HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. GIFT OF MEEXANDERFAEINSSIZ: al. a ee EEE EEE DEE RENNEN JAN 27 1886 1136 | Handbueh paläarktischen Gross-Schmetterlinge Forscher und Sammler. ia ne Zweite gänzlich umgearbeitete und durch Studien zur Descendenztheorie erweiterte Auflage | des Handbuches für Sammler der europäischen Gross -Schmetterlinge. von Dr. M. Standfuss, Dozent beider Hochschulen und Kustos des Entomologischen Museums am eidgen. Polytechnikum zu Zürich. Mit 8 lithographischen Tafeln und.S Textfiguren. Jena Verlag von Gustav Fischer 1896. da ya. NN Seit dem 1. April 1886 erscheint unter dem Titel: Zoologische Jahrbücher Zeitschrift für Systematik, Geographie und Biologie der Thiere Herausgegeben von Prof. Dr. J. W. Spengel in Giessen eine Zeitschrift, die sich die Aufgabe gestellt hat, den Arbeiten aus den im Titel bezeichneten Disciplinen der zoologischen Wissenschaft eine Sammelstätte zu bieten. Seitdem in Folge des gewaltigen Aufschwunges, den in den letzten Jahrzehnten die Forschungen über die Anatomie, Histologie und Entwicklung der Thiere gewonnen, die grösseren zoologischen Zeitschriften Deutschlands sich vorzugsweise in den Dienst der von Jahr zu Jahr umfangreicher werdenden Productionen auf diesen Ge- bieten gestellt haben, sahen Systematik nebst Geographie und Biologie der Thiere sich, wenn auch nicht ihrer Publicationsmittel beraubt, so doch mehr oder weniger von diesen ausgeschlossen und auf abge- legenere Schriften, vorzugsweise auf die periodischen Veröffent- lichungen naturwissenschaftlicher Vereine, zurückgedrängt. Keine der bestehenden Zeitschriften machte auch nur einen Versuch, an diesem Zustande etwas zu ändern, ehe die Zoologischen Jahr- bücher ins Leben gerufen wurden. In der Ueberzeugung, dass die Thätigkeit in den bezeichneten Fächern nicht etwa neu zu be- leben, sondern nur aus dem Verborgenen wieder ans Tageslicht zu ziehen sei, wurde an eine grosse Anzahl von Fachgelehrten die Ein- ladung zur Mitwirkung an einer ausschliesslich der Systematik, Geo- .graphie und Biologie der Thiere gewidmeten Zeitschrift gerichtet, und diese Anregung ist nicht ohne Erfolg geblieben, wie der reiche Inhalt der bis jetzt erschienenen sieben Bände aufweist. Dieser Erfolg wird wohl als ein Beweis dafür angesehen werden dürfen, dass das Bedürfniss nach Gründung einer Zeitschrift für die erwähnten Fächer thatsächlich bestanden hat und fast allgemein empfunden worden ist. Der Preis der bis jetzt erschienenen Bände I/VII beträgt 315 M. Von Band VIII sind bis jetzt 4 Hefte erschienen; diese enthalten: Achter Band. Erstes Heft. Mit 4 lithographischen Tafeln und 5 Abbildungen. Preis: 6 Mark. Inhalt: Bürger, Dr. Otto, Beiträge zur Kenntniss der Gattung Telphusa, — Holm, Otto, Beiträge zur Kenntniss der Aleyonidengattung Spongodes Lesson. — Sehmidt, Peter, Ueber das Leuebten der Zuckmücken (Chironomidae). — Schult- hess-Rechberg, A. v., Die von Fürst Ruspoli und Prof. Dr. C. Keller im ilande erbeuteten Orthopteren. — Henking, Dr, H., Ueber die Ernährung "von Glandina algira L. Bi ; 2 Hameln der paläarktischen Gross-sehmetterlinge für Forscher und Sammler. —_ oo —— ° Zweite gänzlich umgearbeitete und durch Studien zur Descendenztheorie erweiterte Auflage des Handbuches für Sammler der europäischen Gross -Schmetterlinge. von Dr. M. Standfuss, Dozent beider Hochschulen und Kustos des Entomologischen Museums am eidgen. Polytechnikum zu Zürich. Mit 8 lithographischen Tafeln und 8 Textfiguren. 5 Jena Verlag von Gustav Fischer 1890. Alle Rechte vorbehalten. Vorwort. Das vorliegende Buch vereinigt in sich zwei Dinge: „lepidoptero- logische Praxis“ und „wissenschaftlich-zoologische Spekulationen“, mit denen sich zur Zeit im allgemeinen durchaus nicht die gleichen Leute befassen. In seiner praktischen Seite behandelt dasselbe die Fragen und Wege, welche zu dem Besitz und zu der Erhaltung einer wohl- geordneten Zepidopteren-Sammlung führen. Es dient also hierin speciell den zahlreichen Liebhabern, welche einen Teil ihrer Musse- stunden der Beschäftigung mit dem lebenden oder toten Materiale der so überaus zierlichen Falterwelt widmen. Weiter aber zeigt es in seinen spekulativen Teilen, wie auf der Basis der Beobachtung dieser Tiergruppe in der freien Natur sowohl, als durch experimentelles Eingreifen in deren Entwickelung Probleme, welche der gesamten wissenschaftlichen Zoologie vorliegen, ihrer Lösung entgegengeführt werden können. Mit dieser Seite wendet sich die Arbeit an die Fachzoologen, bei denen gegenwärtig zufolge der herrschenden mikroskopischen und vergleichend-anatomischen Richtung die Kenntnis und Beobachtung der lebenden Tierwelt als solcher leider über Gebühr in den Hinter- grund getreten ist. Es eignet sich aber die hier behandelte Tiergruppe in direkt aus der freien Natur entnommenem Materiale, welches zudem meist leicht in grosser Menge zu beschaffen ist, wie keine zweite dazu, um an ihr durch experimentelle Behandlung biologische, morphologische und physiologische Umgestaltungen hervorzurufen und in ihren Ursachen zu prüfen. Danach lassen sich dann wiederum mit grosser Sicherheit Schlüsse auf die Gründe entsprechender Umgestaltungen in der freien Natur ziehen, ENT Falls aber in Zukunft auf Grund der hier gebotenen Vorarbeiten an den zoologischen Instituten der Hochschulen Untersuchungen in den eben bezeichneten Richtungen in Angriff genommen werden sollten — was durch dieses Buch zu erreichen, dem Verfasser eine besondere Befriedigung gewähren würde — so wird sich sofort zeigen, dass diese Aufgaben ohne genaue Beobachtung einer durch Jahrzehnte lange Uebung erworbenen Praxis und Erfahrung, und zwar von deren Anfangsgründen auf, mit einem irgendwie befriedigenden Erfolge nicht gelöst werden können. Es gehören sonach für eine zweckdienliche ‚Unterstützung der wissenschaftlich-zoologischen Studien die hier ab- gehandelten praktischen sowohl, wie die spekulativen Fragen mit innerer Notwendigkeit zusammen. Auf der anderen Seite: „der lepidopterologische Liebhaber“, was möchte ihm das Buch sein? Leider arbeitet er bisher überwiegend sehr einseitig, lediglich als Sammler; sein ganzes Interesse für die Art und die ihr zugehörenden Varietäten und Aberrationen gipfelt und ist be- schlossen in dem einen Wunsche, alle diese Formen zu besitzen. Ist dieses Ziel erreicht, so rangieren diese Formen ferner nur als Grössen von bestimmtem Werte bei ihm, mit denen er im Tausch noch be- stehende Lücken seiner Sammlung zu füllen hofft. Vielleicht gelten ihm auch alle in seinem Sammelgebiet erreichbaren verschiedenen Typen nur als Zahlen, die er möglichst in klingende Münze umzu- wandeln trachtet. ‘Welche letzten Gründe zu der Mannigfaltigkeit der Lebewesen in der Natur führen, wie die Divergenz und die Isolierung dieser Formen zustande kommt, danach fragt der Liebhaber im allgemeinen nicht, oder er hat doch davon nur eine sehr unklare, vielleicht sogar recht wunderliche Vorstellung. Selbst die höher strebenden unter den Lepidopterologen, ja aller Entomologen bleiben überwiegend in dem engen Rahmen des Fach- interesses, namentlich allerhand systematischer Specialfragen, so weit gefangen, dass ihre Publikationen Probleme von weiterer wissenschaft- licher Perspektive entweder gar nicht berühren, oder doch nur sehr gelegentlich kurz streifen. Es ist dies ein Hauptgrund, weshalb die entomologische Fach- litteratur zur Zeit von der wissenschaftlichen Zoologie fast vollkommen vernachlässigt und ausser acht gelassen wird. So sollte es aber in Zukunft nicht bleiben. Die Entomologie sollte nicht als Stiefkind und Aschenbrödel neben und von ihrer stolzen Schwester vergessen sein, sondern Schulter an ER? re Schulter mit ihr als treue, ebenbürtige Genossin brauchbare Steine zu dem Baue beitragen, den die Männer der Forschung in ehrlicher Arbeit an einer wahren Naturerkenntnis als ein harmonisches Ganze aufzuführen bemüht sind. Das Baumaterial, um das es sich dabei handelt, und die Pfade, welche zu diesem Materiale führen, sollen in dem vorliegenden Buche den Jüngern der Lepidopterologie und der Entomologie überhaupt nachgewiesen werden. Ihr Gesichtskreis soll erweitert und ihre Auf- merksamkeit und Thätigkeit auf die Punkte gerichtet werden, an denen anzufassen ist, wenn in dieser untergeordneten Stellung der Entomo- logie eine Wendung zum Besseren errungen werden soll. Auch für den Liebhaber und Fachentomologen, sofern er seine Aufgabe tiefer fassen und einen nachhaltigeren geistigen Genuss von seiner Passion haben möchte, gehören sonach die hier gebotene Praxis und Spekulation mit innerer Notwendigkeit zusammen. Freilich ist in dieser Wegleitung gar Vieles hinter dem Wunsche des Verfassers zurückgeblieben; namentlich war es unmöglich, zugleich neben der oft genug fast über die Kräfte eines einzelnen Menschen hinausgehenden Arbeitsleistung, welche die zahllosen Experimente erforderten, auch einige Vollständigkeit in der Berücksichtigung der unendlich umfangreichen entomologischen Litteratur zu wahren. Aber aller menschlichen Arbeit ist der Stempel der Mangelhaftig- keit aufgedrückt, und es ist doch wenigstens ein Anfang gemacht. Die Lücken können und werden gefüllt werden. Schon dieser Anfang ist das Ergebnis der entomologischen Thätig- keit zweier Generationen, die nacheinander und teilweise nebenein- ander dem gleichen Ziele zustrebten. Mein nunmehr 8o-jähriger Vater hat gegen 60 Jahre lang mit grosser Hingabe und vielem Verständnis Entomologie gepflegt, und ich selbst beschäftige mich nun fast 25 Jahre mit diesem Studium. Die in dem Buche befolgte Nomenklatur ist durchaus die des 1871 in Dresden erschienenen grossen Kataloges der Lepidopteren des euro- päischen Faunengebietes von Dr. ©. Staudinger und Dr. M. F. Wocke. Leider ist dieser von unendlichem Fleisse und grösster Sachkenntnis zeugende Katalog noch immer nicht bis zur Gegenwart fortgeführt. Könnten sich doch die beiden Autoren der ersten Auflage entschliessen, wenigstens ein Namenverzeichnis der seither beschriebenen Arten und neu benannten konstanten Formen aller bisher publizierten Species mit !Angabe der betreffenden Autoren auszuarbeiten, wenn möglich unter gleichzeitiger Nennung der nach ihrer Meinung zu diesen Namen Er hinzugehörenden Synonyma. Unzweifelhaft sind Staudinger und Wocke zufolge ihrer Erfahrung und ihres Wissens für diese Arbeit die be- rufensten unter allen zur Zeit lebenden Entomologen. Schon mit einem solchen Verzeichnis wäre der Entomologie ein ungeheurer Dienst erwiesen und für die eingehende, wissenschaftliche Ausarbeitung des gleichen Themas wenigstens eine Basis geschaffen. Abgewichen ist von jenem Kataloge in diesem Buche nur darin, dass alle Namen der Arten, Varietäten und Aberrationen klein ge- schrieben sind, auf Grund eines Beschlusses des letzten internationalen Zoologen-Kongresses in Paris im Jahre ı890. Für diese Beschlüsse ist in erster Linie das Prinzip der Nützlichkeit ausschlaggebend, und es sollte ihnen im Interesse einer einheitlichen Entwickelung des Ganzen von den publizierenden Autoren selbst dann Folge geleistet werden, wenn die eigene Ansicht damit nicht im Einklange steht. Gewiss wäre es sehr wünschenswert gewesen, auch von den ge- wöhnlichen Arten, die zu den in diesem Buche besprochenen Experi- menten verwendet wurden, gute Abbildungen normaler Individuen zu bieten. Allein gute Abbildungen sind noch immer sehr kostspielig, es wäre dadurch der Preis des Buches notwendig nahezu verdoppelt, und eine weitere Verbreitung desselben, die doch wohl sehr zu wünschen ist, damit wesentlich gehemmt worden. Es handelt sich in jenen verwendeten Arten fast durchweg um sehr leicht erhältliches Material, das jeder, der wirkliches Interesse für die besprochenen Fragen hat, sicher unschwer zur Vergleichung er- reichen wird. Es hätte diese zweite Auflage schon vor mehr als Jahresfrist er- scheinen sollen, denn die erste Auflage des Handbuches ist längst vergriffen; allein es mussten vorerst eine Reihe mühevoller Experi- mente wenigstens zu einem vorläufigen Abschlusse gebracht werden. Ich widme dieses Werk meinem hochverehrten Kollegen Herrn Prof. Dr. Arnold Lang in Zürich, der jederzeit ein lebhaftes Interesse für das Zustandekommen desselben an den Tag legte, mich immer wieder zur Bewältigung der fast erdrückenden experimentellen Vor- arbeiten in liebenswürdigster Weise aufmunterte und der besonders auch für eine würdige Ausstattung desselben durch seine Empfehlung gewirkt hat. Herrn Prof. Dr. Arnold Lang in ausgezeichneter Verehrung gewidmet Verfasser. Inhalts-Uebersicht. A. Das Sammeln der Schmetterlinge. I. Das Ei II. Die Raupe a. b. ® d. e. Das Sammeln ohne Hülfsmittel Schirm und Klopftuch EN RE NEE Dürre Laubbüschel; eingetragene Blüten und Frucht- stände . Ban Mer on ee Der Schöpfhamen 5 Allgemeines . III. Die Puppe. 1% a. b. C. Das Suchen ohne Hülfsmittel . Der Puppenkratzer Ganz Specielles . Der Falter a. b. bo mo mo 8 . Vorbemerkung; . Das Fangglas Fangschere (Klappe), "Schmetterlingsnetz, "Sammelkästen . Die Klopfkeule . . . Dürre Laubbüschel und aufgestellte Bretter Das Räuchern . Der Fang mit Licht | . Der Fang mit Köder . Eindüten und Breitlegen der F Falter B. Die Zucht der Schmetterlinge. . Paarung (Kopulation). Paarung von & und 2 der elöthen Art 5 1. In der Gefangenschaft RC. 2. Im Freien 3. Allgemeines . i Paarung von & und Q verschiedener Arten ! 1. Uebersicht über die bisher bekannt gewordenen Hybri- dationen und Hybriden . 2. Mitteilungen bezüglich der in ihrer Entwickelung "be- obachteten Hybriden . I OESEL) RR pa. 1—2 2 —20 2—8 8s—11 11—12 12 —14 14—20 20—24 20—22 22 22—24 24—40 24—25 25— 27 27-28 28 —29 29 29—830 30—33 33— 838 38— 40 41—117 41—51 41—45 45—49 49 —51 51—117 51—60 60—65 3. 4 5. 6 II. Das SEE Eingehende Besprechung einiger ee Fälle der Hybridation und der Hybriden . avomia L. d& | = na 1 Ban, yon CoD. A Schiff, 2) Stdfs. spimi Schiff. 3 \ __ . pavonia L.? | er: pavomia L. & a) var. dau- ) bi Stdfs. pyri Schiff. 2Q([ \b) var. emi- liae Stdfs. IV. Biologische, anatomische, physiologische Eigen- schaften der Falter aus den besprochenen drei Kreuzungen V. Larva hybrida cop. | II. Sat. hybr. cop. | III. Sat. hybr. cop. hybr. bornemanni Stdfs. & pavomia L. 2 } hybr. var. emiliae VI. Sat. hybr. cop. Stdis. & povomia L. 2 — stand- J fusst W sktt. hybr. var. emiliae VI. Sat. hybr. cop. Stdfs. & pyri Schiff. 2 . Sat. pavonia L. & UL Leyen Iypoaica a. | Act. ae Graälls ? N IX. Das relative phylogenetische Alter der drei Arten: spimi, pavonia und pyri . — risl Stdfs. . > Allgemeines über die Hybridation und 1 die) Hybriden Paarung in der Gefangenschaft. . Paarung im Freien . U Es DL, MIO Waun® 2 0 0» a. Die Zucht in Behältern 1. 2 3. 4 Allgemeines. (Die kleine Raupe, die herangewachsene Raupe, Zuchtgefässe, sogenannte Mordraupen etc.) . Die zur Verpuppuns schreitende Raupe Die Ueberwinterung der Raupe . Das Treiben der a durch Erhöhung der Tem- peratur «) Allgemeines ß) Genauere Besprechung einiger speciellen Fälle y) Ergebnisse und Schlüsse aus diesen Experimenten . Die Krankheiten der Raupe . 1. Gewöhnlicher Durchfall 2. Perlschnurförmig zusammenhängende Exkremente 3. Muscardine (Botrytis Bassiana Bals.). ae; 4. Pebrina, Pebrine, Corpuscoli di Cornalia (Miero- coccus ovatus web). : 5. Flacherie, Flaceidenza, Schlaffsucht "und einige Schmarotzer aus der Tierwelt : b. Die Zucht im Freien pag 66—107 66—74 7476 7783 8386 8687 87—91 9198 99 —100 100107 107—115 115116 116—117 117—120 120—170 120—166 120—127 127—135 135—137 137—153 137 —141 141—147 147—153 153—166 153—154 154—155 155—157 157—160 160—166 166—170 Re IV. Die Puppe . a. Die Beurteilung se Ban b. Die Behandlung der Reppe : 1. Allgemeines { 2. Behälter für Puppen 3. Die Ueberwinterung der Puppe, : 4. Das Treiben der upon durch Erhöhung der Tem- peratur 5. Specielles : 6. Die Krankheiten der Puppe . : . Der Falter . . Das Zahlenverhältnis der beiden Geschlechter einer Art . Ueber die von den normalen abweichenden Falterformen mit Streiflichtern es deren Zucht EN i Vorbemerkung . a. Gesetze, denen sich Aue een ee dr weniger unterworfen zeigen s EORLSAR SUR 1. Albinismus . 2. Melanismus . b. Gesetze, welchen eine grosse Menge EN a, gar eh Verwandter Arten unterliest . . . She 1. Farbenwechsel; Farbentausch 2. Lokalrassen; Tokalformen), Tokalvarietäten 3. Zeitformen ; Zeitvarietäten, Saison - Dimorphismus I. Der Saison- Dimorphismaus in der Natur . II. Experimente . : 2; . Papilio machaon 1; . Rhodocera rhammi UL. . Vanessa c-album L. . . Vanessa urticae L. . Vanessa io L. . Vanessa ‚polychloros 1b . Vanessa antiopa L. . Vanessa atalanta L. . . Vanessa cardwi L. 10. Argynnis aglaja L. : 11. Dasychira abietis Schiff. . . TII. Das Verhalten der experimentell behandelten Vanessa-Arten und einiger nächstverwandter Arten in der Natur . . . IV. Das Verhalten der untersuchten Vanessa-Arten den Experimenten gegenüber . : «) Allgemeines, unmittelbar zu Beobachtendes «,) Versuche mit erniedrister Temperatur er) Versuche mit erhöhter Temperatur . 7ı) Versuche mit variierten Temperaturen SO PRO D Hm Pag. 170—186 170—174 174—186 174—177 177—180 180—182 182—183 183—185 185—186 187—189 189—196 196— 322 196—198 198 —206 198—202 202—206 206—304 206— 215 215—228 228 — 304 223 —236 236— 261 239 — 240 240— 241 241 —242 249 —243 244—246 246— 248 248— 252 252—256 256—258 259— 260 260—261 261—269 269 —283 269—275 269— 270 271—272 272 VII. VI. VI. NA 6,) Gesamtresultat des unmittelbar zu Be- obachtenden . . . ß) Weitere specielle Beobachtungen V. Ergebnisse dieser Untersuchungen Fa des Saison - Dimorphismus c. Gesetze, welche der einzelnen Art, oder doch nur Chsamen verwandter Arten specifisch eigentümlich sind Aberrationen . Schlussbemerkung Andeutungen bezüglich der Frage der Art- bildung a. Die Umzestaltane der As zur neuen Aal tie nach“ einander b. Die Spaltung der Art in neue Arten zeitlich neben- einander. 1. Das Divergentwerden "gewisser Individuengruppen von den Artgenossen 2. Das Selbständigwerden, die Isolierung dieser In- dividuengruppen den Artgenossen gegenüber . 3. Die Vererbung erworbener Eigenschaften ! ; 4. Beiechiengen, geknüpft an einige specielle Fälle der zeitlich nebeneinander landen Artbilduns C. Die Sammlung der Schmetterlinge. . Präparation des Falters. a) Frisch getöteter Falter b) Bereits trocken gewordener. . Präparation der Raupe : . Ausbesserung schadhafter Falter .Säuberung verschimmelter und Entfetten ölig gewordener Falter. Die Sammlung selbst. RE Bestimmung, Etiquettierung, Konservierung Tausch und Kauf. Tagebuch Nachwort Verzeichnis der Gattungen und Familien Verzeichnis der Arten pa. 273—275 275 —283 283 — 304 305—321 305—321 321— 322 322 —8353 322 — 324 324—353 324—339 329 —336 336— 344 344—353 354— 359 354—357 357— 359 359 —863 363— 865 365— 368 368— 371 368— 371 371— 373 373—314 375— 816 377 — 380 881—392 A. Das Sammeln der Schmetterlinge. I. Das Ei. Im allgemeinen empfiehlt es sich nicht, auf das Sammeln der Eier viel Zeit zu verwenden. Die Kleinheit derselben, die fast durchweg sehr kurze Zeit bis zu ihrem Ausschlüpfen, und der Umstand, dass die meisten von dem weiblichen Falter an gut geborgenen und ge- schützten Stellen abgelegt werden, schliesslich die mit den gegen- wärtig vorhandenen Hülfsmitteln fast ausnahmslos recht schwierige Bestimmung derselben lohnt die angewendete Mühe nicht. Man wird etwa im Frühling, solange Bäume und Sträucher noch fast kahl sind, die grauweissen Eier von Saturnia pavonia L. und Saturnia spini Schiff. an den Zweigen von Weiden, Schlehen, Him- beeren oder Heide und anderm Strauchwerk finden. Zu gleicher Zeit können auch die bernsteingelben Eier von Endromis versicolora L. an Birken- oder Erlenruten, und später dann auf Blättern von aller- hand Weiden und Pappelarten in ein bis vier Stücken die halb- kugelisen, braunen Eier von Harpyia vinula L. öfter beobachtet werden. Geht es einmal glücklicher, so fallen uns vielleicht im Hoch- sommer die zierlich weiss und grün gezeichneten Eier von Lasiocampa populifolia Esp. in den Rindenrissen alter Pappelstämme, auch wohl dann und wann an der Blattunterseite ihrer Nährsträucher und Bäume die halbkugeligen meist weissen Eier von Notodontiden zur Beute. Allein im ganzen kommt dergleichen doch nicht gerade häufig vor, und was etwa von Noctuiden-Eiern an grösseren Gruppen — sogen. „Gelegen“ — bei einander gefunden wird, das ergiebt, wenn man sich der Mühe der Aufzucht unterzieht, meist sehr gewöhnliche Arten wie: Agrotis pronuba L., Agrotis augur F., Mamestra nebulosa Hufn. oder Aehnliches. Standfuss, Handbuch. I — 2 —— Sehr empfiehlt es sich aber, auf Eier absetzende Weibchen zu achten, weil man sich so am leichtesten (zumal bei Tagfaltern) über die Futterpflanzen der betreffenden Arten orientiert, was um so rat- samer ist, da diese Nährpflanzen nach den verschiedenen Gegenden durchaus nicht unerheblich schwanken. Wer also in die Lage kommt, auf bis dahin von ihm nie betretenem Gebiet zu sammeln, setzt sich daher so am leichtesten in den Stand, wenigstens von einer Anzahl gewünschter Arten die Raupen eintragen zu können. Was in tiefer Nacht fliegt, ist natürlich schwer und nur etwa durch einen glücklichen Zufall zu belauschen; aber die am Tage und in der Abenddämmerung ihre Eier absetzenden Arten sind sehr zahl- reich, und ihre Beobachtung führt meist zu dem gewünschten Ziele. Bei einem längeren Aufenthalt in der Gegend Roms war es mir auf diesem Wege sehr bald möglich, die dortigen Nährpflanzen der Plusia gutta Gn., chalcytes Esp. und ni Hb. zu ermitteln, und im süd- lichen Frankreich führten mich die Weibchen von Anthocharis v. belle- zina B. und euphenoides Stgr. schon in den ersten Tagen zu den von ihnen bewohnten Cruciferen. II. Die Raupe. a. Das Sammeln ohne Hülfsmittel. Um bei dem Einsammeln von Raupen von vornherein einiger- massen Aussicht auf Erfolg zu haben, ist es vor allen Dingen not- wendig, in der Pflanzenwelt des Sammelgebietes wenigstens etwas bewandert zu sein. Und zwar sollte man nicht nur die häufigen Bäume und Sträucher kennen, sondern auch die gewöhnlicheren nie- deren Pflanzen. Es ist dabei mit der blühenden Pflanze nicht abgethan, auch ohne Blüten sollten uns die alltäglichen Kinder unserer Flora nicht fremd sein; denn sehr häufig lebt die Raupe auf ihrer Nährpflanze vor deren Blütezeit, oder nach deren Blütezeit; gar nicht selten ist auch der Fall, dass eine Raupe sich nur an Individuen ihrer Nahrungs- pflanze findet, oder doch diese bei weitem vorzieht, welche im vollen Schatten stehen und welche dann selten, oder niemals blühen; so lebt Plusia c. aureum Knoch. an Thalictrum-Arten und Aquilegia vul- garis L. im Schatten, Plusia cheiranthi Tausch. an gewissen Tha- lietrum-Arten in der Sonne. _— 3 — Aber selbst die unerlässliche Bedingung einiger Pflanzenkenntnis vorausgesetzt, so ist damit noch immer wenig geleistet. Es gilt: „Sehen zu lernen!“ (cfr. über den gleichen Gegenstand: Heim, „Sehen und Zeichnen“, Basel, B. Schwabe, 1894). So einfach das klingt, so ist dies durchaus keine so gar leichte Sache: und gerade auf diesem: „Sehen lernen“ beruht mit in erster Linie die erziehende und bildende Wirkung des Sammelns von leben- den oder toten Naturgegenständen. Für dieses: „Sehen lernen“ ist erforderlich, dass man nicht nur mit dem Auge schnell hintereinander möglichst viele Punkte der Aussenwelt scharf zu fixieren vermag; sondern auch die dadurch im Auge hervorgerufenen Bilder geistig percipiert, also mit Bewusstsein sieht und dadurch gewisse Gedanken auslöst, die uns zu weiteren Schlüssen und schliesslich zu dem gewollten Resultate führen. Einige Beispiele: ‘Wir stehen im Hochsommer vor einer Zitterpappel; die lang- gestielten, fast kreisrunden Blätter schwanken lustig in der leicht be- wegten Luft. Eines dicht vor uns schwankt nicht, es hängt straff nach unten, und doch sehen wir nichts Auffälliges daran. Drehen wir das Blatt. Da haben wir den Grund: es sitzt eine mehr als halberwachsene Raupe von Smerinthus populi L. an der Mittelrippe der Unterseite. Sie wird die willkommene Beute des jungen Sammlers. Anfang Juni des nächsten Jahres führt uns der Weg zufällig wieder an jener Zitterpappel vorbei, und wir betrachten sie genauer. Zu unserer grossen Freude bemerken wir da mitten auf einem Blatt mit dem Kopf nach oben eine gar wunderlich geformte Raupe, fast einer nackten grünen Schnecke gleichend. Es ist die Raupe der Apatura ilhia Schiff., des selteneren unserer beiden Schillerfalterarten. Sie bewest den vorn scharf abgestutzten, nach oben in zwei harte, etwas dornige Hörner endigenden Kopf fortwährend über der Mittel- rippe nach rechts und links und drückt dabei einen fest anhaftenden Faden in der Form einer langgezogenen, sich stets wiederholenden Acht dem Blatte auf, welcher dem kleinen schwerfälligen Geschöpf als Strickleiter und Halt auf dem schwankenden Blatte seines Nähr- baumes dient. Weiter: Die Raupe hat von dem Blatte, auf dem sie sich befindet, nur den Teil an der Spitze verzehrt, die Basis blieb un- verletzt. Merken wir uns beides, und wir werden uns sehr bald thatsächlich überzeugen, dass uns die gemachten Beobachtungen die besten Dienste beim Aufsuchen dieser Art leisten. — Von Apatura iris L. auf Wollweide (Salix caprea L.) gilt übrigens das Gleiche. — I* — 4 — Das Gewebe glänzt im Licht und macht die damit behafteten Blätter im Augenblick unter tausend anderen kenntlich, und die Art des Frasses bildet eine weitere Kontrolle, denn es finden sich gleichzeitig häufig auch andere Gewebe auf den Blättern der Zitterpappel, so von: Brephos nothum Hb., Cymatophora or F. und Cosmia paleacea Esp., welche zwei Blätter aufeinander zu spinnen pflegen, die, nachdem sie von der Raupe verlassen wurden, häufig vom Winde wieder getrennt werden. Alle diese Gewebe gleichen aber niemals jenen der Apatu- riden vollständig. Das Blatt, auf dem sich die Apaturiden-Raupe etwa ein anderes Mal in dem Moment unseres Suchens befindet, kann zufolge seiner Belastung sehr leicht eine andere Lage als die übrigen Blätter haben und eben darum unter jenen verborgen sein; aber die so charakte- ristische Beschaffenheit der vorher von der Raupe teilweise verzehrten Blätter führt uns bald zu ihrem jeweiligen Aufenthalt. Bei dem sorgfältigen Suchen nach der Raupe von zlia kann es übrigens kaum fehlen, dass uns auch die Raupe, oder wohl öfter Puppe von Limenitis populi L. in die Hände fällt, und wir werden dabei bemerken, dass auch dieses Tier seine charakteristischen Eigentümlich- keiten hat, die uns im weiteren das Auffinden desselben wesentlich erleichtern. Das kleine, dütenförmige Ueberwinterungsgehäuse ist an den feinen Zweigen der Zitterpappeln, solange diese kahl stehen, an Waldrändern und Waldwegen mitunter nach erlangter Uebung zahl- reich zu finden. Im Frühling (Mitte April bis Ende Mai) verrät sich dann die schnell heranwachsende, schwerfällige Raupe durch die kahl- gefressenen Stellen der Zweige. Die Verpuppung findet im Freien stets an einem Blatte statt, welches durch Ausfressen an seiner Spitze und Einsetzen einer kleinen gesponnenen Scheibe an der ausgenagten Stelle dauernd in eine muldige Form gezwungen wird. Die schwere Puppe hängt in diesem schwanken Kahne gut geschützt, denn die aufgerichteten elastischen Blattränder verhindern die verderbliche Wirkung jedes Anpralles.. Das besetzte, meist in ziemlicher Höhe befindliche Blatt ist von unten an seiner Form und an seinem Ge- wichte kenntlich; gelegentlich sieht man die Puppe auch durchschim- mern, oder bemerkt sie direct, einem krausen, trockenen Blatte von weitem nicht unähnlich. Die Art und Weise des Frasses ist für viele Arten äusserst cha- rakteristischh und man kann sich häufig unnützes Suchen ersparen, wenn man auf diesen Punkt sorgfältig achtet. Natürlich muss hier auch die Frage erwogen werden, ob vor — 5 — kürzerer Zeit oder längerer Zeit gefressen wurde: Wenn bei der Vegetation des Frühjahrs, die sich ja noch in der Entwickelung be- findet, die Ränder des Frasses wieder sichtlich verheilten, oder wenn im Hliochsommer das Blatt von den Frassrändern her bereits deutlich abstarb, so haben wir im allgemeinen keine Hoffnung, den Fresser noch in der Nähe anzutreffen; übrigens werden uns ja die Exkremente, welche durch öfteren Regen selbstverständlich aufgelöst und ver- waschen werden, einen weiteren Anhalt dafür geben können, ob wir noch Aussicht haben, etwas zu finden oder nicht. Zu den an Raupen ergiebigsten niederen Pflanzen gehören die Galium-Arten: verum L., mollugo L., boreale L., palustre L. etc. Zeigt sich an den Stauden nur der oberste Teil in mässiger Aus- dehnung abgefressen, so werden wir eine Cidarien-Raupe als Ursache beobachten können: dotata L., ocellata L., galiata Hb., sociata Bkh.; im günstigeren Falle cuculata Hfn., rivata Hb. und rubidata F., auch wohl polygrammata Bkh. Ist andererseits der ganze Busch, nament- lich aber der Blütenstand stark abgefressen, so handelt es sich um die Raupen von Macroglossa stellatarum L., oder Deilephila gallii Rott. oder elpenor L. Alle drei verbergen sich bei Tage nicht und werden daher bei einiger Sorgfalt leicht zu haben sein. Die Exkremente der Lepidopteren-Raupen können ausserordent- lich oft als leitende Merkmale dienen, namentlich soweit Bäume und Sträucher an Wegen stehen, auf denen der Kot besonders sichtbar ist. Sehr viele unserer Sphingiden, aber auch eine Menge von Bom- byciden und Noctuiden wie grössere Geometriden werden mit Hülfe dieser untrüglichen Zeichen ihres Vorhandenseins am bequemsten gefunden. Doch kehren wir noch einmal zu unseren Gahum-Arten zurück. Namentlich da, wo wir jene vorgenannten Geometriden-Raupen an Waldrändern oder auf Waldblössen beobachteten, fanden wir die Pflanzen öfter stark abgefressen, und zwar vom Boden her abgefressen, denn neben wenigen ganz kahlen Ruten zeigen sich in grösserer Anzahl Stengel, bei denen die Blätter oder Blüten an der Spitze noch vorhanden sind. Die recht ansehnlichen Exkremente lassen eine Sphin- giden-Raupe vermuten, aber es ist eine solche nirgends zu bemerken. "Wir müssen der Sache doch auf den Grund kommen und beginnen, die am Boden befindliche kurze rasige Vegetation, die abgefallenen Pflanzenteile und die oberste lockere Erdschicht an der Stelle des Frasses zu durchwühlen. Nach einigen Minuten haben wir die Freude, unseren Fleiss belohnt zu sehen. Plötzlich stösst unsere Hand an ee einen kalten, elastischen Gegenstand, der sich, ans Licht befördert, als eine recht stattliche Raupe erweist, die mit der schon wiederholt an Weidenröschen (Epllobium angustifolium L. und hirsutum L.) und auch wohl an Gahium-Arten ganz freisitzend gefundenen Raupe des mittleren Weinschwärmers (Deslephila elpenor L.) die grösste Aehn- lichkeit hat, nur das Horn über dem After fehlt fast gänzlich. Wir haben die Raupe des schmucken, kleinen Weinschwärmers (Deilephila ‚porcellus L.) vor uns und wissen fortan, wo und wie wir ihrer hab- haft werden. In Zukunft werden wir lernen müssen, eine ganze Menge herangewachsener Noctuiden-Raupen, so z. B. Dianthoecia, Mamestra, Agrotis-Arten in der gleichen Weise zu suchen. Es sei hier nur beiläufig erwähnt, dass man die Säcke derjenigen Psychen, welche sich nicht an Bäumen, Brettern, Pfählen oder Steinen, sondern dicht über der Erde an Gräsern, Stengeln oder Blättern fest- spinnen, wie: Psyche viciella Schiff., v. stetinensis Hering., viadrina Stgr., apiformis Rossi u. a. am besten so findet, dass man hinkniet, oder sich direct auf den Boden legt und nun in gleicher Höhe mit den gesuchten Gegenständen diese durch sorgfältiges Hin- und Her- blicken durch die Vegetation viel leichter zu erspähen vermag, als beim Stehen und Laufen, wo sie durch allerhand Blaitwerk von oben her gedeckt werden. Auch etwaige andere Raupen, die an Stengeln und Blättern dicht über dem Boden sitzen, wie Bombyx trifolü Esp. vor der letzten Häutung, Argynnis, Melitaeen, Arctüden- Raupen werden so am vorteilhaftesten gesucht. Bei einem längeren Aufenthalt in der Gegend von Resicza im Jahre 1880 mehrere Meilen südlich von Temesvar fand ich dort im April und Mai zwischen den Schienensträngen der Schmalspurbahnen, welche vielfach durch Wald und anderweites insektenreiches Terrain führten, Carabiden und Dorcadien zahlreich laufend, welche über die Schienenköpfe nicht zurückzuklimmen vermochten und so gefangen waren. Das gleiche Schicksal teilten häufig erwachsene Raupen von Psyche villosella Hufn., viciella Schiff. und Epichnopteryx bombycella Schiff, aus denen ich eine Menge Falter erzog. Eigenartig ist auch der Frass der Nola-Arten und der meisten Notodontiden. Die Nola-Arten skelettieren oder durchlöchern die Blätter: Zogatulalis Hb. (im Juni) am liebsten auf kleinen in anderem Hochwalde eingesprengten Eichenbüschen, strigula Schiff. (im Mai) an den niederen Zweigen älterer Eichen; andere Arten wieder an Labiaten, cristatula Hb. (im Mai) an Mentha aquatica L., subchlamy- dula Stgr. (im April und Mai) an Salvia-Arten. Bei den Notodontiden — 7 — nagt das junge Räupchen die Blattspitze so aus, dass das Ende der Mittelrippe wie eine feine Nadel stehen bleibt, an der das kleine Tierchen zu sitzen pflegt. Auch in der zweiten und wohl auch dritten Häutung ist die Art zu fressen die gleiche, aber das nun schon heran- wachsende Räupchen birgt sich jetzt an der Mittelrippe auf der Unter- seite des Blattes. Nach der letzten Häutung frisst die Raupe dann das Blatt von seiner Basis aus, und wenn etwas von ihm übrig gelassen wird, so ist es nun gerade die Spitze. Jetzt sitzt die Raupe am Blatt- rande, oder an den Rippen auf dessen Unterseite, wenn sie grüne Farbe hat; am Zweigchen, wenn sie in Form und Färbung in ihrer fortgeschrittenen Entwickelung einem solchen ähnlich wurde. An Hand dieser Kenntnisse, welche dann leicht jeden anderen Frass, der ja oft genug in Menge vorhanden ist, ausschliesst, ist es meist möglich, an den Orten ihres Vorkommens die Raupen der schönen Notodonta argentina Schiff. reichlich mit dem Auge ohne anderweite Hülfsmittel zu finden, und ebenso auch andere Notodon- tiden, wie: querna F., trimacula Esp., tritophus F., torva Hb., Lo- bhopteryx cuculla Esp., Drynobia velitaris Rott. und melagona Bkh. nebst verwandten Arten. Eine ganze Anzahl an niederen, saftigen Kräutern lebender Rau- pen haben die Gewohnheit, an der Basis der Blattunterseite, den Kopf nach oben, sitzend, die Rippen in einer Bogenlinie über dem gewählten Ruheplatze anzunagen. Das Blattende knickt zufolgedessen um und wird welk. Unter diesem Dache findet die Raupe gegen Sonne und Regen Schutz, und der welkende Blattteil scheint dem Tiere gesündere Nahrung zu bieten als die vollsaftige Vegetation. Diese Gewohnheit verrät dem Beobachter den Aufenthaltsort der Raupe. Amphipyra livida F. und Plusia bractea S. V. können so an Leontodon taraxacum wie anderen Compositen, Plusia moneta F. an Aconitum-Arten er- beutet werden etc. etc. Sehr viele Raupen ferner ruhen den Tag über an den Stämmen und Aesten und bergen sich entweder in den Rissen der Borke, wie die Catocalen und Vertreter des Genus Xylina, Miselia, Dichonia, auch andere; oder schmiegen sich möglichst eng an den Stamm an, was sie bei ihrer dann meist stark abgeflachten Gestalt bis zur gröss- ten Unkenntlichkeit vermögen, so namentlich Bombyx bopuli L. und die meisten Lasiocampen. Es wurde auf diese Methode des Sammelns näher eingegangen, weil sie die lehrreichste, Auge und Geist am meisten bildende ist. Zudem leiden bei ihr die Raupen beim Eintragen keinen Schaden, SEN und man wird daher bei sorgfältiger Zucht im Verhältnis zu der er- beuteten Raupenzahl die besten Resultate haben, wie denn ausserdem auch Sträucher und Bäume so nicht geschädigt werden. Alle sehr festsitzenden, oder gar festgesponnenen, oder besonders schwere Raupen, wie: die Sphingiden, Papilio podalirius L., die Apatura- und Limenitis-Arten und eine gute Anzahl der Bombyciden sollten stets nur mit dem Auge gesucht werden; denn beim Los- schlagen mit dem Stock leidet ein sehr grosser Bruchteil dieser Raupen Schaden und geht dann sofort, oder doch in der Folge durch erhaltene innere Verletzungen, die sich oft äusserlich gar nicht er- kennen lassen, zu Grunde. Wir sind damit von selbst zu den Hülfsmitteln gekommen, deren sich der Raupensammler zu bedienen pflegt. b. Schirm und Klopftuch. Raupen, welche sich bei Erschütterung leicht fallen lassen, oder in sehr dichtem Blatt- oder Blütenwerk verborgen sind, werden am besten in Schirm oder Klopftuch geschüttelt. Der Schirm — die Franzosen haben einen einseitig aufgehenden Schirm konstruiert zum leichten Unterschieben unter Sträucher — sollte ohne Krücke, möglichst gross und von dunklem Stoff sein. Mit einer Krücke bleibt man hängen, oder schlägt sie ab, und auf hellem Stoff sieht man die Raupen weniger leicht, und zerschlagene Raupen und Beeren machen hässliche Flecken. Das Klopftuch von leichtem, aber festem, nicht zu hellem Stoff kann quadratisch oder rechteckig sein. Die Ecken werden kappig, möglichst solid übernäht und in diese Kappen diagonal zwei dünne zähe Holzlatten oder Holzstäbe geschoben, welche etwa auch auf der Fläche des Tuches durch Schlaufen oder geknüpfte Bänder befestigt werden, zudem an ihrem Kreuzpunkt aufeinander geschraubt werden können, oder hier auch nur zusammengebunden sind. Die Grösse muss die Erfahrung ergeben: im Laubwald wird man durchschnittlich ein grösseres Format anwenden können als in dem meist dichteren Nadelwald. Bei Nichtgebrauch werden die Stäbe natürlich herausge- _ nommen und der ganze Apparat zu einer leicht zu handhabenden Rolle gestaltet. ı) Zarte Vegetation schüttelt man am besten mit der Hand in Schirm oder Klopftuch ab. Ich denke hierbei namentlich an das Einsammeln von kleinen Geometriden-Raupen, wie Eußithecien und Aehnliches; so von verschiedenen Schirmpflanzen (Umbelli- — og — feren), Campanula-Arten oder Compositen, z. B. Artemisia und Solidago, wenn man nicht das Absuchen mit dem Auge vor- zieht. ‘Wir werden dabei vielleicht sehr auffällige Beobachtungen machen, denn die Raupen der Geometriden, zumal die des Genus Eupithecia leisten bezüglich der Anpassung ihrer Färbung an das Kolorit der von ihnen verzehrten Vegetation das Wunder- barste. Es kann sich treffen, um nur ein Beispiel anzuführen, dass wir im Laufe weniger Stunden die Raupe von Zupithecia absinthiata Cl. in sechs ganz verschiedenen Färbungen antreffen: nämlich citronengelb etwa in den leuchtenden Aehren der Solidago virgaurea L.; grün an nicht oder noch nicht blühenden Individuen der gleichen Pflanze; rosa auf den Knöpfen der Statice armeria L. oder an Centaureen; weiss an den Dolden der Pimpinella saxifraga L.; braun in den Blütenbüschen der Artemisia vulgaris L.; ja sogar schön himmelblau auf den kleinen Kugeln der Suceisa pratensis Mönch. Auch die Raupen anderer Zupiüthecien-Arten variieren sehr, so z. B. die von oblongata Thnb., insigniata Hb., laquaearia H.S., debiliata Hb., rectangulata L., nanata Hb., innotata Hfn., trisignaria H. S., albipunctata Hw., assimilata Gn., minutata Gn., expallidata Gn. etc. ete., indes wohl keine Species so stark wie absinthiata Cl. Dieser Proteus vermag sein Kleid sogar total umzufärben, wenn noch klein genug, mehrmals umzufärben, falls man ihn in der Sonne auf Blumen von verschiedener Farbe (etwa Astern) weiter erzieht. Höchst verschiebungsfähig, wenn auch nicht in solchem Maasse, erweisen sich bei dem Experi- mentieren noch einige der anderen stark variablen Eupithecien- Arten. (Cfr. Ch. Schröder: Die Entwickelung der Raupenzeich- nung und die Abhängigkeit der letzteren von der Farbe der Umgebung. Berlin, R. Friedländer, 1894. — E. B. Poulton: Experimenteller Beweis, dass die Farben gewisser Schmetter- lingslarven wesentlich von umgewandelten Pflanzenpigmenten, die der Nahrung entstammen, herrühren. Proceed. Royal. Societ. 1894, Vol. LIV.) 2) Niederes Strauchwerk, Gestrüpp und die unteren Aeste von Bäumen werden mit einem festen Stock kurz und scharf in Schirm oder Tuch abgeklopft. Schlehen, Himbeeren, Brombeeren, niedere Büsche und Zweige. von Eichen, Rotbuchen, Birken, . Linden, Ulmen, Weiden, Pappeln werden im Frühjahr und wieder 3) — Io u im Hochsommer und Herbst bei dieser Sammelmethode an spe- eifischen Bewohnern reiche Ausbeute geben. Sehr zu raten ist aber, auf einer Exkursion nicht alles durcheinander wahllos ab- zuklopfen; man bleibe bei einer Baum- oder Strauchart und untersuche diese gründlich, sonst wird es sehr schwierig, sich von allem Gefundenen genau die richtige Nahrung zu merken, und allzu komplizierte Fütterung ermüdet und führt leicht zur Vernachlässigung. Ausserordentlich lohnend ist auch an schönen Tagen von Mitte September bis gegen Ende Oktober das Ab- klopfen der wild emporgeschossenen Vegetation mehrjähriger, sonniger Waldhaue. Weidenröschen (Epilobium, am häufigsten angustifolium L.), Himbeeren, Brombeeren, Nesseln, Taubnesseln, Gräser, junge Birken und Zitterpappeln wie anderes ergeben da eine grosse Masse überwinternder Nociuiden- und wohl auch einzelne Bombyciden-Raupen, welche, in dürren oder gerollten Blättern dieser Pflanzen verborgen, oder auch wohl freisitzend, sich der letzten warmen Sonnenstrahlen des Jahres erfreuen. Neben vielem Häufigen findet man da auch recht Gutes, und es gelingt in reichen Jahren, an glücklichen Lokalitäten in 6—8 Stunden viele Hunderte von Raupen zu erbeuten, deren Behandlung wir später bei den Bemerkungen über die Zucht zu erörtern haben. Höheren, stärkeren Bäumen muss man ihre Bewohner mit grös- serer Gewalt abringen. Man wählt dazu eiserne Hämmer mit nicht zu langem Stiel, oder eiserne Keulen, oder Kugeln an Riemen von verschiedenem Gewicht; unter 2 kg sollte man nicht gehen, 4 kg nicht überschreiten; auch sollten Hämmer wie Keulen mit starkem Leder, oder besser mit einer dicken Lage von Kautschuk überzogen sein, da sonst die Stämme sichtlich verletzt werden. Ein kurzes, scharfes Anschlagen liefert zumal in den allerfrühesten Morgenstunden die besten Resultate. Es ist natürlich nicht annähernd möglich, das ganze er- schütterte Gezweig mit Schirm oder Klopftuch zu unterbreiten, aber soweit diese reichen, sollte man sie anwenden, und da es besser ist, dergleichen Exkursionen nicht allein zu machen, um in der nicht leichten Arbeit abwechseln zu können, so sind ja einige Schirme und Klopftücher unschwer zu handhaben, nur sehe man während des Fallens der Raupen erst neben den Schirm zum baldigen Suchen, dann in den Schirm. Dasychira abietis S.V., Bombyx populi L.. Lasiocampa pruni L., populi- 2 II _- folia Esp., tremulifolia Hb., lunigera Esp., v. lobulina Esp., Endromis versicolora L., Aglia tau L., die Notodontiden und Catocalen möchte ich hier in erster Linie als erreichbare Arten nennen, natürlich mit Beobachtung der speciellen Neigungen von jeder dieser Arten. Eine weitere Anwendung des Schirmes und Klopftuches will ich hier nicht übergehen. An sonnigen Lehnen, an Dämmen, an Waldrändern, im lichten Laubwald, wo Bäume oder Strauch- werk stehen, deren Blätter sich mehr oder weniger rollen, wird es nicht selten sehr lohnend sein, die Blätter im zeitigen Früh- jahr ‘auf Schirm oder Klopftuch zu sammeln, — auch ein um- fangreicher, nicht zu hoher Sack kann den gleichen Dienst ver- richten — und mit der Hand stark durcheinander zu rühren und zu schütteln. Das Material wird dann sorgfältig von oben her unter weiterem Durchschütteln entfernt, und man wird dann meist die Freude haben, in seiner untersten Schicht eine Anzahl Noc- Zuiden-Raupen zu finden, namentlich dem Genus Agrotis, Ma- mestra, Hadena, Leucania und Caradrina angehörig; im glück- lichen Falle vielleicht auch gelegentlich die Raupe von Pleretes matronula L. c. Dürre Laubbüschel; eingetragene Blüten und Fruchtstände. In Gärten oder in Waldteilen, welche wenig betreten werden, er- geben im Herbst ausgelegte Zweige mit dürrem Laube oft recht gute Resultate an Raupen wie an Faltern aller Art. Die zu diesem Zweck zu wählenden Zweige, welche natürlich möglichst blattreich sein sollten, müssen abgeschnitten werden, solange die Blätter noch in voller Lebenskraft stehen, weil diese sonst, dürr geworden, gar zu leicht ab- fallen. Am besten eignen sich Eichen- und Pappel-Reiser dazu. Die Büschel sind an den Rändern von Gesträuch oder unter Bäumen an wenig sonnigen Stellen auszulegen und auf ein Tuch aus- zuschütteln, bevor die Sonne gar zu stark zu wirken beginnt, denn sonst sind die Falter so flüchtig, dass es kaum möglich ist, ihrer hab- haft zu werden. Die während der rauhen Jahreszeit eingetragenen Ueberreste von Vogelnestern enthalten häufig seltenere Raupen oder auch kleinere Puppen von Gross- und Kleinschmetterlingen, welche dann im warmen Zimmer oder im Frühjahre zum Vorschein kommen. Es sollte dieses Material in gut schliessenden Kästen aufbewahrt werden, da sich nicht selten für den Haushalt lästige Käfer- und Motten-Arten aus ihm entwickeln. =— 12 go Ferner erhält man aus den Kätzchen der Weiden- und Pappel- Arten, die man im Frühjahr (Ende März und Anfang April) noch an den Reisern vom Gebüsch schneidet oder von der Erde an Stellen aufnimmt, wo sie sich mehrfach ansammelten, die Raupen von Ortho- sien, Xanthien, Geometriden und Microlepidopteren; und im Hoch- sommer aus den Blüten und Kapseln der Silene-, Lychnis- und Dian- thus-Arten (oft selbst in Gärten) die Raupen von Dianthoecien, Geo- metriden und Microlepidopteren. Auch die Blüten und Fruchtstände von Campanula-Arten, Compositen und manchen anderen Gewächsen ergeben vielerlei Raupen, zumal Geometriden. Selbst die Zapfen der Coniferen enthalten, im Hochsommer und Herbst eingetragen (die sehr ergiebigen von Weisstannen [Abies alba Miller] sind leider nur von gefällten Bäumen zu haben), mehrere Lepidopteren als Raupe und Puppe. Die Blüten und Fruchtstände werden in recht trockener Zeit be- hutsam abgeschnitten, in Säcken gesammelt und daheim entweder in grossen luftigen Raupenkästen untergebracht, oder auch vielleicht in einem Zimmer, welches lediglich lepidopterologischen Zwecken dient, einfach am Boden aufgehäuft. Natürlich ist darauf zu achten, dass Spinnen, Ohrwürmer, Wanzen und sonstiges Raubgesindel wenigstens nicht zahlreich mit eingetragen wird. Nach wenigen Tagen wird das eingesammelte Material auf grosse Bogen Packpapier abgeklopft und durchgesehen. Man findet dann in ihm, zumal aber am Grunde desselben allerhand Raupen, die nun besser in besonderen Gefässen weitergezogen werden. Wieder und wieder kann nach Verlauf einiger Tage in gleicher Weise untersucht werden, denn es wachsen von neuem Raupen heran, die nun leichter zu sehen sind. Bevor man schliesslich die eingetragene Vegetation vollkommen beseitigt, sehe man alles noch sorgfältig durch, denn viele Arten verpuppen sich ohne weiteres in ihr. Gestatten es die Wohnungs- verhältnisse des Sammlers, so ist es freilich sehr viel bequemer, das dürre Material auszubreiten, dann und wann etwas anzufeuchten und erst wegzuwerfen, wenn entschieden keine Falter mehr daraus er- scheinen. d. Der Schöpfhamen. Sehr zweckmässig erweist sich auch der sogenannte Schöpfer oder Schöpfhamen für das Einsammeln gewisser Raupen. Es ist dies ein Netz, dem Schmetterlingsnetz an Grösse etwa — 13 = gleich, 33 cm Durchmesser, aber mit etwa nur fusslangem, kräftigem Stiel, der am besten mit Zwinge und Schraubendorn ein Stück bildet, viel stärkerem, doch auch zur Hälfte zusammenklappbarem, rundem Eisenreifen und von weit festerem Stoff (derbe, rohe Leinwand). Für ebenes Terrain empfiehlt sich vielleicht ein Schöpfer mit halbkreis- förmigem Bügel noch mehr (Staudinger). Bei einem solchen ist der Stiel natürlich in der Mitte des runden Teiles befestigt, während der gegenüberliegende freie Rand den geradlinigen Durchmesser bildet. Die Kräuter von Wiesenflächen, aber auch niedriges Strauchwerk, wie Heidelbeeren und dürftigere Himbeeren, Gräser, Weidenröschen und ähnliche Vegetation werden mit diesem Beutel durch kräftiges Hin- und Herschöpfen beim langsamen Dahinschreiten abgestreift. Es muss öfter nachgesehen werden, da sonst der Inhalt leicht heraus- geschleudert oder durch das Anschlagen an niederes Gezweig ver- letzt wird. Im Frühjahr kann man mit dem Schöpfer von Heidelbeeren und Himbeeren in nicht zu dichtem Wald Plusien-Raupen (Dulchrina Hw., jJota L., interrogationis L.) und allerhand andere Noctuiden- sowie Geometriden-Raupen erreichen; im Herbst ebenda auch Mancherlei, mehr aber in dieser Jahreszeit noch auf sonnigen, mehrjährigen Wald- hauen und ähnlichen Lokalitäten, soweit dort für Schirm und Klopf- tuch, bei dem wir schon früher dieser Fundstellen gedachten, die Vegetation nicht genügend hoch ist. Besonders muss ich hier noch des Schöpfens und etwa auch des Klopfens in den Schirm an den oben erwähnten Oertlichkeiten bei Nacht gedenken. In der linken Hand die Laterne, welche so eingerichtet sein muss, dass sie leicht an einen Zweig gehangen oder in einen Stamm ein- gespiesst werden kann, in der Rechten den Schöpfer, exkursierte man da mit den entomologischen Genossen zwischen Mitte und Ende April nachts nach 10 Uhr in den Wald und schöpfte dort bis gegen 2 Uhr morgens, oft quantitativ mit ausserordentlich günstigem Er- folge. Man erspart auf diesem Wege fast die ganze Mühe der Aufzucht gewisser Arten. Es fallen uns nämlich alle diejenigen Species, welche wir an den gleichen Oertlichkeiten mit Schirm oder Schöpfer im Herbste klein erbeuteten (cfr. p. ı0) und die sich nun tagsüber sorgfältig am Boden verborgen halten, mit dieser Sammelmethode jetzt inerwachsenem oder doch nahezu erwachsenem Zu- stande in die Hände. —— IA —— Der Schöpfer muss dabei sehr oft revidiert werden, weil die grossen Raupen durch Anschlagen noch viel leichter Schaden leiden, zumal wenn etwa der Stoff des Beutels durch Thau noch besonders schwer geworden ist. Auch lassen sich dergleichen Exkursionen nur auf nicht gar zu holperigem Terrain vornehmen, und man sollte min- destens stets zu Dreien gehen und sich niemals weiter, als die Stimme leicht reicht, voneinander entfernen, da man sonst in der Einsamkeit des Waldes mit Wilddieben, Schmugsglern u. s. w. etwa unliebsame Bekanntschaft machen könnte. Zum Klopfen in Schirm oder Tuch bei Nacht müssen zwei sein, denn eine am Körper selbst befestigte Laterne wird bei starker Bewegung desselben stets bedenklich. Auch bloss mit der Laterne lassen sich bei geeigneter Lokalität ergiebige Gänge machen. Alle die Raupen, welche des Tags an der Erde versteckt sind, steigen des Nachts etwa zwischen !/,ıı und 2 Uhr an der Vegetation auf, um Nahrung zu sich zu nehmen, und können dann mit dem Lichte gesammelt werden. So Deilephila por- cellus L., der bei seiner Grösse durch Schöpfen leicht Schaden leidet, so ,Pleretess matronula L., von der das Gleiche gilt, so die Dian- thoecien und eine grosse Menge anderer Noctuiden aus den Genera: Agrotis, Charaeas, Mamestra, Valeria, Apamea, Luperina etc. e. Allgemeines. Und nun noch wenige Worte über das Einsammeln der Raupen im allgemeinen: Es empfiehlt sich nicht, ohne ein ganz bestimmtes Ziel zu exkursieren und etwa zu probieren, was uns der glückliche Zufall in die Hände liefert. Sondern man verschaffe sich eine bereits veröffentlichte Lokalfauna *), welche die von uns besuchten Oertlich- *) Es mögen hier einige Publikationen genannt sein, welche die Fauna eines kleineren oder grösseren Gebietes der paläarktischen Region behandeln: Alpheraky, S.: Lepidopteres du district de Kouldja et des montagnes envir. Petersburg 1881/82. Barrett, C. G.: The Lepidopt. of the British Islands. Rhopalocera. London 1893. (Die Fortsetzung erscheint gegenwärtig.) Bellier de la Chavignerie: 1) Observations sur les Lepidopteres des Basses- Alpes. Ann. Soc. Ent. d. Fr. 1854, 56, 57, 59. 2) Lepid. nouv. et chen. observ. en Corse. Ann. Soc. Ent. d. Fr. 186I, 62, 65, 67, 69. ; Berge-Heinemann-Steudel: Schmetterlingsbuch. VII. Aufl. Stuttgart 1888. (Die europäischen Macrolepidopteren.) Bohatsch, ©.: ı) Beiträge zur Lepidopteren-Fauna Slavoniens. Wiener Ent. Ver. II. Jahresbericht. 2) Beitrag zur Lepidopteren-Fauna des Schneeberg- Gebietes. Wiener Ent. Ver. IV. Jahresbericht. Bremer, O.: Lepidopteren Ost-Sibiriens, insbes. d. Amur-Landes. Petersburg 1864. — 135 — lichkeiten mitbegreift, oder doch möglichst nahe an diese streift, und orientiere sich aus dieser über die selteneren Arten der zu explo- rierenden Gegend. Die am Tage beobachteten Falter, die am Köder Bromilow, Frank: Butterflies of the Riviera. Nice 1892. Calberla, H.: Die Macrolepidopteren-Fauna der römischen Campagna und der angrenzenden Provinzen Mittelitaliens. Iris. Dresden 1887—90. Caradja, Ar. d.: Beitrag zur Kenntnis der Grossschmetterlinge des „Departe- ment de la Haute-Garonne“. Iris. Dresden 1893. Christ, H.: Die Tagfalter und Sphingiden Teneriffas. Mitteil. d. Schweiz. Ent. Ges. 1882. Christoph, H.: Sammelergebnisse aus Nordpersien, Krasnowodsk in Turkmenien und dem Daghestan. Hor. Soc. Ent. Ross. Tom. X u. XI. Curö, Antonio: Saggio di un catalogo dei Lepidotteri d’Italia etc. Firenze 1875—82. Neu herausgegeben: 1885—89. 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Es muss hier betont werden, dass wirklich lokale Arten oder Rassen von Arten, die fast durchweg zu dem für die Sammlungen gesuchten Materiale gehören, erfahrungsgemäss an ihren Fundorten in Menge vorhanden sind. Ohne ein sehr zahlreiches Vorhandensein kann sich bei den vielen Feinden und Gefahren, welche die Existenz jedes Geschöpfes bedrohen, eine auf sehr beschränktem Areal vorkommende Form längere Zeit- räume hindurch nicht halten. So sind z. B. bereits seit den 60 Jahren, seit denen mein Vater und ich sammeln, eine Anzahl lokaler Lepidopteren anscheinend voll- kommen verschwunden: Noch im Jahre 1840 am Nachmittage des 3. August fing mein Vater am Rabenfels bei Liebau in Schlesien 46 Stück Parn. apollo L. und sah andere Entomologen an dem gleichen Orte während jenes Nachmittages noch weitere 100 Exemplare dieser Art erbeuten. ı850 war die Art an diesem Flugorte schon ziemlich selten geworden, und seit etwa 20 Jahren scheint sie in jenem Gebiete verschwunden zu sein. Ebenso gelten Polyommatus dispar Hw. und hippothoe L. auf dem britischen Kontinent als ausgestorben, wenn sie nicht doch in irgend einem der grossen Privatparks wieder auftauchen sollten. Simyra bütineri Hering wurde bei Stettin nur während der Jahre 1856 und 57 erbeutet, nachmals nie wieder. Nonagria disso- luta Fr., wohl nur bei Darmstadt gefunden, ist seit mehreren Jahr- zehnten nicht mehr beobachtet worden. Die früher in der Gegend von Magdeburg so häufige Calpe capuzina Esp. fiel der Kultur zum Opfer, und Plusia microgamma Hb., die sich bei Niesky in der Lausitz wohl als Relikt der Eiszeit bis in die Mitte dieses Jahrhun- derts gehalten hatte, ist in neuerer Zeit dort nicht mehr gesehen worden. Auf der anderen Seite kann ich nach meinen eigenen Erfahrungen versichern, dass ich folgende, auf beschränktem Areal vorkommende Arten sehr zahlreich beobachtete: Agrotis collina Bsdvl. (Riesenge- birge, Schlesien); Agrotis molothina (Liegnitz); Plusia italica Ster. (Abruzzen); Psyche standfussii H. S. (Reinerz, Riesengebirge); Psyche viadrina Stgr. (Obernigk, Breslau); Psyche wockei Stdfs. (Monte- rotondo, Rom). Auch Rhegmatophila alpina Bell. war nach der kurzen Beobachtung, die mein Freund Röder und ich zu machen Gelegen- heit hatten, bei Digne (Basses-Alpes) keineswegs selten. Machen wir daher wirklich Ernst mit unseren Nachforschungen, so werden wir meist die Freude haben, das gewünschte Ziel sogar in sehr ausgiebigem Masse zu erreichen. — 19 — Auf dem Wege nach den jedesmal einzutragenden Arten, der ja nicht selten ein weiter sein muss, halte man sich nicht unnötig auf, habe dabei aber doch fortwährend die Augen offen, um sich über Vegetation und etwaigen Frass, oder fliegende Falter zu unter- richten. Häufigere Arten werden ganz von selbst im Laufe der Jahre nebenbei unsere Beute werden, und, was von diesen unserer Gegend etwa fehlt, ist bald von anderer Seite für das eingetragene seltene Material eingetauscht. Es ist ferner mit wenigen Ausnahmen ratsam, namentlich frei lebende Raupen möglichst klein einzutragen; sie sind dann noch nicht viel von Schmarotzern bewohnt (Schlupfwespen und Fliegen), und die meisten Raupen lassen sich bei einiger Sorgfalt im Zimmer auch von klein auf zu grossen, schönen Faltern erziehen. Kommt eine Raupenart gleich häufig an Pflanzen, die in voller Sonne stehen, und an solchen, die im Schatten wachsen, vor, so wird es sich als vorteilhafter erweisen, sie im Schatten zu suchen. Das Auge wird hier durch das gedämpfte Licht weniger in Anspruch ge- nommen, und die im Schatten gesammelten Raupen sind durchschnitt- lich wesentlich seltener von Schmarotzern bewohnt, denn Schlupf- wespen und Schmarotzerflliegen lieben die Sonne. Zum Unterbringen der Raupen während der Exkursion eignen sich am besten sehr gut schliessende, Hache ovale Blechschachteln und ceylindrische, höhere Blechbüchsen. Die Blechschachteln sind am besten so einzurichten, dass auf der einen Hälfte der Fläche ihres Deckels unter einem nicht zu kleinen Ausschnitt ein feines Drahtgitterchen festgelötet ist; auf der anderen Hälfte ein gleicher Ausschnitt mit einem massiven Blechschieber ver- schlossen wird, der die gesammelten Individuen während der Exkur- sion aufnimmt. ä Höhere 'cylindrische Blechbüchsen, die eben so praktisch sind, sollten zu ihrem Boden ein festes, engmaschiges Drahtgitter haben. Der Deckel, welcher nur wenig niedriger als das Unterteil und ziem- lich weit über dieses übergreifend sein möchte, wird auf seiner oberen Fläche am bequemsten in einer mittleren, kreisrunden Oeffnung mit einem kräftigen Pfropfen verschlossen. Die kreisrunde Oeffnung sollte sich aber im Innern des Deckels in einer mindestens ı!/, cm hohen Blechfassung fortsetzen, da sonst etwa an den Seiten des Pfropfens sitzende Raupen beim Abnehmen desselben während der Exkursion zerdrückt werden. 2* pe 20 — In der Tasche ist die Büchse stets so zu tragen, dass das Draht- gitter nach oben liegt. Wer Geschick hat, kann sich kleine, ähnlich beschaffene Raupenschachteln auch aus dünnen Brettchen herstellen, die in heisser Zeit entschiedenen Vorzug verdienen, da sich dann in den Blechschachteln Feuchtigkeit und schlechte Luft bilden, welche die Raupen schädigen. Die Brettchen für dergleichen Schachteln sollten nicht von frischen Cigarrenkistchen genommen werden, da deren Nikotingehalt giftig wirkt. Die Wahl der Schachtelgrösse hängt von der Individualität des Sammlers ab; wer auch auf die Exkursion in knappem Salonrock gehen will, wird sie nicht zu gross wählen können; sich durch Ueber- treibung lächerlich machen, ist freilich um nichts besser. III. Die Puppe. a. Das Suchen ohne Hülfsmittel. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Puppen, welche durch den Mangel an jeder Ortsbewegung während ihrer nicht selten langen Ruhezeit aller Verfolgung hülflos preisgegeben sind, besonders gut geschützt sein müssen und sich darum auch dem Auge des Sammlers zu entziehen wissen. Im Speziellen könnte für das Eintragen derselben etwa Folgendes an die Hand gegeben werden: Die in krautigen Pflanzen, Sträuchern oder Bäumen bohrend lebenden Arten — es handelt sich hier namentlich um Sesien und eine Reihe Noctuiden — verraten ihre Anwesenheit durch krankhaftes Aussehen der bewohnten Vegetation, meist auch durch ausgeworfene Bohrspähne oder ausfliessenden Saft. Bezüglich der Vorbereitung zur Verpuppung verfahren sonst alle diese bohrenden Lepidopteren gleich: Die bewohnte Vegetation wird von innenher durchgenagt bis auf eine dünne, noch stehen bleibende äussere Schicht. Die dünne, runde Schicht gewinnt dann durch Ver- trocknen ein etwas anderes Aussehen als die Umgebung, und ein geübtes Auge erkennt diese Stelle. Unmittelbar hinter ihr ruht die Puppe, oder die in der Verpuppung begriffene Raupe, welche sich gegen den weiteren Bohrkanal hin ausserdem zumeist noch durch ein Quergewebe abschliesst. — 21 — Beim Ausschlüpfen schraubt sich in der Regel die Puppe mit Hülfe der an den Leibesringen befindlichen, nach hinten gerichteten, kurzen Dornen mit dem Kopfe aus dem Bohrgange zur Hälfte her- aus, die stehengebliebene Lamelle durchbrechend und entlässt dann den Falter ins Freie. So bei den Sestiden, Cossiden und vielen Microlepidopteren. Im anderen Falle durchbricht der Falter selbst die letzte Scheidewand, welche ihn noch von der Aussenwelt trennt, und die Puppenhülse bleibt vollständig verborgen in der bewohnten Pflanze zurück, so bei den Noctuiden. Die Nonagrien, die Bewohner von Schilf und Rohr — Typha angustifolia L. und latifolia L. sowie Phragmites communis Trin. kom- men am meisten in Frage — ermittelt man am besten mit Hülfe der gelb und welk werdenden Mitteltriebe der besetzten Pflanzen. Bei Vorhandensein von Gortyna- und Aydroecia-Raupen schiesst der Mitteltrieb nicht aus oder verkümmert doch sichtlich u. s. w. Die an Johannisbeeren, Stachelbeeren, Himbeeren etc. lebenden Sesien verraten ihre Anwesenheit durch augenfälliges Zurückbleiben und Kleinerwerden der Blätter. Die in Eiche, Apfel, Birke, Erle, Pappel, Weide, Fichte u. s. w. lebenden Sesien geben sich durch Bohrspähne, oder auch gleichzeitig knotige Auftreibungen und aus- fiessenden Saft zu erkennen, und da die verschiedenen Arten nicht in gleicher Weise und nicht an gleichen Stellen der Stämme oder Zweige ihre Bohrgänge treiben, so ergiebt sorgfältige Beobachtung: allmählich schon die beste Art, sich ihrer zu bemächtigen, an die Hand. Freilich muss man sich bei diesen Studien hüten, gar zu skrupulösen Forstleuten auffällig zu werden. Schnell sich entwickelnde Puppen, also vornehmlich solche von Tagfaltern und Spinnern (Melitaeen, Vanessen, Zygaenen, Psychiden) findet man etwa an Pfählen, Planken, Zäunen, auch wohl an Gras- halmen und Stengeln sonstiger niederer Pflanzen, oder an Steinen, zumal den Schutzsteinen, an den Fahrstrassen der Gebirge und unter Steinen. ‘Wer jemals in den Hochalpen sammelte, weiss, wie ausserordent- lich ergiebig an Insektenausbeute das Drehen grösserer und kleinerer Steine zu sein pflegt. Sie sind bei den Insekten aller Ordnungen zuerst und vor allen Dingen beliebt in ihrer Eigenschaft als Wärme- sammler, bieten dann aber auch gegen die an vegetationslosen Stellen hier viel häufigeren kleinen Bewegungen auf der Erdoberfläche noch am besten gesicherte Zuflucht. Man findet unter ihnen das ganze System der Lepidopteren vertreten von den Papilioniden bis zu den m 22 = kleinsten Microlepidopteren hinunter. Auch etwaige vorhandene Reste von Kuhmist verachte man hier nicht, in Augenschein zu nehmen; es sitzen gern Psychiden-Säcke daran, und finden sich Raupen und Puppen von Agrotis fatidica Hb. darunter. Bei weitem die grösste Anzahl aller Puppen aber ruht in der Erde oder an der Erdoberfläche. Zum Aufsuchen der in der Erde verborgenen Puppen kann ein Pflanzenspatel dienen, geeigneter aber ist ein eigens zu diesem Zwecke angefertigtes Instrument: b. Der Puppenkratzer. Die etwa 5 cm langen, am Ende nicht scharf zugespitzten Zinken eines zweispitzigen, gabelartigen Instrumentes, welche überall etwa 4 cm voneinander Abstand haben, sind bei ı cm ihrer Länge senk- recht nach unten gebogen und mit ihrem am besten in eine kräftige Schraube endigenden Heft in einem Holzgriff befestigt. Mit Hülfe dieses Instrumentes durchsucht man den Boden am Fusse von Eichen-, Linden-, Pappel-Stämmen und anderen Bäumen, namentlich da, wo sich durch Schutz des Stammes und der Wurzeln lockere Erde angesammelt hat; auch an Häusern, Mauern und Zäunen sind mitunter ergiebige Fundstellen, da sich die Raupen gern zur Verpuppung unter dem Schutze fester Gegenstände eingraben. Die günstigste Zeit für dergleichen Vorhaben sind im allgemeinen der Herbst und das zeitige Frühjahr, es giebt zu dieser Zeit die meisten Puppen, und der Boden ist feucht und nachgiebig. Die an der Erdoberfläche sich bergenden Puppen ruhen unter Moos. Nadelwälder werden hier quantitativ die besten Resultate liefern, aber freilich meist nur Coniferen bewohnende Lepidoßteren. Vielseitiger gestaltet sich die Ausbeute unter dem Moos auf Fels- blöcken im Gebirge. Auch die Moosdecke der Stämme von Laub- bäumen giebt zuweilen lohnenden Ertrag. c. Ganz Specielles. Noch sei hier einer Specialität gedacht, welche in vielen Gegen- den gewiss mit Erfolg geübt werden könnte: Die Harpyien und ebenso Hybocampa milhauseri F., auch Ca- tephia alchymista Schiff. und andere Arten verspinnen sich frei an Stämmen, bekleiden aber ihre Gehäuse mit kleinen, abgenagten Teilen der Oberfläche derselben so geschickt, dass sie zufolgedessen recht schwer von der übrigen Stammfläche unterschieden werden. Allein mit einiger Geduld und Sorgfalt gelingt es doch schliesslich, sich auch in dem Aufsuchen dieser Rindencocons einige Fertigkeit anzueignen. Es ist diese darum besonders zu empfehlen, weil sie in einer Zeit geübt werden kann, in welcher auf den Exkursionen sonst kaum noch etwas Rechtes zu sammeln ist, nämlich im spätesten Herbst und an freundlichen Wintertagen, und da es sich hier teilweise um wirklich seltene Arten handelt: so Hybocampa milhauseri F. und Harpyia bieuspis Bkh. in Deutschland, Harpyia verbasci F. in Frankreich, Harpyia interrupta Chr. und andere Arten in Russland, welche no- torisch weder als Raupe noch als Falter reichlich gefunden werden, weil sie sich in diesen Stadien überwiegend in der Höhe alter Bäume aufzuhalten pflegen. ‘Wie schon früher berührt, beruht das ergiebige Suchen in erster Linie auf der Fertigkeit, möglichst viele Punkte der Aussenwelt schnell hintereinander mit den Augen fixieren zu können. Man eignet sich in vorliegendem Falle dieses Vermögen dadurch an, dass man mit der Stockspitze an den abzusuchenden Stämmen beim Umschreiten derselben langsam auf und niederfährt, ohne doch den Stamm selbst wirklich zu berühren, und dabei über die Stockspitze hin die wech- selnde Stammoberfläche sorgfältig ins Auge fasst. Die mehr oder weniger gewölbte, regelmässige Form des kleinen Cocons, die durch- schnittlich doch etwas von der Umgebung abstechende Färbung des- selben, endlich öfter verkehrt, oder schief aufgeklebte Flechtenstück- chen werden seine Verräter. Man sollte bei dieser Art des Sammelns jeden Stamm, welcher abgesucht wurde, zugleich zeichnen, denn man verliert durch das fort- währende Umgehen der Stämme und durch die Intensität der Arbeit leicht die genaue Orientierung in der Gegend. Es eignet sich am besten ein ganz kleines hammerartiges Beilchen dazu, welches gleich- zeitig beim Herausschälen der Gehäuse, die stets mit der Rinde los- gelöst werden müssen, die besten Dienste leistet. Als Student habe ich (bei Halle a./S.) von einer Exkursion bis 9 gesunde Cocons von Aybocampa milhauseri F. und bis ıı von Harpyia bicuspis Bkh. (bei Liegnitz)’heimgebracht und im Laufe der Jahre manches Hundert dieser Arten erzogen, bin aber freilich auch bisweilen ohne jede Ausbeute heimgekehrt, im ganzen indes doch sehr selten. Beiläufig sei hier noch erwähnt, dass es in manchen Herbsten gelingt, die Puppen von Papilio podalirius L. zwischen der niedrigen Vegetation nahe am Fusse von Ebereschen, Pflaumen (Zwetschgen), Sauerkirschen und Schlehengesträuch reichlich zu finden, und dass die sehr charakteristischen von den Raupen des Segelfalters her- rührenden Gespinnstreste auf den Blättern dabei als vorzüglicher Weg- weiser dienen. Es gelang mir wiederholt, mehr als 60 Puppen an einem Tage zu finden. IV. Der Falter. a. Vorbemerkung. Beim fleissigen Ueben der für das Raupensuchen ergiebigen Sammelweisen werden wir uns bereits überzeugt haben, dass viele dieser Methoden auch gute Ausbeute an Schmetterlingen liefern. Das Suchen mit den Augen ohne weitere Hülfsmittel lieferte uns manchen an Stämmen, Steinen, Zäunen, auf Blättern u. s. w. ruhen- den Falter in die Hände, den wir, falls er grösser ist, direkt spiessen können. Ein sogenannter Spiesser: das heisst zwei längere, parallel ziemlich dicht nebeneinander in einem kleinen Holzhefte mit ihren Oehren befestigte gleich grosse Nähnadeln leistet dabei wesentlich bessere Dienste als eine einzelne Nadel, die von dem oft recht harten und zudem stark gewölbten Thorax des Falters leicht abgleitet und uns um diesen bringt, da er selbstverständlich sofort entflieht. Sicherer ist es aber, und bei kleinen Sachen unter allen Umständen zu em- pfehlen, den Fund durch Ueberstülpen oder sonst wie in das Fang- glas zu befördern. Man wird bei diesem Suchen die Erfahrung machen, dass ausser- ordentlich viele Arten eine hochgradige Gesetzmässigkeit bezüglich ihrer Entwickelung aus der Puppe beobachten, sowohl den Tages- stunden als den Jahreszeiten nach. Namentlich Sesien (den Vormittag) und Cossiden (den späteren Nachmittag) halten ganz bestimmte Stunden in ihrem Ausschlüpfen inne. Doch auch andere Gruppen zeigen hierin eine grosse Konstanz, so schlüpfen z.B. die Saturniden meist am Vormittag und die Notodontiden am Nachmittag bis zur Dämmerung je nach den Arten verschieden aus. Für ein erfolg- reiches Sammeln frischer, tadelloser Falter ist die Kenntnis dieser Thatsachen natürlich von Wichtigkeit. Aehnliches gilt bezüglich der Jahreszeit. Wer in Rechnung auf ein sehr rauhes Frühjahr glaubt, das Ein- tragen von Biston hispidarius F., lapponarius B., Hybernia rvupi- capraria Hb. etc. etc. wesentlich später als gewöhnlich ausführen zu müssen, der wird magere Ausbeute haben oder leer ausgehen. Ein gleiches Missgeschick dürfte den treffen, welcher seinen entomologi- schen Sammelaufenthalt in den Hochalpen darum meint nach der üb- lichen Zeit beginnen zu sollen, weil Frühling und Vorsommer in ihren Temperaturverhältnissen sehr ungünstige waren. b. Das Fangglas. In eine mindestens 9 cm hoch zu wählende Flasche, deren Hals- weite nicht unter 31/, bis + cm Durchmesser betragen sollte — 8 cm Weite wären für fast alle europäischen Schmetterlinge genügend — werden 5o & möglichst frisch zubereitetes Cyankali gebracht, und dieses bis zur vollständigen Einbettung mit zähflüssig gemachtem, gebranntem Gips übergossen. Nachdem dies geschehen, lässt man die Flasche zunächst einige Stunden an einem trockenen, aber nicht sonnigen Ort offen stehen. Es verdunstet nämlich zunächst zufolge der sich entwickelnden Wärme viel Feuchtigkeit, welche die Oberfläche des Gipses bei verkorkter Flasche schmierig macht. Nachdem der Gips gut ausgetrocknet ist, werden auf ihm 3 bis 4 runde an dem Glase der Flasche noch ein klein wenig: festklem- mende Scheiben Fliesspapier aufgelegt, welche die Reinigungsflüssig- keit, die namentlich frisch entwickelte Falter reichlich ausspritzen,, auf- zusaugen haben. Ein gut schliessender Kork vollendet dann die zum Gebrauch fertige Flasche. Nie möge man aber bei Anwendung einer solchen Flasche vergessen, dass man sich mit ihr eines der gefährlichsten Gifte bedient, welches niemals mit einer, wenn auch noch so kleinen, offenen Wunde in Berührung kommen darf, und daher, wenn man ängstlich ist, ihre Fertigstellung lieber einem Apotheker überlassen, der es möglicherweise vorzieht, das Cyankali dem Gips pulverisiert beizu- mischen. Diese Herstellungsweise hat gewisse Vorzüge, denn sie verhindert die Bildung von grösseren Mengen flüssigen Giftes und vermindert damit die Gefährlichkeit bei einem allfälligen Zerbrechen des Glases. i Ein Cyankaliglas sollte nie der Sonne oder anderweit hoher "Wärme ausgesetzt werden, da es sonst schnell unwirksam wird, und sich innen an den Wandungen Tropfen niederschlagen, welche die zu tötenden Falter besudeln. — 130), Kindern darf man niemals Cyankaligläser überlassen, und wäre dafür folgender Ersatz sehr zu raten: Der Kork einer in ihren Dimensionen wie die oben beschriebene zu wählenden leeren Flasche wird in seiner Mitte von oben nach unten mit einem Bohrloch, etwa in der Stärke eines gewöhnlichen Faberbleistiftes, versehen. Die untere Fläche des Korkes ist dann in ihrer ganzen Ausdehnung mit 3 bis 4 Lagen eines dichten, dicken Kleiderstoffes zu belegen, welche mit kurzen Nägeln an den Kork befestigt werden können, und schliesslich die obere noch freie Oeff- nung des Bohrloches mit einem kurzen Holzpfropfen gut verschliessbar zu machen. Wenige Tropfen sogenannten Schwefeläthers, oder besser Chloro- form, welche in den Bohrgang des Korkes gegossen werden, der aber sofort wieder mit dem Holzpfröpfchen zu verschliessen ist, ge- nügen zur Betäubung jedes, sogar grösseren Falters. Das Tier- chen scheint bei dieser Methode viel weniger Schmerz zu empfinden als im Cyankaliglase, und ich möchte sie darum ganz besonders em- pfehlen. Sorgfältig darauf zu achten ist, dass sich nie Aether oder Chloroform flüssig in der Fangflasche niederschlagen, die Falter leiden dadurch namentlich in den Franzen Schaden. Zum Mitführen der betäubenden Flüssigkeit wird am besten ein kleines Tropfenfläschchen gewählt. Nur betäuben sollte man den Falter im Fangglase, wähle man nun ein Cyankaliglas, oder die zweite Einrichtung mit Chloroform oder Aether. Denn der im Glase zum Absterben gebrachte Falter wird steif, bei Anwendung von Chloroform meist bis zur vollen Unpräparier- barkeit. Getötet wird der Falter mit einer in giftige oder doch Schmetter- lingen tötliche Flüssigkeit getauchten Nadel, die ihm unter dem Kopf in den Thorax nach der Bauchseite zu eingestochen wird, denn die Nerven der Insekten liegen an der Bauchseite.e Am besten wird er zu diesem Zwecke mit der linken Hand zwischen Daumen und Zeigefinger so gefasst, dass seine vier Flügel nach oben gerichtet sind. Fasst man nur die Nadel, an die er bereits gespiesst wurde, so beschädigt er sich durch Flattern, oder dreht sich und entweicht dem Stiche. Bei sehr kleinen Tieren genügt es, die zum Spiessen zu ge- brauchende Nadel etwas mit Gift an der Spitze anzufeuchten. Zum Töten grösserer Falter wendet man sehr praktisch Stahl- nadeln mit langen, schmalen Oehren (also etwa Stopfnadeln) an. Die . Nadeln werden dann über dem Oehre spitz geschliffen und mit dem anderen Ende in einem kleinen Holzgriff befestigt. Mit Hülfe des Oehres ist es möglich, dem Falter schneller ein bedeutendes Quantum Gift beizubringen. Als Tötungsflüssigkeit kann in Wasser getauchtes Chlorzink dienen, auch wohl andere Metallsalze. Wirksamer ist arseniksaures Kali, ebenfalls in Wasser gelöst, doch mag; man dessen giftige Eigen- schaften nie ausser Acht lassen. Vielfach wird auch Tabaksaft ange- wendet, doch muss man die Abkochung aus Blättern, falls man ihn so herstellt, ziemlich konzentriert machen, sonst quält man die Falter nur und verletzt sie leicht gleichzeitig. c. Fangschere (Klappe), Schmetterlingsnetz, Sammelkästen. | Flüchtige Falter werden mit der Fangschere (Klappe), wie solche in den grösseren Insektenhandlungen zu haben sind, oder mit dem Netz gefangen. Das Netz sollte aus drei Teilen bestehen: ı) Aus dem Bügel oder Reifen. Ein kreisrund gebogener (30 bis 33 em Durchmesser), flachviereckiger (5 mm breiter, 4 mm dicker) Eisenstab, der oben in der Mitte seines Umfanges eine Niete hat, damit man ihn auf die Hälfte zusammenklappen kann und beiderseits in runde, kleine, kräftige Scheiben endet, welche von einer quadratischen Oeffnung von etwa 8 mm Seitenlänge durch- brochen sind; aus der Tülle: das heisst eine längere Zwinge, welche schwach [S} — konisch ist und auf unsere kräftigsten Spazierstöcke so fest passt, dass sie auch bei einem starken Schlage nicht abspringt. Oben geht die Zwinge in einen Schraubendorn über, das heisst, es sitzt hier auf einem vierkantigen Zapfen, der sich fest in jene beiden quadratischen Löcher an den Reifenenden einfügt, eine kurze Schraube, auf welche ein schmalflügeliger Wirbel passt, durch dessen Anziehen der Netzbügel auf dem Zapfen gründlich festgehalten wird; 3) aus dem Netz von festem, leichtem, ziemlich durchsichtigem Stoft und etwa 45—48 cm Tiefe. Es sollte dies gar keine Zipfel haben, in die sich Falter verkriechen und dabei sehr oft beschädigen, sondern durchaus rund sein, was sich durch einen gewissen Schnitt unschwer erreichen lässt. Der obere Rand des Sackes — 298 — muss so weit — und zwar sollte dieser Teil von festerem Stoff hergestellt werden — übergeschlagen sein, dass der Bügel noch bequem durch diesen Ueberschlag hindurch geschoben werden kann. Es ist durch diese Einrichtung möglich, einen etwa beim Fange schadhaft gewordenen Sack schnell während der Exkursion gegen einen neuen auszutauschen. Bis zum Fangplatz wird der Bügel halbkreisförmig zusammengeschlagen und mit aufgerolltem Stoff um Leib oder Rücken gelegt, falls ihn nicht eine der umfang- reichen Entomologentaschen im Rockflügel bequem aufnimmt. Es giebt noch eine Menge Konstruktionen, allein ich habe im Laufe von zwei Jahrzehnten keine allseitig praktischer befunden, als die oben beschriebene. Vielfach werden die Bügel viel zu dünn und unsolid gewählt, oder sie sollen in einer gar zu kleinen Tasche geborgen werden können und werden dann unnatürlich kompliziert und auf die Dauer nicht haltbar. Gilt es eine mehrtägige Exkursion, so sind Blechkästen zum Auf- bewahren der gefangenen Falter recht bequem. Man kann in ihnen die Ausbeute durch etwas Feuchtigkeit längere Zeit hindurch weich und spannbar erhalten, sollte sie dann aber durch ein geeignetes Antisepticum (verdünnte Karbolsäure in einem seitlich befestigten Schwamme) vor Fäulnis und anderweitem Verderben schützen. Letz- teres gelingt allerdings nur für eine kleine Reihe von Tagen. d. Die Klopfkeule. Mit der Klopfkeule oder einem starken Stock lässt sich mancher gute Falter von schwächeren oder stärkeren Stämmen durch kurzen, scharfen Anschlag herunterschütteln. Asteroscopus nube- culosus Esp. und Endromis versicolora L. von Birke und Eile, Lophopteryx carmelita Esp. und sieversi Men. von Birke im zeitigen Frühjahr; später Lasiocampa var. lobulina Esp. und Dasychira abietis Schiff. in Beständen von Rot- und Weisstanne, sowie eine grosse Anzahl anderer Spinner, namentlich Notodontiden, allein auch zahl- reiche Noctwiden und Geometriden können auf diesem Wege er- reicht werden. Von Dasychira abietis Schiff. sei hier bemerkt, dass sich der Falter am liebsten an Laubstämmen mit lichterer Rinde, die etwa im Nadelwalde eingesprengt stehen, so an Zitterpappeln, Birken, Rotbuchen .ete. setzt. Da, wo der Boden im Walde nur mit Moos oder doch sehr dünner niedriger Vegetation bedeckt ist, ist diese Art des Suchens selbst- — 29 — verständlich am angenehmsten. Zwanzig- bis dreissigjährige Birken- wälder erfüllen neben den meisten Nadelwäldern diese Vorbedingung. e. Dürre Laubbüschel und aufgestellte Bretter. Auch die schon vorher beim Raupenfang namhaft gemachten dürren Laubbüschel liefern zumal im Hochsommer und Herbst oft erstaunlich günstige Resultate an Faltern — über 80 Noctuiden habe ich bisweilen an einem einzigen Morgen ausgeschüttelt — und sind zudem eine ungemein bequeme Fangmethode. Ihre Handhabung ist schon früher geschildert, zu sagen wäre hier noch, dass so namentlich auch befruchtete Weibchen erbeutet werden, die im allgemeinen bei anderen Sammelarten dem Liebhaber verhält- nismässig selten in die Hände fallen. An Bretterzäunen, an Häusern an starken Stämmen lässt sich auch durch steil angelehnte grössere alte Bretter — und zwar werden am besten zwei bis drei davon übereinander gelegt — ein willkommenes Ergebnis an Faltern er- zielen. Neben Vertretern des Genus: Agrotis, Mamestra, Hadena finden sich da in erster Linie auch die flachgebauten Amphipyren ein, und es gelang meinem Vater und mir im Jahre 1877, eine Anzahl Weibchen von Amphipyra livida F. zu erhalten, die damals noch eine sehr gesuchte Art war, und aus deren Eiern gegen 800 prächtige Falter zu erziehen. Auch in alten, dürren Blättern, welche der Wind im Wald in Vertiefungen und sonst an besonders geschützten Stellen zusammen- trug, ist im Herbst beim Durchsuchen derselben mit der Hand oft mancherlei an Noctuiden (Orthosien, Orrhodien) zu haben. f. Das Räuchern. Günstiger ist es allerdings für die Erhaltung dieser Tiere, sie durch “Rauch aus ihren Verstecken herauszutreiben. Man bedient sich zu diesem Zweck entweder einer kurzen Tabackspfeife, deren Kopf mit einer gut schliessenden Blechkappe verschlossen wird, auf der ein längeres, gekrümmtes Rohr sitzt, oder mit energischerem Erfolg und geringerer Anstrengung des Räucher- apparates, den die Bienenzüchter den Bienen gegenüber anwenden: einer kleinen, in eine Hohlspitze ausgezogenen, kräftigen Schwarz- blechtrommel, deren unteres Ende mit einem Blasebalg in Verbindung steht. Die Blechtrommel ist mit einem ziemlich umfangreichen Thürchen versehen, und beide Böden, sowohl der nach dem Blase- —- 30 — balg, wie der nach der Spitze zu, mit einem engmaschigen Rost belegt. Die Trommel wird mit Zündschwamm, Tabakresten, dürren Blät- tern, trockenem, faulem Holz und dergleichen gefüllt, und vermag dann, in Brand und Bewegung gesetzt, ungeheure Mengen von Rauch zu producieren, die mit Hülfe dieses Apparates sich bequem überall hin dirigieren lassen. Unerlässliche Bedingung für erfolgreiches Räuchern ist: „Wind- stille“, denn sonst verfliegt der Rauch ohne Wirkung. Die günstigste Zeit zum Räuchern ist wiederum der Hochsommer und Herbst, und besonders geeignete Oertlichkeiten, ausser den schon gedachten Laubansammlungen in Wäldern, dichte Büsche von Ge- strüpp auf Weidetriften, oder an Wegrändern, ferner Wachholder, Heide, Ginster, Besenpfriemen und anderes Gesträuch von ähnlich dichtem Gezweig. Die überwinternden Teras- und Depressarien-Arten sowie Ptero- bhoriden werden nebst vielen Arten von Noctuiden und Geometriden herausgescheucht, und es ist durchaus notwendig, ein zum Schlage bereites Netz zur Hand zu haben, so dass diesen Fang: stets zwei Sammler mit einander betreiben sollten. g. Der Fang mit Licht. Schon sehr alt ist die Erfahrung, dass ein grosser Teil der nächt- lichen Insekten — nicht nur die Schmetterlinge — unter gewissen Bedingungen mit unwiderstehlicher Gewalt vom Licht angezogen wird. In Frankreich wurde diese Thatsache für Sammelzwecke wohl schon vor mehr als vierzig Jahren praktisch ausgebeutet. Die Ento- mologen anderer Länder folgten nach und mit Recht, denn das Er- gebnis ist überwiegend ein lohnendes, in besonders günstigen Fällen ein wahrhaft fabelhaftes. Es gelingt sicher mit keiner Fangmethode schneller und bequemer, einen ungefähren Ueberblick über die Nachtfalterfauna einer darauf hin zu untersuchenden Oertlichkeit zu gewinnen, als auf dem Wege dieses Lichtfanges. Sie kommen alle: Schwärmer, Spinner, Eulen, Spanner und ein ganzes Heer von Kleinschmetterlingen obendrein. Dr. Staudinger, welcher sehr viel im Freien, zumal in Spanien und Kleinasien, Lichtfang trieb, teilte mir mit, dass selbst Rhopaloceren (Satyrus-Arten) zur Lampe flogen und sich zu dieser öfter auch Raupen an Fäden herabliessen. Ich denke noch jetzt mit vielem Vergnügen an einige Abende im Mai und Juni des Jahres 1882, wo ich in Monterotondo bei Rom längere Zeit bei einem Freunde zum Besuch war, an denen wieder- holt in einer einzigen Nacht zwischen ıo und > Uhr über zweitausend Insekten, davon mindestens ?/, Lepidopteren, zur Lampe flogen. Die Bedingungen günstigen Anfluges wird auch der, welcher sehr viel Erfahrung in der Sache hat, schwer im speciellen zu nennen wissen. Im allgemeinen dürfte man wohl sagen: Warme trübe Nächte sind am ergiebigsten, drückende Schwüle und drohende Gewitter eher noch von Vorteil; sogar schwacher, warmer Regen keineswegs nachteilig. Die Tiere der Hochalpen fliegen aber auch noch bei ziemlich niedriger Temperatur und ebenso die des Herbstes und Frühlings. Sehr ungünstig ist langandauernde Trockenheit, welche die Tiere zu veranlassen scheint, sich tief zu verkriechen, es fliegt dann selbst in warmen Neumondnächten fast nichts an, fast Nichts fliegt auch bei starkem Wind und gar Nichts bei vollem, hellem Mondschein. Die meiste Anziehungskraft hat unzweifelhaft elektrisches Licht, und wem die Gelegenheit leicht geboten ist, solches zu benützen, der versäume diese Gelegenheit doch ja nicht. Unzweifelhaft wird eine dauernde Beleuchtung mit elektrischen Bogenlampen die Insekten- fauna der Umgegend in den am meisten angezogene Arten schon in wenigen Jahren sehr stark reducieren, wie es Lichtquellen von ähn- licher Intensität erfahrungsgemäss bereits gethan haben: In der Gegend von Resieza (Banat) war, soweit die anziehende Wirkung der riesigen Flammensäulen der Bessemerei reichte, von nächtlichen Heteroceren unglaublich wenig vorhanden. Selbst Arten, wie die sonst so gemeinen Acronycta rumicis L. und Mamestra dentina Esp., konnte ich an den prächtigen alten Stämmen der nächstgelegenen ‚Waldungen nur äusserst selten beobachten. Aber auch um Gaslaternen tummeln sich an geeigneten Stellen oft genug Nachtfalter aller Art in grosser Menge. So fingen mein Freund Röder (Wiesbaden) und ich am 26. Mai 1887 an einer Laterne am Bleon bei Disne innerhalb weniger Minuten hintereinander: Arctia hebe L., fasciata Esp., villica L., casta Esp., maculosa Gerning, Spilosoma sordida Hb., mendica C1., luctifera Esp., Notodonta tre- mula Cl., tritophus F., und sogar Rhegmatophila alpina Bell. samt und sonders nur dd, wie sich denn Jeder, der öfter Nachtfang mit Licht getrieben hat, überzeugt haben dürfte, dass die Ausbeute weit überwiegend in männlichen Individuen besteht. Wollte man daraus den Schluss ziehen, dass die 4 thatsächlich in so grosser Ueberzahl den 2? gegenüber in der Natur vorhanden sind, so wäre dies ein durchaus falscher Schluss. Es ist auf diese Frage späterhin noch zurückzukommen. Am bequemsten wird der Fang, wenn man ihn nicht im Freien, sondern vom Fenster eines Zimmers aus mit einer eigens für diesen _ Zweck hergerichteten Lampe bewerkstelligt. Eine mit recht heller Flamme brennende Petroleumlampe mit starkem Reflektor, welche durch ein mindestens vorn verglastes Ge- häuse irgend welcher Art dergestalt abgeschlossen sein muss, dass die Falter nicht direkt mit ihr in Berührung kommen können, wird für den gewollten Zweck gute Dienste leisten. Für eine Lampe, die öfter auch auf Reisen mitgenommen wird, empfehlen sich recht klare Glimmerscheiben mehr als Glas, wegen ihrer Unzerbrechlichkeit, doch sind auch diese gegen jeden scharfen Stoss, der sie undurchsichtiger macht, gut zu schützen. Ist das Fensterbrett breit, so stelle man die Lampe darauf, sonst wird ein kleiner Tisch, auf dem sie sich befindet, möglichst dicht an das Fenster gerückt. Im Zimmer selbst muss ein zweiter grösserer, weissgedeckter Tisch stehen mit gewöhnlicher Lampe, um welche sich die zum Fenster hereingelockten Insekten sammeln. Sehr gut ist es, wenn die Flamme dieser zweiten Lampe nicht nur nach oben durch die Glasglocke, sondern auch nach unten durch einen Glasteller abgeschlossen und für die Falter unnahbar gemacht ist. Soll die Fanglampe auch in der freien Natur verwendet werden, so darf ihr ein Windfang, der das Erlöschen verhindert, und Schutz gegen etwas Regen nicht fehlen. Es handelt sich also etwa um die Konstruktion der Laternen von Pferdebahnen und Lokomotiven. Um das Licht bei Nachtfang im Gebirge bequem überall hin richten zu können, also z. B. auch auf Berghänge, die sich direkt unter dem Standpunkt der Fanglampe befinden, ist ein beweglicher Reflektor zweckmässig, der sich um eine wagerechte Axe dreht, also von oben nach unten geneigt werden kann. Im Freien sollte man mit der Flamme entweder eine helle Wandfläche beleuchten können oder, falls dies nicht möglich ist, die Lampe etwas erhöht stellen und ein grosses, weisses Tuch davor ausbreiten, von dem dann die anfliegen- den Falter besser gefangen werden können. Nachtfang kann mit Berücksichtigung der vorher genannten Thatsachen vom zeitigen Frühjahr bis in den späten Herbst getrieben werden, so lange Nacht- falter überhaupt fliegen. Nach 2 Uhr nachts gehen Schmetterlinge nur noch sehr spärlich an die Lampe. Der Beginn des Fluges schwankt nach der Jahreszeit: im Hochsommer findet sich kaum vor 1/,ıo Uhr etwas Rechtes ein, im Herbst zeigen sich die ersten Falter schon um 8 Uhr, oder noch früher. Aber auch am gleichen Abend kommen die verschiedenen Arten zu verschiedener Zeit. Und mit welcher Spannung wird da manchmal die Stunde erwartet, in der sich diese oder jene Seltenheit bei dem fieberhaft aufgeregten Schmetter- lingsfex »zum Lichten« einzufinden pflegt! So fliegen, um hier nur ein Beispiel zu nennen, Agrotis culminicola Stgr. und wiskotti Stdfs. meist erst zwischen !/, ı2 und !/sı Uhr an, auch noch später. Innerhalb der Ortschaften, wo sich ja sehr viel Lichtquellen bis zu später Nachtstunde finden, wird der hier in Frage kommende Fang nie sehr ergiebig sein. In der Einsamkeit des Waldes gelegene Förstereien und sonstwie isolierte, oder aus dem Komplex von Häuser- massen weiter vorgeschobene Gebäude, . zumal aber die in der maje- stätischen Stille der Alpenwelt liegenden Berghotels sind die geeig- netsten Punkte für diese Fangart, welche in angenehmer Gesellschaft und bei einem guten Trunk, die sich beide, wenn es nicht einmal ganz ausnahmsweise flott geht, sehr wohl mit ihr vertragen, zu den vergnüglichsten Stunden eines harmlosen Lepidopterophilen gehört. An der Konstruktion einer leistungsfähigen, bequem transpor- tablen und preiswürdigen Fanglampe mit elektrischem Lichte wird zur Zeit wohl mehrfach gearbeitet, doch scheint ein allseitig befrie- digendes Resultat noch nicht erzielt worden zu sein. h. Der Fang mit Köder. Er. ist in den letzten Jahren mehr und mehr in Aufnahme ge- kommen wegen der teilweise ausgezeichneten Erfolge dieser Fangart. Natürlicher Köder liegt etwa in dem ausfliessenden Safte von: Birken, Erlen, Eichen und anderen Bäumen vor, die bei Tage namentlich von Vanessen und Apaturen und in der Nacht von Catocalen aufgesucht werden; aber auch Pfützen auf Waldwegen in heisser, trockener Zeit, oder Exkremente von Tieren und Menschen, auch faulende tierische Reste sehen wir an den gleichen Stellen von Limenitis, Apaturen, Pieriden, Lycaenen und Satyriden mehr oder weniger reichlich umschwärmt. Auf Grund der Kenntnis dieser Thatsachen wird bei dem künstlichen Köderfang verfahren. Die Düfte von mehr als zweifelhafter Güte werden am allerbesten mit altem, scharfem Limburger Käse nachgeahmt. Es dürfte aber nicht praktisch sein, denselben an Stämme oder Zweige zu streichen, Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. 3 er wird da gar zu schnell trocken und unwirksam, da er mit Vorteil nur an sonnigen, heissen Tagen angewendet werden kann, sondern er wird zweckentsprechender in grösseren, flachen Blechbüchsen, die bis zum Rande damit gefüllt sind, untergebracht und auch für den Fang darin belassen. Die Büchsen werden, um sie zu fixieren und den Fang zu er- leichtern, bis zum Rande in den Boden eingesenkt, falls sich dies irgend machen lässt. Auch einfaches Wasser, in kleine Vertiefungen der Strasse gegossen, übt in heisser, trockener Zeit oft recht gute An- ziehungskraft auf Tagfalter aller Art aus. Weiter möchte ich hier eine Beobachtung nicht übergehen, die ich im Jahre ı882 in der römischen Campagna machte, nämlich dass gewisse Psychen nach dem Menschen fliegen, sobald sich dieser, wenn auch nur wenig, in Transpiration befindet. Als ich mich damals an einem schönen Maitage, von..der Exkursion ermattet, um ıı Uhr in den etwas durchbrochenen Schatten eines wilden Feigenstrauches ge- lagert hatte, fing ich innerhalb einer Stunde etwa 30 Psychen, zur Hälfte apiformis Rossi und zur Hälfte wockei Stdfs., habe auch nach- mals noch viele in gleicher Weise erbeutet. Man muss bei dieser Art des Fangens möglichst still sitzen und mit einem Schlage das schwärmende Tierchen zu erhaschen suchen; Bewegung verscheucht zumeist augenblicklich (cfr. Standfuss: Entomol. Zeitung, Stettin 1884 P- 207). An Stelle des natürlich ausfliessenden Baumsaftes lassen sich mancherlei Kunstpräparate setzen. Es sei hier nur eines von den vielen genannt, dessen vorzügliche Wirkung ich oft genug erprobt habe. Bier, Honig, letzterer kann auch durch Syrup ersetzt werden, und etwas Rum werden in einem mit Deckel versehenen Topfe ge- mischt, und in diesen Topf eine Anzahl Kränze gelegt, welche aus gebackenen, geschälten Aepfeln bestehen, deren je 8—-ıo auf einen Bindfaden gereiht wurden. Die Kränze bleiben mehrere Stunden in der Mischung und saugen sich zufolgedessen schwammartig: voll damit. Eine Stunde, bevor man sich auf den Nachtfang zu begeben ge- denkt, werden sie herausgenommen und etwa in einer gut schliessen- den Botanisierbüchse untergebracht, welche zu ihrem Transport an den Köderort dienen soll. Will man die Kränze, bevor sie in die Büchse gelegt werden, noch in Cellulosepapier einschlagen, so kann dies nur von Nutzen sein. Waldränder, Waldwiesen, Waldhaue, auch grössere Wiesen oder Sumpfflächen zu Zeiten, wo Blumen sehr fehlen, oder viel gemäht ist, sind geeignete Fangorte. Man sollte stets eine reichliche halbe Stunde vor Eintritt der tieferen Dunkelheit am Platze sein, um die Kränze noch ohne La- terne aushängen zu können. Es geschieht dies ungefähr in Brusthöhe an den Zweigen von Sträuchern, oder an Stämmen, fehlt beides, so muss man selbst kleine Tragstäbe dafür mitnehmen. Auch ist es sehr zu empfehlen, die Stellen, wo man Köder anbrachte, durch weisse Papierstücke kenntlich zu machen, man findet sich sonst etwa mit Hülfe des dürftigen Lichtes der Laterne nicht schnell genug: zurecht. Die Köderkränze können wieder und wieder benutzt werden, brauchen aber durchaus nicht jedesmal längere Zeit in die bezeichnete Flüssigkeit gelegt zu werden, wenn sie nur in gutem Verschluss vor Austrocknen geschützt sind. Etwas vereinfacht wird das Ködern und doch darum keineswegs weniger ertragreich dadurch, dass man die gedachte Mischung durch ein wesentlich grösseres Quantum alten Honigs, für den man aber auch, und dies stellt sich viel billiger, sogenanntes Apfelkraut, ein Produkt des westlichen Deutschlands (Rheingegend), oder geriebene frische Aepfel, oder Quittenmus und dergleichen wählen kann, um vieles dickflüssiger macht und diese Masse in nicht zu breiten, senk- rechten Streifen ebenfalls in Brusthöhe mit einem grossen, weichen Pinsel an Baumstämme streicht. Freilich wird bei dieser Methode sehr viel mehr Material verbraucht als mit den Kränzen. Sogenannter Apfel- oder Birnenäther, der vielfach auch als Bei- mischung verwendet wird, ist bekanntlich ein chemisches Kunst- produkt, das unserem Geruchssinn zwar angenehm ist, aber, wahr- scheinlich je nach seiner Herstellungsweise, sehr verschiedene Wirkung auf die Schmetterlinge ausübt und oft genug selbst bei Anwendung von nur 3 bis 5 Tropfen auf !/, Liter Köder eher stört als dienlich ist. Ich habe Rum und Arrac viel wirkungsvoller gefunden, sie riechen kräftig, werden in nicht gar zu reichlicher Beimischung sehr gern von Lepidopteren angenommen und versetzen dieselben schnell in einen Zustand halber Betäubung, so dass sich dann auch scheue und flüchtige Arten wie z. B. die Catocalen recht bequem fangen lassen. Die Fanggläser für den Nachtfang sollten besonders gross sein (10° —ı2 cm hoch, 7—g cm weit); denn neben dem Heer der Noc- Zuiden von Durchschnittsgrösse gehen auch Sphingiden an den Köder 3* "und namentlich gern auch Catocalen, die ja beide ziemlich bedeutende Dimensionen haben. Es wird aber immer das Bequemste sein, die Falter direkt in das Fangglas zu nehmen, wenn man auch das Netz für besonders flüchtige Tiere stets daneben haben sollte und zumal beim Fang mit Kränzen jederzeit schnell unterhalten muss, sobald man an diese herantritt, da sich gewisse Arten gern fallen lassen. Ferner ist es wünschenswert, neben stark wirkenden Giftgläsern auch schwächere zu haben, denn gerade der Köderfang ist es, welcher dem Lepidopterologen am reichlichsten befruchtete Weibchen in die Hände liefert, die nicht stark betäubt werden dürfen, wenn sie auf Eier hin ausgebeutet werden sollen. Hat man nur Bäume gestrichen, so ist es gar nicht übel, anstatt der Fanggläser für die Noctuiden von gewöhnlicher Grösse ausschliesslich kleine längliche Kartonbüchsen anzuwenden — etwa 2!