemeinen ökonomischen Forstmagazin“ von Stahl im Jahre 1764 (V. Bd. $. 129f.) die Rede.”) Der anonyme Verfasser kon- statiert, daß gerade in bewaldeten Gebirgen, so im Harz, die Nie- derschläge häufig und ergiebig sind, findet aber für diese Erschei- nung keine Erklärung. Er hat zwar von der Theorie über die Verdichtung des aufsteigenden Wasserdampfes Kenntnis, hält die- selbe indessen nicht für zutreffend. „Die Naturforscher haben bishero Anlaß genommen zu fragen: warum regnet und schneyet es in einigen Gegenden der Erde und des Meeres mehr als in andern? warum auf Bergen, so mit Wäldern bedeckt sind, vorzüglich stark? warum regnet es in andern Gegenden fast gar nicht? Alle Beant- wortungen, die man bishero auf diese Fragen gegeben, reichen nicht zu, die Sache zu erklären. Z.E. Man sagt: große Waldungen geben dardurch zu häufigerem Regen Anlaß, weil sie durch ihre weitläufigte und tiefe Wurzeln viel Wasser aus der Erde zögen, und durch die Menge ihrer ausdünstenden Blätter der Luft viele Dünste mittheileten. Es ist zwar wohl unstrittig, daß die belaubten Wälder der Luft viele Dünste mittheilen. Allein im Winter, wenn die Bäume bei uns ohne Blätter und großen Teils mit verdicktem Saft angefüllet sind, regnet und schneiet es in großen Wäldern, besonders wenn sie an Bergen liegen, ebenfalls mehr als in denen bebauten Ebenen. Woher rühret dieses, da alsdann die Aus- dünstungen bei weitem so groß nicht sind wie im Sommer? Man gibt von dem häufigen Regen in Gebirgen noch diese Ursache an und sagt: Der Wind treibe die Wolken an die Berge und drücke sie daselbst zusammen, so daß sie daher mehr Regen geben als wenn sie in denen Ebenen frei sind. Man findet diese Ursache in vielen Naturlehren. Allein die rechten Regenwolken gehen über niedrige und mittelmäßige Gebirge insgemein so hoch hinweg, daß sie keinesweges gedruckt werden. Die mehreste Wolken gehen viel höher als z. E. das Harzgebirge, und der mehreste Regen fällt daselbst aus einer ansehnlichen Höhe, und dennoch regnet und schneiet es daselbst viel mehr als in dem platten Lande. Der hanöverische Naturforscher Jacobi sagt: ich kann nicht finden, daß der Wind die Wolken dergestalt zusammen drücke, als man vorgibt. Ich habe bei Sturmwinden darauf geachtet und wahrgenommnn, daß die Wolken ihre Form behalten. Die Wolken sind eine Mischung von Nebel und Luft, und wenn selbige der Wind in der bewegten Luft zusammenpressen soll, so kommt mir selbiges ebenso für, als wenn man in einem trüben Wasser den darinnen schwimmenden Schlamm dardurch enger zusammen bringen wollte, wenn man das Wasser bewegte. Sollte wohl folgendes etwan eine Ursache mit sein, warum es in großen Wäldern und denen damit bewachsenen Gebirgen vorzüglich regnet? Daß !) Hamberg, De l’influence des for&ts sur le climat de la Suöde 1885, 76. ?) Über einige gelegentlich hingeworfene Bemerkungen um ungefähr dieselbe Zeit vgl. Stahls Forstmagazin 1763, III, 179; ferner Günther, Geophysik II, 320 bezüglich Wargentin und Denso. II. Geschichte. 143 nemlich die Luft in denen Wäldern und besonders in denen Thälern, die dichtes Holz haben, viel stiller als in freien Ebenen ist. Entstehet vielleicht daselbst eher eine Gährung in der Luft und machet, wenn die Luft in der höhern Gegend sich bricht, und die in sich habende Dünste sich absondern (präcipitiren), daß über selbigen die Absonderung desto stärker wird? Zeugen sich vielleicht daselbst dergleichen Ausdünstungen, welche eine solche Ab- sonderung befördern? Und ist die Ursache, warum es auf offenen Ebenen weniger und in trockenen Sandwüsten fast gar nicht regnet oder schneyet, vielleicht diese, daß sie weniger solchen Duft herfür bringen, der die wässerig- ten Dünste von der Luft absondert und niederschlägt? Dies sind Muth- maßungen.“ Im gleichen Jahrgang 1764 des Stahl’schen Forstmagazins ist ein Vortrag abgedruckt, den ein gewisser U. Rudenschöld vor der schwedischen Akademie über „Nutzung und Hut der Wälder“ gehalten hat und worin das Verschwinden von Seen, Bächen und Quellen auf die Verwüstung der Wälder zurückgeführt wird. Die Annahme, daß der Wald die Ursache der Nachtfröste sei, weil er den Wind und Luftzug hemme, sei irrtümlich. „Allem Ansehen nach hat diese Verwüstung des Waldes die Ungelegen- heit verursacht, daß beinahe alle stehenden Seen, Bäche und Quellen auf dem ebenen Lande verschwunden sind. Denn es ist entweder das Wasser, da es nicht mehr von den Bäumen Schatten und Kühle gehabt, durch die Aus- dünstung verloren gegangen oder es haben sich die Adern tiefer in die Erde gezogen; denn wo Wald ist, da pfleget auch ja ebenmäßig in den wärmsten Ländern kein Mangel an Wasser zu sein ... denn es steht fest, daß Spring- quellen, wenn man diejenigen, welche bei den Bergen gefunden und durch lange Rinnen durch das Land geleitet werden, ausnimmt, gar rar sind...“ (8. Bd. 121). Der kurfürstl. sächsische Advokat K. G. Rössig!) bemerkt 1782 über die Wirtschaftspolitik des Kurfürsten August I. von Sachsen (7 1586), derselbe habe die Rodung der Wälder verboten, weil dadurch über große Landstriche Unfruchtbarkeit verbreitet werde. Allerdings geht aus Rössigs Darstellung nicht hervor, ob dieses Argument vom Kurfürsten direkt geltend gemacht wurde oder von Rössig nur vorausgesetzt wird. Er fährt dann fort: „Wie oft schützt ein Wald die Nahrung einer Gegend! er deckt ihre Äcker vor den verheerenden Nordwinden, befruchtet oft den Rücken eines Berges durch seinen Schutz und das abfallende Laub und Holz u...“ Weiterhin berührte Burgsdorf in einem im Jahre 1790 vor 2 der Akademie der Wissenschaften zu Berlin gehaltenen Vortrage’) 1) Versuch einer pragmatischen Geschichte der Oekonomie-, Polizey- und Cameralwissenschaften usw. Leipzig 1782 II, 251. 2) Abhandlung über die Vorteile vom ungesäumten ausgedehnten Anbau einiger in den königl. preußischen Staaten noch ungewöhnlichen Holzarten. Berlin 1790. 144.»: Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes aus Anlaß der da- maligen Waldzerstörungen. Er schreibt dem Walde die Fähigkeit zu, die Niederschläge zu vermehren. „Die Verheerung unserer Wälder hat auch noch andere sehr üble Folgen. Unser Erdboden, welcher größtenteils der Wälder beraubet worden, die ehe- dem fast ganz Deutschland in seinem natürlichen Zustande bedeckten, folg- lich jetzt sehr nackend ist, auch deswegen die Eigenschaft verloren zu haben scheinet, die Wolken öfterer in Regen aufzunehmen, schmachtet fast überall auf eine beträchtliche Tiefe unter den heißen Strahlen der Sonne. Die Quellen versiegen daher und dem mehresten Gewässer ist noch außerdem durch Kunst Abfluß verschafft. Unsere Flüsse und Bäche sind im Sommer kaum bis zum Drittel mehr angefüllt. Unsere ganze Oberfläche dampfet mithin jetzt auch aus Mangel an Regen, an abwechselnder Witterung weniger als sonst aus.“ „Die Winde, welche ehedem von allen Seiten her ungeheure Strecken durch schattigte, folglich kühle und feuchte Wälder sauseten, in denen sie sich mit nährendem Stoff schwängerten, und diesen den Feldern schenkten, bringen jetzt nicht mehr jene belebende Erfrischung. Vielmehr aber, da sie eine viel weitere Reise auf nackenden, brennenden, leichten Boden zurück- legen, so erhitzen sie sich, und verbreiten die Dürre, folglich die Unfrucht- barkeit immer mehr und mehr.“ Vom letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts ab übernahm nun, wie früher schon auf dem Gebiete der Gesetzgebung, Frankreich auch die Führung hinsichtlich der aktuellen Behandlung der Frage. Die vollständige Freigabe der Privatwaldwirtschaft durch Dekret vom 15./29. September 1791, die den Privatwaldbesitzern auferlegte Verpflichtung, alles Schiffsbauholz an die Marine abzugeben und zugunsten der Staatskasse außerordentliche Holzhiebe zu führen, sowie die allgemeine Rechtsunsicherheit des Privateigentums (Emi- granten) hatte die massenhafte Rodung und Verwüstung der Privat- waldungen zur Folge. Als um die gleiche Zeit auch der Verkauf der Staatswaldungen zur Diskussion gestellt wurde, sprach sich die Societe royale d’agriculture in einem Gutachten dagegen aus und machte geltend, daß der Veräußerung die Rodung folgen werde und durch dieselbe Gebirgsgegenden trocken und unfruchtbar ge- macht würden. In hervorragender Weise nahm sich Rougier de la Bergerie, Deputierter der gesetzgebenden Versammlung und Mitglied des Ackerbaukomitees, um die Erhaltung des Waldes an. Er machte vergebliche Anstrengungen, ein Gesetz gegen die Waldrodungen zu erwirken, indem er auf die lebhaften Klagen der Departements- beamten und der Ackerbaugesellschaften über die Folgen der Waldrodungen namentlich während der Konventszeit in den Jahren 1793 und 1794 hinwies. In dem von Rougier im Jahre 1817 herausgegebenen Werk: „Des forets de la France“ werden diese offiziellen Dokumente aus der Zeit von 1791 bis 1796 mitgeteilt. II. Geschichte. 145 In denselben wird übereinstimmend hervorgehoben, daß durch die Vernichtung der Gebirgswaldungen das Erdreich von den Höhen in die Flüsse und Täler heruntergeschwemmt werde, daß dadurch Überschwemmungen entstünden, daß das Klima sich geändert habe und Holznot zu befürchten sei. Was die Klimaänderungen anlangt, so ist zu betonen, daßnach Brückner die Zeit von 1781 bis 1805 eine Trocken- periode und von 1791 bis 1805 eine Wärmeperiode auf der ganzen Erde war. Daher sind die Klagen über die Trockenheit und Wasserarmut in dieser Zeit gewiß voll- auf begründet, aber die Ursache hierfür lag nicht in der Entwaldung, sondern in den meteorologischen Zuständen der Zeit. Von den vielen offiziellen Berichten seien hier folgende im Auszug wiedergegeben.') Basses-Alpes 1792:°) „Unsere Berge weisen nurmehr steinigen Boden auf, die Rodungen hören nicht auf. Die kleinen Bäche werden zu Wild- bächen. Mehrere Gemeinden büßten eben ihre Ernten, ihre Herden und ihre Häuser infolge der Ueberschwemmungen ein. Die Zerstörung der Gebirge schreibt man den Rodungen und der Brandwirtschaft (Ueberlandbrennen) zu, wodurch die Verstopfung und die Erhöhung der Flußbette veranlaßt wird. Von Digne bis Entrevaux sind die Hängen der schönsten Berge nackt geworden.“ Isere (Grenoble) 1793. Die Verwaltungsbehörde verständigte den Minister von den Waldverwüstungen. Durch dieselben werde die Temperatur verändert, die Trockenheit vermehrt, Mißernten erzeugt. Infolge der umfang- reichen Rodungen im Distrikt Grenoble richte jeder Regen großen Schaden an. Die Berge bieten nur noch nackte Felsen, die Flüsse bewegen sich schneller und ihr Bett erweitert sich. Sie haben keinen regelmäßigen Wasser- stand mehr, führen Schuttmassen, hindern die Schiffahrt. Die Quellen haben sich wesentlich vermindert, die Ölbaumcultur geht wegen Wassermangels zurück. Es wird daher ein Rodungsverbot für Hängen von über 35 Grad Neigung gefordert. Beziers (Gard) 1793. Über 300 Grundbesitzer des Departements führten Klage, daß mehr als drei Viertel der Ölbäume durch den strengen Winter vernichtet wurden. Die umfangreichen Wälder, welche früher die Nordstürme abhielten, sind abgeholzt, daher ist der Ölbaum dem Untergange geweiht. Unsere Berge sind nur noch Felsen; die Wälder verschwanden seit 20 Jahren, der Boden wurde auf den steilen Hängen abgeschwemmt. Dröme 1793: In Valence und Crest gibt es beinahe keine Wälder mehr. Die Bergwände sind durchfurcht von Millionen von Gräben. Die Gemeinde- wälder sind in Montelimart wegrasiert, die Nationalwaldungen sind erschöpft. Lozere 1794. Die Einwohner roden die Waldungen von unschätzbarem Werte gleich Wilden. Mit einer Verblendung (frenesie), mehr verbrecherisch, vernichten sie auf den Berghängen die Bäume, welche sie schützen könnten 1) Dieselben finden sich auch bei A. C. Becquerel, Memoires de l’aca- demie des sciences etc. 35. Bd., Paris 1866, 412 ff. 2) Dieser Bericht nach Allard 53. Endres, Forstpolitik. Ä 10 146 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. und wegen eines momentanen Vorteils fügen sie für immer ihrem Lande Schaden zu. Infolgedessen würden die Kastanienbäume nicht mehr gegen die Nordwinde geschützt. Auf der Hochebene gebe es keine Quellen mehr und nahe am Meere herrsche Wassermangel. Ost-Pyrenäen. In einer Proklamation der Zentralverwaltung heißt es: Der durch das Wasser herabgeschwemmte Schutt der Berge füllt das Bett der Flüsse an und bringt dieselben zum Austreten. Bald wird Holzmangel zu gewärtigen sein, die Strenge des Klimas hat viele Olivenbäume vernichtet. Haute-Garonne 179. Ein Landwirt schrieb an die Agrikultur-Kom- mission: Man rodet die Gipfel der Berge; man stockt die Bäume aus, die uns wie die Berge vor Kälte schützen, indem sie den Tälern Schutz gewähren, wo die Rebe und die Olive gedeihen sollen. Der Regen schwemmt die Erde herunter, nur unfruchtbarer Felsen bleibt übrig; es gibt keine Viehweide mehr, keinen Schutz und keine Ernten. In der Languedoc gedeihen auf den Höhen die Oliven nicht mehr, in der Ebene geht die Viehzucht und der Getreidebau zurück. Gers. Zwei Volksvereinigungen schrieben an den Konvent: Die Über- schwemmungen sind verheerend, das Wasser stürzt an den kahlen Bergen herunter. Mont-Blanc 179. Die Verwaltungsbehörde berichtet an den Land- wirtschaftsrat: Unsere Berge und Hügel, ehemals mit Wald bedeckt, bieten nur mehr infolge der Rodungen entkleidete Felsen und unkultiviertes Land. Jetzt erdulden wir jedes Jahr extreme Trockenheit; das Kulturland wird periodisch überschwemmt und mit Kies überdeckt. Vogesen. Die Berge sind erschöpft und abgewirtschaftet; man schreibt die Ursache den Rodungen und der Teilung der Gemeindewälder zu; infolge der Abholzungen werfen die Windstürme auch noch die übriggebliebenen Bäume. Haut-Rhin. Der Professor der Naturgeschichte berichtet 1791: Die Abholzung der Wälder in der Ebene wie im Gebirge hat das Klima geändert, den Winden Eingang verschafft, welche die Blüten der Bäume und des Wein- stockes vernichten, verwandelt die Regen in Wolkenbrüche, die Berge in sterile Felsen, die Ebenen in heiße Gefilde und wirkt auf die Gesundheit der Menschen nachteilig zurück. Im Jahre 1799 führte Poulain-Grandprey im gesetzgebenden Körper aus, daß die Erhaltung der Wälder nötig sei, weil mit den- selben die Güte der Luft, die Fruchtbarkeit des Bodens und das Vorhandensein von Wasser auf das engste verbunden seien.') Unter dem Konsulat 1803 verfaßte Rougier eine neue Denk- schrift über die Erhaltung der Wälder, welche wohl auch zu dem Zustandekommen des Gesetzes vom 29. April 1803 über die Ein- schränkung der Rodungen wesentlich beitrug. Bei Beratung des- selben in der Nationalversammlung nahm sich auch der Deputierte Thuau der Frage warm an: Der Bewohner der mit Wäldern be- grenzten Täler fürchte nicht Hagel und Gewitter. Seine Hütte sei gegen den Blitz geschützt. Durch die Fällung der Holzungen werden die Regenzeiten unregelmäßig und die Wolkenbrüche häufig. !) Lintz, Die Grenze zwischen Feld- und Waldkultur. Bonn 1821, 40. II. Geschichte. 147 Helfe man nicht bald der Holzverwüstung ab, so werde dieses auf seine Fruchtbarkeit und Volksmenge stolze Frankreich eine men- schenleere Wüste werden. Stehende Gewässer würden durch Baum- pflanzung entseucht. Wer die Gipfel eines Gebirges mit Bäumen bedeckt, beschützt weit umher Hügel und Täler. Durch Pflanzen von Bäumen könne der Mensch den Regen leiten.) Weiteres Material lieferte die von Napoleon angeordnete statistische Erhebung über ganz Frankreich. Bei dieser Gelegen- heit verbreiteten sich die Präfekten der Departements wieder über die herrschenden Waldzustände und brachten die gleichen Klagen vor wie zehn Jahre vorher.”) Die große Aktion, welche so in Frankreich zugunsten des Waldes eingeleitet worden war, machte in Deutschland noch in den zwei ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts keinen tiefergehenden Eindruck. Im Gegenteil wurde sie von seiten vieler Staatsregierungen offiziell ignoriert, weil diese neue der Waldwirtschaft zugedachte Aufgabe in das wirtschaftliche Programm von der Freigabe der Privatwaldwirtschaft, der Teilung der Gemeindewaldungen, des Ver- kaufes der Staatswaldungen und der Schaffung von Agrikulturboden durch Waldrodungen nicht paßte. In der bayerischen Verordnung vom 26. April 1805, be- treffend den Verkauf der Staatswaldungen, wird ausgeführt, daß durch die Rodung größerer Waldstrecken diein den Waldgegenden „häufigeren Hagelgewitter vermindert“ und „ein milderes Klima her- beigeführt“ werde. Und der geistige Urheber dieser Verordnung, Hazzi, sagt im gleichen Jahre: „Der zu große Wald wirkt durch ein ver- schlimmertes Klima auf die Ackerwirtschaft zurück. Schneedruck, Reif, Schauer und andere dergleichen Übel sind gewöhnliche Plagen der Waldanwohner.“?) Dieser Ansicht Hazzis tritt Grünberger*) entgegen. Nicht die Wälder seien an dem Auftreten der Hagelgewitter schuld, sondern vielmehr die Flüsse, Bäche und Möser. Das Klima werde bedingt von der Entfernung eines Landes vom Meere und von der Er- hebung (vertikal) über der Meeresfläche. Dies treffe auch für !) Soden, Die Nazional-Ökonomie, 1. Bd. 1805, 117. 2) Diese Berichte, die in der Mehrzahl aus dem Jahre 1804 stammen, sind, soweit sie den Wald betreffen, abgedruckt bei Rougier, Des for&ts de la France 1817, 137ff. und auszugsweise wiedergegeben bei A. C. Becquerel a.a. O. 421 ff. ®) Hazzi, Die echten Ansichten der Waldungen u. Förste usw. 1805, 154. 4) Grünberger, Einige Ansichten von dem Forstwesen in Bayern. 1805, 57#f. 10* 148 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Bayern zu; außerdem wären für das rauhe Klima auch die gegen Süden vorlagernden Gebirge die Ursache, viel mehr „als die klein- lichte Idee von den Waldungen“. Außerdem wurde in Bayern im Jahre 1805 die Rodung von Privatwaldungen ohne Einschränkung erlaubt, in Preußen 1811 durch das Landeskulturedikt. Nur vereinzelte Stimmen treten für den Wald ein. So Zwier- lein,') der 1806 dem Walde die Erzeugung von Regen, Quellen, Feuchtigkeit, die Abhaltung der kalten Winde, Verbesserung der Sumpf- und Moorluft und damit Abwendung von Seuchen und Pest, Hintanhaltung von Gewittern und der Blitzgefahr, Verminderung der Erdbeben zuschreibt. Hundeshagen?) dagegen führt 1821 aus, daß waldreiche Länder feucht, trüb und regenreich sind und keinen Wechsel der Lufttemperatur aufweisen, unbewaldeteLänder an Dürre und Trocken- heit und unter schädlichen Winden leiden. Da beide Extreme nachteilig sind, muß getrachtet werden, in jedem Lande eine seinem Klima und Bedürfnissen angemessene Fläche und Verteilung des Waldes herbeizuführen. B. Von 1825 ab. Epochemachend in Deutschland und Frankreich wirkte die Schrift von M. A. Moreau des Jonn&ds vom Jahre 1825, ins Deutsche übersetzt von Widenmann 1828: „Untersuchungen über die Veränderungen, die durch die Ausrottung der Wälder in dem physischen Zustand der Länder entstehen“ (Tübingen 1828).?) Diese Schrift stellt den ersten Versuch dar, die Wasser- und Klimafrage auf Grund der erkannten tatsächlichen Erscheinungen und auf dem Wege der wissenschaftlichen Abstraktion zu lösen. Der Verfasser vergleicht die klimatischen Verhältnisse der verschie- denen Länder und Erdteile von jetzt und von einst und benützt diese Feststellungen zu einem kühnen Aufbau naturgesetzlicher Thesen. Diese spekulative Richtung ist es aber, die den Verfasser !) Vom großen Einfluß der Waldungen auf Kultur und Beglückung der Staaten mit besonderer Hinsicht auf Polizei. Würzburg 1806. ?) Enzyklopädie der Forstwissenschaft. 1. A. 1821, $ 765#f. °) Moreau des Jonn&s war Oberoffizier im französischen Generalstab und korresp. Mitglied der k. Akademie der Wissenschaften in Paris. Ver- anlassung zu dieser Schrift gab die von der k. Akademie der Wissenschaften zu Brüssel gestellte Preisfrage über den Einfluß des Waldes auf die Tempe- ratur und Gesundheit der Luft, auf die Winde, die Niederschläge und Quel- len usw. Die Schrift wurde von der Brüsseler Akademie auch mit dem Preise gekrönt. II. Geschichte. 149 von dem schmalen Weg der Wahrheit im Labyrinth der Probleme vielfach abirren läßt und zu Übertreibungen Veranlassung gibt. Moreau des Jonnds will zu viel beweisen, mit den Zahlen nimmt er es gerade nicht genau. Am letzten Ende schöpft er seine Be- weisführung doch aus den Verhältnissen Frankreichs, wie sie in den oben mitgeteilten Schilderungen über die Folgen der Entwal- dung während der Revolution sich widerspiegeln, trotzdem er es ängstlich vermeidet, diese Verhältnisse als Beispiele heranzu- ziehen. Und eben deshalb Klingt seine ganze Argumentation in den Satz aus: Alles Gute kommt vom Gebirgswald. Die wissenschaftliche Form, die Eleganz der Beweisführung, die internationale Behandlung der Frage und die warme Begeisterung für die Sache des Waldes verschafften dieser Schrift eine tonan- gebende Stellung in der Literatur auf lange Zeit hinaus. Alle ge- setzgeberischen Maßnahmen in bezug auf die Forstpolizei wurden mit dem Hinweis auf dieselbe begründet. Die Ansichten des Verfassers lassen sich in folgenden Sätzen wieder- geben: 1. Der Wald erniedrigt die mittlere Jahrestemperatur eines Landes bis zu 8°C. und mehr. In den gemäßigten Zonen äußert sich die Wirkung des Waldes am stärksten im Winter durch Erniedrigung der Minimaltemperaturen, d. h, im Walde kann es noch bis zu 8°C, kälter sein als auf freiem Felde. 2. In der Ebene kann der Wald die Regenmenge nur gering oder gar nicht vermehren; der Wald am Abhang oder Rücken der Gebirge vermehrt die Niederschläge beträchtlich und zwar um so mehr, je höher die Gebirge sind. Die Zunahme der Regenmenge ist das Produkt der vereinigten Wirkung der Erhebung des Bodens und des Zustandes seiner Oberfläche. Wie auf den Blitz, so kann der Mensch auch auf den Regen nach Belieben einwirken und ihm eine beliebige Richtung geben: Zur Vermehrung dient die Anpflanzung der Hügel und Gebirge, zur Verminderung die Abholzung. Bodenerhebungen ohne Waldungen vermehren die Regenmenge nicht. 3. Der Wald veranlaßt eine Zunahme der Feuchtigkeit der Atmosphäre. Seine Wirkung kann jener der Meere und der Binnengewässer gleichkommen. 4. Das Wasser der Flüsse und Quellen kommt aus den bewaldeten Bergen. Der Wasserreichtum eines Landes ist von dem Vorhandensein wald- reicher Berge abhängig. Kahle Gebirge rufen keinen Regen hervor und liefern kein Wasser. Um Quellen hervorzurufen und den Wasserstand der Flüsse zu erhöhen genügt es, die kahlen Berge aufzuforsten. Abholzung erzeugt Verminderung. Durch das Mittel Wald kann der Mensch also Wasser erzeugen und vermehren. 5. Die Wälder beeinflussen die Windströmungen und bringen dadurch je nach Örtlichkeit günstige oder nachteilige Wirkungen hervor. Indem sie in sumpfigen Gegenden die Luft zum Stagnieren bringen, wirken sie ungesund. Brechen sie aber den Anprall der von See kommenden Stürme, halten sie die kalten Nordwinde ab und die Sumpfluft, dann schützen sie Saaten und Menschen gegen Frost und Unbilden. Niedrigliegende Wälder können der Herd des Wechselfiebers und der Ungesundheit sein, die Wälder auf den Höhen wirken luftreinigend. 6. Die Wälder verhindern mechanisch das Abrutschen und Abschwemmen 150 y Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. des Bodens an steilen Hängen, binden die Meeresdünen und den Flug- sand durch ihre Wurzeln, bilden Schutzwälle gegen das Eindringen der Meeresfluten. 7. Das Schiffbauholz wird nach 150 Jahren in den europäischen Forsten nicht mehr aufzubringen sein. 8. Gesamtergebnis. Zu viel Wald nähert die Länder der ursprünglichen Beschaffenheit des Erdballes, deren Bild sich in den feuchten, sumpfigen, ungesunden, öden Wäldern Südamerikas darstellt. Ein Bild der zu geringen Bewaldung liefern dagegen die ausgetrock- neten Wüsten. Am vorteilhaftesten erweist sich eine Waldfläche, die den sechsten Teil eines Landes einnimmt; der fünfte Teil wäre schon zu groß, der siebente Teil zu klein. Alle Wohlfahrtswirkungen vereinigt der Gebirgswald in sich. Aus der reichen Literatur, die nach Moreau des Jonn&s sich mit der Wasser- und Klimafrage in bezug auf den Wald beschäftigte, können hier nur die Arbeiten der bedeutenderen Schriftsteller herausgegriffen werden. Gay-Lussaec äußerte sich in der Kommission, welche 1836 in Frankreich eingesetzt wurde, um wegen der Aufhebung des Ro- dungsverbotes für die Privatwaldungen zu beraten, dahin, daß man bis jetzt keinen positiven Beweis für den Einfluß des Waldes auf das Klima habe und insbesondere auch dafür nicht, daß der Ein- fluß des Waldes verschieden sei von jenem irgend einer andern Art von Vegetation. Der Quellenreichtum werde infolge der Ver- zögerung des Wasserabflusses im Walde befördert; diese Eigenschaft komme aber auch der Grasvegetation zu.') Im Jahre 1836 vertrat Rivi&re?) in der Pariser Akademie der Wissen- schaften die Theorie, daß das Erfrieren der Olivenwälder im südlichen Frank- reich 1821—22 eine Verminderung der Regen und Versiegen der Quellen ver- ursacht habe.!) In gleichem Sinne äußerte sich Ladoucette 1858 in der Deputiertenkammer. Der erste Schriftsteller, welcher die Wald- und Wasserfrage auf das richtige Maß hin beurteilte, war der weitsichtige Pfeil. Veranlassung, hierzu Stellung zu nehmen, war für ihn die Broschüre von Moreau des Jonn®s und die Abhandlung von Berghaus, der im Jahre 1837 den Satz aufstellte, daß der Wasserstand der Oder und Elbe seit 100 Jahren stetig zurückgehe und daß die Elbe im Jahre 1861 mit den bisher üblichen Fahrzeugen nicht mehr be- fahren werden könne. Eine teilweise Ursache hierfür erblickte Berghaus in der Entwaldung.?) !) M&ömoires de l’acad&mie des sciences. Paris 1866, 35. Bd., 446. 2) Riviere, Effets des döfrichements, Comptes Rendus II, 1836. ®) Berghaus, Allgemeine Länder- und Völkerkunde II. Bd. Stutt- gart 1837. — Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde V. Bd. 1838, II. Geschichte. 151 Beide Arbeiten kritisierte Pfeil im Jahre 1837) mit sachlicher Schärfe; er wies auf die darin enthaltenen Widersprüche und ober- flächlichen Behauptungen hin und kam zu dem Schlusse, daß der Einfluß der Wälder auf die Regenmenge durchaus noch nicht hin- reichend erwiesen und mindestens als noch sehr zweifelhaft anzu- sehen sei, die Entwaldung der Gebirge je nach dem Klima auf die Erhaltung und Sicherung der Quellen einen ganz verschiedenen Einfluß haben könne und in unserem Klima eher günstig als un- günstig wirke, daß ferner ein Wassermangel in der Elbe überhaupt in Wirklichkeit nicht nachweisbar sei und selbst wenn eine Wasser- standsänderung eingetreten wäre, nicht die — übrigens gar nicht existierende — Waldverwüstung die Schuld tragen könnte, son- dern nur die Ausfüllung des Flußbettes mit Schutt und Sand- bänken. Mit diesen Argumenten ist Pfeil seiner Zeit weit voraus- geeilt. Die Abhandlung ist das beste, was in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts über die Wald- und Wasserfrage geschrieben worden ist. A. C. Beequerel hielt am 22. Mai 1865 vor der Pariser Aka- demie der Wissenschaften einen Vortrag über den klimatischen Einfluß der Forste.”) Wie die meisten Schriftsteller, die bis dahin über diese Frage geschrieben hatten, verfällt auch Becquerel in den Fehler, die klimatischen Verhältnisse der tropischen Länder und namentlich der Wüstengegenden direkt mit jenen der mittel- europäischen Länder zu vergleichen. Außer einigen Temperatur- beobachtungen an einzelnen Bäumen stehen dem Verfässer exakte Untersuchungsergebniese nicht zur Verfügung. Auf induktivem Wege gelangt er zu ungefähr folgenden Resultaten: Starke Ent- waldungen vermindern die Menge des-fließenden Wassers, Entwal- dungen im Gebirge auch die Ergiebigkeit der Quellen. Die Wieder- bewaldung der Gebirge ist eine notwendige Maßregel auch wegen der Befestigung des Bodens. Da die Wirkung der Wälder auf das Klima eine sehr komplizierte sei, verzichtet Becquerel auf die Formulierung weiterer Sätze. 1) Pfeil, Kritische Blätter für Forst- und Jagdwissenschaft, 11. Bd. 2H. 1837, 62—91. — In seinen „Grundsätzen der Forstwirschaft in bezug auf Nationalökonomie und Staatsfinanzwissenschaft“ 1822, I. Bd., 180ff. gesteht Pfeil dem Walde einen Einfluß auf Klima und Regen zu, warnt aber vor einer Überschätzung desselben. 2) Memoire sur les for&ts et leur influence climaterique. Vollständig mitgeteilt in Me&moires de l’acad&mie des sciences de l’institut imperial de France. Tome 35, Paris 1866, S. 371ff.; auszugsweise in Comptes rendus, Tome 63, 1865, S. 1049ff. — Deutsche Übersetzung in „Zeitschr. der österr. Gesellschaft für Meteorologie“ IV. Bd. 1869. 153® Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Wex') kommt in den 70er Jahren auf Grund eines reichen Beobachtungsmateriales über die Wasserstände der Flüsse zu dem Gesetze, daß in den Kulturländern eine stetige Abnahme des Wassers in den Quellen, Flüssen und Strömen stattfinde, die in erster Linie durch die zunehmende Entwaldung und die hierdurch bedingte Minderung des Regenfalles verursacht werde. Die Kommissionen der Akademien in Paris, St. Petersburg, Wien und des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, an welche Wex seine Abhand- lung zur Begutachtung eingesandt hatte, konnten jedoch in keiner Weise eine Abnahme des Regenfalles trotz Entwaldung konstatieren. Auch die behauptete Wasserabnahme der Flüsse selbst wurde von anderer Seite widerlegt.?) Sehr zahlreich sind die Stimmen, die die Entwaldung für das Trocknerwerden des Klimas in den Tropen verantwortlich machen. Die aufgeführten Fälle sind, weil unkontrollierbar, mit der größten Vorsicht zu beurteilen und wären auch unter keinen Umständen auf die mitteleuropäischen Verhältnisse direkt übertragbar. Viel- fach widersprechen sich auch die Angaben, indem dem Walde da eine günstige, dort eine ungünstige Wirkung zugeschrieben wird.?) Brückner weist nach,*) daß kaum für ein Gebiet der Erde der Einfluß der Entwaldung auf den Regenfall so vielfach betont worden ist wie für die Mittelmeerländer. „Den heutigen Trägern der Kultur als Bewohnern des kühlen und feuchten Nordens scheint die Kulturblüte des Altertums bei den heutigen klimatischen Ver- hältnissen des ULwents undenkbar: das Klima muß seit dem Alter- tum trockner und wärmer geworden sein. Da bietet denn die Ent- waldung jener Gebiete, die seit den ältesten Zeiten vor sich ge- gangen ist, eine willkommene Erklärung.... Eine Bestätigung scheint sich durch den Vergleich der Schilderungen des Landes- charakters im Altertum und heute zu ergeben. Allein vielfach übersah man, daß im Altertum Bewohner der subtropischen Zone schrieben, die Pflege der heutigen Wissenschaft aber vorwiegend dem gemäßigten Europa obliegt. Der Südländer mußte notwendig dieselben Erscheinungen mit anderen Augen sehen und mit anderen Farben malen als der Bewohner des Gebietes jenseits der Alpen.“ Blanford°) berichtete, daß in den südlichen Zentralprovinzen Indiens ein früher entwaldetes Gebiet von 200000 gkın seit dem Beginn der Auf- forstungen im Jahre 1875 von 1876—85 eine um 12°/, größere Regenmenge aufgewiesen habe als vor der Aufforstung 1866—75. Nun konstatiert aber !) Wex, Über die Wasserabnahme in den Quellen, Flüssen und Strömen. Zeitschr. d. österr. Ingenieur- u. Architektenvereins 1874; ebenda 1879. 2) Brückner 21ff. — °) Näheres bei Brückner, 15 ff., 20 f., 25 ff. #) Brückner 13. — °) Meteorol, Ztschr. 1888, 35. III. Die wissenschaftliche Forschung. 153 Brückner,!) daß diese Beobachtungen in eine Zeit fallen, auf welchen der Begenfall auf den Landflächen der Erde überhaupt zunahm. Gerade zu dem entgegengesetzten Resultate kommt Gannet?) für Nord- amerika, dessen Untersuchungen in der Prärieregion und in Ohio das Ergeb- nis lieferten, daß die Aufforstung und Abholzung eines Landes keinen merk- lichen Einfluß auf die Menge des Niederschlages übe. Aus der älteren italienischen Literatur?) wären zu nennen: Gautieri, dello influsso de’ boschi sullo stato fisico de’ paesi e sulla prosperitä delle nazioni. Milano 1817. — Castellani, dell’ immediata influenza delle selve sul corso dell’ aqua. Torino 1819. — Aus der Schweizer Literatur: Kast- hofer, Bemerkungen auf einer Alpenreise. Aarau 1822. — Marchand, Über die Entwaldung der Gebirge. Bern 1849. III. Die wissenschaftliche Forschung. Die sich vielfach widersprechenden Ansichten über das Maß der Wohlfahrtswirkung des Waldes legten den Gedanken nahe, durch direkte Messungen und systematische Beobachtungen die zur Beurteilung der Frage nötigen Anhaltspunkte zu gewinnen. Das Verdienst, diese wissenschaftliche Forschung zuerst in programma- tischer Weise begonnen zu haben, gebührt dem bayerischen Pro- fessor Dr. Ebermayer und der bayerischen Staatsforstverwaltung. Es ist zweifellos, daß die Durchführung exakter vergleichender Beobachtungen der einzige Weg ist, um die Klima- und Wasser- frage aufzuklären, nachdem die sogen. historische Methode voll- ständig versagt. Aber ein unbegrenztes Vertrauen darf man auch den damit gewonnenen Ergebnissen nicht entgegenbringen. Die- selben werden durch den Umstand beeinträchtigt, daß eine ganze Reihe von mitwirkenden Nebenerscheinungen zahlenmäßig sich nicht fassen läßt und einzelne Zufälle die statistischen Reihen mehrerer Jahre beeinflussen können (Gewitterregen!). Auch die Technik der Untersuchung ist sehr schwierig, ja vollkommen oft gar nicht durch- führbar. Abgesehen davon, daß die dem Wind und Wetter ausge- setzten Meßapparate fehlerhaft werden können, ohne daß dies der Beobachter sofort merkt, stellt die mehrmalige tägliche Ablesung und Aufschreibung des Standes der Instrumente durch Jahre hin- durch an die Gewissenhaftigkeit und Spannkraft, der Beobachter Anforderungen, denen nur wenige vollkommen gewachsen sind, um so weniger, als die Stationen oft ziemlich weit vom Wohnhaus des Beobachters entfernt liegen. Eine weitere Schwierigkeit liegt in der unendlichen Mannig- 1) 2.2.0. 289. — °?) „Das Wetter“ 1888, 97 ff. ®) Nach Hundeshagen, Forstpolizei. 4. Aufl., S. 367. 1: Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. faltigkeit der Waldbilder. Gemeinhin spricht man nur immer von dem Einfluß des „Waldes“. Es ist aber selbstverständlich, daß der immergrüne Nadelwald nach vielen Richtungen hin eine andere Wirkung üben muß wie der nur sommergrüne Laubwald, daß eine Kulturfläche einen anderen Einfluß hat wie eine undurchdringliche Diekung und diese wieder einen anderen wie ein lichtes Altholz, und daß ein pfleglich behandelter Wald eine andere Stellung ein- nimmt wie ein heruntergekommener seiner Streudecke beraubter Bauernwald. Ferner darf man sich den Wald nicht losgelöst denken von seiner Unterlage und Umgebung. Die geographische Breite, die Erhebung über dem Meere, die Neigung und die Lage zur Himmels- richtung, die Ausformung des Bodens und der Gebirge, die geo- logische Beschaffenheit des Bodens und des Untergrundes, der Um- fang des Waldes (Parzellen und große Waldkomplexe) und die un- berechenbaren atmosphärischen Vorgänge sind ebenso einflußreiche und meistens noch wirksamere Faktoren als die Waldbestockung selbst. Außerdem ist zu bedenken, daß die Waldflächen im Verhältnis zu den Wasserflächen des Erdballes verschwindend klein sind und daß auch die übrigen Bodenbenutzungsarten eine gewisse klimatische und wasserwirtschaftliche Wirkung ausüben können. Untersuchungen über die Temperatur unter Bäumen wurden von 1796 bis 1800 von Pictet und Maurice bei Genf vorgenommen. Von 1831—34 beobachtete Kaempf die Temperatur im Walde und im Freien. Weitere Untersuchungen wurden angestellt 1839—40 in Lapland, 1857—58 von Bourgeau bei Carlton in Britisch-Nordamerika.?) Die ältesten Beobachtungen über den Einfluß des Waldes auf die Nieder- schläge sollen in den Jahren 1826 und 1827 in Tübingen und Bebenhausen angestellt worden sein. Danach hätte die in waldreicher Gegend liegende Station Bebenhausen 22°/, mehr Regen ergeben als die Station in Tübingen. Diese Resultate sind aber nicht beweiskräftig, weil die Stationen in ver- schiedener Meereshöhe liegen.?) Die französischen Forstinspektoren Contegril und Bellot stellten 1859 und 1860 in der Nähe von Nancy Versuche über den Wasserabfluß auf be- waldetem und unbewaldetem Boden an.?) } A. C. Beequerel gab im Jahre 1865 an, er habe mehrere Beobachtungsreihen über die Temperatur unter Bäumen, außerhalb des Waldes und in einer gewissen Entfernung von demselben an- gestellt, um den Einfluß der Wälder auf die mittlere Temperatur kennen zu lernen. Die Resultate sind aber nicht bekannt ge- worden.) ") Forest influences 1893, 27. — 9 R. Weber, a. 2.0. 47. — °®) A. F.u. J. Z. 1867, 105. — *) Mömoires 1366, 463. III, Die wissenschaftliche Forschung. 155 In Sachsen wurden im Jahre 1862 und 1863 auf neun Forstrevieren durch Krutzsch allgemeine meteorologische Stationen errichtet mit der besonderen Aufgabe, zu ermitteln, warum die Pflanzen an sog. Frostorten häufiger erfrieren als anderswo. Eigentliche forstlich-meteorologische Stationen waren das aber nicht. A. In Bayern wurde auf die Initiative von Prof. Dr. Eber- mayer hin durch Entschließung des Finanzministeriums vom 20. September 1866 die Errichtung von drei forstlich meteoro- logischen Stationen angeordnet, die im Prinzip schon 1864 be- schlossen war. Bis Ostern 1867 wurden dieselben im Spessart (Rohrbrunn), im Nürnberger Reichswald (Altenfurth) und am Starn- berger See (Seeshaupt) errichtet. Ende des Jahres 1867 sind noch drei weitere Stationen gegründet worden, nämlich im Pfälzer Wald (Johanniskreuz), im Steigerwald (Ebrach) und im bayerischen Wald (Duschlberg). Hierzu kam noch eine Feldstation in Aschaffenburg und eine Doppelstation auf der Domäne Kuttenplan in Böhmen, welche von Ebermayer 1868 auf Wunsch des Besitzers Graf Berchem-Haimhausen in Promenhof eingerichtet wurde. Von 1868 ab fanden die Beobachtungen regelmäßig statt (täglich zweimal). Gleichzeitig wurden an zahlreichen über ganz Bayern verbreiteten k. Forstrevieren phänologische und klimatologische Beobachtungen ohne Benützung von Instrumenten angeordnet (Tage des ersten und letzten Schneefalles, der Spät- und Frühfröste, Gewitter, Sturm usw., Laub- und Blütenentwicklung der Bäume und Pflanzen, Längs- triebe der Bäume usw.). Die forstlich-meteorologischen Stationen wurden nach 10jährigem Bestande mit dem Ende des Jahres 1878 aufgehoben, da die gewonnenen Durchschnittszahlen als ausreichend gelten konnten und der Gewinn einer längeren Beobachtungsdauer außer Verhältnis zu dem Aufwand an Zeit und an den ziemlich beträchtlichen Kosten gestanden wäre. Die monatlichen Beobach- tungsergebnisse wurden während der 10jährigen Tätigkeit der Sta- tionen gedruckt und an sämtliche europäischen meteorologischen Zentralanstalten versendet. Die Resultate der ersten drei Jahre (1868—71) sind von Ebermayer unter dem Titel: „Die physi- kalischen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden und seine klimatologische und hygienische Bedeutung usw. I. Bd., Aschaffenburg 1873“ verarbeitet und veröffentlicht worden.!) An einigen Stationen wurden auch nach dem Jahre 1878 noch Messungen über Niederschlagsmengen, höchste und niederste Wärme- grade, Gewitter usw. vorgenommen und vom Jahre 1882—1891 in !) Ferner zu vergleichen: Ebermayer, Geschichtliche Entwicklung der forstl.-meteorologischen Stationen in Ganghofer, Das forstliche Versuchswesen Bd. I, 1#f. 156 - Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. den bayerischen Alpen (Falleck) und im Fichtelgebirge (Hirschhorn) noch Gebirgsstationen zur Ergänzung der bisherigen Untersuchungen errichtet. Die Verarbeitung des ganzen erhobenen Materials in einem II. Bande des Werkes: „Die physikalischen Einwirkungen usw.“ ist nicht mehr erfolgt; doch hat Ebermayer die Untersuchungser- gebnisse über einzelne Erhebungen wenigstens auszugsweise noch veröffentlicht.?) Bei jeder bayerischen Station wurde eine Freifeld- und eine Waldstation (Stationspaar) eingerichtet. Beide waren fünf Minuten bis eine halbe Stunde voneinander entfernt und in der Nähe der Oberförsterwohnungen gelegen. In bezug auf die Himmelsrichtung hatten die Freifeld- und Waldstation nicht eine im voraus bestimmte Lage gegeneinander; auch die vertikale Lage der Stationspaare war nicht immer ganz die gleiche. Die Beobachtungen wurden täglich zweimal, früh und abends, gemacht. Die Anlagekosten eines Stations- paares betrugen rund 875 M., die jährlichen Unterhaltungskosten 430 M. ein- schließlich der Remuneration für den Beobachter von 256 M. Dem Beispiele Bayerns folgten Preußen von 1874 ab mit 10 Stationen (Fritzen, Kurwien, Carlsberg, Eberswalde, Friedrichs- rode, Sonnenberg, Hadersleben, Schoo, Lahnhof, Hollerath), Elsaß-Lothringen von 1874 ab mit 3 Stationen (Hagenau, Neumath, Melkerei), Braunschweig (1878Mariental), die ThüringischenStaaten (Schmiedefeld), das Landesdirektorium der Provinz Hannover (Lintzel) und Württemberg (St. Johann 1880—85) mit je einer Station. Die Stationen in Preußen, Elsaß-Lothringen, Braunschweig, Thüringen und Hannover sind von Müttrich-Eberswalde in der gleichen Art und Weise angelegt und geleitet worden. Jede Station wurde in der Nähe einer Wald- grenze errichtet und bestand aus einer Abteilung auf freiem Felde (Feld- station) und einer im Walde (Waldstation). Als Regel sollten sowohl die Feld- wie die Waldstation nicht weniger als 200 m von der Waldgrenze ent- fernt sein; doch konnte die Entfernung nicht überall eingehalten werden. In Hagenau ist die Feldstation 1270, die Waldstation 668 m von der Waldgrenze entfernt, in Melkerei 1200 und 1600 m.?) Die Stationen teilten sich in sechs Buchenstationen, sechs Fichtenstationen und vier Kiefernstationen, außerdem Lintzel besonders. Die Höhenlage aller Stationen bewegte sich zwischen 3 und 777 m. Wie die bayerischen so haben auch die anderen deutschen Stationen ihre erste Beobachtungsreihe nunmehr abgeschlossen. Als 1) Über die Menge und Verteilung der Niederschläge in den Wäldern in der Forstl.-naturwissenschaftl. Zeitschrift 1897, S. 283 ff. — Einfluß der Wälder auf die Bodenfeuchtigkeit, auf das Sickerwasser, auf das Grundwasser und auf die Ergiebigkeit der Quellen. Stuttgart 1900. 2) Müttrich, Z. f. F. u. J. 1890, 385 ff. III. Die wissenschaftliche Forschung. 157 vorläufige Zusammenstellungen der Beobachtungsergebnisse, im ganzen oder teilweise, liegen vor: Ebermayer, vgl. oben S. 1551. R. Weber im Handbuch der Forstwissenschaft Bd. I, Abhandlung I, 1. Aufl. 1838, 2. Aufl. 1903 (für die Beobachtungsjahre 1875—85 bzw. 1895). Th. Nördlinger, Der Einfluß des Waldes auf die Luft- und Boden- wärme, Berlin 1885 (für die württembergische Station). Müttrich, Über den Einfluß des Waldes auf die periodischen Ver- änderungen der Lufttemperatur, Zeitschr. f. Forst- und Jagdwesen 1890, 385ff. (für die 17 Stationen in Preußen, Braunschweig, Thüringen, Elsaß- Lothringen, Hannover). Da sich im Laufe der Zeit die Überzeugung immer mehr Bahn brach, daß das Beobachtungsmaterial aus den von Preußen und Bayern errichteten Doppelstationen nicht hinreicht, um ein sicheres Urteil über die Waldklimafrage fällen zu können und namentlich die Frage der Fernwirkung des Waldes mit diesem Material nicht gelöst werden kann, hat sich im Jahre 1895 das preußische Land- wirtschaftsministerium auf eineAnregungDanckelmanns imLandes- Ökonomie-Kollegium hin entschlossen, zwei neue Versuchsreihen zu beginnen, und zwar nach dem Beispiele Österreichs durch Anlegung von Radialstationen.‘) Diese zwei Versuchsreihen bezwecken: 1. Die Erforschung des Einflusses des Waldes auf die Tem- peratur und Feuchtigkeit der atmosphärischen Luft. Zu diesem Zwecke sind seit 1. Oktober 1899 in den Gebieten der Oberförstereien Neuhaus und Karzig, das sind die beiden nörd- liehsten Oberförstereien der im Reg.-Bez. Frankfurt a. O. gelegenen „Landsberger Heide“ (vorwiegend Kiefer neben Eichen und Buchen) sechs Beobachtungsstationen eingerichtet, nämlich zwei im Walde (je eine auf einer Lichtung und in einem Laubholzbestand), zwei außerhalb des Waldes nordöstlich vom Waldrande (1000 m und 100 m vom Waldrande), zwei außerhalb des Waldes südwestlich vom Waldrande (1750m und 250m vom Waldrande). Die beiden Waldstationen liegen vom Waldrand 2200 und 1800 m entfernt im Innern des Waldes. Die Entfernung zwischen den äußersten Feld- stationen beträgt 13 km. Geplante Beobachtungsdauer drei Jahre. 2. Die Erforschung des Einflusses des Waldes auf die Nieder- schläge. Zu dem Ende wurden in sechs Gebieten — Regenmeß- feldern — in den Reg.-Bez. Marienwerder, Posen, Oppeln, Frank- furt a. O., Magdeburg und Merseburg eine Reihe von Regenmessern aufgestellt, im Innern des Waldes auf Blößen, in der Nähe des #) Danckelmann, Z. f. F. u. J. 1897, 353. — Müttrich, Z. £f. F. u. J. 1900, 297. — Derselbe, Bericht über die Untersuchung der Einwirkung des Waldes auf die Menge der Niederschläge für die vierte Versammlung des internationalen Verbandes forstl. Versuchsanstalten, Neudamm 1903. 128 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Waldrandes und in größerem Abstande vom Waldrande (höchstens 2000 m) im Freien und zwar nach allen Himmelsrichtungen. Außer den Niederschlagsmessungen wird nur noch die Windrichtung und Stärke aufgezeichnet. Das höchstgelegene Regenmeßfeld ist jenes im Reg.-Bez. Oppeln mit einer Erhebung von 148—210 m. Die Beobachtungen wurden auf vier Feldern im Herbste 1900, auf zwei Feldern am 1. Oktober 1901 begonnen. Wahrscheinliche Dauer zehn Jahre. . Spezialuntersuchungen aus Preußen liegen noch von Schubert- Eberswalde vor. Schubert, Der jährliche Gang der Luft- und Bodentemperatur im Freien und in Waldungen usw. Berlin 1900. Derselbe, Vergleichende Temperatur- und Feuchtigkeitsbestimmungen. Berlin 1901. (Abhandl. d. k. preuß. meteor. Instituts I. Bd. No. 7.) B. Inder Schweiz wurden von 1869 ab drei forstlich-meteoro- logische Doppelstationen bei Interlaken (800 m, Lärche), Bern (500 m, Fichte) und Pruntrut (450 m, Buche) durch Fankhauser errichtet. Die Beobachtungen wurden nach einem Zeitraum von 13 Jahren abgeschlossen und deren Ergebnisse von Wollny in „Forschungen auf dem Gebiet der Agrikulturphysik“ V, 1882, 316 ff. zusammengestellt. Anfangs der 90er Jahre hat Bühler noch Spezialbeobachtungen durchgeführt.') C. In Österreich wurde der Frage der forstlich-meteorolo- gischen Beobachtungen im Jahre 1877 näher getreten, indem Ritter Lorenz von Liburnau, k.k. Ministerialrat, auf die Aufforderung des Ackerbauministers hin hierfür zunächst ein Programm entwarf.”) Die Errichtung von forstlich-meteorologischen Stationen erfolgte vom Jahre 1884 ab nach dem System der Radialstationen. Dieses System besteht darin, daß ein möglichst großer, freiliegender Wald- komplex mit Freilandstationen auf mehreren entgegengesetzten Windrichtungen und in verschiedenen Entfernungen vom Walde, also in radialer Richtung, umgeben wird. Es muß sich aus den Beobachtungsdaten auf diesem Wege z. B. ergeben, ob ein über den Wald streichender Ostwind am Westrande des Waldes wasser- reicher ankommt und wie weit nach Westen hin diese Wirkung vorhält. Sämtliche Stationen sollen in gleicher Meereshöhe liegen. Die Resultate dieser Beobachtungen wurden von v. Lorenz-Liburnau in den „Mitteilungen vom forstlichen Versuchswesen in Österreich“, Heft XII, 1890 und Heft XIII, 1892 veröffentlicht. ') Vgl. Bühler, Mitteilungen der Schweizerischen Zentralanstalt f. d. forstl. Versuchswesen. I. Bd., 1. u. 2. H. 1892. ?) Abgedruckt in „Mitt. aus dem forstl. Versuchswesen Österreichs“, II. Heft 1878. III. Die wissenschaftliche Forschung. 159 Spezialversuche wurden durchgeführt von Hoppe und Riegler. Auf dieselben wird später verwiesen werden. D. InFrankreich wurden die systematischen Messungen über Niederschlagsmengen, Verdunstung und Lufttemperatur am 20. Jan. 1866 durch Prof. Matthieu auf drei meteorologischen Stationen bei Nancy begonnen und von den Nachfolgern Matthieus bis zur Gegen- wart fortgesetzt. Die eine Station Cing-Tranchees liegt 83km westlich von Nancy in einer Meereshöhe von 330 m inmitten des über 7000 ha großen Forstes de Haye in einem Rot- und Weißbuchenbestande von 40jährigem Alter im Jahre 1866. Ein Regenmesser ist unter dem Kronendach, ein anderer in der Nähe auf einer Lichtfläche. Die zweite Station Bellefontaine mit einem Regenmesser befindet sich am Nordrande dieses Forstes, 6 km nordwestlich von Nancy, in einer Meeres- höhe von 240 m. Der Regenmesser steht frei. Die dritte Station Amance war eine Feldstation 10 km nordöstlich von Nancy, 380 m hoch gelegen. Von 1832 wurde sie an das Forsthaus von la Bouzule, 4 km südöstlich von Amance und 225 m hoch gelegen, verlegt. Die Resultate dieser Stationen sind veröffentlicht in: Matthieu, Meteorologie compar&e agricole et forestiere. Paris 1878 (für die Zeit 1866—77).}) Bartet, Meteorologie comparee, agricole et forestiere. Compte rendu des observations concernant les onze anndes 18738—1888. Paris 1890. De Bouville, Observations de met&orologie forestiere faites & la Station de recherches de l’Ecole nationale des Eaux et Foröts, im Bulletin du Ministöre de l’Agriculture en 1901 (für die Zeit 1867—99).?) Von 1874—78 wurden auch von dem Unterinspektor der Forste Fautrat Beobachtungen über die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes angestellt und die Resultate unter dem Titel „Observations met&orologiques faites de 1874 a 1878. Paris 1878“ veröffentlicht.?) E. InSchweden beauftragte 1876 die Regierung die Zentral- anstalt für Meteorologie in Stockholm, Beobachtungen über den Einfluß des Waldes auf das Klima, die Niederschläge, die Wasser- wirtschaft usw. einzuleiten. Infolgedessen wurden von 1876—77 von Forßman zwei Stationen, von 1878 ab von Hamberg sechs forstlich-meteorologische Doppelstationen errichtet. Die Messungen im Walde wurden immer auf einer Lichtung und im Vollbestand vorgenommen. Die Bestände bestehen aus Kiefern und Fichten, manchmal mit Laubholzbeimischung. Die Meereshöhe beträgt 21 bis 140 m. Für Niederschlagsmessungen waren viel mehr Stationen in Tätigkeit. Die Untersuchungsergebnisse veröffentiichte der Direktor der meteoro- logischen Zentralanstalt Hamberg in dem umfangreichen, tiefwissenschaft- ») Ein Auszug findet sich bei Frhr. von Seckendorff, Die forstlichen ‚Verhältnisse Frankreichs 1879. — ?) Auszugsweise bei Huffel 70. ?) Auszugsweise bei Frhr. von Seckendorff a.a. 0. 160 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. lichen, schwedisch und französisch abgefaßten Werke: Om Skogarnes infly- tande pä sveriges Klimat (De l’influence des for&ts sur le climat de la Suede), Stockholm, Norstedt & Söhne. I. u. II. Teil 18385 (Temperatur), III. Teil 1889 (Luftfeuchtigkeit), IV. Teil 1396 (Niederschläge), V. Teil 1896 (Schneefall). F. Italien errichtete 1870 eine Station bei Vallombrosa. G. In den Vereinigten Staaten forderte 1878 F. B. Hough als Präsident des von der American Association for the Advance- ment of Science ernannten Komitees in seinem Bericht energisch zur Vergrößerung des Waldbestandes auf, um der zunehmenden Trockenheit zu steuern.') Weiterhin wurde die Erforschung des Einflusses der Wälder auf die Wasserwirtschaft im Jahre 1891 in die Wege geleitet, indem die American Association for the Advan- cement of Science den Agrikultursekretär um Durchführung der entsprechenden Untersuchungen ersuchte.”) H. -Es tut dem Verdienste aller Beteiligten keinen Abbruch, wenn man zur Erkenntnis gekommen ist, daß die bisherigen For- schungsergebnisse nicht genügen, um die wichtigste aller hierher gehörigen Fragen, nämlich die Wald- und Wasserfrage, als ab- geschlossen betrachten zu können. Daher wurde dieselbe im Jahre 1896 von dem internationalen Verband forstlicher Versuchsanstalten von neuem aufgegriffen. Eine orientierende Übersicht über die Programmpunkte und die bisher unternommenen Untersuchungen gab der Verband gelegentlich seiner Tagung zu Mariabrunn bei Wien im Jahre 1903.?) IV. Der Einfluß des Waldes auf die Temperatur der Luft und des Bodens. 1. Lufttemperatur. Die Untersuchungsergebnisse, welche in dieser Richtung ge- wonnen wurden, bieten nichts Überraschendes, indem dieselben dem menschlichen Empfinden und der Vermutung vollständig ent- sprechen. Die folgenden Angaben beziehen sich auf Celsiusgrade. a) Die mittlere Jahrestemperatur der Luft ist nach den !) Hough, Report upon Forestry. Washington 1878 (nach Brückner 15). 2) United States Departement of Agriculture forestry division. Bulletin No. 7, Forest influences. Washington 1893. Dieses Buch enthält nur eine Zusammenstellung der Beobachtungsergebnisse der europäischen Forscher. ?) Abgedruckt im Z. f. d. g. F. 1903, 11. H. — Unter dem Titel „Die Wald- und Wasserfrage, Wien 1903“ auch selbständig erschienen. 2 ef ne e Bitte See ee ei. un IV. Der Einfluß des Waldes auf die Temperatur usw. 161 übereinstimmenden Beobachtungsresultaten aller Länder im Walde um 0,1—1,0° niedriger als im Freien. Auf den bayerischen Stationen nach Ebermayer!) (1873) 0,98% im Durchschnitt; auf den schweizer Stationen 0,76—0,88°; auf der württemberger Station 0,9%; auf den schwedischen Stationen 0,25%; auf den französischen Buchenstationen (1869—88) 0,45°. b) In den einzelnen Monaten und Jahreszeiten wirkt der Wald abschwächend auf die extremen Temperaturen, indem er die hohen erniedrigt und die tiefen erhöht. Je höher (heißer) die Temperatur der Luft im Freien ist, um so mehr wird sie beim Ein- tritt in den Wald erniedrigt. Im Sommer ist es also im Walde kühler als im Freien, ebenso im Frühjahr. Die an sich tiefen Temperaturen werden vom Walde weniger beeinflußt und zwar meistens im erhöhenden Sinne. Als Regel kann gelten, daß es im Winter im Walde etwas wärmer oder wenigstens nicht wesentlich kälter ist als auf freiem Felde. Die absoluten Minima-Temperaturen sinken im Walde niemals so tief wie auf dem freien Felde; andererseits bleiben die absoluten Maxima-Temperaturen beträchtlich hinter jenen des freien Feldes zurück. Die Ergebnisse der einzelnen Beobachtungen gehen eigentlich naturgemäß sehr weit auseinander (Fehler am Thermometer, Art der Aufstellung; Ebene, Gebirge, Standortsklima usw.). Von wesentlichem Einfluß ist die Holzart und innerhalb dieser das Bestandsalter. Gerade die Einwirkung des letzteren ist bei den bisherigen Untersuchungen nicht genügend berücksichtigt. Nach Weber?) war im Tagesmittel auf den preußischen und reichs- ländischen Stationen die Waldluft bei 1,5 m über dem Boden kälter oder wärmer (4) als die Freilandluft: z Frühjahr Sommer Herbst Winter (März, April, (Juni, Juli, (Sept., Okt., (Dez., Jan., Mai) August) Noy.) Febr.) in Fichtenbeständen . . 0,2—0,9 0,2—1,7 0,1—0,7 —+0,3—0,3 in Kiefernbeständen . . 0,0—0,9 0,1—2,2 0,0—1,4 —+0,3—0,6 in Buchenbeständen . . --0,2—0,9 0,7—1,8 0,2—0,9 —-0,1—0,5 Zu geringeren Durchschnittswerten gelangt Schubert,?) indem er die Beobachtungsergebnisse der preußischen, braunschweigischen und elsaß- lothringer Stationen aus der Zeit von 1874—90 auf Grund von Korrektions- methoden, die durch besondere Untersuchungen gewonnen wurden, modi- fizierte. 1) Die von Ebermayer in Reaumurgraden angegebenen Zahlen wurden in Celsiusgrade umgerechnet. — ?) a. a. O., S. 30. ®) Vgl. Schubert, Der jährliche Gang usw., 21. — Derselbe, Ver- gleichende Temperatur- und Feuchtigkeitsbestimmungen usw. Endres, Forstpolitik. 11 162 | Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Darnach ist die Waldluft kälter oder wärmer (+) als die Luft der Feldstationen: r o° zZ zember Jahr & a tember Oktober vember f m 7 >) Januar Februar März April Mai Juni Juli August Holzart | in Fichtenbeständen |--0,3|+0,1| 0,1) 0,3/0,2|0,20,3/0,2|0,2/0,01+0,114-0,2] 0,1 in Kiefernbeständen |—+0,1) 0,0) 0,0) 0,010,1/0,210,2/0,2|0,1/0,0| 0,0/+0,1] 0,1 in Buchenbeständen |-+0,1| 0,0/+0,1/4-0,1/0,110,4/0,5/0,410,3)0,0| 0,0/-0,1] 0,1 Nach Müttrich') wurden die mittleren Maxima-Temperaturen er- niedrigt um Frühjahr Sommer Herbst Winter in Fichtenbeständen . . 1,979 2,67° re: 1,07° in Kiefernbeständen . . 1,07° 2,05° 1,40° 0,58° in Buchenbeständen . . 0,70° 3,240 1,51° 0,55° Die Minima-Temperaturen sinken nach Müttrich im Walde zwar nicht so tief wie auf freiem Felde, der Unterschied zwischen Feld- und Waldstation bewegt sich aber das ganze Jahr hindurch in engeren Grenzen als es bei den Maxima-Temperaturen der Fall ist. Die Minima-Temperaturen sind im Walde höher als im Freien um Frühjahr Sommer Herbst Winter in Fichtenbeständen . . 0,95° 1,35° 0,929 0,94° in Kiefernbeständen . . 0,50° 0,699 0,65° 0,46° in Buchenbeständen . . 0,450 1,01° 0,74° 0,31° Nach Ebermayer?) ist im Durchschnitte für alle bayerischen Stationen und Holzarten die Waldluft am Tage kälter als die Luft im Freien: im| Frühjahr um si. sa RR im Sommer um... ..'.. .„Sloe im Herbste um. . .. ». 0,56°, im Winter um... . einige Zehntel. Auf der Station Rohrbrunn im Spessart war es im Walde im Winter um 0,480 wärmer als im Freien. Auch nach den Beobachtungsergebnissen in der Schweiz?) und in Württemberg ist die mittlere Lufttemperatur im Winter im Walde um einige Zehntelgrade kälter als im Freien (Schweiz 0,2% Württemberg 0,39%. In den einzelnen Monaten ist nach Ebermayert) im Mittel der Tages- und Nachtzeit die Waldluft kälter oder wärmer (4) als die Frei- landluft. Januar ..... 0,100 Juli :. 2 SW Februar ....... 0,310 August .). ©. Wewiree Mrs. Hella zn“, 0,56° September . . . 0,80° ANNE, 0,75° Oktober 5 28 0,05° Mai va. 1,45 November . . . + 0,54° Juni. mu 6% 1,650 Dezember . . . —0,01° 1) Z.£. F. u. J. 1890, 520. °) Die physikalischen Einwirkungen usw., 84ff. — ®) Wollny a. a. O., 326. *) Die physikalischen Einwirkungen usw., 90ff. IV. Der Einfluß des Waldes auf die Temperatur usw. 163 Auf den schwedischen Stationen!) war von 1878—83 die Waldluft in 1,5 m vom Boden kälter oder wärmer (+) als die Freilandluft Jamara aumaır 020° aly.ich 0,55° Februar ...'„. 20,19 Auousb.. .. 7.“ 0,6° Mira sr is 0,15° September . . . 0,45° I ee 0,5° Oktober... 0,15° 1. En Ra BA 0,79 November . . . + 0,15° ah a N 0,6° Dezember . . . — 0,3° Unter den Bäumen war die Luft vom März bis September um 0,2—0,5° kälter, vom Oktober bis Februar um 0,05—0,3° wärmer als auf den Lichtungs- flächen im Walde. e) Bezüglich der täglichen Temperaturschwankung ergibt sich, daß dieselbe im Walde geringer ist als im Freien. Nachts ist die Waldluft wärmer, unter Tags kühler als die Freilandluft. Die Unterschiede sind im Sommer größer als im Winter. Nach Müttrich?) schwankte die Differenz zwischen den täglichen höchsten und niedersten Temperaturen auf den Feldstationen zwischen 4,46 und 10,84°, auf den Waldstationen zwischen 3,36 und 9,38°. Ferner betrugen nach Müttrich die täglichen Temperaturschwankungen im Walde (ca. l5jährige Mittelwerte) folgende Grad Celsius: Frühjahr Sommer Herbst Winter Holzart = 5 u z = = - sl#ls|8|=|8]j22|2|,2[,2|3|: in Fichtenbeständen . . . [2,6 [3,0 |3,1|3,4 |3,7|3,9[3,7 2,4 |1,8]1,5 2,0 [2,2 in Kiefernbeständen.. . .|1,3|1,511,9|2,5 2,8 | 3,013,0 2,0 12/09/1213 in Buchenbeständen.. . . |0,7|0,612,2]4,1|4,5 4,3|3,8 | 2,0 0,8|0,8| 1,0 |0,9 Im Sommer ist somit die tägliche Temperaturschwankung in Buchen- beständen am größten, in Kiefernbeständen am kleinsten; im Winter dagegen stehen die Fichtenbestände in erster Reihe, dann folgen die Kiefernbestände und erst nach diesen die Buchenbestände. Nach Ebermayer?°) ist die Waldluft nachts durchschnittlich wärmer im Krühjahr um 2-. ......-..0,88°, ir Sommer um... ....., 1,30% ia HorDEk "uk... ae A, im Winter 7. um „10.27 99223,18°; Auf den schwedischen Stationen betrug im Sommer die Erniedrigung der Maxima-Temperaturen 2—3°, die Minima-Temperaturen bei Nacht waren beinahe ebenso niedrig als im Freien.*) ı) Hamberg a.a.O., I u. I, 50, 52, 76. — ?) a.a. O. 450, 453. ®) Die physikalischen Einwirkungen usw., 117. *) Hamberg, I u.II, 72. Ir 164 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. d) Im Bereich der Baumkronen liegen die täglichen Tem- peraturschwankungen nach Müttrich’') im allgemeinen zwischen denen in der Nähe des Erdbodens und denen auf freiem Felde, kommen aber den ersteren meistens näher als den letzteren. Die Abkühlung der Luft in den Baumkronen ist geringer als die Abkühlung der Luft in 1,5 m Höhe über dem Boden. Im Winter ist zwischen der Temperatur der Freilandluft und der Temperatur der Luft in den Baumkronen ein kaum merkbarer Unterschied. Nach von Lorenz-Liburnau?) nimmt die Temperatur im Walde a) am Tage vom Boden nach den Kronen hin zu, b) bei Nacht in derselben Richtung ab. Auf freiem Felde ist das Ver- hältnis das umgekehrte. Nach demselben Beobachter ist die Temperatur unter und in den Kronen am Tage niedriger, über den Kronen dagegen höher als in den gleich hohen Luftschichten des Freilandes. Im Gegensatz zu den übrigen Beobachtern findet von Lorenz- Liburnau, daß die Temperatur des Waldes in allen Höhen in den Nachtstunden niedriger ist als auf freiem Felde. Einen bedeutenden Einfluß übt der Luftbewegungszustand, namentlich der innerhalb des Waldraumes. Im Sommer beträgt das Temperaturplus im Freilande gegenüber der Waldluft Celsiusgrade: in5m illm 155m lnker ruhig 17 0,9 — 1,2 ee te bewegt 0,7 —00-. u 2 ruhig 1,4 0,3 — 1,3 a BER { bewegt 09 200 We ruhig 1,6 0,6 —0,7 Ben STERNE 177 bewegt 0,8 0,3 — 0,6 e) Die Fernwirkung des Waldes. Im allgemeinen wäre aus dem Vorausgehenden wohl der Schluß zu ziehen, daß Ent- waldungen im großen Stile die Wärmeverhältnisse einer Gegend in extremer Richtung beeinflussen könnten: die Sommer würden heißer, die Winter kälter werden. Inwieweit aber solche Änderungen tat- sächlich eintreten würden, ist mit Bestimmtheit nicht zu sagen. Hamberg?) kommt zu dem Schlusse, daß die Waldbestockung Schwedens keinen merklichen Einfluß auf die Temperatur des Landes ausübt. Mit Rücksicht auf die Temperaturverhältnisse allein könnte ohne Schaden für die Landwirtschaft die Waldfläche be- trächtlich vermindert werden. !) a.a. O., 470. ?) Resultate forstl.-meteor. Beobachtungen insbesondere in den Jahren 1885—87. I. Teil. Wien 1890, 34ff. ®) a. a. O., I, II 1885, 76. IV. Der Einfluß des Waldes auf die Temperatur usw. 165 Nach von Lorenz-Liburnau') äußert sich die Fernwirkung des Waldes in horizontaler Richtung auf die Temperaturverhält- nisse der nächsten Umgebung in einer Vergrößerung der Temperatur- extreme, und zwar hauptsächlich infolge der Abschwächung der Winde, wodurch Ein- und Ausstrahlung begünstigt wird. In Zeiten, in welchen diese beiden Aktionen nicht in erheblichem Maße statt- finden, wie bei dichter Bewölkung, Regen, heftigem Winde, komme diese Wirkung des Waldes nicht zum meßbaren Ausdruck. Die Steigerung der Temperaturextreme erstrecke sich nicht auf allzu große Entfernung schon deswegen, weil sie durch die Feuchtigkeits- wirkung des Waldes paralysiert werden kann. Schubert kommt bei einem Vergleich der Temperaturen von fünf Orten in Posen und Schlesien zur Annahme, daß „größere Kiefernwaldungen die mittlere Sommertemperatur ihrer wei- teren Umgebung, falls überhaupt eine Beeinflussung stattfindet, nur in schwachem Maße, etwa um wenige Zehntelgrade, ernie- drigen. Andererseits muß hier die Tatsache konstatiert werden, daß die Weingärtner bei Heilbronn in Württemberg gegen die Um- wandlung der bisherigen Eichenwaldungen in Kiefernbestände Stellung nehmen, weil durch letztere die Temperatur erniedrigt werde.) Bezüglich der vertikalen Wirkung des Waldes sei auf die bis- her wissenschaftlich noch nicht geklärte Erscheinung aufmerksam gemacht, daß ein Luftballon sinkt, wenn er über ein größeres Waldgebiet fliegt, ähnlich wie beim Überschreiten von Flußtälern (nach Erk). Es ist bekannt, daß man aus dem Verschwinden des Wein- baues aus Gegenden, wo er nachweisbar früher getrieben wurde (Meß- wein!), auf eine Abnahme der Lufttemperatur und auf eine Klimaver- schlechterung schließen wollte. Der Bequemlichkeit halber legte man diese Erscheinung wieder der Entwaldung zur Last, zum Teil auch mit der Motivierung, daß infolge derselben die Reben nicht mehr gegen den kalten Nordwind geschützt werden.?) In Bayern wurde z. B. im 16. Jahrhundert längs der Donau bis über Regensburg hinauf, dann an der Isar bis Landshut Weinbau getrieben.) Der Grund, daß derselbe hier wie auch anderwärts 1) a. a. O. 1892. 2) Mündliche Mitteilung des Oberförsters Lempp-Heilbronn 1901. ®) Fischer, Geschichte des Handels 179. #) Krenner, Bayer. Landtagshandlungen 1807, 231ff. Vgl. auch II, 229, III, 308, 312, 166 ; Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. aufgegeben wurde, ist einzig und allein in der verbesserten Ge- schmacksrichtung der späteren Zeit und der Einfuhr besserer Weine aus Tirol, Elsaß und Franken zuzuschreiben. Der Landtag des Herzogtums Bayern von 1542 machte gegenüber dem Herzog, der einen Aufschlag auf Wein einführen wollte, geltend, daß der Weinbau „gar selten viel Nutz und Gewinn habe“, und „gar selten wohl ge- raten, gut noch hochschätzig“ sei.!) Was damals getrunken wurde, dafür nur einige Beispiele. Der Landshuter-Ingolstädter Landtag von 1472 beklagte sich, daß die aus Franken und Elsaß eingeführten Weine mit „Schwefel, Waidasche, Bleiweiß, Säueren und anderen unziemlichen Gemächten gemacht sind“?) und 1471 fordert Herzog Ludwig von Landshut die Landstände auf, „die gemachten Weine im Lande zu verbieten“. Obwohl Herzog Georg von Landshut im Jahre 1493 verordnete, daß die Bierbrauer „zum Bier nichts gebrauchen, denn allein Malz, Hopfen und Wasser“,?) hatte doch der Land- tag von 1542 Veranlassung zu der Klage, daß „an etlichen Orten eine Zeit her solch Bier gebraut werde, das niemand genießen möge, davon auch etliche Personen große Krankheiten, Gefährlichkeit und Nachteil ihres Leibes erlangt“.*) 2. Bodentemperatur. Die Temperatur des Waldbodens nimmt wie die Tempe- ratur des Bodens im Freien im Frühjahr und Sommer von oben nach unten ab, im Herbst und Winter von oben nach unten zu. Im Sommer und Frühjahr hat der Waldboden eine bedeutend niedrigere, im Winter eine etwas höhere oder nahezu die gleiche Temperatur wie der Feldboden. — Sowohl die täglichen wie die jährlichen Temperaturschwankungen sind im Waldboden geringer als im Freien.?) Setzt man in den von Ebermayer®) konstatierten Ergebnissen die Temperatur der Bodenoberfläche = 100, so war dieselbe: Frühjahr Sommer Herbst Winter im im im im Freien|Walde|Freien| Walde Freien| Walde Freien] Walde Oberfläche. . . . . | 100 | 100 | 100 | 100 | 100 | 100 | 100 | 100 rom Tiefe . . . . 87 88 94 94 | 100 | 101 77 92 0,30 m Tiefe... . 83 84 94 90 | 108 | 109 | 101 | 127 0,60 miele... 4’, 77 76 89 83 | 120 | 119 | 148 | 177 0,90 m Tiefe... . 69 70 83 78 | 126 | 123 | 185 | 211 1,20:m Tiefe .. ...... 65 68 78 72 | 130 | 126 | 221 | 244 !) Krenner, 1807, 608. — °) Derselbe VII, 397, 439. — °) Derselbe XU, 378. — *) Derselbe 1807, 64f. °) Schubert, Der Wärmeaustausch im festen Erdboden, in Gewässern und in der Atmosphäre. Berlin 1904, 5, 8. °) Die physikalischen Einwirkungen usw., 37, V. Der Feuchtigkeitsgehalt der Waldluft. 167 Der Waldboden war kälter als der Feldboden an der er Oberfläche °° es BNEE iefen im Frühjahr um. .. . 2,5° 2,0° im Sommer um. ... 3,9° 4,0° im Herbst , um. ... 1,3° 1,0% im ‚Winter um. .'.°. 0,3° 0,0° Schubert!) kommt zu folgenden Sätzen: Im ganzen Sommerhalbjahr und darüber hinaus ist der Waldboden kühler als der freigelegene. Der Be- trag der Abkühlung steigt in den größeren Tiefen von 60—120 cm im Monats- mittel bei Kiefern auf 2,7°C., bei Fichten auf 3,0°, bei Buchen auf 3,2°. Im Mai ist die Abkühlung im Fichtenwalde am größten. — In den Wintermonaten ist der Waldboden ein wenig wärmer als der freie, doch ist diese Erwärmung merklich geringer als die sommerliche Abkühlung. — Der Frost dringt im Mittel der Feldstationen bis auf 47 cm Tiefe ein, im Kiefernwald bis 34 cm, Buchenwald 33 em, Fichtenwald 45 cm. Wollny?) gelangt bei der Bearbeitung der Beobachtungsergebnisse der schweizer Stationen zu den gleichen allgemeinen Gesetzen. Th. Homen hat in Finnland gefunden, daß im Fichtenwald vom Mai bis September die Bodentemperatur in 0,5 m Tiefe um 4,5° niedriger ist als in gleicher Tiefe unter einem grasbewachsenen Felde, von November bis Mai ist der Unterschied unbedeutend.?) Hamberg fand auf den schwedischen Stationen, daß im Walde die Bodentemperatur im Sommer bedeutend niedriger, im Winter etwas höher ist als im Freien.*) V. Der Feuchtigkeitsgehalt der Waldluft. Der Gehalt der Atmosphäre an Wasserdampf kann auf folgende Weise gemessen werden:?) 1. Durch die Angabe der Spannkraft des Wasserdampfes, des Dampf- oder Dunstdruckes, der wie der Luftdruck durch die Höhe einer Quecksilbersäule in Millimetern angegeben wird, welche den gleichen Druck ausübt wie der Dampf. 2. Durch das Gewicht des Wasserdampfes in Gramm pro Kubik- meter. Dieses Gewicht nennt man die absolute Feuchtigkeit. 3. Durch das Verhältnis der in der Luft vorhandenen Wasser- dampfmenge zu der bei der herrschenden Temperatur möglichen Dampfmenge. Der Quotient „vorhandene Dampfmenge dividiert durch mögliche Dampfmenge“ heißt die relative Feuchtigkeit 1) Der jährliche Gang usw., 22. — ?) a. a. O. V, 324. 3) Hann, Lehrb. der Meteorologie 1901, 83. #% Hamberg Iu. II, 641. 5) Hann, Lehrb. der Meteorologie 1901, 212 ff. 168 Die Wohliahrtswirkungen des Waldes, und wird meist in Prozenten ausgedrückt, d.h. der Quotient wird mit 100 multipliziert. Eine relative Feuchtigkeit von z. B. 50°], sagt demnach, daß die Luft zur Hälfte mit Wasserdampf gesättigt ist (Sättigungsgrad) und nochmals 50°/, bis zu ihrer Sättigung aufnehmen Könnte. Im Zustande der Sättigung, wenn also die relative Feuchtigkeit —= 100 ist, beträgt er. as Gewic bei der der Dampf- des Wasser- Temperatur druck dampfes pro cbm Grad C. mm g —10 2,00 2,20 —5 3,07 3,31 0 4,62 4,90 5 6,58 6,85 10 9,14 9,34 15 12,67 12,74 20 17,36 17,15 25 23.52 22,84 Jedem Temperaturgrad der Luft entspricht eine bestimmte Menge aufnehmbaren Wasserdampfes. Je höher die Temperatur der Luft ist, um so mehr Wasser- dampf kann sie bis zur Sättigung aufnehmen. Die absolute Feuchtig- keit nimmt wegen der Temperaturabnahme mit der Meereshöhe ab, in der freien Atmosphäre rascher als auf den Gebirgen. In einer Höhe von 3 km enthält die freie Atmosphäre nur mehr ein Viertel des Dampfgehaltes im Meeresniveau, im Gebirge noch ein Drittel; in 5 km Höhe wenig über ein Zehntel. Die Abnahme der relativen Feuchtigkeit mit zunehmender Höhe erfolgt sehr unregelmäßig. Die Höhen, in denen am häufigsten eine Kondensation des Wasser- dampfes erfolgt, zeigen eine Zunahme der relativen Feuchtigkeit, oberhalb nimmt dieselbe rasch ab.) Nach den Feststellungen von Ebermayer, Schubert, Weber und Hamberg ist die absolute Feuchtigkeit (Dampfdruck) der Waldluft im großen und ganzen beinahe gleich jener der Luft auf freiem Felde, und zwar sowohl im Jahresmittel als in den ein- zelnen Jahreszeiten und Monaten. Damit ist also gesagt, daß der Wald die absolute Feuchtigkeit einer Gegend nicht ver- mehrt. Nach Schubert?) ist die absolute Feuchtigkeit im Jahresmittel größer im Kiefernbestande um 0,1—0,4 mm, im Buchenbestande um 0,1—0,2 mm, dagegen bald größer (0,02 mm), bald kleiner (0,02 mm) im Fichtenbestande. ı) Hann a. a. O. 223, 227. ®2) Vergleichende Temperatur- und Feuchtigkeitsbestimmungen 313. V. Der Feuchtigkeitsgehalt der Waldluft. 169 Nach Weber?) ist auf den preußischen usw. Stationen der Dunstdruck größer (4) oder kleiner (—) als die Luft im Freien in Millimetern im Frühjahr Sommer Herbst Winter in Fichtenbeständen . . — 0,2 —0,3 —0,0 0,0 in Kiefernbeständen . . —+0,1 +0,3 —0,1 —0,1 in Buchenbeständen .. —O,l —0,1 0,0 —0,0 Nach Ebermayer schwankten auf den bayerischen Stationen die Differenzen zwischen — 0,08 und — 0,17 mm im Jahresmittel. Hamberg°) kommt auf Grund der von 1879—86 auf den schwedischen Stationen ausgeführten Messungen zu dem Resultat, daß im Jahresdurchschnitt der Dunstdruck (absolute Feuchtigkeit) im Vollbestande um 0,09 mm größer ist als im Freien. In den einzelnen Monaten schwankt die Differenz zwischen 0,0 (Juni und September) und 0,15 (März und Mai) mm. Die größte positive Differenz ergibt sich für die Zwei-Uhr-Beobachtung im August mit 0,25 mm. Zu bedeutend höheren Resultaten gelangt von Lorenz-Liburnau.?) Nach ihm ist der Dampfdruck nicht nur unter und in den Kronen, sondern auch oberhalb der Kronen größer als jener in den entsprechenden Höhen über freiem Felde. Eine Gesetzmäßigkeit ergibt sich nicht. Die Luftbewegung (Wind) übt großen Einfluß. Die höchste Differenz ist 1,95 mm. Dagegen ist die Feuchtigkeit der Waldluft relativ größer als die der Freilandluft. Dies rührt davon her, daß die Waldluft im Jahresdurchschnitt und namentlich im Sommer kälter ist als die Luft im Freien. Kühlt sich Luft, welche mit Wasserdampf gesättigt ist, ab, dann scheidet sich tropfbar flüssiges Wasser aus, weil kältere Luft weniger Wasserdampf in sich halten kann als wärmere. Bei einer Abkühlung der dampfgesättigten Luft beispiels- weise von 15° auf 10° werden 12,74—9,34 — 3,40 g Wasser in Form von Nebel, Tau usw. ausgeschieden, d.h. kondensiert. Ist die Luft nicht mit Wasserdampf gesättigt, sondern enthält sie z.B. nur 55°/, der möglichen Feuchtigkeit (relative Feuchtigkeit) bei einer Temperatur von 15° (somit 12,74-0,55 — 7,01 g), dann steigt bei einer Abkühlung auf 10° ihre relative Feuchtigkeit auf 7,01-100 9,34 punkt) mit 9,34 g Wasserdampf erreieht. Kühlt sich die Luft noch weiter auf 5° ab, so kann sie die 7,01 g Wasserdampf der Luft von 15° nicht mehr ganz aufnehmen, sondern nur 6,85g, der Rest von 7,01 — 6,85—=0,16 g wird ausgeschieden als Nebel, Tau, d. h. kondensiert. Die Luft, welche durch den kühleren Wald streicht, wird mithin relativ feuchter oder auf ihren Sättigungspunkt gebracht, oder es wird Wasserdampf kondensiert. Der Grad der relativen Feuchtigkeit bedingt die Begriffe —75°/,, weil Luft von 10° ihren Sättigungspunkt (Tau- )) a.2.0.45. — ®) a.a. O. III. Bd. 1889, 39. — °) a. a. 0. 1890, 38. 170” : Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. trocken und feucht. Eine relative Feuchtigkeit unter 55°/, be- deutet ein sehr trockenes Klima. Der Unterschied zwischen der relativen Feuchtigkeit des Wal- des und des Freilandes ist im Sommer größer als im Winter, weil die Abkühlung der Waldluft im Sommer stärker ist als im Winter. In den Nachmittagsstunden ist der Unterschied größer als nachts. Nach Ebermayer!) ist die Waldluft feuchter als die Luft im Freien im Frühjahr um 5,7, Sommer 9,3, Herbst 5,2, Winter 5,20/,. Nach den Berechnungen Webers?) war auf den unter preußischer Leitung stehenden Stationen die Waldluft feuchter als die Freilandluft um folgende Prozente: Frühjahr Sommer Herbst Winter Jahr in Fichtenbeständen.. . . . 3,4 5,4 4,8 1,4 3,7 in Kiefernbeständen.. . . . 3,8 7,6 5,1 2,2 4,8 in Buchenbeständen.. . . . 1,0 2,9 4,6 1,9 3,9 ach Wollny°) war die Waldluft auf den schweizer Stationen feuchter um ®o: : Frühjahr Sommer Herbst Winter Jahr in Lärchen.. . 2,8 7,9 4,5 0,3 4,1 in Fichten . . . 9,6 11,0 10,8 8,4 10,0 in Buchen . . 2,3 8,5 42 —0/7 3,6 Nach von Lorenz-Liburnaut) ist die Waldluft unter, in und über den Kronen relativ feuchter als die entsprechenden freien Luftschichten. Die Differenzen sind am größten am Boden. Einen wesentlichen Unterschied bedingt der Bewegungszustand der Luft. Bewegte Luft drückt den relativen Feuchtigkeitsgrad herab. Im Sommer ist bei heiterem Himmel und trockenem Wetter die Wald- luft feuchter als die Freilandluft um folgende Prozente: indm llm 15,5 m ruhig 13,5 12,9 4. am Morgen . . . and 75 52 0,5 I ruhig 13,1 8,9 2,2 anna: a 8.0 6,9 1,7 ruhig 10,5 7,3 1,4 am Abend ... he: a EE 54 28 letzte Nachtstunden ruhig 9,3 10,8 10,9 Hamberg?) findet für Schweden (1879—86) im Jahresdurchschnitt die Waldluft um 3,25°/, feuchter als die Freilandluft und zwar im Januar. ... um2 % Juli... „sv ums Rolnmar (WS August . . . „ni Müre ;\Luyöurse ne I, Kai ra September . . . „ 25 „ Appsk ., . =, Ze SE Oktober. ... .. .. am Mal m. u. u De November . .. . 2 283 JuNL.. „von Degember .. UFER ‘) Die physikalischen Einwirkungen usw., 151. — °) a. a. O. 45. °») a. a. O. V, 329. — *) a. a. O. 1890, 41. — 5) a. a. O. III, 1889, 41. VI. Der Einfluß des Waldes auf die Niederschläge. 17 Hamberg!) kommt auch zu dem Schlusse, daß durch die Abholzung aller Waldungen Schwedens der Feuchtigkeitsgehalt der Luft keine bedeutende und für die Vegetation schädliche Änderung erfahren würde. Nur die relative Feuchtigkeit würde im Sommer wahrscheinlich ein wenig vermindert werden, weil die Temperatur sich ein wenig heben würde. Im Vergleich zu dem Ein- fluß der Seen sei der Wald eine sehr schwache Feuchtigkeitsquelle. vI. Der Einfluß des Waldes auf die Nieder- schläge.?) Die Frage, ob der Wald die Niederschläge und namentlich den Regen während der Vegetationszeit vermehren könne, ist eine der wichtigsten unter den Fragen, welche die Wohlfahrtswirkungen des Waldes betreffen. Könnte dieselbe auch unbedingt bejaht werden, dann würde eine solche Wirkung der Waldbestockung nieht unter allen Verhältnissen als eine wohltätige empfunden werden können, weil es von dem örtlichen Klima abhängt, ob eine Ver- mehrung der Niederschläge überhaupt noch wünschenswert ist. Jährliche Niedersehlagsmengen von über 800 mm?) sind für ge- treidebauende Gegenden in Mitteleuropa jedenfalls mehr schädlich wie nützlich. Und im allgemeinen wird man sagen können, daß gerade in solchen Gebieten extrem trockene Jahre immer noch das kleinere Übel sind gegenüber extrem nassen. 2) a. a. O. III, 1889, 56 u. 58. 2) Übersicht der Untersuchungen über den Einfluß der Wälder auf die atmosphärischen Niederschläge: 1866—1878, 1878 bzw. 1882—1891 in Bayern (Ebermayer), 1875—1884 auf den unter preußischer Leitung stehenden Stationen (Müttrich), 1867—1877 in Frankreich bei Nancy (Matthieu), 1869—1880 in der Schweiz (Fankhauser), 1889—1891 in der Schweiz (Bühler), 1879 Beobachtungen über das Abfließen des Wassers an den Baum- stämmen von Riegler in Mariabrunn bei Wien, 1894 und 1895, dann 1900, Spezialuntersuchungen von Hoppe im Wienerwald. Die Hauptergebnisse dieser sämtlichen Beobachtungen wurden von Ebermayer in der Forstlich-naturwissenschaftlichen Zeitschrift 1897, 283 ff. . veröffentlicht. ®) Die Menge der Niederschläge wird durch die Höhe der Wasserschicht auf einer ebenen Fläche, welche der Niederschlag geliefert hat oder geliefert hätte, in Millimetern angegeben. Schnee usw. muß zu diesem Zwecke ge- schmolzen werden. Hellmann nennt Gegenden mit einer mittleren jährlichen Niederschlags- höhe von weniger als 500 mm regenärmste, solche mit einer Regenhöhe von mehr als 800 mm regenreichste Gebiete. 172 - Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. In Mitteleuropa muß man unterscheiden zwischen der allge- meinen Ursache für die Häufigkeit der Niederschläge und den Faktoren, welche die örtliche Niederschlagsmenge oder die Ver- teilung der Niederschläge bedingen. Die allgemeine Ursache für die Bildung von Niederschlägen und deren periodische Schwankungen liegt in den Temperatur- schwankungen auf der Erde und in den damit im Zusammenhang stehenden Luftdruckschwankungen. In West- und Mitteleuropa hängt die Regenbildung von der Verteilung des Luftdruckes auf dem Kontinent und den denselben umgebenden Meeren ab (baro- metrische Maxima und Minima). Deshalb fallen hier die Nieder- schläge größtenteils bei westlichen und südwestlichen Winden, die das Verdunstungswasser des atlantischen Ozeans mit sich führen. Fast der gesamte Wasserdampfgehalt der Atmosphäre stammt von den Ozeanen, die zwei Drittel der Erdoberfläche einnehmen (Hann). Daß auf diese meteorologischen Vorgänge auf der Erde der Wald einen Einfluß üben könne, der nur 30°/, von Europa bedeckt, ist a priori als ausgeschlossen zu betrachten. Die örtlichen Niederschlagsmengen eines bestimmten Ge- bietes sind abhängig von der Entfernung desselben vom Meere, von der Erhebung über das Meer und von der Lage der Gebirgs- züge zu den Himmelsrichtungen (Streichrichtung). Daher besteht auch ein Unterschied zwischen den Regenverhältnissen des Gebirges und des Hochlandes einerseits und des Flachlandes andererseits. Da die Hauptursache der Niederschläge die aufsteigende Be- wegung der Luft ist, so erklärt sich schon daraus die allgemeine Erscheinung, daß die Niederschlagsmenge mit der Erhebung einer Landstrecke über das Meeresniveau zunimmt. Denn mit der Er- hebung der Luft ist stets Ausdehnung, infolgedessen Wärmeverbrauch und Abkühlung verbunden. Je kälter die Luft ist oder wird, um so weniger Wasser kann sie in Dampfform in sich aufnehmen. Wenn also warme Luft durch die aufsteigende Bewegung abgekühlt wird, wird sie ihrer Sättigung mit Wasserdampf näher gebracht, und wenn die Abkühlung diesen Punkt überschreitet, scheidet sich der überschießende Teil des Wasserdampfes in tropfbar flüssiger oder fester Form als Wolke aus. Der Regen oder Schnee fällt, wenn die Wassertropfen oder die Eiskristalle so groß und schwer geworden sind, daß sie sich nicht mehr schwebend in der Atmo- sphäre halten können. Für 100 m Erhebung beträgt die Abkühlung der Luft 1°. Die Veranlassung zum Aufsteigen der Luftmassen ist nun ganz besonders da gegeben, wo der durch die verschiedene Luftdruck- verteilung hervorgerufenen Windströmung ein Gebirge oder über- VI. Der Einfluß des Waldes auf die Niederschläge. 173 haupt eine Landerhebung sich entgegenstellt; hierdurch wird die Luft gezwungen, sich aufwärts zu bewegen und infolgedessen sich auszudehnen, abzukühlen und ihren Wasserdampf mehr oder weniger je nach der Höhe der Erhebung zu kondensieren. Ein dem regen- bringenden Südwestwind sich mit seiner Breitseite entgegenstellender Gebirgszug nimmt daher der Luft den größten Teil ihres Feuchtig- keitsgehaltes weg, ehe dieselbe den Gebirgszug überschritten hat. Die Südwest- und Westseite ist in Mitteleuropa die Regenseite oder Luvseite. In dem hinter dem Gebirge, im Wind- und Regenschatten liegenden Gebieten kommt dann der abfallende Luftstrom sehr wasserdampfarm an, weshalb hier die ausgesprochenen Trocken- gebiete liegen. Man nennt diese Seite des Gebirges — in Mittel- europa die Nordost- und Ostseite — die Trocken- oder Leeseite. Nach Hann!) läßt schon ein Gebirgszug von 2km Kammhöhe kaum mehr die Hälfte des Wasserdampfgehaltes der Luft passieren, die andere Hälfte muß beim Aufsteigen des Luftstromes konden- siert werden. Daß es also auf den Bergen mehr regnet und schneit, kommt nicht davon her, daß dieselben in der Regel bis zu einer gewissen Höhe hinauf bewaldet sind, sondern hängt mit dem besprochenen Naturgesetz zu- sammen. Auch auf kahlen Bergwänden fällt unter den ange- gebenen Voraussetzungen eine viel größere Niederschlagsmenge als in der Ebene. Mit zunehmender Höhe nimmt auch der Niederschlag zu. Die Regenlinien (Isohyeten) einer Gebirgslandschaft sind daher den Höhenschichtenkarten sehr ähnlich. Die regenreichsten Orte der Erde befinden sich an Berg- abhängen, welche gegen ein wärmeres Meer gerichtet sind. Beweiskräftige Beispiele hierfür bilden gerade die Gebirgsketten in Deutschland, welche zum größten Teile mit ihrer Breitseite normal gegen die Regenwinde streichen. Auf dem Kamme der Vogesen fallen jährlich 2000 mm Niederschläge, auf dem im Windschatten liegenden Gebiete von Kolmar nur noch 500 mm. Im südlichen Schwarzwald steigen die Niederschlagsmengen von 750 mm am westlichen Fuße bis zu 1800 mm auf dem höchsten Plateau (Todtnauberg); das auf der Leeseite befindliche Neckargebiet weist wie- der weniger als 800 mm auf. Im Trockengebiet von Rheinhessen fallen unter 600 mm, auf den gegen Westen sich vorlagernden Pfälzer Bergen 800 bis 1000 mm. Auf der Leeseite des Hardtgebirges in der Rheinpfalz fallen ebenfalls unter 600 mm. Am ganzen Mittelrhein sowie im Mittel- und Unterlauf der Lahn fallen in den tiefen Lagen unter 700 mm Nieder- schläge; entsprechend den nach Westen und Osten hin ansteigenden Boden- erhebungen nehmen sie jedoch nach beiden Seiten hin rasch zu, so daß das rechtsrheinische Schiefergebirge, Westerwald, Sauerland und Rothaargebirge 2) Lehrb. d. Meteorologie 223. 174 - Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. über 1000 mm aufweisen.) — Wie mit der Annäherung an das Gebirge die Regenmenge zunimmt und mit der Überschreitung des Gipfels wieder ab, dafür stellt der Harz ein gutes Beispiel. Es beträgt die Niederschlagsmenge in Göttingen (146m ü.d. M.) 550 mm, Heiligenstadt (221 m) 600, Ballenstedt (255 m) 950, Klausthal (565 m) 1420, auf dem Brocken (1142 m) 1670, in Werni- gerode (246 m) 720, Salzwedel (40 m) 585. Am Fuß des Harzes ist also die Regenmenge gering, sie erhebt sich aber sehr rasch, erreicht auf dem Brocken ihren höchsten Betrag und sinkt wieder auf der Nordseite) — Im Thü- ringer Wald steigt nach den Beobachtungen auf 14 Stationen mit jedem Meter Erhebung (190—850 m) die Regenhöhe fast genau um lmm. — Ebenso steile Niederschlagsgefälle findet man in der Umgebung des Spessarts und des Fichtelgebirges (Steigerung bis auf 1000 mm), dann im bayerischen Wald im Gebiete des Regenflusses, wo die Niederschlagsmenge von Cham bis Duschelberg, d. i. eine Entfernung von nur 50 km Luftlinie und eine vertikale Erhebung von ca. 600 m, von 600 mm auf 1500 mm steigt. Der südliche Teil der Oberpfalz als der Leeseite des Frankenjura ist ein Trockengebiet. Von der Donau aus nimmt die Niederschlagssumme bis zur Südgrenze Bayerns stetig zu und erreicht in Bad Kreuth die kolossale Höhe von 2000 mm. Einer der regenärmsten Orte Deutschlands ist Riesa in Sachsen mit 420 mm jährlichem Niederschlag; es liegt im Regenschatten eines kleinen nur 300m hohen Hügellandes.?) Für Böhmen) wurden für die Meereshöhen von 260, 450, 640 und 870 m die durchschnittlichen Regenmengen von bzw. 600, 650, 810 und 1030 mm ermittelt. Das Zentralgebiet Böhmens, welches nach allen Himmelsrichtungen von Gebirgszügen umgrenzt ist und einen Leekessel bildet, hat nur 380 mm jährliche Niederschlagsmenge und bildet damit das intensivste Trockengebiet Mitteleuropas. Im Gegensatz zu den aufgezählten Beispielen von deutschen Gebirgs- zügen findet sich im Schweizer Hochgebirge keine ausgesprochene Regen- seite vor und zwar deshalb, weil die Streichrichtung desselben mit jener der Regenwinde zusammenfällt. Daher haben auch die Schweizer Berge nicht jene hohen Niederschlagsmengen, die ihnen nach ihrer großen Erhebung zu- kommen würden, wenn ihre Breitseite normal gegen die Regenwinde gerichtet wäre. Das gleiche gilt auch von der Rauhen Alb in Württemberg.?) Die Ansicht, daß der Wald die Niederschlagsmengen des unter seinem Einflusse stehenden Gebietes vermehren könne, schien anfangs durch die Ergebnisse der im Walde selbst angestellten Messungen bestätigt zu werden. Es zeigt sich nämlich, daß im Walde selbst mehr Niederschläge fallen als in seiner un- mittelbaren Umgebung. Solange man keine Radialstationen hatte und die Feldstationen in beliebigen Himmelsrichtungen an- ı) Der Rheinstrom 142f. — Schultheiß, Die Niederschlagsverhältnisse des Rheingebietes 1890, 10ff. Zweite Bearbeitung 1900. 2) van Bebber, Die Regenverhältnisse Deutschlands. München 1877, 32. ®) Hellmann, Meteor. Ztschr. 1886, H. 10 u. 11. #) Studnitka, Grundzüge einer Hyötographie des Königreichs Böhmen. Prag 1887. °) Der Rheinstrom 142. — Schultheiß, Die Niederschlagsverhältnisse des Rheingebiets. Karlsruhe 1890, 9. VI. Der Einfluß des Waldes auf die Niederschläge. 275 gelegt worden waren, war es naheliegend, dem Walde eine nieder- schlagsvermehrende Wirkung zuzuschreiben. Allein auf Grund der Erhebungen auf den radial angeordneten Stationen erlangte man die Gewißheit, daß der Wald die durchstreichende wasserdampf- haltige Luft nur mechanisch aussiebt, indem er derselben eine breite Reibungsfläche bietet und Widerstände entgegensetzt. Auch der Umstand, daß die Luft beim Anprallen an den Waldrand, der ähnlich wie ein Bergabhang wirkt, um den Betrag der Baumhöhe gehoben und somit ihrem Sättigungszustand näher gebracht wird, ist mit ausschlaggebend. Nach Hamberg kann dadurch die Nieder- sehlagsmenge um mehrere Prozente erhöht werden. Und endlich kommt der fernere Umstand in Betracht, daß die Windstille inner- halb des Waldraumes selbst den Anlaß zu stärkeren Niederschlägen gibt. Nach allgemeiner Erfahrung ist an windgeschützten Stellen der Niederschlag immer etwas ergiebiger als an windigen. Schon ganz kleine Waldparzellen üben in dieser Richtung einen Einfluß aus.') Während der Wald also von dem Wassergehalt der Luft einen entsprechend großen Teil für sich zurückhält, fallen auf der Lee- seite des Waldes, d.h. auf den im Windschatten liegenden Stationen (bei uns die östlichen) um so weniger Niederschläge. Würde der Waid die über ihn hinstreichenden Luftschichten absolut wasserreicher machen, so müßte gerade die umgekehrte Erscheinung zu konstatieren sein, d. h. es müßten nicht bloß im Walde selbst, sondern auch auf der der regenbringenden Wind- richtung entgegengesetzten Seite (auf der Seite, wo der Wind aus dem Walde austritt) mehr Niederschläge fallen. Der Wald bewirkt also nur eine andere Verteilung der Niederschläge innerhalb seines Gebietes und seiner nächsten Umgebung. Er kann aber den Regen nicht her- vorrufen. Diese Wirkung des Waldes ist für die in seinem Wind- schatten liegenden nächsten Ländereien nicht einmal eine günstige, indem er denselben die Regenmengen, die ihnen eigentlich zu- kämen, zu seinen Gunsten entzieht. Aus den gleichen Ursachen hat auch Hamberg”) gefunden, daß auf bewaldeten Berghängen im Sommerhalbjahr mehr Nieder- schläge fallen als auf kahlen. An einem kahlen Gebirgszug gleitet der Wind ungehindert rasch dahin, der bewaldete Gebirgszug bietet ihm einen Widerstand und eine Reibungsfläche, verlangsamt seine Geschwindigkeit und veranlaßt deshalb einen größeren Niederschlag. Der verschwindende Einfluß des Waldes auf die Feuchtigkeits- verhältnisse der Atmosphäre kann schematisch in der Weise dar- ı) Hamberg IV, 127, 112. — ®) a.a. O. IV. 112. 176 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. gestellt werden, daß man den Luftraum des Waldes mit dem für die Bildung von Niederschlägen in Betracht kommenden Ge- samtraum der Atmosphäre vergleicht. Nimmt man z.B. die Höhe der für die Entstehung von Niederschlägen maßgebenden Luftschicht zu 2000 m an und die mittlere Höhe eines 1000 ha großen Waldes zu 15 m, dann nimmt der Waldluftraum von dem Gesamtluftraum bis zu 2000 m Höhe 0,75°/, ein. Das heißt: Auf 100000 Liter Gesamtluftmasse treffen nur 750 Liter Waldluftmasse. Unterstellt man ein Landgebiet, welches zu 26°/, seiner Fläche be- waldet ist (z. B. Deutsches Reich), dann treffen unter denselben Voraussetzungen auf 100000 Liter Gesamtluftmasse nur 195 Liter Waldluft. Nun wurde oben konstatiert, daß die Waldluft nur relativ, nicht absolut feuchter ist als die Freilandluft. Die Waldluft ver- mehrt also die Feuchtigkeit der über dem Walde liegenden Luft- schichte nicht. Aber selbst wenn man mit der größeren relativen Feuchtigkeit der Waldluft, die aber nur eine andere Verteilung des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft bedeutet, rechnen wollte, ist es sehr unwahrscheinlich, daß 750 Liter Waldluft den Wasserdampf- gehalt von 99250 Liter Freilandluft merklich beeinflussen können. a) Ebermayer!) kam schon 1873 zu dem Satze, „daß in Ebenen von gleichem allgemeinen Charakter der Einfluß des Waldes auf die Regenmenge jedenfalls sehr gering ist und daß er auch auf die prozentische Regen- verteilung keine Einwirkung hat. Mit der Erhebung über die Meeres- oberfläche nimmt die Bedeutung des Waldes bezüglich seines Einflusses auf die Regenmenge zu.“ b) Nach der Zusammenstellung R. Webers?) waren die Jahressummen der Niederschläge im Walde größer als im Freien a) auf den unter preußischer Leitung stehenden Stationen im Mittel der zehn Jahrgänge 1876—85 um 5—56°/,; ß) auf den bayerischen Stationen im Mittel der Jahre 1868—79 und 1882—91 um 14—58°|,; y) auf den schweizer Stationen im Mittel der zwölf Jahre 1869—80 um 10—23°|,. c) Auf den seit Herbst 1900 neueingerichteten preußischen Regen- meßfeldern hat im Mittel der Kalenderjahre 1901 und 1902 die Nieder- schlagsmenge betragen in Millimetern Wald- Rand- nähere weitere Begenmeßfeld stationen stationen Freilandstationen 1. Frankfürt &'0.%. .-, 532 41 5ll 528 2, Oppeln’s a it ben 653 622 595 590 3. Magdeburg . . . . . 572 554 538 515 4. Merseburg . .... 592 562 564 570 ım- Mittel , . 2.0 u 587 570 552 Sol ') Die physikalischen Einwirkungen usw. 202. ®) Handb. d. Forstw. 2. Aufl. I, 48. VI. Der Einfluß des Waldes auf die Niederschläge. 177 Diese Zahlen beweisen nur, daß es im Walde mehr regnet als in seiner Umgebung. Da aber bei der Bearbeitung die Lage der Freiland- und Rand- stationen zur Himmelsrichtung nicht berücksichtigt ist, so ist auch nicht ersichtlich, in welcher Weise die Ausgleichung zwischen Luv- und Leeseite stattgefunden hat.!) Das gleiche gilt von der Mitteilung Müttrichs,?) daß auf der Station Lintzel in der Lüneburger Heide, unweit Münster, die Niederschläge mit zunehmender Bewaldung seit 1877 um 6°/, zugenommen hätten. d) Nach Hellmann weisen unter den um Berlin errichteten Regen- stationen die hinter dem Grunewald befindlichen (Steglitz) die wenigsten Niederschläge auf, weil dieselben im Regenschatten des vorliegenden Waldes liegen. e) Aus den Beobachtungen von Lorenz-Liburnaus auf den in der Zeit vom April bis Oktober in Galizisch-Podolien, im nordkarpathischen Vor- lande und auf dem Thayaplateau in Niederösterreich während der Jahre 1885 bis 1887 in Betrieb gesetzten Radialstationen ergibt sich, daß die Regen- mengen von West nach Ost sehr bedeutend abnehmen und die größten Niederschläge in den am weitesten westlich von dem Walde aufgestellten Regenmessern verzeichnet wurden. Derselbe Beobachter sagt: „Daß der Wald nicht in oberster Linie die Quelle von Niederschlägen sein, sondern nur im untergeordneten Grade als Modifikator der lokalen Niederschlagsverteilung wirken könne, ist nun bereits allgemein angenommen.“ ?) f) Ein besonderes Gewicht ist auf die in Schweden gewonnenen Beobachtungsergebnisse zu legen, weil hier ein Beobachtungszeitraum von 15 Jahren (1830—94) vorliegt, die forstlichen Stationen unter der Leitung der meteorologischen Zentralanstalt (Direktor Hamberg) stehen, die im ganzen über 430 Beobachtungsstationen verfügt, und Schweden zu drei Viertel seiner Fläche bewaldet ist. Die Ergebnisse sind folgende:*) Eine Gruppe von 24 forstlichen Stationen, welche in einem Umkreis von 2,5 km im Mittel zu 58°/, Wald aufweisen und 77 m über dem Meere liegen, hatte vom Mai bis Oktober um 8,6%), mehr Regen als eine Gruppe von 32 Stationen, die in einer Gegend mit nur 17°/, Wald und in 67 m Meeres- höhe liegen. Von diesen 8,6°/, müssen aber abgezogen werden: 1) 3°/, infolge der Unterschiede in den örtlichen Einflüssen, 2) 1,9°/, zur Ausgleichung der Höhenunterschiede, 3) 0,5°/, zur Ausgleichung der verschiedenen Höhen, in welchen die Regenmesser angebracht sind. Als Plus für die stärkere Be- waldung bleiben also nur 3,2°/, und auch diese können noch zu erniedrigen sein, weil die wahrscheinliche Fehlergrenze + 2,26°/, beträgt. In günstigen Fällen kann aber nach Hamberg die Niederschlagsmenge im Walde viel höher sein, nämlich l. wenn der Wald die Meßstation mit einem Radius von 50m und mehr ringsum umgibt (Aussiebung!); 2. wenn das Waldgebiet leicht geneigt oder hügelig ist und durch kahle Felder abgegrenzt wird; 3. wenn die in der Ebene gelegene Station ein breites Flachland umgibt, namentlich auf der Seite der regenbringenden Winde; 4. wenn die Stationen auf einer Insel oder in der Nähe des Meeres gelegen sind; 5. wenn die Station auf Berghöhen liegt. 1) Bericht usw. 1903, 19. — 9) Z. £. F. u. J. 1892, 27. ®) a. a. O. 1892, 2. Teil. — *) Hamberg a.a. 0. IV, 105, 125. Endres, Forstpolitik. 12 HB - Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Die Regenhäufigkeit ist nach den Beobachtungen Hambergs!) auf den Waldstationen nicht größer als auf den Feldstationen. Höchstens kann konstatiert werden, daß die Zahl der schwachen Niederschläge im Waldgebiet etwas kleiner, die Zahl der stärkeren, von 5 mm aufwärts, um eine Kleinig- keit größer ist als in den Freilandsgebieten. Die Beobachtungsziffern liegen aber noch im Bereich der Fehlergrenzen. Wenn man daraus einen Schluß ziehen will, so ist es nach Hamberg der, daß der Wald keinen Regen hervorrufen kann, daß er aber in seinem Gebiet die Menge des Nieder- schlages, der schon angefangen hat zu fallen, ein wenig verstärkt. Ferner kommt Hamberg?) zu folgendem Schluß: Wenn die Waldungen Schwedens abgeholzt würden, würde die Feuchtigkeit etwas vermindert werden. Aber die praktischen Folgen der Entwaldung würden wahrscheinlich nicht in einer Verminderung der Regen selbst sich geltend machen, sondern nur auf die Bedingungen der Wasserverdunstung und des Wasserabflusses modifizierend wirken, sowie auf die Schneeschmelze im Frühjahr. g) Im russischen Steppengebiet?) wurde von 1830—90 der 1800 ha große Laubholzwald von Weliki Anadol (Gouv. Jekatarinoslaw, auf der Wasser- scheide der Samara) neu begründet. Daselbst wurden von 1892 (Okt.) bis 1897 von G. Wyssotzky Niederschlagsmessungen durchgeführt und zwar 1. auf einer Feldstation 40 m westlich vom Walde, 247 m hoch gelegen, 2. auf einer Waldstation im Nordwesten des Waldes. Der Wald erstreckt sich von der Station nach Norden 640 m, Westen 1800 m, Süden 1800 m, Osten 3200 m. 3. auf einer Feldstation 850 m östlich vom Waldrande, 282 m hoch gelegen. Die Niederschläge betrugen in mm: 1. Feldstation 2. Wald- 3. Feldstation westlich station östlich Durchschnitt 1894 . . . 630 680 496 a 1899. 2% 452 522 436 5 1894—95 . 541 601 466 April—Oktober 1895 . . 208 247 212 Durchschnitt 1893—97 . — 563 454 Die meisten Niederschläge erfolgen bei Westwind. Die Ergebnisse zeigen deutlich, daß der Wald zum Nachteil der östlichen auf der Leeseite liegenden Feldstation die Niederschläge abfängt. h) Auf den französischen Stationen bei Nancy betrug die jährliche Niederschlagsmenge im Mittel der 33 Jahre 1867—99 auf der Waldstation Waldrandstation Feldstation Cing-Tranch6es Belle-Fontaine Amance (380 m) (330 m hoch) (240 m hoch) und Bouzule (225 m) 848,7 796,8 650,6 mm — 100 93,9 76.7: 55 Die Zahlen sind nicht vergleichbar, weil die Stationen in verschiedener Meereshöhe und zu weit voneinander entfernt liegen. Wenn sie etwas be- weisen, ist es nur, daß der geschlossene Waldkomplex der Rand- und Feld- station das meteorische Wasser vorweg nimmt. ') a. a. O. IV, 115. — 9 a. a. O. IV, 128. °) Z. f. F. u. J. 1899, 661 £f. VI. Der Einfluß des Waldes auf die Niederschläge. 179 i) Schreiber,!) Direktor des meteorologischen Instituts in Chemnitz, stellt den Satz auf, „daß der Wald auf Häufigkeit und Ergiebigkeit des Niederschlages im allgemeinen nur einen untergeordneten Einfluß üben kann“. Als Grundlage für seine Untersuchungen dienen ihm die Niederschlags- und Waldverhältnisse Sachsens. k) Die Resultate der gegen Wind nicht geschützten Regen- messer werden durch die Windstärke außerordentlich stark beeinträchtigt, nach Hellmann bis zu 25°/,, ja bei böigem Wetter und namentlich bei Gewitterregen an einzelnen Tagen bis über 100°/,. Aus diesem Grunde weisen auch die im Freien höher über dem Boden aufgestellten Regenmesser geringere Niederschlagsmengen auf als die am Boden befindlichen. Nach Hamberg?) fingen die in 18,5 m Höhe auf einem Mast angebrachten Regenmesser von 1889—93 in den einzelnen Monaten um 4—28°/,, im Jahresmittel 12°/, weniger Niederschlagsmengen auf als die in 1,3 m angebrachten. Aus einer anderen Beobachtung ergab sich, daß bei Windstille der obere Regenmesser um 8,8°/,, bei starkem Wind um 13,2°|, weniger Niederschläge auffing. l) Vom November bis April, also in der Schneezeit, hatten die schwe- dischen forstlichen Stationen ein Niederschlagsplus von 19,5°/,, im Februar das Maximum des ganzen Jahres von 23,4°,. Hamberg weist nun statistisch nach,?) daß in dieser Zeit auch die Windstärke höher ist als im Sommer- halbjahr. Sie betrug nämlich im Durchschnitt von sieben Jahren an den Tagen mit Niederschlägen vom Mai bis Oktober ..... . 1,56 vom, November bis April... . 1,71 (Windstille = 0, Orkan — 6). Daraus geht hervor, daß namentlich im Winter die Niederschläge durch stärkeren Wind hervorgerufen werden. Es ist auch ohne weiteres einleuchtend, daß bei einem Schneesturm infolge des Widerstandes der Äste und der Bäume überhaupt im Walde immer mehr Schnee zurückbleibt als auf freiem Felde. Auch dieser Umstand trägt zur Erhöhung der im Walde fallenden jährlichen Durchschnittsmenge an Niederschlägen bei, bewirkt aber wieder nur eine andere Verteilung. Eine Ausgleichung der Niederschläge in den verschie- denen Jahreszeiten, wie eine solche hinsichtlich der Tempera- turen in geringem Maße im Walde selbst, nicht aber in seiner weiteren Umgebung stattfindet, kann der Wald nicht bewirken. Es wäre auch schwer zu sagen, worin die Wohltat einer solehen Ausgleichung zu suchen wäre und in welcher Weise sie stattfinden sollte. Der Landwirt in der Ebene wird eine Vermehrung der Niederschläge während der Vegetationszeit seiner Früchte wünschen, aber nicht zur Erntezeit. Der Viehzüchter im regenreichen Gebirge hat dagegen das Bedürfnis nach einem relativ trockenen Sommer. Andererseits ist für das Gebirge ein schneereicher Winter eine !) Schreiber, Die Einwirkung des Waldes auf Klima und Witterung. Dresden 1899. — Die Beweisführung ist übrigens in dieser gerade nicht be- sonders anspruchslos geschriebenen Arbeit recht dürftig und schwerfällig. Aa. 0. 0. IV, 59. — 9% a. 0. IV, 106. 12* 180 : Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Lebensfrage, weil ohne Schnee das Holz nicht aus den Bergen geschafft werden kann. Die Schiffahrt wünscht Hebung des Wasser- standes der Flüsse eigentlich in allen Jahreszeiten, namentlich aber im Herbst. Die Interessen der einzelnen Gewerbe an der Mit- wirkung des Waldes stünden sich also oft diametral gegenüber. Der Beweis für den Indifferentismus des Waldes in gedachter Beziehung läßt sich übrigens leicht führen. In fast ganz Mittel- europa machen die im Sommer fallenden Niederschlagsmengen mehr wie ein Drittel der Jahressumme aus. Dies trifft zu für die stark bewaldeten Gebiete sowohl wie für die waldarmen. Es gibt hier- von nur zwei Ausnahmefälle. Auf den höheren Lagen der Vogesen herrschen die Winterniederschläge vor, während der Sommer die trockenste Jahreszeit ist. Die zweite Ausnahme bilden die Nord- seeküste und dann das linksrheinische Mittelgebirge, das Lothringer Stufenland und der Schwarzwald, wo die Herbstregen überwiegen.") Sowohl die letzte Gruppe wie die Vogesen sind stark bewaldet. Würde der Wald die Niederschläge auf eine Jahreszeit konzentrieren können, dann wären diese Verschiedenheiten in der jährlichen Ver- teilung unmöglich. VI. Der Einfluß des Waldes auf die Hagel- bildung. Der Einfluß des Waldes auf die Hagelbildung, und zwar auf die Verhinderung derselben, ist, wenn ein solcher überhaupt existiert, jedenfalls sehr gering. Für diese Annahme spricht schon die Tat- sache, daß Hagelbeschädigungen im Walde selbst sehr häufig vor- kommen.?) In den Staatswaldungen Bayerns wurden von 1887—90 Be- obachtungen über Hagel- und Blitzschläge angestellt. Ebermayer?) berichtet darüber, daß die Ansicht, die Wälder und besonders gut bewaldete Höhen könnten Hagelfälle verhindern oder Hagelgewitter in gewöhnliche Gewitter umwandeln, jedenfalls unbegründet ist. Vielmehr zeigen die bayerischen Beobachtungen, daß die Wälder ohne Rücksicht auf die Holzart ziemlich häufig von Hagelfällen ) Schultheiß a. a. O. 1890,12#f., 1900, 14. — Von 1888—97 traten aller- dings im Schwarzwald die Sommerregen wieder mehr hervor. ?) Statistisches über die Hagelschäden in den preußischen Forsten in Z. £. F. u. J. 1903, 54. °) Wollny, Forschungen usw. XII, 368 u. 376. — Ebermayer, Beob- achtungen über Blitzschläge und Hagelfälle in Staatswaldungen Bayerns von 1887—90. Augsburg, Kremersche Druckerei 1390. VII. Der Einfluß des Waldes auf die Hagelbildung. 181 betroffen werden. Dagegen sei es wahrscheinlich, daß größere Waldkomplexe die Entstehung von Gewittern überhaupt verhindern wegen der geringeren Erwärmung des Bodens. Bühler?) bearbeitete im Auftrag des Statistischen Landesamtes in Württemberg die Hagelbeschädigungen dieses Landes, welche von 1828—87 aufgezeichnet worden sind. Das Ergebnis ist, daß ein Einfluß der Bewaldung auf das Auftreten, die Häufigkeit und Gefährlichkeit des Hagelfalles nicht nachgewiesen werden kann. Vielmehr scheinen auf die Hagel- und Gewitterbildung und nament- lich auf die Entstehung der Hagelherde die Richtung der Gebirgs- züge jund die orographischen Verhältnisse mehr Einfluß zu haben wie der Wald. Heck,’) der das gleiche Material bearbeitete, kommt zu dem Resultat, daß keine Holzart noch Betriebsart der Waldwirtschaft in nachweisbarem Zusammenhang mit der Häufigkeit und Schädlich- keit der Hagelschläge zu stehen scheint. In Frankreich wurde im Departement Puy-de-dome eine amtliche Enquete über den Einfluß der Wälder auf den Hagel vorgenommen. Der Einfluß wird verneint.?) Kl. Hess findet aus der schweizerischen Hagelstatistik, daß ein Waldgebiet eher hagelvermehrend als verhütend wirkt, und Lang, daß ein Zusammenhang zwischen Forsten und Hagelhäufig- keit sich nicht nachweisen lasse.?) Nur Riniker?) kommt durch die Untersuchung von über 20 Hagelfällen im Kanton Aargau zu dem Ergebnis, daß die Häufig- keit und Stärke der Hagelschläge im umgekehrten Verhältnis zur Stärke der Bewaldung steht. Ortschaften, welche zwischen gut be- waldeten Höhen liegen, seien hagelfrei. Durch Vermeidung größerer Kahlschläge auf bewaldeten Höhen und durch Aufforstung wald- loser Hochflächen könne die Bildung von Hagelwettern verhindert werden. Im „Journal f. d. Forst- u. Jagdwesen“ 1791 I. Bd. 2.H. S.6 wird be- hauptet, daß infolge der Rodung eines Waldes von 200 Morgen im Neckartal der Hagelschaden zugenommen habe. 1) Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde. Stutt- gart 1890. ?2) Heck, Die Hagelverhältnisse Württembergs in dem Zeitraum von 1823—90. Stuttgart 1892. l 3) Z. f£. F. u. J. 1894, 506. — Vgl. auch Huffel 80. %) Nach Günther, Handb. der Geophysik, 2. Aufl., II. Bd., 231. 5) Riniker, Die Hagelschläge und ihre Abhängigkeit von Oberfläche und Bewaldung des Bodens im Kanton Aargau. Berlin 1831. 182 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. VIII. Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes. Im Wasserhaushalt des Waldes existiert ein Aktivkonto und ein Passivkonto. Der Wald verfügt über Eigenschaften, die einer- seits die Vermehrung und die Aufspeicherung des meteorischen Wassers verbürgen, andererseits sind im Walde auch Kräfte tätig, die in hohem Grade wasserabhaltend und wasserverbrauchend wirken. 1. Die wasservermehrende und wassererhaltende Wirkung des Waldes. a) Im Walde ist die Niederschlagsmenge etwas größer als in seiner unmittelbaren Umgebung. b) Es ist wohl anzunehmen, daß die Baumwurzeln das Ein- dringen des Wassers in den Boden befördern, indem sie denselben lockern. c) Die Streudecke, die Bodenvegetation und die Bäume selbst verlangsamen den Wasserabfluß und begünstigen dadurch die Ver- sickerung des Wassers. Diese Wirkung des Waldes hat namentlich für geneigte Flächen große Bedeutung. d) Von den durch die atmosphärischen Niederschläge dem Boden zugeführten Wassermengen verdunstet im Walde ein kleinerer Teil als auf freiem Felde. Diese Erscheinung kann a priori gefolgert werden aus der geringeren Temperatur der Waldluft und der dadurch bedingten Steigerung der relativen Feuchtigkeit der- selben, aus der Abschwächung der Luftbewegung und der Ab- haltung der Insolation in den Waldbeständen und durch dieselben. Dazu kommt aber noch insbesondere die schützende Wirkung der Streudecke. Ebermayer'!) gelangt auf Grund der in den Jahren 1869 und 1870 gewonnenen Beobachtungsergebnisse zu folgenden Sätzen: 1. Der Wald allein ohne Streudecke vermindert die Verdunstung des Bodenwassers gegenüber jener auf freiem Felde (im Mittel beider Jahrgänge und aller Beobachtungen) um 62°/,; sie ist also im Walde 2,6mal geringer als auf nicht bewaldetem Boden. 2. Durch die Streudecke wird die Verdunstung des Boden- wassers gegenüber jener auf freiem Felde um weitere 22°/, oder 1,3mal verringert. 3. Wald und Streudecke zusammen bewirken eine ge- ringere Verdunstung des Bodenwassers um 85°/,. !) Die physikalischen Einwirkungen usw. 175. VIII. Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes. 183 4. Im streubedeckten Waldboden ist die Verdunstung des Wassers um 60°/, oder 2,5mal geringer als auf streufreiem Wald- boden. Mit anderen Worten: Wenn im Freien 100 Volumteile Wasser aus dem Boden verdunsten, so gibt streufreier Waldboden nur 38, streubedeckter sogar nur 15 Volumteile Wasser an die Atmosphäre ab. Verliert streufreier Waldboden durch Verdunstung 100 Volum- teile Wasser, so beträgt der Wasserverlust im streubedeckten Wald- boden nur 40 Volumteile. Zu dem gleichen Resultate gelangt R. Weber!) bei der Be- arbeitung der in dem preußischen Beobachtungsnetz von 1876—85 gewonnenen Beobachtungsergebnisse. Danach war die Verdunstung geringer als auf freiem Felde in Buchenbeständen . . . um 60°|, in Fichtenbeständen Hal, in Kiefernbeständen ae: 28 auf einer Kulturfläehe.. 4:7. 10.7 10°, Daß die Verdunstung des Wassers mit zunehmender Meeres- höhe geringer wird, ist ein bekanntes meteorologisches Gesetz. Daraus folgt, daß die Waldungen im Gebirge weniger Wasser durch Verdunstung verlieren als die in den tieferen Lagen. Nach der Berechnung Webers für das preußische Beobachtungsnetz ver- dunsteten von der Niederschlagsmenge Meereshöhe im Freien im Walde 3-:00.m: ?. .. , 55 WA 37 “Is 1 RE 2 30 „ 300—400 „, EEE WR > a9, 0 ee ev v3‘ BE ste, 10 „ Hamberg nimmt für schwedische Verhältnisse an, daß im Walde 46—50°/, verdunsten.?) 2. Die wasserabhaltende und wasserverbrauchende Wirkung des Waldes. a) Auf den Waldboden gelangt nur ein Teil der Niederschlags- menge, weil der andere Teil von den Baumkronen (Blättern und Zweigen) zurückgehalten wird und wieder verdunstet. Diese Tatsache selbst steht fest, über das Maß der nicht auf den Boden gelangenden Niederschläge gehen aber die Angaben der einzelnen Beobachter sehr weit auseinander. Dies ist auch erklär- 1) 2.2. 0.54. — ®) a.2.0.V, 28. Bu. ° Die Wohliahrtswirkungen des Waldes. lich, weil eine Reihe von Faktoren: Kronendichte, Bestandsdichte, Sehlußgrad, Baumart, Alter, Regendichte, Windstärke und Wind- richtung, Art der Aufstellung der Regenmesser usw. modifizierend einwirken. Hoppe!) hat im Wiener Walde Probeflächen von 1—4 ar in Fichten-, Kiefern- und Buchenbeständen dicht mit Regenmessern besetzt. Aus diesen während zwei Sommern (1894—95) angestellten Beobachtungen ergab sich, daß nicht nur unter verschiedenen Bäumen desselben Bestandes, sondern auch unter demselben Baume je nach der Entfernung der Regenmesser von den Stämmen und je nach der Regenstärke die aufgefangene Regenmenge sehr be- deutend differierten und es kaum möglich war, unter 20 Regenmessern 2 zu finden, die während desselben Regenfalles gleiche Mengen aufwiesen. Hellmanns?) Untersuchungen in den Jahren 1886 und 1887 auf einer waldlosen, mit Feldern und Gebäuden bedeckten Fläche von 4000 ha ergaben, daß auf den 10 innerhalb derselben errichteten Stationen die Niederschlags- menge bis zu 16°/, differierte. Nach einer übersichtlichen Zusammenstellung und Besprechung aller vorliegenden Beobachtungsergebnisse von Ebermayer”) wer- den von den jährlichen Niederschlägen durch das Kronendach zurückgehalten, d.h. es gelangen nicht aufden Waldboden Prozente: bayerische preußische Stationen schweizer | französische Stationen | 1868—1879 | Stationen Stationen 1875—1884 bzw. 1869—1887 | 1867—1877 1882—1891 unter Fichten . . . . 20 23 23 —_ =, Biplarıin, eich 23 33 _ _ Rotbuchen... . 23 17 10 16 + Jiknallen 5.1250: _ _ 15 _ Diese Ziffern sind allerdings im Hinblick auf die Verschieden- heit der unter verschiedenen Verhältnissen ermittelten Werte mit großer Vorsicht zu beurteilen; sie sind keine endgiltigen Mittel- werte, sondern „Zufallsresultate“. Hoppe*) konstatiert, daß die bisherigen Forschungsergebnisse sich bewegen für die Fichte zwischen 58 und 8°), „ „ Kiefer ” 33 „19, ” ” Buche ” 35 ” 6 ” Die Wassermenge, welche durch die Kronen zurückgehalten wird, ist nicht gleichbedeutend mit jener, welche nicht auf den 1) Mitt. aus dem forstl. Versuchsw. Österreichs, 21. Heft. Wien 1896. 2) „Wetter“ 1888, 165 ft. °) Forstlich-naturwissenschaftliche Zeitschrift 1897, 283 ff. 4 zZ. f. d. g. F. 1903, Heft 11. VIII. Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes. 185 Boden gelangt. Denn es ist auch noch jene Menge zu veran- schlagen, welche an den Baumstämmen herunterfließt. Die- selbe ist bei den Nadelholzstämmen allerdings sehr gering und geht kaum über 3°/, der Freilandregenmenge hinaus. Bei der Buche dagegen erreicht dieselbe einen Prozentsatz von 12—18 (nach Riegler, Ney, Hoppe). Sie nimmt allgemein mit der Stärke der Niederschläge zu.") Ganz wesentlich für die Menge der auf den Waldboden ge- langenden Niederschläge ist deren Intensität. Schwache Nieder- schläge gelangen überhaupt nicht auf den Boden, sondern werden von den Kronen aufgefangen und von da wieder verdunstet. Je ergiebiger und dichter der Niederschlag ist, ein um so größerer Teil derselben kommt bis zum Boden und zwar nicht bloß durch das Durchtropfen durch die Kronen, sondern auch durch das Ab- fließen an den Stämmen. Diese an sich wohl erklärliche Tatsache wurde durch die Untersuchungen von Bühler und Hoppe auch ziffernmäßig bestätigt.”) In jungen, noch im Diekungsalter stehenden Beständen scheint die Krone weniger Wasser zurückzuhalten als in älteren Beständen (nach Bühler und Hoppe); in 20jährigen Buchenbeständen gehen nach Bühler dem Boden nur wenige Prozente verloren, im 20 jährigen Fichtenbestande nach Hoppe aber noch 40°/,.?) Faßt man alle Verhältnisse zusammen, dann kann als feststehend gelten, daß in Rotbuchenbeständen wie wahrscheinlich überhaupt im Laubholzwalde die durch die Krone tropfende und am Schafte ablaufende Wassermenge größer ist als in Nadelholzbeständen, weil die Buchenblätter im Winter fehlen und im Sommer das Wasser leichter abfließen lassen als die Nadeln. Als runde Ziffern kann man annehmen, daß in geschlossenen Buchenbeständen ein Fünftel, in Nadelholzbeständen ein Viertel bis ein Drittel der Niederschläge nicht auf den Boden gelangt. Der Nadelholzboden ist trockener als der Laubholzboden. Hoppe fand auf Grund seiner zweifellos sehr zuverlässigen Methode, daß in den Sommermonaten in Fichtenbeständen 43 °/,, in Kiefernbeständen 25°/, und in Buchenbeständen 35°/, der Niederschläge nicht auf den Boden gelangen. !) Ney, Der Wald u. die Quellen 1893, 9. — Riegler, Mitt. aus dem forstlichen Versuchswesen Österreichs, II. Bd. 1879, 234. — Hoppe, daselbst 21. Heft 1896. 2) Bühler, Mitteil. d. Schweizerischen Zentralanstalt f. d. forstl. Ver- suchsw. II, 1892. — Hoppe, Z. f.d. g. F. 1902, 97. ?) Bühler a. a.0.— Hoppe, Z.f.d.g. F. 1902, 114. BB Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Ney') schätzt den jährlichen Wasserverlust im ganzen für die Buche auf 15 %,, Kiefer auf 20°/,, Fichte auf 331/,0/o. Nach Hamberg?) beläuft sich die Menge der nicht auf den Boden ge- langenden Niederschläge in dichten Fichtenbeständen auf !/,—!/, der auf den Wald fallenden Niederschläge. Die Schwankungen bewegen sich aber eben- falls in sehr weiten Grenzen. Niederschläge bis zu 2mm gehen in dichten Beständen für den Boden ganz verloren. Von 100 Niederschlägen dieses Grades innerhalb von je 24 Stunden in Fichtenbeständen fielen nur in 15 Fällen noch meßbare Mengen auf den Boden. Auch Niederschläge von 3—4 mm während eines Tages können von den Kronen noch vollständig zurückgehalten werden. Die im Winter von den Kronen zurückgehaltene Schneemenge kann 40 bis 53°/, des Gesamtanfalles betragen. Andererseits konstatiert Hamberg auch Fälle, in denen in Kiefernbeständen auf den Waldboden mehr Schnee gelangt als auf den unbestockten Boden (bis 112°/,). Vgl. S. 179. b) Dieke Moospolster halten die Wassermengen schwächerer Niederschläge schwammartig fest, so daß dieselben für den Unter- grund verloren gehen. Auch die anderen Streuarten, namentlich zusammengebackene Laubstreu, und der Unkrautwuchs verhindern das Eindringen geringerer Niederschlagsmengen. Erreicht die Streudecke eine Mächtigkeit von über 20 em (Rohhumus), dann wirkt sie unter allen Umständen austrocknend und schädlich. °) Im übrigen wirkt die Streudecke allerdings günstig auf den Wassergehalt des Bodens durch Abminderung der Verdunstung. c) Der Wald verbraucht große Wassermengen während der Vegetationszeit für das Wachstum der Bäume und für die Transpiration der Blätter und Nadeln. Ein gut geschlossener Buchenbestand ist im Herbste nach dem Laubabfall so dicht mit den neu abgefallenen Blättern bedeckt, daß von der alten Streu- decke nichts mehr zu sehen ist. Daraus geht hervor, daß schon die Summe der Flächen aller Blätter viel größer ist als die Boden- fläche, auf welcher die Bäume stehen. Für die Verdunstung kommt hauptsächlich die mit Spaltöffnungen versehene Unterseite des Blattes in Betracht (Haberlandt.. Als Transpirationsorgane wirken außerdem noch die Zweige, Äste und Stammteile. Ney berechnete, daß die einseitige Fläche des Laubes eines mittelalten Buchenbestandes pro Hektar 84000 qm beträgt, die vegetabilische, verdunstende Fläche eines Hektars Getreidefeld 74000, Kleeacker 56000, Wiese 48000 qm. Es folgt daraus, daß im Juni und Juli die landwirtschaftlichen Nutzpflanzen zwar auch einen großen Wasserverbrauch durch Verdunstung haben, aber nicht einen so großen wie der Buchenwald.‘) ‘) F. C. 1901, 448. — ®) Hamberg a. a. O. IV, 115ff., 1261. ’) Ebermayer, Einfluß der Wälder usw. 211. *) Ney, F. C. 1901, 446. ie ti edit eis ee DE ee ch VIII. Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes. 187 Der Wasserverbrauch durch die Vegetation der Bäume ist daher unvergleichlich größer als die Menge des en wassers auf unbebautem Boden. Im praktischen Forstbetrieb tritt dieser Umstand oft dadurch zutage, daß nach der Abholzung der bisher trockene Boden ver- sumpft und andererseits sumpfiger Boden durch die Aufforstung trocken gelegt wird. Viele Kulturflächen müssen durch Anlegen von Gräben entwässert werden; wenn der neue Bestand sich ge- schlossen hat, werden auch die Gräben wieder trocken. Durch vergleichende Untersuchungen wurde auch festgestellt, daß die Waldbäume den Boden stärker entwässern als die peren- nierenden Wiesengräser und Kleepflanzen, weil die ersteren in ihrem Körper viel Wasser aufspeichern (eine 85jährige Fichte im Holzkörper und in den Blättern 1 cbm, eine Weißtanne 1,2 cbm nach Ebermayer) und auf der gegebenen Fläche mehr organische Substanz produzieren als die landwirtschaftlichen Kulturgewächse.') Nach den Untersuchungen von Höhnel?) beträgt die Menge des tran- spirierten Wasserdampfes innerhalb einer Vegetationsperiode beim Laubholz 20—70000 g für 100 g Blatttrockengewicht, bei Nadelhölzern 3—7000 g. Eine große freistehende Birke mit 200000 Blättern verdunstet während der Monate Juni, Juli, August täglich 60—70 kg, an einzelnen heißen Tagen sogar bis 400kg Wasser. Ein 115jähriger Rotbuchenwald transpiriert vom 1. Juni bis 1. Dezember pro Hektar 5—4 Mill. kg Wasser, d. s. 300—400 mm Nieder- schlagsmenge und täglich 26000 1 oder 2,6 mm Niederschlag! Diesen An- gaben sind starke Zweifel entgegenzusetzen. Denn es ist nicht abzusehen, woher der Baum diese ungeheueren Wassermengen nehmen sollte. Ebermayer?) stellt folgende Rechnung auf. Ein Kleefeld erzeugt pro Hektar jährlich 4500 kg Trockensubstanz. Legt man die von Hellriegel festgesetzte durchschnittliche Transpirationszahl von 310 zugrunde (d. h. der Wasserverbrauch für die Transpiration beträgt das 31l0fache der produzierten organischen Substanz), dann werden zur Produktion dieser Trockensubstanz dem Boden 1,4 Mill. kg Wasser entzogen. Auf der Oberfläche würde dies einer Wasserhöhe von 140 mm pro Hektar gleichkommen. Ein Buchenhoch- wald II. Bonität produziert jährlich 7057 kg Trockensubstanz und beansprucht hierzu 2,2 Mill. kg Wasser (Wasserhöhe 220 mm), also ungefähr das 1!/,fache Quantum des Kleefeldes. 3. Die Wasserbilanz. Die Frage ist nun die, überwiegt in der Wasserwirtschaft des Waldes das Plus das Minus? Die Antwort hierauf kann nicht etwa durch Abgleichung der im Vorausgehenden mitgeteilten ziffermäßigen Belege gefunden werden. Denn die Bedeutung der- 1) Ebermayer, Der Einfluß der Wälder usw. 1900, 25. 2) Z.1.d. g. F. 1884 und Mitt. aus dem forstl. Versuchswesen Öster- reichs, 2. Bd., 1., 2. u. 3. Heft. — Einwendungen von Wollny a.a. O. IV, 1881, Heft 5. — ?) Über den Einfluß usw. 26. 188. Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. selben: ist immer nur eine relative und in gewissem Sinne ein- seitige, weil die unendlichen Verschiedenheiten der Waldverhält- nisse darin nicht entsprechend berücksichtigt sind. Einen sichereren, wenn auch wieder nur ungefähren Anhalts- punkt für die Bilanz der Wasserwirtschaft erhält man durch Fest- stellung der Wassermengen, welche im Waldboden tatsächlich vor- handen sind. Alle vorliegenden Untersuchungsergebnisse stimmen nur darin überein, daß in der Ebene der Waldboden in den obersten Bodenschichten, etwa bis 15 cm Tiefe, feuchter ist als der Freilandboden (Brachfeld), in den tieferen Boden- schichten dagegen, also im Wurzelraum, wesentlich trockener als die korrespondierenden Schichten des Freilandes (Brachfeldes). Wenn daher nicht alle Zeichen trügen, ist der Wald mehr wasserverbrauchend als wassererhaltend und sicher gilt dies für den Fichtenwald. Eine günstigere Wirkung auf die Wasserwirtschaft kommt dem Gebirgswalde zu. Hier ist die Niederschlags- menge um ein Mehrfaches größer als im Flachlande, die Wasser- verdunstung bedeutend geringer, der Wasserverbrauch der Bäume infolge geringerer Produktion und wahrscheinlich auch wegen Ver- minderung der Transpiration kleiner, der Wasserabfluß und der Schneeabgang durch den Wald erschwert und verlangsamt. „Die Gebirge, zumal im bewaldeten Zustande, werden daher mit Recht als die Hauptwasserreservoire des Festlandes betrachtet.“') Ebermayer?) führte von 1834—86 in Fichtenbeständen des Forstamts Bruck bei München und auf einem benachbarten Brachfelde monatlich 3—4mal vergleichende Wasserbestimmungen durch (Lehmboden). Darnach war der Waldboden in 15—80 cm Tiefe um folgende Prozente wasserärmer als das Brachfeld im Freien: Jungholz Mittelholz Altholz 25 Jahre 60 Jahre 120 Jahre im "Winter... 3,08 14 2,5 0,3 im Frühjahr... . 1,1 2,6 1,1 im Bolnmer . su... 3,0 3,83 0,2 1m Herbst +. 4%, 2,1 4,2 1,3 im Jahresmittel .. 1,8 8,1: 0,7 Daher kann nach Ebermayer „wohl kein‘ Zweifel darüber bestehen, daß die Wälder die größten Wasserkonsumenten auf der Erdober- fläche sind und bei gutem Kronenschluß unter allen Vegetationsformen das Erdreich am stärksten austrocknen.“ ı) Ebermayer und Hartmann 17 (s. S. 190). ®) Über den Einfluß usw. 1890, 11 u. 28. VIII. Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes. 189 Bezüglich der Untersuchungsergebnisse anderer Autoren (Hoppe, Ra- mann, Wollny usw.) müssen wir hier auf die Schrift Ebermayers: „Ein- fluß der Wälder usw. 1900, S. 14 ff.“ verweisen. Ney!) schätzt unter Berücksichtigung aller wasservermindernden Fak- toren auf Grund gutachtlicher Abwägung den jährlichen Gesamtverlust für mittlere Lagen in Millimetern des Niederschlags mit Streu ohne Streu in Buchenbeständen auf. . . . 492 514 in Kiefernbeständen auf. . . . 302 432 in Fichtenbeständen auf. . . . 602 663 auf der Kahlfläche auf .. .. —_ 400 Servier (Rhone-Departement) sprach sich auf dem internationalen Forst- kongreß zu Paris 1900 dahin aus, daß der Wald den Boden in der Wurzel- region austrockne und daher wenig Wasser in die Tiefe abgebe; er stützt seine Ansicht auf die Beobachtungen von Nadelholzwaldungen an Berg- hängen.?) i 4. Der Einfluß des Waldes auf den Grundwasserstand und auf die Quellen. Einen weiteren Maßstab zur Beurteilung der wasserwirtschaft- lichen Wirkung des Waldes bietet die Menge des Wassers, welches durch die oberen Bodenschichten nach deren Sättigung (Wasser- kapazität) nach dem Untergrund abfließt oder durchsickert. Je mehr Wasser die Gewächse für sich von den in den Boden dringenden Niederschlägen durch die Wurzeln verbrauchen, um so weniger gelangt bis zum Untergrund. Aus den vorliegenden Untersuchungsergebnissen geht nun hervor, daß von den Niederschlägen auf einem kahlen, mit keiner Vegetationsdecke versehenen Boden eine größere Menge durchsickert als auf dem mit Rasen oder Pflanzen bedeckten Boden’) Wenn der Wald den Boden mehr oder weniger austrocknet und nur einen Teil des Niederschlagswassers an den Untergrund abgibt, so drängt sich die Frage auf, in welcher Weise der Wald den Grundwasserstand und die Quellbildung beeinflußt. Beide Fragen sind zurzeit noch ungelöst. Hier kann es sich daher nur darum handeln, den Sachverständigen das Wort zu erteilen, welche in dem einen oder andern Sinne Stellung zu diesen Fragen ge- nommen haben. P. Ototzkij in St. Petersburg kam auf Grund besonderer Untersuchungen in der russischen Steppe (Schwarzerdegebiet; 1893 ı) FE. C. 1901, 453. — °) Österr. V. 1901, 141. 3%) Bühler, Z. f. d. g. F. 1903, H. 11. — Ebermayer, Über den Ein- fluß usw., 29 ff. eo 190 - Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. und 1895) und in Waldungen des Gouvernements St. Petersburg (Moränengebiet; 1897)-zu dem Ergebnis, daß sowohl in den Waldungen des Steppengebietes wie des nördlichen Rußland das Niveau des Grundwassers tiefer liegt als im umgeben- den Freiland, der Wald mithin eine Verminderung und Zurück- drängung des Grundwassers bewirkt. Schon Lichtungen von geringem Umfange genügen, den Grundwasserstand wieder zu heben.') Diese überraschenden Resultate waren die Veranlassung, daß Prof. Ebermayer in Verbindung mit dem königl. bayerischen hydrotechnischen Bureau seit dem Winter 1900—1901 in Waldungen bei Mindelheim (Schwaben, 640 m) und Wendelstein (Nürnberger Reichswald, 340 m) Untersuchungen über den Stand und die Be- wegung des Grundwassers im Walde und im Freien durchführte. Die regelmäßigen Messungen dauerten in Wendelstein vom 1. April 1901 bis 26. Juli 1903, in Mindelheim begannen sie am 1. Nov. 1900 und werden auf die Zeit von drei Jahren fortgesetzt. Die vorliegenden Ergebnisse, bearbeitet von Prof. Dr. Eber- mayer und königl. bayerischem Bauamtmann O. Hartmann,’) führen nun nicht zu den gleichen Schlüssen, wie sie Ototzkij aufgestellt hat. Vielmehr wurde von beiden Autoren für die Verhältnisse des Flachlandes folgendes festgestellt: 1. Die Speisung des Grundwassers ist in erster Linie abhängig von der Menge und zeitlichen Verteilung der Niederschläge. Während der kälteren Jahreszeit ist bei nicht gefrorenem Boden infolge der geringeren Verdunstung die Speisung des Grundwassers beträchtlich stärker als in der wärmeren Jahreshälfte, namentlich bei rascher Schneeschmelze. Im Winter bei gefrorenem Boden, im Sommer und Herbst bei längerer Trockenheit senkt sich der Grundwasserspiegel. 2. Der Grad der Grundwasserschwankung und die Mächtig- keit des Grundwassers ist ferner bedingt von dem Durchlässigkeits- grade des Bodens und des Untergrundes, von dem Trockenheits- grade des Bodens, von der Größe des Sammelbeckens, vom Neigungsgrade und von der Form der wassertragenden Schichte und von dem Wasserverbrauch der lebenden Pflanzendecke. 3. Von der Oberflächengestalt der undurchlassenden Schicht !) Zeitschrift für Gewässerkunde, 1. Bd. 1898, 2. Bd. 1899. ®) Ebermayer u. Hartmann, Untersuchungen über den Einfluß des Waldes auf den Grundwasserstand. Abhandlungen des k. bayer. hydrotech- nischen Bureaus. München 1904. — Hartmann, Referat bei der 4. Vers. des internationalen Verbandes forstlicher Versuchsanstalten. Zentralbl. f£. d. ges. Forstwesen 1903, Heft 11. . Zu nn 20 a nn m % VIII. Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes. 191 als Unterlage des Grundwassers hängt es ab, ob dieses im fließenden oder stagnierenden Zustande sich befindet. Ist die undurchlässige Schicht geneigt, dann entsteht in der Richtung des Gefälles ein Grundwasserstrom, der an geeigneten Stellen an Gehängen oder im Tale Quellen bildet. In der Mehrzahl der Fälle ist ein solcher, sich langsam bewegender Grundwasserstrom vorhanden, da eine vollkommen horizontale Lage oder eine muldenförmige Gestalt der undurchlassenden Schicht nur selten vorkommt. 4. Die Bewegung des Grundwassers hat zur Folge, daß in Wäldern das durch die Bäume verbrauchte Wasser durch seitlichen Zufluß von Grundwasser immer wieder ersetzt wird und somit in unseren Klimaten trotz der wasser- abhaltenden und wasserverbrauchenden Wirkung des Waldes immer wieder ein Niveauausgleich des Grundwassers eintritt, ähnlich wie das ausgepumpte Wasser eines Brunnens stets wieder ergänzt wird. Unter diesen Umständen beeinflußt also der Wald den Grundwasserstand nicht anders als unter sonst gleichen Ver- hältnissen überwaldetes Gebiet. 5. Wenn dagegen das Grundwasser stagniert und ein seitlicher Zufluß nicht stattfinden kann, wird durch den Wald der Grundwasserspiegel gesenkt. 6. Eine Einwirkung des Waldes auf das Grundwasser kann selbstverständlich nur da in Frage kommen, wo dasselbe so hoch unter der Erdoberfläche liegt, daß die Baumwurzeln entweder direkt oder durch kapillarische Zuleitung aus demselben schöpfen können. Ist dies der Fall, dann gelten die dargelegten Gesetze: fließendes Grundwasser bleibt auf seinem Niveau, stagnierendes wird gesenkt. Liegt der Grundwasserspiegel in einer für die Wur- zeln auch durch Kapillarität nicht mehr erreichbaren Tiefe, dann sind die Bäume nur auf das Sickerwasser von oben angewiesen, trocknen den Boden aus und lassen von dem Niederschlagswasser nichts oder nur wenig bis zum Grundwasser- spiegel durchfließen. 7. Der Abstand des Grundwasserspiegels von der Erdoberfläche allein kann keinen Maßstab für die Beurteilung des Einflusses des Waldes bilden. Denn die Bewegung des Grundwasserstromes hängt auch von der Wassermenge, von dem Gefälle der undurch- lassenden Schichten und von der Mächtigkeit und Durchlässigkeit der überlagernden wasserführenden Schichten ab. Sind in dieser Spalten, so fließt das Wasser in die tieferen Schichten, wo ein zweiter Grundwasserstrom entsteht. Die Entfernung des Grund- 192 - Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. wasserspiegels von der Erdoberfläche kann daher schon auf kurze Entfernung schroffe Unterschiede erfahren. Ney') stellt folgende Sätze auf: In ebenen Lagen ist für das Fortbestehen der Quellen a) der Kiefernwald nützlich, weil er den Quellen ebensoviel Wasser wie absolut nackter Boden und mehr als Odland und landwirtschaftlich benutztes Gelände liefert; b) der Laubwald gleichgiltig, weil das Ackerland ebensoviel Wasser wie dieser durchläßt; c) der Fiehtenwald nachteilig, weil er den Wassergehalt vermindert. Das Vorausgehende bezieht sich zunächst nur auf die Ver- hältnisse des Flachlandes. Im Mittel- und Hochgebirge, wo an den steileren Hängen wenig Verwitterungsboden liegt und das Wasser in die zahlreichen Klüfte und Spalten des Gesteins (Kalk- stein und Dolomiten) rasch eindringt, tritt nach Ebermayer und Hartmann?) das Grundwasser in den Hintergrund und an dessen Stelle tritt für die Quellbildung und unterirdische Wasseransammlung das Sickerwasser. „Bei der Mannig- faltigkeit der geologischen Verhältnisse sind aber die hier ob- waltenden Vorgänge so verwickelt, daß es schwierig sein dürfte, speziell den Einfluß des Waldes durch exakte Untersuchungen derart festzustellen, um daraus allgemeine Schlußfolgerungen ab- leiten zu können.“ „Die vielen durch das Königl. bayerische hydrotechnische Bureau ausgeführten Wassermessungen lassen jedoch schon jetzt keinen Zweifel mehr darüber, daß in den Gebirgen in erster Linie die Neigung des Terrains, die Exposition, die Menge, Dichte und zeitliche Verteilung der Niederschläge und die Größe des Sammel- gebietes sowohl für die oberirdische als auch unterirdische Wasser- ansammlung und für den Wasserabfluß vorwiegend maßgebend ist.“ Professor Intze, Wasserbautechniker, äußerte sich im preußi- schen Herrenhaus im Jahre 1899 wie folgt:”) Bei der Wasser- versorgung der Ortschaften im Gebirge „hat man im Laufe der einzelnen Jahrzehnte erfahren, daß die Gebiete, die eine vorzüg- liche Bewaldung mit Hochwald zeigen, in günstigster Weise über die Trockenperiode mit der Wasserversorgung hinweggekommen sind, während andere schlecht bewaldete Gegenden die größte Not gelitten haben.“ Rothenbach, Direktor der Licht- und Wasserwerke in Bern, bringt auf Grund genauer Messungen in dem die Stadt Bern mit ) F. C. 1901, 462. — Derselbe, Der Wald u. die Quellen. Tübingen 1893 (S. A. aus „Aus dem Walde“). — °®) a. a. O. 17. ®) Jahrb. d. preuß. Forst- u. Jagdgesetzgebung 1899, 199. VIII. Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes. 193 Wasser versorgenden Quellengebiet den Nachweis, daß die aus bewaldeten Berghängen kommenden Quellen bei anhaltender Trockenheit längere Zeit ergiebig bleiben als die in unbewaldetem Gebiet entspringenden Quellen.') Ney kommt zu dem Schlusse, daß auf geneigten Flächen das Vorhandensein des Waldes, wenn er seine volle Streudecke hat, unbedingt nützlich für die Quellbildung ist, weil er den Wasser- abfluß verhindert oder verzögert.?) Den Ansichten der vorgenannten Autoren stehen die Ergeb- nisse?) der in Baden von dem Zentralbureau für Meteorologie und Hydrographie (Honsell) in Verbindung mit der Forstbehörde im Gebiete der „Hauensteiner Alb“ im südlichen Schwarzwald durchgeführten systematischen Untersuchungen gegenüber. Die- selben gipfeln darin, daß auf der zu 50,83°/, bewaldeten Fläche von 243 qkm eine Einwirkung der Art der Bodenbedeckung auf das Vorkommen und die Ergiebigkeit der Quellen nicht gefunden werden konnte; „vielmehr scheinen für die Ergiebigkeit vorzugs- weise die geognostische Beschaffenheit des Gebietes, die Mächtig- keit des Verwitterungsbodens und die Neigungsverhältnisse aus- schlaggebend zu sein.“ Der Wald übe gar keinen Einfluß. „Die neuerlichen Untersuchungen der sog. Wald- und Wasserfrage haben mancherlei Zweifel über das Maß der Bedeutung des Waldes im Wasserhaushalt einer Gegend aufkommen lassen und der An- schauung Eingang verschafft, daß der Einfluß der Bewaldung, jedenfalls des Mehr- und Mindermaßes, wie es in unseren Mittel- gebirgen nur in Frage kommen kann, vielfach überschätzt worden ist.“ 5. Der Einfluß des Waldes auf den Wasserstand der Flüsse. Der Einfluß des Waldes auf die Verhinderung der Hoch- wasserkatastrophen und Überschwemmungen läßt sich dahin präzisieren, daß der Wald kleinere Überschwemmungen durch Zurückhaltung einer bestimmten Wassermenge und Verlangsamung des Wasserabflusses in Flüssen mit kleinerem Einzugsgebiet ver- hüten kann, daß er jedoch gegenüber größeren Wasserkatastrophen machtlos ist. Hochwasser entsteht hauptsächlich dann, 1) wenn auf eine, auf gefrorenem oder wassergesättigtem Boden lagernde Schnee- 1) Schw. Z. f. F. 1898, 233. — ® F. C. 1901, 462. 3) Zentralbureau für Meteorologie und Hydrographie im Großherzogtum Baden. Hydrographische und wasserwirtschaftliche Beschreibung des Fluß- gebietes der Hauensteiner Alb im südl. Schwarzwald. Beiträge zur Hydro- graphie des Großherzogtums Baden. Karlsruhe 1889, 50. Endres, Forstpolitik, 13 194 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. decke große Regenmengen fallen, namentlich im Spätwinter; 2) wenn innerhalb kurzer Zeit ungewöhnlich starke Regengüsse in dem Einzugsgebiet eines Flusses niedergehen. Im ersteren Falle ist der Wasserverbrauch im Walde infolge der Vegetationsruhe und der geringen Verdunstung und die Wasserzurückhaltung durch den gefrorenen oder durchtränkten Boden sehr gering. Da im Walde der Schnee länger liegen bleibt als auf freiem Felde, so ist nicht ausgeschlossen, daß bei rasch aufeinanderfolgenden, stärkeren Niederschlägen und Umschlag der Witterung der Wald die Hochwassergefahr sogar steigert, ein Fall, der bei der Überschwemmung des Rheingebietes im Jahre 1882 von Honsell auch konstatiert wurde.') Im zweiten Falle ist zunächst die Frage entscheidend, welche Wassermengen die Streudecke des Waldes in sich aufsaugen und festhalten kann. Dieselben sind natürlich verschieden groß je nach der Art und der Mächtigkeit der Streudecke. Nach den vorliegenden Untersuchungen kann man annehmen, daß die Streu- decke nur eine Wassermenge aufnehmen kann, welche einem Niederschlag bis zu 4 mm, im günstigsten Falle bis zu 6 mm entspricht. Nach Bühler kann PBuchenlaub pro Hektar höchstens 18000 Liter, Moos höchstens 60000 Liter Wasser in sich aufsaugen, welche Mengen einer Regenhöhe von 1,8 und 6 mm entsprechen.) Aus den Angaben Ebermayers ergibt sich, daß trockene Streu im Buchenwald 2,36, im Kiefernwald 1,26 und im Fichten- wald 1,23 mm Regen aufnehmen kann.”) Ney gelangt für den Buchenwald auf 2,36, Kiefernwald 3,82, Fiehtenwald 1,80 mm.*) Nach Riegler?’) beträgt die Wasseransaugung bei Moos 200—900 Gewichtsprozente, bei Laub 150—220, bei Nadelstreu 120—134. Nach Gerbig®) kann Moos 4,5—10 mm Wasserhöhe in sich aufnehmen. Vergleicht man damit die Regenhöhen, welche die Hoch- wasser veranlassen, so handelt es sich um Beträge, denen gegen- !) Im gleichen Sinne äußerte sich der preußische Landwirtschaftsminister bei der Beratung des Oderschutzgesetzes im preuß. Herrenhause. Vgl. Jahrb. d. preuß. Forst- u. Jagdgesetzgebung 1399, 215. ?2) Bericht über die 18. Vers. deutscher Forstmänner zu Dresden 1889, Berlin 1890, 129. °) Die gesamte Lehre von der Waldstreu 1876. — *) F. C. 1901, 449. °) Mitt. aus d. forstl. Versuchsw. Österreichs, II. Bd. 2. H. °) Allgemeine Bauzeitung 1862, VII. Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes. 195 über das Wasseraufsaugungsvermögen des Waldbodens vollständig verschwindet. Hierfür nur einige Belege aus neuester Zeit. Am 6. März 1896 fielen auf dem Kniebis im Schwarzwald 174 mm, in drei Tagen (6.—8. März) 335 mm (Überschwemmung des Dreysamtales); in Eichberg in Schlesien am 29. Juli 1897 112 mm, vom 28.—30. Juli 162 mm, auf dem Kamme des Riesen- gebirges am 30. und 31. Juli 220 mm (Überschwemmung des Hirschbergertales); in München am 13. Sept. 1899 78 mm (Ein- sturz der Prinzregentenbrücke), im bayerischen Gebirge weit über 100 mm. In Österreich fielen gelegentlich der Hochwasserkatastrophe im Juli 1897 im Verlauf von zwei Tagen im Gebiete des unteren Inns 147 mm, der Traun 185, Enns 141, Ybbs 164, Erlauf 171, Pielach 165, Traisen 160, Wien 173 und im September 1899 im Verlauf von zwei Tagen im Gebiete der Salzach 168 mm, Traun 209, Enns 196, Ybbs 208, Traisen 166. — Vom 26.—31. Juli (sechs Tage) 1897 fielen im Gebiete der Donau 12 Milliarden ebm, im September 1899 innerhalb sieben Tagen 16 Milliarden cbm Regen. Das Wassergquantum des Bodensees beträgt 40 Mil- liarden ebm!') Die namhaftesten Wasserbautechniker messen daher der Mit- wirkung des Waldes zur Beseitigung der Überschwemmungsgefahr keine oder nur eine sehr geringe Bedeutung bei. Der Vorstand des Zentralbureaus für Meteorologie und Hydrographie im Großherzogtum Baden, Honsell, äußert sich in dem Werke „Der Rheinstrom und seine wichtigsten Nebenflüsse. Berlin 1889“, S. 107, wie folgt: „Von größter Bedeutung in der Wald- und Wasserfrage ist der Umstand, daß der Wasserverbrauch und die Wasserzurückhaltung des Waldes in der toten Zeit, also im Winter, wenig oder gar nicht zur Wirkung kommen, am meisten dagegen im Sommer, also in der Jahreszeit, in welcher in den nicht von den Firnen des Hochgebirges gespeisten Gewässern in der Regel Wasserarmut herrscht, die von der Landwirtschaft, den Wasserwerken und der Schiffahrt als ein schwerer Nachteil empfunden wird. In den Flüssen der Mittelgebirge des Rheingebietes mit ihren vorherrschenden Sommerregen wird der Rück- gang der Wasserlieferung im Sommer auch wesentlich auf den Wasser- verbrauch des Waldes zurückzuführen sein; der Winter aber ist hier die Zeit der Hochwassergefahr, und gerade in dieser Zeit ist die Wirkung des Waldes auf die Wasserzurückhaltung die geringste. Und da diese Wirkung, wie durch Versuche und Messungen nachgewiesen, abnimmt, je stärker die Niederschläge auftreten, so kann bei wiederholtem Umschlag der Witterung im Winter das Vorhandensein ausgedehnter Waldungen im Gebirge geradezu eine Steigerung der Hochwassergefahr herbeiführen. Schon diese Andeutungen dürften erkennen lassen, daß die wasserwirt- schaftliche Bedeutung des Waldes zum wenigsten überschätzt worden ist, wenn man der Abnahme der Waldbedeckung, wie sie sich mit der Zunahme ı) E. Lauda a, a. O.,8 (s. S. 196). 13* 6 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. der Bodenkultur allerwärts vollzogen hat, den schroffen Wechsel in der Wasserführung der Bäche, Flüsse und Ströme, die Verschärfung einerseits der Trockenperioden (Wasserklemmen), anderseits der Hochwassererscheinungen ausschließlich oder doch in erster Reihe zuschreiben wollte.“ In „Die Hochwasserkatastrophen am Rhein im November und Dezember 1882“ (Berlin 1883) betont Honsell, daß im Einzugsgebiet des Rheins in der neueren Zeit gar keine Verwüstungen des Waldes stattgefunden hätten, welche mit den in den letzten Jahren in rascher Aufeinanderfolge eingetretenen Hochwassererscheinungen in Beziehungen gebracht werden könnten. „Mehr Einfluß auf die Wasserabflußverhältnisse mag die Ausdehnung der intensiven Bodenkultur, mögen die Trockenlegungen von Hochmooren, die Entwässerungen und Entsumpfungen im Gebirge und im Hügelland geäußert haben, und in dieser Beziehung ist allerdings in der neueren Zeit vieles geschehen. Jedoch hat man es auch hier wieder mit Veränderungen zu tun, welche im Verhältnis zu dem ganzen Einzugsgebiet und im Verhältnis zu den Niederschlags- verteilungen als nach Intensität und Ausdehnung äußerst bescheidene zu bezeichnen sind.“ Denn die größten Hochfluten des Oberrheins seien am Mittel- und Unterrhein nur noch mäßige Anschwellungen. Insbesondere hebt Honsell hervor, daß auch früher große Hochwasserstände beobachtet worden seien, so in Cöln Pegelstände: 1595 von 10,4 m, 1651 von 10,9 m, 1658 von 12,1 m, 1784 von 12,4 m (bei Eisgang), 1845 von 9,3 m (eisfrei), 21. Nov. 1882 von 9,5 m und 1. Jan. 1883 von 8,9 m. Oberbaurat E. Lauda, Vorstand des k. k. österr. hydrographischen Zentralbureaus in Wien, äußerte sich auf dem Verbandstag des deutsch-öster- reich-ungarischen Verbandes für Binnenschiffahrt zu Breslau im September 1901 wie folgt (Auszug)!): Die Ursachen der unheilvollen Wasserkatastrophe vom 8.—23. September 1899 werden von der breiten Öffentlichkeit in Wald- abstockungen und Flußregulierungen gesucht. Dieser Auffassung stehen die Forschungsergebnisse des k. k. hydrographischen Zentralbureaus in Wien diametral gegenüber. Das Interesse der Wasserwirtschaft bedingt unbestreit- bar eine außerordentliche Wertschätzung des Waldbestandes, welcher die Bodendecke vor Abschwemmung und dadurch die Wasserläufe und Täler vor Verschotterung bewahrt und das Abschmelzen der im Verlaufe der Winters- zeit dort abgelagerten Schneemassen durch den gegen Sonnenstrahlen, Wind und warmen Regen gewährten Schutz verzögert. Diese Eigenschaften des Waldes vermögen allein schon den steten Ruf nach möglichster Pflege der Forstkultur vollauf zu begründen. Durch das allmähliche Abschmelzen der Schneemassen gelangen gleichzeitig geringere Wassermengen in den Flußlauf; aus der Zurückhaltung der Geschiebe sowie aus der verminderten Sinkstoff- führung der Flüsse erwachsen ganz bedeutende Vorteile. Damit dürften aber auch die für die Ausbildung der Hochfluten Vorteil bringenden Eigenschaften des Waldes erschöpft sein. Die wohltätige Wirkung hinsichtlich des Zurück- haltungsvermögens der Niederschläge sei lokal beschränkt und bloß geeignet, auf den relativ günstigen Verlauf von Überflutungen der Quellgebiete sowie der unmittelbar daran sich anschließenden oder den Waldbestand umsäumenden Täler und der dahin einmündenden Wild- und Sturzbäche sich zu erstrecken, Einen maßgebenden Einfluß auf die Ursache, den Umfang und das Wesen verderblicher Hochwässer besitzt dieses Rückhaltungsvermögen des Waldes !) Verbandsschriften, N. F. Nr. VI. E. Lauda, Fortschritte auf hydro- graphischem Gebiete in Österreich. Berlin (A. Troschel) 1901. — Ferner zu vgl. Beiträge zur Hydrographie Österreichs, IV. Heft, ee Ur VIII. Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes. 197 jedoch keinesfalls. Gegenüber großen Regenmengen finde dieses bald ein Ende, ja, indem der Wald die Verdunstung verringert, liefere er sogar eine größere Abflußmenge. Das Rückhaltungsvermögen des Waldes und die daraus sich ergebende Verspätung der höchsten Wasserstände könne eine Erhöhung des Wasserstandes im Hauptfluß zur Folge haben. Der Einfluß des Waldes auf die durch Regenmassen hervorgerufenen Katastrophen sei lediglich ein Volksglaube, dem die interessante Tatsache widerspreche, daß nicht selten Ländereien mit der höchsten Forstkultur relativ am schlimmsten von diesen Katastrophen heimgesucht werden. So waren 1897 die waldreichen Quellen- gebiete der Elbe, Iser, Aupa und Neisse, sowie das forstlich äußerst kultivierte Einzugsareal der Wien, Erlauf und Pielach und 1899 die mit üppigem Wald- bestand gesegneten Gegenden der Traun, Enns, Ybbs usw. die meistbetroffenen Gebiete. Darnach habe auch die Behauptung keine Berechtigung, daß in der Abholzung der Forste die Ursache dieser Katastrophen zu erblicken sei. Der Hinweis darauf, daß auch das vergangene Jahrhundert, da noch keine Forst- devastationen vorlagen, gleich große Hochwasserkatastrophen aufwies, bestätige diese Ansicht. Man wird in der aus alter Zeit stammenden Tradition um so eher einen Irrtum erblicken dürfen, als sich eigentümlicherweise noch niemand der Mühe unterzogen hat, an der Hand von Ziffern das Flächenmaß der Ent- waldung zum Umfang der Katastrophen in ein bestimmtes Verhältnis zu bringen. Nachweisbar seien im Verlauf der vergangenen tausend Jahre solche Katastrophen immer wiedergekehrt. Die zur Untersuchung der Wasserverhältnisse in Preußen eingesetzte Kommission!) sagt in ihrer Denkschrift vom 5. Juni 1896, daß, was die Ursachen der Überschwemmungen angeht, die Zurückhaltung des Tagewassers durch den Wald bei außerordentlichen Regengüssen bald eine Grenze finde, daß aber die Ersetzung des Gebirgswaldes durch Weide- und Ackerland das rasche Zusammenfließen der Niederschläge in hohem Grade begünstige und die Abschwemmung des Bodens an stark geneigten Berghängen großenteils oder vollständig herbeiführe. Die günstige Einwirkung der Gebirgswaldungen auf Verzögerung der Schneeschmelze werde bei jähem Eintritte der Frühjahrs- erwärmung beeinträchtigt, trage aber doch wohl wesentlich dazu bei, daß z. B. die schlesischen Gebirgsflüsse von übermäßigen Schmelzwasserfluten im allgemeinen verschont bleiben. Im Flachlande beschränke sich die Wirkung des Waldes dem Anscheine nach auf Herabminderung der Verdunstung und Zurückhaltung der Bodenfeuchtigkeit in der warmen Jahreszeit. Unaufgeklärt ist auch die Frage, welchen Einfluß der Wald auf die Erhöhung des Niedrigwassers hat. Es ist klar, daß hier alle jene Momente mehr oder weniger zur Geltung kommen, welche auch auf die Ergiebigkeit der Quellen einwirken und außerdem überhaupt den Wasserabfluß im Walde verzögern. Eine allzugroße Bedeutung wird man dem Walde in dieser Richtung nieht zumessen können schon wegen seines nachgewiesenen eigenen großen Wasserverbrauches In einem trockenen Sommer (1904!) herrscht im Walde derselbe Wassermangel wie auf freiem Felde. Gerade in solchen extremen Witterungszeiten würde aber die Mit- hilfe des Waldes als Wasserspender am wohltätigsten empfunden. 1) Z. £. F. u. J. 1898, 657. 198 Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Der Versuch, die Höhe der Pegelstände in den Flüssen mit der Bewaldung in Zusammenhang zu bringen, ist als mißglückt zu erachten (vgl. 8. 150ff.). Eine Prüfung nach dieser Richtung hin müßte zur Voraussetzung haben, daß zuvor die Ursachen für die Änderungen des Querschnittsprofiles und der Strömungsgeschwindig- keit von Fall zu Fall ergründet werden. Intze!) beantwortet die Frage, ob das Niedrigwasser durch Waldungen vergrößert werden kann, in bejahendem Sinne. „Man hat vor noch gar nicht langer Zeit das bezweifelt. Erst neuere genauere Untersuchungen über die Abflußmengen des Wassers aus bewaldeten Gebieten haben deutlich gezeigt, daß ein außerordentlicher Einfluß des Waldes auf die Abflußmengen vorhanden ist.“ In Gebirgsgegenden des Rheinlandes ergaben sich folgende Zahlen: „Ein Gebiet, welches mit vorzüglich gepflegtem Hochwald versehen war mit 50°/, Bewaldung, hat zwei- bis dreimal so viel Niedrigwasser ergeben als ein anderes, das nur ungefähr mit 40°/, bewaldet war und einen schlecht gepflegten Wald zeigte. Während das Niedrigwasser durch vorzüglich gepflegten Hochwald Wochen und Monate hindurch verstärkt war, wurde die sekundlich ablaufende Hochwassermenge auf die Hälfte und mehr vermindert. Wir dürfen also behaupten, daß eine gut gepflegte Bewaldung im Quell- gebiete wohl imstande ist, Schädigungen durch Hochwasser und Mangel an Niedrigwasser vorzubeugen.“ Ferner betrachtet es Intze?) für nachgewiesen, „daß ein vorzüglich gepflegter Wald im Gebirge eine Vermehrnng des Niedrigwassers und eine Verminderung des Hochwassers bis zu einer gewissen Grenze zu bewirken vermag, während anderseits eine Entwaldung eine wesentliche Verminderung des Niedrigwassers und eine schädliche Vergrößerung der Hochwasser- anschwellung im Gefolge hat.“ IX. Die mechanische Wirkung des Waldes. Die mechanische Wirkung des Waldes äußert sich in der Ver- ankerung der oberen Bodenschichten durch die Baumwurzeln, in dem Schutz des Bodens durch die Streudecke und in dem Wider- stand der Baumstämme gegen die Fortbewegung von losen Steinen, Felsen und Schneemassen und endlich in der Abschwächung der Fallgeschwindigkeit des Regens. Im speziellen beruht diese Wohl- fahrtswirkung des Waldes auf folgenden tatsächlichen Erscheinungen. a) Der Wald bewirkt eine mechanische Befestigung des Verwitterungsbodens und verhindert somit das Abrutschen und das Abschwemmen der Bodenkrume. Diese Wirkung des Waldes ist von so eminenter Bedeutung, daß durch sie allein jeder Wald ‘) Verh. d. preuß. Herrenhauses 1899, a. a. O. 198. ®) Uber die Wasserverhältnisse im Gebirge usw., Vortrag. Zeitschr. für Architektur u. Ingenieurwesen 1899, 1. Heft, 4, 12. IX. Die mechanische Wirkung des Waldes. 199 an steilen Hängen und im Gebirge als Schutzwald zu betrachten ist. _Denn nicht bloß, daß hierdurch der Gebirgsboden in einem kulfürfähigen Zustand verbleibt, noch viel wichtiger ist der Um- stand, daß die Überschüttung der Täler und Wasserläufe mit Schutt, Geröll und Schlamm, die Bildung von Wildbächen, der Murgang, die Entstehung von Geröllhalden usw. verhindert wird. Infolgedessen bleiben die Flußbette von Geschieben und Ver- sandungen frei, die so oft den Anlaß zu Überschwemmungen geben. Einen bedeutenden Einfluß auf die Zurückhaltung des Bodens übt auch die Streudecke aus. Wildbäche entstehen bei starken Niederschlägen in den Rinnen, Runsen und Schluchten an nicht bewaldeten Stellen der Bergabhänge. Sie führen große Massen von Schutt, Schlamm, losen Steinen und Felsen talabwärts und überschütten das tiefer liegende Land mit diesem Material. Werden sie nicht verbaut, dann nehmen sie immer größere Dimensionen an. Die Verbauung hat die Aufgabe, die beweglichen Teile des Bachbettes festzumachen und die Unterspülungen und Geröllführung zu hemmen. In den bayerischen und tiroler Alpen nennt man das Abrutschen des Bodens Abblaicken.!) Abblaickungen kommen allerdings oft auch in Be- ständen vor, namentlich in den flachwurzelnden älteren Fichtenbeständen, die . auf einer seichten Bodenkrume mit wasserundurchlässigem Untergrund durch ihr großes Gewicht gerade den Anlaß zum Abrutschen geben und samt dem Boden in die Tiefe abstürzen. b) Die Waldbestockung bindet den Flugsand und die Dünen. e) Der Wald bildet einen Schutzwall gegen Fels- und Stein- schläge im Gebirge. d) Im Hochgebirge bildet der Wald oft einen Schutzwall gegen die Entstehung der Lawinen innerhalb seines Bereiches. Entstehen die Lawinen oberhalb der Waldvegetationsgrenze, was der häufigere Fall ist, dann ist allerdings die Widerstandskraft der Holzbestockung nicht groß genug, um ihre Fortbewegung zu verhindern und den sie begleitenden Luftdruck abzuschwächen. Sind die Lawinen klein und der Abhang nicht sehr steil, so brechen sie anfangs nur Keile in die Waldungen, die aber bei jedem neuen Sturz tiefer einschneiden und sich endlich durch den ganzen Wald durchziehen. Große Lawinen an steilen Hängen brechen gleich beim ersten Sturz durch die wurzel- und stamm- festesten Waldungen ganzer Bergseiten bis in die Talsohle kahle Streifen. Der den sog. Staublawinen (Gegensatz: Grundlawinen) vorauseilenden orkanartigen Luftströmung fallen ganze Waldungen zum Opfer, oft selbst auf große Entfernungen auf gegenüber- liegenden Bergwänden.?) 1) Vgl. Schmeller, Bayerisches Wörterbuch 2. Aufl., 323. 2) Coaz, Die Lawinen der Schweizeralpen. Bern 1881, 24, 38, 84, 97, 108. 200° Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Um die Bewegung der Lawinen einzudämmen, werden in neuerer Zeit in der Schweiz künstliche Lawinenverbauungen mit Mauerwerk und Pfählen vorgenommen. Liegt die Verbauung unter der Waldvegetationsgrenze, dann folgt ihr auch die Aufforstung. In.der Schweiz brachen 1887—88 803 Lawinen oberhalb und 210 unter der Waldgrenze los; es wurden 1325 ha Wald mit 82090 fm Holz vernichtet. In Tirol wurden in der gleichen Zeit 2020 ha Wald mit 302343 fm durch Lawinen zerstört. Die vielfach verbreitete und auch in der Gesetzgebung unter- stellte Annahme, daß der Wald gegen die Unterwaschung der Flußufer und gegen Ufereinbrüche schütze, hat sich nicht als stichhaltig erwiesen. In der Begründung zum preußischen Ges, v. 3. Juli 1900 betr. Maß- nahmen zur Verhütung von Hochwassergefahren in der Provinz Schlesien wird ausgeführt, daß zu den die Überschwemmungsgefahr erhöhenden Umständen der starke Baum- und Strauchwuchs im Üherschwemmungsgebiete, namentlich auf dem Vorlande von Deicher und an den Ufern, sowie vorkommende Inseln zu rechnen seien. Die unmittelbar am Rande der Flüsse stehenden Bäume und Sträucher schaden durch Einengung des Flußprofils, durch Verhinderung des freien Wasserabflusses, Festhalten schwimmender Gegen- stände und Aufstauung, und dann durch ihre Einwirkung auf das Ufer, da die von der Strömung gelockerten und entwurzelten Bäume Uferabbrüche und Auswaschungen verursachen. Bisher sei die Pflanzung in der irrigen An- nahme erfolgt, daß die Bäume und Sträucher durch ihre Bewurzelung zum Schutze der Ufer beitragen. Die losgerissenen Bäume richten an den Ufern großen Schaden an, legen sich vor die Brücken, stauen dort durch Festhaltung anderer schwimmender Gegenstände (Bretter, Zweige, Gras usw.) das Wasser, welches nun mit verstärktem Gefälle durch die freigebliebenen Durchfluß- öffnungen stürzt oder seinen Weg seitlich der Brücke sucht oder auch durch den Druck die Brücke zum Einstürzen bringt. Erfahrungen dieser Art wurden in der jüngsten Zeit auch in den ober- bayerischen Flußgebieten gemacht. — X. Die hygienische und ethische Bedeutung des Waldes. Schon die Naturforscher Davy, Seguin, Saussure und Humboldt haben nachgewiesen, daß der Sauerstoffgehalt der Waldluft nur unbedeutend größer ist als der der Freilandluft.') Nach den Untersuchungen Ebermayers?) ergibt sich überhaupt kein wesentlicher Unterschied in der chemischen Zusammensetzung der Waldluft und Freilandluft, namentlich ist der Sauerstoffgehalt ') von Löffelholz-Colberg, Bedeutung u. Wichtigkeit des Waldes, 126. ®) Ebermayer, Die Beschaffenheit der Waldluft. Stuttgart 1885. X. Die hygienische und ethische Bedeutung des Waldes. 201 im Walde nicht größer. Der belebende Einfluß der Waldluft muß daher in deren Reinheit gegenüber der Luft in bewohnten Orten, namentlich in größeren Städten, gesucht werden, ferner in der größeren relativen Feuchtigkeit, im Sommer in der Kühle, dann in dem Gehalt an ätherischen Ölen und vielleicht auch in dem Reich- tum an Ozon. Schädliche Gase, Rauch, Staub, Bakterienkeime, wie sie in der Stadtluft in größten Mengen vorkommen, sind dem gleich einem Filter wirkenden Walde fremd. Der Wald bietet ferner Schutz gegen rauhe Winde in seinem Innern und in seiner unmittelbarsten Umgebung. Auf größere Entfernungen des Freilandes kommt die abschwächende Wirkung des Waldes gegen Winde allerdings nicht mehr zur Geltung. P. Miguel?!) untersuchte 10 Jahre lang, von 1882—91, im Parke von Montsouris und im Zentrum von Paris (Pläce St. Gervais) die Luft auf den Gehalt von Bakterien. Darnach enthielt der Kubikmeter Luft im Park von Montsouris 300 Bakterien und 205 Schimmelpilze, im Zentrum von Paris 5445 Bakterien und 1680 Schimmelpilze. Der Gehalt an Bakterien war überall im Sommer am größten, im Winter am kleinsten; der Gehalt an Schimmelpilzen war im Parke im Herbste, in Paris im Sommer am größten. Serafini und Arata?) fanden in dem Wäldchen Medici bei Rom, 45 m nördlich von der Stadtmauer, daß die Zahl der Mikroorganismen pro Kubik- meter Luft betrug: am Eingange des Waldes 220000, im Innern 13600. Das Verhältnis ist also 160: 100. Im Waldboden sollen die pathogenen Bakterien ungünstige Lebensbedingungen finden und daher gar nicht oder nur in sehr geringen Mengen vertreten sein. Ist der Waldboden in dieser Richtung immun, dann muß die durch den Wald streichende Luft und das aus dem Walde kommende Quellwasser ebenfalls frei sein von infektiösen Bestandteilen.) Nach Pettenkofer*) sollen nach den Beobachtungen in Indien die Wälder ein Schutzmittel gegen die Entstehung und Verbreitung der Cholera bilden. Dieser Einfluß der Wälder erinnere an das Verhalten der Moore in Bayern während der Choleraepidemie des Jahres 1854, während welcher die Ortschaften des Donaumooses von dieser Epidemie verschont blieben. Dieselbe günstige Wirkung sollen die Wälder gegenüber dem Gelbfieber und der Malaria, für deren Verbreitung man in neuester Zeit allerdings die Moskitos verantwortlich macht, haben. — Die vom italienischen Acker- 1) Wollny, Forschungen auf dem Gebiete der Agrikulturphysik, 16. Bd., 397. — °) Z. f. d. g. F. 1891, 323. ®) Ebermayer, A. F. u. J. Z. 1888, Augustheft. — Derselbe, Hygie- nische Bedeutung des Waldes. Vortrag auf dem internat. land- u. forstw. Kongreß zu Wien 1890. Wien 1890. 4) Pettenkofer, Verbreitungsart der Cholera in Indien. Braunschweig 1871; ferner „Ausland“ 1872, Nr. 33. 3023 ö Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes. bauministerium 1881 zur Untersuchung der Frage, ob die Wälder im Agro romano einen Einfluß auf die Verhinderung der Entstehung und Verbreitung der Malaria hätten, eingesetzte Kommission kam zu dem Ergebnis, daß dem Walde eine günstige Wirkung nach dieser Richtung nicht beigemessen werden kann.') Die Frage ist also noch lange nicht spruchreif. Jedenfalls steht auch fest, daß in den tropischen Ländern der Ansiedler sowohl wie der Reisende dichte Wälder wegen der Sumpfluft und der damit im Zusammen- hang stehenden Krankheiten meidet. Die ethische Bedeutung des so viel besungenen Waldes, seine belebende Einwirkung auf das Seelen- und Gemütsleben des Menschen, seine ästhetische Wirkung auf Natur- und Kunstsinn wird in tausend Farben von allen Völkern geschildert und gefeiert. Dieser unmeßbare Nutzen des Waldes ist aber um so höher anzu- schlagen, je nervöser und materieller das Leben des einzelnen und der Völker im harten Kampfe ums wirtschaftliche Dasein sich gestaltet.?) 1) Vgl. Stötzer im Handb. der Forstw. 2. Aufl., I 556 ff. und die dort angegebene Literatur. 2) Perona, A.F. u. J. Z. 1885, 48 ff. Sechstes Kapitel. Forstpolizeigesetzgebung. I. Deutsche Bundesstaaten. 1. Geschichtliche Entwicklung im allgemeinen (Landschaften, Forstordnungen). Mit der Ausbildung der Landeshoheit in den Territorien seit dem 13. Jahrhundert erlangten die deutschen Fürsten das Recht auf die hohe Gerichtsbarkeit, die Polizeigewalt und die Landes- verwaltung. Dazu kamen die Regalien (Monopole), d.h. Nutzungs- und Okkupationsrechte an Sachen, welche nicht landesherrliches Eigentum waren (Markt-, Zoll-, Münz-, Straßen-, Stromregal).') Damit die landesherrliche Stellung der Fürsten in der ent- stehenden staatlichen Einheit voll zur Geltung kommen konnte, mußte die unter dem Schutze. des Reiches herausgewachsene Auto- nomie der kirchlichen und geistlichen Anstalten, der Markgenossen- schaften und der Vasallen eingeschränkt werden. Dieses Ziel erreichten die Landesherren dadurch, daß sie die Klöster und Stifte unter ihren persönlichen Schutz stellten (Vogtei), in den Mark- genossenschaften das Obermärkeramt sich aneigneten und an Stelle der mit Ämtern belehnten Vasallen besondere Beamte (Ministerialen) setzten.”) Eine absolute Herrschergewalt konnte aber der Landesherr noch nicht ausüben, weil er in vielen Beziehungen an die Mit- wirkung der Landstände (Landtage, Landschaften) gebunden 1) Durch die Reichsgesetze Friedrich II. aus den Jahren 1220 und 1232 wurden die bis dahin nur einzelnen Großen zugute gekommenen Privilegien kodifiziert und auf alle Landesherren übertragen. Dadurch wurden die Territorien dem Einflusse der Reichsgewalt enthoben, namentlich auch in Sachen der k. Bannleihe und der Regalien (Lamprecht, Deutsche Geschichte IV, 327). 2) Vgl. Schröder, Rechtsgeschichte, 1. Aufl. 578 ff. 204 Forstpolizeigesetzgebung. war. Der äußere Anlaß zur Entstehung der Landstandschaft waren Geldverlegenheiten der Landesherren, die innere Ursache lag im Zug der Zeit, welcher auf korporative Gestaltungen hinging und in diesen den Schutz der persönlichen Selbständigkeit und der ständischen Interessen suchte.') Die Landschaft bildeten in der Regel die drei privilegierten Stände der Prälaten (Bischöfe, Äbte, Prioren), der Ritterschaft und der Städte.”) Das vornehmste Recht der Landstände war das der Steuerbewilligung; dagegen war ihnen die Mitwirkung an der Gesetzgebung nicht immer direkt eingeräumt. Indem sie aber die Bewilligung von Steuern vielfach von der Ein- räumung gewisser Rechte und Zugeständnisse seitens der Landes- herren abhängig machten, konnten sie tatsächlich auf die Gesetz- gebung und Rechtspflege einen maßgebenden Einfluß ausüben. Die Stände erhoben und verwalteten die von ihnen bewilligten Steuern durch ihre eigenen Organe selber. Daher bestanden in allen Staaten mit ständischer Verfassung zwei getrennte Finanz- verwaltungen nebeneinander: die Kasse der Stände und die Kammer- kasse des Landesherrn. Dadurch entstanden auch die Begriffe Fiskus und Ärar, die dem römischen Rechte entnommen sind. Im römischen Reiche standen ursprünglich das Vermögen des Volkes (aerarium) und des Kaisers (fiseus) unabhängig nebenein- ander. Da nun auch in den deutschen Territorien die den Land- ständen zustehende Landeskasse von der landesherrlichen getrennt war, nannte man nach der Rezeption des römischen Rechtes die Ständekasse Aerarium, das Kammergut des Landesherrn sowie den vermögensrechtlichen Bestandteil der Landeshoheit Fiskus. Mit der Aufhebung der landständischen Verfassungen wurde auch die Unterscheidung zwischen Kammergut und Landeskasse beseitigt, so daß nunmehr Ärar gleichbedeutend mit Fiskus gebraucht wird.?) Das Maß und die Dauer der Macht der Landstände war in den einzelnen Territorien verschieden. In dem fortwährenden Kampf zwischen ihnen und den Landesherrn blieben letztere schließlich Sieger und damit brach in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts der landesherrliche Absolutismus herein. Die Bevölkerung setzte dem Untergang der landständischen Macht keinen Widerstand ent- gegen, da die Stände nur ihre eigenen Interessen, aber nicht die des gesamten Volkes und am wenigsten die der Bauern vertraten. Auch in der Reichsgesetzgebung fanden die gegen die Stände ge- richteten Bestrebungen eine wirksame Unterstützung. !) Seydel, Bayer. Staatsrecht, 2. Aufl., I, 10. ®) Nur in Tirol auch die Bauern. — Erdmannsdörffer, Deutsche Ge- schichte usw. 1892, I, 410, ®) P. v. Roth, Bayr. Zivilrecht, 2. Aufl. 1881, I 236 ff. I. Deutsche Bundesstaaten. 205 a) In Bayern waren schon anfangs des 14. Jahrhunderts die vermehrten landesfürstlichen Bedürfnisse Veranlassung zur Bildung von Erbföderationen unter den adeligen Güterbesitzern.!) Im Jahre 1302 gab ein Gesuch der oberbayerischen Herzöge Rudolf und Ludwig um Bewilligung einer Notsteuer Anlaß zur Verbindung des Adels; 1307 bewilligten die drei Stände, Prälaten, Ritter und Städte, eine neue Steuer zur Hintanhaltung einer Münzverschlech- terung. In Niederbayern entäußerte sich 1311 Herzog Otto III. gegen eine Steuerbewilligung der niederen Gerichtsbarkeit zugunsten der Stände (Otto- nische Handieste). Zugleich wurde ihnen das Recht des Bündnisses und der Selbsthilfe zugestanden. Eine dauernde Vereinigung der Stände, durch welche diese Verbindung sich zu einem bleibenden Bestandteil des Landesstaatsrechts gestaltete, wurde zwischen Adel und Städten zuerst in Niederbayern 1347, dann in Oberbayern 1363 eingegangen. Die Prälaten traten in Niederbayern 1394, in Oberbayern 1396 bei. Damit war die Bildung der „Landschaft“ abgeschlossen. Die Ver- einigung zu einer Landschaft erfolgte 1506 zugleich mit der Vereinigung der getrennt gewesenen bayerischen Lande. Das zwischen Ständen und Landes- herrn vereinbarte Recht war in den Frei- oder Freiheitsbriefen ent- halten. Von 1311 bis 1563 erschienen deren 64, die 1568 gedruckt wurden.?) Diese Landesfreiheiten mußte jeder Landesherr bei seinem Regierungsantritt bestätigen, ehe ihm die Huldigung seitens der Stände geleistet wurde. Auch jeder Beamte wurde auf die Landesfreiheiten vereidigt. Da über die Auslegung der Landesfreiheiten und deren Tragweite zwischen dem Landesherrn und den Landständen viele Streitigkeiten ent- standen waren, wurde unterm 11. September 1508 die Erklärung der Landesfreiheit erlassen.) Dieselbe wurde 1516 und 1553 durch Zusätze ergänzt.*) In der Fassung von 1553 ging sie in das Gesetzbuch Maximilian I. von 1616 über.’) Die Landesfreiheitserklärung von 1508 enthält auch einige Artikel über Forst- und Jagdangelegenheiten, die in die Wieder- holungen, auch in die von 1616, wörtlich übergingen. Die bayerische Landschaft setzte sich aus den genannten drei Ständen zusammen. Es gehörten: 1. Zum Prälatenstande die Universität, die Prälaten und Äbtissinen des Landes, die Kollegiatstifter und seit 1782 der Malteserorden; 2. zum Ritterstande gehörte als „Landsasse“ jeder Angehörige eines der gefreiten Stände, welcher ein in die „Landtafel“ eingetragenes Gut besaß; 3. die Städte und gebannten Märkte, die ebenfalls in die Landtafel ein- geschrieben waren. Die Versammlung der Stände hieß der Landtag. Die eigentlichen Be- ratungen pflegte der aus 64 Mitgliedern bestehende „große Ausschuß“. Die Verhandlungen zwischen Landesherrn und Landtag wurden schriftlich geführt. Ein kleinerer Ausschuß vertrat die Rechte der Landschaft von einem Land- tag zum andern.°) Die während des Landtages zustande gekommenen Be- schlüsse wurden am Schlusse des Landtags in einer Urkunde zusammen- t) Krenner, Anleitung zu dem näheren Kenntnisse der baierischen Land- tage des Mittelalters. München 1804. 2) Seydel I, 10£. %) Krenner, Bairische Landtagshandlungen, München 1805, XVII, 73. In der gedruckten Sammlung von 1568 ist dieselbe nicht enthalten. 4) Vorwort zur Erklärung der Landesfreiheit von 1616. 5) Seydel I, 12. — °) Derselbe I, 131. 206 Forstpolizeigesetzgebung. gefaßt, in der der Landesherr dieselben guthieß oder ablehnte — Landtags- abschied.!) Die Angehörigen der Stände waren privilegierte Untertanen. Zu den ständischen Privilegien zählte das Vorrecht der Landsassen in bezug auf die Ausübung der Gerichtsbarkeit. Die Stände hatten schon 1311 durch die sog. Ottonische Handfeste die niedere Gerichtsbarkeit über ihre Gutsuntertanen erlangt innerhalb der geschlossenen Hofmark. Im Jahre 1557 wurde die Gerichtsbarkeit dem Adel und der Ritterschaft auch auf seinen einschichtigen Gütern, d. h. solchen, welche nicht in der eigenen geschlossenen Hofmark, sondern im landesherr- lichen Gerichtsgebiet („im Landgerichtischen“*) zerstreut lagen, zuerkannt. Dieses Privilegium des Adels hieß Hofmarksfreiheit oder Edelmannsfreiheit („gefreiter Adel*).) Nur wer 1557 bereits dem Ritterstande angehörte, hatte Anspruch auf dieselbe. Die Güter des mit derselben begabten Adels hießen Landsassengüter und waren in einer Matrikel, der „Landtafel“, verzeichnet. Die erste Land- tafel wurde 1557 errichtet. Die landsässigen Güter mit höherer Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt nannte man Herrschaften, jene mit der niederen Patrimonialgerichtsbarkeit Hofmarken, jene mit Gerichtsbarkeit innerhalb der Dachtraufe gefreite Sitze (Edelsitze). Zum Erwerbe dieser gutsherrlichen Gerichtsbarkeit waren im allgemeinen sämtliche gefreite Stände fähig. Wer aber nicht zu diesen gehörte (Prälaten, Bürger, Bauern), konnte ein solches Gut nur mit landes- herrlicher Genehmigung erwerben; die Edelmannsfreiheit erlosch für diesen Besitzer, das Gut wurde wieder „landgerichtisch“. Andererseits war auch ein vermöge seiner Person der Edelmannsfreiheit fähiger Adeliger und Ritter so lange kein mit Gerichtsbarkeit ausgestatteter Landsasse, als er kein solches Gut besaß.?) In den Landesfreiheitserklärungen von 1508, 1553 und 1616 ist ausdrück- lich hervorgehoben, daß das Hofmarksgericht sich auch auf die zur Hofmark gehörenden „Hölzer und Holzgründe“ erstrecke. Stießen dieselben nicht unmittelbar an die sonstigen Hofmarksgründe, so sollten sie der bisherigen Gerichtsbarkeit verbleiben. Begingen Hofmarksuntertanen gelegentlich der Ausübung der ihnen in den benachbarten landesherrlichen Bannforsten zu- gestandenen Nutzungen strafbare Handlungen, dann wurden sie von den landesherrlichen Gerichten bestraft. Der Hofmarksherr hatte über alle Wald- frevel, soweit sie etwa nicht zu den Malefizhändeln zu zählen waren, sowie über alle anderen niedergerichtlichen Verbrechen und Holzstreitigkeiten Recht zu sprechen. Am Ende des 18. Jahrhunderts standen von den Bürgern und Bauern 44°, unter kurfürstlicher und 56°/, unter ständischer Gerichtsbarkeit (nach Brentano). Zu den Privilegien des landsässigen Adels zählte in Bayern auch das ‘) Die Verhandlungen der Landtage sind gesammelt in Krenner, Baye- rische Landtagshandlungen. München 1803 ff. Dieselben bilden die wichtigste forst- und jagdgeschichtliche Quelle für das 15. und 16. Jahrhundert. ®) 60. Freiheitsbrief von 1557 in (Kreittmayrs) Sammlung der neuest- u. merkwürdigsten churbaier. Generalien usw. 1771, 78. — Erklärung des- selben von 1641, daselbst S. 80. ’) Seydel I, 13#f., 35£. — Rosenthal, Geschichte des Gerichtswesens und der Verwaltungsorganisation Bayerns, I. Bd., Würzburg 1889, 191 £. I. Deutsche Bundesstaaten. 207 Recht auf die Niederjagd. Die Hochjagd war landesherrliches Regal und stand nur jenen Adeligen auf ihrem Gebiete zu, welche von alters her hierzu ein verbrieftes Recht hatten.!) Ihre höchste Macht erreichten die bayerischen Landstände im Anfang des 16. Jahrhunderts. Von 1550—70 wurden sie noch achtmal, von 1570—90 fünfmal und von 1590—1600 nurmehr einmal berufen.°) Kurfürst Maximilian I. versammelte vor dem Ausbruch des 30jährigen Krieges, 1612, noch einmal die Stände zu einem Landtag nach München, zwang sie zu finanziellen und militärischen Bewilligungen und umfassenderen Zugeständnissen als bis dahin in irgend einem deutschen Territorium dem Landesherrn gemacht worden waren; dann entließ er sie, um die auf neun Jahre bewilligten Rechte still- schweigend als dauernde auszuüben und fortan ohne die Stände zu regieren. Zum letzten Male berief Ferdinand Maria 1669 die Ständeversammlung. Mit dessen Zustimmung wurden die landständischen Geschäfte einem Ausschusse („Verordnete“) übertragen, der fortan an Stelle des Landtages funktionierte. Bayern war so der erste größere deutsche Staat, in welchem der fürstliche Absolutismus den vollkommensten Sieg über das landständische Wesen errang.?) Durch die Säkularisation der Klöster, Abteien und Stifter im Jahre 1302 kam in der Landschaft, bzw. in dem Ausschuß, der Stand der Prälaten in Wegfall. Nach Errichtung des Königsthrones (1. Januar 1806) entledigte man sich der landständischen Verfassung ganz, formell durch Verordnung vom 18. Mai 1808, nachdem durch Verordnung vom 8. Juni 1807 die landständischen Kassen und durch Gesetz vom 20. April 1808 die Edelmannsfreiheit und Siegelmäßigkeit aufgehoben worden waren.?) Am 25. Mai 1808 wurde die neue „Konstitution“ erlassen. Darnach sind die besonderen Verfassungen, Privilegien, Erbämter, Landstände der Provinzen, ebenso die Leibeigenschaft für aufgehoben erklärt. Der Adel behält, wie jeder Grundeigentümer, seine gutsherrlichen Rechte, trägt die Staatslasten gleich anderen Bürgern (schon 8. Juni 1807 verfügt) und hat kein ausschließliches Recht auf Ämter, Würden und Pfründen des Staates. Eine „National- repräsentation“ sollte das ganze Königreich vertreten, kam jedoch niemals zustande.) Unter Gutsherrlichkeit verstand man von da ab einen Inbegriff von obrigkeitlichen und Eigentumsrechten, welche auf den ehemaligen Landsassen- gütern und den vormals adeligen Sitzen hergebracht waren und als solche auf jeden rechtmäßigen Gutseigentümer übertragbar waren.®) Zu den vollen gutsherrlichen Eigentumsrechten gehörte auch das Recht der Fischerei, Jagd, Forstbenutzung und des Bergbaus. Unter dem 26. Mai 1318 wurde die Verfassungsurkunde als geltendes Staatsgrundgesetz erlassen, durch welches aber die gutsherrlichen Rechte noch nicht beseitigt wurden. Dies geschah erst durch die Gesetze vom 4. Juni 1848. Durch Gesetz vom gleichen Tage wurde auch mit Wirkung vom 1. Februar 1849 ab das Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden aufgehoben. Die bayerische Landschaft hatte das Recht der Beschwerdeführung und !) Ausführliches hierüber in meinem Artikel „Geschichte des Jagdrechts in Bayern“, Forstw. Centralblatt 1901, 170 £f. ?2) Siehe die Aufzählung bei Krenner, Anleitung usw. X. ®) Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte. 1392, I, 56, 410. %) Seydel I, 12£. — 5) Derselbe I, 97. 6) von Moy, Lehrb. d. bayer. Staatsrechts 1840, I, 297. 208 Forstpolizeigesetzgebung. der Mitwirkung bei der Gesetzgebung. Von beiden Rechten machte sie in den Zeiten ihrer vollen Macht ausgiebigen Gebrauch. Unter den beim Zusammentritt des Landtages geltend gemachten Beschwerden (gravamina), die durch drei Deputierte jedes Standes unter Zuziehung des Kanzlers abgefaßt und dem Landesherrn übergeben wurden, nehmen die Jagd- und Forstangelegenheiten einen breiten Raum ein. Zurzeit des Erlasses der ersten bayerischen allgemeinen Forstordnung von 1568 war die Macht der Landstände bereits im Erblassen. Zweifellos aber wirkten die Landtagsverhandlungen der rückliegenden Zeit auf den Inhalt derselben noch ein. Auch formell war die Zustimmung des Landtages zur Giltigkeit der Forstordnung — wie aller Gesetze überhaupt — notwendig. Bei der Neuredigierung der Forstordnung von 1616 wirkten die Verordneten der Landschaft mehrfach mit. Nur im 17. und 13. Jahrhundert wurde das Mitwirkungsrecht der Stände bei der Gesetzgebung vielfach mißachtet. !) b) In der Mark Brandenburg begründete ein Privileg von 1280 das Recht der Stände namentlich hinsichtlich der Steuerbewilligung. Vom 14. bis zum 16. Jahrhundert hatten die Stände große Macht, wenn auch im harten Kampf mit den Fürsten, namentlich mit Friedrich I. (1415—40). Der große Kurfürst (1640—88) ermahnt in eigenhändigen Aufzeichnungen seinen Nach- folger zur Sparsamkeit: „Denn je mehr Landtage Ihr haltet, desto mehr Autorität Euch benommen wird, weil die Stände allzeit was suchen, so der Herrschaft an ihrer Hoheit nachteilig ist.“?) Tatsächlich gelang es auch im 16. und 17. Jahrhundert den Ständen, für jede Geldbewilligung von den Kur- fürsten eine Erweiterung ihrer Rechte gegenüber den Bauern zu erlangen (Bauernlegen!. Erst der große Kurfürst machte sich von - den Ständen unabhängig. c) In Sachsen wurde der erste Landtag 1438 einberufen (Prälaten, Gra- fen und Herren, Ritterschaft und Städte). In der Gesetzgebung hatte er nur beratende Stimme. Noch 1723 erschien eine besondere Landtagsordnung. Die Macht des Landtags sank hier weniger herab als in anderen Staaten, °) Auf einem 1547 gehaltenen Landtage wurden Landesgebrechen in bezug auf Wildschäden, Jagdgerechtigkeit, Holzpreise und Holzmaße vorgebracht und vom Kurfürsten die Erlassung einer Ordnung zugesagt.) d) In Württemberg begann die Entwicklung der ständischen Rechte gleichzeitig mit der Ausbildung der Landesherrlichkeit, indem die Grafen sich bei allen wichtigeren Rechtsakten der Zustimmung der Städte und Ämter sowie der sog. Zugewandten, d. h. der Klöster und des Adels, versicherten. Die Entwicklung der ständischen Verfassung fand im Tübinger Vertrag vom 8. Juli 1514 ihren Abschluß. Dieser Vertrag, welcher für drei Jahrhunderte als die Magna Charta der württembergischen Freiheiten galt, wurde zwischen dem Herzog und den Prälaten der Mannsklöster sowie der Landschaft, d. h. den Delegierten der Städte und Ämter geschlossen. Der Adel war als Stand nicht dabei vertreten. Diese Verfassung „mit demokratischem Zug“ blieb im allgemeinen bis 1806 in Geltung.) e) In Hessen vereinigten sich die Grundherren des Landes 1373 zur Auf- !) Seydel I, 15. — ®) Erdmannsdörffer I, 410. °) Opitz, Staatsrecht 17 ff. ‘) Stieglitz, Geschichtliche Darstellung der Eigentumsverhältnisse an Wald und Jagd. Leipzig 1832, 214. °) Gaupp, Das Staatsrecht des Kgr. Württemberg, 2. Aufl. 1895, 4. I. Deutsche Bundesstaaten. 209 bringung von Geldmitteln für gemeinsame Zwecke. Uralt waren „die ge- meinen Landtage“, die bis 1628 ungetrennt waren. Von da ab tagten die kasselschen und darmstädtischen Landtage getrennt. Die „Landschaft“ hatte das Recht der Steuerbewilligung (Verwaltung ihrer zwei „Truhen“ zu Gießen und Darmstadt — Kassen), dagegen nicht das Mitwirkungsrecht bei der Gesetzgebung. Mit der Zeit wurde der Einfluß geringer; später wieder größer (18. Jahrhundert).t) Zum Inhalt der Hoheitsrechte der Landesherren gehörte auch die Forst- und Jagdhoheit. Beide Gewalten übte der Landes- fürst „in Kraft landesfürstlicher Obrigkeit“, wie sich die württem- bergische Forstordnung (von 1567) ausdrückt. Wenn dieselben damit auch ausreichend begründet waren, so liegt doch der Ge- danke nahe, daß wenigstens die Jagdhoheit als Fortsetzung des alten königlichen Wildbannrechtes bei der Ausscheidung der Terri- torien betrachtet wurde. Die Jagdhoheit zog aber die Forsthoheit unmittelbar nach sich. Die Forsthoheit (forstliche Obrigkeit, forstliche Herrlichkeit) war das Recht des Landesherrn, die polizeiliehe Oberaufsicht über sämtliche Waldungen zu üben und deren Bewirtschaftung und Nutzung zu regeln. Der Ausdruck Forsthoheit wurde später vielfach durch Forst- regal ersetzt. Der Begriff der Regalien war stets ein vielumstrittener. Im engeren Sinne verstand man darunter gewöhnlich fiskalische Nutzungs- oder Okkupationsrechte an Sachen, welche nicht fiska- lisches Eigentum waren (Heusler). Auf Grund des römischen Rechtes und in Anknüpfung an ein den deutschen Königen zugesprochenes Eigentumsrecht an sämtlichem Grund und Boden sprachen die Juristen aber auch von einem Bodenregal, kraft dessen der Landesherr de jure als Eigentümer seiner ganzen Landesfläche betrachtet wurde. Tatsächlich blieb diese juristische Konstruktion nur auf dem Papiere stehen. Nur in einem Punkte diente sie den Landesherren als schützender Mantel für ihre Ansprüche an der Mitnutzung des Privateigentums, nämlich hinsichtlich der Jagdausübung auf fremdem Grund und Boden unter der Firma des Jagdregals (Jagdhoheit). Hier deckten sich auch die Begriffe des Regales in allen Auffassungen, und zwar nach der Seite des fiskalischen Nutzungsrechtes wie nach der Usurpationstheorie des allgemeinen Boden- regals. In Bayern wurde der Ausdruck Jagdregal erstmals in einer Verord- nung von 1673 gebraucht. Der Begriff des Forstregales stand jedoch auf schwanken Füßen.?”) Die Merkmale der Regalitätstheorien deekten sich mit demselben nur unvollkommen und konnten nurin einzelnen Punkten !) Gareis, Das Staatsrecht des Großh. Hessen, 1. Aufl. 1834, 73. ?) Vgl. Moser, Forstökonomie 1757, I, 22. — Burgsdorf, Forsthand- buch 1801, II, 109. Endres, Forstpolitik. 14 210 Forstpolizeigesetzgebung. praktische Gestaltung annehmen, weil die Eigentums- und Nutzungs- rechte an Privatwaldungen stets als solche anerkannt wurden. Die meisten Schriftsteller des 17. und 18. Jahrhunderts begnügten sich auch damit, zur Deckung des Forstregales das niemals bestrittene Recht der Landesherren, ihre Domänenforste nach Belieben verwalten zu lassen, in den Vordergrund zu stellen und die Polizeiaufsicht über alle andern Wälder mit den Rücksichten auf die wirtschaft- liche Wohlfahrt des Landes zu begründen. Mit letzterem Argument kam man wenigstens indirekt dem finanziellen Charakter der Rega- lien nahe. Die Korporations- und Privatwaldungen brachten dem Landesherrn Einkünfte nur durch die hohe Gerichtsbarkeit, die Jagdgerechtigkeit und durch die Anweisgebühren, welche einen Teil der Besoldung der landesherrlichen Forstbeamten ausmachten. Aber auch diese Einkünfte flossen den Landesherren nicht in allen Ländern gleichmäßig zu, weil dieselben auch den Landsassen bzw. deren Beamten eingeräumt sein konnten. Mit Rücksicht auf die den Landsassen zustehende niedere Gerichtsbarkeit und das den- selben zugehörende besondere Aufsichtsrecht über die Waldungen ihrer Grundhörigen. sprach man dann auch von einem niederen Forstregale, Forstgerechtigkeit. Indirekt erwuchs den Landesherren in einzelnen Staaten aus dem Forstregal auch dadurch Nutzen, daß sie die Taxen für die Holzpreise feststellten und dabei nie- mals die Rücksichten auf die Absatzverhältnisse des Holzes in ihren eigenen Waldungen vergaßen. Nach Kreittmayr (Anmerkungen über den Codicem Maximilianeum bavaricum civilem II. Teil, 8 Kap. $ XV No. 14) begreift „Forstrecht im gar weitschichtigen Verstand alle Gerechtigkeiten, welche den Wald betreffen, es sei gleich das Eigentum und die Nutzungen desselben oder die Jurisdiktion, Jagdbarkeit oder andere immer erdenkliche Gerechtsame, im engeren und eigentlichen Verstand aber nur jene Gerechtigkeit, kraft welcher uns die Aufsicht über eine Waldung zusteht, damit solche im guten Stand erhalten werde, und zwar keine gemeine Aufsicht, wie sie jeder über das Seinige hat, sondern eine solche, welche mit einer gewissen Jurisdietion und Botmäßigkeit verknüpft ist, und in diesem Verstand wird es bald Jus foresti, bald forstei- liche Obrigkeit, Herrlichkeit oder gar Superiorität genannt, wobei die Effectus sehr unterschiedlich und nicht aller Orten gleich, auch an manchem Ort der Landesherrschaft allein, an anderen aber zum Teil den Ständen zugehörig.“ In einigen Staaten gehörten zum Forstregal auch der Viehschnitt und die Wasenmeisterei (Preußen). Einzelne landesforstpolizeiliche Bestimmungen, die später in die Forstordnungen übergingen, finden sich schon im 15. Jahr- hundert in den allgemeinen Landesverordnungen, Landesgeboten, Landesfreiheiten, Beamteninstruktionen (Bayern, Württemberg usw.). Ihren vollen gesetzgeberischen Ausdruck fand die Forsthoheit seitens der Landesherren in den Forstordnungen (Wald-, Holz- I. Deutsche Bundesstaaten. 211 ordnungen), die den Charakter allgemeiner Landesgesetze hatten und — wenigstens noch im 16. Jahrhundert — unter der Mit- wirkung der Landstände entstanden. Die Bezeichnung Forstord- nung usw. wurde allerdings schon früher für die speziellen Vor- schriften gebraucht, welche die Bewirtschaftung und den Schutz der landesherrlichen oder der im lehensherrlichen Verband oder der im Mit- und Obereigentumsverhältnis stehenden Waldungen zum Gegenstand hatten. Die in diesen allgemein als Wirtschaftsordnungen zu kenn- zeiehnenden Vorschriften erscheinen nicht als ein gesetzgeberischer, auf staatswirtschaftliche und polizeiliche Erwägungen gegründeter Akt, sondern als ein Ausfluß des Eigentumsrechtes.') Die Erlassung von allgemeinen Forstordnungen und die da- durch betätigte Verhängung der Polizeiaufsicht über die Privat- waldungen fiel in Deutschland in verschiedene Zeiten. Die älteste Forstordnung in der Form eines allgemeinen Landesgesetzes ist die des Herzogtums Württemberg vom Jahre 1515. Dieser folgten noch im 16. Jahrhundert die Forstordnungen für Branden- burg-Ansbach 1531, Sachsen 1560, Bayern 1568, Anhalt 1572, Hohenlohe 1579, Pfalzgrafschaft bei Rhein 1580, Baden 1587, Braunschweig-Lüneburg (Hannover) 1590, Brandenburg-Bayreuth 1573. In Süddeutschland standen somit im 16. Jahrhundert bereits alle Privatwaldungen unter polizeilichem Schutz. In den Thüringischen Herzogtümern und in anderen mittel- deutschen Ländern erschienen die Forstordnungen zum Teil erst während des Ausganges oder in der Zeit nach dem 30jährigen Krieg und eigentlich infolge desselben, weil die kriegerischen Zeiten gerade dort eine vollständige Anarchie in der Benutzung des Waldeigentums geschaffen hatten. Genannt seien hier nur die Forstordnungen für Sachsen-Eisenach von 1645, Sachsen-Weimar 1646, Sachsen-Koburg 1653, Sachsen-Gotha 1664, Henneberg 1615 und 1643, Hildburghausen 1644, Schwarzburg-Rudolstadt 1626, Schwarzburg-Sondershausen 1673, Reuß-Plauen 1638. Viel später als im übrigen Deutschland wurde die Forsthoheit in Preußen zum Vollzug gebracht. Erst die für die Mark erlassene Forstordnung von 1720 verbot allen Untertanen die Verwüstung ihrer Waldungen. In Österreich ist die älteste Forstordnung jene für das Inn- und Wipptal in Tirol von 1511. Dieselbe bezog sich auf alle 1) Vgl. Stieglitz, Geschichtliche Darstellung der Eigentumsverhältnisse an Wald und Jagd, Leipzig 1332, 2121. 14* 212 Forstpolizeigesetzgebung. „gemeinen Wälder und Hölzer“, d.h. jene, welche der allgemeinen Nutzung vorbehalten waren im Gegensatz zu den „Amtswäldern“, die von den Landesfürsten für die Bedürfnisse des Pfannhauses (Saline in Hall) und der Bergwerke reserviert waren. Darnach durfte keiner in seinem Wald mehr Holz schlagen als ihm von den landesherrlichen Forstbediensteten erlaubt worden war. Außerdem erschienen wahrscheinlich vor dem Jahre 1515 noch weitere drei Forstordnungen für Tirol.) Im Jahre 1524 erschien eine Forst- ordnung für Salzburg, die viele Neuredigierungen erfuhr, 1553 die Forstordnung für das Erzherzogtum Österreich. Die Forstordnungen der süddeutschen und mitteldeutschen Staaten hatten viel Gemeinsames nach Form und Inhalt. Die meisten derselben, oft unklar und ohne systematische Ordnung verfaßt, wurden in den folgenden Jahrhunderten ohne wesentliche Änderungen wiederholt herausgegeben und gedruckt. Sie bil- deten das geltende Recht bis zum Erlaß der jetzigen Forst- gesetze. In den altbayerischen Gebietsteilen galt die Forstordnung von 1568 bzw. 1616 bis zum Jahre 1852, in Württemberg die zum letzten Male im Jahre 1614 allgemein redigierte Forstordnung bis 1879. Der Inhalt der forstpolizeilichen Bestimmungen betraf das Verbot der Waldrodung und der Waldverwüstung, die Pflicht der Waldbesitzer, in ihren Waldungen ohne spezielle Anweisung durch die landesherrlichen Forstbedienstete kein Holz zu schlagen und (in einzelnen Ländern) beim Verkauf des Holzes sich an die vom Landesherrn anfgestellten Holztaxen zu halten. Außerdem war der Holzhandel, die Ausfuhr und Einfuhr von Holz und der Flößereibetrieb nach bestimmten Gesichtspunkten geregelt. Die Tendenz der polizeilichen Vorschriften und Beschränkungen, welche in den Forstordnungen vorgesehen waren, war im all- gemeinen auf folgende Punkte gerichtet: 1. Wahrung der jagdlichen Interessen der Landesherren. Die- selben hatten in den meisten Staaten das Jagdrecht (Jagdregal) auf das Hochwild, soweit dasselbe nicht ausdrücklich den bevor- rechteten Ständen in bestimmten Bezirken eingeräumt war. Hin- sichtlich der Niederjagd, die von den Landesherren in einzelnen besonders bezeichneten Revieren ebenfalls ausgeübt wurde, be- standen mit den Ständen besondere Abmachungen. Die Waldungen, in denen dem Landesherrn die Jagd zukam, mußten nun pfleglich behandelt werden, damit dem Wildstand kein Abbruch geschah (Preußen 1720, Sachsen 1560, Baden-Baden 1686). ') Trubrig, Ö. V. 1893, 33 ff., auch 1892, 354. I. Deutsche Bundesstaaten. 213 2. Die Schonung der landesherrlichen Forste und das damit zusammenhängende fiskalische Interesse. Der Zusammenhang war der, daß die landesherrlichen Untertanen gemäß dem natural- wirtschaftlichen Charakter der Zeit das Holz aus den landes- herrlichen Waldungen, sei es unter dem Titel eines eigentlichen Rechtsanspruches, sei es auf Grund besonderer Gnade, um billigeren Preis erhielten als die Fremden oder solche Abnehmer, denen gegenüber ein besonderer Grund zur Bevorzugung nicht bestand. Mit der Abgabe des Holzes und der übrigen Waldprodukte an die eigenen so begünstigten Untertanen machten die Landesherrn somit kein gutes Geschäft. Je mehr aber die Privatwaldungen verwüstet wurden, um so stärkere Ansprüche traten an den landes- herrlichen Wald heran. Dieser einer Art Staatssozialismus entsprungene Zustand zeitigte in Verbindung mit der in vielen Ländern üblichen Fest- setzung bestimmter, auch für die Privatwaldbesitzer verbindlichen Holztaxen im 16. und 17. Jahrhundert eine merkwürdige Er- scheinung, den Holzwucher. Denselben charakterisieren die Forstordnungen von Sachsen 1560, Jena, Eisenach 1645, Weimar 1646 und Koburg 1653 übereinstimmend dahin, daß „etliche, die eigenes Gehölz haben, das ihrige Holz auf Theuerung halten, sparen und sich aus den Amtsgehölzen solches erholen, und ehe sie den Amts- und den ihrigen Unterthanen damit zu Hilfe kämen, lieber das Holz umkommen oder verfaulen lassen.“ Am ärgsten wurde dieser Holzwucher in Brandenburg getrieben.') 3. Die Hintanhaltung einer Holznot. Beinahe jede Forst- ordnung hebt diesen Grund in der. Einleitung hervor. 4. Die Hebung der Volkswirtschaft im allgemeinen, nament- lich die Versorgung der Berg- und Hüttenwerke sowie der holz- verbrauchenden Gewerbe mit genügendem und billigem Holz.?) Obwohl die Forstpolizei sich grundsätzlich auf alle Waldungen des Landes erstreckte, wurden doch in den meisten Staaten den privilegierten Ständen und den Klöstern viele mildernde Zugeständ- nisse gemacht und die ungehinderte Benutzung ihrer Waldungen unter dem Vorbehalt der pfleglichen Behandlung tatsächlich ein- geräumt. Insbesondere blieb den Feudalherrn das Einspruchsrecht gegen verschwenderische Nutzung der Waldungen seitens der Grundhörigen ungeschmälert erhalten. Denselben war die Wahrung ihrer Eigentumsrechte um so leichter, als sie in der Regel die 1) Näheres bei Endres, Die Waldbenutzung vom 13. bis Ende des 18. Jahrhunderts. Tübingen 1888, 142 ff. 2) Siehe Endres a. a. O. 84, 163. 914 Forstpolizeigesetzgebung. niedere Forstgerichtsbarkeit innerhalb ihres Gutsbezirkes (Rittergut, Hofmark) ausübten. Wenn nun auch der Buchstabe des im 16. und 17. Jahrhundert geschaffenen Forstrechtes bis in die neueste Zeit herein derselbe geblieben ist, so haben sich doch im Vollzuge desselben wesent- liche Änderungen ergeben und zwar zu ungunsten der Wald- besitzer. Die Gründe hierfür sind zu suchen einmal in der Aus- bildung des landesherrlichen Absolutismus und der Polizeiherr- schaft, dann aber speziell in der immer stärkeren Betonung der jagdlichen Interessen und in dem autokratischen, parteiischen und habsüchtigen Gebaren der Forst- und Jagdbediensteten. Nachdem die Landtage auf machtlose Ausschüsse zusammengeschrumpft waren, waren alle Wege verschlossen, auf denen die Klagen über “ die Amtsführung der Forst- und Jagdbediensteten mit Nachdruck verfolgt werden konnten. Mangels jeder öffentlichen Kontrolle und höherer verantwortlicher, vorgesetzter fachmännischer Instanzen wurden sie zu Alleinherrschern in ihrem Bezirk, wobei ihnen außerdem die Vereinigung von Justiz und Verwaltung in derselben Person sehr zustatten kam. Keine staatliche Einrichtung war am Ausgang des 18. Jahr- hunderts verhaßter als die Forstpolizei, kein Beamtenstand in der öffentlichen Meinung verachteter als der der niederen Forst- und Jagdbediensteten. Und dieser Zustand hatte (in Mitteleuropa) geradezu ein internationales Gepräge angenommen. Kein Wunder daher, daß die Aufhebung der strengen Forst- ordnung von 1669 in Frankreich durch das gesetzgebende Korps im Jahre 1791 und die damit verbundene Freigabe der Privat- waldwirtschaft in Deutschland geradezu eine faszinierende Wirkung hervorbrachte und als der Beginn einer neuen Ära begrüßt wurde. Nun wurden alle Forderungen in bezug auf die Befreiung des Grundeigentums von allen hemmenden Fesseln formuliert: Auf- hebung der Polizei und Freigabe der Waldrodung, Teilung der Gemeindewaldungen, Ablösung der Gemeinheiten (Forstrechte), Verkauf der Staatswaldungen, Aufhebung aller Grundbarkeits- verhältnisse. Das Verlangen nach Waldrodungen stand mit den auf die Vermehrung der Bevölkerung gerichteten Bestrebungen im Zusammenhang. Zur Ernährung einer vermehrten Bevölkerung brauchte man auch mehr Agrikulturland. Mit der Aufhebung der Forstpolizei hatte es aber in den meisten Staaten noch gute Wege. In Bayern blieb man auf halbem Wege stehen. Unter dem Einflusse Hazzis huldigte die Regierung im Jahre 1804 dessen glückverheißendem Grundsatz: „Freies Eigentum, freie Kultur sind I. Deutsche Bundesstaaten (Bayern). 215 die zwei mächtigen Zauberworte, die jedes Land aus dem elenden wüsten Zustande wie durch einen elektrischen Schlag in ein Paradies umwandeln können.“!) Sie war aber nicht imstande, demselben den reaktionären Bestrebungen des Adels und der Geist- lichkeit gegenüber vor dem Jahre 1848 praktische Geltung zu ver- schaffen. In Württemberg, Baden und Hessen wurden in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhnnderts die forstpolizeilichen Zügel straffer gespannt wie je zuvor. Und nun war es wieder Preußen, welches, seiner historischen Überlieferung treu, die ein strenges forstpolizeiliches Regiment nur vorübergehend kannte, als der erste deutsche Staat die auf Be- freiung des Grundeigentums gerichtete Stein-Hardenbergische Agrarpolitik zur Durchführung bringend, durch das Landeskultur- edikt von 1811 die Forstpolizei über die Privatwaldwirtschaft völlig aufhob. 2. Bayern r. d. Rh. a) Bis zum Jahre 1805. In Bayern galt die Forsthoheit von Anfang an als selbst- verständliches Zubehör der Landesherrlichkeit. Daher erließen die Landesherren schon lange vor dem Erscheinen der allgemeinen Forstordnung für einzelne Wald- und Landesgebiete allgemein ver- bindliche Mandate forstpolizeilicher Natur, welche die Schonung der Wälder anordneten und die Rodung beschränkten.”) In dem 1. „Freibrief* von 1311 wird den Ständen die Erlaubnis erteilt, die Waldungen zu roden und Zins vom Neubruch zu erheben. — 1318 legte Herzog Heinrich die Waldungen des Frauenklosters Landshut in Bann. — 1435 befahl Herzog Wilhelm dem Propst zu Steingaden, seine Wälder und Bannhölzer bei Schongau besser zu pflegen und die Holzverflößung auf dem Lech zu unterlassen. — 1470 (und 1512) wird in der Rentmeisterinstruktion für Wasserburg den Jägermeistern aufgegeben, keinen Auffang (Rodung) in den Wäldern mehr zu erlauben. — 1476 wird in einem Landgebot wegen des Holzschlagens in den Gerichten Tölz und Aibling den Bauern verboten, schwaches Holz zu schlagen und zu roden. — 1491 exschien ein Landgebot wegen des Holz- schlagens im Gerichte Auerburg und Falkenstein. Die Sägemüller dürfen nicht mehr als hundert Säghölzer schneiden und die Bretter selber nicht aus dem Lande führen. Ötzen (roden) wird verboten. Kein im Gericht Gesessener darf mehr Holz nutzen als sein eigener Bedarf ist. Gegen diese einschränkenden Vorschriften über die Nutzung der Wälder beschwerte sich die Landschait auf dem Landtage zu München im Jahre 1493. 2) Motto Hazzis in „Die echten Ansichten usw.“ I; vgl. ferner Reggs.- Blatt 8. Stück v. 22. Februar 1804, S. 170. 2) Vgl. Landesfreiheit von 1508, 1553 und 1616, die Landesordnungen (Landgebote) von 1501, 1516, 1553 und 1616 und die Reformation des Land- rechts von 1518. 216 Forstpolizeigesetzgebung. „Man hat etlichen Prälaten, Edelleuten und Bürgern die Holzwachs auf ihren Gründen verboten; also daß sie zu ihrer eigenen Nothdurft nichts schlagen dürfen; müssen das Holz an andern Enden zu ihrer Güter Nothdurft kaufen wider alle Billigkeit. Denn wessen der Acker ist, dessen ist auch die Frucht darauf. Desgleichen will man auch die Wiesmatten, die durch Nachlässigkeit der Bauern verwachsen sind [d. h. mit Holz sich bestockt hatten], nicht räumen lassen.“ }) Der Erfolg dieser Beschwerde war, daß in der erklärten Landesfreiheit von 1508 die Entfernung des Holzanfluges auf den Äckern und Wiesen, wenn derselbe noch nicht über zehn Jahre alt war und nicht aus Eichen bestand, erlaubt wurde und ebenso die Nutzung des „kleinen Reisachholzes* auch „in des Landesfürsten Bannförsten vorm Gebirg“.?) Diese Bestimmung wurde dann in den folgenden Fassungen der Landesfreiheit wiederholt und findet sich auch in jener, welche in das Gesetzbuch Maximilians I. von 1616 über- gegangen war. Und bezüglich der Holznutzung wurde in den Landesordnungen von 1501, 1516 und 1553 zugestanden, daß die Grundherren im ganzen Lande ihre Wälder „ihrer Gelegenheit und Notdurft nach ungehindert“ nutzen dürfen, wenn das Holz daraus mangels an Wasserwegen nicht zu den landesherr- lichen Bergwerken gebracht werden kann. Jedoch ist in den Landesordnungen von 1516 und 1553 und in dem reformierten Landrecht von 1518 angeordnet, daß die Waldungen insgemein nicht abgeschwendet, sondern gehegt werden. Nach dem LR. v. 1518 dürfen Schläge unter drei Jahren nicht beweidet werden. In der LO. v. 1553 wird der Landschaft noch besonders aufgegeben, daß fernerhin alle neuen Schläge eingezäunt werden. Nadelholzschläge dürfen drei Jahre, Laubholzschläge vier Jahre nicht beweidet werden. Doch soll sich dieses Gebot nur auf „ganze Schläge“ erstrecken und nicht „wo hin und wieder, wie in gemeinen und andern Hölzern geschieht, Holz geschlagen wird“ (Plenterwald). 