/, cm lang, 2 cm breit, 4 cm hoch — die aus einem wesentlich grösseren (4 cm hohen) Unterteil mit einem Glas- boden und einem kleineren soliden Deckel (2 cm hoch) bestehen. Das Unterteil wird auf den am Köder sitzenden Falter gestülpt und die Laterne vor das Glas gehalten. Der so beunruhigte Falter läuft so- fort nach dem Glasboden, und nun kann von hinten her der Deckel schnell aufgesetzt werden. Es ist vielleicht praktisch bei dieser Fang- art, die leeren Büchschen etwa in der rechten, nicht zu klein zu wählen- den Aussentasche des Rockes zu haben und die gefüllten in die linke Tasche zu übertragen. Die, wie gesagt, durch den Genuss des Köders stark betäubten Falter sitzen ziemlich ruhig und verletzen sich kaum; auch vernichtet man so nicht unnützerweise vieles, was schliesslich nur weggeworfen wird. Hat man nicht sehr viel Bäume gestrichen, oder Kränze auf- gehangen, so ist es gut, nach erfolgtem Absuchen stets mindestens 20 bis 30 Minuten verstreichen zu lassen, bevor man wieder beginnt. Einmal erfolgt der Anflug durchaus nicht fortwährend gleichmässig, sondern zumeist stossweise, was man auch beim Fang mit Licht sehr deutlich beobachten kann, und teilweise in der nicht in gleichen Nachtstunden statthabenden Flugzeit der verschiedenen Arten seinen Grund hat; und dann sind unter gewissen Bedingungen, die mir bis- her noch nicht recht klar geworden sind, die Nachtfalter, sogar die trägeren, recht scheu und flüchtig. Sie müssen daher erst eine Weile am Köder gesogen haben, bevor sie so weit beruhigt sind, um der Laterne und ihrem Träger Stand zu halten. Im übrigen gilt für günstigen und ungünstigen Anflug an den Köder mit Rücksicht auf die Witterungsverhältnisse durchaus das Gleiche, was bereits bei dem Nachtfang mit Licht gesagt ist, nur fliegen etwa auch bei hellem Mondschein eine kleinere Anzahl Tiere an den Köder, während es dann am Licht ganz tot bleibt. Die blütenärmsten Zeiten, also das zeitige Frühjahr und der Herbst sind, wie leicht zu begreifen, für den Köderfang am günstigsten. Allein unter denjenigen Lepidopteren, welche wohl stets nur aus- fliessende Frucht- und Baumsäfte zur Nahrung nehmen, in erster Linie also die Genera: Catocala, Catephia und manche Herminiden, giebt es auch viele Arten, deren Flugzeit bereits in den Juni und Juli fällt, und welche daher schon um diese Zeit den Köderfang zu einem sehr lohnenden gestalten können. Diese Sammelweise möchte stets zu Zweien unternommen werden, denn der eine sollte Laterne und Netz, sowie ein oder besser noch mehrere Fanggläser tragen, der andere die Hände vollständig frei für die Manipulationen des Einfangens der Tiere behalten. Die Anzahl der am Köder zu erreichenden Arten ist eine ausser- ordentlich grosse, denn es fliegen sehr viele Sphingiden und von dem Heer der Noctwiden die meisten an. Auch tagsüber ist der Köder ziemlich stark besucht, denn neben Aymenopteren (namentlich Vespa- Arten) und Dißteren finden sich Vertreter der Gattungen: Apatura, Vanessa und Pararge (auch andere Satyriden) mitunter in Menge ein. Cucullien und Plusien erscheinen freilich, soweit ich beobachten konnte, nur ausnahmsweise an diesem p. 34 u. 35 in seiner Zusammen- setzung beschriebenen Köder, sie ziehen ganz entschieden die Blüten vor und können an diesen, namentlich Nelkenarten und Lippenblütlern, schon in der Abenddämmerung gefangen werden. Versuche, frische, starkduftende Blumen und Blütenstände, wie z. B. Weidenkätzchen, mit Zucker abzukochen und daraus ein auch für diese Genera, wie für des Tages schwärmende Heteroceren wirksames Anziehungsmittel herzustellen, sind teilweise sehr befriedigend ausgefallen und seien weiterer Verfolgung warm empfohlen. Die Bombyciden, welche dem Licht sehr stark zuströmen, fehlen am Köder fast ganz, nur die Lithosiden und die den Noctuiden nahe stehenden Genera: Aylophila, Gonophora, Thyatira, Cymatophora und Asphalia machen darin eine Ausnahme, und auch die Geometriden und Microlepidopteren sind stets spärlich vorhanden. Gleichwohl ist die Ausbeute durch massen- haften Anflug weniger Arten bisweilen eine sehr bedeutende und hat bei mir 5oo Exemplare an einem günstigen Herbstabende öfter über- schritten. Doch darf man nicht hoffen, bei den ersten Proben gleich so hohe Zahlen zu erhalten, im ganzen sind der Abende, an denen wirk- lich massenhafter Anflug stattfindet, nicht viele, und erst wenn Bäume wiederholt gestrichen wurden, und dadurch die betreffenden Stellen der Rinde einigermassen mit dem Köder getränkt sind, üben sie eine weiterreichende Zugkraft aus. Auch in der Nacht erscheinen an dem angestrichenen Saft nicht nur Falter, sondern bisweilen auch Raupen, um zu lecken; zumal dann, wenn einzelne Tropfen der süssen Flüssigkeit bis zur Erde hinab- flossen. Ferner stellen sich Phryganiden (Wasserfliegen), Forficula- und Blatta-Arten (Ohrwürmer- und Schaben-Arten), sowie mancherlei Coleopteren (Käfer) ein, die gelegentlich recht stören. Fledermäuse, welche den Nachtfang mit Licht als sehr geschickte Konkurrenten häufig stark beeinträchtigen, fehlen auch hier meist nicht, und wiederholt beobachtete ich mit eigenen Augen, wie Myoxus glis (Siebenschläfer) die fettesten Bissen vom Köder schnappte. My- oxus glis und Myoxus muscardinus (Haselmaus) bemächtigen sich auch gern der Köderkränze als einer willkommenen Nahrung, wenn sie ihnen irgend erreichbar sind. Schmetterlingsselbstfänger hat man sowohl mit Köder wie mit Licht als Lockmittel hergestellt. Die mir bisher bekannt gewordenen Konstruktionen sind komplizierte, gebrechliche und voluminöse und eignen sich daher für einen weiteren Transport nicht, am wenigsten _ aber für längere Reisen. Liegt indes die ständige Wohnung des Sammlers für reichlichen Anflug von Nachtfaltern sehr günstig, so können auch diese Apparate gute Dienste leisten, wie mir meine Freunde Heinrich Gross in Garsten (Oberösterreich) und der leider bereits heimgegangene Otto Büsing (Breslau) versicherten. i. Eindüten und Breitlegen der Falter. Den sorgfältig getöteten Faltern, welche für Versand und später vorzunehmende Präparation eingedütet werden sollen, müssen die Flügel über dem Rücken zusammengelegt, also in die Stellung ruhender Tagfalter (Rhopaloceren) gebracht werden. Die Fühler sind möglichst nahe an den Vorderrand der Oberflügel zu bringen, da sie so am besten geschützt sind. Zum Eindüten selbst wird ein festeres Schreibpauier, das in nicht gar zu niedrige Rechtecke zerschnitten wird, verwendet. Die Rechtecke werden schräg zu den längeren Seiten in einem halben rechten Winkel so gebrochen, dass der Bruch ungefähr durch den Mittelpunkt des ganzen Papierstückes geht, wodurch die kürzeren Seiten des bisherigen Rechteckes ein Stückchen über die längeren Seiten vorstehen. Es befinden sich nun zwei rechteckige Dreiecke aufeinander, um welche die vorstehenden Stückchen des Papieres in doppeltem Bruch herumgeschlagen werden; und die flache, dreiseitig rechtwinkelige Düte ist fertig. Der Falter kommt im Innern derselben mit dem Leib nach der längsten Seite zu liegen. (cfr. Honrath: Berliner Ent. Zeitschrift. 1888. pP. 14.) Bevor so eingedütete Falter fest eingeschlossen und verpackt werden, müssen sie an einem luftigen, vor Ungeziefer durchaus sicheren Orte genügend ausgetrocknet sein, sonst schimmelt der Leib und verdirbt die mit ihm in Berührung kommenden Teile der Flügel. Dickleibigere Nachtfalter, namentlich leicht fettig werdende dd, sollten ausgeweidet, und der Leib mit vergifteter Watte behutsam ge- füllt werden. Er wird zu diesem Zweck auf der Bauchseite mit einer scharfen, spitzen Schere etwa vom dritten Segment vom After aus bis zum Thorax hin in seiner Mittellinie aufgeschnitten, und dann mit einer feinen, gut fassenden Pincette die inneren Weichteile aus Brust und Leib möglichst entfernt. Es gehört längere Uebung an wert- losen Tieren dazu, um diese Manipulation ohne Nachteil für die Ob- jekte auch an besseren ausführen zu können. Verpacken und Versand von Dütenschmetterlingen erfolgt am besten in Blechkästen, die zu verlöten, oder auch mit einem schwer schmelzenden Wachs oder Harz zu verschliessen sind. . Füllen die mit vieler Sorgfalt einzulegenden Falter in ihren Düten die Kästen nicht ganz, so ist in den leeren Raum Watte oder ein ähnlicher, weicher, elastischer Stoff zu bringen. Zur Anwendung sollte die Methode des Eindütens der Falter nur bei längerem Aufenthalt in heissen oder unwirtlichen Landstrichen kommen, zumal in den Tropen. Ist es in unseren heimatlichen Kkul- tivierten Gegenden dem Sammler nicht möglich, seine Schätze an Schmetterlingen frisch zu präparieren, so empfiehlt es sich gewiss mehr, die Falter in anderer Weise für spätere Präparation vorzubereiten, nämlich durch „Breitlegen“. Die Falter werden zu diesem Zwecke sorgfältig gespiesst und ihre Flügel auf Spannbrettern provisorisch in wagerechter Lage . ausgebreitet, auch der Leib durch untergelegte Watte inetwa gleiche Höhe mit den Flügeln gebracht. Stücke, welche die Flügel im Tode nach oben gerichtet haben, können meist durch einen Druck mit der Pincette an den Flügelwurzeln dazu gezwungen werden, sie nach unten zu schlagen. Ersatz für die Spannbretter bieten stärkere Stücke von Torf, in den für die Leiber Rinnen geschnitten werden. Man kann hier die Flügel noch leichter in eine dem gespannten Falter annähernde Stel- lung bringen, da die Flügel auf der etwas rauhen Oberfläche des Torfes weniger leicht durch die noch wirkende Muskelthätigkeit ver- schoben werden. Auch kleine Stücke von dünnem Karton, also von Postkarten u. dergl., die dicht unter den Falter gespiesst und durch einen Bruch beiderseits nach oben gerichtet werden, leisten im Notfalle den gleichen Dienst. So hergerichtete Falter haben den eingedüteten gegenüber den grossen Vorteil, dass ihre Qualität ohne weiteres vollkommen zu be- urteilen ist, dass sie sich wesentlich leichter präparieren, auch die Spannung besser halten, und dass hier ein Verderben oder Verletzen der Flügel durch den schimmelnden oder fettig werdenden Leib kaum eintreten kann. B. Die Zucht der Schmetterlinge. I. Paarung (Kopulation). a. Paarung von 3 und ? der gleichen Art. ı. In der Gefangenschaft. Die völlige Reife der Geschlechtsprodukte treibt die Schmetter- linge zur Paarung. Kurzlebige Tiere, — also die Bombyciden fast ausnahmslos, aber auch manche Sphingiden, Noctuiden und Geo- metriden — schreiten darum meist sehr bald, nachdem sie die Puppe verlassen haben, zur Paarung, und was man von diesen Gruppen an weiblichen Individuen, wenn auch mit sehr schwachen Spuren irgend welchen Fluges, im Freien fängt, das kann man als sicher bereits be- fruchtet voraussetzen und daher auf Eier hin ausbeuten. Bei den Psychiden finden sich die extremsten Verhältnisse: wäh- rend die Entwickelung vom Ei bis zum Falter bei sehr vielen Arten zwei, bei siandfussii H. S. sogar drei Jahre währt, ist die Lebens- dauer des Falters auf wenige Stunden, unter Umständen sogar auf Minuten beschränkt, ausschliesslich dem Zwecke der Arterhaltung dienend. Psyche apiformis Rossi, die ich bei Rom in grösserer An- zahl aus der Puppe erzog, paarte sich in sechs männlichen Stücken sofort nach dem Auswachsen der Flügel nacheinander mit je zwei weiblichen Individuen. Noch während des Kopulationsaktes mit dem zweiten Weibchen starben die Männchen ab, deren gesamte Lebens- dauer vom Momente des Ausschlüpfens bis zum Tode nur zwischen 32 und 58 Minuten betrug. Den Tagsschmetterlingen, welche im Gegensatz zu den Hetero- ceren fast durchweg ein sehr kurzes Raupenleben haben und denen im Haushalte der Natur wohl in noch hervorragenderem Masse als jenen anderen Gruppe die Rolle der Befruchtung phanerogamer Blüten —- 42 — zufällt, ist ein längeres Falterleben beschieden, das sich bei manchen Vanessa-Arten bis auf zehn Monate ausdehnen kann. Davon wird allerdings ein guter Bruchteil im Winterschlafe verbracht. Mit dieser grösseren Lebensdauer dürfte die wunderbare Farben- pracht, welche sich bei den meisten Rhopaloceren entwickelte, sowie die erst nach längerer Flugzeit erfolgende Paarung in ganz direktem Zusammenhange stehen. Eine Kopulation dieser Tiere in der Ge- fangenschaft wird nur ganz ausnahmsweise beobachtet; es sind für die paläarktische Fauna wohl nur Fälle aus dem Genus, Thais, Par- nassius, Thecla, Limenitis, Apatura und Vanessa (Araschnia) be- kannt. Aber auch für viele andere Lepidopteren, selbst solche, die als Falter keinerlei Nahrung zu sich nehmen, ist für die männ- lichen Individuen eine längere Zeit energischer Be- wegungin frischer, freier Luft und dadurch gesteiger- ter Lebensprozess unumgänglich notwendig, um in ihnen einen sehr lebhaften Drang zur Kopulation her- vorzurufen, und es gelingt daher meist nicht, oder doch nur sehr schwer, dergleichen Arten in der Gefangenschaft zur Paarung zu bringen, selbst dann nicht, wenn man sie ganz frei im Zimmer fliegen lässt und ihnen der Natur möglichst nahe kommende Verhältnisse bietet. So gilt dies beispielsweise von Actias isabellae Graälls, aber auch die gemeine Saturnia spini Schiff. ist in der Gefangenschaft merk- würdig schwer zur Kopulation zu bringen. Gelingt es dann aus- nahmsweise einmal bei diesen Arten, so scheint die Brut nicht recht lebensfähig zu sein. 'Wiederholt ist mir bei dergleichen in der Gefangenschaft sich schwer kopulierenden Species eine Paarung dennoch gelungen, wenn ich && im Freien in nächster Nähe der Wohnung, etwa im Garten, oder an anderen geeigneten Lokalitäten fliegen liess und die 2? eben- falls mit gestutzten Flügeln vollkommen frei gab, oder in einem später zu besprechenden Einflugapparat aussetzte. Ich brachte so Saturnia pavonia L. sehr leicht zur Paarung, ebenso Smerinthus quercus Schiff. und noch andere Species. — Zweckdienlich für gewollte Paarung er- zogener, selbst in der Nacht sich kopulierender Tiere ist es, sie den Tag über frischer Luft und Sonne auszusetzen, doch so, dass sie sich der letzteren entziehen können, wenn sie ihnen zu lästig wird. Die Behälter können je nach dem Flugbedürfnis der Arten in sehr ver- schiedener Grösse gewählt werden, doch sollten sie erstens so be- schaffen sein, dass ein sehr schnelles Verletzen und Bestossen der Falter nicht leicht möglich ist, — grössere oder kleinere Cylinder von weichem Gazestoff, auch würflige Kästen, die in ihrem Innern nichts bieten als weiche Gazeflächen, leisten gute Dienste — und zweitens überall ein leichtes und sicheres Anklammern der Schmetterlinge zu- lassen, eine Bedingung, die ja ebenfalls von den gedachten Behältern erfüllt wird. Es schadet durchaus nichts, mehrere Männchen und Weibchen in einem Kasten zur Paarung zusammen zu setzen, wenn er genügenden Raum für deren freie Bewegung bietet, doch sollten stets ein bis zwei Männchen überschüssig sein, da die Tierchen dann durch eine gewisse Eifersucht schneller zur Paarung getrieben zu werden scheinen. Haben die Weibchen Posto gefasst, was sie meist sehr bald nach dem Unterbringen in den Flugraum bei Gegenwart von && thun, so dreht man den Behälter so, dass möglichst viel 22 nach der Lichtseite hin zu sitzen kommen, denn nach dieser Seite hin richtet sich ja auch der Flug der &£. Eine Hauptvorbedingung für Erreichung des hier gewollten Zweckes ist die: dass die Falter unter wenigstens an- nähernd für die gerade in Frage kommende Art nor- malen Temperaturverhältnissen zur Entwickelung aus der Puppe gelangen. Ein Zurückhalten für nicht gar zu lange Zeit durch eine kleine Erniedrigung der Temperatur schadet indes nicht, ebensowenig eine etwas verfrühte Entwickelung durch mässige Erhöhung derselben. Bestimmte Grade im allgemeinen können nicht angegeben werden, weil die verschiedenen Arten der paläarktischen Fauna vom zeitigsten Frühjahr (Februar) bis zum spätesten Herbst (November) im Falterstadium erscheinen und daher die normalen Temperaturgrade der Entwickelung aller dieser Arten sich in sehr weiten Grenzen bewegen. Ein bestimmter Fall*) dürfte die Sache erläutern: Halten wir in der Ausbildung zur Imago begriffene, aber noch nicht gar zu weit vorgeschrittene Puppen von Sat. pyri Schiff. durch eine Temperatur von +4 ıo bis 15°C 3 bis 4 Wochen vom Ausschlüpfen zurück, so wird dies ohne wesentliche Beeinträchtigung für eine bezweckte *) Arctia aulica L. entwickelte sich bei 32° C nach achttägiger Puppenruhe (aur die Puppen wurden in dieser Temperatur gehalten) zu sterilen Imagines, obwohl eine Paarung und Eierablage dieser Falter sehr leicht zu erreichen war. So erhaltene Männchen und Weibchen von Arctzia aulıca erwiesen sich auch steril bei der Paarung mit normal entwickelten Individuen ihrer Art. Hingegen ergaben Puppen von Arctia aulica, welche 28—40 Tage im Eis- schranke (+ 4° C) gelegen hatten, bei 21°C nach weiteren 14—17 Tagen Falter, welche in beiden Geschlechtern eine nahezu normale Fertilität zeigten. Paarung, wie für die Lebensfähigkeit der nachmaligen Brut geschehen können. Setzen wir aber die gleichbeschaffenen Puppen von ‚Sat. pyri während derselben Zeitdauer einer Temperatur von — 2° bis + 3°C aus, so dürften sie teils zu Grunde gehen, teils so weit Schaden gelitten haben, dass eine Weiterzucht mit den in der Wärme etwa doch noch ausschlüpfenden Faltern nicht gelingt. Andererseits: Bringen wir Puppen von ‚Sat. Pyri, nachdem sie bereits einige Wochen der Winterkälte ausgesetzt waren, bei einer Temperatur von + ı2° bis ı8° C in ıo bis ı2 Wochen zum Aus- schlüpfen, so werden wir fortpflanzungsfähige Individuen erhalten ; treiben wir aber diese ‚Saft. pyri-Puppen in einer Temperatur von + 25° bis 35° C in 3 bis 4 Wochen zur Entfaltung als Imago, dann werden wir keine Nachkommenschaft zu erreichen vermögen. Dem äusseren Baue nach sind die Falter aller vier Serien gleich, aber die Entwickelung des Genitalapparates und seiner Produkte hält nicht in allen diesen Fällen gleichen Schritt mit der Entwickelung der übrigen Körpermasse. Die bekannte Sterilität der schnell aus- schlüpfenden Herbstgeneration von Acherontia atropos L. und Sphinx convolvuli L. wird durch diese Thatsachen in ihren äusseren Ursachen dem Verständnisse näher gebracht. Freilich lässt sich hier die un- vollkommene Ausbildung der Geschlechtsprodukte anatomisch klar nachweisen, in jenen eben besprochenen experimentellen Fällen aber nicht. Es sind diese Thatsachen bei der Zucht der Seide produzierenden Bombyciden gewiss zu beachten. Je mehr paarungslustige 22 vorhanden sind, desto lebhafter wird das Paarungsbedürfnis der 3d, und es ist mir wiederholt bei umfangreichen Zuchten von Bombyciden vorge- kommen, dass sich die frisch ausgeschlüpften 88 paarten, bevor die Flügel sich auch nur irgend wie entwickelt hatten. Uebrigens wuchsen die Flügel dann ausnahmslos während der Copula zu ihrer vollen Grösse aus, nur erhärteten sie etwa in schiefer oder überge- schlagener Lage, wenn die Stellung des in Copula befindlichen Männchens ein normales Herabhängen der Flügel unmöglich machte. Weibchen, welche frisch ausgeschlüpft vor der Entwickelung der Flügel gepaart wurden, sind mir öfter nicht ausgewachsen. Mehr als 100 ?? wurden vor meinen Augen im Laufe der Jahre gleichzeitig von zwei dd gepaart; zweimal beobachtete ich, dass ein ? — es war Spilosoma luctuosa H. G. — a tempo von drei dd gepaart wurde, \ u Zu alle drei hafteten so fest, dass sie nur mit Gewalt entfernt werden konnten. Der Fall, dass ein Weibchen von 2 oder 3 dd nacheinander ge- paart wird, ist nicht eben selten. Bei vielen Falterweibchen scheint der Drang, die Eier abzulegen, eben nur soweit zu reichen, als das männliche Sperma reicht, und sie begeben sich daher sofort wieder in kopulations-bereite Stellung, wenn dieser Drang aufhört, werden dann auch wieder und wieder gepaart. (cfr. Standfuss: Stett. ent. Zeit. 1884. p. 195— 199.) Andere Falterweibchen legen dagegen auch un- gepaart, wie bekannt, gern alle Eier ab. Auch Noctuiden und Geometriden können in der Gefangenschaft sehr viel leichter zur Copula gebracht werden, als meist angenommen wird, nur müssen länger lebende Arten mit Honig oder schwach an- gefeuchtetem Zucker und dergleichen gefüttert werden, und es muss reichliches Material an etwa gleichzeitig geschlüpften Faltern vorhanden sein. Von den Noctuiden und Geometriden beobachtete ich bei meinen biologischen Studien Paarungen in der Gefangenschaft von Arten folgender Genera: Agrotis, Charaeas, Mamestra, Amoconia, Miselia, Valeria, Apamea, Luperina, Hadena, Trachea, Habryntis, Brotolomia, Naenia, Leucania, Mithymna, Ca- radrina, Rusina, Amphipyra, Taeniocampa, Pachnobia, Calymnia, Dyschorista, Orthosia, Scoliobteryx, Asteroscopus, Zanclognatha, Phorodesma, Acidalia, Zonosoma, Eugonia, ‘Selenia, Pericallia, Odontopera, Himera, Crocallis, Angerona, Urapteryx, Epione, Hy- bernia, Anisopteryx, Phigalia, Biston, Amphidasis, Boarmia, Te- Dbhronia, Gnophos, Psodos, Ematurga, Chesias, Lobophora, Cheima- tobia, Lygris, Cidaria, Eupithecia. Es würde nicht schwierig sein, die Liste durch Experimente in gleicher Richtung bedeutend zu ver- grössern. ‚Warme, schwüle Nächte scheinen die Kopulationslust zu steigern, die unzweifelhaft mit gewissen meteorologischen Verhältnissen im Zu- sammenhange steht. : 2. Im Freien. Handelt es sich um Arten, die in unserem Sammelgebiet vor- kommen, so empfiehlt es sich, an die Weibchen im Freien Männchen anfliegen zu lassen, da dann die Brut durchschnittlich lebenskräftiger ausfällt. N Am Tag schwärmende 43 wartet man am besten selbst ab. Die auszusetzenden $? werden zu diesem Zweck in einem kleinen, — 5 — leichten Kästchen von schwachem Holzgestell, das mit möglichst luftigem Tüll bezogen ist, und mit einer starken Stahlnadel bequem an jedem Stamm aufgehangen werden kann, untergebracht. Litho- siden, Arctiiden, Psychiden, Lipariden, Bombyciden, Saturniden und Drepanuliden &3 fliegen dann an ihre Weibchen mehr oder weniger reichlich an, und man kann sich so oft genug fast ohne jede Mühe in den Besitz von einer grossen Menge auch ganz reiner dd setzen, bevor man die Kopulation gestattet. Um nur Einiges zu nennen; Emydia striata L. und cribrum L.. Nemeophila vussula L. und Dlantaginis L., Arctia quenselii Payk., Bombyx alpicola Stgr. und trifolii Esp., quercus L., rubi L., Crateronyx taraxacı Esp., dumiL,., Endromis versicolora L., Saturnia pavonia L., Aglia tau L. ete. etc. sind so im männlichen Geschlecht etwa massenhaft zu haben. Nicht übergehen will ich an dieser Stelle, dass es auch umgekehrt oft genug möglich ist, bei scharfer Beobachtung mit Hülfe der in der Freiheit sichtlich suchend umherflatternden Männchen, deren Weibchen aufzufinden. ‚Selina v. andereggü H.S. 2 und v. riffelensis Fallou 9, Hepialus velleda Hb. ? und Acidalia pygmaearia Hb. 2 habe ich in dieser Weise, abgesehen von den meisten oben genannten Arten, wiederholt erbeutet. Bei nächtlichen Arten kann in verschiedener Weise verfahren werden, es seien hier 3 Methoden genannt: ı) Die Flügel des Weibchens werden stark gestutzt und dasselbe im Abenddunkel, wann sich die Vogelwelt des Tages zur Ruhe begeben hat, denn sie ist am meisten zu fürchten, an einem Stamm, der nicht allzu rissig ist, so dass das Tier dem Auge auch in ziemlicher Höhe stets sichtbar bleibt, ausgesetzt. Sorg- fältig ist darauf zu achten, dass Ameisen wenigstens nicht in grösserer Anzahl in der Nähe sind, da diese selbst recht kräftige Lepidopteren-Arten in diesem hülflosen Zustande zu überwältigen vermögen und gern verzehren. Auch wähle man einen Punkt, an welchem niedere Kräuter jeder Art ganz oder doch nahezu fehlen. Am Morgen ist dann möglichst zeitig auszugehen, und es wird meist gelingen, das $?, wenn auch vielleicht in ziemlicher Höhe des Stammes, wieder zu finden, entweder noch in Copula, oder in nächster Nähe des d, jedenfalls aber überwiegend in be- fruchtetem Zustande. 2) Das Weibchen wird angebunden. Man wähle einen nicht zu schwachen Wollfaden und schlinge denselben zwischen Vorder- und Hinterflügel und vor dem hintersten Fusspaare — denn hier liegt ein ziemlich tiefer Einschnitt — um den Körper des Tieres, ihn ordentlich fest anziehend und knotend. Diese Mani- pulation wird am besten von zwei Personen ausgeführt: die eine fasst den Falter mit der linken Hand zwischen Daumen und Zeigefinger an beiden Vorderflügeln, diese über dem Rücken des Tieres zusammendrückend, und mit der rechten Hand in ganz gleicher Weise an beiden Hinterflügeln; beide Flügelpaare werden dann so weit voneinander entfernt, dass der Faden von der zweiten Person bequem zwischen ihnen durchgeführt werden kann. Bei dem nun unten folgenden Festbinden vor dem letzten Fusspaare ist darauf zu achten, dass kein Bein mit ein- geschlungen wird, damit sich das Weibchen gut anklammern kann. Nach Vorübung mit einigen gemeinen Arten gelingt es bald, sich ziemliche Fertigkeit in der Methode anzueignen. Will man die Sache bequemer haben, so kann man das Weibchen vor dem Festbinden etwas betäuben, sogenannter Schwefeläther schien mir dafür am besten. "Wieder wird dann das Weibchen im Abenddunkel ausgesetzt, indem man den höchstens spannenlangen Faden mit Hülfe einer starken Stahlnadel an einem geeigneten Stamm befestigt. Dieses Befestigen sollte jedenfalls erst dann geschehen, wenn sich das 2 vollständig zur Ruhe gesetzt hat, sonst flattert es etwa, nach- ‘ dem man sich entfernt hat, noch heftig, verletzt sich die Füsse, oder verschlingt sich stark; entwindet sich auch wohl gar dem Faden. Diese Methode, so einleuchtend sie scheint, hat zwei Nach- teile: Durch das Binden — und es muss dies unter allen Um- ständen ziemlich fest erfolgen, sonst entweicht der Falter stets — wird in dem Körper des Tieres ein gewaltiger Druck erzeugt, zufolge dessen einmal viele Arten unbefruchtet bald nach dem Binden eine Menge Eier ablegen, und zweitens die Copula, welche äusserlich ganz normal erfolgt, bezüglich der in- neren Organe wesentliche Hemmungen erfährt. Der innere Genitalapparat der weiblichen Falter ist ein ungemein kompli- ziertes Röhrensystem von teilweise äusserster Feinheit (cfr. Arn. Lang: Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. II. Abt. p. 499 —505. Jena 1889. Gustav Fischer), dessen Funktionen jedenfalls oft genug wesentlich durch die Gewaltsamkeit der Methode, welche ja auf der Hand liegt, gestört werden. Ich habe selten 3) —_— bei so gewonnenen Eiern recht günstige Zuchtresultate erzielt, und häufig ist es vorgekommen, dass nur ein sehr kleiner Bruch- teil der Eier ausgeschlüpft ist. Um eine Gegend auf das Vor- kommen der grossen Schwärmer und der meisten Spinnerarten hin zu untersuchen, ist diese Methode ganz vorzüglich, denn sie versagt fast nie, aber für gewollte Zucht ist sie von zweifelhaftem Werte, und freies Aussetzen mit Stutzen der Flügel jedenfalls vorzuziehen. Bei kleineren Arten gelingt es vielleicht mit Hülfe eines schnell und sehr fest haftenden Klebestoffes, die Flügel der weiblichen Falter, welche dann wohl nach oben zusammenzu- schlagen wären, an einem Faden oder schmalen Bändchen fest zu leimen. Handelt es sich um ansehnlichere Arten, so können die Vorderflügel über dem Rücken zusammengeschlagen und nahe der Flügelwurzel mit einem feinen, aber haltbaren Faden gebunden werden. Man zieht zu diesem Zwecke den Faden mit einer Nähnadel durch die Mittelzellen beider Vorder- flügel und schlingt ihn vor den Costalrändern zu einem festen Knoten zusammen. Das eine Fadenende wird dann dicht am Knoten abgeschnitten, das andere wie vorher durch eine starke Stahlnadel an einem Stamm etc. befestigt. Herr Ingenieur Cuny (New-York) teilte mir mit, dass er bei dieser Methode sehr gute Resultate auch bezüglich der Zucht zu verzeichnen hatte, und ich kann das Gleiche versichern. Es wird ein Einflugapparat angewendet, dessen Konstruktion verschiedener Art sein kann. Den nach meiner bisherigen Er- fahrung zweckentsprechendsten hat mir mein verstorbener Freund Direktor ©. Büsing in Breslau konstruiert. Derselbe besteht aus einem Drahtgazecylinder von 36 cm Länge und 2ı cm Durch- messer, der seinen Halt durch zwei endständige, runde Rahmen erhält, welche durch 3 Stäbe verbunden sind. -An den beiden Enden befinden sich 2 mit Drahtgaze bespannte Deckel zum Abheben. Zur Verwendung kommt der Cylinder in wagrechter Lage. Die reichliche obere Hälfte kann dann durch einen Halb- eylinder von Blech im Bedarffalle bei Regenwetter gedeckt werden. Unmittelbar am unteren Rande des Bleches sind beiderseits innen im Cylinder drei conische, flach 4-seitige, nach oben gerichtete Drahtgazetrichterchen angebracht, und je ein gleiches Trichterchen befindet sich auch im unteren Drittel der seitlichen Deckel. Die innere Mündung der Einflugsöffnungen ie ie Eee lässt sich bei der Fügsamkeit der Drahtgaze flacher oder höher formen, je nach den in Frage kommenden Arten; die Erfahrung giebt die notwendige Grösse, um das Einschlüpfen der dd zu gestatten, das Entweichen aber fast unmöglich zu machen, bald an die Hand. Der Apparat wird an zwei oben halbrund gebogenen, nicht zu schwachen Drähten an Zweigen aufgehangen. Nicht alle Arten entschliessen sich leicht, bis zu den in dem Cylinder untergebrachten Weibchen vorzudringen. Aber manche ge- meine Arten, wie Ocneria dispar L., Lasiocampa pini L., Sa- turnia pavonia L., gehen sehr willig und, wenn die Weibchen in einem kleinen Behälter im Innern des Apparates abgeschlossen werden, in grosser Menge in denselben. 3. Allgemeines. Schliesslich sei im allgemeinen noch gesagt, dass die Qualität der Eier von dem Umstande, ob sich das 3 das erste, zweite oder dritte Mal paarte — mehr als 3mal habe ich nie beobachtet — und von der Dauer der Copula durchaus unabhängig ist, freilich schwankt letztere sehr nach den verschiedenen Arten, schwankt aber auch bei verschiedenen Individuen derselben Art, je nach Temperaturverhält- nissen und nach dem Umstand, ob sich das & bereits vorher paarte oder nicht, und ob zwischen diesen Kopulationen mehr oder weniger Zeit verging. Auch eine Störung der Copula hat, falls sie nicht allzu früh und gewaltsam erfolgt, keinerlei ungünstigen Einfluss auf die Lebensfähigkeit der Nachkommenschaft. Man kann von einem &, welches sich das dritte Mal mit einem bisher unbefruchteten Weibchen nur 10 Minuten paarte, lebenskräftigere Nachkommenschaft erhalten, als von einem gleich grossen frisch geschlüpften d derselben Art, welches eine Stunde und mehr mit einem bisher unbefruchteten 2 in Copula sass. Eine vollständige Einsicht in diese Thatsachen dürfte sehr schwierig sein. Sicher ist, dass bei der Zimmerzucht vielfach Paare zusammen- gezwungen werden, die im Freien eben nicht zusammenkommen würden. Man sieht oft zu seiner Verwunderung ein kleines, an- scheinend dürftiges ? von einer Menge &@ gleichzeitig begehrt, wäh- rend ein grosses, schön entwickeltes Stück von den d@ lange, oder ganz vernachlässigt wird. Für diese befremdende Thatsache liessen sich durch Beobachtung zwei Gründe ermitteln: \ Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. 4 Erstens wird das frischer entwickelte Weibchen dem älteren von dem Männchen vorgezogen und zwar dergestalt, dass an diesem Zuchtwahlgesetz der Lepidopteren die grössere oder geringere Farbenpracht der weiblichen Individuen in keiner Weise etwas zu ändern vermag. Es giebt nicht wenige Falterarten, bei denen weib- liche Individuen von mehrtägigem Alter, seien sie auch anscheinend vollkommen lebensfähig, nicht mehr kopuliert werden, während es andererseits bekannt ist, dass männliche Individuen von Bombyx mori L. selbst mit vollkommen abgestorbenen Weibchen ihrer Art bis- weilen noch eine Paarung eingehen. Zweitens ergab die Anatomie frisch ausgeschlüpfter und wohl- entwickelter Weibchen, welche von den Männchen nicht angenommen wurden, stets eine hinter dem Durchschnittsguantum der Art sehr zu- rückbleibende Eierzahl. Schliesslich dürfte hier wie dort der letzte Grund der ganz gleiche sein: nämlich der Mangel des von den Weibchen ausströmenden Duftes, welcher die Männchen anlockt und reizt. Im ersteren Falle ging derselbe bereits verloren, im zweiten Falle gelangte er nicht zur Entwickelung. Ein weiterer, ausserordentlich ins Gewicht fallender Punkt ist die Thatsache, dass eine der perniciösesten und ansteckendsten aller Raupenkrankheiten — welche von der Raupe auf Puppe und Falter übergeht — von dem weiblichen Schmetterling auf die Nachkommen- schaft mehr oder weniger übertragen wird, von dem männlichen aber, wie es scheint, nicht, nämlich die sogenannte „Pebrine“. Die staat- lichen Kontrollstationen . für die Eier des Seidenspinners (Bombyx mori L.) in Italien haben dies seit Jahren auf das aller eklatanteste bewiesen, und es sollte sich niemand, der sich fleissig mit der Zucht von Lepidopteren befassen will, diesen Thatsachen verschliessen. Weibchen, die aus einer teilweise durch Pebrine verseuchten Zucht stammen, seien sie auch noch so schön und kräftig, sind für Verwendung zur Weiterzucht stets bedenklich. Männchen aus ver- seuchter Zucht können ohne Bedenken verwendet werden. Ein einziges Beispiel von vielen aus meiner Erfahrung möge die Sache illustrieren (cfr. Standfuss: Berliner Entomol. Zeitschrift. 1888. P: 238 und 239). Von 1885 bis 1887 hatteich diemehr oder weniger schwarze Form von Aglia tau L. (cf. Taf. VII, Fig. 4—7) durch Inzucht gezogen, und es war dabei die Sterblichkeit der Tiere an infektiöser Darmkrankheit rapid ge- wachsen, so dass ich mich 1887 entschloss, nur einen Teil zu weiterer Inzucht zu verwenden, wovon ich im folgenden Jahr 1888 2ı männ- liche und g weibliche Falter erhielt, ausnahmslos schwarze Individuen, da es sich hier um die 3. Inzucht handelte. Den Rest der schwarzen dd paarte ich 1887 mit 2? der Grund- art, welche aus den Eiern von im Freien gefangenen 92 aufgezogen worden waren. An Qualität ergab diese Zucht Prachtstücke — etwa die Hälfte der erzielten Falter gehörte der Grundart, die andere Hälfte der schwarzen Form an — an Quantität kein besonders günstiges Resultat, da wiederholte Hagelschläge die im Freien aufgebundenen Raupen arg; geschädigt hatten. i Die, wie schon gesagt, im Jahre 1888 durch weitere Inzucht er- haltenen 2ı schwarzen dd und 9 schwarzen $22 verwendete ich nun sämtlich zur Weiterzucht und zwar so: dass ich die g 22 in den Wald trug und dort aus der Freiheit normale 33 anfliegen liess. Die 21 schwarzen dd paarte ich mit $, welche wie 1887 aus Eiern von im Freien gefangenen Weibchen erzogen wurden. Die Raupen aus beiden Kreuzungen wurden dann auf Zweigen desselben gesunden, grossen Apfelbaumes aufgebunden. Während nun die Raupen aus den Eiern der g schwarzen 99, die mit normalen dd, welche aus voller Freiheit stammten, gepaart wurden, allmählich samt und sonders an Darmkrankheit zu Grunde gingen, so dass ich auch nicht eine Puppe erhielt, gediehen anderer- seits die Nachkommen der 2ı schwarzen d& — welche dd doch Ge- schwister jener g schwarzen ?? waren — die mit normalen 22, welche nicht aus voller Freiheit stammten, gepaart wurden, ganz vorzüg- lich, und es war von Darmkrankheit auch nicht die geringste Spur zu bemerken. b. Paarung von 3 und ? verschiedener Arten. 1. Uebersicht über die bisher bekannt gewordenen Hybridationen und Hybriden‘*). Wenn es sich darum handelt, praktische Winke bezüglich des interessanten und wissenschaftlich unzweifelhaft wertvollen experimen- tellen Studiums der Hybridation — das heisst der Begattung zweier verschiedenen Arten angehörender Individuen — und der Hybriden — also der solchen Begattungen entsprossenen Brut — zu geben, so ist vor allen Dingen eine Uebersicht über die‘ Arten .not- *) cfr. zu dieser Frage Standfuss: Mitteil. d. Schweizer. Entomol. Gesellsch. Bd. 8. Heft 10: Ueber die Hybridation bei den Insekten. 4* —— 52 — wendig, welche sich erfahrungsgemäss für dergleichen Beobachtungen eignen. Diese Aufzählung muss freilich nach Vollständigkeit, wie Zu- verlässigkeit eine mangelhafte werden. Einmal ist das fragliche Material bisher noch von keiner anderen Seite gründlich gesichtet und durchgearbeitet worden, findet sich viel- mehr zur Zeit noch in Hunderten von Sammlungen, sowie veröffent- lichten und nicht veröffentlichten Beobachtungen der Entomologen zerstreut. Es konnte daher bei aller Mühe, die von mir seit Jahren auf den Gegenstand verwendet wurde, nur ein gewisser Bruchteil dieses Materials ermittelt werden. Zweitens ist in den Fällen, bei denen bisher die Kontrolle der Zucht nicht vorliegt, also namentlich bei den Rhopaloceren, der Zweifel, ob Hybride oder nur Varietät der einen oder anderen Art, durchaus nicht ausgeschlossen. Es seien also die mutmasslichen Hybriden, welche bisher lediglich im Freien als Falter aufgefunden wurden, der Aufmerksamkeit der Entomologen ganz besonders empfohlen. Von den Rhopaloceren existieren mehr oder ware sichere Hybriden unter den Paßilioniden und zwar aus dem Genus Papilio von machaon L. und hospiton Gene, aus dem Genus Parnassius von apollo L. und delius Esp., aber auch von den ost- paläarktischen Parnassiern werden Hybridationen und Hybriden ge- meldet. Honrath berichtet (Berlin. Entom. Zeit. 1888. p. 501--503) folgendes: Alpheraki beobachtete im Tianschan-Gebirge Hybridationen zwischen discobolus Stgr. & und var. hesebolus Nordm. 2; Grum-Grshimailo im Alai-Gebirge zwischen rhodius Honrth. & und apollonius Ev. 9, zwischen delphius Ev. d und charltonius var. princeps Honrth. 2, so- wie zwischen var. Princeps Honrth. 4 und delphius Ev. 2; Graeser fing bei Pokrofka (Ost-Sibirien) mutmassliche Hybriden von Parn. nomion F. d. W. & und bremeri Brem. 9. Die Pieriden stellen unzweifelhaft Bastarde. Pieris napi L. & und drassicae L.2 wurden in Paarung beobachtet [v. Caradja, Tirgu- Neamtu, (Rumänien)], und gefangen wurden an der unteren Wolga Falter, welche als Hybriden angesehen werden von: Colias erate Esp. und hyale L., sowie von Colias erate Esp. und edusa F.*); bei *) Es handelt sich dabei um gelbe oder bleich-orangefarbene Jg mit einem am Vorderrand der Hinterflügeloberseite sichtbar vorhandenen Duftschuppenfleck, wie ich solche öfter von Sarepta erhielt, nicht gemeint sind typische dd‘ von a2. helichta Ld., welche niemals einen Duftschuppenfleck zeigen. am 53 — Lemberg, solche von hyale L. und ayanmidane Esp., und im Wallis von hyale L. und edusa FE. Ferner werden auch Hybriden der ostpaläarktischen Coliaden genannt: von eogene Feld. und cocandica Ersch., von eogene Feld. und regia Grum-Gr., von sagartia Ld. und var. libanotica Ld. Rhodocera rhamni L. und cleopatra L. dürften wohl sicher in Dalmatien und Italien Kreuzungsprodukte liefern. Es waren unter grossen Massen von cleopatra L., die ich aus der Raupe mit Rham- nus alaternus L. und cathartica L. erzog, wiederholt einzelne Stücke, welche ich für nichts anderes als Blendlinge halten konnte. Von den Lycaeniden sind einzelne männliche Exemplare des Genus Polyommatus aus Nordfrankreich bekannt, die wohl nur Hy- briden von alciphron Rott. und dorilis Hufn. sein können. Ferner wurden bei St. Moritz (von M. Wiskott, Breslau) Lycaena cory- don Poda 8 und damon Schiff. $ in Copula beobachtet, sowie am Sim- plon (von G. Schulz, Stettin) Zyc. var. argulus Frey d und var. /yci- das Trapp. 2. In der Stett. Entom. Zeitschr. 1958. p. 409 wird ein von Klopsch bei Breslau gefangener Bastard von ZLyc. bellargus Rott. (adonis Hb.) und icarus Rott. (alexis Hb.) angeführt, und ich erhielt aus dem Wallis männliche Individuen, die aus einer Kreuzung von Lye. icarus Rott. mit escheri Hb. herrühren dürften. Die Nymphaliden sind in dem artenreichen und schwierigen Genus Melitaea zu Hybridationen offenbar geneigt. Südlich von Toulouse fanden sich Melit. athalia Rott. d und barthenie Bkh. d, beide mit dejone H.G.% in Paarung (cfr. Aristides von Caradja, Iris. Dresden. 1893. p. 181), und am Dornacher Schloss (Ct. Solothurn, unweit Basel) didyma ©. 8 mit aurinia Rott. ? (H. Honegger, Basel). Bei Zürich beobachtete ich selbst dietynna Esp. & und athalia Rott. 2, sowie athalia Rott. & und parthenie Bkh. 2 in Hybridation begriffen. Die Melitaeen dietynna Esp., athalia Rott., aurelia Nick. und parthenie Bkh. stehen sich so nahe, dass eine hybride Bildung kaum charakteristisch ausfallen kann, um so weniger, da diese Arten in ihrer Zeichnung auch bei ganz isoliertem Vorkommen zu grösseren oder kleineren Abweichungen sehr geneigt sind. Bei aller individuellen Variabilität dieser Gruppe habe ich unter reichhaltigeren Sendungen, die mir zur Bestimmung eingingen, über- wiegend schweizerischer Provenienz, öfter Exemplare aus der ge- nannten Artenreihe erhalten, für die ich eine hybride Herkunft be- stimmt annehmen musste. Bruand sah in der Sammlung des Herrn Peythieu in Locle einen Bastard von Van. urticae L. und atalanta L., der bei Locle inner- halb ı5 Jahren dreimal gefangen wurde. Ein Bericht darüber findet sich Ann. Soc. Entom. d. France. Ser. 2. 1844. T. I. Bull. p. VI. Die Satyriden scheinen ein geringeres Kontingent für die uns hier interessierenden Formen zu liefern; trotz fleissigen Aufachtens habe ich nie eine hybride Paarung wahrnehmen können, bezüglich der zahlreichen mir aus der Schweiz zugegangenen Determinanden musste ich aber, wie bei den Melitaeen, bisweilen für gewisse Exem- plare der Erebia epiphron Kn., melampus Fuessl., eriphyle Frr., mnestra Hb.-Gruppe einen Ursprung aus nicht legitimer Kopulation mit grosser Bestimmtheit vermuten. Auch im Genus Coenonympha sollen Bastarde von damphilus L. und zphis Schiff. (Niemegk bei Wittenberg) auftreten (cfr. Stein: Isis 1835. P- 343—344). Zahlreicher sind die uns hier beschäftigenden Formen unter den Heteroceren. Von den Sphingiden giebt es sichere Bastarde von Deilephila hippophaes Esp. und vespertilio Esp. (Raupe an Epilobium-Arten; Wallis, Frankreich [Grenoble]), ferner zwischen euphorbiae L. und vespertilio Esp. (Raupe an Epilobium rosmarinifolium Hänk. und wohl auch fleischeri Hochst., Wien, Bozen, Wallis), weiter zwischen porcellus L. und eldenor L. (Raupe an Epilobium hirsutum L., Breslau, Magdeburg, Zürich). Alle drei Formen sind sowohl als Falter gefangen, als auch aus im Freien erbeuteten Raupen erzogen worden; dass eine dieser hybriden Paarungen in der Gefangenschaft geglückt wäre, ist mir nicht bekannt. Sehr merkwürdige Deilephila-Raupen wurden von Herrn Joh. Röber (Dresden) an Fuchsien gefunden, leider aber glückte deren Aufzucht nicht. Es schienen diese Raupen einer Kreuzung von Deil. euphorbiae und elpenor zu entstammen. Im Gegensatz dazu ist der Hybride von Smer. ocellata L. und populi L. (Smer. hybr. hybridus Westw.) wiederholt und reichlich an vielen Orten in der Gefangenschaft gezüchtet worden, wurde aber auch schon im Freien beobachtet (Schilling, Saarau, Schlesien.) Die Paarung von ocellata L. & und populi L. 2 ergiebt der äusseren Erscheinung nach eine Zwischenform zwischen den zeugen- den Arten, welche durch den blinden, graublauen Augenfleck der Hinterflügel bei oberflächlicher Betrachtung zunächst zwar sehr an - 5 — Smer. ocellata L. erinnert, allein die Form der Flügel kommt zu- mal durch deren stark gewellten Aussenrand Smer. populi sehr viel näher. Die äusserst seltenen weiblichen Individuen dieses Bastards zeigen den Augenfleck der Hinterflügel in der Regel sehr schwach ausgebildet, bisweilen fehlt er bei ihnen fast vollkommen, so dass sie mehr an Smer. populi erinnern. Das Männchen dieses Hybriden sollte durch Rückkreuzung mit populi 2 wie mit ocellata 2 in seinen physiologischen Eigenschaften und Verwandtschaftsverhältnissen gegenüber den Ursprungsarten ein- gehender geprüft werden. Die reciproke Kreuzung, also die von Smer. populi L. & mit ocellata L. 2 zeigte in den Stücken, die mir bisher davon vor Augen kamen, ein Geschöpf, das sich von dem sehr variierenden dopuli nicht unterscheiden lässt. Es ist indes sehr zweifelhaft, dass diese Form eine durchaus konstante ist und zwar darum, weil Smer. austauti Stgr. d und atlanticus Aust. 2 kopuliert ebenfalls eine Form mit blindem Augenfleck der Hinterflügel ergeben (cfr. Austaut: Le Naturaliste. 1893. No. ı/VIII. p. 230— 231). Smer. austauti Stgr. ist aber doch wohl die algerische Lokalform von ‚Smer. populi L. und Smer. atlanticus Aust. die entsprechende Rasse von ‚Smer. ocellata L. Auch in ganz absurden Kreuzungen gefällt sich dann und wann die Natur, so beobachtete ©. Kitzenberg (Genthin, Prov. Sachsen) eine Paarung von Sphinx pinastri L. 3 und Smerinthus tiliae L. 9, lebende Brut erfolgte natürlich nicht daraus. Auch Sphinx hgustri L. 8 und Smer. ocellata L. 2 (Entomo- logist. 1842. p. 357) wurden bereis zweimal im Freien in Paarung gefunden, auch zweimal in der Gefangenschaft zur Kopulation ge- bracht (Carstanjen, Leipzig; — Selmons, Latsch), selbstverständlich auch ohne Nachkommenschaft zu ergeben. Unter den Zygaeniden kann jeder fleissige Sammler, und zwar im Genus Zygaena sowohl wie im Genus /no, dann und wann hybride Kopulationen im Freien beobachten. Ich habe aus einer im Freien gefundenen Copula von Zyg. tri- foli Esp. & und fılipendulae L. ? (cfr. Tafel III, Fig. 53 Zyg. hybr. escheri Stdfs.) eine Anzahl Falter erzogen, die eine ausgesprochene Zwischenform zwischen den beiden Ursprungsarten bilden. Ziemlich häufig habe ich in grösseren Bestimmungssendungen Individuen er- halten, wiederholt auch selbst solche gefangen, namentlich aus der Gruppe: trifolii Esp., lonicerae Esp., stoechadis Bkh., flipendulae L., angelicae O., transalpina Esp., die wohl keiner dieser Arten rein an- gehörten; ja selbst Vermischungen mit den ferner stehenden pzlosellae Esp. und achilleae Esp. liessen sich in selteneren Fällen mit hoher Wahrscheinlichkeit nachweisen. Zumal eine breite Zone am Südfusse der gesamten Alpenkette scheint für die Entwickelung hierher gehörender Formen ungemein günstige Bedingungen zu bieten, Lokalitäten, die durch die Herren Grafen Turati sehr fleissig in entomologischer Beziehung durchforscht werden. Ihnen verdanke ich die Einsicht reichhaltigen und hoch- interessanten diesbezüglichen Materiales. Vom Genus /no beobachtete ich siatices L. d und globulariae Hb. 2 bei Zürich in Copula. Auch ganz heterogene Paarungen bei diesen Familien finden sich in jenen norditalienischen Gegenden wie die von Syntomis phegea L. & mit Zygaena filibendulae L. 2 und carniolica Se. 2; Brut resul- tierte nicht. Die Bombyciden erweisen sich in weiten Schichten als die zur Hybridation geneigteste Familie. Es gelang mir, Nemeophila plantaginis L. d mit russula L. $, sowie Arctia caja L. d mit flavia Fuessl. ? zu anscheinend ganz normaler Copula zu bringen, aber die reichlich abgelegten Eier er- gaben keine Räupchen. Umfangreichere Experimente liegen im Genus Spilosoma vor. Von Spilos. fuliginosa L. 8 und luctuosa H. G. 2 erhielt ich wohl viele Eier, aber keine Brut. Hingegen erreichte Arist. v. Caradja: ı) von /uctuosa H. G. & und mendica var. rustica Hb. 2, 2) von der umgekehrten Kreuzung, 3) von luctuosa H. G. 8 und mendica Cl. 2, sowie 4) von der umgekehrten Kreuzung zahlreiche Eier so- wohl als Raupen, aber die Zuchten konnten bisher noch nicht bis zum vollkommenen Insekt geführt werden (Caradja: Societ. Entomol. Zürich 1893. No. 12; 1894. No. 7). Ueber wiederholte Kreuzungen zwischen Sp2los. urticae Esp. & und menthastri Esp. 2 berichtet Schreiner: Stett. Ent. Zeitschr. Bd. 14. p. 140. Herr Amtsrichter Püngeler von Rheydt (Aachen) erzog von Fumea nitidella Hof. & und affınis Reutti 2, wie aus der reciproken Paarung eine Anzahl nur männlicher Falter, welche sämtlich ohne Ueberwinterung der Raupen zur Entwickelung gelangten, während die Raupen beider Grundarten ausnahmslos überwinterten, die von Fumea affınis Reutti teilweise sogar zweimal. - Bombyx franconica Esp. d gepaart mit castrensis var. venela Stdfs. 2, ferner die umgekehrte Hybridation, sowie die Kreuzung von neustria L. & mit franconica Esp. ? und mit var. veneta Stdfs. ? erreichte ich in einer ganzen Anzahl von Fällen (cfr. Standfuss: Stett. Ent. Zeitschr. 1884. p. 195— 199) und erhielt reichlich Raupen aus allen vier Kopulationen. Nur die Nachkommenschaft von Bomb. var. veneta 3 und franconica 2 vermochte ich nicht bis zur Imago zu er- ziehen. Herr Selmons (Latsch, Bergün) brachte sowohl Bombyx al- picola Stgr. 8 mit castrensis L. 2 als auch castrensis L. & mit alpi- cola Stgr. 2 zur Paarung, leider ergaben die Eier nichts (cfr. Selmons: Soeiet. Entomol. Zürich. IX. Jahrg. 1894. p. 156). Sonst wurde noch aus dem Genus Bombyx: quercus L. & und trifolii Esp. $ zur Hybridation gebracht und ein weiblicher Falter daraus erzogen (Wagner, Zeulenroda). Als Kuriosum ist hier noch zu erwähnen, dass Herr Stabsarzt Löffler Lasiocampa dini L. 8 und Psilura monacha L. 2 im Grune- wald bei Berlin in Copula fand (cfr. Dönitz: Berlin. Entom. Zeitschr. 1888. p. 24). Die Saturniden stellen die meisten und am ältesten bekannten Mischlinge. Schon Ochsenheimer (cfr. Die Schmetterlinge von Europa. 1810. Bd. II. p. 9; 1816. Bd. IV. p. 192 u. 193) weiss davon; später 1856 etc. beschäftigten sich die beiden bekannten ungarischen Entomologen, die Brüder Ludwig und Rudolf Anker fleissig mit der Zucht der Saturnien-Hybriden (cfr. Katter: Entom. Nachricht. Steffek [Budapest] 1878. p. 130. 131; Umgelter [Brünn] 1878. p. 175). Bekannt waren damals nur die Kreuzungsprodukte von Sat. spini Schiff. d und Pyri Schiff. 2 (hybr. major O.) und von spini Schiff. & und davoniaL.%, die letztere lediglich aus bereits herangewachsen im Freien aufgefundenen Raupen erzogen (hybr. hybrida O. cfr. Taf. II, Fig. ı u. 2). Ueber hybr. hybrida O. publizierte dann L. Aigner (Buda- pest) einige neuere Beobachtungen (cfr. Societ. Entomol. Zürich 1880. P- 57 u. 58; 1889. p. 56 und 57). Im Jahr 1891 brachte ich Sat. pavonia L. & mit Pyri Schiff. 2 (cfr. Taf. I, Fig. ı—4; Taf. IN, Fig. ı3 u. 14) und 1892 auch mit sßini Schiff. 2 zur Paarung (cfr. Taf. II, Fig. 3—5; Taf. II, Fig. g u. 10). Das Ergebnis der ersten Kreuzung nannte ich in den beiden sich ergebenden verschiedenen Formen: Sat. hybr. var. daubii Stdfs. (efr. Taf. I, Fig. ı u. 2) und ‚Sat. hybr. var. emiliae Stdfs. (cfr. Taf. I, Fig. 3 u. 4; cfr. auch Entomol. Zeitschr. Guben 1892. p. 9 u. 10; sowie E. Hofmann, Grossschmetterlinge Europas. 1894. p. 63 und 64, Taf. 27, Fig. 62 u. 6b). Die Hybriden von Sat. pavonia L. d und spini Schiff. 2 sind als Sat. hybr. bornemanni Stdfs. von mir vorläufig in E. Hofmann ]. c. p. 64 beschrieben worden (cfr. Tafel II, Fig. 3, 4, 5 und Tafel III, Fig. 9 u. 10; cfr. weiter im folgenden den speciellen Abschnitt über diese Form). Ferner gelang es mir dann 1893, von ‚Sat. hybr. var. emiliae & und pavonia 2 Nachkommen zu erhalten, die mein Freund M. Wis- kott als Sat. hybr. standfussi Wsktt. publizierte (cfr. Wiskott: Iris, Dresden. 1895. Bd. VII. Heft 2. p. 237—240, ferner E. Hofmann |]. c. p- 64 und weiter Taf. II, Fig. 6 u. 7 dieses Buches, sowie die später- hin gemachten Mitteilungen). Die Hybridation zwischen Sat. hybr. var. emiliae 8 und Pyri 2 gelang 1893 ebenfalls, aber es schlüpften keine Räupchen aus, erst 1894 wurde Brut in sehr geringer Anzahl auch aus dieser Rück- kreuzung erreicht. Der ansehnliche und schöne Spinner. ist im fol- genden als ‚Sat. hybr. risii Stdfs. eingehend charakterisiert (cfr. Taf. IV, Fig. 1—3). Auch von ‚Sat. hybr. bornemanni Stdfs. & und pavonia L. 2 wurde Nachkommenschaft erreicht, allein sie starb sämtlich vor oder in der letzten Häutung an Infektionskrankheit. Höchst merkwürdig war es, dass auch ‚Sat. pavonia L. & und Actias isabellae Graälls ? Brut miteinander zu zeugen vermochten. Von 98 Eiern, welche das gepaarte Actias isabellae 2 ablegte, schlüpften 7 Räupchen aus, leider gelang es nur, dieselben bis zum Eintritt der zweiten Häutung zu erziehen, dann gingen sie zu Grunde (cfr. Taf. III, Fig. 6). Endromis versicolora L. 8 und Aglia tau L. 2 brachte ©. Her- mann (Heinrichau, Schlesien) zur Hybridation, ebenso Aglia tau L. & und Sat. pavonia L. 2, allein ohne weiteres Resultat. In dem so wundervollen April 1894 führten meine Experimente zu sechs Paarungen von Aglia tau L. 8 und Sat. pavonia L.$, und zu sieben Kopulationen der reciproken Kreuzung. Die erste Bastar- dierung lieferte über 800, die zweite etwa 500 Eier; aber, obwohl die- selben teilweise in durchaus normaler Weise abgesetzt wurden, so schlüpfte doch auch nicht ein einziges Räupchen davon aus. Hybriden von Drepana curvatula Bkh. & und falcataria L. 2 werden in der Stett. Ent. Zeitschr. 1858. p. 231 und 4ıı von Apetz (Altenburg) genannt und solche von Harp. vinula L. 8 und erminea Esp. 2 in den Annalen d. 1. Societ. Entom. d. France. 1856. p. 19-32 (von A. Guillemot). Vor wenigen Jahren sind Bastarde von Noto- donta torva Hb. & und dromedarius L. 2 erzogen worden, leider ist mir der Züchter nicht bekannt. Von den Noctuiden wird eine Hybridation zwischen Orthosia pistacina ab. rubetra Esp. & und Miselia oxyacanthae L. 2 (Katter, Entom. Nachrichten. 1878. p. 20. Stockmayer, Lichtenfels) genannt und es sind von den Entomologen wohl noch manche andere Kreu- zungen in der freien Natur beobachtet worden, doch scheinen sichere Hybriden vom Ei auf bisher von den Noctwiden nicht erzogen worden zu sein. Von den Geometriden wurden aus der im Freien gefundenen Paarung zwischen Biston hirtarius Cl. 8 und Domonarius Hb. 2 (A. Hermann, Heinrichau) von Herrn A. Pilz (Tadelwitz bei Diers- dorf, Schlesien) sehr interessante Falter erzogen (cfr. Stdfs. Entomol. Zeitschr. Guben. IV. Jahrg. 1891. No. 21. p. 142 u. 143, und V. Jahrg. 1891. No. 13. p. 109 u. ııo. Biston hybr. Pilzii Stdfs. Taf. III dieses Buches, Fig. ı u. 2). Es ist dies wohl der einzige bisher gezüchtete Bastard aus der Familie dr Geometriden, welcher schon viele Jahre früher auf der Promenade von Breslau in einem männlichen Exemplar gefangen wurde ‘(Friedrich’sche jetzt Wiskott’sche Sammlung;). Dieses Stück blieb unbestimmt bis zur Aufzucht des Biston hybr. Dilzii Stdfs. Nicht übergehen *) möchte ich, dass auch Smerinthus (Calasym- bolus) astylus Drur. 8 und Smerinthus ocellata 2, Antheraea pernyi Guer. und yamamai Guer., sowie Actias selene und luna L., ferner Pla- tysamia cecropia L.g mit gloveri 2 und ceanothi Behr 2 zur Copula gebracht (letztere drei Hybridationen von Emily L. Morton, New-York) und eine Anzahl Falter aus den erhaltenen Eiern erzogen wurden. Antheraea (Saturnia) yamamai wird übrigens als äusserster Grenzwächter zur paläarktischen Fauna gerechnet. Von Herrn M. Paul (Sion, Wallis) erhielt ich ein Exemplar des Genus Ascalaphus, also ein Neuropteron, das ich mit voller Bestimmt- *) cfr. Seitz, Ad.: Allgemeine Biologie der Schmetterlinge. III. Teil. Fort- pflanzung. Zoolog. Jahrbücher von Prof. Dr. Spengel. VII. Bd. p. 823-851. Von ganz absurden Paarungen werden in dieser schönen Arbeit noch folgende genannt: Platysamia cecropia L. d mit Sphinx higustri L. 2; Agrotis baja F. mit Leucania pallens L.; Hybernia marginaria Bkh. mit Orrhodia vaccıniı L.; Ocneria dispar L. mit Pieris brassicae L. — (5 = heit für einen Hybriden von Ascalaphus cocajus Wien. Verz. und longicornis L. halten möchte. 2. Mitteilungen bezüglich der in ihrer Entwickelung beobachteten Hybriden. Die unmittelbar nach der hybriden Paarung erfolgenden Vor- gänge waren bei einem speciellen Falle im wesentlichen diese: Im Jahre 1882 brachte ich in Monterotondo bei Rom, wo ich mich bei meinem Freunde H. Calberla mehrere Monate aufhielt, die d$ von Bombyx neustria L. in vierundzwanzig Fällen zur Paarung mit den 2? von Bombyx franconica Esp. Sofort nach der fünf bis höchstens fünfzehn Minuten dauernden Paarung begannen die 22 einen Ort zum Ablegen der Eier zu suchen. Sobald sie diesen an einem der bereit gelegten dürren Zweige gefunden zu haben meinten, liefen sie in bekannter Weise mit dem Legeapparat tastend auf und ab, bis sie sich festsetzten. So weit verhielten sich die Tiere alle wesentlich gleich; doch nun traten nach einigen Richtungen hin Verschiedenheiten auf. Einige ?? mühten sich in dieser Stellung vergeblich ab, die Eier abzulegen, fielen nach einiger Zeit zappelnd zu Boden und waren nach drei oder vier Stunden gänzlich abgestorben, während doch sonst diese, Falter erfahrungsgemäss sehr zählebend sind und, selbst vergiftet, wenigstens in ihrem Legeapparat noch tagelang Lebensthätigkeit zeigen. Andere ?? starben zwar nicht ab, legten aber trotz vorangegangener Paarung gar keine Eier. Wieder andere legten zunächst nur etwa 6—-ı2 und erst nach einer zweiten Paarung den Rest ihrer Eier. Die übrigen 22 endlich legten alle ihre Eier in durchaus normaler und wohlgeordneter Weise ab. Es zeigten sich also hier bei der hybriden Paarung derselben bei- den verschiedenen Arten alle möglichen Stufen von der durch die Kopulation eintretenden Vernichtung des weiblichen Individuums an bis zu dem Ergebnis einer durchaus normalen zwischen dd und 92 derselben Art stattfindenden Begattung (cfr. Standfuss: Stett. Entom. Zeit. 1884. p. 195—199). Der unter Umständen erfolgende Tod des ? dürfte wohl durch den hornigen Genitalapparat des männlichen In- dividuums veranlasst werden, durch welchen der nicht vollkommen zupassende weibliche Organismus unter Umständen direkt zerstört wird. u Die nach hybrider Paarung abgesetzten Eier scheinen ' niemals sämtlich lebensfähige Raupen zu ergeben, vielmehr schwankt ‘die Lebensfähigkeit sogar hinsichtlich der Eier aus der gleichen Kreuzung im allgemeinen etwa zwischen o und 50°\. Das glücklichste Resultat, welches ich bisher bei allen ein- schlägigen Experimenten zu verzeichnen hatte, erreichte allerdings 98 %o- Es werden diese Thatsachen hier darum ganz ausdrücklich ange- führt, um der Annahme vorzubeugen, dass die im vorigen Abschnitte als steril genannten Hybridationen zwischen zwei derselben Gattung angehörenden Arten unter allen Umständen steril ausfallen müssten. Nur die Kreuzungen zwischen Arten von sehr verschiedenen Gattungen, wie z.B. Sphinx und Smerinthus, Syntomis und Zygaena, Endromis und Aglia, Aglıa und Saturnia etc. dürften wohl niemals zu einer entwickelungsfähigen Nachkommenschaft führen. Dass noch sehr verschiedenartige Geschöpfe miteinander Brut zu zeugen vermögen, beweist ja zur Genüge die Kreuzung von Sat. pavonia L. & und Actias isabellae Graälls 2. Nächst dem schon rein äusserlich und mechanisch nicht zu ein- ander passenden Genitalapparat dürfte ein weiterer Grund für den sterilen Ausgang hybrider Kopulationen in der Beschaffenheit der Micropyle der in Frage kommenden Eier zu suchen sein, welche etwa zu klein ist für das betreffende Spermatozoon oder anderweit für dessen Eintritt ungeeignet. Endlich wird auch anzunehmen sein, dass die Plasmata weit verschiedener Arten ebensowenig geneigt und fähig sind, sich miteinander zu vereinigen, wie manche chemische Körper untereinander, um einen gröberen Vorgang zur Vergleichung mit diesem äusserst komplizierten physiologischen heranzuziehen. Jedenfalls dürften die der Verbindung ungünstigen, oder diese un- möglich machenden Faktoren zu suchen sein: erstens in äusseren morphologisch-anatomischen, zweitens in histologisch-mikroskopischen, drittens in molekulären Differenzen. Um den gesamten Entwickelungsgang der Brut aus hybrider Paarung in einem zusammenhängenden Bild zu geben, sind in dem folgenden Kapitel einige charakteristische Mischlinge vom Ei bis zur Imago besprochen. Es wäre mir gar nicht möglich, hier noch eingehendere Mit- teilungen über die ersten Stände der in der Gefangenschaft erzogenen Hiybriden zu bringen, da die Züchter meist versäumt haben, genügende Beschreibungen zu liefern, welche ohne fortwährende Vergleichung SE der gleichzeitig gezüchteten Ursprungsarten gar nicht möglich sind (cfr. über die Entwickelung des Hybriden e cop. Smer. ocellata &, populi 2: House: Trans. Entom. Soc. III. p. 193; abgedruckt Stainton: Weekly Intelligencer. 1858. p. 77). Zu so umfangreichen Studien fehlt eben dem entomologischen Liebhaber bei seinen nur knapp ge- messenen Mussestunden die Zeit und der Entomologen von Fach giebt es aus begreiflichen Gründen sehr wenige. Zudem sind, wie wir im vorigen Abschnitte gesehen haben, einige hybride Formen nur aus in der Freiheit bereits ziemlich herangewachsen aufgefundenen Raupen erzogen worden und es ist von allen früheren Entwickelungs- stadien derselben überhaupt nichts bekannt. Bis zum Falter scheinen 24 aus verschiedenen Kreuzungen stam- mende Bastardformen bisher erzogen worden zu sein. Der äusseren Erscheinung nach stellen diese Falter im allge- meinen eine „Zwischenform“ zwischen den zeugenden Arten dar: eine „Zwischenform“ aber keine „Mittelform“. Wie es schon alther bekannt ist, dass das Kreuzungsprodukt von Pferdehengst und Eselstute: „der Maulesel“ ein wesentlich anderes Gepräge hat wie der Abkömmling von Eselhengst und Pferdestute: das „Maultier“, so scheint es durch- weg auch mit diesen leichtbeschwingten, kleinen Lebewesen zu stehen. Die Kreuzung von A d und B 2 giebt nicht das gleiche Geschöpf wie die von B & und A 2. Männchen und Weibchen üben also nicht gleich starke Einwirkung auf das Gepräge ihres Abkömmlings aus, sie sind bei der Zeugung nicht gleichwertige Grössen (cfr. Stand- fuss, Mitteil. der Schweizer. Entomol. Gesellschaft. ı892. Bd. VII. H. 10). Von den 24 verschiedenen bisher grezüchteten Hybriden lieferten fünf nur männliche Individuen: ı) Dei. porcellus L. & elpenor L. ?. 2) Smer. austauti Stgr. & atlanticus L. 2 (hybr. var. metis Aust. und var. deleta Aust.). 3) Fum. nitidella Hof. 3 affınis Reutti 2. 4) Fum. affınis Reutti 8 nitidella Hof. 2. 5) Bomb. neustria L. 8 franconica Esp. 2 (hybr.*) caradjae Stdfs. Taf. II, Fig. 3). Fünf im Gegensatz dazu lediglich eine weibliche Form, deren Ovarien indes entwickelungsfähige Eier nicht enthalten: *) Ich benannte diese Hybriden nach meinen Freunden den Herren Aristides von Caradja in Tirgu Neamtu (Rumänien) und nach Herrn Direktor C. Schaufuss in Cölln bei Meissen (Sachsen). 6) Bomb. neustria L. 8 castrensis var. veneta Stdfs. ? (Bomb. hybr.*) schaufussi Stdfs. Taf. III, Fig. 4). 7) Bomb. franconica Esp. & var. veneta Stdfs. 2. 8) Bomb. quercus L. & trifoli Esp. 2. 9)**) Sat. dyri Schiftl. 8 Pavonia L. 2 (Sat. hybr. media Stgr.; cfr. Hof., Grossschmetterl. Europas. 1894. p. 63). 10) Drepana curvatula Bkh. & falcataria L. ?. Weitere sieben Hybriden sind in einer männlichen und in einer überwiegend erheblich selteneren, jedenfalls aber stets sterilen weiblichen Form bisher beobachtet: ı1) Deil. eubhorbiae L. & vespertilio Esp. 2 (hybr. epiobii B. cfr. Hofm., Raupen Europas. Taf. 48, Fig. ı1). ı2) Deil. hippophaes Esp. 8 vespertilio Esp. 2 (hybr. vespertilio- ides B). 13) Smer. ocellata L. & populi L. 2 (hybr. hybridus Westwd). 14)***) Sat. spini Schiff. 4 dyri Schiff. 2 (hybr. major O. cfr. Katter. 1878. p. 130, 131, 175). 15) Sat. spini Schiff. 4 Pavonia L. 2 (hybr. hybrida O. cfr. Hofm., Grossschm. Europas. p. 63; ferner cfr. Taf. II, Fig. ı u. 2 dieses Buches). 16) Harp. vinula E. & erminea Esp. 2. 17) Notod. dromedarius 1. 8 torva Hk. 2. Bei diesen siebenzehn Mischlingen wäre also an eine Fortpflan- . zung der Bastarde in sich, soweit unsere Kenntnis dieser Formen gegenwärtig reicht, nicht zu denken. Die Brut von: 18) Smer. populi L. 8 ocellata L. ?. 19) Sat. pavonia L.& dyri Schiff. (Sat. hybr. var. daubiüi Stdfs. und var. emiliae Stdfs. cfr. Taf. I, Fig. ı—4). 20) Sat. pavonia L. & spini Schiff. 2 (Sat. hybr. bornemanni Stdfs., cfr. Taf. II, Fig. 2-5) *) Siehe Anm. auf S. 62. *+) Zwei weibliche Individuen, das eine in der Sammlung des Herrn Dr. O. Staudinger, das andere in der meines Freundes Wiscott, sind zwar unzweifel- haft aus der Raupe erzogen worden, aber bereits vor mehreren Jahrzehnten, und es sind deren Ursprungsarten nicht mit Sicherheit überliefert. ***) Die Raupe (nach Anker) so gross wie Zyri, ihre Behaarung halb so lang, Körper schwarz mit erbsengrün gemischt. Die Ringe veilchenblau, die Warzen und der Kopf bald grün, bald ins Schwarze übergehend, bald in beiden Farben gemischt. Es handelt sich danach um ein Geschöpf, das, von der Grösse abge- sehen, offenbar vielmehr an sfr: als an Zyri erinnert. ergiebt männliche und weibliche Exemplare in den normalen Ver- hältniszahlen, aber von den weiblichen Stücken scheinen nur ganz ausnahmsweise einzelne Individuen wenige nicht normal ausgebildete Eier zu besitzen. Nur ein einziges Sat. hybr. bornemanni Stdfs. 2 legte thatsächlich nach der Paarung mit seinem d ı6 durchaus krüppelhaft gebildete Eier ab, aus denen sich keine Raupen ent- wickelten. Die Nachkommenschaft von: 21) Zyg. trifolii Esp. & Juipendulae L. ? (Zyg. hybr. escheri*) Stdfs., cfr. Taf. III, Fig. 5), 22) Bist. hirtarius Cl. 8 pomonarius Hb. ?$ (Bist. hybr. pilzü Stdfs. cfr. Taf. II, Fig. ı u. >) (beide Hybridationen — und das ist bemerkenswert — in der freien Natur aufgefunden), ist im weiblichen Geschlecht anscheinend ent- wickelt, allein ihre Fortpflanzungsfähigkeit ist bisher durch Experiment nicht nachgewiesen, und da die faunistischen Beobachtungen ebenfalls dagegen sprechen, so hege ich nach allen bisher in dieser Richtung von mir gesammelten Erfahrungen auch an der Fertilität dieser weib- lichen Individuen starken Zweifel. Wie es mit den männlichen Individuen der Hybriden in. dieser Beziehung bestellt ist, werden wir im folgenden Kapitel zu beleuchten haben. Der Vollständigkeit halber müssen wir vorgreifend hier noch zwei : weitere in ihrer Entwickelung beobachtete Hybriden anschliessen. 23) Sat. hybr. var. emiliae Stdfs. 8 Dyri Schiff. 2 (Sat. hybr. risii Stdts., cfr. Taf. IV, Fig. ı—3). 24) Sat. hybr. var. emiliae Stdfs. 8 pavonia L. 2 (Sat. hybr. standfussi Wsktt., cfr. Taf. III, Fig. 6—7). . Also zwei Hybriden, welche einen echten Bastard zum Vater und die Weibchen der Ursprungsarten dieses Bastards zu Müttern haben. Die beiden bisher bekannten $? von Sat. hybr. risii habe ich nicht anatomiert, sie dürften aber, nach später auszuführenden Merk- malen zu urteilen, nicht fortpflanzungsfähig sein. Das 2 von Sat. hybr. standfussi, ein Unicum, legte Eier ab und da die 4 wohl sicher fortpflanzungsfähig sind, so wäre es wohl *) Benannt nach meinem hochverehrten Freund Herrn J. Escher-Kündig in Zürich. möglich, dass dieser Hybride eine in sich fortpflanzungsfähige Form darstellt. Diese Fortpflanzungsfähigkeit steht indes unzweifelhaft hinter der der beiden genuinen ursprünglichen Arten davonia L. und dyri Schiff. sehr erheblich zurück, da der Eierschatz offenbar ein sehr viel ge- ringerer, etwa nur der zehnte Teil ist als bei diesen. Sicher ist, wie die vorstehenden Untersuchungen ergaben, die Fortpflanzungsfähigkeit keines einzigen Hybridenweibchens, welches aus der Kreuzung zweier genuiner, der freien Natur entnommener Arten hervorging, bisher experimentell festgestellt worden. In Haeckel’s Natürlicher Schöpfungsgeschichte (VII. Aufl. p. 131. Berlin 1879) findet sich die Bemerkung, dass echte Bastarde aus dem ‘Genus Zygaena und Saturnia in sich fortpflanzungsfähig seien. Ich zweifle, dass diese Aussage auf der Basis sorgfältiger entomologischer Beobachtungen ruht, es müsste mir durch die eigenen, seit Jahren ‚gemachten Versuche oder aus der Litteratur etwas Positives über ‚diese Thatsachen bekannt geworden sein. Die bisher wohl meist als echte Hybridform angesehene Ocnogyna zoragena Stgr. von Ocnog. hemigena Grasl. 3 und zoraida Grasl. 9, welche durch zweimalige Inzucht in der Gefangenschaft weiter er- zogen wurde, halte ich ebenso wie Callimorpha var. romanovi Stdfs. und Spilosoma var. standfussi Cardj. für das Kreuzungsprodukt zweier Lokalformen derselben Art und komme daher erst später in dem diesbezüglichen Abschnitte auf diese Formen zurück. Weder die früheren Stände, noch die Falter*) geben genügenden Anhalt da- für, bei hemigena und zoraida die specifische Trennung als vollzogen zu betrachten, namentlich zeigt auch der männliche Genitalapparat keine greifbare Differenz. Beide Formen haben weitgetrennte Flugorte, hemigena: Ost- Pyrenäen, zoraida: Gebirge Andalusiens, und so dürften sie richtiger als zwei Lokalrassen derselben Art zu fassen sein. *) Die in der Regel ausgebildeteren Flügel des @ von Ocnog. zoraida gegen- über denen des @ von kernigena können eine specifische Scheidung nicht begrün- den, denn der Grad der Verkümmerung der weiblichen Flügel schwankt bei manchen Arten gelegentlich sogar an derselben Lokalität sehr erheblich. Von Agrotis fatidica Hb. erzog ich aus gefundenen Puppen weibliche Individuen mit äusserst rudimentären und dann stets dunkelbraun gefärbten Flügeln und aus zu gleicher Zeit an gleichem Ort (Furcapass) gesammelten Puppen Stücke mit recht vollkommen entwickelten und dann stets wie die männlichen hellgrau ge- färbten Flügeln. Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. 5 ee 3. Eingehende Besprechung einiger speciellen Fälle der Hybridation und der Hybriden. Um wenigstens einigermassen eine tiefere Einsicht in den Weg zu gewinnen, welcher von der Natur bei dem Aufbau der Lebewesen, die aus der Kreuzung zweier verschiedener Arten hervorgehen, ein- geschlagen wird, habe ich in den letzten ıo Jahren eine Anzahl von Hybridationen in dem Genus Saturnia herbeigeführt und deren Er- gebnisse untersucht. Es wurde bei diesen Experimenten, die zu den schwierigsten praktisch biologischen Studien der Entomologie gehören, von den Männchen der Saturnia pavonia L. ausgegangen, welche in einer Reihe von Fällen sowohl mit den Weibchen der Sat. spini Schiff. als auch mit denen der ‚Sat. dyri Schiff. gekreuzt wurden. Weitere Hybridationen schlossen sich dann ganz naturgemäss infolge der ge- wonnenen Resultate diesen ersten Versuchen an. Wir wenden uns zunächst zu: I. Satwrnia hybr. cop. { DEE Sen &, Aien) — bornemanni Std. (cfr. Taf. II, Fig. 3, 4, 5; Taf. II, Fig. 9, 10.) «) Das Ei. Die von Sat. spini Schiff. 2 nach der Paarung mit ‚Sat. Bavonia L. g abgelegten Eier unterscheiden sich äusserlich in Nichts von den nach einer normalen Kopulation mit ‚Sat. spini & abgelegten Eiern eines Sat. spini 2. Erfolgt die Eierablage von dem hybridisierten Weibchen bald und in ganz regulärer Weise, das heisst in wohlge- ordneten Partien von etwa 30—70 Stück, welche dann ziemlich dicht mit Afterwolle überzogen werden, so kann man auf die Ent- wickelung von 60—85 °/, lebensfähiger Räupchen rechnen. Werden die Eier aber vondem gekreuzten Weibchen erst nach Ver- lauf von vielen Stunden und sehr verstreut und planlos an- und über- einander geklebt, wobei sich dann auch die Afterwolle nur in lockeren, einzelnen Flocken an den Eiern vorfindet, so ergeben die letzteren in der Regel gar keine Raupen, oder doch nur sehr wenige. ß) Die Raupe. Es empfiehlt sich, den Einzelschilderungen der verschiedenen Raupenformen das denselben Gemeinsame vorauszuschicken, weil dadurch grössere Kürze der Specialbeschreibungen möglich wird: Die Raupen aller uns hier interessierenden Saturnien-Arten so- wohl wie deren Hybriden machen je vier Häutungen durch; dazu tritt noch das aus dem Ei bereits mitgebrachte Kleid, so dass wir durchweg bei jeder Form von fünf Kleidern sprechen können. Weismann (cfr. Weism., Ueber die letzten Ursachen der Trans- mutationen. p. 160-169. Leipzig 1876. Wilh. Engelmann) beobachtete bei der Genueser Form von Sat. (carpini) pavonia L. (var. ligurica 'Wsm.) fünf Häutungen; ich konnte fünf Häutungen nur in einem einzigen Falle (cfr. Wiskott, Iris, Dresden. 1894. p. 238), der später noch zur Besprechung gelangen wird, feststellen. Der Bau der Raupen ist im allgemeinen durchaus der gleiche, nur sind die charakteristischen Merkmale der Gruppe bei den ver- schiedenen Arten und Hybriden dieser Arten in verschieden hohem Grade ausgeprägt. Der gesamte, cylindrisch geformte Körper besteht aus ı4 Ringen oder Segmenten, wenn der Kopf, wie es geschehen muss, als besonderer Ring; gerechnet wird. Von diesen Ringen trägt der zweite bis dreizehnte je 6 in einem halbkreisförmigen Gürtel um den Leib stehende „Höcker“. Einer derselben befindet sich dicht unterhalb der Stigmen jederseits, die 4 übrigen, in etwa gleichem Abstande von jenen wie unter- einander, krönen die Höhe des Rückens. Der letzte Ring besitzt auf jeder Seite der „Afterklappe“ — einer verhornten Stelle über dem After — nur einen, häufig sehr wenig ausgeprägten Höcker. Den Abschluss jedes Höckers bildet ein namentlich in den letzten Kleidern der Raupe bunt gefärbter, von feinen Poren durchbrochener “ und mit kurzen „Dornen“ unregelmässig: in seiner Mitte und stern- förmig an seinem Rande besetzter „Knopf“. Von dem zweiten Kleide ab, mit den Häutungen stets an Grösse wachsend, gestalten sich 2 (bisweilen auch mehr) der auf der Mitte jedes Knopfes stehenden Dornen zu langen, steifen, brüchigen „Borsten“ um. Das Knopfpaar auf der Höhe des Rückens vom fünften bis elften Segment behält indes stets seine kurzen Dornen bei. Die Höcker samt ihren Knöpfen werden in der entomologischen Litteratur meist als „Warzen“ bezeichnet. Das zweite bis letzte Ge- wand der Raupen zeigt kurze, feine, über den ganzen Körper un- regelmässig verstreute Härchen, die aber erst am fünften Kleide leichter bemerkbar sind. Stigmen weist das zweite und das fünfte bis zwölfte Segment auf. Der zweite bis vierte Ring trägt die Brustfüsse, der siebente bis zehnte die Bauchfüsse, der vierzehnte die Nachschieber. Die Nachschieber sind dicht über dem weichen, ausstülpbaren 5* a Fussteil mit einer verhornten, dreieckigen Platte versehen. In eine ebenfalls verhornte, dreieckige Platte, die bereits genannte „After- klappe“ läuft auch das Körperende zwischen den Nachschiebern aus. Ferner finden sich Hornplättchen an den entsprechenden Stellen der Bauchfüsse und weiter eine halbkreisförmige, durch eine Mittellinie in zwei Quadranten geteilte verhornte Fläche hinter dem Kopf: das Nackenschild. Die Unterscheidungsmerkmale der verschiedenen Raupenformen liegen nun namentlich ı) in der Färbung des Körpers, 2) in der Fär- bung und Grösse der Höcker, wie deren Knöpfe und 3) in der Grösse und Form der Borsten. Erstes Kleid der Raupe der Sat. hybr. dornemannz Stdfs. Die gesamte Färbung des dem Ei frisch entschlüpften Räupchens oberseits wie unterseits ist schwarz. Die kleinen Knöpfe der sehr wenig hervorragenden Höcker sind stark glänzend, Kopf- und Brust- füsse mattglänzend schwarz. Nach der ersten Häutung hin wird das Schwarz der Körpergrundfarbe allmählich fettglänzend. k Von der gleichaltrigen Sat. sfini-Raupe (von Wien) unterscheidet sich diese Hybridenraupe in nichts. Die ganz kleine ‚Sat. Pavonia-Raupe (von Zürich)*) ist ebenfalls allseitig einfarbig schwarz. Die weniger kleinen Knöpfe mit ihren Dornen sowie Kopf und Brustfüsse sind glänzend schwarz. Die schwarzen Höcker ragen etwas stärker hervor. Beim Heranwachsen erhält die Grundfarbe der Haut einen Stich ins Bräunliche, aber keinen Fettglanz. Zweites Kleid. Dem ersten durchaus gleich, nur finden sich jetzt in der Mitte jedes Knopfes an Stelle der Dornen schwarzgraue, in dieser Häutung freilich noch wenig steife Borsten ein. Die Knöpfe, auf denen diese Borsten niemals auftreten, sind in der allgemeinen Charakteristik dieser Raupenformen genannt und ich werde daher diese Thatsache im folgenden nie wieder besonders er- wähnen, sie ist auch aus den Abbildungen Taf. II, Fig. 7—ı6 er- sichtlich. Beim Heranwachsen gestaltet sich die Haut mehr und mehr fettglänzend. *) Die Raupe von Saz. Savozia variiert nach ihrer Provenienz ausserordent- lich, wie ich bei meinen Zuchten vielfach zu sehen Gelegenheit hatte (cfr. Weis- mann, Ueber die letzten Ursachen etc. l. c. p. 160-169). Ich wählte darum die Form der Züricher Raupen zur Vergleichung, weil die männlichen Falter dieser Züricher Form zur Hybridation benutzt wurden. ‘Wiederum fehlt jeder greifbare Unterschied gegenüber der Raupe von Sat. spini. Sat. pavonia bleibt ihrem ersten Kleide gleich, nur treten auch hier jetzt auf den betreffenden Knöpfen Borsten auf, welche dunkler gefärbt und stärker sind als bei den zwei vorstehenden Formen. Viele Individuen zeigen jetzt die Höckerreihe unterhalb der Lüfter in einem trüb-bräunlichen Farbenton. Drittes Kleid. Einfarbig schwarz und dem vorigen Kleid sehr ähnlich, nach der Häutung hin stellt sich Fettglanz ein. Die Borsten der obersten Knopfpaare sind schwarzgrau und etwas länger, immerhin aber noch nicht besonders auffällig. Die Borsten der untersten Knopfreihe zeigen sich durchweg, die der darüberliegenden teilweise weissgrau, so dass der Körper von weitem gesehen über und über in einem greisgrauen Farbenton erscheint. Die sehr ähnliche Sat. spini erhält nach der Häutung hin einen noch merklicheren Fettglanz und die Borsten treten bei ihr etwas lichter gefärbt auf. Sat. pavonia bleibt auch jetzt noch durchweg: schwarz*) mit glänzend schwarzen Knöpfen aller Höckerreihen. Es tritt aber nun in der Lage der untersten dieser Reihen konstant ein scharf ausge- sprochener, orangefarbener oder gelber (selten auch grüner) Seiten- streif auf, welcher meist vom fünften (bisweilen schon zweiten) bis zum zwölften (oder dreizehnten) Segment eine zusammenhängende Binde bildet. In dieser stehen die Knöpfe als schwarze Punkte. Die Borsten sind schwarz und wenn auch etwas kräftiger als bei den vorher geschilderten Formen doch im ganzen noch wenig hervor tretend. Auch gegen die Häutung hin verändert sich das Kleid kaum, nur das Schwarz der Grundfarbe stumpft sich unmerklich nach Braun oder Grau hin ab. Viertes Kleid (cfr. Taf. III, Fie. 9). Schwarz mit glänzend schwarzen Knöpfen, allein beim Heran- wachsen tritt fast gar kein Fettglanz ein, so dass die Raupe tief mattschwarz bleibt, unzweifelhaft eine gewisse Annäherung an den Typus der Sat. pavonia. Der Kopf ist einfarbig schwarz, oder nach dem Nackenschilde hin grün gefleckt, die Brustfüsse sind auch jetzt *) Raupen von anderer Provenienz (Budapest, Wien, Strassburg) erhalten in diesem Kleide häufig an den seitlichen Teilen des Rückens in der Lage der Warzengürtel gelbbraune Zeichnungen. noch schwarz. Ueber das Auftreten und die Färbung der Borsten ist das ganz Gleiche zu sagen wie bei dem vorhergehenden Kleide, doch werden dieselben nun schon ansehnlicher. Bisweilen finden sich In- dividuen, welche einen düster- orangefarbenen oder dunkelgrün ge- färbten Seitenstreif haben und dann, abgesehen von ihrer bedeuten- deren Grösse, an die Sat. pavonia im dritten Kleide einigermassen erinnern. Sat. spini (cfr. Taf. III, Fig. 7) gewinnt auch hier beim Heran- wachsen ihren starken Fettglanz wieder und erscheint dadurch wie in allen früheren Häutungen mehr grauschwärzlich. Einen weiteren kleinen Gegensatz gegen die Raupe des Hybriden bildet die Ueber- handnahme der grauweissen Borsten auf den beiden untersten Knopf- reihen. Trotz dieser Verschiedenheiten bleibt die Aehnlichkeit der beiden Raupenformen eine sehr frappante. Sat. pavonia (cfr. Taf. III, Fig. ıı) ist in diesem Gewande sehr variabel. Eine Anzahl bleibt überwiegend schwarz, zumal auf der Höhe des Rückens und auf der gesamten Unterseite des Körpers. Nur seitlich zwischen den Knopfgürteln und den Ringeinschnitten zeigen sich auch bei den schwärzesten Individuen meist einzelne grüne Flecke, in der Regel auch ein grüner Seitenstreif und schmale grüne Höfe um die schwarzen Knöpfe. Viel häufiger finden sich Uebergänge von den charakterisierten Stücken ab bis zu stark grün gefärbten, welche dann entweder aus- schliesslich gelbgrüne, schwarzgerandete Knöpfe haben, oder häufiger solche nur durchweg in der untersten Reihe und ebenso noch, von den ersten vier und letzten drei Segmenten abgesehen, in der darüber liegenden (cfr. Taf. II, Fig. ı1). Die Färbung des Kopfes, der Bauchseite und mit ihr der Bauch- füsse und Nachschieber unterliegt der gleichen Variabilität. Die in den ersten drei Kleidern stets schwarzen Brustfüsse zeigen sich bei diesem vierten Gewande rotbraun. Die schwarzen Borsten der oberen Knopfreihen sind lang und kräftiger als bei den beiden vorgenannten Formen. Die Borsten der untersten Knopfreihe sind grau oder graugelblich und weniger starr. Die Stigmen sind weiss- gelb, schwarz gefasst. Fünftes Kleid (cfr. Taf. III, Fig. 10). Körperfarbe schwarz, ohne Fettglanz bis zur Verpuppung, die Knöpfe gelbgrün, oder gelbrot bis tief ziegelrot. Diese Knöpfe sind, — 71 — wie dies auch von allen früheren Kleidern gilt, kleiner als bei gleich- grossen Individuen der Sat. pavonia und ausserdem zufolge geringerer Ausbildung der Höcker etwas weniger erhaben. Die Borsten der oberen Knopfreihen sind schwarz, an ihren Spitzen grau, die der,seit- lichen Reihen überwiegend grau. Der Kopf ist bisweilen grün, bis- weilen schwarz, aber auch grün und schwarz gefleckt. Die Brustfüsse sind dunkelrotbraun gefärbt, die Stigmen ziegelrot gefasst. Etwa 5; 0/, der Individuen weist einen grünen Seitenstreif auf, zu welchem sich gern auch grün durchschimmernde Stellen in halber Rückenhöhe zwischen den Knopfgürteln und den Ringeinschnitten gesellen. Es entsteht so eine Parallele zu gewissen Raupenformen der Sat. pavonia im vierten Kleide. Sat. spini (cfr. Taf. III, Fig. 8) ist im allgemeinen dem regulären ‚eben beschriebenen Typus recht ähnlich, nur verliert sie den Fett- glanz niemals bis zur Verpuppung, ebenso nicht die schwarze Färbung des Kopfes, der Brustfüsse, der Stigmen, während die Borsten einen etwas lichteren Farbenton als die des Hybriden zeigen. Das Kolorit der Knöpfe schwankt weniger und bewegt sich in der Regel zwischen Gelbrot und Ziegelrot. Die Knöpfe sind übrigens in diesem letzten wie in allen früheren Gewändern verhältnismässig kleiner und weniger erhaben als bei gleichgrossen Individuen der Sat. Davonia. Diese letztere (cfr. Taf. III, Fig. ı2) ist ziemlich konstant: heller oder dunkler grün mit schmäleren oder breiteren schwarzen Binden um den Leib in der Lage der Knopfgürtel bis zu den untersten Warzen herab. Die Bauchseite, bald mit, bald ohne einen schwärz- lichen mittleren Längsstreifen, zeigt durchweg ein trübes Grün. Die stark ausgebildeten und deutlich abgesetzten Knöpfe sind gelbgrün oder gelbrot bis tief ziegelrot, auch giebt es mancherlei Zwischen- farben. Die Borsten der oberen Knopfreihen sind schwarz, lang und steif, die der seitlichen Reihen lichter gefärbt und weniger kräftig. Der Kopf ist grün oder teilweise geschwärzt. Die Brustfüsse sind rotbraun, die Stigmen ziegelrot. Es ergiebt sich danach die nunmehr .in einer kleinen Anzahl von Punkten erfolgte Annäherung der Raupe des Hybriden an die von Sat. davonia. y) Die Puppe. ‘Wir müssen hier mehr auf die Gestalt des Cocons als die der eigentlichen Puppe eingehen, denn die erstere ist wesentlich charak- teristischer. Der nicht besonders feste und auf seiner Oberfläche viele Un- — 72 = ebenheiten zeigende Cocon der Sat. spini (cfr. Fig. ı) ist stark bauchig gebaut, so dass er von der Puppe bei weitem nicht ausge- füllt wird. Ferner setzt sich die gesamte Wandung des Cocons direkt in den in einzelne Fädenbündel zerschlissenen reusenartigen Hohlkegel fort, welcher dem entwickelten Falter als Ausschlüpföffnung dient. Sat. pavonia (cfr. Fig. 3) zeigt einen solideren, glattwandigeren und länger gestreckten Cocon, welcher von der Puppe besser gefüllt wird, immerhin aber noch viel leeren Raum enthält. Die Wandung des Cocons ist hier nach der Ausschlüpföffnung hin in zwei Lagen gespalten. Die innere der beiden Lagen baut, wie bei Sat. spini, die sich zu einer gemeinsamen Spitze zusammen- neigenden Fädenbündel auf. Die Basis dieser Fädenkomplexe bildet eine reguläre Kreislinie. Die äussere Lage*) hingegen setzt sich als feste, durchaus zu- sammenhängende Membran noch !/, bis ı cm lang über die Basis des inneren Hohltrichters hinaus fort, ohne über diesem einen zweiten Verschluss zu bilden. Es bleibt eine ziemlich weite Oeffnung. Fig. 2 Fig. 3. Fig. 1. 02} ‚Sat. spini Schift. Sat. hybr. bornemanni Stdfs. Sat. pavonia L. Der Hybride (cfr. Fig. 2) zeigt hinsichtlich Widerstandsfähigkeit, Aufbau der Wandung im einzelnen und Totalgestalt des Cocons eine Zwischenform. Es ist z. B. bei ihm die Fortsetzung der äusseren Coconwandung an der Oeffnung wohl vorhanden, aber nicht so regel- mässig durchgeführt wie bei Sat. Pavonia. I) Individuen von sehr südlicher Provenienz (Palermo, Neapel, Rom, Triest), welche ich 1882 und später zu Hunderten selbst erzog, die bisweilen grosse lockere Uebergewebe fertigen, führen auch die Fortsetzung der äusseren Lage der Coconwandung bis zu einem gewissen freilich sehr unsoliden Abschluss gegen die Aussenwelt weiter (cfr. Bellier, Ann. Soc. Ent. d. Fr. 1859. p. 169; Calberla, Iris, Dresden. 1887. p. 155— 157). Ebenso ist der innere Hohlkegel nicht in gleich scharfer Weise abgesetzt wie bei dieser Art. Die Basis der Fädenkomplexe bildet in der Regel nicht eine scharf ausgeprägte Kreislinie, sondern eine ringförmige, unregelmässige Wellenlinie. Die meist braunrote Puppe von Sat. spini (cfr. Fig. ı) ist robuster, in ihrer Chitinschale rauh, deutlich gekörnelt und dadurch matt und ohne Glanz erscheinend. Der Hinterleib ist verhältnismässig mehr zusammengedrückt und stärker gekrümmt als der von Sat. pavonia. Der schaufelartige Anhang am Ende desselben samt dem darauf sitzenden Halbkreis steifer Borsten ist sehr kräftig entwickelt. Sat. pavonia (cfr. Fig. 3) erscheint in der Regel schwarzbraun, schlanker, in ihrer Schale weniger rauh und daher da und dort mit schwachem Wachsglanz. Der Hinterleib ist etwas weniger abgeflacht, mässiger gekrümmt und zeigt an seinem Afterende eine schwächer ausgebildete Schaufel als die von Sat. spini mit nicht so kräftigem Borstenbesatz. Der Bastard (cefr. Fig. 2) bildet eine dem Typus von Sat. spini näher stehende Zwischenform; eine genaue Charakterisierung wäre nur mit Hülfe zeitraubendster und schliesslich doch recht unfruchtbarer Messungen zu liefern. ö) Der Falter. Das weibliche Geschlecht (cfr. Taf. I, Fig. 5) des Hybriden steht in der Ueberzahl der Individuen Sat. spini recht nahe. Der Leib ist kräftig behaart und diese Haare in ihrer basalen Hälfte schwarzbraun, in der oberen Hälfte aber weissgrau gefärbt, so dass der Leib durchweg heller und dunkler geringelt erscheint. Der Thorax und das Wurzelfeld der Vorderflügel oberseits treten stets sehr dunkel gefärbt auf. Auch die Fühler zeigen den Bau von Sat. spini. Der Schaft ist stärker als bei Sat. favonia und trägt nach hinten abwechselnd längere und kürzere, sehr dicht gestellte Zähne. Die Kammzähne des ‚Sat. pavonia-Fühlers kommen an Länge nur etwa diesen kürzeren gleich und stehen viel weniger dicht, da die zwischen jenen ersteren liegenden Zähnchen zwar nicht ganz fehlen, aber verschwindend klein sind. Von ‚Sat. pavonia rührt her: erstens der grell markierte, rote Fleck unterhalb der Vorderflügelspitze, zweitens die in ihrem oberen Drittel scharf gebrochene Wurzelbinde der Vorderflügel und drittens der ziemlich breite Zwischenraum am Dorsalrande zwischen der Ausmündung dieser Wurzelbinde und dem unteren Teil der feinen Doppelwellenlinie jenseits der Augenzeichnung. Bei Sat. spini konvergieren diese beiden Zeichnungsmomente nach dem Dorsalrande hin viel stärker. Taf. II, Fig. 5 stellt eines der weiblichen Individuen dar, die sich noch am meisten von dem Typus der Sat. spini entfernen. Das männliche Geschlecht des Hybriden ist auf Tafel IT durch Figur 4 in einem regulären Exemplar wiedergegeben. Auch dieses Geschlecht steht ‚Sat. spini näher als Sat. Pavonia, eine Thatsache, die hier viel klarer hervortritt, da die Differenz zwischen den männ- lichen Individuen der beiden Arten eine sehr greifbare ist. In Figur 3 ist ein aberratives Individuum gut reproduziert, welches sich noch am meisten von dem Typus des ‚Sat. spini 8 entfernte. Allein selbst dieses Exemplar hat wohl noch nicht den halben Weg nach ‚Sat. pavonia 3 hin in seiner Entwickelung durchlaufen. II. Saturnia hybr. cop. | a © = hybrida 0. (cfr. Taf. II, Fig. I, 2; Ochsenheimer, Bd. 3. p. 9. Bd. 4. p. 193; Aigner, Soc. Ent. Zürich. 1888. No. 8. p. 57, 58. 1889. No. 7. p. 56, 57; Standfuss, Soc. Ent. Zürich 1892. No. 23. p. 177, 178.) Dieser Saturnien-Hybride ist bisher meines Wissens nur aus der freien Natur und zwar von der Umgegend Wiens und Budapests her bekannt. Er wurde wohl kaum je als Falter erbeutet, sondern stets aus im Freien bereits ziemlich erwachsen gefundenen Raupen und zwar in grösserer Anzahl erzogen. Ich habe bis zum heutigen Tage gegen 120 Individuen, die einer grossen Anzahl von Bruten angehörten, etwa zu gleichen Teilen 3 und 22, zu untersuchen Gelegenheit gefunden. Namentlich erhielt ich durch die Güte des Herrn L. Aigner in Budapest eine grössere An- zahl Raupen, Puppen und Falter dieses Bastards zur Ansicht; auch lebende Puppen, welche schöne Imagines ergaben. Nach dem Gesagten ist es klar, dass die Abstammung dieses Hybriden von vornherein nicht unzweifelhaft feststeht. Die haupt- sächlichsten Gründe, welche mich veranlassen, die Herkunft dieses Bastards aus einer Copula zwischen ‚Sat. spini 3 und Pavonia 2 be- stimmt anzunehmen, sind folgende: Erstens sind die Raupen desselben die mir in ihrem fünften Kleide gut präpariert in mehr als dreissig Exemplaren aus sehr verschiedenen Jahrgängen zu Gesicht kamen, von den Raupen der ‚Sat. hybr. bornemanni Stdis.; wie wir sogleich sehen werden, durchaus konstant verschieden. Und zweitens begünstigt die Erscheinungszeit der beiden Arten im Freien eine hybride Paarung von ‚Sat. spini 8 und pavonia ? im höchsten Grade, nicht aber eine solche von ‚Saft. pavonia 8 und spini ®. Von beiden Arten erscheinen die männlichen Individuen der gleichen Brut um einige Zeit früher als die weiblichen. Da nun Sat. spini just dann im Frühling zu fliegen beginnt, wenn ‚Sat. pavonia aufhört, so schlüpfen eine ganze Anzahl dZ von ‚Sat. spini mit 92 von Sat. pavonia gleichzeitig aus. Diese Sat. spini && finden im Moment nicht sämtlich schon frische $? ihrer eigenen Art vor und können darum leicht zu einer Liebeswerbung bei den noch jungfräu- lichen Sat. pavonia 22 gelangen, weil die ?? beider Arten sich durch- aus an denselben Oertlichkeiten aufzuhalten pflegen. Analoge Vor- gänge lassen sich namentlich bei den Zygaenen- und Melitaeen-Arten unschwer im Freien beobachten. Wir können, von einer Reihe an- derer Erwägungen ganz abgesehen, danach wohl mit Recht ‚Sat. hybr. hybrida O. als Abkömmling von Sat. spini 8 und davonia 2 betrachten. co) Die Raupe. Aigner sagt 1. c. über das dritte Kleid: „In der zweiten Häutung ist die schwarze Farbe vorherrschend, doch zeigen sich an den Seiten bereits lichtere, dunkel-olivengrüne Streifen, während die haarigen Punkte (Knöpfe) von matt-gelbbrauner Farbe sind und der Kopf die grüne Färbung der davonia zeigt.“ Ueber das vierte Kleid: „Bei der dritten Häutung verändert sich die Raupe merklich, die Grundfarbe ist ein gesättigtes Olivengrün mit einem breiten, durch- laufenden, schwarzen Streifen zwischen beiden Rückenpunktreihen, während dieser Streifen zwischen den übrigen Punktreihen schwächer und durchbrochen ist. Ein schwarzer Streifen zieht sich zwischen den Füssen vom Kopf bis zum After. Der Kopf behält die grüne Fär- bung, die Punkte sind rosafarben, die Vorderfüsse rotbraun, der After und sein die Seitenpunkte verbindender Streifen sind lichter grün.“ Fünftes Kleid. Bei oberflächlicher Betrachtung würde man diese Raupe wahr- scheinlich für eine recht eigentümlich gezeichnete Sat. pavonia halten, wenn nicht der sehr deutliche Fettglanz der gesamten Körperhaut die Verwandtschaft mit ‚Sat. spini bewiese. Nur die Rückenlinie ist durchweg schwarz, die Seitenteile des Körpers sind überwiegend grün. Sehr unregelmässige schwarze Zeichnungen sind in Menge in diese grüne Grundfarbe eingesprengt, meist senkrecht zur Längsachse des Körpers verlaufende längere und kürzere Streifen und Flecken mit vielfach fast geradliniger Be- grenzung. Diese schwarzen Zeichnungen sind so angeordnet, dass sie als zwei in den Ringeinschnitten unterbrochene Längsstreifen am Körper erscheinen, von denen der eine in der Lage der Stigmen, der andere zwischen den beiden darüber liegenden Warzenreihen verläuft. Es entsteht dadurch ein für diesen Hybriden sehr charakteristisches Zeichnungsgepräge. Die Bauchseite ist düster grün, ein die ganze Länge derselben durchziehender, mittlerer Streifen schmutzig-graugrün. Die kräftig ausgebildeten und scharf abgesetzten Knöpfe sind lichter oder dunkler ziegelfarbig. Die Borsten der oberen Knopfreihen sind schwarz, ziemlich lang und steif, die der seitlichen Reihen lichter und weniger mächtig an Länge und Dicke. Kopf, Bauchfüsse und Nachschieber sind grün, die Brustfüsse und die Stigmen rotbraun oder ziegelrot. ß) Die Puppe. Der Cocon ist von dem der ‚Sat. hybr. bornemanni kaum recht zu. unterscheiden, nur scheint ihm durchweg eine höhere Festigkeit eigen zu sein. Die Puppe selbst steht ebenso dem gleichen Hybriden recht nahe. Die hellere Färbung, die rauhere Schale, die bedeutendere Grösse der Schaufel, wie deren Borsten am Afterende sind ‚Saz. spini wohl noch ähnlicher gestaltet als bei Sat. hybr. bornemanni. y) Der Falter. Die auf Tafel II, Figur ı und 2 gegebenen Abbildungen sind so gut gelungen, dass wenige Andeutungen genügen sollten: Die Imago der ‚Sat. hybr. kybrida ©. nähert sich in beiden Ge- schlechtern der ‚Saz. spini sichtlich noch mehr, als dies von ‚Sat. hybr. bornemanni zu sagen war. Der robustere Körperbau, der fast voll- kommene Mangel des Geschlechtsdimorphismus hinsichtlich der Fär- bung, der Verlauf der Wurzelbinde der Vorderflügel und die scharfe Konvergenz dieser Binde mit der Doppelwellenlinie jenseits des Auges nach dem Dorsalrande hin dürften hier am ersten zu nennen sein. AT. Saturnia hybr. cop. [ pavonia L. J_ (Zürich) » var. daubii Stdfs. pyri Schiff. 