1508 wurde eine FO. für den Hienheimer Forst bei Kelheim erlassen, weil derselbe „durch Unfleiß und langes Übersehen in merklichen Nachteil und Verödung gekommen“. Der Forst bestand aus dem landesherrlichen Bannholz, aus den „sonderen Hölzern etlicher Kastenleute, zu ihren Gütern gehörig“ (Heimhölzer der Zinsbauern) und aus dem Gemeinholz der Unter- tanen zu Hienheim. 1518 erschien eine FO. für den Köschinger Forst bei Ingolstadt, weil in „diesem schönen und prächtigen Hauptforst verschwenderisch gehaust werde“. Der Forst war landesherrlicher Besitz, die FO. bezieht sich auf die Regelung der Holznutzung und der Berechtigungsbezüge. Die anliegenden Gemeinhölzer dürfen nicht mehr abgeschwendet werden. 1536 erschien „die Holz- und Kohlordnung in Oberbayern vor dem Gebirg an der Isar und Loisach“ (erneuert 1560). Dieselbe wurde aufgerichtet für alle Landsassen aller Stände, geistliche (auch Kloster Tegern- see) und weltliche, für Städte und Märkte, Gerichtsleute und Einwohner, welche an der Isar und Loisach vor dem Gebirge „Wälder, Forst- und Holz- mark haben“. Auch die herzoglichen Beamten haben sich darnach zu richten. Die erste „allgemeine Wald- und Forstordnung für das ganze Fürstentum“ („sonderlich aber für den Rentamts- ') Krenner, Landtagshandlungen IX, 231, ferner XI, 111. ®) Krenner XVII, 94. I. Deutsche Bundesstaaten (Bayern). 217 bezirk München und Ingolstadt“) erschien am 1. November 1568. Dieselbe wurde nur in wenigen Exemplaren gedruckt und deshalb allgemein auch nicht beobachtet. Viele Landstände be- haupteten sogar, dieselbe beziehe sich nur auf die landesherr- lichen Waldungen. Ein vollständig gleichlautender Abdruck wurde 1598 hergestellt. Mit nicht sehr wesentlichen Abänderungen wurde sie zugleich mit dem Gesetzbuch Maximilian I. unterm 28. Sep- tember 1616 neu herausgegeben als „gemeine durchgehende Forstordnung der Fürstenthumben Obern und Nidern Bayrn“. Sowohl in dem Landrecht von 1756 wie durch Verordnung vom 16. November 1790!) wurde die Giltigkeit der Forstordnungen von 1568 und 1616 ausdrücklich erneuert und befohlen, daß dieselben in allen Fällen, für welche nicht besondere Befehle vorliegen, als Anhaltspunkt dienen sollen. Die Forstordnung von 1616 blieb somit in der Hauptsache bis zum 28. März 1852 in Geltung. In der FO. v. 1616 wurden, wie schon Rottmanner?°) konstatierte, ver- schiedene den Förstern und Jägern ungünstige Artikel der FO. v. 1568 aus- gelassen, so z. B. die Artikel von dem Unfleiß der Förster, daß sie ihre Knechte nicht selbst anstellen, weder dürres noch grünes, stehendes noch liegendes Holz ohne vorhergehende Besichtigung des Forstmeisters abgeben dürfen, sich ihr Deputatholz durch die Beamten anweisen lassen müssen, der oberste Jäger- und Forstmeister selbst ohne Befehl der Hofkammer kein Holz schlagen lassen und bei der Ablegung der Forstrechnungen in der Kammer gegenwärtig sein solle. In der FO. v. 1568 unterstand die oberste Leitung des Forstwesens dem obersten Forstmeister oder Jägermeister, auch Jägerkammermeister genannt. 1616 tritt an dessen Stelle die Hofkammer (Präsident und Räte), allgemein ist auch von „Beamter“ die Rede. Während die FO. v. 1568 noch mehr auto- kratisch abgefaßt war und die ganze Aufsicht usw. dem obersten Forstmeister oblag, ist in der FO. v. 1616 die Gerichtsobrigkeit der Stände überall gewahrt (z. B. bei der Verpflichtung der gemeindlichen Forstknechte), ein Beweis, daß die Stände auf die Abfassung der FO. v. 1616 Einfluß hatten. Forst-, Wald- und Holzordnungen für einzelne Landesgebiete waren jene für die Oberpfalz von 1600, gleichlautend erneuert 1657 und 1694; für das Fürstentum und spätere Herzogtum Neu- burg a.D. von 1577, gleichlautend erneuert 1690; für Sulzbach von 1733.?) !) Mayr, Sammlung der kurpfalzbayerischen etc. Landesverordnungen 1797, 203. 2) (S. Rottmanner), Notwendige Kenntnisse u. Erläuterungen des Forst- u. Jagdwesens in Bayern. München 1780. — Rottmanner, geb. 1740, gest. 1813, war Advokat zu München und Gutsbesitzer. In dem von ihm verfaßten, vorzüglich geschriebenen Buche werden die Mißstände in der bayerischen Forstverwaltung scharf gegeißelt und Vorschläge zur Abhilfe gemacht. Rott- manner ist der erste bayerische Forstschriftsteller von Bedeutung. ®) Eine erschöpfende Aufzählung aller seit 1518 erschienenen bayerischen Forst- und Jagdverordnungen findet sich in „Handbuch der Forst- und Bin. Forstpolizeigesetzgebung. Der Forstordnung waren alle Waldungen des Landes unter- worfen, nämlich die Waldungen der Stände und Hofmarksherren, — der Kirchen und Pfarrhöfe, mochten sie im Gerichtsbezirk des Landesherrn oder der Landstände liegen, — der Bauern, und zwar sowohl deren freieigene als die zu ihren grundbaren Gütern ge- hörigen Hölzer, — der Gemeinden (gemeine Hölzer). Den Ständen war die eigene Verwaltung ihrer Hölzer zwar überlassen, sie werden aber zur Verantwortung gezogen, wenn sie auf gütliche Ermah- nung der landesherrlichen Beamten hin die Abschwendung fortsetzen. Ganz besondere Fürsorge wurde den Waldungen der Klöster zuge- wendet, weil die Prälaten nicht füglich darauf sehen könnten und ihre Forstbediensteten wenig gehorsam seien. Diese dürfen daher für Waldungen, die außerhalb der Hofmark lagen, nur mit Genehmigung der landesherr- lichen Beamten angestellt und müssen im Namen des Landesherrn verpflichtet werden. Die Waldungen der Bauern waren nur zum geringsten Teile frei- eigene (vollfreie, allodiale). Sie dürfen nicht „abgeschwendet“ werden (FO. v. 1568 u. 1616 Art. 80). „Was sie (die Bauern) zu ihrer Hausnotdurft nicht mangeln können, das soll ihnen abzuhauen unverwehrt sein.“ Die große Mehr- zahl der bäuerlichen Waldungen stand im Grundbarkeitsverbande der Grundherren, nämlich des Landesherrn selber in seiner Eigenschaft als Grund- besitzer,!) der Klöster und sonstigen kirchlichen Institute, der Landsassen und sonstigen Grundbesitzer. Der Grundherr (dominus directus) hatte über die Güter seiner Grundholden (Hintersassen) das Obereigentum, der Grundholde (dominus utilis) das Nutzeigentum. Die Besitzrechte der bäuerlichen Grundholden waren folgende: 1. Erbrecht; das Gut ist im Eigentum des Grundholden und geht auf dessen Erben über, kann nur zur Strafe zurück- genommen werden, darf aber ohne Zustimmung des Grundherrn weder ver- kauft noch verpfändet werden. 2. Leibrecht oder Leibgeding; die Verleihung Jagdgesetzgebung des Königreichs Baiern von Behlen u, Laurop, 1831.“ Der im großen und ganzen im Auszug richtig wiedergegebene Inhalt der Verordnungen ist leider sehr system- und kritiklos zusammengestellt, auch fehlt der verbindende Text. Soweit die Forst- und Jagdordnungen nicht selb- ständig im Drucke erschienen sind, sind sie enthalten in: Krenner, Baier. Landtagshandlungen in den Jahren 1429 bis 1513, München 1803 ff. — (Kreittmayr), Sammlung der neuesten und merkwürdigsten ckurbaierischen Generalien u. Landesverordnungen. 1771. — G. K. Mayr, Sammlung der churpfalzbaierischen allg. u. bes. Landesverordnungen, 6 Bände 1784—1799, 2 Bände 1800 u. 1802. — G. Döllinger, Sammlung der im Gebiete der inneren Staatsverwaltung des Kgr. B. bestehenden Verordnungen. 20 Bände 1835—39. Fortsetzung von Frh. von Strauss. 13 Bände 1853—54. — K. Weber, Neue Gesetz- und Verordnungssammlung. Nördlingen u. München. — Handbuch der Staatsverfassung u. Staatsverwaltung des Kgr. B. 7 Bände 1809— 1813. !) Die landesherrlichen Güter hießen Urbargüter oder Kastengüter. Sie standen unter dem Kastner und waren im Urbarbuch (Salbuch) einge- tragen. Über Vogtgüter hatte der Landesherr nur die Vogtei. Die Güter der Grundherren hießen auch „ausherrische“. Rosenthal, Gesch. d. Gerichts- wesens u. der Verwaltungsorganisation Bayerns 1889, 350. I. Deutsche Bundesstaaten (Bayern). 219 war auf die Lebenszeit der Grundholden beschränkt. 3. Neustift; das Besitz- recht endete mit dem Tode des Grundherrn. 4. Herrengunst oder Freistift; der Grundherr konnte nach Belieben den Bebauer jederzeit gegen Erstattung des Aufwandes für Meliorationen und des bei der Gutsübernahme geleisteten Handlohnes „abstiften“. — Die Inhaber der grundhörigen Güter hatten an den Grundherrn jährliche Abgaben zu entrichten (Stift, Gilt), Frondedienste und beim Besitzwechsel Besitzveränderungsabgaben zu leisten.!) Zu diesen Gütern gehörten auch Waldungen, aus welchen der Grund- holde seinen Bedarf an Waldprodukten decken konnte, Dieselben waren aber nicht bloß den Bestimmungen der FO. unterworfen, sondern auch der Ober- aufsicht des Grundherrn. Das Landrecht von 1516, 1518, 1553, 1616 (Tit. 21, Art. 18) verordnet ausdrücklich, daß Freistifter, Leibgedinger oder die Erb- gerechtigkeit oder Herrengunst haben, in den zu ihren Gütern gehörigen Hölzern weder Bau-, Nutz- und Brennholz schlagen oder hingeben dürfen ohne des Grundherrn Wissen und Willen. Von der Herrschaft muß das zu fällende Holz angewiesen (ausgezeigt) werden. Der Grundherr soll dies zur rechten Zeit und „soviel des Gutes Notdurft“ tun. Wer dieses Gebot übertritt, soll seine Gerechtigkeit an dem Gut, zu dem das Holz gehört, verloren haben. Ebenso soll auch der Freistifter darum entsetzt werden, er ist außerdem seinem Stiftsherrn Schadensersatz schuldig. — Das LR. v. 1756 änderte daran nichts. Bemerkenswert ist die Bestimmung der Neuburger FO. v. 1690, daß die Besitzer von Lehen- und Zinswaldungen im Falle einer Übernutzung der- selben den halben Erlös von dem in den letztverflossenen sechs Jahren ver- kauften Holze herauszahlen müssen. Diese Summe wird verzinslich an- gelegt und verbleibt ewig bei dem lehen- und zinsbaren Gehölz, der Inhaber aber erhält nur den Zins. Die Gemeinden mußten für ihre Waldungen eigene Forstknechte auf- stellen. Obwohl alle Waldbesitzer ohne Ausnahme an die Forstordnung gebunden waren, so wurde hinsichtlich der Handhabung der forst- polizeilichen Aufsicht ein Unterschied zwischen den ständischen und den übrigen Waldungen gemacht. Das wirksamste, aber auch gehaßteste Mittel der Kontrolle war die obrigkeitliche An- weisung des zur Fällung bestimmten Holzes („Stamm für Stamm“). Die Forstordnung schreibt diese Maßnahme zwar nur für die Gemeindewälder ausdrücklich vor. Allein im 18. Jahrhundert wurde sie als etwas Selbstverständliches gegenüber allen nicht- ständischen Waldbesitzern betrachtet und durch besondere Ver- ordnungen, namentlich durch das Mandat vom 1. August 1778 noch bekräftigt.) Die Anweisung wurde nach diesem Mandat „durch jedes Ortes ordinari Obrigkeit“ vollzogen, d. h. in jenen bäuer- lichen und sonstigen Untertanswaldungen, welche im landesherr- 1) Rudhart, Über den Zustand des Kgr. B. I, 156f. (auch statistische Angaben). 2) Vgl. Mandate v. 1730 (Mayrsche Sammlung 1788, 980), 1752 (a. a. O. 1784, 759), 1762, 1778 (a. a. O. 1784); ferner Kreittmayr, Anmerkungen I, 8, 815 Nr. 6. 2320 Forstpolizeigesetzgebung. lichen Gerichtsbezirk lagen, durch die kurfürstlichen Beamten (Forst-, Jagd-, Kastenbeamte), in den in den Hofmarksbezirken gelegenen durch die ständischen Beamten. Außerdem mußten die im Grundbarkeitsverband stehenden Untertanen für jede Holz- fällung in den zu ihrem Gute gehörigen Waldungen noch die privatrechtliche Zustimmung ihres Grundherrn erwirken, die aber, solange die Holznutzung sich im Rahmen des Bedarfs des Grund- holden hielt, nieht verweigert werden durfte. Die mit der niederen Gerichtsbarkeit ausgestatteten Landsassen waren in ihren Waldungen an eine obrigkeitliche Anweisung nicht gebunden.) Ein wesentlicher Grund für die Ausübung der Forsthoheit war die Rücksicht auf die Jagd. Zu Holzanweisungen in Waldungen, in welchen der Kurfürst die Jagd hatte, mußte deshalb auch das Jagdpersonal zugezogen werden. Ein viel bekämpftes Mandat vom 1. August 1778 ging aber noch weiter, indem nunmehr nicht nur in den kurfürstlichen Wildfuhren, sondern auch in den ständischen der jeweilige Jagdherr bzw. dessen Jäger der An- weisung beiwohnen mußte. Hofmarksherren und Stände, die in ihren Waldungen das Jagdrecht nicht hatten, durften mithin auch kein Holz und keine Streu ohne Einwilligung der kurfürstlichen Jäger nutzen. Diese Verordnung?) wurde 1786 aufgehoben.?) Für die Holzanweisung durften zwar die Forstbediensteten und Jäger nach der Forstordnung und den Mandaten von 1762 und 1778 kein Anweisgeld erheben, aber die oberen Beamten hatten nach der Taxordnung von 1735 „für die Erteilung des Willens und Amtszettels oder Signatur an die Holzforster und Jäger“ bei Holzanweisungen in Gemeinde- und Untertanswaldungen eine Gebühr von 1 Kreuzer für jede Klafter Brennholz zu be- anspruchen; für Bau- und Zaunholz bekam der Oberbeamte 8'/, Kr., der Gerichtschreiber 10 Kr., bei weniger als 12 Stämmen jeder nur die Hälfte. Obwohl die Forstbediensteten und die Jäger die Holzanweisung umsonst besorgen sollten, war dieselbe für sie doch ein einträg- liches Geschäft, weil derjenige Waldbesitzer, der sich ihnen nicht !) Vgl. Kreittmayr, Cod. Max. bay. civ. II, c. 8, 815, 2.6 und IV, c.788 2.6. ?) Gegen das Mandat schrieb Rottmanner unter dem Pseudonym Joh. Th. Freyherr zu Schollenberg und Reutha die sarkastisch gehaltene Broschüre: „Anmerkungen über das bayerische Mandat, welches in Betref der Wildschützen und Landkultur den 1. August 1778 erschlichen. ... Gedruckt i. J. 1778.“ — Hierauf antwortet die Schrift von Stubenrauchs „Recht und Billigkeit in Forst- u. Jagdsachen zwischen dem Landesherrn u. seinen Unter- thanen 1779.“ — °) Mayr IV, 1020. TEE Zu ei MS Se ec re Di ee Zu I. Deutsche Bundesstaaten (Bayern). 221 erkenntlich zeigte, auf alle mögliche Weise schikaniert wurde. Darin lag auch die hauptsächlichste, ja einzige Ursache für die Erbitterung, die im 18. Jahrhundert alle Kreise der Bevölkerung gegen die Forsthoheit ergriffen hatte.') Eine Wandlung zum Besseren hinsichtlich der Auswüchse der forsthoheitlichen Einwirkung auf die Privatwaldwirtschaft trat im Jahre 1789 mit der ersten über das ganze damalige Bayern sich erstreckenden Organisation des Forstdienstes ein. In diesem Jahre, welches in jeder Beziehung einen Markstein in der Forst- geschichte Bayerns bildet, die Scheidewand zwischen der alten und neuen Zeit, wurde das Land in 20 Forstmeistereien ein- geteilt.) Unter Aufhebung der früheren Verordnungen wurde die Holzanweisung in den kurfürstlichken Waldungen und in jenen Untertanswaldungen, welche im Jurisdiktionsgebiet des Kurfürsten lagen, den Forstmeistern wenigstens nominell übertragen. Diese waren nunmehr für das Gebaren der ihnen untergebenen Forst- bediensteten verantwortlich, während dieselben bis dahin nach Willkür schalten und walten konnten. Über die Waldungen der Stände behielt sich der Kurfürst zwar ausdrücklich nach wie vor die „Generaloberaufsicht“ vor, jedoch durften sich die Forstmeister „in das ständische Forst- wesen, wo die Forstauszeige und Forestaljurisdiktion den Ständen überlassen ist, nicht im geringsten einmischen“, solange dieselben die Forstordnung beobachteten und ihre Waldungen nicht ab- schwendeten. Im Jahre 1788 wies der Kurfürst die Prälatenklöster wegen ihres Vorbringens, daß die Hofkammer über ihre Waldungen Ver- fügungen zu machen nicht berechtigt sei, energisch zurecht, be- tonend, daß er sich in der Ausübung seiner landesherrlichen, forsteilichen höchsten Gerechtsame niemals behindern lasse.?) Die Prälaten sollen sich nicht „mit unnützen und unstatthaften Ein- wendungen und Behinderungen beeifern.“ Trotz der entschiedenen Besserung, welche seit 1789 in dem Vollzug der Forstpolizei angebahnt worden war, setzten von da ab auf ungefähr zwei Jahrzehnte lang die Anstürme gegen die Forstpolizei erst recht ein. Da der alte Haß gegen die Forst- bediensteten immer noch weiter glimmte, fiel das nun zum Glaubenssatz erhobene Schlagwort: Freiheit des Eigentums und der Kultur, auch in Bayern auf fruchtbaren Boden. Die völlige 1) Vgl. die schweren Anklagen gegen die Forstbediensteten bei Kreitt- mayr II,8 $15 Nr. 13; Rottmanner a. a. O. 13, 17, 18, 117, 572; Hazzi, Echte Ansichten usw. 263, 147, 157. 2) V. v. 14. März 1789; Mayr 1797. — ®) Mayr 1797, 165. 22 Forstpolizeigesetzgebung. Loslösung der Privatwaldwirtschaft von der staatlichen Aufsicht, sollte, so hoffte man wenigstens, umfangreiche Rodungen im Ge- folge haben und durch die damit verbundene Vergrößerung des landwirtschaftlichen Areals eine Zunahme der Bevölkerung bewirken. Hazzi, der sich den Kampf gegen die Forstpolizei zur Lebens- aufgabe gemacht hatte, wirft den Forstbeamten vor, daß sie „anstatt lachender Fluren und lebhafter Ansiedlungen nichts als große düstere Wälder zu sehen wünschen“. Die Beschränkung des freien Eigentums habe nur beschränkten Köpfen ihr Dasein zu verdanken.') Im Jahre 1804 erging seitens der bayerischen Regierung an sämtliche Landrichter die Aufforderung, sich über die Frage gut- achtlich zu äußern, ob es nach staatswirtschaftlichen Grundsätzen zweckmäßig sei, den Untertanen die Benutzung ihrer Waldungen freizugeben. Alle bei Hazzi (Echte Ansichten usw.) abgedruckten Gutachten sprechen sich dafür aus. Soweit auch der Landesherr bzw. der Staat sich in bezug auf die Teilung der Gemeindewaldungen, den Verkauf der Staats- waldungen und die Beseitigung der Forstrechte von Hazzi und seinen Gesinnungsgenossen auf vorher nicht gekannte Bahnen vorübergehend drängen ließ, in Sachen der Forstpolizei wurde an dem alten Programm mit Zähigkeit festgehalten. Besonders den adeligen Gutsbesitzern gegenüber wurde durch Verordnungen von 1806, 1807 und 1808 und dann laut der Verfassungsurkunde von 1818 das staatliche Oberaufsichtsrecht über deren Waldungen immer wieder als zu Recht bestehend verkündet.?) Der einzige Erfolg, den die auf Freigabe der Waldwirtschaft gerichtete Bewegung zu verzeichnen hatte, war das durch Ver- ordnung vom 4. Juni 1805 allen Besitzern eigentümlicher Waldungen zugestandene Recht, dieselben zu roden, wenn sie in Acker- oder Wiesengrund verwandelt werden. Zugleich wurde für diese Gründe ewige Zehentfreiheit zugestanden. Diese Verordnung stand insofern im Zusammenhang mit den Staatswaldverkäufen jener Zeit, als den Käufern teils aus Wirtschaftsprinzip, teils als Lockmittel die Rodung der erworbenen Waldteile ohne weiteres erlaubt worden war. Diese Befugnis wurde nun auf alle Privat- waldbesitzer erweitert und blieb bis 1852 zu Recht bestehen, ı) Hazzi, Echte Ansichten usw. 1805, 172. — Hierzu die Gegenschrift von Grünberger, Einige Ansichten von dem Forstwesen in Bayern 1805. 2) Regierungsblatt 1807, 203 u. 479; Verf.-U. 6. Beil. $ 3; Organisches Edikt v. 1808. I. Deutsche Bundesstaaten (Bayern). 223 b) Von 1805—1842. In dem Zeitraum von 1803—18 vollzogen sich auch für Bayern tiefeingreifende politische Veränderungen: Säkularisation der Güter der mittelbaren und unmittelbaren Abteien, Klöster, Stifter und Bistümer (Reichsdeputationshauptschluß von 1803), Er- hebung Bayerns zum Königreich (1. Januar 1806), Mediatisierung der fürstlichen und gräflichen mit Reichsstandschaft und Landes- hoheit ausgestatteten Häuser (Rheinbundakte vom 12. Juli 1806), Organisation der inneren Verwaltung, Erlassung der Verfassungs- urkunde vom 26. Mai 1818, Vergrößerung Bayerns auf sein jetziges Gebiet. Die Rückwirkung dieser großen Ereignisse auf die forstlichen Zustände ‚Bayerns äußerte sich zunächst in der Vergrößerung des Staatswaldbesitzes wie in der Verschiebung der Waldeigentums- verhältnisse überhaupt und in der geradezu heillosen Verwirrung der forstpolizeilichen und forstgesetzlichen Verhältnisse. Diese letztere wurde noch verschärft durch die Fortdauer der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit und Polizei- gewalt. Im Jahre 1803 wurde die Edelmannsfreiheit aufgehoben und damit die Gerichtsbarkeit des Adels über die in den Landgerichten zerstreut liegenden Grundholden abgeschafft. Im gleichen Jahre wurden alle adeligen Gerichte, welche nicht in einem geschlossenen Bezirke mit 50 Familien im Umkreis von einer Stunde um den Gerichtssitz zu Patrimonialgerichten umgebildet werden konnten, beseitigt. Den Mediatisierten war 1807 die untere und mittlere Justiz und ein gewisses Polizeirecht garantiert worden. Der Zustand der adeligen Gerichte kam dadurch in große Verwirrung. Die Gerichtsbarkeit der Stifter und Klöster hatte durch die Säkularisation und jene der Städte durch Aufhebung der Magistrate ohnehin aufgehört. — 1812 wurde nun vorläufig Ordnung geschafft: Alle adelige Gerichtsbarkeit kann nur in geschlossenen Gebieten geübt werden, und zwar a) durch Herrschaftsgerichte der Mediati- sierten und Majoratsherren mit 300 Familienuntertanen, b) durch Ortsgerichte zu mindestens 50 Familien.!) Durch die Verfassungsurkunde von 1818 bekam die ganze Institution neue Gestalt. Den Standesherren und adeligen Gutsbesitzern wurde in der Verfassungsurkunde die gutsherrliche Gerichtsbarkeit und Polizei auch weiterhin zugestanden. Die Standesherren übten diese Befugnisse durch Herrschaftsgerichte und durch ihre Polizeibehörden aus. Zunächst kam ihnen nur die untere Polizei in ihren Gebieten zu. Dazu zählte auch die Forst- und Jagdpolizei sowie die Forstgerichtsbarkeit sowohl in den standesherrlichen Waldungen als auch in dem ganzen Umfang ihres Gebietes (V.-U. Beil. 4 $ 26). Standesherren mit einem geschlossenen Gebiete von 14—20000 Seelen konnten für Justiz- und Polizeiangelegenheiten eine zweite Instanz in einem besonderen Kollegium, Regierungs- und Justizkanzlei genannt, bilden. Dasselbe hatte in dem standes- ) von Moy, Staatsrecht 1. Teil, 1. Abt. 267. 294 ° Forstpolizeigesetzgebung. herrlichen Gebiet die Polizei in allen Gegenständen, welche zum Wirkungs- kreise der königlichen Kreisregierungen gehörten und dieser nicht besonders vorbehalten waren, zu verwalten. Dazu zählte auch die höhere Forstpolizei (V.-U. Beil. 4 8 33, 34). Die übrigen adeligen Gutsbesitzer hatten das Recht der niederen Ge- richtsbarkeit und Polizei für ihren Gutsbezirk (frühere Hofmark) dann, wenn dasselbe schon 1806 hierauf begründet war. Sie übten dieselbe durch Herr- schaftsgerichte und Patrimonialgerichte. Nach der 6. Beilage zur Verfassungsurkunde $ 3 waren alle Gutsherren verbunden, bei der Ausübung des Jagd- und Forstrechtes die bestehenden Verordnungen und Polizeigesetze zu beobachten. Den Standes- und Gutsherren war es anheimgegeben, ihre Gerichtsbar- keit an den Staat abzutreten, wobei sie für den Entgang der ihnen aus der Gerichtsbarkeit zufallenden Einnahmen Entschädigung erhielten. Die niedere örtliche Polizei mit Einschluß der Forst- und Jagdpolizei konnten sie sich aber weiterhin vorbehalten (Gesetz v. 23. Dez. 1831). Mit dem 1. Oktober 1848 ging die standes- und gutsherrliche Gerichts- barkeit und Polizeigewalt an den Staat über (Gesetz v. 4. Juni 1848). Im Jahre 1825 betrug die Zahl der mit Gerichtsbarkeit versehenen adeligen Besitzungen ohne jene der Reichsräte 945.') Man unterschied die höhere und die niedere Forst- polizei. Die höhere Förstpolizei (zweite Instanz), welche die Einhaltung der forstordnungsmäßigen und gesetzlichen Bestimmungen im all- gemeinen zu überwachen hatte, wurde von den staatlichen Be- hörden (kgl. Kreisregierung, K. d. J., V. 17. Dezember 1825) mit Vorbehalt der den Standesherren verfassungsmäßig zustehenden, vorhin genannten Befugnisse ausgeübt. Die niedere Forstpolizei (erste Instanz) hatte unmittelbar dafür zu sorgen, daß bei Benutzung der Waldungen die gesetzlichen und forstordnungsmäßigen Gebote und Verbote beobachtet wurden. Sie stand zu: 1. Dem Staate in allen seiner Jurisdiktion unmittelbar unter- worfenen Waldungen; sie wurde durch die königlichen Land- gerichte ausgeübt. 2. Den Standesherren in ihren eigentümlichen und den übrigen zu dem standesherrlichen Gebiete gehörigen Waldungen. 3. Den Gutsherren mit Gerichtsbarkeit in ihren eigentümlichen und in den verfassungsmäßig unter ihrer Gerichtsbarkeit stehenden Waldungen (auch Gemeindewaldungen). 4. Den Standes- und Gutsherren, welche bei der Abgabe der Gerichtsbarkeit an den Staat die niedere örtliche Forstpolizei mit Inbegriff der Forst- und Jagdpolizei sich vorbehalten hatten, in allen Waldungen, in denen sie vor der Verzichtleistung auf die Gerichtsbarkeit die Forstpolizei ausgeübt hatten (G. 28. Dez. 1831). !) Rudhart I, XXVI I. Deutsche Bundesstaaten (Bayern). 225 5. Den Städten und Märkten mit magistratischer Verfassung nach Maßgabe des Gemeindeedikts (Art. 67—69) in den landes- herrlichen Bezirken, vorbehaltlich der den Standes- und Gutsherren zustehenden niederen Forstpolizei.') Die Organe der Forstpolizeibehörden waren in den unmittel- baren landesherrlichen Gebietsteilen die königlichen Forstbehörden, in den standes- und gutsherrlichen Bezirken die Behörden (Forst- behörden) der Standes- und Gutsherren. Der Besitzstand der Forsten gliederte sich wie folgt: 1. Standesherrliche Waldungen. Standesherrliche Häuser in Bayern und in den übrigen deutschen Staaten sind jene, welche bis zum Jahre 1806 Reichs- standschaft und Landeshoheit besessen und diese Eigenschaft entweder damals oder später verloren haben (Hoher Adel) (V.-U. Beil. 4). Die standesherrlichen Waldungen betrugen von der Waldfläche des rechtsrheinischen Bayerns 2,6 °/,. Sie waren hauptsächlich vertreten in Mittelfranken, Schwaben und Unter- franken. In Oberbayern und in der Pfalz fehlten sie ganz. 2. Gutsherrliche Waldungen. Gutsherren waren die ehemaligen Land- sassen, bzw. die adeligen Gutsbesitzer (niederer Adel). Im weiteren Sinne zählten dazu auch die Standesherren als Grundbesitzer. Die gutsherrlichen Waldungen betrugen 150550 ha oder 6,7°/, der Ge- samtwaldfläche r. d. Rh.; davon waren 41°/, im Lehensverbande, die meisten in Unterfranken und in der Oberpfalz. Die übrigen gutsherrlichen Waldungen lagen hauptsächlich in Oberbayern, Niederbayern und in der Oberpfalz. In der Pfalz fehlten sie ganz. 3. Gemeinde- und Korporationswaldungen mit 11,5 °/,. 4. Stiftungs- und Pfarrwaldungen mit 1,9 %/,. 5. Gemeine Privatwaldungen. Dieselben umfaßten (r. d. Rh.) 945460 ha oder 42°/, der Gesamtwaldfläche. Davon waren im Grundbarkeitsverbande des Staatsärars 39 °/, (hauptsächlich Ober- und Niederbayern, Oberpfalz, Mittel- franken), von anderen Grundherren 17°/, (hauptsächlich in Ober- und Nieder- bayern) und freieigen 44 °/, (hauptsächlich in Ober- und Niederbayern, Schwaben). Von den sämtlichen nichtärarialischen Waldungen im rechtsrheinischen Bayern standen im Jahre 1842 76°/, unter staatlicher und 24°/, unter standes- herrlicher, grundherrlicher und städtischer Forstpolizei. Die Waldungen des Staates, der Standes- und Grundherren, der Ge- meinden, Stiftungen und Körperschaften betrugen r. d. Rh. 1297000 ha oder 58 °/, der Gesamtwaldfläche. Die grundbaren Waldungen der Privaten, welche den Beschränkungen des Obereigentums durch den Fiskus und andere Grund- herren unterworfen waren, betrugen 533000 ha oder 24°/, der Gesamtwald- fläche. Die Waldungen also, deren Erhaltung teils durch das Interesse der Besitzer, teils dnrch die vom Staate oder von den Grundherren ausgeübte Kuratel gesichert war, umfaßten 1850000 ha oder 82°), der Gesamtfläche. Dieser Fläche standen 412000 ha oder 18°], freieigene Privatwaldungen gegenüber. Infolge des Gebietszuwachses, den Bayern von 1801 bis 1819 erfahren hat, kam der Stand und der Vollzug der Forstpolizei- !) Entwürfe zu einem Forstgesetz v. 1842 u. 1846. Endres, Forstpolitik, 15 296 4 Forstpolizeigesetzgebung. gesetzgebung in die ärgste Unordnung. Fast jeder der neu erworbenen Gebietsteile hatte seine eigene Forstordnung, so daß im rechtsrheinischen Bayern nach dem Abschluß der Territorial- veränderungen bis zum Erlaß des neuen Forstgesetzes vom Jahre 1852 über 30 Forstordnungen in Geltung waren, abgesehen von der großen Menge einzelner Mandate und Reskripte sowie von den zivilrechtlichen Bestimmungen. Dabei ist es für einzelne Gebiete immer zweifelhaft geblieben, welehe Forstordnung auf sie zutraf.') Diese Forstordnungen waren: 1. Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz. FO. für Ober- u. Niederbayern v. 1616. — Holz- u. KohlO. für die Gebirge an der Isar und Loisach v. 1536. — W.- und KohlO. der oberen Pfalz v. 1694. — HO. für das Herzogtum Sulzbach v. 1733 u. 1744. — FO. (fürstl. Freisingsche) für die Grafschaft Werdenfels v. 15. Mai 1798. — FO. für das Fürstentum Berchtesgaden v. 31. Juli 1795. — Salz- burgische WO. v. 23. Sept. 1755. — Fürstl. Passauische FO. v. 18. Juni 1776. — Hochstift Regensburgsche FO. v. 1769, giltig in dem Thurn und Taxis’schen Herrschaftsgericht Wörth. — Forst- und Weideordnung des Stiftes Waldsassen, 2. Oberfranken, Mittelfranken. Ansbachische FO. v. 1613. — FO. der Reichsstadt Dinkelsbühl v. 1754. — Fürstl. Eichstättische FO. v. 1666 (1693, 1726); galt auch in ein- zelnen Teilen des Landgerichts Hiltpoltstein, Neumarkt und Riedenburg. — Bamberger FO. v. 1580. — Bamberger WO. v. 21. Sept. 1733. — FO. der Reichsstadt Nürnberg v. 21. März 1736, 22. Sept. 1738 u. v. 1805. — Bay- reuther FO. v. 1573. — Verschiedene landesherrl. V. der Fürstentümer Ans- bach, Bayreuth, Bamberg. 3. Unterfranken und Aschaffenburg. Würzburger WO. v. 28. März 1721, 4. März 1727 und 10. Oktober 1738. — Die Churmainzischen FO. v. 5. November 1744 u. 5. Januar 1774. — Aschaffenburger FO. v. 30. Mai 1796. — Fürstl. Leiningensche FO. v. 30. Januar 1803. — Fürstl. Löwensteinsche FO. v. 15. Juni 1804. — Lan- desherrl. Mandate und das Fuldaische Privatrecht. 4. Schwaben und Neuburg. FO. des Fürstentums Neuburg v. 1690; galt auch in den Landgerichten Burglengenfeld, Hemau, Hiltpoltstein, Parsberg, Regenstauf, dann in einzelnen Teilen der Landgerichte Amberg, Neumarkt und Riedenburg. — FO. der ehe- mals Vorderösterreichischen Staaten v. 7. Dezember 1786. — FO, des Reichsgotteshauses Ottobeuren v. 17. März 1787. — Die fürstl. Kempten- schen Maiengebote v. 1786 u. 1791. — Die bischöflich Augsburgische FO, für das Forstamt Denklingen v. 1763. — Jagd- u. FO. des Reichsstiftes Irrsee v. 1787. — FO. der Reichsstadt Ulm v. 1802. — FO. der Reichsgraf- schaft Königseck-Rothenfels und der Herrschaft Stauffen v. 1779. — HO. der Reichstadt Kaufbeuren. — Gräfl. Fuggersche FO. v. 14. Mai 1573. 5. Außerdem landesherrliche Mandate, Waldrodungsordnungen, sowie die Bestimmungen des bayerischen und preußischen Landrechts. 1) Vgl. Verh. d. K. d. Reichsräte 1842/43, 3. BB., 168. I. Deutsche Bundesstaaten (Bayern). a, Alle diese Forstordnungen stimmten darin überein, daßin den freieigenen Waldungen das zu fällende. Holz obrigkeitlich an- gewiesen werden mußte und Devastation und Rodung der Waldungen überhaupt verboten war.') Die Durchführung des Rodungsverbotes in den altbayerischen Gebieten scheiterte aber an der Verordnung vom 4. Juni 1805. Die Regierung mußte sich zunächst darauf beschränken, in den ÖOrganisationsverordnungen für die Staatsforstverwaltung von 1803, 1807 und 1821 ihr forstpolizeiliches Oberaufsichtsrecht im allgemeinen zu betonen und in der Organisationsverordnung vom 22. Dezember 1821 ausdrücklich zu erklären, daß die übernommenen Forstordnungen Gesetzeskraft haben. Über die Notwendigkeit zur Schaffung eines einheitlichen Forstpolizeigesetzes bestand kein Zweifel. Bereits im Juli 1819 baten die Reichsratskammer und die Ständekammer den König, es möchte der nächsten Ständeversamm- lung der Entwurf einer umfassenden Forstpolizeiordnung vorge- legt werden. Im Ständeabschied vom gleichen Jahre wurde zu- gesagt, dieselbe im Zusammenhang mit einem Kulturgesetz vorzu- bereiten.?) Die Verfassung v. 1818 hatte insofern nur halbe Arbeit gemacht, als die alte Agrarverfassung, das Grundbarkeitsverhältnis mit allen seinen den Fort- schritt der Bodenkultur hemmenden Fesseln, sowie die mittelalterliche guts- herrliche Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt bestehen blieb. Mit Ausnahme des Adels und der Geistlichkeit war alle Welt darüber einig, daß diese alten ständischen Vorrechte nicht mehr in die neue Zeit paßten und beseitigt wer- den müßten. Daher suchte man wenigstens die Benutzung des Bodens in freiere Bahnen zu leiten. Dieser Zweck sollte durch ein sog. Kulturgesetz erreicht werden. Im Jahre 1822 legte nun die Regierung einen Entwurf zu einem Kulturgesetz den Ständen vor;?) derselbe kam aber nicht zur Beratung. Es war darin der Grundsatz aufgestellt: „Jeder darf sein Grundeigentum nach Gutbefinden benutzen. Durch diese Freiheit ist jedoch die gesetzliche Forstaufsicht und der grund- herrliche Einspruch im Falle schlechter Wirtschaft nicht aus- geschlossen.“ „Die Benutzung und Ausrodung von Waldungen richtet sich nach besonderen gesetzlichen Bestimmungen.“ Außer- dem enthielt der Entwurf Vorschriften über die Ablösung der Forstrechte. 1) Eine systematische Zusammenstellung des wesentlichsten Inhaltes aller geltenden Forstordnungen findet sich in den Motiven zu den Forstgesetzent- würfen v. 1842 u. 1846. — Verh. d. K. d. R. 1842—43 1. BB., lff.; Verh. d. K. d. A. 1846 1. BB., 89 ff. — °) Verh. d. K. d. R. 1819, 349. ®) Verh. d. 2. Kammer 1822 1. BB., 178 ff. 15* 28: Forstpolizeigesetzgebung. — Man hatte also damals gehofft, daß dem Kulturgesetz bald ein neues Forstpolizeigesetz folgen werde und vermied es daher, forst- gesetzliche Bestimmungen in den Kulturgesetzentwurf aufzunehmen. So lange sollten die alten Forstordnungen weiter in Geltung bleiben. Da der Entwurf von 1822 eigentlich niemand recht befriedigt hatte, brachte die Regierung im Jahre 1827 einen zweiten Ent- wurf zu einem Landeskulturgesetz bei der Abgeordnetenkammer ein.) In demselben ist die Forstpolizei ausführlicher und nach freiheitlichen Gesichtspunkten behandelt. Diese waren: Die allgemeine polizeiliche Oberaufsicht erstreckt sich über alle Waldungen; sie kann jedoch nur gegen Verwüstungen und gegen die aus einem Zusammenhange für andere Waldungen möglichen Gefahren (Wind z.B.) gerichtet sein. Die Bewirtschaftung freieigener Waldungen darf dadurch jedoch weder beschränkt noch erschwert werden. Die Grund- und Lehensherren haben das Recht, zu verlangen, daß ihre betr. Waldungen nicht abgeschwendet werden. Die Gemeinden müssen einen Wirtschaftsplan und einen Wirtschaftsführer aus der Reihe der geprüften Forstamtskandidaten bestellen. — Der Referent des Kammerausschusses war mit der Oberaufsicht über alle Waldungen im allge- meinen einverstanden, denn „die Bauern sind in allen Ländern die größten Holzverwüster; von dem Forstwesen haben sie nicht den entferntesten Be- griff“. Die Gemeinden sollen zwar an einen Wirtschaftsplan gebunden, in der Wahl der Betriebsführer jedoch vollständig frei sein. Die Verteilung der Ge- meindewaldungen solle ohne jede Einschränkung erlaubt sein. Die polizei- liche Oberaufsicht solle sich auf die Verhinderung der Plenterwirtschaft und auf das Gebot der Wiederaufforstung erstrecken, in allem übrigen solle der Eigentümer durchaus frei und ungehindert sein. ?) Der Korreferent stand mehr auf dem Boden des Regierungsentwurfes, welchem sich auch der Kammerausschuß nach achtmonatlicher Beratung dann im wesentlichen anschloß. Vor das Plenum konnte der Entwurf wegen Zeitmangels nicht mehr ge- bracht werden. Bei den Verhandlungen über den Entwurf von 1827 wurde auch auf den von Rudhart vorgeschlagenen Entwurf zu einem Kulturgesetz Bezug genommen. In demselben war die vollständige Freigabe der Privatwaldwirtschaft vorgesehen, weil das bisherige System den Eigentümer in die Gefahr versetze, als Dieb an seinem Eigentum behandelt zu werden.?) !) Verh. d. 2. Kammer 1828, 5. BB. Beil. 30. ?) Verh. d. 2. Kammer 1828, 11. BB., 25, 90, 127. 3) J. Rudhart, Über den Zustand des Königreichs Bayern 1825, 1. Bd., 168. — Rudhart (geb. 1790 zu Weismain in Oberfranken, gest. 1848) wurde 1S11 Professor der Rechte in Würzburg, 1817 Mitglied des Finanzministeriums, 1823 Regierungsdirektor in Bayreuth und 1826 in Regensburg, 1831 Regie- rungspräsident in Passau, später Minister und ging als solcher nach Griechen- land. Von 1825—34 Landtagsabgeordneter. — Hoffmann, Ökonomische Ge- schichte Bayerns 1885. I. Deutsche Bundesstaaten (Bayern). 229 Von 1831 ab wurden dann von beiden Kammern des Land- tages wiederholt Anträge auf Wiedervorlage eines Kulturgesetzes gestellt; die Regierung weigerte sich jedoch von nun ab beharrlich ein solches einzubringen, indem sie geltend machte, daß ein solches „Ausnahmegesetz“ (gegen den grundherrlichen Adel und die Geist- lichkeit) wohlerworbene Rechte zerstören und andere ‚Schwierig- keiten und Nachteile herbeiführen werde. Inzwischen sind die Mißstände, welche durch den Mangel einer einheitlichen Forstgesetzgebung verursacht wurden, immer offenkundiger und fühlbarer geworden. Die Forstordnungen waren, wie der Referent der Reichsratskammer 1843 sich ausdrückte, größtenteils zu Mumien eingetrocknet, antiquiert und ignoriert. Ja, das Ministerium war noch bis in die vierziger Jahre hinein über die Zahl und den Geltungsbereich der bestehenden Forst- ordnungen selber nicht im klaren!) und stieß daher immer wieder auf Vollzugshindernise. Durch Verordnung vom 22. April 1835 wurden die: Kreisregierungen aufgefordert, alle Forst- ordnungen zu sammeln und je ein Exemplar von jeder an das Ministerium einzusenden. In derselben Verordnung, die in der Zeit von 1818—52 den ersten und letzten Versuch einer Zusammen- fassung der forstpolizeilichen Verhältnisse auf dem. Verordnungs- wege bildete, wird darauf hingewiesen, daß in den einzelnen Regierungsbezirken höchst verschiedene, den bestehenden Gesetzen und Verordnungen keineswegs entsprechende Verfahren bestünden. Gegen Walddevastationen müsse unbedingt eingeschritten werden. Maßgebend seien die Grundsätze der — nur für das damalige Bayern erlassenen — Verordnung vom 4. Juni 1805, wonach die Waldbesitzer die Pflicht der forstordnungsmäßigen Benutzung ihrer Waldungen haben und Rodungen nur dann gestattet sind, wenn die gerodeten Flächen sofort in Kultur (Acker, Garten, Wiese) ge- bracht werden. c) Von 1842 bis zur Gegenwart. In den Jahren 1837 und 1840 wurde vom Landtage die Er- lassung eines Forstpolizeigesetzes wieder beantragt und im Land- tagsabschiede von 1840 auch in Aussicht gestellt. Auch die Land- räte der meisten Regierungsbezirke sprachen sich in gleichem Sinne aus.) Das Verlangen ging dahin, daß die Devastation und die Rodung der Gemeinde- und Privatwaldungen verboten werde, um dem „immer mehr steigenden Holzmangel“ abzuhelfen. Auch 1) Vgl. Verh. d. K. d. R. 1842—43, 3. BB., 168. ®) Verh. d. K. d. R. 1842—43, 1 BB., 15 ff. 0 . Forstpolizeigesetzgebung. der zunehmende Holzfrevel sollte durch das Gesetz eingedämmt werden. Die Holzpreise seien viel zu hoch. Der erste Gesetzentwurf, die Forstpolizei betreffend, welcher als Vorläufer zu dem Gesetz von 1852 anzusehen ist, wurde am 2. Dezember 1842 der Kammer der Reichs- räte vorgelegt.') Derselbe ging in bezug auf die staatliche Bevormundung der Waldwirtschaft weit über das Maß dessen hin- aus, was bisher die Forstordnungen in dieser Richtung vorgesehen hatten. Man hatte aber nicht mit der Empfindlichkeit der Standes- und Grundherren gerechnet, die in der Zeit der politischen Gärung eifersüchtig über ihre Rechte wachten und in dem Entwurf einen tiefen Eingriff in ihr bisheriges de facto vollständig ungebundenes Waldwirtschaftsrecht erblickten. Als Eigentümer, Obereigentümer und Gerichtsherren konnten sie nun seit Generationen über ihre allodialen und grundbaren Waldungen wie nicht minder über einen großen Teil der Gemeindewaldungen nach Belieben ver- fügen, ohne von der landesfürstlichen Forstpolizei, deren Befehle ihnen gegenüber nur auf dem Papiere standen, irgendwie behelligt zu werden. Nach dem Entwurfe sollten die sehr weitgehenden, aber ganz allgemein gehaltenen forstpolizeilichen Vorschriften noch durch besondere von der Regierung zu erlassende, die örtlichen Verhältnisse berücksichtigende Vollzugsinstruktionen und Regulative präzisiert werden. Die Regierung wollte damit offenbar der Ver- schiedenartigkeit der nach den bisherigen vielen Forstordnungen tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen und polizeilichen Grund- sätze Rechnung tragen. Gerade diese Absicht wurde aber von der Reichsratskammer energisch bekämpft, weil man darin einen Übergriff der Staatsverwaltung in die legislative Sphäre erblickte und dem Ermessen der Forstbeamten, deren Tätigkeit immer noch mit einem gewissen Mißtrauen beurteilt wurde, einen so großen Spielraum nicht einräumen wollte. Der Entwurf von 1842 enthält im Titel III die „allgemeinen forstpolizei- lichen Bestimmungen für alle Waldungen ohne Unterschied des Besitzers“. Dahin zählen: 1. Das Verbot der Rodung; ausnahmsweise soll dieselbe zulässig sein, wenn die betreffende Gegend Holzüberfluß hat, dem Walde des Nachbars kein Nachteil erwächst, der Boden für eine bessere Kultur (Feld, Garten, Wein, Wiese) sich eignet, der Wald nicht zum Schutz von Naturereignissen not- wendig ist, dritte Berechtigte eingewilligt haben. 2. Das Verbot der Abschwendung; dazu wird gerechnet: der Abtrieb unreifen Holzes oder ganzer Bestände ohne Rücksicht auf Wiederbestockung, Entfernung der Bodenoberfläche, exzessive Streunutzung. !) Verh. d. K. d. R. 1842—43, 1. BB., 107 ff.; Motive 1 ff. I. Deutsche Bundesstaaten (Bayern). 231 3. Gebot der Wiederaufforstung durch natürliche oder künstliche Ver- jüngung. 4. Verbot des kahlen Abtriebes in Schutzwaldungen; letztere Benennung wird aber noch nicht gebraucht. Ferner ist unter diesem Titel nach dem Vorbilde des badischen Forst- gesetzes eine ganze Reihe von rein wirtschaftstechnischen Vorschriften enthalten. Die Forstpolizeibehörden haben das örtlich angemessene Minimum des Abtriebsalters (Umtriebszeit) zu ermitteln und der Genehmigung der obersten Polizeibehörde zu unterstellen. Windwürfe und Dürrholz sind mög- 'lichst bald zu entfernen. In jungen Beständen dürfen nur unterdrückte Stämmchen genutzt werden; damit war also die Durchforstung wesentlich eingeschränkt. Im Nadelholz müssen die Hiebe gegen die Windrichtung ge- führt werden; in verteilten Waldungen ist ein das Eigentum des Nachbarn schützender Mantel als Windschutz zu belassen. — Hauptnutzungshiebe dürfen nur zwischen dem 1. Oktober und 1. April vorgenommen werden; Schlag- räumung bis 1. Mai, Gebirg ausgenommen; Stockhöhe höchstens 1!/, Schuh; Schonung des Jungwuchses. Waldweide soll nur unter Aufsicht eines Hirten vom 1. Mai bis 1. Ok- tober zugelassen, in Jungwüchsen verboten sein, sonst aber wie im FG. von 1852. Grasnutzung in Kulturen usw. verboten. Die Streunutzung sollte nur in der zweiten Hälfte der Umtriebszeit mit 3—6jährigem Turnus und 6jähriger Vorhege vom 1. September bis 1. Mai erlaubt sein. Exzessive Streunutzung fällt unter den Begriff der Abschwen- dung. In dem Entwurf von 1846 wurden diese Detailbestimmungen weg- gelassen. Die Streugewinnung sollte nur da zugelassen werden, wo der Wald- bestand nicht gefährdet wird; hierüber haben die unteren Forstbehörden zu entscheiden mit Offenlassung des Rekurses an die höhere Forstbehörde. — Außerdem sind Vorschriften gegeben über Harzgewinnung, Feueranmachen im Walde, Insektenvertilgung usw. „Spezielle forstpolizeiliche Bestimmungen“ sind außerdem für die ein- zelnen Besitzkategorien erlassen. — In den Gemeinde-, Stiftungs- und Körperschaftswaldungen steht der Regierung „die obere Leitung und Beauf- sichtigung des Forstbetriebes selbst (der Forstbewirtschaftung) zu“. Über die Bestellung von Wirtschaftsführern sind ausführliche Vorschriften vorgesehen. — Lehenwaldungen, deren Besitzer (Vasall) die Gerichtsbarkeit und Orts- polizei in dem betreffenden Bezirke selbst ausübt, werden wie standesherrliche Waldungen, die anderen wie grundbare Waldungen behandelt. — Die Standes- herren und die mit Gerichtsbarkeit oder mit vorbehaltener Forstpolizei ver- sehenen Gutsherren sollten verbunden sein, den allgemeinen forstpolizeilichen Bestimmungen in ihren Waldungen nachzukommen. Die Waldungen der Guts- herren ohne Gerichtsbarkeit wurden den Privatwaldungen gleichgestellt. In den im grundherrlichen Verbande stehenden Waldungen sollte der Grund- herr nach wie vor das Anweisungsrecht haben und den Nutzeigentümer anhalten können, daß derselbe durch einen Sachverständigen einen Betriebsplan auf- stellen und den Etat feststellen lasse. Das Anweisungsrecht des Grundherren bestand bisher nur in den altbayerischen Gebieten, nicht dagegen nach an- deren Provinzialrechten, wie z. B. im Fränkischen. Der Entwurf wollte dieses Anweisungsrecht daher auf ganz Bayern ausdehnen. Ein Betriebsplan und die Ermittlung eines bestimmten Etats war bisher in Bayern nirgends ver- langt worden. — Für die freieigenen Waldungen sollten nur die allgemeinen forstpolizeilichen Bestimmungen maßgebend sein; eine staatliche Einmischung in den speziellen Betrieb sollte ausgeschlossen sein. Der Besitzer darf das eine Jahr mehr, das andere Jahr weniger Holz schlagen. 232 _ Forstpolizeigesetzgebung. Der Referent des Ausschusses übte in seinem Berichte an dem Gesetz- entwurf eine sehr herbe Kritik.!) Die Befugnis der Regierung, die freie Disposi- tion über das Waldeigentum zu beschränken, wird nicht bestritten. Ein un- abweisbares Bedürfnis hierfür liege aber nicht vor, und selbst wenn es vor- liegen würde, sei zu prüfen, ob demselben nur durch gehässige Prohibitiv- maßregeln oder nicht besser durch andere Mittel abgeholfen werden könne. Durch isolierte Maßregeln, welche von einseitigen Gesichtspunkten aus er- griffen werden, würden noch wichtigere Momente im wirtschaftlichen Leben des Staates gefährdet. Der beste Schutz des Waldes müsse in dem eigenen Interesse des Waldbesitzers selbst gefunden werden, welcher die sichere und steigende Rente immer mehr zu würdigen verstehe. Dem von der Regierung ins Feld geführten drohenden Holzmangel könne man durch Aufschließung der Wälder im Gebirge und an der Landesgrenze mit Hilfe von Zu- und Ab- fuhrwegen abhelien, sowie durch Beseitigung des Holzwuchers und Verbrei- tung der Holzsurrogate. Die geplante obere Leitung und Beaufsichtigung der Gemeinde-, Stiftungs- und Körperschaftswaldungen stehe im Widerspruch mit der Verfassungsurkunde und dem Gemeindeedikt. In dem Entwurf sei ferner das forstwirtschaftliche Element ganz einseitig aufgefaßt und exklusiv in den Vordergrund gestellt. Daher verdiene der Entwurf nicht den Namen eines Forstpolizeigesetzes, sondern nur den eines Forstwirtschaftsgesetzes. Als Forst- wirtschaftsgesetz enthält der Entwurf viel zu viel, als Forstpolizeigesetz viel zu wenig, und erscheint daher als ein nicht einmal in sich abgeschlossenes Fragment. Obwohl nach den Motiven das Forststrafgesetz der Zukunft vor- behalten werden wolle, enthalte der Entwurf schon viele Strafbestimmungen. Dadurch werde nur Verwirrung geschaffen. Die Aufnahme rein technischer Bestimmungen und wirtschaftlicher Vorschriften (Umtriebszeit, Verjüngung usw.) in das Gesetz erkennt der Ausschuß als zweckmäßig an unter Hinweis auf das badische Forstgesetz. Würde man, wie es von manchen Seiten gefordert wird, diese Wirtschaftsvorschriften den instruktiven Normen vorbehalten, so könne das Eigentumsrecht leicht dem theoretischen Experimentieren geopfert werden. Notwendige Änderungen veralteter Vorschriften könnten jederzeit auf dem Gesetzeswege vorgenommen werden. Im speziellen hebt der Referent noch folgendes hervor. Gegen die Be- schränkung der Rodung spricht er sich zwar nicht prinzipiell aus, sieht aber in derselben eine Entwertung des Waldeigentums wegen der darin liegenden Dispositionsbeschränkung über dasselbe. Das Durchforstungsverbot müsse fallen; die Fassung dieses Artikels solle konform dem badischen Forstgesetz gewählt werden. Die Festsetzung der Weidenutzung auf die Zeit vom 1. Mai bis 1. Oktober sei unbillig. Wenn die Motive hierfür geltend machen, daß das Vieh vor dem 1. Mai keine Nahrung finde und deshalb die Holzpflanzen angreife, so sei dagegen auf die Verschiedenheit der Vegetationsentwicklung je nach Klima und Witterung hinzuweisen; andererseits „werden die Tiere mit schärferen Augen, als diese in unseren Bureaus zu finden sein möchten, manche Gabe der mütterlichen Natur da entdecken, wo wir noch den starken Winterschlaf als existent theoretisieren.*“ Der Wald solle der Weide geöffnet werden, wenn das Holz dem Maule des Viehes entwachsen sei. Die Schafe sollten von der Weide nicht ausgeschlossen sein. Das Verbot der Gras- nutzung sei „ganz im Geiste der Zeit der alten Forstdespotie verfaßt und gebe abermals zu erkennen, wie einseitig, nur im isolierten Interesse der Holzwirtschaft“, der Entwurf aufgegriffen worden sei. Die Beschränkung der !, Verh. der K. d. R. 1842—43, 3. BB., 167 ff. u a u I. Deutsche Bundesstaaten (Bayern). 2333 Streunutzung auf die zweite Hälfte des Umtriebsalters würde namentlich in Ober- und Unterfranken auch die „sonst ruhigsten uud friedlichsten Unter- tanen zu Widersetzlichkeiten und tumultuarischen Auftritten treiben und zur äußersten Verzweiflung bringen“. Das Richtige sei zu sagen, die Streunutzung kann insoweit stattfinden, als hierdurch der Waldbestand nicht gefährdet wird. Mit den Vorschriften des Entwurfes über die Benutzung der verschiedenen Kategorien von Privatwaldungen sowie über die Forstdienstbarkeiten ist Re- ferent im wesentlichen einverstanden. Der Ausschuß der Kammer der Reichs- räte trat den Ausführungen des Referenten bei.!) Er beschloß, daß bezüglich der Forstkuratel die Grundsätze der V. v. 22. April 1835 auch im neuen Ge- setze maßgebend sein sollen, und daß vor der Weiterberatung seitens der Regierung vorgelegt werden solle die Instruktion (Vollzugsvorschrift), eine Strafskala, Auszüge aus den Berichten der Kreisregierungen, ergänzende Be- stimmungen über die Wirksamkeit der niederen Forstpolizeibehörde. Die Kammer der Reichsräte machte diese Ausschußbeschlüsse zu den ihrigen,?) die Regierung verweigerte aber aus verfassungsrechtlichen Gründen die Vorlage der Berichte der Kreisregierungen und einer Instruktion vor der Festlegung des Gesetzes.) Am 24. April 1843 wurde der Entwurf von der Regierung (Abel, Graf Seinsheim) zurückgezogen, weil sich die Anträge des Ausschusses „durch eine so tiefe Kluft von dem Systeme und den Fundamentalgrundlagen des Gesetzentwurfes scheiden“, daß auf eine Verständigung nicht gehofft werden könne.) Im Jahre 1846 legte die Regierung der Kammer der Ab- geordneten einen zweiten „Entwurf eines Forstgesetzes“ vor.°) Derselbe war mit jenem von 1842, abgesehen von einigen redaktionellen Änderungen, völlig gleichlautend, enthielt aber außerdem noch einen erschöpfenden strafrechtlichen Teil. Die Ab- urteilung der Forstfrevel und Forstpolizeiübertretungen wurde ent- sprechend dem bisherigen Rechtszustande den Polizeibehörden (1852 den Gerichten) überwiesen. In einer Vorahnung der kom- menden Ereignisse von 1848 wurde der Entwurf nicht einmal in einer Kommission beraten. Der forstpolizeiliche Teil des Entwurfes von 1846 unterschied sich von jenem des Jahres 1842 lediglich dadurch, daß nach ersterem die Forstpolizei sich auf einzeln liegende Parzellen bis zu 10 Tagw. nicht erstrecken sollte, wenn ihre Erhaltung nicht ihrer Schutzwaldeigenschaft wegen notwendig ist, und daß die Vorschriften über die Streunutzung und die Beförsterung der Gemeindewaldungen allgemeiner und kürzer gehalten waren. In dem Gesetz über die Aufhebung der standes- und guts- herrlichen Gerichtsbarkeit, dann die Aufhebung, Fixierung und Ablösung von Grundlasten (Grundlastenablösungsgesetz) vom 4. Juni 1848 wurde die Ablösung oder Regelung der Forstrechte einem zukünftigen Forstpolizeigesetze überwiesen. 1) Verh. der K. d. R. 1842—43, 3. BB., 250 ff. — ?) Desgl. 2. Bd., 58. — 3) Desgl. 4. BB. 1842—43, 167 ff. — *) Desgl. 2. Bd., 67. 5) Verh. d. K. d. Abg. 1846, 1. BB., 32 ff.; Motive 89 ff. 934 ° Forstpolizeigesetzgebung. Die Fertigstellung eines solchen wurde nun infolge der Auf- hebung des Grundhörigkeitsverhältnisses und der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt sowie durch das Gesetz vom 4. Juni 1848, betreffend die Ablösung des Lehenverbandes, zu einer unabwendbaren Notwendigkeit. Durch diese beiden Gesetze wurde der grund- und lehenherrliche Ver- band von 595045 ha Waldungen gelöst. Von da ab gliedert sich das Waldeigentum nur mehr in Staatswaldungen, Gemeinde-, Stiftungs-, Körperschaftswaldungen und Privatwaldungen. Bei dem im Jahre 1851 versammelten Landtag wurde ein Gesetzentwurf eingebracht, der mit zahlreichen, obwohl meist nicht prinzipiellen Abänderungen angenommen und am 28. März 1852 als Gesetz für das rechtsrheinische Bayern mit Wirkung vom 1. Januar 1853 ab verkündet worden ist. In den Motiven wird der bisher bestehende Zustand mit folgenden Worten charak- terisiert:') „Die große Verschiedenheit der bisherigen Verordnungen und forstpolizeilichen Vorschriften, die gegenseitigen Widersprüche in dem mannigfaltigen Inhalte derselben, — ihre zum Teil ver- altete, der jetzigen Generation nicht mehr geläufige Sprache, ihre strengen, waldkonservatorischen Vorschriften, welche tief in des Privateigentums freie Benutzung eingreifen und eine mit dem Geiste der Zeit und den Bedürfnissen der lebenden Generation längst nicht mehr vereinbarliche Kuratel, selbst im Privatwalde, vorschreiben, ihre Mannigfaltigkeit und Unvollständigkeit in bezug auf die Abwandlung der Forstfrevel, endlich die allzugroße Strenge ihrer Strafbestimmungen haben schon vor längerer Zeit das Be- dürfnis fühlbar gemacht, diesen wichtigen Zweig der polizeilichen Verwaltung und Strafgewalt im gesetzlichen Wege zu ordnen.“ Das Gesetz hebe die „mit der vorgeschrittenen Bildung des Volkes und den Zeitverhältnissen nicht mehr vereinbarliche Strenge“ der bisherigen Forstordnungen auf. Der Unterschied zwischen den Entwürfen von 1842 und 1846 einerseits und dem Gesetze von 1852 andererseits besteht hinsicht- lich der Privatwaldwirtschaft im wesentlichen darin, daß die Ent- würfe von 1842 und 46 eine Reihe von rein forstwirtschaftlichen Vor- schriften (Umtriebszeit usw.) enthielten, das Gesetz von 1852 aber solche, abgesehen von Schutzwaldungen, nicht mehr kennt. Auch die Gewinnung von Nebennutzungen ist im Gesetze weniger Be- schränkungen unterworfen als in den genannten Entwürfen. Die Aburteilung der Forstpolizeiübertretungen und Forstfrevel !) Verh. d. K. d. Abg. 1851, 1. BB., 619. — Der Entwurf wurde von Finanzminister v. Aschenbrenner und Finanzministerialrat v. Waldmann vertreten. I. Deutsche Bundesstaaten (Bayern). 235 wurde im Gesetze von 1852 den Gerichten überwiesen, während bis dahin die Polizeibehörden kompetent waren. Diese veränderte Kompetenzbestimmung hatte indessen so lange, als Polizei und Rechtspflege bei den alten Landgerichten vereinigt war, nur be- züglich der an die höheren Instanzen gelangenden Fälle eine erhebliche Bedeutung.) Die Trennung der Rechtspflege von der Verwaltung (Polizei) erfolgte erst durch das Gerichtsverfassungs- gesetz von 1861. Die besondere Stellung, welche das Gesetz bezüglich der Schutzwaldungen, der Gemeinde- und Korporationswaldungen sowie der Forstrechte einnahm, wird in den diesbezüglichen Abschnitten erörtert werden. In Art. 1 ist der Grundsatz festgelegt, daß jedem Waldbesitzer die freie Benutzung und Bewirtschaftung seines Waldes vorbehalt- lich der Rechte Dritter sowie der Bestimmungen des Gesetzes zusteht. Die die Privatwaldwirtschaft beschränkenden Vorschriften des Gesetzes betreffen einerseits die Teilung gemeinschaftlicher Privat- waldungen (Art. 20), andererseits die „forstpolizeilichen Bestim- mungen“ der Art. 34—47, welche für alle Waldbesitzer gleich verbindlich sind.”) Dieselben haben zum Gegenstand: die Rodung, die Schutzwaldungen, die Abschwendung, die Aufforstung von Waldblößen, die Waldweide, das Feuermachen im Walde, die Ver- tilgung von Forstinsekten, die Errichtung von Gebäuden im oder am Walde. Endlich ist in Art. 120 Abs. 2 die Anstellung von Privatforstbediensteten geregelt. Neuredigierungen mehr formeller Art erfuhr das Gesetz aus Anlaß des Ausführungsgesetzes zur Reichsstrafprozeßordnung vom 18. Aug. 1879 und der königl. Verordnung über die Organisation der Staatsforstverwaltung vom 19. Februar 1885. Tiefer einschneidende Änderungen materieller Natur hatte die Gesetzesnovelle vom 17. Juni 1896 im Gefolge (Forstrechtsablösung, Schutzwaldungen, Zuziehung von Laien zu den Entscheidungen der Forstpolizei- behörden, Milderung der Strafbestimmungen). Auch die Vollzugs- vorschriften wurden entsprechend abgeändert.?) Endlich wurde durch Art. 146 des Ausführungsgesetzes zum 1) Brater, Forstgesetz 1855, 5f. 2) Die von Brater, Forstges. S. 19, vertretene und von Ganghofter, Forstges., übernommene Anschauung, daß die forstpolizeilichen Vorschriften sich nicht auf die Staatswaldungen erstrecken, ist unhaltbar. 8) Bezüglich des Details der Abänderungen des Forstgesetzes seit 1879 sei auf die kommentierte Ausgabe des Forstgesetzes von Ganghofer, 3. Aufl. 1898, Vorwort, verwiesen. 236 ° Forstpolizeigesetzgebung. Bürgerlichen Gesetzbuche vom 9. Juni 1899 eine Vereinfachung des Zustellungswesens in Forstrügesachen verfügt (Forstgesetz Art. 154, 155, 156, 188). Die Forstpolizei wird in erster Instanz ausgeübt durch die Distrikts- polizeibehörden (Bezirksämter) und in den Bezirken der einer Kreisregierung unmittelbar untergeordneten Städte durch den Magistrat — Forstpolizeibehörden ; in zweiter und letzter Instanz durch die Regierungen, Kammern des Innern — Forstpolizeistellen. In denjenigen Fällen, wo die Kreisregierungen als Forstpolizeistellen in erster Instanz entschieden, geht die Berufung an das Staatsministerium des Innern (FG. Art. 109). 3. Rheinpfalz. Die Rheinpfalz hat ein besonderes Forstpolizeirecht, welches aber nicht kodifiziert ist. Grundlegend ist die Verordnung der kaiserl. kgl. österreichischen und kgl. bayerischen Landes- administrationskommission vom 15. Dezember 1814 betr. die Privatwaldungen. Dieselbe unterstellt letztere hinsichtlich der jährlichen Hauungen, der Ausübung des Weiderechts in schonungs- bedürftigen Schlägen und der Rodung der staatlichen Forstpolizei. Eine heute noch giltige Beschränkung der Privatwaldwirtschaft enthält das Dekret vom 6. November 1813, welches die Eigen- tümer von Waldungen auf den Inseln, Ufern und bis auf 15 km Entfernung vom Rhein verpflichtet, jeden Holzhieb drei Monate vor seiner Ausführung anzuzeigen, damit die Staatsverwaltung sich die für die Rheinbauarbeiten nötigen Hölzer vorbehalten kann. Die französischen Verordnungen über die Holzlieferung zu Marinezwecken und zur Pulverfabrikation sind gegenstandslos geworden!). 4. Württemberg. Die erste Forstordnung für das Herzogtum Württemberg er- schien im Jahre 1515 zugleich mit der Landesordnung.?) Das Original oder ein Abdruck ist nicht mehr vorhanden. Ihr Er- scheinen wurde im Tübinger Vertrag von 1514 feierlichst zugesich- tert, nachdem der Landtag im gleichen Jahre bittere Klagen über Wildschaden und die Einschränkung der Nutzungen in den nicht- ı) Ritzmann, Handb. des Forststraf- und Forstpolizeirechts der Pfalz. Frankenthal 1904. ®) Die Forst- und Jagdgeschichte Württembergs ist vorzüglich behandelt in J. G Schmidlin, Handbuch der württembergischen Forstgesetzgebung. Stuttgart, 1. T. 1822, 2. T. 1823. — Ferner bietet eine erschöpfende Zu- sammenstellung: Realindex u. Auszug der Hochf. Württemb. Forstordnung etc. Stuttgart 1748. — Zu vgl. auch: Die forstl. Verhältnisse Württembergs. Stutt- gart 1880, 60 ff. — K. v. Fischbach, F. C. 1894, 443. I. Deutsche Bundesstaaten (Württemberg). 237 landesherrlichen Wäldern durch die Forstmeister vorgebracht hatte. Daraus geht hervor, daß die allgemeine Forstpolizeiaufsicht schon vor 1515 bestanden hatte. Die erste Landesordnung von 1495 behandelt auch bereits die pflegliche Behandlung des „Brenn- und Bauholzes“. Diese Forstordnung wurde 1532, 1540, 1552, 1567 und zuletzt am 1. Juni 1614 erneuert. Die beiden letzten Ausgaben stimmen in der Hauptsache vollständig überein. Über den Schön- buch bei Tübingen erschien 1581 und 1583 eine besondere „Schönbuchs-Ordnung“. Die Forstordnung von 1614 blieb zum Erlaß des Forstpolizei- gesetzes vom 8. September 1879 in Kraft. Einige Änderungen wurden durch die Landtagsabschiede von 1739 und 1753 sowie durch spätere Verordnungen herbeigeführt. In der Forstordnung von 1567 und 1614 (wahrscheinlich auch schon in jener von 1515) wird „in Kraft Unser Oberkeit“ ernstlich befohlen, daß die darin enthaltenen Grundsätze nicht nur in den landesherrlichen, sondern auch in allen anderen Wäldern und Ge- hölzen, die den Städten, Dörfern, Weilern, Kirchen, Gemeinden, Privaten, Prälaten und Schirmsverwandten gehören, gehalten werden müssen. Die herzoglichen Beamten sollen auf diese Waldungen Obacht geben genau so wie auf die landesherrlichen. Kein Unter- tan und Schirmsverwandter darf in seinen eigenen oder Lehens- hölzern mehr Holz hauen, als ihm für jedes Jahr vom Forstmeister angewiesen worden ist. Die abgeholzten Flächen sind wieder auf- zuforsten. Rodungen ohne Genehmigung sind verboten. Nach Reskripten von (1597, 1601), 1663 und 1733 mußten die landesherrlichen Forstbediensteten alljährlich „Holzberichte“ ein- reichen, in denen zu melden war, wie die Wälder beschaffen sind und wieviel und was für Holz in den landesherrlichen, Kommun- und Privatwaldungen im nächsten Jahre zum Hiebe kommen soll. In Notfällen durften die Oberforstämter nach dem Landtagsabschied von 1739 auch ohne höhere Genehmigung die Holznutzung be- willigen. Nachdem 1812 noch besondere Instruktionen über die Ab- fassung dieser Holzberichte, in denen auch die Kulturberichte auf- zunehmen waren, erlassen worden waren, wurden dieselben durch die Dienstesinstruktionen für das Forstpersonal von 1818 und 1822 und durch die technische Anweisung von 1819 abgeschafft, indem nunmehr von den königlichen Revierförstern über alle Holz- und Nebennutzungen in den Privatwaldungen jährlich ein Nutzungs- plan aufgestellt und von der staatlichen Direktionsbehörde ge- nehmigt werden mußte. Das beantragte Fällungsquantum mußte vom Revierförster angewiesen, das wirkliche Erträgnis vom Wald- 938 Forstpolizeigesetzgebung. besitzer der höheren Behörde zur Kenntnis gebracht werden. Be- züglich der Nebennutzungen und der Kulturen war die Geschäfts- behandlung ähnlich. Von 1810—18 wurde von allen Holznutzungen in den Kom- mun-, Korporations-, Privat- und Patrimonialwaldungen für die Waldaufsicht eine Stammiete von vier Kreuzern vom Gulden Holz- wert (6,7°/,) durch die königlichen Forstkassen erhoben an Stelle der früheren an die Forstbediensteten zu zahlenden, 1808 auf- gehobenen Akzidentien.') Die Standesherren, die, wie alle anderen Adeligen, an die von den landesherrlichen Forstbehörden genehmigten Fällungspläne in ihren Waldungen gebunden waren (Verordnung von 1807 und frühere), wurden von 1819 an bei Behandlung und Benutzung ihrer Waldungen keinen Beschränkungen mehr unterworfen, mußten aber der Forstdirektion jede gewünschte Auskunft über ihre Wald- wirtschaft erteilen und zur Rodung Genehmigung einholen. Die Waldungen der Ritterschaft (Grundherren) sollten nachhaltig be- wirtschaftet werden nach Vorschrift der allgemeinen Gesetze, wurden aber tatsächlich seitens der Staatsforstbehörden nicht anders be- handelt wie die standesherrlichen Wälder. Für die eigentlichen Privatwaldungen blieb zwar die Rodung von besonderer Erlaubnis abhängig, hinsichtlich der Aufsicht über die Waldbehandlung wurden aber Praxis und gesetzliche Vor- schriften allmählich milder. Vom Jahre 1844 an war den Revier- förstern gestattet, unter Umständen die Erlaubnis zu Holzfällungen ohne Auszeichnung schriftlich zu erteilen; die Fällungen für den eigenen Bedarf der Waldbesitzer aber waren von da an ziemlich freigegeben und nur noch im allgemeinen zu kontrollieren. Noch weiter ging die Verfügung von 1865, indem die bis dahin jährlich anzufertigenden Nutzungs-, Kultur- und Streunutzungspläne sowie die Fällungsnachweisungen für Privatwaldungen abgeschafft wurden. Die Revierförster hatten nurmehr darüber zu wachen, daß keine unerlaubten Ausstockungen oder Devastationen vorkamen. Zur Vornahme eines Kahlhiebes in Nadelwaldungen oder eines in seinen Folgen ähnlichen Hiebes sollte die Genehmigung des Revierförsters erforderlich, diese aber dort ausgeschlossen sein, wo für die an- grenzenden Waldbestände Gefahr zu befürchten wäre, oder wo der künstliche Wiederanbau der Fläche mit Holzpflanzen nach den Standortsverhältnissen oder aus anderen Gründen voraussichtlich Anständen unterliegen würde.?) !) Schmidlin $ 338, 349, °) Die forstl. Verhältnisse Württembergs, 62. — Schmidlin $ 298 bis 302, 326 ff. I. Deutsche Bundesstaaten (Baden). 239 Durch das Forstpolizeigesetz vom 8. September 1879 wurde die Privatwaldwirtschaft freigegeben vorbehaltlich der für Schutzwaldungen geltenden Bestimmungen und des für alle Privat- waldungen geltenden Verbotes der Rodung ohne Genehmigung und des Devastationsverbotes. Es erhielt unterm 19. Februar 1902 eine neue Fassung, welche in erster Linie durch das Körper- schaftsforstgesetz vom 19. Februar 1902 und dann durch die Aufhebung der königlichen Revierämter vom 1. April 1902 ab (Einführung des Oberförstersystems in der Staatsforstverwaltung) veranlaßt wurde. Die Abänderungen betreffen, abgesehen von solchen rein formeller Natur, die strafrechtlichen Bestimmungen und das Verfahren in Forstpolizeistrafsachen. Außerdem gilt noch die Waldfeuerlöschordnung vom 4. Juli 1900. 5. Baden. Die ältesten Forstordnungen,') nämlich die Waldordnung für den Lußhart von 1448, die Ordnung für die Waldförster auf der Hardt von 1483 und die Baden-Badische Ordnung für die Wald- förster an der Murg von 1533?) beziehen sich nur auf die Domänen- forste. Die im 16. Jahrhundert erlassenen allgemeinen Forst- ordnungen erstreckten sich aber auf sämtliche Waldungen. Als Hauptgesetze kommen in Betracht: die FO. für die obere Markgraf- schaft Baden v. 1587 u. 1686, die FO. für die Landgrafschaft Sausenberg und die Herrschaft Röteln v. 1574, für die Markgrafschaft Hochberg v. 1614 und für die obere und untere Markgrafschaft Baden v. 1614, die FO. für die Mark- grafschaft Baden v. 1723, welche an Stelle der beiden vorigen trat und bis zur neueren Gesetzgebung galt. In den Waldungen der Untertanen durfte kein Holz ohne Anweisung durch die Forstbediensteten gefällt und verkauft werden. In einer Verordnung von 1693 für Baden-Durlach wird gerügt, daß die Gemeinden und Untertanen es als eine Neuerung ansehen, daß sie in ihren eigenen und Zinswaldungen nicht nach ihrem Belieben handeln dürfen; demgegenüber wird verordnet, daß innerhalb des Gebietes der landesherrlichen Jurisdiktion bei Vermeidung der in der Forstordnung bestimmten Strafe kein Waldbesitzer, er sei Herrschaft, Gemeinde, Privater oder Ausländer, ohne des landesherrlichen Forstmeisters Genehmigung auch nur das Geringste an Holz hauen oder verkaufen soll. Dieser Befehl wurde !) Behlen u. Laurop, Handb. d. Forst- u. Jagdgesetzgebung des Großh. Baden, 1827. — Vogelmann, Die Forstpolizeigesetzgebung im Großh. Baden, 1871 (Auszug aus den Landtagsverhandlungen seit 1819). — Krutina, Die badische Forstverwaltung, 1891. — Asal, Das badische Forstrecht, 1398. ®2) Von mir mitgeteilt in der A. F. u. J. Z. 1888, 299. 240 - Forstpolizeigesetzgebung. 1749 wiederholt. Die Oberforstämter haben alle Waldungen jähr- lich einmal zu visitieren. Nach Wiedervereinigung der altbadischen Stammlande im Jahre 1771 wurde durch Verordnung von 1787 die landesherrliche Forstaufsicht über alle Waldungen des Landes noch- mals proklamiert. Nach der Forstinstruktion von 1808 dehnt sich die forsteiliche Obrigkeit der Landesherrschaft über die sämtlichen im Staate be- findliehen Waldungen, je nach Umständen der Besitzer derselben, weniger oder mehr aus. Alle Waldungen in den unmittelbaren Landesteilen sind der unteren und oberen landesherrlichen Be- försterung und Gerichtsbarkeit unterworfen, soweit nicht einzelne Teile als Folge der Grundherrlichkeitsverfassung und besonderer Privilegien eine Ausnahme beanspruchen können und wollen. In dem Konstitutionsedikt von 1807 ist ausgesprochen, daß der Landesherrschaft in den standesherrlichen Gebieten die oberste Forst- und Jagdpolizei vorbehalten ist, wozu gehören die Anord- nung von Waldvisitationen, die Verbote des Holzverkaufes außer Landes, die Bestimmung der Forsttaxen und Strafen. Den Standes- herren kam die Forstgerichtsbarkeit und die Forst- und Jagdpolizei in ihren eigenen sowie in den Gemeinde-, Kirchen-, Stiftungs- und Privatwaldungen zu. Sie mußten aber ihre Forstbeamten aus der Reihe der Staatsdienstaspiranten nehmen. — Die Grundherren hatten nach dem Konstitutionsedikt von 1807 nur die Forst- und Jagd- polizei in den in ihrer Grundherrschaft gelegenen Waldungen, dagegen nicht die Gerichtsbarkeit. Ihre Förster mußten sie aus der Zahl der approbierten Jägerburschen oder Forstpraktikanten nehmen. Nach Verordnung von 1809 und 1810 mußten auch die Privat- waldeigentümer jährlich der Forstbehörde ihren Bedarf an Holz usw. anzeigen, welche dann zu prüfen hatte, ob der geplante Holzhieb dem wirklichen Bedürfnis und der nachhaltigen Ertragsfähigkeit des Waldes entspricht. Im Jahre 1810 wurden Grundregeln der Hiebsführung für alle im Lande befindlichen Waldungen erlassen: Es dürfen nur Bestände angehauen werden, die „den höchsten Grad der Wachs- barkeit“ und die Samenreife erlangt haben. In den Hochwald- beständen müssen so viele Samenbäume stehen bleiben, daß bei eintretendem Samenjahre der ganze Boden sich besamen kann. Der Nachhieb der „Standbäume“ darf in der Ebene in zwei bis drei Perioden, im Gebirge auf einmal erfolgen, wenn der Nach- wuchs ungefähr einen Fuß hoch ist (also Schirmschlagwirtschaft). „Die verderbliche Methode kahler Abtriebshiebe“ darf nicht mehr angewendet werden. Diese Verordnung war giltig bis 1831 und Ze a ee U WE EEE I. Deutsche Bundesstaaten (Baden). 241 wurde dann beinahe wörtlich unter die formell jetzt noch geltenden allgemeinen forstpolizeilichen Vorschriften des Forstgesetzes von 1833 aufgenommen. Die Privatwaldungen sind aber in der an- gegebenen Richtung auch seit 1833 an diese Vorschriften nicht gebunden. Wie überall, so bezogen auch in Baden die Forstbediensteten Anweisgebühren (Forstordnung 1614, 1693). Gleich im ersten Landtag im Jahre 1819—20 faßte die zweite Kammer den Beschluß, daß für die Bewirtschaftung aller Privat- waldungen künftig jede forsteiliche Einmischung, jeder Zwang und jede forsteiliche Gebühr aufhören möge, außer in den Fällen, in welchen die gänzliche Ausstockung oder eine wesentlich veränderte Kulturart beabsichtigt ist. Die erste Kammer trat diesem Be- schlusse nicht ganz bei, indem sie daran festhielt, daß zu Holz- hieben zum Zweck des Holzverkaufs die Genehmigung der Forst- behörde eingeholt werden müsse. Infolgedessen kam eine Verein- barung beider Kammern nicht zustande. Die Debatten hatten aber zur Folge, daß die Regierung unterm 21. Februar 1821 ein provisorisches Gesetz erließ, wonach jeder Privatwaldbesitzer Holz zu seinem eigenen Bedarf unter Befreiung von allen bisher gesetzlichen oder üblich gewesenen Gebühren und Stammgeldern fällen durfte unter der Bedingung, daß der Waldeigentümer jähr- lich seinen Bedarf bei der Orts- und Forstbehörde anzeigte, bei dem Holzschlage die nötige Zahl von Samenbäumen überhielt, ‘nichts zum Nachteile der angrenzenden Waldungen vornahm und die allgemeinen forst- und baupolizeilichen Anordnungen befolgte. Streu- und Weidenutzung durfte nur zur eigenen Bedarfsbefriedi- gung, Weide nicht in jungen Schlägen, Streugewinnung nur in haubaren Beständen stattfinden. Hiebe zum Zweck des Holz- verkaufes mußten forstbehördlich genehmigt und gegen die her- kömmlichen Gebühren angewiesen werden. Zur Rodung war Ge- nehmigung erforderlich. Da dieses Gesetz nach keiner Seite hin befriedigt hatte, wurde unterm 28. Dezember 1831 ein neues verkündet. Darnach stand jedem Privatwaldbesitzer die freie Bewirtschaftung seiner Waldungen ohne Einmischung der Forstbehörde unter Beobachtung der Forstpolizeigesetze zu. Die Forstpolizeibehörde durfte nur dann einschreiten, wenn die Zerstörung oder Ausrottung eines Waldes von 50 Morgen (18 ha) und aufwärts in Frage stand und der Eigentümer zu einer solchen Kulturveränderung nicht die Er- laubnis eingeholt hatte. Diese durfte ohne Angabe der Gründe nicht verweigert werden. War das Einschreiten der Behörde ge- Endres, Forstpolitik, 16 242 ° Forstpolizeigesetzgebung. boten, so konnte der Eigentümer zur Wiederkultur des Waldes angehalten werden, ebenso wie derjenige, der einen gerodeten Waldboden von weniger als 50 Morgen ein Jahr lang öde liegen gelassen hatte. Die Gesetze von 1821 und 1831 bezogen sich nur auf die Privatwaldwirtschaft. Für die übrigen Gegenstände des Forst- wesens galten die Bestimmungen der Forstordnungen. Unterm 15. November 1833 wurde nun ein voll- ständiges Forstgesetz erlassen. Dasselbe behandelt die Forst- polizei, die Forstberechtigungen und die Forstfrevel. Hinsichtlich der Privatwaldungen behielt das neue Gesetz die Bestimmungen des Gesetzes von 1831 dem Sinne nach bei, verminderte aber die Flächengröße von 50 ha auf 25 ha unter den gleichen Bedingungen wie im Gesetze von 1831. — Infolge der Freigabe der Privat- waldwirtschaft seit 1831 glaubte man konstatieren zu können, daß von den Privatwaldungen, welche nicht in Händen von Groß- waldbesitzern sich befanden, 30°/, oder 5°/, der Waldfläche des Landes zerstört, verödet und schlecht bewirtschaftet wurden und zwar hauptsächlich im Schwarzwald. In der dem 1849er Volksaufstand folgenden reaktionären Zeit kam unter der Einwirkung derselben die Gesetzesnovelle vom 27. April 1854 zustande, betr. die Bewirtschaftung der Privatwaldungen, die unter Aufhebung der diesbezüglichen Bestimmungen des Forstgesetzes von 1833 zwar den Privatwald- besitzern die freie Benutzung und Bewirtschaftung ihrer Waldungen zuerkennt, jedoch die Ausstockung des Waldes ohne behördliche Erlaubnis sowie die Zerstörung durch ordnungswidrige Wirtschaft ohne Rücksicht auf die Flächengröße untersagt und für jeden Kahlhieb oder einen andern in seinen Folgen ähnlichen Hieb die Einholung der behördlichen Genehmigung vorschreibt. Als Wald- zerstörung kann auch eine zu intensive Ausübung der Neben- nutzung gelten. Dieses Gesetz ist noch in Geltung. Durch G. v. 25. Februar 1879, das Forststrafrecht und das Forststrafverfahren betr., wurde der dritte Teil des G. v. 1833 „von den Forstfreveln“ mit Ausnahme der das Hutpersonal be- treffenden Bestimmungen aufgehoben und durch neue Vorschriften ersetzt. 6. Hessen. Ein großer Teil des Landes besteht aus früheren reichsunmit- telbaren Standesherrschaften. Ungefähr 20 Standesherrschaften, verschiedene reichsunmittelbare Klöster, freie Reichsstädte, die I. Deutsche Bundesstaaten (Hessen). 243 Kurpfalz und Mainz haben ihr Kontingent geliefert. Alle diese Territorien hatten ihre besonderen Forstordnungen. Weistum über den Dreieicher Wildbann v. 1338; Instrument über das Hubgericht und Wildbann zu Lorsch v. 1423; für die althessischen Ländes- teile FO. v. 1520 u. 1776; für die kurpfälzischen Gemarkungen HO. v. 1605, 1711, 1719; für die kurmainzischen FO. v. 1623 u. 1718; für das Oberamt Starkenburg die Jagd-O. fürs Oberamt Steinheim und die WO. für die Ge- meinde Lampertheim v. 1741; in der Standesherrschaft Isenburg-Birstein FO. v. 1761; im Erbachschen FO. v. 1770; in der Provinz Rheinhessen die fran- zösische FO. v. 1669 und die Gesetze vom 19. Juli und 28. September 1791 und vom 20. Messidor des Jahres III. Einzelne dieser Forstordnungen gestatteten die freie Bewirt- schaftung der Privatwaldungen, andere enthielten wesentliche Ein- schränkungen. Durch die organische Verordnung vom 16. Januar 1811 wurden dann die Waldungen im Großherzogtum mit Bezug auf ihre Eigen- tumsverhältnisse und die forstpolizeiliche Aufsicht eingeteilt in: 1. Domanialwaldungen; 2. Kommunalwaldungen (Gemeinde-, Kor- porations-, Stiftungs- und Märkerwaldungen); 3. standesherrliche und Privatwaldungen erster Klasse, d. s. solche, für welche die Eigentümer eigene mit den gehörigen Forstkenntnissen ausgestattete Forstökonomie-Offizianten angestellt haben; 4. Privatwaldungen zweiter Klasse, für welche solche forsttechnische Beamte nicht be- stellt sind. Diese Einteilung hat sich bis jetzt erhalten. Nach der Verordnung von 1811 sollte kein Wald von der Forstaufsicht frei sein, doch wurde den Standesherren das Recht der freien Bewirtschaftung zuerkannt. In den Privatwaldungen zweiter Klasse dagegen durften ohne Leitung und Zustimmung der staatlichen Forstbehörde Betriebsmaßnahmen nicht vorgenommen werden (Beförsterung). Dieser Verordnung folgte die im Prinzip heute noch geltende V. v. 3. August 1819. Darnach ist der Stand der Forstpolizeigesetz- gebung folgender: Die Standesherren haben außer der freien Bewirtschaftung ihrer Waldungen nach der Verordnung vom 3. August 1819 und dem Edikt vom 17. Februar 1820 die Befugnis, für sich bestehende Parzellen von höchstens 10 Morgen = 2,5 ha zu roden. Durch das Gesetz vom 18. Juni 1858 wurde deren Rodungsbefugnis dahin er- weitert, daß sie auch größere Flächen roden können, wenn eine gleich große, bisher unbewaldete Fläche dafür aufgeforstet wird. Die Beaufsichtigung der übrigen Privatwaldungen (zweiter Klasse) ist je nach den Provinzen verschieden: a) In den Provinzen Starkenburg und ÖOberhessen wurde durch die V. v. 3. August 1819 den Eigentümern die freie 16* 244 Forstpolizeigesetzgebung. Bewirtschaftung ihrer Waldungen im allgemeinen zugestanden. Nach den hierzu unterm 26. Januar 1838 und 20. Dezember 1839 erlassenen Ausführungsverordnungen bedürfen Rodungen der Ge- nehmigung, müssen abgeholzte Flächen binnen drei Jahren wieder aufgeforstet werden und sind Bestandsverwüstungen verboten. Einzelne Flächen bis zu 4 Morgen —=1 ha sind von den vorstehenden Bestimmungen ausgenommen. b) In der Provinz Rheinhessen gilt die von der k. k. öster- reichischen und k. bayerischen Landesadministration erlassene Ver- ordnung vom 15. Dezember 1814 (siehe unter Rheinpfalz). Dieselbe wurde durch eine Entschließung vom 15. April 1853 ausdrücklich für giltig erklärt.’) 7. Elsaß-Lothringen. Bezüglich der geschichtlichen Entwicklung der Forstpolizeigesetzgebung sei hier auf „Frankreich“ (S. 265) verwiesen. Im Elsaß, zu dem damals auch die Grafschaft Dagsburg gehörte, wurde die Ordonnance von 1669 im Jahre 1694 in ihrem ganzen Umfange eingeführt, aber bereits 1700 erwirkte die Provinz durch Übernahme einer weiteren Steuer die Beschränkung der Rechtsverbindlichkeit der Ordonnance auf die Kronwaldungen, Im Herzogtum Lothringen wurde die Ordonnance mit dem Übergange an Frankreich im Jahre 1766 Gesetz.?) Die forstgesetzliche Grundlage bildet das französische Forst- gesetzbuch (Code forestier) vom 21. Mai 1827 mit Ausführungs- verordnung vom 1. August 1827 und mit den Novellen vom 4. Mai 1837 und 18. Juni 1859. Unter der deutschen Verwaltung sind jedoch erhebliche Änderungen eingetreten. Privatwaldungen sind nur hinsichtlich der Vornahme von Rodungen beschränkt, wenn sie Schutzwaldeigenschaft haben. Vollständig neu geordnet wurde die Behördeneinrichtung durch G. v. 30. Dezember 1871 bzw. v. 25. Februar und 20. September 1871, das Forst- strafrecht und Forststrafverfahren durch G. v. 28. April 1880. Die Bestimmungen der Art. 17 u. 18 des Forstgesetzbuches, nach welchen in den Staatswaldungen der Holzverkauf nur auf dem Wege der öffentlichen Versteigerungen stattfinden darf, wurden durch V. v. 25. Januar 1871 außer Kraft gesetzt. Die Art. 17—52, welche die Versteigerung und den Einschlag der auf dem Stock verkauften Bestände behandelt, sind praktisch gegenstands- los geworden, weil der Verkauf des Holzes nur mehr im aufgearbeiteten Zu- stande erfolgt. Die Bestimmung des Art. 16, daß ohne landesherrliche Genehmigung kein außerordentlicher Holzschlag geführt werden darf, ist aufgehoben. Die Strafbestimmungen der Art. 53—57, betr. die Versteigerungen der Eichellese, !) Handbuch für die Forst- und Kameralverwaltung im Großh. Hessen, herausg. v. Ministerium der Finanzen, Darmstadt 1883, 164 ff. ?) Nach Ney, Das Reichsland Elsaß-Lothringen, Abh. 11, 199. I. Deutsche Bundesstaaten (Preußen). 245 der Mast- und Schmalzweide wurden durch das Forststrafgesetz von 1880 er- setzt. Die Art. 86—89 über Kron- und Apanagewaldungen sind gegenstands- los geworden. Die Art. 122—135, betr. die zu Marinezwecken bestimmten Hölzer, haben keine praktische Bedeutung mehr. Die Art. 144—217, welche von der Polizei und dem Schutz der Waldungen, von der Verfolgung der Frevel, von den Strafen und Verurteilungen handeln, sowie die Straf- androhungen in den Titeln 1—9 und 15 sind durch das Forststrafgesetz von 1830 aufgehaben und ersetzt, und damit auch die diesbezüglichen Vorschriften der Novelle von 1859. Das G. v. 28. Juli 1860 über die Wiederbewaldung, das in Frankreich durch das G. v. 4. April 1882 derogiert wurde, hat in Elsaß-Lothringen noch Geltung.!) 8. Preußen. Die älteste märkische FO. v. 1547 bezieht sich wie alle fol- genden Forstordnungen des 16. Jahrhunderts (1551, 1563, 15866, 1590, 1593, dann 1602, 1622) nur auf die Domänenforste.?) Die im Grundhörigkeitsverhältnis stehenden Bauern mußten sich schon nach der FO. v. 1593 das Holz von der Herrschaft anweisen lassen.?) 1674 erließ der große Kurfürst ein Edikt gegen die Verwüstung der Lehenshölzer der Adeligen und der Städte in der Uckermark, in dem er den Verkauf von Nutzholz ohne landesherrliche Genehmigung verbot. 1683 wurde dieses Ver- bot auf die ganze Kurmark Brandenburg ausgedehnt. Auf die Beschwerde des Adels hin wurde dasselbe 1717 zurückgezogen, in der Holz-, Mast- und Jagdordnung von 1720 für die Mittel-, Alt-, Neu- und Uckermark) aber unter ausdrücklicher Aufhebung der Verordnung von 1717 mit Rücksicht „auf die Posterität“ befohlen, daß die Beamten sowohl auf die Gehölze, in welchen dem König die hohe und niedere Jagd sowie die Mast zustand, als auch auf die Heiden der Vasallen und Untertanen, Aufsicht halten, damit dieselben von den Eigentümern nicht verwüstet und von Holz ent- blößt werden; denn es würden dadurch die Wildbahnen ruiniert, die landesherrlichen Heiden infolge des Holzmangels zu sehr angegriffen und dem Lande unwiederbringlicher Schaden ver- ursacht. Durch Verordnung von 1766 wurden die Forstbediensteten angewiesen, das in der Forstordnung von 1720 ausgesprochene Verbot der Holzverwüstung namentlich den Besitzern adeliger 1) von Berg, Mitt. über die forstl. Verhältnisse in Elsaß-Lothringen. Straßburg 18383. — Solff u. Mitscher, Die in Elsaß-Lothringen geltenden Forst- u. Jagdgesetze. Straßburg 1876. 2) Mylii Corp. Constit. Marchie. IV. 8) Pfeil, Forstgeschichte Preußens 1839, 84. 4 Mylius IV, 683. 246 - Forstpolizeigesetzgebung. Güter gegenüber wahrzunehmen (Strafe 50—1000 und mehr Thaler und Erstattung der Kosten) und wenn nötig, denselben die Art des Holzschlages und der Nutzung vorzuschreiben. Als ein wesentlicher Eingriff in die Rechte der Privatwald- besitzer war die denselben in den verschiedenen Verordnungen des 18. Jahrhunderts gemachte Auflage, ihr Holz nicht unter der königlichen Holztaxe zu verkaufen und keine Privatholzmärkte abzuhalten.) Einen strengen forstpolizeilichen Standpunkt nehmen die Provinzial- forstordnungen ein. Für Schlesien erschien 1750 eine FO., die 1756 revidiert wurde. Die- selbe verbot die Verwüstung aller Waldungen durch übermäßigen Holzverkauf sowie die Rodung. Ein Zehntel der Waldfläche sollte in Schonung gelegt werden. Eine neue FO. v. 1777 legte den Besitzern der Gebirgsforste große Beschränkungen auf, sie wurden vollständig beförstert. Die Forstmeister hatten für jeden Untertanswald einen Nutzungsetat abzuschätzen, von den Oberförstern mußte darnach der jährliche Hieb angewiesen werden. Hier- für waren in erster Linie die Rücksichten auf den Bergwerksbetrieb maß- gebend.?) Nach der Magdeburger FO. v. 16387, revidiert 1743, dürfen Adelige und andere Waldbesitzer in ihren Waldungen, in welchen der Landesherr das Jagd- und Mastrecht hat, dürre Bäume nach Notdurft verkaufen, masttragende nur mit landesherrlicher Erlaubnis. Letztere müssen nach der Fällung er- gänzt werden. Auf genannte Waldungen sollen die Forstbediensteten fleißiges Aufsehen haben. — Nach der Halberstadter FO. v. 1765 muß der Wald- verwüstung Einhalt getan werden in allen Waldungen, ebenso nach der FO. für Minden-Ravensberg v. 1769, der Hinterpommerschen erneuerten Jagd- und Holzordnung v. 1681 und der FO. für die Provinz Pommern v. 1777 usw. Das preußische Allgemeine Landrecht von 1794 verord- nete dann für sein ganzes Geltungsgebiet, daß Wälder und be- trächtliche Holzungen, die nach Beschaffenheit und Umfang einer forstmäßigen Bewirtschaftung fähig sind, nicht verwüstet werden dürfen. Der Begriff der Holzverwüstung ist nach den Umständen einer jeden Provinz, dem Überfluß oder Mangel des darin befind- lichen Holzes, dem Bedarf der Einwohner und der Fabriken, in den Provinzialforstordnungen bestimmt. In holzreichen Gegenden ist eine Holzverwüstung gegeben, wenn der Eigentümer nicht so viel übrig läßt, als zu fortwährendem Bedürfnis seines Guts und der Dorfseinwohner erforderlich ist. Die Nutzung in einem ver- wüsteten Wald wird behördlich eingeschränkt. Die Strafen be- !) Namentlich Patente v. 1716, 1722, 1726; pommerische FO. v. 1777. — Näheres in Endres, Die Waldbenutzung vom 13. bis Ende des 18. Jahrh. Tübingen 1888, 146. ?2) Vgl. Pfeila.a. O. 194, 198. — Moser, Forstarchiv IV, 191. — Stahl, Forstmagazin 1763, II, 66. I. Deutsche Bundesstaaten (Preußen). 247 messen sich nach den Forstordnungen. Die Vorschriften derselben über Rodung und Aufforstungen bleiben aufrecht. Glas- und Eisenhütten, Pech- und Teeröfen dürfen nur mit polizeilicher Er- laubnis angelegt werden. Sensen und Blattsicheln sollen bei der Grasgewinnung nicht gebraucht werden. Nadelstreugewinnung ist nur da erlaubt, wo sie unentbehrlich ist, doch nicht mit eisernen Rechen. Die Bäume sollen mit der Wurzel ausgegraben oder doch höchstens 6 Zoll über der Erde abgestammt werden. Bauholz darf der Regel nach nur vom 1. Oktober bis 1. April gefällt werden. (UR. 8 Tit. $83—95). Alle diese Beschränkungen wurden durch das „Edikt vom 14. September 1811 zur Beförderung der Landeskultur“ aufgehoben. 84... „Die Einschränkungen, welche teils das allgemeine Landrecht, teils die Provinzialforstordnungen in Ansehung der Benutzung der Privatwaldungen vorschreiben, hören gänzlich auf. Die Eigentümer können solche nach Gutbefinden benutzen oder sie auch parzellieren und urbar machen, wenn ihnen nicht Verträge mit einem dritten oder Berechtigungen anderer ent- gegenstehen.“ 85. „Mit dieser Einschränkung können auch landwirtschaftlich benutzte Grundstücke in Forst verwandelt und solche jeder anderen beliebigen Ver- änderung unterworfen werden“; bäuerliche Grundstücke können auch unbe- stellt bleiben. — Nach $ 6 dürfen Realgläubiger, Lehensberechtigte usw. einer veränderten Nutzung niemals widersprechen, wenn diese Operationen nach dem Gutachten zweier Kreisverordneten nötig sind und für die Verwendung der Kaufgelder Vorsorge getroffen wird. Das Geltungsbereich des Landeskulturediktes fällt mit dem des allgemeinen Landrechts zusammen (sieben östliche Provinzen mit Ausnahme von Neuvorpommern und Rügen, dann Provinz West- falen und die Kreise rechts des Rheins Rees, Essen, Duisburg und Mühlheim). Ausnahmen!) blieben bestehen und bestehen noch bezüglich der Genossenschaftshauberge im Regierungsbezirk Arnsberg und Koblenz. In Sigmaringen hat das Gesetz vom 2. August 1848 alle Be- schränkungen der Privatwaldwirtschaft aufgehoben, für Hechingen blieb nach dem Gesetz vom 25. September 1848 die Rodung der Genehmigung vorbehalten. Das im Landeskulturedikt und dann im Gesetz für Sigmaringen zum Ausdruck gebrachte Prinzip der Freigabe der Privatwaldungen übertrug sich tatsächlich auch auf die übrigen altländi- schen Gebietsteile, namentlich die Rheinprovinz, wo die gesetz- lichen Verfügungsbeschränkungen für die Bewirtschaftung des D) Donner 77 ff.; Schlieckmann 769 ff. 248 . Forstpolizeigesetzgebung. Privatwaldes!) nach und nach außer Übung traten, ohne ausdrück- lich aufgehoben zu sein.°) Dasselbe galt bezüglich der Privatwaldungen in den 1866 in Besitz genommenen vormals bayerischen und hessendarmstädtischen Landesteilen, dem früheren Herzogtum Nassau und Kurfürstentum Hessen, der Grafschaft Hessen-Homburg und Hannover. Formell wurden alle diese das Privatwaldeigentum beschrän- kenden Gesetze in den nach 1811 dem preußischen Staate ein- verleibten Gebietsteilen durch das sog. Waldschutzgesetz vom 6. Juli 1875 aufgehoben bis auf die besonderen Vorschriften für die Bondenholzungen in Schleswig-Holstein, welche nach der Forstordnung von 1784 und dem Patent von 1785 haushälterisch benützt werden müssen (d. s. Abfindungswaldungen mit Vorbehalt der staatlichen Betriebsaufsicht, ca. 13000 ha). Nachdem durch die Gemeinheitsteilungsordnung vom 7. Juni 1821 die Teilbarkeit gemeinschaftlicher Wälder nach der Richtung beschränkt worden ist, daß dieselbe nur zulässig sein soll, wenn entweder die einzelnen Teile zur forstmäßigen Be- nutzung geeignet bleiben oder vorteilhaft als Acker oder Wiese benutzt werden können, suchte die Regierung schon seit den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts im Wege der Gesetzgebung den Mißständen abzuhelfen, welche durch die Freigabe der Privat- waldwirtschaft im Gebirge, an der Seeküste, auf Flugsand usw. hervorgetreten sind. Eine in Vorbereitung begriffene, für das ganze Land berech- nete allgemeine Forst- und Jagdordnung sowie ein Gesetzentwurf wegen Abwendung von Versandungen und wegen Befestigung der Sandschollen kam infolge der Ereignisse des Jahres 1848 nicht zum definitiven Abschluß. Unterm 1. Juni 1854 kam das Wald- kulturgesetz für den Kreis Wittgenstein zustande. Im Jahre 1868 wurde der ursprüngliche Versuch einer all- gemeinen Regelung der Frage wieder aufgenommen und dem Hause der Abgeordneten ein Gesetzentwurf betr. die zwangsweise Bildung von Waldgenossenschaften vorgelegt. Der Entwurf kam über die Kommissionsberatung nicht hinaus. Auch aus der Mitte der Landesvertretung kamen wieder- holt Anregungen, die auf die Schaffung einer Schutzwaldgesetz- gebung gerichtet waren. Im Jahre 1853 überwies die damalige 1) Dekret für das Großherzogtum Berg v. 1811, kurtriersche FO, v. 1720 u. 1786, kurkölnische FO. v. 1759 u. 1814, Sayn-Altenkirchensche V, v. 1742, Gouvernementsverordnung v. 1814 für die Landesteile zwischen Rhein, Mosel und Maas, V. d. Administrationskommission zu Kreuznach v. 1814 usw. 2) Donner 78. I. Deutsche Bundesstaaten (Preußen). 249 erste Kammer der Regierung einen Antrag, einen Gesetzentwurf über das Verbot der Rodung in Gebirgswaldungen vorzulegen, zur näheren Prüfung. Im Jahre 1860 erkannte das Haus der Ab- geordneten an, daß den durch Abholzungen erwachsenen Gefahren durch Zwangsmaßregeln entgegenzutreten sei und 1873 forderte dieselbe Körperschaft auf Antrag des Abgeordneten und späteren Ministers Miquel die Regierung auf, ein allgemeines Waldschutz- und Kulturgesetz bald vorzulegen. Aus Anlaß dieser Resolution wurde der 1868er Entwurf umgearbeitet und 1873—74 beiden Häusern des Landtages vorgelegt. Derselbe wurde nur im Herren- haus durchberaten. Dem 1874—75 versammelten Landtage wurde der Entwurf mit nicht wesentlichen Abänderungen und unter Hinzu- fügung einiger den Beschlüssen des Herrenhauses entsprechenden Zusätze wieder vorgelegt. Nachdem das Abgeordnetenhaus mehr- fache Änderungen materieller und formeller Natur an demselben vorgenommen hatte, ging daraus das Gesetz vom 6. Juli 1875 betr. Schutzwaldungen und Waldgenossenschaften, kurz Waldschutzgesetz genannt, hervor. Dieses Gesetz stellte für die Privatforste der ganzen Monarchie einen gleichmäßigen Rechts- zustand her. „Die Benützung und Bewirtschaftung von Waldgrundstücken unterliegt nur denjenigen landespolizeilichen Beschränkungen, welche durch das gegen- wärtige Gesetz vorgeschrieben oder zugelassen sind. Die über die Beauf- sichtigung, Benutzung und Bewirtschaftung der Staats-, Gemeinde-, Korpora- tions-, Genossenschafts- und Institutenforste, sowie der schleswig-holsteinischen sog. Bondenholzungen bestehenden besonderen Vorschriften bleiben jedoch in Kraft“ (8 12). Das Waldschutzgesetz') hält den Grundsatz des Landeskultur- ediktes von 1811 über die Freiheit der Privatwaldwirtschaft auf- recht, formuliert aber für alle Waldungen giltige Einschränkungen für die Fälle, in welchen die ungehinderte Benutzung des Waldes entweder der Gesamtheit oder auch dem Einzelnen Schaden bringt. Diese Aufgabe sucht das Gesetz nach zwei Richtungen hin zu lösen, einmal durch Vorschriften zur Erhaltung und Begründung von Schutzwaldungen und dann durch Genossenschafts- bildung. Der die Naturalteilung von Realgemeinde- oder Ge- nossenschaftswaldungen behandelnde $ 47 wurde durch das G. v. 14. März 1881 aufgehoben. In den Motiven zu dem Gesetzentwurf ist hervorgehoben, daß es nicht zu rechtfertigen sein würde, den Privatwaldbesitzer bloß aus dem Grunde, weil er von seiner Waldfläche nicht die höchste mögliche Bodenrente zieht, zu einer bestimmten Waldbehandlung zu zwingen. Mit demselben Rechte 1) Motive im Jahrb. der preuß. Forst- u. Jagdgesetzgebung, Bd.7 u. 8. Ferner vgl. Offenberg, Das Waldschutzgesetz usw., Berlin 1901. 2350 ° Forstpolizeigesetzgebung. müßte die Staatsregierung auch jeden, der seinen Acker schlecht düngt oder sein Vermögen schlecht verwaltet, das zu tun zwingen, was für ihn am zweck- dienlichsten ist. Die Bedeutung des Privatwaldes für die Befriedigung des Holzbedarfes des ganzen Landes falle nicht sehr ins Gewicht gegenüber der Produktion der Staats- und Korporationswaldungen, der Möglichkeit des Holz- bezuges aus dem Auslande und den großen Vorräten an Kohlen und Torf im Inlande. Ein beträchtlicher Teil der Privatwaldungen sei in Händen großer Grundbesitzer, die konservativ wirtschaften. Die Beförsterung der Privat- waldungen sei ein empfindlicher Eingriff in das Privateigentum, schwer aus- führbar und sehr kostspielig. Das Gesetz vom 14. August 1876, betr. die Verwaltung der den Gemeinden und öffentlichen Anstalten gehörigen Holzungen in den Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen verpflichtet unter gewissen Bedingungen die Gemeinden, unkultivierte Grundstücke mit Holz anzubauen. Das Feld- und Forstpolizeigesetz vom 1. April 1880 führte die einheitliche Regelung des Forstpolizeirechts herbei, ohne die Verschiedenheiten provinzieller und örtlicher forstwirtschaft- licher Verhältnisse unberücksichtigt zu lassen. Deshalb ist der Erlaß ergänzender lokaler Polizeiverordnungen über ganze Materien, wie über die Hut- und Weideverhältnisse, oder über einzelne Handlungen nach dem Gesetze zulässig. Die lokalen Polizei- verordnungen dürfen sich indessen nicht auf die im Feld- und Forstpolizeigesetz von 1880 bereits vollständig geregelten Gegen- stände erstrecken und diesem Gesetze nicht zuwiderlaufen.') Das Gesetz vom 14. März 1881 über die gemeinschaft- lichen Holzungen bezieht sich auf die Genossenschaftswaldungen deutschrechtlichen Charakters sowie auf die Gesamtabfindungs- waldungen und schränkt deren Teilung und Veräußerung ein, regelt die Umbildung der Genossenverbände in Wealdgenossen- schaften und die staatliche Einwirkung auf die Bewirtschaftung. Für die Provinz Schlesien ist das Gesetz vom 16. September 1899, betr. Schutzmaßregeln im Quellgebiet der links- seitigen Zuflüsse der Oder erlassen worden. Die auf die Gemeindewaldungen, gemeinschaftliche Holzungen, Forst- rechte und Gemeinheitsteilungen bezügliche Gesetzgebung wird bei den ein- schlägigen Kapiteln angeführt werden. 9. Sachsen. Das erste Forstpolizeigesetz ist die Forstordnung Kurfürst Augusts vom 8. September 1560 für die Ämter Schwarzenberg und !) Schlieckmann 678 ff. — v. Bülow u. Sterneberg, Die preußischen Forst- und Jagdgesetze, Bd. III, 4. Aufl., Erg.-Bd. zu Bd. III. — Handb. der Gesetzgebung in Preußen usw. von Graf Hue de Grais, XIV: Die Forst- wirtschaft von Schultz, 1903. u I. Deutsche Bundesstaaten (Sachsen). »51 Crotendorf.) Noch mehr wie in den Forstordnungen anderer Länder wird hier die Rücksichtnahme auf die Jagd betont. Zu- nächst wurde diese Forstordnung zwar für die Bewirtschaftung der landesherrlichen Waldungen erlassen, überdies aber auch verordnet, daß die Untertanen des Landesherrn sowohl wie die der Ritter- schaft und der Städte aus ihren Wäldern, die in der kurfürstlichen Wildbahn gelegen sind, ohne Genehmigung und Anweisung der landesherrlichen Jagd- und Forstbeamten kein Holz verkaufen und darin auch nicht die Weide ausüben dürfen. Auch die Klöster sollen ihre in der Wildbahn gelegenen Waldungen pfleglich ge- brauchen. Die Forstordnung Kurfürst Augusts für die Grafschaft Mans- feld von 1585 stellte sowohl der Grafen als der Untertanen eigen- tümliche . Gehölze unter strenge polizeiliche Aufsicht (Anweisung des Holzes durch den Oberforstmeister, Einteilung aller Gehölze in zwölfjährige Gehaue, Verbot der Rodung, Verschonung der Schläge mit Weide und Gräserei in den ersten fünf Jahren usw.)?) Ein Patent von 1598 verbietet dem Adel und allen anderen Waldbesitzern die Wälder zu verhauen und nach ihrem Gefallen abzutreiben.?) Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts erschienen dann noch eine ganze Reihe von Patenten und Resolutionen, die auf die pflegliche Behandlung der Privatwaldungen und auf die Verhütung der Ausstockung abzielen (Hennebergische Forstordnung 1697, Ver- ordnungen von 1713, 1726, 1732, 1763). Für die Oberlausitz wurde 1767 ein Forstpolizeigesetz erlassen. Den Untertanen werden hierin ihre Holzungen zwar „zu ihrem ungestörten Eigentum und Nutzung“ überlassen, die grundhörigen Bauern dürfen aber ohne Einwilligung ihrer Grundherren keine Holznutzung in ihrem Walde vornehmen. Den letzten Akt forstpolizeilicher Einwirkung auf die Privat- waldwirtschaft bildet das Mandat vom 30. Juli 1813, welches die Gewinnung von Nebennutzungen im Interesse der Nachhaltigkeit der Holzproduktion einschränkt. Die Handhabung aller dieser Verordnungen wurde im Laufe der Zeit immer laxer. Die Landesverfassung von 1831 hielt die- selben zwar formell aufrecht, indem im $ 27 allgemein gesagt wird: „Die Freiheit der Person und die Gebarung mit dem Eigen- tume sind keiner Beschränkung unterworfen als welche Gesetz und Recht vorschreiben“, tatsächlich wurde aber von da ab die Privat- 1) Codex Augusteus II, 487. 2) Stisser, Forst- u. Jagdhistorie, 2. Aufl. 1754 im Anhang. ®) Cod. Aug. II, 531. 952 Forstpolizeigesetzgebung. waldwirtschaft völlig freigegeben und kein Waldbesitzer in der beliebigen Behandlung und Benutzung oder Ausstockung der Wal- dungen mehr gehindert. Dieser tatsächliche Zustand wurde durch die Landtagsverhandlungen von 1879—80 insofern anerkannt, als infolge eines im Jahre 1876 von einem Landtagsmitglied gestellten Antrages, die Regierung um Anstellung von Erörterungen über das Bedürfnis eines Waldschutzgesetzes zu ersuchen, der Landtag auf Grund der daraufhin gepflogenen amtlichen Erhebungen die Regierung lediglich ersuchte, durch den Landeskulturrat bzw. durch die landwirtschaftlichen Vereine auf eine rationelle Waldpflege hinzuwirken.') Nach dem Gesetz vom 17. Juli 1876 ist jeder Waldeigentümer verpflichtet, in seiner Waldung die zur Abwehr und Vertilgung forstschädlicher Insekten dienenden Maßregeln zu ergreifen, ebenso der Inhaber eines Holzlagerplatzes.”) 10. Sachsen -Weimar. Für die Privatwaldungen kommen heute noch formell folgende Gesetze in Betracht: 1. Für die altweimarischen Gebietsteile: Landordnung v. 1589, FO. v. 1646, Jenaische FO. v. 1674, Weimarsche FO. v. 1775, V. v. 19. Nov. 1745 (Schmidts Ges.-Sammlung Bd. II); 2. für die vormals kursächsischen Gebietsteile V. v. 11. Mai 1726; 3. für die alt-eisenachschen Gebietsteile V. v. 1. März 1768; 4. für die früher preußischen Gebietsteile das ALR.; 5. für die vormals kurhessischen Gebietsteile V. von Kassel v. 30. Mai 1711, Reskript hierzu v. 16. April 1712, V. v. 25. Juli 1777; 6. für die vormals fuldaischen Gebiete verschiedene Bestimmungen. Diese Verordnungen und Gesetze wurden unterm 21. September 1838 als noch zu Recht bestehend erklärt und deren pünktliche Handhabung wurde noch besonders eingeschärft. Sie stimmen darin überein, daß den Waldeigen- tümern ein unbeschränktes Recht zur Ausführung von Holzschlägen, nament- lich von größeren Holzabtrieben, und zur Rodung nicht zusteht, daß vielmehr alle Waldungen der besonderen Aufsicht der landesherrlichen Forstbeamten unterworfen sind und Holzschläge nur mit Genehmigung der letzteren, Ro- dungen und größere Holzabtriebe nur mit landesherrlicher Erlaubnis vorge- nommen werden dürfen.?) Tatsächlich kommt gegenwärtig nur noch das Rodungs- und Devastations- verbot zum Vollzug. 11. Braunschweig. Im Interesse der Jagd, des Bergbaues sowie der Holzproduktion über- haupt wurde die Waldwirtschaft in den ältesten Forstordnungen weitgehenden 1) Tharandter forstl. Jahrb. 1881. ®2) Darstellung der k. sächsischen Staatsforstverwaltung, Dresden 1365. — Klette in Mitteilungen der ökonomischen Gesellschaft im Kgr. Sachsen, 1889—90, V. — Qvenzel, Die Forstverwaltung im Kgr. Sachsen, Pirna 1888. — von der Mosel, Handwörterb. des sächs. Verwaltungsrechts, 1901. %) Neubauer, Zusammenstellungen des in Deutschland geltenden Rechts usw., Berlin 1880, 59. I. Deutsche Bundesstaaten (Mecklenburg). 253 Einschränkungen unterworfen (FO. v. 1547, 1585, 1590 und 1665, Landtags- abschied v. 1619, V. v. 1645, Landesordnung v. 1647, V. v. 1658, 1686, 1688, 1693, 1726). Kein Untertan durfte ohne Erlaubnis Holz schlagen bei 50 fl. Strafe (FO. v. 1590). Diese Beschränkungen und die Übergriffe des landes- herrlichen Forstpersonals gaben den Ständen wiederholte Veranlassung zu Be- schwerden, denen in Rezessen und Privilegien auch teilweise Rechnung getragen werden mußte (1601, 1614. 1682, 1702, 1710, 1770). Allmählich hatte sich der Rechtszustand herausgebildet, daß dem Staate das Recht zustand, in allen nicht herrschaftlichen Forsten gegen Verwüstungen und Rodungen einzuschreiten. Nach der herrschenden Meinung waren ferner alle Holzungen, auch die der Privaten mit Ausnahme jener der Ritterschaft, der Leitung und dem Schutze der herrschaftlichen Forstbeamten unterworfen, soweit nicht durch Verjährung eine Befreiung erworben worden war. Dieses Recht wurde aber bei Beratung des Gesetzes von 1834 wegen der Beförsterungsbeiträge der Privatforstbesitzer von den Ständen nicht unbedingt anerkannt.) Daher wurde durch das „Gesetz vom 30. April 1861 die Ausübung der Forsthoheit und Forstaufsicht über Privatforsten betreffend“ das Forstpolizeirecht geregelt. Dasselbe findet nicht gleichmäßig auf alle Privatforste Anwendung, son- dern nur auf diejenigen Grundstücke, deren Forstgrundqualität durch Ein- tragung in die nach dem Gesetze zu errichtenden Forstlagerbücher fest- gestellt wurde. Letztere wurden unmittelbar nach dem Erlaß des Gesetzes auf dem Verwaltungswege vorbehaltlich der Betretung des ordentlichen Rechts- weges angelegt und werden von den Kreisdirektionen verwahrt und fortge- führt. Grundstücke, die nicht in das Lagerbuch eingetragen sind, unterliegen der Forsthoheit nicht. Das Gesetz verfolgt mithin den Zweck, daß der im Jahre 1361 vorhandene Bestand an Privatwaldungen im allgemeinen für immer erhalten bleibt. Das Gesetz von 1861 unterscheidet zwischen Forsthoheit und Forst- aufsicht. Die Forsthoheit erstreckt sich auf alle in das Lagerbuch eingetragene Privatforsten und begreift in sich das Verbot der Rodung ohne Genehmigung, die Verpflichtung des Waldbesitzers, abgeholzten oder aus irgend einem Grunde vom Waldwuchs entblößten Forstgrund wieder mit Holz anzubauen, ferner den Staatsforstbehörden auf Erfordern über Größe und Umfang ihrer Forsten Nachricht zu geben, endlich die Befugnis der Forstdirektion, in den Privat- waldungen auf Staatskosten Untersuchungen über Waldpflege und Bewirt- schaftung vornehmen zu lassen. Die Forstaufsicht erstreckt sich auf die Forste der juristischen Personen (Gemeindeforste usw.) und auf die Forste, welche realiter unter einzelne ge- teilt, aber bisher unter Aufsicht der Staatsbehörden verwaltet sind (siehe Gemeindewaldungen). 12. Mecklenburg. In Mecklenburg-Schwerin wurde schon 1572, 1621 und 1750 die Verwüstung der Wälder verboten, Nach dem Erbvergleich von 1755 dürfen auf den ritterschaftlichen Gütern außer dem eigenen und der Hintersassen Bedarf an Hartholz nicht mehr als 12 Eichen und 50 Buchen jährlich zum Verkauf gefällt werden. Zu einem Mehreinschlag ist jedesmal besondere 1) Neubauer, Zusammenstellungen usw., 62ff. — Allg. Forst- u. Jagdz. 1861, 361 ff. 54° Forstpolizeigesetzgebung. landesherrliche Genehmigung erforderlich. Bezüglich aller anderen Holzarten haben die ritterschaftlichen Güter vollständig freie Hand. Die Allodialgüter wurden in dieser Richtung durch V. v. 16. Februar 1860 mit den Lehengütern auf gleiche Stufe gestellt. In Mecklenburg-Strelitz sind die Waldungen der wenigen Allodial- güter frei, für die Waldungen der Lehengüter gilt dasselbe wie für Mecklen- burg-Schwerin. — Erbvergleich v. 27. Februar 1760. Die V. v. 16. Februar 1860 gilt hier nicht. II. Außerdeutsche Staaten. 1. Österreich. A. Bis zum Jahre 1852 war die forstliche Gesetzgebung keine einheitliche, jedes Land hatte seine eigene Waldordnung, deren letzte Redigierungen von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an stattgefunden hatten.') Die Entwicklung der Forstpolizeigesetzgebung war in den einzelnen Ländern dieselbe wie in Süddeutschland; sie beginnt bereits im 15. Jahrhundert und kam dann im 16. Jahrhundert zu einem vorläufigen Abschluß durch den Erlaß von allgemeinen Waldordnungen. Die Waldordnung für Istrien von 1452 und 1475 verpflichtete bereits die Gemeinden, eigene Waldhüter zu bestellen. Die Tiroler Waldordnung von 1511 spricht von „Wäldern oder Hölzern, so in den Bann gelegt oder sonst Bannwald wären“. Die WO. des Erzbischofs Mathäus Lang von Wellenburg von 1524 für das Erzstift Salzburg erklärt auch gegenüber den Eingeforsteten alle „Bann- und Schwarzwaldungen“ als Regale des Landesfürsten. Die aufzustellenden Forstknechte hatten darüber zu wachen, daß die „Heimhölzer“ (Privatwal- dungen) nicht über Gebühr genutzt und gerodet werden. Sie sollen das Holz anweisen, Gipfel und Äste dürfen im Walde nicht liegen bleiben (s. S. 211). Die Forsthoheit wurde durch den Landesfürsten ausgeübt; dieselbe hatte aber mehr wie in Deutschland einen besonderen Regalitätscharakter, indem der Landesfürst das Recht in Anspruch nahm, von jedem Waldbesitzer das Holz, welches er für seinen Privatgebrauch nicht bedurfte, zu Zwecken des Salz- und Berg- baues sowie des Hüttenbetriebes um eine geringe Taxe (Stockrecht) zu erwerben. Dieses Recht führte den besonderen Namen Wald- reservat. Durch dasselbe wurden die einschlägigen Waldungen auch der Kontrolle der Bergbaubehörden unterstellt. Das Reservat wurde in den einzelnen Provinzen zu verschiedenen Zeiten auf- !) Vgl. Geschichte der österr. Land- u. Forstwirtschaft, IV. Bd. 1899, 347—405. — Hier sind auch die vor 1852 giltig gewesenen FO. aufgeführt. II. Außerdeutsche Staaten (Österreich). 255 gehoben, aber immer unter dem Vorbehalt der Berechtigung der Wiedereinführung, wenn sich die Notwendigkeit hierzu ergibt. Nur im Salzkammergut blieb es bestehen. In Istrien bestanden Wald- reservate für Marinezwecke. Schon im Jahre 1814 wurde in Anregung gebracht, ein Reichs- forstgesetz zu schaffen. Da dieselbe aber durch die Landesstellen nieht unterstützt wurde, blieb es bei der Landesgesetzgebung. Auch eine königliche Entschließung von 1843, Vorschläge zu machen, wie der Rodung und Abholzung Einhalt getan werden könne, blieb erfolglos. Nachdem im Jahre 1848 der Unterschied zwischen den im Grundbarkeitsverband stehenden (untertänigen) und herrschaftlichen Waldungen aufgehoben worden war, schritt man im Jahre 1852 zu einer einheitlichen Forstgesetzgebung. Das. Forstgesetz vom 3. Dezember 1852 gilt für ganz Österreich. In Dalmatien wurde es durch Patent vom 27. März 1858 zur Einführung gebracht. In Ungarn wurde dasselbe durch Patent vom 24. Juni 1857 vom 1. Januar 1858 ab eingeführt, aber durch das neue ungarische Forstgesetz vom 11. Juni 1879 wieder außer Kraft gesetzt. Die provinziellen Forstordnungen wurden durch das Gesetz aufgehoben, nur der zweite Teil der tirolischen Waldordnung von 1839, der sich auf die Bewirtschaftung der Staats-, Gemeinde- und Lokalstiftungswälder bezieht, ist noch in Giltigkeit. Die Durchführung des im allgemeinen guten Gesetzes ließ und läßt viel zu wünschen übrig. Aus Furcht vor dem Wider- stand der waldbesitzenden Bevölkerung legten sich die Behörden beim Vollzuge eine große Reserve auf und außerdem fehlte es bis zur Organisation des forsttechnischen Dienstes bei den politischen Behörden an der nötigen Anzahl von Forstpolizeiorganen. Eine Ministerialverordnung vom 3. Juli 1873 trägt den Behörden den energischen Vollzug des Forstgesetzes auf. An Versuchen, dasselbe zu reformieren, hat es bisher nicht gefehlt. Ein am 14. Mai 1878 vom Ackerbauminister dem Parlamente vorgelegter Entwurf, betr. die Einführung eines neuen Forstgesetzes kam nicht zur Beratung. Eine grundlegende Reform scheiterte bisher hauptsächlich an den Kompetenzrücksichten zwischen Reichs- und Landesgesetz- gebung. Es wurde daher seit den 80er Jahren des 19. Jahrhun- derts mehr und mehr der Weg der Spezialgesetzgebung für einzelne Materien und Länder betreten (siehe Schutzwaldgesetz- gebung). B. Die Organe der Forstpolizei („Forstdienst der poli- tischen Verwaltung“). Da der Staatswaldbesitz der österreichi- 956 Forstpolizeigesetzgebung. schen Monarchie im Verhältnis zur gesamten Landes- und Wald- fläche gering (7,3°/, von der Gesamtwaldfläche) und zudem in der Hauptsache auf das Gebirgsland konzentriert ist, fehlen in großen Gebieten staatliche Forstverwaltungsbeamte, denen der Vollzug der Forstpolizei übertragen werden könnte. Infolge dieses Mangels an technischen Aufsichtsorganen wurden auch die forstpolizeilichen Bestimmungen lange Zeit von den Waldbesitzern nicht eingehalten. Um diesem Übelstande wirksam zu begegnen, wurde durch kais. Entschließung vom 29. Juni 1870 die Anstellung von landesfürst- lichen Forsttechnikern bei den politischen Landesstellen und Bezirks- behörden nach Maßgabe des Bedürfnisses der einzelnen Länder verfügt. In Dalmatien und im Küstenlande waren schon von 1858 bzw. 1868 ab forsttechnisch gebildete Organe bei den Landesstellen bestellt worden. Infolge des Drängens der Landtage und des Reichsrates wurde die Zahl der Forsttechniker im Jahre 1875 und 1879 vermehrt und dann sehr bedeutend im Jahre 1883, wozu die Hochwasserkatastrophe 1882 in den Alpenländern die nächste Ver- anlassung bot. Durch kaiserl. Entschließung vom 16. Juni 1883 wurde der forsttechnische. Dienst reorganisiert und auf sämtliche Kron- länder ausgedehnt. Im Jahre 1884 wurde die forsttechnische Ab- teilung für Wildbachverbauung errichtet. Außer den eigentlichen Berufsforsttechnikern wurden auch Privat- und Staatsforstbeamte im Nebenamt als „deiegierte Forstinspektions-Kommissäre“ mit der staatlichen Forstaufsicht betraut, eine Einrichtung, die sich wegen Kollision mit dem Berufsdienste und Konflikten mit der Bevölkerung nicht bewährte und 1892 wieder aufgehoben wurde. Unterm 1. November 1895 wurden eine neue, zurzeit noch gil- tige Organisationsverordnung, betr. das forsttechnische Personal der politischen Verwaltung, und eine Dienstesinstruktion erlassen und darin demselben folgende Aufgaben zugeteilt: 1. Die politischen Behörden in der Ausübung der Forstaufsicht und in der Handhabung der das Forstwesen betreffenden Gesetze und Verordnungen überhaupt zu unterstützen; 2. die Forstkultur durch Belehrung der Waldbesitzer und ent- sprechende Anregungen zu fördern; 3. unter bestimmten Umständen die Bewirtschaftung von Ge- meinde- und anderen Wäldern (ärarische Waldparzellen) selbst zu führen und zu leiten, wenn dies ohne Beeinträchtigung ihrer übrigen Dienstobliegenheiten geschehen kann; 4. die durch besondere Gesetze (Jagd, Fischerei u) zugewie- senen Obliegenheiten zu erfüllen; 5. im Auftrag der politischen Verwaltung Lokteitiehinn zu pflegen; II. Außerdeutsche Staaten (Ungarn). 257 6. den Dienst bei der Abteilung für Wildbachverbauung zu versehen. Diese gliedert sich in fünf Sektionen. Das forsttechnische Personal der politischen Verwaltung setzt sich wie folgt zusammen: 1. Forsttechniker a) Landesforstinspek- toren (6 Oberforsträte und 11 Forsträte). Dieselben haben ihren Amtssitz bei den politischen Landesbehörden (Statthalterei). Ihnen obliegt u. a. die Prüfung der Wirtschafts- und Aufforstungspläne, alle Angelegenheiten der Wildbachverbauung, des forstlichen Ver- suchswesens und Unterrichts, der Statistik, des Holzhandels usw., die Überwachung der Handhabung der Forstpolizei. b) Bezirks- forsttechniker (41 Oberforstkommissäre, 83 Forstinspektionskommis- säre, 34 Forstinspektionsadjunkten und 25 Forstpraktikanten). Der Amtssitz derselben wird vom Ackerbauministerium bestimmt (Be- zirkshauptmannschaften).. Zu dieser Kategorie gehören auch die Forsttechniker der Abteilung für Wildbachverbauung. 2. Forst- warte (94). Das gesamte Personal steht unter dem Ackerbauministerium. Die Forsttechniker haben akademische Reife, Absolvierung der Hochschule für Bodenkultur, Ablegung der drei theoretischen Staats- prüfungen, der Prüfung über Wildbachverbauung und für den forsttechnischen Staatsdienst nachzuweisen. — Die Beamtenlaufbahn der Forsttechniker ist von jener der staatlichen Forstverwaltungs- beamten völlig getrennt.') 2. Ungarn. An Stelle eines Forstgesetzes von 1807 trat vom 1. Januar 1858 ab das österreichische Forstgesetz von 1852. Dieses wurde durch das besondere ungarische Forstgesetz XXXI von 1879 (11. Juni) außer Kraft gesetzt. Durch G. XIX von 1898 wurden die auf die Staatsaufsichtswaldungen sich beziehenden Bestimmungen des 1879er Forstgesetzes teilweise abgeändert, bzw. verschärft (volle Be- försterung). G. XXX von 1873 ordnete die Ablösung der Forstrechte in den Waldungen der ehemaligen Militärgrenze (kroatisch-slawonisches Grenzgebiet) durch Waldabfindung an. Die Abfindungswaldungen unterstehen der staatlichen Forstaufsicht. Das Forstgesetz von 1879 hält ungefähr die Linie des bayeri- schen Forstgesetzes ein. Für die Schutzwaldungen sind besondere !) Die staatliche Forstaufsicht in Österreich, herausg. v. k. k. Ackerbau- ministerium, Wien 1900. — Gesch. d. österr. Land- und Forstw. IV, 366 ff. Endres, Forstpolitik, 17 358° Forstpolizeigesetzgebung. Bestimmungen getroffen. Sonst ist die Privatwaldwirtschaft frei bis auf die Rodung auf absolutem Waldboden. Das Gesetz ent- hält auch das Forststrafrecht. 3. Schweiz. Die Forstgesetzgebung war bis 1876 Sache der einzelnen Kan- tone. Einzelne!) derselben und zwar vorzugsweise diejenigen, welche im Hügellande und in den Vorbergen liegen, kannten schon weitgehende Beschränkungen in der Benutzung der Wälder, aber gerade in den Hochgebirgskantonen entbehrte der Wald fast jeglichen Schutzes. A. Die Bestrebungen auf Herbeiführung eines einheitlichen Forstpolizeigesetzes reichen schon in die erste Hälfte des 19. Jahr- hunderts zurück.”) In den Jahren 1857 und 1858 ließ der Bundes- rat das Hochgebirge auf seine forstlichen und hydrotechnischen Verhältnisse durch Fachleute untersuchen und das hierauf gegrün- dete Gutachten veröffentlichen. Trotzdem verhielten sich die meisten Kantone gegen eine durchgreifende Ordnung ihrer forstlichen Ver- hältnisse ablehnend. Erst infolge der furchtbaren Verheerungen, welche das Hochwasser im Jahre 1868 im östlichen und südlichen Teile der Schweiz anrichtete, wurde in der öffentlichen Meinung der Boden für eine eingreifende Gesetzgebung geebnet. Seit 1871 gewährte der Bund Beiträge zu den Kosten für Aufforstungen und Verbauungen im Hochgebirge. Auf die Initiative des schweizerischen Forstvereins hin (Ver- sammlung 1869 in Chur) wurde im Jahre 1874 in die revidierte Bundesverfassung der Artikel 24 aufgenommen: „Der Bund hat das Recht der Oberaufsicht über die Wasserbau- und Forstpolizei im Hochgebirge. Er wird die Korrektion und Verbauung der Wild- wasser sowie die Aufforstung ihrer Quellengebiete unterstützen und die nötigen schützenden Bestimmungen zur Erhaltung dieser Werke und der schon vorhandenen Waldungen aufstellen.“ Die erste Folge davon war die Aufstellung eines eidgenössischen Forst- inspektors und eines demselben beigeordneten Adjunkten im Jahre 1875. An der Ausarbeitung des nun zu erlassenden Forstgesetzes nahmen der schweizerische Forstverein und der Forstverein des !) Bern V. v. 1641, 1725, 1786 (s. Fankhauser, Geschichte des Berni- schen Forstwesens usw., Bern 1893). — Zürich, V. v. 1702, 1773 u. @. v. 1807, 1837, 1860; Luzern 1764. — Die nach 1834 erlassenen kantonalen Forstgesetze sind bei von Miaskowski, Die Verfassung der Land-, Alpen- u. Forstwirt- schaft d. deutschen Schweiz, 1878, 99. aufgeführt. 2) A. F. u. J. Z. 1878, 20 £f. II. Außerdeutsche Staaten (Schweiz). 259 Kantons Bern lebhaften Anteil. Man hatte dabei namentlich mit der Tatsache zu rechnen, daß ein großer Teil der Bevölkerung jeder staatlichen Einmischung in die Gemeinde- und Privatwald- wirtschaft abgeneigt war. Nachdem eine Reihe von verschiedenen Entwürfen ausgearbeitet worden war, kam als politischer Kompromiß das Bundesgesetz, betr. die eidgenössische Oberaufsicht über die Forst- polizei im Hochgebirge vom 24. März 1876 zustande. Dar- nach übte der Bund die Oberaufsicht über die Forstpolizei im Ge- biete des schweizerischen Hochgebirges aus. Die Oberaufsicht er- streckte sich 1. auf das Gesamtgebiet der Kantone Uri, Unter- walden, Glarus, Appenzell, Graubünden, Tessin und Wallis; 2. auf den gebirgigen Teil des Gebietes der Kantone Zürich, Bern, Luzern, Schwyz, Zug, Freiburg, St. Gallen und Waadt. Die Grenzen der Gebirgsgegenden in diesen Kantonen wurden durch V. v. 26. Ja- nuar 1877 festgesetzt. Dieses der Oberaufsicht unterliegende Ge- biet bildete das „eidgenössische Forstgebiet“. Dasselbe hatte eine Gesamtausdehnung von 2700000 ha, wovon 428000 ha oder 15,8°/, Wald waren. Es umfaßte 66°/, der Schweiz und 35°/, der Bevölkerung im Jahre 1877. Innerhalb des eidgenössischen Forstgebietes fielen unter die Bundesoberaufsicht sämtliche Schutzwaldungen und außerdem die Staats-, Gemeinde-, Korporations- und Privatwaldungen, auch wenn sie nicht Schutzwaldungen waren, die privaten Nichtschutzwaldungen jedoch nur hinsichtlich der im Gesetz speziell aufgeführten Fälle. Für die sämtlichen der eidgenössischen Oberaufsicht unterstellten Wal- dungen galten folgende Bestimmungen: 1. Sie sind binnen 5 Jahren zu vermarken, Privat-Nichtschutzwaldungen ausgenommen. 2. Ohne kantonale Bewilligung darf das Forstareal nicht vermindert werden. Künftige Blößen und Schläge sind wieder aufzuforsten, sofern dafür nicht eine entsprechende Fläche anderen Landes aufgeforstet wird. — Aus- reutungen sind untersagt in Schutzwaldungen und wenn durch dieselben der Bestand der Schutzwaldungen gefährdet wird. Ausnahmen bedürfen der Be- willigung des Bundesrates. 3. Holzrechte können vom Waldbesitzer durch Geld- oder Arealabfindung abgelöst werden. Die Bestellung neuer Rechte ist ausgeschlossen. Weide-, Streu- und andere Dienstbarkeiten in Schutzwaldungen sind binnen 10 Jahren abzulösen, wenn sie mit dem Zwecke dieser Waldungen unvereinbar sind. 4. Nebennutzungen, welche die Waldwirtschaft beeinträchtigen, nament- lich der Weidegang und die Streunutzung, sind durch die Kantonsregierung auf bestimmte Flächen zu begrenzen oder zeitweilig einzustellen oder ganz aufzuheben. Die zulässigen Nebennutzungen sind zu regeln.) 1) Daß diese Vorschrift des Art. 20 sich auf alle Waldungen und nicht bloß auf Schutzwaldungen bezog, wurde durch Interpretation des Bundesrates im Jahre 1877 nachträglich beschlossen. 17* 360. Forstpolizeigesetzgebung. 5. Für die Staats-, Gemeinde- und Korporationswaldungen ist die Beal- teilung, sei es zu Eigentum oder zur Nutznießung verboten; Gemeinde- und Korporationswaldungen dürfen ohne Bewilligung der Kantonsregierung nicht veräußert werden. 6. Für alle Staats-, Gemeinde- und Korporationswaldungen (80—90 °/, aller Waldungen des eidgenössischen Forstgebietes) sind Wirtschaftspläne auf- zustellen. Der auf Grundlage des nachhaltigen Ertrages festgesetzte Abgabe- satz darf ohne Bewilligung der Kantonsregierung nicht überschritten werden. Die Durchführung eines Bundesforstgesetzes stößt in der Schweiz auf ganz besondere Schwierigkeiten, die in den staatsrechtlichen und sozialen Verhältnissen dieses Landes begründet sind. Von diesen kommen hier in erster Linie in Betracht die weitgehende Autonomie der Kantone und der selbstbewußte Trotz, den der freie schweizer Bürger einer staatlichen Einmischung in seine Rechte als Grundeigentümer entgegenstellt. Der Vollzug des Forstgesetzes von 1876 wurde unter Über- wachung durch den Bundesrat den Kantonen des eidgenössischen Forstgebietes übertragen. Nicht eine einzige der gesetzlichen Be- stimmungen wurde von allen Kantonen innerhalb der für deren Durchführung gesteckten gesetzlichen Frist vollzogen!) und trotz wiederholter Verlängerung der Fristbemessung harren heute noch die gesetzlichen Vorschriften in einzelnen Kantonen ihrer sach- gemäßen Erledigung. Schon an die Erfüllung der im Interesse der Durchführung des Gesetzes absolut notwendigen ersten For- derung des Gesetzes, daß jeder Kanton innerhalb des eidgenössischen Forstgebietes die „erforderliche Zahl hinreichend gebildeter Forstmänner“ aufzustellen und zu besolden habe, gingen die- jenigen Kantone, die bis dahin eine geschlossene Forstorganisation nicht hatten, nur mit Widerwillen. Durch Bundesratsbeschluß vom 16. Juni 1884 wurde zur Wahlfähigkeit für eine höhere kantonale Forststelle im eidgenössischen Forstgebiet eine „forstlich wissen- schaftliche“ und „forstlich praktische Bildung“ verlangt. Erstere hat derjenigen zu entsprechen, welche zur Erlangung eines Diploms an der Forstschule des eidgenössischen Polytechnikums in Zürich gefordert wird. Bis dahin hielten die einzelnen Kantone für sich die forstlichen Prüfungen nach eigenen Reglements ab. Nach einem bundesrätlichen Beschluß von 1877 sollten auf einen Wirt- schafter im Hügellande nicht mehr als 7000 ha und im Gebirge nicht mehr als 10000ha Wald kommen. Die wenigsten Gebirgskantone kamen dieser Vorschrift nach und außerdem besoldeten sie diese Beamten so schlecht, daß sie entweder keine bekamen oder fortwährenden Personenwechsel hatten. Seit 1877 hatte Appenzell I.-Rh. 5 Jahre lang keinen Oberförster, von 1882—91 drei verschiedene, In Nidwalden wirkte im Jahre 1891 seit 1877 der vierte !) Vgl. Felber, Schw. Z. f. F. 1893. II. Außerdeutsche Staaten (Schweiz). 261 Kantonsoberförster. Der Forsttechniker „gilt vielerorts als ein im Zivilkleide steckender Polizist, der mithilft, an der Staatskuh zu melken“.!) Den Kantonen wurde die gesetzliche Verpflichtung auferlegt, durch Ab- haltung von (zweimonatlichen) Forstkursen die Unterbeamten für den Forst- dienst heranzubilden. Zu den Kosten dieser Kurse leistete der Bund Beiträge. Auch bei Durchführung dieser Anordnung hatte man gegen verschiedene Strö- mungen zu kämpfen, namentlich gab es hinsichtlich der dienstlichen Stellung des Unterforstpersonals fortwährende Reibereien zwischen dem höheren Forst- personal und den politischen Verwaltungsbehörden, die ihren Einfluß auf die dienstlichen Funktionen dieses Unterpersonals nicht zugunsten der Forst- behörde aus der Hand geben wollten. In mehreren Kantonen wurden diese Unterförsterstellen auch wieder aufgehoben oder reduziert. Die angeordnete Vermarkung aller Waldungen mit Ausnahme der privaten Nichtschutzwaldungen stieß bei den besonderen Ver- hältnissen der Schweizerischen Alpen, in denen die zur Weide be- nutzte Fläche eine sonst im Hochgebirge nicht gewöhnliche Aus- dehnung einnimmt, so daß der Wald sehr zurücktritt, auf große Schwierigkeiten, weil hier die Vermarkung gleichbedeutend ist mit der Ausscheidung der Waldflächen einerseits und der Weidflächen andererseits. Beide Bodenbenutzungsarten gehen eben auf dem Grundstücke desselben Eigentümers im Gebirge vielfach ineinander über und lösen sich oft im Laufe der Zeit ab. Die Ausscheidung selbst wurde in den meisten Kantonen zu ungunsten der Waldfläche vollzogen, weil die Weide eine größere Rente abwirft. „Hunderte Hände sind bereit, an der obersten Baumgrenze in bestem Zuwachs befindliches Holz, das der Weide zugeteilt wird, abzuschlagen, keine Hand rührt sich für Einhegung der zu Wald abgegrenzten Fläche.“ Diesen mißlichen Umständen hat das neue Forstpolizei- gesetz von 1902. dadurch Rechnung getragen, daß es die gleich- sam ein Zwischending von Wald und Weide bildenden Grundstücke als „Weidewaldungen“ ausscheidet, in denselben von einer räum- lichen Trennung der Wald- und Weidefläche absieht und lediglich verlangt, daß der bisherige Grad der Waldbestockung aufrecht- erhalten bleibt. Hierbei war die auf verschiedene forstliche Gut- achten fußende Erwägung mit maßgebend, daß Baumgruppen und Einzelständer, die auf der zur Weide dienenden Fläche zerstreut sind, eine bessere Schutzwirkung üben als kleine zusammengedrängte Waldpartien inmitten ausgedehnten Weidelandes. Mit Ausnahme der privaten Nichtschutzwaldungen sollten alle Waldungen vermessen werden. Im Jahre 1892 waren erst die Waldungen der Kantone Zürich, Freiburg und Waadt vermessen. Einzelne Kantone wie Glarus und Wallis hatten mit der Vermessung noch nicht einmal begonnen. Man rech- nete aus, daß wenn die Vermessung in dem bis dahin eingehaltenen lang- samen Tempo fortschreitet, die Vollendung desselben im eidgenössischen Forst- gebiet erst nach Ablauf von 110 Jahren erfolge. 1) Felber 46. 262 - Forstpolizeigesetzgebung. Ebenso erging es mit der Aufstellung der Wirtschafts- pläne für die Staats, Gemeinde- und Korporationswaldungen. Nach dem Gesetze sollten in den Waldungen, für welche vorläufig keine definitiven Pläne aufgestellt werden konnten, binnen 5 Jahren provisorische entworfen werden. Fünfzehn Jahre nach Inkrafttreten waren über 99555 ha provisorische und über 41845 ha definitive Wirtschaftspläne festgesetzt, während die gesamte hierfür in Be- tracht kommende Fläche mindestens 362000 ha beträgt. Zu diesem ungünstigen Resultate trug der’ Mangel an Forsttechnikern in den Kantonen ein gutes Stück bei. Die Weide- und Streurechte sowie andere schädliche Neben- nutzungsrechte sollten innerhalb 10 Jahren in den Schutzwaldungen abgelöst werden. Nach Ablauf dieser gesetzlichen Frist waren aber erst 318 Servituten mit einer Summe von 228805 Franks zur Ablösung gelangt. Die Frist wurde daher bis zum Jahre 1890 verlängert. Mit welcher Lässigkeit die Kantone dieser bundes- gesetzlichen Verpflichtung nachkamen, ergibt sich aus dem bundes- rätlichen Geschäftsbericht von 1890: „Mit einziger Ausnahme des Kantons Appenzell. A.-Rh. haben die betreffenden Kantone den ihnen anberaumten Termin verstreichen lassen, ohne ihrer daherigen Verpflichtung vollständig nachzukommen.“ In den Schutzwaldungen wurden von 1876—1893 einschließlich 2633 schädliche Forstrechte mit einem Aufwand von 1098218 Fr. abgelöst. Vollständig von Dienstbarkeiten befreit waren 1893 die Schutzwaldungen der Kantone Zürich, Luzern, Zug, Freiburg, Appenzell A.-R. und Waadt (Schw. Z. f. F. 1899, 182). Die „Vollziehungsverordnungen“, welche die einzelnen Kantone auf Grund der Bestimmungen des Forstgesetzes erlassen mußten, zeigten weit auseinander gehende Unterschiede auf. Ein- zelne Kantone konnten dabei an ihre bisherige Kantonalforstgesetz- gebung anknüpfen und benutzten die Gelegenheit, mit Hilfe des neuen Bundesgesetzes die forstpolizeiliche Bevormundung aller Waldbesitzer möglichst intensiv zu gestalten. In den Kantonen dagegen, wo bisher Forstgesetze gefehlt hatten oder nur milde durchgeführt worden waren, bot die Aufstellung der Vollziehungs- verordnungen große Schwierigkeiten. Man suchte den Sinn des Bundesgesetzes möglichst abzuschwächen und weit auszulegen. Erst im Jahre 1881 hatten die sämtlichen Kantone des eidgenössischen Forstgebietes Vollziehungsverordnungen zum eidgenössischen Forst- gesetze erlassen, von denen einzelne vom Bundesrat nur mit Vor- behalten genehmigt werden konnten. Die Opposition und das Mißtrauen gegen das Gesetz und die Verordnungen wurden noch verstärkt durch die lästige Interpretation II. Außerdeutsche Staaten (Schweiz). 263 der vielen unklaren Bestimmungen des Gesetzes. Im Kanton Bern, der schon früher eine gute Forstorganisation hatte, klagte man, daß „solche landvögtliche Forderungen im wahren Sinne des Wortes“ wie sie in der Vollzugsverordnung enthalten seien, dem Bundes- gesetze widersprächen.') B. Trotzdem die Ergebnisse des Vollzugs des Gesetzes, welchem überdies das Odium eines Ausnahmegesetzes für einen bestimmten Teil des Landes anhaftete, in den einzelnen Kantonen sehr ver- schieden sind und in einigen derselben viel zu wünschen übrig lassen, hatte dieser erste Schritt des Bundes auf forstpolizeilichem Gebiete für die Förderung der Waldwirtschaft doch wesentliche Erfolge aufzuweisen. Infolge der vom Bundesrat beim Vollzug geübten „Um- und Nachsicht“ wurde die Wohltat des Gesetzes auch immer mehr anerkannt. Unterm 11. Juli 1897 wurde der Art. 24 der Bundesverfassung von 1874 dahin abgeändert, daß „der Bund das Recht der Ober- aufsicht über den Wasserbau und die Forstpolizei hat“, d.h. in der ganzen Schweiz. Demgemäß wurde durch Bundesbeschluß vom 15. April 1898 vom 1. August 1898 ab das bisherige Bundes- gesetz betr. die Forstpolizei im Hochgebirge für das gesamte Ge- biet der Schweiz für vollziehbar erklärt und unterm 29. Juli 1898 ein Verbot der Kahlschläge und Abholzungen zum Verkauf ohne kantonale Bewilligung für so lange erlassen, als die kantonalen Vollziehungsverordnungen nicht in Kraft getreten waren. Schon am 1. Juni 1898 hatte der Bundesrat der Bundesver- sammlung einen Entwurf zu einem neuen Forstpolizeigesetz vor- gelegt. Die Beschlußfassung hierüber wurde aber verschoben, weil die Finanzlage des Bundes die im Entwurf vorgesehene weitere Belastung der Bundeskasse durch Subventionen vorerst nicht als rätlich erscheinen ließ. Die bisher nicht zum eidgenössischen Gebiete zählenden Kan- tone erließen nun ebenfalls Vollziehungsverordnungen. C. Das G. v. 1876 wie die darauf bezüglichen Kantonal- verordnungen wurden außer Kraft gesetzt durch das Bundesgesetz betr. die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902, in Kraft getreten am 1. April 1903 mit Vollziehungsverordnung vom 13. März 1903. Die Oberaufsicht über die Forstpolizei im Gebiete der schwei- zerischen Eidgenossenschaft wird vom Bunde ausgeübt. Derselben sind sämtliche Waldungen unterstellt. Der Bundesrat überwacht 1) Felber 18. 264 Forstpolizeigesetzgebung. die Vollziehung des Gesetzes und die von den Kantonen auf Grund derselben zu erlassenden Vollzugsgesetze und Verordnungen. Unter Waldungen im Sinne des Gesetzes — die Weidwaldungen (Wytweiden) inbegriffen — sind zu verstehen a) die Öffentlichen Waldungen, d. h. die Staats, Gemeinde- und Korporationswaldungen sowie die von einer Öffentlichen Be- hörde verwalteten Wälder; b) die Privatwaldungen mit Einschluß der Gemeinschafts- waldungen. Diese Ausscheidung wird durch die Kantone innerhalb zwei Jahren vorgenommen unter Vorbehalt bundesrätlicher Genehmigung. Die Waldungen werden eingeteilt in Schutz- und Nichtschutz- waldungen. Die forstpolizeilichen Vorschriften für alle Nichtschutzwal- dungen beziehen sich auf das Verbot der Rodung ohne kantonale Bewilligung und auf das Gebot der Wiederaufforstung von Kahl- flächen. Die öffentlichen und alle Schutzwaldungen sind zu ver- marken. Ferner bestimmt das Gesetz, daß die Zusammenlegung von Privatwaldungen zu genossenschaftlicher Bewirtschaftung und Benutzung zu fördern ist. Das Nähere bestimmt die kan- tonale Gesetzgebung. Der Bund übernimmt die Kosten der Zu- sammenlegung, der Kanton die unentgeltliche Leitung der Bewirt- schaftung durch sein Forstpersonal. Aufhebung einer gebildeten Genossenschaft darf nur mit Genehmigung der Kantonsregierung erfolgen (Art. 26). Die genossenschaftliche Zusammenlegung privater Schutzwal- dungen kann vom Kanton oder Bund erzwungen werden. Das Gesetz ordnet zugleich auch die Organisation der Forstver- waltung. Aufsichtsorgan des Bundes ist das eidgenössische Oberforstinspektorat. — Die Kantone haben ihre Gebiete in Forstkreise einzuteilen und mit dem eid- genössischen Wählbarkeitszeugnisse versehene Forsttechniker anzustellen und zu besolden. Zu den Besoldungen und Tagegeldern derselben trägt der Bund 25 bis 35°/, bei. Dieser Beitrag wird jedoch nur gewährt, wenn die Besoldung der Oberförster wenigstens 3000 Fr. und die der Kreisförster mindestens 2500 Fr., die Tagegelder bzw. mindestens 10 und 8 Fr. betragen, und die Kantone diesen Beamten die Fahrgelder ersetzen. Andere als forstliche Geschäfte dürfen diesen höheren kantonalen Beamten ohne Bewilligung des Bundesrates nicht übertragen warden. Wenn die Beamten von Gemeinde-, Korporations- und Gemeinschafts- waldungen (Waldgenossenschaften) im Besitze des eidgenössischen Wählbar- keitszeugnisses für Forsttechniker sind, trägt der Bund zu den Besoldungen derselben 5—25 °/, bei. II. Außerdeutsche Staaten (Frankreich). 265 Die Kantone haben zur Heranbildung des unteren Forstpersonals praktische Forstkurse von mindestens zweimonatlicher Dauer (auch verteilt auf Frühjahr und Herbst) abzuhalten, an deren Kosten sich der Bund durch Übernahme der Entschädigung der Lehrer und der Beschaffung der Lehr- mittel beteiligt. Zu den Besoldungen des unteren Personals gewährt der Bund, wenn dieselben pro Kopf mindestens 500 Fr. jährlich ausmachen, 5 bis 20 °/, Beiträge. Außerdem beteiligt sich der Bund bis zu einem Drittel an den Kosten der Unfallversicherung für das höhere und untere Personal. — Auch zu wissen- schaftlichen Forstkursen der Kantone und Vereine steuert der Bund Kosten- beiträge bei. 4. Frankreich.‘) a) Die Zeit bis 1669. Die französische Forstgesetzgebung "geht bis auf die Volksgesetze (lex Salica ete.) und die Kapitularien zurück. Von letzteren ab sind bis zum 12. Jahrh. Generalgesetze nicht zu verzeichnen. Von da an erließen die ein- zelnen Seigneurs (Grundherren, Feudalherren) Verordnungen (coutumes), welche die Nutzungsrechte der Grundhörigen in den Waldungen regelten. Dies waren die ersten polizeilichen Anordnungen, insofern die Nutzungsberechtigten bei der Holzgewinnung nun an gewisse Regeln und Einschränkungen gebunden waren (Anweisung durch die Bediensteten des Grundherrn). Auch die Könige schützten ihre Kron- und Domanialwaldungen durch solche Spezialverordnungen. Schon 1256 wurde den Forstbeamten verboten, Holz auf ihre Rechnung zu verkaufen, und nach einer Verordnung von 1280 mußten die Berechtigten sich in den königlichen Waldungen das Holz an- weisen lassen. Eine Verordnung Philipps von 1291 erwähnt zum ersten Male die Maitres des eaux et foröts, durch weitere Verordnungen von 1346, 1376 und 1388 wurde die erste Forstdienstorganisation geschaffen und die forst- polizeiliche Aufsicht in die Wege geleitet. Eine Generalverordnung von 1402 faßt den Inhalt der bisherigen Reglements in 76 Artikeln zusammen. Während die erwähnten königlichen Verordnungen sich nur auf die Do- manialwaldungen beziehen, wird in der Verordnung von 1515 die Jurisdiktion über alle Waldungen vom König beansprucht, gleichwohl aber in der Ver- ordnung von 1518 den Fürsten, Prälaten, Kirchen, Grundherren, Edlen, Va- sallen und den anderen Waldbesitzern seitens des Königs Franz I. anheim- gegeben (si bon leur semblait), die bezüglich der Pfändung des Weideviehes, des Ausmaßes der Geldstrafen für Forstfrevel, des Verkaufes der Waldprodukte und der Rodung für die königlichen Waldungen geltenden Bestimmungen ı) M. D. Dalloz aine, Repertoire de legislation de doctrine et de juris- prudence etc. Tome 25. Paris 1849. Dieser Band enthält zur den Artikel „For&ts“ und ist von M. Meaume, Advokat und Professor an der Forstschule in Nancy bearbeitet. — E. Dalloz fils et Ch. Verge, Les codes annot6s, Code forestier suivi des lois qui s’y rattachent et notamment des lois sur la pöche et sur la chasse. Paris 1884. Dieser umfangreiche Kommentar schließt an das erste Werk an. — M. Baudrillart, Code forestier, preced& de la dis- cussion aux chambres, et suivi de l’ordonnance reglementaire, avec un com- mentaire. I. et II. Partie. Paris 1827. — A. Puton, Code de la Leögislation forestiere ete. Paris 1883. — Vuitry, Etudes sur le regime Re de la France avant la revolution de 1789. Paris 1878. 266 . Forstpolizeigesetzgebung. auch auf ihre Waldungen zu übertragen. Dieser schüchterne Versuch forst- polizeilicher Einwirkung wird mit dem Hinweis auf die zunehmende Wald- verwüstung begründet. Die Rodung als solche wurde den Privaten nicht verboten. Wesentlich weiter geht die Verordnung von 1543 hinsichtlich der polizei- lichen Einwirkung auf die Privatwaldwirtschaft. In derselben wird kraft königlicher Gewalt (pleine puissance et authorite royalle) befohlen, daß die königlichen Beamten die sämtlichen Waldungen des Königreiches, deren Er- haltung im öffentlichen Interesse liege, zu überwachen haben. Zugleich wurde die dem König über alle Waldungen zustehende Gerichtsbarkeit von neuem bestätigt, den Prälaten, Fürsten, Edlen, Gemeinheiten usw. aber erlaubt, alle in ihren Waldungen begangenen Zuwiderhandlungen gegen die forstlichen Verordnungen in erster Instanz entweder von dem königlicheu Lokalforst- meister (maitre partieulier) oder von ihrem eigenen aburteilen zu lassen, wenn sie in ihrem Gerichtsbezirk begangen werden, unter Vorbehalt der Berufung an den Grand-maitre am Sitze des obersten Gerichtshofes in Paris (Table de marbre). 1558 wurde den geistlichen Instituten verboten, Holzschläge in ihren Hochwaldungen zu machen, 1563 allen Privaten, ihre Niederwaldungen vor dem 1l0jährigen Alter zu nutzen. Außerdem mußte eine Anzahl Laßreidel stehen bleiben. 1561 wurde verordnet, daß in den Domanialwaldungen sowohl wie in den Waldungen der Klöster, Geistlichen und der Gemeinden ein Drittel der Niederwaldfläche als Reserve in Hochwald überzuführen ist, um Bauhölzer zu erziehen. Die Waldungen der Geistlichen und Gemeinden mußten ver- messen, die Schläge in natura festgelegt werden, | In einem Edikt von 1573 wurde die zur Hochwalderziehung bestimmte Fläche auf ein Viertel reduziert mit der Maßgabe, daß hierzu die besten Standorte auszuwählen sind. Das ist der Ursprung der quarts en r&- serves, deren Aushaltung heute noch für die Gemeinde- und Anstaltswal- dungen vorgeschrieben ist. Verordnungen von 1554 und 1583 betreffen die Forstrechte. Die Zahl derselben war im 16. Jahrh. ungeheuer gewachsen und zwar hauptsächlich infolge der Lässigkeit der Forstbeamten. Die forstlichen Zustände, wie sie sich namentlich unter den schwachen Königen Karl IX. (1560—74) und Heinrich III. (1574—89) herausgebildet hatten, schildert das Edikt von 1597 in grellen Farben: Die Waldungen des Domaniums wie die der Gemeinden und Anstalten gehen dem Ruine ent- gegen, weil allen Verordnungen zuwider außerordentliche Holzhiebe gemacht werden. Die ungeheuere Zahl der kleinen und großen Forstbediensteten nehmen alle Nutzungen als Besoldungsteil in Anspruch und lassen sich Miß- bräuche und Unterschlagungen aller Arten zuschulden kommen. Es wird daher jeder außerordentliche Holzhieb verboten, die seit Franz I. (1515—47) neu zugestandenen Forstrechte werden widerrufen, und alle Dienstesstellen, die seit dem Tode Karl IX. neu geschaffen worden waren, werden für aufge- hoben erklärt. So gut gemeint diese Maßregeln waren, so wurden sie doch nicht be- folgt. Die Forstbediensteten bewirtschafteten nach wie vor die Domanial- waldungen mehr in ihrem Interesse als in dem des Staates und die Berech- tigten fuhren fort, den Wald zu verwüsten. b) Die Ordonnance von 1669, Noch im Jahre 1518, also zu einer Zeit, wo in den meisten deutschen Territorialstaaten die landesherrliche Forsthoheit über II. Außerdeutsche Staaten (Frankreich). 267 alle Waldungen des Landes wenigstens im Prinzip feststand, wagte es König Franz I. noch nicht, den Großen des Landes die Befolgung seiner Forstordnung anzubefehlen; er lud sie nur hierzu ein. Die in die privatwirtschaftlichen Verhältnisse tiefer eingreifenden fol- genden Verordnungen blieben wirkungslos, weil infolge der Reli- gionskämpfe im Innern (Hugenotten) und der wenig glücklichen kriegerischen Unternehmungen die Exekutive des Königs wesent- lieh geschwächt wurde. Die Adeligen hatten wieder eine solche Selbständigkeit erlangt, daß der Zerfall des Staates in eine Anzahl selbständiger Territorien schon nahe gerückt zu sein schien, bis Riche- lieu den Kampf mit den mächtigen Feudalherren und dem Lehens- wesen mit rücksichtsloser Energie aufgriff. Endgiltig bezwungen jedoch wurden sie erst durch Ludwig XIV., der nun eine solche Fülle von Macht und Absolutismus in sich vereinigte, daß er alle seine Untertanen auch zur Anerkennung seiner forsthoheit- lichen Gewalt zwingen konnte. Diese war indessen nicht bloß ein äußerer Aufputz der Souveränität, noch viel weniger, wie es für viele deutsche Staaten zutraf, der Schutzmantel für das landes- herrliche Jagdregal. Das von dem genialen Staatsmann Colbert zum volkswirtschaftlichen Programm erhobene Merkantilsystem brauchte billige Rohstoffe und zu diesen zählte nicht in letzter Linie das Holz. Eine blühende Waldwirtschaft war das unentbehr- liche Glied in der Kette der wirtschaftlichen Ziele des Colbertismus. Dieser Überzeugung gab auch Colbert mit den in den folgenden Jahrhunderten immer wieder zitierten Worten Ausdruck: La France perira faute de bois. Die Sorge Vaubans und Colberts, daß es bald an dem nötigen Brennholz und Schiffsbauholz gebrechen könnte, war durch die ausgedehnten Rodungen im 17. Jahrhundert veranlaßt.!) Auf diesen Grundsätzen wurde die Ordonnance des eaux et for&ts („Edit portant röglement general pour les eaux et fo- rets“) vom (13.) August 1669 aufgebaut. Sie wurde von Col- bert von langer Hand vorbereitet, indem 21 speziell dazu aus- erwählte Kommissäre (personnes intelligentes et vers6es dans la matiere) acht Jahre lang mit dem Entwurfe beschäftigt waren. Diese Forstordnung schuf nicht in allen Punkten ein neues Recht. Die meisten Grundsätze der früheren Verordnungen finden sich in ihr unverändert wieder. Was sie aber auszeichnete und ihr dauernden Wert verlieh, war neben der Klarheit der Dar- stellung die erschöpfende Durcharbeitung aller gesetzlichen Be- stimmungen bis ins Detail, das logische Ineinandergreifen derselben 1) A. C. Becquerel, M&moires de l’academie des sciences. Paris 1866, 386. 268 - Forstpolizeigesetzgebung. und die musterhafte Regelung des Geschäftsganges durch alle Instanzen hindurch. Wir haben hier ein wohldurchdachtes forst- liches Organisationssystem vor uns, wie es um diese Zeit kein deutscher Staat aufzuweisen hatte. Es ist daher auch die Frage, ob die in Deutschland schon seit anderthalbhundert Jahren vor- handenen allgemeinen Forstordnungen für Frankreich vorbildlich gewesen sind, zu verneinen. Materiell gliedert sich diese Forstordnung in einen verwal- tungsrechtlichen, polizeilichen, strafrechtlichen und betriebstechni- schen Teil. Sie schafft ein einheitliches Forstrecht für den ganzen Staat. Darin lag auch nach der formellen Seite hin ein Fortschritt, weil im Laufe der Zeit in den einzelnen Gegenden verschiedene Aus- legungen der früheren Verordnungen Platz gegriffen hatten; nament- lich hatten die Strafmaße keine sichere Basis. Eine vollständige Neuerung lag aber darin, daß die gesamte forstliche Gerichtsbar- keit, tant au eivil qu’au eriminel, in die Hände der’ Forstbeamten gelegt wurde. Diese Verschmelzung von gerichtlicher und ad- ministrativer Kompetenz in derselben Person hatte den unleugbaren Vorteil eines raschen und ungehinderten Vollzuges der forstgesetz- lichen Vorschriften und ein guter Teil der guten Wirkung des Gesetzes ist auf diese Maßnahme zurückzuführen. Denn die besten Vorschriften der deutschen Forstordnungen sind an der gutsherr- lichen Gerichtsbarkeit gescheitert. Die obersten Forstbeamten in den Provinzen waren die Grands-maitres (Oberforstmeister). Vor dem Jahre 1575 gab es nur einen Grand-maitre für das ganze Land. In diesem Jahre wurden deren 6 für verschiedene Provinzen ernannt und im Jahre 1689 betrug ihre Zahl 16. Sie hatten allein die Hiebs- auszeichnungen zu vollziehen. Unter diesen standen die Maitres particuliers (Lokalforstmeister). Ihr Bezirk war die Maitrise (Forstamt). Diesen war ein zweiter Beamter als Stell- vertreter (lieutenant) beigegeben, der den gleichen Rang haben konnte. Jeder Maitre hatte einen Greffier (Schreiber, Aktuar) für den Bureaudienst. Dem Maitre particulier unterstanden die Gruyers (Revierförster); deren Bezirk hieß die Grurie. Sie führten ebenfalls einen besonderen Waldhammer zur Bezeichnung der Windwürfe und der Frevelstöcke und mußten in unmittel- barer Nähe des Waldes wohnen. Die Gruyers wurden durch das Gesetz vom 7. September 1790 abgeschafft. Unter dem Gruyer standen die Förster aller Grade (huissiers, gardes gen6raux, sergents, gardes des foröts). Die forstliche Gerichtsbarkeit wurde in erster Instanz von den Gruyers ausgeübt. Neben den Gruyers royales gab es in einzelnen Provinzen auch Gruyers seigneuriales, welch letztere in den Gerichtsgebieten der Seigneurs zuständig waren. Sie alle konnten bis 12 Livres Strafe erkennen. Die nächst- höheren forstlichen Richter waren die königlichen Maitres partieuliers und die Grand-maitres. Sie bildeten zugleich die Berufungsinstanz, — auch für die in den grundherrlichen Gerichtsgebieten begangenen Delikte. Für das II. Außerdeutsche Staaten (Frankreich). 269 Ausmaß der Strafen waren unter allen Umständen und für alle Gebietsteile die Bestimmungen der FO. verbindlich. Für die Forstvermessungsarbeiten waren die Arpenteurs, d. h. die Forst- geometer angestellt, die alle Hiebe und Schläge zu vermessen und auf einem Plan festzulegen hatten. Sie existierten bis 1840 und wurden von da ab durch die Forstingenieure ersetzt. Der so auf dem Revierförstersystem aufgebauten Forstdienstorganisation fehlte die oberste Spitze insofern, als eine aus Forstbeamten bestehende Zen- tralstelle nicht vorhanden war. Die Grands-maitres waren direkt dem König unterstellt, bzw. dem Conseil du roi. Die Lücke wurde nun in durchaus origineller Weise dadurch ausgeglichen, daß in der Provinz eigene Kontroll- organe der Forstverwaltung in der Person des Procureur du roi und des Garde-marteau geschaffen wurden. Die Stellung des Procureur du roi war eine sehr vielseitige: er war bis zu einem gewissen Grade Justitiar, Registrator, Statistiker, Rechnungs- kammerchef und. vor allem Kontrolleur und Aufsichtsorgan über die Tätig- keit der höheren Forstbeamten. Seine registrierende und dienstespolizeiliche Aufgabe bezog sich sowohl auf die richterlichen wie auf die administrativen Maßnahmen der Forstverwaltung. Er mußte von allem, was vorging, unter- richtet sein und darüber Register führen, hatte aber nur die eine rein ver- waltungstechnische Funktion, bei der Auszeichnung der Holzhiebe mit dem Waldhammer zugegen zu sein. Dieser stand mit unter dem Verschluß des Procureurs, indem derselbe einen der Schlüssel zu dem Koffer, in dem der Waldhammer aufbewahrt wurde, in Verwahrung hatte. Protokolle aller Art ohne seine Unterschrift waren ungiltig. Was der Procureur als Kontrollorgan für die Tätigkeit der höheren Beamten war, war der Garde-marteau (Waldhammeraufseher) für jene der niederen Forstbeamten. Er hatte beratende Stimme in den Gerichtsverhand- lungen, war im Besitze eines besonderen Waldhammers, mit dem er alle Wind- brüche und Frevelstöcke zu kennzeichnen hatte, hatte darüber Register zu führen und war außerdem der Assistent der Forstmeister bei den Hiebsaus- zeichnungen. Ferner mußte er monatlich im Walde Umschau halten, ob die Förster ihre Schuldigkeit taten. Er berichtete an den Procureur. Alle genannten Beamten hatten feste Besoldungen; Naturalleistungen waren ausgeschlossen. Die Forstordnung gibt eingehende Vorschriften über die An- weisung, die Nutzung und den Verkauf des Holzes, welch’ letzterer in den königlichen Waldungen en bloc vorgenommen wurde. DBe- sondere Bestimmungen gelten für den Verkauf der Windbruch- hölzer und kleinen Nutzhölzer. Ferner werden unter besonderen Titeln folgende Materien behandelt: Die Inspektion der Wälder, — dazu mußten sich alle Beamte einfinden, der Befund und die Be- schlüsse wurden protokolliert, mithin eine Art Kollegialsystem; Verwertung der Mast; Weide- und Mastrechte, Brenn- und Bau- holzrechte; Holzlieferungen für königliehe Gebäude und Meeres- schiffe; Waldungen im Grundhörigkeitsverbande, im gemeinschaft- lichen Besitz von Staat und Gemeinden oder Privaten, Wälder der geistlichen Anstalten, der Gemeinden und Kirchspiele, der Privaten; Forststrafen. Die Ordonnance war, wie schon ihr voller Titel sagt, 270 - Forstpolizeigesetzgebung. nicht nur ein vollständiges Forstgesetz, sondern sie enthält auch mehrere Titel über Wegepolizei, Wasserpolizei, Schiffahrt, Fischerei, Jagd- und Wasenmeisterei. Sie ordnete die erste Statistik über die Flächen der fiskalischen und korporativen Waldungen, die Ein- teilung der Forste und die Ordnung der Holzhiebe an. Von den Parlamenten bzw. Seigneurs wurde die Forstordnung mit Mißbehagen entgegengenommen. Sie bedeutete nicht bloß einen tiefen Eingriff in das Verfügungsrecht über ihr Waldeigen- tum, sondern noch mehr eine völlige Aufhebung der von ihnen beanspruchten und trotz früherer entgegenstehender Dekrete von ihnen geübten Gerichtsbarkeit in forstlichen Angelegenheiten. Das Parlament von Paris (Chambre des comptes, Staatsrat, Staats- gerichtshof) trug die Forstordnung nicht eher in das Register ein, in das alle Verordnungen eingetragen werden mußten, wenn sie Geltung haben sollten, als bis der König persönlich erschien und die Einregistrierung befahl (le roi seant A son lit de justice). Die FO. v. 1669 verpflichtete die Privatwaldbesitzer, ihre Niederwaldungen mindestens in einem zehnjährigen Umtrieb zu be- wirtschaften, auf jedem Arpent!) 16 Oberhölzer überzuhalten und außerdem zehn Jahresschläge im Hochwaldbetrieb zu bewirtschaften. Die Oberhölzer im Nicderwald (Mittelwald) durften nicht vor dem 40jährigen, der Hochwald nicht vor dem 120jährigen Alter ge- nutzt werden. Die Nutzung der Privatwaldungen mußte zudem nach den für die königlichen Waldungen geltenden Vorschriften unter der Aufsicht der staatlichen Forstbeamten erfolgen. Die Vornahme von Hieben in jenen Hochwaldungen, welche bis zu zehn Meilen (lieues) vom Meere oder bis zu zwei Meilen von einem schiffbaren Flusse entfernt waren, mußte sechs Monate vorher der Behörde angezeigt werden, damit die Marine sich aus dem Hiebe das ihr taugliche Holz auswählen konnte (Martelage). Diejenigen Eigentümer, deren Waldungen an die königlichen Forste angrenzten, waren gehalten, Menge und Art des Holzes, welches sie jährlich verkaufen wollten, der Forstbehörde anzugeben. Die Privatwald- besitzer mußten die landesherrlich vorgeschriebenen Holzmaße ein- halten. Ein spezielles Verbot der Waldverwüstung und der Rodung ist in der Forstordnung nicht enthalten, weil dasselbe eine natür- liche Folge der strengen Staatsaufsicht war. In den Gemeindewaldungen mußte, wie es schon 1573 verordnet worden war, der vierte Teil immer Hochwald sein bzw. auch in den Mittel- und Niederwaldungen als Hochwald gezogen werden. Hierzu waren die besten Standorte auszuwählen. Was !) 1 arpent — 0,5107 ha. II. Außerdeutsche Staaten (Frankreich). rt nach Feststellung dieses Quart en reserve übrigblieb, wurde mit Grenzzeichen in gewöhnliche Schläge abgeteilt, die mindestens im zehnjährigen Umtrieb zu bewirtschaften waren. Bei jeder Schlag- stellung waren auf jedem Arpent von den schönsten Eichen, Buchen usw. 16 Laßreiser stehen zu lassen, außerdem auch ältere Oberhölzer und masttragende Bäume. Die Stellung der jährlichen Schläge wurde durch den Juge des lieux kostenlos vorgenommen in Gegenwart des königlichen Procureur, des Syndikus und zweier Abgeordneter der Gemeinden. Die Eckbäume und Grenzbäume der Schläge sowie die Oberhölzer werden mit dem Waldhammer bezeichnet, der in einem mit drei Schlüsseln verschließbaren Koffer aufbewahrt wird; den einen Schlüssel hat der Juge, den anderen der Procureur und den dritten der Syndikus. Der Grand-maitre hat zu bestimmen, ob das Holz, welches von besonderen Holz- hauern auf Kosten der Gemeinde aufgearbeitet werden muß, zum Besten der Gemeinde zu verkaufen oder in natura unter die Ge- meindemitglieder zu verteilen ist. Der Verkauf wurde von den staatlichen Forstbeamten geleitet. Die Kosten der Beförsterung hatten die Gemeinden zu tragen. Dieselben mußten auch die nötige Anzahl von Forstschutzbeamten aufstellen. Nach den gleichen Gesichtspunkten mußten die Waldungen der Geistlichen und Klöster (bois appartenants aux ecele- siastiques et gens de main-morte) bewirtschaftet werden. Weder das Sparviertel noch die Oberholzbäume im Mittelwald durften ohne besondere königliche Erlaubnisscheine (lettres patentes) ge- nutzt werden. Die Anweisung vollzog der Grand-maitre nach den für die königlichen Waldungen geltenden Regeln. Die königlichen Forstbeamten konnten auch diese Wälder jederzeit visitieren. Das Sparviertel mußte endlich auch in den Domanialwal- dungen ausgehalten werden. Alle betriebstechnischen Vorschriften der FO. v. 1669 waren nur auf den Laubholzwald und speziell auf den Mittelwald zuge- schnitten, weil die großen Nadelholzgebiete in Elsaß, Lothringen, der Franche-Comte, Savoyen, im der Provence und in der Graf- schaft Nizza damals noch nicht französisch waren bzw. es ganz kurz zuvor geworden sind. Die Pyrenäen waren um diese Zeit noch nicht aufgeschlossen, die jetzigen Dünenwaldungen in der Guyenne und Gascogne bestanden noch nicht.) 1) Allard, Les for&ts et le r&gime forestier en Provence. Paris 1901, 39. 272 . Forstpolizeigesetzgebung. c) Die Revolutionszeit. Von 1669 bis 1789 erschienen nur einzelne Ergänzungen zur Forstordnung und besondere Bestimmungen über die Ausübung der Forstrechte. Wie in Deutschland begann auch in Frankreich die Forstpolizei, hier noch verschärft durch die der Forstverwaltung eingeräumte Gerichtsbarkeit, der Tummelplatz bestechlicher und keine Willkür scheuender Forstbeamten zu werden. Der Zustand der Wälder gewann dadurch nicht an Güte. Im Jahre 1721 trug Reaumur der Acad&mie Royale seine Besorgnis über den be- vorstehenden Holzmangel vor und Buffon wiederholte im Jahre 1739 diese Klagen. Die sich vorbereitende Revolution!) machte sich namentlich in der Mißachtung des Forstgesetzes bemerkbar. Ludwig XVI. glaubte den zunehmenden Forstfreveln dadurch am wirksamsten begegnen zu können, daß er durch eine Proklamation vom 3. November 1789 den Gemeinden die Verfolgung der Forstfrevel und den Vollzug der Forstgesetze überhaupt neben den königlichen Forstbeamten übertrug, weil sie am besten imstande seien, die Frevel zu beob- achten und zu verhüten. Durch V. v. 15./27. Nov. 1789 wurde den Gemeinden die forstpolizeiliche Aufsicht über die Waldungen des Klerus übertragen. Diese Maßnahmen waren vollständig ungenügend. Daher erließ die Nationalversammlung unterm 11. Dezember 1789 ein Dekret, betr. die Unterdrückung der Forstfrevel. Einleitend wird darin aus- ausgeführt, daß die Versammlung es als Pflicht betrachtet, das Waldeigentum zu schützen gegenüber den sich immer weiter ver- mehrenden Delikten, welche bei Tag und Nacht von einzelnen und ganzen oft bewaffneten Gruppen nicht bloß in allen Wäldern, sondern auch an den an den Straßen stehenden Bäumen verübt werden. Gemeindemitglieder maßen sich unter dem Vorwande eines Eigentumsrechtes Waldnutzungen aller Art an, namentlich in den Wäldern der früheren Grundherren. Daher wird verordnet, daß die Usurpation von Nutzungsrechten, die vor dem 4. August 1789 nicht rechtsgiltig bestanden ‚haben, nichtig ist. Die Wälder werden von nun ab unter den Schutz der Nation gestellt und es werden diejenigen Behörden besonders bezeichnet, denen der Vollzug der Gesetze obliegt. Alle in flagranti betroffenen Frevler können verhaftet werden. Im übrigen gilt die FO, v. 1669. Die Jurisdiktion der Oberforstmeister war damit beseitigt. ') 17. Juni 1789 Erhebung des 3. Standes zur konstituierenden National- versammlung; 14. Juli Zerstörung der Bastille; 4. August Aufhebung aller Standesprivilegien durch die Nationalversammlung. II. Außerdeutsche Staaten (Frankreich). 273 Im Jahre 1790 wurden von der Nationalversammlung eine Reihe von Dekreten, formell vom König noch bestätigt, im Sinne der Forstordnung zur Erhaltung der Wälder erlassen. Unterm 13./26. März wurde den geistlichen Anstalten die Vornahme außerordentlicher Holzhiebe sowie die Rodung und Umwandlung ihrer Forsten nochmals streng verboten. Die Dekrete vom 15./28. März und 15./26. Mai schafften das Recht des Triage auch für die Forste ab, d. h. das Recht, kraft dessen ein Seigneur den dritten Teil der Güter einer Gemeinde, welcher er dieselben früher unentgeltlich zugestanden hatte, zu seiner eigenen Benutzung ausscheiden konnte. Die Institution des Triage reicht bis auf die Zeiten zurück, in denen die Seigneurs für die Rodungsbewilligungen sich einen Teil des Gutsertrages von den Kirchspielen und sonstigen Gemeinheiten ausbedungen. Dieses Recht wurde von den Seigneurs in maßloser Weise gegen die ohnmächtigen Ge- meinden ausgebeutet. Eine Verordnung von 1667 verfügte daher, daß alle Triagerechte ohne Entschädiguug aufgehoben sind mit Ausnahme jener, die seit 30 Jahren ausgeübt wurden und auf Grund eines besonderen Besitztitels nachgewiesen werden konnten. Nach der FO. v. 1669 konnte der Seigneur sein Recht in den Waldungen nur unter der Voraussetzung voll geltend machen, daß die den Einwohnern verbleibenden zwei Drittel zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse ausreichten. Endgiltig wurde das Triagerecht durch Gesetz vom 28. August 1792 abgeschafft. — Der Herzog von Lothringen hatte das Recht de tiers denier, d. h. das Recht, ein Drittel des Ergebnisses der Holzschläge für sich zu beanspruchen. Es wurde 1790 aufgehoben. Die Gemeinderäte, denen der Vollzug der forstgesetzlichen Bestimmungen mit übertragen worden war, kamen dieser Ver- pfliehtung nicht nur nicht nach, sondern lähmten die Tätigkeit der ihnen unterstellten staatlichen Forstbeamten durch Chikanen aller Art. Durch Generalverordnung v. 12./20. August 1790 wurde daher den Vorständen der Gemeinderäte ihre Pflicht wiederholt ein- geschärft. Durch Dekret v. 7./11. September 1790 wurde die Forstgerichts- barkeit den Distrikts-Tribunalen übertragen und durch Dekrete v. 19./25. Dezember 1790 eine Instruktion für die Behandlung der Forstfrevelfälle, die mit der größten Energie zu verfolgen seien, veröffentlicht. Während bis jetzt die nahezu souverän gewordene, unter dem Zeichen der Revolution stehende Nationalversammlung mit zäher Ausdauer an dem Regime der FO. von 1669 festgehalten und die Erhaltung des Waldbestandes durch ergänzende scharfe Dekrete geradezu forciert hatte, kam im Jahre 1791 der Um- schwung, nachdem am 14. August 1791 eine Verfassung und die gesetzgebende Nationalversammlung (corps legislatif) geschaffen worden waren. Durch das Gesetz über die Forstverwaltung vom 15./29. September 1791 wurde die Privatwaldwirtschaft Endres, Forstpolitik. 18 74 - Forstpolizeigesetzgebung. vollständig freigegeben und gleichzeitig der Forstverwaltungs- dienst neu organisiert. Da kraft des erwähnten Dekretes von 1790 die ordentlichen Tribunale in allen forstlichen Angelegenheiten für zuständig erklärt worden waren, hielt man es für angezeigt, an Stelle der durch die FO. v. 1669 geschaffenen, mit Gerichtsbarkeit ausgestatteten forstlichen Ämter (maitrises, grueries) rein forst- liche Verwaltungsstellen zu schaffen. Das Gesetz von 1791 schuf daher eine zentrale Verwaltungsstelle unter dem Titel „Conservation generale des for&ts“. Diese Stelle bestand aus fünf Kommissären, die alljährlich unter sich einen Präsidenten wählten und nur in kollegialischer Beratung Beschlüsse fassen konnten. Unter dieser Zentralstelle fungierten die äußeren Verwaltungsbehörden, nämlich die 35 Conservateurs, unter diesen die 303 Inspecteurs,unter diesen die Gardes und die Arpenteurs. Die Austellungsbedingungen für alle diese Beamten sowie deren Geschäftsanweisungen sind im Gesetze detailliert ge- regelt. Ein Dekret gleichen Datums erledigt die Territorialorganisation. Der neugeschaffenen Forstverwaltung, d. h. dem Regime fores- tier,') wurden nun unterstellt die Kron-, Apanage-Staatswaldungen, die Waldungen der geistlichen Orden und Institute der Gemeinden und sonstigen Korporationen, die Teilwaldungen, Stiftungswal- dungen usw. Frei von der forstlichen Staatsaufsicht blieben nur die Privatwaldungen, indem in Tit. 1 Art. 6 des Gesetzes verfügt wurde: „Les bois appartenant aux partieuliers cesseront d’y (r&gime forestier) &tre soumis, et chaque proprietaire sera libre de les ad- ministrer et d’en disposer A l’avenir comme bon lui semblera.“ Außerdem behandelte dieses Gesetz die Bewirtschaftung der Korporationswälder, die Behandlung der Forstfrevelfälle usw. Es regelte die Verwaltungsbefugnisse der neugeschaffenen Forstver- waltung und ersetzte die FO. v. 1669 in allen Punkten, welche die Organisation der aufgehobenen maitrises betrafen, hielt aber den strafrechtlichen Teil der FO. v. 1669 aufrecht. Außerdem behielt letztere in allen Punkten subsidiäre Geltung. Nach Proklamierung der Republik am 21. September 1792 trat der Na- tionalkonvent zusammen. Seine erste forstliche Tat bestand in der Abände- rung des bisherigen Stempels der Waldhämmer, der nun durch das Bild einer phrygischen Mütze als dem Sinnbild der demokratischen Freiheit ersetzt wurde (Dekret vom 15. November 1792). Ein Dekret vom 13. pluviöse II (l. Februar 1794) verordnete die Vor- nahme eines außerordentlichen Holzhiebes (par anticipation) in sämtlichen Wäldern Frankreichs. Wenn die Privaten sich dessen weigerten, wurden die Holzhiebe in ihren Waldungen von Amts wegen vorgenommen. d) Die napoleonische Zeit. An dem guten Willen, den Wald zu schützen, hat es bei den Machthabern seit dem Ausbruch der Revolution niemals gefehlt. *) Dieser Ausdruck wird hier erstmals gebraucht. II. Außerdeutsche Staaten (Frankreich). 275 Die Freigabe der Privatwaldwirtschaft, die schon von Mirabeau befürwortet worden war, betrachtete man als einen wirtschaftlichen Fortschritt und als eine dem Inhalt des freien Bürgertums schuldige Notwendigkeit. Daß hierzu gerade die Zeit der Revolution der denkbar ungünstigste Moment war, vermochte man damals aller- dings nicht einzusehen. Der gute Wille allein reichte aber nicht hin, um den Wald zu erhalten, es fehlte an dem Vollzug der be- stehenden Gesetze und diesen zu sichern gebrach es der neuen Republik an den nachhaltigen Machtmitteln. Die Organisation der Forstverwaltung nach dem G. v. 1791 existierte nur auf dem Papier, durchgeführt wurde sie nirgends vollständig. Erst nachdem sich der Staat wieder konsolidiert hatte, kam auch für die Waldwirtschaft eine bessere Ära. Am 9. November 1799 stürzte Bonaparte das seit 1795 schaltende Direktorium, am 25. Dezember 1799 wurde eine neue Konstitution erlassen und Bonaparte zum Ersten Konsul ernannt. Frankreich hatte wieder einen Herrn, — der dann am 20. Mai 1804 als Kaiser proklamiert wurde. Durch die Gesetze vom 6. und 26. Januar 1801 (16. nivöse IX) kam nun die 1791 gewollte Organisation der Forstverwaltung mit einer wesentlichen Abänderung zum Vollzug: die Forstverwaltung wurde losgelöst von der Regie de l’enregistrement, um den Finanz- minister zu verhindern, die Waldungen nach seinem Belieben zur Deckung momentaner Bedürfnisse heranzuziehen. Die oberste Stelle in Paris bildeten nun 5 Administrateurs. Unter diesen standen als äußere Beamte 30 Conservateurs (Oberforstmeister), 200 Inspec- teurs, 300 Sous-inspecteurs, 500 Gardes principaux, 8000 Gardes particuliers und außerdem Arpenteurs. Die neue Verwaltung arbeitete nun mit größter Energie. Die Staatswaldungen wurden für steuerfrei erklärt (10. März 1801, 19. vent. IX). Es befestigte sich der Grundsatz, daß die Pflege des Waldes öffentliche Pflicht ist. Die Tribunale machten sich diesen Grundsatz zu eigen und erkannten nach der FO. v. 1669, die für sie nun wieder ein ganz neues Gesetz geworden war. In wenigen Monaten wurden mehrere Tausend Hektar Staats- wald, welche Gemeinden und Private für sich usurpiert hatten, dem Staatseigentum wieder einverleibt. Man nahm sich wieder der Betriebseinrichtung an und nahm Aufforstungen vor (Kultivie- rung der Dünen in der Gascogne). Unterm 12. August 1801 wurde die Aufstellung einer Generalübersicht über die Staatswaldungen angeordnet. Außerdem erschien noch eine ganze Reihe anderer zweckmäßiger Verordnungen. Die schlimmen Folgen der Freigabe der Privatwaldwirtschaft 18* 276 - Forstpolizeigesetzgebung. traten jetzt immer mehr zutage und wurden in der Öffentlich- keit schon seit längerer Zeit diskutiert. Bei der Beurteilung der gewordenen Verhältnisse ist aber nicht zu vergessen, daß die Um- stände, unter denen sich der plötzliche Übergang von strenger forstpolizeilicher Aufsicht zur völligen Ungebundenheit vollzog, ganz exzeptioneller Natur waren, und daß man daher doch weit über das Ziel hinausschießt, wenn man die Schädlichkeit der Frei- gabe der Privatwaldwirtschaft durch den Hinweis auf diese Ver- hältnisse in Frankreich dartun will. Die massenhaften Rodungen wurden in der Hauptsache deswegen vorgenommen, weil niemand mehr seines Eigentums sicher war und daher die Mehrzahl der Waldbesitzer aus Furcht vor der Zukunft wenigstens noch ihre Holzbestände zu Geld machen wollte, ehe dieselben vom Revolu- tionskomitee konfisziertt oder von dem zügellosen Proletariat ver- nichtet werden konnten. Der Repräsentant Poulain-Grandprey führte im Rate der 500 am 16. flo- röal VII (5. Mai 1799) aus über die Waldzerstörungen seit 1790: „Man sah Bürger, welche die Waffen, die ihnen die errungene Freiheit in die Hände gab, zum Widerstand gegen die Forstwächter und zur Verwüstung der Wälder benützten. Der Haß hatte ihnen eingeredet, daß die Domänenwälder zur Do- mäne aller geworden seien, und daß die Zurückgabe des Eigentums an einige Gemeinden die Befreiung von allen Regeln zur Folge hätte, denen dasselbe bisher unterworfen war. Die konstituierende Versammlung wollte diese Exzesse hintanhalten ...; aber sie vertraute die Überwachung der Wälder den Gemeinderäten an; sie ermächtigte sie, die auf frischer Tat betroffenen Frevler zu verhaften; und diese Verfügung erweckte in vielen den Glauben, die betreffenden Waldungen auch verwalten zu können. Die Forstwächter wurden entfernt, die forstlichen Beamten verleugnet. Die Gemeinderäte waren aber nicht imstande, die Frevel zu verhindern und die größte Unordnung war die Folge dieser unüberlegten Einräumung. Andererseits setzten mehrere Distrikte und mehrere Departe- mentsverwaltungen die alten Beamten ab, ernannten provisorische Conserva- teurs, ordneten außerordentliche Holzhiebe an, erlaubten die Weide in den Waldungen, und ermächtigten die Gemeinden, ihre Wälder durch den Friedens- richter für frei erklären zu lassen. Hinsichtlich der Besetzung der forstlichen Beamtenstellen herrschte eine solche Konfusion, daß die oberste Autorität ohne Verbindung mit den neuen Beamten blieb und sie nur dem Titel nach kannte.“ Die Administratoren des Distriktes Bitsch berichteten 1804, daß die Ein- wohner 1600 arpents (817 ha) abgeholzt und gerodet haben. Die Bewohner von Saremberg und Autborne holzten mehr wie 150 arpents (77 ha) ab und verbrannten das Holz auf dem Platze, um die Asche zu verkaufen (Bec- querel 418). In den Motiven zum Code forestier von 1827 heißt es: „Die Eigentümer mißbrauchten diese ungewohnte Freiheit. Die Rodungen mehrten sich ins Unermeßliche ohne Unterschied der Örtlichkeiten, wo sie vorgenommen wur- den, und zwar derart, daß in mehreren Gegenden infolge des Absturzes der gerodeten Flächen und der Entwaldung der Berge die Bodenkrume verschwand und nur nackte Felsen blieben,“ II. Außerdeutsche Staaten (Frankreich). 277 Als die politischen Verhältnisse sich mehr befestigt hatten, konnte man an Abhilfe denken. Diese geschah durch das Gesetz vom 29. April 1803 (9. floreal XI). Nach demselben durfte 25 Jahre lang, vom Erlaß des Gesetzes an gerechnet, kein Wald ge- rodet werden außer sechs Monate nach der Anmeldung dieses Vor- habens durch den Eigentümer beim Conservateur des betreffenden Bezirkes. Ausgenommen waren nicht geschlossene Wälder unter zwei Hektar Größe, wenn sie sich nicht auf dem Gipfel oder Ab- hang eines Berges befanden, ferner Parke oder Gärten, welche von Mauern, Hecken oder Gräben umschlossen waren und an die Hauptwohnung anstießen. Die Verweigerung der Rodungsbewilligung war Ermessens- sache der Regierung. Zuwiderhandelnde mußten eine Fläche von der Größe. der gerodeten aufforsten und eine Geldstrafe leisten. Dem Gesetze waren die Waldungen der Privaten, der Gemeinden und öffentlichen Anstalten unterworfen; Kulturen der Privaten unter 20 Jahren wurden jedoch vom Gesetz nicht betroffen. Das Gesetz wiederholt das Recht der Marineverwaltung, alle für ihre Zwecke brauchbaren Bäume in sämtlichen Waldungen auszuzeichnen und beim Hiebe des Waldes zu kaufen. Der Abtrieb eines Hochwald- bestandes muß daher jeder Waldeigentümer 6 Monate zuvor beim Conservateur anzeigen. Die Ernennung der Forstwächter der Ge- meinde- und Korporationswaldungen erfolgte von nun an von Staats wegen. Die Forstwächter der Privatwaldungen mußten behördlich bestätigt werden. Die Forstwächter des Staates und der Korpora- tionen wurden zu einem Korps vereinigt unter dem Titel Garde forestiere. Diese konnte wie die Gendarmerie für Polizei-, Ge- richts- und Militärdienste verwendet werden. Nach dem kaiserlichen Dekret vom 7. Januar 1805 durften die Weiderechte in allen Waldungen nur an den von den Forst- beamten bezeichneten Orten ausgeübt werden. Unterm 26. Juli 1805 wurde an die Spitze der Administration des eaux et for&ts ein Conseiller d’Etat directeur general gestellt, welcher direkt dem Finanzminister unterstellt war. Durch Dekret vom 17. August 1805 wurden les exploitations en jardinant (Plenterwirtschaft) überall verboten außer in Weiß- tannenwaldungen und in Mischwaldungen von Buche und Tanne. Unter Bois en gruerie, grairie, segrairie, tiers et danger verstand man Waldungen, die im gemeinschaftlichen Eigentum einerseits der Könige in ihrer Eigenschaft als Seigneurs (Feudalherren, Grundherren) und andererseits der Gemeinden oder Privaten standen. Der König hatte aus diesen Wäldern die Gebühren der Justiz, die Jagd und die Mast, außerdem einen verschieden bemessenen Anteil an der Holznutzung. Die Rechte de gruerie ete. wurden schon früh (1376, 1515) als feudale Lasten auf fremdem Eigentum qualifiziert. > A Forstpolizeigesetzgebung. Die Waldungen selbst wurden immer als Staatswaldungen verwaltet. Obwohl die Feudalrechte 1789 abgeschafft worden waren, hielt man die Droits de gruerie noch aufrecht und beließ die betreffenden Waldungen im Gesetz vom 29. September 1791 (Freigabe der Privatwaldungen) unter dem Regime forestier. Infolge einer gerichtlichen Entscheidung wurden durch Gesetz vom 19. Juli 1803 die Rechte der Gruerie, weil Feudalrechte, für erloschen erklärt. e) Der Code forestier von 1827. = Die politischen Ereignisse der Jahre 1813, 1814 und 1815 wurden den Waldungen wieder verderblich. Viele außerordentliche Holzhiebe wurden ge- macht, um Holz zur Befestigung der Waffenplätze zu gewinnen. Die Forst- wächter wurden zu Militärdiensten eingezogen und zwei feindliche Invasionen hatten entsetzliche Waldverwüstungen im Gefolge. — Zur Deckung der finan- ziellen Defizite im Staatshaushalt wurde von 1814 ab der Verkauf von Staats- waldungen angeordnet. Abgesehen von den einzelnen Spezialmandaten und Spezial- gesetzen, die seit Beginn der Revolution als mehr oder minder tief eingreifende Ergänzungen und Abänderungen der allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen erschienen sind, fußte bis jetzt das geltende Recht auf dem G. v. 29. Sept. 1791 und der Ordonnance von 1669. Das G. v. 1791 war nicht erschöpfend. Es regelte die all- gemeine Organisation der Forstverwaltung und Geschäftsbefugnisse der einzelnen Diensteskategorien und schied die verwaltungstech- nische Tätigkeit der Beamten nicht von der polizeilichen. Das Ge- setz war auch gar nicht durchgearbeitet, was im Hinblick auf die Zeit, in der es entstanden ist, nicht wundernehmen kann. Es sollte in demselben mit dem den revolutionären Machthabern eigenen trotzigen und ungestümen Vorgehen eigentlich nur der Bruch mit dem bisherigen Rechtszustand und der Beginn einer neuen Zeit der staunenden Welt verkündet werden. Das Gesetz enthält keinen strafrechtlichen Teil, keine Betriebsvorschriften, nur unvollkommene Bestimmungen über die Verwaltung der Gemein- forste. Zur Ausfüllung der vielen Lücken dieses Gesetzes diente daher die FO. v. 1669 weiter und in späteren Gesetzen und De- kreten wird nach dieser Richtung hin die Giltigkeit derselben voll anerkannt, obwohl sich die allgemeine Überzeugung Bahn ge- brochen hatte, daß die Strafbestimmungen dieser Forstordnungen für die neue Zeit zu scharf waren. Das Verlangen nach einem neuen einheitlichen Forstgesetz war daher ein allgemeines. Dasselbe kam unterm 31. Mai 1827, verkündet am 31. Juli desselben Jahres, unter dem Titel Code forestier zustande. Der Entwurf hierzu ging von 1822—26 durch vier verschiedene Kommissionen. Der vierten Redaktion wohnte König Karl X. persönlich bei. Die Annahme des Gesetzes erfolgte II. Außerdeutsche Staaten (Frankreich.) 279 in beiden Kammern nahezu einstimmig. Am 1. August 1827 er- schien eine königliche Ausführungsverordnung hierzu. Das Gesetz ist auf dem Boden der FO. v. 1669 und des G.v. 1791 herausgewachsen und bedeutet daher kein neues forstpoliti- sches System. Es nahm eine große Anzahl von Bestimmungen der genannten Gesetze und der späteren Dekrete zum Teil wörtlich, zum Teil nur etwas modifiziert in sich auf. Trotz aller der modernen Zeit angepaßten Erleichterungen, welche das neue Gesetz den Waldbesitzern gebracht hat, spinnt es, wenn man von der der Privatwaldwirtschaft eingeräumten Wirtschaftsfreiheit absieht, den Faden von 1669 nur in milderer Form weiter. Und wie ver- schieden war das staatsrechtliche Milieu, unter dem die Epochen der französischen Forstgesetzgebung sich entwickelten: 1669 der absolute König, 1791 das auf Lösung aller staatlichen Bande ge- richtete absolute Demagogentum, 1827 der ausgebaute moderne Verfassungsstaat. Zu dem G. v. 1827 erschienen zwei Novellen: Durch G. v. 4. Mai 1837 wurde der Modus der Holzversteigerungen in den Art. 25, 26 und 27 geändert. Eine weitere Novelle vom 18. Juni 1859 verschärfte die Strafsätze für eine Reihe von Delikten und ersetzte die Übergangs- vorschriften des Titel 15 in betreff der Rodung der Privatwaldungen durch definitive Bestimmungen. ; Die beiden Gesetze vom 28. Juli 1860, betr. die Wiederbewaldung der Berge (Reboisement des montagnes) und vom 8. Juni 1864 über die Berasung der Berge (Gazonnement des montagnes) werden bei der Schutzwaldgesetz- gebung besprochen. Sie wurden außer Kraft gesetzt durch das Gesetz vom 4. April 1882 relative & la Restauration et & la Conservation des Terrains en Montagnes. Der Code forestier von 1827 zerfällt in 15 Titel mit ursprüng- lich 225 Artikeln. Dem Regime forestier sind, wie schon nach den früheren Be- stimmungen, unterworfen: die Waldungen des Staates, der Krone, der Apanagen, der Gemeinden und öffentlichen Anstalten und die- jenigen, in welchen der Staat, die Krone, die Gemeinden oder öffentliche Anstalten ungeteilte Eigentumsrechte mit Privatleuten haben. Diese Waldungen sind nach den Bestimmungen des Ge- setzes zu administrieren (beförstern). Die Privatwaldungen sind nach Art. 2 frei, vorbehaltlich der im Gesetze enthaltenen Ein- schränkungen, die sich tatsächlich aber nur auf die Rodung beziehen. Hinsichtlich der Ablösung und Regelung der Forstrechte sind den Privatwaldbesitzern im allgemeinen dieselben Rechtsmittel zu- gestanden, welche für die Staatswaldungen anwendbar sind. 280 Forstpolizeigesetzgebung. Die Vorschriften des Gesetzes über die Bewirtschaftung der Staats- und Korporationswaldungen sowie über Forstrechte werden bei den betreffenden Kapiteln berührt werden. Das Gesetz enthält auch Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der Forstbeamten, Betriebsvorschriften für Staats- und Korporationswaldungen sowie in besonders eingehender Weise über die Verwertung des Holzes, die damals noch überwiegend durch den Blockverkauf der ganzen Bestände bewerkstelligt wurde. — Endlich enthält das Gesetz auch einen strafrechtlichen Teil. Ein von der Regierung 18838 dem Senat vorgelegter Entwurf zu einem neuen Forstgesetz wurde verworfen. f) Die Gesetzgebung über Waldrodungen. Im allgemeinen war auch in Frankreich um das 15. Jahrhundert die Epoche der volkswirtschaftlich notwendigen Rodungen ab- geschlossen, trotzdem wurden dieselben aber noch im 16. und 17. Jahrhundert fortgesetzt und erreichten namentlich unter Lud- wig XIV. vor Erlaß der FO. v. 1669 ein hohes Maß. Vom Jahre 1515 an wurden Rodungen in den königlichen Waldungen nicht mehr bedingungslos zugelassen, für die Privatwaldungen indessen fehlten einschränkende Bestimmungen. Die FO. v. 1669 enthält zwar kein positives Verbot, aber die strenge Beförsterung der Privatwaldungen schloß dasselbe indirekt in sich. Diese Interpretation wurde immer aufrechterhalten, jedoch wurden im Laufe des 18. Jahrhunderts viele Rodungsbewilligungen erteilt, so namentlich nach den Hungers- notjahren 1710 und 1762. Turgot, obwohl Physiokrat, legte als Finanzminister (1774— 76) dem Conseil einen Gesetzentwurf vor, nach welchem alle Grund- eigentümer verpflichtet werden sollten, den 20. Teil ihrer Güter mit Wald anzulegen. Das Projekt fiel mit Turgots Minister- portefeuille. Das G. v. 29. Sept. 1791 gab die Privatwaldwirtschaft und da- mit auch die Rodungsbefugnis uneingeschränkt frei. In den nächsten zehn Jahren wurden so ungeheuer große Flächen gerodet, daß darüber allgemeine Entrüstung entstand. Die Generalräte der süd- lichen Departements richteten deshalb eindringliche Vorstellungen an das Gouvernement. Auch Böden, die zur landwirtschaftlichen Kultur absolut untauglich waren, wurden massenhaft gerodet und blieben dann öde liegen. Das G. v. 9. flor6al XI (29. April 1803) verbot dann die Ro- dungen auf die nächsten 25 Jahre, wenn zur Vornahme derselben nicht die behördliche Erlaubnis eingeholt worden ist (s. $. 277). Noch ehe die Zeit von 25 Jahren abgelaufen war, erschien das u u eu II. Außerdeutsche Staaten (Frankreich). 281 Forstgesetz von 1827. Dasselbe verlängerte — nicht ohne vor- herigen harten Kampf in den Kammern — das Rodungsverbot auf weitere 20 Jahre. Art. 219 lautete: „Während zwanzig Jahren von der Verkündigung des Gesetzes ab kann kein Privater seine Waldungen aushauen und urbar machen (arracher ni de- fricher), ohne mindestens sechs Monate vorher sein Vorhaben bei der Unter- präfektur (Bezirksamt, Kreisdirektion, Landratsamt) angezeigt zu haben; wäh- rend dieser Frist kann die Verwaltung. ihm ihren Einspruch gegen die Aus- rodung zustellen lassen. Vom Tage dieser Zustellung an wird innerhalb von (weiteren) sechs Monaten der Präfekt über den Einspruch vorbehaltlich des Rekurses an das Finanzministerium entscheiden. Wenn innerhalb der auf die Zustellung des Einspruchs folgenden sechs Monate der Minister eine Ent- scheidung nicht trifft, dann kann die Urbarmachung vorgenommen werden.“ Für Zuwiderhandlungen Geldstrafen von 500—1500 Fr. pro Hektar und Zwang zur Wiederaufforstung. Ausgenommen von diesen Bestimmungen des Art, 219 waren junge Holzbestände bis zum 20jährigen Alter, geschlossene Hausgärten, Parzellen unter vier Hektaren, wenn sie nicht auf dem Gipfel oder am Ab- hang eines Berges liegen. Die Giltigkeit dieser Bestimmungen war im Gesetze nur auf 20 Jahre festgesetzt, also bis zum 31. Juli 1847. Vor Ablauf der- selben wurden große Anstrengungen gemacht, daß sie als dauernde erklärt werden möchten. Einige Abgeordnete sprachen sich sogar für die Wiedereinführung der Beförsterung der Privatwaldungen nach dem System von 1669 aus. Nach langwierigen Kammer- verhandlungen kam das Gesetz vom 22. Juli 1847 zustande, kraft dessen diese Bestimmungen (Art. 219 ff.) zunächst nur noch bis zum 31. Juli 1850 in Geltung blieben. Ein Dekret der provisorischen Regierung vom 2./6. Mai 1848 bestimmte, daß als Taxe für die Rodungsgenehmigung der vierte Teil des durch die Rodung herbeigeführten Mehrwertes des Grund- stückes vom Eigentümer zu zahlen ist. Dasselbe wurde durch das G. v. 22. Juli 1850 aufgehoben. Mit Mühe und Not wurde dann die Giltigkeit derselben durch weitere vier Gesetze (22. 7. 1850, 23. 7.1851, 7. 6. 1853, 21. 7. 1856) bis zum Jahre 1859 verlängert. Die Novelle vom 18. Juni 1859 regelte nun die Frage definitiv und zwar ganz im Sinne der transitorischen Bestimmungen des G. v. 1827. Im Prinzip hat jeder Private das Recht, seinen Wald zu roden. Aber die Forstverwaltung überwacht die Ausübung dieses Rechtes und kann Einspruch erheben, wenn das öffentliche Interesse die Erhaltung dieses Waldes als Schutzwald erheischt. Damit diese staatliche Kontrolle geübt werden kann, hat der Waldbesitzer die Verpflichtung, seine Absicht, die Rodung vorzunehmen, vier Mo- nate vorher (1827 sechs Monate) der Unterpräfektur (Kreisdirektion) anzuzeigen. Erhebt diese Einspruch, so hat sie den Fall durch 982 - Forstpolizeigesetzgebung. die staatlichen Forstbeamten instruieren zu lassen und dem Con- seil de prefeeture (Bezirksrat) mitzuteilen. Nachdem die Forst- direktion des Bezirkes und der Waldeigentümer von dem Einspruch verständigt sind, wird der Fall dem Finanzminister (in Elsaß- Lothringen nunmehr dem Oberpräsidenten) zur Entscheidung zu- gestellt. Trifft dieser sechs Monate nach Zustellung des Einspruchs keine Entscheidung, dann ist die Rodung erlaubt. Während das G. v. 1827 nichts darüber enthielt, aus welchen Gründen die Rodung verboten werden konnte und auch die Aus- führungsverordnung hierzu in Art. 193 lediglich von dem Verbot aus öffentlichem Interesse sprach, die Entscheidung also nur dem diskretionären Ermessen der Behörden anheimgab, macht das’G. v. 1859 diesem unsicheren Zustande durch. spezielle Namhaft- machung aller Umstände, die die Erhaltung des Waldes notwendig machen, ein Ende (Art. 220). Als solche gelten die Schutzwald- eigenschaft und die Rücksichten auf die Landesverteidigung (siehe Schutzwaldungen). Die erste Anregung hierzu gab der gesetz- gebende Köper im Jahre 1857. Die Rodung der Waldungen der Gemeinden und Öffentlichen Anstalten ist ohne besondere Genehmigung verboten (Art. 91). Von 1791—1803 wurden ca. 500000 ha Privatwaldungen (Dalloz 605), von 1803—1827 mit Genehmigung 77561 ha gerodet. Die Gesuche be- zogen sich aber auf die zehnfache Fläche. In den 6 Jahren 1821—1826 wur- den von 26715 eingereichten Rodungsgesuchen 17094 zurückgewiesen (Bau- drillart II, 408). Von 1828—1870 wurden 433344 ha gerodet, von 1871 bis 1903 49925 ha, im ganzen also von 1803—1903 rund 560830ha. Nicht inbegriffen sind darin die Rodungen ohne Genehmigung, deren Fläche nicht unbedeutend sein dürfte. Die meisten Rodungsbewilligungen wurden zwischen 1850 und 1864 erteilt (bis zu 22000 ha jährlich) unter Napoleon, der damit seine Popu- larität erhöhen wollte (10. Dezember 1848 Präsident, 1851 Staatsstreich, 1852 Kaiserreich). Von den Korporationswaldungen wurden von 1830—1839 118166 ha ge- rodet, von 1850—1859 38692 ha, von 1860—1895 6395 ha. Diesen Rodungen stehen in der gleichen Zeit an Aufforstungen durch Private gegenüber 600000 ha in den Landes, 80000 ha in der Sologne (ein 500000 ha großes ödes Plateau im Herzen Frankreichs zwischen Loire und Cher) und 80000 ha in der Champagne. In ganz Frankreich wurden im 19. Jahrh. 1100000 ha nur durch Private neu aufgeforstet.!) g) Die Holzlieferung an die Marine. Eine besondere Gesetzgebung bestand immer für die Beschaffung der von der Marine benötigten Hölzer. Schon eine V. v. 1515 beschäftigt sich mit dieser Frage. Durch die FO. v. 1669 wurde dann das Recht des Martelage (Marteau — Waldhammer) geschaffen, nach welchem die Marine in den bis zu !) Huffel 235 (Sologne 185). II. Außerdeutsche Staaten (Rußland). 283 10 Meilen (V. v. 1700 15 Meilen) vom Meere oder bis zu 2 Meilen (1700 6 Meilen) von einem schiffbaren Flusse entfernten Privatwaldungen das für sie taugliche Holz gegen Bezahlung in Beschlag nehmen konnte. Auch die Käufer des Holzes aus Staats- und Gemeindewaldungen mußten auf Verlangen das Holz an die Marine abgeben. Der Wert wurde von Experten abgeschätzt. Im Laufe der späteren Zeit erschien dann eine ganze Reihe von Verordnungen, welche dieses Recht neu regelten, insbesondere auch das G. v. 9. flore&al XI (formell noch in der Pfalz giltig — vgl. S.236). Der Code forestier von 1827 befreite die Privatwaldbesitzer von 1837 ab von der Verpflichtung des Mar- telage zugunsten der Marine, hielt dieselbe aber für die dem Regime forestier unterworfenen Waldungen aufrecht. Die Marine machte aber von 1838—1858 von diesem Rechte keinen Gebrauch mehr, indem sie das benötigte Holz von Holzhändlern bezog. Im Jahre 1858 wurde dann das Martelagerecht in den Staatswaldungen wieder geltend gemacht, ohne daß dasselbe aber seitdem eine große praktische Bedeutung erlangt hätte. Das Martelagerecht trug infolge der damit verbundenen Durchplenterung des Waldes viel zu dessen Verwüstung bei, ähnlich wie in Deutschland der Holländerholzhandel. Die Provinzialstände in der Provence führten schon 1572 darüber Klage.!) Der Präfekt des Departements Mont-Blanc berichtete 1804, daß die Wälder an diesem Gebirge, die vor der Revolution den Haupt- .reichtum der Bevölkerung bildeten, durch die Agenten dezimiert und ver- wüstet worden seien.?) 5. Rußland.?) Unter Alexei Michailowitsch (1645—1676) wurden die Eigentumsrechte am Walde festgelegt. Unter Peter dem Großen (1689— 1725) wurde die Nutzung des Schiffsbauholzes in den an den Flüssen gelegenen Waldungen verboten, unter Katharina I. (1725—1727) die Forstgesetzgebung Peters d. Gr. wieder aufgehoben, unter Anna Johannowna (1730—1740) wieder eingeführt und aus- gebaut. Katharina II. gab 1782 alle Waldungen frei. Seit der Bauern- befreiung im Jahre 1863 wurden wieder Spezialgesetze erlassen, welche gegen die Waldverwüstung gerichtet waren.*) Nachdem schon 1865 und 1875 der Erlaß eines allgemeinen Forstgesetzes in Aussicht genommen war, kam unterm 4. April 1888 endlich das Waldschutzgesetz zustande. Dasselbe unterscheidet zwischen Schutz- und Schonwaldungen einerseits und Nichtschutzwaldungen anderseits. Die für die ersteren im Gesetze vorgesehenen Bestimmungen erstrecken sich auf die sämtlichen Waldbesitzkategorien innerhalb des europäischen Ruß- lands, die gesetzlichen Verordnungen für die letzteren dagegen finden keine Anwendung: ") Allard a. a. O. 40. — °) Beequerel, Me&moires 1866, 427. 3) Korsch, Die Waldschutzgesetze Rußlands. Übersetzt von Jürgens. Reval 1890. — von Arnold, Rußlands Wald. Herausgegeben vom Berliner Holz-Comptoir. Berlin 1893. — W.J. Kowalewski, Die Produktivkräfte Rußlands. Übersetzt von Davidson. Leipzig 1898. — Les foröts de la Russie (par Ministere de l’Agriculture et des Domaines). Paris, Exposition universelle 1900. — M. W. de Kovalevsky, La Russie & la fin du 19. siecle. Paris 1900. % Ausführlich bei Arnold 241 ff. DL - Forstpolizeigesetzgebung. a) auf die den Bauern zur Hebung ihres landwirtschaftlichen Betriebes zugeteilten Waldungen; b) auf die entweder im Vollbesitz befindlichen oder seitens der Krone zur Nutznießung überlassenen Waldungen verschiedener Gesellschaften und Anstalten in den Gouvernements Archangel, Wologda, Wjatka, Nowgorod, Olonetz, Perm sowie in den links der Wolga gelegenen Teilen von Kostroma, Nischny-Nowgorod, Kasan und in den kaukasischen Gouvernements; ec) auf Waldungen der Privatbesitzer in den genannten und noch folgenden Gouvernements Baku, Witebsk, Wladimir, Wolhy- nien, Elisawetopol, Kaluga, Kurland, Kutais, Minsk, Mohilew, Mos- kau, Pskow, Simbisk, Smolensk, Petersburg, Twer, Tiflis, Ufa, Eri- wan und Jaroslaw. Dem Domänenminister ist es jedoch anheimgestellt, das Gesetz “ in allen Gebieten oder nur in einzelnen zur Ausführung zu bringen. Hinsichtlich der einzelnen Vorschriften lehnt sich das Gesetz viel- fach an die französische Forstgesetzgebung an. In den Nichtschutzwaldungen ist die Rodung mit Zustimmung des Forstschutzkomitees erlaubt, wenn der Boden landwirtschaftlich vorteilhafter benutzbar ist und das Besitztum (Gut) im ganzen dar- aus Vorteil zieht, zur Grenzberichtigung, Anlage von Wegen oder Bauten, bei Teilung des Vermögens, zur Aufhebung des Zwischen- besitzes, wenn die gerodete Fläche durch Aufforstung einer anderen gleichgroßen Fläche kompensiert wird oder eine neu aufgeforstete Waldparzelle noch nicht ein 20jähriges Alter erreicht hat. Die Rodung kann auch nur zu einer zeitweiligen landwirtschaftlichen Benutzung gestattet werden unter Bestimmung des Termins für die spätere Wiederbewaldung der Fläche. Die Absicht der Rodung hat der Waldbesitzer dem zuständigen Forstschutzkomitee kundzugeben. Ist seitens desselben nach Ab- lauf von sechs Monaten vom Tage der Eingabe an kein Verbot erfolgt, dann ist die Rodung als genehmigt zu betrachten. Verboten ist ferner: die Vornahme von allen mit Wald- verwüstung verbundenen Holzfällungen, die die natürliche Wieder- verjüngung unmöglich machen, außerdem das Viehweiden auf den ausgelichteten Flächen sowie in Schlägen unter 15 Jahren. Die Waldbesitzer haben das Recht, nicht aber die Pflicht, Wirtschaftspläne aufzustellen und dieselben dem Forstschutz- komitee zur Bestätigung zu unterbreiten. Damit erreichen sie den Vorteil, daß sie hinsichtlich der Benutzung ihrer Waldungen keinerlei anderen Beschränkungen unterliegen als den im Plane festgesetzten und daß sie nicht befürchten müssen, daß die von ihnen ausgeführten Fällungen später als für den Waldbestand ver- II. Außerdeutsche Staaten (Schweden). 285 derblieh erklärt werden. Der Plan gilt als genehmigt, wenn nach Verlauf eines Jahres vom Tage der Einreichung ab weder eine Bestätigung noch eine Absage erfolgt ist. Für die Anfertigung „einfacher“ Wirtschaftspläne wurde unterm 3. Juni 1888 eine besondere Instruktion erlassen. Dieselbe sieht jährlichen Schlag- betrieb (Überhaltbetrieb und Saumhiebe) mit natürlicher Verjüngung vor. Die Umtriebszeit soll für Nadelholz mindestens 60 Jahre, für Laubholz min- destens 30 Jahre betragen. Alle gesetzwidrig ausgelichteten oder gerodeten Waldflächen müssen, wenn eine natürliche Verjüngung unmöglich ist, innerhalb der vom Forstschutzkomitee angesetzten Frist künstlich aufgeforstet werden. Kommt der Waldbesitzer dieser Verpflichtung nicht nach, dann wird die Aufforstung auf Rechnung des Besitzers durch die dem Komitee unterstellten Beamten ausgeführt. Die zur Förderung der Wiederbewaldung und der Waldpflege vorgesehenen Maßnahmen werden später aufgeführt. Die Aufsicht über den Vollzug des Waldschutzgesetzes obliegt dem Ministerium für Landwirtschaft und kaiserliche Güter bzw. dem Forstdepartement. Die unmittelbare Leitung der forstpolizeilichen Maßnahmen ist den in den Gouvernements und Kreisen eingesetzten Forstschutz- komitees (s. Schutzwald) unter Beihilfe der Beamten der Kron- forsteien, der Polizei und der Kreisbehörden für Bauernangelegen- heiten übertragen. Gegen alle Verfügungen des Forstschutzkomi- tees kann Beschwerde zum Domänenminister ergriffen werden. Das G. v. 1888 hat sich vollständig bewährt und ist nun- mehr in allen Provinzen mit Ausnahme des hohen Nordens und des Kaukasus durchgeführt. Unterm 23. April 1901 erschienen dazu ergänzende Bestimmungen. ') 6. Schweden.?) Für die Privatwaldungen auf der Insel Gotland trat 1869 ein im Jahre 1894 erneuertes „Wiederverjüngungs- und Dimensions- gesetz“ in Kraft. Wer abgeholzte Flächen nicht wieder verjüngt, darf, bis er den begangenen Fehler wieder gut gemacht hat, kein Holz mehr zum Verkauf fällen. Es darf nur Nadelholz mit min- destens 21 cm Stockdurchmesser verschifft werden. Nach dem G. v. 1873 für Lappmarken dürfen die Ansiedler in den ihnen zum Privateigentum überwiesenen Wäldern zunächst nur Holz für den eigenen Bedarf nutzen. Verkaufsholz muß von dem Staatsforst- 1) Dieselben sind mir nicht bekannt geworden. Vgl. Guse, Z.f. F. u. J. 1904, 137. 2) Metzger, Mitt. d. deutschen Forstvereins 1903, 148. 286 - Forstpolizeigesetzgebung. beamten ausgezeichnet werden. Für die Privatwälder des Lehns (Provinz) Norrbotten, ausschließlich Lappmarkens, wurde 1874 ein sog. Dimensionsgesetz erlassen, nach welchem zum Verkaufe nur Stämme gehauen werden durften, welche bei 4,75 m über dem Boden wenigstens 21 cm Durchmesser hatten. Dieses Gesetz wurde 1882 auch auf die nicht zu Lappmarken gehörigen Teile des Lehns Vesterbotten ausgedehnt und für beide Lehne 1888 einer Revision unterworfen. Wenn forsttechnische Gründe nicht entgegenstehen, kann auch schwächeres Holz nach Auszeichnung des Staatsforst- beamten zum Verkauf gefällt werden. Unter Aufrechterhaltung der vorgenannten Gesetze für ihre Gebiete wurden mit Wirkung vom Jahre 1904 ab für die übrigen Privatwaldungen Schwedens ebenfalls gesetzliche Bestimmungen erlassen. Für jeden Provinziallandtagsbezirk besteht darnach eine Waldschutzkommission mit dem Oberpräsidenten an der Spitze. Der Provinziallandtag stellt die Geschäftsordnung und die Instruk- tion der Kommission fest. Dieselbe wacht darüber, daß durch die Benutzung des Waldes dessen natürliche Wiederverjüngung nicht unmöglich wird. Fügt sich der Waldbesitzer den Vorschlägen der Kommission nicht, dann hat sie Anzeige beim ordentlichen Gerichte zu erstatten. Die von der Regierung der Kommission in dem Gesetzentwurfe zugedachte Strafbefugnis wurde vom Reichstage verworfen. Hinsichtlich des Ausfuhrzolles (Waldschutzabgabe) vgl. Kapitel „Holzhandel usw.“. 7. Norwegen. In der Mitte des 16. Jahrhunderts wurden beschränkende Bestimmungen gegen den Holzexport erlassen, namentlich gegen die Errichtung von auf Export arbeitende Sägemühlen. 1795 wurden die meisten Beschränkungen aufgehoben. Die Sägemühlprivilegien wurden aber erst 1860 beseitigt. Die Holzindustrie ist seit 1860 frei. Die Privatwaldwirtschaft war immer frei. Das FG. v. 22. Juli 1863 wendete sich gegen die verderblichen Forstrechte. Durch G. v. 27. Juni 1892 wurde die Ausfuhr von Waldprodukten aus den drei nördlichsten Gouvernements verboten. Das Schutzwaldgesetz vom 20. Juli 1893 räumt den Gemeinden das Recht ein, auch für Nichtschutzwaldungen forstpolizeiliche Vor- schriften gegen die Waldverwüstung zu erlassen und die Dimen- sionen der Hölzer, welche gefällt werden dürfen, zu bestimmen. Die für die Kontrolle des Vollzugs solcher Vorschriften erwachsen- den Kosten muß aber die Gemeinde selbst bestreiten. ”) ı) Norway, Official publication for the Paris exhibition 1900, Kristiania 1900, und mündliche Mitteilungen von Mührwold. Siebentes Kapitel. Der Schutzwald und die Gesetzgebung. I. Begriff. Schutzwaldungen sind Wälder, deren Erhaltung und zweck- entsprechende Bewirtschaftung geboten ist im Interesse der Ab- haltung von Nachteilen und Gefahren, welche dritten drohen.') Diese Begriffsbestimmung geht von der Voraussetzung aus, daß die Schutzwirkung oder Wohlfahrtswirkung des Waldes in jedem einzelnen Falle auch tatsächlich besteht und nachgewiesen werden kann. Die Hervorkehrung des Schutzes der öffentlichen Interessen (Landeskulturinteressen, des Gemeinwohls) gegen Ge- fahren gibt zwar eine allgemeine Begründung für die Schaffung einer Schutzwaldgesetzgebung, berührt aber nicht die Eigenschaften, die einen bestimmten Wald zum Schutzwald machen. Außerdem handelt es sich in den praktisch wirklich greifbaren Fällen der Schutzwirkung meistens nicht sowohl um ein Öffentliches Interesse als um die Wahrung bestimmter privatwirtschaftlicher Interessen einzelner und mehrerer. Insofern die Schutzwaldfrage auf einen Ausgleich zwischen dem Rechte und den Interessen mehrerer oder vieler Beteiligter hinausläuft, hängt sie allerdings mit den Inter- essen der Gesamtheit zusammen. Auf der 3. Versammlung deutscher Forstmänner in Wiesbaden 1879 be- zeichnete Freiherr von Raesfeldt als Schutzwaldungen jene Waldungen, „deren Erhaltung und pflegliche Behandluug im Interesse der allgemeinen Wohlfahrt sich als notwendig erweist“, und Danckelmann die Waldungen, „welche zum Schutze der öffentlichen Gefahren dienen“. Nach dem russischen Waldschutzgesetz von 1883 heißen „Schutzwälder Wälder, deren Erhaltung im Interesse des Staates oder des Gemeinnutzens notwendig ist.“ 1) Die Bezeichnung „Schutzwald* wird von Hundeshagen, Enzyklo- pädie der Forstwissenschaft 1821, $ 767, gebraucht. 38 . Der Schutzwald und die Gesetzgebung. Um den Schutzwaldbegriff zu umgehen, zählen die Gesetze die von dem Schutzwalde erwarteten Wirkungen kasuistisch auf und spezialisieren die Voraussetzungen, unter denen die Bann- legung eines Waldes erfolgen muß oder kann. Diese gesetzlich namhaft gemachten Schutzwirkungen lassen sich in nachstehender Weise gruppieren: 1. Mechanische Befestigung des Bodens und Wider- standswirkung. a) Gegen Erdabrutschungen, Überschüttungen, Felsstürze, Stein- und Eisschläge, Verrüfungen, Wildbäche, Geröll- und Geschiebe- bildungen. In der Schutzwaldgesetzgebung von: Preußen mit Schlesien, Bayern, Württemberg, Elsaß-Lothringen, Frankreich, Österreich, Schweiz, Italien, Rußland, Ungarn. b) Gegen Lawinen in Bayern, Österreich, Schweiz, Italien, Rußland, Ungarn. c) Gegen Versandung und zur Dünenbefestigung in Preußen, Bayern, Frankreich, Ungarn, Rußland. d) Gegen Abschwemmungen und Unterwaschungen von Fluß- ufern in Preußen, Bayern, Elsaß-Lothringen, Frankreich, Österreich, Rußland. e) Gegen Eisgang in Preußen, Rußland. f) Gegen Senkungen und Einstürze in Italien. 2. Wasserwirtschaftliche Wirkung. a) Auf die Quellen in Bayern, Elsaß-Lothringen, Frankreich, Rußland. b) Auf den Wasserstand der Flüsse in Preußen, Elsaß-Loth- ringen, Frankreich, Schweiz, Italien, Rußland. c) Gegen Überschwemmungen in Preußen mit Schlesien, Schweiz. 3. Schutz gegen Windgefahr. In Preußen, Bayern, Württemberg, Baden, Österreich, Ungarn. 4. Abwendung schädlicher klimatischer Einflüsse. In Württemberg, Baden, Schweiz, Österreich allgemein — und speziell zur Wahrung der „öffentlichen Gesundheitspflege“ in Elsaß-Lothringen, Frankreich, Italien. 5. Erleichterung der Landesverteidigung. In Elsaß-Lothringen, Frankreich, Österreich. 6. Einige Gesetze erklären allgemein Waldungen in bestimmter örtlicher Lage zu Schutzwaldungen, einmal weil von denselben Schutzwirkungen nach verschiedenen Richtungen hin zu erwarten sind, und dann weil zur notwendigen Erhaltung dieser Wälder be- II. Feststellung der Schutzwaldeigenschaft. 289 sondere Vorsicht in der Benutzung und Verjüngung geboten ist, d.h. weil sie selbst des Schutzes bedürftig sind. Die Geltendmachung der Lage als solche bietet zugleich eine Art Rückversicherung gegen etwaige Lücken in der kasuistischen Aufzählung und ge- währt für den Vollzug der Gesetze einen weiteren Spielraum. In Bayern sind Schutzwaldungen auch die Waldungen auf Bergkuppen und Höhenzügen, an steilen Bergwänden, Gehängen und sog. Leiten usw.; in Italien die Wälder auf den Gipfeln und den Abhängen der Berge bis zur oberen Kastanienzone; in Österreich Wälder, welche wegen ihrer Bodenverhältnisse und Lage zu ihrer eigenen Erhaltung der Schonung bedürfen; Hochwälder des oberen Randes der Bestandsvegetation (eigentliche Schutzwaldungen); in Ungarn Wälder auf dem Steingerölle höherer Berge, auf Bergspitzen und Bergrücken, Berglehnen und Abhängen. IH. Feststellung der Schutzwaldeigenschaft. Der schwierigste Punkt der Schutzwaldfrage liegt in der tat- sächlichen Feststellung der Schutzwaldeigenschaft auf Grund der gesetzlichen Normen in jedem Einzelfall und in der Herbeiführung eines billigen Ausgleiches zwischen den Interessen aller Beteiligten. In erster Linie handelt es sich darum, ob die im Gesetze auf- geführten Merkmale des Schutzwaldes im vorliegenden Falle als gegeben zu erachten sind. Die Entscheidung dieser Frage ist nicht immer leicht, in einzelnen Fällen erscheint sie mangels greif- barer Anhaltspunkte praktisch als gegenstandslos. Einige Gesetz- geber sind in der Kasuistik geradezu oberflächlich vorgegangen, indem sie Merkmale aufführen, die kein Sachverständiger im prak- tischen Fall fassen und überzeugend begründen kann. Dies gilt ausnahmslos bezüglich des Begriffes Klima. Wer kann nachweisen, daß durch die Rodung oder unpflegliche Behandlung eines Waldes das Klima der betreffenden Gegend verschlechtert wird? Und worin besteht der klimatische Einfluß eines Waldes? Bezeichnender- weise hat kein Gesetz und keine Instruktion, welche mit diesem Begriffe operiert, auch nur den Versuch gemacht, denselben zu definieren. Solange nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden kann, welchen Einfluß jeder gegebene Wald auf die Temperatur und den Feuchtigkeitsgrad der Luft sowie auf die Menge und Verteilung der Niederschläge seiner Umgebung tatsächlich ausübt, Endres, Forstpolitik. 19 290 ° Der Schutzwald und die Gesetzgebung. bleibt das Klima ein gesetzlich nicht greifbarer Faktor. Eine Be- stimmung des Gesetzes aber, die nicht vollzugsfähig ist, kann der Gesamtwirkung desselben nur schaden. Ähnlich liegt es bezüglich der Quellen, des Wasserstandes der Flüsse usw. Eine zweite Schwierigkeit liegt in der Wahl des Weges, der einzuschlagen ist, um die Schutzwaldungen als solche kennt- lich zu machen und ihre Zweckbestimmung dem Besitzer gegen- über festzulegen. In der geltenden Gesetzgebung lassen sich drei Systeme unterscheiden: a) Gleichzeitige Ausscheidung aller in Betracht kom- menden Schutzwaldungen von Amts wegen durch Ein- tragung in einen öffentlichen Schutzwaldkataster. Dieses System ist das radikalste und vom Standpunkt des Vollzuges der forstpolizeilichen Aufsicht das bequemste. Es hat aber den Nachteil, daß die so charakterisierten Waldungen im öffentlichen Verkehr wegen der Beschränkung der Benutzung und Bewirtschaftung an Wert verlieren. In welchem Grade diese Entwertung eintritt, hängt von dem Umfange und von der Schärfe der gesetzlich zulässigen Beschrän- kungen ab. Legt das Gesetz die Folgen der Bannlegung nicht nach bestimmten Gesichtspunkten fest, sondern überläßt es die Be- stimmung derselben dem Ermessen einer Behörde oder Kommission, dann ist kein Waldbesitzer vor Überraschungen sicher. Ein weiterer Nachteil liegt in der Schwierigkeit, die Aus- scheidung richtig und gerecht durchzuführen, namentlich bei stark parzelliertem Waldbesitz. Der Maßstab, den die mit der Aus- scheidung in den verschiedenen Landesteilen betrauten Organe an- legen, wird trotz aller Gewissenhaftigkeit nicht derselbe sein, hauptsächlich bei der Beurteilung jener Waldungen, deren Schutz- wirkung vielleicht erst in fernerer Zeit Bedeutung erlangt. Und selbst wenn die Qualifizierung als Schutzwald gesetzlich vollständig korrekt ist, wird ein Teil der Waldbesitzer es immer auf das Äußerste ankommen lassen und alle Instanzen anrufen, ehe er sich fügt. Dadurch, daß die Untersuchung des gesamten Waldbesitzes in einer Gemeinde auf seine Schutzwaldeigenschaft hin und die daraus hervorgehende Ausscheidung von Schutzwaldungen einer- seits und der Nichtschutzwaldungen andererseits durch einen vor- her angekündigten förmlichen Staatsakt, auf dessen Ausgang jeder- mann gespannt ist, erfolgt, wird viel Aufregung, Unfrieden und Neid in eine Gemeinde getragen und der ganzen Aktion eine ihr vielleicht hinsichtlich der praktischen Tragweite gar nicht zukom- mende Bedeutung beigelegt. II. Feststellung der Schutzwaldeigenschaft. 291 Ferner kommt in Betracht, daß durch dieses generelle Vor- gehen ein stabiler Zustand innerhalb eines Landes oder Gebietes mit Rücksicht auf die durch veränderte Verhältnisse notwendig werdende Korrektur des Schutzwaldkatasters doch nicht erreicht werden kann. Endlich verursacht dieses System einen großen Aufwand an Zeit und Kosten. Es besteht in Württemberg, nach dem preußischen Gesetz für das Odergebiet von 1899, in der Schweiz, Ungarn, Italien. b) Festsetzung der Schutzwaldeigenschaft auf Antrag der gefährdeten Interessenten oder einer Behörde von Fall zu Fall, zunächst ohne Rücksicht darauf, ob die gegen- wärtige Waldbehandlung zur Stellung des Antrages Anlaß bietet oder nicht. Der Schwerpunkt dieses Systems liegt darin, daß der Wald- eigentümer so lange von aller Verantwortung frei ist, als nicht auf die Initiative eines Dritten hin die Schutzwaldeigenschaft aus- gesprochen worden ist. Es wird dabei von dem an sich richtigen Gedanken ausgegangen, daß der gefährdete Interessent oder, wo ein öffentliches Interesse vorliegt, die zur Wahrung desselben be- rufene öffentliche Behörde, also jene Faktoren, denen der aus der Bannlegung fließende Nutzen in eigener Person oder im allgemeinen erwächst, für die Hintanhaltung der aus einer nicht zweckdien- lichen Behandlung des schützenden Waldes entspringenden Ge- fahren selbst zu sorgen haben. Soweit Privatinteressen in Betracht kommen, scheitert die praktische Durchführung dieses Gedankens, wie der Mißerfolg des preußischen Waldschutzgesetzes von 1875 zeigt, in erster Linie an der Entschädigungs- und Kostenfrage. Um den Schutzwaldbesitzer gegen schikanöse und unbegründete Pro- vokationen zu schützen, ist es kaum zu umgehen, daß dem Antrag- steller mindestens die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise aufgebürdet werden, namentlich dann, wenn der Antrag zurück- gewiesen werden muß. Nun kommt es ja allerdings darauf an, wie hoch dieselben sich gesetzlich belaufen. Aber im allgemeinen hat man die Erfahrung gemacht, daß die Interessenten vor diesen Kosten zurückschrecken und die Antragstellung den öffentlichen Behörden zuschieben. Mutet das Gesetz dem Antragsteller auch noch die positive Entschädigung des Schutzwaldeigentümers für die an der Bannlegung haftenden Nutzungsbeschränkungen zu, wie es das preußische Gesetz verlangt, dann wird die größte Zahl der privaten Interessenten vor der Antragstellung zurückschrecken. Erschwerend für die praktische Anwendung dieses Verfahrens wirkt auch der Umstand, daß in vielen Fällen nicht ein Interessent, 19* 293 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. sondern mehrere vorhanden sind, ohne daß es immer möglich wäre, die Interessengrenze scharf zu ziehen. Selbst wenn das Bedürfnis auf Bannlegung bestimmter Waldungen im allgemeinen empfunden wird, werden die Ziele und Wünsche der verschiedenen Interessenten oft weit auseinandergehen, wodurch eine gemeinsame Antrag- stellung vereitelt wird. Dieses System besteht in Preußen nach dem Waldschutzgesetz von 1875, in Österreich für die „Bannwaldungen“ und in Rußland. ec) Durchführung des Schutzwaldverfahrens erst dann, wenn der Besitzer in seinem Walde Handlungen vornimmt oder vorzunehmen gedenkt, welche die im Gesetze be- zeichneten Gefahren hervorrufen können. Bei diesem System können mehrere Modalitäten vorkommen. a) Es bleibt dem Waldbesitzer überlassen, auf Grund der ge- setzliichen Normen selbst zu erkennen, ob sein Wald Schutzwald- eigenschaft hat. Für alle schutzwaldwidrigen Handlungen trägt er die volle Verantwortung und die volle Strafe. Die Schutzwald- eigenschaft wird vom Gerichte vor der Verhängung der Strafe erst festgestellt. Diese dem Waldbesitzer zugeschobene Selbsteinschätzung versetzt denselben vielfach in eine unsichere Lage, der er nur dadurch entgehen kann, daß er in einem ‘Walde, dessen Schutz- waldeigenschaft zweifelhaft ist, auf alle Fälle die für die Schutz- waldungen geltenden Einschränkungen respektiert. Denn bei der Verschiedenheit der Ansichten über die Intensität und räumliche Erstreeckung der Schutzwirkung eines Waldes (Quellen, Windschutz) ist auch der in gutem Glauben und gewissenhaft handelnde Wald- besitzer vor Strafe nicht sicher, ein Zustand, der unter allen Um- ständen als bedenklich zu bezeichnen ist. Will man prinzipiell dem Waldbesitzer allein die Verantwortung überlassen, so muß demselben die Möglichkeit eingeräumt sein, sich nicht auf dem Wege der Straffälligkeit, sondern durch die Herbeiführung eines amtlichen Entscheides mit Rechtskraft vor dem Beginne der Hiebsführung oder eventuell auch der Rodung Gewiß- heit über die forstpolizeiliche Natur seines Waldes zu verschaffen. Letztere Maßnahme ist in Bayern seit 1896 vorgesehen. In Österreich dagegen hat der Besitzer von „Schutzwaldungen“ das volle Risiko der Selbsteinschätzung. ß) Auf einem anderen Standpunkt stehen jene Gesetze, welche jeden Wald so lange unter dem Gesichtspunkt eines Schutzwaldes behandeln, als nicht das Gegenteil amtlich festgestellt ist. Jeder Waldbesitzer hat daher für bestimmte Handlungen in seinem Wald vorher die Genehmigung einzuholen, deren Erteilung oder Ver- sagung mit Rücksicht auf den Schutzcharakter des Waldes erfolgen II. Feststellung der Schutzwaldeigenschaft. 293 kann oder muß. Dies trifft zu in Baden für Rodungen und Kahl- hiebe, in Frankreich und Elsaß-Lothringen für Rodung. Durch Eintragung der rechtskräftigen Entscheidungen und Er- klärungen über die Schutzwaldqualität der im Einzelverfahren ge- bannten Waldungen in besondere amtliche Verzeichnisse entstehen auch bei den Systemen b und ce im Laufe der Zeit förmliche Schutzwaldkataster. Gleicht man die drei genannten und unterscheidbaren Systeme miteinander ab, so ergibt sich, daß die Initiative zur Feststellung der Schutzwaldeigenschaft beim ersten System der Forstpolizei, beim zweiten dem gefährdeten Grundbesitzer oder an seiner Statt der Behörde, beim dritten in der Hauptsache dem Schutzwald- besitzer selbst zufällt. Wenn man bedenkt, daß die ganze Schutz- waldfrage. überhaupt an einem unüberbrückbaren prinzipiellen Gegensatz zwischen den Forderungen der Kulturinteressen einer- seits und der Freiheit des Eigentums andererseits leidet, so ist es auch erklärlich, daß die Mittel und Wege, welche auf die Er- reichung dieses Zieles gerichtet sind, nicht aus der Natur der Sache heraus vorgezeichnet sind. Vollkommen ist daher keines der ge- nannten Systeme, denn schon deren Vielgestaltigkeit zeigt, daß die Gesetzgebung immer noch auf der Suche nach dem besten System ist und vielfach nur schüchtern vorgeht. Der amtliche Schutzwaldkataster, der vornweg reinen Tisch macht, eignet sich jedenfalls nur für Staaten, in denen der Um- fang der Schutzwaldungen ein verhältnismäßig geringer ist. Dieser Auffassung widerspricht der Vorgang der schweizer Gesetzgebung deswegen nicht, weil hier tatsächlich die Aufstellung eines Schutz- waldkatasters auf die größten Hindernisse gestoßen ist. Im Rechenschaftsbericht von Appenzell A.-Rh. 1885/86 heißt es: „Eine vollständig richtige und konsequente Schutzwaldausscheidung ist bei unserem arg parzellierten Waldbesitze geradezu ein Ding der Unmöglichkeit. Dagegen können vorhandene Übelstände in der Ausscheidung durch Revision wenigstens gemildert, wenn auch nicht vollständig gehoben werden. Es verursachte über- haupt die ganze Schutzwaldausscheidung in unserem Katone von jeher mehr Lärm und Ärger hüben und drüben als sie Wert und Bedeutung hat.* Die Übertragung der Initiative an den gefährdeten Inter- essenten hat in Preußen so gründlich Fiasko gemacht, daß dieses Experiment zum zweiten Male nicht gemacht werden wird. So bleibt denn trotz aller Mängel nur das dritte System als empfehlenswert übrig mit der Modifikation, daß dem Zweifel habenden Waldbesitzer die Möglichkeit eingeräumt wird, sich über die Qualität seines Waldes in Rücksicht auf die Schutzwaldfrage jederzeit durch Anrufung der hierzu aufgestellten amtlichen Organe volle Gewißheit zu verschaffen. Auf diese Weise wird eine mehr 294 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. schonende Behandlung der Schutzwaldfrage möglich gemacht und zwar sowohl im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Waldbesitzers wie in bezug auf die sachliche Dringlichkeit. Jedes System wird entbehrlich, wenn nach badischem Muster jeder Waldbesitzer zur Vornahme der sonst nur in Schutzwaldungen verbotenen oder bedingt zugelassenen Handlungen vorher die staatliche Genehmigung einholen muß. Der Verallgemeinerung dieses Grundsatzes steht aber die Tatsache entgegen, daß gerade die besondere Schutzwaldgesetzgebung dem Bestreben ihre Ent- stehung verdankt, die Waldwirtschaft von polizeilichen Beschrän- kungen möglichst zu befreien und solche in ausgedehnterem Maße nur über jene Waldungen zu verhängen, welche zum Schutz gegen Gefahren dienen. Die Beschränkung der Schutzwaldgesetzgebung auf bestimmte Gebiete innerhalb des Staatsganzen (Schweiz 1876, Rußland, Öster- reich infolge des immer weitergehenden Ausbaues der Landes- gesetzgebung) kann zwar an sich oft zweckmäßig sein, läßt sich aber auf die Dauer kaum aufrechterhalten, weil die betroffene Bevölkerung ein solches Gesetz als ein gegen sie gerichtetes Aus- nahmegesetz betrachtet und sich gegenüber den anderen Gebiets- teilen benachteiligt fühlt. Was die Zuständigkeit und das formelle Verfahren be- trifft, so erfolgt die Feststellung der Schutzwaldeigenschaft in keinem Staate durch die ordentlichen Gerichte, nachdem deren Zuständigkeit auch in Bayern seit dem Jahre 1896 aufgehoben worden ist, sondern entweder auf dem Verwaltungswege oder durch ein verwaltungsgerichtliches Verfahren. Von den Staaten, die eine besondere Schutzwaldgesetzgebung haben, hat nur Württemberg das Verfahren in die Hände der Forstbehörde zur bureaukratischen Erledigung gelegt. Nach der französischen Gesetzgebung muß der Einspruch der Forstbehörde gegen beabsichtigte Rodungen von Schutzwaldungen im Bezirks- rate wenigstens vorgetragen werden. In allen übrigen Staaten wird die Schutzwaldausscheidung durch eine Kommission ver- fügt, gegen deren Entscheidung den Beteiligten die Berufung an höhere Verwaltungsstellen zusteht. Diese Kommission funktio- niert entweder als Kollegialbehörde oder als Verwaltungsgericht, indem sie in letzterem Falle die Entscheidung in förmlicher öffent- licher und mündlicher Verhandlung unter Ausschluß des Schrift- wechsels trifft. Die Kommission wird entweder ad hoc aus Verwaltungs- beamten, ortsansässigen Grundbesitzern usw. gebildet oder es tritt ein bereits bestehendes verwaltungsrechtliches Organ als solche in III. Folgen der Bannlegung (Schutzmittel). 295 Tätigkeit (in Preußen funktioniert der Kreisausschuß als Wald- schutzgericht). In der neueren Gesetzgebung ist man ängstlich darauf be- dacht, daß in diesen Kommissionen auch Grundbesitzer (sog. Laien- element) selbst mit Sitz und Stimme vertreten sind. III. Folgen der Bannlegung (Schutzmittel). 1. Rodungsverbot. Ist ein Wald zum Schutzwald erklärt, so muß selbstverständ- lich seine Existenz gesichert sein. Als allgemeine Schutzmittel sind zu betrachten das Verbot der Rodung und Verwüstung und das Gebot der Wiederaufforstung abgeholzter Flächen. Ein unbedingtes Rodungsverbot kennt zurzeit nur das bayeri- sche und das ungarische Forstgesetz, alle anderen Gesetze behalten sich eine Prüfung der Verhältnisse und die Genehmigung von Fall zu Fall vor. Es liegt in der Natur der Sache, daß die Rodung von Schutz- waldungen im Prinzip als ausgeschlossen gelten muß. Andererseits bedeutet es aber auch keine Durchbrechung des Prinzipes, wenn der Gesetzgeber die Möglichkeit offen läßt, daß in begründeten Fällen eine Ausnahme gemacht werde. Maßgebend ist hierfür in erster Linie der Umstand, welche Wohlfahrtswirkungen sich der Gesetzgeber vom erklärten Schutzwald erhofft. Daß von der Ro- dung einiger Hektare Waldes das Klima einer Gegend verschlech- tert wird, wird selbst derjenige nicht behaupten wollen, der den Einfluß des Waldes auf das örtliche Klima als bewiesen erachtet. Ähnlich steht es mit dem Windschutz; soll zur Erhaltung desselben die Rodung verboten werden, dann muß man folgerichtig auch jede Verjüngungslichthauung und jeden Kahlhieb untersagen, weil hier die Wirkung auf lange Zeit hinaus dieselbe ist wie bei der Rodung. Auch die wasserwirtschaftliche Wirkung eines größeren Waldes wird nur durch Rodungen ausgedehnterer Flächen fühlbar herabgedrückt werden. Das Verlangen nach Waldrodungen in weiterem Umfange gehört überhaupt gegenwärtig und wahrschein- lich noch mehr in der Zukunft zu den selteneren Erscheinungen. Andererseits ist auch zu erwägen, daß ein gut gepflegtes Agri- kulturland oder eine Wiese ebenfalls eine bodenbindende und wasserzurückhaltende Wirkung ausübt und der Übergang vom Wald zum Feld auch in dieser Beziehung nicht unter allen Um- 296 Der Schutzwald und die Gesetzgebung. ständen gegen das Landeskulturinteresse verstößt. Es ist daher wohl angängig, daß die Rodungsbewilligung für die Fälle vor- gesehen wird, in welchen durch die Ausstockung eines Waldes hochwertiges landwirtschaftliches Kulturland ohne direkte Gefahr für die nähere und weitere Umgebung gewonnen werden kann. 2. Einschränkung der freien Bewirtschaftung und Nutzung. Hinsichtlich des Grades der Einwirkung auf die Bewirtschaf- tung der Schutzwälder gehen die gesetzgeberischen Maßnahmen auseinander. Einzelne Gesetze geben hierüber bestimmte Direktiven, mit deren Durchführung das Maß der forstpolizeilichen Bevor- mundung auch erschöpft ist. In Bayern und Württemberg ist der kahle Abtrieb nur bedingt erlaubt, bzw. von besonderer Genehmi- gung abhängig, in der Schweiz „in der Regel“ untersagt. In Österreich sollen Wälder auf Flugsandflächen und in schroffer sehr hoher Lage lediglich in schmalen Streifen oder mittelst allmäh- licher Durchhauung abgeholzt werden, die Hochwälder des oberen Randes der Bestandsvegetation dürfen nur im Plenterbetrieb be- wirtschaftet werden. Unbedingt verboten ist der Kahlhieb in Un- garn, ferner in Rußland mit Rücksicht auf die geforderte natür- liche Verjüngung. In Bayern, Württemberg und Baden kann mit der Genehmigung des Kahlhiebes das Verbot des Stock- und Wurzelrodens verbunden werden. Ferner ist verboten oder nur bedingt zugelassen: Die übermäßige Streunutzung in Schlesien (1899), Württem- berg, Baden, Schweiz, Rußland; jede Streunutzung in Ungarn; die Weidenutzung in Schlesien, Schweiz, Rußland, Ungarn; das Stock- und Wurzelroden in Schlesien, Rußland, Ungarn; die Neuanlage offener Gräben in Schlesien. Nach anderen Gesetzen wird die wirtschaftliche Behandlung von den dazu bestimmten amtlichen Organen von Fall zu Fall nach Ermessen festgesetzt, so in Preußen, Österreich (Bann- waldungen), Rußland, Italien. In diesen Staaten können mithin die in anderen Gesetzen aufgeführten speziellen Verbote ebenfalls verhängt werden. Den kahlen Abtrieb rundweg gesetzlich zu verbieten (Bayern bis 1896) ist nicht nötig und unter Umständen unwirtschaftlich, weil in vielen Hochgebirgslagen wegen der Schwierigkeit des Holz- transportes eine andere Benutzungsart als die in kahlen Streifen nicht möglich ist. Auch in allen anderen Waldungen können die Plenterwirtschaft oder die nur durch natürliche Verjüngung her- III. Folgen der Bannlegung (Schutzmittel). 297 zustellenden plenterartigen Bestandsformen für den Privatwald- besitzer mit Verlust verknüpft sein. Der Zweck der Schutzwirkung wird auch bei Ausführung von schmalen Kahlhieben, die möglichst bald wieder aufgeforstet und nicht eher fortgesetzt werden, bis der jüngste Schlag wieder vollbestockt ist, vollständig erreicht. Sehr ausgedehnte und planlos geführte Kahlhiebe sind namentlich in Verbindung mit Stock- und Wurzelrodung dem Schutzwald- zweck zuwider. Zwischennutzungshiebe (Durchforstungen) zu verbieten, wäre eine durch nichts zu begründende Einschränkung des Wirt- schaftsrechtes des Waldbesitzers. Solche, die zur Verwüstung des Bestandes führen, werden schon durch das allgemeine Devastations- verbot getroffen, bzw. können und müssen von Fall zu Fall ein- gestellt werden. Die Aufstellung eines staatlich zu genehmigenden Betriebs- planes, die zurzeit nur in Rußland und Ungarn verlangt wird, vereinfacht zwar die forstpolizeiliche Kontrolle, ist aber kein un- bedingtes Erfordernis, weil Besitzer ausgedehnter Waldungen, für welche die Anfertigung eines förmlichen Betriebsplans allein einen Sinn hat, nur selten sich über die gesetzlichen Vorschriften hinweg- setzen. Außerdem bedingt ein Betriebsplan immer einen gewissen Grad der Gebundenheit der Wirtschaftsführung, die mehr fordert als dem Zwecke der Schutzwaldgesetzgebung entspricht (Umtriebs- zeit, Abtriebsalter, Holz- und Betriebsart, Abnutzungssatz). Von den Nebennutzungen, die mit der Schutzwirkung des Waldes in Verbindung stehen, kommen in der geltenden Gesetz- gebung nur die Streu- und Weidenutzung in Betracht. Die Streu verlangsamt den Abfluß des Niederschlagswassers an steilen Hängen — und nur diese kommen hier in Betracht — und hält ein beträchtliches Maß derselben — kein Übermaß — in sich zurück. Dadurch werden vor allem die dem Tiefland gefähr- lichen Bodenabschwemmungen verhindert. Diese Tatsache ist Grund genug, daß die Gesetzgebung die Streuschonung in das Be- reich der Schutzmittel aufnimmt. Sie darf aber auch nicht über das Ziel hinausschießen. Wünschenswert wäre ja die Möglichkeit eines gänzlichen Verbotes, auch schon wegen der Einfachheit der Überwachung. Allein dieser radikale Standpunkt ist bei keinem Parlament durchzusetzen. Die obengenannten Staaten verbieten daher, mit Ausnahme Ungarns, nur die übermäßige Streunutzung oder sehen die Möglichkeit der Einschränkung im Bedarfsfalle vor. In den meisten Fällen wird diese Bestimmung auch ausreichen, obwohl nicht ausgeschlossen ist, daß durch diese Abschwächung des Verbotes schon wegen der Schwierigkeit, den Begriff „über- 298 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. mäßig“ im Einzelfalle festzustellen, die gesetzliche Bestimmung bisweilen gar nicht zur Anwendung gebracht werden wird. Die Weide in älteren Beständen beeinträchtigt deren Schutz- wirkung kaum in merklichem Grade, vorausgesetzt natürlich, daß sie innerhalb der Grenzen des noch wirtschaftlich Zulässigen aus- geübt wird. Dagegen ist sie unbedingt zu verbieten an Steil- hängen, die in Kultur und Verjüngung liegen (Lostreten des Bodens). Dieser Forderung wird übrigens schon durch die meisten Forst- polizeigesetze Genüge geleistet. 3. Beförsterung. Die Beförsterung besteht darin, daß der Staat in jenen Fällen, in welchen der Schutzwaldbesitzer aus Widerspenstigkeit oder Un- geschicklichkeit trotz wiederholten Einschreitens der Behörden seine Pflichten verletzt, die Bewirtschaftung des Schutzwaldes auf eine bestimmte Zeit übernimmt. Sie läßt sich in diesem Falle recht wohl rechtfertigen; denn sie meidet die mit dem extremsten Zwangsmittel, der Expropriation, verbundenen Nachteile und sichert den Zweck des Schutzwaldes. Sie ist nur vorgesehen in Baden und Württemberg als Strafe, und zwar in beiden Staaten für alle Privatwaldungen, außerdem in dem französischen G. v. 1882 inso- fern, als der Staat Gebirgsgründe und Weiden zum Zwecke der Schonung auf zehn Jahre in Bann legen und während dieser Zeit nebensächliche, die Natur des Grundstücks nicht verändernde Ar- beiten ausführen lassen kann. IV. Entschädigungsfrage. 1. Die Voraussetzungen für Gewährung einer Entschädigung. Durch die Kennzeichnung eines Waldes als Schutzwald ver- liert der Besitzer in höherem oder geringerem Maße das freie Ver- fügungsrecht über sein Grundeigentum und seine Waldwirtschaft. Es entsteht daher die Frage, ob er für die dadurch bedingte Ent- wertung des Waldes im öffentlichen Verkehr im allgemeinen und für unmittelbaren Verlust sowie für entgehenden Gewinn bei der Benutzung des Waldes im besonderen entschädigt werden soll. Die Herabminderung des Verkehrswertes wird herbeigeführt nicht nur aus Anlaß des mit der Beschränkung oder Vorzeichnung der Betriebsführung nach bestimmter Richtung unter Umständeu IV. Entschädigungsfrage. 299 verbundenen materiellen Verlustes, sondern vor allem durch die Tatsache der Gebundenheit der Wirtschaft selbst und der Beein- flussung des freien Willens des Besitzers. Schon der Umstand, daß alle Handlungen des Besitzers einer polizeilichen Kontrolle unterliegen und erst nach Erledigung umständlicher Formalitäten überhaupt ausgeführt werden können, drückt den Wert eines Schutzwaldes in der öffentlichen Wertschätzung unter seinen wirk- lichen Ertragswert herab. Für diese Art capitis deminutio in bezug auf die Verfügungsmöglichkeit über das Waldeigentum kann indessen der Besitzer ebensowenig Entschädigungsanspruch erheben, wie z.B. der Hausbesitzer, der sich den baupolizeilichen Beschrän- kungen fügen muß. Eine schrankenlose Ausbeutung des Eigentums- rechtes kennt überhaupt die deutsche Gesetzgebung nicht. Hinsichtlich der Größe des materiellen Schadens, den der Waldbesitzer erleidet, ist der Grad der polizeilichen Einwirkung auf die Wirtschaftsführung ausschlaggebend. Derselbe kann ein unmittelbarer sein, wenn der Bezug bestimmter Nutzungen ver- boten ist, z.B. die Streunutzung, die Viehweide, die Stockrodung. Da gerade in der bäuerlichen Waldwirtschaft die Nebennutzungen eine große Rolle spielen, kann je nach den örtlichen und wirt- schaftlichen Verhältnissen dieser Ertragsausfall für den Besitzer recht empfindlich sein. Auch eine aufgezwungene Plenterwirtschaft hat in der Regel materielle Verluste im Gefolge, da der Plenterwald zweifellos weniger und durchschnittlich qualitativ minderwertigeres Holz liefert als der gleichaltrige Hochwald. Dazu kommt, daß gerade in den ausgesprochenen Schutzwaldgebieten, in den Bergen, die Bringung des an zerstreuten Punkten anfallenden Holzmaterials mangels von Wegen viel Schaden und Kosten verursacht und der Verkauf desselben erschwert ist. Auch die Verjüngung des Plenter- waldes vollzieht sich nur langsam und schwerfällig. Die Möglich- keit, daß der Waldbesitzer in den genannten Fällen Kleinere oder größere Vermögensnachteile erleidet, ist daher gegeben. In Wirk- lichkeit verliert aber hier die Entschädigungsfrage deswegen an Bedeutung, weil die meisten der für diese Einschränkungen in Betracht kommenden Schutzwälder auf absolutem Waldboden stocken bei welchem die Differenz zwischen dem möglichen und tatsächlich erreichten Ertrage nicht besonders ins Gewicht fällt. Ist der Kahlhieb, wenn auch unter Kautelen, zugelassen, dann kann der Waldbesitzer nur dadurch Schaden erleiden, daß ihm der Abtrieb einer größeren Fläche auf einmal verboten wird (zum Zweck der Schuldentilgung usw.). Ausgeschlossen ist dagegen die Schadloshaltung des Waldbesitzes gegenüber den Forderungen des Gesetzgebers, daß abgeholzte Schutzwaldungen wieder aufgeforstet 300 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. werden müssen und bestehende nicht verwüstet werden dürfen. Denn beide Vorschriften sind nur für den schlechten Wirtschafter drückend. Einen mittelbaren Verlust in Form entgehenden Gewinnes kann der Schutzwaldbesitzer durch das Rodungsverbot dann er- leiden, wenn sein Wald auf einem Boden stockt, der durch andere Benutzung (Acker, Wiese, Weide) ihm eine höhere Rente sichern würde. In diesem Falle kann die Entschädigungsfrage nur da- durch gelöst werden, daß man die Rodung erlaubt (vgl. S. 295).') Anders liegt dagegen die Frage, wenn dem Besitzer zur Erhöhung der Schutzwirkung die Vornahme besonderer Arbeiten (Verbaue, Zäune, Gräben) oder die Neuaufforstung von Grundstücken (Flug- sandflächen) zugemutet wird. Beide Maßnahmen gehen meist Hand in Hand. Durch die Ausführung solcher besonderer Arbeiten er- wächst dem Grundbesitzer selbst nur in den seltensten Fällen ein direkter Nutzen; die Kosten übersteigen denselben in der Regel sehr bedeutend. Auch durch Neuaufforstungen, die erst in ferner Zukunft einen Ertrag versprechen, wird die Vermögenslage des jetzigen Besitzers zunächst nicht verbessert. Beim Verkauf soleher Flächen in den der Aufforstung nächstfolgenden Jahren erzielt er nicht viel mehr als die aufgewendeten Kulturkosten. Überdies handelt es sich meistens um schwierige Kulturobjekte. Es erscheint daher billig, daß dem Grund- und Waldbesitzer für Schutzanlagen, die ihm selber keinen Vorteil bieten, eine volle Entschädigung, zu Aufforstungen und Arbeiten, die dem Grundstücke in der näheren oder ferneren Zukunft einen höheren Wert verleihen, eine entsprechende finanzielle Beihilfe gewährt wird, selbstverständlich in beiden Fällen nur dann, wenn der Grund- oder Waldbesitzer den gefahrbringenden Zustand der in Betracht kommenden Flächen nicht durch eigene Mißwirtschaft herbeigeführt hat. 2. Die Aufbringung der Entschädigungskosten. Wer soll die Kosten der Entschädigung tragen? Theoretisch gedacht derjenige, welcher den Nutzen von der Bannlegung der Grundstücke und von den getroffenen Maßnahmen hat.’) Die 1) Gelegentlich der Beratung eines Antrages im Braunschweigischen Land- tage in bezug auf Rodungsgenehmigung in den 70er Jahren war davon die Rede, daß ein Wald auf Agrikulturboden aus klimatischen Rücksichten als Schutzwald erhalten werden soll, dessen Boden zum Anbau von Zuckerrüben oder Weizen geeignet ist. Bericht über die 8. Vers. deutscher Forstmänner in Wiesbaden 1879, 50. ?), Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit des gesetzwidrig handelnden Waldbesitzers ist eine Sache für sich. IV. Entschädigungsfrage. 301 Durchführung dieses Gedankens stößt indessen in der Praxis auf mancherlei Hindernisse. Einmal ist es oft geradezu unmöglich, die Wirkung des Schutzwaldes räumlich und zeitlich fest zu um- grenzen. Wenn z. B. Aufforstungen und Schutzanlagen in dem Einzugsgebiet eines Flusses zur Verlangsamung des Wasserabflusses und Befestigung des Bodens vorgenommen werden mit der Wir- kung, daß dadurch die Überschwemmungen der Flußniederungen seltener oder weniger gefährlich werden, so müßten eigentlich alle Besitzer der im bisherigen erweiterten Überschwemmungsgebiet ge- legenen Grundstücke zur Kostendeckung herangezogen werden und zwar nach dem Grade des jedem Einzelnen zugehenden Nutzens.*) Eine solche Verteilung der Kostenbeiträge ist aber praktisch un- durchführbar. Ebenso liegt die Frage bezüglich des Einflusses des Waldes auf den Bestand der Quellen. Dann ist es überhaupt sehr schwierig nachzuweisen, daß ein Schutzwald eine bestimmte Gefahr auch wirklich abwendet und selbst wenn dieser Nachweis auch im allgemeinen als erbracht gelten kann, das Maß dieser Nutzwirkung ziffernmäßig zu veranschlagen. Die zahlungspflichtigen Eigentümer der gefährdeten Grundstücke werden die Schutzwirkung möglichst niedrig veranschlagen oder ganz in Abrede stellen. Oft ist es auch gar nicht leicht, eine strenge Abgrenzung zwischen den gefährdeten und schutzgewährenden Grundstücken vorzunehmen. Nun könnten bestimmte Anhaltspunkte für die Kostenverteilung dadurch gewonnen werden, daß man die Initiative zur Bannlegung eines gefahrdrohenden Wald- oder Grundstücks dem Bedrohten zuschiebt, indem dieser sich dann schon durch die Antragstellung selbst als einen aus der Schutzwaldwirkung Nutzen Ziehenden be- kennt. Wer also den Antrag auf die Schutzlegung eines Waldes stellt, hat auch für die Entschädigung aufzukommen. Dieses an sich gerechte Verfahren führt aber nach den Erfahrungen, die man mit dem preußischen Waldschutzgesetz von 1875 gemacht hat, zu keinem praktischen Ziele, weil die gefährdeten Interessenten lieber die Gefahr als die Kosten der Entschädigung tragen. In vielen Fällen ist eben auch die Gefahr keine unmittelbare und plötzliche; sie äußert sich vielmehr in einer Gesamtsumme von zeitlich aus- einander liegenden Einzelwirkungen, die der gefährdete Grund- besitzer gewohnheitsmäßig gefaßt über sich ergehen läßt. Ausgaben, deren Nützlichkeit nicht sofort in die Erscheinung tritt, scheuen die meisten Grundbesitzer. Auch vom politischen Gesichtspunkt aus ist die grundsätzliche Überbürdung der vollen Entschädigung auf die gefährdeten Grundeigentümer bedenklich, weil dadurch die ı) Vgl. Intze, Jahrb. d. preuß. Forst- u. Jagdgesetzgebung 1899, 199. 302° Der Schutzwald und die Gesetzgebung. Schutzwaldfrage noch unpopulärer wird als sie an und für sich schon ist. Zu den natürlich gegebenen Gegnern der Schutzwald- gesetze, den Schutzwaldbesitzern selber, gesellen sich mit anderen Motiven auch noch die gefährdeten Grundbesitzer. Beide Kate- gorien betrachten dann das Schutzwaldgesetz als ein nur für sie geltendes Ausnahmegesetz. Es ist eine alte Erfahrung, daß gemeinnützige Unternehmungen auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiete nur dann zustande kommen und wirkungsvoll sich entfalten, wenn dem Einzelnen keine zu großen Opfer zugemutet werden. Die Opferwilligkeit nimmt zudem in dem gleichen Verhältnisse ab, als der Nutzen der Unternehmung nur allmählich oder nur indirekt bemerkbar ist. Mit dieser Tatsache muß man auch hier rechnen. Wenn der Gesetzgeber Schutzanlagen oder Neuaufforstungen für erforderlich hält, dann kann das gesteckte Ziel nur erreicht werden, wenn unter dem dehnbaren Titel des „öffentlichen Interesses“ ein erheb- licher Teil der dadurch dem Grundbesitzer erwachsenden Kosten auf die breiteren Schultern des Staates oder größerer Kommunal- verbände (Provinz, Kreis, Distrikt usw.) übernommen wird. Wie weit diese öffentliche Hilfe ausgedehnt werden soll, hängt von den örtlichen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen und den vom Gesetze gestellten Forderungen hinsichtlich des Maßes der auszuführenden Arbeiten ab. Jedenfalls ist es nicht zweckmäßig, wenn der Staat oder der höhere Kommunalverband die Entschädi- gungspflicht von vornherein in vollem Umfange auf sich nimmt. Dadurch wird das Gefühl der Verantwortlichkeit der Interessenten erstickt und die öffentliche Hilfe auch in Fällen in Anspruch ge- nommen, in welchen die auf sich allein angewiesenen Grund- besitzer gar nicht daran dächten, die Schutzwaldfrage aufzurollen. Erscheint es nicht tunlich, die Nutzen ziehenden Interessenten einzeln mit angemessen hohen Beiträgen heranzuziehen, dann sollen die einschlägigen Gemeinden zur teilweisen Kostendeckung ver- pflichtet werden. Dieser Modus bietet auch die beste Gewähr gegen die Geltendmachung und die Verwirklichung übertriebener Anforderungen seitens einzelner Interessenten in der Gemeinde.') Die Form der öffentlichen Beihilfe kann eine verschiedene sein: Geldbeiträge, Ausführung bestimmter Arbeiten, Abgabe von Pflanzen, Steuerfreiheit, Kreditgewährung. !) Bei Beratung des Schutzgesetzes für das Odergebiet vom 16. September 1899 im preußischen Abgeordnetenhause äußerte sich ein Abgeordneter, „es gebe keinen besseren Schutz gegen rigorose Anforderungen und ein unüber- legtes Vorgehen seitens der Staatsbehörden, als wenn der Staat an den Kosten beteiligt wird.“ Jahrb. d. preuß. Forst- u. Jagdgesetzgebung 1899, 245, V. Enteignung von Schutzwaldungen usw. 303 V. Enteignung von Schutzwaldungen, Schutzgenossenschaften, Neuanlage von Schutz- waldungen. 1. Enteignung. Um die bei der praktischen Durchführung der Schutzwald- gesetzgebung sich ergebenden Schwierigkeiten und namentlich die Entschädigungsfrage zu umgehen, hat man unter gleichzeitiger Be- tonung des öffentlichen Interesses als die einfachste Lösung die Enteignung (Expropriation) der Schutzwaldflächen durch den Staat oder durch Kommunalverbände oder Genossenschaften in Vorschlag gebracht und unter bestimmten Voraussetzungen in einigen außer- deutschen Ländern auch gesetzlich zugelassen. Hierbei sind die zwei Fälle auseinanderzuhalten: die grund- sätzliche Erwerbung bzw. Enteignung aller privaten Schutzwaldungen durch den Staat oder sonstige Öffentrechtliche Verbände und die Enteignung nur in den Fällen, in welchen der Waldbesitzer die gesetzlichen Vorschriften nicht erfüllen kann oder will. Natürlich ist immer vorausgesetzt, daß von dem Enteignungsrecht erst dann Gebrauch gemacht wird, wenn die Versuche zur Erwerbung der Grundstücke durch freie Vereinbarung fehlgeschlagen sind. Es ist nun ohne weiteres zuzugeben, daß es Fälle gibt, in denen die Enteignung vom forstpolitischen und volkswirtschaft- lichen Standpunkt aus das Zweckmäßigste ist. Solche Fälle liegen dann vor, wenn der Grund- und Waldbesitzer die ihm vom Gesetz- geber gemachten Auflagen infolge seiner wirtschaftlichen Lage nicht erfüllen kann (kostspielige Aufforstungen, Berasungen, Ver- bauungen) oder aus Trotz nicht erfüllen mag, oder wenn wegen der besonderen örtlichen und Eigentumsverhältnisse das angestrebte Ziel auf anderem Wege nicht erreicht werden kann (starke Par- zellierung, Enklaven, Aufforstung von Ödflächen). Die Fälle, in denen das Gesetz die Enteignung zuläßt, sollten aber nur die Ausnahmen bilden. Es soll nicht als ein maßgebender Grund hierfür der Umstand ins Feld geführt werden, daß der Staat bei solchen Erwerbungen fiskalisch nicht gut abschneidet, unter Umständen parzellierten, hohe Verwaltungskosten verursachen- den Besitz erhält, die Expropriation selbst den Widerspruch der Bevölkerung hervorruft und, wenn sie sich nicht auf die sämt- liehen Schutzwaldungen eines größeren politischen Gebietes erstreckt, Unfrieden zwischen den Betroffenen und Nichtbetroffenen zeitigt. Wir legen vielmehr hauptsächlich Gewicht auf die volkswirtschaft- lichen Folgen der Enteignung, die darin gipfeln, daß die Bauern- 304 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. güter dadurch zertrümmert und die Seßhaftigkeit und die wirtschaft- liche Selbständigkeit der bäuerlichen Bevölkerung unterminiert wird. Gerade im Hauptgebiet des Schutzwaldes, im Gebirge, bildet der Waldbesitz den wertvollsten und zum Unterhalt der Familie notwendigen Bestandteil eines größeren Bauerngutes. Vieh- zucht und Wald sind die Stützen der Gebirgsbauern. Nimmt man ihm den Wald als Einkommensquelle weg, dann wird er zur Hälfte seiner wirtschaftlichen Existenz Grundbesitzer, zur Hälfte Kapitalist. Da ihn die Viehzucht allein nicht mehr genügend be- schäftigt und in dem Grundbesitz allein seine ganze Lebenshaltung nicht mehr wurzelt, geht seine eigene Schollenpflichtigkeit und das Interesse an seinem angestammten Beruf verloren. Seine Kinder ziehen mit dem Gelde fort, der Nachfolger im Besitze ist nur mehr ein kleiner Bauer, der zur Ergänzung seines Einkommens Arbeit im Staatswalde suchen muß. Da die Enteignung haupt- sächliceh durch den Staat erfolgen wird, so ist die Folge, daß durch die damit verbundene Anhäufung ausgedehnter Staatsforste an Stelle eines wirtschaftlich starken selbständigen Bauernstandes eine auf Arbeitsverdienst im Staatswalde angewiesene und darum ab- hängige Bevölkerungsklasse tritt. Der Bauer weicht dem Wald- arbeiter. Sozialpolitisch kommt noch in Betracht, daß von der Expropriation fast ausschließlich der kleine und mittlere Wald- besitzer betroffen wird, während der Großgrundbesitzer in der Regel davon verschont bleibt.) Auch nach vielen anderen Richtungen kann die Massenansammlung staatlichen Besitzes gerade in den abgelegenen Gebirgsgegenden bedenkliche Folgen haben. Auf keinen Fall trägt dieselbe zur wirtschaftlichen Aufschließung der Gebirgsgegenden bei (Eisenbahnpolitik, industrielle Ausnützung der Wasser- kräfte, Fremdenverkehr). Der Forstwirtschaftsrat des Deutschen Forstvereins faßte im Jahre 1900 (Wiesbaden) folgenden Beschluß: Zur Durchführung einer wirksamen Schutzwaldgesetzgebung erscheint es geboten, in Fällen, wo durch minder ein- greifende Maßregeln der Zweck nicht zu erreichen ist, insbesondere bei Privat- waldungen im Zwerg- oder Kleinbetriebe, sowie zur Aufforstung behufs Be- gründung von Schutzwaldungen die Enteignung für den Staat oder für lei- stungsfähige Kommunalverbände vorzusehen. Die Gesetze verschiedener Staaten, welche die Expropriation zulassen, räumen dem früheren Besitzer das Recht des Rück- kaufs der Grundstücke innerhalb bestimmter Frist (5—6 Jahre) gegen Erlegung des Ankaufspreises und der aufgewendeten Kosten !) Auch der preußische Landwirtschaftsminister warnte in der Herren- haussitzung vom 22. Februar 1899 vor zu weit gehender Enteignung der Ge- birgsländereien durch den Staat. Jahrb. d. preuß. Forst- u. Jagdgesetzgebung 1899, 216. VI. Die Schutzwaldgesetzgebung in den deutschen Bundesstaaten. 305 samt Zinsen ein. Dies geschieht in der Absicht, dem Besitzer die Möglichkeit zu gewähren, sein früheres Eigentum wieder zu er- werben, wenn er sich durch die Enteignung benachteiligt fühlt. 2. Schutzwaldgenossenschaften. Die Bildung von Schutzwaldgenossenschaften kann inso- fern nützlich sein, als dem einzelnen durch den geregelten zweck- entsprechenden Forstbetrieb des Genossenwaldes die Sorge auf Ein- haltung der gesetzlichen Vorschriften benommen und die Staats- aufsicht, namentlich wenn es sich um stark parzellierten Wald- besitz handelt, erleichtert wird. Die übrigen Vorteile, welche dem einzelnen Besitzer aus der genossenschaftlichen Vereinigung er- wachsen, berühren nicht mehr den Schutzwald, sondern das ge- nossenschaftliche Prinzip als solches. Schutzwaldgenossenschaften können von Amts wegen nach dem schweizerischen Forstpolizei- gesetz von 1902 und durch Majoritätsbeschluß der Beteiligten in Italien gebildet werden. 3. Neuanlage von Schutzwaldungen. Die Neuanlage von Schutzwaldungen auf Öd- und Weideflächen oder auf bisher landwirtschaftlich benutzten Böden kann gesetz- lich verfügt werden in Preußen (Waldschutzgesetz 1875), in der Schweiz (G. 1902), in Italien (G. 1888) und in Frankreich (Elsaß- Lothringen), Ungarn (G. 1879). Indem bezüglich der genannten Staaten auf die spezielle Ge- setzgebung verwiesen wird, sei hier nur hervorgehoben, daß in der Schweiz der Privatgrundbesitzer verlangen kann, daß ihm die aufzuforstende Fläche seitens des Kantons, der Gemeinde oder einer öffentlichen Korporation abgekauft, d. h. enteignet wird. Der Mangel an Holzabfuhrwegen im Gebirge hat zur Folge, daß man das gefällte Holz an den Berghängen bis zur tiefer gelegenen Aufladestelle auf dem Boden hinabgleiten läßt. Dadurch entstehen Bodenverwundungen und Rinnen, die der erste Anfang der Wildbäche sind. Es ist daher ein nach- ahmungswertes Beispiel des schweizerischen Forstgesetzes, daß auf den Bau ordentlicher Waldwege eventuell durch staatliche finanzielle Beihilfe hingewirkt wird. VI. Die Schutzwaldgesetzgebung in den deutschen Bundesstaaten. Der Ausbau der Schutzwaldgesetzgebung hat sich in Deutsch- land erst von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ab voll- zogen als Folge der mehr oder minder weitgehenden Freigabe der Endres, Forstpolitik. 20 306: Der Schutzwald und die Gesetzgebung. Privatwaldwirtschaft.‘) Selbst wenn in früherer Zeit auf die Wohl- fahrtswirkungen des Waldes Gewicht gelegt worden wäre, würde kein Anlaß zu einer besonderen Schutzwaldgesetzgebung vorhanden gewesen sein, weil im System der Forstordnungen bereits eine starke obrigkeitliche Bevormundung der Waldwirtschaft lag. Die- selbe hätte ausgereicht, um auf allgemeinem forstpolizeilichen Wege alle jene Maßnahmen im Interesse der Schutzwirkung des Waldes vorzukehren, deren Vollzug nun Aufgabe der besonderen Schutz- waldgesetzgebung ist. Je mehr Bergland ein Staat aufzuweisen hat, um so größer ist sein Interesse an einer zweckentsprechenden Gesetzgebung dieser Art. Es ist daher auch kein bloßer Zufall, daß die Wiege der- selben in Süddeutschland steht. Die ersten Schutzwaldvorschriften enthält das bayerische Forstgesetz vom 28. März 1852 als Korrelat der freiheitlicheren Ausgestaltung der Forstpolizei über die Nicht- schutzwaldungen. In dem gleichen Jahre erschien unterm 3. Dez. das Forstgesetz für Österreich, welches ähnliche Schutzwaldbestim- mungen enthält wie das bayerische. In Preußen ist die Privat- und Gemeindewaldwirtschaft durch das Landeskulturedikt vom Jahre 1811 unbedingt freigegeben worden. Nach langwierigen Be- mühungen gelang es, das allerdings unwirksam gebliebene Wald- schutzgesetz vom Jahre 1875 zustande zu bringen, dem im Jahre 1899 ein Spezialgesetz für das schlesische Odergebiet folgte. In Württemberg, wo neben Baden die alte strenge Forstordnungs- praxis am längsten gehandhabt wurde, traf erst das Forstpolizei- gesetz von 1879 einige schutzwaldgesetzliche Bestimmungen, die in die neue Fassung des Gesetzes vom Jahre 1902 unverändert übergingen. In Elsaß-Lothringen gelten die Schutzwaldbestimmungen des französischen Forstgesetzes. Damit ist für Deutschland die Aufzählung der Staaten, welche eine besondere Schutzwaldgesetzgebung haben, erschöpft. Baden blieb seit dem Forstgesetz von 1833 auf dem Standpunkt der alten Forstordnungen bestehen, wonach alle Waldungen einer strengen forstpolizeilichen Aufsicht unterstehen, die eine spezielle Schutz- waldgesetzgebung überflüssig macht. Alle übrigen deutschen Staaten haben höchstens allgemeine forstpolizeiliche Bestimmungen. 1. Preußen. A. Das Gesetz, betreffend Schutzwaldungen und Wald- genossenschaften vom 6. Juli 1875 (Waldschutzgesetz) ordnet sowohl die Neuaufforstung und Ausführung von Schutzanlagen !) Über einige frühere Vorschriften s. S. 140. VI. Die Schutzwaldgesetzgebung (Preußen). 307 auf Grundstücken aller Art als die Erhaltung bereits verhandenen Waldes an.') Als Fälle, in welchen Schutzmaßregeln zur Abwendung von Gefahren verfügt werden können, zählt das Gesetz folgende auf ($ 2): a) wenn durch die Beschaffenheit von Sandländereien benach- barte Grundstücke, öffentliche Anlagen, natürliche oder künstliche Wasserläufe der Gefahr der Versandung ausgesetzt sind; b) wenn durch das Abschwemmen des Bodens oder durch die Bildung von Wasserstürzen in hohen Freilagen, auf Bergrücken, Bergkuppen und an Berghängen, die unterhalb gelegenen nutz- baren Grundstücke, Straßen oder Gebäude der Gefahr einer Über- sehüttung mit Erde oder Steingeröll oder der Überflutung, ingleichen oberhalb gelegene Grundstücke, Öffentliche Anlagen oder Gebäude der Gefahr des Nachrutschens ausgesetzt sind; c) wenn durch die Zerstörung: eines Waldbestandes an den Ufern von Kanälen oder natürlichen Wasserläufen Ufergrund- stücke der Gefahr des Abbruches oder die im Schutze der Wal- dungen gelegenen Gebäude oder öffentlichen Anlagen der Gefahr des Eisganges ausgesetzt sind; d) wenn durch Zerstörung eines Waldbestandes Flüsse der Gefahr einer Verminderungihres Wasserstandes ausgesetzt sind; e) wenn durch die Zerstörung eines Waldbestandes in den Freilagen und in der Seenähe benachbarte Feldfluren und Ort- schaften den nachteiligen Einwirkungen der Winde ausgesetzt sind. Die Deckung und Aufforstung der Meeresdünen kann nicht gefordert werden. Ausdrückliche Voraussetzung bei allen diesen Fällen ist aber, daß der abzuwendende Schaden den aus der Einschrän- kung der Benutzungsweise für den Eigentümer des ge- fahrbringenden Grundstückes entstehenden Nachteil be- trächtlich überwiegt und daß die Gefahr eine erhebliche ist. Behufs Abwendung der bezeichneten Gefahren kann sowohl die Art der Benutzung der gefahrbringenden Grundstücke (Verbot der Waldrodung, des Kahlhiebes, der Streu- und Weide- nutzung, Aufstellung eines Betriebsplans, Einführung gemeinschaft- licher Nutzung mit planmäßiger Nutzungsverteilung an stark par- zellierten Hängen, Stellung unter technische Betriebsaufsicht usw. — bei landwirtschaftlichen Grundstücken Verbot jeder Boden- lockerung, Weidenutzung usw., Gebot der Berasung) als auch die Ausführung von Waldkulturen (Neuaufforstungen) oder son- 1) Das Landesverwaltungsgesetz v. 30. Juli 1833 brachte einige Abände- rungen des Verfahrens. Dieselben sind im folgenden berücksichtigt. 20* 308° Der Schutzwald und die Gesetzgebung. stigen Schutzanlagen (Gräben, Dämme, Verbauungen, Sicker- kanäle, Flechtwerk, Sammelbecken, Wegebefestigung, Ansaat mit Strandhafer, Ginster, Gras usw.) auf Antrag angeordnet werden. Der Antrag, welcher einen bestimmten Vorschlag über die zu ergreifenden Schutzmaßregeln enthalten muß, kann gestellt werden: a) von jedem gefährdeten Interessenten, b) von Gemeinde-, Amts-, Kreis- und sonstigen Kommunalver- bänden (Provinziallandtag) in allen innerhalb ihrer Bezirke vor- kommenden Fällen, c) von der Landespolizeibehörde (d.i. der Regierungspräsident). Der Antrag ist bei dem zuständigen Waldschutzgericht schriftlich einzureichen. Als solches fungiert der Kreisausschuß, in Hohenzollern der Amtsausschuß. Es besteht aus dem Landrat und sechs im Kreise wohnenden, von der Kreisversammlung auf sechs Jahre zu wählenden Mitgliedern. Dieselben erhalten eine ihren Auslagen entsprechende Entschädigung aus Kreismitteln. Ein Forstsachverständiger (Forstverwaltungsbeamter) gehört dem Wald- schutzgerichte nicht an. Den Eigentümern und Nutzungsberechtigten der gefahrbringen- den Grundstücke ist für den Schaden, welchen sie durch die an- geordneten Beschränkungen erleiden, volle Entschädigung zu gewähren, und zwar nicht bloß für den unmittelbaren Schaden, sondern auch für den entgangenen Gewinn (z.B. für den Entgang der Stockrodung, der Weide, Erschwerung der Holzverwertung durch das Verbot größerer Kahlhiebe, für den aufgedrungenen Verzicht auf Einführung der rentableren Acker- und Wiesenbenutzung an Stelle des Waldes). Dieser Schaden sowohl, wie die Kosten für Herstellung und Unterhaltung der angeordneten Waldkulturen und sonstigen Schutzanlagen fallen dem Antragsteller zur Last, jedoch mit folgenden Ausnahmen: 1. Die Eigentümer der gefährdeten Grundstücke, Gebäude, Wasserläufe und öffentlichen Anlagen haben in den Fällen a, b und ce (Beseitigung des Flugsandes, der Gefahr des Abschwemmens und Nachrutschens des Bodens an Hängen usw., der Ufereinstürze) nach Verhältnis und bis zur Wertshöhe des abzuwendenden Schadens beizutragen. Das Gesetz hat die Beitragspflicht auf diese Fälle beschränkt, weil nur für diese der Vorteil mit einiger Sicherheit technisch ermittelt werden kann. Dagegen wäre in den Fällen d und e, wo es sich um die Erhaltung des Wasserstandes der Flüsse oder um die Abhaltung des Windes handelt, die räumliche Abgrenzung des zu schützenden Gebietes technisch meist unmög- lich. Bei Beratung des Gesetzes wurde auch von der Annahme ausgegangen, daß in den Fällen d und e wegen des Vorwiegens der öffentlichen Interessen hauptsächlich die öffentrechtlichen Organe als Antragsteller auftreten werden. VI. Die Schutzwaldgesetzgebung (Preußen). 309 2. Die Eigentümer der gefahrbringenden Grundstücke sind in allen Fällen (des $ 2) nach Verhältnis und bis zur Höhe des Mehrwertes, welchen ihre Grundstücke durch die Anlagen erlangen, beitragspflichtig. Sie können daher verlangen, daß ihnen die Her- stellung und Unterhaltung der angeordneten Schutzanlagen auf eigene Kosten überlassen wird. Die den Eigentümern der gefährdeten oder gefahrbringenden Grundstücke auferlegte Beitragspflicht auf diesen Grundstücken gilt als Öffentliche gemeine Last. Diese wie die auferlegten Be- schränkungen werden in das Grundbuch eingetragen. Verfahren. Das Waldschutzgericht ernennt aus seiner Mitte einen Sachverständigen (auch Mitglied des Schutzgerichts) zum instruierenden Kommissär. Auf An- trag desselben kann das Waldschutzgericht vorab durch Endurteil entscheiden, ob überhaupt eine Gefährdung nach den oben bezeichneten Fällen vorliegt. Hiergegen ist Berufung und Revision binnen zwei Wochen zulässig. Außerdem hat der Kommissär ein Regulativ zu entwerfen über folgende Punkte: 1. Bestimmung der gefahrbringenden und gefährdeten Grundstücke; 2. die Einschränkung in der Benutzung der gefahrbringenden Grund- stücke; 3. die Bestimmungen über die Herstellung, Unterhaltung und Aufsicht der erforderlichen Waldkulturen und sonstiger Schutzanlagen; 4. die Bestimmung darüber, welche Entschädigungen, von wem, nach welchem Verhältnis, bis zu welchem Betrage und zu welchem Zeitpunkte die- selben, sowie die Kosten der Schutzanlagen aufzubringen sind. Das Regulativ ist allen Interessenten zur Kenntnisnahme vorzulegen, die ihre Einwendung dagegen erheben können. Das Waldschutzgericht kann ohne weiteres das Regulativ durch Bescheid für vollstreckbar erklären, wenn Einwendungen nicht vorliegen. Die Betei- ligten können innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung des Bescheides dagegen Einspruch erheben und die Anberaumung der mündlichen Verhand- lung beantragen. Dieselbe muß auch stattfinden, wenn Einwendungen gegen das Regulativ schon vorher gemacht werden. Zur mündlichen Verhandlung vor dem Waldschutzgericht sind vorzuladen die gefährdeten Interessenten, die Eigentümer, die Nutzungsberechtigten, Pächter und der Antragsteller; durch besondere Vorladung außerdem alle, die sonst ein Interesse an der Sache zu haben vermeinen, durch öffentliche Be- kanntmachung in den Amtsblättern. Gegen das Endurteil des Waldschutzgerichts steht den Parteien und aus Gründen des öffentlichen Interesses dem Vorsitzenden des Waldschutzgerichts die Berufung an den Bezirksausschuß innerhalb zwei Wochen zu, und gegen dessen Entscheidung binnen gleicher Frist die Revision an das Oberverwal- tungsgericht. Der Antragsteller ist befugt, wenn eine Vereinbarung über die Ent- schädigung und die Kosten der Schutzanlagen nicht zustande gekommen ist und nicht das öffentliche Interesse entgegensteht, seinen Antrag bis zur rechts- kräftigen Feststellung des Regulativs durch das Waldschutzgericht zurück- zunehmen. Er hat aber für die Kosten des Verfahrens allein aufzukommen, ebenso wenn der Antrag zurückgewiesen wird. Wird demselben stattgegeben, 310 ° Der Schutzwald und die Gesetzgebung. dann werden die Kosten nach dem Maßstabe der zu leistenden Entschädigung bzw. der Bestreitung der Auslagen für die Schutzanlagen auf die Interessenten verteilt ($ 6, 19). Ein rechtsverbindlich festgestelltes Regulativ kann später auf Antrag eines Beteiligten in demselben Verfahren wieder abgeändert werden. Regulativwidrige Holzfällungen werden mit dem doppelten Wertbetrage des gefällten Holzes, sonstige Übertretungen der vorgeschriebenen Benutzungs- art bis zu 100 M. bestraft. Das Schutzwaldgesetz hatte keinen praktischen Erfolg. Bis zum Jahre 1880 wurden nur 503 ha Schutzwaldungen darnach begründet und seitdem überhaupt keine mehr, Die Wirkung des Gesetzes wurde schon durch die Bestimmung wesentlich abge- schwächt, daß der abzuwendende Schaden den aus der Einschrän- kung der Benutzung des gefahrbringenden Grundstückes ent- stehenden Nachteil beträchtlich überwiegen und daß die Gefahr eine erhebliche sein müsse, ferner durch die zu ängstliche und enge Spezialisierung der Gefahren. Außerdem scheiterte es an der Kostenfrage und an der Schwerfälligkeit des Verfahrens. Privat- personen und Korporationen scheuen die mit dem Antrage auf Schutzmaßregeln verbundenen Kosten, weshalb die Provokation bisher fast ausschließlich der Landespolizeibehörde überlassen wurde und die Kosten größtenteils der Staatskasse zur Last fielen. Auch die Unsicherheit der im Gesetz geforderten Wertsberechnungen wirkt hemmend. Zur Bindung gemeingefährlicher Sandschellen bietet das Ge- setz nicht die gewünschte Handhabe. Einen großen Teil derselben hat der Staat in seinen Besitz gebracht und aufgeforstet. Auch die übrigen Aufforstungen wurden zum größten Teil seitens der Staatsforstverwaltung allein ausgeführt. !) B. Gesetz, betr. Schutzmaßregeln im Quellgebiete der linksseitigen Zuflüsse der Oder in der Provinz Schlesien vom 16. September 1899. Das Gesetz wurde veranlaßt durch die im Oderstromgebiete am 30. oder 31. Juli 1897 eingetretenen Hochwasserschäden und erstreckt sich auf das Riesengebirge und die umliegenden Gebirgszüge und Hügelländer, und zwar auf die land- und forstwirtschaftlichen Nutzung von Grundstücken. Verboten ist: 1. Die „forstwidrige Nutzung“ von Holzungen. Der Begriff „forstwidrige Nutzung“ wurde nur mit Rücksicht auf die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes festgestellt. Sie liegt im Sinne des Gesetzes vor, „wenn durch unwirtschaft- liche forstliche Maßnahmen oder durch Unterlassung wirtschaft- VI. Die Schutzwaldgesetzgebung (Preußen). 311 lich gebotener Handlungen die Zurückhaltung des Niederschlag- wassers vereitelt oder erheblich erschwert oder die Gefahr der Entstehung von Wasserrissen, Bodenabschwemmungen, Hangrut- schungen, Geröll- und Geschiebebildungen herbeigeführt wird“ ($ 2). In der Begründung des Gesetzes werden folgende Beispiele einer forst- widrigen Nutzung genannt: a) derartige Durchlichtung des Waldbestandes (abgesehen von der Samen- schlagstellung bei natürlicher Verjüngung), daß die wohltätige Einwirkung des Waldes auf Verzögerung der Schneeschmelze und auf die Zurückhaltung des Tagewassers aufgehoben wird; b) Verzögerung der Wiederaufforstung über 5 Jahre; c) Stock- und Wurzelroden an steilen Berghängen; d) übermäßige Streu- und Plaggennutzung, dann Weidenutzung in jungen Waldanlagen oder an steilen Hängen. 2. Rodung ohne Genehmigung ($ 3); die Wiederauf- forstung von ohne Genehmigung gerodeten Flächen kann ange- ordnet werden ($ 4). 3. Die Neuanlage offener Gräben an Gebirgshängen in der Hauptgefällrichtung ($ 5). Motive: Wirken erodierend und tragen zur Verschotterung der Flußläufe und der unterhalb gelegenen Kulturländereien bei. Verboten werden kann ganz oder teilweise: die Entwässe- rung von Moorflächen sowie die Beackerung und die Beweidung von Grundstücken auf Hochlagen oder an Gebirgshängen ($ 7). In beiden Fällen wird den Grundbesitzern Entschädigung geleistet. Geboten ist oder kann werden (positive Vorschriften): 1. „Die künftige Bewirtschaftung“ kann bei forstwidriger Nutzung vorgeschrieben werden ($ 2). Motive: Holz- und Betriebsart and Umtriebszeit verbleibt der freien Ent- schließung des Waldeigentümers. 2. Die Anlage von „Stichgräben“ und eventuell von „Gruben (Schlammfängen)“ zur Ableitung des auf zu Tal führenden Wegen abfließenden Wassers seitens der Besitzer der angrenzenden Grundstücke, soweit es ohne wirtschaftliche Nachteile geschehen kann; ebenso zur seitlichen Ableitung des in Einfaltungen der Ge- birgshänge abfließenden Wassers ($ 6). Stichgräben sind solche, die jeder Besitzer in */, oder !/, Stunde mit dem Spaten ausführen kann (Erklärung des Regierungsvertreters). 3. Die Verlegung oder Beseitigung vorhandener Gräben gegen Entschädigung der Kosten und entstehenden Nachteile. Entschädigung wird nur geleistet für die Nachteile und Kosten, welche den Grundbesitzern oder Nutzungsberechtigten entstehen durch die Untersagung oder Ein- schränkung a) der Entwässerung von Moorflächen, b) der Beackerung 313 ° Der Schutzwald und die Gesetzgebung. oder der Beweidung von Grundstücken auf Hochlagen oder an Ge- birgshängen; c) durch die Anordnung der Verlegung oder Beseiti- gung vorhandener Gräben. Die Entschädigung hat zu leisten zu !/, die Gemeinde (Gutsbezirk), zu '/, die Provinz und zu !/, der Staat. Ist die Gemeinde (Gutsbezirk) leistungsunfähig, dann treten an ihre Stelle der Staat und die Provinz zu gleichen Teilen. Über das Maß der Leistungsfähigkeit entscheidet endgiltig der Bezirksaus- schuß. Mangels gütlicher Vereinbarung wird die Entschädigung durch den Regierungspräsidenten vorbehaltlich des Rechtsweges fest- gesetzt. Die zu den Quellgebieten zu rechnenden Gemarkungen und die darin liegenden Holzungen werden von einer Kommission ermittelt, bestehend aus einem Vertreter des Regierungspräsidenten, einem Forstsachverständigen, einem Landwirte, dem Meliorations- baubeamten, einem Vertreter der Provinz und der beteiligten Ge- meinde (Gutsbezirk). Die letzte Entscheidung liegt beim Oberpräsidenten. Neben diesem Gesetze bleiben in Kraft: Waldschutzgesetz v. 6. Juli 1875, Gemeindewaldgesetz v. 14. August 1876, Gesetz über gemeinschaftliche Hol- zungen v. 14. März 1881. C. Mit der Befestigung der Meeresdünen hat sich die preußische Waldschutzgesetzgebung bis jetzt noch nicht befaßt. Wegen der hohen Kosten des Anbaues, des geringen Ertrages der Holzbestände und der Mittellosigkeit der ländlichen Küstenbewohner ist der Staat auf seine eigenen Kräfte ange- wiesen. Das Dünengebiet der Ostsee umfaßt 29900 ha (21800 Ost- und West- preußen, 8100 Pommern), jenes der Nordsee 10400 ha. Obwohl jährlich nicht unbedeutende Mittel vom Staate auf den Dünenbau verwendet werden, schreiten die Aufforstungen ‚mit Kiefern und Bergkiefern und die Pflanzungen mit Sand- gräsern wegen der sich entgegenstellenden technischen Schwierigkeiten nur langsam fort.') 2. Bayern. Es wurde bereits oben (S. 140) erwähnt, daß die FO. v. 1616 schon die Uferschutzwaldungen kennt. Der nächste Anlauf zur Schutzwaldgesetzgebung wurde im Jahre 1827 unternommen. Zu dem Landeskulturgesetzentwurf von 1827 beantragte nämlich der Kammerausschuß, daß die forstpolizeiliche Ober- aufsicht nicht bloß gegen die Waldverwüstung, sondern auch gegen die aus einem Zusammenhang für andere Waldungen oder gegen die wegen Bergfällen und Uferbeschädigungen erweislichen Gefahren gerichtet sein soll.?) Die Forstgesetzentwürfe von 1842 und 1846 stellten sich dann bereits auf den Standpunkt des G. v. 1852. Nach beiden Entwürfen sollte der kahle Abtrieb ganz verboten sein: auf hohen Bergkuppen, an steilen Bergwänden, im Steingerölle des Hochgebirges, in hochgelegenen Alpenwaldungen und da, wo Bergstürze und Lawinen zu besorgen sind, — nur mit spezieller Bewilli- gung der Forstpolizei- und Wasserbaubehörde gestattet sein: an den Ufern !) Donner 83. — °) Verh. d. 2. K. 1828, 11. Bd. 301. VI. Die Schutzwaldgesetzgebung (Bayern). 313 der Flüsse und an Dämmen. Die Rodung sollte nach dem Entwurf von 1842 nur zulässig sein, wenn das Holzbedürfnis die Verminderung des Wald- bestandes gestattet, die Fläche landwirtschaftlich besser benutzbar ist und dem Waldbesitze des Nachbars kein Nachteil zugeht. Wenn die Waldflächen Flüsse begrenzen, sind auch die Wasserbaubehörden zu hören. Der 1846er Entwurf setzte dem noch hinzu: wenn der Wald nicht zum Schutze gegen Naturereignisse notwendig ist. Beide Entwürfe hatten also im allgemeinen die Gebirgs-, Windschutz- und Uferschutzwaldungen im Auge. Das Wort Schutzwald ist beiden Ent- würfen noch fremd. In den Motiven zu beiden Entwürfen wird auf das Buch von Moreau des Jonne&s Bezug genommen und die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes mehr betont, als es in den Entwürfen selbst zum Ausdruck kommt. Es wird auf die wohltätige Einwirkung des Waldes auf das Klima, die Frucht- barkeit des Landes, die Vermehrung der Regenmenge, Ernährung der Quellen und fließenden Gewässer, Ausgleich des Witterungswechsels, Schutz gegen Stürme und austrocknende Winde, Bindung von Sandschollen hingewiesen. Das Verschwinden des Weinstockes und mancher Obstarten wird auf die Ent- waldung zurückgeführt.!) Das FG. v. 1852 gebrauchte zum erstenmal das Wort Schutzwald. Die Bestimmungen über denselben wurden vom Landtage 1851 ohne jene Dis- kussion nach dem Regierungsentwurfe, der an die früheren Entwürfe und Mo- tive anknüpfte, angenommen.) Das Gesetz untersagte die Rodung und den kahlen Abtrieb bedingungs- los, so daß nur Plenterwirtschaft oder allmähliche schlagweise Verjüngung zulässig war. Die Schutzwaldeigenschaft wurde durch richterliches Urteil insofern festgestellt, als das Forststrafgericht (Amtsgericht) den kahlen Ab- trieb und die Rodung von Schutzwaldungen sofort einstellen und die Leistung einer zureichenden Sicherheit (Kaution) verlangen konnte. Die Strafe wurde nach dem Werte des vorschriftswidrig gefällten Holzes (!/, bis !/,) bemessen. Eine administrative Feststellung der Schutzwaldeigenschaft kannte das Gesetz nicht. Es war Sache des Waldbesitzers, zu ermessen, ob sein Wald zu den Schutzwaldungen gehört oder nicht. Die k. Forstämter hatten zwar Verzeich- nisse über die nach ihrem Ermessen in ihrem Amtsbezirk vorhandenen Wal- dungen mit Schutzwaldeigenschaft zu führen, dieselben hatten aber keine ge- setzliche Beweiskraft, sondern erst das Gericht hatte das Vorhandensein der Bedingungen des Schutzwaldes festzustellen. Damit war die Schutzwaldfrage zu keinem endgiltigen Abschluß ge- bracht. Im Jahre 1859 beschwerte sich die Kammer über zu weite Ausdehnung des Schutzwaldbegriffes und stellte einen Antrag, daß das Privateigentum durch unnötige Ausdehnung desselben nicht beschränkt werde. Die Regierung hatte dabei ausdrücklich erklärt, daß sie absichtlich den Schutzwaldbegriff möglichst weit fasse. Im Jahre 1874/75 dagegen wurde unter dem Eindrucke der großen Wasserschäden in Tirol und Bayern und in Ansehung der durch die hohen Holzpreise veranlaßten umfangreichen Abholzungen von Privatwaldungen vom Landtag eine Verschärfung der Bestimmungen über Schutzwaldungen (Wald- schutzgericht, Bildung von Waldgenossenschaften, Einschränkung der Streu- 1) Verh. d. K. d.R. 1842/43, 1. BB., 33; Verh. d. K. d. Abg. 1846, 1. BB., 102, 124. — ®) Verh. d. K. d. R. 1852, 4. BB,, 31. 314 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. und Weidenutzung) und eine strengere Handhabung des Vollzuges der gelten- den Vorschriften verlangt. Im Landtagsabschied 1875 wurde ein neues Gesetz in Aussicht gestellt. Im Jahre 1877 hatte das Ministerium den Entwurf zu einem neuen Forst- polizeigesetz ausgearbeitet, worin der Schutzwaldbegriff wesentlich erweitert war. Der Entwurf gelangte nicht an den Landtag. In den Jahren 1831, 1888, 1889 und 1894 wurde im Landtage die Schutz- waldfrage wiederholt besprochen. Auf der einen Seite verlangte man die An- legung von förmlichen Schutzwaldkatastern im administrativ-kontradiktorischen Verfahren, damit nicht der Besitzer erst dann, wenn er im guten Glauben seinen Wald kahl abgetrieben hat, Kenntnis von der Schutzwaldeigenschaft durch die Behörde erhält und einer hohen Strafe verfällt. Ein anderer Teil der Abgeordneten wollte jedoch die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte aufrechterhalten wissen. Von seiten der Regierung wurden die auf förmliche Katastrierung gerichteten Bestrebungen wegen der sich daran knüpfenden Folgen und der Schwierigkeit der Ausführung bekämpft.!) Die Forstgesetznovelle vom 17. Juni 1896 läßt die Charakterisierung des Schutzwaldes nach dem Wortlaut des 1852er Gesetzes unberührt (früher Art. 36, jetzt Art. 35), verbietet aber nicht mehr unbedingt den kahlen Abtrieb und gewährt dem Waldbesitzer die Möglichkeit, eine rechtskräftige forstpolizeiliche Entscheidung über die Schutzwaldeigenschaft seines Waldes zu veranlassen. Nach dem geltenden Forstgesetz von 1852/96 sind Schutz- waldungen die Waldungen 1. auf Bergkuppen und Höhenzügen, an steilen Berg- wänden, Gehängen und sog. Leiten; 2. auf Steingerölle des Hochgebirges, auf Hochlagen der Alpen und in allen Örtlichkeiten, wo die Bewaldung zur Verhütung von Bergstürzen und Lawinen dient oder wo durch die Entfernung des Waldes den Sturmwinden Eingang ver- schafft würde; 3. in Ortslagen, wo von dem Bestehen des Waldes die Ver- hütung der Sandschollen oder die Erhaltung der Quellen oder Flußufer abhängig ist (Art. 35). Die Beschränkungen, welchen ein Schutzwald unterliegt, be- stehen a) in dem Rodungsverbot (Art. 34, Ziff. 2); b) in der be- dingten Zulassung des kahlen Abtriebes (Art. 39). Kahler Abtrieb oder eine diesem in der Wirkung gleich- kommende Lichthauung ist nur mit forstpolizeilicher Genehmi- gung und unter den bei Erteilung derselben festgesetzten Be- dingungen zulässig. Wegen drohenden Eingangs von Sturmwinden ist die Ge- nehmigung nur dann zu versagen, wenn infolge des Kahlhiebes oder der Lichthauung für Ortschaften, Gehöfte und Ortsfluren oder für angrenzende Waldungen ein unverhältnismäßiger Nachteil zu befürchten ist. 1) Vgl. auch Ganghofer, Forstges., 3. Aufl., 83 ff. VI. Die Schutzwaldgesetzgebung (Bayern). 315 Die Genehmigung kann in allen Fällen an die Einhaltung von Bedingungen zum Schutze der Gebäude, Ortsfluren und angrenzen- den Waldungen geknüpft werden (Art. 39). Bei Festsetzung der Bedingungen werden vorzugsweise die Hiebsrichtung, das Maß der räumlichen Ausdehnung und der zeitlichen Folge der Schläge in Betracht kommen (AVV. 1896, $ 5). Die Frage, ob ein unverhältnismäßiger Nachteil durch Sturmwinde zu befürchten ist, ist sowohl vom Standpunkt des Waldbesitzers, wenn diesem die Ausführung eines Kahlhiebes oder einer Lichthauung versagt würde, als vom Standpunkt des gefährdeten Nachbars und des öffentlichen Interesses zu prüfen. Dem Waldbesitzer kann z. B. auch die Auflage gemacht werden, einen entsprechend breiten Streifen des Holzbestandes an der Grenze des ge- fährdeten Objektes als Windmantel zu belassen und diesen so lange nicht zu nutzen, bis entweder der zu schützende Bestand abgeholzt oder durch einen heranwachsenden jungen Bestand geschützt wird (AVV. 1896, $ 6). Strafen. Wer in einem Schutzwald eine Rodung oder ohne Genehmi- gung einen Kahlhieb oder eine Lichthauung unternimmt oder den bei Ertei- lung der Genehmigung festgesetzten Bedingungen zuwiderhandelt, wird mit 200—3000 M. pro Hektar der in Betracht kommenden Waldfläche bestraft (bei Flächen unter 5 ar mindestens 10 M.), Art. 75. Wird die verbotwidrige Hand- lung trotz forstpolizeibehördlicher Einstellung fortgesetzt, dann kann die Strafe bis 6000 M. für das Hektar erhöht werden, Art. 78. Das Forstgesetz befaßt sich nur mit dem vorhandenen Schutzwald; die Aufforstung von Ödländereien usw., welche als solche den umgebenden Grundstücken Gefahr bringen können (Wasser, Abschwemmung), wie überhaupt die Neubegründung eines Schutzwaldes erzwingt das Gesetz nicht. Nicht behandelt ist die Entschädigungsfrage. Die Frage, ob ein Wald Schutzwald ist oder nicht, wird erst dann aktuell, wenn der Besitzer den betr. Wald roden, kahl ab- treiben oder licht hauen will. Da das Forstgesetz eine generelle Ausscheidung aller vorhandenen Schutzwaldungen nicht angeordnet hat, ist es Sache des Waldbesitzers oder desjenigen, dem die Holz- gewinnung im betreffenden Walde überlassen wurde (Holzkäufer z. B., Art. 75), zu erkennen oder durch eine von ihm zu veranlassende amtliche Feststellung sich Gewißheit darüber zu verschaffen, daß er bei der Benutzung seines Waldes an die für Schutzwaldungen gezogenen Schranken gebunden ist. Für alle damit im Wider- spruche stehenden Handlungen trifft ihn die volle Schuldlast. Die Schutzwaldfrage braucht andererseits gar nicht zum Austrag zu kommen, wenn der Besitzer vielleicht rein aus waldwirtschaftlichen Zweckmäßigkeitsgründen seinen Wald im Plenterbetrieb bewirt- schaftet und den kahlen Abtrieb oder eine gleich wirksame Licht- hauung vermeidet. Dritte Personen können die Schutzwaldfeststellung erst dann veranlassen, wenn der Waldbesitzer oder der Holzgewinner bereits BUS - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. einen Kahlhieb oder eine Lichthauung „vornimmt“, die gegen das Interesse dieses Dritten oder auch eines anderen verstößt. Als- dann hat die Forstpolizeibehörde (Bezirksamt) oder das Forstamt, nachdem ihnen das verbotwidrige Verfahren zur Kenntnis gebracht ist, dasselbe einzustellen und von Amts wegen die Feststellung der Schutzwaldeigenschaft zu veranlassen (AVV. 1896, $ 7). Die Beurteilung und Feststellung der Schutzwaldeigenschaft gehört zur Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden unter Ausschluß der ordentlichen Gerichte. Zu diesem Zwecke ist am Sitze der Forstpolizeibehörde ein besonderes Verwaltungsgericht, die sog. gemischte Kommission, gebildet. Das Verfahren ist folgendes: Waldbesitzer, welche zweifelhaft sind, ob ihren Waldungen die Eigenschaft von Schutzwaldungen zukommt oder nicht, können jederzeit eine bezügliche Feststellung bei der Forstpolizeibehörde beantragen. Derartige Anträge sind in der Regel durch Vermittlung der Gemeindebehörde bei dem Forstamt, in dessen Bezirk der betreffende Wald liegt, anzubringen. Die Gemeindebehörde hat dabei zu berichten, ob durch den Schutz- waldantrag gemeindliche Interessen berührt werden oder ob ihr Personen bekannt sind, welche an der Erhaltung des betreffenden Waldes als Schutzwald ein unmittelbares Interesse haben. Eine öffentliche amtliche Bekanntgabe der Anträge erfolgt nicht. Das Forstamt prüft den Sachverhalt und teilt den Befund unter Bei- fügung seines Antrages der Forstpolizeibehörde mit. Diese erledigt die Anträge in einfach gelagerten Fällen ohne weitere Verhandlung auf dem Bureauweg durch „Beschluß“. Dagegen können das Forstamt oder der Antragsteller oder dritte interessierte Personen innerhalb 14 Tagen Einspruch erheben. Eine „Entscheidung“ auf dem Wege förmlicher mündlicher Verhandlung hat jedoch die Forstpolizeibehörde zu treffen a) wenn gegen ihren Beschluß Einspruch erhoben wurde; b) wenn die förmliche Verhandlung ausdrücklich bean- tragt ist; c) wenn die Frage besonders wichtig oder zweifelhaft gelagert ist oder ein Einspruch voraussichtlich zu erwarten ist (Art. 40, AVV.1896, 87, 8). d) wenn in einem Strafverfahren wegen Übertretung der Schutzwaldvorschriften von dem Angeschuldigten die Schutzwald- eigenschaft bestritten wird (Art. 168). Die Entscheidung in einer förmlichen Verhandlung erfolgt durch eine Kommission, welche aus dem Vorstande der Forst- polizeibehörde oder dessen Stellvertreter als Vorsitzenden und zwei Beisitzern besteht. Letzteren steht das gleiche Stimmrecht wie VI. Die Schutzwaldgesetzgebung (Bayern). 317 dem Vorsitzenden zu. Die Entscheidungen werden mit Stimmen- mehrheit getroffen (Art. 110). Zur Verhandlung sind zuzuziehen ein Vertreter des Forstamts, welchem nach Art. 114 die Antragstellung und das amtliche Gut- achten allein zusteht, sowie ein Vertreter des Waldbesitzers und die sonstigen amtsbekannt interessierten dritten Personen (Art. 40). Rechtsanwälte sind zugelassen (Art. 112). Ferner sind die Parteien berechtigt, die Einvernahme von Sachverständigen und die Zu- ziehung von Auskunftspersonen zu beantragen. Die Zahl beider bestimmt die Forstpolizeibehörde. Die Sachverständigen werden beeidigt, die Auskunftspersonen nicht (Art. 112). Letztere sollen Persönlichkeiten sein, die vermöge ihrer besonderen Kenntnis der örtlichen Verhältnisse zur Klärung des Sachverhaltes auftreten können (Gemeindeangehörige) (AVV. $ 17). Sowohl das Forstamt wie die Forstpolizeibehörde ist befugt, vor der Verhandlung eine örtliche Augenscheineinnahme vorzu- nehmen (AVV. 813, k. V. 1896, $ 9). Gegen die Entscheidung dieser Kommission steht den Betei- ligten, auch dem Forstamte, das Recht der Berufung an die Forst- polizeistelle (Kreisregierung, Kammer des Innern) binnen 14 Tagen zu (Art. 40, 112), Diese kann weitere Erhebungen über die tat- sächlichen Verhältnisse veranlassen und bildet die letzte Instanz. Die Betretung des Rechtsweges ist ausgeschlossen. Rechtskräftig gewordene Beschlüsse und Entscheidungen können wieder aufgehoben werden, wenn sich in den Voraussetzungen, auf Grund deren dieselben erlassen worden sind, wesentliche Än- derungen ergeben haben (Art. 40), wenn z. B. der zu schützende Wald abgeholzt worden oder durch Naturereignisse in eine Ver- fassung gebracht ist, daß eine Beschützung für ihn nicht mehr nötig ist (AVV. 1896, $ 10). Die Beisitzer werden von den Distriktsräten (Distriktsgemeindevertretung) aus der Zahl der im Distrikte mit land- oder forstwirtschaftlichem Grundbesitz ansässigen Personen gewählt, und zwar für den ganzen Distriktspolizeibezirk auf drei Jahre Ihre Anzahl beträgt 4 bis 8, außerdem sind ebensoviele Er- satzmänner zu wählen. Aus der Mitte der gewählten Beisitzer werden der alphabetischen Reihen- folge der Namen nach je zwei zu den Kommissionen berufen (Reisekosten werden in besonderen Fällen vergütet und dazu 5 M. Tagesdiäten aus der Staatskasse). (FG. Art. 110; k. V. v. 5. Juli 1896; AVV. $ 13 ff.) Jeder Amtsbezirk eines Bezirksamtes (Distriktsverwaltungsbehörde) bildet eine Distriktsgemeinde. Ausnahmsweise kann auch ein Amtsgerichts- bezirk eine solche umfassen, wenn die Bildung eines Bezirksamtes erst nach dem Erlaß des Distriktsratsgesetzes durch Vereinigung mehrerer Amtsgerichts- sprengel erfolgt ist. Die Organe der Distriktsgemeinde sind der Distriktsrat und der Distriktsratausschuß. Ersterer steht im gleichen Verhältnis zum 318 Der Schutzwald und die Gesetzgebung. Bezirksamt wie der Landrat zur Kreisregierung, der Landtag zur Staats- regierung. Der Distriktsrat besteht: 1. aus Vertretern sämtlicher Ortsgemeinden, 2. aus den höchstbesteuerten Grundbesitzern, einschließlich der Korporationen, mit einem Achtel der Zahl der Gemeindevertreter (Personalisten), 3. aus Ver- tretern der fünfzig Grundbesitzer des Distrikts, welche nächst den Persona- listen höchst besteuert sind mit einem Viertel der Zahl der Gemeindevertreter, 4. aus einem Vertreter des Staatsärars, wenn dieses Distriktsumlagen bezahlt. Der Distriktsrat versammelt sich jährlich einmal unter dem Vorsitze des Be- zirksamtmannes und wählt aus seiner Mitte zur Erledigung der laufenden Ge- schäfte einen Ausschuß von 4—6 Mitgliedern (G. v. 28 Mai 1852). Gesuche um Erteilung der forstpolizeilichen Bewilligung zur Vornahme von Kahlhieben oder Lichthauungen in Schutzwaldungen sind von der Forstpolizeibehörde nach dem gleichen Verfahren, nämlich entweder im Wege der Beschlußfassung oder im Wege der förmlichen Verhandlung, unter den gleichen formellen und materiellen Voraussetzungen zu bescheiden. In den Bezirken der unmittelbaren, d. h. einer Kreisregierung direkt untergeordneten Städte stehen dem Magistrat die Befugnisse der Distrikts- polizeibehörden bzw. Forstpolizeibehörden zu (erste Instanz der Forstpolizei; rechtsrh. Gem.-O. Art. 93, FG. Art. 109). Daher tritt dieser an die Stelle der gemischten Kommission, Die Kosten des Verfahrens sind in dem Entscheidungsurteil nach Maßgabe der allgemeinen gesetzlichen Normen festzusetzen. Im speziellen ergibt sich: Die Kosten für die Beiziehung von Bei- sitzern zur mündlichen Verhandlung werden stets von der Staats- kasse getragen. Die Tagegelder und Reisekosten der königlichen Forstmeister oder ihrer Stellvertreter für die Anteilnahme an der förmlichen Verhandlung fallen ebenfalls der Staatskasse zur Last, die Kosten für Ortsbesichtigungen nur dann, wenn dieselben von Amts wegen vorgenommen werden. Ist die Ortsbesichtigung auf ausdrücklichen Antrag der Parteien vor oder im Verlauf der Ver- handlung oder aus Anlaß einer Anzeige seitens dritter, an der Schutzwaldeigenschaft eines Waldes interessierter Personen, über die Vornahme eines unerlaubten Kahlhiebes oder einer Lichthauung durch den Waldbesitzer ausgeführt worden, so fallen die Kosten den Parteien bzw. den Veranlassern der Augenscheineinnahme zur Last. Im übrigen hat die Kosten, auch die der Gegenpartei er- wachsenden, der unterliegende Teil zu tragen. ') Die Forstämter haben alle Waldungen, über deren Schutz- waldeigenschaft rechtskräftig von Fall zu Fall entschieden worden ist, in einem besonderen Verzeichnis vorzumerken, „so daß allmäh- 1) Gemeinschaftl. Entschl. d. Ministeriums d. Innern u, d. Finanzen vom 7. März 1897, Nr, 4075. — AVV. 816. — Ganghofers Kommentar usw. 4. Aufl., 364. VI. Die Schutzwaldgesetzgebung (Württemberg). 319 lich aus denselben förmliche Schutzwaldkataster hergestellt werden können“ (AVV.1896, $ 11). Die Einrichtung der gemischten Kommissionen hat sich bisher bewährt. Von 1897—1901 sind 1069 Schutzwaldfälle behandelt worden. Hiervon wurden 1006 Fälle durch Beschluß der Forst- polizeibehörde erledigt, 57 Fälle durch Entscheidung der Kommis- sionen. Von letzteren wurden 47 Fälle im Sinne der forstamt- lichen Anträge, 10 Fälle gegen diese entschieden. Mit der regelrechten Wildbachverbauung wurde in Bayern im Jahre 1873 bei Immenstadt (Schwaben) ein erster Anfang gemacht. Vom Jahre 1887 ab wurden dann weitere Verbauungen im Allgäu vorgenommen. Am 1. Oktober 1902 wurden zwei staatliche Behörden, die Wildbachverbauungs-Sektionen Rosenheim und Kempten, organisiert, deren Vorstände und Hilfsarbeiter Wasser- bautechniker sind. Die Kosten der Verbauung werden gemeinsam von Staat, Kreis, Distrikt und Gemeinde in wechselndem Verhältnis getragen. 3. Württemberg. Das Forstpolizeigesetz von 1879/1902 kennt den Ausdruck „Schutzwald“ nicht. Im Art. 9 sind indessen doch zwei Arten von besonders zu behandelnden Waldungen unterschieden: 1. solche, welche wegen der örtlichen Verhältnisse zur Ab- haltung von Gefahren, insbesondere des Abrutschens und Boden- abschwemmens, in entsprechendem Bestande zu erhalten sind, und 2. solche, die zum Schutz gegen Windschaden für die an- grenzenden rein oder vorherrschend mit Nadelholz bestockten Waldungen dienen. Die „nach dem Ermessen des Forstamts“ darunter fallen- den Waldungen sind einzeln zu bezeichnen und zwar iin den „Ver- zeichnissen“, welche nach Art. 1 des Gesetzes von den Forstämtern über alle der Forsthoheit unterliegenden Waldungen ihrer Bezirke aufzustellen und fortzuführen sind. Den Besitzern von Schutz- waldungen ist durch das Forstamt mittelst schriftlicher Eröffnung mitzuteilen, daß auf ihre Waldungen Artikel 9 Anwendung findet. Erhebt der Besitzer dagegen Einsprache, dann erkennt bei Privatwaldungen die Forstdirektion in erster und das Finanz- ministerium in letzter Instanz, bei Körperschaftswaldungen bzw. die Körperschaftsforstdirektion und das Ministerium des Innern (Artı 15, 35): In den so bezeichneten Waldungen ist zu einer kahlen Ab- holzung oder starken Lichtung die Erlaubnis des Forstamts ein- zuholen. Über solche Gesuche sind die Besitzer angrenzender Waldungen zu hören. Dieselben können aber, wie alle Beteiligten überhaupt, auch ohne vorangehende Aufforderung die Forstpolizei- 320 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. behörde (Forstamt) um Schutz anrufen. Letztere kann die Erlaub- niserteilung an besondere Bedingungen knüpfen. Beschwerden hiergegen gehen den obenbezeichneten Instanzenweg. — Der Rechts- weg ist ausgeschlossen. Ferner ist zur Rodung solcher Waldungen, wie überhaupt für die aller Waldungen, die Genehmigung der Forstpolizeibehörde erforderlich. Das Forstamt hat nach Anhörung der Besitzer an- grenzender Waldungen das Gesuch mit einer Begutachtung der Forstdirektion und diese dasselbe zur Entscheidung dem Finanz- ministerium (bzw. Körperschaftsforstdirektion und Ministerium des Innern) vorzulegen. Bei der Prüfung solcher Gesuche sind die klimatischen und forstpolizeiliehen Rücksichten, insbesondere der den nebenliegenden Waldungen zu gewährende Schutz in Betracht zu ziehen und es können deshalb Bedingungen vorgeschrieben werden, welche bei der Ausstockung einzuhalten sind. Hinsichtlich der Gewinnung von Nebennutzungen gelten die allgemeinen forstpolizeilichen Vorschriften. Die Neuanlage von Schutzwaldungen kann nicht gefordert werden. Entschädigung für die gesetzlichen Einschränkungen wird nicht gewährt. Strafen. Für einen Holzschlag ohne Genehmigung bei einem Holzwert bis zu 50 M. Geldstrafe bis 150 M., bei einem Werte von über 50 M. bis 300 M. Geldstrafe bis zu 600 M., bei höherem Werte eine solche bis 1500 M.; außer- dem noch in allen Fällen Haft- oder Gefängnisstrafe bis zu drei Monaten. — Für Nichteinhaltung der gestellten Bedingungen Geldstrafe bis zu 150 M., im Falle des Art. 9 statt oder neben der Geldstrafe auch Haftstrafe. 4. Baden. Das badische Forstgesetz (Novelle von 1854) enthält keine speziellen Bestimmungen über Schutzwaldungen — auch die Be- zeichnung selbst ist dem Gesetze fremd —, weil alle Privatwaldungen unter strenger forstpolizeilicher Aufsicht stehen und zu jeder Rodung und jedem Kahlhiebe die Erlaubnis der Forstbehörde einzuholen ist. In der Ministerialverordnung vom 30. Januar 1855 ist aber ausgesprochen, daß kleinere Waldparzellen von jeder forstpolizei- lichen Aufsicht frei zu lassen sind, wenn „das Holzerzeugnis auf denselben für den Holzbedarf oder die klimatischen Verhältnisse der Umgegend völlig unerheblich ist.“ Vor der Rodungsbewilligung sind die angrenzenden Waldbesitzer zu vernehmen, ob sie gegen die Ausstockung Einwendungen zu machen haben oder nicht, 5. Elsaß-Lothringen. Hier gelten die Bestimmungen des französischen Forstgesetzes vom 18. Juni 1859 betreffend die Rodung. VII. Die Schutzwaldgesetzgebung (Österreich). 321 Außerdem hat für Elsaß-Lothringen auch noch das G. v. 28. Juli 1860 über die Wiederbewaldung der Berge und formell auch noch das G.v. 8. Juni 1864 über die Berasung der Berge Giltigkeit. Beide Gesetze werden aber nicht mehr angewendet. Die Vornahme unerlaubter Rodungen wird mit 400—1200 Mk. pro Hektar der gerodeten Fläche bestraft; außerdem Aufforstungs- zwang binnen drei Jahren. Das Nähere s. unter Frankreich. Vo. Die Schutzwaldgesetzgebung der außer- deutschen Staaten. 1. Österreich. A. Schutzwaldgesetzgebung. Das österreichische Forstgesetz von 1852 unterscheidet zwischen Bannwaldungen und Schutzwaldungen. 1. Zu den Bannwaldungen gehören jene Wälder, deren be- sondere Behandlungsweise zur Sicherung von Personen, von Staats- und von Privatgut erforderlich ist als Schutz gegen Lawinen, Felsstürze, Steinschläge, Gebirgsschutt, Erdabrutschungen u. dgl. Jeder Wald kann bei gegebenen Voraussetzungen zum Bannwald erklärt werden. Die Bannlegung besteht in der genauen Vorschreibung und möglichsten Sicherstellung der erforderlichen besonderen Wald- behandlung. Auf Bannwäldern lastende Forstrechte ruhen nach Erfordernis gänzlich ($ 20). Die mit der Bewirtschaftung der Bann- wälder zu betrauenden Personen sind daraufhin eigens eidlich zu verpflichten ($ 19). Die Bannlegung wird auf Ansuchen der Ortsgemeinde, der sonst dabei Beteiligten oder auf Anzeige eines Öffentlichen Beamten auf Grundlage einer besonderen kommissionellen Erhebung von den Kreisbehörden, oder, wo keine solche bestehen, von den untersten politischen Behörden ausgesprochen. Zu der kommissionellen Erhebung sind die Vorstände der Ortsgemeinden, sämtliche beteiligte Parteien sowie die erforder- lichen Sachverständigen zu berufen ($ 20). Nach der V. vom 3. Juli 1873 hat die politische. Behörde auf Grund von Sachverständigengutachten auch die besondere Wald- behandlung anzuordnen. Der Vollzug kann auch hierfür besonders bestellten Personen übertragen werden. Auch die Herstellung von Endres, Forstpolitik. 21 392 ° Der Schutzwald und die Gesetzgebung. Sicherheitsmaßregeln, wie Aufforstung, Errichtung von Schutzmauern und Schutzgräben, Regulierung der Gewässer usw. ist einzuleiten. Die politischen Bezirksbehörden haben über die Bannwaldungen besondere Verzeichnisse zu führen. Die Entbindung vom Banne erfolgt nach gleichem Verfahren. Entsehädigungsansprüche, welche aus der Vorschreibung der besonderen Waldbehandlung erhoben werden, sind nach den be- stehenden Gesetzen zu behandeln. 2. Zu den Schutzwaldungen rechnet das Gesetz — ohne diese Bezeichnung selbst zu gebrauchen — jene Wälder, welche wegen ihrer Bodenverhältnisse und Lage entweder zu ihrer eigenen Er- haltung oder zur Sicherung benachbarter Waldungen einer be- sonderen Schonung und vorsichtigen Behandlung (Schutzes) bedürfen. Der Gesetzentwurf von 1878 nannte dieselben auch Schonwälder. Darauf beziehen sich folgende Vorschriften: a) Eine Waldbehandlung, durch welche der nachbarliche Wald einer Windbeschädigung ausgesetzt wird, ist verboten. Wo diese Gefahr durch das gänzliche Aushauen eines Waldteiles eintreten würde, ist ein mindestens 37 m breiter Streifen als Wald- oder Windmantel so lange zu belassen, bis der Nachbarwald nach forst- wissenschaftlichen Grundsätzen zur Abholzung gelangt. Der Wind- mantel darf mittlerweile nur durchplentert werden ($ 5). b) Auf Boden, der bei gänzlicher Bloßlegung in breiten Flächen leicht fliegend wird und in schroffer, sehr hoher Lage sollen die Wälder lediglich in schmalen Streifen oder mittelst allmählicher Durehhauung abgeholzt und sogleich wieder mit jungem Holze in Bestand gebracht werden. Die Hochwälder des oberen Randes der Bestandsvegetation dürfen jedoch nur im Plenterbetriebe bewirtschaftet werden ($ 6). ec) An den Ufern größerer Gewässer, wenn jene nicht etwa durch Felsen gebildet werden, dann an Gebirgshängen, wo Ab- rutschungen zu befürchten sind, darf die Holzzucht nur mit Rück- sicht auf Hintanhaltung der Bodengefährdung betrieben und das Stock- und Wurzelroden nur insofern gestattet werden, als der hierdurch verursachte Aufriß gegen jede weitere Ausdehnung so- gleich versichert wird ($ 7). Übertretungen werden mit 20—200 fl. bestraft ($ 8), außerdem haben die Beschädigten das Recht auf Zivilklage. Die Überwachung solcher Schutzwaldungen ist Aufgabe der politischen Behörden. Über die zu ihrer Kenntnis kommenden gesetzwidrigen Eigenmächtigkeiten haben sie mit Zuziehung der Beteiligten und Sachverständiger und eventuell der benachbarten Waldbesitzer die Erhebungen zu pflegen und die Entscheidung VII. Die Schutzwaldgesetzgebung (Österreich). 323 zu fällen. Nach der V. vom 3, Juli 1873 ist in dem Erkenntnis, in welchen Waldungen zu Schutzwaldungen erklärt werden, die einzuhaltende Waldbehandlung genau festzustellen und Vorsorge für die Überwachung des Vollzugs zu treffen. "Zu Anzeigen über solche Gesetzwidrigkeiten ist jedermann befugt. Wer aber „eine nichtige Anzeige oder Anklage“ macht, hat die Kommissionskosten zu bestreiten, eine Bestimmung, die jedenfalls jedermann zur Vorsicht mahnt. Sonst hat die Kosten der für schuldig erkannte Waldbesitzer zu tragen. Die Sachver- ständigen haben auch den Schadensersatz festzustellen; einigen sich die Parteien hierüber nicht, so steht ihnen der Rechtsweg offen ($ 22, 23). Die Schutzwaldungen sind bei jeder politischen Be- zirksbehörde in einem Verzeichnis auszuweisen (V. 1873). 3. Der Unterschied in der forstpolizeilichen Stellung der Bann- und Schutzwaldungen beruht darauf, daß die Bann- waldungen, nachdem sie auf Antrag oder von Staats wegen als solche festgelegt sind, einer von der Behörde im voraus bestimmten Be- triebsweise unterworfen sind und, solange sie im Bannverhältnis stehen, einer ständigen Kontrolle unterliegen. Zur Sicherung des Zweckes kann der Besitzer auch zur Nutzungseinschränkung und Herstellung von besonderen Anlagen verpflichtet werden. Die Bann- waldungen gelten gleichsam als Schutzwaldungen höherer Ordnung, indem sie die Abhaltung der von steilen Berghängen her drohenden direkten und immer vorhandenen Gefahren besonders schwerer Natur zur Aufgabe haben. Für die Bewirtschaftung der Schutzwaldungen gibt das Gesetz selbst dem Besitzer die allgemeinen Direktiven. Die Beschränkungen der Wirtschaft gehen hier nicht so weit, als sie bei den Bannwal- dungen gehen können. Solange er sich im Rahmen derselben hält, hat die Behörde keinen Anlaß zum Einschreiten. Die Ge- fahren, denen der Schutzwald begegnen soll, sind mehr indirekter Natur und werden durch eine nicht entsprechende Waldbehand- lung erst hervorgerufen. Waldrodungen können in allen Waldungen auch aus „strate- gischen oder Defensionsrücksichten“ verboten werden ($ 2). Nach der Ministerialentschließung von 1884 sollen bei Gesuchen um Waldrodungen auch die klimatischen und atmosphärischen Verhält- nisse in Erwägung gezogen werden. Da zurzeit in Österreich keine Aussicht auf Herbeiführung einer Revision des Reichsforstgesetzes besteht, sucht man auf dem Wege der Landesgesetzgebung innerhalb des Rahmens des Reichsforstgesetzes detailliertere Schutzmaßregeln zu treffen. Solche bezwecken folgende Landesgesetze. 21* 34 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. 1. Herzogtum Salzburg, G. v. 11. Dezember 1899, betr. einige Maß- regeln zum Schutze der Wälder. Jede beabsichtigte Holzfällung in einem Bannwalde ($ 19 des Forst- gesetzes) oder in einem Schutzwalde ($ 6 u. $ 7 d. FG.) oder in einem anderen Walde zum Zwecke der Veräußerung oder in einem den gewöhnlichen Haus- und Gutsbedarf übersteigenden Umfange ist vom Waldbesitzer oder Nutzungs- berechtigten bei der politischen Bezirksbehörde anzumelden. Die Anmeldung ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn die Fällung nach Maßgabe eines genehmigten Wirtschaftsplanes, seit dessen Bestätigung nicht mehr als 10 Jahre verstrichen sind, erfolgen soll [Gemeindewälder usw.]. Die politische Behörde hat festzustellen: a) ob das Gut (Alpe usw.), zu welchem der betreffende Wald gehört, nach Vornahme der beabsichtigten Fällung noch selbständig bewirtschaftet werden kann; b) ob eine Bannvorschrift oder $$ 6 und 7 des FG. der beabsichtigten Fällung entgegenstehen; hierbei ist als Bodengefährdung jede Störung des Zusammenhanges des Waldbodens anzusehen, infolge deren leicht Abrutschungen oder Überschwemmungen eintreten können; c) ob ein nachbarlicher Wald der Windgefahr ausgesetzt wird; d) ob mit Rücksicht auf Lage, Bodenbeschaffenheit, Umfang der Fällung und anderer vorhandener Kulturflächen des Besitzers die Wiederaufforstung wesentlich erschwert wird; e) ob die im $ 19 des FG. bezeichneten Verhältnisse vorliegen, so daß die beabsichtigte Fällung durch eine zu erlassende Bannvorschrift auszu- schließen oder zu beschränken wäre. Zur Sicherung der Wiederaufforstung kann Kaution verlangt werden. 2. Herzogtum Kärnten. Nach dem G. v. 1. März 1885 ist jeder Kahlschlag von über 25 ar Umfang in Waldungen, deren Unterlage leicht ver- witterbares Gestein oder Kalk bildet, sechs Wochen vor Beginn der politischen Behörde anzuzeigen. Diese kann ihn im Falle der Schutz- oder Bannwald- eigenschaft des Waldes verbieten oder unter Beschränkungen zulassen. Da- gegen steht dem Besitzer die Berufung an die Landesregierung offen. Es kann Kaution verlangt werden. In Wildbachgebieten kann die Fällung, Bringung und Lagerung der Hölzer (Errichtung von Erd- und Wasserriesen usw.) von der politischen Behörde geregelt werden. 3. Für Tirol wurden durch G. v. 29. März 1886 für Übertretungen in der Waldbehandlung die Strafbestimmungen verschärft (Konfiskation des ordnungswidrig gefällten Holzes neben der sonstigen Strafe). 4. In Bosnien und Herzegowina ist die Schutzwaldfrage durch die k. k. V. v. 17. Dez. 1890 geregelt.!) In Österreich waren vorhanden :?) 1. Schutzwaldungen. 1885 1895 Reichsforste. . . . . 50705 71166 ha ( 7,0%.) Gemeindewälder . . . 121471 153690 „ (11,0 „) Privatwälder . . . . 370460 487 044 „ ( 6,7 „) Summa. . . 542636 711 900 ha ‘) Dimitz, Die forstl. Verhältnisse usw. Bosniens und der Herzegowina 1905, 144. ?) Gesch. d. österr. Forstw. 1899, 364f. — Statist. Jahrb. für 1900, 189. VII. Die Schutzwaldgesetzgebung (Österreich). 3235 2. Bannwaldungen. 1885 1895 Reichsforste. .. . . 2 078 5 300 ha (0,5 %/,) Gemeindewälder ... . 44108 36 579 „ (2,6 „) Privatwälder . ... . 19674 23996 „ (0,3 „.) Summa... 65 860 65 875 ha Im Jahre 1900 betrug die Gesamtfläche der Schutzwaldungen (nach $ 6 u. 7 des FG.) 759224 ha, jene der Bannwälder ($ 19 des FG.) 60721 ha. Außer- dem fanden noch auf 2298000 ha besondere landesgesetzliche Bestimmungen Anwendung. B. Wildbachverbauung.') Die enormen Hochwasserschäden vom 16.—20. September und vom 27. Oktober 1882 in Tirol und Kärnten, die einen Schaden von ungefähr 25 Mill. fl. verursachten, veranlaßten die gesetz- geberischen Maßnahmen betreffs der Wildbachverbauung. Der Boden war hierfür — zufällig — vorbereitet durch die im Jahre 1880 von Freiherrn von Seckendorff vollzogene Übersetzung des im Jahre 1873 erschienenen Werkes des Franzosen Demontzey: Trait& pratique du reboisement et du gazonnement des montagnes. Minister Graf Falkenhayn machte dann mit einer Kommission im Jahre 1883 eine besondere Studien- reise in das Hochwassergebiet des Departement der Basses-Alpes. Die Früchte dieser Reise wurden in dem Werk von Freiherrn von Seckendorff: „Die Verbauung der Wildbäche, Aufforstung und Berasung der Gebirgsgründe, Wien 1834“ niedergelegt. Da wie in Frankreich und in der Schweiz auch in Österreich die Ausführung der Wildbachverbauung den Forsttechnikern über- tragen wurde, wurden 1884 einige derselben zum Studium der Wildbachver- bauung nach Südfrankreich entsendet. Um in rascher und ausgiebiger Weise die zur Hebung der Schäden von 1882 nötigen Mittel zu schaffen, sind unterm 13. März 1883 für Tirol und unterm 27. April 1884 für Kärnten besondere Gesetze erlassen worden. Durch dieselben wurden Gewässerregu- lierungsfonds gebildet. In jenen für Tirol flossen die einmaligen Beiträge des Staates in der Höhe von 6,8 Mill. fl, des Landes Tirol von 2,5 Mill. fl., ferner die Beiträge der Interessenten. Letztere werden laut G. v. 15. Dezbr. 1884 zu den jährlich notwendigen Mitteln in folgender Weise herangezogen: a) alle Steuerträger des betr. Flußgebietes zahlen 5 °/, nach Maßgabe der direkten Steuerveranlagung; b) die im gefährdeten Gebiete liegenden Eisenbahnen, Reichsstraßen, 1) Die Wildbachverbauung in den Jahren 1883—1894, herausgegeben vom k. k. Ackerbauministerium. Wien 1895. — Denkschrift über die aus Anlaß der Überschwemmung im Jahre 1882 ... in den Jahren 1883 —1893 ausgeführten Wildbachverbauungen in Tirol. Wien 1895. — Wang, Fortschritt u. Erfolg auf dem Gebiete der Wildbachverbauung. Wien 1890. — Geschichte der öster- reichischen Land- u. Forstwirtschaft u. ihrer Industrien 1848—1898. 4. Bd. Wien 1899. 396 Der Schutzwald und die Gesetzgebung. industriellen Anlagen, ebenso andere öffentliche Wege und Straßen werden mit einem von der Landeskommission zu ermittelnden „angemessenen Bei- trag“ belastet; c) Liegenschaften, Anlagen, besonders Grundstücke und Gebäude, welchen durch die auszuführenden Arbeiten ein Schutz gegen Gefahr zugewendet wird, haben „einen besonderen Beitrag zu leisten“, der jedoch 50°], des Steuer- betrages der einzelnen Objekte nicht übersteigen darf; d) die Landeskommission kann Korporationen und Private, welchen die Arbeiten „in ganz besonderer Weise zum Vorteile gereichen“, auch zu einer höheren Beitragsleistung als unter c) heranziehen. Naturalleistungen werden angenommen und in Geld bewertet. Gegen den Ausspruch der Landeskommission findet keine Berufung statt. Aus diesem Fonds können an Korporationen und Private un- verzinsliche Vorschüsse gegeben werden, auch zu Aufforstungen. Für die Rückzahlung haftet das Land (G. v. 13. März 1883). Zu dem Kärntener Regulierungsfonds wurden seitens des Staates 1,5 Mill. fl. beigetragen, vom Land ?/, Mill. und von den Interessenten */, Mill. fl. Diesen Gesetzen folgten bzw. gingen voraus die beiden für das ganze Reich geltenden Gesetze vom 30. Juni 1884 betr. die Förderung der Landeskultur auf dem Gebiete des Wasserbaues _ und betr. Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern. ; Das erste Gesetz enthält die Norm hinsichtlich der Bildung eines Meliorationsfonds, welchem für das Jahrzehnt 1885/94 jähr- lich 500000 fl. aus Staatsmitteln zugewendet waren. Durch G. vom 14. April 1891 wurde diese Summe aber für 1892/1904 auf jähr- lich 750000 fl. erhöht, dann 1898 auf 850000 fl. Um den staat- lichen Meliorationsfonds möglichst zu schonen, wurden dann durch besondere Gesetze für große über ganze Flußgebiete sich erstreckende Unternehmungen besondere Baufonds geschaffen. Das zweite Reichsgesetz vom 30. Juni 1884 schafft die ge- setzliche Basis für die Vorkehrungen zur Unschädlichmachung der Wildbäche. Es lehnt sich hart an die französische Gesetz- gebung an und trifft überdies noch bautechnische Maßregeln. Das Gebiet, auf welches sich die Vorkehrungen zur unschädlichen Ab- leitung eines bestimmten Gebirgswassers zu erstrecken haben, heißt „Arbeitsfeld“ (Perimeter, Verbauungsgebiet). Innerhalb desselben kann die Herstellung von Bauten und sonstigen Vorkehrungen (Aufforstung, Berasung, Hegung usw.) verfügt werden. Grund- stücke, deren Besitzer keine Garantie bieten für die Herstellung und Aufrechterhaltung des erforderlichen Zustandes, werden ent- eignet. Wird nicht enteignet, dann muß der Grundbesitzer die Herstellung des zweckentsprechenden Zustandes dieses Grundstückes (Aufforstung, Berasung, Entwässerung usw.) dulden. Etwaige VII. Die Schutzwaldgesetzgebung (Österreich). 327 Herabminderung des Nutzungsertrages wird entschädigt, beim Walde nur dann, wenn die eingestellte Nutzung (z. B. Weide, Streu) über- haupt forstgesetzlich zulässig war. Letzteres gilt sinngemäß auch für Neuaufforstungen. Als ausführende Unternehmer können auf- treten der Staat, Länder, Bezirke, Gemeinden und andere Inter- essenten einzeln oder in Gemeinschaft. Der Unternehmer legt dem Ackerbauminister ein Generalprojekt vor. Wird dasselbe genehmigt, dann wird nach Abgrenzung des Arbeitsfeldes das Detailprojekt mit Enteignungsvorschlag der politischen Bezirksbehörde vorgelegt. Diese legt dasselbe in den Gemeinden zur allgemeinen Einsicht auf. Betroffene Grundeigentümer oder Berechtigte sind persönlich zu verständigen. Einsprüche werden durch kommissionelle münd- liche Verhandlung zu begleichen versucht, bzw. von der Landes- behörde und in letzter Instanz durch den Ackerbauminister ent- schieden, Entschädigungsfragen mit Vorbehalt des Rechtsweges. Die sämtlichen Kosten für Ausführung und Unterhaltung des Unternehmens sowie für Entschädigungen sind vom Unternehmer zu tragen. Die Erhaltung der hergestellten Bauten obliegt nach G. v. 18. Ja- nuar 1891 den bestehenden oder erst zu bildenden Wassergenossenschaften. Solche müssen gebildet werden. Zur Aufbringung eines Teiles der Kosten wird eine „Flußgebietsumlage“ von allen Steuerträgern proportional er- hoben, jedoch nicht mehr als 30°/, der Kosten und nicht mehr als 10°/, der jährlichen Steuer des einzelnen. Den Rest stellen die beteiligten Eisenbahnen, Straßen, Staat und Land. Bezüglich des forsttechnischen Personals für Wildbachverbauung s. 8. 256. Die Landesgesetze für Salzburg vom 7. August 1895 und für Schlesien vom 2. Mai 1886 bezwecken die Vorsichtsmaßregeln zur Verhinderung der Entstehung von Wildbächen, Es wird daher die Herstellung und Benützung von Riesen und anderen Holzbringungsanlagen, welche eine Bodenlockerung verursachen, von behördlicher Genehmigung abhängig gemacht. Statistik. Von 1885—1901 wurden für Wildbachverbauungen im ganzen 19054000 Kronen verausgabt und auf 2584 ha die Aufforstung, auf 452 ha die Berasung durchgeführt.!) Die Beitragsleistungen des Staates betragen 40 bis 60 %/,, meistens 50 °/,, des Landes 20—50 °/,, der Interessenten bis 30 °/,. Das österreichische Verbauungsystem legt auf die Wiederbewaldung weniger Ge- wicht als das französische. Bemerkenswert ist, daß zu diesen Arbeiten auch Sträflinge verwendet werden. C. Karstaufforstung. An der Aufforstung des Karstgebietes (hauptsächlich Kreide) wird schon seit den 60er Jahren gearbeitet. Seit 1870 begann die zielbewußte Aktion und seit 1831 wurden besondere Gesetze erlassen: für Triest 1831, Görz- Gradiska 1883 und 1886, Krain 1885, Istrien 1886, quarnerische Inseln 1392, Die Grundzüge dieser Gesetze sind: In jeder Provinz besteht eine Aufforstungs- 1) Wang, Öster. V. 1903, 386. 398 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. kommission, die sich aus Staatsbeamten,. Delegierten der Landesverwaltung und Gemeinden zusammensetzt. Diese Kommissionen haben die aufzuforstenden Grundstücke zu bestimmen und insbesondere für die Bewaldung der Berg- kuppen und Hänge, sowie der längs der Eisenbahnen und Straßen gelegenen Parzellen zu sorgen. Wenn es zulässig erscheint, so hat der Grundbesitzer die Aufforstung unter entsprechender Unterstützung mit Geld und Pflanzen selbst durchzuführen. Bestehen dagegen Bedenken, so hat die Kommission die Grundstücke anzukaufen, nötigenfalls zu enteignen und dann in eigener Regie zu beforsten; das gleiche hat zu geschehen, wenn der Grundbesitzer die ihm überlassene Aufforstung mangelhaft durchführt. Die nötigen Geldmittel werden beschafft durch Beiträge von Staat und Land, sowie durch Straf- gelder.!) Die Fläche des Karsigebietes umfaßt 5790000 ha. Hiervon entfallen auf Bosnien und Herzegowina 2600000 ha, auf Dalmatien samt Inseln 1100000 ha, Kroatien und Slavonien samt Fiume 1020000 ha, Krain 600 000 ha, Küstenland samt Inseln 470000 ha.?) Das Aufforstungsgebiet umfaßt 42°,, des ganzen in Frage kommenden Territoriums. Bis einschließlich 1900 wurden im Gebiete von Triest, Görz- Gradiska, Istrien, Krain und Mähren 7377 ha, hauptsächlich mit der Schwarz- kiefer, aufgeforstet.?) 2. Ungarn. Nach dem ungarischen Forstgesetz von 1879 gehören unter die Schutzwälder jene Waldungen, welche auf dem Steingerölle höherer Berge, auf den Hochlagen der Alpen, auf Bergspitzen und Bergrücken, auf steilen Berglehnen und deren Abhängen stocken, ferner jene, die zur Verhinderung der Entstehung und Weiterver- breitung von Felsstürzen, Stein- oder Schneelawinen, von Wasser- rissen dienen, oder durch deren Vernichtung die Ertragsfähigkeit der unterhalb liegenden Flächen oder die Sicherheit von Verkehrs- wegen gefährdet wäre oder den Verwüstungen der Sturmwinde ein Weg gebahnt würde ($ 2). Die Art und Weise der Bewirtschaftung der Schutzwälder wird durch das Ministerium bestimmt. Im Forstgesetz ist ausgesprochen, daß das Roden und der Kahlschlag sowie die Waldstreugewinnung und das Stock- und Wurzelgraben unbedingt verboten ist, die Weidenutzung in der Regel. Die Benutzung von privaten Schutzwäldern wird nach be- sonders einzureichenden Plänen — nach Art von Betriebsplänen — bestimmt, für kleinere Waldungen genügt ein Statut. Die Ausscheidung und öffentliche Bekanntmachung der Schutz- 1) J. Wessely, Das Karstgebiet Mittelkroatiens und seine Rettung, dann die Karstfrage überhaupt. — v. Guttenberg, Die forstlichen Verhältnisse des Karstes usw., Triest 1882. — Holl, Die Karstaufforstung, Sarajewo 1901. — Geschichte der österr. Land- u. Forstwirtschaft, 1848—1898. IV. Bd. 1899, 357. — Pucich, Die Karstbewaldung im österr.-illirischen Küstenlande, 1899. ®) Österr. F. 1904, 109. — ?) Stat. Jahrb. 1900, 241. VII. Die Schutzwaldgesetzgebung (Ungarn). 329 wälder geschah innerhalb 5 Jahren nach Erlaß des Forstgesetzes durch das Ministerium auf den Vorschlag der Verwaltungskommission hin. Die Schutzwälder genießen ganze oder teilweise Steuerfreiheit. Waldungen auf Flugsandböden zählen nicht direkt zu den Schutzwaldungen, die Rodung derselben ist aber unbedingt ver- boten, ebenso die Streunutzung, die Weidenutzung in der Regel, das Stockroden. Das Gesetz ordnet auch die Neuanlage von Schutzwäldern auf kahlen Flächen an, wenn dadurch die Gefahren der Fels- stürze, der Stein- und Schneelawinen, der Verwüstungen durch Stürme und Gewässer, der Flugsandverbreitung vorgebeugt werden kann oder sonstige Öffentliche wirtschaftliche Interessen gewahrt werden. Die Aufforstung solcher Flächen obliegt zunächst jenen, deren Eigentum in erster Linie von dem Schutze aus der Aufforstung Nutzen zieht. Der Besitzer der aufzuforstenden Fläche hat jedoch das Recht, die Aufforstung auf seine Kosten vorzunehmen. Ver- ziehtet derselbe darauf und ergibt sich, daß mehrere benachbarte Grundstücke durch die aufzuforstende Fläche Schutz genießen, dann können die Eigentümer dieser zu schützenden Grundstücke angehalten werden, sich zu einer Genossenschaft zu vereinigen. Der Grad des Interesses, welches jeder einzelne Interessent an der Genossenschaftsbildung hat, wird mangels gütlicher Vereinbarung unter den Interessenten amtlich festgesetzt. Darnach werden ‚auch die für die Aufforstung und die Expropriation erwachsenden Kosten verteilt. Die Genossenschaft hat das Recht zur Expropriation der auf- zuforstenden Grundstücke. Der Preis darf den zwanzigfachen Be- trag des Katastralreinertrages nicht überschreiten. Der Eigentümer der Aufforstungsfläche hat innerhalb von sechs Jahren nach be- endeter Aufforstung das Rückkaufsrecht gegen Ersatz des Expro- priationspreises und der Aufforstungskosten zuzüglich 6°/, Zinsen. Der Staat beteiligt sich an solchen Unternehmungen mit folgenden Beiträgen: Steuerfreiheit der aufgeforsteten Flächen, Gratislieferung von Samen und Pflanzen, Bereitstellung von Geld- mitteln für amtlich verfügte Aufforstungen im Falle der nachge- wiesenen Zahlungsunfähigkeit der einzelnen Interessenten oder der Genossenschaft und außerdem dann, wenn die Interessenten nach- weisen können, daß die Vorteile einer ihnen aufgezwungenen Auf- forstung geringer sind als die ihnen erwachsenen Kosten. In letzterem Falle muß der Staat die sich berechnende Differenz vergüten. Die von Genossenschaften ausgeführten Aufforstungen unter- 330- Der Schutzwald und die Gesetzgebung. stehen nach dem Gesetz XIX von 1898 der Staatsaufsicht, die der einzelnen Privaten können auf deren Antrag der Staatsaufsicht unterstellt, d. h. beförstert werden. Von der Gesamtwaldfläche zu 7514490 ha sind 405058 ha = 5,4%, Schutzwaldungen (Österr. V. 1901, 296). 3. Schweiz. Wenn man von einigen früheren kantonalen Vorschriften (Waadt 1810 und 1835) absieht, sind die ersten Schutzwaldbestim- mungen in dem früheren Bundesgesetz betr. die eidgenös- sische Oberaufsicht über die Forstpolizei im Hochgebirge vom 24. März 1876 enthalten. Nach demselben wurden unter Schutzwaldungen diejenigen Waldungen verstanden, welche vermöge ihrer bedeutenden Höhenlage oder durch ihre Lage an steilen Gebirgshängen, auf Anhöhen, Gräten, Rücken, Vorsprüngen, oder in Quellgebieten, Engpässen, an Rüfen, Bach- und Flußufern oder wegen zu ge- ringer Waldfläche einer Gegend zum Schutze gegen schädliche klimatische Einflüsse, Windschaden, Lawinen, Stein- und Eisschläge, Erdabrutschungen, Unterwaschungen, Verrüfungen oder Überschwemmungen dienen (Art. 4). Die Kantonsregierungen hatten die zur Erhaltung der Schutzwaldungen und Sicherung ihres Zwecks erforderlichen wirtschaftlichen und Sicherheits- maßnahmen anzuordnen. Rodung war nur ausnahmsweise mit Genehmigung des Bundesrates zulässig. Hinsichtlich der Nebennutzungen galten die allge- meinen Bestimmungen. Weide-, Streu- und andere Dienstbarkeiten, die mit dem Zwecke der Schutzwaldungen unvereinbar sind, sollten binnen zehn Tagen abgelöst werden. Grundstücke, durch deren Aufforstung wichtige Schutz- waldungen gewonnen werden können, waren auf Verlangen einer Kantons- regierung oder des Bundesrates aufzuforsten. Zu den Kosten hatte der Kanton und der Bund einen Beitrag zu leisten. Aufzuforstende Privatgrundstücke konnten und mußten auf Begehren des Eigentümers vom Kanton expropriert werden. Die Schutzwaldungen sollten durch die Kantone binnen einer Frist von zwei Jahren von den übrigen Waldungen ausgeschieden werden., Die voll- zogene Ausscheidung unterlag der bundesrätlichen Prüfung und Genehmigung. Die vorgesehene Frist von zwei Jahren konnte aber nur von dem Kanton Bern durch ein summarisches Verfahren eingehalten werden. Der Bundesrat sah sich daher genötigt, die Frist bis Ende 1879 zu verlängern. Zu einem vorläufigen Abschluß gelangte die Ausscheidung aber erst 1883. Die Durchführung der Schutzwaldausscheidung war in den verschiedenen Kantonen keine einheitliche. Um Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, gingen einzelne Kantone ganz summarisch vor und erklärten die sämtlichen Waldungen des Kantons oder eines Kantonsteiles als Schutzwaldungen. Der Kanton Bern nahm schon 1876 eine den Grenzen der Amtsbezirke und Ge- meinden folgende Trennung der Schutzwaldungen von den Nichtschutzwal- dungen vor. In anderen Kantonen wurden die Schutzwaldungen parzellen- weise mit Angabe des Eigentümers, der Fläche und der Anstößer ausgeschieden. Im Kanton Unterwalden ob dem Wald erfolgte die Ausscheidung der Schutz- waldungen durch den Oberförster mit Beihilfe des Revierförsters und unter Beiziehung eines Mitgliedes der aus drei Mitgliedern des Regierungsrates be- VI. Die Schutzwaldgesetzgebung (Schweiz). 331 stehenden kantonalen Forstkommission und eines Ausschusses des Gemeinde- rates (V. 1877). Ein großer Übelstand lag darin, daß die Kantone bei der Ausscheidung ohne Rücksicht auf die Nachbarkantone verfuhren und damit für die dem nämlichen Bundesgesetz unterstellten Privatwaldbesitzer Ungleichheiten schufen, die Anlaß zur Unzufriedenheit gaben. In dem einen Kanton wird z. B. für jeden Holzschlag Bewilligung verlangt, im benachbarten nicht. — Der Voll- zug wurde erschwert durch den Mangel an ausreichendem Personal.!) Die Beiträge des Bundes betrugen für die Neuanlage von Schutzwal- dungen 30—70°/,, für Aufforstung bestehender Schutzwaldungen, die gegen Terraingefahren von großer Wichtigkeit sind und mit Verbauungen verbunden oder sonst besonders schwierig auszuführen sind, 20—50°/, des wirklichen Kostenbetrages. Nachdem durch Bundesbeschluß vom 15. April 1898 das Forstpolizeigesetz von 1876 auf das gesamte Gebiet der Schweiz ausgedehnt worden war, mußten nun auch die nicht im bisherigen „eidgenössischen Forstgebiet“ liegenden Kantone zur Schutzwaldfrage Stellung nehmen. Das Vorgehen dieser Kantone war nun ein ganz verschiedenes. Basel-Stadt, Neuenburg und Aargau erklärten ihre sämtlichen Privat- waldungen als Schutzwaldungen, Thurgau dagegen schied solche nicht aus, weil keine vorhanden wären. — Der Kanton Solothurn hat noch unterm 27. Juli 1900 eine Verordnung erlassen, nach der als Schutzwaldungen erklärt werden: 1. Sämtliche Staats-, Gemeinde- und Korporationswaldungen, 2. alle Genossen- schafts- und Privatwaldungen, welche nördlich der Kantonsstraßen von Grenchen nach Solothurn usw. liegen. Die Bewirtschaftung von Schutzwaldungen in Privatbesitz wird ähnlich den Staats- und Gemeindewaldungen der Leitung durch die Forstbeamten unterstellt. Wollen Private im Schutzwaldgebiet Holz- schläge zum Verkauf des Holzes vornehmen, so ist die Bewilligung des Regie- rungsrates einzuholen. An die Stelle des Forstpolizeigesetzes von 1876 trat das Bundes- gesetz, betr. die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902, welches für die ganze Schweiz gilt. Darnach sind Schutzwaldungen diejenigen Waldungen, welche sich im Einzugsgebiete von Wildwassern befinden, sowie solche, welche vermöge ihrer Lage Schutz bieten gegen schädliche klimatische Einflüsse, gegen Lawinen, Stein- und Eisschläge, Erd- abrutschungen, Verrüfungen sowie gegen außerordentliche Wasser- stände. Diese Charakterisierung der Schutzwaldeigenschaft unterscheidet sich von jener des Gesetzes von 1876 durch die besondere Hervorhebung des Schutzes gegen Wildbäche, durch die Erweiterung der wasserwirtschaftlichen Bedeutung des Waldes auch auf den Schutz gegen zu niedrigen Wasserstand, durch Weglassung des Schutzes gegen Windschaden und der Möglichkeit der Schutz- waldausscheidung wegen zu geringer Waläfläche einer Gegend, 1) Fankhauser, Schw. Z. f. F. 1899, 122 ff. — Felber, a. a. O. 1893, 26 ff. 339° Der Schutzwald und die Gesetzgebung. Für Schutzwaldungen gelten ohne Unterschied des Besitzers folgende Bestimmungen: 1. Sie sind zu vermarken. 2. Kahlschläge sind „in der Regel“ untersagt. Strafe für ver- botene Abholzungen 2—10 Fr. für jeden Festmeter. 3. In Weidwaldungen (Wytweiden) ist das vorhandene Flächen- maß der Bestockung zu erhalten. 4. Schädliche Nebennutzungsrechte sind abzulösen, wenn nötig, zwangsweise. Bestellung neuer Rechte ist nur mit Genehmigung zulässig (s. Forstrechte). 5. Schädliche Nebennutzungen, insbesondere der Weidgang und die Streunutzung, sind zu untersagen oder nur in beschränktem Maße zu gestatten. Strafe für verbotwidrige Gewinnung 10—500 Fr. 6. Der Bund kann die Anlage von Abfuhrwegen!) oder sonsti- gen Einrichtungen für den Holztransport durch Beiträge unter- stützen. Grundeigentum, welches zum Anschluß an öffentliche Wege nötig ist, kann vom Waldbesitzer enteignet werden. 7. Bei größeren zusammenhängenden Komplexen von privaten Schutzwaldungen in besonders gefährlichen Lagen, namentlich im Einzugsgebiet von Wildbächen, kann die Kantonsregierung oder der Bundesrat die Zusammenlegung zu genossenschaftlicher Bewirt- schaftung und Benutzung verlangen. Der Bund übernimmt die Kosten der Zusammenlegung, der Kanton die unentgeltliche Lei- tung der Bewirtschaftung durch sein Forstpersonal. 8. Rodungen in Schutzwaldungen bedürfen der Bewilligung des Bundesrates. Derselbe entscheidet auch, ob und inwieweit Ersatz durch Neuaufforstung zu bieten sei. 9. Die Kantone haben zur Erhaltung der Schutzwaldungen und Sicherung ihres Zweckes jeweils das Nötige anzuordnen und darüber zu wachen, daß ohne kantonale Bewilligung keine Kahl- schläge in Hochwaldungen und keine erheblichen Holznutzungen zum Verkaufe oder für ein eigenes industrielles Gewerbe, zu dessen Betrieb hauptsächlich Holz verwendet wird, vorgenommen werden. Strafe bis 50 Fr. Hinsichtlich der Bewirtschaftung der Schutzwaldungen sind im neuen Gesetz die gesetzlichen Bestimmungen erweitert und genauer präzisiert als im 1876er Gesetz. Neu ist das Verbot der Kahlschläge, die Vorschrift über Erhaltung der Weidwaldungen, die Unterstützung der Anlage von Abfuhrwegen (um das die Wasserrisse veranlassende Holzriesen und Fällern hintanzuhalten), die zwangs- weise Bildung von Schutzwaldgenossenschaften, die Kontrolle der Holznutzung zum Verkauf, die Ausscheidung nach größeren Schutzwaldgebieten und die !) Nur in Schutzwaldungen laut nachträglicher Berichtigung des Forst- polizeigesetzes. Schw. Z. f. F. 1904, 312. VII. Die Schutzwaldgesetzgebung (Schweiz). 333 Einräumung des Expropriationsrechtes von neu aufzuforstenden Schutzwald- flächen auch an die Gemeinden. Auf die Neuanlage von Schutzwaldungen ist allgemein hinzuwirken. Dieselbe sowie die Verbauung von Lawinen und Steinschlägen kann vom Bund oder von den Kantonen angeordnet werden, wenn durch diese Maßnahmen bestehende oder neu zu gründende Waldungen geschützt werden (Art. 36). Unterlassung der vorgeschriebenen Aufforstung wird mit 20—100 Fr. pro Hektar bestraft. Ist der Boden, dessen Aufforstung oder Verbauung ver- langt wird, im privaten Besitz, so kann der Eigentümer bean- spruchen, daß ihm derselbe abgekauft, bzw. expropriiert werde. Ankauf oder Expropriation dürfen nur zu Händen des Kantons, der Gemeinde oder einer öffentlichen Korporation erfolgen. Über die Pflicht zur Expropriation entscheidet die kantonale Behörde und in letzter Instanz der Bundesrat. Zu den Kosten für die Neuanlage von Schutzwaldungen und die damit in Verbindung stehenden Entwässerungen, ferner für die Verbaue von Lawinen und Steinschlägen zur Sicherung von Schutzwaldungen überhaupt, leistet der Bund 50—80°/,, zu den Kosten für anderweitige Verbaue zu forstlichen Zwecken und für Einfriedigungen bis 50°/,., Außerdem haben auch die Kantone noch Beiträge zu leisten. Überdies vergütet der Bund dem Boden- besitzer in bar einen drei- bis fünffachen Jahresertrag des betref- fenden Grundstücks nach dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Bei Expropriationen oder Kauf zu Öffentlichen Händen leistet der Bund bis 50°/, der Entschädigungssumme. Zu den Kosten von Aufforstungen in Schutzwaldungen bei außerordentlichen Vorkomm- nissen (Waldbrand, Insektenschaden, Lawinenbruch, Windwurf usw.), oder wenn die Aufforstung Entwässerungen oder Verbaue erfordert oder besonders schwierig ist, leistet der Bund 30—50°/,. Zu den Kosten der Anlage von Abfuhrwegen und sonstigen zweckmäßigen Holztransporteinrichtungen in Schutzwaldungen leistet der Bund bis 20°/, (auch für Privatwaldungen und Nichtschutzwaldungen). Mit dem Bezug von Bundesbeiträgen verpflichtet sich der Kanton, die Aufforstungen, Einrichtungen usw. in gutem Zustande zu erhalten. Die bisherigen Leistungen der Kantone, Gemeinden und Korporationen für das Forstwesen dürfen wegen der Bundes- beiträge nicht vermindert werden. Die Ausscheidung der Waldungen in Schutz- und Nicht- schutzwaldungen erfolgt durch die Kantone und unterliegt der Ge- nehmigung des Bundesrates. Die in dem bisherigen eidgenössischen Forstgebiete bereits vollzogene Ausscheidung bleibt in Kraft, jedoch können Änderungen derselben vorgenommen werden. In der 334- Der Schutzwald und die Gesetzgebung. übrigen Schweiz ist die Ausscheidung innerhalb zwei Jahren vom Inkrafttreten des Gesetzes an vorzunehmen (Art. 4). Die Aus- scheidung soll in der Regel größere Waldgebiete umfassen, wenn tunlich unter Einhaltung natürlicher Grenzen (VV. Art. 3). Im Jahre 1904 waren von der Gesamtfläche zu 856005 ha 607819 ha = 71,0°/, Schutzwaldungen (Staatsforste 20897 ha von zusammen 39052 ha, Ge- meindeforste usw. 450681 von 572512, Privatforste 136241 von 244441). 4. Frankreich. A. Schutzwaldgesetz. Frankreich hat die älteste Schutzwaldgesetzgebung. Bezüg- lich der Geschichte derselben wird auf das früher darüber Ge- sagte verwiesen (S. 139). Die Rodung von Waldungen, die auf dem Gipfel oder am Abhang eines Berges gelegen sind, war schon nach dem G. v. 9. flo- real XI (29. April 1803) und nach dem Code forestier von 1827 (Art. 223) verboten. Aber auch die Rodung aller übrigen Wal- dungen konnte nach dem Ermessen der Administrativbehörden untersagt werden. Nachdem es gelungen war, die Bestimmungen des Code fo- restier über die ursprünglich festgesetzte Geltungsfrist hinaus bis zum Jahre 1859 aufrechtzuerhalten, wurden in dem geltenden G.v.18. Juni 1859 (eingefügt in den Code als Art. 219—226) die Fälle einzeln aufgezählt, in denen gegen die Rodung der Privat- waldungen seitens der Behörden Einspruch erhoben werden kann. Solche Waldungen sind diejenigen, deren Erhaltung als notwendig erkannt ist: 1. zur Festhaltung der Erdkrume auf Bergen und Abhängen; 2. zur Beschützung des Bodens vor den Abspülungen und Ein- brüchen von Flüssen, Strömen oder Wildbächen; 3. zum Fortbestande von Quellen und Wasserläufen; 4. zur Beschützung der Dünen und Küsten gegen die Ab- spülungen des Meeres und das Vordringen des Sandes; 5. zur Verteidigung des Landes im Grenzgürtel, dessen Aus- dehnung durch eine Verwaltungsordnung festzusetzen ist; 6. zur öffentlichen Gesundheitspflege (Art. 120). Ausgenommen sind die erst seit 20 Jahren angelegten Wal- dungen, Parkanlagen, Parzellen unter 10 ha, letztere nur dann, wenn sie nicht auf dem Gipfel oder am Abhang eines Berges liegen (Art. 224). B. Befestigung des Gebirgsbodens. Die allgemeine Schutzwaldgesetzgebung, welche sich auf die Sicherung des Fortbestandes der bereits vorhandenen Waldungen Pr WW Wr VII. Die Schutzwaldgesetzgebung (Frankreich). 335 mittelst des Rodungsverbotes beschränkt, wurde noch ergänzt durch eine Spezialgesetzgebung, die nur für die Gebirgsgegenden gilt und die mechanische Befestigung des Gebirgsbodens und die Unschädlichmachung der Wildbäche durch Auf- forstungen und andere Maßnahmen bezweckt (Alpen, Pyrenäen, Sevennen). Nach dem Dekret v. 4. Thermidor XIII (23. Juli 1305) betr. die Wild- bäche in dem Departement der Hochalpen konnte die Errichtung von Dämmen und Kunstbauten längs der Flüsse zum Schutze gegen Überschwemmungen angeordnet werden. Diese Maßregel wurde 1806 auf die Departements des Basses-Alpes et de la Dröme ausgedehnt. Aus Anlaß der Überschwemmungen des Rhonetales und anderer Gebiete im Jahre 1840 wurde der Ingenieur Surrel (Surell) vom Ministerium beauf- tragt, die Ursachen der Rhoneüberschwemmungen zu ergründen und zu diesem Zwecke in den Alpen Untersuchungen anzustellen. In seiner 1841 erschienenen Schrift „Etude sur les torrents des Hautes-Alpes“ (2. Aufl. 1870) bezeichnet er den Wald als das mächtigste Hindernis gegen die Bildung der Wildbäche und die Abschwemmung des Bodens. Andererseits bildete nach Surrel die Weide, namentlich die Schafweide, eine der Hauptursachen für die Entstehung der Wildbäche und für die Bodenabschwemmungen. Wo daher kein Wald sein könne, solle wenigstens die Berasung angestrebt werden. Im Jahre 1842 kam der Nationalökonom Blanqui auf Grund seiner im Auftrage der Akademie der Wissenschaften über die französischen Alpen an- gestellten Studien zu den gleichen Folgerungen. Darauf abzielende Gesetzentwürfe vom Jahre 1845 und 1847 wurden nicht weiter verfolgt. Wiederholte Überschwemmungen, namentlich jene von 1856, die zahlreiche Menschenopfer kostete und einen materiellen Schaden von 220 Millionen Franks verursachte, waren dann die mittelbare Veranlassung zur Verabschiedung des Gesetzes vom 28. Juli 1860 betr. die Wieder- bewaldung der Berge (reboisement des montagnes),. Das Gesetz unterscheidet zwischen Gebieten, die wiederbewaldet werden müssen (perimetres obligatoires) und Gebieten, in welchen die Wiederbewal- dung weniger dringlich ist (p&rimetres facultatifs). In diesen letzteren be- gnügte sich der Staat damit, den Gemeinden und Privaten, welche sich dieser Aufgabe freiwillig unterzogen, entsprechende Unterstützungen zu gewähren (Samen, Pflanzen, Geldprämien). Das Gebiet, in welchem die Wiederbewaldung durchgeführt werden mußte, wurde durch kaiserliche Verordnung bekannt gegeben. Daraufhin mußten die Privatgrundbesitzer erklären, ob sie innerhalb der gesteckten Frist die Arbeiten selbst ausführen wollten. Im Falle der Weigerung konnte zur Enteignung geschritten werden. Nach der Wiederbewaldung durch den Staat konnte der frühere Eigentümer die Fläche gegen Erlegung der Expro- priationssumme und der Aufforstungskosten samt Zinsen innerhalb 5 Jahren wieder zurückfordern. Von der Rückzahlung der Aufforstungskosten konnte er sich befreien, wenn er auf die Hälfte seines Eigentums verzichtete. Weigerten sich Gemeinden und öffentliche Anstalten gegen die Vornahme der Aufforstung ihres Eigentums oder waren sie dazu nicht im- stande, so konnte der Staat die betreffende Fläche entweder auf gütlichem Wege (Enteignung ausgeschlossen) erwerben oder alle Arbeiten auf sich nehmen. Im letzteren Falle behielt er die Verwaltung und Benutzung der bewaldeten Flächen bis zur Rückzahlung seiner Vorschüsse an Kapital und 336 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. Zinsen, den Gemeinden verblieb jedoch ihr Weiderecht, sobald diese Wal- dungen für geöffnet zu betrachten waren. Verzichteten die Gemeinden inner- halb 10 Jahren auf die Hälfte der bewaldeten Flächen, dann waren sie von jeder Rückbezahlung an den Staat befreit. Die Aufforstung konnte pro Jahr höchstens den 20. Teil der in Betracht kommenden Fläche umfassen, wenn nicht der Gemeinderat eine größere jährliche Aufforstungsfläche wünschte, Zur Durchführung des Gesetzes wurde ein Staatskredit von 1 Mill. Fr. pro Jahr und von 10 Mill. Fr. im ganzen eröffnet. Diese Summe sollte zur Hälfte durch Verkauf von Staatswaldungen (mit Rodungsbewilligung) von 1861 bis 1871 aufgebracht, die andere Hälfte durch Vornahme außerordentlicher Holz- hiebe oder durch Mittel aus dem Budget verschafft werden. Dieses Gesetz stieß von seiten der davon betroffenen Bevölkerung auf einen sich bis zum offenen Aufruhr steigernden Widerstand, weil der Auf- forstungszwang sich auch auf kultivierte Gründe erstreckte, die Weide auf den zur Aufforstung bestimmten Flächen nicht mehr ausgeübt werden konnte und außerdem die den Eigentümern zugeschobenen finanziellen Lasten zu drückend waren. Infolgedessen wurde durch das Gesetz vom 8. Juni 1864 über die Berasung der Berge (gazonnement des montagnes) das Wiederbewaldungs- gesetz von 1860 wesentlich modifiziert. Die Forstverwaltung wurde nunmehr ermächtigt, in Übereinstimmung mit den Gemeinden die nach dem 1860er Gesetz zur Aufforstung bestimmten Flächen ganz oder teilweise nur mit einem Rasen zu versehen. Die Vorschriften des G. v. 1860 über die Enteignung und Wiedereinsetzung in das Eigentum blieben bestehen, jedoch mit folgenden Abänderungen. Die Gemeinden und öffentlichen Anstalten konnten sich, falls sie die Berasung nicht selbst ausführten, dem Staate die aufgewendeten Kapi- talien und Zinsen dadurch ersetzen, daß sie entweder einen entsprechenden Teil der berasten Fläche, jedoch höchstens die Hälfte, dem Staate so lange zur Nutzung überließen, bis durch dieselbe die Schuld amortisiert war, oder daß sie einen Teil der Fläche, jedoch höchstens ein Viertel, dem Staate zu Eigentum einräumten. Die Berasung und Einhegung durfte gleichzeitig höchstens auf einem Drittel der ganzen in einer Gemeinde zur Berasung bestimmten Fläche statt- finden. Auch der Private brauchte zur Wiedererlangung der berasten Fläche nur ein Viertel derselben als Kostenersatz an den Staat zu Eigentum abzulassen. Zur Flüssigmachung der erforderlichen Mittel wurden bis zur Gesamt- summe von 5 Mill. Fr. jährlich '/, Mill. Fr. aus außerordentlichen Hieben in den Staatswaldungen oder aus dem allgemeinen Budget angewiesen. Eine Ausführungsverordnung für die G. v. 1860 u. 1864 erschien unterm 10. Nov. 1864. Das Berasungsgesetz war ein Verlegenheitsmittel nach zwei Richtungen. Man glaubte damit die Befestigung des Bodens in kürzester Frist zu erreichen, ohne der armen Gebirgsbevölkerung durch Entzug der Weidenutzung wehe zu tun, und außerdem war die Berasung billiger als die Aufforstung, wodurch die Gemeinden wieder geschont wurden. Der praktische Erfolg des Gesetzes war aber ein bescheidener. Man machte bald die Erfahrung, daß die Berasung allein keinen genügenden Schutz gegen die Abschwemmung des Bodens bildet und zudem auf den bereits devastierten Böden technisch nur mit großen Schwierigkeiten durchführbar ist. Sowohl das Aufforstungsgesetz wie das Berasungsgesetz stellten an die finanzielle Mithilfe der Gemeinden und Privaten zu große Anforderungen. VII. Die Schutzwaldgesetzgebung (Frankreich). 337 Privatgrundstücke kamen nur ausnahmsweise in Betracht. Von den armen Gebirgsgemeinden aber war nur ein geringer Bruchteil imstande und willens, die Bewaldung oder Berasung selbst auszuführen. Die Ausführung der Ar- beiten blieb daher zum größten Teil dem Staate vorbehalten. Da derselbe den Gemeinden gegenüber kein Expropriationsrecht hatte, behielt er sich die Benutzung der aufgeforsteten und berasten Grundstücke ganz oder teilweise bis zur Rückzahlung seiner Vorschüsse an Kapital und Zinsen vor. Dadurch wuchs die Schuld der Gemeinden natürlich von Jahr zu Jahr immer mehr an, und andererseits hatten sie gar kein Interesse, die aufgeforsteten Flächen in nächster Zeit wieder zur Nutzung zu erlangen, da dieselben noch keinen Holzertrag lieferten und die Beweidung derselben we- sentlich eingeschränkt war. Auch für den Staat stand die Nutzung nur auf dem Papier. Die Gemeinden blieben daher ruhig die Schuldner des Staates. Den zweiten Weg, der ihnen offen gelassen war, durch Verzicht auf einen Teil ihrer kultivierten Gründe (die Hälfte bei Aufforstungsflächen, ein Viertel bei Berasungsflächen) ihre Schuld dem Staate gegenüber zu tilgen, wählten sie nicht, weil sie ihr Gemeindeeigentum nicht schmälern lassen wollten und im Hinblick auf die ganze Sachlage durch Zuwarten nur gewinnen konnten. Außerdem führte der schematisch festgesetzte Teilungsmaßstab zu den größten Ungerechtigkeiten und Streitigkeiten, da natürlich die Hälften der aufge- forsteten Flächen selten gleichwertig waren. Die G. v. 28. Juli 1860 und v. 8. Juni 1864 samt den hierzu erlassenen Vollzugsvorschriften wurden durch das Gesetz vom 4. April 1882 über die Wiederherstellung und die Er- haltung der Gebirgsböden (loi relative A la Restauration et & la Conservation des Terrains en Montagnes) aufgehoben. Durch dasselbe wurden den Gemeinden und öffentlichen Anstalten (nicht den Privaten) alle finanziellen Verbindlichkeiten erlassen, die sie auf Grund des Vollzuges der Gesetze von 1860 und 1864 noch dem Staate gegenüber hatten, weil man sich überzeugt hatte, daß die zwangsweise Begleichung derselben die Bevölkerung zum offenen Widerstand treiben würde. Dies um so mehr, als man bei der Durchführung der früheren Gesetze weit über den darin festgelegten Rahmen hinausging und zur Herbeiführung eines technischen Erfolges auch hinausgehen mußte durch die im Gesetze nicht vorgesehene Anlage von Verbauungen, Wege- bauten usw. Das Gesetz geht nach zwei Richtungen vor. Es bietet ganz im Sinne der früheren Gesetze die Handhabe zur Befestigung des Gebirgsbodens durch Aufforstung und eventuell auch durch Be- rasung, außerdem aber auch durch die Anlage von Verbauungen und sonstigen technischen Maßnahmen aller Art, was aus dem weitergehenden Begriff „Restauration“ folgt. Bezüglich des Ver- fügungsrechtes des Staates über die im öffentlichen Interesse zu restaurierenden Ländereien geht das Gesetz weiter als die früheren Endres, Forstpolitik. 22 338 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. Gesetze, indem nun dem Staate auch gegenüber den Gemeinden das Enteignungsrecht eingeräumt bzw. die Erwerbung der in einem obligatorischen Restaurationsgebiet befindlichen Gemeindegrund- stücke zur Pflicht gemacht ist. Das G. v. 1860 verlangte nur die Erwerbung der Privatgrundstücke. Ferner hatte der Staat die Be- fugnis, innerhalb fünf Jahren nach der Verkündigung des Gesetzes auch die kraft der Gesetze von 1860 und 1864 auf seine Kosten bewaldeten oder berasten Flächen zu expropriieren, wobei der durch diese Kulturmaßnahmen dem Grundstücke zugewachsene Mehrwert unberücksichtigt blieb. Diese Vorschrift war die der Billigkeit entsprechende Konsequenz der Entbindung der Gemein- den von allen bis 1882 bestehenden finanziellen Verpflichtungen an die Staatskasse. Grund zu letzterer Maßregel war namentlich mit die Erwägung, daß den Gemeinden mit der Rückgabe des vollen Eigentums der aufgeforsteten Flächen an sie praktisch nichts genützt worden wäre, da die Haubarkeitsnutzung noch in weiter Ferne lag und auch der Bezug von Nebennutzungen wegen der durch den Schutzwald- charakter dieser Waldungen notwendig gewordenen Einschränkungen nur eine geringe Rolle spielte. Der zweite Teil des Gesetzes beschäftigt sich mit der pfleg- lichen Behandlung (conservation) der noch mit Wald oder Gras versehenen Gebirgsländereien und füllt in dieser Richtung eine Lücke der früheren Gesetzgebung aus. Das Gesetz bietet die Handhabe, der Entstehung von Ödländereien im Gebirge dadurch vorzubeugen, daß den Gemeinden und Privaten die Weidenutzung gegen Entschädigung auf eine bestimmte Zeit ganz verboten werden kann und die Ausübung der Weide da, wo sie zulässig ist, nach rationellen Grundsätzen geregelt werden muß. Im besonderen ist das Verfahren folgendes: 1. Was die Wiederherstellung der Gebirgsböden betrifft, so wird der Umkreis der Gebiete (perimetre), auf welche sich die einschlägigen Ar- beiten zu erstrecken haben, durch Gesetz festgelegt, nachdem die Gemeinden, die höheren Kommunalverbände und eine besondere zu diesem Zwecke ein- gesetzte Kommission darüber gutachtlich vernommen worden sind. Die Restaurierungsarbeiten können sich auf die Aufforstung, Berasung, Anbringung von Schutzanlagen usw. beziehen. Führt sie der Staat auf seine Kosten aus, dann hat er das Recht, die hierzu notwendigen Grundstücke auf gütlichem Wege oder im Enteignungsverfahren zu erwerben. Alle Eigentümer können jedoch ihre Grundstücke zu Eigentum behalten, wenn sie vor dem Vollzug der Expropriation sich verpflichten, die Arbeiten nach den ihnen erteilten Vorschriften unter der Aufsicht der Forstverwaltung, sei es mit, sei es ohne staatliche Unterstützung, selbst auszuführen. Sie können zu diesem Zwecke Genossenschaften bilden. Grundbesitzern im Gebirge, die ihre außerhalb des festgesetzten Um- VI. Die Schutzwaldgesetzgebung (Frankreich). 339 kreises liegenden Grundstücke freiwillig im Sinne des Gesetzes restaurieren, erhalten vom Staate Unterstützungen, die in Lieferung von Samen, Pflanzen, in Geldprämien oder in Arbeitsbeihilfen bestehen können. 2. Diejenigen Gebirgsböden und Weiden, deren Zustand eigentliche Restaurationsarbeiten noch nicht notwendig macht, können ohne Unterschied des Besitzers zum Zwecke ihrer Schonung (conservation) auf Antrag der Forst- verwaltung und nach Begutachtung durch die oben bezeichneten Faktoren durch Verordnung des Staatsrates in Bann gelegt werden (la mise en defens), d. h. es kann die Beweidung dieser Flächen auf eine bestimmte Zeit, jedoch höchstens auf 10 Jahre untersagt werden. Für den Entgang dieser Nutzung werden die Eigentümer (Gemeinden, Private usw.) aus der Staatskasse ent- schädigt. Die Höhe der Entschädigung wird auf dem Verwaltungswege fest- gesetzt. Während der Bannzeit kann der Staat auf den Schonflächen nebensäch- liche Arbeiten, die eine schnellere Konsolidierung des Bodens gewährleisten, ausführen lassen, jedoch ohne daß dadurch die Natur des Grundstückes ge- ändert wird und dem Besitzer irgendwelcher Schaden erwächst. Will der Staat über die Frist von 10 Jahren hinaus den Bann aufrecht- erhalten, so muß er die Grundstücke entweder auf gütlichem Wege oder auf dem der Expropriation erwerben. 3. Das Gesetz regelt endlich die gemeindlichen Weideverhält- nisse innerhalb der Gebiete, welche der Restauration unterworfen oder mit dem Banne belegt sind. Es haben nunmehr die Gemeinden jährlich dem Prä- fekten des Departement ein Reglement vorzulegen über den Umfang der Weideflächen, die Zahl und Gattung des Weideviehes, Anfang und Ende der Weidezeit und über die sonstigen Bedingungen der Weideausübung. Das technische Gutachten über die Zulässigkeit der von der Gemeinde geplanten Weideausübung steht der Forstverwaltung zu. Die Privaten, die übrigens wenige Weideflächen im Gebirge haben, unter- liegen dieser Reglementierung nicht; für sie gelten nur die Vorschriften über Bannlegung und Wiederherstellung der Gebirgsböden. Statistik. Die im Jahre 18386 abgeschlossenen Erhebungen erstreckten sich in den Alpen, Sevennen, Pyrenäen und in dem Zentralplateau auf eine Fläche von 3220000 ha in 1163 Gemeinden. Das Ergebnis war, daß 320000 ha in 95 Perimetern liegend unter das Gesetz fallen. Die Kosten der Erwerbung und Verbauung werden auf 204,3 Mill. Fr. geschätzt, wovon allein 70 Mill. auf Aufforstungen treffen. Bis zum Jahre 1900 wurden zum Zwecke der Wildbachkorrektion vom Staate!) bleiben noch erworben zu erwerben ha ha Bon ‚Alpen 74 Zu a nee LIshEl 108 366 in dem Zentralplateau und den Sevennen 37868 39 126 anyden Pyrenäont«sct x. ansieht, mE A95 24 825 Zusammen. . . . 162 974 172 317 Von der erworbenen Fläche waren 10406 ha bereits bewaldet, 87770 ha sind wiederbewaldet, 51243 ha sind noch zu bewalden, 13555 ha sind ungeeignet für die Bewaldung. 2) Huftel 138. 22* 340: Der Schutzwald und die Gesetzgebung. Die Kosten betragen in Millionen Franks: noch ausgegeben auszugeben für Geländeerwerb.. . . . 25,91 26,79 für Aufforstung . . . . - 20,15 für Korrektion ... . . 120 | 86,08 für sonstige Arbeiten . . 8,17 Zusammen. . . 67,14 112,87 Die ersten Wildbachverbauungen wurden vom Jahre 1845 ab vorge- nommen, dann aber infolge der politischen Ereignisse unterbrochen. Man glaubt bis zum Jahre 1945 das ganze Werk vollenden zu können. Von den im Jahre 1893 festgestellten 1462 Wildbächen waren bis 1900 654 für die Verbauung in Angriff genommen und 168 verbaut.?) Bemerkenswert ist, daß die Bevölkerungsziffer des Departements der Hochalpen immer mehr zurückgeht; sie betrug 1846 130600, 1891 115600, 1901 109500 Köpfe. Auf den Quadratkilometer trafen bzw. 24, 20, 19 Ein- wohner. Als Grund hierfür wird die wirtschaftliche Schädigung der Bevölke- rung durch die Wildbäche angegeben.?) C. Bindung der Dünen.’) Die ersten größeren Versuche zur Bindung der Dünen wurden vom Ingenieur Bremontier gemacht. Von 1787—1793 bestockte er hauptsäch- lich mit Seekiefern die Dünen von Bordeaux auf eine Länge von 4890 m. Durch diesen Erfolg ermutigt, beschlossen die Konsuln der Republik in einer V. v. 13. messidor IX (2. Juli 1801), daß die Bewaldung der Küsten der Gas- cogne nach dem Plane Br&montiers auf Staatskosten vorgenommen werden sollte. Hierfür wurde ein jährlicher Kredit von 50000 Fr. eröffnet. Im gleichen Jahre wurde die Mitwirkung der Forstverwaltung bei diesen Arbeiten angeordnet. Eine V. v. 12. Juli 1808 beschleunigte dann noch speziell die Bewaldung der Dünen im Departement „des Landes“ in der Gascogne. Gleichzeitig wurde durch eine administrative Zirkularverfügung den Prä- fekten aller Küstendepartements die versuchsweise Vornahme der Dünen- befestigung mit verschiedenen Baum- und Pflanzenarten (Sandrohr, Sandhafer, Tamariske, Ginster, Quecken usw.) empfohlen. Diese Versuche wurden mit Erfolg in den Departements du Nord, Finistere, Gard und de l’Herault aus- geführt. Mit Energie griff dann Napoleon durch das Dekret vom 14. Dezember 1810 in die Frage der Dünenbindung ein. Dasselbe hat noch gesetzliche Kraft, trotzdem es erst 1847 in das Bulletin des lois eingerückt worden ist. Seine Giltigkeit für die Gascogne wurde aber erst 1833 anerkannt. Bis dahin galt dort nur das Dekret von 1801 bzw. das nachfolgende von 1817. Nach diesem Dekrete haben die Präfekten aller Departements mit Dünen Pläne herstellen zu lassen, auf welchen die dem Staate, den Gemeinden und Privaten gehörigen und zur Bindung geeigneten Dünen kenntlich zu machen sind. Gleichzeitig haben sie Vorschläge über die Art der Bindung und den Gang der Arbeiten dem Minister vorzulegen. Dieser kann die Aufforstung anordnen. Sind die ı) Huffel 138. — ?) Huffel 130. ») Dalloz et Verg&, Code forestier 1884, 631 ff. — von Seckendorii, Die forstl. Verhältnisse Frankreichs 202f. — Puton, Code forestier 1883, 379 ff. — Huffel 149 ff. VII. Die Schutzwaldgesetzgebung (Frankreich). 341 Privaten oder Gemeinden nicht willens oder imstande zur Vornahme der- selben, so kann sie der Staat auf eigene Kosten ausführen. Dafür erhält er die Nutznießung so lange, bis die verausgabten Beträge samt Zinsen ganz gedeckt sind. Hierauf werden die Dünen den Eigentümern zurückgegeben. Dieselben haben die Anpflanzungen zu schonen und dürfen ohne staatliche Genehmigung darin keinen Holzhieb vornehmen. Zur Beaufsichtigung wer- den besondere Schutzbeamte angestellt. Die Leitung wurde der Direktion für Straßen- und Brückenbau übertragen, 1862 der Forstverwaltung für den ganzen Umfang des Staates. Für das Departement du Pas-de-Calais wurden 1813 polizeiliche Vor- schriften über Benutzung der Dünenflächen erlassen. Die Arbeiten in den Departements des Landes und de la Gironde waren eine Zeitlang ins Stocken geraten. Die V. v. 5. Febr. 1817, welche jene von 1801 aufhob, übertrug dieselben dem Generaldirektor für Straßen- und Brücken- bau unter Auflösung der bisherigen Kommissionen. Der jährliche Staats- kredit darf für beide Departements nicht weniger als 90000 Fr. betragen. Von einem zu bestimmenden Alter ab werden die aufgeforsteten Flächen dann der Forstverwaltung unterstellt. Durch V. v. 31. Jan. 1837 wurde die Forstverwaltung ermächtigt, auf 7540 ha der auf Staatskosten hergestellten Dünenwaldungen in der Gascogne die Harznutzung der Seekiefer einzuleiten und Durchforstungen vorzunehmen. Der Abtrieb der Seekiefern soll erst dann erfolgen, wenn die Harzerzeugung aufgehört hat. Die Kultur der Dünen erfolgt durch Vollsaat von Seekiefern (Pinus ma- ritima), Ginster und Dünenhafer (ein Reitgras Calamagrostis arenarea, franz. Gourbet). Die Fläche der Dünen beträgt in den Departements Nord und Somme 12200, Finistere und Morbihan 1600, Loire-inferieure, Vendee und Charente- infsrieure 13600, Gironde und Landes (Gascogne) 102000, Mittelmeerküste 980 ha. Diese Flächen sind nahezu alle mit der Seekiefer anfgeforstet.') D. Aufforstung der Landes de Gascogne, Die Landes de Gascogne,?) südlich von Bordeaux zwischen dem atlanti- schen Ozean und den Flußtälern der Garonne und des Adour gelegen und 800000 ha umfassend, sind ein fast vollständig ebenes Gebiet mit einer bis zu !/,m starken nahrungsarmen Sandschicht auf undurchlassendem Ortstein. Der Boden, im Sommer trocken und aller Quellen bar, im Winter vollständig über- schwemmt, lieferte nur Farnkräuter, Ginster und Haide, deren Ertrag kaum zur Ernährung einiger schwachen Herden genügte. Die in Holz- und Lehm- hütten wohnende dünne Hirtenbevölkerung fristete ein kümmerliches Dasein. Nachdem der Ingenieur Chambrelent für das ganze Gebiet ein Entwässerungs- projekt entworfen und im Jahre 1849 eine Probefläche von 500 ha mit See- kiefern und Eichen (Quercus tozza und occidentalis) mit Erfolg aufgeforstet hatte, folgten diesem Beispiel noch andere Grundbesitzer, so daß bis zum Jahre 1855 bereits 20500 ha urbar gemacht und aufgeforstet waren. Durch G. v. 19. Juni 1857 wurde den Gemeinden, welche teils in der Sorge um den Verlust ihrer armseligen Weiden, teils aus Indolenz der Ent- wässerung und Aufforstung ihres 35 °/, des ganzen Territoriums betragenden Besitzes sich widersetzten, anheimgegeben, die Arbeiten zur Urbarmachung und Aufforstung zunächst selbst zu übernehmen. Weigerten sie sich dessen, dann Y) Huffel 150. — °) Landes = Haide, Ödland. 349 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. sollte die Ausführung auf Kosten des Staates erfolgen, der dafür so lange im Besitze der kultivierten Gemeindegründe bleiben sollte, bis die Unkosten samt Zinsen durch den Ertrag gedeckt wären. Zur Durchführung dieser Arbeit wurde der Regierung ein Kredit von 6 Mill. Fr. zur Verfügung gestellt. Der- selbe wurde aber gar nicht angegriffen, weil die sämtlichen Gemeinden nun die Urbarmachung auf eigene Rechnung vornahmen und durch teilweisen Ver- kauf ihrer Gründe die notwendigen Summen sich verschafften. Käufer fanden sich hierfür genug. Auf diese Weise wurden von dem ganzen Gebiet 88°/, bewaldet, näm- lich 704630 ha, wovon 52147 ha dem Staate, 74132ha den Gemeinden und 578351 ha den Privaten gehören. Die weitaus vorherrschende Holzart ist die Seekiefer, die namentlich durch die Harznutzung ansehnliche Erträge liefert, in geringem Maße (13 °/,) ist auch die Eiche (Stieleiche, Korkeiche und Quercus tozza) vertreten. Die jährliche Reineinnahme pro Hektar ist zur Zeit 30 Fr. und der gesamte Wert der „Pignada“, wie der Gascogner die Seekiefernwal- dungen nennt, wird auf 500 Mill. Fr. geschätzt. Schwer haben diese kolos- salen Nadelholzkomplexe unter Waldbränden zu leiden. Im Jahre 1893 allein wurden 35589 ha durch Feuer vernichtet.!) 5. Italien. A. Schutzwaldgesetzgebung. Bei der Errichtung des Königreiches Italien im Jahre 1861 waren zwölf verschiedene Forstgesetze in Kraft, darunter jene für Lombardei-Venedig von 1811, für das Königreich Neapel von 1826, für Piemont von 1833 und 1834. Dieselben wurden schon vor dem Jahre 1861 als unzureichend befunden. Daher die Bestrebungen zu einem Waldschutzgesetz in Piemont seit 1839, in Rom 1855, in Neapel, seitens des subalpinen Parlaments 1857. Von 1862 bis 1873 standen sechs Entwürfe zu einem einheitlichen Gesetze in Beratung. Es gelang aber nur, etliche belanglose Änderungen einiger Lokalgesetze durch- zubringen, so die Revision des Forstgesetzes für die Marken und Umbrien von 1865, für Sardinien von 1873. Nach lebhaften parlamentarischen Debatten kam das Wald- sehutzgesetz?) vom 20. Juni 1877 zustande, noch unter dem ersten König Viktor Emanuel Il. Dasselbe ist ein Schutzwaldgesetz im eigentlichen Sinne des Wortes, indem es die Bewirtschaftung aller Waldungen, welche nicht in sein Bereich fallen, vollkommen frei läßt. Andererseits erstreckt es sich auf alle in sein Bereich fallenden Waldungen ohne Unterschied des Besitzers. Als Wohlfahrtswirkungen der Wälder erkennt das Gesetz nur den Einfluß an, welchen dieselben auf die Befestigung des Bodens und den Lauf der Gewässer, be- dingungsweise auch auf die Öffentliche Gesundheit ausüben. ı) von Seckendorff, Die forstlichen Verhältnisse Frankreichs, 1879, 196 ff. — Engler, Forstliche Reiseskizzen aus den Dünen und Landes der Gascogne, Schw. Z. f. F. 1902, 129 ff. — Huffel 177 ff. 2) Übersetzt von von Raesfeldt, A. F. u. J. Z. 1878, 308. — Dann Perona, ebenda 1881, 168. VI. Die Schutzwaldgesetzgebung (Italien). 343 Diese Bestimmung wurde, trotzdem der hygienische Einfluß der Wälder als nicht genügend bestätigt anerkannt wurde, in das Gesetz aufgenommen, um dem Wunsche einiger Provinzen (Rom, Bologna und Ravenna), in denen die Wälder nach der bisherigen Gesetzgebung aus Gründen der öffentlichen Gesundheitspflege schon dem Forstbanne unterworfen waren, Rechnung zu tragen. Man hatte dabei hauptsächlich die Malaria im Auge. Die Bannlegung aus klimatischen Gründen ist ausdrücklich ausgeschlossen worden. Um die Ausscheidung der Bannwaldungen zu erleichtern, wurde das Bergland in zwei Zonen geteilt, nämlich in diejenige der ober- halb der Vegetationsgrenze der Kastanie und diejenige unterhalb dieser Grenze gelegenen Ländereien. Erstere stehen prinzipiell unter dem Forstbanne, letztere nur unter gewissen Umständen. Die obere Kastaniengrenze wurde als Scheidelinie gewählt, weil über dieselbe hinaus jede andere Kultur als die forstliche auf die Dauer unausführbar ist. Nach der VV. vom 10. Februar 1878 gilt unter der Vegetationsgrenze nicht die tatsächlich gegebene, sondern diejenige, bis zu welcher die Kastanie noch gedeihen könnte. Wo die Kastanie nicht vorkommt, wird ihre obere Vege- tationsgrenze durch Analogie festgestellt. Dem Forstbann (vincolo forestale) sind unterworfen: 1. Unbedingt alle Wälder und die von Holzgewächsen entblößten Län- dereien auf den Gipfeln und an den Abhängen der Berge bis zur oberen Grenze der Kastanienzone. Letztere liegt im nördlichen Italien in einer Meereshöhe von 530—700 m, im mittleren Italien in einer Höhe bis zu 900 m, in Unteritalien in einer solchen bis zu 1200 m und in Sizilien bis zu 1500 m. 2. Unter gewissen Voraussetzungen diejenigen unterhalb der oberen Kastaniengrenze gelegenen Waldungen, durch deren Abschwendung oder Urbar- machung (disboschimento e dissodamento) a) Abrutschungen, Senkungen, Verschüttungen, Erdeinstürze und La- winen verursacht werden, : b) zum Schaden des Gemeinwesens der Lauf der Gewässer gestört wird, c) die Festigkeit des Bodens geändert wird, d) die hygienischen Erfordernisse der Gegend geschädigt werden können (Schutz gegen Malaria). Nieht unter das Gesetz fallen die terrassenförmig angelegten Ländereien sowie die Fruchtbaumanlagen, ferner die Plateaus. Der aus Gründen der öffentlichen Gesundheitspflege zu verhän- gende Bann ist nur bei bereits vorhandenen, nicht bei erst neuaufzuforstenden Waldungen infolge einstimmigen Verlangens des beteiligten Gemeinde- oder Provinzialrates und des Provinzialgesundheitsrates zulässig. Waren die be- treffenden Waldungen nicht schon kraft der bestehenden Gesetze aus hygie- nischen Gründen (Rom, Bologna, Ravenna) dem Banne unterworfen, dann muß die Gemeinde oder Provinz, welche die Bannlegung verlangt, die Grund- besitzer schadlos halten. Verboten ist in den Bannwaldungen die Abschwendung und die Urbarmachung, sowie die Fortsetzung des Ackerbaues. Letztere 344. Der Schutzwald und die Gesetzgebung. kann jedoch gestattet werden, wenn der Eigentümer die zur Ver- hütung von Schaden notwendigen Vorkehrungen trifft. Hinsichtlich der Fällungen und Kulturen ist der Waldeigen- tümer an die vom betreffenden Forstschutzkomitee aufgestellten allgemeinen Vorschriften gebunden. Diese müssen sich be- schränken auf den Zweck der Sicherung der Bodenfestigkeit und der Wiederverjüngung, sowie auf deren Erhaltung in den Fällen der öffentlichen Gesundheitspflege. Entschädigung für die gesetzlich vorgeschriebenen Einschrän- kungen der Waldbenutzung kann der Besitzer außer in den Fällen der Bannlegung aus hygienischen Gründen nicht fordern. Die Bannlegung erfolgt durch Entscheidung des in jeder Pro- vinz aufgestellten Forstschutzkomitees. Dasselbe besteht aus dem Präfekten, einem Forstinspektor, einem Techniker und aus Mitgliedern des Provinzialrates,. Außerdem wird ein Mitglied des Gemeinderates mit beratender Stimme zu den Arbeiten zugezogen, insoweit diese das Gebiet der betreffenden Gemeinde angeht. Die Ausscheidung selbst erfolgte von Amts wegen durch Ein- tragung aller Bannwaldungen in ein in jeder Gemeinde der Pro- vinz veröffentlichtes Verzeichnis. Alle Kosten fielen der Staatskasse zur Last. Zur Zeit des Erlasses des Gesetzes existierten bereits in den meisten Ge- bieten auf Grund der bisherigen Gesetzgebung Bannwaldungen. Deren Qua- lität wurde im Sinne des neuen Gesetzes von der Forstbehörde nachgeprüft und vom Komitee festgestellt. Die Bannlegung jener Waldungen, über welche dieselbe bisher verhängt war, erfolgte auf Vorschlag der Forstverwaltung, der Gemeinden und Provinzen. Innerhalb zweier Jahre nach der Veröffentlichung des Schutz- waldverzeichnisses konnte jeder Beteiligte beim Komitee ein Gesuch um Befreiung vom Banne einreichen. Die durch diese neuerlichen Erhebungen fällig gewordenen Kosten hatte der Gesuchsteller zu tragen. Auch die Entlassung aus dem Bannverhältnisse infolge ver- änderter Umstände hat das Komitee zu verfügen. Gegen alle Beschlüsse des Komitees ist seitens der Beteiligten die Berufung an den Staatsrat zulässig (letzte Instanz). Das Forstschutzkomitee entwirft in jeder Provinz die Forst- polizeivorschriften; dieselben werden vom Provinzialrat begutachtet und dem Ministerium zur Genehmigung unterbreitet. Das Gesetz regelt zugleich die Ausübung der Forstrechte in den Bannwaldungen und gesteht allen Waldbesitzern das Recht zu, dieselben durch Wald-, Land- oder Geldabfindung abzulösen. Die Ablösung von Weiderechten jedoch, die für die Berechtigten unentbehrlich sind, kann in der Schwebe belassen werden. VI. Die Schutzwaldgesetzgebung (Italien). 345 Nach den Vollzugsvorschriften können sich die polizeilichen Maßnahmen erstrecken auf Schutzmaßregeln bei der Bodenbearbeitung, Fällung der Bäume; in Hochwäldern auf die Hiebsführung (Kahl-, Plenter- und Kulissenhiebe) und die Art der Durchforstung; in den Ausschlagwaldungen auf die Verteilung des Oberholzes usw.; auf die Regelung der Waldweide, der Gewinnung der Neben- nutzungen; auf die Maßregeln gegen schädliche Insekten. Die Aufstellung von Wirtschaftsplänen wird nicht verlangt, auch nicht für Gemeindewälder. Die Kosten für das höhere Aufsichtspersonal trägt der Staat, die Forst- schutzkosten fallen mit ?/;, den Gemeinden, mit !/, der Provinz zur Last. Das G. von 1877 bedeutete gegenüber dem bis dahin gelten- den gesetzlichen Zustande keine Verschärfung, sondern eine Er- leichterung. Von der Gesamtwaldfläche im Jahre 1877 zu 3656400 ha wurden infolge des neuen Gesetzes 26418 ha oberhalb der Kastanienzone und 762634 ha unter- halb derselben, im ganzen also 800000 ha vom Forstbanne befreit. ' Im Jahre 1895 waren (amtlich): a) dem Forstbanne unterworfen Hektar über unter der Kastanienzone Walde 2922 15988007 1371.997. Buschwerk ... 200 818 159 498 SET ee 568 335 199 270 Zusammen. . 4 082 485 b) vom Forstbanne befreit Hektar über unter der Kastanienzone VEN ER 60 359 1160 923 Buschwerk ... 47 377 406 718 ar A A har - 104 965 341 696 Zusammen. . 2122 038 Von der „Waldfläche“ zu 4175846 ha unterliegen somit 2954564 ha = 70,7 °/, dem Forstbanne.!) Aus hygienischen Gründen waren 1887 in den Provinzen Rom und Ravenna 88802 ha in Bann gelegt.?) 4 B. Aufforstung der Gebirgsgründe. Die Wiederaufforstung öder Gebirgsiändereien wurde von der Regierung schon seit den 60er Jahren durch Geldunterstützungen (bis zu ?/, der Kultur- kosten an die Gemeinden) und durch unentgeltliche Verteilung von Pflanzen und Sämereien unterstützt. Auch der Alpenverein und die Gesellschaft zur Beförderung der Waldwirtschaft haben segensreich gewirkt. In 13 Provinzen wurden spezielle Aufforstungskomitees ins Leben gerufen, die Geldunter- stützungen seitens des Staates und der Provinzen erhielten. !) Schwappach, Z. £. F. u. J. 1898, 171. 2) A. F. u. J. Z. 1888, 324. Daselbst auch die Statistik für 1837, die sich von jener des Jahres 1895 kaum unterscheidet. 346 - Der Schutzwald und die Gesetzgebung. Durch Gesetz vom 4. Juli 1874 wurden die Gemeinden verpflichtet, ihre öden Gründe binnen fünf Jahren entweder zu kultivieren oder, wenn sie unter dem Forstbanne standen, aufzu- forsten oder zu veräußern unter der Bedingung der Wiederauf- forstung. Das Gesetz blieb toter Buchstabe. Das Waldschutzgesetz vom 20. Juni 1877 kennt keinen Zwang für Aufforstung von Bannländereien. Dagegen suchte das Gesetz dieses Ziel durch Expropriation seitens des Staates und der Kommunalverbände sowie durch Bildung von Aufforstungsgenossen- schaften zu erreichen. 1. Das Ackerbauministerium, die Provinzen und die Gemeinden konnten gemeinschaftlich oder jedes für sich die Bannländereien zum Zwecke der Auf- forstung expropriieren, falls die Besitzer die Aufforstung nicht selbst vor- nahmen. 2. Die Besitzer der Bannländereien wurden ermächtigt, Aufforstungs- genossenschaften zu bilden. Handelte es sich um einfache Wiederbewaldungs- arbeiten, so war die Genossenschaft ermächtigt, die Ländereien der der Ge- nossenschaft nicht beitretenden Grundbesitzer zu expropriieren, wenn die Forstkulturen ohne Teilnahme der Widerstrebenden nicht ausgeführt werden konnten. Die Expropriierenden mußten aber Eigentümer von mindestens vier Fünfteln der aufzuforstenden Ländereien sein. Wenn es sich um die Wahrung und um den Schutz gemeinsamer Rechte handelte, z. B. um die Expropriation seitens des Staates oder. der Provinzen hintanzuhalten, so konnte auf Verlangen der Mehrzahl der Beteiligten die Bil- dung der Genossenschaft von der Gerichtsbehörde verfügt werden. Die wider- strebenden Eigentümer hatten aber das Recht, sich der Genossenschaft da- durch zu entziehen, daß sie an diese ihre Ländereien um den Schätzungs- preis überließen, in welchem Falle die Genossenschaft dieselben erwerben mußte. Die Bestimmungen über die Bildung von Aufforstungsgenossen- schaften war vollständig wirkungslos geblieben, da nicht eine ein- zige Genossenschaft zustande kam. Auch der Fortgang der Aufforstungen, welche durch die speziellen Aufforstungskomitees, durch die Regierung selbst und durch Private mit Regierungsunterstützung vollzogen wurden, war ein sehr langsamer. Von 1867—1886 wurden 9350 ha aufgeforstet mit einem Kostenaufwande seitens der Regierung von 442000 Lire, der Provinzen und Gemeinden von 496000 Lire, der Privaten von 189000 Lire. Außerdem gab die Regierung 8,3 Mill. Pflanzen und 126186 kg Samen unentgeltlich ab. Die gesamte auf- zuforstende Fläche beträgt aber über 216000 ha. Um die Restaurierung der Gebirgsgründe energischer zu be- treiben, legte das Ministerium schon 1882, unter Ausmützung der günstigen Stimmung, welche die durch die Überschwemmungen von 1882 verursachten Verheerungen hervorgebracht hatten, dem Par- lamente einen speziellen Gesetzentwurf vor. Derselbe war der Vorläufer zum Gesetz vom 1. März 1888 über die Verbau- VO. Die Schutzwaldgesetzgebung (Italien). 347 ung der Wildbäche, die Aufforstung und Berasung der Gebirgsgründe und der Dünen,!) welches an Stelle des Titel II des 1877er Gesetzes trat. Das Ackerbauministerium hat ein Verzeichnis der aufzuforsten- den oder zu berasenden Flächen samt Kostenvoranschlag aufstellen zu lassen. Dasselbe wird den betreffenden Eigentümern zur Gel- tendmachung ihrer Einsprüche beim Forstkomitee der Provinz zu- gestellt. Die endgiltige Entscheidung hierüber trifft das Ackerbau- ministerium. Vom Tage der Bekanntmachung des endgiltigen Verzeichnisses an sind die Gründe dem Waldschutzgesetz von 1877 unterworfen. Die Ausführung der vorgeschriebenen Arbeiten sollen die Eigentümer selbst übernehmen und zwar, wenn sie wollen, jeder für sich allein oder gemeinschaftlich durch Bildung von Genossen- schaften. Eine solche Genossenschaft gilt als gesetzlich gebildet, wenn die Besitzer von mindestens drei Fünfteln der aufzuforstenden Fläche, deren Katastralwert mindestens die Hälfte des Gesamtwertes be- tragen muß, sich dafür erklären. Weigern sich einzelne Besitzer beizutreten und an den planmäßigen Arbeiten und Kosten teilzu- nehmen, so können sie von der Genossenschaft selbst oder von der Regierung expropriiert werden. Zu den Kosten der Aufforstung trägt der Staat bis zu drei Fünfteln bei, der Rest entfällt auf die Genossenschaften bzw. Eigen- tümer. Verweigern die Eigentümer die Bildung einer Genossenschaft oder kommen entstandene Genossenschaften ihren Verpflichtungen nicht nach und wenden sie einzelnen Widerstrebenden gegenüber ihr Enteignungsrecht nicht an, so schreitet die Regierung zur Ent- eignung und führt die Arbeiten auf eigene Rechnung aus. Die früheren Eigentümer können ihre Gründe binnen fünf Jahren nach der Aufforstung zurückfordern, wenn sie den Enteignungspreis und die Kosten der ausgeführten Arbeiten samt Zinsen der Regierung wieder zurückerstatten. Die Benutzung aller nach dem Gesetze aufgeforsteten oder berasten Ländereien richtet sich nach den Vor- schriften, welche von der Forstverwaltnng aufgestellt werden. Steuerfreiheit wird nicht gewährt. Zur Instruierung der vorzu- nehmenden Arbeiten wurde eine besondere Kommission bestellt, bestehend aus vier Ingenieuren und einem Oberforstinspektor. Das Waldschutzgesetz von 1877 bot die Handhabe zur Ein- schränkung der Viehweide in den Bannwaldungen. Fast in jeder Provinz wurden von den Forstschutzkomitees strenge Vor- ı) Perona, A.F. u. J. Z. 1888, 182. 348° Der Schutzwald und die Gesetzgebung. schriften dagegen erlassen, dieselben wurden aber einfach nicht beobachtet.!) Das G. von 1888 sucht nun diesem Übel dadurch abzuhelfen, daß es das Ministerium ermächtigt, den Eigentümern von Bannländereien im Sinne des G. von 1877, die außerhalb des Aufforstungsgebietes liegen, eine entsprechende Entschädigung zu gewähren, wenn sie auf eine zu bestimmende Zeit auf die Vieh- weide verzichten und nach Ablauf derselben sich den Bestimmungen des 1888er Gesetzes unterwerfen.”) Die aufzuforstende Fläche wurde 1888 auf 217000 ha, der Kostenaufwand auf 36,3 Mill. Frs. geschätzt. Im Jahre 1897 wurde der Deputiertenkammer ein Entwurf zur Revision des Forstgesetzes vorgelegt, der indessen infolge der vielen Abänderungsanträge bis jetzt nicht zur gesetzlichen Verab- schiedung kam.?) Um den Sinn für die Begründung und Erhaltung der Wälder in der Be- völkerung zu verbreiten, wurde 1902 beschlossen, nach dem Vorgange der Vereinigten Staaten (arbor day) jährlich in allen Gemeinden ein „Fest der Bäume“ (la festa degli alberi) als Nationalfest zu feiern. Am 31. März 1902 machte die Stadt Rom damit den Anfang, indem in Gegenwart des Königs und der Königin 4 ha aufgeforstet wurden‘) 6. Rußland. Das Waldschutzgesetz vom 4. April 1888 macht einen Unterschied zwischen Schutzwaldungen im engeren Sinne und zwischen Schonwaldungen. Die Bestimmungen über Schutz- und Schonwaldungen gelten für die sämtlichen Waldbesitzkategorien ohne Ausnahme im ganzen europäischen Rußland. Schutzwälder heißen Wälder, deren Erhaltung im Interesse des Staates oder des Gemeinnutzens notwendig ist. Sie unterliegen besonderen Schonungsmaßregeln. Als solche werden bezeichnet Wälder und Gebüsche, a) die den Flugsand zurückhalten oder vor dessen Ausbrei- tung an Meeresufern, an schiff- und floßbaren Flüssen, an Kanälen und künstlichen Wasserbassins schirmen; b) die Städte, Dörfer, Eisenbahnlinien, Chaussee- und Postwege, kulturfähiges Land sowie Nutzungen jeder Art vor Sandwehen ı) „Es herrscht leider eine allgemeine Klage darüber, wie sehr die unter dem Forstbanne stehenden Waldungen unter der ungeregelten Weide zu leiden haben, und doch selten hat ein Richter Kraft genug, die angedrohten Strafen wider die Frevler anzuwenden. Die Viehzucht sei ihre einzige Erwerbsquelle, sagen sie, und man könne ihnen die Weide nicht verbieten, ohne sie ins tiefste Elend sinken zu lassen. Perona in A. F.u. J. Z. 1888, 186. 2) A. F. u. J. Z. 1878, 303, 401; 1881, 168, 201; 1888, 182, 324. 5) Näheres teilt Schwappach in Z. f. F. u. J. 1898, 166 und 1902, 682 mit. — *) Österr. F. 1902, 271. VI. Die Schutzwaldgesetzgebung (Rußland). 349 schützen, oder deren Vernichtung die Bildung von Flugsand be- günstigen könnte; e) die den Ufern schiffbarer Flüsse, den Einfassungen der Kanäle und Wasserquellen Schutz vor Zusammensturz, Unter- waschung und vor Beschädigung durch Eisgang gewähren; d) die auf Bergen, jäh abschüssigen Flächen und auf Ab- hängen 'stehend, Erd- und Felsstürzen vorbeugen oder Widerstand leisten, sowie das Wegspülen des Erdreichs, die Bildung von La- winen und reißenden Sturzbächen verhindern (Art. 4). Als Schutzwälder im engeren Sinne werden mithin jene Wal- dungen bezeichnet, deren Erhaltung zur mechanischen Befestigung des Bodens und zum Schutz gegen Bergstürze notwendig ist. Die Schonwaldungen — den Ausdruck selbst gebraucht das Gesetz nicht direkt — sind jene Waldungen, die zum Schutze der Quellgebiete, des oberen Laufes der Flüsse und deren Zuflüsse dienen (Wasserschutzwaldungen). Die forstpolizeiliche Stellung der- selben liegt zwischen jener für die Schutzwaldungen und für die Niehtschutzwaldungen. Verboten ist für Schutzwälder die Rodung. Die Bewirt- schaftung derselben hat nach einem Wirtschaftsplan zu erfolgen, in dem die Vornahme von Kahlhieben verboten und die Reihen- folge der Hiebe und die Verjüngung auf natürlichem Wege vor- geschrieben werden kann.') Ferner kann verboten werden das Stockroden, das Viehweiden, das Streusammeln und jede andere zur Verwüstung des Waldes beitragende Waldnebennutzung. Die den Bauern in Polen bestätigten Servitutsrechte werden jedoch durch diese Einschränkungen nicht berührt. Gesetzlich gelichtete oder gerodete Waldflächen müssen wieder aufgeforstet werden, eventuell zwangsweise; zudem Geldstrafen. Für die Schonwälder gelten hinsichtlich der Rodung, der Waldverwüstung, der Aufforstäang und der Viehweide die für alle Niehtschutzwaldungen geltenden Vorschriften. Das Forstschutz- komitee kann aber noch besondere Anordnungen treffen und namentlich die Rodung ganz verbieten oder auch zulassen, wenn dieselbe bei der Gesamtgröße der Waldung und in dem von dem Besitzer angegebenen Umfange dem Wasserreichtum der Quellen keinen Abbruch tun kann. 1) Für die Anfertigung von Plänen speziell in Schutzwäldern erging eine Instruktion vom 22. März 13889. Darnach werden in Nadelholzwäldern Kahl- hiebe bedingungslos verboten und ausschließlich nur Plenterhiebe gestattet. In besonders wichtigen Schutzwaldungen soll die Holznutzung auf die Ge- winnung des Dürrholzes und der zur Sicherung der natürlichen Verjüngung wegzunehmenden Bäume beschränkt werden. 350 ° Der Schutzwald und die Gesetzgebung. Die Erklärung der Schutz- und Schonwaldungen erfolgt durch das in den Gouvernements und Kreisen eingesetzte Forst- schutzkomitee. Dasselbe steht unter dem Präsidium des Gou- verneurs und besteht der Regel nach aus dem Adelsmarschall, einem Mitglied des Bezirksgerichts, zwei Forstbeamten usw., sowie aus zwei von der Landschaftsversammlung aus der Zahl der orts- angesessenen Waldbesitzer erwählten Mitgliedern, im ganzen aus 10 Mitgliedern. Dieses Kollegium entscheidet durch Stimmenmehrheit. Organe der Schutzkomitees sind die Beamten der Kronsforsteien, der Polizei und der Kreisbehörden für Bauernangelegenheiten. Alle Anordnungen des Forstschutzkomitees treten vom Tage ihrer Veröffentlichung oder Zustellung an den Waldbesitzer ab in Kraft, auch wenn gegen dieselben Beschwerde beim Domänen- minister (binnen zwei Monaten) erhoben wird. Das Recht der Antragstellung auf die Festsetzung der Schutzwald- oder der Schonwaldeigenschaft haben aus eigener Initiative die Gouvernements- und Kreislandgerichte, die Verwal- tungen des Kommunikations-Ministeriums und die Ressorts der Apanagen und der Reichsdomänen. Privatpersonen und Gesell- schaften, die an der Schonung und Erhaltung der Waldung ein Interesse haben, haben eine darauf bezügliche Eingabe an die ge- nannten Verwaltungen und Behörden zu richten, die dieselbe an das Forstschutzkomitee weiter geben (Art. 30.) Nur jene Waldungen oder Teile von solchen, die tatsächlich nach der vorgeschriebenen Ordnung als Schutzwaldungen erklärt worden sind, unterliegen den hierfür geltenden Vorschriften. Jeder Entscheidung durch das Forstschutzkomitee, ob ein Wald als Schutz- wald oder als Schonwald zu bezeichnen sei, hat eine örtliche Untersuchung des Sachbestandes durch Beamte der Kronsforsteiverwaltung vorauszugehen, Dem Waldbesitzer ist von dem Termin sieben Tage vorher schriftlich Kennt- nis zu geben. Wegen Nichterscheinens des Waldbesitzers oder seines Ver- walters erleidet die Untersuchung keinen Aufschub. Über den Befund wird ein Protokoll aufgenommen. Der Waldbesitzer hat das Recht, zu demselben innerhalb 30 Tagen ein Gegengutachten abzugeben. Nach Ablauf dieser Frist schreitet das Forstschutzkomitee zur mündlichen Verhandlung, zu welcher auch der Waldbesitzer zur Geltendmachung seiner Ansprüche eingeladen wird. Die Beschlüsse des Schutzkomitees können vom Waldbesitzer auf dem Be- schwerdeweg angefochten werden. Sie werden in der Gouvernementszeitung oder in den Kreisblättern dreimal veröffentlicht. Wenn es sich um Schonwaldungen handelt, werden die Waldbesitzer zur örtlichen Untersuchung des Sachverhaltes nicht persönlich beigezogen, er- halten aber Kenntnis von der Einleitung des Schutzwaldverfahrens und können ihre Einwürfe geltend machen. Der weitere Verlauf der Verhandlung ist der gleiche wie bei den Schutzwaldungen. Haben die Beschlüsse des Komitees betreffs eines Schutzwaldes Rechts- kraft erlangt, so haben die Forstbeamten der Kron- oder Apanagenverwaltung auf Rechnung der Reichsrentei einen Forstwirtschaftsplan auszuarbeiten, der VII. Die Schutzwaldgesetzgebung (Norwegen). 351 dem Waldbesitzer zur Anbringung seiner Einwendungen zugestellt wird, aber ungeachtet dessen vom Tage der Zustellung ab für ihn verbindlich ist. Der Plan unterliegt der Bestätigung des Forstschutzkomitees. Der Besitzer von Schonwaldungen ist nicht verpflichtet, einen Forstwirt- schaftsplan aufstellen zu lassen. Tut er es freiwillig, dann kann er wie jeder Waldbesitzer denselben dem Forstschutzkomitee zur Bestätigung — und zu seiner eigenen Sicherstellung — vorlegen. Das Forstschutzkomitee kann alle zur Pflege der Schutz- wälder nötigen forstwirtschaftlichen Maßregeln treffen. Wenn die Ausführung derselben besondere Kosten verursacht und diese der Besitzer nicht selbst übernehmen will, dann hat das Domänen- ministerium das Recht, die Waldungen der Gesellschaften, Anstalten und Privatpersonen als Kroneigentum zu erwerben. Den Besitzern bleibt auf zehn Jahre das Rückkaufsrecht gewahrt unter Erlegung der gezahlten Kaufsumme, der aufgewendeten Kosten und der jähr- lichen Zinsen zu 6°/, für beide Summen. Alle Schutzwaldungen sind von Staatsabgaben sowie von land- schaftlichen Grundsteuern befreit; ebenso alle neuangelegten Wald- flächen auf einen Zeitraum von 30 Jahren von Beginn der Auf- forstung ab, wenn dieselbe nicht als Ersatz für andere gerodete Flächen gleicher Größe erfolgt. Ende des Jahres 1899 war der Forstschutzdienst in den sämtlichen 66 Gouvernements des europäischen und asiatischen Rußlands und des Kaukasus eingerichtet. Darunter fallen 2425 Schutzwaldungen mit 547723 Deßj.,!) 642 Wasserschutzwaldungen mit 639466, Privat- und Kommunalwälder mit 35810000. Von letzteren wurden 6015 Waldkomplexe mit 6,6 Mill. Deßj. nach den vom Waldschutzkomitee aufgestellten Wirtschaftsplänen bewirtschaftet. 7. Norwegen. Die Schutzwaldfrage wurde durch das G. vom 20. Juli 1893 in Angriff genommen. Das Verfahren ist folgendes: Das Ministe- rium macht auf Vorschlag der Forstbehörde der Kreisversammlung (Amtsthing, bestehend aus den Bürgermeistern der einschlägigen Gemeinden) die Mitteilung, daß in ihrem Bezirk Schutzwaldungen vorhanden sein sollen. Die Kreisversammlung entscheidet nun darüber, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des Schutz- waldgesetzes gegeben sind und in welchen Gemeinden. Die betreffenden Gemeinden beschließen dann endgiltig darüber, welche Waldungen Schutzwaldungen sind. Der Forstbeamte hat daraufhin ein Reglement für die Behandlung dieser Waldungen auszuarbeiten und der Gemeinde zur Genehmigung vorzulegen. Das gutgeheißene Reglement bedarf noch der königlichen Bestäti- gung. Die Kosten des Verfahrens trägt der Staat. Die Entschä- 1) 1 Deßjätine — 1,0925 ha. 352° Der Schutzwald und die Gesetzgebung. digungsfrage ist im Gesetz nicht berührt. Neuaufforstungen können erzwungen werden. Da die Schutzwaldlegung lediglich von dem guten Willen der Gemeinden abhängt, ist es nicht zu verwundern, daß das Gesetz bis jetzt keine großen Erfolge aufzuweisen hat. Die Kosten für die Beaufsichtigung der Schutzwaldungen werden je zur Hälfte vom Staat und von der Gemeinde bestritten. Die Anstellung des Aufsichtspersonals obliegt der Gemeinde. 8. Serbien. Nach dem Forstgesetz vom 30. März 1891 und den hierzu erlassenen Novellen (2. August 1898, 26. Januar 1900, 16. Mai 1902, 23. März 1904) unterliegen die Privatwaldungen der staat- lichen Aufsicht, wenn sie sich auf Gebirgsabhängen befinden, von denen starke Winde und Stürme ausgehen, oder wenn sich diese Waldungen auf steinigen Bergen, Abhängen, Geröllen befinden, wo die Bäume den starken Abfluß des Wassers, Abspülungen, Fortschwemmen von Erdreich, Entstehen von Wasserrinnen und Überschwemmungen verhindern, sowie endlich, wenn die Waldungen auf unbeständigem oder Morastboden oder Flugsand liegen. Wal- dungen, welche nach Erlaß dieses Gesetzes von Privatbesitzern nach den Anweisungen und unter Aufsicht von Kreisförstern auf- geforstet werden, sind für zehn Jahre steuerfrei.') 9. Spanien. In Spanien wurde unterm 11. Juli 1877 ein Gesetz über die Wiederauf- forstung, den Schutz und die Verbesserung der Gemeindewaldungen erlassen. Das Gesetz ist kein eigentliches Schutzwaldgesetz, sondern bezweckt nur, wie sein Titel sagt, die bessere Pflege der Gemeindeforste und die Wiederauf- forstung der öde gewordenen Gemeindegründe. Letztere hat nach den An- gaben der Forstingenieure zu erfolgen, die durch Anlegung von Pflanzgärten und Samendarren für das nötige Kulturmaterial zu sorgen haben. Auch be- züglich der Regelung der Forstrechte, die schon durch ein G. v. 1863 einge- leitet wurde, und der zur Erhaltung der Wälder geeigneten Maßregeln haben sie Vorschläge zu machen. Als Aufsichts- und Vollzugsorgane wurden 400 Subalternbeamte (Capataces de cultivos, Kulturaufseher) von Staats wegen be- stellt. Dieselben haben die Forstkulturarbeiten zu leiten, das zur Fällung be- stimmte Holz nach Anleitung der Forstingenieure anzuweisen, den öffentlichen Holzverkäufen anzuwohnen, die Weidenutzung zu überwachen, alle über die Grenzen der Zulässigkeit hinausgehenden Waldnutzungen zur Anzeige zu bringen und überhaupt den ganzen Forstschutz auszuüben. Die Ausgaben für die Wiederaufforstung und den Schutz werden vom Staate getragen. Die Gemeinden haben aber von allen in ihren Waldungen anfallenden Nutzungen, ausgenommen die Weide und die Mast, den Betrag von 10°/, an die Staatskasse abzuführen.?) ') Berichte üb. Handel u. Industrie 1904, 569. — 9) A.F.u.J.Z. 1878, 271. Achtes Kapitel. Privatwaldwirtschaft. I. Bedeutung und Verteilung der Privat- waldungen. 1. Privatwirtschaftliche Bedeutung. Die wirtschaftliche Stellung, welche der Wald im Privatbesitz einnimmt, ist verschieden, je nachdem es sich um den Großwald- besitz oder um den bäuerlichen Waldbesitz handelt. Der Großwaldbesitz bildet ein selbständiges Vermögens- und Erwerbsobjekt, welches in der Regel mit dem übrigen Grund- besitz des Waldbesitzers und dem damit verbundenen landwirt- schaftlichen Betrieb keinen oder nur einen sehr losen Zusammen- hang hat. Der Wald dient hier zur sicheren Kapitalanlage und hat die Bestimmung, dem Besitzer ein jährlich ungefähr gleich- bleibendes Einkommen zu sichern. Wenn die Verzinsung dieses Kapitales in vielen Fällen auch hinter der von Kapitalanlagen anderer Unternehmungen zurückbleibt, so erhält der Waldbesitzer für diesen Ausfall einen vollwertigen Ersatz in der Sicherheit der Kapitalanlage, in der Gleichmäßigkeit des Rentenbezuges, in der Bequemlichkeit der Vermögensverwaltung (kein lebendes Inventar, keine Betriebsgebäude, keine Dienstbotenfrage), abgesehen von sonstigen Vorteilen materieller und affektiver Natur (Jagd, soziale und politische Stellung des Großgrundbesitzers). Dazu kommt, daß der Wert des Waldes und das daraus erzielbare Einkommen im Laufe der Zeiten wächst. Wenn große Vermögen in Grundbesitz festgelegt werden sollen, dann muß in erster Linie auf die Waldwirtschaft zurückgegriffen werden, weil diese allein auf verhältnismäßig kleiner Fläche große Kapitalanhäufungen gestattet. Die rentierende Kapitalanlage in landwirtschaftlichen Gütern findet ihre Grenze in jener Flächen- Endres, Forstpolitik. 23 354 ° Privatwaldwirtschaft. größe, über die hinaus dem Besitzer der wirtschaftliche Überblick wegen des dazu erforderlichen Betriebsapparates nicht mehr mög- lich ist. Die Landwirtschaft ist auf die Person des Besitzers zu- geschnitten, wenn alle darin angelegten Kapitalteile in dem höchst- möglichen Maße ausgenützt werden sollen. Der forstliche Betrieb dagegen erfordert in ungleich geringerem Maße das persönliche Eingreifen und die eigene Mitwirkung des Besitzers. Mit verhält- mäßig wenigen Beamten können forstliche Millionenvermögen gut und sicher verwaltet werden. Über den bedeutendsten Großwaldbesitz im Deutschen Reich liegen folgende Angaben vor:') Königlich preußisches Kron- und Hausfideikommiß 75319ha. — Fürstlich Hohenzollernsches Hausfideikommiß 55000 ha. — Fürst zu Stolberg-Wernigerode 48116ha. — Fürst von Pleß 41820 ha. — Herzog von Anhalt 39275 ha. — Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen 35666 ha. — Stadt Görlitz 33133 ha. — Fürst von Fürstenberg 31713 ha. — Reichsgraf Schaffgotsch-Warmbrunn 30342 ha. — Herzog von Ratibor 29561 ha. Aus den angegebenen Gründen spielt auch der Wald im Fideikommiß- besitz eine hervorragende Rolle. Nach den Erhebungen des Jahres 1900 be- trug die Fläche der Fideikommißforsten: Prozent Prozent Staat Forstfläche der der Provinz Gesamt- Privat- forstfläche | forstfläche ha ProuBeu.n). uw laer A 1031 932 12,5 24,6 Böhlesien 1 (wi... ra 333 038 28,6 37,6 Brandanburg . ..--Iezesaie aan a 155 756 11,7 21,8 u 88 390 15,6 21,9 BoBsuuriikt nr. Sopran 78 383 13,7 21,3 Backbeni.. 38 Zur. Er ea, 77 376 14,4 26,4 DontHaen 3.0774: 53 226 8,6 14,9 Hessch-Nuasan I. NR 49 308 7,9 52,0 Oetgeanlan ii ln Ar 43 568 6,8 19,9 Rhamlard .. 15.5 u eigen 41 318 4,9 12,9 ANBECHROUGERN. ., 0 0.60 3 on ee 39 156 7,0 20,4 Hauhörer "UN. 0 ZAHHR 31 465 4,7 12,1 Schleswig-Holstein . ...... 26 467 21,0 35,9 Höhennollai 2. ..,2%% = + 14 482 37,2 79,2 Te er 130 727 5,8 10,4 a a a N a 36 018 9,4 20,4 Wirkisuiberg (2.40. Wi al kon 79 719 13,3 38,6 Baden. IV rn 54 746 9,6 29,3 Hossbn. 7.5. 3 ish usa Be Vest 54 295 22,6 68,9 Mecklenburg-Schwerin . . . 2... 25 538 10,8 26,9 Bachsen-Weimar . BD... 7.111501 3 894 4,2 12,3 Mecklenburg-Strelitz . . . 2... 13 057 21,0 88,8 BrsonsöhWig, .. 20,02 0 were 2 350 2,1 25,2 ») Mitt. d. deutschen Forstv., 1. Jahrg. 1900, 24. I. Bedeutung und Verteilung der Privatwaldungen. 355 Prozent | Prozent Staat Forstfläche der der Provinz Gesamt- Privat- forstfläche | forstfläche ha Sachsen-Meiningen. .. . 22... 130 0,1 0,0 BSachsen-Altenburg . . ....... 1030 2,9 6,4 Sachsen-Koburg-Gotha . . . .... 2 930 4,9 28,8 2 Ar De A tete 2582 4,5 20,9 Schwarzburg-Sondershausen . . . . 1 954 7,3 59,6 Schwarzburg-Rudolstadt . . . . . . 572 1,4 3,6 SP a RE 472 1 0,8 ER NER 7 0,0 0,0 2 0 a Ps BER REER EIREERE 1059 3,4 8,1 Schaumburg-Lippe Re A 3 0,0 1,5 en. 5 3 649 10,9 26,1 Übrige le sat — — -- Deutsches Reich . .. ..:.... 1 446 664 10,4 22,2 In Preußen entfielen Ende 1899 von der Gesamtfläche des Staates mit 34,86 Mill. Hektar auf Fideikommisse 2,14 Mill. Hektar oder 6,14°/,. Von diesem Fideikommißareal ist beinahe die Hälfte, nämlich 45,8°/,, bewaldet, d. s. 12,5°/, des preußischen Waldbestandes. Das Bewaldungsprozent der preußischen Monarchie betrug 1900 nur 23,7 0],. In Bayern bestanden 1902 im ganzen 163 Fideikommisse (einschließlich der Lehenfideikommisse) mit 169428 ha Gesamtgrundfläche, d.s. 2,23 °/, der 7,59 Mill. Hektar großen Gebietsfläche des Königreiches. Von der Fidei- kommißfläche sind 94372 ha bewaldet, d.s. 55,7 °/,. In der Pialz gibt es keinen Fideikommißbesitz. In Österreich umfassen (1898) die 297 Fideikommißgüter 1,20 Mill. Hektar, d. s. 4°], der Landesfläche. Hiervon sind 790000 ha oder 66 °/, der Fideikommißfläche Wald. In den einzelnen Kronländern nimmt der Fideikommißwald von der Fideikommißgesamtfläche ein: Krain 91°/,, Oberösterreich 84, Bukowina 81, Kärnten 74, Mähren 72, Schlesien 71, Steiermark 68, Niederösterreich 64, Böhmen 62) Tirol und Vorarlberg 57, Galizien 45, Küstenland 40, Dalma- tien 15, Shiebäre nicht nachweisbar. !) Die Bedeutung des bäuerlichen Privatwaldbesitzes ist eine wesentlich andere. Für den bäuerlichen Grundbesitzer bildet der Wald zunächst eine Sparkasse und ein Reservekapital, welches ihm über die Zeiten der Not und erhöhten Geldbedarfes hinweg- hilft, den Kredit erhöht und die Möglichkeit gewährt, bei Erb- auseinandersetzungen eine Überschuldung und Zertrümmerung des Hofes hintanzuhalten. Ist die Waldfläche für die Erfüllung dieser Aufgaben zu klein, dann steht sie ganz im Dienste der Hauswirt- schaft und der Landwirtschaft. Das Ziel der Holzzucht ist haupt- sächlich auf die gelegentliche Gewinnung von Brennholz und 1) Österr. V. 1901, 112. 23* 356 - Privatwaldwirtschaft. Ökonomiehölzern gerichtet; in erster Linie steht aber, namentlich in Gegenden mit armen Böden, die Streunutzung. Vom volkswirtschaftlichen Standpunkte aus ist gegen diese Zweckbestimmung der Forsten nichts einzuwenden, wenn die auf Gewinnung von Nebennutzungen gerichtete Wirtschaft dem Wald- besitzer ein größeres direktes oder indirektes Einkommen gewährt als die Holzzucht. Wollte man die Nebennutzungen, weil forst- technisch oft schädlich, gesetzlich ganz einschränken, so würden Neuanlagen von Privatwäldern nicht mehr gemacht werden und die vorhandenen für den Besitzer totes Kapital sein. 2, Die mit landwirtschaftlichen Betrieben verbundenen Forste. Gelegentlich der Berufszählung vom 14. Juni 1895 wurden auch Erhebungen darüber gepflogen, welche landwirtschaftlichen Betriebe mit Forstwirtschaft verbunden sind. Indem bezüglich dieser Erhebungen auf das früher ($. 19 ff.) Gesagte verwiesen wird, ist hier nur hervorzuheben, daß die statistisch angeschriebenen landwirtschaftlichen Betriebe wohl in ihrer überwiegenden Mehr- zahl, aber doch nicht ausschließlich, Privatbetriebe sind. Mit den Ergebnissen der landwirtschaftlichen Betriebsstatistik vom 5. Juni 1882 sind die der 1895er Statistik nicht vergleichbar, weil die Fragestellung bei beiden Erhebungen eine verschie- dene war. A. Deutsches Reich. Über das Gesamtresultat der 1895er Statistik gibt die nach- folgende Tabelle Aufschluß. Die landwirtschaftlichen Betriebe des Deutschen Reiches mit Forstland im Jahre 1895. Ks Von diesen haben der - neben landwirt- Gesamt- Hiervon ist landwirt- schaftlich fläche forstwirt a ti h Größenklasse benutztem auch ae ee schaft- RE LTE 1895 benützt lichen i E Rene liches Land Anzahl | 9% ha ha | % unter Q,lar 663 1 | 0,15 3,3 0,0 0,00 0,1—2 ar 16 223 571 0,75 3145 1458 | 46,36 2—5ar 212 331 1 748 0,82 25 801 15 614 | 60,52 5—20 ar 748 653 9 060 1,21 146 027 46 900 32,12 20—50 ar 815 047 20 128 2,47 347 736 61 870 17,79 50 ar—1ha 676 215 36 271 5,36 617 416 107 894 17,47 lha—2ha 707 235 | 79998 | 11,31 | 1275 786 179 297 14,05 I. Bedeutung und Verteilung der Privatwaldungen. 357 TR | Von diesenhaben a : der TEN Gesamt- Hiervon ist = landwirt- 2 fläche forstwirtschaftlich Größenklasse haft- benutztem auch 1895 benützt = - forstwirtschaft- en ichen liches Tand Betriebe KRONE Anzahl | %, ha ha | 0, 2ha—3ha 448333| 81050 | 18,08] 1401233 202 492 | 14,45 3—4 323 8855| 75408 | 23,28| 1381338 | 166172 | 12,03 2 244100) 66290 | 27,16 | 1359495 178196 | 13,11 5—10 605 814 | 213063 | 35,17 | 5355 138 739309 | 13,81 10—20 392 990 | 187492 | 47,71] 7182522 | 1110968 | 15,47 20—50 239643 | 127231 | 53,09 | 9459240 | 1522042 | 16,09 50—100 42124| 19765 | 46,92 | 3697 961 675 788 | 18,28 100—200 11 250 5125 | 45,56 | 2349 284 677 909 28,86 200—500 9631 5571 | 57,84 | 4221 820 890 859 | 21,10 500-1000 3 608 2597 | 71,98] 3301118 | 706919 | 21,41 1000. und mehr 572 459 | 80,59 | 1159674 | 298589 | 25,75 Zusammen . . 5558 317 | 931 834 | 16,76 43 284 742 | 7582 276 | 17,52 Daraus ergibt sich folgendes: 1. Die Zahl jener landwirtschaftlichen Betriebe, welche auch Waldungen besitzen, nimmt mit der Größe der landwirtschaftlichen Betriebe zu. 2. Von der Fläche der einzelnen Betriebe, welche auch Wald haben, nimmt die Waldfläche einen um so höheren Prozentsatz ein, je größer dieselben sind. (Be- waldungsprozent der landwirtschaftlichen Betriebe.) Eine anscheinende Ausnahme ‘von dieser Regel ergibt sich nur in der Größenklasse bis zu 3ha. Dieselbe rührt davon her, daß die Einreihung der Betriebe in die einzelnen Größenklassen lediglich nach der landwirtschaftlich benutzten Fläche erfolgte. Betriebe, die zwar ein ausgedehntes Waldland, aber nur geringfügige landwirtschaftlich benutzte Fläche umfassen, wurden daher in die betreffende niedrigste Größenklasse eingereiht. Je größer mithin die landwirtschaftlichen Betriebe sind, um so mehr kommt der Waldbesitz zur Geltung, der statistische Be- weis dafür, daß die Vermögensanlage in landwirtschaftlich benutz- tem Lande allein bald eine Grenze findet. Von den 5"/, Millionen landwirtschaftlichen Betrieben des Deutschen Reiches besitzen 16,76°/, Wald; einen höheren als diesen durehschnittlichen Prozentsatz weisen aber schon jene Betriebe auf, die mehr als 2 ha Gesamtfläche umfassen. Dieselben machen 42°/, aller landwirtschaftlichen Betriebe aus. — Das Bewaldungsprozent der Gesamtfläche der landwirtschaftlichen Betriebe beträgt im Deutschen Reiche 17,52°/,. Dieser Durchschnittssatz wird erst von den Betrieben mit mehr als 50 ha Gesamtfläche übertroffen. 358 - Privatwaldwirtschaft. Zieht man die landwirtschaftlichen Betriebe auf fünf Größen- klassen zusammen, so ergibt sich folgendes Verhältnis: Zahl der Iondwire. Vondiesen| Gesame |Vondiser Größenklasse geoez ac a fläche sind Wald Tausend fo 1000 ha %, unter 2ha 3 236 4,6 2416 17,1 (Parzellenbetriebe) 2—5 ha 1 016 21,9 4142 13,2 (kleine bäuerliche Betriebe) 5—20 ha 999 40,1 12 538 14,8 (mittlere bäuerliche Betriebe) 20—100 ha 282 52,2 13 157 16,7 (größere bäuerliche Betriebe) 100 ha und mehr 25 54,9 11 032 23,3 (Großbetriebe) Zusammen... . 5558 | 16,8 43 285 17,5 B. Die einzelnen Bundesstaaten. Unter den deutschen Bundesstaaten steht dem Prozentverhält- nis nach Bayern mit der Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die mit Waldbesitz verbunden sind, weit obenan, nämlich mit 42°/,. Diese haben ein Bewaldungsprozent von 22,5. In Ober- bayern, Niederbayern und Oberpfalz besitzt mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe auch Wald, in Oberfranken und Mittelfranken nahezu die Hälfte, in Unterfranken und Schwaben ein Drittel, in der Pfalz nicht ganz ein Fünftel. Im gleichen Sinne bewegen sich die Bewaldungsprozente der Regierungsbezirke. Die durchschnittliche Waldfläche, welche auf einen mit Forstwirt- schaft verbundenen landwirtschaftlichen Betrieb entfällt, beträgt 4,9 ha. Diese Ziffer wird nur von Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz überschritten. In Württemberg haben 23°/,, in Baden 19°/,, in Elsaß- Lothringen 16°/, aller landwirtschaftlichen Betriebe auch Wald; das Bewaldungsprozent der Gesamtfläche derselben beträgt bzw. 19,8, 22,0, 12,4°/,, die Durchschnittsgröße dieser Waldflächen 4,3, 5,0, 3,0 ha. In Preußen besitzen nur 12°/, der landwirtschaftlichen Be- triebe Waldungen mit einem Bewaldungsprozent von 16,3 und einer durchbschnittlichen Waldfläche von 11,5 ha. Die Zahl der mit Waldwirtschaft verbundenen Betriebe ist also relativ geringer als in Süddeutschland, die auf einen Betrieb entfallende Wald- I. Bedeutung und Verteilung der Privatwaldungen. 359 fläche aber bedeutend größer. Auch hier zeigt sich der große Unterschied hinsichtlich der Grundbesitzverhältnisse zwischen dem Osten und Westen der Monarchie. Während z.B. in Westpreußen auf einen mit Forstwirtschaft verbundenen Betrieb 33 ha Wald kommen, beträgt diese Ziffer im Rheinland nicht ganz 3 ha. Das Nähere ergibt sich aus den folgenden Tabellen. Die landwirtschaftlichen Betriebe mit Forstland in den Bundesstaaten im Jahre 1895. Anzahl A Auf einen : Fläche der \ mit Forst- Staaten der Hiervon | Jandwirt- ‚Hiervon | Jand ver- da a haben schaft- sind bundenen e en] Wald | lichenBe- | Wald | Betrieb Landesteile ap triebe trifft eine Walze Waldfläche ausend %, 1000 ha %, von Hektar | EEBmBen. .. ...... 3 308 12,1 28 480 16,3 11,5 Ostpreußen .. . . 227 7,6 3189 12,7 23,4 Westpreußen ... 158 5,6 2 156 13,6 33,2 Brandenburg ... 285 16,6 3291 26,3 18,3 Emma .. - .". 181 7,1 2 642 15,2 31,2 Ba, 1... 206 7,3 2 603 14,6 25,3 Schlesien ... . . 375 11,4 3 449 21,3 17,1 Baehsen-. >... .; 308 8,8 2129 15.1 11.9 Schleswig-Holstein . 135 | 1 658 4,5 ni Hannover. .... 345 11,5 2877 10,5 7,6 Westfalen... .. 343 13,7 1 640 21,2 7,4 Hessen-Nassau . . . 212 8,5 960 19,1 10,2 Rheinland .... 519 21,2 1811 17,5 2,9 Hohenzollern . . . 12 | 35,6 74 12,0 2,1 Bern )...... 664 41,6 5 946 22,5 4,9 Oberbayern . .. . 92 52,8 1341 24,6 6,8 Niederbayern ... . 82 54,0 946 25,4 5,4 2 106 18,5 380 16,2 3,1 Oberpfäln ... . . . 64 59,1 771 29,3 9,9 Oberfranken... . 70 46,2 548 23,2 3,9 Mittelfranken . . . 69 47,2 603 24,0 4,4 Unterfranken .. . 96 32,4 585 17,8 3,3 Schwaben . .... 83 34,8 a1 13,8 3,7 SE 194 19,0 1 345 22,4 8,2 Württemberg 2% 307 22,6 1499 19,8 4,3 2 a a IE 236 19,0 1012 22,1 5,0 RE RE 134 9,9 571 21,9 9,5 Mecklenburg-Schwerin 97 4,5 1144 15,8 41,8 Sachsen-Weimar.. . . 42 21,6 290 17,7 5,6 Mecklenburg-Strelitz . 18 4,3 208 12,3 33,4 Braunschweig . . . . 58 3,7 254 1,9 9,3 Elsaß-Lothringen . . 232 16,2 899 12,4 3,0 Deutsches Reich . . 5 558 16,8 43 285 17,5 81 1'2a | z101 | 0'61 66#1 92% | 208 GFer |0'6T | F6l 08787 | T'zI | gogg | veuuesuz rır |or |Tegizrolree or |eselgriol gigr \szı |gFe\gz/ol z'se |s6T |8‘89 Ieg'o| ga |zgg6 |2'ee| 08 |yew pun 01 size les |1sr iszolstıe |9r |0o's9 Isrol zrı |99 |6‘9e s'se |vog |gias|ıe | viaı |Fesa |2'Hr| ge 00108 8'og Igıı | rer | gel s’aa |s98 |6'er | er 68T |gre |8'89 68 06er Teer lısıg |6Er| 9eı 0°—03 v8 ser I619 | F6lorız |gge \eizalsı | zT |seg |9'89 618 | 8891 | 2'22 \168 | KIT |z68E |s'eg| FIz 0801 o'6ı |ors |6erlız |s’zr isee |zerise | 82 |ısı \c’ar 621 6811 | Fe \szı | 0°T1 |s2ıa |e'92| sıg 01-8 E rer |198 |6°88169 |sfır lzıe Irız|#8 |oFe |rcı [eig LLT 212 0'681 S9ı | Yıı | IEIZ |F/9L | 828 oz 2 es Ir Ivzılar |Tezg |s6 \e’erlos |6’ee l9F 196 861 |zsT |6°08|08 | 2TT |202 |%6 | 668 ug | = ve Ige |9r Ies |eTe iz9 9% \zorieierlıa |zre TER. asT I Tı gez |7E9 |1% | 6H9T | UL aoyım - %o % % %o N % %o | %o 0% 0% E E E m) = E o) E B 0) E 5 ) E BE Q E ErT AH Me a a n- ı|9>» eyorLd else else lan se Eile Be zelEils Sole Eis | S.2|sc|EE| com E. BE -E BE u: EE =E BE B. 2; ”E BE B BE "E BE ”n 5 ”E 2 E |-sq yoryeyos - ® 8 Be $ ® = & fe 2 & S| a ® 8 -AIAPUBT ıop uopeg SıaoqweyganMm uesyoeg uıeieg uognoaq u 5 u og 'G68T SU9pog U9Iz4nNuagq YOITIFEYUOSIAIMPURT SOp UOSSTIYUAFTQAH yOBUu U9P9LIy9s9PSsnE ‘PUR]ISIO,T IJIW 9Aq9TLIIET UOYOIJIJEY9SIJAIMPUR] 9Id 360° II. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privatwaldwirtschaft. 361 II. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privat- waldwirtschaft. 1. Übersicht. Die Beschränkungen der Privatwaldwirtschaft beziehen sich da, wo solche überhaupt bestehen, in erster Linie auf die nur be- dingt zugelassene Rodung und auf das Verbot der Waldverwüstung. Die früher in den meisten Forstordnungen aufrechterhaltene Vor- schrift, daß zur Fällung des Holzes im Privatwald die besondere forstpolizeiliche Genehmigung erst eingeholt werden mußte, kennt die neue Gesetzgebung nicht mehr, Ebensowenig wird dem Privat- waldbesitzer die Aufstellung eines Wirtschaftsplanes und eines Be- triebsleiters sowie die Einhaltung einer nachhaltigen Holznutzung (ausgenommen Schwarzburg-Sondershausen) zugemutet. Gruppiert man die deutschen Staaten nach Maßgabe der forst- polizeilichen Einwirkung auf die Privatwaldwirtschaft, so ergibt sich folgende Übersicht: a) Die Privatwaldwirtschaft ist frei und keinerlei Be- schränkungen unterworfen (mit Ausnahme der Waldteilung und der besonderen Schutzwaldgesetzgebung) in Preußen, Sachsen, Meck- lenburg (nahezu), Oldenburg, Anhalt, Altenburg, Schaumburg-Lippe, Gotha, Reuß j. L. Zusammen 4569000 ha—170,3°/, der Privat- waldfläche. b) Die Rodung ist verboten ohne Genehmigung in Rhein- pfalz, Prov. Rheinhessen, Elsaß-Lothringen. Zusammen 121275 ha —=1,8°/, der Privatwaldfläche. e) Die Rodung und die Verwüstung ist verboten in Bayern r.d. Rh., Württemberg, Baden, Hessen (Prov. Starkenburg und Oberhessen), Sachsen-Weimar, Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Koburg, Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg-Rudolstadt, Wal- deck, Reuß &. L., Lippe. Zusammen 1814000 ha=27,9°/, der Privatwaldfläche. Diese Übersicht zeigt, daß in Deutschland der überwiegende Teil der Privatwaldungen keinerlei gesetzlichen oder polizeilichen Bestimmungen unterworfen ist. Maßgebend für den gegenwärtigen Stand der Gesetzgebung ist in erster Linie deren geschichtliche Entwicklung. Da in Süddeutschland die Staatsaufsicht früher und stärker eingesetzt hatte als in den meisten Staaten des nördlichen Deutschlands, wurde es hier der modernen Gesetzgebung nicht schwer, den Faden, wenn auch als feinere Nummer, weiter zu spinnen und ohne Verletzung des Volksempfindens die Notwendig- keit von der Fortdauer der Staatsaufsicht zu begründen. Die 362 ° Privatwaldwirtschaft. Macht des Bestehenden half den süddeutschen Staatsregierungen über die Bewegung zugunsten der völligen Freigabe der Privat- waldwirtschaft zu Anfang des 19. Jahrhunderts hinweg und war denselben der mächtigste Bundesgenosse bei der Ausgestaltung der jetzigen Gesetzgebung. In Norddeutschland dagegen und speziell in Preußen, wo schon die Forstordnungen in der Beschränkung der freien Benutzung der Privatwaldungen zurückhaltender waren als jene des südlichen Deutschlands, hat das preußische Landeskultur- edikt von 1811 die Überzeugung des Volkes, daß das Eigentum frei sein müsse, in einem Grade befestigt, „daß jeder Versuch, im Interesse der Gesamtheit der Staatsbürger ein Opfer des einzelnen zu verlangen, stets der schärfsten Opposition begegnet ist und noch begegnet.“') Ein weiterer Grund für die Verschiedenheit der gesetzlichen Stellung der Privatwaldwirtschaft im Norden und Süden Deutsch- lands ist in der Verschiedenheit der Besitzstandsverhältnisse des Grundeigentums zu suchen. Das Vorherrschen des Großgrund- besitzes und Großwaldbesitzes im Norden bietet an sich schon eine gewisse Gewähr für eine pflegliche Waldbehandlung und die Existenz des Waldes. Dazu kommt, daß der preußische Adel sich stets einen großen Einfluß auf die Agrargesetzgebung zu sichern wußte und wirksamere politische Mittel zur Hand hatte und hat, staatliche Eingriffe in die Freiheit seines Eigentums zurückzuweisen als der süddeutsche bäuerliche Parzellenbesitzer, der hier der Hauptträger des Privatwaldbesitzes ist. Forstpolizeiliche Vorschriften, die tiefer in das Wirtschaftsrecht des Eigentümers eingreifen als das bedingte Rodungs- und das Devastationsverbot, sind für Niehtschutzwaldungen nicht angebracht und kaum zu rechtfertigen. Der Großwaldbesitz wird an und für sich in der Mehrzahl aller Fälle konservativ bewirtschaftet. Der mittlere und kleine Waldbesitz aber kann seine sozialpolitische Aufgabe nur dann erfüllen, wenn der Eigentümer nach Bedarf über sein Waldkapital verfügen kann. Aus diesem Grunde ist auch die immer wiederkehrende Forderung, den kahlen Abtrieb größerer Flächen zu verbieten oder zu erschweren, um dadurch eine nachhaltige Holznutzung zu erzwingen, ebenso absurd als un- wirtschaftlich gedacht. Ausdrücklich sei hervorgehoben, daß die forstgesetzlichen und forst- polizeilichen Bestimmungen über Rodung, Aufforstung, Devastation usw. in allen Staaten für alle Waldungen, so namentlich auch für die Gemeinde- und Körperschaftswaldungen Geltung haben. Da aber gerade auf diese der Staat nicht bloß in forstwirtschaftlicher, sondern auch in vermögensrechtlicher Hin- !) von Stünzner, Mitt. d. deutschen Forstvereins 1900, Nr. 6, 61. I. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privatwaldwirtschaft, 363 sicht einen weitgehenden Einfluß ausübt, ist selten Gelegenheit gegeben, die auf die Erhaltung des Waldes gerichteten forstpolizeilichen Bestimmungen zur Anwendung zu bringen, 2. Rodungsverbot. Unter Rodung (Ausstockung) eines Waldes versteht man die Entfernung der Bäume samt Stöcken und Wurzeln zu dem Zwecke der anderweitigen Benutzung des bisherigen Waldbodens. Ein unbedingtes Rodungsverbot für Nichtschutzwaldungen kennt kein Forstpolizeigesetz. Ein solches würde sich auch vom wirtschaftlichen Standpunkt aus nicht rechtfertigen lassen. Denn die geschichtliche Entwicklung der Bodenkultur zeigt, daß sich der Wald nur da zu halten vermag, wo die Landwirtschaft kein Verlangen . nach dem Waldboden hat. Große Waldkomplexe im Besitze von Privaten sind vor Rodung bewahrt, weil sie die Sicher- heit des Vermögensstandes der Familie erhöhen und die landwirt- schaftliche Benutzung des Waldbodens, abgesehen von dem Risiko des technischen Gelingens, einen großen, persönlich oft unbequemen Betriebsapparat erfordert. Auch die hohen Kosten der Urbar- machung fallen ins Gewicht. Kleinere auf landwirtschaftlich be- nutzbarem Boden stockende Waläparzellen dagegen kann kein Gesetzgeber auf die Dauer vor Rodung schützen, wenn sie sich nieht in besonders kapitalkräftiger Hand befinden. Denn nicht nur die durch den landwirtschaftlichen Betrieb erzielbare höhere Bodenrente verlockt in diesem Falle zur Rodung, sondern auch die Möglichkeit, die eigene Arbeitskraft intensiver verwerten zu können als im forstlichen Betriebe. Außerdem ist es auch falsch, jede Rodung als ein Unglück und jede Aufforstung als einen Segen zu betrachten, wie es so oft von den Forstleuten einseitig geschieht. Große zusammenhängende Waldungen inmitten stark bevölkerter und in hoher Kultur stehender Gegenden sind und bleiben ein Verkehrs- und Kulturhindernis und wirken volkswirtschaftlich ähn- lich einer Zollschranke. Die Rodungsverbote früherer Jahrhunderte waren bei dem Mangel an wirksamen Verkehrsmitteln und Holz- surrogaten motiviert durch die Furcht vor Holzmangel. Heutzutage ist das Holz Welthandelsartikel wie alle anderen bodenwirtschaft- lichen Erzeugnisse und die Furcht vor Holzmangel ein überwun- dener Standpunkt. Für die Holzzucht bleiben in jedem größeren Lande so viele der Landwirtschaft unzugängliche Flächen übrig, daß von einer Verdrängung des Waldes trotz Freigabe der Rodung nicht die Rede sein kann. Im übrigen ist die Vornahme von Wald- rodungen und Neuaufforstungen wesentlich von der jeweiligen wirt- schaftlichen Lage der Landwirtschaft beeinflußt. 364 ° Privatwaldwirtschaft. In den Motiven zum preußischen Waldschutzgesetz von 1375 wird geltend gemacht, ein allgemeines Rodungsverbot habe das Bedenken gegen sich, daß in vielen für das allgemeine Kulturinteresse ganz gleichgiltigen Fällen der Waldbesitzer unnötigerweise belästigt und manche wohltätige und vorteilhafte Umwandlung von Wald in Acker und Wiese wohl auch verhindert werde.!) Die Bedingungen, unter denen die Rodung zugelassen wird, sind folgende: 1. Wenn sich durch die anderweitige Benutzung des Bodens besondere Vorteile (höhere Bodenrenten) erzielen lassen. Solche werden allgemein als gegeben erachtet, wenn sich der Boden für den landwirtschaftlichen Betrieb eignet. Auf absolutem Waldboden ist somit die Rodung verboten. Bayern r. d. Rh., Forstgesetz von 1852/96. Art. 34. „Gänzliche oder teilweise Rodungen (Ausstockungen) sind er- laubt, wenn 1. die auszustockende Fläche zu einer besseren Benützung,?) insbesondere für Feld-, Garten-, Wein- oder Wiesenbau, unzweifelhaft geeignet, 2. das Fortbestehen des Waldes nicht zum Schutze gegen Naturereig- nisse notwendig ist, und 3. die Forstberechtigten in die Rodung eingewilligt haben.“ Art. 36. „Das ‚Vorhaben der Rodung ist dem Forstamte anzuzeigen, welches von dem Sachverhalte sogleich Kenntnis zu nehmen und den Befund, unter Beifügung des geeigneten Antrages, an die Forstpolizeibehörde zur wei- teren Behandlung und Beschlußfassung zu übersenden hat.“ Art. 38. „Hinsichtlich der Rodung von Gemeinde-, Stiftungs- und solchen Körperschaftswaldungen, welche nicht Privatwaldungen sind, finden außer den Vorschriften der Art. 34—37 des gegenwärtigen Gesetzes die einschlägigen be- sonderen Gesetze Anwendung.“ Nach Art. 75 wird der Zuwiderhandelnde mit einer Geldstrafe von 200 bis 3000 M. für das Hektar der gerodeten Fläche belegt (bei Flächen unter 5 ar mindestens 10 M.). Vor dem Jahre 1896 wurde die Strafe nach dem Werte des vorschriftswidrig gefällten Holzes bemessen. — Die Fortsetzung der Rodung kann von der Forstpolizeibehörde nach Art. 78 sofort eingestellt wer- den. Im Falle der Zuwiderhandlung gegen eine solche Anordnung kann die Strafe bis zu 6000 M. bemessen werden. Außerdem kann die Forstpolizei- behörde für die Erhaltung und bzw. Wiederherstellung des Waldes auf Kosten des Beteiligten Fürsorge treffen, Hinsichtlich der Verwendung der Rodefläche für den durch die Ro- dungsbewilligung gekennzeichneten Zweck bestimmt das Gesetz folgendes: Art. 37. „Wer eine Waldung ausgerodet hat, ist verpflichtet, den gerodeten Boden der im Art. 34 Ziff. 1 erwähnten Benützung zuzuwenden. — Zur Aus- führung der hiernach erforderlichen Kulturen [d. h. landwirtschaftliche] hat die Forstpolizeibehörde sogleich bei Genehmigung der Rodung eine angemessene Frist zu bestimmen.“ Art. 76. „Wer die im Art. 37 angeordneten Kulturen [d. h. landwirt- schaftliche] innerhalb der von der Forstpolizeibehörde bestimmten Frist aus- zuführen unterläßt, verfällt in eine Geldstrafe von 9 bis 180 M.“ ı) Jahrb. d. preuß. Forst- u. Jagdgesetzg., Bd. 18, S. 21. ?®) Darunter kann auch die Anlage eines Gebäudes fallen. II. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privatwaldwirtschaft. 365 Eine Ausführung der landwirtschaftlichen Kulturen von Amts wegen findet mithin nicht statt. Zweifelhaft ist, ob bei fortgesetzter Weigerung des Vollzuges die Bestrafung wiederholt werden kann. Wird der Bestand nur abgetrieben, die Rodung aber trotz erteilter Er- laubnis nicht vollzogen, dann muß die abgeholzte Fläche wieder aufgeforstet werden. Baden, Forstgesetznovelle von 1854. 889. „Zur Ausstockung eines Waldes oder eines Teiles desselben ist die Genehmigung der Staatsforstbehörde erforderlich. Die ausgestockte Fläche muß innerhalb der bei Erteilung der Genehmigung zu bestimmenden Frist in wirtschaftliches Gelände umgewandelt werden.“ Minist.-V. v. 30. Januar 1355: „Die Bezirksforstei (Forstamt) hat Lokal- einsicht zu nehmen, die an die Ausstockungsfläche angrenzenden Waldbesitzer darüber zu vernehmen, ob sie gegen die Ausstockung Einwendungen zu machen haben oder nicht; sie hat zu ermitteln, ob das Grundstück zur landwirtschaft- lichen Benutzung sich eignet oder nicht.“ Der Antrag des Forstamtes geht zur Entscheidung an die Domänendirektion, welche auch die Umwandlungs- frist bestimmt. Nach der V. v. 1878 sind bei der Prüfung von Ausstockungsgesuchen die örtlichen und klimatischen Verhältnisse in Rücksicht zu ziehen. Nach dem Forststrafgesetz vom 25. Februar 1879 wird unerlaubte Aus- stockung mit Geld bis zu 1500 M. bestraft oder wenn der Wert des gefällten Holzes diesen Betrag übersteigt, bis zu diesem Wert; im letzteren Falle kann neben der Geldstrafe bis zu 6 Monaten Gefängnis erkannt werden ($ 26). Ferner kann der Wald unter Beförsterung gestellt werden. Braunschweig, G. v. 1861. Forstrodungen dürfen ohne ministerielle Genehmigung nicht vorge- nommen werden. Die Erlaubnis wird nicht versagt werden, wenn „die Aus- rodung und anderweite Benutzung des Grund und Bodens in nationalökono- mischer Rücksicht von überwiegendem Nutzen ist“ ($ 7). Koburg, G. v. 1861: „für eine einträglichere Kultur“. Rußland s. S. 234. Ungarn, Forstgesetz v. 1879: Die Rodung ist verboten in Waldungen, deren Boden sich zur dauernden Verwendung für eine andere Kultur (Acker- land, Wiesen, Gärten oder Weinberg) nicht eignet ($ 4). 2. Wenn die Waldfläche verhältnismäßig Klein und isoliert ist (Parzellen) oder erst vor kurzer Zeit als Wald angelegt wurde. Rheinpfalz, V. v. 15. Dez. 1814: Einzelne im Felde liegende Wald- parzellen bis zu 20 Rheinländischen Morgen = 7,62 ha. Zur Rodung von größeren Flächen ist Genehmigung erforderlich. Wer dieselbe nicht einholt, muß nach der V. v. 30. Juli 1814 Schadensersatz leisten, 6 Fr. Strafe pro Quadratrute (8,52 qm) bezahlen und darf das ausgestockte Land nicht weiter bearbeiten. Wer unbefugt unbestocktes Waldland (Waldtriescher) urbar macht, ist der Ernte verlustig zugunsten der Staatskasse, zahlt 5 Fr. Strafe pro Quadratrute und muß das Land wieder als Waldland liegen lassen. Provinz Rheinhessen. Hier gilt ebenfalls diese V. v. 1814. Die hessi- sche Entschließung von 1853 setzt 20 Rheinl. Morgen — 8 ha. Großherzogtum Hessen. Standesherrliche Waldparzellen bis zu 10 Morgen = 2!/, ha (V. v. 1819 und Edikt v. 1820) können gerodet werden. Baden, Minist.-V. v. 30. Jan. 1855: „Die Domänendirektion ist er- mächtigt, kleinere Gelände, welche zwar mit Holz bewachsen sind, aber nicht mit größeren Waldungen zusammenhängen, sowie solche Grundstücke, welche 366 - Privatwaldwirtschaft. vorher nicht die Eigenschaft von Waldungen hatten, nunmehr aber der Holz- zucht gewidmet sind oder noch gewidmet werden, auf Ansuchen der Besitzer oder auch von Amts wegen auf Antrag des Forstamtes von jeder weiteren forst- polizeilichen Aufsicht, der die Privatwaldungen noch unterworfen sind ($ 89 bis 90a des Gesetzes, — betr. Rodung, Kahlhieb, Aufforstung) so lange frei zu lassen, als das Holzerzeugnis auf denselben für den Holzbedarf oder die klimatischen Verhältnisse der Umgegend völlig unerheblich ist.“ Koburg. 10 Acker — 2,898 ha. Elsaß-Lothringen und Frankreich, G. v. 1859 Art. 224. Ohne weiteres können, auch ohne Prüfung der Schutzwaldeigenschaft, gerodet werden: 1. „Die jungen Holzbestände während der ersten zwanzig Jahre nach ihrer Ansaat oder Pflanzung“ (Neuaufforstungen).!) 2. „Park- und Gartenanlagen, welche geschlossen sind oder an Woh- nungen stoßen.“ 3. „Nicht geschlossene Gehölze von einer Ausdehnung unter 10 ha, wenn sie nicht ein Teil einer anderen Holzung sind, die ihre Fläche auf 10 ha bringt, oder wenn sie nicht auf dem Gipfel oder am Abhang eines Berges liegen.“ Bezüglich des Verfahrens s. S. 281. Rußland s. S. 284. 3. Wenn die gerodete Fläche durch Neuaufforstungen kom- pensiert wird. Hessen nach der für die standesherrlichen Waldungen geltenden V. v. 18. Juli 1858 beliebig große Flächen. Koburg, Rudolstadt, Reuß ä. L. Rußland s. S. 234. 4. Wenn überhaupt Rücksichten auf die allgemeinen Landes- interessen der Rodung nicht entgegenstehen. Hierher zählen alle jene Forstgesetze, welche jede Rodung von der amtlichen Bewilli- gung abhängig machen und es unterlassen, die Voraussetzungen näher zu bezeichnen, unter denen die Genehmigung nicht ver- weigert werden darf. Die Bewilligung der Rodung ist somit reine Ermessensfrage der Behörden. Implieite ist vorausgesetzt, daß Schutzwaldungen an und für sich von der Rodung ausgeschlossen sind. Es können aber auch die Fälle, in denen die Rodung ver- boten werden muß, speziell aufgeführt sein. Andererseits aber ist die Umwandlung von Wald in landwirt- schaftliches Gelände nicht ausgeschlossen. Württemberg, Forstpolizeigesetz v. 1879/1902: Art.3. „Zu der Ausstockung (Rodung) eines Waldgrundes, d.h. zu der Veränderung und bleibenden Benutzung desselben zu anderen Zwecken als zur Holzzucht, ist die Genehmigung der Forstpolizeibehörde erforderlich.“ Art. 4. „Wer ein Waldgrundstück ausstocken will, hat das Gesuch um die Erlaubnis hierzu bei dem Forstamte, in dessen Bezirk der Wald gelegen ist, schriftlich einzureichen und dabei einen Auszug aus dem Grundbuch ... !) Darunter fallen nicht die Aufforstungen auf Dünen (V. v. 14. Dez. 1810) und auf Bergen nach den G. v. 1860 (u. 1882 Frankreich). II. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privatwaldwirtschaft. 367 zu übergeben, in welchem .... auch die Kulturart der angrenzenden Grund- stücke mit Benennung der Besitzer zu bezeichnen ist,“ Art. 5. „Das Forstamt hat die für die Ausstockung geltend gemachten und sonst erheblichen Umstände zu prüfen und jedenfalls die Besitzer an- grenzender Waldungen und etwaige Nutzungsberechtigte zu hören, worauf das Gesuch unter Beifügung einer Äußerung des Forstamtes an die Forstdirektion einzusenden ist. Von der letzteren ist das Gesuch mit einer Begutachtung dem Finanz- ministerium vorzulegen, welchem die Entscheidung wegen Erteilung oder Ver- weigerung der Erlaubnis zur Ausstockung zusteht. Bei der Prüfung solcher Gesuche sind die klimatischen und forstpolizei- lichen Rücksichten [also Schutzwald], insbesondere der den nebenliegenden Waldungen zu gewährende Schutz in Betracht zu ziehen; es können deshalb bei der Erlaubniserteilung Bedingungen vorgeschrieben werden, welche bei der Ausstockung einzuhalten sind.“ Art. 8. „Für die Erteilung der Erlaubnis zu einer Waldausstockung ist eine Sportel zu erheben, welche 8M. für ein Hektar, in keinem Falle aber weniger als 3 M. beträgt“ (vor 1892 4 und 2 M). Unerlaubt ausgestockte Waldungen müssen innerhalb einer vom Forst- amte zu bestimmenden Frist wieder aufgeforstet werden; zudem wird eine Strafe von 5 M. per ar, mindestens aber von 50 M. im Einzelfalle verhängt. Statt oder neben der Geldstrafe kann auf Haft erkannt werden. Art. 7 u. 18. Unterbleibt die „Umwandlung des Grundstückes“ (nähere Definition fehlt) innerhalb der bestimmten Frist, so kann das Forstamt die Wiederaufforstung herbeiführen. Art. 8. Wer die bei der Erlaubniserteilung vorgeschriebenen Bedingungen nicht einhält, wird mit Geldstrafe bis zu 150 M. bestraft. Elsaß-Lothringen und Frankreich, G. v. 1859 (Code forestier, Art. 219 £.), s. S. 231. Österreich, Forstgesetz v. 1852. 82. „Ohne Bewilligung darf kein Waldgrund der Holzzucht entzogen und zu anderen Zwecken verwendet werden. Die Bewilligung kann bei Reichs- forsten (d. s. Staats- und solche Wälder, welche unmittelbar von den Staats- behörden verwaltet werden, wie z. B. Stiftungswaldungen) nur von den mit diesen Geschäften betrauten Ministerien, und wo strategische oder Defensions- rücksichten eintreten, auch nur im Einvernehmen mit jenem des Krieges nach genau gepflogener Erhebung der politischen Behörden, über Anhörung aller dabei Beteiligten erteilt werden. Bei Gemeindewäldern und Privatwäldern steht die Erteilung einer sol- chen Bewilligung der Kreisbehörde zu, die hierüber erst die Besitzer selbst, nebst jenen, die Rechtsansprüche auf den fraglichen Wald haben, einvernehmen und darüber entscheiden wird, ob die Bewilligung aus öffentlichen Rücksichten gegeben werden könne oder nicht.“ Nach Minist.-Entschl. v. 1884 ist seitens der Forsttechniker „bei Beur- teilung der Zulässigkeit der Waldrodung vom Standpunkte der öffentlichen Interessen, nicht nur auf die forestalen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen, sondern auch zu untersuchen, welche Rückwirkungen in klimatischer und atmosphärischer Hinsicht auf die kulturellen Verhältnisse des betreffenden Landes oder Landstriches überhaupt von der Durchführung der Rodung zu gewärtigen sind. In beiden Richtungen ist seitens der Forsttechniker mit der weitgehendsten Rigorosität vorzugehen.“ Eigenmächtige Rodung wird mit 1 bis 5 Gulden für je 60 ar bestraft. Außerdem müssen die betr. Waldteile binnen einer zu bestimmenden Frist 368 - Privatwaldwirtschaft. wieder aufgeforstet werden. Wird die Aufforstung binnen der festgesetzten Frist nicht bewerkstelligt, so hat die Bestrafung wiederholt einzutreten (Art. 2). Schweiz, Forstgesetz v. 1902. Jede Rodung in Nichtschutzwaldungen bedarf der Bewilligung der Kantonsregierung. Dieselbe hat auch zu ent- scheiden, ob und wieweit für solche Verminderung der Waldfläche Ersatz durch Neuaufforstungen zu bieten sei. Für Rodungen in Schutzwaldungen ist der Bundesrat zuständig. Strafe für eigenmächtige Rodung 100—500 Fr. pro Hektar und Wiederaufforstung. In allen Weidwaldungen (Wytweiden), öffentlichen und privaten, darf das vorhandene Gesamtflächenmaß der Bestockung ohne Bewilligung der Kan- tone (bei Schutzwaldungen des Bundesrates) nicht vermindert werden; eine Änderung in der gegenwärtigen Bestockung eines Weidwaldes ist dagegen statthaft. 5. In Braunschweig darf nach dem G. v. 1861 gerodet werden, wenn die Fläche zur Abfindung der Weideberechtigungen ($ 6) oder zur Geradelegung der Forst- und Ackergrenzen ($ 7) notwendig ist. 6. Unnötig ist der in manchen Forstgesetzen gemachte Vor- behalt, daß die Forstberechtigten in die Rodung eingewilligt haben müssen, weil rechtlich begründete Ansprüche auf Nutzungen im Walde schon zivilrechtlich geschützt sind. 3. Aufforstungsgebot. Das Gebot der Wiederaufforstung abgeholzter Waldflächen ist die selbstverständliche Konsequenz des Rodungsverbotes und er- streckt sich daher nur auf die Gesetzgebung jener Staaten, welche die Rodung nur bedingt zulassen. Werden die mit amtlicher Be- willigung gerodeten Flächen innerhalb einer bestimmten Frist dem- jenigen Zweck, für welchen die Rodung bewilligt wurde, nicht zu- gewendet, dann müssen sie in der Regel wieder aufgeforstet werden. Wenn das Aufforstungsgebot gegen dilatorische Behandlung gesichert sein soll, muß das Gesetz die Handhabe bieten, daß die Aufforstung erzwungen werden kann. Die meisten Gesetze ver- zichten mit Recht auf die ziffermäßige Festlegung einer Frist und überlassen dieselbe von Fall zu Fall dem Ermessen der maß- gebenden Behörden, weil nur auf diesem Wege den örtlichen Waldverhältnissen und billigen Rücksichten auf die persönliche Lage des Waldbesitzers Rechnung getragen werden kann. Wird die Aufforstungsfrist allgemein im Gesetze festgelegt (Hessen, Schweiz, Frankreich drei Jahre), so können damit der forstlichen Technik unlösbare Aufgaben gestellt und die Waldbesitzer schwer geschädigt werden (Rüsselkäferschaden, Mangel an Kulturmaterial, Holzausbringung, Ausbleiben von Samenjahren bei natürlicher Ver- jüngung usw.). II. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privatwaldwirtschaft. 369 In den meisten Staaten (Bayern, Württemberg, Baden, Hessen, Braunschweig, Frankreich, Elsaß-Lothringen, Schweiz) erfolgt die Aufforstung von Amts wegen durch die Staatsforstbehörden, wenn der Waldbesitzer dem Aufforstungsauftrag nicht nachgekommen ist. Dieses amtliche Vorgehen führt zwar rasch zum Ziel, kann aber unter Umständen in der Praxis mit mancherlei Mißhellig- keiten verknüpft sein. Auf alle Fälle hat auch der renitente Waldbesitzer einen zivilrechtlichen Anspruch darauf, daß die Kul- tur von den Staatsbehörden mit aller Sorgfalt und mit verhältnis- mäßig geringsten Kosten ausgeführt wird. Er kann verlangen, daß die Vornahme der Kultur zur richtigen Jahreszeit, mit stand- ortsgemäßen Holzarten, mit zweckentsprechendem Pflanzenmaterial, mit gutem Samen, im richtigen Verbande, mit wirksamer Boden- bearbeitung usw. erfolgt. Da die Ausführung dieser Maßnahmen in die Hände des Forstschutzpersonals gelegt ist, stößt die Über- wachung derselben durch das verantwortliche Forstverwaltungs- personal, namentlich in ausgedehnten Forstpolizeibezirken, oft auf große Schwierigkeiten, nicht zu reden davon, daß oft in der Nähe des aufzuforstenden Waldes kein Forstschutzbediensteter wohnt, die nötigen Arbeiter nicht vorhanden sind oder sich geflissentlich nicht zur Verfügung stellen usw. Zweckentsprechender erscheint daher das in Österreich vor- geschriebene Verfahren, die Bestrafung wiederholt mit steigenden Sätzen (Freiheitsstrafen) eintreten zu lassen, wenn und so oft der Aufforstungsauftrag nicht befolgt wird. Bayern, Forstgesetz von 1852. Art. 42. „Waldblößen, welche nach der Verkündung des gegenwärtigen Gesetzes entstehen und kulturfähig sind, müssen aufgeforstet, und wo nach erfolgtem Holzschlage die natürliche Wiederbestockung unvollständig bleibt, muß nachgeholfen werden. — Zur Ausführung dieser Kulturen ist von der Forstpolizeibehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, nach deren frucht- losem Ablaufe das Amtsgericht neben der verwirkten Strafe zu verordnen hat, daß die Ausführung der Kulturen auf Kosten des Säumigen durch das Forst- amt bewirkt werde.“ Art. 77. „Wer es unterläßt, innerhalb der von der Forstpolizeibehörde vorgesetzten Frist die kulturfähigen Waldblößen aufzuforsten, oder da, wo nach erfolgtem Holzschlage die natürliche Wiederbestockung unvollständig bleibt, nachzuhelfen, ..... wird mit einer Geldstrafe von 1 M. 80 Pf. bis 90 M. bestraft.“ Der Aufforstungsauftrag schließt nicht die Befugnis in sich, die Art und Weise der Kultur, wie Saat oder Pflanzung, Holzart, Samenmenge, Pflanzen- qualität, Verbandsweite anzuordnen. — Vielfach kommt auch der Fall vor, daß die auf kräftigeren Böden nach dem Abtriebe des Bestandes sich ein- stellende Weichholzbestockung als eine Wiederbewaldung im Sinne des Forst- gesetzes betrachtet wird und von Forstpolizei wegen betrachtet werden muß. Nach der bayerischen „Instruktion für die zur Aufsicht über die Privatwaldungen und zur Förderung der Privatwaldwirtschaft be- Endres, Forstpolitik. 24 370: - Privatwaldwirtschaft. stellten königlichen Förster“ vom 28. Februar 1902 soll die Sicherung des Vollzuges der dem Waldbesitzer in Art. 34—47 des Forstgesetzes auf- erlegten Verbindlichkeiten und Beschränkungen bei der Bewirtschaftung und Benützung seines Eigentums — soweit nicht Gefahr auf Verzug besteht — zunächst durch entsprechende Belehrung, Erinnerung und Mahnung, sowie mit Bedachtnahme auf die augenblickliche Leistungsfähigkeit des Wald- besitzers geschehen und ein polizeiliches oder strafrechtliches Einschreiten erst herbeigeführt werden, wenn es am guten Willen fehlt oder Verwarnungen erfolglos geblieben sind ($ 7). Insbesonders darf die Wiederherstellung der bisher in bezug auf Aufforstungen zurückgebliebenen Flächen nicht ohne ent- sprechende Rücksichtnahme auf die Leistungsfähigkeit der Waldbesitzer herbei- geführt werden ($ 15). Durch Entschließungen des Ministeriums des Innern vom 9. Oktober 1899 wurde angeordnet: 1. Die Gemeindebehörden haben jährlich bis 1. Juni Verzeichnisse über die in der Gemeinde ausgeführten Kahlhiebe und Lichthauungen, sowie über die vollzogenen Aufforstungen dem Bezirksamte vorzulegen. 2. Den gewerbsmäßigen Güterhändlern wurde die Verpflichtung auferlegt, binnen 8 Tagen nach Abschluß des Vertrages dem Bezirksamte Anzeige zu erstatten, wenn sie ein Waldgrundstück erwerben oder für sich oder für einen anderen veräußern (Min.-Bek. v. 3. Okt. 1899). Auf Grund dieser Anzeigen haben die Bezirksämter im Einvernehmen mit den Forstbehörden unter Heran- ziehung der Ortspolizeibehörden und Gendarmerie den Abholzungen der Güter- händler nachzugehen und die Aufforstungen zu sichern. 3. Die forstgesetzlichen Bestimmungen über Rodung usw. sind mit Nach- druck zu vollziehen. Von großem Erfolg waren die den Güterschlächtern auch sonst (Steuer usw.) auferlegten Erschwerungen bisher nicht begleitet. Während der 6 Jahre 1897—1903 war in insgesamt 3070 Zertrümmerungsfällen Wald bei den zer- trümmerten Anwesen vorhanden in einem Umfange von 15282 ha. Hiervon wurden 12172 ha = 79,6%, von den zertrümmerten Anwesen dnrch die Zer- trümmerung losgelöst, so daß nur 3110 ha — 20,4°/, Waldfläche beim Hinter- gute verblieben. Von der abgetrennten Waldfläche wurden 2929 ha — 19,2%), der Waldfläche der zerträmmerten Anwesen in 851 Fällen abgeholzt. Wieder aufgeforstet hiervon wurden 2027 ha in 624 Fällen.') Württemberg, Forstpolizeigesetz von 1879/1902, Art. 10. „Wenn ein nach dem Ermessen der Forstpolizeibehörde zur Holzzucht geeigneter Waldgrund mit oder ohne Verschuldung des Besitzers holzlos wurde, so ist derselbe innerhalb einer von dem Forstamte zu bestim- menden Frist wieder zu Wald anzulegen.“ „Wird die Wiederbestockung innerhalb der gegebenen Frist gar nicht oder nicht in einer den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Weise ausge- führt, so ist dem Waldbesitzer neben der im ersteren Falle ihn treffenden Strafe von dem Forstamt die Wiederaufforstung in bestimmter Weise vorzu- schreiben.“ „Kommt der Waldbesitzer einer derartigen Auflage nicht nach, so hat das Forstamt die entsprechende Wiederbestockung anzuordnen und auf Kosten des Waldbesitzers vollziehen zu lassen.“ Art. 20, Z.3. Mit Geldstrafe bis zu 150 M. wird bestraft, wer dem Ver- !) Die Maßnahmen auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen Verwaltung in Bayern 1897—1898. München 1903, 373. II. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privatwaldwirtschaft. 371 langen der Forstpolizeibehörde bezüglich der Aufforstung eines Waldgrundes innerhalb der ihm erteilten Frist nicht nachkommt. Statt oder neben der Geldstrafe kann auf Haft erkannt werden. Baden, Forstgesetznovelle von 1854. $ 90a. „Alle kulturfähigen Waldflächen, welche sich beim Erscheinen dieses Gesetzes und künftig in einem Zustande befinden, der die Vornahme von Kulturen erfordert, um eine vollständige Bestockung herbeizuführen, sowie die ausgestockten, aber innerhalb der bestimmten Frist nicht in land- wirtschaftliches Gelände umgewandelten Flächen müssen durch Kulturen wieder in Waldbestand gebracht werden.“ „Die Forstbehörde hat die Waldeigentümer zur Vornahme der ihnen mit Rücksicht auf die Örtlichkeit und sonstige Zweckmäßigkeit vorzuschlagenden Kultur zu veranlassen. Schreiten dieselben in der dafür zu bestimmenden angemessenen Frist nicht zum Vollzuge, so hat die Forstbehörde unter Mit- teilung des Kulturplanes und des Kostenüberschlages diesen bei dem Bezirks- amte zu erwirken, welches die betreffenden Waldeigentümer zur Vornahme der erforderlichen Kulturen in der dafür zu bestimmenden Frist auffordert.“ „Ist gegen den Waldbesitzer wegen Nichtbeachtung dieser Aufforderung [vom Amtsgericht] rechtskräftig Strafe erkannt, so hat die Verwaltungsbehörde zugleich den Vollzug der Kulturen auf Kosten des Waldbesitzers unter Lei- tung der Forstbehörde anzuordnen.“ „Werden die desfallsigen Kosten nicht sofort vom Waldbesitzer hinter- legt, so werden sie vorschußweise von der Staatskasse bezahlt. Im Falle dieses Vorschusses wird der betreffende Wald jedenfalls sofort unter Beförste- rung gestellt.“ Dieser Vorschuß wird der Staatskasse mit 3!/,°/, verzinst. 829. „Kein Teil des Waldes darf öde gelassen werden; alle unnötigen Pfade, Wege und Triften sollen eingehen, und der Boden zu Wald angelegt werden.“ Nach dem Forststrafgesetz vom 25. Februar 1879 $ 27 wird wegen Unter- lassung der aufgetragenen Kulturen auf Geldstrafe bis zu 150 M. erkannt und die Beförsterung verfügt. Hessen (Prov. Starkenburg u. Oberhessen), V. v. 1819 u. 1838. Wenn der Privatwaldbesitzer unerlaubt gerodete oder kahl abgetriebene Waldflächen innerhalb der gesteckten Frist (Regel 3 Jahre) nicht aufforstet, so erfolgt nach vergeblich erlassenen Polizeibefehlen und der Bestrafung durch das Gericht die Wiederaufforstung von Amts wegen. Die Wahl der Holzart steht dem Waldbesitzer zu, wenn er will. Braunschweig, G. v. 1861. 8 9. „Jeder Forstbesitzer ist verpflichtet, alle ohne Erlaubnis gerodsten oder abgeholzten Flächen, ingleichen den aus irgend einem Grunde vom Wald- wuchs entblößten Forstgrund binnen einer nach vorgängiger Verhandlung mit herzoglicher Kammer, Direktion der Forsten, von der betreffenden herzoglichen Kreisdirektion festzusetzenden, den Umständen entsprechenden Frist mit Holz wieder anzubauen.“ „Kommt der betreffende Forstbesitzer jener Verpflichtung nicht nach, so ist die herzogliche Kammer . .. . befugt, die Kultur anzuordnen und ausführen zu lassen.“ „Diese Verpflichtung ruht auf dem Forstgrunde und können die dadurch veranlaßten Kosten von jedem Besitzer desselben eingezogen werden.“ Elsaß-Lothringen und Frankreich, Code forestier, Novelle von 1859. Wer ohne Erlaubnis seine Waldungen ausstockt, wird mit mindestens 24* 373- Privatwaldwirtschaft. 400 M. (500 Fr.) und höchstens 1200 M. (1500 Fr.) auf jedes Hektar der ge- rodeten Fläche an Geldstrafe belegt. Er muß außerdem, wenn es vom Ober- präsidenten (Finanzminister) angeordnet wird, die ausgerodeten Stellen binnen einer Frist von höchstens drei Jahren wieder aufforsten. (Art. 221.) Wenn der Eigentümer es unterläßt, die Anpflanzung oder Ansaat inner- halb der in der Entscheidung des Oberpräsidenten (des Ministers) festgesetzten Frist auszuführen, so kann auf seine Kosten durch die Forstverwaltung dafür gesorgt werden nach vorheriger Ermächtigung durch den Bezirkspräsidenten (Präfekt), welcher die Rechnung über die gemachten Arbeiten festzusetzen und gegen den Eigentümer für vollstreckbar zu erklären hat. (Art. 222.) Österreich, Forstgesetz von 1852. $ 3. „Frisch abgetriebene Waldteile sind bei Reichs- und Gemeinde- forsten spätestens binnen fünf Jahren wieder mit Holz in Bestand zu bringen. Von den älteren Blößen ist der sovielte Teil jährlich aufzuforsten, als die ein- geführte Umtriebszeit Jahre enthält.“ „Bei Privatwäldern können unter den Bedingungen des $ 20 [d. h. auf Grund einer kommissionellen Erhebung], rücksichtlich des Verfahrens, sofern eine Auflassung nicht bewilligt war, nach Umständen auch längere Fristen gewährt werden.“ „Die Nichterfüllung dieser Vorschrift ist, gleich der eigenmächtigen Ver- wendung des Waldgrundes zu anderen Zwecken, zu bestrafen und die hier- nach unterlassene Aufforstung nach $ 2 [s. Rodung] zu erzwingen.“ $ 6. „Auf Boden, der bei gänzlicher Bloßlegung in breiten Flächen leicht fliegend wird, und in schroffer, sehr hoher Lage sollen die Wälder ... sogleich wieder mit jungem Holze gehörig in Bestand gebracht werden.“ Schweiz, Forstgesetz v. 1902. Alle Schlagflächen und die durch Feuer, Sturm, Lawinen entstandenen Blößen sind binnen drei Jahren voll zu be- stocken, Lawinenzüge, sofern sie als verbaubar befunden werden. Strafe für Zuwiderhandelnde bis 50 Franks und Ausführung der Arbeiten durch den Kanton. Rußland s. S. 285. In einigen Ländern wird zur Sicherung der Wiederaufforstung abgeholzter Waldflächen die Hinterlegung einer Kaution vom Waldbesitzer verlangt. Die allgemeine Durchführung dieser Maß- regel könnte jedoch nur unter der Voraussetzung befürwortet wer- den, daß sie gegen jeden Waldbesitzer, auch den wohlhabenden, in Anwendung käme und kommen könnte. Da man im voraus nicht feststellen kann, ob der Waldbesitzer die Wiederaufforstung vornehmen wird oder nicht, wird eine nach dem Ermessen der Behörden zu treffende Auswahl infolge der dabei kaum zu ver- meidenden Mißgriffe viel Unzufriedenheit zeitigen. Nach dem badischen Forstgesetz v. 1854 $ 89 muß der Waldbesitzer bei Vornahme eines Kahlhiebes für die Ausführung der Kulturen die nötige Sicherheit leisten. Als solche ist nach den V. v. 30. Jan. 1855 u. 4. Juli 1856 eine gute Bürgschaft oder die Hinterlegung einer bestimmten Geldsumme bei der Forstkasse anzusehen, wenn nicht die persönlichen und Vermögensverhält- nisse des Waldbesitzers eine Garantie für den Vollzug der Kulturen bilden. Seit 1896 darf statt der Hinterlegung baren Geldes auch die faustpfändliche Hinterlegung von Wertpapieren und von Schuldurkunden von mit Gemeinde- bürgschaft ausgestatteten Sparkassen (Sparkassenbücher) als Sicherheit für den II. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privatwaldwirtschaft. 373 Kulturvollzug zugelassen werden. Dadurch kann sich der Privatwaldbesitzer die Verzinsung der Kaution sichern. In Tirol und Vorarlberg ist bei allen Holzverkäufen in Gemeinde- und Privatwäldern zur Sicherung der Aufforstungen, wofür in der Regel die Anpflanzung zu gelten hat, eine angemessene Kaution beim Steueramte zu er- lesen, deren Höhe nach Antrag des Forsttechnikers die politische Bezirks- behörde festsetzt. Aus dieser Kaution sind in allen Fällen unterlassener Auf- forstung die für die Kulturarbeiten erlaufenden Kosten zu bestreiten; die Kaution darf nur nach unklagbarem Befunde der vom Holzkäufer auf seine Kosten vollzogenen Kultur demselben zurückgestellt werden. Statthalterei- verordnung v. 18. Nov. 1880. In Kärnten kann die Bewilligung eines Kahlschlages von der vor- läufigen Hinterlegung einer angemessenen Kaution abhängig gemacht werden. Dieselbe ist dem Erleger erst nach der vollendeten Aufforstung zurückzustellen, im Falle der Verabsäumung dieser zu deren von Amts wegen zu bewirkenden ordentlichen Durchführung nach Maßgabe des Bedarfes zu verwenden. G. v. 1. März 1885: Im Herzogtum Salzburg kam nach dem Schutzwaldgesetz v. 1899 zur Sicherung der Wiederaufforstung der Bannwaldungen Kaution verlangt werden. In Bayern erteilten 1897—98 beide Kammern des Landtages einem An- trag (Ratzinger) ihre Zustimmung, daß bei Waldabtrieben aus Anlaß von Güterzertrümmerungen zu dem Zwecke der Wiederaufforstung eine den Kosten derselben entsprechende Summe deponiert werden müsse. Die kgl. Staats- regierung ging jedoch darauf nicht ein. Die Neuanlage von Waldungen auf Grundstücken, die bisher nicht forstlich benutzt wurden, kann in einigen Ländern nur dann, wenn damit Schutzwaldungen begründet werden können, erzwungen werden. (Vgl. S. 305.) 4. Devastationsverbot (Verwüstung, Abschwendung.) Die schwache Seite des Devastationsverbotes liegt in dem Mangel an greifbaren Merkmalen, auf Grund deren der Beginn oder die Vollendung der Verwüstung beweiskräftig festgestellt werden könnte. Der Grund hierfür liegt sowohl in der unend- lichen Verschiedenheit der forstlichen Produktionsbedingungen als in dem Wechsel und der Verschiedenheit der Meinungen der Sach- verständigen über die zweckmäßigste Gestaltung der forstlichen Betriebsmaßnahmen. Eine Waldverwüstung kann sich beziehen auf den Bestand und auf den Boden. Eine Bestandsverwüstung erachtete die badische Forstgesetz- novelle von 1854 schon für gegeben, wenn durch die Art der Bestandsnutzung die natürliche Verjüngung des Bestandes in Frage gestellt ist. Diese den heutigen forsttechnischen Grund- sätzen zuwiderlaufende Maßregel wird tatsächlich nicht mehr re- spektiert. Andere Gesetze begnügen sich mit dem sehr unbestimm- 374 - Privatwaldwirtschaft. ten Begriff der „ordnungswidrigen Bewirtschaftung“ usw. Starke Durchforstungen, wie sie in neuerer Zeit immer mehr ausgeführt werden, hätten noch vor 50 Jahren als eine Bestandsverwüstung gegolten. Ebenso der Lichtwuchsbetrieb. Die Verwüstung der Bodenkraft oder die Verminderung der Ertragsfähigkeit des Bodens wird in erster Linie durch fortgesetzte intensive Streunutzung herbeigeführt. Es ist aber schwer fest- zustellen, ob nun gerade die Streunutzung in einem bestimmten Jahre und in einem bestimmten Falle als Fortsetzung einer bereits früher begonnenen Verwüstung oder den Anfang einer beginnenden darstellt, abgesehen davon, daß dabei die Bodenverhältnisse und die klimatischen Verhältnisse sehr stark in die Wagschale fallen. Ähnlich liegt es mit der Weide. Die Bedeutung des Devastationsverbotes ist mehr ideeller als praktischer Natur. Einen greifbaren Anhaltspunkt kann es nur in jenen Fällen bilden, in denen der Waldbesitzer gegen das Auf- forstungsgebot die Einrede der natürlichen Verjüngungsfähigkeit seines mißhandelten Waldes geltend machen will. Bayern, Forstgesetz von 1852, Art. 41. „Die der Holzzucht zugewendeten Grundstücke müssen stets in Holzbestand erhalten und dürfen nicht abgeschwendet werden. Unter Abschwendung soll jede den Wald ganz oder auf einem Teile seiner Fläche verwüstende, sein Fortbestehen unmittelbar gefährdende Handlung verstanden werden.“ Aus Art. 75. Wer (d. i. auch der Käufer, Nutznießer) dem Verbote der Abschwendung zuwiderhandelt, wird mit einer Geldstrafe belegt von 200 bis 3000 M. für das Hektar der in Betracht kommenden Waldfläche (Minimum 10 M.). Aus Art. 78. In den Fällen der Abschwendung kann von der Forst- polizeibehörde das weitere verbotwidrige Verfahren sofort eingestellt werden. Im Falle der Zuwiderhandlung gegen eine solche Anordnung der Forstpolizei- behörde kann die Strafe bis zu 6000 M. für das Hektar der ganzen in Betracht kommenden Fläche bemessen werden. Außerdem kann die Forstpolizeibehörde für die Erhaltung und bzw. Wiederherstellung des Waldes auf Kosten des Beteiligten Fürsorge treffen. Zu einer Abschwendung (Verwüstung) gehören also positive Handlungen, welche das Fortbestehen des Waldes unmittelbar gefährden. Nach $12 der AVV. verwüstet den Wald, „wer z.B. die Junghölzer unregelmäßig durch- löchert und dadurch Schneedruck und Insekten (?) herbeiführt, — wer Wege und Gassen in die Junghölzer haut, um einen alten zurückgebliebenen Stamm herauszuschleifen usw.; wer die Erde auf Haufen schlägt und den Waldboden wegführt“. Holzfällungen, welche die Leistungsfähigkeit des Waldes überschreiten, Kahlhiebe, die Nutzung von jungen Beständen sind keine Abschwendung; ebensowenig fällt darunter die Änderung der bisherigen Betriebsart in eine andere, selbst unrentablere, die Herabsetzung der Umtriebszeit. Übermäßige Ausübung der Nebennutzungen, insbesondere der Streu- nutzung, bleibt straflos, weil der Fortbestand des Waldes dadurch nicht II. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privatwaldwirtschaft. 375 unmittelbar gefährdet wird, wenn auch die Ertragsfähigkeit dadurch leiden kann. Auch das Wegfahren einzelner und selbst einiger Fuhren Erde aus dem Walde ist nach einer Erklärung des Finanzministers in der Abgeordneten- kammer noch keine Abschwendung. Bis zum Jahre 1896 war das Wegführen von Walderde selbst in großen Mengen straflos, weil die Strafe für die Abschwendung nur nach dem Werte des vorschriftswidrig gefällten Holzes bemessen war. Es konnten also nur solche Handlungen bestraft werden, die mit einer Holzfällung verbunden waren. Übermäßige Streunutzung mußte a schon deswegen straflos bleiben. Die freie Benutzung des Waldes wird durch das Abschwendungsverbot keineswegs unterbunden. Der Besitzer hat nur die Verpflichtung, den Wald im Zustande der Holzbestockung zu erhalten und eine Verödung desselben zu verhindern. Württemberg, Forstpolizeigesetz von 1879/1902. Art. 11. „Wenn wegen ordnungswidriger Bewirtschaftung oder Be- nutzung eines Waldes, insbesondere auch durch übermäßige Streunutzung, der Fortbestand eines solchen gefährdet ist, so hat das Forstamt unter schrift- licher Belehrung und Verwarnung des Waldbesitzers die auf Beseitigung jener Gefahr gerichteten Anordnungen zu treffen.“ Nach Art. 20 Z. 4 Geldstrafe bis 150 M., statt und neben der Geldstrafe kann auf Haft erkannt werden. Außerdem kann der Wald beförstert werden. Baden, Forstgesetznovelle v. 1854. $ 89. „Die Zerstörung oder Gefährdung eines Waldes durch ordnungs- widrige Bewirtschaftung sind untersagt.“ $ 90. „Wenn die Bewirtschaftung eines Waldes dessen Zerstörung be- fürchten läßt, insbesondere wenn derselbe auf eine Weise abgetrieben wird, daß die sofortige Wiedererziehung eines jungen Waldes durch natürlichen Samenabfall oder durch Stockausschlag nicht erwartet werden kann, oder wenn die Forstnebennutzungen beharrlich auf eine Art ausgeübt werden, daß eine Waldzerstörung zu besorgen ist, so hat die Forstbehörde ein solches Verfahren sofort einzustellen.“ i Strafe die gleiche wie für unerlaubte Ausstockung. Außerdem kann der Wald unter Beförsterung gestellt werden. Nach der V. v. 30. Januar 1855 sind die Privatwaldbesitzer nur zu einer forstwirtschaftlichen, d. h. nur zu einer solchen Behandlung ihrer Waldungen verpflichtet, bei welcher die volle Bestockung und Bodenkraft der letzteren erhalten und die haubaren Bestände bei ihrem Abtriebe durch vollkommen junge wieder ersetzt werden, Sie können aber zu keiner nachhaltigen Wirt- schaft angehalten werden. Hessen (Prov. Starkenburg und Oberhessen). Nach den V. v. 3. Aug. 1819, 26. Jan. 1833 und 20. Dez. 1839 soll wegen Devastationen nur dann ein- geschritten werden, wenn auf dem größten Teil der Fläche ein Nachwuchs weder durch natürliche Besamung noch durch Saat oder Pflanzung wegen Lage und Beschaffenheit des Bodens, noch auch durch Stock- oder Wurzel- ausschlag im Niederwalde möglich ist. Wenn die Nebennutzungen in einer Weise ausgeübt werden, daß eine Devastation die Folge ist, so ist lediglich auf dem Administrativwege einzuschreiten, von einer forstgerichtlichen Ver- folgung wegen anderer Beschädigungen durch Nebennutzungen, wozu auch das Viehweiden gehört, jedoch abzusehen. Braunschweig, G. v. 1861. Das Gesetz zählt zu den „Forstzerstörun- gen“ außer den Rodungen auch die denselben „in ihren Wirkungen gleich- kommenden Abholzungen und Behandlungen des Forstgrundes“ ($ 6) oder „eine der Rodung gleichstehende widerrechtliche Forstbehandlung“ ($ 10). 376 - Privatwaldwirtschaft. Osterreich, Forstgesetz 1852. $4. „Kein Wald darf verwüstet, d.i. so behandelt werden, daß die fer- nere Holzzucht dadurch gefährdet oder ganz unmöglich gemacht wird. Ist die fernere Holzzucht nur gefährdet, so ist die Verwüstung gleich der eigen- mächtigen Verwendung des Waldgrundes zu anderen Zwecken und der unter- lassenen Aufforstung zu bestrafen, die Wiederaufforstung aber in derselben Weise zu erzwingen. Wurde die Holzzucht dagegen gänzlich unmöglich ge- macht, so kann die Strafe bis auf zehn Gulden für je 60 Ar erhöht werden.“ Nach der V.v. 3. Juli 1873 kann die Waldverwüstung „meistens durch fortgesetzte übermäßige Ausnutzung des Holzes und Bloßlegung des Bodens, durch zu vieles und nicht zeitgemäßes Streugewinnen, Grasmähen, Vieheinwei- den, Harzsammeln u. dgl. nach und nach herbeigeführt werden.“ Rußland s. S. 284. 5. Direkte Wirtschaftsvorschriften. Die „Freigabe der Privatwaldwirtschaft“ durch die neuere Gesetzgebung besteht im wesentlichen darin, daß die in den alten Forstordnungen vorgesehenen Wirtschaftsvorschriften forsttechnischer Art in Wegfall kamen. Die Anweisung der zu fällenden Bäume durch die landesherrlichen Forst- und Jagdbediensteten, die Vor- schrift der Schlageinteilung und die Festlegung der Umtriebszeit in vielen Forstordnungen waren die Mittel, welche die früher noch unbekannten Wirtschaftspläne ersetzen mußten. Dazu kamen noch die Beschränkungen hinsichtlich des Verkaufes und der Verwendung des Holzes oder einzelner Sortimente. Wenn die heutige Gesetzgebung auf die Technik der Wirt- schaft und der Benutzung in den meisten Staaten keinen Einfluß mehr nimmt, dann sind hierfür außer den Gründen prinzipieller Natur auch praktische Gesichtspunkte mit maßgebend. Letztere gipfeln darin, daß der Staat, namentlich für stark parzellierten Privatwaldbesitz, ein ganzes Heer von Beamten aufbieten müßte, um den Vollzug der Wirtschaftsvorschriften überwachen zu können. Der damit verbundene Kostenaufwand würde aber in keinem Ver- hältnis zu dem erreichten Erfolg stehen. In der bayerischen Abgeordnetenkammer wurde 1898 die Forderung erhoben, es solle für jeden Kahlhieb die Einholung der forstpolizeilichen Genehmigung vorgeschrieben werden. Die Regierung verhielt sich ablehnend.*!) In Baden, wo eine besondere Schutzwaldgesetzgebung nicht besteht, ist „zu einem Kahlhiebe oder einem andern in seinen Folgen ähnlichen Hiebe die Erlaubnis der Forstbehörde einzuholen, welche nicht verweigert werden soll, wenn der künstliche Wiederanbau der Waldfläche nach den örtlichen ‘) In Bayern lag 1900 die eine Hälfte der Privatwaldungen (628000 ha) im Bezirke von 326 Forstämtern, die andere (643000 ha) im Bezirke von nur 50 Forstämtern (Ober- und Niederbayeru). II. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privatwaldwirtschaft. 377 Verhältnissen zulässig erscheint und wenn der Waldbesitzer für die Ausfüh- rung der Kulturen die nötige Sicherheit bietet.“ FG. (1854) $ 89. Die zur Wiedererziehung eines jungen Waldes erforderlichen Kulturen sind nach Anleitung des Forstamts, sowohl was die Zeit als die Art der Aus- führung betrifft, unweigerlich vorzunehmen. V. 1855, $ 5. Im Hinblick auf die heutige vorgeschrittene Kulturtechnik sind die Fälle, in denen der künstliche Wiederanbau der Waldfläche unzulässig erscheint, meist auf steile und felsige Bergwände oder hohe, frei gelegene Bergkuppen beschränkt. !) Durch V. v. 1878 wurden die Bestimmungen dahin präzisiert, daß bei Prüfung der Zulässigkeit von Kahlhieben strenger als bis dahin die örtlichen und klimatischen Verhältnisse sowie die besonderen Umstände des Falles in Rücksicht zu ziehen sind. Alle Gesuche um Kahlhiebe müssen, sofern die abzuholzende Fläche 1 ha übersteigt, der Domänendirektion zur Entscheidung vorgelegt werden. Sie werden nur in einer Ausdehnung bewilligt, daß die Wiederanpflanzung der Hiebe so rasch als möglich folgen kann und es wird die Fortsetzung der Kahlhiebe erst dann zugegeben, wenn die Kultur in den Teilen, in welchen mit dem Hiebe begonnen wurde, mit Erfolg aus- geführt ist.) Die im Forstgesetz v. 1833 (Abschnitt 2) enthaltenen Bestimmungen über die Höhe der Umtriebszeit, die Schlagstellung, Fällungsart, Waldräumung, Gewinnung von Nebennutzungen wurden für die Privatwaldungen durch die Novelle von 1854 bis auf wenige Vorbehalte polizeilicher Natur aufgehoben. In der Rheinpfalz sollen nach der V. v. 1814 „die Eigentümer von Privatwaldungen die darin zu führenden jährlichen Hauungen nicht anders als nach den Regeln der Holzzucht anlegen und dieselben nicht über die Grenzen der nachhaltigen Ertragbarkeit des Waldes ausdehnen. Erheischen es dringende Umstände, daß sie einen extraordinären Holzschlag vornehmen, so muß zuvörderst die Genehmigung der Landesstelle (jetzt Kreisregierung, Kammer des Innern) eingeholt werden.“ Nach dieser Vorschrift könnte die Forstpolizeibehörde vom Privatwaldbesitzer die Vorlage von Hauungs- und Streunutzungsplänen verlangen.?) In Sehwarzburg-Sondershausen ist nach dem Gesetz v. 15. Januar 1892, betr. die Bewirtschaftung der Privatwaldungen, für Privatwaldungen von 15 ha und darüber „forsttechnische Behandlung innerhalb der Grenzen der Nach- haltigkeit“ gefordert und zwar dergestalt, „daß die jährliche Holzernte den jährlichen Zuwachs nicht übersteigt.“ (Strafe bis 2000 M. oder 6 Wochen Gefängnis.) Dieses Gesetz schießt über das Ziel hinaus. In Reuß ä. L. ist seit 1893 der Kahlhieb ohne Genehmigung verboten. In Tirol und Vorarlberg ist nach dem noch geltenden zweiten Teil der Waldordnung v. 1839 und der V. des Statthalters v. 1. Mai 1885 zur Vor- nahme von Kahlhieben in Privat- und Teilwäldern, welche im Hochwaldbetrieb bewirtschaftet werden, ohne Rücksicht auf die Ausdehnung derselben die Ein- holung der speziellen behördlichen (politischen) Bewilligung erforderlich. In Schutz- und Bannwaldungen muß zu jeder Nutzung (auch plenter- weisen) die Genehmigung eingeholt werden. Forstprodukte, welche der Besitzer von Privat- oder Teilwaldungen für den Verkauf oder für eine über den gewöhnlichen Haus- und Gutsbedarf hin- ausgehende Verwendung, insbesondere für größere industrielle Zwecke beziehen !) Krutina, Die badische Forstverwaltung 1891, 93. ?) Ritzmann 333. Ee- Privatwaldwirthschaft. will, müssen ohne Rücksicht auf deren Menge und Qualität bei der Forsttag- satzung (s. Gemeindewald) angemeldet und soweit deren Bezug mit Rücksicht auf die ordentliche Bewirtschaftung gestattet werden kann, vom Forsttechniker der politischen Verwaltung ausgezeigt werden (G. v. 1839 und V.v. 1885). Wird diese Anmeldung auf der Forstagsatzung versäumt, so hat der Besitzer die Kosten für die nachträgliche Anweisung zu tragen. Auf Wälder, welche nach behördlich genehmigten Wirtschaftsplänen be- wirtschaftet werden, findet die Verpflichtung zur Anmeldung und Auszeigung der zu beziehenden Forstprodukte keine Anwendung. Ist ein sachkundiger Wirtschaftsführer bestellt, aber kein Wirtschaftsplan vorhanden, so kann die Statthalterei von dieser Verpflichtung fallweise dispensieren. 6. Beförsterung. Innerhalb des Deutschen Reiches kann kein Privatwaldbesitzer verpflichtet werden, für seine Waldungen Wirtschaftsführer auf- zustellen. Nur in Württemberg, Baden und Lippe-Detmold kann als Strafmaßregel die Bewirtschaftung von Privatwaldungen auf eine bestimmte Zeit den Staatsforstbeamten übertragen werden. Baden. Wenn ein Waldbesitzer wegen unerlaubter Ausstockung oder Abholzung, wegen ordnungswidriger Behandlung (Zerstörung oder Gefährdung) seines Waldes oder wegen Unterlassung der ihm aufgetragenen Kulturen ab- geholzter Flächen rechtskräftig verurteilt worden ist, dann kann die Verwal- tungsbehörde denselben auf Antrag der Forstbehörde unter Beförsterung, welche nicht weniger als zehn Jahre betragen darf, stellen. Für den betrei- fenden Wald gelten mit den in der Natur der Sache liegenden Abweichungen die gleichen Bestimmungen wie für die Waldungen der Gemeinden und Kör- perschaften. Der Waldbesitzer hat insbesondere dieselbe Beförsterungssteuer wie diese zu bezahlen. Einem Besitznachfolger gegenüber kann die Beförste- rung eingestellt werden. (FG. 1854, $ 90b, V. v. 1855, $ 8—11, Forststrafgesetz v. 1879, $ 26£.) Auch im württembergischen Forstpolizeigesetz von 1879/1902 ist die Beförsterung vorgesehen, wenn auch nicht in so ausgeprägter Form wie in Baden. Fährt der Waldbesitzer trotz erkannter Strafe in der Waldverwüstung fort, so kann das Forstamt die freie Bewirtschaftung und Benutzung dieses Waldes zeitlich beschränken, vornehmlich auch durch Erteilung von Vor- schriften hinsichtlich der Verbesserung des Holzbestandes auf natürlichem oder künstlichem Wege (Art. 11). Im österreichischen Forstgesetz von 1852 ist dagegen die Aufstellung von „sachkundigen Wirtschaftsführern (Forstwirten), welche von der Regierung als hierzu befähigt anerkannt sind“, seitens der Eigentümer „für Wälder von hinreichender Größe“ ge- fordert ($ 22). Letztere ist durch die Landesstelle nach den be- sonderen Verhältnissen festzusetzen. Nach $ 52 ist dem so be- stellten Forstverwaltungspersonal auch ein angemessenes Schutz- und Aufsichtspersonal nach Maßgabe des landesüblichen Gebrauches beizugeben. Dasselbe kann auf Verlangen der Privatwaldbesitzer von den politischen Behörden vereidigt werden und genießt dann II. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privatwaldwirtschaft. 379 die Rechte von obrigkeitlichen Personen (vgl. auch Reichsgesetz vom 16. Juni 1872). Den Waldbesitzern ist anheimgegeben, die Wirtschaftsführung auch benachbarten Forstbeamten anderer Wald- besitzer zu übertragen (auch Gemeinden) oder durch Bildung einer Genossenschaft vorzusorgen. Das Mindestmaß der Waldfläche, für welche ein geprüfter Forstwirt auf- gestellt werden muß, wurde festgesetzt: a) für Mähren auf 1000 Joche — 575,54 ha. Ob für Wälder im Ausmaße von 500—1000 Joch der Eigentümer einen solchen zu bestellen hat, bleibt der Beurteilung der Bezirkshauptmannschaft überlassen. In der Regel ist für je 200—600 Joche dem Verwaltungspersonal ein Schutzorgan beizugeben (V. v. 1873). / = für Krain auf 2000 Joche = 1151,08 ha (V. v. 1874). e) für Kärnten auf 1500 ha. In Ungarn sind nach dem G. v. 1879 und 1898 die Fidei- kommiß- und Kompossessoratswaldungen sowie die Waldungen von Gesellschaften (soei6tes anonymes) den Gemeindewaldungen gleich- gestellt. Sie werden staatlich beförstert, wenn die Besitzer nicht eigene Forstbeamte aufstellen. 7. Sonstige forstpolizeiliche Vorschriften. Von denselben können hier nur die wichtigeren hervorgehoben werden. a) Waldweide. In Bayern r.d.Rh. „darf die Weide in den Waldungen nur unter der Aufsicht eines Hirten oder Hüters aus- geübt werden. Junghölzer, Schläge und Holzanflüge sind mit dem Eintreiben von Weidevieh insolange zu verschonen, bis die Bewei- dung ohne Schaden für den Nachwuchs geschehen kann. Bei Fehmel- (plenterweisem) Waldbetriebe ist von der Forstpolizeibehörde die höchste Zahl des einzutreibenden Weideviehes zu bestimmen. Die Weide nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang (Nacht- weide) ist verboten.“ FG. Art. 43. Nach Art. 44 ist die Alpenweide hiervon ausgenommen. In der Rheinpfalz darf der Waldeigentümer „die dem Vieh noch nicht aus dem Maule gewachsenen Distrikte“ nicht beweiden lassen. V.v. 15. Dez. 1814. In Baden ist die Waldweide bei Nacht untersagt. Forstgesetz, Art. 34. In Preußen ist die Ausübung der Waldweide durch beson- dere lokale Polizeiverordnungen geregelt. In Österreich (FG. $ 10) darf die Waldweide in den zur Verjüngung bestimmten Waldteilen (Schonungsflächen, Hegeorten) nicht ausgeübt werden. In die übrigen Waldteile darf nicht mehr 380 - Privatwaldwirtschaft. Vieh eingetrieben werden, als daselbst die erforderliche Nahrung findet. Die Schonungsflächen sollen i. d.R. bei dem Hochwaldbetriebe min- destens ein Sechstel, beim Nieder- und Mittelwaldbetrieb ein Fünftel der Ge- samtfläche betragen. Waldbesitzer und Berechtigte haben das Vieh durch Aufstellung von Hirten oder in anderer angemessener Weise von den Scho- nungsflächen abzuhalten. Womöglich soll die Einzelweide vermieden werden. Über die Ziegen- und Schafweide in Tirol ist unterm 19. Nov. 1891 eine besondere Verordnung erschienen. b) Die Waldbesitzer haben Maßregeln zur Abwendung und Verminderung der durch schädliche Insekten den Waldungen drohenden Gefahren zu treffen. Bayern, FG. Art. 46, 77. — Würt- temberg, FPG. Art. 12. — Baden, FG. $ 69, Forststrafges. $ 28. — Sachsen, G. v. 17. Juli 1876. ce) Das bayerische Forstgesetz enthält auch Vorschriften über das Feuermachen im Walde (Art. 45) und die Errichtung von Gebäuden im oder am Walde (Art. 47). d) Nach dem badischen Forstgesetz darf das Hauen, Ver- arbeiten und Abführen von Waldprodukten nicht zur Nachtzeit geschehen ($ 27). — Das zum Verkauf bestimmte Brennholz muß auf 1 m abgelängt und in Raummeter aufgesetzt werden. Alles Holz von über 14 em Zopfdurchmesser muß gespalten werden ($ 30, G. v. 21. Dez. 1871). 8. Teilung von Privatwaldungen. Die Teilung gemeinschaftlicher Privatwaldungen (Genossen- schaften usw.) unterliegt in den meisten Staaten besonderen gesetz- lichen Bestimmungen. Die Teilung von Alleineigentumswaldungen ist in Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg nach keiner Richtung hin be- schränkt. In Baden darf nach dem G. v. 6. April 1854, betr. die Un- teilbarkeit der Liegenschaften, die Teilung von Wald in Stücke unter 10 Morgen (=3,6 ha) weder zur Aufhebung einer Gemein- schaft noch im Wege irgend eines anderen Rechtsgeschäfts statt- finden, sofern nicht dadurch die Vereinigung der abgeteilten Liegen- schaft mit einem angrenzenden Grundstück des Erwerbers bezweckt wird und beim Wald kein Stück unter 10 Morgen übrig bleibt. Die Verwaltungsbehörde kann jedoch das Maß erweitern oder auch im Einzelfalle Nachsicht gewähren. In Hessen wurde die Teilung von Privatwaldungen schon durch die V.v. 9. Febr. 1811 von der Genehmigung der Regierung abhängig gemacht. Nach einer V. v. 21. April 1859 sollen der II. Die gesetzlichen Beschränkungen der Privatwaldwirtschaft. 381 Regel nach die Teilflächen mindestens 4 Morgen —=1 ha groß sein. Aus forstpolizeilichen Gründen kann dieses Minimum aber auch erhöht werden. In Koburg (G. 1869) darf die Teilung nur dann erfolgen, wenn die Teilflächen einer regelmäßigen Bewirtschaftung fähig bleiben; in Waldeck (G. 1853) einer forstmännischen; in Rudol- stadt (G. 1873), wenn die Teilfläche noch 0,30 ha groß und kein Nachteil für das Gemeinwohl zu besorgen ist. Anhang. Die Bestellung von Forstschutzorganen. In Bayern r.d. Rh. ist der Privatwaldbesitzer nicht verpflichtet, für seine Waldungen einen besonderen Forstschutzbediensteten zu bestellen. Der Forstschutz in den Privatwaldungen obliegt zunächst dem nach Art. 38 der Gemeindeordnung für die Landesteile diesseits des Rheins v. 1869 von der Gemeinde aufzustellenden Ortspolizei- und Feldschutzpersonal, welches auch die innerhalb der Gemeindemarkung gelegenen Waldungen zu überwachen hat.!) Der Privatwaldbesitzer hat aber das Recht, für seine Waldungen „Forst- diener und Forstschutzbedienstete“ aufzustellen, die nur volljährige und un- bescholtene Personen sein dürfen, durch die Forstpolizeibehörde nach erholtem Gutachten der Forstämter bestätigt und durch das Amtsgericht ihres Wohn- ortes eidlich verpflichtet werden müssen, wenn sie als Hilfspersonen der Forst- polizei sowie der Forststrafgerichtsbarkeit gelten, d. h. wenn ihre Aussagen den amtlichen Glauben öffentlicher Diener haben und sie zur Vornahme von Pfändungen befugt sein sollen. (FG. Art. 115, 119, 120, 121, 131, 1383.) „Befinden sich (in einem Gemeindebezirk) geschlossene Waldungen von mindestens 500 Tagwerk 170 ha) Flächeninhalt, welche nicht eigene Mar- kungen bilden, oder arrondierte Gutskomplexe von solchem Flächeninhalte im Eigentume einer oder im ungeteilten Eigentume mehrerer Personen, so ist denselben auf Verlangen zu gestatten, den Wald- bzw. Feldschutz in den be- treffenden Besitzungen selbst zu übernehmen, in welchem Falle sie mit diesen Besitzungen nicht zu den Kosten des Wald- und Feldschutzes in den übrigen Markungsteilen, soweit sich solche Kosten nicht für den Schutz des Gemeinde- eigentums ergeben, umlagenpflichtig sind“ (Gem.-O. Art. 45 Z. 3). Rheinpfalz. Auch nach der pfälzer Gemeindeordnung v. 1869 Art. 75 sind die Gemeinden verpflichtet für die notwendige Handhabung des Feld- und Waldschutzes geeignete Diener in widerruflicher Weise aufzustellen. Sie werden vom Gemeinderate angestellt. Die Anstellung der Forstschutzdiener durch Private unterliegt der Bestätigung des Bezirksamtes und des Forst- amtes. Können sich diese beiden Behörden nicht einigen, dann entscheidet die Kreisregierung. Die Verpflichtung der Waldschützen erfolgt durch das Landgericht oder Amtsgericht. Sie sind Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft. Die Entlassung kann vom Gemeinderate ohne Bestätigung seitens der höheren Behörde jeder- zeit verfügt werden. Das Forstamt kann jedoch die aufsichtliche Einschrei- tung des Bezirksamtes gegen das Vorgehen des Gemeinderates in Antrag bringen. 1) Kahr, Bayer. Gemeindeordnung für die Landesteile diesseits des Rheins. München 1896, I, 333. 2.387 A Privatwaldwirtschaft. In Baden ist für sämtliche Privatwaldungen die Aufstellung von Wald- hütern vorgeschrieben. Die Wahl derselben wird auf Antrag der Forstbehörde von dem Gemeinderat nach Anhörung der Woaldbesitzer getroffen und vom Bezirksamt nach Vernehmung der Forstbehörde bestätigt. Mit Genehmigung der letzteren kann diese Hut dem Gemeindewald- oder Feldhüter übertragen werden. Die Festsetzung des Gehaltes und die Entlassung geschieht wie beim Gemeindewaldhüter. Der Gehalt wird aus der Gemeindekasse vorschußweise bezahlt und derselben von den Waldbesitzern nach Verhältnis der Größe ihres Waldes ersetzt. Auf Standesherren, Grundherren sowie auf Besitzer größerer Privatwaldungen finden diese Bestimmungen, solange sie ihre Waldungen forstordnungsgemäß behandeln, keine Anwendung. Von diesen Waldbesitzern wird die Wahl des Hutpersonals selbst getroffen, muß aber ebenfalls vom Be- zirksamt nach Vernehmung der Forstbehörde bestätigt werden. In allen Fällen können sich Gemeinden, Körperschaften und Private zur Anstellung gemeinschaftlicher Waldschützen vereinigen (G. v. 27. April 1854, Art. 3; Forst- gesetz v. 1833, Art. 179#f.; V. v. 30. Jan. 1855, $ 12?.). Nach dem Code forestier, Art. 117, müssen die Privatwaldeigentümer, welche für den Schutz ihrer Wälder eigene Schutzbeamten halten wollen, die- selben durch den Unterpräfekten (Kreisdirektor) bestätigen lassen. Diese Schutzbeamten können ihr Amt erst ausüben, wenn sie vor dem Gericht erster Instanz vereidigt sind. III. Die Mittel zur Hebung der Privatwaldwirt- schaft (staatliche Fürsorge). Der staatliche Einfluß auf die Privatwaldwirtschaft soll sich mehr in der Unterstützung mit Rat und Tat äußern als in hem- menden Vorschriften. Namentlich kann eine zweckentsprechende Zoll- und Eisenbahntarifpolitik ein mächtiger Hebel zur Förderung der Privatwaldwirtschaft sein. Im speziellen sind folgende Mittel namhaft zu machen. 1. Belehrung der Waldbesitzer über die zweckmäßigste Art der Begründung, der Pflege und Nutzung des Waldes. In dieser Richtung wurde von seiten der Staatsverwaltungen im Ver- laufe des 19. Jahrhunderts vieles versäumt und erst in neuerer Zeit zeigten sich hierin die Anfänge eines Fortschritte. Man gründete niedere und höhere Landwirtschaftsschulen, stellte Wander- lehrer für die Landwirtschaft an, gibt mit Hilfe der landwirt- schaftlichen Vereine Kalender, Flugschriften usw. landwirtschaft- lichen Inhalts heraus, — der forstliche Unterricht wurde dabei aber entweder ganz vernachlässigt oder doch nur stiefmütterlich behan- delt. Es ist nicht zu bestreiten, daß viele Grundbesitzer ein weit- gehendes Verständnis für die Waldwirtschaft haben. Aber der großen Masse derselben fehlt es; sie hält an alten Vorurteilen und althergebrachten Gewohnheiten fest, übt bei der Begründung und III. Die Mittel zur Hebung der Privatwaldwirtschaft. 383 Pflege der Bestände eine schlecht angebrachte Sparsamkeit (schlech- tes Pflanzenmaterial, zu weitständige Kulturen, nicht standorts- gemäße Holzarten, Benutzung unbrauchbaren Vorwuchses, keine Schutzmaßregeln gegen schädliche Forstinsekten, namentlich Rüssel- käfer und Borkenkäfer, keine Schlagpflege, zu weitgehende Gewin- nung von Nebennutzungen, insbesondere von Streu, unverständige Durchforstung) und versteht nicht einmal beim Verkaufe des Hol- zes alle Vorteile auszunutzen (Verkauf des Holzes auf dem Stocke, wobei der Käufer den Waldbesitzer oft durch das Versprechen, daß letzterer um eine besondere Vergütung das Holz mit seinem Gespann aus dem Walde fahren darf, übervorteilt). Damit der bäuerliche Waldbesitzer vor Schaden bewahrt werde und das Verständnis für den forstlichen Betrieb in diese Kreise immer mehr eindringe, ist es im höchsten Grade wünschenswert, daß der forstliche Unterricht in allen landwirtschaftlichen Schulen niederen und höheren Grades eine gründliche Behandlung erfährt, daß in Gegenden mit viel Privatwaldbesitz mangels bequem ge- legener landwirtschaftlicher Schulen besondere forstliche Unter- richtskurse durch Sachverständige abgehalten werden, daß forst- liche Sachverständige nach Art der landwirtschaftlichen Wander- lehrer nicht nur Vorträge über die Technik des forstlichen Be- triebes, sondern auch über den Stand des Holzmarktes abhalten, daß den Staatsforstbeamten aller Dienstgrade die Unterstützung der Privatwaldbesitzer in jeder Hinsicht zur Pflicht gemacht wird, daß unter der bäuerlichen Bevölkerung geeignet geschriebene forst- liche Bücher, Kalender und Zeitschriften Verbreitung finden, daß die landwirtschaftlichen Vereine aller Art die Pflege der Privat- forstwirtschaft und die Verbreitung forstlicher Kenntnisse sich zur Aufgabe machen. Bei allen Unterweisungen ist auf den Anschauungsunterricht im Walde selbst durch Abhaltung von Exkursionen besonderes Ge- wicht zu legen und im Auge zu behalten, daß für den Privatforst- betrieb vielfach andere Gesichtspunkte in Betracht kommen als für den Staatsforstbetrieb. Der landwirtschaftliche Verein in Bayern wurde im Jahre 1809 begründet und vom König bestätigt und durch V. v. 25. Okt. 1895 neu orga- nisiert. Seine Wirksamkeit hat sich auch auf die Wahrnehmung und Förde- rung der forstlichen Interessen, insbesondere auf Erhaltung und Pflege der Privatwaldungen zu erstrecken. Der Verein erstreckt sich auf das ganze Königreich und gliedert sich in Kreis- und Bezirksvereine. Die Vereinsmitglieder einer Distriktsgemeinde oder einer unmittelbaren Stadt bilden den Bezirksverein, jene des Regierungs- bezirkes den Kreisverein und jene des ganzen Landes den Gesamtverein. Mitglieder des Vereins können alle Landwirte, dann Gemeinden, Stiftungen und Vereine werden. Jeder Gemeinde, gleichviel ob sie dem Ver- 384. Privatwaldwirtschaft. ein als Mitglied angehört oder nicht, ist das Recht eingeräumt, einen Ver- trauensmann als Mitglied zu wählen. Die Wahl erfolgt durch die Gemeinde- verwaltung auf die Dauer von sechs Jahren. Ist die Gemeinde Mitglied des Vereins, so kann sie ihrem gewählten Vertreter gleichzeitig die Funktion eines Vertrauensmannes übertragen. Die Vertrauensmänner haben Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder. Die Leitung und Vertretung des Vereins ist den aus freier Wahl der Vereinsmitglieder hervorgehenden Vertretungskörpern übertragen. Wenig- stens die Hälfte der Mitglieder dieser Körperschaften muß die Landwirtschaft ausüben oder ausgeübt haben, oder doch land- oder forstwirtschaftlich be- nützten Grund besitzen. Vertretungskörper sind die Bezirksausschüsse für die Bezirksvereine, die Kreisausschüsse für den Kreisverein und der Land- wirtschaftsrat für den Gesamtverein. Der Bezirksausschuß hat seinen Sitz an jenem Orte, dessen Namen der Distrikt trägt, der Kreisausschuß in der Kreishauptstadt und der Land- wirtschaftsrat in München. Der Bezirksausschuß besteht aus mindestens 12, höchstens 36 Mitgliedern, welche durch die Bezirksversammlung auf die Dauer von sechs Jahren gewählt werden. Ein Dritteil derselben müssen Vertrauens- männer der Gemeinden sein. Jeder Bezirksausschuß bildet Geschäftsabteilungen, darunter auch eine solche für Waldpflege. Dieselben wirken in vielen Bezirken auf die Privatwaldwirtschaft sehr günstig. Die Geschäftsabteilungen in Oberbayern, die unter Leitung des Kreis- ausschusses nach einem einheitlichen Plane arbeiten, haben sich folgende Ziele gesetzt: Abhaltung von Wanderversammlungen mit Vorträgen und Ex- kursionen in benachbarte Waldungen; Vermittlung des gemeinsamen Bezuges von Sämereien und Pflanzen; Anlegung von Saat- und Pflanzschulen; Unter- weisung der heranwachsenden Jugend in der Waldkultur und die Heranbildung von Waldkulturvorarbeitern; Prämiierung besonderer Verdienste auf dem Ge- biete der Waldkultur; Beschaffung kostenfreien forsttechnischen Beistandes für ihre Mitglieder bei der Bewirtschaftung ihrer Waldungen. Der landwirtschaftliche Kreisausschuß besteht aus den von den Bezirksausschüssen — für jeden Verwaltungsbezirk ein Mitglied — und aus den von dem Kreisausschusse selbst gewählten Mitgliedern und aus dem tech- nischen Sekretär. Auch hier besteht eine besondere Geschäftsabteilung (früher Sektion) für Forstwirtschaft. Der Landwirtschaftsrat ist Organ des Gesamtvereins; er besteht aus 56 Mitgliedern und dem Generalsekretär. 32 derselben werden von den Kreis- ausschüssen — jeder Kreisausschuß wählt 4, von denen ein Mitglied dieser Korporation angehören muß — und 24 durch den Landwirtschaftsrat selbst gewählt. Er bildet die Gesamtvertretung des Vereins (früher Generalkomitee genannt) und hat gleichfalls eine Geschäftsabteilung für Forstwirtschaft. Der deutsche Landwirtschaftsrat in Berlin hat die Vertretung der Inter- essen der deutschen Landwirtschaft; der bayerische Landwirtschaftsrat stellt za demselben Mitglieder. Die Geschäftsanweisung für die kgl. bayerischen Forstämter v.1885 bestimmt in $74: „Der Pflege der Privatwaldkultur soll das Forstamt tunlichste Aufmerksamkeit zuwenden, insbesondere den Privatwaldbesitzern seine Unterstützung mit Rat und Tat angedeihen lassen, namentlich im Be- zuge von Sämereien und Pflanzen, hinsichtlich der Wahl der Holzarten, und der Waldbehandlung im allgemeinen, sowie durch zeitweilige Überlassung tüchtiger Kulturarbeiter, wenn solche im Staatswalde entbehrlich sind,“ a III. Die Mittel zur Hebung der Privatwaldwirtschaft. 385 Die gleiche Verpflichtung obliegt den kgl. Forstamtsassessoren nach $ 45 der Geschäftsanweisung für dieselben v. 1885. Das preußische Landesökonomie-Kollegium hat 1894 empfohlen, an den niederen und mittleren landwirtschaftlichen Lehranstalten eine einfach gehaltene Unterweisung im Waldbau einzuführen und im Jahre 1895 wurde der Wunsch ausgedrückt, an den landwirtschaftlichen Winterschulen in Ver- bindung mit dem Wanderlehrertum in das System der Belehrung auch die Waldwirtschaft (Waldbau, Waldschutz, Waldbenutzung) für die gegendüblichen Holzarten einzubeziehen und dabei namentlich den Anschauungsunterricht im Walde zu pflegen. Als daraufhin 1897 die Oberpräsidenten vom Minister zur Berichterstattung über die Bedürfnisfrage aufgefordert wurden, wurde dieselbe für die Provinzen Posen, Brandenburg, Hannover und Westfalen auf Grund der bisherigen guten Erfahrungen in betreff der Gegenden mit bäuerlichem Waldbesitze unbedingt, für Schlesien (in Form des bloßen Anschauungsunter- richts) bedingt bejaht, für Ost- und Westpreußen, Pommern, Hessen-Nassau und Rheinprovinz unbeantwortet gelassen, für Schleswig-Holstein und Sachsen verneint wie auch die Ausführbarkeit der Maßregel wegen Überlastung des Lehrplanes. !) Auch die Förderung des forstlichen Vereinswesens ge- hört hierher. Wenn sich die Landesforstvereine bemühen, möglichst viel Privatwaldbesitzer als Mitglieder zu gewinnen, und bei den Verhandlungen auch die den Privatwaldbesitz berührenden Fragen Berücksichtigung finden, dann kann das forstliche Vereinswesen viel Nutzen stiften. 2. Die Förderung der Wiederaufforstung. In der be- reits erwähnten Instruktion für die kgl. bayerischen Förster von 1902 ist mit Recht hervorgehoben, daß die Nachhaltigkeit der Waldbenutzung beim bäuerlichen Kleinwaldbesitze ihre Sicherung im wesentlichen durch rechtzeitige Wiederaufforstung der abge- holzten Waldflächen findet. Das bedeutsamste Förderungsmittel der Privatwaldwirtschaft liege daher in der Pflege der Wald- kulturen. a) Beschaffung von Sämereien: und Pflanzen. An sich wäre es gewiß der wünschenswerteste Zustand, daß jeder Privat- waldbesitzer seinen Pflanzenbedarf selber erzieht. Es würden da- durch die mit dem Bezug und Transport von Pflanzen aus anderen Waldgebieten oder Gegenden verbundenen Nachteile vermieden werden (Vertrocknen während des Transportes, ungeeignete Zeit des Eintreffens, besonders in Beziehung auf die Feldarbeiten, hohe Transport- und Verpackungskosten, Akklimatisationsfrage, Verbrei- tung infektiöser Pflanzenkrankheiten). Allein dieses Ziel läßt sich beim bäuerlichen Waldbesitz nur selten erreichen, weil der Bedarf des einzelnen Besitzers an Pflanzen so gering und nach Zeit und Menge so wechselnd ist, daß sich die eigene Aufzucht in der Regel 1) Danckelmann, Z. f. F. u. J. 1898, 719. Endres, Forstpolitik. 25 386 ° Privatwaldwirtschaft. nieht lohnt. Oft tritt der Pflanzenbedarf an den Privaten auch unvermutet heran, wenn er durch privatwirtschaftliche Verhältnisse veranlaßt ist, größere Hiebe zu führen. Eher läßt sich dieses Ziel schon durch genossenschaftliche Vereinigung der Privatwaldbesitzer, unter Umständen auch in Ver- bindung mit waldbesitzenden Gemeinden usw., zur Anlage von Saat- und Pflanzgärten erreichen. In dieser Richtung können namentlich die Zweigabteilungen der landwirtschaftlichen Vereine mit gutem Beispiele vorangehen, namentlich durch Geldbeihilfen. Der Kreis Oberbayern leistet z. B. jährlich zur Anlage von Saat- und Pflanzkämpen sowie zur Heranbildung von Waldkulturarbeitern 6000 M. aus Kreisfonds, welche Summe an die forstlichen Geschäftsabteilungen der land- wirtschaftlichen Bezirksausschüsse verteilt wird. Den ungefähr gleichen Be- trag stellen die Distrikte für diesen Zweck zur Verfügung. Im allgemeinen wird aber der bäuerliche Waldbesitzer jeweils auf den Bezug der Waldpflanzen aus fremder Hand angewiesen sein, selbst wenn dabei die vorhin erwähnten Nachteile mit in Kauf genommen werden müssen. Zu diesem Zwecke stehen demselben zunächst die in neuerer Zeit gegründeten privaten Unternehmungen für Pflanzenerziehung zur Verfügung. Wenn man von der wissenschaftlich strittigen Frage der Akklimatisation absieht, so muß man anerkennen, daß diese modernen Pflanzenzuchtanstalten Gutes leisten. Für die Pri- vatwaldbesitzer kommen dieselben jedoch nur dann in Betracht, wenn sich mehrere zum gemeinsamen Pflanzenbezug vereinigen. Unklugerweise wird bei diesem Bezug der Pflanzen oft mehr auf die Billigkeit als auf die Güte gesehen. Eine wirksame Unterstützung kann der Staat der Privatwald- wirtschaft angedeihen lassen, wenn er dafür sorgt, daß die den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Pflanzen aus dem Staats- walde bezogen werden können. Dies wird nicht unter allen Ver- hältnissen möglich sein, namentlich dann nicht, wenn die Staats- waldungen von den Waldungen der Privaten zu entfernt liegen und von dem Gesamtwaldbesitz der betreffenden Gegend nur einen geringen Prozentsatz ausmachen. Aber immerhin bietet diese Mit- hilfe des Staates, die Möglichkeit ihrer Durchführung vorausgesetzt, die meiste Aussicht auf praktischen Erfolg. Daß der Staat bei dem Preisansatz für die abgegebenen Pflanzen unter den Selbst- kostenpreis geht, ist weder notwendig noch wünschenswert, da einerseits ein Waldbesitzer an und für sich schon zu den besser- situierten Grundbesitzern zählt und andererseits bei zu billigen Preisen die ganze Last der Pflanzenlieferung unter Beiseiteschie- bung der Privathändler und unter Lähmung jeder eigenen Initiative III. Die Mittel zur Hebung der Privatwaldwirtschaft. 387 auf Seite der Privatwaldbesitzer den Staatsforstverwaltungen zu- gemutet wird. Die Mithilfe der Organe der Staatsforstverwaltung ist auch nach anderen Richtungen hin angebracht, wie bei dem Bezug von Waldsämereien, Einwirkung auf waldbesitzende Gemeinden und Korporationen behufs Pflanzenabgabe an Private, Vereinigung von mehreren Waldbesitzern zu gemeinsamen Handlungen usw. Tatsächlich wurden in der letzten Zeit von den größeren deutschen Staatsforstverwaltungen jährlich viele Millionen Pflanzen an Private abgegeben. b) Ausbildung von geschulten Kulturarbeitern durch den Staat, Gemeinden, landwirtschaftliche Vereine, Genossenschaf- ten, eventuell Aufstellung besonderer Forstkulturtechniker. e) Belohnungen und öffentliche Anerkennungen für gut ausgeführte Kulturen (Baden). d) Steuererleichterungen. Dieselben kommen praktisch allerdings nur für die Grundsteuer und auch hier nur mehr für die Neuaufforstungen in Betracht. e) Namhafte Geldbewilligungen aus öffentlichen Kassen sind nur angebracht für die Aufforstung von Ödländereien. In Preußen wurden und werden unmittelbare Geldbewilligungen aus der Staatskasse für die Wiederbewaldung von Ödländereien in größerem Umfange gewährt. Ein durchschlagender Erfolg ist da- mit auf dem hohen Venn und in der Eifel erzielt. Allerdings er- hielten solche Beihilfen fast nur die Gemeinden als solche, in deren Besitz sich diese Ödländereien befinden. Von 1854—1892 wurden in der hohen Venn rund 2000 ha mit einem Aufwand von 370373 M. (pro Hektar 190 M.) kultiviert, den nur der Staat leistete. — In der Eifel wurden bis Ende 1392 aufgeforstet 15716 ha mit 1020779 M. Staatsbeihilfe und 318662 M. Gemeindeleistungen (pro Hektar 85 M. im ganzen. (Donner 80 f.) 3. Die Beleihung des Waldbesitzes durch die Hypotheken- banken usw. 4. Die Förderung des forstlichen Genossenschaftswesens. 5. Die Ausführung der Forsteinrichtungsarbeiten durch die Staatsforstbehörden auf Antrag des Waldbesitzers gegen Bezahlung. Dieser Aufgabe unterzieht sich zurzeit nur die königlich sächsische Forsteinrichtungsanstalt. 6. Die Beurlaubung von Staatsforstbeamten, welehe auf längere Zeit in den Privatforstdienst übertreten wollen. 25* Neuntes Kapitel. Gemeindewaldwirtschaft. I. Geschichtliche Entwicklung des Gemeindewaldeigentums als Teil des Gemeindevermögens. Die Gemeindewaldungen sind’ zum größten Teile markgenossen- schaftlichen Ursprungs. Der kleinere Teil derselben kam als Ab- findung für abgelöste Forstrechte in Staatswaldungen in den Besitz der Gemeinden, ferner durch Kauf, Schenkung (namentlich bei Gründung von Städten und Märkten, Verpfändung und Aufforstung von Gemeindegründen). 1. Markgenossenschaft.') Die Ansiedlung der germanischen Volksstämme erfolgte der Regel nach in Dörfern, bestehend aus 10—30 Höfen und später auch noch aus kleineren Stellen. Nur in der niederrheinisch-west- fälischen Tiefebene und in den Alpen findet sich die Ansiedlung in Einzelhöfen. In den Alpengegenden ist die Einzelansiedlung !) Heusler, Institutionen des deutschen Privatrechts 1885, I, 262. — Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, 3 Bde. 1868—1881. — Schröder, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, 3. Aufl. 1898. — Maurer, Ein- leitung zur Geschichte der Mark-, Hof-, Dorf- und Stadtverfassung und der öffentlichen Gewalt 1856. — Derselbe, Geschichte der Doriverfassung in Deutschland, 2 Bde. 1865/1866. — Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter, 4 Bde. 1885/86. — Derselbe, Art. Grundbesitz (Geschichte) im Handwörterb. d. Staatsw., 2. Aufl., IV, 823ff. — von Inama-Sternegg, Deutsche Wirtschaftsgeschichte, 1. Bd 1879, 2. Bd. 1891. — Meitzen im Handwörterb. d. Staatsw., 2. Aufl., I. Bd., 355ff. — Hanssen, Agrarhistori- sche Abhandlungen, 2 Bde. 1880. — Endres, Die Waldbenutzung v. 13. bis Ende des 18. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Geschichte der Forstpolitik. Tübingen 1888, I. Geschichtliche Entwicklung des Gemeindewaldeigentums usw. 389 wohl in den meisten Fällen auf den späteren Ausbau des grund- herrlichen Eigentums zurückzuführen. Die Gesamtheit des Besitzes eines Dorfes bildete die Gemar- kung. Dieselbe setzte sich aus drei wesentlichen Bestandteilen zusammen, nämlich aus dem Ackerland, dem Weideland (All- mende) und dem Walde. Das Ackerland, erst durch Urbarmachung und Rodung von Wald entstanden, war in der nächsten Nähe des Dorfes. Ursprünglich wurde es von den Dorfbewohnern gemein- schaftlich gebaut, vom sechsten Jahrhundert ab wurde es als Sonder- eigentum unter dieselben nach gleichen Losen verteilt. Das Weide- land und der Wald blieben gemeinschaftliches Eigentum der Dorf- genossen. Da diese Vereinigung im Besitz eine ausschließlich ger- manische Rechtsinstitution ist und das später eingeführte römische Recht ein ähnliches Besitzverhältnis nicht kannte, hat die Rechts- wissenschaft dafür den Begriff „Gesamteigentum“ konstruiert. Das Weideland war die notwendige Grundlage für die Durch- führung der Dreifelderwirtschaft, welche zur Ernährung des Viehes während des Sommers auf die Weide angewiesen ist (Allmend- weide, Stoppel- und Brachweide, Waldweide), die wenigen Wiesen waren schlecht gepflegt und wegen der darauf den Dorfbewohnern zustehenden Weiderechte im Frühjahr und Herbst nur einmähdig. Der Wald bildete die äußere Grenze (marca) des Dorfgebietes und wurde oft auch mit dem Weideland zusammen gemeinhin Mark genannt. Auch die gemeinsame Bezeichnung Allmende für Wald und Weideland, d.h. Allmende im engeren Sinne, ist nicht selten. Die im Dorfe gesessenen freien Männer (Haushaltungsvorstände), welchen die gemeinsame Benutzung von Wald und Weide zustand, hießen Markgenossen (Märker, Miterben, Ganerben, Holzgenossen, Erbexen, commarchiones, eonfines usw.) und ihre Gesamtheit bildete die Markgenossenschaft. Dieselbe war die älteste Form einer sozialen und wirtschaftlichen Organisation und begründete neben den Königen und vielleicht auch einzelnen Grundherren das erste Waldeigentumsverhältnis. Oft waren auch mehrere Dorfschaften zu einer Markgenossenschaft ver- einigt, sei es, daß von Anfang an mehrere Dörfer auf der Grundlage eines gemeinsamen Waldes sich zu einer Genossenschaft vereinigten, oder daß von der ersten Ansiedlung aus später weitere Niederlassungen (Tochterdörfer) ge- gründet wurden, die mit dem Mutterdorfe in genossenschaftlichem Verbande blieben. In späterer Zeit wurden dann solche große Marken in der Regel in kleinere zerlegt, indem jeder nutzungsberechtigten Ortschaft ein Teil als Mark- eigentum zugewiesen wurde. Die Oberurseler Waldmark (Homburger Mark) umifaßte z. B. 29 Ort- schaften. 390 _ Gemeindewaldwirtschaft Zur gemeinen Mark gehörten auch die Gewässer, Brunnen, Steinbrüche, Lehm- und Sandgruben, Wiesen, Wege, Nutzungsrechte in landes- und grundherrlichen Waldungen. Die Gesamtheit der Rechte und Nutzungen eines jeden Mark- genossen an dem gemeinsamen Markeigentum und das Sondereigen bildeten zusammen den Begriff einer Hufe (huoba, Hube). Das zu einer Hufe gehörige Ackerland war ursprünglich so groß, daß es von der Familie samt Gesinde bestellt werden konnte, derselben vollen Unterhalt und die Mittel zur Bestreitung der Öffentlichen Lasten gewährte. Meist waren es 30 Tagwerke (jurnale), Morgen oder Joch (Juchart, jugerum). Die Einheit dieses Maßes bedeutete so viel Ackerland, als an einem Tage oder Morgen mit einem Pfluge bearbeitet werden konnte. Jeder Markgenosse hatte an Wald und Weide, überhaupt an die gemeine Mark, die gleichen Nutzungsansprüche. Den Maßstab für die Größe der Nutzung bildete der Bedarf, der bei der Gleich- heit des Besitzes und der naturalwirtschaftlichen Lebenshaltung zwischen den einzelnen Genossen ursprünglich keinen großen Schwankungen unterworfen sein konnte. Diese Zweckbestimmung der gemeinen Mark hatte das Verbot der Veräußerung von Nutzungs- produkten des Waldes und der Allmende (Holz, Futter, Stroh, Dünger, mit Waldmast gemästete Schweine, auf der: Weide er- nährtes Vieh, Jagdbeute, Fische, ferner Brot, welches mit Holz aus dem Markwald gebacken war) und damit die wirtschaftliche Abgeschlossenheit der Mark nach außen zur Folge. Nur in zwei Fällen, die auch heute noch bei der Verwertung des Bürgerholzes in den Gemeindewaldungen in der Regel vorgesehen sind, fand ein Verkauf von Waldprodukten durch die Markgenossenschaft selbst statt: wenn der Naturalertrag nicht hinreichte, um in hin- länglich großen Teilen jedem Genossenschaftsgliede verabreicht werden zu können oder wenn der Ertrag größer als der Bedarf war. Das traf zu für Holz, Weide und Mast. Kein Märker durfte innerhalb der Mark Privatwald besitzen oder sein Ackerland zu einem solchen machen. Ausmärkern, d. h. Ortsfremden, welche innerhalb der Dorfmark Grund- eigentum hatten, wurden manchmal Holz- und Weiderechte gegen eine Aner- kennungsgebühr überlassen. Bei freudigen und traurigen Familienereignissen, sowie beim Eintritt unverschuldeter Armut machte die Markgenossenschaft ohne Beschränkung auf die Mitglieder Geschenke durch Einräumung beson- derer Waldnutzungen. Trotz der Gleichberechtigung aller Genossen war offenbar schon von den frühesten Zeiten an die Waldnutzung an bestimmte Vorschriften wirtschaift- licher Natur gebunden, die im Laufe der Zeit immer mehr ausgebeutet wur- den. Alle Waldnutzungen mußten von den Markbeaınten angewiesen werden. Als Brennholz durften nur minderwertige Sortimente (Dürrholz, Windfälle, I. Geschichtliche Entwicklung des Gemeindewaldeigentums usw. 391 Gipfelholz, Weichholz, unschädliches Holz usw.) oder auch nicht masttragende Bäume (unfruchtbares Holz, Taubholz) verwendet werden. Später trat an Stelle des Bedarfsmaßstabes auch ein bestimmtes Maß, ferner suchte man durch Beschränkung der Nutzungs- und Abfuhrzeit auf bestimmte Termine, Bestimmung des Transportmittels, Lokalisierung der Nutzung auf bestimmte Distrikte der Holzverschwendung vorzubeugen und den wachsenden Ansprüchen einer größer gewordenen Bevölkerung Rechnung zu tragen. Die gleichen Gesichtspunkte brachen sich unter sinngemäßer Abänderung hinsichtlich der Zuteilung des Nutz- und Bauholzes Bahn. Es bildete sich eine baupolizeiliche Aufsicht aus, die mit forstpolizeilichen Bestimmungen Hand in Hand ging. Eine große Rolle spielte auch das Zaunholz (Hagholz, Gehäge), welches in großen Mengen zur Umfriedung der Felder und Gärten zum Schutz gegen Weidevieh und Wild gebraucht wurde.') Ein altverbürgtes Recht der Markgenossenschaften war das der freien Selbstverwaltung. OÖberstes Verwaltungsorgan und Genossenschaftsgericht war die zum Märkerding (Holzgericht, Hol- ting, Heimding usw.) versammelte Markgenossenschaft (Wahl der Beamten, Verteilung der Marknutzungen und Dienste, Strafen — „Einung“ — für Markfrevel.. Der höchste Markbeamte war der aus den Vollgenossen freigewählte Obermärker (Waldbote, Wald- meister, Holzgraf, Vogt, Schirmer usw.). Unter ihm standen die Wald- und Flurschützen. Der OÖbermärker erhielt besondere Nutzungs- und Ehrenrechte neben regelmäßigen Abgaben. Die Markbeamten bezogen Marknutzungen und einen Anteil an den Strafen, außerdem gewisse Naturalleistungen. Die Schwächung oder der Untergang der markgenossen- schaftlichen Organisation wurde herbeigeführt durch die Störung der ursprünglichen Gleichheit der Hufen, durch die Aufteilungen der Marken, durch die Eingriffe der Grundherren und durch die Erriehtung der Wildbannbezirke. 1. Die ursprüngliche ungefähre Gleichheit des Besitzes wurde verändert: a) Durch das Recht des Neubruches, d. h. das Recht eines jeden freien Markgenossen, in der ausgedehnten gemeinen Mark, in Wald und Allmendland für seine Rechnung zu roden und diese gerodete Fläche zum Preise für die darauf verwendete Mühe und Arbeit als freies, dem Flurzwange nicht unterworfenes Eigentum zu erwerben. Diese gerodete Fläche wurde der Regel nach mit einem Zaun umgeben (Einfang, captura). Indem viele strebsame Markgenossen von dieser Befugnis reichlichen Gebrauch machten, entstand neben dem ursprünglich zur Hufe gehörigen Land immer mehr neugewonnenes Rodeland. Damit wurden aber auch die Ver- mögensunterschiede unter den Markgenossen immer größer. Die Fläche des Markwaldes wurde verringert. !) Näheres in meiner „Waldbenutzung usw.“ S. 7—56. 392 . Gemeindewaldwirtschaft. b) Durch die Teilung und den Verkauf der Hufen, namentlich vom dreizehnten Jahrhundert ab. c) Durch die damit Hand in Hand gehende Differenzierung des Bedarfes an den Nutzungen des Markwaldes und der Allmende. Der Besitzer des größeren Anwesens bezog im Laufe der Zeit mehr Marknutzungen als der auf seinen ursprünglichen Besitz beschränkte Hüfner oder der Teilhüfner. 2. Markteilungen zu Sondereigentum fanden schon seit dem dreizehnten Jahrhundert statt. Sie wurden hauptsächlich durch die Streitigkeiten unter den Markgenossen wegen des Nutzungs- genusses an Wald und Allmende veranlaßt und außerdem durch die Lehren des römischen Rechts begünstigt, nach welchen jeder Miteigentümer die reale Teilung verlangen kann. Auch die großen mehrere Dorfschaften umfassenden Marken wurden unter diese aufgeteilt. 3. Außer gegen die Ai hatten die Mark- genossenschaften hauptsächlich noch gegen die Grundherren zu kämpfen (Gierke I, 658). Die Grundherrschaft entwickelte sich vom achten Jahrhundert ab zur ersten wirtschaftlichen Macht,. in- dem die Könige den weltlichen und geistlichen Großen des Reiches große Strecken des königlichen Landes und namentlich des Waldes auf dem Wege der Belehnung verliehen. Diese durch Besitz mäch- tigen Grundherren umschlossen und durchsetzten mit ihrem Besitz das markgenossenschaftliche Eigentum, residierten in oder in der Nähe der Dorfmarken oder hießen ihre Beamten daselbst Wohnung zu nehmen. Sie brachten außer durch die soziale Macht, die ihnen ihr aus- gedehnter Besitz als solcher schon verlieh, die ländliche Bevölkerung auch dadurch in ein unmittelbares wirtschaftliches Abhängigkeits- verhältnis zu sich, daß sie im Laufe der Zeit einen immer größeren Teil ihrer Ländereien und Waldungen an die Dorfgenossen und deren Kinder zwecks Kolonisation gegen bestimmte Leistungen oder Zins ausgetan haben und damit dieselben mit dem Bande der Grundhörigkeit umschlangen. Im elften und zwölften Jahr- hundert war weit über die Hälfte alles deutschen Landes grund- herrlich (Lamprecht). Diese geschichtlichen Wandlungen wirkten umwälzend auf die Besetzung des Obermärkeramtes. Dasselbe wurde nun den höchst begüterten Genossen übertragen oder den in der Dorfmark sitzenden Grundherrn. Die politische Machtlosigkeit vieler Markgemeinden gab auch benachbarten Grundherren (Adelsgeschlechtern, Vorständen geistlicher Institute) willkommenen Änlaß, der Genossenschaft Schirm und Schutz anzubieten und damit die Oberherrschaft über die- I. Geschichtliche Entwicklung des Gemeindewaldeigentums usw. 393 selbe zu gewinnen. Die weitaus meisten dieser Grundherren ge- stalteten diese Vertrauensstellung als Obermärker und Schutzherren zu einem vollständigen Gewaltverhältnis und Obereigentumsrecht oder auch zu einem vollen Eigentumsrecht an der Mark, namentlich am Walde, aus. Auuheilugelie Das gleiche Streben, das Eigentum der Markgenossenschaften an sich zu reißen, hatten nach der Ausbildung der Landeshoheit seit dem Ende des Mittelalters auch die Landesherren, die — ab- gesehen von ihrer grundherrlichen Gewalt in dem Umfang ihrer Besitzungen — das Obermärkeramt überall da, wo es nicht in festen Händen war, als ein ihnen zustehendes Hoheitsrecht in Anspruch nahmen. Von einzelnen Juristen wurde den Landesherren kraft des Bodenregals sogar das volle Eigentum an allen Waldungen des Landes zugeschrieben. 4. Endlich wurden auch durch die Errichtung von Wildbann- bezirken, die sich später auch über das markgenossenschaftliche Eigentum erstreckten, sowie durch das Forst- und Jagdregal (In- forestierung) überhaupt die Eigentumsrechte der Markgenossen ge- schmälert. Alle diese geschichtlichen Vorgänge hatten zur Folge, daß viele Markgenossenschaften das volle Eigentum an Wald und All- mende an die weltlichen und geistlichen Grund- und Landesherren verloren und durch erzwungene Vergleiche und Verzichte zu bloßen Nutzungsberechtigten, später im Sinne der römisch-rechtlichen Ser- vituten, herabgedrückt wurden. Die Klagen der Bauern über den Verlust ihrer Marken kehren auch in allen Jahrhunderten wieder und im Bauernkriege (1525) war eine Hauptbeschwerde, daß die Fürsten Wald, Wasser und Jagd an sich gerissen haben. Bei der Enteignung der Markgenossenschaften hatten die Grundherren nicht immer leichtes Spiel.. Vielfach wußten sich auch Markgenossenschaften in einem jahrhundertelangen erbitterten Kampf!) eine gewisse Selbständig- keit den Grundherren gegenüber zu erhalten, indem letztere sich mit einer Bevorzugung im Genusse der gemeinen Mark begnügen mußten. Nicht selten wurde auch die Mark zum gemeinschaftlichen Eigentum der Genossen und eines oder mehrerer Grundherren erklärt, in welchem Fall das Maß der Nutzung jeder Partei in der verschiedensten Weise reguliert wurde. Solche Markgenossenschaften heißen dann grundherrliche. Grundherrliche Marken entstanden aber nicht bloß auf diesem’ Wege, sondern auch dadurch, daß Kolonisten sich‘ von Anfang an auf dem Privat- eigentum eines Grundherrn ansiedelten. Auch diese erlangten oft. genossen- schaftliche Rechte als Dorfgenossenschaften. Durch die Eingriffe der Grundherrschaft und infolge der unter den Mark- 1) Vgl. meine Mitteilung in A. F. u. J. Z. 1897, 183. 394 _ Gemeindewaldwirtschaft. genossen selbst eingetretenen Verschiebungen in bezug auf Besitz und Bedarf ergab sich die Notwendigkeit, die Ausübung der Nutzungsrechte durch lokale Ordnungen zu regeln. Dieselben führen den Namen Weistümer (Öffnungen, Rodel, Ehafttaiding usw.), d. s. Bezeugungen des hergebrachten Rechts und eingewurzelter wirtschaftlicher Gewohnheiten, und nehmen ihren Anfang erst im 12. Jahrhundert. 4, 2. Ortsgemeinde. RR Trotz aller Anstürme gegen das genossenschaftliche Gesamt- eigentum gelang es vielen Markgenossenschaften, dasselbe zu be- haupten und in den modernen Gemeindeverband mit herüberzu- nehmen. Aber der rechtliche Charakter der Genossenschaft als solcher und der ihres Grundbesitzes wurde mit der Bildung der modernen Gemeinde ein wesentlich anderer. Bis zum sechzehnten Jahrhundert war die Dorfmarkgenossen- schaft eine durch die Allmende und den weit wertvolleren Mark- wald zusammengehaltene Agrargenossenschaft. Die Befriedigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse der Genossen war ihre nächste und einzige Aufgabe. Eine eigentliche Vermögensverwaltung mit Rechnungsablage scheint in älterer Zeit nicht bestanden zu haben. Die Lasten wurden durch Gemeindedienste und Naturalleistungen, nur ausnahmsweise durch Geldbeiträge aufgebracht. Der Charakter der Markgenossenschaft war jedenfalls vorwiegend ein privatrecht- licher. Mit der Erstarkung der Landesherrlichkeit vom sechzehnten Jahrhundert ab trat an Stelle der bisherigen Agrargenossenschaft die politische Ortsgemeinde, welche die Gesamtheit der Einwohner umfaßte und durch die Zuteilung öffentlichrechtlicher Aufgaben ein Organ des Staatswesens wurde, eine eigentliche Korporation. Die Verpflichtungen der Gemeinden auf dem Gebiete des Polizei-, Armen-, Volksschul- und Wegewesens nötigten dieselben zur Aufbringung der hierfür erforderlichen Mittel durch die Einführung besonderer Gemeindesteuern. Wenn schon dadurch dem Vermögen der früheren Agrargenossenschaft eine über seine bisherige privatwirtschaftliche Bedeutung hinausgehende Aufgabe zugemessen werden mußte, so nahm dasselbe unter dem Einflusse des römischen Rechtes immer mehr den Charakter eines öffentlichen Gutes an, dessen Nutzungen unter obrigkeitlicher Aufsicht zur Befriedigung der allgemeinen Gemeindebedürfnisse dienen und allen Ortseinwohnern zugute kommen sollten. Denn nach den Lehren des römischen Rechts werden die (zemeindegüter und Nutzungen als res universitatis behandelt. Nicht mehr die Gesamtheit der Genossen, sondern der Gemeinde als Korporation (Körperschaft, Gemeinheit, universitas) mit juristischer Persönlichkeit steht das Eigentum zu. Die Anteile der bisherigen Genossen sind Nutzungsrechte an einer fremden Sache (Servituten) I. Geschichtliche Entwicklung des Gemeindewaldeigentums usw. 395 oder Nutzungsbefugnisse, deren Gewährung von dem guten Willen der Gemeinde abhängt.") Diese Rechtsgrundsätze, an welchen auch die neueste Ge- meindegesetzgebung im Prinzip festhält, wurden aber infolge des Widerstandes, welchen die alten Nutzungsgenossen als bisher be- vorrechtete Klasse ihre Durchführung entgegenbrachten, nicht überall vollzogen. Schon in den älteren Zeiten war nur eine bestimmte Anzahl von Dorfmarksbewohnern nutzungsberechtigt. In der Übergangs- zeit von der alten markgenossenschaftlichen Dorfgemeinde zur politischen Gemeinde gelang es dann an vielen Orten den altein- gesessenen Genossenschaftsmitgliedern, ihren Kreis gegen neue Zu- zügler von außen oder Nachgeborene in der Gemeinde selbst zu schließen und ihre bisherigen Nutzungsbefugnisse an Wald und Allmende zu selbständigen Rechtsamen zu erheben. Ob dieses Bestreben ganz von Erfolg gekrönt war, hing von dem Fortschritt und der Energie der Gemeindegesetzgebung ab. Gelang den alten Nutzungsberechtigten (Hufenbesitzern) die völlige Absonderung von den übrigen Bürgern der Dorfmark als engere Gemeinheit, dann entstand eine neue deutschrechtliche Ge- nossenschaft, eine Wirtschaftsgemeinde in der politischen Gemeinde, die sog. Realgemeinde (Rechtsamegemeinde in der Schweiz). Bei dieser ist die Mitgliedschaft durch den Besitz eines berechtigten Anwesens bedingt, indem das ursprünglich persönliche Recht zu einem dinglichen wurde. Wurden die Nutzungsrechte am Gemein- wald und Gemeinland für persönlich und frei veräußerlich erklärt, dann spricht man auch von einer Nutzungsgemeinde, ohne daß dadurch aber die rechtliche Natur dieser Vermögens- oder Kapital- genossenschaft geändert wird. Häufiger war indessen die Entwicklung nach der Richtung, daß die Staatsgewalt zwar den Genossenschaftsbesitz im Prinzip zum Eigentum der politischen Ortsgemeinde erklärte, den Genuß desselben aber unter Respektierung alten Herkommens und alter Rechtstitel (daher in Thüringen „Altgemeinde“) bestimmten oder allen Gemeindemitgliedern zum ganzen oder teilweisen Privatge- brauch überließ. Die Existenz einer Realgemeinde erkennt in diesem Falle das Gesetz dann in der Regel nicht an. Trotzdem ist es aber nicht ausgeschlossen, daß unbeschadet der Zuwendung der Nutzungen des Gemeindevermögens an einen weiteren Kreis der Gemeinde- bürger den Besitzern der alten Genossenschaftshöfe noch selb- 1) Vgl. Wand, Gem.-O. 103. 396 - Gemeindewaldwirtschaft. ständige Sonderrechte (Realgemeinderechte, dingliche Privatrechte) am Gemeidevermögen eingeräumt sind. Unter allen Umständen sind aber die Nutzungsbefugnisse aller Einwohner Rechte an einer fremden Sache geworden (Allmendgut). Andererseits ist auch nicht ausgeschlossen, daß ein Teil der Nutzungen zur Bestreitung der Gemeindebedürfnisse verwendet werden muß, womit ein Mittelweg geschaffen worden ist, den die französische Gesetzgebung schon im siebzehnten Jahrhundert ge- wählt und bisher beibehalten hat. Auf Grund dieser geschichtlichen Entwicklung zerfällt gegen- wärtig das Vermögen der politischen Gemeinden seiner Zweck- bestimmung nach in drei Klassen: 1. Die öffentlichen Sachen, d.h. das dem Öffentlichen Ge- brauche dienende Eigentum, wie Wege, Brunnen (res publicae, choses du domaine public). 2. Das Verwaltungsvermögen, d.s. jene Vermögensgegen- stände, welche unmittelbar zu Gemeindezwecken gebraucht werden, wie Rathäuser, Schulhäuser, Wohltätigkeitsanstalten, Inventargegen- stände usw. Ein allgemeines a ep besteht an demselben nieht. Hierzu werden auch vielfach die unter 1. genannten öffent- lichen Sachen gezählt. 3. Das Finanzvermögen, d.i. das werbende oder rentierende Vermögen (domaine partieulier munieipal). Dasselbe gliedert sich in zwei Bestandteile: a) Das Kämmereivermögen (Kammergüter, biens patrimo- niaux), dessen Erträgnisse in die Gemeindekasse fließen und zur Befriedigung der Bedürfnisse der Gemeinde dienen. In den Stadt- gemeinden vollzog sich die Umgestaltung des markgenossenschaft- lichen Vermögens zum Kämmereivermögen schon im Mittelalter, in den Landgemeinden erst später. b) Allmendgut (Bürgervermögen, Bürgergut, Gemeindegut, Gemeindemitgliedervermögen, biens communaux). Dessen Nutzung und Ertrag wird ganz oder teilweise zum Privatvorteile einzelner oder aller Gemeindeangehörigen verwendet, in der Regel in natura. Das Allmendrecht heißt Bürgernutzen, Gemeindenutzen, Gemeinde- recht. Unter Allmende im engeren Sinne versteht man an vielen Orten das durch Rodung der ehemaligen Gemeindeweide entstandene und im Eigentum der Gemeinde bzw. der Nachkommen der ur- sprünglichen Weideberechtigten insgesamt verbliebene Ackerland, welches den Berechtigten zur Sondernutzung zugeteilt zu werden pflegt. I. Geschichtliche Entwicklung des Gemeindewaldeigentums usw. 397 Im weiteren Sinne umfaßt das Allmendgut auch den Wald, ewige Weiden (in den Alpengegenden), Streuländereien (Riede), Wiesen usw. Die Nutzung erfolgt entweder gemeinsam (Weide, Wald) oder gesondert mit lebenslänglicher oder periodischer Zuteilung von Genußanteilen (Acker, Wiese).') Die Zweckbestimmung der genannten Vermögensarten kann übrigens vielfach ineinander übergreifen. Oft fließt z. B. ein Teil des Ertrages des Allmendgutes in die Gemeindekasse, ferner kann ein Verwaltungsvermögens- stand auch rentierlich ausgenutzt werden (Brückenzoll, Mieträume im Rat- haus usw.). Die beiden bayerischen Gem.-O. v. 1869 unterscheiden das Grundstock- vermögen (Stammvermögen) von dem übrigen Vermögen. Ersteres muß dem Werte nach der Gemeinde dauernd erhalten bleiben und gewissermaßen die Grundlage des gemeindlichen Haushaltes bilden (Liegenschaften, dingliche Rechte, Kapitalien usw.), letzteres wird für gemeindliche Zwecke verbraucht (Erträgnisse des rentierenden Vermögens, Steuererträge, Mobiliar usw.).?) Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Allmendwesens ist nicht allenthalben anerkannt. Als Nachteile werden geltend gemacht: frühes Heiraten, Schollenkleberei, wirtschaftliche Stagnation sowohl in bezug auf das Vorwärtsstreben des einzelnen (Reichtum wie Armut ist unbekannt) als in bezug auf die Befriedigung allge- meiner Gemeindebedürfnisse, da jeder befürchtet, daß dadurch die Auflage auf die Allmende oder die Gemeindeumlage erhöht wird. Dazu kommt die Verringerung des Hypothekenkredits. „Wir kennen Gemeinden in der Rheinebene“, sagt Hecht, „in denen die All- mendfläche nahezu drei Fünftel der Gesamtfläche ausmacht; eben dieselben Gemeinden zeigen aber auch das größte Wohnungselend, weil die Allmendbesitzer auf ihre nicht verpfändbare Heimstätte keine Hypothek zum Bau oder Kauf eines eigenen Hauses erhalten.“ Wo Weideland vergeben wird, wird dasselbe gewöhnlich vernach- lässigt (Schwarzwald, Alpen). Als Vorteile werden hervorgehoben: Die Alters- und Witwenversorgung der Berechtigten, daß auch der Dorfhandwerker und Industriearbeiter wenigstens Kartoffel und Gemüse für seinen Gebrauch bauen kann, daß der Arbeiter seß- hafter wird und wirtschaftliche Krisen leichter überwindet, daß ein landwirtschaftliches Proletariat nicht aufkommt. Allgemein anerkannt ist, daß die Nachteile die Vorteile dann überwiegen, wenn der Allmendgenuß ein vernünftiges mittleres Maß überschreitet.”) 1) Bücher im Handw. d. Staatswissenschaften, 2. Aufl., I. Bd., Art. All- mende, S. 255 ff. ?) Kahr, Gem.-O. 245f. — Wand, Gem.-O., 2. Aufl., 57. — Seydel, Bayer. Staatsrecht, 2. Aufl. II. Bd., 627 ff., 390 £. 2) Bücher a.a. O. 2635. — Hecht, Die badische Landwirtschaft 1903, 41 #. — Buchenberger, Agrarwesen u. Agrarpolitik 1893, I, 294 ff. 398 . Gemeindewaldwirtschaft. Allmendland zur landwirtschaftlichen Benutzung findet sich in denselben Gebieten in größerer Ausdehnung vor, in denen auch der „Allmendwald“ vor- handen ist. Nach der Statistik von 1895 war die Zahl der landwirtschaft- Betriebe mit Anteil am Gemeindeland: in Württemberg . . . . . 87444 in Elsaß-Lothringen. . . 59950 „ Baden ,;,. .. u... ..,20780:. .„ Prouben .„.. „> ri DENORR 0 le ER AENLENE davon in davon in Prov. Rheinland. . . 40369 Unterfranken. . . . . 17292 „ Hessen-Nassau . 11490 Rheinpfalz ...... 8934 „ Hohenzollern . 7807 Mittelfranken . ... 4865 „ ‚Sachsen. . » Zr day 2 1272, he Fe a ii: „ Hannover . 7 2 Eur II. Arten des Gemeindewaldeigentums. Den wesentlichsten Bestandteil des Gemeindevermögens bilden in der Regel bei den Landgemeinden die Waldungen. Die Nutz- barmachung des Ertrages derselben erfolgt nach den für das ge- meindliche Finanzvermögen geltenden Bestimmungen. In dieser Richtung zerfallen die Gemeindewaldungen in folgende zwei große Kategorien. Hierbei ist aber zu bemerken, daß in manchen Fällen die Zugehörigkeit eines Gemeindewaldes zu der einen oder anderen Kategorie nicht ohne weiteres feststeht. 1. Waldungen, welche zum Kämmereivermögen gehören. Das Eigentum steht der politischen Ortsgemeinde zu, die Er- träge fließen in die Gemeindekasse und kommen daher durch deren Verwendung zu öffentlichen Zwecken allen Ortseinwohnern und durch Verminderung oder Wegfall der Umlagen indirekt allen Steuerzahlern zugute. Im rechtsrheinischen Bayern zählen zu den Gemeindewaldungen dieser Zweckbestimmung alle jene, deren Nutzungen vor dem Erscheinen des Gemeindeedikts von 1813 nicht schon Gemeindemitgliedern ganz oder teilweise nach einem besonderen Rechtstitel oder nach dem Herkommen zustanden und ferner jene, welche seit dieser Zeit die Gemeinde erworben hat, Nach der (em.-O. v. 1869 ist „der Ertrag des Gemeindevermögens zur Bestreitung der Gemeindebedürfnisse zu verwenden.“ „Die Verteilung von Überschüssen an die Gemeindebürger (Pfalz: Ge- meindeangehörigen) ist nur dann zulässig, wenn alle Gemeindebedürfnisse ohne (emeindeumlagen und örtlichen Verbrauchssteuern gedeckt sind und wenn größere Ausgaben für außerordentliche Bedürfnisse nicht in Aussicht stehen.“ (Art. 31, übereinstimmend Pfälzer GO. v. 1869 Art. 24.) „Die Gewährung von Nutzungen an Bestandteilen des Gemeindever- ınögens, bei welchen diese bisher nicht üblich war, ist nur unter den gleichen Bedingungen und nur in widerruflicher Weise zulässig“ (Art. 31). En II. Arten des Gemeindewaldeigentums. 399 Speziell auf die Gemeindewaldungen angewendet, ist also der Rechts- zustand folgender: Wenn der Gemeindewald so große Gelderträge liefert, daß damit sowohl alle gegenwärtige laufende Gemeindeausgaben, als auch größere in Aussicht stehende außerordentliche Ausgaben (z. B. Bauten) nicht nur ge- deckt werden können, sondern auch noch ein Überschuß bleibt, kann dieser in barer Münze unter die Gemeindebürger — nach gleichen Teilen — ver- teilt werden. Anstatt den Überschuß in Geld zu verteilen, kann die Gemeinde den- selben auch in natura (Holz) zur Verteilung bringen. Diese Verteilung von Überschüssen in Geld oder in natura hat sofort aufzuhören, wenn die Gemeinde die Nutzungen für ihre eigenen Bedürfnisse nötig hat. Preußen. Die Gem.-O. für die östlichen Provinzen und Schleswig-Hol- stein gestatten eine Umwandlung des Gemeindevermögens (Kämmereivermögen) in Gemeindemitglieder-(Allmend-)Vermögen, wenn die Gemeinde schuldenfrei ist und durch eine solche Veränderung weder die Einführung neuer Gemeinde- abgaben noch auch die Erhöhung für absehbare Zeit erforderlich wird. 2. Waldungen, welche ganz oder teilweise den Charakter eines Allmendgutes haben. Das Eigentum steht auch hier der politischen Gemeinde zu. Der Ertrag an Holz und Nebennutzungen wird aber teils mit dem ganzen Anfallsguantum, teils nur in bestimmten Sortimenten und Mengen an bestimmte oder auch alle Gemeindeangehörige (Nutzungs- berechtigte) verteilt, sei es in natura, sei es in Geldeswert, immer aber zum Privatgebrauch. Vielfach kommt es indessen vor, daß nur ein gewisser Teil des Ertrages als Allmendegutsnutzung gilt, während der übrige Teil zugunsten der Gemeindekasse verwertet werden muß, mithin zum Kämmereivermögen zählt. Gegenstand des Allmendgenusses ist in erster Linie das Brenn-, holz in bestimmt abgegrenzten Maßen, Bürgerholz, Gabholz, Los- holz, Gemeindeholz, Gemeinderecht, Gemeindenutzen genannt. Das Nutzholz wird, soweit die Bezugsberechtigten darauf überhaupt Anspruch haben, in der Regel verkauft, bzw. gegen die Forst- taxe an dieselben abgegeben und der Erlös wird verteilt. Neben- nutzungen (Streu, Weide) sowie Leseholz werden, wenn sich ein bestimmtes Maß nicht festsetzen läßt, nach statutarisch festgestellten Gewinnungsarten, die zu einem gleichen Maß des Genusses führen, verteilt. Die Allmendwaldungen werden übrigens selten so benannt, sondern kurzweg als Gemeindewaldungen bezeichnet. A. Bayern r. d. Rh. Die geltende Gemeindeordnung für das rechtsrheinische Bayern kennt die Bezeichnung Allmendgut bzw. Allmendwaldungen oder Synonyme nicht, sondern nur die Bezeich- nung Gemeindevermögen und Gemeindewaldungen. Trotzdem ist 400 Gemeindewaldwirtschaft. eine Verteilung des Holzes und anderer Waldprodukte zum Privat- gebrauch von Gemeindemitgliedern unter bestimmten Voraus- setzungen für zulässig erkannt worden. Nach Art. 32 der Gemeindeordnung ist „die Verwendung von Nutzungen des Gemeindevermögens zum Privatvorteile nur so weit statthaft, als hierfür ein besonderer Rechtstitel oder rechtsbegrün- detes Herkommen besteht.“ Das Herkommen oder der Rechtstitel muß beim Inslebentreten des Gemeindeedikts von 1818 bereits bestanden haben, da neue Gemeindenutzungsrechte bzw. Vorrechte einzelner im Bereiche des öffentlichen Rechts seit dieser Zeit nicht mehr entstehen können. Sofern nicht die Gemeindenutzungen kraft besonderer Rechtstitel oder Herkommens einzelnen Klassen von Gemeindeangehörigen allein zustehen (in einzelnen Gemeinden z.B. nur den hausbesitzenden Bürgern, in den meisten den Be- sitzern bestimmter Anwesen), sind zur Teilnahme an denselben alle Gemeindebürger, welche die Gemeinderechtsgebühr bezahlt haben, berechtigt; außerdem auch die vormaligen nutzungsberechtigten Gemeindebürger, welche ihre Selbständigkeit durch Stellung unter Kuratel oder infolge Aufgabe ihres Hausstandes (Annahme einer Dienstbotenstelle) verloren haben, Witwen und elternlose Kinder nutzungsberechtigter Bürger, wenn sie ihren Hausstand in der Gemeinde fortsetzen und direkte Steuer zahlen. Alle Teilnahmsberechtigten haben gleichen Anspruch, wenn nicht eine Ausnahme durch Rechtstitel und Herkommen begründet ist (Art. 32). Nutzungen am Gemeindevermögen aus einem privatrechtlichen Titel bleiben unberührt, da sie überhaupt nicht unter den Begriff „Gemeinde- nutzungen“ fallen. Die Entscheidung darüber, ob ein Privatrecht vorliegt, "steht nach Art. 36 der Gem.-O. (Pfalz Art. 27) den Gerichten zu.!) Die Gemeindenutzungsrechte können nur an gemeindlichen Liegenschaften und an dinglichen Rechten stattfinden.?) Auch Forstrechte, welche die Gemeinde in fremden (ärarialischen) Wal- dungen hat, gehören hierher. Die durch Herkommen oder besondere Rechtstitel begründeten Nutzungsrechte sind: a) Qualifizierte, wenn sie unabhängig von der Finanzlage und dem eigenen Bedürfnis der Gemeinde zur Geltung kommen. Dabei kommen verschiedene Rechtsverhältnisse vor. Oft haben die Gemeinderechtsbesitzer nur Anspruch auf ein bestimmtes Maß von Nutzungen, der Rest gebührt der Gemeinde; oder umgekehrt, die Gemeinde bezieht lediglich bestimmte Nutzungen, wie z.B. Holz ‘) Kahr 291, 282, 290. — °) Seydel I, 634. II. Arten des Gemeindewaldeigentums. 401 für die Schule, den Bauholzbedarf, wogegen die übrigen Nutzungen ‚den Rechtsbesitzern zukommen usw.) Die qualifizierten, auf Herkommen beruhenden Nutzungsrechte — aber nicht die auf besondere Rechtstitel begründeten — können (Verpflichtung ist ausgeschlossen) von der Gemeinde ganz oder teilweise zurückgezogen werden im Falle eines Bedürfnisses derselben für Gemeindezwecke. Der Bedürfnisfall braucht nicht nach der Höhe der Gemeindeumlagen usw. beurteilt zu werden. Die diesbezüglichen Gemeindebeschlüsse müssen von mindestens drei Vierteilen der Gemeindebürger gefaßt sein und diese Zustim- menden müssen zusammen mehr als die Hälfte der von allen Nutzungsberechtigten zu zahlenden Grundsteuer entrichten (Art. 35). Darin liegt eine die Einziehung solcher Rechte erschwerende Vor- aussetzung.”) Beispiel aus einer unterfränkischen Gemeinde: Berechtigt sind 129 An- wesen. Verteilt wird unter dieselben das Brennholz in natura sowie der Erlös aus dem Buchennutzholz und dem schwächeren Stangenholz (dieses ge- hörte früher offenbar auch zum Brennholz). Alles übrige Nutzholz wird zu- gunsten der Gemeindekasse verkauft mit der Wirkung, daß bisher keine Um- lagen erhoben zu werden brauchten. Außerdem sind noch Allmendäcker und Wiesen vorhanden. b) Nicht qualifizierte (einfache) Nutzungsrechte sind jene, welche dem eigenen Bedarf der Gemeinde nachstehen. Sie sind Vorzugsrechte gegenüber anderen Klassen von Gemeindebürgern, sei es daß diese überhaupt keine oder geringere Nutzungsanteile erhalten. Die Gemeinde hat die Pflicht zur Leistung, wenn ihr eigener Bedarf befriedigt ist, andererseits aber auch die Pflicht zur Einziehung derselben, wenn sie notwendig sind, um die Er- hebung von Gemeindeumlagen, Verbrauchssteuern und sonstigen örtlichen Abgaben zu vermeiden.”) Die Sachlage ist die gleiche wie rücksichtlich der Verteilung von Überschüssen aus dem Ertrag des Kämmereivermögens, nur kommen hier bloß bevorzugte Ge- meindeangehörige in Betracht, beim Kämmereivermögen dagegen alle Gemeindebürger usw. Diejenigen, welche Waldnutzungen beziehen, sind verpflichtet, die auf dem Wald ruhenden Lasten (Steuern, Umlagen, Abgaben für gemeindliche Forstnutzungsrechte an fremden Waldungen) so- wie die zur Gewinnung der Nutzungen und zur Bewirtschaftung und zum Schutz des Waldes erforderlichen Ausgaben zu bestreiten. Werden die Erträge zwischen Gemeindekasse und Nutzungsberech- ») Kahr 292. — °®) Kahr 310f. — °®) Kahr 29%. Endres, Forstpolitik. 26 402 - Gemeindewaldwirtschaft. tigten geteilt, so sind die Lasten und Ausgaben verhältnismäßig von beiden Parteien zu tragen (Art. 34). Der Verkauf von Gemeindenutzungen ist nicht verboten. In der Entwicklung der bayerischen Gemeindegesetzgebung zeigt sich das konsequente Bestreben, die Vorrechte einzelner Klassen von Gemeinde- einwohnern einzuschränken und den Ertrag des Vermögens zur Befriedi- gung der Bedürfnisse der ganzen Ortsgemeinde zu verwenden. Daher kennt das bayerische Gemeinderecht mindestens schon seit 1803 Realgemeinden nicht mehr. Schon die Landesordnungen von 1516 und 1553 sowie das Landrecht von 1616 lassen erkennen, daß auch das Allmendgut als Gemeindevermögen galt. Nach dem Landrecht von 1616 ist zwar der Weidbesuch und Holzschlag auf ge- meinen Gründen, die der Gemeinde gehören, keine Grunddienstbarkeit der Teilhaber, „sondern eine alte Gerechtigkeit und nachbarliche Vergleichung zwischen den Nachbaren eines oder mehrerer Dörfer“, wenn aber darüber Streit entsteht, soll es mit „Ausführung und Beweisung solcher Gerechtig- keiten allerdings gehalten werden als wie von den Dienstbarkeiten geordnet ist.“ Den Richtern, Kastnern, Förstern und Landsassen wird (wie schon 1516 und 1553) befohlen, keinen „gemeinen Grund auffangen“ zu lassen, ohne der Grundherren und der Gemeinden Zustimmung. Der im Falle der Bewilligung zu zahlende Zins soll von der Grundherrschaft und Gemeinde zusammen nach ihrem Gefallen wieder „zu gemeinem Nutz angelegt oder wohl verwahrt be- halten werden.“ Nach der FO. v. 1563 u. 1616 (Art. 76) sollen „die Gebauersleut, so von alter her ihren Holzschlag an den gemein Hölzern haben, mehrers als ihr jeder nach gelegenheit seines besitzenden Gutes... . zu seiner Hausnoth- durft bedarf, nicht schlagen.“ Und damit diese Vorschrift auch vollzogen wird, sollen die von der Gemeinde zu bestellenden Forstknechte den „Ge- bauersleuten eines jeden Dorfs, allda es gemain Hölzer hat“, „zu ihrer Haus- notdurft jedem nach Gelegenheit seines Guts das Holz auszeichnen und abgeben“. Als Besitzkategorien werden aufgeführt: Kloster-, Pfarr-, Kirchen-, Privat-, Lehen-, Zins- und Gemeinwaldungen. Vollends aber geht aus dem Landrecht von 1756 deutlich hervor, daß das Allmendgut wahres Gemeindevermögen war und die Nutzungsbefugnisse der Gemeindemitglieder als Rechte an einer fremden Sache betrachtet wurden. Bei der 1795 empfohlenen Verteilung der Gemeindewaldungen sollte sogar der Leerhäusler seinen Waldanteil erhalten. Nur in der V. v. 14. Februar 1786 für das Herzogtum Neuburg werden neben Stadt- und Gemeindswaldungen auch noch Märkerwaldungen aufgeführt. Eine V. v. 13. Febr. 1805 sagt, daß einzelne zwar Genußrechte an den Gemeindegründen, nicht aber das private Eigentum der Gründe selbst haben können. Das Gemeindeedikt von 1803 scheidet das Gemeindegut in drei Klassen: 1. Öffentliche Sachen (Wege usw.), 2. Gemeindevermögen, welches zum Nutzen der Gemeinde verwaltet wird, 3. Gemeindegründe, welche zwar der Gemeinde gehören, jedoch von den Mitgliedern selbst einzeln benutzt werden. Auf dieselben haben, wenn nicht besondere Verträge vorliegen, alle Gemeinde- mitglieder gleichen Anspruch. Damit wurde hinsichtlich der Benutzung der Gemeindewaldungen mit dem seit der FO. v. 1568 festgehaltenen Grundsatz, daß der Besitzer des größeren Gutes auch entsprechend mehr Genußanteile zu beanspruchen habe, endgiltig gebrochen. II. Arten des Gemeindewaldeigentums. 403 Die weiteren Gemeindeedikte von 1818 und 1834 unterscheiden ebenfalls zwischen Gemeindevermögen, welches öffentlichen Zwecken dient oder dessen Renten zur Bestreitung der Gemeindebedürfnisse bestimmt sind, und jenem Gemeindevermögen, welches von den einzelnen Gemeindemitgliedern benützt wird, halten aber im Gegensatz zum Gemeindeedikt von 1308 hinsichtlich der Benützung der Gemeindegründe das rechtmäßige Herkommen aufrecht.!) Den gleichen Standpunkt nimmt die geltende Gemeindeordnung von 1869 ein. B. Rheinpfalz. Die Pfälzer Gemeindeordnung von 1869 stellt wie die Gemeindeordnung für das rechtsrheinische Bayern den Grundsatz auf, daß der Ertrag des Gemeindevermögens zur Be- streitung der Gemeindebedürfnisse zu verwenden ist und Über- schüsse nur verteilt werden dürfen, wenn alle Bedürfnisse ohne Erhebung von Umlagen und Verbrauchssteuern gedeckt sind (Art. 24). „Die Verwendung von Nutzungen des Gemeindevermögens zum Privatvorteile der Gemeindeangehörigen finden jedoch auch ferner- hin statt, soweit hierfür ein besonderer Rechtstitel besteht oder die Benützung der Allmenden und die Verteilung des Gabholzes bis- her zugelassen war“ (Art. 24). Während nach der rechtsrheinischen Gemeindeordnung das Herkommen oder der Rechtstitel bereits im Jahre 1818 bestanden haben muß, ist nach der Pfälzer Gemeindeordnung der Bestand der Übung im Jahre 1869 maßgebend. Von den genannten Nutzungen sind Nutzungsrechte nur jene, welche auf besonderen Rechtstiteln beruhen und die Ansprüche auf Gabholz. Die Nutzungen an Allmenden sind keine Rechte, sondern widerrufliche Gewäh- rungen.”) Unter „Gabholz“ (affouage communal) wird das in den Ge- meindewaldungen anfallende, von den Gemeinden aufgemachte Brandholz verstanden, welches zur Verteilung unter die Gemeinde- bürger bestimmt ist. Alles Bau-, Nutz- und Werkholz ist dagegen stets zugunsten der Gemeindekasse zu versteigern. Nach der V. vom 21. August 1816 hat die Verteilung des Gabholzes unabhängig von der gemeindlichen Finanzlage zu geschehen. Nach einer alten Übung werden auch sonstige kleinere Nutzungen, wie Streu und Leseholz, verteilt, auch wenn die Gemeinde Umlagen er- heben muß. Von der Regel, daß alles in den jährlichen Gemeindeschlägen sich ergebende Brandholz zu Gaben verteilt wird, gibt es Aus- nahmen: 1. Kein Bürger darf mehr als zwei Klafter Scheit- und Prügel- holz und 100 Wellen oder ein Klafter Scheit- und Prügelholz und ı) Kahr 243 f. — ?) Seydel 6371. 26* 404 Gemeindewaldwirtschaft, 250 Wellen oder 400 Wellen ohne Scheitholz erhalten. Der Über- schuß ist zugunsten der Gemeindekasse zu versteigern (V. von 1816). 2. Ist der Holzschlag so unbedeutend, daß eine Gabe weniger als ein Drittel Klafter Scheit- oder Prügelholz oder weniger als 50 Wellen betragen würde, dann kann auf Antrag des Gemeinde- rates durch das Bezirksamt die Versteigerung zugunsten der Ge- meindekasse verfügt werden (Reggs.-Entschl. 10. August 1832). 3. Ein solcher Antrag ist auch zulässig, wenn der Schlag zu entfernt liegt oder besondere Gründe die Verteilung unschicklich machen. Zu solehen ist der Fall zu rechnen, daß die Gemeinde namhafte Umlagen aufbringen oder dieselben namhaft vermehren müßte, wenn das Holz verteilt würde (V. von 1816). Alle in der Gemeinde Heimatberechtigten, welche daselbst seit Jahresfrist wohnen und einen eigenen Herd besitzen, haben auf die Teilnahme an den Gemeindenutzungen gleichheitlichen An- spruch, sofern nicht durch besondere Rechtstitel eine Ausnahme begründet ist (Gemeindeordnung Art. 25). Die Verteilung des Brenn- nolzes und der Streu erfolgt daher nach gleichen Losen ohne Rücksicht auf die Zahl der Familienmitglieder und den wirklichen Bedarf. Macht die Art des Nutzungsgenusses die gleiche Losein- teilung nieht gut möglich (Leseholz, Mastlesen, Rauh- und Schmalz- weide), dann hat die Gemeinde die Bedingungen der Ausübung der Nutzung nach gleichheitlichen Grundsätzen festzusetzen (Zahl von Personen, bestimmte Tage, gleichgroße Fahrzeuge usw.). Hinsichtlich der Tragung der Lasten und Betriebsausgaben gelten dieselben Vorschriften wie im rechtsrheinischen Bayern (Art. 26).") C. Württemberg. Nach dem G. vom 16. Juni 1885 werden unter den persönlichen Gemeindenutzungen diejenigen Vorteile ver- standen, welche den Bürgern unabhängig von ihrem Güterbesitz und ihrer Steuerquote aus dem nutzbaren Eigentum der Gemeinde durch Überlassung des Nießbrauchs (z. B. Weiden, Allmandteile) oder durch Austeilung des Ertrags (Holzabgaben usw.) zufließen. Die Gewährung der auf Herkommen beruhenden oder gesetzmäßig eingeführten Gemeindenutzungen ist statthaft. Die Gemeinde ist aber zur Aufhebung oder Schmälerung derselben oder zur Er- höhung der Gegenleistungen im Falle des Bedürfnisses für Gemeinde- zwecke ohne Entschädigungsgewährung befugt. Die Kosten für Verwaltung, Betrieb und Versteuerung solcher Grundstücke haben die Nutzungsteilnehmer nach dem Verhältnis des Nutzungsmaßes zu tragen. ı) Wand, Die Gemeindeordnung für die Pfalz, 2. Aufl. 1894, 169 ff., 124, 154 ff. II. Arten des Gemeindewaldeigentums. 405 Nutzungsberechtigt an den persönlichen Gemeindenutzungen sind die männlichen Bürger (Aktivbürger), welche über 25 Jahre alt sind, im Gemeindebezirk wohnen, selbständig auf eigene Rech- nung leben und das sog. Einstandsgeld (der zwei- bis fünffache Betrag des jährlichen Nutzungswertes) bezahlt haben, sowie die Witwen dieser Bürger. Die Anteile sind gleich, soweit nicht hier- von abweichende privatrechtliche Ansprüche vorliegen. Die Reihen- folge des Eintrittes in den Genuß, der Betrag der Nutzungen usw. kann ortsstatutarisch geregelt werden.') Eine von dem Grundsatz der Gleichheit abweichende Teil- nahme an den persönlichen Gemeindenutzungen kann nicht bloß auf bestehende privatrechtliche Ansprüche, sondern auch auf Real- gemeinderechte gegründet sein (G. 1885, Art. 28). Dieselben können so. geregelt sein, daß das Eigentum an den Waldungen der politischen Gemeinde zukommt und deren Verwaltung durch die Organe der politischen Gemeinde besorgt wird mit der Ver- pfliehtung, den Ertrag ganz oder teilweise den Gerechtigkeitsbe- sitzern zu überlassen. Derartige Waldungen sind Gemeindewal- dungen, welche mit den aus dem Realgemeindeverhältnis her- rührenden Bezügen belastet sind und fallen daher auch unter das Körperschaftsgesetz (V. vom 30. Dezember 1875).?) Hiervon zu unterscheiden sind die im Eigentum der Realge- gemeinden selbst stehenden Waldungen (s. Genossenschaften). D. Baden. Das badische II. Konstitutionsedikt bezeichnet als Gemeindegut „solchen Grund und Boden, dessen Eigentum und Genuß der ganzen Gemeinde angehört“ und als Allmendgut, „solchen Grund und Boden, dessen Eigentum der Gemeinde, dessen Genuß aber den Bürgern angehörig ist“ ($ 2). Die unter das Allmendgut fallenden Waldungen werden auch amtlich als „Allmendwaldungen“ bezeichnet.?) Das Bürgergabholz ist nach $ 111 der Gemeindeordnung vorzugsweise für das Feuerungsbedürfnis der Bürger bestimmt, ist also in Brennholz zu verabreichen und kann nur ausnahmsweise, wenn Rebpfählholz in Betracht kommt oder in steilen Lagen das Holz nur in ganzen Stämmen ausbringbar ist, in Klötzen oder Stämmen zur freien Verwendung verteilt werden. Müßte zur Auf- bringung des erforderlichen Gabholzes Nutzholz zu Brennholz ver- schnitten werden, dann ist das Holz auf Rechnnng der Gemeinde- 1) Fleischhauer, Die württ. Gesetzgebung über die Verwaltung der Gemeinden usw. 1893, 260 ff. — °) Derselbe 494. ®) V. d. Domänendirektion v. 6. März 1881, des Ministeriums des Innern v. 2. Novbr. 1882. 406- Gemeindewaldwirtschaft. kasse zu verwerten und die Gabholzberechtigten haben nur eine Entschädigung in Geld für den Brennholzentgang anzusprechen. Eine Verteilung und Verlosung des Gabholzes auf dem Stamme oder Stocke ist nur zulässig, wenn dies die Gemeinde mit zwei Drittel Majorität beschließt, alle Bezugsberechtigten das Holz gleich- zeitig fällen und heimfahren, sich zum Werts- und Schadensersatz von gefällten, nicht angewiesenen Stämmen verpflichten, falls der Frevler unentdeckt bleibt, und durch den Oberförster vor der Ab- fuhr die Aufnahme des Holzes erfolgt ($ 82). Alle Bürgerholzgaben dürfen nur mit Erlaubnis des Bürger- meisters veräußert werden (VV. von 1833). Die Größe der Genußteile an Bürgerholz richtet sich nach dem unbestrittenen Zustande vom 1. Januar 1831. Sie kann durch Be- schluß von zwei Drittel aller stimmfähigen Bürger auf andere Weise festgesetzt werden, wenn die Genußteile nicht dinglich auf dem Besitz bestimmter Güter oder Häuser haften. Waldunzuläng- lichkeit bedingt Verminderung der Holzabgaben. Reichen die in die Gemeindekasse fließenden Einkünfte aus dem Gemeindevermögen sowie die Erträgnisse der Gebühren, Vor- ausbeiträge und Genossenschaftsauflagen zur Deckung des Jahres- bedarfs der Gemeinde nicht aus, so ist zuuächst eine Auflage auf den Bürgernutzen zu machen und zwar derart, daß der den Frei- teil (36 Ar oder 8 Ster Holz) übersteigende Betrag des Bürger- nutzens bis zu fünf Zehntel des angeschlagenen Reinwertes und bei einer gewissen Höhe der Gemeindeumlage (mehr als 50 Pf. auf 100 M. Grund- und Häusersteuerkapital) auch der Freiteil bis zu zwei Zehntel des Wertanschlages zu belasten ist. E. Hessen. Derjenige Teil des Gemeindevermögens, an welchem den „Ortsbürgern“ oder einzelnen Klassen besondere Nutzungs- rechte vorbehalten sind, bildet die Allmende (Gemeindenutzung, Bürgervermögen). Die politische Gemeinde ist als solche Eigen- tiimerin der Allmende. Den Nutzungsberechtigten steht kein ding- liches Recht auf die Benutzung der Allmende zu, sondern es han- delt sich um ein öffentliches Recht, welches die Ortsbürgereigen- schaft voraussetzt. Dasselbe ist den Berechtigten auf Lebenszeit gewährt. Zur Teilnahme an den Nutzungen werden nur solche Ortsbürger zugelassen, welche das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben, verheiratet sind oder waren und in der Gemeinde wohnen. Witwen treten in das Recht der Ehemänner ein. Durch Lokal- statuten können verschiedene Klassen von Bezugsberechtigten ge- bildet werden. Der Genuß des „Losholzes“ wird eingeschränkt, wenn die verminderte Ertragsfähigkeit des Waldes oder die gesteigerte Zahl II. Arten des Gemeindewaldeigentums. 407 der Ortsbürger dies bedingt, und zwar dann im gleichen Ver- hältnis. Sinken aber die Lose auf '/, Stecken —= 0,8 Raummeter oder 25 Wellen herab, so können sie nur in dem Falle zur Ver- teilung kommen, wenn die betr. Losabgabe nur eine einmalige oder die letzte ist. In jedem andern Falle dürfen die Holzlose nicht unter 0,8 Raummeter oder 25 Wellen betragen. Die zuletzt Eingetretenen erhalten dann nichts. Losholz darf niemals seitens der Empfänger verkauft werden. Statt des herkömmlichen Allmenden- und Losholzgenusses kann eine Verteilung des Erlöses von verkauftem Holz (Waldstreu und Gras) unter die Berechtigten stattfinden.') F. Elsaß-Lothringen. Die Verteilung des Bürgerholzes in natura erfolgt, sofern Urkunden und ÖOrtsgebräuche nichts anderes bestimmen, in gleichen Losen nach Feuerstellen, d.h. nach Fami- lienhäuptern oder Hausvorstehern, welche seit drei Jahren einen wirklichen und bleibenden Wohnsitz in der Gemeinde haben (aus- schließlich Militärpersonen). Nach denselben Grundsätzen wird bei der Verteilung von Bau- und Reparaturholz verfahren, jedoch mit der Maßgabe, daß der Wert derartigen Materials durch Experten abgeschätzt und in die Gemeindekasse gezahlt wird ($54 d. GO.; Art. 105 des FG. von 1827 ist beseitigt). Auch die Verteilung des gesamten Holzeinschlages ist nach Umständen zulässig.”) (Vgl. auch Frankreich.) G. Preußen. Das ALR. von 1794 (I, 7 $18; 8 8159) zählt das Bürgervermögen (Allmendgut) zum Gemeindevermögen, ebenso die meisten Gemeindeordnungen. Soweit Privatrechte nicht ent- gegenstehen, kann überall durch Beschluß beider Gemeindeorgane und mit Genehmigung des Bezirksausschusses (Kreisausschusses) Art und Maß der Nutzungen verändert und das Bürgervermögen unter Abfindung der Nutzungsberechtigten sogar in Kämmereiver- mögen verwandelt werden, so daß die Nutzungen nicht mehr dem einzelnen, sondern der Gemeindekasse zufließen. Voraussetzung für die Teilnahme an den Nutzungen ist der Besitz der Gemeindemitgliedschaft oder des Ortsbürgerrechtes. In den alten Provinzen und in Frankfurt a. M. sind die Gemeinde- behörden in ihren Beschlüssen über die Benutzung des Gemeinde- vermögens gesetzlich nicht beschränkt, sie können daher beliebige Modalitäten und Bedingungen des Bürgervermögens feststellen, z. B. 2) Braun u. Weber, Das Verfassungs- u. Verwaltungsrecht des Großh. Hessen, II. Bd. 1894, 172. ff. 2) Leoni u. Mandl, Das Verwaltungsrecht von Elsaß-Lothringen 1895. — von Berg, Mitteilungen über die forstl. Verhältnisse in Elsaß-Lothringen 1883, 40. 408 Gemeindewaldwirtschaft. eine Klasse der Gemeindemitglieder, wie Haus- und Grundbesitzer für ausschließlich oder vorzugsweise nutzungsberechtigt erklären. In Schleswig-Holstein können die städtischen Kollegien nur das Maß der Nutzungsrechte beliebig festsetzen, genußberechtigt sind aber alle Gemeindeangehörigee In Hannover und Kurhessen ist das Herkommen maßgebend, in Nassau haben alle Gemeindebürger an den Nutzungen gleichen Anteil.') H. Tirol. In Tirol ist, abgesehen von dem Bestande besonderer Rechtstitel, als regelmäßige Basis der Verteilung der Gemeinde- waldnutzungen unter die Nutzungsberechtigten nicht der Grund- besitz der Teilnehmer, sondern der Haus- und Gutsbedarf anzu- sehen (V. 1882 und 1890). Für die Teilnahme an den Nutzungen eines Gemeindegutes, soweit eine solche nicht allen, sondern nur einzelnen Gemeindemitgliedern zukommt, ist die bei Erlaß der Ge- meindeordnung giltige Übung maßgebend. Die Teilung von Ge- meindewaldungen unter die einzelnen Gemeindemitglieder erfolgte auch in der Art, daß die Teile einen vom Gut untrennbaren Be- standteil bilden, die Produkte derselben zunächst nur zur Befrie- digung des Guts- und Hausbedarfes bestimmt sind und somit ohne behördliche Einwilligung nicht verkauft werden dürfen (WO. v9). | J. Frankreich. In Frankreich sind hinsichtlich des Verteilungs- modus des Bürgergesetzes (bois d’affouage) vier Epochen zu unter- scheiden: 1. Bis zur Revolution war das Herkommen maßgebend (FO. von 1669: les coupes affouageres seraient „distribuees suivant la coutumes“.”) Die konstituierende Versammlung hielt noch durch Dekret vom 21. Mai 1790 an der bisherigen Übung fest. 2. Infolge des Dekretes vom 28. August 1793, welches die Verteilung der Gemeindegrundstücke ausschließlich der Waldungen ordnete, bürgerte sich die durch Dekret vom 26. nivöse II (15. Jan. 1794) sanktionierte Übung ein, daß die Verteilung des Gemeinde- holzes wie der Gemeindegründe nicht nach Feuerstellen, d.h. nach der Zahl der ansässigen Familienhäupter, sondern nach dem Kopf der Einwohner jeden Alters und Geschlechtes zu erfolgen habe. Viele Gemeinden in der Provinz hielten aber trotzdem an ihrem Herkommen fest. Ein Dekret vom 19. frimaire X (10. Dezember ') Schön, Das Recht der Kommunalverbände in Preußen 1897, 215 f. ?) Im Elsaß hatte der neu eintretende Ortsbewohner erst nach Zahlung einer bestimmten Summe an die Gemeindekasse Anteil an dem Bürgerholz oder auch erst nach einer bestimmten Aufenthaltsdauer in der Gemeinde. Nur in Lothringen wurde 1724 gesetzlich eingegriffen, indem drei Klassen ge- bildet wurden: Klasse I erhielt einen vollen Bezug, Klasse II ?/,, Klasse III /,. II. Arten des Gemeindewaldeigentums. 409 1801) bestätigte für das Brennholz, nicht aber für das Stammholz, die Verteilung nach dem Kopf. 3. Da nun trotzdem viele Gemeinden auf diesen Verteilungs- modus nicht eingingen und Prozesse entstanden, verfügte 1807/1808 der Staatsrat, daß die Verteilung nach Feuerstellen vorgenommen werden soll, wenn dem nicht der Ortsgebrauch entgegensteht. 4. Der Code forestier von 1827 bestimmte, daß wenn nicht Verträge oder Ortsgebrauch entgegenstehen, die Teilung des Bürger- holzes nach Feuerstellen, d.h. nach Familienhäuptern oder Haus- vorstehern, welche einen wirklichen oder bleibenden Wohnsitz in der Gemeinde haben, stattfindet. Wenn nicht ebenfalls Verträge oder ÖOrtsgebrauch anders bestimmen, so soll der Wert der zu Bauten oder Ausbesserungen abgegebenen Stämme durch Sach- verständige abgeschätzt und an die Gemeinde bezahlt werden (Art. 105). Durch G. vom 25. Juni 1874 wurde diesem Artikel noch hin- zugefügt, daß fremde Haushaltungsvorstäinde an dem Bürgerholz nur dann Anteil haben, wenn ihnen das Recht des Wohnsitzes in Frankreich eingeräumt worden ist (Naturalisation). Die Gemeinderäte können sowohl die Verteilung des Holzes unter die Gemeindemitglieder als den Verkauf desselben zugunsten der Gemeindekasse beschließen, vorbehaltlich der Genehmigung des Beschlusses durch den Präfekten. Liegt ein solcher nicht vor, dann gilt das Verfahren im vorhergehenden Jahre. Die Sections de commune (Gemeindeabteilungen) sind öffentliche Körperschaften innerhalb der Gemeinde mit besonderem Besitz und Genuß von privatrechtlichem Gemeindeeigentum. Sie sind infolge der Gemeinde- ordnung vom 22. Dezember 1789, welche an die Kirchspiele anknüpfte, ent- standen und entstehen noch durch Vereinigung kleiner Gemeinden zu einer einzigen. Die Naturalnutzungen bleiben den bisherigen Nutznießern dann in der Regel gewahrt.!) Diese Gemeindeabteilungen sind ein Mittelding zwischen Allmend- und Realgemeinden mit näherer Anlehnung an erstere. Forstgesetz- lich stehen die Sektionswaldungen den übrigen Gemeindewaldungen gleich. K. Schweiz. In der Schweiz ist das Allmendwesen am inten- sivsten ausgebildet. Zum Unterschied von der Entwicklung in Deutschland erwies sich in der Schweiz das Recht der bäuerlichen Nutznießer an der Allmende meist als das stärkere, indem das Obereigentumsrecht der adeligen Grund- und Vogteiherren schon früh, namentlich aber seit 1798 beseitigt wurde, während in Deutsch- land das grundherrliche Recht siegte. Nutzungsberechtigungen und Nutzungsanteile sind in den einzelnen Kantonen verschieden- 2) O. Mayer, Theorie des französischen Verwaltungsrechts. Straßburg 1886, 478 ft. 410 Gemeindewaldwirtschaft. artig bemessen. In einigen Kantonen (z. B. Uri) dürfen die Nutzungsberechtigten ihr Brennholz in den ihnen angewiesenen Waldteilen selbst auswählen und schlagen.') Besonders erwähnt seien hier die im Kanton Solothurn schon seit den 1860er Jahren bestehenden Gemeindeforstkassen. Im den Forstregle- ments aller Gemeinden, zu deren Aufstellung letztere durch das Forstgesetz von 1857 verpflichtet wurden, mußte die Bestimmung aufgenommen werden: „Alle aus dem Walde sich ergebenden Einnahmen sind zur Bildung einer von allen übrigen Fonds getrennten und speziell zu verwendenden Forstkasse be- stimmt, deren Erträge in erster Linie nur zur Hebung der Gemeindeforstwirt- schaft verwendet werden dürfen.“ In diese Forstkassen fließen alle Einnahmen aus der Waldwirtschaft und auch ein Teil aus dem etatmäßigen jährlichen Holzanfall, während der größere Teil zu Gabholz an die Bürger bestimmt ist. Hiervon werden alle auf der Waldwirtschaft ruhenden Lasten bestritten. Außerdem werden aus der Forst- kasse Beiträge zu Armenlasten und Schulzwecken und gemeinnützigen Unter- nehmungen gewährt. Die Kasse darf aber dadurch nicht entkräftet werden. Ein Hauptvorteil besteht darin, daß die Waldwirtschaft vom jeweiligen Stand der Gemeindefinanzen unabhängig ist. Die Höhe des Bestandes der Gemeinde- forstkassen belief sich für den ganzen Kanton.?) im Jahre 1874 auf 608608 Fr. = „ 1884 „ 1020854 „ „.. 1894 „ 1343638 „ 1901 „ 1913788 n 3. Statistik. Gelegentlich der Berufs- und Gewerbezählung und der damit verbundenen landwirtschaftlichen Betriebszählung vom 14. Juni 1895 im Deutschen Reiche wurde der Versuch gemacht, zu ermitteln, in welchem Umfange sich die Allmenden im Eigentum der Gemeinden oder „gemeindeähnlicher Korporationen“ (Realgemeinden usw.), also Überreste der alten Markgenossenschaften noch erhalten haben. Dieser Versuch ist nicht ganz geglückt, weil die einschlägigen Rechtsverhältnisse viel zu kompliziert und den Beteiligten zu un- klar sind, als daß nicht viele Mißverständnisse bei der Beantwortung der Fragebogen vorgekommen wären.?) Die ermittelten Zahlen sollen das Allmendgut und das Eigentum der Realgemeinden usw., letzteres sei es unverteilt, sei es aufgeteilt aber noch in gemeinsamer Nutzung, umfassen. Im ganzen wurden im Deutschen Reiche gezählt Gemeinden oder Korporationen: !) Ausführlich bei von Miaskowski, Die schweizerische Allmend in ihrer geschichtlichen Entwicklung vom 13. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Leipzig 1879 (in Schmollers Staats- und sozialwissenschaftlichen Forschungen I. Bd., 4. H. 1879). — °) Schw. Z. f. F. 1903, 69 ff. 3) Statistik des Deutschen Reichs, Neue Folge, Bd. 112 („Die Landwirt- schaft im Deutschen Reich“), 1898, 45 *, II. Arten des Gemeindewaldeigentums. 411 Behr der Nutzungs- Zahl der Basen er berechtigten Betriebe mit ungeteiltem Wald. . . 12386 1340 160 510 846 mit ungeteilter Weide. . . 12492 441 635 429 468 mit aufgeteiltem Land. . . 8560 264 309 382 833 Der Waldbesitz ist mithin bei weitem vorherrschend. Der Betrieb und die Nutzung blieben in der Regel auch dann, wenn eine reelle Aufteilung stattgefunden hatte, genossenschaftlich, wes- halb auch die Statistik aufgeteilte Waldungen dieser Art nicht be- sonders ausgeschieden hat. Die Rechte an diesem Allmendgut usw. sind hauptsächlich mit Bauerngütern verbunden, der Großbesitz hat daran nur einen ver- schwindenden Anteil. Die Zahl der Betriebe mit Anteil an ge- meinsamer Nutzung beträgt: in der an an Größenklasse Wald Weide unter 2 ha 177 295 153 529 2—5 ha 145 236 107 408 5—20 ha 158 022 135 376 20—100 ha 29 726 32 548 100 und mehrha - 567 607 Deutsches Reich 510 846 429 468 Der geographischen Verbreitung nach finden sich nach dieser Statistik die Allmendwaldungen usw. innerhalb Preußens haupt- sächlich in den Provinzen Sachsen, Hannover, Westfalen, Hessen- Nassau, Rheinland; innerhalb Bayerns in den fränkischen Regie- rungsbezirken und in der Pfalz, dann in Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (alemannische Gebiete); Braunschweig, S.-Meiningen, S.-Weimar, Koburg-Gotha, Oldenburg, in den beiden Schwarzburg und Lippe. Nach der 1900er Statistik betrug die Fläche der Gemeinde- forsten und der deutschrechtlichen Genossenforsten 2523 887 ha. Zieht man davon die Fläche der Allmend- und Realgemeindewal- dungen der 1895er Statistik mit 1340160 ha ab, dann bleiben für die Waldungen im Nutzgenuß der politischen Gemeinden (Käm- mereivermögen) 1183727 ha. Diese Zahl ist, abgesehen von der Unzuverlässigkeit und der verschiedenen Zeit der statistischen Erhebung, auch deswegen mit Vorsicht zu beurteilen, weil viel- fach auch die politische Gemeinde an den Allmendnutzungen An- teil hat. Würde man unterstellen können, daß die Fläche der deutsch- rechtlichen Genossenforste zu 265797 ha in der 1900er Statistik sich deckt mit der Waldfläche der Realgemeinden, so würden in 4193 . Gemeindewaldwirtschaft. der 1895er Statistik für die zum Bürgervermögen (Allmendgut) gehörigen Waldungen 1074363 ha übrigbleiben. Es gehörten also nach der Statistik von 1900 und 1895 zu Waldungen mit dem Charakter von: ha Kämmereivermögen - »..“ “2.0 mie ser un 0m, Wr A Allmendgub;- ‚it. 01.50.19 melje bremen ae > Realgemeindebesitz usw. . » . 22 0 eu... 0... 020m Summa der Gemeinde- u. deutschrechtl. Genossenforste 2523887 Jedenfalls ist man nach diesen Ergebnissen zu dem Schlusse berechtigt, daß sich beim Waldbesitz Kämmerei- und Allmendgut die Wagschale halten. In Bayern!) betrug 1861 die Zahl der Gemeinden, Körperschaften und Stiftungen, welche einen Waldbesitz hatten von 1:is |51 Bis. OLkie te ne iR: Er aber 50 | 100 | 500 = = rs 15 | 6001 1000 | 2000 | 4000 | 6000 Tagwerk zu 0,341 ha Gemeinden... . . 2488 | 531 | 1260 | 302 | 132 | 43 10 8 Körperschaften . . . 84 55 114 20 3 1 _ _ Stiftungen... . . 2008 | 152 | 161 | 18 15 3 2 2 In Württemberg?) besaßen 1880 1829 Körperschaften (einschließlich Stiftungen) Wald und zwar: bis 1Oha 536 301—600 ha 109 11—30ha 323 601—1000 ha 25 31—100ha 423 über 1000ha 18 101—300 ha 395 In Baden?) besaßen 1874 1346 Gemeinden Wald und zwar: unter 1 ha 14 201—300 ha 151 1—10 ha 95 301—400 ha 94 11—50ha 287 401—500 ha 46 51—100 ha 255 501—1000ha 68 101—200 ha 320 über 1000ha 16 344 Gemeinden hatten keinen Wald. In Elsaß-Lothringen sind (1900) von den 1698 Gemeinden 1111 = 5,50), im Besitze eigener Waldungen, 111 haben mit anderen Gemeinden, [2] ı) Forstverwaltung 1861, 363. ?) Die forstlichen Verhältnisse 1880, 361. °), Krutina, Die Gemeindeforstverwaltung im Großh. Baden 1874, 5. II. Arten des Gemeindewaldeigentums. 413 4 mit dem Staate gemeinschaftliche Wälder. Die Größe der einzelnen Ge- meindewaldungen bewegt sich zwischen 1,83 und 2655 ha, mittel 173 ha.) In Frankeich besitzen von den 35989 Gemeinden nur 11479 = 32 °/, Wald. Hierzu kommen noch 3764 Sektions-Gemeindewaldungen?) (s. S. 410). III. Gemeindewaldgesetzgebung. 1. Geschichtliche Entwicklung in Preußen und Bayern. Die geschichtliche Entwicklung der Gemeindewaldgesetzgebung wurde teilweise schon unter Forstpolizeigesetzgebung behandelt, worauf hier verwiesen wird. Im Gegensatz zu dem Wechsel der Grundsätze, der im Laufe der letztvergangenen Jahrhunderte hin- sichtlich. der obrigkeitlichen Einwirkung auf die Privatwaldwirt- schaft zur Geltung kam, zeigt sich bei der Gesetzgebung für die Gemeindewaldungen eine gleichmäßigere und stetigere Entwicklung, die von der wechselvollen Gestaltung der den Gemeinden in bezug auf die Verwaltung ihres sonstigen Vermögens jeweils eingeräumten Zuständigkeit beinahe unbeeinflußt blieb und im Endergebnis auf die staatliche Beförsterung der Gemeindewaldungen, wenn auch unter verschiedenen Formen, hinauslief. Im großen und ganzen ist die staatliche Einwirkung auf die Privatwaldwirtschaft immer geringer, die auf die Gemeindewaldwirtschaft dagegen immer in- tensiver geworden. Während die Stadtgemeinden stets ein gewisses Maß von Selbständigkeit sich zu wahren wußten, schon infolge ihrer Vertretung in den Landschaften (Landtagen) oder ihrer Reichsfreiheit, und beinahe jede Stadt eine durch Frei- heitsbriefe garantierte besondere Verfassung hatte, wurden die Landgemein- den seit der Erstarkung der Landesherrlichkeit und insbesonders nach dem 30jährigen Kriege immer mehr unter obrigkeitliche Vormundschaft gestellt. Hierzu gaben der Mangel an Gemeinsinn der Bürger und die Mißwirtschaft ihrer Behörden die hauptsächlichste Veranlassung. Ein großer Teil der Gemeinden unterstand direkt der Kuratel, Gerichts- und Polizeigewalt der Grundherren (Patrimonialherren, Gemeindeherrschaft), der andere Teil direkt den landesherrlichen Behörden (in Bayern dem Land- gericht). Die der Grundherrschaft unterworfenen Gemeinden waren in dop- pelter Abhängigkeit, da die Landesfürsten auch ihrerseits die Einwirkung auf die Gemeindeangelegenheiten sich vorbehielten. Schon das Jagdregal und die Forsthoheit bot hierzu Gelegenheit. Im 18. Jahrhundert erschienen dann voll- ständige staatliche Gemeindeordnungen; in Bayern die Stadt- und Markt- instruktion von 1748 (erstmals 1670), in Württemberg die Kommunordnung von 1758, in Baden-Durlach jene von 1760, in Preußen die Kodifikation im Landrecht von 1794 mit subsidiärer Kraft. 1) Ney, Das Reichsland Elsaß-Lothringen, 916. 2) Nach der Statistique forestiere 1878. Die Zahlen sind von von Secken- dorff 1879 und auch noch von Huffel 1904 (S. 403) übernommen. 474" - Gemeindewaldwirtschaft. Die jetzige Organisation des Gemeindewesens erfolgte im 19. Jahrhundert. Die süddeutschen Staaten ließen sich am Anfang dieses Jahrhunderts noch wesentlich von der französischen Gesetzgebung, namentlich von der napoleo- nischen, beeinflussen, welche die Gemeinde zu einem staatlichen Verwaltungs- bezirk mit besonderem Vermögen degradiert und ihre Leitung in der Hand der staatlich ernannten Gemeindebehörden (Maire, Adjunkten und Munizipal- rat) konzentriert (G. v. 28. Pluviöse VIII, 17. Febr. 1800, Dieses System wurde indessen in ganz Deutschland später zugunsten einer mehr oder weniger ausgeprägten gemeindlichen Selbstverwaltung verlassen.') A. Preußen. In Preußen gab die von Freiherrn von Stein veranlaßte Städteordnung von 1808 den Städten volle Selbstverwaltung, die Landgemeinden, die schon im 18. Jahrhundert bloße Polizeiverwaltungsbezirke waren, blieben aber noch unter der Leitung der Grundherrschaften. In den östlichen Provinzen wurde die Polizeigewalt der Gutsherren erst 1872 aufgehoben. Nach einigen An- sätzen zur Zentralisation der Gemeindegesetzgebung im mehr freiheitlichen Sinne kehrte man seit 1853 wieder zur gesonderten Regelung derselben für die einzelnen Landesteile zurück, so daß die geltende Gesetzgebung ein bunt- scheckiges Bild liefert. Für die sieben östlichen Provinzen wurde unterm 4. Juli 1891 eine neue Landgemeindeordnung erlassen. Zur Zeit sind in der - ganzen Monarchie 23 Gemeindeverfassungsgesetze nebst ihren Ergänzungs- gesetzen in Kraft (9 Städteordnungen, 8 Landgemeindeordnungen, 6 Orts- gemeindeordnungen für Stadt und Land).?) Die Vorschriften des allgemeinen Landrechts über Holzver- wüstung bezogen sich auch auf die Gemeindewaldungen (vgl. S. 246). Durch das Landeskulturedikt v. 1811 wurden für das Geltungsgebiet des ALR. (mit Ausnahme Neuvorpommerns) die bis- herigen Beschränkungen in der Benutzung der Privatforsten, zu denen auch die Gemeinde- und Anstaltswaldungen gezählt wurden, aufgehoben. Die Gemeindewaldungen unterlagen nur mehr einer allgemeinen, durch die Gemeindegesetzgebuug geordneten Staats- aufsicht, die Anstaltswaldungen den statutenmäßigen und gesetz- lichen Vermögensbeschränkungen juristischer Personen. Auf die Gemeinde- und Anstaltswaldungen der 1815 mit Preußen vereinigten Provinzen Sachsen, Westfalen und Rheinprovinz wurden diese freien Grundsätze indessen nicht mehr übertragen, vielmehr durch die V. v. 24. Dez. 1816 die forsttechnische Staatsaufsicht eingeführt. Hinsichtlich der Weiterentwicklung der Gesetzgebung in den verschiedenen Rechtsgebieten muß auf die Zusammenstellung bei den einzelnen Systemen verwiesen werden. Die jüngste Gesetz- gebung haben die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, ‘) Jolly in von Stengels Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts, I. Bd. 1890, 496. 2) Schön, Das Recht der Kommunalverbände in Preußen, 1897, 59. — von Stengels Wörterbuch, I, 1890, 496. III. Gemeindewaldgesetzgebung. 415 Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen, für welche das G. betr. die Verwaltung der den Gemeinden und Öffentlichen Anstalten ge- hörigen Holzungen v. 14. Aug. 1876 erlassen wurde. Das Staats- aufsichtsrecht über die Gemeindewaldungen dieser Provinzen hatte sich seit Erlaß des Landeskulturedikts v. 1811 auf die Genehmi- gung zu Veränderungen in dem Genusse der Nutzungen bei den städtischen Waldungen und zu Rodungen und außerordentlichen Holzschlägen in den Waldungen der Landgemeinden beschränkt. Die Gemeinden verwalteten daher ihre Waldungen selbst, auch für die Stiftungsforste bestand kein gesetzliches staatliches Aufsichts- recht. Das G. v. 1876 ordnete das System der technischen Betriebs- aufsicht an. Zurzeit sind in Preußen alle Systeme der Staatsaufsicht mit zahlreichen Übergängen vertreten. Die gesetzlichen Bestimmungen, welche in den einzelnen Landesteilen für die Holzungen der Ge- meinden gelten, finden in ganz Preußen auch auf die gemein- schaftlichen Holzungen Anwendung, welche unter das G. v. 14. März 1881 fallen (Genossenschafts- und Gesamtabfindungswaldungen). Gemeinschaftlich ist nur, daß diejenigen Forstschutzstellen, welche eine höhere Befähigung als die eines königlichen Försters nicht erfordern und ein Einkommen von mindestens 750 M. jähr- lich abwerfen, mit den aus dem Jägerkorps hervorgegangenen, forstanstellungsberechtigten Anwärtern besetzt werden müssen. — Die Aufsichtsbehörde hat das Bestätigungsrecht.!) B. Bayern. In Bayern enthielten die Landesgesetzgebungen von 1616 an nur we- nige Bestimmungen über das Gemeindewesen. In den Anmerkungen Kreitt- mayrs zum Zivilgesetzbuch von 1756 sind ausführlichere Mitteilungen über das geltende Recht enthalten, namentlich über das Gemeindevermögen. Die Dorfgemeinden standen unter unmittelbarer Jurisdiktion und Aufsicht ent- weder der grundherrlichen Gemeindeherrschaft (Hofmark) oder des Land- gerichts. Die Vorsteher derselben, welche durch die versammelte Gemeinde gewählt wurden und obrigkeitlich bestätigt werden mußten, hießen Dorfs- führer, Hauptleute, Obmänner, auch Vierer. In gleicher Weise geschah die Bestallung der Gemeindebediensteten, wie die der Holz- und Feldwächter (Holzhay, Eschhay). Gemeindeversammlungen durften schon nach dem Land- recht von 1616 nur mit obrigkeitlicher Erlaubnis und im Beisein einer obrig- keitlichen Person stattfinden. Die Dorfbewohner schieden sich in Bauern, wozu die Besitzer von ganzen, halben, drittels, viertels Höfen gehörten und in Söldner, die je nachdem sie Grund und Boden bei ihren Häusern hatten oder nicht, Bausöldner oder Leerhäusler genannt wurden. Die Finanzverwaltung der Gemeinden war zwar eine selbständige, aber !) Danckelmann, Gemeindewald u. Genossenwald 1882; ferner Donner u. Schlieckmann. 416 : Gemeindewaldwirtschaft. unter der Kontrolle des Grundherrn oder Landrichters. Im Jahre 1779 wurde der oberen Landesregierung, 1782 den Rentdeputationen die Aufsicht über die Finanzverwaltung von Städten, Märkten und Dörfern erteilt und der bisherige „rentmeisterliche Umritt“ abgeschafft. Auch die Hofmarksherren sollten jähr- lich Rechnung über den Gemeindehaushalt vorlegen. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts war die Tendenz der Gesetzgebung auf die möglichste Beschränkung des Selbstverwaltungsrechtes der Gemeinden ge- richtet. Maßgebend hierfür war namentlich die Wahrnehmung, daß die Ge- meinden weder in bezug auf die Rechtspflege und Polizei noch hinsichtlich der Verwaltung ihres Vermögens etwas Ersprießliches leisteten (V. v. 31. Dez. 1802). Außerdem wurde die Entwicklung des Gemeindewesens durch das in der französischen Auffassung von der Staatstätigkeit liegende System der Zentralisation aller öffentlichen Verwaltungszweige wesentlich beeinflußt. Durch V. v. 1. Okt. 1807 wurde das sämtliche Vermögen der Gemeinden und Stif- tungen im ganzen Lande zu einem von der Regierung verwalteten Fonds ver- einigt. Die Erträgnisse des Gemeindevermögens sollten zunächst für die Deckung der Bedürfnisse der Gemeinde verwendet werden, etwaige Über- schüsse kamen dem Staate zugute. Erst durch V. v. 6. März 1817 wurde den einzelnen Gemeinden ihr eigenes und das Stiftungsvermögen zur Selbstver- waltung zurückgegeben, nachdem ein Teil durch Verwendung für fremdartige Zwecke und durch Unterschlagungen durch die Beamten verschleudert wor- den war.!) Die Edikte über die Bildung der Gemeinden vom 28. Juli 1808 und über das Gemeindewesen vom 24. September 1808 waren eine Kopie der französi- schen Einrichtungen. Die Gemeindegrenzen wurden nach den staatlichen Steuerdistrikten gezogen. Die Gemeinden hatten die Rechte öffentlicher Kor- porationen und standen unter strenger Bevormundung des Staates. Sie konnten nur auf Berufung und unter der Leitung der Polizeistelle znsammentreten und ohne Genehmigung derselben nichts beschließen. Die Höhe der neuein- geführten Gemeindeanlagen wurde nach Maßgabe des Staatssteuerfußes von der Regierung festgesetzt, ebenso deren Verwendung. Die Erhebung erfolgte durch die Staatskassen. Die Folge dieser Entwicklung war das Erschlaffen des Gemeinsinnes und die Interesselosigkeit der Gemeindemitglieder an dem ganzen Gemeindewesen. Das neue Gemeindeedikt vom 17. Mai 1818 räumte daher den" Gemeinden „zur Wiederbelebung der Gemeindekörper durch die Wiedergabe der Verwal- tung der ihr Wohl zunächst berührenden Angelegenheiten“ formell zwar größere Selbständigkeit ein, der Vollzug desselben wurde aber mehr im rück- schrittlichen Sinne gehandhabt. Die Rural-(Land-)Gemeinden waren nach wie vor dem vorgesetzten Land- und gutsherrlichen Gerichte untergeordnet und verbunden, die Befehle und Aufträge desselben zu vollziehen. Das „revidierte Gemeindeedikt* vom 1. Juli 1834 bewirkte darin keine durchgreifende Änderung, im Gegenteil brachte der Vollzug eine Verschärfung der staatlichen Bevormundung und führte zur Verkümmerung der gemeind- lichen Selbstverwaltung. Im Jahre 1848 ging die standes- und gutsherrliche Gemeindekuratel an den Staat über und im gleichen Jahre wurde die Öffent- lichkeit der Beratungen der Gemeindebehörden angeordnet. Einen wesentlichen Fortschritt bedeutete die Gemeindeordnung vom 29. April 1869, welche zurzeit das geltende Recht bildet.?) ‘) Esslen, Gemeindefinanzen in Bayern, 1903 (Dissert.). 2) Seydel I, 40#f., 121#f.; IL, 4ff. — Kahr I, 1f. III. Gemeindewaldgesetzgebung. 417 Auch die Rheinpfalz erhielt unterm 29. April 1869 eine Gemeinde- ordnung. Bis dahin galt seit dem Anschlusse an Bayern im wesentlichen das französische Gemeinderecht. Es besteht nur eine Form der Gemeindever- fassung. Zwischen Städten und Landgemeinden ist kein rechtlicher Unter- schied. Die staatliche Beaufsichtigung und Leitung der Gemeindewald- wirtschaft datiert schon auf das 16. Jahrhundert zurück. Nach der Hienheimer FO. v. 1508 mußten die „Gemeinhölzer“ der umliegenden Dörfer nach dieser Forstordnung bewirtschaftet werden, damit die Dörfer selbst, ihre Grundherren und Nachkom- men künftig keinen Holzmangel leiden. In der Köschinger FO. v. 1518 wird dem landesherrlichen Pfleger aufgetragen, darauf zu achten, daß die Dörfer, welche um und an dem Forst Gmainholz haben, dasselbe nicht abschwenden und aböden, damit „uns (dem Herzog) dadurch an der Wildfuhr kein Nachteil erfolgt“. Da die Bewohner von Kösching selbst ein ansehnliches Gmainholz haben, sollen sie aus dem Forst bis auf weiteres nichts mehr erhalten. : Die in diesen lokalen Wirtschafts- und Nutzungsordnungen bereits zum Ausdruck gebrachte Kuratel wurde in den allgemeinen FO. v. 1568 u. 1616, deren Bestimmungen in dieser Hinsicht völlig gleichlautend sind, in ein bestimmtes System gebracht. Für jedes Gemeindeholz mußte ein Forstknecht bestellt werden. Die An- stellung desselben erfolgte in den kleineren Gemeindewaldungen, bei deren Bewirtschaftung das jagdliche Interesse des Landesherrn mehr in den Hintergrund trat, durch die „Bauersleute eines jeden Dorfes oder Flecken“. Nach der FO. v. 1616 mußten die Forstknechte oder Holzhay, wenn die Gemeindehölzer im landgerichtischen Gebiet, d.h. im landesherrlichen Gerichts- gebiet lagen, von der Hofkammer, wenn sie im Gerichtsgebiet eines Land- standes lagen, von dieser Obrigkeit auf die Forstordnung eidlich verpflichtet werden. Die Aufsicht über sehr kleine Waldungen, für welche sich die Bestel- lung eines besonderen Forstknechtes nicht lohnte, sollte den Dorfvorstehern („Vierern“) übertragen werden, die ebenfalls von den landesherrlichen oder ständischen Gerichten verpflichtet werden mußten. Nach der FO. v. 1568 wurde die Verpflichtung aller Forstknechte und Vierer von dem obersten Forst- und Jägermeister vorgenommen unter Ausschaltung der ständischen Gerichte. Die Anstellung und Verpflichtung der Forstknechte für die großen Gemeinhölzer, welche um die landesherrlichen Bannforste lagen, erfolgte durch die landesherrlichen Beamten (1568 obersten Forstmeister). Diese Forstknechte durften in den Dörfern, „die ihren Holzschlag“ in dem betreffenden Walde hatten, nicht Woh- nung nehmen. Alle so angestellten Forstknechte mußten von den „Bauersleuten der Dörfer“, zu denen das Gemeinholz gehörte, eine Endres, Forstpolitik, 27 418 Gemeindewaldwirtschaft. für ihren Unterhalt ausreichende jährliche Besoldung erhalten unter Ausschluß der Zuweisung von Windbruch-, Ast-, Gipfel- oder Ab- fallholz. Die Höhe der Besoldung wurde im landesherrlichen Ge- richtsgebiet von der Hofkammer, im ständischen Gerichtsgebiet von den Landständen festgesetzt. Diese den Gemeinden auferlegte Verpflichtung wird ausdrücklich damit motiviert, daß der Landes- herr „an den Gemeinhölzern nichts als den Wildbann und die Obrigkeit habe“, diese Ordnung den Bauersleuten zum Nutzen ge- reiche und kein Stammrecht bezahlt werden müsse. Die dienstliche Obliegenheit der Forstknechte bestand darin, den Bauersleuten der Dörfer, welche Gemeinhölzer hatten, „jährlich zu ihrer Hausnotdurft, jedem nach Gelegenheit seines Gutes, das Holz auszuzeigen und abzugeben“, ebenso allen anderen, welche von alters her ihren Holzschlag an den gemeinen Hölzern hatten. Zum Verkauf durfte gar nichts abgegeben werden. Zur Erleich- terung der Kontrolle sollten die Forstknechte, wie es auch für die Bannforste zutraf, zwei bis drei Holztage in der Woche bestimmen, an welchen das angewiesene Holz gehauen und weggefahren wer- den durfte. Wer sich diesen Anordnungen widersetzte, über den wurde eine „nach Gelegenheit des Verbrechens billige Strafe“ ver- hängt. Als Grund zu diesen Maßnahmen wird die unwirtschaft- liche Behandlung der Gemeindehölzer angegeben. Diese Vorschriften blieben formell bis in das 19. Jahrhundert herein in Kraft und gingen im wesentlichen auch in die Öber- pfälzische FO. v. 1657 u. 1694 sowie in die Neuburger FO. v. 1690 über. In der Oberpfalz sollten die landesherrlichen Beamten die Gemeinhölzer für die Landesherrschaft einziehen, wenn die Ge- meinden sich den Anordnungen der Forstordnung widersetzten. Die Gemeindewaldungen waren wie die landesherrlichen Waldungen zu bewirtschaften. Nach der Stadt- und Marktinstruktion v. 1748 lag in Städten und Märkten dem Magistrat die Sorge für die Stadtwaldungen so- wie die Bestellung der Forstbediensteten ob. Zufolge dem Mandat v. 14. März 1752 durfte in den Gemeinde- waldungen das Holz nur im Herbst und Frühjahr angewiesen werden und nach dem Mandat v. 3. Juni 1762 sollte in den Ge- meindewaldungen das Brenn- und Bauholz nicht mehr „stück- ein- schichtiger Weise“, sondern schlagweise gehauen werden. Auch die Waldweide wurde geregelt. Tatsächlich wurde aber der Einfluß der Gemeinden auf die Bewirtschaftung und Benutzung ihrer Waldungen immer geringer. Dies stand sowohl mit der immer weiter um sich greifenden Ein- schränkung der Selbständigkeit der Gemeinden an sich in Zusam- III. Gemeindewaldgesetzgebung. 419 menhang als auch speziell mit der nahezu souveränen Stellung, welche die Forst- und Jagdbediensteten der ländlichen Bevölkerung gegenüber namentlich im 18. Jahrhundert einnahmen. Rottmanner!) schildert die gewordenen Zustände mit den Worten: „Die Jäger behaupten jetzt, daß ihnen allein die Aufsicht über alles Gehölz im ganzen Lande gebühre und keine Gemeinde darf sich mehr einfallen lassen, einen eigenen Förster oder nach Gestalt der Umstände den Dorfführer oder Holzhayen aufzustellen.“ Mit der Verkümmerung der Selbständigkeit der Gemeinden schwand auch die Sorge um die Pflege des Gemeindevermögens. Nach dem Zeugnisse aller Schriftsteller war in Bayern um das Jahr 1800 kein Waldbesitz in so schlechter Bestandsverfassung wie der Gemeindewald. Darin lag auch der Grund, daß der Ruf nach Teilung des Gemeindegrundeigentums in Bayern um diese Zeit einen so mächtigen Widerhall fand. In den in der ersten Hälfte”) des 19. Jahrhunderts ausgear- beiteten Entwürfen zu einem neuen Kultur- und Forstgesetz spielte daher die Beaufsichtigung der Gemeindewaldungen eine bedeu- tende Rolle. Schon in dem Kulturgesetzentwurf v. 1827 wurde die Aufstel- lung eines Wirtschaftsplanes und eines sachverständigen Wirtschafts- führers aus der Zahl der geprüften Forstamtskandidaten auf Kosten der Gemeinde verlangt. Die Waldteilungen sollten nur zum Zwecke der Rodung unter der Voraussetzung eines Mangels an Kultur- gelände zulässig sein. Der Ausschuß der Kammer wollte dagegen die Gemeinden hinsichtlich der Wahl der Wirtschaftsführer nicht gebunden wissen und die Teilung unter allen Umständen zulassen. Der Referent der 2. Kammer über den Entwurf eines Landeskultur- gesetzes von 1827 führte aus: „Kein Teil des Gemeindevermögens wird so sehr vernachlässigt wie die Gemeindewaldungen. Sie sind meistens von öden Gründen wenig zu unterscheiden und im Zustande von völliger Verwilderung und Anarchie. Sechs und mehr Tagwerk Gemeindewaldungen geben oft nicht so viel Holz als ein einziges Tagwerk gehörig kultivierter Waldungen des Staates oder der größeren Gutsbesitzer.“ Der Referent ist der Meinung, daß eine Besserung nur durch die Erlaubnis, die Waldungen nach Belieben zu teilen, herbeigeführt werden könne.?) Wie in bezug auf die Forstpolizei, so war auch hinsichtlich der Gemeindewaldaufsicht in den ersten Dezennien des 19. Jahr- hunderts infolge der mit der Gebietserweiterung Bayerns über- kommenen verschiedenartigen gesetzlichen Bestimmungen eine arge Verwirrung entstanden. Die Giltigkeit derselben wurde in 1) Notwendige Kenntnisse usw. 1780, 106. 2) Die V. v. 14. März 1789, 7. Okt. 1803, 27. Aug. 1807, 31. Dez. 1806, 19. März 1807 brachten ebenso wie die Bestimmungen des Gemeindeediktes keine neuen Grundsätze. — °?) Verh. d. 2. K. 1828, 11. BB., 25 £. 27* 40 Gemeindewaldwirtschaft. der Praxis nicht mehr respektiert!) und neue einheitliche Vor- schriften waren nach dem Scheitern des Kulturgesetzes vorerst nicht zu erlangen. Während in einigen wenigen Distrikten eigene von der Kuratel bestellte Personen unter dem Titel der technischen Leitung unbedingte Gewalt über den Gemeindewald ausübten, war in den meisten anderen Bezirken keine Spur eines geordneten Betriebes zu erblicken. Um diese Mißstände zu beseitigen, nahm die Regierung ihre Zuflucht zu dem revidierten Gemeindeedikt v. 1834 und erließ auf Grund der in demselben über die Vermögensverwaltung der Ge- meinden enthaltenen Grundsätze die generalisierende V. v. 23. April 1835. Nach derselben mußte sich die Benützung der Gemeinde- und Stiftungs- waldungen auf kuratelamtlich genehmigte Betriebs-- und Wirtschaftspläne stützen, die innerhalb Jahresfrist durch die von der Gemeinde wählbaren Sachverständigen hergestellt werden sollten. Problematische Verbesserungen, kostspielige Kulturversuche und sonstige „dem Forstluxus angehörige Maß- nahmen“ durften den Gemeinden nicht aufgedrungen werden. Dieselben wur- den ferner verpflichtet, ihre Waldungen unter einen geordneten Forstschutz zu stellen und beim Auszeichnen des Holzes und bei den Kulturen sich der Mitwirkung eines Sachverständigen zu versichern. Die Wahl der Mittel zu diesem Zwecke blieb da, wo nicht Kommunalrevierförstereien bereits verord- nungsmäßig bestanden, dem Ermessen der Gemeinden überlassen (Übertragung des Schutzes und der technischen Leitung an den benachbarten staats- oder gutsherrlichen Förster oder der Leitung allein, — oder Aufstellung besonderer behördlich anerkannter Personen für Forstschutz und Leitung, event. durch Zusammenschluß mehrerer Gemeinden). Die technischen Leiter mußten die für den königlichen Forstdienst vorgeschriebenen Eigenschaften besitzen. Damit war ein erträglicher Zustand nach einheitlichen Grund- sätzen geschaffen, wenn derselbe auch mehr auf den Bestimmungen des Gemeindeedikts als auf forstgesetzlicher Grundlage beruhte. Eine solche herbeizuführen, versuchte der Forstpolizeigesetzentwurf v. 1842, der allerdings über das bisherige Maß der Staatsaufsicht weit hinausging. Der Regierung sollte darnach die obere Leitung und Beaufsichtigung des Forstbetriebes selbst (Forstbewirtschaftung) zustehen. Für die sämtlichen Gemeinde-, Stiftungs- und Körper- schaftswaldungen war das System der Beförsterung vorgesehen. Die spezielle Leitung des Forstbetriebes sollte von den königlichen Forstämtern oder von den analogen Behörden der standes- und gutsherrlichen sowie der städtischen (Magistrat) Bezirke geführt werden, die technische Verwaltung durch Zuteilung dieser Waldungen an staatliche, standes- oder gutsherrliche Reviere und Forsteien oder auch durch Bildung besonderer Kommunal- oder Stiftungsreviere bzw. Forsteien erfolgen. Die Revier- und Forsteiförster sollten den für den königlichen Forstdienst geforderten Be- fähigungsgrad haben. Die Besetzung der Stellen sollte in den unmittelbaren !) Verh. d. K. d. Reichsräte 1842/43, 3. BB., 237 ff. III. Gemeindewaldgesetzgebung. 421 landesherrlichen Bezirken auf Vorschlag der Gemeinden durch den König er- folgen, die Ernennungen für guts- und gerichtsherrliche Bezirke der Be- stätigung der Kreisregierungen unterliegen. Die Kommunal- und Stiftungs- forstbeamten sollten in ihren dienstlichen und Gehaltsverhältnissen den un- mittelbaren königlichen Revier- und Forsteiförstern gleichgestellt sein. Für den Forstschutz hatten die Gemeinden usw. zu sorgen. Dieser Entwurf wurde vom Ausschuß der Kammer der Reichs- räte energisch bekämpft. In dem Bericht!) desselben wird bean- standet, daß der Staat nicht nur wie bisher die höhere Forstpolizei- aufsicht, sondern die obere Leitung des Betriebes üben wolle. Den Gemeinden stehe verfassungsmäßig das Recht zu, ihr Vermögen selbst zu verwalten. Die Kuratel könne sich auch nach dem Ge- meindeedikt v. 1818 nur auf negatives Einwirken beschränken, namentlich darauf, daß das Gemeindevermögen nicht dilapidiert und deterioriert werde. Von richtigen Gesichtspunkten gehe nur die V.v.1835 aus. Die Kosten für die Gemeinden seien zu groß. Ungesetzlich sei die Bestimmung, daß die Ernennung in guts- und gerichtsherrlichen Forstbezirken der Bestätigung der Kreisregierung unterliege und ebenso, daß die Zahl, Aufnahme, Belohnung und Entlassung des Forstschutzpersonals der Genehmigung der Kuratel- behörde anheimgegeben sei. Das ganze Kapitel über die Aufstel- lung der Kommunalförster sei verwerflich, die Aufstellung eines Wirtschaftsplanes genüge vollständig. Der Ausschuß der Reichsratskammer verschwieg allerdings die inneren Motive zu seiner Haltung in dieser Frage: nicht um die Erhaltung der Gemeindeautonomie war es in dieser Zeit diesen Ständevertretern zu tun, sondern um die Aufrechterhaltung ihres Prestiges über die ihrer Gerichtsbarkeit unterstehenden Gemeinden. Dieses war freilich — noch fünf Jahre vor 1848 — durch diesen Gesetzentwurf bedroht. Im neuen Forstgesetzentwurf v. 1846 trug die Regierung dieser parlamentarischen Strömung Rechnung, indem die Beförsterung gar nicht mehr erwähnt wird und lediglich die Bestimmung vorgesehen ist: „In den Gemeinde-, Stiftungs- und Körperschaftswaldungen steht der Regierung die Oberleitung und Beaufsichtigung (der Forst- bewirtschaftung) zu.“ In dem Entwurfe zum Forstgesetz v. 1852 war gleichwohl die Bestimmung wieder aufgenommen, daß der Staatsregierung „die Leitung und Beaufsichtigung der Bewirtschaftung“ der Gemeinde- waldungen usw. zustehe und die „technische Leitung“ von den kgl. Forstämtern geübt werde. Die beiden Kammern des Landtages veranlaßten jedoch die Streichung dieser Fassung und setzten an 1) Verh. d. K. d. Reichsräte 1842/43, 3. BB., 174. 499 Gemeindewaldwirtschaft. deren Stelle den jetzt geltenden Artikel 6: „Die Bewirtschaftung der Gemeinde- und Stiftungswaldungen steht unter der Oberaufsicht der Staatsregierung“. Es wurde geltend gemacht, daß die Regie- rung nur darüber zu wachen habe, daß die Verwaltungsstellen keine Übergriffe machen, den Kapitalstock nicht absorbieren und die ihnen eingeräumte freie Vermögensverwaltung nicht mißbrauchen. Der Regierung sei aber nicht das Recht eingeräumt, in das Detail der Bewirtschaftung einzugreifen. Bei Ausübung des Oberaufsichtsrechts sei der Staatsregierung ein mehr negativer Standpunkt angewiesen.) Im geltenden Forstgesetz v. 1852 ist das System der sog. tech- nischen Betriebsaufsicht im Sinne der V. v. 1835 zur Durchführung gebracht, ausgenommen die Regierungsbezirke Unterfranken und Rheinpfalz, in welchen das System der sog. Beförsterung ein- gehalten wird. Die zum Forstgesetz erlassenen „besonderen“ Vollzugsvor- schriften v. 29. Juni 1852 griffen in die Bewirtschaftung der Ge- meindewaldungen viel stärker ein, als es mit dem Grundsatz der „Oberaufsicht“ vereinbarlich war; tatsächlich wurde auf dem Ver- ordnungswege den Staatsbehörden doch die „Leitung“ übertragen. Den wiederholten Anregungen, welche aus der Mitte des Landtags zugunsten einer weitergehenden Einwirkungsbefugnis der Gemeinden auf die Bewirtschaftung ihrer Waldungen gemacht worden sind, wurde durch die besonderen Vollzugsvorschriften v. 12. Aug. 1888, durch die Forstgesetznovelle v. 17. Juni’'1896 (Art. 7 Abs. 2) und die nunmehr geltenden besonderen Vollzugsvorschriften v. 12. Mai 1897 schrittweise Rechnung getragen. Das Ziel der letzteren geht dahin, daß die Gemeinde als Eigen- tümerin des Waldes in dessen Bewirtschaftung und Benutzung nicht mehr als notwendig beschränkt werden solle. Die jährlichen Be- triebsanträge gelangen nun nur dann an die Forstpolizeibehörden bzw. Stellen, wenn von den Gemeinden dagegen Erinnerungen er- hoben werden. °) Die Gemeindeordnungen von 1869 haben in bezug auf die Bewirt- schaftung der Gemeindewaldungen gegenüber dem Forstgesetz subsidiäre Gel- tung; denn nach Art. 30 der rechtsrheinischen Gem.-O. v. 1869 „unterliegt die Bewirtschaftung der Gemeindewaldungen den gesetzlichen Vorschriften“, Dieselbe Bestimmung trifft Art. 23 der Pfälzer Gem.-O. v. 1869. Der Oberaufsicht des Staates sind nur die Waldungen, nicht auch die etwa an sich zur Aufforstung geeigneten Ödflächen unterworfen. Im Jahre 1852 betrugen in den sieben Regierungsbezirken diesseits des Rheins die un- kultivierten Gemeindegründe ca. 150000 ha, wovon 71°/, Hutflächen und 29°), reine Ödungen waren. Ein Aufforstungszwang besteht für dieselben nicht. 1) Verh. d. K. d. Abg. 1851/52, 3. BB., 105. ®) Vgl. Ganghofer, Forstgesetz, 3. Aufl., Vorbemerkungen zu Art. 6. III. Gemeindewaldgesetzgebung. 423 2. Die Systeme der Staatsaufsicht. Nach allgemein anerkannten Verwaltungsgrundsätzen hat der Staat die Pflicht, den Vermögensstand der Gemeinden zu über- wachen und eine unwirtschaftliche Schmälerung desselben zu ver- hindern. Die in der Familie auf die Erhaltung des Vermögens und die wirtschaftliche Sicherstellung der jetzigen und künftigen Generation gerichtete und gepflegte pietätvolle Fürsorge überträgt sich in der Regel nicht auf die Gesamtheit der Mitglieder einer Gemeinwirtschaft, weil die egoistischen Interessen stärker sind als der wirtschaftliche Gemeinsinn und die Verantwortlichkeit auf viele Schultern verteilt ist. Gerade die Oberaufsicht und Einwirkung des Staates auf die Bewirtschaftung der Gemeindewaldungen, die schnell verwüstet, aber nur langsam regeneriert werden können, ist eine durch die Geschichte der Gemeindeforstwirtschaft erbrachte Notwendigkeit. Dem hohen pflegenden und konservativen Sinne vieler größerer Gemeinden steht oft der blinde Egoismus oder die Macht der Not in anderen gegenüber. Von Forstaufsichts wegen werden die Waldungen der öffent- lichen Anstalten (Korporationen, Stiftungen .usw.) den Gemeinde- waldungen gleichgeachtet. Die folgenden Systeme gelten daher auch für erstere. Ein geordneter, auf Nachhaltigkeit der Holznutzung abzielender Forstwirtschaftsbetrieb beruht auf drei Voraussetzungen: Festsetzung eines allgemeinen Wirtschaftsplanes, Aufstellung jährlicher Betriebs- pläne auf der Grundlage des allgemeinen Wirtschaftsplanes, Be- triebsleitung durch einen sachkundigen Verwalter. Je nachdem nun der Staat die Einhaltung dieser Bedingungen für die Bewirt- schaftung der Gemeindewaldungen im ganzen oder teilweise ver- langt oder auch von derselben ganz absieht, und je nach der Art der Erfüllung dieser Bedingungen kann man drei Systeme der staatlichen Einwirkung unterscheiden: A. die allgemeine Vermögensaufsicht, B. die technische Betriebsaufsicht, C. die Beförsterung. Beim System der Vermögensaufsicht findet keine Einwirkung des Staates auf den technischen Waldbetrieb statt; es steht daher den Gemeinden frei, welche Maßnahmen sie zur Ordnung desselben treffen wollen. Die Systeme der technischen Betriebsaufsicht und der Beför- sterung fordern einen Wirtschaftsplan, jährliche Betriebspläne und einen Wirtschaftstechniker. Der Unterschied liegt hauptsächlich darin, ob auf die Art der Beschaffung des letzteren die Gemeinde 494 - Gemeindewaldwirtschaft. noch einen Einfluß hat oder ob derselbe von Staats wegen be- stellt wird. Diese drei zum Zwecke einer systematischen Gruppierung ausgeschiedenen Systeme!) sind indessen nicht immer streng von- einander abgegrenzt, sondern gehen vielfach ineinander über und weisen im Einzelfalle auch sonstige Abweichungen auf. Die Tendenz der Verwaltungspraxis ist in neuerer Zeit immer mehr darauf gerichtet, die Betriebsführung auch da, wo es gesetz- lieh nicht direkt geboten ist, in die Hände der Staatsforstbeamten zu legen, womit den Gemeinden wie dem öffentlichen Interesse auch am rationellsten gedient ist. Gleichzeitig dringt aber auch mehr und mehr in der Gesetzgebung die Auffassung durch, daß innerhalb der durch eine ordnungsmäßige Wirtschaft gesteckten Grenzen den Gemeinden in bezug auf die Durchführung bestimmter Wirtschaftsziele, welche ihren Wünschen und Bedürfnissen ent- sprechen, eine möglichst große Bewegungsfreiheit und Selbstbe- tätigung eingeräumt werden soll. Ebenso werden in der Befolgung des formalen Geschäftsganges den Gemeinden in neuerer Zeit nam- hafte Erleichterungen zugestanden. Wenn die Gemeinden hinsichtlich des Verfügungsrechtes über ihr Waldvermögen auch eine weitergehende Bevormundung über sich ergehen lassen müssen, als sie ihrer Selbständigkeit auf anderen Gebieten der Vermögensverwaltung entspricht, so kann ihnen doch billigerweise nicht zugemutet werden, daß sie auf die Befriedigung ihrer jetzigen Bedürfnisse zugunsten der späteren Generationen ver- zichten. Verwaltungsgrundsätze, die sich in der Staatsforstwirt- schaft vielleicht noch mit guten Gründen rechtfertigen lassen, können daher für Gemeindewaldungen mit Rücksicht auf die da- mit verbundenen Opfer für die Gegenwart vollständig unangebracht sein. Zu sprungweisen Betriebsänderungen eignet sich der Ge- meindewald jedenfalls am allerwenigsten. Staatsforstbeamte, welche Gemeindewaldungen zu bewirtschaften haben, sollten sich daher der besonderen Verhältnisse dieser Waldbesitzkategorie immer be- wußt bleiben. Die Wirtschaft in den Gemeindewaldungen ist nicht immer auf die Erzielung des höchstmöglichen finanziellen Erfolges ge- richtet. Dem steht schon die vielfach herkömmliche Verteilung des Holznaturalertrages unter die anteilsberechtigten Gemeindemit- glieder entgegen. Um die hierzu erforderlichen Brennholzmassen aufzubringen, werden vielfach Nutzhölzer zu Brennholz verschnitten !, Dieselben wurden von Danckelmann aufgestellt (Gemeindewald und Genossenwald, Berlin 1882). III. Gemeindewaldgesetzgebung (Vermögensaufsicht). 425 und unrentable Holzarten und Betriebsarten gewohnheitsmäßig bei- behalten. Namentlich nach letzterer Richtung weist kein anderer Besitzstand allen Regeln einer gesunden Finanzwirtschaft so zuwider- laufende Bestandsverhältnisse auf wie ein großer Teil der Gemeinde- waldungen. Dazu gehört namentlich der Mittelwald mit wenig Oberholz und lückigem in der Hauptsache nur aus Weichhölzern bestehendem Unterholz. Auch den reinen Buchenmittelwald, diese denkbar unrentabelste Bestandsform, findet man noch vielfach in den Gemeindewaldungen. Allerdings ist bei Beurteilung der Fest- haltung an der Mittelwaldform entschuldigend zu betonen, daß die- selbe auch auf kleinerer Fläche einen jährlichen Betrieb gestattet, soviel wie keine Bestandspflege erfordert, fast keinen Gefahren ausgesetzt ist und sehr geringe Kulturkosten verursacht. Es gibt keine bequemere und einfachere Wirtschaft als die im Mittelwalde. Aber die Vorteile sind für die Gemeinden in Wirklichkeit doch nur augenblickliehe. Die Überführung des Mittelwaldes in Hoch- wald stößt wegen der damit verbundenen Etatsbeschränkungen meistens auf den Widerspruch der Gemeinden. Die Einwirkung der staatlichen Forstbehörden auf die Ge- meindewaldungen erstreckt sich nicht auf die Verwertung und die Verwendung der im Gemeindewald zur Nutzung gelangenden Wald- produkte. Nur in Frankreich (nicht mehr in Elsaß-Lothringen) haben die staatlichen Forstbeamten hierbei mitzuwirken. A. Vermögensaufsicht. Der Staat sorgt für die Erhaltung des Waldvermögens. Des- halb bedarf die Veräußerung und Ausstockung von Wald, ferner jede einschneidende Veränderung hinsichtlich der Waldbenutzung der staatlichen Genehmigung. Devastation ist verboten. Im übri- gen ist die Bewirtschaftung des Waldes völlig frei. Die Gemeinde ist also weder verpflichtet, einen Wirtschafts- plan aufzustellen, noch einen fachmännischen Wirtschaftsführer mit der Betriebsleitung zu betrauen. Es ist daher keine Garantie da- für geboten, daß die Wirtschaft sich im Rahmen der Nachhaltig- keit bewegt und Übernutzungen zum Schaden der späteren Gene- rationen vorgenommen werden. Dieses System besteht: 1. innerhalb Preußens a) in einem großen Teile der Provinz Hannover, nämlich im Reg.-Bez. Hannover, ausschließlich Calenberg (V. 1830); in den Reg.-Bez. Lüneburg, Stade, Osnabrück und Aurich, wo überhaupt keine gesetzlichen Bestimmungen bestehen; b) in Schleswig-Holstein und im Herzogtum Lauenburg (G. 1869); ce) im Gebiete der Stadt Frankfurt a.M. (V. 1807, Gemeindeverfassung 1867). - 46 Gemeindewaldwirtschaft. In Preußen unterstehen ca. 52000 ha Gemeinde- und Stiftungs- waldungen der Vermögensaufsicht, d. s. 4°/,. 2. Im Königreich Sachsen. 3. In Lippe-Detmold (V. 1819), Mecklenburg-Strelitz, Anhalt, Reuß ä.L. (V. 1870), Reuß j. L. (Gem.-O. 1850). In der Prov. Schleswig-Holstein mit Lauenburg befinden sich keine unter selbständige Forstverwalter (Gemeindeoberförster) gestellte Gemeinde- und Institutenforsten. Dagegen besteht für Schleswig-Holstein eine „provin- zialständische Forstdirektion“, welcher zugleich die Aufforstung der Ödlände- reien übertragen ist. Im Kreise Herzogtum Lauenburg gehören zum Landes- kommunalvermögen 7352 ha Wald. Derselbe untersteht der Verwaltung des Kreisausschusses und zerfällt in drei landschaftliche Oberförstereien.!) Sachsen. Die Wirtschaft der Gemeinde-, Stiftungs- und sonstigen Kör- perschaftswaldungen wird von Oberaufsichts wegen überwacht. Die Verwaltung derselben kann durch die Gemeindeaufsichtsbehörde beschränkt werden. Der Erlös außerordentllicher Holzschläge gehört zu dem Stammvermögen, soweit nicht die Mehrentnahme gegen den planmäßigen oder durchschnittlichen Jahres- ertrag durch Unterlassung der regelmäßigen Holzschläge in den nächstfolgen- den Jahren ausgeglichen wird. Die Amtshauptmannschaften dürfen sich in Gemeindeforstverwaltungsangelegenheiten des Beirates staatlicher Revierver- walter, die Gemeinden der Forsteinrichtungsanstalt bedienen. (Städte-Ordnung u. revid. Landgem.-O. $ 10, 12.)?) — Pfarrwaldungen müssen nach einem Wirt- schaftsplan bewirtschaftet werden unter Leitung eines technisch gebildeten Forstbeamten. Das gleiche gilt für die Kirchenwaldungen. Bereits in der sächsischen Forstordnung von 1560 wurde den Gemeinden verboten, ihre gemeinen Hölzer zu verhauen oder dieselben mit Grund und Boden unter sich zu teilen. Sie sollen dieselben hegen und sparen, damit sie im Falle eines Brandes oder sonstiger Schäden Hilfe und Trost daran haben mögen. Dürrholz und Windbruchholz dürfen sie nutzen. Auch die Pfarr- herren müssen ihre Pfarrhölzer pfleglich gebrauchen, sich das benötigte Holz vom Öberförster anweisen lassen und dürfen keines verkaufen. Im ganzen unterstehen der Vermögensaufsicht im Deutschen Reiche 96000 ha Gemeinde- und Stiftungs- forste, d. s. 3,9°/, aller dieser Forste. B. Technische Betriebsaufsicht. Die Wirtschaft muß auf Grund eines staatlich genehmigten Be- triebsplanes nachhaltig geführt werden, die jährlichen Fällungs-, Kultur- und Nebennutzungspläne müssen sich im Rahmen des all- gemeinen Betriebsplanes halten, für Bewirtschaftung und Schutz sind befähigte Personen aufzustellen. Rodungen, Verkäufe oder sonstige Änderungen am Waldeigentum bedürfen der Genehmigung. Zur Bestellung der gesetzlich geforderten Betriebsleitung stehen den (remeinden verschiedene Wege offen. ’) Schlieckmann 349 f. ?) von der Mosel, Handwörterbuch des sächsischen Verwaltungsrechts, 1901. — Darstellung der k. sächsischen Staatsforstverwaltung, 1865, 12. III. Gemeindewaldgesetzgebung (Betriebsaufsicht). 4937 1. Anstellung eines eigenen Forstbeamten seitens der Gemein- den. Dies ist. nur dann möglich, wenn die Größe und der Ertrag des Waldbesitzes in einem noch annehmbaren Verhältnis zu dem hierzu erforderlichen Aufwand steht. Es sind daher nur wenige Stadtgemeinden, welche auf diesem Wege für die Bewirtschaftung ihres Waldbesitzes Sorge tragen können. 2. Mehrere benachbarte Gemeinden, Öffentliche Anstalten usw. können sich zur Bestellung eines gemeinschaftlichen Betriebsleiters vereinigen und so eine gemeinsame Gemeindeoberförsterei (Forst- amt usw.) bilden. Solche Kommunalforstverwaltungsverbände, die seit 1835 in Teilen der Rheinprovinz und von Westfalen bestehen, haben ihre erheblichen Mißstände. Dieselben lassen sich nach den dort ge- sammelten Erfahrungen auf folgende Zustände zurückführen: ') a) Die Verwaltungsbezirke werden zur Ersparung der Aus- gaben für die Besoldung des Betriebsleiters in der Regel zu groß gemacht. Die Gemeindeoberförsterei Saarburg umfaßte im Jahre 1894 11795 ha, Bitburg (daselbst) 10217 ha, Hermeskeil 9307 ha (Reggs.-Bez. Trier), Zell 10189 ha, Halsenbach 9000 ha, Simmern 8577 ha (Reggs.-Bez. Koblenz) usw. Wenn auch die Tätigkeit eines Gemeindeoberförsters dadurch entlastet ist, daß die Verwertung der Waldprodukte die Gemeinde in der Regel selbst besorgt, so wird diese Erleichterung reichlich aufgewogen durch die zerstreute Lage der einzelnen Waldungen, durch die Verschiedenheit der Wirtschaftsziele,. durch die Mannig- faltigkeit der Ansprüche der einzelnen Gemeinden und durch den komplizierten und schwerfälligen Geschäftsgang, der sich aus dem Verkehr mit so vielen selbständigen Waldbesitzern ergibt. b) „Die Gemeindeforstbeamten befinden sich vielfach in einem Abhängigkeitsverhältnis von den Gemeinden, welches sie verhindert, ihre Amtspflichten so wahrzunehmen, wie das Gedeihen der betref- fenden Forste es erfordert.“ ?) c) Ferner kommt hinzu, daß die Beamten nur schwer die Möglichkeit haben, sich auf einen andern Posten versetzen zu lassen, daß sie wegen der meistens geringen Besoldung und der schlechten Pensionsverhältnisse länger als zuträglich im Dienste bleiben, daß die Versorgung der Hinterbliebenen meistens sehr dürftig ist. Diese Verhältnisse haben sich in Preußen allerdings zum Besseren ge- ändert infolge des G. v. 30. Juli 1899, welches die Gemeindeforstbeamten den übrigen Gemeindebeamten im allgemeinen gleichstellt und namentlich die Pensionsbezüge sowie die Hinterbliebenenversorgung regelt. 1) Donner 91f. — ?) Donner 29. 428 - Gemeindewaldwirtschaft. 3. Die Gemeinden übertragen die Betriebsleitung benachbarten Staats- oder Privatforstbeamten im Nebenamte gegen eine ent- sprechende Vergütung an dieselben. Dadurch kommen die Gemeinden billiger weg, ersparen nament- lich die Pensionslast usw., der Mißstand liegt aber darin, daß die Staats- und Privatbeamten wegen Mangels an Zeit den Gemeinde- waldungen nicht immer die nötige Aufmerksamkeit widmen und immerhin zu einer gewissen Nachgiebigkeit und Nachsicht gegen die Gemeinde geneigt sind, um dieses Nebeneinkommen nicht zu verlieren. 4. Der Staat läßt auf Antrag der Gemeinden gegen eine entsprechende an die Staatskasse zu entrichtende Vergütung die Betriebsführung durch seine Forstbeamten besorgen und bildet zu diesem Zwecke aus Staats- und Gemeindewaldungen gemischte Ver- waltungsbezirke. Den Staatsbeamten obliegt die Betriebsleitung ex offieio. Lediglich der Umstand, daß die Gemeinde „freiwillig“ und auf eigenen Antrag der Staatsforstverwaltung die Wirtschaftsführung ihrer Waldungen überläßt, ermöglicht es, dieses System noch unter den Begriff der „technischen Betriebsaufsicht“ zu bringen. In der praktischen Durchführung der Betriebsleitung unterscheidet sich dieses System durch nichts von der „Beförsterung“. Die Gemeinden können zu dieser Maßnahme indirekt dadurch gezwungen werden, daß der Staat seinen Beamten die persönliche Übernahme der Betriebsleitung von Gemeindewaldungen verbietet (Bayern seit 1886, Württemberg). Jenen Gemeinden, die wegen zu geringen Umfanges ihres Waldbesitzes eigene Forstbeamte nicht aufstellen können und auch keinen genügend qualifizierten Privat- forstbeamten in der Nachbarschaft zur Verfügung haben, bleibt dann nichts anderes übrig, als mit dem Staat einen förmlichen Vertrag wegen der Betriebsübernahme abzuschließen. Eine Einwirkung auf die Besetzung der betreffenden Beamten- stelle (hinsichtlich der Person) haben die Gemeinden ebensowenig wie beim System der Beförsterung. Darin liegt formell eine ge- wisse Abschwächung ihres Einflusses auf die Selbstverwaltung ihres Vermögens, ein Umstand von mehr theoretischer als praktischer Bedeutung. Materiell ist dieser Weg für die Gemeinden der bequemste und finanziell vorteilhafteste. Sie haben nicht bloß die Garantie, daß der Betrieb von tüchtigen und unabhängigen Beamten ge- leitet wird, sondern es erwächst ihnen der weitere Vorteil, daß der die forstlichen Verhältnisse seines Bezirkes übersehende Staatsforstbeamte ihnen manche Winke hinsichtlich der Beschaf- III. Gemeindewaldgesetzgebung (Betriebsaufsicht). 429 fung des Kulturmaterials, des Standes des Holzmarktes usw. er- teilen kann. Forstpolizeilich ist bemerkenswert, daß, insofern der staatliche Oberförster (Forstmeister) zur Ausübung der staatlichen Oberaufsicht über die Gemeindewaldungen mitberufen ist, diese und die Betriebs- leitung in derselben Person vereinigt ist. Daher ist auch in den meisten Staaten die regelmäßige Inspektion der Gemeindewaldungen durch die höheren Staatsforstbeamten angeordnet. Der Staat kann die Betriebsführung durch seine Beamten nur dann übernehmen, wenn die territoriale Organisation der Staats- forstverwaltung darauf zugeschnitten ist (Umfang, Abrundung, grö- ßere Zahl der Verwaltungsbezirke). Andererseits kann er aber auch eine in diesem Sinne durchgeführte Organisation nur so lange aufrechterhalten, als die große Mehrzahl der Gemeindewaldungen seiner Betriebsleitung unterstellt ist. Es ist daher wohl begreiflich, daß der Staat, nachdem er einmal auf die Übernahme der Betriebs- führung sich eingerichtet hat, durch einen mehr oder weniger sanften Druck auf die Gemeinden das Verhältnis zu einem dauern- den und allgemeinen zu gestalten bemüht ist. Ob die Gemeinden unter den aufgeführten gesetzlich zugestan- denen Möglichkeiten die eine oder andere tatsächlich wählen müssen, hängt nicht bloß von der Größe ihres Waldbesitzes ab, sondern in erster Linie von den Anforderungen, welche die Gesetzgebung an die Qualität der Betriebsleiter stellt. Wird von denselben der Befähigungsnachweis für den höheren Staatsforstdienst verlangt (Bayern, Württemberg), dann kommt für Gemeinden mit kleinerem Waldbesitz die Bestellung eines eigenen Technikers, allein oder gemeinschaftlich, überhaupt nicht mehr in Frage. Denn abgesehen von den Kosten wird es den Gemeinden schwer fallen, für diese Stellung überhaupt einen geeigneten Bewerber zu finden. In dem preußischen Gemeindewaldgesetz v. 1876 werden zur Wirtschaftsführung nur „genügend befähigte Personen“ gefordert, ohne daß deren Qualifikation bestimmt wird. Man wollte damit den Verschiedenheiten in bezug auf Größe, Lage, Bestands- und Betriebsverhältnisse der Waldungen und der Gelegenheit zur Mit- benutzung fremden Personals usw. Rechnung tragen und die freie Bewegung der Waldeigentümer nicht mehr als nötig beschränken (Ausf.-Instr. v. 21. Juni 1877 No. 12). Die V.v. 1816 für Westfalen und die Rheinprovinz verlangt für die Wirtschaftsführung „gehörig ausgebildete Forstbedienstete“. Nach den Instruktionen v. 31. Aug. 1839 für die Reg.-Bez. Koblenz und Trier und v. 19. Mai 1857 für die Reg.-Bez. Minden und Arnsberg steht die Prüfung der wissen- schaftlichen und technischen Befähigung dieser Verwaltungsbeamten 430 Gemeindewaldwirtschaft. dem Regierungspräsidenten zu, sofern die Befähigung nicht durch das Bestehen der für die Staatsbeamten vorgeschriebenen Prüfungen dargetan ist. Diese besondere Prüfung für Gemeindeoberförster wurde durch V. v. 24. Dezbr. 1862 eingeführt. Die Anforderungen hinsichtlich der allgemeinen Vorbildung und der Berufsbildung sind hier nie- driger gestellt als für Staatsforstdienstanwärter (mittlerer Dienst). Wegen der großen Zahl der geprüften Anwärter werden seit 1891 solche Prüfungen nicht mehr abgehalten. Außerdem zogen es schon bis dahin viele Gemeinden vor, königl. Forstassessoren anzustellen, die wieder ausscheiden, wenn sie zur Anstellung als Staatsober- förster gelangen. Es ist nicht in Abrede zu stellen, daß die Betriebsleitung von Gemeindewaldungen von geringerer Ausdehnung und mit einfachen wirtschaftlichen Verhältnissen auch von einem tüchtigen und pflicht- treuen Forstbeamten betätigt werden kann, der eine geringere all- gemeine und fachliche Vorbildung aufzuweisen hat als die akade- misch gebildeten Staatsforstbeamten. Die Auswahl unter den weni- gen Bewerbern dieses Vorbildungsgrades ist für die Gemeinden aber immerhin mit: Schwierigkeiten verknüpft und kann, wenn sie keine glückliche war, für die Gemeindeverwaltung viele Wider- wärtigkeiten im Gefolge haben. Gerade an die Gemeindeforst- beamten sind in bezug auf Fachkenntnis, Umsicht, Charakterfestig- keit und persönliches Taktgefühl die größten Anforderungen zu stellen. Daß die Betriebsführung in sehr kleinen, zu einer regelmäßigen Bewirtschaftung nicht geeigneten Waldungen, Forstschutzbeamten übertragen wird, ist nach den meisten Forstgesetzen zulässig. Die technische Betriebsaufsicht besteht: 1. Innerhalb Preußens a) in den sieben Ostprovinzen nach dem G. v. 1876. Die Benutzung und Bewirtschaftung muß sich innerhalb der Grenzen der Nachhaltigkeit auf Betriebspläne stützen, die mindestens alle zehn Jahre zu revidieren sind und der Feststellung durch den Regierungspräsidenten unterliegen. Die Kosten trägt die Gemeinde, Die wirtschaftlichen Bedürf- nisse und die Wünsche der Waldeigentümer sind hierbei zu berücksichtigen. Die Erhaltung der standortsgemäßen Holz- und Betriebsarten darf durch die Nebennutzungen nicht gefährdet werden. Für den jährlichen Holzeinschlag ist der festgesetzte Abnützungssatz maßgebend. Für Waldungen geringen Um- fanges sind Bestandsbeschreibungen genügend. Abweichungen vom Betriebs- plan durch Rodungen, Vorgriffe von in die 20j. Nutzungsperiode (Mittel- und Niederwald 5j.) nicht eingereihten Beständen, Mehrfällungen über 20°/, des zulässigen Abnutzungssolls bedürfen der Genehmigung des Regierungspräsi- denten. Mindestens alle drei Jahre hat durch Regierungsforstbeamte eine örtliche Untersuchung der Waldungen stattzufinden. Entspricht der Betrieb III. Gemeindewaldgesetzgebung (Betriebsaufsicht). 431 den Grundsätzen des Betriebsplanes nicht, so kann die Einreichung von jähr- lichen Fällungs-, Kultur- und Nebennutzungsplänen angeordnet werden. Für die Bewirtschaftung und den Schutz ist durch genügend befähigte Personen ausreichende Fürsorge zu treffen. Eine Vereinigung von Gemeindeforsten mit Staatsforsten zu gemeinschaftlichen Verwaltungsbezirken erfolgt jedoch nicht. Kommt der Waldeigentümer seinen Verpflichtungen nicht nach, so kann der Regierungspräsident die betreffenden Handlungen durch einen dritten auf Kosten des Eigentümers ausführen lassen. Gegen die Verfügungen und Zwangsmaßregeln des Regierungspräsidenten steht den Beteiligten Beschwerde an den Oberpräsidenten und gegen dessen Bescheid Klage beim Oberverwal- tungsgericht zu. Die Kosten der Staatsaufsicht trägt die Staatskasse. Liegt ein dringendes Bedürfnis der Landeskultur vor, dann sind die Ge- meinden, wenn es ihre Kräfte gestatten, verpflichtet, unkultivierte, zur land- wirtschaftlichen oder gewerblichen Benutzung nicht geeignete Grundstücke mit Holz anzubauen. Hierzu können die Gemeinden nach Anhörung ihrer Vertreter und des Kreisausschusses durch Beschluß des Bezirksrates ange- halten werden. Meeresdünen sind ausgenommen. In allen Fällen erhalten die Gemeinden aus der Staatskasse den 20fachen Betrag der auf dem Grundstücke ruhenden Jahresgrundsteuer zu den Kosten der ersten Anlage, bei Unvermögen noch mehr. b) In den Provinzen Westfalen und Rheinland nach der V. v. 24. Dez. 1816.') Die Gemeinden und öffentlichen Anstalten sind bei der Verwaltung ihrer Forsten der Oberaufsicht der Regierung unterworfen und haben dieselben nach genehmigten Etats zu bewirtschaften, dürfen von diesen ohne Genehmigung des Regierungspräsidenten nicht abweichen und müssen ihre Wälder, sofern dieselben nach Beschaffenheit und Umfang zu einer forstmäßigen Bewirtschaf- tung geeignet sind, durch gehörig ausgebildete Forstbediente administrieren lassen, Ob die Anstellung eigener Forstbedienten notwendig ist, hat der Re- gierungspräsident zu entscheiden. Die Wahl ihrer Forstbeamten ist den Gemeinden überlassen, unterliegt aber der Prüfung und Bestätigung des Regierungspräsidenten. Derselbe kann jederzeit die Wirtschaftsführung durch königliche Forstbeamte untersuchen lassen. In den Reg.-Bez. Koblenz und Trier (V. v. 1835), Arnsberg und Minden (V. v. 1836), welche die überwiegende Masse der in Betracht kommenden Forste enthalten, wurden die Waldungen der einzelnen Gemeinden zu Kom- munal-Forstverwaltungsverbänden (Gemeindeoberförstereien und Gemeinde- schutzbezirke) unter der technischen Leitung von Gemeindeoberförstern zu- sammengeschlossen. Diese müssen entweder das Staatsexamen für die könig- lichen Oberförster oder eine besondere forstliche Prüfung (s. S. 430 f£.) bestanden haben. Die technische Oberaufsicht wird durch die forsttechnischen Mitglieder der Regierungskollegien wahrgenommen. Die Festsetzung der Gehälter der Verwaltungs- und Schutzbeamten ist auf Vorschlag der Gemeinden Sache des Regierungspräsidenten. — Bezüg- 1) Nach der Gouvernementsverordnung vom 19. Ventöse an X (10. März 1802) waren die Erträge von außerordentlichen Hauungen in den Waldungen der Gemeinden und öffentlichen Anstalten zur landesherrlichen Amortisations- kasse eingezogen und mit 3°/, verzinslich angelegt worden. Außerdem mußten bis 1816 bei Holzverkäufen an den Meistbietenden vom Käufer 10°/, zur landesherrlichen Kasse bezahlt werden, ferner Anweisgebühren. 432 Gemeindewaldwirtschaft. lich der Forstschutzbeamtenstellen gilt die oben angeführte allgemeine Be- dingung. Nach der Gemeindeverfassung der Rheinprovinz von 15. Mai 1856, er- gänzt durch die V. v. 1. März 1858, können Gemeinden angehalten werden, unkultivierte Gemeindegrundstücke namentlich durch Anlage von Holzungen und Wiesen in Kultur zu setzen, wenn dazu ein dringendes Bedürfnis der Landeskultur vorliegt.?) ec) Die Stadt Goslar und die nicht amtssässigen, d. h. der Landgemeindeordnung nicht unterworfenen Städte in den Fürsten- tümern Kalenberg, Göttingen und Grubenhagen (Städteordnung v. 24. Juni 1858) haben eigene von den städtischen Kollegien Pr wählte Forstverwaltungsbeamte. Die jährlichen Betriebspläne werden durch Forsträte gegen Entgelt im Nebenamte geprüft und vom Regierungspräsidenten bestätigt (ebenso die Betriebsregulierungswerke). Es handelt sich im ganzen um 8 Städte mit 10000 ha Wald. Die Einwirkung des Staates bewegt sich hier zwischen den Systemen der Vermögensaufsicht und der technischen Betriebsaufsicht. d) In den ehemals bayerischen Landesteilen nach dem Forst- gesetz von 1852.”) Im ganzen unterstehen in Preußen 818000 ha der technischen Betriebsaufsicht, d. s. 68°/, der Gemeindewaldfläche Preußens. 2. In Bayern nach dem Forstgesetz von 1852/96 (Art. 6—18) und den „besonderen“ Vollzugsvorschriften von 1897, ausgenommen der größte Teil des Reg.-Bez. Unterfranken und die Pfalz. Von der Gesamtfläche der Gemeinde- und Stiftungsforste zu 354035 ha treffen 123020 ha —= 34,8 °/, auf Unterfranken, 86259ha — 24,3°/, auf die Pfalz und 144756 ha —= 40,9°/, auf die übrigen 6 Regierungsbezirke. Die Bewirtschaftung der Gemeinde-, Stiftungs- und Körperschaftswal- dungen (Art. 6, 18) steht unter der Oberaufsicht der Staatsregierung. Sie muß auf Wirtschaftspläne gestützt sein, bei deren Aufstellung die besonderen Be- dürfnisse der Gemeinden und Stiftungen unbeschadet der Nachhaltigkeit der Wirtschaft vorzugsweise zu berücksichtigen sind. Auf die Abgewährung von Nebennutzungen ist unter Wahrung der Produktionsfähigkeit des Waldes Be- dacht zu nehmen. Die Wirtschaftspläne sind auf Veranlassung und Kosten der Gemein- den usw. durch Sachverständige, deren Wahl den Verwaltungen der Ge- meinden usw. zusteht und der Bestätigung der Forstpolizeibehörde (Bezirks- amt) unterliegt, herzustellen. Besondere Voraussetzungen für die Qualität dieser Sachverständigen (Staatsprüfung usw.) stipuliert das Gesetz nicht. Die Wirtschaftspläne für Waldungen von mehr als 10 ha Gesamtfläche sind der Genehmigung der Forstpolizeistelle (Kreisregierung, Kammer des Innern), für Waldungen bis zu 10 ha der Genehmigung der Forstpolizeibehörde zu unterwerfen. Für Waldungen, die einer regelmäßigen Bewirtschaftung nicht ı) Donner 81. — ®) Nicht die Beförsterung, welche in Art. 16 des bayer. Forstgesetzes für diese früheren Fuldaschen Gebietsteile des Reg.-Bez. Unterfranken vorgesehen ist. Donner 9. III. Gemeindewaldgesetzgebung (Betriebsaufsicht). 433 fähig sind, brauchen Wirtschaftspläne nicht aufgestellt zu werden, sondern nur generelle Beschreibungen (Wirtschaftsgutachten); die Entscheidung hier- über hat bis zu 10 ha die Forstpolizeibehörde, darüber die Forstpolizeistelle. Eine besondere Forsteinrichtungsmethode ist nicht vorgeschrieben. An Stelle der vollständigen Erneuerung kann auch nur eine Ergänzung des Wirt- schaftsplanes vorgenommen werden, wenn es der Sachlage entsprechend ge- . fanden wird. Der Zeitraum, für welche der Plan aufgestellt wird, ist zahlen- mäßig nicht festgelegt, sondern wird nach Lage der örtlichen Waldverhält- nisse von Fall zu Fall festgesetzt (kürzer für große, länger für kleinere Waldungen). Der Wirtschaftsplan besteht in der Regel aus Fällungs-, Kultur-, Wegbau- und Streunutzungsplan. Abweichungen von demselben ohne vor- herige Genehmigung sind untersagt. Der betriebführende Sachverständige hat im Rahmen des Wirtschafts- planes jährlich Betriebsanträge über das zu gewinnende Holzmaterial und die anfallenden Nebennutzungen, sowie über die notwendigen Kulturen, Wege- verbesserungen usw. zu entwerfen und bis zum 1. September (bei Sommer- fällung 1. Januar) der Gemeinde- oder Stiftungsverwaltung vorzulegen. Er- hebt dieselbe, — und wenn die Betriebsführung nicht von der Staatsforst- verwaltung übernommen worden ist, auch das die Oberaufsicht ausübende kgl. Forstamt — dagegen keine Erinnerung, bzw. werden erhobene Erinnerungen von den unteren Instanzen ausgeglichen, dann können die Betriebsanträge sofort in Vollzug gesetzt werden. Bestehen zwischen der Gemeinde usw. und dem Forstamte gütlich nicht ausgleichbare Meinungsverschiedenheiten, so werden die Betriebsanträge der Regierungsforstabteilung zur Beschlußfassung vorgelegt. Erachten sich die Beteiligten durch diese beschwert, so können sie die Entscheidung der Forst- polizeibehörde bzw. Stelle anrufen. Letztere bildet die letzte Instanz. Nach Beendigung des jährlichen Betriebes werden in den jährlichen Be- triebsplan die Nachweisungen über den Vollzug eingetragen. Zur Ausführung des Betriebes nach den Wirtschaftsplänen haben die Gemeinden usw. auf ihre Kosten Sachverständige zu bestellen, die die Kon- kursprüfung für den Staatsforstverwaltungsdienst bestanden haben müssen. Die Wahl derselben steht den Gemeinden zu, unterliegt aber der Bestätigung der Forstpolizeistelle. Zur Beschaffung der Betriebsleiter stehen den Gemeinden nach freiem Ermessen folgende Wege offen: a) Aufstellung eigener Forstbeamten; es können sich auch mehrere Ge- meinden und Stiftungen zur Aufstellung eines gemeinschaftlichen Betriebs- beamten vereinigen. b) Übertragung des Betriebes an einen benachbarten Sachverständigen als Nebenfunktion. Befinden sich dieselben bereits in andern Dienstverhält- nissen, so ist die Zustimmung der ihnen vorgesetzten Behörde erforderlich. Staatsbeamte müssen die Zustimmung der betreffenden Regierungsforstabtei- lung erholen; dieselbe wird aber der Regel nach (zur persönlichen Übernahme) nicht mehr erteilt, vielmehr müssen die Gemeinden seit der Organisations- verordnung vom 19. Februar 1835 ($ 37) mit der Staatsforstverwaltung selbst wegen Übernahme der Betriebsführung in ihren Forsten übereinkommen. Die Verwaltungsbeamten haben dann die Betriebsleitung ex officio zu übernehmen, die Besoldungsbeiträge der Gemeinden werden in der Forstrechnung verein- nahmt. Die betriebführenden Forstbeamten haben von den Gemeinden und Stiftungen keine Gebühren zu beanspruchen. Letzteres bezieht sich jedoch nur auf die gesetzmäßige Betriebsleitung. Übertragen Gemeinden und ins- Endres, Forstpolitik. 