2 (Zara, Wien) b) var. emiliae Stdfs. (efr. Taf. I, Fig. ı--4; Taf. III, Fig. 13, 14.) a) Das Ei. Die Eier der ‚Sat. dyri $2, welche nach der Paarung mit den dd der Sat. pavonia abgelegt werden, sind denen aus einer genuinen Paarung von Sat. pyri 8 und 2 durchaus gleich. Begannen die hybridisierten Sat. Pyri 92 mit der Ablage erst anderthalb oder 2 Tage nach erfolgter Begattung, so erwiesen sich die Eier, soweit ich bisher zu beobachten Gelegenheit hatte, stets als steril. Wurde aber mit dem Absetzen derselben sehr bald und reich- lich nach der Kopulation begonnen, so entwickelten sich Räupchen aus den Eiern und zwar zu 42—98°),. Mochte sich die Paarung als eine mit sterilem oder fertilem Aus- gange erweisen, stets legten die Weibchen in ihren gewohnten perl- schnurförmigen Reihen oder Doppelreihen ab. ß) Die Raupe. Erstes Kleid. Die kleine Raupe des Hybriden ist nach dem Ausschlüpfen in ihrer Körperhaut einfarbig.schwarz; Knöpfe und Dornen glänzend schwarz, ebenso der Kopf und die Brustfüsse. Beim Heranwachsen werden alle Höcker braungelb, auch die seitlich der Afterklappe. Die ganz junge ‚Sat. dyri-Raupe ist ebenfalls schwarz, nur die Knöpfe mit ihren Dornen sind glänzend braungelb; Kopf und Brust- füsse glänzend schwarz. Nach der ersten Häutung hin nehmen alle Höcker eine braungelbe Färbung an. Die Hybriden-Raupe macht durch ihre verglichen mit davonia sichtlich kräftigeren Höcker und Knöpfe durchaus den Eindruck einer Sat. pyri-Raupe, welche in ihren Knöpfen und Dornen dunkler ge- färbt ist. Zweites Kleid. Grundfarbe schwarz mit einem meist vom zweiten bis dreizehnten Segmente reichenden, orangefarbenen oder gelben Seitenstreif in der Lage der untersten Warzenreihe. Die Höcker der darüber liegenden Reihe stets braungelb, die der beiden obersten Reihen braungelb oder schwarz. Alle Höcker des zweiten bis vierten Segments bleiben stets schwarz. Die Knöpfe mit ihren Dornen und der Kopf sind glänzend schwarz. Die Brustfüsse glänzend schwarzbraun. Die nun auf den bezüglichen Knöpfen auftretenden Borsten sind noch wenig auffällig, zumal die der seitlichen Reihen, welche lichter gefärbt sind als die der oberen. Sat. pyri behält im wesentlichen durchaus das Gepräge des eben abgestreiften Gewandes bei, nur werden die Brustfüsse braunrot und die Borsten der Knöpfe gestalten sich zu gleicher Beschaffenheit wie bei dem Hybriden um. Dieser würde daher zumal nach den Relief- verhältnissen des gesamten Körpers auf dyri schliessen lassen, wenn nicht der charakteristische lichte Seitenstreif so stark an das dritte Kleid von Sat. Davonia anklänge. Drittes Kleid. Die Charaktere von davonia nehmen weiter zu. Teils finden sich schwarze Individuen mit dem vorbezeichneten bunten Seitenstreif, teils Individuen, welche ziemlich viel grüne Zeichnung eingestreut haben. Schwarz bleiben bei letzteren in der Regel die Rückenlinie und Fleckenreihen oder zusammenhängende Ringe in der Lage der Warzengürtel, sowie die Bauchseite mit Bauchfüssen und Nach- schiebern. Anstatt der grünen Farbe tritt nicht selten ein gelbliches Braun ein. Die Höcker, welche an Relief verlieren und häufig gelb- rötlich sind, zeigen durchweg schwarze, nur die unterste Reihe der- selben bei sehr lichten Individuen gelbgrüne Knöpfe. Der Kopf ist schwarz, bisweilen mit zwei nach dem Hinterrande zu Kkonvergieren- den, grünen Linien. Die Brustfüsse sind braunrot. Die Borsten treten nun schon in ansehnlicherer Grösse auf, sind aber nach ihren Enden hin nicht verdickt. Die Stigmen sind schwarz wie in den früheren Kleidern. Sat. pyri ist durchaus konstant; sie hat nun eine blaugrüne Grundfarbe, doch finden sich am Vorderrande eines jeden Ringes 3 feine in einer Linie stehende schwarze Punkte und ein solcher am Hinterrande der Segmente. Die Knöpfe, welche auf deutlich abge- setzten, blaugrünen Höckern stehen, sind gelb und glänzend, die Dornen licht gelbbraun. Der Kopf ist schwarz mit grüner Zeichnung. Die Brustfüsse sind rotbraun, Bauchfüsse und Nachschieber schwarz. Die Borsten, nunmehr stark verlängert, erscheinen an ihren Enden verdickt. Die Stigmen sind weisslichgelb und schwarzgesäumt. Viertes Kleid (cfr. Taf. II, Fig. 13). Sehr variabel. Es ist eine der häufigsten Formen des Hybriden abgebildet. Ueberwiegend grün mit gelbgrünen, schwarz bedornten und ebenso gerandeten oder durchweg schwarzen (sehr selten röt- lichen) Knöpfen. Die Höcker samt ihren Knöpfen erheblich ansehn- licher als bei Sat. pavonia. Die meisten Individuen haben einen am Hinterrande eines jeden Ringes unterbrochenen, schwarzen Rücken- streif vom fünften bis elften Segment und auf den gleichen Körper- abschnitten eine schwarze Querverbindung des obersten Warzenpaares. Nicht selten fehlt der intermittierende Rückenstreif, in wenigen Fällen auch noch die schwarzen Querflecken. Alle Individuen haben einen schwarzen Längsstreif in der Mitte der Bauchseite.e Der Kopf ist grün, unten schwarz. Die Bauchfüsse sind grün oder nach den Sohlen hin schwarz. Afterklappe und Nachschieber sind durchweg grün, oder an den Stellen gelblichbraun, an welchen dyri die braunen, stark glänzenden Plättchen besitzt. Die Brustfüsse sind braunrot. Die Borsten erreichen eine sehr ansehnliche Länge, auch in den untersten beiden Warzenreihen, sie sind schmal-bandartig verbreitert, lockig ge- dreht und nach den Enden hin verdickt. Die Stigmen sind weisslichgelb, schwarz gesäumt, selten nicht gesäumt. Sat. pyri (cfr. Taf. III, Fig. 15) ist stets licht smaragdgrün. Die 4 bei dem dritten Gewande charakterisierten, schwarzen Punkte verlieren an Grösse und es bleibt häufig nur der mittlere dieser Flecken am Vorderrande des fünften bis elften Segmentes stärker er- halten. Ihm verdankt offenbar der intermittierende Rückenstreif bei dem Hybriden seine Entstehung. Die Knöpfe sind rosa mit einem schwachen Stich ins Bläuliche, die Dornen licht gelbbraun. Die dem Körper gleichfarbigen Höcker mit ihren bunten Knöpfen übertreffen die des Hybriden augenfällig. Die Bauchseite ist zwischen den Brust- füssen schwarz und zeigt vom vierten bis sechsten und auf dem achten Segment einen mittleren schwarzen Fleck. Der Kopf ist grün, an den Wangen schwarz, die Bauchfüsse und Nachschieber sind grün, nach den Sohlen hin schwarz. Afterklappe und Nachschieber haben glänzend braune Hornplatten. Die Brustfüsse sind rotbraun, die Borsten sehr lang und an ihren Enden in eine flache Keule aus- laufend. Die schwarzgerandeten Stigmen sind weisslichgelb. Die Raupe des Bastards hat sich demnach in diesem Gewande Sat. pavonia noch ähnlicher gestaltet. Die stärkeren Reliefformen des Körpers und die Gestalt der Borsten weisen nur noch greifbar auf Sat. pyri hin. Fünftes Kleid (cfr. Taf. III, Fig. 14). Der Habitus von Sat. pavonia gelangt nunmehr bei dem Misch- ling so vollkommen zum Durchbruch, dass man ohne eingehende — 10) —— Vergleichung gar nicht an einen Zusammenhang mit Sat. Dyri denken würde. Die bedeutendere Grösse, welche die züricherische Sat. pavonia um das Zwei- bis Dreifache oder mehr übertrifft, steht der von grossen südeuropäischen (Rom, Capri, Dalmatien) weiblichen In- dividuen wohl kaum um ein Dritteil voran. Körperfarbe überwiegend grün mit blaugrünen oder blauroten schwarzgerandeten und schwarz- bedornten Knöpfen. Die Höcker mit ihren Knöpfen nicht sehr er- heblich grösser als bei Sat. pavonia. Entweder haben die meisten Segmente in den Warzengürteln schwarze Halbringe um den Leib, wie die dargestellte Form, oder nur die mittleren Leibesabschnitte, oder es bleiben schwarze Querverbindungen nur zwischen dem obersten Warzenpaare, selten fehlen auch diese. Die Bauchseite zeigt ein trübes Grün und einen mittleren schwärz- lichen Längsstreifen, der nicht selten auch fehlt. Der Kopf ist grün, Bauchfüsse und Nachschieber sind grün, nach aussen meist mit einer dunkleren Stelle über der Sohle. Auf Afterklappe und Nachschiebern zeichnen sich die verhornten Stellen in der Regel in ihrer Mitte durch eine bräunliche Färbung von der Umgebung deutlich ab, doch kommen sie auch einfarbig grün vor wie bei dpavonia. Die Brustfüsse sind lichter oder dunkler rotbraun. Die schwarzen Borsten gestalten sich mächtiger als bei favonia, zumal auf den obersten Warzenreihen, sind schmal-bandartig verbreitert, etwas lockig gedreht und nach den Enden hin schwach verdickt, indes anscheinend weniger auffällig als in dem vorhergehenden Gewande. Die schwarzgesäumten Stigmen sind gelblich oder rötlichweiss. Sat. pyri ist in der Körperhaut nun durchweg grün, auf dem Rücken mit einem Stich ins Gelbliche und auf der Bauchseite in dunklerer Abtönung. Kopf, Bauchfüsse und Nachschieber sind grün. Afterklappe und Nachschieber zeigen die hornigen Teile in einem glänzenden Kastanienbraun. Die Brustfüsse bleiben rotbraun. Die Borsten sind sehr lang und in eine auffällige, Hache Keule endigend. Die Stigmen bleiben wie bisher. Die Knöpfe sind hellbraun (viel seltener rosa-bläulich), die Dornen schwärzlich. Die aus der Körpermasse markant hervor- ragenden Höcker mit ihren scharf abgesetzten, leuchtenden Knöpfen führen zu einer von dem gewöhnlichen Typus der paläarktischen Fauna sehr abweichenden Raupenform, welche nur im Genus Lime- nitis Parallelen findet. Ay = y) Die Puppe. Der Cocon der ‚Sat. pavonia (cfr. Fig. 3) wurde bereits p. 72 be- schrieben. Pyri (cfr. Fig. 5) unterscheidet sich davon zunächst durch die viel bedeutendere Grösse, welche übrigens wie die von Sat. pa- vonia nach den verschiedenen Gegenden des Vorkommens sehr schwankt, während ‚Sat. spini ungemein konstant ist. Weiter ist das Gespinnst von ‚Sat. pyri noch fester als das von pavonia, auf der Aussenfläche stets flockig-wollig, noch länger ge- streckt und von der Puppe wesentlich besser ausgefüllt. Im übrigen ist es meist nicht so regelmässig geformt wie das von Pavonia, weil pyri sich am liebsten mit breiter Fläche an einen festen Gegenstand (Stamm, Stein etc.) anzuspinnen pflegt. Die innere Lage der Coconwandung erscheint wie bei davonia zu einem reusenartigen Hohlkegel ausgebaut, ferner aber ist der ganze Saum der äusseren Lage zu einem gleichen zweiten, die innere Reuse vollkommen überdachenden, gefranzten festen Verschluss weitergeführt. Wir haben also bei Ayri zwei ineinander geschaltete Schlussreusen. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. ‚Sat. pavonia L. Sat. hybr. var. emiliae Stdfs. Sat. dyri Schiff. Den Cocon des Mischlings (cfr. Fig. 4) wird ein erfahrener Lepi- dopterologe gewiss niemals für einen solchen von pyri halten, dazu ist er zu wenig fest, äusserlich zu glatt und nicht genügend sorg- fältig an seiner Spitze geschlossen. Immerhin ist hier ein zweiter Verschluss doch besser angelegt als bei Sat. pavonia, von welcher der durch festes Anweben an einen Gegenstand etwas verschobene Bau des Cocons noch einen weiteren Unterschied bildet. Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. 6 — 29 Die schwarzbraune Puppe von Sat. pyri (cfr. Fig. 5) ist ziemlich rauhschalig, drehrund und nicht abgeflacht, wie die von davonia und “ spini, gleichwohl krümmen sich die letzten 3 Ringe ein klein wenig nach der Bauchseite hin. An Stelle des schaufelartigen Anhanges*) ist nur ein fast unmerklicher, stumpfer Doppelhöcker vorhanden mit sehr kurzen Borsten. Die Puppe des Hybriden (cfr. Fig. 4) zeigt eine abgeflachte Form und eine Krümmung des gesamten Hinterleibes, auch eine kurze, mit sehr sichtbaren Borsten versehene Schaufel am Afterende. Die Fühler- scheiden sind erhabener und breiter als die von Saf. pyri. Alle diese Merkmale sind indes weniger ausgesprochen als bei Sat. pavonia (efr. Fig. 3). Immerhin steht der Mischling im allgemeinen dieser Art sehr viel näher als der ‚Sat. pyri. ö) Der Falter. (efr. Taf. I, Fig. I—4; ferner E. Hofmann: Die Grossschmett. Europas. II. Aufl. 1894. Taf. 27. Fig. 62 u. 6b. Text p. 63 u. 64. Stuttgart, A. Bleil.) Die Abbildungen sind wohlgelungene, auch die Beschreibung dieser schönen Geschöpfe bereits eingehend von mir gegeben worden (cfr. Intern. Entom. Zeitschr. Guben 1892. No. 2. p. 9 u. Io), so dass hier nur auf einiges noch besonders aufmerksam gemacht werden mag. Die Bastarde sind, von dem wenig ausgeprägten Grössendimor- phismus der beiden Geschlechter abgesehen, durchaus aus dem Typus der Sat. pyri herausgetreten und haben sich dem Typus der Sat. pavonia ungemein angenähert. Die Annäherung geschah aber keines- wegs bei allen Individuen in gleicher Weise, und wir müssen auf diesen Punkt hinweisen, der uns übrigens später nochmals begegnen wird. Der eine kleinere Teil der Mischlinge entspricht vollkommen dem Charakter des gegenwärtigen Typus der Saz. pavonia. Ich nannte diese farbenfreudigere Form nach meinem werten Freunde Daub in Karlsruhe var. daubii (cfr. Taf. I, Fig. ı u. >). Wohl wesentlich längere Zeiträume hindurch dürfte Sat. davonia dieses grell gefärbte Kleid noch nicht gehabt haben. Dieses sein ur- sprünglicheres und lang: besessenes Gepräge nun, welches gleichwohl bereits einen sichtbaren Färbungsdimorphismus der beiden Geschlech- *) Dieser Anhang; mit seinen Borsten dient dem ausschlüpfenden Falter da- zu, an der inneren Wandung des Cocons einen festen Gegenhalt zu gewinnen gegen den Druck, welchen das Durchbrechen der Ausschlüpföffnung erfordert. Je umfangreicher der leere Raum neben der Puppe ist, desto kräftiger ausge- bildet sind jene Organe. ter aufgewiesen haben dürfte, wurde dem anderen grösseren Teil der Mischlinge aufgedrückt. Es wurde diese Form nach meiner Frau, deren praktischer Hülfeleistung ich bei meinen biologischen Arbeiten sehr bedarf, als var. emiliae beschrieben (cfr. Taf. I, Fig. 3 u. 4). Wie schon hervorgehoben, ist dieser Hybrid viel mehr als eine stark vergrösserte Sat. pavonia denn als eine verkleinerte Sat. pyri aufzufassen. Der von dem grossen Pyri-Ei herrührende Ueberschuss an Material kam äusserlich an den Faltern namentlich dadurch zum Austrag, dass sich die Flügelfläche an dem ausgewachsenen Tiere zwischen den Rippen nicht straff spannte, sondern teilweise faltig und wellig blieb. Sehr auffällig ist nun, wie die Natur sofort bei diesem ganz neu entstandenen Geschöpf für einen genügenden Säftezufluss zu dieser übergrossen Flügelfläche dadurch sorgte, dass sie an den Stellen, welche am wenigsten mit Rippen versehen sind, also an den nach der Dorsalecke hin liegenden Flügelteilen, grössere oder kleinere Gabelungen bei der Ueberzahl der Falter entstehen liess (cfr. Taf. I, Fig. ı Vorder- und Hinterflügel; Fig. 2 Vorderflügel; Fig. 4 Hinter- Hügel). Die Rippen dienen dem Falter, welcher die Puppe bekanntlich mit sehr kleinen Flügeln verlässt, während des Auswachsens der- selben als Kanäle, in welche das Blut (der die Körperhöhle füllende Saft) aus dem Innern des Tieres durch starken muskulösen Druck des Hinterleibes eingepresst wird. Durch Diffusion tritt das Blut in den Zwischenraum, der sich zwischen der oberen und unteren den Flügel aufbauenden Membran befindet, ein, verbreitet sich durch Kapillarität in demselben, dehnt so den Flügel durch den von dem stark zusammengezogenen Hinter- leibe her noch andauernden Druck aus und erstarrt sehr bald zu Chitinmasse in ihm. Dem fliegenden Falter dienen die Rippen als Takelwerk, durch welches das Segel des Flügels gespannt wird. Ich konnte ähnlich grosse, wie die hier geschilderten Gabelungen bei allen mir zur Vergleichung vorliegenden Faltern von Sat. dyri und davonia, obwohl deren eine grosse Zahl war, nicht auffinden. IV. Biologische, anatomische, physiologische Eigenschaften der Falter aus den besprochenen drei Kreuzungen. Bei Sat. hybr. bornemanni verhielt sich die Zahl der von mir bisher erzogenen männlichen Individuen zu der der weiblichen wie 113:100. Die Männchen begannen ihren stürmischen Flug erst bei 6* Eintritt der Dunkelheit, auch die Weibchen flatterten, und zwar sehr träge, nur des Nachts. Die Lebensgewohnheiten der ‚Sat. hybr. hybrida scheinen durch- aus die gleichen zu sein, freilich konnte ich davon nur eine kleine Zahl von Exemplaren lebend beobachten. Ebenso dürften auch hier männliche und weibliche Individuen nahezu in gleicher Menge auftreten. Bei ‚Sat. hybr. var. daubii und hybr. var. emiliae beobachtete ich bisher 106 d& auf 100 22. Die männlichen Falter flogen sehr lebhaft im Sonnenschein in den Nachmittagsstunden, dann zum zweiten Male weniger wild nach Eintritt der Dunkelheit. Wie in einem früheren Kapitel bereits ausgeführt wurde, erwiesen sich die Weibchen der drei Hybriden als unfruchtbar, die Eileiter enthielten keine entwickelungsfähigen, ausgereiften Eier. Auf einen etwas anders liegenden Fall kommen wir noch zurück. Es waren nur winzige Eikeime in den äusserst feinen, obersten Teilen der Ovarien vorhanden, dabei wurde eine ganze Anzahl weiblicher Indi- viduen von meinen Freunden und von mir selbst untersucht. Wie stand es nun aber in diesem Punkte mit den männlichen Individuen ? Schon im Jahre 1883 hatte ich bei Gelegenheit der Zucht von Hybriden aus dem Genus Bombya die Beobachtung gemacht, dass die 3g offenbar sehr kopulationslustig waren. Damals konnte ich wegen augenblicklichen Mangels an verwandten 22 einen Kopulationsversuch mit diesen dd nicht machen, und zu anatomischen Untersuchungen eigneten sich diese Formen, die ich zudem nur in recht geringer Zahl erzog, nicht besonders. Hingegen war der sehr ansehnliche Bastard von Sat. pavonia 8 und pyri 2 ein höchst geeignetes Objekt für diesen Zweck. Herr Prof. Dr. Arn. Lang führte in liebenswürdigster Weise die notwendige anatomische Untersuchung aus und ebenso nahm sie mein Freund Dr. med. Fr. Ris an einem zweiten Exemplare vor. In beiden Fällen ergab sich eine anscheinend ganz normale Be- schaffenheit der Hoden wie ihrer Produkte. Daraufhin wurden nun energische Versuche gemacht, deren Er- gebnis war, dass es mir gelang, die d3 des genannten Hybriden nicht nur mit den eigenen $2? zur Paarung zu bringen, sondern auch mit den ?? der Sat. pavonia und mit denen von Sat. pyri. Dabei war es wirklich auffällig, wie diese Hybriden 43 sich voll- kommen zugehörig fühlten zu den 92 der Sat. favonia, wie denn auch letztere ihrerseits die && als durchaus ebenbürtig ohne jedes n ws Sträuben annahmen. Die Paarungen wurden zwischen 3 und 5 Uhr nachmittags eingegangen, also genau zu derselben Zeit, in welcher sich auch Sat. pavonia am häufigsten zu kopulieren pflegt. Die eigenen, gleichzeitig vorhandenen 2? wurden von den Hybriden dd zu denselben Tagesstunden, aber mit wesentlich geringerer Leiden- schaft aufgesucht, während diese $2? offenbar den dZ gleiche Zuneigung entgegenbrachten, wie die davonia 22. Zwischen den pyri 22 und den Bastard dd bestand sichtlich, ver- glichen mit den beiden anderen Fällen, eine geringere Affinität, und es war daher auch diese Paarung, welche stets erst nach eingetretener Dunkelheit oder in der Nacht erfolgte, am schwierigsten herbeizu- führen. Einige frisch entwickelte 22 von Sat. spini Schiff, welche ich in die gleichen Flugzwinger gesetzt hatte, schüttelten die sich ihnen zudringlich nähernden Hybriden 48 stets sofort ab, oder glückte dies “ nicht alsbald, dann entflohen sie. Die Bastard $2 erwiesen sich trotz erfolgter Kopulation unfähig, Eier abzusetzen, unfähig auch dann, wenn sie von Sat. pavonia dS gepaart wurden, was in mehreren Fällen ziemlich leicht gelang. Die Paarungen der Hybriden dd mit den $2 der ‚Sat. pavonia sowohl als dyri ergaben Nachkommen, aber bei der ersten Art in viel höherer Anzahl als bei der zweiten. Ebenso lieferten in der weiteren Verfolgung dieser Experimente die dd der Sat. hybr. bornemanni, mit den 22 von Sat. pavonia ge- paart, gleichfalls Nachkommenschaft. Auch mit den eigenen $2 kopulierten sich die Sat. hybr. borne- manni gg und hier trat der bemerkenswerte Fall ein, dass eines dieser echten Bastard ??2 ı6 Eier nach erfolgter Paarung ablegte. Allein diese Eier waren sehr klein, missgeformt, meist halbkugelförmig, als hätte man reguläre Eier in der Mitte durchschnitten. Sie begannen bald zu vertrocknen und ergaben sämtlich nichts. Eine Paarung der hybr. bornemanni 33 mit den 92 von Sat. spini konnte bisher *) wegen der grossen Schwierigkeit, immer gleich- *) Im April 1895 glückte es, auch diese Paarung in zwei Fällen zu erreichen. Es schlüpften 94% und 98% der Raupen aus. Ferner kopulierte sich ein Sat, hybr. bornemann! g mit Sat. pyr. 2, und es schlüpften 92 % der Raupen aus den Eiern des betreffenden Zyrz: @ aus. An dem Aufbau der Individuen dieser letzteren Brut hatten also alle drei Arten: spzni, Zavonia und Zyrz Anteil. Ich werde in Zukunft über das weitere Ergebnis der betreffenden Zuchten be- richten. zeitig reichlich frisches Material zu besitzen — auch nur 3 oder 4 Tage altes ist unbrauchbar — noch nicht versucht werden. Ebenso waren diesbezügliche Experimente mit den gg von Sat. hybr. hybrida aus gleichem Grunde unausführbar. Wir gehen nunmehr auf das Ergebnis der drei Paarungen ein, bei denen das $ eine genuine Art, das d aber ein echter Bastard war. f Sat. hybr. bornemanni Stäfs. d V. Darva’hybriaa cop. \ pavonia L. ? (Dalmatien). a) Das Ei. Es besteht keinerlei Unterschied gegenüber dem Ei der Sat. pavonia nach erfolgter Paarung mit dpavonia g. Nur 2 22 von Sat. pbavonia waren zur Paarung gebracht worden, von den Eiern des einen? schlüpften 16 °/,, von denen des anderen 22 °/, aus. 3) Die Raupe. Erstes Kleid: Die kleine Raupe ist einfarbig schwarz. Die Knöpfe mit ihren Dornen, der Kopf und die Brustfüsse sind glänzend schwarz. Die Knöpfe samt den Höckern ragen merklich aus der Körpermasse hervor. Wir haben mit einem Worte eine ‚Sat. pavonia - Raupe vor uns. Zweites Kleid: Dem vorigen gleich, nur stellen sich auf den betreffenden Knöpfen Borsten ein, die aber wenig ansehnlich und weich sind. Die Haut zeigt einen schwachen Fettglanz. 4 Individuen von 34 haben dunkel- braunrote Höcker in der untersten Warzenreihe. Das Bild ist eine pavonia, die von spini weichere Borsten und etwas Fettglanz erhielt. Drittes Kleid: Wiederum einfarbig schwarz, die Knöpfe stark glänzend, etwas weniger glänzend die Brustfüsse und der Kopf. Die kleinere Hälfte der Raupen zeigt den rotbraunen Seitenstreif, aber sehr verdüstert. Der greisgraue, durch die schwarzgrauen Borsten entstehende Farben- ton der Sat. spini-Raupe ist recht kenntlich vorhanden; ebenso vor- handen ist ein matter Fettglanz. Die Charaktere von Sat. spini und pavonia liegen danach in lebhaftem Kampfe. Viertes Kleid: Ungemein variabel. Ein Teil der Raupen auch jetzt noch durch- aus einfarbig schwarz mit glänzenden Knöpfen, ein weiterer Teil schwarz mit durchweg: gelbgrünen Knöpfen, ein dritter Teil schwarz mit rotbraunem Seitenstreif und meist sehr reduzierten, grünen Zeich- nungen an den Ringeinschnitten, ein vierter Teil endlich von einer ganz eigentümlichen graubraunen Körperfarbe mit schwarzem Rücken- und Bauchstreifen und schwarzen Warzengürteln. Alle Formen zeigten matten Fettglanz und grauschwärzliche Borsten. Alle diese Erscheinungen stellen eine weitere Konkurrenz zwischen dem Typus der Sat. pavonia und spini dar, in welcher Sat. spini an Einfluss gewinnt. Leider war eine Beobachtung der weitereren Entwickelung nicht möglich, da alle 34 Raupen vor oder während der vierten Häutung durch bakterielle Krankheiten zu Grunde gingen. d hybr. var. emiliae Stds Jg _ . w VI. Sat. hybr. cop. { pavonia L. 9 (Zara, Zürich) ” standfussi Wsktt. (ctr. Taf. II, Fig. 6,7; cfr. Wiskott, Iris, Dresden 1895. Bd. VII. Heft2. p. 237—240.) a) Das Ei. Das Ei weist keinerlei Einfluss von der hybriden Kopulation her auf. Es entwickelten sich in 43, 45, 48, 54, 62 °/, der Eier Räupchen bei den fünf verschiedenen Paaren, allein bei zwei Paarungen nagten die Räupchen nur einen Teil der Eischale durch und starben dann, ohne auszuschlüpfen. Aus einer dritten Kopulation erhielt ich im Jahre 1893 eine ganze Anzahl Räupchen, die aber ebenfalls meist, ohne Nahrung angenommen zu haben, abstarben. Es gelangten nur 3 dd und ı 2 Falter zur Entwickelung, welche mein Freund Wiskott 1. c. beschrieben hat. Von einem 4. und 5. Weibchen erreichte ich 1894 einige 80, zunächst sehr gut giedeihende Raupen. Leider er- gaben auch diese schliesslich nur ı2 gesunde, sämtlich männliche Puppen, da alle übrigen Raupen nach der 3. oder 4. Häutung einer Pilzkrankheit erlagen. ß) Die Raupe. Erstes Kleid. Einfarbig schwarz, Knöpfe und Dornen, Kopf und Brustfüsse glänzend schwarz. Knöpfe und Höcker deutlich hervorragend. Wir haben eine davonia-Raupe, bei der höchstens eine sehr unmerkliche Vergrösserung auf Sat. dyri zurückgeführt werden könnte. Zweites Kleid. Die Nachkommen der schweizerischen 22 bleiben auch in dieser Häutung einfarbig schwarz, die der Dalmatiner erhalten einen rot- braunen Seitenstreif. Die Borsten treten auf, sind aber wenig auf- fallend. Die Vergrösserung über das normale Mass hinaus wird sichtbar. Drittes Kleid. Die schweizerischen sind nun schwarz, Knöpfe glänzend schwarz, Seitenstreif orangefarben oder gelb. Bei den Dalmatinern gestaltet sich das Kleid dadurch farbiger, dass auch noch die vorletzte Höcker- reihe rotgelb wird, sämtliche Knöpfe bleiben auch bei dieser Form glänzend schwarz. Bei beiden Provenienzen erscheinen nun die Brust- füsse braunrot, die Borsten werden ansehnlicher als bei pavonia, ebenso geht die Grösse — bei den stärksten Individuen etwa nur ein Drittel — über die regulären Dimensionen dieser Art hinaus. Viertes Kleid. Bei denen von Zürich wie von Zara sehr variabel. Die schweize- rischen überwiegend schwarz, die Dalmatiner überwiegend grün und alle Zwischenformen. Das meiste Schwarz den Rücken entlang und in der Lage der Warzengürtel. Kopf, Bauchfüsse und Nachschieber ebenso variabel wie die übrige Körperfarbe. Die Knöpfe schwarz oder gelblichgrün, aber selbst bei den fast total grünen Individuen stets schwarz gerandet. Brustfüsse rotbraun, Stigmen weissgelb, schwarz gefasst. Die Borsten ansehnlicher als bei davonia, aber gegen das Ende hin nicht verdickt. Vergrösserung der gesamten Raupe nicht bedeutender als im vorhergehenden Gewande. Fünftes Kleid. Die nördlichere Form grün mit sehr verschieden breiten, schwarzen Warzengürteln und dunkler mittlerer Bauchlinie, die südliche Form durchweg grün. Die Knöpfe bei allen gelbgrün oder mattlila, auch bei den lichtesten Individuen schwarz gerandet, samt den Höckern etwas hervorragender als bei Saft. pavonia. Kopf, Bauchfüsse und Nachschieber sind grün; die verhornten Stellen auf letzteren wie der Afterklappe lichtbräunlich oder grün. Die Brustfüsse rotbraun. Die Borsten sehr ansehnlich, ein wenig schraubig gedreht und an ihren Enden stumpf auslaufend oder schwach verdickt. Die Stigmen gelb- rötlich mit schwarzem Rande. Die Totalvergrösserung der vollkommen erwachsenen Raupe des Hybriden, verglichen mit der normalen davonia-Raupe, schwankt zwischen 3:2 und 4:2. Der Gesamthabitus ist der einer ‚Sat. pavonia, welche bei ein- gehender Vergleichung sämtliche Charaktere des Hiybriden von Sat. | £ u? g in abgeschwächter Form aufweist. byri ? Sechstes Kleid. Eine der schweizerischen Raupen machte merkwürdigerweise 5 Häutungen durch. Die Häutungen fanden statt am 3., 9., 17., 25. Mai und 7. Juni. Leider ging die Raupe dann, noch ehe sie sich vollständig ausgefärbt hatte, unter den Erscheinungen einer Infektionskrankheit zu Grunde. Soweit sich aus der Bildung der Warzen und der Ge- stalt der Borsten schliessen liess, wäre eine Raupenform entstanden, die der väterlichen Form dieses abgeleiteten Hybriden zum Ver- wechseln geglichen hätte. y) Die Puppe. Der Cocon gleicht dem von Sat. Pavonia sehr. Der bei der Oeffnung durch etwas reichlichere Fädenbündel zu einem freilich un- festen Verschluss zusammengezogene Saum der äusseren Cocon- wandung und die Neigung, sich, wenn auch mit schmaler Verbindung, fest an einen grösseren Gegenstand anzuweben, erinnern immerhin noch an die Verwandtschaft mit Sat. dDyri.. Von der Puppe ist zu sagen, dass die Abflachung des ganzen Körpers und die Krümmung des Hinterleibes weniger ausgesprochen ist als bei ‚Sat. pavonia; dass die Fühlerscheiden weniger breit aber länger sind, und dass der schaufelige Anhang mit seinem Borstenbesatz schwächer ausgebildet ist als bei dieser Art. Die Puppe ist der Sat. pavonia in allen Merkmalen noch mehr angenähert als die der väterlichen Form, indes schliesst die be- deutendere Grösse eine Verwechselung mit ‚Saf. pavonia aus. ö) Der Falter. (cfr. Taf. I, Fig. 6, 7.) Der männliche wie ‘der weibliche Falter sind in Nachkommen eines schweizerischen Weibchens auf der Abbildung bezüglich Gestalt und Färbung vorzüglich wiedergegeben. Das Weibchen ist ein Unikum, über dessen äussere Erscheinung nach der eingehenden Beschreibung meines Freundes Wiskott 1. c., die alle Unterscheidungsmerkmale von den verwandten Formen her- vorhebt, und der so gelungenen bildlichen Wiedergabe nichts mehr gesagt zu werden braucht. Nur das Eine sei hier noch besonders bemerkt, dass dieser weib- liche Falter 87 mm Spannweite hat — er ist etwas zu klein wieder- gegeben —, während das mütterliche Sat. pavonia- Weibchen nur 70 mm zeigte. Die männlichen Individuen erwiesen sich durch das Ergebnis der zweiten Zucht als ziemlich variabel. Einmal schwankt die Spannweite zwischen 61 und 82 mm. Jedenfalls würde der bedeutende Grössen- dimorphismus der beiden Geschlechter von Sat. pavonia in dieser ab- geleiteten Hybridform sich stets scharf ausgesprochen zeigen, während er bei den Bastarden von Sat. pavonia 8 und dyri? nicht sehr merk- lich vorhanden ist. Ferner weisen nicht alle Individuen einen so schroffen Färbungsgegensatz zwischen Vorder- und Hinterflügeln oberseits und unterseits auf, wie das dargestellte Exemplar. Es giebt Individuen, welche sich in ihrem Farbenkleid der Taf. I, Fig. 3 dar- gestellten hybr. var. emiliae in etwas annähern, freilich stets unter sichtlicher Wahrung des genannten Färbungsgegensatzes der ver- schiedenen Flügelflächen. Endlich ist auch die Form der Flügel gleichfalls eine schwankende. Teils sind Costal- und Aussenrand der Vorderflügel in weniger spitzem Winkel zu einander stehend, also gestaltet wie bei davonia, teils der Winkel kleiner und so der Flügel mehr in der Weise geformt wie bei Sat. Dyri. Wenn bei der väterlichen Form, wie wir vorher sahen (cfr. p. 83) bezüglich der Flügelfläche ein Uebermass an Material vorhanden war, so ist hier das Gegenteil der Fall. Bei den grössten Individuen tritt die Flügelfläche am Saume zwischen je zwei Rippen bogig nach innen zurück, so dass der Aussenrand beider Flügelpaare eine ausgesprochene Wellenlinie darstellt. Zwei Exemplare von 78 und 79 mm Spann- weite zeigen diesen örtlichen Stoffmangel in so hohem Grade, dass die Flügel in der Richtung der Rippen nach den Aussenrändern hin wie geknickt erscheinen und Mulden bilden, die sich auch bei der Präparation nicht zu auch nur annähernd ebenen Flächen ausbreiten liessen. : Die männlichen Individuen erwiesen sich als sehr kopulations- lustig, und ich halte sie nach ihrem überaus kräftigen Bau, wie nach den Beobachtungen an den dd der Sat. hybr. var. emiliae für sicher fortpflanzungsfähig. Sehr beachtenswert ist unzweifelhaft, dass das Weibchen dieses abgeleiteten Hybriden ausgereifte Eier in seinen Eileitern besass. Es legte beim Töten freiwillig vier Eier ab. Drei davon waren sehr klein, nur ı mm im Durchmesser haltend, das vierte hatte die Grösse eines Eies der Saf. pavonia von Zürich. Unzweifelhaft ent- =— 9I — hält der Leib noch eine weitere Anzahl von Eiern, indes insgesamt wohl sicher nicht mehr als etwa 2o Stück, d. h. ungefähr den zehnten Teil des normalen Eierschatzes der Sat. pavonia oder pyri. Bei beiden Arten beträgt er etwa 200. Es bleibt danach in Zukunft das Problem noch zu lösen, ob dieser abgeleitete Bastard eine in sich fortpflanzungsfähige Form darstellt; auch Kreuzungen mit pavonia 2 und Pyri 2 sollten ver- sucht werden. Drei männliche Individuen dieser Seltenheit gingen in die Samm- lung meines Freundes Daub über, die übrigen Exemplare befinden sich in meinem Besitz. VII. Sat. hybr. cop. [ in a; T — risii Stats. (efr. Taf. IV, Fig. I—3.) a) Das Ei. Es wurden neun der oben bezeichneten Paarungen erreicht, wohl die schwierigste Aufgabe, welche bisher bei allen meinen Zuchtexperi- menten zu lösen war. Die g Weibchen legten alle ihre Eier, welche durchaus den nor- malen Pyri-Charakter besassen, regelmässig ab. 2 Weibchen 1893: 192, 205 und 7 Weibchen 1894: 222, 182, 193, 211, 185, 189, 221 Eier. Im Jahre 1894 lieferten die Gelege: 222, 193, 185, 189, 221 je 2 Räupchen. 2 dieser 10 Raupen gingen zu Grunde, bevor sie irgend welche Nahrung zu sich genommen hatten. 2 starben dann noch vollkommen erwachsen, an einer Pilzkrankheit, so dass im ganzen nur 6 Puppen und im Frühjahre 1895 6 Falter von diesem abgeleiteten Hybriden erhalten wurden. ß) Die Raupe. Erstes Kleid. Der gesamte Körper einfarbig schwarz, die Knöpfe mit ihren Dornen, der Kopf und die Brustfüsse zeigen Glanz. Nach der ersten Häutung hin gewinnen sämtliche Höcker, welche sich erheblich an- sehnlicher gestalten, eine braungelbe Farbe. Wir haben eine ‚Sat. pyri-Raupe vor uns, welche in ihren Knöpfen und Dornen merklich dunkler gefärbt ist. Zweites Kleid. Körperhaut einfarbig schwarz. Knöpfe samt Dornen und Kopf glänzend. Höcker braungelb, Brustfüsse braunrot. Es stellt sich nun ein in den Ringeinschnitten nur wenig unter- brochener, rotbrauner Seitenstreif in der Lage der untersten Warzen- reihe ein. Die sich auf den betreffenden Knöpfen nun findenden Borsten sind noch unansehnlich und auf der Höhe des Rückens dunkler gefärbt als auf den seitlichen Warzen. Es steht diese Raupe dyri näher als der väterlichen Form: durch bedeutendere Grösse, geringeres Hervortreten des bunten Seiten- streifens und durchweg lichtere Färbung der Höcker. Drittes Kleid. Variabel. Grün mit schwarzer, individuell in sehr verschiedener Ausdehnung auftretender Zeichnung. Der Kopf, die Bauchseite, Bauchfüsse und Nachschieber sind bei allen Individuen schwarz. Sonst sind bei einigen Individuen schwarz nur die zusammenhängende Rückenlinie und seitliche kleinere Flecken, den gleichliegenden bei Sat. pyri entsprechend; bei anderen entstehen zwischen diesen seitlichen Flecken und der Mittellinie noch verbindende schwarze, sehr ungleich breite Halbgürtel. Die Knöpfe waren bei einem Individuum gelbgrün. bei den übrigen schwarz, die Dornen immer schwarz. Die Borsten der obersten Warzenreihen, nun stark ausgeprägt, zeigen sich an ihren Enden deutlich geknöpft. Die Stigmen sind schwarz oder weissgelb und schwarzgesäumt. Die Höcker haben an Umfang verloren und es entsteht so eine grössere Divergenz gegenüber dem Typus von Sat. pyri. Viertes Kleid. Nicht sehr variabel. Die Grundfarbe des Körpers ist grün, die Bauchseite ist in ihrer Mitte durchweg schwarz, oder nur schwarz in den zwischen den Füssen liegenden Teilen. Im übrigen schwarze Zeichnung auf der Höhe des Rückens, zu- mal vom fünften bis elften Segment, und seitlich davon grössere oder kleinere Flecken gleichliegend denen bei Sat. pyri. Der Kopf ist grün mit zwei schwarzen am Hinterrande sich schneidenden Linien; die Bauchfüsse und Nachschieber grün, nach der Sohle hin schwarz. Die verhornten Stellen der Nachschieber und Afterklappe sind gelb- braun. Die Brustfüsse sind braunrot. Die Knöpfe erscheinen matt- fleischfarben und schwarz gerandet, bei 2 Individuen sind die Warzen des 2. bis 4. Ringes stark geschwärzt. Die Borsten sind jetzt auch auf den seitlichen Warzenreihen kräftig ausgeprägt, aber kaum merk- licher geknöpft als in dem vorhergehenden Kleide, schmal-bandartig verbreitert und etwas lockig gedreht. Die Stigmen sind gelblichweiss und schwarz gerandet. Die Höcker, weit mehr hervorragend als bei Sat. pavonia, bleiben gleich- wohl hinter Sat. pyri erheblich zurück. Es ist schwer zu sagen, welcher von den beiden Arten sich der Typus dieser Hybridform mehr annähert. Fünftes Kleid (cfr. Taf. IV, Fig. 3). Körperfarbe gelblichgrün, Knöpfe licht blaugrün, schwarzgesäumt. 5 Individuen in der Lage der Warzengürtel mit schwarzer Zeichnung und schwarzer Mittellinie auf der Bauchseite, bei 3 Individuen tritt auch an der Stelle dieser schwarzen Zeichnungen grüne Farbe auf. Kopf, Bauchfüsse, Nachschieber grün, über den Sohlen dunkelgrün. Die verhornten Stellen auf Afterklappe und Nachschiebern in ihrer Mitte braun, am Rande grün. Die Brustfüsse braunrot. Die Borsten mächtig entwickelt und nach ihren Enden hin verdickt, aber nicht deutlich gekeult, im übrigen etwas verbreitert und gedreht. Die Stigmen sind gelbweiss mit schwarzem Rande. Die Höcker sinken noch mehr zusammen. Es hat sich nunmehr eine sichtliche Aehnlichkeit mit einer er- heblich vergrösserten davonia-Raupe eingestellt. Während wir bei Sat. hybr. standfussi eine Vergrösserung der mütterlichen Art, der Sat. favonia, gegenüber konstatieren mussten, hervorgerufen durch die viel bedeutenderen Dimensionen der väter- lichen Form (cfr. p. 88) weist ‚Saf. hybr. risii eine Verkleinerung der mütterlichen Art gegenüber auf, veranlasst durch die geringere Grösse der männlichen zeugenden Form. Auch hier schwankt diese Verringerung der Grösse nach den In- dividuen bedeutend. Die ansehnlichsten beiden Exemplare (cfr. die Falter aus diesen Raupen Taf. IV, Fig. ı, 2) stehen hinter der Durch- schnittsgrösse von ‚Saft. yri nur etwa um ein Drittel zurück, das kleinste Stück zeigt ungefähr die Hälfte dieser Grösse, die übrigen 5 Individuen fallen zwischen diese Grenzen. y) Die Puppe. Der Cocon ist ein Zwischengebilde zwischen den Geweben der elterlichen Formen. Die ziemlich regelmässige birnförmige Gestalt, der nicht solid ausgeführte Schluss der äusseren Reuse rühren von dem väterlichen — der flockige Ueberzug der Aussenfläche und das feste, wenn auch ziemlich schmalflächige Anweben des Cocons an einen kompakten Gegenstand von dem mütterlichen Individuum her. Von der Puppe selbst gilt das Gleiche: die erhabeneren und breiteren Fühlerscheiden wie die sehr kräftigen Afterborsten sind auf hybr. emiliae zurückzuführen, die fast vollkommen drehrunde Körper- gestalt dagegen und der damit verbundene Mangel einer starken Krümmung des gesamten Körpers auf Sat. pyri. Die Grössendiffe- renzen kommen noch hinzu. ö) Der Falter. Wie schon gesagt, gelang es, 6 Exemplare von diesem abge- leiteten Hybriden bis zum Falter zu erziehen. Es waren dies 3 männliche, 2 weibliche und ı zwitteriges Individuum. Ich benannte diese schönen Geschöpfe nach meinem langjährigen, treuen entomologischen Genossen und lieben Freunde Dr. medic. Fritz Ris in Rheinau (Kanton Zürich). a) Die männlichen Individuen haben 102 mm (cfr. Taf. IV, Fig. ı) 83!/, und 83 mm Spannweite. Zwei Individuen zeigen die gestrecktere Flügelform der Sat. pyri, das dritte die weniger ge- schweifte der väterlichen Form. Der gesamte Körper ist erheblich robuster als bei der letzteren und die Fühler etwas kürzer gezähnt und länger gestreckt als bei dieser. Das Gesamtkolorit ist oberseits ein schönes Braunschwarz, welches in den mittleren Teilen der Vorderflügel durch reichlich vorhandene rotbraune Schuppen bunter gestaltet wird; unterseits liegen die Färbungsverhältnisse gerade umgekehrt. Die Unterseite des Hinter- flügels entspricht ja bei diesem Typus im wesentlichen der Oberseite des Vorderflügels und die Unterseite des Vorderflügels der Oberseite des Hinterflügels. Indes wird die lebhafte Färbung der Oberseite nicht ganz erreicht (cfr. Standfuss: die Beziehungen zwischen Färbung und Lebensgewohnheit bei den paläarktischen Grossschmetterlingen. Viertelj. d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. 1894. P. 94, 95). Auf der Oberseite bildet die tiefgezackte Doppelwellenlinie ausserhalb des Auges beider Flügelpaare in ihrem Gesamtverlauf einen spitzeren Winkel mit dem Costalrande und mündet daher am Dorsalrande näher an der Flügelbasis ein als dies bei emiliae der Fall ist. Das verdunkelte Feld zwischen dieser Wellenlinie und dem Aussenrande wird dadurch auf Vorder- wie Hinterflügeln breiter und ist spärlicher mit lichten Schuppen durchsetzt als bei der väterlichen Form. Auch die basale Doppellinie beider Flügelpaare nimmt einen entsprechenden Verlauf und mündet daher am Dorsalrande dem Körper mehr angenähert als bei der väterlichen Form. Der mittlere Teil der Flügel, also die zwischen den beiden Querbinden liegende Fläche, zeigt bei 2 Individuen sehr viele rotbraune, bei dem 3. aber lichtgraue Schuppen. Entsprechend steht bei jenen das Auge der Vorderflügel auf rötlichem Grunde, bei diesem hingegen auf fast rein weissem. Die Hinterflügel zeigen die Färbungsverhältnisse düsterer und unreiner durch zahlreiches Auftreten gelbgrauer Schuppen. Thorax und Leib sind einfarbig dunkelrotbraun, noch dunkler als bei Sat. hybr. var. daubii Stdfs. Ebenso wie bei Pyri, denn natürlich entstammen dieser Art die von der väterlichen Form abweichenden Merkmale, stehen bei dem abgeleiteten Hybriden am Aussenrande nahe der Vorderflügelspitze drei voneinander deutlich abgesetzte rot- braune Zeichnungen untereinander, während Sat. hybr. var. emiliae hier stets nur 2, nicht selten wie bei Saf. pavonia ineinander ver- laufende rotbraune Flecken besitzt. Unterseite: Der Thorax, die Bekleidung der Füsse und das Afterende sind rotbraun, der ganze übrige Teil des Hinterleibes grau- weiss. Von den beiden die Vorder- wie die Hinterflügel durchquerenden Liniengruppen ist ganz dasselbe zu sagen wie von der Oberseite, übrigens decken sich diese Zeichnungsmomente auf Oberseite und Unterseite desselben Flügels keineswegs, sie münden unterseits im Dorsalrande ferner von der Flügelwurzel als oberseits, während sie am Costalrande auf beiden Flügelseiten von dem gleichen Punkte ausgehen. Auch hier sind am Aussenrande vor der Vorderflügelspitze die drei untereinander stehenden rotbraunen Zeichnungen deutlich aus- geprägt. b) Die beiden weiblichen Individuen, das eine 98, das andere 102 mm (cfr. Taf. IV, Fig. 2) Spannweite haltend, weichen weit weniger von den Weibchen aus der Kreuzung zwischen Sat. Davonia 8 und dyri 2 ab, als dies bezüglich der männlichen Form zu sagen war. Die beiden Stücke sind in ihrer Färbung und Zeichnung im wesentlichen durchaus übereinstimmend und von den männlichen In- dividuen in ihrem Gesamtkolorit so stark verschieden, dass ein aus- gesprochener Dimorphismus der beiden Geschlechter hinsichtlich der Färbung bei diesem abgeleiteten Hybriden vorliegt. Es scheint dies eine höchst auffällige Thatsache zu sein, wenn wir erwägen, einen wie grossen Anteil Sat. dyri an dem Aufbau dieses Lebewesens hat, eine Art, welche doch ausgesprochen mono- morph in dieser Beziehung ist. Wir werden in einem späteren Ab- schnitt ein Verständniss für diese Thatsache zu gewinnen suchen. Oberseite: Der Grundton ist ein dunkles Grau, so dass man bei oberflächlicher Betrachtung glauben könnte, ein sehr grosses, düster gefärbtes Sat. hybr. var. emiliae Weibchen vor sich zu haben. Eine genaue Vergleichung ergiebt, dass auch hier die vom Costal- nach dem Dorsalrande verlaufenden OQuerlinien in demselben Sinne von den entsprechenden Zeichnungsmomenten der ‚Saf. hybr. var. emiliae abweichen, allein der Unterschied zwischen der väterlichen Form und dem abgeleiten Hybriden erreicht hier wegen der weniger gestreckten Flügelform der weiblichen Individuen nicht einen so hohen Grad wie bei den männlichen. Auch der Charakter der ge- samten Grundfarbe bietet wesentlich geringere Verschiedenheiten als bei dem männlichen Geschlecht. Ferner ist hier der 3. rotbraune Fleck im Aussenrande unterhalb der Vorderflügelspitze nur durch einige wenige Schuppen schwach angedeutet und der mittlere zeigt nicht die starke Ausdehnung und das intensive Rot, welches hier Sat. hybr. var. emiliae meist besitzt. Der Thorax und die Basis des Leibes sind schwarzbraun, der übrige Hinterleib bei dem kleineren Exemplar graubraun, bei dem grösseren grauweiss. Unterseite: Thorax und Basis des Leibes erscheinen auch hier bei beiden Exemplaren schwarzbraun, der übrige Hinterleib ist bei dem kleineren Individuum dunkler, bei dem grösseren lichter graubraun. Von der Färbung und Zeichnung der Flügel ist dasselbe wie von der Oberseite zu sagen. Auch hier ist von der Lage der beiden den Flügel durchquerenden Liniengruppen, welche an Sat. pyri sehr anklingt, abgesehen, eine grosse Aehnlichkeit mit emiliae 2 vor- handen. Ich wollte die beiden Individuen wegen der ausserordentlichen Schwierigkeit, die ihre Zucht bietet, nicht für anatomische Zwecke zerstören. Meinem Ermessen nach sind sie beide steril, da der Leib der lebenden Tiere dem Druck der Finger keinerlei Widerstand bot und sich darin ganz gleich verhielt wie die zahlreich untersuchten Sat. hybr. var. emiliae-Weibchen. Der Leib des kleineren Individuums ist zudem bereits fettig geworden, wie es nur sterile Bastardweibchen bei den Saturniden zu werden pflegen. Auch ist es sehr charakte- ristisch für beide Weibchen, dass die Zähne der Fühler sehr ungleich lang und vielfach mit Wimperhaaren besetzt sind, wie solches bei den Fühlern der männlichen Individuen der Fall ist. Die letzteren dürften nach den Erfahrungen mit der väterlichen Form, wie nach ihrem Körperbau und Benehmen zu urteilen, sicher fortpflanzungsfähig sein, und es sollte eine Kopulation mit den Weibchen der ‚Sat. hybr. standfussi, wie mit denen von pavonia und pyri herbeigeführt werden. Es scheint überhaupt der Natur mit der Produktion dieses abge- leiteten Hybriden eine schwierige Aufgabe gestellt worden zu sein. Einmal entwickelte sich aus je ı80o Eiern immer nur ein Räupchen, wenn die von allen neun hybridisierten Weibchen abgelegten Eier zusammengezählt werden, und dann zeigen sich vielfach zwitterige Charaktere: Das kleinere der eben beschriebenen Weibchen besitzt, abgesehen von den unregelmässig gezähnten und teilweise bewimperten Fühlern, rechts auf der Unterseite des Vorder- und auf der Oberseite des Hinterfügels kleine Streifen, welche zwitteriger Natur sind, denn sie entsprechen durchaus den gleichliegenden Stellen der männlichen In- dividuen. Weiter zeigt das lichter gefärbte der kleinen Männchen links die Oberseite des Leibes, ferner die Unterseite des Vorderflügels und die Ober- wie Unterseite des Hinterflügels in der Färbung der weiblichen Exemplare, ohne im übrigen in den Fühlern oder äusser- lich im Bau des Leibes zwitterige Eigenschaften erkennen zu lassen. e) Ein ausgesprochen zwitteriges Individuum von 84 mm Spannweite, welches mit dem dunkleren der kleinen männlichen In- dividuen in der Oberseite beider Vorderflügel durchweg so voll- kommen übereinstimmt, dass es wohl unzweifelhaft derselben Mutter entstammt. 2 weitere Individuen mit zwitterigen Eigenschaften be- sprachen wir eben, dazu kommt als 4. Stück noch das grössere weib- liche Exemplar, dessen Fühlerbildung, wie schon erwähnt, zwitteriger Natur ist. Es bleibt danach nur die Annahme, dass mindestens 3 von 5 Weibchen in diesem Falle Nachkommenschaft mit zwitterigen Charakteren hervorbrachten. Dr. A. Speyer rechnete bei den Lepidopteren einmal auf unge- fähr 30000 Exemplare ı zwitteriges Individuum. Ich glaube nach meinen langjährigen Erfahrungen, dass diese Zahl eher zu niedrig als zu hoch gegriffen ist. Im vorliegenden Falle ergaben die Bruten, welche von Sat. dyri wie die, welche von den Hybriden zur Gewinnung unserer ‚Sat. hybr. risii verwendet wurden, auch nicht ein einziges Individuum, welches irgend welche hermaphroditische Merkmale besessen hätte. So liegt keinerlei Grund vor, diese Merkmale als von den Eltern ererbt zu denken. Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. 7 Danach bleibt wohl nur die Annahme übrig, dass die grosse Neigung zu zwitterigen Charakteren bei diesem abgeleiteten Bastarde ihren Grund in der abnormen Entstehungsweise haben dürfte. Primäre Bastarde habe ich bisher mehr als 1000 Individuen er- zogen, darunter aber niemals ein irgendwie zwitterig angelegtes Exemplar. Auch die 16 Sat. hybr. standfussi zeigten nichts Zwitteriges in ihrer äusseren Erscheinung. Die Oberseite beider Vorderflügel ist bei dem Hermaphroditen männlich, die Flügelform indes weniger geschweift als bei männlichen Individuen. Von den Hinterflügeln ist der linke vom Costalrande an bis hinter das Auge männlich gefärbt, der übrige Teil bis zum Anal- winkel hin durchaus weiblich. Der rechte, wohl um ein Fünftel grössere Hinterflügel, zeigt vom Costalsaume her nur bis zum Vorder- rande des Auges männliche Färbung, der ganze übrige Teil hat weib- lichen Charakter. Unterseits ist der linke Vorder- und der rechte Hinterflügel durchweg weiblich, der linke Hinterflügel am Costal- und. Dorsalrande in einem schmalen Streifen weiblich, in der gesamten mittleren Fläche aber männlich gefärbt. Der rechte Vorderflügel besitzt überwiegend männliches Gepräge, nur ein nach aussen sich verbreiternder Keilfleck zwischen dem oberen Teil der Augenzeichnung und dem Aussenrande ist weiblich. Es ist eine Folge dieser zwitterigen Mischung, dass das Exemplar oberseits auf beiden Vorderflügeln die drei charakteristischen rot- braunen Bogenzeichnungen im Aussenrande unterhalb der Spitze deutlich ausgesprochen trägt, während unterseits der dritte dieser Bogen auf beiden Flügeln vollkommen fehlt. Von den Fühlern erscheint der rechte als ein etwas kurz- gekämmter männlicher, der linke ist nach oben ebenfalls, aber noch kürzer gekämmt, nach unten lediglich gezähnt wie ein weib- licher Fühler. Der Thorax und die Basis des Leibes sind oberseits überwiegend rotbraun, also männlich, doch finden sich hinter dem weissen Hals- kragen zwei grössere schwarzbraune Wollbüschel. Der übrige Hinter- leib wie die ganze Unterseite des Bauches ist graubraun, der Thorax unterseits schwarzbraun. Von den äusseren verhornten männlichen Kopulationsorganen ist nur die rechte Hälfte in verkümmerter Aus- bildung vorhanden, die linke fehlt. Dieses hochinteressante Individuum ziert die Sammlung meines Freundes Daub in Karlsruhe. 5 Saturnia pavonia L. d (Zürich VII. Larva hybrida cop. { Actias isabellae Graells \ (Kasktien). (cfr. Taf. II, Fig. 6.) Anhangsweise möge hier das Wenige folgen, was von dieser so merkwürdigen Kreuzung*) und deren Ergebnis zu berichten ist. a) Die Paarung. Sie erfolgte am 2. April 1894 und währte 5o Minuten, also unge- fähr die normale Kopulationsdauer der Sat. Bavonia. ß) Das Ei. Erst am 7. April legte das Actias isabellae-Weibchen seine Eier ab, im ganzen 98 Stück. Sie waren bläulichgrün mit bräunlichen Flecken und zeigten keinerlei Unterschied von den normalen, unbefruchteten Eiern der Art. y) Die Raupe. Am 2o. April schlüpften 5, am 2ı. noch weitere 2 Räupchen aus, mehr entwickelten sich nicht. Diese nahmen die Nadeln von keiner Pinus-, Picea- oder Abies-Art an, während Act. isabellae doch an Pinus pinaster Sol. (maritima Poir.) lebt, wohl aber nagten sie mit sichtlichem Appetit an dem weichen Nadellaub der Larix decidua Miller. Erstes Kleid. Die Grundfarbe der kleinen Raupe war ein eigentümliches Grün- braun, auf der Rückenseite in einem dunkleren Farbenton als auf der Bauchseite, mit sehr schwach angedeutetem, gelbrötlichem Seiten- strei. Der scharf kugelig abgesetzte Kopf zeigte sich glänzend schwarz, ebenso die Brustfüsse. 6 Höckerreihen mit bedornten Knöpfen sind in ganz gleicher Lage wie bei Sat. pavonia vorhanden, doch sind sie weniger erhaben als bei dieser. Die Knöpfe besitzen Glanz, übrigens weichen sie kaum von der Grundfarbe des Kör- pers ab. Zweites Kleid (cfr. Taf. II, Fig. 6; Grösse 4:1.) Zunächst wiederum grünbraun, dann beim Heranwachsen braun- schwarz mit deutlicher hervortretendem, braunrötlichem Seitenstreif. Der Kopf und die Brustfüsse sind ebenfalls braunschwarz und *) Im April 1895 glückten mir neun anscheinend ganz normale Paarungen zwischen Saz. pavoniaL. d und Actias hımaL. 2; allein es schlüpfte aus den weit mehr als tausend Eiern auch nicht ein einziges Räupchen aus. ir er ROOT glänzend. Die Höcker und Knöpfe werden ansehnlicher und letztere gewinnen stärkeren Glanz, der ihnen einen bläulichen Schein ver- leiht. Zu den meist 7 Dornen treten nun auf den Warzen noch Haare, denn als Borsten können diese weichen Gebilde nicht bezeichnet werden. Am dichtesten stehen die Haare auf den Warzen in dem farbigen Seitenstreif. Ein eingehender Vergleich mit den entsprechen- den Stadien der Actias isabellae war mir leider nicht möglich. Es ist mir eine Beschreibung der ersten Entwickelungsphasen dieser Art nicht bekannt (cfr. Die erwachsene Raupe: Milliere, Iconographie et Descript. etc. Pl. 101. Hofmann, Raupen d. Gross-Schm. etc. Taf. 48, Fig. ı7). Natürliches Material war mir auch nicht erreichbar. Die ersten beiden Kleider der Raupe von Sat. Davonia cfr. p. 68, 69. IX. Das relative phylogenetische Alter der drei Arten: spini, pavonia und Pyri. Bevor wir zu den allgemeinen Resultaten übergehen, welche sich aus allem bisher über die Hybridation und die Hybriden Gesagten ableiten lassen, müssen wir zunächst noch das oben genannte Thema beantworten, indem diese Antwort für jene endgültigen Schlüsse von fundamentaler Bedeutung ist. Die Antwort ergiebt sich aus der Vergleichung der verschiedenen Entwickelungsphasen der drei Arten, die wir in allen wesentlichen Zügen heranziehen, auch in denjenigen Zügen, welche zur Lösung unserer gegenwärtigen Frage wenigstens nicht sichtlich beitragen. Dies letztere erstens der Vollständigkeit des Bildes und zweitens der Kontrolle halber darüber, dass in dem gesamten Bilde auch keine Punkte vorliegen, welche mit der sich ergebenden Antwort in offen- barem Widerspruche stehen. «) Das Ei. Die bläulichweissen Eier von Sat. spini und Davonia sind als einzelne Individuen betrachtet, die sofort zu besprechende Grösse teilweise ausgenommen, einander gleich und von eiförmiger Ge- stalt, letztere wird indes in der Richtung der längeren Axe durch zwei parallele Flächen bald mehr, bald weniger abgeplattet. Die helle Färbung ist vielfach von einer braungelben Kittsubstanz ver- deckt, welche zur Befestigung der Eier an einem Zweig, Stamm ete. dient. Sat. spini hat in ihrem ziemlich beschränkten Verbreitungs- gebiete schon als Ei eine merkwürdig konstante Grösse, während m = OT pavonia nach der sehr ausgedehnten geographischen Verbreitung be- reits in diesem Stadium stark in ihren Dimensionen schwankt. Im Norden bleibt das Ei von davonia hinter der normalen Grösse von spini zurück, in der mittleren Lage der Verbreitung ist es etwa gleich gross, an den südlichsten Punkten des Vorkommens übertrifft es diese Grösse sogar nicht unerheblich. In den natürlichen Gruppen, „den Gelegen“ aber, in denen die Eier von den Weibchen der beiden Arten abgesetzt zu werden pflegen, unterscheiden sie sich sichtlich von einander durch den dichten, filzisen Ueberzug mit Afterwolle, welcher für spini specifisch ist. ‚Sat. Davonia besitzt gar nichts von einer solchen Schutzhülle oder doch nur einen kaum bemerkbaren Flaum. Das Ei von Sat. Dyri wird nicht gruppenweise nebeneinander, wie von den behandelten Arten, sondern in perlschnurförmigen Reihen oder Doppelreihen hintereinander abgelegt, welche niemals mit Wolle bekleidet sind. Es ist in seiner Form und Färbung, abgesehen von der hier braunroten Kittsubstanz, den beiden kleineren Arten durch- aus gleich, nur grösser und wohl auch dickschaliger als diese, übrigens in seinen Dimensionen nach der geographischen Verbreitung, welche eine sehr grosse ist, ebenso schwankend wie das der Sat. davonia. Eier der Sat. pyri von Brünn (Mähren) sind nicht grösser als kräftige Eier der Sat. davonia von Capri oder Palermo. Dagegen sind Eier der Saf. pyri von Klein-Asien oder Süd-Spanien etwa doppelt so gross wie jene von nördlichster Provenienz. ß) Die Raupe. Die Unterschiede des Raupenstadiums der drei Arten spint, Pa- vonia, Dyri liegen, wie schon einmal p. 68 gesagt: ı) in der Färbung des Körpers, 2) in der Grösse der Höcker und der Färbung der Knöpfe, 3) in der Grösse und Form der diese Knöpfe von dem zweiten Kleide an bis zum Puppenstadium hin krönenden Borsten. Sat. spini weist ihr schwarzes Jugendkleid auch in den weiteren 4 Gewändern auf. Sat. pavonia verliert das schwarze Jugendkleid an vielen Orten ihres Vorkommens (cfr. p.69 Anm.) bereits im dritten Gewande durch sich einfindende gelbe und gelbbraune Zeichnungen, im ganzen Verbrei- tungsgebiete dann aber im 4. und 5. Gewande durch Auftreten oder Herrschendwerden von grüngefärbten Körperflächen. Sat. Dyri besitzt stets nur in den beiden ersten Gewändern eine Ba En (0 schwarze Grundfarbe, schon im dritten Kleide tritt von wenigen feineren schwarzen Punkten abgesehen, welche das 4. Kleid etwas reduziert noch beibehält, durchweg grüne Farbe auf, die ebenso auch das 5. Gewand zeigt. Da alle 3 Saturnien im wesentlichen an den gleichen Nähr- sträuchern und Bäumen, am liebsten Amygdaleen (Steinobst), wenn auch nicht zu derselben Jahreszeit, tagsüber freisitzend verharren, so ist der Uebergang zur grünen Färbung als der Eintritt eines Schutz- mittels aufzufassen, ganz ebenso wie bei den Tausenden anderer gleichlebender Arten. Diese schützende Färbung tritt, wie wir sehen, bei ‚Sat. dyri früher und vollkommener auf als bei Sat. davonia, während sie bei Sat. spini ganz fehlt. Sie kommt unzweifelhaft nur gegenüber Feinden in betracht, welche die Raupen verzehren. Von Schmarotzern aus der Ordnung der Fliegen (Diptera) und Hautflügler (Hymenop- tera) sind gerade pavonia und Pyri ausserordentlich heimgesucht, während ‚Sat. spini ungemein wenig von diesen Feinden zu leiden hat. Es ist dies eine Thatsache, die bisher wohl noch jeder Erklä- rung entbehrt. Ich habe diesbezüglich Zahlen nicht notiert, glaube aber, dass von den mehr als 4000 Individuen der ‚Sat. spini, die bis- her bei meinen Experimenten Verwendung fanden, noch keine 30o Exemplare von einem kleinen Chalecidier (Schlupfwespe) bewohnt waren. Tachiniden (Fliegen) habe ich nie beobachtet. ‚Sat. spini fällt hingegen noch wesentlich mehr als davonia und dyri mancherlei In- fektionskrankheiten anheim. Die glatte Körperfläche unserer 3 Saturnien wird wie die aller näher verwandten Formen unterbrochen durch die geknöpften Höcker. Sat. spini zeigt diese Höcker selbst in erwachsenem Zustande nicht sehr augenfällig, und erst nach der letzten Häutung erhalten die Knöpfe eine von der schwarzen Körperhaut grell verschiedene Färbung. Sat. pavonia besitzt sichtbarere Höcker und die Knöpfe gewinnen je nach dem Orte des Vorkommens von dem 3. oder von dem 4. Ge- wande ab ein von der umgebenden Körperoberfläche dem Kolorit nach abstechendes Gepräge. Sat. pyri bringt bereits aus dem Ei buntgefärbte Knöpfe und die Anlage zu stark ausgebildeten Reliefformen der Höcker mit, Eigenschaften, welche durch die weitere Entwickelung zu einer immer auffälligeren und eigenartigeren Form führen. — 103 — Die auf den Knöpfen sitzenden Borsten verstärken das unge- wöhnliche Gesamtbild, welches die ‚Sat. pyri-Raupe schon vom 3. Kleide ab auszeichnet. Es kommt dabei nicht nur die bedeutende Länge dieser Borsten, sondern auch die Endverdickung derselben in betracht. Sat. pavonia weist diese Organe in geringerer Grösse und in normaler, zugespitzter Form auf, noch weniger ansehnlich sind sie bei Sat. spini. Die seknöpften Höcker stellen Drüsengebilde dar, welche eine ätzende, scharf riechende Flüssigkeit aussondern, die durch feine Poren des Knopfes in kleinen, klaren Tröpfchen nach aussen tritt und sich an der Luft sehr bald zu einer milchigen, klebrigen Substanz verdickt. Es sind diese Warzen Schutzvorkehrungen, welche allen Insekten- fressern durch die widrigen Eigenschaften der von ihnen erzeugten Flüssigkeit den Genuss des fetten Bissens verleiden sollen. Die prägnante Färbung der Knöpfe und ihr Hervorragen aus der Körpermasse durch das Relief der Höcker dient dazu, ähnlich den vielfach so prächtig gefärbten Brennkapseln der Quallen, den Feind zu veranlassen, gerade an diesem Punkte die Beute zu fassen. Die Borsten endlich sind die Meldeapparate, welche die drohende Gefahr anzeigen, denn wenn diese Saturniden-Raupen auch — wie dies bei der überwiegenden Zahl aller Raupen der Fall ist — kleine Punktaugen haben, so ist es doch mit ihrem Sehvermögen ziemlich mangelhaft bestellt. Man muss diese Schutzwaffen nicht an den in der Gefangenschaft grossgezogenen Tieren in ihrer Leistungsfähigkeit prüfen wollen. Der häufige Reiz der bei der jedesmaligen Erneuerung der Nahrung und schon durch die blosse Annäherung des Menschen diese Organe wieder und wieder zur Funktion reizt, schwächt sie und macht eine energische Kraftäusserung derselben, wenn wir eine solche einmal willkürlich hervorrufen wollen, zur Unmöglichkeit. Einen sehr anderen Eindruck dieser Abscheuerreger gewinnen wir beim Einsammeln der schon herangewachsenen Raupen im Freien. Die reichliche Ausscheidung der Substanz macht das ganze Tier feucht und klebrig und verleiht ihm einen durchdringenden und keineswegs angenehmen Geruch. Auch diese ganz unzweifelhaften Schutzorgane der Art finden sich am wenigsten vollkommen ausgeprägt bei Sat. spini, vollkom- mener bei Sat. Davonia und am besten nach allen Richtungen ent- wickelt bei Sat. dyri. — 14 — y) Die Puppe. Die Puppen selbst, welche p. 73 und 82 genügend charakterisiert sind, dürften einen irgendwie greifbaren Anhalt zur Lösung des uns hier beschäftigenden Problems nicht liefern, wohl aber der Bau des Cocons: Wir haben die Form der Ausschlüpföffnungen genauer be- sprochen (efr. p. 71—73 u. 81) und es ist gewiss sehr einleuchtend, dass die durchaus einfache Reuse der spini (cfr. p. 72 Fig. ı) ein feindliche Eingriffe weniger abhaltendes Gebilde ist als der entsprechende Ap- parat der davonia (cfr. p. 72 Fig. 3) mit seinem noch hinzukommenden äusseren Schutzwalle. Noch grössere Sicherheit freilich bieten die 2 sorgfältig ineinander geschalteten Reusen der Sat. pyri (cfr. p. 8ı Fig. 5). Ferner hat der ungemein voluminöse Bau des Cocons der ‚Sat. spini eine geringere Festigkeit der Wandungen zur Folge. Bei ‚Sat. pavonia ist die Oberfläche des Gespinnstes verhältnis- mässig kleiner und dasselbe darum dicker und solider. Sat. pyri geht mit ihrem Spinnstoffe noch haushälterischer um, zumal die frische Puppe füllt den Cocon sehr prall aus, und so ge- staltet sich derselbe zu dem widerstandsfähigsten. ö) Der Falter. Auch die Falter tragen nur bis zu einem gewissen Grade zur Aufklärung unseres Problems bei. Sat. spini ist in beiden Geschlechtern nahezu gleichgefärbt, also monomorph, das d etwas kleiner als das 9. Letzteres ist ungemein träge, die männlichen Fühler daher, denn mit ihrer Hülfe wird das 2 von dem g aufgespürt, ausserordentlich ausgebildet, breit gekämmt und stark bewimpert, um eine grosse Riechfläche zu bieten. Der Körper beider Geschlechter erscheint in einen dichten, wolligen Pelz gehüllt. Nur etwa 25—30°/, der Falter einer Brut schlüpfen nach ein- maliger Ueberwinterung der Puppe aus, 70—75°/, der Chrysaliden liegen über und verteilen ihre Falter auf die nachfolgenden 3 Jahre, doch so, dass die beiden Geschlechter den Jahren nach überwiegend getrennt zur Entwickelung gelangen. Es wird dadurch die Inzucht bis zu einem hohen Grade verhindert. Die Flugzeit des Falters reicht von Mitte April bis gegen Ende Mai. Die Ausbreitung der Art in dem eigentlichen Europa kann etwa bezeichnet werden durch folgende bekannte Punkte: Salzburg, Prag, _— 105 — Brünn, Wien, Budapest und fällt in die Region der Ebene und des Hügellandes. Von weiter östlich gelegenen Fundorten werden der Taurus, Amasia (cfr. Staudinger, Lepidopteren-Fauna Kleinasiens. p- 186), Tokat, Südrussland und sogar der Altai genannt, allein es scheinen teilweise Zweifel bezüglich dieser letzteren Gebiete zu be- stehen. Dr. Eversmann giebt in seiner Fauna Lepid. Volgo-Uralensis p- 117 an, dass ‚Sat. spini in dem Faunengebiet noch nicht gefunden worden sei. Sat. pavonia besitzt einen hochausgeprägten Dimorphismus der beiden Geschlechter bezüglich Grösse und Färbung. Das wesentlich kleinere Männchen zeigt durchaus das bunte Gewand eines farben- freudigen Tagfalters.. Das Weibchen steht in seiner ganzen äusseren Erscheinung dem Typus von Sat. spini so nahe, dass die Weibchen beider Arten oft genug mit einander verwechselt werden. Das & fliegt ausschliesslich am Tage, das 2 lediglich in der Nacht. Das 2 ist beweglicher als das von ‚Sat. spini, wenn auch nicht be- sonders fluglustig. Die Fühler des g sind etwas weniger lang ge- zähnt als die des spini d und beide Geschlechter zeigen einen nicht so starken Haarpelz des gesamten Körpers als letztere Art. Auch davonia besitzt die Eigentümlichkeit des Ueberliegens der Puppen in ziemlich hohem Grade, übrigens ist der Prozentsatz an überliesenden Individuen nach dem Flugorte etwas verschieden: von ‚zahlreichen Puppen, die ich von meinem verstorbenen Freunde Grentzenberg in Danzig (Westpreussen) erhielt, ergaben etwa 50°), die Falter nicht nach der ersten Ueberwinterung, während Puppen von Capri und Neapel nur etwa zu 30°/, überlagen. Mehr als eine viermalige Ueberwinterung der Puppe habe ich nicht beobachtet. Bei pavonia erfolgt die Verteilung der Geschlechter auf die verschiedenen Jahrgänge des Ausschlüpfens ebenso, dass von den Individuen der- selben Brut in dem gleichen Jahre das eine Geschlecht das andere wesentlich an Zahl übertrifft. Soweit das Fluggebiet von Sat. spini und pavonia zusammen- fällt, erscheint davonia etwa von Mitte oder Ende März bis gegen Ende April hin. Im Norden und in den höheren Gebirgen fällt die Flugzeit in den Mai, im Süden bereits in den März. Bei Rom war im Jahre ı882 die Flugzeit der männlichen Indi- viduen in den ersten Apriltagen bereits vollkommen vorüber. Die Verbreitung der Art ist horizontal eine ausserordentlich grosse. Sie findet sich von Schweden und Lappland bis Sieilien und von England und Frankreich bis nach Sibirien (Amurgebiet). — 106 — Aber auch in vertikaler Richtung ist das Fluggebiet der Art ein sehr ausgedehntes: es reicht vom Strande des Meeres (Neapel, Danzig etc.) bis zu einer Höhe von 1800 m und darüber hinaus (Pontresina, Graubünden), also bis in die untere alpine Region. Sat. pyri, die dritte doppelt und mehrfach grössere Art, ist mono- morph bezüglich Grösse und Färbung der beiden Geschlechter. Sie flattern beide nur des Nachts und hier ist auch das Weibchen ein ziemlich guter Flieger. Die Fühler des Männchens sind nicht so stark gekämmt wie bei vielen gleichgrossen anderen ‚Saturniden, z.B. Antheraea yamamai Guer. oder gar Atiacus-Arten. Männliche und weibliche Individuen sind an ihrem Körper stark behaart. 5— 20°), der Puppen überwintern zweimal, eine längere Puppenruhe be- obachtete ich niemals. Das zu zweimaliger Ueberwinterung stärkeren Hang zeigende Geschlecht scheint das weibliche zu sein. Die Flugzeit des Falters fällt in die Monate Mai und Juni. Die geographische Verbreitung der Art ist eine sehr bedeutende: Nord-Afrika, Spanien, Frankreich (bis Paris), Tessin, ‚Unterwallis, Waadt, Genf, Italien, Griechenland, Türkei, Ungarn, Siebenbürgen, Mähren (Brünn), Oesterreich, Klein-Asien (Amasia, Tokat), Taurus, Syrien, Kurdistan, Transkaukasien. In der Region der Ebene und der Hügel, selten höher als 700 m vorkommend. Würden wir nur die Imagines ins Auge fassen, so spräche zwar sehr viel dafür, dass spini älter ist als Davonia. Denn beide Geschlechter von spini ebenso wie die der erst 1882 entdeckten Sat. cephalariae Chr. (von Kasikoparan) und das Weibchen von Sat. pavonia haben einen ausserordentlich ähnlichen Typus. Aus diesem Typus tritt das Männchen von ‚Sat. davonia schroff heraus, sodass davonia als die im Falterkleide neuerdings ver- änderte Art erscheinen muss. Allein ob wir die Entstehung der ‚Sat. pyri vor der Herausbildung dieser kleineren Formen oder nach der- selben anzunehmen haben, darüber lässt sich aus der Imago der Sat. pyri ein wirklich sicherer Schluss wohl nicht ziehen. Anders aber steht es mit dem Raupen- und Puppenstadium. Hier konnte klar nachgewiesen werden, dass Sat. spini, pavonia und Ppyri in mehrfacher Beziehung 3 verschiedene Grade des Geschützt- seins gewissen feindlichen Faktoren der Aussenwelt gegenüber dar- stellen. Auf dieser Stufenleiter nimmt spini stets die niedrigste und pyri stets die höchste Stufe ein. Bei der so ausserordentlich engen Verwandtschaft und der grossen Aehnlichkeit der bielogischen Ver- hältnisse der 3 Arten sind wir darum zu der Annahme gezwungen: | = 107 —— dass spini früher auftrat als davonia und pavonia früher als dyri. Oder, wenn wir den für dieses Verhältnis wissenschaftlich eingeführten Ausdruck gebrauchen: dass spini die phylogenetisch älteste, davonia eine jüngere, dyri phylogenetisch die jüngste Form ist. Es würde ja absurd sein, bei so nahestehenden Formen das vollkommenere Lebe- wesen früher entstanden zu denken als das unvollkommenere. 4. Allgemeines über die Hybridation und die Hybriden. Setzen wir Weibchen einer Species, welche in unserem Flug- gebiete nicht vorkommt, im Freien an einer Oertlichkeit aus, an der zu dieser Zeit Individuen einer oder mehrerer verwandter Arten un- zweifelhaft vorhanden sind, so werden sich gleichwohl die dd dieser verwandten Arten bei den ausgesetzten Weibchen im allgemeinen nicht einfinden — auch dann nicht einfinden, wenn wir eine grössere Anzahl von 22 gleichzeitig aussetzten. Der Duft, welcher von den weiblichen Individuen zum Anlocken der männlichen ausgeströmt wird, muss selbst bei recht nahe stehenden Arten ein specifisch verschiedener sein. Ja es ist dieser Duft auch in einer bisweilen nachweisbaren Di- vergenz bei den $? verschiedener Lokalrassen von ein und derselben Art bereits begriffen, wie mir Versuche mit Callimorpha var. persona Hb. klar zeigten. Die Männchen von Callim. dominula L. fanden sich bei zahlreich ausgesetzten, frisch entwickelten Weibchen der var. persona Eb. äusserst spärlich ein, während sie in Menge an die gleichzeitig und nicht weit davon ausgesetzten, ebenfalls frisch ent- wickelten Weibchen von dominula anflogen. Andererseits scheinen sich Analogien dieses weiblichen Duftes in gewissen Fällen bei gar nicht verwandten Arten zu finden, so bei Sphinx ligustri L. und Smerinthus ocellata L. (cfr. p. 55). Aehnlich wie die Blüten gar nicht nahestehender Pflanzen etwa den gleichen Duft zeigen und z. B. die Tonka-Bohne (Dipteryx odorata Willd.), das Anthoxanthum odoratum L. und die Asperula odorata L., obwohl sie miteinander nicht verwandt sind, sämtlich das aromatische Cumarin erzeugen. Diesen Duft der weiblichen Individuen vermochte ich bei keiner einzigen Art auch nicht bei gleichzeitigem Vorhandensein von mehr als 5o Stücken mit meinem Geruchssinne, obwohl derselbe durchaus gut ausgebildet ist, wahrzunehmen, während doch z. B. an ein einziges ‚Weibchen von ‚Sat. dpavonia L. zwischen ı0!/, Uhr vormittags und 5 Uhr nachmittags ı27 männliche Individuen, als Maximum im Laufe — 108 — eines einzigen Tages, in der Nähe von Zürich anflogen. Dabei ist Sat. pavonia hier keineswegs häufig, und diese männlichen Falter müssen teilweise von grosser Entfernung her zusammengeströmt sein, das Weibchen also doch wohl auch auf grosse Entfernung hin ge- wittert haben. Bekannt ist es, dass die männlichen Individuen der Zepidopteren vielfach Drüsengebilde besitzen, welche ebenfalls Düfte erzeugen. Es werden diese Gerüche durch vielfach ausserordentlich komplizierte Organe in Aktivität versetzt und in die Umgebung ausgeströmt. Sie dienen dem Männchen ganz sichtlich dazu, sich bei dem Weibchen angenehm zu machen. Man beachte nur den wirbelnden Flügelschlag des Colas- Männchens, welches um sein Weibchen tanzt, oder die breitgestellt vibrierenden Flügel der männlichen Lycaenen, wenn sie über der Dame ihres Herzens schweben und die langsam klappende Flügel- bewegung der Leucophasia-Arten bei ihren Liebeswerbungen. Allein genug davon, ein Eingehen auf diese Frage würde ein grosses Buch allein füllen können. Dabei sind diese Düfte der männlichen Individuen auch für unsere groben Geruchssinne öfter bemerkbar; man reibe einmal die Flügel eines Männchens von Pieris napı L., die dann etwa ähn- lich wie Melissengeist riechen. Oder man achte in einem Jahrgang, in welchem Sphinx convolvuli L. massenhaft auftritt, ob wir nicht an den Abenden eines reichlichen Fluges in der Nähe der Tiere einen moschusartigen Geruch bemerken werden, welcher hier aus taschen- artigen Gebilden auf der Bauchseite der ersten beiden Hlinterleibs- segmente ausströmt. Aus der Puppe bringen die männlichen Individuen von convolvuli diesen Duft, für unsere Sinne wenigstens, noch nicht wahrnehmbar mit, wie ich bei der Zucht oft genug konstatieren konnte; er stellt sich erst dann stark ein, wenn männliche und weibliche Individuen bei der Nahrungsaufnahme einander treffen. Die Weibchen scheinen diesen Düften der Männchen geflissent- lich nicht nachzugehen; wenigstens konnte ich bisher niemals eine Beobachtung in dieser Richtung machen, obwohl es bei meinen Zuchten zufolge der Separation oft sehr zahlreicher Männchen an viel- facher Gelegenheit dazu nicht gefehlt hätte. Nach Feststellung dieser Thatsachen liegt nun die Frage sehr nahe: wie finden sich dann in der freien Natur ein männliches und ein weibliches, nicht derselben Art angehörendes Individuum zu hybri- der Paarung zusammen ? — 19 — Es war mir möglich, in mehreren Fällen diesbezügliche Beobach- tungen mit eigenen Augen zu machen. Stets lag dabei die Sache so, dass mehrere Männchen gleichzeitig in Liebeswerbung um ein Weibchen ihrer Art begriffen waren. Nachdem ein Männchen sein Ziel erreicht hatte, wandte sich eines von den leer ausgehenden zu einem zufällig auf derselben Blume oder doch in nächster Nähe sitzenden Weibchen einer verwandten Art, welches ganz offenbar mit dem Gesichtssinn wahrgenommen wurde. So paarten sich vor meinen Augen Melitaea dictynna Esp. & und athalia Rott. 2, Zygaena trifolüi Esp. 8 und filipendulae L. 2, Zyg. pilosellae Esp. & und achilleae Esp. $; Zyg. filipendulae L. & und lonicerae Esp. ?. Wenn dergleichen hybride Paarungen nicht öfter vorkommen, so liegt der Hauptgrund dafür in dem eine geraume Zeit lang andauernden energischen Sträuben der weiblichen Individuen, welches sichtlich von dem Missbehagen hervorgerufen wird, das der nicht zupassende chi- tinisierte männliche Genitalapparat zunächst verursacht. Die Männchen ihrerseits erweisen sich, wenn sıe durch zahlreiches Vorhandensein kopulationssüchtiger Weibchen ihrer Art stimuliert sind, in so ab- normer Verfassung, dass sie eine Paarung mit den Weibchen sehr heterogener Arten einzugehen fähig sind. Ueber die nächsten Vorgänge nach erfolgter hybrider Paarung haben wir bereits p. 60 u. 61 berichtet. Wie steht es nun mit dem weiteren Ergebnis der Hybridation ? Zeugen männliche und weibliche Individuen derselben Art miteinan- der, so wissen wir, dass die Nachkommenschaft im allgemeinen durchaus den Eltern gleichgestaltet ausfällt. Schon unendlich oft in einer unzähligen Reihe von Generationen hat die Art von den ersten Zellteilungen des Leben gewinnenden Eiesan bis zur Ausbildung des geschlechtsreifen Ge- schöpfes hin immer und immer wieder den gleichen Entwickelungsgang durchgemacht, der dadurch ein schwer veränderliches, festes Gepräge angenommen hat und sich darum auch immer wieder in gleicher Weise in der Nachkommenschaft wiederholt, der Vererbung als einem Ge- setze inneren Zwanges folgend. Ganz anders liest die Sache bei der hybriden Kopulation. Es verbinden sich hier zu dem Aufbau eines Lebewesens 2 Keime, 2 Zellkerne, die nicht zu einander gehören und sich normaler Weise auch nicht miteinander verbinden. Ein Gepräge, dem die resultierende Nachkommenschaft durch Er- erbung eines schon in zahllosen Generationen wenigstens annähernd gleich durchlaufenen Entwickelungsganges folgen könnte, giebt es —', SZEIONF— hier nicht. Es sind neue Wege für die Gestaltung einer neuen Form zu gewinnen. Die durch den weiblichen Keim in dem sich bildenden Lebe- wesen hervorgerufene Entwickelungsrichtung wird in bestimmte Bahnen gedrängt durch den fremdartigen männlichen Keim, der an dem Aufbau desselben Lebewesens Teil hat. Umgekehrt: die durch den männlichen Keim dem heranwachsenden Geschöpf innewohnende Entwickelungsrichtung wird verschoben, wird in dem intendierten Wege des fortschreitenden organischen Wachsens gehemmt durch die Wirkungen des nicht gleichartigen weiblichen Keimes. Zufolge der vorstehend mitgeteilten Experimente ist der Ent- wickelungsverlauf hybrider Brut thatsächlich dieser: An dem hybridisierten Ei ist ein Unterschied von dem nach legi- timer Paarung abgelegten nicht zu bemerken. Für die Beobachtung des Gegenteiles wäre bei der Kreuzung von ‚Sat. davonia d und Actias isabellae 2 eine sehr gute Gelegenheit gewesen, denn die Eier dieser beiden Arten sind sehr verschieden und diese Hybridation hatte einen teilweise fertilen Ausgang, der bei der reciproken Kreu- zung zwischen Aglia tau und Sat. Pavonia nicht vorlag, wie wir sahen. Natürlich zeigten bei diesen beiden letzteren Paarungen die reichlich abgelegten Eier ebensowenig: irgendwelche Abweichung von der normalen Beschaffenheit. Auch die aus den hybridisierten Eiern sich, wie wir p. 61 sahen, in sehr verschiedenen Prozentsätzen entwickelnden Räupchen sind zunächst von denen der mütterlichen Art gar nicht oder doch ver- hältnismässig wenig verschieden. Wir haben diesen Punkt an den betreffenden Stellen des vorhergehenden Abschnittes hervorge- hoben. Der weitere Hergang ist nun der, dass mit dem fortschreitenden Wachstume, zumal aber bei den verschiedenen Phasen der Meta- morphose mehr und mehr eine Divergenz nach der männlichen zeugenden Art hin in der Entwickelungsrichtung zur Geltung gelangt. Die Intensität dieser Divergenz hängt nach den vorgenommenen Untersuchungen auf das engste zusammen mit den phylogenetischen Altersbeziehungen zwischen den beiden gekreuzten Arten. Das Männchen von Sat. pavonia vermag, mit dem Weibchen der Sat. pyri gekreuzt, die Brut aus den Eiern desselben zu einer Entwickelung zu veranlassen, welche schliesslich in einem Geschöpt gipfelt, das sich wohl in mehr als zwei Dritteilen seiner äusseren Merk- male als eine Sat. havonia ausweist. Vollkommen Hand in Hand damit gehen die biologischen und physiologischen Eigenschaften dieses a 1 11 resultierenden Falters. Er fliegt mehr und lieber des Tages als in der Nacht, paart sich leicht mit Sat. pavonia und zeugt mit ihr 43— 62°, lebender Brut, hingegen paart er sich viel schwieriger mit Sat. pyri und ergiebt dann aus je 180 Eiern nur ı Räupchen. Das Männchen der gleichen ‚Sat. pavonia bringt, mit dem Weib- chen von Sat. sbini gepaart, ein Geschöpf hervor, welches seinem sichtbaren Gewande nach aus den Charakteren der Sat. spini wohl ‚nur um ein Dritteil in der Richtung nach Saturnia bavonia hin ver- schoben wird. Das Männchen dieses Hybriden flog ausschliesslich in der Nacht und brachte, mit Sat. pavonia 2 zurückgekreuzt, 16 u. 22%, lebender Brut hervor, eine Kreuzung mit ‚Sat. spini 2 konnte wegen der grossen Schwierigkeiten dieser biologischen Experimente bisher noch nicht*) herbeigeführt werden. Das Endresultat, zu welchem wir gelangen, lautet demnach: Das Männchen von Sat. favonia vermag bei der Kreuzung die Nachkommenschaft des im Verhältnis zu ihm riesigen Weibchens von Sat. Dyri sehr viel stärker zu beeinflussen als die des Weibchens von Sat. spini, das doch kaum grösser ist als das eigene Weibchen der Sat. Davonia. ‚Wir haben nun nachgewiesen. dass ‚Sat. spini phylogenetisch die älteste, Sat. pavonia eine phylogenetisch jüngere und ‚Sat. dyri die jüngste Art ist. Es ergiebt sich danach das Gesetz, dass in der Nachkommenschaft aus hybrider Paarung die phylogenetisch ältere Art ihre physiogno- mischen, biologischen und physiologischen Eigenschaften besser zu erhalten vermag als die phylogenetisch jüngere Art. Ferner: Die Vergleichung des Kreuzungsproduktes von Sat. Pa- vonia & und spini ? mit dem der reciproken Paarung, also der von Sat. spini 3 und pavonia ? ergab, wie wir im vorhergehenden Ka- pitel ebenfalls bereits sahen, die Thatsache, dass die Brut der letzteren Hybridation ihrer gesamten äusseren Erscheinung nach Sat. spini noch näher stand, als die Nachkommenschaft von ‚Sat. pavonia 8 und spini 2. f Daraus würde, allgemein ausgedrückt, der Satz resultieren: dass bei reciproker hybrider Paarung das männliche Geschlecht als zeu- gendes in der sich ergebenden Nachkommenschaft das Gepräge der Art in „höherem Grade zu wahren“ vermag als das weibliche Geschlecht der gleichen Art als zeugendes. *) Im April 1895 glückte auch diese Paarung (cfr. p. 85 Anm.) in 2 Fällen, es schlüpften 94% und 98% der Raupen aus. 1172 u — Dieses „in höherem Grade wahren“ ist natürlich von dem Gesichts- punkte des ersten Hauptsatzes aus zu verstehen und daher ein rela- tiver Begriff. In dem eben genannten Falle von Sat. spini und pavonia z. B., in welchem spini die phylogenetisch wohl sehr wesentlich ältere Art ist, stehen beide Kreuzungsprodukte spini erheblich näher als davonia, doch so, dass die Brut von Sat. spini 8 und pavonia 2 noch weniger von spini abweicht, als die aus der reciproken Kreuzung. Denken wir uns den Fall, dass Sat. spini und pavonia phyloge- netisch durchaus gleichalterig wären, dann würden die Hybriden von Sat. pavonia & und spini ? pavonia näher und diejenigen von Sat. spini 8 mit davonia ? spini näher stehen. Wäre dagegen Pavonia phylogenetisch wesentlich älter als spini, dann würden beide Kreu- zungen Sat. davonia ähnlicher sein, indes so, dass sich die Nach- kommenschaft von Sat. spini 8 und davonia 2 etwas mehr von Sat. pavonia entfernte als die der umgekehrten Paarung. Im weiteren folgte aus den Untersuchungen, dass kein einziges weibliches Individuum einer unzweifelhaften Bastardform durch Ex- periment als fortpflanzungsfähig nachgewiesen worden ist, während dieser Beweis für 2 männliche, sichere Hybridformen erbracht werden konnte. Diese Fortpflanzungsfähigkeit wurde nur bei der Rückkreuzung mit den Weibchen der beiden Ursprungsarten bisher festgestellt. Ob sie sich ebenfalls bei einer Paarung mit dem Weibchen an- derer *) verwandter Arten ergiebt, müssen weitere Versuche beantworten. Es schlagen diese abgeleiteten Hybriden keineswegs in die Ursprungs- arten, denen die verwendeten weiblichen Individuen angehören, zu- rück, sondern sie stellen, wie aus den Abbildungen leicht ersichtlich ist, ein durchaus charakteristisches, von den verwandten Formen sehr wohl zu unterscheidendes Geschöpf dar. Wir können für die Bastarde, welche aus der Kreuzung zweier genuiner Arten entstehen, vielleicht zweckmässig die Bezeichnung „Hybriden erster Ordnung“ gebrauchen — und würden für die abge- leiteten Hybriden, welche aus der Paarung eines echten Hybriden- Männchens mit dem Weibchen einer genuinen Art hervorgehen, dann die Benennung als „Hybriden zweiter Ordnung“ zu wählen haben. Das weibliche Individuum eines der Hybriden zweiter Ordnung, nämlich der Sat. hybr. standfussi Wsktt., legte, wie wir sahen, frei- *) Auch dieses Experiment glückte bereits in einem Falle im April 1895, man vergleiche p. 85 Anm. — 113 — willig Eier ab und enthielt in seinem Leibe auch noch eine Anzahl Eier, indes insgesamt wohl nur etwa den ıo. Teil der für die Arten dieses Genus normalen Zahl. Die Männchen der Sat. hybr. standfussi Wsktt. dürften ganz sicher fortpflanzungsfähig sein, und so wäre es möglich, dass dieser Hybride zweiter Ordnung eine in sich fortpflanzungsfähige Form dar- stellt. Diese Fortpflanzungsfähigkeit, falls sie experimentell eruiert werden sollte, steht unzweifelhaft hinter der der beiden Ursprungs- arten Davonia L. und Pyri Schiff. sehr erheblich zurück, da der Eier- schatz, wie gesagt, etwa nur ein Zehntel des normalen dieser Grund- arten ausmachte. ‘Wie es mit den Hybriden dritter und weiterer Ordnungen steht, müsste erst durch fortgesetzte Versuche konstatiert werden. Natürlich wird sich mit jedem Hybriden höherer Ordnung eine grössere Annäherung an die Art ergeben, deren Weibchen für das Experiment benutzt wurde, so dass der Hybride so und so vielter Ordnung wieder etwa identisch mit dieser Art werden dürfte. Weiter ist selbstverständlich, dass, wenn wir die zur Hybridation erster Ord- nung: verwendeten beiden genuinen Arten A und B nennen, Hybriden- reihen dieser verschiedenen Ordnungen von A wie von B gewonnen werden können. Es kann dann auch eine Rückkreuzung der Männchen der ver- schiedenen Ordnungen von A mit dem genuinen Weibchen von B und umgekehrt versucht werden. Noch wesentlich mehr Kombinationen sind möglich, wenn sich auch Fertilität der weiblichen Individuen in etwelchen Hybridenord- nungen thatsächlich einstellen sollte. Für die systematische Entomologie sind die Ergebnisse unserer Untersuchungen sicher von Wichtigkeit. Einmal ist die Existenz von Hybriden für weite Schichten der Macrolepidopteren zur Genüge nachgewiesen, und ich führte absicht- lich auch den einen mir bekannt gewordenen, wohl unzweifelhaften Fall (Ascalaphus, Wallis) aus der Ordnung der Neuropteren an. Es muss dieses Ergebnis betont werden gegenüber von Studien, wie die von €. Escherich: „Die biologische Bedeutung der Genitalanhänge der Insekten (ein Beitrag zur Bastardfrage)“. Wien ı892. Verlag A. Hölder. Ferner sind die Hybriden auf Grund unserer Experimente nicht so durchaus vergängliche Eintagserscheinungen, wie vielfach ange- Standfuss, Handb. f. Schmetterlinsssammler. 8 — II4 — nommen wird. Sie werden sich gewiss in der freien Natur ganz ebenso wie in der Gefangenschaft durch ihre männlichen Indi- viduen, wenn die äusseren Bedingungen dafür günstige sind, viel- leicht sogar in mehreren Generationen nacheinander durch Rückkreu- zung mit den Weibchen ihrer Ursprungsarten fortpflanzen. Die Beobachtungen öfterer Zwischenformen bei einigen Genera, welche in gewissen, nicht gar zu umfangreichen Verbreitungsgebieten in einer Fülle nahe verwandter, wohl in jüngeren Erdepochen erst geschiedener Arten auftreten, sprechen im höchsten Grade für die Richtigkeit dieser Annahme. Gedacht kann dabei werden in der ostpaläarktischen Fauna namentlich an die Gattungen Parnassius, Colias und Melitaea. Letzteres Genus kommt auch in manchen Gebieten unserer west- paläarktischen Fauna (Schweiz) gewiss hier in Frage, in umfang- reicherer Weise aber noch die Zygaeniden, welche in dem Mittel- meergebiet ihre wohl noch keineswegs alte Wiege zu haben scheinen, und etwa ferner das sehr weit verbreitete Genus Agrotis, zumal in der Zritici L.-obelisca Hb.-Gruppe, welche ihren Ausgang von dem südlichen europäischen Russland aus genommen zu haben scheint. Nicht ausgeschlossen wäre es dabei, dass unter besonders glück- lichen Verhältnissen der Aussenwelt. sich etwa auch auf dem Wege einer Hybridation höherer Ordnung eine in sich fortpflanzungsfähige konstante Form, d. h. also eine Art herausbildete. Die Fertilität der weiblichen Individuen kann sich sehr wohl unseren Beobachtungen nach bei Hybriden höherer Ordnung entsprechend steigern. Allein eine umfangreiche Artenbildung auf Rechnung der Hy- bridation anzunehmen, hiesse die von der Natur gewiesenen Wege der Herausgestaltung neuer Formen vollkommen verkennen und ver- kehren. Neue Formen bilden sich durch Divergentwerden gewisser Indi- viduengruppen einer Art, zufolge der sich anders gestaltenden Fak- toren der Aussenwelt. Es nutzen diese divergent gewordenen Indi- viduen im allgemeinen andere Existenzbedingungen aus als der nicht, oder doch in anderer Richtung veränderte Grundstock der Art, und sie treten darum ausser Konkurrenz mit diesem Grundstock. Die Hybridation hingegen ist eine Convergenz der Arten und muss im allgemeinen zu einer grösseren oder geringeren Konkurrenz der durch Hybridation neugebildeten Individuengruppen gegenüber beiden, oder doch einer der Ursprungsarten führen. Die im Haus- halte der Natur uns so wunderbar anmutende ökonomische Ausnutzung ERE = 115 — jedes Plätzchens, welches einem organischen Wesen, sei es Pflanze oder Tier, die Möglichkeit einer Existenz bietet, istnurunter der Bedingung des Bestehens von einander getrennter und vollkommen isolierter Formen, die eben als Arten bezeichnet werden, denkbar, und es dürfte gerade darin der Hauptgrund ihres Bestehens liegen. Die Möglichkeit dieser öko- nomischen Ausnutzung würde durch eine fortwährende Hybridation der Arten immer wieder durchbrochen und vernichtet. Schliesslich ist es ja unzweifelhaft logisch, dass vorerst eine Di- ‚vergenz der verschiedenen Individuengruppen vorhanden sein muss, bevor eine Convergenz zwischen denselben eintreten kann. Die sich aus diesem ganzen Kapitel über die Hybridation er- gebende Definition des Begriffes der Art würde zu lauten haben: Arten sind Gruppen von Individuen, die sich in ihren geschlecht- lich entwickelten Formen nicht mehr dergestalt kreuzen können, dass sich die aus dieser Kreuzung hervorgehenden vollkommen aus- gebildeten Tiere unbeschränkt miteinander fortzupflanzen vermögen. 5. Paarung in der Gefangenschaft. Beabsichtigt man nun hybride Kopulationen zu erzielen, so sind die zu schaffenden Vorbedingungen aus dem über die normale Paa- rung Gesagten im wesentlichen ersichtlich. Es kann sich bei der- gleichen Versuchen übrigens nur um gewisse Sphingiden, Bombyciden und Geometriden (die spinnerartigen) handeln, bei Rhopaloceren dürfte ein solcher Versuch niemals glücken, bei Noctuiden doch wohl sehr schwer. In der Gefangenschaft gilt es, möglichst viel lebendes Material der zu verbindenden Arten gleichzeitig zu besitzen. Kommen die Tiere regulärer Weise um Wochen verschieden aus, so berücksichtige man das p. 43 u. 44 Ausgeführte. Gewiss empfiehlt es sich, zugleich eine gegenseitige Kreuzung zu versuchen; das heisst also, wenn wir die beiden Arten A und B nennen, A dg mit B 2 und B 3 mit A 2 zu kopulieren. Ich wähle zu diesem Zweck kubische Holzrahmenkästen, deren sämtliche Seiten, auch der Boden, mit weicher Gaze bespannt sind, setze dann in den einen die 9% B und in den anderen die 2? A, warte bis sie vollständig zur Ruhe gekommen sind, bringe dann die beiden Flächen, an denen die meisten 92 Posto fassten, so nahe an- einander, als es nur irgend möglich ist, und setze dann zu den 22 B die 8 A und zu den 92 A die dd B. Verändern die 22 ihre Stel- 8*+ — 16 — lung, so dreht man die Kästen wieder und wieder so, dass die Flächen, an denen sich die meisten 22 festsetzten, einander möglichst decken. Noch zweckdienlicher schien mir folgendes Verfahren: Ich setzte die 2? Bund A in ihre Kästen, wartete bis sie sich durchaus beruhigt hatten, drehte dann von jedem Kasten die Seite nach dem Lichte, an der die meisten 92 sassen, setzte dann die dd A zu den ®@& B und umgekehrt und heftete schliesslich in ganz leichten, mit weitmaschigem, feinem Mull bespannten Kästchen 22 von A da an, wo sich 922 vonB‘ in grösster Anzahl festgesetzt hatten, und umgekehrt ?? vonB da an den anderen Kasten, wo sich die meisten 22 von A. befanden. Wiederholt kam ich auch dadurch zum Ziele, dass ich die kopu- lationslustigen dg so an den Flügeln fasste, dass ihnen jede Bewegung damit unmöglich war, und nun mit den Fühlern derselben an den Genitalien der in begattungssüchtiger Stellung befindlichen ?? entlang strich. Einige der gg kopulierten sich, frei gegeben, augenblicklich (cfr. Standfuss: Stett. Entom. Zeitschr. 1884. p. 197. Anmerkung). Gleichwohl aber mache man sich ganz und gar keine Illusionen. Es gehört im allgemeinen viel Zeit und die Preisgabe von sehr viel Material dazu, wenn man hybride Paarungen durchsetzen will, und selbst mit der äusserlich anscheinend ganz normal vor sich gehenden Kopu- lation ist, wie wir vorher sahen, recht oft noch wenig genug erreicht. 6. Paarung im Freien. Günstiger gestaltet sich die Aussicht auf Erfolg, wenn man d& aus der Freiheit anfliegen lassen kann, denn diese dd kommen eben nur zum Zwecke der Kopulation. Fliesen beide Arten in unserem Sammelgebiet, so muss man selbst fortwährend zur Hand sein, kann übrigens in ganz gleicher Weise, wie p. ıı5 beschrieben, verfahren, nur werden an Stelle der gezogenen dd die anfliegenden benutzt. Fliegt nur die eine Art in unserer Gegend, so kann man sich die Sache bequemer machen. Es werden dann die ?2 dieser Art so untergebracht, dass sie von den anfliegenden 33 nicht erreicht, die 22 der zu kreuzenden Art aber, jenen ersten so nahe wie nur irgend möglich so ausgesetzt, dass sie von den dd erreicht werden, ohne doch selbst entweichen zu können. Am mühelosesten gelingt dies bei gewissen Arten mit dem früher beschriebenen Einflugapparat meines Freundes Büsing, in welchem dann die 22 der zu kreuzenden = 117 —— Art frei ausgesetzt, während die $2 der anfliegenden 34 in kleinen leichten Gazekästchen in ihm abgeschlossen gehalten werden. Handelt es sich um Arten, die nicht in den Einflugapparat gehen, so muss man die zu kreuzenden {2 frei, wohl am besten mit gestutzten Flügeln, aussetzen. Ist es notwendig, die Tiere anzubinden, so binde man sie nur an den Flügeln an (cfr. p. 48). Rekapitulieren wir schliesslich die Hauptregeln, welche bei den Hybridationsexperimenten zu beachten sind, so lauten diese wie folgt: ı) Es muss reichliches Material der zu hybridisierenden Arten gleichzeitig vorhanden sein. 2) Besonders zahlreich sollten die Weibchen der Arten zur Ver- füsung stehen, deren Männchen zur Hybridation verwendet werden, weil dadurch der Paarungsdrang dieser Männchen ge- steigert wird. 3) Bei regulärer Weise als Falter ungleichzeitig erscheinenden Arten ist dafür Sorge zu tragen, dass die Imagines dieser Arten sich gleichzeitig aus der Puppe zur Imago entwickeln, indes stets unter für die in Frage kommenden Arten durchweg an- nähernd normalen Temperaturverhältnissen. Sonst büssen männ- liche wie weibliche Individuen mehr oder weniger ihre Fort- pflanzungsfähigkeit ein. II. Das Ei. Im allgemeinen ist es nicht schwierig, befruchtete Falterweibchen zum Ablegen ihrer Eier zu veranlassen, und zwar wird es um so leichter gelingen, je kurzlebiger die auf Eier hin auszubeutende Art ist. Wie schon früher bemerkt, kann man bei gefangenen 9%, falls sie sich nicht, namentlich durch den reichlich ausgespritzten Reini- gungssaft, als eben frisch ausgeschlüpft erweisen, durchweg annehmen, dass sie befruchtet sind. Eine Ausnahme machen von den Hetero- ceren nur die überwinternden Individuen folgender Arten: Macro- glossa stellatarum L., Sarrothripa undulana Hb. mit ihren Formen, Agrotis ypsilon Rott., Brotolomia meticulosa L., Caradrina quadri- bunctata F., alle Orrhodien, Scopelosoma satellitia L., Scolioßteryx, hbatrix L., alle Xylinen, Calocampa vetusta Hb. und ewoleta L., Dasypolia templi Thnb., Plusia gamma L., Hypena rostralis L. und obesalis Tr., sowie einige Geometriden (cfr. Genaueres über diesen — 118 — Punkt, Wocke: Zeitschr. f. Entomologie. Breslau 1889. p. 11—ı6), welche sich erst im Frühling paaren. Die Eier der Rhopaloceren (Tagfalter), deren meiste Arten sich erst nach längerer Flugzeit kopulieren, sind fast durchweg schwerer erreichbar. Es sei diesbe- züglich hier folgendes bemerkt: Man wähle zur Eierablage bei den Rhopaloceren möglichst nur solche Stücke, die man im Freien Eier legend beobachtete, oder doch solche, welche sichtliche Spuren längeren Fluges tragen. Die als Falter überwinternden Vanessen, sowie Rhodocera rhamni L. paaren sich in der Regel erst im Früh- ling und legen daher erst dann ihre Eier ab, freilich kommen auch hier Ausnahmen, so namentlich bei dolychloros L. und io L. in wär- meren Jahren vor. Dem gefangenen Tagfalterweibchen werden die Flügel ziemlich gestutzt, und dasselbe dann in einem luftigen, leichten Gazebeutel auf seiner Futterpflanze eingebunden. Letztere wird ent- weder nur im Wasser eingefrischt, oder wir haben sie vielleicht in einem Garten, im Freiland stehen; besser ist es aber noch, dieselbe in einem Napf oder Kübel herangezogen, in Bereitschaft zu halten. Futter in Gestalt von Honig oder Zuckerwasser muss dann und wann verabreicht und darauf geachtet werden, dass sich die kleinen Geschöpfe Füsse, Flügel oder Leib nicht dabei arg besudeln, ein mit Zuckerwasser mässig gefülltes, kleines Schwämmchen ist für diesen Zweck dienlich. Für die weitaus meisten aller übrigen ZLepidopteren, also der Heteroceren, werden am besten je nach den Arten grössere oder kleinere Pappschachteln verwendet. Der Deckel dieser Gefässe sollte lediglich von dem Rahmen gebildet sein, und die Deckelfläche durch Gaze ersetzt werden. Gut ist es unter allen Umständen, auf die Gaze etwa alle 2=—-3 Tage frische Blätter oder kleine Reiser der in Frage kommenden Nahrungspflanzen zu streuen. Die Weibchen werden da- durch schneller zum Ablegen bewogen und befestigen dann um so lieber alle Eier nur an der Gaze, an welcher sie sehr bequem für jed- wede Verwendung zu handhaben sind. Länger lebende Arten müssen gefüttert werden, sonst sterben sie, bevor sie die Eier ablegen, oder doch bevor sie alle Eier ablegen. Im übrigen sollte man auf die Gewohnheit der vorliegenden Arten Rücksicht nehmen: Tiere mit Legeröhre sind mit kleinen ris- sigen Rindenstücken zu versehen, in denen sie ihren Eierschatz bergen können; Bombyciden wie: castrensis L., neustria L., franconica Esp. ete. müssen dünne Reiser haben, um welche sie ihre Eier in bekannter Regelmässigkeit befestigen. Ohne diese Vorsichtsmassregel werden die Eier regellos übereinander geklebt, und es wird dann einem Teil der ausschlüpfenden Räupcheri unmöglich, sich durchzuarbeiten. Falter, welche ihre Eier ausstreuen, ohne diese irgendwie zu be- festigen, wie die Hepialiden und viele Arctiiden, kann man auch in Gläsern zur Ablage derselben eingeschlossen halten. Bei Anwendung einiger Sorgfalt verletzen sich die Tierchen dann sehr wenig und bleiben trotz Ausbeutung auf Eier für die Sammlung noch recht verwendbar. Holzgefässe sind für den vorliegenden Zweck weniger geeignet, sie schliessen durchschnittlich nicht so gut wie Pappschachteln; und wenn es darauf ankommt, die Eier in einzelne Partien zu trennen, so wird bei der Zerkleinerung des Holzes leicht eine Anzahl der meist ja ziemlich zarten Eier verletzt, während Papp- karton mit jeder kräftigeren Schere zerschnitten werden kann. Eier, welche überwintern, sind durchaus kalt zu halten und in einem Raum unter dem Dach, welcher der freien Luft Zutritt bietet, in einem Sommerhaus, auf einem offenen Balkon, oder in einem ungeheizten Zimmer, wenn möglich mit stets geöffnetem Fenster, unterzubringen und dann und wann sehr mässig mit Wasser oder, wann vorhanden, Schnee anzufeuchten. Die Zahl*) der Eier schwankt sehr nach den Arten. Die ge- ringste Zahl produziert unter den paläarktischen Grossschmetterlingen wohl Aglia tau L., nämlich nur 75—ı2ı Eier. Andere Bombyciden, so zZ. B. Psyche var. stetinensis Hering. und viadrina Stgr., ergaben 200— 250, Psyche unicolor Hin. 400 Eier; Bombyx castrensis L., neustria L., franconica Esp. 400—600 Eier. Die höchste Zahl beobachtete ich bei gewissen Geometriden: Eugonia autumnaria Wrnb. 751 Eier, Amphidasis betularius L. 821—-987 Eier. Das lebensfähige Ei ändert meist am 3. oder 4. Tage, nachdem es gelegt wurde, seine Färbung und wird dunkler; das taube Ei ändert sie lange Zeit nicht und fällt schliesslich ein, wenn es nicht durch eine sehr harte Schale in seiner äusseren Form erhalten bleibt. Mit der fortschreitenden Entwickelung des Räupchens im Ei ver- schiebt sich die Färbung desselben meist noch weiter, bis die all- mählich sehr dünn gewordene und ganz von dem Tierchen abge- löste Schale dessen Form mehr oder weniger deutlich durchscheinen lässt. *) cfr. Ad. Seitz: Allgemeine Biologie der Schmetterlinge. Zoolog. Jahr- bücher von Prof. Dr. Spengel. VII. Band. p. 843. ==..120, = Bei sehr vielen überwinternden Eiern entwickelt sich das Räup- chen in der Schale schon vollständig vor der Ueberwinterung, so dass im Frühjahr verhältnismässig sehr kurze Zeit der Wärme ge- nügt, um dasselbe zum Durchbrechen seiner Zwangsjacke zu ver- anlassen. Für die Zucht ist diese Thatsache sehr wohl zu beachten, denn werden die Eier nicht während des ganzen Winters wirklich möglichst im Kalten gelassen, so erscheinen die Räupchen, bevor für dieselben Futter im Freien zu finden ist. Welke Kopfsalatblätter (Lactuca sativa L.) werden von den meisten Räupchen ziemlich gern und auch eine Zeit lang ohne jeden Schaden als Interimsfutter angenommen und sind ja fast überall auch im zeitigsten Frühjahr zu erreichen. Uebrigens sei bemerkt, dass sich auch schon das winzige Räupchen in noch ziemlich kleine und harte Blattknospen einzunagen und einzubohren versteht. Ill. Die Raupe. a. Die Zucht in Behältern. 