28 434 | Gemeindewaldwirtschaft. besondere Stiftungen den Betriebsbeamten auch die Verwertung (Verkauf) des Holzes und der anderen Waldprodukte, dann können diese Beamten hierfür (mit besonderer höherer Genehmigung) auch ein persönliches Honorar bean- spruchen. Praktisch kommen als „benachbarte Sachverständige“ deshalb nur noch die dazu qualifizierten Privatforstbeamten in Betracht unter der Voraussetzung, daß ihr Dienstherr ihnen die verlangte Erlaubnis zur Übernahme dieser Neben- funktion erteilt. c) Übergabe der Betriebsausführung an die Staatsforstverwaltung nach Übereinkommen gegen einen verhältnismäßigen Besoldungsbeitrag. Die Be- triebsführung erfolgt durch das königl. Forstamt ex officio. Den Antrag hierzu hat die Gemeinde usw. beim Forstamt zu stellen, welches unter Vor- behalt der Genehmigung der Regierungsforstabteilung mit derselben einen Vertrag abschließt, worin der Besoldungsbeitrag sowie der Zahlungs- und Kündigungstermin des Vertragsverhältnisses festgelegt wird. Die dem Forst- amte beigegebenen Forstamtsassessoren und Förster treten bezüglich der Be- triebsausführung dieser Waldungen in dasselbe Verhältnis zum Forstamte wie hinsichtlich der Staatswaldungen. Bei kleineren Waldungen mit geringerem Ertrage und bei Waldungen, welche einer regelmäßigen, auf Wirtschaftspläne gegründeten Bewirtschaftung nicht fähig sind, kann mit Genehmigung der Forstpolizeistelle die Betriebs- ausführung mit dem Forstschutze vereinigt werden. Für Handhabung des Forstschutzes haben die Gemeinden usw. ebenfalls zu sorgen und das erforderliche Schutzpersonal auf ihre Kosten aufzustellen. Die Wahl desselben unterliegt der Bestätigung der Forstpolizeibehörde nach freiem Ermessen. Die Forstschutzdiener der Gemeinden usw. sind wie das gemeindliche Polizeiper- sonal (Flurwächter) Hilfspersonen der Forstpolizei und Forststrafgerichtsbar- keit und sind vom Amtsgerichte ihres Wohnsitzes eidlich zu verpflichten. Die Gemeinden können dieselben ohne weiteres entlassen und in dieser Be- ziehung von Kuratel und Forstpolizei wegen nicht beschränkt werden. Es ist den Gemeinden usw. unbenommen, mit anderen gemeinsam für den Forstschutz zu sorgen oder mit der Staatsforstverwaltung Vereinba- rung zu treffen, daß der Forstschutz durch staatliche Forstbedienstete über- nommen wird. Die staatliche Oberaufsicht wird zunächst von den k. Forstämtern ausgeübt. Wenn der k. Forstmeister zugleich — was die Regel ist — Be- triebsleiter ist, dann sind beide Funktionen in einer Person vereinigt. Die Forstämter sind verbunden und ermächtigt, den Gemeinde- und Stiftungsver- waltungen über ihren Forstbetrieb Erinnerungen zu machen, und, wenn sie nicht befolgt werden, der vorgesetzten Forstpolizeibehörde oder Stelle darüber Anzeige zu erstatten, in dringenden Fällen provisorische Verfügungen selbst zu treffen. Die Funktion des Forstamts beschränkt sich also auf Rat und Mahnung, während die Ausübung der mit Befehl, Verbot und Zwangsvoll- streckung einschreitenden Kuratelgewalt den Polizeibehörden wie in allen anderen Kuratelsachen vorbehalten ist.) Der Forstamtsvorstand hat min- destens einmal im Jahre Nachsicht zu pflegen. Die Regierungsforstabteilung ist in Gegenständen der Oberaufsicht tech- nisches Organ der Forstpolizeistelle, d. i. der Kreisregierung, Kammer des Innern, und hat mit derselben unmittelbar zu verkehren. Die Inspektions- beamten der Regierungsforstabteilungen haben von Zeit zu Zeit Nachsicht zu pflegen, ob die Forstämter in Ausübung der staatlichen Oberaufsicht ihren 1) Brater 38. III. Gemeindewaldgesetzgebung (Betriebsaufsicht). 435 Verpflichtungen nachkommen und veranlaßten Falles besondere, der Kammer des Innern zuzuleitende Protokolle aufzunehmen. Die Ministerialforstabteilung ist für Fragen der Bewirtschaftung der Ge- meinde-, Stiftungs- und Körperschaftswaldungen technisches Organ des Staats- ministeriums des Innern. Die Kosten der Oberaufsicht bestreitet der Staat. Die Magistrate der einer Kreisregierung uumittelbar untergeordneten (sog. unmittelbaren) Städte haben die doppelte Eigenschaft einer Gemeinde- verwaltungs- und einer Forstpolizeibehörde. In ersterer Hinsicht stehen sie hinsichtlich ihres Waldbesitzes unter der Kreisregierung als forstwirtschaft- licher Kuratelstelle.e. Da der Magistrat in seiner letzteren Eigenschaft nicht in jenen Fällen auftreten kann, in welchen er als Waldbesitzer polizeilich kontrolliert werden soll, obliegt die Kontrolle den Forstpolizeistellen. Dem forstpolizeilichen Wirkungskreise der Magistrate fällt hauptsächlich die Hand- habung der Forstpolizei in den Privatwaldungen nach Art. 19 des Forst- gesetzes zu.!) In allen den Wirtschaftsplan betreffenden Angelegenheiten haben die unmittelbaren Gemeinde- und Stiftungsverwaltungen ihre Anträge und Er- klärungen direkt bei der Kreisregierung, Kammer des Innern, einzureichen (BVV. 8 15). 3. In Württemberg galten bis 1875 die Forstordnung von 1614 und die Kommunordnung von 1758. Unterm 16. August 1875 wurde das „Gesetz über die Bewirtschaftung und Beauf- sicehtigung der Waldungen der Gemeinden, Stiftungen und sonstigen öffentlichen Körperschaften“ erlassen. Dasselbe fußte auf dem System der technischen Betriebsaufsicht und unterstellte diese Wal- dungen der obersten Aufsicht des Ministeriums des Innern, nach- dem sie bis dahin zu dem Ressort des Finanzministeriums gehört hatten. An Stelle dieses Gesetzes trat das „Körperschaftsforst- gesetz“ vom 19. Februar 1902 (hierzu Vollzugsvorschriften vom 14. April 1902), welches sich, abgesehen von den durch die Aufhebung der Forstämter alter Ordnung (v. 1. April 1902 ab) not- wendig und möglich gewordenen mehr formellen Änderungen, von dem Gesetz von 1875 hauptsächlich dadurch unterscheidet, daß zu den Sitzungen des die Oberaufsicht über die Gemeindewaldungen füh- renden Kollegiums nun auch gemeindliche Vertreter mit Stimm- recht zugezogen werden. Die Aufsicht über die Bewirtschaftung der Waldungen der Gemeinden und anderer öffentlicher Körperschaften sowie der von solchen verwalteten Stiftungen wird in Unterordnung unter das Ministerium des Innern durch die Körperschaftsforstdirektion und durch die Oberämter auf Staatskosten ausgeübt. Ersterer gehören an: 1. als ordentliche Mitglieder a) der Vorstand, b) vier forsttechnische Mitglieder der Forstdirektion, c) zwei Beamte aus dem Departement des Innern; 2. als außerordentliche Mitglieder: die übrigen forst- technischen Mitglieder der Forstdirektion. Diese haben nur als Vertreter ordentlicher forsttechnischer Mitglieder ein Stimmrecht. Zu den Sitzungen der Körperschaftsforstdirektion sind zwei vom Mi- 1) Brater 38f. 28* 436 . Gemeindewaldwirtschaft. nisterium des Innern zu bestimmende körperschaftliche Beamte als stimmberechtigte Mitglieder beizuziehen. Dieselben werden samt den zu er- nennenden zwei Stellvertretern auf die Dauer von sechs Jahren ernannt, be- sonders vereidigt und erhalten für Reisekosten und Zeitverlust eine ange- messene Entschädigung aus der Staatskasse. Die forsttechnischen Mitglieder der Körperschaftsforstdirektion (Forst- inspektionen) haben die ihrem Inspektionzbezirk zugeteilten Waldungen nach Bedarf zu visitieren, wozu die Vertreter der Körperschaften schriftlich einzu- laden sind. Die Bewirtschaftung der Körperschaftswaldungen muß auf Wirtschafts- pläne gestützt sein und innerhalb der Grenzen der Nachhaltigkeit sich be- wegen. Durch die Nebennutzungen darf die standortsgemäße Holz- und Be- triebsart nicht gefährdet werden. Bei der Wahl der Holzart, Betriebsart und Umtriebszeit sind die Zwecke und Bedürfnisse der Waldbesitzer zu berück- sichtigen. Die Bestimmung des G. v. 1875, daß für kleinere Waldflächen an Stelle des Wirtschaftsplanes summarische technische Gutachten treten, enthält das G. v. 1902 nicht mehr. — Über die Streunutzung enthalten 8$ 8 u. 27 der Vollzugsvorschriften ausführliche einschränkende Vorschriften. Die Wirtschaftspläne sind von Sachverständigen, welche die Befähigung für den Staatsforstdienst erlangt haben müssen, im Einvernehmen mit den Vertretern der Körperschaften zu fertigen und dann von letzteren mit ihren darüber gefaßten Beschlüssen dem Oberamt zur Begutachtung vorzulegen, Die endgiltige Genehmigung derselben sowie die Entscheidung über Differenz- punkte zwischen den Gemeinden und dem Oberamt steht der Körperschafts- forstdirektion zu. Die Wirtschaftsplane sind nach dem Gesetze „von Zeit zu Zeit“ einer Revision oder Ergänzung zu unterziehen, nach der Vollzugs- instruktion alle 10 Jahre. Die Anfertigung der Wirtschaftsplane geschieht durch den Wirtschafts- führer. Es steht indessen der Körperschaft frei', statt ihrer eigenen Wirt- schaftsführer besondere Sachverständige zu diesem Geschäft zu berufen, deren Aufstellung der Genehmigung der Körperschaftsforstdirektion unterliegt. Wird der von Staats wegen bestellte Oberförster von der Aufstellung des Wirtschafts- planes dispensiert, dann geschieht die Bestellung eines anderen Sachverstän- digen ohne Belastung der Körperschaft. Die zu den Vermessungen und Er- tragsausmittlungen notwendigen Arbeiter, sowie das erforderliche schriftliche Material hat die Körperschaft zu beschaffen, ebenso die Kosten für Abschriften, Vermessung und Kartierung zu bestreiten, wenn hierzu besondere Kräfte not- wendig sind. Die technische Betriebsführung hat durch Sachverständige zu geschehen, welche die Befähigung für den Staatsforstdienst erlangt haben müssen. Die Bestellung derselben kann erfolgen a) dadurch, daß die Körperschaften eigene Sachverständige wählen oder solche in Gemeinschaft mit anderen Waldeigentümern anstellen. Eine solche Vereinigung bedarf der Genehmigung der Körperschaftsforstdirektion. Den im Staatsdienst stehenden Forstbeamten wird die dienstliche Er- laubnis zur Annahme einer auf ihre Person gefallenen Wahl nicht erteilt. Im Jahre 1904 bestanden 17 „Kommunalreviere“ mit 26830 ha, welche ausschließlich Körperschaftswaldungen enthielten und durch von den Körper- schaften gewählte Forsttechniker unter der Aufsicht der Körperschaftsforst- direktion verwaltet wurden. Auch von Privatforstbeamten wird eine Anzahl von Körperschaftswaldungen bewirtschaftet. b) Dadurch, daß die Körperschaften die technische Bewirtschaftung den III. Gemeindewaldgesetzgebung (Betriebsaufsicht). 437 - Organen der Staatsforstverwaltung überlassen. Dies tritt von selbst ein, wenn die Körperschaft nach Erledigung der Stelle ihres Sachverständigen auf die Wiederanstellung eines solchen verzichtet oder innerhalb von 6 Monaten die Wiederbesetzung unterläßt. Das durch Übernahme der Wirtschaftsführung seitens der Staatsforst- verwaltung begründete Verhältnis kann vor Ablauf von 10 Jahren nicht ein- seitig gelöst werden. Es gilt stillschweigend auf weitere 10 Jahre verlängert, wenn es nicht 6 Monate vor Ablauf der zehnjährigen Geltungsdauer ge- kündigt wird. Die Bewirtschaftung der Waldungen geht an den k. Oberförster über, dessen Forstbezirk sie zugeteilt werden. Die Tätigkeit der staatlichen Oberförster erstreckt sich nur auf die tech- nische Betriebsführung, insbesonders auf die Aufstellung und Ausführung der Wirtschafts- und Betriebsplane.. Der Betätigung der laufenden Betriebs- geschäfte können Vertreter der Körperschaft anwohnen. Die betriebführenden Sachverständigen haben auf der Grundlage der allgemeinen Wirtschaftsplane die jährlichen Betriebspläne (und Vollzugsnach- weisungen) im Einvernehmen mit den Körperschaften aufzustellen. Nur im Falle von nicht ausgleichbaren Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Wirt- schaftsführer und der Körperschaft gehen dieselben an das Oberamt und in letzter Instanz an die Körperschaftsforstdirektion. Abweichungen vom allgemeinen Wirtschaftsplan durch außerordentliche Holzfällungen, Streunutzungen usw. unterliegen der Genehmigung der Körper- schaftsforstdirektion. Vorgriffe innerhalb der genehmigten 10 jährigen Nutzungs- periode bedürfen im Fall des Einverständnisses zwischen dem Betriebsführer und der Körperschaft nur der Genehmigung des Oberamtes, andernfalls der Entscheidung der Körperschaftsforstdirektion. Alles Holz, welches Gegenstand des Nutzungsetats ist und der Material- kontrolle unterliegt, ist durch im Lohn der Körperschaft stehende Holzhauer aufzubereiten. Für die Handhabung des Forstschutzes und die Ausführung der Arbeiten in ihren Waldungen haben die Körperschaften das erforderliche taugliche Personal auf ihre Kosten zu bestellen. Ein Bestätigungsrecht steht der Ku- ratel- oder Forstbehörde nicht zu. Die Entlassung eines solchen Bediensteten wegen Unbrauchbarkeit kann aber von Amts wegen verfügt werden. Der Forst- schutz kann aber auch der Staatsforstverwaltung gegen eine vertragsmäßige Entschädigung an die Staatskasse übergeben werden. 4. Die technische Betriebsaufsicht ist ferner eingeführt: in Mecklenburg-Schwerin für die Städtewaldungen (aus- genommen Rostock), Landgemeindewaldungen gibt es nicht; in Oldenburg (FO. 1840; kommt wegen des geringen Umfanges der Gemeindeforste nieht zur Anwendung); SachsenWeimar (Gem.-O. 1854); Sachsen-Meiningen (FO. 1856, V. 1869); Sachsen-Ko- burg (G. betr. die Gemeinde-, Körperschafts- und Privatwaldungen v. 1860); Sachsen-Gotha (Gem.-Ges. v. 1858); Schwarzburg- Sondershausen (V. 1858). Im ganzen unterstehen im Deutschen Reiche der tech- nischen Betriebsaufsicht 1235000 ha Gemeinde- und Stiftsforste, d. s. 50°/, aller dieser Waldungen. 438 Gemeindewaldwirtschaft. 5. In Österreich untersteht die Bewirtschaftung der Ge- meindewälder im allgemeinen keinen anderen Vorschriften als die Privatwaldwirtschaft, ausgenommen Böhmen, die Bukowina, Tirol und der Süden der Monarchie. Für die beiden letztgenannten Ge- biete gilt das System der Beförsterung. Für Böhmen wurde unterm 14. Januar 1893 ein Gesetz betr. die Auf- sicht über die Bewirtschaftung der Gemeindewälder erlassen. Für dieselben ist, mögen sie Gemeindevermögen oder Gemeindegut bilden, durch einen von der Gemeinde zu bestellenden, vom Bezirksausschuß als befähigt anerkannten Forstwirt ein Wirtschaftsplan aufzustellen. Der Entwurf ist in der Gemeinde aufzulegen, jeder Steuerzahler kann seine Einwendungen dagegen bei der Ge- meinde machen. Die Gemeinde beschließt den Plan; der Bezirksausschuß prüft und genehmigt denselben vom vermögensrechtlichen, die politische Be- zirksbehörde vom forstpolizeilichen Standpunkte aus. Gegen die Entscheidung des Bezirksausschusses kann jeder Interessent Rekurs an den Landesausschuß, gegen die Entscheidung der Behörde an die Statthalterei einlegen. Gleiches gilt für die Änderung und Erneuerung. Die Bezirksvertretung hat auf eigene Rechnung dafür zu sorgen, daß im Bezirke ein geprüfter Forsttechniker bestellt wird, welcher die Gemeinde- wälder zu beaufsichtigen und die nötigen Maßnahmen gegen Mängel zu bean- tragen hat. Vier Wochen vor einer Holzfällung hat der Gemeindevorsteher dem Be- zirksausschusse Anzeige zu erstatten. Dieser hat, wenn dieselbe gegen den Wirtschaftsplan oder gegen das Wirtschaftsprogramm verstößt, die Fällung zu untersagen; Berufung an den Landesausschuß. Hält er die Fällung nur für bedenklich, so hat er Anzeige an die politische Bezirksbebörde zu machen. Wird die projektierte Fällung binnen vier Wochen nicht untersagt, dann gilt sie als genehmigt. Gemeinden mit einem Waldbesitz unter 50 ha können von der Aufstel- lung eines Wirtschaftsplanes befreit werden; es genügt eine Darstellung (In- ventur) des Waldzustandes und ein Wirtschaftsprogramm über die Schlag- und Kulturordnung auf die nächsten 5—10 Jahre. Dasselbe unterliegt der gleichen formellen Behandlung wie ein Wirtschaftsplan. Gemeinden mit einem Waldbesitz von 700 ha und mehr müssen einen eigenen befähigten Forstwirt als Wirtschaftsführer bestellen sowie das nötige Hilfs- und Schutzpersonal. Gemeinden mit kleinerem Waldbesitz können entweder einen eigenen oder im fremden Dienst stehenden als befähigt anerkannten Forstwirt be- stellen oder sich mit anderen Gemeinden zur Aufstellung eines solchen ver- einigen. Das gleiche gilt für die Bestellung des nötigen Hilfs- und Schutz- personals. Die Gesetze über die Gemeinde- und Gemeinschaftswälder in der Buko- wina von 1397 stimmen grundsätzlich mit dem Gesetz für Böhmen überein. 6. In der Schweiz sind die öffentlichen Waldungen zu ver- messen und zu vermarken, nach Instruktion des Kantons (bundes- rätlich genehmigt) einzurichten und zu bewirtschaften. Ohne kan- tonale Bewilligung darf der Abgabesatz nicht überschritten wer- den. Die Instruktionen für die Wirtschaftspläne sind seitens der Kantone dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen. (Forstpolizei- gesetz 1902). III. Gemeindewaldgesetzgebung (Beförsterung). 439 C. Beförsterung. Die Staatsforstverwaltung übernimmt kraft gesetzlicher Bestim- mung (nicht erst auf Antrag) den Betrieb der Gemeindewaldungen, regelt oder überwacht den Forstschutz und verfügt bei der Bildung der Verwaltungsbezirke über dieselben nach eigenem Ermessen wie über die Staatsforste (gemischte Bezirke aus Staats- und Gemeinde- forsten oder reine Kommunalbezirke). Die Gemeinden haben an die Staatskasse eine bestimmte Beförsterungsgebühr zu leisten. Die Forstverwaltungsbeamten sind staatlich angestellt und genießen den Rang und die Rechte von staatlichen Beamten. Ausnahmsweise ist Körperschaften mit bedeutendem Waldbesitz die Wahl ihrer Forstbeamten vorbehaltlich staatlicher Bestätigung zugestanden. Die Beförsterung bildet den stärksten Grad der staatlichen Einwirkung auf die Gemeindewaldwirtschaft. Sie ist auch keine Schöpfung der Neuzeit, sondern eine auf althergebrachte Verhält- nisse gestützte oder an dieselben wieder anknüpfende Institution, die namentlich in der französischen Gesetzgebung ausgebaut wurde. Es wurde schon oben hervorgehoben, daß zwischen dem System der Beförsterung und der Übernahme der Betriebsleitung durch den Staat auf Antrag der Gemeinde praktisch kaum ein Unter- schied bemerkbar ist. Nur beim Fällungsbetrieb greift manchmal die Beförsterung etwas tiefer ein, was aber nicht eine grundsätz- liche Folge des Systems selbst ist. Der Unterschied liegt mehr auf ideellem und verwaltungsrechtlichem Gebiet, indem die Be- försterung der Gemeinde jeden anderen Weg für die Bestellung der Betriebsleitung versperrt und insofern einen Eingriff in die Dispositionsfreiheit der gemeindlichen Vermögensverwaltung be- deutet. Die materiellen Vorteile, welche die Gemeinden aus der Be- försterung ziehen, bestehen darin, daß sie sich um die Bestellung eines Wirtschaftsführers überhaupt nicht zu kümmern brauchen, die Verwaltungskosten relativ gering sind und die Wirtschafts- führung in die Hände von unbedingt zuverlässigen Beamten gelegt ist. Tatsächlich ist in den Ländergebieten, in welchen die Be- försterung hergebracht ist, von seiten der Gemeinden der Wunsch auf Aufhebung derselben auch noch nicht laut geworden. Die Beförsterung besteht: 1. Innerhalb Preußens a) in einem Teile von Hannover. o) Im ehemaligen Fürstentum Hildesheim nach der V. v. 21. Okt. 1815 und Ausführungsbestimmungen v. 1837, 1849 und 1859. 4AN - Gemeindewaldwirtschaft. Die Verwaltung der Waldungen der Gemeinden, Kirchen und öffentlichen Anstalten ist den kgl. Oberförstern unter Leitung der Forsträte und unter oberer Aufsicht des Regierungspräsidenten gegen Besoldungsbeiträge übertragen. Diese Forsten sind mit den Staatsforsten zu königlichen Oberförstereien ver- bunden. Die Aufstellung und Durchführung der jährlichen Hauungs- und Kulturpläne liegt den Öberförstern nach Anhörung der Gemeinden ob. In Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen und den Forstbeamten entscheidet der Regierungspräsident. Der Forstschutz wird auf Gemeindekosten durch Holzaufseher (mit vierteljähriger Kündigung), gewählt von den Gemeinden und bestätigt vom Landrat (Magistrat), wahrgenommen. y ß) In den früheren Fürstentümern Calenberg, Göttingen und Grubenhagen. Nach dem G. v. 1859 sind die Forste der Land- gemeinden (nichtamtssässige Städte ausgeschlossen), Genossenschaf- ten, Kirchen, Volksschulen usw. mit den Staatswaldungen zu könig- lichen Oberförstereien vereinigt. Den kgl.Oberförstern obliegt die Fertigung der Betriebsregulierungswerke, der jährlichen Betriebspläne und die Ausführung derselben. Die Gemeinden müssen gehört werden; letzte Instanz der Regierungspräsident bzw. der Mi- nister. Forstschutz wie unter a). y) In den königlichen Klosterforsten. Dieselben gehören zum Geschäftsbereich der königl. Klosterkammer zu Hannover. Ihre Erträge dienen zur Unterstützung oder Erhaltung von Kirchen, Schulen, Stiftungen und der Universität Göttingen. Es bestehen sieben besondere Kloster-Oberförstereien, an deren Spitze Forst- beamte mit allen Rechten von Staatsforstbeamten stehen. b) In der Provinz Hessen-Nassau. a) Vormaliges Kurfürstentum Hessen nach V. v. 1711, 1777, 1821, 1834, 1840. Die Waldungen der Städte, Gemeinden, Märker- schaften, Kirchen und öffentlichen Anstalten sind mit den Staats- forsten zu Öberförstereien vereinigt mit wenigen Ausnahmen. Die von den kgl. Oberförstern aufgestellten jährlichen Betriebspläne wer- den den Gemeinden usw. zur Anerkennung vorgelegt, durch den Forstrat ge- prüft, den Landräten bzw. Stiftungsaufsichtsbehörden zur Äußerung über- mittelt, zum Schlusse durch den Oberforstmeister überprüft und endlich vom Regierungspräsidenten genehmigt. Für den Forstschutz sorgen die Gemeinden auf ihre Kosten, die ge- wählten Beamten werden vom Regierungspräsidenten angestellt. Gegen Ver- gütung übernimmt auch die Staatsforstverwaltung den Schutz. ß) Ehemals großh. hessische Landesteile nach V. v. 1811 und 1823. Ähnlich wie unter a. y) Vormaliges Herzogtum Nassau nach vielen V. v. 1816 ab. Die Waldungen der Gemeinden und öffentlichen Anstalten bilden mit den Staatsforsten königliche Oberförstereien, einige derselben haben nur Gemeindewald. Die jährlichen Betriebspläne werden vom Regierungspräsidenten bestätigt, EL ENTE u III. Gemeindewaldgesetzgebung (Beförsterung). 441 bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Forstbehörde und Gemeinde nach Anhörung des Kreisausschusses. Wird Laubstreu aus dem Walde abgegeben, so muß eine Kür- zung des Holzbezuges im Verhältnis von 10 Doppelzentner Laub — 1 Festmeter Holz eintreten (V. v. 1. Juli 1886). Die Bildung der Schutzbezirke erfolgt durch die Staatsbehörden. In reinen Gemeindeschutzbezirken stellt der Regierungspräsident die Schutz- beamten an nach Anhörung der Waldeigentümer. 6) Ehemalige Landgrafschaft Hessen-Homburg nach V. v. 1835. Ganz wie unter y, nur sind die sämtlichen Schutzbeamten Staats- beamte mit Besoldung aus der Staatskasse. Für den Reg.-Bez. Wiesbaden (f, y, ö) wurde unterm 22. Jan. 1875 eine Instruktion über Einrichtung, Abschätzung und Auf- stellung der Betriebspläne für die Gemeinde- und Institutenforste erlassen. | / ec) In Hohenzollern schon nach den V.v. 1822, 1827, 1837, 1848 und nunmehr nach dem Gemeindeforstgesetz v. 22. April 1902. Da der Staat keine Forste besitzt, sind vier (vor 1902 zwei) könig- liche Oberförster lediglich zu dem Zweck angestellt, die Leitung des laufenden Wirtschaftsbetriebes und die forsttechnische Verwaltung der Waldungen der Gemeinden und öffentlichen Anstalten (Kirchen, Pfarreien, Schulen, Stiftungen) zu führen. Die Besoldung der Ober- förster erfolgt aus der Staatskasse, die Gemeinden usw. leisten einen jährlichen Beitrag. Ein Betrieb, der die in $ 2 des Waldschutzgesetzes v. 1875 bezeichneten Gefahren herbeiführen könnte, ist unzulässig. Bei Aufstellung der durch den Regierungspräsidenten festzustellenden und nach Erfordernis zu revidierenden Betriebspläne sind die Wünsche der Gemeinden usw. möglichst zu berücksich- tigen: Für kleine Waldungen genügt eine kurze Darstellung der Betriebs- verhältnisse. Der Oberförster hat jährliche Betriebspläne im Einvernehmen mit den Gemeinden herzustellen und dem Regierungspräsidenten zur Geneh- migung vorzulegen. Abweichungen von den Betriebsplänen bedürfen derselben Genehmigung. Wird durch eine Streunutzung die Nachhaltigkeit des Wal- des gefährdet, so darf die Genehmigung nur unter Einschränkung des jährlichen Hiebssatzes erteilt werden. Die Gemeinden haben unkultivierte, zur dauernden landwirtschaftlichen Nutzung nicht geeignete Grundstücke mit Holz anzubauen, wenn es ihre Kräfte gestatten. Anderenfalls erhalten sie hierzu aus der Staatskasse Beihilfen. In allen Fällen aber wird ihnen bei Ausführung solcher Kulturen der 30fache Betrag der Jahresgrundsteuer dieser Grundstücke als Kostenbeitrag für die erste Anlage aus der Staatskasse überwiesen. Die Gemeinden usw. müssen genügend befähigte, vom Regierungspräsi- denten bestätigte Schutzbeamte (Waldbannwarte) auf eigene Kosten auf- stellen, bzw. bei kleinem Besitz sich mit anderen Gemeinden usw. zur gemein- schaftlichen Aufstellung eines Beamten vereinigen. Die Rechtsverhältnisse der Forstschutzbeamten regeln sich nach dem Kommunalbeamtengesetz vom 30. Juli 1899. Im ganzen stehen in Preußen 352000 ha Gemeinde- und 449 . Gemeindewaldwirtschaft. Stiftungswaldungen unter Beförsterung, d. s. 29°/, aller dieser Waldungen. 2. Innerhalb Bayerns a) im größten Teile des Reg.-Bez. Unterfranken. Hier wurde durch Art. 16 des Forstgesetzes v. 1852/96 die in den vormaligen würzburgischen, aschaffenburgischen (und fuldaschen) Gebietsteilen hergebrachte Einrichtung beibehalten, wonach nach den daselbst bestehenden früheren Gesetzen und Verordnungen die Bestellung der Gemeindeoberförster durch landesherrliche Ernennung und die teilweise Besoldung derselben aus der Staatskasse gegen gewisse Leistungen von seiten der Gemeinden und Stiftungen erfolgt. Hinsichtlich des Geschäftsganges gelten die Vorschriften des Forstgesetzes v. 1852/96. Bis 1852 bestanden für die Gemeindewaldungen folgende ältere Gesetze und Verordnungen: Fürstbischöfl. würzburgische WO. v. 28. III. 1721, $ 16. — Landesherrl. V. v. 4. IH. 1727, $ 13; 7. April 1740. — Mandate v. 16. H. 1747; 12. VIII. 1779; 13. II. 1792. — Fuldasche WO. v. 1755. — Großh. hessische V. v. 16. I. 1811 (Forstorganisation betr... — Großh. würzburgische V. v. 1. Mai 1809. Nach diesen Verordnungen leisteten die Gemeinden und Körperschaften unter der Benennung von ständigen und unständigen Forstmeistereigebühren, Anweisgeldern, Forstschreib- und Bruttogebühren gewisse mäßige Besoldungs- beiträge an den Staat, welcher dagegen die technische Leitung und Bewirt- schaftung durch sein Personal besorgen ließ. b) In der Rheinpfalz. Die Gemeinde- und Stiftungswaldungen wurden unter der französischen Herrschaft unter staatliche Leitung und Aufsicht gestellt (nach dem @. v. 29. Sept. 1791) und blieben auch später darunter zufolge der V. des Generalgouverneurs des Mittelrheins v. 16./28. Mai 1814. Durch Verfügung der kgl. bayr. Regierung der Pfalz v. 24. Juli 1822 wurde den Gemeinden und Stiftungen die Hut ihrer Waldungen überlassen. Die V.v.4. Juli 1840, welche das pfälzer sog. Kommunalforst- wesen schuf, übertrug die Leitung und Überwachung des wirt- schaftlichen Betriebes auf Kosten der Gemeinden mit einem staat- lichen Zuschuß von 2500 fl. den vom Staate bestellten Oberförstern, die Sorge für den Schutz und die Verwendung der Walderträg- nisse den Gemeinden. Die V. v. 4*Juli 1853 über die Organisation der Staatsforstverwaltung änderte an diesen Bestimmungen nichts. Nunmehr ist die kgl. V. v. 19. Febr. 1885 maßgebend samt der „Geschäftsanweisung für die Bewirtschaftung der Gemeinde- und Stiftungswaldungen der Pfalz“ v. 1885. Die V. v. 1840 ist darin im Prinzip aufrechterhalten. Sämtliche Forstämter der Pfalz sind in zwei Klassen geteilt, in Kommunalforstämter und ärarialische Forstämter. Erstere haben ausschließlich oder doch vorwiegend Gemeindewaldungen zu ver- III. Gemeındewaldgesetzgebung (Beförsterung). 443 walten, letztere ausschließlich oder vorwiegend Staatswaldungen. Der Forstschutz wird durch die von der Gemeinde bestellten Or- gane besorgt. Hinsichtlich der dienstlichen Stellung der ärarialischen und Kommunalforstbeamten besteht nicht der geringste Unterschied. Der Gemeinde steht bezüglich der Ernennung und Entlassung der Kommunalforstbeamten kein Vorschlags- oder Erinnerungsrecht zu. Nach der Geschäftsanweisung v. 20. Aug. 1885 für die Bewirtschaftung der Gemeinde- und Stiftungswaldungen der Pfalz obliegt die Herstellung der Forsteinrichtungs- und Waldstandsrevisionsarbeiten auf Grund des vorher zu vereinbarenden Grundlagenprotokolls dem k. Forstamt als Offizialsache. Die Kosten für größere Massenaufnahmen durch besondere Hilfsarbeiter, Taglöhne, Karten usw. hat die Gemeinde zu bestreiten. Der Gemeinde ist es aber un- benommen, die Forsteinrichtung besonderen, von der Regierung bestätigten Technikern zu übertragen. Die jährlichen Betriebsvorschläge des Forstamts werden den Gemeinden zur Erinnerungsabgabe vorgelegt. Das Forstamt ist für die entsprechende Leitung des Fällungsbetriebes verantwortlich. Die Fäl- lung ist durch vertragsmäßig eingestellte Holzhauer vornehmen zu lassen. Die Verwertung ist Sache der Gemeinde. Für die Gemeindewaldungen sind besondere Waldschützen aufzustellen, Ist der Wald klein, dann genügt es, wenn der Feldschütze auch zugleich als Waldschütze aufgestellt wird. Die V.v.1840 gewährt aber den Gemeinden usw. in geeigneten Fällen auch die Möglichkeit, den Forstschutz von dem staat- lichen Personal gegen Remuneration besorgen zu lassen. Die Anstellung und Entlassung der Forstschutzdiener steht dem Gemeinderate zu, ebenso die Dis- ziplinargewalt über dieselben. !) 3. In Baden standen die Gemeindewaldungen schon zurzeit der Forstordnungen unter einem Bevormundungssystem, welches der heutigen Beförsterung der Wirkung nach gleichkommt. Nach dem geltenden Forstgesetz v. 15. Nov. 1833, der dazu gehörigen Ausführungsverordnung v. 24. April 1868 in der Fassung v. 26. März 1886 und den ÖOrganisationsverordnungen ist der gegenwärtige Zu- stand folgender: Die staatlichen Forstbehörden besorgen und leiten die Bewirt- schaftung der Gemeinde- und Körperschaftswaldungen. Die Forst- behörden der landesherrlichen und Gemeindeforstbezirke heißen Forstämter (bis 1899 Bezirksforsteien). Die Forstamtsbezirke sind der Mehrzahl nach gemischt aus Domänen-, Gemeinde- und Körper- schaftswaldungen, ein Teil derselben umfaßt nur Gemeinde- und Körperschaftswaldungen, nur zwei bloß Domänenwaldungen. Die Städte Baden, Freiburg, Villingen und Heidelberg wählen ihre Forstbeamten selbst aus der Zahl der vom Staate für seinen Dienst als befähigt erklärten Verwaltungsaspiranten, vorbehaltlich der Be- stätigung durch die Regierung (gegen volle Besoldung). In ihren dienstlichen Funktionen stehen diese Gemeindeforstbeamten den 1) Vgl. Wand, Gem.-O. 218 #f., 448. — Ritzmann 260 ff. 444 ° Gemeindewaldwirtschaft. landesherrlichen Forstbeamten ganz gleich; es kommt ihnen der Titel Oberförster zu. Die Visitation der Gemeindewaldungen erfolgt nach Erforder- nis durch die forsttechnischen Mitglieder der Forst- und Domänen- direktion. Nach dem Gesetz muß jeder Gemeindewald usw. zum Zweck der nach- haltigen Bewirtschaftung im Naturalertrag summarisch angeschlagen werden ($ 31). Die zum Vollzuge des Gesetzes erlassenen Instruktionen regelten jedoch das dabei einzuhaltende Verfahren in einer Weise, daß an Stelle des summa- rischen Anschlags ein vollständiges Forsteinrichtungswerk trat. Dasselbe ent- hält die allgemeine und besondere Beschreibung und den Wirtschaftsplan für die nächsten zehn Jahre, eventuell auch einen Streunutzungsplan. In dem Wirtschaftsplan wird die im Laufe der nächsten zehn Jahre zur Nutzung kommende Holzmasse bestimmt (beim Mittel- und Niederwald die Fläche oder die Masse). Der zehnte Teil dieser Holzmasse bildet den jährlichen Abgabe- satz. Die alle zehn Jahre zu erneuernde Forsteinrichtung wird von dem Vor- stande des Forstamts, zu welchem der einzurichtende Wald gehört, und einem dazu beorderten Forsttaxator bearbeitet. Ersterer bezieht hierfür keine be- sondere Vergütung, letzterer auf Kosten der Gemeinde Tagesgebühren. Die Genehmigung des Einrichtungswerkes erfolgt durch die Domänen- direktion. Über Beschwerden seitens der Gemeinde entscheidet das Ministe- rium des Innern. Auf Grund des zehnjährigen Wirtschaftsplanes werden der jährliche Wirtschafts- und Kulturplan von dem Oberförster und dem Gemeinderat, der alljährlich eine Holzbedarisliste (Gabholz, Holz zum Verkaufe, für Pfarrer, Schulen, Verbrauch der Gemeinde usw.) aufstellt, gemeinschaftlich festgesetzt. Erfolgt seitens des letzteren bzw. des Körperschaftsvorstandes die Unterschrift, dann sind die Anträge vollzugsreif. Abweichungen vom Einrichtungswerk bedürfen der vorherigen Genehmigung der Domänendirektion. Beanstandet der Gemeinderat den Wirtschaftsplan ganz oder teilweise, dann entscheidet das Bezirksamt bzw. der Bezirksrat. Hiergegen ist unter Begutachtung sei- tens der Domänendirektion Rekurs an das Ministerium des Innern zulässig. Alles zum Hiebe bestimmte Holz ist vom Oberförster auszuzeichnen. Die Aufarbeitung geschieht im Lohn oder im Gemeindedienst. Der Oberförster hat das aufgearbeitete Holz wie in den Domänenwaldungen aufzunehmen und dem Gemeinderat unter Einhändigung der Aufnahmslisten zu überweisen, ferner die jährlichen Wirtschaftsnachweisungen anzufertigen. Die Holzverstei- gerungsbedingungen sind dem Forstamt zur Prüfung in forstpolizeilicher Rich- tung vorzulegen und die Steigerungsprotokolle nach der Steigerung zur Be- urkundung der richtigen Aufnahme des Geldanschlages und >: der forstpolizeilichen Bedingungen mitzuteilen. Von allen Holzanweisungen, Aufnahmen, Vermessungen, Kulturgeschät ten usw. hat der Öberförster dem Gemeinderat behufs Ermöglichung einer Mitwirkung Nachricht zu geben. Für Streunutzungen bildet der zehnte Teil der Gesamtnutzungsfläche das jährliche zulässige Nutzungsmaß. Zum Schutz des Waldeigentums muß eine hinreichende Anzahl von Hütern angestellt sein. Die Wahl wird von den Gemeinden und Korporationen getroffen und nach Vernehmung der Forstbehörde vom Bezirksamt bestätigt und vereidet. Der Gehalt der Waldhüter in Gemeindewaldungen wird vom Gemeinderat in einem ständigen Betrage festgesetzt und vom Bezirksamt ge- III. Gemeindewaldgesetzgebung (Beförsterung). 445 nehmigt. Verschiedene Waldeigentümer, Gemeinden, Körperschaften oder Pri- vate können mit Genehmigung des Forstamtes einen gemeinschaftlichen Wald- hüter anstellen. Die Gemeindewaldhüter können vom Bezirksamt nach An- hörung des Gemeinderats und des Forstamts ohne Angabe eines Grundes jederzeit entlassen werden. 4. Hessen. Nach der V. über die Forstorganisation v. 16. Jan. 1811 stehen alle „Kommunalwaldungen“, d. h. die Wälder der Ge- meinden, der Stiftungen, Märkerschaften und sonstiger Korpora- tionen unter staatlicher Betriebsleitung. Die Oberförster besorgen den technischen Betrieb, kontrollieren die Nutzungen und beurkun- den die Betriebsausgaben. Den Gemeinden steht eine beratende Stimme zu.!) Die Schutzbeamten müssen, wenn sie überhaupt nicht schon normale Domanialforstwarteien versehen, staatlich be- stätigt sein (G. v. 17. Jan. 1901). Für die Besetzung der eigent- lichen „Gemeindeforstwarteien“ steht den Gemeindebehörden und den Kreisämtern das Vorschlagsrecht zu. Einzelne Kommunalwaldungen werden von standesherrlichen Beamten verwaltet. Nur Domanialwald enthält eine von den 71 Oberförstereien (Mittel- dick), keinen Domanialwald haben sieben, geringe Domanialwaldflächen (unter 10 ha) drei Oberförstereien. 5. Braunschweig. Nach dem G. v. 30. April 1861, betr. die Ausübung der Forsthoheit usw., haben die herzogliche Kammer, Direktion der Forsten, und die ihr untergeordneten Forstbeamten für alle einer juristischen Person zugehörigen Forste (Gemeinde-, Interessenten-, Korporations-, Stiftungs- und Teilforste) Wirtschafts- pläne auszuarbeiten, die jährlichen und periodischen Hauungen und Forstnebennutzungen sowie die Kulturen anzuordnen und zu über- wachen. Die Forsteigentümer haben bei allen betreffenden Ge- schäften mitzuwirken. Die allgemeinen Wirtschaftspläne werden von den betreffenden Forst- beamten nach Anhörung der Eigentümer entworfen und von der Direktion der Forste festgestellt. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Forsteigentümern und Forstbeamten entscheidet in letzter Instanz das Staatsministerium. Die jährlichen von den einschlägigen Forstbeamten zu entwerfenden Be- triebspläne werden von der Direktion der Forste festgestellt. In Streitfällen entscheidet diese in letzter Instanz. Die Forstbeamten haben die Ausführung zu überwachen, Größere außeretatmäßige Hauungen bedürfen höherer Genehmigung. Nehmen die Forstbesitzer die Hauungen unforstmäßig vor, dann kann der Forstbeamte geübte Holzhauer bestellen. Die Aufnahme von Forstschutzbeamten ist von der Zustimmung des be- treffenden Forstbeamten abhängig vorbehaltlich des Rekurses an das Mi- nisterium. Geschichtliches. In der braunschweiger Landesordnung v. 7. März 1647 ist bereits bestimmt, daß keine Dorfschaft in ihren Holzungen das Ge- 1) Handbuch der Forst- u- Kameralverwaltung im Großherzogtum Hessen, 1883, 671 £f. 446 ° Gemeindewaldwirtschaft. ringste an Feuer- oder Nutzholz abhauen darf, bevor die Beamten oder Ge- richtsherren durch die an jedem Ort bestellten oder noch zu bestellenden Förster solches anweisen lassen. — Nach dem Forstreglement v. 14. Aug. 1686 wurde die Verwaltung aller Waldungen unter die fürstliche Kammer gestellt. 6. Elsaß-Lothringen. Die „Vorschriften für die Verwaltung und Bewirtschaftung der Waldungen der Gemeinden und öffent- lichen Anstalten“ ') fußen auf dem Code forestier v. 1827, der Aus- führungsverordnung hierzu vom gleichen Jahre und den später er- gangenen Ergänzungen. Die Veränderungen unter der Verwaltung des Deutschen Reiches betreffen nur die Kompetenzverhältnisse der Behörden. Die der Forstordnung unterstellten Gemeindewaldungen werden von ÖOberförstern unter Aufsicht der ihnen vorgesetzten Dienst- behörden und unter Mitwirkung der Gemeinden verwaltet und be- wirtschaftet. Die Zahl der anzustellenden Forstschutzbeamten be- stimmt der Bürgermeister nach Anhörung des Gemeinderats, die Anstellung derselben und die Festsetzung ihrer Dienstbezüge (nach Anhörung der Gemeinden) erfolgt durch den Bezirkspräsidenten. Mit Einwilligung der Gemeinden kann der Forstschutz einem Forst- schutzbeamten des Staates gegen Besoldungsbeitrag übertragen werden. Die Dienstentlassung der gemeindlichen Forstschutzbeamten verfügt der Bezirkspräsident. Die Betriebspläne, auf welche die Abnutzung gegründet sein muß, werden von Zeit zu Zeit auf Kosten der Gemeinde revidiert. An Stelle derselben kann die örtliche Schlageinteilung treten (Nieder- und Mittelwald). Die Re- vision kann auf Antrag der Gemeinde oder des Bezirkspräsidenten vom Mi- nisterium angeordnet werden. Die Gemeinderäte können Wünsche in bezug auf die Wirtschaftsziele äußern. Gegen den Willen der Gemeinden soll eine Änderung der Holz- und Betriebsart in der Regel nicht vorgenommen werden. Der einschlägige Oberförster hat ein Vorprojekt aufzustellen. Die Vornahme der Forsteinrichtungsarbeiten ordnet das Ministerium an, welches die fertigen Be- triebspläne auch genehmigt. Die Aufstellung der jährlichen Betriebspläne ist Sache des Oberförsters unter Berücksichtigung der besonderen Wünsche der Gemeinden; sie sind dem Bürgermeister zuzustellen. Hat der Gemeinderat seine Zustimmung erklärt, dann gehen die Pläne zur Genehmigung an den Bezirkspräsidenten. Strittige, nicht ausgleichbare Differenzen entscheidet das Ministerium. Dieses allein ist zuständig bei Abweichungen vom Betriebsplan und bei Forderungen von Extra- schlägen, welche den vorhandenen Reservevorrat überschreiten. Die Bewilli- gung zu Extraschlägen aus dem Reserveviertel innerhalb des zulässigen Ab- nutzungssolls erteilt der Bezirkspräsident. Die Fällungsarbeiten hat der Oberförster zu leiten, gleichviel ob diesel- ben von den Gemeinden im Selbstbetrieb oder durch Vergebung an Unter- nehmer vollführt werden. Das gefällte und aufgenommene Holz wird vom Oberförster dem Bürgermeister überwiesen. !) Selbständig erschienen 1894 (Straßburg, Straßburger Druckerei und Verlagsanstalt vorm. R. Schultz & Co.). III. Gemeindewaldgesetzgebung (Beförsterung). 447 Für das von der Gemeinde zum Verkauf bestimmte Holz setzt der Ge- meinderat die Verkaufsart und die Verkaufsbedingungen fest. Regel ist öffent- liche Versteigerung. Der Versteigerungstermin ist dem Oberförster zur Hint- anhaltung der Kollision mit anderen Versteigerungen mitzuteilen. Die Versteigerung findet durch den Bürgermeister unter Zuziehung des Forstschutz- beamten statt; den Zuschlag erteilt der Bürgermeister (also nicht der Ober- förster wie in Frankreich). Das Versteigerungsprotokoll geht an den Ober- förster, dessen Einwendungen gegen dasselbe in letzter Instanz das Ministe- rium entscheidet. Freihändige Verkäufe können stattfinden, wenn der Oberförster mit den- selben einverstanden ist und an denselben Käufer im Laufe eines Jahres für nicht mehr als 100 M. Holz verkauft wird. Von 101—1500 M. erteilt der Be- zirkspräsident, darüber das Ministerium die Genehmigung. Soll Holz unaufgearbeitet nach Einheitssätzen verkauft werden (Block- verkauf), so hat die Auszeichnung und Abschätzung des Schlages durch den Oberförster zu erfolgen. Über die Verwendung der vom Oberförster als zulässig bezeichneten Nebennutzungen verfügt die Gemeinde. 7. Das System der Beförsterung besteht außerdem in Schwarzburg-Rudolstadt (Regulativ 1840 und Gem.-O. 1858); Waldeck (FO. 1853); Sachsen-Altenburg (V. 1848) und im Fürstentum Birkenfeld. Die Beförsterung erstreckt sich im Deutschen Reiche auf 1156000 ha, d.s. 46°/, aller Gemeinde- und Stiftungs- waldungen. 8. In Tirol-Vorarlberg gilt für die Behandlung der Ge- meinde- und Lokalstiftungswaldungen noch der zweite Teil der provisorischen Waldordnung v. 24. Dez. 1839. Hierzu wurde unterm 1. Mai 1885 eine Statthaltereiverordnung erlassen. Für diese Wal- dungen sind regelmäßige Bewirtschaftungspläne zu entwerfen und von der Behörde (Bezirkshauptmannschaft) zu genehmigen. Zu Holzfällungen in Waldungen, für welche keine Wirtschaftspläne bestehen, ist jeweilige behördliche Bewilligung notwendig. Der Betrieb wird durch die Bezirksforsttechniker der politischen Ver- waltung geleitet. Denselben obliegt auch die Anfertigung der Wirtschaftspläne. Alljährlich finden in jeder politischen Ortsgemeinde sog. „Forsttag- satzungen“ statt, zu denen das Forstpersonal und der Gemeindevorstand erscheinen müssen, die Gemeindemitglieder erscheinen können. An denselben werden die Forstgesetze öffentlich verlesen und erklärt, die Waldangelegen- heiten überhaupt besprochen und die nötigen Verfügungen beraten. Dahin gehören insbesondere die Erörterungen über Menge und Beschaffenheit der aus den Gemeindewaldungen abzugebenden Forstprodukte, über die Gewinnungs- orte und über die Art und Weise der Gewinnung und Lieferung, über Kul- turen, Waldpflege und Waldschutz. Der vorgeschlagene Etat an Haupt- und Nebennutzungen wird von der politischen Behörde festgestellt und vom Forst- techniker derselben angewiesen. Außerdem sollen an den Forsttagsatzungen die Servitutsberechtigten ihre 448 Gemeindewaldwirtschaft. Anmeldungen, Nichtberechtigte ihre Bitten um Gewährung von Forstprodukten aus Reichsforsten und Gemeindewaldungen, Privatwaldbesitzer ihre Gesuche um nicht betriebsplangemäße Fällungen in ihren Eigentumswaldungen an- bringen. Werden die Forstrechtsbezüge aus Reichs- und Gemeindewaldungen. außer der Forsttagsatzung angemeldet, so hat die saumselige Partei die Kosten für die nachträglichen Anweisungen zu tragen. In Südtirol war bis zum Jahre 1860 die Verpachtung von Gemeinde- waldungen an Private üblich. Durch eine V. v. 1860 wurde die Einstellung dieses „so verderblichen Systems der Wälderverpachtung“ verfügt. Die in dem istrianischen Karstgebiete und den quarnerischen Inseln liegenden Gemeindewaldungen unterliegen nach den G. v. 1893 und 1894 eben- falls der Beförsterung. 9. In Ungarn galt nach dem Forstgesetz v. 1879 für die Ge- meinde-, Stiftungswaldungen usw. das System der technischen Be- triebsaufsicht. Durch das Gesetz XIX von 1898 und die dazu er- lassenen Vollzugsvorschriften v. 21. Jan. 1899 wurde aber die Be- försterung eingeführt. Zu diesem Zwecke wurde nach dem Vor- bild von Österreich ein besonderer Forstdienstorganismus geschaffen, bestehend aus 43 staatlichen Forstämtern (offices forestiers) und 151 Revierförsterstellen (cantonnements d’arrondissement). Der Be- zirk der Forstämter und der Reviere ist der Gerichtsbezirkseintei- lung angepaßt. Das Personal des Forstamts besteht aus dem Vor- stand und Forstinspektoren. Zu den Aufgaben dieser Forstdienst- stellen gehört: die Vermarkung der Korporations- und Schutzwal- dungen, die Herstellung der Wirtschaftspläne, die Leitung des Be- triebes, die Ausführung der Schutzwaldarbeiten, die Überwachung der Forstpolizei, Belehrung der Waldbesitzer. Die Kosten der Be- försterung werden vom Staat und von den Waldbesitzern auf- gebracht. 10. Frankreich. In Frankreich standen, wie bereits früher (S. 266) dargestellt wurde, schon im 16. Jahrhundert die Waldungen der Gemeinden und öffentlichen Anstalten unter strenger staatlicher Aufsicht (V. v. 1573 u. 1597). Dieses System wurde durch die FO. v.1669 in einer die Gemeinden auf das Intensivste bevormunden- den Art weiter ausgebildet. Die konstituierende Versammlung er- neuerte diese Vorschriften unterm 12./20. Aug. 1790. Das G. v. 29. Sept. 1791, welches die Privatwaldwirtschaft frei- gab, beließ alle Korporationswaldungen im weitesten Sinne des Wortes unter dem Regime forestier. Die Eigentümer mußten eigene Schutzbeamte aufstellen, deren Wahl der Bestätigung des Conser- vateurs unterlag. Alle diese Waldungen waren jährlich von den staatlichen Forstbeamten aller Grade zu visitieren, die Holzanwei- sung hatte der Lokalinspektor gegen besondere Vergütung seitens der Gemeinde zu vollziehen. Das Sparviertel und das Oberholz des Mittelwaldes durften ohne spezielle Genehmigung der Exekutiv- III. Gemeindewaldgesetzgebung (Beförsterung). 449 gewalt nicht angegriffen werden. Die Erlöse aus außerordentlichen Holzschlägen wurden vom Schatzmeister des Distrikts vereinnahmt und nach dem Ermessen des Distriktsdirektors zu jenen Zwecken verwendet, für welche diese Hiebe bewilligt wurden. Trotz dieser gesetzlichen Bestimmungen wirtschafteten die Ge- meinden in ihren Waldungen tatsächlich ohne jede Kontrolle. Da die Forstbeamten in den meisten Gegenden die Jagd hatten, nutz- ten die Gemeinden das Quart en reserve nach Willkür. Dagegen wendet sich eine V. des Exekutivdirektoriums v. 26. Juli 1796 (8. therm. IV), welche die Bestimmungen der FO. v. 1669 und des G. v. 29. Sept. 1791 von neuem einschärft. Durch Dekret v. 10. März 1802 (19. vent. X) wurde bestimmt, daß alle Gemeindewaldungen und Anstaltshölzer (auch die Bäume an Straßen, öffentlichen Plätzen usw.) wie die Staatswaldungen von den staatlichen Forstbeamten zu verwalten sind. Die Erlöse aus außerordentlichen Holzhieben wurden von den Staatskassen ver- einnahmt. Das G. v. 29. April 1803 (9./19. floreal XI) räumte den Gemein- den die Befugnis ein, ihre Forstwächter mit höherer Bestätigung selbst zu ernennen. Der Staat konnte aber für seine Waldungen und für die der Gemeinden gemeinschaftliche Forstwächter auf- stellen, die dann von der staatlichen Behörde ernannt wurden, den staatlichen Schutzbeamten völlig gleichgestellt waren und ihre Be- zahlung aus der Staatskasse erhielten. Die Gemeinden mußten dafür entweder einen festen oder nach Maßgabe der jährlichen Holzschläge wechselnden Beitrag leisten. Der Code forestier v. 1827 beließ die Waldungen der Ge- meinden und öffentlichen Anstalten unter dem Regime forestier. Demselben unterliegen aber nach Art. 90 nur jene Mittel- und Hochwaldungen der Gemeinden und Öffentlichen Anstalten, welche durch die Verwaltungsbehörden auf Vorschlag der Forstverwaltung und nach Anhörung der Gemeinderäte oder Verwalter der öffent- lichen Anstalten für die regelmäßige Bewirtschaftung nach einem Betriebsplan geeignet befunden werden. Die übrigen werden als Privatwaldungen behandelt. Von den 35989 Gemeinden besitzen nur 11479 = 32°/, Wald. Von den Gemeindewaldungen stehen 8157 unter staatlicher Beförsterung, 3322 dagegen nicht, weil sie einer regelmäßigen Bewirtschaftung nicht fähig sind. Außer- dem sind 3764 Sektionswaldungen (S. 409) vorhanden, von denen 2877 der Be- försterung unterliegen und 1175 öffentliche Anstaltswaldungen, hiervon 259 beförstert. Unter Zugrundelegung der von von Seckendorff 1879 angege- benen Waldflächen, die von den jetzigen nicht viel abweichen, stehen unter Beförsterung von der Fläche der Gemeindeforste 89°/,, der Sektionswaldungen 91°/,, der Anstaltswaldungen 80°/,, im ganzen 89°/, (1904 87 %/,). Endres, Forstpolitik. 29 450 - Gemeindewaldwirtschaft. Der vierte Teil der Waldungen von Gemeinden und öffent- lichen Anstalten, welche mindestens 10 ha Umfang haben, ist in Reserve zu legen — Quart en r&6serve, Sparviertel. Aus- genommen sind jene Waldungen, welche ganz mit Nadelholz be- stockt oder überhaupt dem Regime forestier nicht unterworfen sind. Die Nutzung des Sparviertels darf nur kraft königlicher Ver- ordnung, die in das Bulletin des lois einzurücken ist, geschehen. Dasselbe gilt für außerordentliche Holzschläge. Außer im Falle des Absterbens der Bäume des Sparviertels wird die Ermächtigung, sie einzuschlagen, nur auf Grund wohlerwiesener Notwendigkeit und in Ermangelung anderer Hilfsmittel erteilt. Auf alle Fälle müssen 60—100 Bäume pro Hektar übergehalten werden. Die Institution des Quart en reserve wurde schon 1561 bzw. 1573 ge- schaffen (S. 266), in der FO. v. 1669 und im G. v. 29. Sept. 1791 beibehalten und durch königl. V. v. 28. März 1817 ausdrücklich be- stätigt. Während nach diesen Bestimmungen die besten Standorts- partien dauernd als Hochwald für das Sparviertel abzugrenzen waren, kann dasselbe nach dem Code v. 1827 auch als fliegende Reserve auf der ganzen Fläche durch starken Überhalt bzw. durch entsprechende Reduktion des Nutzungssatzes gegenüber dem Zu- wachs ausgehalten werden. Abweichend von der Praxis in Deutschland hat in Frankreich der staatliche Forstbeamte auch den Verkauf des Holzes in den Gemeindewaldungen und Anstaltswaldungen, wenn ein solcher stattfindet, nach denselben Formen wie für die Staatswaldungen und in öffentlicher Versteigerung zu vollziehen. Der Bürgermeister bzw. ein Stellvertreter und ein Verwalter der öffentlichen Anstalten wohnt dem Verkaufe bei; die Abwesenheit dieser Vertreter hat je- doch, wenn sie richtig geladen waren, auf die Giltigkeit der Ver- kaufsverhandlungen keinen Einfluß. Alle vom Bürgermeister usw. allein angeordneten Holzverkäufe sind nichtig. Schon nach der FO. v. 1669 mußten die Holzverkäufe von den Officiers de la maitrise bewerkstelligt werden. Das G. v. 29. Sept. 1791 verordnete dann, daß die Verkäufe in Gegenwart des Distriktsdirektors (der spätere Unter- präfekt) nach den für die Staatswälder geltenden Vorschriften stattfinden müssen, Die Vornahme der Holzverkäufe durch den betriebführenden Staatsforst- beamten bedeutet allerdings einen tiefen Eingriff in die Vermögensverwaltung der Gemeinden, ist aber andererseits von dem Gesichtspunkt aus zu würdigen, daß in Frankreich der Verkauf der ganzen Schläge auf dem Stocke üblich ist. Die Aufstellung des Betriebsplanes sowie die Holzverwertung erfolgt nach den für die Staatswaldungen geltenden Grundsätzen. Die Betriebspläne werden durch Verordnung des Präsidenten der Republik festgestellt und im Bulletin des lois (Gesetzblatt) verkündet. Die Gemeinden können zu den Be- triebsplänen Vorschläge machen. Die Aufstellung derselben kann den Staats- IV. Übrige Staatsaufsichtswaldungen. 451 forstbeamten übertragen werden, die Kosten fallen den Gemeinden zur Last. Dieselben setzen sich zusammen aus einem an die Staatskasse zu zahlenden Teil und den Tagesgebühren, welche die Beamten als Entschädigung für den Ortswechsel beziehen (V. v. 1861). Die jährlichen Hiebspläne werden vom Conservateur aufgestellt und von der obersten Forstbehörde genehmigt. Die Gemeinden und Anstalten müssen die notwendige Zahl von eigenen Forstschutzbeamten (gardes des bois) unterhalten, die von dem Bürger- meister nach dem Gutachten der Forstverwaltung festgesetzt und vom Prä- fekten genehmigt wird (Art. 94). Die Anstellung dieser Beamten, welche der Code den Gemeinden überlassen hatte, sowie die Festsetzung ihres Gehaltes erfolgt seit 1852 ebenfalls durch den Präfekten auf Vorschlag der Gemeinden. Der Forstschutz kann aber auch den staatlichen Schutzbeamten seitens der Gemeinde gegen verhältnismäßigen Gehaltsbeitrag übertragen werden (Art. 97). Die Forstverwaltung kann die Forstschutzbeamten zeitlich suspendieren, die Entlassung steht dem Präfekten zu. Die Forstschutzbeamten der Gemeinden und öffentlichen Anstalten sind in allen Beziehungen jenen des Staates gleich- gestellt und unterstehen der Botmäßigkeit der staatlichen Forstverwaltungs- beamten. IV. Übrige Staatsaufsichtswaldungen. 1. Körperschaftswaldungen. Die Bestimmungen, welche für die Bewirtschaftung der Ge- meindewaldungen gelten, sind auch noch für eine Reihe von anderen Waldbesitzkategorien maßgebend. Die geltenden Gesetze verfahren aber in dieser Richtung nicht nach gleichheitlichen Grundsätzen. Gemeinsam ist allen Gesetzen der Grundsatz, daß die den öffentlichrechtlichen Korporationen gehörigen Waldungen wie Gemeindewaldungen zu behandeln sind. Die Waldungen der privat- rechtlichen Korporationen sind dagegen nur teilweise der Staats- aufsicht nach Art der Gemeindewaldungen unterstellt. Die Rechts- fähigkeit oder juristische Persönlichkeit einer Vereinigung von Waldbesitzern oder einer Genossenschaft bietet daher keinen An- haltspunkt dafür, daß der betreffende Wald auch unter Staatsauf- sieht steht. Korporationen oder Körperschaften (Gemeinheiten) sind juristische (rechtsfähige) Personen, bei welchen eine Anzahl natür- licher sich ablösender Personen zu einer ideellen Einheit für be- stimmte Zwecke verbunden sind. Hierbei unterscheidet man privat- rechtliche Korporationen, wenn das Ziel der Vereinigung ausschließ- lich oder doch vorwiegend auf den Privatvorteil der Mitglieder gerichtet ist, und öffentlichrechtliche (öffentliche) Korporationen, wenn dieselben unter staatlicher Aufsicht öffentliche Zwecke ver- folgen (Gemeinden, höhere Kommunalverbände, Kirchengemeinden 29* 459 - Gemeindewaldwirtschaft. usw.)!) Die Stiftungen (Anstalten) werden häufig als besondere Art von juristischen Personen ausgeschieden. Die Wohltätigkeits-, Unterrichts- und Kultusstiftungen sind in der Regel öffentlichrecht- liche Korporationen.?) Die in der Forstgesetzgebung oft gebrauchte Bezeichnung Kor- porations- oder Körperschaftswald hat daher eine mehrfache Bedeutung. a) Im weiteren Sinne werden unter Korporationswaldungen alle Nichtstaatswaldungen verstanden, die im Eigentum (öffent- rechtlicher) juristischer Personen sich befinden und unter staat- licher Aufsicht stehen, mithin die Gemeinde-, Stiftungs- und sonstigen Körperschaftswaldungen. Das württembergische Körperschaftsforstgesetzz von 1902 erstreckt sich auf „Waldungen der Gemeinden und anderer öffent- licher Körperschaften sowie der von solchen verwalteten Stiftungen“, nicht dagegen auf die Realgemeinden. In Hessen zählen zu den „Kommunalwaldungen“, die unter Forstverwaltung stehen, außer den Waldungen der Gemeinden „auch die Waldungen aller übrigen Korporationen und der Stiftungen, insbesondere auch die Märkerwaldungen“ (V. von 1811). b) In einer eingeschränkteren Bedeutung versteht man unter Körperschaftswaldungen alle Staatsaufsichtswaldungen, welehe nicht Gemeindewaldungen sind. Das badische Forstgesetz unterscheidet Waldungen der Ge- meinden und Körperschaften, der Code forestier Waldungen der Gemeinden (communes) und Gemeindeabteilungen (sections de com- mune), der öffentlichen Anstalten (&tablissements publics) und un- geteilte Waldungen zwischen Staat, Gemeinden und öffentlichen Anstalten einerseits und Privatleuten (partieuliers) andererseits. Das schweizerische Forstpolizeigesetz von 1902 zählt zu den „öffentlichen Waldungen“ die Staats-, Gemeinde- und Korporations- waldungen. Unter letzteren sind nach bundesrätlicher Interpretation von 1894 solche Waldungen zu verstehen, die einen Öffentlichen Charakter tragen und einem öffentlichen Zwecke dauernd dienen sowie solche, welche zwar nicht öffentlichen Zwecken dienen, aber von einer Öffentlichen Behörde verwaltet werden. c) Im engsten Sinne begreift man unter Korporationswaldungen die Staatsaufsichtswaldungen ausschließlich der Gemeinde- und Stif- tungsforsten. Das bayerische Forstgesetz hält ausdrücklich die Gemeinde-, Stiftungs- und Körperschaftswaldungen auseinander (Art. 6 u. 18). ı) Kahr I, 40. — 2) von Stengel, Rechtsenzyklopädie usw. 22. IV. Übrige Staatsaufsichtswaldungen. 453 Zu den Gemeinden gehören auch die kirchlichen Ortsgemeinden, ferner die Distrikts- und Kreisgemeinden. Die Waldungen der letzteren, ein Zubehör der Irrenanstalten, sind oberaufsichtlich den anderen Gemeinden gleichgestellt. Distrikte besitzen zurzeit keinen Wald. Zu den Stiftungen zählen insbesonders die unter Verwaltung der Gemeinden stehenden Wohltätigkeits-, Kultus- und Unterrichts- stiftungen mit Ausnahme jener, die unmittelbar von einer Staats- behörde verwaltet werden. Der Begriff Körperschaftswald ist in Bayern schwankend und unklar. Nach Art. 18 des Forstgesetzes finden die Bestimmungen über die Bewirt- schaftung der Gemeindewaldungen „auf die sogenannten Körperschaftswal- dungen Anwendungen, insofern diese nicht Privatwaldungen sind.“ In den Motiven zum Forstgesetz und bei den Landtagsverhandlungen im Jahre 1859 wurde seitens der Regierung die Interpretation gegeben, Körperschafts- waldungen seien die einer Körperschaft als einer juristischen Persönlich- keit zustehenden Waldungen und außerdem auch solche, die als Gemeinde- eigentum zu betrachten sind, deren Benutzung aber einer bestimmten Klasse von Einwohnern zukommt. Nach dieser Definition wäre also kein Unterschied zwischen Waldungen, die einer privatrechtlichen und einer öffentlichrechtlichen Korporation gehören. Die Waldungen der in neuester Zeit errichteten Wald- genossenschaften wären darnach Korporationswaldungen im Sinne des Forstgesetzes, wenn die Genossenschaft die Rechtsfähigkeit erworben hat. Andererseits steht aber fest, daß diese Genossenschaftswaldungen im Eigen- tum Privater stehen und daher die Einschränkung des Art. 18 zutrifft. Was die öffentlichrechtlichen Korporationen betrifft, so ist daran zu erinnern, daß in Bayern Realgemeinden nicht existieren und die Allmendwaldungen eigent- liche Gemeindewaldungen sind. Eine gemeindeähnliche Korporation mit juristi- scher Persönlichkeit — und nur auf diese kommt es nach den Motiven an — ist daher neben der politischen Gemeinde nicht denkbar. Als eigentliche öffentliche Korporationen bleiben daher nur die Universitäten und öffentlichen Religionsgesellschaften. Insoweit diese ihre Bedürfnisse aus Stiftungsrenten beziehen, fallen aber ihre Waldungen unter die Stiftungswaldungen.!) Das Braunschweigische Forstgesetz von 1861 stellt „alle einer juristischen Person zugehörigen Forste“, „mithin die Ge- meinde-, Interessenten-, Korporations- und Stiftungsforste, des- gleichen alle Forste, welche reell unter einzelne geteilt, aber bisher unter Aufsicht der Staatsforstbehörden verwaltet sind“, unter Staatsaufsicht ($ 13). Die preußische Forstgesetzgebung kennt die Bezeichnung Korporations- oder Körperschaftswald nicht. In dem G. v. 14. Aug. 1876 werden mit den Waldungen der Gemeinden jene der „öffent- lichen Anstalten“ auf die gleiche Linie gestellt. Im $1 sind die Anstalten, welche damit gemeint sind, speziell aufgeführt: Kir- chen, Pfarren, Küstereien, sonstige geistliche Institute, öffentliche 1) Brater, Forstgesetz, 24f. — Forstl. Mitteilungen, H. 9, 135. — Die Forstverwaltung Bayerns 1861, 375. 454. Gemeindewaldwirtschaft, Schulen, höhere Unterrichts- und Erziehungsanstalten, fromme und milde Stiftungen, Wohltätigkeitsanstalten. Nicht unter das Gesetz fallen Holzungen, „welche sich in staatlicher Verwaltung befinden“, d. h. die Forste bestimmter geistlicher Stiftungen, Universitäten und Schulen (z. B. Forste der Universität Greifswald usw.). Ferner fallen nicht unter das Gesetz die teilbaren Interessentenforsten und der Waldbesitz der Provinzial- und Kreisverbände. Auch in mehreren anderen Gesetzen ist der Ausdruck „öffentliche Anstalten“ gebraucht. Es werden damit „vom Staate genehmigte, einem fort- dauernden gemeinnützigen Zwecke dienende Korporationen“ (ALR., 6, $25) bezeichnet, deren Persönlichkeit von ihrer Zweckbestim- mung und dem derselben gewidmeten Vermögen getragen wird.') Die unter das G. vom 14. März 1881 über gemeinschaftliche Holzungen fallenden (deutschrechtlichen) Genossenschaften stehen unter Staatsaufsicht nach Maßgabe der in den einzelnen Landes- teilen für die Gemeindewaldungen geltenden Bestimmungen, obwohl diesen Waldgemeinschaften die Rechtsfähigkeit nicht verliehen ist. Dagegen genießen die nach dem Waldschutzgesetz von 1875 gebildeten Waldgenossenschaften die Rechtsfähigkeit, ihre Wal- dungen sind aber der staatlichen Aufsicht nur in dem Umfange unterworfen, als dieselbe den Aufsichtsbehörden der Gemeinden zusteht; die Bestimmungen über die Bewirtschaftung der Gemeinde- waldungen sind daher auf diese Genossenforste nicht anwendbar. Auch dem österreichischen Forstgesetz von 1852 ist der Ausdruck Körperschaftswald fremd; es unterscheidet nur: 1. Reichs- (Staats-)forste, zu denen auch die unter Staatsverwaltung stehenden Stiftungsforste gehören, 2. Gemeindewälder, 3. Privatwälder, zu denen auch die Wälder der Orden, Klöster, Pfründen und Stif- tungen zählen ($ 1). 2. Die bayerischen Lehenswaldungen. Das Lehenswesen bildete sich im Mittelalter dadurch aus, daß die Könige und Großen des Landes jenen, die ihnen im Kriege oder bei anderen Gelegenheiten Dienste leisteten, die Nutzungen von Grundstücken oder Waldungen leihweise überließen. Auch Ämter, Zölle, Zehente, Forstrechte usw. konnten Gegenstand der Belehnung sein. Auf diese Weise entstand eine Zweiteilung des Eigentumsbegriffes. Der Lehensherr (Grundherr) hatte das Ober- eigentum (dominium direetum), der Belehnte (Vasall, Grundholde) das später meist erblich gewordene Nutzeigentum (d. utile) gegen ı) Oehlschläger u. Bernhardt, Die preuß. Forst- und Jagdgesetze, II, 1878, 10. V. Beförsterungsbeiträge. 455 Abgabe eines bestimmten Zinses. Das Lehensgut hieß ursprünglich Precaria, seit dem achten Jahrhundert Benefieium (Benefizialwesen), vom dreizehnten Jahrhundert ab Feudum (fides, Feudalwesen). Das Lehenswesen verlor seine Bedeutung durch die Einführung der Söldnerheere und des Öffentlichen Beamtentums. Im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts wurde das Lehens- wesen in ganz Deutschland beseitigt mit Ausnahme von Mecklen- burg, wo dasselbe heute noch zu Recht besteht. Die bisherigen Vasallen wurden Eigentümer des Grund und Bodens. Da früher das freie Eigentum im Gegensatz zum gelehnten Grund und Boden allodium hieß, nannte man die Umwandlung von Lehen in volles Eigentum Allodifikation. In Bayern wurde das Lehenswesen durch Edikte von 1808 und 1828 neu geregelt und durch das Lehensablösungsgesetz vom 4. Juni 1848 aufgehoben. Ausgenommen von der Ablösung wurden jedoch außer den thronlehnbaren Würden die königlichen Dotations- lehen. Zu diesen gehören auch Waldungen (ca. 7000 ha), deren Bewirtschaftung nach dem System der technischen Betriebsaufsicht zu erfolgen hat. Das Forstgesetz bestimmt hierüber: Art. 21. „Auf die Waldungen jener Lehengüter, welche nach Art. 2 des Gesetzes vom 4. Juni 1848, die Ablösung des Lehenverbandes betreffend, von der Allodifikation ausgeschlossen sind, finden außer den für die Privat- waldungen überhaupt geltenden forstpolizeilichen Vorschriften die betreffen- den Bestimmungen des Ediktes über die Lehenverhältnisse vom 7, Juli 1808 Anwendung. Der Besitzer solcher Waldungen ist verbunden, dieselben auf Grund von Wirtschaftsplänen unter genügender technischer Leitung nachhaltig zu be- wirtschaften und hierüber nach näherer Anordnung der Forstpolizeistelle den Nachweis zu liefern.“ Art. 22, „Die Bestimmungen des Artikels 21 gelten auch von anderen Lehenwaldungen, insolange diese noch nicht in Gemäßheit des angeführten Gesetzes vom 4. Juni 1848 allodifiziert worden sind.“ V. Beförsterungsbeiträge. Wenn die Bewirtschaftung der Gemeindewaldungen durch Staatsforstbeamte erfolgt, sei es innerhalb des Systems der Be- triebsaufsicht oder der Beförsterung, so haben die betreffenden Gemeinden hierfür in der Regel einen bestimmten Geldbetrag an die Staatskasse zu zahlen (Beförsterungsbeiträge, Beförsterungssteuer, Besoldungsbeiträge). Die Höhe desselben bemißt sich entweder nach altem Herkommen oder nach gesetzlichen Feststellungen, zum Teile auch nach den besonderen Abmachungen zwischen dem Staate 456 Gemeindewaldwirtschaft. Staate und den Gemeinden. Für die Handhabung des aus dem staatlichen Oberaufsichtsrecht über die Verwaltung des Gemeinde- vermögens überhaupt entspringenden Aufsichtsdienstes sowie für die Tätigkeit der Staatsorgane in Sachen der Forstpolizei haben die Gemeinden besondere Beiträge nicht zu leisten. Die Beförsterungsgebühren erreiehen in der Regel die dem Staate aus der Führung des Betriebes tatsächlich erwachsenden Kosten nicht, wenn dieselben voll veranschlagt werden (Pensionen!). Wenn auf diesem Wege der Staat den waldbesitzenden Gemeinden, obwohl deren Vermögenslage unter sonst gleichen Umständen durch den Waldbesitz viel günstiger ist als jene der besitzlosen, eine ge- wisse Liebesgabe zuwendet, so liegt der Grund hierfür mehr auf politischem als auf verwaltungsrechtlichem Gebiete; es soll damit das dem staatlichen Eingriff anhaftende Odium in etwas kompen- siert werden. Vielfach wird auch an den historisch gewordenen Verhältnissen festgehalten und von einer Erhöhung der früher fest- gesetzten Beiträge abgesehen, obwohl dadurch das Mißverhältnis zwischen den Leistungen der Gemeinden und dem Aufwand des Staates immer größer wird. Als Maßstab für die Bemessung des Beförsterungsbeitrages kann dienen: 1. Der jährliche Ertrag des Waldes, indem von dem durch den Verkauf der Waldprodukte erzielten Erlös, bzw. bei Natural- verteilung von dem Werte desselben, ein bestimmter Prozentsatz zu entrichten ist. Dabei ist es Ermessenssache, ob nur die Holz- nutzung, der erntekostenfreie Geldertrag usw. berücksichtigt wird. Der Vorteil dieses Systems liegt auf Seite der Gemeinden darin, daß die Kosten in einem gleichen Verhältnis zu den Einnahmen stehen. Als Nachteil kann geltend gemacht werden, daß die Staats- kasse trotz des Gleichbleibens der jährlichen Kosten für den Unter- halt der Beamten jährlich schwankende Einnahmen hat (Veränderung der Holzpreise und des Einschlagsquantums), daß der Ertrag der Waldungen keinen Maßstab für den mit dem Betrieb verbundenen Arbeitsaufwand bildet (hochwertige Eichenwaldungen und schlechte Kiefernwaldungen, künstliche und natürliche Verjüngung, Maßregeln gegen Insektenkalamitäten, geschlossener und parzellierter Wald- besitz usw.) und daß ferner Waldungen mit sehr hohem Ertrag in einem mit der Arbeitsleistung des Betriebsleiters außer Verhältnis stehenden hohen Beitrag herangezogen werden. Für den letzteren Fall ist daher gewöhnlich ein Maximalbetrag festgesetzt. Elsaß-Lothringen. Der Beitrag der Gemeinden beträgt 5°/, des jähr- lich zu ermittelnden Nettoertrages der Gemeindewaldungen, jedoch höchstens 0,80 M. für das Hektar der Gesamtfläche des Waldes, Darunter sind nicht V. Beförsterungsbeiträge. 457 begriffen: die eigentlichen Schutzkosten, die eigentlichen Betriebskosten (Hauer- löhne, Wegebau usw.), die Kosten für Vermessung, Grenzfeststellung und Forsteinrichtung. Frankreich. Die Festsetzung der von den Gemeinden und öffentlichen Anstalten an den Staat zu leistenden Beförsterungsgebühr war vielen Wand- lungen unterworfen. Im Jahre 1791 wurden sie auf 10°/, des Preises des verkauften Holzes festgesetzt. Die Arbeiten der Arpenteurs mußte die Ge- meinde noch besonders bezahlen. Für jene Hiebe, deren Holzanfall in natura an die Gemeindemitglieder verteilt wurde, wurden von 1792 ab vom Hektar durchschnittlich 16,17 Fr. erhoben. Im Art. 106 des Code forestier wurde nach langwierigen Verhandlungen ein einheitlicher Maßstab festgesetzt, indem der Gesamtbetrag der Beförsterungskosten für das ganze Land als Zuschlag zu der auf diesen Waldungen liegenden Grundsteuer jährlich durch das Finanz- gesetz festgesetzt wurde (taxe additionelle). Man glaubte damit den Korporationen große Erleichternngen verschafft zu haben namentlich durch den Hinweis, daß dieselben vor der Wirksamkeit des Code im ganzen 1810000 Fr. bezahlen mußten, nach dem Jahre 1827 aber nur 1558000 Fr. Der Unterschied lag aber darin, das vor 1327 der größte Teil des Beförsterungsbeitrages nur aus den Einnahmen floß, die die Gemein- den aus dem Nutzholzverkauf des Reserveviertels von Fall zu Fall hatten, während nach dem neuen System ohne Rücksicht auf tatsächlich erzielte Ein- nahmen jährlich gleichmäßige Beiträge an den Staat zu entrichten waren, auch wenn die Korporationen nur das in den Niederwaldschlägen anfallende Brennholz nutzten und in natura unter sich verteilten. Man klagte daher, früher habe das Quart en röserve die Beförsterungskosten getragen, jetzt müsse dieselben das Brennholz tragen. Außerdem machten die Departements, nament- lich die östlichen, mit den guten Böden und hohem Grundsteuerbetrage geltend, daß sie fast die gesamten Kosten aufzubringen hätten, während die südlichen Departements mit ihren ausgedehnten schlechten Bodenflächen beinahe nichts bezahlten, obwohl der Verwaltungsaufwand dort ebenso groß wäre wie im Osten. Sie verlangten daher, daß die Fläche den Maßstab bilden solle für die Verteilung der Grundsteuerzuschlagssumme auf die einzelnen Waldbesitzer. Der Regierung gelang es nicht, diese Klagen durch Herabsetzung des Zuschlags auf 1035000 Fr. aus der Welt zu schaffen. Durch G. v. 20. Juli 1537 wurden deshalb für das Jahr 1838 die gesamten von den waldbesitzenden Korporationen als Zuschlag zur Grundsteuer aufzubringenden Verwaltungskosten auf 1471633 Fr. (1839 1497000, 1840 1618000) festgesetzt, aber auf die ein- zelnen Departements nach Maßgabe des tatsächlichen Aufwandes für jedes Departement verteilt. Nun beschwerten sich wieder die südlichen Departe- ments über zu große Belastung. Die Steuer stünde in keinem Verhältnis zu ihren Einnahmen aus den armen Waldböden. Sie blieben denn auch tatsäch- lich mit ihrer Steuer im Rückstand (1833 154000, 1839 133000 Fr.). Man ging daher mit dem G. v. 25. Juni 1841 wieder zu einem anderen System über, mit dem aber anfangs die Gemeinden des Ostens und Nordens auch nicht zufrieden waren. Darnach wurden 5°/, des durch den Verkauf der Haupt- und Nebennutzungen erzielten Hauptpreises oder des von der politischen Verwaltungsbehörde auf Vorschlag der Forstbeamten festzustellenden Wertes derselben im Falle der Naturalverteilung vom Staate erhoben. Nach dem G. v. 19. Juli 1845 erstreckt sich diese Berechnung nur noch auf die Haupt- nutzung. Endlich wurde durch das G. v. 14. Juli 1856 bestimmt, daß es bei den Gesetzen von 1841 und 1845 sein Verbleiben hat, daß jedoch die zu bezahlende Summe einen Frank pro Hektar der Waldeigentumsfläche nicht übersteigen darf. 458 Gemeindewaldwirtschaft. Das ist heute noch geltendes Recht (5 °/), des Verkaufspreises oder des Wertes der Hauptnutzung, in maximo 80 Pf. pro Hektar). Gegen diese Gebühr haben die Forstverwaltungs- und Schutzbeamten kostenfrei alles zu tun, was zum Schutz und zur Verwaltung der Gemeinde- und Anstaltswaldungen erforder- lich ist. Das Gehalt der eigenen Schutzbeamten ist jedoch von den Gemeinden und Anstalten zu tragen, ebenso wie der Aufwand für Herstellung des Forst- einrichtungswerkes (Art. 107 u. 108). 2. Die Grundsteuer. Insofern dieselbe einen Maßstab für die Ertragsfähigkeit des Waldes bildet oder wenigstens bilden soll, deckt sich dieses System theoretisch mit dem ersten. Nur fällt hier das Schwanken der jährlichen Einnahmen für die Staatskasse fort. Praktisch kommt der diesem System zugrunde liegende Ge- danke nur dann zur Geltung, wenn diese Grundsteuer den heutigen Ertragsverhältnissen auch wirklich angepaßt worden ist, d.h. wenn die Katastrierung nicht veraltet ist. Aber auch in diesem Falle wird der tatsächliche Betriebsaufwand nicht immer im richtigen Gleichgewicht mit den erhobenen Gebühren stehen. Innerhalb Preußens: Im vormaligen Fürstentum Hildesheim je nach Bonität 0,15 bis 0,64 M. pro Hektar; in den ehemaligen großh. hessischen Landesteilen nach der Rohertragssteuer 0,03 bis 1,00 M. für Betriebsführung, 0,51?/, M. für den Schutz. Baden. Als „Beförsterungssteuer* werden seit 1880 pro 100 M. des Waldsteuerkapitals 10 Pf. erhoben (vor dem Jahre 1880 15 Pf... Die Fest- setzung erfolgt durch das jeweilige Finanzgesetz. Hessen. Nach der V. v. 1811 haben die Waldeigentümer bzw. die Be- sitzer der Kommunalwaldungen und Privatwaldungen zweiter Klasse im Ver- hältnis der betreffenden Steuerkapitalien zu den Besoldungen der Oberförster beizutragen. Im Jahre 1877 wurde der Betrag auf durchschnittlich 1,07 M. pro Hektar festgesetzt. Die Verteilung erfolgt provinzweise, so daß innerhalb einer jeden der drei Provinzen die beitragspflichtige Waldfläche mit dem Bei- trag pro Hektar multipliziert und dieser Betrag nach dem Steuerkapital auf die waldbesitzenden Gemeinden verteilt wird. Außerdem sind noch Beiträge für den Forstschutz zu leisten.!) 3. Das Flächenmaß. Auch dieses System ist unvollkommen, aber praktisch immerhin sehr einfach. Die Ertragsfähigkeit des Waldes, die Leistungsfähigkeit der Gemeinden und der wirkliche Arbeitsaufwand der Betriebsleitung bleiben hier ganz unberück- sichtigt. Andererseits kann der Staat mit einer stetigen Einnahme rechnen. Innerhalb Preußens: In den vormaligen Fürstentümern Kalenberg, Göttingen, Grubenhagen 0,58 M. pro Hektar; im vormaligen Kurfürstentum Hessen 0,25 M.; in den nassauischen Gebietsteilen 0,48!/, M. für den Betrieb und 0,50 M. für den Schutz; in den Hessen-Homburgischen Landesteilen für Betrieb und Schutz 1,50 M. In Hohenzollern betragen nach dem Gemeinde- forstgesetz von 1902 die jährlichen Beiträge der Gemeinden 0,60 M., der öffent- lichen Anstalten 1,00 M. für das Hektar (früher 0,27 M.) für die forsttechni- !) Handb. f. d. Forst- und Kameralverwaltung usw. 115. V. Beförsterungsbeiträge. 459 sche Verwaltung. Für den Schutz haben die Gemeinden usw. selbst aufzu- kommen, Württemberg. Als Ersatz für die Kosten der technischen Betriebs- leitung sind 80 Pf. pro Hektar zu entrichten. Weitere Vergütungen für Nebenausgaben des Staatsforstpersonals (Diäten, Reiseaufwand usw.) sind nicht zu leisten (Forstpolizeigesetz von 1879/1902). 4. Der ganze dem Staate erwachsende Betriebsauf- wand. Dieser Modus besteht, wenn auch nicht ganz vollständig, in der Rheinpfalz. In der Pfalz wurden in der letzten Zeit der französischen Herrschaft die Beiträge der Gemeinden für Betriebsführung und Schutz auf 10°/, des Preises des verkauften Holzes festgesetzt (s. Frankreich). Das Forstregulativ vom 283. Mai 1814 bzw. 10. August 1814 behielt diese Bestimmung bei. Durch Regierungserlaß vom 24. Juli 1822 wurde den Gemeinden und Stiftungen die Hut ihrer Waldungen überlassen. Die kgl. Verordnung vom 4. Juli 1840 be- stimmte, daß die Gemeinden usw. die Kosten für Besoldungs-, Pensions- und Alimentationsbezüge der Kommunaloberförster zu bezahlen haben, jedoch unter einem staatlichen Zuschuß von 2500 fl. = 4285 M. 71 Pf. Nach der V. v. 1. Juli 1853 hatte die Bezahlung nach gleichem Maßstabe wie für die ärarialischen Oberförster zu erfolgen.) Die kgl. V. v. 19. Febr. 1885 (Forst- organisation betr.) behielt diese Bestimmungen bei, Die statusmäßigen Be- soldungsbezüge sämtlicher Kommunalforstbeamten, dann die Pensionen und Alimentationen für das Kommunalforstpersonal und dessen Relikten werden nach Abzug des Ärarialzuschusses und nach Abzug der Pensionsbeiträge, welche die Kommunalforstbeamten wie bisher zu leisten haben, auf die ganze Fläche aller Gemeinde- und Stiftungswaldungen des Kreises (ca. 88000 ha) ausgeschlagen und nach dem durchschnittlichen Ansatze für das Hektar an die Staatskasse entrichtet ($ 38). Die Kosten des Inspektionsdienstes werden nur vom Staate bestritten. Die Gehälter usw. werden durch die staatlichen Kassen ausbezahlt und seitens der Gemeinden usw. an die Staatskasse bzw. an den Kommunalforstfonds refundiert. Bei dem Staatszuschuß von 4285 M. 71 Pf. belief sich die Belastung der Gemeinden usw. auf ca. 1,65 M. pro Hektar. Vom Jahre 1901 ab wurde der Staatszuschuß auf 50000 M. pro Jahr erhöht, so daß sich nunmehr eine ent- sprechende Minderung der Leistung der Gemeinden ergibt. Zu bemerken ist, daß die Gemeinden und Stiftungen nur den Aufwand für die wirklichen Kommunalforstdienststellen (18 Forstämter und Assessoren) zu bestreiten haben. Die an fiskalische Forstbezirke angegliederten Gemeinde- waldflächen werden seitens des Staates kostenlos bewirtschaftet (33 °/, der Ge- meindewald- und Stiftungswaldfläche). Außerdem erfolgt die Aufstellung der Wirtschaftspläne durch die kgl. Forstämter ohne Entgelt. 5. Ein billiger Ausgleich zwischen allen in Rücksicht zu ziehenden Interessen kann dagegen auf Grund der besonderen Vereinbarung von Fall zu Fall wenigstens annähernd erreicht werden. Hierbei wird zweckmäßig auch von der Fläche ausgegangen werden. Aller- dings sind hier in jedem Einzelfall besondere Vertragsverhand- lungen nötig, bei deren Abschluß die Gemeindeverwaltung als der 1) Wand, Gem.-O. 223. — Die Forstverwaltung Bayerns, 1861, 151 u. 376. 460 . Gemeindewaldwirtschaft. schwächere Kontrahent erscheint, wenn sie die gesetzlich vorge- schriebene Betriebsleitung tatsächlich auf einem anderen Wege als durch Übertragung derselben an den Staat nicht bestellen kann. Bayern (ausschließlich Pfalz und Unterfranken). Wenn die Gemeinde der Staatsforstverwaltung die Betriebsausführung überträgt, schließt das ein- schlägige Forstamt vorbehaltlich höherer Genehmigung mit der Gemeinde usw. einen Vertrag ab, „in welchem ... der zu vereinbarende Besoldungsbeitrag, dann der Zahlungs- und Kündigungstermin speziell zu bezeichnen sind.“ Dieser Beitrag beläuft sich auf 0,70—1,00 M. Diejenigen Gemeinden, die die Betriebsausführung dem Staate schon früher übertragen haben, zahlen teil- weise noch geringere Beträge. Die „Besoldungsbeiträge“ seitens der Gemeinden betrugen in 1000 M.: 1887: 90,6 1894: 114,4 1900: 124,9 1888: 94,9 1896: 116,8 1901: 125,5 1890: 104,9 1898: 121,1 1902: 126,9 1892: 110,4 1899: 123,1 In Unterfranken (s. S. 442) wurden die Tagegebühren, welche aus Ge- meindekassen den betreffenden Forstbeamten zustanden, dann die zulässigen Forst- und Schreibgebühren usw. sowie die Erträgnisse aus den Natural- leistungen der waldbesitzenden Gemeinden und Stiftungen an Besoldungsholz, Dienstland und Dienstwohnungen nach dem Durchschnitt der Jahre 1842/52 fixiert. Die ganze Summe, welche sich für ca. 136000 ha auf jährlich 23659 M. beläuft, wird in der Forskrechin vereinnahmt (V. v. 19. Febr. 1885 8 37). Auf ee Hektar treffen durchschnittlich 0,17 M. VI. Teilung der Gemeindewaldungen. 1. Geschichtliches. Der Gemeinwald war schon unter markgenossenschaftlicher Autonomie vor Aufteilung unter die Nutzungsberechtigten nicht sicher. Während aber hier reine Privatinteressen den Ausschlag gaben, brach sich schon vom Anfang des achtzehnten Jahrhunderts ab der Gedanke immer mehr Bahn, daß Gemeinbesitz an sich volkswirtschaftlich schädlich sei und dessen Aufteilung im öffent- lichen Interesse liege. Den Anstoß hierzu bot die Wahrnehmung, daß gerade der gemeinschaftliche Waldbesitz die Ursache fort- währenden Unfriedens und heftiger Streitigkeiten unter den Nutzungs- berechtigten war und daher für die Pflege desselben trotz forst- polizeilicher Aufsicht so gut wie nichts geschah. Zuerst setzten die Aufteilungsbestrebungen in Hannover und den angrenzenden Gebieten bei jenen Waldungen ein, deren Eigen- tum und Genuß einem abgesonderten wirtschaftlichen Verbande (Markgenossenschaft, Realgemeinde usw.) zustand. In Preußen trat Friedrich der Große für die Aufhebung der in Gemeinschaft des VI. Teilung der Gemeindewaldungen. 461 Eigentums und der Bewirtschaftung befindlichen Weiden, Wiesen, Markungen und Holzungen ein. Alles was man Gemeinheiten nennt, sagt er in seinen Denkwürdigkeiten, sei dem öffentlichen Wohle nachteilig. Wesentlich gestärkt wurde dann der Glaube an die Zweckmäßigkeit der Gemeinheitsteilungen durch die Lehren von Adam Smith und die auf die Freiheit des Eigentums ge- richteten Bestrebungen am Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts. Nun blieb man nicht mehr bei den deutschrechtlichen Genossen- waldungen stehen; auch die im Gemeindeeigentum stehenden Wal- dungen wurden zerstückelt und so ein Parzellenbesitz geschaffen, dessen Nachteile sich bis in die fernsten Zeiten noch geltend machen werden. Völlig verschont von der Teilung der Gemeinschaftswaldungen blieb wohl kein größeres Staatsgebiet in Deutschland. In den unter dem Einfluß der Gesetzgebung Frankreichs stehenden Ländern gewannen aber die Teilungsbestrebungen keinen größeren Umfang und wurden auch durch die Gemeindegesetzgebung sehr bald unterbunden. Daher hat im westlichen Deutschland der Gemeinde- waldbesitz noch eine größere Ausdehnung als in dem übrigen Deutschland. Unter den Gebieten, in denen die Teilung der Mark- und Gemeindewaldungen mit besonderem Eifer betrieben wurde, sind besonders hervorzuheben Hannover, Provinz Sachsen und Westfalen, Rheinland und von den süddeutschen Staaten Bayern. Die Münstersche YV. v. 17. Juni 1768 bezeichnet die Teilung der Holz- marken als „das beste und zuverlässigste Mittel, wodurch alle bei den ge- meinen Gehölzen entstehende und deren Ruin gemeiniglich nach sich ziehende Inkonvenienzen gehoben werden können“. Im Jahre 1778 setzte die Regierung im Fürstentum Osnabrück für die beiden ersten Marken, in welchen eine völlige Teilung zustande kommen werde, Prämien aus. Unterm 14. Juni 1785 wurde daselbst eine Marken- teilungsordnung erlassen.!) In den Hannoverschen Ortschaften Elze und Mehle wurden 1738 die Markwaldungen mit 523 ha in 1512 Teile geteilt, im Fürstentum Hildesheim die Markwaldungen von 53 Gemeinden mit 2503 ha in 10372 Teile, die Essener Berge in der Landdrostei Osnabrück mit 346 ha im 18. Jahrhundert in 691 Parzellen, darunter 193 unter 0,13 ha, 118 von 0,26—0,52 ha, 245 von 0,26 bis 0,79 ha. Weitere Beispiele solche Waldzerstückelungen liegen vor aus den Ge- bieten von Osnabrück, Lingen, Meppen, Hildesheim, Stade, Lüneburg usw.?) In den westfälischen Kreisen Minden, Herford und Lübbeke wurde Ende des 18. Jahrhunderts das Wiehengebirge mit 4800 ha unter 6747 Mark- berechtigte in 8—16m breite, 500—1000 m lange Streifen geteilt. Im Reg.-Bez. Düsseldorf ist eine verödete Waldfläche von ca. 15000 ha gegenwärtig in 14080 Parzellen geteilt, von denen 3268 unter 0,25 ha, 7210 1) Danckelmann, Gemeindewald 12. 2) Burckhardt, Aus dem Walde, VII, 100 ff., 198, — Danckelmann, Gemeindewald 28. 462 - Gemeindewaldwirtschaft. zwischen 0,25—1,23 ha, 3441 zwischen 1,28—12,8 ha und nur 161 über 12,8 ha enthielten. Im Reg.-Bez. Köln wurde noch 1852 der 4167 ha große Flamersheimer Erbenwald in zahllose Parzellen zersplittert. Im Reg.-Bez. Trier wurde ein großer Teil der Gehöferschaftswaldungen in Parzellen bis zu 2 m Breite geteilt, in der Rheinprovinz eine Waldfläche von 30023 ha in 166846 Parzellen, so daß im Durchschnitt 0,179 ha auf jede Parzelle kommen!) Bayern. Die Verteilung der Gemeindeweiden unter die Gemeindemit- glieder und die Kultivierung der Teilstücke als Wiese, Ackerland oder auch Wald, ferner die Zertrümmerung der ganzen, halben und viertels Höfe auf Achtelsgüter wurde schon durch das Kulturmandat vom 24. März 1762 ange- ordnet. Die Aufteilung und Kultivierung der „Otterfinger Haid“ wurde durch Mandat vom 21. April 1790°) mit folgender Motivierung befohlen: Es ist die höchste Willensmeinung nicht, „die ohnehin zu sehr ausgedehnten Förste und Waldungen zum Schaden des Ackerbaues, der Bevölkerung und der gemeinen Sicherheit noch weiter ausdehnen zu lassen, und da die vielen und großen bloß mit Wacholderstauden und anderen dergleichen Ge- sträuchen bewachsenen Strecken weder zum Weidgenuß oder andern Gebrauch benutzt werden können, auch darauf ohnehin niemals ein Wald aufkömmt,“ so hat die obere Landesregierung solche Plätze zu verteilen und soll sich „durch die hierin meistens von Eigennutz und Mangel an wahrer Forstkenntnis herrührenden Widersprüche der Förster und Jäger nie irre machen lassen.“ Auf die Teilung der Gemeindewaldungen wurde von 1792 ab durch die Regierung mit aller Energie hingewirkt. Das treibende Element war auch hier wieder Hazzi, der seinen ganzen Einfluß für die Durchführung dieses staatswirtschaftlichen Programmes zur Geltung zu bringen wußte. Er betonte u. a. auch, daß von allen Waldungen die Privatwaldungen in der besten Ver- fassung seien, noch in besserer als die Staatswaldungen, „Die Gemeindewal- dungen sind unstreitig im jämmerlichsten Zustande; ohne Eigentum, ohne Auf- sicht waren sie bloß der Willkür und wilden Habsucht der Gemeindeglieder oder wohl gar ganzer Gegenden überlassen, wo jeder bloß Nutzen suchte und niemand pflegte.“ „Kaum eine bessere Gestalt haben die Kirchen-, milden Stiftungswaldungen.“ (Echte Ansichten 58 ff.) Die erste Verordnung, welche die Teilung der Gemeindeholzgründe ge- stattete und wünschte, war die vom 6. Oktober 1792. Die Teilung sollte so geschehen, daß „die Perpetuität des Holzbestandes und der Nachwuchs ga- rantiert sei“. Man suchte dies dadurch zu erreichen, daß „der ganze Wald in ordentliche, die sämtlichen Privatteile durchschneidende Gehaue und Schläge eingeteilt und sohin derselbe ... . forstordnungsgemäß behandelt... und die Ersparung der vielen Wege gesorgt werde“. Auch auf die Erhaltung des Bauholzes sollte Bedacht genommen werden, damit die Gemeinde Brücken- holz usw. habe. Dieser Verordnung folgten 1793, 1795 und 1796 noch andere, in denen die Förderung der Waldteilungen angelegenlichst empfohlen wird.) Gemäß der V. v. 3. Mai 1793 mußte vor der Teilung erst die Grundherrschaft ver- nommen werden. Nach der V. v. 19. Oktober 1795 sollte zur Befriedigung der „gemeinen Bedürfnisse“ ein unverletzbarer „Reservschlag“ vorbe- halten bleiben. Derselbe war entweder vor der Verteilung besonders auszu- ı) Danckelmann 29 ff. — °) Mayr 1797, V, 172. ®) Mayr 1797, 261, 269, 321, 330, 332, 827, 862. VI. Teilung der Gemeindewaldungen. 463 scheiden; oder es mußte die Vorschrift gemacht werden, daß sämtliche Teil- haber jederzeit gemeinsam oder die einzelnen gegen Ersatz in natura oder in Geld zum gemeinen Bedürfnis beizutragen haben. Das Mindestmaß der ein- zelnen Teilflächen hatten die Forstbehörden nach Lage der Lokalverhältnisse festzusetzen. Nach der V. v. 3. Juli 1801 durften auch die Stadt- und Marktkammer- waldungen aufgeteilt werden, wenn eine Reserve für das Bauholz zurück- behalten wurde. Besondere Schwierigkeit bot die Festsetzung des jedem Gemeinde- mitgliede zukommenden Anteils. Die V. v. 1792 u. 1795 überlassen die Wahl des Verteilungsmaßstabes zunächst der gütlichen Vereinbarung der Gemeindemitglieder. Kommt eine solche nicht zustande, dann soll der Besitz- stand und die bisherige Nutzung eines jeden Gemeindemitgliedes zum Maß- stabe dienen. Herrscht auch hierüber keine Einigkeit, dann soll erhalten: der ganze, dreiviertel und halbe Hof je 3 Tagwerk, der Viertel- und Achtel- gütler 2, der Sechzehntler, Zweiunddreißigstler und Leerhäusler 1 Tagwerk. Die Anteile‘ richteten sich also nach der Größe des Gutes in Übereinstim- mung mit dem schon in der FO. v. 1568 u. 1616 festgelegten Grundsatz, daß jeder „nach Gelegenheit seines Gutes“ Anteil an der Holznutzung habe. Weil aber trotzdem sehr viele Streitigkeiten über diesen Modus entstanden waren, trat Hazzi schon damals für die Zuerkennung gleicher Teile an die Teil- haber ein. Die Teilwaldungen gingen in das freie Eigentum der Empfänger über und durften nicht dem Grundbarkeitsverbande einverleibt werden (V. v. 1792, 1795). Nach der V. v. 1792 durften sie auch verkauft werden, allerdings nur an Gemeindemitglieder. Weil aber dagegen der Landschaftsausschuß auf Be- treiben der Grundherren Beschwerde erhob — es wurde durch den Weg- kauf das Hoffußsteuersystem geschwächt — wurde 1795 und 1796 der Ver- kauf verboten. Die Teilung der Gemeindewaldungen stieß gleich von Anfang an auf lebhaften Widerspruch. Hazzi sagt, daß der Vollzug der V. v. 1792 u. 1793 „dadurch gelähmt wurde, weil alles sogleich wider die Abteilungen zu lärmen anfing“. Gleichsam entschuldigend wurde daher in der V. v. 1796 darauf hin- gewiesen, daß „den besorgten Winkelschlägen durch die beständige Forstauf- sicht und forstmäßige Anweisung, welcher sich die Teilhaber ohnehin zu unterwerfen haben, vorgebogen ist.“ Damit war aber tatsächlich nur wenig gewonnen, weil alle diese geteilten Waldflächen gerodet werden durften. Mit der Bildung der politischen Gemeindebezirke im Jahre 1803 wurde das Gemeindevermögen nach seinem Verwendungszweck klassifiziert und dessen Benutzung geordnet. Die Veräußerung und Teilung der Waläungen, die aller- dings schon zum größten Teile vollzogen war, ist damit zwar nicht aufge- hoben, wohl aber in vernünftigere Bahnen gelenkt worden. Der Eifer, die Gemeindewaldungen zu teilen, wurde dann eingedämmt durch die V. v. 12. Juli und 5. Sept. 1812. Darnach mußte die Forstbehörde erst ein technisches Gut- achten abgeben, ob die Teilung des Waldes überhaupt rätlich sei. Dieses mußte dem Generalkommissariate zur Herbeiführung der höchsten Entschei- dung, ob die Teilung zulässig sei, unterbreitet werden. Hazzi äußert sich über diese Maßregel sehr erbost: „Natürlich war da der nämliche Fall des Neins, wie wenn man den Jäger fragen wollte, ob ihm nicht die Wildnis lieber als kultiviertes Land ist.“ — Ähnliches wurde 1814 verfügt weger. der Verteilung der Gemeindeweiden; es mußten drei Sachverständige erst gehört werden, ob die alte Weide oder die Kultur derselben vorteilhafter sei. Gegen die Ver- 464 Gemeindewaldwirtschaft. teilung waren meistens die Großbegüterten, weil sie schon meistens zu viel Land hatten. In den Entwürfen zu einem Kulturgesetz von 1822 und 1827 und zu einem Forstpolizeigesetz von 1842 war die Verteilung nur zum Zwecke der Rodung vorgesehen, wenn für letztere zur Erweiterung der Gemeindeflur ein Bedürfnis vorlag. Einer amtlichen Bekanntmachung im Reg.-Blatt von 1804 (S. 169) zufolge wurden in den 4 Jahren von 1799—1803 397 Gemeindewaldungen und 524 Gemeindeweiden geteilt, zusammen also 921 Gemeindegründe mit 111566 Tag- werk und „in blühende Fluren umgewandelt“. Die Verteilung war eingeleitet in weiteren 561 Fällen auf 224675 Tagwerken; in Zukunft „stehen zur Kultur“ offen noch 1607 Gemeindegründe mit 141342 Tagwerken. — 379 Güter „wur- den teils der unverhältnismäßigen Größe wegen, teils zum Vorteil sonst zu- grunde gegangener Familien zertrüämmert“. Die Bekanntmachung setzt hinzu: „Welche unzuberechnende Vorteile verschaffen nicht diese Unternehmungen dem Lande und der Menschheit, wenn nun schon in vier Jahren aus öden, nach Lust mißhandelten Waldungen und unübersehbaren Morästen 336241 Tagwerk in blühende Fluren umgewandelt sind, der wilde Hirtenstand bald ganz aus dem Lande verbannt ist...“ (Die Teilungen sind im gleichen Jahrgange gemeindeweise nachgewiesen.) Weitere statistische Zahlen sind in der folgenden Zeit nicht mehr ver- öffentlicht worden. Hazzi behauptet im Jahre 1805, daß fast alle Gemeinde- waldungen abgeteilt und in Privatwaldungen verwandelt worden seien. Aber auch in der folgenden Zeit und namentlich im Jahre 1848 kamen noch Tei- lungen vor.!) Infolgedessen sind zurzeit in den altbayerischen Gebieten nur sehr wenig Gemeindewaldungen vorhanden. Die Zerstückelung ging so weit, daß heute noch die Privatwaldparzellen in vielen Gegenden bei einer Länge von 300 m eine Breite von nur 8m aufweisen, oft vom Gipfel des Berges bis in das Tal herabreichend. In der Kammer der Abgeordneten äußerte sich 1851 der Ministerialkommissär Waldmann über die früheren Waldteilungen: „Unter den Teilhabern sind Zerwürfnisse entstanden, weil jeder sein Teil nicht auf felsigem Boden, sondern in guten Holzbeständen, jeder schlag- bares, sogleich zu benützendes und niemand junges Holz bei seinem Teil haben wollte. Es mußten deshalb so viel Abteilungen gemacht werden, als Verschiedenheit des Bodens und der Holzbestände vorhanden war, so daß aus einer Teilung, die in 20 hätte geschehen können, oft 50—60 Teilchen gemacht wurden.“ Bemerkenswert ist, daß in dem Entwurf von 1842 zu einem Forstpolizei- gesetz schon von &iner „Vereinbarung der sich begrenzenden Teilhaber“ (Ge- nossenschaft) die Rede ist.?) In Sachsen wurden die Anfteilungen von Gemeindewaldungen erst in- folge der Ablösungsgesetze vom 7. März 1832 durchgeführt und zwar oft auch in Streifen von unter 10 m Breite. In Baden wurden vor 1831 im Kinzigtale Waldaufteilungen in lange und schmale Riemen an Berghängen vorgenommen.?) Auch in der Schweiz fanden um die Wende des 18. Jahrhunderts nicht unbedeutende Aufteilungen von Gemeinde- und Genossenschaftswäldern statt, so namentlich in den Kantonen Zürich, Bern, Glarus und Luzern (hier erst !) Forstliche Mitteilungen 1869, 15. H., 118. ®2) Vgl. Verh. d. K. d. R. 1342/43, 1. BB., 40. ’), Vogelmann, Die Forstpolizeigesetzgebung S. 54. VI. Teilung der Gemeindewaldungen. 465 1837 verboten). Im ganzen Kanton Bern waren bis 1867 bereits 95 °/, sämt- licher Rechtsamewälder (Realgemeinden, Genossenschaften) in Privateigentum übergegangen.!) 2. Geltende Gesetzgebung. Die Teilung von Gemeindewaldungen ist in allen deutschen Staaten entweder direkt verboten oder nur unter bestimmten Vor- aussetzungen erlaubt. Dieser einzig richtige Standpunkt ist eine Errungenschaft der modernen Gemeindegesetzgebung und die Folge der Bildung der politischen Ortsgemeinde. Indem dieselbe als organische öffentlichrechtliche Gemeinschaft für die Deckung ihrer Be- dürfnisse selbst aufzukommen hat, wurde ihr auch die Verpflich- tung auferlegt, die Substanz ihres Stammvermögens ungeschmälert zu erhalten. Dabei macht es in der Regel keinen Unterschied, ob der Gemeindewald den Charakter eines Kämmereivermögens oder eines Allmendgutes hat. Preußen. Das ALR. von 1794 verfügte schon allgemein, daß die von mehreren Dorfeinwohnern oder benachbarten Gutsbesitzern auf irgend eine Art gemeinschaftlich ausgeübte Benutzung der Grundstücke soviel als möglich aufgehoben werden soll (I, 17, $ 311), gleichviel ob das Eigentum der ganzen Gemeine oder einzelnen Teilnehmern zusteht ($ 312). Nachdem das Edikt vom 9. Oktober 1807 die Gutsuntertänigkeit beseitigt und die volle Freiheit in bezug auf die Erwerbung der Grundstücke und deren Teilbarkeit hergestellt hatte, wurde durch das Landeskulturedikt von 1811 auch die Parzellierung und Rodung der Gemeindewal- dungen ohne Einschränkung erlaubt. Die Gemeinheitsteilungsord- nung von 1821 bezog sich, was die reale Teilung anlangt, nur auf die „gemeinschaftlichen Waldungen“ d. h. auf Genossenforste von der Qualität der Realgemeinden usw. und schränkte deren Teilbarkeit ein. Die Teilung der eigentlichen Gemeindewaldungen wurde in den meisten Gebieten durch die auf das Landeskultur- edikt von 1811 folgende Gemeindegesetzgebung verhindert. Außer- dem wurde aber durch die Deklaration vom 26. Juli 1847 der vielfach mißbräuchlichen Auslegung der GTO. von 1821 ein Ende gemacht, indem bestimmt wurde, daß sowohl das Kämmereiver- mögen als das Bürgervermögen durch eine Gemeinheitsteilung nie- mals in Privatvermögen der Gemeindemitglieder verwandelt werden kann. Diese Bestimmung gilt nun in allen Teilen der Monarchie.”) Rheinprovinz ausschließlich der landrechtlichen Kreise Rees, Duis- burg, Essen, Mülheim a. d. R. und Ruhrort und für Neuvorpommern und Rügen GTO. v. 19. Mai 1851 $3; Schleswig-Holstein G. betr. Ablösung t) von Miaskowski, Die schweizerische Allmend, 1879, 27 ff. 2) Schön, Das Recht der Kommunalverbände in Preußen 1897, 214, 216. Endres, Forstpolitik. 30 466 - Gemeindewaldwirtschaft. der Servituten, Teilung der Gemeinheiten usw. v. 17. Aug. 1876 und Land- gem.-O. $68; Hannover GTO. für Lüneburg v. 25. Juni 1802 8 26, für Ka- lenberg, Göttingen usw. v. 30. April 1824, für Bremen und Verden v. 26. Juli 1825, für Osnabrück v. 26. Juni 1822; Kurhessen V. v. 13. Mai 1867 85; Nassau GTO. für den Reg.-Bez. Wiesbaden v. 5. April 1869 $ 3, auch Ge- meinde-G. $ 43. Bayern. In ganz Bayern einschl. Pfalz können Gemeinde- waldungen nur behufs der nach den Forstgesetzen zulässigen Rodung und nur dann verteilt werden, wenn sie zur Waldkultur nicht ge- eignet sind, oder wenn der örtliche Überfluß an Waldbeständen und der Mangel an Weide-, Acker- oder Wiesgründen eine Teilung im wirtschaftlichen Interesse nötig macht. Der aus dem Abtrieb des Holzes erzielte Erlös muß in die Kasse der betreffenden Ge- meinde oder Ortschaft fließen, auch dann, wenn die Nutzungsbe- rechtigten die Nutzungen bisher auf Grund besonderen Herkommens (Gabholz z. B.) beanspruchen konnten. Daß dieser Erlös zum Stamm- vermögen geschlagen und rentierlich gemacht werde, ist nicht verlangt. Es können damit auch außerordentliche Bedürfnisse (Wegbauten, Schulhausbauten) bestritten werden. (Gemeindeord- nung für das rechtsrheinische Bayern Art. 29, Pfalz Art. 22; gleich- lautend.) Die Teilung ist also lediglich auf den Zweck der forstgesetzlich zulässigen Rodung beschränkt. In der Pfalz kann die Rodung eines Gemeindewaldes nur mit Genehmigung der kgl. Regierung geschehen. Flächen, die Wald bleiben sollen, sind unteilbar. Die Frage, ob ein Gemeindegrund zur Waldkultur ge- eignet ist, untersteht in letzter Instanz der Entscheidung des Verwaltungs- gerichtshofes. Die Frage dagegen, ob der örtliche Überfluß an Waldbeständen und der Mangel an Kulturgelände die Teilung nötig macht, ist Ermessens- sache der Kuratelbehörden (auch in der Pfalz). Die Teilung einer im Miteigentum mehrerer Gemeinden oder Ortsgemeinden stehenden Waldung zwischen diesen Gemeinden ist privatrechtlicher Natur und fällt nicht unter die angeführten Artikel der Ge- meindeordnung. Im rechtsrheinischen Bayern ist aber nach Art. 20 des Forstgesetzes die Zustimmung der Forstpolizeibehörde erforderlich (Kahr I, 276). In der Pfalz hat die Teilung nach Maßgabe der Zahl der Feuer- herde ohne Rücksicht auf die Größe der Gemeindebänne zu erfolgen. Das gleiche gilt auch hinsichtlich der Verteilung des Ertrages solcher Miteigen- tumswaldungen (Wand 73£.). Abgesehen von diesen besonderen Bestimmungen der Gemeinde- ordnung über die Waldteilung gelten auch noch die allgemeinen Vorschriften über die Verteilung der zum Grundstock vermögen gehörigen Gemeindegründe überhaupt. Danach ist, damit die Ge- meindekasse in ihren bisherigen Einkünften nicht geschmälert wird, auf die Teilstüicke ein im 25fachen Betrage ablösbarer Grundzins zum Besten der Gemeindekasse zu legen, dessen Höhe dem bis- herigen Ertrage der betreffenden Grundstücke nicht unbedingt VI. Teilung der Gemeindewaldungen. 467 gleichzukommen braucht. Die Verteilung ist außerdem nur zu- lässig, wenn mindestens drei Vierteille der Gemeindebürger zu- stimmen, und wenn die Zustimmenden zusammen mehr als die Hälfte der Grundsteuern entrichten, womit alle Gemeindebürger, Heimatberechtigte und die übrigen Gemeindenutzungsberechtigten in der Gemeinde angelegt sind. Bei jeder Gemeindegrundteilung ist ferner ein besonderer Anteil für den Volksschulfonds der be- treffenden Gemeinde auszuscheiden. (Gemeindeordnung für das rechtsrheinische Bayern Art. 27, Pfalz Art. 20.) Alle Teilnahmsberechtigten haben gleichen Anspruch, wenn nicht besondere Rechtstitel eine Ausnahme begründen (Art. 32, Pfalz Art. 25). Die Teilnehmer erwerben das Eigentum an ihren Anteilen.') Sachsen. Nach dem Gesetz über Ablösung von Servituten und Gemeinheitsteilungen vom 17. März 1832 ist die Teilung von Kom- munalwaldungen und Holzungen nur dann als nützlich anzunehmen, wenn entweder die einzelnen Teile zu forstmäßiger Benutzung ge- eignet bleiben oder der Boden vorteilhaft als Feld oder Wiese be- nutzt werden kann. Württemberg. Zur Verteilung von unbeweglichem Vermögen unter die Gemeindeangehörigen ist die Genehmigung des Ober- amtes notwendig (G. vom 21. Mai 1891 Art. 15). Eine Verteilung der für die Ablösung eines nutzbaren Rechts der Gemeinde zu- fallenden Grundstücke (Abfindungswaldungen) darf nicht stattfinden. (G. vom 16. Juni 1891, Art. 32.) Baden. Eine Verteilung von Gemeindewaldungen darf nicht stattfinden, auch dann nicht, wenn den Bürgern ein gemeinderecht- licher Gabholzanspruch daran zusteht (Gemeindeordnung 1831 $ 113). Schon nach dem Konstitutions-Edikt von 1807 war die Teilung und Veräußerung von Gemeindeliegenschaften von Staatsgeneh- migung abhängig gemacht worden. Frankreich. Die G. vom 14. August 1792 und 10. Juni 1793 nahmen die Gemeindewaldungen von der Teilung unter die Gemeindemitglieder, welche für alle übrigen Gemeindegründe an- geordnet war, besonders aus. Nur kleine, einer regelmäßigen Wirt- schaft nicht fühige Waldungen durften geteilt werden. Das Forst- gesetz von 1827 hielt an diesem Prinzip fest und erklärte die Teilung von Gemeindewaldungen jeder Größe unter den Gemeinde- mitgliedern für unstatthaft (Art. 92). Gehören jedoch Waldungen zwei oder mehreren Gemeinden gemeinsam, so kann jede die Teilung verlangen. Dieselbe erfolgt %) Kahr I, 273 #., 254. — Wand 217, 212 #f. 30* 468 - Gemeindewaldwirtschaft. nach der Zahl der Feuerstellen, d. h. der ansässigen Familien- häupter, wie es schon in den Staatsratsgutachten von 1807 und 1808 ausgesprochen war. Diese Verteilung gemeinschaftlicher Ge- meindewaldungen war schon im G. von 1793 vorgesehen. Österreich. Nach dem Forstgesetz ($ 21) dürfen Gemeinde- wälder „in der Regel“ nicht verteilt werden. Sollte in besonderen Fällen deren Aufteilung dringendes Bedürfnis sein oder Vorteile darbieten, die mit der allgemeinen Vorsorge für die Walderhaltung nicht im Widerspruche stehen, so kann in jedem Falle die Be- willigung hierzu durch die Landesstelle erteilt werden. Schweiz. Nach dem Forstgesetz von 1902 dürfen öffentliche Waldungen zum Eigentum oder zur Nutznießung nur mit Kkanto- naler Bewilligung und zu öffentlicher Hand geteilt werden — Rekurs an den Bundesrat. Auch über die Teilung von Waldungen, die im gemeinschaftlichen Besitz von Gemeinden und Korporationen sind, entscheidet die Kantonsregierung. VII. Verkauf von Gemeindewaldungen. Preußen. Zur Veräußerung von Gemeindewaldungen bedarf es überall nicht nur der Zustimmung der Gemeindevertretung, sondern auch der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, deren Funk- tionen für die Städte durch den Bezirksausschuß, für die Land- gemeinden durch den Kreisausschuß wahrgenommen werden. Diese Behörde hat zu prüfen, ob der Verkauf notwendig oder besonders nützlich ist. Die Erlöse sind im Interesse der Gemeinde als solcher finanziell nutzbringend zu verwenden.') Auch nach den Städte- und Landgemeindeordnungen für Westfalen und die Rheinprovinz von 1856 ist zur Veräußerung von Gemeindewal- dungen Regierungsgenehmigung erforderlich; das gleiche gilt für die unter der Städteordnung vom 24. Juni 1858 stehenden Städte in Hannover. Das nassauische Gemeindegesetz von 1854 bestimmt, daß der Erlös aus Waldausstockungen und außerordentlichen Holzfällungen, sofern er nicht zur Schuldentilgung erforderlich ist, dem Grundstockvermögen wieder zuge- führt, als Kapital angelegt oder zu neuen Erwerbungen benutzt werden soll. Bayern. Nach Art. 159 der rechtsrheinischen Gemeindeordnung ist die Gemeinde bei freiwilliger Veräußerung von Realitäten (= Lie- genschaften) und (dinglichen) Rechten, welche zum Gemeinde- und Stiftungsvermögen gehören, an die vorherige Genehmigung der Ver- waltungsbehörde gebunden, wenn deren Wert 1 Schön a.a. 0. 214 ft. in VII. Verkauf von Gemeindewaldungen. 469 a) in Gemeinden mit weniger als 2500 Seelen 500 fl. = 857,14 M. b): 5 Re von 2500 bis 5000 „ 1000 „= 171420 „ Di & ».2000:.5.20000 .',„. 8000... 8571,48}, 0)... N „ 20000 „50000 „ 10000 „ = 17142,86 „ e) „ größeren Gemeinden 20000 „ = 34285,71 „ übersteigt, oder wenn bereits in einem und demselben Rechnungs- jahre so viele Veräußerungen stattgefunden haben, daß die vor- stehenden Maximalbeträge durch die neue Veräußerung überschritten würden. Nach Art. 26 der Gemeindeordnung sind aber die Ge- meinden verbunden, veräußerte Bestandteile des rentierenden Ver- mögens durch Erwerbung anderer rentierender Objekte sofort oder mindestens allmählich nach vorher festgestelltem Plane zu ersetzen. Dieselben Bestimmungen gelten nach der Pfälzer Gemeinde- ordnung (Art. 91, 19) nur mit der Einschränkung, daß die Werts- grenze von 5000 fl. für alle Gemeinden mit einer Seelenzahl von über 5000 gilt. Von jeder Veräußerung gemeindlicher Waldungen, auch wenn solche nach Art. 159 (Pfalz 91) der aufsichtlichen Genehmigung nicht bedarf, ist nach einer Minist.-Entschließung vom 2. August 1871 dem einschlägigen kgl. Forst- amte Kenntnis zu geben. Sachsen. Für alle Verminderungen des Stammvermögens ist die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich. Bloße Ver- änderungen des Stammvermögens sind gestattet, jedoch bedarf die Veräußerung von Gemeindegrundstücken in Landgemeinden der Genehmigung der Amtshauptmannschaft, die im Falle eines Be- denkens den Bezirksausschuß zu hören hat.) Württemberg. Zur Veräußerung von unbeweglichem Ver- mögen oder Rechten der Gemeinden und Amtskörperschaften ist die Genehmigung der Kreisregierung notwendig, wenn der Wert des Veräußerten folgende Summen übersteigt: In Gemeinden 1. Klasse (Städte mit über 5000 Einwohnern) a) mit über 10000 Einwohnern 10000 M. (Stuttgart 30000 M.); b) mit über 5000 bis 10000 Einwohnern 5000 M. 2. Klasse (Gemeinden mit über 1000 Einwohnern) 2000 M. 3. Klasse (alle übrigen Gemeinden) 1000 M. (G. v. 21. Mai 1891, Art. 15, 25.) Für Stiftungsvermögen sind die Summen 2000, 1000 und 500 M., für Amtskörperschaften (d.s. sämtliche zu einem Oberamt gehörigen Gemeinden) 10000 M. (Art. 40). Der Erlös muß in allen Fällen zum Grundstocksvermögen ge- ) von der Mosel, Handwörterbuch des sächsischen Verwaltungs- rechtes, 1901. 470 ° Gemeindewaldwirtschaft. schlagen und daher entweder verzinslich angelegt oder zur Wieder- erwerbung von rentierendem Grundeigentum verwendet werden.') Baden. Nach $ 172 der Gemeinde- und Städteordnung be- dürfen alle Veräußerungen von unbeweglichem Gemeindevermögen im Anschlage von über 2000 M. der Staatsgenehmigung. Nach der V. vom 15. März 1836 hat das Bezirksamt die Genehmigung zu verweigern, wenn der Ertrag des noch übrig bleibenden Waldes der Gemeinde nach Abzug des eigenen Holzbedürfnisses derselben nicht noch zur Verabfolgung von zwei Klaftern Gabholzes an jeden Bürger ausreicht. Es kann auch die Bedingung gestellt werden, daß wenigstens 90°/, des forstamtlichen Wertanschlages erlöst werden. Ausnahmefälle können berücksichtigt werden. Frankreich. Gemeindewaldungen können nur verkauft werden, wenn dringende Not vorliegt oder augenscheinliche Vorteile mit dem Verkauf verbunden sind. Die Entscheidung über die Zu- lässigkeit steht für Waldungen, die nicht unter Beförsterung stehen, dem Präfekten, außerdem dem Staatsoberhaupt zu.?) Schweiz. Die Veräußerung von Gemeinde- und Korporations- waldungen ist nur mit Bewilligung der Kantonsregierung zulässig (Forstgesetz 1902). 1) Fleischhauer 84, 88, 97, 130, 172. ?) Dalloz et Verge& 285. Zehntes Kapitel. Staatswaldwirtschaft. I. Entstehung des Staatwaldeigentums. Die Staatswaldungen sind hervorgegangen aus dem Kammer- gut der Landesherren, aus der Säkularisation des kirchlichen und klösterlichen Waldbesitzes, ferner aus Kauf- und Tauschverträgen. Die deutschen Landesherren hatten schon bei der Übernahme der Territorialgewalt einen ansehnlichen allodialen Waldbesitz. Derselbe war durch Verleihung, Schenkung und Verpfändung von königlichen Forsten auf sie übergegangen. Auch durch Rodung und Kolonisation von Urwäldern gewannen sie Land mit den das- selbe umgebenden Wäldern. Ferner hatten die Landesherren in ihrer Eigenschaft als Grundherren manchen Markwald an sich zu reißen verstanden. Zu diesem allodialen Besitz kamen dann noch die Reichsgüter, die den Landesherren als früheren Herzögen und ‘Grafen zur Amtsbesoldung überwiesen worden waren und nun in ihrem Besitze blieben. Dieser Grund- und Waldbesitz wurde wei- ter durch Kauf und Erbschaft, durch Säkularisationen während der Reformation und durch Einziehung der infolge des 30jährigen Krieges herrenlos gewordenen Waldungen und wieder zu Wald ge- wordenen Äcker und Wiesen vergrößert. Der ganze Komplex des landesherrlichen Grundbesitzes bildete das Kammergut, aus dessen Einkünften der Landesherr sowohl die Kosten seiner Hofhaltung als die der Landesverwaltung bestritt. Zum Kammergut zählten außerdem noch die Erträgnisse der nutz- baren Regalien oder Monopole (Bergwerke, Salinen, Münze usw.). Die rechtliche Natur des Kammergutes ist bestritten.') Trotz seiner privatrechtlichen Seite galt es als ein Zubehör der Landesherrlich- keit und ging auch regelmäßig auf den neuen Landesherrn mit über, selbst wenn derselbe einer anderen Dynastie angehörte. Tat- ı) Vgl. J. J. Moser, Von der teutschen Reichsstände Landen, 1769, 208. 473 . Staatswaldwirtschaft. sächlich waren eben manche Bestandteile des Kammergutes auf Grund von öffentrechtlichen Titeln erworben (Amtsgüter, Regalien, säkularisierte Güter. Vom 17. Jahrhundert ab wurde dasselbe unter dem Einflusse des französischen Rechts für unveräußerlich erklärt und zum Fideikommiß der regierenden Familie gestempelt. Wenn der Ertrag der Kammergüter für die Bestreitung der Landes- bedürfnisse nicht ausreichte, dann wurden von den Untertanen auf Grund besonderer Bewilligung durch die Landstände Steuern er- hoben. Da die Landstände diese selbst verwalteten (s. S. 204) und zugleich auch auf die Verwaltung des Kammergutes Einfluß zu gewinnen suchten, schieden die Landesherren oft einen besonderen Teil des Kammergutes unter der Bezeichnung Schatullgut für ihren persönlichen Gebrauch aus, um sich der landständischen Kontrolle hinsichtlich dieses Teiles zu entziehen.) In dem Bestreben, sich eine von den Landständen möglichst unabhängige, wirtschaftliche Stellung zu verschaffen, waren die meisten Landesherren auch immer auf die Vergrößerung ihres Domanialbesitzes bedacht. Der hallische Jurist Gundling sagte: „Ein großer Herr, welcher keine Domänen hat, ist ein Sklave seines Volkes.“ Auf die Einnahmen aus den landesherrlichen Forsten, die einen wesentlichen Bestandteil des Kammergutes ausmachten, wurde schon im 16. Jahrhundert ein großes Gewicht gelegt. Die Bedeu- tung dieser Einkünfte stieg dann in den folgenden Jahrhunderten in demselben Verhältnis als der Geldbedarf der Landesherren ein immer größerer wurde.”) Nur in Bayern wurde der Wald erst vom Ende des 18. Jahrhunderts ab als Finanzobjekt betrachtet. Die infolge der Säkularisation der Klöster und Stifte nach dem Reichsdeputationshauptschluß v. 1803 frei gewordenen Waldun- gen wurden sofort als Staatseigentum betrachtet. In Bayern wurde schon im Jahre 1802 auf Grund der Bestimmungen des Lüneviller Friedensvertrages mit der Aufhebung der Klöster be- gonnen. Nach den Angaben Hazzis betrug im Jahre 1804 die Fläche der älteren Staatswaldungen 596363 Tagw. (203360 ha), die Fläche der durch die Säkularisation erworbenen 474139 Tagw. (161681 ha). Hierzu kam noch das Forstschulrevier Weihenstephan mit 7517 Tagw. (2563 ha). Somit entfielen von der Gesamtstaats- waldfläche des damaligen Bayerns zu 1078019 Tagw. (367604 ha) rund 44°/, auf die säkularisierten Forste.?) 1) Vgl. G. Meyer, Lehrbuch des deutschen Staatsrechtes, 5. Aufl., 256 ff. — Rintelen im Handw. d. Staatsw., 2. Aufl., III, 187. ?2) Ausführliches hierüber in meiner „Waldbenutzung usw.“ 68 ff., 104 ff., 129 ff., 136 ff., 160 ff. °) Hazzi, Echte Ansichten 757; auf S. 701 ff. Detailnachweisungen. II. Rechtliche Natur der Staats- und Domänenwaldungen. 473 In Württemberg und Baden-Durlach wurde die Säkulari- sation im Jahre 1806 durchgeführt, in Preußen infolge des Ediktes v. 30. Okt. 1810 für sämtliche geistliche (katholische und protestan- tische) Güter der Monarchie, weil „die pünktliche Abzahlung an Frankreich nur dadurch möglich wird“. Wieviele Waldungen da- durch in den genannten Staaten in das Eigentum des Staates über- gegangen sind, ist nicht bekannt. Eine Verminderung der Staatswaldfläche wurde im Verlaufe des 19. Jahrhunderts hauptsächlich durch die Ablösung von Forst- rechten mit Waldabfindung und durch Verkäufe von Staatswaldun- gen herbeigeführt. I. Rechtliche Natur der Staats- und Domänen- waldungen. Im 18. Jahrhundert wurde für die Kammergüter die Bezeich- nung Domänen (domanium) gebräuchlich. Im weitesten Sinne versteht man darunter auch heute noch das gesamte unbewegliche werbende Staatsvermögen, im engeren und gewöhnlichen Sinne jedoch nur den staatlichen Besitz an landwirtschaftlichen Gütern. Der heutige Umfang dieser Felddomänen ist in den einzelnen Bun- desstaaten relativ sehr verschieden und tritt gegen den Waldbesitz bedeutend zurück. Ihr finanzieller Ertrag ist aber, auf das Hektar berechnet, größer als der des forstlichen Grundbesitzes.') Im Jahre 1903 betrug der Felddomänenbesitz?) in allen Bundesstaaten des Deutschen Reichs 662211 ha und zwar in: Preußen 335518, Bayern (ein- schließlich Seen) 42567, Sachsen 3849, Württemberg 9800, Baden 18056, Hessen 16541, Mecklenburg-Schwerin 56001, S.-Weimar 9424, Mecklenburg-Strelitz 58700, Oldenburg 37967, Braunschweig 28185, S.-Meiningen 5408, S.-Koburg- Gotha 4276, Anhalt 13701, Schwarzburg-Rudolstadt 7105, Waldeck 63, Lippe 256, Lübeck 4384, Hamburg 5405 ha. In Bayern ist der Felddomänenbesitz ohne jede Bedeutung; er besteht nur aus dem mit landwirtschaftlichen Schulen und Gestütsverwaltungen ver- bundenen Besitz mit ca. 1200 ha. In der Reichsstatistik ist auch die Fläche der Seen enthalten. Bezüglich des Domänenbesitzes in den beiden Mecklen- burg ist auf das Folgende zu verweisen. Mit der Ausbildung des modernen Staatsbegriffes und der da- mit verbundenen schärferen Scheidung des öffentlichen und des Privatrechtes sowie durch die Einführung der Staatsverfassungs- gesetze mußte auch die Frage entschieden werden, ob die Domänen als Staatseigentum zu betrachten sind oder im Besitze und Genusse 1) Vgl. Conrad im Handw. d. Staatsw. III, 223 ff. — ?) Vierteljahrshefte zur Statistik d. Deutschen Reichs, 1903, II, 252. 474 . Staatswaldwirtschaft. der regierenden Familien bleiben. In den größeren Staaten, deren Existenz politisch als gesichert betrachtet werden durfte, und namentlich in Preußen, welches sich schon vor der Auflösung des Reichs zu einer wesentlichen selbständigen staatlichen Stellung emporgearbeitet hatte, vollzog sich die Einverleibung des Domanial- besitzes in das Staatsgut ohne Kampf zwischen Fürst und Volk, jedoch mit dem Vorbehalte einer besonderen Zivillistee In den mittleren und kleinen Staaten dagegen, die für ihren Bestand schon in Erinnerung an die napoleonische Willkürherrschaft und die ter- ritorialen Umwälzungen zu Anfang des 19. Jahrhunderts besorgt waren, mußte der Staatsgedanke vor dem Interesse an der finan- ziellen Sicherstellung der Landesherren und ihrer Familie auch nach dem etwaigen Verlust der Souveränität zurücktreten. Nach heißen Kämpfen zwischen Landesherren und Volksvertretung, die zum Teil bis in die allerneueste Zeit hereinreichen (Gotha), be- haupteten hier entweder die ersteren den Domänenbesitz in der rechtlichen Form des alten Kammergutes oder es kamen Kom- promißverträge zustande.) Das volle fürstliche Privateigentum an den Domänen wurde gegenüber den im Jahre 1806 mediatisierten Fürsten, Grafen und Herren aner- kannt. Nach Art. 27 der Rheinbundakte vom 12./17. Juli 1806 wurden den- selben alle Domänen ohne Ausnahme comme propriete patrimoniale et privee zugesprochen. Damit wurden die Mediatisierten für den Verlust ihrer Sou- veränität finanziell reichlich entschädigt, andererseits aber entging den die mediatisierten Gebiete aufnehmenden Staaten die Nutzung von Domänen, die vordem auch zur Bestreitung von staatlichen Ausgaben mit aufkommen mußten.!) Die Rechtsverhältnisse sind gegenwärtig folgende: ?) I. Die Domänen sind für Staatseigentum erklärt wor- den. Der Landesherr bezieht eine Zivilliste aus der Staatskasse, welche auf die Erträge der Domänen radiziert ist. Die vorhandenen landesherrlichen Familien- und Hausfideikommisse haben den Cha- rakter von reinem Privatvermögen. Dieser Rechtszustand hat sich in den vier Königreichen herausgebildet. a) Preußen.?) Schon der Große Kurfürst führte 1673 eine Tren- 1) Vgl. Rintelen a. a. O. 188. ?) In teilweiser Anlehnung an die Gruppierung bei G. Meyer, Lehrb. d. deutschen Staatsrechts, 5. Aufl. 1899, 258 ff. — Die für die einzelnen Staaten benützte Literatur ist besonders angegeben. ?) Schwarz u. Strutz, Der Staatshaushalt u. die Finanzen Preußens. Bd. I. Die Überschußverwaltungen (von Strutz), Berlin 1900. — von Rönne, Das Domänen-, Forst- und Jagdwesen des preußischen Staates, Berlin 1854, — Derselbe, Das Staatsrecht der preußischen Monarchie, 3. u. 4. Aufl. 1869 bis 1872 u. 1884. — Schulze, Das preußische Staatsrecht auf Grundlage des deutschen Staatsrechtes. 2 Bde. 2. Aufl., Leipzig 1888— 9%. I. Rechtliche Natur der Staats- und Domänenwaldungen, 475 nung des Staats- und Hofhaushaltes herbei, indem der für letzteren errichteten Hofstaatsrentei neben anderen Einnahmen auch diejeni- gen aus bestimmten Domänenämtern überwiesen wurden. Vom Jahre 1681 ab wurden die für den Hofhaushalt bestimmten Bei- träge den Domäneneinkünften überhaupt entnommen, ohne daß hierfür einzelne Domänen besonders bestimmt wurden. Friedrich Wilhelm I. erklärte durch das Ediktv. 13. Aug. 1713 den „hier- bevor gemachten Unterschied von Schatoul- und ordinären Cam- mergütern in totum für aufgehoben“ und legte denselben „die Natur und Eigenschaft rechter Domanial-, Cammer- und Tafelgüter samt der denselben in den Rechten anklebenden Inalienabilität“ bei. Zugleich wurde ein jährlicher Beitrag der Domänen für die königliche Schatulle (270 000 Taler) und für den Hofstaat (230 000 T.) festgesetzt. Die Domäneneinkünfte machten ungefähr die Hälfte des Staatseinkommens aus. Wenn auch durch dieses Edikt die Erträge der Domänen bis auf die dem König vorbehaltene Summe dem Staatshaushalt zugewiesen wurden, so war doch eine Anerken- nung der Domänen als Staatsgut ebensowenig wie früher aus- gesprochen.!) Dies geschah in gesetzlicher Form erst durch das Allgemeine Landrecht v. 1794, nach welchem „einzelne Grund- stücke, Gefälle und Rechte, deren besonderes Eigentum dem Staat und die ausschließende Benutzung dem Öberhaupte desselben zu- kommt, Domänen- oder Kammergüter genannt“ werden (II, 14, $ 11). „Auch diejenigen Güter, deren Einkünfte zum Unterhalte der Familie des Landesherrn gewidmet worden, sind als Domänen- güter anzusehen“ ($ 12). Zu dem besonderen Eigentum zählen außer den Domänen und Forsten auch die Hütten-, Hammer-, Gruben- und Salzwerke, sowie sonstige gewerb- liche Anlagen, bewegliche Sachen, Rechte auf Gefälle verschiedener Art und die Aktivkapitalien des Staates, auch die Staatseisenbahnen. Im Gegensatze dazu steht das gemeine Staatseigentum, welches die niederen Regalien, nämlich die Land- und Heerstraßen, die Ströme, Meeresufer, Häfen, das Recht auf gewisse herrenlose Sachen umfaßt.?) Diese Bestimmungen des ALR. bilden, nachdem sie durch die V. v. 9. März 1819 und 5. Juli 1867 auch auf diejenigen Landesteile, in denen das ALR. nicht gilt, ausgedehnt worden sind, das noch heute geltende Recht. Die von dem ALR. dem Landesherrn vorbehaltene „ausschließ- liche Benutzung“ der Domänen, die ihn in den Stand setzte, seine und seines Hauses Bedürfnisse ohne Beschränkung auf bestimmte Beträge aus den Domäneneinkünften zu bestreiten, ist durch die V. über das Staatsschuldenwesen v. 17. Januar 1820 in Wegfall ge- 1) Strutz 3l1f. — ?) Schlieckmann 369. 476 . Staatswaldwirtschaft. kommen. Durch dieselbe wurde die Verwaltung den Staatsbehörden übertragen, dem Staatsoberhaupte die fixierte Summe von 2?/, Mill. Talern (7719296 M.) aus den jährlichen Erträgen als „Kron- fideikommißrente“ vorbehalten, im übrigen aber die Einnahme zur Bestreitung der allgemeinen Staatsbedürfnisse bestimmt. In der Verfassungsurkunde v. 31. Jan. 1850 ist die Radizierung der Kron- fideikommißrente auf die Domänen und Forste ausdrücklich auf- rechterhalten (Art. 59). Durch G. v. 30. April 1859 und v. 27. Jan. 1868 trat zu dieser Krondotation noch die Summe von 4500000 M. hinzu, welche indessen nicht auf den Einnahmen der Domänen und Forste ruht, sondern aus den Staatseinkünften bezahlt wird. Durch G. v. 20. Febr. 1889 erfolgte eine weitere Erhöhung der Krondota- tion um 3500000 M. aus der preußischen Staatskasse. Die Gesamt- summe beläuft sich somit auf 15,7 Mill. Mark.') Durch die V.v. 17. Jan. 1820 wurde das „gesamte Vermögen des Staats, insbesondere die sämtlichen Domänen, Forste und säku- larisierten Güter im ganzen Umfange der Monarchie* zur Verzinsung und Tilgung der Staatschuld von 180 Mill. Talern mit Ausschluß der Kronfideikommißrente den Staatsgläubigern verpfändet. In- folgedessen mußte der Erlös für jede Substanzveräußerung von Domäneneigentum an die Hauptverwaltung der Staatsschulden ab- geführt werden und zwar bis zum 1. Jan. 1900, von welchem Tage ab mit der Tilgung der 1820 fixierten Staatsschulden die Garantie der Domänen und Forste für dieselben erloschen ist. Der Erlös aus den Domänenveräußerungen wird nunmehr an die General- staatskasse abgeliefert. Für die Domänen in den 1866 mit der Monarchie vereinigten Landesteilen gelten nach der V. v. 5. Juli 1867 in betreff der recht- lichen Natur, Veräußerung und Verwaltung im allgemeinen die nämlichen Grundsätze, wie bezüglich der altländischen Domänen, d. h. die Grundsätze des allgemeinen Landrechts und der V. vom 9. März 1819. Über den Erlös aus dem Verkaufe dieser neuen Domänen konnte aber stets frei verfügt werden.?) Die Verwaltung der Forsten wurde mit jener der Domänen 1808 dem Finanzministerium zugeteilt, 1835 dem Ministerium des kgl. Hauses, 1848 wieder dem Finanzministerium. Vom 1. April 1879 ab wurde die Verwaltung dem Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, welche Bezeichnung das frühere Ministerium der landwirtschaftlichen Angelegenheit von da ab führte, übertragen. Die Abteilung für Forsten bildet die dritte Abteilung dieses Ministeriums (Schlieckmann 14). Außer den Forsten hat der preußische Staat einen sehr großen land- wirtschaftlichen Domanialbesitz. Derselbe umfaßte 1899 336542 ha bei 1) Schlieckmann 370. 2) Strutz 22. — Donner 144. II. Rechtliche Natur der Staats- und Domänenwaldungen. 477 einem durchschnittlichen Pachtzins von 39,75 M. pro Hektar gegen 42,00 M. im Jahre 1887 (Strutz, Anlage 7a u. 15). Gesondert von den Staatsdomänen ist der dem Landes- herrn und seiner Familie eigentümlich gehörende Grund- besitz, der „als Privateigentum betrachtet“ wird (ALR.) und über den nach den kgl. Hausgesetzen und fideikommissarischen Bestim- mungen frei verfügt werden kann. Dazu zählen die unter der Verwaltung der „Hofkammer der königlichen Familiengüter“ stehen- den Kronfideikommiß- und Hausfideikommißforste (76362 ha), die Forste des kronprinzlichen Thronlehens Öls in Schlesien (5095 ha), der kgl. prinzlichen Familien-Fideikommißherrschaft Flatow und Krojanke (Reg.-Bez. Marienwerder, 13168 ha) und der kgl. prinz- lichen Herrschaft Opatow (Reg.-Bez. Posen, 1194 ha), endlich die Forste der kgl. prinzlichen Herrschaften Kamenz, Seitenberg und Schnallenstein (Reg.-Bez. Breslau) zur Nassau-Oranischen Familien- fideikommißstiftung gehörig (16248 ha). b) Bayern. Das Kammergut stand seit der Ausbildung der Landeshoheit im Eigentume der landesherrlichen Familie. Zu den Kameraleinkünften zählten die Erträgnisse der Kammergüter und Kammergefälle, dann der nutzbaren Regalien, wie des Weißbier- und Salzmonopols, des Lotto, der Bergregalien, der Regalien des Perlfangs und der Goldwäscherei, der Münze usw.!) Da schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Kammereinkünfte für den Landeshaushalt nicht mehr ausreichten, bewilligten die Stände von 1568 ab einen ständigen jährlichen Zuschuß, die sog. Kammer- gutsbesserung. Von dem Kammergute waren einige Güter und Gefälle aus- geschieden und unmittelbar der Verwaltung des kurfürstlichen Ka- binetts als sog. Kabinetts- und Schatullegüter unterstellt. Ihre Er- träge wurden zur persönlichen Verfügung und für die persönlichen Ausgaben des Landesherrn in dessen Schatulle abgeliefert.) Durch V. v.18. März 1799 wurde diese besondere Verwaltung aufgehoben und mit der Hofkammer vereinigt. Als solche Kabinettsgüter werden genannt die Grafschaft Haag, die Herrschaften Wald, Wer- tingen, Hohenreichen, Rechbergreichen, Illertissen, Sulzburg und Birnbaum.°) Von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ab wurde das Verhältnis des Landesherrn zum Kammergute mehr vom öffentlich- rechtlichen Gesichtspunkte aus aufgefaßt. Kreittmayr (Staats- recht $ 179) bezeichnete die Kammergüter als solche, „welche der Landesherr nicht titulo vel iure mere privato, sondern publico und als Landesherr zu seinem und seines Hofes Unterhalt genießt“. 1) Seydel I, 44. — °) Seydel I, 44. — °) Mayr, Sammlung 1800, 35. 275. Staatswaldwirtschaft. Diese Lehre fand in dem Umstande Unterstützung, daß einige Bestandteile des Kammergutes aus Landesmitteln erworben, andere, welche verpfändet gewesen, aus gleichen Mitteln eingelöst wurden.') Im Ansbacher Hausvertrag v. 1796 werden die „Domänen“ ein wichtiger Teil „der Staatseinkünfte und des Hausfideikommisses“ genannt. In der Verordnung vom 12. Juli 1799 wird verfügt, daß die anzu- stellenden Forstmeister von der Pike auf zu dienen haben, „in Erwägung, daß Unsere weitschichtigen Kammeralwaldungen in Unseren heroberen Erb- staaten einen beträchtlichen Teil des Staatsvermögens ausmachen und an ihrer Erhaltung und bestmöglichen Bewirtschaftung dem Staate äußerst ge- legen ist.“ Ferner wird in der V. v. 20. Dezbr. 1799 ausgesprochen, daß die „Kameralwaldungen“ einen beträchtlichen Teil des „Kameralgutes* ausmachen schon wegen des jährlichen Erträgnisses derselben. Die rechtsförmliche Regelung zwischen Haus- und Staatsver- mögen erfolgte durch die beiden V. v. 20. Okt. 1804, betreffend die Domanial-Fideikommißpragmatik und die Schuldenpragmatik des Kurhauses Pfalzbayern. Die Fideikommißpragmatik hält zwar „die Staats- und Kammergüter“ und die „Staats- und Kammer- gefälle* äußerlich noch auseinander, vereinigt aber zugleich „den ganzen gegenwärtigen Komplex sämtlicher Erbstaaten an Landen, Leuten, Herrschaften, Gütern, Regalien, Renten mit allem Zugehöre“ zu einer „einzigen unteilbaren, unveräußerlichen Fidekommißmasse“, einem „Haus- und Staatsfideikommiß“ im Gegensatze zu den Allo- dien. Man behielt also auch für das Staatsvermögen den privat- rechtlichen Ausdruck Fideikommiß bei.”) Die Verfassungsurkunde vom 26. Mai 1818 läßt den Unterschied zwischen Staats- und Kammergut und den Begriff des Haus- und Staatsfideikommisses vollständig fallen und stellt dem Staatsgut das Privatvermögen des Königs gegenüber.”) Die Verfassungsurkunde traf wegen des Unterhalts des Königs keine Vorsehung. Da das Kammergut dem Staatsgut einverleibt worden ist, bildete der Gesamtbedarf des königlichen Hauses und Hofes eine Staatslast und wurde in den drei ersten Finanzperioden jedesmal neu durch das Budget bestimmt.*) Erst durch das Ver- fassungsgesetz v. 1. Juli 1834 wurde eine „Zivilliste“ für den König festgestellt und in Art. 2 „ausdrücklich auf die gesamten Staatsdomänen radiziert“, zu denen auch die grundbaren Güter gehörten. Außer der Zivilliste wurde zur Ausstattung der Krone auch die Nutzung einer Anzahl von Grundstücken samt Gebäuden, Einrichtung und sonstigem Zubehör, sowie der Hausschatz be- ') Seydel I, 45. — ?°) Seydel I, 133. — °) Seydel I, 134. *) Seydel I, 177. II. Rechtliche Natur der Staats- und Domänenwaldungen. 479 stimmt.) Von diesem Staatsgute, welches dem König zur Nutzung überwiesen ist, ist sein Privatvermögen (Schatullegut) zu unter- scheiden. Darüber verfügt der König frei.”) Eine Verpfändung der Forste an die Gläubiger der öÖffent- lichen und landesherrlichen Schulden hat in Bayern niemals statt- gefunden. Abgesehen davon, daß in dem pfalzbayerischen Haus- vertrag v. 1796 die Verpfändung der Domanialgüter ausdrücklich ausgeschlossen wurde, war auch sonst im 18. Jahrhundert von der Heranziehung des Waldbesitzes zur Bürgschaftsleistung niemals die Rede. Der Grund lag wohl darin, daß die Reineinnahmen der mit Rechtsansprüchen überlasteten landesherrlichen Waldungen kaum nennenswert waren. Außerdem hatten die Landstände die meisten Staatsschulden auf ihr Konto übernommen. Der durch V. v. 20. Aug. 1811 neuerrichteten Schuldentilgungskasse wurden als Mittel zur Zinszahlung und Schuldentilgung unter anderm auch der Erlös aus Domänenverkäufen im Bayreuther und Regensburger Gebiet zu- gewiesen.°) Dies war aber nur eine Verwaltungsvorschrift ohne Verbindlichkeit den Staatsgläubigern gegenüber. Auch nach der Verfassungsurkunde v. 1818 (Titel 11,8 7) dürfen die Erlöse aus der Veräußerung von Staatsvermögen nur „zur zeitlichen Aushilfe des Schuldentilgungsfonds“, d. h. also nur vorübergehend und unter dem Vorbehalte verwendet werden, daß der Entgang an Grundstockvermögen später aus laufenden Einnahmen wieder er- setzt wird.) Im übrigen ist nach Tit. VII $ 11 „die gesamte Staatsschuld unter die Gewährleistung der Stände gestellt“. Von einer Verpfändung des Staatsvermögens ist nirgends die Rede. Von den sämtlichen Staatsdomänen bilden die Forste nach jeder Hin- sicht den wichtigsten Bestandteil. Außerdem zählen dazu: a) die staatlichen Bergwerke, Hüttenwerke und Salinen; b) die teils in Staatsregie betriebenen, teils verpachteten Ökonomien und Gewerbe (Hofbräuhaus München, Weingut in Unterfranken, Hoffischerei auf dem Chiemsee, die verpachteten Bäder Kissingen, Bocklet, Brückenau, Steben; die Grundstücke der landwirtschaftlichen Schulen); c) die Grundgefälle, d. h. jene Gefälle der Staatskasse, welche ursprüng- lich als lehen-, grund-, gerichts- und zehentherrliche Gefälle in die Staatskasse flossen.) c) Sachsen. In der Verfassungsurkunde vom 4. September 1831 werden die „Kammergüter, Domänen“ usw. mit den dazu gehörigen Grundstücken, Forsten usw. zum „Staatsgute“ gerechnet ($ 16). Die Nutzungen des Domänengutes werden „auf die jedes- 1) Seydel I, 180. — °) Seydel I, 183. 9) Seydel I, 126 und Rudhart III, 8. — *) Seydel II, 383. 5) Hock, Handb. der gesamten Finanzverwaltung im Königreich Bayern. Bamberg 1883, II. Bd. 3, 673 ff. 480 . Staatswaldwirtschaft. malige Dauer der Regierungszeit des Königs“ den Staatskassen überwiesen, aber nur so lange, als eine Zivilliste im Betrage von (mindestens) 500000 Talern als Äquivalent bewilligt wird. In An- rechnung auf die Zivilliste kann der König einzelne Domänen in eigene Verwaltung und Benutzung nehmen ($ 17). Die Zivilliste ist für jeden Regenten besonders mit den Ständen zu verabschieden. Das Domänengut ist stets in seinen wesentlichen Teilen zu erhalten und kann daher ohne Einwilligung der Stände weder durch Veräußerungen vermindert noch durch Schulden oder andere Lasten beschwert werden. Unter das Veräußerungsverbot fallen jedoch nicht diejenigen Veränderungen, welche bei einzelnen Parzellen zur Beförderung der Landeskultur oder zur Entfernung wahrge- nommener Nachteile durch Verkauf, Austausch oder Ablösung nötig oder gut befunden werden. Der Erlös ist zur Erwerbung inländischen Grundeigentums zu verwenden oder sonst werbend anzulegen (Do- mänenfonds). Den Ständen ist über die Veräußerungen und über die Verwendung des Erlöses Nachweis zu liefern ($ 18).*) Den Hauptbestandteil des Domänengutes bilden die Staatsforste, Die landwirtschaftlichen Güter umfassen 3849 ha. Das königliche Hausfideikommiß, welches neben dem „Staatsgut“ besteht, enthält kein Grundeigentum. Von beiden ist das Privatvermögen des Königs und der kgl. Familie zu unter- scheiden. d) Württemberg. Die Forderung des Landesherrn, daß die Landschaft die auf dem Kammergut lastenden Schulden übernehme, führte zur Entwicklung der altwürttembergischen Verfassung (Tübinger Vertrag vom 8. Juli 1514), durch welche das als Eigentum der landesherrlichen Familie anerkannte Kammergut mehr und mehr die Natur eines ohne die Einwilligung der Stände mit Schulden nicht zu belastenden Staatsgutes annahm. Dieser Zustand blieb von 1514 bis 1806 im wesentlichen unverändert. Herzog Eberhard Ill. gründete außerdem aus den früheren und namentlich aus den nach dem 30jährigen Kriege von ihm vollzogenen Neuerwerbungen 1664 und 1674 ein besonderes Familienfideikommiß, das sogenannte Kammerschreibergut, dessen Erträge nur in die landesherrliche Kasse flossen. Neben diesen beiden Vermögenkomplexen bestand noch das durch die Kirchenordnung von 1559 aus dem ehemaligen katholischen Kirchenvermögen zusammengezogene Kirchengut, welches zunächst kirchlichen und wohltätigen Zwecken diente, Bei der gewaltsamen Aufhebung der altwürttembergischen Ver- fassung am 30./31. Dezember 1805 wurden das Kammergut und das Kirchengut unter Beseitigung ihrer bisherigen selbständigen ı) Opitz, Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. Leipzig 1884, I, 192 ff. — Leuthold im Handb. d. öffentl. Rechts von Marquardsen, 3. Bd. a De en Aa II. Rechtliche Natur der Staats- und Domänenwaldungen. 481 Verwaltung zu einem ungetrennten, der freien Verwaltung und Verfügung des Königs unterstellten Staatsgute vereinigt, wogegen das Familienfideikommiß als „Hofdomänen-Kammergut“ er- halten wurde, in seinem Bestande aber mehrfache Veränderungen erfuhr.!) Nach der Verfassungsurkunde vom 25. September 1819 „bilden sämtliche zu dem vormaligen herzoglich-württembergischen Familien- Fideikommisse gehörigen, sowie die vom Könige neu erworbenen Grundstücke, Gefälle und nutzbaren Rechte, mit Ausschluß des sog. Hofdomänenkammergutes, das königliche Kammergut“ ($ 102). „Auf demselben haftet die Verbindlichkeit, neben den persönlichen Bedürfnissen des Königs als Staatsoberhauptes und der Mitglieder des königlichen Hauses, auch den mit der Staatsverwaltung ver- bundenen Aufwand, soweit es möglich ist, zu bestreiten; es kommt ihm daher die Eigenschaft eines von dem Königreiche unzertrenn- lichen Staatsgutes zu“ ($ 103). „Das Kammergut ist in seinem wesentlichen Bestand zu erhalten und kann daher ohne Einwilligung der Stände weder durch Veräußerung vermindert noch mit Schulden oder sonst mit einer bleibenden Last beschwert werden.“ Eine Verminderung liegt jedoch nicht vor, „wenn zu einer entschieden vorteilhaften Erwerbung ein Geldanlehen aufgenommen oder zum Vorteil des Ganzen eine Veräußerung oder Austauschung einzelner minder bedeutender Bestandteile vorgenommen wird“ (8 107). Die Veräußerungen unterliegen der Bestätigung des Königs. Der Erlös hat zur ‚Wiederverwendung zum Grundstock‘‘ zu dienen und ist jährlich den Ständen nachzuweisen ($ 107). Eine Verpfändung der Domänen gegen Staatsschulden hat nicht stattgefunden. Das Hofdomänenkammergut steht im Privateigentum der königlichen Familie und wird von der Hofdomänenkammer ver- waltet. Es hat den Charakter eines Fideikommisses, welches zu den Landlasten und Gemeindelasten (G. vom 18. Juni 1849) sowie allen anderen Lasten wie jedes Privatgut beizusteuern hat. Dazu gehören 5864 ha Hofkammer- und 839 ha Krongutswaldungen. Der Zivilliste ist jährlich aus den Staatsforsten ein bestimmtes Brenn- holzquantum zu verabfolgen (eventuell hierfür Geldvergütung). Der Wildpark Solitude ist dem König zur Nutznießung vorbehalten.”) Den wichtigsten Bestandteil der Staatsdomänen bilden die Forste. Die landwirtschaftlichen Staatsgüter umfassen (1899) 10264 ha, wovon 4483 ha ge- schlossene Domänengüter (Meiereien) sind, 5573 ha kleinere Grundstücke. Der Ertrag liegt zwischen 6—700000 M. (Conrad, Handw. d. Staatsw. III, 224). 1) Gaupp, Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg, 2. Aufl. 1895, 66, 82. — °) Gaupp 64. Endres, Forstpolitik. 31 482 ; Staatswaldwirtschaft. e) Elsaß-Lothringen. Gleichwie in den übrigen deutschen Staaten sind auch in Elsaß-Lothringen die Finanzen des Landes von jenen des Reiches vollständig getrennt. Die Einnahmen des Landes fließen in die Landeskasse, aus der die Kosten der Landes- verwaltung bestritten werden. Die Nutzungen des Vermögens, das dem Lande gehört, kommen nur ihm zugute; für seine Schulden ist es allein haftbar. Den Hauptbestandteil des Finanzvermögens von Elsaß-Lothringen bilden die Staatsforsten, die Tabakmanufaktur und ein aus den Überschüssen früherer Jahre angesammelter Be- triebsfonds (3000000 M.). Zur Giltigkeit der Veräußerung von Staatswaldungen ist nach dem G. vom 1. Dezember 1790 die Ge- nehmigung der gesetzgebenden Faktoren erforderlich. — Kron- und Apanagewaldungen gibt es nicht.‘) II. Den Domänen wurde der Charakter von Eigentum der regierenden Familie beigelegt. Hier sind drei Fälle zu unterscheiden. A. Die Domänen sind trotz ihrer Eigenschaft als Fideikommiß des regierenden Hauses der Staatsfinanzverwaltung unterstellt. Ihre Einkünfte fließen in die Staatskasse, aus welcher der Monarch eine jährliche Rente erhält. Die Anerkennung als Familienvermögen hat hier nur für den Fall Bedeutung, daß die betr. Familie aufhört, die Regierung des Landes zu führen. a) Baden. Das Eigentumsrecht an den Domänen blieb bis zur Gegenwart formell dem Landesherrn vorbehalten. Dieser Rechts- zustand ist in der Verfassungsurkunde vom 22. August 1818 in folgender Weise festgelegt: „Ohngeachtet die Domänen nach all- gemein anerkannten Grundsätzen des Staats- und Fürstenrechts unstreitiges Patrimonialgut des Regenten und seiner Familie sind, und Wir sie auch in dieser Eigenschaft, vermöge obhabender Pflichten, als Haupt der Familie, hiermit ausdrücklich bestätigen, so wollen Wir dennoch den Ertrag derselben, außer der darauf radizierten Zivilliste und außer andern darauf haftenden Lasten, so lange als Wir Uns nicht durch Herstellung der Finanzen in dem Stande befinden werden, Unsere Unterthanen nach Unserm innigsten Wunsche zu erleichtern, — der Bestreitung der Staatslasten ferner belassen.“ ($ 59.) Daraus hat sich der Rechtszustand gebildet, daß der gesamte Komplex der sog. Kameraldomänen durch eine staatliche Be- hörde, die Forst- und Domänendirektion, unter der Oberleitung des Finanzministeriums verwaltet wird und die Einkünfte desselben ‘) Leoni u. Mandel, Das Verwaltungsrecht von Elsaß-Lothringen, 1895, 1 £f., 7. ee II. Rechtliche Natur der Staats- und Domänenwaldungen. 483 budgetmäßig in die Staatskasse fließen. Man spricht deshalb in Baden nicht von Staatswaldungen, sondern von Domänenwaldungen. Ohne Zustimmung der Stände darf keine Domäne veräußert werden. Ausgenommen sind alle Veräußerungen, welche „aus staatswirtschaftlichen Rücksichten zur Beförderung der Landeskultur oder zur Aufhebung einer nachteiligen eigenen Verwaltung geschehen. Der Erlös muß aber zu neuen Erwerbungen verwendet oder der Schuldentilgungskasse zur Verzinsung übergeben werden“ ($ 58). Dem Landesherrn ist durch Gesetz ein Teil des Domänen- ertrages als Zivillistte und ferner die Benutzung einer Anzahl als Hofausstattung aus dem Domänenkomplex ausgeschiedener Gebäude, Grundstücke und Renten überwiesen. Völlig getrennt von dem dem Eigentume. nach ungeschiedenen Domänenbesitz ist das der Großherzogl. Familie als freies Privateigentum gehörige Fidei- kommißvermögen.') Hierzu zählen 5055 ha Waldungen, die unter der Verwaltung der Generalintendanz der Großherzoglichen Zivilliste stehen. Der landwirtschaftliche Domänenbesitz umfaßte im Jahre 1902 18183 ha landwirtschaftliches Gelände (8818 ha Ackerland, 7860 ha Wiesen, 76 ha Gärten, 23ha Rebland usw.). Davon sind 5486 ha in Selbstbewirtschaftung. (Hecht, Die badische Landwirtschaft, 1903, 215.) b) Sachsen-Weimar. Durch eine Proklamation vom 9. März 1848 wurde das Kammervermögen zum Staatsgut erklärt unter Vorbehalt einer Zivilliste für den Landesherrn. Im Jahre 1854 wurde jedoch das Kammervermögen von dem Vermögen der Landschaft wieder getrennt und der vor 1848 geltende Rechtszustand wiederhergestellt. Darnach ist der Großherzog Eigentümer des Kammergutes, die Verwaltung desselben ist jedoch auch nach Wiederher- stellung der alten Rechtsverhältnisse den Staatsbehörden verblieben. Die Einkünfte desselben fließen in die Staatskasse, der Großherzog erhält eine Zivilliste.?) ec) Schwarzburg- Sondershausen. Nach Maßgabe des Gesetzes vom 14. Juni 1831 ist das Kammergut fideikommissarisches Privateigentum des fürstlichen Hauses. Dasselbe ist in seinen wesentlichen Bestandteilen zu er- halten. Die Verwaltung und Benutzung kann von dem Fürsten gegen den Bezug einer Domänenrente der Landesverwaltung übertragen werden, — wie dies zurzeit geschieht. Die Domänenrente beträgt 500000 M., die Dotation des Kammerschuldentilgungsfonds 96000 M. Außerdem sind von den Kammer- erträgen von über 832000 M. 30000 M. an den Schuldentilgungsfonds und von den weiteren Überschüssen °/, an den Fürsten abzuführen. Nimmt der Fürst die Domänen in eigene Verwaltung und Nutzung, so hat er jährlich 300000 M. an die Landesverwaltung zu leisten.?) 1) Wielandt, Das Staatsrecht d. Großherzogtums Baden, 1895 (bei Mar- quardsen). — Erste Bearbeitung von Schenkel 1884. 2) G. Meyer, Staatsrecht des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach (bei Marquardsen). ®) Schambach, Das Staatsrecht im Fürstentum Schwarzburg-Sonders- hausen (bei Marquardsen). 3l* 484 Staatswaldwirtschaft. B. Der Landesherr bezieht einen Teil der Einkünfte, der andere Teil fließt in die Staatskasse. Die Verwaltung ist den Staatsbehörden übertragen. a) Sachsen-Koburg und Gotha. Jedes der beiden Herzogtümer hat seine selbständige Finanzverwaltung und seinen eigenen Etat. Es gibt ein Koburgisches, ein Gothaisches und ein Koburg-Gothaisches Domänenvermögen. Sie sind sämtlich Bestandteile der Domänen des Gothaischen Gesamthauses. In Koburg wurde durch G. v. 29. Dez. 1846 bestimmt, daß die Do- mänen ein unveräußerliches Familieneigentum des herzogl. Gothaischen Ge- samthauses bilden, die Hälfte des jährlichen Domänenreinertrages jedoch in die Staatskasse als Beitrag zur Tilgung der Staatsschulden fließt und die übrige Hälfte zur Erhaltung des herzogl. Hauses dient. Von 1919 ab mindert sich der Beitrag zur Staatskasse von der Hälfte auf ein Drittel. — Der Staats- kasse obliegen keinerlei Ausgaben für das herzogl. Haus. Die Verwaltung des Domänengutes erfolgt durch die Koburgische Abtei- lung des Staatsministeriums. Der Landtag hat über die ungeschmälerte Er- haltung desselben zu wachen. — Die „Domänenforste“ im Herzogtum Koburg betragen 5809 ha. In Gotha wurde erst anfangs 1905 ein neuer Domänenvertrag zwischen dem Lande und dem Herzog abgeschlossen, dessen Inhalt zurzeit (Mai 1905) noch nicht veröffentlicht ist. Die bisherige Entwicklung war folgende. Durch Staatsgrundgesetz von. 1849 wurde das ganze, sehr beträchtliche Domänen- vermögen zum Staatsgut erklärt. Auf den Protest der Agnaten hin kam 1855 ein Vergleich zustande, der als Domänengesetz publiziert wurde. Darnach wurde das „Domänengut“ als fideikommissarisches Eigentum des Gothaischen Gesamthauses anerkannt und vom Staatsministerium unter Kontrolle des Einzellandtages verwaltet. Vom Reinertrag erhielt das herzogl. Haus jährlich 100000 Tlr., sodann die Staatskasse 36000 TIr. Der noch verbleibende Über- schuß wurde zwischen dem Herzog und der Staatskasse einheitlich geteilt. Der Staatskasse oblagen keine Leistungen an den Herzog und sein Haus. — Die Domanialwaldungen im Herzogtum Gotha umfassen 23726 ha. In beiden Herzogtümern bedürfen Veräußerungen der Zustimmung des Landtages. Eine Belastung mit Schulden ist unzulässig. Das Koburg-Gothaische Domänengut. Nach dem Kriege von 1866 erhielt der Herzog von dem König von Preußen als Entschädigung „für die im Laufe der letzten kriegerischen Ereignisse gebrachten Opfer und zu- gleich um einen Beweis des Anerkenntnisses der getreuen Bundesgenossen- schaft zu geben“ die vormals kurhessischen Forste im Kreise Schmalkalden. Durch einen förmlichen internationalen Vertrag vom 14. September 1866 wurden dieselben an den Herzog „als fideikommissarisches Privateigentum des herzogl. Sachsen-Gothaischen Gesamthauses“ abgetreten. Der Herzog über- nahm mit den Forsten die Verbindlichkeit, seinen Staatsangehörigen die Schäden und Kosten des Krieges zu vergüten. Nach der Verordnung des Herzogs vom 6. Dezember 1866 soll der Reinertrag zwischen dem Herzog und den beiden Staatskassen geteilt werden. Der Herzog erhält die Hälfte und sowohl die Koburgische als die Gothaische Staatskasse je ein Viertel. Im Falle der Mediatisierung würden die Erträge ganz dem jeweiligen Herzog gehören. Dem gemeinschaftlichen Landtag werden die abgeschlossenen Rech- nungen zur Kenntnisnahme unterbreitet. Sonstige Befugnisse stehen dem Landtag nicht zu.) — Die Größe dieser Forste beträgt 8570 ha. ') Forkel, Das Staatsrecht der Herzogtümer 8.-Koburg u. Gotha, 135 ff. (bei Marquardsen). II. Rechtliche Natur der Staats- und Domänenwaldungen, 485 Außer dem gesamten Domänengute besitzt das herzogl. Haus noch ver- schiedene jedes staatsrechtlichen Charakters entbehrende Familienfideikommiß- forste (Hausgesetz 1855). (Ernst- Albert-Fideikommiß 3377 ha, Lichtenberger Fideikommiß mit 546 ha Wald in Preußen, 6460 ha in Österreich, 1038 ha in Tirol. » Sehwarzburg-Rudolstadt. Nach dem Grundgesetz von 1854 ver- bleibt das ganze Kammervermögen fideikommissarisches Eigentum des fürst- lichen Hauses. Die Einkünfte daraus werden zunächst zum Unterhalte der fürstlichen Familie verwendet. Aus den Überschüssen werden die Kosten der Landesverwaltung mitbestritten. Die Veräußerung von Domänen kann nur mit Zustimmung des Landtages erfolgen. Der Erlös kommt zum Domanial- stammvermögen. Die Domanialwaldungen umfassen 21019 ha. Sie stehen unter dem Ministerium, Abteilung der Finanzen.') C. Der Landesherr bezieht sämtliche Domäneneinkünfte persön- lich und erhält aus Landesmitteln keine Zivilliste. Die Verwaltung erfolgt durch landesherrliche Beamte (nicht Staatsbeamte). a) Mecklenburg. Der Grundbesitz der beiden Großherzogtümer Mecklenburg gliedert sich in den domanialen, ritterschaftlichen und städtischen, d. i. zu Stadtrecht liegenden (Domanium, Ritterschaft und Landschaft. Da das platte Land nur aus Domanium und ritterschaftlichen Landgütern besteht, so ist bäuerliches Eigentum im Lande nicht vorhanden. Das Domanium, welches etwa zwei Fünftel des ganzen Landes umfaßt, ist in beiden Ländern Eigentum des landesherrlichen Hauses. Es hat den Charakter eines Familienfideikommisses, aus dessen Er- trägen der Landesherr die Kosten des fürstlichen Haushaltes und der Landesherrschaft zu bestreiten hat. Der Landesherr vereinigt im Domanium die landesherrlichen und grundherrlichen Befugnisse in einer Hand und ist in bezug auf das Gesetzgebungs- und Be- steuerungsrecht absolut. Die Vergrößerung des Domaniums durch Neuerwerbungen steht den Landesherrn frei. Die Veräußerung domanialer Grundstücke ist seit 1701 hausgesetzlich untersagt. Die Stände haben kein Einspruchsrecht.?) In Mecklenburg-Schwerin,°) wo das Domanium 42°/, der gesamten Landesfläche, nämlich 559259 ha, umfaßt, werden nach Aufhebung des Staats- grundgesetzes v. 10. Okt. 1848 auf dem Verwaltungswege (nicht gesetzlich) unterschieden: 1. Die Domänen des großherzoglichen Haushaltes, welche zur Bestreitung der Bedürfnisse des großherzoglichen Hauses bestimmt und der obersten Ver- 1) Klinghammer bei Marquardsen. 2) Büsing, Das Staatsrecht der Großherzogtümer Mecklenburg, 19 f. (bei Margquardsen). 3) Kurze Darstellung der forstl. Verhältnisse des Großh. Mecklenburg- Schwerin (zur Versammlung deutscher Forstmänner 1899). — Conrad im Handw. d. Staatsw. III, 226. 486 . Staatswaldwirtschaft. waltungsbehörde des großh. Haushaltes unterstellt sind. Die Forste (Haus- haltungsforste) einschließlich Dienstländereien umfassen 8765 ha (1904), die 94 Pachthöfe 42842 ha. $ 2. Die Domänen, deren Ertrag zur Bestreitung des Landesregiments dient. Sie sind dem Finanzministerium, Abteilung für Domänen und Forste, unterstellt. Die Fläche der Forste beträgt 107770 ha, die der 135 Pachthöfe 55747 ha. In Mecklenburg-Strelitz werden unterschieden Domanialforste, welche unter dem großh. Kammer- und Forstkollegium stehen (1904 43648 ha), Kabi- netts- oder Schatullforste unter dem großh. Kabinettsamt (1248 ha), die zum Jagddepartement gehörigen Forste (1908 ha). b) Reuß ä. L. Nach dem Verfassungsgesetz v. 1867 ist das Kammer- vermögen Familienfideikommiß des fürstlichen Hauses. Damit wurde der 1851 abgeschlossene Vertrag über die Abtretung der Nutznießung des Kammer- vermögens an den Staat gegen Gewährung einer Zivilliste aufgehoben. Dem Staate steht keinerlei Anspruch auf die Erträgnisse des Kammervermögens und keinerlei Mitwirkung bei der Verwaltung desselben zu; dagegen hat er auch weder eine Zivilliste noch Apanagen usw. an die Mitglieder des fürstl. Hauses zu gewähren. Rücksichtlich der Verfügung über die Substanz gelten lediglich die Hausgesetze.!) Größe der Domanialforste: im Fürstentum 4592 ha, in Sachsen 914 ha, Bayern 348 ha, Ungarn ca. 11000 ha. ec) Reuß j. L. Ein über die Domanialbesitzungen seit 1849 geführter Streit wurde 1880 dahin geschlichtet, daß das fürstliche Haus das volle Eigen- tum der Domänen behielt und als Abfindung an den Staat 1 Mill. Mark ge- währte. Vom Lande bezieht das fürstliche Haus keinerlei Revenüen. Der Staat hat keinen Grundbesitz.°) Die „Forste des Fürstenhauses“ umfassen 17272 ha. d) Schaumburg-Lippe. Nach dem Verfassungsgesetz v. 1868 bilden die zum Domanium gehörigen Vermögensobjekte das unteilbare und unveräußer- liche Fideikommißgut des regierenden Fürstenhauses.. Aus der Kammerkasse sind aber gewisse Beträge an die Landeskasse abzuführen. Eine Zivilliste aus der Staatskasse bezieht der Fürst nicht.?) — Die zum „Hausvermögen“ ge- hörigen Forste umfassen im Lande 7414 ha, in Lippe-Detmold und in Mecklen- burg-Schwerin 4424 ha. Staatsforste sind nicht vorhanden. e) Lippe. Durch G. v. 1868 wurde das gesamte Domanium als fürstliches Hausvermögen erklärt. Die Kammerkasse mußte jedoch bis 1898 eine Rente von 45000 M. an die Landkasse abführen und ferner wurde das Domanium der Grundsteuer unterworfen. Die Kosten der Landesverwaltung trägt die Landkasse. Belastungen oder Veränderungen der Domanialsubstanz bedürfen der Zustimmung des Landtages.*) — Die unter der fürstlichen Rentkammer stehenden Hausfideikommißforste umfassen 16743 ha. Außerdem bestehen 361 ha Staatswaldungen. III. Der Domanialbesitzwurde der Fläche nach zwischen dem Staate und der regierenden Familie geteilt. Die Aus- scheidung wurde jedoch nicht immer reell vollzogen, vielmehr steht der ganze Güterkomplex unter gemeinsamer Verwaltung, so in ) Liebmann, Das Staatsr. des Fürstent. Reuß ä.L. (bei Marquardsen). ®) R. Müller, Das Staatsr. des Fürstent. Reuß j. L. (bei Marquardsen). °) Bömers, Staatsrecht des Fürstent. Sch.-Lippe (bei Marquardsen). 4) Falkmann, Staatsrecht des Fürstent. Lippe (bei Marquardsen). II. Rechtliche Natur der Staats- und Domänenwaldungen. 487 Hessen, S.-Meiningen. Eine getrennte Verwaltung besteht in Olden- burg, S.-Altenburg und Anhalt. In Hessen, Oldenburg und Meiningen existiert eine besondere Zivilliste, dagegen keine in Anhalt und S.- Altenburg. a) Hessen. Bis zum Erlaß der Verfassungsurkunde vom 17. Dezember 1820 bestand kein Unterschied zwischen landesherr- lichem und fiskalischem Eigentum. Die Landesschulden waren auf die Domänen radiziert. In der Verfassung wurde dann bestimmt, daß der Großherzog ein Dritteil der sämtlichen Domänen, nach dem Durchschnittsertrag der reinen Einkünfte berechnet, an den Staat abgibt behufs Verkaufs und Schuldentilgung. Die Ausscheidung dieses Dritteils war 1841 im wesentlichen vollzogen. „Die übrigen zwei Dritteile bilden das schuldenfreie unveräußerliche Familien- eigentum des Großherzoglichen Hauses.“ „Die Einkünfte dieses Familiengutes, worüber eine besondere Berechnung geführt wird, sollen jedoch in dem Budget aufgeführt und zu den Staatsausgaben verwendet werden, die zu den Bedürfnissen des Großherzoglichen Hauses und Hofes erforderlichen Summen sind aber darauf vor- zugsweise radiziert.“ (Art. 6, 7.) Die Verwaltung der landesherrlichen Domänen besorgt der Staat (Ministerium der Finanzen, Abteilung für Forst- und Kameral- verwaltung). Ferner bestimmt die Verfassung, daß bei künftigen Erwerbungen von Domänen je nach dem Rechtstitel des Erwerbs festgesetzt werden soll, ob sie zu dem Staats- oder dem Familienvermögen gehören (Art. 8). Zu Veräußerungen, wenn solche nicht bloß Ver- waltungsmaßregeln sind, bedarf es der Einwilligung der Landstände. Außer dem unveräußerlichen Familieneigentum kann dem Groß- herzog auch noch Privatvermögen zustehen. Da das durch die Verfassung dem Staate überwiesene Drittel der Domänen allmählich verkauft worden war, gehörte bis 1866 der ganze Domanialbesitz zum Hausvermögen der großherzoglichen Familie. Erst seit 1866 wurde wieder Staatseigentum gewonnen, indem die durch den Friedensvertrag mit Preußen vom 3. September 1866 an Hessen mit den betreffenden Gebietsteilen abgetretenen Forste und Domänen dem Staate überwiesen wurden.') Außerdem erwarb der Staat in der letzten Zeit namhafte Waldflächen als sein Eigentum. Der Besitzstand der Forste gliedert sich daher wie folgt (1900): „Großherzogliches Haus, Familieneigentum“ 66486 ha, „Großherzogtum, Landeseigentum“ 4921 ha. ») Braun u. Weber, Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Großh. Hessen. Darmstadt 1894—1896, I, 110 ff. 488 Staatswaldwirtschaft. Unter den zum Landeseigentum gehörigen Waldungen sind 2304 ha ent- halten, welche am 1. Oktober 1900 vom Hessischen Staat beim Zwangsver- kauf eines Teiles der fürstlich Isenburg-Birsteinschen Standesherr- schaft eingesteigert wurden. Einschließlich eines Baugrundes von 40 ha (a 16000 M.), des fürstlichen Schlosses mit dazugehörigem Gelände und des fürstl. Palais in Offenbach betrug der Erwerbspreis 7491000 M. Im Jahre 1387 war der gesamte fürstliche Grundbesitz gegen ein Darlehen von 6,5 Mill. M. an die Bergisch-Märkische Bank verpfändet worden. Der Staat entschloß sich zu dieser Erwerbung, weil Gefahr bestand, daß dieser Waldbesitz in die Hände der Frankfurter Aktiengesellschaft für Hoch- und Tiefbau zu Spekulations- zwecken überging. Derselbe bildet nunmehr die großh. Oberförsterei Isenburg mit dem Sitze in Offenbach. (A. F. u. J. Z. 1901, 314. — F.C. 1900, 513. — Aus dem Walde, 1900, 321; 1901, 6.) b) Oldenburg. Die Sonderung des Domanialvermögens in Krongut und Staatsgut erfolgte 1849. Außer den Einkünften aus dem Krongut bezieht der Landesherr noch eine auf das Domanialvermögen radizierte Zivilliste. Das Staatsgut bildet nach dem Staatsgrundgesetz v. 1852 eine im Eigentume des ungeteilten Großherzogtums stehende Gesamtmasse, zerfällt aber in Beziehung auf die damit verbundenen Lasten und den Genuß seiner Aufkünfte in drei nach den drei Provinzen (Oldenburg, Lübeck und Birkenfeld) gesonderte Massen. Veräußerungen von wesentlichen Bestandteilen sind nur mit Bewilli- gung des Landtages zulässig. Der Erlös ist zinsbar anzulegen. — Die Ein- künfte des Staatsgutes fließen in die Staatskasse. Die Verwaltung der Staats- forste erfolgt durch die Staatsbehörden.!) Von den Kronforsten liegt der Hauptteil mit 2568 ha in Holstein. Die im Großherzogtum gelegenen Kronforste umfaßten 1900 373 ha, die gesamten landwirtschaftlichen Güter 3541 ha (nach Conrad). Die Verwaltung der Forste untersteht der großh. Hausfideikommißdirektion. c) Sachsen-Meiningen. Das Staatsgrundgesetz v. 1329 hatte die Do- mänen für Eigentum des herzoglichen Hauses erklärt, die Belastung oder Ver- äußerung derselben jedoch von der Zustimmung der Stände abhängig gemacht. Ein G. v. 1831 ließ die Eigentumsfrage offen, während das G. v. 23. Mai 1849, nachdem eine Fixierung des Anteils des Landes an den Einnahmen nur vor- übergehende Dauer gehabt hatte, die Domänen für Staatseigentum erklärte und dem Herzog eine Zivilliste aussetzte. Dagegen protestierten die Agnaten. Durch G. v. 1854 wurde die Frage dem Schiedsspruch des Oberappellations- gerichts zu Dresden unterworfen. Dasselbe machte einen Vergleichsvorschlag, der zu dem G. v. 20. Juli 1871 führte und den langjährigen Domänenstreitig- keiten ein Ende machte. Darnach bezieht der Herzog aus dem Domänen- vermögen jährlich eine Rente von 394286 M. und der hiernach und nach Ab- zug sämtlicher das Domänenvermögen belastenden Ausgaben verbleibende Reinertrag fällt jährlich je zur Hälfte dem Herzog und der Landeskasse zu. Sollte das herzogl. Haus aufhören, dann erhält vom gesamten Domänenvermö- gen das herzogl. Haus drei Fünftel als Fideikommiß, zwei Fünftel wird Land- eigentum. Die Ausscheidung dieser Anteile kann von jedem der beiden Teile jederzeit beantragt werden (ist bis jetzt nicht geschehen). Zu Veräußerungen ist die Einwilligung des Landtages erforderlich.) Die Verwaltung sämtlicher !) Becker, Das Staatsrecht des Großh. Oldenburg (bei Marquardsen). ?) Kircher, Das Staatsrecht des Herzogtums Sachsen-Meiningen (bei Marquardsen). — Rintelen im Handw. d. Staatsw., 2. Aufl., III, 193. — Schanz, Finanzarchiv 1896, 169 ft. AED a A U u II. Rechtliche Natur der Staats- und Domänenwaldungen. 489 „Domänenwaldungen“ steht beim herzogl. Staatsministerium, Abteilung der Finanzen. d) Anhalt. Die Domänen wurden 1868 in der Weise geteilt, daß das herzogl. Familienfideikommiß außer den herzogl. Privatgütern auch einen Teil der früheren Kammer- und Stammgüter erhielt. Aus diesem Hausfideikommiß- vermögen muß der Herzog seinen gesamten Unterhalt bestreiten, das Land steuert nichts bei. Der Herzog hat darüber volle Verfügungsfreiheit; nur das „engere Fideikommiß“, ein bestimmter Grundstückkomplex, darf ohne Zustim- mung der Stände nicht veräußert werden. Von dem gesamten Fideikommib- vermögen zahlt der Herzog Staats-, Kreis- und Kommunalsteuer.!) Die zum Fideikommiß gehörigen Forste stehen unter der Verwaltung des herzogl. Hausministeriums, bzw. der Hofkammer; sie umfassen in Anhalt 26000 ha, in Preußen 13163 ha, in Ungarn 10202 ha. — Die „Staatsforste“ sind dem herzogl. Staatsministerium bzw. der herzogl. Finanzdirektion unter- geordnet (28594 ha). e) Sachsen-Altenburg. Durch G. v. 1874 ist das frühere herzogl. Do- mänenvermögen dergestalt geteilt worden, daß davon zwei Drittel das herzogl. Haus, ein Drittel das Land zu ausschließlichem Eigentume erhalten haben. Der Anteil des herzogl. Hauses am Domänenvermögen ist volles Privateigen- tum desselben und hat unter dem Namen „Domänenfideikommiß des herzogl. Hauses Sachsen-Altenburg“ die Eigenschaft eines Haus- und Familienfidei- kommisses. Die dem Lande gehörigen Forste sind „Staatsforste“. — Mit die- ser Ausscheidung erlosch der Anspruch des Herzogs auf eine Zivilliste. Die Landschaft hat eine beschränkte Kontrolle über die Verwaltung und den Be- stand des Fideikommisses. Von diesem ist das Schatullgut des herzogl. Hauses zu unterscheiden. Die Forste des Domänenfideikommisses stehen unter der Hofverwaltung. Sie umfassen im Lande 11343 ha, in der preußischen Provinz Posen 5279ha. Zum Schatullgut gehören (im Reg.-Bez. Marienwerder) 1606 ha. Die Staatsforste stehen unter der Verwaltung des Ministeriums, Abteilung der Finanzen (6269 ha).?) IV. Die Frage des Eigentumsrechtes an den Domänen ist bis jetzt offen gelassen worden. Als Eigentümer erscheint der jeweilige Landesherr. Die Verwaltung erfolgt entweder durch die Staatsbehörden in der Weise, daß die Einkünfte zu Staats- zwecken verwendet werden und der Landesherr nur eine Zivilliste bezieht (Braunschweig) oder die Verwaltung wird durch die fürst- liche Behörde geführt, die Einkünfte bezieht der Landesherr (Waldeck). a) Braunschweig. Das Edikt v. 1, Mai 1794 erkannte schon die Ver- pflichtung des Kammergutes zur Bestreitung der Landesbedürfnisse an. Die „Neue Landschaftsordnung“* v. 1832 sowie der Finanznebenvertrag von glei- chem Tage lassen die Eigentumsfrage offen. Nach der ersteren sollen die „bis- herigen Rechtsverhältnisse des Kammergutes unverändert bleiben“ und die Einkünfte desselben wie bisher zur Bestreitung der Bedürfnisse des Fürsten und des Landes verwendet werden. „Der Bedarf des Landesfürsten und sei- nes Hauses haftet zunächst und zuvörderst auf dem RBeinertrage des Kam- 1) Pietscher, Das Staatsrecht d. Herzogtums Anhalt (beiMarquardsen). ®2) Sonnenkalb, Das Staatsrecht des Herzogtums Sachsen-Meiningen (bei Marguardsen). — Forst- und Jagdkalender, II, 1905. 40 . Staatswaldwirtschaft. mergutes“. Das Kammergut ist fortwährend in seinem Bestande zu erhalten und darf ohne Zustimmung der Stände weder veräußert noch verpfändet wer- den. Dadurch sind jedoch mit Zustimmung der Stände solche „Veränderungen nicht ausgeschlossen, welche bei einzelnen Besitzungen zur Beförderung der Landeskultur oder sonst zur. Wohlfahrt des Staates und Entfernung wahr- genommener Nachteile durch Verkauf, Austausch oder Vererbleihung notwen- dig oder gut befunden werden sollten“. „Über die nützliche Verwendung der eingehenden Gelder ist Vorsorge zu treffen“ ($ 165). Außer dem Kammergut kommt noch der Kloster- und Studienfonds in Betracht. Der Klosterfonds besteht aus den Gütern und Gerechtsamen der während der Reformationszeit aufgehobenen Klöster und Stifter, welche nicht zum Kammergute gezogen wurden, sondern „geistlichen Sachen und Ausgaben gewidmet“ blieben“ (V. v. 1655).)) Mit ihm wurde durch $ 219 der NLO. der von der vormaligen Universität Helmstedt herrührende kleine Studienfonds vereinigt. Der Reinertrag beider Fonds wird für Kirchen, Bildungsanstalten und wohltätige Zwecke verwendet. Die Verwaltung erfolgt gemeinsam mit dem Kammergut. Im Staatshaushalt werden die Etats des Kammergutes und des Kloster- und Studienfonds getrennt nachgewiesen. Die zum Kammergut und zu dem vereinigten Kloster- und Studienfonds gehörenden Forste werden gemeinschaftlich von Staats wegen durch die dem Staatsministerium unmittelbar untergeordnete herzogl. Kammer, Direktion der Forste, verwaltet. Die Verteilung des Reinertrages erfolgt nach dem gesetz- lich festgestellten Verhältnis der Flächengrößen. Die Forste beider Kategorien werden als Staatswaldungen bezeichnet. ?) b) Waldeck. Durch das Staatsgrundgesetz v. 1849 wurden die Domänen für Staatsgut erklärt. Durch das Verfassungsgesetz v. 1852 aber wurde wieder der vor 1349 vorhandene Rechtszustand hergestellt. Auch in dem Rezeß von 1853 wurde die Eigentumsfrage nicht entschieden, jedoch anerkannt, daß die Domäneneinkünfte an erster Stelle für den Unterhalt des regierenden Hauses, darüber hinaus aber zugleich für allgemeine Landeszwecke zu verwenden sind. Durch den seitens Waldeck mit Preußen geschlossenen Akzessionsvertrag v. 18. Juli 1867, kraft dessen die innere Verwaltung mit Ausnahme der Ver- waltung des Domanialvermögens von Preußen geführt und dem König von Preußen die volle Staatsgewalt zuerkannt wird, kam der Fürst in den Genuß der gesamten Domäneneinkünfte. In dem neuen Vertrage v. 24. Nov. 1877 war man zu den Grundlagen des früheren Verhältnisses zurückgekehrt, indem nunmehr hinsichtlich der Beitragspflicht des Domanialvermögens zu den Lan- desausgaben sowie hinsichtlich der dem Fürsten zustehenden Einnahmen die Vereinbarungen v. 1853 wieder Platz gegriffen hatten. Der Vertrag v. 1887 erkennt dem Fürsten wieder alle Domänenerträge zu, von denen er nur die Ausgaben für das Konsistorium zu bestreiten hat. Die Domanialforste stehen unter der fürstlichen Domänenkammer.°) !) Die 1803 säkularisierten Güter der Klöster und Stifte dagegen wurden dem Kammergut einverleibt. 2) Otto, Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig 1884 (bei Mar- quardsen). — Forst- und Jagdkalender, II, 1905. ®) Böttcher, Das Staatsrecht des Fürstentums Waldeck (bei Mar- quardsen). — Rintelen a. a. O. 194, III. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. 491 III. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. 1. Die geltenden Grundsätze. Die Veräußerung der Staats- und Domänenwaldungen im ganzen ist in allen deutschen Staaten durch die Staatsgrundgesetze oder so- weit es sich um Privateigentum der Landesherren handelt, durch Hausgesetze verboten. Einzelne Bestandteile derselben können zum Teil mit, zum Teil ohne Zustimmung der verfassungsmäßigen Volks- vertretung verkauft oder vertauscht werden. Gegen diesen Grund- satz ist nichts einzuwenden. Der Verkauf und Tausch ist oft ge- boten mit Rücksicht auf die Arrondierung, auf die Abstoßung von Parzellen, die die Verwaltungs- und Schutzkosten nicht lohnen, auf die Erweiterung des landwirtschaftlichen Geländes, wenn die Staatswaldungen auf hierzu geeignetem Boden stocken und das Bedürfnis örtlich gegeben ist und auch aus finanziellen Rücksichten, wenn in der Nähe von Städten usw. der Waldboden hochwertiges Bauplatzareal geworden ist. Außerdem ist der Staat wie jeder andere Waldbesitzer oft zum Verkauf im öffentlichen Interesse gezwungen, wie für die Anlage von Eisenbahnen, Straßen, Exer- zierplätzen. Über die Verwendung des Erlöses sind in der Regel gesetz- liche Bestimmungen maßgebend. Soweit nicht andere Waldflächen mit demselben erworben oder Forstrechte abgelöst werden können oder Staatsschulden getilgt werden müssen, ist es wünschenswert, denselben als außerordentliche Einnahme in Kapitalform beim staat- lichen Forstvermögen zu belassen und die Zinsen im Forstbudget vorzutragen. 2. Die früheren Verkäufe. A. Die Gründe im allgemeinen. Am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts wurde der Verkauf der Staatsforste von vielen Staatswirten auf das Dringendste be- fürwortet. Die Frage kam in Fluß einmal durch das Beispiel Frankreichs und dann durch die herrschend gewordene volkswirt- schaftliche Anschauung, daß das Staatsgut wie jedes andere Ge- meingut schlecht bewirtschaftet werde. Diese öffentliche Über- zeugung hatte sich, soweit die Gemeinde- und Genossenschaftswal- dungen in Betracht kommen, schon vom ersten Drittel des achtzehnten Jahrhunderts ab Bahn gebrochen. Auf die Staatswaldwirtschaft wurde sie erst infolge. der Adam Smithschen Lehre von der wirt- schaftlichen Freiheit des Individuums übertragen. Nicht das Wenige, was A. Smith über die Holzzucht und die Staatswaldwirtschaft 493 - Staatswaldwirtschaft. gesagt hat, bildete die Grundlage der forstpolitischen Anschauungen der damaligen Zeit, sondern das Smithsche wirtschaftliche System nach seinem ganzen Inhalt und seiner Fortbildung in Deutschland. In seinem 1776 erschienenen Buch: Inquiry into the Nature and the Causes of the Wealth of Nations!) deutet A. Smith nur an, daß sich in verschiedenen Gegenden Großbritanniens infolge des durch Rodung und Waldweide sich einstellenden Holzmangels aus der Forstkultur ein ebenso großer Gewinn ziehen lasse wie von Acker- und Weideland. In Küstengegenden, wo Kohlen billig zu beziehen sind, könne es vorteilhafter sein, das Bauholz aus fremden Ländern zu beziehen als es im Lande selbst zu bauen.?) Der Ver- kauf der Kronforste, in denen man mitunter meilenweit reisen könne, ohne auch nur einen Baum zu finden, würde große Summen Geldes einbringen, die zur Abtragung der Staatsschuld dienen und weit größere Einkünfte zur freien Verfügung stellen würden als sie jemals der Krone einbrachten. Sobald die Kronländereien in Privateigentum übergingen, seien sie in wenigen Jahren wohlkul- tiviert. Die größere Produktion würde eine größere Bevölkerung herbeiführen, indem die Einnahmen und der Verbrauch des Volkes sich vermehrten. Dadurch würden auch die Einkünfte der Krone aus den Zöllen und Verbrauchssteuern sich heben. Es möge scheinen, daß die Einkünfte, welche die Krone von den Kronländereien be- zieht, den Individuen nichts kosten; der Gesamtheit aber kostete sie gewiß mehr als irgend eine andere Einnahme von gleicher Größe, welche der Staat bezieht. Im Interesse der Gesamtheit liege es, diese Grundstücke womöglich durch öffentlichen Verkauf zu verteilen.?) Der A. Smithschen Lehre huldigten in Deutschland die maß- gebendsten Männer der Zeit, in Preußen Stein und Hardenberg, in Bayern Montgelas und Hazzi. Kurfürst Max Joseph in Bayern bekannte sich 1805 zu dem Grundsatz, daß „jede Wirtschafts-, Fabriken- und Handlungsregie nach den Erfahrungen aller Zeiten nicht für den Staat selbst geeignet ist‘‘ und König Friedrich Wilhelm von Preußen äußerte sich in einer Kabinetsordre vom 20. Januar 1808 dahin, daß die Administration der Forste durch den Staat ebenso verwerflich sei wie jene bei der Acker- und Viehwirtschaft. Der Satz des forstlichen Kameralisten Trunk: Quod communiter geritur, communiter negligitur,‘) fand bei vielen zeitgenössischen Schriftstellern rückhaltslose Zustimmung ebenso wie der Ausspruch ) Deutsch von Asher 1861. — ®) a. a. O. I, 161. — °) a.a. O. 345. *) Trunk, Neuer Plan zur allgemeinen Revolution in der bisherigen Forstökonomieverwaltung, 1902, 28. III. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. 493 Hazzis: „Nur Privateigentum ist die kräftigste Springfeder der Kultur und Industrie.“ ?) Im großen und ganzen decken sich die von den deutschen Vertretern des Staatswaldverkaufes beigebrachten Gründe mit jenen, die A. Smith in wenigen Sätzen zugunsten der Kronwaldveräußerung geltend machte. Die Betonung des privatwirtschaftlichen Gesichts- punktes fand gerade bei der Forstwirtschaft eine kräftige Unter- stützung durch den Umstand, daß die landesherrlichen Forste sich in einem viel schlechteren Zustande befanden als die durch das grundherrliche Interesse geschützten Privatforste und daß die Rein- einnahmen aus den ersteren sehr gering waren, wenn nicht gleich Null. Die Ursache hierfür erblickte man in der staatlichen Selbst- verwaltung. Das hierzu erforderliche Forstpersonal verschlinge den ganzen Ertrag und sei mehr auf sein Interesse als auf das des Landesherrn bzw. Staates bedacht. Daß die Forstbediensteten aller Grade unehrlich und bestechlich sind, galt als feststehende Tatsache.”) Die öffentliche Meinung brachte denselben schon als Vollzugsorganen der strengen Forstpolizei keine Sympathie entgegen. Und da die Freigabe der Privatwaldwirtschaft das Schlagwort der Zeit . bildete, erhoffte man vom Verkauf der Staatsforste die Auf- lösung des Forstbeamtentums und damit auch die Beseitigung der Polizeiorgane. Dieser Gedanke machte die Frage des Staatswald- verkaufes ganz besonders populär. Wie das Verlangen nach Aufgabe der Staatswaldwirtschaft und Aufhebung der Forstpolizei in dem gemeinsamen Argument wurzelte, daß nur die ungehemmte Privattätigkeit die höchsten Leistungen hervorbringe, so erwartete man von derselben auch eine dem Fort- sehritt der Landeskultur entsprechende Ausgleichung zwischen Acker- land und Forstland. Aus dem tiefen Stande der Holzpreise zog man den Schluß, daß zu viel Wald vorhanden sei. Andererseits glaubte man, daß die gewünschte Vermehrung der Bevölkerung nur auf der Grundlage einer Erweiterung des Agrikulturbodens - herbeigeführt werden könne. Die Schlußfolgerung drängte sich dann von selbst auf: Vergrößerung der landwirtschaftlichen Fläche auf Kosten des Waldes. Dies war auch der Grund, daß in Bayern und in Preußen, hier schon infolge des Landeskulturedikts von 1811, die Rodung der veräußerten Staatswaldungen ohne Ein- schränkung zugelassen wurde. In diesem Zusammenhang sind auch ») Hazzi, Die echten Ansichten usw. 1805, 405. 2) Vgl. von Justi, Staatswirtschaft II, $ 169. — Moser, Forstökonomie, 310. — Trunk, Neuer Plan usw. 8 18, 19. — Bernhardt, Geschichte I, 224. — Endres, Waldbenutzung, 194 ff. — Ferner Anmerkung 1 auf S. 221. 494 ° Staatswaldwirtschaft. die überschwenglichen Aussprüche Hazzis zu verstehen, daß durch den Verkauf und die Rodung der Staatswaldungen „eine Menge neuer Gewerbe und Fabriken aus dem Nichts hervortreten und die Bevölkerung wie durch Deukalions Hand schnell einen be- trächtlichen Zuwachs erhalten würde; Bäume würden sich in Menschen verwandeln“ und daß er an anderer Stelle ungeduldig ausruft: „Man braucht Menschen, Tätigkeit, Munterkeit, — nicht die ewige Nacht der Wälder.“ ') Indirekt spielten auch noch Gründe affektioneller Natur mit. Die vielen auf allen Staatswaldungen lastenden Forstrechte, welche auch in erster Linie die geringe Rentabilität derselben verursachten, waren nach Bestand und Umfang in eine heillose Unordnung ge- raten und führten zu ewigen Prozessen. Ferner galt es nun, mit dem alten verrotteten Jägertum zu brechen, einen auf besonderen Schulen vorgebildeten Forstbeamtenstand und Forstorganisationen zu schaffen, eine Aufgabe, die nach allen Richtungen hin auf Schwierigkeiten stieß. Diese unerfreulichen Erscheinungen mannig- fachster Art, deren Sanierung angesichts der Spannung in der äußeren und inneren Politik Deutschlands damals nicht abzusehen war, verekelten auch den konservativ denkenden Staatsmännern die Lust, für die Beibehaltung der Staatswaldungen einzutreten. Trotz aller dieser Erwägungen und Empfindungen wäre es wahrscheinlich doch nicht zu dem Verkauf von Staatswäldern ge- kommen, wenn nicht ein gebieterischer äußerer Beweggrund hin- zugetreten wäre, nämlich die finanzielle Not, in der sich Preußen und Bayern am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts befanden. In den anderen Staaten, wo dieselbe nicht in so starkem Maße hervortrat, unterblieben auch die Staatswaldverkäufe; wenigstens ist von solchen in der Literatur nichts bekannt geworden. Man berechnete, daß der Staat durch den Verkauf der Staatswaldungen nicht bloß ein großes Kapital zur Schuldentilgung erhält, sondern auch noch die Grundsteuern, Bodenzinse usw. Die so fällig werdende jährliche Rente übersteige bei weitem den bisherigen Ertrag der Staatsforste. Wenn der Verkauf in Preußen und in Bayern nicht den ur- sprünglich geplanten Umfang erreicht hat, dann ist dies nicht bloß der starken Opposition seitens der Forstleute und anderer Staats- wirte und der allmählichen Besserung der Finanzverhältnisse nach dem Befreiungskrieg zu verdanken, sondern vor allem dem Um- stande, daß es an der nötigen Zahl kapitalkräftiger Käufer fehlte. Schon der Verkauf der säkularisierten Klostergüter stieß auf ‘) Hazzi, Echte Ansichten 450, 765. III. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. 495 Schwierigkeiten. Zum Erwerb größerer Waldkomplexe hatte aber niemand Geld und Mut, auch nicht die größeren Gemeindever- bände. Durch die Idee des Staatswaldverkaufes wurde zudem der Erwerbscharakter der Waldwirtschaft diskreditiert. Übrigens zeigen die Vorgänge in Frankreich während der reichlichen Hälfte des neunzehten Jahrhunderts, daß auch in guten finanziellen Zeiten größere Waldkomplexe nur schwer an den Mann zu bringen sind. Kein Staatswaldverkauf konnte in Frankreich wegen Mangel an Abnehmern in dem geplanten Umfange realisiert werden. Und auch in Österreich wäre noch in den 50er Jahren des neunzehnten Jahrhunderts der große Staatswaldverkauf nicht gelungen, wenn die Regierung nicht in unverantwortlicher Weise den Börsenspeku- lanten den Wald zur Devastation ausgeliefert hätte. Die vollzogenen Staatswaldverkäufe der früheren Zeiten sind nicht bloß wegen der Verminderung der Waldfläche zu bedauern, sondern auch deshalb, weil dieselben zum größten Teile, „um da- mit zu räumen“, zu Schleuderpreisen nach den damaligen Preis- verhältnissen weggegeben wurden. Die Rechnung mit hohem Zins- fuß (4—5°/,) und die Anwendung der Methode des Rentierungs- wertes trugen dazu noch das ihrige bei.') Ob namhaftere Staatswaldverkäufe auch in anderen deutschen Staaten als in Preußen und Bayern vorgenommen worden sind, ist nicht bekannt. In Hessen wurde zwischen 1820 und 1840 ein Teil der Kameralwaldungen veräußert (s. S. 487). Von den Gründen späterer Schriftsteller für und gegen den staatlichen Domänenbesitz überhaupt ist ein großer Teil durch die Entwicklung der politischen Verhältnisse materiell hinfällig ge- worden, ein anderer Teil lediglich von parteipolitischen Gesichts- punkten aus zu beurteilen. Daß großer Domänenbesitz das Steuer- bewilligungsrecht der Volksvertretung beeinträchtige, die Regierung durch die Domänen einzelne Parteien und Gegenden bevorzugen könne, die vielen Beamten von der Regierung politisch ausgenutzt werden könnten, daß ferner der Staat seine fiskalischen Interessen in der Gesetzgebung und Wirtschaftspolitik in den Vordergrund stellen könne, sind Gründe, die in konstitutionellen Staaten im Hinblick auf die sich immer breiter machende Parlamentsherrschaft und auf die Freiheit der Presse heute nicht mehr als stichhaltig anerkannt werden können. Zudem ist mit der Abschaffung der Nettobudgets und der Einführung der Bruttobudgets den Volks- vertretungen auch das Bewilligungsrecht für die auf die staatlichen Erwerbsbetriebe entfallenden Ausgaben eingeräumt worden. 2) Vgl. Endres, Lehrbuch der Waldwertrechnung usw. 141. 496 ° Staatswaldwirthschaft. Eine gewisse innere Berechtigung hat dagegen der Einwand, daß ein zu großer Domanialbesitz soziale Nachteile im Gefolge haben kann.') B. Bayern. Eigene Forstrechnungen für die Kameralwaldungen wurden erst seit 1762, in welchem Jahre eine „Haupt- oder Generalkasse“ errichtet wurde, ge- führt. Bis 1789 vereinnahmten und verrechneten die Forstbediensteten die Forstgefälle selbst. Sie lieferten den Einnahmeüberschuß monatlich an die damaligen „Rentämter“ ab und diese führten denselben der Generalkasse zu. Von 1789 ab wurde die Perzeption den Kastenbeamten übertragen, an deren Stelle 1802 die jetzigen Rentämter traten. Richtige und detaillierte Nach- weisungen über Einnahmen und Ausgaben enthalten erst die 1796 einge- führten „Forstwirtschaftsbücher“.?) Von 1765—1772 ergaben die bayerischen Staatswaldungen einen Durch- schnittsertrag von 49314 fl. Davon sind aber nicht alle Personalkosten in Abzug gebracht, da das niedere Personal (Jäger, Forstaufseher usw.) meist von den Kastenämtern besoldet wurden. Legt man eine Fläche von 201000 ha zu grunde, dann entfallen auf das Hektar nicht ganz 15 Kreuzer (— 42 Pf.). — Die landesherrlichen Holzgärten, welche zur Regulierung des Holzhandels errichtet worden waren, brachten von 1764—1776 einen Verlust von 11413 Al. Im Jahre 1771 allein betrug der Verlust 26377 f.?) Der „reine Forstertrag“ der auf 590401 Tagw. = 201327 hat) geschätzten Staatswaldungen war in Gulden: 1796 124411 17938 131102 1800 130741 1797 134680 1799 142242 1801 150077 und im Durchschnitt des Zeitraumes 1796—1801 135542 A., d. s. pro Hektar 40!/, Kreuzer (— 1,15 M.). Die Roheinnahme betrug 1796 209625 Al., 1801 303911 fl. Auf die Aus- gaben entfielen hiervon 1796 40,7 °/,, 1801 50,6 °/,. Für Kulturen wurden 1796 553 M., 1801 2638 fl. ausgegeben.) Die Reineinnahmen wurden durch den geringen und Fehlertrag der Ge- birgsforsten wesentlich herabgemindert. Das Forstmeistereiamt Miesbach trug 1796 bei einer Fläche von 34000 ha nur 1653 fl., das Forstamt Peißenberg mit 42000 ha 479 fl., das Forstamt Zwiesel mit 31000 ha 3575 fl. Diese drei Ämter mit einer Gesamtfläche von 107000 ha = 53°/, der Gesamtstaatswald- !) Eine detaillierte Aufzählung der Gründe, welche von den einzelnen Schriftstellern für und gegen den Staatswaldbesitz ins Feld geführt wurden, findet sich bei Lehr, Forstpolitik im Handb. d. Forstw. 2. Aufl. IV, 419 ff.; Leo in Suppl. zur Monatschrift für Forst- und Jagdwesen, 3. Heft 1870; U. Müller, Über Staatswaldveräußerungen, Dissert. Tübingen 1894. — Auch Wagner, Finanzwissenschaft, 3. Aufl., I, 571 ff. ?®) (Kreittmayr) Sammlung 1771, 115. — Mayr, Sammiung 1784, 348, 451; 1797, 181. — Hazzi, Echte Ansichten I, 49. — Rottmanner, Not- wendige Kenntnisse usw. 14, 469, 473, 477 ff. — Grünberger, Einige An- sichten von dem Forstwesen in Bayern, 1805, 27. ?) Neueste Staatskunde von Deutschland, 2. Stück, Bayern 1784, 4 ff. — Moser, Forstarchiv, III, 359. ‘) Flächenangaben : 576944 Tagw. i. J. 1796 nach Hazzi, 590401 Tagw. i. J. 1799 nach Hazzi, 572754 Tagw.i.J. 1799 nach Grünberger (vgl. S. 27). °, Hazzi, Echte Ansichten 462 ff. III. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. 497 fläche lieferten somit etwas über 3 Kreuzer pro Hektar. Das Forstamt Aibling hatte von 1793—1802 einen Fehlbetrag von 5550 fl.!) Die Ursache der geringen Rentabilität lag einmal in den niedrigen Holz- preisen und dann in der Überlastung der Waldungen mit Forstrechten aller Art. Die Holzpreise wurden gerade um das Jahr 1800 dadurch ungünstig beeinflußt, daß infolge der Gemeindewaldteilungen viel Wald gerodet wurde und die Klöster und Stifte in Voraussicht der kommenden Säkularisation be- trächtliche Holzhiebe machten. Auch die Privaten benützten den freieren forstpolizeilichen Zug der Zeit zu namhaften Holzverkäufen. Die Holzberech- tigungen waren so umfangreich, daß zur Befriedigung derselben der jährliche Ertrag von 52°/, der Staatswaldfläche verwendet werden mußte und nur der Ertrag von 48°,, der Fläche zur freien Verfügung der landesherrlichen Kasse übrigblieb.) Dadurch wurden natürlich in den dünn bevölkerten Ge- genden die Holzpreise auf minimale Sätze herabgedrückt und in entlegeneren Forsten war ein großer Teil des Holzes überhaupt nicht verwertbar. Durch diese ungünstigen Ertragsverhältnisse der bayerischen Staatswaldungen wurde die Idee der Veräußerung wesentlich ge- fördert. Der eigentliche Träger derselben war Hazzi.?) Sowohl in dem (Ansbacher) Hausvertrag von 1796 wie in der Domanial-Fideikommißpragmatik von 1804 und in der Konstitution !) Hazzi 462, 630. 2) Grünberger, Einige Ansichten 29, 15. — Hazzi 155, 336. ®) Joseph von Hazzi (geb. 1768 in Abensberg in Niederbayern als Sohn eines Maurermeisters, gest. 1845 auf seinem Gute Ölkofen in Oberbayern) trat als Jurist um 1794 in das Departement für Forstwesen ein, wurde 1799 Generallandesdirektionsrat, stellte sich 1806 auf Antrag Napoleons dem Groß- herzog Murat von Berg behufs Einführung der französischen Institutionen in Deutschland zur Verfügung und nahm seinen Wohnsitz als Polizeidirektor in Berlin, als Staatsrat in Düsseldorf und zuletzt (bis 1811) in Paris. Nach Deutschland zurückgekehrt fand er 1213 Anstellung bei der Staatsschulden- liquidation und später (geadelt) als Staatsrat bei der Landesbaukommission und bei dem landeswirtschaftlichen Verein, den er reorganisierte. Im Jahre 1837 zog er sich als Privatmann auf sein Gut Ölkofen zurück. (Nach Hess, Lebensbilder hervorragender Forstmänner usw. 1885. — Vgl. Leisewitz in Allg. deutsche Biographie XI (1880), 165, Augsburger Allgemeine Zeitung 1845 Nr. 146.) Von seinen zahlreichen Schriften seien hier hervorgehoben: Die echten Ansichten der Waldungen und Förste; gegenwärtig über das Zweckwidrige und Ungerechte des Forstregals oder der Forstpolizey mit Vorschlägen der nothwendigen Reformen. München 1805 (abgeschlossen am 8. August 1804). Hierzu erschien 1805 noch ein zweiter, in der Nume- rierung der Seiten fortlaufender Band (abgeschlossen am 4. April 1805) unter dem Titel: Die echten Ansichten der Waldungen und Förste; gegenwärtig über das Gemeinschädliche der Beybehaltung der Staatsförste oder der sog. Kammeralforstregie, mit dem Detail der baierischen Kammeralforststatistik zur Beleuchtung der Kammeralforststatistik im Allgemeinen. Statistische Aufschlüsse über das Herzogtum Baiern, aus ächten Quellen geschöpft. 4 Bde. 1801—1808. Ueber das Rechtliche und Gemeinnützige bei Cultur und Abthei- lung der Weiden und Gemeindewaldungen in Baiern. 1802, Endres, Forstpolitik. 32 498 - Staatswaldwirtschaft. von 1808 wurde zwar die Unveräußerlichkeit der Domanialgüter zum Grundsatz erhoben. Allein derselbe wurde sofort wieder durchbrochen, indem von dem Veräußerungsverbot diejenigen Staats- und Hausfideikommißgüter ausgenommen wurden, deren Verkauf zur „Beförderung der Landeskultur‘‘ (1796) und ‚nach Grundsätzen der Staatswirtschaft und einer zweckmäßigen Verwaltung‘ (1804) wünschenswert war. Durch V. vom 25. August 1798 wurde die Hofkammer zur Abgabe eines Gutachtens veranlaßt, ob kleinere von den Hauptforsten abgesonderte Walddistrikte nicht zu Forst- rechtsablösungen verwendet oder auf Erbrecht verkauft oder zur Arrondierung vertauscht werden könnten. Diese V. wurde unterm 8. Juni 1801 wiederholt. Die große Finanznot des Staates!) infolge des Krieges mit Frankreich und der Niederlage der Verbündeten (Lüneviller Frieden 1801) zwang den Kurfürsten Max Joseph, durch Reskript vom 18. Juni 1802 der Generallandesdirektion den Auftrag zur Be- schaffung neuer Geldquellen zu erteilen. Hazzi ergriff nun die Gelegenheit, seine schon seit 1794 gehegte Idee vom Staatswald- verkauf zur Tat werden zu lassen. „Dergleichen Regien erziehen dem Staate nur lästige Söldlinge, die selbst den Ertrag der Wälder verzehren“, war sein Argument. Andererseits berechnete er den Erlös aus dem Verkauf aller Staatswaldungen einschließlich der säkularisierten Klosterwaldungen im Umfange von rund 1 Mill. Tagw. auf 25 Mill. fl. und hieraus eine jährliche Rente von 1 Mill. fi. Hierzu komme noch der jährliche Bodenzins und die Steuer von je '/;°/o. Dies erhalte der Staat ohne die „mindesten Perzeptions- kosten“. Hazzi versprach nun, durch den Verkauf von Staats- waldungen binnen sechs Wochen 200000 fl. in die Staatskasse zu liefern. Dieser Plan wurde sofort genehmigt und Hazzi zum Kommissär dieses Geschäftes ernannt.’) Unterm 7. September 1802 wurden die Verkaufsbedingungen bekannt gegeben: Öffentliche Versteigerung; die betr. Flächen gehen in das freie Eigentum des Käufers über und können gerodet werden. Außer der Steuer und dem Fouragebeitrag®) ist von der gekauften Fläche noch ein jähr- licher Bodenzins von /,°/, des Kaufschillings zu entrichten. Die Hälfte desselben war sogleich, der Rest später ('/, Jahr) zu erlegen. Bis zum Ende des Jahres 1803 wurden 12 728 Tagw. — 4340 ha für 484349 fl. verkauft (pro ha 190 M.). Hazzi wollte nun noch 1) Vgl. die Schilderung bei Rudhart, Über den Zustand usw., III, 1827, 1 #f. ®) Hazzi, Die echten Ansichten usw. 422 ff., 474 ff. ») Fouragebeitrag war eine jährliche Geldleistung der Höfe und einzelnen Grundstücke an Stelle der Naturalverpflegung des Militärs. III. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. 499 weitere 26 626 Tagw. verkaufen und garantierte dafür 1 Mill. fi. Erlös. Inzwischen wurden aber durch die Säkularisation der Klöster und Stifte, die schon vor dem Reichsdeputationshauptschluß von 1803 begonnen worden war, neue Geldquellen, wenn auch nicht in dem erhofften Maße, erschlossen und auch die Opposition gegen den Staatswaldverkauf, namentlich seitens der Forstbediensteten, hatte die Oberhand gewonnen.‘) Hazzi wurde nach seiner eigenen Angabe „ganz von diesem Geschäfte entfernt und eine neue Forst- organisation (1803) hob das neue zahlreiche Forstpersonal im Triumphe auf den alten Thron“. In seinem Rechtfertigungsbericht vom 22. August 1804 beklagt er sich, daß „die Sache auf einmal eine andere Wendung gewann und die vorigen so glänzenden Be- lobungsdekrete sich in Undank gegen ihn verwandelt haben“. „Das so glänzend neue, zahlreiche Forstpersonal wird eher auf noch so viele Wälder im Lande trachten müssen, um auf Unkosten des Staats ... lebend zu bleiben.“ Er hofft, daß die Zeit der guten Sache und ihm Gerechtigkeit verschaffen werde. Damit be- hielt Hazzi insofern Recht, als schon im folgenden Jahre der Verkaufsplan wieder aufgegriffen wurde. Durch kurfürstliches Reskript vom 26. April 1805 (gegenge- zeichnet von Montgelas) wurde verordnet, daß alle Staatswal- dungen in allen Provinzen an Private veräußert werden sollen, ausgenommen diejenigen, a) welche zur Purifikation (von Forstrechten) der zu veräußernden Waldungen notwendig sind; b) welche für den Betrieb der Salinen und Triftanstalten sowie der landesfürstlichen Berg- und Hüttenwerke und Gewerkschaften erforderlich sind; e) welche vorzüglich gut und arrondiert gelegen sind und nebst diesen vorteilhaft und mit gut lohnendem Gewinne bewirt- schaftet und benutzt werden können; d) welche zur Faschinengewinnung für Wasserbauten nötig sind. Holz zum Wasser-, Brücken- und Schiffbau kaufe man zweck- mäßiger von Privaten, daher sei für dasselbe weniger zu sorgen. Diese Maßregeln werden in folgender Weise motiviert: Durch das Hinzutreten der neuen Provinzen und die Säkularisation der Stifte und Klöster sei der Umfang der Staatswaldungen zu groß geworden. Ihre Bewirtschaftung sei zu kostspielig und könne „nieht gehörig übersehen werden“. Staats- und Privatwaldungen zusammen seien durch ihre Masse „der Kultur und Population 1) Gegen den Staatswaldverkauf war auch die Schrift von Grünberger, Einige Ansichten vom Forstwesen in Bayern, 1805, gerichtet. 32* 7,0) A Staatswaldwirtschaft. hindernd“. Weil zu viel Holz da sei, habe dasselbe keinen Wert und müsse in großen Mengen verwesen. Solange das Holz so billig sei, verwende niemand Torf und Steinkohlen. Selbst in der Nähe von München rentiere sich kein Holzgrund. Weil die Privatwal- dungen besser bestockt seien wie die Staatswaldungen, sei be- wiesen, daß die „eigene Regie des Staates“ nichts tauge. Durch den Verkauf der Staatswaldungen würde ein Teil in Feld und Wiese umgewandelt werden, dadurch würden die in den Gegenden dieser Waldungen häufigeren Hagelgewitter vermindert und, indem ein milderes Klima herbeigeführt werde, die wegen dieser Wal- dungen gegen die Kulturfähigkeit der Gebirgsgegenden gemachten Einwendungen beseitigt. Wenn der Käufer den Wald rodet, was ihm freisteht, muß er den Boden landwirtschaftlich kultivieren. Das Eigentum ist zehentfrei, und „ohne min- desten Hoffußverband“; nur bodenzinspflichtig wird es. Es untersteht der staatlichen Gerichtsbarkeit. Bleibt es Wald, dann ist die „Landsteuer“ sogleich zu entrichten. Wird es aber „gerodet und in Kultur gesetzt“, dann bleibt es 10 Jahre steuerfrei, ausgenommen der Bodenzins. Der Verkauf ge- schieht in Parzellen zu mindestens 30 Tagw. (= 10,2 ha) durch Versteigerung; wenn nötig auch in größeren Stücken. Von dem Kaufpreis ist !/, bar, !/, innerhalb 3 Jahre unter Verzinsung mit 4°), zu bezahlen. Die übrige Hälfte bleibt ständig auf dem Grundstück liegen und wird hierauf der Boden- zins (4°/,) in Korn radiziert (Ewiggeld). Das zweite Viertel kann aber auch in eine ewige Rente („Untertansrenten“) verwandelt werden. Die Zahlungsbedingungen wurden durch V. v. 30. Septbr. 1811 dahin abgeändert, daß unter Abschaffung der Bestellung von Bodenzinsen die Hälfte des Kaufpreises bar, die andere Hälfte in Kassentratten oder in Staatsobliga- tionen oder in jährlichen Fristen mit 4°/, Zins entrichtet werden mußte. Infolge dieser Verordnungen wurden von 1805 bis 1818 noch beträchtliche Staatswaldflächen verkauft. Eine ziffernmäßige An- gabe hierüber fehlt. Da beim Zusammentritt des ersten Landtages für 1818/19 das jährliche Defizit über 2 Mill. fl. und die Staats- schuld 106 Mill. fl. betrug, fand im Jahre 1819 der Beschluß beider Kammern die königliche Bestätigung, daß der Verkauf der Staatsrealitäten und vorzüglich der entbehrlichen Staatswaldungen in einem Betrage von 4 Mill. fl. während der nächsten sechs Jahre als Schuldentilgungsmittel vorgenommen werden solle. Demgemäß wurde der Verkauf von 140469 Tagw. = 47900 ha vorgesehen. In den vier Jahren 1819—23 sind 24997 Tagw. —= 8525 ha um 1090484 fl. veräußert worden,') von 1823—1830 weitere Flächen um ca. 1 Mill. fl. Im ganzen wurden von 1819—1831 rund 17000 ha verkauft. Im Jahre 1828 stellte die Abgeordnetenkammer einen Antrag ‘) Der Finanzminister erklärte 1822 in der Kammer, zum Verkauf und zur Forstrechtsablösung seien 150469 Tagw. bestimmt. III. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. 501 auf Einstellung des Verkaufes in den waldarmen Gegenden; die Reichsratskammer stimmte jedoch diesem Antrage nicht zu. Im Jahre 1837 wurde dann seitens des Landtages der Wunsch aus- gesprochen, daß Staatsrealitätenverkäufe nur in begründeten Fällen vorgenommen werden sollen. Vom Jahre 1832 ab war man bereits wieder auf die Vergrößerung der Staatswaldfläche bedacht. Den von da ab erfolgten Verkäufen stehen Neuerwerbungen in gleichem und noch größerem Umfange gegenüber.') Anfangs der 1860er Jahre wurde im Landtag darauf hingewiesen, daß die Forstver- waltung daran sei, in der Erweiterung des Staatsforstbesitzes das geeignete Maß zu überschreiten. Das geltende Recht ist folgendes. Nach dem Sinne der Verfassungsurkunde vom 26. Mai 1818 soll das staatliche Finanz- vermögen (werbende Staatsvermögen) nicht ohne Ersatz veräußert werden, damit „die Staatseinkünfte nicht geschmälert werden“. Die Bestimmungen, welche im dritten Teile der Verfassungsurkunde „von dem Staatsgute‘‘ handeln, sind indessen sehr unklar gefaßt und „gehören zu den wenigst gelungenen dieses Gesetzgebungs- werkes“. Indem die in der Pragmatik von 1804 enthaltenen Be- stimmungen kritiklos in die Verfassung von 1818 herübergenommen wurden, sind die Begriffe von Staatshoheit und Staatsvermögen mit- einander vermengt worden und die Vorschriften über die Ver- äußerungen von Staatsgut nicht scharf genug präzisiert.”) Für die Frage des Staatswaldverkaufes kommen folgende Paragraphen des dritten Titels in Betracht: $ 3. „Sämtliche Bestandteile des Staatsgutes sind .... auf ewig unveräußerlich, vorbehaltlich der unten folgenden Modifi- kationen.“ $6. „Unter dem Veräußerungsverbote sind nicht begriffen: 1. Alle Staatshandlungen des Monarchen, welche innerhalb der Grenzen des ihm zustehenden Regierungsrechtes (?) nach dem Zwecke und zur Wohlfahrt des Staates mit Auswärtigen oder mit Untertanen im Lande über Stamm- und Staatsgüter vorgenommen werden; insbesondere was 2. an einzelnen Gütern und Gefällen zur Beendigung eines anhängigen Rechtsstreites gegen Erhaltung oder Erlangung anderer Güter, Renten oder Rechte, oder zur Grenzberichtigung mit be- nachbarten Staaten, gegen andern angemessenen Ersatz abgetreten wird; 3. was gegen andere Realitäten und Rechte von gleichem Werte vertauscht wird; 1) Die Forstverwaltung Bayerns, 1861, 210 #. — Rudhart a. a. O. III, 43. 2) Seydel II, 376 £f. 502 . Staatswaldwirtschaft. 4. alle einzelnen Veräußerungen oder Veränderungen, welche bei den Staatsgütern dem Staatszwecke gemäß und infolge der bereits erlassenen Vorschriften nach richtigen Grundsätzen der fortschreitenden Staatswirtschaft, zur Beförderung der Landeskultur und sonst zur Wohlfahrt des Landes oder zum Besten des Staats- ärars und zur Aufhebung einer nachteiligen Selbstverwaltung für gut befunden werden.“ Das Recht zur Veräußerung von Staatsgut in jenen Fällen, welche Titel III, $ 6 der Verfassungsurkunde in Ziffer 2—4 aus- drücklich nennt, steht dem König zu. Die Zustimmung des Land- tages ist nicht erforderlich.') Die Erlöse aus veräußerten Staats- gütern sind keine laufenden Staatseinnahmen, sondern fließen in den „Staatsgüterkaufschillingfonds“. Sie sind hauptsächlich zur Erwerbung anderer Staatsgüter und zur Ablösung von Lasten, welche auf Staatsgütern ruhen, zu verwenden. Zu Neuerwerbungen ist königliche Genehmigung erforderlich. Ein verfassungsmäßiges Mitwirkungsrecht in bezug auf diese Verwendung kommt dem Landtage nicht zu. Derselbe kann in dieser Hinsicht nur Wünsche und Anträge an die Krone richten und falls er eine Verletzung der verfassungsmäßigen Bestimmungen für gegeben erachtet, Be- schwerde oder Ministeranklage erheben. Mit Rücksicht darauf erhält der Landtag jedesmal bei seinem Zusammentritte ein Ver- zeichnis über die vollzogenen Veräußerungen von Staatsgütern zur Kenntnisnahme mitgeteilt.”) C. Preußen. Durch das Edikt v. 13. Aug. 1713 wurde jede Veräußerung der „Domanial-, Kammer- und Tafelgüter“ verboten. Das ALR. hielt jedoch an dem starren Verbot der Domänenveräußerung nicht mehr fest, wenn „der Staat dagegen auf andere Art schadlos ge- halten“ wird (II, 14, $16). Entschieden gebrochen mit dem Prin- zip der Unveräußerlichkeit wurde dann durch das mittels Ediktes v. 6. Nov. 1809 als Gesetz publizierte Hausgesetz v. 17. Dez. 1808, nachdem die durch den Tilsiter Frieden dem auf die Hälfte seines Umfanges reduzierten preußischen Staate auferlegte Kontribution (120 Mill. Franks) sowie die Kosten der Unterhaltung der französi- schen Okkupationsarmee und die Wiederherstellung der Kriegs- schäden durch andere Finanzquellen nicht beglichen werden konn- ten. Dieses „Edikt und Hausgesetz“, welches heute noch zu Recht besteht, erklärte die Veräußerung von Domänen für zulässig, so- !) Seydel II, 381. 2) Seydel II, 389, — Bezüglich der Kompetenz des Finanzministeriums s. Hock III, 462 ff. III. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. 503 weit sie „die Bedürfnisse des Staates und die Anwendung einer verständigen Staatswirtschaft“ für vorteilhaft erscheinen lassen. Das gleiche Edikt kündigte auch die Säkularisation der geistlichen Güter an.!) Durch V. v. 9. März 1819 wurden die Bestimmungen des Hausgesetzes von 1808/9 auch auf die Domänen der infolge der Freiheitskriege neu- und wiedererworbenen Landesteile aus- gedehnt. Nach der Verfassungsurkunde v. 31. Jan. 1850 ist zwar eine einseitige Disposition des Landesherrn über die Substanz der Do- mänen ohne Mitwirkung der Landesvertretung ausgeschlossen, eine ausdrückliche Genehmigung des Landtages zu der einzelnen Ver- äußerung findet jedoch nicht statt. Die verfassungsmäßige Mit- wirkung des Landtages beschränkt sich auf die Genehmigung des den Erlös aus den Domänenveräußerungen als Einnahmeposition enthaltenden Staatshaushaltsetats und auf die Prüfung der Etats- rechnungen. °) Über die Geschichte der früheren Staatswaldverkäufe ist Ausführliches noch nicht veröffentlicht worden. Der Boden für die A. Smithschen Lehren wurde in Preußen durch den Professor an der Universität Königsberg Chr. J. Kraus geebnet.?) Sowohl in seinen akademischen Vorträgen wie in seinen zahlreichen Schrif- ten trat er energisch für den Smithianismus ein und deshalb auch für die Veräußerung der Domänen. Durch ihn wurde das maß- gebende preußische Beamtentum von der neuen Lehre erfüllt. Die Veranlassung zu den Staatswaldverkäufen war aber auch hier die große Finanznot des Staates einerseits und der geringe Ertrag dieser Forste andererseits. Krug berechnete 1805, daß die Staats- forste nur 8 Groschen pro Morgen trugen und nach einem Bericht des Staatsrates Krause von 1810 ergab sich eine Nettorente von 2 Groschen 1 Pfg. pro Morgen und mit Hinzurechnung des frei abgegebenen Rechtsholzes von etwa 4 Groschen. Auf eine schon 1807 (durch den Domänenrat von Balthasar) gegen die von Stein kundgegebene Absicht des Domänenverkaufes an den König ge- richtete Vorstellung antwortete dieser in einer Kabinettsordre vom 20. Jan. 1808, daß Erfahrung und Theorie dem Vorschlage auf Bei- behaltung der Staatsforste entgegenständen und daß die Klage über Holzmangel sich verlieren werde, sobald die große mit Holz nicht bewachsene Holzfläche Privateigentum werde. Nach einer 1) Strutz 12£. 2) Strutz 21 und Staatshaushaltungsgesetz vom 1. Mai 1898. 3) Von 1780—1807 Professor in Königsberg. Von seinen Werken sei hier genannt „Staatswirtschaft“. Nach seinem Tode herausgegeben von von Auers- wald (1808—181]). 504 . Staatswaldwirtschaft. Instruktion v. 25. Okt. 1810 sollten von der Veräußerung aus- geschlossen werden „sehr große Forste, Strandforste zum Schutze gegen Versandungen, Forste, die sich an Strömen zu gleichen Zwecken befinden, Forste, welche dem Staate zur Erhaltung wich- tiger Fabriken oder anderer Zwecke wichtig sind.“ Diese von Hardenberg gegengezeichnete Instruktion fand lebhaften Wider- spruch, namentlich bei den Forstbeamten. Jedoch wurde die Ver- äußerung der Domänen durch weitere Edikte v. 1810 u. 1811 und durch das Staatsschuldengesetz v. 1820 wiederholt ausgesprochen. Welchen Umfang dieselbe annahm, ist nicht bekannt. Namentlich soll G. L. Hartig, der 1811 technischer Chef der preußischen Forstverwaltung geworden war, seinen Einfluß gegen die Staatswaldverkäufe geltend gemacht haben.') Jedenfalls ist bemerkenswert, daß schon die Instruktion für die Regierungen v. 23. Okt. 1817 möglichste Erhaltung und Ver- mehrung der Staatseinkünfte aus dem Domänenbesitz will. Nach Strutz (a. a. O. 22) wurden aus Domänen- und Forstverkäufen ver- einnahmt von 1806—1815 25318000 Taler (hiervon vom 7. Januar 1309 bis 1. Juni 1813 8182000 Tir.), von 1815—19 unbekannt, 13820—33 23818000 Tir., 1835—48 20742000 Tir., 1843—62 20700000 Tir., 1863—66 8895000 Mark. — Nach Bernhardt (III, 55) wurden 1820—30 269089 ha Forste verkauft. D. Österreich. In keinem anderen Staate wurde die Staatswaldfläche durch Verkauf und Forstrechtsablösungen in dem Maße vermindert wie in Österreich. Die Ursache lag auch hier in den geringen Erträgen der Staatsforste, die mit Servituten überlastet und vor der Ent- wicklung des internationalen Holzhandels zum größten Teil für den Verkehr nicht aufgeschlossen waren. Die Verkäufe setzten ebenfalls mit dem Anfange des 19. Jahrhunderts ein und wurden von da ab in immer steigendem Maße betrieben und zwar bis zum Jahre‘ 1872. Die Fläche der Staatsforste am Anfang des 19. Jahrhunderts ist nicht bekannt. Die Fläche der Staatsgüter (Forste und Domänen) betrug um das Jahr 1800 3304800 ha, die der Fondsgüter 641 700 ha, der in Verwaltung des Staates befindliche Besitz somit zusammen 3946500 ha. Diese Fläche verminderte sich wie folgt: Prozent Era der en Fondsgüter 1800 3946 500 ha 18,1 641 700 1835 3352500 „ 11,2 384 700 ‘) Bernhardt, Gesch. des Waldeigentums usw. II, 246 ff.; III, 65. 1 m Al U u Un III. Veräußerlichkeit der Staatwaldungen. 505 Prozent a Are ea ee 1850 2144500 ha Zip 372400 1860 2045000 „ 6,8 367 000 1865 1964000 „ 6,5 366 300 1870 1625500 „ 5,4 395 400 1875 13617100°, 4,5 341 100 1880 1353400 „ 4,5 337 400 1882 1343000 „ 4,5 333 200 1884 1355000 „ 4,5 333 700 Im Jahre 1855 umfaßten die Staatsforste allein noch 1290500 ha, im Jahre 1885 634408 ha. Diese Flächenabnahme um rund 50°/, ist fast ausschließlich auf die im Jahre 1855 eingeleitete Verkaufs- aktion zurückzuführen. Es wurden der österreichischen National- bank im ganzen 660000 ha Staatsgüter mit einem Schätzungswerte von 156,6 Mill. fl. verpfändet, damit sich die Bank durch den Verkauf derselben für die Forderung, welche sie an den Staat hatte, bezahlt mache. Dies tat die Bank und gab den Rest an den Staat zurück. Durch G. von 1868 kamen dann weitere Liegen- schaften im Werte von 16,8 Mill. fl. zur Veräußerung; ausgeschlossen hiervon wurden die Schutzwaldungen und die für den Betrieb der Salinen und Bergwerke nötigen Waldungen.') Die Ära der großen Staatswaldverkäufe wurde erst beendet, als im Jahre 1872 die Verwaltung der Staats- und Fondsforste vom Finanzministerium losgetrennt und dem Ackerbauministerium übertragen wurde. Von daab erlitt die Staatswaldfläche nur noch eine Einbuße durch Verkäufe zwecks Arrondierung und durch not- wendige Forstrechtsablösungen. Nach Schindler wurden verkauft ha um Mill. fl. d.s.pro ha Staatsgüter 1800—1870 833 472 54,8 65,6 fl. Fondsgüter 1800— 1877 300 371 28,4 94,7 „ Zusammen 1800—1877 1133843 83,2 73,41. Von 1800—1855 wurden an Staats- und Fondsgütern verkauft 716243 ha um 39,6 Mill. fl., von 1856—1877 417600 ha um 43,6 Mill. fi. In Böhmen betrug 1800 der Staatswaldbesitz 80008 ha, der Fondswald- besitz 54778 ha. Ersterer wurde von 1809 ab, letzterer von 1800 ab sukzessive verkauft, vom Staatswald noch von 1860—68 eine sehr bedeutende Fläche. Im Jahre 1885 waren noch 6145 ha Staatswaldungen (1900 6228 ha) und 1791 ha 2) Schindler, Die Forste der in Verwaltung des k.k. Ackerbauministe- riums stehenden Staats- und Fondsgüter, I, 1885, 40 ff. 506 - Staatswaldwirtschaft. Fondswaldungen (1900 4674 ha) übrig. — In Galizien betrug 1845 der Staats- und Fondswaldbesitz 434104 ha, 1885 218586 ha, 1900 290473 ha. Der Ver- kauf begann 1801 und wurde bis 1870 regelmäßig fortgesetzt. — In ähnlicher Weise verminderten sich die Staats- und Fondswaldflächen durch Verkauf, ab- gesehen von der Forstrechtsablösung, in allen anderen Kronländern, die Staats- waldungen am stärksten in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts, die Fonds- waldungen von 1800—40.') Die großen Verkäufe in den 60er Jahren erfolgten an Geld- und Ak. tiengesellschaften. Die Spekulanten Simundt und Kirchmayer hatten z.B. 1868 über 150000 ha Staats- und Fondsgüter um 12,4 Mill. fl. erworben, Den wertvollsten Teil stießen sie an den bekannten Spekulanten Strousberg (Baruch Hirsch Strausberg) ab, den Rest übernahm um 7 Mill. fl. die 1869 begründete „Handelsgesellschaft für Forstprodukte“. Diese wurde 1870 ban- kerott und ihre Erbschaft trat der „Waldindustrieverein“ mit einem Aktien- kapital von 5 Mill. fl. an. Im Jahre 1888 befand sich der größte Teil dieser Güter in Händen der Firma Johann Liebieg et Compagnie, ein anderer Teil ist an die Familie Colloredo-Mannsfeld übergegangen. — Eine zweite forstliche Aktiengesellschaft war jene „für Forstindustrie“* mit ca. 28000 ha; sie konnte sich gleichfalls nicht halten, ihre Güter gingen 1875 an Roth- schild über. — Als drittes Unternehmen wurde die „Innerberger Haupt- gewerkschaft“, nachmals „Alpine Montangesellschaft“, 1872 gegründet mit 70000 ha Grundbesitz; die Forste desselben kamen in den Besitz des Kaisers, des Religionsfonds und des Landes Steiermark. Dimitz erkennt an, daß diese Unternehmungen für die Aufschließung der Waldungen und zum Teil auch für die Waldpflege Vorzügliches geleistet haben. „Ihr Schicksal ist aber doch nur ein Beleg dafür, daß die Waldwirtschaft ihrer ganzen Natur und Eigenart nach sich mit den Zielen von Geld- und Aktieninstituten nicht in Einklang bringen läßt.“ ?) Noch in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts erfolgte die Wertsberech- nung der zum Verkaufe gestellten Waldungen nach der Methode des Rentie- rungswertes unter Zugrundelegung eines Zinsfußes von 5°,! Die Käufer hatten einen um so größeren Vorteil, als die Waldungen meist sehr wertvolle Holzvorratsüberschüsse enthielten (von Guttenberg, Ö. V. 1894, 336). Vom Jahre 1885 an begann die Vergrößerung der Staatswald- fläche durch Ankauf verschiedener Forste, so daß dieselbe bis zum Jahre 1900 wieder auf 717195 ha gebracht wurde. Auch die Fläche der Fondsforste hat auf diesem Wege einen ansehnlichen Zuwachs erfahren, die der Staats- und Fondsforste zusammen von 1885— 1899 um 148000 ha (Staatsforste 76 736, Fondsforste 71239ha).?) E. Frankreich. 1. In Frankreich fand die Scheidung zwischen dem Domanium des Staates und der Krone schon frühzeitig statt. Einen bedeutenden Teil desselben machten die Forste aus, bei deren Verwaltung aber irgend ein Unterschied zwischen Staats- und Kronwaldungen nicht ') Detaillierter Nachweis bei Schindler, I, 42 ff. ®2) Dimitz in Österreichs Forstwesen 1848—1888, Wien 1890, 69. 3) Näheres in Gesch. d. österr. Land- u. Forstwirtschaft, IV, 1899, 29. III. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. 507 hervortrat. Schon nach der ‚„ÖOrdonnance de Moulins‘‘ von 1566 und der FO. von 1669 wurde das Domanium des Staates und der Krone für unveräußerlich erklärt. Nur für die Apanagierung der Nachgeborenen des Königs und für die Bedürfnisse des Krieges wurden ausnahmsweise Verkäufe zugelassen. Da das Rückkaufs- recht ausbedungen werden mußte, handelte es sich mehr um eine Verpfändung (engagement, engagiste). 2. Diese konservativen Prinzipien hielten während und nach der Revolution nicht mehr Stand. Schon Mirabeau und andere regten noch vor Ausbruch der Revolution den Verkauf der Staats- waldungen an. Neben den Gründen finanzieller Natur spielte auch hier, wie in Deutschland, der Haß gegen die Forstbeamten und gegen die Forstpolizei eine große Rolle. Die Staatsdomänen wurden durch Einziehung der Güter der Geist- lichkeit und durch die Konfiskation der Güter der ausgewanderten Grundeigentümer (Emigranten) bedeutend vermehrt.') Im Oktober 1789 wurde beschlossen, dieselben zu verkaufen. Man schätzte den Wert der Güter der Geistlichkeit allein auf drei Milliarden Franks. Ein Dekret vom 9. Dezember 1789 ordnete an, zunächst für 400 Millionen solcher Güter zu veräußern. Durch Dekret vom 19./21. Dezember 1789 verordnete die Nationalversammlung den Verkauf der Krondomänen, nahm von dem Verkauf aber ausdrücklich die Staatsforste (for&ts domaniales) aus, die für unveräußerlich erklärt wurden. Durch Dekret vom 9. Mai 1790 wurde dann der Verkauf aller Domanialgüter ohne Ausnahme beschlossen. Aber schon durch das Dekret vom 9./25. Juli 1790 wurde zugunsten der Forste eine Ausnahme gemacht: „Alle Nationaldomänen, ausgenommen jene, deren Nutzgenuß dem König vorbehalten worden ist und ausgenommen die Forste, für welche ein besonderes Dekret errichtet werden wird, können kraft dieses Dekretes veräußert werden.“ Dieses besondere Dekret erschien am 6./23. August 1790 und bestimmte folgendes: Art. 1: „Die Hauptmasse der Hölzer und Staatsforste sind und bleiben ausgenommen von dem Verkauf und der Veräußerung des Nationalgutes.‘‘ Art. 2: „Alle boqueteaux (kleine Holzungen) und alle Staatswaldparzellen, welche ganz isoliert und von anderen großen Waldkomplexen 1000 toises (1949 m) ent- fernt sind, nicht die Kosten des Forstschutzes einbringen und nicht notwendig sind zur Sicherung der Ufer der Ströme, Wildbäche 1) Das Komitee für Veräußerung der Nationalgüter schätzte die vor Be- ginn der revolutionären Verschiebung vorhandene Fläche der Staats- und Kronwaldungen auf 1669000 ha, der geistlichen Waldungen auf 1101100 ha, der Privatwaldungen auf 3780000 ha, zusammen also auf 6550100 ha. 508 Staatswaldwirtschaft. und Flüsse (fleuves, torrents et rivieres), können verkauft und ver- äußert werden nach den vorgeschriebenen Bestimmungen, voraus- gesetzt, daß sie keinen größeren Umfang als 100 arpents (51 ha) haben. Der Verkauf größerer Parzellen bedarf der Genehmigung der Departementsversammlung. Wälder von gerannter Ausdehnung, die vermöge ihrer Lage und Bodenbeschaffenheit Holz für die Marine produzieren können, dürfen nur mit Genehmigung der Departementsverwaltung verkauft werden, In dem Dekret vom 6./23. August 1790 forderte die National- versammlung die fünf vereinigten Komitees (Ausschüsse) auf, ihr unverzüglich einen Plan über Organisation der Forstverwaltung und über die Reform der Forstgesetzgebung, die eine unaufschieb- liche Notwendigkeit sei, vorzulegen. Damit im Zusammenhang steht jedenfalls der Umstand, daß die Societe royale d’agri- eulture zur Abgabe eines Gutachtens über die Frage des Staats- waldverkaufes aufgefordert wurde. Dieses Gutachten, welches am 3. Februar 1792 der Nationalversammlung übergeben wurde, sprach sich gegen den Verkauf der Staatswaldungen aus.*) Es wird in demselben geltend gemacht, daß an der Unrentabilität der Forste les abus, l’ignorance et les erreurs der bisherigen Forstverwaltung schuld seien. Würden die Staatsforste in Zukunft besser verwaltet, dann seien sie für den Staat eine große Hilisquelle.. Gleichwie der Private seinen Wald in demselben Maße besser pflege, als er ihm gute Rente einbringt, so sei es auch bei den Staatswaldungen. Die Idee, dieselben zu verkaufen, sei gar nicht durchzuführen schon deswegen, weil dieselben in kleine Stücke zer- teilt werden müßten, wenn man sie losbringen wolle. Der Veräußerung werde die Rodung folgen, wodurch Gebirgsgegenden ausgetrocknet und unfruchtbar gemacht würden. Große Waldkomplexe en bloc könnten nur reiche Leute er- stehen; diese würden möglichst schnell ihr Kapital wieder herausbringen wollen, die Holzpreise in die Höhe treiben und nicht mehr kultivieren. Ferner sei zu besorgen, daß die Marine und das Gewerbe unter Holzmangel zu leiden haben. Zur Hebung der Forstwirtschaft macht die Societe daher den Vor- schlag, die Niederwaldungen in Hochwald überzuführen und nach dem Bei- spiele anderer Staaten (Deutschland) eine Forstschule zu gründen, da es sicher sei, daß die Forstwirtschaft in Frankreich noch in den Windeln liege. Dieses Urteil einer so hervorragenden Körperschaft verfehlte für den Augenblick seine Wirkung nicht. Es wurde unterstützt durch die Erkenntnis, daß, wenn man auch die grandes masses der Nationalwaldungen auf den Markt werfen wollte, die Verkaufs- preise sehr nieder ausfallen würden namentlich mit Rücksicht auf die zahlreichen Verkäufe der anderen vom Staate eingezogenen !) Observations sur la question d’aliönation des for&ts nationales. Pre- sentses ä l’assemblöe nationale. Par la Societ& Royale d’agriculture, le 3. Fe- vrier 1792 a Paris, de l’imprimerie de la feuille du cultivateur, rue des foss6s Saint-Victor no. 12. - III. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. 509 Güter.‘) Man begnügte sich daher mit dem Verkaufe der kleineren Forste, obgleich allerdings die Hintanhaltung des Verkaufes aller Waldungen nur gegen den Willen einer sehr starken Minorität möglich war. 3. Unter dem Zwange des allgemeinen Prinzips der Unver- äußerlichkeit der großen Staatswaldkomplexe griff man nun zu kleineren Verlegenheitsmitteln. Durch G. vom 31. Juli 1792 wurde verfügt, daß zur Bestreitung der Assignatenschuld der Holzvorrat der quarts de reserve und der Hochwalddistrikte in den Waldungen der Geistlichen, -sowie die Holzbestände der zerstreut liegenden Waldungen verkauft werden sollen. Das G. vom 2. nivöse IV (23. Dezember 1795) ging nun schon etwas weiter. Es wurde be- züglich des Verkaufes der Staatswaldungen bestimmt, daß nunmehr auch Wälder mit einem Umfang bis zu 150 ha, die von den Haupt- komplexen mehr wie 1 km entfernt sind, verkauft werden sollen. Die Bezahlung konnte in Münze oder Assignaten geschehen. Das Geld gelangte in den Nationalschatz. Man zog ferner auch die Verpachtung aller Staatswälder auf die Dauer von 30 Jahren in Erwägung. Ein diesbezügliches G. vom 24. Dezember 1795, wo- nach zunächst die Waldungen von Compi®gne und Fontainebleau an Handelsgesellschaften verpachtet werden sollten, kam indessen nicht zum Vollzug. Wie viele Waldparzellen von 1790 bis 1813 verkauft wurden, ist nicht bekannt geworden. Aus den — übrigens sehr weit auseinandergehenden — Angaben über die Gesamtfläche der Staatswaldungen läßt sich kein Schluß ziehen, weil die- selbe infolge des wachsenden Zu- und Abganges durch Säkularisationen und Konfiskationen, dann durch die Gebietserweiterungen Frankreichs vielen Wand- lungen unterworfen war. Nach dem Annuaire des eaux et foröts betrug die Staatswaldfläche 1791 4704917 ha, 1795 2592706 ha; nach Moreau des Jon- nes 1800 3608100 ha, 1804 2393500 ha, wovon nur 989220 ha auf das alte Frankreich, der Rest auf die mit Frankreich kurz vorher vereinigten Länder (Belgien, Rheingau, Nizza, Monako, Savoyen usw.) trafen. Außer durch Verkäufe erlitt die Fläche der Staatswaldungen auch noch auf einem anderen Wege eine nicht unbedeutende Verminderung. Im Jahre 1790 war das Triagerecht abgeschafft worden (S. 273) und durch G. y. 14. Sept. 1792 wurden die Gemeinden und Privaten wieder in den Besitz aller Güter und Nutzungsrechte gesetzt, die ihnen auf Grund der Feudalgewalt von den Seigneurs genommen worden waren. Nur wenn letztere nachweisen konnten, dab sie diese Güter oder Rechte gekauft hatten, durften sie im Besitze derselben bleiben. Da nun ein großer Teil der damaligen Staatswaldfläche aus säkula- risierten und konfiszierten Forsten früherer Grundherren bestand, mußte der Staat die im Gesetze festgelegten Verpflichtungen erfüllen. Infolgedessen er- langten Gemeinden und Private nicht nur ausgedehnte Nutzungsrechte in den 1) Von 1790—1830 wurden für 4631 Mill. Fr. solcher Güter zur Deckung der Assignaten und anderer Ausgaben verkauft. Bergius, Finanzw. 170. 510’ Staatswaldwirtschaft. Staatsforsten, sondern einzelne Gerichte sprachen denselben ganze staatliche Waldkomplexe als Eigentum zu. Durch Dekret v. 7. Brumaire III (23. Okt. 1794) wurden zwar diese Gerichtserkenntnisse aufgehoben und durch Dekret v. 28. Brumaire VII (18. Nov. 1799) die Revision aller früheren gerichtlichen Entscheidungen angeordnet, allein die Gemeinden und Privaten blieben trotz- dem im Besitze von vielen Wäldern und Rechten, weil es oft unmöglich war, die rechtliche Grenze zwischen rechtmäßigem Besitzer und Usurpateur zu ziehen. Die Prozesse dauerten übrigens noch lange fort. 4. Die politischen Ereignisse von 1813 und 1814 hatten die Finanznot des Staates wesentlich verschärft. Man betrieb daher von neuem den Verkauf der Staatswaldungen. Der erste forstliche Regierungsakt der Restauration war die V. vom 10. Mai 1814, daß alle von den Befehlshabern der verbündeten Mächte nach dem 23. April 1814 (Konvention) abgeschlossenen Waldverkäufe nichtig sind. Durch das Finanzgesetz vom 23. September 1814 wurde der Verkauf von 300000 ha Staatswaldungen angeordnet. Nach dem G. vom 20. März 1813 sollten auch mehrere Ge- meindewaldungen verkauft werden. Diese Anordnung wurde in- dessen nur teilweise vollzogen. Es wurde davon aber auch das Rheinland und die Pfalz betroffen. Nachdem von 1814—1816 41958 ha um 35,2 Mill. Fr. ver- kauft waren, wurde durch das Finanzgesetz vom 28. April 1816 der weitere Verkauf der Staats- und Gemeindeforste eingestellt, weil sich für eine größere Fläche keine Käufer mehr fanden. Der Generalgouverneur für den Mittelrhein hatte den Gemeindewald- verkauf schon am 14. Februar 1814 wieder eingestellt. Die Käufer blieben hauptsächlich infolge der unglaublich rigorosen Be- stimmungen gegen säumige Zahler aus. Dieselben wurden vierzehn Tage eingesperrt (Schuldturm) und mußten unter dem Titel Verzugszinsen eine Strafe im Betrage des zehnten Teiles des Kaufpreises zahlen, wenn sie noch keine Abschlagszahlung geleistet hatten und des zwanzigsten Teiles, wenn sie bereits eine oder mehrere Abschlagszahlungen hinter sich hatten, alles unbe- schadet der Zurückgabe der Nutzungen, die sie etwa schon gezogen hatten (G. v. 15. flor. X, V. v. 7. Okt. 1814; dieses Gesetz wurde unterm 18. Mai 1850 wieder erneuert). Im Jahre 1814 wurden den zurückgekehrten Emigranten ihre konfiszierten Waldungen wieder zurückgegeben (G. 5. Dezember 1814). 5. Schon im Jahre 1817 zwangen die enormen Staatslasten die Regierung, wiederum ihre Zuflucht zu dem Verkauf von Staats- waldungen zu nehmen. Gleichzeitig trat aber noch eine andere Frage auf. Die reaktionäre Partei betrieb die Zurückgabe der vom Staate eingezogenen geistlichen Güter an ihre früheren Be- sitzer. Die säkularisierten Waldungen waren von den staatlichen Waldverkäufen später ausgeschlossen worden und machten den größten Teil der vorhandenen Staatswaldfläche aus. Die Wieder- III. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. 511 auslieferung derselben an die geistlichen Institute hätte daher eine kolossale Schmälerung des Staatsvermögens zur Folge gehabt, ab- gesehen von der politischen Tragweite einer solchen Maßregel. Tatsächlich wurde dieser Versuch von den gesetzgebenden Faktoren auch zurückgewiesen. Um aber der oppositionellen Partei ent- gegenzukommen, einigte man sich dahin, daß von der Gesamtfläche der Staatswaldungen ein Komplex ausgeschieden werde, der hin- reichte, um jährlich eine Reineinnahme von vier Millionen abzu- werfen, und daß diese Summe jährlich zur Dotation der geistlichen Anstalten verwendet werde. Diese Maßnahme, die einer hypo- thekarischen Belastung dieses Waldkomplexes zugunsten dieser Anstalten gleichkam, wurde durch das G. v. 25. März 1817 fest- gelegt. Zugleich aber wurden durch dasselbe Gesetz alle übrigen Staatswaldungen der Schuldentilgungskasse zu Eigentum verpfändet. Diese wurde auch ermächtigt, von 1818 ab davon eine Fläche bis zu 150000 ha zu verkaufen. Ein Mehrverkauf war ohne gesetz- liche Ermächtigung nicht erlaubt. Die Verwaltung der Forste blieb in den Händen der bisher hierfür bestellten Behörden. Die früher gemachte Einschränkung, daß nur Parzellen unter 150 ha Größe verkauft werden dürfen, kennt das Gesetz nicht. Eigentlich kam diese Verpfändung einem Verkauf gleich. — Auch dieser Verkauf stieß aber auf Schwierigkeiten wegen des Mangels an ge- eigneten Abnehmern. Anstatt der 150000 ha wurden von 1818 bis 1826 nur 121957 ha um 88,2 Mill. Fr. abgesetzt. 6. Infolge der Julirevolution 1830 wurde der Staatshaushalt wieder arg zerrüttet. Finanzminister Laffite verlangte von den Kammern die Ermächtigung zur Ausgabe von 200 Mill. Fr. Schatz- anweisungen und zum Verkauf von 300000 ha Staatswaldungen. In dem G. vom 25. März 1831 wurde erstere Forderung bewilligt, letztere aber modifiziert. Das G. vom 25. März 1817, nach welchem ein Wald von 4 Mill. Fr. jährlichem Reinertrag zur Dotierung der geistlichen Anstalten reserviert worden war, wurde aufgehoben und der Minister ermächtigt, von 1831 ab eine Staatswaldfläche bis zu dem Umfange zu verkaufen, daß die erlöste Summe eine jährliche Nettorente von 4 Mill. Fr. einbringt. Obwohl das Gesetz sich nicht bestimmt darüber ausspricht, so waren doch zweifellos die für die geistlichen Anstalten reservierten Waldungen, welche eine gleichhohe Rente abwerfen mußten, in erster Linie gemeint. Die 4 Millionen sollten zur Heimzahlung der ausgegebenen 200 Mill. Schatzanweisungen und subsidiär zur Verminderung der schwebenden Schuld verwendet werden. Um Käufer anzulocken, wurde für mehrere der zu verkaufenden Waldungen die Rodungsbewilligung zugesagt. Bra ° Staatswaldwirtschaft. Verkauft wurden bis zum Ende des Jahres 1835 im ganzen 116780 ha mit einem Erlös von 114,3 Mill. Fr. Dieser Erlös über- stieg die Schätzung um 7,3 Millionen. Die daraus erzielte jährliche Rente betrug 4140103 Fr. Außerdem erhielt der Staat nunmehr aus der verkauften Waldfläche 261475 Fr. jährliche Grundsteuer. Der durchschnittliche Verkaufspreis betrug von der ganzen Fläche 979 Fr. pro ha, von der verkauften Fläche im Jahre 1831 919, 1832 828, 1833 1040, 1834 1229, 1835 1190 Fr. Die Verkäufe fanden in den Gegenden mit wohlhabender Bevölkerung und hohen Bodenpreisen statt, meist Parzellen. — Ende 1830 waren von den im Jahre 1817 für verkäuflich erklärten 150000 ha noch 23043 ha unverkauft. Dieser Rest wurde bis 1835 ebenfalls noch veräußert. Im Jahre 1836 wurde von der Regierung den Kammern mitgeteilt, daß von Gemeinden und Privaten im Laufe der Jahre 11900 ha Staatswaldboden an den Rändern der Staatsforste unrechtmäßig in Besitz genommen wurden (16943 Flächenteile mit einem Wert von 1990206 Fr. von 10477 unrechtmäßi- gen Besitzern). Im Hinblick auf die lange, seit der Besitzergreifung ver- strichene Zeit, die große Aufregung, welche die Zurücknahme dieser Flächen in der Bevölkerung verursacht hätte und die mit einer Beanspruchung dieser Flächen verbundenen kostspieligen Prozesse wurde durch G. v. 20. Mai 1836 seitens des Staates auf die vollständige Einbringung dieser Flächen verzichtet, soweit sie im Einzelfalle 5 ha nicht überschritten und keine Enklaven waren. Für die Abwicklung dieser Geschäfte wurde bis 1847 Zeit gelassen, später unter einigen Abänderungen der ersten Bestimmungen. 7. Ein Dekret der provisorischen Regierung vom 9. März 1848 autorisierte den Finanzminister, die zur früheren Zivilliste gehören- den Waldungen zu verkaufen und nach einem Dekret vom gleichen Tage sollte der Finanzminister Erhebungen pflegen lassen, welche Staatswaldungen bis zu einer Verkaufssumme von 100 Mill. Fr. zweckmäßig veräußert werden könnten. Diese beiden Dekrete vom 9. März 1848 kamen nicht zum Vollzug und wurden durch das G. vom 18. Mai 1850 aufgehoben. Aber kraft des Dekretes der Nationalversammlung vom 5. Juli 1848, welches die Schatzkammer autorisierte, von der Bank von Frankreich 150 Mill. Fr. zu leihen, überließ der Finanzminister der Bank gegen den Vorschuß von 75 Mill. den Verkauf eines Teiles der Domanialwaldungen unter Vorbehalt des Rückkaufsrechtes. 8. Im Jahre 1850 erhielt der Finanzminister die Erlaubnis, vom 1. Januar 1851 ab innerhalb drei Jahren bis zu 50 Mill. Fr. Waldungen zu verkaufen, die besonders bezeichnet waren. Die Generalräte der Departements, in denen diese Waldungen gelegen sind, mußten zum Verkauf und zur Rodung ihre Zustimmung ge- geben haben. Die Rodung durfte nur innerhalb von fünf Jahren auf jährlich ein Fünftel der Fläche vorgenommen werden (G. vom 7. August 1850). Außerdem durften Mittelwaldparzellen, welche III. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen. 513 an ländliche Grundstücke grenzten, mit Rodungsbewilligung ver- kauft werden, wenn in der Gegend Mangel an Agrikulturgelände war. Der Erlös wurde zur Deckung der Vorschüsse auf die laufende Schuld dem Schatzamt überwiesen. 9. Durch Dekret vom 27. März 1852 wurde die Veräußerung von Staatswaldungen im Werte von 35 Mill. Fr. verfügt und außer- dem der teilweise Verkauf der Güter der Familie Orleans. Letzterer wurde durch G. vom 21. Dezember 1872 eingestellt und die Zu- rückgabe aller noch nicht veräußerten Güter an die Familie Orleans beschlossen. Die vom König Louis Philipp 1830 seinen Kindern vermachten Güter, zu denen bedeutende Waldkomplexe gehörten, wurden unterm 22. Januar 1852 dem Staatsgute einverleibt und zugleich wurde deren Verkauf zur Dotation der Ehrenlegion angeordnet. Infolge dieser Gesetze wurden von 1852—1856 40960 ha für 38,4 Mill. Fr. verkauft. 10. Damit war die Ära der großen Waldverkäufe abgeschlossen. Jene der folgenden Zeit hatten insofern einen freundlicheren Cha- rakter, als mit denselben die Mittel für notwendige Verbesserungen der waldwirtschaftlichen Verhältnisse aufgebracht werden sollten. Ein G. vom 28. Juli 1860 ordnet den Verkauf von Waldungen bis zu einem Erlös von 2?/, Mill. Fr. an, um Mittel zum Bau von Waldwegen in den Staatswaldungen zu erlangen. Zu dem gleichen Zwecke wurden durch G. vom 13. Mai 1863 weitere Veräußerungen bis zum Erlös von 2?/, Mill. erlaubt. Um die nach dem G. vom 28. Juli 1860 betr. die Wiederbewaldung der Berge den Gemeinden und Privaten zugesprochenen Unterstützungsmittel im Gesamtbe- trage von 10 Mill. Fr. aufzubringen, wurde der Finanzminister durch das gleiche Gesetz ermächtigt, bis zu 5 Mill. Fr. Staatswal- dungen, die sofort gerodet werden durften, zu verkaufen und zwar in dem Zeitraum vom 1. Januar 1861 bis 31. Dezember 1871. Die zweite Hälfte von 5 Mill. Fr. sollte aus außerordentlichen Holz- hieben oder auch aus Mitteln des ordentlichen Budgets gewonnen werden. Das G. vom 8. Juni 1864 über die Berasung der Berge verzichtete auf die Deckung der Kosten durch Waldverkäufe und ordnete die Vornahme außerordentlicher Holzhiebe an, um soviel als möglich den für diesen Zweck ausgeworfenen Kredit von 5 Mill. Fr. zu decken. Nach dem G. vom 13. Mai 1863 sollten die Dünenwaldungen für Rechnung des Verwaltungsjahres 1864 verkauft werden. Ferner wurde durch G. vom 18. Juli 1866 zu- gunsten der Amortisationskasse der Verkauf von Domanialwaldungen und die Vornahme von außerordentlichen Holzhieben bis zu dem Betrage von 2'/, Mill. Fr. angeordnet, nachdem durch das G. vom Endres, Forstpolitik. 33 514 - Staatswaldwirtschaft. 11. Juli 1866 die sämtlichen Staatswaldungen dieser Kasse ver- pfändet worden waren. Auf Grund dieser Gesetze wurden von 1861—65 27259 ha um 24,4 Mill. Fr., von 1860—70 3731 ha um 5,85 Mill. Fr. Staats- waldungen verkauft. Mit dem G. vom 11. Juli 1866 wurden die Staatswaldverkäufe endgiltig abgeschlossen. Seit 1870 fanden solche nicht mehr statt. Im Jahre 1872 wurde in der Kammer der Antrag gestellt, alle Domanial- waldungen, mit Ausnahme jener von Fontainebleau, St. Germain und Com- piegne, öffentlich zu versteigern, um die Mittel „zur Befreiung des Landes von der Okkupation“ zu erhalten. Motiviert wurde dieser Antrag hauptsäch- lich durch den Hinweis auf die geringe Rente der Staatswaldungen. Im Jahre 1879/80 sollte zur Ausführung der Bertschen Schulprojekte und zwar zur Herstellung der dafür erforderlichen Gebäude ein Fonds von 200 Mill. Franken gebildet werden durch Veräußerung von Staatsforsten und anderen Staatsgütern. Beide Anträge kamen nicht zur Durchführung. 11. Im ganzen betrug die von 1814—1870 verkaufte Staats- waldfläche 352645 ha, der Erlös 306,4 Mill. Fr. Davon treffen auf das zweite Kaiserreich (1852—70) 71950 ha mit 68635586 Fr. Der Verlust von Elsaß-Lothringen kostete Frankreich 150785 ha Staatswald einschließlich von 16000 ha gemeinschaftlicher Waldungen, an welchen der Staat Teilhaber it. Von den Waldungen des Hauses Orleans waren 8510 ha um 10,8 Mill. Fr. verkauft worden, dazu noch für 19,5 Mill. Fr. sonstige Domänen. Zurückgegeben wurden dieser Familie 1872 24667 ha Wald. IV. Verhältnis der Staatswaldungen zum Gemeinde- verband. Wie die jetzigen Gemeindebezirke gebildet und die Gemeinden hinsichtlich ihres finanziellen Haushaltes selbständig gestellt wurden, mußte auch zu der Frage Stellung genommen werden, ob die größeren geschlossenen Gutskomplexe und vor allem die Staatswaldungen einem Gemeindeverband einverleibt werden sollten oder nicht. Die große Mehrzahl der deutschen Staaten trug der historischen "Entwicklung Rechnung und beließ jene Waldungen, die in früherer Zeit in keinerlei Beziehung zu der Ortsgemeinde standen, als selbständige Gemar- kungen bestehen mit der Maßgabe, daß die Eigentümer derselben alle den Gemeinden für ihren Bezirk auferlegten Leistungen Öffent- lichrechtlicher Natur innerhalb der selbständigen Gemarkungen allein zu erfüllen haben. Sind die Staatswaldungen dem Gemeindebezirke einverleibt, dann werden dieselben wie alle anderen Grundstücke zu den Gemeindesteuern und sonstigen Lasten herangezogen. Diesen IV. Verhältnis der Staatswaldungen zum Gemeindeverband. 515 Leistungen des Fiskus stehen nur verhältnismäßig geringe Gegen- leistungen seitens der Gemeinde gegenüber; insbesonders zieht der Staat als Waldbesitzer keinen Nutzen aus den oft sehr kostspieligen gemeindlichen Einrichtungen für Schulen, Kirchen, Armenversorgung, Verkehrswege, Beleuchtung, Wasserversorgung usw. Wenn der Staatswaldbesitz einen größeren Umfang hat, werden die Gemeinden und besonders die kleineren durch den hohen Steuerbeitrag des Fiskus zu Luxusausgaben geradezu verleitet. Das Interesse der Gemeinden ist natürlich auf die Einbeziehung der Staatswaldungen in den Gemeindeverband gerichtet. Unter dem Drucke revolutionärer Zeiten wurden daher in Frankreich durch Gesetze von 1790 und in Württemberg durch G. v. 18. Juni 1849 „betreffend die Ausdehnung des Amts- und Gemeindeverbands auf sämtliche Teile des Staatsgebiets“, hier unter Beseitigung der sog. „exemten Güter“, alle Staatswaldungen den Gemeindebezirken an- gegliedert. Innerhalb des Deutschen Reiches existieren daher gegen- wärtig auf dem linken Rheinufer (Elsaß-Lothringen, Pfalz, Rhein- land), dann im ehemaligen Herzogtum Nassau (Reg.-Bez. Wiesbaden) und in Württemberg keine ausmärkischen Waldungen wie überhaupt keine gemeindefreien Grundstücke. Bayern r. d. Rh. Nach der Gemeindeordnung von 1869 (Art 3) bilden größere Waldungen, Freigebirge und Seen eigene, von dem Gemeindeverband ausgeschlossene Markungen, d. h. wenn sie zur Zeit des Inkrafttretens des Gemeindeediktes vom 17. Mai 1818 aus- märkisch (gemeindefrei) waren und seit dieser Zeit es blieben. Be- stehen darin bleibende Niederlassungen oder werden solche neu be- gründet, so werden dieselben mit den dazu gehörigen Grundstücken einer der nächstgelegenen Gemeinden zugeteilt. Die Ortspolizei steht innerhalb der ausmärkischen Bezirke der Distriktspolizei- behörde (Bezirksamt) zu. Mit gemeindeobrigkeitlichen Befugnissen sind die Eigentümer dieser Bezirke somit nicht ausgestattet. Unter Freigebirgen sind die — keinem Gemeindebezirke zugehörigen, größtenteils im Staatseigentum befindlichen — teils öden und kahlen, teils zur Alpenwirtschaft als Weide dienenden höheren Regionen der Gebirge ver- standen. — Der Ausdruck Freigebirg kommt schon in der FO. v. 1616 vor, indem es im Art. 53 heißt: „Aber an unsern Freigebirgen, da man uns bis- hero keinen Zins geben, soll man fürderhin auch keinen Forstzins geben, und sollen unsere Landständ, welche auch Holz an den Gebirgen haben, in den- selben auch diese Ordnung halten.“ Art. 63: „Aber die Windwürf, so an den Freigebirgen liegen, soll man zu bezahlen nicht schuldig sein.“ Nach Kreitt- mayrs Anmerk. zum bayer. LR. (II, 8, $ 15, Nr. 2) sind die Freigebirge von der Beobachtung der Forstordnungen nicht ausgeschlossen; „denn sie heißen nicht darum Freigebirg, weil sich hierin eine uneingeschränkte vollkommene Freiheit im Holzschlag befindet, sondern weil diejenige, welche ihr Holz von dort zu empfangen haben, obgedachtermaßen von dem sonst gebräuch- 33* 516 - Staatswaldwirtschaft. lichen Forst- oder Waldzins befreiet sind.* In Nr. 3 derselben An- merkungen ist Freigebirg als gleichbedeutend mit Hochgebirg bezeichnet (Kahr 75£.). Was „größere Waldungen“ sind, ist gesetzlich nicht näher bezeichnet. Nach einer Finanzminist.-E. v. 1832 soll für Staatswaldungen die Größe von 500—800 Tagw. maßgebend sein; dies ist jedoch nicht bindend. Der Gesetz- geber hatte zunächst die Staatswaldungen im Auge. Doch gibt es auch aus- märkische Gemeinde- und Privatwaldungen. Daß die Waldung nur im Eigen- tum einer Person oder im ungeteilten Eigentum mehrerer Personen stehe, ist nicht erforderlich (Kahr 77, 82). Die Eigentümer der ausmärkischen Waldungen haben die im öffentlichen Interesse begründeten gesetzlichen Verpflichtungen der Gemeinden zu erfüllen, insbesondere die erforderlichen Verbindungs- wege, Brücken, Stege, sowie die zur Verhütung von Unglücksfällen erforderlichen Sicherheitsvorriehtungen herzustellen und zu unter- halten. Der Markungsbesitzer hat daher z. B. für einfache Beer- digung der in der Markung aufgefundenen Leichen zu sorgen. Staats- und Distriktsstraßen, welche durch den Wald ziehen, hat der Waldeigentümer nicht zu unterhalten. Zu den Kreis- und Distriktsumlagen haben auch die ausmärkischen Waldungen bei- zutragen auf Grund der vorgemerkten Steuerverhältniszahlen. — Die in einem Gemeindebezirk liegenden Staatswaldungen sind außer- dem auch gemeindeumlagenpflichtig nach Maßgabe des Grund- steuerkatasters. Rheinpfalz. In der Rheinpfalz gibt es keine ausmärkischen Bezirke. Der Grundsatz der Gemeindeordnung von 1869, daß jedes Grundstück einem Gemeindebezirk angehören muß, wurde schon durch das Gesetz vom 18. Januar, 16./26. Februar und 4. März 1790, die Einteilung Frankreichs in Departements betreffend, ein- geführt. Ferner verfügte ein G. vom 2. messidor VII (20. Juni 1798), daß jedes Grundstück in der Gemeinde zu besteuern sei, in der es liegt. Trotzdem wurde bei den in den 1820er Jahren in der Pfalz durchgeführten Teilungen von Wäldern, welche mehrere Gemeinden gemeinschaftlich besessen hatten, in der Regel bestimmt, daß der einer Gemeinde dem Eigentum nach zufallende Teil als zum Banne der betreffenden Gemeinde gehörig zu betrachten sei, auch wenn dieser Teilwald von dem Bezirke einer fremden Gemeinde umschlossen ist (Exklaven). Man wollte damit vermeiden, daß die Eigentums- gemeinde an die fremde Gemeinde aus ihrem Waldbesitz Gemeinde- umlagen zahlen muß.') Das bayerische Forstärar zahlte an Kreis-, Distrikts- und Gemeinde- umlagen: 1868 0,307, 1875 0,668, 1880 0,761, 1885 0,724, 1890 0,782, 1895 0,878, 1900 0,964, 1902 1,032 Mill. M. ") Wand, Gemeindeordnung, 3 ff. A a IV. Verhältnis der Staatswaldungen zum Gemeindeverband. 517 Preußen. Die „selbständigen Gutsbezirke“ sind räumlich abgegrenzte Gebiete, deren Territorien und deren Bewohner nicht durch einen Gemeindeverband zusammengehalten werden, sondern der obrigkeitlichen Gewalt eines Gutsherrn unterworfen sind. („Do- minium“). Dem Gutsherrn obliegen die Pflichten und Leistungen der Gemeinde. Die Gutsbezirke haben keine korporative Verfassung. Zum Teil sind sie historisch entstanden, zum Teil durch einen be- sonderen Staatsakt geschaffen. Der Gutsherr („Besitzer des Gutes“) hat die Kommunallasten (für Verwaltung, Polizei, Wegebau, Standes- amt) aus seinen Privatmitteln zu bestreiten und vereinigt in sich die Funktionen der Kommunalorgane, des Gemeindevorstandes („Gutsvorsteher“) und der Gemeindeversammlung. Er braucht nie- mals die Zustimmung der Gutsangehörigen einzuholen, kann aber auch die Ortskommunallasten, ausgenommen die für Armenpflege, niemals auf dieselben umlegen. In Ost- und Westpreußen, Branden- burg, Pommern, Schlesien und Sachsen (Geltungsbereich der Kreis- ordnung von 1872) bildet die ‚Mehrzahl der kgl. Ober- förstereien eigene Gutsbezirke; dieselben sind ferner vertreten in Posen, Schleswig-Holstein und im Reg.-Bez. Kassel. Sie fehlen im Gebiet der rheinischen Kreisordnung und im Reg.-Bez. Wiesbaden. Der Forstgutsbezirk umfaßt meistens eine Oberförsterei. In den fiskalischen Forstgutsbezirken ist der kgl. Oberförster der Gutsvorsteher. Er ist die Obrigkeit des Gutsbezirkes und sofern er nicht zugleich selbst Amtsvorsteher ist, Organ des Amts- vorstehers für die Polizeiverwaltung. Ferner ist er Standes- beamter für die Gutsbezirke, wenn die Wahrnehmung dieser Ge- schäfte, wie es in neuerer Zeit angestrebt wird, nicht anderen ge- eigneten Personen übertragen ist. — Im Gebiete der Kreisordnung für die östlichen Provinzen von 1872 und der Provinzialordnung von 1875 ist jeder Kreis noch in Amtsbezirke eingeteilt. Dieselben umfassen mehrere Gemeinden und Gutsbezirke und stehen somit zwischen Kreis und diesen. Umfangreichere Gutsbezirke von ab- gesonderter Lage können für sich als Amtsbezirk erklärt werden. In diesen ist der kgl. Oberförster der Amtsvorsteher (Amtmann, Bürgermeister); aber auch in gemischten Amtsbezirken kann ihm diese Funktion übertragen werden. Als solcher übt er die ganze Polizei aus. Sowohl der Besitzer eines selbständigen Gutsbezirks wie dessen Einwohner haben zu den Kreis- und Provinzialabgaben beizutragen. Der Forstfiskus wird anstatt der Kreiseinkommensteuer mit erhöhten Zuschlägen zur Grund- und Gebäudesteuer herangezogen, indem letztere um die Hälfte des Prozentsatzes erhöht wird, mit welcher die Einkommensteuer zu den Kreisabgaben herangezogen wird. Die BR Staatswaldwirtschaft. einem Gemeindebezirke einverleibten fiskalischen Forste sind auch noch der Gemeindeeinkommensteuer unterworfen (Kommunalabgaben- gesetz vom 14. Juli 1893 $ 33). Für diesen Zweck wird das Rein- einkommen aus dem Forst- und Domänenbesitz aus dem Grund- steuerreinertrag nach dem Verhältnis berechnet, in welchem der in der betreffenden Provinz aus diesem Besitz erzielte etatsmäßige Übersehuß der Einnahmen über die Ausgaben zum Grundsteuer- reinertrag steht. Dieses Verhältnis (Prozentsatz) wird jährlich durch den Minister festgestellt. ') Im Jahre 1893 gehörten von der Gesamtforstfläche zu den Gemarkungen der Städte 4,9°/,, der Landgemeinden 37,8, der Gutsbezirke 29,0, der Forst- und sonstigen Bezirke 28,3.') Die Ausgaben der preußischen Staatsforstverwaltung für Real- und Kom- munallasten und die Polizeiverwaltung in fiskalischen Guts- und Amtsbezirken betrug 1868 0,195, 1875 0,528, 1880 0,588, 1885 0,700, 1890 0,695, 1895 1,137, 1899 1,487 Mill. M. Sachsen. Nach dem G. v. 21. April 1873, der Landgemeinde- ordnung vom 24. April 1873 und der Städteordnung gleichen Datums bilden die bisher zu keinem Gemeindeverbande gehörig gewesenen Waldungen, Domänen, Rittergüter und sonstige Güter „selb- ständige Gutsbezirke“. Die Besitzer derselben sind für den Gutsbereich zu allen Pfiiehten und Leistungen verbunden, die für den Gemeindebezirk der Gemeinde im öffentlichen Interesse ob- liegen. Als Gutsvorsteher haben sie die obrigkeitlichen Befugnisse und Pflichten in demselben Umfange wie der Gemeindevorstand. Die Gutsvorstehergeschäfte für den Wald, soweit derselbe zum Gutsbezirke gehört, führt einschließlich der daselbst befindlichen Häuser bei fiskalischen Waldungen der Revierverwalter. Zu diesen Geschäften zählen: Standesamtswesen, Wegebau, Militärleistungen, Schornsteinfegerbezirke, Kranken- undInvalidenversicherung, Fleisch- beschau usw.?) Baden. Nach der Gemeindeordnung vom 14. Mai 1870 bleiben Waldungen, einzelne Höfe und andere Güter, die seither keinen Ortsgemarkungen zugehört haben, als besondere Gemarkungen auch ferner davon getrennt (Waldgemarkungen). Hessen. „Selbständige Gemarkungen“ bilden einzelne standesherrliche und Domanialwaldungen. Dieselben sind in poli- zeilicher Hinsicht benachbarten Ortsgemarkungen zugeteilt, haben ) Schön, Kommunalverbände, 339 ff. — von Stengel in dessen Wörter- buch, I, 617. — Schlieckmann, 184, 423, 448 ff. — Donner, 159, 282. — Statistik in Z. f. F. u. J. 1897, 65. ?2) von der Mosel, Handwörterbuch des sächs. Verwaltungsrechts, 1901, 199, 610 ft. u Se ee V. Bedeutung der Staatswaldungen. 519 jedoch zu den Gemeindelasten nicht beizutragen und alles zu leisten, was den Gemarkungen obliegt (Landgemeindeordnung 1874). Braunschweig. Größere Forstbezirke und an den Landesgrenzen belegene Grundflächen können, sofern sie Land ohne Leute sind, „abgesonderte Gemarkungen“ mit einem eigenen Lokalpolizei- beamten bilden (Otto, Staatsrecht 115). Auch in Anhalt, Lippe, Schwarzburg-Rudolstadt und -Sonders- hausen, Reuß j. und ä. L. bilden Domänenwaldungen selbständige Guts- bezirke. V. Bedeutung der Staatswaldungen. 1. Im Allgemeinen. Zu keiner Zeit wurde die Existenzberechtigung des Staatswald- besitzes so allgemein und rückhaltslos anerkannt wie in der Gegen- wart. Für eine ‘Verminderung derselben erhebt sich nicht eine einzige Stimme, eine Vermehrung würde eher beifällig als abwehrend aufgenommen werden. Zum Teil ist diese Erscheinung als Ausfluß des herrschend gewordenen Staatssozialismus zu betrachten, der von der Staatstätigkeit alles erhofft und alles verlangt. Vor hundert Jahren erwartete man alles Heil von der privatwirtschaftlichen Tätigkeit, heute von der staatlichen und kommunistischen. Andererseits sind es die besonderen Eigenschaften der Wald- wirtschaft (Arbeitsextensität und Kapitalintensität) und deren finan- ziellen Erfolge, die den Wald als geeignet für den Staatsbetrieb und als wertvolles fiskalisches Vermögensobjekt erscheinen lassen. Forstwirtschaft kann im Vergleich zur Landwirtschaft mit ver- hältnismäßig wenigen Beamten und Arbeitern betrieben werden. Man braucht keine in Hausgemeinschaft zu unterhaltende Dienst- boten, keine Wirtschaftsgebäude, keine Lagerräume, kein lebendes Inventar (Viehbestände) wie bei der Bewirtschaftung landwirtschaft- licher Domänen. Diese werden daher seitens des Staates auch regelmäßig verpachtet. Die forsttechnischen Maßnahmen können auf lange Zeit hinaus festgelegt werden, der Holzverkauf vollzieht sich mit einer gewissen Gesetzmäßigkeit, er kann leicht dirigiert und kontrolliert werden. Die Forstwirtschaft liefert nur ein Haupt- produkt, das Holz, die Landwirtschaft Dutzende von Erzeugnissen, deren Preise von der rasch wechselnden Konjunktur abhängig sind. In der Landwirtschaft greifen die verschiedenen Betriebe so stark ineinander über, daß die Prüfung der Einnahme- und Ausgabe- posten sehr schwierig, ja oft unmöglich ist. Der Verbrauch der in dem eigenen Betrieb erzeugten Betriebs- und Lebensmittel ist lediglich 520 - Staatswaldwirtschaft. dem diskretionären Ermessen des Verwalters anheimgestellt, in der Forstwirtschaft kommt die Verwendung von Holz für den Eigen- betrieb kaum in Betracht und wenn sie erfolgt (Wegebau, Ein- zäunungen), ist der Verwendungsnachweis leicht zu prüfen. Außer- dem liegt gerade in dem Umstand, daß die Staatsforstwirtschaft nur mit Tagelöhnern und in der Hauptsache mit Akkordlohn arbeitet, und daß infolgedessen jede einzelne Arbeitsleistung rechnerisch nachgewiesen werden muß, das sicherste Kontrollmittel für die Richtigkeit der Betriebsausweise. Der forstliche Betrieb läßt sich viel eher in bureaukratische Formen zwängen als der landwirt- schaftliche. Der Staatswald bildet gleichsam den Kern, um den sich die Gemeinde- und Privatwaldungen gruppieren. Daher soll die Staats- waldwirtschaft nach der technischen Seite hin für die Bewirtschaftung der übrigen Besitzarten vorbildlich sein. Für die Handhabung der Forstpolizei sind die Staatsforstbeamten die gegebenen technischen Organe. Da wo der Staatswaldbesitz fehlt, müssen besondere Forst- polizeibeamte bestellt werden (Österreich). Auch für die Beauf- sichtigung und Bewirtschaftung der Gemeindewaldungen sind Staats- forstbeamte nötig. Die Vergrößerung des in einem Staate vorhandenen Staats- waldbesitzes ist unter der Voraussetzung angezeigt, daß mit der- selben volkswirtschaftliche und kulturelle Fortschritte Hand in Hand gehen. Von diesem Gesichtspunkte aus können Ankäufe von Wald und Waldboden durch den Staat geboten sein, wenn es sich darum handelt, die Fehler einer zu weitgehenden Kolonisation in den vergangenen Jahrhunderten wieder gut zu machen. Um die ent- legenen rauhen Waldgebirge zu bevölkern und aufzuschließen, oft auch mit Hilfe des Bergbau- und Glashüttenbetriebes, wurden von den Grund- und Landesherren, vornehmlich von den Klöstern, in diesen Gegenden Dörfer und Höfe gegründet, deren Bewohner bei der früheren Naturalwirtschaft sich als Grundholden einer wohl- wollenden Grundherrschaft mit einfacher Lebensweise durchfristen konnten, unter den heutigen Verhältnissen aber der freien Konkur- renz wirtschaftlich nicht mehr gewachsen sind. Der unaufhaltsame Niedergang dieser Bevölkerung kann nur dadurch aufgehalten werden, daß der Staat die Gemarkungen zum Zwecke der Auf- forstung ankauft und damit den Besitzern die Gelegenheit bietet, sich an anderen Orten eine ergiebigere Erwerbsquelle zu suchen. In Sachsen kaufte der Staat seit etwa 1870 im Vogtland über 5300 ha Privatwaldungen und unbestockte Gründe in ca. 750 Einzelerwerbungen, wo- bei 10 größere mit zusammen 1900 ha, auf, weil die Landwirtschaft teils wegen des schlechten Bodens und rauhen Klimas, teils wegen der durch die Industrie gesteigerten Arbeitslöhne und des direkten Mangels an Arbeitern a Ze ee 5 V. Bedeutung der Staatswaldungen. 521 nur mehr ein schlechtes Fortkommen hat. Der kleine bäuerliche Besitzer findet es außerdem auch gewinnbringender, seine eigene Arbeitskraft und die seiner Familienangehörigen in der Fabrik oder Hausindustrie zu verwerten als im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb. Die bei diesem befindlichen Privatwaldungen sind fast ausnahmslos devastiert. (Möller, Geländeerwer- bungen des kgl. sächsischen Forstfiskus im Vogtland, München 1902. Dissert.) In Baden erwarb das Domänenärar in den letzten Jahrzehnten auf dem hohen Schwarzwalde viele Privatgrundstücke, die wegen der rauhen Lage unter den heutigen Verhältnissen für den landwirtschaftlichen und überhaupt für den privatwirtschaftlichen Betrieb sich nicht eignen. In erster Linie gelangte Wald und absoluter Waldboden in abgelegenen Gegenden und im Schutzwald- gebiet zum Ankauf, wenn die Besitzer durch äußere Umstände zur Abstoßung gezwungen wurden oder eine Ausnutzung der schlechten wirtschaftlichen Lage desselben durch Güterhändler zu befürchten war. Zunächst wurde dabei im Auge behalten, daß durch den Wegkauf von landwirtschaftlichem Gelände die übrigbleibende Fläche für den landwirtschaftlichen Betrieb nicht zu klein wurde. War dies jedoch nicht zu umgehen und wollte der Bauer auf jeden Fall verkaufen, so wurden auch ganze Güter erworben, wenn der absolute Waldboden bedeutend überwog und auch sonst eine lohnende Landwirtschaft nicht betrieben werden konnte. Aus diesen Erwerbungen werden kleine Güt- chen herausgeschnitten und an das Forstschutzpersonal und an Waldarbeiter verpachtet. Dadurch erhält sich das Ärar die für die Waldarbeit nötigen Arbeitskräfte, die außerdem auch durch den Transport des Holzes mit eigenem Gespann sich Verdienst verschaffen können. Die Gebäude unterhält das Ärar. Der für diesen Zweck nicht nötige, aber zur Landwirtschaft gut geeignete Boden wird entweder an andere Landwirte verpachtet oder verkauft oder ver- tauscht. Alles übrige wird aufgeforstet. (Pfefferkorn, Geländeerwerbungen des großh. badischen Domänenärars auf dem hohen Schwarzwald, München 1900. Dissertation.) Der Staat hat ferner die Aufgabe, aufforstungsfähige Ödflächen mit absolutem Waldboden in seinen Besitz zu bringen und zu be- walden (Preußen, S. 30). Dadurch können für die kommenden Generationen Vermögenswerte von bedeutender Höhe geschaffen werden, wie das glänzende Beispiel der Landesaufforstung in Frank- reich (s. $. 341) beweist. Werden auf diesem Wege noch Schutz- waldungen auf Berghängen begründet, dann gewinnen diese Unter- nehmungen eine erhöhte staatswirtschaftliche Bedeutung. Endlich kann der Staat Veranlassung haben, parzellierte Wald- flächen zu erwerben, wenn erwiesen ist, daß dieselben in der Hand der bisherigen und nachfolgenden Besitzer dem sicheren Ruin entgegen- gehen und forstpolizeiliche Zwangsmaßregeln versagen. Doch sollen und werden diese Fälle die Ausnahme bilden (vgl. Schutzwaldungen S. 303). Damit sind aber auch dıe Gründe erschöpft, die die Vergrößerung des Staatswaldbesitzes im allgemeinen Produktions- und im öffent- lichen Interesse rechtfertigen und zweckmäßig erscheinen lassen. Die Erweiterung der Staatswaldungen durch Ankauf von gut be- wirtschafteten Privatwaldungen in größerem Umfange führt zu einer 522 Staatswaldwirtschaft. Mobilisierung und Zerstückelung des "bäuerlichen Grundbesitzes und ist daher schon aus diesem Grunde nicht rätlich (vgl. auch $. 304). Dazu kommt, daß der Staat auch teuerer wirtschaftet als der Private. Nach dem italienischen Aufforstungsgesetz von 1388 sollen die expro- priierten Grundstücke nach erfolgter Aufforstung durch den Staat seitens der früheren Eigentümer zurückgekauft werden, damit das Domanialbesitztum nicht zu sehr vermehrt würde, indem der Staat ein schlechter Verwalter im- mobiler Güter sei. 2. Finanzielle Bedeutung. Für den Staatskredit kommt der fiskalische Waldbesitz in den Kulturstaaten kaum mehr in Betracht. Die Sicherheit der politischen Verfassung bietet den Staatsgläubigern ein wertvolleres Unterpfand als das staatliche Erwerbsvermögen. Aber in Zeiten der Not und des Niederganges der politischen Macht kann allerdings auch heute noch die Kreditfähigkeit eines Staates durch einen größeren Wald- besitz gehoben werden. Die Gegner des Staatswaldes machten auch geltend, es liege ein Widerspruch darin, daß der Staat hoch verzinsliche Schulden aufnehme und andererseits den gering rentierenden Wald behalte. Darauf ist zu antworten, daß sich die Differenz zwischen Schuld- zinsfuß und der Verzinsung des Waldvermögens mit dem Sinken des landesüblichen Zinsfußes und dem Steigen der Holzpreise immer mehr ausgleicht, und zwar zu Gunsten des Waldzinsfußes. Abge- sehen davon aber würde die Tilgung der Staatsschuld durch den Verkauf des Staatswaldes gerechtfertigt sein, wenn damit der Staat für ewige Zeiten schuldenfrei gemacht werden könnte. Diese Voraussetzung trifft natürlich nicht zu. Gerade ein schuldenfreier Zustand ist ein politisches Compelle zur Aufnahme einer Schuld. Wären die Staatswaldungen in Preußen und Bayern zu Anfang des 19. Jahrhunderts vollständig verkauft worden, dann würde die Staats- schuld beider Staaten in der Gegenwart um keinen Pfennig geringer sein, die Steuer aber wegen des Wegfalles der Staatswaldeinkünfte höher. Die Staatsschuld kann in guten finanziellen Zeiten ganz oder teilweise gedeckt werden. Der Wiedererwerb verkaufter Staats- waldungen ist in größerem Umfange praktisch geradezu unmöglich. Die Einnahmen aus den Staatswaldungen bilden einen sicheren Posten im Staatshaushalt, der im Laufe des 19. Jahrhunderts un- gefähr in gleichem Verhältnis gewachsen ist wie die Bruttoeinnahmen der Staaten überhaupt. Finanzpolitisch kommt in Betracht, daß diesen Einnahmen in der Regel kein Schuldkapital gegenübersteht wie bei den Staatseisenbahnen, sondern ein Vermögenswert, der sich nach Maßgabe der steigenden Holzpreise gebildet hat und noch bildet. Die privatwirtschaftlichen Gesichtspunkte des Renta- Ze ee ee V. Bedeutung der Staatswaldungen. 523 bilitätsprinzips werden aber durch diesen Unterschied der Kapitals- entstehung nach keiner Richtung hin beeinflußt, da es sich da wie dort um ein werbendes Staatsvermögen handelt. In den meisten Bundesstaaten und ausnahmslos in den größeren bilden die Erwerbseinkünfte, das sind die Einnahmen aus Domänen, Forsten, Bergwerken, Eisenbahnen, Posten, Telegraphen und sonstigen Staatsbetrieben (Bäder, Lotterien usw.), die vorwiegende Einnahme- quelle im Staatshaushalt, der gegenüber die Steuern usw. weit zurücktreten. Es betrugen die ordentlichen Bruttoeinnahmen (ohne Über- weisungen vom Reiche) nach den Voranschlägen des Jahres 1903 in Millionen Mark: Staaten ee Steuern en ee 1795 258 226 Be, Er 265 87 37 SEIENSEN a, 1 oe a er EN 224 58 23 Beerambers . . .. ... de... 102 36 8 N 86 34 22 re 32 16 9 Bemunschweie . . - . 2. 2%... 15 3 4 Blsaß-Tothringen .. ...... 9 30 9 Alle Bundesstaaten. . . . | 2607 | 611 | 407 In sämtlichen deutschen Bundesstaaten!) entfielen nach den Voranschlägen 1903 auf die Erwerbseinkünfte: Roheinnahmen Ausgaben Prozent der Prozent der Millionen] gesamten | Millionen |Roheinnahme Mark ord. Staats- Mark |des Erwerbs- einnahmen betriebes a 182 4,3 88 48 Bemanenn are 55 1,3 23 42 Berewerke, . 2. u iu 246 5,8 218 88 Pesenbalınan.. ...=. -......0.1% 1867 44,3 1341 72 Post und Telegraph . .. . 60 1,4 53 88 Sonstige Betriebe . . .. . 197 4,7 167 85 Zusammen. . . | 2607 | — | 1890 | — 1) Vierteljahrshefte usw. 1904, III, 5 ff. ee ne 54 - Staatswaldwirtschaft. Daraus ergibt sich, daß die Ausgaben für den Forst- und Do- mänenbetrieb prozentisch wesentlich geringer sind als für die übrigen Erwerbszweige. Das prozentische Verhältnis der Roheinnahmen aus den Staats- forsten und anderen Erwerbszweigen zu den ordentlichen Staats- einnahmen war in den einzelnen Bundesstaaten nach den Voran- schlägen 1903 folgendes:?) Eortin Do- Berg- | Eisen- Staaten mänen | werke | bahnen 1000 M. | °% °/o lo *o PTOUWEn nr u ea 87 476 3,3 0,9 7,5 53,0 BEPSRU= N. ne 37395 8,0 0,2 1,9 37,2 BuchBen ; „it. me a ER 13 074 3,8 0,2 8,0 38,2 WUrHEIGDBEE T . wenn. el 15 498 9,3 0,6 3,7 35,6 Bad ni rk 96379) 6,0 = 0,6 46,5 EEE or ang) We) STE 4 261 5,5 2,2 0,3 13,1 Mecklenburg-Schwerin . . . . 3 748 10,1 12,4 0,1 35,2 S-WEIIIEE |. al. 2484 18,4 4,8 — 0,2 Mecklenburg-Strelitz . ... - 797 16,7 33,9 —_ _ Kiskbare: .ı 4. BB. = 12028 656 2,3 2,5 0,0 47,1 Brauuschwäig -. 5... „eu sun 4013 14,3 8,3 10,5 9,4 Mengen N... 2, a 2717 26,3 2,6 — 2,4 BOADFRBURSr,. an, Fe Re 449 7,7 _ _ _ S.-Koburg-&otha . . . - : ... 2481°%)| 28,6 — 0,2 — Aus 0: 1 GE 1270 8,3 13,5 24,6 _ Schwarzburg-Sondershausen . . 1506°)| 44,5 —_ — —_ Schwarzburg-Rudolstadt . . . 1100 32,9 6,9 E= _ Walßsck ren 0,8 0,1 0,8 0,0 _ Tappe an ke 35 0,9 0,3 —_ —_ Inback ru. wa nie 174 1,8 2,0 —_ _ Elsaß-Lothringen. ..... - 6 627 10,2 — = E= Zäskmmen 24". | 1180 | 4,3 | 13 | 5,8 | 44,3 Daraus ergibt sich, daß in Schwarzburg-Rudolstadt, Sachsen- Meiningen, 8.-Koburg-Gotha, S.-Weimar, Mecklenburg-Strelitz und Braunschweig die Forste einen sehr bedeutenden Teil der Staats- einnahmen aufbringen und auch in den übrigen Staaten einen be- deutenden Zuschuß zu denselben leisten. 1) Vierteljahrshefte a. a. O. III, 17. ?2) Mit Domänen. V. Bedeutung der Staatswaldungen. 5235 Das Verhältnis der jährlichen Roheinnahme aus den bayeri- schen Staatsforsten zur gesamten Roheinnahme des bayerischen Staates war: Roh- Prozent der Roh- Prozent der einnahme Staats- einnahme Staats- Mill. M. einnahmen Mill. M. einnahmen 1801 0,52 7,6 1861/67 19,35 13,2 1825/31 6,61 9,8 1870/74 27,49 15,9 1831/37 8,60 12,2 1875/79 27,58 13,8 1837/43 11,62 13,3 1880/84 23,70 10,1 1843/49 11,65 12,2 1885/89 26,56 9,6 1849/55 11,49 10,6 1890/94 82,78 9,7 1855/61 15,95 12,2 1895/99 37,06 9,8 Die Reineinnahmen aus den Staatsforsten betrugen in Mill. Mark Preußen Bayern Sachsen ar erg ‚1870 18,3 15,5 3,9 4,9 1875 27,4 16,6 8,8 8,0 1880 20,4 10,2 6,6 5,1 1885 23,0 13,0 7,6 5,6 1890 32,6 16,6 8,7 6,5 1895 25,4 16,2 7,3 7,4 1900 99,9 22,0 9,2 9,9 1901 52,3 21,5 8,1 10,6 1902 46,9 22,1 1,0 9,2 1903 64,2 — 9,1 9,9 3. Wirtschaftsgrundsätze. Die Erträge der Staatsforste zählen finanzpolitisch zu den Erwerbseinkünften des Staates. Indem sie zur Bestreitung all- gemeiner Staatsausgaben Verwendung finden, kommen sie dem ganzen Volke zugute und indem sie einen erheblichen Teil der Staatseinnahmen ausmachen, entlasten sie alle Steuerzahler. Da- raus erwächst für den Staat die fiskalische Verpflichtung, bei der Bewirtschaftung der Staatswaldungen die höchste Rentabilität nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten als oberstes und lei- tendes Prinzip festzuhalten!) und nur in jenen besonderen Fällen hiervon abzuweichen, in welchen wohlbegründete staats- und volkswirtschaftliche Interessen eine Ausnahme nötig machen und rechtfertigen. Den Maßstab für die höchste Rentabilität bildet die höchste Bodenrente oder die höchste Verzinsung des Boden- und Holzvorratskapitals (S. 85ff... Wenn man die Bodenrein- ertragswirtschaft nicht rein schablonenhaft und formelmäßig auf- 1) Auch Adolf Wagner sagt in seiner „Finanzwissenschaft“ 3. Aufl., I, 586: „Für die Bewirtschaftung der Staatsforste muß das privatwirtschaft- liche Prinzip des größten nachhaltigen Reinertrages das leitende sein, soweit allgemeine Rücksichten [Klima, absoluter Waldboden] nicht widersprechen.“ 5926 - Staatswaldwirtschaft. faßt, sondern das ihr zu Grunde liegende Prinzip wirtschaftlich zu interpretieren weiß, bietet sie für die Berücksichtigung der örtlichen Wald- und Absatzverhältnisse eine mehr als genügende Beweglich- keit. Bei der praktischen Durchführung dieses Prinzipes in einem großen Forstbetrieb, wie es der Staatsforstbetrieb ist, kommt es durchaus nicht darauf an, jeden Bestand in dem mathematisch richtigen Zeitpunkt zu nutzen. Das verbietet schon die Rücksicht auf gewisse forsttechnische Forderungen, die stärker sind als jedes Wirtschaftsprinzip. Es bedeutet auch keine Verleugnung des richtigen Prinzips, wenn man nicht die absolut höchste, sondern die ihr relativ am nächsten stehende Bodenrente im Durchschnitt zu erreichen sucht, wenn volkswirtschaftliche oder forstpolitische Er- wägungen hierfür sprechen oder die Wirtschaftsführung dadurch bequemer und sicherer wird. Was aber aus „staatswirtschaftlichen, — ein Begriff, der nirgends so viel mißbraucht wird wie in der forstlichen Literatur — sich nicht rechtfertigen läßt, ist die grund- sätzliche Ansammlung großer Massen von Althölzern, die nicht nur keinen genügenden Zuwachs mehr aufweisen, sondern durch Fäulnis und Vertroeknen von Jahr zu Jahr immer mehr an Wert verlieren.') Dazu kommt der weitere Nachteil, daß in solchen gelichteten Be- ständen die Bodenkraft Einbuße erleidet und die Verjüngung sehr erschwert wird. Die Nachfrage nach starken Nadelhölzern ist im Verlaufe der letzten 30 Jahre immer mehr zurückgegangen. Für einzelne Zwecke (z. B. Brückenbauten) werden aber kleinere Mengen immer begehrt werden. Es besteht daher kein Zweifel, daß den Staatsforstver- waltungen die Aufgabe zufällt, diese Hölzer zu erziehen, da Private und Gemeinden den mit der Produktion solcher Hölzer verbundenen finanziellen Verlust nicht tragen können. Dazu ist es aber nicht nötig, die Umtriebszeiten eines ganzen Forstverwaltungsbezirkes hoch zu greifen, sondern es genügt, einzelne Bestände für die Stark- holzzucht zu bestimmen oder durch Überhalt, Liehtwuchsbetrieb usw. für die Erziehung einiger besonders starker Stämme zu sorgen. 1) Auf den damit verbundenen Zinsenverlust machte Georg von Mayr in Hildebrands Jahrbüchern schon 1864 (S. 433ff.) aufmerksam. Übrigens wäre die Idee erwägenswert, ob man nicht aus dem verstärkten Einschlag abgängiger Althölzer in guten Preisjahren einen Ausgleichsfonds schaffen sollte, wie er in Preußen für die Eisenbahnen (G. v. 3. Mai 1903) und in Hessen aus den Überschüssen der hessisch-preußischen Eisenbahngemein- schaft und der hessisch-thüringischen Staatslotterie (G. v. 26. März 1904) ge- bildet wurde, um den Staatshaushalt von den Schwankungen dieser Einnahme- posten unabhängig zu machen. — In Sachsen-Weimar fand eine auf den ver- stärkten Altholzeinschlag abzielende Regierungsvorlage (um 1902) nicht die Billigung des Landtages. V. Bedeutung der Staatswaldungen. 597 Wenn die Wirtschaft des ganzen Waldes auf die Erreichung des höchstmöglichen Nutzeffektes gerichtet ist, spielt der mit der Er- ziehung einiger Starkhölzer verbundene Verlust keine Rolle. In demselben Sinne soll sich der Staat auf den hierzu besonders ge- eigneten Standorten mit der Eichenzucht befassen, da dieselbe für die Privaten ebenfalis zu teuer ist. Auch hier sind volkswirtschaft- liche Erwägungen ausschlaggebend, denen gegenüber die rein fi- nanziellen Interessen zurücktreten müssen. Daß die Eichennachzucht zu große Dimensionen annehmen und damit die Rente der Staats- waldungen wesentlich schmälern könnte, ist schon deswegen nicht zu befürchten, weil die hierfür tauglichen Standorte relativ selten sind. Übrigens werden vermutlich die Eichenholzpreise in der Zukunft noch mehr steigen als die übrigen Holzpreise (vgl. auch 8. 47). Es ist geschichtlich erwiesen und in neuester Zeit tritt die Er- scheinung noch in verschärftem Maße hervor, daß ein Teil der Holz- konsumenten und der Holzindustriellen auf Kosten aller Steuer- zahler von dem Staatswailde besonderen Nutzen zu ziehen sucht. Aus „volkswirtschaftlichen“ oder „staatswirtschaftlichen“ Gründen werden Vorzugspreise, der Ausschluß fremder Konkurrenz usw. von der Staatsforstverwaltung gefordert und dann aus politischen Rück- sichten auch oft gewährt. Wenn den Bestrebungen dieser Art von den Staatsorganen nicht entschieden entgegengetreten und der pri- vatwirtschaftliche Gesichtspunkt nicht in den Vordergrund gestellt wird, besteht die Gefahr, daß der Glaube an die Nützlichkeit des Staatswaldbesitzes in der öffentlichen Meinung erschüttert und von neuem eine Bewegung gegen den staatlichen Grundbesitz entfacht wird. Denn darüber darf man sich nicht hinwegtäuschen, daß mit dem Steigen und Sinken der Erträgnisse der Staatswaldungen deren öffentliche Wertschätzung steht und fällt. Auch für die Verstaat- lichung der Eisenbahnen war in erster Linie der finanzielle Ge- sichtspunkt maßgebend. Der rein privatwirtschaftliche Gesichtspunkt kann und muß nur dann aufgegeben werden, wenn es sich um die Unterstützung wahrer Armut und um die Hebung eines vorüber- gehenden Notstandes (landwirtschaftliche Mißjahre, Feuerschäden) handelt. Die dauernde Begünstigung einzelner Bevölkerungsklassen dagegen in der Art, daß dieselben durch Ablassung billigen Holzes künstlich existenzfähig erhalten werden und so gleichsam als Staats- pensionisten sorglos und doch nie zufrieden auf Kosten aller übrigen Staatsangehörigen leben, ist volkswirtschaftlich nicht begründet. Die Erfahrung lehrt überdies, daß jedes kleine Zugeständnis an einzelne in dieser Richtung der Ausgangspunkt für größere und mehrseitige Ansprüche ist. 528 . Staatswaldwirtschaft. Durch die offizielle Verleugnung des privatwirtschaftlichen Standpunktes seitens der oberen Staatsforstverwaltungsbehörden muß schließlich bei den im äußeren Dienst arbeitenden Forstbeamten, von deren Intelligenz, Fleiß und gutem Willen in letzter Linie doch alles abhängt, die Meinung erweckt werden, daß die Erzielung von hohen Überschüssen Nebensache und nicht einmal „staatswirt- schaftlich“ sei. Welche praktische Konsequenzen daraus entstehen können, in welche Konflikte dadurch der äußere Beamte mit sich selbst und mit anderen gerät und wie wenig dieses Prinzip dazu angetan ist, „das wirtschaftliche Gewissen unserer Forstleute anzu- regen und zu schärfen“, soll hier nicht weiter erörtert werden. Das bayerische Forstgesetz stellt für die Bewirtschaftung der Staats- waldungen folgende Grundsätze auf. Art. 2: „Die Forstwirtschaft in den Staatswaldungen hat die Nachhaltig- keit der Nutzung als obersten Grundsatz zu befolgen und ihre Wirtschafts- pläne auf sorgfältige Ertragsermittelungen zu stützen.“ Art. 3: „Ihre Aufgabe ist es, unter Berücksichtigung der vorhandenen Rechte die höchstmögliche Produktion in den dem Bedürfnisse der Gegend und des Landes entsprechen- den Sortimenten zu erzielen.“ Art, 4: „Auch der Abgewährung von Neben- nutzungen ist unbeschadet der Bestimmungen in Art. 2 und 3 entsprechend Bedacht zuzuwenden.“ Art. 5: „Auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft und der Gewerbe ist möglichst Rücksicht zu nehmen.“ ee Elftes Kapitel. Waldgenossenschaften. I. Die bestehenden älteren Waldgenossen- schaften. Es wurde früher (S. 395) dargelegt, daß in vielen Landesteilen der alte markgenossenschaftliche Verband auch nach der Aus- bildung der politischen Gemeinde als deutschrechtliche Genossen- schaft bestehen blieb und zwar entweder in der Form einer Real- gemeinde oder einer Nutzungsgemeinde. Die Entstehung solcher genossenschaftlicher Vereinigungen auf der Grundlage gemein- samen Waldeigentums ist aber auch noch auf andere Ursachen zurückzuführen, wie auf die Teilung grundherrlicher Markwaldungen zwischen Grundherrn und Miteigentümern, Gemeinheitsteilungen innerhalb einer oder zwischen mehreren Gemeinden, auf die Ab- findung bei Forstrechtsablösungen usw. Die Benennungen dieser Verbände sind sehr verschiedenartig: Markgenossenschaften, Märkerschaften, Erbgenossenschaften, Real- gemeinden, Nutzungsgemeinden, Rechtsamegemeinden, Haubergsge- nossenschaften, Gehöferschaften, Interessentenschaften usw. Wissenschaftlich faßt man dieselben mit dem Wort Genossen- schaften zusammen. Diese Bezeichnung wurde erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts in der Literatur für dauernde Verbände ge- bildet, denen ein zwingender rechtlicher Charakter nicht zukommt. ') 1. Realgemeinden finden sich hauptsächlich in Württemberg. Die Waldungen derselben fallen nicht unter das Körperschaftsforstgesetz. In Bayern (auch Pfalz) kennt das Gemeinderecht keine Realgemeinden (Kahr 42, 244f., 323). 2. &ehöferschaften sind Nutzungsgemeinden; namentlich im Reg.-Bez. Trier, auf dem Hundsrück und in der Eifel. 2) Vgl. E. Mayer in von Stengels Wörterbuch, 1390, I, 693. Endres, Forstpolitik. 34 530 - Waldgenossenschaften. 3. Interessentschaften, deren rechtlicher Charakter oft verwischt ist (vielfach Abfindungswaldungen), sind hauptsächlich im Reg.-Bez. Gumbinnen, Erfurt und Hildesheim, dann in Braunschweig vertreten. In Braunschweig wurden durch G. v. 19. Mai 1890 die Interessent- schaftsforste oder Forstgenossenschaften auf eine sichere Rechtsgrundlage ge- stellt. Dieselben sind nunmehr Nutzungsgemeinden (vgl. Z. f. F. u. J. 1892, 176 £f.). 4. Halbengebrauchswaldungen im vormaligen Kurfürstentum Hessen waren im gemeinschaftlichen Besitz von Staat einerseits und Gemeinden oder auch Privaten andererseits. In neuerer Zeit wurden sie geteilt. 5. Haubergsgenossenschaften in Westfalen und am Rhein. Hauberge nennt man die im Westerwald, Edergebirge und in den angrenzenden sauer- ländischen Bergen mit ca. 50000 ha und im Kreis Altenkirchen (Reg.-Bez. Koblenz) mit ca 2000 ha liegenden Niederwaldungen, überwiegend Eichen- schälwaldungen, welche im gemeinschaftlichen Eigentum zahlreicher Besitzer stehen, die zu Genossenschaften vereinigt sind (Schlieckmann, 767). Dem periodischen Abtrieb des Niederwaldes folgt ein einmaliger Getreidebau, falls nicht die Genossenschaft von demselben ganz oder teilweise abzusehen be- schließt. Die Verhältnisse dieser Genossenschaften sind durch besondere Hau- bergsordnungen geregelt. In der Hauptsache gleichlautend sind die Haubergsordnungen 1. für den Kreis Siegen v. 17. März 1879 (an Stelle jener v. 1834); 2. für den Dillkreis und Oberwesterwaldkreis v. 4. Juni 1887 (an Stelle jener v. 1805); 3. für den Kreis Altenkirchen v. 9. April 1890 (an Stelle jener v. 1836). Nach denselben bilden die Hauberge ungeteiltes und unteilbares Gesamteigentum der Besitzer. Die Haubergsgenossenschaft besitzt juristische Persönlichkeit. Die Verpfändung oder dingliche Belastung der Hauberge ist unzulässig. Die ideellen Anteile der einzelnen Genossen bestimmen sich nach dem Herkommen; über dieselben kann frei verfügt werden, doch ist eine Teilung derselben unter das für jeden Hauberg zurzeit des Erlasses der Haubergsordnung bestehende geringste Einheitsmaß nicht gestattet. Eine andere Organisation wurde für die Waldungen des ehemaligen Justizamts Olpe (Reg.-Bez. Arnsberg) durch das G. v. 3. Aug. 1897 geschaffen. Die Niederwaldwirtschaft wurde hier erst im 19. Jahrhundert eingeführt (12500 ha). Das Gesetz unterscheidet a) Jahnschaften (Jahn —Reihe= Nutzungs- teil), d. s. Eigentumsgenossenschaften; b) Konsortenstücke, d. s. ältere Eigen- tumsgenossenschaften; c) Forstbezirke, nunmehr volle Wirtschaftsgenossen- schaften (vgl. Jahrb. d. preuß. Forst- und Jagdgesetzgebung 1897, 204#f.). 6. Murgschifferschaft Gernsbach in Baden. Dieselbe entstand im 15. Jahrhundert dadurch, daß sich die Flößer, welche Holz auf der Murg nach dem Rheine verflößten, genossenschaftlich organisierten. Sie besaßen schon ursprünglich einen gemeinsamen Wald, welcher aber aufgeteilt worden war. Als dann im 16. Jahrhundert jedem „Schiffer“ auf den herrschaftlichen Sägen nur eine bestimmte Anzahl Säge- oder Bordschnittsgerechtigkeiten eingeräumt und die Menge des zu verflößenden Holzes kontingentiert wurde, galten sämt- liche Bordschnittsgerechtigkeiten als Inhalt der Gesamtberechtigung der Schifferschaft. Dadurch verlor das Privateigentum an Wald seine Bedeutung und da die Eigentumsgrenzen in arge Verwirrung geraten waren, trat wieder gemeinschaftliche Nutzung ein.) ı) Gothein in der Zeitschr. f. d. Geschichte des Oberrheins, IV, 1889, 401ff. — Emminghaus, Die Murgschifferschaft usw. 1870 (Hildebrands Jahr- buch XV). — Jüägerschmid, Das Murgtal, 1800. I. Die bestehenden älteren Waldgenossenschaften. 531 Die Murgschifferschaft ist nunmehr gemäß den Statuten v. 1396 ein ge- nossenschaftlich-korporativer Verband auf der Grundlage einer eigenen Ge- markung (Waldgemarkung). Der Besitz der Schifferschaft an Wald (meist Weißtannen) nebst landwirtschaftlichem Gelände, Wegen und Gebäuden, teils auf badischem, teils auf württembergischem Gebiet, umfaßt nach dem Stande v. 1. Jan. 1896 5054 ha. Die Bewirtschaftung der Waldungen erfolgt durch das murgschifferschaftliche Forstamt, dessen Vorstand landesherrlich ernannt wird und Staatsbeamte ist. Mitglied der Schifferschaft ist, wer Rechte an den Waldungen derselben, sog. Waldrechte, zu Eigentum erworben hat. Seit 1. Jan. 1893 umfaßt der Gesamtschifferhandel 100000 ideelle Teile, sog. Waldrechte (bis dahin 365 390?/,). Der Besitz der Waldrechte begründet das Eigentum an den schifferschaftlichen Waldungen und bildet den Maßstab zur Verteilung der Einkünfte. Die Wald- rechte sind veräußerlich; daher wechselt ihr Besitz fortwährend. Um Einfluß auf die innere Verwaltung zu gewinnen und eine geordnete Wirtschaft und Kontrolle herbeizuführen, kaufte und kauft auch der badische Staat (Domänen- ärar) Waldrechte an. Zu Anfang des Jahres 1905 waren 51643 Waldrechte im Besitz des Staates, also mehr als die Hälfte aller dieser Rechte (1881 erst 330). Der Wert eines Waldrechtes kann zurzeit auf 150 M. veranschlagt werden; der Gesamtwert aller Rechte repräsentiert somit die Summe von 15 Mill. Mark. Durch die Ankäufe des Staates ist der Wert der Rechte gegenüber ihrem früheren Wert bedeutend gestiegen. Die Nadelholzstämme I. und II. Klasse sowie die guten stärkeren Nadel- klötze werden in natura verteilt. Alles übrige Nutzholz und sämtliches Brenn- holz wird verkauft; der Erlös hieraus und die Erträgnisse der Nebennutzungen, der landwirtschaftlichen Gelände, der Jagd und Fischerei fließen in die schiffer- schaftliche Kasse. Die Kosten für die forstamtliche Verwaltung trägt je zur Hälfte der Staat und die Murgschifferschaft. Die innere Organisation der älteren Genossenschaften und die Nutzungsbefugnisse der Mitglieder sind durch Gesetz, Statuten oder Herkommen geregelt. Der rechtlichen Natur nach handelt es sich um privatrechtliche Verbände, die nur zum Teil die Rechte einer juristischen Person besitzen. Unabhängig davon wurden die be- treffenden Forste in den einen Staaten einer staatlichen Forstauf- sicht unterstellt, in anderen wieder nicht. In Preußen findet auf alle Genossenschaftswaldungen deutsch- rechtlichen Ursprungs sowie auf die Gesamtabfindungswaldungen (Forstrechtsablösung, Gemeinheitsteilung) das Gesetz vom 14. März 1881 über gemeinschaftliche Holzungen Anwendung. Die- selben unterliegen der Staatsaufsicht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, welche in den einzeinen Landesteilen für die Ge- meindewaldungen gelten. Die Teilung ist nur gestattet, wenn der Boden zur forstlichen Benutzung nicht oder zu einer anderen Ver- wendung besser geeignet ist und landes- oder forstpolizeiliche In- teressen nicht entgegenstehen. In Bayern bestehen keine besonderen Bestimmungen. Als Regel kann wohl gelten, daß gemeinschaftliche Waldungen als Körperschaftswaldungen behandelt werden, wenn sie schon vor dem 34* 552 Waldgenossenschaften. Erlaß des Forstgesetzes unter der Oberaufsicht des Staates verwaltet wurden. Gemeinschaftliche Privatwaldungen werden als Privat- waldungen behandelt; sie können nur geteilt werden, wenn die ein- zelnen Teile einer regelmäßigen Bewirtschaftung fähig bleiben (FG. Art. 20). Nach der Statistik v. 1900 waren im Deutschen Reiche 265797 ha deutsch- rechtliche und 40417 ha neuere Waldgenossenschaften vorhanden. II. Die Bildung von neuen Waldgenossen- schaften. 1. Zweck und Ziel. Die Bildung einer Waldgenossenschaft bezweckt die Vereinigung mehrerer zur gemeinsamen Durchführung bestimmter forstlicher Maßnahmen auf einem bestimmten Grundstückskomplex. Gegen- stand der Genossenschaftsbildung sind in erster Linie Waldflächen, bestockt und unbestockt, dann aber auch aufforstungsfähige Grund- stücke (in Preußen öde Flächen und Heideländereien) unter Aus- schluß der zur landwirtschaftlichen Nutzung geeigneten. Grund- sätzlich ist keine Besitzkategorie won dem Anschluß an Waldge- nossenschaften ausgeschlossen; in Wirklichkeit aber handelt es sich in erster Linie um Privatwaldungen. Die gemeinsamen Maß- nahmen können sich erstrecken von der Bestellung eines gemein- schaftlichen Forstschutzes bis zur gemeinschaftlichen Bewirtschaftung und Nutzung des Genossenwaldes. Der wirtschaftliche Zweck der Genossenschaft kann einerseits auf die Erreichung der finanziellen Vorteile, welche aus gemeinsamen Betriebsmaßnahmen für den einzelnen erwachsen, gerichtet sein, andererseits auf die Beseitigung der Nachteile abzielen, die die Par- zellenwirtschaft und die Gemenglage dem einzelnen bringen. Letzterer Gesichtspunkt ist vom Standpunkte des Öffentlichen Interesses aus der wichtigere. Esist eine unbestreitbare Tatsache, daß ein rationeller forstmäßiger Betrieb nur auf größeren Flächen möglich ist. Durch die früher besprochene Aufteilung von Gemeinde- und Markwaldungen sowie durch die Abfindung von Forstberech- tigten mit Kleinen Waldflächen, zum Teil auch durch den Verkauf von Staatswaldungen in kleinen Teilstücken ist in ‚vielen Gegenden das Waldeigentum in planloser Weise auseinandergerissen und zer- stückelt worden. Dazu kommt, daß viele der so an einzelne ver- zettelten Waldteile gerodet, dann als ungeeignet für die landwirt- II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften. 533 schaftliche Bebauung befunden und trotzdem nicht wieder aufge- forstet wurden. In den in Gemenglage befindlichen Parzellenwaldungen ist die Bestandsbegründung erschwert (Beschattung vom Nachbarwalde her, Traufe), wird durch den Abtrieb des Nachbarbestandes dem Winde Eingang verschafft, der Fällungsbetrieb sowie der Holztransport und die Abwehr von Insekten beeinträchtigt, ist die Entwendung von Waldprodukten schwer kontrollierbar und sind Grenzstreitigkeiten an der Tagesordnung. Zur Beseitigung aller dieser Schäden reichen forstpolizeiliche Vorschriften nicht aus. Denn abgesehen davon, daß dieselben nur mehr auf die Wahrung des Öffentlichen Interesses gerichtet sein können und in dem größeren Teil des Deutschen Reiches überhaupt fehlen, hängt die Wirkung derselben, weil ihr Vollzug ein schwieriger und umständlicher ist, hauptsächlich von dem guten Willen der Waldbesitzer ab. An diesen appelliert der Genossenschaftsgedanke. Man hat denselben, wenn auch mit Mitteln des Zwangs, gesetzlich belebt dadurch, daß man die weiteren Teilungen verbot und den Betrieb der aus früherer Zeit noch übriggebliebenen Gemeinheitsforste durch Spezialgesetze regelte. Die Genossenschaftsidee soll aber ins- besonders in jene Kreise der Waldbesitzer und Grundbesitzer ein- dringen, die die Waldparzellen und unbebauten Waldböden im Be- sitze haben und nur zu ihrem eigenen Schaden besitzen. Die Waldgenossenschaft bildet allerdings nur ein Mittel, nicht das Mittel zur Abhilfe. Denn nicht überall sind die natürlichen Grundlagen für ihre Entstehung gegeben. Sie setzt voraus, daß eine hinreichende Anzahl von Privatwaldungen und Grundstücken in einer der Vereinigung günstigen Anordnung und Lage vorhanden ist, daß die Genossen wenigstens zum größeren Teil wohlhabend genug sind, um einerseits auf einen Ertrag aus dem Genossenwald, wenn es forsttechnisch notwendig ist, auch auf längere Zeit ver- zichten zu können und andererseits direkte finanzielle Lasten auf sich zu nehmen, daß Intelligenz und Gemeinsinn über kleinliche Dorfinteressen und nachbarliche Zwistigkeiten Sieger bleiben. Wo diese Voraussetzungen fehlen, kommen freiwillige Genossenschaften nicht zustande und die zwangsweise gebildeten werden ihre Aufgabe nicht erfüllen. Hier kann den Mißständen der Parzellenwirtschaft nur durch Vereinigung der Waldstücke in eine Hand, in die des Staates, der Gemeinden oder eines Großgrundbesitzers abgeholfen werden, womit aber nicht gesagt sein soll, daß sich gegen diesen Ausweg nicht auch Bedenken geltend machen lassen (s. 8. 521 £.). Das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen, welches in neuerer Zeit mit so viel Erfolg gefördert worden ist, ist mit den Bestrebungen 534 - Waldgenossenschaiten. und mit den Grundlagen der forstgenossenschaftlichen Vereinigungen nicht vergleichbar. Was die Grundlagen der Produktionstätigkeit anlangt, so streben die Forstgenossenschaften ein Ziel an, welches die Landwirtschaft seit 100 Jahren verlassen hat, nämlich den Flurzwang. Der Waldgenosse muß sich hinsichtlich der Nutzung seines eingeworfenen Waldes dem Zwange des aufgestellten Wirt- schaftsplanes unterwerfen, eine Beschränkung der Freiheit des Eigentums, für die im landwirtschaftlichen Genossenschaftssystem jede Analogie fehlt. Vergleichsweise kann man sagen, daß im land- wirtschaftlichen Genossenschaftswesen die Bedarfsbefriedigung der Genossen, im forstwirtschaftlichen die Pflege des Genossenschafts- objektes, des Waldes, den Mittelpunkt bildet. Indem die land- wirtschaftliche Genossenschaft ihren Mitgliedern Kredit und Be- triebsmittel (Saatgut, Maschinen usw.) sowie leichtere Verkaufsmög- lichkeiten für ihre Produkte verschafft, ihnen Versicherungen gegen Schäden aller Art zugänglich macht, verbessert sie die augenblick- liche wirtschaftliche Lage der Genossen, ohne in deren Verfügungs- freiheit einzugreifen. Jedes Genossenschaftsmitglied genießt auch per- sönlich den Nutzen der Genossenschaftsbildung. Auch die Vereinigung von Waldbesitzern kann zu ähnlichen oder gleichen Zwecken erfolgen. Allein damit ist das forstliche Genossenschaftswesen nicht erschöpft, sondern nur eingeleitet. Der Hauptzweck desselben ist die ge- meinsame planmäßige Bewirtschaftung des Genossenwaldes ohne Ansehung der Person der Genossenschaftsmitglieder. Damit sind vielfach finanzielle Opfer für den einzelnen verbunden, die ihm zeitlebens nicht mehr wett gemacht werden, sondern erst seinen Erben zugute kommen und außerdem kann er mindestens nicht über den Zeitpunkt der Nutzung seiner Bestände verfügen. Die Fortschritte des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens berechtigen daher nicht zu der Hoffnung und Schlußfolgerung, daß auf forstlichem Gebiete dasselbe erreicht werden kann. Immerhin aber mag zugegeben werden, daß durch ersteres der Genossen- schaftsgedanke an sich in der bäuerlichen Bevölkerung populärer geworden ist und sich auch in der Waldwirtschaft immer mehr Bahn brechen wird. Das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen wäre nicht zur Blüte gelangt, wenn nicht der Staat und die größeren Kommunal- verbände dasselbe in jeder Richtung unterstützt hätten. Es ist einmal so in deutschen Landen, daß der Grundbesitzer erst dann seine eigensten Interessen wahrt, wenn ihm aus Öffentlichen Mitteln eine Pension gewährt wird. Auch die Waldgenossenschaften werden sich nur dann entwickeln, wenn die Staatsbeihilfe nicht fehlt. Dieselbe kann in allen jenen Formen gewährt werden, die II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften. 535 zur Hebung der Privatwaldwirtschaft überhaupt angebracht sind. In erster Linie stehen die Beratung der Genossenschaft durch die staat- lichen Forstbeamten, die Gewährung von billigen amortisationsfähigen Darlehen an Aufforstungsgenossenschaften, direkteGeldbewilligungen, Prämien usw. Außerdem muß von seiten der Forstbeamten die Werbetrommel gehörig gerührt werden. Die Erfolge, welche bisher in bezug auf die Gründung von Waldgenossenschaften erzielt wurden, sind bescheiden. Daß man den Ausbau des Genossenschaftssystems für eine schwierige und noch nicht geklärte Angelegenheit betrachtet, beweist schon die ab- wartende Stellung, welche die deutschen Bundesstaaten gesetz- geberisch zu derselben einnehmen. Nur Preußen hat einen Versuch von größerer Tragweite durch Erlaß des „Gesetzes betr. Schutz- waldungen und Waldgenossenschaften vom 6. Juli 1875“ gewagt.) Obwohl darnach die Bildung von Waldgenossenschaften durch Ma- Joritätszwang erfolgt und Eigentumsgenossenschaften ausgeschlossen sind, war die Wirkung des Gesetzes bis jetzt eine geringe.') Im ganzen wurden in Preußen bis 1903 für 10600 ha Waldgenossen- schaften (Schutz-, Betriebsplan- und Wirtschaftsgenossenschaften) errichtet ?) und zwar in den Reg.-Bez. Marienwerder 350, Köslin 80, Posen 91, Oppeln 34, Merseburg 134, Schleswig 1039, Hannover 93, Hildesheim 210, Osnabrück 1275, Aurich 53, Lüneburg 128, Stade 3900, Arnsberg 2937, Düsseldorf 275 ha. 2. Die Arten der Waldgenossenschaften. Man unterscheidet Eigentums- und Wirtschaftsgenossen- schaften.?) A. Eigentumsgenossenschaften. Der Wald ist gemeinschaftliches Eigentum der Genossenschafts- mitglieder, ist unteilbar und wird planmäßig als Ganzes bewirt- schaftet und verwaltet. Die Nutzungsanteile der Genossen bemessen sich nach Statut und Herkommen, bei erst entstehenden Genossen- schaften nach dem Verhältnis des von jedem Genossen eingeworfenen Waldkapitalwertes, In ihrer reinen Form bildet die Eigentumsgenossenschaft die wirkungsvollste genossenschaftliche Vereinigung für die Durch- führung eines rationellen Forstbetriebes im Genossenschaftswald, weil hier der Zustand und die Leistungsfähigkeit des Waldes unter ı) Vgl. Offenberg, Das Waldschutzgesetz usw., Berlin 1901. — Rei- nick in Z. £f. F. u. J. 1904, 156. ®?) Runnebaum, Mitt. d. deutschen Forstvereins, 1903, Nr. 5. 3) Danckelmann unterscheidet: Eigentums-, Wirtschafts-, Übergangs-, Aufsichts-, Verwaltungs-, Hilfsgenossenschaften. Bericht über die 8. Versamm- lung deutscher Forstmänner zu Wiesbaden, 1579, S. 41. % 556 ° Waldgenossenschaften. Hintansetzung der Privatinteressen einzelner Genossen die Grund- lage der Bewirtschaftung bilden kann und bilden muß. Forst- politisch sollte der Eigentumsgenossenschaftswald mit dem unter Beförsterung stehenden Gemeindewald auf einer Stufe stehen. Wie die vorhandenen älteren Eigentumsgenossenschaften ent- standen sind, wurde auf S. 395 dargelegt. Der Neubildung von Eigentumsgenossenschaften durch Zusammenlegung von Sonder- eigentumswaldungen steht der Umstand hindernd im Wege, daß sich der einzelne Genosse des Verfügungsrechtes über sein Wald- eigentum begibt und daher auch in Zeiten dringender Bedürfnisse und der Not auf seine Waldsparkasse nicht zurückgreifen Kann, bei Erb- teilungen darüber nicht ungehindert verfügen darf und beim Verkauf des Gutes wegen der Gebundenheit seines Miteigentumswaldes Ver- luste erleidet, daß er überhaupt mehr als Nutzungsberechtigter wie als Besitzer erscheint. Diese Gründe sind namentlich dann durch- schlagend, wenn die Genossenschaft durch die Zusammenlegung von Waldböden, die bereits mit älterem, verwertbarem Holze bestockt sind, gebildet werden soll. In diesem Falle wird es sich selbst der intelligente und wohlhabende Waldbesitzer zweimal überlegen, ob er auf die Möglichkeit, seinen Bestand nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Lage zu nutzen, zugunsten des genossenschaftlichen Prinzips verzichten will. Mit Rücksicht auf diese Verhältnisse hat man auch die Bildung von „Übergangs-Genossenschaften“ vorgeschlagen in der Weise, daß der bisherige Besitzer über die zur Zeit der Genossen- schaftsbildung vorhandenen Bestände bis zu deren Abtrieb noch verfügt, bzw. dieselben innerhalb bestimmter Frist noch nutzt und erst die neubegründeten Bestände in das Eigentum der Ge- nossenschaft übergehen.!) Tatsächlich übernimmt diese also nur den leeren Boden, dessen Bewertung auch auf weniger Schwierig- keiten stößt. Einen Mittelweg schlägt das preußische Waldschutzgesetz von 1875 ($ 27) ein, um das Zustandekommen von Waldgenossenschaften — hier Wirtschaftsgenossenschaften — zu erleichtern. Es gestattet den Waldbesitzern, ihre verwertbaren Holzbestände vorweg abzu- räumen und für sich zu benutzen, wenn sie dieselben in die Ge- nossenschaft nicht einwerfen wollen. Sie haben aber dann die Kosten des ersten Wiederanbaues ihrer Flächen allein zu tragen. Diese Kulturkosten gelten dann als eingeworfener Holzbestandswert. Es ist anzunehmen, daß durch diesen Modus manchem Besitzer 1) Danckelmann, Bericht über die 8. Versammlung deutscher Forst- männer zu Wiesbaden, 1879, 41. II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften. 537 verwertbarer Bestände die Scheu vor dem Eintritt in die Genossen- schaft benommen wird. Andererseits fällt aber durch den Wegfall der haubaren Bestände für die Besitzer der mittelalten und jungen Bestände das Lockmittel weg, daß sie gleich nach Gründung der Genossenschaft aus gemeinsamen Abtriebsnutzungen die ihrem ein- geworfenen Waldkapitalwert entsprechenden Einnahmen zugewiesen erhalten und daß ferner die Ausgaben zum größeren Teil auf die Schultern der Besitzer der wertvollen Bestände abgeladen werden. Gerade in dem Umstande, daß solche Waldbesitzer durch den Ein- tritt in die Genossenschaft sofort jährliche oder wenigstens kurz- periodische Einnahmen pränumerando des späteren Erlöses aus dem Abtrieb ihres jetzt einzuwerfenden Bestandes genießen, ihren aussetzenden Betrieb also gleichsam in einen jährlichen verwandeln, liegt ein: nicht zu unterschätzender Vorzug der Eigentums- und Wirtschaftsgenossenschaft. Außerdem steht es auch mit den auf die Walderhaltung und Pflege gerichteten Zielen der Genossen- schaftsidee im Widerspruch, wenn dieselbe nur durch Schaffung von Kahlflächen in praktische Bahnen gelenkt werden kann. Dadurch wird die junge Genossenschaft sofort mit einem großen Kultur- kostenaufwand belastet. Es erscheint daher viel zweckmäßiger, wenn die Genossenschaft die alten Bestände ankauft, um sie allmählich betriebsplangemäß zu nutzen, wobei allerdings vorausgesetzt werden muß, daß der Genossenschaft aus öffentlichen Mitteln geringverzinsliche Kapitalien vorgestreckt werden. Von diesem Gesichtspunkte aus ist auch die Bildung von Aufforstungsgenossenschaften zu beurteilen. Es ist nicht damit getan, daß eine größere Anzahl von Besitzern von Kahl- und Ödflächen diese Grundstücke genossenschaftlich vereinigt. Die Hauptfrage ist die, ob auch das nötige Geld für die Aufforstung, die auf größeren Flächen große Summen verschlingt, und für den eventuellen Zukauf von fremden Grundstücken, die inmitten der vereinigten Grundstücke liegen, aufgebracht werden kann. Selbst wenn der Staat oder die Kommunalverbände Zuschüsse leisten, werden an die Opferwilligkeit der Genossenschaftsmitglieder noch große Anforderungen gestellt werden müssen. Daraus ergibt sich von selbst die Schlußfolgerung, daß man mit kapitalschwachen Grundbesitzern keine Aufforstungsgenossenschaften gründen kann. Andererseits sind es aber gerade die Parzellen dieser meist klein- bäuerlichen Grundbesitzer, deren waldwirtschaftlicher Zusammen- schluß am dringlichsten wäre. Die zwei einzigen Fälle, die bezüglich der Neugründung von Aufforstungsgenossenschaften unter Einwerfung des Eigentums in 538 Waldgenossenschaften. den letzten 50 Jahren zu verzeichnen sind, bestätigen das eben Gesagte. Der Mißerfolg des Wittgensteiner Waldkulturge- setzes von 1854 (siehe unten) ist hauptsächlich darauf zurückzu- führen, daß die wirtschaftlich schlecht situierte Bevölkerung die Kosten für die Aufforstung ausgedehnter Flächen dauernd nicht aufzubringen vermochte. Das Zustandekommen von einigen Auf- forstungsgenossenschaften in Ober- und Niederbayern aber war nur dadurch gewährleistet, daß überhaupt nur an die besser si- tuierten Leute appelliert wurde und daß mit Hilfe des Anteilschein- systems auch Personen für die Genossenschaften als Mitglieder ge- wonnen werden, die keinen Waldboden zum Einwerfen zur Ver- fügung haben und sich daher lediglich mit Kapital am Genossen- schaftsverbande beteiligen. Dadurch kamen bis jetzt die bayerischen Genossenschaften über den toten Punkt der ausschließlichen Geld- beschaffung für Aufforstung und Verwaltung aus dem Kreise der ihren Boden einwerfenden Grundbesitzer hinweg. Ihre Organisation ist in erster Linie eine kapitalistische. Die Bildung von neuen Eigentumsgenossenschaften ist nicht gut anders denkbar als durch Zuteilung von Anteilrechten an die Genossenschaftsmitglieder nach Verhältnis ihrer eingeworfenen Waldkapitalien (Boden und Bestand) und, wenn auch Nichtgrund- besitzer einbezogen werden, nach Verhältnis der geleisteten Geld- beiträge. Diese Anteilrechte (Anteilscheine) müssen frei veräußerlich und persönlich übertragbar sein, wenn die Genossenschaft nicht zur Realgemeinde werden soll, wie es bei vielen Genossenschaften aus älterer Zeit der Fall ist. Wie das Beispiel der Wittgensteiner Waldgenossenschaften zeigt, liegt aber in der Beweglichkeit der An- teilscheine insofern eine gewisse Gefahr für die gedeihliche Ent- wicklung der Waldgenossenschaft, als dieselbe als Spekulationsob- jekt in die Hände von solchen Personen gelangen können, die fernab vom Walde ihren Wohnsitz haben und sich um die Bewirt- schaftung des Waldes nicht kümmern. Deren Interesse ist lediglich auf Ersparung ‚von Kosten und Erzielung baldiger und ergiebiger Einnahmen gerichtet. Wenn indessen eine Waldgenossenschaft ge- deihen soll, müssen die Mitglieder auf dem Boden gleichgearteter, d. h. forstlich-agrarischer Verhältnisse stehen und sich wirtschaftlich solidarisch verbunden fühlen. Dies kann nur dann erreicht werden, wenn die Anteilscheine am Genossenwald innerhalb der Gemeinde bleiben, in deren Bezirk derselbe liegt, oder wenigstens noch in den Nachbargemeinden. Das Braunschweigische Waldgenossen- schaftsgesetz von 1890 hat diese Bedingung gestellt und damit ge- wiß einen glücklichen Griff getan. II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften. 539 Die Neubildung von Eigentumsgenossenschaften hat sich bisher auf folgende Fälle beschränkt. 1. Das Waldkulturgesetz vom 1. Juni 1854 für den Kreis Wittgenstein (Reg.-Bez. Arnsberg, Provinz Westfalen) war das erste Gesetz, welches die Neubegründung einer Waldgenossen- schaft und zwar in Form der Eigentumsgenossenschaft betrifft. Den Anlaß!) hierzu gaben die eigentümlichen Agrar- und Besitzverhält- nisse dieses 300—756 m ü. d. M. gelegenen Gebirgslandes (Rothaargebirge). Bis 1839 stand das Land des ganzen Kreises im Grundbarkeitsverhältnis zu den beiden Standesherrschaften Sayn-Wittgenstein-Hohenstein und -Berleburg, den Kirchen und einer kurhessischen Domäne. Den beiden Standesherrschaften gehören heute noch von den 48739 ha des Kreises 53°/, als Fideikommiß. Hiervon sind 95°), Wald. Gemieinde- und bäuerliche Waldungen waren vor 1839 nicht vorhanden, weil bis 1812 die Standesherrschaften das Recht des Rittersporns ausübten. Den Bauern standen Holz-, Streu- und Weiderechte zu. Den größten Teil des der bäuerlichen Bevölkerung gehörigen Grund- besitzes bilden die sog. Außenfelder (1839 50000 Morgen). Dieselben sind Hutflächen, welche meist in beträchtlicher Entfernung von den Dörfern an Berghängen liegen, mit Rasen, Moos und Ginster bewachsen sind, alle 15—20 Jahre einmal mit Korn und Haber angebaut werden und sonst zur Gewinnung von Ginster als Streu und Brennmaterial und zur Weide dienen. Wegen der Lage an Hängen, dem Mangel an Wegen und Dünger ist ein intensiver land- wirtschaftlicher Betrieb ausgeschlossen. Man faßte daher die Aufforstung durch Genossenschaftsbildung ins Auge, zum Teil auch in der allerdings un- begründeten Befürchtung, daß die Forstrechte der Bauern in den standes- herrlichen Forsten zur Ablösung gelangen könnten. Der wesentliche Inhalt des Gesetzes ist folgender: In jedem Gemeindebezirk können auf den Antrag auch nur eines beteiligten Eigentümers unter Zustimmung der Mehrzahl aller beteiligten Eigentümer, nach dem Katastralreinertrag berechnet, die nicht zum regelmäßigen Fruchtbau benutzten Außenländereien, aus- genommen die fürstlich wittgenstein’schen, zu einem Ganzen behufs Benutzung zur Waldkultur vereinigt werden. Einzelne Grundstücke können unter gewissen Umständen ausgeschlossen werden. Die Eigentümer der so vereinigten Grundstücke bilden eine Wald- genossenschaft mit dem Rechte einer juristischen Person, auf welche das Eigentum der Grundstücke übergeht. Jeder Wald- genosse erhält nach dem Verhältnis des Wertes seiner eingeworfenen Grundstücke eine oder mehrere auf seinen Namen lautende, in ein Lagerbuch eingetragene, gleichwertige und unteilbare, aber frei ver- äußerliche Holzaktien (d. s. Anteilscheine). Deren Zahl wird bei Gründung der Genossenschaft ein für allemal festgesetzt. Die Forderung der Hypothekengläubiger usw., die der Genossenschafts- bildung nicht widersprechen dürfen, gehen auf die Holzaktien über. 1) Nach der eingehenden Darstellung von Dr. Hill in Zf F.u.J,., 1904, 14 u. 100. 540 ° Waldgenossenschaften. Servituten bestehen fort, Weideberechtigungen sind jedoch nach Bedürfnis der Holzzucht einzuschränken. Nutzungen und Kosten werden nach Verhältnis der Zahl der Aktien verteilt. Die Ver- tretung der Genossenschaft hat der vom Landrat bestätigte Vor- steher. Alle Beschlüsse der Waldgenossen werden durch absolute Stimmenmehrheit nach der Zahl der Aktien gefaßt ($ 16). Ein Rezeß (Statut) regelt die Verhältnisse der Genossenschaft. Die Ge- nossenschaft steht unter staatlicher Aufsicht. Die Auflösung der Genossenschaft und die Teilung ihres Waldeigentums ist nur durch Beschluß der Genossenschaft mit landesherrlicher Genehmigung zulässig. Die Bevölkerung verhielt sich dem Gesetze gegenüber ableh- nend.'!) Im ganzen Kreise mit 55 Ortschaften wurden 3 Waldgenossen- schaften mit insgesamt 429 ha gebildet! Eine vierte Genossenschaft löste sich bald nach ihrer Gründung schon im Jahre 1867 wie- der auf.?) Als Gründe des Mißlingens glaubt Dr. Hill bezeichnen zu können: 1. Den Verlust des Eigentums seitens des einzelnen an die Genossen- schaft. „Der Wittgensteiner kommt über den Verlust des Eigentums nicht hinweg und zwar um so weniger als auch von seinem Grundbuchblatte die von ihm eingeworfenen Grundstücke verschwinden und er sich nicht mehr, wenigstens auf dem Papier, als Herr der Flächen verzeichnet sieht.“ 2. Die Veräußerlichkeit der Holzaktien an beliebige, auch außerhalb der Gemeinde lebende Käufer. Dadurch geht das Interesse der Eingesessenen am Genossenwalde verloren und die Spekulanten, die Aktien kaufen, denken mehr an die Abholzung als an die Aufforstung. 3. Die Übertragung der Rechte der Hypothekengläubiger usw. auf die Holzaktien. 4. Die starke finanzielle Belastung der Genossen durch die Aufforstung der ausgedehnten Flächen. Die wiederaufgelöste vierte Waldgenossenschaft (Weidenhausen) zählte z. B, 26 Genossen mit 360 Holzaktien und einer Fläche von 750 Morgen. Trotz einer Staatsbeihilfe von 230 Tlir. gerieten die Auf- forstungsarbeiten mangels nötiger Geldmittel bald ins Stocken, die meisten Genossen hatten große Schulden. Nachdem ca. 150 Morgen aufgeforstet waren, verkauften die meisten Genossen, durch ihre Gläubiger gedrängt, ihre Aktien an den Fürsten Wittgenstein (50 Tlr. pro Aktie) und die Regierung mußte wohl oder übel in die Auflösung einwilligen. Dieses Beispiel hat übrigens auf viele Gemeinden abschreckend gewirkt. 5. Die Einschränkung der Weiderechte und die darum entstandenen Streitigkeiten. 2. In Ober- und Niederbayern’) wurden in den letzten Jahren aus freiem Willen der Mitglieder die vier Waldgenossen- schaften (Eigentumsgenossenschaften) Steinberg-Passau, Rathberg- 1) Donner 78. — °®) Hill a. a. O. 101. ») Nach dem Referate des Forstrates Gampert in Passau auf der Haupt- versammlung des deutschen Forstvereins zu Kiel 1903 (Bericht hierüber S. 57 £f.). II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften, 541 Wegscheid, Waldkirchen-Wolfstein und Moosburg für eine Auf- forstungsfläche von 170 ha mit einer Einzahlung von 40000 M. gegründet. Dieselben haben als „wirtschaftliche Vereine“ die Rechtsfähigkeit erworben. Der Eintritt in die Genossenschaft steht jedermann offen. Die Einlage (Anteilschein) beträgt 100 M., Grundbesitzer können dieselbe durch Ablassung von Grundstücken leisten. Mehrere Einlagen seitens einer Person — die Zahl ist un- beschränkt — verschaffen derselben die entsprechende Anzahl von Mitgliedschaftsrechten. Die Mitgliedschaft ist vererblich und auch übertragbar. Der Austritt aus der Genossenschaft steht jedermann frei, ein Rückersatz der Einlage, auch von Grundstücken, findet jedoch nicht statt. a) Nach den Satzungen des „Wirtschaftlichen Vereins Waldbau- genossenschaft Rathberg in Wegscheid“ v. 1901 soll im Vereinsgebiet ein größerer, möglichst zusammenhängender Körperschaftswald gebildet und unter der Oberaufsicht der staatlichen Forstorgane wie die Gemeinde- waldungen bewirtschaftet werden. Zu diesem Zwecke sollen außer den von den Besitzern in den Genossenwald eingelegten Grundstücken solche Wald- parzellen, welche sich zufolge ihrer Gestaltung zu einem geregelten Forst- betriebe für sich allein nicht eignen, ferner abgeholzte, stark ausgeschlagene, schlecht bestockte Waldungen, wenig ertragende Waldwiesen, überhaupt min- derwertige Grundstücke, sofern deren Besitzer zum Eintritt in den Verein nicht bewogen werden können, in möglichst großem Umfange vom Verein er- worben werden. — Aus den baren Einlagen ist zunächst ein Kapital anzu- sammeln, aus dessen Zinsen die ständigen Ausgaben für Steuern und Umlagen, Forstschutz und forstliche Betriebsleitung gedeckt werden können. — Die Ver- pflichtung der Mitglieder erschöpft sich mit der Leistung der Einlagen; per- sönliche Haftung ist ausgeschlossen. — Die Mitglieder können ihre Einlagen nicht zurückfordern und haben nur Anspruch auf jene Nutzerträge des Ver- einsvermögens, welche zur Verteilung gelangen. Die Anteile der einzelnen Mitglieder bestimmen sich nach dem Verhältnis der Einlagebeträge, welchen jährlich 3°), Zinsen und Zinseszinsen hinzugerechnet werden. Die Mitglieder sind berechtigt, aus dem Körperschaftswalde gegen Zahlung des Taxpreises das zu ihrem Hausbedarf nötige Bau- und Brennholz sowie Waldstreu zu beziehen, soweit es nach dem Betriebsplane zulässig ist. Eine Verteilung der Forsthauptnutzungserträge darf erst stattfinden, wenn die bei der Erwerbung nicht oder nur mit Jungholz bestockt gewesenen Grundstücke solche abwerfen. Fließen die Geldbeträge aus der Forsthaupt- nutzung von Grundstücken, welche bereits zurzeit der Erwerbung mit verwert- barem Holzbestande bestockt waren, so sind dieselben zur Erfüllung der Ver- einszwecke zu verwenden. — Der Vorstand aus drei Mitgliedern (Ehrenamt) wird auf drei Jahre gewählt. Demselben steht der Aufsichtsrat (fünf gewählte Mitglieder) zur Seite als Kontrollorgan. In der Mitgliederversammlung ist jedes Mitglied stimmberechtigt und zwar bis zu zehn Mitgliedsrechten für jedes Recht mit je einer Stimme und für je weitere fünf Rechte mit je einer Stimme; Maximum 20 Stimmen. Die Beschlüsse werden durch die Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt; Satzungsänderungen bedürfen einer Mehr- heit von drei Viertel der in der Mitgliederversammlung vertretenen Stimmen mit der Forderung, daß die erschienenen Mitglieder drei Viertel der gesamten Mitgliedschaften repräsentieren. Die Auflösung des Vereins ist an die Zu- r 542 ° Waldgenossenschaften. stimmung von neun Zehntel der vertretenen Stimmen, welche neun Zehntel der gesamten Mitgliedschaften repräsentieren, bei zweimaliger Abstimmung binnen vier Wochen gebunden. Es genügt aber eine Mehrheit von drei Viertel der erschienenen Mitglieder, wenn das Gesamtvermögen des Vereins an den Staat oder an eine Gemeinde als Ganzes verkauft werden soll. b) Als Voraussetzungen, unter denen das Zustandekommen von Eigen- tumsgenossenschaften nach Art der bayerischen wünschenswert und möglich ist, bezeichnet Forstrat Gampert folgende: 1. Muß ein gewisser örtlicher Überfluß von Privatwaldungen vor- handen sein. 2. Muß feststehen, daß auf keinem anderen Wege die Herbeiführung be- friedigender Waldzustände in einer Gegend zu erzielen ist. 3. Es muß die Möglichkeit gegeben sein, geeignete Grundstücke um mäßigen Preis zu erstehen und die zu deren Ankauf und forstlichem Betrieb nötigen Geldmittel zu beschaffen, insbesondere auch die zu erwerbenden Grundstücke von darauf lastenden Hypotheken freizubringen. Gampert macht dann selbst darauf aufmerksam, daß bei solchen Vor- bedingungen nicht anzunehmen ist, daß derart organisierte Waldgenossen- schaften schon bald eine große Verbreitung finden werden. B. Wirtschaftsgenossenschaften. Jedes Genossenschaftsmitglied bleibt im dauernden Sonder- besitz seines Waldeigentums, gemeinschaftlich ist nur die Bewirt- schaftung im ganzen oder in bezug auf einzelne Zweige. Die Be- zeichnung Wirtschaftsgenossenschaft ist also zunächst im weiteren Sinne zu verstehen. In Anlehnung an die Bestimmungen des preußischen Waldgenossenschaftsgesetzes von 1875 kann man folgende zwei Unterarten unterscheiden: a) Die eingeschränkte (begrenzte) Genossenschaft. Jedes Mitglied nutzt die Bestände seines Sondereigentums auf eigene Rechnung (Sondernutzung) und sorgt auf eigene Kosten für deren Neubegründung. Die Verpflichtungen, welche die Genossenschafts- mitglieder unter sich eingehen, beziehen sich nur auf besonders festgelegte Maßregeln. Dieselben können sich von der Anstellung eines gemeinschaftlichen Schutzorganes bis zur Aufstellung eines gemeinsamen Betriebsplanes erstrecken. Auch die Vereinbarung auf gemeinschaftliche Herstellung und Unterhaltung von Wegen, Beschaffung von Kulturgeräten, Samen, Pflanzen usw. kann damit verbunden sein.) Je nach den Zielen der Genossenschaft spricht man daher von Schutz-, Aufsichts-, Verwaltungs-, Betriebsplangenossen- schaft usw. Die Kosten für die gemeinsamen Maßregeln werden !) Runnebaum, Bericht über die 4. Hauptversammlung des deutschen Forstvereins zu Kiel 1903, 47. — Ferner Heck, Das Genossenschaftswesen in der Forstwirtschaft, 1887, 101 £. — Offenberg, Das Waldschutzgesetz usw., 1901, 42. II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften. 543 gemeinschaftlich nach einem bestimmten Maßstabe (Fläche, Grund- steuer) getragen. Die Bildung solcher Genossenschaften hat das preußische Waldschutzgesetz vom Jahre 1875 im Auge. $ 23. „Wo die forstmäßige Benutzung nebeneinander oder vermengt ge- legener Waldgrundstücke, öder Flächen oder Heideländereien nur durch das Zusammenwirken aller Beteiligten zu erreichen ist, können auf Antrag...- die Eigentümer dieser Besitzungen zu einer Waldgenossenschaft vereinigt werden. Das Zusammenwirken kann gerichtet sein, entweder: 1. Nur auf die Einrichtung und Durchführung einer gemeinschaftlichen Beschützung oder anderer der forstmäßigen Benutzung des Genossenschafts- waldes förderlichen Maßregeln“. Die auf diesen Titel hin gebildeten Genossenschaften werden meist kurz „Schutzgenossenschaften“ genannt (nicht zu verwechseln mit den Schutzwald- genossenschaften), auch wenn der Zweck derselben über die Bestellung eines gemeinschaftlichen Forstschutzes noch hinausgeht. Das Teilnahmemaß jedes Waldgenossen an der gemeinschaftlichen Ein- richtung wird im Statut festgesetzt; mangels anderer Vereinbarung sind die erwähnten Gesichtspunkte maßgebend ($ 27). Den stärksten Grad der Gebundenheit bringt naturgemäß die Betriebsplangenossenschaft für die Genossenschaftsmitglieder mit sich. Da jeder Genosse seine Bestände für sich nutzt und somit die Höhe der erzielten Einnahmen, soweit die Verwertung der Bestände in Frage steht, keine genossenschaftliche Angelegen- heit bildet, kann der aufgestellte Betriebsplan lediglich den Zweck verfolgen, eine solche Hiebsordnung festzusetzen, daß den Nach- barbeständen und der Gesamtheit aller Genossen aus den Fällungs- und Kulturmaßnahmen des einzelnen kein Schaden erwächst (Wind- gefahr, Verdämmung des Jungwuchses, Holztransport usw.). Dabei ist daran zu erinnern, daß der Windgefahr in den Staaten mit einer Schutzwaldgesetzgebung in der Regel schon durch letztere vorge- beugt ist. Die Festsetzung einer gemeinsamen Umtriebszeit hat lediglich formale Bedeutung. Beim Durchforstungsbetrieb kann sich das Hauptaugenmerk auf die Beseitigung der Insektengefahr beschränken. Inwieweit auch den Absatzverhältnissen für die Waldprodukte durch Festsetzung eines sich ungefähr gleich- bleibenden Etats Rechnung zu tragen ist, hängt von den örtlichen und den Bestandsverhältnissen ab (Gerbrinde!). Jedenfalls wird die Freude an dem Genossenschaftsverband nicht erhöht, wenn dem einzelnen große Opfer an Zuwachs durch Hinausschieben der Abtriebszeit auferlegt werden. Ob jene genossenschaftlichen Verbände, welche zum Zwecke der gemeinschaftlichen Organisation des Waldschutzes, des Kultur- betriebes (Samen- und Pflanzenbezug, Pflanzenzucht), der Wege- 544 ° Waldgenossenschaiten. anlagen, des Verkaufes des Holzes und anderer Waldprodukte usw, gegründet werden, mehr oder weniger die individuelle Freiheit der Mitglieder beschränken, hängt natürlich vom Statut ab. Unter die Wirtschaftsgenossenschaften können sie überhaupt nur gerechnet werden, wenn sie die Rechtsfähigkeit erlangt haben. Verbände ohne Rechtsfähigkeit, die nur auf Verabredung bestehen, bezeichnet man besser mit Waldbauverein') oder dergleichen. Mag das Ziel solcher Genossenschaften und Vereine eng oder weit gesteckt sein, auf alle Fälle ist deren Bildung als ein merk- licher Fortschritt in bezug auf die Beseitigung vieler mit der Par- zellenwirtschaft verbundener Mißstände zu begrüßen. Da die dem einzelnen erwachsenden Vorteile augenscheinlicher sind als jene, die sich aus den Eigentums- und Wirtschaftsgenossenschaften in engerem Sinne ergeben, und das Odium der Eigentumsbeschränkung fast ganz eliminiert ist, bedarf es in vielen Gegenden nur des zielbewußten Vorgehens eines einflußreichen Mannes, um die Wald- besitzer zur Gründung derartiger Verbände zu veranlassen. Nach dieser Richtung hin kann in den Gegenden des Kleinwaldbesitzes noch viel geschehen. b) Die volle (eigentliche) Wirtschaftsgenossenschaft oder Wirt- schaftsgenossenschaft im engeren Sinne. Die Nutzung erfolgt auf Grund des gemeinsamen Wirtschaftsplanes (Betriebsplanes) auf ge- meinschaftliche Rechnung, jeder Genosse erhält von jeder Nutzung einen dem Kapitalwert seiner eingeworfenen Waldstücke (Boden und Bestand) proportionalen Teil. Alle Kosten und Lasten werden nach dem gleichen Verhältnis gemeinschaftlich getragen. Wesentlich ist, daß die Abtriebserträge gemeinschaftlich ge- erntet werden. Ob die Verteilung derselben in natura oder nach dem bei der Verwertung erzielten Gelderlös erfolgt, ist gleichgiltig. Die Gewinnung der im Wirtschaftsplane vorgesehenen Zwischen- nutzungserträge kann zwar jedem Eigentümer überlassen werden, wünschenswert ist es aber nicht, weil die Kontrolle über das Maß und die Stärke der Durchforstungshiebe schwer ist und die Größe des Abtriebsertrages von denselben stark beeinflußt wird. Ähnlich liegen die Verhältnisse bezüglich der Nebennutzungen. Die Be- triebskosten können durch Naturaldienste der Genossen ganz oder teilweise geleistet werden. Das preußische Waldschutzgesetz von 1875 sieht auch die Bildung von Genossenschaften dieser Art vor. !) Ein solcher Waldbauverein besteht im niederbayerischen Forstamt Mainburg mit 35 Privatwaldbesitzern und 800 ha Fläche (Schutz, Kulturen, gemeinschaftliche Verkäufe usw.). II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften. 545 8 23....(s. vorhin) oder „2. zugleich auf die gemeinschaftliche forst- mäßige Bewirtschaftung des Genossenschaftswaldes nach einem einheitlich auf- gestellten Wirtschaftsplane.“!) Es ist einleuchtend, daß diese Wirtschaftsgenossenschaft ihrer Wirkung nach der Eigentumsgenossenschaft am nächsten steht. Sie ist nächst dieser vom forstwirtschaftlichen Standpunkte aus die wünschenswerteste Form der Genossenschaftsbildung und ge- nügt, falls der Wiederaustritt einzelner Genossen für unzulässig erklärt oder wenigstens sehr erschwert ist, vollständig. Indem hier der Genosse auf seinen Sonderbesitz formell nicht verzichten muß, wird sein Selbstgefühl als Eigentümer nicht verletzt. Die hinsicht- lich der Beschränkung der Verfügungsfreiheit der Genossen bei den Eigentumsgenossenschaften hervorgehobenen Licht- und Schatten- seiten treffen hier in gleicher Weise zu, namentlich besteht auch hier der Nachteil, daß der Besitzer in dem ihm wirtschaftlich ge- eignet erscheinenden Moment über seine gesamten Walderträge _ nicht verfügen kann. Die Einbeziehung von Nichtwaldbesitzern in die Ge- nossenschaft, wie sie bei den Eigentumsgenossenschaften möglich ist, ist bei den Wirtschaftsgenossenschaften vermöge des Sonder- eigentums ausgeschlossen. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei der Wertermitt- lung der Bestände und des Bodens zum Zwecke der Fest- setzung des Teilnahmemaßes der Mitglieder an dem Nutzen und den Lasten des Genossenwaldes und zwar bei den Wirtschafts- genossenschaften ebenso wie bei den Eigentumsgenossenschaften. Diese Schwierigkeit liegt weniger auf dem Gebiet der technischen Durehführung der Rechnung als in dem Umstande, daß jeder Wald- besitzer subjektiv seinen Wald möglichst hoch anschlägt. Die end- giltige Festsetzung des von der Genossenschaft anzuerkennenden Wertes erfordert daher in der Regel langwierige Verhandlungen. Die Feststellung des Teilnahmemaßes nach dem eingelegten Waldkapitalwert hat zur Folge, daß jener Genosse, welcher wert- volle Bestände einwirft, dauernd einen größeren Anteil an den Nutzungen zugewiesen erhält als derjenige, welcher sich nur mit Kahlflächen oder jüngeren Beständen beteiligt. Allerdings stehen dem größeren Nutzanteil auch höhere Lasten gegenüber. Die Tat- sache aber, daß ein oder mehrere Genossen auf ewige Zeiten hinaus, 1) Die Entwendung von Waldprodukten durch die Genossen wird bei Wirtschaftsgenossenschaften als Forstdiebstahl bzw. Diebstahl verfolgt, bei Be- triebsplangenossenschaften nur als Statutverletzung. Offenberg, Waldschutz- gesetz, 48. Endres, Forstpolitik. 35 546 Waldgenossenschaften. d. h. solange die Genossenschaft eben besteht, gegenüber den übrigen eine bevorrechtete Stellung in bezug auf die Nutzungs- ansprüche und das Stimmverhältnis in der Genossenschaftsver- sammlung haben, wird nach den Erfahrungen, die man auf dem Gebiete des agrarischen Kreditwesens (Bodenzinse usw.) gemacht hat, von den folgenden Generationen nicht verstanden werden. Es wird einfach vergessen oder nicht mehr gewürdigt, daß das jetzige Genossenschaftsmitglied oder seine Vorfahren im Besitze einst bei Gründung der Genossenschaft große Vermögenswerte der Genossenschaft zur Verfügung gestellt haben und an diesen noch zehren, um so mehr, als die wertvollen Holzbestände längst ver- schwunden sind und jüngeren Beständen Platz gemacht haben. Der sozialistisch nivellierende Lauf der Zeit wird daher oftin die Ge- nossenschaft Unzufriedenheit bringen. Um dies zu vermeiden, gibt es nur ein Mittel, nämlich die möglichste Gleichstellung der Teil- nahmerechte aller Genossen von Anfang an. Da die Bodenwerte weniger ins Gewicht fallen und die größere Ertragsfähigkeit des höher bewerteten Bodens gegenüber dem schlechteren nachhaltig und sichtbar zum Ausdruck kommt, muß die Gleichstellung bei den Bestandswerten einsetzen. Hierzu dienen folgende Wege: a) Man gestattet nach dem Vorbilde des preußischen Wald- schutzgesetzes dem Eigentümer älterer verwertbarer Bestände, die- selben noch vor dem Eintritt in die Genossenschaft für sich zu nutzen mit der Verpflichtung, daß er dieselben wieder auf seine Kosten anbaut. Über die Nachteile dieses Verfahrens siehe $. 537. Um die Gleichstellung weiter zu fördern, kann man ebenfalls nach dem Vorgang des preußischen Waldschutzgesetzes ($ 27) auch verlangen, daß die Kosten des ersten Anbaues von einzelnen Grund- stücken, die bei Bildung der Genossenschaft nicht mit Holz be- standen sind, den Eigentümern vorweg zur Last fallen. In beiden Fällen wird zur Festsetzung des Teilnahmemaßes dieser Genossen der Betrag des Kulturaufwandes als Holzbestandswert in Anrech- nung gebracht ($ 27). b) Zweckmäßiger erscheint aber das in Hannover eingehaltene Verfahren: Bei Bewertung des Bodens wird die beste Bodengüte als 1 angenommen, die übrigen Bonitätsgrade werden darauf redu- ziert. Bei der Bestandswertsermittlung wird aus den Bestands- werten aller Einzelteile der Durchschnitt ermittelt und dieser als Normalwert der Bestände zugrunde gelegt. Wer gegen diesen Durchschnitt zu wenig Bestandswert hat, muß das Minus darauf- bezahlen, wer zu viel hat, bekommt das Plus vergütet. Durch dieses Ausgleichsverfahren werden die Bestandswerte aller Ge- nossenschaftsteile gleichgroß gemacht und es gibt daher lediglich II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften. 547 der Boden nach Fläche und Bonität den Maßstab fur die Bewertung und die Nutzungsansprüche.') 3. Die Entstehung. Nach den Ursachen der Entstehung kann man unterscheiden: A. Freiwillige Genossenschaften. Freiwillig ordnet sich ein Waldbesitzer nur dann einer genossenschaftlichen Organisation unter, wenn er sich davon besonderen Gewinn oder Vorteil verspricht. Und zwar müssen die ihm günstigen Momente in absehbarer Zeit für ihn zur Geltung kommen. Das ist die Regel und ist in dem menschlichen Recht auf Existenz begründet. Ausnahmen hiervon gibt es gewiß, aber dieselben reichen nicht hin, um überall da, wo es nottut, jene Waldgenossenschaften ins Leben zu rufen, die alle Vorteile des Großbetriebes in sich vereinigen, nämlich die Eigentums- und eigentlichen Wirtschaftsgenossenschaften. Daß diese beiden Arten durch freiwillige Vereinbarung der Interessenten eine nennenswerte Ausdehnung erreichen werden, ist so gut wie aus- geschlossen. Über diese Tatsache helfen auch die überaus erfreu- lichen, aber relativ kleinen Erfolge, die durch die Gründung von kapitalistisch organisierten Aufforstungsgenossenschaften in Bayern erzielt worden sind, nicht hinweg.”) Ein wesentliches Hindernis be- steht darin, daß gerade die Kleinwaldbesitzer, deren genossen- schaftliche Vereinigung am wünschenswertesten wäre, die Nachteile, die sie, wenn auch oft nur vorübergehend, mit in Kauf nehmen müssen, über die großen Vorteile stellen. Auch der pure Eigen- sinn spielt oft eine Rolle. Einzelne Widerstrebende gibt es immer. Eingeschränkte Wirtschaftsgenossenschaften lassen sich durch freie Vereinbarung noch eher ins Leben rufen. Je geringere Zu- mutungen an die Opferwilligkeit des einzelnen gestellt werden, um so größer werden die Erfolge sein. Der Beitritt zu einer Genossenschaft wird dem Waldbesitzer durch die hypothekarische Belastung seines Grundbesitzes oft erschwert oder unmöglich gemacht. Es wäre daher zu wünschen, daß auf gesetzliichem Wege das Einspruchsrecht der Hypotheken- gläubiger entweder ganz beseitigt oder wenigstens nur auf eine bestimmte Fläche beschränkt würde (vgl. Waldkulturgesetz für Wittgenstein). Der freiwillige Anschluß der Privat-Forstparzellen an die Ge- meinde- oder Staatswaldungen nach Art eines genossenschaftlichen Verbandes ist in dem württembergischen Forstpolizeigesetz von 1879/1902 vorgesehen. 1) Runnebaum a.a.0.52. — ?) Über den Mißerfolg in Italien s. S. 346 Jar 548 ° Waldgenossenschaften. Art. 13. „Kleinere Waldbesitzer können sich zu Waldgenossenschaften in folgenden verschiedenen Weisen vereinigen: 1. wenn ihre Waldungen zu einer Vereinigung in ein Wirtschafts- ganzes oder zu einem Anschlusse an die Verwaltung der Staats- forste sich eignen und sie behufs der Bewirtschaftung ihres Besitzes durch die Organe der Staatsforstverwaltung mit Statuten sich verbinden, welche der Genehmigung der Direktion der Staatsforste bedürfen. Ist diese Geneh- migung erfolgt, so ist die Direktion der Staatsforste verpflichtet, die tech- nische Betriebsleitung und zutreffendenfalls auch den Schutz dieser Genossen- schaftswaldungen nach Maßgabe der Bestimmungen .... [d. h. des Körper- schaftsforstgesetzes über die Beförsterungsgebühren usw.] zu übernehmen. 2. Wünschen sie dagegen die gemeinschaftliche Bewirtschaftung ihrer Waldungen mit denen der betreffenden Körperschaften, so kann hierüber unter den Bestimmungen des [Körperschaftsforstgesetzes] im Vertragswege ein Statut mit Genehmigung des Ministers des Innern errichtet werden.“ Ein Erfolg wurde damit nicht erzielt, was auch nicht zu ver- wundern ist, wenn man bedenkt, daß ein solcher Anschluß praktisch auf die Beförsterung der Privatwaldungen nach Art jener der Ge- meindewaldungen hinausläuft.') In Österreich strebte die V. des Ackerbauministers v. 3. Juli 1873 die Bildung von Schutz- und Verwaltungsgenossenschaften an oder den Anschluß an benachbarte größere Waldeigentümer. Ein Erfolg wurde indessen nicht erzielt. — Das Reichsgesetz v. 27. April 1902, betr. die Errichtung von Berufs- genossenschaften der Landwirte weist denselben auch „die Anregung zur Bil- dung und Förderung von Genossenschaften und sonstigen Vereinigungen zu, welche sich die Pflege der Land- und Forstwirtschaft oder die sonstige Hebung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Land- und Forstwirtschaft zur Aufgabe stellen.“ Dieses Gesetz bildet nur den allgemeinen Rahmen, auf dessen Grund- lage die Landesgesetzgebung weiter zu bauen hat.!) (Z.f.d.g. F. 1902, 465.) B. Zwangsgenossenschaften, wenn die Genossenschaft auf Grund gesetzlicher Vorschriften unter den hierfür geltenden Voraussetzungen gegründet werden muß. Der Zwang kann ausgeübt werden ent- weder durch den Beschluß einer bestimmten Anzahl von Beteiligten (bedingte Zwangsgenossenschaft) oder durch behördlichen Befehl ohne Befragung der Beteiligten (Amtsgenossenschaft). a) Bedingte Zwangsgenossenschaft (Genossenschaft mit Bei- trittszwang). Die Abstimmung kann entweder nach der Kopfzahl aller an der Genossenschaftsbildung interessierten Grundbesitzer oder nach der auf die Zustimmenden von dem ganzen Komplex entfallenden Grundfläche erfolgen. Wird die von den Antragstellern vertretene Fläche als Maß- stab genommen, so muß sich die Berechnung auf den Ertragswert des Bodens stützen. Denn nur der Boden bildet die dauernde !) Auch Danckelmann glaubte, man könne auf diesem Wege die Ge- nossenschaftsbildung fördern. Vgl. Bericht über die 8. Versammlung deutscher Forstmänner zu Wiesbaden, 1879, 56 ff. II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften. 549 Grundlage der genossenschaftlichen Produktion, der Bestandswert ist fluktuierend. Der Ertragswert und nicht die Flächengröße ist grundsätzlich zugrunde zu legen, weil sonst der Besitzer von aus- gedehnten, nahezu wertlosen Ödlandsflächen, der durch die Ge- nossenschaftsbildung nur gewinnen kann, die Besitzer von kleineren, aber produktiven Waldungen zu majorisieren in der Lage wäre. Ist die Bonität aller Flächen die gleiche, dann ist natürlich die Flächengröße allein maßgebend. Am zweckmäßigsten wird man die beste Bonität = 1 setzen und die übrigen Bonitäten darnach abstufen. Wenn das preußische Waldschutzgesetz vom Katastral- reinertrag, d.h. Grundsteuerreinertrag ausgeht, so wird damit eben- falls der Ertragswert des Bodens getroffen, weil hier die Wald- grundsteuer prinzipiell nur aus der Bodenrente erhoben wird oder mit anderen Worten, weil hier der Katastralreinertrag gleich der Bodenrente sein soll. In jenen Staaten, die als steuerbaren Ertrag die Waldrente nehmen, kann diese bzw. die darauf fundierte Grund- steuerzahl als Ausgangspunkt für die Bonitätseinschätzung gewählt werden, weil hierin auch die durchschnittliche Ertragsfähigkeit des Bodens zum Ausdruck kommt. Immerhin wäre aber zu unter- suchen, ob die bei der Grundsteuereinschätzung vorhandenen Vor- aussetzungen auch heute noch zutreffen. Die Zugrundelegung des Bodenertragswertes für das Abstim- mungsverhältnis hat zur Folge, daß der Besitzer von älteren, be- reits verwertbaren Beständen auf kleiner Fläche trotz seines hohen Waldwertes ein geringeres Stimmgewicht hat als der Besitzer von größeren mit jungem Holz bestockten Flächen mit kleinerem Wald- wert. Der erstgenannte Besitzer wird es daher nicht begreifen wollen, daß er vor dem zweitgenannten zurückstehen muß. Hier gibt es dann nur den allerdings nicht wünschenswerten Ausweg, daß man ersteren veranlaßt, seine hiebsreifen Bestände vor dem Eintritt in die Genossenschaft für sich zu nutzen. Schließlich sei bemerkt, daß es sich hier nur um die Zwangs- bildung der Genossenschaft, bzw. um den Abstimmungsmodus handelt. Die Verteilung der Nutzungen in der bestehenden Ge- nossenschaft richtet sich nach den eingelegten Kapitalwerten (Boden und Bestand). Ein gesetzliches Beispiel!) bietet hier nur das preußische Waldschutzgesetz von 1875. Darnach ($ 24) ist die Vereinigung zu einer Waldgenossenschaft nur dann zulässig, wenn dem Antrag auf Bildung: 1. einer eingeschränkten Genossenschaft ($ 23 Z. 1, also Schutz-, 1) Über die Aufforstungsgenossenschaften in Italien s. S. 347. 1:7 Waldgenossenschaiten. Betriebsplan-G. usw.) die Mehrheit der Beteiligten, nach dem Katastralreinertrage der Grundstücke berechnet, zustimmt; 2. einer Wirtschaftsgenossenschaft im engeren Sinne mindestens ein Drittel der Beteiligten zustimmt und die beteiligten Grund- stücke derselben mehr als die Hälfte des Katastralreinertrages sämtlicher beteiligter Grundstücke haben. Zur Antragstellung sind berechtigt a) jeder einzelne Besitzer, b) der Gemeinde-, bzw. Amts-, Kreis- oder sonstige Kommunalver- band (Provinz), in dessen Bezirke die Grundstücke liegen, ce) die Landespolizeibehörde ($ 23). In den Eigentums- und Besitzver- hältnissen der einzelnen Beteiligten darf grundsätzlich keine Än- derung eintreten ($ 25). Eigentumsgenossenschaften kennt also das Gesetz nicht. Die Bildung selbst vollzieht der Kreisausschuß (Land- rat usw.) als Waldschutzgericht. Ein Forstsachverständiger ist darin nicht vertreten.") Das preußische Waldschutzgesetz kennt mithin den Mehrheits- beschluß der Beteiligten mit zwangsweiser Beiziehung der Minder- heit nur insoweit, als der Katastralreinertrag der beteiligten Fläche in Betracht kommt. (Mehrheitsgenossenschaft). Eine grundsätzliche Forderung ist jedoch ein Majoritätsbeschluß für die Bildung einer Genossenschaft nicht. Man könnte auch einer Minderheit die Zwangsgewalt zugestehen. Folgende Erwägungen sind jedoch maß- gebend. Eine je größere Zahl von zustimmenden Interessenten gesetzlich verlangt wird, um so geringer sind die Aussichten auf das Zustandekommen einer Genossenschaft. Andererseits ist es aber eine Forderung der Billigkeit, daß die Mehrheit nicht durch den Willen einer Minderheit zur Genossenschaftsbildung gezwungen werden kann. Von maßgebendem Einfluß ist die Art der Genossen- schaft, namentlich kommt es auch darauf an, ob die Kopfzahl der Interessenten oder der Kapitalwert (Katastralreinertrag) ihrer Grund- stücke entscheidend sein soll oder beide Maßstäbe zugleich: c) Handelt es sich um die Bildung von Eigentumsgenossen- schaften, so ist das Schwergewicht auf die Kopfzahl zu legen, damit nicht eine kleine Anzahl von größeren Grundbesitzern eine große Anzahl von Parzellenbesitzern zur Genossenschaftsbildung zwingen kann. Dies würde der Fall sein, wenn man den Wert der Grundstücke allein zur Grundlage für die Abstimmung machen würde, Da die Gründung einer Eigentumsgenossenschaft einen tiefen Eingriff in die Freiheit des Eigentums der Genossen be- deutet und der kleine Waldbesitzer die Gebundenheit mehr emp- findet wie der größere, sollte man die Bildung der Genossenschaft 1) Vgl. S. 308. II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften. 551 von der Zustimmung von mindestens vier Fünfteln aller Beteiligten abhängig machen. ß) Gegenüber Wirtschaftsgenossenschaften mit Sonder- eigentum soll der Grundsatz gelten, daß die Mehrheit um so größer sein muß, je mehr Beschränkungen die Genossenschaftsbildung mit sich bringt. Dabei ist die Kombination von Kopfzahl und Boden- wert angezeigt. Bei vollen Wirtschaftsgenossenschaften dürfte die im preußischen Waldschutzgesetz verlangte Anzahl der Zustimmenden (mehr als die Hälfte des Katastral-Reinertrages und mindestens ein Drittel der Beteiligten) als Mindestforderung zu betrachten sein. Die Be- rücksichtigung der Kopfteile erscheint hier unerläßlich, weil sonst ein großer Waldbesitzer alle kleineren aufsaugen und terrorisieren kann. Diesem Grunde verdankt auch die Bestimmung des preußischen Gesetzes ihre Entstehung. Der Landtag nahm dieselbe in das Gesetz auf, weil sehr wohl Fälle denkbar seien, in welchen ein einziger Interessent, dessen Grund- besitz in der Gemenglage mit den Wald- und Ödländereien vieler kleiner Be- sitzer gelegen, die Mehrheit des Katastralreinertrages des ganzen Komplexes darstellt, alle anderen majorisiert und zur Genossenschaftsbildung vielleicht deshalb zwingt, um ihnen die Lust an ihrem Besitze zu benehmen und sämt- liche einzelne Anteile allmählich in seiner Hand zu vereinigen. Öhlschläger und Bernhardt II. Bd., Anm. zu $ 24. Runnebaum verlangt allerdings die Aufhebung der Bedingung, daß ein Drittel der Beteiligten zustimmen müsse; „denn durch das Hereinziehen der Anzahl der Teilnehmer wird es oft dahin kommen, daß die intelligenteren Be- sitzer größerer Teilstücke durch die wenig Interesse zeigenden Besitzer klei- nerer Parzellen an der Durchführung der forstmäßigen Bewirtschaftung ihres Besitzes gehindert werden“ (a. a. O. 49). Das preußische Waldschutzgesetz sucht übrigens auch die Majori- sierung der gebildeten Genossenschaft jeder Art durch ein Genossenschafts- mitglied bei der Regelung der inneren Angelegenheiten (Statut) zu verhindern. Nach $ 28 ist mangels anderweitiger Vereinbarung das Stimmenverhältnis der Genossen nach dem Verhältnis der Teilnahme an den Nutzungen und Lasten zu regeln. Als Einheit gilt der Betrag des Geringstbeteiligten. Jeder Ge- nosse hat mindestens eine Stimme und keiner darf mehr als zwei Fünf- tel aller Stimmen haben. Bei eingeschränkten Wirtschaftsgenossenschaften kann die Ab- stimmung nach Kopfteilen ganz wegfallen und die nach dem Boden- wert des beteiligten Flächenkomplexes bemessene einfache Mehrheit genügen. b) Amtsgenossenschaft. Die Bildung von Waldgenossenschaften von Amts wegen durch die staatlichen Behörden ohne Anhörung der Interessenten könnte höchstens Schutzwaldungen gegenüber ge- rechtfertigt sein, wenn die dem Schutzzwecke entsprechende wirt- schaftliche Behandlung dieser Waldungen auf anderem Wege nicht zu erreichen ist. In dieser fakultativen Form ist auch in dem 552 Waldgenossenschaften, Forstpolizeigesetz der Schweiz vom Jahre 1902 die Bildung von Amts-Schutzwaldgenossenschaften vorgesehen. Im übrigen kennt die bestehende Gesetzgebung innerhalb und außerhalb des Deutschen Reiches keine Neugründung von Amtsgenossenschaften für Wal- dungen. Und daß keine parlamentarische Körperschaft zurzeit für ein Gesetz zu gewinnen wäre, welches die Einführung von solchen für Nichtschutzwaldungen erzwingt, ist mit Sicherheit anzunehmen. Schon die Umstände, unter denen ein dahingehender Zwang zu- lässig und geboten wäre, ließen sich gesetzlich schwer festlegen. In der württembergischen Abgeordnetenkammer wurde 1879 ein Antrag auf Bildung von Zwangsaufsichtsgenossenschaften (Forst- schutz) von der Kommission mit allen Stimmen gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt.) 4. Gesetzliche Grundlagen. A. Die gesetzliche Regelung des Waldgenossenschaftswesens ist im Deutschen Reiche den Bundesstaaten überlassen. Nach Art. 83 des Einführungsgesetzes zum BGB. bleiben die landesgesetz- lichen Vorschriften über Waldgenossenschaften unberührt. Solche können daher auch in Zukunft neu erlassen werden. Als Landesgesetz, welches die Errichtung von Waldgenossen- schaften ermöglicht, kommt zurzeit nur das preußische Gesetz be- treffend Schutzwaldungen und Waldgenossenschaften vom 6. Juli 1875 in Betracht. Wo landesgesetzliche Vorschriften fehlen — und das trifft mit Ausnahme Preußens für alle deutschen Bundes- staaten zu — können nur freiwillige Waldgenossenschaften auf Grund privatrechtlicher reichgesetzlicher Bestimmungen errichtet werden. Dieselben bieten aber deswegen keinen vollen Ersatz für ein landesgesetzliches Genossenschaftsgesetz, weil das Reichsrecht keine Handhabe bietet, den Austritt der Mitglieder zu verhindern und die Auflösung der Genossenschaft hintanzuhalten. Die Gründung einer Waldgenossenschaft kann unter dem Titel eines wirtschaftlichen Vereins oder einer Gemeinschaft erfolgen. Die Rechtsgrundlage der sog. wirtschaftlichen Vereine bietet der $22 des BGB.: „Ein Verein, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt in Ermangelung besonderer reichsgesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung. Die Verleihung steht dem Bun- desstaate zu, in dessen Gebiete der Verein seinen Sitz hat.“ Nach $ 38 ist aber die Mitgliedschaft nicht übertragbar und vererblich und nach $ 39 sind die Mitglieder zum Austritt aus dem 1) Heck a. a. O. 135. II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften. 553 Verein berechtigt. Durch die Satzung kann nur bestimmt werden, daß der Austritt nur am Schlusse eines Geschäftsjahres oder erst nach Ablauf einer höchstens auf zwei Jahre festsetzbaren Kün- digungsfrist zulässig ist. Eine weitere Austrittserschwerung ist nicht erlaubt. Endlich kann nach $ 41 der Verein durch Beschluß der Mitgliederversammlung aufgelöst werden. Zu dem Beschluß ist eine Mehrheit von drei Vierteln der erschienenen Mitglieder er- forderlich, wenn nicht die Satzung ein anderes bestimmt. Das Vermögen fällt an die in der Satzung bestimmten Personen ($ 45). Die „Gemeinschaft“ behandelt $ 741ff. des BGB. In der- selben kann durch Stimmenmehrheit eine ordnungsmäßige Ver- waltung und Benutzung des Waldes beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Anteile zu berechnen ($ 745), die getroffene Bestimmung ist auch für den Sondernach- folger bindend ($ 746). Das Recht, die Aufhebung zu verlangen, kann durch Vereinbarung zwar ausgeschlossen werden, aber gleich- wohl kann dieselbe verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt ($ 749). Als ein solcher werden ungünstige Vermögens- verhältnisse des Waldbesitzers zu betrachten sein.) B. Wenn eine Waldgenossenschaft in sich Konsolidiert sein soll, dann muß sie rechtsfähig sein, d.h. die Eigenschaft einer Juristischen Person haben. Nur als solche kann sie als Träger von Rechten (Rechtssubjekt) auftreten, Verträge schließen usw. Jede juristische Person muß eine Verfassung (Satzung, Statut) haben, in der bestimmt ist, welche physische Personen (Vorstand, Mit- gliederversammlung usw.) als Organe der juristischen Person han- deln können.”) Bei dem nicht rechtsfähigen Verein stehen die einzelnen Rechte den Ver- einsmitgliedern zu. Die Grundstücke des Vereins können nicht als Eigentum des Vereins in das Grundbuch eingetragen werden, sondern nur als Miteigen- tum der Vereinsmitglieder. Der Verein kann als solcher nicht klagen, es müssen vielmehr die sämtlichen Mitglieder die Klage erheben oder sich durch einen gemeinsamen Bevollmächtigten vertreten lassen; die Vollmacht kann jedoch ein für allemal durch die Satzungen dem Vorstand erteilt sein. Da- gegen kann der Verein als solcher verklagt werden und hat als Beklagter die Stellung eines rechtsfähigen Vereins; auch die Zwangsvollstreckung gegen das Vereinsvermögen kann betrieben werden.?) Die nach dem preußischen Waldschutzgesetz von 1875 er- richteten Genossenschaften genießen die Rechte einer juristischen Person. 1) Vgl. Gampert a.a. O0. 681. 2) Vgl. von Stengel, Rechtsenzyklopädie usw., 22ff. — Dickel, Das deutsche bürgerliche Recht usw., 45 ff. 3) Henle und Schneider, Die bayerischen Ausführungsgesetze zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 1900, 386. 554 - Waldgenossenschaften. $ 42. „Die Waldgenossenschaft kann unter ihrem Namen Rechte erwer- ben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. Ihr ordentlicher Gerichtsstand ist bei dem Gerichte, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat.“ $ 43. „Für Verbindlichkeiten der Waldgenossenschaft haftet das Ver- mögen derselben. Reicht dieses nicht aus, dann ist der Schuldbetrag durch Beiträge aufzubringen.“ Ferner ist die Rechtsfähigkeit verliehen den Haubergsgenossen- schaften im Kreise Siegen und den auf Grund des Waldkultur- gesetzes für den Kreis Wittgenstein gebildeten Genossenschaften, nicht dagegen den unter das G. vom 14. März 1881 fallenden gemeinschaftlichen Holzungen. Die aus den Markgemeinden ent- standenen Waldgenossenschaften haben ihre Rechtsfähigkeit meistens verloren. In die Satzung, welche amtlich anerkannt sein muß, ist auch das Rechtsverhältnis der Genossenschaft nach innen zu regeln, namentlich das Recht der Mitglieder und das Teilnahmemaß der- selben an der gemeinschaftlichen Einrichtung.) C. Es liegt in der Natur der Waldwirtschaft, daß eine Ge- nossenschaft nur dann ihren Zweck erfüllen kann, wenn ihr Be- stand dauernd gesichert ist. Wenn durch den Austritt einiger Mitglieder die Genossenschaft täglich gesprengt oder geschwächt werden kann oder auch nur ein öfterer Wechsel in dem Verband der Genossenschaftsgrundstücke eintritt, lassen sich die Vorteile des einheitlichen Betriebes auf größeren Flächen nicht erreichen. Langfristigkeit ist die notwendige Voraussetzung einer Waldgenossen- schaft. Die Mitgliedschaft muß auf den Besitznachfolger von Rechts wegen übergehen, die Auflösung sollte nur infolge eines über- wiegenden Mehrheitsbeschlusses der Mitglieder zum Zwecke der gesetzlich zulässigen oder wirtschaftlich gebotenen Rodung des Waldes möglich sein. Nur Genossenschaften, die nicht den ge- meinsamen Betrieb im ganzen, sondern nur einzelne Betriebszweige zum Gegenstand haben (Schutzgenossenschaften usw.) Können lockerer und kurzfristiger organisiert sein. Wünschenswert ist, daß die Eigentums-, Wirtschafts- und Be- triebsplangenossenschaften unter die forsttechnische Aufsicht des Staates gestellt werden. In Preußen wird die staatliche Aufsicht über die nach dem Waldschutzgesetz gebildeten Genossen- schaften nach Maßgabe des Statuts, übrigens in dem Umfange und mit den Befugnissen gehandhabt, welche gesetzlich den Auf- !) Statutenmuster für Wirtschaftsgenossenschaften im weiteren Sinne sind abgedruckt im Bericht über die Kieler Forstversammlung, 1903, S. 168 ff. (Runnebaum) und bei Offenberg, Das Waldschutzgesetz, 1901, Beilagen. ee re De in II. Die Bildung von neuen Waldgenossenschaften, 555 sichtsbehörden der Gemeinden (nicht der Gemeindewaldungen) zu- stehen ($ 44). Die nach dem preußischen Waldschutzgesetz errichteten Ge- nossenschaften können aufgelöst werden, wenn die (nach $ 24) zur Bildung einer Waldgenossenschaft erforderliche Mehrheit der Beteiligten der Auflösung zustimmt. Solche Beschlüsse bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde ($ 45). Bei Wirtschafts- genossenschaften ($ 23 Z. 2) erhält jeder Genosse seine eingeworfenen Grundstücke zurück. Die vorhandenen Holzbestände, die zusammen eine gemeinschaftliche Wirtschaftsmasse bilden, werden mangels anderer statutarischer Bestimmung nach dem Verhältnis des Kapital- wertes der zur Zeit der Errichtung der Genossenschaft eingeworfenen Bestände unter die Genossen verteilt. Der Minderwert an Holz- bestand auf einem Grundstück wird von denjenigen Waldgenossen verhältnismäßig erstattet, welche mit ihren Grundstücken einen Überschuß an Holzbestandswert (gegenüber dem Einwurf) erhalten haben ($ 46). — Bei der Auflösung einer Betriebsplangenossenschaft, Schutzgenossenschaft usw. ist dieser Modus gegenstandslos. Zwölftes Kapitel. Forstrechte. I. Begriff und geltendes Recht. Forstrechte sind dingliche Nutzungsrechte, welche zugunsten des Eigentümers eines Grundstücks auf einem fremden Wald lasten. Nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch sind mit dem Worte Forstrecht gleichbedeutend die Bezeichnungen: Forstberechtigung, Forstservitut, Waldrecht, Waldgerechtigkeit, Walddienstbarkeit, Waldgrundgerechtigkeit usw. Aus der gegebenen Definition geht hervor, daß hier ent der gemeinüblichen Auffassung unter Forstrechten nur Nutzungsrechte, d. h. An- sprüche auf Bestandteile oder Früchte des Waldes verstanden werden, nicht aber die sog. Gebrauchsrechte (Wegegerechtigkeiten). Nach den Erläuterungen zum bayerischen Forstgesetz sind „Forst- berechtigungen bleibende, auf einer Waldung ruhende Lasten, die sich, sie mögen als Servituten oder als deutsche Reallasten bestellt sein, dadurch cha- rakterisieren, daß die Verbindlichkeit wie die Berechtigung von einem Be- sitzer des belasteten und des berechtigten Grundstückes bei jeder Veräußerung und Vererbung unverändert auf den anderen übergeht.“ Brater, Forstgesetz, 1855, 48. ' „Weldgrundgerechtigkeiten sind Grundgerechtigkeiten, welche auf Wal- dungen (Holzungen), d. h. auf zur Holzzucht bestimmten, mit Holz bestan- denen Grundstücken lasten* (Danckelmann).!) Die älteren Forstrechte waren Gerechtsamen besonderer Art und fielen unter die mannigfachen Eigentumsbeschränkungen, welche nach deutschem Rechte zulässig waren. Eine Trennung derselben nach der Verschiedenheit ihrer juristischen Natur hat ursprünglich ebensowenig bestanden wie deren Zusammenfassung zu einem ge- schlossenen Rechtsbegriff. Die Mannigfaltigkeit der Forstrechte in bezug auf Art und Umfang sowie die Verschiedenheit der Umstände, unter welchen sie verliehen oder beansprucht wurden, standen der ı) Danckelmann, Die Ablösung und Regelung der Waldgrundgerechtig- keiten II, 2. Teil 1838, 1 (1. Teil 1880). I. Begriff und geltendes Recht. 557 rechtlichen Ausbildung ihres Wesens an sich schon entgegen. In- halt und Umfang richteten sich vielfach nach dem Ausmaße der Gewalt, welche bald der Waldbesitzer bald der Mitnutzungsberech- tigte in die Wagschale legen konnte. Erst durch die Aufnahme des römischen Rechts in Deutschland (hauptsächlich zwischen 1450 und 1550) wurde die Erkenntnis der Natur der dinglichen Rechte vermittelt. Man stellte sich fortan die Aufgabe, die im einheimischen Leben vorkommenden Rechtsverhältnisse nach den zwingenden rö- misch-rechtlichen Grundsätzen zu beurteilen.!) Infolgedessen wurde, obwohl das römische Recht dingliche Nutzungsrechte in einem fremden Walde nicht kannte, die große Mehrzahl der Forstrechte zu Servituten im römisch-rechtlichen Sinne gestempelt und als solche von nun ab behandelt, um so mehr, als auch die späteren Zivilgesetz- bücher die diesbezüglichen Grundsätze des römischen Rechts ganz oder wenigstens der Hauptsache nach in sich aufnahmen. (Baye- risches Landrecht von 1616 und 1756, Preußisches Landrecht von 1794, Code eivil von 1804.) Mit Rücksicht auf diese Entwicklung des geltenden Rechtszu- standes kann man auch die weitaus meisten Forstrechte als Forst- servituten oder Waldgrunddienstbarkeiten bezeichnen. Das Bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich schließt sich hinsichtlich des Begriffes und des Inhaltes der Grunddienst- barkeiten (Servituten) dem römischen Rechte auf das Engste an. Die zur Ausarbeitung des Bürgerlichen Gesetzbuches bestellte Kom- mission ließ auch in den von ihr erstatteten Berichten keinen Zweifel darüber aufkommen, daß die Forstberechtigungen zu den Grunddienstbarkeiten zu rechnen *und im allgemeinen wie diese zu beurteilen sind.) Da aber die wirtschaftliche Bedeutung der Grunddienstbarkeiten und Reallasten in den verschiedenen Gegenden Deutschlands eine sehr verschiedene ist, so räumte das Einführungs- gesetz (= EG.) zum BGB. der Landesgesetzgebung einen breiten Raum ein. Unbedingte Geltung und zwar auch für die bei dem Inkraft- treten des BGB. (1. Januar 1900) bereits bestehenden Grunddienst- barkeiten haben nach Art. 184 des EG. die Vorschriften der $$ 1020 bis 1028 des BGB. Die genannten Paragraphen betreffen die schonende Ausübung der Grunddienstbarkeiten, die Unterhaltung besonderer Anlagen, die Verlegung, die Kollision, die Teilung des berechtigten und des belasteten Grundstücks und die Beeinträch- 1) Gerber, System des deutschen Privatrechts, 14. Aufl. 1882, & 144. 2) Vgl. z. B. das metallographierte Protokoll der zweiten Kommission 3899, 3904. 558 Forstrechte. tigung der Grunddienstbarkeit. Die Vorschriften der genannten Paragraphen sind zwingender Natur und bedeuten das Mindestmaß dessen, was die Landesgesetze in den angegebenen Betreffen ver- langen müssen. Dagegen bleiben nach dem Einführungsgesetz zum BGB. die landesgesetzlichen Vorschriften unberührt: 1. Welche „die Ablösung, Umwandlung oder Einschränkung von Dienstbarkeiten und Reallasten“ betreffen (Art. 113). Dabei hatte man hauptsächlich die Forst- und Weiderechte im Auge.) 2. Welche den Inhalt und Rang der Rechte bestimmen, mit denen ein Grundstück zur Zeit des Inkrafttretens des BGB. belastet war, jedoch vorbehaltlich der $$ 1020 bis 1028. (Art. 184.) Diese Bestimmungen sind mithin für alle vor dem 1. Januar 1900 begründeten Rechte mit dinglichem Charakter maßgebend und somit auch für die Forstrechte. 3) Welche „die Belastung eines Grundstücks mit gewissen Grund- dienstbarkeiten oder beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten oder mit Reallasten untersagen oder beschränken, sowie die landesge- setzlichen Vorschriften, welche den Inhalt und das Maß solcher Rechte näher bestimmen“ (Art. 115). Diese Bestimmung bezieht sich jedoch nur auf Rechte, welche nach dem Inkrafttreten des BGB. begründet werden (Forstrechte können nach den meisten Landesgesetzen nicht mehr begründet werden). Unter dem Inhalt des Rechtes ist die Summe der Befugnisse und Verpflichtungen, welche mit dem Rechte verknüpft sind, zu verstehen. Den Inhalt der Grunddienstbarkeiten bestimmen die $$ 1018 u. 1019 des BGB. Derselbe ist aber nur maßgebend für die Grunddienstbarkeiten, welche seit dem 1. Januar 1900 neu entstehen. Die vor diesem Zeitpunkte bereits be- gründeten Grunddienstbarkeiten bleiben dagegen mit ihrem bisherigen Inhalt, der sich auf Urkunden usw. oder auf Landesgesetze stützen kann, auch dann bestehen, wenn dieser die in $$ 1018 und 1019 bestimmten Grenzen über- schreitet. Sie bleiben aber nicht nur bestehen, sondern es können auch neue ergänzende landesgesetzliche Bestimmungen hierüber getroffen werden, d.h. die Landesgesetzgebung kann den Inhalt und das Maß näher bestimmen (EG. Art. 3, 218), indem sie Grundsätze aufstellt, welche neben den Vorschriften des BGB. und unbeschadet derselben über Inhalt und Maß nähere Vorschriften geben. Die Landesgesetzgebung darf sich aber nicht mit den vom BGB. ge- troffenen Vorschriften in Widerspruch setzen. Somit bleiben auch unter der Herrschaft des BGB. nicht nur die Bestimmungen, welche in Forstgesetzen und Gemeinheitsteilungs- ordnungen über die Forstrechte enthalten sind, in Gültigkeit, sondern auch die Bestimmungen der bisherigen Zivilgesetzbücher und Partikularrechte, insoweit sie primär oder subsidiär für die 1) G. Planck, Bürgerl. Gesetzb. VI, 202, II, Grunddienstbarkeit und Reallast. 559 Forstrechtssachen nach den im Artikel 113, 115 und 184 des EG. aufgeführten Betreffen maßgebend sind. Die Rangordnung der für Forstrechtsangelegenheiten geltenden Gesetze und Verordnungen ist demnach folgende: Das Bürgerliche Gesetzbuch hat unbedingte und rückwirkende Kraft in allen Fällen, welche die $$ 1020 bis 1028 betreffen, wenn die Forstberechtigung den ausgesprochenen Charakter einer Grund- dienstbarkeit trägt (EG. Art. 184.) Etwa entgegenstehende landes- gesetzliche Bestimmungen sind dadurch aufgehoben. In weiterer Folge sind maßgebend primär die bestehenden Forstgesetze und Forstordnungen (Mandate, Edikte). Letztere dann, wenn sie durch die neueren Gesetze nicht als aufgehoben erklärt wurden. Soweit diese die Materie nicht ganz erschöpfen, entscheiden subsidiär die allgemeinen Landesgesetze und Partikularrechte sowie das gemeine Recht in den Rechtsgebieten, für welche sie gelten. Das gemeine Recht tritt außerdem subidiär in Wirksamkeit in jenen Rechtsgebieten, in welchen die erlassenen Landesgesetze nicht das ganze Gebiet des Privatrechts erschöpfen. Dies trifft zu im Geltungsbereich des bayerischen Landrechts von 1756 und des sächsischen bürgerlichen Gesetzbuches von 1863. Dagegen schließen das preußische allgemeine Landrecht, das französische bürgerliche Gesetzbuch (Code civil) und das aus letzterem hervorgegangene badische Landrecht von 1809 das gemeine Recht völlig aus. II. Grunddienstbarkeit und Reallast. Dienstbarkeiten oder Servituten (servitutes) sind dingliche Rechte an fremder Sache mit bestimmt gegebenem Subjekt. Das berechtigte Subjekt kann entweder der jedesmalige Eigentümer eines bestimmten Grundstückes sein — Grunddienstbarkeiten oder Real-Prädialservituten, oder eine bestimmte natürliche oder juristische Person — persönliche Dienstbarkeiten oder Personalservituten. Das bürgerliche Gesetzbuch kennt nur die drei Dienstbarkeiten: Grunddienstbarkeiten, Nießbrauch und beschränkte persönliche Dienst- barkeiten. Dienstbarkeiten und die Reallasten zählen zu den dinglichen Rechten an fremder Sache. Ein dingliches Recht ist ein Vermögensrecht, welches eine Sache ganz oder teilweise der Gewalt des Berechtigten unmittelbar in der Art unterwirft, daß dieses Recht gegen jeden Dritten geltend gemacht werden kann. (P. von Roth, Bayr. Zivilrecht, 2. Aufl. 1831, 344.) Das BGB. behandelt folgende dingliche Rechte an fremden Grundstücken: 560 Forstrechte, Erbbaurecht, Dienstbarkeiten, Vorkaufsrecht, Reallasten, Hypotheken, Grund- und Rentenschulden. Nach römischem Recht ist der Eigentümer der belasteten Sache nicht verpflichtet, etwas zu tun oder zu leisten, sondern er ist nur verpflichtet, die Ausübung des Rechts zu dulden (pati) und alles zu unterlassen, was diese Ausübung hindert (servitus in faciendo consistere nequit). Dadurch unterscheidet sich die Servitut von der Reallast, die den belasteten Eigentümer zum Leisten oder Tun (praestare, facere) verpflichtet. Das Bürgerliche Gesetzbuch hält in $S 1018 an diesem Grundsatze fest, läßt aber zu, daß der Eigen- tümer des belasteten Grundstücks zur Unterhaltung der zur Aus- übung einer Grunddienstbarkeit gehörigen Anlage verpflichtet wird. (SS 1021 und 1022.) 1. Grunddienstbarkeiten. Das römische Recht unterschied länd- liche Servituten (servitutes praediorum rusticorum) und Gebäude- servituten (s. praediorum urbanorum). Diese Unterscheidung kennt das BGB. nicht. Dasselbe enthält auch keine direkte Begriffs- bestimmung über Grunddienstbarkeit, sondern führt die Fälle, in welchen eine Grunddienstbarkeit vorliegt, einzeln in $ 1018 auf: „Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines an- deren Grundstückes in der Weise belastet werden, a) daß dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen be- nutzen darf, b) oder daß auf dem Grundstücke gewisse Handlungen nicht vorge- nommen werden dürfen, c) oder daß die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstücke dem anderen Grundstücke gegenüber ergibt (Grunddienstbarkeit).“ Das Grundstück, auf welchem die Dienstbarkeit ruht, heißt nach römischem Sprachgebrauch praedium serviens, dienendes oder belastetes Grundstück; jenes Grundstäck, welchem die Dienstbarkeit zugute kommt, praedium dominans, herrschendes oder berechtigtes Grundstück. Die Bestimmung des römischen Rechtes, daß beide Grundstücke benachbart, d h. so zueinander gelegen seien, daß das eine dem andern nützen kann, enthält das BGB. nicht, weil diese Voraus- setzung selbstverständlich ist und ohne sie die Dienstbarkeit in- haltslos wäre. Nach römischem Rechte durfte das Maß der Servitut über das Bedürfnis des herrschendeu Grundstückes nicht hinausgehen. Sinngemäß bestimmt auch das BGB. in $ 1019: „Eine Grund- dienstbarkeit kann nur in einer Belastung bestehen, die für die Benutzung des Grundstücks des Berechtigten Vorteil bietet. Über das sich hieraus ergebende Maß hinaus kann der Inhalt der II. Grunddienstbarkeit und Reallast, 561 Dienstbarkeit nicht erstreckt werden.“ Dieser $ 1019 ist aber gemäß Artikel 184 des Einführungsgesetzes zum BGB. auf die vor dem 1. Januar 1900 begründeten Dienstbarkeiten nicht rückwirkend. Der römisch-rechtliche Grundsatz, daß die Servitut mit Scho- nung des dienenden Grundstücks und der Interessen des Eigen- tümers, soweit dies ohne erhebliche Schmälerung des beabsichtigten Vorteils geschehen kann, ausgeübt werden soll (eiviliter uti), hält das BGB. in $ 1020 fest: „Bei der Ausübung einer Grunddienst- barkeit hat der Berechtigte das Interesse des Eigentümers des be- lasteten Grundstücks tunlichst zu schonen.“ 2. Reallasten. Die Reallasten (Zehent, Fronde, Grundzins usw.) sind nur deutschrechtlichen Ursprungs. Im Bereich des franzö- sisches Gesetzbuches, ausgenommen Baden, kommen sie nicht vor; auch in den meisten übrigen Rechtsgebieten wurden sie von 1848 ab beseitigt. Die Reallasten haben miteinander gemein, daß dem Berechtigten wiederkehrende Leistungen aus dem belasteten Grundstück zu ent- richten sind. Im übrigen war ihre rechtliche Natur bisher sehr be- stritten. Teils wurden sie als dinglich, teils als persönlich aufge- faßt. Die neueren Gesetze und auch das BGB. betrachten die Reallasten als dingliche Belastung des Grundstücks. ”) Nach dem BGB. sind Reallasten Belastungen eines Grundstückes mit wiederkehrenden Leistungen, welche aus dem Grundstücke zu entrichten sind ($ 1105). Andererseits verordnet $ 1108, daß der Eigentümer für die während der Dauer seines Eigentums fällig werdenden Leistungen nicht bloß mit seinem Grundstücke, sondern auch persönlich haftet, soweit nicht ein anderes be- stimmt ist. Dies gilt zwar nur für die unter der Herrschaft des BGB. be- gründeten ‚Reallasten, doch wird die gleiche Auffassung auch für die älteren Reallasten die maßgebende werden.’) Außerdem fallen sie unter die Art. 184, 113 u. 115 des EG. In Bayern sind die bestehenden Reallasten den unter der Herrschaft des BGB. neu entstehenden gleichgestellt, indem für alle die $S$ 1107—1111 des BGB. als geltendes Recht erklärt wurden. — Bis zum Jahre 1896 konnten nach dem bayerischen FG. (früherer Art. 30 Abs. 3) auf Waldungen ruhende Bodenzinse noch entstehen, indem bei Ablösung gemessener Holzrechte durch Waldabfindung die Gegenreichnisse in eine jährliche Geldabgabe um- gewandelt werden und die Natur eines auf dem abgetretenen Waldteile ruhen- den, im 20fachen Betrage ablösbaren Bodenzinses annehmen konnten. Versuche, die Forstberechtigungen zu Reallasten zu stempeln und sie ihres rechtlichen Charakters als Grunddienstbar- keiten zu entkleiden, wurden wiederholt gemacht. In der Regel gingen sie von den Berechtigten aus zu dem Zwecke, im Streit- !) Turnau u. Förster, Das Liegenschaftsrecht, 1900, 485. — Ferner vgl. P. v. Roth, Bayer. Zivilrecht. 2) Dernburg, Das bürgerl. Recht, 3. Bd., 2. Aufl. 1901, 555. Endres, Forstpolitik, 36 562 Forstrechte. verfahren eine ihnen lästige Bedingung des gemeinen Rechtes über die Servituten abzustreifen. Man wollte damit die Forstrechte als ein rechtliches Neutrum aufgefaßt wisssen mit dem Hintergedanken, daß, da allgemein anerkannte Rechtsregeln für die deutschrecht- lichen Reallasten nicht existierten, lediglich Herkommen und bis- herige, oft mißbräuchliche Ausübung als Maß gelten müsse. Wie schon oben dargelegt wurde, war der rechtliche Charakter der Forstrechte im Mittelalter kein ausgeprägter. Allein alle späteren Zivilgesetzbücher hielten hinsichtlich der Beurteilung der Forstrechte an den gemeinrechtlichen Grundsätzen über die Servituten fest und im Gebiete des gemeinen Rechts selbst kannte die Rechtspraxis keinen anderen Standpunkt. Als Beweisgrund für die Qualifizierung der Forstrechte als Reallasten wurde neben der Anweisung der Rechtsbezüge durch den Waldeigentümer auch die in den meisten Fällen von demselben betätigte Fällung und Zurichtung des Rechts- holzes angeführt. Darin liege eine gerade die Reallasten kenn- zeichnende Eigenschaft, die sich von den Grunddienstbarkeiten da- durch unterscheiden, daß bei letzteren der Belastete nur etwas dulden müsse, bei den Reallasten aber zu einem Tun, Handeln und Leisten verpflichtet sei.) Diese Beweisführung ist indessen nicht stichhaltig. Auch im römischen Rechte war der Kreis der Servi- tuten kein geschlossener; es finden sich auch bei ihm Servituten, bei welchen auf Seite des Eigentümers des dienenden Grundstücks ein positives Handeln stattfinden muß (Herstellung des Weges, der Wasserleitung). Ebenso ist nach deutschem Rechte bei Grunddienst- barkeiten ein Tun nur ausgeschlossen, soweit es den Hauptinhalt des Rechtes bildet. Daher wird eine Grunddienstbarkeit, nicht aber eine Reallast angenommen, wenn dem Eigentümer der belasteten Sache zwar eine Mitwirkung bei der Ausübung des Rechtes obliegt, wenn seine Tätigkeit aber vorzugsweise den Zweck hat, den Eigen- tümer gegen eine mißbräuchliche oder unwirtschaftliche Ausbeutung der Belastung zu schützen. Dahin gehört die Anweisung der Forst- rechtsbezüge auf bestimmten Waldorten, der zu fällenden Stämme, auch die Zurichtung, das Aufsetzen, selbst das Abfahren des Ser- vitutholzes. Diese Momente bedingen noch keine Reallast, weil sie keinen Bestandteil der Servitut bilden, sondern eine aus forstwirt- schaftlichen und forstpolizeilichen Rücksichten von der öffentlichen Gewalt getroffene Maßnahme darstellen, die schon in der Regel ci- viliter uti ihre Begründung hat.') — Daß in Einzelfällen Forstrechte die Eigenschaft einer Reallast haben können (z. B. Holzabgaben an Schulen, Pfarrer usw.), ist indessen nicht ausgeschlossen. ı) Dernburg, Das bürgerl. Recht, 3. Bd., 2. Aufl. 1901, 472. — Ferner vgl. Oberstrichterl. Erkenntnis in Bayern v. 1367, Forstl. Mitt. 1869, 191. III. Eintrag in das Grundbuch und Begründung. 563 Auch in Bayern wurden die Forstrechte von jeher als Grunddienstbar- keiten behandelt. Kreittmayr erklärt den römisch-rechtlichen Grundsatz, servitus in faciendo consistere nequit, nur für „eine römische Subtilität“. Gelegentlich der Ablösung der wirklichen Reallasten wurden die bestehenden Forstrechte oft auch als Gegenleistungen der wald- besitzenden Grundherrn als Gefällberechtigte an die gefällpflichtigen Grundholden aufgefaßt. Dieser Standpunkt wurde in dem württem- bergischen Ablösungsgesetz vom 14. April 1848 zum Ausdruck gebracht und ferner in Artikel 30 des bayerischen FG. von 1852 insofern, als die Forstberechtigungen solcher Güter, die zu dem Besitzer des belasteten Privatwaldes bis 1848 im Grundbarkeits- verbande standen, durch Kapital für ablösbar erklärt wurden (1896 aufgehoben, weil gegenstandslos geworden). III. Eintrag in das Grundbuch und Begründung. 1. Eintrag in das Grundbuch. Das Grundbuch hat drei Aufgaben: Nachweis der sämtlichen Grundstücke eines Bezirks, also nicht bloß der mit Hypotheken be- lasteten; Sicherung des Eigentums; Ausweis sämtlicher dinglicher Rechte eines Grundstücks. "). Die Art der Anlegung der Grundbücher sowie der Zeitpunkt, in welchem das Grundbuch für einen Bezirk als angelegt anzusehen ist, wird für jeden Bundesstaat durch landesherrliche Verordnung bestimmt (EG. zum BGB. Art. 186). A. Reichsrecht. Zur Belastung eines Grundstücks mit einem Rechte sowie zur Übertragung oder Belastung eines solehen Rechtes (BGB. $ 873), ferner zu Änderungen des Inhalts eines Rechtes (BGB. $ 877) ist außer der Einigung des Berechtigten und des anderen Teiles die Eintragung in das Grundbuch erforderlich (BGB. $ 873). Diese Bestimmung bezieht sich jedoch nur auf die Grunddienstbarkeiten (Forstrechte), die nach dem Inkrafttreten des BGB. bzw. nach der Anlegung des Grundbuches neubegründet werden. Grunddienstbarkeiten, die zu der Zeit bestehen, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, bedürfen zur Erhaltung ihrer Wirksamkeit gegenüber dem Öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung. Dieselbe muß aber erfolgen, a) wenn sie 1) Staudinger, Kommentar zum BGB,, 3. Bd. 1898, 27. 36* 5 Forstrechte. von dem Berechtigten oder von dem Eigentümer des belasteten Grundstücks verlangt wird, wobei die Kosten der Antragsteller zu tragen hat, b) wenn sie durch Landesgesetz vorgeschrieben wird. Dieses kann bestimmen, daß alle oder einzelne Arten der bestehen- den Grunddienstbarkeiten im ganzen Lande oder nur in einzelnen Grundbuchbezirken bei der Anlegung des Grundbuchs oder später eingetragen werden müssen (EG. Art. 187) Nach der Grundbuch- ordnung für das deutsche Reich vom 24. März 1897, welche mit dem BGB. am 1. Januar 1900 in Kraft trat, kann durch landes- herrliche Verordnung bestimmt werden, daß die Grundstücke des Fiskus oder gewisser juristischer Personen, öffentliche Wege und Gewässer, dann die Grundstücke eines Landesherrn usw. nur auf Antrag ein Grundbuchblatt erhalten — buchungsfreie Grund- stücke ($ 90 Abs. 1). Ergänzend hierzu bestimmt dann Art. 128 des EG. zum BGB., daß auch die Grunddienstbarkeiten an solchen buchungsfreien Grundstücken in das Grundbuch nicht eingetragen zu werden brauchen, wenn dies landesgesetzlich nicht vorge- schrieben ist. Endlich kommen hier noch die Vorschriften des Art. 189 des EG. zum BGB. in Betracht, wonach die Aufhebung einer Grund- dienstbarkeit auch nach Anlegung des Grundbuchs nach den bis- herigen Gesetzen erfolgt, bis dieselbe in das Grundbuch ein- getragen wird. Das BGB. sieht von einem gesetzlichen Eintragungszwang für bestehende Grunddienstbarkeiten ab in Berücksichtigung der Schwierigkeit der Durch- führung. „Man ruft unter den Nachbarn den Streit über das Bestehen und über den Umfang zahlreicher angeblicher Rechte hervor, welche tatsächlich geübt und geduldet werden, über die aber leicht erbitterte Prozesse erwachsen, wenn sie durch Eintragung festgestellt werden sollen. Bei den Waldgerechtig- keiten können solche Streitigkeiten großen Umfang annehmen und auf weite Kreise der Bevölkerung aufregend wirken.“ !) Der Eintragungszwang bestand vor dem Inkrafttreten des BGB. nicht in Preußen, Bayern, Sachsen und den meisten übrigen Staaten. B. Landesrecht. a) Bayern. Nach Art. 10 des bayerischen Übergangsgesetzes zum BGB. v. 9. Juni 1899 müssen auch die Grunddienstbarkeiten, die zur Zeit der Anlegung des Grundbuchs bereits bestehen, zur Erhaltung ihrer Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs in dasselbe eingetragen werden. Ausgenommen sind nur jene Grunddienstbarkeiten, mit denen das Halten einer dauernden Anlage verbunden ist, für die Dauer des Bestandes der Anlage. Dieser Eintragungszwang tritt aber erst dann in Kraft, ') Dernburg, Das bürgerl. Recht, 3. Bd., 2. Aufl. 1901, 482. III. Eintrag in das Grundbuch und Begründung. 565 wenn der Beginn durch königliche Verordnung bestimmt ist. Der Beginn der Frist der Eintragung kann auch für einzelne Grund- buchbezirke (= Steuergemeinden) und für einzelne Arten von Grunddienstbarkeiten gesondert erfolgen. Diese königliche Verord- nung ist bis jetzt nicht ergangen. Was die forstlichen Grunddienstbarkeiten (Forstrechte) betrifft, so erstreckt sich der künftige Eintragungszwang zunächst nur auf ‘die auf Privat- und Lehenswaldungen ruhenden Forstrechte. Denn nach der V. v. 1. Juli 1898 erhalten die Grundstücke des Fiskus und der juristischen Personen (Kreis- und Distriktsgemeinden, politische und Kirchengemeinden, Ortschaften, öffentliche Stiftungen, Klöster und Versicherungsanstalten für Invaliditäts- und Altersversicherung) nur auf Antrag ein Grundbuchblatt. Die auf den Waldungen des Staates, der Gemeinden usw. lastenden Grunddienstbarkeiten werden mithin nur dann in das Grundbuch eingetragen, wenn entweder der Waldbesitzer oder der Berechtigte die Eintragung (Buchung) des Waldes selbst verlangt, um damit auch die Eintragung der Grund- dienstbarkeit zu erwirken. — Durch Entschließung des Finanz- ministeriums vom 9. Mai 1903 wurde die Eintragung sämtlicher Staatswaldungen in das Grundbuch verfügt. Zurzeit (Juni 1905) ist demnach die Sachlage die, daß die Forstgrunddienstbarkeiten aller Art nur dann eingetragen werden müssen, wenn es vom Berechtigten oder vom Waldbesitzer verlangt wird und wenn diese beiden Beteiligten über den Inhalt und den Umfang des Rechtes einig sind, bzw. im Streitfalle die gerichtliche Feststellung vorher stattgefunden hat. Für Ober- bayern, Niederbayern und die Oberpfalz hat das Justizministerium das Grundbuch vom 1. Mai 1905 ab als angelegt erklärt. In den übrigen Landesteilen r. d. Rh. erfolgt die Buchung vorläufig noch im Hypothekenbuch. In der Pfalz wird, sobald die Anlegungs- arbeiten für eine Steuergemeinde abgeschlossen sind, das Grund- buch für diese als angelegt erklärt. Nicht eingetragene Grunddienstbarkeiten bleiben auch nach der An- legung des Grundbuchs bestehen. Wenn aber das belastete Grundstück ver- äußert oder nochmals belastet wird, gilt es dem neuen Eigentümer oder dem Inhaber des neuen Rechts gegenüber, wenn diese die Dienstbarkeit nicht kennen, als unbelastet und mit dem Übergang des neuen Grundstücks auf den neuen Eigentümer erlischt die Dienstbarkeit. Die Eintragung jener Grunddienstbarkeiten, die durch Verordnung dem Eintragungszwang unterworfen werden, ist stets gebührenfrei. Die auf Grund freier Entschließung der Beteiligten erfolgenden Eintragungen (auf buchungsfreie Grundstücke) sind nur auf die Dauer von 10 Jahren nach An- legung des Grundbuchs gebührenfrei. (Henle u. Schneider, Die bayeri- schen Ausführungsgesetze zum BGB., 1900, 406 ff. — Henle, Die Anlegung des Grundbuches usw., 1899, 151 £f.) 566 Forstrechte. b) Preußen. Die bestehenden Grunddienstbarkeiten unter- liegen nicht dem landesgesetzlichen Eintragungszwang (Ausf.-G. v. 26. Sept. 1899 Art. 27). Die Domänen und sonstigen Grundstücke des Staates, die Grundstücke der Gemeinden und anderer Kommu- nalverbände, der Kirchen, Klöster, Schulen, ferner die öffentlichen Wege und Gewässer erhalten nur auf Antrag des Eigentümers oder eines Berechtigten ein Grundbuchblatt. Demnach werden auch die Grunddienstbarkeiten an denselben nur auf Antrag eingetragen (V. v. 13. Nov. 1899). Das gleiche gilt für Elsaß-Lothringen, Braunschweig und Lippe. ce) In Hessen und Mecklenburg besteht wie in Bayern für die bestehenden Rechte Eintragungszwang. d) Von dem Vorbehalte des $ 90 d. GBO. (buchungsfreie Grund- stücke) machten auch Gebrauch Württemberg (V. v. 30. Juli 1899) und Baden (V. v. 22. Okt. 1897). 2. Begründung von Forstrechten. Nach Art. 115. des EG. zum BGB. bleiben die landesgesetz- lichen Vorschriften unberührt, welche die Belastung eines Grund- stückes mit gewissen Grunddienstbarkeiten untersagen. Demgemäß bleiben die in den meisten Staaten bestehenden Verbote der Neu- begründung von Forstrechten nach wie vor wirksam. Das Grund- buchamt müßte in diesen Staaten die Eintragung von neubegründeten Forstrechten verweigern. Im rechtsrheinischen Bayern können neue Forstberechtigungen seit dem Tage der Verkündigung des Forstgesetzes (2. April 1852) nicht mehr er- worben werden (FG. Art. 33). Auch in der Pfalz ist die Begründung solcher seit dem 1. Januar 1900 verboten (Bayr. Ausf.-G. z. BGB. Art. 36). Das Verbot bezieht sich aber nur auf die Bestellung von dinglichen Lasten am Walde. Die Einräumung persönlicher Rechte, z. B. das Zugeständnis eines Wald- besitzers an einen Ändern, in seinem Walde regelmäßig und unter sonstigen bestimmt vereinbarten Voraussetzungen Holz zu schlagen, kann niemandem verwehrt werden. In der Pfalz war vordem die Erwerbung durch Verjährung unzulässig, auf Grund eines anderen Rechtstitels aber möglich (Code civil Art. 69]). In Preußen können Forstrechte nur durch schriftlichen Vertrag und auch durch solche nur auf höchstens 10 Jahre begründet werden (GTO. $ 164, Erg.-G. Art. 12); in Sachsen nur mit obrigkeitlicher Genehmigung (G. v. 1813); in Baden überhaupt nicht mehr (FG. v. 1833 $ 104); in Elsaß-Lothringen und Frankreich in Staats-, Gemeinde- und öffentlichen Anstaltswaldungen unter keinem Vorwande (Code forestier Art. 62, 112). Abgesehen von diesen in Geltung bleibenden landesgesetzlichen Bestim- mungen könnten auch nach dem BGB. in Zukunft nur solche Forstrechte ver- liehen werden, welche durch die Vorschriften des BGB. gedeckt sind. Eine Grunddienstbarkeit des Inhalts, zum Zwecke des Verkaufs Holz schlagen zu dürfen, wäre z. B. unzulässig. IV. Regulierung. 967 IV. Regulierung. Die Regulierung der Forstrechte besteht in der zeitlichen oder räumlichen Feststellung des Umfanges und der Art der Ausübung der Berechtigung. Der Umfang berührt den Inhalt des Rechts und das Quantum des Bezugs; im weiteren Sinne des Wortes kann man darunter aber auch die Gesamtheit der Verhältnisse verstehen, welche die Servitutnutzung bestimmen und begrenzen.!) Die Feststellung der Art der Ausübung ist zunächst forstpolizeilicher Natur; sie ist aber nieht möglich, ohne daß damit die materielle Seite des Rechts be- rührt wird. Der Zweck der Regulierung ist die Ermöglichung einer ord- nungsmäßigen Waldwirtschaft und die Wahrung der wirtschaftlich berechtigten Interessen des Waldeigentümers. Dieses Ziel wird zum Ausdruck gebracht a) durch forstpolizeiliche Vorschriften, welche als allgemeine auch für den Forstberechtigten bindend sind oder als spezielle für ihn als bindend erklärt werden; b) durch besondere gesetzliche Bestimmungen für bestimmt gegebene Vor- aussetzungen hinsichtlich des Zustandes und der Leistungsfähigkeit des Waldes. Die Regulierung bildet den gesetzlichen Unterbau für die rein- liche Scheidung zwischen den Pflichten des Waldeigentümers und den Rechten des Eingeforsteten. Sie ist in den Ländern, in welchen die Zwangsablösung gesetzlich nicht möglich oder erschwert ist, das mindeste Maß von Schutz, welches der Staat der Waldwirt- schaft angedeihen lassen muß, wenn deren ungeschmälerter Fort- bestand gesichert sein soll. Sie ist aber auch notwendig im Inter- esse der Berechtigten selbst, weil ihnen nur ein leistungsfähiger Wald Gewähr gibt für die dauernde Ausübung des Rechts. Zudem bringt sie ihnen vielfach noch besondere Vorteile (z. B. Verkäuf- lichkeit der Rechtsbezüge, Umwandlung entbehrlich gewordener in andere). Die eigentliche Regulierung besteht in Umwandlung, Ein- schränkung, Fixierung, Verlegung. 1. Umwandlung. Die Umwandlung besteht darin, daß der Berechtigte an Stelle der bisher bezogenen Nutzung einen anderen Naturalbezug irgend welcher Art von gleichem Werte erhält (z. B. anstatt Laubholz 1) Danckelmann WG. I, 15. 568 ° Forstrechte. Nadelholz; anstatt Scheitholz Prügelholz; anstatt Laubstreu Na- delstreu). Die Anderung des Naturalbezuges in einen Geldbezug, Rente oder Kapital, ist, mag die Gewährung von Geld zur Befriedigung gesetzlicher Entschädigungsansprüche oder zur Erledigung eines Rechtsgeschäftes (Vertrages) erfolgen, keine Umwandlung im vor- liegenden Sinne, sondern eine Ablösung. Der Fall der Umwandlung ist gegeben, wenn der belastete Wald infolge der Veränderung seines Zustandes den bisherigen Nutzungsbezug in gleicher Art und Gattung nicht mehr liefern kann. Nach dem bayerischen FG. können Forstrechte den Waldbesitzer in der nachhaltigen Bewirtschaftung des Waldes und in den durch die Boden- und klimatischen Verhältnisse gebotenen Änderungen der Holz- und Betriebsarten nicht hindern (Art. 24). Kann infolge einer solchen Änderung die Berechti- gung nicht mehr wie bisher ausgeübt werden, dann ist, wenn möglich, die Entschädigung durch Umwandlung des bisherigen in einen anderen Forst- nutzungsbezug, andernfalls in Geld zu leisten (Art. 26). Das Wort „Umwandlung“ kommt im bayerischen Forstgesetz in drei- fachem Sinne vor: in Art. 26 mit der Bedeutung der Veränderung des Natural- bezuges, in Art. 27 gleichbedeutend mit Fixierung und in Art. 29 im Sinne von Ablösung. 3 In der Rheinpfalz hat der Berechtigte zwar Anspruch auf Entschädigung, kann aber nicht verlangen, daß die Berechtigung gegen den Willen des Wald- eigentümers auf einen anderen nicht belasteten Wald verlegt werde. In Preußen besteht eine gesetzliche Vorschrift über die Zulässigkeit der Umwandlung nicht. Im Geltungsbereiche des ALR. wird sie aber für Holz- berechtigungen durch oberstrichterliche Erkenntnisse aus $ 17 u. 20, Tit. 19, Teil I gefolgert. Badisches FG. $ 111. 2. Einschränkung (Ermäßigung). Die Einschränkung eines Forstrechtes besteht in der zeitlichen (vorübergehenden) Herabsetzung des normalen Nutzungsmaßes. Um- fang und Gegenstand des Rechts sowie der Berechtigungsanspruch bleiben auch nach geschehener Einschränkung aufrechterhalten. Die Ursache der Einschränkung ist die Leistungsunfähigkeit des Waldes infoige von Kalamitäten, Bodenverschlechterung, Über- nutzung, Devastation, Betriebsänderung und ihr Zweck die Hebung der Produktivität desselben auf den normalen Zustand. Sobald dieser erreicht ist, ist der volle Nutzungsbezug wieder zu gewäh- ren. Der Grad der Ermäßigung und deren zeitliche Dauer hängt von dem Grade der Waldunzulänglichkeit ab. Hat der Waldbesitzer die Unzulänglichkeit verschuldet (Über- nutzung usw.), dann ist er ersatzpflichtig. Bayern r. d. Rh. Nach Art. 25 des FG. sind Forstrechte, welche die nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes beeinträchtigen, auf einen bestimmten IV. Regulierung. 569 Zeitraum zu ermäßigen. Entschädigung kann nur beansprucht werden, wenn der jetzige oder frühere Waldbesitzer die Ermäßigung durch unnachhaltige Wirtschaft veranlaßt hat. Rheinpfalz. Nur die Bau- und Brennholzrechte in den Staatswaldungen können eingeschränkt werden, wenn mit der Hälfte des Ertrages der gewöhn- lichen Schläge diese Rechte nicht mehr befriedigt werden können (V. v. 9. Prärial X). Preußen. Im Gebiet des ALR. ist nur die Einschränkung der Holz- und Weiderechte zulässig. Baden. FG. $ 102, 107. Code forestier v. 1827. In Staats- und Staatsaufsichtswaldungen können alle Rechte suivant l’e&tat et la possibilit& des Waldes beschränkt werden, in Privatwaldungen nur die Rechte auf Weide, Trift, Mast und Eichellese. Österreich. FG. $ 9 und Patent v. 1853 $ 21. Für das Mitnutzungsrecht des Waldeigentümers im Falle der Einschränkung der Forstberechtigungen kommt zunächst der $ 1024 des BGB. in Betracht: „Lrifft eine Grunddienstbarkeit mit einer anderen Grunddienstbarkeit oder einem sonstigen Nutzungsrecht an dem Grundstücke dergestalt zusammen, daß die Rechte nebeneinander nicht oder nicht vollständig aus- geübt werden können und haben die Rechte gleichen Rang, so kann jeder Berechtigte eine den Interessen aller Berechtigten nach billigem Er- messen entsprechende Regelung der Ausübung verlangen.“ Voraussetzung ist mithin, daß die miteinander kollidierenden Grunddienstbarkeiten oder Rechte des Eigentümers gleichen Rang untereinander haben. Über das Rangverhältnis entscheiden aber, wenn nicht ausnahmsweise die Urkunden über den Rechtstitel dar- über etwas anderes enthalten, die den Inhalt des Forstrechts be- stimmenden bisherigen Landesgesetze.') Nach den landesrechtlichen Bestimmungen hat der Waldeigen- tümer, wenn er die Unzulänglichkeit des Waldes verschuldet hat, volle Ersatzpfiicht. In diesem Falle hat also das Recht des Be- rechtigten einen Vorrang. Ist der Waldeigentümer schuldlos, dann kommt es darauf an, ob die Forstrechte unbestimmt oder bestimmt sind. Unbestimmte Rechte, deren Umfang sich nach dem Bedarf des herrschenden Grundstückes richtet, haben mit dem Mitnutzungsrecht des Be- lasteten gleichen Rang, wenn nicht ausdrücklich im Einzelfalle etwas anderes bestimmt ist. Dem Belasteten verbleibt daher ein verhältnismäßiges Mitnutzungsrecht. Bei bestimmten Forstrechten entscheidet über das Rangverhältnis die Frage, ob die Fixierung nur eine vorläufige, abänderliche oder eine endgiltige, durch Rechts- geschäft festgelegte ist. Im letzteren Falle, welcher meistens als der gegebene anzunehmen sein wird, hat der Berechtigte einen 1) Protokolle der II. Kommission (gedruckt), Bd. 6, 555. “ 570 - Forstrechte. höheren Rang gegenüber dem Belasteten, der nötigenfalls auf seine Nutzungen vollständig verzichten muß.‘) Der schuldlose Waldbesitzer kann unter allen Umständen so viel aus dem Wald entnehmen, als zur Deckung der Verwaltungs- und Betriebskosten erforderlich ist. In Bayern ist weder im FG. noch im Landrecht die Frage des Mit- nutzungsrechtes berührt. Vgl. Roth, Forstrecht 295 ff.; Ganghofer, FG. 3. Aufl., 60£.; Forstl. Mitt. 12. H., 101. Preußen s. Danckelmann, WG. I, 26; II, 12, 16, 45, 283, 454. Baden. FG. $ 107, 127. 3. Fixierung (Feststellung). Die Fixierung besteht in der Feststellung des Umfanges un- bestimmter Forstrechte ohne Rücksicht auf die Zulänglichkeit oder Unzulänglichkeit des Waldes. Es handelt sich mithin um die Feststellung ungemessener, auf den Bedarf lautender Rechte auf ein bestimmtes jährliches oder periodisches Nutzungsmaß oder, wenn ein solches nach der Natur des Rechts nicht festgelegt werden kann, um die Feststellung der Grundlagen des Nützungsmaßes.”) Bestimmte Nutzungsmaße lassen sich feststellen bei Brennholz- rechten (Raummeter, Sortiment, Holzart), Weiderechten (Gattung und Zahl des Viehes, Zeit und Dauer der Weide usw.), Streurech- ten usw. Nur die Grundlagen des Nutzungsmaßes können z. B. bei den Bauholzberechtigungen fixiert werden, nämlich die Dimen- sionen des berechtigten Gebäudes und der für dieselben abzu- gebenden Holzsortimente. Der Zweck der Fixierung ist die Ermöglichung eines geord- neten Betriebes im belasteten Walde. Wenn das Maß der Rechts- bezüge jährlich schwankt, fehlt dem Waldbesitzer hinsichtlich des Fällungs- und Kulturbetriebes sowie in bezug auf die Verwertung der zu seiner Verfügung übrigbleibenden Nutzungen jeder sichere Anhaltspunkt. Außerdem kommt bei der Fixation noch die Siche- rung des Waldbesitzers gegen Übergriffe der Berechtigten und ver- schwenderische Nutzung in Betracht, wie denn damit überhaupt Streitigkeiten über das Maß der Berechtigung vorgebeugt wird. Die Fixierung bildet die notwendige Vorstufe für die Bewer- tung des Abfindungsmittels bei der Ablösung. Dem Berechtigten erwächst aus der Fixierung der Vorteil, daß er der Kontrolle weniger unterworfen ist und die auf ein jähr- liches Maß festgesetzten Bezüge in der Regel verkauft werden !) Vgl. Dernburg, Das bürgerl. Recht, III. 474. ®) Danckelmann, WG. I, 75. IV. Regulierung. o7l können, während der Verkauf der auf den Bedarf lautenden Forst- rechtsbezüge überall verboten ist. In Bayern r. d. Rh. (FG. Art. 97) und in der Rheinpfalz (Forststraf- gesetz Art. 39) ist der Verkauf aller in ein jährliches Maß umgewandelten Forstrechtsbezüge erlaubt, in Preußen der Verkauf aller bestimmten Holz- berechtigungen. Dagegen untersagt Art. 83 des Code forestier bei Strafe den Verkauf jedweden Berechtigungsholzes (giltig in Elsaß-Lothringen und Frankreich). Bayern r. d. Rh. Der Waldbesitzer und der Berechtigte kann die Um- wandlung ungemessener Rechte in gemessene verlangen (FG. Art. 27). Rheinpfalz. Die Brennholzbedarfsrechte können gegen den Willen bei- der Parteien nicht fixiert werden (Code civil Art. 1134). Preußen. Im Gebiete des ALR. können die Bauholzrechte nur durch gütliches Einverständnis der Parteien fixiert werden (vgl. Danckelmann, WG. I, 76; II, 58, 453); sonst hat der Waldeigentümer das Antragsrecht. Baden. Holzrechte müssen auf Antrag des Waldeigentümers fixiert werden (FG. 8 107, $ 116 #.); über die Fixierung der übrigen Rechte fehlen gesetzliche Bestimmungen. Hessen. Der Waldeigentümer kann die Fixierung der ungemessenen Holzrechte verlangen (V. v. 1814). Österreich. Alle Holzrechte, ausgenommen die auf Lese- und Stockholz, müssen von Amts wegen fixiert werden (Pat. v. 1853, $ 16). 4. Verlegung. Unter Verlegung (Freilegung, Transferierung) versteht man die Übertragung der Ausübung eines Forstrechts auf einen anderen Teil oder auch die Beschränkung der Ausübung auf einen be- stimmten Teil des belasteten Waldes. Die gesetzliche Grundlage für die Verlegung bildet nunmehr primär der $1023 des BGB., welcher nach Art. 184 des EG. auch auf die bei dem Inkrafttreten des BGB. bestehenden Grunddienst- barkeiten Anwendung findet: „beschränkt sich die jeweilige Ausübung einer Grunddienstbarkeit auf einen Teil des belasteten Grundstücks, so kann der Eigentümer die Verlegung der Ausübung auf eine andere, für den Berechtigten ebenso geeignete Stelle verlangen, wenn die Ausübung an der bisherigen Stelle für ihn besonders be- schwerlich ist; die Kosten der Verlegung hat er zu tragen und vorzuschießen. Dies gilt auch dann, wenn der Teil des Grundstücks, auf den sich die Aus- übung beschränkt, durch Rechtsgeschäft bestimmt ist.“ Das BGB. sieht also die Verlegung nur für den Fall vor, daß ein bestimmter Teil des ganzen belasteten Waldes bisher das Forst- recht getragen hat. In diesem Falle kann der Waldeigentümer die Verlegung der Ausübung auf einen anderen Teil desselben be- lasteten Waldganzen, nicht aber auf einen anderen ihm ge- hörigen Waldkomplex verlangen. Die Befugnis des Waldeigen- tümers ist eine unbedingte, d. h. sie besteht auch dann, wenn in vorliegenden Vertragsurkunden ein bestimmter Waldteil als Aus- 572 - Forstrechte. übungsort verzeichnet ist. Die Voraussetzungen für die Zulässig- keit der Verlegung sind aber, daß die Ausübung an der bisherigen Stelle für den belasteten Eigentümer besonders beschwerlich ist und daß die neue Stelle für den Berechtigten ebenso geeignet ist wie die bisherige. 2 Der Berechtigte kann eine Änderung der Ausübungsstelle der Dienstbarkeit nicht verlangen. Diese Vorschriften des BGB. sind zwingender Natur in allen Fällen, in welchen die Landesgesetze den Inhalt der Servituten nach dieser Richtung hin nicht weiter ziehen.') Das Verhältnis zwischen der Geltungskraft des BGB. und der Landesgesetze ge- staltet sich so, daß die Vorschriften des BGB. das Mindestmaß der dem Waldbesitzer zustehenden Ansprüche hinsichtlich der Verlegung der Forstrechte enthalten, daß aber landesgesetzliche Bestimmungen, die den Anspruch des Waldbesitzers auf Verlegung der Forstrechte auf einen anderen als den bisher belasteten Wald erweitern, in Geltung bleiben und von neuem erlassen werden können. In Bayern sind nunmehr die Bestimmungen des BGB. in erster Linie maßgebend. Das Forstgesetz beschäftigt sich mit der Verlegung nicht. Die Vorschriften des bayerischen Landrechts (II, Kap. 7 $6 Nr. 2) decken sich dem Sinne nach mit jenen des BGB. Die Verlegung von Forstrechten auf ein anderes Waldobjekt seitens des Belasteten, d. h. die Belastung eines bisher unbelasteten Waldes mit einem auf RE anderen Walde bisher ruhenden Forstrechte halte ich auch unter der Voraussetzung, daß dadurch der Berechtigte in seinem Rechte nicht verkürzt wird, für unzulässig.) Direkte landesgesetzliche Vorschriften über diese Art der Transferierung existieren in Bayern allerdings nicht. Aber vom allgemeinen Rechtsstandpunkt aus ist geltend zu machen, daß eine so weite Auslegung der Transferierung mit der nicht zu bestreitenden dinglichen Natur der Forstrechte im Widerspruch stehen würde. Wenn der Verpflichtete die Bezüge des Berechtigten ohne dessen Einwilligung auf irgend einen ihm ge- hörigen Wald verlegen kann, so erscheint er nicht mehr in seiner Eigenschaft als Besitzer bestimmter Waldteile, sondern als Person oder Waldbesitzer über- haupt belastet. Konsequenterweise müßte dann der Verpflichtete für eine ohne seine Schuld in dem bisher belasteten Wald notwendig gewordene Ein- schränkung der Rechte durch Zuweisung von Nutzungen aus einem anderen ihm gehörigen Walde aufkommen. Dem steht aber Art. 25 des Forstgesetzes (S. 568) direkt entgegen. In Preußen war auch vor dem Inkrafttreten des BGB. die Zulässigkeit der Verlegung aller ländlichen Grundgerechtigkeiten auf einen bestimmten Teil des belasteten Grundstücks, bzw. die damit verbundene Freilegung eines Teils der belasteten Fläche im Geltungsbereich des ALR, gestattet. Anhang. Zuständigkeit und Verfahren in Bayern. Bestand und Umfang der Forstberechtigungen stehen unter dem Schutz der Gerichte. 1) @. Planck a.a. 0. 313. — °) Im Gegensatz zu Ganghofer, Forst- gesetz, 3. Aufl. S. 78. u. 4. Aufl. S. 96 £. V. Übertragbarkeit und Teilbarkeit. 573 Vorbehaltlich der Betretung des Rechtsweges seitens der Parteien haben die Forstpolizeibehörden zunächst zu entscheiden 1. in Streitigkeiten über die Art und Weise der Ausübung einer Forst- berechtigung (Art. 23); 2. über die Ermäßigung von Rechtsbezügen im Falle der Waldunzuläng- lichkeit und die etwaige Entschädigung des Berechtigten (Art. 25); 3. über die Zulässigkeit einer beabsichtigten Änderung der Holz- und Betriebsart im belasteten Walde ohne Vorbehalt des Rechtsweges und über die Art der Entschädigung des Berechtigten (anderer Naturalbezug oder Geld) mit Vorbehalt des Rechtsweges (Art. 26); 4. über die Art und Weise der Fixierung von ungemessenen Rechten (Art. 27); 5. in Streitigkeiten über die Größe des Bedarfs bei ungemessenen Bau- holzberechtigungen (Art. 28); 6. über die Umwandlung von Natural-, Holz- oder Waldfrohnen in jähr- liche Geldabgaben (Art. 31). In den aufgeführten Fällen erfolgt die Entscheidung der Forstpolizei- behörde immer durch die auch in Schutzwaldfragen zuständige sog. gemischte Kommission in förmlicher mündlicher Verhandlung unter Zulassung von Rechtsanwälten, Auskunftspersonen, Sachverständigen (FG. Art. 110, 112). Gegen die Entscheidungen der Forstpolizeibehörde steht den Beteiligten das Recht der Berufung an die Kreisregierung, Kammer des Innern zu (in Fällen des Art. 23 binnen 14 Tagen, der Art. 25—28 u. 31 binnen 30 Tagen, FG. Art. 112, AVV. 1896 $ 18), weiterhin aber die Beschreitung des Rechts- weges in den angeführten Fällen (bei Schutzwaldfragen ist letzterer ausge- schlossen). Die gemischten Kommissionen hatten bis jetzt keine Gelegenheit, in Forst- rechtsangelegenheiten tätig zu sein, V. Übertragbarkeit und Teilbarkeit. 1. Übertragbarkeit der Forstrechte auf ein anderes herr- schendes Grundstück. Nach $ 96 des BGB. gelten Rechte, die mit dem Eigentum an einem Grundstücke verbunden sind, als Be- standteile des Grundstücks und nach $ 1110 kann eine zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Grundstücks bestehende Reallast nicht von dem Eigentum an diesem Grundstücke getrennt werden. Mögen also die Forstrechte als Grunddienstbarkeiten oder als Real- lasten aufgefaßt werden, so sind sie gemäß diesem nun maßgeben- den Recht untrennbar von dem herrschenden Grundstück und können daher ohne Zustimmung des Belasteten nicht auf ein ande- res Grundstück übertragen werden. Auch nach dem bisherigen bayerischen Recht gelten konform dem ge- meinen Rechte Forstberechtigungen als integrierende Bestandteile des be- rechtigten Gutes und können von diesem weder getrennt noch selbständig veräußert noch auf ein anderes Gut übertragen werden. Ebenso kann die gänzliche oder teilweise Übertragung eines Forstrechts auf ein anderes Gut, BI. ° Forstrechte. welches der Berechtigte neben seinem forstberechtigten Anwesen besitzt, nur mit Zustimmung des Belasteten geschehen. Diese Grundsätze sind auch in den V. v. 16. Nov. 1810 und 7. Juni 1817 ausgesprochen worden. Die bayerische Staatsforstverwaltung erteilt allerdings die Erlaubnis zur Übertragung von Forstrechten von einem Anwesen auf ein anderes frei- willig, wenn die Art des Forstrechts es zuläßt und wirtschaftliche Gründe dafür sprechen.') In Preußen waren vor 1900 die oberstrichterlichen Erkenntnisse kon- trovers.?) 2. Teilung des berechtigten Grundstücks. Nach $ 1025 des BGB., der auch auf die beim Inkrafttreten des BGB. bestehenden Grunddienstbarkeiten Anwendung findet, sind Grunddienstbarkeiten unteilbar: „Wird das Grundstück des Berechtigten geteilt, so besteht die Grund- dienstbarkeit für die einzelnen Teile fort; die Ausübung ist jedoch im Zweifel nur in der Weise zulässig, daß sie für den Eigentümer des belasteten Grund- stücks nicht beschwerlicher wird. Gereicht die Dienstbarkeit nur einem der Teile zum Vorteile, so erlischt sie für die übrigen Teile.“ Auch die Reallast besteht nach $ 1109 des BGB. für die ein- zelnen Teile fort, wenn das Grundstück des Berechtigten ge- teilt wird. Lautet die Berechtigung auf den Bedarf des herrschenden Grundstücks, so können die mehreren Eigentümer der einzelnen Teile des geteilten Grundstücks bei Ausübung der Dienstbarkeit das Maß ihrer Nutzung nicht nach dem Bedürfnis ihres Teilgrund- stücks allein beanspruchen, sondern die Bedürfnisse der einzelnen Teilgrundstücke zusammen dürfen das Bedürfnis des früheren ein- heitlichen Grundstücks nicht übersteigen. Für eine durch die Tei- lung eingetretene Vermehrung des Bedarfs braucht also der Wald- besitzer nicht aufzukommen. Ist die Berechtigung fixiert, so haben die Eigentümer der Teilgrundstücke des früheren einheitlichen Grundstückes zusammen nur den Anspruch auf das festgestellte Nutzungsquantum. In Be- ziehung auf die Dienstbarkeit stehen dieselben in einem Gemein- schaftsverhältnis. In welcher Art die gemeinschaftliche Dienstbar- keit in dem gegebenen Umfang von jedem einzelnen Teilhaber auszuüben ist, haben die Teilhaber unter sich (nach Maßgabe des $ 745) auszumachen.”) Diese Regel erleidet dann eine Ausnahme, wenn die Dienst- barkeit nur einem der Teile, in welche das herrschende Grund- stück zerlegt ist, zum Vorteile gereicht. Die Dienstbarkeit bleibt ı) K. Roth, Forstrecht, 314. — Ganghofer, Forstgesetz, 3. Aufl. 64, 80, — Vgl. auch Brater 49. ?) Danckelmann, WG. I, 26. — Schlieckmann 466. ®) Planck a. a. O. 316 £. V. Übertragbarkeit und Teilbarkeit. 575 dann nur für diesen Teil bestehen und erlischt ipso jure für die übrigen Teile. Dies trifft zu bei den Berechtigungen auf Brenn- und Bauholz, die nur jenem Grundstück, auf welchem das Ge- bäude steht, einen Vorteil gewähren und deshalb auf den Erwerber dieser Teile übergehen.') Auch nach dem bayerischen Landrecht (II, 7 $6 Nr. 7) bzw. gemeinem Recht galt bisher das Prinzip der Unteilbarkeit der Grunddienstbarkeiten. In der Praxis wurde aber regelmäßig und namentlich bei fixierten Holz- rechten angenommen, daß die Forstberechtigung auf dem Wohnhaus (Wirt- schaftsgebäude) hafte und die Zertrümmerung eines Anwesens keinen Einfluß auf das Forstrecht ausübe, wenn der Wegverkauf der einzelnen Grundstücke ohne das Forstrecht geschieht.?) Für die Holzrechte kann diese Rechtspraxis jedenfalls durch den $ 1025 des BGB. gedeckt werden; ob aber auch für die Streu- und Weiderechte, ist kaum anzunehmen. Die preußische Gesetzgebung hat sich mit der Lehre von der Teilung der Servituten nicht befaßt. Das Landrecht enthält darüber nichts. Infolge- dessen war die bisherige Rechtsprechung ungleichmäßig. (Vgl. Danckel- mann, WG. I, 30; II, 5, 276.) 3. Teilung des belasteten Waldes. Wird das belastete Grund- stück geteilt, so bleibt die Dienstbarkeit an allen Teilen bestehen. Dies ergibt sich schon aus dem Prinzipe der Unteilbarkeit der Grunddienstbarkeit. An diesem Grundsatze halten alle Landes- gesetze fest und auch das BGB.?) Dieses bestimmt aber in $1026 eine Ausnahme von dieser Regel nach der Richtung, daß, wenn die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen bestimmten Teil des belasteten Grundstücks beschränkt ist, die Teile, welche außerhalb des Bereichs der Ausübung liegen, bei Teilung des belasteten Grundstücks von der Dienstbarkeit frei werden. ° Unschädlichkeitszeugnis. Um die im wirtschaftlichen Interesse not- wendige Abtrennung kleiner Parzellen von Grundstücken nicht an dem Eigen- sinne oder der Chikane der dinglich Berechtigten oder den mit Einholung ihrer Genehmigung verbundenen Kosten und Weiterungen scheitern zu lassen?) räumt der Art. 120 des EG. zum BGB. den Bundesstaaten die Befugnis ein, landesgesetzliche Vorschriften zu erlassen, daß „im Falle der Veräußerung eines Teiles eines Grundstückes dieser Teil von den Belastungen des Grund- stückes befreit wird, wenn von der zuständigen Behörde festgestellt wird, daß die Rechtsänderung für die Berechtigten unschädlich ist“. Bayern hat demgemäß das G. v. 15. Juni 1898, betr. das Unschädlich- keitszeugnis, erlassen, nach welchem eine vom belasteten Grundstücke weg- gekaufte Teilfläche von der Belastung frei wird, wenn die Wertminderung des belasteten Grundstückes nur eine geringe ist. In Preußen beziehen sich die Vorschriften über die Erteilung von Un- schädlichkeitszeugnissen nicht auf die Grunddienstbarkeiten. ı) Turnau u. Förster, Das Liegenschaftsrecht, 1900, 504. — Dern- burg, Das bürgerliche Recht, 3. Bd., 2. Aufl. 1901, 473. 2) Ganghotfer, Forstgesetz 3. Aufl., 55 u. 65. 3) G. Planck a. a. O. 318. — %) Fischer u. Henle a.a. O. 1105. 576 ° Forstrechte. VI. Ablösung. Unter der Ablösung von Forstrechten versteht man die Auf- hebung des Rechts gegen Entschädigung des Berechtigten. Das Entschädigungsobjekt heißt Abfindung. 1. Ablösungsgesetzgebung. A. Übersicht. Der Stand der Ablösungsgesetzgebung innerhalb des Deutschen Reichs ergibt sich aus folgender Übersicht.') 1. Die unbedingte Zwangsablösung gilt in den nach- stehenden Staaten für die beigesetzten Forstrechte: Preußen, ausgenommen Hannover, und Waldeck — Holz, Weide, Streu, Mast, Gräserei, Harz, Torf auf Antrag beider Teile d.h. des Belasteten und des Berechtigten; Sachsen — Holz, Weide, Streu, Gras, Harz auf Antrag beider Teile; Württemberg — Weide, Streu, Gras auf Antrag beider Teile; Baden — Holz auf Antrag des Belasteten; Oldenburg — Weide auf Antrag des Belasteten; Sachsen- Weimar — Holz, Weide, Streu, Gras, Harz auf Antrag beider Teile; Anhalt — Holz, Weide, Streu, Gras, Mast auf Antrag beider Teile; Braunschweig — Lese- und Stockholz, Mast, Streu auf Antrag des Verpflichteten, andere Holzrechte auf Antrag beider Teile; S.-Altenburg — Holz, Weide, Streu auf Antrag beider Teile; $S.-Koburg — Schafweide auf Antrag beider Teile; S.-Gotha — Holz auf Antrag beider Teile; Schwarzburg-Sondershausen — Holz, Weide, Mast, Harz auf Antrag beider Teile, Streu auf Antrag des Belasteten; Schwarzburg-Rudolstadt — Holz, Weide ausschließlich Rindviehweide, Mast, Harz auf Antrag beider Teile; Reuß j. L. — Weide auf Antrag beider Teile; Lippe — Holz ausschließlich Leseholz, Weide, Mast und Streu auf Antrag des Waldbesitzers; Schaumburg-Lippe — Holz, Weide, Mast auf Antrag beider Teile. 2. Die bedingte Zwangsablösung, bei welcher die Ab- lösung im Einzelfalle von einer örtlichen Untersuchung abhängig ist, gilt in: Hannover. Die „Stattnehmigkeit“ der Ablösung muß erst mit Rücksicht auf die rechtliche und landespolizeiliche Zulässigkeit und auf Antrag auch in bezug auf die landwirtschaftliche Nützlich- ) Nach der Zusammenstellung Danckelmanns in Z. f. F. u. J. 1899, 7 #. — Ferner vgl. derselbe, Waldgrundgerechtigkeiten, I, 87 ff. VI. Ablösung. 577 keit festgestellt werden. Ablösbar auf Antrag beider Teile sind im wesentlichen die bei Preußen genannten Servituten. Baden. Die Aufhebung der Nebennutzungsrechte darf den Nahrungsstand der Berechtigten nicht gefährden. Der Antrag steht beim Waldeigentümer. Hessen. Die Ablösung muß für alle Rechte sich als nützlich erweisen. Das Provokationsrecht hat der Belastete. Braunschweig. Die Ablösung der Weiderechte auf Antrag beider Teile findet nur dann statt, wenn sie staatswirtschaftlich ratsam erscheint und ein Gewinn für das Nationaleinkommen zu erwarten steht oder wenn der Belastete in die Ablösung auf des Berechtigten Antrag willigt. S.-Meiningen. Zwangsablösung nur bei Weiderechten auf Antrag beider Teile. Rindvieh- und Ziegenberechtigungen können nicht abgelöst werden, wenn der Berechtigte widerspricht mit Rück- sicht auf die Gefährdung dieses Zuchtzweiges. Schwarzburg-Rudolstadt. Rechte auf Holz, Gras, Streu usw. sind unablösbar, wenn der Berechtigte die Unentbehrlichkeit und die mangelnde Gelegenheit zu anderweiter Beschaffung der Nutzungen nachweist. Sonst Antragsrecht auf beiden Seiten. Lippe (G. vom 14. November 1900). Bei den Streurechts- ablösungen ist denjenigen, welche dadurch in ihren wirtschaftlichen Verhältnissen dauernd geschädigt werden, die Entnahme von Streu aus dem verpflichteten Wald gegen Bezahlung auch nach der Ab- lösung zu gestatten. Elsaß-Lothringen. Jede Ablösung muß auf ihre Zweck- mäßigkeit erst geprüft werden. Unentbehrliche Weiderechte sind nicht ablösbar. Das Antragsrecht für alle Rechte hat der Belastete. 3. Nur freiwillige Ablösung mit Ausschluß jeden Zwanges auf beiden Seiten ist möglich in: Bayern r. d. Rh. und in der Pfalz, Mecklenburg, Reuß ä. L. und in den vor- benannten Staaten bezüglich der nicht als ablösbar erklärten Ser- vituten. B. In den größeren Staaten. Preußen. Das ALR. bestimmte, daß der Berechtigte sich die Aufhebung der Servituten gegen Vergütung gefallen lassen mußte, wenn dieselben „den Zweck der besseren Kultur“ verhinderten. Das Landeskulturedikt von 1811 regelte nur die Leseholzrechte und die Waldweiderechte. Die Gemeinheitsteilungsordnung vom 7. Juni 1821, giltig für das Bereich des ALR., hatte wenig Erfolg, weil die Gras- und Harzrechte nicht ablösbar waren, der provozierende Waldbe- sitzer meist Landabfindung gewähren mußte und der provozierende Endres, Forstpolitik. 37 578 Forstrechte. Berechtigte Landabfindung nicht verlangen konnte. Mehr Erfolg erzielten das Ergänzungsgesetz zur GTO. von 1850 und die für die übrigen Landesteile erlassenen besonderen Gesetze. Nach diesen sind auch die Rechte auf Gräserei, Holz und Torf ablösbar. Nach dem nunmehr geltenden Recht ist das Provokationsrecht ein unbeschränktes sowohl für den Berechtigten wie für den Be- lasteten. Stellt der Berechtigte den Antrag auf Ablösung, dann muß er sich gefallen lassen, nach dem aus der Ablösung dem Be- lasteten erwachsenden Vorteile abgefunden zu werden. Ablösbar sind alle Rechte auf Holz, Streu, Weide, Mast, Harz, Gras, Torf usw. Nicht ablösbar sind die notwendigen Servituten, d.h. solche, ohne welche das berechtigte Grundstück ganz oder teilweise unbrauch- bar sein würde. — Regel ist die Landabfindung, nur nicht für die Ablösung von Mast- und Harzberechtigungen. Das Gesetz vom 5. März 1843 über die Ausübung der Wald- streuberechtigung berührt die Ablösung nicht. In den alten Provinzen ist in einer großen Anzahl der staat- lichen Oberförstereien bereits die völlige Servitutbefreiung erreicht, in den anderen steht sie in naher Aussicht. Mehr belastet sind die Waldungen in den neu hinzugekommenen Provinzen (Reg.