1. Allgemeines. Die kleine Raupe. Grösste Sauberkeit und treue Sorge für gesundes Futter sind die Hauptbedingungen für günstiges Gedeihen der Raupen, als Drittes sei noch gesagt, dass es möglichst vermieden werden muss, die Raupen anzufassen. Doch beginnen wir mit dem kleinen Geschöpf: Die meisten Räupchen schlüpfen 3—4 Wochen nach Ablage des Eies aus und werden zunächst, mit wenigen Aus- nahmen (cfr. weiter hinten bei: „Die Zucht im Freien“, Aglia tau L., Stauropus fagi L. etc.) am besten in Einmachegläsern gezogen, welche mit einem Stoff zugebunden werden, der das Entweichen der Räupchen nicht gestattet. Die Uebertragung der kleinen Geschöpfe aufihre Nahrungspflanze, von der zunächst zarte Blätter in kleiner Anzahl in das Glas zu bringen sind, da bei überflüssiger Menge das Ablesen der Räupchen nur unnötig mühselig und zeitraubend gemacht wird, geschieht mit einem weichen, kleinen Pinsel. Von nun an wird immer am 3. Tage der ganze Inhalt des Glases auf einen Bogen weisses Papier ausge- NT ——. AT leert, und nachdem das Gefäss mit einem Tuch sauber ausgewischt ist, zunächst wieder frisches Futter in dasselbe gebracht, welches aber niemals nass verabreicht werden darf, und schliesslich die Räup- chen von dem alten Futter auf das frische übertragen. Arten, welche sich leicht rollen, können jetzt sehr bequem mit einer kleinen, etwa 3 cm langen, aber festeren Vogelfeder, die in einem feinen, ungefähr ıo cm langen Holzstiel befestigt wird, gleich in Menge von dem Papier aufgenommen werden. Sehr geeignete Federn liefern z.B. die Flügel der Rebhühner. Ratsam ist es übrigens, stets eine Anzahl reiner Gläser vorrätig zu haben, denn viele Räupchen sind sehr flüchtiger Natur, und ehe das Säubern des Gefässes vorgenommen ist, kann leicht eine Anzahl entwischen. Handelt es sich um Futter, welches sehr schnell wirklich dürr wird, wie namentlich die Pappel- und Weidenarten, so stülpe man das Glas auf die Oeffnung, doch ist eifrig darauf zu achten, dass sich nicht, solange die Räupchen noch sehr klein sind, feuchter Be- schlag bildet. Die Gläser dürfen also beispielsweise nie längere Zeit direkter Sonne ausgesetzt werden. Während der Häutungen, deren meist 4, bei manchen Arten auch noch mehr — siebenmal ist wohl die höchste Zahl — erfolgen, sind die Raupen besonders empfindlich, und man sollte sie dann an dem Platz, den sie sich wählten und an dem sie sich meist mehr oder weniger festspinnen, belassen, also den Pflanzenteil, an welchem sie sitzen, behutsam ab- schneiden. Sehr viel einfacher wird bei den meisten Arten die Sache da- durch, dass man grössere oder kleinere Stückchen eines farblosen, gewebten Stoffes, also etwa von Gaze, mit in das Gefäss legt. Die Raupen setzen sich an diesen sehr gern zur Häutung fest, lichtscheue Arten verkriechen sich darin, und etwaige Feuchtigkeit wird von ihnen aufgesogen und damit das Futter gesünder erhalten. Natürlich müssen solche Stoffstückchen dann und wann durch frische ersetzt werden, sonst tragen sie zur Schimmelbildung bei. Tiere, welche das Licht lieben und trockene Exkremente haben, kann man in kleiner Anzahl sehr gut bis zur Verpuppung in diesen Gläsern erziehen. Die herangewachsene Raupe. Handelt es sich um grössere Massen von Raupen, so werden, nachdem die Tiere etwas mehr heran- gewachsen sind, also etwa vor oder nach der 3. Häutung, andere Wege für die Weiterzucht eingeschlagen, Arten, welche verborgen, oder doch im tiefen Waldschatten ee leben und sämtlich des Nachts fressen, züchtet man am besten in dunklen Gefässen weiter. Sind die Exkremente der Tiere trocken, wie es bei den aller- meisten Arten, welche Gräser oder das Laub von Bäumen oder Sträuchern fressen, der Fall ist, so werden sie vorteilhaft in grösseren runden oder ovalen Schachteln oder kubischen Kästen von Zink- blech erzogen, in deren Deckel aber ein nicht allzu kleines, feines Draht- gitter nicht fehlen sollte. Das Futter hält sich in diesen Büchsen aus- gezeichnet schön frisch, sollte aber gleichwohl auch stets am 3. Tage erneuert werden. Ein Stück Gazestoff ist auch hier sehr empfehlens- wert als Schlupfwinkel und günstiges Material zum Anhaften der Raupen bei weiteren Häutungen. Mehrere Sätze von dergleichen Schachteln oder Kästen, von denen immer je 3 oder 4 scharf ineinander passen, sind eine ausge- zeichnete Ausrüstung für Reisen, bei denen auch die Zucht unserer bunten Lieblinge nicht vernachlässigt werden soll. Sind die Exkremente der Tiere feucht — es handelt sich hier im wesentlichen um die an niederen Pflanzen lebenden Arten, abge- sehen von den Gras fressenden — so wähle man für die Weiterzucht besser Holzgefässe. Kubische Kästen von 18—32 cm Seitenlänge mit kleinerem Drahtgitter — etwa !/, der ganzen Fläche — in der Mitte des Deckels, welcher seinerseits in sogenanntem Doppelfalz mit dem Unterteil zusammenschliesst, sind sehr zweckentsprechend. Der scharfe Verschluss ist notwendig, weil die hier in Frage kommenden Arten, meist dem Genus Agrotis, Mamestra, Hadena, Leucania, Caradrina angehörig, besonders geschickt auch durch den kleinsten Spalt zu entweichen wissen. In solchen Zuchtbehältern haben mein Vater und ich im Laufe der Jahre mehrere Tausend Raupen vorzüglich zur Entwickelung gebracht. Es schadet ganz und gar nicht, wenn das Futter, Leontodon und unsere Plantago-Arten sind es überwiegend, welk wird, denn heran- gewachsene Raupen mit frischen, sehr saftigen Blättern zu er- nähren, ist durchaus nicht zu raten. Es kann dies Jeicht zu Diar- rhöe führen, und die Entwickelung gefährlicher Darmkrankheiten wenigstens begünstigen. Auch wurde bereits p. 7 erwähnt, dass es Raupen giebt, welche selbst für das „Welkwerden“ ihrer Nahrung Sorge tragen. Arten, welche Licht und Sonne lieben, sollten in ge- räumigen, luftigen Drahtgazekästen erzogen werden. Die — 123 — Konstruktion derselben ist, kurz gesagt, am ratsamsten ungefähr die ganz gleiche, wie die der sogenannten Fliegenschränke (an manchen Orten auch kalte Küchen genannt), in denen unsere Hausfrauen die aufzubewahrenden Speisen und Speisereste gegen Fliegen und ander- weitiges Ungeziefer zu schützen pflegen. Es möchte aber bei diesen Zuchtkästen das ganze Oberteil von dem Boden, auf welchem ein scharf in das Uebergestell einpassender Rahmen aufsitzt, leicht abzu- heben sein. Dieser Rahmen des Untersatzes sollte ganz gleich hoch wie der überschliessende untere Holzrand des Öberteiles sein, weil sonst Winkel oder Rinnen entstehen, in denen sich spinnende Raupen mit Vorliebe verpuppen, die dann beim Abheben gestört, oder gar verletzt werden. Aus dem gleichen Grunde ist es bei allen Kästen oder Gefässen, in denen sich Raupen verpuppen, welche freie Gespinnste machen, durchaus zu vermeiden, dass die geschlossene Thür oder der ge- schlossene Deckel in seinen Schlusskanten einen Winkel mit dem übrigen Gefäss oder Kasten bildet. Thüren müssen in einem beson- deren Rahmen stehen und geschlossen mit diesem in ebenen Flächen abschliessen etc., sonst wird man immer und immer wieder gezwungen sein, von Raupen bereits angelegte Gewebe zu zerstören. Ein zwischengeschobenes Papier kann übrigens in den meisten Fällen die gestörte Raupe bis zur nochmaligen Fertigstellung des Cocons schützen. Das Futter hält sich nun in diesen luftigen Kästen, namentlich wenn sie zeitweilig der Sonne ausgesetzt werden, was für das gute Gedeihen vieler Haarraupen, zumal also der Arctüden, aber auch vieler anderer Bombyciden sowie der Acronyten etc., höchst wünschens- wert ist, nicht so ohne weiteres, sondern es muss in geeigneten Gläsern eingefrischt werden. Flaschen mit breitem Fuss und ziemlich weitem Hals, welche nicht umfallen, leisten gute Dienste. Niemals versäume man, durch einen Wattepropfen dafür zu sorgen, dass den Raupen das Eindringen in den Flaschenhals neben dem Futter un- möglich wird, sonst wird man durch erfahrene Verluste klug. Viele Raupen bohren sich, zumal im Stadium der Verpuppung, mit Vorliebe in die Flasche ein und ertrinken im Wasser. Uebrigens werfe man anscheinend ertrunkene Raupen nicht sofort weg; selbst solche, die gar kein Lebenszeichen mehr von sich geben, erholen sich noch recht oft und liefern schöne Falter. Auch bei dieser Art zu ziehen sollte das Futter regelmässig am 3. Tage erneuert werden; bei weitem — 124 —— der häufigste Grund missratener Zuchten liegt darin, dass man das eingefrischte, anscheinend gesunde Butter 78 undzmiehr Tage lang, im Kasten helasst Künstliche Vorrichtungen und Mittel, die Pflanzen viele Tage hinter- einander frisch zu erhalten, sind gewiss im allgemeinen ganz und gar nicht zu raten. Der Gehalt der Blätter, denen die Zufuhr von Stoffen, welche die Wurzeln bereiten, entzogen ist, erleidet offenbar sehr bald irgendwelche Veränderung, die für viele Raupen, wenn sie dieser Einwirkung längere Zeit ausgesetzt sind, also namentlich beiZuchten vomEi auf, tötlich wird. Sie fressen wohl noch, aber wachsen nicht mehr, sondern nehmen bald sichtlich ab und verkümmern schliesslich, ohne dass der nicht genügend erfahrene Züchter irgend welchen Grund dafür ein- sähe: viele Saturniden, Asteroscopus nubeculosus Esp. und manche Plusien sind hier als besonders empfindlich zu nennen. Freilich kann man bei aller Gewissenhaftigkeit dann und wann gezwungen sein, mit dem Futter sparsamer umzugehen, wenn solches erst durch weitere Märsche, oder Bahnfahrten zu erreichen ist. Zum Glück er- weist sich denn auch manche sogar seltenere Art weniger zart. Uebrigens schien es mir fast besser, wenn das Futter bis zu dem Moment des Verbrauches in der Botanisierbüchse eingeschlossen blieb, als wenn es bereits mehrere Tage lang am Licht im Wasser gestanden hatte. Es sollten stets mehrere Gläser zum Einfrischen vorrätig sein. War das in die eine Ecke des Zuchtschränkchens gesetzte Futter den 3. Tag in Verwendung, so schneidet man die von Raupen nicht be- setzten Blätter ab und stellt dann das frische Futter so neben das alte, dass die Raupen leicht auf die neue Nahrung hinüberkriechen können. Ist dies nach einiger Zeit, vielleicht erst über Nacht, erfolgt, so wird das Glas mit den alten Futterresten beseitigt. Etwaige daran zur Häutung oder Verpuppung angesponnene Raupen werden nicht mit der Hand abgenommen, sondern der Pflanzenteil, an dem sie haften, mit der Schere abgeschnitten. Die in diesen luftigen Kästen gezogenen Raupen können dann und wann mässig bespritzt werden, doch thue man dies nicht zu oft und stets, bevor frisches Futter ver- abreicht wird; nasses Futter zu geben, ist jederzeit bedenklich. Sehr empfehlenswerte, zerlegbare Kästen mit Drahtgaze für die Reise liefert Herr R. Ihle, Dresden, Böhmische Str. No. 214. Der Entomologe wird sich ja nun selbst sagen, dass es sehr gleichgültig ist, ob es sich um aus dem Ei herangezogene Raupen handelt, die bisher scheinbar allein besprochen wurden, oder um solcher die er eben von einer Exkursion heimbrachte; eine der genannten Zuchtmethoden wird empfehlenswert sein. Jedenfalls ist sehr zu raten, niemals allzu viele Raupen in einem Gefäss bei einander zu haben, und möglichst nur Gleichartiges oder doch von der gleichen Nahrungs- pflanze Lebendes. Ferner ist zu beachten, dass eine Anzahl Raupen die üble Ge- wohnheit haben, Puppen anzufressen oder auch Raupen, die sich in der Verpuppung befinden, und daher sich weder wehren, noch ent- weichen können. Die bekanntesten der sogenannten Mordraupen sind: Thecla ilicis Esp., Arctia villica L., Asphalia ridens F.,. Ma- mestra glauca Hb., Hydroecia micacea Esp., Taeniocampa pulveru- lenta Esp., Calymnia trapezina L. und wohl auch andere Arten dieses Genus, Cosmia paleacea Esp., Orthosia lota Cl., pistacina F., lhitura L. Orrhodia vaccinii L., Scopelosoma satellitia L., Xylina ornitopus Rott., Heliothis dipsaceus L. Doch können ausser diesen noch sehr viele andere Arten unter Umständen zu Mordraupen werden; eine von dem Züchter zufällig zerdrückte und nicht sofort beseitigte Raupe bietet dazu häufig die erste Veranlassung. Ebenso werden die trüben Tropfen, welche aus Maul und After infektionskranker Raupen aus- treten, von den Genossen eifrig aufgesogen, auch bereits gestorbene Individuen aufgefressen und damit die Seuche rapid verbreitet. Sehr viele Raupen schlürfen eben dann und wann gern flüssige Substanzen und mangelt es ihnen in der Gefangenschaft daran, so verschaffen sie sich diesen Genuss auf gewaltsame Weise. Andere Arten haben aber offenbar von Natur aus eine grosse Vorliebe für tierische Nahrung und können Monate lang mit rohem Fleische ge- füttert werden; so z. B. Arctia villica L. Namentlich zu achten ist auf Calymnia trapezina L. als der aller- häufigsten und verrufensten Mordraupe; sie variiert sehr und wird darum oft genug verkannt, auch, da sie meist zwischen Blättern ein- gesponnen lebt, gar nicht selten ganz unbeachtet mit dem Futter ein- getragen. Gleich räuberisch wie trapezina ist satellitia, und beide Arten fressen nicht bloss sich verpuppende, sondern auch noch uner- wachsene Raupen. ‚Scop. satellitia variiert zwar nicht wie trapezina, ist aber in den verschiedenen Häutungen sehr verschieden, wird da- her auch leicht verkannt. Mein Vater ertappte Zrapezina im Freien dabei, wie sie, auf einem schönen Eichenblatt sitzend, eine Thecla quercus L.-Raupe mit Behagen verzehrte. Auf Thecla ıicis Esp. ist gleichfalls dringend aufmerksam zu machen, denn diese Art zieht in der Gefangenschaft meist die sich verpuppenden Geschwister auch — 126 — dem schönsten Eichenlaub vor, und es ist daher hier ganz besonders zu raten, wie wir später noch im allgemeinen darauf zurückkommen werden, die sich durch Verfärbung als verpuppungsreif kennzeichnen- den Individuen von den noch fressenden zu trennen. Fielen uns Raupen in die Hände, deren Nahrung wir nicht kennen, so gilt es natürlich, zunächst zu ermitteln, von welcher Loka- lität sie stammen, und wie die Vegetation derselben beschaffen ist; sonst sei hier gesagt, dass man im allgemeinen zu einem befriedi- genden Ziel kommen wird, wenn den Raupen etwa folgende Blätter versuchsweise vorgelegt werden: etwas hartes Gras, Eiche, Birke, Zitterpappel, Apfel, Pflaume (Zwetsche), Fichte (Rottanne), Löwen- zahn, Wegebreite (Wegerich), und welker Kopfsalat. Natürlich wähle man nicht schon angefressene Blätter, damit man der Mühe fortwäh- render Beobachtung: überhoben ist. Nicht zu übersehen ist auch, unter welchen Bedingungen eine Raupenart gefunden wird. Tiere, welche stets auf dürftigen Pflanzen vorkommen, sollten nicht mit üppigen Individuen, wenn auch ganz derselben Pflanzenart gefüttert werden, sonst wird man sehr schlechte Zuchtresultate haben. So leben Simyra nervosa F. und Acronycta abscondita Tr. auf kümmerlichen Pflanzen von Euphorbia cyparissias L. und Rumex acetosella L.; so lebt, um noch ein Beispiel nach an- derer Richtung anzuführen, Plusia cheiranthi Tausch. stets an Tha- lietrum NAlavum L. in der Sonne, und Plusia c. aureum Knoch. (concha F.) stets an Thalictrum-Arten und Aquilegia im Schatten, und es ist dies bei der Fütterung zu berücksichtigen. Dieser teilweise zu beobachtenden Pedanterie in der Fütterung gegenüber mag betont werden, dass man namentlich polyphage Raupen, zumal, wenn sie aus dem Ei erzogen wurden, mit grösster Leichtigkeit an allerorts bequem zu erreichende Pflanzen wie Löwen- zahn (Leontodon taraxacum L.), Wegerich (Plantago) oder welken Kopfsalat (Lactuca sativa L.) gewöhnen, und, obgleich sie diese Pflan- zen in der Freiheit vielleicht niemals fressen, dennoch prächtig ent- wickelte Falter damit erzielen kann. Auch sind die Fälle zahlreich, in denen sich ein Futter leicht durch ein anderes ersetzen lässt; so nehmen erfahrungsgemäss die Raupen von Heidelbeere (Vaccinium myrtillus L.) auch Pflaume (Zwetsche) oder Apfel, viele auch Lonicera tatarica L. und Sympho- ricarpus racemosa Mchx.; die von Birke auch Erle; die von Rotbuche auch Eiche; die von Liguster auch Esche, und meist auch umgekehrt, — 127 — und es wird daher die Wahl des jeweilig zu bietenden Futters davon abhängen, welches das am bequemsten zu erreichende ist. Anfangs September 1893 erbeutete ich in Schlesien (Lissa bei Breslau) innerhalb dreier Tage 94 Stück Raupen von Deil. nerü L. in allen Grössen, kaum centimeterlange Individuen und bereits zur Verpuppung verfärbte, sämtlich an Vinca minor L. (Immergrün) und Vinca major L. Die aus dem Süden infolge des abnorm heissen Jahrganges so weit nach Norden vorgedrungenen Weibchen des Schwärmers, denn es mussten deren nach der verschiedenen Raupen- grösse mehrere gewesen sein, hatten sofort diese dem Nerium oleander L. (Oleanderstrauch) verwandten und doch davon äusserlich recht verschiedenen Pflanzen zu finden gewusst. 2. Die zur Verpuppung schreitende Raupe. ‘Wir müssen dieser Frage einen eigenen Abschnitt widmen, denn sie ist wichtig genug, und es wird auf diese Weise der Uebersichtlich- keit besser gedient. Mit der Verpuppung vollzieht sich ein viel grösserer Schritt in der Metamorphose des Insekts und so auch des Schmetterlings, als vielfach angenommen wird. ‘Wer jemals diesen Akt genau beobachtet hat, wird bemerkt haben, dass die eben aus der Raupenhaut sich herausarbeitende Puppe un- gemein zart und teilweise sehr durchscheinend ist, dass sich an ihr alle die Gliedmassen, welche der nachmalige Schmetterling besitzt, in eigenen Hülsen — und diese Hülsen zunächst durchaus voneinander gesondert — zeigen. Erst nachmals werden sie von der mehr gleich- artigen und viel weniger Einzelheiten aufweisenden harten Chitinschale überzogen. Es ist diese Umgestaltung schon längst unter der Raupenhaut, also äusserlich nicht sichtbar, ganz allmählich vorbereitet worden, und ihr Endresultat tritt nun lediglich im Akt der Verpuppung innerhalb weniger Minuten zu Tage. (Cr. J. Gonin: Recherches sur la metamorphose des Lepidopteres. Bullett. d. 1. Societe vaudoise d. sc. nat. Vol. XXX. No. 115. Lau- sanne 1894. In dieser schönen Arbeit findet sich auch die bisherige Litteratur über den Gegenstand sorgfältig zusammengestellt.) Dieser durchgreifenden Umwandlung ihres ganzen Organismus entsprechend befindet sich die Raupe zu dieser Zeit in einem unge- — 123 — mein empfindlichen Zustande und bedarf darum ganz besonderer Pflege und Aufmerksamkeit. Die äusseren Kennzeichen dieses Stadiums sind folgende: Selbst- verständlich hört alle Nahrungsaufnahme auf, und was sich an der Erde oder in der Erde zu verpuppen pflegt, begiebt sich vom Futter herunter auf den Boden des Zwingers. Weiter werden die meisten Raupen sehr unruhig und laufen zunächst trotz reichlicher, frischer Blätter im Zwinger umher. Grüne Raupen verfärben sich und werden in der Regel rötlich, oder bräunlich (Deilephila nerii L., Endromis versicolora L., Aglia tau L., Harpyia vinula L. etc.); bunte Raupen werden sichtlich fahler. Nach Ausscheidung eines ziemlich umfangreichen, schleimigen Kotballens, der bei den Saturniden und Lasiocampen bisweilen von erstaunlicher Grösse ist, und das Tier etwa um ein Dritteil seines Gesamtgewichtes verringert, aber gerade ein sicheres Kennzeichen für die Gesundheit des Individuums sein dürfte, denn kränkliche Raupen scheiden wenig oder nichts aus, wird die Raupe sehr merklich kleiner und namentlich kürzer und verfällt in ihrer Gestalt, indem sie sich von der überwiegend walzigen Form mehr abflacht. Die meisten Spanner verlieren ihre Fähigkeit, den Rücken zu krümmen, und kriechen gar unbeholfen umher. Die Haarraupen lassen sehr leicht ihre Haare gehen und werden so in manchen Arten, es sind fast nur die kurzhaarigen, für die Hand recht lästig. Webende Arten setzen sich in einem Winkel fest und beginnen ° Fäden zu ziehen; freilich ist nicht zu vergessen, dass viele Spinner- raupen und auch einige Eulenraupen bei den Häutungen, namentlich den letzten, sich festzuspinnen pflegen, und einzelne Arten wie: Arc- tia flavia Fuessl., fasciata Esp., hebe L. etc. etc. sich sogar leichte Schutzgewebe für die letzten Häutungen machen. Bombyx populi L. verzehrt Erde, wenn sie dieselbe irgend er- reicht, oder Kot, um daraus mit Beisatz des Inhaltes ihrer Spinn- drüsen ein ziemlich brüchiges Puppengehäuse aufzubauen; andere Cocon fertigende Arten nagen Flechten, Rinde, Holz ab, je nach ererbter Gewohnheit. Diesen wie allen anderen Gewohnheiten muss der Züchter Rechnung tragen, wenn er gute Falter erhal- ten will. Ist eine grosse Raupenmenge in einem Zwinger zur Zucht vereinigt, so empfiehlt es sich ganz und gar nicht, die sich verpuppen- den Raupen in diesem Zwinger zu belassen. Die Tiere stören sich sonst gegenseitig, und bei Arten, die in die Erde gehen, führt der Kot, wenn hart und trocken, leicht zu verkrüppelten Puppen, ist er aber feucht, zur Fäulnis. Man bringe daher die zur Verpuppung schreitenden Raupen lieber in besonders hergerichtete Gefässe. Ist man mit der Verpuppungsweise der Raupen noch nicht genau bekannt, so sollten diese Gefässe etwa folgendes enthalten: Eine Schicht von ungefähr 6 cm feingesiebtem Quarzsand und Gartenerde, halb und halb gemischt, welche früher eine Stunde lang stark erhitzt wurden. Man führe diese Manipulation nicht erst kurz vor dem Mo- ment des Gebrauches aus, sondern habe solches Material stets in einer Kiste vorrätig, indem viele Bodenarten, erhitzt, einen üblen Geruch erhalten, der sich erst nach Wochen verliert. Diese Schicht wird so lange mit Wasser besprengt, bis sie durch und durch mässig feucht ist, und darauf eine etwa 3 bis 4 cm hohe Schicht zerzupftes feines Moos von Wiesen- und Grasflächen (Hyp- num undulatum L., cuspidatum L. und tamariscinum Hedw. sind sehr geeignete Arten) ziemlich fest gedrückt. Auch dieses Moos wird über und über wieder reichlich besprensgt. Weiter enthalte das Gefäss ein nicht zu kleines Stück starker, weicher Rinde, also am besten von Pappeln oder Weiden; ferner ein grösseres Stück Torf und einige dünnere und stärkere Zweigstücke. Damit wird allen Verpuppungsarten Genüge geleistet sein. Zu Gefässen eignen sich für grössere Zuchten die bei der Be- handlung der Raupen besprochenen Holzkästen und Schränkchen (kalte Küchen); für kleinere sind Blumentöpfe sehr am Platze, welche im übrigen die gleichen ebengenannten Materialien enthalten. Den Verschluss derselben bildet ein in ihren oberen Rand hin- eingedrückter, nach unten sehr wenig konischer, fester Pappeylinder, dessen obere Oeffnung mit Gaze überklebt ist, oder auch der grösseren Festiekeit und anderer Vorzüge halber mit einem Holzrand gefasst und durch einen gut in diesen passenden, runden, gazebespannten Deckel verschlossen sein kann. Im Innern wird der Cylinder ebenfalls mit Gaze ausgeklebt. Das Anfeuchten der Puppen erfolgt mit Hülfe des dann und wann mit "Wasser gefüllten Untersatznäpfchens von unten. Auch für die Zucht nachtfressender Raupen, wenn sie erst etwas herangewachsen sind — für sehr winzige Tiere genügt ein solcher Verschluss kaum — eignet sich diese einfache Vorrichtung ausser- ordentlich, und ist zumal Anfängern wegen ihrer Billigkeit und leichten Herstellbarkeit besonders zu empfehlen. Standfuss, Handp. f. Schmetterlingssammler, 9 Ei 130 u. Sie braucht dann aber natürlich, abgesehen von dem Futter, nur etwa noch ein Stück Gazestoff zu enthalten aus früher erwähnten Gründen. Die nach den p. 128 gemachten Andeutungen als verpup- pungsreif sich kennzeichnenden Individuen werden nun in die für sie hergerichteten Behälter gebracht und dort sehr bald die Wege gehen, welche ihrer Natur am meisten zusagen, und man sorge des weiteren nur dafür, dass es den kleinen Geschöpfen an genügender Menge von dem gewünschten Materiale nicht fehle. Von den in der Erde sich verwandelnden Arten stören sich diejenigen, welche kein recht festes, von der übrigen Erdmasse scharf geschiedenes Gehäuse bauen, sehr häufig, falls gar zu grosse Massen nach und nach in ein Gefäss zusammengepfropft wurden. Die spätere Raupe zertrümmert der früheren das brüchige Ge- häuse, und war diese noch nicht zur harten Chrysalide erstarrt, so verhindern die auf sie fallenden Brocken des doch etwas geleimten Cocons nicht selten die Entwickelung zur gesunden Puppe. Hierher gehören alle unsere grossen Sphingiden, das Genus Hepialus und Crateronyx, ferner die überwiegende Anzahl der Notodontiden und der Cymatophoriden, weiter das grosse Heer der Noctuiden und die weitaus grössere Hälfte der Geometriden. Viele der dabei in Frage kommenden Arten nehmen allerdings auch mit Moos allein recht gern vorlieb, indes sie vertrocknen darin viel leichter, und so sollte eine unterliegende Erdschicht nicht fehlen. Die Species, welche in der Erde einen festen, leicht zu iso- lierenden Cocon bauen, teilweise lediglich aus den Spinn- drüsen des Tieres hervorgegangen: wie bei Heterogenea limacodes Hufn. und asella S. V.. Bombyx lanestris L., var. arbusculae Frr., catax L., rimicola Hb., Endromis versicolora L., den Arten des Genus Cnethocampa — teilweise aus Spinnstoff und Erde gefertigt: wie bei Uropus ulmi Schiff, Chariptera viridana Walch., Miseha bimaculosa L. und oxyacanthae L., Valeria oleagina F. und jaspidea Vill., allen Arten des Genus Cucullia, Anophia leucomelas L. u. a. m., stören sich gegenseitig, wenn irgendwie reichliche Erde vorhanden ist, nicht so leicht. Nur die bis zur letzten Häutung mehr oder weniger gesellig: lebenden Bombyciden: lanestris, var. arbusculae Frr., catax und rimi- cola verspinnen sich bei engerem Raum häufig zu zwei und meh- reren in einem Cocon und geben dann krüppelhafte Puppen, sind also spinnreif in grösseren Holzgefässen unterzubringen. _— 131 u Die genannten vier Arten bauen übrigens ihre eiförmigen schönen Cocons auch im leeren Zuchtkasten ohne jede Erde, allein es tritt dann einmal der eben genannte Uebelstand noch viel häufiger ein, ferner kleben die Cocons fest und werden zufolgedessen leicht zer- rissen, und sodann sind dieselben weitaus nicht so kräftig als von Raupen, welche sich in den Boden einbohren konnten. Sie sind dünnschalig, gelblich oder grau gefärbt, und die Puppe verkommt oft in ihnen; während die in der Erde gefertigten Cocons hellbraun bis schwarzbraun ausfallen und viel fester sind. Es ist dies namentlich für die Zucht von Bombyx var. arbusculae Frr. (eine alpine Varietät von lanestris L., also nicht var. arbusculae Pfaffz., die eine Hochgebirgs- form von crataegi L. ist) sehr zu beobachten, da diese Lokalform in der Regel erst im 4. oder 6. Jahr nach der Verpuppung ausschlüpft. Ganz besonders tief in den Boden — unter Umständen 30—4o cm tief — gehen Asteroscopus nubeculosus Esp. und sphin® Hfn., Agro- tis ripae Hb. mit ihren Formen sowie Chariclea delphinü L., und es ist dies bei der Zucht dieser Arten nicht zu vergessen. Andere Arten liegen wieder sehr lange als Raupen in ihren Co- cons, bevor sie sich zur Puppe verwandeln, und bedürfen darum öfterer Anfeuchtung, um nicht zu vertrocknen, so: die Arten des Genus Eu- prepia und Heterogenea,; Agrotis strigula Thnb., molothina Esp., baja F., zanthographa F., ripae mit ihren Formen; das Genus Apo- vrobhila;, Ammoconia,; Dichonia,; Luperina; ferner Hadena adusta Esp., Hyppa rectilinea Esp., Eriopus purpureofasciata Piller.; Cara- drina selini B.; das Genus Xanthia,;, Orrhodia; Xylina und Calo- campa, auch Anophia leucomelas und noch manche andere Arten. Die Raupe von Pierogon proserpina Pall. läuft vor der Ver- puppung sehr viel umher, und es ist gut, den mit angefeuchteter Erde und darüber gebreitetem Moos versehenen luftigen Puppen- zwinger der Sonne auszusetzen, da sie sich dann schnell zur Ver- puppung einbohrt. Sonst läuft die Raupe leicht so lange umher, dass sie erschlafft und eine kräftige Puppe nicht mehr liefert. Die im Moos ihre Verwandlung antretenden Arten, welche sich fast sämtlich auch sehr gern zwischen Blättern verwandeln, die indes in dürrem Zustand den ausschlüpfenden Falter leicht verletzen, und bei längerer Puppendauer, wenn feucht, faulen und darum nicht so zweckdienlich sind, beanspruchen verhältnismässig wenig Sorgfalt von Seiten des Züchters. Die gefertigten Puppengehäuse, seien dies nun scharf umgrenzte Cocons oder lockere Gewebe, sind im allgemeinen fest genug, um 9* später zur Verpuppung schreitende Individuen am Eindringen zu hin- dern, und so entwickeln sich hier auch grosse Raupenmassen in enger Vereinigung zu gesunden Puppen, falls man nämlich mit dem Moos nicht sparsam war, denn daran darf es nicht fehlen. Von den Rhopaloceren wären die meisten Lycaeniden und viele ‚Satyriden ohne jeden Cocon, und Parnassier und Hesperiden mit Cocon hier zu nennen. Von den Sphingiden — auch das Genus Deilephila und Macroglossa ist mit blossem Moos gern zufrieden — kommen das Genus /no und Aglaope wie die Syntomiden in Frage. Von den Bombyciden und Noctuiden: die Lithosiden mit Ausnahme des Genus Nola; die Arctüden; vom Genus Bombyx die Arten: crataegi L., trifolii Esp., quercus L., rubi L., vom Genus Lasiocampa tremulifolia Hb., ilicifolia L. und v. lobulina Esp.; weiter Agha tau L.; die Drepanuliden; das Genus Pygaera; Demas coryli L.; Diph- thera ludifica L. und Panthea coenobita Esp.,;, Hyppa rectilhinea Esp. und Eriopus purpureofasciata Piller; Habryntis scita Hb.; alle Am- phipyren, Cosmia paleacea Esp.; Scoliopteryx libatrix L; die aller- meisten Arten des Genus Phısia und Erastria;, Catocola und Toxo- campa, sowie die Herminiden. Auch von den Geometriden eine ganze Anzahl, wie die Genera: Pseudoterpna, Geometra, Nemoria, Thalera, Jodis, Zonosoma, Timandra, Pellonia, Rhyparia, Abraxas, Metrocampa, Eugonia, Selenia, Therapis, Odontopera, Crocallıs, Angerona, Urapteryx und Scoria. Ausserordentlich ratsam ist für viele der in diese Gruppe gehö- renden Arten eine andere Methode, die in der Verwandlung begriffene Raupe vor Störung zu schützen und so tadellose Puppen und Falter zu erhalten, welche gleichzeitig den ausserordentlichen Vorteil sehr bequemen Umlegens und Verschickens der Puppe bietet. Es ist dies das Eindüten der spinnreifen Raupe. Am besten wird dazu ein gutes Fliesspapier gewählt, welches das Anfeuchten sehr bequem macht, da es das Wasser ohne weiteres durchlässt. Ganz besonders empfohlen sei dies Verfahren für Ple- retes matronula L. und das gesamte Genus Arctia, für Bombyx crataegi L., populi L. (etwas Erde sollte bei letzterer in der Düte nicht fehlen), Lasiocampa tremulifolia Hb. und ilicifolia L., Diph- thera ludifica L. und die Arten des Genus Plusia, Catocala, Geome- tra, Eugonia, Angerona, Urapteryx, Scoria. Nicht minder empfehlenswert ist das ganz gleiche Verfahren ferner für alle die bisher nicht besprochenen Arten, welche sich nicht an der Erde in Moos und dergleichen zu verwandeln pflegen, sondern ihre Gewebe in der Höhe zwischen lebenden Blättern oder an und zwischen kleineren Zweigen anzulegen pflegen. "Verspinnen sie sich bei der Zucht zwischen Teilen des Futters, so ist dies ja kaum störend und der Cocon leicht herauszuschneiden ; man beseitige dann nur dürre Pflanzenteile von der Ausschlüpföffnung, da sich sonst der durchbrechende Falter öfter verletzt. Verspinnen sie sich aber in Menge in den Winkeln und Ecken der Zuchtgefässe, so ist einmal das Anfeuchten schwer und ein Vertrocknen häufig, und weiter wird dann der Zuchtkasten auf einige Zeit für Raupen kaum verwendbar, auch sind die Gewebe etwa so angelegt, dass sie für das Oeffnen oder Schliessen der Behälter hinderlich sind und zer- rissen oder auch samt Inhalt zerdrückt werden. Bei dieser Gelegenheit sei ganz beiläufig erwähnt, dass in der Verpuppung befindliche Raupen, seien es nun solche von Tagfaltern, die durch einen Zufall von ihrer Befestigung gelöst wurden, oder anderweite Raupen, welche ihrer schützenden Hülle auf irgend eine ‚Weise verlustig gingen, sich am allerbesten auf einem Stück recht weicher Gaze, das auf eine Lage Moos gebreitet wurde, zur Puppe verwandeln, nicht aber auf Holz oder Papier, noch weniger auf Sand oder Erde. Solche freie Cocons oder leichtere Gewebe zwischen lebenden Blättern oder Zweigen fertigen das Genus: Sarrothripa, Earias und Hylophila, alle Lipariden, ferner Bombyx castrensis L. und neustria L., Lasiocampa potatoria L., pruni L., quercifoha L., populifolia Esp., suberifolia Dup., bufo Ld., lineosa Vill.. otus Drury, lunigera Esp., Dini L., alle Saturnien-Arten, Simyra nervosa F. und dentinosa Err., Arsilonche albovenosa Goeze, Calophasia lunula Hufn. u. a. m. Die letzten vier Arten sollten in der Düte mit etwas Moos versehen werden. Zur Vorsicht giebt man den Individuen, bezüglich deren Spinnlust man nicht durchaus sicher ist, noch etwas Nahrung mit in ihr Ge- fangnis; übrigens fressen sich sehr viele Arten, welche zu früh ein- geschlossen wurden, selbst sofort wieder durch das Papier hindurch. Hat man sich durch Oeffnen der Düte vergewissert, dass die fer- tige Puppe vorliegt, so muss man sich weiter davon überzeugen, nach welcher Seite hin das Kopfende gerichtet ist, und eventuell die obere Oeffnung wieder sorgfältig zudrücken und die Düte von der Spitze aus genügend weit abschneiden, um dem Falter das Aus- schlüpfen zu gestatten. Doch gilt dies nur von lockeren, weitschich- tigen Geweben, festgeschlossene Cocons legt man mit möglichster Beseitigung alles Papieres ganz bloss. Die Düten werden dicht neben- einander unten an den Seitenwänden im Puppenkasten mit Nadeln befestigt. Von specielleren, weniger häufig vorkommenden Verpuppungs- arten sei noch folgendes angeführt: Das Genus Nola wählt frische Zweige, aus deren abgenagten kleinen Rindenpartikeln es kahnförmige, dem der Nycteoliden ähnliche Gespinnste fertigt. Cossus ligniperda F., der sich im Freien im Stamm selbst oder im Holzmehl am Fusse desselben verpuppt, wird im Zimmer am be- quemsten in einer gutschliessenden Blechschachtel mit Sägespänen versehen, aus denen er einen festen Cocon baut. Ganz gleich verhält sich Zeuzera pyrina L., nur gelangt man viel seltener in den Besitz einer ausgewachsenen Raupe von dieser Art. Die Harpyien und Hybocampa milhauseri F. müssen mit Stücken von weicherer Rinde, am besten von Pappeln oder Weiden versorgt werden, auf denen sie die bekannten festen Gehäuse anlegen. Auch Diloba caeruleocephala L., die Bryophilen, Moma orion Esp., Xylocampa areola Esp., Lithocampa ramosa Esp. Catephia alchymista S. V., Boletobia fuliginaria L. wünschen Zweige oder Rindenstücke, doch solche, die mit Flechten besetzt sind, zur Ver- puppung, da sie aus diesen ihren Cocon bilden. Asphalia flavicornis L. und ridens F., die Arten des Genus Acronycta und die Brephos-Arten kann man am bequemsten mit Stücken von nicht zu dünnem Torf zur Verwandlung versehen, wie solcher zum Bodenbelag der Insektenkästen gebraucht wird, oder auch mit weichem, faulem Holz, welches sie in der Freiheit zu wählen pflegen. Einige Arten bohren sich in das Material hinein, andere bauen ihr Puppengehäuse aus abgenagten Teilen aussen darauf. Ausserordentlich willig sind das Genus Papilio und die Pieriden in der Verpuppung; sie lieben dünne Stengel zu ihrer Befestigung. Sind gar zu massenhafte Raupen von diesen Tagfaltern in engem Raum bei einander, so drücken sich die noch weichen Puppen beun- ruhigt den Faden, welcher den Oberkörper in senkrechter Stellung hält, tief in die Flügelhülsen hinein, und der Flügel des Falters zeigt dann einen scharfen Eindruck, oder verkrüppelt wohl ganz. Ebenso sind die in vielen Arten gesellig lebenden Nymphaliden auch in der Verpuppung ungemein verträglich, nur muss man bei den reichlich spinnenden Arten, sobald die ersten Individuen zur Ver- puppung schreiten, die Gewebe an der Decke des Zuchtgefässes _— 135 — entfernen, sonst fallen später Raupen und Puppen samt dem Gewebe zu Boden, wenn sich gar zu viele daran aufgehangen haben. Die Apaturen verpuppen sich an der Mittelrippe des Blattes ihrer Nährbäume und zwar lieber auf der Unterseite, welcher die Färbung der Puppenschale mehr gleicht. Von den Limenitis verwandelt sich bopuli L. in einem eigens dafür hergerichteten Blatt der Zitterpappel, efr. p. 4, da an den Stiel oberseits festgesponnen, wo dieser in die Blatt- fläche übergeht; szbilla L. und camillaS. V.,sowie Charazxes jasiusL. hän- gen sich an Stengeln auf, und es ist gut, bei der Zucht auch diesen schönen Arten die Möglichkeit der Beibehaltung ihrer Gewohnheiten zu bieten. 3. Die Ueberwinterung der Raupe. Am empfehlenswertesten sind dafür die bereits bei der Zucht von Sonne liebenden Raupen besprochenen Drahtgazekästen. Der Untersatz derselben wird 3—4 cm hoch mit feinem Flusssand, dem einige Hände voll guten Gartenbodens beigemischt waren, gefüllt: Darauf wird eine etwa ebenso hohe Lage zerzupftes, zartes Moos ge- breitet, cfr. p. 129, und dieses endlich mit gerollten dürren Blättern etwa von Haselnusssträuchern, oder Himbeeren reichlich überhäuft, welche vorher genau durchgesehen wurden, damit sich kein räube- risches Gewürm, Spinnen u. dgl. in ihnen befindet, wie auch zu diesem Zwecke Sand, Boden und Moos durchhitzt werden müssen. Blumen- töpfe, welche in ganz gleicher Weise gefüllt und hergerichtet und mit einem festen, aber luftigen Gazestoff zugebunden werden, sind ein billiger und recht guter Ersatz. Letztere sollten zur Ueberwinte- rung zu ?/; in das freie Land eingelassen werden, natürlich an einer Stelle, wo sich niemals Grundwasser sammeln kann. Diese Töpfe muss man bei beginnendem Frühjahr möglichst zeitig aus der Erde nehmen und, wenn sie erwachsen überwinternde Raupen enthalten, die nicht mehr fressen, wie namentlich: Bombyx rubi L., Hadena adusta Esp.. Hyppa rectilinea Esp., Eriopus pur- Ppureofasciata Piller etc., noch bei wirklichem Frost, also je nach der Witterung gegen Ende Januar bis Mitte Februar; weil bei Eintritt der vollen Frühjahrsnässe die Tiere schimmeln und faulen. Sobald die Raupen zu fressen aufhören, was sich, abgesehen von auffälliger Trägheit, auch durch ein sichtliches Zusammenziehen und Kürzerwerden der ganzen Gestalt bemerkbar macht, und meist vor der letzten oder der vorletzten Häutung eintritt, werden sie in die so hergerichteten Zwinger gebracht, nachdem der Bodenbelag derselben durch und durch gründlich angefeuchtet worden ist; und zur Vorsicht noch mit etwas frischer Nahrung versehen. Arten, welche, wie die des Genus Apatura und Limenitis, einige La- siocampen, manche Geometriden u.a. an den Zweigen überwintern, lehnt man an diesen in die Ecken und an die Seiten desZwingers. Als Stand- ort für den Zwinger ist ein ganz freier Balkon, Blumenbrett vor dem Fenster, oder eine an den Seiten offene Gartenlaube am meisten ge- eignet. Muss ein ungeheizter Raum im Hause gewählt werden, so sollte doch die frische Luft stets Zutritt dazu haben. Alle 3—4 Wochen ist der ganze Inhalt des Kastens mässig an- zufeuchten, wenn die Temperatur über Null ist; ist sie unter Null, so bestreue man lediglich den Boden des Zwingers mit Schnee, falls solcher erreicht werden kann. Ist der Winter schneereich und andauernd kühl, so wird man die Tiere bei dieser Behandlung ohne jede weitere Mühe und erheblichen Verlust ausgezeichnet durchbringen. Sind die Raupen dann im Früh- ling, meist Anfang bis Mitte März, zu neuem Leben erwacht, so ver- säume man nicht, sie ziemlich stark anzuspritzen. Der Kot ist in den Därmen durch die lange Zeit der Ruhe erhärtet und muss aufgeweicht werden, um ausgestossen werden zu können; ebenso bedürfen auch die Spinndrüsen der erwachsen überwinternden Arten: so von Ple- vetes matronula L.,. Bombyx rubi L., Agrotis strigula Thnb. und molothina Esp., Hyppa rectilinea Esp. u. a. der Befeuchtung, um in Thätigkeit zu treten; und man wird in der That die Raupen das Wasser mit grossem Eifer aufsaugen sehen. Nicht weniger notwendig ist ebenfalls den bereits im fertigen Cocon zur Verpuppung überwin- ternden Raupen das Anspritzen. sowohl während des Winters, um ein Vertrocknen zu verhüten, als auch namentlich im Frühjahr zur Er- leichterung des Abstreifens der Raupenhaut, und seien hier genannt: Heterogenea limacodes Hufn. und wohl auch asella S. V.. Eriopus purpureofasciata Pill. Leucania obsoleta Hb., Caradrina morpheus Hb., selini B., Anophia leucomelas L., Hadena adusta Esp. Ist der Winter ein sehr milder, und steigt die Temperatur längere Zeit wesentlich über Null, so dass die Raupen sichtlich rege und un- ruhig in ihrem Zwinger werden, und ihnen die durch das öftere An- feuchten zähen Haselnuss- und Himbeerblätter, an denen sie sehr gerne an warmen Wintertagen, oft sogar den ganzen Winter hin- durch etwas nagen, nicht mehr genügen, so muss weitere Nahrung gereicht werden. An sonnigen Lehnen oder Dämmen findet sich wohl etwas Taub- nessel (Ballota, Lamium) oder Wegebreite (Plantago) und Gras, die von den Raupen gern verzehrt werden, sonst sind auch, da es sich hier fast ausschliesslich um sogenannte polyphage Raupen, das heisst solche, die Vielerlei fressen, handelt: — Arctüden und Noc- tuiden aus dem Genus: Agrotis, Mamestra, Hadena, Leucania und Caradrina — Stücke von rohem Kürbis, oder Aepfeln, Kopfsalat, Endiviensalat, und wenigstens teilweise Welschkraut (Wirsingkohl) und Weisskraut (Kabis) willkommene Nahrung. Manche Raupen nehmen auch die Blätter der abgeblühten Hyacinthen willig an, oder solche von Cinerarien, auch Weiden- und Pappelkätzchen, die ja sehr zeitig zu haben sind. Ebenso kann im Frühjahr, wenn die Tiere schon längere Zeit aus dem Winterschlaf erwachten, und etwa reich- licher, frischer Schnee die Beschaffung von Futter aus dem Freien sehr erschwert, mit dergleichen Vegetabilien vorübergehend ausgeholfen werden. Monophage Raupen, das heisst solche, die nur auf einer Pflanzenart zu leben pflegen, werden während des Winters auch bei längerer Zeit der Wärme fast niemals rege, erwachen im Frühling durchschnittlich ziemlich spät und sind imstande — es handelt sich hier weit überwiegend um Raupen, welche die Blätter von Bäumen und Sträuchern verzehren — selbst kleine und harte Blattknospen und sogar die Rinde vorjähriger Triebe zu benagen. Uebrigens werden in einem sehr schwankenden oder milden Winter bei aller Sorgfalt die Verluste des Lepidopterologen stets bedeutendere sein, als in einem gleichmässig kalten. 4. Das Treiben der Raupen durch Erhöhung der Temperatur. a) Allgemeines. November, Dezember und Januar sind für den Lepidopterologen, als solchen, abgesehen von dem Tausch, der freilich schon zumeist im Oktober in seiner Hauptsache erledigt wird und in der Weihnachts- zeit wegen des ausserordentlich gesteigerten Postverkehrs zudem seine Gefahren hat, und dem Ordnen der Sammlung, das jetzt allerdings am Platze ist, die Zeit der Ruhe und Musse. Allein auch während ' dieser Zeit kann für den Zuwachs der Sammlung durch Zucht viel, in manchen Jahren sehr viel geleistet werden. Wem ein Plätzchen leicht zur Disposition steht, an dem ohne Mühe und besondere Kosten — 138 == eine Durchschnitts- Temperatur von etwa 20° C — bis 35° C sind noch zeitweilig willkommen — zu haben ist, der sollte diese Zucht gewiss nicht versäumen. Ein solider Kachelofen, der sich freilich nur noch in älteren Häu- sern, zumal im Gebirge, in Wohnzimmer oder Küche öfter findet, bietet auf einem naheliegenden Schrank, oder auch vielleicht eigens dafür hergerichteten Wandbrett die beste Gelegenheit. Die von Mitte September bis Mitte Oktober auf sonnigen Wald- hauen (cefr. p. 10 und ı3) mit Klopfschirm oder Schöpfer erbeuteten kleinen Noctuwiden-Raupen eignen sich in erster Linie für diese Zuchtmethode. Es seien hier aus eigener, bei den allermeisten Arten oft wieder- holter Erfahrung folgende genannt: Agrotis molothina Esp., poly- gona F., signum F. janthina Esp., linogrisea S. V., fimbria L., au- gur F., pronuba L., orbona Hufn., comes Hb., collina B., triangulum Hufn., baja F., candelarum Stgr., ce nigrum L., ditrapezium Bkh., stigmatica Hb., rubi View., florida Schmidt, dahlii Hb., brunnea F festiva Hb., conflua Fr. (letztere geht dann teilweise zu festiva Hb. über), segetum S.\V., prasina F., occulta L.; Mamestra advena F., tincta Brahm., nebulosa Hufn.; Hadena basilinea E., vurea F., he- batica Hb., gemina Hb. mit ihren Formen, didyma Esp., strigilis Cl. mit ihren Formen; Mania maura L.. Naenia typica L.;, Leu- cania impudens Hb., impura Hb., pallens L.,. comma L., conigera F., loreyi Dup., riparia Rbr., l album L., congrua Hb., albipuncta F., Zythargyria Esp., turca L.;, Mithymna imbecilla F.; Cara- drina quadripunctata F. respersa Hb., alsines Brahm, taraxaci Hb.; Rusina tenebrosa Hb.; Plusia chrysitis L., bractea F., pul- chrina Hw., gamma L., interrogationis L. Wirklich ungünstig war das Resultat nur bei Agrotis molothina Esp. Im allgemeinen war es bei allen übrigen Arten am günstigsten stets dann, wenn die Raupen noch recht zeitig im Herbst einge- sammelt werden konnten, so dass sie noch keinen Frost oder starken Reif erhielten. In dem Augenblick, wo diese Zeilen geschrieben werden, das heisst am ı5. Januar ı8g1, besitze ich z. B. 127 gesunde, grosse Puppen von Agrotis dahlii Hb., deren Raupen Anfang Ok- tober 1890 aus den Eiern zweier $? schlüpften, welche im September aus dürren Laubbüscheln geschüttelt wurden. Die bisher angeführten, im allgemeinen durchaus verborgen lebenden Raupen gedeihen in den (p. 122) genannten kubischen, fast vollständig dunklen Holz- kästen vorzüglich und fressen in ihrem warmen Zwinger nach etwa 8—ı4 Tage lang stockendem Wachstum und darauf erfolgender Häutung meist Tag und Nacht mit einem beneidenswerten Appetite. Weitaus die meisten derselben sind polyphag und werden mit Löwenzahn und Wegerich am besten gefüttert. Einige Plusien ziehen zunächst Labiaten vor, bequemen sich aber auch meist bald zu Leon- todon; andere nehmen nur Gras, wie die bezeichneten Hadenen und Leucanien; Agrotis molothina Esp. nährt sich von Calluna vulgaris Salisb. und Erica arborea L. Das Futter darf hier am allerwenigsten nass verabreicht werden und sollte lieber stets schon etwas abgewelkt sein. Nur gewisse harte Gräser muss man eingefrischt reichen, weil sie sonst gar zu schnell dürr werden. Die Einlage eines grösseren oder kleineren Stückes von irgend einem dünnen, weichen Stoff in den Kasten ist aus früher gedachten Gründen sehr zu empfehlen. Der Kot der Tiere ist meist feucht, und deshalb bei der hohen Temperatur ganz besonders peinlich auf Rein- lichkeit zu achten. Wird durch eintretenden Frost und grosse Schnee- massen die Beschaffung von Nahrung aus der freien Natur sehr er- schwert, oder unmöglich, so sei auch hier wieder darauf hingewiesen, dass Stücke von rohem Kürbis und Aepfeln, Kopfsalat, Endiviensalat und teilweise auch Welschkraut und Weisskraut, sowie etwa Hya- einthen- und Cinerarien-Blätter sehr gut zur Aushülfe dienen können, die eine Raupe wird dieses, die andere jenes wählen, die Leucanien beispielsweise, sonst bekanntlich sehr exklusiv monophage Raupen (Gramineen-Fresser) nahmen gern Kürbisscheiben an. [Eine ganze An- zahl dieser Raupen von verschiedenen Arten fütterten einst Zeller (Glogau) und mein Vater mit in Wasser aufgeweichtem und dann ausgedrücktem Brote. Sie lieferten schöne Falter.] Je nach Arten und Jahrgängen wird man so von Mitte Dezember bis Mitte Februar im Laufe der Zeit Hunderte und Tausende von Fal- tern erziehen können, und zwar bei guter Pflege nicht verkümmerte Individuen, sondern im Gegenteil fast durchweg grössere und voll- kommenere, auch lebhafter gefärbte Tiere, als sie uns die Natur bietet, und zu einer Zeit, wo uns die kleinen schmucken Lebewesen ganz besondere Freude machen. Auch von .den übrigen Gruppen der Lepidopteren lässt sich eine Anzahl von Arten mehr oder weniger leicht zu so beschleunigter Entwickelung bringen. Es seien hier wiederum nur die Arten genannt, welche mir aus eigener Erfahrung bekannt sind: Emydia striata L.. cribrum L.; Nemeophila russula L., plantaginis L. und die Formen der letz- teren; Callimorpha dominula L. und var. persona Hb., wie deren Kreuzungsprodukt: var. romanovi Stdfs., hera L.; Arctia caja L., villica L., purpurata L., fasciata Esp., aulica L., maculania Lang.; Spilosoma fuliginosaL.; Psyche v. stetinensis Hering, viadrina Stgr., hirsutella Hb., standfussü H. S.; Epichnopteryx pulla Esp.; Dasychira abietis S. V. — (Bombyx quercus L. wurde von im Herbst gesammelten Raupen ohne Ueberwinterung: derselben bis zur Puppe gebracht, der Falter erschien stets erst im‘ nächsten Jahr) — Lasiocampa potatoria L., pruni L., quercifolia L., popu- lifolia Esp., Dini L. (Pleretes matronula L. und Arctia quenselü Payk. ergaben nach einmaliger Ueberwinterung der Raupe den Falter). Mancher Lepidopterologe wird diese beiden Verzeichnisse aus dem Schatz seiner Erfahrung noch um eine Reihe von Arten ver- mehren können. Im Gegensatz zu den erst genannten Noctuiden handelt es sich hier fast durchweg um Licht und Sonne liebende Arten. In offenen Drahtgazekästen, die das Beste für die Zucht wären, hält: sich bei der hohen zum Treiben erforderlichen Temperatur die Nahrung, selbst eingefrischt, meist schlecht, es müssten denn besondere Verhältnisse vorliegen, also etwa viel Wasser verdunsten. Ich wählte daher meist Einmachegläser oder glasierte Töpfe zur Zucht dieser Tiere, die ich mit dichtem Stoff zuband, damit das Futter nicht gar zu schnell aus- trockne, und erzielte so teilweise wahre Prachtstücke, namentlich von Nemeoph. plantaginis L., Arctia fasciata Esp. (cfr. Taf. VI, Fig. 15) und Lasiocampa pini L. Andere Arten blieben infolge des Einflusses dieser höheren Tem- peratur hinter ihrer natürlichen Grösse zurück. Meine Experimente zeigten diese Erscheinung in sehr sichtbarer Weise bei Call. domi- nula L. (cfr. Taf. VI, Fig. 16), dominula var. persona Hb. (cfr. Taf. VI, Fig. 17), bei der Kreuzung von dominula L.& und var. dersona Hb. ? (var. romanovi Stdfs.); ferner bei Arctia fasciata Esp. — nur bei drei weiblichen Individuen — (cfr. Taf. VI, Fig. 14); Das. abietis S. V.; Lasioc. pruni L., quercifolia L. und populifolia Esp. Von Lasioc. quercifolia resultierten wahre Zwerge mit nur 35— 39 mm Spannweite (cfr. Taf. VI, Fig. ı2), also von der Grösse der Lasioc. tlicifolia L. Eine Reihe Arten, die ich ebenfalls zu treiben versuchte, ent- wickelte sich nicht, sondern verkümmerte, wenn die Raupen im Herbst im Freien gesammelt wurden: so Arctia hebe L., Psyche vil- losella O., Laria l nigrum Müller, Lasiocampa lunigera Esp., Agro- tis cinerea Hb., crassa Hb., fatidica Hb., Luperina matura Hufn., Hyppa rectilinea Esp. Es war möglich, Laria ! nigrum und Bombyx quercus ohne Ueber- winterung der Raupe oder Puppe bis zum Falter zu erziehen, wenn diese Arten bereits vom Ei auf erhöhter Temperatur ausgesetzt wurden. Vielleicht würde es glücken, auch die übrigen eben genannten Arten bei gleicher Behandlung wenigstens in einer Anzahl von Indi- viduen zu sofortiger Entwickelung zu bringen. Ich selbst konnte diesbezügliche Versuche bisher nicht vornehmen. ß) Genauere Besprechung einiger speciellen Fälle. Wir müssen auf einige dieser Temperaturexperimente etwas näher eingehen, da sie uns einen Einblick in gewisse Gründe der Artbildung gewähren dürften: Es legten die Weibchen folgender Species: Arctia fasciata Esp.; Dasychira abietis Schiff., Lasiocampa pruni L. Lasiocampa Ppini L., sämtlich Arten, welche regulärer Weise als Raupen überwintern, un- gefähr die Hälfte ihrer Eier in normaler Temperatur, etwa 22°C, ab. — In dieser Temperatur von 22° C wurden die Eier dann auch bis zu dem Ausschlüpfen der Raupen belassen. — Darauf wurden die gleichen Weibchen in eine Temperatur von 34°C gebracht, in der sie den Rest ihrer Eier absetzten, und in welcher diese Eier auch bis zu ihrem Ausschlüpfen verblieben. Es verkürzte sich dadurch die Zeit bis zum Ausschlüpfen derselben um ein Drittel, teilweise sogar bis zur Hälfte der ersten Serie gegenüber. Erzogen wurden dann beide Serien getrennt in der gleichen Temperatur von 25° C. Die erste Serie ergab an Faltern ohne Ueberwinterung der Raupe: fasciata 23 °/,; abietis ı2%),; pruni 64°; pini 28°/,; die zweite Serie hingegen: fasciata 71°/,; abietis go P|,; Pruni 100°/o; Dini 81 °|.. Die vorzeitig entwickelten Falter beider Serien liessen, mit ein- ander verglichen, überwiegend einen namhaften Unterschied nicht er- kennen, nur Arctia fasciata Esp. machte hierin in drei weiblichen Individuen der zweiten Serie eine Ausnahme. Die Raupen und Puppen dieser drei Exemplare hatten sich aber auch biologisch an- ders verhalten als die der übrigen verfrühten Individuen dieser Art, obgleich sie doch mit diesen in denselben Gefässen dieselbe Nahrung genossen hatten. Der von der Brut der genannten Falterweibchen in den biolo- gischen Eigenschaften divergent werdende Prozentsatz an Individuen muss danach wohl sicherlich abhängig gedacht werden von der ver- schiedenen Temperatur, welcher die beiden zu dem Experiment be- nutzten Serien im Stadium des Eies ausgesetzt waren. ‘Wer also dergleichen Formen erziehen will, sollte das Ei schon in erhöhter Temperatur halten. Unzweifelhaft würden eine Reihe interessanter Beobachtungen auch zu machen sein, wenn man den umgekehrten Weg einschlüge, also die Eier durch Erniedrigung der Temperatur*) zurückhielte. Ich habe der gleichen Versuche vor vielen Jahren mit einem grösseren Eierquantum der zweiten Generation von Lasioc. pruni L. gemacht, leider damals wegen unzulänglicher Erfahrung ohne Erfolg. Mit genügender Sorg- falt dürfte dieses Experiment sehr wohl auch glücklich auszuführen sein. Weiter lieferte ein Pärchen Lasiocampa quercifolia L. (4 58, ? 89 mm Spannweite) bei 30° C, denen Eier, Raupen und Puppen ausgesetzt waren, als Nachkommen in g°/, der gesamten Brut nach 70—85 Tagen Raupenzeit und ı2—ı5 Tagen Puppenruhe dd mit 35—37 mm und 9? mit 36—39 mm Spannweite. Es ist ein grosses männliches Individuum dieser Form Taf. VI, Fig. ı2 zu sehr ge- lungener Abbildung gebracht. Das Bemerkenswerteste an ihr ist die ausserordentliche Grössenreduktion dem normalen Typus gegenüber. Bezüglich der Färbung ist eine geringe Zunahme der schwärzlichen Bestäubung zu erwähnen. Von der nahe verwandten Lasiocampa populifohia Esp. gelang es Herrn R. Jaenichen in Berlin, eine wesentlich verkleinerte Form in Gestalt der dritten Jahresgeneration zu erziehen (cfr. Jaenichen, Insekten-Börse. Leipzig. No. vom ı5. Febr.; ı. März; ı5. März 1894). Es entwickelten sich nach den Mitteilungen 1.c. die Raupen bei 25° C aus den Eiern, die Aufzucht der Raupen erfolgte bei 15; -20° C. Da- bei ergab 20°/, der gesamten Brut in 5o—70 Tagen Raupenzeit und mindestens ı8 Tagen Puppenruhe Individuen, welche hinter der zweiten Generation, also der var. aestiva Stgr., erheblich in ihren Di- mensionen zurückblieben. Die drei mir vorliegenden Individuen 2 &, ı 2 haben an der breitesten Stelle der Vorderfüügel: die dd 37 und 39 mm, das 2 5o mm Spannweite. *) Umfangreiche Experimente bezüglich der Einwirkung von Temperatur, auch eines sehr schroffen Wechsels der Temperatur, auf die Entwickelung des Eies von Bombyx mori L. finden sich in den Berichten der kaukasischen Seiden- zuchtstation in Tiflis (ein staatliches Institut) Jahrgang 1891; leider in russischer Sprache. u 143 _. Das grössere Männchen ist Taf. VI, Fig. ıı als var. autumnalis Jaen. gut reproduziert. Die Verschiebungen dieser III. Generation der II. Generation gegenüber finden in dem ganz gleichen Sinne statt, wie die der I. gegenüber der I. Generation: die Grösse nimmt weiter ab; die Vorder- flügel gestalten sich schmäler und am Rande tiefer gebuchtet, die violettbraune Grundfarbe wird dunkler, die schwarze Bestäubung ver- mehrt sich, zumal auf der Oberseite des Hinterleibes ete. (cfr. Insekten- Börse 1. c.). Von Urapteryx sambucaria L. züchtete Herr C. Jordis in Frankfurt a/M. bei einer Temperatur von ungefähr 23°C eine zweite Generation. Sie ergab nach 35—42 Tagen Raupenleben und 10— 15 Tagen Puppenruhe vier männliche und ein weibliches Exemplar, welche sich alle fünf in gleicher Weise von dem normalen Typus unterschieden. Ein Männchen der betreffenden Zucht ist Taf. VI, Fig. 10 als var. olivacea Stdfs. gut dargestellt. Diese Form erfolgt keineswegs konstant als zweite Generation der Urapt. sambucaria L. In der Regel zeigt diese zweite Generation nur die Grösse und den Flügelschnitt des abgebildeten Exemplars, im übrigen aber ein von der Grundform kaum verschiedenes Kolorit. Vielleicht wurde dieses abweichende Falterkleid veranlasst durch abnorme, aber zufällig un- beachtet gebliebene Wärmeverhältnisse, welche das Puppenstadium trafen. Eine sehr klar auf diese Temperaturexperimente reagierende Art ist Lasioc. pruni L. Ein Pärchen davon (d 50, 2 62 mm) ergab, bei 30°C vom Ei in- klusive auf erzogen, in 60°, der Brut nach 28—52 Tagen Raupen- leben und ı10—ı3 Tagen Puppenruhe dd von 36—40 und $2 von 39 —45 mm Spannweite, während ein etwa gleich grosses Pärchen (8 49, 2 63 mm) von Lasioc. pruni bei 25° C vom Ei inklusive auf behandelt in 72°/, der Brut nach einer Raupendauer von 55—68 Tagen und einer Puppenruhe von ı2—ı8 Tagen dd von 42—45 und 92 von 4856 mm Spannweite lieferte. Bei beiden Reihen wird die Gesamtfärbung von dem feurigen Rotbraun nach Gelbrot hin abgestumpft; beide Serien erwiesen sich als fortpflanzungsfähig. Dasychira abietis Schiff. (4 43, 2 53 mm) zeugte, bei 25° C vom , Ei inklusive auf erzogen, zu 20°/, der Brut nach 45—70 Tagen des Raupen- und ı3—ıg Tagen des Puppenstadiums dd von 38—4o und 2? von 43—46 mm Spannweite. Bei dieser Form geht die schwarzbraune Zeichnung zurück, und die Falter erscheinen dadurch sichtlich heller als normale Stücke. Ferner wurde von mir auch mit Callimorpha dominula L. und mit deren toskanischer Lokalform var. dersona Hb. sowie mit Nach- kommen aus der Kreuzung zwischen dominula 3 und var. persona ? experimentiert. Es geschah dies wiederum mit 25° C gegenüber Eiern, Raupen und Puppen aller drei Formen. Von der Brut der Callim. dominula L. (8 53, 2 56 mm) (cfr. Taf. V, Fig. ı) entschlossen sich nur ı2 °/, zu beschleunigtem Wachs- tum und ergaben nach 50o—68 Tagen als Raupe und ıı -ı6 Tagen als Puppe Falter, welche zwischen 37 und 43 mm Spannweite schwankten. Ein Exemplar dieser Zucht ist Taf. VI, Fig. 16 abgebildet. Ein Blick auf Taf. V, Fig. ı wird die Verschiebung gegenüber der zur Zucht benutzten elterlichen Form sofort erkennen lassen: das Rot der Hinterflügel wird düsterer, und die Flecken der Vorderflügel er- halten durchweg ein gelbes Kolorit noch dunkler, wie es sich kon- stant bei der Lokalform von Brussa und dessen Umgebung (var. bithhynica Stgr. Wien. Monatsschr. 1862. p. 369) findet. Von Callim. var. persona Hb. (8 50, ? 53 mm) gelang es 40°/, nach 75—87 Tagen Raupenleben und 15—20 Tagen Puppenruhe zu erziehen. Taf. VI, Fig. ı7 ist ein solches Exemplar wiedergegeben. Die in grösserer Anzahl erzogene Form unterschied sich von den zeugenden Individuen lediglich durch ihre Grössendifferenzen. Von den Nachkommen der Kreuzung zwischen dominula L. & (59 mm) und var. dersona Hb. 2 (55; mm) entwickelten sich 22 ®/, bis zum Falter mit 35;—38 mm Spannweite. Die Frasszeit der Raupe währte 65 -7ı Tage und die Puppenruhe 14-19 Tage. Von dieser Form bildete sich eine ganze Anzahl im Jahre 1892 aus Raupen, welche im Freien an einem sonnigen Platze aufgebunden waren, bereits im Hochsommer zum Falter aus, indes vermag ich über deren Entwickelungsverhältnisse genaue Angaben nicht zu machen. Die Brut von Arctia fasciata Esp. (4 46, 2 48 mm) schlüpfte bei 34° C, in der sich auch das mütterliche Individuum (cfr. Taf. VI, Fig. ı3) während des Ablegens befunden hatte, aus dem Ei. Raupen und Puppen wurden dann in 25° C gehalten. Aus im ganzen 34 Raupen entwickelten sich 24, also etwa 71 a ohne Ueberwinterung bis zum Falter. S Sn — 145 u Drei weibliche Individuen verhielten sich dabei in ihren biolo- gischen Verhältnissen anders als die übrigen einundzwanzig. Diese drei besassen eine Raupendauer von 68, 72, 87 Tagen und eine Puppenruhe von 15, 18, 20 Tagen, die drei Falter zeigten eine Flügel- spannung von 36, 37, 39 mm. Das grösste Exemplar ist Taf. VI, Fig. 14 dargestellt. Es zeigt in seiner Zeichnung einige Verschie- bungen dem mütterlichen Individuum gegenüber, welche in gleichem Sinne erfolgten, wie bei den beiden anderen Stücken und aus der Abbildung leicht ersichtlich sind. Die übrigen einundzwanzig Falter, 10 dd, ıı 99, verbrachten 142— 163 Tage im Raupen- und 25—31 Tage im Puppenstadium. Wäh- rend nun die Falter von Arctia fasciata, welche ich in grosser An- zahl in gefangenen, oder aus gefundenen Puppen erzogenen Stücken, von den Basses-Alpes (Digne) wie den Ost-Pyrenäen (Quillan) er- hielt, zwischen 43 und 5ı mm Spannweite schwanken, und nur aus- nahmsweise 53 und 54 mm erreichen, halten diese Imagines 55 —58 mm Spannweite. Sie zeigen miteinander verglichen eine weitgehende Variabilität in ihren Färbungsverhältnissen. Teils erfolgte eine sehr wesentliche Reduktion der schwarzen Zeichnungselemente in dem basalen Drittel der Vorderflügel, aber nur bei männlichen Individuen, teils eine starke Ueberhandnahme dieser schwarzen Flecken und Binden bei mehreren weiblichen Individuen; nur ein Männchen verschob sich in gleicher Richtung. Andere Exemplare blieben in dieser Beziehung etwa normal, so das Taf. VI, Fig. 15 wiedergegebene. Dieses abgebildete Stück zeigt eine durchweg auftretende Eigentümlichkeit dieser durch erhöhte Temperatur erheblich vergrösserten Form gut ausgeprägt, nämlich die starke Ueberhandnahme der roten Färbung der Hinterflügel. Arctia oberthüri Stgr., die algerische Lokalform von Arctia fasciata Esp., besitzt dieselbe in. noch höherer Ausbildung. In gleichem Sinne hinsichtlich der Biologie reagierte auch die Brut eines norddeutschen Pärchens von Lasioe. pini L. (G 59,2 75 mm), welche vom Ei bis zum Falter in ganz gleicher Weise wie diese Arctia fasciata bezüglich der Temperatureinwirkung behandelt wurde. Es entwickelten sich 81 °/, der Brut zur Imago ohne Ueberwinterung der Raupen. Die Frasszeit der letzteren verlief in 150-172 Tagen, die Puppenruhe in 25—27 Tagen. Die männlichen Falter massen 6568, die weiblichen 84-86 mm Spannweite. Letztere liegt bei Lasioc. pini normaler Weise bei den 88 zwischen 57 und 64, bei den Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. Io Be 146 ss 92 zwischen 73 und So mm. Eine konstante und sehr sichtbare Diffe- renz bezüglich Färbung und Zeichnung der durch dieses Experiment gewonnenen Individuen verglichen mit der regulären, ziemlich schwankenden norddeutschen Form war hier nicht zu konstatieren. Teilweise verloren die Zeichnungscharaktere allerdings an Schärfe, so dass die Tiere weniger lebhaft erschienen. Es zeigte sich in diesen beiden letzten Fällen, also der Arctia fasciata und der Lasiocampa Pini trotz der Erhöhung der Temperatur kaum irgend welche Abkürzung der Zeit der Ernährung und damit des Wachstums verglichen mit der normalen Entwickelungsweise dieser Arten, denn bei letzterer ist die Zeit des Winterschlafes natür- lich ganz abzurechnen. Dieses Verhalten führte sofort zu einer Vergrösserung der be- treffenden Individuen über das normale Mass hinaus, eine Thatsache, welche gewiss sehr bemerkenswert ist. Leider konnte ich diese letzteren Experimente neuerdings nicht wiederholen, sie verlangen viel Zeit und Sorgfalt, auch ‘gelingt der Versuch nur mit sehr frühzeitig im Jahre erhaltenem Zuchtmateriale. Anderenfalls fällt die Periode gerade des stärksten Wachstums der Raupen in den vollen Winter hinein, und dann hat es mit der Be- schaffung von gesunder und kräftiger Nahrung grosse Schwierigkeit. Noch haben wir über das Schicksal derjenigen Individuen, welche auf diese Temperaturexperimente nicht durch eine wenigstens an- nähernd kontinuierliche Entwickelung reagierten, nichts bemerkt. Der Stillstand erfolgte stets in dem Stadium, in welchem die betreffende Art zu überwintern pflegt, also im allgemeinen vor oder nach der vorletzten Häutung. Es schwankt dies übrigens auch individuell bei Exemplaren derselben Art, wie es ja von Lasioc. Pini L. zur Genüge. bekannt ist, welche in Norddeutschland unter demselben Moospolster sehr klein und fast erwachsen überwintert. Doch auch alle übrigen den Experimenten unterworfenen Arten zeigen keine volle Kon- stanz. ; Wurden die stillestehenden Individuen neben den vorwärts- schreitenden in der erhöhten Temperatur belassen, so gingen sie nach kürzerer oder längerer Zeit zu Grunde. Wurden sie in normale Verhältnisse gebracht, so starb auch dann die grössere Hälfte allmählich ab. Die aus dem Winterschlafe noch lebend hervorgehenden Raupen ergaben schliesslich Falter von normaler Beschaffenheit. —— 147 —- Welche Prozentsätze an Imagines sich in jedem einzelnen Falle der behandelten Experimente noch nach der Ueberwinterung der Raupen ergaben, darüber wurden genaue Aufzeichnungen nicht ge- macht. Zwischen den durch die Experimente veränderten und den nicht veränderten Individuengruppen liegt ein Zeitraum von 6 bis 9 Mo- naten, und da die Lebensdauer der in Frage kommenden Heteroceren etwa zwischen 3 und 5 Wochen schwankt, so ist eine Vermischung der beiden verschiedenen Formenreihen durch Kreuzung von vorn- herein eine Unmöglichkeit. y) Ergebnisse und Schlüsse aus diesen Experimenten. Die Form und Gestalt der aus diesen Temperaturversuchen hervorgegangenen Falter zeigt bei den verwendeten Arten im allge- meinen keine sehr nennenswerten Veränderungen normalen Individuen gegenüber. Ziemlich leicht sichtbare Differenzen finden sich bei Lasioc. var. autumnalis Jaen., also der dritten Generation von Lasioc. populifolia Esp., welche gestrecktere und namentlich vor der Spitze tiefer ein- gebuchtete Vorderflügel zeigt, als var. aestiva Stgr., die zweite Gene- ration, welche sich ihrerseits wieder von der ersten Generation in gleichem Sinne unterscheidet. Ferner zeigt Urapter. var. olivacea Stdfs., also die zweite Gene- ration, schmälere und dadurch spitzwinkligere Vorder- und Hinter- Hügel als die erste Generation Urapteryx sambucaria L. Indes die untersuchten Arten waren zufolge ihrer wenig oder nicht ausgeschnittenen Flügelränder nicht wohl geeignet, kleinere Schwankungen der Flügelform zu scharfem Austrag zu bringen. Die Färbung und Zeichnung lässt ebenso wenig eine be- stimmte Gesetzmässigkeit erkennen. Während z. B. Lasioc. querci- folia, populifolia; Urapter. sambucaria (letztere Art allerdings nicht konstant) durch Zunahme der dunklen Zeichnungselemente greifbar düsterer werden, :gewinnt Das. abietis durch Reduktion der schwarz- braunen Schuppen ein lichteres Kleid, und Arctia fasciata läuft so- gar in ihren beiden Geschlechtern, wenigstens im allgemeinen, dies- bezüglich in divergenter Entwickelungsrichtung auseinander. Mit der Grösse steht es sehr anders. Hier herrscht eine ausser- ordentliche Regelmässigkeit, ja hohe Gesetzmässigkeit. 10* — 148 — Je wesentlicher die Frasszeit der Raupe durch die Erhöhung der Temperatur abgekürzt wird, desto bedeutender ist die Grössenreduk- tion des Falters. Am klarsten geht dies aus den beiden Experimenten mit Lasioc. bruni hervor. In dem extremsten Falle, also bei Lasioc. quercifolia, wurde das Gewicht auf den siebenten Teil des normalen reduziert. Wird andererseits die Zeit der Ernährung, also das Raupenleben, trotz der Erhöhung der Temperatur nicht oder doch nur sehr wenig abgekürzt, dann erfolgt eine Vergrösserung, die bei Arctia fasciata ziemlich die Hälfte des Gesamtgewichtes ausmacht. Diese experimentellen Ergebnisse werfen ein Licht auf die Ur- sachen der Entstehung gewisser Arten. Wir sehen, dass die zu den ansehnlichsten paläarktischen Bom- byciden gehörenden Lasioc. quercifolia und populifolia, deren Raupen sich im Herbst und Frühjahre, also während der Zeit der niedrigen Temperaturen, bei einer Frassdauer von ungefähr 22—26 Wochen entwickeln, experimentell in ihrem Raupenleben auf 7—ı2 Wochen abgekürzt und dadurch zu einer ausserordentlich verkleinerten Form umgestaltet werden können. Wir finden andererseits in der Natur die diesen beiden grossen Arten so nahestehenden ZLasiocampa ilicifolia L., tremulifolia Hb., suberifolia Dup., welche annähernd die Grösse der durch die Tem- peraturexperimente gewonnenen Formen besitzen, und deren Raupen ebenfalls etwa 6—-12 Wochen, und dies gerade während der wärmsten Zeit des Jahres, zur Vollendung ihres Wachstums bedürfen. Lasioc. suberifolia von Südfrankreich und Spanien, die südlichste Species, zeigt bei doppelter Generation die kürzeste Raupendauer und dem entsprechend die geringste Grösse unter diesen drei kleinen Arten. Danach hat die Annahme eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Gründe der Entstehung dieser beiden Artenreihen zu suchen sind in Veränderungen der Temperaturverhältnisse, welche die diesen Arten gemeinsamen Ursprungsformen entweder nicht sämtlich in gleicher Weise trafen, oder denen gegenüber, falls eine solche gleiche Ein- wirkung thatsächlich vorlag, diese Ursprungsformen nicht durchweg in demselben Sinne reagierten. Es ist dabei selbstverständlich, dass die Temperaturverschiebungen entweder in dem Fluggebiete der Vorfahren dieser Arten selbst Platz greifen, oder auch zufolge Ausbreitung oder Wanderung derselben ein- treten konnten. Die auf diesem Wege divergent gewordenen Individuen- gruppen vermochten sich in allen den genannten Fällen leicht zu selbständigen Formen herauszugestalten, da eine scharfe und weite zeit- a — 19 — liche Scheidung des fortpflanzungsfähigen Stadiums eine Kreuzung der beiden Gruppen wohl von Anfang an zur Unmöglichkeit machte. Nicht erledigt sind durch unser Experiment eine Menge von Fragen, so nicht die Scheidungsgründe der beiden Arten Lasioc. populifoha und quercifolia, die aber wiederum nicht vollkommen gleiche Flugzeit der Imagines und auch nicht die gleichen Nährbäume und Nährsträucher haben; ebensowenig die Scheidungsgründe der drei verwandten kleinen Lasiocampen, die in ihrer Flugzeit und Nahrung ebenfalls Differenzen aufweisen. Zudem zeigen alle fünf Arten eine mehr oder weniger verschiedene geographische Verbreitung. Alle diese Verschiedenheiten werden erwogen werden müssen, wenn es sich darum handelt, auch den Entstehungsgründen der ein- zelnen Arten in den beiden Gruppen weiter nachzuforschen. Ferner ist die Zeit der Puppenruhe bei den durch das Experi- ment verkleinerten Individuen der Lasioc. populifoha und querci- folia nicht die gleiche wie bei den kleinen Arten Zremulifolia und iheifoha: dort ein baldiges Ausschlüpfen, hier der Winterschlaf im Puppenstadium. Die südliche suberifolia zeigt beides: eine Generation mit. bald ausschlüpfender, und die andere Generation mit über Winter ruhender Puppe. Vermutlich reichte bei der ursprünglichen Bildung der kleineren Arten die Temperatur nach erfolgter Verpuppung nicht mehr aus, um noch eine Entfaltung zur Imago herbeizuführen, und diese zunächst für die Erhaltung der Art notwendige Eigenschaft vererbte sich dann auf die Nachkommenschaft. Dass auch diese kleinen Lasiocampen-Arten zu einer schnellen Falterentwickelung aus der Puppe ebenso fähig sind wie der grosse Typus des Genus, beweist die südliche suberifolia in ihrer wohl nach- träglich eingeschalteten Sommergeneration. Die Wiege dieser so eigenartigen Bombyciden dürfte in den nörd- licheren Gegenden der paläarktischen Region zu suchen sein, da sie hier ihre Hauptentwickelung zeigen. Vier von den fünf paläarktischen Arten, dabei die beiden gröss- ten, erreichen Petersburg oder gehen darüber hinaus (cfr. Speyer: Die geograph. Verbreit. d. Schmetterl. etc. p. 403—406) und nur die kleinste Art suberifolia findet sich noch an der Nordküste Afrikas (Algier und Nord-Marocco). Zur Vervollständigung des Experimentes wäre es wünschenswert, eine längere Puppenruhe der experimentell erzeugten kleinen Formen von Populifoha und quercifolia durch Erniedrigung der Temperatur herbeizuführen und in ihrer Wirkung zu prüfen. — 150 — Noch mögen eine Anzahl weiterer Beispiele aus der paläarktischen Fauna folgen, welche in erklärendem Sinne durch unsere Experimente beleuchtet werden. Die kräftige Boarmia roboraria Schiff, deren Raupe von Ende August bis Ende Mai lebt, mit kurzer Puppenruhe, und die nur halb so grosse Boarm. consortaria F., welche im Juli und August aus- wächst und als Puppe überwintert, beide Arten in den gleichen Laub- wäldern vorkommend, bieten eine vollkommene Parallele zu den be- handelten Lasiocampen. Oder weiter —: der experimentell nachgewiesenen Vergrösserung der Arctia fasciata und Lasiocampa pini durch erhöhte Temperatur bei einer der normalen gleichen Ernährungszeit entsprechen die bio- logischen Unterschiede einerseits zwischen den nördlichen und zwischen den südlichen, oder andererseits zwischen den alpinen und zwischen der Ebene und den niederen Bergen angehörenden verwandten Formen, handele es sich nun um Lokalrassen der gleichen Species, oder um bereits selbständig gewordene Arten. Natürlich trifft dies aber nur in dem Falle zu, dass 'mit diesem Vorkommen an getrennten Oertlichkeiten keine weitgehenden Diffe- renzen bezüglich der Dauer des Raupenlebens verbunden sind. Die kleine Zyc. löwii Z. von der Nordküste Kleinasiens (Amasia) und von Persien (Sharud) wird an der Südküste, in Syrien, sowie in Kur- distan zu der doppelt grossen var. gigas Stgr.; unsere allerorts häufige Argynnis niobe L. gestaltet sich in Nordpersien zu der Riesenform var. gigantea Stgr. um. In gleicher Weise wird Ismene helios Nick. (Aralsee, Kisilkum) zur var. maxima Stgr. (Turkestan). Parnassius mnemosyne L. zur var. gigantea Stgr. (Samarkand, Mar- gelan ete.); Pieris brassicae L. zu cheiranthi Hb. (Canaren); Syrichthus antonia Spr. (Saisan, Alai) zur var. gigantea Stgr. (Mar- gelan); Smerintus populi L. zu austauti Stgr. (Algier), und Smer. ocellata L. zu atlanticus Aust. (Algier) etc. etc. Auch einige hierher gehörende Formen, welche sich durch ihre vertikale Verbreitung voneinander unterscheiden, müssen wir heran- ziehen: Den Melitaeen aurinia Rott. und darthenie Bkh. der Ebene und der niederen Berge, beide weit verbreitet in der westpaläarktischen Fauna, entsprechen die viel kleineren var. merope Prun. und var. varia M. D. der höheren Schweizer-Alpen. Der Bombyx franconica Esp. des Tieflandes und der Agrotis festiva Hb. der Ebene wie der montanen Zone korrespondieren die kleineren Arten: Bombyx alpi- —- 151 — cola Stgr. in den Hochalpen, und Agrotis conflua Tr. der höheren Gebirge und des Nordens (Altvater, Island, Lievland, Lappland, Labrador). Zu dem Parnassius nordmanni Nordm. (Kaukasus mon- tan, Daghestan) und der Plusia ain Hochenw. der niederen Regionen der Hochgebirge gehören die kümmerlicheren Formen Parn. var. minima Honrth. (Caucasus alpin) und Plusia devergens Hb. der höheren Gebiete etc. etc. Es ist nur ein scheinbarer Widerspruch mit dem eben Gesagten und läuft vollkommen parallel den vorher bei den zwei Lasiocampa- Gruppen besprochenen Thatsachen, wenn die Pieris brassicae L. der Alpenthäler, die Argynnis amathusia Esp. der niederen Alpen- gegenden und des Nordens, und die Agrotis florida Schmidt [Riesen- gebirge (Petersdorf), Chemnitz (Sachsen), Wismar (Mecklenburg), Jüt- land] bedeutendere Dimensionen haben, als die Pieris brassicae L., Argynnis dia L. und Agrotis rubi View. der Ebene und der Vor- berge. Denn die letzteren drei Formen generieren im Jahre zweimal, die ersteren aber nur einmal. Ebenso wenig ist es ein Widerspruch, dass die Psyche hirsutella Hb. des Flach- und Hügellandes in der so ausserordentlich nahestehenden Form der Hochgebirge und Alpen Psyche standfussii H.S. einen bis doppelt vergrösserten Typus zeigt, und dass die Form der norddeutschen Ebene von Bombyx quercus L. (88 55—57, 22 67—70 mm) in den Gebirgen des mittleren Deutsch- lands (Harz, Böhmerwald, Riesengebirge etc.) zu der wesentlich stär- keren var. callunae Palmer (88 59—62, 22 73—75 mm) wird, und in ihren lappländischen Individuen das bedeutendste Ausmass der Art erreicht (dd 63—65, 22 77—86 mm). Die Untersuchung der biologischen Verhältnisse löst auch hier den Widerspruch, denn hörsutella hat einen zweijährigen, standfussiüi aber einen dreijährigen Entwickelungscyklus vom Ei bis zur Imago; und Bombyx quercus L. braucht in der Ebene ein Jahr, in der Form der Gebirge zwei und in der Form des Nordens sogar drei Jahre von Generation zu Generation. Es ist möglich, Agrotis conflua Tr. und Agrotis rubi View. durch Aufzucht in erhöhter Temperatur — die Herren Bodemeyer (Hannover), Eiffinger (Sachsenhausen) und der Verfasser selbst haben diese Versuche gemacht — grösser und damit den korrespondierenden Arten festiva Hb. und florida Schmidt äusserlich sehr, teilweise bis zum Verwechseln ähnlich zu gestalten. Man stritt sich zufolge dessen heftig, aber in gewiss sehr un- fruchtbarer Weise um die Artrechte der Agrotis florida gegenüber — 152 —— rubi. Es wurden die Differenzen der Raupen dieser beiden Formen und das Zusammenvorkommen derselben an dem gleichen Fundorte ins Feld geführt. Beides gewiss nicht mit Unrecht. Allein man vergleiche einmal die Raupen von Bombyx var. ariae Hb. aus den Hochalpen mit denen von Bombyx crataegi L. aus der Ebene, oder die Raupen von Pap. machaon L. und Saturnia pavonia L. von Rom, Neapel, Genua etc. mit solchen von Dresden, Leipzig etc.; sie werden weitgehende und konstante Unterschiede voneinander zeigen, und doch ist es gewiss falsch, diese Lokalrassen als selbständige Arten zu fassen. Ferner finden sich z. B. Bombyx quercus L. mit einjährigem Entwickelungscyklus und var. callunae Palmer mit zweijähriger Gene- ration in den Vorbergen des Riesengebirges zwischen Bolkenhein und Hirschberg nebeneinander. Ebenso finden sich bei Fürstenstein (Schlesien) gleichfalls nebeneinander die ziemlich stark verschiedenen Formen Lasiocampa lunigera Esp. mit überwinternder Raupe und Lasioc. lunig. var. lobulina Esp. mit überwinternder Puppe. Allein es wäre ganz sicher falsch, die beiden genannten Formen von Bomb. quercus als zwei verschiedene Arten anzusehen, und wohl kaum richtig bei jenen Lasiocampa-Formen, obwohl bei diesen auch die Raupen Unterschiede zeigen. Unzweifelhaft gehörte Agrotis florida ursprünglich mit rubzi und Agrotis conflua mit festiva zusammen; ob die Divergenz bereits bis zur Isolierung der Formen, also zur Artbildung fortgeschritten ist, könnte nur durch Kreuzungsversuche definitiv entschieden werden. Die Präparation des äusseren, männlichen Genitalapparates, welcher oft genug einen Anhalt für die Beantwortung dieser Frage bietet, vermag hier nach der von meinem Freunde Ris vorgenommenen Untersuchung einen solchen Anhalt nicht zu liefern. Agrotis conflua zeigt von festiva keinen greifbaren Unterschied und ebenso wenig florida von rubi. Die Lepidopteren verhalten sich auf Grund der vorstehenden biologischen Untersuchungen Temperaturverschiedenheiten gegenüber keineswegs durchweg gleich. Bei gewissen Formen erfährt die Zeit der Ernährung durch Unterschiede der Temperaturverhältnisse keine wesentlichen Verände- rungen. Dann weisen dieselben beim Heranwachsen der Raupe in niedrigeren Temperaturgraden die kleineren, in höheren die grösseren Individuen auf. Es können dabei die hier in Frage kommenden Formen sich entweder noch im Rahmen der Art bewegen als, wenn —— 153 = auch teilweise sehr stark verschiedene Lokalrassen einer Species — oder diesen Rahmen bereits durchbrochen haben und zu selbständigen, von einander isolierten Formen, das heisst zu getrennten Arten ge- worden sein. In diesem ersten Falle sind die betreffenden verwandten Formen stets örtlich von einander geschieden. Bei anderen Typen wiederum gehen die Unterschiede der Temperatur Hand in Hand mit einer verschiedenen Dauer des Raupenlebens, so dass sich letztere in der niederen Temperatur stets länger, in der höheren aber kürzer gestaltet. Es übertrifft in diesem Falle die in niederen Temperaturgraden herangewachsene Form die der höheren an Grösse und dies dann sogar ausserordentlich, wenn die Zeit der Ernährung sehr erheblich verlängert wird. Auch hier blieben die betreffenden Formen entweder noch als Varietäten mit einander im Zusammenhang, überwiegend aber ging dieser Zusammenhang bereits verloren, und wir haben gesonderte Arten vor uns. Die in diesem zweiten Falle immer vorhandene zeitliche Schei- dung, häufig noch mit örtlicher Scheidung zusammenfallend, hat be- greiflicher Weise die Isolierung und das Selbständigwerden der diver- gent gewordenen Individuengruppen hier beschleunigt. Dass sogar eine und dieselbe Brut durch Einwirkung der gleichen Faktoren nach verschiedenen Richtungen in gewissen Individuen- gruppen auseinander laufen kann, beweist das Ergebnis des Experi- ments mit Arctia fasciata Esp. Sicher werden wir in den Schwankungen der Temperatur nach Zeit und Ort einen der Hauptfaktoren zu suchen haben, welche eine Divergenz in der Entwickelungsrichtung bestimmter Individuengruppen einer Art hervorrufen, und damit den Anstoss zur Bildung neuer Arten geben. 5. Die Krankheiten der Raupe. Es seien hier ;5 verschiedene Krankheitsformen besprochen, mit denen allen der eifrige Züchter im Laufe der Jahre gewiss zu seinem Aerger Bekanntschaft machen wird. Mit den leichtesten beginnend, wollen wir allmählich zu den sehr zu fürchtenden übergehen, von denen eine schon (p. 50 und 51) erwähnt wurde. ı) Gewöhnlicher Durchfall. Die unnatürlich nassen Exkremente stellen gar kein kompaktes Konglomerat verdauter Speisereste mehr — 154 — dar, sondern eine breiige Masse, in der die einzelnen beim Abnagen gebildeten Teilchen der Vegetation isoliert schwimmen. Es sind dies aber die Symptome der schon sehr weit vorgeschrit- tenen Krankheit, in ihren ersten Stadien macht sie sich dadurch be- merkbar, dass die Exkremente bei noch bestehender vollkommener Zusammenballung viel grösser als normal sind und an leicht auf- saugende Unterlagen, wie weiches Holz, gewebte Stoffe oder Fliess- papier reichlich grünliche Flüssigkeit abgeben. Der häufigste Grund der Krankheit ist äusserlich nasses, oder zu saftiges Futter. Zu ihrer Beseitigung füttere man bei monophagen Arten eine Zeit lang Blätter, welche sich in voller Sonne entwickelt haben und schon vor längerer Zeit ganz ausgewachsen waren, daher dunkelgrün und ziemlich hart sind. Für polyphage Raupen ist auf längere Dauer hin merklich stopfende Nahrung zu wählen, als welche ganz ausgereiftes Laub von Lonicera tatarica L. und Symphoricarpus racemosa Mchx. (Eisbeere) zu nennen ist, in den meisten Gärten sich findende Ziersträucher, die übrigens auch als ständiges Futter von einer grossen Menge Raupen gern angenommen werden, zumal, wie schon erwähnt, auch von solchen, die für gewöhnlich auf Heidelbeeren (Vaccinium myrtillus L.) leben. Auch ganz dürre, nur nicht zu harte Blätter werden für einige Zeit ohne Schaden von den Raupen angenommeu und helfen zu ihrer Gesundung. Die bisher besprochene Krankheit führt für gewöhnlich keines- wegs zum Tode und ist bei sorgsamer Pflege meist binnen wenigen Tagen zu überwinden, aber sie ist gleichwohl im höchsten Grade zu beachten und ja nicht zu vernachlässigen, denn sie macht die von ihr befallenen Tiere, wie es scheint, ungemein empfänglich für die am meisten zu fürchtenden aller Raupenkrankheiten, für die sogenannte Pebrine und für die Flacherie, gegen welche kein Kraut gewachsen zu sein scheint. 2) Eine Darmkrankheit, die darin zur Erscheinung tritt, dass der Kot perlschnurförmig am After haftet. Die Verbindung zwischen den einzelnen durchaus nicht über nor- mal grossen Kotballen bildet Darmschleim. Auch diese Krankheit scheint mir wie die vorher besprochene nicht gerade ansteckend zu wirken und tritt in glücklichen Fällen bei nur einzelnen Individuen selbst grosser Zuchten auf, doch leider dann ° und wann auch massenhaft. Der Grund dafür liegt doch wohl in — 155 =— irgendwie nicht recht normaler Ernährung, doch wüsste ich gar keine specifische Veranlassung zu nennen. Zeigt sich die Krankheit schon bei jungen Individuen, so ist kaum zu helfen, und die von ihr kenntlich befallenen Tiere — oft genug ist nur ein kurzes, aus dem After hervorragendes, durchscheinendes oder wenig gefärbtes, feines Fädchen zu sehen — werden besser sofort verbrannt. Fast erwachsene Raupen separiere man der Vorsicht halber doch von den übrigen und versorge sie mit besonders gesunden alten Blättern. Man erhält dann etwa noch Puppen und Falter davon, um so eher, je schneller die Art sich entwickelt — (von überwinternden Puppen geht stets noch ein guter Teil zu Grunde) — allein sie sind meist klein und dürftig, und man verwende namentlich die weiblichen Falter aus mit dieser Krankheit behafteten Raupen niemals zur Fort- pflanzung. 3) Die Muscardine. Eine Pilzkrankheit, welche das ganze Tier binnen wenig Stunden in eine steife, ziemlich aufgetriebene, in ihrer Haut durch einen Schimmelüberzug grauweisslich schillernde Mumie verwandelt. i Sie kann auch im Freien im Gegensatz gegen die beiden vorher besprochenen Krankheiten, die ich mich nicht erinnere, in der Natur gesehen zu haben, in manchen, zumal nassen Jahren, überreich be- obachtet werden; und zwar fast stets an ziemlich erwachsenen Tieren. Haarraupen verfallen ihr bisweilen in so grosser Anzahl, dass sie in einer Gegend fast aussterben. Diese verseuchten Individuen kriechen dann, bevor der Tod eintritt, meist hoch an Halmen, Stengeln, oder an Stämmen in die Höhe, und werden dadurch weit- hin sichtbar. Auch beim Seidenspinner ist diese Krankheit wiederholt höchst verderblich aufgetreten und ich konnte sie bisher auch zweimal im Freien massenhaft an glatten Raupen beobachten. Das eine Mal an Agrotis segetum S. V. und das zweite Mal an einer Caradrinen-Art, wahrscheinlich war es alsines Brahm., die ich vielfach tot an Halmen in der eben beschriebenen Verfassung angeklammert fand. Diese Krankheit ist nun unendlich ansteckend und vermag uns in kürzester Zeit Hunderte von mit allem Fleiss selbst eben erst aus der Freiheit eingetragener Raupen zu vernichten. Sie wird nament- lich dadurch mit unglaublicher Schnelligkeit verbreitet, dass die ge- sunden Raupen sehr geneigt sind, die im Tode erstarrten anzufressen. —, 156 — Ich konnte dies bei Arctia flavia Fuessl., villica F., hebe L., aulica L., cervini Fallou., quenseliüi Payk. oft genug mit eigenen Augen be- obachten. Man trage daher die allergrösste Sorgfalt, die abgestor- benen Tiere (besser ist es natürlich, schon die kenntlich erkrankten zu vernichten) sofort aus dem Zuchtkasten zu entfernen und zu ver- brennen. Es ist dabei darauf Acht zu haben, dass nicht etwa kleine Stücke des Tieres im Kasten zurückbleiben. Die Raupen klauen sich nämlich im Moment des Todes sehr fest an, und sind so brüchig, dass an dem Haftkranz der Bauchfüsse und Nachschieber sehr oft noch ein grösseres oder kleineres Stück des Körpers haften bleibt. Bei Anwendung von grosser Sorgfalt und Aufmerksamkeit habe ich so trotz mehrfachen Auftretens der Krankheit noch oft genug einen sehr guten Prozentsatz schöner Falter erhalten. Selbstverständlich ist hier nach beendigter Zucht der Behälter wiederholt mit möglichst heissem Wasser zu übergiessen und sauber abzuwaschen und auszulüften. Die solideste Desinfektion würde darin bestehen, dass man die Zuchtgefässe mit Sublimat (in ı per Mille Verdünnung) abwüsche und dann sorgfältig mit einem Tuch abtrock- nete, freilich sollten dann aber alle Holzteile der Raupenzwinger mit einem guten Lack überzogen sein, der das Eindringen des Sublimats hinderte. Sonst könnte die öftere Wiederholung der Massregel leicht für die Raupen bedenklich werden. Blechgefässe aber dürfen unter keinen Umständen mit Sublimat in Berührung gebracht werden, son- dern sind nur wiederholt mit kochendem Wasser zu füllen und aus- zuspülen; und Zuchtbeutel werden auch am besten nur etwa ı!/, bis 2 Stunden lang gekocht. Ein Anstrich der Behälter mit Terpentin oder mit einer Mischung von Chloroform und Wasser, welche auch angewendet werden, dürfte kaum mehr für die Desinfektion leisten, als wiederholtes Uebergiessen mit kochendem Wasser. » Die eigentliche Ursache der Krankheit scheint bisher nicht be- kannt zu sein, teilweis wird sie in gewissen Blattpilzen gesucht. Der den Tod der Raupen schliesslich herbeiführende Pilz wird als Botrytis Bassiana Bals bezeichnet, welcher sich auch auf Fliegen nicht selten findet. Es ist dies aber nicht der Pilz, welcher uns die Fliegen so ausserordentlich häufig im Hochsommer und Herbst erstarrt mit ge- spreizten Beinen und weissfilzigem Körper an den Fensterscheiben zeigt. Auch unter dem Körper des Tieres pflegt das Glas einen weissen Beschlag zu haben: die abgeschleuderten Conidien des Pilzes. Dieser von der Botrytis durchaus verschiedene Pilz heisst Empusa Muscae und tritt etwa auch vernichtend unter Schmetterlingsraupen auf: Pieris brassicae L. Porthesia chrysorrhoea L., Ocneria dispar L., Agrotis segetum Schiff., Panolis piniperda L., Plusia gamma L gingen im Freien zu Tausenden daran zu Grunde. Näheres über die Muscardine und die sofort unter No. 4 zu be- sprechende Krankheit cfr. Lebert: Berliner Entomologische Zeitschrift. 1858. p. 149 u. f. 4) Die von den Italienern als Pebrina (französ. Pebrine) bezeichnete Krankheit, deren Erreger Corpuscoli di Cornalia heissen. Lebert (efr. Berlin. Ent. Zeitschr. 1858. p. 170) hat dieselbe als Pilz unter dem Namen Panhistophyton ovatum (später Micrococcus ovatus Leb.) beschrieben. Die Pebrina hat der Lepidopterologe sehr zu fürchten, denn sie ist gleichzeitig ungemein ansteckend und erblich; und es sind Zuchten, bei denen sie schon an den kleinen Tieren sichtlich zu Tage tritt, meist nicht zu retten. Mir starben im Jahre 188g innerhalb acht Wochen während sehr nasser und kühler Zeit, im Mai und Juni fast tausend Raupen daran, nämlich: ‚Spilosoma luctuosa H. G. (3. In- zucht; Ungarn); Lasiocampa Pini L. v. montana Stgr. (2. Inzucht; Bern); populifolia Esp. (3. Inzucht; Breslau); Rhegmatophila alpina Bell. (3. Inzucht; Südfrankreich). Es handelte sich dabei, wie ersicht- lich, ausnahmslos um Material, das in Inzucht weitergezüchtet worden war, während eine Brut von Callim. var. bersona Hb. aus Eiern von im Freien in Toscana gefangenen weiblichen Faltern in dem gleichen Jahre ausgezeichnet gedieh. Die Erscheinungen der Krankheit waren nicht bei allen Arten ganz dieselben. Spilosoma luctuosa H. G. hatte vor und nach der letzten Häutung Ausfluss aus dem After, frass unlustig, wurde sichtlich durchscheinender und verkümmerte all- mählich. Lasiocampa pini L. v. montana Stgr. und populhfolia Esp. verkümmerten sämtlich erst nach der letzten Häutung, fast erwachsen mit sehr mässigem, schmutzig gelbem Ausfluss aus dem After. Rhegmatophila alpina Bell., vielfach mit bräunlichen oder schwärz- lichen Flecken bedeckt, starb ganz erwachsen bei sichtlicher Ver- stopfung. Die an dieser Krankheit zu Grunde gehenden Raupen sterben nicht sehr schnell, wie dies bei der noch zu besprechenden Flacherie der Fall ist, sondern pflegen allmählich zusammen zu schrumpfen, wenn ihre Haut irgend welche Festigkeit hat. Dünn- häutige, weiche Raupen verfallen aber stärker und pflegen häufig an den mittleren Bauchfüssen oder an den Nachschiebern zu hängen. In beiden Formen findet man denn auch, ebenfalls wieder vor- wiegend in nassen Jahrgängen, Raupen im Freien; zuweilen in grosser — 158 _— Menge. Namentlich beobachtete ich die Epidemie in der Natur wiederholt bei Vanessa polychloros L., io L., antiopa L., Deilephila euphorbiae L., Pterogon broserpina Pall.. Bombyx populi L., neustria L., lanestris F., quercus L.,; Lasiocampa pini L. So schmerzlich ein zeitweiliger vollständiger Misserfolg für den fleissigen und sorgfältigen Züchter ist, so ist es-doch gewiss eine sehr grosse Wohlthat für die Menschheit im allgemeinen, dass der Natur Mittel und Wege zu Gebote stehen, um der Ueberproduktion ge- wisser Tierarten schnell Einhalt zu thun. Da, wo ich Gelegenheit hatte, ausgedehntesten Raupenfrass mehrere Jahre hintereinander mit anzusehen, hat nicht der Mensch mit seiner Klugheit und seinen Mit- teln der Gewalt der Verwüstung einen Wall zu ziehen vermocht, son- dern diese kleinsten der kleinen Organismen, die grössten Feinde der Menschheit unter ihren Arten zählend, aber auch in gewissen Formen zum Schutze seines Eigentums beitragend. Der hier in Frage kom- menden Krankheit unterliegen bei frischer Infektion oft nur einzelne Individuen, und ich halte es für gar nicht ausgeschlossen, dass die unter No. 2 besprochene krankhafte Erscheinung specifisch mit ihr verwandt ist, und vielleicht nur einen geringeren, noch wenig perni- ciösen Grad derselben darstellt, aber die Krankheit geht von Raupe auf Puppe und Falter über und wird durch den weiblichen Organis- mus (efr. p. 50 u. 51) von Generation auf Generation in gesteigerter Verderblichkeit weiter vererbt, so dass schliesslich nichts übrig: bleibt, als eine Erneuerung des Blutes, wenigstens hinsichtlich der weiblichen Zuchttiere. So mussten sich die Italiener seiner Zeit frisches Zuchtmaterial von Bombyx mori aus Asien beschaffen. Und jetzt wird durch staat- liche Kontrollstationen — die wohl bedeutendste in Padua (Prof. Verson) habe ich im Jahre 1882 persönlich besucht — für gesunde Eier Sorge getragen. Das Verfahren ist kurz folgendes: es werden immer nur ein d und ein 2? von Bombyx mori L. in einem kleinen Gazebeutelchen vereinigt, und nach einiger Zeit — meist im Winter, oder zeitigsten Frühjahr — in den sichtlich lebensfähige Eier enthal- tenden Beuteln das inzwischen dürr gewordene Weibchen zerstampft und ein Aufguss davon gemacht. Lassen sich dann mit Hülfe des Mikroskops in diesem die charakteristischen ovalen, glänzenden Kör- perchen, welche man gegenwärtig nicht mehr für pflanzliche Orga- nismen ansieht, sondern zu den Psorospermien und damit zu den niedrigsten Tierformen zählt, nachweisen, so wird der Beutel samt Eiern verbrannt; im anderen Falle werden letztere zur Zucht ver- wendet. Die Corpuscoli di Cornalia werden auch in den Eiern selbst gefunden, von denen eine kleine Partie zerdrückt wird. » Doch kehren wir zu den uns speciell interressierenden Fragen zurück. Grössere Haarraupen tragen in ihrer Färbung in der Regel keine deutlichen Anzeichen der Krankheit, nur der After ist feucht, und die Haare in dessen Nähe sind zusammengeklebt; aber Raupen ohne Haarkleid verändern ihre Farbe meist sehr deutlich: grüne Raupen werden gelblich und erhalten häufig dunkle Flecken. bunte Raupen verlieren die Lebhaftigkeit ihrer Färbung, und mit wenigen Ausnahmen zeigt sich an dem After stets eine gelbliche, schmutzige Materie in Tropfen oder angetrocknet. Man spare nun niemals, son- dern werfe die diese Erscheinung zeigenden Individuen ins Feuer; kann man sich aber nicht dazu entschliessen, so separiere man sie . doch sofort. Denn die aus dem After tropfende Flüssigkeit wird von den übrigen Raupen gern aufgesogen (cfr. p. ı25), oder mit den Blättern, an denen sie haften blieb, verzehrt, und so in kurzer Zeit der ganzen Zucht mitgeteilt. Auch bei der Zucht im Freien mit Gazebeutel kommt natürlich diese böse Krankheit vor und greift in kühler, feuchter Zeit zufolge stockenden Wachstums und leichterer Verbreitung des Ansteckungs- stoffes durch den Regen sehr schnell um sich. Man ist dann ge- zwungen, vielleicht öfter gezwungen, die anscheinend noch gesunden Raupen auszulesen, den Beutel durch einen neuen zu ersetzen oder doch stark zu kochen und die Tiere auf einen anderen Zweig zu binden. Handelt es sich um nicht eben wertvolles Material, so verbrennt man am besten den gesamten Beutel mit Zweig und Raupen. Um sich vor dem grossen Aerger und den Verlusten, die mit ‚ diesen Epidemien verbunden sind, möglichst zu schützen, desinfiziere man doch thunlichst stets vor Beginn der Sammelzeit alle Zucht- gefässe und die etwa wieder zur Verwendung kommenden Zucht- beutel, wie schon wiederholt gesagt, am einfachsten und billigsten durch Kochen oder kochendes Wasser, und ebenso auch während dieser Zeit bei neuer Zucht jedes bereits im gleichen Jahr gebrauchte Gefäss. ‘Weiter sei gesagt, dass es für diejenigen Individuen, welche trotz Behaftung mit Infektion zur Verpuppung kommen, meist charak- teristisch ist, dass an der Puppenspitze das Afterende der Raupe festhaften bleibt, und der ausschlüpfende Fal- ter entsprechend am Afterende meist verklebt und unsauber, — 160 — auch sehr oft in den Flügeln und den Füssen nicht vollkommen aus- gebildet ist, übrigens im weiblichen Geschlecht trotz vielleicht grossen Leibesumfanges gewöhnlich einen sehr spärlichen Eiervorrat enthält und daher schon darum ohne grossen Verlust von der Zucht ausge- schlossen bleibt. Indes man kann von grossen, kräftigen Weibchen aus teilweis verseuchten Zuchten auch durchaus gesunde Nachkommenschaft er- halten und weiter und weiter davon ohne Nachteile ziehen, wie ich wiederholt zu meiner Freude selbst erfahren habe, die Vererbung ist bei noch nicht langjährig eingerissener Infektion durchaus keine absolut ausnahmslose. Wiederholte Inzucht ist entschieden ein Hauptgrund, wenn auch nicht für die Entstehung der Krankheit — ihre unmittelbaren Ursachen dürften auch gegenwärtig noch vollkommen unbekannt sein — so doch für die Begünstigung ihrer Entwickelung. Vor Unsauberkeit, stockiger Luft, ungesundem Futter ist weiter besonders zu warnen. £ | Welche bedenklichen Folgen sich bei fortgesetzter Heirat zwischen blutsverwandten Familien in einem von Generation zu Generation ge- steigerten Rückgang der geistigen wie körperlichen Leistungsfähig- keit ergeben, ist der medizinischen Wissenschaft zur Genüge be- kannt. Es zeigt sich nun hier experimentell umfangreich nachgewiesen die Gefahr, welche eine fortgesetzte Inzucht für die Existenz des In- dividuums in sich schliesst, in einem jenem von der Medizin viel be- handelten ganz fern liegenden Gebiete. Inzucht vermehrt die Prädis- position zur Infektion offenbar in hohem Grade und vermindert die Widerstandsfähigkeit bei erfolgter Infektion. Es dürften diese That- sachen aber für sehr weite Schichten der gesamten organischen Welt Geltung haben und darum gewiss Beachtung verdienen. 5) Flacherie, Flaceidenza, Schlaffsucht. Auch diese Krankheit ist bei den Seidenraupen in erschreckendem Masse aufgetreten und ist ungemein ansteckend, aber wohl kaum erblich, da sich, wie es scheint, keine der damit behafteten Raupen bis zum Falter ent- wickelt. Die äusseren Krankheitserscheinungen sind denen bei der Pebrine zunächst vielfach recht ähnlich, freilich zeigen hellfarbige, mit der Pe- brine behaftete Raupen meist grössere oder kleinere dunkle Flecken, allein die Veränderungen sind schliesslich bei der Flacherie noch — 161 — weiter gehende: es bleibt von der Raupe fast nichts übrig als die leere, endlich schwarz werdende Haut. Zur Erkennung der Seuche kann der Umstand beitragen, dass der bei gesunden Individuen stets vor jeder Häutung ausgeschiedene Kot bei infizierten im Ende des Mastdarmes verbleibt. Es ist dieses aber nur an durchscheinenden Raupen gut zu beobachten. Herr Medizinalrat Dr. Hofmann in Regensburg, einer unserer tüchtigsten Lepidopterologen, giebt in seiner Abhandlung: „Insekten- tötende Pilze“. Frankfurt a/M., Peter Weber Verlagshandlung. 1891, folgende sehr charakteristische Beschreibung: „Die von der genannten Krankheit befallenen Raupen, meist schon erwachsen, hören auf zu fressen, werden matt und träge, kriechen aber noch mit Vorliebe an irgend einem Gegenstand, Zweig, Wand etc. in die Höhe; hier bleiben sie regungslos sitzen, ihre Hautfarbe verändert sich, grüne Raupen werden weisslich, dunkelgefärbte missfarbig, aus Mund und After fliesst eine schmutzig braune, übelriechende Flüssigkeit, welche häufig die Afteröffnung verklebt; die Raupe wird immer matter und dünner, ‚ein Bein nach dem anderen verliert den Halt, und schliesslich hängt die in eine fast leere schwarze Haut verwandelte Raupe, nur noch mit ı oder 2 Bauchfüssen oder an den Nachschiebern haftend, tot herab. In den Entleerungen der Raupe, sowie in deren Leibesinnern während des Lebens findet man zahllose Spaltpilze und zwar haupt- sächlich Mikrokokken in kleinen Ketten, aber auch winzig kleine Bacillen etc. etc“ "Welcher dieser Pilze der Krankheitserreger ist, wurde bisher noch nicht mit voller Sicherheit konstatiert. Alle diese Pilze sind sehr viel kleiner als die Corpuscoli di Cornalia, es lassen sich daher mit dem Mikroskop die beiden Krankheitsformen sicher trennen. Wie schon früher bemerkt, tritt bei dieser Krankheit der Tod noch weit schneller ein, und sie verbreitet sich noch reissender als ‚die Pebrine, da hier die flüssigen Ausscheidungen der befallenen Raupe viel reichlicher sind und sehr oft auch aus dem Mund derselben er- folgen. j So starben mir im Jahr 1889, und zwar innerhalb weniger Tage, von Pleretes matronula L., Inzucht von Breslau, und von Arctia fasciata Esp., aus Eiern von im Freien in Südfrankreich gefangenen Weibchen, grosse Massen von Raupen. Sie zeigten vor und nach der zweiten und dritten Häutung, also noch recht klein, starkes Er- brechen und starken Ausfluss aus dem After, verbunden mit fast so- fort eintretendem Tod. Die in dieser Grösse noch ziemlich durch- Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. II — 162 — scheinende Raupe von Pler. matronula L. verfärbte sich vorher von lichtgraugrün in gelbbraun. Von beiden Zuchten war gar nichts zu retten, wie ich mich auch entsinne, dass von früheren in gleicher Weise erkrankten fast alles zu Grunde ging; so z. B. von Deilephila euphorbiae L. und Pterogon proserpina Pall. deren Raupen verfallen und ohne jeden Halt am Boden des Zuchtbehälters lagen und sehr bald in eine weiche, übel- riechende Masse übergingen. Was an Raupen wirklich noch zur Verpuppung gelangte, verfaulte als Puppe. Es würde sich daher vielleicht am meisten empfehlen, von ergriffenen Zuchten das Er- krankte zu verbrennen und das noch anscheinend Gesunde auszu-. setzen, oder doch weit getrennt von allen übrigen Raupen zu erziehen. Sorgfältige Desinfektion der gebrauchten Gefässe ist aber hier gewiss im allerhöchsten Grade geboten. Auch in der Freiheit kommt diese Krankheit durchaus nicht selten vor, so bei: Pieris rapae L., Deilephila euphorbiae L., Piero- gon proserpina Pall.,. Psilura monacha L., Bombyx rubi L., trifohi Esp., Lasiocampa pini L., Hybernia defoliaria C1., Cheimatobia bru- mata L., Sciaphila wahlbomiana L., Steganoptycha Pinicolana Z.; cfr. Coaz: Ueber das Auftreten des grauen Lärchenwicklers Steg. pinic. etc. Bern 1894. p. 7 u. 8. — Standfuss: Schweiz. Landwirtsch. Zeitschr. Aarau 1894. P. 459-461. 475. 476. Im Vorjahre ist sie z. B. bei dem grossen Frasse von Psilura monacha L. in den. bay- rischen Wäldern bereits in ziemlicher Ausdehnung festgestellt worden. Und es wird*) sehr wahrscheinlich eben diese Krankheit sein, welche die Nonnenplage wieder beseitigt; wie ich vorher schon die Pebrine als unter Umständen besten Bundesgenossen des Menschen srenannt habe. Darum soll aber nicht etwa geraten werden, die Dinge stets und unter allen Umständen laufen zu lassen, wie sie eben laufen wollen. Es giebt sehr viele Schädlinge in der Insektenwelt, deren Lebens- weise vorzügliche Anhaltepunkte für ein erfolgreiches Einschreiten gegen ihre Ueberhandnahme bietet, so dass es zuerst und vor allen Dingen darauf ankommt, die Biologie der Schädlinge genauestens zu kennen. Aber auch gegen diejenigen Arten, deren Bekämpfung zu- folge ihrer Lebensweise auf grössere Schwierigkeiten stösst, lässt sich *) Diese am 17. Januar 1891 auf Grund langjähriger Beobachtung von mir gethane Voraussage fand durch die nachmals eingetretenen Thatsachen ihre volle Bestätigung. ERW WEEN meist bei beginnender Ueberhandnahme noch erfolgreich vorgehen, während der Mensch hülflos dasteht, wenn das Uebermass ihrer Ent- wickelung bereits einen sehr hohen Grad erreicht hat. Die Krankheit soll nach den Untersuchungen des Herrn Prof. Maillot, Direktors der Seidenkulturstation in Montpellier, dadurch ent- stehen, dass die Nahrungsblätter der Raupen mit einer faulen Materie irgend welcher Art beschmutzt wurden. Es würden danach für die Entwickelung auch dieser Krankheit feuchte Jahrgänge ein günstiger Boden sein; denn in übermässig: nasser Zeit geht sehr viel organisches Leben zu Grunde und liefert Fäulnis- produkte. Thatsächlich tritt die Seuche in nassen Jahrgängen besonders stark auf, ich glaube lediglich darum, weil die Feuchtigkeit eine leichte Verbreitung derselben ermöglicht. Sie stellt sich indes auch in den denkbar regenärmsten Jahrgängen, welche der Entwickelung von Fäulnisprodukten nicht günstig sind, ein. So beobachtete ich sie z. B. in dem warmen und sehr trockenen Jahrgang 1893 im Freien (bei Zürich) recht häufig an den Raupen von Bombyx trifolii Esp., welche 1892 noch gar nicht von dieser Krankheit zu leiden hatten, und bei meinen Zuchten von 1893 ging Lasioe. tlicifolia L. (Inzucht von Schlesien) vollkommen daran zu Grunde. Ich halte es für sehr möglich, dass durch die Aufnahme von Fäulnisprodukten mit der Nahrung etwa durch einen daraus folgenden Darmkatarrh oder Aehnliches wohl eine Prädisposition für die Infek- tion geschaffen werden kann, nicht aber die Infektion selbst mit Flacherie oder irgend einer verwandten Krankheit. Diese Krank- heiten haben doch wohl ihre ganz specifischen bakteriellen Träger, und nur das gleichzeitige Vorhandensein eines solchen in den mit der Nahrung aufgenommenen Fäulnisprodukten könnte zur Infektion führen. Infektionsversuche, die Herr Dr. FE. von Tavel (Zürich) im Jahre 1893 mit mir gemeinschaftlich an mancherlei Lepidopteren- Raupen vornahm, haben leider zu einem positiven Ergebnisse nicht geführt (cfr. Standfuss: Bemerkungen über Stegan. pinicol. etc. Bern 1894). Bei Anhäufung grosser Individuenmengen von Larven einer Insektenart möchte ich nach meinen experimentellen Erfahrungen wie nach denjenigen, welche ich in den siebenziger Jahren in der Provinz Schlesien und in den achtziger Jahren in der Provinz Bran- denburg bei der Beobachtung ausgedehnten Frasses der Lasioc. pini 11* — 164 — machte, namentlich zwei Momente als das Auftreten und die Ver- breitung der Raupenseuchen fördernd annehmen. Das erste dieser Momente ist das Vorhandensein von einer grossen Anzahl dürftiger, jedenfalls nicht vollauf lebenskräftiger In- dividuen, die zufolge der günstigen Bedingungen, welche die letzten Ursachen der ausserordentlichen Vermehrung einer Art waren, in be- sonders hoher Anzahl zur Entwickelung gelangten. Diese Kümmer- linge bilden für die Seuche eine Fülle geeigneter Angriffspunkte. Bei den Zuchten in der Gefangenschaft, bei denen natürlich schädliche Einflüsse möglichst ferngehalten werden und welche daher ebenfalls zur Entwickelung einer über den in der Natur durchschnitt- lich zum Austrag kommenden Prozentsatz weit hinausgehenden Indi- viduenzahl führen, werden in gleicher Weise die zurückbleibenden und schwächeren Tiere von der Infektion zuerst ergriffen, und von ihnen geht dann die Seuche auch auf die kräftigen Stücke über. Das zweite und oft genug wohl wichtigste Moment ist die Be- schaffenheit der Nahrung, welche nach zwei- bis dreijähriger Dauer eines Raupenfrasses dem Umsichgreifen der Seuche Vorschub leistet: das wiederholte starke oder vollkommene Abweiden des Nadel- oder Blattlaubes hat den normalen Verlauf des Stoffwechsels in der von der schädlich auftretenden Raupenart angegriffenen Vegetation wesent- lich gehemmt und gestört. Die Laubsprosse entwickeln sich darum mit einer stetig gesteigerten Verkümmerung und bieten dem ge- frässigen Ungeziefer keine recht gesunde und das Wachstum för- dernde Nahrung mehr, so dass auf diese Weise eine Empfänglichkeit für allerhand Infektionskrankheiten geschaffen wird. Diese Thatsachen bedeuten offenbar in letzter Linie einen Selbstschutz der Vegetation, was betont werden muss. Lässt man bei der künstlichen Zucht im Freien, auf die wir so- fort zu sprechen kommen, denselben Laubbaum zwei Jahre hinter- einander kahl fressen (unsere immergrünen Nadelbäume gehen erfah- rungsgemäss ein, wenn sie total abgefressen wurden) und benutzt dann denselben Baum im dritten Jahre doch wieder, so ist das Zucht- ergebnis ein schlechtes und sehr häufig mit dem Auftreten von In- fektionskrankheiten verbunden. Auch der Fall kommt bei Raupenfrass vor, dass die reguläre Futterpflanze bereits so reduziert ist, dass die hungernden Schäd- linge zu ihnen ganz und gar nicht zusagender Vegetation greifen müssen. So beobachtete ich im Jahre 1881 bei einem umfangreichen Frasse . von Porthesia chrysorrhoea L. in den Eichenwäldern Norddeutsch- lands, wie die Raupen nach dem Abweiden der Baumblätter zu aller- hand niederen Pflanzen, zumal zu den kieselhaltigen Gräsern am Boden der Wälder greifen mussten, und diese mit anscheinendem Wohlbehagen verzehrten. Dieses Wohlbehagen währte aber nur sehr kurze Zeit, denn es stellten sich alsbald Infektionskrankheiten ein, und die Raupen gingen so vollständig zu Grunde, dass sie in den befallenen Gebieten mehrere Jahre nacheinander zu den Seltenheiten gehörten. Ich selbst habe, um dieses schliesslich ausdrücklich hervorzuheben, auf Grund langjähriger Beobachtungen die Ueberzeugung, dass der Name „Flacherie“ als ein Kollektivname für mehrere äusserst ansteckende, aber, wie es scheint, nicht erbliche Krank- heiten zu fassen ist. Sie sind nicht erblich, weil die davon befalle- nen Individuen nicht zur Entwickelung und Fortpflanzung gelangen. Von den Trägern dieser verschiedenen, an den befallenen Tieren sämtlich in ähnlicher, aber nicht ganz gleicher Weise zur Erscheinung tretenden Krankheiten scheint bisher noch nicht ein einziger mit Sicherheit ermittelt zu sein. Die Pebrine ist, wie schon bemerkt, mikroskopisch ziemlich leicht von diesen Krankheiten zu unter- scheiden. Man vergleiche zu diesem Abschnitt: Tubeuf, C. v.: Die Krank- heiten der Nonne. Forstlich-Naturwissensch. Zeitschr. München 1892. P- 3447, 62—79. Ferner Tangl, Fr.: Bakteriologischer Beitrag zur Nonnenfrage. Forstwissensch. Centralblatt. Berlin 1893. p. 209—230. Zu den Krankheiten der Raupe gehört auch ihr Bewohntsein mit Schlupfwespen- und Fliegenlarven und mit Fadenwürmern. Solche Raupen sind dem Tode verfallen, denn die unendlich sparsamen Fälle, in denen sich der geflügelte Schmarotzer erst aus dem Falter ent- wickelte, oder in denen eine Raupe, welche die Larve des Schmarotzers absetzte, noch den Schmetterling ergab, kommen für die lepidoptero- logische Praxis gar nicht in Betracht. Meinem Vater und mir, die wir zusammen während reichlich 80 Jahren gewiss, gering gerechnet, 180000 Falter aus Ei oder Raupe erzogen haben, ist dergleichen nie- mals vorgekommen. Ich habe die Raupe von Argynnis lathonia L. und Phorodesma Dustulata Hufn., nachdem sich aus ihnen eine kleine Ichneumoniden- Larve herausgearbeitet hatte, noch zu ı4-tägigem Fressen und sicht- — 166 — lichem Wachstum gebracht; aber schliesslich doch nicht einmal eine Puppe erhalten. 2 Allein ich möchte hier im Interesse unserer Hymenopteren (Haut- flügler, wozu auch die Schlupfwespen gehören) und Dipteren (Fliegen) sammelnden Kollegen die herzliche Bitte aussprechen, das erhaltene Material an Schmarotzern nicht wegzuwerfen, sondern wenigstens doch sorgfältig zu spiessen, und mit dem Tag des Ausschlüpfens und wo- möglich auch dem Namen des Wirtes zu versehen. Man wird der Erforschung der Arten dieser Tiere damit eine wesentliche Hülfe leisten. Sorgt man durch Präparation der ent- wickelten Schmarotzer für eine Stellung der Flügel, die das Rippen- werk deutlich erkennen lässt, so ist dies um so dankenswerter. Ueber die Fadenwürmer ist, glaube ich, noch herzlich wenig be- kannt, und würde sich ein Entomologe wahres Verdienst um die Wissenschaft erwerben, wenn er über deren Lebensgang Licht ver- breiten könnte. Ich erhielt sie öfter aus nackten Noctuiden-Raupen; einmal sehr häufig aus Dichonia aprilina L. und 1893 aus der bei Andermatt (Schweiz) und in Graubünden schädlich auftretenden Cha- raeas graminis L. b. Die Zucht im Freien. Die Raupe wird im Freien auf dem Baum oder Strauch, der ihr zur Nahrung dient, in einem festen, aber möglichst luftigen Gazebeutel eingebunden. Diese Methode ist bei allen den Arten im höchsten Grade zu empfehlen, welche gern gesellig leben, oder sich gegen das Anfassen mit der Hand besonders empfindlich zeigen, oder träge sind und sich dann sehr fest zu halten, oder sogar festzuspinnen pflegen. Aber auch für alle übrigen Species, die das Laub von Bäumen oder Sträu- chern als Nahrung annehmen und dabei gut gedeihen, wozu auch eine ganze Anzahl sonst an niederen Pflanzen lebender Arten gehört, giebt es keine bequemere und gleichzeitig günstigere Resultate liefernde Zuchtmethode als diese. Namentlich aufzuführen wären hier: Papilio podalirius L., Apa- tura iris L. und :lia S. V., Limenitis populi L., sibilla L. und ca- milla Schiff, Smerinthus tiliae L., quercus Schiff, ocellata L., populi L., Dasychira abietis S. V.. Bombyx crataegi L., populi L., catax L,, rimicola Hb., Lasiocampa pruni L., quercifolia L., Bopulifolia Esp., tremulifolia Hb., ilicifolia L., lunigera Esp., v. lobulina Esp., Pini — 1 L., Endromis versicolora L., alle Saturnien, Aglia tau L., alle Dre- pbanuliden und Notodontiden und die meisten der Cymatophoren und Acronycten, sowie alle Catocalen. Was sehr leicht in Gefässen gedeiht, sollte erst etwas herange- zogen werden, bevor man es dem Beutel anvertraut. Notorisch schwer zu erziehende Arten aber wie Aglia tau L. Stauropus fagi L., auch die Harpyien und Hybocampa milhauseri F., wie anderes werden am besten schon als Ei in den Beutel gebracht, wenn die ersten Räupchen zu schlüpfen beginnen. Am glücklichsten ist es natürlich, wenn ein gut geschützter Gar- ten zur Disposition steht, in dem sich die in Frage kommenden Bäume und Sträucher bereits vorfinden, oder also angepflanzt werden, wobei ‚dann durch geeignetes Zurückschneiden von vornherein für eine dichte, leicht einzubindende Krone gesorgt werden sollte. Fehlt ein Garten, so ist es doch vielleicht möglich, in Kübeln, die sich aus in der Mitte durchgeschnittenen kleinen Fässern billig her- stellen lassen, oder in starken Kisten einiges von der am meisten begehrten Vegetation einzupflanzen, für die sich dann im Hof oder auf einem niederen Dach schon irgendwo ein geschütztes Plätzchen findet. Bevor der Zweig oder das Bäumchen eingebunden wird, müssen sie wiederholt stark abgeschüttelt und dann noch gründlich von allen, auch den kleinsten Ameisen, Spinnen, Wanzen und Ohrwürmern, die sich teilweis gern in gerollten Blättern verbergen, gesäubert werden. Spitze Astenden sind abzustutzen, da sie sonst bei Wind den Stoff durchreiben. Ist das Gezweig sehr sperrig, so ziehe man es mit festen Schnüren enger zusammen, damit der Beutel nicht un- nötig gross gemacht werden muss; doch pfropfe man ja nicht zu un- durchdringliche Büsche von Laubwerk hinein, sonst leiden die Blätter und damit auch die Raupen, zumal bei längerer Regenzeit. Dann und wann muss der sich ansammelnde Kot sorgfältig ent- fernt werden. Sehr zu raten ist, gleich von vornherein so viel Nah- rung einzubinden, dass die Raupen bis zur Verpuppung, oder doch bis zum Beginn des Winterschlafes durchaus hinreichend zu fressen haben, denn das Umbinden der Raupen ist bei vielen Arten ziemlich zeitraubend und mit Verlusten verknüpft. Wird es dennoch nötig, so werden am besten grosse Tücher vor dem Abziehen des Beutels untergebreitet. Raupen, welche nicht in die Erde gehen, sondern Cocons zwischen Blättern, oder an Zweigen und Stämmen anzulegen pflegen, kann — 1698 — man sich im Beutel verpuppen lassen, falls nicht etwa der Vorrat an Blättern gar zu sehr decimiert ist. So können bis zur fertigen Puppe im Beutel belassen werden: Orgyia gonostigma F. und antigua L., Dasychira abietis S.. V. und pudibunda L., Larix l nigrum Mueller, Leucoma salicis L., Porthe- sia chrysorrhoea L. und similis Fuessl., Psilura monacha L., Ocneria dispar L., detrita Esp., rubea F., Bombyx neustria L., quercus L., Lasiocampa pruni L., quercifolia L., populifolia Esp., tremulifolia Hb., ilicifolia L., lunigera Esp., pini L., Saturnia pyri Schiff, spini Schiff., davonia L., caecigena Cupido, Drepana falcataria L., curva- tula Bkh., harpagula Esp., lacertinaria L., binaria Hufn., cultraria F., Cilix glaucata Sc. Die Harpyien legen ihre festen Cocons sehr gern auf Stücken rissiger Rinde an, die man im Beutel an den Zweigen befestigt. Ich habe so unsere fünf deutschen Arten wiederholt sehr glücklich ge- zogen und mit der ganz gleichen Vorkehrung auch Aybocampa mil- hauseri FE. A Pygaera anastomosis L., curtula L., anachoreta F., pigra Hufn. und Demas coryli L. verwandeln sich in schwachen Geweben. Asphalia flavicornis L. und ridens F. Diloba caeruleocephala L., Moma orion Esp. und die Nolen, Acronycten und Brephos-Arten bohren sich sehr willig in Torf zur Verpuppung ein, oder bauen sich auch freie Cocons auf und aus diesem Material, welches für alle Arten, die gern faules Holz im Freien zur Verpuppung wählen, bei Beutel- zucht in grösseren Stücken an den Zweigen angebunden werden kann. Diphthera ludifica L. und Panthea coenobita Esp. legen geschlossene Gewebe an. Cosmia paleacea Esp., Scoliopteryx hbatrix und alle Catocalen verwandeln sich zwischen Blättern; Lithocampa ramosa Esp., Cate- phia alchymista S. V. bauen ein Gehäuse aus abgenagten Flechten oder Moos und sollten damit oder mit Rinde, die dergleichen besitzt, versehen werden. Auch von den Geometriden können eine ganze Anzahl bis nach der Verpuppung im Zuchtbeutel verbleiben wie: Geometra papilio- naria L. und. vernaria Hb., Phorodesma pustulata Hufn, Thalera fimbrialis Sc. alle Zonosoma-Arten, Abraxas grossulariata L., alle Eugonien und ‚Selenien, Pericallia syringaria L., Urapteryx sambu- caria L. u. a. m. Die in der Erde sich verpuppenden Arten müssen aber aus dem Beutel herausgenommen werden, wenn sie zur Verwandlung schreiten- = 169 — Näheres ist aus dem Abschnitt: „Die zur Verpuppung schreitende Raupe“ (cfr. p. 127—ı135) zu ersehen; hier sei nur kurz gesagt, dass sich die zur Verwandlung reifen Tiere an den tiefsten Stellen des Beutels instinktiv sammeln, und sich in vielen Arten durchfressen, wenn die Gaze nicht sehr fest ist. Diejenigen Tiere, welche am Zweig mehr oder weniger ange- sponnen überwintern, können ohne weiteres im Beutel ihrem Schick- sal trotz aller Kälte überlassen werden und fahren dabei meist sehr gut. Eine vor gar zu argem Wind und Sturm geschützte Lage sollte man allerdings wählen, da manche Arten in übermässig starker Zug- luft vertrocknen. So behandelt können werden: die Apaturen, die Limenitis, Dasychira abietis S. V., Lasiocampa pruni L., quercifolia L. und dopulifolia Esp., sowie auch eine Anzahl Geometriden, z. B.: bapilionaria L., pustulata Hufn., margaritaria L., syringaria L., brunaria L., sambucaria L. u. a. m. Die Arten hingegen, welche an der Erde im Moos oder in dürren Blättern ihren Winterschlaf halten, müssen in die p. 135 u. 136 be- schriebenen Winterquartiere gebracht werden, sie finden in den luftigen Beuteln nicht genügenden Schutz. Kurz sei hier noch erwähnt, dass mir Callimorpha dominula L., dominula var. persona Hb., namentlich aber deren Kreuzungsprodukt: var. romanovi Stdfs., ferner Dasychira abietis S. V., Lasiocampa pruni L., populifolia Esp. und pini L. wiederholt auch im Freien, wenn sich der eingebundene Ast in besonders geschützter, warmer Lage befand, teilweise im Hochsommer oder Flerbst eine zweite Generation Falter lieferten. Die für das Einbinden am meisten in Frage kommenden Bäume und Sträucher sind: Zitterpappel (Populus tremula L.); Wollweide (Salix caprea L.), Eiche (Quercus robur L. und pedunculata Ehrhart); Rotbuche (Fagus sylvatica L.); Birke (Betula alba L.); Fichte (Picea excelsa Lamark); Linde (Tilia parvifolia Ehrhart); Haselnuss (Corylus avellana L.); Apfel (Pyrus malus L.); Pflaume (Prunus domestica L.); und Himbeere (Rubus idaeus L.). Die Zucht im Freien auf Bäumen und Sträuchern nachahmend, eine entsprechende auf niederen Pflanzen in einem frühbeetartigen Kasten, der unter allen Umständen einen Drahtgazedeckel haben sollte, einzurichten, empfiehlt sich nur für gewisse ziemlich erwachsen eingesammelte Raupenarten, so etwa für Psychiden und Arctüden, welche auch verhältnismässig gut in einem solchen überwintert werden können. — 170 — Er muss übrigens natürlich auf einem erhöhten, stets trockenen Punkt angebracht sein, und für die Ueberwinterung innen am Rand eine ziemlich breite Lage Sand haben, welche reichlich mit zerzupftem Moos bedeckt ist. Raupen von klein auf in solchen Kästen zu züchten, giebt selten gute Resultate, da die Vegetation in ihnen stets mehr oder weniger unnatürlich schnell wächst und daher zu wasserhaltig und unge- sund ist. Sehr empfohlen sei aber den Glücklichen, welche einen eigenen Garten haben, das Anpflanzen von allerhand Gewächsen, die willkom- menen Arten zur Nahrung dienen. Plusien, Cucullien, Dianthoecien, Chariclea delphinii L., Eupithe- cien und anderes siedeln sich sehr gern und bald an, wenn der Standort irgendwie ihren Lebensbedingungen genügt. Und unter allen Um- ständen ist es sehr bequem, frisches Futter jeden Augenblick zur Hand zu haben. Bescheidenere Pflanzen lassen sich auch sehr gut in Blumentöpfen vor dem Fenster halten, und namentlich die Dianthoecien der Um- gegend finden sich dann auf den entsprechenden Dianthus- und Silene- Arten als Falter und später als Raupe ein. Schliesslich sei hier nochmals mit Nachdruck daran erinnert (cfr. p. 118), dass in der Gefangenschaft ihre Eier schwer ablegende Lepi- dopteren-Arten, also in erster Linie die Tagfalter, doch auch eine Reihe von Nachtfaltern, weitaus am leichtesten zur Hergabe ihres Eierschatzes zu bringen sind, wenn sie auf ihren Futterpflanzen in einem luftigen, leichten Gazebeutel eingebunden werden. Die be- treffende Nahrung, bestehe sie nun in krautigen oder verholzten nie- deren Pflanzen, Sträuchern oder Bäumen, wird am besten in Töpfen oder Kübeln rechtzeitig vorher herangezogen. IV. Die Puppe. a. Die Beurteilung der Puppe. Man fasse hierfür die Puppe, wenn möglich, nicht an, am wenig- sten aber drücke man sie stark. Die Vernachlässigung dieser Vor- sicht ist es, welche die bei der Kartoffelernte von den Arbeitern — 171 — gefundenen Puppen von Acherontia atropos L. und Sphinx convol- vuli L., wenn sie der Sammler schliesslich noch erhält, verkommen oder doch fast nur verkrüppelte Falter liefern lässt. Wer sich über die Lebensfähigkeit und den Wert von Puppen orientieren will, dem sei folgendes gesagt: Bei Puppen, die jeder Hülle entbehren, sieht man ja sehr leicht wesentliche Eindrücke an Kopf, Thorax und Leib, oder krüppelhafte Bildungen in Füssen, Fühlern und Flügelscheiden; die letzteren sind natürlich weitaus die bedenklichsten. In ihren Flügel- scheiden sichtlich verkürzte Thais-Puppen geben beispielsweise mit grosser Sicherheit eine Ophionide (Schlupfwespe), aber keinen Falter. Auch grössere braune oder schwarze Flecken, zeigen sie sich, wo sie auch wollen, sind ein schlimmes Zeichen. Ein vorzügliches Merkmal für Beurteilung des Gesundheitszu- standes einer Puppe ist weiter in allererster Linie ihre Gesamtfarbe. Eine allgemeine Regel lässt sich hierüber um so weniger geben, als manche Art darin sehr stark abändert, das Gedächtnis für die Gesichtseindrücke, welches sich aus der häufigen Betrachtung der verschiedenen Arten heranbildet, ist der beste Massstab. Leicht bewegliche Puppen kann man auf der hohlen Hand durch Anhauchen meist sofort zum Drehen des Leibes veranlassen ; will man sie aber durch Anfassen dazu bringen, so lege man sie auf die linke Hand und fasse mit Daumen und Zeigefinger der Rechten das Afterende, denn hier ist das Angreifen viel weniger schädlich als an Kopf und Thorax. Uebrigens bediene man sich für ein notwendig werdendes Um- lesen der Puppe stets eines Löffels. Eine ganze Anzahl Puppen sind auch in durchaus gesundem Zu- stande vollständig unbeweglich, z.B. die Parnassier, Doritis apollinus Hobst., unsere Lycaeniden, viele unserer Satyriden und Lithosiden, Euchelia jacobaeae L. und diejenigen Ocnogynen und Spilosomen, welche sich in einem ganz anliegenden, überwiegend aus dem Haarpelz gebildeten Cocon verwandeln; freilich ist das Fehlen des letzteren für die Qualität der Puppe schon von vornherein nicht günstig. Starkes „Gestrecktsein“, oder auffälliges „Zusammengeschobensein“ geben auch wenig Hoffnung auf gute Entwickelung. Nur kurz vor dem Ausschlüpfen werden alle Puppen mit gegeneinander beweg- lichen Ringen sehr merklich länger. Puppenin Geweben oder Cocons können in sehr vielen Arten auch durch Anhauchen in der teilweise geschlossenen Hand zur Bewegung gebracht werden, die dann selbst durch derbe Gehäuse hindurch fühlbar und oft auch hörbar wird. Sonst ist für fester einge- schlossene Arten, wie Bombyx var. arbusculae Frr., quercus L., die Saturniden etc. etc. das Gewicht für Wert oder Unwert weitaus das untrüglichste Zeichen, welches sich auch für die grösseren der vorher genannten ganz unbeweglichen Arten am meisten empfiehlt; freilich gehört dazu ebensowohl Uebung als eine leichte Hand. Das Geschlecht der Puppen lässt sich unschwer nur bei den Arten ermitteln, bei welchen d& und ®2 sichtliche Differenzen in den Fühlern zeigen, die sich dann an den Hülsen der Antennen be- reits erkennen lassen, übrigens hier niemals so bedeutend sind, wie an dem freien Falterfühler. Indes lässt sich bei den Puppen aller Lepidopteren-Arten das Geschlecht mit Sicherheit bestimmen, wie von den beiden ausgezeich- neten Lepidopterologen, den Brüdern A. und ©. Speyer in der Isis 1845. pP. 855-857 eingehend nachgewiesen worden ist, nachdem Ratzeburg schon vorher darauf aufmerksam gemacht hatte: Die in Frage kommenden Unterschiede liegen auf der Bauchseite der Puppe. Auf dieser Seite werden von den überlagernden Flügelscheiden vier Hinterleibsringe zugedeckt, diese vier Segmente bleiben auf der Rückenseite der Puppe stets sichtbar und können hier leicht gezählt werden, erst der fünfte wie die folgenden Ringe sind allseitig frei. Bei den männlichen Individuen (cfr. Fig. 7) nun zeigen die ersten vier freiliegenden Segmente in der Mitte der Bauchseite keine besonderen Abzeichen, erst das fünfte, also das neunte Segment, wenn wir die vier von den Flügeln auf der Bauchseite gedeckten mit hinzurechnen, trägt in der Mitte eine kleine Grube, deren Fassung zwei bald mehr oder weniger erhabene Höckerchen bilden; bisweilen sind diese so stark erhöht, dass die betreffende Stelle ein hervor- ragendes, in der Mitte etwas eingesenktes Knöpfchen darstellt. Bei den weiblichen Individuen (cfr. Fig. 6) weisen nur drei der den Flügelscheiden auf der Bauchseite folgenden, freien Hinter- leibsringe in ihrer Mitte keine Merkmale auf und schon der vierte Ring, also der achte des gesamten Hinterleibes besitzt solche. Dieselben bestehen entweder in einer seichten, bisweilen das neunte Segment mit durchziehenden Furche, welche öfter mit er- habenen Lippen, ähnlich wie bei den männlichen Individuen, eingefasst Sf = 173 —— ist, häufiger jedoch noch in einer geglätteten im neunten Ringe ver- breiterten nicht eingesenkten Stelle. In diesem letzteren Falle, so bei vielen Notodontiden, sind die uns hier beschäftigenden Abzeichen des weiblichen Geschlechtes sehr geringe, indes unterscheiden sich dann die männlichen Individuen durch die in ihrer Lage bereits geschilderten Höckerchen. Auch der Verlauf der Furchen zwischen dem achten und zehnten Segment auf der Bauchseite ist bei den männlichen und weiblichen Individuen zu- folge der eben besprochenen Differenzen nicht der gleiche, man lese darüber die sehr eingehende Speyer’sche Arbeit 1. c. Der bereits an der Puppe zum Austrag kommende Unter- schied der Geschlechter beruht in erster Linie darauf, dass der Hinterleib des männlichen Fal- ters 9, der des weiblichen In- dividuums aber nur 8 äusser- lich sichtbare Segmente besitzt. Das neunte Segment ist bei der Fig. 6 Fi . 6. 8. 7- weiblichen Imago eingestülpt Weibliche Puppe Männliche Puppe 9 5 des Hybriden von des Hybriden von und zur Bildung der Genital- Sa, Favonia & 5 Davonın & öffnung verwendet. Byri? Sehr leicht ist dieser Unterschied etwa bei Dezl. nerii wahrzunehmen, weil diese Art gerade am Hinterleibsende charakteristische Zeichnungs- momente besitzt. Das Männchen zeigt hier 3 von einander gesonderte, ein Dreieck bildende dunkelgrüne Flecke, das Weibchen aber nur 2 der- selben, welche bei diesem Geschlecht mehr in die Länge gezogen sind. Von dieser ungleichen Segmentzahl des Hinterleibes der beiden Geschlechter ist an der Puppe nichts zu bemerken, vielmehr lassen die männlichen wie die weiblichen Puppen mit grösserer oder ge- tingerer Deutlichkeit der verschiedenen Arten sogar ı0o Segmente erkennen, welche den ıo den Puppenhinterleib aufbauenden Seg- menten des Raupenstadiums entsprechen. Wohl aber ist die ver- schiedene Lage des äusseren Geschlechtsapparates der Imago, wie wir soeben gesehen haben, bereits im Puppenstadium kenntlich an- gedeutet, doch gilt es, dabei gut aufzuachten. Die Farbe der Puppen, welche bei vielen Arten der Rhopalocera, Noctuidae (Plusia O.), Geometridae (Zonosoma Ld.) und Pierophoridae, die sich frei und dem Lichte ausgesetzt verpuppen, stark schwankt, hat mit dem Geschlechte des Schmetterlings gar nichts zu thun. —— 174 — Es ist möglich, die Färbung von dergleichen variablen Puppen experimentell zu beeinflussen (cfr. über das Raupenstadium p. 9): Raupen von Van. cardui, welche sich bei 40° C, und solche von Van. urticae L., die sich bei 37° Cin Puppen verwandelten, nahmen, dem Tageslichte voll ausgesetzt in einem mit weissem Leinengewebe, an welchem sich die Raupen zur Verwandlung aufgehangen hatten, beiderseits bespannten Holzrahmen eine annähernd weisse Totalfärbung an. Eine solche Färbung kommt in der freien Natur wohl niemals vor. Dagegen behielten diese Arten bei den gleichen Temperaturen, an der Unterseite bunter Glasscheiben (blau, rot, gelb) hängend, nahe- zu ihre normalen bunten Farben bei. Ein verschiedener Einfluss der drei verschiedenfarbigen Glas- scheiben war nicht irgendwie deutlich zu erkennen. In der normalen Zimmertemperatur von 18—23° C wiesen die Puppen von Van. car- dui und urticae unter dem gleichen weissen Stoff wie unter den farbigen Gläsern ihr natürliches Kolorit auf. Die Färbung der variablen Puppen scheint danach von zwei Faktoren abhängig zu sein: erstens von der Färbung der Um- gebung, und zweitens von der Temperatur, die während des Ueber- ganges von dem Raupen- in das Puppenstadium herrschte. Es wäre sehr wünschenswert, wenn umfangreiche und vielfach variierte Versuche in dieser Richtung gemacht würden. ‘ Man vergleiche zu dieser Frage die ausgezeichneten Arbeiten Poultons, welche in den Phil. Trans. London und in den Trans. Ent. Soc. London während der Jahre 1885—1894 erschienen sind. Bei den Psychen besitzt der Sack der männlichen Puppe einen längeren weissen Anhang am freien Ende als der weibliche, auch oft genug anderes Material zur Bekleidung des Sackes; bei viciella Schift., var. stetinensis Hering, viadrina Stgr., constancella Brd., bruandi Ld., crassicornis Stgr., apiformis Rossi, praecellens Stgr., graslinella B., hirsutella Hb., standfussii H. S. hängt an dem weissen Anhang die vorletzte Raupenhaut bei den männlichen Individuen, falls sie nicht durch einen Zufall verloren ging, was, solange noch die lebende Puppe vorliegt, selten der Fall ist. b. Die Behandlung der Puppe. ı. Allgemeines. Können Puppen, welche nach sehr kurzer Zeit den Falter liefern, in ihrer natürlichen Lage bleiben, so ist dies am besten, mag ihre Verwandlung nun stattfinden, wo es auch sei. Aber auch für viele Arten mit andauernder oder langer Puppen- ruhe ist es weitaus am besten, wenn sie nicht gestört werden, da sie leicht dabei leiden. So sind namentlich gewisse Spannergattungen recht empfindlich, z. B. Himera, Hybernia, Anisopteryx, Phigalia, Biston, Amphidasıs etc. Es ist daher gut, die verpuppungsreifen Raupen von dergleichen Species in besonderen Kästen, in denen sie ruhig bis zum Ausschlüpfen des Falters verbleiben können, ihre Ver- wandlung antreten zu lassen. Sie dürfen in diese Kästen nicht gar zu zahlreich gebracht werden, sonst stören sie sich gegenseitig und geben krüppelhafte Puppen, oder es wird den in den untersten Schichten verwandelten Individuen bei dem Ausschlüpfen der Durch- bruch nach der Erdoberfläche erschwert oder unmöglich. In Gebrauch befindliche Raupenzuchtkästen möchten für diesen Zweck nicht gewählt werden, denn die Species der Gattung Biston überwintern häufig zwei- oder dreimal als Puppe, z. B. lapponarius B., graecarius Stgr.; Biston alpinus Sulz. sogar bis siebenmal, selbst dann noch bei sorgfältiger Pflege tadellose Falter liefernd. Ist es notwendig, Puppen aus Raummangel oder zum Versandt etc. von dem durch die Raupe gewählten Platze zu entfernen, so thue man dies nicht zu früh, wann möglich, erst ı4 Tage oder drei Wochen nach dem Einspinnen oder Einbohren der letzten Raupen, damit man sicher sein kann, nur vollkommen erhärtete Puppen vor- zufinden (cfr. die noch länger unverwandelt ruhenden Arten p. 131). Wurden spinnende Arten nicht eingedütet, so müssen die Gewebe von einander gelöst werden, falls sie in gar zu grossen Klumpen neben und übereinander gesponnen wurden, sonst gelangt der aus- schlüpfende Schmetterling abgerieben, oder gar nicht zu Tage. Es sollte diese Vorkehrung einige Zeit vor dem Ausschlüpfen getroffen werden, denn die in der Entwickelung zum Falter bereits stark vor- geschrittene Puppe wird wesentlich dünnschaliger und darum em- pfindlicher. Es sind hier nur leichtere Gewebe, wie die der Arctüiden, Plusien und ähnlich beschaffene gemeint, die fast ausnahmslos teilweise oder, wenn notwendig, auch ganz ohne Schädigung für den Schmetterling zerstört werden können. Geschlossene Cocons, seien sie nun von zarterer, oder festerer Bauart — letztere gehören überwiegend längere Zeit ruhenden Arten an — dürfen im allgemeinen nicht verletzt werden, sonst verkrüppeln die Falter. = 176 —— Die, wie bekannt, mit einem Schlupfloch versehenen Gehäuse unserer Saturniden kann man ohne Bedenken durch einen Längs- schnitt öffnen, um Geschlecht und Qualität der Puppe beurteilen zu können. Man nehme dabei die Raupenhaut mit einer Pincette her- aus, da sie bei der oft mehrjährigen Puppenruhe leicht Schimmel in der Zimmerzucht bildet, und drücke die Borsten der Oeffnung, wenn sie gar zu fest schliessen, etwas auseinander, da sich sonst der Falter, wenn die Puppen zufällig beim Ausschlüpfen sehr trocken sind, etwa abreibt. Beim Durchbrechen des Cocons werden die Flügel durch den Druck bereits sichtlich lang gestreckt, und diese Streckung scheint für das Auswachsen der allermeisten hier in Frage kommenden Arten ganz unerlässliche Bedingung zu sein. Kamen Puppen durch einen Zufall um ihre Cocons, so kann man ihnen etwa Ersatz in einem an- deren Gewebe bieten, sei es nun der gleichen, oder einer anderen Art; doch muss dies jedenfalls mit grosser Vorsicht und Ueberlegung geschehen. Y Die ‚Sesüiden, Zygaeniden, Cossiden und Psychiden durchbohren ihre Cocons, und zwar oft schon längere Zeit vor dem Ausschlüpfen, bereits als geschlossene Puppen, wie dies ja auch von Endromis ver- sicolora L. von alther bekannt ist. Die Puppen der Psychiden bedürfen zu ihrer Entwickelung der Sonne, doch sollten sie derselben nicht gar zu lange ausgesetzt und müssen öfter mässig angespritzt werden. Namentlich Ps. graslinella B. bedarf viel Feuchtigkeit, sie bleibt sonst gern mit einem Flügel im Sacke hängen und wächst nicht aus. Eben diese Art’ (und die nahestehenden Praecellens Stgr. und constancella Brd. werden es wohl ähnlich machen), welche sich nicht nach unten hängend, sondern mehr oder weniger aufgerichtet festspinnt, ist im Zuchtkasten in gleicher Weise zu befestigen, sonst fallen die Puppen bei ihren leb- haften Spaziergängen in der Röhre des Sackes an sonnigen Tagen aus dem freien Ende heraus und verkommen am Boden, oder geben doch nur verkrüppelte Falter. Wurden Puppen von Papilioniden oder Pieriden ganz von den sie haltenden Fäden gelöst, so können solche in eine kleine, eng an- schliessende Düte von Fliesspapier oder besser noch von einem ge- wobenen, weitmaschigen, mit Fäden zusammengehefteten Stoffe (cfr. Heissler: Intern. Ent. Zeitschr. Guben 1895. p. 186, 187) geschoben — und zwar ebenfalls, so lange sie noch nicht in Entwickelung be- ° griffen sind — und die Düten mit einer Nadel an der Wandung des | —— 177 —— Puppenkastens in der Tiefe festgespiesst werden. Ohne Befestigung mit der Nadel löst sich die Papierdüte beim Anfeuchten, und die Puppe verliert ihren Halt. Doch entwickeln sich auch die allermeisten, selbst die als Puppe überwinternden Arten ganz ohne jeden Halt auf unterliegendem Fliesspapier in der Regel sehr gut. Ich hätte un- möglich die Tausende von Thais-Puppen eindüten können, welche ich im Laufe der Jahre besessen habe. Bei Papilio hospiton Gene und alexanor Esp. kann man sich die Mühe indes schon nehmen. Die Apaturiden, Nymphaliden und Satyriden, welche gestürzt fest- zuhängen pflegen, können, falls sie ihren Halt einbüssten, an einem kleinen Watteknauf oder weichen Puppengewebe mit Hülfe der ge- krümmten, harten Borsten und Häkchen am Afterende wieder angehängt werden, haften wohl auch selbst durch ihre Bewegungen genügend an, wenn man sie einfach auf ein Stück zusammengedrückter Watte legt. Beim Ausschlüpfen sollten diese drei gern an ihren Puppenhülsen auswachsenden Gruppen, von denen man ja bisweilen grosse Massen (Vanessen, Melitaeen) in engem Raum bei einander hat, dunkel ge- halten und auch zum Töten nicht in grelle Sonne gebracht werden. Die Falter sind sonst zu lebhaft und verletzen sich durch Flattern, zumal die sehr zarten Apaturiden. Charaxes jasius L. schlüpft bei warmem Wetter, nach sehr kurzer Puppenruhe aus, und es kann dem damit nicht vertrauten Züchter leicht passieren, dass er die Zeit dieses zudem flüchtigen und wilden Falters verpasst. Papilio alexanor Esp., die Thais-Arten, Doritis apollinus Hbst. und die Parnassier lieben zu ihrer Entwickelung allerdings ausserordentlich die Sonne und wachsen in ihr wohl auch schneller aus; verderben sich aber in grösserer Anzahl dann sehr leicht. Freilich ist es mir stets so erschienen, als würden Pap. alexanor Esp. und die Thais-Arten tiefer und schöner in der Färbung, wenn die Entfaltung ihrer Flügel in voller Sonne vor sich ging. Die Thais-Arten, sowie Pap. alexanor Esp., machaon L., hospiton Gene dunkeln lebend und tot im Sonnenlicht zu tieferem Gelb nach. 2. Behälter für Puppen. Die Hauptanforderungen an einen zweckdienlichen Puppen- behälter sind, dass er ı) nicht zu leicht austrockne, dass er 2) dem ausschlüpfenden Schmetterling recht bequeme Gelegen- heit zum Anhalten biete und 3) dem unruhigen oder lichtscheuen Falter keine Gelegenheit gebe, sich abzureiben oder sonstwie zu verletzen. Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. I2 Zn 178 eo Das Austrocknen wird verhindert, indem man das Unterteil! der Puppenbehälter etwa 3—4 cm hoch mit dem schon oft genannten Gemisch von Gartenboden und Quarzsand anfüllt und dieses Gemisch stets mässig feucht erhält. Da aber durch die stetige Nässe alle Holz- arten schliesslich Risse bekommen und faulen, so ist es sehr wünschens- wert, wenigstens in grösseren Puppenkästen einen scharf an deren Wandungen sich anschliessenden Zinkblecheinsatz mit 3—4 cm hohem: Rand zu haben, in welchem sich das Erdgemisch viel länger feucht hält, als in dem blossen Holzboden. Um dem ausschlüpfenden Schmetterling leichtes und sicheres. Anhalten zu ermöglichen, sollten die Holzteile im Innern der: Kästen nicht zu glatt sein. Das unzweifelhaft günstigste Material zum Ankrallen des Falters ist weicherer Gazestoff, besserer Futtermull,. Etamin und dergleichen; selbst Drahtgaze, an der grosse, kräftige Arten sich sehr festzuhalten vermögen, ist für die zarten Haftkrallen vieler Tag- falter durchaus nicht sehr zweckdienlich. So habe ich mich seit einer Reihe von Jahren dafür entschieden, die meisten zum Ausschlüpfen reifen Puppen in Behältern zu halten, deren Oberteil lediglich aus. einem leichten, würfeligen Holzgestell besteht, welches mit Etamin oder solidem Futtermull bespannt ist. Den Verschluss bildet keine Thür, sondern ein vorhangartig von der vorderen oberen Holzleiste frei herunterhängendes Stück des genannten Stoffes, das mit Hülfe einer Schnur, die um den Fuss des Gestelles läuft, fest angezogen werden kann. In den letzten Jahren habe ich noch andere Zuchtkästen mit vor- züglichem Erfolge angewendet: Das Unterteil derselben bildet ein viereckiges, oben offenes, 5ı cm langes, 42 cm breites und in seinen Seitenrändern 6 cm hohes Blech- gefäss. In diesem Gefäss befindet sich stets etwas Wasser und Holz- kohle, oder ein grosses, flach ausgebreitetes und immer feuchtes Stück eines farblosen, gewobenen Stoffes, welches dann und wann gegen ein durch Kochen frisch desinficiertes ausgetauscht wird. In dieses Gefäss gut einpassend, etwa ein Dritteil in dasselbe ein- gesenkt, ruht auf kleinen, in den vier Ecken wagrecht eingelöteten Blechen ein 53 cm hohes, nach oben in allen vier Seiten konisch: (Neigung etwa 78—80°) zulaufendes, mithin pyramidal gestaltetes Holz- gestell, welches ringsum, also auch auf der Bodenfläche, mit einem sehr soliden, leinenen Etamin bespannt ist. Der Verschluss ist der gleiche wie bei dem eben vorher beschriebenen Puppenzuchtbehälter, nämlich ein von der vorderen Holzleiste der oberen Fläche frei —— 179 — herunterhängendes Stück des gleichen Leinenstoffes, über das am Fusse des Gestelles ein straff anzuziehender Bindfaden läuft. Der Bodenrahmen ist doppelt, und die beiden Teile, zwischen denen der Stoff der Grundfläche festgeklemmt ist, sind mit Schrauben aneinander gepresst. So kann die Bodenfläche sehr leicht neu bespannt werden, denn sie wird am stärksten abgenutzt. Für den Gebrauch ist es gut, die Bodenfläche mit ein oder zwei Lagen eines guten Fliesspapieres zu bedecken. Von den geneigten Seitenflächen ist es den frisch ausgeschlüpften Tieren noch leichter möglich, die in der Entfaltung begriffenen Flügel frei herabhängen zu lassen. Der Hauptvorteil dieser schiefen Wände ist indes der, dass die Bauchseite der an ihnen emporlaufenden Falter nicht aufliest und sich nicht reibt. Wenn die sehr sensible Bauchseite bei der Bewegung des Tieres eine Unterlage fortwährend streift, so empfindet das kleine Geschöpf einen dauernden Reiz und wird unruhig. Es gilt dies in erster Linie von wilden, flüchtigen Spinnerarten, die in dem be- schriebenen Behälter viel leichter in grösserer Anzahl tadellos zur Entwickelung gelangen, als in einem solchen mit senkrechten Seiten- wänden. In letzterem laufen sie länger umher, bis sie sich zum Aus- wachsen festsetzen, fallen öfter herab und stören und verletzen sich gegenseitig häufiger. Bezüglich Unterbringung der Puppen wird nun folgendermassen verfahren: Puppen, die in oder an der Erde ruhen, werden auf das genannte Bodengemisch gelegt, nachdem dieses vorher durch und durch angefeuchtet worden war, und dann noch etwa 3—4 cm hoch feines Moos über sie gebreitet. In die Erde bette man die Puppen unter keinen Umständen ein, ihre Atmungsöffnungen werden da zu leicht verstopft, und mit kontagiösen Krankheiten behaftete Puppen verbreiten ihre ansteckenden Stoffe viel leichter und zudem unbemerkt durch das dichte Medium der feuchten Erde hindurch. Für Puppen, die sich frei über der Erdoberfläche an Stämmen, Steinen, Stengeln etc. zu befinden pflegen, eignen sich die zuletzt geschilderten, pyramidalen Zuchtbehälter, in denen die Puppen einfach auf dem Fliesspapier verteilt werden, ganz vorzüglich. Ebenso können diese Puppen aber auch in den Kästen mit dem genannten Bodengemisch untergebracht werden, nachdem über letzteres gleichfalls Fliesspapier gebreitet worden war. Auf dasselbe werden nun die Puppen ohne jede weitere Decke gelegt und entwickeln sich 12* — 180 — so recht gut, wenn Sorge dafür getragen wird, dass die unterliegende Erdmasse niemals längere Zeit austrocknet. Nach der Höhe der jeweiligen Temperatur ist ein Anfeuchten mehr oder weniger oft notwendig, bei + 25°C etwa alle 3—4 Tage. Das Fliesspapier lässt das Wasser, welches mit der blossen Hand, oder mit einer Flaschenbürste, oder durch einen Refraichisseur über- spritzt und am besten in der jeweiligen Lufttemperatur des Puppen- standortes gewählt wird, ohne weiteres durchsickern und nimmt ausser- dem den Reinigungssaft der ausschlüpfenden Schmetterlinge willig auf, was ein weiterer Vorteil ist. Das vorbeschriebene Puppenlager von Erde und Moos hält die Feuchtigkeit besser und bedarf bei + 25°C nur etwa alle 8 Tage neuen Wassers. Puppen, die gern vertrocknen, oder Falter liefern, welche sich mit Vorliebe verkriechen, also etwa Lithosiden, Arctiiden, Agrotiden, Leucanien und andere Noctuiden, werden sehr glücklich in den kubischen, fast vollständig dunklen Holzkästen mit nur kleinem Gaze- gitter im Deckel zur Entwickelung gebracht, deren bei der Zucht nächt- licher Eulenraupen (cfr. p. ı22) gedacht wurde. Die Unterlage der Puppen wird hier, wie bereits beschrieben, zubereitet, also nur mit jenem Erdgemisch und darüber gebreitetem Fliesspapier, auf welches die Puppen ohne jede weitere Decke kommen. Die ausgeschlüpften Falter können sich in diesen Kästen ebensowenig wie in den skizzierten Gazebehältern, welche kein Moos enthalten, ver- kriechen und dabei abreiben. 3. Die Ueberwinterung der Puppe Die Kästen müssen durchaus guten Schutz bieten, damit nicht während dieser Zeit, in welcher die Beobachtung eine sehr reduzierte zu sein pflegt, Mäuse oder Käfer und andere Schädlinge eindringen können. Also Drahtgaze und Holz, nicht aber gewebte, weiche Stoffe sollen die Puppen von ihrer Umgebung abschliessen, man sei denn vor Feinden durchaus sicher. Uebrigens erfolge die Ueberwinterung an den gleichen Orten wie die der Raupen, also, wenn möglich, im Freien in einem nur von oben guten Schutz bietenden Gartenhaus, oder auf einem gleichen Schutz gewährenden, offenen und sturmfreien Balkon. Das Lager kann für alle Puppen in ganz gleicher Weise zubereitet werden: eine Unterlage von 3—4 cm jenes Erdgemisches, auf dem die Puppen, seien sie nun mit oder ohne Schutzgewebe, ausgebreitet werden, und darüber eine gleich starke Lage feines Moos. a a Zn — 1891 — Nur halte man die frei überwinternden Puppen in luftigen Draht- gazekästen, die in oder an der Erde überwinternden Puppen aber in Holzkästen, bei denen nur der Deckel ein grösseres oder kleineres Drahtgitter hat. Ist Frostwetter und irgendwie Schnee zu haben, so wähle man solchen zum dichten Bestreuen des Mooses, ist kein Frost, so wähle man Wasser, auch hier etwa von der Lufttemperatur. Bei höherer Temperatur ist Feuchtigkeit notwendiger als bei niederer. Manche Puppen überwintern nur ausnahmsweise zwei-, drei- auch viermal, bei anderen Arten ist aber mehrmalige Ueberwinterung die Regel. So erscheint der Falter von Saturnia spini Schiff. in grösseren Prozentsätzen (70—75 °/,) bekanntlich erst nach mehrmaliger Ueber- winterung, Bombyx var. arbusculae Frr. am häufigsten erst nach vier- maliger Ueberwinterung der Puppe, doch auch nach fünfmaliger, sechs- maliger, in dem äussersten bisher bekannten Falle erst nach achtmaliger Ueberwinterung (R. Zeller, Balgrist); bis siebenmal überwintert auch Biston albinus Sulz. Es können daher diese schmucken Tiere Geduld und Sorgfalt des Züchters auf genügende Probe stellen, wie ich aus eigenster Erfahrung weiss. Mein hochverehrter Freund, Herr Rudolf Zeller in Balgrist (Zürich), dürfte unter den jetzt lebenden Lepidopterologen die besten Zuchtresultate bezüglich der Falter dieses vielbesprochenen Bombyx var. arbusculae Frr. aufzuweisen haben. Auch mir glückte die tadellose Entwickelung von einer ganzen Anzahl Stücke des eigenartigen Geschöpfes nach vier- und sechsmaliger Ueberwinterung der Puppe. Zweimalige Ueberwinterung der Puppe ist ganz und gar keine "Seltenheit, und man werfe darum die Puppen nach einmaliger Ueber- winterung ja nicht ohne weiteres weg, sondern lasse sich jenes unter: „Die Beurteilung der Puppe“ Ausgeführte gesagt sein. Mir dienen jetzt nach mehr als 2o-jähriger Erfahrung Farbe und Gewicht als die Ausschlag gebenden Merkmale. Zweimalige, oder sogar dreimalige Ueberwinterung der Puppe kam mir vor bei: Papilio alexanor Esp.; im Genus Thais bei allen Arten; Doritis apollinus Hbst.; im Genus Pieris und Anthocharis bei mehreren Arten; Zegris eupheme Esp. v. meridionalis Ld.; Thecla rubi L.; Polyommatus amphidamas Esp.; Lycaena jolas O.; Vanessa levana L.; im Genus Sphinx, Deilephila und Pterogon; im Genus Euchelia, Bombyx, Endromis, Saturnia, Brahmea, Aglia, Harpyia, Hlybocampa, Notodonta, Drynobia, Phalera, Cymatophora, Asphalia, Acronycta, Moma, Panthea, Mamestra, Dianthoecia, Miselia, Astero- scopus, Cucullia, Chariclea, Pseudophia, Catebhia, Biston, Lobo- — 192 — phora, Cidaria, Eupithecia, Retinia. Jedenfalls dürfte dieses Ver- zeichnis von anderen Sammlern noch wesentlich vermehrt werden können. Das Ergebnis dieses mehrjährigen Ueberliegens der Puppe ist ein Auseinanderziehen der Nachkommenschaft desselben Elternpaares. Es werden dabei, wie vorher bezüglich Sat. pavonia und spini bereits bemerkt wurde, die beiden Geschlechter der gleichen Brut überwiegend um Jahre voneinander getrennt. Damit wird die Inzucht verhindert, welche die Natur auch noch auf anderem Wege in hohem Grade ein- schränkt. Es ist nämlich ein weithin durchgehendes Gesetz, dass von der gleichen Brut sich zuerst die männlichen und meist erst einige Tage später die weiblichen Imagines entwickeln. Auch der umge- kehrte Fall findet sich, ist indes sehr selten (Dasych. selenitica Esp.). Bei kurzlebenden Arten haben sich daher die weitaus meisten Männchen bereits gepaart, wenn ihre geschwisterlichen Weibchen er- scheinen. Von den länger lebenden Species gilt zunächst das Gleiche, weiter aber verstreuen sich bei den letzteren die Nachkommen der- selben Brut vor Eintritt der Geschlechtsreife so bedeutend, dass auch dadurch der Inzucht vorgebeugt wird. Die letzten Weibchen mancher, zumal sich geraume Zeit hin- ziehender Species sterben so erfahrungsgemäss unbefruchtet ab, oder verfallen der Hybridation durch Männchen später erscheinender, ver- wandter Arten, denn auch diese letztere Thatsache kann öfter be- obachtet werden (cfr. Standfuss: Ueber die Hybridation bei den In- sekten, Mitteil. d. Schweiz. Ent. Ges. Bd. 8, Heft ı0). Allein es scheint das häufige Eintreten von Inzucht für die Erhaltung der Art bedenk- lichere Folgen zu haben als der direkte Verlust eines Teiles ihrer Ent- wickelungskeime. 4. Das Treiben der Puppen durch Erhöhung der Temperatur. Niemals macht der lebende Falter dem Liebhaber mehr Freude, als gerade dann, wenn die Natur alles regen Lebens bar ist und in starrem Schlaf gefesselt ist. Dass das Treiben einer grossen Menge von Raupenarten diese tote Zeit beleben kann, haben wir schon früher gesehen. Allein auch die weit überwiegende Zahl der überwinternden Puppen kann unsere Spannbretter schon im Januar und Februar mit frischen Faltern füllen. — 183 — Vorausgesetzt, dass zwischen November und Mitte Januar wenig- stens zeitweilig entschiedener Frost war, so kann man im allgemeinen etwa vom 10. oder 15. Januar ab jede überwinternde Puppenart ohne Nachteil für dieselbe in das geheizte Zimmer nehmen. Ist um diese Zeit noch harter Frost, so ist es notwendig, die Puppen etwa innerhalb dreier Tage erst allmählich der Wärme aus- zusetzen, sie also zunächst etwa einen Tag in einem durchaus un- geheizten Raum unterzubringen. Im warmen Zimmer selbst ist dann vor allen Dingen für genügendes Feuchthalten der Puppen zu sorgen, da die Zimmerluft, namentlich bei Heizung mit eisernen Oefen, durch- schnittlich eine sehr trockene ist. Bemerkt sei hier kurz, dass Stauropus fagi L., Cnethocampa Pinivora Tr., die Hybernia-, Anisopteryx-, Phigalia-, Biston-, Amphi- dasis- und spätfliegenden Zupithecien- Arten sich bei dieser Zucht- methode nicht günstig zu entwickeln scheinen und wohl besser den ganzen Winter über im Freien belassen werden. Dagegen sind Papilio hospiton Gene, Thais polyxena Schiff., mit ihren Formen, Doritis apollinus Hbst., Anthocharis tagis Hb., Thecla rubi L.. Vanessa levana L.. Bombyx lanestris L.,. Endromis versi- colora L., die Saturnien, Aglia tau L., Diphthera ludifica L., und die Taeniocampa-Arten, um nur sehr weniges zu nennen, hier recht dankbar als die ersten unter den Vorläufern unserer bunten Lieblinge. Das Resultat aus den Puppen von Doritis apollinus Hbst. ist sehr ungleich. Als günstigstes erhielt ich 1885 aus 43, sämtlich zweijährigen Puppen 4o tadellose Stücke, meist 92, 2 Krüppel und ı vertrocknete Puppe; aber ich habe auch oft genug nur 50 °/, guter Falter, und zwar fast stets innerhalb zweier Jahre, und selbst noch weniger erhalten. Es ist diese Thatsache nicht zu verwundern, denn die Raupen sind an den meisten Orten ihres Vorkommens oft schon Ende Juni verpuppt und haben von da, bis sie in den schliesslichen Zuchtkasten gelangen, gewiss mancherlei zu überstehen, was ihnen nicht zuträglich ist. Ueber das Treiben von im allgemeinen nicht überwinternden Puppen und dessen Ergebnis haben wir in einem späteren Abschnitte (cfr. Saison -Dimorphismus) eingehender zu sprechen. 5. Specielles. In der ersten Auflage dieses Buches (cfr. Standfuss: Handbuch für Sammler etc. Guben 1891. p. 124 u. 125) findet sich die Thatsache mitgeteilt, dass mir aus grossen Puppenserien von Endromis versi- — MN — colora L., Saturnia pavonia L. und Aglia tau L. wenige Exemplare ohne Ueberwinterung der Puppe ausschlüpften, von denen die ersteren beiden Arten ein sichtlich verändertes Kleid zeigten. Gerade die in den letzten Jahren so zahlreich vorgenommenen Experimente mit verschiedenen Temperaturen, denen gegenüber eine so ausserordentlich klare Reaktion des Versuchsmateriales erfolgte, mussten den Gedanken nahe legen, dass es sich hier nicht, oder doch nicht ausschliesslich um eine individuelle Beanlagung jener sich bio- logisch abnorm verhaltenden Individuen handelte, sondern dass dabei auch ein äusserer Faktor im Spiele sein dürfte. i Seither machte ich nun folgende Erfahrung: Wenn grössere Puppen- massen (es handelte sich in diesen Fällen stets um 2—-400 Stück) von Saturnia pyri, pavonia, spini, wie deren Hybriden 7—10 Wochen zwischen Juni und Ende September sehr trocken gelegen hatten und dann mehrere Male intensiv angefeuchtet wurden, so entwickelten sich etwa ı °/, Falter aus diesen Puppen 10-20 Tage nach dem Anfeuchten. Die entwickelten Falter zeigten meist einen von der Art ab- weichenden Charakter, der sich dahin definieren lässt, dass die Zeich- nungscharaktere nicht scharf ausgeprägt, sondern mehr oder weniger verschwommen und verwaschen erscheinen. Da ich den Versuch bereits mehrfach mit dem gleichen Erfolge wiederholte, so kann es sich um einen blossen Zufall unmöglich handeln, und die oben citierten, schon in dem Handbuche erwähnten Thatsachen dürften auf gleiche, nur damals nicht beachtete Gründe zurückzuführen sein. Weiter aber gewinnt es bei Vergleichung dieser Beobachtungen an Wahrscheinlichkeit, dass ähnliche Verhältnisse in der freien Natur auch ähnliche Folgen haben dürften, dass also das ausnahmsweise Auf- treten von Faltern im Hochsommer und Herbst von Arten, die normaler- weise in dieser Zeit als Imago nicht vorhanden sind, sondern regulärer- weise als Puppe überwintern, ähnliche Gründe, das heisst reichliche Niederschläge nach längerer Zeit der Trockenheit und Dürre haben dürfte. Genügt nun die Zahl der sich so abnorm verhaltenden Individuen einer Art, deren Nachkommen sich allerdings dann an wesentlich ver- änderte Lebensbedingungen accommodieren müssen, zur dauernden Er- haltung derselben, dann werden diese Individuen den Ausgangspunkt für eine neue Entwickelungsreihe bilden, die sich im Laufe der Zeit, bei der Unmöglichkeit einer wieder eintretenden Vermischung mit den biologisch nicht veränderten Individuen der Art, zunächst zu — >. > 022 Di iu — 185 — einer konstanten Variation und später zu einer scharf geschiedenen Art gestaltet. Saturnia boisduvaliüi Ev. (von Ostsibirien und Nordjapan) (cfr. Graeser: Berlin. Entom. Zeitschrift. 1888. p. 135) und Bombyx catax L., wie Bombyx rimicola Hb. (beide aus dem mittleren Europa), welche sämtlich als Falter im Herbst erscheinen und im Eizustande über- wintern, können sich sehr wohl durch ähnliche Veranlassungen von den verwandten Saturniden und Bombyciden, die noch gegenwärtig als Puppe überwintern, in vergangenen Erdepochen abgezweigt haben. Auch darauf mag hier hingewiesen werden: Es ist in der palae- arktischen Fauna ein weithin durchgehendes Gesetz, dass Arten mit langer Puppenruhe die Falter im Frühling oder im späteren Herbste, also nach Zeiten umfangreicherer Niederschläge, liefern, während sich die Sommerfauna fast durchweg aus schnell sich von der Puppe zum Falter entwickelnden Arten zusammensetzt. 6. Die Krankheiten der Puppe. (Cr. Lebert: Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. Bd. IX. p. 439—453.) Specifische Krankheiten der Puppe wüsste ich nicht zu nennen; was ich von Seuchen beobachtete, war sichtlich zunächst lediglich aus der Raupenform hinübergeschleppt und wirkte dann allerdings auch direkt kontagiös auf gesunde Puppen. Aus erkrankten Raupenzuchten zeigte ein grösserer Teil der erhaltenen Puppen wiederholt zwei Pilz- formen, die mir mein liebenswürdiger Lehrer, Herr Prof. Dr. Ferdinand Cohn in Breslau, als Botrytis Bassiana Bals. und Isaria farinosa Fr. bestimmte. R Die letztere Art hat noch eine andere Form, welche als Cordiceps militaris Link bezeichnet wird. Die Puppen wurden zunächst steif und zeigten sich in ihrem Innern vollständig mit einem weissen, schwammigen Gewebe ausgefüllt. In feuchter Wärme brachen dann aus ihnen mehr oder weniger lange, bis 4 cm mass ich, zapfenartige und keulenförmige, bisweilen geweih- artig verzweigte Gebilde hervor, die sich mit einer mehligen, weissen, selben bis ziemlich tief orangefarbenen Substanz bedeckten, welche nach einiger Zeit trocken wurde und leicht abstäubte: „die Sporen“, das heisst die Samenkörper der Pilze, welche die Infektion hervor- rufen. Ich glaube wiederholt beobachtet zu haben, dass damit An- steckung anderer, bisher sicher gesunder Individuen ziemlich schnell erfolgte. — 186 — Es empfiehlt sich daher gewiss, die kranken Puppen zu entfernen und zu verbrennen, bevor die in ihnen ruhenden Pilze zur Fruktifikation gelangen. Eben darum bette man auch keine Puppen in die Erde ein, selbst die nicht, welche sich in der Erde verwandeln. Die Erkrankung wird sonst nicht, oder zu spät bemerkt. Etwas ganz anderes ist es natürlich, wenn die Puppen in der Erde in dem von der Raupe gebauten Cocon belassen werden. Die Puppen kommen dann nie allseitig mit der Erde in enge Berührung, da alle Raupen eine Höhlung anlegen, in welcher die Puppen stets ziemlichen Spielraum haben. Dass dieses Belassen in ihrer selbstgewählten Lage für eine Reihe empfindlicher Arten sehr wünschenswert ist, wurde bereits p. 175 gesagt. Auch die bei den Raupenkrankheiten unter No. 4, p. 157—160 be- sprochene, deren Erreger mit dem Namen Panhistophyton ovatum (Micrococcus ovatus Leb.) belegt worden ist (cfr. Lebert: Berl. Ent. Zeitschrift. 1858. p. 170), geht auf die Puppen über, und zwar in manchen, meist sehr nassen Jahren in höchst bedauerlicher Ausdehnung. Diese Puppen, an deren Afterende die Raupenhaut meist fest anhaftet, zeigen sich mit einer jauchigen, übelriechenden Masse angefüllt und werden daher äusserlich schon an ihrer Verfärbung ziemlich leicht erkannt; sie sind dunkler als gesunde Puppen, und, wenn die Fäulnis weiter vorgeschritten ist, auch äusserlich weich und haltlos. Bei Sphinx pinastri L., bei Deilephila vespertilio Esp. und euphor- biae L., Pierogon proserpina Pall., Pleretes matronula L. Arctia caja L., hebe L., quenselii Payk., Spilosoma luctuosa H. G.. Bombyx var. arbusculae Frr. und quercus L. habe ich sie, und zwar teilweise wiederholt, beobachtet. Uebrigens zeigen in ganz gleicher Weise verjauchte Puppen öfter auch nichts von dem Micrococcus ovatus Leb., sondern nur sehr reich- lich einen Bacillus, indes müsste erst durch eingehende Versuche an lebendem Materiale festgestellt werden, ob dieser die primäre Ur- sache des Absterbens der Puppen, oder erst ein sekundär Hinzuge- kommenes ist. Jedenfalls müssen alle dergleichen Puppen sofort beseitigt und ver- nichtet werden. _—. 187 = V. Der Falter. Es bleibt hier wenig zu sagen übrig, da bei der Behandlung der Puppe schon sehr vieles besprochen wurde, was den bereits ausge- schlüpften Falter angeht. Es kommt natürlich alles darauf an, tadellose, schöne Stücke zu erhalten. Die Schmetterlinge dürfen darum nicht zu früh getötet werden, denn sonst sind die Säfte, welche beim Wachstum des Flügels durch die Rippen in denselben eintreten und dieses Wachstum hervorrufen, noch nicht genügend zu fester Substanz erstarrt und treten während der Präparation bei der geringsten Berührung mit der Spannnadel aus, auch verlieren die Flügel des trocken vom Brett genommenen Falters dann meist ihre Glätte und krümmen sich mehr oder weniger. Wurde der Falter aber doch zu früh getötet, und saftet der Flügel beim Spannen, so setze man den Spannstift ja nur an der Flügel- wurzel ein, nie nahe der Spitze, was überhaupt stets durchaus ver- - mieden werden sollte, und bemühe sich, möglichst wenige Punkte des Flügels mit der Nadel zu berühren. Der ausfliessende Saft muss, solange er noch als gewölbter Tropfen steht, wiederholt mit einem angefeuchteten, kleinen Tuschpinsel oder Fliesspapier beseitigt werden, damit er nicht erst auf der Flügelfläche breitfliesst, oder hart wird, auch darf ihn kein Spannstreifen berühren, sonst klebt der Flügel fest, und es entsteht beim Abnehmen meist ein Loch, oder doch ein arger Schandileck. 3—4 Stunden sollte man die meisten Falter sitzen lassen, bevor sie getötet werden. Die gg der Psychiden darf man indes nur etwa 30—45 Minuten vom Ausschlüpfen ab am Leben lassen, sonst erhält man nur ver- Hogene Exemplare. Auch die ‚Sesiiden und sehr viele Bombyciden 83 sind ausserordentlich flüchtiger Natur und müssen meist eine reichliche Stunde nach ihrer vollen Ausbildung getötet werden; auch noch früher bei hoher Temperatur und schwülem Wetter. Asteroscobus mubeculosus Esp., sphinx Hufn. und Chariclea del- Dhinii L. laufen meist lange umher, bevor sie auswachsen, auch bei Pierogon proserpina Pall. und Endromis versicolora L. ist dies wohl der Fall, vielleicht darum, weil diese Tiere in der freien Natur beim Ausschlüpfen bisweilen viel Zeit brauchen, um sich zu Tage zu arbeiten. Ebenso wachsen Arten, die normalerweise in einem festen Cocon ruhen, in der Regel erst nach längerer Zeit aus, wenn sie dieses Cocons — 188 — beraubt wurden, häufiger aber verkrüppeln die Falter dann theilweise oder vollkommen. Ein Doritis apollinus Hbst. d, welches mir am 26. Januar 1890 früh ıı Uhr ausschlüpfte, war am Abend noch gar nicht gewachsen; ich setzte es darum in das Doppelfenster, damit es mir durch sein unablässiges Umherlaufen andere Tiere nicht störe; am nächsten Nach- mittag, den 27. Januar 2 Uhr, wuchs es im Doppelfenster im Sonnen- schein, an einer Schnur sitzend, vor meinen Augen aus, und zwar zu einem tadellosen, grossen Exemplar. Lasiocampa quercifolica L. und Bombyx populi L. schälte ich wiederholt aus und setzte die Falter an den Fenstervorhang; einige Stücke wuchsen dann am Nachmittag des folgenden Tages vollkommen aus, andere entwickelten sich aber gar nicht weiter. Besonders darauf zu achten ist auch, dass sich die frischen Falter durch das Ausspritzen ihres Reinigungssaftes nicht besudeln und ver- derben, namentlich leicht geschieht dies bei sehr wilden Bombyciden 38, wenn sie in der Fangflasche betäubt oder getötet werden. Wer irgendwie Geschick dazu hat, wird am besten thun, alle grösseren Arten, die mit über dem Rücken zusammengeschlagenen Flügeln ruhen, mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand am Thorax zu fassen und mit der rechten unter dem Kopf nach der Bauchseite zu sofort die vergiftete Nadel einzuführen, ohne die Tiere vorher erst in eine Flasche zur Betäubung gebracht zu haben. Nach längerer Uebung gelingt es wohl auch, andere grössere Arten, die in der Ruhe die Flügel dachförmig tragen, am Thorax von unten her in gleicher Weise mit den Fingern, oder besser mit einer guten Pincette zu fassen und direkt mit der Giftnadel zu töten. Das Geschlecht des getöteten Falters kann mit aller Ruhe er- mittelt werden; Differenzen in der Flügelfärbung, in der Flügelform, in der Bildung der Fühler und des Leibes, in der Grösse etc. sind da bekannte Wegweiser. Viel schwieriger ist es dagegen häufig, schnell bei einem lebenden Stück, wenn es sich etwa darum handelt, geköderte Arten auf Eier hin auszubeuten, oder gezüchtete Falter zur Paarung zusammenzusetzen, das Geschlecht zu ermitteln; denn fast alle die oben genannten Unter- scheidungsmerkmale versagen bei gewissen Arten, zumal der Noctuiden und Geometriden, mehr oder weniger. Ich bringe dergleichen fragliche Stücke daher in leere Flaschen, in denen es möglich ist, den Hinterleib der Tiere wenigstens ziemlich deutlich zu sehen, denn hier liegen stets bemerkbare Differenzen: Zu- , NG nächst hat, wie wir schon sahen, der männliche Leib neun, der weib- liche aber acht äusserlich sichtbare Segmente. Ferner besitzt der männ- liche Genitalapparat an der Basis der Greifzangen starke Behaarung und erscheint dadurch an seinem Ende buschig und breit abgestutzt. Der weibliche Leib aber endet mehr kegelig und mit nicht so sichtlicher Verbreiterung wie der des Männchens. Gefangene Falter können übrigens ohne irgend welchen Schaden für die Lebensfähigkeit der Eier schwach betäubt und dann genauer untersucht werden; für Exemplare aber, die zur Paarung verwendet werden sollen, ist das Betäuben nicht ratsam. VI. Das Zahlenverhältnis der beiden Geschlechter einer Art. Schon gegen das Ende der siebenziger Jahre ersah ich bei den ‚ Zuchten vom Ei auf, dass das Zahlenverhältnis zwischen den männ- lichen und weiblichen Individuen sich bei den Arten *) aller möglichen Lepidopteren-Gruppen (cfr. Standfuss: Stettin. Ent. Zeitschr. 1884. p. 210) als ein ausserordentlich konstantes auswies, wenn der Verlust an In- dividuen bei den Zuchten ein nur sehr geringer war. Ich sammelte daher seit einer Reihe von Jahren Zahlen, welche sich bei meinen praktisch-biologischen Studien ergaben. Diese Zahlen sind auf der beistehenden Tabelle (p. ıgo u. 191) zusammengestellt. Es wurden dabei alle Zuchten von vornherein nicht in Rechnung gezogen, bei denen weniger als 75 °/, der in jedem Falle zur Zucht verwendeten Individuenserie zur Entwickelung als Imago oder doch als Puppe gelangten. Leider musste dann aber auch eine grosse Menge des gesamten erzogenen Materiales darum ausser acht gelassen werden, ‘weil es mir vollkommen unmöglich war, die immerhin zeitraubenden, notwendigen Beobachtungen daran vorzunehmen. Das Material wurde teilweise als Raupe im Freien eingetragen —: alle mit einem * bezeichneten Zuchten —: teilweise aus dem Ei erzogen. Bei Thais cerisyi B. und Dor. apollinus Hbst. speciell handelt es sich lediglich um das Zuchtergebnis an Faltern aus Puppen, welche von Sammlern dieser Arten direkt bezogen wurden. *) Es ist eine bekannte Thatsache, dass Cochlopkanes helix Sieb. und Solerodia ZriquetrellaF. R. sich in ausgedehnten Länderstrecken des paläarktischen Faunen- gebietes nur in der parthenogenetischen Form des Weibchens finden. 190 gshS‘gor 0SS . & zSı| 611] g6r| 18 sus 985 2 LSı| geı| zız| 68 KAguog SSHS‘hoL 861 ö 861 "T S254944509 Loz 2 Loz xhgquog 6ofg‘tor loz & Loz “) "EI 05007977 Liz 2 Lız DwosondSs EggS‘gor Ghz & | goz| bzS| Z/1| gEE "7 Djnunuop Lzeı 9 | Zgz| g#S| oSı] zg€ vydAoun0) TEEE ZoL oS1 ö ö 0$1 "I 2m14S 191 0) 191 DIpKWuT zz4l‘oo1 657 & 652 7 ndod 192 2 192 ! snyjuriaus' g9gg“10L o£S & Gzb| Soı T 20:91040n2 obS 2 ozb| ozı DIYEELL2T + gıbZ‘So1 602 ö 602 ds 02723420552 122 = 122 DRydeadz 6060*601 gL1 ö 86 8L "7 D4uDjDp z61 2 Lıı SL DSSIUDN gSof'toı zbz & cbz "7 2dorun [074 2 052 DSSZUDN x 12/2‘901 zeıı &|#+ıg 26 |gcb "Tor Cozı 2 | 159 Soı| Zhb DSSZUDA x GEgo‘zo1 089 6 > 089 YT avaıyın Ze) 2 1370) DSSBUDA x Gges‘tıı zS & zı ıır zı |g 6 "PIyaSı 2272 85 2 8 |tı | Zı | oı 6 DANZDIY x 9999‘g11 9 5 9 138 s3p20u424,4n2 L 2 L STADYIOYAUF x ozbo‘Soı 611 & Le | EC | 61 | Zi | © [ saumuDpıvo Gzı 2 gz |gz bz|oz| /z STADYIOYZUF 8988101 €s \ 6 6 | 2 | |g92|2 sg sru1770do 12) 2 6 |oı|Z2 |oz|g SZALAOT 6/6/‘001 252 ö $65 ıdı gı IyoS Duaxızod 854 2 ebC| 261 174 SIDYL x gogk‘orı vSı ö 29 6 "] 2452439 0/1 2 ib | Ezı SIWYL «+ 1lo1‘So1 Log & | EzE| dgz "T uoDyoDuL gEg 2 | zu£| 962 ORTDT ı12/'z01 ıbb 6 OL 1433 T smuuppod est 2 zo1 ı1SE O2I07 % (ooI ne uayograM | Zpuoggnpaygrg)| & ” £6g1z6g1\16g1jo6gıj6ggı|gggı ZBg1lgggı Segulrggı|eggızggiinggrioggılöigilgigı2igı uoyauurm "pP IyeZ | | 191 Sffget 10s0Ip awwhszjüteson spe tonpraiptg gdızE = 85 259 Sı + PP vz9 gi #956‘90T = | 001: 175901 = € | esse Keen ee geg1Sggıhagı Eggı nn ogg1l64g18/g1|2lgı 2995‘vo1 ger ö ogE|gS “g vpıan 8st 2 E6€ | Sg vardıyBuy 8386‘g01 68 6 68 ‘dnq 242407 L6 2 16 DIUDINZT, SE6h‘go1 LU 6 ız |/E |6r ‘'gH saapndun er- scheinenden Falter sind beide aberrativ, und zwar beide in ganz gleicher Weise. Oberseite: Die braunrote Grundfarbe wird düsterer, die basalen Zeichnungselemente der Vorderflügel vergrössern sich. Die Flügel- basis unterhalb der Mittelzelle wird geschwärzt. Die weiter nach aussen liegenden Punktreihen beginnen auf beiden Flügelpaaren zu schwinden. Die Bogenzeichnungen vor dem Aussenrande der Vorder- wie der Hinterflügel verlängern sich kegelig nach innen. Unterseite: Die Zeichnungselemente der Vorderflügel ver- grössern und verkleinern sich den Veränderungen der Oberseite ganz entsprechend. Auf den Hinterflügeln verdunkelt sich das Graugrün zwischen den drei Silberflecken am Costalrande zu schwarzbrauner Färbung, 1) = 209. = auch an einigen anderen Stellen tritt am Rande der Silberflecken diese Verdüsterung auf, sonst zeigen sich keine wesentlichen Ab- weichungen von normalen Exemplaren. 11. Dasychira abietis Schiff. a) Wärme. 37° € töteten ı8 Stück Puppen von dieser Art so schnell, dass nach 60 Stunden keine davon mehr am Leben war, und dass sich auch in keiner derselben ein nur annähernd entwickelter Falter zeigte. b) Kälte. ı) 42 Tage Eiskasten, dann ı2— ı5 Tage normale Temperatur. 6 männliche und 6 weibliche Puppen ergaben einen männlichen und vier weibliche, tadellos entwickelte Falter. In den übrigen 7 Puppen entwickelten sich die Falter vollkommen, schlüpften aber nicht aus. Oberseite: Die in den lichten Grund eingestreuten schwarz- braunen Schuppen nehmen zu. Auch auf den Hinterflügeln werden die wenigen Schattierungen nach dem Analwinkel hin dunkler und schärfer abgegrenzt. Die Unterseite zeigt keine namhafte Veränderung. 2) 30o Tage Eisexposition, darauf 8 Tage im Keller (+ 14°C), dann Zimmertemperatur, in welcher die Falter nach weiteren 79 Tagen ausschlüpften. a) Die zuerst erscheinenden Individuen entwickelten sich in ihren Flügeln nicht, sondern verkrüppelten vollkommen. b) Die später ausschlüpfenden Falter zeigten sich in beiden Ge- schlechtern oberseits wie unterseits stark verdüstert. Bei den männlichen Individuen ist oberseits der Vorder- flügel, von der Basis bis zur äusseren Begrenzungslinie der Mittelbinde, bei einigen Individuen vollkommen, bei anderen doch überwiegend geschwärzt, während der dem Aussenrand zunächst liegende Flügelteil meist etwas lichter als normalerweise gefärbt erscheint. Ebenso durch- weg verdüstert ist die Oberseite der Hinterflügel. Unterseits tritt gleichfalls eine sichtliche Verdunkelung ein. Bei den weiblichen Faltern ist die Schwärzung wohl analog der bei den männlichen Individuen auftretenden ausgeprägt, aber nicht so weit geführt als bei letzteren. Hier bleiben auch bei den dunkelsten Exemplaren Flügelteile im Innern der Mittelbinde der Vorderflügel oberseits stets weissgrau gefärbt. Von der soeben geschilderten Form sind männliche wie weibliche Individuen während der Ruhe an den —ı Au — Stämmen der Nadel- und Laubbäume, wie während des Fluges, bei Tag oder bei Nacht unzweifelhaft besser geschützt als die normale Form, ganz ebenso wie die entsprechend abweichende ab. eremita O. besser geschützt ist als die Grundform Psilura monacha L. c) Die zuletzt erscheinenden Individuen gehörten der unter ı cha- rakterisierten, wohl im allgemeinen sichtlich verdüsterten, aber von dem Grundtypus der Art sehr viel weniger abweichenden Form an. II. Das Verhalten der experimentell behandelten Vanessa - Arten und einiger nächst verwandter Arten in der Natur. Vanessa c- album L. besitzt, wie wir schon vorher sahen, zwei Generationen, von denen die zweite im Hochsommer und Herbst als Raupe lebt und im Stadium der Imago überwintert, die erste aber zwischen Mai und Juli ausser- ordentlich schnell vom Ei bis zum Falter vorübergeht. Die Schwank- ungen der Art sind lokal im ganzen ziemlich unbedeutende, zumal in der zweiten Generation. Die erste Generation erscheint indes im Süden (Neapel etc.) auf Ober- wie Unterseite deutlich lichter als in nördlicheren Gegenden. Die zweite Generation von Van. c-album gleicht ausserordentlich der nordamerikanischen Vanessa (Polygonia) faunus Edw., welche stets nur eine Generation besitzt (cfr. Scudder: The Butterfl. of the Bastern United States etc. Text p. 348—359. Taf. 3, 19, 64, 70, 83). Ebenso entsprechen sich nach dem prächtigen Scudder’schen Werke offenbar auch durchaus die früheren Entwickelungsphasen in ihren physiognomischen und biologischen Verhältnissen (Nahrung: Urtica- ceen und Grossulariaceen) in hohem Grade. Van. c-album ist eine der verbreitetsten Arten der paläarktischen Fauna in Europa, Nord- und Mittelasien, sie reicht von Ostsibirien bis England und Frankreich und von Lappland bis Sardinien und Neapel. In Nordafrika und auf den Canaren scheint die Art zu fehlen, im süd- lichen Spanien beobachtete Korb (München) die Art in der Provinz Murcia. Die Verbreitung der aus dem Scudder’schen Werke hier eitierten Arten ist auf kleinen Tafeln in demselben deutlich zur An- Schauung gebracht. Vanessa urticae L. Noch verbreiteter und häufiger in der paläarktischen Fauna als die vorige Art und, wie es scheint, nur in Algier fehlend. Das Tier generiert im Norden wohl nur zweimal, im mittleren Europa dagegen regulärerweise dreimal und unterscheidet sich hier in diesen Gene- rationen, wenn grosse Massen von Individuen verglichen werden, in der Weise, dass bei den in der kühleren Jahreszeit sich entwickelnden Imagines, also in der überwinternden Form, oberseits auf Vorder- wie Hinterflügeln die schwarzen Zeichnungselemente zunehmen; unterseits tritt eine allerdings nicht sehr erhebliche Aufhellung der mittleren Flügelflächen ein. Die in der wärmeren Jahreszeit zur Entwickelung gelangenden Falter verhalten sich umgekehrt: auf der Oberseite dehnt sich die rotbraune Grundfarbe aus und verdrängt die schwarzen Zeich- nungselemente von ihren peripheren Grenzen her, und unterseits tritt höhere Einfarbigkeit ein durch Verdüsterung der lichter gezeichneten mittleren Flügelflächen. Wesentlich grösseren Umfang gewinnen die namhaft gemachten Unterschiede bei Van. urticae, wenn wir Individuen der Art, von Norden nach Süden gehend, an weit getrennten Oertlichkeiten unter- suchen. Stücke von Lappland (var. dolaris Stgr.) entsprechen den Individuen der kühleren Jahreszeit des mittleren Europas, nur sind bei diesen nördlichen Tieren die vorher namhaft gemachten Charaktere jener Individuen in noch höherem Grade ausgebildet. Individuen der teilweise sehr heissen südlichen, schweizerischen und italienischen Alpenthäler (Tessin, Bergell), wie schon gewisser Gebiete des Jura, weisen andererseits die vorgenannten Charaktere der in der wärmeren Jahreszeit ausschlüpfenden Imagines ‘der mittel- europäischen Form noch gesteigert auf. Namentlich wird der Doppel- tleck in der Mitte der Vorderflügeloberseite nicht selten sehr reduziert. Am stärksten sind diese Charaktere ausgeprägt bei der bekannten Lokalform der Van. urticae von Corsica und Sardinien, also bei der var. ichnusa Bon. (cfr. Taf. VI, Fig. 7). Bei dieser Lokalrasse verschwindet jener Doppelfleck stets; bei den Imagines der Sommerform nicht selten aber auch mehr oder weniger ' der schwarze Wurzelfleck am Dorsalrande der Vorderflügel, bisweilen sogar vollkommen. Diese insularen Individuen sind jedenfalls im allgemeinen als eine von den kontinentalen isolierte Kolonie aufzufassen, und es hat sich | zufolge dessen bei dem milden Klima dieser Inseln der Typus der | wärmeren Jahreszeit hier nicht nur bis zu einem extremen Grade ent- wickelt, sondern auch in dieser extremen Form vollkommen hixiert. ' Van. urticae L. besitzt wohl nur einen nahen Verwandten auf der Erde: die nordamerikanische Van. (Aglais) mülberti God. (cfr. \ — alas — om Scudder: The Butterflies etc. Text p. 420—429. Taf. 2, 20, 64, 74, 83). Die früheren Entwickelungsphasen, wie die Biologie (Nahrung: Urtica- Arten — Entwickelungsmodus: ebenfalls 3 Generationen) sind nach dem genannten Werk offenbar denjenigen von Van. urticae sehr ähnliche. Wieder ist es die mitteleuropäische Falterform der kühleren Jahreszeit und noch mehr die nordische Rasse var. polaris Stgr., welche mit Van. milberti die meisten Vergleichungspunkte bietet. Vanessa io L. Eine in Europa und Nordasien heimische Art, welche sich im Westen bis Südspanien (Murcia; nach Korb) findet. Sie entwickelt sich im mittleren Europa regulärerweise nur in einer Generation; indes beginnt sich offenbar in geeigneten Jahrgängen (1893 in der Schweiz öfter ge- funden) eine immerhin noch seltene zweite Generation einzuschalten. Es tritt diese zweite Generation in den tieferen Lagen der Schweiz, zumal im Wallis an zahlreichen Orten, und in Oberitalien auf. So viel ich bisher beobachten konnte, zeigen die beiden Generationen äusserlich keinen irgendwie sichtlichen Unterschied. Die Art variiert überhaupt, von der Grösse abgesehen, recht wenig. Die Staudinger’sche Varietät sardoa von Sardinien (var. magna, saturatius fulva) sah ich leider noch nicht. Sie dürfte wie var. ichnusa Bon. ein durch höhere Durchschnittstemperatur in bestimmter Entwickelungsrichtung vorge- schobener und durch die insulare Isolierung fixierter Typus sein. Der Falter von Van. io als solcher bietet kaum Anhaltepunkte zur Ermittelung der ihm nächstverwandten Arten, wenn auch die Zeichnungselemente des Costalrandes und der Costalecke der Vorder- Hügel gewiss auf die analogen Zeichnungscharaktere von c-album und urticae bezogen werden müssen. Dr. F. A. Dixey in Oxford hat über diese Frage eine auf breiter Basis ruhende ausgezeichnete Arbeit in den Trans. Ent. Soc. London 1890. p. 89-129: „On the phylogenetic significance of the wing- markings in certain genera of the Nymphalidae“ veröffentlicht. Anders aber steht es mit den früheren Entwickelungsphasen. Leider war es mir noch nicht möglich, frisch abgesetzte Eier von Van. io zu erreichen. Die kleinen Räupchen aber gleichen in ihrem ersten Gewande durch ihre Längsstreifung und die gelbgrüne Fär- bung, wie durch ihren Aufenthalt innerhalb eines Gespinnstes an den Endtrieben der Nessel (Urtica dioica L.) und des Hopfens (Humulus lupulus L.) den gleichaltrigen Raupen der Van. urticae, welche ganz dieselben Nährpflanzen — Hopfen allerdings nur sehr selten — be- — 264 _- wohnt, so ausserordentlich, dass sie schwer voneinander zu unter- scheiden sind. Schon mit der ersten Häutung tritt eine sichtliche Divergenz ein, da sich nun bereits die für Van. io so charakteristische weissliche Punktierung auf einfarbigem, jetzt noch schmutzig graugrünlichem Grunde einstellt. Die erwachsene Raupe von Van. io unterscheidet sich von Van. urticae nicht nur durch ihre Färbung, wie durch die Länge und schwächere Verästung der Dornen, sondern auch, was vielleicht weni- ger bekannt ist, durch die Zahl dieser Dornen. Sie nehmen bei zo fast auf allen Segmenten an Zahl ab, an Grösse aber zu. Schon Weismann hat auf diesen Punkt (cfr. Studien zur Descen- denz-Theorie. II. Teil. p. 178—179) aufmerksam gemacht. Es wäre interessant, zu untersuchen, ob dieser Unterschied in der Dornenzahl bereits im ersten Gewande der Van. vio-Raupe angedeutet ist, denn von wirklichen Dornen kann in diesem Gewande noch nicht die Rede sein. Die Puppe wiederum ist, abgesehen von ihrer Grösse, der Form nach derjenigen von urticae fast vollkommen gleich. Die häufige Gewohnheit der zo-Raupe, sich unter grünen Blättern zu verpuppen, hat neben einer grauen, der Van. urticae ziemlich oder ganz gleichgefärbten, eine grüne Puppenform zur Folge gehabt. Van. urticae befestigt*) sich zur Verpuppung an Stämmen, Steinen, Bret- tern etc. und kommt in grüner Färbung nicht vor. Schliesslich sei noch bemerkt, dass auch der äussere männliche Genitalapparat von Van. io gute Analogien mit dem von Van. urticae bietet. Vanessa polychloros L. Heimisch in Europa, in Nord- und Central-Asien, scheint in Ost- Sibirien und Japan zu fehlen, wo sich vanthomelas Esp. nicht selten findet; dagegen geht Polychloros bis Barcelona (Korb) und bis Nord-Afrika. Die Art hat wohl allerorts nur eine Generation, welche sich von Mai bis Juli auf Salix-, Populus-, Ulmus-, Cerasus- und Pyrus-Species entwickelt. Sie variiert nach der Lokalität des Vorkommens wenig. *) Kranke, von Schmarotzern bewohnte Individuen der Van. urticae ver- puppen sich gelegentlich frei an den Nesselstauden und zeigen dann eine prächtig goldglänzende Puppenschale, wenn diese Nesseln an sonnigen Plätzen stehen. Es hängt diese Färbung nicht mit dem pathologischen Zustande, sondern mit der Beleuchtung zusammen, denn gesunde Raupen, welche im Stadium der Ver- puppung intensiver Sonne ausgesetzt werden, erhalten als Puppen die gleiche Färbung. — 265 — Nur die Allard’sche var. erythromelas von Algier ist nennens- wert verschieden: kleiner, oberseits in der braunen Grundfarbe ein- töniger und lebhafter und ebenso unterseits einfarbiger dunkelbraun als mitteleuropäische Stücke. Zwischenformen zwischen var. erythro- melas und polychloros, als var. fervida Stgr. in den Sammlungen, stammen vom Taurus, Kurdistan, Armenien und Süd-Sibirien. Vanessa antiopa L. Im paläarktischen wie neoarktischen Faunengebiet ungemein ver- breitet, nämlich: in Europa [bis Spanien (bei Barcelona; nach Korb)], Nord-Asien, Nord- Amerika und Central-Amerika bis Mexiko und Guatemala hinab. In der paläarktischen Fauna generiert die Art nur einmal im Jahre, während Scudder (cfr. Op. cit. Text p. 397 —413. Taf. 2, 20, 64, 70, 83, 87) für die neoarktische Fauna als Regel zwei Generationen angiebt. Die Raupe lebt in der alten und neuen Welt auf Salix-, Populus-, Ulmus- und Betula-Arten, genau wie die von Dolychloros und xan- thomelas, selbst ganz klein, nicht in einem Blattknauf eingesponnen, wie die von Van. urticae, wohl aber gesellig bis zur letzten Häutung auf gemeinsamen, weit hingezogenen Gewebebändern. Sie ist in allen Häutungen von den Raupen der Van. polychloros und xanthomelas durch Färbung wie Dornen verschieden. Auf dem 5. und 6. Segment, den Kopf eingerechnet, fehlt bei amtioba der unpaare Dorn auf der Höhe des Rückens, alle Dornen aber sind länger, kräftiger und weniger verzweigt als bei den zwei anderen vorgenannten Arten. Die Puppe von Van. antiopa ist wiederum der von Van. poly- chloros und xanthomelas der Form und meist auch der Färbung nach sehr ähnlich, bei normaler Entwickelung aber bekanntlich konstant etwas grösser als diese Arten. Der Falter von Van. antiopa variiert trotz seiner grossen Ver- breitung im ganzen wenig; nur Exemplare von Mexico und Gua- temala besitzen einen stark verdüsterten gelben Rand und sehr re- duzierte blaue Flecke. Diese Lokalform findet sich in einigen schweize- rischen Sammlungen und so auch in der des Polytechnikums als cyanomelas Doubl. Hew. bestimmt. Es ist dies aber offenbar unrichtig, wie eine weitere Vergleichung der Litteratur ergab, denn Van. cyanomelas soll eine der nordindi- schen und japanesischen, schönen Van. charonia Drur. verwandte Species sein, welche sich nur als Unikum in der Öberthür’schen — 266 — Sammlung findet (cfr. Staudinger: Exotische Schmetterlinge. Fürth. G. Löwensohn. 1884—1888. p. 97; ferner Schatz: Die Familien und Gattungen der Tagfalter. Fürth. G. Löwensohn. 1885— 1892. p. 124). Das Falterkleid von Van. antiopa lässt einen Schluss auf die Herkunft der Art kaum zu, auch nicht in der allerorts einzeln vor- kommenden ab. hygiaea Hdrch. mit verbreitertem, gelbem Saume. Hingegen werden uns die genannten Eigentümlichkeiten der Biologie, wie die so frappante Aehnlichkeit des Puppenstadiums und eine hoch- gradige Aehnlichkeit des äusseren männlichen Genitalapparates mit Van. polychloros und xanthomelas hierin als Wegweiser dienen können. Namentlich die letzten beiden Thatsachen sind sehr ins Gewicht fallende Merkmale. Vanessa atalanta L. Diese Art gehört ebenfalls der paläarktischen und neoarktischen Fauna an. In dem ersteren Gebiet findet sie sich lediglich im Westen, da sie in ganz Nordasien und Japan zu fehlen scheint, wo sie durch callirrhoö ersetzt wird. In Amerika geht sie vom 56°'N. Br. bis Mexico und Guatemala hinab. Die Raupe lebt weit überwiegend auf Nesseln, einzeln in deren Blätter eingesponnen; zumal im Süden indes öfter auch auf Parietaria- Arten. Van. atalanta, von der irgendwie charakteristische Lokalformen nicht bekannt sind, scheint in ihrem gesamten Verbreitungsgebiete zwei Generationen zu besitzen, die sich indes, wenigstens in Mittel- Europa, nicht sehr erheblich voneinander unterscheiden. Sehr konstant ist die erste Generation, welche sich von Mai bis etwa Mitte Juli vom Ei bis zum Falter entwickelt. Sie zeigt auf der Unterseite der Hinter- Hügel weniger gelbe Schuppen als die zweite Generation und erscheint daher nicht so bunt wie diese. Sie kommt dadurch, wie durch das höhere Rot der Prachtbinden auf Vorder- wie Hinterflügeln der var. vul- canica Godt. von callirrhoö Hb. von den Canaren nahe. Die zweite Generation, welche sich im Herbst entwickelt und als Falter überwintert, ist in den Prachtbinden weniger feurig und auf der Unterseite der Hinterflügel häufig stark gelb gezeichnet. Japanesische Stücke von callirrhoe Hb. (indica Herbst) zeigen dieselben Gegensätze auf der Unterseite der Hinterflügel, und es erzeugt danach diese, Van. atalanta so nahe stehende Art dort offenbar ebenfalls zwei einander nicht vollkommen gleiche Generationen. == 267 — In den heissen Thälern der Schweiz findet sich selten eine Aberration der ersten Brut (nicht die bei Freyer: Neuer. Beiträge etc. Taf. 181. Fig. ı abgebildete). Diese zeigt auf den Vorderflügeln die Prachtbinde ober- seits, namentlich aber unterseits nach dem Dorsalrande hin ganz in dem Sinne wie bei callirrho& verbreitert, der grosse weisse Fleck am Costal- rande der Vorderflügel ist verkleinert, die schwarzen Flecken in der Prachtbinde der Hinterflügel sind erheblich vergrössert. Es sind dies alles Merkmale, welche diese Form ausserordentlich an callirrhoe annähern. Die Aehnlichkeit würde eine sehr frappante sein, wenn nicht der fünfte der in einem Bogen vor der Spitze der Vorder- flügel stehenden Flecke, welcher bei callirrhoö nur selten vorhanden ist, bei dieser Aberration etwas über das normale Mass hinaus ver- grössert wäre. Vanessa cardui L. Der verbreitetste Tagfalter, in ganz Europa und Asien, in Japan, Afrika, Madagaskar, Australien, auf den polynesischen Inseln, in Nord- und Central-Amerika vorkommend. Nur in Süd-Amerika fehlt die Art nach unseren bisherigen Kenntnissen vollständig; sie wird hier durch drei andere verwandte Species vertreten. Auch cardui, deren Raupen auf Urtica- und Carduus-Arten, so- wie auf einer ganzen Reihe anderer Compositen zwischen zusammen- gesponnenen Blättern leben, hat zwei Generationen, die sich in der- selben Zeit wie die von Van. atalanta entwickeln. Diese beiden Generationen sind im mittleren Europa sehr wenig voneinander ver- schieden. Die erste Generation ist oberseits und unterseits ein wenig lichter, die zweite, also die überwinternde, etwas dunkler, indem bei der ersten Generation die dunklen Schuppen reduziert, bei der zweiten aber vermehrt werden. Erheblicher werden diese Differenzen bei Individuen aus sehr ver- schiedenen Klimaten. So sind Exemplare von Lappland sehr viel düsterer als solche von dem tropischen Afrika, wo Van. cardui ziemlich verbreitet und häufig zu sein scheint. Diese tropischen Individuen und in geringerem Masse die Sommerform Mitteleuropas zeigen eine höhere, wenn auch nur im allgemeinen ausgesprochene Aehnlichkeit mit den verwandten Arten der heissen Zone, als die nordischen, oder die überwinternden Exemplare Mitteleuropas. Van. atalanta und cardui werden gewiss besser, wie dies gegen- wärtig überwiegend von den Systematikern geschieht (cfr. Schatz: Die Familien und Gattungen der Tagfalter. p. 125), von dem Genus — 2698 — Vanessa getrennt und mit den verwandten, überwiegend tropischen Arten zu dem Genus Pyrameis Hb. vereinigt. Von den ı3 Arten dieser Gattung Pyrameis gehören 7 den tro- pischen und subtropischen Ländergebieten an. Es finden sich: abys- sinica Feld. in Abessinien; Zerpsichore Phil. in Chile; myrinna Doubl. in Venezuela und Südbrasilien; aequatoriahs Wagner in Ecuador (Chimborazo); fammeamea Esch. auf den Sandwich-Inseln; dejeanii Godt. auf Java; itea Fabr. in Australien. Weiter fliegen carye Hb. in Süd- und Central-Amerika; virgi- niensis Drur. von Süd- bis Nord-Amerika und auf den Canaren (cfr. Scudder 1. c. Text p. 457—469. Taf. 2, 20, 74, 83); callirrhoe Hb. (indica Hrbst.) in Japan, China, Nordindien und als var. vulcanica auf den Canaren; gonerilla F. endlich lediglich auf Neu-Seeland. Pyrameis cardui und atalanta wurden in ihrem Vorkommen bereits charakterisiert. Pyr. cardwi gehört ebensowohl den Tropen als der gemässigten Zone an und auch atalanta reicht in Mexico und Guatemala in die heisse Zone, hier allerdings wohl lediglich die Gebirge bewohnend, was bei einigen der vorgenannten Arten ebenso der Fall zu sein scheint. Die Wiege der Gattung Pyrameis, deren beide grösste Arten myrinna Doubl. und tammeamea Esch. der heissen Zone angehören, was für die Beurteilung dieser Frage unzweifelhaft von Wichtigkeit ist, wird in tropischen und subtropischen Gebieten gesucht werden müssen, im Gegensatz zu den bisher besprochenen Arten, welche als autochthone Formen der gemässigten Zone aufzufassen sind (cfr. Weismann: Ueber den Einfluss der Isolierung auf die Artbildung. Leipzig. W. Engelmann. 1872. p. 100—102. e. a. 1.) Die nächste Verwandte der auch im paläarktischen Faunengebiete sehr gemeinen Van. cardui ist die Süd- und Central-Amerika ange- hörende carye Hb. In welcher verwandtschaftlichen Beziehung die beiden Arten zu einander stehen, wage ich nicht zu entscheiden, da mir carye Hb. zu wenig bekannt ist. Van. atalanta gehört unzweifelhaft mit Van. callirrhoö sehr nahe zusammen. Die beiden Formen können aber wohl nicht als Lokal- rassen einer Art angesehen werden, da sie sich auf den Canaren zahl- reich und konstant verschieden nebeneinander finden. Van. callirrhoe Hb. zeigt die rote Zeichnung der Vorderflügel wesentlich ausgedehnter als atalanta, den weissen Costalfleck am Vorderrande dagegen kleiner und bei japanesischen Stücken mitunter bräunlich angeflogen, ein Merkmal, welches carye stets leicht von cardui unterscheiden lässt. 3 269 ei Kleiner und häufig zudem an Zahl reduziert sind auch die vor der Apikalecke der Vorderflügel im Bogen stehenden weissen Punkte, verglichen mit den entsprechenden Zeichnungscharakteren der ata- lanta, während die schwarzen Flecken in der roten Aussenrandbinde der Hinterflügel bei callirrhoe kräftiger ausgebildet sind als bei der - verwandten Art. Alle diese genannten Charaktere der callirrhoö lassen diese Species dem Typus der tropischen Formenreihe der Gattung ähn- licher erscheinen, während sich Van. atalanta von dieser Reihe sicht- lich weiter entfernt. Denken wir uns also die Wiege der Gattung Pyrameis in den Tropen, so werden wir callirrhoe, welche dem tropischen Typus des - Genus näher steht, als eine phylogenetisch ältere Form zu fassen haben als aialanta. Die früheren Entwickelungsphasen der beiden Arten (von callirrhoe scheint allerdings nur die Raupe und Puppe bekannt zu sein) weisen in physiognomischer und biologischer Be- ziehung täuschende Gleichheit auf. IV. Das Verhalten der untersuchten Vanessa - Arten den Experimenten gegenüber. a) Allgemeines, unmittelbar zu Beobachtendes. Die unmittelbar zu beobachtende Wirkung der verschiedenen Tem- peraturexperimente auf die Versuchsobjekte, wenn wir uns dabei an “einen bestimmten Fall, dessen Erscheinungen auch für die verwandten Arten im allgemeinen massgebende sind, halten, ist folgende: a@,) Versuche mit erniedrigter Temperatur. ı) Wir setzen eine grössere Serie Puppen von Van. polychloros, welche in einer Temperatur von 19— 23°C zur Verpuppung gelangte, so zwar, dass die erste Raupe dieser Serie 96 Stunden früher sich zur Puppe umgestaltete als die letzte, ı4 Tage in den Eisschrank mit + 4 bis 6°C und nehmen die Puppen dann wiederum in die Temperatur von 19 23° C zurück, so ist das Ergebnis dieses: a) Die Puppen, welche 60—96 Stunden vor der Eisexposition ent- wickelt waren, schlüpfen zuerst aus und ergeben normale Falter. b) Die Puppen, welche 12—24 Stunden vor der Eisexposition ent- wickelt waren, ergeben ihre Falter später als die Serie a und liefern die p. 247 bei Van. polychloros „b) Kälte“ unter „ı“ charakterisierte Form. Die in ihrer Verpuppungszeit zwischen a und b liegenden In- dividuen ergeben teils das Kleid der Gruppe a, teils das Kleid der Gruppe b, teils Zwischenformen zwischen diesen Gruppen. c) Die Puppen, welche o—ı Stunde entwickelt waren, gehen zu Grunde, oder liefern der Zeit nach zuletzt unter der ganzen Serie krüppelhaft gebildete, aber normal gefärbte Falter. Die in ihrer Verpuppungszeit zwischen b und c liegenden In- ‘dividuen gestalten sich teilweise, und zwar in den früher erscheinenden Faltern, wie die Gruppe b, teilweise, in den zuletzt erscheinenden Faltern, zu normalen Stücken, teilweise zu Zwischenformen. 