-Bez. Kassel und der südliche Teil von Hannover). Im Jahre 1892 waren von 683 Staats-Oberförstereien nur noch für 78 Ablösungs- arbeiten im Gange.') Eine Statistik über den derzeitigen Stand der Forstrechte in Preußen ist nicht veröffentlicht worden. Die Ablösung in den Staatsforsten gestaltete sich wie folgt: Vor 1849 wurde ein Ablösungskapital von 2,09 Mill. Mark, von 1849—59 ein solches von 3,15 Mill. Mark und dazu von 1857—59 noch 10230 ha Forstland verausgabt. Die vor 1857 abgetretenen Forstflächen und Domänenländereien können nicht mehr ermittelt werden. Von 1860—91 wur- den 11703, von 1892—99 323 Rechte abgelöst mit einer Abfindung von 50957 und 2450 ha Forstiand, 65,58 und 5,12 Mill. Mark Kapital, 10,37 und 0,122 Mill. Mark Geldrente. — Die Zahl der jährlich abgeschlossenen Ablösungen betrug 1560 547, hatte sich bis 1863 bereits auf 317 vermindert, stieg dann nach Hinzutritt der neuen Provinzen wieder auf 769 im Jahre 1873 und hat 1899 noch 25 betragen. — Im Reg.-Bez. Kassel speziell wurden von 1869—99 1074 Forstrechte abgelöst mit 11652 ha Forstland, 8,29 Mill. Mark Kapital, 0,40 Mill. Mark Rente. Bayern. a) Bayern r. d. Rh. Über die Regelung der Forst- rechte enthielten schon die Forstordnungen und viele spätere Man- date ausführliche Bestimmungen. Die Gesetzgebung über die Forstrechtsablösung wurde auf Be- treiben Hazzis durch die V. vom 25. August 1798 eingeleitet. Nach der bis 1852 geltenden Verordnung vom 18. Januar !) Donner 155ff. — Schlieckmann 464 fi. VI. Ablösung. 579 1805 waren die Waldeigentümer und die Berechtigten befugt, die Ablösung der Holzrechte durch Waldabfindung zu verlangen. In- folgedessen wurden bis in die 1830er Jahre sehr viele Holzrechte in den Staatswaldungen abgelöst. Ein großer Teil der Abfindungs- waldungen ist aber von den neuen Besitzern devastiert worden. Nach dem Kulturgesetzentwurf von 1822 sollten Holzrechte auf Antrag des Belasteten durch Waldabfindung ablösbar sein, wenn der Boden für die landwirtschaftliche Kultur oder der Wald für eine forstliche Behandlung ge- eignet wäre. In den beiden Entwürfen zu einem Forstgesetz von 1842 und 1846 war nur die freiwillige Ablösung für beide Teile vorgesehen. Nach dem Entwurf zum Grundlasten-Ablösungsgesetz von 1848 sollten Holzrechte in eine jährliche Geldrente umgewandelt werden, welche als fixer Bodenzins auf dem belasteten Wald ruhen sollte, wenn sie sich nicht mit den seitens der Berechtigten an den Waldbesitzer zu zahlenden Grundabgaben kompensieren ließe. Da die Kammer darauf nicht einging, wurde in dem Ab- lösungsgesetz vom 4. Juni 1848 nur ausgesprochen, daß die Forstrechte das zukünftige Forstpolizeigesetz „normieren“ werde. Nach dem Entwurf zum Forstgesetz von 1852 sollten die auf Privat- waldungen lastenden Forstrechte mit Geldkapital, die auf Staats-, Stiftungs- und Gemeindewaldungen ruhenden dagegen nur durch freiwillige Übereinkunft beider Teile ablösbar sein. In dem Forstgesetz von 1852 wurde die Ablösung in folgender Weise festgelegt: Nach Art. 29 und 30 waren Forstrechte grundsätzlich nur im Wege der gütlichen Übereinkunft beider Teile ablösbar. Doch war die Ablösung in folgenden speziellen Fällen zugelassen: 1. Der Ablösung in Geldkapital unterlagen auf einseitigen Antrag des Verpflichteten a) die durch freiwilliges Übereinkommen in eine bestimmte jährliche Geldleistung umgewandelten Forstrechte (mit dem 20fachen Betrage); b) die in Geld zu leistende Entschädigung, welche nach Art. 26 des Forstgesetzes vom Waldbesitzer gewährt werden muß, wenn der Naturalbezug durch statthafte Änderung der Holz- oder Be- triebsart unmöglich geworden und durch Anweisung anderer Natural- bezüge nicht zu ersetzen ist; c) die Forstrechte solcher Güter, welche zu dem Besitzer des belasteten Waldes bis zum Jahre 1848 im Grundbarkeitsver- bande gestanden sind. Die auf Staatswaldungen ruhenden Forst- berechtigungen waren jedoch hiervon ausgeschlossen. 2. Der Ablösung durch Waldabfindung unterlagen auf einseitigen Antrag der Verpflichteten alle auf ein bestimmtes Maß umgewandelten Holzrechte, wenn der abzutretende Teil des be- lasteten Waldes nach Lage und Größe eines forstwirtschaftlichen 37* 580 Forstrechte. Betriebes fähig blieb und den Bedarf der bisherigen Holzberech- tigung nachhaltig deckte.') Der agrarisch-demokratischen Bewegung der neueren Zeit gelang es, auch die wenigen die Ablösung er- möglichenden Bestimmungen des Forstgesetzes von 1852 zu Fall zu bringen, indem in der Novelle zum Forstgesetz vom 17. Juni 1896 jede Art von Zwangsablösung beseitigt wurde. Das Ablösungsrecht beschränkt sich nunmehr auf nachstehende zwei Artikel des geltenden Forstgesetzes: Art. 29. „Umwandlung einer Forstberechtigung in eine bestimmte jähr- liche Geldleistung kann außer dem Falle des Art. 26 nur durch freie Übereinkunft der Beteiligten stattfinden. Solche Geldleistungen können von dem Verpflichteten mit dem 25fachen (bis 1896 20fachen) Betrage abgelöst werden, soweit nicht eine anderweitige Übereinkunft vorliegt.“ Art. 30. „Die Ablösung von Forstberechtigungen jeder Art ist lediglich im Wege der Übereinkunft beider Teile statthaft. Im Falle einer teilweisen Ablösung steht dem Besitzer des belasteten Waldes die Befugnis zu, diejenigen Nutzungen selbst zu beziehen, welche den Inhalt des abgelösten Rechtes bildeten.“ Zudem sind nach den AVV.v. 1896 $ 4 Forstrechtsablösungen in Staats- waldungen nur in wirtschaftlich begründeten Fällen — vom Standpunkte so- wohl des Ärars als des Berechtigten — zu betätigen. Ist die Zulässigkeit der Ablösung vom Standpunkte des wirtschaftlichen Interesses des_ Berechtigten zweifelhaft, dann ist die Gemeindebehörde gutachtlich zu hören. b) Rheinpfalz. Über die Ablösung bestehen keine gesetzliche Bestimmungen; dieselbe ist somit nur im Wege freier Vereinbarung möglich. Die nach dem französischen Rechte dem Waldeigentümer zustehende Befugnis, Holzrechte durch Abtretung eines Waldteiles (moyennant un cantonnement) abzulösen, hat in der Rheinpfalz keine Geltung.) a) Produktive Staatswaldfläche: 1861 839357 ha, hiervon belastet 646449 ha — 77%,; 1885/94 834755 ha, hiervon belastet 608236 ha — 73°/,, Und zwar nur mit Holzrechten 1861 96152 ha, 1885/94 92137 ha, Streurechten 7123 bzw. 1970, Weiderechten 66954 bzw. 69058; zugleich mit Holz-, Streu- und Weide- rechten 476219 bzw. 445071. Das Rechtsquantum betrug: Bau- und Nutzholz 1861 45796 fm, 1885/94 35333 fm; Scheit- und Prügelholz 435487 Ster bzw. 341214 Ster; Stockholz 91105 bzw. 37177 Ster; Reisig (Wellen) 63642 bzw. 42157 Ster; Streu aller Art 437625 bzw. 368411 Ster. Es waren 1885/94 berechtigt 1371 Gemeinden als solche mit 86630 Forst- rechtsteilhabern, ferner 38967 Einzelberechtigte. — Bau- und Nutzholz war abzugeben für 21998 Wohnhäuser, 30948 Ökonomiegebäude, 8747 sonstige bau- liche Objekte. Auf die mit Weide- und Mastrechten belastete Fläche wurde aufgetrieben ı) Vgl. Brater, Forstgesetz, 67 i. %) Schwarz, Die Forstberechtigungen in den ehemaligen vier Departe- menten des linken Rheinufers, (1. Heft) 1864, 2. Heft 1871, 3. Heft 1898. — Forstl. Mitt. 12. Heft, 213. — Ritzmann a. a. 0. 29 ff. VI. Ablösung. o8l (Stückzahl): Rindvieh 1861 138698, 1885/94 73784, Pferde 3304 bzw. 1765, Schafe 73785 bzw. 45244, Schweine 24651 bzw. 14412, Ziegen 3489 bzw. 1347. Von den angegebenen Rechten waren 1885/94 fixiert nicht fixiert Bau- und Nutzholz. . . 3 902 31 431 cbm Brenatalz #2 EN; 364 090 56 458 Ster nen er 167 657 200 754 Ster In den einzelnen Regierungsbezirken waren 1885/94 von der produktiven Staatswaldfläche belastet: Oberbayern (mit Saalforsten) 61 °/,, Niederbayern 37, Pfalz 88, Oberpfalz 82, Oberfranken 84, Mittelfranken 82, Unterfranken 90, Schwaben 52. b) Über die Zahl der abgelösten Forstrechte vor und nach dem Jahre 1805, sowie namentlich über die Größe der abgetretenen Waldungen liegen statistische Angaben nicht vor. Zweifellos wurden unmittelbar nach dem Jahre 1805 bedeutende Waldflächen hingegeben. Von 1844—1859, also in einer Zeit, in welcher die Staatsforstverwaltung die bedenkliche Seite der Waldabfindung bereits erkannt hatte, wurden außer 1261279 M. noch 12830 ha für die Ablösung aufgewendet. Das Geld wurde hauptsächlich durch den Ver- kauf von Staatswaldparzellen beschafft. — Über den Fortgang der Ablösung seit 1854 gibt die nachfolgende Tabelle Aufschluß. Durchschnittlich jährlich gelangten zur Einlösung: | Streu- Wwaxte: Abfindung| Gesamtaus- Jahr zeehobz ng in Wald gabe rechte Kacht rechte rechte pro Jahr | pro Jahr cbm Ster Ster Anzahl ha M. 1854/67 1239 5872 6438 127 324 714 272 1868/73 2194 5280 5456 91 277 928 863 1874/79 1030 2766 4981 62 93 619 909 1880/89 573 1884 2012 32 16 408 600 1890/98 354 2310 1380 33 14 411 067 1899/1902 486 2390 1929 75 4 576 908 Im ganzen wurde als Abfindung gewährt: 1854—1867 4536 ha Wald und 10,00 Mill. Mark, 1868—1902 2521 ha Wald und 19,39 Mill. Mark, von 1854 bis 1902 also 7057 ha Wald und 29,39 Mill. Mark. Der Geldwert aller bestehenden Holzrechtsbezüge betrug in Mill. Mark: Voller Rück- Erlös- Geldwert vergütungen entgang 1868 2,14 0,32 1,82 1880 2,21 0,33 1,88 1890 1,91 0,32 1,59 1900 1,83 0,30 1,53 1902 1,97 0,34 1,63 Kapitalisiert man denselben mit 4°/,, so repräsentierten die Holzrechts- bezüge einen Kapitalwert von 45,5 Mill. Mark im Jahre 1868 und von 40,8 Mill. Mark im Jahre 1902. Obwohl seit dem Jahre 1868 über 10 Mill. Mark für die Ablösung von Holzrechten ausgegeben wurden, hat sich der Kapitalwert SB Forstrechte. der verbleibenden Rechte infolge der Preissteigerung des Holzes nur um 4,7 Mill. Mark verringert. Die Erklärung hierfür liefert auch der für die Ablösung erforderliche Aufwand in den verschiedenen Zeiträumen. Es betrug der Geldanschlag (Abfindung) für: lcbm 1 Ster l Ster Nutzholz Brennholz Streu M. M. M. 1854—67 145 58 14 1868—73 192 8 19 1874—79 192 89 20 1880—89 346 68 25 1890— 98 456 65 39 1899—1901 406 87 47 1902 695 — 28 Endlich sei erwähnt, daß der Kapitalwert aller Gegenreichnisse 1895 sich auf 6,84 Mill. Mark belief. Sachsen. Das G. vom 17. März 1832 über Ablösung und Gemeinheitsteilung erklärte alle Rechte auf Provokation jedes Be- teiligten für ablösbar. Durch Gesetz vom 15. Mai 1851 wurde angeordnet, daß alle auf einseitigen Antrag ablösbaren Dienstbar- keiten, auf deren Ablösung bis zum 1. Mai 1854 nicht provoziert worden ist, von diesem Zeitpunkte ab nur noch als persönliche Verbindlichkeiten des Waldeigentümers bzw. seiner Erben fortbe- stehen und daß vom 1. Januar 1884 ab auch die noch vorhandenen persönlichen Dienstbarkeiten erlöschen. Daher waren bereits 1865 alle Staatswaldungen von ablösbaren Servituten bis auf eine Holz- berechtigung befreit. Als Abfindung wurden gewährt 1764206 Taler Kapital, 346 Acker Waldboden, 268 Taler Rentenerlab. Württemberg. a) Holzrechte. Von 1825 ab wurden sehr bedeutende Bau- und Brennholzberechtigungen teilweise gleichzeitig mit den Streurechten im Wege der freien Vereinbarung der Be- teiligten hauptsächlich durch Waldabfindung abgelöst. Das Grund- lastenablösungsgesetz vom 14. April 1848 faßte die Holzrechte in den Waldungen der Grundherren als die Gegenleistungen der letzteren an die gefällpflichtigen holzberechtigten Grundholden auf und bestimmte, daß solche Gegenleistungen der Grundherren (ein- schließlich des Staatskammergutes), welche einer einzelnen zur Ablösung kommenden Grundlast gegenüberstanden oder sonst mit dem Grundherrlichkeitsverhältnis zusammenhingen, von dem Wert der Leistung (der Grundholden) abzuziehen seien. Auf diesem Wege wurden viele Holzrechtsablösungen möglich. Ein besonderes Gesetz über die Ablösung von Holzrechten existiert nicht; dieselbe ist von der freien Übereinkunft abhängig. Die noch lästigen Holzrechte sind auf bestimmte Forstbezirke be- schränkt. u Ar re Du ae ee nn VI. Ablösung. 583 Die auf Staatswaldungen noch ruhenden Holzrechte repräsentierten 1902 nach Abzug der Gegenleistungen einen reinen Jahreswert von 133804 M. b) Die Ablösung der waldschädlichen Nebennutzungen wurde möglich gemacht durch das Gesetz vom 26. März 1873 über die Ausübung und Ablösung der Weiderechte auf land- wirtschaftlichen Grundstücken sowie über die Ablösbar- keit der auf Waldungen haftenden Weide-, Gräserei- und Streurechte. Letztere Rechte sind auf Antrag des Verpflichteten und Berechtigten ablösbar. Gesetzliches Abfindungsmittel ist Geld und zwar bei Provokation des Belasteten Kapital. Bei Provokation des Berechtigten steht es dem Belasteten frei, das Ablösungskapital bar oder in 5°/, Zeitrenten von mindestens 100 fl. jährlich binnen 20 Jahren abzutragen. Dem Berechtigten wird auf Verlangen eine Übergangszeit von längstens fünf Jahren eingeräumt, während welcher er den Fortbezug seiner bisherigen Nutzung gegen Bezahlung der bei der Ablösung berechneten Preise verlangen kann. Wird nach dem Urteil der Gemeindebehörden der Nahrungsstand des provo- zierenden Berechtigten durch die Ablösung gefährdet, so kann durch eine besondere Kommission die Übergangszeit verlängert und die allmähliche Verringerung des Nutzungsmaßes bestimmt werden. Alle mit den genannten Rechten verbundenen Beschränkungen der Waldkultur traten ein Jahr nach Verkündigung des Gesetzes außer Wirksamkeit. Die Ablösung der Strea-, Gras- und Weiderechte vollzog sich sehr rasch, weil der Umfang und damit der Jahreswert der Nutzung in der dem Erscheinen des Gesetzes vorangegangenen 20jährigen Periode, deren durchschnittliches Nutzungsmaß maßgebend war, rasch sank, so daß bei längerem Verzuge der Provokation seitens der Berechtigten sich von Jahr zu Jahr ein geringeres Ablösungs- kapital ergeben hätte. Diese Befürchtung war bei den Streurechten um so begründeter, als die Staatsforstverwaltung zur Schonung der heruntergekommenen Waldungen zur Einschränkung schreiten mußte. Die Weiderechte waren überhaupt nur noch in der Hoff- nung auf eine Abfindung ausgeübt worden. Noch im Jahre 1873 stellten daher fast alle Berechtigten den Ablösungsantrag. Die Streu- und Gräsereirechte in den Staatswaldungen waren schon im Jahre 1880 in der Hauptsache beseitigt, die Weiderechte bis auf einen kleinen Teil, — fast sämtliche Ablösungen auf güt- lichem Wege. Von der zugestandenen Übergangszeit wurde etwa von der Hälfte der Streu- und Gräsereiberechtigten Gebrauch gemacht. Im ganzen wurden für die Ablösung der auf Staatswaldungen lastenden Streu-, Gräserei- und Weiderechte von 1873—80 in ca. 1100 Einzelfällen 2716683 M. aufgewendet, wovon 2444611 M. an öffentliche Körperschaften und 272077 M. an Private zu zahlen waren. Von dieser Summe treffen auf 584° Forstrechte. die Ablösung von Streurechten 91,5°/,, Gräsereirechten 3°/, und Weide- rechten 5,5 °/,. (Die forstlichen Verhältnisse Württembergs, 1880, 97—112. — Schwandner, Gesetz über die Ausübung u. Ablösung der Weiderechte usw., Stuttgart 1873.) Baden. Nach dem FG. von 1833 sind die Rechte auf Holz, Streu, Weide, Mast, Eckerich, Harz, Teerschweelen und Trüffel- suchen auf Antrag des Waldbesitzers ablösbar. Mit Ausnahme der Holzrechte kann aber die Ablösung nur dann gefordert werden, wenn durch die Aufhebung der Nutzung der Nahrungsstand des Berechtigten nicht wesentlich gefährdet wird. Abfindungsmittel für Holzrechte ist Wald, für die übrigen Rechte Geld. Die zu- ständigen Behörden für die Ablösung sind die Gerichte. In den Domänenwaldungen sind die Forstrechte bis auf wenige abgelöst. Die noch vorhandenen rühren von den Ankäufen von Hofgütern her. Nur im Schwarzwald, Odenwald und Rheinthal bestehen noch einzelne Streurechte, die wegen der Gefährdung des Nahrungsstandes der Berechtigten nicht ablösbar sind. Im Jahre 1888 bestanden noch 57 Bau- und Brennholzrechte, 16 Streu- und 19 Weiderechte. Etwas mehr wie die Domänenwaldungen waren noch die übrigen Waldungen belastet (345 Holzrechte). (Krutina.) Der Wert der Holzabgabe an Berechtigte aus den Domänenwaldungen betrug 1902 17726 M., jener der Nebennutzungen 65689 M. Elsaß-Lothringen. Ablösbar sind nach dem FG. von 1827 auf Antrag des Belasteten die sämtlichen Forstrechte in allen Wal- dungen und zwar die Holzrechte durch Abtretung eines Waldteiles (eantonnement), alle übrigen Nutzungsrechte durch Geldentschädigung. Unzulässig ist jedoch die Ablösung von Weiderechten, welche ein unentbehrliches Bedürfnis für die Bewohner der Gemeinden sind. Wird das Bedürfnis von dem Belasteten bestritten, dann entscheidet der Bezirksrat vorbehaltlich der Berufung an den kaiserlichen Rat. — Jede Ablösung muß in bezug auf ihre Zweckmäßigkeit von dem Öberpräsidenten bzw. von dem Bezirkspräsidenten geprüft und genehmigt werden. In der Grafschaft Dagsburg inmitten der Vogesen haben noch > Ge- meinden ausgedehnte Holzrechte. Über dieselben gibt das (im Buchhandel nicht erhältliche) amtliche Werk Aufschluß: „Die Waldberechtigungen in der ehemaligen Grafschaft Dagsburg. Straßburg 1894.“ Österreich. Das Patent vom 5. Juli 1853 verlangt zwar die Ablösung und Regelung aller Forstrechte von Amts wegen ohne Antrag der Beteiligten, läßt aber so viele Ausnahmen zu, daß tat- sächlieh nur die Regulierung in den Vordergrund trat.') Abfindungs- mittel sind Kapital, Land und Wald. 1) Vgl. Österreichs Forstwesen usw. 29. — Schindler I, 191. — Ge- schichte d. österr. Land- u. Forstw., IV, 365. VI. Ablösung. 585 In Österreich waren 1895 493484 ha = 48,5 %/, Reichsforste, 702011 ha— 50,2%), Gemeindewälder, 946161 ha — 13,0 °/, Privatwälder mit Servituten be- lastet. Der Wert der Rechtsbezüge in den Staats- und Fondsforsten war 1900 886776 fl., denen 61300 fl. Gegenleistungen gegenüberstanden. — Als Abfindung für abgelöste Rechte wurden von 1853—83 geleistet 276200 ha Grund und Boden und 481757 fl. Kapital. Abgelöst wurden damit 894800 fm Holzrechte, 172500 rm Streurechte, ferner Weiderechte für 107500 Stück und 1478 son- stige Rechte. Seit 1883 sind beträchtliche Ablösungen nicht mehr vorge- nommen worden. Ungarn. Der Staatswald ist fast servitutfrei. 2. Provokationsrecht. Das Recht, die Ablösung zu beantragen, ist in der Gesetz- gebung teils dem Verpflichteten allein, teils dem Verpflichteten und Berechtigten eingeräumt worden. Zugunsten des nur dem Waldbesitzer als Belasteten einge- räumten Provokationsrechtes kann geltend gemacht werden a) die höhere rechtliche und wirtschaftliche Stellung desselben sowohl in seiner Eigenschaft als Eigentümer als im Hinblick auf seine Ver- antwortlichkeit für die Wirtschaftsführung und das damit verbundene Risiko; b) das Ziel der Grundlastenbefreiung, welches dauernd im Interesse des Fortschrittes der Kultur angestrebt werden wird und der Initiative des Belasteten zur Aufgabe gereicht, namentlich wenn es sich um waldverderbende Forstrechte handelt. Im übrigen kommt es hier ganz wesentlich auf die Art der Abfindung an, ob der Belastete eine bevorrechtete Stellung einnehmen soll und kann oder nicht. Das Nähere wird bei den einzelnen Abfindungsmitteln besprochen werden. Zugunsten des Provokationsrechts des Berechtigten kann der Grundsatz der ausgleichenden Gerechtigkeit und der Wahrung be- rechtigter wirtschaftlicher Interessen geltend gemacht werden. Tat- sächlich wurde es stets mehr aus politischen Gründen zugestanden, um die Ablösung populärer zu machen. Andererseits ist aber zu erwägen, daß der Berechtigte den Belasteten zur Ablösung eines Rechtsbezuges mit Geld oder Wald (Land) zwingen kann, der den Waldbesitzer nicht belästigt und auch für den Berechtigten wenig Wert mehr hat (Weiderechte, Lese- und Stockholzrechte). Als Korrektiv zum Provokationsrecht des Berechtigten hat die sächsische und preußische Ablösungsgesetzgebung die Vorteilswerts- ermittlung vorgesehen. Nach dem preußischen Erg.-G. zur GTO. (Art. 9) muß sich der Berechtigte, wenn er auf Ablösung anträgt, gefallen lassen, nicht nach dem Nutzertrage der Berechtigung, sondern nach dem aus der Ablösung dem Belasteten erwachsenden Vorteile abgefunden 58 Forstrechte. zu werden, welch letzterer niemals den Nutzertrag übersteigen darf. Der Vorteil kann sein, a) daß der Waldeigentümer die Ser- vitutnutzung nun selber bezieht bzw. an andere verkauft, b) daß durch Wegfall der Servitutnutzung die Rentabilität des Waldes sich hebt. Wenn die Vorteilsberechnung zu dem Ergebnisse führt, daß die Vorteilsrente gleich Null ist, so soll nach der Ansicht des preußischen Revisions-Kollegiums die Berechtigung nicht unentgelt- lich aufgehoben, sondern die Ablösung nur zur Zeit unzulässig sein.") Der dem Waldeigentümer aus der Ablösung erwachsende direkte Gewinn ist verschieden nach der Art der Rechtsbezüge. Die Wirkung der Holzrechts- ablösung tritt für ihn sofort in die Erscheinung, indem das abgelöste Holz- quantum nun zu seiner freien Verfügung steht und verkauft werden kann. Das für Streurechtsablösung hingegebene Kapital verzinst sich nicht unmittel- bar, sondern erst im Laufe der Zeit mit der Hebung der Bodenkraft. Auch die Rückerstattung der für die Ablösung von Weiderechten gewährten Ab- findungsmittel erfolgt nur ganz indirekt und in finanziell kaum fühlbarer Weise, wenn diese Rechte sich in mäßigen Grenzen bewegten. Nach dem sächsischen Gesetz von 1832 hatte der Belastete bei Pro- vokation des Berechtigten die Wahl, die Entschädigung nach dem Nutzen des Berechtigten oder nach dem dem Belasteten aus der Ablösung erwachsenden Vorteil zu berechnen ($ 123). In Braunschweig erhält der Weideberechtigte, wenn er auf Ablösung provoziert, nur drei Viertel der Abfindung (regelmäßig Grund und Boden), die ibm zuteil werden würde, wenn der Pflichtige provozierte. 3. Abfindungsmittel.?) Solche sind a) Wald, d. h. Boden und Bestand; b) Land, d. h. landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder sonst benutzbarer Boden; ce) Geldkapital und Geldrente. Die Abfindung durch eine Naturalrente (Holzrente, Roggen- rente für Mastberechtigungen, Strohrente für Streuberechtigung) bedeutet keine Ablösung, sondern eine Regulierung (Fixation). A. Waldabfindung. Die Abfindung mit Wald war früher die Regel. Man ging dabei von dem Gedanken aus, daß der Berechtigte, den man als Miteigentümer betrachtete, hierauf nach Maßgabe des Gemeinheits- teilungsprinzips einen moralischen Anspruch habe und daß die Zerstückelung des Waldes volkswirtschaftlich nützlich sei. Zur Zeit der gegen den Staatswaldbesitz gerichteten Bewegung glaubte man in der Waldabfindung neben dem Verkauf das beste Mittel !) Danckelmann, WG. I, 157 ff. ?) Vgl. die Berichte über die 6. und 7. Versammlung deutscher Forst- männer (1877 Bamberg, 1878 Dresden). | VI. Ablösung. 587 für die Beseitigung des Staatswaldes gefunden zu haben. Außer- dem war die Durchführung der Forstrechtsablösungen in den Staats- waldungen am Anfang des 19. Jahrhunderts mit Geldabfindung nieht möglich, weil hierfür die Mittel fehlten. Durch die Waldab- findung wurde die Fläche der Staatsforste sehr wesentlich ver- mindert. In der Waldabfindung liegt die Idee, dem Berechtigten einen Waldteil als Eigentum zu überlassen, aus dem er seine bisherigen Rechtsbezüge in natura nachhaltig decken kann (direkt gefordert in Bayern bis 1896 und in Baden). In der älteren Gesetzgebung wurde dabei unterstellt, daß eine so abgemessene Waldfläche zu- gleich einen Geldwert repräsentiert, der dem Geldwert des Rechts ungefähr gleich kommt. Diese Annahme mochte in den Zeiten der Brennholzwirtschaft, in denen der Unterschied zwischen den Werten der einzelnen Holzsortimente weniger hervortrat, der Regel nach zutreffen. Sie ist aber in demselben Verhältnis hinfällig und unerfüllbar geworden, als die Nutzholzwirtschaft an die Stelle der Brennholzwirtschaft trat. Heuzutage ist es nicht mehr möglich, ein Holzrecht, welches z.B. 13°/, Nutzholz und 87°/, Brennholz umfaßt, mit einem Wald, der einen Nutzholzanfall von 70°/, auf- weist, in der Weise abzulösen, daß der Wertsertrag und der Massen- ertrag des Waldes zugleich den bisherigen Rechtsbezug nach Wert und Massensortimenten aufwiegt. An der Divergenz des Geldwertes und des naturalen Inhaltes des Rechts scheitert daher die Erfüllung des Wunsches des Gesetzgebers, daß durch die Ablösung des Rechtes auf diesem Wege dem Berechtigten ein volles wirtschaftliches Äqui- valent geboten werden soll. Auch nach anderen Richtungen hin ist dieser Zweck der Wald- abfindung nur in beschränkten Fällen zu erreichen. Vor allem eignet sie sich nur für Holzberechtigungen und auch bei diesen nur für solche von größerem Umfange, wie sie ganzen Gemeinden, Genossenschaften und ausnahmsweise auch einzelnen Privaten zu- stehen. Dem einzelnen Berechtigten, der nur auf ein geringes Holzquantum Anspruch hat, kann niemals so viel Hochwaldfläche zugewiesen werden, daß daraus bei ordnungsmäßiger Wirtschaft der Rechtsbezug jährlich nachhaltig gedeckt werden kann. Noch größere Schwierigkeiten ergeben sich, wenn das Recht auf Bauholz nach Bedarf oder auf bestimmte Holzarten lautet. In diesem Falle kann die Absicht, dem Berechtigten den Bezug der bisher ge- nutzten Sortimente durch Waldabfindung möglich zu machen, nur in den seltensten Fällen und auch da nur durch entsprechende Wertsausgleichung verwirklicht werden. Einzelberechtigte sollten daher nur dann mit Wald abgefunden werden, wenn sich deren 588° Forstrechte. mehrere zur Übernahme eines ganzen Waldteiles genossenschaftlich vereinigen. Selbst bei Ablösungen von Forstberechtigungen größeren Um- fanges bietet die Auswahl eines in bezug auf Größe, Bestands- altersabstufung, Form und Lage geeigneten Waldes oft nicht ge- ringe Schwierigkeiten. Zur Gewährleistung eines nachhaltigen Be- triebes muß der Wald aus jungen, mittelalten und nutzungsfähigen Beständen mit verhältnismäßigen Flächen bestehen. Die Zuteilung einer normalen Altersstufenfolge ist weder möglich, wenigstens in den meisten Fällen, noch auch erforderlich. Ein nur hiebsunreife Bestände enthaltender Waldteil eignet sich nur für kapitalkräftige - Berechtigte oder auch als Anschlußobjekt an einen im Eigentum der Berechtigten bereits befindlichen Waldkomplex. Die Abfindung mit Waldteilen, die nur haubares Holz enthalten, widerspricht dem Zwecke dieses Ablösungsmodus, weil der Kapitalwert des Holzes im Vergleich zum Bodenwert unverhältnismäßig groß, die Boden- fläche deshalb sehr klein wird und die Nutzung nach dem Abitrieb des Holzes für zwei Generationen aufhört. Man hat es hier eigent- lich mehr mit einer Geldkapitalabfindung als mit Waldabfindung zu tun. Die Ablösung von Rechten auf Streu, Weide oder sonstigen Nebennutzungen mit Waldabfindung gesetzlich zu verlangen, ist ein wirtschaftspolitischer Fehler. Schon die Abgleichung der Werte des Abfindungswaldes einerseits und der Rechtsbezüge andererseits ist mit Rücksicht auf den schwankenden, in bestimmten Ziffern meistens gar nicht ausdrückbaren Nutzwert dieser Erzeugnisse tech- nisch kaum möglich. Sollen diese Nebennutzungen ohne Gefähr- dung der Waldsubstanz ausgeübt werden, dann sind große Wald- flächen, die einen häufigen Wechsel des Gewinnungsortes ermög- lichen, wirtschaftlich unbedingt notwendig. Waldungen von solcher Ausdehnung stehen aber in keinem normalen Wertsverhältnis zum Recht. Kommen, wie es die Regel ist, nur kleine Waldungen in Betracht und sollen diese das jährliche Rechtsquantum gewähren, dann gehen sie in kurzer Zeit zugrunde. Wird der Waldbesitzer gesetzlich gezwungen, für Rechte auf Nebennutzungen Waldab- findung zu gewähren, so kann er dadurch schwer geschädigt werden, daß er für die Ablösung von Rechten in der Gegenwart Wald abtreten muß, die durch die im Laufe der Zeit sich voll- ziehenden Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse im Nutz- werte sinken oder durch Niehtausübung gegenstandslos werden (Waldweide, Harznutzung usw.). Dazu kommt, daß der Waldeigen- tümer durch forstpolizeiliche Bestimmungen und durch die nach den meisten Landesgesetzen mögliche Einschränkung der Nutzungen VI. Ablösung. 589 im Falle der Waldunzulänglichkeit gegen die verwüstende Wirkung des Nebennutzungsbetriebes geschützt ist. Kann der Abgefundene nicht gesetzlich verpflichtet werden, die Waldwirtschaft weiter zu treiben, sondern ist er berechtigt, den Wald zu roden, so geht die Waldabfindung über in Land-, bzw. Geldabfindung. Aber auch dann, wenn der Wald als solcher erhalten bleibt, ist die Waldabfindung volkswirtschaftlich von Nach- teil, wenn der neue Besitzer zu einer schonlichen Behandlung des- selben gesetzlich nicht gezwungen werden kann. Die in Württemberg vor 1850 an Private abgetretenen Waldflächen gingen mit wenigen Ausnahmen dem Ruin entgegen; es liegen sogar Fälle vor, in welchen die Staatsfinanzverwaltung größere abgetretene Waldkomplexe im Laufe weniger Jahre, natürlich in holzlosem Zustande, wieder vollständig erworben hat. Forstl. Verh. Württembergs 110. — Die gleichen Erfahrungen machte man in Bayern. Zur Waldabfindung sollte der belastete Waldeigentümer nie- mals gesetzlich gezwungen werden und namentlich nicht auf den Antrag des Berechtigten hin. Eine Zwangsablösung auf diese Weise bedeutet einen schweren Eingriff in das Eigentumsrecht des Wald- besitzers. Er allein hat bei sich abzuwägen, ob ihm ein größerer Waldkomplex mit den Lasten oder das lastenfreie Eigentum an einer kleineren Waldfläche vorteilhafter ist.) Erzwungene Hingabe von Wald führt unter Umständen zur Zerstückelung des Wald- und Gutsbesitzes, erschüttert die Kreditfähigkeit des Verpflichteten und kann sonstige Nachteile persönlicher Natur im Gefolge haben (Verlust der Wählbarkeit zu öffentlichen Ämtern, des Jagdrechts usw.). Damit soll nicht gesagt sein, daß es nicht auch Fälle gibt, in denen die Waldabfindung für den Waldbesitzer erwünscht und vorteilhaft ist. Solche sind gegeben, wenn damit kleinere isolierte Waldpar- zellen, die hohe Verwaltungs- und Schutzkosten verursachen, ab- gestoßen werden können. Allerdings muß dann ein Berechtigter vorhanden sein, der sie brauchen kann. Rechnungsverfahren. Bei der Ablösung eines Forstrechts durch Waldentschädigung können zwei Rechnungsverfahren in Betracht gezogen werden: 1. Die Gleichstellung des Rentenwertes des Rechtsbezuges (Be- rechtigungsrente) und des Rentenertrages des Abfindungswaldes (Waldrente, Waldreinertrag) — oder was dasselbe ist, die Gleich- stellung der mit dem gleichen Zinsfuß berechneten Kapitalwerte dieser beiden Renten. 2. Die Gegenüberstellung des mit einem höheren als dem forst- lichen Zinsfuß (Berechtigungszinsfuß) berechneten Kapitalwertes des ı) Vgl. Forstliche Mitteilungen (Bayern), 15. Heft, 1091. 590 Forstrechte. Rechtsbezuges und des mit dem forstlichen Zinsfuß berechneten Wertes des Abfindungswaldes. Beispiel. Der Wert des jährlichen Holzrechtsbezuges (Berechtigungs- rente, Nettorente) beträgt 27161 M. Dieses Recht soll mit einem Walde ab- gefunden werden, dessen jährliche Waldrente (Waldreinertrag) 66,20 M. pro Hektar beträgt. ad 1. Die Abfindungsfläche erhält man a) entweder durch Division der Berechtigungsrente mit der Waldrente des Abfindungswaldes; sie beträgt demnach 27161 :66,2—=410,29 ha; b) oder durch Division des Kapitalwertes der Berechtigungsrente mit dem Kapitalwert des Abfindungswaldes pro Hektar. Beide Kapitalwerte wer- den mit dem gleichen forstlichen Zinsfuß berechnet. Ist derselbe 2,5°/,, dann ist der Kapitalwert der Berechtigungsrente 27161 : 0,025 —= 10836440 M. und der durchschnittliche Kapitalwert des Abfindungswaldes pro Hektar 66,20 : 0,025 — 2648 M. Somit beträgt die Abfindungsfläche 1086440 : 2648 — 410,29 ha. ad 2. Kapitalisiert man die Berechtigungsrente mit einem höheren als dem forstlichen Zinsfuß, d. h. mit dem sog. Berechtigungszinsfuß, der hier zu 3,9 °/, angenommen wird, und die Waldrente des Abfindungswaldes mit dem forstlichen Zinsfuß von 2,5°/,, so berechnet sich der Kapitalwert der Berech- tigungsrente auf 27161:0,035 = 776029 M. und der durchschnittliche Kapital- wert des Abfindungswaldes pro Hektar wie vorhin auf 66,20 : 0,025 = 2648 M. Die Fläche des Abfindungswaldes beträgt darnach | 776.029 : 2648 — 293,06 ha. | Das unter 2. angegebene Verfahren ist das richtigere und gerechtere und zwar aus folgenden Gründen. Der Besitz eines auf einem dinglichen Rechte beruhenden Rentenbezuges in Geld oder in Waldprodukten ist subjektiv nicht gleichwertig mit einer aus dem eigenen Waldbesitz beziehbaren Rente von gleicher Gattung und gleicher Höhe. Der Eigentümer eines Waldes hat eine gesichertere wirtschaftliche und eine höhere Rechtsstellung als der nur Nutzungsberechtigte. Der Berechtigte muß die Verluste mittragen, die den belasteten Wald durch Kalamitäten und die hierdurch veranlaßte Leistungsunfähigkeit treffen; andererseits hat er aber keinen Anteil an den Ertragssteigerungen infolge einer Verbesserung der Wirtschaft des belasteten Waldes, der natürlichen Preissteigerung usw. Der Wert des Rechts kann mit der Zeit für den Berechtigten auch sinken (Steinkohlenbrand statt Holzbrand, Massivbau, Steigen der Transportkosten). Der Berechtigte muß sich — das ist wenigstens die Regel — seinen Rechtsbezug an- weisen lassen, kann denselben nur zur bestimmten Zeit beziehen und ist immerhin von dem guten Willen des Belasteten mehr oder wenig abhängig. Das dingliche Recht ist an das belastete Wald- grundstück und an den berechtigten Hof gebunden, ist nicht über- tragbar, unteilbar und hinsichtlich seiner Verkehrsfähigkeit be- schränkt. Erhält der Berechtigte an Stelle seines Rechts einen Wald, dann kann er in demselben Nutzungen vornehmen, wann er ben, VI. Ablösung. 591 will, wo er will und wieviel er will, kann Vorgriffe machen in Zeiten der Not, kann durch fleißige und verständige Wirtschaft die Erträge steigern, gewinnt durch die Preissteigerung des Holzes, kann Nebennutzungen dem Walde entnehmen usw. Dazu kommen für den Eigentümer unter Umständen noch sonstige Vorteile (eigene Jagd, politischer Einfluß usw.). Eigentum ist in einem Kultur- staate ein in seinem Bestande gesicherter Rechtsbegriff, der Bestand der Servituten und sonstigen Grundlasten hat im Laufe der Ge- schichte schon manche Wandlungen und Abschwächungen erfahren (Jahr 1848)). In Würdigung aller dieser Verhältnisse steht es mit der Billig- keit nicht im Widerspruch, wenn dem Berechtigten für den Ein- tausch von Eigentum gegen das dingliche Recht eine entsprechende Einbuße 'an Kapitalwert zugemutet wird, d.h. wenn die Berech- tigungsrente mit einem höheren Zinsfuß als demjenigen, der für die Berechnung des Kapitalwertes des Abfindungswaldes angewendet wird, kapitalisiert wird. Als unterste Grenze für den Berechtigungs- zinsfuß soll der landesübliche Zinsfuß gelten; eine Erhöhung des- selben um /,°/, bedeutet kein ungerechtes Vorgehen gegen den Berechtigten, namentlich wenn dieser das Provokationsrecht hat. Auch im sonstigen Erwerbsleben wird der Besitz eines frei ver- fügbaren Kapitals einer gebundenen höheren Rente vorgezogen (Abfindung bei Lebensversicherungen, bei der Arbeiterversicherung, bei Eisenbahnunfällen). Die meisten in Preußen geltenden Gemeinheitsteilungsord- nungen schreiben das Verfahren 2 vor und bestimmen, daß der Kapitalwert des abzutretenden Grundstückes (Waldes) dem 20fachen Jahreswerte der Berechtigung gleichzustellen ist. Der Berechtigungs- zinsfuß beträgt also 5°/,. In Hannover, wo nach der früheren Ablösungspraxis die Berechtigungs- und die Waldrente des Abfin- dungswaldes gleichgestellt worden waren, wurde durch die GTO. von 1873 ebenfalls das Verfahren 2 eingeführt. Auch nach dem Österreichischen Patent vom 5. Juli 1853 ($ 27) ist der Jahreswert der abzulösenden Nutzung im 20fachen Anschlage zu Kapital zu schlagen (Ablösungskapital. Der Wert des abzutretenden Grundes ist nach dessen Ertragsfähigkeit durch Übereinkommen oder durch Sachverständige festzusetzen. Gegen die für den Berechtigten sehr günstige Gleichstellung der Ser- vitutrente mit der Waldrente hat sich auch Danckelmann (Waldgrund- gerechtigkeiten, I, 187 f£., 227) und die Versammlung deutscher Forst- männer zu Dresden 1873 ausgesprochen. Dieselbe faßte folgende Resolu- tion: „Die an Stelle von Geld zu gebenden Feld-, Wiesen- oder Waldgrund- stücke müssen nach Haupt- und Nebenertrag einen dem Ablösungskapitale gleichstehenden Kapitalwert haben.“ 592 Forstrechte. Die Gleichstellung wurde befürwortet von Burckhardt (Aus dem Walde 9. Heft) und G. Heyer (Anleitung zur Waldwertrechnung, 2. Aufl. 1891; in der 3. Aufl. S. 108 ff. ließ er die Frage offen). In Preußen kann im Bereiche der GTO. nach dem Erg.-G. v. 1850 der Waldeigentümer für Holz- und Streurechte Abfindung in Wald gewähren, wenn derselbe zu einer nachhaltigen forstmäßigen Benutzung geeignet ist (bei Hochwald mindestens 30 Morgen = 7,66 ha). — Damit stimmen im wesen- lichen die Vorschriften der Rheinischen und der Nassauischen GTO. überein. In der Schleswig-Holsteinischen GTO. fehlt die Vorschrift über die Mindestgröße. Nach der Hannoverischen GTO.v.1873 ist die Abfindung der den politischen und Realgemeinden sowie Genossenschaften zustehenden Holzberechtigungen in bestandenem Walde zu gewähren, wenn das abzutretende und verbleibende Forstland zur forstlichen Benutzung geeignet bleibt. Nur im Oberharz (Zeller- feld) ist Waldabfindung unzulässig. Dasselbe muß im Reg.-Bez. Kassel und in Hohenzollern bei Holzberechtigungen geschehen, wenn der Belastete auf Ablösung provoziert und die Berechtigung in Hohenzollern einer Gemeinde, im Reg.-Bez. Kassel einer Genossenschaft oder Gemeinde zusteht. In Baden kann nach $ 134 des FG. v. 1853 der Belastete Holzrechte durch Abfindung mit Wald ablösen. „Der Entschädigungsanteil darf gegen den Willen des Berechtigten nicht aus getrennten Stücken bestehen, er muß der aufgehobenen Berechtigung im Werte gleichkommen und soweit es hiernach und nach der Örtlichkeit und dem Bestande des Waldes möglich ist, den bis- herigen Holzbezug des Berechtigten auch für die Zukunft decken.“ Elsaß-Lothringen s, S. 584. B. Landabfindung. Dieselbe besteht in der Entschädigung mit Grund und Boden, welcher zur landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder auch anderweitigen Benutzung geeignet ist. Die Abtretung von landwirtschaftlich benutzbarem Boden für die Ablösung von Forstrechten ist eine Abfindungsart, welche sich im nördlichen Deutschland und speziell in Preußen herausgebildet hat, während dieselbe in den süddeutschen Staaten nur in einzelnen Zeitperioden üblich war und den neueren Ablösungsgesetzen voll- ständig fremd geblieben ist. Der Grund für diese territoriale Ver- schiedenheit hinsichtlich der Wahl dieses Abfindungsmittels ist zu- nächst in abweichenden forstpolizeilichen Bestimmungen der nord- deutschen und süddeutschen Staaten zu suchen. Durch die Freigabe der Waldwirtschaft in Preußen im Jahre 1811 ist es dem belasteten Waldeigentümer möglich geworden, abgeholzten Waldboden zur beliebigen Verwendung dem Berechtigten zu überlassen und dazu Teile des belasteten Waldes selbst zu verwenden. In Süddeutsch- land, wo der Aufforstungszwang für bestehende Waldflächen seit Erlaß der Forstordnungen bestand, war diese Möglichkeit, soweit die Überführung von Waldböden in landwirtschaftlichen Boden in Betracht kam, entweder vollständig ausgeschlossen oder doch sehr erschwert. Nur in Bayern wurden am Anfange des 19. Jahr- ee VI. Ablösung. 593 hunderts, in der Zeit der Staatswaldverkäufe, Waldungen als Ab- findung gewährt mit dem ausdrücklichen Wunsche der Regierung, daß dieselben gerodet werden. In zweiter Linie kam der Landabfindung der große Domänen- besitz des preußischen Staates zu statten wie das Bestreben, nament- lieh in den östlichen Teilen der Monarchie, an Stelle des vor- herrschenden Großgrundbesitzes und in Gemenge mit diesem kleine und mittlere bäuerliche Wirtschaften zu schaffen und damit die Seßhaftigkeit der Bevölkerung zu erhöhen. Auch in Braunschweig wurden Domänenländereien zur Ablösung (von Weiderechten) ver- wendet. Der Vorteil der Landabfindung ist überhaupt weniger auf dem forstpolitischen als auf dem agrar- und sozialpolitischen Gebiete zu suchen. Ist es möglich, dem kleinen besitzarmen Manne damit zu einem Stück Ackerland oder Wiese zu verhelfen, dann ist sozial- politisch viel erreicht. Aber die Berechtigungen gerade dieser Be- völkerungsschichten sind in der Regel so wenig umfangreich, daß dem einzelnen nur selten ein hinreichend großes Landstück als Äquivalent geboten werden kann. Nur durch genossenschaftliche Vereinigung könnte in diesem Falle das Ziel erreicht werden. Eine notwendige Voraussetzung für die Zweckmäßigkeit der Landabfindung ist auch die, daß dem Berechtigten ein Zuwachs an landwirtschaftlichem Areal nach Lage seiner ökonomischen Ver- hältnisse angenehm und nützlich ist. Dies trifft nicht immer zu. Viele Bauernwirtschaften kranken an dem Zuviel an Land und kommen daher über den extensiven Betrieb nicht hinaus. Während die Waldabfindung nur für die Ablösung von Holz- rechten geeignet ist, läuft es dem Wesen der Landabfindung nicht zuwider, dieselbe auch auf Streu-, Weide- und Gräsereiberech- tigungen auszudehnen. Werden Streurechte durch Entschädigung mit landwirtschaftlichem Nutzlande abgelöst, dann ist freilich zu besorgen, daß der Abgefundene zur Düngung dieser neuen Flächen eigentlich noch mehr Streu als bisher notwendig haben wird, wenn er nicht kapitalkräftig genug ist, um sich Surrogate zu verschaffen. Das Abfindungsland muß in entsprechender Nähe des Wirt- schaftshofes liegen, mit dem vorhandenen Besitz arrondiert werden können und durch Wege zugänglich sein. Mit Rücksicht auf diese Erfordernisse gestaltet sich die Aus- wahl von geeignetem Abfindungsland viel schwieriger als die eines Abfindungswaldes, bei welchem die Lage zum berechtigten Gute eine untergeordnete Rolle spielt. Wünschenswert wäre daher, daß die Servitutablösung durch Landabfindung mit der Flurbereinigung (Verkoppelung) Hand in Hand geht (Danckelmann I, 180). Endres, Forstpolitik, 38 594 Forstrechte. Gegenüber der Geldabfindung hat die Landabfindung mit der Waldabfindung für den Berechtigten den Vorteil gemein, daß er für ein Nutzungsrecht volles Eigentum erhält, welches einen dauern- den Bestandteil des Gutes bildet und dessen Gesamtwert unter Umständen bedeutend erhöht und daß der Wert des Bodens mit der Zeit steigt. Hinsichtlich der Befugnis des Berechtigten, Land als Abfindung verlangen zu Können, gelten die in dieser Richtung bei der Wald- abfindung (S. 589) aufgestellten Grundsätze. Auch für die Aus- gleichung der Kapitalwerte des Abfindungslandes und des Rechts- bezuges sind dieselben Gesichtspunkte maßgebend wie bei der Waldabfindung. Für die Art des Landes, welches als Entschädigung gewählt wird, kommen folgende Fälle in Betracht: 1. Abfindung in landwirtschaftlichem Nutzlande. a) Der Boden befindet sich bereits in landwirtschaftlicher Kultur. Es ist nicht ausgeschlossen, daß solche Böden im servitutischen Verbande des belasteten Waldes stehen und also mit diesem das belastete Objekt bilden (Forstwiesen, früherer mit Wald bestockter Boden usw.). In der Regel werden aber nur solche Ländereien in Frage kommen, welche dem belasteten Waldbesitzer gehören, aber servitutfrei sind. Die Zumutung, Abfindungsland erst zu diesem Zweck zu kaufen, stellt kein Gesetz an den Waldbesitzer. Natürliche Voraussetzung ist also, daß der Waldbesitzer Land dieser Art zur Verfügung hat und solches ohne erhebliche Störung seines ganzen Betriebes entbehren kann. b) Der Boden muß erst abgeholzt werden. In diesem Falle können Teile des belasteten Waldes selbst zur Entschädigung verwendet werden. Die Ablösung hat daher Kolonisation zur Folge. a) Ist der Boden schlecht (absoluter Waldboden), dann ist diese Art der Abfindung nach allen Richtungen hin schädlich und unwirtschaftlich. Denn weder dem Berechtigten noch der Landes- kultur ist damit genützt. Es werden dadurch in der Mehrzahl der Fälle Ödländereien geschaffen. In Preußen war durch die GTO. v. 1821 die Landabfindung in weit- gehendstem Maße vorgeschrieben. Da infolgedessen viele schlechte Wald- böden der Landwirtschaft zugewendet wurden, welche auf die Dauer bei dieser Benutzung einen Reinertrag abzuwerfen nicht imstande waren, wurde im Erg.-G. v. 1850 die Bestimmung getroffen, daß Abfindung in Land nur dann zulässig ist, „wenn dasselbe zur Benutzung von Acker oder Wiese geeignet ist, und in dieser Eigenschaft nachhaltig einen höheren Ertrag als durch die Benutzung zur Holzzucht zu gewähren vermag“ (Art. 10). ß) Ist der Boden gut und zur landwirtschaftlichen Benutzung VI. Ablösung. 595 mehr geeignet als zur forstlichen, dann ist vom volkswirtschaft- lichen Standpunkte aus gegen diese Abfindungsart nichts einzu- wenden. . Bei der Wertsermittlung dürfen die bedeutenden Kosten für Urbarmachung des Waldbodens nicht außer Ansatz bleiben. Ist der zur Abfindung bestimmte Holzboden noch mit Beständen be- stockt, so muß dem Waldeigentümer eine längere Frist zur Abholzung ge- währt werden, um ihn gegen Verlust zu schützen (Überfüllung des Holz- marktes, Jahre mit niederen Holzpreisen). In Preußen beträgt diese Frist 3 Jahre (Hannover 5 Jahre). Bis zur vollständigen Abräumung und UÜber- gabe des Entschädigungslandes hat der Waldeigentümer eine dem Ertrags- werte der noch nicht abgetretenen Fläche entsprechende Geldrente dem Be- rechtigten- zu zahlen (Erg.-G. Art. 10). 2. Abfindung in nur forstlich benutzbarem Lande. Mit Boden, der erst aufgeforstet werden muß, ist dem ein- zelnen wohl sehr selten gedient; denn es erwachsen ihm zunächst nur Kosten für die Wiederkultur, ohne daß vor dem Ablauf von Dezennien Einnahmen erzielt werden können. Daher ist diese Ab- findungsart höchstens noch für kapitalkräftige Gemeinden, Genossen- schaften usw. geeignet. 3. Abfindung in sonstigem Nutzlande. In Betracht können kommen: Torffelder für Brennholzrechte, Streuwiesen, Schilfflächen für Streurechte usw. In Preußen ist in Ermangelung einer Einigung der Parteien die Land- abfindung gesetzliche Regel und zwar mit Teilen des belasteten Landes selber unter Ausweisung der für jeden Teilnehmer nötigen Wege und Triften. Es- können aber auch passend gelegene bisher nicht belastete Grundstücke zur Abfindung verwendet werden (GTO. 88 64, 66, 95), ohne daß der Waldbesitzer indessen hierzu gezwungen werden kann. Ausgeschlossen ist die Landabfin- dung und an ihre Stelle tritt die Geldabfindung, wenn dem Berechtigten eine Entschädigung in Land nicht so gegeben werden kann, daß er dasselbe zum abgeschätzten Werte zu nutzen vermag, wenn er durch die Geldrente in den Stand gesetzt wird, sich die abgelöste Nutzung zu beschaffen (GTO. $ 77), ferner bei Berechtigungen zur Mast, zum Harzscharren und zur Fischerei (GTO. $ 117, Erg.-G. Art. 5, 6). In Bayern wurde nach dem Erlaß des Forstgesetzes die Waldabfindung nur noch dann in einzelnen Fällen gewährt, wenn der Boden zur landwirt- schaftlichen Benützung, zu Wiesen oder Felder geeignet war und die Boden- produktion im Allgemeinen dadurch gesteigert wurde. (Forstl. Mitt. 1869, 15. Heft, 131.) Auch in Österreich ist im Patente von 1853 die Landabfindung vor- gesehen. C. Geldabfindung. Die Geldabfindung kann in Form von Geldkapital oder Geld- rente gewährt werden. Sie ist anwendbar zur Ablösung aller Forst- rechte, bildet das einfachste und bequemste Entschädigungsmittel 38* 596 Forstrechte. und hat infolgedessen im Laufe der Zeit das Übergewicht über die Abfindung mit Wald und Land gewonnen. Vom Standpunkte des Berechtigten kommen für die Geld- abfindung im allgemeinen folgende Punkte in Betracht: 1. Die Kaufkraft des Geldes sinkt mit fortschreitender Zeit. Es ist daher möglich, daß in der Zukunft die Größe der Ablösungs- summe oder Rente den Wert des Nutzungsgegenstandes numerisch nicht mehr aufwiegt, namentlich wenn es sich um Forstrechtsbezüge handelt, deren Wert immer steigt (Bauholz). 2. Unter Umständen sind die abgelösten, für den Berechtigten unentbehrlichen Nutzungen für Geld nicht erhältlich (Streu, Wald- weide), so daß der Berechtigte zur Änderung seines bisherigen Wirtschaftsbetriebes gezwungen sein kann. 3. Geldabfindung gewährt dem Berechtigten keine Arbeitsrente wie die Landabfindung. 4. Die Ablösung mit Geld gibt dem Berechtigten disponible Barmittel an die Hand und kann ihm privatwirtschaftliche Vorteile bringen, indem er ‚mit dem Geld sich billigere oder ergiebigere Ersatzmittel für die bisherigen Nutzungen verschafft (Steinkohlen für Brennholz, Verwendung von Stein und Eisen an Stelle des Bauholzes, von Futtermitteln an Stelle der Ernährung der Tiere durch Weide, von Torfstreu anstatt Waldstreu), mit dem Abfindungs- kapital Schulden tilgt, seinen Wirtschaftsbetrieb verbessert usw. Vom Standpunkte des Waldbesitzers aus hat die Geld- abfindung den Vorzug, daß sein Waldeigentum ungeschmälert er- halten und nach Wegfall der Rechte eine vorteilhaftere Bewirt- schaftung möglich wird. a) Abfindung mit Geldkapital. Der Eintausch von Geldkapital gegen das Nutzungsrecht be- deutet die vollständige Loslösung des Wertes des dinglichen Rechtes von dem berechtigten Gute. Denn der Berechtigte empfängt das Kapital persönlich zur freien Verfügung. Während bei der Wald- und Landabfindung der Wert des Forstrechts beim Gute verbleibt und demselben nur in anderer Form einverleibt wird, findet durch die Ablösung mit Kapital eine ewige Trennung des Rechtswertes von seinem bisherigen Träger, dem herrschenden Gute, statt. Um den Wert des Forstrechts wird daher der Verkehrswert des be- rechtigten Anwesens verringert und damit auch die Belehnungs- fähigkeit mit Hypotheken. Infolgedessen steht auch den Hypo- thekengläubigern ein Einspruchsrecht gegen diese Art der Abfin- dung zu, wenn damit die Sicherheit ihres Guthabens gefährdet wird. — Auf den Umstand, daß das Geldkapital verschwendet VI. Ablösung. 597 werden kann, ist Kein Gewicht zu legen. Ein leichtsinniger Grund- besitzer hat auch sonst genügend Mittel zur Hand, seine Wirtschaft herunterzubringen. Dem Waldeigentümer kann die Aufbringung des Ablösungs- kapitals unter Umständen schwer fallen. In der Regel wird er aber in der Lage sein, durch Aufnahme einer Hypothek oder durch den Abtrieb hiebsreifer Bestände zu helfen. Sehr gute Dienste .können für die Vermittlung der Geldabfindung die Rentenbanken und sonstige Kreditanstalten leisten. Der Feststellung des Geldkapitals muß die Festsetzung des durchschnittlichen Jahreswertes der Servitut vorangehen (Berech- tigungsrente). Fraglich ist, mit welchem Zinsfuß die Kapitalisierung erfolgen soll. Wird die Forderung gestellt, daß der Berechtigte in den Stand gesetzt werden soll, mit dem Zinsenertrag des sicher angelegten Kapitals eine dem Werte seines bisherigen Rechtsbezuges gleiche Jährliche oder periodische Einnahme zu erzielen, dann darf nur der landesübliche Zinsfuß für sicher angelegte Kapitalien (Anlage- werte) zugrunde gelegt werden. Allerdings wird damit dieser Forderung nur so lange genügt, als der landesübliche Zinsfuß der gleiche bleibt und der Preis der Forstprodukte, namentlich jener des Holzes, nicht steigt. Wollte man dem Sinken des Zinsfußes einerseits und der Steigerung der Holzpreise andererseits für die Zukunft Rechnung tragen, dann müßte man einen niedrigeren als den landesüblichen Zinsfuß anwenden. Gegen diese Gleichstellung von Berechtigungsrente und Geld- kapitalrente sprechen indessen dieselben Erwägungen wie gegen die Gleichstellung der Berechtigungsrente und der Waldrente bei der Waldabfindung. Auch der Besitz eines nach freiem Ermessen verfügbaren Geldkapitals ist privatwirtschaftlich höher zu bewerten als der Bezug einer wenn auch noch so sicheren und den Zinsen- ertrag des Kapitals übersteigenden Rente. Als Kapitalbesitzer ist der Abgefundene ein wirtschaftlich freierer Mann wie als ein an die Scholle gebundener Forstberechtigter. Es geschieht daher dem Berechtigten kein Unrecht, wenn die Kapitalisierung der Berech- tigungsrente mit einem Zinsfuß erfolgt, der höher ist als der landes- übliche, und wenn damit die Kapitalrente geringer wird als die Berechtigungsrente. Wird die Forderung erhoben, daß bei Feststellung des Ablösungskapitals alle in Zukunft möglichen Änderungen in der Art der Ausübung und im Werte der Berechtigung für beide Interessenten Berücksichtigung finden, dann ist praktisch jede Berechtigung unablösbar. Die Befreiung des Grund- eigentums ist ohne gesetzliche Gewaltmaßregeln eben nicht möglich. Die 7. Versammlung deutscher Forstmänner faßte 1878 folgende 598 . Forstrechte. Resolution: „Das Ablösungskapital ist in der Weise zu bestimmen, daß der durch das Gutachten Sachverständiger ermittelte, zur Zeit der Ablösung be- stehende erntekostenfreie Jahreswert der Gerechtsame nach Abzug aller Gegen- leistungen der Berechtigten mit einem nach Maßgabe einer sicheren Geld- anlage durch die Landesvertretung festzusetzenden Zinsfuße kapitalisiert wird.“ Hierzu hatte Danckelmann den Antrag gestellt, den Kapitalisierungszinsfuß (Berechtigungszinsfuß) mit Rücksicht auf die Art der Servitutnutzung und deren steigenden oder abnehmenden Wert für das berechtigte Grundstück festzustellen, bei steigender Tendenz also kleiner, bei fallender größer anzu- nehmen. Dieser Antrag wurde mit Recht abgelehnt im Hinblick auf die Un- sicherheit der Vorausbestimmung der Bewegung der Werte und die Schwierig- keit der Durchführung solcher Bestimmungen. In seinen „Waldgrundgerech- tigkeiten“ I, 155£. hält Danckelmann aber an seinem Standpunkte fest. b) Abfindung mit Geldrente. Es sind zu unterscheiden einerseits ständige (feste) und ver- änderliche Renten, andererseits ewige und zeitliche Renten. — Ständige Geldrenten bleiben sich immer gleich. Veränderliche Geldrenten sind in Geld umgesetzte Naturalrenten mit gleichem Naturalbetrage, der aber nach den wechselnden Preisen jährlich oder periodisch verschieden bewertet wird. Ewige Renten sind nicht durch Kapital ablösbar; sie vertragen sich nicht mit dem Begriffe der Ablösung und sind daher selten gesetzlich zugelassen. Zeitrenten sind so bemessen, daß sie nach einiger Zeit aufhören; sie enthalten nicht nur den jährlichen Wert des Nutzungsrechtes, sondern neben diesem noch eine Amortisationsquote (Annuität bei Ablösung der bäuerlichen Lasten). Sie kommen dann in Betracht, wenn das Geldkapital auf einmal nicht erlegt werden kann. Die Geldrentenabfindung ist keine Grundbefreiung, sondern nur eine andere Form der Grundbelastung. Sie gewährt dem Be- rechtigten eine dauernde und sichere Einnahme und bleibt ein Bestandteil des berechtigten Gutes (Danckelmann I, 245). Durch die veränderliche Geldrente wird der Berechtigte vor einer durch das Sinken des Geldwertes und durch die Steigerung der Forst- produktenpreise möglichen Schädigung bewahrt; dagegen kann die Festsetzung des jährlichen und periodischen Wertes des Nutzungs- objektes zu Streitigkeiten führen. Sie bedeutet mehr Regulierung als Ablösung. Die ständigen Geldrenten sind überall durch Er- legung des Kapitals für ablösbar erklärt; dadurch geht diese Ab- lösungsart in Geldkapitalabfindung über. Dem Zwecke der Ablösung dient nur die Ablösung mit Geld- kapital, nicht mit Geldrente; denn nur durch erstere wird der Waldeigentümer „befreit“. Wenn es indessen dem Belasteten schwer fällt, größere Summen zur Ablösung aufzubringen, dann ist die Geldrente bequemer und bildet die erste Etappe der Ablösung. VII. Bedeutung der Forstrechte. 599 Volkswirtschaftlich kann die Rente gegenüber dem Kapital den Vorzug verdienen, wenn die Berechtigten ewige Personen sind (Ge- meinden usw.). In Preußen findet ausschließlich Geldabfindung statt bei Mast- und Harzberechtigungen. Sonst subsidiär und unter gewissen Voraussetzungen (vgl. Danckelmann, WG. I, 235 ff.; Donner 106, 110). — Veränderliche Geldrenten auf der Grundlage des jährlichen Roggenpreises für die festgesetzte unveränderliche Roggenrente waren in der GTO. v. 1821 vorgesehen (1850 beseitigt). Bayern s. S. 580. In Württemberg (G. v. 26. März 1875) ist für Streu-, Gräserei- und Weiderechtsablösung die Geldabfindung gesetzliche Regel. — Zinsfuß 5 0/,. In Baden ist nur für die Ablösung von Streu-, Weide-, Mast- und Harz- berechtigung Entschädigung in Geld zu leisten (FG. 1833, $ 135). Nach dem Code forestier können alle Rechte, welche nicht Holzrechte sind, nur durch Geldentschädigung abgelöst werden (Art. 64). Außerdem sind die Renten für ablösbar erklärt in Oldenburg, Sachsen- Altenburg, Braunschweig, Lippe-Detmold, Reuß ä. L. mit dem 25fachen Betrag, in Sachsen, Weimar, Gotha, Anhalt, Waldeck, Reuß j. L. mit dem 20fachen Betrag, in Meiningen, Schwarzburg- Rudolstadt und -Sondershausen mit dem 18fachen Betrag. VII. Bedeutung der Forstrechte. 1. Im allgemeinen. Die Bedeutung der Forstrechte für die Berechtigten und für die Belasteten hat im Laufe des 19. Jahrhunderts durch die Ver- kehrsentwicklung, Umgestaltung der Bautechnik, Verbreitung der Mineralkohle und Änderung der landwirtschaftlichen Betriebssysteme tiefgreifende Wandlungen erfahren. Zur Zeit der herrschenden Naturalwirtschaft und des beschränkten Verkehres war die länd- liche Bevölkerung auf den Bezug von Holz, Mast und Waldweide aus dem noch in erreichbarer Nähe gelegenen Wald angewiesen. Da der Nutzungsbedarf sich regelmäßig einstellte und der Kreis der Konsumenten immer derselbe blieb, trafen die Waldbesitzer mit denselben ein Generalabkommen, indem der jährliche Bedarf als Nutzungsmaßstab betrachtet wurde. Die Waldeigentümer sicherten sich auf diesem Wege regelmäßige Abnehmer für ihre Waldprodukte. Aus den vielfach verschlungenen wirtschaftlichen und patrimonialen Beziehungen zwischen der bäuerlichen Bevölkerung und den Landes- und Grundherren, die als Eigentümer der größeren Waldungen vor- wiegend in Betracht kamen, entwickelte sich dann in bezug auf die Benützung dieser Waldungen ein mehr oder minder zwingendes Rechts- und Abhängigkeitsverhältnis und zwar in der Mehrzahl der Fälle zugunsten der bäuerlichen Bevölkerung. 600 Forstrechte. Mit der Aufhebung der alten Agrarverfassung im 19. Jahr- hundert und mit der Auflösung der naturalwirtschaftlichen Be- ziehungen zwischen dem Bauernstand einerseits und den Grundherren und dem Staat andererseits sind aber die natürlichen Voraussetzungen für die Existenzberechtigung der Forstrechte in Wegfall gekommen. Dieselben sind ein tauschwerter Bestandteil des berechtigten Gutes geworden, mußten von dem jetzigen Besitzer beim Kauf oder im Erbgang zu dem vollen Kapitalwert übernommen werden und bilden das Unterpfand für die hypothekarische Belastung. Um den Betrag des Kapitalwertes des Rechtsbezuges ist das berechtigte An- wesen höher verschuldet, wodurch das Forstrecht zum zehrenden Faktor geworden ist. Alle Arten von Forstrechtsbezügen sind bis zum Ende des 18. Jahrhunderts über das ursprüngliche Bedarfsmaß — und man kann selbst bei milder Beurteilung aller einschlägigen Verhältnisse hinzusetzen, über das vernünftige Maß — hinausgewachsen. Nichts war daher natürlicher als das Bestreben, mit der Aufhebung der alten Agrarverfassung auch die Gebundenheit des Waldeigentums durch Rechte aller Art zu beseitigen. Daß dies nicht überall und namentlich nicht in Bayern rechtzeitig gelungen ist, ist im höchsten Maße zu bedauern, und zwar um so mehr, als nunmehr feststeht, daß die Ablösung der Forstrechte in jenen Staaten, in welchen sie voll- ständig durchgeführt ist, keinerlei Nachteile für die bäuerliche Be- völkerung zur Folge hatte. Denn niemand wird den Nachweis er- bringen können, daß der Bauernstand in Sachsen, Württemberg, Baden usw. schlechter daran sei wie der in Bayern, weil jener keine Forstrechtsbezüge mehr genießt. 2. Holzberechtigungen. A. Bauholzrechte. 1. Der Umfang der Bauholzbedarfsberechtigungen bemißt sich grundsätzlich nach dem Bedürfnis der ursprünglich berechtigten Gebäude. Damit ist aber im Zweifelfalle der Belastete nicht von der Verpflichtung entbunden, für ein vergrößertes Bedürfnis des berechtigten Gutes, welches durch intensiveren Betrieb oder durch sonstige notwendige wirtschaftliche Änderungen des Betriebes der- selben Art veranlaßt wird, aufzukommen. Diesen Standpunkt ver- tritt auch das Bürgerliche Gesetzbuch, wenn auch der diesbezüg- liche $ 1019 auf bestehende Berechtigungen keine rückwirkende Kraft hat. In Bayern bestehen hierüber keine speziellen gesetzlichen Bestimmungen. Bemißt sich das Bauholzrecht nach dem Bedürfnis des berechtigten Gutes dann kann ein durch die Art und Weise der Bewirtschaftung des berechtigten VII. Bedeutung der Forstrechte. 601 Gutes hervorgerufenes größeres Bedürfnis einen Anspruch auf Berechtigungs- bauholz zum Zwecke der Gebäudevergrößerung geben. Dieser Grundsatz liegt im gemeinen Rechte und ist durch ein oberstrichterliches Erkenntnis von 1858 anerkannt (Ganghofer, FG. 3. Aufl. Art. 23 Note 1). Sind die Dimen- sionen der berechtigten Gebäude fixiert, dann trifft derselbe selbstverständ- lich nicht zu. Nach dem preußischen Landrecht erstreckt sich eine Bauholzberechti- gung „nur auf dasjenige, was zur Unterhaltung oder Wiederherstellung der zurzeit der Verleihung des Rechts vorhanden gewesenen Wohn- und Wirt- schaftsgebäude . erforderlich ist. Zu neuen Anlagen darf also der belastete Wald das Bauholz nicht hergeben. Wenn jedoch die veränderten Umstände oder vermehrten Bedürfnisse des berechtigten Gutes eine Verlegung oder Er- weiterung der anfänglich vorhanden gewesenen Gebäude notwendig machen, so kann auch dazu das Bauholz aus dem belasteten Walde genommen werden.“ (I, 22, $ 208—210; vgl. Danckelmann, WG. II, 68.) 2. In Bayern liegt in der Bauholzberechtigung nicht die selbst- verständliche Befugnis, das zur inneren Einrichtung des Gebäudes notwendige Holz zu fordern. Ein derartiger Anspruch muß auf einen besonderen Rechtstitel gegründet sein.) — Nach dem Rechte in der Rheinpfalz wird unter Bauholz nur jenes Stammholz ver- standen, welches vom Zimmermann zu Bauten verarbeitet werden muß.?”) — In Preußen wird zum Bauholz alles Holz gerechnet, welches sowohl zu den Hauptbestandteilen des Gebäudes als zu dem seiner Bestimmung entsprechenden inneren Ausbau erforderlich ist.?) — In Baden fallen unter Bauholz auch die Schnittwaren, Gerüststangen, Zaunholz und Brunnenteichelholz (FG. $ 115). 3. Darf bei einem Bau aus baupolizeilichen Gründen Holz nicht mehr verwendet werden, sondern ist ganzer oder teilweiser Massivbau vorgeschrieben, dann kann der Berechtigte keinen An- spruch auf Bauholz bzw. Entschädigung erheben. In diesem Falle ruht das Recht. In Bayern folgt dies schon aus Art. 28 des Forstgesetzes, laut welchem bei Bauholzberechtigungen, welche nicht auf ein bestimmtes jährliches Maß festgesetzt sind, der Berechtigte gehalten ist, jedesmal vorerst den Bedarf und nachfolgend die wirkliche Verwendung auf Verlangen des Verpflichteten ge- nügend nachzuweisen. Gleichwohl gewährt die Staatsforstverwaltung für den Entgang der Forstrechtsnutzung in den Staatswaldungen eine Entschädigung, wenn der Berechtigte zur Einlösung des Bauholzrechtes bereit ist. Auch nach preußischem Rechte besteht keine Verpflichtung zur Ent- schädigung; die Staatsforstverwaltung gewährt eine solche nicht (Danckel- mann II, 70). 4. Verwendet der Berechtigte freiwillig an jStelle von Holz Steine, Eisen usw., so hat er ebenfalls keinen Anspruch auf Ent- schädigung. Das Recht ruht. 1) Ganghofter, FG., 3. Aufl, S 69. — Roth, Forstrecht, 281. 2) Schwarz 68. ?) Schlieckmann 475. — Danckelmann, WG. II, 64. 602 Forstrechte. Die bayerische Staatsforstverwaltung verabfolgt aber trotzdem dem Be- rechtigten das Bauholz zu beliebiger Verwendung oder vergütet den Wert dieses Holzes in Geld. — Die preußische Staatsforstverwaltung sichert dem Berechtigten die bare Vergütung des Taxwerts des zu ersparenden Holzes zu. Im Falle der Ablösung bemißt sich jedoch die Abfindung nur nach dem Holz- bedürfnisse des Massivbaues. (Schlieckmann 478; Danckelmann H, 71.) 5. Ist der Berechtigte gegen Feuerschaden versichert, dann muß ihm trotzdem für den Neubau des abgebrannten Hauses das Bauholz verabfolgt werden. Der Anspruch erlischt jedoch, wenn das Gebäude überhaupt nicht mehr oder auf einem nicht berech- tigten Grundstück errichtet wird. 6. Das Bauholz muß in der Regel innerhalb einer bestimmten Frist verwendet werden. Zwei Jahre in: Bayern (FG. Art. 28), Oberharz (V. 1867), Baden (FG. $ 108), Elsaß-Lothringen und Frankreich (Code for. Art. 84), Rheinpfalz. — In Preußen sind die Provinzialforstordnungen maßgebend; vielfach wird eine Frist von 18 Monaten als gesetzlich betrachtet (Schlieckmann 478). Der Bedarf und die bestimmungsgemäße Verwendung des Bau- holzes muß in der Regel nachgewiesen werden. 7. Die Bedeutung der Bauholzberechtigungen. Die Frage, ob die Beseitigung der bestehenden Bauholzrechte vom nationalöko- nomischen Standpunkte aus tunlich und forstpolitisch wünschens- wert ist, ist ohne jede Einschränkung zu bejahen. Sie führen zu einer unwirtschaftlichen Konsumtion des Holzes, indem Holz noch zu Zwecken verwendet wird, für welche Stein und Eisen bessere Dienste tun. Sie führen aber außerdem noch zur Holzverschwendung, weil zum Bau und zur Reparatur der berechtigten Gebäude oft noch unnötig starke und oft besonders wertvolle Holzsortimente ge- fordert werden, die der Bauherr niemals verwenden würde, wenn er sie um bares Geld kaufen müßte. Für ein Staatsgebiet wie das Deutsche Reich, welches seinen Nutzholzbedarf nur durch den Be- zug aus dem Auslande voll decken kann, bedeutet eine solche Ver- schwendung eine Beeinträchtigung des Nationalvermögens. Auf die Lebenshaltung und den Wohlstand der Bevölkerung haben Bauholz- rechte nicht den mindesten Einfluß. Für den belasteten Waldeigentümer sind unter allen Holz- rechten die Bauholzrechte die ungünstigsten. Da der Verbrauch an diesem Rechtholz jährlich wechselt und weder quantitativ noch qualitativ vorausbestimmt werden kann (Brandfälle!), wird die Be- triebsführung beeinträchtigt und unsicher und die Einhaltung der örtlich vorteilhaftesten Wirtschaftsart unmöglich. Um auch größeren Anforderungen gegenüber gerüstet zu sein, kann die Ausnützung des Waldes nicht in rationeller Weise erfolgen und sind Opfer an Zuwachs der Bestände unvermeidlich. Weil die Berechtigungshölzer VI. Bedeutung der Forstrechte. 603 meistens ganz bestimmte Dimensionen haben müssen, ist der Wald- besitzer oft gezwungen, dieselben im ganzen Walde zusammenzu- suchen, die Bestände zu durchlöchern oder überhaupt die unren- table Plenterwirtschaft einzuhalten. Oft erweisen sich die Stämme nach ihrer Fällung für den bestimmten Zweck nicht tauglich und müssen durch andere ersetzt werden. Die dem Waldbesitzer zur Verfügung bleibenden Baumteile (Gipfel, Äste) sind, weil überall zerstreut, oft nur schwer zu verwerten. Sind die Bauholzrechte zahl- reich, dann wird innerhalb des belasteten Waldgebietes die Bildung normaler Holzpreise wesentlich alteriert, namentlich auch deswegen, weil die auswärtigen Holzhändler auf jährlich sich gleichbleibende Holzangebote nicht rechnen können und deshalb solche Gebiete meiden. Dazu kommt die Erschwerung der Verwaltung eines sol- chen Waldes: der Beamte muß jeden einzelnen Baum aussuchen und anweisen, den Bedarf und die Verwendung des Holzes kontrollieren (nach 2 Jahren!), unbillige Forderungen zurückweisen usw. Die Berechtigten halten an den Bauholzrechten fest in der: Hoffnung auf die Erhöhung der Ablösungssumme infolge der steigenden Holzpreise, mit Rücksicht auf die Sicherung ihres Real- kredits und in dem beruhigenden Gefühl, mit dem sie größeren Baufällen entgegensehen können. Allein diese Vorteile sind in der Hauptsache doch nur imaginär, wenn man erwägt, daß auch ein höheres Ablösungskapital in der Zukunft den Zinsverlust des früher beziehbaren kleineren Kapitals nicht immer aufwiegt, daß mit dem Gelde Schulden getilgt werden können und ein Massivbau zweck- mäßiger und auf die Dauer wohlfeiler ist als ein Holzbau. Gegen Brandschäden kann sich der Berechtigte versichern. Das gleiche gilt übrigens auch für sonstige Nutzholzberechtigungen. Aus den Staatswaldungen des bayerischen Forstamts Marquartstein-West mußten 1896 für den Wiederaufbau des abgebrannten Gasthauses zur Post zu Grassau am Chiemsee 1854 fm Nutzholz im Rechtswege abgegeben werden! B. Brennholzrechte. 1. Nach der rechtlichen Seite hin bieten die Brennholzrechte keine wesentlichen Besonderheiten. Das preußische Landrecht bestimmt, daß der Berechtigte sein |Bedürfnis nicht auf mehrere Jahre vorausnehmen, sondern dasselbe nur für jedes Wirtschaftsjahr besonders fordern kann. In Bayern ist bei Bedarfsberechtigungen der Berechtigte schuldig, Erübrigungen von einem Jahre auf das andere zu übertragen. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen können die Berechtigten veranlaßt werden, bei eintretenden Kalamitäten (Insektenschaden, Windbruch usw.), wenn große Holzmassen anfallen, einen verhält- 604 ° Forstrechte. nismäßigen Teil vorauszunehmen, weil der Zufall alle diejenigen, welche dingliche Rechte an einer Sache besitzen und Nutzungs- befugnisse auszuüben haben, verhältnismäßig trifft. Dies liegt auch im eigenen Interesse der Berechtigten, weil sie sonst später Ein- schränkungen ihrer Bezüge ohne Entschädigung zu gewärtigen hätten (vgl. Roth, Forstrecht 286). 2. Bedeutung der Brennholzrechte. Rechte auf Scheit-, Prügel- und Astholz, die aus dem gesunden Material des jährlichen Ab- nutzungsgesetzes befriedigt werden müssen, sind volkswirtschaftlich dann besonders schadenbringend, wenn vermögeihresgroßen Umfanges Nutzholz zu Brennholz verschnitten werden muß. Die Bedeutung dieser Rechte wurde in den meisten Gegenden durch die Verwen- dung der Steinkohlen und anderer Brennholzsurrogate ganz wesent- lich abgeschwächt. Wo diese Surrogate leicht und billig erhältlich sind und trotzem nicht benützt werden, weil das Brennholz auf dem Berechtigungswege bezogen werden kann, bedingt dieser Rechts- zustand ebenfalls nicht zu unterschätzende volkswirtschaftliche Ver- luste. Da Brennmaterial in Deutschland überall für Geld käuflich ist, bilden die Brennholzrechte keine notwendige Voraussetzung für die Existenzmöglichkeit der bäuerlichen Bevölkerung. Für den Waldbesitzer bringen Brennholzrechte von solcher Ausdehnung, daß sie aus dem normalen Brennholzanfall des laufen- den Betriebes bestritten werden können, keine über das permanente Maß jeder Berechtigung hinausgehende Belästigung. Die Ablösung ist für ihn daher auch nicht besonders dringlich, die Regulierung genügt oft vollständig. Brennholzrechte dagegen, die nur auf Kosten der Nutzholzausbeute unterhalten werden können, oder die auf den ganzen Forstbetrieb einen herrschenden Einfluß ausüben, deren Be- friedigung dem Waldbesitzer eine ständige Sorge macht, sind mit den jetzigen Zielen der forstlichen Produktion unvereinbar. Sie sind unzeitgemäß, weil ihre Entstehung und Erweiterung unter Ver- hältnissen erfolgten, die die Größe der Belastung des Waldbesitzers unter den jetzigen Produktionsbedingungen nicht ahnen ließen. Selbst vorausgesetzt, daß Rechtsbezüge von solchem Umfange in Zeiten des noch nicht entwickelten Verkehres volkswirtschaftlich nützlich und wegen Unverkäuflichkeit des Holzes, insbesonders des Nutzholzes, forstpolitisch wenigstens nicht direkt schädlich waren, so fallen diese Argumente heutzutage vollständig weg. Nicht ein einziger Waldbesitzer würde sich gegenwärtig zur Verleihung solcher Rechte verstehen. Die Ablösbarkeit derselben ist unbedingt zu fordern. Die Berechtigten halten oft mehr aus alter Gewohnheit als aus finanziellen Erwägungen an ihren Naturalbezügen fest. Auch der Bauernstolz spielt dabei eine Rolle. VII. Bedeutung der Forstrechte. 605 In Bayern darf für gemessene Brennholzrechte in Staatswaldungen statt der Naturalabgabe jeweils Geldentschädigung gewährt werden, ebenso für Lichtholzabgaben (AVV. 1896, $ 4). Die Leseholzrechte sind, wenn sie sich in mäßigen Grenzen bewegen, forstpolitisch von untergeordneter Bedeutung. Die Entfernung der abgestor- benen Baumteile aus dem Walde ist wegen der Insektengefahr an sich wünschenswert. 3. Waldweiderechte. Die Waldweide war zur Zeit der Dreifelderwirtschaft ein notwendiges Hilfsmittel für die Viehernährung während der Ve- getationsmonate und bildete das Schlußglied der sonstigen Weide- gelegenheiten (Brache, Stoppelfeld, Wiesen im Frühjahr und nach der ersten Grasernte, Allmende). Größere Waldkomplexe, auf denen keine Weiderechte lasteten, wird es früher wohl kaum gegeben haben. Die Forstwirtschaft mußte sich damit abfinden. Die schädlichen Folgen der Waldweide lagen hauptsächlich darin, daß durch sie die Einführung der schon im 16. Jahrhundert in den Forstordnungen vorgeschriebenen Schlagwirtschaft ver- hindert wurde und in vielen Gegenden die regellose Plenter- wirtschaft bis in das 19. Jahrhundert herein beibehalten werden mußte. Mit der Einführung der Fruchtwechselwirtschaft, des Klee- baues, des Kartoffelbaues, der besseren Wiesenkultur und der da- durch möglich gewordenen Stallfütterung auch während des Sommers wurde die Waldweide von der Mitte des 19. Jahrhunderts ab immer mehr entbehrlich und hat gegenwärtig in den meisten Gegenden jede Bedeutung verloren. Der Waldeigentümer ist durch die forstpolizeilichen Bestimmun- gen gegen die schädlichste Wirkung der Waldweide, die Verwüstung der jungen und in Verjüngung liegenden Bestände hinreichend ge- schützt; trotzdem haben Weiderechte für ihn noch eine Reihe von Unannehmlichkeiten und Nachteile im Gefolge (Wurzelbeschädigungen und die daraus entspringende Fäulnis, Vernichtung des Bodenschutz- holzes, Beschädigung der Wege und Gräben, Anbringen von Zäunen usw.). Ferner kommt in Betracht, daß die jetzigen Rind- viehschläge viel schwerer sind als die schwachen Viehrassen der früheren Zeit. Für die intensiven Landwirtschaftsbetriebe bringt die Aus- übung der Waldweide mehr Nachteile als Vorteile. Da die Weide nur in den geschlossenen älteren Beständen forstpolizeilich gestattet ist, findet das Vieh wenig Nahrung. Zudem ist das im Schatten wachsende Gras hart und geringwertig. Zur Weidestelle ist der Weg oft zu weit; die Tiere entbehren der nötigen Pflege und leiden unter der Belästigung durch Insekten. Der größte Nachteil 606 Forstrechte. erwächst für die Landwirtschaft aus dem Düngerverlust. „Das Vieh verläuft während des Weidegangs Fleisch, Milch und Dünger.“ Vorteilhaft kann die Bewegung und der Aufenthalt in frischer Luft auf die Tiere wirken. Anders als in der Ebene liegen die Verhältnisse im Mittel- und Hochgebirge. Da hier der Bau von Futterpflanzen, Hackfrüchten und von Getreide zurücktritt oder ganz wegfällt und andererseits die Viehzucht die ausschließliche landwirtschaftliche Erwerbsquelle bildet, spielt die Waldweide bei der Viehhaltung eine bedeutende Rolle. Ob dieselbe allerdings aus alter Gewohnheit in vielen Ge- birgsgegenden nicht doch überschätzt wird, ist eine Frage, die einer eingehenden objektiven Untersuchung dringend bedürfte, In Bayern richtet sich die Alpenweide nach den bestehen- den Rechtsverhältnissen und Alpenordnungen. Gleiches gilt hin- sichtlich der Weide in jenen Waldungen, wo derartige Rechtsver- hältnisse und Ordnungen bestehen (FG. Art. 44, 190). „Alpen“ sind grasreiche Ländereien im Hochgebirge, die im Sommer beweidet werden. Darauf sind Hütten (Kaser) errichtet zum Aufenthalt für die Wärter des Viehs und zum Unterstand für das Vieh sowie zur Käse-, But- ter- und Schmalzbereitung. Der Gegensatz zu den Alpenweiden sind die Heimweiden, bei denen das Vieh vom Tale und von den Gehöften aus versorgt wird. Im bayerischen Hochgebirge gibt es: 1. Eigentumsalpen, die aus erbrechtsweisem Besitze durch die Grund- lastenablösung zu freiem Eigentum geworden sind. 2. Alpenrecht auf fremdem Waldgrund (Servitut) mit Kaser und schwandrechtigen Alpenlichtungen. Die Holznutzung gehört dem Wald- eigentümer; es darf aber der junge Nachwuchs auf der Lichtung innerhalb deren Grenzen abgeschwendet werden, so lange derselbe eine gewisse Höhe nicht erreicht hat oder insoweit es ohne Instrumente geschehen kann. Die Weide bei Nacht und ohne Hirten ist hier gestattet (Art. 44). 3. Maisalpen, temporäre Alpenweide ohne Schwandrecht als pre- carium. (Roth, Forstrecht, 275.) Die Ablösung der Weiderechte, die übrigens vielfach gar nicht mehr ausgeübt werden, kann in der Mehrzahl aller Fälle ohne nachteilige Rückwirkung auf die wirtschaftliche Lage der bäuer- lichen Bevölkerung erfolgen. Gegen die Berücksichtigung beson- derer örtlicher Verhältnisse ist nichts einzuwenden. 4. Streurechte. Die gleichen Ursachen, welche die Waldweide entbehrlich machten, bewirkten gleichzeitig eine Vermehrung des Streube- darfes. Mit der Einführung der Fruchtwechselwirtschaft und des Kartoffelbaues in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die Strohproduktion zurückgedrängt, andererseits aber der Viehstand a u Fu VII. Bedeutung der Forstrechte. 607 der bäuerlichen Wirtschaften wesentlich vergrößert. Durch die Gemeinheitsteilungen und die auf die Abschaffung des grundherr- lichen Verbandes gerichteten Maßnahmen wurden zudem viele kleine bäuerliche Existenzen erst neu geschaffen. Dieselben sind auf die Verfütterung der geringen Strohmengen, die sie selbst er- zeugen, angewiesen, so daß der ganze Streubedarf auf andere Weise gedeckt werden muß. Besonders groß ist derselbe in jenen Gegen- den, in denen der Anbau von Handelsgewächsen wie Tabak, Hopfen, Wein usw. betrieben wird. Außerdem sind es die Gebiete mit armen Sandböden und unfruchtbarem bergigen Gelände, in denen die Waldstreu von der Landwirtschaft in Anspruch genommen wird, und zwar nachweisbar schon seit dem 16. Jahrhundert. Wenn es trotzdem vor dem 18. Jahrhundert eine eigentliche Waldstreufrage nicht gab, so ist der Grund hierfür außer in den Verhältnissen der Dreifelderwirtschaft in dem Umstande zu suchen, daß die Bevölke- rung dünn und der Viehstand sehr gering war (Rinderpest!)- und infolge der extensiven Landeskultur auch außerhalb des Waldes Streumaterialien genommen werden konnten. Im der forstlichen Literatur des 18. Jahrhunderts nimmt der Streit für und gegen die Waldstreu einen breiten Raum ein. Vom forstwirtschaftlichen Standpunkt aus muß daran festge- halten werden, daß eine intensive und oft wiederkehrende Streu- nutzung auf die Produktivität des Waldes schädlich wirkt und zwar um so schädlicher, je unfruchtbarer der Boden an sich ist. Eine mäßige, nur innerhalb längerer Zeiträume wiederkehrende und auf die älteren Bestände sich beschränkende Streuentnahme ist je- doch als unschädlich für das Bestandeswachstum zu betrachten und ist sogar nützlich, wenn damit der Rohhumus und dicke Moospolster (Wassermoos!) entfernt werden. Die Streurechte sind zum über- wiegenden Teil jüngeren Datums wie die Holzrechte und die Weiderechte. Sie sind hauptsächlich durch Verjährung entstanden. Da wo der landwirtschaftliche Betrieb auf die Waldstreunutzung seit vielen Generationen eingerichtet ist, und Surrogate für dieselbe nicht beschafft werden können, würde eine unvermittelte Zwangs- ablösung der Streurechte zum wirtschaftlichen Ruin der davon be- troffenen Bevölkerung führen. Der Belastete hat aber Anspruch, daß ein Übermaß eingeschränkt und bei deı Ausübung der Rechte auf eine schonende Behandlung des Waldes Bedacht genommen wird. Letzterem Zweck dienen der dauernde Ausschluß der be- sonders geringwertigen Böden und der jungen Bestände, eine ent- sprechende Umlaufszeit für Wiederkehr der Nutzung, die Festsetzung einer geeigneten Jahreszeit und das Verbot der Verwendung von eisernen Rechen. 608 Forstrechte. 5. Mastrechte. Die Ernährung der Schweine durch Waldmast (Eicheln, Bucheln, Wildobst, Pilze, Wurzeln, Insekten usw.) wird schon in den alten Volksgesetzen erwähnt. In vielen Waldungen brachte die Mast- nutzung (Dehem, Dechel, Fehme, Eckerich) mehr Einnahmen als die Holznutzung. Für den Wald bringt der Schweineeintrieb unter der Aufsicht eines ordentlichen Hirten mehr Nutzen als Schaden. Die Ablösung der Mastrechte wäre daher an sich nicht dringlich. Sie ist aber meistens gegenstandslos geworden, weil diese Rechte selten mehr ausgeübt werden. Die Stallfütterung (Kartoffel) ist rentabler und zudem sind die jetzigen veredelten Tiere für den Eintrieb in den Wald nicht mehr geeignet. Dreizehntes Kapitel. Holzhandel und Holzproduktion. I. Übersicht. Der Weltholzhandel in seiner heutigen Gestalt nahm seinen Anfang in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts mit der Entwick- lung der Industrie in Mitteleuropa. Innerhalb Europas kann man unterscheiden: 1. Länder, welche mehr Holz produzieren als sie selbst ver- brauchen können. Dieselben sind daher auf den Holzexport an- gewiesen (Exportländer). Das sind Rußland mit Finnland, Schwe- den, Norwegen, Österreich-Ungarn, Bosnien und Herzegowina, Ru- mänien, (Bulgarien). 2. Länder, deren eigene Holzproduktion bzw. Holznutzung zur Befriedigung des eigenen Bedarfes nicht hinreicht. Dieselben müs- sen daher aus dem Auslande Holz zukaufen (Importländer). Je nach den Ursachen dieser Unterbilanz kann man dieselben in vier Gruppen teilen: a) Länder, die bei hochentwickelter Forstwirtschaft und be- deutendem Waldbesitz selber viel Holz erzeugen, trotzdem aber infolge ihrer bedeutenden Industrie auf den Bezug fremder Hölzer nicht verzichten können: Deutsches Reich, Frankreich, Schweiz, Belgien. b) Länder, in denen die Waldwirtschaft schon nach der ihr zugewiesenen Fläche zurücktritt: Großbritannien, Niederlande, Dä- nemark. e) Länder mit gering entwickelter Waldwirtschaft und gerin- gem Holzverbrauch: Italien, Spanien, Portugal, Griechenland. d) Länder mit relativ großen Waldflächen, die aber teilweise noch nicht aufgeschlossen, ungleich verteilt und schlecht bewirt- schaftet sind: Serbien, Türkei, (Bulgarien). Endres, Forstpolitik. 39 610 Holzhandel und Holzproduktion. Demnach hat der Norden und Osten Europas Holzüberfluß, der Westen und Süden Holzmangel. Der Holzhandel bewegt sich mithin in westlicher und südlicher Richtung. Von den außereuropäischen Ländern kommen als Holzexport- staaten in erster Linie die Vereinigten Staaten Nordamerikas und Kanada in Betracht, dann Indien speziell für Teakholz; für die Zukunft auch Japan und der westliche Teil des asiatischen Rußlands. Zu den außereuropäischen Holzimportländern zählt Ägypten, Südafrika und China. Die Größe der Holzproduktion eines Landes ist nicht bloß be- dingt durch den Umfang der Waldfläche und deren Standortsver- hältnisse, sondern auch durch die Art der Waldbestockung. Laub- holz liefert geringere Holzerträge als Nadelholz, Mittel- und Nieder- wald bedeutend weniger Nutzholz als Hochwald. Jedes Land ver- braucht viel mehr Nadelhölzer als Laubhölzer. Daher weisen die Staaten mit vorwiegenden Laubholzwaldungen, wie Frankreich, Belgien und die Niederlande, eine im Verhältnis zu ihrer Wald- fläche, Bevölkerungsdichte und wirtschaftlichen Entwicklung sehr große Holzeinfuhr auf. Vom Werte der Holzmehreinfuhr trafen auf den Kopf der Be- völkerung im Jahre 1903 im Deutschen Reich 3,46 M., Frankreich 2,25 M., Schweiz 3,20 M., Großbritannien 13,00 M., Italien 1,50 M., Belgien 16,40 M., Dänemark 1,00 M., Niederlande 6,00 M. Mit welcher Intensität sich die Holzausfuhr aus den großen Exportstaaten seit dem Jahre 1881 entwickelt hat, ist aus der nach- folgenden Zusammenstellung über die Ausfuhrwerte, in denen die Werte für Holzstoff, Zellulose und feinere Holzwaren (Möbel usw.) nicht enthalten sind, ersichtlich. Dieselben betrugen in Millionen Mark: Staat 1881/90 | 1891/95 |1896/1900| 1901 | 1902 | 1903 999,4 Schweden . . 108,4 125,8 162,7 149,0 | 155,0 | 166,0 Mozwögen 004 WB, 37,4 31,4 45,3 40,0 ı 43,0 | 56,0 DERBIRRRF PEN Per 34,8 40,7 70,0 81,2 86,5 | 105,0 R © 0 01010 7: VRR EEE 67,7 90,8 117,0 123,6 | 119,7 | 141,0 Österreich-Ungarn . . . 95,5 103,2 170,0 189,2 | 168,8 | 199,6 Vereinigte Staaten. . 85,5 85,0 161,2 165,5 | 208,3 | 206,2 Kanada =. 1... 7... 92,0 93,8 111,3 119,4 | 134,0 | 125,6 | 521,3 | 570,7 | 837,5 | 867,9 | I. Übersicht. 611 Der Masse nach, berechnet aus dem Gewicht, führten an ge- wöhnlichen Holzsortimenten 1903 aus: Österreich-Ungarn 7,06, Ruß- land 6,81, Finnland 5,48, Schweden 6,90, Norwegen 2,13, Rumä- nien 0,54 Mill. Festmeter; diese sechs europäischen Länder zu- sammen also 28,92 Mill. Festmeter. Stellt man diesem Export die Holzmehreinfuhr der genannten europäischen Importstaaten im Jahre 1903 gegenüber mit Vernachlässigung von Griechenland und der Türkei, so erhält man 28,80 Mill. Festmeter. Hierzu ist noch die Holzeinfuhr der Exportstaaten zu rechnen; dieselbe betrug in Österreich-Ungarn 0,45, Rußland 1,30 Mill. Festmeter, so daß man dieselbe für die genannten Exportstaaten zusammen auf 2 Mill. Festmeter veranschlagen kann. Unter Berücksichtigung der Ein- fuhr Griechenlands, der Türkei und Ägyptens belief sich daher 1903 die Holzeinfuhr der europäischen Staaten und Ägyptens auf rund 33 Mill. Festmeter. Die Differenz zwischen der Einfuhr und der Ausfuhr der euro- päischen Staaten von 33 — 29==4 Mill. Festmeter decken Amerika und die sonstigen überseeischen Exportstaaten. Rechnet man von der Einfuhrmenge zu 33 Mill. Festmeter ein Drittel auf Rundholz und zwei Drittel auf vorgearbeitetes Holz, dann repräsentiert die- selbe eine Rohholzmenge von 40 Mill. Festmeter. Trotz der gewaltigen Zunahme des Nutzholzverbrauches bzw. des Importes und Exportes der einzelnen Länder in den letzten 30 Jahren ist an eine Holznot mindestens auf viele Generationen hinaus nicht zu denken. Die bisherige Nutzung erfolgte in den Exportstaaten größtenteils auf Kosten der Holzvorräte, die vor der Entwicklung des Weltholzhandels unverwertbar waren und ver- faulten. Der Einschlag dieser urwaldartigen Bestände ist sogar notwendig, wenn man zu einer geordneten Forstwirtschaft über- gehen und die Produktionskraft des Bodens voll ausnutzen will. Daß sich kapitalkräftige Handelsgesellschaften dieser Aufgabe unter- ziehen und diese entlegenen Waldgebiete aufschließen, ist denselben als Verdienst anzurechnen. Alle Exportstaaten haben in der letz- ten Zeit durch eine zweckentsprechende Forstpolizeigesetzgebung einer planlosen Holzabschwendung vorgebeugt und für die Hebung der Forstwirtschaft viel getan. Es ist kein Zweifel, daß durch diese Bestrebungen die Holzproduktion der Exportstaaten in der Zukunft eine wesentliche Steigerung erfahren wird. Ferner ist zu bedenken, daß fast alle Waldungen im nördlichen Europa und in Amerika auf jungfräulichem Boden mit großer Verjüngungsfähig- keit stocken. Aber auch in den Importländern kann noch viel zur Hintanhaltung einer Holznot geschehen. Sogar in Deutschland gibt es viele schlecht aufgeschlossene Waldgebiete, in denen ge- 39* 612 Holzhandel und Holzproduktion. ringeres Nutzholz unverwertbar ist. Im Hochgebirge verfault noch die Hälfte des nutzbaren Holzmaterials. Durch die Aufforstung® der Ödländereien, Überführung schlechter Mittel- und Niederwal- dungen sowie der ertraglosen Buchenwaldungen in Nadelholz- bestände, durch bessere Pflege der Privatwaldungen, intensivere Ausnutzung der Staatswaldungen kann Deutschland in der Zukunft mindestens 5 Mill. Festmeter Nutzholz mehr erzeugen als gegen- wärtig. Ebenso wird Frankreich durch Aufgabe der Mittelwald- wirtschaft seine Holzproduktion wesentlich heben können. — Ein weiteres Mittel liegt in der sparsameren und schonenderen Ver- wendung des Holzes. Welche maßloße Verschwendung wird in den Gegenden mit billigen Holzpreisen und ausgedehnten Forst- rechten mit dem Nutz- und Brennholz getrieben! Und wie primitiv sind noch die Konservierungsmethoden des Holzes (Grubenholz)!?) 2. Deutsches Reich. 1. Einfuhr und Ausfuhr im ganzen. Die Statistik über den Holzverkehr des Deutschen Reiches mit dem Auslande kann vor dem Jahre 1880 auf Genauigkeit keinen Anspruch machen. Da bis zum 1. Juli 1865 nur das auf dem Wasser eingeführte Holz zollpflichtig war, kam auch nur dieses zur Anschreibung. Auch von 1865 bis 1879, in der Zeit der Zollfreiheit, blieb die Statistik nur auf den Wasser- transport und diejenigen Landtransporte von auswärts beschränkt, welche zur Weiterbeförderung per Schiff bestimmt waren. Es kam also nur ein Teil der eingeführten Nutzhölzer — allerdings der größere — zur Aufschreibung. Eine amtliche genaue Statistik existierte überhaupt nur für die zollpflichtigen Waren. Störend für die statistische Erfassung der Menge wirkte auch der verschiedene Maßstab, in dem die einzelnen Holzgattungen verzeichnet wur- den. Vor 1865 bildeten Zentnergewicht, Schiffslast und Stückzahl neben- einander den Verzollungsmaßstab. Seit 1865 wurden Gewicht und Stückzahl je nach der Art der Sortimente verbucht. Dazu kamen die Schwankungen in der Umrechnung vom Raummaß auf das Gewicht; lfm Hartholz wurde = 600, 1fm Weichholz = 500 kg gesetzt. Auch die Änderungen des Zollgebietes 1867 und 1871 hatten Verschiebungen zur Folge, indem damit die Einfuhr- ziffern erhöht und die Ausfuhrziffern verringert wurden. Die Ausfuhrziffern konnten überhaupt nur auf Schätzung beruhen. Erst durch das Gesetz vom 20. Juli 1879 betr. die Statistik des Warenverkehrs des deutschen Zollgebietes mit dem Auslande hat eine bis dahin fehlende Grundlage für die sicheren statistischen Aufschreibungen geschaffen. Darnach sind vom 1. Januar 1880 ab Waren, welche über die Grenzen des deutschen Zollgebietes ein-, aus- oder durchgeführt werden, den mit den Anschreibungen für die Ver- !) Siehe meine Bemerkungen zu „Mölard, Insuffisance de la Production des bois d’oeuvre dans le monde, Paris 1900“ im Forstw. Zentralbl. 1900, 611; 1901, 621. II. Deutsches Reich. 613 kehrsstatistik beauftragten Amtsstellen nach Gattung, Menge, Herkunfts- und Bestimmungsland anzumelden. Als Land der Herkunft der Waren gilt dasjenige “Land, aus dessen Gebiet die Versendung erfolgt ist, als Land der Bestimmung der Waren dasjenige Land, wohin die Versendung gerichtet ist. Es braucht also das Herkunftsland nicht das Ursprungsland, das Bestimmungsland nicht auch das Konsumtionsland der Ware zu sein. Als Beitrag zur Kostendeckung wird eine Gebühr (die statistische Gebühr, bei Holz 10 Pf. für 10000 kg) er- hoben, welche gleichzeitig den Zweck hat, eine Kontrolle des Verkehrs zu er- möglichen. Die Bezeichnung der Waren erfolgt nach dem „Statistischen Waren- verzeichnis“, welches eine Zerlegung der Haupt- und Unterabteilungen des Zolltarifs darstellt. — Die Werte werden von einer Kommission Sachver- ständiger geschätzt nach Mengeeinheiten (pro 100 kg) und zwar getrennt nach Einfuhr und Ausfuhr. Die Mengen der Holzeinfuhr und Holzausfuhr werden in der deutschen Handelsstatistik in Doppelzentnern = dz — 100 kg angegeben. In Öster- reich wird dafür das Zeichen q gebraucht, d.h. Quintal, eine spanische Ge- wichtseinheit, die jetzt mit dem metrischen System in Einklang gebracht ist. Gleichbedeutend mit Doppelzentner ist Meterzentner. Wiegt ein Festmeter Holz 600 kg, dann enthält 1 Tonne zu 1000 kg 1?/, fm und 1 fm 0,6 Tonnen. — Nach der Verfügung des preußischen Finanzministeriums vom 23. Juni 1896 hat die Umrechnung für Bau- und Nutzholz bei der Einfuhr zu erfolgen: 1 Kubikfuß englisches Maß — 0,0283 cbm; schwedisches Maß = 0,0262 cbm; althamburgisches Maß — 0,0235 cbm; rheinisches Maß = 0,0309 cbm. — 1cbm — 32,346 Kubikfuß rheinisch. Die gesamte Holzhandelsbilanz des Deutschen Reiches ergibt sich aus der Tabelle auf S. 614. Es ist zweifellos, daß das Deutsche Reich weder jetzt noch in Zukunft seinen gesamten Nutzholzbedarf durch eigene Produktion decken kann. Vor dem Jahre 1865 war die Holzausfuhr in ein- zelnen Jahren noch etwas größer als die Einfuhr, seit diesem Jahre aber übersteigt die Einfuhr die Ausfuhr und zwar mit fortschrei- tender Zeit in immer höherem Maße. Die Höhe der Holzeinfuhr und auch der Mehreinfuhr ist einer der zuverlässigsten Anhaltspunkte für den Stand der allgemeinen Wirtschaftsverhältnisse in Deutschland: Je größer der wirtschaft- liche Aufschwung, um so größer ist die Holzeinfuhr. Ein Rück- gang der Holzeinfuhr ist gleichbedeutend mit dem Rückgang der Industrie und des gesamten wirtschaftlichen Lebens. Dieses Gesetz ist so sicher und andererseits auch so empfindlich wirksam, daß die Rückwirkung der allgemeinen wirtschaftlichen Situation auf die Holzeinfuhr sich sogar von Monat zu Monat verfolgen läßt. Das wirtschaftliche Leben in vorstehendem Sinne spielt sich in den Industriegebieten und in den Städten ab und kommt zunächst in dem Grade der Bautätigkeit zum Ausdruck. Der größere oder ge- ringere Holzverbrauch und der davon abhängige Stand der ein- heimischen Waldholzpreise ist daher fast ausschließlich auf die 614 Holzhandel und Holzproduktion. Kaufkraft der Industrie und der Städte zurückzuführen. Der Holz- verbrauch des platten Landes hat vermöge seiner Stetigkeit keine ausschlaggebende Bedeutung. Der Waldbesitzer ist abhängig von der Industrie und von der städtischen Bevölkerung. Einfuhr und Ausfuhr an Gesamtnutzholz im freien Ver- kehr des deutschen Zollgebietes (Spezialhandel). 1879—84 | 1990 189,6 | Mehreinfuhr Einfuhr Ausfuhr Wenn am Jahr 1 Tonne | holz um- =1?/, fm |gerechnet 1000 Wert 1000 Wert 1000 Wert Millionen Fest- Tonnen | Mill.M. | Tonnen | Mill.M. | Tonnen | Mill. M. meter 1842—46 Bar 465 | — 1a] Z — 1847—50 a ES a ae En oa Eu 2 1851—54 VE 713 |, = a yas 2 — 185559 832 912.) (eiriluenggeh Sa Eu ıZ 1860-64: | 1224 | — 1 1856.) ]—,82 1 re ei 1862 20 7 eerrez Tao, I I? 1863 1202| Mae Eee ai „u 1864 1415 = ee FE 2 2 1865 ‚1.1888 |, — 11150. | } ‚18B. | re 1862-65 | 1314 | — | usı | — | 138 | — | 0222 ] 0,196 1866 18951, 890 |. — 1 1005|. a | ea 1867 159 | — BER 1 = 63 | — A — 1868 m) zu Tea 530. us & 1869 2923| — 876: |: 11.15 2059u 1 ee - a 1870 1985 |... 642: |. un I = a __js7ı 1 1850 | — | 848 | ‚> | 10027] SEoEe 1866 —71 | ıssı | — | se | — ] 102] = Tree 1872 spa | — Ta "T7 ZZ Ta ZZ _ bis 1873 4008 | ib IN ee ai = 1874 3830 | 253,1 | 1127 | 82,7 | 2708 | 1704| — er 1875 3171 | 202,5 | 1045 | 70,8 | 2126 | 131,7 | — — 1872—75 | 3638| — | 113 | — | 2480 | — | 2188 | 5,11 1876 3170 | 183,2 | 1290 | 82,1 | 1880 | 1011| — en 1877 3404 | 175,1 | 1141 | 66,5 | 2263 | 1086 | — _ 1878 2996 | 168,2 | 1117 | 61,3 | 1879 | 1069 | — u 1876-78 | 3190 | 175,5 | 1183 | 70,0 | 2007 | 105,5 | 3,345 | 4,08 1879 2583 | 1312 | 1111 | 60,5 | 1472 | 7008| — _ 1880 1768 | 76,0 | 830 | 41,8 | 938 | 342 | — ai 1881 1923 | 85,9 | 591 | 33,6 | 1332 | 5923| — _ 1882 1771 | 76,8 | 686 | 852 | 1185 | 41,6 | — a 1883 1944 | 85,1 | 619 | 36,5 | 135 | 86 | — _ 1884 1951 | 82,8 | 597 | 324 | 1354 | 504| — en II. Deutsches Reich. 615 Mehreinfuhr Einfuhr Ausfuhr winn: nBünd- Jahr 1 Tonne | holz um- =1?/, fm | gerechnet 1000 Wert 1000 Wert 1000 Wert Millionen Fest- Tonnen | Mill.M. | Tonnen | Mill.M,. | Tonnen | Mill. M, meter ————————— 1885 2684 | 103,0 | 544 | 273 | 210 | 57 | — ed 1886 1831 | 73,0 | 490 | 2650 | 1341 | 40| — su 1887 3 a ze | | — 1888 2619 | 1089 | 406 | 21,7 | 213 | 72 | — a 1889 3247 | 145,4 | 297 | 16,7 | 2950 | 1887| — ei 1890 3981. | 1443. | 299 | 15,8 | 2982 | 185 | — Br 1891 art a sa ar —, | — 1892 3296 | 156,6 | 296 | 15,9 | 3000 | 1407 | — 2 1893 ° 3077 | 158,0 | 246 | 132 | 2831 | 148 | — ee. 1894 2769 | 132,8 | 263 | 14,0 | 2506 | 1188 | — = 1895 2944 | 149,6 | 274 | 14,0 | 2670 | 1356 | — er: 1896 3385 | 187,0 | 295 | 16,0 | 3090 | 1710| — LE 1897 4081 | 250,2 | 351 | 23,9 | 3730 | a3 | — = 1898 4773 | 308,7 | 338 | 22,7 | 4435 | 2860| — PR 1899 4818 | 290,3 | 307 | 20,8 | 4511 | 2695 | — ie 1900 5046 | 241,2 | 337 | 22,8 | 4709 | 2184 | — se 1901 4468 | 185,7 | 313 | 20,9 | 4155 | 164,8 | — PR 1897—1901 | 4637 | 255,2 | 329 | 22,2 | 4308 | 233,0 | 7180 | 9,12 1902 3932 | 185,6 | 342 | 22,3 | 3590 | 163,3 | 5,983 | 7,70 1903 4797 | 220,5 | 371 | 24,7 | 4426 | 195,8 | 7,377 | 9,60 1904 5049 | 237,9 | 323 | 23,3 | 4726 | 214,6 | 7,877 | 10,13 Die Zahlen von 1842/46 bis 1860/64 nach Lehr (Handb. d. Forstw. 1. Aufl., II, 566), von 1862 bis 1879 nach Danckelmann (Die deutschen Nutzholzzölle), von 1880 ab nach der Reichsstatistik. Die Zahlen des Jahres 1885 sind nicht ganz sicher, weil vom 1. Juli ab die statistische Anschreibung geändert wurde. — Die Umrechnung der Mehreinfuhr in Festmeter erfolgte in der vorletzten Spalte nach dem Gewichte, indem 1 Tonne = 1?/, fm auf Grund des Verhältnisses 1 fm — 600 kg gesetzt wurde und in der letzten Spalte nach der Rundholzmasse, welche die Gesamtmehreinfuhr darstellt (Addition der 3 Sortimente). — Von 1880 ab sind auch die ungeschälten Korb- weiden und Reifenstäbe in den Zahlen enthalten, von 1885 ab überhaupt die ganze Zollposition 13c Nr. 1—3. Durch Bundesratsbeschluß vom 24. Mai 1800 wurden Privattransit- lager von ausländischem Nutzholz ohne amtlichen Mitverschluß der Zoll- behörde zugelassen. Infolgedessen trat im Jahre 1881 eine Abnahme der Ein- fuhr in den freien Verkehr und daher auch der Ausfuhr aus demselben ein, dagegen eine Zunahme des Transitverkehrs über Niederlagen, d.h. der mittel- baren Durchfuhr. _ Im dieser Richtung erklärt sich auch die Schwankung der Holzhandelsbilanz. Rechnet man die vorgearbeiteten Hölzer in 616 Holzhandel und Holzproduktion. Rundholz um und faßt man die wirtschaftlich gleichstehenden Jahre zu Perioden zusammen, dann zeigt die durchschnittlich-jähr- liche Mehreinfuhr, auf die es praktisch allein ankommt, folgendes Bild (s. auch S. 121 £.). a) In die Zeit von 1862/65 fällt der Anfang der jetzigen Volks- wirtschaft. Die Mehreinfuhr betrug 196000 fm in Rundholz aus gedrückt. Der bis zum 1. Juli 1865 noch geltende Holzzoll wirkte kaum prohibitiv. b) In die Periode 1866/71 fallen die Kriege von 1866 und 1870/71. Im Jahre 1869 setzte ein Aufschwung des Wirtschafts- lebens ein, daher auch die bis dahin höchste Holzeinfuhr. Die Jahre 1870/71 unterbrachen denselben wieder, daher Rückgang der Holzeinfuhr. Die Mehreinfuhr dieser Periode kommt gleich 2320000 fm Rundholz. ce) Die Zeit 1872/75 ist die sog. Gründerzeit. Die Entwieklung der Bautätigkeit und der Industrie erreichte einen Krankhaften Grad. Die Mehreinfuhr war am höchsten im Jahre 1873 und be- lief sich in dieser Periode auf 5110000 fm. d) In der Periode 1876/78 erfolgte der Rückschlag durch eine allgemeine wirtschaftliche Krisis. Die Besserung des Jahres 1877 hielt nicht Stand. Mehreinfuhr 4030000 fm. e) Die Periode 1879/84 wurde eingeleitet durch die Schutz- zollgesetzgebung des Jahres 1879, die auch niedrige Holzzölle zur Folge hatte. Der Einfluß derselben auf die Holzeinfuhr war ge- ring. Von ausschlaggebender Bedeutung war die Stagnation des Wirtschaftslebens, die in der Gleichmäßigkeit und in dem niedri- gen Stand der Holzeinfuhr zum Ausdruck kam. Sie betrug durch schnittlich-jährlich nur 2450000 fm. f) Vom 1. Juli 1885 ab wurden die Holzzölle erhöht. Trotz- dem stieg die Holzeinfuhr 1885/87 auf 3800000 fm. g) Die Periode 1888/96, in welche die Holzzollermäßigung des Jahres 1892 fiel, ist gekennzeichnet durch eine gesunde, fort- schreitende Entwicklung der Volkswirtschaft. Die Holzeinfuhr ist infolgedessen sehr stetig geblieben und überstieg zum ersten Male jene der Periode 1872/75. Sie betrug im jährlichzn Durchschnitt 5700000 fm. h) Die Zeit von 1897 bis zum Juni 1901 war eine Gründer- zeit, welche die von 1872/75 an Intensität noch weit übertraf. Sie erreichte 1900 ihren Höhepunkt und wurde im Sommer 1901 durch eine plötzlich hereingebrochene Krisis jäh unterbrochen (Krach der Leipziger Bank, der Kasseler Trebertrocknungsgesell- schaft usw.). Die Jahre 1897—1901 weisen daher durchschnittlich und einzeln die höchsten Mehreinfuhrziffern auf, die jemals bis da- II. Deutsches Reich. 617 hin erreicht wurden. Im Durchschnitte belief sich die Mehreinfuhr auf jährlich 9120000 fm. i) Die höchste bis jetzt dagewesene Mehreinfuhr weist das Jahr 1904 mit 10130000 fm auf. In der Periode 1897/1901 zahlte das Deutsche Reich jährlich 233, im Jahre 1902 163,3, 1903 195,4, 1904 214,6 Mill. Mark für mehrbezogenes Nutzholz an das Ausland. Diese passive Handels- bilanz ist an sich nicht erfreulich, aber auch nicht vermeidlich. Die jährliche Nutzholzproduktion der deutschen Waldungen wurde 1900 zu 20 Mill. Festmeter ermittelt (S. 104). Die durchschnitt- liche Mehreinfuhr 1897/1901 mit 9,12 Mill. Festmeter beträgt also 46°/, von der heimischen Produktion. Sollte das Quantum dieser Mehreinfuhr im Inlande erzeugt werden, dann wäre hierzu bei Unterstellung eines Nutzholzanfalles von 1,4 fm pro Hektar eine Waldfläche von 6'/, Mill. Hektar über die vorhandene hinaus nötig und das Bewaldungsprozent des Deutschen Reiches müßte von 26°/, auf 38°/, steigen. Die zur Aufforstung noch geeignete Fläche wurde 1900 mit 633300 ha erhoben. Aufforstungen größeren Um- fanges könnten nur auf Kosten des landwirtschaftlichen Areals er- folgen. Es mangeln also nach dem jetzigen Stande dem Deutschen Reiche 6 Mill. Hektar Waldboden. Und selbst wenn die auffor- stungsfähige Fläche und dazu noch 6 Mill. Hektar mit Holz be- stockt würden, würde der Erfolg dieser Maßnahme erst nach vielen Dezennien in die Erscheinung treten (vgl. S. 29f). Bis dahin aber wird der Bedarf der Industrie wieder ein größerer geworden sein. Innerhalb Deutschlands ist das Verhältnis zwischen Holzpro- duktion und Verbrauch sehr verschieden. Nach den Ausweisen der „Statistik der Güterbewegung auf deutschen Eisenbahnen“ und der Statistik über „die Binnenschiffahrt“ kommen als Holzexport- staaten in erster Linie Bayern und dann in minderem Grade Würt- temberg in Betracht. In Baden und Elsaß-Lothringen hält sich die Einfuhr und Ausfuhr ungefähr im Gleichgewicht. Preußen und Sachsen sind auf den Bezug von Holz aus den anderen deutschen und aus fremden Staaten angewiesen. Bayern. a) Ausfuhr. Auf der Eisenbahn betrug die Holzausfuhr aus Bayern nach dem übrigen Deutschland in 1000 Tonnen: Gruben-, Rundholz Schnittholz ea Zusammen chwellen- holz usw. 1835 —89 158 351 38 547 1890—94 204 413 119 736 1895 154 431 168 753 1896 186 490 274 950 1897 203 503 309 1015 618 Holzhandel und Holzproduktion. Gruben-, Rundholz Schnittholz eh) Zusammen holz usw. 1898 194 541 354 1089 1399 203 545 271 1019 1900 179 598 305 1042 1901 176 476 322 974 1902 116 494 261 871 1903 123 505 285 913 Auf dem Main wurden per Floß und Schiff ausgeführt, d. h. sind in Aschaffenburg zu Tal durchgegangen: 1901 245, 1902 198, 1903 191 Tausend Tonnen. Hiervon 84 °/,, 81°/, und 78°/, per Floß.!) Die bayerische Holzausfuhr repräsentierte somit im ganzen folgende Rohholzmengen: 1901 2,6, 1902 2,4, 1903 2,5 Mill. Festmeter. b) Einfuhr. Die Holzeinfuhr nach Bayern aus den übrigen deutschen Bundesstaaten betrug 1885 37, 1890 40, 1900 58, 1901 58, 1902 61, 1903 67 Tausend Tonnen. An derselben ist hauptsächlich Württemberg mit Schnitt- waren beteiligt, weniger die nördlichen Nachbarstaaten. Die Einfuhr aus dem Auslande beschränkt sich in der Hauptsache auf Österreich, von dem die bayerischen Sägen Rundholz beziehen, nämlich 1900 161, 1901 140, 1902 92, 1903 117 Tausend Tonnen. Im ganzen betrug die ausländische Einfuhr nach Bayern in 1000 Tonnen: 1900 1901 1902 1903 zn: Bundholzi.fisr 5% 163 141 94 119 an Schnittholz . . . . 53 48 46 50 an Grubenholz usw.. . 33 48 20 24 In Württemberg ist die Ausfuhr per Eisenbahn etwas größer als die Einfuhr. Im Durchschnitt der Jahre 1898—1903 wurden mit der Bahn jähr- lich 306000 Tonnen ausgeführt und 263000 Tonnen eingeführt. Unter der Einfuhr sind auch jene bedeutenden Holzmengen aus Bayern und Baden ent- halten, die von Heilbronn aus auf dem Neckar gegen den Rhein zu gehen. Im Jahre 1901 sind 140000, 1902 120000, 1903 136000 Tonnen von Heilbronn abgegangen und davon 104000, 99000 und 87000 Tonnen in Mannheim ange- kommen. Eine statistische Scheidung dieser Hölzer nach Herkunftsstaaten findet nicht statt. In Baden, ausschließlich des Verkehrsbezirkes Mannheim, hält sich die Einfuhr und Ausfuhr per Eisenbahn ungefähr das Gleichgewicht. Von 1898 bis 1903 wurden durchschnittlich jährlich 308000 Tonnen ausgeführt und 307000 Tonnen eingeführt. Zu der Ausfuhr kommt dann noch das auf dem Rheine exportierte Holz. Elsaß-Lothringen hatte von 1898—1903 durchschnittlich jährlich mit der Bahn eine Ausfuhr von 248000 Tonnen und eine Einfuhr von 259000 Tonnen. Die von Straßburg und Kehl auf dem Rheine exportierten Holz- mengen sind verschwindend klein. !) Unter den auf dem Maine ausgehenden Holzmengen sind auch die von bayerischen Eisenbahnstationen nach den im bayerischen Eisenbahn-Ausnahme- tarif Nr. lc genannten Mainumschlagshäfen abgefertigten Stammholz- sendungen enthalten. Dieselben betrugen in 1000 Tonnen: 1892 121, 1893 72, 1894 102, 1895 111, 1896 156, 1897 157, 1898 227, 1899 234, 1900 180, 1901 178, 1902 87, 1903 132, 1904 149. II. Deutsches Reich. 619 2. Die Bezugsländer. Der Anteil, den die wichtigsten Herkunftsstaaten an der ge- samten Nutzholzeinfuhr des deutschen Zollgebietes haben, ist in der folgenden Tabelle nachgewiesen. Anteil der wichtigsten Einfuhrländer an der gesamten Nutzholzeinfuhr des deutschen Zollgebietes. Rußland R : er mit le Schweden | Vereinigte Norwegen las ngarn Staaten Jahr [=] - a [>| i a a Er re & = el 5 mE a| 8 1880 819 | 301| 682 | 28,5| 108 | 45| 9| 19| 38 | 1,8 1881 932 | 36,0| 722 | sı9| 110 | 5351| 9| 2338| a1 | 21 1882 791 | 279| 685 | 2386| 141 | 58| 17 | 45| 43 | 19 1883 957 | 35,8| 656 | 28,2 | 147 | 63| 14 | 3,7| 44 | 19 1884 863 | 30,6] 708 | 27,8] 154 | 74] 20| 551 53 | 22 1880-84 | s72 | 32,0| 691 | 29,0|137 | 58 | 14 | 36 | #4 | 20 1885 1397 | 455| 825 | 30,1] 249 | 118 | 22 | 29 | 63 | 2,9 1886 843 | 31,0| 715 | 2650| 1438| zo| ı7 | 09| 31 | 1,3 1887 1887 11124 | 4541| 798 | 293 | 158 | so| ı8 | 09] 51 | 22 188587 1885-87 | 121 | 206] 779 | 285] ıs3 | sol 1 | 161 as | 21 40,6| 779 | as5|ıss | sa | 1a | 16 | as | 21 1888 1300 | 50,1] 908 | 35,1] 217 | 116 | 25 | 1,3 | 69 ss [1300 | 5091| sos| s5ılaız uns] 25] 13] 0 | 38 3,3 1889 1621 | 67,3| 1107 | 462 | 337 | ıg7 | 44 | 26 | 69 ! 3,7 1890 1685 | 70,7| ı1ıı | 445 | 291 1155| 51 | 29 | 55 | 27 1891 1301 | 60,0| 1047 | 44,0| 327 | ıza | 47 | 36| 5ı | 25 1892 1627 | 74,1| 1147 | 499 | 338 | ı89 | sı| 52| 38 | 1,9 1893 1543 | 77,01 9sı | 44,7 [385 [2283| 75| 52| s6 | 19 1894 1173 | 523] 1023 | 43,5 | 383 | 2280| 90 | 62] aı | 22 1895 1317 | 64,4| 1080 | 47,6 | 332 | 199 | 115 | 7,9 | 39 | 2,1 1896 1440 | 77.5| 1312 | 64,6 | 395 | 254 | ı2ı | 85 | 46 | 27 188s—96 | 1445 | 65,9| 1080 | 46,7 | 334 | 192 | 2 | 48 | #9 | 23,6 1897 1750 |104,3] 1511 | 82,8] 457 | 32,9 | 205 | 15,7 | 66 | 4,5 1898 1938 |121,3| 1890 | 109,1 | 511 | 39,6 | 271 | 23,0 | 70 | 5,1 1899 1746 | 97,0| 2064 | 109,6 | 530 | 41,9 | 313 | 26,3 | 53 | 4,0 1900 1679 | 70,4| 2351 | 97,2| 529 | 35,4 | 307 | 22,4 | 49 | 3,1 1901 1653 | 56,6] 1955 | 67,9 | 423 | 24,7 | 271 | 219 | 48 | 23,5 1897—1901 | 1753 | 89,9] 1954 | 93,3] 490 | 349 | 273 | 219 | 56 | 38_ 1902 1309 | 50,0] 1691 | 61,1 | 491 | 28,9 | 289 | 27,0 | 48 | 2,7 1903 1799 | 66,0| 1972 | 73,0 | 508 | 30,6 | 360 | 32,6 | 49 | 2,8 1904 620 Holzhandel und Holzproduktion. Von der Gesamteinfuhr lieferte mithin der Gewichtsmenge nach in Prozenten: Rußland Österreich- Vereinigte Schweden Ungarn Staaten Norwegen 1880/84 46,6 37,0 7,3 0,7 2,4. 1885/87 49,8 34,6 81 0,8 2,1 1888/96 47,4 35,4 10,9 2,4 1,6 1897/1901 37,8 42,1 10,6 5,9 1,2 1902 33,3 43,0 12,5 7,4 1,2 1903 37,5 41,1 10,6 7,5 1,0 1904 Bemerkenswert ist die Tatsache, daß seit 1899 nicht mehr Rußland, sondern Österreich-Ungarn der Hauptholzlieferant Deutsch- lands ist. Rußland konnte die Aufwärtsbewegung des deutschen Wirtschaftslebens seit 1897 sich nicht in demselben Maße zunutze machen wie Österreich-Ungarn, weil der russische Holzhandel aus zwei Gründen schwerfälliger ist als der Österreich-ungarische: er ist wegen der geringen Entwicklung der Sägeindustrie auf den Rundholzexport angewiesen, während in den Zeiten plötzlich ein- tretender Konjunkturen mehr Schnittholz begehrt wird und ferner steht dem russischen Rundholzhandel nach Deutschland nur der schwerfällige Flößereiweg zur Verfügung, während Österreich-Un- garn den beweglicheren Bahntransport benutzen kann. Wenn man in Betracht zieht, daß Österreich-Ungarn seit dem Jahre 1899 namentlich den Schnittholzexport bedeutend steigerte, dann ist die Einfuhr aus diesem Staate, auf Rundholz umgerechnet, noch un- verhältnismäßig größer als die russische. Setzt man die durchschnittlich-jährliche Einfuhr 1880/84 —100, so war dieselbe aus Rußland ne Schweden br: ®° Norwegen 1880/84 100 100 100 100 100 1885/87 129 113 134 156 109 1888/96 166 156 244 514 111 1897/1901 201 283 358 1950 127 1902 150 245 359 2060 109 1903 206 285 371 2571 111 Das bisherige Maximum der Einfuhr wurde erreicht von Ruß- land 1898, Österreich-Ungarn 1900, Schweden 1899, Vereinigte Staaten 1899. 3. Die Zufahrtswege. Von dem eingeführten Holz gelangt der größere Teil auf dem Wasserwege bis an die deutsche Zollgrenze und nur der kleinere II. Deutsches Reich. 621 auf der Eisenbahn. Mit dieser gingen ein: 1888 22°/,, 1890 23, 1892 29, 1894 37, 1896 24, 1897 25, 1898 28, 1899 29, 1900 35, 1901 32, 1902 34, 1903 32. Der prozentische Anteil der Eisen- bahneinfuhr ist in den letzten Jahren in demselben Verhältnis ge- wachsen, als der Import aus Österreich-Ungarn zunahm. Es betrug die Einfuhr mit der Eisenbahn (ohne Durchfuhr) aus Rußland Österreich-Ungarn IE u 1899 87 5,0 1256 61,0 1900 111 6,6 1592 67,8 1901 93 5,6 1296 66,1 1902 103 7,9 1188 70,3 1903 123 6,8 1362 69,1 Von der auf dem Wasserwege importierten Holzmenge kamen auf den Binnenwasserstraßen per Floß bis an die deutsche Zollgrenze in 1000 Tonnen (Prozent von der Einfuhr zu Wasser): 1888 1408 (86°/,), 1890 2035 (78), 1892 2242 (83), 1894 1868 (76), 1896 1825 (70), 1898 1895 (55), 1899 1910 (56), 1900 1750 (53), 1901 1650 (54), 1902 1135 (44), 1903 1890 (58). Daß der Prozent- satz zurückgeht, ist auf die erhöhte Zufuhr aus den überseeischen Staaten (Amerika) und auf den Seeimport aus Rumänien, Gali- zien usw. zurückzuführen. Der Import auf den Binnenwasserstraßen vollzieht sich für russisches Holz auf der Weichsel (Zollstation Thorn oder Schillno), Memel (Zollstation Schmaleningken) und in ganz untergeordnetem Maße auf der Warthe (Zollstation Pogorzelice). Wie die nachfol- gende Zusammenstellung A ausweist, erfolgt der Holztransport auf der Weichsel und Warthe nur per Floß, auf der Memel dagegen zu einem kleinen Teil auch per Schiff. Die Gründe hierfür sind aus der Tabelle B ersichtlich; sie liegen darin, daß auf der Weich- sel fast gar keine Schnittwaren (Bretter und Bohlen: 1895 und 1897 0, 1896 6680, 1898 23375, 1899 140, 1900 9765 Stück) ein- geführt werden, ebenso auch auf der Warthe, während auf der Memel nicht unbeträchtliche Mengen derselben eingehen. Die österreichische Wasserzufuhr erfolgt auf der Elbe (Zoll- station Schandau). Übrigens ist auch in dem auf der Weichsel eingehenden Holze galizisches enthalten. Auch auf der Elbe über- wiegt der Floßverkehr, weil die Schnittwareneinfuhr ganz ge- ring ist. Auf dem Rhein (Zollstation Emmerich) geht ein Teil des auf dem Seewege herankommenden Holzes ein. Dieser Umstand sowohl wie die Fahrt stromaufwärts (zu Berg) drücken den Floßverkehr 62 Holzhandel und Holzproduktion. für die Einfuhr auf einen verschwindenden Anteil herab. Während Weichsel, Memel, Warthe und Elbe auf der Fahrt zu Tal das Rund- holz bringen, herrscht auf dem Rheine der Schnittholzimport vor. Die Donau kommt für den Holzimport (und noch viel weniger für den Export) praktisch gar nicht in Betracht. Über das zur See eingehende Holz existieren merkwürdiger- weise gar keine statistischen Nachweise. A. Das auf den Binnenwasserstraßen eingehende ausländische Holz in 1000 Tonnen. Weichsel, | Memel, | Warthe, Elbe, Rhein, | Donau Er Schmale- | Pogorze- | gchandau | Emmerich | Passau chillno | ningken lice Jahr sıssI 8s|82| 8|3%3| 3|82 7 Srsagzz as|&sjas|sajas 5sja;|5elailiel a | 55 & | SE & | 55 a | SE & | 3 & 1873—75 — /101I1| — | — | —- | - | - 1151 — | — — 1876—80 — | 571 — 4801| — | — | — | 1431 — | — —_ 1881—85 — | 869] — 52I| — —- | - !190| — | — — 1886—90 — | 7183| —- 7251 — | — | — |297]| — | 090 _ 1891—95 — | 681] — |609| — | — | — 2395| — | — — 1896—1900 | — | 818] — 7118| — | — | — | 305 | — | 3,0 —_ 1893 883 | 8831| 721 | 648 | 60 | 60 | 308 | 299 | 657 | 4,7 16 1899 980 | 9801| 672 | 612 | 23 | 23 | 294 | 284 | 600 | 5,1 3l 1900 723 | 722] 721 |647 | 13 | 13 | 369 | 358 | 654 | 2,4 72 1901 790 | 7891| 606 | 512 | 9,5 | 9,5 | 342 | 333 ] 578 | 2,0 70 1902 434 | 434] 511 | 411 | 5,4 | 5,4 | 294 | 278 | 505 | 0,8 35 1903 831 | 831| 787 | 691 | 19 | 19 | 378 | 344 | 597 | 2,0 44 | B. Das auf den Binnenwasserstraßen eingeführte Holz nach Sortimenten in 1000 Tonnen. Weichsel | Memel | Warthe| Elbe Rhein | Donau 1902 | 1903 |1902 | 1903| 1902 | 1903 | 1902 | 1903 1902 | 1908 1902] 1903 Harte Stämme . .. .| 25| 48] 4,2 4,3| — |1,3] 1,2) 1,5] 59| 63] 9,2 17 HarteSchnittware. . .| 0,5 | 0,4 | 3,0| 4,0] — | — | 0,2 0,6]116|132] 2,5 | 2,1 Weiche Stämme . . . „| 407 | 781 |309|586| 5,4 117,81276|341| 33| 26] 7,5 | 3,4 Weiche Schnittware.. .| 1,0 | 1,1 [153/171] — | — | 14| 31[292355]7,3| 21 Hartes Brennholz. . .|— | — | 16| 7,4] — | — [| 0,1! 0,0] 1,1} 1,9] 0,3 | 0,2 Weiches Brennholz . .|— | — [| 3| 51 — — 2,8) 4,6] 2,8] 181 7,7'0,1 II. Deutsches Reich. 623 4. Bearbeitungszustand (Sortimente). Entsprechend dem Zolltarif unterscheidet das statistische Waren- verzeichnis unter anderm die drei Hauptgruppen: A. Rohnutzholz, B. längsachsig beschlagenes Holz einschließlich der Naben, Felgen und Speichen, C. Schnittnutzholz. Der Anteil jeder dieser Gruppen an der Gesamtmehreinfuhr ist folgender: Bohnutzholz Beschlagenes Holz Schnittnutzholz Jahr I von der Be Bat von der eLöl von der Echt Rundholz- Bssiche Rundholz- Be Rundholz- menge menge menge %o %o %o %o %o %, 186671 53,3 41,4 au 2 45,9 57,8 1872 —75 61,3 49,5 4 37,6 49,3 187678 66,2 55,1 we em 32,4 43,7 1879—84 71,7 61,6 = = 25,8 35,9 1885 64,4 1 ER bi 32,7 = 1886—87 62,4 55,9 18,2 19,5 15,1 21,8 1888—96 57,4 46,1 16,0 20,9 24,0 31,2 1897—1901 | 53,1 41,8 142 18,1 30,5 38,9 1902 49,4 38,3 12,2 15,3 36,2 45,6 1903 51,5 39,6 11,6 14,4 35,3 44,0 1904 52,8 41,4 9,9 13,1 35,4 43,9 Daraus geht hervor, daß der Gewichtsmenge nach die Rund- holzeinfuhr in erster Linie steht, die Schnittholzeinfuhr in zweiter Linie und die Einfuhr des beschlagenen Holzes in dritter. A. Rohnutzholz (Rundholz). Über die Ein- und Ausfuhr gibt nachstehende Tabelle Auf- schluß. Rohnutzholzeinfuhr und -Ausfuhr. Wert der Von der Einfuhr treffen auf - - - - [m = 8 N f=| = | ’ = 3 = u leg aalu | a |8)8|%83 4 = = E=) Rn | = =) 5 cH:| rS s I 21-=8 =) 2 © 3 ss I|o-l=_ EI >= © = I P2| 88 Jahr ri 3 > 4 be Pe = u = go S “oa BES EEE Era me = Iä|ı<|s [A a IzaP|& |5|2]| Far © > ; Tausend Tonnen Mill. M. M. Tausend Tonnen Mill, fm nn a Fe 1 1862 115511041) 114 | — | — 1863 104311097)—54 | — | — 1864 1188| 763] 425 | — | — 1865 1017| 900| 117 | — | — 7 ren. al I — I - II | — De Tier man 5 ba he AI Zt EP | Ale KAAe| | 624 Holzhandel und Holzproduktion. LLLL———uuueeeeeeeeen 5 Wert der 2 Von der Einfuhr treffen auf Pr ze | 5 | 3|3/5|,.1,1, | „| s [&1släeg 81: [3/3 l3;]3e| & |28| © [8 l6ls5- Jahr IA] SS 18 | $ |a8lsr] 8 |52| E (ar = Iä|ı<|z3 |® a |aP|l2 32 in Tausend Tonnen Mill. M. M. Tausend Tonnen Mill, fm La 1 | | | N 1886 [1277le11) 66| — | — | — | [= | se 1867 1132] 614 | 581 — | — | — I — | — | TI 1868 10011950 511-1 -/—-|-|- | - | - I-|- 1869 1668| 626 |1042 | — | — | — 1 — 1. — | — Sperre 1870 1342| 408 | 9341 — | — | — | — [er 1871 8311588 | 2831| — | — | —- I—- 1 -— | —- I - I-1- | 186671 |1209 | 1872 _12039[830 1209| — | — 1873 |2564| 781 1783] — | — 1874 2513| 741 11772] — 1875 1949| 638 1311| — 1873275 12266 77 5191 — | — | — I—-|-—- | = 11-11-1353 1876 11911] 86311049 TI 1877 12341| 729 11612 — | — I — H&_ | Eger 1878 |1999) 669 |1330 1 bb | Sog 187678 | 2084| 754 113501 — |— | — I — I —- | — | = | --1 32 | 1879 1528 638 | 800[ — | — | — | — | —— | — 17 ee 1880 1208| 462 | 746 |45,9!17,7/28,2] — 28) 3938| — AI mE 1881 1344| 261 |1083 [53,3] 10,6 |42,7| — | 842) 4421| — | 6/5] — 1882 1107| 275 | 832 [41,.2|11,5|29,7| — | 672] 3s0| — [11] 4| — 1883 1251| 270 | 981 |47,8111,9|35.9] — | 804) 373) — | 8] 5] — 1884 1188| 300 | 888 |43}1)12,3|30,8| -— | 691| 440) — |ı2] 4| — 187984 112711368] 98] — | — | — I— I —<- 1 — 1] < |—]—I 151 1885 1670| 292 11378149,2110,8]38,4| — | — | — | — 110 — 1886 1141) 248 | 893 |28,5| 8,7|19,8[2,50| 616 503| 0,26 a Be 1887 1308| 255 |1053 |32,7 ‘ % 20|614 — 188587 | 1373] 265 1108 |36,8| 9,5 27.31 — | — | — | — |-1-1 18 18:3 11629 21711412]44,8| 8,1|36,712,75] 963) 6360,30] 8] 4| — 1889 |1993 ı8ı I1sı2 |58,8| 7,2,51,613,00| 1184| 7681,08! 9) 4] — 1890 |2008| 196 |1812 |59,2| 7.8|51,413,00] 1177 781| 0.86 11] AP 1891 | 1598| 218 11380 |47,9| 8,7/39,2]3,00| 795 1470,65 | 8/4 — 1892 [1889| 194 11695 |59,4| 7,8|51,6]3,15| 1038| 791] — !ı2] 4| — 1893 [1693| 160 11533 59,0) 6,4|52,6]3,50| 943) 694| — |13| 4| — 1894 |1588| 176 11412|52,2| 7,0145,2|3,30| 7sıl 765| — j15| 4| — 1895 [1701| 198 1503 |59,1| 7,9]: A Ne 1896 | 1861| 208 1653 |70,2| 8,8 sr Mn 155596 |1773| 194 11579|56,7| 7,2|49,0| — | 955] 771] — |12] 4] 2,63 1597 12175 186 11989 192,8 9,0183,314,30] 1076110441 0,581 17] 4| — 1898 |2586| 190 12396 |115,5| 9,5 | 106,0[4,50| 1209| 1307| 1,0822] 5] — 1899 |2471| 165 12306 |98,0| 7,4190,6 4.00| 1021| 1376| 0,67125| 5] — 1900 183 12444 |76.2| 9,3\66.9[2.90| 990 1578| 0,45|20| 4| — 1901 12451] 155 2296 159.3| 7,5 51.8|2,40] 1022) 1378| 6,50 |12| 4] — 1597-1901 | 2462| 176 12286 |88,#| 8,5] 79,8] — [106411337] 1,85 119] 4 1902 119481 17611772154,3| 9,0145,312,80| 742|1152|3,00|27| 4] 2,95 1908 [2463| 182 2281 |69.2) 9,5159,7|2,80| 1099| 1312| 1,56] 21] 4] 3,80 1904 [2664| 155 12509 [79.0| 8.4|70,612,80] 1248113491 — |26| 4] 4,18 II. Deutsches Reich, 625 Die Ziffern von 1862—1879 sind Danckelmann, Die deutschen Nutz- holzzölle, entnommen, von 1880 an der Reichsstatistik. — Bis zum 1. Juli 1885 wurde das längsachsig beschlagene oder auf anderem Wege als durch Bewaldrechtung vorgearbeitete Nutzholz dem Rohnutzholz zugezählt, dagegen von 1880—1884 nicht auch Faßdauben und Stabholz. Von 1862 bis zum 1. Juli 1885 ist das außereuropäische Rohnutz- holz in den Einfuhr- und Ausfuhrziffern nicht enthalten. Die Mehreinfuhr desselben betrug in Tonnen: 1862/65 6920, 1866/71 11940, 1872/75 28720, 1376/78 26490, 1879/84 29830. Die Umrechnung in Festmeter erfolgte nach dem Verhältnis 1 fm — 600kg und 1 Tonne = 1?], fm. Rohnutzholz wird deshalb in größeren Mengen eingeführt als Schnittnutzholz, weil auf ihm der geringste Zoll lastet. Nach der absoluten Menge zeigt die Mehreinfuhr eine steigende Tendenz, der prozentische Anteil der Rohnutzholzeinfuhr ist aber seit dem Jahre 1885 im Sinken begriffen, weil die Schnittholzeinfuhr in stärkerem Grade gestiegen ist. Die Lieferanten für Rohnutzholz sind Österreich-Ungarn und Rußland. Von der gesamten Rohnutzholzeinfuhr lieferte Rußland En. ngarn 1888/96 539%, 43,50], 1897/1901 43,2 „ 54,3 „ 1902 33.1, 59,1; 1903 44,7 „ 53,3, 1904 46,9 „ 50,7 „ Diese Staaten werden dieses Monopol auch in der Zukunft für sich beanspruchen dürfen, weil dieses Sortiment für den Seetrans- port wegen der Inanspruchnahme eines zu großen Schiffsraumes nieht geeignet ist und daher die über See exportierenden Staaten Schweden-Norwegen, Finnland und die Vereinigten Staaten nach wie vor Rundholz in größeren Mengen nach Deutschland, nicht senden Können. Seit dem Jahre 1898 liefert Österreich-Ungarn den größeren Teil, vor 1894 stets Rußland. Das russische Rundholz wird in den östlichen Provinzen Preu- ßens verbraucht bzw. verschnitten. Über die Linie Dresden—Leip- zig—Magdeburg hinaus ist auf dem Binnenweg in westlicher Rich- tung der Absatz wegen der hohen Transportkosten nicht mehr möglich. In neuester Zeit wird aber russisches Rundholz auf dem Seeweg (von Riga) nach dem Rhein gebracht. Das österreichische Rundholz geht nach Schlesien, Sachsen, Süddeutschland (Bayern) und an den Rhein bis Holland. Endres, Forstpolitik, 40 626 Holzhandel und Holzproduktion, Die Größe der Holzeinfuhr aus Rußland hängt nicht bloß von den Handelskonjunkturen ab, sondern vor allem von der Witterung. Milde schneearme Winter, die wegen der schlechten Wegeverhält- nisse den Holztransport aus dem Walde erschweren, und trockene Sommer, die den Wasserstand der Memel und Weichsel sowie deren Zuflüsse ungünstig beeinflussen, haben eine Verminderung des Holz- exportes zur Folge. Ebenso hindern Hochwasser das Flößen. Im Weichselgebiete beträgt die Entfernung zwischen Hiebsort und der Floßstraße schon bis zu 26 km, im Gouv. Kowno 32 km und noch mehr, Wegestrecken, die für Holz nur mit dem Schlitten zurück- gelegt werden können. Mit welchen Hindernissen die Flößerei auf der Weichsel zu kämpfen hat, ergibt sich aus dem Jahresberichte der Bromberger Handelskammer für 1899: „Schon im Frühjahr 1899 trat Wassermangel ein, und erst, als im Mai und Juni vereinzelte Regentage kamen, ging die Flößerei, allerdings lang- sam und kostspielig vorwärts. Wenn nun namentlich diejenigen Transporte, welche aus den Gouvernements Wolhynien und Minsk kamen, im Frühjahr mit dem kleinen Wasserstande auf dem Horyn, Slucz, insbesondere aber auf dem Pinsker Kanal und der Muchawice zu kämpfen haben, so kamen im Sommer und Hochsommer recht beträchtliche Schäden durch die Sperrung bei Neuhof und Schillno hinzu, so daß die Verflößung dieser Hölzer sich ganz ungemein verteuerte und dem Transportgewerbe große Verluste herbeiführte. Vom 6. Juli an regnete es ununterbrochen, und das Wasser stieg auf allen Flüssen. Auf der Weichsel konnte wegen Hochwassers nicht geflößt werden und die Bug- und Narewflöße stauten sich von Neuhof bis Wyszkow, etwa 5 Meilen weit, an. Wochenlang mußten die angesammelten Transporte warten, bevor sie weiter schwimmen konnten; und insbesondere verursachte bei dem hohen Wasserstande der Weichsel das Halten der Flöße in Schillno zwecks Zollrevision außergewöhnliche Schwierigkeiten. Dazu kam noch, daß ein unter- gegangener Dampfer längere Zeit die Fahrt versperrte. Nicht unerhebliche Schäden entstanden durch Zerreißen der Traften, Wegschwimmen einzelner Tafeln und Stücke usw., so daß sich die Flößerei ganz ungemein verteuerte und der Holzspedition große Verluste brachte.“ B. Schnittnutzholz. (Siehe nebenstehende Tabelle.) Die Einfuhr der Schnittware ist unverhältnismäßig mehr ge- stiegen als die des Rohnutzholzes, weil der 1892er Zoll im Ver- hältnis zu jenem des Rohnutzholzes zu niedrig war. Unter der Ära des 1885er höheren Zolles betrug im Durch- schnitte der Jahre 1886/91 die Mehreinfuhr 464000 Tonnen = 928000 fm. Vom Jahre 1892 ab nahm der Import immer mehr zu, in den letzten Jahren sogar sehr bedeutend. Die Mehreinfuhr erreichte 1897/1901 den Betrag von 1313000 Tonnen =2130000 fm, im Jahre 1904 von 1639000 Tonnen = 2660000 fm, stieg also seit u ee See Me ei en II. Deutsches Reich. Sehnittnutzholzeinfuhr und -Ausfuhr. 627 Von der Einfuhr treffen = Wert der . Mehreinfuhr = 7 m = ei v Bee ES | br = _ = 1 lo me S = |85 = 3 z Pi B - 32 |441312.13]°»83 |Ss3o4 Jahr as I2|!&13|3 132183] 3: |35|31|283|2135* |335* Oo = Pi | ._ I: © = © 24 sı > ei Edel a |EP| E I53|E | F08 |SH8® = 2 S Zi v3 sal2la,7 2%, see a |aP a ee la lgeı jagt | | = Tausend Tonnen Mill. M. Mill. Festmeter 1862 | 1421231, -s9| — | — Seren 1363 151) 230 1-79] — | — | en Zu 1864 221| 214 71 — | — | | = i— a 1865 | 311250) | — | — wi TE un ent ae ee en ee ee Er FE 1862—65 | 206] 2311-25] — | — |—]--0,04|—0,07 1866 6oglazs| 3s3ıl — | — | ee 1867 425271 | 154| — | — Be 1868 7145| 288| 457 | — | — BE BE «7% 1869 1245| 248| 997 | — | — ct oe 1870 530| 233| 297 | — | — Bee 1871 [1000| 257| 743] — | — En ee 1866—71 | 759| 263 | 496] — | — | — | — |—| 0,80 | 1,34 1872 |1440496 | 944] — | — Rage 1873 |1421|326 1095| — | — a 1872 11287382) 9051 — | — | 1-1 - | — EEE Mei ee Bronall Biel] Bussi Merl Ben! Hazell are) Miereiiit Me 1872—75 |1333| 401| 932] — | — | .=-]=4281.]:352 ‚1876 [12261422] sa] — | — | te 1877 11034408 | 696| — | — | EEE 1878 966|444 | 52| — | — | | RR EN BE 1 3 1876—78 | 1075| 424 | 51] — | — | PET FR Fr 1879 |10261470| 556] — | — | Base 1880 5301365 | 1655| — | — | ar a 1881 550327 | 2283| — | — | 5] Be 1882 627358 | 2699| — — | 1: N A EN 1883 6581346 | 312 | — | — | 52 | 28: are 1884 719|294| 5| — | — | 58 1148| 7 BeID nr 1879—84 | 685| 360 | 35] — | — | —| 0,53 | 0,88 1885 953| 252 | 701] 48,6] 16,5 | 2 1886 367| 190! 177| 16,512,3| sun zisapt—anine 1887 470| 177 | 293 | 21,6 11,5] 5 dal en 188587 | 597/206 | 391 | 28,913,4| —| 0,63 | 1,06 1888 593| 156 | 437 | 29,3|10,7 5,00 1681-2, 1889 7384| 98| 686| 43,1] 7,3 5.50 83. ,— see 1890 718| 86| 632| 35,9| 6,0 5,00 ar Zee 1891 666| 107 | 559 | 34,3) 7,6 5,15 Par. en IE 1892 781) 85| 696| 41,0] 6,1 5,25 2 Re ee 1893 743| 71! 672] 40,8| 5,1 5,50 ee 1894 789| 73| 716| 43,4 5,2 5,50 60135 — | = | 628 Holzhandel und Holzproduktion. P Wert der e Von der erg treffen Mehreinfuhr s|3|38 Es ? g 3 rn | = : se =) E-) 2 |2 a1 :oupdsaıe[y oy[egsasıey usgtoy S yımp spe osıoy Aeropuw ur Iopo ourdg ouesstı E -88 yone !aouro[yloz IBPo FopeqıwodıoaA IxY Op yruı goOMmIopu® Iopo ueseIyoseq Sunyyarısdur] dep ur GL ro | ro | 081 | 080 | 080 02.0 DS TER IE soT | sro | 08T | 080 08.0 05.0 DED- 1 EEE ouo .opo yur 'gonoquiweq erg 108po xy Op yrur Sungyorıend) AOp UT ypIfSıpoy AEpo Jopeqawoqun 23 :yuuwu -8 sIEPuosoq yyoru puoyorsypeu ‘zoyzmy pun -neg :opury | N N MEN ee wj od | zp od | uy oxd | zp ond Bee En "IN ; € F- een Br IFRYOSI.IIMISIO,T AOP ASstusnazıy yrıu N G8sT FHIEL TO 9061 906T FABITTOZ | G68T FE |" oo 6181 TI0Z JauyjssunyIoA aaurmesgfy |-SöwıpeA) a pe] -Oslıy 700 > An 701 II. Entwicklung der Holzzollgesetzgebung seit 1879. er gr'c trI 61 - Do D= u G1cı 120 f20 07% 088 1 sl 0F°0 0F0 Zul Tann, 080 001 3us93 08°0 0F0 uaseıyosoq 030 30 zo y3Rsad 070 uodeıyosaq | uabar]ıagun appunyaq abo wayosvwayo In» Jsuos 4apo (a0 ubpıdwr) ayyunazob yJdumpd "Bunyaamuy Er es ET ZIOE WOUOTONNESE ven ee ee * * 9 ZIOFE Wege snw :0z4074109sepFdzIoH, "bom Buyypsnz asovp MM} Jrungsboa40 4 wm "20yyara AM 2p oAd "W OFO "10H zp 04d "W080 ‚wpo wf od "M org uoa BopyosnzoZz wauna afıın), wawmouogn» map yonu uobarsajun uaamıyos -uypquasyg aJ9punyaq aba wayasıwwmayo In» 7suos 49p0 (2310ubn dur) ayyunıgob yJAuppg "Bunysaawmuy ee (31 009 = ıJ 1) 8z]0H wOTDTOA sne :grogoy -08 yypru '43yso3 oOsSsFur] IAULO STE you Iyoru ae yane ‘gopeqaeog IxYy 1op Yu ‘uspfemyosugequosty ‘zj077 sp bunyyozsog 0p wabanıayun (ogoyzIoH) NT 'C "7 aayun aım obvyyosnzyoz wauna 4bay -soyun 2JoyzmN pun -nDg sayyppunyaq abayı Waryosıu -9y40 Jn» Bungung 10P 9y9amz wınz .0P0 80194929 192 420 9I-FL AN pP uazypg uabıymwusbn4]1an up you boryosnzyyoz auyo pam zjoyezpny pun -nag soylapuny -99 abayy wayosrwmaryd nn» aspamz wasarp nz mu 40po (say 0rubp udn) oJ yunApob NIYADgIP 10p Bbumygyazy unz ormos *(soyqunJab yorabnz Iyaıu) say/dumpab Jg :Bbıgpwmsbp4atoA IT W 0FO 210. soyoan "W 080 210H saJıDy 2p I an] Mypımay) you bummozwaA Aop ap MoFE wm} mn] Jowmunpg you Bunyoz4oA 4op NOT wı bmg wayoyom “abnyyosnzyyoz waura 4bansayun zJOoyzm N pun -nag soyppunyaq aba wayosswmayd nn 1suos 49po (sajuaubnıdwr) sayyunspob 'sayJAwunpaH wouogny 'W 'T 9I—FL AN nz Bunyaamuy 18 08 Holzzoll. 702 TEE B en nr -mdsab 4op asıamsbunpgsiag] 4p pw ap “ayanılırpds op Bunymd auvg "CH 'n FH AN nz BDunyaswmuy ua 00° = 00% 00°8 00'8 “.r uoyosıoA ‘goryag '3os up ‘usygruyosurg uoydILIopIoFIO uerpey se Sunpusmier usoreq -[oyyruun ınz uop Yun I9po Yogoyes ‘eyeyos -93 pun oymyosodun ‘goqoye3 yyporu ‘eywyosed = - u sc‘o 080 070 wo | ren Megoyad gyoru ‘oymyosedun :uadogqe3 punı yone ‘(uepoy eydıuyg pun -geg ıny uoyedsed) aqrIsuspey 68 007 008 008 ; Bir a a ee I * areyosod co 08°0 070 wo | rn Pueumyoseg yone ‘Tgyosedun :uoyfedso? yone 'uopremqıoyy 8 ‘(bDigmusbo4100 yonv) guyfug auyo sazjoygnT sap Bunmozaag arp Inv gqaıg Bunpgogr yınp uapaswwyag 4ap bunyoyd) aus 43p0 aassaw lag i wop wm bunypunyag 2yoqg AT "bBunyaamup 08T | 080 | or | 0ro 080 or 250 1 !.7;7" > Er 00B ED NOTE wennnae Bo 087 080 0° 8 070 \ «zo * * (@2008 = wJ I) z[OH UsyIey weIopu® uoA oT | 080 | 072 | 080 08 0 080 0 | 0° ° 7008 = Wr) zioqueyorg uoa usqnepgey :q[egqoyes yypru ‘qıejodun ‘(zioyqeIS) zo SegeymqıwsdLoA IequueyıIo weuyo -[08 nz yons “oftsguapoggeg pun usquepgeg) zrougeg | £8 er | 020 | 008 | 00T | 080 070 a 9 | ao | 008 | 001 08°0 070 Bu 2) VRERELRURST One RSS :I92]QH SYPNIEqTEESIOA IequUuayLIe OPurjsuesen osoIp ıny aTaos ‘uoyoıedg ‘uesjog 'usgen 38 "Dıgmusboa4aa aboyyosnz wauay "wouogno "m OF'O won zp o4d abvpyasnzyoz waurs ya W N 5 ae DE a (oyouJg sep un J) wj oad| zp o1d | wy oıd | zp oıd aouquezjeddorf oxd IN AITYOSIITMISIOT Op 9ssıusnazıq jure4 LIB 9067 9O6T regtoz |zegı mau “SSL FL eygr -110Z JIIBjsäur]IoA aouowesijIy |-sFeıyıoA „say FLIBT, 703 II. Entwicklung der Holzzollgesetzgebung seit 1879. 00°8 00°8 00°, 081 1 080 08°0 030 010 0F0 1017 19.17 10.17 1017 10.17 080 JIOUIO]Y19Z 1917 1o.17 19.17 0°°0 08'0 00°L 070 _ 070 — 08,0 = 017'0 - 30 =. 010 080 0F°0 To. 090 ET En ae -98 yone sope ‘yowwng ‘ureddouy ‘TerdateH Eu N AEG LEE ae Pa ‘4dture1o8 1epo yoıa ‘(arqwey) soqje3 pun sounsıq ‘nyoogey ‘uojyewed wyone ‘oyoysqıon) eyuusuas yyoru IEOMIOpuB HF1ISUOS OIMOS Bouoe\ “ueuejeq -oAw ‘urddopıoyoyg tArprargg 'yerqegg "ertgoaedly ee. osto qq Ae1epuw ur dopo Yodswıed ‘uopyeued yonz ‘(uONOATT UT z[oyqxen serpus pun ZIoyoyoeıgend rer... + ToTygewes yons ‘uopunıdıen . . . 57 abag . Te . u. .. .. .. (34 008 — ug [) Moqoyo3 yyaru “YoyyprıeF1oA 9sToM a910pue UT Aopo YInsod Sungyyprısdur] dep ur uw En Un ee ee in Ka Da ae (32 008 = wıf [) MIOUTETYIEZ AOPOo FoyLaq1BodıoA 4xy 1op pur NOMIEPUR AOpo uUOdRTyOSEg FunyypLısSug] Aop UI nu > en Fu Be TE Eee, ae (33 006 —= wjJ) gopeqıwsq esyg Iepo Ixy op yu Zungydrtaend) AOP UL yoıfdıpay AEpo yoeqıeoqun :zjoyy00g ‘zIoyyea] ‘topues -1[04 ‘tuodeye 'zJoyusgy ‘wnegsyong UoA zjoyzinN opuoyaq Magoyab s» gyowu uapıam "purs 2999m7bab uopasmpuyag 1amz 4ap0 “au um ap 'uayoyaıgzjoyuspaz "Dunyaomuy een gegoyes yyoru 4eyyaLıeZtoA esTo y AOLOpuw ur IOpo Faysed Junyyorısdug] Iop ul aa. DW ea a A See, av ar men. un Tue Re Zee (32 009 — wg [) goyyPrLıed1oA osıoy Aedopus ur I9po Ins -93 Iungyorassup] aop ur 4yoru yoopel ‘Jegrsqreeq oFgg IEpo xy AOp ur yoıfSıpe] AOpo Yeyıeqrsoqun : (z70y4f14SI0]L Yon) z[oqu1epez ee nn ee (arena En ea -NZ 9Y09MZTJIEH AnF yone ‘opfoazjog pun TyowzjoH (Bigmusbo4j4a yon») bungogoyagt SD you mb ‘as abunyuauwpsnz wa "bp 4epo S40882U -Inz sap syaygum agmjsuafıay sap pun uapramq4oyy waua? 76 86 66 62 8L 68 704 Holzzoll. die in der Übersicht 8. 700—703 verzeichneten Holzzölle vereinbart. Zum Vergleich sind auch die früheren Tarifsätze beigefügt. Die Sätze des Vertragstarifes genießen nicht nur die genannten Vertragsstaaten, die zudem auch vertragsmäßig meistbegünstigt sind, sondern auch alle übrigen Staaten, mit denen das Deutsche Reich im Verhältnis der Meistbegünstigung steht (s. S. 696). Der Allgemeine Tarif wird daher, falls die Meistbegünstigung jenen Staaten, mit denen das Deutsche Reich keine Handelsverträge bis- her geschlossen hat, nicht gekündigt wird, nur ganz ausnahmsweise (z. B. Kanada gegenüber) für Holz zur Anwendung gelangen. In den Zusatzverträgen mit Rußland, Rumänien und Serbien ist ein Schnittholzzoll von 0,80 M. für 1 dz vereinbart. Derselbe ist durch den zuletzt abgeschlossenen Zusatzvertrag mit Österreich-Ungarn, in welchem der Schnitt- holzzoll auf nur 0,72 M. für 1 dz festgesetzt wurde, gegenstandslos geworden, da die genannten Staaten meistbegünstigt sind. Zollfrei sind nach dem Allgemeinen und nach dem Vertragstarif: Tarif-Nr. 86. Holz zur Herstellung von mechanisch bereitetem Holzstoffe (Holzmasse, Holzschliff) oder von chemisch bereitetem Holzstoffe (Zellstoff, Zellulose), nicht über 1,20 m lang und nicht über 24cm am schwächeren Ende stark, unter Überwachung der Verwendung. Tarif-Nr. 87. Brennholz (Schiehtholz [Klafterholz], Stockholz, Reisig [auch in Bündeln], Späne [Abfallspäne] und andere nur als Brennholz verwertbare Holzabfälle, Wurzeln); Zapfen von Nadel- hölzern; ausgelaugtes Gerbholz und ausgelaugte Gerbrinden (Gerb- lohe), auch geformt (Lohkuchen). Tarif-Nr. 88. Holzkohlen, auch gepulvert; Holzkohlenbriketts. Tarif-Nr. 90. Korkholz (Rinde der Korkeiche), unbearbeitet, auch in lediglich auseinandergeschnittenen Platten oder Stücken; auch Zierkorkholz, Tarif-Nr. 91. Farbhölzer in Blöcken, auch gemahlen, geraspelt oder in anderer Weise zerkleinert; angegohren (fermentiert). Tarif-Nr. 77. Erikaholz (Bruyereholz) und Kokusholz, unbearbeitet oder in geschnittenen Stücken. Tarif-Nr. 95. Eicheln, frisch oder gedarrt, auch geschält; wilde Kastanien und sonstige Forstsämereien (mit Ausnahme der Bucheckern), Tarif-Nr. 96. Seggen (Waldhaar), auch getrocknet, gefärbt oder zu Strängen zusammengedreht; Torfstreu, Laub, Baumnadeln, Moos und sonstige Streu aller Art. Tarif-Nr. 97 betrifft die Harze. Zollfreilassung wird ferner in folgenden Fällen ge- währt: 1. Für Erzeugnisse der Waldwirtschaft, wenn die außerhalb der Zollgrenze gelegenen Grundstücke mindestens seit dem 15. Juli 1879 ein Zubehör des inländischen Grundstücks bilden. (Tarif- II. Entwicklung der Holzzollgesetzgebung seit 1879. 705 gesetz von 1879, Novelle 1885, Tarifgesetz vom 25. Dezember 1902. — „Mindestens seit dem 15. Juli 1879“ erstmals in der Novelle 1885.) 2. Von dem Inkrafttreten der Handelsverträge im Jahre 1906 ab: Unbearbeitetes oder lediglich in der Querrichtung mit der Axt oder Säge bearbeitetes Bau- und Nutzholz für den häuslichen oder handwerksmäßigen Bedarf von Bewohnern des Grenzbezirkes, sofern es in Traglasten eingeht oder mit Zugtieren gefahren wird, unter Überwachung der Verwendung und mit Beschränkung auf 12 fm (autonom 10 fm) in einem Kalenderjahr für jeden Bezugs- berechtigten. Diese Bestimmung gilt für alle meistbegünstigten Grenzstaaten. Diese Bestimmung hat ihre Geschichte. Durch die Zolltarifnovelle vom 22. Mai 1885 wurden vom Eingangszoll befreit vorbehaltlich der im Falle eines Mißbrauchs örtlich anzuordnenden Aufhebung der Befreiung: a) Bau- oder Nutzholz (Rohnutzholz) für die Bewohner und Industrien des Grenz- bezirks, mit Zugtieren gefahren, sofern es direkt aus dem Walde kommt und nicht auf einen Verschiffungsplatz oder Bahnhof gefahren wird; b) Bau- und Nutzholz in Mengen von nicht mehr als 50 kg, nicht mit der Eisenbahn ein- gehend, für Bewohner des Grenzbezirks (Anm. zu 13c ]). Diese Bestimmung war auf Antrag der Reichtstagskommission zur Er- leichterung des Grenzverkehrs aufgenommen worden und war im G. v. 1879 nicht enthalten. Es zeigte sich aber, daß die Durchführung derselben zu großen Unzuträglichkeiten und zu einer übermäßigen Begünstigung der Grenz- sägemühlen führte. In dem Entwurf der Novelle vom 18. Mai 1895 wurde daher die vollständige Aufhebung der Zollfreiheit für die Industrien vorgesehen, während das für den häuslichen und handwerksmäßigen Bedarf der Grenz- bewohner erforderliche Nutzholz nach wie vor zollfrei bleiben sollte unter der Voraussetzung, daß der Bundesrat eine über das wirkliche Bedürfnis hinaus- gehende Ausnutzung der Zollbefreiung zu verhindern befugt sein solle. Der Reichstag schloß sich jedoch dem Regierungsvorschlag in seiner ganzen Trag- weite nicht an, sondern schuf für die Grenzindustrien ein Übergangsstadium bis zum 1. Juli 1901, indem das G. v. 18. Mai 1895 mit Wirkung v. 1. Juli 1895 ab bestimmte: Frei vom Eingangszoll ist „vorbehaltlich der im Falle eines Mißbrauchs örtlich anzuordnenden Aufhebung oder Beschränkung, a) Nutzholz (d. i. Rohnutzholz) für Industrien des Grenzbezirks, mit Zug- tieren gefahren, sofern es direkt aus dem Walde kommt und nicht auf einen Verschiffungsplatz oder Bahnhof gefahren wird, jedoch mit Beschränkung auf die bereits am 1. Juli 1885 im Grenzbezirke vorhandenen Industrien und auf deren durchschnittlichen Holzbezug aus dem Auslande in den letzten drei Jahren vor dem 1. Oktober 1885, bis zum 1. Juli 1901; b) Bau- und Nutzholz für den häuslichen oder handwerksmäßigen Bedarf von Bewohnern des Grenzbezirks, sofern es in Traglasten eingeht oder mit Zugtieren gefahren wird, nach näherer Bestimmung des Bundesrats.“ Die zollfreie Einfuhr von Rohnutzholz für Industrien des Grenz- bezirkes schwankte von 1886 bis 1900 zwischen 65299 und 90302 Tonnen und zwischen einem Werte von 1,93 und 2,66 Mill.M. Im Jahre 1901 wurden bis zum 1. Juli noch 46870 Tonnen (1,17 Mill. M.) eingeführt. Die zollfreie Einfuhr von Nutzholz für den häuslichen usw. Bedarf Endres, Forstpolitik. 45 706 Holzzoll. im Grenzbezirk betrug von 1886 bis 1894 jährlich unter 8 Tonnen; dann aber 1895 (bis Ende Juni) 437 Tonnen und 1896 11795 t 1901 14383 t 1897 12079 t 1902 16448 t 1898 13368 t 1903 10218 t 1899 10461 t 1904 17106 t 1900 - 14790 t Den Grenzbezirk bildet der zunächst innerhalb der Zollinie (d. i. Zoll- grenze bzw. Landesgrenze) belegene Raum, dessen Breite nach der Örtlichkeit bestimmt wird und der von dem übrigen Vereinsgebiete durch die besonders bezeichnete Binnenlinie getrennt wird (VZG.$ 16). Für die Bildung des Grenz- bezirks gelten die im Jahre 1834 aufgestellten Gesichtspunkte. Im Falle der Änderung der Grenzbezirke gelten die Zollbegünstigungen für eine Grenzzone von 10 km Entfernung von der Grenze. — Der kleine Grenzverkehr, der nicht unter die Meistbegünstigungsklausel fällt und sich bis auf 15 km von der Grenze erstreckt, bezieht sich auf den kleinen täglichen Verkehr, der wechselseitig die Grenze, aber nicht die Binnenlinie überschreitet. Darunter gehört der Verkehr mit Holz auf Schneidsägen usw. im gegenseitigen Grenz- bezirk (Veredlungsverkehr), wenn dasselbe verarbeitet zurückgebracht wird. (Österreich-ungarischer Zusatzvertrag v. 1905, Anl. C; schweizer Zusatzvertrag v. 1904, Anlage C; dagegen ausdrücklich nicht gewährt im belgischen und russischen Zusatzvertrag.) 3. Zollfrei sind nach dem Zolltarifgesetz v. 15. Juli 1879 die Materialien, welche zum Bau, zur Ausbesserung oder zur Ausrüstung von Seeschiffen ein- schließlich der Kriegsschiffe verwendet werden. Hierzu wurde vom Bundesrat unterm 6. Juli 1889 das Schiffbauregulativ erlassen. Das Zolltarifgesetz vom 25. Dezember 1902 hat diese Zollbefreiung auch auf Flußschiffe ausgedehnt mit Ausnahme der Luxusschiffe. Diese freigegebenen Gegenstände erscheinen nicht in der Statistik über den Spezial- und Gesamteigenhandel. Die Einfuhr betrug in Tonnen: 1899 1900 1901 1902 1903 Bohnutzhöls '.. .'. .W, ,2E6 DIT 11,4 7,8 24,5 Längsachsig beschlagen . . 2039 2091 2766 1630 1946 Sähnitthöls . -. .. Et 777880 10647 12038 12593 12958 Buchsbaum, Mahagoni usw. 143 104 39 48 77 Im ganzen .. 9533 12860 14854 14279 15006 Von den ersten drei Kategorien waren 1902 3554 t hartes Holz —3,3 %),, 1903 3524 t— 2,4 %|,. Holzwaren. Die Zölle auf Holzwaren rechnet man gewöhnlich nicht zu den eigentlichen Holzzöllen. Sie sind im Zolltarif unter No. 615 bis 634 auf- geführt. Entsprechend dem vorgeschrittenen oder vollendeten Bearbeitungs- zustand der Holzwaren sind die Zollsätze wesentlich höher als jene für rohe oder geschnittene Hölzer. Hervorgehoben seien hier folgende Positionen des Vertragstarifes 1906: Gehobeltes Holz roh 3,25 M., bearbeitet 10 M.; gewöhn- liche Parkettbodenteile 5 M.; Fässer (auch gehobeltes Faßholz und andere Böttcherwaren) roh 3 M., bearbeitet 10 M.; Fensterrahmen, Türen, Treppen roh 6 M.; grobe und feine Holzwaren in Verbindung mit anderen Stoffen (Polstermöbel usw.) 10—50 M. pro dz. III. Verzollungsmaßstab. 707 III. Verzollungsmaßstab. In der Forstwirtschaft wie im Handel bildet der Kubikinhalt des Holzes den Rechnungsmaßstab und der Festmeter (Raummeter) die Rechnungseinheit. Bei der Verzollung des Holzes aber muß aus zolltechnischen Gründen auch das Gewicht (dz) als Erhebungs- maßstab herangezogen werden. Denn abgesehen davon, daß g®e- wisse Arten von bearbeiteten Hölzern, wie Naben, Felgen, Speichen, Reifenstäbe, Faßdauben, dann Weiden usw. sich für die Festmeter- bestimmung nur schlecht eignen, würde es mit großen Umständlich- keiten verknüpft sein, die per Bahn eingehenden Hölzer nach dem Festmetergehalt zu berechnen — es müßte jeder Wagen an der Grenze ausgeladen werden — wie andererseits die Gewichtsbe- stimmung der mit Flößen eingeführten Hölzer praktisch geradezu unmöglich wäre. Eine große Schwierigkeit liegt nun darin, das Verhältnis zwischen Gewicht und Festmeter so festzusetzen, daß beide Ver- zollungsverfahren zu dem ungefähren gleichen Ergebnis führen. Denn das Gewicht des Holzes hängt nicht bloß von der Holzart und innerhalb derselben von Alter, Standort und Baumteil ab, sondern vor allem von dem Trockenheitsgrad. Zersägtes oder ge- spaltenes Holz trocknet rascher aus, ist daher leichter als Rund- holz. Die Zolltechnik muß sich mit ungefähren Durchschnittssätzen begnügen. Durch Bundesratsbeschluß vom 29. Januar 1880 wurde be- stimmt, daß Bau- und Nutzholz beim Eingange in Flößen, Schiffen oder auf gewöhnlichen Landwegen nach Rauminhalt, bei dem Eingange auf der Eisenbahn nach der Wahl des Zollpflichtigen entweder nach Rauminhalt oder nach Gewicht zu verzollen ist und daß, falls eine Erklärung über den gewählten Maßstab nicht ab- gegeben wird, die Zollbehörde ihn zu bestimmen hat. Die obersten Landesfinanzbehörden können aber im Falle des Bedürfnisses hier- von auch Abweichungen zulassen. Der preußische Finanzminister hat im Jahre 1900 bestimmt, daß von dem in Schiffen eingehenden Holz mindestens 1°/, der Ladung zu verwiegen und zu vermessen und mittels der hierbei gewonnenen Verhältniszahl das durch Eichaufnahme festgestellte Gesamtgewicht in Festmeter umzurechnen ist. Ist das vom Importeur vorher deklarierte Gewicht oder der Rauminhalt höher als die so zollamtlich ermittelten Mengen, so sind jene der Verzollung zugrunde zu legen. Bisher, d.h. seit dem Jahre 1879, wurde für alle Holzarten und für alle Sortimente das gleiche Verhältnis 1 fm=600 kg an- genommen. Die Folge davon ist, daß bei den Hölzern, die schwerer sind als 600 kg pro Festmeter (alle harten Hölzer), die Festmeter- 45* 708 Holzzoll. verzollung, bei den leichteren (Fichtenschnittholz z. B.) die Gewichts- verzollung mehr Vorteil bietet. Ausschlaggebend ist für den Im- porteur nur die Frage, wieviel Zoll tatsächlich auf den Festmeter trifft, weil dieser die Verkaufsgrundlage bildet. Die große Verschiedenheit in dieser Richtung zeigen folgende Beispiele: Wirkliches Gewicht , Nach dem Verhältnis 1 fm = 600 kg pro Festmeter beträgt der Zoll pro Festmeter nach dem Gewicht dem Festmeter Eichen kg M. M. a) Rundholz ... . 900 1,80 1,20 b) Schnittholz . . 800 6,40 4,80 Nadelholz a) Rundholz ... . 600 1,20 1,20 b) Schnittholz . . 500 4,00 4,80 Bei Annahme dieser Gewichte gewinnt mithin der Importeur beim Eichen- rundholz durch die Verzollung nach dem Kubikinhalt 33!/,°/,, beim Eichen- schnittholz 25°/, gegenüber der Gewichtsverzollung und bei dem Nadelschnitt- holz durch die Gewichtsverzollung 16?/,°/, gegenüber der Festmeterverzollung. Durch diese Verschiebungen werden auch die statistischen Anschreibun- gen unrichtig. Im Zolltarif von 1902 und in den neuen Vertragstarifen ist hinsichtlich des harten Holzes die bisherige Ungleichheit zwischen Gewichts- und Festmeterverzollung dadurch soviel als möglich be- seitigt, daß dasselbe besonders genannt und beim harten Rund- holz 1 fm zu 900 kg, beim harten bearbeiteten Holz 1 fm zu 800 kg angenommen ist. Für das weiche Holz (Nadelhölzer, Erlen, Pappeln, Weiden, Linden, Roßkastanien) ist das bisherige Verhältnis 1 fm=600 kg auch für die Zukunft beibehalten worden.) In dem Zusatzvertrag mit Rußland ist ausdrücklich vereinbart, daß die Ver- zollung des rohen (Nr. 74), beschlagenen (Nr. 75), geschnittenen (Nr. 76) Holzes und der Eisenbahnschwellen (Nr. 80) nach Wahl des Einbringers nach Gewicht oder nach Festmeter erfolgen kann. Dadurch wird der vorhin genannte Bundesratsbeschluß wesentlich eingeschränkt. Da der Festmeter Nadelschnittholz rund nur 500 kg wiegt (Fichtenbretter noch weniger), zahlt dasselbe bei der Gewichtsver- zollung, wie sie beim Bahntransport Regel ist, für den Festmeter einen geringeren Zoll als derjenige ist, der im Zolltarif steht. Nach dem 1892er Schnittholzzoll von 0,80 M. pro Doppelzentner trafen auf den Festmeter nur 5-0,80—4M. anstatt der im Tarif ange- nommenen 4,80 M. und nach dem 1906er Vertragszoll von 0,72 M. pro Doppelzentner wird der Festmeter tatsächlich nur mit 5-0,72 ı) Der Forstwirtschaftsrat hatte für geschnittenes und beschlagenes Holz das Verhältnis 1 fm = 500 kg vorgeschlagen. a III. Verzollungsmaßstab. 709 —=3,60 M. belastet und nicht, wie im Tarif angenommen ist, mit 4,32 M. a) In dem Handelsblatt für Walderzeugnisse 1899 No. 48 wird u. a. fol- gendes wirklichen Verhältnissen entnommenes Beispiel angeführt: 10 Wagen- ladungen Fichtenbretter mit 116000 kg Gewicht und 253,5 fm Masse (1 {fm —= 458 kg) zahlten bei einem Zoll von 0,80 M. pro dz: Gewichtszoll 1160,0-0,80 — 928,00 M., Festmeterzoll 253,5-4,80 — 1216,20 M. Die Verzollung nach dem Gewicht brachte also dem Importeur 288,20 M. Gewinn im Vergleich zur Fest- meterverzollung, d.i. pro Wagenladung 28,32 M. b) Nach den vom Verein ostdeutscher Holzhändler dem Reichskanzler im Jahre 1901 zur Verfügung gestellten Frachtausweisen für den Bezug geschnit- tenen und gebeilten Holzes aus Galizien ergibt sich folgendes Gewicht: Gewicht pro Festmeter Festmeter in kg pro Waggon Mittel Minimum Maximum Mittel Eichen. ... 55 Waggon 970 563 1316 10,3 Kiefern . . 195 Es 600 478 794 16,7 Fichten ... 7 s 595 493 562 18,7 Elan, . ... 10 " 680 642 730 14,7 Von den 195 Waggons Kiefernschnittware wiesen 71 ein Gewicht von über 600 kg (614—794) pro Festmeter auf, 124 von unter 600 kg (595—478); von letzteren nur 1 Waggon mit weniger als 500 kg. Alle diese Zahlen sind auffallend hoch. — Vgl. auch den Geschäftsbericht des Vereins ostdeutscher Holzhändler und Holzindustrieller zu Berlin für das Jahr 1900. Wohlau 1901. c) Das Kiefernrundholz wird meistens in viel grünerem Zustande ver- frachtet als Fichtenrundholz, weil es rasch verschnitten werden muß, wenn es nicht blau werden soll. Da es an sich spezifisch schwerer ist als Fichtenholz, wiegt der Festmeter mehr als 600 kg. Aus einer mir vom Verein ostdeutscher Holzhändler und Holzindustriellen zur Verfügung gestellten Zusammenstellung des Gewichts und Kubikinhaltes von 100 Waggons Kiefernrundholz — meist Doppelwaggons — ergibt sich für den Festmeter ein mittleres Gewicht von 760 kg mit Schwankungen zwischen 600 und 833 kg. Fichtenrundholz ist, weil es vor dem Transport länger lagern und daher besser austrocknen kann, bedeutend leichter. Nach den Angaben süddeutscher Händler wiegt der Festmeter beim Bahntransport 590—625 kg. Selbstverständlich kommt es auch auf die Stärke des Holzes an. Schwaches Holz trocknet in der gleichen Zeit besser aus wie starkes. Praktisch steht daher die Sache so, daß für den Importeur von Kiefernrundholz die Verzollung nach Festmetern auch in Zukunft vorteilhafter sein wird als die Gewichts- verzollung; beim Fichtenrundholz führen beide Verzollungsmaßstäbe zu dem gleichen Ergebnis. Den größten Nutzen aus diesem Verhältnis ziehen die Im- porteure der per Floß eingehenden russischen und galizischen Kiefernrund- hölzer, die nur nach Festmeter verzollt werden. Der süddeutsche und rheini- sche Holzhandel, welcher aus Österreich hauptsächlich Fichtenrundholz per Bahn bezieht und den Gewichtszoll bezahlt, hat weder Vorteil noch Schaden. 710: Holzzoll. IV. Bedeutung der Holzzölle.') Die deutschen Holzzölle bilden einen integrierenden Bestand- teil der Zollgesetzgebung und sind wie diese ein Ausfluß der in einzelnen Zeitperioden herrschenden wirtschaftlichen Strömungen und Zustände. Als im Jahre 1865 das Freihandelssystem in Deutsch- land zum Durchbruch kam, galt es für ganz selbstverständlich, daß auch die Holzeinfuhrzölle fallen mußten, und als dann 1879 wieder das Schutzzollsystem zum obersten Wirtschaftsprinzip er- hoben wurde, wurden die Holzzölle als notwendiges Glied „in Kon- sequenz der Zölle auf Zerealien und andere Erzeugnisse der Land- wirtschaft“ (Motive) in dasselbe wieder aufgenommen. Eine autonome Ausnahmestellung haben also die Holzzölle im Handelssystem nie- mals eingenommen und werden sie voraussichtlich auch niemals einnehmen. Die Holzzölle haben seit ihrer Wiedereinführung im Jahre 1879 in erster Linie den Charakter eines Schutzzolles zugunsten der deutschen Waldwirtschaft. Durch dieselben soll die Renta- bilität der Waldwirtschaft gehoben werden, sei es, daß das fremde Nutzholz infolge des Zolles überhaupt vom deutschen Markt zurück- gedrängt werde und durch die hierdurch veranlaßte stärkere Nach- frage nach inländischem Nutzholze die Holzpreise in die Höhe gehen, sei es, daß das Ausland wenigstens außerstand gesetzt werde, sein Holz zu Schleuderpreisen innerhalb der deutschen Zollgrenzen abzusetzen und damit auch die Preise der heimischen Produktion zu drücken. Der Übergang vom Freihandel zum Schutzzoll und der um- gekehrte Vorgang vollzieht sich immer unter schweren Kämpfen. Daher wurde auch die Holzzollfrage vor dem Jahre 1879 und dann wieder bis zum Jahre 1885 viel lebhafter in der Öffentlich- keit diskutiert als gegenwärtig. Im Hinblick auf die eng ver- schlungenen Handelsbeziehungen zwischen dem Inlande- und Aus- lande und die Vielheit der Personen, welche entweder bei der Erzeugung oder beim Verbrauch oder bei der Vermittlung des Holzes im Handelsverkehr interessiert sind, erscheint es von vorn- herein begreiflich, daß ein Wirtschaftssystem, welches alle Leute befriedigt, nicht festgesetzt werden kann. Bei jedem Schutzzoll auf bodenwirtschaftliche Erzeugnisse stehen sich Produzent und Konsument als direkteste Gegner gegenüber. Der Waldbesitzer sucht durch möglichste Unschädlichmachung der fremden Kon- kurrenz hohe Holzpreise zu erzielen, der Holzkonsument durch ') Vgl. auch mein Referat auf der Wiesbadener Forstversammlung 1900. IV. Bedeutung der Holzzölle. 711 reiche Zufuhr möglichst billig zu kaufen. Zwischen diesen steht eine ganze Reihe von Interessenten (Holzindustrielle, Holzhändler, Handelsplätze an den Zollgrenzen usw.), die aus Geschäftsrück- sichten bald der Zollfreiheit, bald dem Schutzzoll für alle Hölzer oder nur für bestimmte Sortimente das Wort reden. Die Säge- industrie wünscht keinen Rundholzzoll, aber einen hohen Schnitt- holzzoll, der Schnittholzhändler einen Zolltarif im umgekehrten Sinne usw. Die Wirkung der Holzzölle auf die Rentabilität der deutschen Waldwirtschaft darf nicht überschätzt werden. Die Holzzölle bilden gewiß ein beachtenswertes Mittel zur Her- stellung eines gesunden Gleichgewichtes zwischen der inländischen Holzproduktion und der ausländischen, mit billigeren Holzpreisen und niedrigeren Arbeitslöhnen arbeitenden Konkurrenz, allein die Erfüllung aller Wünsche darf der Waldbesitzer vom Holzzoll nicht erhoffen. Zunächst ist das Ausland beim Holz mehr wie bei anderen bodenwirtschaftlichen Erzeugnissen in der Lage, die Zollbelastung durch entsprechend billig gestellte Waldholzpreise wieder auszu- gleichen, also den Zoll ganz oder teilweise selbst zu tragen. Dann ist die Holzeinfuhrfrage mehr eine Frachtfrage als eine Zollfrage. Den importierenden Ländern stehen außerordentlich billig benutz- bare Wasserstraßen zur Verfügung, auf denen zwei Drittel bis drei Viertel aller eingeführten Hölzer bis zur deutschen Zollgrenze ge- langen. Und Österreich-Ungarn, welches auf den Bahntransport noch am meisten angewiesen ist, ist mit den Eisenbahntarifen für den Holztransport bis an die Grenze des noch Möglichen herunter- gegangen.') Auch Rußland hat die Holzfrachttarife auf jenen Bahnen, welche in die Ostseehäfen münden, ganz außerordentlich ermäßigt. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß die Möglichkeit der Ein- fuhr von fremdem Holz nicht nur von der billigen Anfuhr bis zur Zollgrenze und von der Zollbelastung abhängt, sondern auch von den Transportkosten, welche die Verfrachtung des Holzes von der Zollstation bis zum Verbrauchsorte verursacht. Innerhalb Deutsch- lands wird bedeutend mehr Holz auf der Eisenbahn als auf dem Wasser befördert. Der Eisenbahntransport dagegen stieg von 10,8 Mill. Festmeter im Jahre 1885 auf 25 Mill. Festmeter im Jahre 1903. Die Eisenbahnfrachttarife für Holz spielen daher die wichtigste Rolle für den Handel mit inländischen und ausländischen Hölzern. Dies erhellt schon daraus, daß die 1892er Zollsätze den Eisenbahnfrachtkosten auf folgende Entfernungen gleichkommen: 1) Die Frachtkosten für einen Waggon Bretter von Czernowitz nach Frankfurt a. M. betrugen z. B. 1878 570 M., 1888 455 M., 1899 317 M. 7193 Holzzoll. in Preußen in Süddeutschland beim Rohnutzholz . . . . „. .„ auf 33 km 45 km „ Jlängsachsig beschlagenem Holz „ 59 „ 82°5 „ Behnlitnutsihole 1,7. ia pm BRD 225 „ Von ganz besonderer Bedeutung ist nun der Umstand, daß alles in das deutsche Zollgebiet eingeführte Holz auf den deutschen Eisenbahnen und Wasserstraßen zu denselben Tarifsätzen be- fördert wird wie das inländische Erzeugnis. Hierzu sind die deutschen Eisenbahnverwaltungen verpflichtet auf Grund der Handelsverträge (auch 1904/05) mit Österreich-Ungarn, Rußland und Belgien. Nicht gebunden sind allerdings die Eisenbahntarife gegenüber den eingeführten Waren skandinavischen und amerika- nischen Ursprunges. Allein solange Deutschland österreichisch- ungarisches und russisches Holz eisenbahntarifarisch ebenso be- handelt wie das einheimische, kann es die schwedisch-norwegische Ware nicht mit höheren Tarifen belasten, ohne seitens dieser Staaten Retorsionsmaßregeln zu riskieren. Das amerikanische Holz zahlt teilweise höhere Frachtkosten auf den deutschen Eisenbahnen wie das mitteleuropäische. Diese Gleichstellung des ausländischen Holzes in der Bahn- fracht mit dem inländischen hat den großen Nachteil, daß alle Tarifherabsetzungen auch dem ausländischen Holze zugute kommen und dasselbe noch in erhöhtem Maße anlocken. Dieselben bilden daher immer ein zweischneidiges Schwert, und die Durchführung zweckentsprechender Tarifreformen für den inländischen Holzver- kehr scheiterte bisher stets an dieser Tatsache. Auch in dem Kampf um das Sein oder Nichtsein der Wasserstraßen spielt bekanntlich die Furcht vor der ausländischen Konkurrenz die Hauptrolle. Würde es möglich gemacht werden können, die Eisenbahn- tarife und Wasserstraßenabgaben für ausländisches Holz beliebig höher festzusetzen wie jene für inländisches Holz, dann brauchte das Deutsche Reich überhaupt keinen Holzzoll.e. Und es wäre da- mit der große Vorteil erreicht, den Holzimport zeitlich und örtlich ganz nach Bedürfnis regulieren zu können. Der Zoll ist an allen deutschen Grenzen der gleiche; er wird nach gleichen Grundsätzen erhoben beim Eingang des Holzes nach Bayern, welches selbst Holzexportland ist, wie beim Übertritt nach dem holzbedürftigen Sachsen. Mit differenzierten Eisenbahntarifen könnte man immer und überall helfend eingreifen, wann und wo es nottut, sowohl den Bedürfnissen der Industrie wie den Forderungen der Wald- besitzer in gleichem Maße gerecht werdend. Die Zölle auf die Erzeugnisse der Landwirtschaft und Forstwirtschaft dürfen nicht unter dem gleichen Gesichts- IV. Bedeutung der Holzzölle. 7179 punkte beurteilt werden. Zwischen der forstlichen und land- wirtschaftlichen Produktion bestehen nicht bloß technisch, sondern auch wirtschaftlich so erhebliche Unterschiede, daß die Forstwirt- schaft auf völlige Gleichberechtigung mit der Landwirtschaft einer- seits und besondere wirtschaftliche Beurteilung andererseits vollen Anspruch erheben kann. a) Die forstliche Produktion ist in Deutschland jährlich so ziemlich immer die gleiche. Auch bezüglich der Nutzholzausbeute werden wir nächstens auf dem unter den gegenwärtigen Waldver- hältnissen höchstmöglichen Punkt angelangt sein. Mehranfälle in- folge von Kalamitäten werden wenigstens in den Staats- und Ge- meindewaldungen, die hier als Regulatoren wirken, durch geringeren Einschlag wieder ausgeglichen. Auch die Qualität des jährlichen Einschlages ist im großen und ganzen immer die gleiche. Das Maß des Bedarfes an ausländischem Holze hängt lediglich von dem Blühen oder Darniederliegen der Industrie und des wirtschaftlichen Lebens ab. Daher ist und bleibt die Holzeinfuhr ein Wertmesser für den Zustand der inneren wirtschaftlichen Verhältnisse. Die landwirtschaftlichen Krisen der letzten Zeit sind an der Forstwirt- schaft spurlos vorübergegangen, nicht aber die industriellen Krisen. Bezüglich der landwirtschaftlichen Produkte ist die Sach- lage anders. Der Nahrungsbedarf pro Kopf ist — innerhalb kür- zerer Perioden wenigstens — im Durchschnitte derselbe. Der Ge- samtbedarf in absoluter Menge nimmt zu wie die Bevölkerungs- ziffer. Ob wir zur Ergänzung der inländischen Produktion jährlich mehr oder weniger aus dem Auslande zukaufen müssen, hängt von dem Ausfall der Ernte ab, deren Erträgnis eben jährlich so- wohl nach Qualität wie nach Quantität schwankt. Die größere Einfuhr an landwirtschaftlichen Produkten ist daher nicht ein Zeichen wirtschaftlichen Aufschwunges, sondern die Folge schlechter Ernten und einer damit zusammenhängenden mißlichen Lage der Land- wirtschaft. b) Für die landwirtschaftlichen Produkte gibt es einen Welt- marktpreis, der ein Ausfluß der Ergiebigkeit der Ernte in allen dasselbe Produkt bauenden Ländern ist. Die lokalen Preise hängen von denselben ab und differieren im großen und ganzen nicht sehr viel. In der Forstwirtschaft ist von einem Weltmarktpreise keine Rede, weil die geographische Lage des Waldes zunächst der preis- bestimmende Faktor ist und die jetzt vorhandenen Vorräte des Auslandes Produktionskosten nicht verursacht haben. Die Unter- schiede der Holzpreise sind schon in den verschiedenen Gegenden Deutschlands viel größer als die der Getreidepreise (s. 8. 62f.). ce) Die Landwirtschaft kann jährlich nicht mehr auf den Markt 714 : Holzzoll. bringen als das, was jährlich wächst. Andererseits muß sie jähr- lich ernten und verkaufen, was produziert ist, ohne Rücksicht auf die Höhe der Preise. Aufspeicherung von Vorräten auf längere Zeit ist unmöglich. Eine geordnete Forstwirtschaft kann zwar auch nicht mehr bieten als jährlich zuwächst. Aber sie ist auch nicht gezwungen, den jährlichen Ertrag zu nutzen; sie kann ihn auf- speichern, kann zuwarten, Vorräte ansammeln. Im Falle der Not kann sie mehr bieten als zuwächst, indem sie aus dem Vorrats- kapital schöpft, welches die jährliche Rente hervorbringt. d) In der Forstwirtschaft, die arbeitsextensiv ist, spielt die Arbeiterfrage eine geringere Rolle wie in der Landwirtschaft. e) Die Forstwirtschaft kann sich nicht von einem Jahre auf das andere den veränderten Marktkonjunkturen anpassen in bezug auf die Nachzucht ihrer Produkte wie die Landwirtschaft. Während daher in der Landwirtschaft der Zollschutz eine unmittelbare Wir- kung auf die Intensität und Wahl der Fruchtart ausüben kann, fehlt der Forstwirtschaft diese Beweglichkeit. f) Zweifellos ist, daß der Konsument durch Nutzholzzölle un- gleich weniger belastet wird als durch die Zölle auf landwirt- schaftliche Produkte. Namentlich lastet auf den Holzzöllen nicht wie auf den Lebensmittelzöllen das Odium der Bedrückung der är- meren Bevölkerung. Der kleine Mann tritt in der Regel nur einmal in seinem Leben als Nutzholzkonsument auf, nämlich wenn er sich einen eigenen Haushalt gründet. Danckelmann (Nutzholzzölle 121) hat nun nachgewiesen, daß der Holzver- brauch zur ersten Einrichtung einer Arbeiterfamilie 0,66 fm Bretter oder auf Rundholz umgerechnet 1,1 fm Rundholz beträgt. Hierfür berechnet sich bei den 1892er Zollsätzen ein Rohholzzoll von 1,32 M. und ein Bretterzoll von 3,17 M. Es genügt also ein Tagelohn, um die Zollbelastung, die der Arbeiter für sein ganzes Leben einmal zu tragen hat — unter der Voraussetzung, daß der Zoll wirklich ganz auf den Konsumenten abgewälzt wird — aufzubringen. Wenn von sozialdemokratischer Seite noch hinzugefügt wird, daß sogar der Sarg des Arbeiters verteuert wird, so liegt darin eine jener geschmacklosen UÜbertreibungen, die bei Zollkämpfen gang und gäbe sind. Neben dem Schutzzweck kommt dem Holzzoll auch die Be- deutung eines Finanzzolles zu, d. h. er dient dazu, dem Reiche Einkünfte zu verschaffen. Solange der Haushalt des Deutschen Reiches im wesentlichen auf den Einnahmen aus Zöllen und in- direkten Steuern aufgebaut ist, werden bei der Bemessung der Holzzölle auch finanzpolitische Gesichtspunkte maßgebend sein müssen. In der Begründung des Tarifes von 1879 wird der Fi- nanzzweck sogar als erstes Motiv hingestellt. Der Finanzzweck kommt namentlich bei der Verzollung der sog. außereuropäischen Hölzer zum Ausdruck. Der Ertrag der Holzzölle steht unter den Zollerträgen der En V. Gründe für und gegen den Holzzoll. 715 übrigen Waren an 4.—5. Stelle (Getreide, Petroleum, Kaffee, Wein, Holz) und betrug in Millionen Mark von 1884—89 3,1, 5,1, 6,9;,, 8,9,,.10,5,; 13,4; von 1890-99 13,1,; 11,8,, 12,5, 12,3, 10,6, 10,6, 12,6, 15,6, 17,9, 18,9; 1900 19,8, 1901 16,9, 1902 16,4, 1903 19,8. Zu dem gesamten Zollertrag steuerten die Holzzölle 3,0 bis 3,8°/, bei. V. Gründe für und gegen den Holzzoll. Die Wirkungen einer auf veränderte Grundlagen aufgebauten Handelspolitik lassen sich vor Beginn derselben nicht mit Sicher- heit voraussagen. Insofern haben die streitenden Parteien leichtes Spiel, weil jede derselben ihren Standpunkt mit mehr oder weniger unbewiesenen Behauptungen zu decken sucht und mangels eines aktuellen Gegenbeweises auch decken kann. Von diesem Ge- sichtspunkte aus sind auch die folgenden, in die ersten Schutzzoll- zeiten zurückreichenden Gründe zu beurteilen, welche die Frei- händler und Schutzzöller zur Deckung ihres Programmes in die Wagschale legten.') Eine Reihe derselben ist durch die bessere Erkenntnis der wirklichen Sachlage im Laufe der Zeit hinfällig geworden. Und dann darf man auch nicht vergessen, daß in den Zollkämpfen von 1878 bis 1885 die Beantwortung der Frage, ob die Zollbelastung der Holzeinfuhr wirklich notwendig und vom volkswirtschaftlichen Standpunkte aus rätlich ist, ungleich schwie- riger und unsicherer war als gegenwärtig. Es fehlte damals an einer zuverlässigen auf längere Zeiträume zurückreichenden Handels- statistik. Man konnte nicht ahnen, ob der enorme wirtschaftliche Aufschwung in Mitte der 70er Jahre und der rasch folgende Nieder- gang normale wirtschaftliche Erscheinungen waren und wie sich die Dinge weiter entwickeln werden. Endlich war man sich über die Leistungsfähigkeit der deutschen Waldwirtschaft noch vollständig im unklaren, ebenso über die Leistungsfähigkeit und die Entwick- lung der Eisenbahnen (Tarife, Kleinbahnen). Auch die wesentliche Unterstützung, welche die Forstwirtschaft durch den sich immer mehr steigernden Verbrauch von Papier-- und Grubenholz er- fahren hat, konnte in den 70er Jahren noch nicht vorausgesehen werden. !) Vgl. Danckelmann, Die deutschen Nutzholzzölle, Berlin 1883. — Lehr, Die deutschen Holzzölle und deren Erhöhung, Frankfurt 1883. — Lehr, Die neuen deutschen Holzzölle in Suppl. V der Jahrb. für National- ökonomie u. Statistik. Selbständig erschienen Jena 1880. 716 : Holzzoll. 1. Gründe gegen den Holzzoll. 1. Zollbelastung von Rohstoffen sei von Übel, weil durch die dadurch eintretende Verteuerung derselben, hier des Holzes, die Exportindustrie und der Zwischenhandel geschädigt werden. Eine künstlich hervorgerufene Überteuerung von Rohstoffen ist gewiß volkswirtschaftlich schädlich. Eine solche wird durch die jetzigen Zölle beim Nutzholz aber nicht veranlaßt. 2. Das in Deutschland erzeugte Holz sei der Menge nach un- zureichend und der Qualität nach ungenügend. Ersteres Argument ist zutreffend, letzteres nicht für die Massen- verbrauchshölzer. Das nordische Kiefernholz ist z. B. besser, das polnische dagegen viel schlechter als das einheimische. 3: Die Eigenschwere des Holzes seiein genügendes Schutzmittel gegen zu große Einfuhr. Wie der bisherige Verlauf der Holzhandelsbewegung zeigt, trifft diese Unterstellung nicht zu. Weassertransport und Eisenbahn- tarifpolitik gleichen alle natürlichen Hindernisse aus. 4. Da durch die „Raubwirtschaft“ der importierenden Länder die Holzvorräte bald erschöpft würden, gehe die Einfuhr von selbst zurück. Auch werde das Ausland mit wachsender Bevölkerung und Industrie sein Holz selbst verbrauchen. Wenn man warten wollte, bis dieser Zustand wirklich eintritt, dürfte man auf viele Generationen hinaus keinen Holzzoll er- heben. Inzwischen könnte die deutsche Waldwirtschaft vollständig zugrunde gerichtet sein. Die vollständige Erschöpfung der aus- ländischen Holzvorräte würde übrigens für Deutschland ein natio- nales Unglück bedeuten (s. S. 611). 5. Hohe Holzpreise im Inlande verursachten Übernutzung und Waldabschwendung. Diese Argumentation ist in dieser Allgemeinheit nicht haltbar, Daß ein Gut, welches seinem Besitzer viel einbringt, von diesem besser gepflegt und sorgsamer behütet wird, ist schon in der wirt- schaftlichen Natur des Menschen begründet. Wenn der Waldbe- sitzer sein Holz nur zu niedrigen Preisen verkaufen kann, wird er bestrebt sein, den Wald auszustocken und Landwirtschaft zu treiben. Und umgekehrt regen hohe Holzpreise zu Neuaufforstungen an. Dieser letztere Prozeß vollzieht sich gerade in der Gegenwart. — Braucht der Waldbesitzer 4000 M Bargeld, dann muß er bei einem durchschnittlichen Holzpreis von 10 M pro fm 400 fm nutzen, beträgt aber der Holzpreis 16 M pro fm, dann genügen 250 fm. Übernutzungen und Abholzungen in größerem Maßstabe ohne Rücksicht auf die Zukunft bilden die regelmäßigen Begleiterschei- V. Gründe für und gegen den Holzzoll. 77 nungen allgemeiner wirtschaftlicher Krisen, namentlich von solchen in der Landwirtschaft, und unsolider Spekulationszeiten. Wenn es dem Grundbesitzer schlecht geht, greift er auf seine Sparkasse, den Wald, zurück, mögen die Holzpreise hoch oder niedrig sein. Richtig ist, daß hohe Holzpreise das Geschäft der sog. Güter- schlächter erleichtern. 6. Der Holzzoll begünstige den Großgrundbesitz auf Kosten ‘ der Gesamtheit des Volkes und vor allem des kleinen Mannes. Es ist richtig, daß die größeren Grundbesitzer, zu denen hier auch der Fiskus, die Gemeinden und Stiftungen zählen, den Haupt- vorteil aus dem Holzzoll ziehen. Es gibt aber in Süd- und West- deutschland sehr viele waldbesitzende kleine Bauern, die ihr Holz nicht in der eigenen Wirtschaft aufbrauchen, sondern verkaufen und in Zeiten der Not und vermehrten Geldbedarfes verkaufen müssen. Außerdem ist aber hervorzuheben, daß auch der Groß- grundbesitzer als Urproduzent ein Recht auf den Schutz seiner Er- zeugnisse gegen die ausländische Schleuderkonkurrenz hat. 7. Künstlich hinaufgeschraubte Holzpreise hätten die vermehrte Verwendung von Surrogaten (Eisen, Stein usw.) zur Folge. Dazu ist zu bemerken, daß Holz für sehr viele Verwendungs- zwecke unersetzbar ist und daß ein Land um so mehr Holz ver- braucht, je größer der Verbrauch von Eisen und Stein ist. 8. Der Exporthandel der Ostseehäfen werde geschädigt wie überhaupt der Zwischenhandel. Dieses Argument trifft nur für den Anfang einer Zollpe- riode zu. 2. Gründe für den Holzzoll. 1. Durch Erschwerung der Holzeinfuhr werde die Rentabilität der heimischen Forstwirtschaft gehoben. Die Beurteilung dieses Grundes ergibt sich aus dem früher Gesagten. 2. Niedrige Holzpreise hätten Waldausstockung und Vernach- lässigung der Waldwirtschaft zur Folge und drängten in Notjahren zur Übernutzung (s. oben). 3. Deutschland könne seinen Holzbedarf durch eigene Pro- duktion befriedigen. Dieses Argument ist zweifellos unzutreffend. 4. Die Produktionsbedingungen der deutschen Waldwirtschaft seien ungünstiger wie die des Auslandes; dieses habe geringere Arbeitslöhne und Transportkosten, schöpfe aus aufgespeicherten Vorräten und könne das Holz auch zu niedersten Preisen liefern. Diese Gründe sind zutreffend. Wenn dagegen oft noch hinzu- iR Holzzoll. gesetzt wird, daß der deutsche Waldbesitzer die gesetzliche Pflicht der Walderhaltung habe und außerdem noch besonders durch die Schutzwaldgesetzgebung eingeengt werde, so ist dem entgegenzu- halten, daß alle europäischen Exportstaaten nunmehr Forstpolizei- gesetze haben und andererseits gerade in Deutschland der größte Teil der Privatwaldungen weder gegen Rodung noch Verwüstung geschützt ist. 5) Schutz für die nationale Arbeit: niedere Waldrente bedinge niedere Löhne. Die Einfuhr von zugerichtetem Holz bringe den deutschen Arbeiter um die Arbeitsgelegenheit und schädige die Sägeindustrie. VI. Gestaltung der Holzzölle. Die Frage, ob die bisherigen Holzzölle die von ihnen erhoffte günstige Wirkung auf die Preise und den Absatz des inländischen Holzes tatsächlich ausgeübt haben, läßt sich wie folgt beantworten. Die Holzeinfuhr wurde durch die Zölle nicht zurückgedrängt; dieselbe ist ungeachtet aller Zölle stets gestiegen. Aber auf die Holzpreise wirkten sie insofern günstig, als sie das Ausland hinderten, mehr Holz nach Deutschland zu senden als dessen jeweiliger Be- darf ist. Dadurch wurde erreicht, daß die natürliche Preissteige- rung, welche der Waldbesitzer als Folge des Mehrverbrauchs von Holz seitens der holzverarbeitenden Industrie erwarten konnte, durch übermäßiges ausländisches Angebot nicht hintangehalten wurde. Die Holzzölle haben also auf die Holzpreise weniger direkt erhöhend als ausgleichend gewirkt und einen unnatürlichen Preis- rückgang verhindert. Würden die Holzzölle aufgehoben, dann würde Deutschland durch die in den letzten Jahren im Auslande mit großem Kapital gegründeten Holzhandelsgesellschaften mit Holz, namentlich mit bearbeitetem, überschwemmt werden und ein allgemeiner Preisdruck wäre die nächste Folge. Die Zollbelastung erhöht das Risiko des Importeurs. Wenn in flauen Geschäftszeiten die Verkäuflichkeit des eingeführten Holzes in Frage gestellt ist, dann wirkt der Zoll am drückendsten. Im September 1901 ging z. B. der Import aus Rumänien, Galizien usw. wesentlich zurück, weil die inländischen Lager überfüllt waren. Da der Zollbetrag sich gleich bleibt, belastet er den Impor- teur um so stärker, je tiefer die inländischen Holzpreise stehen. Hohe Holzpreise dagegen locken das fremde Holz an. Das Fallen und Steigen der Nutzholzeinfuhr läuft daher mit dem Sinken und Steigen der inländischen Holzpreise vollständig parallel. Würde rn a AA ll nn LU VI. Gestaltung der Holzzölle. 719 mehr Holz eingeführt werden als man jeweils braucht, dann müßte ein Zurückgehen der Holzpreise die Folge sein. Angesichts dieser regulierenden Wirkung der Holzzölle hat da- her der Waldbesitzer von einer Zunahme der Holzeinfuhr nicht unter allen Umständen Schlimmes zu befürchten. Im Gegenteil, es ist die zunehmende Holzeinfuhr bei hohen und steigenden inlän- dischen Holzpreisen ein erfreuliches Zeichen wirtschaftlichen Auf- schwunges. Ein Rückgang der Holzeinfuhr ist gleichbedeutend mit einem Rückgang der Industrie und des gesamten wirtschaftlichen Lebens. Wenn die deutsche Forstwirtschaft den inländischen Holzbedarf durch eigene Produktion nicht decken kann, dann verbieten sich Holzzölle von einer Höhe, welche die Einfuhr ausschließen oder doch wesentlich erschweren, von selbst. Andererseits darf der Waldbesitz und die Holzindustrie der ausländischen Konkurrenz nicht schutzlos oder doch nicht genügend geschützt preisgegeben werden. Die Zollpolitik ist daher auf einen vermittelnden Stand- punkt angewiesen. 1. Rohnutzholz (Rundholz). Der Zoll hierfür betrug von 1879—1885 0,10 M., von 1885—1906 0,20 M pro dz. In den Handelsverträgen wurde er wieder auf 0,12 M. herabgesetzt. Der bisherige mäßige Zoll von 0,20 M. war nicht imstande, das freınde Rundholz vom deutschen Markte auszuschließen. Aber einen guten Dienst hat er trotzdem der deutschen Waldwirtschaft erwiesen: er schützte namentlich die Grenzgebiete gegen die Konkurrenz der ausländischen minderwertigen Nutzhölzer. Die holzverbrauchenden Gewerbe konnten den Zoll ohne Schädigung ihrer inländischen Abnehmer und ihrer Exportfähigkeit tragen. Für eine Erhöhung des bisherigen Rohholzzolles in den neuen Handelsverträgen lag keine dringende Notwendigkeit vor. Eine geringe Erhöhung würde auf die Einfuhr und die inländischen Holzpreise wirkungslos sein. Eine beträchtliche Erhöhung aber, die durch Zurückdrängung des Rundholzes eine Art Holznot und eine unnatürliche Preissteigerung zur Folge haben müßte, würde die heimische Industrie und das Gewerbe schwer schädigen. Die Sägeindustrie des östlichen Preußens kann ohne russisches Rund- holz, die sächsische, süddeutsche und rheinische Sägeindustrie ohne österreichisches nicht existieren. Auch ein großer Teil der Sägeindu- strie in Bayern, welches selbst Holzexportland ist, ist auf den Bezug von Rundholz aus Oberösterreich, dem Salzkammergut und Tirol angewiesen. Durch eine wesentliche Erhöhung der Rohholzzölle 720 Holzzoll. würde ein großer Teil der mittleren und kleinen Sägebetriebe, die für den heimischen Holzkonsum von Bedeutung sind, lahm gelegt werden. Für den Rundholzimport nach dem deutschen Reich kommen nur Rußland und Österreich-Ungarn in Betracht, weil der See- transport des Rundholzes zu teuer ist. Nun ist es zweifellos, daß für die Zukunft noch eine Steigerung der Einfuhr aus den ge- nannten Staaten eintreten wird, es ist aber nicht zu befürchten, daß dieselbe einen für die deutsche Waldwirtschaft bedrohlichen Charakter annehmen und ins Ungemessene fortschreiten wird. Das Streben beider Länder wird und muß in Zukunft immer mehr darauf gerichtet sein, ihr Holz in verarbeitetem Zustande dem Aus- land zuzuführen. In Österreich wird die Entwicklung der Säge- industrie dem Rohholzexport Einhalt tun, um so mehr, als der Bahntransport von Rohholz auf sehr weite Entfernungen sich nicht mehr lohnt. Wenn Rußland seinen Rohholzexport nach Deutschland — dieses kommt hierfür allein in Betracht — noch mehr steigern will, muß es in entferntere, dem Verkehr noch nicht erschlossene Waldgebiete zurückgreifen, wodurch die Transportkosten bis zu den floßbaren Wasserstraßen unverhältnismäßig hoch werden. Wenn somit zu einer wesentlichen Erhöhung des Rohholzzolles keine Veranlassung bestand, so war andererseits vom forstpolitischen Gesichtspunkte aus auch die Herabsetzung desselben von 0,20 auf 0,12 M., also um 40°/,, in den neuen Handelsverträgen nicht an- gezeigt. Damit ist eine unnötige Erleichterung des Rohholzimportes geschaffen worden, die es ermöglicht, auch geringwertiges Material, dem bisher der deutsche Markt verschlossen war, demselben in größeren Mengen zuzuführen. Gegenüber höherwertigem Material ist ein Zoll von 12 M.pro Wagenladung überhaupt wirkungslos. Zu konstatieren ist, daß die Holzindustriellen die Herabsetzung des Rohholzzolles nicht einmal ernstlich gefordert haben. 2. Schnittnutzholz. Das Schnittnutzholz ist auf dem Weltholzmarkte wegen des leichteren Gewichtes und des höheren Wertes viel beweglicher als das Rundholz. Der Zoll hierfür betrug von 1879—1885 0,25 M., von 1885— 1892 1 M., von 1892—1906 0,80 M. pro dz und wurde in den neuen Han- delsverträgen auf 0, 72 M. erniedrigt. Seit Beginn der Schutzzoll- gesetzgebung zahlt also Schnittholz einen höheren Zoll als Rohholz, und zwar nominell nach dem Tarife von 1879 den 2'/, fachen, 1885 den fünffachen, 1892 den vierfachen, 1906 den sechsfachen Betrag. Der höhere Zoll für bearbeitetes Holz bezweckt den Schutz } Hr © ade en VI. Gestaltung der Holzzölle. 721 der deutschen Arbeit wie nicht minder den des deutschen Waldes. Um das richtige Spannungsverhältnis zwischen Schnittholz- und Rohholzzoll zu berechnen, müssen alle jene Momente, die dem Schnittholz beim Übergang über die Zollgrenze besondere Zoller- leichterung verschaffen, sowie die im Schnittholz steeckenden Ar- beitslöhne berücksichtigt werden. Demnach kommt in Betracht: 1. Der Abfall, der sich bei der Herstellung des Schnittholzes aus dem Rohnutzholz ergibt. Derselbe beträgt rund 35°/,, die Aus- beute also 65°/, (bei primitiveren Sägen nur 60°/,). Verarbeitet der Importeur eine Wagenladung Nadel-Rundholz zu 10000 kg unmittelbar vor der Zollgrenze und sendet er die daraus hergestellte Schnittware nach Deutschland unmittelbar nach dem Verschnitt, so hat er nur 6500 kg zu verzollen. 2. Das geringere Gewicht des Schnittholzes gegenüber dem Rohnutzholz. Ein Kubikmeter ausgetrocknetes Schnittholz wiegt rund 20°/, weniger als ein Kubikmeter Rohholz. Läßt der genannte Importeur das Schnittholz vor dem Übergang über die Zollgrenze austrocknen — er versäumt das selbstverständlich nie —, dann verlieren die 6500 kg an Gewicht 6500.0,20 = 1300kg. Es verbleiben also zur Verzollung nur 6500 — 1300 kg—=5200kg, dies sind 52°/, des Rohholzgewichtes. Wenn wir als runde Zahl 50°/, annehmen, dann ist also mit Rücksicht auf den Abfall und das Gewicht die Schnittware doppelt so hoch mit Zoll zu belasten wie das Rundholz, d. h. der Rund- holzzoll ist um 100°/, zu erhöhen. 3. Der Rückersatz des Arbeitslohnes. Der Schnittholz- zoll muß so bemessen sein, daß auch der dem deutschen Säger entgehende Verdienst in demselben enthalten ist. Die Angaben der Sägemüller über die Höhe des Schneide- lohnes gehen vielfach auseinander. Es kommt natürlich auf die Höhe der örtlichen Arbeitslöhne, Geschicklichkeit der Arbeiter, Güte der Sägeeinrichtungen, Kraftbeschaffung, Kapitalkraft des Unternehmers und auf die Art der Rechnung an, die der Unternehmer aufstellt. Nimmt man als Schneidekosten für den Kubikmeter Nadel- holz rund 4M an, dann entfallen auf die Wagenladung zu 10000 kg —=16fm 64M. Arbeitslohn und auf den Doppelzentner 64Pf. Bei 5M. treffen auf den Doppelzentner 80 Pf. Somit haben wir, wenn der Rundholzzoll 20 Pf. pro dz beträgt, folgende Rechnung: Rundholz = 0,20 M. ad. 1. und 2. 100°/, 0,20 , ad. 3. Schneidekosten 0,80 „ Zusammen 1,20 M. Endres, Forstpolitik, 46 I 722 Holzzoll. Andere Momente, wie z. B. den Vorteil, welchen das Schnitt- holz bei der Eisenbahnfracht nach verschiedenen Richtungen hin hat, noch in Rechnung zu ziehen, ist nicht richtig. Hier ein rich- tiges Verhältnis zwischen Rundholz und Schnittholz herzustellen, ist Sache der Eisenbahntarifpolitik. Übrigens darf nicht unerwähnt bleiben, daß die Schnittholzhändler beim Wassertransport schlechter daran sind als die Rundholzhändler, weil das Schnittholz nicht ge- flößt werden kann. Der Gewichtszoll für Schnittholz soll daher, wie aus vor- stehender Berechnung hervorgeht, das Sechsfache des Rund- holzzolles betragen. In dem 1892er Vertragstarif war dieses Spannungsverhältnis nicht gewahrt, sondern der Schnittholzzoll be- trug nur das Vierfache des Rundholzzolles. In den Vertragstarifen von 1906 ist jedoch das Verhältnis 1:6 gemäß dem Antrage des Forstwirtschaftsrates aufrechterhalten, die einzige Verbesserung von Bedeutung, die diesen Tarifen vom forstpolitischen Gesichtspunkte aus nachgesagt werden kann. Das Spannungsverhältnis von 1:6 wird aber nur dem Gewichte nach eintreten. Wenn der Festmeter Schnittholz 500kg wiegt an- statt der im Zolltarif angenommenen 600 kg, dann beträgt der Rundholzzoll pro fm 0,72 M, der Schnittholzzoll tatsächlich nur 3,60 M. pro fm (s. S. 708). Das Verhältnis des Festmeterzolles ist also 1:5. Nach dem 1892 Tarif war derselbe unter dieser Voraussetzungen 1:3?/, (nämlich 4,00 :1,20— 3,33). Forstpolitisch ist der Zoll auf Schnittholz viel wichtiger als jener für Rundholz. Alle exportierenden Staaten haben das größte Interesse daran, ihr Holz in bereits vorgearbeitetem Zustande ins Ausland zu senden. Die schwedische und russische Sägeindustrie beruht fast ausschließlich auf großkapitalistischer Grundlage, die österreichische zum großen Teil. Die Konkurrenzfähigkeit ist da- durch auf eine sehr mächtige Basis gestellt. Dazu kommt, daß die Transportfähigkeit des Schnittholzes wegen seines leichten Gewichtes und hohen Wertes schon auf der Eisenbahn, vollends aber auf dem Seeweg fast an keine räumlichen Entfernungen gebunden ist. Schnittholz kann aus den entlegensten Waldwinkeln bis zum nächsten größeren Verkehrswege gebracht werden. Und die nie- deren österreichischen und russischen Eisenbahntarife sorgen dafür, daß dem Weitertransport keine Schranken gezogen werden. Der bisherige 1892er Schnittholzzoll war an sich und nament- lich im Hinblick darauf zu nieder, daß er nicht im richtigen Ver- hältnis zum Rohholzzoll stand. Daher ist die Schnittholzeinfuhr nach Deutschland in den letzten 20 Jahren relativ viel mehr ge- stiegen als die Rohholzeinfuhr. In den Vertragstarifen von 1906 VI. Gestaltung der Holzzölle. 723 ist zwar das richtige Verhältnis zwischen Schnitt- und Rohholzzoll hergestellt. Dasselbe wirkt aber nur dann, wenn der Rohholzzoll eine bestimmte Höhe hat. Indem derselbe auf 0,12 M. herabgesetzt wurde, mußte zur Herstellung des Gleichgewichts auch der Schnitt- holzzoll von 0,80 auf 0,72 M. ermäßigt werden. Die Tatsache, daß der Importeur vom März 1906 ab anstatt 80M. pro Wagenladung nur 72M. Zoll zu zahlen hat, wird ihre Wirkung nach der Richtung einer Einfuhrzunahme nicht verfehlen. Am meisten gewinnt dadurch Österreich und am meisten verliert dadurch Süddeutschland, voran Bayern, und zwar hauptsächlich durch die Erleichterung der Kon- kurrenz des österreichischen Holzes mit dem süddeutschen auf dem rheinischen Markt. Zur Wahrung der Interessen der heimischen Waldwirtschaft wäre ein Rohholzzoll von 0,20M. und ein Schnitt- holzzoll von 1,20 M. angebracht gewesen, wie er vom deutschen Forstverein vorgeschlagen war. Auch ein zu hoher Schnittholzzoll wäre nicht zu befürworten. Er hat einmal die Errichtung von Sägewerken mit fremdem Kapital und wo- möglich mit fremden billigen Arbeitskräften längs der inländischen Zollgrenze zur Folge. Darunter hätte natürlich die heimische Sägeindustrie schwer zu leiden. Ferner würde die dauernde Erschwerung oder gar die Ausschließung des Schnittwarenimports auch die Neugründung von Sägewerken und den in- tensiveren Betrieb der bestehenden über ganz Deutschland zur Folge haben, wodurch leicht Überproduktion eintreten könnte und schon bei leichten wirt- schaftlichen Krisen der Zusammenbruch der gesamten Sägeindustrie zu ge- wärtigen wäre. Ein richtig bemessener Schnittholzzoll, der die Einfuhr nur dann möglich macht, wenn im Inlande Bedarf vorhanden ist und so gleichsam wie ein Ventil wirkt, ist das beste Präservativ gegen Überproduktion im Inlande. Auch der Waldwirtschaft würde ein sperrender Schnittholzzoll nicht dauernd nützlich sein. Der Waldbesitzer würde dadurch auf Gnade und Un- gnade dem Sägemüller ausgeliefert. Gewiß würden durch den Ausschluß der ausländischen Konkurrenz die inländischen Waldholzpreise zunächst anziehen, ja wahrscheinlich sprungweise in die Höhe schnellen. Ob aber die Säge- industrie dauernd diese hohen Waldholzpreise zahlen würde, scheint doch zweifelhaft, weil die Sägewerke durch Kartellbildungen die Rohholzpreise drücken könnten. Ist eine Vereinigung aller bedeutenden Sägeindustriellen innerhalb größerer Gebiete zu diesem Zwecke geschaffen und die fremde Kon- kurrenz nicht mehr zu fürchten, dann diktieren die Sägemüller nicht bloß dem Konsumenten den Preis, sondern auch dem Waldbesitzer. Sie machen den Holzpreis im Walde und werden ohne großen Profit nicht mehr arbeiten, um so mehr, als sie das Rundholz billig aus dem Auslande beziehen können. — Eine in mäßigen Grenzen sich haltende ausländische Konkurrenz wirkt aus- gleichend, belebend, anspornend. Wir wollen eine blühende Sägeindustrie, aber nicht eine alleinherrschende. Gegen hohe Schnittholzzölle haben sich auch die importierenden Staaten energisch gewehrt, weil eben ein großer Teil ihrer Sägeindustrie dadurch lahm gelegt würde. Gelegentlich der Vorbereitung der kommenden Handelsverträge wurde von den österreichischen Holzindustriellen die Regierung aufgefordert, 46* 724 Holzzoll. auf die Ausfuhr von Rundholz von über 20 cm Zopfstärke einen Zoll von 1,42 Kronen (=10°/, des Wertes) und auf die Ausfuhr von Papierholz bis zu 20 cm am dicken Ende einen Zoll von 3,56 Kronen pro Festmeter zu legen, Auch sonstige Erschwerungen des Holzexportes, wie Erhöhung der Bahnfracht für das ins Ausland gehende Rohholz, Besteuerung der in Österreich Handel treibenden fremden Holzfirmen, strengste Handhabung der Forstpolizei, Bevor- zugung der österreichischen Holzindustriellen bei den Holzverkäufen in den Staatsforsten, werden in Vorschlag gebracht. Diese Maßregeln waren nur gegen Deutschland gerichtet für den Fall, daß Deutschland die bestehenden Schnittholzzölle erhöhen sollte. Im Programm der österreichischen Holz- industriellen stand sogar die Aufhebung des jetzigen Unterschiedes zwischen den Schnittholz- und Rohholzzöllen. Die österreichischen Waldbesitzer mach- ten aber gegen die Durchführung dieses Vorschlages energisch Front. Auch in Rußland machten sich schon Stimmen geltend für Erschwerung der Holzausfuhr aus den westlichen Gouvernements. Dieselben sind aber nicht ernst zu nehmen, weil Rußland noch auf geraume Zeit hin sein Holz in Roh- holzform exportieren muß. Die im Schlußprotokoll zum Zusatzvertrag v. 1904 von der russischen Regierung übernommene Verpflichtung, wäh- rend der Dauer dieses Vertrages weder Ausfuhrzölle auf rohes oder behauenes Holz einzuführen noch die Ausfuhr derartigen Holzes zu verbieten, ist daher kein Zugeständnis von Bedeutung. 3. Längsachsig beschlagenes Holz. Für die zollpolitische Behandlung bildet das beschlagene Holz eines der schwierigsten Objekte. Der 1879er Tarif behandelte das- selbe wie das Rohnutzholz. Im Jahre 1885 wurden beide Sorti- mente getrennt und ersteres wurde mit einem Zoll von 0,40 M. pro dz belegt. Im Vertragstarif von 1892 wurde der Zoll auf 0,30 M. heruntergesetzt und im Vertragstarif von 1906 noch weiter auf 0,24 M. Bei der bisherigen Zollgesetzgebung ging man von der Ansicht aus, daß im Auslande das Holz nicht zu dem Zwecke be- schlagen werde, um damit ein zu sofortiger Verwendung fertiges Fabrikat herzustellen, sondern um durch Beseitigen eines unbrauch- baren Ballastes (Schwarte) das Holz geeigneter für den Transport zu machen. Man betrachtete diese Hölzer mehr als Rohsortimente und bewertete die auf dieselbe verwendete Arbeit nur mit einem geringen Zollansatz. Oft sind diese Hölzer auch nicht auf die ganze Stammlänge und auch nicht auf allen vier Seiten beschlagen. In den letzten Jahren haben sich indessen die Verhältnisse, soweit der österreichische Import in Betracht kommt, wesentlich geändert. Im Baugewerbe kommt man immer mehr auf die Ein- führung von Normalprofilen für Bauhölzer (Balken, Sparren usw.), wodurch es möglich wird, die beschlagenen Hölzer ebenso wie die gesägten auf Vorrat in gebrauchsfertigem kantigem Zustande her- zustellen und ausgetrocknet über die Grenze zu bringen. Wir haben es also mit einem Material zu tun, das in vielen Fällen zoll- er Zi ee Be ee TEE en VII. Zollbegünstigungen und Warenverkehr. 725 politisch ebenso zu beurteilen ist wie das Schnittholz. Aus Ruß- land kommt allerdings noch viel Material herein, welches in Deutsch- land erst noch nachgearbeitet werden muß. Bisher kam es auch . vor, daß im Auslande gesägtes Holz, namentlich Eisenbahnschwellen, vor der Einfuhr noch etwas mit der Axt bearbeitet wurde, um es als beschlagenes Holz zu dem billigeren Zollsatze importieren zu können. Die Relation zwischen dem Gewichtszoll auf beschlagenes und geschnittenes Holz war nach dem 1892er Tarif 1: 2,7, in dem 1906er Tarif ist es auf 1:3 festgesetzt. Sie hat sich mithin zuungunsten des beschlagenen Holzes etwas verschoben. Aber absolut beträgt die Zollherabsetzung 0,06M., d.s. 20°/,. Zu dem beschlagenen Holz zählt nun von 1906 ab auch das bewaldrechtete, welches nach dem 1892er Tarif als Rohholz ver- zollt wurde. Die Eisenbahnschwellen, welche beschlagen oder nur auf einer Längsseite gesägt sind, werden wie bisher auch in Zukunft nach den Sätzen des beschlagenen Holzes verzoll. Das Zuge- ständnis eines einmaligen Sägeschnittes ist im 1906er Tarif neu. Der größte Teil der Schwellen muß aus dem Ausland bezogen werden. Dagegen fallen die Naben, Felgen und Speichen von 1906 ab nicht mehr unter das beschlagene Holz wie bisher, sondern sind nach den Sätzen des Schnittholzes zu verzollen. VII Zollbegünstigungen und Warenverkehr. 1. Begleitscheine. Im Interesse der Verkehrserleichterung ist es ge- stattet, den Zollbetrag nicht bloß beim Übergang zollpflichtiger Waren über die Zollinie, d.h. beim Grenzzollamt, sondern auch bei einem der inländischen Zoll- ämter zu begleichen. Diesem letzteren Zweck dienen die Ladungsverzeichnisse (im Eisenbahnverkehr) oder Begleitscheine. Man versteht darunter eine zollamtliche Ausfertigung für aus dem Ausland eingehende Waren, welche nicht an der Grenze, sondern erst an dem inländischen Bestimmungsort ver- steuert werden sollen. Begleitschein I hat den Zweck, den richtigen Ein- gang der über die Grenze eingeführten Ware am inländischen Bestimmungsort behufs Zollfestsetzung oder die Wiederausfuhr solcher Waren, sei es von Nieder- lagen oder bei sofortiger Weiterversendung, zu sichern. Dagegen dient Be- gleitschein II dazu, die Erhebung des durch spezielle Revision an der Grenze genau ermittelten und festgestellten Zollbetrags einem andern Zollamt im Innern zur Vereinnahmung zu überweisen. Nach der V. des Bundesrats vom 10. Juni 1893 ist in den Begleitscheinen das Herkunftsland der Ware und im Falle der Ausfuhr das Land der Bestimmung anzugeben (VZG. $ 33, Regulativ 9. Juli 1888). 726 ° Holzzoll. 2. Niederlagen. Niederlagen sind inländische Räume, in welchen die die aus dem Auslande bezogenen zollpflichtigen Waren (Holz) auf Lager ge- bracht werden können, ohne daß für dieselben zunächst Zoll bezahlt wird. Derselbe wird einstweilen zur Last geschrieben; er wird nur erhoben, wenn das Holz von den Niederlagen entnommen und dem inländischen Verbrauch zugeführt wird („in den freien Verkehr“ tritt), dagegen wird er abgeschrieben, wenn das Holz nach dem Auslande abgesetzt wird. Man unterscheidet: A. Öffentliche Niederlagen. Dieselben befinden sich an allen wich- tigeren Handelsplätzen und bei den Hauptämtern an der Grenze. Sie gliedern sich in allgemeine Niederlagen (Packhöfe, Hallen, Lagerhäuser), beschränkte und freie Niederlagen, welch letztere jetzt als Freibezirke (in Bremen, Brake, Stettin, Neufahrwasser) erscheinen und zollgesetzlich als Ausland behandelt werden (VZG. $ 97 £f.). B. Privatläger. Dieselben sind Niederlagen in Privaträumen. Zu denselben zählen die Transitlager, die für Holz seit 1879 ohne amtlichen Mitverschluß zugelassen sind. Die Transitlager von nicht gehobeltem Bau- und Nutzholz (Tarifges. 1902) ohne Mitverschluß der Zollbehörde scheiden sich nach dem Holzlagerregulativ 11. Nov. 1897 in: a) Reine Transitlager, wenn das Holz ausschließlich zum Absatz in das Zollausland oder zum Baue, zur Reparatur oder zur Ausrüstung von See- schiffen bestimmt ist. Die Lagerung des Holzes in nicht abgeschlossenen Räumen, auch im Wasser, kann gestattet werden; die Lagerplätze müssen jedoch in erkennbarer Weise bezeichnet sein. Eine Behandlung der Hölzer innerhalb des Lagers, durch welche weder Zahl noch Festmetergehalt der ein- zelnen Stücke verändert wird, ist zulässig ohne Anmeldung. Eine anderweitige Behandlung (Bearbeitung) bedarf der Erlaubnis der Zollbehörde. Nach den Tarifges. v. 1379, 1885 u. 1902 ist es auch zulässig, die Hölzer zeitweise ans dem Lager zu entnehmen und, nachdem sie einer Behandlung unterlegen haben, durch die sie unter den Begriff des mit einem höheren Zoll belegten Bau- und Nutzholzes oder einer groben rohen Holzware fallen, in das Lager zurück- zuführen. Für die bei der Bearbeitung entstandenen Abfälle wird, wenn die bearbeiteten Hölzer oder hergestellten Holzwaren in das Ausland ausgeführt oder zum Baue, zur Reparatur oder zur Ausrüstung von Seeschiffen verwendet werden, Nachlaß an dem zur Last geschriebenen Zoll gewährt (Zolltarifges. v. 1885 u. 1902). Die gesetzliche Abfallvergütung wird von der zur Bearbeitung entnommenen Rohholzmenge berechnet; sie beträgt nach dem Regulativ v. 1897: a) für Säge- und Schnittwaren, vier- und mehrseitig in der Längsachse geschnit- ten: a) in der ganzen Länge gleich stark und breit 33%/,°/,, ß) nicht gleich stark und breit 20°/,; b) für ungesäumte Bretter 20 °/,; c) für gesägte Four- niere 50°/,; d) für Hobelarbeit 15°/,; e) in allen übrigen Fällen 7!/,°/, des dazu verwendeten Rohholzes. b) Gemischte Transitlager, wenn das Holz auch zum Absatz im Zollgebiete bestimmt ist. An welchen Orten solche gestattet werden dürfen, bestimmt der Bundesrat. Das Bedürfnis nach einem solchen ist von Fall zu Fall besonders nachzuweisen, Auf ein gemischtes Transitlager darf auch in- ländisches zollfreies Holz gebracht werden. Denselben Gewerbetreibenden darf ein reines und ein gemischtes Transitlager für Holz an einem Orte nicht be- willigt werden. Im übrigen gelten die Vorschriften für die reinen Transitlager. Der Niederlagenverkehr in Bau- und Nutzholz ist sehr bedeutend. Es betrug in 1000 Tonnen: Die Einfuhr auf Niederlagen 1898 1031, 1903 958, die Einfuhr von Niederlagen in den freien Verkehr 1898 717, 1903 613, die Ausfuhr von Niederlagen 1898 326, 1903 274. VI. Zollbegünstigungen und Warenverkehr. 727 3. Veredlungsverkehr. Der Veredlungsverkehr mit Holz beschränkt sich auf den „kleinen Grenzverkehr“ (s. S. 706) mit Österreich und der Schweiz. Es betrug in 1000 Tonnen: 1898 1903 1904 Einf. Ausf. Einf, Ausf. Einf, Ausf. Bohnutzholz .. . 117 0,6 134 — 219 _ Beschlagenes Holz 44 6,4 84 3 83 1 Schnittholz . ... 18 69 21 30 19 37 4. Warenverkehr. Der größte Teil des über die deutsche Zollgrenze transportierten Holzes wird beim Grenzzollamt oder beim Zollamt des Be- stimmungsortes sofort verzollt und tritt damit „in den freien Verkehr.“ (Der Zoll kann auch auf drei Monate gestundet werden. Zolltarifges. 1902 $ 12.) Ein anderer Teil wird zunächst unverzollt auf Niederlagen verbracht und wird erst dann verzollt, wenn er in den freien inländischen Verkehr tritt, oder er geht unverzollt in das Ausland. Ferner wird fremdes Holz über das deutsche Zollgebiet nach einem anderen Lande verfrachtet — Durchfuhrverkehr. Nach der Reichsstatistik wird daher der auswärtige Handel getrennt in: A. Generalhandel. Derselbe umfaßt die gesamte Güterbewegung über die Grenzen des deutschen Zollgebietes, also Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr. Im speziellen umfaßt derselbe a) bei der Einfuhr: die Einfuhr in den freien Verkehr mit Ausnahme der von Freibezirken und Niederlagen; die Einfuhr im Veredelungsverkehr; die Einfuhr in Freibezirke und auf Niederlagen; die direkte Durchfuhr; b) bei der Ausfuhr: die Ausfuhr aus dem freien Verkehr; die Ausfuhr im Veredelungsverkehr; die Ausfuhr aus Freibezirken, von Nie- derlagen; die direkte Durchfuhr. B. Gesamteigenhandel umfaßt dieselben Positionen wie der General- handel jedoch ohne die Durchfuhr. Er begreift also alle Waren mit Ausnahme der Durchfuhrwaren in sich, die im Laufe eines Jahres sowohl im freien wie im gebundenen (Niederlagen-) Verkehr in das Zollgebiet ein- oder aus demselben ausgeführt werden. C. Spezialhandel. Derselbe begreift in sich a) bei der Einfuhr: die Einfuhr in den freien Verkehr, unmittelbar oder mit Begleitpapieren; die Ein- fuhr in den freien Verkehr von Freibezirken und Niederlagen; die Einfuhr zur Veredelung auf inländische Rechnung unter Zollkontrolle; b) bei der Ausfuhr: die Ausfuhr aus dem freien Verkehr; die Ausfuhr nach der Veredelung auf inländische Rechnung unter Zollkontrolle. — Der Spezialhandel verzeichnet also diejenigen Waren, welche im Laufe eines Jahres zum Verbrauch in den freien Verkehr des Zollgebietes eingeführt oder als inländische Erzeugnisse bzw. durch vorherige Verzollung oder zollfreie Ablassung nationalisierte Waren aus dem freien Verkehr des Zollgebietes ausgeführt werden. In der Einfuhr des Spezialhandels sind daher zum Teil Waren enthalten, die bereits in frü- heren Jahren in das Zollgebiet eingingen und erst im Laufe des Jahres (aus Niederlagen usw.) nach Verzollung in den freien Verkehr übergeführt wurden. — Da der Spezialhandel nachweist, wieviel ausländisches Holz innerhab eines Jahres im Inlande verbraucht wurde, ist er forst- politisch wichtiger als der Gesamteigenhandel. a - Holzzoll. VIII. Der Zoll auf Gerbrinde und Quebracho.') A. Die Einfuhr von Gerbrinde war bis 1879 zollfrei. Von 1879—1892 wurden 0,50 M. pro dz Zoll erhoben. Im dem Vertrags- tarif von 1892 wurde die Einfuhr zollfrei erklärt, und auch der Vertragstarif von 1906 hält an der Zollfreiheit fest. Die Schäl- waldfläche im Deutschen Reich betrug 1900 446537 ha (s. 8. 35); den Rindenertrag derselben kann man pro Jahr auf 800000 dz annehmen. Die statistischen Erhebungen von 1900 ergaben einen Rindenertrag von 134626 fm—1009695 dz (1fm lufttrocken—1,5dz), d. s. pro ha 2,26 dz.. Aus den Detailanschreibungen ergibt sich aber, daß in einzelnen Staaten (Württemberg) auch die Alteichen- rinde mitgerechnet wurde. Von 1898—1904 wurden jährlich rund 1000000 dz „Holzborke und Gerberlohe“ mehr eingeführt als aus- geführt. Da die Einfuhr zum überwiegenden Teil aus Eichenrinde besteht, würden bei Unterstellung eines jährlichen Durchschnitts- ertrages von 3,5 Zentner Rinde pro ha Schälwald 570000 ha Schäl- waldfläche über die vorhandene hinaus notwendig sein, wenn diese Mehreinfuhrmenge im Deutschen Reiche selbst erzeugt werden sollte. Die Rindenpreise sinken seit der Mitte der 70er Jahre fort- während. Der Grund hierfür liegt weniger in der Einfuhr von ausländischer Eichenrinde, die seit dem Jahre 1888 sich ungefähr gleich blieb, als in der Verwendung von Surrogaten und vor allem von Quebrachoholz und Quebrachoextrakt. Rindenpreise pro Zentner (50 kg) für die beste Rinde auf den wichtigsten Rindenmärkten in Mark. | Heil- Kreuz- | Kaisers- Hirsch Heidi: Siegener Jahr horn bronn nach lautern St. Goar ber Hau- (Hessen) | 8 berge 1870 8 _ — — _ _ — 1871 8,14 _ _— _ _ — 1872 7,89 — — _ _ _ — 1873 7,80 — — —_ _ _ — 1874 7,89 — —_ — — _ _ 1) Jentsch, Der deutsche Eichenschälwald und seine Zukunft, Berlin 1899 (die beste existierende Monographie). — Bericht über die 26. Vers. deutscher Forstmänner in Breslau 1898. Berlin 1899. Hierzu die Gegenschrift: Der Gerbmaterialienzoll. Denkschrift des Zentralvereins der deutschen Leder- industrie. Berlin 1899. — Schenck, Die Rentabilität des deutschen Eichen- schälwaldes. Darmstadt 1899. — Bericht über die 1. Hauptvers. des deutschen Forstvereins zu Wiesbaden 1900. Berlin 1901. — Mitt. d. deutschen Forst- vereins, 1. Jahrg. 