2) Wir haben durchweg die gleichen Vorbedingungen bezüglich der Versuchsobjekte wie soeben sub „ı“, nur lassen wir 28 Tage Kälte- exposition einwirken. a) Einige der im Moment der Exposition am weitesten ent- wickelten Individuen gehen zu Grunde, weniger weit entwickelte Individuen sprengen die Puppenschale oder schlüpfen aus, aber ver- krüppeln, ein weiterer kleiner Bruchteil erscheint zuerst in normalem Gewande. ; b) Die Falter erscheinen später als die Serie a und weisen die p- 247 bei Van. polychloros „b) Kälte“ unter „2“ charakterisierten Figen- tümlichkeiten auf. Wiederum schlagen sich die zwischen a und b in ihrer Ver- puppungszeit liegenden Individuen teils zur Gruppe &, teils zur Gruppe b, oder bilden Uebergänge zwischen diesen Gruppen. c) Die Puppen gehen sämtlich zu Grunde. Die zwischen b und c liegenden Individuen gehen meist zu Grunde, | die überlebenden erscheinen zuletzt und liefern normale oder doch nur unbedeutend veränderte Falter. 3) 42 Tage Kälteexposition. a) Alle Individuen gehen zu Grunde, ebenso alle zwischen a undb liegenden. b) Fast sämtliche Individuen gehen zu Grunde. Die überlebenden zeigen die p. 248 bei Van. polychloros „b) Kälte“ unter „3“ hervor- gehobenen Abweichungen. c) Alle Exemplare sterben ohne Entwickelung ab. Die zwischen b und c liegenden Individuen sterben ebenfalls meist ab. Der kleine Rest ergiebt Individuen der Gruppe b und als der Entwickelungszeit nach letzte Stücke einige normale Falter, nebst einigen Uebergängen zur Gruppe b. ß,) Versuche mit erhöhter Temperatur. Es werden wiederum die gleichen Vorbedingungen hinsichtlich der Gruppen a, b, c und deren Zwischengruppen, wie bei den Experi- menten mit erniedrigter Temperatur, vorausgesetzt. Die Verhältnisse liegen hier viel einfacher, da bei Temperaturen von 37—39° C eine Weiterentwickelung nicht nur möglich, sondern sogar notwendig ist, wenn das Versuchsobjekt nicht zu Grunde gehen soll. Bei einer Temperatur von 37 ° scheint die Entwickelungsrichtung der in Frage kommenden Vanessa-Arten bereits nach: 60—72 Stunden, bei 39° sogar schon nach 24-30 Stunden fixiert zu sein, und zwar bei 39° trotz der kürzeren Exposition in divergenterer Richtung, ver- glichen mit dem normalen Typus, als bei 37 ° mit 72 Stunden Exposition. Es sind diese Thatsachen für ein glückliches Resultat der Experi- mente sehr wesentlich, denn die Puppen halten bei guter Ventilation und genügender Feuchtigkeit, die für ein befriedigendes Gelingen der Experimente ganz besonders wichtig sind, wohl sämtlich 39°C 28—35 Stunden ohne Schädigung aus und sind dann in ihrer Ent- wickelungsrichtung so weit fixiert, dass eine längere Hitzeexposition zu einer grösseren Divergenz der normalen Form gegenüber kaum noch beitragen dürfte. Hingegen tötet eine längere Einwirkung dieser hohen Wärmegrade die Tiere dann je nach den verschiedenen Arten mehr oder weniger schnell. Man kann mithin bei 39° C durch eine längere Exposition als 35 Stunden nichts gewinnen, sondern nur verlieren. ı) 60 Stunden 37 ° C, dann bis zum Ausschlüpfen 25° C. a) Die Imagines schlüpfen zuerst aus und zeigen sich durchaus normal. b) Die etwas später erscheinenden Falter tragen den Typus, welcher p- 246 bei Van. polychloros „a) Wärme“ unter „ı“ besprochen ist. Die zwischen a und b liegenden Individuen zeigen teils das Kleid der Gruppe a, teils das Kleid der Gruppe b, teils Zwischenformen. c und b—c verhalten sich ebenso wie die Gruppe b und erscheinen noch etwas später als diese. 2) 28 Stunden 39° C, dann bis zum Ausschlüpfen 25° C. a) Die Imagines schlüpfen zuerst aus und sind fast vollkommen normal. Van. antiopa, welche erhöhten Temperaturen gegenüber ganz besonders reaktionsfähig ist, zeigte in Individuen dieser Gruppe ober- seits eine schwache Bräunung des Aussenrandes. b) Die etwas später ausschlüpfenden Falter tragen das Kleid der p. 246 u. 247 bei Van. dolychloros „a) Wärme“ unter „2“ beschriebenen Form. Individuen der Gruppe a—b verhalten sich wie sub 1. ce und b—c) Diese zuletzt sich entwickelnden Imagines sind im allgemeinen der Gruppe b gleichgestaltet, indes scheinen sie doch teilweise einen Hang zu noch grösserer Divergenz dem normalen Typus gegenüber zu besitzen. Es dürfte daher ratsam sein, die Puppen so frisch als nur irgend möglich diesen erhöhten Temperaturen auszusetzen. Yyı) Versuche mit variierten Temperaturen. Herr Frederick Merrifield, dessen wir bereits p. 255 mit Aner- kennung gedachten, konstatierte bei seinen Versuchen: ı) Bei Anwendung regelmässig schwankender Temperaturgrade entsteht das Gleiche, wie bei konstanter Anwendung der mittleren Temperatur dieser schwankenden Grade. 2) Puppen, welche 10 Wochen (Polyomm. phlaeas L.) und ı2 Wochen (Zonosoma punctaria L.) + 33° F, also etwa + !/,° C aus- gesetzt waren und dann direkt in 90° F, also etwa 32—-33° C ge- bracht wurden, lieferten fast gleiche Falter wie Puppen dieser Arten, welche niemals im Eisschranke lagen, sondern sofort nach der Ver- puppung diesen hohen Temperaturgraden ausgesetzt wurden. Mr. Merrifield folgert daraus und doch wohl mit vollem Recht, dass bei so niederen Temperaturgraden jede physiologische Ent- wickelung suspendiert wird. Eingehenderes vergleiche man in den Merrifield’schen Arbeiten: Trans. Ent. Soc. Lond. 1888. p. 123; 1889. P- 79; 1891. p. 131; 1891. p. 155; 1892. P. 33; 1893. P. 55; 1894. P. 425. Ich glaube allerdings, dass ein so lang andauerndes „Suspen- dieren“ ohne Schaden für den Organismus nur dann möglich ist, wenn die Puppen erst wenige Stunden alt sind, wie es bei den Experimenten des Herrn Merrifield in der That der Fall war, eine energische Ent- wickelung also noch nicht eingeleitet ist. 3) Ich selbst konstatierte bei meinen Versuchen, dass Puppen, welche nach der Eisexposition noch 5—ıo Tage in eine Temperatur von + ıı bis 14°C, also in einen Keller, gebracht und erst dann in die normale Zimmertemperatur versetzt wurden, in ihrem Kleide teil- weise stark modifizierte Falter ergaben. Die Gruppe a erlitt zwar auch hier keine Veränderung, wohl aber lieferte die Gruppe a—b, b und b—c teilweise sehr wesentlich ab- weichendere Individuen als ohne diese Behandlung (cf. Van. antiopa, atalanta, cardui und Dasych. abietis). Individuen mit vollkommen normalem Kleide fallen bei dieser Behandlung entweder ganz weg, oder ihre Zahl sinkt doch auf ein Minimum herab, ——. 273 — ö,) Gesamtresultat des unmittelbar zu Beobachtenden. Es ist klar, dass diese Beobachtungen noch in vieler Beziehung der Vervollständigung bedürfen. Einmal können die Experimente noch in mancherlei Weise variiert werden; weiter aber sollten dann für die einzelnen Arten die Grade und die Zeit der Expositionsfähig- keit, das heisst die äussersten Grenzen, mit denen noch ohne Schä- disung des Individuums experimentiert werden kann, schärfer prä- eisiert werden. Dabei dürften sich die Hitzeversuche jedem, der sich der- gleichen Arbeiten unterzieht, als ganz besonders schwierige ausweisen. Immerhin kann man auf Grund des bisher bereits Beobachteten wohl Folgendes sagen: ı) Bei diesen schnell sich entwickelnden Arten wird das Kleid des zukünftigen Falters in einer Temperatur von + ı9 bis 23° C be- reits innerhalb der ersten 3—4 Tage nach der Ausbildung der Puppe in seiner Entwickelungsrichtung fixiert. Spätere Einwirkung niederer (+ 4 bis 6° C) oder hoher (+ 37 bis 39° C) Temperaturen kann an dieser Richtung nichts mehr oder doch nichts Erhebliches mehr ändern, sondern nur, wenn zu lange ausgedehnt, zur Verkrüppelung oder Ver- nichtung des Individuums führen. 2) Etwa einen halben Tag bis einen Tag in + ı9 bis 23° C be- findliche Puppen, bei denen, wie es scheint, stets irgend welche Ent- wickelung: bereits im Gange, die Richtung derselben aber noch nicht allseitig fixiert ist, schreiten trotz der niederen Temperatur in ihrer Entwickelung weiter fort und geben von der normalen Form ab- weichende Individuen, wenn sie nach der Kälteexposition wieder in die Zimmertemperatur zurückversetzt werden. Ebenso ergeben diese In- dividuen durch Einwirkung erhöhter Temperaturen von dem normalen Typus mehr oder weniger abweichende Exemplare. Der Grad der Abweichung von der normalen Form scheint im allgemeinen mit dem Grade der Verlangsamung oder der Beschleu- nigung, die übrigens beide den Arten nach etwas verschiedene Gren- zen haben, parallel zu gehen. Die zwischen ı und 2 bezüglich der Eintrittszeit in das Puppen- stadium liegenden Individuen verhalten sich den Experimenten gegen- über teils wie die Gruppe ı, teils wie die Gruppe 2, teils bilden sie Zwischenformen. 3) Sehr frische, o bis ı Stunde alte Puppen, deren Schale noch sehr wenig oder nicht erhärtet ist, gehen durch die Kälteeinwirkung zu Grunde, oder liefern bei kürzerer Exposition doch nur krüppelhafte Falter. Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. 18 pe 274 ——. In erhöhter Temperatur entwickeln sich diese Individuen und ge- stalten sich zu Formen, die von dem normalen Typus überwiegend noch etwas stärker abzuweichen scheinen als die Individuen der Gruppe 2. Die in ihrer Entwickelungszeit zur Puppe zwischen 2 und 3 lie- genden Individuen verhalten sich bei Einwirkung niedriger Tempe- raturen teils wie die Gruppe 2, teils verharren sie in einem Zustande der Ruhe und des Schlafes. Bei Einwirkung erhöhter Temperaturen schlagen sie sich teilweise zur Gruppe 2 und teilweise zur Gruppe 3. 4) Die Anwendung regelmässig schwankender Grade führt zu demselben Resultat, wie die konstante Einwirkung des mittleren dieser schwankenden Grade. 5) Werden Puppen, welche niederen Temperaturen exponiert waren, direkt aus diesen in hohe gebracht, so entwickeln sich aus diesen Puppen die der hohen Temperatur entsprechenden Falter- formen, also Hitzeformen, wenn bei diesen Individuen in den nie- deren Temperaturgraden jede Entwickelung suspendiert 'war. 6) Werden Puppen, welche niederen Graden exponiert waren, bevor sie in Zimmertemperatur übertragen werden, einige Tage (5—ı0) in mässig erhöhte (+ ıı bis 14° C) Temperatur, also in einen Keller, gebracht, so ergeben sie teilweise extrem abweichende Formen, während die bereits vorher fixierten Individuen auch durch diese Be- handlung nicht verändert werden. Die im Eisschranke in langsamem Tempo vor sich gehende oder ruhende Entwickelung vermag hier energischer vorwärtszuschreiten oder wenigstens zu beginnen, ohne doch unter wirklich normalen Be- dingungen zu stehen, sie verbleibt daher oder wird eingeleitet in einer von der normalen sehr wesentlich abweichenden Entwickelungsrich- tung. Letztere wird dann nicht mehr verschoben, oder doch nicht sehr erheblich verschoben, wenn die Puppen in normale Temperatur- verhältnisse, also + ı9 bis 23° C gebracht werden. Hingegen erfolgt ein solches Verschieben, und zwar nach der regulären Entwickelungs- richtung hin, mehr oder' weniger, wenn die Puppen aus dem Eiskasten direkt in normale Temperatur versetzt werden. In gleichem Sinne dürfte das unter 5 rubrizierte von Merrifield (cfr. p. 272) gemachte Experiment, wenn wir es uns auf alle be- sprochenen Puppenserien: a, b, ce und deren Zwischengruppen, an- gewendet denken, ausfallen: Es werden dann Puppen, die bereits in dieser oder jener Richtung vollkommen fixiert sind, sich nicht beein- —— 275 — Aussen lassen; Individuen, welche noch nicht vollkommen fixiert sind, von der begonnenen Entwickelungsrichtung irgendwie abgelenkt, und endlich Individuen, welche vollkommen ruhten, zu einer ausgeprägten Hitzeform gestempelt werden. ß) Weitere specielle Beobachtungen. Vanessa e- album zeigte in den beiden Generationen eine verschiedene Reaktionsfähigkeit den Temperaturexperimenten gegenüber. Sehr empfindlich erwies sich die erste, viel weniger empfindlich die zweite Generation. Durch Ein- wirkung erniedrigoter Temperatur kann die erste Generation zu einer Kongruenz mit der zweiten gebracht werden, ja sogar zu gewissen Zeichnungsanklängen an Van. faunus, nicht aber umgekehrt die zweite Generation durch erhöhte Temperatur zu einer vollkommenen Kon- gruenz mit der ersten. Hohe Temperaturen verschieben die erste Gene- ration teilweise über den Charakter der hellsten in der Natur sich findenden Sommerexemplare der zur Verwendung gelangten mittel- europäischen Form hinaus, indes nur etwa so weit, als dies in neapolitanischen Stücken der Sommerform ebenfalls geschieht. Durch niedrige Temperaturen wurden die wenigen bisher untersuchten Exemplare der zweiten Generation nicht verändert. Wir werden daher diese zweite Generation, weil fester, als den phylogenetisch älteren Typus fassen müssen, die erste Generation aber als erst nachmals eingeschaltet und darum weniger fest. f Für diese Auffassung der genannten phylogenetischen Alters- verhältnisse spricht im höchsten Grade weiter auch der Umstand, dass die so sehr nahe verwandte Van. faunus von Nordamerika nur in einer Generation erscheint, und dass diese Generation der zweiten von Van. c-album ausserordentlich entspricht, ja dass Van. c-album durch unsere Versuche, und zwar die mit niedrigen Temperaturgraden, in gewissen Punkten noch in etwas mehr an den Typus von Van. faunus angenähert zu werden vermag. Ziehen wir ferner heran, dass der Typus dieser Vanessa- (Grapta-) Gruppe in Nordamerika eine ganze Reihe verwandter Arten besitzt, so werden wir uns die Wiege derselben in jenem Faunengebiet zu denken haben. Vanessa urticae. Bei dieser Art finden wir vielfach analoge Verhältnisse. Auch hier zeigen die verschiedenen Generationen etwas verschiedene Reaktions- 18* — 6 — fähigkeit, und es erweist sich ebenfalls die Generation, welche die überwinternden Falter liefert, als die relativ festeste. Vanessa urticae schwankt in ihren Formen nach den verschiedenen Orten ihres Vorkommens wesentlich stärker als c-album und kommt in Individuen von nördlichster Provenienz der einzigen nahe ver- wandten Art: milberti von Nordamerika noch am nächsten. Experimentell können wir durch Einfluss erniedrigter Temperatur diese Annäherung an die nordamerikanische Species in gewisser Richtung noch steigern. Ein Unterschied in der Zahl der Generationen findet sich hier zwischen der neoarktischen und paläarktischen Art nicht, da sich beide überwiegend in drei Generationen zu entwickeln scheinen. Indes, wenn wir bedenken, dass es sich in Van. urticae unzweifel- haft um einen nördlichen Typus handelt, dessen überwinternde Gene- ration sich den Versuchen gegenüber als fester erwies, so werden wir den überwinternden und noch mehr den nördlichen Typus, das heisst var. dolaris Stgr. als den phylogenetisch älteren ansehen müssen und damit wohl auch Van. milberti als phylogenetisch ältere Art, weil sie diesen nördlichen Typus in noch gesteigertem Masse zum Ausdruck bringt. Durch hohe Temperaturen wird, wie bei Van. c-album, eine Ent- wickelungsrichtung in diametral entgegengesetzter Richtung hervor- gerufen, und es ergeben sich teilweise sehr hochgradige Annäherungen an Van. urticae var. ichnusa von Corsica und Sardinien. Vanessa io. Durch Einfluss erniedrigter Temperatur wird diese Art sehr sichtbar umgestaltet. Diese individuell einerseits wohl ziemlich verschieden auf- tretenden Umgestaltungen erfolgen doch andererseits in einer ganz bestimmten Richtung, nämlich in der Richtung einer Konvergenz, einer Annäherung an den Typus der Van. urticae. Schon vorher fanden wir zwischen den physiognomischen und biologischen Verhältnissen der beiden Arten eine Menge von Ver- gleichungspunkten, und wir werden darum trotz der grossen Differenz des gegenwärtigen Falterkleides sehr nahe verwandtschaftliche Be- ziehungen zwischen diesen Arten mit gutem Grunde annehmen können. Van. io wird dabei zufolge ihrer nicht nur von dem Typus der Van. urticae, sondern auch der verwandten Formen abweichenden Raupen- und Falterform als eine neuerdings veränderte, phylogenetisch jüngere Art zu fassen sein. Durch hohe Temperatur wurde Van. io verhältnismässig wenig verändert und scheint danach ein bereits sehr excentrisch getriebener, nicht mehr wesentlich weiter entwickelungsfähiger Zweig zu sein. Eine irgendwie befriedigende Erklärung für dieses Verhältnis, zu dem sich in der Pflanzen- und Tierwelt unzweifelhaft Parallelen finden dürften, vermag ich nicht zu geben. Vanessa polychloros. Es ist bemerkenswert, wie verschieden die Temperaturexperimente auf diese Art, verglichen mit Van. urticae, einwirken, während man doch bei lediglicher Vergleichung des gegenwärtigen Falterkleides dieser Species zunächst auf sehr nahe Beziehungen derselben zu ein- ander schliessen möchte: Bei einer Kälteexposition von 28 Tagen schwindet bei Polychloros am EHlinterrand der Vorderflügel der basale, schwarze Fleck häufig und der dem Aussenrande näher liegende bisweilen. Lässt man die Kälte noch länger (42 Tage) einwirken, dann schwindet ausser diesen beiden Flecken auch öfter noch der grosse schwarze, basale Fleck auf der EHlinterlügeloberseite, und die braune Grundfarbe tritt auch hier für diese dunklen Zeichnungselemente ein. Es erfolgt also durch gesteigerte Kälteeinwirkung eine gesteigerte Reduktion der dunklen Zeichnungselemente, und tritt zunehmende Zeich- nungslosigkeit in dem Sinne der Van. antiopa ein. Bei Van. urticae hingegen nahm bei 32 wie bei 42 Tagen Kälte- einwirkung das Schwarz auf Vorder- wie Hinterlügeln über das Durch- schnittsmass zu. Es verschob sich also Van. urticae bei ähnlicher oder sogar ganz gleicher Behandlung, wie Van. polychloros, vollkommen umgekehrt, indem sich bei urticae die schwarzbraunen Zeichnungen der basalen Hälften der Flügeloberseiten ausbreiteten, bei polychloros aber abnahmen oder verschwanden. Ebenso geht die Entwickelungs- richtung bei Einwirkung hoher Temperaturen bei beiden Arten aus- einander: bei urticae eine sehr greifbare Reduktion der schwarzbraunen Zeichnungselemente — bei polychloros durchaus als Regel keine ent- sprechende Reduktion, wohl aber wie bei urticae eine greifbare An- näherung an eine südliche Lokalrasse der Art. ‘Weder durch Verminderung noch durch Erhöhung der Temperatur erfolgt, verglichen mit der normalen mitteleuropäischen Form, irgend welche Annäherung der beiden Species, sondern im Gegenteil ein Auseinanderweichen. Dass die Lebensweise der beiden Arten keine rechten Parallelen bietet und die Nahrungspflanzen nicht dieselben sind, sagten wir bereits früher. Ferner ist die Puppenform keineswegs eine gleiche und der männliche Genitalapparat bei beiden Arten weit verschieden. Wir würden nach allen diesen Thatsachen gewiss irregehen, wenn wir uns durch die grosse Analogie des gegenwärtigen Falterkleides der beiden Arten verleiten liessen, den Verwandtschaftsgrad zwischen ihnen als einen sehr engen anzusehen. Sehr enge phylogenetische Beziehungen liegen nach Vergleichung aller physiognomischen und biologischen Thatsachen, wie nach den Ergebnissen der Temperaturexperimente zwischen Van. polychloros und wanthomelas vor, da sich polychloros durch Einfluss erniedrigter Temperatur wesentlich in seiner äusseren Erscheinung an Van. xan- thomelas Esp. annähern lässt. Van. xanthomelas scheint im äussersten Osten des paläarktischen Faunengebietes (Japan, Ostsibirien) ausschliesslich vorzukommen, erst weiter nach Westen hin fällt ihr Verbreitungsgebiet teilweise mit polychloros zusammen, und im Westen fehlt dann (Westschweiz, Frank- reich, Spanien) xanthomelas gänzlich, und nur Zolychloros ist noch vorhanden. Es hat viel für sich, Van. xanthomelas, verglichen mit Van. boly- chloros, als die phylogenetisch ältere Form zu fassen, welche ihrerseits wiederum durch die auf einer noch älteren Stufe stehen gebliebene Van. l-album (Scudders: Eugonia j-album B.; cfr. Scudder 1. c. Text p- 379—387. Taf. 3, 20, 33, 38, 53, 83) zu dem wohl sehr alten Typus der Van. faunus-, progne- etc.-Gruppe überleitet. Van. l-album Esp. (Eugonia j-album B.) ist eine in Nordamerika weit verbreitete Art und erstreckt sich in der alten Welt von Nord- asien in einem schrägen Keile mit nordnordwestlicher Grenzlinie von Livland bis nach Niederösterreich; Riga, Glatz, Brünn, Wien seien aus dieser Grenzlinie genannt. Speyer giebt von westlicheren Punkten noch Dresden, Darmstadt, Bozen, Piemont an; in neuerer Zeit scheint die Art aber in diesen Gegenden nicht mehr beobachtet worden zu sein. Weiter auf diese Fragen hier einzugehen, verbietet uns Zweck und Ziel der vorliegenden Arbeit. Vanessa antiopa. Die Temperaturexperimente dürften ein Licht auf die phylo- genetischen Beziehungen dieser in ihrem Falterkleide ebenso wesent- lich wie Van. io aus dem gewöhnlichen Vanessen-Typus heraus- tretenden Art werfen. — 279 — Nach 29—34 Tagen Kälteexposition hellt sich die dunkelbraune Grundfarbe auf, ferner erhält jeder der blauen Randflecken für sich einen schwarzen Hof. Nach innen treten vor diesen schwarzen Flecken vielfach Gruppen gelber Schuppen auf, und bei einzelnen Individuen heben sich von der lichtbraunen Grundfarbe am Costalrande und in der Flügelmitte der Vorderflügel verdunkelte Stellen genau an den Punkten ab, wo die schwarzen Flecken bei dolychloros und zanthomelas liegen. Diese Taf. VII, Fig. 3 dargestellten Verschiebungen nähern Van. antiopa dem polychloros-Typus an. Ganz entsprechend stellen sich auch auf der Unterseite, zumal der Hinterflügel, sichtliche Annäherungen an diesen Typus ein, wie dies aus der gleichen Abbildung erhellt. Bei längerer Kälteexposition verlieren die vorher angedeuteten Annäherungen an polychloros an Intensität, dagegen wird dann der gelbe Rand durch eingesprengte schwarze Schuppen verdüstert. Würde dieser verdüsterte Rand gleichzeitig an Individuen *), wie das Taf. VII, Fig. 3 reproduzierte, auftreten, so wäre die Annäherung an Van. polychloros eine viel augenfälligere. Jedenfalls ist zu Konstatieren, dass Van. antiopa durch Einfluss erniedrigter Temperatur wesentlich umgestaltet wird, so zwar, dass dadurch eine Konvergenz nach dem Typus der Van. polychloros, santhomelas hin stattfindet. Ziehen wir dazu ferner heran: die vollkommene Gleichheit der Lebensweise und die fast vollkommene des Puppenstadiums, sowie die ausserordentliche Aehnlichkeit der äusseren männlichen Genital- apparate, so werden wir die Ueberzeugung gewinnen müssen, dass die Verwandtschaft zwischen Van. antiopa und polychloros trotz des gegen- wärtig so verschiedenen Raupen- und Falterstadiums eine sehr nahe ist, und dass sie sich von einer gemeinsamen Wurzel abgezweigt haben. Bei Behandlung mit hohen Temperaturgraden erreicht Van. antiopa nicht nur die Charaktere der südlichsten Formen der Art von Mexico und Guatemala, sondern geht noch in gleicher Entwickelungsrichtung beträchtlich über diese Formen hinaus und entfernt sich damit noch mehr aus dem Typus aller verwandten Arten. Ebenso werden durch extreme Behandlung mit niedrigen Tem- peraturen Veränderungen des Falterkleides hervorgerufen, die durchaus *) Es wäre vielleicht wünschenswert gewesen, wie bei Van. io eine ganze Reihe dieser Formen im Bild zu geben, da sich das eine Individuum von Van. antiopa in diesem, das andere in jenem Punkte an den Typus von Van. polyckloros sichtlicher annähert, allein die Herstellungskosten wirklich guter Bilder sind gar zu grosse, und so musste von der Wiedergabe weiterer Individuen Abstand ge- nommen werden. — 280 — Neues, in dem Rahmen der Art bisher noch nicht Dagewesenes zu sein scheinen (cfr. p. 252 „antiopa b) Kälte 4°). Die starke Reaktionsfähigkeit hängt doch wohl mit der Eigenschaft der Van. antioba als einer phylogenetisch jüngeren Art zusammen, denn als solche werden wir sie zufolge ihres excentrisch entwickelten Typus, der sich doch andererseits noch an den normalen deutlich an- nähern lässt, zu fassen haben. Vanessa atalanta. ‘Wenn bei den bisher behandelten Vanessa-Arten Annäherungen an andere jetzt lebende Species stets durch Einwirkung erniedrigter Temperatur erfolgten, so ergab sich bei Van. atalanta eine solche Annäherung in einer Reihe von Punkten durch Einwirkung hoher Temperaturen, und zwar an den Typus der Van. callirrhoe. Durch Kälteexposition hingegen wurde eine ganz sichtliche Di- vergenz, eine zunehmende Abweichung von allen verwandten Arten hervorgerufen. Es entstand eine durchaus neue Form, zu der sich auch unter den bekannten, in der freien Natur vorkommenden Ab- errationen der Van. atalanta keine Parallele oder auch nur irgend welche Annäherung findet (cfr. Taf. VII, Fig. 8). Auch bei Van. atalanta dürfte die grosse Empfindlichkeit der Einwirkung äusserer Faktoren gegenüber mit dem verhältnismässig kurzen phylogenetischen Alter der Art, die wir als jüngere, von dem Typus der Van. callirrho& abgeleitete Form zu fassen haben werden, zusammenhängen. Vanessa cardui. Es gelang hier nur durch hohe Temperaturen, Individuen hervor- zurufen, wie sie lediglich aus der subtropischen und tropischen Zone bekannt sein dürften. Eine Veränderung, welche auf eine nahe Ver- wandtschaft mit einem bestimmten, anderen lebenden Typus gedeutet hätte, konnte ich in dem bisher gewonnenen Materiale wenigstens nicht erreichen, indes erfolgte mit der vorher bezeichneten Verschiebung doch im allgemeinen eine Annäherung an gewisse verwandte Formen der heissen Zone. Durch Kälteexposition trat bei cardui ebenfalls eine sehr greifbare Divergenz, verglichen mit allen verwandten Arten, ein (cfr. Taf. VI, Fig. 6), indes doch keine so weitgehende wie bei Van. atalanta. Ist es gestattet, aus der greifbaren Reaktionsfähigkeit der Ein- wirkung äusserer Faktoren gegenüber einen Schluss auf das phylo- genetische Alter einer Art zu ziehen, so werden wir der Van. cardui — 281 — kein sehr hohes phylogenetisches Alter beimessen können. Die ausser- ordentliche Verbreitung der Art, welche bei oberflächlicher Betrachtung ein hohes Alter wahrscheinlich zu machen scheint, kann gegen diese Annahme nicht in die Wagschale geworfen werden, da Van. cardui eines der aller flugkräftigsten Insekten ist, das selbst breite Meere leicht zu überfliegen vermag. Zudem berichtet uns Dr. Ad. Seitz, ein vorzüglicher Beobachter der Insektenwelt, dass die Art auf der Oberfläche des Meeres mit ausgebreiteten Flügeln zu ruhen pflege, um sich bald wieder ohne alle Schwierigkeit zu weiterem Fluge in die Luft zu erheben. Van. atalanta wie cardui schienen in der zweiten Generation der Kälteeinwirkung gegenüber stärker zu reagieren als in der ersten Generation. Der Wärme gegenüber habe ich diese zweite Generation noch nicht geprüft. Abgesehen von diesen ersten, eben behandelten, regulär und reihenweise bei den Versuchen auftretenden Formenketten ergeben die Temperaturexperimente auch noch zweitens bei einigen Arten kleinere von diesen Hauptketten divergente Serien (cfr. p. 252 anti- opa b) Kälte 4; p. 258 cardui b) Kälte 3a) und endlich drittens in einzelnen Stücken Individuen, wie sie sich zufällig gelegentlich in ganz gleichem Gewande in der freien Natur finden — also sogenannte „Aberrationen“. Es sind bei den Experimenten solche Formen ge- nannt bei Van. io, polychloros, cardui, ferner auch bei Argynnis aglaja. Es treten diese in der Natur höchst seltenen Erscheinungen bei den Experimenten öfter auf, und es wird dadurch wohl unzweifel- haft ein Licht auf die Ursachen geworfen, welche die Entwickelung solcher Individuen in der Natur veranlassen. Hand in Hand mit den Veränderungen in der Färbung des Falter- kleides gehen in der freien Natur bei den Arten mit Saison-Dimorphis- mus ferner Veränderungen in der Form dieses Kleides. Wir haben in dem ersten Abschnitt dieses Kapitels über die Zeitvarietäten bei Rhodocera cleopatra, Van. c-album etc. diesen Punkt erwähnt. Auch experimentell werden diese Formunterschiede deutlich her- vorgerufen und treten stets wie bei der Entwickelung in der freien Natur in Verbindung mit gewissen Färbungscharakteren auf. Es ist nun sehr bemerkenswert, dass Veränderungen in der Form experi- mentell auch bei solchen Arten erzeugt werden, welche in der Natur dergleichen Unterschiede nicht, oder doch nur in höchst geringem Grade zeigen. — 282 — Die Vergleichung zwischen Fig. ı und Fig. 2 auf Taf. VII dürfte die Verschiedenheiten der Flügelform, welche die ganz konstante Folge der verschiedenen experimentellen Behandlung ist, klar vor Augen führen. Bei der Kälteform von Van. antiopa (Fig. 2) ist der Flügelrand schärfer ausgeschnitten, es ragen Spitzen an mehreren Stellen hervor, an denen die Wärmeform (Fig. ı) Spitzen nicht zeigt. Sind bei beiden Formen solche Zahnungen vorhanden, dann besitzt die Kälteform die ausgeprägteren. Die Originale zu Taf. VU, Fig. ı u. 2 stammten von dem gleichen Elternpaar und von zwei etwa gleich grossen Puppen. Es scheint danach die Differenz der Flügelform dadurch zu entstehen, dass der Flügel durch Kälteeinwirkung an Wachstumsenergie verliert. Am meisten bleibt dabei das Wachstum in den Intercostalräumen zurück, viel weniger in der Lage der Flügelrippen, weil hier der das Wachs- tum hervorrufende Blutzufluss vom Körper her erfolgt und diese Stellen unter dem stärksten Drucke stehen. Auch bezüglich der Gestalt tritt die Wärmeform von Van. anti- opa erheblich aus dem normalen Artcharakter heraus. Van. faunus; c-album und Van. j-album; l-album, welche den Grundtypus zahlreicher Vanessen-Arten repräsentieren und damit als alte Formen der nördlichen Faunen lange Epochen niederer Tempe- raturen durchzumachen hatten, zeigen diese Zahnung des Aussen- randes der Flügel in der extremsten Form. Es wird sonach, wenn wir das Ergebnis unserer Experimente mit in Erwägung ziehen, der Charakter der Vanessen als „Eckflügler“ überhaupt als eine Folge langandauernder Einwirkung niedriger Temperaturgrade zu fassen sein. Bei Van. cardui und atalanta, die wir von tropischen und sub- tropischen Ahnen ableiteten, erfolgt durch experimentell herbeige- führte langandauernde Einwirkung niedriger Temperaturen eine sehr bedeutende Reduktion der gesamten Flügelgrösse. Die Puppe des Originals von Fig. 6 (Taf. VII) war etwa ebenso gross wie die von Fig. 5, und auch das Original von Fig. 8 schlüpfte aus einer Puppe, die unter normalen Verhältnissen unzweifelhaft einen wesentlich grösseren Falter ergeben hätte. Auch bei diesen Kälteformen wird die Gestalt der Flügel meist sehr sichtbar verändert, aber nicht in gleichem Sinne wie bei Van. antiopa, weil die Vorfahren dieser Arten zufolge ihres tropischen Wohnsitzes in der Vergangenheit von anderen Faktoren getroffen wurden. Bei diesen Species tritt nämlich eine scheinbare Streckung des Aussenrandes in der Nähe der Flügelspitze der Vorderflügel ein — eine „scheinbare“ ist zu sagen, denn in Wirklichkeit bleibt der hintere Flügelteil im Wachstum zurück, während die Spitze ihre normale Grösse mehr erreicht, offenbar weil hier die meisten Rippen liegen. Auch die Form der Puppen wird sichtlich durch Temperatur- einflüsse verschoben. Am greifbarsten war dies bei der eigentümlich gestalteten Puppe von Lim. camilla Schiff. der Fall. Durch 37° C wurden bei der Puppe dieser Art die lappenförmigen Auswüchse auf der Rückenseite des Leibes, wie die übrigen Spitzen und Ecken, zu- mal an der Kopfhülse, sehr erheblich verkürzt und verkleinert. Durch dergleichen Umgestaltungen müssen aber zugleich die Druck- und Spannungsverhältnisse im Innern der Puppe irgendwelche Modifikationen erleiden. V. Ergebnisse dieser Untersuchungen bezüglich des Saison - Dimorphismus. Gehen wir nun zu den allgemeinen Folgerungen aus den ge- wonnenen Thatsachen über, so dürfte sich dies ergeben: Die untersuchten Vanessa-Arten mit doppelter Generation (Van. urticae meist mit dreifacher) zeigen stets einen mehr oder weniger deutlichen Saison-Dimorphismus. Von diesen Generationen steht die eine dem Typus verwandter und, wie wir kurz andeuteten, phylo- genetisch älterer Formen näher, die andere Generation entfernt sich mehr von diesem Typus. Ist dieser ältere Typus ein nördlicher: Van. faunus und milberti, so steht die Form der kühleren Jahreszeit, also die überwinternden Individuen von: Van. c-album und urticae, diesem Typus näher; ist dieser ältere Typus aber ein südlicher: Van. (Pyrameis) callirrhoe, Van. (Pyrameis) species neotropicae, so nähert sich die Form der wärmeren Jahreszeit diesem Typus in höherem Grade, also die erste Generation von: Van. (Pyrameis) atalanta und Van. (Pyrameis) cardui. Die Aehnlichkeit zwischen Van. milberti und urticae nimmt noch - mehr zu, je nördlicher die Provenienz von urticae ist; umgekehrt wird Van. cardui nach den Tropen hin den verwandten Arten ähnlicher. Experimentell kann bei der ersten Artengruppe durch Erniedrigung der Temperatur die Konvergenz den älteren Typen gegenüber noch gesteigert werden, durch Erhöhung der Temperatur aber die Divergenz. Bei der zweiten Artengruppe hingegen wird durch Erhöhung der Temperatur die Konvergenz hinsichtlich der älteren Typen vermehrt, durch Erniedrigung der Temperatur aber die Divergenz. m 284 — Aehnliche Verhältnisse wie bei der ersten Gruppe liessen sich dann weiter auch bei den übrigen untersuchten Vanessa-Arten: Van. io, polychloros, antiopa nachweisen, welche regulärerweise nur in einer Generation auftreten und daher Saison -Dimorphismus nicht zeigen können. Auch bei diesen Arten wird durch Einfluss erniedrigter Temperatur eine sichtliche Konvergenz älteren Typen gegenüber hervor- gerufen, durch Erhöhung aber eine Divergenz. In allen diesen eben charakterisierten Formen handelt es sich bei jeder der untersuchten Arten um die Glieder einer zusammenhängenden Kette, von denen jedes im allgemeinen einer bestimmten, in einer ge- wissen reaktionsfähigen Entwickelungsphase eingreifenden Temperatur- einwirkung entspricht. Das eine Ende dieser Ketten, welches Annäherungen*) an phylo- genetisch ältere Typen zeigt, umfasst, in anderer Weise bezeichnet, regressive, atavistische Formen. Sie entstehen bei Van. c-album, urticae, io, polychloros und antiopa durch Erniedrigung, bei Van. atalanta und cardui aber durch Erhöhung der Temperatur. Das entgegengesetzte Ende der Ketten hingegen enthält Formen, welche sich von dem Grundtypus der Art, oder sogar auch von dem Typus aller verwandten Arten mehr oder weniger entfernen, sich mithin in einer jener ersten Gruppe diametral entgegengesetzten Richtung bewegen und also, mit jenen verglichen, als progressive Formen zu bezeichnen sind. Bei Van. c-album, urticae, io, bolychloros und antiopa sind als solche progressive Formen demnach zu betrachten die Wärmeformen, bei Van. atalanta und cardui aber die Kälteformen. Der Grad dieses Vorwärtsschreitens ist bei den verschiedenen Arten ein wesentlich verschiedener: ‘Während sich die phylogenetisch älteren Formen: Van. c-album, urticae und polychloros nicht in sehr weitgehender Weise verändern und nur etwa aus der mitteleuropäischen in die südeuropäische Form übergeführt werden können, gestalten sich die phylogenetisch jüngeren: Van. antiopa, atalanta und cardui so erheblich um, dass dadurch Formen entstehen, wie sie bisher niemals und nirgends beobachtet wurden, und mithin etwas ganz Neues, noch nicht vorhanden Gewesenes darstellen. Van. io, eine phylogenetisch wohl sicher nicht sehr alte Art, ver- *) Es ist bereits früher darauf hingewiesen worden — bei Van. zo, polychloros, atalanta — dass sich gewisse dieser Formen gelegentlich dann und wann in der freien Natur finden. pe 285 — ändert sich nicht sehr bedeutend, wie wir denn auf diesen Punkt bereits p. 277 hingewiesen haben. Man könnte daran denken, und es wird dieser Einwurf gewiss ge- macht werden, dass auch diese Formen lediglich Rückschlagformen seien. Gegen diese Annahme sei zunächst betont, dass diese Formen noch niemals und nirgends beobachtet wurden. Es fällt diese That- sache aber bei der uns hier interessierenden Tiergruppe im höchsten Grade ins Gewicht, weil dieselbe erstens, wie keine zweite, von einer sehr grossen Zahl von Liebhabern Jahr um Jahr in ausserordentlicher Menge gesammelt und beobachtet wird, und weil sie sich zweitens bei irgendwie sorgfältiger Behandlung ein volles Jahrhundert und länger gut konservieren lässt. Infolgedessen liegt uns in den kolo- rierten Werken, wie in den grossen, gegenwärtig bestehenden, palä- arktischen Sammlungen, deren Besitzer keine Mühe und keine Opfer scheuten, um eine hohe Vollständigkeit aller nur irgend erreichbaren Formen zu erringen, aus dieser überall in der paläarktischen Fauna häufigen Artengruppe ein Material vor, das aus Hunderttausenden und teilweise wohl sogar mehreren Millionen von Individuen im Laufe der Zeit ausgewählt wurde. Unter dieser Fülle von Individuen sollten die bezeich- neten Typen doch wenigstens einmal in ähnlichen For- men durch Atavismus aufgetaucht sein, wenn es sich ledigJich um bereits im Rahmen der Art „Vorhandengewesenes“ handelte. ‘ Nicht allein diese von uns als nahezu erwiesen angenommene Existenz progressiver, in einer bestimmten Entwickelungsrichtung über alles Dagewesene experimentell hinausgeschobener Formen spricht für den massgebenden Einfluss der direkten Wirkung der Aussenwelt auf die Entwickelung der Arten; es zeigen sich auch bei der Betrachtung der als atavistisch mit Wahrscheinlichkeit zu deutenden Formen Er- scheinungen, die in dem gleichen Sinne jenes massgebenden Einflusses zu deuten sind. So dürfte es von hohem Gewicht sein, dass experi- mentell Formen hervorgerufen werden, welche unzweifelhaft bessere Schutzfarben aufweisen als die gegenwärtig lebenden Typen jener in Frage kommenden Arten. Die Taf. VI, Fig. 5 u. 6 dargestellte Unterseite von Van. io, welche bei der Ruhestellung der Art ausschliesslich sichtbar ist, erweist sich meinem Auge gegenüber, das nun mehr als 25 Jahre lang durch Hleissige Beobachtung geschult ist, sicher besser geschützt als die tief- schwarzbraune, in Moiree schillernde Unterseite unserer bekannten, normalen Van. io; und doch hat diese experimentell in beliebiger — 286 — Zahl herzustellende Unterseite in der Vergangenheit wohl sicher in sehr ähnlicher Form existiert. Ein fast Gleiches gilt von der Taf. VII, Fig. 3 wiedergegebenen Form, welche wohl ebenso einmal in wenigstens annähernd gleichem Gepräge Wirklichkeit war. In viel höherem Masse als bei diesen beiden eben bezeichneten Fällen leuchtet die Schutzfärbung aber sofort ein bei den unter Van. antiopa b) Kälte 4 (cfr. p. 252) und unter Dasych. abietis b) Kälte 2 (cfr. p. 260 u. 261) charakterisierten Typen, welche ebenfalls nicht als Einzel- erscheinungen, sondern reihenweise experimentell herzustellen sind. Warum hat sich die natürliche Zuchtwahl nicht dieser Formen bemächtigt und sie fixiert, wenn sie schliesslich, wie Weismann und seine Schule meinen, einzig und allein das Vehikel ist, welches die Welt der Organismen allmächtig leitet?? (Cfr. Weismann: „Aeussere Einflüsse als Entwickelungsreize“. Jena. Gustav Fischer. 1894.) Diese Formen sind eben gegenwärtig in der freien Natur nicht möglich, weil so intensive Einwirkung niedriger Temperaturen dem sensiblen und dieses gut geschützte Zeichnungsgepräge wesentlich bestimmenden Stadium gegenüber niemals erfolgt. Freilich glaube ich, dass diese Formen, sicher wenigstens die von Van. antiopa, auch in der Vergangenheit niemals existierten. Wir kommen auf diesen Punkt später noch zurück. Die Experimente zeigen uns nach allen diesen Thatsachen klar, dass das Kleid des Falters ausserordentlich abhängig ist von Tem- peratureinwirkungen, welche das Puppenstadium trafen. Ferner zeigen sie aber auch ohne weiteres, dass diese Veränderungen in hohem Grade unabhängig von den Bedingungen erfolgen, unter denen die Entwickelung der vorhergehenden Phasen der Metamorphose stattfand. Die Experimente wurden lediglich mit Puppen vorgenommen, deren Raupen in der freien Natur heranwuchsen, oder doch unter Temperaturbedingungen, die sich von denen in der freien Natur nicht irgendwie erheblich unterschieden. Die relative Selbständigkeit der verschiedenen Entwickelungs- phasen der Insekten und die Unabhängigkeit der Veränderung des einen Stadiums von den übrigen Stadien geht schon aus der Thatsache hervor, dass z. B. nahe verwandte Arten, die als Imagines sehr schwer zu unterscheiden sind, oft genug sehr ungleiche Raupen besitzen; man denke an: Acronycta tridens Schiff. und dsi L.; Cucullia lactucae Esp. und Zucifuga Hb.; Plusia triplasia L. und asclepiadis Schiff. Um- gekehrt liefern nicht selten auch bei nahe verwandten Arten sehr ähnliche Raupen recht verschiedene Falter: Smerinthus ocellata L. und populi L.; Bombyx franconica Esp. und castrensis L.; Bombyx crataegi var. ariae Hb. (var. arbusculae Pfaff.) (Bündner Hochalpen) und lanestris var. arbusculae Frr. (Bündner Hochalpen). Einerseits diese hochgradig unabhängige Entwickelung der ver- schiedenen Phasen der Insektenmetamorphose voneinander und anderer- seits die experimentell nachweisbare, hochgradige Abhängigkeit des Falterkleides von Temperatureinwirkungen einem gewissen, sehr sen- siblen Stadium der Puppenphase gegenüber machen es im höchsten Grade wahrscheinlich, dass dieselben Bedingungen, welche experi- mentell eine Form ins Dasein rufen, diese Form auch in der freien Natur ins Dasein rufen, riefen und also füglich auch rufen werden, falls entsprechende äussere Faktoren einwirken. Wenn wir also bei gewissen Artengruppen eine Konvergenz des Falterkleides an ältere Typen durch Einwirkung erniedrigter Tem- peratur herbeiführen, so zwar, dass diese Annäherung zunimmt, wenn wir die Intensität dieser Kälteeinwirkung bis zu einem gewissen be- stimmten, bei den verschiedenen Arten verschieden gelegenen Punkte vermehren, so werden wir annehmen dürfen, dass die Divergenz des Falterkleides von jenen älteren Typen durch den entgegengesetzten Einfluss, also unter der Einwirkung steigender Temperaturgrade erfolgte. Umgekehrt — stellt sich bei einer anderen Artengruppe experi- mentell eine Konvergenz des Falterkleides an ältere Typen durch - Erhöhung der Temperatur heraus, so wird die Divergenz unter Ein- wirkung sinkender Temperaturen erfolgt sein. Dieses Divergentwerden des Falterkleides ist nun aber, wohl ver- standen, nicht ohne weiteres als parallelgehend zu betrachten mit dem Divergentwerden aller übrigen physiognomischen und physiologischen Qualitäten der sich von einem älteren Typus abzweigenden Individuen- gruppe — also etwa zu denken, wie man sich ausdrücken könnte, als integrierender Bestandteil der Artbildung. Es ist dieses Divergentwerden des Falterkleides lediglich als eine begleitende Nebenerscheinung der Artbildung aufzufassen, welche ein- treten kann und in der Regel eintreten wird, aber nicht notwendig, wenigstens nicht sofort notwendig eintreten muss. Dieses Divergentwerden des Falterkleides hängt unzweifelhaft von sehr verschiedenen Faktoren ab, z. B. sicher auch von gewissen che- mischen Eigenschaften der Nahrung; einer der wesentlichsten dieser Faktoren aber wird in den Temperaturverhältnissen zu suchen sein, welche auf das Puppenstadium einwirkten. — 28 — Wenn diese Verschiebungen im Farbenkleid der Flügel auch keinen massgebenden Einfluss auf die Fortpflanzung, auf die Ver- mischung verschobener mit nicht verschobenen Individuengruppen aus- üben können, so sind wir doch berechtigt, sie gewissermassen als ein Anzeichen, als ein Reagens dafür anzusehen, dass auch Veränderungen in physiologisch wichtigeren Beziehungen vorgegangen sind. Sie sind nicht der wesentliche und wichtigste Anteil in dem ganzen Prozess der Artbildung, aber sie sind der augenfälligste Anteil, den wir am sichersten beobachten können. Da kein Grund ist, anzunehmen, dass diese sinnfälligen Ver- änderungen andere Wege gehen als die physiologisch wichtigen, so sind wir ganz gewiss berechtigt, wie esim Vorhergehenden geschehen ist, sie für das Studium der Verwandtschaften zu Rate zu ziehen. Ein integrierender Bestandteil der Artbildung ist hingegen, wie uns der Abschnitt über die Hybridation zeigte, die eintretende physio- logische Divergenz, der zufolge auch nächstverwandte Arten nicht mehr in sich fortpflanzungsfähige Nachkommen miteinander zu zeugen vermögen. Von den Hybridationsexperimenten abgesehen, die nur für sehr kleine Gruppen der Lepidopteren möglich sind, bietet die hauptsächlichste für unsere Sinne zugängliche und greifbare Handhabe zur Beurteilung dieser physiologischen Divergenz und Differenz: die Untersuchung des äusseren männlichen Genitalapparates. In mustergültiger Weise sind diese Untersuchungen in Me Lachlan’s Monographie der europäischen Trichoptera (London 1874-80) durch- geführt. Indes auch die Specialisten anderer Insektenordnungen haben die Wichtigkeit dieser Organe, welche für die Reinerhaltung der Art von höchster Bedeutung sind, mehr und mehr erkannt. So schenkt denn ebenfalls das viel citierte Scudder’sche Werk diesem Gegenstande in der richtigen Schätzung seines fundamentalen Wertes die grösste Auf- merksamkeit, und es wäre sehr zu wünschen, dass auch die palä- arktischen Lepidopteren in gleichem Sinne, wie es Scudder mit einem Teil der neoarktischen Rhopaloceren begonnen hat, durchgearbeitet würden. Wir fanden bereits vorher eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Divergenz des Falterkleides älteren Typen gegenüber bei der ersten Gruppe der experimentell behandelten Vanessa-Arten, also bei: Van. c-album, urticae etc. unter dem Einfluss steigender — die Divergenz des Falterkleides bei der zweiten Gruppe: Van. atalanta, cardui aber unter dem Einfluss sinkender Temperaturgrade erfolgt sei. — no Berücksichtigen wir dann weiter, welche tiefgreifenden Verschie- bungen sofort eintreten, wenn die Temperaturexperimente bereits dem Stadium des Eies und der Raupe gegenüber angewendet wurden (efr. p. 141— 153), so spricht ausserordentlich viel für die Annahme, dass nicht nur das Falterkleid unter dem Einfluss steigender, oder auf der anderen Seite fallender Temperaturen von den älteren Formen divergent wurde, sondern dass die gesamte specifische Differenzierung, also die Herausbildung der betreffenden divergent werdenden Individuen- sruppen zu gesonderten, isolierten, neuen Arten durch den gleichen äusseren Faktor, also bei der ersten Artengruppe durch steigende, bei der zweiten aber durch sinkende Temperatur direkt bewirkt wurde. Es können dabei diese Verschiebungen der Temperaturverhältnisse natürlich ebensowohl in dem Fluggebiete der Arten selbst Platz ge- griffen, als auch ihre Einwirkung: dadurch entfaltet haben, dass die in Frage kommenden Individuengruppen in südlichere, oder in nördlichere Erdstriche vordrangen. Ferner: ein Verständnis für diese sehr bemerkenswerten Ergebnisse der Temperaturexperimente werden wir lediglich in der Annahme zu finden vermögen, dass ähnliche Ursachen bei Nachkommen und Vor- fahren auch ähnliche Wirkungen hervorrufen, vorausgesetzt, dass die gleiche Entwickelungsphase von den betreffenden Ursachen getroffen wurde. Dass gleiche Ursachen gleiche Wirkungen ergeben, wird durch die bei diesen Experimenten ganz direkt zu beobachtenden Thatsachen fast unabweislich an die Hand gegeben. Selbst bei Individuen, die nicht von denselben Eltern und zudem “von sehr verschiedenen Fundorten stammten, wie dies bei Van. atalanta der Fall war, ergaben, sofern nur die Einwirkung des gleichen Faktors auf den gleichen Punkt der Entwickelung erfolgte, gleiche, oder doch recht ähnliche Tiere. Es erweist sich weiter die Reaktionsfähigkeit der verschiedenen Arten als eine bezüglich ihrer Intensität graduell sehr verschiedene. Ja auch ein und dieselbe Art zeigt sich bezüglich dieser Reaktions- fähigkeit in den beiden Generationen nicht gleich. Die Gründe dieser graduellen Unterschiede in der Reaktionsfähigkeit suchten wir in den Unterschieden des phylogenetischen Alters der verschiedenen Formen. Die Unterschiede der Reaktionsfähigkeit verschiedener Arten äusseren Einflüssen gegenüber, ebenso wie die verschiedene Fähigkeit verschiedener Arten, bei Hybridation ihre Eigentümlichkeiten zu ver- erben, scheint also in letzter Linie folgendem Gesetze zu gehorchen: Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. IQ — 290 =— Je grösser die Zahl der Generationen ist, welche schon ein gewisses Kleid getragen haben, desto mehr ist dieses Kleid gegenüber äusseren (Temperatur-) und inneren (Hybridations-)Einflüssen geschützt und be- festigt. Die Unterschiede in der Reaktionsfähigkeit ruhen in letzter Linie also in der häufigeren oder weniger häufigen Einwirkung der dieses Gewand bedingenden äusseren Faktoren. Zu diesen Faktoren gehören aber, wie wir schon vorher bemerkten, gewiss nicht nur Temperatur- bedingungen. Wir erhalten sonach, wenn unsere Voraussetzungen richtig sind, keine in allen Punkten, sondern nur in annähernder Form reproduzierten atavistischen Typen, sie sind eben nur hinsichtlich der Punkte, welche von Temperatureinflüssen bedingt waren, mehr oder weniger reproduziert. Weiter: wir erzeugen durch Einwirkung extremster, von den unter- suchten Arten eben gerade noch in einzelnen Individuen ertragener Temperaturen mit einem Schlage Formen, wie sie sich in der freien Natur gar nicht finden, oder doch nur an den nördlichsten oder süd- lichsten Flugorten der fraglichen Species. An diesen Flugorten wirken aber jene experimentell angewendeten Temperaturgrade auf das unter- suchte Stadium dieser Arten thatsächlich niemals, oder doch sicher niemals auch nur annähernd so dauernd ein, wie bei dem Experiment. Von unserem Standpunkte aus werden wir diese Thatsache nur dadurch erklären können, dass bei jenen nördlichsten oder südlichsten Formen der verschiebende Faktor lange Zeiträume hindurch in geringerer Intensität einwirkte, und dass die kleinen, durch ihn hervorgerufenen Veränderungen sich vererbten und dadurch allmählich steigerten. Wir erhöhen die Intensität des Faktors und erhalten damit sprungweise Formen, welche sich jenen in der freien Natur sehr allmählich heraus- gebildeten mehr oder weniger annähern. Wenigstens ein specielles Beispiel möge für diese Verhältnisse angeführt werden: Papilio machaon, der in seiner zweiten, sich etwa im Laufe des Juli entwickelnden Generation in Zürich als Puppe von einer Durchschnittstemperatur von 18,4° C*) getroffen wird, kann in von Zürich stammenden Individuen durch konstante Einwirkung von 37—38° C auf das Puppenstadium direkt in eine Form verwandelt werden, wie sie im Juli bei Jerusalem fliegt. Jerusalem hat aber im Juli, als dem heissesten Monat, nur eine Durchschnittstemperatur von 24,5° C**), *) Nach brieflicher Mitteilung des Herrn Direktor Billwiller (Zürich). **) Nach J. Hann: „Handbuch der Klimatologie“. Stuttgart 1883. aa! - nn PT Om m — 291 = und wenn die Puppen der zweiten Generation von Zürich konstant mit einer Temperatur von 24,5 C behandelt werden, so zeigen die Falter aus diesen Puppen keinerlei bemerkbare Veränderungen, verglichen mit normalen Exemplaren der zweiten Züricher Generation. Es würde also die Einwirkung von 24,5°C auf die Züricher Puppen einer ausser- ordentlich hohen Zahl von Generationen gegenüber wiederholt werden müssen, um das Gewand des Jerusalemer Typus zu erreichen. Handelt es sich dabei um die progressiven Formen der unter- suchten phylogenetisch jüngsten Arten, so werden wir annehmen können, dass diese experimentell gewonnenen Formen dann eintreten werden, wenn die zukünftig in der Natur auf die betreffenden Arten einwirkenden Faktoren den experimentell angewendeten homologe sind. Van. atalanta ab. merifieldi Stdfs. wird also dann in annähernder Form in der freien Natur auftreten, wenn die Art noch mehr nach Norden vordringt, beziehungsweise dann, wenn in den Fluggebieten der Art die Temperatur in Zukunft erheblich sinkt. Nur „in annähernder Form“ wurde auch hier wie bei den ata- vistischen Typen gesagt, weil mit den Umgestaltungen der Temperatur auch andere Bedingungen, die für das Gepräge des Falterkleides der Van. atalanta massgebende sind, der Gegenwart gegenüber sich in der Folgezeit anders gestalten werden. Wenn wir die Erklärung dieser Resultate der Temperaturexperi- mente darin suchen, dass ähnliche Ursachen bei Nachkommen und Vorfahren auch ähnliche Wirkungen hervorrufen, so sind auch gewisse Erscheinungen verständlich, die p. 279, 280, 281, 286 u. 287 nur kurz angedeutet wurden. Eine Konvergenz an ältere Typen wird bei der Einwirkung niedriger Temperaturen nur bis zu einer bestimmten Intensität dieser Einwirkung hervorgerufen. Wird diese Intensität der Kälteeinwirkung noch gesteigert, und sie kann, davon bin ich fest überzeugt, noch erheblich über die bis- herigen Experimente hinaus nicht der Zeit, wohl aber den Graden nach gesteigert werden, so erfolgte sofort wieder eine Divergenz, verglichen mit den verwandten phylogenetisch älteren Typen sowohl, als mit allen gegenwärtigen Formen der experimentell behandelten Arten. Und ähnliche Erscheinungen liessen sich auch bei sehr hoch gesteigerter Hitzeeinwirkung bemerken. Als einen besonders scharf ausgeprägten, hierher gehörenden Typus betrachte ich Vanessa antiopa b) Kälte 4. Doch auch sonst 19* 2 292 = zeigten sich homologe Verhältnisse, und sie werden sich häufen *), sobald mit niedrigeren Temperaturgraden (+ 2° bis o° oder unter 0° C) gearbeitet werden kann, was mir bisher leider nicht möglich war. In diesen Fällen wirkten eben Faktoren auf die Versuchsobjekte ein, welche an Intensität ganz bedeutend über die Verhältnisse hinaus- gingen, unter denen in der Vergangenheit Aehnlichkeit zwischen dem Falterkleide der betreffenden nächstverwandten Arten bestand. Alle diese Annahmen, die sich aber aus dem rein ursächlichen Zusammenhang zwischen Temperaturexperiment (Ursache) und Falter- kleid in seiner Form und Färbung (Wirkung) mit innerer Notwendig- keit zu ergeben scheinen, zu endgültiger, unanfechtbarer Beweiskraft zu erheben, muss noch gezeigt werden, dass sich diese experimentell erzeugten Veränderungen wenigstens bis zu einem gewissen Grade vererben. Es wird dieses keine leichte Sache sein, da die greifbarsten Verschiebungen an den bunten und charakteristisch gezeichneten Tag- faltern zu erzielen sind, und gerade diese in der Gefangenschaft nur ausnahmsweise und zumeist noch äusserst schwierig zur Paarung ge- bracht werden können. Mit Weismann lediglich die natürliche Zuchtwahl auf der Basis der, insofern sie nicht eben aus äusseren Faktoren entspringend ge- dacht wird, vollkommen unverständlichen, individuellen Variabilität als einziges Prinzip der Veränderung der Formen anzunehmen, ist hier nicht wohl angänglich. Bei den untersuchten Vanessen lässt die Ausbildung der Oberseite nur in einem Falle vielleicht eine erhebliche Mitwirkung des Zucht- wahlfaktors voraussetzen, nämlich bei Van. io, verglichen mit Van. urticae, wenn die Augen als Schreckorgane gefasst werden. Van. antiopa z. B. ist hinsichtlich ihrer Oberseite gewiss nicht besser, sondern weniger gut geschützt als der ältere dolychloros-, xanthomelas-Typus, aus dem wir antiopa mit Wahrscheinlichkeit ab- zuleiten haben. *) Diese Vermutung bestätigen die mir soeben durch Zusendungen bekannt werdenden Versuche, welche die Herren Zahnarzt Heppe (Rorschach) und Eisen- bahnsekretär Weskamp (Mayen, Rheinprovinz), der erstere mit Puppen von Van. antiopa und der zweite mit solchen von Yan. polychloros, beide in Eiskellern auf meine Anregungen hin im Jahre 1895 vornahmen. Bei den niederen Temperaturen, die Herr Weskamp als etwa + 2° C angab, erfolgte keine regressive, phylo- genetische Entwickelung, wie bei meinen Experimenten (bei + 4 bis + 6° C), mit diesen Arten, sondern, wie es scheint, eine sehr eigenartige morphologische Um- prägung der Schuppen, die sich darin ausspricht, dass die Tiere Schiller zeigen, der namentlich an allen Flügelteilen mit sehr dunklen Farbentönen zu prächtigem Ausdrucke gelangt. =— 293 nn Unzweifelhaft liegen andererseits auf der Unterseite dieser Tiere Schutzfarben vor. Doch scheint es mir der Wirklichkeit nicht zu ent- sprechen, wie schon vorher berührt wurde, diesbezüglich Van. antiopa und Van. io mit besseren Schutzfarben ausgerüstet zu betrachten als die verwandten älteren Typen, an die doch experimentell eine greifbare Annäherung (cfr. Taf. VI, Fig. 5 u. 6, und Taf. VII, Fig. 3) geschaffen werden konnte, sondern im Gegenteil ganz sicher mit schlechteren. Auch die Raupen der phylogenetisch jüngeren Formen, Van. antiopa und io, zeigen keine besseren Schutzfarben als die älteren, im Gegenteil weniger gute, während die längeren und kräftigeren Dornen der verfolgsenden Vogelwelt wiederum lästiger sein werden als die kürzeren der Van. polychloros und urticae. Ein Walten der natürlichen Zuchtwahl besteht auch nach unserer Auffassung gewiss, aber es besteht auf der Basis der in der Wechsel- wirkung zwischen Organismus und Aussenwelt in diesem hervor- gerufenen Variationen (cfr. F. Ris: Dr. Standfuss’ Experimente etc., Mitteil. d. Schweiz. Ent. Gesellsch. 1895. Vol. IX. Heft 5. p. 242—260). Die durch Experimente gewonnenen Resultate stimmen in vieler Beziehung durchaus mit den Ergebnissen der mühevollen und so viele schöne Gedanken enthaltenden Arbeit Eimer’s: „Die Artbildung und Verwandtschaft bei den Schmetterlingen“. Jena. G. Fischer. 1889 überein. Indes wenn, wie mir notwendig zu folgen scheint, als Konsequenz jener Arbeit der Satz resultiert, dass der Verwandtschaftsgrad der Arten einer Gattung mit dem Grade der Aehnlichkeit des Falterkleides der betreffenden Arten koincidiert, so zwar, dass man auch umgekehrt aus dem Grade der Aehnlichkeit des Falterkleides direkt auf den Grad der inneren Verwandtschaft, der physiologischen Affinität der betreffen- den Arten einen Schluss ziehen kann, so dürfte dieser Satz, so allgemein ausgesprochen, nicht richtig sein. Die äusserlich sichtbare Divergenz hält bei der Abzweigung der Individuengruppen von einander, also bei der Bildung neuer Arten, gewiss nicht immer gleichen Schritt mit der inneren physiologischen Divergenz. Wir nahmen im Vörstehenden wiederholt Gelegenheit aut hierher gehörende Thatsachen hinzuweisen. Es dürfte z. B. Van. antioba trotz der grossen Differenz des Falterkleides, verglichen mit Van. polychloros, eine wesentlich höhere physiologische Affinität mit dieser letzteren Art besitzen, als eine solche physiologische Affinität zwischen polychloros einerseits und wrticae andererseits besteht, Arten, welche konsequenterweise nach Eimer auf Grund der grossen Aehnlichkeit ihres Falterkleides als sehr viel näher — 294 — verwandt betrachtet werden müssten. Und es würde sich ebenso eine höhere physiologische Affinität zwischen Van. io und urticae als zwischen urticae und polychloros herausstellen, wiederum im Gegensatz gegen jene Konsequenzen. D In der Mehrzahl der Fälle indes dürfte der Eimer’sche Satz aller- dings zu Recht bestehen. Sicher ist, dass jede Arbeit, welche die Verwandtschaft der Arten bei den Lepidopteren behandelt, ebensowohl das Falterkleid, wie alle übrigen Entwickelungsphasen, ferner die Biologie, die geographische Verbreitung etc. und zumal auch die vorher genannten, so ausser- ordentlich charakteristischen Gebilde des äusseren männlichen Genital- apparates zu prüfen haben wird. Erst nach Berücksichtigung und Abwägung aller dieser Dinge gegeneinander wird sich ein annähernd richtiges Bild der wirklichen Verwandtschaft der Formen und ihrer gegenseitigen Beziehungen entwerfen lassen. Weismann nimmt in seinen „Aeussere Einflüsse als Entwickelungs- reize“ (Jena. Gustav Fischer. 1894. p. 16, ı7) an, dass der schwarze Anflug auf der Oberseite der Flügel bei Polyommatus phlaeas in der zweiten Generation durch direkte Einwirkung höherer Wärmegrade entsteht. Gewiss mit Recht. Es wird diese Schwärzung teilweise bereits auf die erste Generation des Jahres, also auf die aus über- winternder Raupe, durch Vererbung übertragen (cfr. p. 235 Anm.). Unmittelbar darauf bezweifelt Weismann diese direkte Einwirkung als Ursache für das Kleid der var. drorsa, also der Sommerform von Van. levana, und glaubt, dass die Wärme in diesem Falle nur die Rolle des auslösenden Reizes spiele, indem er, nach seinem eigenen Ausdruck, bestimmter die Möglichkeit ins Auge fassen möchte, dass es sich in Wahrheit hier um eine Erscheinung der Mimiery handele. Diese Möglichkeit ist aber aus mehr als einem Grunde unmöglich. Zuerst und vor allen Dingen ist Lim. sibylla L., welche nachgeahmt sein soll, überhaupt nicht geschützt, da sie von unseren sämtlichen gemeinen, insektenfressenden Vögeln: Turdus-, Ruticilla-, Sylvia- Species etc. etc. sehr gern verzehrt wird, und bezüglich der Eidechsen, deren Verhalten der Art gegenüber ich nicht kenne, hätte man wohl ausschliesslich mit der Unterseite zu rechnen, die doch wohl kaum noch als mimetisch gelten kann. Weiter dann: ich weis aus Erfahrung, dass ich selbst auf eine sehr bedeutende Entfernung hin jede Lim. sibylla, die doch sehr erheblich grösser ist und andere Flugmanieren und Gewohnheiten hat EEE nn nn un nn EM sn En ss — 295 — als var. drorsa, sicher von letzterer zu unterscheiden vermag. Herr Prof. Weismann stellt unserer Vogelwelt aber ein schlechtes und un- gerechtes Zeugnis aus, wenn er deren Beobachtungsgabe hinsichtlich ihrer Nahrungsobjekte unter die Durchschnittsleistungsfähigkeit des Menschen stellt. Ich habe jetzt etwa 25 Jahre lang mit unserer Vogelwelt oft genug konkurriert, und sie hat mir in der That grösseren Respekt vor der Schärfe ihrer Sinne aufgezwungen. Es dürften gar sehr viele Fälle, welche in den Sammlungen als prächtige Beispiele von Mimicry aus der Gruppe der Lepidopteren paradieren, beseitigt werden müssen, wenn für alle das Grundgesetz, dass die geschützte Species „das Modell“ mit der „nachahmenden Art“ an gleichem Ort und wenigstens doch auch annähernd gleichzeitig vorhanden sein müsse, streng beobachtet würde, Auch soll die nachahmende, die mimetische Art wesentlich seltener als die geschützte sein, sonst wird eine Täuschung der Verfolger auf die Dauer begreiflicherweise nicht gelingen. In dem Weismann’schen Falle der Lim. sibylla und Van. var. prorsa habe ich nun wenigstens die mimetisch sein sollende var. drorsa meist als die wesentlich häufigere gesehen. Auch viele der von meinem nur zu früh verstorbenen Kollegen und Studiengenossen Dr. Erich Haase in seiner gründlichen und überaus fleissigen Arbeit (Bibliotheca Zoolog. von Leuckart und Chun. 1891—93. Dritter Band) angeführten Fälle würden sich bei unbefangener Beobachtung der lebenden Tiere an Ort und Stelle in der angeblich mimetischen Form der verfolgenden Tierwelt gegenüber als recht schlecht geschützt ausweisen. Dr. O. Staudinger, dem bezüglich der exotischen Lepidoßteren gewiss wie keinem zweiten durch seine zahlreichen Sammler hierher gehörende Beobachtungen in Fülle bekannt werden mussten, gehört noch heute nicht zu den bedingungslosen, wie er sich selbst ausdrückt, Anhängern der Mimiery-Theorie (cfr. Staudinger: Iris. Dresden 1894. U. Heft. p. 371). Es scheint mir z. B. gewagt, Heteroceren und Rhopaloceren in zahlreichen Fällen als Modell und Nachahmer zu fassen, wegen des so sehr verschiedenen Verhaltens der beiden grossen Gruppen in Ruhe wie Bewegung. Es könnte dabei fast nur die Stellung der vorüber- gehenden Ruhe in Betracht kommen. Allerdings muss bedacht werden, dass es sich um sehr verschiedene Grade des Geschütztseins nach Art und Lebensweise des geschützten Tieres wie seiner Verfolger handelt, — ;00 — und wenn z.B. ein mimetisches Kleid selbst einer ganzen Anzahl von Insektenfressern gegenüber nicht schützt, so können immer noch andere uns nicht bekannte übrig bleiben, vor denen dieser Schutz in Wirklich- keit besteht. Sicher ist und bleibt die Mimiery eine Thatsache, mit welcher zu rechnen ist, nur kann sie unmöglich auf Grund des trockenen Materiales der Sammlungen geprüft und voll gewürdigt werden, sondern lediglich durch unbefangene und eingehende Beobachtung der lebenden Tiere in der freien Natur. Doch selbst angenommen, Van. var. Prorsa wäre eine mimetische Form, so müssten wir die Gründe ihrer Entstehung in der direkten Einwirkung höherer Temperaturgrade suchen, wie bei der südlichen geschwärzten Form von Polyommatus phlaeas. Die natürliche Zucht- wahl konnte nur sichtend eingreifen unter den Formen, welche durch direkte Einwirkung der Wärme entstanden, sich durch stetige Wieder- kehr des gleichen Faktors erblich gestalteten und zufolgedessen auch bei weiterer Wiederkehr zu steigern vermochten. Wenn wir schliesslich noch in Kürze die phylogenetischen Be- ziehungen der experimentell untersuchten Vanessa- Arten, wie ihrer nächsten Verwandten, skizzieren wollen, so ist zunächst darauf hin- zuweisen, dass paläarktische und neoarktische Fauna bezüglich dieser Arten offenbar in lebhaftem Austausch gestanden haben. Es bietet diese Thatsache für das Verständnis keine Schwierigkeit, da es sich durchweg um Formen von guter Flugkraft, teilweise sogar um solche von ausgezeichneter Flugkraft handelt. Aber selbst wenn dies nicht in so hohem Grade der Fall wäre, so würden uns die geologischen Befunde einen solchen Austausch höchst begreiflich machen. Es lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit eine wenigstens zeit- weilige Landverbindung zwischen Nordamerika und Nordeuropa, mit Sicherheit aber eine breite Landbrücke zwischen der Westküste Nord- amerikas und dem Osten Nordasiens, welche bereits vor der Eiszeit bestand, aber in bedeutender Breite wohl auch noch ziemlich geraume Zeit in die Eiszeit hineinreichte, nachweisen *). *) Es seien hierfür aus Neumayr: „Erdgeschichte“. 2. Band folgende Stellen wörtlich citiert: „Zahlreiche Thatsachen aus der Verbreitung lebender und fossiler Geschöpfe zeigen, dass während eines grossen Teiles der Tertiär- und Diluvialzeit eine vollständige und zusammenhängende Landverbindung (zwischen Nordwest- amerika) mit dem nordöstlichen Asien vorhanden war. Ausserdem macht es die Verbreitung der tertiären Meeresbildungen und der Basalte und Basalttuffe mit zwischengelagerten Braunkohlenschichten im nördlichen Teil des Atlantischen / — 297 — Diese Landbrücke dürfte eine so vollkommene Verbindung her- gestellt haben, dass die Fauna von Nordamerika und Nordasien lange Zeiträume hindurch eine nahezu gleiche war. Selbst zahlreiche, keines- wegs besonders flugkräftige Arten der Heteroceren, zumal der Noctwiden, sind noch gegenwärtig in beiden Faunengebieten dieselben, oder doch noch recht nahe verwandt. Es geht aber wohl nicht an, für alle diese Typen eine passive Verbreitung durch Wind anzunehmen. Später scheint diese Landbrücke, von Süden her beginnend, nach Norden hin allmählich eingesunken zu sein, und da gleichzeitig jene nördlichen Gebiete mehr und mehr in Eis erstarrten, so war damit ein Austausch der Landfauna zwischen der alten und neuen Welt abgebrochen, oder doch nur auf wenige Arten beschränkt. Weiter lässt sich dann nachweisen, dass Nordamerika eine längere Eiszeit durchzumachen hatte als Europa, wie denn auch gegenwärtig noch alljährlich dort ein bedeutender Teil der Sommerwärme durch das Schmelzen der grossen, im Norden ruhenden und teilweise von Norden auf dem Meere nach Süden vorrückenden Eismassen absorbiert wird. Infolgedessen werden auch noch heutzutage in Nordamerika die Temperaturen in den höheren geographischen Breiten erheblich unter denjenigen Betrag herabgedrückt, der ihnen nach ihrer geographi- schen Lage zukäme, mit anderen Worten: es bildet sich eine starke negative Anomalie der Sommertemperatur aus. (Nach J. Hann: „Hand- buch der Klimatologie“. Stuttgart 1883.) _ Auf der anderen Seite konnte sich in Nordamerika die Welt der Organismen leichter nach Süden flüchten, weil ihr hier durch keine westöstlichen Gebirgszüge der Rückzug in klimatisch günstigere Ge- biete abgesperrt wurde. Ein solches Absperren geschah in der alten Welt durch die im allgemeinen westöstliche Richtung der höheren Gebirge in ausgedehntem Masse. Auf Grund dieser Verhältnisse konnten sich in der neoarktischen Fauna nicht nur eine Anzahl älterer Typen überhaupt länger halten, sondern es konnten auch, wegen der andauernden Gleichartigkeit der Oceans sehr wahrscheinlich, dass Nordamerika wenigstens zeitweilig auch mit Nordeuropa in Verbindung war.“ „Als sehr wichtig verdient namentlich eine Landmasse hervorgehoben zu werden, welche (im Tertiär) das nordwestliche Europa mit Nordamerika verband und von welcher die Faröer und Island heute noch stehen gebliebene Reste dar- zustellen scheinen, Andererseits lässt die ausserordentliche Verwandtschaft, welche die Land- und Süsswasserbevölkerung von China mit derjenigen Nordamerikas zeigt, mit Bestimmtheit darauf schliessen, dass Nordamerika und das nordöstliche Asien in Verbindung waren und dass das Aliutische Meer trockenes Land war.“ & > 29 — äusseren Bedingungen, viele Typen länger eine ältere, ursprünglichere Form bewahren als in der paläarktischen Fauna, wofür sowohl die Pflanzen- wie die Tierwelt zahlreiche Beispiele liefern. Die Namen der neoarktischen und paläarktischen Fauna wären danach geradezu umzukehren: die „neue Welt“ ist zwar für den weissen Menschen „die neue“, für einen grossen Teil der Flora und Fauna der nördlich-gemässigten Zone aber ist sie „die alte“. Wir fanden bereits, dass wir die ursprünglichere Form der palä- arktischen Van. c-album in der neoarktischen Van. faunus vor uns haben dürften, und es sei hier beiläufig bemerkt, dass die neoarktische und ostsibirische Van. progne Cr. (cfr. Scudder: Op. c. Taf. 3. Fig. 5) wohl entsprechend den älteren Typus der paläarktischen Van. egea Cr. darstellt, ein Zwischenglied zwischen diesen beiden letzten Formen scheint Van. interposita Stgr. von Tura zu sein. Dieser faunus-, progne- etc.- Typus hat sich in der neoarktischen Fauna zu einer ganzen Anzahl von Arten entwickelt; man vergleiche hierzu das viel citierte Scudder’sche Werk. Mit diesem Typus hängt dann weiter Van. l-album (Seudder’s: Eugonia j-album) sehr nahe zusammen, welche sich in Nordamerika von dem einen Meere zum anderen in einer breiten Zone findet und sich auch in die paläarktische Fauna hineinschiebt, aber, wie es scheint, als recht alter Typus in diesem Gebiet bereits in starkem Rückgange begriffen ist (cfr. p. 278). Van. californica Boisd., mir leider nur als Imago bekannt, ist in der neoarktischen Fauna die einzige nähere Verwandte der Van. l-album. In der paläarktischen Fauna ist die mehr im Osten verbreitete Van. »amthomelas wohl als späterer und die weiter westlich vordringende Van. polychloros als noch jüngerer Typus zu fassen. Von Van. cashmirensis sah ich nur einige Falter und vermag mir lediglich danach ein Urteil über ihre phylogenetischen Beziehungen nicht zu bilden. Die Eiszeit zersplitterte die präglaciale Flora und Fauna der grossen nördlichen Kontinente in eine Anzahl sozusagen insulärer Gebiete. In diesen überdauerte ein Teil derselben die ganze Eiszeit mit ihren verschiedenen, in vielen Gebieten sicher nachgewiesenen Intervallen. Diese Scheidung eines früher einheitlichen Faunengebietes in einzelne Teile, verbunden mit den grossen klimatischen Verände- rungen, welche eben gerade zur örtlichen Scheidung dieser Fauna führten, musste nach unserer Anschauung die Bildung zahlreicher neuer Formen begünstigen. Somit liegt es am nächsten, wenn wir nach — 299 —— einer Zeitbestimmung für die Abtrennung der neuen, asiatisch-euro- päischen Formen von dem amerikanischen Stamme suchen, diese Bildungsepoche in die Eiszeit zu verlegen. Dass Van. antiopa ein Abkömmling der polychloros-, xanthomelas- ‚Gruppe, respective deren Vorfahren sei, scheinen uns unsere Experi- mente mit grosser Wahrscheinlichkeit erwiesen zu haben. Wir wagen nicht zu entscheiden, auf welchem Punkte des grossen Verbreitungs- ‚areales dieser neue, prägnante Typus entstanden ist. Es wäre denk- bar, dass er aus den ostwestlich vordringenden Formen sich abge- zweigt und so, von Osten her wieder nach Nordamerika übertretend, ‚den Kreislauf zur Ursprungsstätte seiner Verwandten vollendet hätte. Andererseits liegt die Annahme nicht fern, dass Ostasien, wo in Van. charonia Drur. (China, Nordindien) mit var. glauconia Motsch. (Japan) noch ein weiteres möglicherweise verwandtes Tier existiert, ‚die Wiege der Van. antiopa sei. Von hier hätte sie sich dann, der ursprünglichen Wanderrichtung folgend, westwärts bis nach Europa und andererseits rückläufig nach Nordamerika verbreitet. Sie direkt in Nordamerika entstanden zu denken, geht weniger leicht an, da sie- entschieden dem Amerika fremden olychloros-, ‚xanthomelas-Iypus näher steht als dem dort herrschenden Van. faunus-, brogne-, j-album-Typus. Die ganze bisher phylogenetisch skizzierte Gruppe (Van. calı- fornica, cashmirensis, charonia mit var. glauconia sind mir dies- bezüglich nicht bekannt) lebt entweder ausschliesslich oder doch häufig auf Betula-, Populus- und Salix-Arten. Auch Van. faunus findet sich gegenwärtig noch auf Betula- und Salix-Arten, daneben aber auch auf Ribes- und Urtica-Species, während c-album sich von Betula- und 'Salix-Arten nicht mehr nährt, sondern, wie es scheint, durch Ulmus auf Urtica als häufigste Futterpflanze überging, daneben aber auch auf Ribes vorkommt. Wie die zweite kleine Gruppe: Van milberti, urticae, io mit dieser ersten zusammenhängt, auch darüber wage ich zur Zeit noch kein bestimmtes Urteil zu fällen. Alle drei Arten leben auf Urtica- Arten, Van. io auch auf Humulus-Species. Der älteste Typus milberti ist der neoarktischen Fauna aus- schliesslich eigen, der paläarktischen Fauna gehört urticae an, und von deren Vorfahren scheint sich nach unseren Untersuchungen Van. io unter dem Einfluss steigender Temperatur abgezweigt zu haben. Zu weiterem Verständnis dieser, wie ähnlich erfolgender Abzweigungen können die Temperaturexperimente dem Stadium des Eies und der Raupe gegenüber dienen (cfr. p. 141—153). Es dürften danach in einer Epoche zunehmender Wärme die Vor- fahren der Van. urticae so reagiert haben, dass die Zeit der Ernäh- rung abgekürzt und so wohl bald das Einschieben einer zweiten und später sogar dritten Generation möglich wurde. Die Ahnen der Van. io hingegen scheinen in jener Periode trotz der wachsenden Temperatur die bisher gewohnte Zeit der Ernährung beibehalten zu haben. Infolgedessen resultierte bei Van. io ein grösserer Typus als bei Van. urticae. Gewiss ist, dass Van. io in der Gegenwart bei gleicher Tempe- ratur zur vollen Entwickelung als Raupe eine Reihe Tage länger als Van. urticae braucht. Und nun schliesslich noch die dritte Arten-Serie: Vanessa (Py- rameis) atalanta, cardui mit ihren Verwandten. Ein weiterer phylogenetischer Ausblick auf diese über ein unge- heures Areal der Erdoberfläche in ihren Vertretern verbreiteten Gruppe der Gattung Vanessa, die, wie schon bemerkt, auch nach dem Urteil ausgezeichneter Systematiker als Gattung Pyrameis ausgeschieden werden muss, ist mir augenblicklich noch vollkommen unmöglich. Die Gattung Pyrameis hängt ihrerseits mit dem fast rein tropischen Genus Junonia eng zusammen, und es ist bereits auf Grund der Ver- breitung der Pyrameis-Arten ausgeführt worden, dass auch die Wiege dieser letzteren Gattung in tropischen und subtropischen Gebieten zu suchen sein dürfte. Wir werden uns denken können, dass von diesen Gebieten aus accommodationsfähige, neue Arten bildende Pioniere in der Richtung nach beiden Polen hin vorgedrungen sind, ihrerseits wiederum weitere Individuengruppen in kältere Länderstrecken entsendend, welche sich zu ferneren neuen Arten gestalteten. Direkt südlich vom Aequator gehört den Bergregionen Javas die dem Typus callirrhoe (indica) - atalanta verwandte dejeami Godt. an. In der südlichen gemässigten Zone findet sich dann in Australien Van. itea. F., welche in der Ruhestellung stark an unsere paläark- tischen Arten erinnert, in ihrem übrigen Kleide aber allerdings sehr von diesen abweicht. Noch ähnlicher unseren Typen ist die auf dem kälteren Neu- Seeland fliegende Van. gonerilla F. (cfr. Staudinger: Exot. Tagfalt. Taf. 37). 2 301 —— Nördlich von dem Aequator folgt, den genannten Arten ferner stehend, immerhin aber noch deutlich durch ihr Gewand den Zu- sammenhang mit denselben dokumentierend, die Van. tammeamea Esch. (cfr. Staudinger: Exot. Tagf. Taf. 37) der Sandwich-Inseln. In Indien, Süd- und Östsibirien, Japan und auf den Canaren (in letzterem Gebiet als var. vulcanica Godt.) schliesst sich Van. callirrhoe Mill. (indica Herbst) an. Den äussersten Vorposten dieser Artenreihe endlich auf der nörd- lichen Halbkugel bildet Van. atalanta L. Sie gehört durchaus dem "Westen der paläarktischen Fauna an, und es scheint, zumal auf Grund der Ergebnisse der Temperaturexperimente, annehmbar, dass sich diese Art aus derjenigen Individuen des naheverwandten callirrhoe-Typus herausbildete, welche nach Rückgang der Eiszeit von Südosten her in die nun wieder bewohnbar gewordenen paläarktischen Gebiete in nordwestlicher Richtung: vordrangen. Nach Westen weiter ziehend, gelangte die Art dann auch nach Nordamerika und muss hier einen sehr günstigen Boden gefunden haben, denn sie bewohnt, der einzige Ver- treter dieser Artenserie, den Kontinent. in seiner gesamten Breite von 56° bis Mexico und selbst Guatemala hinab. ‘Wenn es sich in dieser Speciesgruppe um Formen handelt, welche sich in der alten Welt entwickelten, und von dieser in nur einem wohl ziemlich jungen Typus, der Van. atalanta, in die neue Welt übergingen, so dürfte die nun schliesslich noch kurz zu streifende Artenreihe sich umgekehrt in den Tropen der neuen Welt heraus- gebildet und zwei Formen aus ihrem Kreise (vielleicht als dritten noch die mir in natura vollkommen unbekannte abyssinica Feld.) nach der alten Welt entsendet haben, nämlich die sehr bekannte Van. cardui von Japan, Sibirien, Scandinavien, England bis nach Australien und bis zum Cap der guten Hoffnung hin und Van. virginiensis Drur. (huntera F.) nach den Canarischen Inseln. Van. cardui und carye Hb. sind näher verwandt mit dem vorher in seiner Verbreitung skizzierten Artenkomplex der Van. dejeanü-, itea- etc.-Gruppe — hingegen sind Van. terpsichore Phil., virginiensis Drur. und myrinna Doubl. nur oberseits cardui und carye recht ähn- lich, während die Unterseite nur teilweise an diese beiden Arten erinnert, teilweise aber an Merkmale des Genus Junonia anklingt. Ueber Van. aequatorialis Wgnr. fehlt mir jedes Urteil, da ich diese Art bisher noch niemals in natura sah; bezüglich abyssinica Feld. wurde das Gleiche bereits bemerkt. Für die Abstammung der Van. atalanta und cardui von Arten der heissen Zone spricht sehr beredt auch ein den Entomologen ge- nügend bekannter Umstand. Während man im Hochsommer und Herbste Individuen von Van. atalanta und cardui in der Regel ebenso zahlreich, gelegentlich auch wesentlich zahlreicher zu beobach- ten vermag als Falter von antiopa, polychloros, c-album, io und urticae, so werden uns im Frühjahre jene beiden Arten im allgemeinen sehr viel seltener zu Gesicht kommen als die zweite Artenserie. Nur nach sehr milden Wintern werden Van. atalanta und cardui auch im Frühlinge öfter angetroffen. Unsere rauhen Winter*) töten offen- bar die meisten Individuen dieser beiden an so niedrige Temperaturen noch nicht genügend accommodierten Arten, die auch im Winter- schlafe viel seltener zu beobachten sind als jene zahlreichen Species, deren Wiege wir uns in nördlicheren Breiten dachten. Wenn gleichwohl die zweite Generation von Van. atalanta und cardui in den meisten Jahrgängen nicht gerade selten auftritt, so liegt dies an der ausgezeichneten Flugfähigkeit dieser Arten, die immer und immer wieder von klimatisch günstiger Selen Erd- strichen nach den rauheren hin vordringen. Die Zahl der bisher von mir auf Temperatureinflüsse hin geprüf- ten Puppen beläuft sich bereits auf mehr als 7000 Stück. Dabei wurden 1895 wieder eine ganze Anzahl weiterer hier noch nicht be- sprochener Arten den Experimenten unterworfen, deren neuere Er- gebnisse mich in meinen Ansichten nur befestigen konnten. Ich er- wähne diese Thatsache ausdrücklich, um voreilige Einwürfe auszu- schliessen. Wir können auf diese neuesten Ergebnisse der Temperaturver- suche hier leider nicht mehr eingehen, da die vorliegende Arbeit zum Abschlusse drängt. Es wurde bereits p. 255 darauf hingewiesen, dass Mr. Frederick Merrifield ebenfalls umfangreiche und äusserst sorgfältige Temperatur- experimente an Lepidopteren vornahm. Ebenso ist bereits gesagt, dass meine Untersuchungen vollkommen unabhängig von den Merri- | *) 1894 z. B. waren die Raupen der zweiten Generation von Var. cardu: SO zahlreich bei Zürich, dass ich auf einer einzigen Exkursion Ico bis 230 Stück | sammelte. Gleichwohl decimierte der andauernd strenge Winter 1894/95 die über- winternden Falter dergestalt, dass ich 1895 von der ersten Generation Raupen bei Zürich überhaupt nicht zu finden vermochte und sich auch die zweite Gene- ration nur als wirkliche Seltenheit zeigte. Mit Van. atalanta stand es 1895 auch nicht besonders gut, indes doch wesentlich günstiger als mit caraız. — 3053 — held’schen erfolgten, da ich diese erst kennen lernte, als ich im Sommer 1894, zu einem gewissen Abschlusse mit meinen Experimenten ge- langt, eine vorläufige sehr gedrängte Uebersicht über dieselben und die daraus gezogenen Schlüsse für eine Publikation zusammenstellte. Diese erfolgte in der Intern. Ent. Zeit. von Guben. 1894. Nr. ı1, 12, 13. Einen Abdruck davon mit einer Anzahl von mir zugefügter Zusätze brachte dann die Insekten-Börse (Leipzig. Frankenstein und Wagner) Ende 1894 und Anfang 1895. Für eine Uebersetzung dieses Abdruckes ins Englische trug Herr F. Merrifield gütigst Sorge, und sein Freund Herr Dr. F. A. Dixey führte dieselbe in ebenso liebenswürdiger als vorzüglicher Weise aus. Diese Uebersetzung mit einem Vorwort von Herrn F. Merrifield erschien im Entomologist im Frühjahr 1895. Auch in den Annales de la Soc. Ent. de France brachte Herr Camille Jourdheuille, welcher natürliches Material meiner Experimente in der Jahresversammlung der französischen entomologischen Gesell- schaft in Paris am 27. Februar 1895 demonstriert hatte, einen kurzen Bericht über die Ergebnisse dieser Versuche (cfr. Ann. Soc. Ent. Fr. 1895. Bullet. d. Seanc. p. LXVII—-LXX). Die Arbeiten Mr. Merrifield’s über den uns hier interessierenden Gegenstand sind folgende: ı) Trans. Ent. Soc. Lond. 1888. p. 123 u. f. Temperaturexperimente mit Selenia bilunaria Esp. (iülunaria Hb.). 2) Trans. 1889. p. 79 u. £. Selenia bilunaria Esp. und tetralunaria Hfn. (illustraria Hb.), Eugonia (Ennomos) autumnaria Wernb. (alniaria Esp.). 3) Trans. 1891. p. ızı u. f. Selenia bilunaria Esp., tetralunaria Hfn., Eugonia autumnaria Wernb. a) Trans. 1891. p. 155 u. f. Selen. tetralunaria Hfn., Eugon. autumnaria Wernb., Van. urticae L. 5) Trans. 1892. p. 33 u. £. Selen. lunaria Schiff., bilunaria Esp., tetralunaria Hfn., Drepana (Platypteryx) falcataria L., Van. urticae L., Bombyx quercus L. und var. callınae Palm., Arctia (Chelonia) caja L., Papilio machaon L., podalirius L., Thais polyxena Schiff, Attacus (Bombyx) cynthia Drur. 6) Trans. 1893. p. 55 u. f. Pieris napi L., Vanessa atalanta L., Polyommatus (Chrysophanus) Dhlaeas L., Zonosoma (Ephyra) punctaria L. 7) Trans. 1894. p. 425 u. £. Pieris napi L., Pararge var. egerides Stgr. (egeria O.), Cidaria silaceata Hb., Vanessa (Araschnia) levana L., Vanessa polychloros L., atalanta L., c-album L., io L., antiopa L. 8) Trans. 1895. Part I. Proceed. 20. März 1895. p. X—XIH. Limenitis sibylla L., Van. c-album L., cardui L. Es geht daraus zur Genüge hervor, in wie umfangreicher Weise sich Herr Merrifield mit diesem Problem beschäftigt hat und mit wie peinlicher Sorgfalt dieses geschah; davon wird sich jeder überzeugen, der die genannten Publikationen eingehender studiert. An die unter No. 6, 7, 8 genannten Arbeiten Merrifield’s schliesst Mr. Dr. F. A. Dixey höchst bemerkenswerte Spekulationen bezüg- lich der durch die. Temperaturexperimente modifizierten Färbungs- und Zeichnungscharaktere an, zumal soweit sich daraus von seinem Standpunkte aus verwandtschaftliche Beziehungen zu anderen Arten herleiten liessen. { Herr Dr. F. A. Dixey war dafür der geeignetste Mann, da er über diesbezügliche Fragen bereits eingehend gearbeitet hatte. In den Trans. Ent. Soc. London. 1891. p. 89 u. f. veröffentlichte er: „On the phylogenetic significance of the wing-markings in certain genera of the Nymphalidae“ und 1894 ebenfalls in den Trans. p. 249 u. £: „On the phylogeny of the Pierinae, as illustrated bei their wing- markings and geographical distribution.“ Eine Vergleichung der Gedanken und Ansichten des Herrn Dr. F. A. Dixey und meiner eigenen Anschauungen über das Ergebnis dieser Temperaturexperimente brachte Herr Dr. Fr. Ris in den Mit- teilung. d. Schweiz. Ent. Gesellsch. 1895. p. 257260. Schliesslich sei noch erwähnt, dass Anfang des Jahres 1895 bei R. Friedländer in Berlin eine Publikation von cand. med. E. Fischer in Zürich unter dem Titel: „Transmutation der Schmetterlinge infolge Temperaturveränderungen“ etc. erschien. Dieses Schriftchen enthält Ansichten, die der Verfasser den Ge- sprächen mit mir entnommen, aber als die meinigen nirgends nam- haft gemacht hat, gemischt mit Weismann’schen und einem kleinen Anteil eigener Ideen. Wer sich für dasselbe und seine Entstehung: interessiert, sei auf Intern. Ent. Zeitschr. Guben. VII. Jahrg. No. 20 u. IX. Jahrg. No. 5 u. 7, ferner auf p. 238 dieses Buches verwiesen. ı Es bleibt schliesslich noch die dritte Gruppe der Gesetze ab- weichender Formen, nämlich: c. Gesetze, welche der einzelnen Art, oder doch nur Gruppen verwandter Arten specifisch eigentümlich sind. Aberrationen. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir hier den Gegenstand: „die Aberrationen im eigentlichen Sinne“, nicht irgendwie erschöpfend besprechen können, denn ein Eingehen würde die Behandlung fast jeder Art erfordern und einen starken Band für sich beanspruchen, und wir verfolgen hier in erster Linie nicht theoretische, sondern praktische Zwecke. Im höchsten Grade dankenswert wäre es aber, wenn die Besitzer der grössten paläarktischen Sammlungen ein den Gegenstand möglichst erschöpfendes Werk mit Abbildungen herausgeben würden, damit die Resultate der ungeheuren Mühe und der materiellen Opfer, welche gerade gegenwärtig darin in den europäischen Sammlungen aufge- speichert liegen, auch der Nachwelt erhalten bleiben und nicht wieder in alle Winde fast spurlos zerstieben, wie es meist bisher damit ge- sangen ist. Natürlich aber möchte dabei auch alles das, was bisher in dieser Richtung an guten Abbildungen bereits vorliegt, also nament- lich in französischen, englischen, deutschen und russischen Werken, mit verwendet werden. Es würde dann die Thatsache ganz klar vor Augen treten, dass diesen Bildungen fast durchweg feste, undurchbrechbare Gesetze zu Grunde liegen, indem sich ganz parallele Formen, ja auch Reihen von Formen herausstellen werden, die bei nahe verwandten Arten und sogar Gruppen von Arten in äusserst ähnlicher oder gleicher Ausprägung wiederkehren. Zumalin den Genera: Colias, Polyommatus, Lycaena, Vanessa, Melitaea, Argynnis und Melanargia finden sich die hier gemeinten Formen reichlich. Es handelt sich in denselben im allgemeinen ganz und gar nicht um willkürliche Kuriositäten der Natur, wie dies vielfach von Leuten geglaubt wird, denen die Gelegen- heit fehlte, oder welche die Gelegenheit versäumten, dergleichen Material in Menge zu sehen (cfr. Standfuss: Stett. Ent. Zeit. 1886. P. 318 u. £.). Das Wesen dieser Aberrationen, in ausgesprochenstem Sinne, ist die sprungweise Verschiebung, die sich oft genug durchaus nicht nur auf ein Zeichnungselement beschränkt, sondern gleichzeitig mehrere ergreift, oder auch ganz neue auftreten lässt; überwiegend freilich Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. 20 —= 306 = darauf beruht, dass die Zeichnungselemente plötzlich weit über das normale Mass hinaus zunehmen, oder weit hinter diesem zurückbleiben. Was uns hier praktisch im allerhöchsten Grade interessiert, ist die bei einigen hierher gehörenden Formen durch vielfache Zucht be- wiesene Thatsache, dass sie, mit der Grundart gekreuzt, keine Zwischen- form liefern, sondern dass die Nachkommenschaft wieder scharf ge- schieden — und zwar in beiden Geschlechtern — in die abweichende Form und in die Grundart zerfällt (cfr. Standfuss: Berliner Ent. Zeitschr. 1886. p. 238 u. 239). Es seien im folgenden einige Beobachtungen von Fachgenossen an hierher gehörenden Formen, wie das Ergebnis eigener, teilweise längjähriger Untersuchungen mitgeteilt, um einen Anfang auf dem für dergleichen Arbeiten etwa einzuschlagenden Wege zu machen. ı) Herr H. Burckhardt (Chemnitz, Sachsen) züchtete mehrere Jahre hintereinander Spilosoma ab. zatima Cram. und deren Kreuzungspro- dukte mit Sp. lubricipeda Esp. Bekanntlich kommt ab. zatima Cram. am zahlreichsten auf Helgo- land, doch auch an den Küsten Hollands und Englands unter der Grundart lubricipeda Esp. vor. Sie schwankt in ihrer Färbung stark, und es sind diesen verschiedenen Formen Namen gegeben worden. Auf Taf. VIII gelangten einige Stücke dieser verschiedenen Grade der Aberration zur Darstellung. Fig. ıı u. 12 sind sehr lichte Exemplare der ab. intermedia Bang-Haas. Für Fig. ı3 wählte ich ein Individuum zur Abbildung, welches dem von Cramer dargestellten Typus der ab. zatima Cram. möglichst nahe kommt. Fig. ı4 ist die in den Ann. Soc. Ent. Fr. 1886. Pl. IV. Fig. 4 ab- gebildete ab. deschangei Depuis. Alle diese Formen stellen lediglich die Verschiebung ‚| der ab. zatima Cram. dar. Es würde möglich sein, bei genügendem Materiale eine unmerk- | liche in einander übergehende Serie zwischen der lichtesten ab. inter media und der dunkelsten ab. deschangei herzustellen, und zwar in beiden Geschlechtern, während zwischen ab. intermedia und lubriei- | pbeda trotz weiter und weiter geführter Rückkreuzung zwischen der jedesmal sich ergebenden lichtesten Form der ab. intermedia einer- | seits und der Grundform lubricipeda andererseits bisher eine breite, durch eine Uebergangsreihe nicht auszufüllende Kluft bestehen blieb. |) Es scheint sich hier wie in den meisten weiteren zu besprechenden Fällen um sogenannte antagonistische Eigenschaften der Art zu handeln, das heisst um Eigenschaften, die sich auf einem und demselben In- dividuum gegenseitig durchaus ausschliessen. Im April 1889 brachte Herr H. Burckhardt ‚Spilos. lubricipeda 3 und ab. zatima $ zur Paarung (cfr. Soc. Ent. Zürich. VI. Jahrg. No. 18), daraus entwickelten sich Ende Juli 1889 eine Anzahl lubricipeda, ab. intermedia und ab. zatima, die nicht gezählt wurden. Zwei davon zur Kopulation gebrachte Paare von ‚Spilos. ab. inter- media ergaben ı890 wiederum lubricipeda, ab. intermedia und ab. zatima. Daraus wurden folgende Kreuzungen zusammengestellt: I. I. . ke, IV. ., Jab. zatima & ., J lubricipeda & ., J ab. intermedia & ., J ab. intermedia & De | lubricipeda 7 Mae ER zatima 2 SB \ab. zntermedia 2 SAil. | ab. zatıma 2 Ergebnis: Ergebnis: Ergebnis: Ergebnis: 4 lubricipeda 11 ab. zatıma 25 lubricipeda 2 lubricipeda 2 ab. intermedia 15 ab. zniermedia 15 ab. zrtermedia 3 ab. zatıma 35 ab. zatıma 83 ab. zatıma Alle Falter entwickelten sich im Mai 1891, und es wurden daraus weitergezüchtet: V. : lubricipeda & 2125 { lubricipeda 9 Ergebnis: 34 lubricipeda I ab. zatima (fast ab. deschangei), welche im Mai 1892 ausschlüpften. Von einer Reihe weiterer Kreuzungen, die ebenfalls aus den 1891 erhaltenen Imagines zusammengestellt wurden, vermochte Herr Burck- hardt die Zahl der davon gezüchteten Individuen leider nicht mehr anzugeben. Trotz der verschiedensten Kombinationen und trotz des im Laufe von 4 Jahren erhaltenen grossen Materiales war es nicht möglich, typische Zwischenformen zwischen lubricipeda und ab. intermedia, geschweige denn irgendwelche Uebergangsreihe zu erreichen. 2) Sehr eigentümliche Verhältnisse beobachtete ich hinsichtlich der geschwärzten Form der gemeinen Psilura monacha L., und ich möchte daher Zuchtversuche mit dieser Form allein, wie Kreuzungen mit der Grundart sehr empfehlen. Im Jahre ı893 züchtete ich von einem normalen Paare Psil. monacha & und monacha 2, welches von Lissa bei Breslau stammte, die Brut für Demonstrationen in meinen Vorlesungen über schädliche und nützliche Insekten. 20* Die Nachkommenschaft bestand durchweg aus der normalen Form, nur ein einziges oberseits und unterseits vollkommen geschwärztes Weibchen, also eine ganz typische ab. eremita O. entwickelte sich. Es wurde dieses Weibchen von einem normalen Pszl. monacha & von Zürich gepaart. Die sich ı894 aus den erhaltenen Eiern ent- wickelnde Nachkommenschaft gestaltete sich zu einer sehr eigenartigen: f monacka L. & (Zürich) \ ab. eremita O. Q (Lissa, Schlesien) Ergebnis: 2 dd; 20 22 monacha normal, BEST. bei allen 6 Individuen der Typus von monacka normal und ab. ererzta unsymmetrisch gemischt, 18 dd; 592 ab. eremita typisch. Psil. Auf Taf. IV, Fig. 4 ist eines der 6 eigenartigen, gemischten In- dividuen abgebildet. Die 5; übrigen Stücke zeigen in ganz gleicher Weise Flecke der normalen Form in die übrigens total geschwärzten Flügelflächen rechts oder links, oberseits oder unterseits unsymmetrisch eingesprengt. Von irgendwie zwitterigen Charakteren ist dabei auch“ nicht das Geringste zu sehen; die Tiere waren alle 6 wohl unzweifel- haft fortpflanzungsfähig, geprüft darauf wurden sie allerdings nicht. Den mütterlichen Falter dieser Zucht fasse ich als ein sprungweise entstandenes, typisch melanistisches In- dividuum auf. Die Nachkommenschaft desselben spaltete sich bei einer Kopulation mit monacha d in typische monacha, in typische ab. eremita und in Individuen, welche zwar Charaktere von beiden Formen besitzen, aber nicht harmonisch miteinander verschmolzen, sondern schroff voneinander geschieden und unregelmässig durch- einandergeworfen. | Vielleicht haben wir die bisher wohl meist als zwitterige Individuen gefassten männlichen Exemplare von Ocneria dispar L., welche in der braungrauen Grundfarbe weissliche Zeichnungselemente unsym- metrisch verteilt zeigen, ohne irgendwie anderweit zwitterige Charaktere zur Schau zu tragen, ebenso zu fassen. Es zeigen diese Individuen eine ganz vollkommene Analogie mit | dem Taf. IV, Fig. 4 dargestellten Exemplare. Man müsste in diesem Falle wohl annehmen, dass das Männchen von Ocn. dispar sprungweise den von dem Weibchen so stark ver- schiedenen Färbungscharakter gewann, welcher dann durch natürliche Zuchtwahl allmählich zur ausschliesslichen Form des Männchens wurde. | Bei der Paarung mit dem in dem primären Typus der Art noch verharrenden Weibchen entstehen dann in einem kleinen Prozentsatze der Nachkommen die primären Charaktere und die sprungweise sekun- där aufgetretenen wie bei jener Zucht von Psilura monacha & und ab. eremita ? unsymmetrisch gemischt. Handelte es sich um häufige typisch zwitterige Bildungen bei Ocneria dispar, so wäre es sehr merkwürdig, dass nicht öfter auf weibliche Individuen mit unsymmetrisch eingesprengter dunkler, also männlicher Zeichnung vorkommen. Es gehören dergleichen Stücke aber erfahrungsgemäss zu den allergrössten Seltenheiten und treten stets in Verbindung: mit sichtlich zwitterigen Merkmalen auf. Andererseits ist es doch wohl eher begreiflich, dass der ursprüng- liche Typus von Ocneria dispar 4 gelegentlich in ebenso abnormer Art zu teilweisem Durchbruche gelangt, wie bei jenen 6 Individuen der Psilura monacha. Die besprochene Zucht von Psilura monacha & und ab. eremita 2 gestaltete sich durch einige unglückliche Zufälliskeiten zu einer durch- aus unvollständigen der Individuenzahl nach, und so lassen sich Folge- rungen in anderen Richtungen aus derselben nicht ableiten. 