1900, No. 5. — Zeitschr. „Aus dem Walde“ 1900, 65 u. 115. VIII. Der Zoll auf Gerbrinde und Quebracho. 729 Hirsch- 2 R x Siegener Jahr horn en ae ea St. Goar at Hau- (Hessen) | Pronn nac autern erg et NENNT ABSEN NUHR SEEN BRE BM 1 EREN FIR ONE IRETBLECIER SAN WENBEEN SBEREDN ERSAERTA PORINEL SER TARER 206 185 | 88% Di si a = rn es 1876 9,79 8,14 8,91 8,48 — 9,06 9,50 1877 9,25 7,14 8,54 Yan! — 9,17 7,70 .1878 7,38 6,56 8,54 6,20 — 7,47 7,00 1879 9,74 5,24 5,43 5,19 — 6,46 6,00 T—————————— ı880 | 674 | 580 | 6542 | 59 634 | 697 | 616 ıssı | 650 | 532 | 53 | 566 | 58 | 62 | 59% 1882 7,17 5,70 6,78 6,04 6,26 7,61 6,00 1883 6,76 6,20 6,83 6,23 6,84 6,93 6,12 1884 | 705 | 570 | 682 | 6a | 678 | 716 | 619 is 690 | 580 | 580 | 827.| 660 | es 1890 6,42 5,35 6,06 er 6,42 6,88 6,30 1891 6,63 5,40 5,96 6,02 5,85 6,60 6,10 1892 5,33 4,70 5,00 5,10 6,00 ran 5,70 1893 6,23 4,45 4,65 4,39 5,07 5,50 5,00 1894 6,07 4,65 4,77 4,36 5,00 5,48 a 1895 6,33 4,80 5,08 4,80 5,50 6,50 5,34 1896 6,07 4,55 4,60 4,90 5,00 5,29 1897 5,13 4,00 4,30 4,50 4,10 5,00 1898 5,22 4,60 4,65 4,50 | 1900 5,30 = 4,24 4,09 re I Bi 1901 5,09 u 4.24 5,42 = Rn wie 1902 4.94 u RL A Eu 2 er 1903 4,45 2“ L IE u MR 2 Von diesen Preisen, die sich auf Normalrinde von ca. 16jährigen Lohden beziehen, sind noch die Kosten für das Schälen in Abzug zu bringen, die rund 2 M. pro Zentner betragen, und je nach den örtlichen Arbeitslöhnen zwischen 1,80 M. und 2,40 M. schwanken. Die schlechteren Rinden sind entsprechend billiger. An vielen Orten wurden in den letzten Jahren Rindenmärkte über- haupt nicht mehr abgehalten wegen Mangels an Käufern, so in Heilbronn, Heidelberg, St. Goar. Die vorstehenden Preise für Hirschhorn nach Heß in A.F. u.J. Z. 1904, 313, die übrigen bis 1898 nach Jentsch, Der deutsche Eichenschälwald S.5. — Bezüglich der Preise vor 1870 s. Lehr, Holzzölle, 1880, 521. B. Das Quebrachoholz kommt aus den südamerikanischen Staaten Argentinien und Paraguay. Den meisten Gerbstoff enthält der rote Quebrachobaum Quebracho colorado (wissenschaftlicher 730. Holzzoll. Name Loxopterygium Lorentzii), der weiße Quebracho (blanco) ist gerbstoffärmer. Die Stammstücke, welche ins Ausland gehen, heißen „Rollizos“ im Gegensatz zu dem Quebrachoextrakt. Die Ausfuhr von verraspeltem Holz (Späne, „Asserin“) mußte wegen der In- anspruchnahme eines zu großen Schiffsraumes fast ganz aufgegeben werden. Die Extraktfabrikation hat in der letzten Zeit einen nam- haften Aufschwung genommen. Der Extrakt kommt als harte Masse in den Handel. Aus 100 kg Holz werden 50 kg flüssiger oder 25 kg harter Extrakt gewonnen. — Außerdem liefert Que- brachoholz auch gute Eisenbahnschwellen. Quebrachoholz hat einen Gerbstoffgehalt bis zu 27°/, (mittel 20°/,), Extrakt einen solehen von 63—70°/,. Als reinen Gerbstoff gewinnt man höchstens 17 °/, des Gewichts des extrahierten Holzes. Obwohl daher das Ausbeuteergebnis bei der Extraktbereitung hinter dem Gerbstoffgehalt des Holzes zurücksteht, wird der Extrakt bei der Gerberei doch bevorzugt, weil der Sättigungsgrad der mit Extrakt hergestellten Gerbbrühe jeden Augenblick festgestellt wer- den kann. Bei der Gerbung mit Holzlohe ist dies nicht möglich.) Die Ausfuhr von Quebrachoholz aus Argentinien allein betrug 1888 7000, 1902 245000, 1903 200000 Tonnen, die Ausfuhr von Extrakt 1895 402, 1902 9099, 1903 12040 Tonnen, die Ausfuhr von Asserin 1894 1170, 1902 6 Tonnen. Das meiste Quebrachoholz geht nach England, der meiste Extrakt nach Deutschland. Zerkleinertes Quebrachoholz wurde erstmals 1867 in Paris aus- gestellt, demnächst auf der Lederindustrieausstellung in Berlin (Jentsch). In der deutschen Handelsstatistik ist zum erstenmal im Jahr 1885 eine Einfuhr von 5304 Tonnen nachgewiesen; bis dahin wurde dieses Holz den anderen Gerbmitteln zugezählt. Vom Jahre 1888 zeigt sich bereits ein merklicher Aufschwung, und im Jahre 1904 betrug die Einfuhr 124000 Tonnen. Die Ausfuhr ist gering. Der Quebrachögerbstoff ist billiger als Eichengerbstoff, kürzt die Dauer des Gerbprozesses erheblich ab und verbilligt die Leder- fabrikation ganz enorm. Auf der Verwendung des Quebracho- gerbstoffes beruht der gewaltige Aufschwung der deutschen Leder- industrie, die damit in großkapitalistische Hände überging und auf eine ganz andere Grundlage gestellt wurde. Ganz rein wird Que- bracho zur Gerbung nicht verwendet. Es wird mit Eichenrinde und anderen Gerbmitteln kombiniert. Andererseits existieren noch viele, auch größere Gerbereien, die nur mit Eichenrinde und Fichten- rinde arbeiten, da nicht alle Ledersorten mit Quebracho hergestellt werden können. Fichtenrinde hat viele Säure und wird daher nur 1) Berichte über Handel u. Industrie 1904, 288 ff. — Vgl. auch Jentsch, Eichenschälwald, 62. > ee ee a — III. Der Zoll auf Gerbrinde und Quebracho, 731 in beschränkterem Maße und mit anderen Gerbstoffen gemischt ver- wendet. Im allgemeinen ist das mit Quebracho gegerbte Leder minderwertiger als das mit Rinde hergestellte. Außer Quebracho, welches der Eichenrinde zurzeit am meisten Konkurrenz macht, werden in der Gerberei noch eine ganze Reihe anderer Gerbmittel, wie Baumrinden, Früchte, Extrakte usw. verbraucht, und zwar ebenfalls in immer steigendem Maße. Die Zahl der von ausländi- schen Bäumen und Sträuchen herrührenden Gerbstoffe scheint auch noch nicht erschöpft zu sein. Dazu kommt die Mineralgerbung. Die Einfuhr von Quebrachoholz (zerkleinert und unzerkleinert) war vor dem 1. März 1906 zollfrei. In dem autonomen Tarif von 1902 ist ein Zoll von 7 M. pro dz vorgesehen, in den Handelsver- trägen 1906 wurde derselbe auf 2 M. herabgesetzt. Die übrigen Gerbmittel sind entweder auch mit 2 M. belastet oder sie sind zollfrei (s. S. 703). Die Einführung eines Quebrachozolles wurde seit dem Anfang der 90er Jahre wiederholt gefordert. Das preußische Abgeordnetenhaus faßte am 7. Mai 1894, der deutsche Reichstag am 2. Mai 1895 in diesem Sinne Beschluß, ebenso die bayerische Kammer der Abgeordneten am 8. April 1896. Der Bundesrat hat jedoch nach eingehender Prüfung der Frage am 14. Okt. 1896 beschlossen, von einem Quebrachozoll abzusehen. Der Staatssekretär des Reichsschatzamtes begründete in der Reichstagssitzung v. 20. Jan. 1897 diese Ablehnung damit, daß die Einführung eines Zolles auf überseeische Gerbstoffe kaum zu überwindende zolltechnische Schwierigkeiten bieten würde und wegen der zollfreien Einfuhr der europäischen Gerbstoffe die Rindenpreise doch nicht erhöhen, wohl aber die deutsche Lederindustrie schädigen würde. In dem- selben Sinne sprach sich der preußische Handelsminister am 1. März 1897 im Abgeordnetenhaus aus.!) Seitens der Regierung wurde die Regelung der Frage bei dem Abschlusse der neuen Handelsverträge versprochen. Die 26. Vers. deutsch. Forstmänner zu Breslau faßte am 24. Aug. 1898 den Beschluß, daß für die ausländischen Gerbmaterialien, insbesondere das Quebrachoholz und die Extrakte, nach Ablauf der bestehenden Handels- verträge „eine wirksame Zollbelastung“ unentbehrlich sei. — Der deutsche Forst- verein brachte auf seiner Versammlung zu Wiesbaden 1900 folgende Zölle in Vorschlag: Eichenrinde 0,50 M., Nadelholzrinde 1,00 M., übrige Rinden 0,50 M., Quebrachoholz 10 M. pro dz (gegen vielseitigen Widerspruch), Gerbstoffauszüge 0,50 M. pro kg nutzbaren Gerbstoffes, sonstige Gerbstoffe frei. In dem Zoll- tarifentwurf von 1901 hatte die Reichsregierung folgende Zölle eingesetzt: Gerbrinden 0,50 M., Quebrachoholz 1,00 M., andere Gerbmittel frei. — Die Beichstagskommission erhöhte diese Sätze namentlich mit Rücksicht auf die rheinischen Schälwaldbetriebe auf 1,50 M. für Gerbrinde, 7 M. für Que- brachoholz, 3M. für die übrigen Gerbmittel pro dz. Diese Zollsätze gingen auch in den Zolltarif vom 25. Dez. 1902 über. In den Vertragstarifen von 1904/05 wurde der Quebrachozoll wieder auf 2 M. pro dz herabgesetzt. C. Forstpolitisch und volkswirtschaftlich dürfte die Eichenschälwaldfrage wie folgt zu beurteilen sein. Die 1) Vgl. Jentsch, Eichenschälwald 260f. — Gg. von Mayr in von Stengels Wörterbuch 3. Erg.-B. 326. 732 - Holzzoll. deutschen Waldungen, in erster Linie die eigentlichen Eichenschäl- waldungen, sind nicht entfernt imstande, den für die deutsche Lederfabrikation notwendigen Gerbstoff zu liefern; die einheimische Produktion beträgt höchstens '/,—'/, des Gesamtbedarfes. Außer- dem wird die ausländische Eichenrinde von den deutschen Gerbern deswegen bevorzugt, weil dieselbe sowohl qualitativ an sich als infolge der zweckentsprechenderen Gewinnung und Trocknung besser ist, weniger säuert, und von den Rindenhändlern auf be- quemere Weise jederzeit in beliebig großen und gut sortierten Mengen bezogen werden kann als die deutsche Rinde. Es wird von den Gerbern nicht in Abrede gestellt, daß es auch in Deutschland Schälwaldgebiete gibt, die ebenso gute Rinde erzeugen, wie die ungarischen, französischen und belgischen. Aber gerade in bezug auf die Behandlung der Rinde und auf die Verkaufsusancen wer- den von den Gerbern gegen die deutschen Schälwaldbesitzer schwere Vorwürfe erhoben. Nicht zu leugnen ist auch, daß sehr viele deutsche Schälwaldungen forsttechnisch verwahrlost sind und der rationellen Pflege entbehren. Es gibt viele Schälwaldungen, in denen mehr sog. Raumholz (Haseln usw.) vorhanden ist als Eichenlohden. Der Standort der Eichenschälwaldungen wird fast ausschließ- lich durch die Milde des Klimas bedingt. Die Bodengüte spielt eine untergeordnetere Rolle, und tatsächlich stocken die meisten Schälwaldungen auf absolutem Waldboden. Derselbe würde auch bei anderer forstlicher Benutzung nur eine mittlere und kleinere forst- liche Rente abwerfen. Dieser Gesichtspunkt ist im Auge zu be- halten. Bei den hohen Rindenpreisen in den 1870er Jahren gab es keine forstliche Betriebsart, deren Rentabilität die des Eichen- schälwaldes erreicht hätte. Infolge des dauernden Sinkens der Rindenpreise ist aber die Rente des Schälwaldbetriebes zurzeit auf mindestens die Hälfte ihres früheren Betrages herabgesunken und das Ende dieses Niederganges scheint noch nicht erreicht zu sein. Wenn man aber erwägt, daß auf den meisten Schäldwaldstandorten auch der Nadelholzbetrieb nur bescheidene Einnahmen abwerfen wird, und daß die Umwandlung des Schälwaldes in Nadelholz- oder Laubholzhochwald für den jetzigen und die nächstfolgenden Besitzer die völlige Verzichtleistung auf jede Einnahme bedeutet, so kann man der fluchtartigen Aufgabe der Schälwaldwirtschaft nicht das Wort reden. Bei richtiger Rechnung wird man auf den für die Schälwaldwirtschaft gut geeigneten Standorten unter Voraussetzung einer verständigen Betriebsführung und kaufmännischer Gesichts- punkte bei Nutzung und Verwertung der Rinde immer noch eine Rentabilität erreichen, welche jener der Hochwaldwirtschaft auf VIII. Der Zoll auf Gerbrinde und Quebracho. 7133 diesen Standorten nicht nachsteht, namentlich auch infolge des Steigens der Preise für Schälholz. Auf jenen Lagen, welche für den Schälwaldbetrieb in minderem Maße geeignet sind, ist es daher angezeigt, neben der Rindenproduktion das Schwergewicht auf die Brennholzproduktion zu legen. Dies wird erreicht durch Erhöhung der Umtriebe auf ca. 25 Jahre. Auch Eichenüberhälter, die Wagner- holz, Grubenholz usw. liefern, können die Rente erhöhen. Die Schälwaldwirtschaft bietet volks- und privatwirtschaftlich unendlich viele Vorteile. Auch auf einer kleinen Fläche ist ein jährlicher Betrieb vermöge der kurzen Umtriebszeit von 15—20 Jahren möglich. Die Aushaltung eines großen Holzvorrates fällt hier weg. Nach dem Abhieb kann der Boden 1—2 Jahre land- wirtschaftlich benutzt werden, die Streu-, Weide- und Grasnutzung soll hier nicht besonders betont werden, da deren Ausübung nicht wünschenswert ist. Die Kulturkosten sind sehr gering. Bei der alle 15—20 Jahre wiederkehrenden Nutzung derselben Fläche bietet das Schälen für viele Arbeitskräfte, auch für Frauen und Kinder, reiche Arbeitsgelegenheit. Dazu kommt der Transport der Rinde und des Holzes. Der Schälwald ist der arbeitsintensivste Betrieb der Forstwirtschaft. Die heutige Eichenschälwaldwirtschaft geht nicht über das 18. Jahrh. zurück. Bis dahin wurde die Rinde von Eichen, Fichten usw., wie sie beim Hiebe anfiel, zum Gerben verwendet. — Auch in den Siegener Haubergen war bis zum 18. Jahrh. das Wirtschaftsziel auf die Gewinnung von Kohlholz (für die Eisenhütten), Brennholz, Weide, Gras, Streu und auf den Anbau von Roggen oder Buchweizen gerichtet. Im Dillkreise wird das Lohschälen erst 1769 zum erstenmal erwähnt. Daher wurde auf die Birken- und Erlennach- zucht ebensoviel und mehr Gewicht gelegt wie auf den Eichenanbau, Die Holzkohlenproduktion wurde durch die Verwendung von Koks in der Eisen- industrie, der Kornbau durch die zu teuer gewordene und im Gruben- und Hüttenbetrieb besser verwertbare Arbeitskraft in den Hintergrund geschoben. Daher ist das Sinken der Rindenpreise doppelt empfindlich. Immerhin aber geht der jährliche Reingewinn pro ha noch bis 19 M. bei günstigen Pro- duktionsverhältnissen. (Müller, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Hauberge im Dillkreise, Z. f. F. u. J. 1905, 96, 156.) Mit Rindenzöllen ist der Schälwaldwirtschaft nicht zu helfen. Dieselben müßten, wie Jentsch nachgewiesen hat, eine die völlige Aussperrung der fremden Rinde bewirkende Höhe haben. An eine solche Maßregel kann mit Rücksicht auf die Lederindustrie aber niemals gedacht werden. Ob der Zoll 0,50 M. beträgt oder ganz wegfällt, ist praktisch gleichgiltig. Ebenso ist der Quebrachozoll zu beurteilen. Ein hoher ist unmöglich, weil unvolkswirtschaft- lich, und ein niederer, wie der von 1906 ab geltende mit 2 M., nützt nichts. So betrübend die unabänderliche Tatsache für die Schälwald- EEE BEEEIBEBERAZTERE . ve | ver | se | aıı | ar | wer | So | Sa | To | ea | es | ver | To | de | #6 | or | vosı 68 | ze 2a | 98 | or | sor | go | #2 | To, Sr | vs | 6or | 00 | 17 | 86 | For | 806r 6 | Tor | zı | 68 | a1 | ger | So | 02 | 00 | Er | a8 | zer | 00 | ie | 0% | TOT | zoer ss | 6. | Sı | 89 | zı | ze) go | a | zo | Te | Er | zıı | 00 | 1 | 6 | 8or | Tosı os | sı | ST] 29 | a1 | zer | vo | ee | To | 980 | 62 | 121 | 00 | He | 68 | TOT | oosı st |65 | Hr 99 | Tr | zer | So | «9 | vo | erı | 07 | 08 | 00 | 6e | 86 | 90r | eegr =: 7285 Er SrBh Span el DR DLT BR SA Ei Dr 4 OR CO m a st | sor | Ts | 66 | zegt —Beswsk se Sin E84 RE MIET WELPE ARE SE a 2 Fr Er ER BEE Fa ee Er an TE, : Felt: 0 TOD BE NE RDEI SDR, E RUN e a Te a a vo | 97 196 | 96 | g68l Beet Rote Tan) II II II NEE FR 4 Or a EB ESF OA N EA = Be Dee Eee ae u ae ie 8 a re Fe ED 4 BE EI EU 4, IE ea S ar ea Mr ee ea ER FE Eee 90 | gs | For | 08 | zeet Eee Fe 2 en 1 ee Ze ha: vo | ge |88 | 89 | 9881 ee a ee a so | ve |8L | «9 | = re u A |. Er) ä © ) » © 2 % © Sn = ee ee | aa 585 33 | 84 [E83 ee Om 2m? © u 252 EB: Du 252 5 2 «mal co 2 qraio 2 ra 5 km M M. M. M M M. M. M M. 100 —_— | — 34 22 7 29 20 6 26 150 33 12 45 33 7 40 30 6 36 200 44 12 56 44 7 ol 40 6 46 300 66 12 78 66 7 73 60 6 66 350 77 12 89 Yi! 7 84 70 6 76 400 48 12 100 84 7 91 80 6 86 470 103 12 115 94 7 101 94 6 190 500 110 | 12 122 98 7 105 100 6 106 600 132 | 12 144 112 7 119 120 6 126 800 1780 7 12 183 140 Z 147 160 6 166 1000 220 12 232 168 7 175 200 6 206 Die Ermäßigungen, welche der Rohstofftarif gegenüber dem Normaltarif gewährt, betragen also von rund 100 km ab (genauer 98) bis zu 3550 km 5M. und steigen von 350 km ab, weil hier die Staffelung beginnt; sie betragen nämlich weiter bei 400 km 9M., 500 km 17 M., 600 km 25 M., 800 km 41 M., 1000 km 57M. Wie sich der bayerische Schleifholztarif zum Rohtofftarif ver- hält, möge aus obiger Tabelle ersehen werden, welche zugleich die drei in Bayern geltenden Tarife der Hölzer des Spezialtarifes III darstellt. b) Forstpolitische Gesichtspunkte. Die möglichst billige Beförderung aller Hölzer des Spezial- tarifs III ist ein dringendes Bedürfnis der Forstwirtschaft. In den 50er und 60er Jahren des 19. Jahrhunderts schauten manche Wald- besitzer mit Bangen in die Zukunft angesichts der zunehmenden Surrogierung des Bauholzes durch Eisen und der steigenden Ver- wendung der Steinkohle an Stelle des Brennholzes. Diese Befürch- tungen waren zum Glück grundlos. Die Rentabilität der Wald- wirtschaft ist trotzdem gestiegen, was in erster Linie auf den ver- größerten Verbrauch an Papier- und Grubenholz zurückzuführen ra Du I A ee ne - er 2 Zi II. Eisenbahntransport. 761 ist; ja man kann sagen, daß dieselbe in vielen Gegenden durch die Gruben- und Papierindustrie erst geschaffen wurde. Schwache Hölzer, die früher kaum als Brennholz absetzbar waren, werden nun zu relativ hohen Preisen verkauft. Durch die damit geschaf- fene Konkurrenz wurden auch die Brennholzpreise gehalten. Durch- forstungen, die früher wegen Mangel an Absatz des Holzes unter- blieben, sind jetzt möglich, Kalamitäten in Nadelholzwaldungen kann mit größerer Zuversicht auf möglichste Einschränkung der finanziellen Verluste entgegengesehen werden. Aus der billigen Tarifierung dieser Hölzer zieht besonders auch die Privatwaldwirtschaft Nutzen, die auf niedrige Umiriebe ange- wiesen ist. Gute Rente ist aber der stärkste Hebel für den Privat- waldbesitzer zur pfleglichen Benutzung seines Waldes, die beste Prophylaxis gegen Rodung und ein Reizmittel zu Neuaufforstungen absoluter Waldböden. Billige Tarifierung dieser Hölzer ist daher zugleich eine forst- und agrarpolitische Maßregel. Die Bewegungsfähigkeit dieser billigeren Holzsortimente muß eine möglichst uneingeschränkte sein und der Verfrachtung der- selben auf möglichst große Entfernungen dürfen keine tarifarische Sehwierigkeiten entgegenstehen. Hier trifft bedingungslos der Satz zu, daß die Preise im Walde um so höher sind, je billiger das Holz auf der Eisenbahn befördert wird. Die auf die Verteuerung der bestehenden Tarife gerichteten Bestrebungen der Schnittholz- und Rundholzhändler, welche die Frachtsätze für Papier- und Gruben- holz mit jenen des Sp.T. II gleichstellen wollen, um die Konkurrenz der Papier- und Grubenholzkonsumenten beim Einkauf im Walde zu beseitigen, sind daher entschieden zu bekämpfen. Für Preußen brachte die Ausdehnung des Rohstofftarifes auf alle Hölzer des Sp.T. III viele volkswirtschaftliche Vorteile. Die östlichen Provinzen leiden für das geringwertigere Material an schlechten Absatzverhältnissen und daher an niedrigen Holzpreisen. Die Gründe hierfür sind nach Donner zu suchen in der dünnen und armen Bevölkerung, in der geringen Entwicklung von Gewerbe und Industrie, in der Größe der Waldkomplexe, in der Einfuhr frem- den Holzes, in den schlechten Holzabfuhrwegen und der verhältnismäßig ge- ringen Entwicklung des Eisenbahnnetzes. Den nadelholzreichen östlichen Ge- bieten steht der nadelholzarme und industriell hochentwickelte Westen gegen- über. Die preußische Forstpolitik muß mithin darauf gerichtet sein, das Holz des Ostens möglichst billig nach dem Westen zu verfrachten. Als Transport- mittel kommt nur die Eisenbahn in Betracht, da westlich der Elbe bis zum Ausbau des ganzen Mittellandkanals oder seiner Teilstrecken eine Wasserstraße nicht zur Verfügung steht. Außer den Waldbesitzern ist namentlich der rheinisch-westfälische Bergwerksbetrieb für den Bezug von Grubenholz aus dem Osten an dem Holzrohstofftarif interessiert. Da die Entfernungen von den östlichen preußischen Waldgebieten bis an den Rhein 800—1000 km be- tragen, bedeutet die Einführung des Rohstofftarifes gegenüber den normalen Sätzen des Sp.T. III eine Frachtersparung von 41—57 M. pro Wagenladung; 762° Holztransport. enthält dieselbe 17 fm Grubenholz (wegen des größeren Trockenheitsgrades), dann werden pro fm 2,40—3,35 M. Frachtkosten gewonnen. Nachdem Preußen den Rohstofftarif eingeführt hatte, mußte Bayern den- selben ebenfalls auf das Grubenholz ausdehnen, wenn es seinen Absatz in das Saargebiet nicht verlieren wollte. Wenn die süddeutschen Staaten bis jetzt zögerten, den Rohstofftarif für alle im Spezialtarif III genannten Hölzer, also insbesondere für Papierholz, aufzunehmen, so waren hierfür folgende Gründe ausschlaggebend: 1. Der Aus- fall an Einnahmen der Eisenbahnen. 2. Der Widerstand, den einer noch weiter gehenden Verbilligung des Papierholztransportes die Sägewerksbesitzer und Rundholzhändler, ja sogar ein Teil der Zellulose- und Schleifholzfabriken selbst aus Konkurrenzrücksichten entgegensetzen. Dieselben Rundholzhändler und Sägewerksbesitzer nämlich, die sich in der Tariffrage bezüglich des Rundholzes und Schnittholzes so energisch bekämpfen, ziehen brüderlich vereint in den Kampf gegen die Zellstoff- und Holzstofffabriken. Außerdem fällt ins Ge. wicht, daß die mitteldeutschen und süddeutschen Zellstofffabriken und noch mehr die Schleifholzbetriebe das süddeutsche Fichten- und Tannenholz nicht entbehren können, weil einerseits die östlichen Provinzen Preußens beinahe nur Kiefernholz haben und deshalb Papierholz in größeren Mengen nicht lie- fern können und andererseits deshalb, weil der Bezug dieses Holzes aus dem Auslande verhältnismäßig doch sehr teuer ist. Die Frage liegt hier also ganz anders wie beim Grubenholz, welches in den ostpreußischen Kiefernwaldungen in Menge vorhanden .und so billig ist, daß es bei einer Frachterleichterung, wie sie der Rohstofftarif gewährt, am Rheine mit dem SUB EBENE Material siegreich konkurrieren kann. Der bayerische Papierholztarif war wiederholt der EN von Beschwerden der Rundholzhändler und Sägeindustriellen, infolge deren der Landtag, die Eisenbahn- und Forstbehörden zur Äußerung ihrer Meinungen veranlaßt wurden. Die genannten Holzinteressenten sehen in der Bevorzugung der Zellulose- und Schleifindustrie eine direkte Benachteiligung ihrer Geschäfts- lage. Wie von denselben noch eine weitergehende Erleichterung des Papier- holztransportes im Sinne des Rohstofftarifes begrüßt werden würde, kann man daraus ersehen, daß unmittelbar nach Einführung des Rohstofitarifs für Grubenholz in Bayern von den Sägern der Antrag auf sofortige Wieder- aufhebung desselben gestellt wurde, welchem Ansinnen indessen der bayerische Eisenbahnrat nicht stattgab. Bezeichnenderweise ging ursprünglich der Protest gegen die bayerischen Tarife nicht von bayerischen Händlern aus, sondern von badischen, württembergischen und rheinischen Holzhändlern, die in Bayern einkaufen. Die Klage der süddeutschen Sägemüller und Langholzhändler geht nun dahin, daß die Holzstoff- und Zellstofffabriken große Mengen von Stamm- holz kaufen, welche zu Schnittwaren und zum Stammholzhandel verwendbar sind. Die genannten Fabriken kauften alles starke Holz, sogar Stämme I. Klasse auf, zerschnitten dieselben auf 2—2,5 m Länge und beförderten sie dann zu den billigen Sätzen des Spezialtarifs III, während für dasselbe Holz in nicht zerschnittenem Zustande die Fracht nach Spezialtarif II, bzw. dem betreffenden Ausnahmetarif gezahlt werden müsse. Dadurch könnten die Zellstofffabriken usw. leicht bei den Einkäufen im Walde mit den Sägemüllern und Langholzhändlern konkurrieren und trieben die Preise zum Schaden der letztgenannten in die Höhe. Die genannten Holzinteressenten verlangen daher die Abschaffung der Zellulose- und Schleifholztarife und Gleichstellung derselben mit den Rund- holztarifen. Zur Motivierung dessen wird noch weiter angeführt, daß wenn früher die Tarifbegünstigung der genannten Industrie angezeigt war, um sie zu heben und das bis zur Entstehung derselben nur als Brennholz verwert- a el DE Di DE er u Zu nn II. Eisenbahntransport. 763 bare Material besser zu verkaufen, diese Rücksicht jetzt nicht mehr maßgebend ist, weil die Zellulosefabriken ein glänzendes Geschäft machten und das Holz auch kaufen und haben müßten, wenn die Tarifbegünstigung wegfalle; nur würden sie dann die Preise im Walde nicht mehr in die Höhe treiben. Die Hauptagitation richtet sich hierbei gegen die Zellstofffabrik Waldhof, weil dieselbe eben den normalen Einheitssatz des Sp.T. III von 2,2 Pf. für Trans- portlängen von über 100 km regelmäßig ausnutzen kann. Die Zellstofffabriken machen dagegen geltend, daß sienur dann Langhölzer I. bis III. Klasse kaufen, wenn sie gezwungen sind, große Lose oder ganze Schläge auf dem Stocke ab- zunehmen. In diesem Falle sind sie aber stets bestrebt, alles Holz von ca. 26 cm Mittendurchmesser und mehr unzerschnitten an Langholzhändler und Säger um den Selbstkostenpreis abzugeben oder gegen schwächeres Holz umzutauschen. Die Sägeindustrie habe außerdem bei der Verarbeitung der schwachen Hölzer, wie sie die Zellulosefabriken verbrauchen, nur Schaden, da das Schneiden von Hölzern unter 20 cm Durchmesser nach fachmännischen Berechnungen einen Arbeits- und Kraftverlust in sich schließe, der pro Fest- meter auf 3,50 M. und mehr sich beläuft. Der Rundholzhandel und Säge- betrieb hat zudem vor den Zellulosefabriken den Vorteil voraus, daß erstere gegebenenfalls das Rohholz flößen und triften können, während für letztere so verfrachtetes Holz wegen der verstoßenen Köpfe und des sich einlagernden Sandes nicht verwendbar ist. Die Zellulosefabriken sind also auf die Eisen- bahnen in erster Linie angewiesen. Grubenholz. Bis zum 31. März 1902 war die Fassung der Pos. 6 im Sp.T. III nachstehende: „Folgende zu Grubenzwecken bestimmte Hölzer: Stamm- und Stempelhölzer, Schwellen, Stege, Schwartenbretter, Schwartenpfähle, sämt- lich bis zu 6 m Länge, sowie dünne Brettchen bis zu 1,5 m Länge.“ Da da- nach die Stärkedimensionen nicht begrenzt waren, wurde unter dem Titel Grubenholz auch ausländisches Nutzholz, namentlich galizisches, zu billigen Frachtsätzen eingeführt, welches tatsächlich nicht zu Grubenzwecken verwendet wurde. Es lag daher sowohl im Interesse der Eisenbahnverwaltungen als der Waldbesitzer, eine Fassung zu wählen, welche die mißbräuchliche Ausnutzung der Frachtermäßigung ausschließt. Gelegentlich der hierüber seitens der Eisen- bahnbehörden und der zuständigen Körperschaften, auch des Forstwirtschafts- rates, von 1899 ab gepflogenen Erhebungen und Beratungen zeigte es sich indessen, daß die in den einzelnen Bergwerksgebieten zur Verwendung ge- langenden Holzsortimente in bezug auf Länge- und Stärkedimensionen so ver- schiedenartig sind, daß eine auf alle Verhältnisse passende Feststellung des Grubenholzbegriffes nicht möglich ist. Während früher nur schwache Hölzer Verwendung fanden, werden nunmehr infolge des intensiveren Betriebes und der größeren Tiefen der Schächte und Stollen auch Hölzer (Stempel) bis zu 32 cm Zopistärke verbraucht. Die jetzige Fassung ist ein Kompromiß zwischen den sich entgegenstehenden Interessen der Montanindustrie, der Grubenholz- händler, des Eisenbahnfiskus und des Waldbesitzes und hat die Wirkung, daß ein Teil des früher unter den Sp.T. IIl fallenden Grubenholzes jetzt nach den höheren Sätzen des Sp.T. II befördert werden muß. Näheres in den Mitt. des deutschen Forstvereins 1900, S. 8 u. 46; 1902 S. 23 u. 36. Im Jahre 1900 betrug der Grubenholzverbrauch im Oberbergamtsbezirk Dortmund allein 2 Mill. fm; davon entfielen ?/, auf Nadelholz und !/, auf Eichen- holz. Man nimmt an, daß auf je 100 Tonnen geförderter Steinkohle 2,5 fm Grubenholz treffen. 764 ° Holztransport. 4. Die Frage der Staffeltarife. Unter Staffeltarifen versteht man jenes Tarifsystem, welches den Streckensatz nicht für jeden Kilometer gleich hoch bemißt, sondern bei verschiedenen Entfernungen verschieden. Hier kommen nur jene in Betracht, bei welchen der Streckensatz mit der größeren Entfernung niedriger wird, also Staffeltarife mit fallender Skala. Diese können wieder auf zweierlei Art gebildet werden. Entweder wird von einer gewissen Entfernung ab der ermäßigte Einheitssatz für die ganze Entfernung (also vom ersten Kilometer ab) zugrunde gelegt (Durchrechnung), oder man bringt den ermäßigten Satz nur für die weitere Transportstrecke in Anrechnung und stößt denselben an den nach höherem Einheitssatze gebildeten Tarifsatz der Anfangs- strecke an (mit Anstoß). Das Gemeinsame beider Arten ist aber die Wirkung, daß die Fracht mit zunehmender Entfernung relativ billiger wird. Das System der Staffeltarife kam zuerst in den sechziger Jahren in Belgien allgemein zur Durchführung und besteht gegen- wärtig für die Verfrachtung von Massengütern, wozu auch das Holz zählt, in fast sämtlichen das Deutsche Reich umgebenden Ländern, nämlich in Österreich-Ungarn, Rußland, Frankreich, Niederlanden, Belgien. Innerhalb des Deutschen Reiches wurde auf den südwest- deutschen Eisenbahnen Ende der siebziger Jahre ein Versuch mit den Staffeltarifen oder Zonentarifen gemacht. Die öffentliche Auf- merksamkeit wurde indessen erst auf die Staffeltarife gelenkt, als dieselben am 1. September 1891 auf den preußischen und anderen deutschen Bahnen für den Transport von Getreide und Mehl ein- geführt wurden und zwar auf Betreiben der ostelbischen Großgrund- besitzer. Dieselben sind aber bei Aufhebung des Identitätsnach- weises für Getreide und Mehl am 1. August 1894 wieder abgeschafft worden. Auch die deutsche Reichsverfassung weist in Art. 45 auf die Staffeltarife hin: Das Reich solle dahin wirken, „daß bei größeren Entfernungen für den Transport von Kohlen, Koks, Holz, Erzen, Steinen, Salz, Roheisen, Düngungsmitteln und ähnlichen Gegen- ständen ein dem Bedürfnis der Landwirtschaft und Industrie ent- sprechender ermäßigter Tarif und zwar tunlichst der Einpfennigtarif eingeführt werde“. — Diese Bestimmung wurde indessen bis jetzt von keinem Bundesstaat vollständig vollzogen. Zugunsten der Staffeltarife wird geltend gemacht, 1. daß die Selbstkosten der Bahnen auf weite Entfernungen verhältnismäßig geringer werden, 2. daß Staffeltarife den Verkehr auf weite Ent- fernungen heben, die Absatzgebiete erweitern und so die Einnahmen II. Eisenbahntransport. 765 der Eisenbahnen erhöhen, 3. daß sie das beste Kampfmittel seien gegen die Konkurrenz der Wasserstraßen und fremder Eisenbahnen. — Gegen die Staffeltarife wird angeführt, 1. daß sie den Zwischen- handel schädigen, weil bei Unterbrechung des Transports auf einem Zwischenplatz höhere Frachten sich ergeben als wenn der Transport von der Anfangs- bis zur Endstation durchläuft, 2. daß sie die ausländische Einfuhr begünstigen, 3. daß sie in den bestehenden wirtschaftlichen Verhältnissen Verschiebungen veranlassen. ') Auch für den Holztransport bestehen gegenwärtig schon in allen deutschen Bundesstaaten Staffeltarife oder wenigstens An- klänge an dieselben. 1. Staffeltarife sind tatsächlich alle Holztarife, welche außer dem Streckensatz eine Abfertigungsgebühr berechnen; das ist aber auf sämtlichen deutschen Eisenbahnen der Fall. Die Staffelung kann hier dadurch erfolgen, daß a) die Abfertigungsgebühr für kurze Transportlängen kleiner ist als für große Entfernungen. In Bayern beträgt z.B. die Ge- bühr beim Normaltarif des Spezialtarifs III bis zu 100 km 7M., über 100 km 12 M. pro Waggon; in Württemberg und Baden bis 20 km 6 M., für jeden weiteren Kilometer 30 Pf. mehr, von 40 km ab 12 M.; in Preußen bis 50 km 6M., von 51—100 km 9 M., über 100 km 12M.; b) dadurch, daß die Abfertigungsgebühr für alle Entfernungen dieselbe bleibt; dadurch wird der Transport auf geringere Ent- fernungen mehr belastet als jener auf große. Wenn z.B. in ganz Deutschland für die Tonne Schnittholz 12 M. Abfertigungsgebühr gefordert werden, so macht dieselbe von den Gesamtfrachtkosten aus bei einer Entfernung von 100 km 28,5 °/,, 200 km 16,6 °/, 300 km 11,7 °/, 400 km 9,1 °/, 1000 km 3,9 °/,. 2. Ein Staffeltarif ist der oben besprochene Rohstofftarif auf den preußischen und bayerischen Bahnen (mit Anstoß). Außerdem besteht in Preußen ein lokaler Staffeltarif (Zonen- tarif) für Rundholz und Schnittholz (Hölzer des Spezialtarifs II) und zwar a) in den Direktionsbezirken Bromberg, Danzig und Königsberg. Die Sätze dieses Zonentarifs sind (ohne Anstoß): von 1—100 km 3,0 Pf., von 101—200 km 2,8Pf., von 201—300 km 2,6 Pf., von 301—400 km 2,4 Pf., über 400 km 2,2 Pf.; Abfertigungsgebühr bis zu 400 km 60 Pf., über 400 km 120 Pf. für die Tonne. b) Im Verkehr der Stationen der Strecken Posen — Breslau — 1) Ulrich, Staffeltarife und Wasserstraßen, Berlin 1894. Diesem Werke ist das Vorausgehende im allgemeinen entnommen. 766 ° Holztransport. Mittelwalde und östlich davon (Direktionsbezirk Kattowitz und die östliche Strecke der Direktionsbezirke Posen und Breslau) beträgt die Fracht von 1—50 km 3 Pf., von 51—100 km 2,6 Pf., über 100 km 2,2 Pf.; Abfertigungsgebühr bzw. 60, 90 und 120 Pf. Es handelt sich hier also um die Provinzen ÖOst- und West- preußen, den nördlichen Teil von Posen und die östlichen Teile von Posen und Schlesien. 3. In Bayern ist der Ausnahmetarif für den Rundholztransport nach den Mainumschlagshäfen ein Staffeltarif. 4. Ferner sind die normalen Sätze des Spezialtarifs III, welche auf allen deutschen Eisenbahnen gelten, Staffeltarife, aber solche ohne Anstoß. Das Staffeltarifsystem ist also für die Holzbeförderung auf den deutschen Eisenbahnen teilweise schon in Anwendung. Damit ist die Staffeltariffrage aber nicht erschöpft. In den Kreisen der ostdeutschen Holzhändler und der Waldbesitzer wird gefordert, daß für alle Holzsortimente auf allen deutschen Eisen- bahnen Staffeltarife mit fallender Skala eingeführt werden, ins- besondere innerhalb Preußens, um das Holz des Ostens nach dem Westen verführen zu können, Dieses Programm wird aber wieder von verschiedenen Holzinteressenten bekämpft, so namentlich von den Waldbesitzern und Holzhändlern des westlichen Preußens!) und Süddeutschlands. Die Staffeltarife sind von zwei Gesichtspunkten aus zu betrach- ten, einmal hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Absatz des im In- lande erzeugten Holzes, und dann im Hinblick auf die dadurch auch dem ausländischen Holze gewährte Transporterleichterung innerhalb des Deutschen Reichs, Das Zentrum des deutschen Holzhandels liegt am Rhein. Am entferntesten davon ist das ostdeutsche Gebiet, und zwar sowohl hinsichtlich der Entfernung nach Kilometern als namentlich indirekt deswegen, weil westlich der Elbe wenigstens zurzeit noch dem Holztransport Wasserstraßen nicht zur Verfügung stehen. Der Weg von den südlichen Grenzbezirken des Deutschen Reiches bis an den Mittel- und Niederrhein ist selbst im ungünstigsten Falle nicht länger als jener von Ostpreußen, vielmehr in den meisten Fällen, in welchen es sich nicht gerade um ganz entlegene Orte handelt, kürzer. Es beträgt z. B. die Entfernung von Bromberg bis Köln 920 km, von Bromberg bis Mainz 952 km, von Passau bis Köln 694 km, von Reichenhall bis Köln 786 km. Von den nördlicher gelegenen Teilen der Staaten Bayern, Württemberg und Baden aus 1) Vgl. Handelskammerbericht für den Stadtkreis Duisburg für 1901. II. Eisenbahntransport. 767 ist natürlich der Transportweg an den Rhein noch viel kürzer. Außerdem kommt für Süddeutschland der schwerwiegende Umstand in Betracht, daß wenigstens für einen Teil der ausgeführten Hölzer die Wasserstraßen des Mains, Neckars und Rheins benutzt werden können. Die Staffelung der Eisenbahntarife kommt also für den süddeutschen Holzexport viel weniger zur Wirkung als für den ostpreußischen. Trotzdem sind aber die Frachtkosten für letzteren bis zum Rhein wegen der größeren Entfernung höher als für den süddeutschen Export. { Man könnte nun meinen, daß Süddeutschland deswegen vor Ostdeutschland einen Vorsprung habe und mit offenen Armen die Staffeltarife begrüßen müsse. Das ist aber durchaus nicht der Fall. Süddeutschland wird unzweifelhaft aus den Staffeltarifen zum min- desten keinen Nutzen ziehen aus dem Grunde, weil das ostdeutsche Holz seinen Erzeugnissen am Rheine Konkurrenz macht. Und dazu ist Preußen imstande vermöge des niederen Standes der Holzpreise im Walde, gegen welche der Mehrbetrag der Transportkosten nicht ins Gewicht fällt. Es ist möglich, daß die Handelspreise am Rheine so gedrückt werden, daß die Verfrachtung süddeutschen Holzes dorthin nur mehr unter der Voraussetzung möglich ist, daß die Waldpreise desselben um mindestens 30 °/, billiger werden wie bis- her. Ja noch mehr, wir sind nicht sicher dagegen, daß ostpreußi- sches und russisches Holz nach den größeren süddeutschen Städten wandert und dort verbaut wird. Denn die Waldpreise des Holzes sind in Süddeutschland um mindestens 100 °/, höher als im öst- lichen Preußen. Selbst wenn hier die Preise infolge der Staffel- tarife um 25 °/, steigen würden, beträgt der Unterschied noch 75 °],. Und nehmen wir hiervon nochmals 25 °/, weg auf Rechnung der größeren Transportweite, dann ist das ostpreußische Holz am Rheine immer noch um 50°/, konkurrenzfähiger als das süddeutsche. Man kann also nicht ohne weiteres behaupten, die Staffeltarife seien für die deutsche Waldwirtschaft von unbedingtem Vorteil. Vielmehr steht dem unzweifelhaften Nutzen, den einzelne Holz- produktionsgebiete aus denselben ziehen werden, der Nachteil, den andere Gebiete erleiden, gegenüber. Das Staffeltarifsystem hat aber außerdem eine noch viel be- denklichere Seite und zwar für alle Staaten, auch die, welche mit Rücksicht auf die Lage ihrer Waldkomplexe im Inlandsverkehr sich davon Nutzen versprechen könnten. Es ist der Umstand, daß allesin das deutsche Zollgebiet eingeführte ausländische Holz ebenfalls nach den Staffeltarifsätzen von den deutschen Eisenbahnen befördert werden muß bzw. befördert wird. 768: Holztransport. Hierzu sind die deutschen Eisenbahnverwaltungen auf Grund der Handelsverträge verpflichtet. Das aus den meistbegünstigten Staaten stammende Holz kann das Deutsche Reich vom Genuß der Staffeltarife nicht ausschließen, wenn es nicht Retorsionsmaßregeln riskieren will. Man könnte nun dagegen einwenden: Wenn 8 Mill. fm ausländisches Holz bisher schon über ganz Deutschland aus- gestreut wurden und ein großer Teil davon seinen Weg zum Rheine fand, dann haben wir doch den Beweis, daß die Einfuhr sowohl wie die Verteilung des ausländischen Holzes unabhängig ist von den Staffeltarifen. Denn wären dieselben die Vorbedingung für die Möglichkeit der Verteilung dieser Hölzer innerhalb Deutsch- lands, dann könnten wir nicht soviel fremdes Holz unseren größten Industriegebieten zuführen. Dieser Einwand trifft insoweit zu, als das ausländische Holz auch im Innern Deutschlands den Wasserweg benutzen kann. Gegen diesen sind wir machtlos. Aber das meiste Holz wird eben nicht per Wasser, sondern per Bahn im Inlands- verkehr befördert, und das gilt sicher auch für das ausländische Holz, obwohl statistische Beweise hierüber fehlen. Da die Holz- zölle die Einfuhr fremden Holzes nicht verhindern können, hängt es in allen Fällen, in welchen Wasserwege nicht zur Verfügung stehen — und das sind weitaus die häufigeren Fälle — lediglich von der Höhe der Eisenbahnfrachtsätze ab, ob sich für das Aus- land ein noch stärkerer Import in das westliche und südliche Deutschland lohnt oder nicht. Denn die Frachtkosten können den Wert des Holzes vollständig verschlingen, die Zollsätze dagegen niemals. Billige Staffeltarife sind daher für das Ausland das stärkste Reizmittel, noch mehr Holz in das Innere Deutschlands zu werfen wie bisher. Aber selbst wenn auch kein Festmeter mehr eingeführt würde wie bisher, würden die Staffeltarife die Verkehrsfähigkeit und die Beweglichkeit des ausländischen Holzes im Inlande erhöhen und damit auch die Gefahr, die Holzpreise zu drücken und die Waldbodenrente einzelner Waldgebiete zu erniedrigen. Am meisten zu fürchten ist für Süddeutschland das russische Rund- holz, namentlich infolge der Herabsetzung des Holzolles von 1906 ab. So- lange auf den preußischen Bahnen der Streckensatz 3 Pf. für den Tonnen- kilometer beträgt, kann dasselbe per Eisenbahn nicht an den Rhein von der deutsch-russischen Grenze her befördert werden. Denn die Frachtkosten eines Wagens belaufen sich für die 900—1000 km betragende Entfernung auf 232 bis 312 M., während der Preis des Wagens Holz nur ca. 300 M. beträgt. Anders dagegen bei Einführung der Staffeltarifie. Nehmen wir an, es würde der obenerwähnte Bromberger Staffeltarif für ganz Preußen oder Deutschland eingeführt. Nach demselben betragen für eine Transportlänge von 900—1000 km die Frachtsätze 210—234 M. Jetzt lohnt es sich schon, gute Qualitäten russi- schen Rundholzes auf solche Entfernungen zu transportieren. Denn werden hierfür 300 M. am Absatzorte bezahlt, dann bleiben dem Waldbesitzer oder II. Eisenbahntransport. 769 Holzhändler am Aufgabeorte an der russischen Grenze 90—66 M. Hiervon gehen nochmals 12 M. ab für den Eingangszoll; somit bleiben für den Holz- wert 78 bis 54M. Da der Waggon 15 fm Rundholz faßt, entspricht diese Differenz einem Preis von 5,20 bis 3,60 M. pro fm. Für diesen liefert Russ- land Holz an die deutsche Grenze soviel wir wollen. Nun ist zu bedenken, daß diese Rechnung für den russischen Import noch ungünstig ist. Bei wirklicher Einführung der Staffeltarife wird die Konkurrenz- fähigkeit des russischen Holzes noch eine viel größere werden. Denn einmal läßt sich die Eisenbahntransportlänge durch teilweise Benutzung des Wasser- weges an der Ostgrenze abkürzen, und dann ist es sehr wahrscheinlich — wenigstens nach den Forderungen der Anhänger des Staffeltarifsystems —, daß die Tarife des Zukunitsstaffelsystems für die weiten Entfernungen unter die nur beispielsweise angeführten Bromberger Tarife herabgehen werden. Wird russisches Holz an den Rhein um weniger als 200 M. befördert, dann ist es um den süddeutschen Rundholzabsatz dorthin geschehen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß russisches Holz seinen Weg nach Süddeutsch- land findet. Dieselbe Wirkung wie die Staffeltarife üben die Wasserstraßen auf den Holztransport aus. Es ist kein Zweifel, daß die Herstellung des sog. Mittellandkanales in Preußen die süddeutsche Waldwirtschaft schädigen wird. Endres, Forstpolitik. 49 Sechzehntes Kapitel. Waldbesteuerung.) I. Gegenwärtiger Stand. Für die staatliche Besteuerung der Waldungen kommen die drei Steuersysteme: Grundsteuer, allgemeine progressive Einkommen- steuer und Vermögenssteuer (Ergänzungssteuer) in Betracht. Es besteht: 1. Die Grundsteuer allein in Bayern, Elsaß-Lothringen und beiden Mecklenburg. 2. Die Einkommensteuer und Vermögenssteuer in Preu- ßen, Hessen, Braunschweig (hier außerdem noch die Grundsteuer), Sachsen-Koburg-Gotha. 3. Die Einkommensteuer und Grundsteuer in Sachsen, Württemberg, Baden und in den übrigen noch nicht genannten Staaten; außerdem auch in Österreich. Von den Staatswaldungen wird in Deutschland keine Staats- steuer erhoben; wohl aber in Österreich. In Preußen wurde die Grundsteuer in ihrer jetzigen Veranlagung durch G. v. 21. Mai 1861 eingeführt, durch die G. v. 14. Juli 1893 aber als Staatssteuer aufgehoben und den Gemeinden (Gutsbezirken) überwiesen. Diesen ist es freigestellt, dieselbe nach der Veranlagung des G. v.. 1861 oder nach einem anderen Maßstabe zu erheben (Pachtwert, gemeinem Wert, Klassen- abstufungen). — Die staatliche Besteuerung der Waldungen erfolgt nach dem Einkommensteuergesetz v. 24. Juni 1891. Hierzu sind Ausführungsanwei- sungen v. 5. Aug. 1891 und 6. Juli 1900 erschienen, worin die Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens aus Forsten geordnet ist. Außer ‚dieser Ein- kommensteuer erhebt der Staat von dem Waldbesitz physischer Personen (also nicht der Gemeinden, Korporationen usw.) eine Vermögenssteuer, hier Ergän- zungssteuer genannt, nach dem G. v. 14. Juli 1893. Hierzu wurde unterm 26. Dezember 1893 eine „Technische Anleitung“ erlassen. — Nach dem Kom- munalabgabengesetz v. 14. Juli 1893 ist der Gemeindeeinkommensteuer auch der Staatsfiskus bezüglich seines Einkommens aus Domänen und Forsten unterworfen. !) Nach meinen Artikeln im F. ©. 1899, 489 if., 1900, 177 #f. und nach meinem Referate auf der Vers. des deutschen Forstvereins zu Eisenach 1904. I. Gegenwärtiger Stand. 771 In Bayern wurde 1808 ein Grundsteuerprovisorium unter Zugrunde- legung des Kurrentwertes der Grundstücke geschaffen. Durch das Grund- steuergesetz v. 15. Aug. 1823 gelangte das definitive Steuersystem zur weiteren Ausbildung und zum vorläufigen Abschluß. Hierzu erschien unterm 19. Mai 1881 eine hier nicht weiter in Betracht kommende Novelle. Die Katasterver- messung wurde von 1808—1853 im ganzen Staatsgebiete durchgeführt. Das Grundsteuergesetz fußt auf der Besteuerung des Rohertrages im Anhalt an die Dreifelderwirtschaft und ist darum gänzlich veraltet. — Einer sonstigen Besteuerung unterliegt die Waldwirtschaft nicht. In Sachsen besteht die Grundsteuer noch als staatliche Ergänzungs- steuer nach dem Grundsteuergesetz v. 9. Sept. 1843 und der Novelle hierzu v. 3. Juli 1878 neben der Einkommensteuer. Die von der Regierung 1898 und 1902 beim Landtag eingebrachten Vorlagen auf Abschaffung der Grund- steuer wurden abgelehnt. Ein Teil der Grundsteuer wird den Schulgemeinden überwiesen. Die Einkommensteuer wurde durch G. v. 22. Dez. 1874 begrün- det und durch die G. v. 2. Juli 1378, 10. März 1894 und 24. Juli 1900 (bzw. 1. Juli 1902) in einigen Punkten neu geregelt. Wichtig ist die Ausführungs- instruktion v. 11. Dez. 1878. In Württemberg wurde die Grundsteuer durch das provisorische Steuer- katastergesetz v. 15. Juli 1821 eingeführt, wonach der Reinertrag der Orts- markungen im ganzen die Grundlage bildete. Erst durch das geltende G. v. 28. April 1873 wurde die Steuereinschätzung auf jedes einzelne Grundstück erstreckt, das Repartitionssystem aber bis 1887 beibehalten. Neben einem neuen Grundsteuerkataster wurde ein Gefällkataster aufgestellt, in welchem der Steueranschlag der Grundlasten, auch die Holzrechtsabgaben und sonstigen Waldlasten eingetragen sind.- Die Landesvermessung wurde von 1818—1849 mit einem Kostenaufwand von 6,5 Mill. Mark durchgeführt. Durch G. v. 8. Aug. 1903 wurde die Einkommensteuer eingeführt und unterm gleichen Datum das Grundsteuergesetz v. 1573 mit einigen formellen und materiellen Änderungen, welche letztere aber nicht die Waldsteuer betreffen, neu ver- öffentlicht. Die Grundsteuer ist nun Ergänzungssteuer, zunächst nur auf die Dauer von 5 Jahren. In Baden unterliegt der Waldbesitz ebenfalls einer staatlichen Doppel- besteuerung, zunächst noch durch die Grundsteuer und Einkommensteuer. Für die Waldgrundsteuer, welche schon 1810 im Sinne der gegenwärtigen Ge- setzgebung begründet wurde, ist das G. v. 23. März 1854 maßgebend mit den Ergänzungsgesetzen v. 14. Dez. 1878 und 25. März 1886. Die Einkommensteuer wurde durch G. v. 20. Juni 1884 eingeführt; hierzu Novellen v. 6. Mai 1891, 26. Juni 1894, 9. Aug. 1900. In Hessen unterliegen die Waldungen der Einkommen- und Vermögens- steuer nach den G. v. 12. Aug. 1899. Die 1824 begründete Grundsteuer wurde damit als Staatssteuer abgeschafft und den Gemeinden überwiesen. Die Einkommensteuer besteht seit 1884. In Braunschweig gilt nunmehr das Einkommensteuergesetz v. 16. Apr. 1896 mit Novelle v. 11. März 1899. Hierzu tritt die Vermögenssteuer nach dem Ergänzungssteuergesetz v. 11. März 1899 und außerdem noch die Grund- steuer auf der Unterlage des G. v. 24. Aug. 1849 mit der Maßgabe, daß 25%, hiervon dem Staate, der Rest den Gemeinden zugewiesen werden. Die Grund- steuer beträgt 10°/, des Reinertrags der Grundstücke. In Elsaß-Lothringen wurde durch das Katastergesetz v. 31. März 1884 die Berichtigung der alten Kataster und die Revision der Grundsteuerreiner- träge verordnet. Diese sollten auf Grund der Marktpreise der Jahre 1874 bis 1885 unter Fortlassung des billigsten und teuersten Jahres ermittelt werden. Da 49* 772° Waldbesteuerung. die getrennte Vornahme der Katastererneuerung und der Grundsteuerein- schätzung sich als zu langwierig herausstellte, wurde durch G. v. 6. April 1892 die Neueinschätzung der Reinerträge in Verbindung mit der Kataster- bereinigung angeordnet. Erstere erfolgte im Anhalt an die Schätzungsergeb- nisse von Mustergemarkungen, bei den Waldungen nach der durchschnittlichen Waldrente unter Berücksichtigung der vorherrschenden Boden-, Holz- und Be- triebsart in der Regel zu einer Bonität. Eine Verschiedenheit in den Boni- tätsklassen wurde erst bei zusammenhängenden Waldungen von mindestens 20 ha respektiert. Die Einschätzung sollte am 1. April 1903 beendet sein. Der Steuersatz beträgt seit diesem Tage 3'/,°/, vom Reinertrag. In Österreich unterliegt der Waldbesitz, auch jener des Staates, der Grundsteuer (G. v. 24. Mai 1869 und 12. Juli 1896) und der Einkommensteuer nach dem G. v. 25. Okt. 1896. Dieses, wie die hierzu erlassene Instruktion sind für die Besteuerung der Forsten nahezu gleichlautend mit den preußischen Vorschriften. II. Forstgrundsteuer. 1. Allgemeines. Die Grundsteuer ist eine Ertragssteuer. Sie trifft den der durchschnittlichen Ertragsfähigkeit des Bodens entsprechenden Er- trag (Reinertrag oder Rohertrag), ohne Rücksicht auf die persön- lichen Verhältnisse des Besitzers (Schulden, Familienverhältnisse), vorübergehende Zustände und wirkliche Benutzung; daher auch Objekt- oder Realsteuer genannt. Die Veranlagung der Grundsteuer erfolgt in dem stabilen Kataster. Alle bestehenden Grundsteuergesetze stimmen darin überein, daß die Ertragsfähigkeit, wie das bayerische Grundsteuergesetz sich ausdrückt, „nicht nach zufälligem Aufwande oder künstlichen Verbesserungen oder Vernachlässigungen, sondern nach ihrer natür- lichen Entwicklung bei gewöhnlichem gemeinüblichem Wirtschafts- fleiße bemessen werden soll“. Alle Grundsteuergesetze, mit Aus- nahme des hessischen v. 1824, gehen ferner bei den Waldungen von dem Ertrag aus, der sich auf Grund des üblichen Umtriebes bei der herrschenden Holzart und Betriebsart ergibt. Für die Er- tragseinschätzung ist daher der Umstand nicht maßgebend, daß eine andere Holzart oder Wirtschaftsmethode vielleicht einen höhe- ren Ertrag liefern könnte. Es ist also nicht ausgeschlossen, daß der tatsächlich bessere, aber mit einer unrentablen Holzart, z. B. Buche, bestockte Boden in eine niedrigere Ertragsklasse eingereiht wird wie der schlechtere (z. B. Kiefernboden). Dieses der Natur des Ertragssteuersystems an sich zuwiderlaufende Verfahren ist in der Steuertechnik begründet. Innerhalb der maßgebenden Holz- und Betriebsart bleibt dagegen nach allen Grundsteuergesetzen der Pe Yan 2 II. Forstgrundsteuer. 773 wirklich vorhandene Waldzustand (Bestockungsgrad, Alter, Blößen) bei der Veranlagung unberücksichtigt. Die Veranlagungsbasis bleibt stets die gleiche. Dadurch unterscheidet sich die Grundsteuer ganz wesentlich von der Einkommensteuer. Erstere hat einen erzieh- lichen Charakter, indem sie den guten Wirt, der den wirklichen Ertrag über den steuerbaren hinaus zu steigern weiß, belohnt, den schlechten Wirtschafter aber, der seinen Wald herunterkommen läßt, bestraft. In der „Forstverwaltung Bayerns 1861“ wird dar- auf hingewiesen, daß die Erhebung einer ‚Grundsteuer von den früher unbesteuerten Korporationswaldungen aller Art zur Förderung des Kultureifers der Waldbesitzer und insbesondere zur Aufforstung der ertraglosen Gemeindeödungen beigetragen hat. Diesem volks- wirtschaftlichen Vorteil des Grundsteuersystems steht indessen vom privatwirtschaftlichen Gesichtspunkte aus der Nachteil gegenüber, daß der verschuldete und wirtschaftlich schwache Waldbesitzer bei gleichen Besitzverhältnissen denselben Steuerbetrag zahlen muß, wie der schuldenfreie und wohlhabende. Infolge dieser Härte sind dem Ertragssteuersystem viele Gegner erwachsen. Ein Nachteil des Grundsteuersystems liegt in dessen Starrheit. Der Kataster ist und muß aus steuertechnischen Gründen stabil sein, d. h. die festgesetzten Steueranschläge bleiben so lange in Kraft, bis sie nicht gesetzlich abgeändert werden. Eine solche Revision oder Neuaufstellung ist mit großen Kosten und Umständen verknüpft. Da die Holzpreise und Reinerträge der Forste in die- sem Jahrhundert im Durchschnitte stets gestiegen sind, so hinken die auf die Erträge rückwärts liegender Perioden hin festgelegten Steueranschläge dem wirklichen Ertrag in der Gegenwart stets nach und haben die ungerechtesten Verschiebungen in bezug auf die Ausnutzung der wirklichen Steuerkraft zur Folge. Änderungen der Holzart und Betriebsart, die nach der endgiltigen Katastrierung eintreten, bleiben ebenfalls unberücksichtigt sowohl zum Nutzen wie zum Schaden des Waldbesitzers. Ferner steht die Tatsache fest, daß eine gleichartige Grundsteuerveranlagung selbst in einem kleineren Land nicht möglich ist, weil die verschiedenen Schätzungs- kommissionen verschiedene Auffassungen über die Ertragsfähig- keit haben. Die jetzigen Grundsteuerkataster, die in ihrer Mehrzahl ein Produkt des 19. Jahrhunderts sind, sind ohne Ausnahme veraltet. An eine Erneuerung denkt kein größerer Staat mehr, weil auch die neuen Kataster sehr bald das Schicksal der früheren teilen würden. Wenn die Grundsteuer bisher als Ergänzungssteuer in den Staaten, welche die Einkommensteuer eingeführt haben, bei- behalten wurde, so geschieht dies auch mit Rücksicht darauf, daß 774 - Waldbesteuerung. die Grundkataster vielfach als Unterlage für den Immobiliarkredit, die Gemeindesteuern, die Grundbücher, die forst- und landwirt- schaftlichen Berufsgenossenschaften usw. bilden. 2. Der steuerbare Ertrag. Unabhängig zunächst von der geltenden Gesetzgebung soll in dem Folgenden die Frage beantwortet werden, was bei der Ein- steuerung der Forste auf Grund des objektiven Grundsteuersystems unter Reinertrag zu verstehen ist. Der Reinertrag des land- und forstwirtschaftlichen Bodens ist die erwirtschaftete Bodenrente. Soll also dem Begriffe Grundsteuer entsprechend nur der Boden besteuert werden, dann bildet die erwirtschaftete Bodenrente einzig und allein den steuerbaren Er- trag. Nun entsteht aber die weitere Frage, ob es billig und ge- recht ist, beim forstlichen Betriebe nur den Boden zu besteuern. Zu diesem Zwecke muß zwischen dem jährlichen Nachhaltsbetrieb und dem aussetzenden Betrieb unterschieden werden. Hierbei ist jedoch zu betonen, daß die besondere Behandlung des aussetzenden Betriebes sich nur auf jene Waldungen erstrecken kann, die ver- möge ihrer Größe und Bestandsverfassung im jährlichen Nachhalts- betriebe nicht bewirtschaftet werden können. Der Zustand des Waldes und nicht die vom Waldbesitzer tatsächlich eingehaltene Nutzungsweise ist ausschlaggebend. A. Die Besteuerung der Betriebsklasse. Das Einkommen, welches der Besitzer aus seinem im Nach- haltsbetriebe bewirtschafteten Wald jährlich (oder auch in kürzeren Perioden) bezieht, d. i. die Waldrente oder der Waldreinertrag, setzt sich zusammen aus der Bodenrente und dem Zins des Holz- vorratskapitals. Dieses Holzvorratskapital, welches die Grundbedin- gung für die Möglichkeit einer jährlichen Nutzung ist und 75—85°/, des gesamten Waldwertes repräsentiert, ist ein erspartes Vermögen des Waldbesitzers, dessen Zins er in dem jährlichen Waldreinertrag mitbezieht.. Um den Betrag des Holzvorratskapitals ist der Wald- besitzer reicher als der Besitzer landwirtschaftlichen Bodens (s. $. 115). Wird daher der Nachhaltswald nur nach der Bodenrente besteuert und bildet diese Grundsteuer die einzige Steuerlast des Wald- besitzers, dann bleibt die bedeutendste Einkommensquelle der Forstwirtschaft, der Holzvorrat, unbesteuert. Daher ist es zwei- fellos, daß Wälder, welche im jährlichen Nachhaltsbetrieb bewirtschaftet werden oder bewirtschaftet werden könn- ten, nicht mit der Bodenrente, sondern mit dem Wald- II. Forstgrundsteuer. 775 reinertrag zur Steuer herangezogen werden müssen. Mit Ausnahme Preußens und Hessens haben alle Staaten — im Prinzip wenigstens — diesen richtigen Standpunkt bei der Grundsteuer- veranlagung auch eingenommen. Theoretisch ließe sich dagegen eventuell einwenden, daß der Steuerfuß der Grundsteuer auf das aus Kapitalnutzung stammende Einkommen gleichmäßig übertragen wird. Ist die Einkommensteuer verhältnismäßig niedriger als die Grundsteuer, dann zahlt der Waldbesitzer für den Holzkapitalertrag mehr Steuer als für die gleiche Kapitalrente, welche aus anderen Quellen fließt. Es wäre daher die Trennung des Waldreinertrages in Bodenrente und Kapitalrente zum Zwecke der Besteuerung das idealere Verfahren. Abgesehen davon aber, daß der praktischen Durehführung dieses Prinzips steuertechnisch sich große Schwierig- keiten entgegenstellen würden, läßt sich auch dagegen wieder ein- wenden, daß sich nachhaltige Waldwirtschaft ohne Holzkapital eben nicht treiben läßt und daher der wirtschaftliche Charakter von Holzbodenrente und Holzkapitalzins in steuerlicher Hinsicht wenigstens derselbe ist. Die Besteuerung des Waldreinertrages hat zur Folge, daß die mit Wald bestockte Fläche bedeutend mehr Steuer zu leisten hat als landwirtschaftliches Gelände gleicher Güte und Größe. Die aus früheren Zeiten stammenden Grundsteuergesetze wollten aber diese Folge nicht. Man identifizierte vielmehr den Waldreinertrag mit der landwirtschaftlichen Bodenrente und besteuerte Wald und Feld gleichmäßig. Zudem erfolgten die früheren Einschätzungen auf der Grundlage niedriger Holzpreise und meistens wurden auch nicht alle Nutzungen veranschlagt. Infolge aller dieser Umstände wurde der Wald gegenüber dem landwirtschaftlich benutzten Boden von vornherein begünstigt. Um den Unterschied zwischen der landwirtschaftlichen und forstlichen Grundsteuer zu illustrieren, sei folgendes Beispiel gewählt. X hat 100 ha Wald im jährlichen Nachhaltsbetrieb mit 100jährigem Umtrieb, Y hat 100 ha Ackerland gleicher Bonität. Der Bodenertragswert beträgt in beiden Fällen pro Hektar 329,4 M., die jährliche Bodenrente bei p=3°/, somit 9,88 M. Der Waldbesitzer X erzielt jährlich einen Waldreinertrag von 6000 M., wovon 988 M. auf die Bodenrente entfallen und der Rest von 5012 M. auf den Holz- vorratszins. Bei einem Steuerfuß von 9°/, sind aus der jährlichen Einnahme von 6000 M. an Steuer 540 M. zu entrichten; hiervon treffen 88,92 M. auf den Boden und 451,08 M. auf den Holzvorrat. Der Landwirt Y erzielt einen jährlichen Reinertrag von 983 M. und zahlt hiervor 88,92 M. Steuer. Den gleichen Betrag würde nun auch der Waldbesitzer zahlen, wenn er nur nach der erwirtschafteten Bodenrente veranlagt würde, obwohl er jährlich 5012 M. mehr einnimmt als der Landwirt und um 5012: 0,03 = 167067 M. reicher ist als dieser. Diejenigen, welche den Holzvorrat unbesteuert lassen wollen, begründen ihre Forderung damit, daß auch in der Landwirtschaft das lebende Inventar 776 Waldbesteuerung. bei der Grundsteuer nicht mitveranlagt wird. Darauf ist zu erwidern, daß der Viehstand eines landwirtschaftlichen Gutes vom steuertechnischen Gesichts- punkte aus so lange nicht als ein rentierendes Betriebskapital aufzufassen ist, als er lediglich von den eigenen Erträgnissen des Gutes unterhalten wird. Der Aufwand für die Unterhaltung des notwendigen Viehstandes muß vom Rohertrag des Acker- und Wiesenlandes abgezogen werden, oder aber der Landwirt kann berechnen, wie hoch ihm die vom Vieh für die Bestellung der Felder geleistete Arbeit und der gelieferte Dünger nach Maßgabe der aus der eigenen Wirtschaft von den Tieren konsumierten Produkte zu stehen kommt, und hierfür entsprechende Abzüge machen. Diese Annahme hat auch bei den älteren Grundsteuergesetzen dem Gesetzgeber vorgeschwebt. Sie ist allerdings heute nicht mehr da zutreffend, wo die Viehzucht Selbstzweck geworden ist und nur durch zugekauftes Futter betrieben werden kann. Jn diesem Falle trifft die Grundsteuer nicht mehr alle Ertragsquellen des Landwirtes und müßte der Viehstand besonders besteuert werden, wenn die allgemeine Ein- kommensteuer nicht eingeführt ist. — Abgesehen aber von letzterem Falle kommt der Wert des Betriebskapitales des Landwirtes nicht entfernt dem Werte des Holzvorrates an Größe gleich. B. Die Besteuerung des aussetzenden Betriebes. Wesentlich anders wie beim jährlichen Betriebe liegen die Verhältnisse beim aussetzenden. Der Abtriebsertrag und die auf den Schluß der Umtriebszeit prolongierten Zwischennutzungen ab- züglich der auf den gleichen Zeitpunkt bezogenen Kultur- und Verwaltungskosten sind hier gleich den Zinseszinsen des Boden- ertragswertes oder dem Endwert der während der Umtriebszeit aufgelaufenen (erzeugten) Bodenrenten. Ein Holzvorratskapital ist hier nicht vorhanden. In einer anderen Auffassung kann man den Abtriebsertrag auch als die Summe der Wertsgrößen betrachten, die jährlich auf dem gegebenen Boden erzeugt, aber erst am Schlusse des Produktionszeitraumes zusammen geerntet werden. Es ist derselbe Vorgang, wie wenn jemand jährlich einen bestimmten Geldbetrag in eine Sparkasse einlegt und alle diese Beträge nach einem längeren Zeitraum samt Zinsen auf einmal erhebt. Soll nun, wie bei der Grundsteuer, der am Schlusse der Um- triebszeit vorhandene Reinertrag auf die einzelnen Jahre verteilt werden, so kann dies nur geschehen nach der Gleichung r(1,0p"!—1) 0,0p (Au = Abtriebsertrag, D, = Durchforstungserträge, V = Verwaltungs- kapital, e—=Kulturkosten, u = Umtriebszeit, p = Zinsfuß). Vernachlässigt man hier der Einfachheit halber die Zwischen- nutzungen sowie die Kultur- und Verwaltungskosten, dann wird . A OR Au + D, 1,0pt2 +.» — V (1,0p!— 1) — e1,0p! — II. Forstgrundsteuer. 777 Dieser Ausdruck bedeutet aber nichts anderes als die Rente des Bodenertragswertes (Bodenrente) oder den durchschnitt- lichen Reinertrag des aussetzenden Betriebes. Ist u=100 Jahre, A,0oo — 6000 M., dann ist der durchschnitt- lich-jährliche steuerbare Ertrag oder die Bodenrente, wenn p=3°|,, 6000 1,0508 — 903 —= 329,4-0,03=9,88 M. Beträgt die Grundsteuer 9°/, vom Reinertrag, dann hat der Waldbesitzer jährlich 9,83-0,09 = 0,89 M. Grundsteuer zu bezahlen. Daraus geht hervor, daß beim aussetzenden Betriebe einzig und allein die Bodenrente die Steuergrundlage bilden kann. Die bestehenden Grundsteuergesetze haben aber mit Ausnahme des bayerischen entweder absichtlich einen anderen Ertrag unter- stellt oder, wenn sie auch die Bodenrente allein treffen wollten, für die Betätigung dieses Prinzips nicht die richtige Form gefunden. Erklärbar und entschuldbar wird dieser Umstand dadurch, daß die Grundsteuergesetzgebung mit wenigen Ausnahmen in eine Zeit fiel, in welcher die falsche Durchschnittsrechnung allgemein angewendet wurde. Der steuerbare jährliche Ertrag wurde nämlich nach dem arithmetischen Durchschnitt des Abtriebsertrages auf die einzelnen Jahre verteilt und so die Parzelle als Flächeneinheit eines Nachhaltswaldes mit jährlichkem Betriebe behandelt. Der Waldbesitzer muß infolge dieser Rechnung den Zins eines Vorrats- kapitals mitbesteuern, welches gar nicht vorhanden ist. Der Steuer- betrag wird daher in diesem Falle viel zu hoch und höher als jener für landwirtschaftliches Gelände gleicher Bonität, während hier beide Steuerbeträge gleich sein sollten. In unserem Beispiele stellt sich dieser jährliche steuerbare Ertrag auf Au__ 6000 2m Beträgt die Steuerquote 9°/,, dann hat der Waldbesitzer 600,09 —5,40 M. jährlich an Grundsteuer zu zahlen, mithin um 5,40—0,89 —4,551 M. zu viel! Dies ist eben darauf zurückzuführen, daß in dem Durchschnittsertrag von 60 M. an Holzvorratszinsen 60—9,88 — 50,12 M. enthalten sind, welche der Waldbesitzer im vorliegenden Fall niemals bezieht, sondern nur dann beziehen würde, wenn außer diesem einen Hektar noch 99 andere, mit der normalen Altersstufenfolge bestockte Flächeneinheiten vorhanden wären. Der Erkenntnis, daß die Besteuerung des durchschnittlichen Ertrages beim aussetzenden Betriebe zu einer ungerechten Belastung des Waldbesitzers führt, ist der Vorschlag entsprungen, dieWalderwartungswerte periodisch =60M. 778 Waldbesteuerung. zu berechnen und die Steuer nach diesen zu veranschlagen.!) Dieses Ver- fahren ist nicht richtig und kommt in seiner Wirkung der Durchschnitts- rechnung sehr nahe. Die Grundsteuer ist eine Ertragssteuer. Nicht das Bodenkapital als solches wird besteuert, sondern die Ertragsfähigkeit des Bodens, welche nach dem erreichbaren durchschnittlichen jährlichen Ertrag festgesetzt bzw. abgestuft wird. Der jährliche Ertrag wird nur einmal, näm- lich im Jahre seines Anfalles, besteuert, im folgenden Jahre nicht mehr. Die Steuer, welche der Eigentümer im nächsten Jahre bezahlt, wird von dem nächstjährigen Ertrag entrichtet, nicht mehr vom vorhergehenden oder nach- folgenden. Von diesem im Wesen der Ertragssteuer begründeten Prinzip ist nun die jährliche oder periodische Besteuerung des Wealderwartungs- wertes grundverschieden. Denn es wird auf diesem Weg in jedem folgenden Jahre der Walderwartungswert des vorhergehenden Jahres immer wieder mit- besteuert, obwolıl jeder einzelne Wert nur als Summe der bisher entstandenen, aber noch nicht flüssig gewordenen Erträge anzusehen ist. Mit anderen Worten: es würden die aufgespeicherten jährlichen Erträge vom Jahre ihrer Entstehung ab bis zum Abtriebsalter immer wieder zur Steuer herangezogen, während jeder Ertrag nur einmal steuerpflichtig sein soll. Nicht viel verschieden von dieser Methode und ebenso unrichtig wie diese ist das von Schnittspahn?) empfohlene Verfahren, den aussetzenden Betrieb nach dem Walderwartungswert der halben Umtriebszeit zu besteuern, Auch hier würde die Steuer viel zu hoch werden und jener vom arithmetischen Durchschnittsertrag ungefähr gleichkommen. Wollte man den Bestandserwartungswert zur Besteuerung heranziehen, so könnte es sich beim aussetzenden Betrieb nur um die jährlichen Werts- zuwachse, die sich in dem Unterschiede je zweier aufeinanderfolgender Bestandserwartungswerte ergeben, handeln. Denn die Summe derselben ist gleich dem Haubarkeitsertrage. Die Summe der Renten der Bestandserwar- tungswerte dagegen gibt die Rente des Normalvorrates, die beim Nachhalts- betrieb in dem jährlichen Waldreinertrage erscheint und mit demselben auch zur Steuer heranzuziehen ist. Die Besteuerung der jährlich erfolgenden Werts- zuwachse des aussetzenden Betriebes würde aber — abgesehen davon, daß sie steuertechnisch undurchführbar ist — nicht mehr als Grundsteuer, sondern als Einkommensteuer wirken. Denn die Grundsteuer trifft nur die durch- schnittliche Ertragsfähigkeit, unabhängig von dem Wechsel der wirklichen Erträge. Vom Standpunkt des Waldbesitzers aus wäre mit der Besteuerung der Wertszuwachse absolut nichts gewonnen, weil er dieselben so wenig jähr- lich flüssig machen kann wie den durchschnittlichen Reinertrag, trotzdem er jährlich Steuer zu zahlen hat. | Gegen die verschiedene steuerliche Behandlung des jähr- lichen und des aussetzenden Betriebes wurde eingewendet, daß darnach dieselbe Fläche eine höhere oder geringere Steuer zu leisten habe, je nachdem sie eine Betriebsklasse bildet oder in mehrere, im aussetzenden Betriebe bewirtschaftete Parzellen zer- fällt. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Es läßt sich mathema- tisch nachweisen (vgl. meinen Artikel im F. C. 1900, $. 499), daß ') Heyer, Anleitung zur Waldwertrechnung, 4. Aufl, von Wimmenauer 1892, 161. ®) F. C. 1884. — Vgl. meine Kritik im F. C. 1900, 177 fi. II. Forstgrundsteuer. 779 die steuerliche Belastung des jährlichen Betriebes nach der Wald- rente und des aussetzenden Betriebes nach der Bodenrente inner- halb des Zeitraumes einer Umtriebszeit genau die gleiche ist. Es ist eben in Betracht zu ziehen, daß die Besteuerung der Betriebs- klasse eine Boden- und Kapitalbesteuerung zugleich ist. Wer eine Betriebsklasse besitzen will, muß entweder das hierzu notwendige Holzvorratskapital sich kaufen oder 80—100 Jahre warten, bis er sich das Holzvorratskapital nachgezogen hat. 3. Der Inhalt der geltenden Grundsteuergesetze. A. Aussetzender und jährlicher Betrieb. Die Bemessung des steuerbaren Ertrages erfolgt in der Gesetz- gebung nach drei verschiedenen Gesichtspunkten: 1. Der aussetzende Betrieb wird mit der Bodenrente, der jähr- liche mit der Waldrente zur Steuer herangezogen. Dieses allein richtige und gerechte Verfahren kennt als Prinzip nur das bayeri- sche Grundsteuergesetz v. 1828. Nach $ 33 werden „die kleineren nach dem Gutachten der Sachverstän- digen keiner regelmäßigen Forstwirtschaft fähigen Gehölze wie Ödungen, Heiden und Filze behandelt“ und „ihrer geringen Nutzung wegen selbst in die Bruchklasse gesetzt“. Dadurch ist im Prinzipe anerkannt, daß Waldungen im aussetzenden Betriebe steuerpolitisch wie landwirtschaftliches Gelände zu behandeln sind, und die jährliche Bodenrente den steuerbaren Ertrag bildet. Daß dieser (auch beim landwirtschaftlichen Boden) nicht dem wirklichen Rein- ertrag, sondern nur einem Teil des Rohertrags entspricht, ändert nichts an der Richtigkeit des Prinzips. 2. Man besteuert bei beiden Betrieben nur die Bodenrente unter Freilassung ‚des Holzvorratskapitals des jährlichen Betriebes. Auf diesem Grundsatz ist das preußische und hessische Grundsteuer- gesetz aufgebaut, wenn auch der angestrebte Zweck infolge der unzweckmäßigen Art der Bodenrentenberechnung praktisch nicht erreicht wurde. Wird der Wald nur mit der Grundsteuer belastet, . dann fällt dem Besitzer eines Nachhaltswaldes ein unverhältnis- mäßiger Vorteil zu, weil die Rente des Holzvorratskapitals unbe- steuert bleibt. Anders liegt dagegen die Frage dann, wenn der Staat außer der Grundsteuer noch eine Einkommensteuer erhebt. In diesem Fall unterliegt das Einkommen aus dem Holzvorrat noch einer speziellen Besteuerung. Wird diese gegenüber der Holz- vorratsrente richtig bemessen, dann kann man sich mit der Heran- ziehung der Bodenrente allein zur Grundsteuer aussöhnen, wenn man auch nie ganz über die Tatsache hinwegkommt, daß die Bodenrente zweimal — Grund- und Einkommensteuer — und die Vorratsrente nur einmal besteuert wird, und ferner, daß der Steuer- fuß der Grund- und Einkommensteuer nicht derselbe ist. 780- Waldbesteuerung. 3. Man besteuert beide Betriebe nach der Waldrente. Dieses Prinzip liegt dem österreichischen, württembergischen, badischen usw. Grundsteuergesetz zugrunde und wird beim aussetzenden Betrieb in der Weise durchgeführt, daß man den Haubarkeitsertrag einfach durch die Umtriebszeit dividiert und denselben so nach arithmeti- schem Durchschnitt auf die einzelnen Jahre verteilt. -B. Roh- und Reinertrag. Die Zwischennutzungserträge an Holz werden mit Aus- nahme Badens überall zur Veranlagung herangezogen. Die für den Privatwaldbesitzer in vielen Gegenden so wichtigen und hochwer- tigen Nebennutzungen bleiben in Bayern, Preußen, Hessen, Württemberg und Baden außer Rechnung, aber in den beiden zu- letzt genannten Staaten mit dem einschränkenden Zusatz, daß bei der Bestimmung des Holzertrages von der Unterstellung ausgegangen werden soll, es fände eine Schmälerung desselben durch Neben- nutzungen überhaupt nicht statt. Von den Wirtschaftskosten kommen in Abrechnung in Preußen die Ausgaben für Verwaltung, Schutz und Kulturen, in Württemberg nur jene für Kulturen und Schutz, nicht auch die Verwaltungsausgaben und Wegebaukosten; in Bayern und Baden bleiben die sämtlichen Wirtschaftskosten unberücksichtigt (Roh- ertragsbesteuerung). Die auf den Waldungen ruhenden Lasten (Forstrechte) werden von dem steuerpflichtigen Ertrag in Abrechnung gebracht in Würt- temberg, Baden und Hessen, nicht in Preußen. In Bayern!) hat der Waldeigentümer die ganze Steuer zu entrichten, ist aber be- fugt, von den Berechtigten ein Fünfzehntel des steuerbaren Bezuges als Steuerbeitrag in Anspruch zu nehmen. C. Assekuranzabzüge. Für den Ertragsausfall durch mögliche Unglücksfälle werden Abzüge vom eingeschätzten Ertrag gemacht: in Preußen je nach Holz- und Betriebsart 20—50°/,; in Sachsen 16°/, beim Nadelholz, 12°/, beim Laubholzhochwald, 8°/, beim Niederwald; in Württem- berg 25°/, bei Nadelholz, 20°/, bei Laubholzhochwald und dem ÖOberholz des Mittelwaldes, nichts beim Niederwald. In Bayern, Baden und Hessen sind solche Abzüge gesetzlich nicht vorgesehen. D. Besonderheiten und Geschichtliches. Preußen. Der steuerbare Ertrag wurde formell als Waldreinertrag er- mittelt. Nach der vom Finanzminister erlassenen „Technischen Anleitung“ !) Vgl. Hock, Handb. d. ges. Finanzverwaltung. 3. Aufl., II. Bd., 691. mr ee Are Tr II. Forstgrundsteuer. 78 aber „sollte nur der Reinertrag des Bodens besteuert werden“. „Da die- jenigen Reinerträge der Waldungen, welche sich unter der Voraussetzung eines mittelmäßigen Holzbestandes und normalen Altersklassenverhältnisses herausstellen, in Wahrheit die Zinsen des forstlichen Betriebskapitales in sich schließen, so muß diesem Umstande gebührende Rechnung dadurch getragen werden, daß 1. die Naturalerträge mäßig angesprochen, bzw. die Reinerträge der Holzungen durch entsprechende Abzüge (in praxi 40—50°,, für „Gefähr- dungen“ und außerdem noch hohe Wirtschaftskosten) von den Naturalerträgen angemessen dargestellt und 2. die Nebennutzungen an Weide, Gräserei, Streu usw., sowie die Einnahmen aus zeitweiser landwirtschaftlicher Benutzung der Holzschläge für den Rohertrag nicht in Ansatz gebracht werden.“ Wenn durch diesen Umweg der Bodenreinertrag im konkreten Falle getroffen wird, ist es reiner Zufall. Das Ziel wäre natürlich sicherer erreicht worden, wenn man die Zinsen des Holzkapitals einfach vom Waldreinertrag abgezogen hätte. Die Instruktion verbietet aber ausdrücklich, dieselben „unter den Wirtschafts- kosten für den konkreten Fall zu berechnen“. Prinzipiell wurde also in Preu- Ben auch der Nachhaltsbetrieb zur Grundsteuer nur nach der Bodenrente herangezogen. Der Steuerfuß betrug 9,6°/,. Bayern. Nach dem Grundsteuergesetz von 1823 wurde für die Ein- schätzung der Waldungen festgestellt, welche Quantitäten Holz auf dem Stamm mit Rücksicht auf die örtlichen Holzpreise einem Achtel Scheffel Korn im Werte von 1 fl pro Tagwerk gleich zu achten sei. Jedes Achtel bildete eine Bonitätsklasse; diese mit der Grundfläche multipliziert, gibt die Steuerverhält- niszahl. Bis mit 1904 wurden hiervon pro Einheit 8,4 Pf. Steuer erhoben, seit 1905 nur mehr 6,2 Pf. Sachsen. Nach dem Grundsteuergesetz wurden die Reinerträge des Waldes als arithmetische Durchschnittserträge pro Flächeneinheit ermittelt: je 10 Neugroschen (1 Mark) derselben bilden eine Steuereinheit. Von 1844 bis 77 wurden hiervon 7!/),—11 Pf. erhoben, seit 1878 konstant 4 Pf. Württemberg. Die Einschätzungen der Waldungen erfolgten nach dem Grundsteuergesetz von 1873 in der Zeit von 1878—1881. Sämtliche Kataster sind erst am 1. April 1837 ins Leben getreten, weil erst bis dahin die Kata- strierung des landwirtschaftlichen Geländes vollendet war. Das Ergebnis der Grundsteuereinschätzung der Staatswälder istin den „Forsstatistischen Mitteilun- gen“ für 1887 dargestellt. Als Grundlage dienten die Durchschnittserlöse, welche in den 15 Kalenderjahren 1855—1869 bei den Versteigerungen in den im Steuerbezirk gelegenen Staatswaldungen erzielt wurden. Hauerlöhne kamen nicht in Abzug. Der Steuerfuß betrug 1887/89 3,9°/,, 1839/94 3,5°/,, seit 1394 3,9°/, vom Steueranschlag. Durch die Novelle zum Grundsteuergesetz v. 8. Aug. 1903 wird die Waldgrundsteuer materiell nicht berührt, während vom Kataster der Weinberge ein summarischer Abzug von 40°/,, von den übrigen Grund- katastern mit Ausschluß des Wald- und Gefällkatasters ein solcher von 20°, gemacht wurde. Baden. Durch die Grundsteuerordnung v. 1810 wurde der Waldsteuer- anschlag nach dem löfachen Betrag des Wertes des nachhaltigen jährlichen Holzertrages auf dem Stamme (Preise 1807—1809) bemessen. Das Waldgrund- steuergesetz v. 1854 ordnete eine neue Katastrierung an; der „Steueranschlag“ bestand darnach im l5fachen Werte des normalen Haubarkeitsertrages auf dem Stocke, d.h. also in dem mit einem Zinsfuß von 6,67 °/), berechneten Rentierungswerte des Rohertrages aus der Holzhauptnutzung (Durchschnitts- preise von 1845—1847 und 1850—1852). Durch diese Neueinschätzung erhöhte sich das Waldsteuerkapital von 29,5 auf 93,5 Mill. fl. Als 1877 der Steuerfuß 782 - Waldbesteuerung. allgemein von 44 Pf. auf 28 Pf. für 100 M. Steuerkapital herabgesetzt worden war, stellte sich ein Mißverhältnis zugunsten der forstlichen gegenüber der landwirtschaftlichen Grundsteuer heraus. Durch G. v. 14. Dez. 1878 wurden daher die Waldsteuerkapitalien um 57?/,°/, erhöht, so daß nunmehr der Kapi- talisierungszinsfuß für den Holzrohertrag 4,24°|, beträgt. Gegenwärtig beabsichtigt man in Baden an die Stelle der Ertragssteuer eine Vermögenssteuer zu setzen (vgl. Buchenberger im Finanzarchiv 1901, 1ff.). Durch G. v. 9. Aug. 1900 wurde daher die Neueinschätzung der Wald- steuerkapitalien angeordnet. Dieselben sind durch Kapitalisierung des Wald- reinertrages mit einem Zinsfuß von 4°/, zu ermitteln. Zwischen aussetzendem und jährlichem Betrieb wird ein Unterschied nicht gemacht. Von dem ernte- kostenfreien Werte des bei den gegebenen Holzarten und der bestimmten oder üblichen Betriebsweise und Umtriebszeit im Durchschnitt jährlich auf das Hektar kommenden normalen Haubarkeitsertrages zuzüglich der durch- schnittlichen jährlichen Vorerträge auf dem Stocke ist der Betrag der durch- schnittlich jährlich auf das Hektar entfallenden Bewirtschaftungs- und Ver- waltungskosten abzuziehen und der Rest mit 25 zu multplizieren. Wo, wie bei Hack- und Kopfholzwaldungen, neben dem Holze noch ein anderes zur Haupt- nutzung gehöriges Erzeugnis erzielt wird, ist das 25fache des jährlichen Rein- ertrages desselben zuzuschlagen. Nebennutzungen kommen nicht in Betracht; bei Festsetzung des normalen Haubarkeitsertrages ist von der Unterstellung auszugehen, daß derartige Nebennutzungen nicht gewonnen werden. Die Sorti- mente sind nach Prozenten des ganzen Ertrages festzustellen. Die Holzpreise werden nicht für jeden einzelnen Wald, sondern für Preisbezirke festgestellt und zwar nach dem Durchschnitt der 5 Jahre 1895—1899. Die Vorerträge werden nach Prozenten der Haupterträge bemessen. Die Waldlasten werden im Sinne des G. v. 1854 vom Steuerkapital abgezogen unter Zugrundelegung der Holzpreise 1895—1899. Hessen. Von 1803 ab wurden Grundsteuerprovisorien geschaffen, welche dann durch das G. v. 13. April 1824, definitiv ersetzt wurden. Nach der hier- zu erlassenen Instruktion von 1325 wurden von dem durchschnittlich jähr- lichen erntekostenfreien Geldrohertrag an Haupt- und Zwischennutzungen nur sechs Zehntel in Ansatz gebracht und von der so erhaltenen Summe die jährlichen Verwaltungs-, Kultur- und Aufsichtskosten abgezogen, um das Steuer- kapital des Waldes zu bilden. Die Kosten durften aber die Summe von 12 Kr. pro Normalmorgen (*/, ha) nicht überschreiten. Maßgebend war die vorhandene Holz- und Betriebsart. In einer späteren Instruktion von 1846 wurde aller- dings angenommen, daß „bei der ersten Bonitierung der Waldungen diejenige Holzart angenommen werden mußte, welche dem Boden am füglichsten zu- sagt“. Diese Annahme traf nicht zu. Die Reduktion des Geldrohertrages auf “0 seines Betrages erfolgte in der Absicht, nur die Bodenrente zu tref- fen. Da die erste Bonitierung auf den Durchschnittspreisen von 1818—1823 fußte, zeigte es sich bald gleichwie später in Baden, daß die Wälder infolge der steigenden Holzpreise im Laufe der Zeit gegenüber den anderen Kultur- arten in ein zu günstiges Steuerverhältnis kamen. Daher wurden durch G. v. 1864 die Steuerkapitalien in der Weise erhöht, daß von dem früher ermittelten Rohertrag statt */,, nur °/,, in Abzug gebracht wurden. Dadurch stieg das Waldsteuerkapital um rund 22°, Im Jahre 1868 folgte dann eine neue Bonitierung der Schälwaldungen im Anhalt an die Rindenpreise von 1862 bis 1867. Bei der ersten Katastrierung waren dieselben nur als Brennholznieder- waldungen eingeschätzt worden. 1873 betrug die Grundsteuer vom Reinertrag des landwirtschaftlich benützten Bodens 4,5°/,, der Waldungen 3,9°/, und der Gebäude 3,24°/,. — Zuletzt wurden von 100 M. Steuerkapital 14 Pf. Grund- u ee ee BR II. Forstgrundsteuer. 783 steuer erhoben. (Schanz, Finanzarchiv Jahrg. II u. 1900. — Monatsschrift f. das Forst- u. Jagdw. 1874.) Österreich. Nach dem Grundsteuergesetz von 1369 wird der steuerbare Durchschnittsertrag lediglich nach dem Brennholzwerte bemessen unter Ab- rechnung der Kosten für Kultur und Schutz. Diese Unterstellung führt natür- lich bei dem inzwischen eingetretenen Unterschied zwischen Nutzholz- und Brennholzwirtschaft zu einer ganz unberechtigten Begünstigung der Nutz- holzwaldungen gegenüber den Brennholzwäldern. Erstere nehmen aber von der Gesamtwaldfläche Österreichs 70°/, ein. Riebel führt im Zentralbl. f£. d. g. F, 1895, S. 195#f. ein Beispiel an, wonach ein Buchenwald mit 20 000 Al. Reinertrag an Steuern und Umlagen 10400 fl. oder 52°/,, ein Fichtenwald mit 50000 Al. Reinertrag nur 4900 fl. oder 10°/, vom faktischen Reinertrage zu leisten hat. Auch von dem 29000 ha großen Wienerwald werden gegen- wärtig 52°, vom wirklichen Ertrage Steuern und Umlagen gezahlt. Der Grundsteuerfuß beträgt für ganz Österreich 22,70, vom Katastralreinertrag. E. Schlußfolgerungen. Von den bestehenden Grundsteuergesetzen entspricht keines den theoretischen Anforderungen und den heutigen Ertragsverhält- nissen der Waldwirtschaft. In theoretischer Beziehung liegen die Mängel — wechselnd in den einzelnen Gesetzen — in der Ver- mengung von Rohertrag und Reinertrag, von nachhaltigem und aussetzendem Betrieb, in Beziehung auf die gegenwärtigen Ertrags- verhältnisse des Waldes in der nicht vollen und gleichmäßigen Heranziehung des wirklichen Ertragsvermögens. In Wirklichkeit mögen sich die negativ und positiv wirkenden Mängel oft ergänzen und ausgleichen; in vielen anderen Fällen aber wird es aber ohne unbillige Härten und Begünstigungen nicht abgehen. Nun ist allerdings die Bedeutung der Forstgrundsteuer in den einzelnen Staaten eine sehr verschiedene. Bildet das Einkommen die erste staatliche Steuerquelle, dann treten die Ertragssteuern zurück und bilden für den Waldbesitzer eine so geringe Belastung, daß die Genauigkeit der Katastrierung nicht mehr viel ins Gewicht fällt. Ganz anders liegen aber die Verhältnisse in jenen Staaten, in welchen vom Walde nur die Grundsteuer erhoben wird. Hier wäre eine dem heutigen Stand der Wissenschaft und Wirtschaft angepaßte Katastrierung unbedingt zu fordern, wenn die Grund- steuer auch für die Zukunft die einzige Steuer bleiben sollte. Die Grundlage der Steuerveranlagung soll beim jährlichen Betrieb der Waldreinertrag, beim aussetzenden der Bodenreinertrag bilden. Ohne dieses Prinzip aufzugeben, können aber bei Berechnung der Einnahmen und Ausgaben Modifikationen wohl am Platze sein. Die Zwischennutzungen dürfen heutzutage nicht mehr vernachläs- sigt werden, da sie namentlich in Nadelholzwaldungen einen großen Prozentsatz der Gesamtnutzung repräsentieren. Anders steht es 784 - Waldbesteuerung. mit den Nebennutzungen. Ihre Bedeutung wechselt je nach Ort und Zeit. Für den streubedürftigen Landwirt in Gegenden mit armem Sandboden hat die Streunutzung mehr Wert wie die Holz- nutzung. Zahlenmäßig ist derselbe aber kaum festzustellen, wenn die dauernde Ertragsfähigkeit in Betracht kommt und die Holz- nutzung dadurch geschmälert wird. Andere Nebennutzungen, wie Samengewinnung, Beerennutzung, sind schon positiverer Natur, aber als schwankende Erträge doch kaum für die katastrale Ein- schätzung geeignet. Daher dürfte das oben angeführte württem- bergische und badische Verfahren der praktischste Ausweg sein. Abzüge für mögliche Kalamitäten gesetzlich festzulegen, ist nicht angebracht. Für wirkliche Notlagen sieht jedes Gesetz Steuer- nachlässe vor, die auch in Anspruch genommen werden, obwohl Abzüge schon gemacht sind. Nicht ganz einfach liegt die Frage wegen Anrechnung der Verwaltungskosten. Werden dieselben abgezogen, dann wird natür- lich der zu versteuernde Ertrag zugunsten des Waldbesitzers klei- ner. Die steuertechnische Schwierigkeit liegt nun darin, daß nicht allen Waldbesitzern wirkliche Verwaltungskosten erwachsen, sondern. nur jenen, welche sich ein eigenes Verwaltungspersonal halten oder halten müssen. Dem objektiven Charakter der Grundsteuer ent- sprechend sollte daher ein bestimmter mittlerer Durchschnittsbetrag für alle Waldungen gleichmäßig in Ansatz gebracht werden. Die Ermittelung der steuerpflichtigen Bodenrente des aus- setzenden Betriebes bietet, wenn von sog. Musterwaldungen aus- gegangen wird, keine größeren Schwierigkeiten als die Festsetzung des Durchschnittsertrages des Nachhaltsbetriebes. Als Zinsfuß dürf- ten 3°/, anzunehmen sein. Das in Baden und Hessen eingehaltene Verfahren der pauscha- len Erhöhung der ursprünglichen Einschätzungen kann als vorüber- gehender Notbehelf gerechtfertigt sein, allgemeine Nachahmung verdient es aber nicht, da die durch Veränderung der forstlichen Produktionsverhältnisse eingetretenen Verschiebungen der Ertrags- verhältnisse durch dieses Verfahren nicht nur nicht beseitigt, son- dern noch besonders verschärft werden. Das Ertragssteuersystem hat beim aussetzenden Betriebe und in allen Fällen, in welchen der Wald erst begründet wird, den nicht zu beseitigenden Nachteil, daß der Waldbesitzer schon zu einer Zeit Steuer zahlen muß, wo der Bestand noch keine oder nur un- bedeutende Nutzungen gewährt. Um diese Härten zu mildern, ist es empfehlenswert, wenigstens die Neuanlagen von Waldungen auf mehrere Jahre steuerfrei zu lassen. Dies geschieht in Baden (G. v. 25. März 1886) auf 20 Jahre, in Österreich (G. v. 24. Mai 1869) auf III. Allgemeine Einkommensteuer. 785 25 Jahre, in Frankreich durch Erlaß von drei Vierteln der Grund- steuer auf 30 Jahre. In Elsaß-Lothringen sind die auf Berggipfeln, Abhängen, Dünen und Heiden neuangelegten Holzkulturen 30 Jahre steuerfrei (G. v. 18. Juni 1859, Art. 226), in Rußland alle neuen Waldanlagen auf 30 Jahre und alle Schutzwaldungen für immer (G. 1888, Art. 18). In Preußen, Bayern, Württemberg, Hessen usw. besteht diese Erleichterung nicht. Den Wald in Berücksichtigung seiner eventuellen Wohlfahrts- wirkungen und der in einzelnen Staaten bestehenden forstpolizei- lichen Einschränkungen grundsätzlich niedriger zu besteuern als die übrigen Gewerbe, ist nicht begründet. Denn viele andere Ge- werbe und auch der übrige Grundbesitz sind heutzutage noch viel lästigeren polizeilichen Vorschriften unterworfen wie die Forstwirt- schaft (Baupolizei!). III. Allgemeine Einkommensteuer. 1. Wesen und Inhalt. Die Einkommensteuer trifft das gesamte jährliche Einkommen des Steuerpflichtigen. Unter Einkommen im wissenschaftlichen Sinne versteht man die Summe der wirtschaftlichen Güter, die eine Person in einem gewissen Zeitraume (Jahr) zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse verwenden kann ohne Schmälerung ihres Vermögens (Hermann und Schmoller). Die volkswirtschaftlichen Einkommensquellen sind Grund und Boden, Kapital, Arbeit und Unternehmung. Die Einkommensteuer- gesetze führen die Einkommensquellen, aus denen steuerpflichtiges Einkommen fließen kann, besonders auf. Als solches gelten die gesamten reinen Jahreseinkünfte in Geld und Geldeswert aus Ka- pitalvermögen, Grundvermögen, Pachtungen und Mieten, Handel und Gewerbe, gewinnbringender Beschäftigung und Rechten. Maß- gebend ist, daß die Erträge dauernden Quellen der Gütererzeu- gung entstammen. Daher gelten nicht als steuerbares Einkommen, sondern als Vermögenszuwachs: außerordentliche Einnahmen aus Erbschaften, Schenkungen, Lebensversicherungen, aus dem Verkauf von Grundstücken usw. Dieselben kommen ebenso wie Verminde- rungen des Stammvermögens nur insofern in Betracht, als die Er- träge des letzteren dadurch vermehrt oder vermindert werden. Bei der Ermittelung des steuerbaren Einkommens sind von den Einnahmen außer den Verwaltungs- und Betriebskosten in Abzug zu bringen die Schuldzinsen, die regelmäßigen Abschreibungen für die Abnutzung von Gebäuden, Maschinen, nach manchen Gesetzen Endres, Forstpolitik. 50 786° Waldbesteuerung. auch die Lebensversicherungsprämien usw.; dagegen sind nicht abzugsfähig die Verwendungen zur Verbesserung und Vermehrung des Vermögens. Die Einkommensteuer ist eine Personalsteuer, weil sie nach der persönlichen Leistungsfähigkeit des Pflichtigen bemessen wird und namentlich den Abzug der Schuldzinsen gestattet. Das Ein- kommen aus Grundstücken stützt sich auf deren Reinerträge; trotz- dem zählt die Einkommensteuer nicht zu den Ertragssteuern, weil der Reinertrag nur insoweit steuerpflichtig ist, als er für den Be- sitzer der Ertragsquelle zum Einkommen wird. Die allgemeine Einkommensteuer ist immer progressiv, d.h. die höheren Einkommen werden prozentual höher besteuert als die kleineren. Dem subjektiven Charakter der Einkommensteuer entsprechend wird dieselbe nur beim wirklichen Anfall des Einkommens erhoben. Unbestimmte und schwankende Einnahmen werden nach dem Durch- schnitt der letzten drei Jahre berechnet. Darunter fallen auch die Einnahmen aus der Forstwirtschaft. Die geltenden Einkommensteuergesetze sind mit Einschluß des österreichischen in der Hauptsache völlig gleichlautend. 2. Das Einkommen aus der Forstwirtschaft.') Bei Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens aus Forsten werden in Einnahme gestellt der Geldwert aus den im Durchschnitt der letzten drei Jahre gewonnenen Abtriebs-, Zwischen- und Neben- nutzungen”) einschließlich der in der eigenen Wirtschaft des Steuer- pflichtigen verbrauchten forstlichen Erzeugnisse, in Ausgabe die im Durchschnitte der letzten drei Jahre gemachten Aufwendungen für Aufsicht und Verwaltung, Schlagen, Aufbereitung, Rücken und Flößen der Hölzer sowie für Unterhaltung der Baulichkeiten (Forst- häuser, Brücken, Wege usw.). Die Kulturkosten für die Wiederaufforstung abgetriebener Flächen sind abzugsfähig, weil sie zu den auf die „Erhaltung des Einkommens verwendeten Ausgaben“ zählen. In der preußischen und braunschweigischen Ausführungsanweisung ist dies auch be- sonders bestätigt. Nicht abzugsfähig sind dagegen die durch die „Neubeforstungen unbewaldeter Flächen behufs Erweiterung des Forstbestandes“ (Preußen) verausgabten Kulturkosten, weil dieselben !) Vgl. Judeich, Tharander forstl. Jahrb. 1888, 88 ff.; 1877, 53 ff. ®) In Preußen darf der Wert der aus den Holzungen entnommenen und im landwirtschaftlichen Betriebe verwendeten Streu nicht als besonderes Ein- kommen angerechnet werden. — Fuisting, Die preußischen direkten Steuern, 6. Aufl., I. Bd., 164. u III. Allgemeine Einkommensteuer. 787 als „Verwendungen zur Verbesserung und Vermehrung des Ver- mögens“ oder auch als Kapitalanlagen gelten, „welche nicht ledig- lich als durch eine gute Wirtschaft gebotene und aus den Betriebs- einnahmen zu deckende Ausgaben anzusehen sind“ (Preußen). Wenn die formelle Richtigkeit dieses Standpunktes nach Maßgabe des Einkommensteuerbegriffes auch nicht angezweifelt werden kann, so wäre es doch aus volkswirtschaftlichen Gründen wünschenswert, daß die Kosten für Neuaufforstungen unter die abzugsfähigen Posten aufgenommen würden. Die hervorragendste Eigenschaft der Einkommensteuer liegt darin, daß der Pflichtige nur aus den gesetzlichen Einkommens- quellen dann Steuer zu bezahlen hat, wenn er tatsächlich ein Ein- kommen von bestimmter Höhe bezieht, oder mit anderen Worten, wenn er die Mittel zur Bezahlung der Steuer zur Verfügung hat. Diese im innersten Wesen der Einkommensteuer begründete Eigen- schaft ist zugleich der unbestreitbare Vorzug derselben gegenüber dem Ertragssteuersystem, das ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse des Menschen nur das steuerpflichtige Objekt im Auge hat und von dem Besitzer desselben bedingungslos jährlich die gleiche Steuer fordert. Die weitaus meisten und namentlich die größten Staaten, welche die Einkommensteuer eingeführt haben, machen in dieser Riehtung gegenüber der Besteuerung des Einkommens aus Wald- besitz mit Recht keine Ausnahme. Der Waldbesitzer hat nur dann Steuer zu bezahlen, wenn ihm sein Wald eine Reineinnahme (Rein- gewinn) abwirft. Dadurch fällt der der Grundsteuer anhaftende mißliche Umstand weg, daß er beim aussetzenden Betrieb auch zu Zeiten jährlich Steuer bezahlen muß, in denen er keine Ein- nahme hat. Als Einkommen aus dem Forstbetrieb gilt nicht dasjenige Einkommen, welches der Waldbesitzer daraus möglicherweise erzielen kann, sondern nur dasjenige, welches er tatsächlich bezieht. Nimmt der Waldbesitzer in seinem Walde keine Nutzungen vor, dann wird ihm auch kein Einkommen aus dem Walde angerechnet. Findet dann in späteren Jahren ein der früheren Auf- sparung entsprechend verstärkter Abtrieb statt, dann kommen nunmehr die Ergebnisse des verstärkten Abtriebes voll zur Anrechnung, insoweit nicht die Grenzen des Wirtschaftsplanes im ganzen überschritten werden. (Fuisting 2.2.0. I, 161, 171, 432.) 3. Die Besonderheiten der forstlichen Einkommensteuer. So einfach und klar das Einkommensteuersystem auch an sich ist, so ergeben sich doch bei der Einsteuerung der Forsten Be- sonderheiten und Schwierigkeiten, die in gewissen Fällen vom Wald- besitzer als nachteilig empfunden werden können. Diese Fälle be- treffen fast ausschließlich den aussetzenden Betrieb. 50* 788 ° Waldbesteuerung. A. Trennung von Stammvermögen und Rente. Die Einkommensteuer soll prinzipiell nur die reine persönliche Rente aus Kapital, Grundbesitz und Arbeit, nicht das Kapital und den Grundbesitz selber, d. h. das Stammvermögen oder die Ein- kommensquellen treffen. Von diesem allgemeinen Grundsatz gehen zwar alle Einkommensteuergesetze aus, aber nicht alle führen den- selben bei der Besteuerung der Forsten folgerichtig durch. Es kommen in der geltenden Gesetzgebung drei verschiedene Standpunkte zum Ausdruck. 1. In Preußen ist nach den Anweisungen des Finanzministers vom 5. August 1891 und vom 6. Juli 1900 bei Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens aus Forsten und Holzungen der Erlös für die in der dreijährigen Veranlagungsperiode „aus dem regel- mäßigen, wenn auch infolge früherer Aufsparung verstärkten Ab- triebe, den Zwischen- und Nebennutzungen erzielten Produkte“ in Einnahme zu stellen, dagegen bleiben „die Ergebnisse aller außergewöhnlichen d.h. solcher Abtriebe, welche als eine Verminderung des Holzbestandskapitals anzusehen sind“, außer Anrechnung. Hier ist also prinzipiell die Trennung zwischen Rente und Holzkapital ausgesprochen. Die braunschweigischen Ausführungsvorschriften vom 27. August 1896 zum Einkommensteuergesetz v. 16. April 1896 sind mit den Bestimmungen der preußischen Anweisung von 1891 gleich- lautend, ingleichen jene der österreichischen Instruktion zum Einkommensteuergesetz v. 25. Oktober 1896. 2. Auf einer mittleren Linie bewegt sich das württembergi- sche Einkommensteuergesetz v. 8. August 1903. Danach sind die Ergebnisse außergewöhnlicher Nutzungen dem steuerpflichtigen Ein- kommen einzurechnen, bei Waldungen jedoch dann nicht, wenn die außerordentlichen Abtriebe durch Naturereignisse verur- sacht sind. ’ 3. Das sächsische Einkommensteuergesetz und mit ihm alle vorstehend nicht genannten Gesetze der übrigen Staaten machen keinen Unterschied zwischen der Nutzung von Rente und Kapital. Alles, was der Waldbesitzer an Abtriebs-, Zwischen- und Neben- nutzungen bezieht, ist steuerpflichtig, ohne Rücksicht auf den wirt- schaftlichen Charakter der Einkommensquelle. Vom steuertechnischen Standpunkt aus ist, wie vorweg hervor- zuheben ist, das sächsische Verfahren das weitaus bequemste, weil hier die Untersuchung, ob im Einzelfalle nur Rentennutzung oder auch gleichzeitig Kapitalmitnutzung vorliegt, wegfällt und ganz a re u III. Allgemeine Einkommensteuer. 789 besonders die Behandlung des aussetzenden Betriebes keine Schwierig- keiten bietet. Es ist aber zu untersuchen, welcher Standpunkt den forstlichen Verhältnissen am meisten gerecht wird. In der Forstwirtschaft besteht das eigenartige Verhältnis, daß das erntereife Produkt und das aufgespeicherte Bestandskapital aus demselben Stoffe, nämlich aus Holz bestehen. Infolgedessen ist die Trennung von normalem Ertrag und Kapital oder Stammvermögen rechnerisch genau gar nicht möglich. Die Steuertechnik muß sich daher mit praktisch erkennbaren Anhaltspunkten begnügen. Bei Forsten, welche auf Grund eines Wirtschaftsplanes im nachhalti- gen Betriebe bewirtschaftet werden, kann der festgesetzte jähr- liche Etat die Grundlage für die Bemessung des Einkommens bilden, jede Mehrnutzung ist Minderung oder Aufzehrung von Kapital, aus- genommen den Fall, daß die Mehrnutzung sich auf Holz erstreckt, welches nach dem Betriebsplan schon früher hätte genutzt werden sollen, aber absichtlich aufgespart wurde. Auf eine Prüfung, ob der Etat der Größe des Holzvorratskapitals entspricht, kann die Steuerbehörde verzichten, indem sie den Willen und den guten Glauben des Waldbesitzers respektiert. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich aber dann, wenn das Gesetz die Trennung von Rente und Kapitalnutzung auch für die im unregelmäßigen und aussetzenden Betriebe bewirtschafteten Holzungen verlangt, bzw. für dieselben keine Ausnahme zuläßt. Denn im Sinne der Forsteinrichtung ist in diesen Fällen ein nor- males Holzbestandskapital überhaupt nicht vorhanden. Wir müssen uns daher ein steuertechnisches Holzvorratskapital erst konstruieren, um zu dem Begriffe des „außergewöhnlichen Abtriebes“ zu ge- langen. Zunächst entsteht hier die Frage, was unter Einkommen aus der Forstwirtschaft im steuerrechtlichen Sinne zu verstehen ist. Läßt man der Einfachheit halber die Zwischen- und Nebennutzun- gen außer Betracht, dann stellt der reine jährliche Wertszuwachs eines jeden Einzelbestandes einen Vermögenszugang des Waldbe- sitzers dar. Ob derselbe besteuerbares Einkommen ist, hängt von der Art der Nutzung des Waldes ab. Im Nachhaltswald kann die jährliche Abtriebsnutzung als die Vereinigung der jährlichen Zuwachsleistungen aller Einzelbestände betrachtet werden. «Die Besteuerung des reinen Abtriebsertrages als Einkommen des Waldbesitzers ist daher gleichbedeutend mit der Besteuerung des jährlichen Wertszuwachses des ganzen Waldes. Beim aussetzenden Betrieb bildet der jährliche Wertszuwachs des Einzelbestandes kein Einkommen im steuerrechtlichen Sinne, weil derselbe im Jahre seiner Entstehung nicht flüssig gemacht und 799. Waldbesteuerung. überhaupt erst aus der Abtriebsnutzung abgeleitet werden kann.) Erst beim Abtrieb des Bestandes gelangt der Waldbesitzer in den Genuß aller während des Produktionszeitraumes entstandenen und aufgesparten Wertszuwachse. Deshalb bildet der Abtriebsertrag auch das steuerbare Einkommen des aussetzenden Betriebes. Nun entsteht die weitere Frage, ob jeder Abtriebsertrag? Reif im finanziellen Sinne ist ein Bestand dann, wenn der jähr- liche Wertszuwachs unter den Betrag des Produktionsaufwandes zu sinken beginnt, d. h. wenn der Bestand die finanzielle Umtriebs- zeit erreicht hat. Die Nutzung des Bestandes vor und nach diesem Zeitpunkt bedeutet für den Waldbesitzer einen finanziellen Verlust. Steuerpolitisch ist es aber nicht gleichgiltig, ob der Bestand vor oder nach Eintritt der finanziellen Umtriebszeit genutzt wird. Vor der finanziellen Umtriebszeit ist der Bestand noch ein im Entstehen begriffenes Einkommen, nach derselben das „aufgesparte“ bereit- gestellte Einkommen, dessen Flüssigmachung in das Belieben des Waldbesitzers gestellt ist. Den objektiven Maßstab für die Be- antwortung der Frage, ob der genutzte Bestand als steuerpflichtiges Einkommen oder als Verminderung des Steuervermögens zu gelten hat, bildet daher die finanzielle Abtriebszeit. Diese Grenze der objektiven Steuerpflichtigkeit kann aber durch den Willen des Waldbesitzers dadurch nach unten verrückt wer- den, daß er planmäßig seine Bestände vor der finanziellen Um- triebszeit nutzt (z.B. 30—35jährige Bestände zu Grubenholz). Da die Gründe, die für den Waldbesitzer ausschlaggebend sind, von dem Steuerfiskus auf ihre Stichhaltigkeit in diesem Falle nicht nach- zuprüfen sind, so macht sich der Waldbesitzer durch die von ihm eingehaltene Wirtschaftsweise subjektiv steuerpflichtig. Aus dem Vorgetragenen erhellt, daß die finanzielle Abtriebs- zeit nicht unter allen Umständen den Ausgangspunkt für die Steuer- veranlagung des aussetzenden Betriebes bilden kann. Die Steuer- technik muß sich daher nach einem anderen Merkmal umsehen, und als solches kann nur der Umstand gelten, daß der Waldbesitzer den Abtrieb des Bestandes gewollt hat. Jeder Bestand, der mit Wissen und Willen des Waldbesitzers genutzt wird, ist steuerrecht- lich unabhängig von seinem tatsächlichen Alter hiebsreif und ge- währt dem Waldbesitzer kein „außergewöhnliches“ Einkommen mehr. Auf die gleiche Stufe sind jene Abtriebserträge zu stellen, die zwar gegen die Absicht des Waldbesitzers, aber ohne finanziellen Nachteil für ihn fällig werden. Wird z.B. durch einen 30jährigen Bestand eine Eisenbahn gebaut, dann erleidet ‚er, da er mit dem Walderwartungswert entschädigt werden muß, keinen Verlust, ist somit steuerpflichtig. !) Vgl. Judeich, Tharander forstl. Jahrb. 1888, 102, oe Di 7X Br III. Allgemeine Einkommensteuer. 791 Als nieht steuerpflichtig ist dagegen das Einkommen aus jenen außergewöhnlichen Holznutzungen (Waldnutzungen) zu betrachten, die durch Naturereignisse (Wind, Schnee, Insekten, Feuer usw.), also gegen den Willen des Waldbesitzers und zum Schaden desselben, veranlaßt worden sind. In diesem Falle kann. steuer- politisch auch beim aussetzenden Betriebe von einer Verminderung des Stammvermögens oder der Einkommensquelle gesprochen werden. Nach der erwähnten preußischen Anweisung bleiben die Ergebnisse aller außergewöhnlichen Abtriebe bei Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens außer Anrechnung. Das Oberverwaltungsgericht hat in Entscheidungen v. 2. Mai und 14. Nov. 1899 anerkannt, daß auch bei Holzungen, die im aussetzenden Betriebe bewirtschaftet werden, zwischen regelmäßigen und außergewöhnlichen Abtrieben zu unterscheiden sei. Das Kriterium des regelmäßigen Abtriebes sei der Umstand, daß der genutzte Holzbestand hiebsreif ist. Die Nutzung von nicht hiebsreifem Holz sei ein Eingriff in die Substanz der Einkommens- quelle und müsse daher steuerfrei® bleiben. Der Begriff Hiebsreife ist nicht näher definiert.) — Nach einer anderen Entscheidung liegt eine durch ein außergewöhnliches Naturereignis (Schneebruch usw.) dem Waldbesitzer auf- gezwungene Abholzung außerhalb des Rahmens einer Bewirtschaftung des Waldes; der Erlös bildet deshalb auch nicht Einkommen im Sinne des Ge- setzes und zwar unter keinen Umständen, d.h. einerlei, ob es sich um einen sonst planmäßig oder unregelmäßig genutzten Forst oder auch nur um ein Zubehör zum Landwirtschaftsbetriebe handelt.?) Nach der preußischen V. v. 10. Dez. 1891 liegt eine Verminderung des Bestandskapitales vor, wenn der Eigentümer den Abtrieb vornimmt, um die Kulturart der bisherigen Waldfläche zu ändern oder um dieselbe als Bau- platz zu verwerten. In letzterem Falle kann aber unter Umständen der Er- lös als Gewinn aus einem Spekulationsgeschäfte steuerpflichtig werden. Ein Eingriff in das Holzbestandskapital ist nicht ohne weiteres zu ver- muten, vielmehr seitens des Steuerpflichtigen geltend zu machen und nach- zuweisen.°) B. Die Einkommensteuer beim aussetzenden Betriebe. 1. Es wurde die Frage aufgeworfen,*) ob die unregelmäßigen Einnahmen aus dem aussetzenden Forstbetrieb überhaupt als Ein- kommen und nicht vielmehr als „außerordentliche“ Einnahmen aus dem nicht gewerbsmäßig unternommenen Verkauf von Grund- stücken anzusehen sind. Da letztere steuerfrei bleiben als Ver- mehrung des Stammvermögens, müßten auch die Abtriebsnutzungen des aussetzenden Betriebes von der Veranlagung zur Einkommen- steuer ausgeschlossen sein. Zur Begründung dieser Auffassung wird auf den Widerspruch hingewiesen, der darin liegen soll, daß 1) Vgl. Godbersen, Deutsche Forstzeitung 1902, 982 ff. — Fuisting a. a. O. 173. — °) Fuisting a. a. O. 173. — °) Fuisting a. a. O. 172. 4) Fricke, Deutsche Forstzeitung 1902, 901 #. — Godbersen, da- selbst 982 ff. 792 . Waldbesteuerung. der Waldbesitzer steuerfrei bleibt, wenn er den Holzbestand samt dem Boden verkauft, daß er dagegen Steuer bezahlen muß, wenn er den Bestand allein veräußert. Ferner wird geltend gemacht, daß die Einnahmen aus dem Abtrieb einzelner Waldbestände für den jeweiligen Besitzer, ja sogar für 2—3 aufeinander folgende Generationen nur einmalige seien und deshalb auf Grund des Art. 23 der preußischen Anweisung von 1900, demzufolge „einmalige Zu- wendungen“ dem steuerpflichtigen Einkommen nicht zugerechnet werden, zur Einkommensteuer nicht herangezogen werden dürften. Würden diese Argumente als zutreffend erachtet werden können, dann wäre die Folge, daß der größte Teil der Privatwälder steuer- frei bleiben würde und daß nur diejenigen Waldbesitzer, die ihren Wald im jährlichen Nachhaltsbetrieb bewirtschaften, Steuer zu zahlen hätten. Und es könnte sich jeder, Waldbesitzer dadurch, daß er nur periodische Nutzungen im aussetzenden Betrieb vornimmt, steuer- frei machen. Diese Auffassung geht indessen von irrigen Voraussetzungen über das Wesen der Einkommensteuer aus. Maßgebend für die Steuerpflichtigkeit kann lediglich der Um- stand sein, ob die Einnahme quellenmäßig ist, d. h. ob sie als Ertrag einer im Gesetze aufgeführten Einkommensquelle aufzufassen ist. Regelmäßigkeit und Ergiebigkeit einer Einnahme ist steuerlich ohne Bedeutung.!) Der Abtriebswert des Bestandes ist der Ertrag der Einkommensquelle Grundbesitz. Diese Eigenschaft wird dadurch nicht abgeändert, daß der Ertrag immer nur innerhalb langer Zeit- räume fällig wird. Selbst wenn derselbe nur ein einmaliger wäre, müßte er als quellenmäßig versteuert werden. Wenn der Wald- besitzer seinen Wald, also Boden und Bestand, verkauft, so hat er keinen Ertrag erzielt, sondern das Waldvermögen in Geldkapital umgewandelt. Sein Einkommen und seine persönliche wirtschaft- liche Leistungsfähigkeit wird durch diesen Wertstausch, wenn der- selbe auf richtige rechnerische Grundlagen aufgebaut ist, nicht geändert. Steuerpflichtig wird er nur wieder mit dem Ertrag des Geldkapitals ebenso, wie er es bisher mit dem Ertrag des Bodens war. Dieser ist eben der darauf erwachsene Holzbestand. Weil der Abtriebsertrag aus einer Einkommensquelle fließt, kann er auch nicht als „einmalige Zuwendung“ betrachtet werden, wie z. B. eine Erbschaft. 2. Bei den vorausgehenden Erörterungen wurde implieite unter- stellt, daß beim aussetzenden Betriebe die Einkommensteuer post- !) Entsch. d. kgl. preußischen Oberverwaltungsgerichts in Steuersachen I, 34, 243. III. Allgemeine Einkommensteuer. 793 numerando erst dann fällig wird, wenn der Besitzer aus seinem Walde wirklich ein Einkommen bezieht, also wenn er Durchforstungs- hiebe oder Plenterhiebe ausführt oder Nebennutzungen gewinnt und vor allem, wenn er den fertigen Holzbestand kahl abtreibt. Sieht man von dem Einkommen aus Durchforstungen und Nebennutzungen ab, dann muß also der Waldbesitzer beim aus- setzenden Betrieb auf einmal, bzw. auf drei Jahre verteilt, die ganze Steuersumme entrichten, die während der ganzen Umtriebs- zeit aufgelaufen ist. So ist es in Preußen, Sachsen, Braunschweig, Österreich und in den meisten übrigen Staaten. Der Nachteil für den Waldbesitzer besteht nun darin, daß er infolge der Progression der Steuer nicht bloß aus diesem durch Aufsparung entstandenen Einkommen eine höhere Steuer bezahlen muß, als wenn dasselbe im Laufe der Umtriebszeit jährlich ange- fallen wäre, sondern daß er auch durch dieses Einkommen aus dem Walde mit seinem ganzen übrigen Einkommen in eine prozentisch höhere Steuerklasse gedrängt wird. In welchem Grade diese Mehrleistung des aussetzenden Be- triebes gegenüber dem jährlichen Betriebe zur Geltung kommt und ob sie überhaupt zur Geltung kommt, hängt natürlich von dem Grade der Progression des Steuertarifs ab. Es ist nicht zu bestreiten, daß in diesem Umstande eine Un- billigkeit gegen den im aussetzenden Betrieb wirtschaftenden Wald- besitzer liegt. Zur Beseitigung derselben kämen bei Aufrecht- erhaltung des Systems der Steuernachzahlung folgende Wege in Betracht. a) Die Verteilung des steuerbaren Einkommens auf mehr als drei Jahre. Je größer dieser Zeitraum gewählt würde, um so weniger wirksam würde die Progression der Steuerskala.. Gegen dieses Verfahren läßt sich einwenden, daß die Zahlung der Steuer noch nach vielen Jahren des Einkommensbezuges dem Wesen der Einkommensteuer widerspricht. Der Waldbesitzer würde es jeden- falls unangenelm empfinden, wenn er z. B. nach 10 Jahren noch Steuer von einem früher bezogenen Einkommen bezahlen müßte, das er längst aufgebraucht hat. Besondere Schwierigkeiten würden sich steuertechnisch dann ergeben, wenn der Wald innerhalb dieser Verteilungsperiode in andere Hände übergegangen ist, oder wenn der Steuerpflichtige zahlungsunfähig wird. b) Die Einreihung des Zensiten in eine niedrigere Steuerklasse. . Hierbei entstünde aber die schwierige Frage, wie viele Klassen die Herabsetzung umfassen soll. Da alle möglichen Kombinationen denkbar sind, könnte von einer gesetzlichen generellen Regelung kaum die Rede sein. 794. Waldbesteuerung. c) Die Trennung des Einkommens aus dem forstlichen Betrieb von den übrigen Einkommen des Zensiten, wenn ersteres größer ist als das steuerfreie Existenzminimum. Dieser Weg ist steuertechnisch gangbar und würde die schroffsten Härten beseitigen. Zwar bleibt auch hier die stärkere Heranziehung des aussetzenden Betriebes gegenüber dem jährlichen Betrieb in vielen Fällen bestehen, namentlich wenn größere Flächen im aussetzenden Betriebe abgeholzt werden. Indessen erscheint diese Mehrbelastung erträglich, namentlich wenn man in Betracht zieht, daß der Wald- besitzer in diesem Falle aus dem Abtriebe größerer Flächen für sich besondere Gründe und Vorteile hat. Wesentlich ist bei diesem Verfahren der Wegfall der Pro- gression für das übrige Einkommen des Waldbesitzers. Die Prüfung der Frage, ob der Wald auch im jährlichen Betrieb bewirtschaftet werden könnte, fällt hier weg. In Preußen ist, wenn zu einer landwirtschaftlichen Besitzung größere Flächen von Holzungen gehören, zu prüfen, ob der forstwirtschaftliche Betrieb als selbständige Quelle besteht oder als Nebenzweig des landwirtschaftlichen. In letzterem Falle kommen sie nur als Bestandteile des landwirtschaftlichen Betriebes in Betracht. 3. Der Umstand, daß der den Abtrieb vornehmende Waldbe- sitzer den ganzen während der Umtriebszeit aufgelaufenen Steuer- betrag bestreiten und somit für die Steuerschuld der Vorgänger im Besitze aufkommen muß, trifft während der Übergangszeit jene Waldbesitzer besonders hart, die vor der Einführung der Steuer den Wald gekauft oder ererbt haben und beim Kaufe oder Erb- antritt noch nicht in der Lage waren, die beim Bestandsabtriebe fällig werdende Steuerschuld in Abzug zu bringen. Diejenigen, die nach Einführung der Steuer einen solchen Wald kaufen, müssen bei Abschluß des Kaufes auf das Vorhandensein dieser Schuld Rücksicht nehmen. Der Dresdner landwirtschaftliche Kreisverein machte 1885 den Abänderungsvorschlag, es solle derjenige, der den Bestand nicht selbst begründet hat, sondern ihn kaufte oder erbte, den zur Zeit des Besitzantrittes vorhandenen Holzvorratswert von dem Ernte-Reinertrag der Bestände in Abzug bringen dürfen. Die sächsische Regierung ging darauf nicht ein wegen der unüber- windlichen praktischen Schwierigkeiten.) Ebenso spricht sich das preußische Oberverwaltungsgericht dagegen aus, daß der Holzab- trieb nur soweit, als er den Zuwachs an haubarem Holze aus der Besitzzeit des gegenwärtigen Eigentümers betrifft, als dessen Ein- kommen anzusehen, dagegen der Erlös für den schon früher vor- handenen hiebreifen Bestand auszuscheiden wäre.?) ') Judeich, Tharander forstl. Jahrb. 1888. — ®) Fuisting a.a.O. 171. II. Allgemeine Einkommensteuer. 795 Tatsächlich könnte eine Unterscheidung zwischen der Besitzzeit des gegenwärtigen Eigentümers und seiner Vorgänger auch zu be- denklichen Folgen führen. Kauft jemand z. B. einen haubaren Bestand zum sofortigen Abtriebe, so müßte dieser Bestand ganz steuerfrei bleiben, wenn der Kaufpreis den Abtriebswert deckt. Auf diesem Wege könnte jeder Waldbesitzer die Steuer umgehen, wenn er unmittelbar vor dem Abtriebe den Wald verkauft und später den Boden wieder zurücknimmt. Bei den Beständen, welche nach Einführung der Steuer neu begründet werden, fällt dieser mißliche Umstand weg, weil der Besitzer mit der allmählich sich ansammelnden Steuerschuld rechnen muß und der etwaige spätere Käufer dieselbe vom Kaufpreis ab- ziehen kann. Ähnliche Härten kommen übrigens auch bei anderen Besitzkategorien infolge der Einführung neuer Steuersysteme vor und müssen eben ertragen werden. 4. Um die Unannehmlichkeiten und Härten, welche die Nach- zahlung der Steuer (postnumerando) für den Besitzer eines im aus- setzenden Betriebe bewirtschafteten Waldes unter Umständen im Gefolge hat, zu vermeiden, kann man auch das System der Vor- ausbezahlung wählen in der Weise, daß man die mutmaßlichen Einkünfte des Waldes gleichheitlich auf die einzelnen Jahre der Umtriebszeit verteilt. In theoretisch richtiger Form kann dies nur nach der schematischen Formel = 1 -0,0p geschehen, d. h. 1,0 p" ar unter Zugrundelegung der Bodenrente oder des durchschnittlichen jährlichen Reinertrages. Nach der Novelle v. 9. Aug. 1900 zum badischen Einkommensteuer- gesetz gelten „als Einkommen aus Waldbesitz und Forstwirtschaft bei den- jenigen Waldungen, welche nicht auf Grund eines Forsteinrichtungswerkes nachhaltig bewirtschaftet werden, ohne Rücksicht auf das in jedem Jahre tat- sächlich erzielte Einkommen 3°/, des Steuerkapitals der Waldstücke“. Da nach dem oben (S. 782) erwähnten G. v. 9. Aug. 1900 das Steuer- kapital durch Kapitalisierung des durchschnittlichen Waldreinertrages mit dem Zinsfuße von 4°|, festgestellt und der aussetzende Betrieb ebenso behandelt wird wie der jährliche, so bilden Dreiviertel des arithmetischen Durchschnitts- ertrages das jährliche steuerpflichtige Einkommen. Ist ersterer z. B. 48 M., dann beträgt letzterer 48 0,04 Damit hat Baden für den aussetzenden Betrieb die Ein- kommensteuer tatsächlich wieder in eine Grundsteuer umge- wandelt. Wäre der Steuerfuß für die Einkommensteuer der gleiche wie jener für die Grundsteuer und würde bei ersterer die Progression weg- fallen, dann würde bei diesem System der Einkommensteuererhebung 0,03 — 48.2], — 36 M. 796. Waldbesteuerung. die Einkommensteuer und die Grundsteuer zu der gleichgroßen Be- lastung führen. Die mit.diesem System verbundenen Nachteile sind vielerlei Art. a) Zunächst widerspricht dasselbe dem ganzen Wesen der Ein- kommensteuer. Der unbestreitbare Vorzug derselben besteht eben darin, daß der Zensit nur dann Steuer zu bezahlen hat, wenn er aus der steuerpflichtigen Einkommensquelle auch wirklich ein Ein- kommen bezieht. Wird nun die Einkommensteuer nach Art der Grundsteuer auf die Einzeljahre verteilt, dann hat der Waldbesitzer wieder Steuer auch zu Zeiten zu zahlen, in denen er keine Ein- nahme aus dem Walde hat. b) Die Steuer wird wie beim Grundsteuersystem von fiktiven Durchschnittserträgen erhoben entgegen dem zweckmäßigen Grundsatze des Einkommensteuersystems, daß nur die wirklich ein- gehenden Erträge besteuert werden. Der subjektive Charakter der Einkommensteuer geht damit verloren. Da die Schätzung des durchschnittlichen Einkommens nach den veralteten Grundsteuer- katastern nicht tunlich ist — in Preußen ist sie direkt verboten!) — bleibt nur die Möglichkeit übrig, für die verschiedenen Holz- und Betriebsarten nach Bonitäten und Preisgebieten getrennte tabellarisch geordnete Durchschnittssätze aufzustellen (sog. Normalsätze). Die Aufstellung und Evidenthaltung dieser Tabellen ist aber sehr kost- spielig. Denn daß der Waldbesitzer diese Durchschnittssätze selbst deklariert, kann ihm weder zugemutet noch zugetraut werden. c) Wenn durch eine Kalamität der Bestand vor der Hiebsreife ganz oder teilweise vernichtet wird, dann hat der Besitzer im vor- aus Steuer bezahlt für ein Einkommen, das er entweder gar nicht oder nur in einer verminderten Höhe beziehen kann. Und selbst wenn der Staat die Steuer in einem dem Schaden entsprechenden Betrag zurückvergüten würde, würden die Kommunalverbände sich hierauf nicht einlassen.?) Wenn dagegen eingewendet werden wollte, daß auch der Ka- pitalist, der seine jährlich zu versteuernden Zinsen zum Kapital schlägt, diese auf einmal verlieren kann, so wäre darauf zu er- widern, daß der Kapitalist die jährlichen Zinsen als Einkommen verbrauchen kann, wenn er will, der Waldbesitzer dagegen den Jährlichen Wertszuwachs beim aussetzenden Betrieb im Walde lassen muß, bis der Bestand reif ist. Einkommensteuerpflichtig sind nicht die Einkünfte, die der Zensit jähr- lich wirklich verbraucht, sondern die er ohne Schmälerung seines Vermögens !) Fuisting a.a.O. I, 167. ?) Vgl. die Verhandlungen des nordwestdeutschen Forstvereins in Lüne- burg 1898. Mag: u Ca a de Ze III. Allgemeine Einkommensteuer. 797 verbrauchen kann. Wenn der Kapitalist jährlich einen Teil seiner Zinsen wieder zu Kapital anlegt, so hat er dieselben trotzdem zu versteuern, obwohl er sein Vermögen dadurch vermehrt, weil diese Zinsen in dem Jahr ihres An- falles noch den Charakter des Ertrages aus einer unter das Steuergesetz fallenden Einkommensquelle haben. Erst im Jahre nach ihrem Anfall wer- den sie Stammvermögen. „Solange ein Holzbestand nicht geschlagen wird, ist mit Einkommen aus ihm nicht zu rechnen; anders beim Kapitalvermögen, wo es nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung der Zinsen, sondern darauf ankommt, für welchen Zeitraum sie zustehen“ (Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungs- gerichts, Finanzarchiv 1899, 688). d) Wird bei Einführung der Einkommensteuer oder später dieses Verfahren angewendet, dann werden die bereits vorhandenen Bestände des aussetzenden Betriebes nicht mehr mit ihrem ganzen Abtriebsertrag belastet, sondern nur mit jenen Teilen desselben, die von jetzt ab bis zum Abtriebsjahr noch fällig werden. Will also der Steuerfiskus in den jährlichen Teilbeträgen noch den ge- samten, dem zukünftigen Abtriebsertrag entsprechenden Einkommen- steuerbetrag gewinnen, dann muß die bis zum gegenwärtigen Be- standsalter aufgelaufene Steuerschuld auf einmal nacherhoben wer- den, oder es muß der gesamte Steuerbetrag auf den Rest der Um- triebszeit gleichmäßig verteilt werden. Aus diesem Verfahren würde der Besitzer älterer Bestände keinen merklichen Vorteil ziehen, weil er, ohne zunächst eine Ein- nahme zu haben, entweder einen großen Betrag nachzahlen oder wenigstens auf kurze Zeit verteilt die gesamte Steuerschuld be- gleichen müßte. Zudem würde er wieder der Progression verfallen. Es wurde auch der Vorschlag gemacht, die Rente des Walderwartungs- wertes als jeweiliges Einkommen anzusehen und zu besteuern und zu diesem Zwecke den Kapitalwert der Bestände periodisch neu zu ermitteln. Wenn dieses Verfahren von der Begründung des Bestandes ab durch- geführt wird, dann läuft es praktisch auf die Besteuerung des arithmetischen Durchschnittsertrages hinaus und mutet dem Waldbesitzer die Mitversteuerung eines Holzvorratskapitales zu, welches beim aussetzenden Betriebe nicht vor- handen ist. Der Vorschlag, daß dieses Verfahren wenigstens bei den zurzeit der Ein- führung der Einkommensteuer vorhandenen Beständen angewendet werden sollte, damit die Besitzer der älteren Bestände entsprechend stärker heran- gezogen werden,!) würde zu den größten Ungerechtigkeiten führen, weil die Gesamtsumme der von den einzelnen Besitzern zu zahlenden Steuern in demselben Verhältnis geringer wird, als die Bestände bei Einführung der Ein- kommensteuer älter sind. Der Besitzer eines 40jährigen Bestandes hätte bis zum Abtriebe des Bestandes eine bedeutend höhere Steuer zu leisten als der Besitzer eines 60 jährigen Bestandes, obwohl beide Bestände beim Abtrieb im 80. Jahre dasselbe Einkommen gewähren, Aus dem Vorausgehenden erhellt, daß sich eine Menge Schwierig- keiten auftürmen, sobald man das Prinzip der Steuerzahlung im !) Wimmenauer, F. C. 1901, 559 ff. 798- Waldbesteuerung. Jahre des Einkommensbezuges verläßt. Jede Abweichung hiervon bedeutet eine Verwässerung des Einkommensteuersystems und die Rückkehr zum Ertragssteuersystem. IV. Vermögenssteuer. 1. Die Einkommensteuer allein reicht zur Durchführung einer gerechten und erschöpfenden Besteuerung nicht aus. Sie trifft das fundierte oder Besitzeinkommen in gleicher Weise wie das unfun- dierte Einkommen, welches in seinem Bestande von der Förtdauer der Arbeitskraft abhängig ist und mit Erlöschen derselben auf- hört. Sie trifft nicht den vielleicht reichen Mann, der seinen sonst ertragsfähigen Wald nur als Park benutzt und auf Einkommen daraus verzichtet, mit diesem Teile seines Vermögens. Aus diesen Gründen muß billigerweise neben der Einkommensteuer noch eine zweite Steuerart bestehen, die hier ausgleichend wirkt. Welchen Charakter dieselbe haben soll, darüber sind die Meinungen geteilt. Preußen hat durch G. v. 14. Juli 1893 die Vermögenssteuer, hier Ergänzungssteuer genannt, eingeführt, ebenso Hessen. und Braun- schweig, dieses neben der Grundsteuer; alle anderen Staaten be- hielten bisher die Ertragssteuern bei, deren Abschaffung als Staats- steuer aber wohl nur eine Frage der Zeit ist. Die Frage steht im engsten Zusammenhang mit der Organisation des kommunalen Steuerwesens und kann hier nicht weiter verfolgt werden. Her- vorzuheben ist nur, daß die Ergiebigkeit der Vermögenssteuer und der Grundsteuer schon deswegen nicht die gleiche ist, weil die Grundsteuer sich gleich bleibt, die Vermögenssteuer je nach der Konjunktur steigt und fällt. Die Vermögenssteuer ist eine Vorausbelastung der Tatsache des Vermögensbesitzes und trifft das gesamte Steuervermögen des Steuerpflichtigen ohne Rücksicht darauf, ob dasselbe ein Einkommen abwirft oder nicht. Es ist daher sehr wohl möglich, daß ein Wald- besitzer, der in seinem Wald aus irgend welchen Gründen nichts oder wenig nutzt, mehr an Vermögenssteuer bezahlt als an Ein- kommensteuer. „Die Ignorierung der Ertragsverhältnisse durch die Vermögenssteuer ist eine absichtlich gewollte und auch durchaus rationelle, da alle jene im Be- reiche des Vermögensbesitzes sich abspielenden, die Rentabilität oder Nicht- rentabilität beeinflussenden Vorgänge ihre volle Berücksichtigung bei der Einkommensteuerveranlagung finden“ (Buchenberger, Finanzarchiv 1901, 20). In Preußen, Hessen und Braunschweig sind die auf dem steuer- pflichtigen Vermögen haftenden oder für dessen Erwerb aufgenom- u nn 2 IV. Vermögenssteuer. 799 menen Schulden abzugsfähig. Im übrigen wird aber die Frage über die Zulässigkeit des Schuldabzuges wissenschaftlich bald in bejahendem, bald in verneinendem Sinne beantwortet. Die Vermögenssteuer ist die älteste Besteuerungsart des Grundbesitzes. Die vom 14. Jahrhundert ab von den Landständen bewilligten Steuern waren reine Vermögenssteuern, die auch den Waldbesitz trafen; so in Würt- temberg von 1514 ab, in Sachsen seit 1438, in Hessen seit 1576, in Branden- burg schon im 13. Jahrhundert, in Bayern seit 1515. Später löste sich die Vermögenssteuer in die einzelnen Ertragssteuern auf, von denen die Grund- steuer die ausschließliche Steuerlast des Waldes bildete. Die Vermögenssteuer wurde erst wieder aktuell durch die Einführung der allgemeinen Einkommen- steuer und der Ergänzungssteuer in Preußen. 2. Nach den bestehenden Gesetzen bildet die Grundlage für die Veranschlagung des steuerbaren Vermögens der gemeine Wert, d. h. der Wert, den ein Gut für jeden Besitzer haben kann unter Einrechnung des Wertes von Annehmlichkeiten und Bequemlich- keiten, die einem jeden Besitzer schätzbar sind. Der gemeine Wert ist also identisch mit dem Verkehrswert, Verkaufswert oder Tauschwert. Dieser Wert entspricht den durchschnittlichen gegendüblichen Preisen, um den die Grundstücke gleicher Art und Lage verkauft werden. Bei den forstlichen Grundstücken versagt dieser Anhalts- punkt, weil Waldverkäufe verhältnismäßig selten vorkommen und zudem die Höhe des Kaufpreises von vielen subjektiven Affektions- momenten beeinflußt ist. Der gemeine Wert des Waldes kann da- her in der überwiegenden Zahl aller Einzelfälle nur auf der Grund- lage der Ertragsfähigkeit festgesetzt werden, d.h. der Vermögens- wert ist als Ertragswert zu veranschlagen. Nach der zum preußischen Ergänzungssteuergesetz erlassenen „Tech- nischen Anleitung“ v. 26. Dez. 1893 sind „bei Bemessung des gemeinen Wertes der Grundstücke zum Anhalt zu nehmen: a) die im gewöhnlichen Verkehr gezahlten Kaufpreise, b) wo aber Käufe, namentlich von land- und forstwirtschaftlich benutzten Grundstücken, nicht in ausreichendem Umfange vorkommen, um einen zu- treffenden Maßstab zu gewähren, außerdem die Ertragswerte, d.h. die Kapi- talwerte, deren jährliche Zinsen dem bei gemeingewöhnlicher Bewirtschaftung dauernd zu erzielenden durchschnittlichen jährlichen Ertrage unter Anwendung desjenigen Zinsfußes gleichkommen, der von dem in gleichartigem Grundbesitz angelegten Kapital in der betr. Provinz usw. erzielt zu werden pflegt.“ 3. Die Berechnung des Ertragswertes kann nur auf Grund eines bestimmten Kapitalisierungszinsfußes erfolgen. Die Frage ist nun die, wie hoch derselbe sein soll. Die preußische „Technische Anleitung“ v. 1893 verlangt die Unterstellung jenes Verzinsungsprozentes, zu dem sich das Wald- kapital in der betreffenden Provinz rentiert. Es war vorauszu- sehen, daß die Durchführung dieses Grundsatzes auf große Schwierig- 800- Waldbesteuerung. keiten stoßen würde, denn die Berechnung dieses Zinsfußes setzt eben die Kenntnis des Waldkapitalwertes schon voraus. Die bei den Vorarbeiten für die Berechnung der forstlichen Vermögens- steuerwerte ermittelten Zinsfüße schwankten nach ganzen Regierungs- bezirken zwischen 1,1 und 5°/,. Es wurde daher unterm 1. Sep- tember 1894 allgemein verfügt, daß jener Zinsfuß anzuwenden ist, der sich für die betreffende Provinz bei der Vergleichung des Pachtertrages mit den nach den allgemeinen Schätzungsmerk- malen für den Hofbesitz (landwirtschaftliche Güter) ermittelten ge- meinen Werten ergibt. Damit hat also Preußen auf die Unterstellung des forstlichen Zinsfußes im allgemeinen und auf dessen gesonderte Festsetzung nach Provinzen im besonderen verzichtet und an dessen Stelle den landwirtschaftlichen Zinsfuß gesetzt. Will man an der Idee des forstlichen Zinsfußes zum Zwecke der Vermögenssteuerveranlagung der Forste festhalten, dann bleibt kaum etwas anderes übrig, als denselben generell für das ganze Land festzusetzen und zwar, da es sich hier vorwiegend um Privat- waldungen handelt, auf 3°/,.*) Es ist richtig, daß der mit einem Zinsfuß von 3°/, ermittelte Wert im allgemeinen dem Verkehrswert entspricht, zu dem Waldverkäufe stattfinden. Denn auf eine höhere als eine 3prozentige Rente ist unter gewöhnlichen Verhältnissen in der Waldwirtschaft nicht zu rechnen. Allein bei der Ermittlung des Vermögenssteuerwertes ist in Betracht zu ziehen, daß es steuerpolitisch ein Widerspruch ist, ein gering rentierendes Steuerobjekt mit einem hohen Vermögenswert zu ver- anschlagen. Das geschieht aber, wenn man die Rente mit dem niedrigen forstlichen Verzinsungsprozent Kapitalisiertt. Würde das- selbe in einer bestimmten Gegend z. B. nur zu 1°/, ermittelt, so würden sich unhaltbare hohe Vermögenswerte berechnen. Es ist auch zu berücksichtigen, daß die Einnahmen aus der Forstwirtschaft sehr stark von der geschäftlichen Konjunktur abhängig sind und vielen. Schwankungen unterliegen. Mit Rücksicht auf diese Ver- hältnisse ist es angezeigt, mindestens den landesüblichen Zinsfuß, richtiger aber den Hypothekarzinsfuß bei der Berechnung des Wald- vermögenswertes zu unterstellen. 4. Bei der Einschätzung der einzelnen Steuerobjekte kommt es bei der Vermögenssteuer auf eine übergroße Genauigkeit des- wegen nicht an, weil alle Vermögensteile des Steuerpflichtigen zu einem Vermögensganzen zusammengefaßt werden und die Steuer- ‘) Vgl. die Vorschläge von Oberförster Erdmann in A. F, u. J. Z. 1898, 37, 71. Jar a IV. Vermögenssteuer. 801 sätze sich in mäßigen und weiten Grenzen bewegen. Außerdem erfolgt die Veranlagung der Vermögenssteuer auf nur kurze Pe- rioden (Preußen 3 Jahre), so daß Korrekturen — im Gegensatz zur Grundsteuer — leicht möglich sind. In Preußen sind Forsten und Holzungen, welche zu landwirtschaftlichen Besitzungen gehören, zu der wirtschaftlichen Einheit des Landgutes zu rech- nen, wenn sie im Rahmen der landesüblichen Zusammensetzung der Besitzungen aus verschiedenen Kulturarten bleiben. Holzungsflächen, die den Wert der Be- sitzung ungewöhnlich erhöhen oder vermindern, sind durch den Ansatz ent- sprechender Mehr- oder Minderwerte zu berücksichtigen. Selbst bei Holzun- gen, die „um einiges“ aus jenem Rahmen heraustreten, soll noch in ähnlicher Weise verfahren werden. Nur wo auf diesem Wege ein zutreffendes Ergebnis nicht zu erwarten ist, oder wo besondere Umstände vorliegen, insbesondere wenn vereinzelt vorkommende Forstkomplexe zu Besitzungen, auf denen Land- wirtschaft betrieben wird, in keiner oder doch nur loser Beziehung stehen, so daß also die allgemeinen Schätzungsmerkmale nicht passen, ist der Wert der Holzungen speziell zu ermitteln (Allg. Verfügung v. 1. Sept. 1894, Fuisting, II, 1905, 525). Als erste Vorbereitung für die Schätzung waren für die erste Veran- lagung in möglichst großem Umfange wirklich gezahlte Grundstückspreise zu sammeln und zur Gewinnung weiterer Schätzungsmerkmale möglichst viele „Musterbesitzungen“ aufzusuchen, in welchen die in dem Veranlagungsbezirk obwaltenden gemeingewöhnlichen Verhältnisse zur Anschauung kommen. Nach Möglichkeit sollten hierzu Besitzungen gewählt werden, für welche brauchbare Kaufpreise vorlagen. Endlich sollte als Hilfsmittel für die Aufstellung all- gemeiner Schätzungsmerkmale vornehmlich der in den Grundsteuerkatastern nachgewiesene’ Flächeninhalt} und Grundsteuerreinertrag benutzt werden (Techn. Anl. 1893 Art. 8, 13, 16, 22). Die Sammlung dieser Anhaltspunkte ist übrigens evident zu halten und fortzusetzen. Zu einem richtigen Resultat kommt man selbstverständlich nur, wenn man den Wald für sich und nach den richtigen Methoden der Waldwertrechnung berechnet. Bei größeren, für einen jährlichen Nachhaltsbetrieb einge- richteten oder wenigstens geeigneten Waldungen ist die Methode des Rentierungswertes zulässig, wenn vorhandene Holzvorratsüber- schüsse oder Defizite, unter Umständen auch andere besonders ge- lagerte Verhältnisse in Berücksichtigung gezogen werden. Da in dem Rentierungswert die noch nicht hiebsreifen Bestände mit ihrem wirtschaftlichen Wert (Erwartungs- oder Kostenwert) inbegriffen sind, so wird mit demselben auch der Forderung des Vermögenssteuer- prinzips genügt, wonach derjenige Wert zu unterstellen ist, den das Grundstück für jeden Besitzer bei gemeinüblicher Bewirtschaf- tung haben kann. Da nur jener Vermögenswert, den der Waldbesitzer tatsächlich besitzt, Gegenstand der Einsteuerung sein kann, dürfen auch nur die gegebenen Bestands- und Wirtschaftsverhältnisse, und nicht Endres, Forstpolitik. ol 802 Waldbesteuerung. etwa die einer zukünftigen möglichen und zu erwartenden einträg- liceheren Benutzung entsprechenden maßgebend sein. Diesen Standpunkt nimmt auch die preußische „Technische Anleitung“ v. 1903 (Art. 5 Z. 2) ein. Darnach ist „für forstmäßig bewirtschaftete Grund- stücke die Ermittelung auf den Wert zu richten, den die Forst als Ganzes bei Einhaltung des Wirtschaftsplanes hat. Es ist also nicht etwa der Holz- bestand mit dem Werte in Ansatz zu bringen, den er unter der Voraus- setzung sofortigen Abtriebes darstellen würde“ Eine getrennte Be- wertung von Boden und Holzbestand ist somit nicht zulässig (Fuisting 77). — Weiterhin bestimmt diese „Technische Anleitung“ (Art. 1, Z. 2), daß „die Schätzung des Wertes der (nach einem Wirtschaftsplan bewirtschafteten) Hol- zungen sich auf die Berücksichtigung des vorhandenen Holzbestandes jeder- zeit mit zu erstrecken hat, auch wenn er über den üblichen mittleren Be- stand hinausgeht“. Das heißt also, daß Vorratsüberschüsse in Anrechnung zu bringen sind. — Nach der „Allg. Verfügung“ v. 1. Sept. 1894 soll auf das Gebäudeinventar (Forstdienstgebäude usw.) bei den Einschätzungen weniger Wert gelegt werden. Wimmenauer stellt für hessische Verhältnisse folgenden Erfahrungs- satz auf: „Um den Kapitalwert einer Hochwaldbetriebsklasse annähernd zu veranschlagen, multipliziert man die Festmeterzahl des vorhandenen Holzvor- rats mit ?/, (näher ®/,,) des ermtekostenfreien Einheitswertes vom Abtriebs- ertrage“. Man soll damit bei der hessischen Vermögenssteuereinschätzung befriedigende Resultate erzielt haben.!) Es ist aber zu beachten, daß die hessischen Privatwaldungen I. Klasse, die allein hier in Betracht kommen, nur 53800 ha umfassen und überwiegend mit Buche bestockt sind. — Nach dem Wortlaut der hessischen Bestimmungen ist auch bei Waldungen nur der ge- meine Wert, nicht der Ertragswert zulässig. 5. Eine besondere Behandlung erfordert der aussetzende Be- trieb auf jenen Waldflächen, auf denen er eingehalten werden muß. Die Vermögenssteuer trifft das Vermögen nicht um seiner selbst willen, sondern im Hinblick auf den Gesamtnutzen, den es dem Besitzenden gewährt oder wenigstens gewähren kann. Dieser Nutzen besteht zunächst in der gesicherten Fortdauer des Einkommens und in der größeren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Besitzenden ge- genüber dem Nichtbesitzenden. „Der Besitz allein macht aber nicht leistungsfähig, sondern erst der Reinertrag.“ Grundiegend ist also in letzter Linie bei der Vermögenssteuer doch der Gedanke, daß das Vermögen in seiner Eigenschaft als Einkommensquelle, weil es Einkommen gewährt und bei entsprechender Anlage gewähren kann, steuerlich belastet wird. Das das Einkommen hervorbringende Vermögen soll der Steuer unterworfen werden. Der jeweilige Wert eines im aussetzenden Betriebe stehenden Bestandes stellt gewiß ein Vermögen des Waldbesitzers vor, welches jederzeit in bare Münze umgesetzt werden kann. Aber es ist kein Vermögen, das eine Nutzung abwirft, wie das sog. Stammvermögen, !) A. F. u. J. Z. 1900, 208 u. 1895, 219. — F. C. 1900, 539. IV. Vermögenssteuer. 803 sondern es ist selbst Nutzung, d. h. die Summe von nichtbezogenen Nutzungen oder Renten, die bis zum Abtriebsalter auf dem Wald- boden aufgespeichert und dann auf einmal flüssig werden. Ver- mögen, welches ein nutzwertes Produkt bzw. ein zunächst nicht verfügbares jährliches Einkommen in Form der jährlichen Bestands- wertmehrung gewährt, ist beim aussetzenden Betrieb nur das Boden- kapital. Daher sollten Wälder, welche nur im aussetzenden Be- triebe bewirtschaftet werden können, nicht mit dem laufenden Waldwert, sondern nur mit dem Bodenwert zur Vermögenssteuer herangezogen werden. Die Vermögenssteuer trifft nicht den zum Einkommen gewor- denen Reinertrag, sondern das Stammvermögen, welches diesen Ertrag hervorbringt. Der von den Betriebskosten befreite Abtriebs- ertrag ist ein Ernteergebnis des Bodens so gut wie die Kartoffel- und Roggenernte. Daß das Holz 60—100 und mehr Jahre braucht, um erntereif zu werden, ändert nichts an seinem Fruchtcharakter. Daher kann der jeweilige Bestandswert, der beim Abtrieb des Be- standes bereits der Einkommensteuer unterliegt, nicht auch noch als Vermögenssteuerobjekt betrachtet werden, ebensowenig wie die jährliche Weizenernte noch mit der Vermögenssteuer belastet wird. Beim Nachhaltsbetrieb liegt der Fall ganz anders. Hier wird der Vermögensstamm, d. h. der Bodenwert und das Holzvorrats- kapital besteuert, weil auf Grund seiner Existenz der Besitzer einen jährlichen Ertrag erzielt. Wer aus seiner Forstwirtschaft einen jährlichen nachhaltigen Ertrag genießen will, muß eine Betriebs- klasse, deren Wert für ihn Vermögen ist, zur Verfügung haben. Wer aber nur eine kleine Parzelle sein Eigen nennt, arbeitet nur mit dem Boden, der ihm immer erst nach langen Zeiträumen eine Holzernte liefert. Wird beim aussetzenden Betrieb der jeweilige Bestandswert neben dem Bodenwert zur Vermögenssteuer veranlagt, so wird der Steuerbetrag mit jedem Jahre, bzw. in der Praxis mit jeder neuen Steuerveranlagungsperiode größer. Im Verlaufe des Abtriebszeit- raumes besteuert der Waldbesitzer den Holzvorrat einer ganzen Betriebsklasse! Der Einwand, daß der Besitzer von unverzinslichen Wertpapieren, divi- dendenlosen Aktien usw. ebenfalls aus diesem Vermögensbesitz Steuer bezahlen müsse, desgleichen auch derjenige, der den Zins jährlich wieder zum Kapital schlägt, ist deswegen nicht beweiskräftig, weil Geldvermögen in jeder Form eine flüssige Ware ist, Holzvermögen aber erst dann flüssig gemacht werden kann, wenn der Zeitpunkt seiner technischen oder finanziellen Reife gekommen ist. In diesem grundsätzlichen Unterschied ist die Unvergleichbarkeit beider Vermögensarten auf steuerlichem Gebiet begründet. Der Waldbesitzer muß eben, wenn er nicht als schlechter Wirtschafter bezeichnet werden soll, sein 5l* 804 | Waldbesteuerung. Holzvermögen auf dem Boden stocken lassen, bis es zur marktgängigen Ware geworden ist. Der Ausgleich zwischen rentengebenden und ertragslosen Kapi- talien liegt auf dem Gebiet der Einkommensteuer. Außer diesen Erwägungen, die in der Sache selbst liegen, drängen auch noch forstpolitische Motive zur Wahrung des im vorausgehenden festgehaltenen Standpunktes.. Wenn der Waldbe- sitzer um so mehr Steuer bezahlen muß, je älter der Bestand wird, so wird er darauf bedacht sein, den Bestand möglichst frühzeitig zu nutzen. Der kapitalschwache Waldbesitzer wird durch die Be- steuerung des Bestandswertes neben dem Bodenwert zur Verkürzung der Umtriebszeit 'geradezu gezwungen. Man kann dagegen nicht einwenden, daß bei der Einkommensteuer die Sache ebenso liege; hier steht der höheren Steuer, die vom Abtriebsertrag des älteren Bestandes zu zahlen ist, auch die größere Einnahme gegenüber. — Auch auf die Neuaufforstung von bisher unbewaldeten Flächen wirkt die Besteuerung des laufenden Waldwertes hemmend. Siebzehntes Kapitel. Forstwirtschaftlicher Realkredit.’) (Beleihung der Waldungen.) Auch der gut situierte und gewissenhaft wirtschaftende Wald- besitzer kann kreditbedürftig werden. Er kann gezwungen sein, ein Darlehen aufzunehmen, wenn er eine Tochter ausheiratet, sein Sohn in den Militärdienst eintritt, wenn er Erben abzufinden hat, durch vorteilhafte Ankäufe seinen Grundbesitz erweitern kann, Auf- forstungen vornimmt usw. Nieht immer wird es ihm gelingen, einen auf seine persönliche Vertrauenswürdigkeit gegründeten Personalkredit zu erlangen. Die Regel ist, daß für das Darlehen eine hypothekarische Sicherheit bestellt werden muß (Realkredit). Die Frage ist nun die, ob der Wald ein beleihungsfähiges Pfandobjekt bildet und nach welchen Grundsätzen der Beleihungswert des Waldes festzustellen ist. In der Landwirtschaft ist der Hypothekarkredit im wesent- lichen ein Bodenkredit und erst in zweiter Linie ein Gebäudekredit. In der Forstwirtschaft tritt der Wert des Bodens gegenüber dem Werte der Holzbestände in den Hintergrund. Wird also der ge- samte Waldwert als Beleihungsgrundlage genommen, dann ist der Hypothekarkredit in erster Linie ein Holzbestandskredit und erst in zweiter Linie ein Bodenkredit. Die zur Zeit für die Waldbeleihung von den Bodenkredit- anstalten eingehaltenen Grundsätze?) gipfeln nun darin, daß 1. ent- 1) Vgl. die Verhandlungen über „die Grundsätze für die Beleihung der Waldungen“ auf der Versammlung des deutschen Forstvereins zu Leipzig 1902 (Bericht 1903) und insbesondere die Referate von von Cetto-Reichertshausen und Cleve-Lekow. Ferner Oberförster Schnaase, Zur Beleihung der Pri- vatforsten durch die Preußischen Landschaften, Neudamm 1903. — Ders. in 2. £ F, u. J. 1896, 588. 2) Zusammengestellt für die bedeutendsten deutschen Kreditinstitute von von Cetto im Bericht usw. 202#f.; ferner dessen Referat 157. 806 Forstwirtschaftlicher Realkredit. weder Waldbesitz überhaupt nicht als solcher, sondern nur in Ver- bindung mit landwirtschaftlichem Besitz beliehen wird, oder 2. daß die Beleihung nur nach dem Bodenwert ohne Berücksichtigung des Bestandswertes erfolgt. Dabei wird der Boden häufig nicht nach seiner wirklichen Ertragsfähigkeit eingeschätzt, sondern nach dem Verkehrswerte eines Ödliegenden, ertraglosen Grundstückes. — Mehrere Banken machen nur eine Ausnahme von dieser Regel für solchen größeren geschlossenen Waldbesitz, der unter forsttechnischer Leitung oder, wie bei Fideikommissen, unter staatlicher Aufsicht nach einem Wirtschaftsplane nachhaltig bewirtschaftet wird. Von den preußischen „Landschaften“ beleihen nur die schlesische und die ostpreußische auch den Bestandswert. Alle übrigen beleihen nur den Boden und gingen auch auf eine in den Jahren 1886 und 1896 von der preußischen Staats- regierung unternommene Anregung auf Beleihung des Holzvorrats grundsätz- lich nicht ein. Diese Landschaften sind landwirtschaftliche Kreditgenossen- schaften. Die erste, die schlesische, wurde durch Friedrich den Großen in der Not des Siebenjährigen Krieges 1769 gegründet. Nach dem Reglement vom Jahre 1770 ist sie eine korporative Vereinigung der schlesischen Stände zu dem Zweck, durch Ausgabe und Verwertung privilegierter Pfandbriefe, für deren Sicherheit die Gemeinschaft haftet, die Kreditfähigkeit des einzelnen Gutsbesitzers zu erhöhen und demselben das zur Erhaltung im Besitz und zur Wiedereinrichtung der Wirtschaft erforderliche Kapital zuzuführen. Da sich diese Organisation glänzend bewährte, wurden in den nächsten Jahr- zehnten solche Kreditinstitute auch in anderen Provinzen begründet. Die älteren Landschaften waren Zwangskorporationen öffentlichrechtlicher Art, die neueren sind freier und genossenschaftlich organisiert, lassen den Eintritt frei, stehen aber unter Staatsaufsicht. Sie gewähren unkündbare Amortisations- darlehen auf Grundbesitz und sind nur auf den Großgrundbesitz hin or- ganisiert.?) 2. Das ungerechtfertigte Mißtrauen, welches die Kreditinstitute in die Sicherheit der Waldwirtschaft setzen, wirkt auf den Stand der Privatwaldwirtschaft, insbesondere auf die mittelbäuerliche, in ungünstigster Weise zurück. Die geringe Beleihungsfähigkeit des Waldes hat zur Folge, daß selbst ein reicher Waldbesitzer im Be- darfsfalle weniger Kapital auf seinen wertvollen Wald aufnehmen kann, als ein mittelmäßig situierter Grundbesitzer ohne Wald.°) !) Buchenberger, Agrarwesen und Agrarpolitik 2. Bd. 1893, 147. — Hermes im Handw. d. Staatsw. 2. A., 5. B., 453. 2) Cleve führt (Bericht 175£.) folgende Fälle aus Pommern an: Der Forst- besitz eines größeren Gutes, der einen nachhaltigen jährlichen Reinertrag von 25000 M. liefert, wurde von der Landschaft mit 94000 M. beliehen, der dazu gehörige landwirtschaftliche Besitz mit einem Reingewinn von 6000 M. mit 176000 M. — Ein anderes Gut, bei dem der Forst 30000 M. jährlichen Rein- ertrag lieferte, wurde auf diesen mit 107000 M. beliehen, die dazu gehörige Landwirtschaft mit ganz erheblich geringerem Reinertrag dagegen mit 205000 M. — In der Provinz Posen können landwirtschaftliche Grundstücke mit 90 bis 760 M., forstliche mit 30—125 M. belehnt werden; in Pommern landwirtschaft- liche mit 60—1180 M., forstliche mit 20—350 M. Forstwirtschaftlicher Realkredit. 807 Bankpolitisch ist ein Forstgrundstück, welches ausschließlich aus lückigen Kulturen besteht, ebenso kreditfähig, wie ein mit den schönsten Beständen bestocktes.') Erhält der Waldbesitzer auf seine Bestände keinen Kredit, dann ist er im Notfalle, namentlich bei Erbteilungen geradezu gezwungen, dieselben, auch wenn sie noch nicht ganz hiebsreif sind, abzutreiben und oft in einer Flächenaus- dehnung, daß die Nachhaltigkeit der Wirtschaft auf Jahrzehnte hinaus aufgehoben ist. Die Unterschätzung der forstlichen Bodenwerte hat die weitere betrübliche Folge, daß die kreditsuchenden Waldbesitzer ihre Bestände abtreiben und den Boden in Ackerland verwandeln, selbst wenn er dazu nicht geeignet ist, weil Ackerboden höher beliehen wird. Auch Aufforstungen werden aus diesem Grunde verschoben. Diese Erfahrungen hat man bei dem Taxationsverfahren der preußi- schen Landschaften gemacht, welches daher Cleve als „eine Prämie für Waldverringerung“ bezeichnet.”) Andererseits hat die Beleihung eines Waldes nach seinen beiden Bestandteilen, Boden und Bestand, den großen forstpolitischen Vor- teil, daß der Betrieb des Waldes ordentlich geführt werden muß. Die von den Hypothekanstalten fortwährend geübte Kontrolle wirkt noch besser als die Forstpolizeiaufsichtt.. Und der Waldbesitzer läßt dieselbe gern über sich ergehen, wenn sein Kreditbedürfnis befriedigt wird. Als Gründe für die Nichtbelehnung des Bestandswertes werden geltend gemacht: a) Die Unsicherkeit der Erhaltung des Bestandskapitals seitens des Kreditnehmers. Die Kreditinstitute glauben keine ausreichende Garantie dafür zu haben, daß der Waldbesitzer hinter ihrem Rücken Nutzungen vornimmt, die das der Beheihung zu- grunde gelegte Holzvorratskapital vermindern. Die Kontrolle, ob der Betrieb ein geregelter ist, wäre schwierig und kostspielig. Es ist zuzugeben, daß beim zerstreuten Kleinwaldbesitz die Kontrolle verhältnismäßig umständlich ist und daß die Bestände dieser Besitzklasse sich überhaupt nur in beschränktem Maße zur Beleihung eignen. Denn die Verpfändung von Beständen, die be- reits im Nutzungsalter stehen, hat für den Waldbesitzer keinen Zweck, weil er durch den Abtrieb selbst das benötigte Geld sich verschaffen kann, und jüngere Bestände sind nur mit einer geringen Summe beleihungsfähig. Da die Bestände nach längerer oder kürzerer Zeit hiebsreif werden, muß die Kreditanstalt sich entweder ausbedingen, daß ihr aus dem Abtriebsertrag die auf den Bestand treffende Hypothek zurückbezahlt wird, oder die Amortisationsquote 2) Schnaase a.a.0. 17. — ?) Cleve a.a.0. 177. 808 Forstwirtschaftlicher Realkredit. muß so hoch bemessen sein, daß das Kapital bis zum Alter der Nutzungsfähigkeit des Bestandes bereits getilgt ist. Viel geeigneter für die hypothekarische Beleihung sind Wal- dungen, welche im Nachhaltsbetrieb bewirtschaftet werden können. Hier kann neben dem Boden der Holzvorrat, der als eiserner, dauernder Bestandteil die Unterlage für die durch einen Wirt- schaftsplan festgesetzte jährliche oder periodische Nutzung bildet, ohne Risiko für den Gläubiger Gegenstand der hypothekarischen Be- leihung sein. Die Kontrolle über die Einhaltung des Wirtschafts- planes kann derselbe entweder durch eigene Organe ausüben oder auch durch die dem Waldbesitzer zugeschobene Verpflichtung, in festgesetzten Terminen eine dahingehende Bestätigung eines aner- kannten Sachverständigen vorzulegen oder alle Jahre eine Nach- weisung über die vollzogenen Hauungen und ausgeführten Kulturen einzusenden. Eine Übernutzung des Bestandes würde zudem gegen Treu und Glauben verstoßen und den Waldbesitzer in große Ver- legenheiten bringen können. Die schlesische Landschaft über die Kontrolle: a) nach Nachweisungen der abgeholzten Flächen, welche nach den Num- mern auf der Karte zu bezeichnen sind; b) nach Nachweisungen des Anbaues der abgetriebenen und der außerdem für die 1. Periode zur Kultur bestimmten Flächen. Beide Nachweisungen sind für Hochwaldungen alle 3 Jahre, für Mittel- und Niederwaldungen alle 6 Jahre vom Forstbesitzer einzureichen. c) Durch Besichtigung und Prüfung durch landwirtschaftliche Forst- taxatoren auf Kosten des Forstbesitzers beim Hochwald nach Ablauf einer Forsteinrichtungsperiode, bei Mittel- und Niederwaldungen sowie bei den kleineren, nach der Grundsteuer (Boden) beliehenen Waldungen alle 15 Jahre. Es ist hervorzuheben, daß die schlesische Landschaft seit der Einführung ihres Systems vom Jahre 1859 ab nicht die geringste Schädigung erlitten hat. Der geordnete Zustand der schlesischen Privatwaldwirtschaft wird auf dieses Beleihungssystem zurückgeführt. (Cleve a.a.O. 181). b) Die Gefährdung der Bestände durch Naturereig- nisse (Wind, Schnee, Insekten, Feuer). Die dadurch den Beständen drohende Gefahr wird vielfach überschätzt. Werden jüngere Bestände beschädigt, so fällt deren Wert für die Sicherheit der Hypothek wenig ins Gewicht. Ältere Bestände aber werden niemals so vollständig vernichtet, daß ihr Holzwert vollständig verloren geht. Eine Überfüllung des Marktes ist heutzutage nicht mehr zu befürchten. Jm übrigen kann sich der Hypothekgläubiger noch dadurch besonders sichern, a) daß er bei der Festsetzung des Beleihungswertes für eine mögliche Entwertung des Bestandsobjektes durch Kalamitäten noch besondere Abzüge macht (schlesische Landschaft und deutsche En EEE Forstwirtschaftlicher Realkredit. 809 Grundkreditbank zu Gotha bei Nadelholz 12°/,, Laubholzhochwald 8°/,, Niederwald 4°/,); ß) daß dem Waldbesitzer die Versicherung seiner Nadelholz- bestände gegen Feuerschaden zur Bedingung gemacht wird; y) daß durch eine Vertragsklausel der Waldbesitzer verpflichtet wird, einen durch Naturereignisse verursachten Mehranfall an Holz- erlös zur ganzen oder teilweisen Deckung der Hypothekschuld zu verwenden, ähnlich wie es im bürgerlichen Gesetzbuch für die Nießbrauchswaldungen vorgesehen ist. Die 3. Hauptversammlung des Deutschen Forstvereins zu Leipzig 1903 faßte folgenden Beschluß: „Im Interesse der Erhaltung und nachhaltigen Bewirtschaftung der Privatforsten, sowie im Interesse der Waldbesitzer ist es gelegen, daß bei hypothekarischen Beleihungen der Wald — ebenso wie jede andere Kulturfläche — als das Objekt eines dauernden, nachhaltigen Ertrags behandelt und demnach nicht nur nach seinem Bodenwert, sondern auch nach seinem Bestandswert, bzw. dem daraus entspringenden Reinertrag, insoweit derselbe durch planmäßige Waldwirtschaft und deren Kontrolle gesichert er- scheint, eingeschätzt werde.“ 3. Bestritten ist, ob die Beleihung nach dem durch einen Be- triebsplan festgestellten Abnutzungssatze oder nach dem Ge- samtwert aller Einzelbestände stattfinden soll. Die schlesische und die ostpreußische Landschaft, die allein unter den Landschaften auch den Bestandswert berücksichtigen, gehen von dem Abnutzungs- satz aus. Wenn es sich um einfache Bestandsverhältnisse handelt — und das scheint für das Gebiet der beiden Landschaften zuzu- treffen —, mag derselbe ein hinreichend sicherer Wertmesser sein, allein allgemein und grundsätzlich kommt demselben diese Eigen- schaft nicht zu. Der Abnutzungssatz ist eine veränderliche und eine auch nicht so ganz sicher bestimmbare Größe. Wenn der Wald annähernd normal ist, dann ist allerdings die Festsetzung desselben nicht be- sonders schwierig, aber diese Verhältnisse findet man gerade bei dem mittelbäuerlichen Waldbesitze, um den es sich hier hauptsäch- lich handelt, relativ selten. Schnaase macht darauf aufmerksam, daß bei einer Beleihung, die auf Kapitalisierung des Geldwertes des Abnutzungssatzes beruht, der jeweilige Besitzer daran interessiert ist, bei Aufstellung des Betriebsplanes einen möglichst hohen Abnutzungs- satz herauszurechnen.!) Bei den Banken kommt es darauf an, daß sie im Wertobjekt volle Sicherheit haben. Und wenn es auch richtig ist, daß die Einnahme aus dem Walde den jährlichen Hypothek- zins mit sicher stellt, so liegt die Sicherheit des Kapitals doch nur !) Gegen die Zugrundelegung des Abnutzungssatzes spricht sich Schnaase (a. a. O. 35) aus, für dieselbe Cleve (a. a. O. 182). Vgl. auch meine Ausfüh- rungen auf der Leipziger Forstversammlung (Bericht, 183). 810 Forstwirtschaftlicher Realkredit. im Gesamtwerte des Waldes, der in erster Linie wieder durch die Zusammensetzung der Bestände bedingt ist. Selbst wenn der Massenabnutzungssatz forsttechnisch richtig bestimmt ist, kann die jährliche Einnahme aus dem verpfändeten Walde großen Schwan- kungen unterliegen, weil in dem einen Jahre wertvollere Holzarten und Sortimente zum Einschlag kommen können als in dem anderen, In vielen Fällen mag diese Frage praktisch von weniger Belang sein, weil kein Kreditinstitut mit der Beleihung bis an die obere Grenze der Ausnutzungsmöglichkeit des Waldes gehen kann. Aber immerhin wird die tatsächlich einzuhaltende Beleihungsgrenze nach der vollen Abnutzungsmöglichkeit gezogen. Übrigens schließt hier das eine das andere nicht aus. Es kann der gesamte Waldwert zum Ausgangspunkt genommen und der bis zur voraussichtlichen Löschung der Hypothek mit Sicherheit verfügbare Abnutzungssatz als eine die Höhe der Leihsumme modifizierende Größe in Betracht gezogen werden. Der Waldwert bietet die Sicherheit für das Ka- pital, der Abnutzungsatz die Sicherheit für den Zins, Die Folge der Beleihung nach dem Abnutzungssatz ist die, „daß unter sonst gleichen Verhältnissen eine Forst, in welcher der Besitzer den letzten überhaupt noch zulässigen Span haut, also den Waldzustand wenig oder gar nicht verbessert, höher beleihungsfähig erscheint als bei mittlerer oder gar ganz mäßiger oder, was dasselbe ist, auf rascherer Hebung des Wald- zustandes bedachter Festsetzung des jährlichen Hiebsquantums“. Schnaase a. a. O. 36. Weiter handelt es sich um die Frage, ob vom Verkehrswert oder vom Ertragswert ausgegangen werden soll. In Überein- stimmung mit dem bürgerlichen Gesetzbuch, nach welchem bei erb- rechtlichen Auseinandersetzungen der Ertragswert der Landgüter die Grundlage zu bilden hat, und in Würdigung der Tatsache, daß gerade der Verkehrswert der Waldungen, wenn ein solcher über- haupt feststellbar ist, von sehr vielen Affektionsmomenten beein- flußt ist, kann die Entscheidung nur zugunsten des Ertragswertes ausfallen. Damit ist zugleich gesagt, daß die jüngeren Bestände nach dem Erwartungs- oder Kostenwert zu berechnen sind. Durch die bisherige Übung der meisten Kreditinstitute, den Boden weit unter seinem Ertragswerte einzuschätzen, ja sogar oft nur einen Ödflächenwert anzunehmen, wird die Beleihungsgrenze auf ein Maß herabgedrückt, welches mit der heutigen Kapitalkraft des Waldbesitzers in keinem Verhältnis mehr steht. Wenn man erwägt, daß von einem im jährlichen Betriebe stehenden Walde das Boden- kapital nur etwa ein Fünftel des Waldwertes ausmacht, so wird der kreditbedürftige Waldbesitzer, der ein ganz reicher Mann sein kann, schwer geschädigt, wenn der Boden nicht einmal nach seinem wirklichen Ertragswert in Rechnung gestellt wird. ee u Forstwirtschaftlicher Realkredit. sıl Nach dem Hyopothekenbankgesetz für das Deutsche Reich v. 13. Juli 1899 darf der bei der Beleihung angenommene Wert des Grundstücks den er- mittelten Verkaufswert nicht übersteigen. Bei der Feststellung desselben sind nur die dauernden Eigenschaften des Grundstücks und der Ertrag zu berück- sichtigen, welchen das Grundstück bei ordnungsmäßiger Wirtschaft jedem Be- sitzer nachhaltig gewähren kann ($ 12). Die Beleihung von Grundstücken, die der Regel nach nur zur ersten Stelle zulässig ist, darf die ersten °/, des Grundstückwertes nicht übersteigen, die Bundesstaaten können jedoch die Grenze auf ?/, des Wertes erhöhen (also 60—66?/,°/,; $ 11). 4. Wie in der Landwirtschaft so ist auch in der Forstwirt- schaft die unkündbare Amortisationshypothek die zweck- mäßigste Form des Realkredits. Ein beliebig kündbarer Kredit — ausgenommen im Falle nachgewiesener Mißwirtschaft — ist für den Waldbesitzer noch schlechter als gar keiner; denn die plötzliche Kündigung zwingt ihn in der Mehrzahl der Fälle zum sofortigen Abtrieb der Bestände. Die Amortisation ist zum Zwecke der all- mählichen Schuldentlastung des Grundbesitzes unbedingt geboten. Die Landeskultur-Rentenbanken (-Anstalten) sind staatlich oder pro- vinziell organisierte Kreditinstitute, welche für Landeskulturzwecke (Melio- rationen) Grundbesitzern, Genossenschaften und Gemeinden unkündbare und amortisationspflichtige Darlehen gewähren. Die Beleihungsgrenze wird nach dem aus der Melioration zu erwartenden Mehrwert des Grundstücks bemessen. Zu den belehnungsfähigen Kulturunternehmungen (Bewässerungen und Ent- wässerungen, Uferschutz, Flußkorrektionen, Deichbauten, Wegeanlagen, Wiesen- und Moorkulturen usw., jedoch begrenzt in den einzelnen Staaten) zählen in der Regel auch die Aufforstungen von Ödländereien oder überhaupt die neuen Waldkulturen. Die nötigen Mittel beschaffen sich diese Banken durch Ausgabe von auf den Inhaber ausgestellten Schuldverschreibungen (Renten- briefe) oder durch Vorschüsse aus der Staatskasse. Anstalten dieser Art bestehen in Sachsen seit 1861 (älteste), in Preu- ßen als Provinzialanstalten seit 1879, in Hessen seit 1880, in Bayern seit 1884. — Wegen der zu stellenden Sicherheit (meist 1. Hypothek) seitens der privaten Kreditnehmer sind die Erfolge der Landeskulturrentenbanken hinter den Erwartungen, namentlich auf forstlichem Gebiet, zurückgeblieben.') Die bayerische Landeskultur-Rentenanstalt, gegründet durch G. v. 21. April 1884, reformiert durch G. v. 18. Mai 1900, gewährt zur Auf- forstung öder Flächen (bis 1900 nur gemeindlicher Ödflächen) Privaten, Gemeinden und Stiftungen unkündbare Darlehen, Privaten gegen Bestellung einer Hypothek an erster Stelle, gegen eine Verzinsung von 3!/,°/, und eine Amortisationsquote von mindestens ?/,°/,. Die Tilgungsperiode kann durch höhere Amortisation beliebig abgekürzt werden; mit ?/, °/, beträgt sie 52 Jahre. Die Gesuche um Darlehen sind beim Bezirksamt oder Magistrat anzubringen. Von 1884—1903 wurden jfür 15 Aufforstungen öder Flächen 35260 M. aus- geliehen. 1) Buchenberger, Agrarwesen und Agrarpolitik II, 167. — Hermes im Handw. d. Staatsw. 2.A. V, 448. Achtzehntes Kapitel. Waldbrandversicherung.') 1. Die Idee, die Wälder gegen Feuerschaden zn versichern, ging von landwirtschaftlichen Kreisen der Provinz Hannover aus. Forstdirektor Burckhardt veröffentlichte deshalb 1877 in „Aus dem Walde“ (8. Heft) einen von Mitgliedern der kgl. Finanzdirektion zu Hannover ausgearbeiteten Statutenentwurf zu einem auf Gegen- seitigkeit von Waldbesitzern beruhenden „Waldbrand-Versicherungs- verein für die Prov. Hannover“. Infolge dieser Anregung beschloß 1884 die Provinzialverwaltung von Hannover in Verbindung mit der dortigen landschaftlichen Brandkasse eine Versicherung für Bestände bis zu 40 Jahren auf Gegenseitigkeit der Besitzer zu gründen. Die Versicherung sollte sich auf den Ersatz der Kultur- kosten beschränken, der Prämiensatz 1 pro 1000 Mk. des ver- sicherten Bestandswertes betragen. Dieses Projekt scheiterte, weil die Regierung die Dotierung eines Reservefonds von 300000 Mk. forderte, der nicht aufgebracht werden konnte. Im Jahre 1891 wurde das Projekt endgiltig aufgegeben. Im Jahre 1893 beschäf- tigte sich der sächsische Forstverein mit der Frage und veranlaßte daraufhin eine Enquete über die Bedürfnisfrage. Im Jahre 1894 bildete sich in Berlin eine „Allgemeine deutsche Versicherungs- gesellschaft gegen Waldbrandschaden“ als Gesellschaft mit be- schränkter Haftung auf Gegenseitigkeit. Nach der Veröffentlichung ihrer Statuten?) löste sie sich aber sofort wieder auf. Nach diesen vergeblichen Anläufen richtete die Feuerversicherungs-Aktien- !) Burckhardt, „Aus dem Walde“ 8.H., 1877, 1ff.— Kraft, Zur Praxis der Waldwertrechnung (1882), 104ff. — Bericht über die 33. Vers. d. säch- sischen Forstv. 18938, Tharand 1894. — U. Müller in A. F. u. J. Z. 1894, Märzheft. — Danckelmann in Z. f. F. u. J. 1897, 230f,. — A. F. u. J. Z. 1897, 93. — Bericht über die 5. Hauptvers. des deutschen Forstvereins 1904, Berlin 1905. ®) Abgedruckt in den „Mündener forstl. Heften“, 6. Heft 1894, 163. Waldbrandversicherung. 813 gesellschaft zu Gladbach im Herbste 1895 eine eigene Wald- versicherungsabteilung ein, und bald darauf nahm auch die Ver- sicherungsabteilung der Bayerischen Hypotheken- und Wech- selbank in München die Waldbrandversicherung als eigenen Ge- schäftszweig auf. Auch der „Livländische gegenseitige Feuerassekurranz-Ver- ein“ nimmt seit 1903 Nadelholzbestände bis zum 20jährigen Alter in Ver- sicherung und vergütet im Brandfalle nicht allein den vollen wirtschaftlichen Wert der Bestände, sondern außerdem noch die Kosten der Wiederaufforstung. Wirtschaftszinsfuß 4?/,0/,. Im Interesse des Risikoausgleichs müssen die sämt- lichen Jungholzbestände eines Gutes versichert werden. 2. Die Bedürfnisfrage. Das Bedürfnis zur Versicherung der Forste gegen Feuerschaden ist nicht so zwingender Natur wie jenes zur Versicherung der Gebäude, Mobilien und Vorräte. Mit der Zerstö- rung dieser Objekte ist die wirtschaftliche Existenz des Landwirtes, des Gewerbsmannes und Industriellen auf das schwerste gefährdet und unter Umständen ganz vernichtet, wenn der Schaden nicht durch Versicherung gedeckt ist. Der Schaden durch Waldfeuer dagegen wird erst später finanziell fühlbar. Brennen junge, noch nicht ver- wertbare Bestände ab, dann wird das gegenwärtige Einkommen des Besitzers höchstens durch den Entgang von Durchforstungserträgen beeinflußt; nur die verhältnismäßig geringen Kosten für die Wieder- kultur sind sofort aufzuwenden. Werden ältere Bestände vom Feuer betroffen, so erzielt der Besitzer aus dem Erlos des Holzes, welches niemals zu Asche verbrennt, sondern nur zum Absterben gebracht wird, sogar eine unverhoffte Einnahme. Beim größeren Waldbesitz kann der wirkliche Schaden auf viele Jahre verteilt werden. Andererseits kommt allerdings der Umstand in Betracht, daß bei jungen Beständen der Zuwachs vieler Jahre auf einmal vernichtet werden kann. Häufigkeit und Umfang der Waldbrände hängen von Holz- und Betriebsart sowie von örtlichen Verhältnissen ab. Unter nor- malen Verhältnissen ist die Waldbrandgefahr keine sehr große. In sämtlichen Waldungen Preußens kamen 1881—1894 durchschnitt- lich jährlich 388 Waldbrände vor auf einer Brandfläche von 1982 ha mit einem Schaden von 383000 M. (Gesamtwaldfläche 8193 000 ha). — In den preußischen Staatsforsten ereigneten sich durchschnittlich jährlich von 1868&—1893 28, von 1894—1901 24 erheblichere Brandfälle mit 536 ha bzw. 927 ha Umfang. Der größte Umfang der in einem Jahre abgebrannten Fläche war 2935 ha (1901), der geringste 16 ha (1890). Die gesamte Holzbodenfläche beträgt rund 2,5 Mill. ha. In den bayerischen Staatswaldungen betrug durchschnittlich jähr- lich die Zahl der Waldbrände von 1877—1899 91, von 1900—1902 92 und der Umfang der Fläche 89 ha bzw. 102 ha. Von 1882—1902 war die größte jähr- liche Brandfläche 383 ha (1893), die geringste 6 ha (1889). Die produktive Staatswaldfläche beträgt rund 830 000 ha. Der Schaden betrug im Durch- 814: Waldbrandversicherung. schnitt der Jahre 1877 bis mit 1902 pro Jahr und Hektar 1 Pf. und mit Ein- rechnung der Aufforstungskosten 2 Pf. In Österreich wurden von 1881—1895 durchschnittlich jährlich 1370 ha mit einem Wert von 66 000 fl. durch Feuer beschädigt bei einer Gesamtwald- fläche von 9710 000 ha. In Belgien wurden von 1893—1903 durchschnittlich jährlich 396 ha (max. 1356 ha, min. 46 ha) vom Feuer betroffen. Schaden pro Jahr 83400 Fr. bei einer Gesamtwaldfläche von 521000 ha. Die Eigentümer von großen Waldkomplexen, namentlich der Staat, haben kein Bedürfnis nach einer Waldbrandversicherung, weil die Kosten außer Verhältnis zum Nutzen stehen würden. Für sie ist die „Selbstversicherung“ das Vorteilhafteste. Für den Privatwaldbesitzer und namentlich für den bäuer- lichen Waldbesitzer dagegen bietet die Waldbrandversicherung den großen Vorteil, daß durch dieselbe seine Kreditfähigkeit befestigt und erhöht wird, weil erst die Versicherung der Bestände gegen Feuerschaden die für die hypothekarische Beleihung nötige Sicher- heit schafft. 3. Träger der Versicherung können sein: a) Alle Waldbesitzer eines bestimmten Gebietes — Versiche- rung auf Gegenseitigkeit. Ein solcher Zusammenschluß wird sich ohne gesetzlichen Zwang (nach Art der waldgenossenschaft- lichen Verbände), von welchem der Staats- und Gemeindewaldbe- sitz kaum ausgenommen werden könnte, nur schwer erreichen lassen. Die Vereinigung der in erster Linie interessierten kleinen Wald- besitzer allein ist für dieselben mit zu großem Risiko verbunden. Um auch größeren Brandschäden und inneren Krisen der Vereini- gung selbst (Austritt von Mitgliedern usw.) gegenüber gerüstet zu sein, ist zudem die Schaffung eines Reservefonds notwendig, an dessen Aufbringung bisher die Idee der Gegenseitigkeitsversicherung gescheitert ist. Einen bedeutenden Prozentsatz nehmen unter den Ausgaben die Verwaltungskosten ein. b) Privatversicherungsgesellschaften. Da dieselben auf Gewinn arbeiten, können sie nur dann Befriedigendes leisten, wenn die Zahl der Versicherungsnehmer eine entsprechend große ist. Für den Waldbesitzer besteht das Risiko, daß die Gesellschaft zahlungs- unfähig wird. c) Der Staat. Wenn die Wohltat der Waldbrandversicherung den kleinen Waldbesitzern gesichert sein soll, muß der Staat in irgend einer Weise helfend eingreifen, sei es, daß er nach Art der Hagel-, Viehversicherungen usw. die Organisation und einen Teil der Lasten auf sich nimmt, sei es, daß er den Gegenseitigkeits- versicherungen entsprechende Zuschüsse oder unverzinsliche Dar- lehen gewährt. Wird die Waldbrandversicherung an bestehende Waldbrandversicherung. 815 staatliche Organisationen angeschlossen und die offizielle Mitwirkung der Gemeinden bei der Verwaltung verfügt, dann werden die Ver- waltungsausgaben wesentlich herabgemindert. 4. Versicherungsumfang. Die Versicherung braucht sich nicht auf die älteren Bestände zu erstrecken, weil dieselben durch Boden- oder Gipfelfeuer wohl zum Absterben gebracht, aber nie- mals bis zur Unbrauchbarkeit des Holzes vernichtet werden (wie in Amerika und Rußland). Privatversicherungsanstalten haben natür- lich Interesse daran, das versicherungspflichtige Alter möglichst hoch zu greifen. Die von der Gladbacher Gesellschaft festgesetzte Alters- grenze von 60 Jahren wird von vielen Seiten als zu hoch und eine solche von 40 Jahren als genügend bezeichnet. Dieselbe Gesellschaft stellt auch die Bedingung,’ daß derselbe Waldbesitzer alle seine ihm gehörigen 1—60 jährigen, in der gleichen Gemarkung gelegenen Waldungen aller Holz- und Betriebsarten versichert. Dagegen kann man grundsätzlich nichts einwenden. Würden nur die besonders gefährdeten Bestände herausgegriffen, dann müßten eben die Prä- miensätze entsprechend höher bemessen werden. 5. Gegenstand der Versicherung kann nur der wirtschaft- liche Wert der Bestände sein, d. i. der Bestandskosten- und Be- standserwartungswert. DBei älteren, bereits marktgängiges Holz liefernden Beständen kann aus praktischen Gründen an Stelle des wirtschaftlichen Wertes der Holzverkaufswert treten. Der Wert von Waldungen mit geordneter nachhaltiger Wirtschaft wird unter normalen Verhältnissen für die Dauer einer Versicherungsperiode (Gladbach 10 Jahre) als gleich angenommen werden dürfen, der Wert der im unregelmäßigen Betrieb bewirtschafteten Bestände wird am zweckmäßigsten periodisch neu festgesetzt und für die Jahre der Zwischenzeit durch Fortrechnung der ermittelten Anfangswerte (Kosten- oder Erwartungswerte) ermittelt. Hierfür können auch Tafeln aufgestellt werden (Gladbach). Der Wert von Beständen, welche im Laufe der Einschätzungsperiode genutzt werden, kann als mittlerer Verkaufswert angesetzt werden. Wesentliche Ände- rungen (Kalamitäten, Verkäufe, unvorhergesehene Nutzung) innerhalb der Versicherungsperiode bedingen eine neue Einschätzung. Der Bestandskostenwert, der für die Berechnung der jüngeren Bestände anzuwenden ist, bezieht sich nur auf normal bestockte Bestände; Abweichungen von der Normalität werden am besten nach einge- schätzten Prozenten in Abzug gebracht. Von diesen Grundsätzen geht auch die Gladbacher Versicherung aus. Der von derselben zu Grunde gelegte Zinsfuß von 3°/, entspricht allen billigen Interessen. Die Festsetzung des Versicherungswertes und die Kontrolle über die Erhaltung desselben verursacht bei der Waldbrandver- 816- Waldbrandversicherung. sicherung höhere Kosten als bei anderen Versicherungszweigen, weil der Waldbesitzer, namentlich der bäuerliche, selten in der Lage ist, die Wertsberechnungen selbst einwandfrei aufzustellen. 6. Entschädigung. Die Höhe und der Umfang des Schaden- ersatzes beeinflußt selbstverständlich die Höhe der Versicherungs- prämie. Die Entschädigung hat sich in erster Linie auf den durch Feuer beschädigten Bestand nach Maßgabe des der Versicherung zugrunde gelegten Wertes zu erstrecken. Der Wert des durch das Feuer nicht vernichteten Holzes ist nach dem Verkaufswert in Gegenrechnung zu stellen. Die durch das Löschen entstehenden Kosten und Beschädigungen (Gassenhauen, Gräbenziehen usw.) sollten wenigstens teilweise in die Versicherungen eingeschlossen werden, da dieselben sehr hohe Beträge erreichen können. Auf den Ersatz der Kulturkosten für die Wiederaufforstung der Brandfläche er- streckt sich die Entschädigung nur, wenn es besonders vereinbart wird, weil der neue Bestand ein Versicherungsobjekt für sich ist. Die Ausdehnung der Entschädigung auf die Folgeerscheinungen von Waldbränden, wie Bodenverschlechterung (Humusvernichtung), Insekten- und Windbruchschaden ist nicht unbedingt nötig; außer- dem sind Schäden dieser Art sehr schwer einzuschätzen. Die Ver- sicherung des bereits aufgearbeiteten Holzes ist eine Sache für sich. — Bei der Beurteilung der Entschädigungsfrage ist im Auge zu behalten, daß der Waldbesitzer aus seinem Versicherungsverhältnis keinen Gewinn ziehen soll. Nach den Bedingungen der Gladbacher Gesellschaft bildet die Versicherungssumme die Grenze der Ersatz- pflieht. Haben die Bestände einen geringeren Wert als die darauf versicherten Summen, so wird der Schaden nur nach dem geringeren Wert vergütet. Überversicherungen nützen daher dem Waldbesitzer nichts. 7. Kosten der Versicherung. Die Prämiensätze bemessen sich nach der Größe der Gefahr. Maßgebend sind: a) Holzart; am gefährdetsten ist die Kiefer, dann Fichte und Tanne, viel weniger das Laubholz; b) Bestandsalter; junge Bestände sind mehr gefährdet als ältere, Kulturen besonders wegen des dürren Grases im Früh- jahr; ec) die Bestandslagerung, das Schneisen- und Wegenetz und die im Interesse der Feuersicherheit getroffenen wirtschaftlichen Vorkehrungen (Laubholzstreiffen, Feuerbahnen, Wundstreifen); d) Eisenbahnen, industrielle Anlagen, stark frequentierte Waldwege, Ausflugsorte usw.; e) Möglichkeit der Löschung (nahe Arbeiter- wohnungen, Organisation der Feuerwehren, Feuerwachen); f) ört- liche Niederschlagsmengen; g) Umgebung (Feld, Wiese, Wald); h) Untergrund (Moor) und Bodenbedeckung. Die Gladbacher Feuerversicherungsgesellschaft nimmt bei der ee Waldbrandversicherung.» 817 Tarifierung außer auf die genannten Umstände noch darauf Rück- sicht, ob sich die Versicherung auf Bestände bis zu 60 Jahren oder nur auf Jungwüchse erstreckt. Der Maximalsatz beträgt pro 1000 Mk. der Versicherungssumme 4 Mk. (Nadelholzjungwüchse), der Minimalsatz 0,45 Mk. Die Durchschnittsprämie gestaltet sich für Kiefernwaldungen mit vorwiegenden Jungholzbeständen am höchsten und für Laubholzbestände mit annähernd normalem Alters- klassenverhältnis am niedrigsten. Für reine Kiefernreviere mit regel- mäßig verteilten Altersklassen beträgt bei Versicherungen der 1—60jährigen Bestände die Durchschnittsprämie 1,6—3,0 Mk. pro 1000 Mk., d. s. 0,80—1,10 Mk. pro ha der versicherten Fläche und 2,6—3,5°/, der Reineinnahme (norddeutsche Verhältnisse). Der Durchsehnittssatz sämtlicher bis 1904 bei der Gesellschaft laufenden Versicherungen ist 1,8°/,,. Die Versicherungsdauer muß mindestens 10 Jahre betragen. Die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank erhebt Prämien- sätze von 1—5 pro Mille. Der Livländische Verein berechnet als Prämie für je 1000 Rbl. für Bestände mit nichtverheidetem Boden 2 Rbl., für solche mit verheidetem Boden bei einfacher Gefahr 6 Rbl. 8. Die Erfolge. Der Umfang, welchen bisher die Waldbrand- versicherung gewonnen hat, ist trotz des früheren lebhaften Ver- langens nach der Errichtung einer solchen bisher ein bescheidener geblieben. Man findet die Prämiensätze zu hoch, den Gewinn im Verhältnis zum Risiko zu gering und glaubt im Hinblick auf die den Grundbesitzern schon auf anderen Gebieten auferlegten Versicherungen eine Versicherungsmüdigkeit konstatieren zu können. Bei der Gladbacher Gesellschaft waren Ende 1903 134833 ha Wald- fläche versichert (hiervon 23°/, Laubholz, 63°/, Nadelholz, 14°/, Mischwald), Von 1896—1903 wurden 424000 M. für 1937 ha abgebrannte Bestände aus- bezahlt. Von dieser Fläche entfielen 29°/, auf Laubholz (hauptsächlich Schäl- waldungen), 61°/, auf Nadelholz, 10°/, auf Mischbestände. Endres, Forstpolitik. 92 Sachregister. Die Zahlen bedeuten die Seiten. Abfertigungsgebühr 745. Ablösung der Forstrechte 576. Abnutzungssätze 9. Absatzlage 60. Abschwendung 373. Absoluter Waldboden 68. Ägypten 688. Allmendgut 396. 407. 410. Allmendwald 398. 399. 405. 411. Alpenweide 606. Altersklassen 45. Amtsgenossenschaften 551. Anhalt; Domänen, Staatsforste 489. Ärar 204. Arbeitslohn 82. Arbeit, Intensität und Art 77. Arbeiterfrage 80. Arbeitermangel, Mittel zur Abhilfe 83. Aufforstungsfähige Fläche 29, Aufforstungsgebot 368. Aufforstungsgenossenschaften 346.537. Ausgaben 127. Ausmärkische Waldungen 515. Ausschußbretter 639. Australien 688. Autonomer Tarif 693. Baden; Waldfläche 10. 14. 25. — Forstpolizeigesetzgebung 239. — Schutzwaldgesetzgebung 320. — Rodung 365. — Aufforstungsgebot 371. — Gemeindewaldwirtschaft 405. 443. 467.470. — Domänenwaldungen 482. — Waldgemarkungen 518. — Forstrechte 568 ff. — Forstrechts- ablösung 584. 592. 599. — Holzaus- fuhr 618. Bannforst 5. Bannlegung 29. Bannwaldungen 321. Bauholzrechte 600. Bayern; Waldfläche 10. 13. 25. — Ver- waltungskosten 130. — Schutzwald- gesetzgebung 140. 312. — Forst- ordnungen 208. 215. — Forstpolizei- gesetzgebung 215. — Rodung 364. — Aufforstungsgebot 369. — Ab- schwendung 374. — Gemeindewald- wirtschaft 400. 432. 442. — Ge- meindewaldgesetzgebung 415. 466. 468. — Lehenswaldungen 454. — Staatswaldwirtschaft 477. 496. — Ausmärkische Bezirke 515. — Forst- rechte 564ff. — Forstrechtsablösung 578. 595. — Holzausfuhr 617, Bearbeitungszustand 623. Beförsterung 378. 439. Beförsterungsbeiträge 455. Begleitschein 725. Begründung von Forstrechten 563. Beleihung der Waldungen 805. Belgien 682. Beschlagenes Holz, Einfuhr 629. — Zoll 724. Besitzstand der Wälder 10. 16. 25. Betriebsarten 30. Betriebsaufsicht 426. Betriebskoeffizient 128. Betriebskosten 127. 131. Betriebsplangenossenschaft 543. Bewaldrechten 697. Bewaldungsprozent 6. Binnenwasserstraßen 738. — Holzein- fuhr 622, Birkenbrandwirtschaft 53. Boden (Produktionsfaktor) 64. Bodenreinertrag 115. Bodenreinertragswirtschaft 85. Bodenrente 55. 86. 115. Bodenwert 68. Bosnien und Herzegowina 644. Braunschweig; Schutzwaldgesetzge- bung 141.—Forstpolizeigesetzgebung 252. — Rodung 365. 368. — Auf- forstungsgebot 371. — Gemeinde- waldwirtschaft 445. — Kammergut, Sachregister. Kloster- und Studienfonds 489. — Abgesonderte Gemarkungen 519. Brennholzeinfuhr 631. Brennholzrechte 603. Buche, Verbreitung 40. — Alters- klassen 48. Bürgergabholz 405. 407. 408. 410. Bukowina 647. Bulgarien, Statistik 672. gesetz 673. Forst- srhreiter 666. ci£ 684. Dänemark 685. Deutsches Reich; forststatistische Er- hebungen 9. — Waldfläche 13. — Größe und Besitzstand der Wal- dungen 10. 16. — Bewaldungspro- zent 10. 14. — Forstliche Betriebe 19. — Verbreitung der Holz- und Betriebsarten 30. — Holzproduktion 104. 617. Devastationsverbot 373. Domänenwaldungen; rechtliche Natur der — 473. Donau-Mainkanal 741. Durchforstungserträge 94. Eiche, Verbreitung 39. — Alters- klassen 47. Eichenschälwald 35. Eichenschälwaldfrage 731. Eigentumsgenossenschaften 535. Einforstung 5. Einkommensteuer 785. Eisenbahntarife 745. 751. Eisenbahntransport 743. Elsaß - Lothringen; Waldfläche 10. 25. — Verwaltungskosten 131. — Forstpolizeigesetzgebung 244. Schutzwaldgesetzgebung 320. — Ro- dung 281. 366. — Aufforstungsge- bot 371. — Gemeindewaldwirtschaft 407.446. — Staatswaldwirtschaft 482. — Forstrechtsablösung 584. — Holz- ausfuhr 618. Enteignung von Schutzwaldungen 303. Ertragstafeln 93. Ethische Bedeutung des Waldes 202. Exemte Güter 515. Faßdauben 631. Femelwald 38. Feuerholz 638. Feuerwachen 380. Fichte, Verbreitung 43. — Alters- klassen 51. Fideikommißforste 354. | 819 Finnland 661. Fiskus 204. Fixierung der Forstrechte 570. Flößerei Weichsel 626. fob 684, Fondsforste 641. Forst 4. Forstberechtigungen 596. Forste, Ertrag 105. 107. Forstfläche ; Zu- und Abnahme 23. Forsthoheit 209. Forstliche Betriebe 19. Forstordnungen 208. Forstpolitik (Definition) 1. Forstpolizeigesetzgebung 203. Forstrechte 556. — Eintrag in das Grundbuch 563. — Begründung 566. — Regulierung 567. — UÜbertrag- barkeit und Teilbarkeit 573. — Ab- lösung 576. -— Bedeutung 59. Forstregal 209. Forstschutzorgane dungen 3831. Forstservitut 556. Forststatistische Erhebungen 9. Forstwirtschaft (Definition) 3. Frankreich; Waldfläche 6. — Schutz- waldgesetzgebung 139. 334. — Forst- polizeigesetzgebung 265. — Rodung 280. 366. — Aufforstungsgebot 371. — Gemeindewaldwirtschaft 408. 448. 467. 470. — Staatswaldwirtschaft 506. — Forststatistik 677. — Holz- handel 679. für Privatwal- Gabholz 403. 405. Galizien 647. Geldabfindung (Forstrechtsablösung) 595. Gelderträge 114. — Außerdeutscher Staatsforste 133. Gelochtes Holz 637. Gehöferschaften 529. Gemarkungen, selbständige 518. — abgesonderte 519. Gemeindeforste 17. 27. — Ertrag 107. — Fläche 411. — Teilung 460. — Verkauf 468. Gemeindeforstkassen 410. Gemeinde-Nutzungsrechte 400. Gemeindewaldeigentum; Entwicklung 388. — Arten 398. Gemeindewaldgesetzgebung 413. Gemeindewaldwirtschaft 388. — Sta- tistik 411. Genossenforste 18. 28. — Ertrag 107. Genossenschaften 529 ff. — freiwillige 547. Gerbrinde 728. 92* 820 Grenzbezirk 705. Grenzverkehr, kleiner 706. Griechenland 637. Großbritannien 683. Großwaldbesitz 354. Grunddienstbarkeit 559. Grundsteuer 772. Güterstatistik 743. Gutsbezirke, selbständige 517. 518. 519. Hackwaldbetrieb 53. Halbengebrauchswaldungen 530. Hagelbildung; Einfluß des Waldes auf — 180. Handelsgebräuche 637. 639. Hartes Holz (Einfuhr) 636. Haubergsgenossenschaften 530. Haubergswirtschaft 53. Hebung der Privatwaldwirtschaft 382. Hessen; Eorstpolizeigesetzgebung 242. — Rodung 365. — Aufforstungs- gebot 371. — Gemeindewaldwirt- schaft 406. 445. — Domänenforste 487. — Selbständige Gemarkungen 518. — Forstrechte 566 ff. Hochwald 38. — Ertrag 100. Holländerholz 637. Holzaktien 539. Holzausfuhr 636. Holzberechtigungen 600. Holzbezugsländer des Deutschen Reichs 619. Holzertrag 93. 99. Holzarten, Verbreitung 8. 30. Holzeinfuhr und -Ausfuhr des Deut- schen Reichs 614. Holzexportländer 8. 609. Holzgewicht 707. Holzhandel 609. Holzimportländer 8. 609. Holznot 611. Holzpreise 119. Holz-Sortimente 94. Holzstoff 631. Holztransport 737. Holzverbrauch 112. Holzverkehrsstatistik 612. Holzvorrat 74. Holzwaren 706. Holzwucher 213. Holzzoll 690. — Bedeutung 710. — Gründe gegen 716, für 717. a Bedeutung des Waldes 200. Japan 676. Indien 610. 684. Intensität der Waldwirtschaft 64. Sachregister. Interessentenschaften 530. Italien; Waldfläche 6. — Schutzwald- re 342. — Forststatistik 6 J agdhoheit, Jagdregal 209. Kammergut 471. Kampfzoll 693. Kanada 675. Kanalborde 638. Kapital (Produktionsfaktor) 74. Karstaufforstung 327. Kaution für Wiederaufforstung 372. Kiefer, Verbreitung 43. — Alters- klassen 50. Kleinholz 637. Klima; Einfluß des Waldes auf — 136 ff. Kommunalforstämter 442. Körperschaftswaldungen 451, Kroatien-Slavonien 643, Kronforste 16; deren Ertrag 107. Landabfindung (bei lösung) 592. Landeskulturrentenbanken 811. Landesökonomie-Kollegium 385. Land- und Forstwirtschaftl. Betriebe 356. Landschaften (Kreditinstitute) 806. Landstände 204 ff. Landwirtschaftliche Benutzung des Waldbodens 22. Landwirtschaftl. Verein in Bayern 383. Lärche, Verbreitung 45. — Alters- klassen 52. Laubholz-Hochwald 38. Lehenswaldungen, bayerische 454. Leseholzrechte 605. Load 655. 684. Losholz 406. Mainumschlagshäfen 751. — Statistik 618. Markgenossenschaft 388. Mastrechte 608. Mecklenburg; Forstpolizeigesetz- gebung 253. — Domanium 485. Meeresdünen 312. 340. Meistbegünstigung 696. 704. Meßholz 637. Meteorologische Stationen 155. Mineralkohle 110. Mittelholz 637. Mittellandkanal 740. Mittelwald 37. — -Ertrag 100. Murgschifferschaft 530. Nadelholz, Verbreitung im Plenter- und Hochwald 41. Forstrechtsab- E | Sachregister. Nebennutzungen 123. Niederlagen 726. Niederlande 686. Niederschläge; Einfluß des Waldes auf die — 171. Niederwald 35. — -Ertrag 100. Norwegen; Woaldfläche 6. — Forst- polizeigesetzgebung 286. — Schutz- waldgesetzgebung 351. — Forst- statistik 668. Nutzholzanfall 100, Nutzholzprozent 101. 109. Nutzungsgemeinde 39. Obstbaumzucht 106. Österreich; Waldfläche 6. — Schutz- waldgesetzgebung 140. 321. — Forst- polizeigesetzgebung 254. — Wild- bachverbauung 325. — Karstauf- forstung 327. — Rodung 367. — Aufforstungsgebot 372. — Ver- wüstung 376. — Gemeindewaldwirt- schaft 438. 468. — Staatswaldwirt- schaft 504. — Forstrechte 569 ff. — Forstrechtsablösung 584. 595. — Forststatistik 639 ff. Österreich-Ungarn Holzhandel 644, Oldenburg; Domanialforste 488. De eeendige Bewirtschaftung 374. Ortsgemeinde 394. Papierholz 631. Pfähle 637. Plenterwald 38. 41. Portugal 687. Preußen; Waldfläche 10. 13. 25. — Verwaltungskosten 130. — Forst- polizeigesetzgebung 245. — Schutz- waldgesetzgebung 306. — Gemeinde- waldwirtschaft 407. 425. 429. 439. — Gemeindewaldgesetzgebung 414. 465. Staatswaldwirtschaft 474. 502. — Gutsbezirke 517. — Waldschutz- gesetz 535. — Forstrechte 566 ff. — Forstrechtsablösung 577. 592. 594, 595. 599. Privatforste 18. 28. — Ertrag 107. Privatwaldungen 353.— Teilungvon — 380. — Forstschutzorgane für — 381. Privatwaldwirtschaft 353. — Gesetz-- liche Beschränkungen 361. — Mittel zur Hebung der — 382. Produktionsfaktoren der Waldwirt- schaft 54. — Boden 54. — Kapital 74. — Arbeit 77. Provinzialforste 18. Provokationsrecht sung) 585. (Forstrechtsablö- 821 Quebracho 728. Quintal 613. Realkredit 805. Realgemeinderechte 396. 405. Realgemeinde 395. 402. 531. Reallasten 561. Rechtssamegemeinde 39. Regulierung der Forstrechte 567. Reineinnahme 114. 132. Relativer Waldboden 68. Reuß ä, L. und j. L.; Domanialforste 486. Rheinpfalz; Forstpolizeigesetzgebung 236. — Rodung 365. — Gemeinde- waldwirtschaft 403. 442. — Verhält- nis der Staatswaldungen zum Ge- meindeverband 516. — Forstrechte 568 ff. — Forstrechtsablösung 580. Rieg 638. Röderwaldbetrieb 53. Rodungsverbot 363. Roheinnahme 114. 119. Rohnutzholz Einfuhr 623. — Zoll 719. — Eisenbahntarif 750. Rohstofftarif 758. Rotholz 666. Rumänien 672. Rußland; Waldfläche 6. — Forstpoli- zeigesetzgebung 283. — Schutzwald- gesetzgebung 348. — Rodung 284. — Aufforstungsgebot 285. — Wald- verwüstung 284. — Forststatistik 649. — Holzproduktion 653. — Holz- handel 655. — Handelswege 657. Sachsen; Waldfläche 10. 25. — Ver- waltungskosten 130. — Forstpoli- zeigesetzgebung 250. — Gemeinde- waldwirtschaft 467. 469. — Staats- waldwirtschaft 479. — Gutsbezirke 518. — Forstrechtsablösung 582. Sachsen-Altenburg; Domänen, Staats- forste 489. Sachsen - Koburg - Gotha; Domänen- forste 484. Sachsen-Meiningen; Domänenwal- dungen 488. Sachsen-Weimar; Forstpolizeigesetz- gebung 252. — Kammervermögen 483. Schäffer, Dr 632. Schaumburg-Lippe und Lippe; manium 486. Schiffsholz 706. Schleifholztarif 758. Schnittnutzholz, Einfuhr 626. — Zoll 720. — Eisenbahntarif 750. Schonwälder 322. 348. Do- 822. Sachregister. Schutzgenossenschaften 543. Schutzwaldeigenschaft 289. Schutzwaldgenossenschaften 305. Schutzwaldungen; Begriff 287. — Neu- anlage von — 305. — Enteignung von — 303. Schwarzburg-Rudolstadt; Kammerver- mögen, Domanialwaldungen 485. Schwarzburg-Sondershausen ; Kammer- gut 483. Schweden; Waldfläche 6. — Forst- polizeigesetzgebung 285. — Forst- statistik 663. Schweiz; Waldfläche 6. — Forstpoli- zeigesetzgebung 258. — Schutzwald- gesetzgebung 330. — Rodung 368. — Aufforstungsgebot 372. — Gemeinde- waldwirtschaft 409. 438. 468. 470. — Forststatistik 680. — Holzhandel 681. Seetransport 737. Sektionsgemeindewaldungen 409. 413. 449. Serbien; Waldfläche 6. — Schutz- waldgesetzgebung 352. — Forst- statistik 687. — Forstgesetz 688. Servituten 559. Spanien; Waldfläche 6. — Schutzwald- gesetzgebung 352. — Forststatistik 687 Spezialhandel 727. Spezialtarife 746. Splittholz 666. 684. Staatsanteilforste 17. Staatsforste 17.— Holzertrag 95. 107.— Einnahmen, Ausgaben 116. 132. — Holzpreise 120. — rechtliche Natur der — 473. — Veräußerlichkeit der — 491. — Verhältnis zum Gemeinde- verband 514. — Bedeutung 519. 922. — Wirtschaftsgrundsätze 525. Staatsaufsicht; Systeme 423. Staatswaldeigentum; Entstehung des Staatswald-Verkäufe 491 ff. Staatswaldwirtschaft 471. Staffeltarife 764. Standard 659. Stiftungsforste 18. 27. — Ertrag 107, Streckensatz 745. Streunutzung 374. Streurechte 606. Tanne; Verbreitung 44. — Alters- klassen 51. Teilbarkeit der Forstrechte 574. Teilung von Privatwaldungen 380; — von Gemeindewaldungen 460. Temperatur; Einfluß des Waldes auf die — 160. Tirol; Schutzwaldgetzgebung 140. — Gemeindewaldwirtschaft 408. 447. Ton 684. Tonnenkilometer 745. Transferierung der Forstrechte 751. Transitlager 726. Triagerecht 273. Türkei 688. Übergangs-Genossenschaften 536. Übertragbarkeit der Forstrechte 573. Umtriebszeiten 85. Ungarn; Waldfläche 6. — Forstpoli- zeigesetzgebung 257. — Schutz- waldgesetzgebung 328. — Rodung 365. — Gemeindewaldwirtschaft 448, — Forststatistik 642. — Holzpro- duktion 643. Unschädlichkeitszeugnis 575. Veräußerlichkeit der Staatswaldungen 491. Veredlungsverkehr 727. Vereinigte Staaten. 673. Vereinszollgesetz 692, Vermögensaufsicht 425. Vermögenssteuer 798. Vertragsstaaten 695. 699. Vertragstarif 693. 697. 700. Verwaltungskosten 127. Verwüstung 373. Verzollungsmaßstab 707. Vincolo forestale 343. Wald; Definition 3. — Einfluß auf Klima 136. — Niederschläge 141. 157. 171. — Temperatur 157. 160. — Hagelbildung 180, — Wasser- wirtschaft 182. — Quellen 189. — Bodenbefestigung 198. — Lawinen 199. — Hygienische und ethische Bedeutung 200. Waldabfindung 586. Waldbaugenossenschaft 541. Waldbauverein 544. Waldboden, absoluter und relativer 68. Waldbesteuerung 770. Waldbrandstatistik 813. Waldbrandversicherung 812. Waldeck; Domanialforste 490. Waldfeldbetrieb 52. Waldflächen 6. 10. 25. Waldgemarkungen 518. 531. Waldgenossenschaften 529 ff. Waldgrundgerechtigkeit 556. Waldluft 160. 167. Waldkapital 74. 85. Waldkulturgesetz, Wittgensteiner 539. Sachregister. Waldreinertrag 114. Waldreinertragswirtschaft 86. Waldrente 86. 114. Waldschutzgesetz 306. 342. 348. 535. 943. 544. 549. 552. Waldschutzgericht 308. 313. 550. Waldweide 379. Waldweiderechte 605. Warenverkehr 727. Warenverzeichnis 613. 69. Wassermaß 637. Wasserschutzwaldungen 349. Wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes 182. Weidenheger 36. Weistümer 394. Weißholz 666. Werbungskosten 131. Wildbachverbauung 319. 325. Wirtschaftsgenossenschaften 542. Wirtschaftsgrundsätze 525. Wirtschaftssysteme 85. Wirtschaftsvorschriften 376. 823 Wirtschaftszinsfuß 89. Wohlfahrtswirkungen des Waldes 136. Württemberg; Waldfläche 10. 13. — Verwaltungskosten 131. — Forst- polizeigesetzgebung 236. — Schutz- waldgesetzgebung. 319. — Rodung 366. — Aufforstungsgebot 370. — Gemeindewaldwirtschaft 404. 435. 467. 469. — Staatswaldwirtschaft480. — Exemte Güter 515. — Forst- rechtsablösung 582. 599. — Holz- ausfuhr 618. Zellulose 631. Zollfreie Waren 704. Zollgebiet 692. Zolltarif 697. 700. Zolltarifgesetz 692. 699. Zollverein 690. Zufahrtswege für Holz 620. Zwangsgenossenschaften 548. Zwischennutzungen 94, BF, E23 % fi Ar R A ] ’ ä [ ” * en Yu nu ar 2x s Berlag von Julius Springer in Berlin. Behringer, Dr. Martin, Schäkung ftehenden Fichtenholzes mit einfachen Hilfs- mitteln unter befonderer Berücdfichtigung der jogenannten Heilbronner Sortierung. 2 Teile. Mit 5 lithogr. Tafeln. Kartoniert Preis je M. 2,—. Booth, John, Die Einführung ansländiiher Holzarten in die Preußiichen Staat3- forften unter Bismard und Anderes. Mit 24 Abbildungen. Sn Leinwand gebunden Preis M. 5,—. Bandelmann, Dr. jur. Bernhard, Die Ablöjung und Regelung der Waldgrund- geredhtigleiten. Eriter Teil: Die Ablöfung und Regelung der Waldgrundgerechtig- feiten im Allgemeinen. Preis M. 7,—. Zweiter Teil: Die Ablöfung und Regelung der Waldgrundgerechtigfeiten im Be- fonderen. Dritter Teil: Hülfstafeln zur Wertermittelung von Waldgrundgeredhtigfeiten. Preis von Teil II und III zufammen M. 15,—. (Zeil II und III werden einzeln nicht abgegeben.) Preis de3 ganzen Werkes M. 22,—. Eichhorn, Dr. Fr., Ertragstafel für die Weihtanne, Auf Grund des Materials der Großherzogl. bad. forftlihen Verfuchsitation bearb. Mit 5 lithogr. Tafeln. Preis M. 3,60; in Leinwand gebunden M. 4,40. Endres, Dr. Mar, Lehrbud der Waldwertrehnung und Forititatil, Mit 4 in den Tert gedrudten Figuren. Preis M. 7,—; in Leinwand gebunden M. 8,20. Fiihbadh, Karl von, Lehrbud der Zorjtwiijenihaft. Für Forjtmänner und Wald- befiter. Vierte, vermehrte Auflage. Preis M. 10,—; in Halbleder gebunden M. 12,—. Geihäfts-Anweifung für die Oberfärfter der Königl. Preuf. Staatsforjten vom 4. Zuni 1870. Ergänzt bis 1. Juni 1904. Preis M. 2,50. Grundner, Dr. 5., Nnterfuhungen im Suchenhohmwalde über Wahstumdgang und Mafjenertrag. Nah den Aufnahmen der Herzoglich Braunfhweigifhen Forit- lihen Berfuchsanftalt. Mit 2 Lithogr. Tafeln. Preis M. 3,—. Hagen, Dito von, Die forftlihen Verhältnifje Preukend. Dritte Auflage, bearbeitet nach amtlihem Material von 8. Donner, Oberlandforjtmeifter und Veinifterialdireftor. In zwei Bänden. Preis M. 20,—; in 1 Leinwandband gebunden M. 21,50; in 2 Leinwandbände gebunden M. 22,50. ALS Ergänzung hierzu erjchienen: Amtlihe Mitteilungen aus der Abteilung für Forjten des Kgl. Preußiihen Mini» fteriums für Landwirtichaft, Domänen und Forften. 1. Heft 1893 —1900. 2. Heft 1900 — 1903. Preis je M. 2,—. Hartig, Dr. Robert, Lehrbuch der Pflanzenkrankheiten. Für Botaniker, Forstleute, Landwirte und Gärtner. Mit 280 Textfiguren und 1 Tafel in Farbendruck. Dritte, völlig neubearbeitete Auflage des Lehrbuches der Baumkrankheiten. In Leinwand gebunden Preis M. 10,—. Heck, Dr. C. R., Der Weißtannenkrebs. Mit 10 Holzschnitten, 11 graph. Dar- stellungen, 9 Tabellen und 10 Lichtdrucktafeln. Preis M. 10,—; in Leinwand gebunden M. 11,20. Zu beziehen durch jede Buchhandlung. Berlag von Julius Springer in Berlin. He, Dr. Carl Robert, Freie Durhforitung. Mit 31 Überfichten und 6 Tafeln. Preis M. 3,—. SIentjh, Dr. Fr., Der dentihe Eihenihälwald und jeine Zukunft. Preis M. 5,—. Jucht, Dr. Wilhelm, Geschichte der Holzzoll- und Holzhandels-Gesetzgebung in Bayern. Preis M. 4,—. Kaijer, Dtto, Der Ausbau der wirtichaftlichen Einteilung des Wege- und Schneifenneges im Walde. Mit 16 Tertfiguren und 14 lithographierten Tafeln. Preis M. 6,—; in Leinwand gebunden M. 7,—. Kaijer, Dito, Die wirtichaftlihe Einteilung der Forjten mit bejonderer Berüd- fihtigung des Gebirge in Verbindung mit der Wegneklegung. Mit 30 Tert- figuren, 10 lithogr. Tafeln und 4 Karten. Preis M. 6,—; in Leinwand gebunden M. 7,—. Levy, Dr. Hermann, Entstehung und Rückgang des landwirtschaftlichen Großbe- triebes in England. Wirtschaftliche und sozialpolitische Studien über die land- wirtschaftliche Betriebsfrage. Preis M. 5,—. Martin, Dr. H., Die Forstliche Statik. Ein Handbuch für leitende und ausführende Forstwirte sowie zum Studium und Unterricht. Preis M. 7,—; in Leinwand gebunden M. 8,20. Müller, D., Forftlihes Adregbuh jämtliher Königl. Preuf. DOberförftereien (einjchlieglich der Hoffammer- und der Königl. Prinzlichen Reviere), über Sit jeder Oberförfterei, Jahresquantum der Hauptjächlichen Verfaufshölzer nad) Sortimenten, Abfuhrftragen und Anfuhrkoften für Bahn- und Wafjertransport, Reifeverbindungen, Unterkunft im Gafthofe u.a. m. nebjt 50 lithogr. Überfichtsjkizzen der Oberförfterei- bezirfe bezüglich der Hauptwege und der Schußbezirfe bezw. der Wohnorte der Förfter. Mit 1 DOrientierungsfarte und einer Holzarten-VBerfaufstafel über das ganze behandelte Gebiet. Kartoniert Preis M. 7,50. Ramann, Dr. E., Bodenkunde. Zweite Auflage. Mit in den Text gedruckten Abbildungen. Preis M. 10,—; in Leinwand gebunden M. 11,20. Salifeh, Heinrich von, Forjtäfthetil. Ziveite, vermehrte Auflage. Mit 16 Lichtdrud- bildern und zahlreichen Abbildungen im Text. Preis M. 7,—; in Leinwand gebunden M. 8,—. Schulg, W., und Seherr-Thof, Freiherr d., Die Jagd. Jagdrecht — Jagdpolizei — RVildihaden — Jagdihug. (Bildet den 5. Band des XIV. Teiles vom „Hand- buch der Gefeßgebung in Preußen und dem Deutjchen Reiche”, herausgegeben von Graf Hue de Grais, Wirkl. Geh. Oberregierungsrat, Regierungspräfidenten a. ©.) In Leinwand gebunden Preis M. 4,—. Schulg, ®., Die Forftwirtihaft. Foritihus — Staatsforften — Gemeinde» und Anftaltsforjten — Privatforften. (Bildet den 2. Band des XIV. Teiles vom „Hand- buch der Gefeßgebung in Preußen und dem Deutjchen Reiche”, herausgegeben von Graf Hue de Grais, Wirkl. Geh. Oberregierungsrat, Negierungspräfidenten a. ©.) In Leinwand gebunden Preis M. 7,—. Zu beziehen durch jede Buchhandlung. Berlag von Julius Springer in Berlin. Schwappach, Dr. Adam, Handbuch der Forst- und Jagdgeschichte Deutschlands. I. Von den ältesten Zeiten bis zum Schluß des Mittelalters (1500). Preis M. 6,—. I. Vom Schluß des Mittelalters bis zum Ende des 183. Jahrhunderts (1500— 1790). Preis M. 9,—. II. Vom Ende des 13. Jahrhunderts bis zur Neuzeit. Preis M. 5,—. Preis des vollständigen Werkes (2 Bände) M. 20,—. Shwappad, Dr. Adam, Handbuch der Zoritverwaltungstunde, Preis M. 5,—; in Leinwand gebunden M. 6,—. Trautvetter, Dr. Erich, Das neue deutsche Zolltarifrecht. Preis M. 4,—. Tubeuf, Dr. Carl Freiherr v., Pflanzenkrankheiten durch kryptogame Parasiten verursacht. Eine Einführung in das Studium der parasitären Pilze, Schleim- pilze, Spaltpilze und Algen. Zugleich eine Anleitung zur Bekämpfung von Krankheiten der Kulturpflanzen. Mit 306 in den Text gedr. Abbildungen. Preis M. 16,—; in Leinwand gebunden M. 17,20. Überfictötarte der Waldungen Preuend, hergeftellt von dem Forfteinrichtungs- bureau im Kgl. Minifterium für Landwirtfd., Dom. und Forften. Vervollitändigt und berichtigt auf den Zuftand vom Jahre 1896. Mapjtab 1:600000. Sn Umfhlag M. 20,—; auf Leinmw. gez., lad. u. m. Stäb. verj. M. 30,—. Weber, Dr. Rudolf, Lehrbud der Forjteinrihtung mit bejonderer Berüdjihtigung der Zumachsgejege der Waldbäume. Mit 139 graphifchen Darftellungen im Tert und auf 3 Tafeln. Preis M. 12,—; in Leinwand gebunden M. 13,20. BWeije, W., Leitfaden für Borlefungen aus dem Gebiete der Ertragäregelung. Mit 8 Abbildungen im Tert. Preis M. 4,—; in Leinwand gebunden M. 5,—. — — keitfaden für den Waldban, Dritte, vermehrte und verbefjerte Auflage. Preis M. 3,—; in Leinwand gebunden M. 4,—. Wejtermeier, ©., Leitfaden für die Förjterprüfungen. Ein Handbuch für den Unterriht und Selbftunterriht unter Berückfichtigung der preußifchen Verhältnifje fowie für den praftiichen Forftwirt. Mit 145 Holzignitten und einer Spuren- tafel. Zehnte, zum Teil umgearbeitete Auflage de3 Leitfadens für das preußifhe Jäger- und Förftereramen. Preis M. 5,—; in Leinwand gebunden M. 6,—. Wildihongejek, das, vom 14. Zuli 1904. Mit Erläuterungen und Ausführungs- bejtimmungen. Preis M. —,40. Dehlichläger, D., U. Bernhardt, KR. Fchr. vd. Billow und F. Sterneberg, Die prengiichen Zorjt- und Jagdgejete mit Erläuterungen. Band I. Gefet, betreffend den Forftdiebitahl vom 15. April 1878. Fünfte, ver- mehrte Auflage. Bearbeitet von 3. Pelger u. W. Shuls. Kart. Preis M. 2,—. Band II. Gejege über 1. Die Verwaltung und Bemwirtihaftung von Waldungen der Gemeinden 2c. jowie über 2. Schugwaldungenu. Waldgenofjenjchaften. Kart. M.2,40. Band III. Das Feld- und Forftpolizeigefeg vom 1. April 1880. PBierte Auflage. Kart. Preis M. 2,—. Ergänzungsband zu Band III. Die zum Feld- und Forftpolizeigefeg vom 1. April 1880 erlafjenen Polizeiverordnungen, zufammengeftellt von $. Sterneberg. Kart. Preis M. 2,80. Zu beziehen durch jede Buchhandlung. Verlag von Julius Springer in Berlin. a ZZ Seitjchrift für Korft: und Jagdweien. Sugleih Organ für forjtliches VBerfuhsweien. DBegründet von B, Dandelmann. Herausgegeben in Verbindung mit den Lehrern der Forftakad. zu Eheräwalde, joiwie nad) amt. Mitteilungen bon Paul Riebel, Wilhelm Keife, Kgl. Preuß. Oberforjtmeifter und Direktor und Kol. Preuß. Oberforftmeifter und Direktor der orjtafademie zu Eberswalde, der Forjtafabemie zu Minden, Erjheint in monatlichen Heften. Preis jäprlih M. 16,—. Jahrbuch für Enticheidungen de3 Neichägericht3, des Reich3verfiherungsamtes, des Oberverwaltungsgerichts, de3 Kammergeriht3 und des Oberlandesfulturgerichts aus dem Gebiete der Preugifchen Agrar:, Jagd: und Hijherei:Gejehgebung fowte ber Arbeiterverfiherung und des Strafrechts. Herausgegeben von WU. Schu Itz, Landforftmeijter a. D. Sährlih 2 Hefte. Preis jedes Heftes 1-2 M. Erxiter Band. 1904. M. 4,—. Bweiter Band. 1905. 1, Heft M. 1,60. Mitteilungen des Deutjchen Korftvereins. Herausgegeben im Auftrage des Vorftandes vom Generaljekretär N Dr. Easpeyres. Preis des Jahrgangs von 6 bis 8 Nummern M. 2,—. Mündener foritliche Hefte, Herandgegeben in Verbindung mit ben Lehrern der Forjtatademie Minden bon TU. Weile, Königl. Preuß. Oberforftmeifter und Direktor der Dorftafademie Münden Erjdjienen find 17 Hefte. Preis des Heftes 34 M. Alljägrlid eriheint: Forit: und Jagd:Kalender. wei Teile. Herausgegeben von Dr. M. Deumeilter, und MD. Retzlaft, Geh, Forftrat und Profeffor an der Kyl. Sädfifhen Geh. erp. Sekretär und Kalkulator im Kol. Preuß. . vorftafademie zu Tharandt, Minijtertum f. Landiwirtihaft, Domänen ı. Forften. Erjiter Teil. Kalendarium, Wirtichafts-, Zagd- und Siicherei-Kalender, Hilfsbuc, verichiedene Tabellen und Notizen. Ausgabe A, Ausgabe B. Shreibtalender (108 ©.) 7 Tage auf ber Iinfen Schreiblalender (184 ©.), auf jeder Seite Geite, rechte Seite frei. nur 2 Tage, In Leinmw, geb. M.2,—, in Leder M.2,50. | InLeinm, geb. M. 2,20, inLeder M. 2,70. Bweiter Teil. Statiftifche Überficht, Berfonalftand, Dienftalterslifte zc. Bür die Käufer des erften Teils: M. 2,—; fonft M. 3,— ET TCÖCÄAÜMGTTT|| Bu beziehen durch jede Buchhandlung. ’ } (4 | Yuan! RAINER, NE RLER Kal TR, 21, ! AN Pj NR Mag 1, | „ ” hr n Ü J ü == CHAR u WHEN Y Er a‘ a I RR FEB 16 1960 LIBRARY FACULTY OF FORESTRY UNIVERSITY OF TORONTO SD ‚Endres, Max 561 -' Handbuch der Forstpolitik E5 mit besonderer Berücksichtigung der Gesetzgebung und Statistik | SD | ENDRES, M. 561 f AUTHOR E5 r sa; man 65 4! FEN TITLE [ 84905 ] 1} DATE ISSUED TO [34205 ) z ı0 v0 Sı SL 01 6€ 9 W3ll SOd J1HS AV 39NV4U Q M3IASNMOG Lv ln