3) Ganz anders gestaltete sich das Ergebnis bei einer früheren Zucht dieser Art. 1883 fand ich bei Liegnitz (Schlesien) ein Psilura ab. eremita & mit monacha 2 in Paarung. Dieses ab. eremita & gehörte aber nicht der typischen, vollkommen geschwärzten Form an, sondern besass noch weissliche Zeichnungen an der Flügelbasis und einen rötlichen, nicht durchaus geschwärzten Leib. Die Nachkommenschaft dieses Pärchens wies teilweise in beiden Geschlechtern die normale monacha auf, ferner alle Uebergänge von dieser bis zu der väterlichen Form, ebenfalls in beiden Geschlechtern, dann schliesslich aber auch noch einige wenige männliche wie weib- liche Individuen, welche vollkommen geschwärzt waren und von dem mütterlichen Individuum der vorher besprochenen Zucht sich in ihrem Färbungstypus äusserlich kaum irgendwie unterschieden. Genaue Angaben über das Zahlenverhältnis der verschiedenen Formen zu einander habe ich seiner Zeit leider nicht aufgezeichnet. Es zeigte sich also hier ein durchaus anderes Ergebnis als bei der vorher behandelten Kreuzung. Warum dies? müssen wir fragen. Ich vermute, dass die Sache folgendermassen liegt: Psilura monacha gestaltet sich gegenwärtig, und zwar von ihren nördlichen Ver- breitungsgebieten her beginnend, in südlicher Richtung hin fort- schreitend, aus der normalen, überwiegend weisslichen sehr allmählich zu einer mehr und mehr geschwärzten Form um. Dieser Umge- = 310 — staltungsprozess, dessen letzte Gründe ich in der Einwirkung äusserer Faktoren suchen möchte, wird durch die natürliche Zuchtwahl, da die geschwärzte Form eine wesentlich geschütztere ist, sehr beschleunigt (cfr. Standfuss: Die Beziehungen zwisch. Färb. u. Leb. ete. 1. c. p. 118 u. 119). Kleine, in gleicher Entwickelungsrichtung lie- gende Verschiebungen werden durch fortdauernd über- wiegende Erhaltung der am stärksten in dieser Ent- wickelungsrichtung veränderten Individuen von Brut zu Brut addiert und so schnell gesteigert. Als das Glied einer solchen Kette, wie sie sich in Norddeutschland an vielen Punkten findet (Breslau, Berlin, Hannover etc.), werden wir uns das bei der zweiten Zucht in Frage kommende, nicht ganz vollkommen geschwärzte männliche Individuum zu denken haben. Der schliessliche Kulminationspunkt dieser Kette zeigt äusserlich zwar ein recht ähnliches oder fast ein ganz gleiches Bild wie das, welches bei der sprungweisen melanistischen Verschiebung resultiert, und die beiden Formen können und dürfen darum nicht mit verschiedenem Namen belegt werden, aber der verschiedenen Entstehungsweise ent- sprechend besitzen die beiden einander äusserlich so ähnlichen Formen keineswegs die gleichen Eigenschaften hinsichtlich der Uebertragung ihrer Charaktere auf die Nachkommenschaft. Sie sind ihrem inneren Wesen nach, ihren physiologischen Qualitäten nach verschieden. Diese Nachkommenschaft zerfällt, wie wir sahen, von dem sprung- weise verschobenen melanistischen Weibchen, das von einem normalen Männchen gepaart wurde, scharf geschieden in die Grundart und in die melanistische Form, wie in einige Individuen, bei denen der Gegen- satz dieser beiden Formen unharmonisch, unausgeglichen nebenein- ander zum Ausdruck gelangt. Von dem geschwärzten Männchen aber, das wir als das Glied einer ganz allmählich veränderten Formenreihe ansahen, und einem normalen Weibchen gestaltet sich diese Nach- kommenschaft zu einer Reihe vollständig ineinander übergehender und das aberrative väterliche Individuum in wenigen Exemplaren hin- sichtlich der Abweichung sogar noch überbietender Formen. Die aberrativen Individuen würden danach in jedem der beiden Fälle die Art und Weise ihres Werdens, ihres Auftretens in dem Ge- präge ihrer Nachkommenschaft wiederspiegeln. Allseitig genügend aufgeklärt sind diese komplizierten Verhältnisse hiermit noch keineswegs; dazu waren die beiden untersuchten Zuchten — 311 — in ihrem Ausfalle viel zu unvollständige. Auch ist nicht zu vergessen, dass das väterliche Individuum der ersten Brut von Zürich stammte, einer Oertlichkeit, an welcher ab. eremita und Uebergänge zu dieser Form vollständig zu fehlen scheinen. Es wird darum dieses Problem den sich mit praktisch-biologischen Studien befassenden Entomologen zu weiterer Untersuchung dringend angeraten. 4) Von dem Jahr 1885 bis zum Jahr 1893 habe ich die auf Taf. VII, Fig. 4—7 dargestellte verdüsterte Form von Aglia tau L. in sehr grosser Zahl vom Eie auf erzogen (cfr. Standfuss: Stett. Ent. Zeit. 1886. p. 319ff. und Berl. Ent. Zeitschr. 1888. p. 238, 239). Ich hatte alle die erhaltenen verschiedenen Formen in der Stett. Ent. Zeit. 1886. 1. c. als ab. /ugens Stdfs. veröffentlicht, es waren indes bereits 1884 von Thierry-Mieg im Naturaliste. No. 55 Individuen dieses Typus als Aglia tau ab. fere nigra beschrieben worden, eine Publikation, welche mir seinerzeit zufällig entgangen war. Besonders dunkle Stücke dieser Aberration bot dann Herr Bang-Haas von 1888 ab in den Verkaufs- listen der Firma: Dr. O. Staudinger & A. Bang-Haas als ab. niger- rima an. Es finden sich auch bei dieser Aberration alle Uebergangsformen von den dargestellten hellsten Stücken (cfr. Taf. VII, Fig. 6 u. 7), welche ich jemals erreichen konnte, an bis zu den Taf. VII, Fig. au. 5 wiedergegebenen sehr dunklen hin. Ausnahmsweise gehen einzelne Individuen noch ein wenig weiter in ihrer Verdüsterung als diese letzteren. Es war mir aber vollkommen unmöglich, Zwischenformen zwischen jenen am wenigsten verdunkelten Stücken (Fig. 6 u. 7) und der Grund- art zu erzwingen, obwohl ich doch während g Jahren fast rund tausend Exemplare im ganzen von dieser Form erhielt, zudem mehrere Gene- rationen nacheinander immer und immer wieder die lichtesten In- dividuen der Aberration mit der Grundart zurückkreuzte. Die weitaus günstigsten Zuchten mit diesen Formen, den Prozent- sätzen der aus den Eiern zur vollen Entwickelung gelangenden In- dividuen nach, fielen 1889/90 und 1890/g1, über die ich folgendes mit- teilen möchte: 1888 hatte ich die durch zweimalige Inzucht erhaltenen gg von ab. Zugens Stdfs. mit Weibchen zurückgekreuzt, welche aus Eiern von im Freien gefangenen Weibchen erzogen worden waren. Die aus dieser Kreuzung sich ergebenden ab. lugens wurden 1889 zur Weiter- zucht benutzt. I. I. III. ei ab. Zugens & Zau & (aus der Frei- ab. Zugens & tau ? (dies fau 2 Aglia heit zes ee) Aglia + ab. lugens stammte aus Eiern eines im ab. Zugens ? (82 Eier (89 Eier abgelegt) Freien gesammelten ® und abgelegt) legte 95 Eier ab) Ergebnis: Ergebnis: Ergebnis: 14 dd; 28 Tau 13 dd; 25 tau 10 dd; 21 tau 31 dd; 13 ab. Zugens 26 dd; ıı ab. Zugens 34 dd; 21 ab. Zugens. Davon wurden 1890/gı weitergezogen: IV. (Nachzucht von III.) V. (Nachzucht von III.) . S ab. Zugens & opn J ab. Zugens & 2 \ ab. lugens $ (117 Eier) Aglia | ab. lugens 9 (103 Eier) ee a 3 dd; 5 Tau tau 49 dd; 42 ab. Zugens ö % Mn ab. Zugens. Es ergab danach die Kreuzung zwischen Aglia tau und ab. lugens (letztere Form aus der Paarung zwischen ab. lugens 8 und tau 2 her- stammend) nach Zucht I und II als Nachkommenschaft ziemlich genau zur Hälfte Zau und zur Hälfte ab. Zugens, mochte nun Aglia tau & und ab. /Zugens 2% sich vereinigen, oder die Paarung umgekehrt statt- finden. Weiter: bei der Kreuzung zwischen ab. lugens 8 und ab. lugens 2 (welche beide aus der Paarung zwischen ab. Zugens 8 und tau 2 hervor- gingen), also bei’ Zucht III schlugen gleichwohl etwa 36°/, der sich ergebenden Brut in typische Aglia tau zurück, 64°), gestalteten sich zu ab. lugens, Uebergänge gab es hier ebensowenig wie bei I und I. Diese letzteren ab. /ugens, in zwei Paaren weitergezüchtet, lieferten in Zucht IV 87 °/, ab. Zugens zu ı3°/, tau und in Zucht V 86%, ab. lugens zu 14°), tau. Weibliche Individuen schlugen bei IV wie bei V über doppelt so viel zurück als männliche Stücke, und bei Zucht IH liegt das Ver- hältnis ähnlich. Das Weibchen von Aglia tau gestaltet sich durch den Einfluss der Vererbung schwieriger zu ab. /ugens um als das Männchen. Wir können und müssen auf diese Thatsache Gewicht legen. Einmal ist .der Ausfall dieser Zuchten im Verhältnis zu der von den mütterlichen Individuen abgelegten Eierzahl ein sehr guter zu nennen, und zweitens entspricht diese Thatsache durchaus dem auf Grund anderer Betrachtungen und Beobachtungen (cfr. p. 208211, 219, 226— 228) sich ergebenden Schlusse: Dass sich die weiblichen Individuen langsamer aus ihrem Typus verschieben als die männlichen. = 313 — Bei der weiter fortgesetzten, also dritten Kreuzung zwischen ab lugens 8 und 2 fiel Aglia tau zwar weg, aber der Ausfall dieser Zuchten war in den bis zur Imago gebrachten Individuen dann stets ein so wenig günstiger, dass er in keiner Weise als massgebend angesehen werden konnte. 5) Der sehr eifrige und erfahrene Züchter Heinrich Gross in Garsten bei Steyr (Oesterreich) machte mir unter dem 7. Januar 1894 freundlichst folgende Mitteilung: Ende Mai 1891 wurde ein Weibchen von Grammesia ab. bilinea Hb. von ihm bei Garsten geködert. Grammesia ab. bilinea Hb. kommt in sehr weiter Verbreitung unter der Grundart: irigrammica Hufn., mehr oder weniger zahlreich vor. Ich habe sie bei Liegnitz einige Male geködert, oder aus dürren Laubbüscheln geschüttelt und besitze sie von Budapest und Wien in meiner Sammlung. In einzelnen Gebieten scheint sie konstante Lokalform zu sein, da sie von Dr. O. Staudinger in seinem grossen Katalog der Lepido- pbteren des europäischen Faunengebietes von 1871 p. ııo als Varietas bezeichnet wird. Doch vermöchte ich solche Oertlichkeiten aus meiner Erfahrung nicht zu nennen. Von dem genannten Weibchen der ab. bilinea Hb. erhielt Herr H. Gross eine Zucht, welche zwischen dem ı3. und ı8. April 1892 an Faltern ergab: Mi = n & ae ce. Taf. VII, Fig. I0 ein & aus dieser Zucht). Etwa !/, Dutzend verkrüppelter Exemplare dazu gerechnet, dürften im ganzen nach meines Freundes Schätzung 38 Exemplare auf iri- grammica und 29 Exemplare auf ab. bilinea fallen. Uebergänge zwischen trigrammica und ab. bilinea resultierten auch hier nicht, eine für unsere Untersuchungen wichtige Thatsache. Weitere Schlüsse lassen sich aus dieser Zucht nicht wohl ziehen, da einmal das männliche Individuum, von welchem diese Brut stammte, in seiner Form nicht festgestellt ist, und zweitens wohl nur die kleinere Hälfte der Nachkommenschaft dieses ab. bilinea 2 in diesen 67 Exem- "plaren kontrolliert wurde. 6) Mein Freund Rudolf Zeller in Balgrist bei Zürich züchtete Angerona prunariaL. mit ab. sordiata Fuessl. (cfr. Taf. VIII, Fig. 8 u. 9) in grösserer Anzahl und teilte mir darüber folgende Einzelheiten gütigst mit: 1885 wurden von der Paarung prunaria 3 ab. sordiata 2 Eier erzielt; ı886 lieferten diese an Faltern: ab. sordiata & 1 NIEVONA : Be Rt | Drunaria 2 zwischen Angerona | I. U. Drunaria & ab. sordiata & ARSTER [ ab. sordiata 9 EUER { Drunaria 9 Drunaria ab. sordiata PDrunaria ab. sordiata ? 6) ? 6 Mai 23 — — — _ _ _ — ı (Zwerg) Juni3 ı = — — - —_ — — » 4 I Fu Er Sun on —— Er Er » 5 I —— I I 4 — 4 — 6 2 2 2 — 9 I I eu Pe 3 ie = 13 z 13 2 ORT I _ 2 14 — 7 2 „ 9 7 3 2 3 I I 4 I „ II = =, m; Tee 3 3 6 4 y “=” > = 4 6 2 3 » 13 Ay; I == 3 2 5 ve; 7 „ 14 55 Er ve = == 5 I 4 8 = — = _ —_ 6 — 2 Baron — I — = — I _ —_ » 17 rg Ei 2 FR "= 5 > 3 „ 8 — —_ _ — 1 (Krüppel) — — t (Krüppel) STSITISTEITS HET I EIS TEE TC TEE TER Sowohl die Zucht I (17:14) wie die Zucht II (84:68) ergeben etwa 55°, Prunaria auf 45°), ab. sordiata. Trotz der Gleichheit dieser Prozentsätze in diesen beiden Fällen lässt sich nach diesem Materiale gewiss nicht mit Sicherheit annehmen, dass wir in diesen Zahlen das richtige Verhältnis für alle reciproken Kreuzungen zwischen diesen beiden Formen vor uns haben. Einmal ist der Ausfall der Zuchten kein genügend vollständiger, da die verwendeten ?? wohl je mindestens 220 Eier gelegt haben dürften. Zweitens aber kommt es hauptsächlich auch darauf an, ob und in welchem Grade die elterlichen Individuen dieser Bruten bereits mit ab. sordiata verwandtschaftlich zusammenhingen. Vielmehr wird sich nach dem verschiedenen Grade dieser Verwandtschaft das betreffende Verhältnis zwischen den beiden Formen entsprechend verschieden gestalten, wie uns die Zuchtresultate der Kreuzung zwischen den Formen von Aglia tau lehrten. 7) Unter einer grösseren Anzahl gewöhnlicher Angerona prunaria L., die ich 1892/93 von einem ganz normalen Paare ab ovo erzogen hatte, erschienen im Mai 1893 3 d& und 2 92 der ab. sordiata Fuessl. Alle übrigen zur Entwickelung gelangten Stücke gehörten der nor- malen Form frunaria an. Ein Pärchen dieser ab. sordiata fand sich in Copula vor, als ich den Zuchtkasten revidierte. Ich liess das Weib- — 315 2 chen seine Eier ablegen, da Männchen der Grundart gleichzeitig nicht vorhanden gewesen waren und das Weibchen also nicht vorher von solchen gepaart sein konnte. Im Frühjahr 1894 entwickelten sich aus dieser Paarung von: ab. sordiata 3 ab. sordiata 9 Ergebnis: 3 dd; 10 Prunaria 24 dd; 18 ab. sordiata. Angerona | Auch bei diesen unter No. 6 u. 7 mitgeteilten Zuchtergebnissen lag die Sache so, dass die Nachkommenschaft wieder scharf geschieden in die normale Form und in die Aberration, und zwar in beiden Ge- schlechtern, zerfiel. Anger. ab. sordiata variiert in ihren männlichen und weiblichen Individuen in der Ausdehnung des braungrauen Farben- tones nicht unerheblich. Es ist dies zur Genüge bekannt, denn diese Aberration scheint sich fast überall in grösserer oder geringerer An- zahl unter der Grundform zu finden, und Angerona prunaria gehört zu den allerverbreitetsten Arten der paläarktischen Fauna. Sie fehlt bestimmt wohl nur in Labrador und im höchsten europäischen Norden. Weiteres lässt sich auch aus dieser Zucht No. 7, von der ein Durch- schnittspaar Taf. VII, Fig. 8 u. 9 dargestellt ist, wegen ihrer grossen Unvollständigkeit nicht ableiten. 8) Mein verehrter entomologischer Korrespondent Herr Hermann Steinert in Dresden (cfr. Iris. Dresden 1892. p. 424—427) züchtete von der Brut eines im Juni 1891 bei Dresden gefundenen Weibchens der Amphidasis ab. doubledayaria Mill.: 30 dd; 45 betularius 34 83; 56 QQ ab. doubledayaria (cfr. Taf. VII, Fig. 16). Auch hier zerfiel die Brut wieder in die Grundart und in die Aberration, was Steinert in seiner Publikation, wie ich ein Gleiches bereits 1888 bezüglich Aglia ab. lugens in der Berl. Ent. Zeit. kon- statierte, ausdrücklich hervorhebt. Nur bei zwei Exemplaren von betularius war das Schwarz stärker vertreten, als es normalerweise bei dieser Art vorkommt. Es ist nicht notwendig, dass diese Erscheinung in direktem Zusammenhang mit der Abstammung von ab. doubledayaria steht. Amphid. betularius kommt auch bei Zürich, wo ab. doubledayarıia wie in der ganzen Schweiz wohl sicher durchaus fehlt, gelegentlich mit starker Ueber- handnahme der schwarzen Zeichnungselemente vor. Mit grösster Wahrscheinlichkeit handelte es sich in diesem bei Dresden aufgefundenen schwarzen Weibchen der Amphid. betularius — 316 en um ein typisch melanistisches Individuum, welches sich sprungweise entwickelt hatte. Es dürfte dieses Exemplar wohl bis zur Stunde ein Unicum der Dresdener Fauna sein. Ebenso ist es sehr wahrscheinlich, dass dieses Weibchen von einem normalen Männchen gepaart wurde (cfr. Steinert: Iris. 1. c.). ‚Wir hätten dann eine Analogie mit dem unter No. 2 (cfr. p. 307— 309) behandelten Falleder Kreuzung zwischen Psil. monacha g und dem ebenfalls sprungweise aufgetretenen typischen Weibchen der ab. eremita.. Auch das Ergebnis der beiden Kreuzungen ist ein analoges, nur fehlen hier jene aus den beiden elterlichen Formen unharmonisch kombinierten Individuen vollkommen, wenigstens erwähnt Steinert dergleichen nicht. Es ist nun sehr merkwürdig, dass Amphidasis betularius offenbar an anderen Orten auch Analogieen zu dem zweiten (cfr. No. 3, p. 309 —311) bei Psilura monacha beschriebenen Falle bietet: In gewissen Fluggebieten dieses Spanners in England wie der Rheinprovinz und Westfalens finden sich neben der teilweise bereits ziemlich selten werdenden Grundform alle möglichen Uebergänge von dieser an bis zu vollkommen geschwärzten Individuen. . Es scheint danach hier ebenso eine ganz allmähliche Steigerung der Verdunkelung einzutreten, wie wir es vorher bei Psilura monacha erörterten. Daneben aber und ganz abgesehen von dieser successiven Ver- änderung mögen sich in diesen Gebieten auch sprungweise typisch melanistische Individuen einstellen und typisch bei der Fortpflanzung: in einem Teile der Brut erhalten, da die typische ab. doudledayaria nach den Berichten meines Freundes Fritz Haverkampf sen. (Rons- dorf) bei Barmen und Crefeld bereits an Zahl die häufigste Form von Amphid. betularius darstellt. Haverkampf sendete mir von jener Gegend eine ganze Reihe der genannten Zwischenformen, und es ist ein besonders charakteristisches Stück dieser Serie Taf. VIII, Fig. 15 abgebildet worden. Auch dieser Spanner ist also wie Psilura monacha in einer sehr energisch Platz greifenden Umgestaltung zu einer vorzüglichen Schutz bietenden Färbung begriffen. Noch vor kaum mehr als 30 Jahren war die ab. doubledayaria nur von Grossbritannien bekannt (cfr. Hoff- mann: Stett. Ent. Zeit. 1888. p. 169). Seit mehr als ıo Jahren wird sie in Westfalen und in der Rheinprovinz häufiger und häufiger be- obachtet, 1884 ist sie von Hannover und Gotha notiert, und in den letzten Jahren wurde sie nun auch bei Dresden und 1892 in Schlesien bei Gnadenfrei (Kollekt. Hartmann, Reichenbach) — an letzterem Orte nur in einer Zwischenform — nachgewiesen. — 317 = 9) Auch Boarmia repandata L. scheint in seiner ab. conversaria Hb. (cfr. Taf. VII, Fig. 3) eine vollkommene Parallele des Auf- tretens und der Erhaltung dieser Aberration im Falle der Fortpflanzung zu bieten. Ein Pärchen der gewöhnlichen Boarmia rvepandata aus der Gegend von Liegnitz lieferte mir 1876 eine grössere Anzahl Eier. Nach der Ueberwinterung der Raupen erhielt ich dann im Juni 1877 eine Anzahl Falter der Grundform sowie 3 dd und ı 2 der ab. con- versaria. Dieses ab. conversaria 2 wurde von einem aus der Frei- heit angeflogenen d der Grundform gepaart, und im Mai und Juni 1878, nachdem bei der Ueberwinterung die grössere Hälfte der Raupen leider zu Grunde gegangen war, erschienen von: repandata & Boarmia h ab. conversaria 2 Ergebnis: 10 dd; 18 repandata 4.dd; 2 & ab. conversarza. Auch hier fehlten Uebergänge zwischen der normalen Form und der Aberration vollständig. Eines der beiden 1878 erhaltenen 99, das in den Besitz meines Freundes Wiskott überging, ist Taf. VII, Fig. 3 sehr gut. abgebildet. Das Gesamtergebnis der kontrollierten Zuchten würde danach lauten: Die sprungweise unter der Grundform auftretende Aberration erhält sich in gewissen Fällen bei der Fortpflanzung in der sich ergebenden Brut in diesem sprungweise aufgetretenen Abstande von der Grund- form, es entstehen keine Uebergänge zu letzterer. Es zeigte sich dieses Ergebnis bei Bombyciden (Spilos. lubricipeda ; Psil. monacha,;, Aglia tau); bei einer Noctwide*) (Grammes. trigrammica) und bei einigen Geometriden (Anger. prunaria,; Amphid. betularius; Boarm. repandata). Aus der grossen Gruppe der Rhopaloceren liegt kein einziger hierher gehörender Fall vor, welcher durch die Zucht vom Ei aut *) Nach reichlich erzogenem Materiale dürften gleiche Verhältnisse noch bei folgenden Noctuiden-Arten vorliegen: Nonagria arundinis F. mit ab. fraierna Tr. (Liegnitz, Schlesien); Dicycla oo L. mit ab. renago Hw. (Breslau); Dyschorista susßecta Hb. mit. ab. zxers Tr. (nicht zwei verschiedene Generationen, wie ich bei reichlicher Zucht vom Ei auf konstatierte, Lissa bei Breslau); Xantkia citrago L. mit ab. szdflava Ev. (Schreiberhau, Riesengebirge). — 318 = sicher festgestellt wäre, obwohl sich gewiss me gleiche Ver- hältnisse finden. Zum Beispiel dürften in gewissem, einseitigem Sinne, weil nur das eine Geschlecht der Art betreffend, hierher gehören Formen wie: Colias wiskotti Stgr. ab. leuca Stgr. $, Col. erate Esp. ab. Pallida Stgr. 9, Col. myrmidone Esp. ab. alba Stgr. 2, Col. edusa F. ab. helice Hb. 2, Colias aurora Esp. ab. chlo& Ev. 2, Argynnis paphiaL. ab. valesina Esp. 2 etc. etc. — andererseits aber auch: Colias palaeno L. ab. werdandi H. S. 2; Lycaena corydon Poda ab. syngrapha Keieogetegete: Es handelt sich in diesen Fällen lediglich um dimorphe weibliche Formen, die bei der ersten Gruppe einen älteren Typus darstellen dürften, bei der zweiten hingegen einen neuerdings aufgetretenen. Es gelangen hier zwei von uns bisher berührte Fragen gleich- zeitig nebeneinander zum Austrag, einmal die Initiative des männ- lichen Geschlechtes, die gewiss öfter auch sprungweise zum Austrag gelangte, wie wir solches bei Ocneria dispar L 3 vorher (p. 308 u. 309) andeuteten, und zweitens dieser Initiative der Männchen gegenüber eine sprungweise Verschiebung, ein sprungweises Nachrücken der weib- lichen Individuen. Wir werden ein solches sprungweises Uebergehen aus dem einen weiblichen Typus in den anderen bei beiden vorher genannten Arten- gruppen, die beide noch um zahlreiche Beispiele vermehrt werden könnten, mit vieler Wahrscheinlichkeit annehmen dürfen, weil eigent- liche Uebergänge zwischen den beiden dimorphen weiblichen Typen fehlen. Dieses Fehlen wird durch das Ergebnis der vorbesprochenen Zuchtexperimente wenigstens hinsichtlich seiner Erblichkeit beleuchtet. Das Verhalten der Weibchen gegenüber der Initiative der männ- lichen Individuen bei der Umgestaltung der Species gelangt bei den verschiedenen Arten keineswegs in gleicher Weise zum Austrag, bis- weilen sogar bei derselben Art an verschiedenen *) Oertlichkeiten ac in gleicher Weise. Häufig scheint sich das Weibchen etwa gleichzeitig mit dem Männchen verändert zu haben, oder doch diesem in geringem Ab- *) Colias aurorina H. S. z.B. hat in den armenischen Gebirgen ein weisses Weibchen, selten ein gelbrotes, in der var. Zbanotzca Ld. von den Gebirgen Syriens und Nordpersiens aber rotgelbe Weibchen, nur ausnahmsweise weisse; in der griechischen Lokalrasse var. keldreichi Stgr. endlich lediglich rotgelbe und nur als grösste Seltenheit einmal ein weisses Weibchen. — 319 = stande stetig gefolgt, nicht selten aber auch lange Zeit zurückgeblieben und dann sprungweise nachgerückt zu sein. Die wunderlichsten Fälle sind wohl die, in denen das Weibchen in mehreren scharf voneinander abgesetzten Sprüngen sich verschob. In der paläarktischen Fauna ist uns dergleichen in sehr ausgeprägter Weise wohl nur noch im Genus Thecla (taxila Brem. von Ostsibirien) erhalten. Die Genera: Colias, Thecla, Polyommatus, Lycaena, Melitaea, Argynnis stellen das Hauptmaterial für die hier nur gestreiften Ver- hältnisse. — Wir wollen uns in dieser Arbeit, wie schon wiederholt bemerkt, nicht weit von dem sicheren Boden des Experimentes ent- fernen, doch aber wenigstens die Wege andeuten, auf denen für ge- wisse Fragen von weitreichender Perspektive ein Verständnis ange- bahnt werden könnte. Man vergleiche zu diesen letzten Ausführungen P- 209—211 u. 226—228. Vollkommene Parallelen aus der Gruppe der Rhopaloceren zu den experimentell geprüften Heteroceren-Arten dürften die auf Taf. VIIL in Fig. ı u. 2 dargestellten Formen bieten, obwohl auch diese durch Zucht vom Ei auf nicht kontrolliert wurden. Die in Fig. ı sehr gut dargestellte Thais var. medesicaste Ill. ab. honoratii B. habe ich im Jahre 1886 selbst bei Digne (Basses-Alpes) beobachtet und später in mehr als 70 Individuen, dabei aber ausser- ordentlich wenige weibliche Exemplare, in den Jahren 1888—1894 von Digne und dessen Umgegend erhalten. Niemals gelangte ich in den Besitz von Uebergangsformen zwischen ab. honoratii und var. me- desicaste, niemals habe ich auch eine solche in irgend welcher Samm- lung gesehen. Nur ein typisch weibliches Individuum empfing ich unter den sehr vielen var. medesicaste aus den Basses-Alpes, welches un- symmetrisch gezeichnet ist. Auf der linken Seite stellt es eine nor- male var. medesicaste dar, auf der rechten aber zeigt es einige spe- eifische Merkmale der ab. honoratü. Mithin ist dies ein durchaus analoger Fall mit dem Taf. IV, Fig. 4 dargestellten der Psilura ab. eremita O. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass sich Thais ab. honoratti bei der Fortpflanzung in einem Teile der Nachkommenschaft wieder typisch reproduziert, und zwar wie wir es bei Aglia tau experimentell genau feststellen konnten, wesentlich zahlreicher im männlichen als im weiblichen Geschlecht. Ich erhielt auf je 6-10 dd nur immer ein einziges 9. — 320 — ‘Während dreier aufeinander folgender Jahre wurde in den Basses- Alpes an einem ziemlich hoch in den Bergen gelegenen Flugorte der var. medesicaste, an dem sich aber die typische ab. honoratüi eben- falls findet, die Taf. VII, Fig. 2 dargestellte Aberration in sieben einander ganz gleichgestalteten Stücken gefangen: 1891 2 d; 1892 3 1 25 180 2 Ich nannte das schöne Geschöpf nach meinem Freunde Bruno Hartmann (Reichenbach, Schlesien), der sich alljährlich auf seinen Reisen mit unermüdlichem Eifer dem Falterfange widmet: ab. hart- manni. Auch diese Form hat sich nach diesen Thatsachen wohl unzweifel- haft unter fester Wahrung ihrer Charaktere in einem Teile der Nach- kommenschaft fortgepflanzt. Es wurde diese Form deshalb zur Dar- stellung gebracht, weil wir darin ein vorzügliches Beispiel für den Fall haben, dass eine Art gleichzeitig und an dem gleichen Orte zwei voneinander weit verschiedene, dabei aber beide in sich durchaus kon- stante Aberrationen bilden kann. Auch Papilio machaon L., wie er von Freyer, Neuer. Beiträge. Taf. 74, und Herrich-Schäffer, Europ. Schmetterl. Fig. 555 abgebildet ist, sowie Vanessa atalanta L. ab. Ernst et Engramelle Pl. I. III. Suppl. Fig. 6 %, !, und Freyer: Neuer. Beiträge. Taf. 181, ferner Van. c-album ab. falbum Esp. Van. polychloros ab. testudo Esp., Syrichthus malvae ab. taras Meig., nebst einer sehr bedeutenden Anzahl anderer Formen wiederholen sich in der Natur mit ausserordentlicher Konstanz, und es muss daher angenommen werden, dass sie entweder immer wieder primär so fallen, oder dass sie sich bei der Kreuzung mit der Grundart in gewisser Anzahl konstant in ihrer Form erhalten; auch beides wäre ja zu denken und ist wohl gerade das Wahrscheinlichste. Nur die Zucht könnte volles Licht in die Frage bringen, und diese ist bei Rhopaloceren ab ovo keine leichte Sache, da Eier von manchen Arten ziemlich schwierig zu erhalten sind; aber bei sehr vielen Zeteroceren wird die Frage durch fleissige Zucht entschieden werden können, und sie möge darum den Entomologen auf das wärmste empfohlen sein. Die ganze Frage einfach mit dem Bemerken beiseite schieben zu wollen, dass es sich hier lediglich um Atavismen handle, hiesse natürlich die Thatsachen vollständig verkennen. Es handelt sich hier vielmehr um einen häufigen sehr eigenartigen Modus der Veränderung in gewissen Schichten der Tierwelt, der unzweifelhaft ebenso in der Vergangenheit bestand, wie er in der Gegenwart besteht. Nur so weit — 321 Fr mithin, als die hier in Frage kommenden Formen in die Vergangen- heit zurückgreifen, handelt es sich um Atavismen, die überwiegende Zahl dieser Formen aber dürfte fortschrittlicher Natur sein und dazu bestimmt, in der Zukunft zu den herrschenden zu werden. Schlussbemerkung. Am Schlusse dieses gesamten Abschnittes „Ueber die von den normalen abweichenden Falterformen“ möge noch hervorgehoben werden, dass es gewiss für die Transmutationshypothese von grosser Bedeutung ist, zwei voneinander durchaus verschiedene Fortpflanzungs- resultate bei der Copula zwischen Grundart und abweichender Form bei den Lepidopteren feststellen zu können, nämlich: i ı) beider Kombination von der Grundart mit der doch wohl überwiegend durch allmähliche Verschiebung umgestalteten Lokalrasse eine Reihe von Zwischenformen; und 2) beider Kombination der Grundart mit der unter der Grundart durch plötzliche, sprungweise*) Verschiebung entstandenen Aberration — Varietät, wie der wissenschaftliche, zoologische Begriff dafür heisst — in vielen Fällen keine Zwischenformen: sondern Aberration und Grundart. Wie weit dieses zweite Gesetz für die Aberrationen Anwendung findet, wird, wie gesagt, erst nach und nach durch sorgfältige Zuchten festzustellen sein. In der Pflanzenwelt scheint die Sache niemals so zu liegen, sondern hier scheinen lediglich Zwischenformen bei derartigen Kreuzungen zu entstehen. Für die lepidopterologische Praxis speciell kommt es jedenfalls gerade auf die teilweise Erhaltung der aberrativen Form in der Nach- kommenschaft an, und es gilt daher, möglichst fleissig und viel zu er- ziehen, um in den Besitz von Formen zu gelangen, die durch Weiter- zucht Iohnende Resultate liefern. Es handelt sich hier förmlich um ein Lotteriespiel: manche Art ergiebt etwa unter 500, manche unter 1000, manche erst unter 4000 und *) Es ist wohl schon der Gedanke ausgesprochen worden, dass sich auch die Arten durch sprungweise Verschiebung bilden könnten. Allein aus allen Paarungen von Individuen, welche zwei verschiedenen Arten angehören, sind bisher immer nur Zwischenformen als Nachkommen entstanden, niemals aber die beiden sich kreuzenden Arten ohne irgendwelche Uebergänge. Die Heraus- gestaltung der Arten auseinander scheint danach im allgemeinen durchaus eine ganz allmähliche zu sein. i Stan dfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. 21 — 322 — 5ooo Individuen eines der hierher gehörenden Exemplare. Erziehe ich diese Anzahl, so sollte die Form dabei sein; erziehe ich eine kleinere Anzahl, so ist es lediglich Glückssache, sie zu erhalten. Wir kommen somit schliesslich zu dem Satze, von dem wir am Anfange dieses Kapitels „VII“ ausgingen, zurück: Mögen diese Formen für Studienzwecke von dem Forscher, oder für die Sammlung von dem Liebhaber angestrebt werden, es gilt, entweder diejenigen Faktoren, welche für das Gewand der Falterwelt bestimmend sind, ex- perimentell gesteigert einwirken zu lassen — oder das in kluger Weise zu benützen, was uns die Natur dann etwa freiwillig bietet, wenn wir Fleiss und Mühe nicht scheuten. VIII. Andeutungen bezüglich der Frage der Artbildung.. a. Die Umgestaltung der Art zur neuen Art zeitlich nacheinander. Dieser Weg der Umgestaltung und damit, in seiner weiteren Entwickelung, zugleich Neubildung der Art entzieht sich in reiner Form, das heisst einer fortlaufenden Umgestaltung, ohne Abspaltung divergent werdender Individuengruppen gedacht, in der hier be- sprochenen Tiergruppe durchaus unserer direkten Beobachtung. Es ist diese Umgestaltung einerseits eine viel zu allmähliche, als dass sie der einzelne Beobachter sinnlich wahrzunehmen vermöchte. — Die Einblicke, welche wir in diese Verhältnisse durch experimen- telles Vorgehen gewinnen können, werden wir in dem nächsten Ab- schnitte berühren. — Andererseits sind diese zarten und flüchtigen “Geschöpfe für fossile Erhaltung grosser Individuenserien in der direkten Folge von Ablagerungen, welcher Erdepochen immer, vollkommen ungeeignet, obwohl es dazu an umfangreichen Zeiträumen nicht ge- fehlt hätte; lassen sie sich doch, wie es scheint, bis zur Juraformation zurück verfolgen. Thatsächlich sind die bisher bekannt gewordenen Reste sehr spärliche und zudem noch überwiegend höchst unvoll- kommener Natur, in letzterer Beziehung ausgenommen eine kleine An- zahl meist recht winziger Arten, welche sich im Bernstein finden. Einige Bohrgänge minierender Species und die Frassspuren an } n \ — 323 = Blattabdrücken sind ausser jenen Resten wohl das Einzige, was uns von der Falterwelt vergangener Erdepochen bisher bekannt wurde. Alles dies ist indes durchaus ungenügend, um uns über die hier er- örterte Frage irgendwelchen Aufschluss zu geben. Allein wirkönnen nach Analogie der paläontologischen Befunde aus anderen Tiergruppen, von denen jateilweise sehr zahlreiches und vorzüg- lich erhaltenes Material zeitlich in unmittelbarer Reihenfolge nacheinander entwickelter Formen vorliegt, mit grosser Sicherheit annehmen, dass auch von den Lepidopteren dieser Weg einer langandauernden, ganz allmählichen Umgestaltung in gewissen Fällen eingeschlagen wurde, und zwar wohl dann am häufigsten, wenn die jene Umgestaltungen hervor- rufenden Verschiebungen der Aussenwelt in kleinen gleichartigen Schritten allmählich eintraten. Es mag sich gerade in diesem Falle ganz besonders leicht der ganze Stock einer Art oder doch der an Individuenzahl weit überwiegende Teil desselben unter dem Einfluss der veränderten Bedingungen der Aussenwelt in gleicher Richtung verschoben haben. Die wenigen nicht Schritt haltenden Individuen werden wir uns in diesen Fällen durch geringe Zahl und damit notwendig zusammen- hängende Inzucht untergegangen denken müssen — oder durch Kreuzung absorbiert und aufgenommen von der Ueberzahl der ver- schobenen Artgenossen. Diese Umbildung der Art, so allmählich sie auch der langsamen Umgestaltung der Aussenwelt entsprechend eintreten mochte, musste nach Ablauf gewisser Epochen zu einer Form führen, die, verglichen mit dem von uns ideell gesetzten Ausgangstypus, eine durchaus andere Form und damit auch eine andere, neue Art darstellte. Es würde sich diese Art mit dem Ausgangstypus nicht mehr so zu kreuzen vermocht haben, dass die sich ergebende Nachkommenschaft unbeschränkt in sich fortpflanzungsfähig gewesen wäre, Denken wir uns diesen Prozess aber weiter und weiter fort- schreitend — Vorgänge, die wirklichen Thatsachen in der Vergangen- heit entsprechen dürften — so wird er zu einem Geschöpf führen, das von den Nachkommen der dem ideellen Ausgangstypus nächstver- wandten Individuengruppen in höherem und höherem Grade ab- weicht und nunmehr schon den Repräsentanten oder Ausgangspunkt einer anderen Gattung oder sogar Familie darstellt; zum Ausgangs- punkt einer solchen dann wird, wenn in der Folgezeit etwa Verände- rungen in der Aussenwelt eintreten, welche eine Spaltung dieses in isolierter Entwickelung weit abseits getriebenen Typus in neue Arten : 21* — 324 — hervorrufen. Damit sind wir von selbst zu dem zweiten Abschnitt gelangt. b. Die Spaltung der Art in neue Arten zeitlich nebeneinander. ı. Das Divergentwerden gewisser Individuen- ‚gruppen von den Artgenossen. Wir wollen uns hier lediglich an das direkt Beobachtete halten, oder uns doch davon nur möglichst wenig entfernen, mag uns diese Beobachtung nun das Experiment oder die in der freien Natur wahr- genommene Thatsache an die Hand gegeben haben. Experimentell können wir für die Lösung dieser Frage nur dann etwas Nennenswertes zu erreichen hoffen, wenn wir diejenigen Fak- toren, welche vielleicht, oder gewiss bei der Umgestaltung der organi- schen Welt von schwerwiegender Bedeutung sind, in gesteigertem Masse einwirken lassen, indem wir damit die Prozesse beschleunigen und der direkten Wahrnehmung zugänglich machen, welche sich in der Natur erst innerhalb langer Zeiträume und darum für uns hin- fällige Menschen in der kurzen Spanne unseres Lebens nicht bemerk- bar abwickeln. Die von diesem Standpunkte aus und in diesem Sinne ausge- führten Experimente zeigten, dass in der von uns behandelten Tier- gruppe ganz bestimmte Entwickelungsphasen den angewendeten Faktoren gegenüber besonders reaktionsfähig seien. Ein solches in sehr hohem Grade empfindliches Stadium war erstens das des Eies, wie die Versuche mit erhöhter Temperatur zeigten (cfr. p. 141 u. 142), und ein zweites solches Stadium war das der Puppe, welches auf Feuchtigkeits- (cfr. p. 183—ı85) und Temperatur-Einflüsse (cfr. p. 236 bis 261) stark reagierte, beides Stadien, in denen tiefsreifende Um- wandlungen im inneren Autbau des Insekts vor sich gehen. Denken wir uns in der freien Natur im Laufe der Erdgeschichte irgendwie ähnliche Verhältnisse auftretend, wie die experimentell an- gewendeten, so werden sich diese Verhältnisse im allgemeinen zwar in mehr allmählicher Steigerung einstellen und nicht so sprungweise erfolgen, wie bei unseren Experimenten; ihre Wirkung wird daher auch nicht eine so sprungweise sein, sondern eine mehr allmähliche; aber gleichwohl werden doch die Verschiebungen in derselben Rich- tung erfolgen, wie bei den Experimenten. Es werden sich also ähnliche Verschiebungen, wie wir sie in dem bereits citierten Kapitel p. 137—ı53 geschildert haben, ergeben und = 325 m mithin eine Scheidung der durch die neuen Verhältnisse veränderten Individuengruppe der in den alten Verhältnissen gebliebenen oder doch jedenfalls nicht veränderten gegenüber eintreten. Diese Scheidung einer Art in verschiedene Individuengruppen kann, wie wir schon auseinandersetzten, eine zeitliche (genauer „Jahreszeitliche“) oder eine örtliche, oder auch beides zugleich sein. Dass wir uns mit diesen Erwägungen nicht auf dem Boden blosser Spekulation, sondern auf der Basis sicherer Thatsachen be- wegen, beweist schon die Vergleichung des Beobachtungsmaterials, welches in dieser Richtung ein einziges, auch nur wenig über die Durchschnittstemperatur hinausgehendes Jahr zu liefern vermag. Würde z. B. alles das sorgfältig gesammelt und wäre seiner Zeit schriftlich fixiert worden, was das einzige besonders milde und warme Jahr 1893 an von den normalen abweichenden Verhältnissen in der Insektenwelt allein in Mitteleuropa aufwies, so würde die fundamen- tale Bedeutung von Temperaturverschiebungen für die Umgestaltung der Tierwelt damit sehr deutlich illustriert werden. Diese im Jahre ı893 von den normalen abweichenden Verhältnisse bezogen sich einmal auf das zahlreiche Auf- treten ausgesprochen südlicherer Arten in wesentlich nörd- licheren Gegenden. Namentlich von England wurden in diesem Jahre eine ganze Anzahl Species häufig gemeldet, die dort sonst zu den Seltenheiten gehören. Im mittleren Europa beobachtete ich selbst Deil. neriüi L. vielfach bei Breslau, Arg. pandora Schiff. wiederholt bei Müllheim (Baden) und Deiop. pulchella L. bei Zürich. Die letztere Art drang damals häufig sogar bis Norddeutschland vor, und Acher. atropos L. und Deil. nerii L. wurden 1893 ebenso an vielen Punkten, wo sie sonst kaum jemals gesehen wurden, in Menge gefunden. Diese Zugvögel waren an den letzten Stationen ihrer Wanderung, an denen sie Posto fassten, oder in die Hände des Sammlers fielen, gewiss teilweise örtlich sehr weit von den geschwisterlichen, nicht ge- wanderten Individuen entfernt. Immerhin würden gerade diese Arten als bekannte Wanderer in jenen verflogenen Individuen kaum lange Zeit in vollkommener Geschiedenheit und Isolierung ihren nicht ge- wanderten Artgenossen gegenüber verblieben sein, weil erfahrungs- gemäss stets wieder weitere Individuen dieser Arten nachrücken und durch stetige Kreuzung eine selbständige Entwickelung des gewan- derten Stockes verhindern. — 326 — Denken wir uns aber eine ganze Reihe dergleichen abnormer Jahre, wie 1893 eines war, so werden sich eine grössere Anzahl von Arten zum Wandern entschliessen. Es erfolgt ein solches Wandern teils aus Nahrungsmangel, denn allzu heisse und trockene Jahre bringen in den wärmeren, südlicheren Gegenden einen guten Teil namentlich der niedrigen einjährigen Vegetation zum Absterben, teils aus einem, wie es scheint sehr vielen Tieren innewohnenden Wandertriebe, für den eine Begründung zu geben, uns gegenwärtig unmöglich ist. Unter diesen zahlreichen, in ihrer Verbreitung nunmehr ver- schobenen Arten, wird sich dann sehr wahrscheinlich die eine oder die andere finden, welche zufolge dieser Wanderung da und dort eine für lange Zeiträume hin isolierte, örtlich von ihren Artgenossen weit geschiedene Kolonie bildet, die dann unter der dauernden Einwirkung anders gestalteter Bedingungen der Aussenwelt eine veränderte und dem örtlich nicht verschobenen Grundstock der Art gegenüber diver- gent sich bewegende Entwickelungsrichtung erhält. Andererseits erschienen in jenem heissen Jahre. 1893 eine ganze Anzahl in Mitteldeutschland konstant endemischer Arten zu vollkommen abnormer Zeit durch überaus be- schleunigte Entwickelung. Dasych. pudibunda L. schlüpfte öfter auch in der freien Natur als Falter bereits im Herbst aus, ebenso Catephia alchymista Schifk. und Bombyx rubi L. Ferner beobachtete ich bei Breslau von Por- thesia similis Fuessl. eine zweite, sehr kleine Faltergeneration Mitte September, und bei meinen Zuchten lieferten Das. abietis Schiff. und die Rassen und Rassenkreuzungen von Callim. dominula L. viele Falter bereits im August 1893 anstatt im Juni und Juli des Jahres 1894. Dasychira abietis pflanzte sich in dieser, verglichen mit der nor- malen, sichtlich kleineren und lichteren Form auch fort und ergab im Jahre 1894 und 1895 abermals eine doppelte Generation in hohem Prozentsatz und von etwa gleicher Beschaffenheit wie 1893. Diese zweimalige Wiederholung der doppelten Generation, welche meines Wissens an den Flugorten der Art niemals beobachtet wurde, erfolgte doch wohl durch Vererbung der im Jahre 1893 erworbenen Eigen- schaft, da das Wachstum der Raupen in den Jahren 1894 und 1805 keineswegs in irgendwie aussergewöhnlich hohe Temperatur fiel. Alle diese durch die abnormen Temperaturverhältnisse des Jahres 1893 in ihren Lebensgewohnheiten veränderten Individuen waren in ihrer fortpflanzungsfähigen Entwickelungsphase zeitlich so weit von den — 327 —— nicht veränderten geschieden, dass eine Kreuzung mit diesen un- möglich gewesen wäre. Die Nachkommen dieser in ihren biologischen Verhältnissen ver- schobenen Individuen unterliegen nun sehr veränderten äusseren Be- dingungen in ihren verschiedenen Entwickelungsphasen, da diese Phasen den Jahreszeiten nach eine durchaus andere Lage erhalten als die der nicht in dieser Richtung verschobenen Individuen der Species. Genügte daher das Material der verschobenen Individuengruppe in dem die neuen äusseren Bedingungen überlebenden Quantum zur Erhaltung dieser Form, so wird sie eine, den übrigen Artgenossen gegenüber, andere Entwickelungsrichtung zufolge der Einwirkung der anders gestalteten Faktoren der Aussenwelt einschlagen. Denken wir uns nun längere Zeitepochen hindurch die Tempe- ratur in stetem, allmählichem Fallen oder Steigen, ja sogar wieder- holtem Fallen und Steigen begriffen. Denken wir dabei speciell an Epochen in gar nicht ferner Ver- gangenheit, geologisch gesprochen, nämlich an das Ende der „tertiären Periode“, in welcher solche Verhältnisse thatsächlich vorlagen. Es ist dieselbe in Europa bezeichnet: durch Ueberflutung weiter Landstrecken durch das Meer, durch Vereisung grosser Gebiete teils von Norden her, teils ausgehend von den in einer verhältnismässig wenig: zurückliegenden Zeit entstandenen westöstlichen Gebirgsketten, die durch die Eisbedeckung noch zu weit wirksameren Barrieren werden mussten als schon allein durch ihre absolute Erhebung. Diese Erscheinungen bedingten eine inselförmige Zersplitterung der Landfauna, nur wenige bevorzugte Arten mochten befähigt sein, über alle Hindernisse hinweg die Verbindung mit ihren abgesprengten Stammesgenossen offen zu halten. Es ist deshalb, und gewiss mit Recht, schon seit langer Zeit jener Epoche ein bestimmender Einfluss auf die Gestaltung der gegen- wärtigen Flora und Fauna Europas, resp. der nördlichen gemässigten Zone überhaupt zugeschrieben worden. Der kombinierte Einfluss der veränderten klimatischen Verhältnisse und der Zersplitterung der Faunen muss vom Standpunkte unserer Experimente und zoogeo- graphischen Betrachtungen aus als ein besonders wirksames Moment der Art-Bildung und -Befestigung angesehen werden, und auch wir sind so geneigt, den massgebenden Einfluss der Glacial-Periode resp. -Perioden auf die uns beschäftigende Fauna mit Nachdruck zu betonen. Die Divergenz der unter veränderten äusseren Verhältnissen stehenden verschiedenen Individuengruppen einer Art von ihrer bis- —— 328 — her besessenen Form — Form im weitesten Sinne des Wortes ge- nommen — wird im allgemeinen, wie unsere Temperaturexperimente wahrscheinlich machen, parallel gehen mit der Intensität der Divergenz der neuen, veränderten äusseren Verhältnisse, verglichen mit den- jenigen, unter deren Einwirkung die Art bisher stand. Allein verschiedene Arten werden sich natürlich, wie dies unsere Temperaturexperimente ebenfalls zeigten, diesen veränderten Verhält- nissen gegenüber sehr verschieden verhalten. Es wird dabei namentlich auf das phylogenetische Alter der Arten ankommen und die damit zu- sammenhängende Festigkeit des gesamten inneren Aufbaues. Immerhin wird angenommen werden müssen, dass schliesslich wohl jede Art durch kurze Einwirkung be- stimmter Faktoren von hoher Intensität, oder durch längere Zeit andauernde Einwirkung gewisser Fak- toren von niedrigerer Intensität aus dem annähernd stabilen in ein mehr labiles Gleichgewicht wird ver- setzt werden können. Bezüglich der äusseren Erscheinung werden Grössen-, Gestalt- und Farben- Veränderungen als die für unsere Sinne greifbarsten Verschiebungen eintreten, wie wir denn alle diese Veränderungen experimentell bei. einmaliger oder doch höchstens auf zwei Gene- rationen erfolgender Einwirkung extremer Temperaturen nachzuweisen vermochten. Die eingetretenen Divergenzen der früheren Form gegenüber werden vererbt, wie namentlich die Erscheinungen des Saison-Trimor- phismus höchst wahrscheinlich machen (cfr. p. 234—236), und durch weiteres Einwirken des divergent machenden Faktors gesteigert. Der Eintritt des Stabilwerdens der wirkenden Faktoren führt zum Stabilwerden. der darauf reagierenden Formen. Indes, es wird ein solches Stabilwerden häufig genug bereits vorher, wenn auch den ver- schiedenen divergent gewordenen Charakteren nach in verschiedenen Epochen, eintreten müssen. Zum Beispiel sind weder Vergrösserungen noch Verkleinerungen ins Ungemessene nach den inneren Gesetzen der organischen Welt möglich, und ferner weist der Kampf ums Dasein jedes Lebewesen in ganz bestimmte Grenzen und erzwingt ein gewisses Gleichgewicht der verschiedenen Formen untereinander. Immerhin ist es denkbar, dass eine Art so intensiv und besonders in so einseitiger Weise auf modifizierende Bedingungen der Aussen- welt reagiert, dass dadurch ihre Anpassungsfähigkeit in das Gleich- gewicht aller lebenden Wesen darunter leidet. Eine solche über- — 329 — mässige Beeinflussbarkeit wäre dann als etwas Krankhaftes aufzufassen und müsste in folgerichtiger Weise zum Aussterben des betreffenden Geschöpfes führen, in vielen Fällen, nachdem dem Aussterben noch eine enge Einschränkung auf ein besonders günstiges Areal voraus- gegangen. Das grosse Rätsel des Aussterbens ganzer Typen dürfte durch diese Betrachtung dem Verständnis wenigstens etwas näher gerückt sein. Im ganzen ist es freilich schwer einzusehen, wie ganze grosse Formenreihen ihre Anpassungsfähigkeit soweit verlieren, dass sie zum Aussterben verurteilt werden; gleichwohl aber ist dies noch leichter zu begreifen, wenn wir einen wesentlich bestimmenden Ein- Huss der Aussenwelt auf die Entwickelung annehmen, als wenn wir die Entwickelung nur auf der Selektion des Passendsten unter un- endlich vielen möglichen Variationen beruhend denken. Es ist ganz selbstverständlich, dass neben den Temperatur- bedingungen auch eine ganze Reihe anderer Faktoren wie: ver- schiedene Grade des Luftdruckes, der Feuchtigkeit, der Beleuchtung, Qualität und Quantität der Nahrung u. s. w. als zur Divergenz der organischen Welt führende Einwirkungen der Aussenwelt in Frage kommen. Thatsächlich sind auch einige dieser Faktoren in den früheren Kapiteln wenigstens gestreift worden (cfr. p. 183—185, 194 U. 195, 211 — 214, 232). Jene Untersuchungen waren indessen zu unvollständige, als dass wir sie hier wesentlich in Rechnung ziehen könnten. Nur der Einwirkung intensiver Feuchtigkeit auf gewisse Arten im Puppen- stadium (cfr. p. 183—185) möchte ich auch hier gedenken, weil dadurch eine wesentliche zeitliche Scheidung der auf diese Einwirkung re- agierenden Individuen den nicht reagierenden gegenüber herbei- geführt wird. Die verschiedenen Entwickelungsphasen der Nachkommen dieser zeitlich so verschobenen Individuengruppe fallen in durchaus andere Jahreszeiten als die der übrigen Artgenossen. Es wird sich darum ebenfalls eine Divergenz diesen Artgenossen gegenüber herausbilden, welche sich unbehindert weiterentwickeln kann, da auch in diesem Falle eine Kreuzung der in dem gedachten Sinne veränderten und der nicht veränderten Individuengruppe der Art unmöglich ist. 2. Das Selbständigwerden, die Isolierung dieser Indi- viduengruppen den Artgenossen gegenüber. "Wie erfolgt nun schliesslich die Ablösung der divergent werden- den Individuengruppen von den Artgenossen und das Selbständig- werden der Gruppen letzteren gegenüber? — 330 Wir können uns hier nicht an eine einzelne Art halten, denn in einer bestimmten Zeiteinheit, also in diesem Falle in der Gegenwart, befinden sich die einzelnen Arten auf ganz verschiedenen Punkten der Divergenz und der Befestigung ihrer Eigenschaften. Unzweifelhaft gehen mit dem Divergentwerden der äusserlich sicht- baren Form und Erscheinung einer Individuengruppe schwer oder nicht erkennbare innere Verschiebungen und Veränderungen Hand in Hand, Zunächst scheint der Duft der weiblichen Individuen, welcher für jede Art ein durchaus specifischer sein muss und welcher für die männlichen Individuen nicht nur als Führer, sondern auch als An- reizungsmittel zur Paarung dient, bei unzweifelhaft noch zu derselben Art gehörenden Rassen bereits in Divergenz begriffen zu sein. Wir haben dieser Thatsache vorher gedacht (cfr. p. 107) und äussern hier den Wunsch, es möchte von den Entomologen in dieser Richtung fleissig weiter experimentiert werden. Es hängt wohl unzweifelhaft mit der Divergenz dieses weiblichen Duftes zusammen, dass auch die Paarung zwischen Callim. dominula 8 und var. dersona $, wie um- gekehrt, bei der Zucht schwieriger zu erreichen ist als die Paarung von jeder dieser Formen in sich (cfr. p. 222). Es ist klar, dass dominula und var. persona, die zur Zeit nur örtlich durchaus ge- schieden auftreten, selbst dann, wenn ein lokales Zusammenstossen der beiden Formen in Zukunft eintreten sollte, ein nach der gegen- wärtigen Verbreitung dieser Typen denkbarer Fall, sich kaum durch- gängig oder auch nur vielfach zu der Zwischenform var. romanovi mischen, sondern divergent nebeneinander weiterlaufen würden. Mit dieser Divergenz von seiten des weiblichen Individuums scheinen sich bei dem männlichen Individuum irgendwelche Ver- änderungen der Genitalprodukte einzustellen. ‘Wir sahen die Fruchtbarkeit bei der Kreuzung von var. Per- sona & und dominula 2 (cfr. p. 222) wie von ‚Spilos. mendica .3 und var. rustica 2 (cfr. p. 223) geringer als bei den umgekehrten Kreu- zungen, und wir fanden uns veranlasst, var. dersona Hb. und men- dica Cl. als fortgeschrittenere, neuere Formen im Vergleich zu domi- nula L. und var. rustica Hb. anzusehen. Freilich wäre es hier sehr wohl auch denkbar, dass die Divergenz lediglich in dem äusseren Genitalapparat — Penis und Greifzangen — ruht oder auch gleichzeitig in diesen Organen uud in den Geschlechtsprodukten. Gewiss ist anzunehmen, dass dieser äussere Genitalapparat diver- gent wird, und zwar so, dass sich hierin männliche und weibliche Individuen korrelativ verändern, da Greifzangen und andere männ- — 331 — liche abdominale Appendices stets in entsprechende Gruben und Höhlungen des weiblichen Organismus passen. Es sollten diesbezüglich umfangreiche Untersuchungen bei den verschiedenen Lokalrassen möglichst vieler Arten von den Lepido- pterologen ausgeführt werden. Leider nimmt die meisten Sammler dieser Tiergruppe die Farbenpracht ihrer Lieblinge so stark gefangen, dass sie darüber alle weiteren Gedanken und Arbeiten vollkommen vergessen. Aus der Gruppe der Phryganiden und Coleopteren sind Fälle bekannt, in denen auf Grund der Schwankungen dieser Organe bei den Specialforschern Zweifel darüber bestehen, ob man verschiedene Arten oder nur Rassen dieser Arten vor sich habe. Man vergleiche hierzu: Mc Lachlan, Monogr. Revis. and Synops. of the Trichopt. of the Europ. Faun. First Addit. Supplem. London- Berlin. 1884. Limnoph. centralis var. italicus Me Lchl. p. 5. Rhyacoph. dorsalis Curt., obtusidens Me Lchl., ersimilis Me Lchl. p- 60. Anabol. nervosa Curt. und var. excisa Hag. p. 7. Ferner: Ueber die Carabus violaceus L.- und sylvestris F.-Gruppe, in W. F. Erichson’s Naturg. der Insekt. Deutschl. I. p. 154 und 163, von Schaum verfasst; dazu G. Kraatz, Stett. Ent. Zeit. 1854. p. 49—52, und Deutsch. Ent. Zeitschr. 1878. p. 303—317, P. 417—454. An dieser Stelle findet sich nun eine breit klaffende Lücke in der Kette unserer Untersuchungen, die noch auszufüllen ist, aber bei Heissiger Arbeit der Entomologen auf diesem Felde gewiss ausgefüllt werden wird. "Wohl können eine ganze Reihe von Formen genannt werden, bei denen es zweifelhaft ist, ob wir es noch mit Rassen der gleichen Art oder mit bereits isolierten, durchaus selbständigen Formen, also mit genuinen Arten zu thun haben. Ich nenne aus einer Fülle von Beispielen an dieser Stelle nur: Thais rumina L. und var. medesi- caste Il. — Anthocharis tagis Hb. und var. bellezina B. — Arctia aulica L. und maculania Lang — Psyche hirsutella Hib. und stand- fussü H. S. — Agrotis rubi View. und florida Schmidt — Agrotis festiva Hb. und conflua Tr. Allein hier lässt sich eben nur experimentell der wahre Sachver- halt ermitteln, wofür die genannten und viele andere hier nicht ge- nannte Heteroceren ein geeignetes Material bieten. Bei genügender Ausdehnung dieser Experimente auf breite Ehchten einander nahestehender Typen, mögen dieselben nun gegen- — 332 m wärtig als Rassen einer Art oder als verschiedene Arten im System figurieren, wird die in unserer Beobachtungsktette noch bestehende Lücke gefüllt werden können. Vielleicht gehört in diese Lücke mit irgendwelchem Recht Ocnog. zoraida Grasl. und hemigena Grasl. hinein. Leider sind keine genauen Angaben darüber vorhanden, ob der gezüchtete Rassenmischling (var. zoragena Stgr.), verglichen mit den Ursprungsformen, normale Fruchtbarkeit zeigte oder nicht. Auch mir hat leider bisher die Zeit gefehlt, diesem Punkt bei dem Produkt der Rassenkreuzungen die nötige Aufmerksamkeit zu widmen. Es wurde bisher nicht untersucht, ob Callim. var. romanovi Stdfs. und ‚Spzlos. var. standfussi Crdj. in ihren weiblichnn wie männlichen Individuen gleiche Fruchtbarkeit wie die elterlichen Formen zeigen. Ebenso ist diese Thatsache nicht ermittelt bei Zyg. hybr. escheri Stdfs. und Bist. hybr. Pilzii Stdfs., also den Kreuzungsprodukten von Zyg. trifolii 8 und fılipendulae 2 und zwischen Bist. hirtarıus d und domonarius 2. Es sind dies, wie wir sahen, die einzigen beiden bekannt gewordenen Fälle, in denen unzweifelhaft echte Bastard- weibchen wenigstens eine gewisse Anzahl*) zum Ablegen ausgereifte Eier in ihrem Ovarium enthalten. Leider wurde weder die Zahl noch die Entwickelungsfähigkeit dieser Eier geprüft. Gewiss werden wir nach dem vorliegenden Beobachtungsmateriale annehmen müssen, dass der weitere Gang der Divergenz einmal, wie sich dies experimentell ergeben hat, darin besteht, dass die divergent werdenden Formen sich bei eventuell stattfindender Kreuzung nicht mehr in gleicher Fruchtbarkeit wie jede Form für sich fortpflanzen, indem ein Teil der abgelegten Eier steril bleibt, oder sich doch nicht zu einem vollkommenen Lebewesen entfaltet; weiter sich darin zeigt, dass die zur Imago entfalteten Bastarde erstens zunächst im weib- lichen Geschlechte an Fruchtbarkeit einbüssen; zweitens dann all- mählich nur unvollkommene Eier ausbilden; bis sie drittens schliess- lich lediglich Eikeime, welche rudimentär bleiben, in ihren Ovarien zu produzieren vermögen. Für den ersten dieser drei letzteren Fälle dürfte Zyg. hybr. escheri vermutlich ein Beispiel bieten; für den zweiten Bist. hybr. *) Ich zweifle also an jenen von Haeckel (cfr. p. 65) als Thatsachen mitge- teilten Verhältnissen nicht prinzipiell, sondern ich zweifle nur, dass bereits in der Natur sicher beobachtete, oder auf experimenteller Grundlage ruhende Fälle für diese Verhältnisse bekannt sind. Zu Sk ee püzii, dessen Eier verkümmert schienen, und vielleicht die in den Ann. Soc. Ent. France. 1856. p. 19—32 beschriebene Hybridform von Harpyia vinula 8 und erminea 2. In einem Zwischenstadium ferner zwischen dem zweiten und dritten Falle befinden sich vielleicht die Hybriden von Smer. populi 3 und ocellata 2, sowie von Sat. pavonia d und Pyri 2, ganz sicher aber Sat. hybr. bornemanni, von welchem (cfr. p. 85) ein @ 16 miss- gebildete Eier ablegte, nachdem es von einem Sat. hybr. borne- manni 8 gepaart worden war. Zu der dritten Kategorie endlich ge- hören alle übrigen durch Zucht kontrollierten Hybriden erster Ord- nung, sofern sie sich überhaupt in weiblicher Form finden. Bei den männlichen Hybridfaltern geht die Fruchtbarkeit offen- bar sehr viel langsamer zurück als bei den weiblichen. (Man ver- gleiche hierzu die Folgen intensiven Nahrungsmangels p. 195.) Die beiden daraufhin experimentell geprüften Männchen wenigstens zeigten sich mit den weiblichen Individuen ihrer beiden Ursprungs- arten zurückgekreuzt, beide fruchtbar, wenn auch in beschränktem Masse, das eine Männchen sogar fruchtbar bei der Kreuzung mit dem Weibchen einer dritten Art (cfr. p. 85—87 u. gr). Wenn wir neben allen diesen Ergebnissen der Untersuchungen noch an den eisernen, fast grausam zu nennenden Zwang denken, den der übermächtige Paarungstrieb auf die Tierwelt ausübt, so re- sultiert daraus mit Notwendigkeit die Annahme, dass ohne eine, wenn auch nicht absolute, so doch nahezu vollständige, andauernde, örtliche oder zeitliche (jahreszeitliche), vielleicht auch örtliche und zeitliche Scheidung das Selbständigwerden einer in Divergenz begriffenen In- dividuengruppe nicht möglich ist. Darum wurde gerade dieser Punkt an den betreffenden Stellen (cfr. p. 325—327) stets ausdrücklich hervor- gehoben. Jede Theorie, die diese Thatsache nicht nach ihrem vollen Gewicht anerkennt und in Rechnung zieht, übersieht einen Faktor von schwerwiegendster Bedeutung. "Wir müssen hier bedenken, dass die beginnende Divergenz durch eine allseitige und vollkommen uneingeschränkte Kreuzung zwischen den verschobenen und nicht verschobenen Individuengruppen zum grössten Teile wieder rückgängig gemacht und die physiologische Affinität wieder hergestellt werden muss, um so mehr rückgängig gemacht, da in jedem Kreuzungsfalle — möge die phylogenetisch ältere Form als 3 oder als 2 beteiligt sein — das Kreuzungsprodukt der älteren Form ähnlicher ausfällt. Die physiologische Affinität wird wiederhergestellt, was heisst el ER) lee dies? Sexuell verschiedene Individuen, welche nicht zur gleichen Art gehören, können im allgemeinen bei der Zucht nur durch eine Täusch- ung, in der sich die Männchen befinden, zur Paarung gezwungen werden; und auch in der freien Natur paaren sie sich nur zufolge der gleichen Täuschung in einem psychisch abnormen Zustande, worauf wir p. 109 bestimmt hingewiesen haben. Es fehlt zwischen den In- dividuen, welche nicht zu derselben Art gehören, die physiologische Affinität, das heisst: es fehlt das Gefühl der Zusammengehörigkeit und die gegenseitige Zuneigung der beiden Geschlechter. Anders steht es mit den Hybriden. Männliche wie weibliche Hybriden besitzen eine physiologische Affinität mit dem anderen Ge- schlecht beider Ursprungsarten und es ist hier eine Täuschung nicht nötig und zwecklos, wie ich genügend zu beobachten Gelegenheit hatte. Freilich ist diese Affinität keineswegs in allen Fällen gleich gross, wie z. B. die p. 84 u. 85 mitgeteilten Thatsachen zeigten, aber vorhanden war sie auch in diesem Falle. Diese Affinität zeigte sich dann weiter bei der Rückkreuzung*) des ‚Sat. hybr. emiliae 8 mit pavonia 2 in der Ausbildung einer ge- wissen Anzahl entwickelter Eier im Ovarium des weiblichen Bastards zweiter Ordnung. Dabei handelt es sich in Sat. pavonia und Pyri doch gewiss um weit verschiedene Arten, wie denn auch das Weibchen des Hybriden erster Ordnung, aus der Parung zwischen Sat. havonia 8 und Pyri®, nach allen bisherigen Beobachtungen stets sicher unfruchtbar war. Bei wesentlich näher verwandten Arten, wie also z. B. Zyg. trifohi Esp. und filipendulae L., stellen sich schon bei dem primären Hybriden anscheinend normal entwickelte Eier ein. Danach ist es kaum anders denkbar, als dass stets wieder eine Vermischung aller noch sehr nahe verwandten Individuengruppen untereinander eintreten würde, wenn sie sich gleichzeitig und an dem gleichen Orte vollkommen durch- *) Unter den 1895 von dem gleichen Hybriden: ‚Sar. hybr. standfuss2 Wsktt. (efr. p. 87-91) bis zur Puppe erzogenen 22 Individuen befinden sich 7, welche an gewissen Merkmalen der Puppenschale als unzweifelhaft hermaphroditische Individuen zu erkennen sind. Von den 6 Faltern der Saz. hybr. rzsiz Stdfs. (cfr. p- 9I—98), die ich bisher erzog, waren 4, welche zwitterige Charaktere zeigten. Es scheint danach in der Rückkreuzung echter Bastardmännchen mit den Weibchen ihrer Ursprungsarten ein Weg gewiesen zu sein, auf welchem experi- mentell mit Sicherheit Hermaphroditen erzeugt werden können. Für Studien an diesen sonst so überaus schwer zu erreichenden Naturseltenheiten dürfte diese Thatsache von Wichtigkeit sein. Ich werde später Eingehenderes über die aus jenen hermaphroditischen Puppen erhaltenen Imagines berichten, da erst an diesen die zwitterigen Eigenschaften eine allseitig greifbarere Form gewinnen. ee einander gemischt befänden, bevor die physiologische Affinität zwischen den divergent gewordenen Formen verloren ging, oder doch auf ein Minimum herabsank. "Weiter dann, denken wir uns folgenden etwas anders liegenden Fall: Es reicht eine Art in einer weit ausgedehnten Verbreitungszone vom Norden der paläarktischen Fauna bis zum tiefen Süden hin. Denken wir uns, wie dies ja meist in solchem Falle der Wirk- lichkeit entspricht, dieselbe, wenn wir Individuen von weit getrennten Flugorten herausgreifen, in recht verschiedenem Gewande bezüglich Grösse, Gestalt und Färbung auftretend. Eine schwer zu überwin- dende Barriere ist aber in dem ganzen Verbreitungsgebiete der sehr Hlugkräftigen Art nirgends vorhanden, es findet also eine fort- währende lebhafte Mischung, eine konstant wiederholte Kreuzung zwischen den benachbarten Formen statt. Es ist eine Folge dieser fortwährenden Mischung, dass sich die Art bei Vergleichung von sehr zahlreichen Individuen des gesamten Verbreitungsgebietes als eine zusammenhängende, lückenlose oder doch fast lückenlose Kette ganz allmählich ineinander übergehender Glieder darstellt. Die Glieder streben an den verschiedenen Punkten der Ver- breitung zufolge der Einwirkung der an diesen verschiedenen Punkten nicht gleichen Einflüsse der Aussenwelt wohl in verschiedener Rich- tung auseinander, aber diese Divergenz vermag zur Zeit anscheinend nirgends bis zur Isolierung zu gelangen, weil die fortwährende, massenhafte Kreuzung immer wieder einen Teil dieser Divergenz aufhebt und die physiologische Affinität aufrecht erhält. Wir werden uns ein „Isoliert-“, ein „Selbständigwerden“ gewisser Zweige solcher Rassenserien nur dann denken können, wenn längere Zeiträume hin- durch die Kreuzung zwischen Individuengruppen, welche unter dem Einfluss verschiedener divergent machender Faktoren stehen, unmög- lich wird — oder dann, wenn diese Kreuzung doch quantitativ so weit zurückgeht, dass die Energie der durch gewisse Faktoren bewirkten Divergenz wesentlich mächtiger ist als die Energie der Hemmung und Nivellierung, welche durch die Kreuzung hervorgerufen wird. - Es handelt sich in diesen letzteren Ausführungen nicht um eine vage Spekulation, sondern es liegen diesem Gedankengange ganz bestimmte Beispiele aus der paläarktischen Fauna zu Grunde. Man denke an die grosse Reihe der Lokalformen, von Melitaea aurinia Rott. und dhoebe Knoch einerseits und an die davon an gewissen Grenzen der Verbreitung dieser Arten abgeschiedenen beiden nächst- verwandten, jenen zwei durchaus entsprechenden Arten: Melitaea baetica Rbr. und aetherie Hb. andererseits (cfr. Weismann: Ueber den Einfluss der Isolierung auf die Artbildung. Leipzig. Engelmann. 1872). Die Isolierung der divergent gewordenen Individuengruppe er- folgt also schliesslich dadurch, dass diese Gruppe durch die Ein- wirkung der äusseren Faktoren nicht nur gewisse morphologische Umsgestaltungen der Färbung, Grösse, Gestalt ete., verglichen mit den übrigen Artgenossen, erfährt, sondern auch gleichzeitig physiologisch so weit verändert wird, dass sie nur noch mit Ihresgleichen unbe- schränkt fortpflanzungsfähige Nachkommenschaft zu zeugen vermag, Fällt die gedachte relative örtliche oder zeitliche Scheidung i zwischen der divergent gewordenen Individuengruppe und den übrigen Artgenossen vollkommen dahin, bevor eine thatsächliche Isolierung dieser beiden Individuenreihen eingetreten ist, so müssen notwendiger- weise mehr oder weniger häufig Zwischenformen zwischen ihnen entstehen. In diesem Falle dürfte eine definitive Isolierung dann dennoch eintreten, wenn, wie schon angedeutet, der durch die Divergenz Platz greifende Fortschritt ein erheblich energischerer ist als der in gewissen Individuen durch die Kreuzung stets wieder erfolgende Rückschritt. Die Erhaltung der Zwischenformen in sich als Konstanter Typus hat nur unter besonders günstigen Bedingungen der Aussenwelt einige Wahrscheinlichkeit für sich. Sie müssen ja offenbar erstens irgendwie in Konkurrenz mit beiden oder doch einer der beiden Ur- sprungsformen treten (cfr. p. 114). Zweitens aber dürften sie im all- gemeinen eine geringere Fertilität als die Ursprungsformen besitzen und darum durch Mangel an Individuen und damit unvermeidlich zu- sammenhängende Inzucht in ihrer Erhaltung stark gefährdet sein. 3. Die Vererbung erworbener Eigenschaften. ‘Weiter müssen wir nun hier einige Worte folgen lassen über eine Frage, die gegenwärtig die gesamte Naturforschung, soweit sie sich mit der organischen Welt beschäftigt, auf das lebhafteste be- wegt —: die Frage: Vererben sich erworbene Figenschaften oder vererben sie sich nicht? Besonders in dem p. 305—321 behandelten Abschnitte haben wir eine Menge von Fällen namhaft gemacht, in denen die Sache so zu liegen scheint, dass eine anscheinend rein individuell auftretende Eigentümlichkeit — eine Eigentümlichkeit, für deren Entstehung wir TE 26) en gegenwärtig wenigstens einen bestimmten ursächlichen Faktor noch nicht anzugeben vermögen — sich vererbt, und zwar meist in sehr bedeutenden Prozentsätzen. Lassen wir diese Annahme des rein Individuellen als der Wirk- lichkeit in der That entsprechend gelten — leisten wir also Verzicht auf jedes tiefere Verständnis der letzten Ursachen dieser und ähn- licher, besonders greifbarer Fälle, so werden wir bei konsequenter Weiterführung und Verallgemeinerung dieser Anschauungsweise auf den Standpunkt Weismann’s gelangen, der die gesamte Fortent- wickelung der organischen Welt von in letzter Linie durchaus un- verstandenen und unerklärten Schwankungen der Individuen her- leitet, welche die natürliche Zuchtwahl als Vehikel hierhin oder dort- hin weiterführt. Allein ich glaube, dass wir auf ein tieferes Verständnis der letzten Gründe für die Schwankung der Individuen nicht verzichten dürfen, auch nicht zu verzichten brauchen. Das Experiment bietet eine solche Fülle von Handhaben zur Er- gründung: der letzten Ursachen, welche die Veränderungen der or- ganischen Welt bedingen, dass wir hoffen dürfen, wenn auch nicht jetzt, so doch in späteren Zeiten einen tieferen Einblick und ein gründlicheres Verständnis in die innere Konstitution dieses Um- wandlungsprozesses der organischen Welt zu gewinnen. Bezüglich der in jenem vorcitierten Abschnitt (p. 305—321) ge- nannten Fälle liegt die Sache nach Analogie des Ergebnisses der Ver- suche dem Stadium des Eies und der Puppe (cfr. p. 141—142; 269—275) gegenüber wenigstens in einigen dieser Fälle vielleicht so, dass eine ganz bestimmte, verhältnismässig nur kurze Zeit „reaktionsfähige”*) Phase“ der *) Auch von seiten der Botaniker und Pflanzenzüchter sollten umfangreiche Versuche gemacht werden, ob nicht durch Einwirkung extremer Faktoren (in erster Linie also extremer Temperaturen) auf die Pflanze, am besten vielleicht direkt vor und während der Samenproduktion, das Samenkorn eine von der nor- malen divergente Entwickelungsrichtung empfängt, die sich in der äusseren Er- scheinung der aus demselben erzogenen Pflanze dokumentiert. Die zu wählenden Faktoren müssen natürlich von den während der Samen- produktion auf die Versuchspflanzen regulärerweise einwirkenden möglichst weit verschiedene sein. Ferner aber wird bei der Wahl der Pflanzen, wie es die Er- fahrungen der Tierwelt lehren, das phylogenetische Alter, als die Gefügefestig- keit der Art bedingend, im höchsten Grade zu berücksichtigen sein. Auch in der Pflanzenwelt dürfte die Höhe der Reaktionsfähigkeit sich um- gekehrt verhalten wie die Höhe des phylogenetischen Alters. Die Hybriden, welche in der Pflanzenwelt als vielfach fortpflanzungsfähig mit in Frage kommen, sind als solche von vornherein gewiss nicht als phylo- Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. 22 Entwickelung von abnormen, extremen, sich also nur ausnahmsweise einstellenden Faktoren getroffen werden musste, um zu der aberra- tiven Form zu führen. Durch das notwendige Zusammentreffen dieser nur ausnahmsweise und schwer zusammenfallenden Bedingungen wird das anscheinend rein Individuelle, Spontane und Unverständliche des Auftretens dieser Formen hervorgerufen, welche sich in diesen Fällen bei der Fort- pflanzung in einem Teile der Nachkommenschaft eine Reihe von Generationen nacheinander reproduzieren würden, ohne dass die gleichen divergent machenden Faktoren wiederum eingreifen müssten. Der vorzügliche französische Experimentator Maupas zeigte bei einer Rotatorie „Aydatina senta“, dass durch Erhöhung oder Er- niedrigung der Temperatur zur Zeit, wenn bei jungen Tieren die Ei- bildung im Eierstock im Gange ist, bestimmt werden könne, ob männliche oder weibliche Individuen erzeugt werden sollen (cfr. Maupas: Sur le determinisme de la sexualit& chez l’hydatina senta. Compt. rend. d. seanc. d. Yacadem. d. science. Paris 1891). Aber selbst angenommen, es gelänge nicht, für eine grössere Anzahl dieser anscheinend rein spontan auftretenden individuellen Schwankungen die letzten Gründe wenigstens bis zu einem gewissen Grade experimentell nachzuweisen, so ergiebt sich daraus nicht die zwingende Notwendigkeit, dass alle oder auch nur die meisten der sich vererbenden Verschiebungen der organischen Welt in letzter Linie ebenso spontan entstanden sein müssten. Vielmehr sprechen gewiss ausserordentlich gewichtige Gründe dafür, dass die fortschreitende Entwickelung normaler Weise nicht so vor sich geht, um mich bildlich auszudrücken, dass von den Lebens- centren des Organismus aus individuell präformierte — mit Weis- mann gesprochen — Eigentümlichkeiten nach der Peripherie ge- langen, also die äussere Erscheinung des Organismus bestimmen; sondern es dürfte die durch gewisse (experimentell zu ergründende) Faktoren umgewandelte Peripherie und damit die äussere Erscheinung diese ihre Umwandlung auf irgend einem Wege, in irgend einer Weise, in die uns zur Zeit eine tiefere Einsicht noch nicht möglich ist, nach den Lebenscentren hin fortzuleiten und auf diese zu über- tragen vermögen. ; Von hier wird diese Umwandlung dann durch den Akt der Ver- genetisch junge Formen anzusehen. Sie dürften im allgemeinen annähernd eine mittlere Grösse der summierten Gefügefestigkeit beider Ursprungsarten besitzen. = dr erbung bei den kommenden Generationen wieder nach der Peripherie hin ausgestrahlt. In der Folgezeit vermögen dann weitere und weitere Umge- staltungen durch Einfluss der Aussenwelt an der Peripherie Platz zu greifen; die bereits vorher eingetretenen machen eine verschiebende Wirkung auch auf die Entwickelungsphasen, welche der Peripherie ferner liegen, geltend, und so geht der Wellenschlag der Umwand- lungen und Neubildungen an dem Organismus von der Peripherie nach dem Centrum hin, bei den Insekten speciell von den Endstadien der verschiedenen Entwickelungsphasen rückwärts nach deren An- fang hin. Der Gang der an den Lebewesen auftretenden Neubildungen ist in der That durchaus der geschilderte, und wir haben ihn speciell in sehr klarer Weise bei der Vergleichung der Raupenstadien von Sat. spini, pavonia und dyri zum Ausdruck gelangen sehen. Daher auch die so durchgängig vorhandene grosse Aehnlichkeit nahe verwandter Formen im Jugendkleid. Es ist damit nichts Neues gesagt, sondern nur das „biogenetische Grundgesetz“ Haeckel’s: „Die individuelle Ent- wickelung ist eine Rekapitulation der Stammesentwickelung“ — ein- fach von dem entgegengesetzten Ende aus betrachtet: Die neuen Eigenschaften werden an der Peripherie (id est: im entwickelten Zu- stande) erworben; je weiter wir in der Entwickelung des Individuums zurückgehen, um so weniger werden wir von in jüngerer Zeit er- worbenen Eigenschaften in jedem einzelnen Moment vorfinden, bis wir schliesslich im Ei, dem Centrum, die ganz alte und unmodifizierte Form vor uns haben. "Wäre der Weg der Umgestaltung — mit Weismann — ausschliess- lich ein von den Lebenscentren aus präformierter, so sollte man meinen, die Neubildungen müssten wenigstens häufig auch zuerst in der Nähe des Centrums zum Austrag gelangen und von hier allmählich ihre ‘Wellen nach der Peripherie hin schlagen. Die Verdienste Weismann’s um die Entomologie sind gewiss ausserordentlich grosse, bahnbrechende und epochemachende, und ich weiss diese Verdienste im höchsten Grade zu schätzen. Aber seitdem er die umfangreiche Ausführung von Experimenten mehr und mehr verlassen und sich überwiegend, ja fast ausschliess- lich rein spekulativen Arbeiten gewidmet hat, hat er auch die Welt der Wirklichkeit verlassen. i Die Naturforschung ist noch nicht so weit gediehen, um aus den bisher gewonnenen Bausteinen einen solchen Prachtbau als einen fest- 22* gefügten aufführen zu können, wie ihn Weismann in seiner tief durch- dachten Riesenarbeit: „Das Keimplasma eine Theorie der Vererbung“. Jena. Gustav Fischer. 1892, aufbaut. Die Grundsteine dieses Baues sind bedenklich erschüttert, nament- lich durch die Arbeiten von: J. G. Romanes: „Eine kritische Darstellung der Weismann’schen Theorie“. 1893. Uebersetzt von Dr. K. Fiedler; ferner H. Driesch’s: „Ent- wickelungsmechanische Studien“. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. LIII und LV, und „Zur Theorie der tierischen Formbildung“. Biolog. Centralb. Bd. XII. 1893, und weiter durch ©. Hertwig’s: „Präformation oder Epi- genese?“ Jena. Gustav Fischer. 1894. Aber auch mit dem specifischen Dogma Weismann’s, dem Leugnen der „Vererbung erworbener Eigenschaften“, welches mit jener Keim- plasmatheorie übrigens keineswegs gleichzeitig steht und fällt, sind eine Menge von Erscheinungen der organischen Welt in unge- zwungener Weise nicht wohl zu vereinigen. Namentlich Th. Eimer: „Die Entstehung der Arten auf Grund von Vererben erworbener Eigenschaften ete.“. Jena. Gustav Fischer. 1888; Herbert Spencer: „A rejoinder to Professor Weismann“. Con- tempor. Review. 1893, und W. Haacke: „Gestaltung und Vererbung“. Leipzig 1873, haben gegen diese Seite des Weismann’schen Stand- punktes höchst beachtenswerte Einwände ins Feld geführt. Von meinen Beobachtungen scheinen mir in erster Linie die Er- gebnisse der Temperaturexperimente dem Puppenstadium gegenüber schwer mit den Weismann’schen Ansichten in Harmonie zu bringen. Es stehen diese Ergebnisse durchaus unter dem Zeichen des Ver- hältnisses von Ursache und Wirkung — die graduell gesteigerte Ursache (Temperatur) hat eine parallel gehende graduell gesteigerte Wirkung (die Veränderung des Falterkleides) zur Folge, sofern das sensible Stadium getroffen wird. Sie stehen aber durchaus nicht unter dem Zeichen einer ge- steigerten Anpassung und Vervollkommnung etwa im Sinne einer zunehmenden Schutzfärbung, obwohl die erhaltenen Formen doch weit überwiegend als phylogenetische Reihen von uns gefasst werden mussten und auch von Weismann in seinen früheren entsprechenden Experimenten in analogem Sinne gefasst sind. Auch Dixey spricht in den ausgezeichneten theoretischen Be- trachtungen, die er an die Merrifield’schen Experimente anschliesst (Trans. Ent. Soc. London. 1894. p. 442), die Ansicht aus: „die wieder- = MN erzeugten Stadien sind nicht solche der Ontogenese des Individuums, sondern der Phylogenese der Art.“ Vielmehr reproduzierten wir experimentell in gewissen Fällen als höchst wahrscheinlich atavistische Formen solche, welche die gegen- wärtigen durch Schutzfärbung hinsichtlich ihres Ruhekleides über- treffen. Denn bezüglich der Ruhestellung wird eine unbefangene Beobachtung der untersuchten Vanessa-Arten in der freien Natur Schutzfärbung anerkennen müssen. Hier wenigstens also würde, vom Standpunkte Weismann’s aus gesprochen, eine biologische Anpassung, wie wir diesen Vorgang vielleicht kurz nennen könnten, vorliegen — nur hätte sie in jenen Fällen nicht Fortschritte, sondern Rückschritte (efr. p. 285 u. 286) gemacht. Allein es scheinen mir ausserordentlich gewichtige Gründe dafür zu sprechen, auch für diese und eine unendliche Zahl anderer Fälle, die vollkommen gleich liegen, eine mechanische Anpassung anzu- nehmen. Ich habe in meiner bereits wiederholt ceitierten Arbeit: „Die Be- ziehungen zwischen Färbung und Lebensgewohnheit ete.“ eine Ueber- sicht der hierher gehörenden Thatsachen aus der Gruppe der palä- arktischen Grossschmetterlinge veröffentlicht, eine Erklärung dieser teilweise höchst auffälligen Erscheinungen aber nirgends versucht. Es unterblieb dies deshalb, weil für die Erklärung, die mir einzig und allein dafür möglich erschien, bisher eine wissenschaftlich physi- kalische Grundlage fehlte. Otto Wiener (cfr. Annalen der Physik und Chemie, herausg. von Gren, Gilbert, Poggendorf. Leipzig 1895. P- 225—281) hat diese Grundlage in seinem Aufsatze über Farben- photographie — der durch die Liebenswürdigkeit meiner verehrten Kollegen, der Herren Professoren Dr. Arn. Lang und Dr. Alfr. Kleiner in meine Hände gelangte — neuerdings gegeben. Die Resultate der: Wiener’schen Untersuchungen gipfeln in der These: Es ist also grundsätzlich möglich, dass farbige Beleuchtung in geeigneten Stoffen gleichfarbige Körperfarben erzeugt. Es werden in der Arbeit ausdrücklich die prächtigen Unter- suchungen Poulton’s an Raupen und Puppen genannt, die in den Jahren 1885— 1894 ausgeführt und veröffentlicht wurden (cfr. p. 9 u. 174), deren letzte Erklärung Wiener durch seine Studienergebnisse im wesentlichen angebahnt zu haben hofft. Besonders schroff und packend scheinen mir von den in meiner vorgenannten Arbeit besprochenen Thatsachen die Fälle, bei denen die mit den normal gewählten Ruheplätzen der Art vorliegende sym- pathische Färbung des Ruhekleides der Imago sich an freiliegenden Säumen und Ecken im übrigen total gedeckter Flügelflächen von teilweise minutiösesten Dimensionen findet, so zwar, dass mit der Deckung fast linear zusammenfallend sofort eine andere Färbung an den nicht gedeckten Flügelteilen eintritt. Gedacht ist hier an den der Oberseite der Vorderflügel sympathisch gefärbten Saum am Anal- winkel der Hinterflügeloberseite, z. B. bei Cnethoc. pinivora Tr. und pityocampa S. V., wo dieser Teil etwa nur ı mm, und bei Notod. zikzak L. und tritophus F., wo er etwa ı!/, mm an der breitesten Stelle misst, bei Z/yb. milhauseri F., Notod. dictaeoides Esp., tremula Cl., torva Hb., Lophopt. camelina L. und vielen anderen Arten, bei denen es sich ebenfalls um sehr kleine Flügelteile handelt. Von den Rhopalo- ceren seien als besonders auffällige Beispiele hier genannt die Arten der Gattung Anthocharis. Weiteres wolle man aus der betreffenden Arbeit ersehen. Diese Färbungsverhältnisse treten einerseits, wie aus den genannten Dimensionen ersichtlich ist, in gewissen Fällen in so minimaler Ausdehnung auf, dass eine Nützlich- keit derselben in den extremsten Fällen unbegreiflich ist, andererseits beziehen sie sich so absolut auf das Ruhekleid der betreffenden Arten, dass ihr Entstehen an dem Ruhekleid des Falters als solchem als not- wendige Annahme erscheinen dürfte. Es kann, um dies doch hier zu sagen, nicht so liegen, dass etwa nur jener Rand oder jene kleine Ecke eine Färbung beibehielt, die ursprünglich der ganzen übrigen Flügelfläche eigen war. Vielmehr handelt es sich in jener nur in minimaler Ausdehnung auftretenden Färbung, wenigstens bei den Heteroceren, ganz unzweifelhaft um eine Neubildung. Die Flügelstellung der betreffenden Arten, mit der, wie gesagt, die charakterisierte Färbung innig zusammenhängt, ist eine von dem allgemeinen Typus in etwas abweichende. Auch ist es nicht möglich, diese Färbung etwa von der Lagerung der Flügel in der Puppenhülse abhängig zu denken, denn die Lagerung in der Puppe ist ganz die gleiche wie bei solchen Arten, welche diese eigentümlichen Färbungserscheinungen nicht zeigen. Notod. trepida Esp. und Zorva Hb. z. B. weisen in der Puppe ganz die gleiche Lagerung der Flügel auf, und doch ist bei ersterer Art der Costal- rand der Hinterflügeloberseite mit der Oberseite der Vorderflügel sympathisch gefärbt, bei Notod. torva aber die Dorsalecke der Hinterflügeloberseite. = MOHN Nehmen wir aber an, dass in diesen kleinen Flügelteilen der in Frage kommenden Arten die Färbung, kurz gesagt, durch Farben- photographie des Organismus, oder, mit Wiener zu reden, dadurch entstand, dass farbige Beleuchtung in geeigneten Stoffen gleichfarbige Körperfarben erzeugte, so ist die weitere Annahme, dass die sym- pathisch gefärbte anstossende grosse Flügelfläche auf dem gleichen ‚Wege ihre Färbung erhielt, gewiss eine unmittelbar gebotene. Diese Ausfärbung geht nun aber nicht an dem entwickelten Falter vor unseren Augen vor sich, wie etwa bei den Odonaten (Libellen) oder den Coleopteren, sondern der Falter bringt diese eigen- tümlichen Erscheinungen aus der Puppe bereits vollkommen ausge- bildet mit. Nehmen wir daher an, dass sich diese Färbung ursprünglich an dem fertigen Falter allmählich herausgestaltet hat, so muss diese Eigentümlichkeit von der Peripherie centripetal auf irgend eine Weise in die Geschlechtszellen, in die Vererbungssubstanz übertragen worden und von hier aus auf die Nachkommen gelangt sein. Der frisch entwickelte Flügel ist ja zunächst nicht das starre, tote Gebilde, als das er später“) erscheint, sondern vollkommen mit Körperblut durchströmt (efr. p. 83) und in seiner Färbung dem ver- schiebenden Einfluss äusserer Faktoren anscheinend zugänglich (cfr. p- 177) lefr. Hoffbauer: „Beiträge zur Kenntnis des Insektenflügels“. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Leipzig 1892. p. 579-630. In der Puppe und an der frischen Imago (Coleopteren-Gattung Lina Rdtb. und Anthrenus Geoftr.) ist die Beschaffenheit des Flügels eine andere als im späteren Alter]. Ein strikter Beweis für die Vererbung erworbener Eigenschaften liegt natürlich weder in den Temperaturexperimenten noch in diesen ganz eigentümlichen Thatsachen der Färbung vor, wohl aber Ver- hältnisse, die dafür gewiss in die Wagschale geworfen werden können. Es ist uns wohl bekannt, dass neben diesen direkt aus der Natur geschöpften, oder aus Experimenten, die natürliche Bedingungen *) Sehr bemerkenswert ist es auch, dass die Duftschuppen auf den Flügeln ziemlich bald ihren Duft, also ihre Wirkungsfähigkeit verlieren, wenn der Falter getötet wurde, nämlich je nach den Graden der Temperatur und Feuchtigkeit innerhalb des 1. bis 5. Tages nach dem Absterben des Tieres (Pieris napi L.), während sie an dem lebenden Falter mehrere Wochen funktionskräftig bleiben, Es besteht danach auch in der weiteren Lebenszeit der Imago bei den Zepzdo- dteren irgend ein mehr als bloss mechanischer Zusammenhang zwischen dem übrigen Körper und der Flügelfläche, wenn wir auch zur Zeit nicht einzusehen vermögen, in welcher Weise dieser Zusammenhang gedacht werden soll. u nachzuahmen versuchten, gewonnenen Beobachtungen viele Experi- mente gröberer Art, Verstümmelungsexperimente können wir sie heissen, ausgeführt worden sind, um der Vererbung erworbener Eigen- schaften näher zu rücken. Neben vielen negativen Erfolgen sind auch einzelne unzweifel- haft positive erzielt worden, z. B. die oft genannten Brown-Sequard- schen, welche sich ausführlich in Ch. Darwin’s gesammelten Werken (deutsch von J. Viktor Carus. Stuttgart 1878), III. Bd. p. 491 u. 402, mitgeteilt finden. Es handelt sich in den Brown-Sequard’schen Ex- perimenten darum, dass die Wirkung von Operationen resp. von Ver- stümmelungen in zahlreichen Fällen vererbt wurde. Da vielfach Zweifel gegen die Richtigkeit jener Beobachtungen erhoben wurden, so hat ganz neuerdings Leonhard Hill auf Anregung des so hochgeschätzten, inzwischen leider verstorbenen G. J. Romanes eines der Brown-Sequard’schen Experimente wiederholt. Es wurden bei einem männlichen und weiblichen Meerschweinchen (Cavia cobaya) der linke sympathische Cervicalnerv durchgeschnitten, worauf bei beiden der linke oberseitige Augenlidvorfall eintrat. Die beiden ersten Jungen dieser Meerschweinchen zeigten beide ebenfalls den Vorfall des linken oberen Augenlides (cfr. Nature. Vol. 50. No. 1304. p. 617). Wir führen diese Thatsachen lediglich der Vollständigkeit halber hier an, sind aber der Meinung, dass die Wirkung der Verstümmelungen des elterlichen Organismus auf die Nachkommen eine Sache für sich ist, die abseits von der in der phylogenetischen Entwickelung ge- forderten Vererbung erworbener Eigenschaften ihren besonderen Ge- setzen folgen mag. 4. Betrachtungen, geknüpft an einige specielle Fälle der zeitlich nebeneinander erfolgenden Art- bildung. ‘Wenn wir an der Hand alles bisher beigebrachten Beobachtungs- materiales versuchen wollen, hinsichtlich einiger specieller Fälle Be- trachtungen über die Gründe und den Hergang der Artbildung an- zustellen, so dürften sich hierzu die drei so nahe verwandten und von uns in vielfacher Beziehung untersuchten Arten: Saturnia spini, pavonia und dyri, am besten eignen. Die Reihenfolge des Auftretens dieser drei Species haben wir be- reits (cfr. p. 100—107) zu ermitteln gesucht, wobei sich spini als die älteste, havonia als eine jüngere und dyri als die jüngste Art auswies. Zu odD Zunächst also: spini und pavonia. Beide Arten stehen sich in den weiblichen Imagines — und wir sahen (p. 3ı2 e.a.1l.), dass das weib- liche Geschlecht überwiegend das konservativere zu sein scheint — auch gegenwärtig noch so nahe, dass wir sie mit Recht aus einer ge- meinsamen Wurzel*) herleiten dürften, mit welcher verglichen sich Sat. spini bis zur Gegenwart durchweg wesentlich weniger divergent gestaltete als Sat. pavonia. Fragen wir, mit Berücksichtigung der besprochenen biologischen Differenzen zwischen den beiden Arten, in welcher Weise wir uns das Divergentwerden auf Grund des Beobachtungsmateriales etwa veranlasst denken könnten ? ‚Wir sehen, dass ‚Sat. fpavonia an den mit Sat. spini gemeinsamen Flugorten gegenwärtig als Falter eine Reihe von Tagen früher er- scheint als Sat. spini, und dass Sat. pavonia & ein Tagflieger ist; während Sat. pavonia 2, Sat. spini & und 2 ausschliesslich nächtliche Tiere sind. Welche äusseren Faktoren können diese Divergenzen der neueren Form dem ursprünglicheren Typus gegenüber hervorgerufen haben? Wir werden uns vielleicht denken können, dass diese sich abspaltende Individuengruppe, aus welcher sich schliesslich Saf. pavonia heraus- gestaltete, von dem ursprünglichen Grundtypus der Art örtlich ge- schieden war und unter dem Einfluss einer Epoche mit sinkender Temperatur stand. Trotz dieser sinkenden Temperatur verschob sich die Zeit des Ausschlüpfens der Imagines nicht in sehr hohem Grade der bisher gepflogenen Gewohnheit gegenüber, wie wir noch gegen- wärtig beobachten können, dass ein sehr rauher Frühling hierin in den zeitig im’Jahre erscheinenden Arten keine durchgängigen und hochgradigen Anomalien verursacht (efr. p. 24 u. 45). Die männlichen Individuen nun, für welche zur Erlangung der Geschlechtsreife, wie die Erfahrung lehrt (cfr. p. 42), eine längere Zeit energischer Bewegung in der freien Natur unumgänglich notwendig: ist, war dieser Hochzeitsflug unter jenen angenommenen Verhältnissen der sinkenden Temperatur in den zu kalt gewordenen Nächten nicht mehr möglich und sie mussten sich zufolgedessen entschliessen, diesen Flug am Tage**) auszuführen. *) Eine mir leider ganz ungenügend bekannte Art, welche eine sr. näher stehende Zwischenform darzustellen scheint, ist die von Christoph entdeckte Saz. cephalariae Chrstph. von Kasikoparan. " ==) Es hat sehr viel für sich, anzunehmen, dass die männlichen Individuen von Zndrom. versicolora L., Aglia tau L., Bombyx guercus L. (letztere überwintert mi ERS AOL '—e Die Wirkung dieses Tagfluges war der Eintritt des Tagfalter- kleides durch Vererbung erworbener Eigenschaften. Präformiert war dieses Gewand hier doch wohl nicht, denn alle verwandten Arten: boisduvalii Ev., atlantica Luc., Pyri Schiff. und vor allen Dingen auch die ältere spini und die wohl ebenfalls phylogenetisch ältere cephalariae Chrstph., sind sämtlich in beiden Geschlechtern 'Nacht- flieger und ihrem Gewande nach auch Nachtfalter. Die Veränderung der biologischen Verhältnisse rief wohl eine tiefer greifende Umwandlung der gesamten Eigenschaften des Männ- chens und durch dieses dann im ferneren auch des Weibchens hervor. Andere Umgestaltungen, z. B. auch eine Verkleinerung des ganzen Körperausmasses, sowie Verschiebungen in den früheren Entwicke- lungsphasen gingen, durch die veränderten Bedingungen der Aussen- welt hervorgerufen, mit diesen Umwandlungen der Imagines Hand in Hand, standen vielleicht auch mit diesen Umwandlungen in kausalem Zusammenhang. Als Endresultat dieser Verschiebung in der gesamten Entwicke- lungsrichtung ergab sich schliesslich der Verlust, oder doch eine starke Reduktion der physiologischen Affinität — nach unseren Be- obachtungen wahrscheinlich mit einer Divergenz des weiblichen Duftes beginnend — gegenüber dem nicht, oder doch nur wenig veränderten Grundstock der Art, das heisst also gegenüber den Vorfahren der Sat. spini. So kam es, dass, als sich die umgestaltete Individuen- gruppe, also ‚Sat. pavonia, die sich an niedrigere Temperaturen accommodiert hatte, weiter ausbreitete und mit ‚Sat. spini wieder zusammenstiess — denn wir nahmen die Bildung der neuen Form bei örtlicher Scheidung der älteren gegenüber an — im Frühlinge sich um einige Tage früher zur Imago entwickelte als Sat. spini. Noch heute steht es mit der Erscheinungszeit der beiden Species so, dass die späteren Exemplare von Sat. pavonia, überwiegend weibliche Stücke, noch gleichzeitig mit den ersten zumeist männlichen Faltern von ‚Sat. spini vorhanden sind. Noch heute ist zufolge dieser Verhältnisse, bei der noch nahen Verwandschaft der beiden Arten der Hybrid von Sat. spini 8 und pavonia 2 unzweifelhaft der häufigste aller aus der freien Natur bekannten Bastarde, aber fortpflanzungs- fähig, und wäre es auch nur in sehr reduziertem Masse, sind die Weib- chen dieses Bastards nicht, oder doch nicht mehr. im Norden und in den Gebirgen noch gegenwärtig als Puppe) und noch andere Arten aus gleichem Grunde zu Tagfliegern wurden. ZH ey Sollten in der Vergangenheit noch in sich fortpflanzungsfähige Bastarde von dieser Form existiert haben, so müssen sie unterge- gangen sein, am wahrscheinlichsten zufolge zu geringer Fortpflanzungs- fähigkeit und dadurch bedingter vielfacher Inzucht. Eventuelle Rückkreuzungen aber der Bastarde mit der Grund- art müssen eine weniger energische Rückbildung der divergent ge- wordenen Individuengruppe bewirkt haben, als die Energie der im Fluss befindlichen divergenten Entwickelungsrichtung betrug — so dass eine Isolierung gleichwohl eintreten und Bestand haben konnte. Die umgekehrte Kreuzung, die von Sal. pavonia 8 und spini 9, ist aus der freien Natur noch nicht nachgewiesen. Sie dürfte auch seit Wiederberührung der beiden divergent gewordenen Formen nicht mehr eingetreten sein. Ich habe die Gründe für diese Annahme P- 74 u. 75 auseinandergesetzt und kann nunmehr noch hinzufügen, dass weder die Raupen aus der Paarung zwischen Sat. hybr. borne- manni 3 und pavonia 2 noch die aus der Paarung zwischen Sat. hybr. bornemanni 8 und spini $ mit den Raupen der ‚af. hybr. hybrida ©. zusammenfallen, so dass die von mir angenommene Ab- stammung dieses Hybriden von ‚Sat. spini & und pavonia 2% noch mehr an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Es ist aber klar, dass gerade der ganz natürliche Ausschluss der Kreuzung von Sat. pavonia 3 und spini $ die freie Weiterentwickelung der divergent gewordenen Individuengruppe begünstigen musste. | Versuchen wir nun ferner auch ein Verständnis für die Heraus- bildung der grössten europäischen Saturnia, der Sat. pyri Schiff., wenigstens in einigen wesentlichen Momenten zu gewinnen. Auch bei ‚Sat. pavonia sind natürlich nur wenige Momente dieser Heraus- bildung berührt, der ungelösten Fragen bleiben dabei noch Tausende übrig. Sat. dpyri ist nach unserer Auffassung phylogenetisch jünger als Sat. Davonia, und da sich in den früheren Entwickelungsphasen grosse Analogien zwischen diesen beiden Arten finden, so hat es viel für sich, die beiden Arten als aus gemeinsamer Wurzel stammend zu denken. Sat. dyri ist erheblich grösser und erscheint erheblich später als Sat. pavonia und fliegt in beiden Geschlechtern des Nachts. ‘Welche von uns experimentell oder in der freien Natur beobach- teten Thatsachen können zur Divergenz Sat. pavonia gegenüber ge- führt haben? Und wie kam die Isolierung der divergent gewordenen - ‚ Individuengruppe zustande ? Es hat viel für sich, anzunehmen, dass diese Divergenz unter dem TU UBnS Nr Einfluss steigender Temperatur erfolgte. Auch hier werden wir in der Periode der Divergenz eine andauernde, wenigstens relative ört- liche Scheidung der beiden divergent werdenden Individuengruppen annehmen müssen aus früher (cfr. p. 333—335) dargelesten Gründen. Nach unseren Experimenten (cfr. p. 145 u. 146; 152 u. 153) wird eine Vergrösserung dann eintreten, wenn trotz der Wärmezunahme die Dauer des Raupenstadiums, also der Zeit der Ernährung und des Wachstums nicht abgekürzt wird. Thatsächlich braucht Sat. pyri da, wo sie gegenwärtig neben ‚Sat. bavonia vorkommt, etwa annähernd dieselbe Zeit der Ernährung, zwischen Mitte Juni und Ende August, also in der wärmsten Zeit des Jahres, welche Sat. dpavonia zwischen Mitte April und Ende Juni bedarf, also bei niedrigerer Durchschnittstemperatur. Wir können annehmen, dass mit der stetigen Wärmezunahme in der Divergenzperiode der zu Sat. pyri führenden Individuengruppe eine stetige entsprechende Vergrösserung des gesamten Körperaus- masses erfolgte, bis diese Zunahme der Wärme und damit auch ihre Wirkung auf die Welt der Lebewesen zum Stillstand kam. Um diesen Hergang der Vergrösserung begreiflich zu finden, denke man an die Ergebnisse der Experimente mit Archa fasciata (Taf. VI, Fig. 15) und Lasioc. pini (cfr. p. 145 u. 146); ferner an die wesent- lich bedeutendere Grösse der südlichen Lokalformen von: Lyc. loewii Z., Arg. niobe L. etc. etc. (cfr. p. 150) und an die sogar am gleichen Ort durch die Entwickelung während der kühleren oder wärmeren Jahreszeit statthabenden hochgradigen Grössenschwankungen etwa bei Pap. »uthus L. und var. »uthulus Brem., Pap. maackiüi Men. und var. raddei Brem. etc. (cfr. p. 231 u. 232). Die unmittelbare Folge des wesentlich vergrösserten Körperaus- masses der divergent gewordenen Individuengruppe war dann wohl ein späteres Ausschlüpfen der Falter dieser Gruppe aus den über- winternden Puppen. Es war für die Entwickelung dieses mächtigen Tieres ein grösseres Wärmequantum notwendig, wie wir sehen, dass die experimentell verkleinerte Form von Arct. fasciata (cfr. Taf. VI, Fig. 14), bei gleicher Temperatur eine kürzere Puppenruhe hat als die erheblich grössere Form (cfr. Taf. VI, Fig. 15 u. p. 145). Damit fiel die Erscheinungszeit der Falter wieder in die milde Jahreszeit mit konstant wärmeren Nächten, auch das Männchen nahm nun die ursprüngliche Gewohnheit, in der Nacht zu fliegen, wieder an, sodass wiederum gleiche äussere Bedingungen auf das männliche und das weibliche Individuum einwirkten. Damit trat auch wieder all- | | 1 ji | | Tagen: Dead mählich ein nahezu monomorphes Kleid der beiden Geschlechter ein, wie wir es gegenwärtig an ‚Sat. pyri in ausgesprochener Form vor uns haben. Mit dieser Verschiebung der Falterentwickelung erfolgte aber zu- gleich eine bedeutende zeitliche Scheidung dem Grundstock, also den Vorfahren unserer Sat. pavonia gegenüber, sodass bei weiterer Ver- breitung der umgestalteten, vergrösserten Individuengruppe und da- durch wieder eintretender, reichlicher Berührung mit Sat. pavonia und spini eine Kreuzung mit diesen Arten vielleicht überhaupt nicht mehr erfolgte, wie sie gegenwärtig in der freien Natur ohne experi- mentelles Eingreifen von seiten 'des Menschen nicht mehr erfolgt. Trat die Hybridation aber in der Vergangenheit thatsächlich in der Natur noch auf, so dürften aus den gleichen Gründen, deren wir vor- her bei der Artbildung von Saf. pavonia gedachten, einerseits etwaige noch in sich in beschränktem Masse fortpflanzungsfähige Hybriden durch Individuenmangel und dadurch bedingte vielfache Inzucht wiederum erloschen sein, andererseits dürften die Nachkommen von Rückkreuzungen der primären Bastarde mit den Grundarten, also Hybriden höherer Ordnung, weil nur als Seltenheit auftretend, die Energie der Divergenz nicht namhaft haben hemmen und die bereits bestehende Kluft mit genügenden Zwischenformen ausfüllen können. Das Gesamtergebnis war, dass die durch den Wechsel der Ver- hältnisse der Aussenwelt eingeleitete Divergenz eine Isolierung der divergenten Gruppe, den verwandten Formen gegenüber, anbahnte. welche schliesslich zu einer definitiven wurde. Zur Kontrolle der Entwickelungsbedingungen der Imagines von Sat. spini, pavonia und Pyri brachte ich am 20. Februar 1894 von ‘ jeder der drei Arten 4o Puppen, zur Hälfte männliche und zur Hälfte weibliche, gleichzeitig von einem freien Balkon, auf dem sie sich mit- einander zur Ueberwinterung befanden, zunächst 2 Tage in ein stets ungeheiztes Zimmer und von da in einen Raum, in welchem die Durchschnittstemperatur etwa + 17 ° C betrug. Die Puppen aller drei Arten stammten sämtlich von Raupen, welche ı893 bei Wien gesammelt worden waren. Es entwickelten sich aus diesen Puppen Falter an folgenden Sat. spini pavonia pyrı März 7 a INS: Ser SER ARE: Os ano Bra: oo % ZUR Er ee ana a 0 a 00 ee or ohaun 0, oo OS a0 org ee non 80,8 0 Bee ee SS 8 ne alarm. Bla no 0.0 000,06 plans ein nlo 0.0 ER ET ES Ban et ER LON EEE EN ZIDON Rn D UN Er ae. 289 HE WO RE. 0 9m a April N a NE Kon. oa Ro Ur: Mal NET 27a FE Io RR a A OR oe ol n% 81/08 on ng ı8 TOR ner han ee ae r ee ee so Leider wurde Sat. dyri in den Daten der späterhin sich noch entwickelnden Individuen wegen anderweiter drängender Arbeiten nicht mehr verfolgt. Im ganzen schlüpften von den 40 Puppen der Sat. pyri ı8 d& und 13 22 aus. Diese Ergebnisse der Zucht entsprachen natürlich den Verhält- nissen in der freien Natur keineswegs genau, weil während der Er- scheinungszeit der Sat. pavonia und sdini ein häufiger Rückschlag zu rauherer Witterung eintritt, dem zufolge die Entwickelung dieser beiden Arten auf einen wesentlich längeren Zeitraum verteilt wird. Allein die Entwickelungsverhältnisse im allgemeinen sind dadurch genügend illustriert, und es zeigen schon diese wenigen Daten, dass eine Kreuzung zwischen Sat. pavonia 8 und spini 2 höchst unwahr- scheinlich, die von ‚Sat. spini 8 und pavonia 2 aber durchaus in das Bereich der Möglichkeit fällt. Sat. pyri ist, wie wir sehen, bei unserem Experiment zeitlich so weit geschieden, dass wenigstens in diesem Falle eine Kreuzung zwischen spini 8 oder pavonia g und Pyri ? wegen der Kurzlebigkeit da ersten beiden Arten vollkommen ausgeschlossen ist. Werfen wir nun ferner noch einen kurzen Blick auf ‚Sat. spini selbst, die phylogenetisch älteste der drei Arten. Es muss auffällig erscheinen, dass diese Art, welche ein Ver- breitungsgebiet (cfr. p. 104 u. 105) von durchaus nicht besonders rauhem Klima hat und welche zu einer Jahreszeit ausschlüpft, die beiden gegen- wärtigen klimatischen Verhältnissen jenes Verbreitungsgebietes die Erhaltung der Art kaum gefährden oder gar in Frage stellen kann, Eigenschaften besitzt, welche sonst nur Faltern des höchsten Nordens | und der hochalpinen Gebirgszone zukommen, oder doch nur solchen — 351 — Arten der Ebene eigentümlich sind, welche im spätesten Herbst oder im zeitigsten Frühjahr als Falter erscheinen. Es sind solche Eigenschaften erstens das ausserordentlich häufige, mehrfache Ueberwintern der Puppen (cfr. p. ı8ı. Bomb. var. arbus- culae Frr. und Bist. alpinus Sulz. der Hochalpen); zweitens der ungemein dichte Haarpelz beider Geschlechter als Imago und drittens die Bekleidung der Eiergelege mit Afterwolle *). Diese Eigentümlichkeiten sind doch wohl Reste einer vormals notwendigen Anpassung an rauhe und ungünstige klimatische Be- dingungen, und da sie bis zur Gegenwart erhalten blieben, so müssen sie wohl sehr lange notwendig gewesen und dadurch sehr fest ge- worden sein. Wir werden Grund haben, anzunehmen, dass diese Art bereits lange. Zeit während der Eiszeit lebte, ja dass sie vielleicht die gesamte Eiszeit mit allen ihren Rückschlägen durchmachte. Die Verbreitung von ‚Sat. spini, welche im weiblichen Geschlecht als Falter ungemein träge und unbeweglich ist, und darum gewiss schwer und sehr langsam in neue Gebiete vordringt, spricht in keiner Weise gegen eine solche Annahme. Das Hauptverbreitungsgebiet fällt in Länderstrecken, welche im wesentlichen durchaus mit den Grenzen eines tertiären Seebeckens, des sogenannten sarmatischen Meeres (cfr. Neumayr: Erdgeschichte. I. Bd. p. 523—526) zusammenfallen. Dieses Gebiet war während der Eiszeit nicht mehr überflutet und ebenso auch nicht in grösseren Dimensionen vereist. Natürlich aber stand auch dieses Gebiet lange Zeiträume hindurch unter dem Einfluss jener Erdepoche mit wesentlich erniedrigten Tem- peraturen, welche geeignet waren, die genannten Anpassungserschei- nungen der Sat. spini an rauhe klimatische Verhältnisse hervorzu- rufen und zu befestigen. *) Bekanntlich überziehen auch die Zorthesia- und die Crethocampa-Arten ihre Eier mit Afterwolle, obwohl die Arten der ersteren Gattung gegenwärtig niemals und die der zweiten nur in den zwei Arten Zrocessionea L. und kerculeana Rbr. im Eizustande überwintern. Allein es war wohl bei allen Arten dieser Gattungen, wie die Gewohnheit der nächstverwandten Genera (Psilura, Ocneria) \ "oder Arten (Zrocessionea, herculeana) noch jetzt zeigt, die Ueberwinterung als Ei | das Ursprüngliche, und die gegenwärtige Lebensgewohnheit ist erst eine neuer- \ dings erworbene Eigentümlichkeit. Die Afterwolle blieb hier gleichwohl er- ‚halten, weil sie widrige Eigenschaften besitzt, also für die Erhaltung der Art auch noch in anderer Weise denn als blosse Schutzhülle gegen die Witterungs- einflüsse nützlich ist. Nehmen wir den soeben entwickelten Gang; der Artbildung von Sat. pavonia und dyri in seinen wesentlichen Zügen als richtig an, so werden uns nun nachträglich auch noch einige bei der Hybridation beobachtete Thatsachen verständlich. Wir verstehen Sat. hybr. var. emiliae und var. daubü als Er: durch Vererbung zum Austrag gelangende Wiederspiegelung des Entwickelungsganges, den Sat. pavonia und zum Teil wohl auch dyri durchlief. Die neueren Zuchten dieses Hybriden haben denn auch entsprechend eine vollständig zusammenhängende Kette von der einen dieser Formen bis zur anderen geliefert. Es ist der Kampf, den die beiden ungleichartigen Keime bei der Hybridation kämpfen, welcher individuell nicht durchaus gleich aus- fällt, bei welchem also das eine Individuum durch den mit ihm ver- bundenen fremdartigen Keim in der intendierten Entwickelungs- richtung stärker aufgehalten wird als das andere. So wird ein individuell verschiedenartiger Rückschlag rn es entspricht var. emiliae einer phylogenetisch älteren — var. daubıu einer phylogenetisch jüngeren Form von Sat. Davonia (cfr. p. 32 u. 83 ° und Taf. I, Fig. ı—4). Wir finden nun auch eine Lösung des sehr sichtbaren und zu- nächst doch so unbegreiflichen Färbungsdimorphismus zwischen den männlichen und weiblichen Individuen der ‚Sat. hybr. risii (cfr. p. 95 u. 96 und Taf. IV, Fig. ı u. 2), welche, wie wir uns erinnern, von Sat. hybr. var. emiliae 8 und Pyri? stammte. Sie besteht also, wenn wir uns kurz ausdrücken wollen, etwa zu °/, Teilen aus ‚Sat. Dyri und zu !/, Teil aus Sat. Davonia. Woher also der doch recht sicht- bare sexuelle Färbungsdimorphismus und zumal die grosse Annäherung: der weiblichen Form dieses Hybriden an den Typus der Sat. pavonia?? Sat. pyri ging eben nach unserer Anschauung aus den Vorfahren der Sat. pavonia hervor, als bei dieser Art schon ein gewisser sexueller Färbungsdimorphismus ausgeprägt war. ‚Sat. $yri war daher selbst wohl noch längere Zeit in gleichem Sinne dimorph und gestaltete sich erst allmählich durch gleiche Lebensweise der beiden Geschlechter im Falterstadium zu der gegenwärtigen monomorphen Form heraus. Das Männchen wird bei dieser Umgestaltung dem Weibchen voraus- geeilt sein, wie wir Gleiches auch in anderen Fällen verfolgen konnten, das Weibchen also noch länger als das Männchen dem entsprechenden Typus von Sat. pavonia nahe geblieben sein. Die hemmende Wirkung der Kreuzung mit Sat. hybr. var. emiliae d wirft Sat. pyri auf eine frühere Stufe ihrer Entwickelung, in ein phylo- IN SE genetisch älteres Kleid zurück, und es entsteht so die ausgesprochen dimorphe Form. Die Herkunft des hybridisierenden ‚Sat. hybr. var. emiliae 8 allein dürfte diesen klaren Dimorphismus nicht genügend verständlich machen. Ist es endlich gestattet, auch umgekehrt aus dem Ergebnis der Hybridation einen Rückschluss auf den Entwickelungsgang der ge- kreuzten Arten zu machen, so werden wir zu der Annahme genötigt sein: den Grössendimorphismus der beiden Geschlechter bei ‚Sat. pavonia als eine verhältnismässig sehr jung aufgetretene Eigentüm- lichkeit dieser Art anzusehen. Die Vererbungsenergie dieses Cha- rakters ist in allen beobachteten Fällen eine wesentlich geringere als die des sexuellen Färbungsdimorphismus und kommt in sehr greif- barer Form nur bei ‚Sat. hybr. standfussi Wsktt. zum Austrag (cfr. P- 87—g1). ‚Wir gewinnen nach allen unseren Auseinandersetzungen schliess- lich die folgende Definition des Begriffes der Art: Arten sind Individuengruppen, welche durch den direkten Einfluss gewisser Faktoren der Aussenwelt so weit von den nächstverwandten Typen divergent geworden sind, dass sie sich mit diesen in ihren ge- schlechtlich entwickelten Formen nicht mehr derge- stalt kreuzen können, dass sich die aus dieser Kreuzung hervorgehenden, vollkommen ausgebildeten Tiere un- beschränkt miteinander fortzupflanzen vermögen (cfr. P- 115). ‘Wir stehen damit auf dem gleichen Standpunkt wie Eimer, dessen bezügliche Definition (cfr.: Die Artbildung und Verwandtschaft bei den Schmetterlingen. p. 16) lautet: „Es sind eben Arten nur Gruppen von dergestalt abgeänderten Einzeltieren, dass eine geschlechtliche Mischung zwischen ihnen und anderen Gruppen nicht mehr geschieht oder mit Erfolg unbegrenzt nicht mehr möglich ist.“ ® Diese Abänderung aber erfolgt nach Eimer ebenfalls durch Ein- ‚ flüüsse der Aussenwelt, deren direkte Einwirkung auf die Tierwelt von \ letzterer auf die Nachkommenschaft vererbt wird; sie erfolgt also „durch Vererbung erworbener Eigenschaften“ (cfr. Eimer: 1. c. p. 32 u. 33). Standfuss, Handb. f. Schmetterlinsssammler. 23 C. Die Sammlung der Schmetterlinge. I. Präparation des Falters. Es ist selbstverständlich, dass auf die sorgfältige Präparation der Falter das grösste Gewicht gelegt werden muss, wenn die Sammlung derselben ein gefälliges Aussehen darbieten soll. Zudem ist eine vollständigere Sammlung ohne fleissigen Tausch- verkehr mit anderen Lepidopterologen nicht erreichbar, und man sollte ° daher schon darum dem gegenwärtig bezüglich der Präparation all- gemein üblichen Gebrauch so gut als möglich nachkommen. Nur ein Teil der Engländer geht auch gegenwärtig noch darin seinen eigenen Weg. Eine sehr gute Anweisung für das Präparieren der Grossschmet- terlinge giebt J. Röber im Korrespondenzblatt des entomologischen Vereins Iris zu Dresden 1886. p. 11—14; auch sonst ist der Gegen- stand viel abgehandelt worden, und es seien daher hier nur einige der wichtigsten Punkte hervorgehoben. a) Bei frisch getöteten Faltern ist das erste Erfordernis, dass sie wirklich tot, andererseits aber doch nicht zu steif sind. Dem letz- teren Uebelstand kann oft durch einen scharfen Druck des "Thorax mit einer feinen Pincette unter der Wurzel der Flügel abgeholfen werden, auch das einfache Stecken unter der Aufweichglocke, auf die wir bald zurückkommen, nimmt vielen Tieren nach etwa 24 Stunden die im Tode eingetretene Starrheit. Dass man mit Chloroform Schmetterlinge nicht vollkommen töten soll, ist schon früher (cfr. p. 26) gesagt. Das weitaus Wichtigste für die Möglichkeit einer guten Präpara- tion ist aber unzweifelhaft: „das sorgfältige Spiessen“, und gerade hierin wird am allermeisten gefehlt, auch von Leuten, die schon so manches Jahr sammeln. Die Minute, welche man beim Der Spiessen durch Flüchtigkeit erübrigt, rächt sich beim Spannen fünf- fach und zehnfach in der Zeit und oft genug zudem durch Schädigung des Falters. Wirklich gut gespiesst, ist, kann man sagen, mehr als halb ge- spannt; gutes Spiessen ist aber durchaus nicht leicht. Die Nadel ist senkrecht zur Körperaxe des Tieres so durch die Mitte des Thorax zu stechen, dass der Nadelteil über dem Falter nur reichlich halb so lang ist, wie der unter dem Falter; und ebenso ist natürlich auch bei der Präparation die Nadel senkrecht durch die Rinne des Spannbrettes zu spiessen. Die gebräuchlichste Länge der weissen Nadeln beträgt 37—38 mm. Sehr gute und preiswürdige weisse Nadeln liefern: L. Leistner, Dresden, Kleine Plauensche Strasse, und J. E. Leistner, Leipzig-Plagwitz. Für schwarze Nadeln könnte ich Müller, Wien, Cirkusgasse No. 20, em- pfehlen. Die genannten Nadellängen sollten annähernd allgemein inne- gehalten werden. Besonders dickleibige, grosse Arten bedürfen natür- lich etwas längerer Nadeln. Für alle gern fettig werdenden Species, also zumal die stets bohrenden Sesizden, Cossiden und Nonagrien mit ihren Verwandten, sind schwarze Nadeln geboten. Dem Falter ist nun bei der Präparation eine solche Haltung der Flügel zu geben, dass der Hinterrand der Vorderflügel senkrecht auf der Längsrichtung des Körpers, also, was dasselbe heisst, hinsichtlich des Spannbrettes, senkrecht auf der Rinne für die Leiber steht, — oder "anders ausgedrückt, dass der Hinterrand beider Vorderflügel eine gerade Linie bildet. Bei Arten mit sehr grossen Hinterflügeln (also z. B. den Litho- siden) können die Vorderflügel etwas höher gezogen werden. Die Hinterflügel sind im allgemeinen so weit unter die Vorder- Hügel zu ziehen, dass von dem Hinterrand der letzteren noch etwa !/, der Länge frei bleibt. % Der leitende ästhetische Gedanke bei der Präparation ist natürlich = alles an den Flügeln für das Auge sichtbar zu machen, was ‚diese an Farbenschönheit bieten, also auch den Teil der Hinterflügel \ "gedeckt zu lassen, welcher sich durch Mangel an Ausfärbung als j regelmässig verdeckt zu erkennen giebt. - Teilweise verkrüppelte Falter — und man kann sehr wohl ein Interesse haben, solche recht sorgfältig zu präparieren, da abweichende Stücke oft genug krüppelhafte Bildungen zeigen — werden meist 5 p. 23* a 6 noch am besten mit einer Menge kleiner Streifen möglichst in Ord- nung gebracht, indem man von der Flügelwurzel her allmählich nach dem Aussenrande hin die Unebenheiten mit schmalen Streifen glatt presst. Es ist hier namentlich sogenannte Pausleinewand fast unumgäng- lich nötig, die überhaupt für die Präparation der Grossschmetterlinge das beste Material ist, da sie ein viel strafferes Anziehen zulässt als selbst das beste Papier, und bei ihrer Durchsichtigkeit auch noch andere Vorteile bietet. War der Falter 3—5 Tage dieser Belt mit den schmalen Streifen unterworfen, so können die äusseren durch einen breiten Deckstreifen ersetzt werden, der einen gleichmässigeren Druck ausübt und dadurch grössere Glätte zur Folge hat. Auch an den Rändern abgeschliffene, viereckige Glastäfelchen sind dann etwa zur Deckung des Flügels ratsam, die für die Präparation sehr grosser Falter, also zumal vieler tropischer Arten, entschieden ausserordentlich am Platze sind. Ueber das Einsetzen des Spannstiftes, das heisst einer in einem kleinen Holzheft befestigten, langen, recht spitzen Stahlnadel, auf den Flügeln und die Behandlung zu früh zeunkeier Falter ca P- 187. Von den Sphingiden, sowie den grösseren Bombyciden und Noc- tuiden pflegt man die Vorderfüsse so zu präparieren, dass die Schienen und Füsse (Tibia und Tarsus) vollkommen sichtbar werden und etwa in die Höhe der Flügel zu liegen kommen. Von den Sphingiden und grösseren Noctuiden wird auch das letzte Fusspaar in gleicher Weise ' behandelt, natürlich aber nach hinten gezogen. Ist der Falter an der Nadel noch nicht angetrocknet, so wird an der zu spannenden Seite eine starke Nadel dicht an der Wurzel des Leibes in die Spannrinne gespiesst, um das Drehen zu verhindern. Wirkliche Fadenfühler können mit unter den Streifen dem Vorder- > rand der Flügel etwa parallel untergebracht werden, aber Kamm- oder Keulenfühler werden besser auf die Streifen gelegt, da sie unter den Streifen gar zu leicht zerquetscht oder zerbrochen werden; für eine symmetrische Stellung derselben ist dann ebenso wie für eine richtige Lage der Füsse, soweit solchen eine bestimmte Stellung ge- | geben zu werden pflegt, durch eingespiesste Nadeln Sorge zu tragen. Damit der Leib nicht nach unten sinkt, sondern etwa in gleicher Höhe wie der Thorax trocknet, wird am bequemsten ein kleiner Watte- bausch untergelegt. Es ist dabei das Spannbrett liegend zu denken. Die Spannbretter zu hängen, empfiehlt sich namentlich bei.dickleibigen eo, _ Spinnern nicht, da in feuchter Zeit die Leiber durch Faulen unnatür- lich lang und dadurch unschön werden. "Wenn möglich, sollte man jeden frisch gespannten Grossschmetter- ling mindestens 3—4 Wochen auf dem Spannbrett lassen, es müsste denn ganz besonders heisse Zeit sein, sonst senken sich seine Flügel | stark, oder verziehen sich in anderer Weise. 4 Da ein schwaches Senken der Flügel nach einiger Zeit fast immer | stattfindet, so giebt man den die Flügel tragenden Teilen des Spann- brettes eine kleine Steigung nach aussen und zwar bei einem Brett | von 7 cm Totalbreite etwa 3—4 mm. | Nach jeder Richtung vorzüglich gearbeitete Spannbretter lieferte mir Herr Etuisfabrikant Schalch-Baer (Steckborn, Schweiz), welcher selbst eifriger Lepidopterologe ist. | Trocken ist der Falter, wenn der Leib bei der Berührung mit der Spitze des Spannstiftes klingt und sich nicht mehr eindrücken lässt. Können die mit Schmetterlingen gefüllten Spannbretter in einem " Kasten oder Schrank eingeschlossen werden, welche den Zutritt von Raubinsekten durchaus hindern, so ist dies sehr dankenswert, denn am häufigsten erfolgt die Infektion mit Anthrenen und Dermesten (Speckkäfern) und Psociden (Staubläusen), wie deren Nachkommen auf dem Spannbrett; auch können Ohrwürmer, Wespen, Schaben (Blattiden) und selbst Mäuse an exponierten Stellen gründlichen Schaden anrichten. b) Bereits trocken gewordene Falter (cfr. p. 383—4o das über „das Breitlegen“ später zu präparierender Falter Gesagte) werden ‚meist auf feuchtem Sand aufgeweicht, der mit einer tief in ihn einzu- drückenden Glasglocke gedeckt ist. Selbstverständlich aber können _ auch Zinkblechgefässe, oder zwei aufeinander gedeckte Thonschüsseln dem gleichen Zwecke dienen, auch kann der Sand durch ein Stück Torf ersetzt werden. Schimmelbildung schien mir am besten durch aufgestreutes FE Naphthalin verhindert zu werden, Karbol ist namentlich in jungen ' Händen bedenklicher, und wird ein gewisses Mass darin überschritten, so leiden viele Farben wesentlich. | Es dürfen bei dieser Behandlung allein Thorax und Leib des ‚ Falters, nicht aber die Flügel selbst, den feuchten Sand berühren ; } sind die Flügel gar zu scharf nach unten geschlagen, so muss man “die Nadel mit dem Knopf in den Sand drücken; bei sehr starkleibigen } Arten ist es gut, den Körper bis zu halber Höhe in den Sand zu betten. Die meisten Geometriden, sowie viele zarte Tagfalter rollen, geweicht, die Flügel, wenn man sie im Winter in einem recht warmen Zimmer spannt. Beim Decken mit den äusseren breiten Streifen werden dann die Flügel an ihren Rändern unschön umgeschlagen. Man sollte der- gleichen zartere Arten im Sommer bei Regenwetter nachspannen und vorher die Bretter ein klein wenig anfeuchten. Ein sehr wichtiger Punkt bei dem Aufweichen von Faltern ist der des Grades der Feuchtigkeit, und wird im allgemeinen darin ausser- ordentlich häufig gefehlt, indem man den Sand viel zu nass macht: nur stark zäh soll der Sand sein, aber nicht dünnbreiig, oder gar freies Wasser auf ihm stehen. Sonst werden die Flügel nass, bevor der Körper aufweicht, und viele Arten bekommen dann Flecken (sogenannte Wasserflecken), welche nicht mehr beseitigt werden können, namentlich die Lycaeniden und Arten mit grünen Farbentönen. Die Probe, ob ein Tier genügend geweicht ist, wird so gemacht, dass man mit einer feinen Pincette an den Vorderrand der Vorder- Hügel drückt: geben die Flügel leicht nach, so ist der Falter spannbar. Wird er zu früh präpariert und nur mit Gewalt in seine Stellung ge- zwungen, so verzieht er sich wieder. Die Uebung allein wird den Grad der erforderlichen Weichheit im Laufe der Zeit für alle Arten an die Hand geben, denn natürlich verhält sich dabei eine Geometride sehr anders als eine grosse Sphingide. Sehr mächtigen exotischen Arten mit starkem Thorax, also nament- lich Sphingiden und Saturniden, die etwa sehr schwer aufweichen, kann man, nachdem sie einen Tag auf dem Sand steckten, mit einer medizinischen Injektionsspritze einige Tropfen warmes Wasser, dem etwas Alkohol beigesetzt ist, in den Thorax nach den Flügelwurzeln hin einspritzen, wodurch der Prozess des Erweichens sehr beschleunigt wird, und bei angewendeter Sorgfalt die Tiere doch in keiner Weise leiden. Bei den Hesperiden, bekanntlich die mit am allerschwierigsten schön zu präparierenden Falter, da die gebräuchliche Stellung des gespannten Schmetterlings der natürlichen Flügelhaltung dieser Falter- gruppe in Flug wie Ruhe durchaus zuwider läuft, ist es gut, mit einem feinen, recht scharfen Federmesser einen kleinen Schnitt unter den Flügelwurzeln hin in den Thorax zu machen, es wird damit das Wider- streben der zähen Muskulatur zum grössten Teil gebrochen. Fällt der Schnitt ja einmal zu derb aus, so muss mit etwas an den Flügel- wurzeln untergestrichenem Flügelleim nachgeholfen werden. Uebrigens ist dieser — seine Zusammensetzung ist bei der „Aus- u a EEE TEE, EEE DE u nu Ze wer umso E— besserung schadhafter Falter“ besprochen — in gleicher Weise ange- wendet, auch für viele Geometriden, welche, aufgeweicht, vielfach ihre Spannung schlecht halten, nicht übel, nur muss dann die Spannrinne nicht gar zu schmal sein, sonst kleben die Flügel fest. Im allgemeinen empfiehlt es sich nämlich sehr, für aufgeweichte Falter Spannbretter mit möglichst enger, den Körper eben nur gut fassender Rinne zu wählen, indem auch bei aller Sorgfalt der aufge- weichte Schmetterling nie so beweglich wird, wie der frisch getötete, und darum die Flügel gern an der Wurzel beim Spannen einknicken. Kann der Präparierstreifen aber direkt über die Flügelwurzel hin an den Thorax angelehnt werden, so ist ein solches Einknicken unmöglich. - Auch wähle man den Präparierstreifen bei geweichten Tieren nicht gar zu schmal, da ein breiter Streifen den Flügel natürlich weit fester hält und sein Zurückweichen besser verhindert. Arten mit sehr starken Rippen müssen gleichwohl auch bei breitesten Präparierstreifen noch mit Nadeln hinter den Rippen fest- gespiesst werden, damit der Flügel nicht immer und immer wieder zurückgleitet und dabei mehr beschädigt wird als durch den feinen Nadelstich, der leicht von unten her bei dem abgenommenen Tier wieder geschlossen werden kann. Aufgeweichte Falter werden auf dem Spannbrett zum Trocknen am besten etwa ı—2 Stunden einer Temperatur von 35—40° R aus- gesetzt, doch ist dann der gesamte äussere Flügelteil ganz besonders sorgfältig durch Glastafeln oder straffe Ueberstreifen zu decken. So behandelte Tiere müssen schliesslich auf dem Brett noch mehrere Stunden vollkommen auskühlen, bevor sie abgenommen werden. II. Präparation der Raupe. Eine vorzügliche Anweisung (Verfasser H. Wingelmüller, Mähr. Trübau), Präparate von grösster Vollkommenheit herzustellen, findet sich in der Entomologischen Zeitschrift des Internationalen Ento- mologischen Vereins: Guben, Jahrgang 1889. No. 19, 20, 21. (Präsident des Vereins und Redakteur der Zeitschrift ist Herr Postsekretär H. Redlich in Guben.) Wem es nicht darum zu thun ist, grössere Massen von Raupen zu präparieren, sondern nur dann und wann ein Stück der eigenen Faltersammlung zu erhalten und einzuverleiben, für den sei hier die E 360 — altbekannte einfachere Methode kurz besprochen. Auch sie vermag bei einiger Uebung und Sorgfalt sehr gute Präparate zu liefern und ist mit nur äusserst geringen Ausgaben verknüpft. Die Raupe wird zunächst betäubt, was in einer weithalsigen Flasche mit Aether- oder Chloroformdämpfen geschehen kann und bei Anwendung von 8—ıo Tropfen, die auf einen eingelegten Watte- bausch gebracht werden, meist keine 10 Minuten in Anspruch nimmt. Ratsam ist es, die Raupe für diese Manipulation in Fliesspapier zu rollen, da sie sich sonst leicht dabei mit aus dem Maul austretendem Saft besudelt. Für das nach eingetretener Betäubung nun folgende Entleeren der Raupe wird diese, mit dem. Kopf nach dem Präparator zu, aut etwa 2 Lagen Fliesspapier gebracht — stark behaarte und dornige Raupen sind dabei auf ihre Seite zu legen — und mit > weiteren Lagen Fliesspapier gedeckt. Jetzt streicht man mit den Fingerspitzen der rechten Hand über das aufgelegte Fliesspapier, vom Kopf nach dem After der Raupe zu, einen mehr und mehr gesteigerten Druck ausübend, zufolge dessen der Mastdarm teilweise aus dem After heraustritt, bald auch platzt und seinen wie den gesamten übrigen, teils dünnflüssigen, teils dick- breiigen Inhalt der Raupe entweichen lässt. | Man hüte sich, einen gar zu starken Druck auszuüben, da sonst die unmittelbar unter der Haut lagernde Pigmentsubstanz zerstört wird, und die Raupe dann ihre Farbe mehr oder weniger verliert. Ist das Tier genügend entleert, so schlägt man vom Kopf her die oberen deckenden Fliesspapierlagen vorsichtig zurück, zieht die Raupe mit einer Pincette etwas nach vorn, um sie aus dem Bereich ihres ausgedrückten Inhaltes zu entfernen, und schneidet den Mast- darm mit einer Schere ab, einige Millimeter von ihm an der Raupe belassend. In diesen Rest des Mastdarms wird nun weiter ein fester, aber feiner Grashalm eingeführt, am besten bis zu ?/, der ganzen Balglänge. Bei den Geometriden darf der Halm nicht so weit eingeführt werden, weil damit die naturgemässe, starke Krümmung dieser Raupen un- möglich gemacht wird. Vorzüglich eignen sich zum Präparieren der Raupen die Halme der in den Wäldern der Ebene und der Berge da und dort reichlich wachsenden Calamagrostis- Arten, harter, schilfartiger Gräser mit 3—5 Fuss hohen, steifen Halmen, welche besonders lange Stengel- glieder haben und sich in allen möglichen Stärken finden. — 361 — Man trage diese Halme aber erst ausgereift im Hochsommer und Herbst ein, weil ihnen sonst die nötige Festigkeit fehlt. Da diese Halme, wie gesagt, in allen möglichen Stärken zu haben sind, so ist das Einführen einer geeigneten Grösse meist gar nicht schwierig, anderenfalls kann mit einer recht feinen Pincette, mit welcher man den Rand des Mastdarms fasst und allmählich über das Ende des Halmes herüberzieht, nachgreholfen werden. Zur Befestigung der Raupe wird schliesslich seitlich durch den Rest des Mastdarms und den Halm, oder, falls sich der Mastdarm beim Einführen des Röhrchens vollständig einstülpte, durch das äusserste Ende der Raupe und den Halm dicht über den Nachschiebern eine schwarze, sehr feine Nadel (Minutiennadel No. o0oo von Müller, Wien, Cirkusgasse No. 20) gespiesst, und die herausragenden Teile derselben beiderseits dicht am Körper der Raupe abgezwickt. Durch mit dem Munde in den Halm eingeblasene Luft wird der leere Balg nun wieder gefüllt, wobei er meist eine der natürlichen Stellung der Raupe entsprechende Krümmung nach der Seite oder nach oben hin einnimmt, und in dieser Verfassung über einer durch ein engmaschiges Drahtgeflecht gedämpften Spirituslamme bei lang- samem, fortwährendem Drehen getrocknet. Je nach der Stärke des Drahtgeflechtes sind etwa auch 2 oder 3 Lagen desselben dicht aufeinander zur Abschwächung der Flamme notwendig. Sind dieselben dergestalt an einem senkrechten Ständer befestigt, dass sie bequem höher oder tiefer gestellt werden können, so erleichtert dies die Arbeit bedeutend. Grössere Raupen bedürfen 2 oder 3 kleinerer Flammen, wenn sie gut geraten sollen. Bei dem Aufblasen der Raupen mit dem Munde ist das Wesent- lichste, einen gleichmässigen Luftdruck in dem Balge zu erhalten, da er bei wiederholtem Schlaffwerden und Zusammenfallen an Natürlich- keit mehr oder weniger einbüsst. Indes ist die Sache doch nicht gar so schwierig, denn es gilt einfach, bei mit Luft prall gefüllten Backen durch die Nase zu atmen, der Luftdruck pflanzt sich dann schon durch das im Munde befindliche freie Halmende bis in das Innere der Raupe so stark fort, dass diese straff bleibt. Wenn allerdings Luft aus dem Balg irgendwo austritt, so muss - fortwährend durch Blasen so viel ersetzt werden, als entweicht, damit jedes Einfallen verhindert wird. Wenn der Balg beim Absetzen des Halmes von dem Munde seine natürliche Form behält, so ist dies noch keine genügende Probe — 362 — für die Haltbarkeit des Präparates, er muss vielmehr überall einen schwachen Druck mit einem Nadelkopf, namentlich aber seitlich hinter dem Kopf, gut aushalten ohne einzusinken. Ist dies letztere der Fall, so wird nun eine mit etwas Schellack bestrichene Nadel senkrecht durch den Halm unmittelbar am After gespiesst, und der Halm, von dem man einige Millimeter noch hinter der Nadel stehen lässt, schliesslich mit einem recht scharfen Messer abgeschnitten. Sehr dünne Halme werden besser ganz weggeschnitten, da sie durch die Nadel vollständig gesprengt werden, und die Raupe auf ein feines Zweigchen, oder besser den dünnen Kiel einer Feder nach Beseitigung von deren Fahne geklebt. Zweigchen wie Kiel werden selbstverständlich auch an eine Nadel gespiesst und an dieser gut angeleimt. Die mit Dornen versehenen Raupen unserer Vanessa-, Melitaea- und Argynnis-Arten, sowie glatte, dunkel gefärbte Raupen werden bei der beschriebenen Methode sehr bald recht natürlich geraten, auch kurz behaarte Arten glücken leicht. Langhaarige Tiere aber erfordern längere Uebung und werden bei den ersten Proben gekräuselte oder gar angesengte Haare erhalten; indes lernt man auch bei ihnen all- mählich den Grad der Wärme, bei dem der Balg noch gut trocknet, ohne dass doch sein Haarschmuck litte. Aergerlich sind auch alle grünen Raupen, die gar nicht stark ausgedrückt werden dürfen, wenn sie nicht alle Farbe verlieren sollen. Ein Nachfärben der grünen Raupen, welches mit einer Mischung von Lycopodium und Schweinfurter Grün durch Einschütten von innen her bewerkstelligt wird, ist nicht allzusehr zu empfehlen, gefärbte Raupen machen meist einen weniger natürlichen Eindruck als gut präparierte, ungefärbte, wenn auch in ihrer Farbe stark verblichene. Wer eine grössere Anzahl Präparate machen will, sollte sich zum Aufblasen nicht des Mundes, sondern eines Saug- und Druckballes bedienen, wie solche für Refraichisseurs verwendet werden und in allen grösseren Sanitäts- und Kautschuck-Geschäften zu haben sind. Der Anschluss an den Halm, wenn man nicht als Ersatz dafür Glasröhrchen, die in eine feine Spitze ausgezogen sind, wählen will, muss mit einem sehr dünnen, recht elastischen Kautschuckschlauch vermittelt werden (cfr. die angezogene Arbeit der Gubener Entom. Zeitschrift und ebenda auch die möglichst natürliche Präparation der Futterpflanzen in feinem Sand, dem etwas Parafıin beigesetzt wurde, wenn es sich darum handelt, biologische Sammlungen anzulegen). Kleinere Microlepidopteren-Raupen — die der meisten Pyraliden «(Zünsler) lassen sich noch sehr gut ausblasen — werden geröstet. Man drückt sie zu diesem Zwecke nicht aus, sondern betäubt sie nur, wie vorgeschrieben, bringt sie auf ein engmaschiges Drahtgeflecht, ‚das in einen Glascylinder geschoben wird, und erwärmt diesen aut ‚einem Drahtgestell über einer Spiritusflamme, ihn fortwährend langsam hin und her bewegend. "Wählt man den Cylinder grösser und die Flamme stärker, so lassen sich mit der gleichen Methode auch Grossschmetterlingsraupen herstellen, zumal behaarte Arten. Die Präparate scheinen besser zu geraten, wenn der Cylinder vor dem Einschieben der Raupe bereits stark angewärmt wurde; übrigens ‚dürfte diese Methode auch bei längerer Uebung viel mehr missratenes Material liefern als die vorbeschriebene des Ausblasens. Eine etwas modifizierte Methode des Ausblasens empfiehlt Prof. Dönitz, cfr. Sitzungsber. d. Berl. Ent. Vereins. 1892. p. 2 u. 3. III. Ausbesserung schadhafter Falter. Zur Ausbesserung zerrissener Flügel dient in Wasser auf- gelöster Gummitragant, dem wenige Tropfen Terpentin zugesetzt werden. Die Mischung darf für den Gebrauch nicht gar zu dickflüssig sein, wird aber, selbst wenn sie, frisch zubereitet, ziemlich gelatinös sein sollte, nach einiger Zeit wesentlich dünner; es wird dann etwas Gummi- tragant nachgeschüttet, um sie wieder auf die erforderliche Konsistenz zu bringen. Vor dem Gebrauch muss die Flüssigkeit jedesmal stark geschüttelt werden, damit sich der Terpentin der ganzen Mischung mitteilt, da er sich bei längerem Stehen stets wieder auf der Oberfläche aus- scheidet. Die meisten Verletzungen liegen an den Aussenrändern der Flügel: es wird dann ein entsprechender Flügelausschnitt, wenn möglich von der gleichen Art und ein klein wenig grösser als das fehlende Stück, untergesetzt, nachdem die Ränder der Verletzung unten durch einen feinen Pinsel mit der Flüssigkeit befeuchtet worden sind. —_ Ho Sollte der Flügel die Tragantlösung nicht annehmen, diese also in kleinen Tröpfchen darauf stehen bleiben, so wird er zunächst an den Rändern der schadhaften Stelle sehr vorsichtig mit etwas Spiritus befeuchtet, bevor der Klebstoff aufgetragen wird. Wie gesagt, muss dies vorsichtig geschehen, denn die Mischung breitet sich stets so weit aus, als der Spiritus den Flügel angefeuchtet hat, und es giebt viele Arten, bei denen der Klebstoff auch in getrocknetem Zustande recht sichtbar bleibt. Sind die Ränder des Schadens oberseits in kleiner Ausdehnung abgewischt, so ist es besser, diese Teile noch mit einer scharfen Schere wegzuschneiden, da dann der Schaden durch die Ausbesserung wesentlich unsichtbarer gemacht werden kann; überhaupt bessert sich eine Verletzung mit scharfen Rändern im allgemeinen ungleich leichter und glücklicher aus, als eine solche, die in kleine Lappen und zer- schlissene Flügelteilchen endet, welche sich beim Unterstreichen des Leimes, falls es sich um zartere Arten handelt, rollen. Man schneide daher auch dergleichen kleine Fetzen weg, wenn es möglich ist. Am leichtesten wird die Ausbesserung stets bei dem frisch vom Spannbrett genommenen Falter gelingen, da seine Flügel noch glatt und vollkommen eben sind; handelt es sich daher um kostbares Material, so präpariere man dieses noch einmal, bevor man an seine Ausbesserung geht, bei einiger Sorgfalt lassen sich auf dem Spann- brett vielfach Risse ausgezeichnet ausgleichen, zusammenziehen und so unsichtbar machen, und werden sie dann sofort bei dem abge- nommenen Tier mit dem Leim unterstrichen, so können sie nicht selten bis zum Verschwinden beseitigt werden. Es wird dabei stets gut sein, am Flügelrand unter den Riss ein kleines Stück unterzusetzen, weil nachmals in dem Flügel bei feuchtem oder trockenem Wetter die Spannung wechselt, und dann leicht der Riss vom Rand her wieder auseinandergetrieben wird, wenn nicht hier ein festerer Halt vorliegt. Wird es notwendig, auf die Flügelfläche ein Stück aufzu- setzen, so ist einmal das Ausschneiden eines den Schaden gut decken- den Stückes keine leichte Sache, und es muss dann weiter meist das aufgesetzte Stück mit einer breiten, glatt geschliffenen und eigens für diesen Zweck hergerichteten Pincette festgedrückt werden, damit es sich innig mit dem Flügel verbindet; natürlich ist diese Pincette auch sehr brauchbar, wenn es sich um Ausbesserung der bereits besprochenen Randbeschädigungen handelt. Man hüte sich übrigens ja, mit dieser Fertigkeit Missbrauch zu treiben, und dehne sie nicht auf geringwertiges, leicht zu ersetzendes Material aus, mache auch stets, wenn dergleichen restaurierte Stücke abgegeben werden, Angaben bezüglich deren Qualität, die sich ja bei den allermeisten Faltern sofort erkennen lässt, wenn diese gegen das Licht gehalten werden. Eine blosse Spielerei ist das Ausbessern keineswegs, denn es ist möglich, wertvolle Sachen auf diese Weise viel längere Zeit gut zu konservieren als ohne erfolgte Restauration. Abgebrochene Leiber und Fühler pflegen mit gebleichtem Schellack (in allen Drogenhandlungen erhältlich), welcher in rekti- fiziertem (absolutem) Alkohol gelöst wurde, angesetzt zu werden. Fühler möchten vor dem Anleimen, welches am richtigsten aut dem Spannbrett geschieht, mit Spiritus angefeuchtet werden, da sie gar brüchiger Natur sind; es ist ihnen dann aber mit Nadeln eine gerade Richtung zu geben, sonst krümmen sie sich beim Trocken- werden unschön. Allerdings lassen sich auch so weiche Pincetten herstellen, dass mit ihnen selbst ein ganz trockener Fühler gefasst werden kann, ohne zu zerbrechen. Es ist eine solche ein sehr nützliches Instrument, denn jeder Sammler weiss, wie oft Fühlerschäden bei aller Sorgfalt entstehen. Wer sehr peinlich ist, setzt besser einen ganzen Kopf als nur einen Fühler an; auch dann möchte der anzuleimende Kopf stets erst auf dem Sande geweicht werden. IV. Säuberung verschimmelter und Entfetten ölig gewordener Falter. ı) Schimmelbildung in grösserem Umfange sollte in keiner Samm- lung vorkommen, sonst geht dieselbe sehr bald rettungslos zu Grunde. Abgetötet wird der noch lebende Schimmelpilz wohl am geeignetsten in einem gut schliessenden Kästchen irgend welcher Art durch ge- reinigtes Naphthalin, da dieses die Farben nicht angreift. Mit einem feinen, weichen Pinsel ist der abgetötete Schimmelpilz dann ziemlich leicht zu beseitigen. Sind auch die Fühler angegriffen, und zieht man es nicht vor, den Kopf durch einen anderen der Art zu ersetzen, so muss die Sprödigkeit durch kurzes Verbleiben unter der Weichglocke vorerst gehoben werden. 2) Am besten ist es, die Falter nicht erst bis zu dem „Oelig- werden“ kommen zu lassen, was einfach dadurch vermieden wird, dass man den notorisch ölig werdenden Arten, sobald sie vom Spannbrett abgenommen sind, den Leib abbricht und diesen entfettet. Fettig werden die männlichen Individuen einiger Erebien- und Satyrus-Arten (am häufigsten von epistygne Hb., afra Esp., abdelkader Pier. und actaea Esp.); die Männchen des Genus ‚Smerinthus,; die Männchen aller ‚Sesien (nicht selten auch deren Weibchen); die Männ- chen der Hepialiden und Cossiden (von den letzteren oft genug ebenso die Weibchen); die männlichen Individuen aller grösseren Spinner, also zumal der Genera: Pleretes, Arctia, Lasiocampa, Saturnia, Aglia, Harpyia, Hybocampa. Von den Noctuiden die männlichen Individuen namentlich folgender Gattungen: Helotropha, Hydıoecia, Gortyna, Nonagria, Coenobia, Senta, Mycteroplus, Tapinostola, Se- samia, Calamia, Argyrospila, Meliana, Dasypolia, Talpochares (viele Arten). Von vielen dieser Noctuiden werden leider auch die Weib- chen ölig. Das Abbrechen des Leibes geschieht am besten so, dass man die Nadel des betreffenden Falters dicht unter diesem mit der linken Hand fest fasst, dann den Zeigefinger der rechten Hand auf den Knopf der Nadel setzt, um ein Schnellen derselben unmöglich zu machen, und mit der Spitze des Daumens von unten her das Afterende des Leibes in die Höhe drückt. Der Leib bricht dann meist direkt hinter dem Thorax glatt ab, wird nun von seiner Bruchfläche her mit einer feinen Nadel durchspiesst, und diese in einen Kork gesteckt, welcher auf eine niedrige, weithalsige, mit Schwefeläther oder Benzin voll- ständig gefüllte Flasche passt. Wird die Manipulation hintereinander an mehreren Exemplaren gemacht, so versäume man nicht, Leiber wie Falter entsprechend zu numerieren, damit das Zusammengehörige auch wieder zusammen- kommt. Sollte der Falter, was etwa in seltenen Fällen vorkommt, zwischen Vorder- und Hinterflügeln durchbrechen, so werden die beiden Teile sofort wieder mit Schellack aneinander geleimt, und, nachdem der Schellack genügend erstarrt ist, der Leib abgebrochen; denn wenn das Ankleben irgendwie sorgfältig ausgeführt wurde, so spaltet der Falter nie mehr in der früheren Bruchfläche. Aus den im Aether befindlichen Leibern wird man das Fett zu- nächst in feinen Strömen förmlich ausfliessen sehen. Je nach der Grösse sind die Leiber 24—48 Stunden in der Flüssig- keit zu belassen und dann noch eine Stunde in ein Reinigungsbad von frischem, das heisst noch nicht zu dem gedachten Zwecke ge- brauchtem Aether zu bringen; dann können sie herausgenommen werden und trocknen. Es erfolgt dies nach wenigen Minuten; dann lassen sich mit einem weichen kleinen Pinsel auch die wolligsten Leiber in ihrer Bekleidung wieder in beste Ordnung bringen. Sollten sich die Haare nicht wieder ganz locker aufrichten, sondern, wenn auch nur teilweise, zusammenkleben, so ist dies ein sicheres Zeichen dafür, dass das Entfetten nicht sorgfältig genug geschah, und der Leib muss dann nochmals in reinen Aether gebracht werden. Das Anleimen des Leibes erfolgt mit Schellack auf dem Spann- brett, einige seitlich- und untergesteckte Nadeln geben ihm die richtige Stellung. Nur der Leib enthält den Fettstoff, und es braucht daher nur dieser vollständig entölt zu werden, um den noch nicht fettig ge- wordenen Falter für immer intakt zu erhalten. Wurden Falter bereits in Thorax und Flügeln fettig, so genügt es bei Arten mit irgendwie stärkeren Leibern nicht, das gesamte Tier der sofort zu beschreibenden Behandlung zu unterwerfen, denn man entfettet damit stets nur für kurze Zeit die Oberfläche des Leibes, und das fetthaltig bleibende Innere desselben überzieht sehr bald wieder Thorax und Flügel mit öliger Substanz, sondern der Leib kräftigerer Arten ist abzubrechen und nach der oben beschriebenen Methode zu behandeln. Mit dem entleibten — oder also, bei zarten Arten, nicht entleibten — Falter wird in folgender Weise verfahren: Man befeuchtet die fettigen Teile der Flügel, des Thorax, der Fühler etc. gut mit Benzin und schüttet sofort pulverisierten Sepia- knochen — wie solcher präpariert in der Naturalienhandlung von Herrn Alexander Bau, Berlin S., Hasenheide, zu billigem Preise zu haben ist — auf die benetzten Teile. Es ist dabei sehr ratsam, den ganzen Falter vor der Manipulation auf eine ebene Lage des gleichen, pulverisierten Stoffes fest aufzu- spiessen, damit die Flügel bei dem Auftragen des Benzins eine gute Unterlage haben und sich nicht rollen, oder sonst verziehen. Schon wenige Minuten nach vorgenommener Behandlung kann das Pulver von dem Falter wieder heruntergeschüttet, abgeblasen und, soweit es etwas tiefer eingedrungen sein sollte, abgepinselt werden, und das Tier wird dann vollkommen sauber und tadellos sein. — 39 — Der bisher zumeist an Stelle des pulverisierten Sepiaknochens an- gewendete graue oder rote Bolus, der in den meisten Droguenge- schäften zu haben ist, saugt fetthaltigen Aether oder Benzin nicht so willig auf und haftet wegen seiner sehr feinpulverigen Beschaffenheit viel intensiver an dem Falter, was dann ärgerlich ist, wenn dessen Fettsubstanz teilweise schon verharzte, denn diese löst sich dann schlecht oder gar nicht, und namentlich der rote Bolus giebt in diesem Falle dem Tier ein sehr unnatürliches Kolorit. Den Falter ganz unter Aether zu bringen, ein Verfahren, welches sehr viele Arten in keiner Weise schädigt und auch durchaus zu dem gewünschten Ziele führt, ist bei sehr grossen Arten kaum thunlich und auch bei kleinen Arten wesentlich kostspieliger, als das eingehend besprochene. Wegen der ausserordentlichen Flüchtigkeit der ent- fettenden Flüssigkeiten müssen natürlich Gefässe mit gut aufge- schliffenem Deckel verwendet werden, will man dennoch die letztere Methode anwenden. V. Die Sammlung selbst. Die sorgfältige und zuverlässige Bestimmung der Tiere ist das erste Erfordernis, das sich jeder Sammler sehr angelegen sein lassen - sollte. Nach blossen Beschreibungen ist die Bestimmung schwieriger Gruppen, so z.B. der Acidalien und Eupithecien etc., fast unmöglich, wenn man nicht schon ein sehr reichhaltiges, richtig bestimmtes Material zur Disposition hat. Auch billigere Abbildungen, so dankenswert sie sind, helfen über schwierigere Gruppen durchaus nicht vollständig hinweg. Man benutze daher etwaige Besuche anerkannter Kenner zur Revision zweifelhafter Stücke, oder bitte solche, Sendungen zur Determination entgegenzunehmen. Uebrigens informiere man sich doch ja vorerst bei gewissenhaften und urteilsfähigen Personen über die Kompetenz sogenannter Kenner und Determinatoren, denn es wird darin teilweise durchaus nicht immer mit der erforderlichen Zuverlässigkeit gearbeitet, weil die dafür not- wendigen Grundlagen fehlen. Auch können ja etwa durch Tausch oder Kauf erst typische Stücke namentlich von schwierigeren oder zweifelhaften Arten beschafft werden, natürlich nur von erprobter Seite. Jeder einzelne für die eigene Sammlung bestimmte Falter sollte weiter mit einem kleinen Zettel versehen werden, der den Namen seines Fundortes und auch seines Lieferanten führt. Bei selbst gefangenen oder gezogenen Stücken möchte ausser dem Fundort auch der Tag des Fanges oder des Ausschlüpfens an- gegeben sein, es können dergleichen Daten für die Zukunft sehr wichtig werden. Der ästhetische Eindruck der Sammlung wird durch eine sorg- fältige Etikettierung ausserordentlich gehoben, und es empfiehlt sich bei Schmetterlingen vielleicht, die Zettel, welche mit den Familien-, Genus- und Species-Namen etc. versehen sind, in gleiche Höhe mit den Flügeln der Falter zu bringen. Wer zu diesem Zwecke das nicht zu schwach zu wählende Kartonblättchen nicht mit einer Nadel durch- stechen will, kann unterseits auf der Mitte desselben ein kleines Kork- würfelchen aufleimen, in das eine beiderseits zugespitzte, nicht zu schwache Nadel zu stecken ist, welche die Etikette in der gewünschten Höhe hält. Es lässt sich dies nur mit Hülfe einer sogenannten Steck- zange erreichen: das heisst einer in ihrem vorderen Ende gekrümmten und in dem zu fassenden Teile federnden, etwa 16-17 cm langen Draht- zange, deren man sich auch zum Stecken der Falter, namentlich solcher auf dünnen Nadeln, sehr zweckmässig bedient. Die Nadeln können mit dieser Steckzange direkt über ihrer Spitze gefasst werden und krümmen sich dann nicht beim Einspiessen, auch kann man mit ihr dem in die Sammlung einzuordnenden Falter viel leichter als mit der blossen Hand die Höhe und Richtung geben, welche ihn mit den übrigen in gleiche Fläche bringt; denn die Flügel aller Falter in einem Kasten sollten sich, wenn irgend möglich, etwa in einer Ebene befinden. Es ist dazu allerdings notwendig, dass das Einsteckematerial der Kästen, bestehe es nun aus Filzpappe, Torf oder Korkleisten, eine ge- wisse Dicke hat, um die ungleiche Höhe der Falter auf den Nadeln damit ausgleichen zu können. Alle Rhopaloceren, deren Unterseite nicht nur schön, sondern auch oft genug für die Art höchst charakteristisch gefärbt ist, möchten, wenn es die Mittel des Sammlers erlauben, in Kästen untergebracht werden, welche oben und unten Glas haben. Die Falter werden hier auf schmale, mit Papier überklebte Leisten gespiesst, welche aus einer mittleren Korklage und beiderseits daran geleimten schwachen Lagen von zähem Holz bestehen. Für die durchschnittlich weniger farbenprächtigen Heteroceren sind mit einem leicht zu durchspiessenden, weissen Papier beklebte Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler. 24 Torfböden entschieden vorteilhafter, sie kommen darauf am besten zur Geltung. Ueber die Befestigung des Torfes in den natürlich auch mit Glasdeckel zu versehenden Kästen geben die Verkäufer desselben — eine sehr empfehlenswerte Firma ist die von Kreye in Hannover — gern Auskunft. Einen wirklichen Schutz für die Sammlung gewähren nicht Naphthalin, nicht Schwefelkohlenstoff, Karbol, Naphthol, Nitrobenzol, und wie die Stoffe alle heissen, welche für diesen Zweck angewendet zu werden pflegen, sondern einzig und allein solid gearbeitete Kästen, die das Eindringen der Schädlinge unmöglich machen. Die Firma, welche nach meiner langjährigen Erfahrung die solidesten und dabei preiswürdigsten Kästen in jeder gewünschten Grösse liefert, ist die von Richard Ihle, Dresden, Böhmische Strasse 24. Wenig flüchtige, giftige Substanzen in Menge in der Sammlung zu haben, wie etwa Quecksilber, ist für die Gesundheit natürlich be- denklich, andererseits ist es ganz selbstverständlich, dass leicht ver- dunstende Gifte bei ihrer Flüchtigkeit eben nur zu vorübergehender Desinfektion dienen können; sobald sie verdunstet sind, siedeln sich Schädlinge sofort wieder an. Es ist daher im allerhöchsten Grade jedem Sammler warm zu empfehlen, doch ja in diesem Punkte nicht zu sparen, und wem die Mittel nicht zu Gebote stehen, sich wirklich gut gearbeitete Holzkästen zu beschaffen, der kann sich mit soliden Kartonkästen sehr wohl ge- nügen lassen, die in geschmackvoller und ausgezeichneter Ausführung, hier in der Schweiz beispielsweise in Laupen, Kanton Bern, bei der Firma Ruprecht in jeder gewünschten Dimension zu haben sind, oder gefertigt werden. Natürlich bleibt es nicht aus, dass auch in die vorzüglichsten Kästen dann und wann unbeachtet, etwa durch frisch vom Spannbrett genommene oder eingetauschte Stücke lebende Schädlinge einge- schleppt werden, man sollte es sich daher zur festen Aufgabe machen, die Sammlung in bestimmten Zeiträumen stets wieder einmal darauf hin durchzusehen. Das unter den angegangenen Tieren liegende Pulver ist stets ein schnell und sicher führender Wegweiser. Ich selbst verwendete bisher bei gut schliessenden Kästen in eine kleine Glasschale gegossenes Chloroform zur Desinfektion und brachte, wenn sich Frass in ungenügend schliessenden Schachteln fand, die angefressenen Stücke zunächst in ein solid gearbeitetes Kästchen zur _- 371 — Abtötung der Schädlinge, den nicht desinfizierten Rest dann selbst- verständlich noch einige Zeit scharf beobachtend. Viele der von manchen Seiten angewendeten Desinfektionsmittel, so z. B. auch Cyankali, greifen die Nadeln an, durch einige leiden auch wohl die Farben der Falter. Schliesslich sei noch darauf hingewiesen, dass die Schmetterlinge für gewöhnlich dem Lichte sorgfältig zu entziehen sind, da sie unter seinem Einfluss stark bleichen. vi. Rausch und Kauf. Wie schon früher berührt, ist eine irgendwie artenreichere Samm- lung ohne Tauschverkehr nicht möglich, wenn nicht sehr grosse pekuniäre Mittel zu Gebote stehen, und es ist daher gewiss im höchsten Grade anzuerkennen, dass es der Internationale Entomologische Verein (Präsident Herr Postsekretär H. Redlich in Guben) sich angelegen sein lässt, einen soliden und ausgiebigen Tauschverkehr zwischen seinen nun schon über 1000 zählenden Mitgliedern unter sehr annehmbaren Bedingungen zu vermitteln. Tausche man nun hier oder mit einzelnen Korrespondenten, in jedem Falle mache man es sich fest zur Aufgabe, möglichst nur durch- aus gutes Material abzugeben; und handelt es sich etwa einmal um geringere Qualität bei seltenen Stücken, so merke man dies von vorn- herein in der Offerte an, um nachmaligen, unangenehmen Auseinander- setzungen vorzubeugen. Verrechnet wird der Tausch zumeist nach der jeweilig letzten Preisliste von Dr. ©. Staudinger, Blasewitz- Dresden. Es ist freilich wahr, dass die Preise dieser Listen nicht durchweg: der Seltenheit der Arten proportional sind, sondern mehr der Nach- frage nach den Tieren entsprechen, allein im Laufe der Zeit trifft diese Unzulänglichkeit des Verzeichnisses die Korrespondenten etwa _ gleichmässig; und verlässt man erst einen festen Boden, so ist der Willkür Thür und Thor geöffnet, und die Differenzen werden sich leicht häufen. Handelt es sich um Tiere, welche in den genannten Listen fehlen, so tritt natürlich eigene Taxierung in dem Doublettenverzeichnis ein, wenn man es nicht vorzieht, die Schätzung dem Korrespondenten zu überlassen. 24* = al = Beim Versand der Sachen wende man alle Sorgfalt an. Es ist durchaus notwendig, besseres Material in einem in Papier gut ein- geschlagenen Steckkästchen (niedrige Cigarrenkisten sind das ge- bräuchlichste Material) zu verschicken, welches sich in einem grösseren Kistehen befindet, in welchem es allseitig mindestens daumenbreit mit staubfreier Emballage (Holzwolle, Seegras etc.) umgeben ist. Der Boden des Steckkästchens ist mit fest eingeleimtem Torf ausgelegt, und dieser mit einer dünnen Lage Watte gedeckt. Die Falter sind tief einzuspiessen, damit sie sich nicht drehen können, dickleibige Arten so, dass das Körperende auf der Watte aufruht. Zur weiteren Befestigung des Leibes steckt man bei letzteren zwei Nadeln seitlich dicht an diesen, ihn etwa noch vorher in Watte hüllend. Sachen, welche erst aufgeweicht gespannt wurden, haften häufig nicht recht an der Nadel und werden vor dem Einstecken mit Schellack an dieser befestigt. Schickt man Lepidopteren zur Bestimmung, so versehe man jedes einzelne Exemplar mit einer Nummer und stecke die Tiere nicht gar zu eng, gebe auch ein Verzeichnis bei, welches alle Nummern führt und etwaige Notizen, namentlich Angaben bezüglich des Fund- ortes, und anderweite Beobachtungen über die Determinanden ent- hält, damit die Bestimmung nicht unnötig zeitraubend und umständlich gemacht wird. Den Kauf muss natürlich jeder nach seiner Kasse einrichten, und es ist darum hier wenig zu sagen. Es ist sehr zu bedauern, dass die Lepidopteren gegenwärtig vielfach wirklich verschleudert werden; ernste Forschung wird damit gewiss nicht gefördert. Auch kommt es denn doch sehr auf die Qualität des angebotenen Materiales an, bezüglich deren die Gewissen- haftigkeit, vielleicht auch Urteilsfähigkeit der Lieferanten sehr ver- schieden hoch steht. Andererseits sollte jeder, der für seine bunten Lieblinge bares Geld hingiebt, sich doch darüber klar sein, dass er dieselben nicht auf Spekulation kauft. - Es werden für manche Dinge höhere materielle Opfer gebracht, die nicht so dauerndes Vergnügen gewähren, als eine, das ästhetische Gefühl ausserordentlich befriedigende, schöne Lepidopteren-Sammlung; und wer sich tiefer und fleissiger in die Sache einarbeitet, dem werden schliesslich daraus auch nachhaltigere geistige Genüsse erwachsen. ZINN NR Auch für sehr preiswürdigen Kauf bietet der Internationale En- tomologische Verein die beste Gelegenheit. Im übrigen beziehe man nur von anerkannt zuverlässigen Firmen, um nicht unrichtig bestimmtes Material zu erhalten. Neben altrenommierten Handlungen, wie die von Dr. O. Staudinger in Blasewitz-Dresden und E. Heyne in Leipzig, sind auch eine ganze Anzahl von Privatpersonen durch umfangreiche Zuchten und weit aus- gebreiteten Tauschverkehr in der Lage, seltenste wie gewöhnlichere Arten in bester Qualität zu sehr civilem Preise abzugeben, und es ist auch der Schreiber dieser Zeilen mit seinen sehr reichhaltigen Vorräten dazu gern erbötig. VI. Tagebuch. Das Gedächtnis ist eine trügerische Sache und wird immer trügerischer mit den Jahren. Will man daher — oft genug sehr ärgerliche — Irrungen vermeiden, so sind schriftliche Aufzeichnungen über das Erfahrene und die aus dem Erfahrenen gezogenen Schlüsse unumgänglich notwendig. Kurze Beschreibungen von uns bisher unbekannten Raupen und Bemerkungen über deren Lebensweise; Daten, betreffend die Erschei- nungszeit der verschiedenen Arten, sei es in der freien Natur, oder bei der Zucht im Zimmer — da sich das Gedächtnis erfahrungsgemäss bezüglich der Zeit viel leichter irrt als hinsichtlich der Oertlichkeit — sorgfältige Verzeichnisse über die Vegetation des Fundortes einer seltenen Art, um vielleicht die Entdeckung der bisher unbekannten Raupe derselben anzubahnen und dergleichen, sind in erster Linie als der Inhalt eines lepidopterologischen Tagebuches zu denken. "Weiter sind darin am Platze: Notizen über unseren Tauschverkehr und dessen Ergebnisse — auch Beobachtungen, die uns zuverlässige, längjährige Freunde in ihren Briefen mitteilen; beachtenswerte praktische Winke aus der lepidopterologischen Litteratur, und was wir etwa sonst für unsere Liebhaberei von Nutzen erachten. Die von verschiedenen Seiten empfohlene Art der Tagebuch- führung, wonach jedes einzelne gesammelte Individuum durch schrift- liche Aufzeichnungen festgehalten werden soll, halte ich für eine sehr überflüssige Zeitverschwendung. a Durch. diese Pedanterie wird der Sammler mit einem Ballast ganz wertloser Arbeit belastet, an dem eigenen, freudebringenden und vor- wärtsdrängenden Fortschritte im höchsten Grade gehemmt und damit unfähig, zur Weiterentwickelung der Entomologie im allgemeinen irgendwie namhaft beizutragen. Das vorliegende Buch ist im wesentlichen durchaus das Ergebnis eines 54 Jahre lang geführten Tagebuches und mag als Anhalt dafür dienen, womit die Seiten eines solchen zu füllen sind. Nachwort. Es erübrigt nun noch, allen Denen Dank auszusprechen, welche an dem Zustandekommen dieser Arbeit direkt oder indirekt mit- geholfen haben. Es sind dies zunächst: Herr Schulratspräsident Oberst Bleuler, Herr Prof. Dr. Heim, Herr J. Escher-Kündig und Herr Gutsbesitzer H. Landolt, in deren Gärten das zahlreiche Material für die experi- mentellen Untersuchungen teilweise gezüchtet wurde. Ferner die Herren Dr. ©. Staudinger — Bang-Haas in Dresden und Alex. Heyne in Leipzig, welche mir mit faunistischen Angaben dienten, sowie Herr Prof. Dr. ©. Stoll in Zürich, welcher in geographischen Fragen, und Herr Amtsrichter R. Püngeler in Aachen, der mit en- tomologischer Litteratur aushalf. Weiter dann Herr Photograph O. Müller und Herr Maler L. Schröter in Zürich, und vor allen Dingen die Firma Werner & Winter in Frank- furt a/M. und der Verleger Herr Dr. Gustav Fischer in Jena, welche alle zu der würdigen künstlerischen Ausstattung dieses Buches das ‚Ihre beigetragen haben. In ganz besonderem Masse hat dies auch noch mein langjähriger verehrter Freund, Herr Architekt Martin Daub in Karlsruhe, gethan durch eine hochherzige pekuniäre Zusteuer zu den für die Abbildungen und Beschreibungen notwendigen künstlerischen Vorarbeiten. Für die ‚Studien der Hybridation allein wurden z. B. von Herrn L. Schröter 32 verschiedene Raupenformen lebend nach der Natur gemalt. Auch Herrn Prof. Dr. G. Schoch, Direktor des entomologischen Museums am eidgen. Polytechnikum, bin ich zu vielem Dank für die Entlastung verpflichtet, welche er mir in meinem Amte als Kustos des Museums angedeihen liess; ohne dieselbe wäre diese Arbeit wenigstens jetzt noch nicht zustande gekommen. Noch besonders herzlich danke ich meinem lieben Freunde Dr. med. Fritz Ris in Mendrisio (bisher in Rheinau, Kanton Zürich), der mich in treuester Weise bei der Redaktion der gesamten Arbeit unterstützte. Alle die Herren, welche mir direkt Mitteilungen aus ihrem Be- obachtungsmateriale oder Falter aus ihren Sammlungen zukommen liessen, werden ihre Namen an den betreffenden Stellen des Buches finden; auch ihnen bringe ich hier noch meinen besten Dank, dem ich schliesslich die Bitte anfüge, mich auf Mängel und Lücken dieser Arbeit in persönlichen Zuschriften gütigst aufmerksam zu machen und mich über namhafte Beobachtungen auch fernerhin in Kenntnis zu setzen. Es werden alle dergleichen Fingerzeige, soweit sie irgend von Belang erscheinen, unter Nennung der betreffenden Gewährsmänner, falls es zu einer weiteren Auflage des Buches kommen sollte, ge- wissenhaft benutzt werden. Zürich, Ende August 1895. Verzeichnis der Gattungen und Familien. (Nur diejenigen sind aufgeführt, welche aus besonderen Gründen speciell genannt werden.) Abraxas Leach 132. 234. Acherontia 0. 44. 171. Aecidalia Tr. 45. 234. 368. Acronycta 0. 123. 134. 167. 168. 181. Actias Leach 58. Aglaope Latr. 132. Aglıa 0. 58. 61. 167. 181. 311. 313. 366. Agrotidae 180. Agrotis 0. 6. 11. 14. 29. 45. 114 122. 137. Ammoconia Ld. 45. 131. Amphidasis Tr. 45. 175. 183. Amphipyra ©. 132. Angerona Dup. 45. 132. Anisopteryx Stph. 45. 175. 183. Anophia Gm. 130. 131. 136. Anthocharis B. 18]. 342. Apamea Tr. 14. 45. ApaturaF. 33. 37. 42.135. 136. 169. Apaturidae 4. 177. Aporophila Gn. 131. Araschnia Hb. (Vanessa F. pro parte) 42. Arctia Schrk. 56. 132. 207. 366. Arctiidae Stph. 6. 46. 119. 123. 132. 137. 175. 180. 213. 214. Argynnis E. 6. 204. 305. 319. 362. Argyrospila H. S. 366. Arsilonche Ld. 133. Ascalaphus F. (Neuropteron) 59. 60. 113. Asphalia Hb. 37. 181. Asteroscopus B. 181. Biston Leach 45. 59. 175. 181. 183. Boarmia Tr. 45. Boletobia B. 134. Bombycidae B. 5. 8. 10. 41. 44. 46. 50, Alsr INS), IE ER I 199. 356. \ BombyxB. 57. 84. 118.130. 132.181. Brahmea Walk. 181. Brephos 0. 134. 168. Brotolomia Ld. 45. Bryophila Tr. 134. Calamia Hb. 366. Callimorpha Latr. 207. Calocampa Stph. 131. Calophasia Stph. 133. Calymnia Hb. 45. 125. Caradrina O. 11. 45. 122. 137. Carterocephalus Ld. 227. Catephia 0. 37. 131. Catocala Schrk. 7. 11. 33. 35. 36. 37. 132. 167. 207. Charaeas Stph. 14. 45. Charaxes ©. 135. 177. Chariclea Stph. 181. Chariptera Gn. 130. Chesias Tr. 45. Cheimatobia Stph. 45. Cidaria Tr. 5. 45. 182. 234. Cilix Leach 168. Cnethocampa Stph. 130. 351. Coenobia Hw. 366. Coenonympha Hb. 54. Cobias F. 53. 114. 205. 209. 305. 319. Cosmia 0. 4. 125. 132. 168. Cossidae H.S. 21. 24. 176. 355. 366. Cossus F. 134. “ Crateronyx Dup. 130. Crocallis Tr. 45. 132. Cucullia Schrk. 37. 130. 170. 181. Cymatophora Tr. 37. 181. Cymatophoridae H. S. 130. 167. Dasychira Stph. 168. 169. Dasypolia Gn. 117. 366. Deilephila O. 54. 132. 181. 207. Deiopeia Stph. 207. Demas Stph. 132. 168. Depressaria Hw. 30. Dianthoecia B. 6 14. 170. 181. Dichonia Hk. 7. 131. Diloba Stph. 134. 168. Diphthera 0. 132. 168. 183. Doritis O. 171. 177. 181. 183. 188. 207. Drepana Schrk. 58. Depanulidae B. 46. 132. 167. Drynobia Dup. 181. Dyschorista Ld. 45. Earias Hb. 133. Eilhcrinia Hk. 234. Ellopia Tr. 211. 212. Ematurga Ld. 45. 234. Emydia B. 220. Endromis O0. 58. 61. 181. Epichnoptery& Hb. 140. Epinephele Hb. 200. Epione Dup. 45. Erastria ©. 132. Erebia B. 54. 366. Eriopus Tr. 131. 132. 135. 136. Euchelia B. 171. 181. 207. Eugonia Hb. 45. 132. 168. Eupithecia Curt. 8. 9. 45. 170. 182. 183. 368. Euprepia H. S. 131. Fumea Hk. 56. Geometra B. 132. Geometridae 5. 8. 9. 12. 13. 28. 30. 41. 45. 59. 115. 117. 119. 130. 132. 136. 169. 188. 358. 359. 360. Gnophos Tr. 45. Gonophora Brd. 37. Gortyna 0. 21. 366. Habryntis Ld. 45. Hadena Tr. 29. 45. 122. 137. 139. Harpyia 0. 22. 58. 134. 167. 168. 181. 366. Helotropha Ld. 366. Hepialidae H. S. 119. 366. Hepialus F. 130. 227. Herminidae 37. 132. Hesperidae 132. 358. Heterocera 41. 54. 117. 208. 295. 297. 319. 320. 331. 342. 369. Heterogenea Kn. 131. Himera Dup. 45. 175. Hiybernia Latr. 45. 175. 183. Hiybocampa Ld. 167. 168. 181. 366. Hlydroecia Gn. 21. 366. ‚Hylophila Hb. 37. 133. Hypena Tr. 117. Hyppa Dup. 131. 132. 135. 136. 141. \ Ino Leach 132. Jodis Hb. 132. Ismene Nick. 207. Junonia Hb. 300. 301. Laria Hb. (p. 168 false Zarix) 140. 141. 168. Lasiocampa Latr. 7. 128. 132. 136. 366. Leucania 0. 11. 45. 122. 137. 139. 180. Leucoma Stph. 168. 205. Leucophasia Stph. 108. Limenitis F. 33. 42. 80. 135. 136. 169. 227. Liparidae B. 46. 133. Lithocampa Gn. 134. 168. Lithosidae H. S. 37. 46. 132. 171. 180. 355. Lobophora Curt. 45. 181. Lophopteryx Stph. 7. 28. Luperina B. 14. 45. 131. Lycaena F. 33. 108. 211. 305. 319. Lycaenidae 53. 132. 171. 358. Lygris Hb. 45. I Lythria Hb. 229. 233. 234. Macroglossa O0. 132. Mamestra Tr. 6. 11. 14. 29. 45. 122. 137. 181. Mania Tr. 138. Melanargia Meig. 205. 305. Meliana Curt. 366. Melitaea FE. 6. 21. 53. 75. 114. 177. 202. 204. 227. 305. 319. 362. Metrocampa Latr. 132. Minoa B. 234. Miselia Stph. 7. 45. 181. Mithymna Gn. 45. Moma Hk. 181. Mycteroplus H. S. 366. Naenia Stph. 45. Nemeophila Stph. 56. 207. IN Nemoria Hb. 132. Noctuidae 1. 5. 10. 11. 13. 20. 21. 28. 30.352306: 30. 41E As, 59158 130. 132. 137. 140. 180. 188. 297. 356. 366. Nola Leach 6. 132. 134. 168. Nonagria 0. 21. 355. 366. Notodonta ©. 59. 181. Notodontidae B. 1. 6.7. 11. 24. 28. 130. 167. Nycteolidae H. S. 134. Nymphalidae 53. 134. 177. 215. Ocneria H. S. 168. 351. Ocnogyna Ld. 171. Odontopera Stph. 45. 132. Orgyia 0. 168. Orrhodia Hb. 29. 131. Orthosia Hb. 12. 29. 45. Pachnobia Gn. 45. Panolis Hb. 157. Panthea Hk. 131. Papilio L. 134. 176. 177. Papihionidae 21. 52. Pararge Hb. 37. 202. Parnassius Latr. 42. 52. 114. 132. 171. 177. 207. Pellonia Dup. 132. Pericallia Stph. 45. Phalera Hk. 181. Phigalia Dup. 45. 175. 183. Phorodesma B. 45. Pieridae 33. 52. 134. 176 209. Pieris Schrk. 33. 181. Pleretes Ld. 11. 14. 136. 366. Plusia ©. 13. 37. 124. 132. 170. 173. 175. Polyommatus Latr. 53. 204. 305. 319. Porthesia Stph. 168. 351. Pseudophia Gn. 181. Pseudoterpna H. S. 132. Psilura Stph. 168. 351. Psodos Tr. 45. Psyche Schrk. 34. 174. Psychidae B. 21. 22. 41. 46. 176. 187. Pterogon B. 181. Pterophoridae 30. 173. Pygaera 0. 132. Pyralidae 363. Pyrameis Hb. 268. 269. 300. Retinia Gn. 182. Rhegmatophila Stdfs. 18. Rhodocera B. 240. 241. Rhopalocera 42. 52. 115. 118. 132. 173. 295. 317. 319. 320. 342. 369. Rhyparia Hb. 132. Rusina B. 45. Sarrothripa Gn. 133. Saturnia Schrk. 57. 61. 65. 66. 133. 176. 181. 183. 366. Saturnidae B. 24. 46. 57. 124. 128. 167. 172. 358. Satyridae 33. 37. 54. 132. 171. 177. 200. 215. 228. Satyrus F. 30. 33. 366. Scoliopteryx Germ. 45. Scopelosoma Curt. 117. 125. Scoria Stph. 132. Selenia Hb. 45. 132. 168. 303. Senta Stph. 366. Sesamia Gn. 366. Sesia F. 20. 366. Sesüdae H.S. 21. 24. 176. 187. 355. Setina Schrk. 46. Simyra O0. 126. 133. Smerinthus 0. 54. 55. 61. 366. Sphingidae B. 5. 8. 35. 37. 41. 54. 115. 130. 132. 356. 358. 30 — Sphinx O0. 55. 61. 181. Spilosoma Stph. 56. 171. 207. 226. Stauropus Germ. 167. 183. Sterrha Hb. 234. Syntomidae H. S. 132. Syntomis Dl. 61. Syrichtus B. 320. Taeniocampa Gn. 45. 183. Tapinostola Ld. 366. Tephronia Hk. 45. Thais F. 42. 171. 177. 207. 227. Thalera Hb. 132. Thalpochares Ld. 234. 366. Thecla FE. 42. 183. 319. Therapis Hb. 132. Thestor Hb. 207. Thyatira O. 37. Timandra Dup. 132. Toxocampa Gn. 132. Trachea Hk. 45. Urapteryx Leach 45. 132. Uropus B. 130. Valeria Germ. 14. 45. Vanessa F. 21. 33. 37. 42. 118. 177. 202. 204. 284. 292. 296. 305. 341. 362. Xanthia Tr. 12. 131. Aylina ©. 7. 131. Zanclognatha Ld. 45. Zegris Rbr. 181. Zeuzera Latr. 134. Zonosoma Lad. 45. 132.168. 173. 234. Zygaena F. 21. 55. 56. 61. 65. 75. 114. 176. 207. Verzeichnis der Arten. abdelkader Pier. 366. abietis Schiff. 10. 28. 140. 141. 143. 147. 166. 168. 169. 234. 260. 272. 236. 326. abscondita Tr. 126. absinthiata Cl. 9. abyssinica Feld. 268. 301. achilleae Esp. Zyg. 56. 109. actaea Esp. 366. adusta Esp. 131. 135. 136. advena F. 138. aegeria L. 202. 234. aeguatorialis Wgnr. 268. 301. aetherie Hb. Melit. 336. afra Esp. 366. aglaja L. 259. 281. ain Hochenw. 151. 208. aestiva var. Stgr. Lasioc. 142. 147. 229. 230. aestiva var. Stgr. Lyc. 229. aestiva var. Stgr. Sel. 229. 232. affınis Reutt. Fum. 56. 62. agamos var. Hb. 208. ajax L. Pap. 237. alba ab. Stgr. Col. 318. albicans var. H. S. Lyc. 226. albipuncta F. 138. albipunctata Hw. Eup. 9. albovenosa Göze 133. alchymista Schiff. 22. 134. 168. 326. alcibhron Rott. 53. 227. alexanor Esp. 177. 181. alniaria Esp. 303. alpina Bell. Rhegm. 18. 31.157.191. alpicola Stgr. Bomb. 46. 57. 150. alpinus Sulz. 175. 181. 351. alsines Brahm. 138. 155. amalthea var. Friv. 228. amathusia Esp. 151. amphidamas Esp. 181. 229. 236. anachoreta F. Pyg. 168. anastomosis L. 168. andereggü var. H. S. Set. 46. angelicae O. 56. anthelea var. Hb. 228. anthyale Hb. (false authyale) 209. antiopa L. 158. 190. 223. 244. 2 249. 250. 251. 265. 266. 271. 27 277. 278. 279. 280. 281. 282. 2 286. 291. 292. 293. 299. 302. 304. antiqua L. 168. antonia Spr. 150. apiformis Rossi Psych. 6. 34. 41. 174. apollinus Hbst. 171. 177. 181. 183. 188. 189. 190. apollo L. 18. 52. 227. apollonius Ev. 52. aprilina L. 166. arbusculae var. Frr. (von lanestris L.) 130. 131. 172. 181. 186. 287. 351. e 382 — arbusculae var. Pfaffz. (von crataegi Tbo) aaıl, DE. areola Esp. 134. argentina Schiff. Not. 7. 191. argiades Pall. 229. argulus var. Frey 52. argus L. Lyc. 211. ariae var. Hb. Bomb. 152. 287. arion L. 211. aristaeus var. Bon. 216. arundinis F. Non. 317. asclepiadis Schiff. 286. asella S. V. 130. 136. assimilata Gn. 9. astrarche Bestr. 211.. 229. astylus Drur. Smer. 59. atalanta L. 54. 190. 252. 253. 255. 258. 266. 267. 268. 269. 272. 280. 281. 282. 283. 284. 288. 289. 291. 300. 301. 302. 303. 304. 320. athalia Rott. 53. 109. atlantica Luc. Saturn. 346. atlanticus Aust. Smer. 55. 62. 150. atropos L. 44. 171. 325. augur F. Agr. 1. 138. aulica L. 43. 140. 156. 207. 331. aurelia Nick. 53. aurinia Rott. 53. 150. 335. aurora Esp. Col. 210. 318. aurorina H. S. 318. ausonia var. Hb. 229. austauti Stgr. 55. 62. 150. autumnalis var. Jaen. Las. 143. 147. 235. autumnaria Wernb. Eug. 119. 303. baetica Rbr. Melit. 336. baja F. 59. 131. 138. basilinea F. 138. baton Berg. 211. belemia Esp. 229. 231. behia Cr. 229. 231. bellargus Rott. 53. 211. 227. 234. dellezina var. B. 2. 331. bellidice var. ©. 229. betulae L. 202. betularius L. 119. 206; ab. 204. 205. 315. 316. 317. bicuspis Bkh. 23. 191. bilinea ab. Hb. 313. bilunaria Esp. 229. 303. bimaculosa L. Misel. 130. binaria Hfn. 168. bithynica var. Stgr. 144. bohemanni Stgr. 208. boisduvalii Ev. Saturn. 185. 346. bombycella Schift. 6. borealis var. Stgr. Arg. 217. bornemanni hybr. Stdfs. 58. 63. 64. 66. 68. 72. 74. 76. 83. 85. 86. 201. BB, Balrl, bractea S. V. u. F. 7. 138. brassicae L. Pier. 52.59. 150. 151. 1lS77, bremeri Brem. Parn. 32. bruandı Ld. 174. brumata L. Cheim. 162. brunnea F. Agr. 138. drumnea ab. Stgr. Las. 212. buettneri Hrz. 18. bufo Ld. 133. burejana Brem. 230. caecigena Cup. 168. caeruleocephala L. 134. 168. caja L. 56. 140. 186. 201. 206. 208. 226. 303. c-album L. 234. 241. 242. 261. 263. 275. 276. 281. 282. 283. 284. 288. 298. 299. 302. 304. 320. californica B. Van. 298. 299. callirrhoe Hb. 253. 266. 267. 268. 269. 280. 283. 300. 301. callunae var. Palm. Bomb. 151. 152. 303. camelina L. 342. camilla Schiff. 135. 166. 2832. candelarum Stgr. 138. candida var. Cyr. 220. capuzina Esp. Calp. 18. caradjae hybr. Stdfs. 62. cardamines L. 190. 202. 227. cardui L. Van. 174. 223. 256. 267. 3. 284. 268. 272. 280. 281. 282. 283. 288. 300. 301. 302. 304. carmelita Esp. 28. carniolica Se. 56. carye Hb. 268. 301. cashmirensis Koll. Van. 298. 299. cassandra var. Hb. 216. casta Esp. Arct. 31. castrensis L. 57. 63. 118. 119. 133. 190. 211. 287. catax L. 130. 166. 185. caucasica var. Ld. Lyc. 226. caucasica var. Men. Nem. 198. 20%. 209. c-aureum Kn. 2. 126 (concha F.). ceanothi Behr. 59. cecropia L. 59. cephalariae Chr. 106. 245. 246. cerisyi B. 189. 190. 227. cervini Fall. 156. chalcytes Esp. 2. charltonius Gray 52. charonia Drur. 265. 299 cheiranthi Hb. Pier. 150. cheiranthi Tausch. Plus. 2. 126. chloe ab. Ev. 318. christophi Stgr. Lyc. 211. chrysitis L. 138. chrysorrhoea 1. 157. 165. 168. chrysotheme Esp. 205. 234. cinerea Hb. Agr. 141. citrago L. 317. clara var. Crdj. 225. cleopatra L. 55. 205. 227. 234. 281. c-nigrum L. 138. cocajus Wien. Verz. Ascalaphus 60. SR cocandica Ersch. Col. 53. coenobita Esp. 132. 168. collina B. Agr. 18. 138. 191. 194. 1958 comes Hb. 138. comma L. Leuc. 138. conflua 5 la la er el congrua Hb. 138. conigera F. 138. consortaria F. 150. constancella Bra. 174. 176. conversa Esp. 208. conversaria ab. Hb. 205. 317. convolvuli L. 44. 108. 171. cordigera Thnbrg. 208. corydon Poda 53. 211. 226. 227. 318. corydonius var. H. S. 226. corsica Rbr. Ocng. 207. coryli L. 132. 168. crassa Hb. 141. crassicornis Stgr. Psych. 174. crataegi L. Bomb. 131. 132. 152. 166. 287. cribrum L. 46. 139. 220. cristatula Hb. 6. cuculla Esp. 7. cuculata Hfn. 5. culminicola Stgr. 33. cultraria F. 168. curtula L. 168. curvatula Bkh. 58. 63. 168. cyanomelas Doubl. Hew. 265. cynthia Drur. Attac. 303. cynthia Hb. Mel. 227. dahlii Hb. Agr. 138. 191. damon Schiff. 53. 227. damone Feisth. Anth. 227. daplidice 19215222992359236: daubii hybr. var. Stdfs. Saturn. 57- 63. X. 82. 84, 95. 352. daubii ab. Stdfs. Van. 249. debiliata Hk. 9. defoliaria Cl. 162. dejeanii Godt. Van. 268. 800. 301. dejone H. @. 53. 151. deleta hybr. var. Aust. ‚Simer. 62. dehus Esp. 52. 227. delphinii L. 131. 170. 187. delphius Ev. 52. delunaria var. Hb. 229. 232. dentina Esp. 31. dentinosa Fr. 133. deschangei ab. Depuis. 306. 307. detrita Esp. Ocner. 168. devergens Hb. 151. dia L. Arg. 151. diasema B. 208. dietaeoides Esp. 342. dietynna Esp. Melit. 53. 109. didyma Esp. Had. 138. didyma ©. Melit. 53. 216. 234. dipsaceus L. 125. discobolus Stgr. 52. dispar L. Ocn. 49. 59. 157. 168. 227. 308. 309. 318. dispar Hw. Polyomm. 18. dissoluta Tr. 18. ditrapezium Bkh. 138. dixeyi ab. Stdfs. 248. dominula L. 107. 140. 144. 169. 190. 192. 207. 208. 220. 221. 222. 326. 330. dorilis Efn. Pol. 53. 227. 234. dorsalis Curt. Rhyac. 331. dotata L. Cid. 5. doubledayaria ab. Mill. 197. 206. ald. 316. dromedarius L. 59. 63. dumi L. 46. edusa E. 52. 53. 205. 210. 234. 318. egea Cr. Van. 229. 232. 234. egerides var. Stgr. 234. 304. eleus var. E. 216. 229. elbenor L. 5. 6. 54. 62. elymi ab. Rbr. 256. emiliae hybr. var. Stdfs. 57. 58..63. 64. 77. 81. 83. 84. 87. 90. 91. 94. 95. 96. 334. 352. 353. eogene Feld. Col. 53. 210. epilobii hybr. B. 62. epiphron Kn. 54. epistygne Hb. 366. erate Esp. 52. 205. 209. 318. eremita ab. O. 206. 261. 308. 309. 311. 316. 319. eriphyle Exr. 54. erminea Bsp. Harp. 59. 63. 388. erschoffi Alpher. Col. 210. erythromelas var. All. 246. 265. escheri Hb. Lyc. 53. escheri hybr. Stdfs. Zyg. 55. 64. 332. eupheme Esp. 181. 202. euphemus Hb. 211. euphenoides Stgr. 2. 190. euphorbiae L. Deil. 54. 63. 158. 162. 186. 190. euwphrosyne L. 217. excisa var. Hg. Anab. 331. exoleta L. 117. expallidata Gn. 9. fagi L. Stauwr. 120. 167. 183. f-album ab. Esp. 320. felcataria L. 58. 63. 168. 303. fallazx Jans. Vaness. (Araschn.) 231. farinosa var. Z. 240. fascelis var. Esp. 216. fasciata Esp. Arct. 31. 128. 140. 141. 144. 145. 146. 147. 148. 150. 153. 161. 207. 348. fetidica Hb. 22. 65. 141. faunus Edw. 241. 261. 275. 278. 282. 283. 298. 299. fere nigra ab. Th. Mg. 311. fervida var. Stgr. 265. festiva Hb. Agr. 138. 150. 151. 152. 331. een filipendulae L. Zyg. 55. 56. 64. 109. 332. 334. fimbria L. 138. fimbrialis Sc. 168. fingal var. Hbst. 217. fischeri ab. Stdfs. 244. flavia Fuessl. 56. 128. 156. 200. 207. 208. flavicornis L. 134. 168. florida Schm. 138. 151. 152. 331. fortalitium Tausch. 208. franconica Esp. 57. 60. 62. 63. 118. 119. 150. 287. fraterna ab. Tr. 317. fraxini L. Cat. 208. fuliginaria L. 134. fuliginosa L. 56. 140. 226. fulminans var. Stgr. Lyc. 216. galathea L. 204. 216. galiata Hk. 5. gallii Rott. 5. gamma L. 117. 138. 157. 208. gemina Hb. Had. 138. gigantea var. Stgr Arg. 150. gigantea var. Stgr. Parn. 150. gigantea var. Stgr. Syr. 150. gigas var. Stgr. Lyc. 150. glauca Hk. 125. glaucata Se. 168. glauce var. Hb. 229. glauconia var. Motsch. 299. gloveri Streck. Platys. 59. globulariae Hb. 56. gonerilla F. 268. 300. gonostigma FE. 168. graecarius Stgr. 175. giaminis L. 166. graslinella B. 174. 176. grossulariata L. 168. gruneri H. S. Anth. 227. gutia Gn. 2. 385 harpagula Esp. 168. hartmanni ab. Stdfs. 320. hebe L. 31. 128. 140. 156. 186. hecla Lef. 210. hela var. Stgr. 217. heldreichi var. Stgr. 318. helice ab. Hb. 318. helichta ab. Ld. 52. helios Nick. 150. helix Sieb. 189. hemigena Grsl. 65. 222. 223. 332. hepatica Hb. Had. 138. hesebolus var. Nordm. 52. hera L. 140. 208. herculeana Rbr. 351. hethlandica var. Stgr. (Knaggs) 219. hippophaes Esp. Deil. 54. 63. hippothoe L. 18. 227. hirsutella Hb. 140. 151. 174. 331. hirtarius Cl. 59. 64. 332. hispana var. H. S. Lyc. 226. hispidarius F. 24. honoratii ab. B. 319. 320. hospiton Gene 52. 177. 183. humuli L. 219. 226. 227. huntera F. 301. hyale L. 52. 53. 205. 209. 234. hybrida hybr. 0. Saturn. 57. 63. 74. 75. 76. 84. 86. 347. hybridus hybr. Wstwd. Smer. 54. 68. hygiaea ab. Hdrch. 266. hylas Esp. 226. Thais 205. 209. jacobaeae L. 171. J-album B. Van. (Eugonia Scudd.) 278. 282. 298. 299. J-album var. Esp. Van. 229. janira 4. 200. janthina Esp. Agr. 138. jasius L. 135. 177. Standfuss, Handb. f. Schmetterlingssammler, 25 jaspidea Vill. Valer. 130. icarus Rott. 53. 211. 216. 234. ichnusa var. Bon. 215. 219. 220. 242. 262. 263. 276. ılia Schiff. 3. 4. 166. 190. ilicifolia L. 132. 140. 148. 149. 163. 166. 168. 191. 211. ilicis Esp. Thec. 125. 202. illunaria Hk. 303. üÜlustraria Hb. 303. imbecilla FE. 138. impudens Hb. 138. 191. impura Hb. Leuc. 138. indica Hbkst. 266. 268. 300. 301. iners ab. Tr. 317. innotata Hfn. 9. insigniata Hb. 9. intermedia ab. Bang-Haas ‚Spil. 306. 307. interposita Stgr. Van. 298. interrogationis L. Plus. 13. interrupta Chr. Harp. 23. io L. 118. 158. 190. 206. 223. 242. 244. 245. 248. 263. 264. 276. 278. 279. 281. 284. 285. 292. 293. 294. 299. 300. 302. 304. jolas ©. 181. jota L. 13. iphis Schiff. 54. iris L. Ap. 3. 166. isabellae Graells 42. 58. 61. 99. 100. 110. italica var. et ab. Stdfs. Call. 221. italica Stgr. Plus. 18. italicus var. Me Lchl. itea F. 268. 300. 301 juliaria var. Hw. 229. 232. Limn. krüperi Stgr. 229. 231. lacertinaria L. 168. lactucae Esp. 286. l-album L. Leuc. 138. 138. 331. 336 — l-album Esp. Van. 278. 282. 298. lanestris L. 130. 131. 158. 183. 190. 287. lapponarius B. 24. 175. lapponica var. Stgr. Col. 209. 210. 228. laquaearia H. S. 9. lara Brem. 208. lathonia L. 165. 237. lathyri var. Hb. Leucoph. 229. leuca ab. Stgr. Col. 318. leucomelas L. Anoph. 130. 131. 136. levana L. 181. 183. 229. 230. 233. 235. 236. 294. 304. libanotica var. Ld. 53. 210. 318. hbatrix L. 117. 132. 168. ligniperda F. 134. ligurica var. Wsm. 67. ligustri L. Sph. 55. 59. 107. limacodes Hfn. 130. 136. lineosa \ill. 133. linogrisea S. V. Agr. 138. litura UL. 125. ‚livida F. 7. 29. 191. I-nigrum Müller 140. 141. 168. lobulina var. et ab. Esp. 11. 28. 132. 152. 166. loewiüi Z. Lyc. 150. 348. longicornis L. Ascalaphus 60. lonicerae Esp. 55. 109. loreyi Dup. 138. 191. lota Cl. 125. lotieri var. Oberth. 215. lubricipeda Esp. 226. 306. 307. 317. lucifuga Hb. 286. luctifera Esp. 31. 226. luctuosa H. G. Spil. 44. 186. 190. 226. ludifica L. 132. 168. 183. 191. lugens ab. Stdfs. Agl. 205. 311. 312. 313. 315. luna L. 59. 99. lunaria Schiff. 229. 303. 56. 157. lunigera Esp. Las. 11. 133. 140. 152. 166. 168. lunula Hfn. 133. lycidas var. Trapp 53. lyllus var. Esp. 229. Iythargyria Esp. 138. maackii Men. 229. 231. 348. machaon L. 52. 152. 177. 190. 239. 240. 241. 242. 290. 303. 320. maculania Lang 140. 207. 331. maculosa Gern. 31. maera L. 234. major hybr. O. 57. 68. malvae 1. Syr. 320. margaritaria L. 169. marginaria Bkh. 59. marko-polo Gr. Grsh. 210. matronula L. 11. 14. 132. 136. 140. 161. 162. 186. matura Hfn. 141. maura L. Man. 138. maxima var. Stgr. Ism. 150. medesicaste var. Ill. 319. 320. 331. media hybr. Stgr. 63. megaera 1. 202. 215. 234. melagona Bkh. 7. melampus Fuessl. 54. melanopa Thnb. 208. meleager Esp. 211. melinos Ev. 209. mendica Cl. Spil. 31. 56. 223. 224. 225. 226. 330. menthastri Esp. 56. 205. 226. meridionalis var. Ld. Zegr. 181. merifieldi ab. Stdfs. 255. 291. merope var. Prun. 150. meticulosa L. 117. metis hybr. var. Aust. ‚Simer. 62. micacea Esp. 125. microgamma Hb. 18. 208. milberti God. 220. 243. 262. 263. 276. 283. 299. milhauseri F. 22. 23. 134. 167. 168. 342. minima var. Honrth. Parn. 151. minutata Ga. 9. mmemosyne L. 150. mnestra Hb. 54. molothina Esp. 139. monacha L. 57. 162. 168. 204. 206, 227. 261. 307. 308. 309. 316. 317. moneta F. 7. montana var. Stgr. Las. 157. mori L. 50. 142. 158. 214. morpheus Hb. Car. 136. munita Hb. 208. mus var. Crdj. 225. myrinna Doubl. 268. 301. myrmidone Esp. 53. 210. 318. 18. 131. 136. 138. nanata Hb. 9. napi L. 52. 108. 229. 235. 236. 303. 304. 343. napaeae var. Esp. 229. nastes B. 209. nebulosa Hfn. Mam. 1. 138. neera var. F. d.W. 216. nerü L. 127. 128. 173. 200. 325. nervosa Curt. Anadb. 331. nervosa F. Sim. 126. 133. neustria L. 57. 60. 62. 63. 118. 119. 133. 158. 168. 211. 236. ni Hk. 2. nigerrima ab. Bang-Haas Agl. 311. niobe L. 150. 348. nitidella Hof. 56. 62. niveata Sc. Cleog. 227. nivescens var. Kef. Lyc. 226. nomion F. d. W. 52. nordmanni Nordm. 151. nothum Hk. 4. nubeculosus Esp. 28. 124. 131. 187. nurag Ghil. 216. 25* obelisca Hb. 114. oberthüri var.? Stgr. Arct. 207. obesalis Tr. 117. oblongata Thnb. 9. obscura var. Stgr. Polyomm. 229. obsoleta Hb. 136. obtusidens Me Lehl. Rhyac. 331. occulta L. 138. ocellata L. Cid. 5. ocellata L. Smer. 54. 55. 59. 62. 63. 107. 150. 166. 287. 333. oleagina F. 180. olga Rom. 210. olivacea var. et ab. Stdfs. Urapt. 143. 147. omphale var. Klug. 229. 232. oo L. 317. or F. 4. oranula var. Frr. 217. orbona Hfn. Agr. 138. orion Esp. Mom. 134. 168. ornithopus Rott. 125. otus Drur. 133. oxyacanthae L. 59. 130. palaeno L. 209. 210. 228. 318. paleacea Esp. 4. 125. 132. 168. ‚ballens L. 59. 138. pallida ab. Stgr. Col. 318. pamphilus L. 54. 200. 229. 235. pandora Schiff. 325. paphia L. 318. pbapilionaria L. 168. 169. parilis Hb. 208. paris L. Pap. 231. parthenie Bkh. 53. 150. 234. pavonia L. 1. 42. 46. 49. 57. 58. 61. 69. 64. 65. 66—107. 108. 110. 111. 112. 113. 152. 168. 182. 184. 191. 192. 195. 203. 205. 223. 225. 227. 333. 334. 339. 344—353. pbeletieraria Dup. 227. 145.. 388 — pernyi Guer. 59. bersimilis Me Lehl. Rhyac. 331. ‚bersona var. Hb. 107. 140. 144. 157. 169. 220. 221. 222. 330. bhantoma var. Dalm. 206. pbhegea L. S'ynt. 56. pherusa B. 205. phicomone Esp. 209. ‚phlaeas L. 201. 202. 216. 229. 272. 294. 296. 303. phoebe Knoch. Melit. 335. pigra Hfn. 168. piosellae Esp. Zyg. 56. 109. püzü hybr. Stdfs. 59. 64. 332. Pinastri L. Sph. 55. 186. 196. PDini L. 49. 57. 133. 140. 141. 146. 150. 157. 158. 162. 163. 168. 169. 191. 201. 202. 211. 348. j Dinicolana Z. Steg. 162. 163. Ppiniperda L. 157. pinivora Tr. 183. 342. pistacina E. 59. 125. pityocampa S.\V. 342. placida Friv. Spil. 226. blantaginis L. Nem. 46. 56. 139. 140. 207. 209. pbodalirius L. 8. 23. 166. 190. 205. 215. 229. 232. 303. polaris var. Stgr. Van. 243. 263. 276. . polychloros L. 118. 158. 244. 246. 247. 250. 251. 264. 265. 266. 269. 270. 271. 277. 278. 279. 281. 284. 292. 293. 294. 298. 299. 302. 304. 320. polygona F. 138. polygrammata Bkh. 5. polysperchon var. Berg. 229. polyxena Schiff. 183. 190. 199. 303. pomonarius Hk. 59. 64. 332. 235. 262. 216. populi L. Bomb. 7. 10. 128. 132. 158. 166. 188. 287. pbopuli L. Lim. 4. 135. 166. 227. bopuli L. Smer. 3. 54. 55. 62. 63. 150. 166. 190. 195. 196. 333. populifolia Esp. 1. 11. 133. 140. 142. 147. 148. 149. 157. 166. 168. 169. 229. 230. 232. 235. porcellus L. 6. 14. 54. 62. porima ab. O. 236. 237. pbotatoria L. 133. 140. 211. braecellens Stgr. 174. 176. prasina F. 158. Drasinaria var. Hb. Ellop. 211. 212. princeps var. Honrth. 52. processionea L. 351. brocida var. Hbst. 204. 205. 216. progne Cr. Van. 278. 298. 299. pronuba L. 1. 138. 237. brorsa var. L. 229. 230. 233. 236. 237. 294. 295. 296. prorsoides Blanch. Van. (Araschn.) 231. prosapiaria L. 211. 212. proserpina Pall. Pterog. 131. 158. 162. 186. 187. pruniL. Lasioc. 10. 133. 140. 141. 142. 143. 148. 166. 168. 169. 191. 229. 232. 236. prunaria L. 169. 313. 314. 315. 317. brunoides var. Beck. 229. psi L. 286. pudibunda L. 168. 326. pulchella L. 325. pulchrina Hw. 13. 138. pulla Esp. Epich. 140. bulverulenta Esp. 125. punctaria L. Zonos. 272. 303. purpuraria L. 229. 233. purpurata L.. Arct. 140. purpureofasciata Pil. 131. 132. 135. 136. pustulata Hfn. Phor., 165. 168. 169. bygmaearia Hb. 46. pyri Schiff. 43. 44. 57. 58. 63. 64. 65. 66—107. 110. 111. 113. 168. 184. 191. 223. 333. 334. 339. 344. 353. pyrina L. 134. quadripunctata F. Car. 117. 138. quenselii Payk. 46. 140. 156. 186. quercifolia L. 133. 140. 142. 147. 148. 149. 166. 168. 169. 188. 201. quercus L. Bomb. 46. 57. 63. 132. 140. 141. 151. 152. 158. 168. 172. 186. 201. 211. 303. 345. quercus Schiff. Smer. 42. 166. quercus L. Thecl. 125. querna F. T. raddei var. Brem. 229. 231. 348. ramosa Esp. Lithoc. 134. 168. rapae 1. 162. 234. 235. raphani var. Esp. 215. recitangulata L. Eup. 9. rectilinea Esp. 131. 132. 135. 136. 141. vegia Gr. Grsh. 53. 210. renago ab. Hw. 317. rebandata L. 317. respbersa Hb. Car. 138. rhamni L. 53. 118. 205. 210. 227. 240. rhodius Honrth. 52. ridens F. Asph. 125. 134. 168. riffelensis var. Fall. 46. rimicola Hb. 130. 166. 185. ripae Hk. 131. riparia Rb. Leuc. 138. risii bybr. Stdfs. 58. 64. 91. 93. 97. 334. 352. rivata Hk. 5. roboreria Schiff. 150. roederi ab. Stdfs. Van. 251, romanovi var.Stdfs. Callim. 65. 140. 169. 222. 330. 332. roseiventris Stgr. (reetius: roseiven- ter Voll.) Spilos. 226. rostralis L. 117. votaria var. F. 229. 233. rubea F. 168. rubetra ab. Esp. 59. rubi View. Agr. 138. 151. 152. 191. 195. 331. rubi L. Bomb. 46. 132. 135. 136. 162. 211. 326. vubi L. Thecl. 181. 183. rubidata F. 5. rumicis L. 31. rumina L. 331. rupicapraria Hb. FHiybern. 24. rurea F. 138. russula L. 46. 56. 139. rustica var. Hb. Spil. 56. 223. 224. 225. 226. 330. sagartia Ld. 53. salicis L. Leuc. 168. 205. sambucaria L. 143. 147. 168. 169. sardoa var. Stgr. 263. satellitia L. 117. 125. schaufussi hybr. Stdfs. 63. scita Hb. 132. segetum S. V. Agr. 138. 155. 157. selene Hb. Actias 59. selene Schiff. Arg. 217. selenitica Esp. 182. selini B. 131. 136. semele L. 216. sibilla L. 135. 166. 294. 295. 304. sieversi Gr. Grsh. Col. 209. sieversi Men. Loph. 28. signum P. 138. silaceata Hb. 304. silvius Knoch. 227. simihs Fuesl. 168. 326. sinapis L. 229. sociata Bkh. 5. sordida Hb. Spil. 31. 226. sordiata ab. Fuesl. Anger. (sor- didata Gn.) 205. 313. 314. 315. sphinx Hfn. 131. 187. spini Schiff. Saturn. 1. 42. 57. 58. 63. 66—107. 111. 112. 168. 181. 182. 184. 191. 192. 223. 225. 339. standfussi hybr. Wsktt. Saturn. 58. 64. 87. 93. 97. 98. 112. 113. 334. 359. standfussi var. Crdj. ‚Spil. 65. 224. 225. 332. standfussüi HB.S. Psych. 18.41. 140. 151. 174. 331. statices L. 56. stellatarum L. 5. 117. stetinensis var. Hrg. 6. 119. 140. 174. stigmatica Hb. Agr. 138. stoechadis Bkh. 55. striata L. 46. 139. 190. striatopunctata Oberth. (reetius: seriatopunctata Motsch.) Spilos. 226. strigihis ©. 138. strigosa F. Acr. 191. strigosa Butl. Van. (Araschn.) 231. strigula Thnb. Agr. 131. 136. strigula Schiff. Nol. 6. subchlamidula Stgr. 6. suberifolia Dup. 133. 148. 149. 211. subflava ab. Ev. Xanth. 317. suspecta Hb. 317. syllius Hbst. 205. sylvestris F. Carab. 331. syngrapha ab. Kef. 318. syringaria L. 168. 169. tagıs Hb. 183. 331. tammeamea Esch. 268. 301. taras ab. Meig. 320. taraxacı Hb. Car. 138. tarasacı Esp. Crat. 46. EEE E tau L. 11. 46. 50. 58. 110. 119. 120. 128. 132. 167. 183. 184. 191. 194. 195. 203. 206. 311. 312. 313. 314. 317. 319. 345. taxıila Brem. 319. telephassa Hb. 228. templi Thnb. 117. tenebrosa Hb. 138. terpsichore, Phil. 268. 301. tersamon Esp. 229. 232. testudo ab. Esp. 247. 320. tetralunaria Hfn. 229. 303. thore Hk. 217. tigelius var. Bon. 215. tiliae L. 55. 166. 195. 196. 211. tincta Brahm. 138. togatulalis Hk. 6. torva Hk. 7. 59. 63. 342. transalpina Esp. 56. trapezina L. 125. tremula Cl. 31. 342. tremulifolia Hk. 11. 132. 148. 149. 166. 168. 211. trepida Esp. 342. triangulum Hfn. 138. tridens Schiff. 286. trifolüi FE. Bomb. 6. 46. 57. 63. 132. 162. 163. 191. 223. trifoli Esp. Zyg. 55. 64. 109. 332. 334. trigrammica Hfn. 313. 317. trimacula Esp. Not. . triplasia L. 286. triquetra F. 208. triquetrella F. R. 189. trisignaria H. S. 9. tristata L. Cid. 237. tritici L. 114. tritophus F. 7. 31. 342. trivia Schiff. 216. Zurca L. 138. Zurcica ab. B. Melan. 204. 205. 216. 391 turensis Exsch. Spilos. 226. typica L. Naen. 138. ulmi Schiff. 130. undulana Hb. 117. unicolor Hfn. Psych. 119. urlicae Esp. Spil. 56. 226. urticae L. Van. 54. 174. 190. 205. 206. 215. 219. 220. 223. 237. 242. 244, 245. 246. 261. 262. 263. 264. 265. 275. 276. 277. 283. 284. 288. 292. 293. 294. 299. 300. 302. 303. vaccinii L. 59. 125. valesina ab. Esp. 318. varia var. M. D. 150. velitaris Rott. 7. velleda Hb. 46. veneta var. Stdfs. 57. 63. verbasci F. Harp. 23. vernalis var. Stgr. Pier. 229. vernaria Hb. Geom. 168. versicolora L. 1. 11. 28. 46. 58. 128. 130. 167. 176. 183. 187. 191. 345. vespertilio Esp. 54. 63. 186. 190. vespertilioides hybr. B. 63. vetusta Hb. 117. viadrina Stgr. 6. 18. 119. 140. 174. viciella Schiff. 6. 174. villica L. 31. 125. 140. 213. villosella O. 6. 140. vinula L. 1. 58. 63. 128. violaceus L. Carab. 331. virgaureae L. Polyomm. virginiensis Drur. Van. viridana Walch. 130. vulcanica var. Godt. 253. 156. 207. 206. 333. 201. 268. 217. 301. 266. 268. wahlbomiana L. Sciaph. 162. wockei Stdfs. Psych. 18. 34. werdandi ab. H. S. 209. 228. wiskotti Stdfs. Agr. 33. 318 wiskotti var. Stgr. Arct. 226. wiskotti Stgr. Col. 210. 318. wiskotti ab. Stdfs. Van. 258. xanthographa F. Agr. 131. xanthomelas Esp. 247. 250. 264. 265. 266. 278. 279. 292. 298. 299. xuthulus var. Brem. 229. 348. xuthus L. 229. 348. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 1436 Ay ypsilon Rott. Agr. 117. yamamai Guer. 59. 106. zanclaeus var. Z. 229. 232. satima ab. Cr. 205. 306. 307. zikzak L. 342. zovagena var. 332. : zoraida Grsl. 65. 222. 223. 33%. ss eındoo a a ie eındoo a 'S/pJS seine uenugAy eruanyes "sIpJS ‘IIgnep ueaugAy eruunyeg r pebıg 52 er big xund mu PD 420.128 7 Taf. II. L.Schröter ad nat.pinx. Fig.18, 29. Ixth, Anst.v.Werner & Winter, Frankfart=M. Saturnia hybr. hybrida O0. Fig.6g,79. e con. Sat. | SPini Schiff. 4. Sat.hybr.standfussi Wsktt. De pavonia L.Q. [hybr.var. emiliae Stdfs.d. ; ecop.Sat. a Fig.38,48,59. \pavonia L.9. Sat.hybr. bornemannıi Stdfs. Fig.8 6. Sat 'pavonia L.d. Sat.pavonia.L.aberr. melan. SSOP: I Schiff. 2. RE Taf! m. Pc Se ( W- et en un len, a en REN RPNH ie ne - Mi Mi Me Fig.18,; 29 Biston hybr.pilzii Stdfs. Fig.5 Zygaena hybr.escheri Stdfs. Fig 9,10 Sat.hybr. bornemanni Stdfs. Ta Bist hirtarius Cl.G. 7 trifoliı Esp.d. Sat pavonia L.d. Dahn a8: pomonarius Hb.?9. SPORE filipendulae L.9. Se: spini Schiff 9. Fig.3 Bombyx hybr. caradjae Stdfs Fig.6 Larva hybrida +:1 Fig.11,12 Sat. pavonia L. © son om, neustria L.d. en I pavoma L.g. Fig.13,14 Sat.hybr.var emiliae Sidfs. \franconica Esp.2. P- Actias isabellae Graells 9. S pavonia L.d. Fig4 Bomb.hybr. schaufussi Stdfs. Fig.7,8 Saturnia spini Schiff. SEOPIET pyri Schiff.9. neustria L.d. - Fiq.15,16 Sat. ri Schit / cop-Bomb. castrensis. var.venefa Stdfs.2. = n 1.Schröter adnat.pinx. Zürich. Juth_Anst.v.Werner &Witer Fr ankfart =M. ee Taf. IV. L.Schroter ad nat.pınx. Ih. Anst.v. Werner &Winter, Fraxkfurt%M. Fig.18,20,3 larva Sat. hybr. risii Stdfs. Fig.7d,89 Spilosoma mendica Cl. hybr. var.emiliae.Stdfs.& / i09.10:1188 Spil Ssmalinesi (Unit e copula Sat. | yL Fig.9;10,1188 Spilos. var. standfussi Crdj. ? pyri Schiff. 9 ü [var. rustica Hb.d Fig.48 Psilura monacha L.aberratio. SAcOr: Spil.| mendica Cl.o .. [monacha L.& Fig.12,13 dd Spil.var. standfussi Crd). © cop.PSil. | monacha ab.eremita 0.9 vi [mendica 01.8 Fig.5 8; 69 Spilos.mendica Cl.var. rusticaHb. varrushica Hb.o Fig.14.Thais polyxena Schiff. ab. albin. € cop. Spil.| “big &qy euosuod .ıen ; 27 uni) eindoos 07-9 Dig "guy wuosaod zen ey "OL BIN "sypis eorfeyr aen ed °6°Blq 57 ejnunwop . "rbry g qH euosued ıen | Il S/pIS Laoueworuen eydaoueg SI-1BIg ey eındo9a SE-ITÄLJ "SIPIS TNOUEWOA.AIEN eydaouumpeg 8-9’ dig age gqH euosaed en urmop eg 9 dig "gqH euosued uen urmop ey vne'diy ‘sjp}S eorjept aea urmop en "zig “T epnumwop eyduounme) SLBIN yandma PD 1monpg-7 Taf: VI. ne RT, .. ne Z FOR rc: C' & Anl 4 %« Es * ie L.Schröter ad nat. pinx. ih. Anst.u.Werner &Winter, Frarckfart=M. Fig.1. Vanessa io L. Fig.11. Lasiocampa populifolia Esp.varautumnalis Jaen. Fig.2-6 Van.io L.ab’fischeri Stdfs.formae variae. Fig.12.Lasioc. quercifoliaL.aberratio. Fig.7. Vanessa urticae L.var.ichnusa Bon. Fig.13. Arctia fasciata Esp. Fig.8.Van.ab fischeri Stdfs. Specimen in effigie ex aberration.2-6 compositum. Fig.14. Arotia fasciata Esp. aberratio. Fig.9.Van.urticae L.aberratio. 'R Fig.15. Arctia fasciata Esp. aberratio. Fig.10.Urapteryx sambucariaL.var.olivacea Stdfs. Fig.16.Callimorpha dominula L.aberratio. Fig.17. Call.var. persona Hb.aberratio. 1.Schröter ad nat. pinx. Fig.1. Vanessa antiopa L.ab.daubii StdiS. Fig 2. Vanessa antiopa ab.roederi Stdfs. Fig.3. Vanessa antiopa aberratio. Fig.4. Vanessa polychloros L.ab. dixeyi Std. Taf. VI. Iith.Ansk u Werner &\irter, Frankfurt Fig.5. Vanessa cardui L.var. et ab. Fig.6. Vanessa cardui ab.wiskotti Stdß. Fig.7. Vanessa atalanta L.aberralio. W Fig 8. Vanessa atalanta ab. merrifieldi Stafs. Taf.VII. Fig.l. Thais var.medesicaste Jll.ab.honoratii B. Fig.8d,99 Angerona prunaria L.ab.sordiata Fuessl. Fig.2. Thais var.medesicaste ab.hartmanni Stdfs. Fig.10. Grammesia trigrammica Hfn.ab.bilinea Hb Fig.3. Boarmia repandata L.ab.conversaria Hb. Fig.118,122 Spilosoma lubricipeda Esp.ab.intermedia Bang-Haas. Fig4g,59 Aglia tau L.ab.nigerrima Bang-Haas. Fig13d Spilos.ab. zatima. Cr. Fig.66,72 Aglia ab.fere nigra Thierry-Mieg Fig.149 Spilos. ab.deschangei Depuiset. (Fig. 4-7. Aglia ab.lugens Stdfs.) Fig.15. Amphidasis betularius L.aberratio. Fig.16 Amph.ab.doubledayaria Mill. Ih. Änstv. Werner& Winter, Frankfurt M. L.Schröter adnat.pinx. Zurich. wa N Een: % » von Gustav Fischer in Jena. Zweites Heft. Mit 3 lithographischen Tafeln und 1 Abbildung. Preis: 8 Mark. _ Inhalt: Pfeffer, Dr. G., Fische, Mollusken und Echinodermen von Spitzbergen. Schaeffer, Dr. C., Verzeichniss der von den Herren Prof. Dr. Kükenthal und Dr. Walter auf Spitzbergen gesammelten Collembolen. — Voigt, Dr. W., Planaria gonocephala als Eindringling in das Verbreiterungsgebiet von Planaria alpina und Polycelis cornuta. — Michaelsen, Dr. W., die Regenwurm-Fauna von Florida und Georgia, — Siekmann, F,, Beiträge zur Kenntniss der Hymenopteren-Fauna des nördlichen China. Drittes Heft. Mit 3 litbographischen Tafeln. Preis: 7 Mark. Inhalt: Reh, Dr. L., Zur Fauna der Hohwachter Bucht. — Emery, Professor C. Beiträge zur Kenntniss der nordamerikanischen Ameisen-Fauna (Schluss). — Bürger, Dr Otto, Ein Beitrag zur Kenntniss der Pinnotherinen. Viertes Heft. Mit 1 lithographischen und 2 Lichtdruck-Tafeln. Preis: 7 M. 50 Pf. Inhalt:Marktanner-Turneretscher, Dr. Gottlieb, Hydroiden. Zoologische Ergebnisse der im Jahre 1889 auf Kosten der Bremer Geographischen Gesellschaft von Dr. Willy Kükenthal und Dr. Alfred Walter ausgeführten Expedition nach Ost- Spitzbergen. — Schmidt, Peter, Beitrag zur Kenntniss der Laufspinnen (Araneae Citigradae Thor.) Russlands. Man, J. G. de, Bericht über die von Herrn Schiffs- capitän Storm zu Atjeh, an den westlichen Küsten von Malakka, Borneo und Celebes sowie in der Java-See gesammelten Decapoden und Stomatopoden. Mit dem Beginn des 3. Bandes haben die Zoologischen Jahr- bücher eine bedeutende Erweiterung erfahren, indem denselben eine Abtheilung für Anatomie und Ontogenie der Thiere hinzugefügt wurde, ohne dass darum an der en Zeitschrift für Systematik, Geographie und Biologie der Thiere — von einer bedeutungslosen Aenderung im Titel abgesehen — das geringste ıdert worden wäre. Die Zoologischen Jahr- bücher sind danach z. Z. die einzige deutsche Zei ft, welche das nn te Gebiet der Zoologie umfaßt, dabei aber, v rer Gliederung in zwei von einander unabhän Abtheilungen, der Systematik, Geographie und Biologie der Thiere ihren vo freien Spielraum neben den a Fächern sichert. Der Preis der Bände HI—VII beträgt 272 Mark 50 Pf. Der soeben vollendete Band VIII enthält: Achter Band. Erstes Heft. Mit 9 lithographischen Tafeln. Preis: 12 Mark Inhalt: Leydig, F., Integument und Hautsinnesorgane der Knochenfische. — Nöldecke, Dr. B., Die Metamorphose des Süsswasserschwammes. Zweites Heft. Mit 9 lithographischen Tafeln und 2 Abbildungen. Preis 12 Mark, Inhalt: Schimkewitsch, W., Ueber Bau und Entwicklung des Endosternits der Arachniden. — Carlsson, A., Ueber die Zahnentwicklung bei einigen Knochenfischen. — Häcker, Dr. V., Die spätere Entwicklung der Polyno&-Larve. — Rankin, J, On the supposed Vertebration of the Tail in Appendieularia. Drittes Heft. Mit 7 lithographischen Tafeln und 9 Abbildungen. Preis: 9 M. Inhalt: Spemann, Hans, Zur Entwicklung des Strongylus paradoxus. — Schmidt, Dr. Ferdinand, Beiträge zur Kenntniss der Entwicklungsgeschichte der Stylommatophoren. — Bergh, Dr. R., Beiträge zur Kenntniss der Strombiden, besonders der Gattung Terebellum Klein. — Pollard, H. B., The Oral Cirri of Siluroids and the Origin of the Head in Vertebrates. a Viertes Heft. Mit 10 litbogr. und 2 Lichtdruektafeln und 7 Textabbildungen. Preis: 14 M. Inhalt: Fullarton, J. H., On the generative Organs and Products of Tomop- teris onisciformis Eschscholtz,. — Nickerson, W. S., On Styehocotyle nephropis Cunningham, a Parasite of the American Lobster. — Klinckowström, A. Zur Anatomie der Edentaten, — Spuler, Dr. Arnold, Beitrag zur Kenntniss des feineren Baues und der Phylogenie der Flügelbedeckung der Schmetterlinge. — Bethe, Albrecht, Die Otocyste von Mysis. Ausführlicher P: } mit, Inhaltsübersicht durch die Ver! Tele n Gustav Fischer in Jena, _ er a . EL Theodor Binieh fon au ania n a Vererben. u Eig si nach den eitrag zur einheitlichen ne ed Ir | Are Da, 106. A, Ang im Br Preis: 9 Mark. „Die Artbidung, und, Verwandischaft | n Schmetterlingen, = ne systematische Le. ten re ichen Formen mie 4 \ Tafeln in Abel: uadı 23 3 Abbildungen im Texte. Sochen erschien: { 1. Theil. ne systematische D Darstellung der Abänderungen Aber und Arten der Sch walbenschwanz hnkane hr Formen kn der Gattung Papilio. % Mit 4 Tafeln in ne an ee im Texte. ee ER Wr K Tordeki u Die Schmetterlingsfauna Nordwestdeutschlands, ‚insbesondere die ne Verhältnisse der Umgebung Göttingens. I. Suerlesnkutte zu den Zoologisehen Jahrbüchern. 1889, ‚Preis: 5 N Mark. Dr. August Weismann, ' Professor der Zoologie an der Universität, Freiburg i. B. en Die Allmacht der Naturzüchtung. { BR Eine a Herbert Spencer. onen Einflüsseals Entwieklungsreize. 1894. Preis: aa!" Mark, Neue Gedanken zur V Vererbungstrage. Eine Antwort an Herbert Spencer. 1895. Preis: 1,50 Mark, Ahdruck aus den Zoologischen Jahrbüchern, Abt. f. Syst. Bd. VII. 0.1808, Preis aa Mark. n Die Enter der Arten R $. Fer Ferse zum SEEN kun Aa = ——] ——7) "es: Er i N N *r a » u